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Full text of "Jahrbuch des Vereins für Niederdeutsche Sprachforschung"

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( 


Jahrbuch 


des 


Vereins  für  niederdeutsche  Spracliforscliimg. 


«Jalirgaiig  1875, 


I 


BREMEN,  1876. 

Verlag  von  J.  Kühtmann's  Buchhandlung. 


TJ.  L.  Fr.  Kirchhof  4. 


Druck  von  Diedr.  Soltau  in  Norden. 


Inlialt. 


V-'V-VArf'N.'' 


Seite 

Einleitung  vou  A.  Lübben 1 

Zur  Characteristik  der  mittelniederdeutschen  Literatur  von  A.  Lübben      .    •  5 

Hamburger  mittelniederdeutsche  Glossen  von  C.  Walther 15 

Zwiegespräch  zwischen  dem  Leben  und  dem  Tode  von  Wilh.  Mantels    .    ,  54 

Lobgedicht  auf  die  Stadt  Braunschweig  von  F.  G.  H.  Gulemann     .    .    .    .  56 

Bostocker  historisches  Lied  aus  dem  Accisestreit  1566  von  E.  £.  H.  Krause  57 

Aus  einem  niedersächsischen  Pfarrherm  von  Kaienberg  von  Wilh.  Mantels  66 
Die  niederdeutsche  Sprache  des  Tischlergewerks  in  Hamburg  und  Holstein  von 

E.  Chemnitz  und  W.  H.  Mielck 72 

Mundartliches  im  Reineke  Vos  von  C.  Walther 92 

Miscellen  aus  dem  Sachsenwalde  von  J.  Wedde 101 

Schwerttanz  von  K«  Koppmann 105 

Hanschen  un  hot  von  K.  Koppmann    •    •    • 107 

Reimlust  im  15.  Jahrhundert  von  K.  Koppmann 108 

Zum  niederdeutschen  Kalender  von  K.  Koppmann 110 

Kleine  Beiträge  von  C.  Walther 113 

Die  ^English  Dialect  Society^  von  Dahlmann 116 

Niederdeutsche  Bibliographie  für  die  Jahre  1874  und  1875  von  Dahlmann  119 


\ 


J3ie  niederdeutsche  Sprache,  die  einst  voll  der  gesundesten  Le- 
benskraft war  und  allgemein  als  Umgangs-  und  Schriftsprache  in 
ganz  Norddeutschland  diente,  ist  durch  die  Macht  der  Verhältnisse, 
die  sie  nicht  aufzuhalten  und  abzuwenden  vermochte,  gezwungen 
worden  ihren  Platz  der  begünstigteren  Schwester  einzuräumen.  Einst 
unbestrittene  Herrscherin  in  ihrem  Gebiete,  ist  sie  jetzt  von  ihrem 
Throne  gestossen,  und  wenn  auch  einzelne  bedeutende  Erscheinungen 
in  der  Literatur  davon  Kenntnis  geben,  —  wenn  man  es  sonst  nicht 
wüsste  —  dass  sie  noch  nicht  ausgestorben  ist,  sondern  noch  im 
Volke  lebt,  so  ist  es  doch  unwidersprechlich  wahr,  dass  ihr  von  Tage 
zu  Tage  die  Grenzen  enger  gezogen  werden,  dass  sie  in  den  Städten 
anfängt  zu  verschwinden,  ja,  in  manchen  schon  verschwunden  ist 
oder  doch  ihre  Reinheit  eingebüsst  und  sich  zu  einem  widerwärtigen 
Mischmasch  von  Hoch-  und  Niederdeutsch  gestaltet  hat,,  und  selbst 
auf  dem  platten  Lande  immer  mehr  verkümmert,  und,  gleichsam  sich 
schämend,  sich  zu  verstecken  sucht.  Dieser  Rückgang  der  nieder- 
deutschen Sprache  ist  schon  vor  mehr  als  hundert  Jahren  beklagt 
worden,  aber  alle  Klagen  haben  die  entschwindende  nicht  zurückge- 
rufen, vielmehr  wird  fast  in  allen  Vorreden  zu  den  Idiotiken,  und 
je  neuer  diese  sind,  um  so  lebhafter,  die  Wahrnehmung  ausgesprochen, 
dass  sie  immer  mehr  zurückgedrängt  wird.  Und  doch  ist  sie  eine 
Sprache,  die  durch  ihren  grossen  Wortvorrat,    durch   Reichtum   und 

VLedexdeatschei  Jabrbach.  I.  X 


2 

Fülle  an  treffenden,  kräftigen  wie  gemütvollen  Ausdrücken,  durch 
die  Leichtigkeit  und  Gefälligkeit  der  syntaktischen  Verbindung  und 
durch  so  manches  andere  unbestrittene  Vorzüge  hat,  die  sie  gegen 
unverdiente  Verachtung  hätte  schützen  sollen.  „Das  sicherste  Mittel, 
die  unverdiente  Verachtung  von  den  niederdeutschen  Mundarten  ab- 
zuwenden, besteht  darin,  dass  die  Gebildeten  sich  dieselben  einmal 
genauer  ansehen,  um  sich  so  ihres  "Wertes,  ja,  ihrer  Wichtigkeit  und 
ihrer  vielfachen  Vorzüge  klar  bewusst  zu  werden",  sagt  Schambach 
in  der  Vorrede  zu  seinem  Wörterbuche  des  Ööttingisch-Grubenhagen- 
schen  Dialectes. 

Von  diesem  oder  diesem  ähnlichen  Gedanken  ausgehend  hat  sich 
am  20.  Mai  1875  zu  Hamburg  ein  Verein  gebildet,  der  sich  die  Er- 
forschung der  niederdeutschen  Sprache  in  Literatur  und  Dialect  zum 
Ziel  gesetzt  hat.  Sein  Zweck  ist  demnach  kein  praktischer,  insofern 
er  sich  nicht  die  Aufgabe  gestellt  hat  den  Versuch  zu  machen,  ob 
er  sie  zum  alten,  vollen  Leben  erwecken  könnte,  was  eine  unmögliche 
Aufgabe  wäre  und  höchstens  nur  ein  galvanisches  Zucken  hervorrufen 
könnte,  sondern  ein  theoretischer,  das  heisst,  er  macht  es  sich  zur 
Aufgabe,  sie  vom  wissenschaftlichen  Standpunkte  aus  zu  betrachten 
und  alles  das  in  den  Kreis  der  Besprechung  und  Mitteilung  zu  ziehen, 
was  dazu  dienen  kann  ihr  die  von  so  manchen  Unwissenden  abge- 
sprochene Ehre  und  Bedeutung  wieder  zu  verschaffen  und  herzustellen. 
Es  richtet  daher  der  Verein  sein  Augenmerk  darauf,  den  bisher  noch 
verborgenen  niederdeutschen  Wortschatz  zu  heben,  den  bereits  ge- 
hobenen näher  zu  betrachten  und  zu  beleuchten,  ihn  mit  dem  der 
andern  germanischen  Sprachen  und  Dialecte  zu  vergleichen,  die  Er- 
klärung von  Personen-  und  Ortsnamen  zu  vorsuchen,  und  was  weiter 
zu  diesem  materialen,  lexikologischen  Thoil  gerechnet  werden  kann; 
sodann  sie  grammatisch,  von  Seiten  der  Laute,  der  Flexion  der  Wort- 
bildung und  der  Syntax  zu  untersuchen;  ferner  ihren  Gang  vom  Stand- 
punkte der  Geschichte  aus  zu  verfolgen,  ihrem  Kampf  mit  dem  Hoch- 
deutschen, wie  überhaupt  ihrer  ganzen  Vergangenheit  naclizugehen;  die 
literarischen  Erscheinungen  jeder  Art,  welche  in  niederdeutscher  Sprache 


oder  über  dieselbe  geschrieben  sind,  zu  besprochon,  und  endlich  auch 
dafür  zu  sorgen,  dass  bisher  noch  unbekannt  gebliebene  bemerkenswerte 
Denkmäler,  die  in  Archiven,  Bibliotheken  oder  im  Privatbesitz,  in  den 
Registraturen  der  Städte,  in  den  Gildenbüchern  der  Handwerker  oder 
sonst  sich  vorfinden,  ans  Licht  gezogen  werden.  Und  wenn  auch  die 
Sprache  als  Sprache  der  vornehmste  Gegenstand  ist,  mit  dem  der 
Verein  sich  beschäftigt,  so  ist  doch  aus  dem  Kreise  seiner  Thätigkeit 
nicht  ausgeschlossen,  auch  das  zu  sammeln,  was  die  Erkenntnis  des 
niederdeutschen  Volkslebens  fördern  kann;  dahin  gehören,  z.  B.  Mit- 
teilungen von  Sitten  und  Gebräuchen,  mythologischen  Vorstellungen, 
Segenswünschen,  Bänder-  und  Wiegenliedern,  Spottversen  u.  dgl. 

Um  diesen  Zweck  zu  eiTeichen,  gibt  der  Verein  eine  Zeitschrift 
heraus,  ein  Jahrbuch,  wie  gegenwärtig  vorliegendes,  dessen  Inhalt 
einen  ungefähren  Begriff  geben  mag  von  dem,  was  mit  der  Heraus- 
gabe zu  erzielen  versucht  wird.  Sodann  erscheinen  niederdeutsche 
Sprachdenkmäler,  aber,  wie  es  in  der  Natur  der  Sache  liegt,  zwang- 
los, ohne  bestimmte  Verpflichtung.  Die  Veröffentlichung  geschieht, 
je  nachdem  es  dem  Verein  gelingt  in  den  Besitz  solcher  Denkmäler 
zu  gelangen,  und,  falls  mehrere  vorliegen,  nach  dem  relativen  Werte 
derselben.  Als  Erstlingsgabe  bieten  wir  dar:  Das  Seebuch  von  Karl 
Koppmann,  mit  Glossar  versehen  von  Christoph  Walther,  und  nauti- 
schen Erklärungen  von  A.  Breusing. 

Der  Verein  kann  aber  nur  rocht  gedeihen  und  eine  erfolgreiche 
Wirksamkeit  entfalten,  wenn  er  nicht  bloss  vom  allgemeinen  WolwoUen 
zahlreicher  Mitglieder  getragen  wird,  was  freilich  die  erste  und  iin- 
erlässliche  Bedingung  seines  dauerhaften  Bestehens  ist,  sondern  wenn 
ihm  auch  die  einzelnen  Mitglieder,  jeder  nach  Kräften  und  nach  der 
Gunst  der  Gelegenheit,  durch  Mitteilungen  jeder  Art,  grosse  und 
kleine,  oder  durch  Nachweisung,  wo  solche  zu  erwarten  stehen,  be- 
reitwillige Unterstützungen  gewähren;  wenn  die  Last  nicht  ganz  allein 
auf  den  Schultern  des  Vorstandes  liegt,  sondern  wenn  zwischen  ihm 
und  den  einzelnen  Mitgliedern  eine  lebendige  Wechselwirkung  eintritt. 
Es  sei  daher  jeder,  der  Liebe  zur  niederdeutschen  Sprache  fühlt,  vor 

1* 


allem  die,  welche  in  und  mit  ihr  gross  geworden  sind,  denen  das 
Niederdeutsche  noch  die  Sprache  des  Herzens  ist,  deren  Väter  und 
Mütter  noch  diese  Sprache  zum  Ausdruck  ihrer  Gedanken  gebraucht 
haben,  gebeten,  diesem  Verein  ihre  freundliche  Theilnahme  zuzuwen- 
den und  dessen  Zwecke  fördern  zu  helfen. 


Zur  Characteristik  der  mittelnieder- 
deutschen Literatur. 


Vortrag, 

gehalten  am  29.  Septbr.  1875  in  der  germanistischen  Section  der  30.  Ver- 
sammlung deutscher  Philologen  zu  Rostock. 

Vaa  ghodes  bort  ouer  dusent  vnde  twe  hundert  vnde  vere  vnde 
neghentich  iaar  let  dhit  buch  scriven  har  Albrecht  van  Bardewich. 
So  beginnt  das  älteste  Lübecker  Recht  in  niederdeutscher  Sprache. 
Diese  Zeitbestimmung  ist  sicher  und  zweifellos;  die  Angabe  im  Vor- 
worte der  zu  Kiel  befindlichen  Handschrift,  die  übrigens  mit  der 
Lübecker  von  1294  gleichlautend  ist,  sie  sei  im  J.  1240  geschrieben, 
wird  bestritten,  ob  mit  Recht  oder  Unrecht,  weiss  ich  nicht.  Stellen 
wir  den  Anfang  der  ältesten  Bremer  Statuten  damit  zusammen,  der 
so  lautet:  Tho  na  godes  bort  ghegan  waren  thusund  jar,  threhundert 
jar  unde  twe  jar,  an  theme  dridden  jare  .  .  wurden  the  ratmanne 
des  to  rade  mitter  menen  stad,  dhat  se  wolden  ere  rechte  bescriven, 
also  als  ed  eweliken  scolde  bliven  to  holdende,  und  vergegenwärti- 
gen wir  uns,  dass  derselbe  Albr.  v.  Bardewik,  der  das  Lübische  Recht 
niederschreiben  liess,  im  J.  1298  die  älteste  Lübecker  Chronik  be- 
gann, die  leider  ein  Fragment  geblieben  ist,  (sie  reicht  nur  von  1298 
bis  1301  und  ist  ohne  Abschluss,  das  letzte  Wort  ist  unde),  so  haben 
wir  damit  Nachrichten,  die  in  zweifacher  Hinsicht  von  grosser  Be- 
deutimg sind.  Einmal  nemlich  geben  sie  uns  eine  bestimmte  Zeit  an, 
wann  das  Mittelniederdeutsche  zur  literarischen  Verwendung  kam, 
oder,  um  mich  genauer  auszudrücken,  von  welchem  Jahre  an  wir 
mittelniederdeutsche  Denkmäler  von  Bedeutung  besitzen.  Was  nem- 
lich vor  dieser  Zeit  an  mittelniederdeutschen  Schriftstücken  vorhanden 
ist,  sind  nur  einige  wenige  Urkunden  von  geringem  Belange  und 
einige  in  lateinische  Urkunden  eingesprengte  Wörter.  Sehen  wir  uns 
die  grossen  Urkundensammlungen  an,  deren  ich  beispielsweise  nenne 
die  Braunschweig-Lüneburgische  von  Sudendorf  oder  die  Lübecker 
von  Wehrmann,  so  finden  wir  auch  darin  bestätigt,  dass  vor  1300 
das  Mittelniederdeutsche  noch  nicht  literarische  Geltung  hatte.  Denn 
bis  1300,  um  eine  runde  Zahl  anzunehmen,  ist  alles  bis  auf  verschwin- 


6  ' . 

dende  Ausnahmen  noch  lateinisch  abgefasst,  von  dem  angegebenen 
Zeitpunkte  an  wechseln  niederdeutsche  Urkunden  mit  lateinischen, 
bis  nach  und  nach  etwa  gegen  1400,  um  auch  hier  eine  runde  Zahl 
anzunehmen,  das  Lateinische  ganz  schwindet.  Wir  können  daher  mit 
Fug  und  Recht  mit  dem  J.  1300  den  Anfang  der  mittelniederdeut- 
schen Literatur  ansetzen.  Die  Zeit,  die  zwischen  der  Abfassung  des 
Heliand  und  diesem  Wiedereintritt  dos  Niederdeutschen  in  die  lite- 
rarische Welt  verstrichen  ist,  ein  Zeitraum  von  mehr  als  500  Jahren, 
ist  eine  fast  vollständige  Öde,  die  nur  ein  paar  mal  durch  kleine 
Oasen  iinterl?rochen  ist,  eine  Interlinoarversion  einiger  Psalmen,  einige 
Glossen,  die  Freckenhorster  und  Essener  Heberollen,  eine  Beichte  und 
andere  Kleinigkeiten,  die  alle  in  dem  Blichlein  von  Moritz  Heyne, 
kleinere  altniederdeutsche  Denkmäler  1867,  zusammen  enthalten  sind. 
Das  Mittelniederdeutsche  steht  darum  dem  Mittelhochdeutschen  darin 
nach,  dass  es  erst  anfängt  am  literarischen  Horizonte  zu  erscheinen, 
als  das  andere  seine  Mittagshöhe  und  seinen  grössten  Glanz  bereits 
erreicht  hat.  Das  Mittelhochdeutsche  hat  somit  gewissermassen  ein 
Erstgeburtsrecht,  und  dies  gibt  im  Leben  wie  in  der  Literatur  immer 
eine  Art  von  Vorzug,  der  nicht  damit  verknüpft  zu  sein  braucht, 
aber  doch  gewöhnlich  verknüpft  ist.  Ferner  steht  das  Mittelnieder- 
deutsche in  Betreff  der  wissenschaftlichen  Erforschung  deshalb  dem 
Mittelhochdeutschen  nach,  dass  es  durch  eine  grosse  Kette  von  Mittel- 
gliedern mit  dem  frtthereti  Althochdeutschen  verbunden  ist,  während 
das  Mittelniederdeutsche  deren  eine  höchst  geringe  Anzahl  hat.  Wir 
finden  deshalb  im  Mittelniederdeutschen  eine  grosse  Anzahl  Wörter 
und  Ausdrücke,  deren  Ursprung  rückwärts  zu  verfolgen  unmöglich  ist. 
Zweitens  geben  uns  die  erstgenannten  drei  Nachrichten  gleich 
die  Gebiete  an,  auf  denen  besonders  das  Mittelniederdeutsche  etwas 
hervorragendos  geleistet  hat,  das  Gebiet  des  Rechtes  und  der  Ge- 
schichte, oder  überhaupt  der  Prosa.  Poesie  ist  im  ganzen  und  grossen 
nur  wenig  in  mittelniederdeutscher  Sprache  gepflegt  worden;  wenn 
im  12.  und  13.  Jahrhundert  Niederdeutsche  dichteten,  so  .geschah  es 
in  hochdeutscher  Sprache.  Gervinus  hat  in  seiner  Literaturgeschichte 
(1,  299,  3  Ausg.)  darauf  aufmerksam  gemacht,  dass  die  Gedichte  wie 
Pfaffe  Konrad,  die  Kaiserchronik,  Lamprechts  Alexander,  die  Eneide  u.  a. 
sämmtlich  Spuren  der  niederdeutschen  Sprache  in  ihrem  Texte  tra- 
gen ;  der  niederdeutsche  Dichter  dichtete  hochdeutsch  und  liess  dabei 
manche  Eigenschaft  seines  Dialectes  einfliessen:  aber  er  verwandte 
ihn  nicht  selbständig.  Das  14.  und  15.  Jahrhundert  liefert  uns  frei- 
lich mittelniederdeutsche  Poesieen;  aber  sehen  wir  uns  sie  näher  an, 
so  finden  wir,  dass  sie  selten  auf  dem  niederdeutschen  Boden  selbst 
entsprossen  sind.  Weltliche  Lyrik  —  mit  Ausnahme  etwa  des  hi- 
storischen Volksliedes  —  fehlt  fast  gänzlich;  den  zahlreichen  mittel- 
hochdeutschen Minnedichtungen  gegenüber  ist  die  niederdeutsche  Zunge 
fast  stumm  zu  nennen,  wenigstens  ist  das,  was  gedichtet  sein  mag  — 
denn  16tsprekers,  Spielleute,  gab  es  auch .  in  Niederdeutschland  — 
nicht  auf  uns  gekommen.    An  geistlicher  Lyrik  ist  kein  Mangel,  be- 


sonders  in  den  vielen  Grebetbüchorn  linden  sich  neben  den  prosaischen 
Grebeten  zahlreiche  in  gebundener  Form;  unter  ihnen  gibt  es  manche 
von  grosser  Innigkeit,  aber  von  geringer  Originalität.     Denn,  was  man 
Yon  dorn  weltlichen  mittelhochdeutschen  Minnegcsange,  und  nicht  ganz 
mit  Unrecht  behauptet,  dass  er  ermüdend  und  langweilig  sei,  weil  er 
sich  nur  auf  einem  beschränkten  Gebiete  und  in  einem  kleinen  Kreise 
von  Gedanken   bewege   und   dieselben  Bilder  immer    wiederkehren, 
das  gilt  auch  von  der  geistlichen  Lyrik  des  Mittelniederdeutschen; 
OS  wiederholen  sich  die  Gedanken,  wie  das  der  Natur  der  Sache  nach 
kaum  anders  sein  kann,  immer  von  neuem,  und  selten  wird  man  fär 
die  Eintönigkeit  des  Inhaltes  entschädigt  durch  Mannigfaltigkeit  oder 
Schönheit  der  Form.    Denn  es  lässt  sich  nicht  leugnen,  dass  die  ganze 
mittelniederdeutsche  Poesie,  geistliche  wie  weltliche,  an  einem  Fehler 
leidet,  der  sie,  gegen  die  mittelhochdeutsche  Poesie  gehalten,  in  Nach- 
theil setzt.    Dies  ist  die  Yernachlässigung  der  äussern  Technik.    Ich 
will  hier  nicht  untersuchen,  ob  die  gerühmte  Technik  der  Versbildung 
ganz  auf  Bechnung  der  mittelhochdeutschen  Dichter  selbst  zu  setzen 
ist,  und  ob  nicht   der  Scharfsinn,   oder  Überscharfsinn,   wie  Gegner 
behaupten,  der  Herausgeber,  namentlich  meines  verehrten   Lehrers 
Lachmann,  auch  ihren  guten  Theil  daran  habe,  —  wie  man  auch  dar- 
über denken  mag,  soviel  ist  sicher,  dass  die  mittelniederdeutsche  Poesie 
vom  technischen  Standpunkt  aus  betrachtet,  viel  zu  wünschen  übrig 
lässt  und  es  mit  der  mittelhochdeutschen  nicht  aufnehmen  kann.   Die 
Reimer  haben  zum  Theil  auch  ein  Bewusstsein  ihrer  Schwäche:   so 
heisst  es  in  dem  spegel  der  naturen  (Goth.  Progr.  v.  Regel  I,  6) :  ick 
mot  den  rym  dicke  breken,  schal  ik  den  syn  vuUen  vthspreken:  beter 
eyn  rym  wen  eyn  swyn  verloren;   was  Göthe  feiner  so  ausdrückt: 
Ein  reiner  Reim  wird  wol  begehrt,  doch  die  Gedanken  rein  zu  haben, 
die  edelste  von  allen  Gaben,   das  ist  mir  alle  Reiiiio  wert.    Es  ist 
diese  Misachtung  der  Form  oder  wenn  dieser  Ausdruck  zu  stark  ist, 
die  Gleichgültigkeit  gegen  formale  Vollendung,  ein  Characterzug,  wel- 
cher der  niederdeutschen  Poesie  bis  auf  heute  anhaftet.    Ich  will  da- 
mit nicht  behaupten,   als  ob   es  nicht  auch   niederdeutsche  Gedichte 
gebe,  die  formal  untadelhaft  sind,  aber  im  allgemeinen  kann,  glaube 
ich,  die  Behauptung  nicht  bestritten  werden,  dass   die  formale  Seite 
der  Poesie  im  Niederdeutschen  zu  wenig  Berücksichtigung  gefunden 
hat  und   findet,   dass  häufig,   um  einen  reinen  Vers   zu   haben,   die 
Sprache,  und  umgekehrt,   um  die  Sprache  rein  zu  halten,   der  Vers 
Schaden  leidet.     Ich  erinnere  nur   an  Fritz  Reuter,  dessen  Gedichte, 
grosse  wie  kleine,  doch  sehr  schwach  erscheinen,  sobald  sie  vom  Stand- 
punkt der  Verskunst  aus  betrachtet  und  beurtheilt  werden. 

Auf  dem  Gebiete  des  Epos  und  der  epischen  Erzählung  ist  das 
Mittelniederdeutsche  ebenfalls  arm  an  Originalien;  —  ich  sehe  hier  ab 
von  den  gereimten  Chroniken,  der  s.  g.  Reimprosa,  die  ja  meist  überall 
als  Poesie  in  geringer  Geltung  steht  und  als  Geschichte  auch  keinen 
hohen  Wert  beanspruchen  darf,  überhaupt  eine  unglückselige  Zwitter- 
gattung ist  —  es  geht  hier  meist  bei  Hochdeutschen  iind  Niederlän- 


8 

dem  zu  Gast  und  bringt  heim,  was  es  an  fremder  Tafel  aufgelesen 
hat;  und  zwar  hat  es  sich  erst  dann  zu  Tische  gesetzt,  wenn  das 
Beete  der  Tafel  bereits  vorspeist  war.  So  sind  mir  bis  jetzt  keine 
Spuren  begegnet,  dass  dio  Nibelungen,  Gudrun,  Parzival  und  andre 
grosse  Epen  dos  Mittelhochdeutschen  übersetzt,  ja,  überhaupt  bekannt 
gewesen  sind;  nur  der  Name  des  Königs  Artus  wird  hin  und  wieder 
erwähnt,  indes  ist  freilich  das  argumentum  e  silentio  sehr  trügerisch. 
Dagegen  besitzen  wir  Plos  und  Blanktlos  und  andere  Gedichte  niedri- 
geren Ranges  in  mittelniederdeutscher  Bearbeitung;  einzelnes  ist  hier 
nur  Original.  Mit  dem  Reinke  Vos  hat  das  Mittelniederdeutsche  aber 
einen  überaus  glücklichen  Griff  gethan.  Diese  köstliche  Dichtung, 
im  günstigsten  Augenblicke  aus  dem  Niederländischen  übersetzt,  hat 
eine  so  durchschlagende  Wirkung  gehabt,  dass  es  das  weitverbreitetste 
niederdeutsche  Buch  geworden,  mehrfach  —  ein  höchst  seltener  Fall 
in  der  Geschichte  der  mittelniederdeutschen  Literatur  —  in  fremde 
Sprachen  übersetzt  ist,  Jahrhunderte  für  ein  Qriginalwerk  gegolten 
und  der  niederdeutschen  Sprache  den  grössten  Glanz  verliehen  hat, 
der  freilich  nur  ein  erborgter  war.  Gleichviel  aber,  ob  der  Glanz 
echt  oder  unecht  war,  der  Reinke  Vos  vor  allem  hat  die  Ehre  des 
Niederdeutschen  gerettet  und  er  ist  auch  der  springende  Piinkt  ge- 
worden, von  dem  aus  hauptsächlich  die  Forschung  des  Mittelnieder- 
deutschen begann,  und  darum  ist  nicht  bloss  der  Freund  der  Poesie 
überhaupt,  sondern  auch  der  Sprachforscher  dem  Übersetzer  dieses 
Gedichtes  zu  grossem  Danke  verpflichtet. 

Dass  aber  der  niederdeutsche  Reinke  Vos  eine  solche  grosso  Be- 
deutung gewann  und  bis  auf  den  heutigen  Tag  zu  behaupten  gewusst 
hat,  liegt  ausser  dem  unvergänglichen  Reize  der  Dichtung  selbst, 
ausser  der  erdenklich  günstigsten  Zeitlage,  wo  es  zuerst  in  dem 
grossen  Kreise  des  deutschen  Volkes  bekannt  wurde,  auch  in  der 
Sprache,  in  der  es  zu  allgemeiner  Kunde  kam.  Wenn  man  hoch- 
deutsche Übersetzungen  liest,  etwa  die  von  Soltau  oder  die  Bearbei- 
tung von  Göthe,  so  wirkt  das  Gedicht,  diese  Apokalypse  aller  Staats- 
geheimnisse, wie  Swift  sagt,  allerdings  durch  seinen  Inhalt  mächtig 
auf  den  Leser,  aber  die  niederdeutsche  Gestalt  hat  doch  entschieden 
den  Vorzug.  Dies  liegt  meines  Erachtens  in  der  Naivetät,  die  das 
Niederdeutsche  vor  dem  Hochdeutschen  voraus  hat  oder  doch  erhalten 
hat.  Denn  an  sich  kann  jede  Sprache  naiv  sein,  Naivetät  ist  keine 
irgend  einer  Sprache  angeborene  Eigenschaft,  sondern  sie  ist  eine 
Eigenschaft  dos  Gedankens,  und  eignet  jeder  Sprache,  ja  jedem  Spre- 
chenden, sobald  er  nur  naiv  denkt  und  sich  demgemäss  äussert.  Aber 
nachdem  das  Hochdeutsche  die  eigentliche  Literatursprache,  die  Sprache 
der  höheren  Bildung  geworden  ist  und  auf  dem  Gebiete  der  Wissen- 
schaft vollständig  die  Alleinherrschaft  errungen  hat,  das  Nieder- 
deutsche dagegen  durch  Ungunst  der  Verhältnisse  unbrauchbar  ge- 
worden ist  für  wissenschaftliche  Darstellung,  obwol  es  von  Natur 
ebensosehr  dazu  befähigt  war  als  das  Hochdeutsche,  seitdem  ist  das 
Niederdeutsche  in  einen  Gegensatz  zum  Hochdeutschen  getreten,  den 


ich  als  den  der  Naivetät  zur  Reflexion  bezeichnen  machte,  und  seit- 
dem ist  es  nur  recht  verwendbar  geblieben  fflr  die  Lebenskreise,  die 
nicht  aus  den  natürlichen,  einfachen  Verhältnissen  herausgetreten 
sind,  sondern  in  denen  noch  die  Natur  und  der  natürliche,  einfache 
Ausdruck,  die  Naivetät,  herrscht.  Es  hat  sich  aus  dieser  Eigenthüm- 
lichkeit  das  vornehme  Vorurtheil  gebildet,  als  ob  das  Niederdeutsche 
nur  noch  zum  Ausdruck  des  Komischen,  und  gar  dos  niedrig  Komi- 
schen tauglich  sei,  und  als  ob  ein  niederdeutscher  Dichter  nur  Döntjes 
und  Schnurren  dichten  müsse  und  dürfe.  Dies  ist  aber  ganz  falsch; 
denn  die  so  urtheilen,  machen  den  falschen  Schluss:  weil  das  Nieder- 
deutsche jetzt  nur  noch  naiv  ist,  so  eignet  es  sich  nur  für  das  Ko- 
mische, während  sie  doch  schliessen  müssten:  weil  alles  Komische, 
namentlich  das  niedrig  Komische,  naiv  ist,  so  eignet  sich  besonders 
das  naive  Niederdeutsche  dazu.  Denn  ergreifend  und  rührend,  nicht 
bloss  Lachen  erregend,  lässt  sich  ebensogut  niederdeutsch  als  hoch- 
deutsch schreiben,  sobald  man  den  richtigen  Ausdruck  trifft,  voraus- 
gesetzt dass  man  nicht  den  Boden  einfacher  und  natürlicher  Lebens- 
verhältnisse verlässt.  Der  Reinke  Vos  bewegt  sich  aber  ganz  in  dieser 
Sphäre,  und  darum  heimelt  uns  der  niederdeutsche  Reinke  Vos  mehr 
an  als  der  hochdeutsche,  weil  wir  fühlen,  dass  Sprache  und  Inhalt 
mehr  zu  einander  passen  und  sich  gegenseitig  decken,  während  ich 
beim  Lesen  eines  hochdeutschen  Reinke  Vos  mich  des  Gefühls  nicht 
erwehren  kann,  als  ob  wir  aus  einer  vornehmen  Höhe  auf  eine  nie- 
dere Welt  herabschauon,  an  der  wir  unser  Behagen  zu  finden  uns 
auf  eine  Zeit  herablassen.  Aus  demselben  Grunde  mag  ich  auch  die 
niederdeutschen  Fabeln,  die  Wiggert  uns  in  seinem  Scherflein  und 
Hoffmann  v.  F.  in  seinem  Aesop  mitgetheilt  hat,  lieber  als  die  hoch- 
deutschen des  Boner  u.  a.  Ich  will  aber  kein  allgemeines  XJrtheil 
darüber  aussprechen,  das  auf  allseitige  Zustimmung  zu  rechnen  den 
Anspruch  macht.  Meine  Muttersprache  ist  nemlich  nicht  figürlich, 
sondern  wirklich  das  Niederdeutsche;  ich  habe  das  Hochdeutsche  wie 
eine  fremde  Sprache  erlernt,  und  darum  fühle  ich  mich  immer  bei 
niederdeutschen  Schriftstellern  wie  unter  meines  gleichen,  unter  ver- 
trauten Landsleuten,  gewissermassen  wie  zu  Hause  in  meiner  Jugend. 
Auf  einem  dritten  Gebiete  der  Poesie  ist  das  Mittelniederdeutsche 
dem  Hochdeutschen  ebenbürtig;  ich  meine  das  Gebiet  des  Dramas. 
Dieses  ist  bekanntlich  eine  vergleichungsweise  sehr  junge  Erscheinung 
in  der  deutschen  Literatur  und  die  ersten  Versuche  leisten  bei  wei- 
tem nicht  den  Forderungen  Genüge,  die  wir  jetzt  nach  drei  oder  vier 
Jahrhunderten  an  P^an  und  Ausführung  stellen;  es  wird  aber  auch 
keiner  so  unbillig  sein  sie  mit  dem  jetzigen  Massstabe  messen  zu 
wollen.  Die  ersten  Passions-  und  Osterspiele,  Marienklagen,  die  wir 
im  Mittelhochdeutschen  haben,  sind  dürftig  und  bleiben  auch  dürftig, 
selbst  wenn  sie  an  Länge  und  Breite  zunehmen.  Die  paar  Spiele 
dieser  Art  im  Mittelniederdeutschen  sind  nichts  besser,  aber  auch 
nichts  schlechter  als  die  mittelhochdeutschen;  so  wie  sie  sich  aber  von 
der  Gebundenheit  an  das  biblische  Material  freier  machen,   tritt  der 


10 

Vorzug  des  Mittelniederdeutschen  hervor,  das  meiner  Meinung  nach 
da  überall  besonders  seine  Kraft  zeigt,  wo  Vorfälle  aus  den  realen 
Lebensverhältnissen  geschildert  worden  sollen.  Der  Theophilus,  der 
Sündenfall,  das  Redentiner  Spiel,  besonders  der  Schluss  desselben, 
das  Teufelsspiel,  später  Clas  Bur  und  der  verlorne  Sohn  von  Burk- 
hard Waldis,  der  Soostor  Daniel  sind  Stücke,  die  mit  den  gleichzeiti- 
gen in  hochdeutscher  Sprache  auf  den  Plan  treten  und  ihnen  die 
Palme  streitig  machen,  wenn  nicht  entreissen  können.  Es  ist  nur 
Schade,  dass  der  Anfang  und  Aufschwung  des  Dramas  mit  dem  lite- 
rarischen Niedergang  des  Niederdeutschen  zusammenfällt,  dass  dem 
Niederdeutschen,  das  im  16.  Jahrhundert  begann  vom  Hochdeutschen 
aus  der  allgemeinen  deutschen  Literatur  verdrängt  zu  werden,  damit 
die  Möglichkeit  benommen  wurde  auf  dem  dramatischen  Felde  den 
Wettkampf  mit  dem  Hochdeutschen  noch  weiter  fortzusetzen;  es  bricht 
ihn  nothgedrungen  im  besten  Ansätze  ab,  gleichwie  auf  anderen  Ge- 
bieten der  Poesie  der  Eifer  erlahmte,  als  das  Hochdeutsche  siegreich 
das  ganze  Gebiet  der  deutschen  Literatur  umfasste  und  das  Nieder- 
deutsche in  immer  engere  Grenzen  einschloss.  Das  geringe  Gedeihen 
des  deutschen  Lustspiels  mag  seinen  Grund  in  dem  schwerfälligeren 
Geiste  der  Deutschen  überhaupt  haben,  oder  in  geschichtlichen  Ver- 
hältnissen, z.  B.  dem  Mangel  des  öffentlichen  politischen  Lebens  u.  a. 
liegen,  aber  es  will  mir  scheinen,  als  ob  die  Verdrängung  des  Nie- 
derdeutschen aus  der  Literatur  auch  bei  der  Frage  in  Anschlag  zu 
bringen  sei,  warum  es  uns  nicht  so  recht  im  Lustspiele  glücken  will. 
Wäre  das  Niederdeutsche  Literatursprache  geworden  oder  geblieben, 
so  gebräche  es  uns  vielleicht  nicht  an  dieser  Gattung  der  Poesie. 
Indes  sind  wie  auf  dem  politisch-historischen  so  auch  auf  dem  litera- 
tur-historischen  Gebiete  derartige  Annahmen  irrealer  Fälle,  wenn  das 
und  das  geschehen  oder  nicht  geschehen^  wäre,  so  würde  das  und 
das  geschehen  oder  nicht  geschehen  sein,  eigentlich  nur  müssige  Spie- 
lereien. 

War  die  mittelniederdeutsche  Poesie  der  mittelhochdeutschen 
gegenüber  im  grossen  und  ganzen  arm,  abhängig  und  unselbständig, 
nachlässig  in  der  Form  zu  nennen,  so  tritt  fast  ein  umgekehrtes  Ver- 
hältnis ein,  sobald  wir  die  Prosa  beider  Dialecte  mit  einander  ver- 
gleichen. Statt  der  Armut  herrscht  in  der  mittelniederdeutschen  Prosa 
Fülle,  und  zwar  Fülle  nicht  bloss  in  einzelnen  Fächern,  sondern  fast 
nach  allen  Seiten  hin;  statt  Abhängigkeit  finden  wir  hier  viel  Origi- 
nalität, statt  der  Nachlässigkeit  zeigt  sich  hier  meist  Sauberkeit  und 
genaue  Beobachtung  grammatischer  und  syntaktischer  Formen.  Die 
Fülle  zeigt  sich  eines  Theiles  in  den  zahlreichen  Schriften,  die  das 
Rechtsleben  betreffen;  so  haben  wir  ausser  den  beiden  schon  erwähn- 
ten Rechtsbüchern,  den  Lübecker  und  Bremer  Statuten  mit  ihren 
späteren  Zusätzen  und  Erweiterungen,  den  Sachsenspiegel  mit  seinen 
zahlreichen  Glossen  und  ABCDarien,  das  sächsische  Lehnrecht,  den 
Richtsteig,  die  Goslarer  Statuten  aus  der  Mitte  des  14.  Jahrhunderts, 
die  Goslarschen  Bergwerksgesetze,  viele  Stadtrechte,  Städt^verfassungen, 


11 

Bauersprachen,  die  Zunftrollen  nnd  viele  andere  das  praktische  Le- 
bensgebiet behandelnde  Schriftstüeke.  Rechnet  man  femer  die  Ur- 
kunden hinzu,  die  zahlreich  gedruckt  und  ungodruckt  vorhanden  sind, 
die  freilich  gewöhnlich  nur  Bositzverhältnisso,  Kauf  und  Verkauf, 
Verlassungen  zu  Lehn  oder  Eigen  und  ähnliches  betreflfen,  aber  doch 
auch  manchmal  höherer  Art  sind  wie  in  den  Hansischen  Rocessen, 
die  Friedensschlüsse,  Gesandtschaftsberichto  und  andre  Documento 
höherer  Politik  enthalten,  so  breitet  sich  vor  uns  eine  Fülle  aus, 
gegen  die,  soviel  ich  weiss,  das  Mittelhochdeutsche  nicht  aufkommen 
kann.  Und  gleich  die  ältesten  Denkmäler  treten  in  einem  über- 
raschend grossen  Umfange  und  mit  überraschender  Sprachgewandtheit 
auf.  Die  beiden  ältesten  Rechtsstatuton  bringen  keine  dürftigen  No- 
tizen und  gelegentliche  zusammenhangslose  Aufzeichnungen,  sondern 
geben  ein  ganzes  System  des  Civil-  und  Criminalrechtes.  Ich  müssto 
Ihnen  zum  Beweise  dafür  das  Inhaltsverzeichnis  und  die  Capitel*- 
überschriften  mittheilon;  ich  unterlasse  es  aber,  weil  es  mich  zu  weit 
führen  würde  und  es  anzuhören  langweilig  wäre.  Dieses  Systema- 
tische mag  seinen  Ursprung  darin  haben,  dass  ursprünglich  eine  la- 
teinisch geschriebene  Vorlage  zu  Grunde  lag,  wie  wir  dies  vom  Lü- 
becker Recht  wissen;  die  Bremer  Statuten  aber  haben  eine  solche 
Vorlage  nicht  gehabt,  soviel  uns  wenigstens  bekannt  ist.  Die  Sprache 
wird  ohne  ünbehülflichkeit  gehandhabt;  sie  ist  gewissermassen  gleich 
fortig  hervorgetreten.  Ich  kann  es  mir  nicht  versagen,  den  Beweis 
durch  Mittheilung  einer  kleinen  Probe  anzutreten.  Im  ersten  Para- 
graphen des  Lübecker  Rechtes  von  1294  resp.  1240  heisst  es:  Van 
der  medegift.  So  war  en  man  sinen  sone  ofte  sine  dochter  vtgift 
vnde  uan  sie  sunderot,  so  weloker  hande  wis  dat  si,  ne  wert  soghedan 
ghut,  also  men  dar  medo  louct,  it  si  uan  des  sones  haluen  ofte  uan 
der  dochter  haluen,  nicht  ghevorderet  binnen  den  ersten  twen  jaren, 
darna  so  ne  mach  men  na  Stades  rechte  negeine  vorderinge  dar  vp 
hebben,  de  men  holden  dorne,  it  ne  si,  dat  men  dat  der  vruntschap 
Wille  vordreghen.  dat  schal  men  auer  don  mit  ghoder  lüde  orcunde. 
Ein  zweites  Beispiel  aus  den  Bremer  Statuten  von  1303  lautet:  So 
welich  borghere  dhen  anderen  sleit  to  den  oren,  wert  he  thes  vor- 
tucht  mit  twen  borgheron  umbesproken  eres  rechtes,  dhe  scal  gheven 
der  stat  vif  marc;  so  wenne  [he]  sich  vorsonet  hevet  mit  then  sake- 
wolden,  so  scalt  he  wesen  en  iar  van  Bremen  buten  muren  unde 
buten  planken.  Were,  dat  he  that  brake,  also  dicke  also  he  dhat 
brake,  wurde  he  thes  vortucht,  also  hir  vore  beschreven  is,  also  dicke 
scal  he  geven  dher  stat  teyn  pund;  ne  mochte  he  thessen  broke  nicht 
geven  ofte  beborghen,  men  scolden  setten  in  des  Stades  cameren  to 
vertein  nachten;  ne  wurde  he  thar  nich  uteloost,  men  scal  en  slan 
tor  stupe  unde  scal  the  stat  vorsweren  unde  ne  scal  nicht  mer  to 
Bremen  comen.  Das  sind  meines  Erachtens  keine  stümperhaften  An- 
fänge mehr,  sondern  darin  zeigt  sich  schon  eine  Reife,  eine  Leichtig- 
keit und  eine  Herrschaft  über  svntaktische  Verhältnisse,  wie  man  sie 
bei  einem  der  ältesten  Stücke  mittelniederdeutscher  Prosa  kaum  er- 


12 

warten  möchte.  Es  setzt  schon  vorhergegangene  Übungen  voraus, 
die  aber  für  uns  verloren  sind.  Eine  zweite  Fülle  bietet  sich  uns 
dar  in  den  zahlreichen  Chroniken.  Diese  sind  nftttirlich  von  sehr 
verschiedener  Güte;  ich  spreche  hier  selbstverständlich  nicht  von  ihrem 
historischen  Werte,  der  oft  in  umgekehrten  Verhältnissen  stehen  mag 
zu  dem  sprachlichen,  den  ich  hier  allein  ins  Auge  fasse;  sie  sind  zum 
Thoil  nicht  immer  Original,  sondern  nur  Übersetzungen  aus  dem 
Lateinischen.  Aber  diese  Übersetzungen  sind  sehr  oft  mit  grossem 
Geschick  ausgeführt.  Die  Schwere  des  lateinischen  Ausdruckes  wird 
selten  in  der  Übersetzung  wiedergefunden,  sie  liest  sich  oft  so  leicht 
wie  ein  deutsches  Original,  und  es  möchte  nicht  zuviel  behauptet  sein, 
wenn  man  sagt,  die  Niederdeutschen  seien  Meister  in  der  Kunst  zu 
tibersetzen.  Man  möchte  wünschen,  dass  ein  gütiges  Geschick  einem 
des  Griechischen  kundigen  und  sprachgewandten  Mönche  den  Gedan- 
ken eingegeben  hätte  den  Herodot  ins  Mittelniederdeutsche  zu  über- 
tragen, das  hätte  eine  glänzende  Übersetzung  geben  müssen.  Aber 
auch  an  originalen  Chroniken  ist  kein  Mangel,  die  zum  Theil  noch 
gar  nicht  gedruckt  sind,  sondern  in  Archiven  und  Bibliotheken  ruhen. 
Mehrere  von  denen,  die  ich  in  der  Handschrift  durchgelesen  habe, 
mögen  auch  kaum  des  Druckes  wert  sein,  soweit  sie  nicht  einen  hi- 
storisch bedeutsamen  Inhalt  haben ;  sie  sind  vielfach  eintönig,  trocken, 
nüchtern,  geistlos;  aber  wir  brauchen  gar  nicht  zu  ungedruckten  zu 
greifen,  schon  die  bereits  gedruckten  Chroniken  beweisen  hinreichend, 
was  das  Mittelniederdeutsche  in  Prosa  leisten  kann  und  geleistet  hat. 
Vor  allen  mache  ich  aufmerksam  auf  die  Lübische  Chronik  des  Fran- 
ziskaner Lesemeisters  Detmar  und  besonders  auf  die  Fortsetzung  der- 
selben von  einem  oder  mehreren  Verfassern,  die  Jahre  1401 — 1489 
umfassend.  Detmars  Chronik  ist  anfangs,  wie  fast  alle  Chroniken, 
lateinischen  Quellen  entnommen,  und  darum  weniger  wertvoll;  so  wie 
er  aber  aus  eigner  Erfahrung  schöpft,  gewinnt  die  Darstellung  an 
Leben  und  Bewegung,  und  sein  Fortsetzer  geht  mit  der  Sprache  so 
leicht  und  spielend  um,  dass  mir  die  Pflicht  ihn  zu  lesen  zugleich 
ein  grosses  Vergnügen  gewährt  hat.  Wir  müssen  freilich  nie  ver- 
gessen, dass  wir  es  nur  mit  Chroniken  zu  thun  haben;  das  sind  keine 
historischen  Kunstwerke,  wie  wir  sie  aus  antiker  oder  modemer  Zeit 
haben,  mit  genetischer  Entwickelung  der  Ereignisse,  mit  tiefer  Cha- 
racteristik  der  handelnden  Hauptpersonen,  oder  wie  immer  die  ferneren 
Forderungen  heissen  mögen,  die  man  an  ein  historisches  Kunstwerk 
stellt,  sondern  es  sind  schlichte,  einfache,  wenn  man  will,  kunstlose 
Erzählungen  des  Geschehenen,  und  gerade  zu  erzählen,  natürlich  und 
unterhaltend  zu  erzählen,  ohne  Trockenheit  und  ohne  Steifheit  ist 
eine  Kunst,  die  der  mittelniederdeutschen  Prosa  fast  überall  eigen  ist; 
die  mittelhochdeutsche  historische  Prosaliteratur,  soweit  sie  mir  be- 
kannt ist,  ich  muss  aber  bekennen,  dass  ich  nur  eine  sehr  spärliche 
Kenntnis  derselben  habe,  erreicht  weder  an  Fülle  noch  an  Geschick- 
lichkeit die  mittelniederdeutsche. 

Auch   die  kirchliche  und  theologische  Literatur,   im   weitesten 


13 

Umfange  genommen,  Legenden  und  moralische  Erzählungen  mit  ein- 
geschlossen, ist  eben  so  reichhaltig  und  vortrefflich  wie  die  histo- 
rische. Vielfach  haben  wir  es  auch  hier  mit  Übersetzungen  zu  thun, 
aber  auch  hier  weist  sich  der  Niederdeutsche  als  geschickter  und  ge- 
schmackvoller Übersetzer  aus,  und  die  selbständigen  Producte  sind 
auch  hier  mit  denselben  Reizen  geschmückt  wie  bei  den  Chroniken. 
Der  Seelentrost  von  1407,  das  Lübecker  Passional  von  1471  bezeich- 
nen für  mich  das  Höchste,  was  das  Mittelniederdeutsche  auf  dem 
Gebiete  der  Prosa  in  formaler  Hinsicht  geleistet  hat.  Indes  sind 
beide  nur  Bearbeitungen  oder  Umarbeitungen  lateinischer  Vorlagen. 

Ferner  gibt  es  eine  nicht  geringe  Anzahl  medicinischer,  botani- 
scher s.  g.  Arznei-  und  Kräuterbücher,  die  ich  hier  nur  deshalb  er- 
wähne, um  daran  zu  erinnern,  dass  auch  sie  nicht  im  Mittelnieder- 
deutschen fehlen. 

Diese  Glanzperiode  des  Mittelniederdeutschen  umfass(;  haupt- 
sächlich die  Jahre  1350 — 1500,  also  besonders  die  Zeit,  wo  der  Bund 
der  hansischen  Städte  in  grösstor  Blüte  stand;  mit  demselben  wuchs 
und  sank  es.  Als  die  Hansa  über  die  ganze  niederdeutsche  Tiefebene 
bis  nach  Riga  hinauf  gebot  und  fremde  Staaten  und  Könige  sich  un- 
terthänig  und  dienstbar  machte,  da  gebot  auch  das  Mittelniederdeutsche, 
die  diplomatische  Sprache  des  Bundes,  über  dasselbe  Gebiet,  ja  über 
dasselbe  hinaus;  denn  auswärtige  Mächte  sandten  wol  ihre  Schreiben 
an  den  Rath  zu  Lübeck  in  niederdeutscher  Sprache  und  der  Rath 
antwortete  ihnen  in  derselben  Sprache.  Es  war  eine  Schriftsprache 
so  gut  wie  nur  irgend  eine,  nirgends  ist  mir  eine  Andeutung  begeg- 
net, dass  das  Niederdeutsche  als  Dialect  und  gar  als  niedriger  und 
untergeordneter  Dialect  dem  vornehmeren  Hochdeutschen  gegenüber 
betrachtet  wurde;  es  heisst  einfach  immer  dudesch.  Als  die  Hansa 
aber  von  ihrer  Höhe  herabstieg,  sank  das  Mittelniederdeutsche  mit; 
zwar  ist  nach  1500  noch  sehr  viel  niederdeutsch  geschrieben,  und 
auch  zum  Theil  nicht  übel;  man  braucht  nur  Meklenburgs  altnieder- 
sächsische  Literatur  von  Wiechmann  nachzusehen,  um  zu  erfahren, 
was  allein  in  Meklenburg  erschienen  ist  seit  der  Erfindung  der  Buch- 
druckerkunst; aber  seit  1500  ist  ein  merklicher  Rückgang  wahrnehm- 
bar; die  Formen  werden  unreiner,  die  Orthographie  verwildert;  die 
Darstellung-  wird  gezierter,  die  syntaktischen  Fügungen,  die  früher 
leicht,  gefällig  und  durchsichtig  waren,  werden  unbequemer.  WUl 
jemand  mit  einem  Blicke  übersehen,  welche  Veränderungen  mit  der 
niederdeutsdien  Sprache  vor  sich  gegangen  sind,  der  lese  unmittelbar 
hinter  einander  einen  Abschnitt  aus  Detmars  Chronik,  dann  aus  der 
Chronik  des  Reimarus  Kock,  Mitte  des  16.  Jahrhunderts,  und  dann 
aus  der  Dithmarsischen  Chronik  von  Noocorus  um  1600;  es  wird  ihm 
sofort  der  grosse  Abstand  fühlbar  werden,  der  zwischen  diesen  drei 
Schriftstellern,  die  ich  nur  beispielsweise  nenne,  stattfindet;  und  dieser 
beruht  nicht  allein  auf  der  Verschiedenheit  der  verschiedenen  Persön- 
lichkeiten, sondern  zum  grossen  Theile  auf  der  Veränderung,  welche 
die  Sprache  als  solche  erlitten  hat.    Man  hört,  möchte  ich  sagen,  den 


14 

Wurm  bohren,  der  in  das  Mark  der  niederdeutschen  Sprache  sich 
hineinzunagen  beginnt.  Mit  dem  Jahr  1600  mag  man  das  Ende  des 
Mittelniederdeutschen  ansetzen  und  das  Neunioderdoutsche  beginnen 
lasseh,  das  leider  von  Tag  zu  Tag  mehr  von  seiner  Reinheit  verliert, 
und  mündlich  und  schriftlich  verstümmelt,  mishandelt  und  verschändet 
wird.  Das  Niederdeutsche  gleicht  jetzt  einer  umgehauenen  Eiche,  die 
zwar  von  der  Wurzel  aus  noch  kräftige  Schösslinge  treibt,  aber  ihre 
majestätische  Krone  verloren  hat. 

Dr.  A.  Lübben, 


Hamburger  mittelniederdeutsche 

Glossen, 


Codex  XXXb  der  früheren  St.  Petri  Kirchenbibliothek  in  Ham- 
burg, jetzt  wie  diese  ganze  Büchersammlung  auf  der  dortigen  Stadt- 
bibUothek,  enthält  19  verschiedene  Schriften*),  darunter  drei  deutsche: 
no.  3  einen  päpstlichen  Ablass,  no.  16  und  no.  17  zwei  Glossen- 
sammlungen.  Das  Format  des  Codex  ist  klein  Quart.  Die  19  Theile 
siad  theils  auf  Pergament,  theils  auf  Papier  von  verschiedenen  Hän- 
den und  zu  verschiedenen  Zeiten  geschrieben.  Staphorst,  der  in  sei- 
ner Hamburgischen  Kirchengeschichte,  Hamburg  1727.  I,  3,  343 — 355 
eine  ausführliche  Beschreibung  des  Buches  liefert,  hat  auch  versucht, 
mehrere  Abschnitte  nach  Schriftzügen  und  Inhalt  bestimmten  Jahr- 
hunderten zuzuweisen.  Danach  stammt  die  grössere  Anzahl  aus  dem 
14.  und  dem  15.  Jh.;  das  letzte  Stück,  ein  itinerarium  in  terram 
sanctam,  setzt  Staphorst  nach  der  Bildung  der  Buchstaben  und  der 
Abkürzung  der  Wörter  ins  13.  Jh.  Jedenfalls  sind  die  Theile  nicht 
vor  1415  zusammengebunden,  da  no.  9  die  remotio  Johannis  papae 
XXni  per  synodum  Constantiensem  erzählt,  und  nicht  nach  1439,  da 
in  diesem  Jahre  der  vorne  im  Buche  als  Schenker  desselben  ver- 
merkte*) Hamburgische  Vicar  Heinrich  Langhe  starb^). 

No.  16  besteht  aus  einem  Porgamentblatt  von  etwas  anderem 
Format  als  die  übrigen  Stücke  dos  Bandes.  Beide  Seiton  sind  zwei- 
spaltig. Die  drei  ersten  Spalten  enthalten  von  einem  lateinisch-deut- 
schen Vocabular  die  Wörter  aus  T  und  V  in  schönen,  kräftigen, 
grossen  Schriftzügen  auf  je  37  Zeilen.  Die  mit  v  beginnenden  Wör- 
ter, unter  denen  auch  eins  mit  u  (ubertas)  nach  der  mittelalterlichen 
Schreibung  steht,  sind  unvollzählig  gegeben:  das  streng  alphabetische 


^)  Staphorst  zählt  nur  18.  Er  hat  ein  kleines  Fragment  nicht  mitgesählt,  das 
nach  no.  17  den  übrig  gebliebenen  Kaum  von  nicht  ganz  einer  Spalte  fallt  und  das 
s^en  Inhalt  in  den  Annuigsworten  folgendermassen  knndgiebt :  Ut  negligenciis  contra 
sacramenta  in  missa  enenientibus  eelebrantes  sciant  occurrere,  debent  hoc  scriptum 
perlegere  et  memorie  commendare. 

*)  Presentem  librum  dedit  dominus  Hinricus  Langhe  quondam  hujus  ecclesie 
ncarios.    Orate  Deum  pro  eo. 

*)  s.  Staphorst  I,  3,  401. 


16 

Verzeichniss  bricht  mit  versatilis  ab.  Lateinische  Erklärungen  sind 
sehr  selten.  Nur  auf  wenigen  Zeilen  der  Spalten  wird  mehr  als  ein 
Wort  glossiert.  Die  Handschrift  gehört  dem  14.  Jh.  an,  eher  der 
ersten  als  der  zweiton  Hälfte.  Für  frühe  Abfassung  dos  Stückes 
spricht  auch  die  einfache  Orthographie,  ferner  dass  nur  zweimal 
(slapheyt  1,  33;  wyrec  2,  23)  j  statt  i  erscheint,  das  mehrmalige  c 
für  k  im  Auslaut,  endlich  die  alterthümliche  Schreibung  sius  1,  6; 
dhiunnighe  2,  25.  Die  vierte  Spalte  des  Blattes  zählt  auf  gleichem 
Räume  mit  jenen  37  Zeilen  44  Fischnamen  auf.  Ausserdem  ist  die 
erste  Zeile  oben  mit  dem,  Zusätze  rho  und  die  letzte  unten  wieder- 
holt. Die  Schrift  dieser  Columne  weicht  von  der  jener  ersten  drei  ab, 
sie  ist  kleiner,  flüchtiger  und  scheint  jünger.  Während  auf  jenen  r, 
er  durch  das  Zeichen  ',  noch  lieber  durch  «,  einmal  durch  e  (tonäe 
3,  1)  gegeben  wird,  ist  dieses  letzte  Zeichen  auf  der  vierten  Spalte 
das  übliche,  daneben  auch  ^  und  ^,  Die  Schreibung  der  Wörter 
wallvisk,  kalff,  wyff,  ael,  das  häufige  j  scheinen  ebenfeUs  jüngeren 
Ursprung  zu  bezeugen,  wie  auch  das  z. 

Da  in  dieser  vierten  Spalte  die  Buchstaben  ziemlich  zusammen- 
gedrängt sind,  so  fand  der  Schreiber  Raum,  um  noch  folgende  Feder- 
übungen anzubringen,  welche  verrathen,  woher  das  Blatt  nach  Ham- 
burg gelangt  ist;  Ego  Hermannus  eccl.  parrochialis  in  Valingbor- 
stele.  Ego  Harmannus  rector  parroch.  in  Valingborstele  Mindensis 
diocesis  animo  appellandi  prouocandi  et  apostolos  petendi.  Daneben: 
wy  scholen  (wir  sollen).  Ferner:  Ego  sum  qui  sum  et  consilium 
meum  non  est  cum  inpii  set  in  lege.  Daneben:  Vruntli  grute  v  Ego 
Tydericus  rector  eccles.  paroch.  in  Myndene.  Ausserdem  finden  sich 
am  Rande  neben  der  dritten  Spalte  und  auf  dem  Raum  zwischen  den 
Wörjtern  mit  T  und  denen  mit  V  folgende,  theilweise  etwas  verwisch- 
ten Wörter:  abneget  semet.  Yam  (?)  Wichmannsborch.  Citrulli  Wyk- 
ken  (nhd.  Wicken,  die  Hülsenpflanze).  Vruntliken  grut  to  don  (freund- 
liken  Gruss  zu  thun). 

Fallingborstel  ist  ein  an  der  Böhme,  einem  Nebenflusse  der  Aller, 
zwischen  den  Flecken  Walesrode  und  Soltau  und  südöstlich  von  der 
Stadt  Verden  gelegenes  Kirchdorf.  Wichmannsburg,  in  älterer  Form 
Wigmannesburstal,  ein  Kirchdorf,  liegt  an  der  Ilmenau  unweit  der 
Eisenbahnstation  Bienenbüttel,  südlich  von  Lüneburg.  Die  Form 
Harmannus  lässt  vermuthen,  dass  der  Schreiber  dieser  Kritzeleien, 
vielleicht  ein  anderer  als  der  Schreiber  des  Fischverzeichnisses,  schon 
dem  15.  Jh.  angehört  habe. 

No.  17  ist  gleichfalls  ein  Glossarfragment.  Es  umfasst  die  Buch- 
staben A  bis  S  auf  9  Blättern  Pergament.  Jode  Seite  hat  zwei  Spal- 
ten zu  50  Zeilen.  Die  Schrift  ist  klein  und  gedrängt,  aber  gut  und 
deutlich.  Sie  zeigt  die  Züge  des  14.  Jhs.,  für  diese  Zeit  spricht  auch 
die  einfache  Orthographie.  Mit  jedem  neuen  Anfangsbuchstaben  be- 
ginnt ein  neuer  Absatz-,  ausserdem  wird  S.  1,  Sp.  2  nach  ieghenvpstan 
abgesetzt.     Vor  dem  Glossar  steht  in  rothor  Schrift: 

Principium  medium  regat  finem  alma  Maria. 


17 

Mit  schwarzer  Dinto  ist  der  Hoxamotor  aoch  einmal  richtiger  darüber 
geschrieben: 

Principium  medium  finem  regat  alma  Maria. 
Am  Schlüsse  des  Glossars  findet  sich  der  Vers:  Detur  pro  pona  scrip- 
tori  pulcra  puella  Amen.  Das  Glossar  endigt  auf  der  vierten  Spalte 
des  neunten  Blattes,  so  dass  noch  ca.  drei  Viertel  der  Spalte  frpi- 
blieben.  Dieser  Raum  ist  mit  jenen  auf  S.  . .  .  Anm.  1  erwähnten 
Verhaltungsvorschriften  für  messelesende  Priester  ausgefüllt ;  sie 
brechen  am  Ende  der  Seite  mit  den  Worten  item  si  ante  consecracio- 
nem  ab: 

Glossar  I.  ist  offenbar  das  ältere;  Glossar  IL  scheint  verfasst, 
um  jenes  zu  ergänzen.  Der  Anhang  zu  I,  das  Fischverzeichniss, 
wird  das  jüngste  Stück  sein,  angelegt,  um  den  leer  gebliebenen  Raum 
von  No.  I  auszufüllen. 

Die  Sprache  dieser  Glossare  ist,  wie  in  den  meisten  mittelalter- 
lichen Sprachdenkmalen  dieser  Art,  keine  einheitliche.  Man  stellte 
diese  Wortverzeichnisse  aus  Quellen  zusammen,  die  verschiedenen 
Dialekten  angehörton,  und  gab  sich  nicht  immer  die  Mühe,  in  den 
eigenen  Dialekt  umzusetzen.  Sogar  einige  hochdeutsche  Wörter  fin- 
den sich  in  unseren  beiden  Glossaren,  so  wissaghen  I,  3,  21,  das 
allerdings  früh  ins  Niederdeutsche  gedrungen  zu  sein  scheint  (Mass- 
mann, Das  Zeitbuch  des  Eike  von  Repgow  S.  58:  wisagen  magi); 
vrezich  II,  12,  27.  wrazich  II,  14,  10.  rif  II,  4,  11.  27,  21.  stiftnuder 
n,  22,  23.  stifsone,  stifdochter  II,  26,  16  f,  plogen  31,  25.  Dass  der 
Schreiber  von  No.  II  nicht  Verfasser,  sondern  höchstens  Compilator 
war,  wird  mehrfach  deutlich.  So  ist  9,  42  tuevaldich  aus  teinvaldich 
verlesen;  10,  24  ist  doma  vor  verste  vergessen;  26,  13  ist  vor  ,noch 
mer'  ausgelassen  ,weder  (noch)  min'. 

Mit  mehreren,  besonders  niederdeutschen,  Glossaren  in  Diefenbach 
Glossarium  Latino-Qermanicum  Mediae  et  infimae  aetatis,  •  Franco- 
furti  ad  Moenum  1857,  zeigt  No.  II  unverkennbare  Verwandtschaft, 
so  mit  No.  8b.  11.  23.  bei  Dief.  Eine  Eigenheit  unseres  Glossares  II 
besteht  darin,  bisweilen  innerhalb  eines  Buchstabens  zwei-  oder  mehr- 
mal die  alphabetische  Ordnung  durchzuführen.  Als  Beispiel  wähle 
ich  den  Buchstaben  e.  Hier  haben  wir,  von  eicere  und  einigen  son- 
stigen Unregelmässigkeiten  abgesehen,  eine  alphabetische  Anordnung 
von  educere  bis  excecare;  dann  beginnt  mit  egere  eine  neue,  die 
bis  exilire  fi:eht:  darauf  kommt  eine  dritte  >  von  ebdomada  bis  zum 
Schlüsse  des  Buchstabens.  Hieran  zeigt  sich  deutlich  die  Entstehung 
solcher  Glossare.  Unter  den  in  diesen  Anhängseln  nachgeholten 
Wörtern  treffen  wir  zuweilen  auf  schon  dagewesene.  Bemerkenswerth 
ist,  dass  hier  die  Verdeutschungen  meist  seltener  sind  als  im  ersten 
Hauptabschnitte  der  einzelnen  Buchstaben,  dafür  aber  durchweg  ori- 
ginal, ja  selbst  die  lateinischen  Wörter  lassen  sich  theil weise  in  den 
von  Diefenbach  benutzten  Glossaren  nicht  nachweisen,  so  dass  sich 
in  diesen  Theilen  des  Glossars  die  eigene  Arbeit  des  Compilators 
offenbart. 

Niederdeutsche!  Jahrbuch.  I,  2 


18 

Missverständnisse  des  Lateinischen  zeigen  sich,'  wie  in  anderen 
mittelalterlichen  Glossaren;  auf  dieselben  ist  meistens  in  den  Noten 
und  Anmerkungen  aufmerksam  gemacht. 

^   Die,  zumal  in  II  sehr  zahlreichen  lateinischen  Erklärungen  habe 
ich  nicht  gegeben. 


Qlossar  I. 


Tabescero 


Col.  1. 

1.  Tabere   ledeken. 
idem. 

2.  Tabidus  uleckecht.  Talaris  di- 
citur  cuder. 

3.  Talus  en  worpel. 

4.  Tarsis  en  laut,     Tabor  horch. 

5.  Tapetum  en  teppet. 

6.  Tantillum  siusluthtech.^) 

7.  Talio  vergheldinghe.^) 

8.  Taxare  estimare  dicitur  din- 
ghen. 

10.  Taxus  est  arbor  hüls. 

11.  Temerare   verdummen.^)    Te- 
mere  dumliken. 

12.  Temerarius  dicitur  vreuel. 

13.  Temeritas  dicitur  dumheit.*) 

14.  Temo  disle. 

16.  Temulentus  verdrucket.^) 

17.  Tempestiuus  titleken. 

19.  Temperies  ghetempert. 

20.  Teatrum  spelhus.  Teca  uorsne. 

21.  Tedere  verdreten.^) 

22.  Tedere  verdretnisse.^) 

23.  Tema  vorrede. 

24.  Tenor  dicitur  sin  van  der  scrift. 

25.  Tenacitas  dicitur  hardicheit. 

26.  Tenor  möre. 

28.  Teuere  morleke. 

29.  Tendere   recken.       tentorium 
telt. 

31.  Tepere  lauen.  Tepescere  idem. 


32.  Theolya^)  gotlike  scrift. 

33.  Tepor  slapheyt. 

34.  Tepe  factus  dicitur  leuet  vel 
winet. 

35.  Terebrare  boren. 

36.  Terebrum  neuiger. 

37.  Terebintus  en  bom. 

Col.  2. 

2.  Tores  langsenewolt. 

3.  Terere  wriven. 

4.  Toredo  en  windelken. 

5.  Teristrum  eghede   vel   linen- 
rise. 

6.  Tergum  tö  rucghe.^) 
9.  Tetrarcha  vorste. 

10.  Teruersatio  hauende.     Termi- 
nus ende. 

11.  Teridrium  handdoc. 

12.  Terrere  ververen.^) 

13.  Torrestris  erdich. 

14.  Thesaurizarium  tresekamere. 

15.  Territorium  en  laut. 

16.  Testari  verkünden.^) 

17.  Testificari  tughen. 

18.  Teter  swart. 

19.  Tetragonus  vehornich.®) 

20.  Textum  en  siden  ghordel. 

21.  Textilia  tSwe. 

22.  Tyton^)  en  brant. 

23.  Tymiama  wyrec. 

24.  Tympanum  bunghe. 

25.  Tympus^^)  dhiunnighe. 


*)  auch  siuslachtech  zu  lesen.  ')  ver  auBgeschrieben.  ^)  v.  *)  duheit.  ^)  1. 
tbeoloya  =  theologia.  '*)  das  c  steht  über  dem  g.  '')  ver  ausgeschrieben.  ®)  1.  ver- 
homich.    ^)  titio.    *^)  tempus. 


19 


26. 

Tynea  mutto  vermis  subter- 

36. 

Vorsare  dicitur  keren. 

raneus. 

37. 

Versatilis  dicitur  kerlic. 

27. 

Tvntura  varwo. 

Col.  4. 

28. 

Tyntor  varwere.^) 

1. 

2.  Cetus  wallvisk  rbo. 

29. 

Tynnitus  lut. 

3. 

Balena  idem. 

30. 

Tymus  beide. 

4. 

Delfin  morswyn. 

31. 

Typus  licnisse  vel  bekennoch- 

5. 

Ffoca  merkalff. 

lic. 

6. 

Ypotus  ydem. 

32. 

Typico  beteelik. 

7. 

Syren  merwunder. 

34. 

TyriiR  van  der  stat. 

8. 

Merges  merwyflf. 

35. 

TytUlare  ciiselon. 

9. 

Etbynus*)  buze. 

36. 

Tytuba^)  stameren. 

10. 

Estaurus  cablau. 

Col.  3. 

11. 

Pecus  crable.*) 

1. 

Tonare  dicitur  donren. 

12. 

Polipus  idem. 

2. 

Tonare  dicitur  donren. 

13. 

Gamarum  salme. 

3. 

Torus  dicitur  bedde. 

14. 

Este  las. 

4. 

Torpor  tracheit. 

15. 

Salmo  idem. 

5. 

Torquero  quelon. 

16. 

Lucius  befret.*^) 

6. 

Tortura  quelingho. 

17. 

Orrena  walre. 

7. 

Toxicare  verghouen.^) 

18. 

Tructa^)  vorne. 

10. 

V  aciliare  wankellen. 

19. 

Umbra  ascb. 

11. 

Valetudo  duchtochäit. 

20. 

Coruus  carpe. 

12. 

Validus  duchtocb.     t 

21. 

Murena  lampreyde. 

16. 

Varius  menegher  bände. 

22. 

Murenula  negbennogbe.*) 

18. 

Varix  en  addere. 

23. 

Ostrum  wilscb. 

19. 

Vastare  wsten. 

24. 

Perca  bars. 

20. 

Vastitas  wstingbe. 

25. 

Annio  brasme. 

21. 

Vaticinare  (!)  wissagben. 

26. 

Saxatilis  sartanel. 

22. 

Vbertas  urucbtecbeit. 

27. 

Sillago  bley. 

23. 

Vebemens  modicb. 

28. 

Polides  idem. 

24. 

Vebemencia  modicboit. 

29. 

Capedo  culing. 

25. 

Vebementer  snelliken. 

30. 

Cornilla  gundele.^) 

26. 

Venator  iegbere. 

31. 

Ji'undiculus  idem. 

27. 

Venabulum  iagbespit. 

32. 

Saxillis  bresme. 

28. 

Vendieare  egbon  maken. 

33. 

Gobium  stynt. 

29. 

Ventilare  schudden. 

34. 

Rumbus  stör. 

30. 

Ventilabrum  wegber. 

35. 

Gobia  pleze. 

31. 

Ventilogium  wederbane. 

36. 

Anguilla  ael. 

32. 

Vergere  dicitur  keren.    ' 

37. 

Cancer  creuet. 

33. 

Vernare  dicitur  lucbten. 

38. 

Torpedo  rame. 

34. 

Vemus  dicitur  liebt. 

39. 

Lodallia  rime.^^) 

35. 

Verna  knape  dicitur. 

40. 

Tiubigo  stekerlig.^^) 

*)  varve,  ein  v  steht  über  rv.  ^)  st.  titubare.  *)  v.  *)  echyuus?  *)  1. 
crabbe?  *»)  1.  heket.  ^)  oder  trutta.  *)  1.  negenoghe.  »)  gOdele;  1.  grundele.  *•) 
Undeutlich.    Staph.  liest  rinne,   Koppmann  grinne.     ")  1.  stekerling? 


2* 


20 


'41.  Pusilltt3  idem. 

42.  Ruacupa^)  bukkig.^) 

43.  Canis  sei. 


44.  Rudecula*)  rotoghe. 

45.  46.  Alloca  quappe.  Tenca  sei y 


1)  rustupa?    «)  1.  bukking?    »)  rudetula? 


Grlossar  II. 


Col.  I. 

8.  abiurare  vorsaeren. 

12.  absorbere  vorsluken.     abster- 
gere  afwischen. 

13.  acceptare  vntuangen. 

14.  acoinodare  borgen. 

15.  accelerare  lagen. 

16.  adaquare  weteren.*) 

17.  acclinare  to  niglien. 

18.  adigere  to  driuen. 
20.  adicere  to  werpon. 

22,  adoptare  to  wünschen. 

23.  annectere  to  knutten. 
25.  adyrere  to  bernon. 

27.  affigere  to  hechten. 

28.  afflare  tu  blasen. 
30.  agger  en  dam. 

32.  alienare  vntuernen. 

33.  allicere  to  locken. 
45.  anticipare^)  vorgripen. 

Col.  2. 
8.  attrectare  handelen. 
10.  auertere  afkeren. 
18.-assilire  to  springen.^)  adherere 
anhangen.*) 

20.  astaro  bistan.  asurgere  ieghen- 
vpstan. 

21.  apropinquare  geneken.    apro- 
piare 

22.  idem.   assuescere  gewonen. 

23.  abuti  vntbruken. 

25.  abstinere  afholden.    abundare 
genoghen. 

*)  wete'fl.    *)  anticipae.    *)  sp'ngen, 
•)  d*;  1.  dicitur?    ')  apoziare  =  apoloiare. 


32.  ardere  bernen. 

33.  asspirare  gunnen.  andere  cone 
wosen. 

35.  abhorrire  worworpen. 

36.  accnbare  slapen.     abissus  af- 
gru  nt. 

37.  amicire  cleden. 

38.  animare  kone  maken. 

39.  acies  acumen  scarp. 

40.  ager  acker.     adamas  aget 

41.  sten..  adamancins  dnrns. 

42.  adiiena^)  vromede. 

43.  additamentum  okunghe.  agro- 
stis  ackerman. 

44.  alabastrum  stenbusse. 

47.  alimonia  vodunghe. 

48.  allodium  eyghen. 

49.  alteruter  de^)  eyli. 

50.  alternatims  nnderlighen.  ama- 
rusca  holtapel. 

Col.  3 

1.  anathemare  bannen,  ambidex- 
ter  an  beydentsiden. 

2.  amphiteatrum  spelhus. 

3.  amfractrix  tumelersche. 

5.  anathema    ban.     antiporgium 
scerbart. 

7.  apex    werdicheit    vel    littera. 
aruina  smer. 

8.  apium  merk,  apes  apicula  ben. 

9.  apologus  byspel.  aporiare')  bi- 
spel  teilen, 

10.  arbustus  haghen.   arduus  ho. 

tt 

*)  statt  an  stand  anfänglich  to.    ^)  aae. 


21 


11.  argilla  lern. 

12.  armus  hoch,  ariolare  toueron. 
ariolus  touerer. 

13.  armentum    ve.       armen tarius 
herde.    armorium  wapehus.*) 

14.  armilla  armboch.  armonia  sank. 

15.  aroma  crude.   artifex  cunster. 

16.  artificiosus   cunstich.      aruum 
velt.     arula  hert. 

17.  arundo  ror.  asscia  suUex.   as- 
per scarp, 

18.  asperitas  scarphoit.    asporgere 
besprenghon. 

19.  aspersoriiun  quispel. 

20.  astutus  listich.  aspis  spinne. 

21.  atonuaro  dünnen,  attontaro  vor 

22.  Silken,   atrox  wroit.    atrocitas 
iivrethoit. 

23.  atriplex  milde,  aucops  vogoler. 

24.  ancipium  vogellighe.  augustus 
edel,     augiir  wicker. 

25.  aiigurium    wickerie.      auidus 
ghirich. 

26.  aiirora  morgenrot.  auriga  wa- 
genman. 

27.  aiispicium  wicker.    aiister  sii- 
denwint*     aiisterus  hart. 

28.  antenticiis  mesterlik.  axis  asse. 

29.  acalens  angol. 

30.  amigdolum  mandolkerne. 
34.   ala  vlogel. 

38.   apostema  swel. 
45.   auellana  walnot. 
47.   baiuhis  dregher. 

Col.  4. 

2.  buccinare  blasen. 

3.  balasus^)  blecunghe.  basis  Sta- 
pel. 

4.  balbns   stamerende.    barbarus 
ellendich. 

5.  barbaries   eilende,     basiliscus 
worm. 

10.   biga    carre.     bifidus    entuey- 
spleten. 


11.  brutus  wilt.   briuna  wrost  vol 
rif.     brumalis  winterlick. 

14.  bissus   bokeral.     blesus   wlis- 
pondo. 

15.  brucus  soiier.  bombix  sidworm. 

17.  botriis  windriifl.') 

18.  broca  kappe,     brasium  molt. 
bufo  paddo. 

20.  buccina  bassune. 

21.  buccella  on  swede.*) 

22.  bitumen  lim. 

26.  balista  armborst. 

27.  batilo^)  somerlechelen. 
30.  comparero  vorcomen. 

33.  cambiro  woslon. 

Col.  5. 

1.  colaphizaro  halslaghen. 

2.  collidoro  to  samne^  steten. 

3.  colore')  ouen.    colare  syghen. 

8.  comparare  ghelikon. 

9.  eompetero  euenkomen. 

11.  eomplicaro  to  samne*)  uolden. 

12.  conculcare  to  treden. 

13.  eonioetare  bedüden. 

14.  conduccre  meden.  cremare  ber- 
nen. 

15.  conciporo  vntfangen. 
18.  conti tcri  bichten. 

20.  configoro  tohochten.  confingere 

modiehten. 
24.  eonfirmare  atedeghen.  congredi 

tügan. 

26.  colligare  to  samno  binden. 

27.  conipodiro  spannen. 

28.  comprehendere  begripen. 

29.  compungere  berowen.^) 

34.  consuescero  ghewonen.    • 
36.  crismare  crosmen. 

40.  cespitare  dubitaro  snauen. 

44.  comminari   drüwen.     conscin- 
dere^®)  tu  riten. 

45.  consumere  tu  bringhen. 

46.  conterere  tu  wriuen.   contem- 
plari  bescowen. 


*)  1.  wapenhus.  ^)  1.  balatus.  ')  Staphorst  liest  windruft.  *)  1.  snede.  ^)  oder 
bacile.  ®)  tosam.  ^)  cole.  ^)  tosamne  hier  u.  1.  26  ausgeschrieben.  °)  das  w  steht 
über  dem  o;  vgl.  7,  17.    *<*)  conscidere. 


2? 


47.  contexere  tu  werken. 
50.  cribrare  sichten. 

Col.  6. 
3.  confluere  tüvliton.     congelare 
vresen. 
10.  crepare  versten.^) 

13.  cachinare   spiten.^)     cacumen 
hoghe. 

14.  calamiis  halm.    calamitas  vn- 
salde. 

15.  calamistrum  criil. 

16.  calcar  spore.    calligare  düste- 
ren'.*) 

17.  caliginosus*)  dunker.  callidus 
listich. 

18.  caluicium  calheyt.  calumpniari 
lästeren. 

19.  calumpriator  lesterer.  caminus 
scorsten. 

20.  camus  belebter. 

21.  cannale  renne. 

22.  canorus  bellicb. 

23.  cancellare   scrankellen.     can- 
cellus  scrank. 

24.  capisterium  melde,    capo  ca- 
pun. 

25.  capitolium  dingbus.    carbasus 
segbel. 

26.  caracter  tyken.    cardo  distel. 

27.  castor  beuer.   carex  scarpgras. 

28.  cartallus  mate. 

29.  carpentum^)    timmerige.    car- 
pere  plucken. 

30.  cartilago^)    crosele.      carruca 
care.    cassus  idel. 

31.  castimonia  reynecbeyt.  cassa'') 
evn  kote. 

32.  cassis  beim  vel  nette. 

33.  castrimargia  vngecbeyt.^)   ca- 
terua  scare. 

34.  cateruatim  gbescaret.  catarrus 
snuue. 

35.  cementum    calc.       cauterium 
brantyseren. 

^)  1.  bersten.  ')  sptten  scheint  zu  stehen;  ob  spotten  zu  lesen?  ^)  dust'n. 
*)  cahgiosus.  ^)  carpetum.  ^)  catilago.  ^)  1.  casa.  ^)  1.  vngevocheit?  ^)  st.  clien- 
tela.     ")  1.  colonus.     ")  1.  collegare?    ")  1.  collis.     ")  v'ghelden. 


36.  cauilla  bolt  untwote. 

37.  caula  scapbus.  cavea  en  dyrbof. 

38.  celidonia  scelwort.  cementa- 
rius  calcmenger. 

39.  cecurire  begbinnen. 

40.  cenobita  closterman. 

41.  cenum  bor.     cena  spise. 

42.  cespes  torf.    claua  kule. 

43.  clauus  nagbel.    clavis  slotel. 

44.  clam  vorbolen.   clamis  clevt. 

45.  cerimonia  offer. 

46.  clangere  scallen. 

47.  clangor  scal.  clauare  negbelen. 

48.  clanculum  vorbolnicbevt. 

49.  classica  basune.  clepere  stelen. 

50.  clades  plagbc; 

Col.  7. 
1.  citus  snol. 

3.  clienta^)  denest.     clima  lant- 
scapb. 

4.  cicada  bevnmeke. 

5.  coagitare  tu  samneiagben. 

6.  coagulare    leuen.      coaguluni 
rinsel. 

7.  colapbusbalslacb.  colus  wocke. 

8.  colum  birseue.  coccus  rot  snur. 

9.  coccinoum  rotlaken.  coetaneus 
euen 

10.  nolt.  coevus  idem.  colare  syen. 
colus^®)  meyer. 

11.  collega^^)  gbesellen. 

12.  coUegium  gbeselscopet.  coUo- 
bium  eyn  clet. 

13.  coUus^^)  bouel.  combinare  sa- 
menen. 

14.  commentari  glosen.  commen- 
tator  gloser. 

15.  compes  beide,  compedire  span- 
nen. 

16.  compatriota  lantman.  corapen- 
sare  vergbelden.^*) 

17.  compungere  beruen.  com- 
punctio  beniwingbe.  compos 
gbeweldicb. 


23 


18.  conculcare  tu  treden.   compar 
böse  kumpan. 

19.  concha  snickenhus.  confode- 
rare*)  tu  samno  louen. 

20.  condensum  dicke. 

21.  condero  maken.  condiro  tem- 
peren.*) confinis  nabur. 

22.  confinium  marke. 

23.  conquiniscoro  nighen.  conni- 
uere  Avenken.  conopoum  vm- 
bohanch. 

24.  coiiquassare  tu  breken.  con- 
secraro  vien. 

25.  consentareus  ghouolghot.  con- 
cedere  tu  sanme^)  sittoii. 

26.  considere  idem.  consistorium 
dinghus. 

27.  conscio  selseap.  consoinim  glic- 
likeluden.  eonsopiro  vntsla- 
pen. 

28.  conspieuus  clar.  eojispuere  bc- 
spien. 

29.  contaminaro  vnrevuon.  conti- 
cinium  stilhoyt. 

50.  contorquore  tu  samne*)  bindjon. 
contractus  cropel. 

31.  claudus  ]am.  ciispis  spith. 
controversia  wederseldinge. 

32.  contumelia  laster.  contuber- 
nium  gheselscap. 

33.  contuber'*)  böse  selseap.  con- 
tumeliosus  lasteres. 

34.  contumacia  versmanisse. 

35.  comiallis  dam.  copia  ghenoghe. 

36.  copiosus  ghenoghich.  coortari 
tu  holden. 

37.  cordatus  hüne.^)  coriarius  le- 
dermeker. 

38.  comucäre  blasen,  corruptela 
verstorth.^) 

39.  crapula  ouerath.  crather  beker. 

40.  crepita®)  alder. 

41.  crastinare  versten.  cremium 
cade.     crinitus  ghe  eret,^) 


42.  crista  hanenkam.  crocxis  saff- 
ran. 

43.  eroceus  ghel.  cruentare  blü- 
den.     cruontus  bludich. 

44.  orumona  bigordel.  crusta  rinde. 

45.  cubiculum  kamere.  culcitra 
eolto. 

46.  cubicularius  kemerere.  cuna 
wegho. 

47.  t'uias  van  welken  luden. 

48.  oulmen  lioghe.    curia  hof. 

Col.  8. 

1.  curio  houeman. 

2.  cupta  napuhis^®)  spil. 

3.  culox  mugko. 

4.  capilus*^)  hilt. 
7.  cathapulta  sper. 

14.  cicatrix  nare.     cerrus^^)   cop. 

cilicium  harduch. 
ir>.  citta  bricke.     cimba  kane. 

16.  cloaca  scithus. 

17.  calopos  holtseo  condicio  vn- 
derschoit. 

18.  collarium  halsbant. 

20.  eolumbar*^)  dufhus. 

21.  consternare  verkomen. 
23.  collarium  keller. 

25.  dotrahoro  mispreken.  derogare 
Yorkeren. 

26.  dominari  herscopen. 

27.  (losoruiro  verdenen.  dealbare 
witmakon.  debellare  verwin- 
nen. 

30.  decorticare  scellen.  decoquere 
afkoken. 

31.  docolorare  vntverwen.  deco- 
riare  villen. 

32.  destiture  afsetten.  detegere  be- 
decken. 

33.  detergere  afwischen. 

34.  deterrere  verueren. 

35.  deteriorare  ergheren.  detinere 
vntholden.  detundere  afslan. 

36.  detrudere  afstoten. 


*)  confede&'e.  ^j  tepen.  ^)  1.  cons.,  samne.  *)  säne.  ^)  contub';  contubernium  ? 
contubenialis  ?  ^)  1.  kune?  ^)  1.  verstoringhe?  ^)  class.  lat.  aetas  decrepita.  ®) 
1.  gheheret.    ")  napuP.    ")  st.  capulus.    ")  st.  cirrus.    ^^)  st.  columbarium. 


24 


39.  diffamare  misrüchtichen. 

40.  ditare  riken. 

41.  digere^)  dowen. 

43.  dediscere  vntwennen. 

46.  delere  delghen.  deicore  afuer- 
pen. 

47.  dehonestare  vnheren.  delectari 
lusten. 

48.  delimare  afuilen. 

Col.  9. 
8.  densare  spissare  dicht  maken. 

11.  deputare  tu  seichten. 

12.  deridere  bespotten. 

13.  despondere    aflouen.     deuiare 
aftvn. 

15.  despoliare  bereuen,    despuere 
verspien. 

16.  despumare  scümen. 

17.  dilatare  breden. 

18.  dimergere  versinken. 

19.  dirigere  richten,     diruere   tu 
Valien. 

20.  dirumpere  tii  riten. 

21.  disserere   discutere   vntschey- 
den.     discerpere  tu  riten. 

22.  distinguere  vnderscheyden.  di- 
uellere  afriten. 

26.  domare  corrigere  temen. 

30.  diuolare  heuwlighen.  defluere 

afvliten. 
33.  delitere  latere  sculen.  deperire 

vergan. 

36.  desilire  afspringhen.^) 

37.  desperare  mistrotech  werden.^) 

38.  diuiicare     scermen.       dapia*) 
richte. 

39.  dapsilis  milde. 

40.  discordare  tueyen. 

42.  decuplum  tueualdich. 

43.  decimator  thegheder.     decima 
thegede.     denus  idem. 

44.  decipulare    wlfualle.      decius 
worpel. 


45.  decorare  eren  vel  sciren.   de- 
discere vntleren. 

46.  degener  vnedel.  deuastare  ver- 
stören. 

48.  deinceps  darna,  delibutus  be- 
streken. 

Col.  10. 

1.  error  demencia  dumheyt.    de- 
litescere  sculen. 

2.  demereri  verdenen.  denuo  an- 
derwerf. 

3.  denium  tii  lösten,  deorsum  tu 
rugke. 

4.  depascere  verhungeren,  depli- 
care  vntuolden. 

5.  depreciari    belonen.      desidia 
tracheyt. 

6.  deses  trach.  desecare  afhowen. 
despondere  beuelen. 

7.  desponsare  idem.  detrementum 
scade. 

8.  desuescere^)  vntwennen.     de- 
tendere  vntspannen. 

9.  detorquere  vtdrengen.  detrun- 
care  versniden.^) 

10.  deuehere  wechuüren.  deuouero 
verlouen.     deuotus  inech.'') 

12.  dica  kerne,     dyalogus    tuey- 
sprake. 

13.  dieta  dachvart.^)  ' 

14.  difficultas  suarhey t.  diluculum 
morghenstunde. 

15.  dimidiator  deyler.  dispendiuni 
wicht  vel  dampnum. 

17.  discidium   vnminne.     discolor 
mannechvar. 

18.  discingere  vntgorden.  discolus 
vnstede. 

19.  dispar  vnghelich. 

20.  discutere  vntrichten.     disper- 
gere  verstoren. 

21.  dissipare    verstoren.      dissen- 
dere®)  speren. 


*)  St.  digerere.  *)  afBp'nghen.  ®)  despea'e  mistotech  w'deii.  *)  st.  daps,  dapes. 
*)  deluescere.  *)  versinden.  ^)  L  iiiech  ?  **)  1.  29  wird  erklärt  dieta  opus  vnius  diei, 
*)  1.  distendere. 


25 


22.  diuersorium  gasthus.     distaro 
tuevstan. 

23.  dista-ntia  vernisse.     diuertere 
afkeren. 

24.  dolabrum  brade.*)  *)  verste. 

25.  domesticus    husghenote.     do- 
micilium  woninge. 

26.  dumus  haghen. 

27.  dumetum  dornbusch. 

34.  dotalicium  medeghift. 

35.  eicere  vtwerpen. 

38.  educere  vtleyden.  efficere  ma- 

ken. 
40.  effodere  vtgrauen. 

42.  eleuare  opboren. 

43.  elicere^)  vtkesen.  equaro  liken. 

Col.  11. 

1.  emendare  beteren. 

4.  enumerare  teilen. 

9.  origere  vprichten. 

10.  euadere  vntkomen. 

12.  euehere  vntuaren. 

13.  eiiocare  vtropen. 

14.  exacerbare  vertornen. 

15.  exalture    hoghen.       exacuoro 
scerpen. 

16.  exasperare  erreii. 

17.  excitare  wecken,  excidero  vt- 
howen. 

18.  excludere  vtsluten.  excogitare 
vnderdenken.  ' 

19.  exsculpere  vtgrauen. 

20.  excusare  vntsculdeghen.    exi- 
mere  vtnemen. 

21.  exinanire  versnodeghen.  exer- 
cere  ouen. 

22.  excercitare    idem.     exestuare 
heyten. 

23.  exheredare  vteruen.*)  exsecrari 
verdomen. 

24.  exhibere   beyden.  -    exhaurire 
vtteyn. 

25.  exigere  eschen. 

26.  exonerare  vntladen. 


27.  exsorbere  versinken. 

29.  expedire  berichten,  exspectaro 
wachten. 

30.  oxpellere  vtdriuen.  expedire'^) 
versoken. 

31.  oxpiare  purgare  reynen. 

33.  explere  vollenbringen.    expli- 
care  vnt 

34.  richten,   explodere  idem.    ex- 
plorare  vorspeen. 

35.  exponere  vtleggen. 

36.  oxprimere  vtdrukken. 

37.  exstirparo  vtrodon. 

38.  extinguere  leschen. 

39.  esurire  hungeren. 

40.  ouanere    euanescere   vers win- 
den. 

41.  euolare  vtvlighen.     efferre. 

42.  vtdraghen.      extergere    vtwi- 
schen. 

43.  exterminare  vtdriuen.    exten- 
dere 

44.  vtreyken.    expandere  idem. 

45.  extollere  exaltare  hoghen.  ex- 
torquere 

46.  vtmanen.    extrudere  vtstoten. 

Col.  12. 

1.  extricare  vtwerren.^) 

2.  exuere')  vtten.  expoliare  idem. 

3.  oxcontare  wisse  vt  werpen. 

4.  excecare  blenden. 

5.  egere  behuuen.   egredi  vtgan. 

7.  efflorescere  vtbluien. 

8.  effluere  vtvliten. 

9.  effulgere  vtschynen. 

11.  «lucere  eminere  vtschynen. 

13.  emarcere  dorren,  emergere  vt- 
springhen.®) 

14.  emicare  emittere  vtschynen. 

15.  emigrare  transire  verscheyden. 
19.  exilire  vntspringhen.^) 

24.  ebdomada  weke.  ebdomadarius 
\ve- 


25.  kerie.^®)  eculeus  eyn  notstal. 

*)  I.  barde,    *)  doma  ist  offenbar  ausgelasson.     ^)   st.  eligere.    *)  1.  vnteruen? 

1  8t.  experiri.    «)  1.  vntwerren.    ^)  euere.     ®)  vtsprighen.    ^)  vntsprTghen.    ")  1.  we- 
kelic? 


^6 


26.  eatenus  dar  vmme. 

27.  editus  ghemaket.  edax  vi-ezich. 
eduliiim 

28.  spisG.  edacitas  vroticheyt.  effe- 
rus  wert.^) 

29.  educacio  wodingUo. 

30.  odictum  bot.     efficax    mech- 
thych. 

31.  efficacia  macht,  effigies  beide, 
ef- 

32.  frenus  vnghotomet.  effrenatiis 
idem.  offrons 

33.  scamelos.    effugium  vlucht. 

34.  egere  bederuen. 

37.  elicere  ütlocken.   elementarius 
eyn  meyster 

38.  der  sterne.  elebor  eii  crut.  cli- 
minare  üt 

39.  steten.       elingwis     tungelos, 
emancipare 

40.  erledeghen.     emeritus   vnver- 
dint.     eminus 

41.  »Werne,     emunctorinm   sniire- 
duc.2) 

/  o 

42.  empireum    van    wre.     emoli- 
mentum 

43.  ghewin.  emisperium  hafrint.^) 
emulus 

44.  verwolger.  eneruare  verlernen. 

45.  eneruus  ghelemet.  enixus  vt- 
ghepinet 

46.  equiuocus  ghename. 

47.  equester   ridere.     epitasiuni^) 
grafscrift. 

48.  equitatus   reyse.     eramentum 
rüstheit. 

49.  erraticus    afweghich.      errono 
nenus^)  idem. 

50.  ergastulum  kerkenere. 

Col.  13. 

1.  erucarupe.  eruginare  weghen. 
eruginaitor 

2.  suertvegher.  erugo  rustegheyt. 

3.  es  ere.     esculus  mispelbom. 


4.  esculum  mispel.    estas  somer. 

5.  etymoloya  bedutnisse.  euidere 

6.  openbaren.  euidencia  ppenbar- 
nisso. 

7.  enge  eya.  eurus  os^wint.  eulo- 
gium 

8.  cleynat   vel  bonus.®)     extasis 
vmmacht. 

9.  examen  ordel  vel  suarm.  exa- 
minare '') 

10.  blöde   maken.     exilis   cleyne. 
excoriare 

11.  Villen,    exiliari  elenden,    exi- 
tium 

12.  tu  stornisse.    exitialis  verstor- 
lic. 

14.  expetere  eyschen.     explanare 
berichten. 

15.  explicit    id    endet,      expolire 
sclichten.^) 

16.  explorator  en  speger.    expro- 
brare 

17.  bescheiden,    excomare^)  schu- 
men. 

18.  excors^®)  vnghehickech. 

19.  extumulare  vt  grauen. 

20.  exuberare  ghenughen. 
31.  expedicio  heruart. 

33.  fabrilia  ghetewe.    facetus   ho- 
uosch. 

34.  faceties  houescheyt. 

40.  gemini     tuelinge.       gemellus 
tuelinc. 

41.  gener  dochterman. 

42.  gemebundus  iemmerlic. 

43.  gena  wange. 

44.  gentilis  heyden. 

45.  germen  vtscot. 

46.  germinare  vtsprutten.    gestire 

47.  begheren.     gestus 

48.  ghelat.  girare  vmme  gan. 

49.  gibbus  houer.    girouagus  vm- 
melopich. 

50.  ghabra  schedele.  glis  lem,  ratte, 


*)  1.  wret.  -)  1.  snuveduc.  ^)  1  halfrinc.  *)  st.  epitafium,  epitaphium.  ^)  st. 
erro Ileus.  ^)  bon^;  bei  Dief.  auch  bona  fama  glossiert.  ^)  1.  exanimare.  ^)  8lcic|chten. 
^)  1.  exspumare?  Öief.  exscumare.    *^)  1.  exsors? 


ät 


1.  klette.  gliscere  begheren.   gli- 
scerium  begherunhe.^) 

2.  glomus  gloraiscelus  einen,  glo- 
meracio 

3.  samenunghe.      gloijierare    Sa- 
men^) winden,     glutinare 

4.  Urnen,   gluten  lim.   glntorium 
idem.  gnams  wis. 

f).  gomer   en   mate.     grabbatuni 
bedde.     gracilis 

6.  smal.     grandenus  alt.^)   gran- 
dinare  haghelen.*) 

7.  grando  haghel.    grassari  wet- 
maken. 

8.  gratns  anneme.  gratificare  dan- 
ken. 

9.  gremium  scot.  gula  crop.  gu- 
losus 

10.  wrazich.  gummi  clibber.  gum- 

fus  hnf. 
14.  gurgulo  hamester. 
17.  gnstare  smecken. 

20.  geniere  gemiscere  suchten. 

21.  gloriari  berumen. 

23.  habitaro     wonen.       hactenus 
wenteher. 

24.  habilis^)  wonlic.  habitus  ghe- 
wode.     habena 

25.  togel.     hamus  angel.    hamare 
angelen.^) 

26.  hanindo  ror. 

27.  hasta    sper.      hastile    schat.^) 
hastatas 

28.  ghesperet.      hebere    stumpen. 
hebes  stnmp. 

29.  hebetitudo   stumpheit.     herba 
crut. 

30.  herbosns  crudich.  herilis  her- 
lich. 

31.  hereditäre   heruen.     heremus 
wstenye. 

32.  heremita  ensedeler.   herodinus 
walke.*) 


33.  heresis  ketterie.  heritus®)  ket- 
ter,    heri, 

34.  hesternus  van  ghisterne.    he- 
sperus  anentsterne. 

35.  heu  leyder.    heus  vachte  vel 
heus  horste. 

36.  hiare    ganen.     hiemare  win- 
tern. ^^) 

37.  hirudo  egliele.     hiscore 

38.  gapen.     hispidus  ru.     hirtus, 
hirsutus  idem. 

39.  histrio  lodor.    humere  netten, 
humectaro 

40.  idem.   humor  wchtegheit.   hu- 
miditas  idem. 

41.  humare  granen.  haurire  vptin. 

42.  hebetare  stump  maken.  here- 
ditäre heruen. 

45.  habundaro  ghenughen.  herere 
anhenghen. 

Col.  15, 
1.  humela  runge.    humelus  asle. 

5.  iacere  werpen  vel  liggen.  iac- 
tare  berumen. 

6.  iactificare  idem. 

7.  iaculum  sehet,  idea  on 

8.  worme.  idenditas  enecheit. 

9.  idolum  beide. 

10.  idolacium  offer  van  afgoden. 

11.  ictus  slach.     idra 

12.  waterslanghe.  idropisis  water- 
sehüt.ii) 

13.  idropieus  watersuetich. 

14.  intercus^^)  idem.ignauus  stump. 
ignarum 

15.  vn  weten.     ignescere  bernen. 
ironia  bespot. 

16.  ignominosus  vn  wert,   ignobi- 
lis  vn  edele. 

17.  illeeebra  vn  reynecheit. 

18.  illieo  snellie.     illustris  edel. 

19.  illustrissimus  sunderlieh.  illi- 
dere  steten,   illieio  stotinghe. 


*)  begherühe ;  1.  begherunghe.    ^)  sam.    ^)  halt.   *)  ist  ausgeschrieben.    *)  ha- 
bitabilis  ?    *)  ist  ausgeschrieben.     ')  1.  Schacht  ?    ®)  st.  herodius  valke.    ^)  1.  herelicus, 

")  wintern  ohne  Abkürzung.    ")  st.  watersücht,    ")  C.  int'cus  =  intricus  ? 


^8 


20.  imber  reghen    immo  tuaren. 
impar 

21.  vnghelic.    illustrare  erlichten, 
imaginari 

22.  beiden,  imaginarius  beldoma- 
ker.     imborbis 

23.  sunderbart.     imbellus  sunder- 
strit.     imbecillus. 

24.  cranc.^)    imbuere  netten,    im- 
nanis^)  grot. 

25.  imnensis  •**)  idem.    inimensitas 
grotheit. 

26.  immotus  vmmeruret.'*)  immo- 
lare opperen. 

27.  inpascibilis'^)  vnlidelic. 

28.  inpenetrabilis  vast. 

29.  in  poliere  in  driuen.     inper- 
territus^) 

30.  vnuerueret.    inperitus  vnghe- 
leret.     inpetuosus 

31.  snellende.     inpetere  anuerde- 
ghen. 

32-  inpotrare    erbidden.      inpiger 
snel.     inpluere 

33.  inreghen.     inpingere  inmalen 
vel  steten. 

34.  inpingware  mesten.    inpigno- 
rare  worsetten. 

35.  inpolitus  vnghesciret. 

36.  inprecari    biddon.     inprecatio 
biddunghe. 

37.  inprecabilis    vnbedelic.    inpu- 
dencia  vnschemecheit. 

38.  inpudes   scamelos.     inpudicus 
vnschemeler.'^) 

39.  inpudicicia  böse  list.^)  inpurus 
vnreyne. 

40.  inanire    idelen.     inanis    idel. 
inaccessibilis 

41.  vntügande.    incantare  beteue- 
ren. 

42.  incestus  vnkuscheit. 


43.  incendere  vnfenghen.^)     inci- 
dium  inval. 

44.  incidere  invallen.    incitare  tu 
herden. 

45.  incinctus    vngegort.     inclitus 
edel,     incola 

46.  in  woner.     incolatus  inwonin- 
ghe. 

47.  incömmodus    vnghemac.     in- 
conditus 

48.  vngetimmerot.      incompositus 
vnghemaket. 

49.  incongruus  vnbequeme.^®)  in- 
concussus  vnteslaghen. 

50.  incromentum  wassunghe.    in- 
cromentare  vassen. 

Col.  16. 
1.  incrassare    mesten.      incurius 

vnhouesch. 
2    incuriosus  idem.    incuria  vn- 

tucht. 

3.  incuruare  crummen.  incurrere 
inlopon.     inculiare  ' 

4.  underleghen.     incubacio    ho- 
pinghe    incutore 

5.  steten,  incus  anbolt.  indagare 
versuken. 

6.  investigare    idem.      indelicia- 
bilis^^)  stedich. 

7.  indofossus  vnuermüdet.    indi- 
care  wisen. 

8.  index     wisere.        indicatimis 
wisende. 

9.  inditium  teyken.  indictio  wi- 
singhe. 

10.  indicibilis  vnseghelich.  indiffe- 
rens  gelich. 

11.  indigere  bederuen.    indigeries 
ouerat.     indigestus 

12.  sunder  vordanc.  indigena  lant- 
man.     indolis 


^)  tränt  scheint  zu  stehen.     '^)  so  deutlich   statt  immanis.     ^)  imnesis  =  im- 

mensus.  *)  vmmerurz  st.  vnghe-  oder  vnberuret.  ^)  so  statt  impassibilis ;  auch  in 
den  folgenden  Wörtern  stets  inp.  st.  imp.  ^)  ipt'ritus.  ')  vnschemeler  steht  aus- 
geschrieben ;  1.  vnschemelec  ?  vgl.  17,  18  vnschemelic.    ^)  1.  lust.    ^)  st.  vnivenghen. 

^*)  vbeqme;  1.  vnbequame?  vgl.  17,  47:  illaqare  =  illaqueare.    ")  1.  indeclinabilis. 


29 


13.  enwoldecheit.    industrius  wis, 

industria 
14  wisheit.      indutiaro    vorsten. 

indurare^)  erherden. 

15.  ineffabilis  vnsprekelich.   inors 

16.  tracheyt.     inermis    vnghowa- 
pent. 

17.  infamia  vnghoruchte.    infamis 
wanruchtich. 

18.  infauorabilis   vngunstich.    in- 
fecundus  ane 

19.  frucht.  infestus  grot.  infestaro 
muden.^) 

20.  infitiari     verlocken.        iiificis 
dachbreke. 

21.  infigere  insteken.   infidus  vn- 
trae.     inficere 

22.  vnreynen.    infirmaro  krenkon. 
influore 

23.  invleten     infodoro    ingrauon. 
iEformis  eyslic. 

24.  informare^)  anwisen.  infrare*) 
swellen. 

25.  infligere   pinen.     infortunium 
vnghelucke. 

26.  ingeniosus  listich. 

27.  ingens  grot.    inglorius  siinder 
ere.     inglure^) 

28.  in  Valien,    inguen  haghedrüs. 
iniquus 

29.  arch.     innocuus    vnsculdech, 
innoxius, 

30.  innocens.  innuoro  wisen.  ino- 
pinatus 

31.  vnuerwanet.     inolere  insoloro 
insolesere 

32.  vnghewonen.     inquinaro    vn- 
reynen. 

33.  insequi  na  stapen. 

34.  insectarl   idem.     inserere  in- 
seghen  vel  poten. 

35.  insisio^)   potinge.     incellare') 
sadelen. 

*)  indura.    *)  undeutlich,   vielleicht  muten   zu  lesen.     ^)  inforre.     *)  inflare. 
*)  1.  ingruere.     ®)  st.  insitio.     ')  insellare.     ^)  vnghewong,  1.  vnghewone.     ^}  oder 

id 

-decheit,  statt  -dectheit.     *<>)  vngetepet.     ")  v'beden.     "j  int'itus  -    interritus.     ^^) 
int'in». 


36.  insidiari  laghon.    insidere  in- 
sitton. 

37.  insignis  edel,  insignireodolon. 
insilire 

38.  in  springhon.  insompnis  slapo- 
los. 

39.  insopitus  vnslapot.  insoporatus 
idem. 

40.  inspiraro  inblason.  instar  gho- 
likenisse. 

41.  instigaro  tu  stoten.    instillare 

42.  indrupon.  instita  selebant.  in- 
stitor 

43.  cremor  vel  coper.    insuotus 

44.  vnghewonen.®)  insula  werder. 

45.  insultaro    stormon.      insultus 
Storni. 

46.  insuporabilis  vnuerwinlic.  in- 
tabulare  scotton. 

47.  intogumontum  vnuordothoit.  ^) 
intomp- 

48.  poratus  vngetomperot.^^j     in- 
tompostiuus 

49.  vntidich.     intempostus    idem. 
interrasilis 

50.  vnderscoren.    intercapedo  vn- 
•  dergripinghe. 

Col.  17. 

1.  intercipere  vndernemen.     in- 
torcedero  vorbidden.^^) 

2.  inde  intorcossor  et  intercessio. 
internodium  knokol. 

3    intercutum  quordel.     interire 
Sternen,     intericio 

4.  dodinghe.   interitus  dot.   inte- 
ritus*^)  vnuerueret. 

5.  intercinere  dodon.  interminalis 
sunder 

6.  ende,  interminus  ^^)  idem.  in- 
terfluere  vndervloten. 

7.  interiectio  vnderwerpinghe.  In- 
teresse twschen 


äo 


8.  Wesen,  interpolare  vnderlaten. 
interpolare 

9.  tragheliken.    interpretari   bc- 
duden. 

10.  intervallum   vnderlat.     inter- 
uenire  bidden. 

11.  intimare  kundeghen.    Intimus 
binnen  wendech. 

12.  intonare  donren.  intrieare  vn- 
dervlechten. 

13.  intromittere   vnderdon.    intu- 
mulare 

14.  begrauen,  intueri  besin.   inu- 
matus  ^) 

15.  vnghegrauen.    invndare  anu- 
liten. 

16.  inualidus  kranc.    inuanescoro 
verswinden. 

17.  investigare  Sporen,  investitura 
clodinghe. 

18.  inverOcundus  vnschomeüc.  in- 
vertere 

19.  verkeren.  invetorascero  aldon. 
invigilare 

20.  andenken,  inuidero  baten,  in- 
vidus  hetische. 

21.  inuitare  noden. 

22.  iperbolite^)  vnloueleko. 

23.  irradiare    ersciren.^)     irrotire 
knutten. 

24.  irrefragabilis^)  vnstorlic.  iuba 
perdos  bar. 

25.  irremeabilis  vnwoderkomolic. 

26.  irreprehonsibilis  vmbeschellic. 
iuger  en  morghen. 

28.  iubilaro  gbodelic  singhen. 

29.  iulare'^)  donen.    iugulator  do- 
der.     iugum  ioc. 

30.  iugari^)    scheiden,    ius   scot, 
ghewalt  vel  recht. 

31.  iuuenta  iuuentus  iüchet.     iu- 
mentiim 

32.  ue.   iuuenis  iunc.    iuuentus'') 
varre. 


33.  iuuenalis  iungheling. 

34.  inpertiri®)  mededelen. 

35.  incumbere  instare  anstan. 

36.  imminere  idem. 
39.  incitare  tu  herden. 

41.  incusare  besculdeghen. 

42.  incutere  bouraghen.   inquirere 
idem. 

47.  illaqueare  bestricken. 

48.  inmergore  insenken. 
50.  inplicare  invallen.^j 

Col.  18. 

1.  inprimere  indrucken. 

2.  inrepere  incrupen.    irrumperc 
inbreken. 

4.  irritare  vertornen    insculpere 

ingrauen. 
9.  incalore  bitten,  incanore  grawe 

worden. 
12.  illucero  inscinen. 
26.  intercilia  wim  brane. 

35.  labes  flecken,    labefacero  vn- 
rovnon. 

36.  labium  labellum  lippo.    labi 

37.  labare  ghidon.  lactore  sugheu. 

38.  lactare  soghen. 

39.  lacessere^^)   müden,     lacertus 
amischene. 

40.  lactuca  ladeke.  latus  side  vel 
bret. 

41.  lagona    lochelen.       laguncula 
idem. 

42.  lagana  pankuke. 

43.  lambere,  lingere  lickon. 

44   lana  wUe.     ianare^^)  wllen. 

46.  laquearis^^)    hemelde.      larua 
sconebart. 

47.  latere  latificare  sculen     laci- 
uire^')  geyl  sin. 

48.  latobra   latibulum    sculeiüsso. 
latebrosus 

49.  duster.   late^*)  en  sute  water. 

50.  later  teghel. 


*)  St.  inhumatus.  ')  st.  hyperbolice.  *)  1.  erscinen?  *)  1.  irrefgibiF.  *)  1  iu* 
gulare  doden?  ')  &t.  iurgare.  ^)  iauencus.  ®)  oder  inpartiri ;  G.  inp.  ')  st  invalden. 
**)  St.  lassescere?    ")  lan'e.    ")  at.  laquear.    **)  st  lasciuire.    ")  latex. 


31 


Col.  19. 

1.  laureatus  ghecronet. 

2.  laxare  vertaten. 

3.  lopes^)     eyn    gropo.     ioctica 
bedde.^) 

4.  legumen  corn.     legacio  bodo- 
scop. 

6.  lentescere    traghen.       lentus 
trach.     lens  nete. 

7.  lens  lenticula  linsen,     lepor 
schone  wort. 

9.  letargia  verghetenecheit. 
10.  letargus  vergheten.  letum  dot. 

12.  letare  steruen.  letari  wrowon. 

13.  leuita   dyaken.     leua   luchtor 
hant. 

14.  leuus  lucht.     libia  on  lant. 

15.  libare  smecken. 

16.  libum    peperkuko.       libamon 
ofifer. 

17.  libra  waghe.  libertus  ghovriot. 

18.  libens  willich.  libido  böse  lust. 

19.  licium  spüle,  lictor  bodel.   li- 
gamen 

'20.  bant.    ligatura  idem.    liga  li- 
gula  hosuetel. 

22.  limare  vilen.  lima  vile.  limen 
sul. 

23.  limphare  weteren.^) 

25.  linum   vlas.     lineus   vlesson. 
Untoamen 

26.  linen   laken.     limpus*)  suro- 
ghede. 

27.  Uppitudo  schelhoit,     loricatus 
ghewapont. 

28.  libricus  ghnr.   lucerna  latorna 
luchteuat. 

29.  luctari  wranghen.  lucta  wran- 
ginghe. 

30.  luctamen  luctacio  idem.  lucus 
busch. 

31.  luculentus  buscech. 
32  ludebrium  spot.  ludificare  be- 
spotten.    Ines 

^)  st.  lebes.  ^)  geändert  aus  ursprüngl.  kedde.  '')  wet'o.  *)  st.  lippus.  ^)  zu- 
erst stand  spot,  das  gestrichen  ist.  ^)  lig'rire,  st.  ligurire  ?  '')  gleich  coUucare  ?  *) 
Süchten?    »)  1.  vmmel. 


33.  plaghe.^)    lunacio  manschin. 

35.  luxus  luxuria  böse  lust. 

36.  lasciuia  gheilheit  vel  slippe. 

39.  libra  waghe.    librare  weglien. 
litostratus  stenwech. 

40.  liquamen  smolt. 

43.  loramentum  bant. 

44.  lucatus  rocgat. 
46.  laqueare  stricken. 
48.  ligurrire^)  minneren. 
50.  liquefacere  wechmaken. 

Col.  20. 
1.  lucare')  glatmaken. 

5.  Macedonia    lant.       macellum 
vleisbanc. 

6.  macerare   magheren.     macia- 
num  holtappel. 

7.  machinari  fliehten.*)    mactare 
doden. 

8.  madidare  notton.   magisterium 
mestorscop. 

9.  magistratus  idem.    magistrare 
mestren. 

10.  magnas  odelman.  magnanimus 
ouermodich. 

11.  magnanimita  ouermut.  magni- 
ficare  louen. 

13.  magnificus  grot.  magnificencia 
grotheit. 

14.  magnitudo    idem.      magnalia 
grote  doghede. 

15.  magnilocus  boriimich.    magus 
gokeler. 

16.  magestas  walt    malus  mast. 

17.  malignari  ouol  dun. 

19.  mansus  hüue. 

20.  mandibula  kene  backe. 

21.  manumissus  vrig  maket.  ma- 
nualis 

22.  hantsam.   mandragora  alriine. 

23.  manumittere  vriglaton.     ma- 
nutenere  halden. 

24.  mantile  vmelaken.®) 


25.  manuterium  hant  duole.  man-  2. 
suescere  sachten. 

26.  mansuetudo  sachtheyt.  mappa  3. 
mappula  5. 

27.  duele.     marcere  marcessoro^) 
doren.     marcidus  6. 

28.  droghe.  maridata^)  ghomannet.  7. 

30.  masticare  keuen.  8. 

31.  matrimonium  hecht. 

32.  meatus  ganc.  9. 

34.  mederi  sunt  maken.    medulla 
march.  10. 

35.  meditari  denken,  melodia  süto  11. 
sanc.  12. 

36.  memorale  en  pant.  menibrana 
plaster.  13. 

37.  nienda  placke,   mendicaro  bo- 
delen.    menta  14. 

38.  minte    meror  drüfenisse.  nie-  15. 
rere  druuen.  16. 

39.  merconnari    copon.      mercari 
idem.  17. 

40.  mercator   copman.     merguliis 
duker.  18. 

41.  merges  garue.  metere  meghon. 

42.  messio  snidinghe.  messor  sni-  19. 
der. 

43.  meta  mal.    metere^)  meten.  20. 

44.  milium  herse.  mediculosus*)  22. 

45.  blöde,   medicaro  blicken,    mi- 
litare  striden.  23. 

46.  millenarius  en  dusent.    mina  24. 
en  mate. 

47.  minare  drüen.    minorare  min-  25. 
ren.     minuere 

48.  idem.  mirificus  wnderlic.   mi-  27. 
rificare  29. 

49.  wnderlic  maken.  merica  hevde,  38. 
misterium  teyken.  39. 

50.  mitescere    sachten,     mitigare  40. 
idem.  43. 

Col.  21.  46. 

1.  modestus    kusch.       modöstia  48. 

kuschelt,    moderari  49. 


maten.  modicus  matelich,  mo- 

dulari 

singhen.    meiere  malen. 

mollire     weyken.       moUities 

weykecheit. 

molestare  bedrüuon. 

mansio  woninghe.  mens  berch. 

montuosus  bergich.   montanus 

berchman. 

monstrum  eyn  dir.  monstruo- 

sus  wnderlic. 

mos  sede.  morieratus"*) 

sedich     mugire 

lügen,     mulus  mul.     mulcero 

weyken. 

mulgere    melken.      multrum 

melcvat. 

multare  quelen. 

multa  pine. 

multiformis     manghorhande . 

mundalis 

werlic.  mundanus  idem,  mun- 

gere  snuten. 

munctor  seyuerduc.  munificus 

milde. 

murena    lampreyde.      murra 

maserbum. 

murrenum  maseren.^) 

mussare  dubitare  vel  cum  si- 

lentio  murmurare. 

musitare^)  runen  vel  dubitare. 

mustum  must.  mutuare  lenen. 

mutuari 

werden®)  ghelenet.  muscipula 

valle. 

magudaris^)  colstoc. 

materia  materrei.^^) 

maritare  mannen. 

meliorare  betören. 

messere  mögen. 

mordere  biten. 

munire  warnen. 

murmurare  runen. 

naris  nesegat. 


^)  st.  marcescere.    *)  st  maritata,    ^)  met'e,  st.  metiri.    *)  meticulosus.    ^)  st. 
morigeratus.    ^)  mase'n,    ')  1.  mussitare.    ^)  w*de.    ®)  magud'is.     '<*)  mater  |  rei. 


S3 


50.  natare     swemmen.        natator     34. 

swemmer.  38. 

C#l.  22.  39. 

1.  nasci  werden  gheboren.  41. 

2.  nascio^)   gheslechte.      narstu-     43. 
tium«)  49. 

3.  kerse.    nates  arsbille.    neruus     50. 

4.  sene.     naufragari  vordrinken. 
naufragus 

5.  schepbroehych.       naufragium       1. 
scepbroke.  2. 

6.  nauigare    schepen.     nauseare 
walghen.  3. 

7.  nausea  walginhe.     nere  spin- 
nen,   nebula  4. 

8.  neuel.       nebulosus    n^uelich. 
nebulo  lodder.  5. 

9.  nedum  noch  nicht,  nectar  snte 
dranc.  6. 

10.  necis*)  dot.  nidificare  nestelen. 

11.  nectere  knntten.     nexus  7. 

12.  bant.  nidus  nest.  nephas  vndat. 

13.  nephandns   vndedich.      nego-       8. 
tiari  weruen. 

14.  negotiosus  bewerf,  nemus  holt.       9. 

15.  nempe  werliken.  neuma  sanc. 

16.  nepus  stertwisch.  10. 
18.  nemosus  senech. 

22.  niuere  wenken.     notabilis  11. 

23.  merkeleken.     nouerca  stifmu- 

der.     nouacula  12. 

24.  schermes.  nouarenien.  nouale 

25.  gherodet   lant.     noxa  misdat.      14. 
noxius 

26.  sculdech.     nubilus  15. 

27.  dunker.     nugari  16. 

28.  mentiri.      nuga    mendacium. 
nugigerulns-  17. 

29.  ioghener.  nugas  idem.  necaro     18. 
doden.  19. 

30.  nullatenus  neniwis.*) 

31.  nuncius  bodeschap.     nutus  20. 

32.  wenkinghe.   nundine  iarmarc. 

33.  nundinari    eopen.        nucleus     21. 
kerne. 

^)  1.  natio.    ')  1.  nasturtiam.    ^  I.  nex. 
lieh.    *)  1.  ningere  snien?    ®)  st.  obscoenus.    ^) 

Ntederdentsohes  Jahrbach.  I. 


nudus  naket. 

nobilitare  edelmak^i. 

nudare  bieten. 

nitigere  sinden.^) 

nutare  waghelen. 

obdurare  verherden.    obaudire 

vnthoren.  obliquare  crummen. 

Col.  23. 

oberrare  erren.    obiurgari 
scheiden,   obex  grindel.  obla- 
trare 

wederbellen.   oblectari  lust^n. 
oblectacio, 

oblectamen  lust.     obliqui  mi- 
spreken. 

obrisQs    Spot,      obruere    vnt- 
vallen. 

oboriri  weder  wassen.   opbro- 
brium  laster. 

obsenns®)  vnreyne.     obsistere 
weder  stan. 

obsidere  besitten.  obses  gisel. 
obsequi 

dynen.   obscurare  dnnkeren.^) 
obsecrare 

bidden.    obstinatns  wederbur- 
stich. 

obstetrix  bademuder.  obstetri- 
care 

bewaren.    obumbrare  bescer- 
men. 

occidere    vallen    vel    doden. 
occasus  val. 

occulere,  occulare®)  holen, 
occupare  becnmmeren.®)  ociari 
ledech  sin. 

ocrea  stauile.    odinm  hat. 
odorus  ruken.     olfactus, 
oder  ruke.     olfacere,   odorare 
rnken.     oestrum 
wespe.  offa  supunghe.   offella 
idem.     olea, 

olyua  oleybom.  Oleaster  idem. 
olere 

^)  das  erste  i  in  neniwis  sehr  deut- 
dunke'n.    *)  1.  occultare  ?  *)  becüm'. 

3 


34 


22.  stinken,     olor  svane. 
24.  onager  wiltesel.     opacus   du- 
ster.    operosus 

26.  werkich.     opera  vlit.     opifex 
wercman. 

27.  opitulari  helpen. 

28.  opilare^)  bestoppen. 

29.  opilacio  bestoppinghe.     opilio 
scaphferde. 

30.  opidum  vicbelde.   opinari  mü- 
den. 

32.  oportunus  behovecheit.  . 

33.  oportunitas    nütheyt.     oppri- 
mere 

34.  vemrucken,     orbare  weysen. 

35.  orbitas  wesecheit.     orcus 

36.  helle.  Oratorium  bedehus.  ora- 
culum 

37.  bede.  ordinäre  woghen.  ordiri 

38.  beginnen,     ozezon  stern. 

39.  oriri  wassen.    orundus^)  ghe- 
bom. 

42.  ordoxis  ghesette  et  dicitur 

43.  ab  ortos  quod   est  rectum   et 
doxa  quod  est  gloria. 

44.  ossillum^)     mundeke.      ossol- 
lum*)  scocrede. 

45.  ossitare  ghewen.  ostentare  be- 
rumen. 

46.  ostentatio     berüm. 
portener. 

49.  obliuisci    vergheten. 
ieghen*)  werpen. 

50.  obedire  horsam  sin. 

Col.  24. 
2,  obruere  bevallen. 
6.  obtundere  tu  slan. 

10.  occecare  blenden. 

11.  offendere  ouelhandelen. 

13.  osculari  cussen. 

14.  obniti  weder  .  .  .  .  ^) 

15.  obrepere  vmme  crupen.  obri- 
gere  stref  werden. 

24.  pacare  wreden. 


ostiarius 
obicere 


25.  pactum  ghelouede.  pagani  hey- 
denisse. 

27.  pala   spade.     palea  kaf.     pa- 
lantinus 

28.  palansgreue    palestra  worste- 
linghe. 

29.  palla     alterlaken.         palliare 
decken. 

30.  palere  blec  sin.     pallor  blec- 
heit.     palus 

31.  bruc  vel  stake,   paluster  bru- 
kegheit. 

32.  palmus  on  spanne. 

33.  palpare    tasten,     patrocinium 
hulpe. 

35.  papirus  biso,   parabola  bispel. 

36.  paralitus  troster.  ^)  papare  tey- 
ren.') 

37.  parasitus  lecker,  parapsis  nap. 

38.  patricidium    vader    sclachun- 
ghe.«) 

39.  pastillus  pasteyde. 

40.  pastoforium  en  kamer.   passus 
strede, 

41.  passim  sparlic.    patere  open- 
baren. 

42.  paturpendere  versman. 

43.  pausare  rüsten. 

44.  pauperare  verarmen. 

45.  peculiosus  rike.     pectere, 

46.  pectinare    kommen.       pecten 
plura  signat. 

47.  pectrix  kemmersche. 

49,  pectorale    vorbüghe.     pierare 
versweren. 

50.  peiorare  ergheren.     pellicium 
korsne. 

Col.  25. 

1.  poliere  driuen.      perca    bars. 
penitudo,  penitencia 

2.  ruen.   pendulus  henglich.    pe- 
netrare 

3.  dor  varen.     pensa  waghe. 

4.  pensare  weghen.  pensio  pacht. 


^)  st  oppilare.  ^)  1.  oriundus.  ^)  1.  oscillam.  ^)  Es  stand  zuerst  gheghen ; 
gh  unterpunctiert,  i  darüber.  ^)  fehlt  das  Verb»  ^)  palit"  st.  paracletus.  ^  das  t 
undeutlich.    ^)  1.  sclachtunghe. 


35 


5.  penuria  broko. 

6.  peragrare  ouergan.     paragra- 
phus  teyken. 

7.  percellere  versnellen.    perdix 

8.  raphon.    peregrinari  bedever- 
den. 

9.  peremtorius  sunder  vrist.  per- 
ferre  verdraghen. 

10.  pergere  varen. 

12.  peryzoma  quast.     perispima*) 

13.  appelschelle. 

14.  perosiis  dur  hart,   perpendere 
verneinen. 

15.  perpendiculum  line.  perperam 
erghelike, 

16.  perplexns  blöde,  perstare  wol- 
stan. 

17.  pertinax.  hart,  pertinacia  har- 
decheit. 

18.  peruicax,  subtilis   vel  nenra- 
dich. 

19.  peruicada  nenrat.    pedagogus 

20.  kmtlocker.    pedissequus  kem- 
merere. 

21.  pedissequa  kemerirsche. 

22.  pestilentia  plaghe. 

23.  pessulum  Minke.     petulans 

24.  gheil.     petula  dum*)  vif.  pia- 
culum  gnade. 

25.  pictacium    läppe.      pictaceus 
lapper. 

26.  pictaceare  läppen,  picus  specht. 

27.  pedum  herdestaf. 

28.  pilleus  hut.    pilleaceis  hude. 

29.  pinus  kinbom.   pix  pec.    ' 

30.  pingere  malen,  pinsere  backen, 
pipera  peper. 

32.  .pisum  erwete.     pisetum 

33.  erwetengarde.      pixis    busse. 
placare 

34.  sachten,   placenta  vlade.   pla- 
nus 

35.  slicht.  placitum  dinghe.  plan- 
tage 


36.  weghebrede,     plangere  hant- 
slaghen.    planctus 

37.  hanslaghinghe.^)  plasmare  ma- 
ken.    plasma 

38.  makinghe.  plastes  meker.  plas- 
trare 

39.  plasteren.**)    plastrum  plaster. 
platanus 

40.  en  bom.    plaudere  scricken. 

41.  plumbare  loden.    plumbata 

42.  lotkule.    pluteus  helle. 

43.  pneuma    geyst.      podex    ars- 
dram.^) 

44.  potus,  poculum  dranc.    porti- 
cus  lichus. 

46.  promittere  louen.    pollere 

47.  ghebruken.   pollure  vnreynen. 

48.  poUitrudiare    budelen.     polU- 
trudium 

49.  melcbudel.^) 

Col.  26. 

1.  pons  brucghe. 

2.  pobles^)  kinseine. 

3.  populär!  wusthen. 

4.  porro  mer. 

5.  porrum    loc.       portus    stade. 
portendere 

6.  beduden.     portentum  wnder. 
postis 

7.  dor.    posticium  idem. 

10.  precinere  vorsinghen.   precen- 
tor 

11.  vorsenger.      preceps    hastich. 
precipitare 

12.  nider  werpen.     precidere  af- 
sniden.    preclarus 

13i  herde  scone.®)    prescise  noch 
mer.    precludere 

14.  vorsluten.      preco    vorruper, 
preconari 

15.  vorrupen.      preconatus    vor- 
ruplnghe. 

16.  preconium  lof.  prevignus  stif- 
sone. 


1)  =.p6ripsema.    ^)  du.    ')  hanslaghi»  st  hantsl.    ^)  plast'n.    '^)  st.  arsdarm? 
^  l  melebudel.    '')  1.  poples  knisciue.    ^)  h'de;  1.  harde? 


3* 


36 


17.  previgna  stif  dochter.  precel- 
lere  vorgan. 

18.  preoordium  herte.  precordialis 
hertelic. 

19.  prediumeyghen.  preditus  vor- 
ghetoghen. 

20.  predestinare  vor  senden,  pree- 
minere 

21.  vor  schinen.   preficere  vorsin. 
prefinire 

22.  vordichten,   preliari  vechten. 

23.  prelibari^)    smeckon.     premi- 
nentia^)  vordel. 

24.  premiare    Ionen,      premonere 
vormanen. 

25.  prenoscere    vorkennen,      pre- 
nosticum 

26.  vor  spuken,  preoccupare  vor- 
gripen.*) 

27.  prepe*)  hastlich. 

28.  prepedire  hinderen.^)  preripere 
benemen. 

29.  prerogatiua  vordel. 

30.  prestolari  beyden   vel  sukon. 
presidium 

31.  hulpe.  presagium  versagunge.®) 

32.  preses  prouest.    prescius  vor- 
wetende.'') 

33.  presertim  also,  presumere  we- 
nen    ' 

34.  Vel  deren,   pretergredi  et  pre- 
terire  vergan.®) 

35.  pretorium  richthus.     preuari- 
cari 

36.  mysdon.    preualere  vormech- 
tech^)  werden. 

37.  primeuus    halt,      primordium 
begin. 

38.  principatus   herscop.     priscus 
halt. 

39.  priuari,  predari  bereuen. 

40.  priuilegiari  vordelen.^®)  priui- 
legium  vordel.") 


41.  procax  halt,   procacia  vel  pro- 
cacitas  baltheit. 

42.  procari  vrien.  procarius  vrier. 

43.  procedere,  prodire  vorgan.  pro- 
cella  bulghe. 

45.  proconsul  ratman. 

46.  procurare  vorsin.  prodere  mel- 
den. 

47.  proch  pudor  achter  scande. 

48.  prodigium  teyken.    producere 
vorbringhen. 

49.  prohemium  vor  rede,  prohedo- 
lor  leyder. 

Col.  27. 

1.  profanare   verwaten   vel  poU- 
uere.    profanus 

2.  i.  maledicus.   profiteri  beken- 
nen,    professio 

3.  bekennisse.     profugus  vluch- 
tich. 

4.  profundere   vtgiten.      proinde 
dar  vmme. 

5.  promere  singhen.  promtuarium 

6.  kelre.    prouulgari  opembaren. 

7.  propagare  bereyden.    propago 
gheslechte. 

8.  Promontorium   berch.     prope- 
rare  hilken.  prope,  properanter 

9.  hastlicken.     propiciari  gnede- 
ghen.     propicius 

10.  gnedech.  propiciatorium  bede- 
hus.     proporcio 

11.  ghelikenisse.    propalare  open- 
barn.     propulsare 

12.  vorstolten.^*)  propogare^*)  ver- 
sten.    propumpere^') 

13.  vorstoren.     prosapia    siechte, 
prosindere  ^*) 

14.  vorsniden.   prosilire  vorsprin- 
ghen.    prosperare 

15.  ghelucken.    prosternere  nidor 
werpen.    prostituere 

16.  huren,    prostibulum  hurhus. 


*)  8t.  praelibare.  *)  st.  praeeminentia.  ')  v'gripen.  *)  =  praepes.  ^)  hind'n. 
*)  Tersa^Qe  st  vors.  ^)  vVetende.  ®)  v'gan.  ^)  v'm.  ^^)  v'delen.  ")  vordel  ohne 
Abkürzung.    ")  1.  voratoten.     *^)  1.  pror.    ")  l  proscindere. 


37 


17.  prouehere   vor  huren.  ^)     pro- 
uectio  2. 

18.  vordernisse.  prouentus  vrome. 
proverbium  3. 

19.  bispel.     prouidus  vorsichtich.       4. 
prouisio  vorsieht.  5. 

20.  prouisor  vorseor.    prouincialis 
lantman.  6. 

21.  pruma*)    rif.      pruraa*)    cole. 
prurire  iuckon.  7. 

22.  Pruritus,    prurigo   iuckenisse. 
pseudo  walsch.  8. 

24.  pubere  wassen.  pubescere  idem. 

26.  pudibundus  schemelic.     pudi-       9. 
cus  idem.     puerpera 

27.  kindelbeddersche.  Puerperium     10. 
kindelbedde.  11. 

28.  pugilla  tafle.     puUurare  was-     12. 
sen.     pulmentum  13. 

29.  wellinghe.     pulsus  stot.    pul- 
uerulentus  stovich.  14. 

30.  pungere  prekelen.   pupilla  og-     16. 
appel. 

31.  Purpura  pellen,     pustula  bla-     17. 
dere.     putrere,  20. 

32.  idem  putrescere  roten,   putris 

wl.     putridus  21. 

33.  idem.     putere  struken.')  22. 

34.  precipere  biden.    pascere, 

35.  nutrire,  pabulare  voderen.  23. 

38.  paruipendere  vorsnodeghen. 

39.  paruiducere  idem.  24. 
44.  periurare  versveren.  25. 

Col.  28. 
2.  permulcere  beveyken.  26. 

13.  prefigere  vorhechten. 
15.  premere  drucken,    premunire     27. 

vorwarnen. 
18.  preterire  vorgan.  28. 

20.  preculcare  vor  treden. 
27.  pallere  blec  werden.  29. 

32.  perflare  dorblasen.  30. 

49.  pharetra  koker. 


Col  29. 

quadragenarius  taluari.^)  qua- 
re*) 

virhorren.^)    quadratura 
virhornecheit.    quadruplare 
vervallen. '')      qualitas    woda 
necheit. 

quamuis,  quamquamlibet  alle- 
neu,    quantus 

wo  grot.  quassere,  quassare 
scuddon. 

querere  suken.  quesitare  idem. 
queri  claghen. 

querelare  idem.  querela,  que- 
rimonia  claghe. 
quercus,  quorcinus  eyken. 
queso  ich  bidde.  quisquisnam 
wyo.     quin  immo 
auer  eyn.®)    quindenus   vef- 
teyne.    quingenti 
vif  hundert,    quevis  iewelic. 
quitari,  frequenter  quirere  vel 
quiten. 

quietari^  quiescere  rowen. 
rabidus  douende.     rabies  do- 
uunghe. 

radius  schin.  radiäre  schinen. 
radicare  wortelon.  radix  wor- 
tele. 

radicius  albedille.     raninus^) 
haghedom. 
rapax  grepelic. 

rapidus  nemene.  rastrum 
eghede. 

ratus  ghewis.  racionari  be- 
scheiden. 

raciocinacio  bescheydenisse. 
raucus 

hysch.  rebellare  wedder  vech- 
ten. 

rebellis  weder  streuich. 
recensere  teilen,  receptaculum 
wonunghe. 


*)  1.  voruuren?  «)  1.  pruina.  »)  1.  stinken?  *)  L  tal  van  xl  (40)?  *)  st 
quadrare.  *)  L  yirhomen;  vgl.  I,  2, 19.  ')  vVallen  =  vervalden.  •)  oder:  ouer  eyn; 
tindeutliclu    ^)  L  rhamnas. 


38 


31.  reciproc5are  weder  gripen.    re- 
ciprocus 

32.  wedergrepelic.^)    recidere  we- 
der Valien. 

33.  reclinare  weder  nighen.  recli- 
natorium 

34.  bedde.   reconsiliari^  versonen. 
recondere 

35.  berghen.     reconpensare    ver- 
ghelden. 

36.  recjonpensa  wederghelt.   recu- 
perare 

37.  verbalen,    reda  sele. 

38.  recmnbere  rüsten. 

39.  redintegrare     weder    maken. 
redolere 

40.  ruken.  rediuiuus  weder  leuen. 
redundare 

41.  ghenoghen.     refellere    weder 
bedrighen. 

42.  reficire*)  weder  wUen. 

43.  refragari  weder  stan.   relatum 
weder  draghen. 

44.  reficere  erweder  lauen. 

45.  ]:efectio  en  lauenisse. 

46.  refectorium  reuenter. 

47.  refrigerare  encülen.*)  refutare 
^         vorstoten. 

48.  registnun   berichtenisse.     re- 
laxare 

49.  vertaten,    relegare  versenden. 

50.  relabi  weder  uallen.  remedium 
bute. 

51.  resinam  hart.^) 

Col.  30. 

1.  remus  roder. 

2.  remlgare  ruderen.^)  remigium 
schepinghe. 

3.  reniti   weder  stan.     rennuere 
vorsman. 

4.  reri  wenen.   repagulum  grin- 
del.    repulsa 

5.  wederstot.    rependere  vergel- 
den.'') 

*)  wed'g'pelic;  vgl.  1.  24.  *)  st.  reconciliare.  *)  st.  refercire.  *)  st,  ercülen. 
ö)  unten  auf  dem  Rande;  vgl,  30,  13.  «)  rdd'n.  ^)  v'gelden.  *)  antwMe.  »)  reto- 
ricusy  darüber  no. 


6.  reconpensa  vergheldinghe.  re- 
pentinus hastich. 

7.  repere  crupen.  reptile  crupen- 
dlr. 

8.  reponere  weder  leghen.  repu- 
tare  verslan. 

9.  repudiare  vertyen.    repudium 
vertyenisse. 

10.  restare  bliuen. 

11.  residuus  ouertellech.  resignare 
vplaten. 

12.  responsale  antwerde.®)  rescin- 
dere  afsniden. 

13.  restis  wede.    rosina  hart,    re- 
silire 

14.  weder  springhen.     Tesoluere 
vntbinden. 

15.  respergere  besprenghen.     re- 
minisci  bedenken. 

16.  respuere  versman.    restaurare 

17.  vprichten.     restagnare   weder 
vliten. 

18.  resultare  ervrowen. 

19.  retardare  sumen.    resuscitari 
erwecken. 

20.  retegere  weder  decken,    rete, 
reticulum 

21.  nette.      retexere    vntbinden. 
retinaculum 

22.  vntholtnisse.  reticere  swighen. 

23.  retundere   weder  slan.    retor 
retoricus^) 

24.  wol  spreken.  retorquere  eschen, 
retribuere 

25.  Ionen,  retrogradus  hinderwart 
gande. 

26.  reuehere   weder  wren.    reue- 
rencia  tucht. 

27.  reuiuiscere  erquicken,   reuma 
breke. 

29.  reuoluere  vmmekeren.    reuo- 
lucio  vmmelop. 

30.  ridiculum  spot. 


39 


31.  rigere,   rigescere  streuen,    ri- 
gidus  strenghe. 

32.  ringere  grinsen,  rigare  netten, 
riuus, 

33.  riuulus    beke.      ritmus    rim. 
rixari 

34.  scheiden,     rixa  kif. 

35.  roborare  Sterken. 

36.  rodere  gnaghen. 

37.  rorare  douuen. 

38.  rostrum  snauel.  rus  dorp.  ru- 
betum 

39.  rubusch.   rubigo  rustegheyt. 

40.  riidis  vnkunstich. 

41.  rugire  braschen. 

42.  ruga  croke.    romphea 

43.  suert.     runkare  runken. 

44.  ruribula  ackerman. 

45.  rumbus  Store,  rutilare  schinen. 

46.  reluctari  weder  wranghen. 

Col.  31. 
1.  recredere  borghen. 
6.  reicere  verwerpen. 
9.  remordere  weder  biten. 
11.  renunctiare  weder  seghen. 
14.  retrudere  weder  steten. 
17.  rotare  wendelen. 

25.  reflorere  verder  plogen. 

26.  refugere  tu  werlaen.^)    refu- 
gium  tu  werlat. 

31.  residere  besitten. 

34.  rugire,  rugitare  brummen. 

38.  Saba  en  lant.  sacrarium  hey- 

lechdum. 
40.  sacrificium  offer. 

43.  sagum  seysene  vel  sagere. 

44.  saginare  mesten. 

45.  saUua  spekele. 

46.  salire,  saltare  springhen.   sal- 
sare  selten. 

47.  Salsa  salsen.      saltus   sprunc. 
sallarium 

48.  solt     sallurium  soltvat.     sal- 
sugo  sole. 


49.  salsucium    worst.     sambucus 
vlider. 

50.  sanxire*)  vesten. 

Col.  32. 

2.  seandalia^)  biscop  scü. 

3.  sangwineus  bludieh.    sangwi- 
suga 

4.  oghele.     sanies  etter.     sapere 
smecken. 

5.  saporare  idem.    sapidus  sme- 
ckende. 

6.  sarcina  bordenne.  sarcirescro- 
den. 

7.  sarculus   spade.      sarmentum 
sproc. 

8.  sardonicus   gherwer.      sartira 
scimper. 

9.  sartus  rüde,     sartago  panne. 

10.  sauciare  wnden. 

11.  satis  sat.     saxum  sten. 

13.  scabere  cleuen. 

14.  scandere  stighen. 

15.  scandalizare  vnheren. 

16.  scarrabeus*)  seameweuel.  sce- 
lestus 

17.  böse,     septrum^)    koningstaf. 
Schema 

18.  cirheit.     silla^)  see  ström. 

19.  scindere  spUten.     sintillare^) 

20.  wnken.      scisma    wemighe®) 
scismaticus 

21.  werer.     scopulus    grot   stein, 
scopare 

22.  keren.     scopa  besme. 

24.  scrupulosus  vndersuken.  scru- 
tari 

25.  versuken.      sculpere   grauen, 
scrutinium 

26.  bescuttinghe.     sculptile   ghe- 
grauen. 

27.  scurra  lecker,     scurrilitas  .  le- 
ckerie. 

28.  secedere  wechghan.     secessus 
vtgant.^) 


^)  tä  werlaten?  ein  Klecks  hindert  das  Lesen.  ^)  st.  sancire.  ')  sandalia. 
*)  st  scarabeos.  ^)  st.  sceptrum.  ^)  scylla.  ^)  st  scint.  ^  w'nighe  st  veringhe. 
')  1.  utganc  ? 


m 


29.  secta  en  orden.  12. 

30.  secubare  beligghen.     secreta- 
rium  cleynade.  13. 

31.  sedare  sculpen.     sedicio   tuy-     14. 
drach.^)  15. 

32.  sedulus  vlithic.     segnis  trach. 

33.  segnities  tracheit.    sellare  sa-     16. 
delen.  17. 

34.  seminarium  sat.  sementis,  se- 
men  idem.  19. 

35.  senarius  hasart. 

36.  semita  stich,     sententiare  or-     20. 
delen. 

37.  sententia  ordel.    sentis^)  dorn.     21. 

39.  Senium  alt.  senilis  alder.    se-     22. 
necta,  senectus 

40.  altheyt.     seorsum  achterwart.     23. 

41.  sepis')  tun.     sepire  tunen.  24. 

42.  septenus  souende. 

43.  septenter*)  souenstern.  25. 

44.  sequela  volgunghe.*) 

45.  serum'  wadeke.    serare^)  26. 

46.  sluten.  serenusclar.   serenare     27. 
claren. 

47.  seriatim  ordelic.  sericum  side.     28. 

49.  sermocinäri  predeken.  serpere 

50.  slinghen.  sertum  crans.    serra     29. 

51.  saghe.  serrare  saghen. 

CoL  33.  30. 

1.  sibilare  wispelen.    siccine  al- 
dus.  31. 

2.  sicera  appeldranc.     sica  staf-     32. 
ßwert. 

3.  sicarius  morder.     signifer  va-     34. 
nen  dregher.  35. 

4.  signanter  merkleken. 

5.  silex  keserlinc.  37. 

6.  siliqua  sey.     Siloe  38. 

7.  en  water.     simula  semele.  39. 

8.  simulago    dust.      simulacrum     40. 
afgot.  41. 

9.  simulacra  afgode.  42. 
10.  simbolum  ghemeine. 


sinere  laten.     sincerus  lutter. 

sidon  en  dun  laken. 

sinapum  senp.    singultare 

giscen.     singultus  giscinghe. 

suspirare    suchten.      suspiria 

suchtinghe. 

siropus  sirop.    sistere  stan. 

sitis  dorst.      sitibundus    dor- 

stich. 

socorsdore.  socordiadordieit.'^) 

soccos 

socke,    solium  stul.    solitarius 

enodich. 

solitudo  enode.  solidare  vesten. 

solidus    Taste.       soliloquium 

heymeleke  tale. 

solea  sole.     sol  sunne. 

solaris    sunnelic.      solsticium 

sunnestat. 

solsequium  sunneweruel.    so- 

lempnizare  viren. 

solempnitas  hochtit.    solicitare 

sorghen.       solicius,  ^)     solers 

sorchuoldich. 

sompnolentus    sleperich.     so- 

norus 

lut.     sopire,   soporare  slapen. 

sorbere 

supen.  sordere  vnxeynen.  sor- 

des  hör. 

sortiri  euenturen  vel  crighen. 

sortilegus  touerer.  sortilegium 

touerighe. 

sanus  sunt,     spatium  vrist. 

spadonare  lubben.    spado  vt- 

gheworpen. 

spata,  spatula  swert. 

specificare  besunderen.®) 

spectari,^^)  speculari  bescowen. 

specus,  spelunca  hol. 

spera^^)  rant  vel  rinc. 

sperula    ringheken.     spericus 

senholt. 


*)  st.  tuydracht.  ')  sentis  ?  undeutlich.  ^)  st.  sepes.  ^)  septent'  =  septentrio. 
^)  volgiDie.  *)  Es  ist  nur  are  zu  lesen.  ')  dorcheit?  dorecheit?  ®)  st.  soHcitus. 
*)  besunde'n.    ^^)  spectari  aus  spectare  geändert    ")  st  sphaera. 


T       • 


41 


43.  spica  clar.^)    spiculum  schot. 

44.  spiculari   scheten.     spinetum 
haghen. 

45.  spissare  dicken,    spolium  rof. 

46.  spoliare  rouen.  spondere  louen. 

CoL  34. 

1.  spongia  suamp.  spumare  schir- 
men. 

2.  spuere  spien.    Sputum  spie. 

4.  spurcus    vnreyne.       squalere 
schellich  werden. 

5.  squallidus  schellich.  squallor*) 

6.  vnreynecheit.    squala  schelle. 

7.  squama  vlüme.     squamena 

8.  en    crut.       stabularius    mar- 
schalc.^)    stagnare 

9.  stalpen.     statuere  setten.  sta- 
turus*) 

10.  settinghe.      stater  ghewichte. 
statera 

11.  waghe. 

12.  stertere  snorken.    stema  ma- 
ghesschap. 

13.  stibium  witte  varue.    Stimulus 
prekele. 

14.  Stimulare    prekelen.     stimula 
hekele. 

15.  stilarium   griffeluoder.     stilla 
drope. 

16.  Stillare  dropen. 

17.  stipare    vndersetten.     Stipen- 
dium 

18.  prouende.       stipulari    vesten. 
stix 

19.  helle,     atigius  heilich,     stima 
machari^) 

20.  tomen,     stima  grafscrift.     si- 
cina®) 

21.  warue.       stragula    eyn    clet. 
stratus 

22.  bedde.     strator    eyn    sedeler. 
strabo, 

23.  luscus  seil,  strennuuus')  duch- 
tich.    strepere 


24.  denen,    strepidus®)  doninghe. 
strepa 

25.  sthegerep.  stringere  duinghen. 
stropheum^) 

26.  gordel.  struma  hoker.   struere 

27.  buen.  *  stuppa  hede.     Stupor 

28.  wnder.   suadere  raden.   suasor 
rader. 

29.  suauis  sachte,    subaudire  vn- 
derhoren. 

30.  subarrare    truuen.      subdere, 
subigere,  subicere 

31.  vnderwerpen.  subigere  vnder- 
gan.     subdolus 

32.  valsch.     subiugare  beweghen. 

33.  subministrare   dinen.     subsa- 
nare^®)  bespotten. 

34.  subrogare  vndersetteiji.   subri- 
gare 

65.  vndernetten,   surripere  vnder- 
nemen. 

36.  subsistere  stille  stan.     subsi- 
dere  besitten. 

37.  substare  bestan.     substernere 
vnderleghen. 

38.  subtrahere   vndertin.     subdu- 
cere  idem. 

39.  subulcus  suinherde. 

40.  suburbium  Yorborch.     subue- 
nire  helpen. 

41.  subuertere  vmmekeren.  succe- 
dere  nacomen. 

42.  successus   lucke.     succendere 
vntfenghen. 

43.  succidere  vndersniden.^^)  suc- 
cinere 

44.  vndersinghen.     succentor  vn- 
dersengher. 

45.  succumbere  vndervalen.^^) 

46.  sudarium  tveduc.^^) 

CoL  35. 

1.  suffragari  helpen. 

2.  suffraganeus  helper.  subfodere 
vndergrauen. 


^)  verschrieben  st.  aher,  ehar  oder  eher?  *)  st.  squalor.  ^)  marschic.  ^)  st. 
statura.  ^)  st  stomachari.  ^)  oder  siüna.  ^)  strennuu®  st.  strenuus.  ^)  st.  stre- 
pitus.    »)  st  strophiam.    *^)  st  sabsannare.    ")  -sinden.    ")  1.  -vallen.  *^)  l  svetduc. 


4^ 


r. 


3.  suggere^)     raden.      suggestio  19. 
suasio. 

4.  sulfar  suefel.  20. 

5.  sumptuosus  kostelic. 

6.  sunamitis  gheuanghen.    supa*  21. 
rus*) 

7.  Stuten,      superliminare  ^)     et  22. 
tunc  est  nomen 

8.  set  cum  est  verbum  tunc  di-  23. 
citur  overgan.     superstes  24. 

9.  ouerbliuende.    supersticio  vn- 
gheloüe.  25. 

10.  supersticiosus     vnghelouich.  26. 
superuacuus  27. 

11.  al  te  idel.      supervacue    ver-  28. 
gheuesch.  29. 

12.  supinus  vpghericht.  31. 

13.  supellex  husrat.     supplex  ot-  32. 
mudich.     supplicium  36. 

15.  pine.       suppetere    gheuallen.  37. 
subplantare  44. 

16.  bedrighen.      supinus  ouerste.  45. 
sura 

17.  wade.       subprimere      vnder-  2. 
drucken.  3. 

18.  surculus  vtsprot.    surdus  dof. 
surdescere  8. 

Explicit  codex 

')  St.  suggerere.    ^)  st  supparus.  ^)  das 
luspicare.    *)  st.  wane.    ')  st  verleyden? 


douen,     sudaster*)    dy    nicht 
hört,     suspicere 
vpwort  sin.    suspica^)  vermu- 
den.    suspicio 

böse  vant.^)     suspectus    ver- 
denkende. 

suspieiosus  verdacht     susten- 
tare  vnthalden. 
sustollero  vpheuen. 
susurrare   runen-     susurrium 
runinghe. 
susurro  runer. 
satisfacere  ghenuchdun. 
satagere,  studere  vliten. 
sacrare,  sacrificare  hilghen. 
satiare,  saturare  seden. 
seducere 
leyden.') 

stabulare  staDen. 
Stabilire  stedeghen. 
submergere  versenken, 
supplere  verwUen. 
Col.  36. 

succingere  vpscorten. 
subferre,    subportare    verdra- 
ghen. 
et  cetera. 

iste. 

^ubst  fehlt.    *)  st  surdaster.     ^)  st 


Anmerkungen. 


I. 

1.  L  ledeken.  Man  erwartete  vlecken.  Ledeken  wäre  eine  k-Bildung  (Grimm 
Gr.  2,  283),  bei  welcher  das  Haften  des  Ableitungsvocals  aber  auffällig  ist.  —  Vgl. 
labes  flecken;  labefacere  vnreynen  11^  18,  85. 

2.  eider.  Talaris  findet  sich  nur  hier  so  verdeutscht;  es  ist  das  mhd,  kulter; 
vgl.  Grimm  Wb.  kauder,  kolter,  kuter,  u.  unten  7,  45  culcitra.  —  Ob  u  das  ou  in 
frz.  coutre  wiedergeben  soll?    ü    noch  in  wsten   8,  19;   i^stinghe  20.     Umgekehrt 

o  für  langen  Vocal  in  to  2,  6;  bowe  21;  für  kurzen  in  more  l,  26.    Dieses  o  kennt 
II  nicht 

5.  teppet,  mhd.  teppich.    Vgl.  W.  Grimm,  Graf  Rudoli  S.  14. 


^L 


: » 


43 

6.  siislathteeh.  Sius  mhd.  sus,  luthtech  as.  luttik.  iu  wird  den  ümlaat  be- 
zeichnen: nnd.  süs.    Vgl.  2,  35.  —  luthtech,  1.  lachtech?  vgl.  Mnd.  Wb.  luehtich. 

7.  ver^heldinghe.  I  unterscheidet,  so  weit  die  wenigen  Wörter  einen  Schluss 
gestatten,  zwischen  ver  (1,  11.  16.  21.  22.  2,  12.  16.  3,  7)  und  vor  (1,  23). 

10.  hals;  mhd.  hüls  m. ;  ndl.  hnlst. 

11.  temerare  verlanneB  ff.  üeber  diese  ältere  Bedeutung  von  dumm  8.  Gr. 
Wb.  n  Sp.  1313. 

16.  verdnieket;  1.  verdrunken?  Vordruncken  =  inebriatus  Merzdorf  Bücher 
der  Könige  S.  2  u.  Massmann  Bepgows  Zeitbuch  S.  202. 

17.  titlekeB ;  so  statt  zeitig,  auch  Diefenbach  glossarium  Lat  -  Germ,  unter 
tempestivus  hd   u.  nd.  —  Adv.  st.  Adj. 

19.  gbetempert.  Vgl.  IT,  16,  48.  7,  21.  —  Partcp.  st.  Subst.  Diese  Ver- 
wechslung der  Kedetheile  lS»gegnet  in  II  öfter. 

20.  teea  versne;  mhd.  versen.    Vgl.  talus,  teclauum  bei  Diefenbach. 
24.  siB  van  der  sehrift;  Dief.  synne  der  schrifft« 

31.  lauen;  besser  lawen,  wie  Z.  34  lewet.    Vgl.  mnd.  Wb   lauwen. 

34.  winet;  1.  wermet;  vgl.  Dief. 

36.  neaiger ;  mhd.  nabeger,  nebiger. 

2.  2.  teres;  bei  Dief.  longus  et  rotundiis  erklärt,  doch  findet  sich  das  deutsche 
Compositum  nur  hier.    Vgl.  senholt  33,  42.    Mhd.  sinwel. 

4.  teredo;  bei  Dief.  vermis  lignum  terens,  holtzwurm.  Zu  windelken  vgl.  d. 
md.  wintwurm  im  Mhd.  Wb.    Beide  Wörter  sind  von  Winden  abgeleitet. 

5.  theristram.  Zu  der  Bedeutung  von  eghede  vgl.  nd.  egge  Sahlleiste,  Tuch- 
kante, zu  der  Form  s.  Mnd.  Wb.  1,  631*».    Rise,  mhd.  rise  f.  e.  Art  Schleier. 

10.  terversatio  haveade.  Z.  8  ist  terguiisari  als  dicta  vertere  gedeutet,  Z.  7 
tergurisatio  als  doctorum  versatio  (vgl.  Dief.  tergirisatio  vbung  der  lerer).  Ob  bei 
hävende,  das  wohl  als  Substantiv.  Infinitiv  zu  fassen  ist,  an  das  im  Mnd.  Wb.  2,  172 
angefahrte  havenen,  haven,  baffen  manu  tractare,  behandeln,  zu  denken  ist? 

19.  ve[r]honiieh.  Vgl.  II,  29,  3.  4.  Vgl.  afrs.  herne,  ags.  hyrne,  mnd.  hörne 
f.  Ecke,  Winkel. 

21.  towe;  mhd.  gezouwe.  Die  allgemeine  Bedeutung  des  Mhd.  hat  auch  das 
nmd.  towe  gemeiniglich^  wie  ebenfalls  ghetewe  fabrilia  II,  13,  33. 

23.  wyrec;  so  mit  tonloser  zweiter  Silbe,  als  wenn  das  Wort  kein  Compositum 
wäre,  auch  Merzdorf  S.  229  wiricvat 

.  25.  dhianBighe.  Nach  andfrk.  thinnonga  war  ich  versucht,  dhinninghe  zu  le- 
sen, allein  dhiunnighe  steht  deutlich  da.  Auch  hat  das  nmd.  Wort  dünninge,  dün- 
nige, dünnje,  dünne  in  allen  Dialekten  ü.  Dieser  Umlaut  deutet  wohl  iu  an,  vgl. 
sitts  1,  6.  Das  dh  =  as.  th.  spricht  für  einen  ziemlich  frflhen  Ursprung  des  Glos- 
sars, wenigstens  vor  ca.  1350.  —  Ags.  thunvanga,  anord.  thunvängi.  mhd.  tünewenge. 

31.  lienisse  auch  bei  Dief. ;  bekennechlic  dagegen  findet  sich  bei  ihm  weder 
für  typus,  noch  typicus,  noch  typice. 

35.  tjtillare.  Das  cuselen  sieht  aus,  als  ob  es  aus  ahd.  chuzilon,  mhd.  hut- 
zeln (kitzeln)  gebildet  sei.  Doch  ist  das  Wort  titillare  auch  sonst  gleich  titubare 
oder  vacillare  verstanden  worden;  s.  Dief.  titillare.  -—  Nnd.  küseln  Bremer  Wb.  2, 
763;  nmd.  kuseln  Mnd.  Wb. 

S«    7.  toxicare.    Noch  jetzt  nd.  vergeven  gebräuchlicher  als  vergiften. 

10.  wafikellen.   Vgl.  vogellinghe  II,  3, 24;  scrankellen  6,  23 ;  bordennell,  32, 6. 

16.  menegher  bände;  mangher  bände  II,  21,  16;  mannech(var)  10,  17. 

18.  addere.  Das  dd  auffällig,  da  ahd.  ädara;  doch  auch  spanoddern  bei  Dief. 
aus  dem  promptarium  des  Anhalters  Baidassar  Trochus  v.  J.  1517.  Jedenfalls  wird 
dies  addere  auf  ein  as.  ädra  (ags.  sedre),  nicht  auf  ein  ädara  zurückzuführen  sein. 
Wangerogisch  edder,  saterländ.  eddere,  helgol.  adder  (Ehrentraut  Fries.  Archiv  1, 
182)  lassen  sich  nicht  vergleichen,  da  im  Nfrs.  ganz  andere  Gesetze  der  Vocalver- 
kürznng  walten,  als  im  Sächsischen. 

21.  wissaghen,  wie  bereits  mhd.  wissagen  statt  des  richtigeren  wizagen,  ahd. 
wizagön,  ags.  vitigian  vitgian,  afrs.  witgia.  Das  Mitsprechende  mnd.  Wort  wittighen 
mengt  witag  und  wittig  und  scheint  daher,  wenngleich  noch  Kilian  es  durch  vatici- 
nari  gibt,  doch  wenig  gebraucht  worden  zu  »ein.    Merzdorf  S.  17.  18  steht  prophe- 


44 

tiseren  dafür,  im  Redentiner  Spiel  V.  433  propheteren.  Wissagen  ist  früh  ins  Nd. 
eingedrungen,  schon  E.  v.  Repgow  hat  es,  bei  Massmann  S.  116. 

27.  iaghespit;  mhd.  jagespiz.    Vgl.  cuspis  spith  II,  7,  31. 

30.  wegher;  bei  Dief.  weygel,  eyn  weyger  circa  ignem.  Das  Wort  scheint 
hd.  nicht  vorzukommen. 

36.  f.  Die  Bedeutung  »leuchten*  für  vernare,  ,Uchte  Zeit*  für  vemus  s.  bei 
Dief. 

37.  Auch  Kilian  keerlick  versatilis. 

4.  3.  merswyn;  ags.  mercswln,  Kilian  maerswijn,  mersw.  u.  seeswijn.  Mnd. 
merswin  Wehrmann  Lübecker  Zunftrollen  S.  203.  480.  Rüdiger  Hamburg.  Zr.  S.  62. 
Neocorus  Dithmarsch.  Chron.  her.  v.  Dahlmann  1,  222.    Mhd.  merswin. 

5.  merkalff;  mhd.  merkalp  bei  Lexer  Mhd.  Wb  ;  Kilian:  seekalf  oder  seehond. 
7.  merwander;  mhd.  ebenso;  Kil. :  seewondcr  monstrum  marinum. 

7.  merges.  Die  Erklärung  raerwyff,  welches  Wort  in  andern  Glossaren  sirena 
übersetzt,  nur  hier.  Die  Gloss.  bei  Dief.  verstehen  unter  merges,  mergus,  mergulus 
den  Vogel  ,Taucher*. 

10.  eablaa.  Dies  scheint  die  eigentlich  nd.  Form  zu  sein,  während  cabeliau 
die  ndl.;  Kilian:  kabcliau,  kableau.  Kabbellouw  Rüdiger,  Hamb.  Zr.  S.  81.  Lappen- 
berg, Hamb.  Chron.  S.  163;  cabbelouw  Neocor.  1,  222;  kabbelow  2,  425. 

17.  orrena.    Vgl.  Dief.  orona,  horena;  Mhd.  Wb.  walre. 

la  vorne;  mhd.  vorhen  f. 

19.  aseh;  mhd.  asche  swm.,  die  Aesche. 

21.  Ebenso  II,  21,  19. 

23.  wusch.  Der  Auslaut  ist  auffallend;  doch  auch  bei  Dief.  welsch,  wusch 
neben  weis.    Vgl.  zu  II,  85,  12. 

26.  sartanel.  So  liest  Staphorst.  Das  Wort  ist  undeutlich.  Es  könnte  auch 
satranel  oder  santanel  zu  lesen  sein,  ja  selbst  vielleicht  fritanel.  In  Diefenbachs 
Gloss.  wird  saxatilis  meist  durch  steinbeiss  gegeben.  Nemnich  Polyglottenlex.  der 
Naturgesch.  gibt  saxatilis  als  Namen  einer  Familie  der  Gattung  sparus  (Meerbrassen) 
an.  Santanel  aus  sandart  verlesen?  Sarda  bei  Dief.  mit  den  Nebenformen  sardina, 
sardinus,  sandinas  gibt  die  Cölner  gemma  gemmarum  v.  J.  1507  u.  die  Strassburger 
v.  1512  mit  sardien,  Kilian  durch  sardyn.  —  Ob  sardinel  =  Sardelle,  Sardine  za 
lesen  ?  Ist  sant  ...  zu  lesen,  so  darf  man  vielleicht  an  ehrl,  sandehrl  denken,  nach 
Nemnich  das  brandenburgische  Wort  für  cyprinus  dobula  (Döbel). 

27.  bley;  vgl.  Mnd,  Wb.  1,  354. 

29.  enling;  bei  Wehrmann  Zr.  S.  480  als  Köderfisch.  Vgl.  Grimm  Wb.  käuling. 

82.  bresme ;  Z.  25  brasme.  Beide  Formen,  wie  es  scheint,  für  denselben  Fisch, 
cyprinus  brama  bei  Nemnich,  dauern  bis  heute:  brassen  Coler  Hausbuch,  Chytraeus 
nomencl.  Saxon.,  Adelung,  Dähnert  Pommer.  Wb.,  Danneil  Altmärk  Wb. ;  brassem 
Nemnich ;  bräsem  Frisch,  breessem  Brem.  Wb.,  breesen  Stürenburg  Ostfr.  Wb.  Aehn- 
lich  frz.  breme,  nach  Diez  Roman.  Wb.  in  Rheims  bräme.  Während  im  östl.  Ndr.- 
Deutschland  brassen  mit  kurzem  Vocal,  herrscht  im  westlichen  brees(8)em  mit  langem. 
Als  cölnisch  gibt  Adelung  brysem  und  ndl.  ist  braassem,  brasem.  Vgl.  Mnd.  Wb,  1, 
415,  ^;  Grimm  Wb.  brachscn;  Schiller  Thier-  n.  Kräuterbuch  1,  7,  ». 

34.  stop.  Statt  des  e  stehen  in  der  Handschrift  zwei  recht  deutliche  Punkte 
von  links  nach  rechts  schräg  übereinander.  Vgl.  Laurent  ältest.  Hamb.  Handlungs- 
buch aus  d.  14.  Jh.  S.  81 :  stoyres  (Genetiv).  —  Rumbus  störe  II,  30,  45. 

35.  pleze ;  z  drückt  hier  den  Laut  des  hd.  Buchstaben  z  aus  (hd.  plötze),  we- 
nigstens doch  den  des  scharfen  s,  vgl.  plösse  Mohnike  u.  Stralsunder  Chronik.  1, 188. 
Z.  9  in  huze  ist  z  =  weich,  s.  Zu  dem  wohl  slav.  Namen  pleze  s.  auch  Schiller 
Th.  u.  Krb.  2,  20,  ». 

38.  rame.  Dieser  Name  scheint  sonst  nicht  vorzukommen.  Raja  torpedo  ist 
der  Zitterroche:  danach  rame  von  rämen,  zielen? 

39  lodallia  rime.  Glosse  bei  Schmeller  Ba^er.  Wb.  1.  Ausg.  2,  448:  ,lo- 
dallia  lugena^  die  Laugen,  cyprinus  albumus,  c.  leuciscus.  Rime  kommt  sonst  nicht 
vor.    Nemnich  hat  riemchen  für  cobitis  barbatula,  Bartgrundel ;  ob  aber  alter  Name  ? 

43.  sei.  Ags.  seolh.,  anord.  selr,  ahd.  selach.  Von  anderen  Idiotiken  hat  nar 
Dähnert  selhund;  das  Brem.  Wb.  aber  salhund,  Schütze  Holst.  Id.  saalhund.     Auch 


45 

Neocor.  weist  Bchon  salhund  1,  204  auf;  ebenso   Hättselmann  BrauoBchweig  Üb.   1, 
116.  (Anfang  des  15.  Jh.)  zalsmer« 

44.  selj.  dieser  Anlaut  auch  in  sciichten  II,  13,  16;  sclachunghe  24,  39. 
Ich  möchte  ihn  nicht  für  ein  Vorspiel  des  nhd.  seh  =  alt.  s  halten. 

II. 

2.  50.  altematim  sanderlighen.  So  falsch  auch  einige  Gloss.  bei  Dief.: 
simderlich,  sunderlichen.    Auffallend  ist  das  gh.  statt  k. 

S«  1.  anbeydentsiilen ;  so  auch  Lab.  Chrou.  1,  315:  to  beidentziden.  Dass 
t  nur  Statzlaut  des  n  ist,  lehrt  latus  side  18,  40. 

6.  anüporgiiim  scerbart.  Vgl.  Diefenb.  anticipa.  Zu  lesen  scerbort?  vgl 
Lexer  mhd.  Wb.  scherbret 

15.  aroma  ende.  Dief.  condimentum  nd.  krude,  das  Hildebrand  in  Grimm 
Wb.  5,  2107.  2110.  mit  Unrecht  für  Plural  hält,  md.  gekrude.  Für  den  Sing,  spricht: 
pro  malen  crude,  Eoppmann  Hamburg.  Kämmereirechn.  1,  37 ;  crudehereu  die  Rath- 
männer,  die  den  Anloiuf  von  Grewürzen  zu  besorgen  hatten,  daselbst  1,  163.  224; 
neu  ynmaket  krude  a.  1523  Ztschr.  f.  Lüb.  Gesch.  2,  347 ;  krüde  der  ausgekochte 
Saft  aus  Früchten,  Gewürz,  daher  krudegifte  (md.)  ein  Amtsschmaus  bei  Handwer- 
kern, krüdelade  Gewürzlade  (dagegen  krüderbüdel  Kräuterbeutel),  Dähnert  Pommersch. 
Wb.;  dat  krude  (Gewürz)  van  deme  wynholte,  Regel  mnd.  Arzeneibuch  im  Gothaer 
Programm  1873.  S.  24.  Aus  dem  Nd  entlehnt  anord.  krydd  n.  Entweder  ist  crude 
aas  gecrude  n.  gekürzt,  das  md.  nicht  selten  ist,  s.  Lexer  Mhd.  Wb.  unter  gekriute, 
oder  wahrscheinlicher  lautete  es  alts.  crudi;  vgl.  as.  curni  corni  neben  com. 

17.  snllex*  Das  doppelte  1  ist  auffallig,  da  mhd.  siulackes,  seulachs  securis 
carp^tarii,  scindens  ex  ntraque  parte,  bei  Lexer,  der  ea  von  sinwen  nähen  leitet, 
also  die  Bindeaxt  tler  Zimmerleute.  Im  Teuthonista  sul  =  axe  der  timmerluyde 
(8.  Hör,  Belg.  7,  107). 

19.  aspersariam  quispel.  Vgl.  Dief.  und  Hör.  Belg.  7.  86.  Auch  Dähnert 
kennt  mnd.  quispel  im  Smne  von  Quast, 

20.  aspis.    Nur  hier  so  falsch  glossiert;  bei  Dief.  slange, 

26.  amriga  wagemnan.  Auch  mh.  Die  Wahmstrasse  in  Lübek  hiess  früher 
vagemanstrate,  platea  aurigarum.  Sartorius  hansisch.  Üb.  S.  365 :  aurigas  qui  dicun- 
tor  waghenkerl. 

45.  avellaBa  wird  bei  Dief.  in  allen  Vocabularen  richtig  als  Haselnuss  ver- 
standen, mit  Ausnahme  von  drei  nd.  Yocab.,  deren  zwei  (22.  23.)  auch  sonst  Aehn- 
lichkeit  mit  unserm  zeigen. 

4.  11.  brnma  wrost  vel  rif.  Ebenso  27,  21  pniina  rif.  Rif  scheint  hd., 
aber  ahd.  hrtfo,  mhd«  rife,  selbst  Kilian  rype,  Outzen  fries.  Wb.  rippe.  Auch  nr. 
22>>,  obschon  ein  nd.  Glossar,  hat  rife,  s.  Dief.  prnina.  Das  echt  nd.  Wort  wäre  rim 
gewesen.  —  Wrost  =  vrost.    W  für  v,  v  für  w  ist  in  Nr.  II  nicht  selten. 

14.  bissns  bokeral.  So  auch  bissus  bocrael  im  Löwener  Yocabular  von  1483 
(Hör.  Belg.  7,  13),  bei  Diefenbach  no.  23  en  bokeral,  no.  8^  buckeral.  Fs  ist  das 
mhd.  buckeram,  buckerän,  ital.  bucherame,  prov.  bocaran,  frz.  boncaran  bougran. 
Im  Mnd.  Wb.  bokerey  (1.  bokeren  ?).  Dass  das  Wort  von  boc  aries  sei,  ist  möglich ; 
doch  scheint  mir  Schmellers  Ableitung  (Bayer.  Wb.  3,  413)  vom  ital.  bucherare 
durchlöchern,  triftiger.  Auf  jeden  Fall  darf  man  nicht  das  Wort  jener  Muthmassung 
ZQ  Liebe  als  ,aus  Ziegenhaaren  gewebtes  Zeug*  erklären;  die  im  Mhd.  Wb.  ange- 
fahrten Bel^e  verlangen  diese  Deutung  nicht.  Die  Uebersetzung  bissus  spräche  eher 
for  Baumwolle ;  Kilian  giebt  bockerael  wieder  durch  tela  cannabina  levigata ;  dass  es 
seidenen  b.  gab,  bezeugt  die  Stelle  im  Mnd.  Wb.  Offenbar  bezeichnete  das  Wort 
nicht  einen  bestimmten  Stoff,  sondern  verschiedene  in  derselben  Weise  hergestellte 
Stoffe. 

14.  blesas  wlispende.  vgl.  33,  1  sibilare  wispelen.  Dief.  nr.  23  blesus  wil- 
spende,  no.  22  wispich,  beide  augenscheinlich  aus  dem  richtigen  wlispende  entstellt. 
Vgl.  ags.  vlisp,  vlips  blaesus.  Wlispen  ist  das  mhd^  lispen,  nhd.  lispeln;  wispelen 
aber  das  mhd.  wispelen,  ahd.  hwispalön,  Brem.  Wb.  und  Strodtmann  Osnabr,  Idiot, 
wispeln  lispeln,  leise  reden. 

15.  Draens  seaer«    Das  s  aus  k.    Aeltere  Form  ist  zever,  noch  bei  Chytraeus 


46 

nomenclatof  Saxouic.  im  Brem.  Wb  5,  810;  iu  Nemuich  Poygloiteulex.  der  Natur- 
gesch.  2,  1285.  3,  660.  neben  sewerke  3,  541.  Weitere  Nachweise  s.  Schiller  Thier- 
u.  Kräuterbuch  1,  11  f.  Jetzt  gilt  szever  oder  noch  gewöhnlicher  sever.  Zu  merken 
isty  dass  dieser  z-  oder  s-Anlaat  des  Wortes  sich  findet  im  Göttingen-Grubenha^en- 
schen,  Bremischen,  Hildesheimischen,  Holsteinischen,  Meklenburgischen,  aber  nicht 
westfälisch  ist.  In  einem  Glossar  (no.  11)  bei  Dief. ,  das  wegen  seines  Vocalismas 
nach  Westfalen  und  den  Niederlanden  weist  (s.  das.  S.  XIV),  wird  brncus  durch  kie- 
uer  gegeben,  und  nach  Woeste  Yolksüberlieferungen  der  Grafschaft  Mark  sagt  man 
noch  jetzt  dort  kiäwe.  Hier  ist  man  also  über  den  ersten  Schritt  zur  Wandelung 
des  k  in  in  einen  Zischlaut  nicht  hinausgekommen.  Andere  Dialekte  scheinen  den 
entwickelten  Zischlaut  mit  dem  i  (j)  der  Brechung  zu  seh  verschmolzen  zu  haben: 
ravensberg.  eckernschäfer  (Schmidt  wester wäldsch.  Id.  S.112);  (gleichen  Ursprungs 
Osnabrück,  eckernscheersel,  Strodtmann  Id.  S.  46,  lippisch  ekernscherink,  Frommann 
Mundarten  6,  58?)  Im  Niederl,  bleibt  kever.  —  Die  Heimat  unseres  Glossars  wird 
also  ösüich  der  Weser  zu  suchen  sein. 

17.  windrafl.  Windruft,  was  Staph.  liest,  steht  nicht  da,  wäre  auch  unerhörte 
Form.  Aber  das  dem  f  folgende  Zeichen  mag  Abkürzung  von  el,  le  sein,  also  vielleicht 
wyndrufel,  wyndrufle.  Dief.  botrus  nd.  windrufele,  -drufel.  Merzdorf,  vier  Bücher 
der  Könige  S.  64  wyndrufeln  (PI ),  S.  97  windrufeleu,  Stürenburg  ostfries.  Wb.  draf 
Traube,  drnfel  mehrere  Kirschen  an  einem  Stengel.  Jedenfalls  ist  drufel  statt  dru- 
vel  nur  ans  einer  älteren  Form  drufle  zu  erklären,  vgl.  unten  zu  20,  38. 

18.  broc^a  kappe.  -Da  ital.  broca  Kanne,  Krug  bedeutet,  so  Hesse  sich  liefl. 
und  schwed.  kappe  ein  Kornmass  (s.  Grimm  Wb.  5,  195  f.)  vergleichen.  Dief.  broea 
brocca  brncca  cappe,  aber  auch:  wijntappe  no.  II,  win  tzappe  19.  Da  nach  Dief. 
S.  XV  no.  19  manche  Glossen,  die  es  aus  no«  11  genommen,  falsch  verstanden  ins 
hd.  übersetzt  hat,  und  da  mittelalterliches  c  und  t  oft  gar  nicht  zu  unterscheiden 
sind,  möchte  ich  auch  win  tzappe  zu  diesen  Misverständnissen  rechnen  und  in  11 
wijncappe  lesen. 

27.  somerlecheleQ.  vgl.  17,  41  lagena  lechelen.  Somer  =  mhd.  soumer  Sanm- 
thier,  Lastpferd.  Vgl.  soumlsegel  Saumfässcheu  bei  Lexer  Mhd.  Wb.  und  cabalhni 
tonelli  bei  Höhlbaum  Hansisch.  IIb.  no.  2.  S.  2.  Somere  Lüb.  Chr.  1,  414.  Andere 
Arten  von  Lägein:  unum  vuUechghelen  Lägel  mit  Wein  zum  Aulfallen  der  Fässer, 
Koppmann  Hamb»  Kämmereirechn.  1,  190;  spizelechel[en  ?]  ,Speise8chüsseP,  Wehr- 
mann  Lüb.  Zunftrollen  S   513. 

5*  1.  halslagheii.  Vgl.  7,  7  colaphus  halslach.  Der  Ausfall  des  einen  s  ist 
in  dieser  Bildung  auch  sonst  nicht  selten  (Grimm  Kl.  Sehr.  1,  349),  z«  B.  de  halsla- 
ginge,  mit  halslegen  geslagen,  Wiggert  Scherflein  1,  43.  vgl.  mispreken  8,  25.  23,  4. 

3.  eolare  syghen.  vgl.  7,  10  colare  syen.  Auch  im  Mhd.  findet  Mischung 
zwischen  stv.  sigen  sinken  und  stv.  sihen  tröpfelnd  durchfliessen,  seihen  statt. 

20.  medichten  verschrieben  für  mededichten,  mitdichten.  Confingere  fehlt 
bei  Dief. 

27.  eompedire  spannen  auch  7,  15. 

29.  eompangere  berowen.  7,  17  c.  beruen,  compunctio  beruwiogbe. 
4Q.  snaven.    mndl.  sneven,  mhd.  md.  snaben  straucheln. 

6.  20.  helchter;  mhd.  helfter. 

26.  tyken  statt  teyken,  wie  auch  16,  9.  20,  49.  25,  6.  48  steht  £s  finden  sich 
mehr  mnd.  i  =:got.  ai,  mhd,  ei;  hier  noch  29,  28  hysch;  sonst  z.  B.  in  vlisch  = 
vlesch,  Zeitschr.  f  Hamb.  Gesch.  1,  422.  Koppmann  Hamb.  Kämmereirechn.  1,  263. 
Laurent  d.  älteste  Hamb.  Handelsbuch  S.  78.  Lappenberg  Hamb.  Chron.  S.  88 ;  hi- 
lieh,  Massmann,  Zeitbuch  des  £.  v.  Repgow  z.  B.  232.  327.  366  neben  helich  126. 
Schon  im  As.  ist  diese  GontracUon  nicht  selten,  s.  Schmeller  Heliand  2,  184. 

cardo  distel.    Cardo  st  Carduus;  dieser  Irrthum  ist  gewöhnlich,  s.  Dief. 

30.  eartilago  erosele;  s.  Dief.  cartilago,  Grimm  Wb.  krobel. 

33.  vngevocheit  habe  ich  conjiciert  nach  Dief.  castrimargia  vngheuocheit  no. 
22  (nd«  Glossar)« 

86.  eaviila  holt  «ntwote.  Da  ital.  caviglia,  frz.  cheville  ein  Pflock,  bei  Dief. 
cavilla  holczner,  holtnegel  übersetzt  wird,  findet  holt  Erklärung;  aber  untwote?    : 

7.  4.  heynmeke  steht  so  ausgeschrieben  da.  Das  eingeschobene  n  ist  auflflllig'- 
6.  leven,  Brem.  Wb.  levern. 


47 

8.  Urseye.  Mhdi  sip,  nhd.  sieb,  aber  md.  auch  sehe,   sibe  (s.  Dief.  cribrum), 
Tie  im  Ags.  NdL  und  Nd.  beide  Formen  erscheüieu. 

16.  eompatrioto  laitman;  s.  Mhd.  Wb.  2,  44.  vgl.  indigena  lantman  16,  12. 

18.  bese  kampai ;  wegen  des  Aclj.  vgl.  l.  33. 

21.  Babar,  die  alte  Form.  Schon  im  14  Jh.  Lab.  Chron.  neben  nahbur  1,219, 
auch  neber  1,  143^  neybar  1,  147« 

23.  mbehaneh;  wegen  des  ch  statt  gh  vgl.  Lftb.  Chron.  I,  161.  428.  lanch; 
1,  414  untfench ;  420  ghinch. 

25.  ehevelghet;  so  auch  Dief.  no.  8b   22. 

27.  laden  statt  ludend(e).  Bekanntlich  ist  diese  Apokope  oder  Ellipse  des  d 
im  Partie.  Praes.  im  Mnd.,  wie  im  Nnd.  sehr  gewöhnlich.    Vgl.  zu  23,  18. 

31.  controversia  wederseldinge.  Nichts  ähnliches  bei  Dief.  Seldinge  wird  Ent- 
stellang  sein,  etwa  aus  Stellinge,  settinge? 

33.  lasteres.  Nach  Dief.  contumeliosus  vol  lasters  ist  Ausfall  des  Adj.  zu  ver- 
muthen.  Oder  dürfte  ein  A4j.  lasterisch,  für  das  die  Form  lasteres  stehen  kann,  an- 
zunehmen sein?  (b.  20,  5  vleisbanc;  12,  3  wisse  =  vische;  Zeitbach  v.  E.  v.  Repgow 
117  unminslich).    Mhd.  lästerlich;  Kilian  ndl.  lasterigh. 

35.  convallis  dav.  Dief.  comiallis  richtig  nur  durch  tal,  dal  erklärt  Hier 
gleich  Valium,  convallatio  genommen. 

36.  eoertori  ti  beiden.  Dief.  cohortari  richtig  trösten,  ermanen  etc.  Hier 
erwartete  man  to  herden  ermahnen,  was  z.  B.  Lüb.  Chron.  1,  63  steht. 

37.  ledemeker;  vgl.  plastermeker  28,  48,  meker  25,  38.  Diese  umgelautete 
Form  ist  rechts  von  der  Elbe  seltener,  dagegen  recht  zu  Hause  zwischen  Weser  und 
Elbe.  ~  Vgl.  dagegen  beldemaker  15,  22. 

41.  ereiÜBm  eade.  Cremia  PI.,  in  der  Vulgata  auch  cremium,  Reisig,  Brenn- 
holz. In  diesem  Sinne  ist  cremium  von  einigen  Glossatoren  bei  Dief.  genommen  wor- 
den, die  es  mit  spacha,  spach  geben  (s.  Mhd.  Wb.  spache  dürres  Brennholz);  so 
Inuacht  Kilian  cremium  als  Uebersetzung  von  sprockel.  Unser  Glossar  gibt  32,  7 
sarmentum  durch  sproc.  Cremium  wird  es  wohl  in  dem  im  Mittelalter  gebräuchlich- 
sten anderen  Sinne  verstanden  haben,  in  dem  von  Grieben,  einer  Speckspeise.  So 
fassen  das  Wort  die  meisten  Glossare  bei  Dief.,  so  auch  der  Teuthonista  (Hör.  Belg. 
7,  49) :  cade,  gryeve  cremium. 

45.  eolte.  Vgl.  Gloss.  I,  1,  2  cuder.  Beide  Wörter  sind  aus  culcitra,  frz. 
coaltre« 

8«  2.  capta  napulns  spil.  Cupta  ist  mlat  Nebenform  von  cupa  (s.  Dief. 
copa),  das  in  nd.  Glossaren  durch  nap  gegeben  wird.  Aber  ulus  spil  ?  wispil,  Wispel, 
ein  Eornmass  ? 

4.  hilt;  mhd.  heize  f.,  anord.  hialt  n.,  ags.  hilt  m.  und  n.,  hüte  f. 

15.  citta  brifke.  vgl.  Dief.  cirtis,  curtis,  cuta,  wonach  bricke  sein  kann  1)  eine 
Scheibe,  ein  Stein,  womit  im  Brett  gespielt  wird,  2)  eine  Fischart  Die  Bedeutung 
,Scheibe,  auf  der  gespielt  wird^,  welche  das  Mnd.  Wb.  gleichfalls  ansetzt,  scheint  mir 
aus  den  Glossen  nicht  hervorzugehen,  doch  kann  man  sie  aus  der  modernen  Bedeu- 
tung von  bricke  ,ganz  flacher  Teller*  wohl  schliessen. 

11.  eoBsternare  verkomen.    1.  consternarl    Verkomen,  mhd.  erkomen. 

39.  nisrlehtiehen.  Zu  dem  zweiten  ch  statt  gh  vgl.  Lüb.  Chron.  1,  247  her- 
tochinne. 

9.  37.  mlstrotech.  Dieser  Fehler  statt  mistrostich  kommt  auch  sonst  vor. 
Merzdorf  vier  Bücher  der  Könige  S.  87  mistrotich  neben  mistrostigh  S.  99  und  die 
Helmstädter  Handschrift  des  Theophilus  v.  687  mistroteren  statt  des  mistrostigen 
der  Trierer. 

42.  decuplum  tueualdi'ch.    Zwei  jüngere  hd.  Gloss.  bei  Dief.  haben  ebenso. 

43.  dediseere  vntweiinen;  vgl.  9,  45  ded.  vntleren. 

10*  1.  dnmheyt  steht  1.  2  links,  ist  aber  durch  einen  Strich  zu  den  latein. 
Wörtern  gezogen.  — 

(toutes^e  sculen;  vgl.  9,  33  delitere  latere  sculen. 

13.  Vor  dieta  steht  noch  dyaplasma  afsalma.  Letzteres  Wort  scheint  nicht 
deutsch,  wenigstens  steht  der  volle  Auslaut  von  allen  übrigen  Wörtern  des  Glossars 
ab.  Dief.  diapsalma,  diaplasma  en  half  psalm,  half  salme  etc.  Sollte  af  aus  half 
entstellt  sein  ? 


48 

20.  disentore  uitrieliteii;  vgl.  9,21  d.  untscheydcu,  11,  33  explicare  aotrich- 
ten.  Vgl  Mhd.  Wb.  und  Lexer  Mhd;  Wb.  entrichten ;  Janeeke  Magdeb.  Chron« ; 
Homaon  Sachsenspgl« 

11*  18.  inderileBkeD.  Diese  Composition  scheint  im  Mhd«  nicht  vorzu- 
kommen. 

19*  3.  exeentare,  s.  Dief.  exenterare.  —  wisse  ist  vische,  vt  werpen  aus- 
nehmen, ausweiden. 

5.  egere  behftveii.  vgl.  34  egere  bederven. 

27.  vrezieh;  vgl.  13,  10  gulosus  wrazicb.  Beides  das  mhd.  vrsezec.  Aber 
}.  28  vreticheyt  nd.  Zu  jenen  hd.  Formen  vgl  Zeitbuch  v.  £.  v.  Repgow  120  vr^ 
vorator;  Rein.  Yos:  vras,  vratzich. 

IS.  50.  glabra  sehedele.  Schedele  mhd.  scheitele  f.  vertex,  Kopfwirbel, 
Scheitel. 

ghis  lern,  ratte,  klette.  Vgl.  den  Hexameter  Glis  animal,  glis  terra  tenax, 
glis  lappa  vocatur,  in  Gesner^s  thesaurus  s   v.  glis, 

14*    5.  gomer.    Gomor  ein  hebraeisches  Mass,  aus  der  Yulgata. 

7.  grassari  wetmaken.  Da  mlat  grassus  =  crassus,  ital.  grasso,  frz.  gras, 
so  wohl  statt  vetmaken,  wie  auch  mehrere  Yocabulare  bei  Dief.  glossieren.  Andere 
freilich,  der  Bedeutung  des  altlat.  grassari  näherkommend,  haben  wreit,  wret  maken, 
wofür  leicht  wet  verschrieben  werden  konnte. 

10.  gamfas  bnf.  Da  gomphus  class.  lat  Nagel,  Pflock  ist  und  da  alle  Glos- 
sare bei  Dief.  gumfus  als  Hufnagel  erklären,  so  wird  nagel  oder  negel  durch  Ver- 
sehen vom  Schreiber  ausgelassen  sein. 

27.  bastile  schat.  Man  würde  schot  (vgl  15,  7)  vermuihen  dürfen,  wenn  nur 
nicht  in  den  Glossen  zu  hastile  bei  Dief.  diese  Glossierung  fehlte,  während  mehrmals 
Schaft,  Schacht  vorkommt,  und  wenn  nicht  der  Ausfall  des  ch  im  mnd.  Schacht  = 
hd.  Schaft  öfter  begegnete.  Freilich  scheint  ch  sonst  allein  in  dem  Compositum 
schachtsnider  auszufallen:  scatsnidere  a.  1263.  Ztschr.  t  Hamb. Gesch.  1,  362  neben 
scachsn.  a.  1266.  S.  376;  schatsn.  a.  1362.  1363.  Hamb.  Kämm.  Rechn.  1,  84.  88; 
a.  1375.  Rüdiger  Hamh.  Zunftrollen  S.  5i. 

35.  vaehte,  horste ;  wohl :  wachte !  warte !  bor,  ste  1  höre,  bleib  stehen !  Diese 
Deutungen  von  heus  finden  sich  in  keinem  Glossar  bei  Dief. 

45.  habnndare  ghenughen;  vgl.  2,  25  abandere  genoghen. 

15.  26.  immolare  opperea;  aber  l  10  und  6,  45.  19,  16.  31,  40  offef.  Offer 
ist  die  eigentliche  und  gewöhnliche  nd.  Form,  opper  scheint  mehr  md.  Operen  z.B. 
Lüb.  Chron«  1,  61,  opperenJanicke  Magdeb.  Chron.  207,  8. 

45.  inpolitns  angeseiret.  Nicht  von  scir  hell,  rein,  glatt,  sondern  vom  hd. 
zier,  vgl.  Dief.  impolitus.    £benso  9,  45  decorare  eren  vel  sciren. 

t9.  unteslagheB.    Nirgends  bei  Dief.  inconcussus   so  glossiert,   ähnlich    nur 

no.  11  ongeslagen.    Das  te  statt  tu,  to  ist  im  späteren  Mittelalter  nicht  sächsisch,  son- 

dem  blos  fränkisch;  wann  ist  das  as.  te  dem  tu,  to  gewichen?  —  Vgl  35, 11  alte  idel. 
16«    4.  hopinghe;  vgl  Dief.  incubatio,  inculcatio;   Hör.  Belg.  7,  44.   Frisch 
Lat.-dtsch.  Wb.  1,  477,  2. 

12.  indigestns  snnder  vordanc.  Nur  no.  8^  bei  Dief.  ebenso:  sunder  vor- 
ganck,  wo  g  Schreibfehler  sein  wird.  Indigestus  ungeordnet,  confus  und  vordanc 
mhd.  vürdsuic  Ueberlegung. 

13.  infestus  grot;  auch  bei  Dief.  mehrmals  so  glossiert.  —  infestare  müden. 
Bei  Dief.  muhen,  muwen,  moyen,  müde. 

20.  iiifitiari  verloeken.  Gemeinmnd.  ist  verlochen,  verlochcnen  (vgl  15,  33 
inreghen  =:=  inreghenen),  s.  Brem  Wb.  3,  81 ;  Kilian  ndl.  verlochenen.  Nach  Lexer 
Mhd.  Wb.  1,  1969  ist  louken(en),  leuken(en)  md.  Form  =  hd.  lougen(en),  läugnen. 
Aus  den  im  Mnd.  Wb.  beigebrachten  Belegen  geht  hervor,  dass  lo^en,  loken  dem 
märkisch-magdeburgischen  Dialekte  eigenthümlich  war. 

42.  insolescere  unghewonen.  Diese  Verbalbildung  begegnet  nur  hier.  Sie 
ist  vom  A4J.  vnghewone  gebildet,  vgl  unreynen.  1.  44.  insuetus  vnghewonen  ist  zu 
lesen  unghewone. 

33.  nastapeii.  Dief.  hat  nastappen  zu  insectari,  aber  kein  nastapen.  Stapen 
ist  das  starke  Verb,  as.  ags.  stapan,  afrs.  stapa,   wäre  hd.,  wenn  erhalten,  staffen; 


< 


49 

8ia{>pen  ist  scliwaches  Verb  nnd  gleich  hd.  stapfen.  Dieses  stappen  kann  gemeint 
sein,  da  unser  Glossar  bisweilen  einfachen  Consou.  statt  eines  doppelten  setzt,  z.  B. 
2,  50  holtapel,  dt^eg^en  25,  13  appelschelle,  33,  2  appeldranc. 

39.  insopitas  iisoporatas.  Die  Glossare  bei  Dief.  erklären  es  sowohl  ,8chla- 
fend,  entsehlafenS  als  auch  negativ  ,nicht  schlafend,  nicht  entschlafend  Die  Form 
HDslapet  ist  sehr  aaffi^Uig.  Schwaches  untslepen  rrr  mhd  entslsefen  einschläfern  oder 
^r  sw.  untslapen  =  vntslepen  ist  nicht  nachgewiesen.  Partcp.  Praes.  uns]ape(n)t 
kann  es  auch  nicht  sein,  das  würde  vnslapende  (unschlafend)  lauten  oder  unslapen 
(23, 18).  un  scheint  auch  gar  nicht  un,  sondern  unt  zu  sein.  Dief.  no.  8^  hat  nämlich 
rat  (Dief.:  ,8t.  nit?')  vntslapet.  Unser  Glossar,  so  wäre  die  einfachste  Erklärung,  wird 
den  Fehler  untslapet  statt  untslapen  aus  no.  8^  genommen,  das  unverständliche  rat 
einfach  ausgelassen  haben.    Dagegen  s.  zu  20,  14. 

42.  iodriipeii.  ü  drückt  mnd.  meist  wie  mhd.  no  aus ;  bisweilen  jedoch  zeigt 
0  über  dem  u  auch  den  Umlaut  an ;  so  vielleicht  hier.  Denn  sowenig  vom  hd.  stv. 
triefen  ein  trnofen  gebildet  werden  kann,  ebensowenig  wird  es  nd.  druopen  geben. 
Drupen  wird  dem  stv.  mdl.  drupen,  mndl.  drupen,  nndl.  druipen  gleichzustellen  sein. 
Vgl.  34,  16:  Stillare  dropen;  Kilian  droopen. 

17.  1«  intercipere  andenemen.  Diese  Bedeutung  ,unterbrechen,  verhindern' 
belegt  daa  Mhd.  Wb.  2,  1,  375  mit  einer  grossen  Anzahl  md.  Schriftstellen.  —  in- 
terceilere  verbeden,  corr.  verbidden.  Jenes  wäre  hd.  verbieten,  dieses  vertheidigen, 
für  jemand  auftreten.    Beides  kann  intercedere  bedeuten. 

3.  qaerdel;  nnd.  qnardel,  quaddel,  quarrel,  qnarl  Blatter,  Nesselbrand,  Haut- 
geschwnlst. 

8.  Für  das  zweite  interpolare  lies  interpolate.  No.  8^  bei  Dief.  stimmt  hier 
wieder  zu  unserm  Glossar;  es  hat  interpolare  trageliche. 

26.  irrepreliensibilis  ambeschellie.  Das  um,  wie  oft  im  Mnd.  vor  folgendem 
boder  m,  =  un.  Schellte  ■=■  scheldlic;  1.  30  u.  30,  34  richtig  scheiden.  Vgl,  17, 
50  invallen ;  29,  ö  vervallen. 

28.  inbilare  ghodelie  singen.  Mhd.  gotelich.  Lüb.  Ghron.  1,  153:  he  was 
eo  godelik  man. 

30»  ins  scot.  Dief.  no.  23  (nd.)  zot;  mh.  sdt  Brühe. 

19«  18.  libricns  (st.  lubricus)  glar.  Glar  scheint  geschrieben  zu  sein,  doch 
Icann  man  vielleicht  auch  glat  herauslesen.  So,  glat,  glad,  erklären  mehrere  Yoca- 
bulare  bei  Dief.  Zu  glar  vgl.  Mnd.  Wb.  glar  vel  klever  van  den  bomen,  gummi; 
lesabel  hadde  sik  gheglart  unde  schone  gedoket,  depinxit  oculos  stibio  etc.  Vgl.  20,  1« 

36.  laseioia  gheilheit  vel  slippe.  Die  geringe  Lateinkenntniss  des  Schreibers 
verräth  sich  hier:  zu  slippe  (Zipfel)  hätte  er  lacinia  stellen  müssen. 

44.  laeatns  roegat.  Lucatus  findet  sich  nicht  bei  Dief.,  wohl  aber  lucanar 
roeckloch,  rauch  loch. 

48.  ligarrire  minneren.  Nur  hier  ligurire  so  erklärt.  Nach  Plaut.  Gapt.  1, 
1,  16?    Vgl.  20,  47:  minuere  minren. 

M«  1.  Ineare  glatnaken.  Da  lucare  weder  class.  noch  mlat,  so  wird  lubri* 
care  zu  lesen  sein. 

7.  uaehinari  fliehten.  So  scheint  zu  stehen,  doch  Hesse  sich  das  Wort  auch 
wohl  als  suchten  lesen.  Für  fliehten  hätte  man  flechten  erwarten  sollen  und  zwar 
in  der  Schreibung  vlechten.  Vgl.  die  Glossen  bei  Dief. :  buen  vel  schifften  (Dief. : 
jSeh?  sth?*),  stiften,  stiffen,  schichten,  arg  schicken,  zuschicken. 

14.  uagnalia  grote  doghede.  Auch  bei  Dief.,  wo  aber  no.  8^  (groze  deger) 
offenbar  verliest.  Demnach  kann  (vgl.  zu  16,  39)  no.  8^  nicht  Quelle  von  unserm 
Glossar  sein. 

20.  kenebaeke.    Wegen  dieser  Form  s.  Grimm  Wb.  5,  776.  777. 

27.  deren.    So  auch  no.  22  bei  Dief.    Vgl.  Bremer  Wb.  daren. 

88«  drufenisse.  f  steht  hier  zwischen  zwei  Vocalen  statt  v.  Das  ist  gegen 
die  allgemeine  mnd.  Lautregel,  aber  nach  einem  speciellen  Gesetze,  dem  nämlich,  dass 
ein  scharfer  Laut,  der  nach  dem  Auslautsgesetze  an  die  Stelle  eines  weichen  getreten 
ist,  auch  dann  bleiben  kann,  wenn  er  durch  Zerdehnung  des  Wortes  oder  sonstwie 
zwischen  zwei  Vocale  zu  stehen  kommt.  So  erklärt  sich  z.  B.  windrufel  4,  17,  sue- 
fei  35,  4,  weil  aus  windrufle,  suefl;  so  ferner  lechelen  4,  27.  17,  41.  idchet  17,  31, 

Niederdeutsche«  Jahrbuch.  I.  4 


50 

weil  wahrscheinlich  lechlen,  jucht  gesprochen  ward;  so  das  zu  16,  20  angeführte 
lochenen  =  as.  lögnian,  so  hier  drüfenisse  aus  drüfnisse,  Lüb.  Chron.  1»  315  bedrof- 
nisse,  Korner  Pf.  Germ.  9,  285  drofenisse.  Von  Wörtern  auf  nifi(8e)  gebe  ich  einige 
Beispiele.  Mnd.  Wb. :  denenisse  (L  drofen.?)  erifenisse,  bekanteuisse  (eine  andere 
Bildung  ist  bekennisse  27,  3,  vgl.  Grimm  Wb.  5,  551),  beheltenis,  gesteltenisse.  Hamb. 
Chron.  drochenisse  475;  drochenisse  475;  tuchenisse  521;  gefenkenisse  505;  bekente- 
nissc  477;  erkantenisse  552.    Im  Niederländischen  ist  dieselbe  Erscheinung. 

45.  medicare  blieken.  Hier  ist  Verwirrung.  Kein  Glossar  giebt  etwas  ähn- 
liches. 

21.  17.  werlic  fdr  werldlic  ist  im  Mnd.  sehr  gewöhnlich,  z.  B.  Lab.  Chron. 
1,  175. 

19.  mnrra  maserbam,  st.  maserbom.  Der  Schreibfehler  lässt  auf  eine  hd. 
Quelle  schliessen,  die  maserboum  hatte.  Vgl.  Dief.,  und  Lexer  Mhd.  Wb.  mas»*,  wo 
anord.  mösurr,  ags.  maser  Ahorn  beigebracht  wird. 

29.  materrei  Das  zweite  r  kann  durch  die  Vertheilung  des  Wortes  auf  zwei 
Zeilen  mat'|rei  hervorgerufen  worden  sein,  vgl.  euenjnolt  7,  9,  errononenus  12,  49. 
Denn  das  e  wird  lang  sein.  Allein  vielleicht  wollte  der  Schreiber  dadurch  andeuten, 
dass  das  Wort  Proparoxytonon  ist.  Mhd.  materje,  materie;  Kil.materie;  also  ande- 
rer Art,  als  die  Wörter  auf  hd.  ie,  mnl.  ije,  in  unserm  Glossar  ige. 

46.  manire  warnen;  vgl.  28,  16  premunire  verwarnen.  lieber  die  Bedeutung 
,ausrüsten,  versehen  mit'  des  mhd.  warnen  s.  Mhd.  Wb.  Vgl  auch  Dief.  munire. 
Lüb.  Chron.  l,  140:  do  de  riddere  deme  greven  also  na  ret,  de  greve  sie  darweder 
hadde  warnet  (sich  dagegen  vorgesehen);  daselbst:  euer  langhen  dwele  he  sie  hadde 
warnet  (sich  mit  einem  Handtuche  versehen);  aber  auch  in  der  Bedeutung  «warnen^ 
1,  133:   des  wurden  war  de  wartlude  unde  warneden  dat  volk. 

22.  23.  stifmuder,  vgl.  26,  16.  17  stifsone,  stifdochter.  Diese  Form  stif  statt 
stip  oder  Step  ist  bemerkenswerth.  As.  kommt  das  Wort  nicht  vor,  nach  ags.  steop. 
anord.  stiup,  afrs.  stiap,  stiep  sollte  es  as.  stiop  gelautet  haben,  sollte  mnd.  steep, 
stiep,  steip  lauten.  Mnd.  findet  sich  aber  nur  f  in  diesen  Compositis,  z.  B.  Lüb. 
Chron.  1,  41  stefvader,  ja  schon  im  Zeitbuch  v.  E.  v.  Repgow  111  stefsone.  Ebenso 
Kilian  ndl.  Wb.  und  nndl.  stief.  Selbst  im  Schwed.  styf,  im  Dan.  stif,  stiv,  im  Stid- 
dän.  sty,  während  im  Jütischen  Lowboke  noch  stüp,  s.  Outzen  Glossar  der  fries. 
Sprache  S.  304.  Im  15.  Jh.  kommt  auch  fris,  stief,  steif  (s.  Richthofen  Fries.  Wb. 
stiap)  vor,  wohl  durch  Einfluss  des  Sächsischen  oder  Holländischen.  Doch  lautet  es 
nordfries*  noch  siap  (aus  stjap),  Outzen  S.  340 ;  schip  (aus  stjip),  Johansen  Nordfries. 
Sprache  S.  145;  ostfries.  stiap  (wangerog.,  s.  Ehrentraut  Fries.  Archiv  1,  396);  da- 
gegen saterländ.  steffaer  (daselbst  S.  204).  Engl.  step.  Für  dies  f  statt  p  auf  nd. 
und  skandin.  Sprachgebiete  bieten  sich  zwei  Erklärungen.  Entweder  ist  es  hd.  Ein- 
ßuss.  Dann  müsste  es  der  sprachliche  Ausdruck  für  Einwirkungen  des  oberd.  oder 
md.  Rechts  auf  das  Recht  der  nördlicheren  Landschaften  sein,  wovon  wir  aber  nichts 
wissen.  Oder  das  p  assimilierte  sich  in  der  Zusammensetzung  mit  fader  dem  folgen- 
den Anlaute  und  später  folgten  die  anderen  Composita  diesem  Beispiele  der  Wandlung 
von  p  in  f.  Ob  man  dafür  das  gleich  stif  vorkommende  dän.  sted  anführen  darf? 
Dieses  wäre  dann  als  von  steddatter  ^r-  stepdatter  ausgegangen  zu  betrachten.  Doch 
macht  der  Vocal  Schwierigkeit. 

30.  neniwis  steht  deutlich  da.  Nicht  bei  Dief.  Nenewys  z.  B.  Lappenberg 
Bremische  Geschichtsquellen  S.'  74.  144.  150;  nenerleiewis,  Lappenb.  Chronik  der 
nortelvisch.  Sassen  S.  131. 

32.  nundine  jarmarc.  Marc  für  market  ist  mnd.,  wie  mhd.  nicht  ganz  selten ; 
s.  Mhd.  Wb. ;  Lexer  Mhd.  Wb. ;  Dief.  nundine.  Da  c  und  t  in  unserm  Glossar 
häufig  schwer  zu  unterscheiden  sind,  so  könnte  man  auch  iarmart  lesen.  Allein 
diese  Form  mart  ist  wohl  hd.,  aber  ob  auch  nd.? 

43.  nntare  waghelen ;  nur  hier  so.  Es  ist  das  nnd.  waggelen,  engl,  to  waggle, 
nhd.  wackeln. 

23.  10.  obstinatas  wederbärstieh.  Bei  Dief.  wedderburstig  no.  8^,  wider- 
borstig no.  9.  Es  ist  auch  neuhamb.  wedderborstich.  Kilian  gleichfalls  wederbor- 
stigh;  hingegen  nndrl.  wederbarstig. 

17.  oerea  stavile.  Diese  vom  mhd.  stival,  ital.  stivale,  frz.  estival,  lat  aesti- 
vale  durch  Metathesis  der  Vocale  abweichende  Form  hat  bei  Dief.  auch  no.  22^  stavel« 


f  « 


51 

Xo.  22^  ist  vom  J«  1425.  Gegen  stavel  sieht  stavile  recht  alterthüralich  aus.  Merz- 
dorf vier  Bücher  der  Köuige  S.  83  stavelen  (PI.)*  l^ie  n^l*  Form  ist  auch  die  fries.: 
stawelen  (PI.)  helgoL,  Frommann  Mundarten  3,  30 ;  stövel  sateri.  Outzen  S.  343,  und 
JazQ  stimmt  das  swed.  stöfyel,  dän.  stövele. 

18.  odorus  raken.  Steht  wohl  für  rukende.  Vgl.  29,  25  nemene;  29,  40 
redivivus  wederleuen ;  30,  7  reptile  crupen  dir ;  24  retoricus  wolspreken ;  32,  24  scru- 
pnlosus  vndersuken.  ^ 

38.  ezezon  stem.  Ob  ozezon  =  horizon  ?  r=  orion  ?  Dioi  no.  23 :  orion  en 
Sterne.  Für  die  starke  Form  stem  vgl.  auch  12,  27  meyster  der  Sterne;  32,  43  so- 
venstern.  Dagegen  steht  aventsteme  14,  34.  Lüb.  Chron.  1,  144.  171.  242:  Nom. 
en  Sterne;  1,  171 :  des  Sternes. 

42.  ordoxis  St.  orthodoxis  oder  orthodoxia.  Ghesette  habe  ich  aus  dem  ghesetz 
der  Handschrift  gelesen,  z  erscheint  öfter  in  derselben  als  Abkürzung  von  et  oder  t 
am  Ende  der  Wörter.  Ich  halte  für  wahrscheinlicher,  dass  z  hier  te  ausdrückt, 
als  dass  es  das  hd.  z  bedeutet,  denn  mhd.  müsste  das  Wort  gesetze  lauten.  Dazu 
kommt,  dass  kein  Glossar  bei  Dief.  orthodoxis  kennt. 

34.  2.  obraere  bevallen.    Vgl  23,  5  obr.  untvallen. 

27.  spade.  Vgl.  32,  7  sarculus  spade.  Dies  Wort  scheint  nicht  allen  nd. 
Landschaften  eigen  zu  sein.  Nach  den  Idiotiken  ist  es  zu  Hause  in  Ostfriesland, 
Bremen,  Lüneburg,  Holstein,  Pommern;  dagegen  scheint  es  zu  fehlen  in  Westfalen, 
Clöttingen,  der  Altmark. 

35.  papirns  bise.  Ebenso  bei  Dief.,  wo  auch  hd.  bintz,  pinz.  Desgleichen 
werden  juncus  und  scirpus  nd.  und  hd.  glossiert.  Ndl.  bies,  Kilian  biese,  mnd.  meist 
bese.  Ein  anderes  Wort,  das  mit  dem  sdid.  pinuz,  mhd.  binz,  ags.  beonet,  engl,  beut 
identisch  ist,  lautet  bent,  beent;  s.  Brem.  Wb.,  Schütze  Holst.  Id. 

40.  pasteforiam  en  kamer.  Nach  Gesner  thesaur.  ling.  Lat.  erklärt  Hieronymus 
zn  Ezechiel  cap.  40  7:a<7TO(p6pt3c  als  Gemächer  im  Tempel. 

40.  passus  strede ;  wäre  mhd.  strit,  as.  stridi.  Wie  das  Ags.  von  vielen  star- 
ken Verben  starke  Masculina  auf  e  bildet,  um  den  Verbalbegriff  substantivisch  aus- 
zudrücken so  das  As.  stm.  auf  i,  das  mnd.  nud.  natürlich  e  wird;  z.B.  as.  biti,  ags. 
bite,  mnd.  nnd.  bete.  Vgl.  4,  21  sncde.  So  heisst  Schmiss  nnd.  smete,  GrifiP  grepe, 
Bruch  bröke  u.  s.  w. 

SS5.  14.  perosus  dur  hart;  in  der  Hdschr.  dut  mit  r  über  dem  t  Dief. :  durhart, 
dorcart,  dorwart,  doergatich,  dorechtich,  dor.    Das  dur  ist  ,durch*  im  Sinne  von  ,8ehr^ 

.16.  perstare  wolstan;  =  volstan?   Dief.  füllen-,  vol-,  wol-,  waelstan. 

18.  pervicax  sabtilis  nenradich ;  pervicacia  nenrat.  Dies  nen  muss  aus  na 
verlesen  sein.    Vgl.  Dief.  pervicax  naradich,  neredich.    Naradlch  z.  B.  Lüb.  Chron, 

1,  172.  413.    Mhd.  nächrsetec 

28.  pilleaccis  hude ;  1.  pil(l)eatus.    Die  Gloss.  bei  Dief.  richtiger  gehudet. 
35.  dinghe.    Aus  ghedinghe? 

44.  porticus  lickns.  Es  is  das  Beinhaus  gemeint.  Bei  Dief.  l^khus  vel  do- 
denhas,  hd.  lichhus.  Auch  Mhd.  Wb.  lihhus  porticus.  Kilian:  lijckhuys  domus 
ftinesta,  funerea.    Vgl.  mnd.  Wb. 

136.  47.  achterscande.  So  auch  zwei  nd.  Gloss.  bei  Dief.,  während  die  hd. 
ach  der  schände. 

ä7.    8.  properare  hilken.    Hilken  r=  ilen  ?    Ein  Verb  mit  k- Ableitung  steht 

2,  21 :  geneken.  Das  ist  aber  von  einem  Adjectiv  abgeleitet.  Ebenso  das  bezweifelte 
ledeken  I,  1,  1.  Vgl.  Grimm.  Gramm.  2,  283.  Koppmann  erinnerte  mich  an  hilde 
geschäftig ;  s.  Bremer  Wb.  Allein  die  Contraction  von  hildeken  zu  hilken  ist  für  das 
14«  Jh.  etwas  früh. 

12.  y ersten;  16,  14  indutiare  versten;  aber  25,  9  vrist. 
31.  Purpura  pellen.    Es  wird  das  Adj.  sein,  mhd.  phellin. 

38.  parvipendere  vorsnodeghen.    Vgl.  24,  42:  paturpendere  versman. 

29.  12.  wye.  Diese  Form,  wie  auch  36,  19  dy,  ist  anhaltisch  u.  hallisch ; 
gemeinsächsisch  wäre  we,  de.*  Doch  wy  z.  B.  im  Dithmarsch.  Landtecht,  Druck  v. 
1487;  s.  Lappenberg  Gesch.  der  Buchdruckerkunst  in  Hamburg.  S.  116. 

13.  quin  immo  aaer  eyn.  Nach  den  Glossen  bei  Dief. :  ober  eyn,  over  en  vel 
eyn,  sollte  man  aver  eyn  =  mhd.   über  ein    ,sämmtlich,  ganz  und  gar'   verstehen. 


52 

Dann  ist  aber  aver  sehr  auffällig.  Der  üebergang  von  kurzem  o  in  offener  Silbe  zu 
a  entwickelt  sich  erst  im  15.  Jh.,  s.  Mud.  Wb.  1,  I.  Darum  fasse  ich  ^ver  lieber 
=  hd.  aber.  Einige  Gloss.  bei  Dicf.  geben  auch  an:  aber,  aber  meer,  wo  aber  den 
Sinn  von  lat.  sed  hat.  Diese  Bedeutung  des  nd.  aver  führt  das  Mnd.  Wb.  nicht 
auf,  sondern  nur  die  von  ,aberma]sS  doch  ist  sie  nicht  selten.  In  den  Hamburg. 
Stadtrechten  ist  sie  ganz  gewöhnlich;  z.  B.  in  dem  von  1270  (gleichzeitige  Hdsch.), 
Lappenberg.  Hamb.  Rechtsalterth.  S.  XCIV,  in  dem  von  1292  (gleichz.  Hdschr.)  S.  99. 
103.  104  u.  s.  w.,  in  dem  von  1497  (gleichz.  Hdschr.)  S.  181.  182. 187.  u.  s.  w.  Vgl, 
immo  tuaren. 

16.  qniten.    Vgl.  Lexer  Mhd,  Wb. 

23.  albedille.    Vgl.  Mnd.  Wb.  1,  50. 

25.  rapidus  nemene.  Man  könnte  nemerne  vermuthen,  wenn  nach  den  Gloss. 
bei  Dief.  nicht  nemende  vorzuziehen  wäre. 

37.  reda  sele.  Vgl.  16,  42  instita  selebant.  Auch  andere  Gloss.  haben  reda 
als  Theil  eines  Fuhrwerkes  verstanden,  s.  Dief.  Vgl.  Lexer  Mhd.  Wb.  sil;  Bremer 
Wb.  Säle. 

44.  reticere  erwederlauen.  Nach  Grimm  Gramm.  2,  928  und  Wb.  3,  1062 
statt  herweder  lauen  ? 

30.  6.  reconpensa  vergheldinghe.    Vgl.  29,  36  rcconpensa  wederghelt. 

8.  repatare  verslan.    Die  Bedeutung  ,überschlagen,  veranschlagen'  von  verslan 
scheint  nur  nd.  und  md.  nicht  hd.,  vgl.  Mhd.  Wb.  2,  2,  379. 
13.  Pestis  wede;  vgl.  mhd.  wide. 

42.  raga  croke;  auch  mnl.  croke;  Richey.  Hamb.  Idiot,  krökel;  Brem.  Id. 
krükel. 

43.  raneare  ranken.  Die  Gloss.  bei  Dief.  erklären  runcare  richtig  als  ,gäteD, 
reuten*,  nur  ein  ndl.  (no.  99)  hat  runken.  Es  ist  lat.  rhonchare  gemeint.  Vgl.  Kilian: 
roncken  rhonchissare,  stertere;  nndl  ronken. 

31.  25.  reflorescere  verder  plogen.  verder  =  weder ;  an  das  as.  furdor  ist 
wohl  nicht  zu  denken.  Plogen  deutet  auf  hd.  Vorlage.  Uebrigens  unterscheidet  sich 
1.  18  bis  1.  27  merklich  von  dem  übrigen  Glossar  durch  andere  Schrift,  andere  Dinte, 
viele  Radierungen. 

43.  sagum  seysone  vel  sagere.  Hier  ist  Verwirrung.  Sagum  wird  von  fast 
allen  Glossaren  bei  Dief.  richtig  als  Gewand  gefasst ;  so,  wie  hier,  wird  von  keinem 
glossiert.  Seysene  muss  das  mhd.  segense,  bei  Kilian  seyssen,  im  Brem.  Wb.  seesse, 
seisse,  die  Sense  sein.  Das  mhd.  Wort  segense  kann  nun  aber  auch  bedeuten,  was 
sonst  mhd.  sagene,  segene,  bei  Kilian  saeghene,  seyghene,  seyne  heisst,  ein  Schlepp- 
netz, lat.  sagena.  Das  beweist  die  Deutung  einiger  Glossare  bei  Dief.:  sagena  visch 
Segens,  segentz  der  fischer  (Dief.:  ,zum  Unterschiede  von  falx*).  Umgekehrt  hat 
Kilian:  seyne,  sende  secula^  falx  messoria  maior.  Statt  sagum  ist  also  wohl  sagena 
zu  lesen.  Da  aber  eben  vor  sagum  steht:  sagena  magnum  rete,  so  mag  der  Glossator 
seysene  als  Sense  verstanden  haben.  Durch  eine  andere  Vermuthung  lässt  sich  sa- 
gere rechtfertigen.  Mehrere  Gloss.  bei  Dief.  geben  sagana  durch  sage  (Sager,  Er- 
zähler), wiszage  (Wahrsager).  Danach  hätte  also  unser  Glossar  sagana  und  sagena 
zusammengeworfen. 

47.  Salsa,  salsen ;  mhd.  salse,  salsen,  ital.  salsa,  frz.  sauce. 

32.  4.  sanies  etter ;  ags.  ätor,  atter ;  nndl.  etter,  ahd.  eitar,  Eiter. 

8.  sartira  scimper.  Das  altlat.  satura.  Nur  hier  so  glossiert,  mit  Verwechs- 
lung der  Sache  und  der  Person.  Denn  mhd.  schimphsere  ist  histrio,  Spassmacher, 
holl.  schimper  Spötter. 

9.  sartas  rnde.  Rüde  Ruthe?  Lies  statt  sartus  satus?  Doch  vgl.  sarta 
bei  Dief. 

13.  scabere  cleven.  Daher  nnd.  kleien?  das  dieselbe  Bedeutung  hat.  Holl. 
klaauwen,  klauwen,  ahd.  chläwjan,  mhd.  klaewen. 

20.  scisma  weralghe;  st.  weringhe,  mhd.  werrunge.  Wegen  des  einfachen 
Consonantinlautcs  vgl.  d.  folgende  Wort  und  Brem.  Wb.  5,  234.  238.  288.  6,  405.  420. 
Hänselmann  Braunschw.  Chron.  S.  154.  Lüb.  Chron.  I,  66.  161.  190,  Merzdorf 
Vier  Bücher  der  Könige  S.  102.    Vgl.  dagegen  oben  12,  1  extricare  ütwerren. 

25.  serutiniam  bescnttinghe.  Statt  bescuwinghe  (Beschauung)  oder  nach  1.  24 
scrutari  versuken  und  Dief.  scrutinium  besuchunge  etwa  besukinghe? 


53 

31.  sedare  scnlpen.  Xud.  schulpeu  ist  ,eitiü  Flüssigkeit  in  eiucm  Gefäss 
schätteloy  oder,  von  der  Flüssigkeit,  sich  schütteln,  geschüttelt  werden* ;  s.  Brem.  Wh., 
das  es  mit  undare  übersetzt.  Die  Gloss.  l)ei  Dief.  bieten  zu  sedare  nichts  dem  scul- 
peii  ähnliches.  —  sedicio  twydrach;  st.  twydracht  Lüb,  Chron,  1,  201  twedrach, 
aber  1,  199  twydracht;  1,  247  brutlach  st.  brutlacht. 

35.  senarias  hasart.  Nur  das  nd.  Gloss.  no.  23  bei  Diel,  so:  hasart  vel  ses- 
talich.  Ueber  hasart  vgl.  Haupt  Zeitschr.  1,  575.  2,  425.  Lexer  Mhd.  Wb.  uuter 
hasebart  und  bes.  den  Löwener  Vocabularius  v.  1483  in  den  llor.  Belg.  7,  41 :  ha- 
saert,  asarium  potest  dici  congregatio  duorum  punctorum  vel  trium  vel  uudecim  vel 
duodecim  superius  venientium  in  duobus  taxillis. 

47.  ordelic.    Lüb.  Chron.  1,  149  ordelich. 

49.  serpere  slinghen.    Vgl.  Schlange  serpeus. 

88.  5.  silex  keserlinc,  Ueber  diese  Nebenform  von  kcselinc,  hd.  Kieseling, 
Kiesel,  vgl.  Grimm  Wb.  5,  690. 

8.  simnlago  dost.  Dief.  similago  scmelrael,  dunst.  Vgl.  auch  Mnd«  Wb.  und 
Brem.  Wb,  unter  dust. 

10.  simbolam  ghemelDe.  Vgl.  Dief.  symbolum  gemeine  yrten  oder  zech,  eyn 
gemeyn  urten  vel  gemeinsame  erkantnisz.  Danach  scheint  unser  Glossar  hier  eine 
Vorlage  unvollständig  ausgeschrieben  zu  haben.  War  die  Vorlage  hd.,  und  verstand 
es  die  Wörter  ürte,  zeche  nicht? 

12.  sidon  en  dan  laken;  st.  dure?  Nicht  bei  Dief. 

14.  giscen.    Vgl.  Mnd.  Wb.  gischen. 

35.  spado  ntgheworpen.    Vgl.  Schmeller  Bayer.  Wb.  4,  151. 

42.  senholt.    Vgl.  das  richtigere  senewolt  II,  2,  2.    Mhd.  sinwcl. 

84.  1.  spongia  suamp.  Got  allerdings  svamms,  ahd.  swam,  ags.  svamm;  mhd. 
swam,  swamme,  aber  auch  swamp  und  anord.  swampr,  dän.  swed.  svamp,  engl,  swanip. 

4.  squalere  sehellieh  werden;  squallidus  schellich;  squala  schelle.  Vgl.  Dief.: 
squala  i.  nola  glocklein,  schelle.  Aber  unter  squalere  und  squalidus  bietet  er  nichts 
vergleichbares.  Squala  wird  bei  Dief.  auch  als  scheliF  vel  fischschuppe  glossiert. 
M.  schelle  ist  Schale,  Hülse,  Bast,  Rinde. 

7.  squanena  en  erat.  Bei  Dief.  squamena  =  piscis,  i.  alota  schulle ;  dagegen 
sqaamenia  =^  scamonia  (altlat.  scammonia)  springwurtz. 

6.  stalpen.  Mndl.  stelpen,  stülpen  stagoare,  sistere,  inhibere  (s.  Hör.  Belg.  7, 
105) ;  nndl.  stelpen  stopfen,  stillen,  hemmen ;  Schambach  Gütting-Grubenhag.  Wb. 
stalpem  vom  Fett,  gerinnen. 

12.  stena.    Das  grlat.  stemma  Stammbaum,  Ahnentafel.    Vgl.  Dief. 

17.  stipare  nndersetten.    Stipare  wohl  als  von  stipes  stammend  gedacht. 

19.  stigins  hellich.  Mhd.  ist  hellisch  gewöhnlich;  doch  bringt  Lexer  aus  dem 
speculum  ecclesiae,  hrsg.  v.  Kelle,  bei:  ,hellich  aus  hellelich.* 

20.  stima  grafscrift.     'E7:i(jTY,[i.x   Grabdenkmal? 

sicina  warve.  Nach  der  alphabetischen  Keihenfolge  ist  wohl  stimi  oder  stimmi 
za  vermuthen.    Altlat.  ii^t  stimmi  =  stibium  Spiessglanz.    Vgl.  1.  13. 

22.  strator  eyn  uedeler.    Bei  Dief.  str.  i.  sellator  sateler,  seddelere. 
24.  strepa;  s.  Diez  Roman.  Wb.  estribo. 

26.  Struma  hoker.  Struma,  altlat.  Halsdrüse,  wird  bei  Dief.  von  einem  Gloss.  er- 
klärt :  gibbus  in  pectore,  tumor  in  pectore  vel  dorso  vel  collo.  Vgl.  1 3, 49  gibbus  hover. 

27.  stnpor  wnder.    Auch  mhd.  wunder  =^  Verwunderung. 

31.  snbigere  nndergan.    Nicht  bei  Dief.  so,  sondern  underdon. 

32.  snbj agare  beweghen.  Nicht  bei  Dief.,  sondern  unter  anderm  auch  bewel- 
digen;  daraus  beweghen  entstellt? 

34,  rnbrogare  undersetten.  So  auch  bei  Dief.;  andere  Glossare  daselbst:  eyn 
andern  seczen  vnderseczen  einen  andern  an  sein  statt  vnder  ine. 

35,  sorripere  nndernemen.  Mhd.  undememen  hindern.  Bei  Dief.  erklärt  ein 
Glossar:  undememen,  underziehen,  begrifien  heimlichen  oder  verborgen, 

40.  sabarbium  vorborch.  Höhlbaum,  llöneke  livländ.  Reimchron.  S.  33:  vor- 
Iwrch;  Merzdorf  vier  Bücher  der  Könige  S.  182:  dat  vorborchte  des  sclates,  prin- 
cipium  castrorum. 

43.  saecinere  nndersinghen.  So  auch  bei  Dief.;  das  Compositum  scheint 
nicht  blosse  Nachbildung  des  lat.  Wortes,  da  bei  Dief.  auch  tenorare  so  glossiert  wird. 


54 

85.  6.  snnamitis  ghevanghen.  Merzdorf  Vier  B.  d.  Könige  S.  184  wird 
Sunaroitis  (Luther:  die  SuDamitin)  tibersetzt  de  elende  vrouwe.     Vgl.  Dief, 

Huparns  staken.  Altlat.  supparum,  supparus.  Da  mhd.  slüche  (weiter,  herab- 
hängender Aerniel),  auch  bei  Dief.  stäche,  stuch,  ^tuke,  stuck,  so  wird  stuken  Plural 
sein,  und  der  Strich  hinter  dem  r  von  supar  mag  ein  i  bedeuten:  supari. 

11.  sapervacne  verghevesch.  Sonst  rand.  vcrgheves  oder  to  vergheves,  z.B. 
Lüb.  Chron.  1,  lö8.  137.  Dief.:  frustra  vcrgheves,  tc  vergeefFs.  Vgl.  den  entgegen- 
gesetzten Fehler  vleis  statt  vleisch  20,  5;  wisse  statt  vische  12,  3.  Beide  Schreib- 
fehler erklären  sich  durch  die  Aussprache  des  seh:  es  ward  nicht  als  ein  Laut,  wie 
das  uhd.  sehr  engl,  sh,  gesprochen,  sondern  wie  noch  im  Westfäl.  NdrL,  als  s — eh. 
Vgl.  I,  4,  23  wusch. 

15.  suppetere  gevallen,  wohl  im  Shme  von  ,zu  theilwerdcn*.  Vgl.  Dief.  no.  79. 

20.  npwort  sin.  So  auch  jio.  79  bei  Dief:  opwart  sin.  Upwort;  zu  dieser 
Form  vgl.  Lüb.  Chron.  1,  54.  161.  171.  ostwort;  1,  67  upwordes.  Vgl.  30.  25  hin- 
derwart; 32,  40  achterwart. 

HAMBURG.  C.  Walther. 


Zwiegespräch  zwischen  dem  Leben 

und  dem  Tode. 

Die  folgenden  Bruchstücke  eines  niederdeutschen  Druckes  finden 
sich,  in  Streifen  zerschnitten,  unregelmässig  eingeklebt  in  ein  nieder- 
deutsches Andachtsbuch  der  Lübecker  Stadtbibliothek  aus  dem  15. 
Jahrhundert  (Papierhandschrift,  sign.  CLV).  Die  Handschrift  und  die 
Druckreste  sind  an  den  betreffenden  Stellen  vom  Wurm  durchfrossen, 
die  letzteren  auch  zuweilen  am  Anfang  oder  Schlüsse  zerstört.  Das 
Buch  ist  von  verschiedenen  Händen  geschrieben  und  scheint  aus 
mehreren  Stücken  zusammengebunden  zu  sein.  Am  Schlüsse  eines 
derselben,  ungefähr  in  der  Mitte  des  Buches,  steht: 

Anno  domini  1428,  in  sunte  Peters  dage  in  der  arne  (Aug.  1), 
do  wart  dit  bok  vullenbracht  gode  to  lovo. 

We  dit  bok  wil  sehenden  ofte  stelen, 
Deme^)  wil  ik  dem  duvele  bevelen. 
Wes  ore  is  en  visscher  wade, 
Van  sorghen  vorgeit  sin  herte  drade.^) 
Die  Schrifttypen  ähneln  denen  von  Lübecker  Drucken   des   15. 
Jahrhunderts.     Natürlich  sind  die  Reste  in  die  Handschrift  später  als 
.  1428  eingeklebt,  werden  aber  nach  den  Anspielungen  auf  Wort  und 
Holzschnitte  der  gedruckten  Lübecker  Todtentänze  dem  Ende  des  15., 
spätestens  dem  Anfange  des  16.  Jahrhunderts  angehören. 

Das  Gedicht  lässt  sich  mit  Leichtigkeit  in  der  ursprünglichen 
Reihenfolge  wiederherstellen.  Es  ist  immerhin  möglich,  dass,  ausser 
den  für  den  Zusammenhang  erforderlichen  sechs  Zeilen  und  den  durch 
die  erhaltenen  Anfangsbuchstaben  erwiesenen  zwei  Strophen,  nichts  fehlt. 

*)  1.  dene.  ^)  Wessen  Ohr  gloicli  einem  grossen  Fiscliornetze  ist,  dessen  Her^^ 
vergeht  sclinell  vor  Sorgen. 


55 


(Dat  levent.) 
Wo  kumpstu  doch  beere 
Unde  wat  is  dyn  (b)eghere? 
Wat  ys  dat  krumme  touwe, 
Dat  du  tslopest  in  (der  m)ouwe?^) 

Do  (dod). 
Ick  kome  van  eynem  koningh(rick). 
Dar  hebbe  ik  so  meyet  al  gholy(ck), 
Ick  byn  de  dod,  ick  kan  vordervon 
Alle  dingk,  dat  id  mod  sterven. 

Dat  levent. 
Bystu  eyn  meyer,  so  meye  dyn  korno 
Unde  lat  van  my  dynen  torne, 
Du  en  hefst  hyr  nicht  tho  schaffen, 
Dar  umme  scholt  du  my  nicht  straflFon. 

De  (dod). 
(D)y  on  baten  nicht  ve(le  worde),  *) ' 
(M)en  snelle  dy  vuste  (van  dussem  erde), 
(I)ck  wyl  di  uppe  de  er(den  strecken) 
(IJ)nde  enen  vot  lengh(er  recken.)'^) 

Dat  (levent). 
(A)ch  spare  my  en  kle(ne  wyle) 
(U)nde  kere  van  my  d(yne  pyle)®) 


(De  dod.) 
B       .         .        .        . 
Wal  .... 
B       .         •         .         . 
M      .        .        .         . 

Ac(h) 

\j       .         •         .         *         • 

•  aj  .  «  .  •  . 

vy  •  .  .  ■  . 

De  dod. 
Neen,  ik  wil  dy  noch  anders  spreken, 
Ick  wil  dy  dyn  horte  thobreken,'') 

^)  Die  Sense,  entsprechend  dem  einen  Holzschnitte  der  Lüb.  Todtentänze.   Vgl. 
1520,  Beschluss. 

*)  Dyne  groten  word  helpen  dy  nicht  eyne  bonen.    Tod  zum  Reiter. 
°)  Vorwort  ebd. ;    Ick  wyl  jnw  up  die  erden  strecken 

Unde  ernstlik  eynen  foeth  lenger  recken. 
®)  Entsprechend  einem  zweiten  Holzschnitte  des  Todes  in  den  Lübecker  Drucken. 
—  Die  beiden  Zeilen  stehen  auf  demselben  Streifen  mit  der  vorhergehenden  Strophe. 
^)  Men  ik  wil  dy  anders  tospreken, 
Holth  an,  ik  wil  dyn  herte  tobreken.    Tod  zum  Herzog  1520. 


(Dat  levent.) 


56 

Des  love  mv  al  sunder  wan, 

4'  7 

So  hebbe  i(ck  men)nighem  mynschen  g(hedan). 

(D)at  lov(ont). ») 
•         ••••••• 

D(e  dod). 
Dar  synt  vele  mede  bodraghon, 
"Wen  so  langhe  vore  oghon  (seghen) 
U(nd)e  seden  alle:  cras  cras! 
Wo(ri  ick)  alredo  by  en  was. 
^)  Noch  auf  demselben  Streifen.     ' 

LÜBECK,  Wilh.  Mantels. 


Lobgedicht  auf  die  Stadt 
Braunschweig. 

Vrau  di,  edele  stad  Brunswijk, 

Durbares  hillechdomos  rijk, 

Veler  hilleghen  patronen, 

Do  god  di  sulvcn  heft  gesant. 
5.    He  wil  dorch  se  mit  siner  hant 

Bewaren  unde  vorschonen. 

Dos  .de  cristen  sin  ghovrauwet, 

Over  al  de  werlt  gestrauwet 

In  dorpen  unde  stedon. 
10.    To  Brunswijk  is  or  secker  trost, 

Van  noeden  se  io  werden  lost. 

Dar  wert  vor  se  ghebeden. 

Se  sin  krank  effte  gheseret: 

Suntheit,  der  se  hijr  begeret, 
15.    On  allen  wert  ghegeven. 

De  spettelschen  werden  reyne. 

De  vrochtighen  al  gemene 

In  sekerheit  hijr  streven. 

Ghevanghen  und  ghebunden, 
20.    Beseten  hijr  hebben  funden. 

Losinghe  unde  gnade. 

Trostinghe  is  den  vorlaten. 

Vortwivelde  hopen  vaten 

Snelliken  und  drade. 
25.    Den  bedroveden  vrolicheit, 

Den  armen,  des  on  behof  deit, 

Van  godde  wert  ghegeven. 

De  sunder  gnade  irwerven. 

Brocaminghe  nicht  vorderven. 


~4  ■» 


57 

30.    Unheil  wert  hijr  vordreven. 

Diit  al  de  patronon  saken, 

De  so  dicke,  de  so  vakon 

Uns  allen  trost  bewisen, 

Wen  wy  or  huipo  beglieren, 
35.    Hijr  se  loven  und  eron, 

In  oreme  denste  uns  prison. 

Hijr  umme  soyket  hijr  gerho, 

Gy  sin  na  by  offte  vorne, 

De  werdighon  patronen, 
40.    Godde  in  on  stodes  eret, 

Do  juk  so  hijr  heft  bescheret. 

He  kan  dat  wol  vorlonen. 

Van  omo  nicht  unvorlonet  blijfft, 

Dat  me  dorch  one  den  sinen  gift, 
45.    In  Jhesu  Cristi  namen, 

Do  mit  dem  vader  levet  wis. 

Ein  mit  dem  hilligen  goiste  is, 

Ewich  regnernde.    Amen. 

Mitgetheilt  vou  Senator  F.  G.  H.  Culexnann  in  Hannover  aus  i'iner  dem- 
seibeu  gehörigen  noch  ungedruckten  Chronik  von  Braunschweig,  welche  bis  Herzog 
Otto  I.  Erzbischof  von  Bremen  (1344—1349)  fortgeführt  ist  und  deren  Schriftzüge 
in  das  Ende  des  Uten  oder  Anfang  des  löten  Jahrhunderts  reichen.  Im  Abdruck 
ist  a  und  v  nach  der  moderneu  Orthographie  gesetzt  und  die  Interpunction  hinzu- 
gefügt.   V.  29  lies  brocsamighe. 

V.  40.  godde;  diese  Dativform  (s.  v.  27)  als  Accus,  verwendet  ist  nicht  selten. 
Man  behandelte  das  Appellativ  god  wie  einen  Eigennamen.  Dass  godde  dann  auch 
als  Nomiu.  gebraucht  ward,  lehrt  das  Mnd.  Wb. 


Rostocker  historisches  Lied  aus  dem 

Accisestreit.  1566. 

Das  nachfolgende  bisher  wohl  iingedruckte  spottlied  auf  den 
ßostocker  rath  ist  in  der  quart-handschrift  Mss.  Meckl.  0.  55  der 
^rossherzogl.  Universitätsbibliothek  zu  Rostock  aufbewahrt,  aus  der 
Dr.  H.  R.  Schröter  die  Rostocker  plattdeutsche  chronik  von  1310 — 
1314^)  abdrucken  liess,  die  ich  dann  von  neuem  vorglich,  um  ihr 
Verhältnis  zu  Ernst  v.  Kirchberg  fostzustollon.^)  Die  im  Ms.  auf  jene 
Chronik  folgende  historische  compilation  wies  ich  gleichzeitig  als  eine 
Variation  des  s.  g.  „körten  uttogs  der  wendischen  Chronica''  in  Lap- 

*)  Dr.  Hans  Rudolf  Schröter  Beitr.  zur  Meckl.  Geschichtskunde  T,  1.  (einziges) 
lieft.  Rostock  u.  Schwerin  1826.  4.  ^)  TJeher  den  1.  u.  2.  Theil  der  Rostocker 
Chronik  (Rost.  Schulprogramm  1873) ;  vergl.  K.  Koppmann  in  Hansische  Gesch.  Bl.  I, 
Heft  2,  S.  162  f.  Aus  demselben  sammelbande  stammt  mein  nachtrag  zu  den  Dith- 
marschen  liedem  von  1500  in  Schlesw.  Holst.  Lauenb.  Jahrb.  1875  S.  363  ff. 


58 

penbergs  ,Hamburger  Chroniken  in  niedersächsischer  Sprache'  nach. 
Die  beiden  genannten  theile  und  die  darstellung  der  domfehde  sind 
die  abschrift  des  rathshorrn  Dr.  Valentin  Gerdos  von  1558,  von 
ihm  mit  einem  zweiten  exemplar  verglichen  1562.  Die  kleinen  nach- 
folgenden ausztige  stammen,  abgesehen  von  2  unmotivirten  Zusätzen 
zu  den  Rostocker  konnew^arden^),  offenbar  aus  Lindenbergs  Chronicon 
Rostochiense  von  1596,  und  unser  unmittelbar  darnach  folgendos  liod 
ist  nicht  früher  eingetragen,  es  wird  im  anfang  dos  17.  jahrh.  abge- 
schrieben sein.  Entstanden  ist  es  aber  nachweislich  1566  und  viel, 
aber  wahrscheinlich  nur  kurze  zeit,  in  Umlauf  gewesen,  voraussicht- 
lich nur  in  abschriften.  Denn  da  vor  dem  6.  März  1566  schon  über 
.Schmähbriefe',  die  in  Rostock  gedruckt  waren,  geklagt  und  anschei- 
nend inquirirt,  auch  der  drucker  Stephan  Möllmann  oder  Myliander 
bekannt  wurde,^)  unser  lied  aber  noch  auf  ereignisse  des  3.  April  be- 
zug  nimmt,  so  kann  es  zu  den  genannton  „briefen"  nicht  gehören, 
und  schwerlich  hat  in  der  folgenden  schreckenszeit  der  herzoglichen 
occupation  noch  jemand  ähnliches  zu  drucken  gewagt.  Im  öfteren 
abschreiben  ist  die  spräche  schon  verändert,  zum  theil  dem  hoch- 
deutschen anbequemt.  Was  von  den  Störungen  im  strophenbau  dem 
original  oder  dem  abschroibor  zuzusohiobon  sei,  lässt  sich  nicht  mehr 
feststellen. 

In  den  vielgestaltigen,  ernsten  und  bedrohlichen,  dabei  aber  zum 
theil  überaus  kleinlichen  und  in  die  spocialsten,  privatesten  und  ge- 
wöhnlichsten Interessen  sich  voiiierondon  Avirron,  die  in  Rostock  1558, 
im  keime  schon  1556,  sich  erhoben  und  erst  oinigormassen  1573,  de- 
finitiv 1583  zu  ende  gingen,  hat  die  stadt  ihre  schon  gesunkene  han- 
sische macht  dauernd  eingebüsst.'*)  Der  streit  drohte  sich  zuerst  um 
übernommene  abzahlung  fürstlicher  schulden,  aus  dem  zank  über  die 
höhe  der  summe  wurde  ein  hader  über  die  zahlungsweise;  der  rath 
mit  den  reichen  wollte  accise,  besonders  auf  den  wichtigen  erwerb 
des  brauens,  also  indirecte  Steuer,  die  bürgerschaft  den  lOOsten  pfen- 
nig,  also  directe  Steuer,  1  ^/o  vom  vermögen,  nicht  von  der  einnähme. 
Der  gleichzeitige,    vielfach    gehässige    theologische    und    noch    mehr 

^)  Angedeutet  von  Schröter  1.  c.  S.  XV.  und  etwas  seltsam  benutzt  von  Käja- 
merer  „üeber  die  Strafe  des  Prangers  und  Halseisens** :  Neue  wöch.  Rost  Nachr.  1838 
S.  162,  anm.  5.  Jetzt  abgedruckt  .in  Verhandl.  der  30.  Vers,  deutscher  phil.  und 
schulm.  zu  Rostock  S.  92.  *)  Lisch  Jahrb.  V.  S.  155,  anm.  5.  ^)  Als  quellen  sind 
ein  für  allemal  zu  nennen:  die  von  Johann  Huber  1617  umgearbeitete  geschichte  von 
Rostock,  bei  Ungnaden  Amoen.  von  S.  800  an.  Die  abschrift  der  Univ.  Bibl.  Mss. 
Meckl.  0.  46  ist  besser  als  der  Abdruck.  Dieselbe  Chron.  kommt  auch  unter  dem 
Namen  des  Thomas  Lindemann  in  Mss.  Meckl.  A.  44  vor;  in  einer  völlig  gleichen 
und  einer  erheblich  abweichenden  recension.  lieber  das  muthmassHche,  im  grossherz. 
Archiv  befindliche  niederdeutsche  original  vgl.  Lisch.  Jahrb.  VIII.  S.  185  ff,  — 
D.  Chytraei  Saxonia.  —  Lindenberg  Chron.  Rost.  —  Wegen  der  geistlichen  Wirren 
sehr  einseitig  Lucas  Bacmeister  in  v.  Wcstphalen  Mon.  Ined.  I.  —  Jul.  Wiggers  in 
Lisch  Jahrb  XIX.  Die  Personalien  finden  sich  ausserdem  zerstreut  im  s.  g.  Ilostocker 
Etwas,  vorgl  auch  Krey's  Schriften.  Besonders  wichtig  für  die  zeitliche  folge  ist 
der  registerauszug  der  rathsacten  (Extractus  protoc.)  von  1558—1599  in  Neue 
WöchentL  Rostock.  Anzeigen  1838  ff.  Das  Ms.  befindet  sich  in  der  Univ.  Bil)l. 
Ms.  Meckl.  0.  76  fol.,  vergl.  auch  (Karsten)  ibid  S.  209  f. 


•^r' 


59 

disciplinarische  hader  der  geistlichkcit  gegen  die  vom  rath  gesetzten 
Superintendenten,  Draconitos  und  darauf  Kittel,'*)  und  dadurch 
gegen  den  rath  selbst,  gradezu  verbunden  mit  Verhetzung  der  gemein- 
den von  der  kanzol  herab,  schürte  das  schon  brennende  feuer.  Die 
iiuklaro  abgrenzung  des  maclitgebietes  der  gemeinsamen  landesherren, 
der  herzöge  Johann  Albrocht  und  Ulrich  gegenüber  dem  rathe,  ver- 
dunkelt noch  mehr  durch  die  beiderseitigen  ansprüche  auf  kirchen- 
güter,  bei  Ulrich,  als  bischof  von  Schwerin,  noch  durch  den  anspruch 
auf  die  bischöflichen  hoheitsrechto,  bei  Johann  Albrecht  später  auf 
ein  kaiserliches  mandat  als  schiodsricliter  zwischen  rath  und  bürger- 
schaft,  trat  umsomehr  hinzu,  als  hin  und  wieder  der  rath  den  einen 
oder  andern  herzog  gegen  die  gonioino,  und  umgekehrt  wenn  der 
rath  mit  Johann  Albrecht  zu  golien  gedachte,  herzog  Ulrich  die  ge- 
meine gegen  beide  vorzuschieben  für  nützlich  erachtete.  Femer  bil- 
dete einen  theil  des  gleichzeitigen  Streites  das  eigenthümliche  verhält- 
niss  der  Universität,  deren  profossoi'on  thoils  vom  rath,  theils  von  den 
forsten  abhingen,  und  doch  in  einer,  freilich  nicht  recht  respectirten 
Unabhängigkeit  dastanden.  Die  räthlichen  professoren  hatten  das  recht 
allein  zum  rectorate  zu  gelangen  lange  behauptet,  die  fürstlichen  be- 
stritten es,  herzog  Johann  Albrecht  nahm  lebhaft  partei.  1563  war 
dieser  krieg  durch  herstellung  eines  einzigen  .concilium  entschieden 
und  David  Chytraeus  als  erster  fürstlicher  professor  zum  rector  ge- 
wählt. Von  da  an  tobte  in  der  stadt  der  hader  der  „Sechziger'^  mit 
dem  rathe,  besonders  um  die  accise,  und  1565  war  letzterer  der  de- 
mokratischen agitation  völlig  erlegen,  die  „Sechziger''  oder  eigentlich 
ihre  führer  beherrschten  die  stadt.  Das  ist  der  Accise-  oder  Ziesen- 
streit,  denn  das  volk  nannte  die  abgäbe  stets  die  „Zise",  im  Liede 
är.  18,  4  sogar  als  s.  m.  den  „ziesen".  Hinein  spielt  der  schwedisch- 
dänische krieg,  sogar  im  Rostocker  hafen  wurde  ein  schwedisches 
kriegsschiff  unter  admiral  Baggo  von  den  Dänen  beschossen  und  ver- 
brannt; aber  vor  dem  häuslichen  schilliugszwiste,  ob  „die  pracher  be- 
zahlen'' sollten  oder  die  reichen,  hatte  man  nicht  äuge  noch  ohr  für 
grössere  Interessen.  Auch  die  1565  in  Rostock  arg  wüthende  pest 
störte  den  hader  nicht.  1560  hatte  die  bürgerschaft  Sechziger  be- 
gehrt, 1561  sie  gewählt,  1563  begannen  sie  an  die  Verwaltung  der 
guter  band  zu  legen.  22. — 24.  Febr.  1563  „begruben"')  sie  eine  wiese 
zum  besten  des  gemeindesäckels,  die  früher  Viehweide  von  Kassebohm 
gewesen  war.  Die  grossbrauer  hielten  meist  zum  rath,  namentlich 
Hans  Brocker  oder  Broecker,^)  aus  dem  patriziergeschlechte ,  hatte 
sich  für  ihn  ausgesprochen;  in  einem  grossen  tumulte  wurde  ihm  am 
^>.  Aug.    1563   unter  führung   der   brüder   Lepoler^)   vom    pöbel   ein 

^)  Diesem  streite  gehört  das  lateinische  libell  gegen  die  Rostocker  geistlichen 
an:  abgedruckt  in  der  festschrift  des  Rostock.  Gymns.  für  F.  V.  Fritzche  1875, 
ftbenfalls  aus  Ms.  Meckl.  0.  55.  ^)  mit  graben  umziehn,  s.  Grimm  DW.  v.,  begraben. 
")  Hans  Bröcker,  1567  in  den  rath  gekoren,  wurde  1581  bürgermeister,  f  30.  Nov. 
1582.  Er  wohnte  am  Hopfenmarkt,  sein  Speicher  lag  am  strande  bei  der  Grube. 
^)  So  nach  den  Mss.    Ungnaden  S.  804  hat  Toepeler. 


60 

Speicher  niedergerissen.  Den  grOssten  hass  zogen  sich  aber  1565  die 
beiden  brtider  Kirchhoff  zu,  aus  dem  reichsten  und  stolzesten  der 
damaligen  patriziergoschlechter,  Dr.  Lambert*^)  und  Dr.  Laurentius. 
Ersteror  war  1560  in  den  rath  gewählt  und  1565  weddeherr.  Lau- 
rentius, 1559  „in  der  stadt  oydo"  getreten  und  zu  syndicatsgoschäf- 
ton  benutzt,  war  1560  zum  räthlichen  profossor  juris  ernannt,  er 
spielte  eine  sehr  zweideutige  rolle,  indem  er  sich  1567  zum  fürst- 
lichen Professor  ernennen  liess.  Sie  waren  in  reichem  besitz,  nament- 
lich soit  der  familie  1528  die  Katzow'schen  erbgüter  zugefallen  waren; 
so,  standen  sie  zu  den  herzogen  in  genauer  beziehung.  Unter  dem 
vorwande  oder  aus  anlass  der  pest  waren  Lambert,  nachher  auch 
Lorenz  Kirchhoff  auf  das  land  gegangen,  letzterer  aber*  thatsächlich 
an  den  Fürsten  gesandt;  ebenso  hatten  sich  die  kriegsobersten  La- 
zarus Möller  und  Hans  Redding  entfernt.  Am  Tage  nach  himmel- 
fahrt  (23.  Mai)  klagt  der  städtische  gtitervogt  Hans  Beckentin,  dem 
die  60  die  administration  übergeben  hatten,  Lambert  Kirchhoff  habe 
ihm  das  heu  von  der  obengenannten  wiese  abfahren  lassen,  acton- 
mässig  werden  Jacob  Gercken  und  Hoppe  seine  hielfer  genannt. 
Nichts  hat  die  gemeinde  so  in  wuth  gesetzt,  zumal  man  glaubte,  K. 
halte  sich  bei  Moltke  zu  Teutenwinkel  auf,  mit  dem  ständiger  streit 
wogen  eingriffs  in  städtische  gerechtsame  auf  der  Warnow  war.  Der 
rath  verlor  darüber  auch  den  letzten  schein  von  macht;  ohne  frage 
hat  er  sich  heimlich  deshalb  mit  herzog  Johann  Albrecht  verständigt, 
dem  er  als  kaiserlichen  commissar  einlass  verschaffen  wollte.  Schon 
am  9.  Juni  war  Lorenz  Kirchhoff  zu  ihm  geschickt.  Am  29.  war 
wieder  ein  schreiben  erlassen,  dann  schweigen  die  rathsacten  bis 
1.  Nov.  Johann  Albrecht  hatte  durch  Lazarus  Möller  werben  lassen, 
die  btirgerschaft  behauptete  sogar,  dio  Kirchhoff  hätten  es  selbst  ge- 
than.  Am  18.  October  erschien  der  herzog  plötzlich  mit  reiterei  bei 
Pölchow,  um  nachts  eingelassen  zu  werden;  aber  Lazarus  Möller 
wollte  ohne  fussvolk  sich  nicht  in  dio  stadt  wagen,  darüber  wurde 
die  bürgerschaft  allarm irt;  zum  auszug  jedoch  kam  es  nicht.  Lo- 
renz Kirchhoff  hatte  vor  dem  Kröpeliner  thor  eine  besprechung  mit 
den  bürgern,  der  herzog  gab  einen  vorsiegelten,  später  vom  rath 
nach  Stralsund  geretteten  brief  ab,  dass  er  nur  zur  Schlichtung  der 
Unruhe  in  Rostock  einrücken  und  der  stadt  privilegia  nicht  kränken 
wolle.  Es  wurde  vorhandelt  und  auf  zureden  dos  pastor  und  pro- 
fossor Simon  Pauli  und  des  profossor  Bartholomäus  Cling  der  fürst 
mit  400  reitern  und  800  landsknechten  am  28.  October  gegen  re- 
vers  eingelassen.  Am  31.  Oct.  wurde  der  bürgerbrief,  die  Verfassung 
der  60,  verbrannt,  dann  wurde  das  ganze  beer  in  die  stadt  gezogen, 
dessen  proviant  und  sold  der  stadt  auferlegt;  am  15.  Nov.  wurde 
zu  diesem  zwecke  eine  „zieso"  festgesetzt.  Böse  werte  im  trunk 
gegen  den  herzog  wurden  mit  dem  Schwerte  gerichtet.  Zugleich  forderte 
nun  auch  hcj-zog  Ulrich  drohend  einlass  und  50,000  fl.  Am  Weih- 
nachtsabend wurde  dio  bürgerschaft  entwaffnet,  alle  waffen  auf  das 
*®)  Er  wohnte  am  Burgwall. 


Ol 

rathhaus  geliefert,  und  über  diesem  jamnier  vortrug  sich  rath  und  ge- 
meinde am  21.  Jan.  1566*^  Scheinbar  war  Johann  Aibrecht  erzttrnt, 
dass  Ulrich  auch  in  die  Stadt  wollte,  aber  als  dieser  doch  am  7.  Eobr. 
1566  einritt,  waren  beide  völlig  einig  Rostock  ganz  in  ihre  gewalt  zu 
bringen;  schon  am  11.  ersahen  sie  sich  die  stelle  einer  Zwingburg 
im  yRosengarten'^  schon  am  17.  machten  die  italienischen  baumoister 
den  anfang  mit  der  Vermessung,  während  die  fttrston  die  'stadt  zu 
imterwerfungsartikeln  zu  schrecken  suchten.  Am  25.  that  Johann 
Albrecht  den  ersten  Spatenstich,  und  am  27.  wurde  das  Steinthor  ein- 
gerissen und  das  bolwerk  des  Zwingers  durchgehauen,  so  dass  der 
eingang  von  aussen  war.  In  diese  Zeiten  fallen  die  zum  6.  März  er- 
wähnten Schmähbriefe.  Am  selben  tage  verliossen  die  herzöge  Rostock, 
aber  ihre  räthe  setzten  das  werk  fort.  Am  11.  März  wurde  das  rath- 
haus erbrochen  und  der  Stadt  alles  geschütz,  pulver,  kugeln,  schwefel 
und  Salpeter  genommen.  Am  12.  März  versuchte  man  rath  und 
bürgerschaft  abermals  zur  annähme  der  artikel  zu  schrecken,  und  als 
das  nicht  gelang,  wurden  beim  austritt  aus  dem  rathhaus  die  bürgor- 
meister  Berend  Pauls  oder  Pavels  und  Thomas  Gerdes,  die  rathsherren 
Franz  Quante  und  Dr.  Valentin  Gerdes  und  der  seidenkrämer  Hinrich 
Brandt  durch  eine  rotte  hakonschtttzen  festgenommen  und  in  ihre 
häuser  gelegt.  Als  auch  neue  bedrohungon  und  der  köder  des  auf- 
hörens  der  Zahlungen  für  das  kriegsvolk  nicht  verfingen,  wurden  die 
5  gefangenen  am  3.  April  auf  horzogs  Ulrich  geheiss  abgeführt,  3 
nach  Bützow  aufs  rathhaus,  von  dort  später  nach  Plan  (Plage),  2  nach 
Schwerin  und  später  nach  Dömitz,  wo  sie  bis  Nativit.  Mariae  (8.  Sept.) 
festgehalten  wurden.  Die  weitere  entwickolung  der  Rostocker  wirren 
gehört  nicht  zum  Verständnis  des  liodes. 

Da  die  gefangenen  nach  stropho  19  schon  in  Plau  und  Dömitz 
liegen  und  ihre  rückkehr  nicht  angeführt  wird,  so  muss  das  lied 
zwischen  mitte  April  und  anfang  September  1566  entstanden  sein. 
Zum  historischen  verständniss  trägt  es  nicht  bei,  nur  zeigt  es  dra- 
stisch den  hass  der  unteren  Volksschichten,  der  sich  wesentlich  an 
die  kleinliche  heugeschichte  hängt  (2,  2  und  21,  5),  sogar  unbetliei- 
ligte  deshalb  damit  zusammenbringt  (3.),  dagegen  hämisch  dem  rathe 
böses  gönnt  (21.  19)  und  neidisch  auf  die  ehre  des  besuchs  der 
herrentage  sieht  (23).  Einige  namen  sind  uns  unbekannt:  Rah- 
deneck  (3,  4)  ist  vielleicht  der  ausgewichene  Hans  Redding,  Kerk- 
hoff  (v.  4)  ist  Lambert  Kirchhoff,  der  stolze  hut  spielt  bei  den 
Rostocker  patriziern  eine  berüchtigte  rolle.  Auch  der  rathsherr 
Reimer  Preen,  der  verrätherisch  in  der  schlacht  bei  Pankelow  1487 
dem  Rostocker  landsknecht  den  arm  mit  dem  faustrohr  durchschoss, 
weil  er  gegen  wünsch  des  Alten  Rathes  den  herzog  Balthasar  ge- 
fangen hatte,  wurde  Reimer  Hogehot  genannt.  Dagegen  Kerkhoff 
Str.  7,  8  und  9  ist  Laurentius  Kirchlioff,  Her  ClaAves  Hövet  (18) 
ist  nicht  bekannt,  auch  die  strophe  ist  nicht  klar.  Haben  er  und 
Brandt  die  accise  mit   eingerichtet,   oder  ist   hinter   „verstand"    ein 

")  Ms.  A.  44.  Der  druck  hat  2.  Jan. 


6ä 

punkt  zu  setzen?  In  diesem  wahrscheinlichen  falle  hätten  beide  ab- 
gerathen,  den  ftirsten  einzulassen,  weil  „fürstenbriefe  wären  dunkel 
zu  lesen'' ^^.  Unter  den  rathsherm  ist  kein  Hövet,  auch  ein  syndicus 
des  namens  kommt  nicht  vor.  Ist  es  volksmässiger  beiname,  so  kann 
ein  rathsherr,  der  den  namen  Nicolaus  führte,  gemeint  sein:  Beselin, 
seit  1530,  starb  schon  1565,  ob  Runge,  seit  1536,  und  Dobbin,  schon 
seit  1521,  noch  lebten,  kann  ich  nicht  finden.  Die  14  bürger  (20) 
worden  die  bei  Ungnaden  S.  334  erwähnten  „vornehmsten  bttrger" 
sein,  mit  denen  der  rath  sich  wegen  einlassung  Johann  Albroch ts 
zunächst  besprach. 

*2)  Ungnaden  S.  809. 

1.  Will  gy  hören  ein  nyes.  gedieht, 
wo  id  to  Rostock  is  utgoricht 
van  wunderlikon  dingen: 

dat  de  van  Rostock  solko  apon  sitit, 
mot  man  en  wol  ton  ehren  singen. 

2.  KarckhoflP  up  dem  Borchwall, 

de  den  van  Rostock  ore  heie  stal, 
id  blifft  doch  nich  verbalen. 
Und  hedde  ho  dat  by  dago  godan, 
he  hedde  nicht  gestahlen. 

3.  Dicke  Brocker  by  den  Hoppenmarkodo, 
de  halp  em  dat  heie  to  hope  harken, 
dat  is  wahr  und  nicht  erlagen. 
Rahdeneck  mit  der  krummen  band 

de  bestürde  em  den  wagen. 

4.  Karckhoff  hadde  einen  bunten  hoot  gekofft, 
darmede  so  ging  he  her  also  groflFt  (!) 

up  sinen  wagen  geladen, 

und  tow  dem  hertog  van  Mecklenborg  vor, 

de  stat  wolde  he  verraden. 

5.  Gnediger  forst  und  here, 
wilde  gi  mi  dat  vertruwen, 

und  will  mi  Juwer  Gnade  hulp  und  bystand  don: 
Ick  will  Juwer  Gnaden  do  Stadt  upgeuon, 
dar  scheide  gi  nicht  vor  schweren. 

1.  *)  nyej.    «)  tho  —  uth.    -*)  solcke.     ^)  woll  —  tlion. 

2.  ')  ehre,   stall    ^)  bliflPt  —  nich  ist  wohl  der  ausspräche  nacli  richtig. 

3.  *)  marckede.    *)  tho.    ')  harcken. 

4.  *)  fohr 

5.  ^)  mie.    ^)  dohn.    Strophe  5  muss  dem  anklänge  nach  richtiger  lauten: 
Wilde  gi  mi  dat  vertruwen, 

und  will  mi  Juwer  Gnade  halp  und  bystand  don, 

Gnediger  forst  und  herc: 

Ick  will  Juwer  Gnaden  de  Stadt  upgcuen, 

dar  scholde  gi  nicht  vor  schweren.    —   Doch  vgl.  19.  21.  22. 


6B 


6. 

') 

7. 

*) 

8. 

9. 

*) 

10. 

/ 

11. 

12. 

') 

') 

6.  De  forste  dachte  in  sinem  mot, 
disse  sake  schal  wol  werden  gout, 
da  mot  Unser  Gnaden  na  dingen. 

Dar  Unser  Gnaden  so  lange  na  gewest 
dat  schal  uns  nii  gelingen. 

7.  KarckhoflF  is  ein  golerder  man, 

de  vor  eine  schelmerye  wol  roden  kan, 
den  dot  man  nicht  vernichten. 
Dede  land  und  stat  verraden  wil, 
dat  dede  he  sik  verplichten. 

7.    Karckhoff  de  was  utgesand 

mit  golde  und  gelde  in  frembde  land: 
frembde  geste  scheide  he  halen. 
Do  he  wedder  to  Rostock  quam, 
don  spisede  em  de  rath  calferbraden. 

9.    Don  Karckhoff  wedder  to  Rostock  quam, 
wo  balde  de  rath  dat  vernam,       • 
se  togen  em  entiegon  in  dat  feld. 
Wat  em  de  börger  haddon  tho  lede  godan, 
dat  scheiden  se  don  entgelden. 

10.  De  rath  makede  einen  anslag  drade, 
darmede  weiden  se  de  stat  Rostock  verraden, 
und  weiden  dem  forsten  de  stat  upgeven. 

Se  weiden  alle  börger  to  dede  slan 
Unde  nemand  darinne  laten  leven. 

11.  De  rath  hadde  sik  also  bedacht, 
fackeln  unde  lichte  hadden  se  utgebracht, 
darmit  weiden  se  den  kriegesluden  wenken. 
Unde  scheiden  ere  hüser  voröver  theen 
unde  nemand  darinne  krenken. 

12.  De  rath  gedachte  in  crem  mot: 
disse  sake  de  schal  werden  gout, 
se  möchten  my  wesen  gar  linde. 

Se  schickeden  na  dem  hertog  van  Meckelnborg  ut 
Unde  konden  en  nergen  finden. 

moth.    ^)  wol].    gaut.  doch  ist  goat  wol  richtiger.    ^}  schall,    un^. 

woU.    ^)  doth.    *)  sick. 

waf;.    *)  tho.    kam  (vergl.  9,  1). 

gethan. 

anschlag.    ^)  tho.    schlau. 

sich.    *)  uth.    ^)  kriegej.    wenckön.    *)  scholde.    ehre 

ehrem.    Die  constr.  ad  sensuin  (statt  sinem)   ist  gew.  richtig,     moth. 

gut,  vergl,  6,  2.    *)  uth     ^)  ehn. 


64 

13.  Se  söchten  en  hen,  se  söchten  en  her, 
to  Polchow  worden  se  sin  war 

mit  sinem  groten  hupen. 

Se  hadden  bröder  to  gaste  geladen, 

win  und  beier  brachten  se  en  to  supen. 

14.  De  bOrger  nemen  den  forsten  war, 

se  lepen  all  na  dem  Kröplinschen  dor 
unde  woldem  em  entlegen. 
De  rath  de  sprack  mit  frischem  mot, 
dat  sind  unse  guden  fründe. 

15.  De  forste  dachte  an  siner  gnade, 
willen  de  schelme  ere  stat  vorraden, 
segel  unde  breve  wille  wy  en  geven  — 
und  willen  Rostock  intonemen  then 
Unde  holden  en  gar  weinig  darneven. 

16.  J)e  börger  van  Rostock  tögen  ut, 

se  hadden  gout  geschütte  unde  kruet 

und  möstent  doch  nicht  bruken. 

Averst  hadden  de  börger  eren  willen  hat, 

liartog  Hans  mit  den  Markners  liedden  wol  bleven  darbuten. 

17.  De  rath  de  sede:  dat  sind  unse  fründe, 

schetet  nicht  leven  börger,  ieder  sehet  gelt  fyf  gülden, 

des  hedden  se  grote  schände. 

De  börger  stunden  in  frischem  mot, 

se  wolden  dar  lever  umme  starven. 

18.  Her  Clawes  Hövet  und  Hinrich  Brand 
De  hadden  der  sake  wol  verstand(.) 

de  schelmstücken  hebben  se  utgerichtet 
und  hebben  den  Ziesen  upgebracht, 
de  stat  Rostock  dardorch  to  vernichten. 

19.  Do  lochte  de  forste  den  rath  unde  Brand 
Vorn  up  de  grense  des  Mecklenborger  land 
na  Dömitz  unde  Plage  vast. 

Da  mosten  se  Ivden  wedder  roie  noch  rast, 
se  mosten  der  wol  recht  bichten. 

13.  *)  wahr.    *)  tho.    ^)  wien.    tho. 

14.  *)  wahr,    nehmen,    vergl.  15,*.    ^)  dohr.    **)  moth. 

15.  *)  aiener.    *)  intho. 

16.  ^)  thögen.  uth,  *)  guet,  vergl.  6,2  und  12,a.  In  kruet  ist  e  nur  längen- 
zeichen.   *)  ehren,    hatt    ^)  Marckners. 

17.  *)  geld.    fyff.    *)  moth. 

18.  2)  woll.    8)  uthgerichtett.    ^)  tho. 

19.  *)  dej,  ^)  woll.  Die  Strophe  ist  in  der  anordnung  geändert,  doch  scheint 
die  Umstellung  von  vers  4  und  5  so  hart,  dass  wol  anzunehmen  ist,  der  Verfasser 
habe  sich  nicht  an  strenge  Ordnung  gekehrt.    Vgl.  5.  21.  22. 


65 

20.  Se  mackeden  14  börger  ia  einen  rath 
und  meinden  de  stat  weire  wol  vorwart 
tinde  leipen  na  allen  dören. 

De  börger  senden  de  slötel  (henut) 
hartog  Hansen  underwegen. 

21.  De  rath  van  Rostock  weren  guder  dinge, 
tovöm  hadden  se  knechte  de  achterau  gingen, 
Nu  gan  se  gar  alleine 

Unde  slant  de  nese  twischen  de  beine, 
de  Schelme  und  heiedowe. 

22.  De  rath  van  Rostock  werens  wert, 

dat  börger  van  Rostock  köften  ein  holten  swert 
unde  eine  schneide  van  haste 
Unde  einen  schild  van  haverstro, 
Dat  hört  dem  rade  to, 
darmede  gan  se  to  gaste. 

23.  De  heren  van  Rostock  latent  nicht  geschein, 
wen  andere  heren  to  dage  thein, 

wysheit  wolden  se  plegen. 
Seit  nu  to,  gj  edlen  hern, 
wo  sind  gy  nu  gedegen. 

• 

24.  Dat  leyd  het  also  nu  ein  beslut; 
hartog  Hans  gift  segel  unde  breive  ut 
dem  Rade  van  Rostock  gerne, 

Unde  holt  dar  na  ock  wat  he  wil, 
Darmit  is  he  ein  here. 

20.  *)  mackeden:  ck  dehnt  das  a.  ')  woll.  vorwahrt.  *)  sende  schlotell. 
Es  fehlen  einige  sylben,  vielleicht  ist  ^henut**  zu  ergänzen. 

21.  ^)  wehren,  vergl.  12,i  *)  tho,  achterahn.  Diese  stroplie  ist  durch  Um- 
stellung von  4:  und  5  ^lerdings  nicht  herzustellen;  doch  vergl.  5.  19.  22,    ^)  schlant 

22.  *)  wehreus  (vergl.  12 1,  21,i)  wehrt.  ^)  Wahrscheinlich  ist  die  ursprüng- 
liche Form :  dat  de  börger  köften,  —  köfften.  schwert.  *)  tho.  *)  gähn.  tho.  Die 
Strophe  hat  6  zeilen ;  augenscheinlich  sind  zeile  2—4  aus  einem  kinderliede  oder  wie- 
genliede  geflossen.  Die  erinnerung  an  das  original  hat  also  hier  entweder  den  Ver- 
fasser oder  den  abschreiber  die  zeile  5  (,,dat  hört  usem  kinne  to"  noch  jetzt  im  Han- 
noverschen) unversehens  mit  aufnehmen  lassen.  In  v.  3  ist  ^schneide*  wol  aus  ;scheide' 
absichtlich  verdreht. 

23.  ^)  tho.    3)  wyssheit    *)  tho. 

24.  *)  beschluett,  *)  hartzog,  cf.  4,4,  16,6.  gifft.  breife  (vergl,  15,3).  uth. 
")  rahde.    *)  will.    ^)  iß. 

ROSTOCK.  K.  E.  K  Krause. 


l^iederdeutsches  Jabrbuch,  I. 


66 


Aus  einem  niedersächsischen  Pfarr- 

herrn  von  Kaienberg. 

Die  unten  abgedruckten  Bruchstücke  einer  niedersächsischen 
Bearbeitung  des  Pfarrherrn  von  Kaienberg  sind  der  Lübecker  Stadt- 
bibliothek entnommen.  Sie  stehen  auf  zwei  Druckblättem  in  Octav- 
format,  welche  wahrscheinlich  mein  Vorgänger,  Professor  Deecke,  aus 
einem  alten  Einbände  gelöst  hat,  je  eine  Seite  ist  noch  mit  Leim  be- 
strichen. Wie  unten  nachgewiesen  werden  soll,  fehlen  vermuthlich 
zwei  Blätter  zwischen  I  und  II.  Der  1833  verstorbene  Ulmer  Bi- 
bliothekar, Professor  Veesenmeyer,  besass  gleichfalls  zwei  Blätter  eines 
niedersächsischen  Pfarrherrn  von  Kaienberg,  wie  von  der  Hagen  in 
seinen  Briefen  in  die  Heimat,  Bd.  1,  Bresl.  1818,  S.  131  berichtet  — 
eine  Notiz,  welche  ich  Herrn  Dr.  R.  Köhler  in  Weimar  verdanke. 
Es  würde  vom  höchsten  Interesse  sein,  dem  Verbleib  dieser  Blätter 
nachzuspüren,  doch  verspricht  sich  der  Sohn  des  Professor  V.,  gleich- 
falls Bibliothekar  in  Ulm,  Wenig  Erfolg  davon,  indem  er  mit  Bedauern 
berichtet,  dass  während  seiner  Minderjährigkeit  der  betreffende  Theil 
des  Nachlasses  seines  Vaters  an  den  Antiquar  Butsch  in  Augsburg 
verkauft  sei.  Nach  dem  ersten  der  folgenden  Blätter,  mit  welchen 
ich,  um  dem  Leser  ein  Urtheil  zu  ermöglichen,  den  hochdeutschen 
Text  zusammengestellt  habe,  erweist  sich  .das  Niedersächsische  als 
wörtliche  Uebertragung.  Missverständnisse,  unreine  Reime  u.  a.  be- 
zeugen es.  Doch  sind  schon  hier  kleine  Abweichungen,  welche  auf 
eine  andre  hochdeutsche  Vorlage  hinweisen.  Vollends  bestätigt  wird 
dies  durch  Blatt  II,  welches  die  erzählte  Geschichte,  die  im  Hoch- 
deutschen eine  reine  Unfläterei  ist,  genügend  motivirt,  Schalkheit, 
Gegenschalkheit  und  einen  stärkeren  Trumpf  in  sich  schliesst  und, 
obschon  unsauber,  doch  den  Charakter  einer  vollendeten  Eulenspiegelei 
an  sich  trägt.  Man  könnte  darum  vermuthen,  dass  sie  Erfindung  des 
niedersächsischen  Bearbeiters  sei ,  wenn  nicht  die' bisher  bekannte 
hochdeutsche  Fassung  Ungereimtheiten  in  sich  hätte,  welche  auf  Cor- 
rumpirnng  einer  älteren  Vorlage  schliessen  lassen.  Ungereimt  ist  es, 
den  Pfarrer  beim  Messelesen  lange  predigen  zu  lassen,  während  er 
nach  dem  Niedersächsischen  eine  stille  Messe  hält,  wodurch  zugleich 
des  Küsters  Entfernung  vom  Altar  motivirt  wird.  Zu  einer  stillen 
Messe  passt  auch  der  Holzschnitt  im  hochdeutschen  Druck:  der  Pfarrer 
hebt  die  Hände  zur  Consecration  auf,  vor  ihm  steht  der  Kelch.  Miss- 
verstanden ist  ferner  im  Hochdeutschen,  dass  der  Pfarrer  von  einem 
Zins  der  Bauern  spricht,  im  Niederdeutschen  bekommt  der  Küster  das 
Linsenaustragen  als  Ersatz  für  fehlenden  Zins. 

Wenn  demnach  auf  eine  ältere  hochdeutsche  Bearbeitung  aus 
diesen  Bruchstücken  zu  schliessen  ist,  wobei  der  selbständige  Antheil 
der  Niedersachsen  immer  noch  zur  Frage  steht,  so  sind  unsere  Bruch- 
stücke  auch   dadurch   für   die  Geschichten   des  Pfarrers  von  K.  von 


■"^JW*^    ^ 


«7 


fielang,  dass  sie  ersichtlich  einem  Lübecker  Drucke,  spätestens  aus 
dem  ersten  Jahrzehend  des  16.  Jahrhunderts,  angehören,  da  die  Typen 
genau  die  des  Lübecker  Druckers  Jürgen  Bicholf  aus  dieser  Zeit  sind. 
Der  Lübecker  Druck  steht  also  der  ältesten  Ausgabe  des  Ealenbergers 
aus  dem  15.  Jahrhundert  der  Zeit  nach  am  nächsten. 

Diese,  auf  der  Hamburger  Stadtbibliothek  bewahrt,  ist  von 
Lappenberg  im  Anzeige  -  Blatt  der  Wiener  Jahrbücher  der  Literatur 
Bd.  42,  1828,  S.  19  beschrieben.  Vergl.  desselben  Dr.  Thom.  Mur- 
ners Ulenspegel  S.  355.  Beide  Ausgaben  haben  manches  Aehnliche. 
Das  Hamburger  Exemplar  ist  in  kl.  8^,  fast  12®,  nach  Dr.  Walthers 
Mittheilung.  Dem  entsprechend  sind  die,  übrigens  auf  eine  gleiche 
Torlage  zurückgehenden,  Holzschnitte  im  Hamb.  Exemplar  bedeutend 
kleiner.  Beide  Ausgaben  sind  nicht  paginirt,  die  Hamburger  ohne 
alle  Literpunktion,  auch  in  der  Lübecker  beschränkt  sich  die  Intei^ 
punktion  auf  nur  zwei  Kommastriche  und  gelegentliche  Punkte  am 
Schluss  der  Zeilen. 

Beim  Abdrucke  ist  y  und  u  nach  heutigem  Brauche,  zu  Anfang 
der  Zeilen  und  Sätze  immer  ein  grosser  Anfangsbuchstabe  und  die 
jetzt  übliche  Interpunktion  gesetzt. 

Die  ausgehobenen  und  besprochenen  hochdeutschen  Stücke  stehen 
in  von  der  Hagens  Narrenbuch  auf  S.  282  bis  287.  Die  für  das 
Hamburger  Exemplar  beigefügte  Seitenzahl  ist  von  der  ersten  Text- 
seite an  gerechnet. 

Hamburger  Exemplar. 


Lübecker  Druck. 
L 

S.  0.   TJnde  sprak:   Yk  moet  na 

hues  wezen  bereyt, 
Laet  yuw  dat  arbeyt  bevalen  syn, 

Beth  ick  ghemelke  de  koye  myn. 

Dar  mede  scheydede  he  van  en. 
Se  arbeyden  alle  na  erem  sinne, 
Eyner  arbeyde  so,  de  ander  sus, 
Se  deden  alle  na  erer  lust, 
Beth  dat  ok  quem  de  avent  schoen, 
Dat  men  gyft   eynem   yewelken 

syn  loen. 
Bequemen  alle  na  hues  ghegangen 
Unde  wolden  do  ere  loen  entfangen. 
Wo  wol  he  hadde  ghemaket  eyn 

ghedinge, 
He  brack    äff   eynem   yewelken 

eynen  pennynck. 


S.  18,  Manicher  was  im  do  berait. 
Er  weist  sie  hin  zu  der  arbeit. 
Und  er  befall  in  do  das  hawen. 
Er   sprach:    Ich  muß    hin    haim 

schawen 
Und  last  eÄchß  die  weil  sein  be- 

volhen. 
Ich   waiß  nit  sein  mein  kfie  ge- 

molhen. 
Do  mit  also  schied  er  von  in. 
Sie  thetten  all  noch  yrem  sin, 
Ä 19.  Ainer  arbeit  so,  der  ander  sust, 
Sie  thetten  gantz  nach  yrem  lust, 
Biß  das  do  kam  die  abent  zeit 
Und  yedem  seinen  Ion  geit. 

Sie  komen  all  hyn  haim  gegan 
Und  weiten  haben  yren  lan. 
Do  het  er<  mit  yn  ein  geding 

Und  brach  yedem  ab  ein  pfenning. 


5* 


•<*  i»  '.     '  •'    .T. 


68 


Dat  duchte  se  wezen  alto  swaer, 
Sproken  to  deme  kerckheren  al  dar: 
Hero,  id  dunket  uns  nicht  gud, 
Dat  gy  uns  am  lone  affbrekon  doet, 
Wy  doen  yo  gantz  na  yuwem  willen. 

Do   kerckhere   dede   do    de    rede 

styllen 
Undo  warp  eu  do  dat  ghelt  nodder, 
He  sprak:  Kämet  morgen  alle  her 

wedder. 
Dos  anderen  morgens  also  vroo 
Quemen  se  alle  ghegangen  tho, 
Darumme  worden  se  van  em  ghe- 

spyset.^) 
An  eynen  bereh  he  se  do  wysede, 
Eynor  dede  den  anderen  anschou- 

wen, 
'  Se  mosten  alle  yegen  dale  houwen. 


Se  spreken:    Here,  dat  doet   uns 

sere  wee, 
Wor  hebbe  gy  dat  ye  gheseen  meer, 
Dat  ertryke  yegen  den  borch  theen? 
Wy  mochten  wol  alle  van  yuw  vleen. 
He  sprak  to  en:  Nu  swyghet  stylle, 
Gy  spreken,   gy   wolden   na  alle 

mynem  wyllen 
S.  6.  Arbeiden,  wo  yk  ock  sulven 

wolde. 
Dar  vor  yk  yuw  Ionen  scheide. 
Se  spreken:  Here,  yd  en  is  neue 

seede, 
Dat  gy  uns  sus  varen  mede, 
Wy  hebbont  alzo  nicht  ghemenet. 
De  kerckhere  sik  do  mit  en  vor- 

eniget. 
He   sprak:    Yk   gheve    yuw   wol 

yuwo  loen. 
He  wysede  se  an  eynen  anderen 

yaen. 


Das  daucht  sie  all  gar  zu  schwer 
Und  Sprachen  do  zu  dorn  pfarrer: 
Ey  her,  es  duncket  unß  nit  gut, 
Das  ir  unß  den  lan  abprechen  thut, 
Wir  thun  eSch  gantz  noch  efirem 
.  willen. 
Der  pfarrer  thet  ir  red  do  stillen 

Und  warJBf  in  do  das  gelt  nider 
Und    sprach:    Kumpt  morgen  al 

her  wider. 
Des  andren  morgens  also  frue 
Komen  sie  all  gegangen  zue, 
Darumb  wurdens  von  im  gepreist. 

An  einen  berge  er  sie  weist, 
Ainer  thet  den  andren  an  schawen, 

Sie  mustei^  all  gethal  hawen. 

Hie  musten  sie  gethall  hawen 

und    der    pfarrer    stet   also 

vor  yn. 

(Holzschnitt.)  2) 

S.  20,  Sie  sprachen:  Her,  es  thut 

unß  wee. 
Wo  habt  irs  ye  gesehen  ee, 
Das  ertreich  do  ken  borg  ziehen? 
Wir  mochten  wol  von  euch  fliehen. 
Er  sprach  zu  in:  Nun  schwiget  stil, 
Ir  spracht,  ir  wolt  noch  meynem 

wil 
Arbeitten,  wie  ich  selber  wolt, 

Darumb  gib  ich  euch  meinen  seit. 
Sie  sprachen:  Her,  es  ist  nit  sit, 

Das  ir  unß  also  faret  mit. 
Wir  habens  nicht  also  gemaint. 
Der  pfarrer  sich  mit  yn  veraint, 

Ä  21.    Er  sprach:   Ich  wil  euchs 

nache  lan. 
Sie    stunden    an    einen    anderen 

ian.  ^) 


*)  Bei  von  der  Haj^en,  Narrenbuch  S.  283,  auch;  gespeist. 

2)  Gebirge ;  links  (vom  Beschauer)  stellt  der  Pfarrherr,  rechts  zwei  arbeitende  Hauer. 

^)  Reihe,  lieihe  gemäheten  Grases.    Laxer  Mhd,  Wb. 


■i.i 


69 


Do  quam   eyn   trappe   dort  hoer 

ghevlaghen, 
De  kerckhere  sprak  al  unbedragen: 
Wat  voghel  mach  dar  hoer  vleghen, 
De  so  sere  doyt  schryen? 
De  arbeyders  sprekon  mit  Avorden 

hoghe : 
Here,  yd  is  unse  vyravendes  voghel. 


Hyr  kumpt  der  buren  vyr- 
avendes voghel. 

(Holzschnitt.)  *) 

Se  arbeyden  al  dar  beth  na  myd-  Und  hawtten  biß  nach  mittem  tag, 
dach, 

De  kerckhere  an  eynem  berghelach.     Der  pfarrer  auff  dem  rain  dort  lag. 

Hie  hawon  sie  geperg  und 
der  pfarrer  ligt  auff  dem  rain 
und  ein  rab  sitzt  auff  einem 
hohen  stain  und  schreit. 

(Holzschnitt.)*) 

Do  kam  ein  rab  dort  her  geflogen, 

Der  pfarrer  fragt  sie  unbetrogen, 
Er  sprach:  Waö  mag  der  vogel  sein, 
Und  das  er  also  laut  thut  schrein? 
«S".  f^2.  Die  hawer  woren  mit  wort- 

ten  gogel:^) 
Her,  es  ist  unsser  zeit  vogel.*) 

*)  Ein  nach  rechts  aufsteigender  Berg,  auf  dessen  Spitze  ein  Rabe  krächzt, 
liaks  lind  rechts  von  demselbsa  je  ein  Baum.  In  der  linken  oberen  Ecke  eine  un- 
gestalte  Blume.  Rechts  vom  Berge  liegt  der  Kirchherr  bequem  ausgestreckt,  auf  den 
linken  Ellenbogen  das  Haupt  stützend ;  links  auf  einer  Abstufung  des  Berges  hauen 
zwei  Bauern  thalabwärts.    *)  Aehnlich,  aber  kleiner  und  zusammengedrängter. 

^)  ausgelassen,  lustig. 

*)  Im  Hamb.  Exemplar  folgt  nun  der  Schwank,  dass  die  Hauer  dem  Pfarr- 
herrn  erklären,  das  Erscheinen  des  Raben  bedeute  für  sie  Heimgehen  von  der  Arbeit 
Der  Pfarrer  zeigt  sich  gläubig,  lässt  sie  dafür  aber  am  folgenden  Tage,  als  kein  Rabe 
iierbeiüiegt,  bis  lange  nach  Sonnenuntergang  arbeiten.  Der  Rest  der  Erzählung  nimmt 
im  Hamburger  Exemplar  S.  22  und  23  ein,  46  Zeilen.  Der  Lübecker  Druck  hat 
33  Zeilen  auf  der  Seite,  ein  Blatt  also  66  Zeilen ;  davon  gehen  für  Ueberschrift  und 
Holzschnitt  20  Zeilen  ab,  es  bleibt  also  gerade  der  umfang  eines  Blattes  für  das 
£nde  dieses  Schwanks,  welcher  nach  dem  Obigen  wohl  bis  zum  Schluss  im  nieder- 
deutschen Text  dem  hochdeutschen  geglichen  haben  wird.  Die  abweichende  Fassung 
der  Geschichte  vom  hofirenden  Kirchherrn  im  Niederdeutschen  beruht  aber  auf  einer 
Scßalkheit,  welche  ihm  der  Küster  gespielt  hat,  und  wenn  man  die  Anfangsworte: 
em  eghet  wol  eyne  schalkheit  van  my,  wie  mir  natürlich  scheint,  dem  Küster  in  den 
Mund  legt,  so  muss  diesem  vorher  vom  Kirchherrn  mitgespielt  sein.  Wie  sollte  auch 
sonst  der  Küster  dazu  kommen,  gegen  seinen  Kirchherrn  den  Eulenspiegel  zu  machen  ? 
Darum  glaube  ich,  dass  zwei  Blätter  zwischen  I  und  II  fehlen,  und  damit  denn  auch 
^in  ganzer  Kalenberger  Schwank,  welcher  bisher  aus  den  hochdeutschen  Drucken  nicht 
bekannt  ward  Eine  äusserliche  Bestätigung  dieser  Ansicht  scheint  darin  zu  liegen, 
dass  von  einem  zusammengeschlagenen  Bogen  solche  zwei  Blätter  als  äussere  Lage, 
in  welcher  die  beiden  fehlenden  die  innere  Lage  bildeten,  leichter  vom  Buchbinder 
verwandt  werden  konnten.  Von  II  ist  beim  Loslösen  des  Blattes  vorn  ein  Stück  ab- 
gerissen. 


Lübecker  Druck. 

IL 

S.  ä,  Em  eghet  wol  eyne  schalck- 

heit  van  my. 
De  koster  to  deme  kerckherenginck, 


Hamburger  Exemplar. 

8.  24.  Hie  helt  der  pfarrer 
meß  und  er  wendt  sich  ob 
dem  altar  umb  und  predigt 
den  paurn,  do  schiechen  im 


70 


De  kerckhere  ene  gar  wol  entfenck, 
He  clagede  em  alle  syn  ghebreken. 
De  koster  beghunde  al  do  to  spreken  : 
Here,   wezet  gudes  modes  unde 

wezet  vro, 
Tck  weet  ghantz  guden  raet  dar  tho. 
Ick  wil  yd  also  vogen  unde  raken 
Unde  wyl  yuw  eyn  wyt  pulment 

maken 
Van  mandelen  unde  van  anderen 

kniden, 
Dat  plecht  to  helpende  so  danen 

lüden. 
(D)e  kerckhere  sprak:  Kanstu  dat 

doen, 
(Du  sc)halt   dar  vor  krygen  dyn 

loen. 
(De  köst)er  do  nicht  lange  beyde, 
(Uth  lin)sen  he  eynen  bry  bereyde, 
(Dar  s)cholde  emdebuekaf  swellen 
(Unde)  em  in   deme   lyve  umme 

wellen. 
(Do  h)e  to  dem  kerckheren  quam, 
(De  ker)ckhere  dat  drade  to  sik  nam, 
(De  l)insen  vor  eyne  arstedye, 
(Dar)  äff  wart  vorder   neue  man- 

gelye.») 
(De)s  anderen  daghes  darna  nicht 

lanck, 
(S)o  dat  de  kerckhere  missen  sanck, 
(Da)t  lijif  beghunde  em  to  blaßen, 
(Ga)r  nouwe  konde   he  loßen  de 

hoßen, 
(H)e  ginck  van  eynander  strijden 
Unde  leeth  eynen  hoßen  glijden 
AI  dar  hen  sunder  alle  wan,     ' 
Dar  de  koster  plach  to  staen. 
He  leeth  sik  nergen  ane  merken  do 
Undeleep  weddertodeme  altare  tho. 
Dyt   ghescach,   de   wyle    dat    de 

koster  leep 
Unde  de  buren  tohope  reep, 


dy  linßen  auß  und  der  meß- 
ner  wil  sie  fürder  keren. 

(Holzschnitt.) '') 


Damach  ainO  tages  nit  seer  lang, 

So  alß  der  pfarrer  messe  sang, 
Do  hub  er  an  mit  seiner  leer 

Und  sagt  den  pawren  aber  heer 

* 

Von  heilligen  und  von  dissen, 
Von  eckeren  und  von  wissen. 
S.  25.  Indem  erlengt  sich  die  predig, 
Do  wurden  linßen  in  im  ledig, 
Czu  den  er  spracji :  Getzainsingauö. 
Die  pawren  hüben  sich  mit  sauß 
Hyn  auß  der  kirchen  ane  pit. 

Der    pfarrer    sprach:     Ich    mayn 
efich  nit, 


^)  Der  Pfarrer  am  Altar  mit  zur  Consecration  erhobenen  Händen.  Hinter  ihm 
ein  Häuflein,  welches  der  Messner  fortkehrt. 

*)  Streit.  Die  Linsen  vertragen  sich  mit  seinen  Eingeweiden.  Es  gieng  alles 
in  Frieden  ab, 


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71 


S.k  De  dar  scholdön  luden  tom 

sty  Inisse.  ^) 
De  koster   quam   wedder   dar  al 

wyß 
ünde  wüste  hyr  nergen  van. 
He  gink  recht  in  den  dreck  staen, 
Eyn  roke   quam   em  in  de  neße 

so  sure, 
He  sprak:  Phu,  de  mort  slae  den 

bure, 
Demydatto  schände  heft  ghedaen, 
Dat  ovel  mote  em  yo  ock  bestaen. 
De  koster  leeth  sik  merken  nicht, 
He  krech  einen   bessern,   de   was 

dycht, 
Wente  yd  was  alzo  ghevlegen, 
He  moste  iden  dreck  sulven  uth 

dreghen. 
De  kerckhere  sprak  to  em  al  dar: 

Du  byst  eyn  dore  al  apenbaer, 

Doch  so  hefstu  anders  nene  tynse, 
Du  drochst  wol  uth  mit  den  schoen 

de  linse. 
Dyt  is  yo  dyn  rechte  loen, 
Sulkeme  atste  schal  me  so  doen. 

Hyr  wil  de  kerckhere  vle- 

gen. 

(Holzschnitt.)  ^») 


Ich  hab  wol  nechton  linssen  gaß, 

Die  schleichent  auß,  mir  ist  nun 

paß. 
Die  pawren  über  horttens  all 
Und  rausten  hin  mit  grossem  schall. 


Der  meßner  wolt  sich  unlust  wern 
Und  wolt  die  linß  vom  altar  kern, 

Das  do   geschmecht  nit  wfird  die 

pfar. 
Der  pfarrer  sprach:    Du  bist  ein 

nar, 
Die  paurn  haben  do  nit  andern  zinß, 
Sie  tragen   an   schuhen   auß   die 

ünß. 
Das  ist  wol  war,  der  meßner  sprach. 
Es  ist  gut,  der  nit  ist  zu  gach. 
Hie  steet  der  pfarrer  in  dem 
glockenhauß  auff  dem  thuren 
zu  Kaienberg  und  wil  über 
Tunaw  fliegen. 

(Holzschnitt.) 

®)  Btylnisse  stn.  mhd.,  Silentium,  wird  gewöhnlich  gleich  stilmesse  erklärt,  nach 
Lübben  ist  es  aber  wahrscheinlicher  der  Augenblick  der  Brotverwandlung^  was  an 
dieser  Stelle  trefflich  zur  Situation  passt. 

^^)  Rechts  ein  Haus  mit  ansteigendem  Thurm,  über  die  niedere  Mauer  schaut 
der  Kirchherr,  mit  Flügeln  versehen,  vor  der  Mauer  lagert  ein  Weinfass.  Links 
zwei  Bauern,  unter  einem  Baum  zechend,  von  welchem  ein  Vogel  sie  ankrächzt«  Der 
Holzschnitt  im  Hamburger  Exemplar,  übrigens  gleich,  ist  kleiner  und  zeigt  nur 
einen  Bauern. 


LtTBECK. 


Wilh.  Mantels- 


72 


Die  niederdeutsche  Sprache  des 
Tischlerge  Werks  in  Hamburg  u.  Holstein 

von 

E.  Cbemnitz  und  W.  H.  Mielek. 

Gar  oft  und  noch  neuerdings  und  selbst  von  wohlgesinnten  Be- 
urteilern ist  der  Plattdeutschen  Sprache  unserer  Zeit  vorgeworfen 
worden,  sie  ermangele  der  Ausditicke  für  Technik  und  Industrie,  ftirs 
Gewerksieben.  Aus  urkundlichen  Zeugnissen  aber  wissen  wir,  wie 
reich  das  Handwerk  im  Mittelalter  auf  niederdeutschem  Gebiete  sich 
entwickelt  hatte,  und  duivh  dieselben  kennen  wir  einen  ansehnlichen 
Wortschatz  der  Gewerke  jener  Zeit.  Es  müsste  also,  wenn  jene  ab- 
sprechenden Behauptungen  wahr  wäreii,  alles  miteinander  oder  doch 
viel  seit  dem  Verschwinden  der  ndrd.  Schriftsprache  verloren  gegan- 
gen sein.  Dies  anzunehmen  liegt  allerdings  dem  landläufigen  Urteile 
über  die  Einwirkung  und  den  Einfluss  der  hochdeutschen  Schrift- 
sprache sehr  nahe,  nach  welchem  nämlich  die  plattdeutsche  Sprache 
nur  durch  die  höhere  Bildung  und  die  bessere  Schule  verdrängt  wird 
und  verdrängt  werden  muss,  und  nicht,  wie  mir  richtiger  scheint, 
durch  die  stete  Mischung  von  Volksgenossen  verschiedener  Mundart, 
in  welcher  dann  derjenige  Dialekt  obsiegt,  der  durch  die  Schriftsprache 
begünstigt  wird.  Doch  ist  die  Wahrheit  jener  Behauptung  durch 
ihre  Aufstellung  noch  nicht  bewiesen,  und  es  würde  sich  wohl  lohnen 
ein  Mal  die  Probe  zu  machen,  um  zu  einem  richtigen  Urteile  über 
den  Besitzstand  des  Plattdeutschen  auf  gewerblichem  Gebiete  und 
über  das  Verhältniss  der  Schriftsprache  zum  Dialekte  und  der  Dialekte 
zu  einander  auf  diesem  Gebiete  zu  gelangen.  Das  Studium  der  vor- 
handenen Idiotiken  genügt  dazu  nicht.  Der  grossem  Zahl  nach  sind 
diese  das  Ergebniss  des  Sammelfleisses  und  des  Beobachtens  Einzelner, 
die  unmöglich  jedem  Handwerk  sein  Recht  geben  konnten  und  nur 
selten  einem  einzelnen  Genüge  geleistet  haben.  Ackerbau  mit  Wetter 
und  Wind,  Viehzucht,  menschliches  Familien-  und  Seelenleben  sind 
ihr  eigentliches  Feld.  Beispiele  von  erschöpfenderer  Behandlung  für 
das  eine  oder  das  andere  Gewerk  gibt  Dähnert  für  Fischerei  und 
Fische,  das  Bremer  Wtb.  für  Deichwesen,  der  Westerwälder  Schmid 
für  Weberei;  hervorragen  an  Vielseitigkeit  Schmeller  und  Stalder. 
Um  nur  einigermassen  vollständiges  Material  beizubringen,  ist  man 
auf  Sammeln  aus  dem  Volksmunde  mit  Hülfe  geistig  aufgeweckter 
Handwerker  angewiesen  und  kann  mit  dem  Gefundenen  dann  die 
Idiotiken  kontrolliren  und  vergleichen. 

Diese  Sammlungen  werden  allerdings  wol  kaum  den  Vorrat  an 
Stammwörtern  vermehren,  denn  auch  die  Dialekte  sind  dafür  schon 
zu  vielseitig  und  zu  vielfältig  bearbeitet  worden  und  mancher  froh 
begrüsste  Findling  wir4  sich  als  alter  Buchhüter  erweisen,  dem  mit 
dem  Funde  eben  nur  noch  die  Lebensfähigkeit  zugesprochen  werden 


_....*  jk__ 


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) 


73 

inii8S.  Manches  an  neuen  Wortzusammensetzungen  und  viel  an  bis- 
lang unerwähnt  gebliebenen  Functionen  bekannter  Wörter  wird  indess 
gefunden  werden  und  'für  beglaubigte  Functionen  eine  schärfere 
Fassung  gegeben  werden  können. 

Ein  volles,  wohl  gesichtetes  Material  aus  allen  Dialekten  würde 
sich  wohl  verwerten  lassen  zu  einem  Bilde  des  Entwickelungsganges 
der  verschiedenen  Gewerke  und  des  Anteiles,  den  det  eine  oder  der 
andere  der  deutschen  Stämme  an  der  Gestaltung  des  einzelnen  Ge- 
Werkes  gehabt  hat. 

Dies  sind  die  Gesichtspunkte,  mit  welchen  ich  an  die  vorlie- 
^onde  Arbeit  gegangen  hin.  Für  meinen  Zweck  war  das  gewählte 
Gowerk,  die  Tischlerei  eher  ungünstig.  Die  Zunft  der  Tischler  hat 
sich  als  jüngste  und  erst  zu  einer  Zeit,  da  das  Niederdeutsche  schon 
üiedergieng,  aus  andern  holzbearbeitenden  Gew(3rkon  herausgebildet, 
der  Name  selbst  tritt  erst  spät  auf  und  ist  vielleicht  mit  dem  bezeich- 
neten Gewerke  ausserhalb  Niederdeutschlands  auf  mitteldeutschem 
Boden  emporgediehen.  Und  die  der  Mode  unterworfene,  wechselsvolle 
Entwickelung  des  Technischen  der  Tischlerei,  deren  Maass  wol  nur 
in  der  Eisenindustrie  überboten  wird,  muss  durchweg  der  Buchsprache 
einen  verhältnissmässig  grösseren  Einfluss  bewirkt  haben.  Ich  konnte 
aber  nicht  wählen,  sondern  war  darauf  angewiesen,  bestehende  Freund- 
schaft zu  nutzen. 

Ich  lege  hiermit  das  dürre  Resultat  ohne  Räsonnement  vor. 
Eine  weitere  Bearbeitung  erscheint  mir  erst  tunlich,  wenn  in  ähnlicher 
Weise  die  verwandten  Gewerke  der  Hauszimmerer,  Schiflfszimmerer, 
Böttcher,  Drechsler  nebst  den  Ausdrücken  der  Waldwärter,  Förster, 
SchneidemüUer,  Holzhändler  durchgenommen  sein  werden.  Aehnliche 
Gruppen  würden  bilden  Bäcker,  Müller,  Kornbauer;  Schuster,  Gerber, 
Schlachter,  Tierärzte,  Viehzüchter;  Schneiderei  und  Näherei,  Weberei, 
Spinnerei,  Flachsbau  und  Flachsbearbeitung. 

Das  hier  Gegebene  bezieht  sich  —  und  zwar  ausschliesslich  — 
auf  die  in  unserer  Zeit  gebräuchlichen  und  verständlichen  Ausdrücke 
der  Tischler.  Ausgeschlossen  blieben  alle  diejenigen,  welche  der 
Tischler  wohl  kennt,  im  eigentlichen  Gebrauche  aber  bei  Zimmerern 
lind  anderen  sind.  Mein  Gewährsmann,  der  oben  genannte  Herr,  ist 
in  Barmstedt  iA  der  Grafschaft  Ranzau  in  Stormarn  als  Sohn  eines 
Pastoren  geboren  und  hat  zu  Altena  von  1840—1845  die  Tischlerei 
in  plattdeutscher  Werkstattsprache  gelernt,  -v  Ich  halte  solchen  Nach- 
weis über  die  Quelle  für  durchaus  nötig. 

In  der  Schreibung  bin  ich  den  Grundsätzen  gefolgt,  zu  denen 
sich  Schambach  in  «einem  Wörterbuche  (pag.  1  unten)  bekennt,  bin 
auch  ebensowenig  völlig  konsequent  verfahren.  Die  geminirten  Kon- 
>^onanten  habe  ich  nach  Möglichkeit  vermieden;  ich  habe  noch  nie 
einen  Niederdeutschen  eine  doppelte  muta  tenuis  aussprechen  hören. 
Am  Platze  scheint  sie  mir  nur  da,  wo  noch  vom  Volke  empfundene 
Assimilation  wirkt  Der  unbezeichnete  Vokal  ist  kurz,  oder  richtiger, 
ein  derzeit  kurz  oder  geschärft  gesprochener,  der  mit  ^  bezeichnete 


74 

ist  lang  oder  wird  gedehnt  gesprochen.  Nachgesetzter  •  bezeichnet 
das  verstummte  e,  wenn  es  noch  in  einer  besonderen  Verlängerung 
des  vokalischen  oder  konsonantischen  Lautes  lebt. 

Die  verschiedenen  gedehnten  „e"  sind  nicht  bezeichnet,  weil  ich 
sie  (cf.  Schambach  pag.  XTT,  Zeile  28  v.  oben)  nach  der  Aussprache 
meines  Gewährsmannes  nicht  zu  unterscheiden  vermochte. 

Die  Anordnung,  welche  nicht  primo  loco  alphabetisch  ist,  ent- 
spricht dem  Wesen  nach  dem  aufgestellten  Frageschema,  und  soll  ein 
Bild  desselben  geben.  Ich  habe  alles  möglichst  knapp  gehalten  und 
hoffe  der  Gefahr,  statt  einer  sprachlichen  Sammlung  ein  Reallexikon 
zu  geben,  ausgewichen  zu  sein. 

Herr  Dr.  Nerger  hatte  die  Freundlichkeit  unser  Manuscript  dem 
Herrn  Tischlermeister  Walsmann  in  Rostock  vorzulegen  und  mit  ihm 
zu  besprechen.  Ihren  Bemerkungen,  welche  wiederum  hier  durch- 
gegangen wurden,  verdankt  vorliegende  Arbeit  manche  Erweiterung 
ttnd  Berichtigung. 

HAMBURG  1876.     Januar  26.  W.  H.  Mielck. 

Abkürzungen. 

Gr.  Wtb. :  Wörterbuch  der  Gebrüder  Grimm. 

Seh.  &  L. :  Mittelniederdeutsches  Wörterbuch  von  Schiller  und  Lübben.    Bremen. 

Stö  :  H.  F.  A.  Stöckel,  die  Tischlerkunst    Vierte  Auflage.    Weimar  1861. 

Ri.:  Richey,  Idioticon  hamburgense.    Hamburg  1755. 

St.:  Strodtmann,  Idioticon  osnabrugense.    Leipzig  und  Altena  1756. 

Br. :  Versuch    eines    niedersächsisch  -  bremischen   Wtbs.     Bremen    1767—1771 

und  1869. 

Da.:  Dähnert,  rtkgisch-vorpommersches  Wtb.    Stralsund  1781. 

Seh.:  Schütze,  holsteinisches  Idiotikon.    Hamburg  und  Altona  1800—1806. 

Scha.:  Schambach,  göttingisch-grubenhagisches  Wtb.    Hannover  1858. 

Stü.:  Stürenburg,  ostfriesisches  Wtb.    Aurich  1867. 

Dan.:  Danneil,  altmärkisches  Wtb.    Salzwedel  1859. 

fcc:  functio  concordat. 

fds.:  functio  discordat. 


Motto  :    alias  enim  slio  plara  invenire 
potest,  nemo  omni». 

I.  W^erkzeug  und  Grerä^t. 

a.  Werkzeug. 

bankkBeclit,    b-  pl.   — nl,   ein  &  L.  I.  386  -^  Br.  I.  50  &  VI. 

Gestell  zur  Stütze  langer  Bretter,  37  —  Da.  51  —  Scha.   29;  bör, 

die  mit  einem  Ende  in  die  Hobel-  börit,  b5rel;  280:  bar  —  Dan.  13: 

bank  eingespannt  werden.  Stöckel  baorittch'n  —   Stü.    8,    10.    Man 

13.  Knecht,  Stehknocht.  unterscheidet:  dril-bär, Drillbohrer. 

bär,   m.   pL   — n,   Bohrer.    Gr.  Gr.  Wtb.  ü.  1409,  als  gebräuchlich 

Wtb.  IL  288  —  Stöckel  62  —  Seh.  bei    Stein-    und    Metallarbeitern, 


T«^ 


75 


ebenjso  Seh.  1. 255,  Drillbaar,  Eisen- 
bohrer.    Drülen:  Seh.  &  L.  I.  575 

-  Br.  L  245  —  Da.  88  —  Seh. 
I.  255  —  Scha.  48  —  Stü.  39. 
frit-blr,  Frittbohr  im  hiesigenHoeh- 
deutech.  Gr.  Wtb.  IV.  219:  fritt, 
m.  kleiner  Handbohrer.  Ob  Ton 
fretten,  ibid.  140?  —  Ri.  66  — 
St.  355  —  Br.  I.  50,  I.  457,  VI. 
37  -  Da.  134  —  Seh.  I.  335: 
Fritt-  (writt-)  baar  —  Scha.  280  — 
Dan.  13:  baorittch'n;  255:  wrum- 
melboar.  ISpel-bär.  Stöckel  63: 
Löffelbohrer  —  Gr.  Wtb.  H.  229: 
Bohrlöffel,  plat-b&r.  sla^-bär.  sni- 
ken-b&r.  Stöckel  63.  spits-bär. 
zentnun-bär.   Stöckel  63. 

blr-winn-,  t  pL  —  n.  Stöckel 
63:  Bohrwinde.  Siehe  w.  u.  s.  v. 
drüf. 

betel,  m.  pL  —8,  Meissel.  Gr. 
Wtb.  I.  1751  —  Stöckel  55:  Beu- 
tel -^  Seh.  &  L.  I.  297  —  Ri.  13 

-  Br.  I.  126:  bötel  —  Dft.  49: 
bötel  —  Seh.  I.  97  —  Scha.  23. 
fds.  —  Stü.  13.  Man  unterscheidet: 
a)  mit  grader  Schneide,  lok-ifen, 
B.  pl.  — 8,  oder  betel  sensu  slric- 
tiori,  mit  dickem  Eisen  und  schma- 
ler Schneide.  Stöckel  55  ff.  Stech- 
beutel ,  Schroteisen ,  Lochbeutel. 
stem-tfen,  stSk-tfen,  mit  dünnem 
Eisen  und  breiter  Schneide.  Stöckel 
56.  Stemmeisen,  b)  mit  schräger 
Schneide,  bal-tfen.  Stöckel  57.  Ball- 
eisen, c)  mit  halbröhrenförmiger 
Schneide,  hol-tfen,  Gr.  Wtb.  IV.  2. 
1717.  Hohleisen  —  Stöckel  57. 

bpek-ffen,  n.  pL  — s,  Brecheisen. 
Gr.  Wtb.  n.  342  —  Seh.  &  L.  I. 
418.  brekeisern. 

darslag,  dSrchsIag,  m.  pl.  — 
sieg*,  kleines,  zugespitztes,  eiser- 
nes Werkzeug  zum  schlagen  von 
Löchern  durch  Eisen.  Seh.  &  L. 
I.  547.  Als  Meissel  erklärt  bei  Gr. 
Wtb.1. 1668.^)~Br.II.  809— Da.  81. 


drüf,  f.  pL?,  dasselbe  war  bfir- 
winn\  Stöckel63.  Traufbohr,  Traufe 

—  Gr.  Wtb.  n.  1347.  Draufbohr 

—  Seh.  &  L.  I.  590.«)  —  Stü.  40 

—  Dan.  13 :  baordruv,  fco.  &  41 : 
drüf,  hölzerner  Griff  an  eisernen 
Schneideinstrumenten. 

dftknagely  m.  pL  —  8,  Senk- 
nagel, zum  eintreiben  von  Düker- 
nägeln ins  Holz. 

dwingS  f.  pl.  —  B,  Zwinge. 
Man  hat:  ktl-dwlBg*  und  8elirftv*- 
dwin^'.  Stöckel  72.  Schrauben- 
zwinge, 73.  Leimzwinge. 

ftl,  t  pl.  — B,  Peile,  wirkt 
durch  gehauene,  feine  Querleist- 
chen. Gr.  Wtb.  III.  1448  —  Da. 
118  —  Scha.  270.  Man  hat:  holt- 
ftl.  Stöckel  53.  Schlichtraspel  — 
Gr.  Wtb.  IV.  2.  1771.  Holzfeüe, 
Raspel;  fag*ftl,  zum  schärfen  der 
Sägezähne.   Stöckel  54.  Sägefeile. 

ftlkläbeB,  Bi.  pl.  — 8,  Feilklobe. 
Gr.  Wtb.  III.  1449;   V.   1217.*)b. 

tferB-fllkläbeB.  St.  206  &  320,. 
handklauwen  [?].  siehe  Schrüvstok. 

f0S8WaB8,   S.   Säg'. 

galsfSt,  m.  pl.  — 8—,  ein  Meissel 
mit  zwei  rechtwinkelig  —  bei  den 
Bildschnitzern  auch  spitzwinkelig 

—  zusammenstossenden  Schneiden. 
Stöckel  58.  Geisfuss  —  Br.  1. 556: 
gudse,  gutse,  ein  kleiner  Hohl- 
meissel;  bei  den  Friesen  heisst  es 
eine  Spade  [dasselbe?]  —  Stü.  77 
&  119. 

hämer,  bi.  pl.  — s,  eiserner  Ham- 
mer. Stöckel  83  —  Gr.  Wtb.  IV.  2. 
313  —  Seh.  &  L.  n.  183  —  Ri.  86  — 
St.  358  —  Br.  I.  575  —Da.  171  — 
Seh.  IL  96  —  Scha.  73  —  Dan.  77. 

op-rtv-hämep,  ein  Hammer  von 
besonderer  Form,  beim  Furniren 
gebraucht.  Stöckel  424.  Fournir- 
hammer. 

hlbel,  m.  pl.  — s,  Hobel.  HSbel 
ist  unsere  plattdeutscheForm  gegen- 


76 


über  (lüjn  schriftgemässen  Hobel. 
Es  hat  sich  indessen  in  den  Städ- 
ten auch  die  Form  hobel  als  platt- 
deutsch eingebürgert,  und  diese 
wird  fast  ausnahmslos  in  ,,Hubel*' 
verhochdeutscht.  Str)ckel  15  -r-  Gr. 
Wtb.  IV.  2.  1587  -^  Seh.  &  t.  II. 
ni2  —  St.  92:  hüvel  ^  Br.  L  662 
—  Da.  189  —  Scha.  87  —  Dan. 
88:  hüw'l,  höwwl  —  Stü.  214: 
schave.  Derselbe  besteht  aus  fol- 
genden Teilen:  1)  habel  ist  im 
engorn  Sinne  der  Holzkörper  des 
ganzen  Gerätes;  2)  de  waiign,  pl. 
von  wans',  f.  (s.  u.)  sind  die  Seiten- 
flächen desselben ;  3)  fäl,  f.  ist  die 
untere  Gleitfl^che;  4)  tfen,  n.  pl. 
— s,  das  schneidende  Eisen;  5)kil, 
m.  pl.  — n  [?],  zum  Pestkeilen; 
6)  nef-,  f.  pl.  — n,  der  Griff  für 
die  linke  Hand. 

Es  gibt  folgende  Arten  von  Ho- 
beln: dubbel-h.,  Putzhobel,  mit 
Doppeleisen  und  Klappe  an  dem- 
jolben ;  fals-h.  Stöckel  21 :  Leistenh., 
Palzh.  ->  Gr.  Wtb.  HI.  1303:  sub 
verbo  „Palzbank^';  feder-h.,  Stö. 
26:  Federh.;  gräd-h.,  Stö.  27: 
Grath.;  grnnd-h.,  Stö.  27:  Grundh.; 
kel-h.,  Kehlh.,  Stö.  22  -  Gr.  Wtb.  V. 
399;  man  unterscheidet:  1)  hol- 
kfil-h.,  Hohlkehlh.,  Stö.  23  —  Gr. 
Wtb.   IV.   2.    1720   —  Da.    191; 

2)  karnts-h.,   Stö.  24:   Karniesh.; 

3)  külissen-h.,  Coulissenh.;  4)  staf- 
h.,  Stabhobel,  Stö.  23  —  Da.  456 ; 
nut-h.,  Stö.  25:  Nuth.;  Peder-  und 
Nuthobel  heissen  zusammen  spund- 
habel;  Stü.  172:  Paneelploog  — 
Seh.  &  L.  I.  297,  sub  verbo  „beteP' 
plochhowelle  [?];  limf-h.,  Stö.  19: 
Simsh. ;  slieht-h.,  Stö.  18 :  Schlichth., 
Br.  I.  662,  IL  827  —  Da.  189  — 
Scha.  194  —  Dan.  187;  sehips-h., 
mit  kreisbogig  gekrümmter  Sohle, 
Stö.  22:  Schiffsh.;  schrub-h.,  Stö. 
18:  Schrob-,  Schrap-,  442:  Schab- 


hobel —  Br.  II.  699.  Schärfhobel 
—  St.  206;  schrubbhüvel,  der 
Hobel,  der  nur  die  gröbsten  Späne 
abhobelt  —  Br.  II.  699  ^  Da.  189 
--  Scha.  186  -^  Dan.  187  ~  Stü. 
205:  ruffelschave  — ;  die  Schneide 
des  Eisens  hat  die  Perm  eines 
flachen  Bogons,  er  dient  zum  be- 
seitigen von  Holzsubstanz,  nicht 
zum  ebenen ;'te!i-li.,  Stö.  21:  Zahn- 
hobel ;waogeii-h.,  Stö.20:  Wangenh. 

babelbank,  m.  pL  -n  u.  — benk, 
Hobelbank  Stö.  8  —  Gr.  Wtb.  IV. 
2.  1588  —  Seh.  &L.  IL  698  unten: 
howellebencke  —  Da.  189  —  Dan. 
88  —  Stü.  214:  schavebank.  Sie 
besteht  aus  folgenden  Teilen: 

I.  blad,  n.  pl.  blad%  das  Blatt, 
die  Oberplatte.  Gr.  Wtb.  H.  76.^ 
An  demselben  werden  folgende 
Teile  unterschieden:  achterteng', 
fSrdertang*  mit  dem  taiig*bred, 
bankläd*,  schuvläd*,  de  habelbank- 
schrfiben  (hölzerne)  mit  dem  taug*- 
stok,  de  bankhäken  (hölzerne  und 
eiserne),  de  bankschrüben  (eiserne). 

IL  fötgest^l,  n.  pl.  — n,  das 
Gestell  mit:  achter rtgel,  fSrder- 
rigel,  kil,  de  stfiten.  siehe  Stöckel 
8—12. 

knfipel,  m.  pl.  —  s,  hölzerner 
Hammer.  Stö.  83 :  Schlägel !  —  Gr. 
Wtb.  V.  1522.')  —  Seh.  &  L.  H. 
506  -  fcc.  nur  bei  Ri.  132  und 
nach  demselben  St.  363  —  fds. 
bei  Br.  I.  831  —  Da.  244  —  Scha. 
107  —  Dan.  111  —  Stü.  117. 

örterbank,  f.,  eine  kleine  Bank 
zum  auflegen  und  aus derHand legen 
von  Dingen.   S.  örterlag*. 

platbank,  f.,  grosser  Hobel  zum 
Abfasen  von  Püllungen.  Stö.  28: 
Plattbank  —  Gr.  Wtb.  L  1112: 
bankhobel  [?]  —  Da.  33:  benk- 
höwel  [?J. 

raspcl,  f,  pl.  — n,  auch  rasp, 
Raspel;    wirkt  mittels   Zähnchen, 


■^  «'■.•> 


77 


die  durch  oinen  Hieb  herausge- 
drückt worden  und  dient  wie  d(»r 
Sciirubbhobel  zum  Wogräumen 
überstehender  Substanz.  Stö.  52  — 
Da.  374:  raspeln  —  Stü.  196 :  raspe  *). 

rottenstert,  f.  pL  ?,  kleine,  stiel- 
rande  Feile.  Stö.53 :  Eattenschwanz. 

rübank,  f,,  grösstor,  einmänni- 
ger  Hobel  zum  glatt  und  eben 
hobeln  grosser  Flächen.  Dieselbe 
hat  einen  kloptapen  zum  Stollen 
des  Eisens.  Stö.  19:  Rauhbank  — 
Da.  189  —  Stü.  198:  reitschave  [?J. 

ranks,  f.l  pl.?,  zweimänniger 
Hobel  zum  aneinander  filgen  von 
Pussbodenbrettern.  Stö.  19:  Fügo- 
bank  —  Da.  189:  foogbank.  Fin- 
det sich  fds.  (Hund!)  bei  ßi.  218 
~  Br.  IL  559  —  Da.  391  —  Scha. 
176.  Runksen  plattd.  für  strecken, 
sich  recken,  auf  der  Faulbank 
liegen  ist  mehrfach  angeführt. 

ranksbnk,  m.  pl.  — ii~,'mit  den 
fag'bredern,  Hülfsgestell  beim  Ge- 
brauche der  „runks".  Stö.  81: 
Pügebock. 

fög-,  f.  pl.  — n,  Säge.    Stö.  33 

-  St.  193  —  Br.  VI.  263  —  Da. 
394  —  Dan.  180  —  Stü.  209. 

Es  gibt  bei  den  Tischlern  fol- 
gende Sägen: 

I.   Zweigriffige. 

1)  für  zwei  Mann:  klobfäg-; 
die  Handgriffe,  de  arms,  sind  durch 
zwei  starke  Leisten,  steg-,  ver- 
bunden. Zwischen  diesen  in  der 
Mitte  befindet  sich  das  fäg'blad. 
Sie  dient  zum  schneiden  von  Bret- 
tern aus  Stämmen,  zum  teilen  von 
Bohlen  in  „Dickden";  zumPurnir- 
schnoiden'  zur  Zeit  nicht  mehr. 
Stö.  34:   Kleb-  oder  Pournirsäge 

-  Gr.  Wtb.  Y.  1220:  Klobensäge 

-  (Br.  I.  215  conf.:  klopdiessel). 
karfläg*.  Die  HandgrüBfe  sind  frei, 
die  Zähne  schneiden  nicht  in  einer 
Richtung,  sondern  es  sind  von  der 


Mitte  dos  Sägeblattes  aus  die  Recht- 
ser njich  roclits^  die  Linkser  nach 
links  vorgezogen.  Sie  dient  zum 
Drümmo  machon  und  zum  ab- 
schneiden von  Stammenden.  "Wird 
nirgends  erwähnt.  Das  Vorbum 
karven  =  schneiden  bei  Outzen, 
fries.  Glossar  154;  angeführt  ausser- 
dem bei  Ri.  111  —  Br.  I.  744  — 
—  Da.  219  —  Stü.  1Ö3  —  Gr. 
Wtb.  V.  560,  kerben. 

2)  für  einen  Mann,  stegfägcii. 
Sie  bestehen  aus  folgenden  Teilen. 
Do  angeln,  pl.  von  aiigel,  f.,  lOfe 
oder  faste,  verbinden  die  Griffe 
mit  dem  Sägeblatte.  Stö.  35  —  Gr. 
Wtb.  I.  345:  man  schreibt  auch 
dem  Amboss,  der  Sense,  Feile, 
Klinge  einen  Angel,  d.  i,  Spitze 
zu.  In  abweichender  Function  an- 
gefülirt  in  Seh.  &  L.  I.  88  —  Br. 
L  18  —  Da.  10  —  Scha.  10  — 
Dan.  5  —  Stü.  5.  De  arms,  pl. 
von  arm,  m.,  die  Seitenarme.  De 
kn5p,  pl.  von  knop,  m.,  die  Griffe. 
Gr.  Wtb.  V.  1474.'^)  —  Da.  244 
--  Scha.  105  —  Dan.  110  —  Stü. 
116.  fäg'blad.  n.  pl.  fäg*blad*, 
Sägeblatt.  Stö,  34  —  Gr.  Wtb.  IL 
76.^).  snOr,  f.  pl.  sn5rii,  die  Schnur, 
welche  die  Arme  verbindet.  Stö. 
35 :  Rebschnur  —  f.  univ.  bei  Da. 
439  —  Scha.  200  —  Dan.  200. 
spaiistok,  m.  pl.  — Sker,  zum  ver- 
kürzen der  Schnur  und  anspannen 
des  Sägeblattes.  Stö.  35:  Knebel, 
sieg,  m.  pl.  sieg*,  der  Längsstock, 
parallel  dem  Sägeblatte,  in  welchen 
die  Arme  in  ihrer  Mitte  einge- 
gliedert sind.  Stö.  35:  Stock  (Steg). 

örterfäg*,  Faustsäge,  die  grössto 
Säge,  um  „vor  der  Faust"  zu 
schneiden.  Frisch,  Teutsch-Latei- 
nisches  Wörterbuch  pag.  IL  142 
führt  am  Verörtersäge,  die  akku- 
rat nach  dem  Riss  schneidet;  IL 
34 :  Oerter-Säge,  eine  grobe  Hand- 


78 


Säge  bei  den  Tischlern.  Stö.  35: 
Oertersäge,  als  gröste  der  „Spann- 
sägen". Ist  in  diesem  Worte  „örter" 
niederdeutsch  oder  oberdeutsch? 
Orten,  orzen  =  mhd.  ürzen  findet 
sich  St.  260  —  Dan.  150  für 
Hinterlassen  von  Speiseresten.  Ich 
kenne  nur  das  Particip  in  der 
Form  5rt  für  unbeachtet  liegen 
lassen  z.  B.  einen  Cigarrenstummel. 
In  der  plattdeutschen  Rolle  des 
Tischleramtes  zu  Preetz  (in  der 
Amtslade)  findet  sich  im  hochd. 
Ergänzungsartikel  23 :  so  aber  sol- 
ches nicht  geschieht,  soll  der  „ör- 
ther- Gesell"  gebührlich  gestraflfet 
werden,  Es  sey  ein  frembder  oder 
ein  Ümbständer.  Rüdiger,  Hand- 
werksgeseilendocumente  pg.  58  § 
3:  ort  geselle.  —  sehlitsfäg*,  selt- 
ner slitsfäg*,  zum  sägen  von 
Schlitzen  und  graden  Schnitten, 
deswegen  auch  wol  sliehtfäg*  ge- 
nan?it.  Stö.  36:  Schliesssäge.  af- 
fetsfäg',  hat  die  kleinsten  Zähne, 
für  feine  Sachen  bestimmt.  Stö.  37: 
Absatz-  oder  Nuthsäge.  schweif- 
fäg',  mit  sehr  schmalem  Säge- 
blatte. Stö.  36 :  Schweifsäge,  ntheu- 
gefag*,  eine  Schweifsäge,  deren 
Blatt  an  einem  Ende  leicht  lösbar 
ist.  Stö.  36:  Aushengesäge.  —  Es 
fällt  auf,  dass  die  Namen  einiger 
von  diesen  und  den  folgenden 
Sägen  in  hochd.  Form  erscheinen, 
nämlich  seh  statt  s,  .ch  statt  k. 
IL   Eingriffige. 

1)  auf  Abstoss  schneidend,  fos- 
swans,  m.  pl.  — euf*  [?],  .mit  brei- 
tem Sägeblatte.  Stö.  38:  Fuchs- 
schwanz, Glatt-  oder  Handsäge  — 
Gr.  Wtb.  IV.  1.  354.^3)  —  Scha, 
278  fds.  stichfäg-,  seltner  loch- 
fäg',  mit  schmalem  Sägeblatte, 
Stö.  38:  Lochsäge. 

2)  auf  Anzug  schneidend,  gräd- 
fäg-.    Stö.  39:  Gratsäge. 


3)  auf  Abstoss  und  Anzug  schnei- 
dend, farntrfäg*.  Wird  beim  Fur- 
niren  gebraucht.  In  Anordnung 
der  Zähne  gleicht  sie  der  karffäg*. 
Gr.  Wtb.  IV.  1.  783. 

sehlnnerkneeht,  lo.,  ein  eigen- 
artiges Werkzeug  zum  abschaben. 

sehnitser,  snitser,  m.  pl.  — s,  ein 
Messer  mit  kurzer  Klinge  und 
langem  Hefte.   Stö.  52 :  Schnitzer. 

sehrenk-tfen,  n.,  zum  schrenken 
der  Sägezähne.  Stö.  50:  Schränk- 
eisen. 

schr&beBslStel,  m.  pl.  —s,  Schrau- 
benschlüssel. 

sehrfibentreker,  m.  pl.  — s, 
Schraubenzieher. 

sehrftv'bnk,  m.  pl.  — bök,  zum 
zusammenpressen  grosser  Flächen. 

schrnv'kneeht,  m.  pl.  — b,  Stö. 
74:  Schraubenknecht. 

sehrüv-stoky  m.  pl.  —  Sker, 
Schraulfstock,  dasselbe  was  tfern 
ftlkläben.  St.  206:  sehr auvsticke 
—  Dan.  188:  Schrüwstick'n. 

snid'läd*,  f.  pl.  —  n,  Schneide- 
lade, ein  Hülfsgerät,  mit  welchem 
dem  Sägenschnitte  eine  bestimmte 
Richtung  gegeben  wird,  fds.:  Da. 
438  —  Scha.  200  —  Dan.  199. 
Man  unterscheidet:  gernngsrnd.*- 
lad-  und  wiBkelsnid-läd*. 

stosläd ,  f.  pl-  — n,  ein  Hülfs- 
werkzeug  zum  genauen  abhobeln 
„bestossen"  einer  Schnittfläche.  Es 
gibt :  gSrnngsstdsläd* ,  krfipläd*, 
Stö.  75 :  Bj-opflade,  winkelstdsläd*. 

tang*,  f.  pl.  — n,  Zange.  Stö. 
86  —  St.  241  —  Br,  IH.  22  — 
Da.  484  —  Scha.  224  —  Dan.  221. 
Bäg'tang*,  Biegezange.  Gr.  Wtb.  L 
1816.  Kniptaug-,  Kneifzange.  Gr. 
Wtb.  V.  1403  —  Stü.  116;  158: 
neeptang*  —  Dan.  110. 

togmest,  n.  pl.  —  n,  Zugmesser, 
zum  abschaben  gekrümmter  Flä- 
chen. Seh.  L  66. 


79 


Wll^y  öfter  UllLgj  f.  pl.  — n, 

je  yerschieden  gefonnte,  paarweis 
zusammengehörende  Holzstücke, 
zwischen  welche,  nachdem  sie  stark 
erwärmt  worden  sind,  eben  fur- 
nirte  Gegenstände  möglichst  rasch 


mittels  Schraubbock  oder  Schraub- 
zwinge eingespannt  werden. 

atehlin/;,  m.l  pl.?  (z  =  ss,  9), 
Stö.  85 :  Die  Ziohklinge.  Das  Genus 
dieses  Wortes  stimmt  nicht  zu  der 
allgemein  angenommenen  Herlei- 
tung von  „Ziehklinge". 


b.  Gerät  zum  Messen  und  Richten. 


germät,  n.  pl.  — n,  gibt  den 
Winkel  von  45^  an.  Stö.  68:  Gehr- 
mass. 

krttsndr  med  Idd,  zum  angeben 
einer  lotrechten  Linie.  Seh.  &  L. 
L  297 :  krytsnör  —  Snör :  Br.  IL 
897  —  lod:  Da.  283  —  Stü.  139 

-  Dan.  128. 

de  riehthSlter,  pl.  von  richt- 
kelt,  n.,  2wei  durchaus  gleiche, 
grosse  Lineale;  s.  africhten.  Stö. 
65:  doppeltes  Richtscheit. 

riehteebM,  n.  pl.?,  ein  grosses, 
sehr  genau  gearbeitetes  Lineal. 
Stö.  65;  Richtscheit. 

fetswäg-,  f.  pl.  — n.  Stö.  65: 
Setzwage. 

smig*,  f.  pl.  — n,  ein  verstell- 
barer Wiukelhaken  für  spitze  und 
stumpfe  Winkel.  Stö.  82 :  Schmiege 

—  Scha.  198.  fds.,  einspringender 
spitzer  Winkel  einer  Mauer  — 
StU  241 :  Schweihaak. 

stelmät,  n.   pl. .  —n,    eine  mit 


Zollabteilung  versehene  Abart  des 
folgenden  Gerätes. 

strfkmät,  n.  pl.  —n,  zum  an- 
deuten oder  vorreisson  des  Weges, 
den  Säge  oder  Hobel  nehmen  sollen. 
Stö.  70:  Streichmass  —  Br.  II. 
1067.  fds.  —  Seh.  IV.  211.  fds. 

tolstok,  m.  pl.  — »ker.  Stö.  64: 
Zollstab. 

twSffttsche  tolstok. 

Winkelhaken,  m.  pl.  — s,  Win- 
kelmass  (s.  folg.)  mit  kürzer  Zunge. 
Stö.  70 :  Winkelhaken  —  Stü.  332. 

winkelmät,  n.  pl.  — n,  Winkel- 
mass  für  den  rechten  Winkel,  mit 
langer  Zunge  am  dreimal  so  dicken 
An&chlagholze.  Stö.  67:  Winkel- 
mass. 

Zirkel,  m.  pl.  —  s  (z  =  ss,  9). 
Stö.  84:  Zirkel,  pas-zirkel,  mit 
gebogenen  Schenkeln.  Br.  IL  298: 
passer  —  Stü.  173:  passer,  stok- 
zlrkel  und  ovalzirkel:  zwei  zu 
einander  gehörende  Instrumente 
zum  zeichnen  von  Ovalen. 


c.  HUIfsgerät  und  HULfsmaterial. 

bimsten,  m.,  Bimstein.  Gr.  Wtb.     Kopfe,    der  mit  dem   Senknagel, 

dftknägel,    ins   Holz   eingetrieben 


n.  30  —  Br.  IL  315 :  pimpsteen. 

bolten,  m.  pl.  —  s.  Gr.  Wtb.  IL 
235.2)  Bolze.  Seh.  &  L.  I.  381  — 
St.  29  —  Br.  I.  113  —  Da.  49 
-  Scha.  29  —  Dan.  22  —  Stü.  21. 

dftker,  m.  pl.  — s,  im  hiesigen 
Hochdeutsch  ebenfalls  Düker,  ist 
ein  Nagel  mit  dickem  „kulpigem" 


wird.  St.  310.  fds.  —  Br.  I.  267. 
fcc.  —  Da.  92.  fds.  —  Scha.  50. 
fds.  —  Dan.  42.  fds.  —  Stü.  41. 
fcc.  Die  folgenden  Bezeichnungen 
sind  wohl  die  letzten  Namens- 
spuren von  Münzen,  welche  hier- 
zulande längst  abgesetzt  sind.  Man 


unterscheidet  nämlich ,  bei  den 
kleiiiston  beginnend,  fünf  Arten 
von  Dükern.  fSr  op-'n  pen*  dftker. 
dre  op-'n  peil*  ditker.  scharf- 
(NCharfen-)  dfiker.  Bä.  397 :  schaarf, 
eine  der-  kleinsten  Münzen,  peo' 
dflker,  Penning;  St.  158  —  DS 
347  ~  Scha.  153  —  Dan.  154. 
blafeit-dSkor.  Blaffert:  Gr.  Wtb. 
II.  60  —  Seh.  &  L,  i;  351  —  Ri. 
16,  357  —  St.  28.  fds,,  303.  fcc. 

—  Br.  I.  93.  fde.,  IH.  335.  fec.  — 
Da,  43  —  8cha.  25  —  Stü.  18. 

heng;,  n.  pl.  — n,  fast  überge- 
gangen in  plurale  tantum  ,,dc 
hengen",  Türangel.  Gr.  "Wtb.  IV. 
2.  438.^)  —  Seh.  &  L.  II.  239  — 
Ri.  88.')  fcc,  —  St.  85.  fds.  — 
Br.  I.  623  fcc.  —  Da.  166  fcc.  - 
Dan.  80  fds.  —  Stü.  86  fcc.  Es 
gibt  deren  verschiedene,  fltsch- 
hengCD.  ötö.  393.  Fischbändor  [?] 

—  Gr.  "Wtb.  ni.  1681.")  Fisch. 
fcc.  —  Da.  121.  fitjen  =  Flügel, 
fitach  =  Rutenstreich  —  Dan.  55. 
üttje  =  Flügel;  ebenso  Sttt.  54. 
kant-h.  Kant  s.  u.  lapen-h.  läppe: 
Da.  268.  piil-ll.  pinn,  penn:  Br. 
II.  304,  n.  319  fcc.  —  Da.  349 
fds.  —  Scha.  155  fds.  —  Dan.  165 
fcc.  —  Ötü.  174  fcc.  »vinkd-h. 
Winkel:  Da.  552  —  Stü.  332, 

Um,  m.  Leim. 

Itmpnt,  in.  pl.  — püt,  Leimtopf. 
Seh.  &  L.  n.  698  —  Da.  278  — 
Dan.  127  —  Stü.  137. 


VSn4\,  n.  Leinöl. 

nägel,  m.  pl.  —s,  Kagel,  mit 
breitem,  flachem  Kopfe,  der  nicht 
ins  Holz  oingotrioben  wird.  Der 
Nagel  ara  Finger  bildet  den  Plur. 
nögel,  welches  zu  Plurale  tantum 
wird.  Br.  II.  212  —  Dft.  321  — 
Seh.  ni.  132  —  Scha.  142  —  Dan. 
144  —  Stü.  157  fds.!  dafür  gilt 
spiokor  Nach  ihrer  Grösse  werden 
unterschieden,  bei  den  kleinsten 
beginnend:  slot-B-,  scharf-n.,  Seh. 
&  L.  I.  351.  pen-n.,  8ch.  &  L.  I. 
351.  blafert-n.,  Seh.  &  L.  I.  351, 
Vergleiche  dftker. 

pSlitflr,  f. 

rddstön,  ID. 

fandpapir,  n. 

schrüv,  f.  ]il.  — n,  Schraube. 
Ki.  242  —  Br.  II.  701  —  Da.  415 

—  Scha.  186  —  Dan.  188  —  Stü. 
235. 

slot,  D.  pl.  slötcr,  SchlosB.  Br. 
n.  851  —Da.  431  -  Seh.  195  - 
Dan.  196  —  Stü.  223.  Das  Schloss 
ist  entweder  ingeläten  oder  ingo- 
stem't  oder  tasten  slot. 

Stift,  ID.  pl.  gleichlautend  oder 

-  n,  Stift.  Dieselben  sollen  erst 
seit  etwa  fünfzig  Jahren  in  Ge- 
brauch gekommen  sein.  Man  unter- 
scheidet :  gestükte ,  welche  dem 
dfiker,  und  plat-köpige,  welche  dem 
nägel  entsprechen. 


II.  Darf  Holz. 


a.  nach  seiner  pflanzfichen  Abstammung. 

—  Sch.  &  L.  I.  375  —  Br.  1. 109 

—  Da.  47  —  Scha.  28  —  Dan.  21 

—  Stü.   21.     Man   unterscheidet: 
röUbSkeH  und  witMkeu.  Dan.  77, 

dan'n,  tannea  wird  fast  nur  ge- 
braucht bei  Bezeichnung  des  Gegen- 


&h6m,  ahom.    Scha.  6:  äh$ren. 

barken,  birken.  Gr.  Wtb.  II.  39 
—  Br.  I.  55  —  Da.  23  —  Scha. 
21  —  Dan.  15. 

bSrbSni,  birubaum.  Scha,  21. 

hftkea,  buchen.  Gr.  Wtb.  n.  471 


^1 


.» 


81 


Satzes  von  Eichen-,  Buchen-  und 
anderm  Laubholze,  nicht  eigentlich 
als  Hokbenennung  und  gilt  dann 
für  alle  Abietineenhölzer,  Die 
Wörter  Pichte  und  flehten  sind 
aus  der  heutigen,  hiesigen,  ndrd. 
Sprache  verschwunden.  Seh.  &  L.  I. 
483.  danne  —  Da.  72.  danne.  subst. 

-  Scha.  39  —  Dan.  32. 

ek^,  eichen.    Gr.  Wtb.  HI.  79 

-  Seh.  &  L.  I.  649  —  Br.  VL 
(1869)  51  —  Da.  104  eke.  subst. 

-  Scha.  54  —  Dan.  45.  st6n- 
eken  wird  nur  ausnahmsweise  un- 
terschieden. 

elem,  erlen  oder  ellern.  Gr. 
Wtb.  ni.  416  —  Seh.  &  L.  I.  655 

-  Br.  I.  303  —  Da.  1Ö5 :  eller. 
subst.  —  Scha.  55  —  Dan.  46  — 
Stü.  47.. 

esehen,  eschen.  Gr.  Wtb.III.  1141 

-  Da.  108:  eschen,  subst. 

(trn,  seltner  flrn,  fftrn,  föhren, 
heisst  jetzt  alles  Werkholz,  wel- 
ches von  Abietineen  stammt.  Gr. 
Wtb.  m.  1870  —  Wehrmann,  lüb. 
Zunftr,  298,   524  —  Da.   128  — 


Seh.  IL  368  —  Scha.  283;  fl^e. 
subst.  —  Dan.  59:  für.  subst. 

tpern,  ulmen.  Da.  105:  elme  — 
Stü.  96:  iper. 

karsbfirn,  kirschen.  Gr.  Wtb.  V. 
843  —  Seh.  &  L.  IL  454. 

kastiln-,  kastanien.  Gr.  Wtb.  V. 
261. 

linn-n,  linden.  Seh.  &  L.  ü.  700 

—  Ri.  151:  lenden  —  Seh.  III.  25: 
lenden  —  Scha.  124  —  Dan.  127. 

]Sn*n,  Iftn'B,  ahorn  oder  richtiger 
weissahom  (Acer  Pseudoplatanus). 
Stö.  134:  Lenne,  Lehne,  Lienbaum 

—  Da.  282:  lön,  Ahorn  —  Dan. 
124:  läön,  1)  Faulbaum,  2)  Ahorn 

—  Seh.  &  L.  IL  719. 
uStbfim,  Nussbaum. 

pSpeln  oder  fleder-esehen,  päp- 
peln. St.  166:  pöppel.  subst.  — 
Da.  355:  pöppel  —  Scha.  153: 
pepel  —  Dan.  159:  pöppel,  12: 
bäweresch,  Fludresch,  faiallbök'n, 
55:  flarresch. 

plumnbdai,  Pflaumenbaum. 

ristern,  ulmen.  Dan.  175:  rftst'r. 
subst. 


b.  nach  seinen  Teilen. 


flaker,  m.,  heisst  jede  Stelle  am 
polirten  Holze,  die  sich  durch  ei- 
gentümlichen Lichtreflex  auszeich- 
net, wo  der  Schnitt  den  Verlauf 
der  Gefässbündel  nicht  parallel 
und  nicht  im  rechten  Winkel  trifft. 
Flukkern:  Br.  I.  429,  funkeln  — 
Da.  126,  einen  sich  bewegenden 
Schein  vor  den  Augen  machen  — 
Dan.  55,  leicht  aufflackern,  u.  s.  w. 

gal,  gal',  f.  pl.  -— n,  durch  Zer- 
reissung  des  Zellgewebes  entstan- 
dene, meistens  harzerfüllte  Lücken 
im  Holze.  Gr.  Wtb.  IV.  1.  1188. 
2.a  —  Seh.  &  L.  n.  8 :  gallo.») 
—  Br.  I,  478  fds.;  unter  andern: 
Fäuhiis  im  Käse  —  Da.  141  fds. 

Vi«deTd«at8che8  Jahrbuch.  I, 


—  Stü.  65 :  gallo,  Fäule  der  Schafe ; 
gallig,  innen  faul.  Hörzgal  sind 
schmale,  längliche  Räume,  denen 
das  Harz  langsam  entfliesst ;  spek- 
gal  hingegen  solche,  die  sich  nicht 
verändern.  Eine  andere  Art  ist: 
nätgah  nusgal. 

Mrnholt,  die  Ansicht  der  Schnitt- 
fläche, welche  die  Wachstumsrich- 
tung —  die  Längsfaser  —  recht- 
winkelig oder  nahezu  rechtwinke- 
lig trifft.  Gr.  Wtb.  IV.  2.  1560. 
Hirnholz,  1558.  Hirnende  —  Stü. 
47.^)  bringt  das,  richtiger  platt- 
deutsche endelholt.  Der  Schiffs- 
zimmerer sagt  endholt. 

de  jäPll,   pl.  von  jap,  n.,  auch 


82 


wohl  de  ädern,  pL  von  ider,  f., 
die  Jahresringe,    äder:  Da.  3  fds. 

—  Dan.  7  fds.  —  jär:  Scha»  194 
fds.  —  Dan.  92  fds. 

kSni,  m.,  ausgewachsenes  Holz, 
dessen  Zellen  völlig  verholzt  sind 
und  kein  Protoplasma  mehr  ent- 
halten. Stö.  113:  Kernholz  —  Gr. 
Wtb.  V.  608  —  Scha.  99  fcc.  — 

—  Seh.  &  L.  n.  453. 

kliast,  m.  pL  knest,  hervor- 
ragende oder  von  Holzsubstanz 
überwallte  Astreste.  Gr.  Wtb.  V. 
1357  —  Ri.  129  —St.  147:  noost 

—  Scha.  105  —  Stü.  115.  i) 
langkolt,   n.,   die   Ansicht    der 

Schnittfläche  parallel  —  in  Flucht 

—  mit  der  Wachstumsrichtung. 
m&fer,  f.,  pl.?,  Maser.  Stö.  130: 

Flaser-  (Flader-,  Maser-)  Holz  — 
Scha.  131  fds.  —  Dan.  134:  maos'r, 
maos'l.  foc. 

pedik,  1I1.9  das  Mark,  auch  wol 
die  Markhöhlung.  Ri.  182,  184  — 
St.  159:  piek  —  Br.  II.  301  — 
Da.  341:  paddik  —  Seh.  HI.  199 

—  Scha.  153  —  Dan  154:  peddick, 
pötk  —  Stü.  173:  peek,  177:  pitt. 

spek-äder,  f.  pl.  — n,  harzge- 
tränkte Jahresringe. 

spfigely  m.  heissen  die  breiten, 
besonders  harten  und  lichtbrechen- 
den Markstrahlenplatten,  welche 
am  bearbeiteten  Eichen-  u.  Buchen- 
holze sich  zeigen,  wenn  die  sicht- 
bare Oberfläche  in  einer  Ebene 
mit  dem  Stammradius  liegt;  so 
z.  B.  beim  „wägenschot",  welches 


noch  heutigen  Tages  der  Schiffs- 
zimmerer —  der  Tischler  aller- 
dings nicht  mehr  —  kennt.  Spe- 
gel:  Br.  II.  939  fds.  —  Da.  446 
fds.  --  Dan.  203  fds. 

spint,  1II.I  auch,  jedoch  seltner 
und  wol  nur  durch  hochdeutschen 
Einfluss,  Splint,  unreifes  Holz, 
dessen  Zellen  noch  nicht  allen 
Protoplasmagehalt  abgegeben  ha- 
ben, spint:  Wehrmann,  lüb.  Zunft- 
rollen 253,  296,  175  —  St.  224 
—  Br.  n.  953  —  Da.  448:  spind. 
fds. !  —  Stü.  253.1)  —  Da.  204.*). 
Mit  Ausnahme  von  Dähnert,  wel- 
cher die  vorliegende  Bedeutung 
nicht  kennt,  gilt  allen  diesen  spint 
für  das,  was  hochdeutsch  jetzt  mit 
Splint  (alburnum)  gemeint  ist; 
Splint  dagegen  ist  ihnen  ein  Stück 
Holz  oder  Eisen,  welches  das  Aus- 
weichen eines  Zapfens  verhindert, 
oder  ähnliches,  z.  B.  ein  vorge- 
schobener, vorgesteckter  Splitter. 
So:  Ri.  282  —  Br.  II.  957  —  St. 
225  —  Da.  452.»)  —  Stü.  253.«). 
Die  beiden  letztern  geben  dem 
Worte  Splint  beide  Functionen.  — 
Wodurch  und  wann  hat  sich  der 
heutige  Gebrauch:  Splint  =  al- 
burnum eingebürgert? 

wimer,  m.,  pl.  ?,  heisst  die  Stelle 
im  Langholz,  wo  eine  wellige  oder 
krause  Querfaserung  sich  zeigt. 
Dies  ist  eine  schlechte  Eigenschaft 
am  Nutzholze,  eine  gute  am  Pur- 
nire. 


c.  nach  seiner  Form  und  Herkunft. 


afsnid,  m.  pl.  afsned*,  jedes  von 
einem  Brette  u.  s.  w.  abgesägte 
Stück  Holz.  Gr.  Wtb.  I.  108.  Ab- 
schnitt, fcc. 

bäl,  f.  pL  — n,  Bohle,  aus  dem 
Stamme  der  Länge  nach  geschnit- 


ten, über  zwei  Zoll  dick,  beider- 
seitig volle  Schnittfläche  zeigend. 
Gr.  Wtb.  n.  223  —  Seh.  &  L.  I. 
379  —  Br.  I.  43  —  Da.  21  — 
Dan.  13.  sehelbftl,  f.  eine  Bohle, 
die  nur  auf  der  öinen  Seite  volle 


•75r- 


83 


Schnittfläche,  auf  der  andern  ganz 
oder  zum  Teil  die  Stammründung 
zeigt.  Scha.  92, 220:  inneke,  sware. 
bred,  n.  pl.  brSd*,  brSder,  Brett; 
dasselbe  was  Bohle,  Jedoch  stets 
dünner,  nur  bis  zu  zwei  Zoll  dick. 
ör.  Wtb.  n.  374.^)  —  Seh.  &  L. 
I.  421  fds.  —  St.    32  —  Da.   54 

-  Scha.  32.  Swed*8e1ie  bpM-, 
kiUmarsehe  bred\ 

del,  f.  pl.  — n,  Diele,  in  der 
Sache  gleichbedeutend  mit  Brett, 
durch  die  Epitheta  jedoch  streng 
geschieden.  Gr.  Wtb.  IL  1100.')  — 
Seh.  &  L.  I.  499.')  —  Ri.  35  fds. 

-  8t.  352  —  Br.  I.  194  fcc.  — 
Da.  75.»)  fcc.  —  Scha.  42  fcc.  — 
Stü.  29.')  fcc.  —  Dan.  31  fds.  Man 
unterscheidet  hierorts  zumeist  nach 
den  Bezugsorten:  Berltner-d.,  Ei- 
chenholz, gren-d.,  Eöhrenholz, 
l'/s  Zoll  dick,  mageres,  weisses 
Holz;  Stü.  75:  greinenholt,  nor- 
disches oder  ostseeisches  Tannen-, 
nicht  Föhren-Holz!  —  Schwedisch 
grena  =  Ast,  Zweig.  Landsbar- 
ger-d. ;  Pomersehe-d. ;  Wiborger-d. ; 
Windauep-d.,  im  Schleswigschen 
gebräuchlich.  Alle  fünf  aus  Föhren- 
holz.  Wie  man  einerseits  nie 
swßd'sche  d§ln  sagt,  so  anderer- 
seits nicht  windauer  bröder.  — 
bSrndSln  sind  26  Fuss  lange,  2 
Zoll  dicke,  föhrene  Dielen.  [Ob 
ursprünglich  Gegensatz  von  gr§n- 
d§hi?]  Br.  VI.  (1869)  15.  bön- 
delen,  Dielen,  welche  rechtwinke- 
lige Ecken  haben,  und  also  taug- 
lich sind  einen  Boden  damit  zu 
belegen  [?].  Scheide!  entspricht  der 
scheMl.    Ri.  228  —  Br.  II.  633 

-  Da.  400:  schalborten  [?]  —  Seh. 
IV.  34. 

drSblad,  siehe  tw^blad. 
drum,  m.  pL  drfim,  quergeteilte, 
bis  vier  Fuss  lange  Stammstücke. 


Seh.  &  L.  I.  581.  In  den  Idio- 
tiken findet  sich  nur  trumm:  Ri. 
315  —  Br.  m.  118  —  Seh.  IV. 
283  —  Stü.  290  —  und  drummel: 
Br.  I.  256  —  Da.  91  ~  Stü.  40, 
aber  beide  Wörter  in  durchaus 
abweichender  Function. 

ftirnir,  n.  pl.  — n.  Furnier.  Gr. 
Wtb.  IV.  1.  782.     * 

kläben,  m.  pl.  —  s,  radial  ge- 
schnittene oder  gespaltene  Drümme. 
Gr.  Wtb.  V.  1218.  «)a.  Kloben  — 
Ri.  125  —  Br.  I.  811  —  Da.  233 

—  Seh.  IL  286  —  Scha.  104. 
lat,  f.  pl.  — n,  Latte,  ursprüng- 
lich :  der  Länge  nach  ein  Mal  ge- 
spaltene junge  Nadelholzstämme, 
bis  \ier  Zoll  stark ;  jetzt  wird  ei- 
gens zurechtgeschnittenes  Holz 
ähnlicher  Form  so  genannt.  Ri. 
146:  Iahte,  Reiss,  Sprosse  —  St. 
122  [?]  —  Br.  IL  3  —  Da.  269  fcc, 
264:  lade,  laden:  junge  Ausschöss- 
linge  von  Bäumen. 

plank,  f.  pl.  — n,  dasselbe  was 
Diele  oder  Brett.  Dieses  bei  den 
Schiffs  -  Zimmerern  gebräuchliche 
Wort  nimmt  der  Tischler  als  Stoflf- 
name  fast  nie  in  den  Mund,  son- 
dern nur  in  korrumpierter  Func- 
tion für:  bretterne  Scheidewand 
im  Freien.    St.  162  —  Br.  IL  328 

—  Da.  352  —  Stü.  177. 

spSn,  m.  pl.  spfin,  Spahn.  Da. 
452  —  Stü.  255.  de  hlbelsp&ii, 
pl.  Br.  IL  963 :  hevelspöön  —  Da. 
189  —  Dan.  88.  de  (äg-spSn, 
fägelspftn.  Ri.  223  —  St.  373  — 
Da.  394  —  Dan.  180. 

stam,  m.  pl.  stein,  stem-.  Stamm. 
Da.  457  —  Scha.  207  -  Stü.  261 
fds.  —  Dan.  208. 

tweblad,  dreblad,fSrblad,u.s.  w., 
pl.  kaum  vorkommend.  So  wird 
das  dünnere,  aus  einer  Bohle  ge- 
schnittene Brett  genannt,  jenach- 


6* 


84 


dem  2,  3,  4  oder  mehr  aus  der- 
selben gesägt  sind.  Das  Wort 
dient   meistens   zur  Bezeichnung 


der   Dicke.     Gr.   Wtb.   II,    1374. 
Dreiblatt,  fds. 


c.ß.  die  Teile,  welche  am  Brette  u.  s.  w.  unterschieden  werden. 

dikde,  f.  pl.  — n,  die  Dicke; 
doch  heissen  auch  so  aus  Bohlen 
geschnittene  Bretter,  s.  sntden.  In 
letzterer  Bedeutung  ist  dies  Wort 
„Dickte"  ins  Hamburger  Schrift- 
deutsch, in  die  Holz-Auctionscata- 
loge  nämlich,  aufgenommen  wor- 
den. Seh.  &  L.  I.  515  —  Scha.  43 
—  Dan.  35. 

fäf*,  f.  pl.  — n,  heisst  die  Schmal- 
seite eines  Brettes,  wenn  sie  nicht 
einen  rechten  Winkel  mit  der 
Breitseite  macht,  wie  bei  Brettern, 
welche  nicht  aus  der  Mitte  des 
Stammes  geschnitten  sind.  Aus 
dem  franz.  face.     Gr.  Wtb.? 

kam-enn*,  m. !  pl.  — n,  das  nicht 
durchsägte,  sondern  aufgespaltene 
Stammende  jedes  Brettes. 

kant,  f.  pl.  —  n,  1)  die  Schmal- 
seite von  Brettern;  2)  und  eigent- 


lich: der  Aussen  Winkel,  den  zwei 
Flächen  mit  einarider  bilden.  S. 
weiter  unten.    ' 

Ieng*de,  f.  pl.  —  n,  die  Länge. 
Längd,  lengede,  lengte  bei  Seh. 
&  L.  II.  664  —  Br.  II.  12  —  Da. 
265  —  Scha.  122  —  Stü.  134  — 
Dan.  122. 

pnl-enn*,  m.  pl.  — n,  das  schmä- 
lere Ende  jedes  roh  aus  dem  Stamme 
geschnittenen  Brettes.  pul=Schopf, 
Wipfel  eines  Baumes:  Ri.  190  — 
St.  166,  370  —  Br.  II.  351  -  Da. 
356  —  Seh.  II.  106  —  Scha.  158 
in  polwelle. 

stam-enn*,  das  breitere  Ende 
u.  s.  w.,  wie  oben. 

wänkant,  f.  pl.  —  n,  die  nicht 
geradlinig  verlaufende  Kante  oder 
Fase. 

zop-enn%  id  quod  pul-enn\ 


Cy.  die  Zahl 

schok,  n.  pl.  ?  oder  unverändert, 
je  sechszig.  Da.  411  fcc.  —  Stü. 
232  fds. 

>  stäpel,  m.  pl.  — 8,  ein  ordent- 
lich gelegter,  ungezählter  Haufe, 
s.  opstöken.  Br.  II.  1000 1—  Da.  458 
—  Stü.  261  —  Dan.  210. 

sttg*,  n.  pl.  — n,  je  zwanzig. 
St.  230  —  Br.  n.  1033  —  Da.  461 


und  Menge. 

—  Scha.  210  —  Stü.  263  —  Dan. 
212  —  Wehrmann  lüb.  Zunftr.  520. 

tult,  m.  pl.?,  je  zwölf;  nur  in 
Kiel  und  im  Schleswigschen.  Dä- 
nisch tylt  =  Zwölfer.  Stü.  292: 
tulte,  versoffenes  Weib. 

twSlfter,  ?  pl.  — s,  eine  Anzahl 
von  zwölf.    Da.  500  fcc. 


d.  nach  seinen  Eigenschaften  in  Stoff  und  Form. 


befSmt,  von  Brettern  u.  s.  w., 
an  den  Kanten  rechtwinkelig  be- 
schnitten. 

blan,  blau  oder  stockfleckig  wird 
Holz,    welches    noch    nass    ohne 


Stapelhölzer  aufgeschichtet  wurde. 
Seh,  &  L.  I.  349  —  Dan.  19.  f. 
univers. 

dwasdrädij?,  -dredig  heisst  Holz, 
welches,  auf  Langholz  geschnitten, 


85 


Qiierfaserung  zeigt,  was  beim  Ho- 
beln hindert.   Stü.  44. 

ebenkaittig,  id  quod  befSmt. 

tkt\mtig,  s.  fäl\ 

flnkerig,  s.  fluker. 

fnlkantig,  ist  das  Gegenteil  von 
wänkantig;  s.  weiter  unten. 

j^edrai*t  heissen  Stämme,  deren 
GefiLss- oder  Holzzellenbündel  nicht 
parallel  mit  der  Längsachse  laufen, 
sondern  um  dieselbe  in  steiler 
Spirale  gedrehet  sind.  Diese  Eigen- 
schaft erschwert  die  Bearbeitung 
des  Holzes  und  macht  es  zu  vie- 
len Sachen  untauglich.  Stö.  124: 
schraubenförmig  gedrehter ,  sog. 
windischer  Wuchs. 

^rofäderig,  grofdredig,  grof- 
jarig  ist  Holz  mit  breiten  Jahres- 
ringen. 

kernig ,  spintfreies ,  gesundes 
Holz.   Gr.  Wtb.  V.  608.») 

knastig,  voll  von  Astresten.  Gr. 
Wtb.I.  589:  ästig;  V.  1359:  kna- 
stig —  Ri.  129  —  St.  363:  knö- 
stig;  335:  nöstig,  östig  —  Br.  I. 
820  —  Da.  241  —  Dan.  109  — 
Scha.  14:  astig  fds. 

link  wird  diejenige  der  beiden 
breiten  Schnittflächen  der  seitlich 
vom  grössten  Stammradius  ge- 
schnittenen Bretter  genannt,  welche 
die  äussern,  Jüngern  Jahresringe 
zeigt,  oder  anders,  welche  die  Cy- 
lindermäntel  der  Jahresringe  von 
aussen  schneidet. 

mager  ist  Pöhrenholz,  das  kei- 
nen Harzgehalt  zeigt. 

mäfrig,  s.  mäfer.  Dan.  134. 

ab«r8p6nig  heisst  das  Holz,  wel- 
ches in  Folge  des  sub  verbo  „go- 
drart"  angegebenen  Wuchsfehlors 
nicht  völlig  glatt  gehobelt  worden 
kann.  Stöckel  195:  überspänig; 
218:  tiberspännig  —  Dan.  245: 
wedderspönig.  fcc. 

olmig,  durch  Feuchtigkeit  ver- 


wesend, auch  ferölmt,  durch  Feuch- 
tigkeit verwes't.  Die  Schiffszim- 
morer  sagen  dafür:  dar  is  fftr  in. 
Ri.  177  —  St.  369,  262  —  Br. 
III.  148  —  Da.  338  —  Seh.  III. 
165  —  Scha.  147  —  Stü.  295  — 
Dan.  150. 

rtmig,  eine  Eigenschaft  der 
Bretter  u.  s.  w.,  welche  aus  „ge- 
draiton"  Stämmen  geschnitten  sind. 
Die  Kanten  derselben  bleiben  nicht 
geradlinig,  sondern  „werfen  sich" 
bald,  werden  wellig  hin  und  her 
gebogen.  Begriffs  verwandt  mit 
„windschef . 

recht,  s.  link,  heisst  diejenige 
Schnittfläche,  welche  die  innern, 
älteren  Jahresringe  zeigt,  oder 
anders,  welche  die  Cylindermäntel 
der  Jahresringe  von  innen  schnei- 
det. 

scliir,  astfrei.  Ri.  231  fds.  — 
Br.  II.  660  —  Da.  408  fcc.  —  Scha. 
184  fds.  —  Stü.  216  fds.  —  Dan. 
186  fcc. 

slaehtig,  sehlaehtig,  astfrei  und 
grade  spaltend.  Gegensatz  von 
knastig  einerseits,  von  gedrai't, 
Sberspftnig,  rtmig  andererseits. 

späkig,  auch  ferspäkt,  dasselbe 
was  olmig  und  ferolmt,  doch  mei- 
stens im  Anfangszustande  und  auf 
kleinere  Flächen  beschränkt.  Ri. 
280  gibt  dem  Worte  dieselbe 
Function.  Andere  Idiotiken  kennen 
das  Wort  nur  für  aufgetrocknete, 
undicht  gewordene  Böttcherwaare 
und  ähnliches,  so:  St.  222,  379  — 
Br.  II.  930  —  Da.  445  —  Stü. 
249.  Da.  445  hat  daneben  spak- 
holt,  anbrüchiges  Holz  in  den 
Heiden,  und  Dan.  201  endlich 
unterscheidet  spack,  aufgetrocknet 
von  spoakig,  Ersticken  des  Holzes 
in  seinem  Safte.  —  Seh.  &  L.  II. 
519  unten:  spaockholt. 

spekig,  wird  harzdurchtränktes, 


86 


Ton  spek-äd^rn  durchzogenes  Föh- 
renholz genannt. 

spintig,  aus  Splint,  Spint  be- 
stehend. 

wänkantig,  unbesäumte  Bohlen 
von  unregelmässigeni  Breiten- 
durchmesser; s.  wänkant.  Gegen- 
satz ist  fulkantig.  Ri.  330  —  Br. 


m.  176  -  Seh.  IV.  327  -  Sttt. 
323  —  Dan.  144. 

wimerir,  s.  wimer.  Stö.  124, 196. 

windscEef ,  was  seine  einmal 
hergestellte,  ebene  Fläche  nicht 
bewahrt;  s.  africhten.  Stö.  195: 
windschief;  203:  windisch  —  Br. 
III.  262  —  Da.  552. 


III.  Die  Arbeit, 
a.  die  ersten  Teile  im  und  am  WerIcstUcIce. 


dfibel,  m.  pl.  — s,  im  hiesigen 
Hochdeutsch  Dübel  oder  Dibel, 
ein  Holzstift,  welcher  zwei  Werk- 
stücke verbindet,  indem  er  in  ent- 
sprechende ein-  aber  nicht  durch- 
gebohrte Löcher  eingedrückt  wird, 
mit  oder  ohne  Leim.  Stö.  302: 
Döbel,  Dippel,  Dübbel;  307  aber 
und  öfter :  Dübel  —  Gr.  Wtb.  II. 
1198.1):  Döbel,  Dübel,  Dippel  — 
Seh.  &  L.  I.  559. 

f als,  m.  pl.  —  n,  rechtwinkeliger 
Ausschnitt  aus  der  Kante.  Gr.  Wtb. 
m.  1303.*)d.  Falz ;  die  angegebene 
Erklärung  stimmt  nicht  ganz  über- 
ein. 

fäf%  f.  pl.  —n,  die  Langfläche, 
welche  eine  meistens  rechtwinklig 
angelegte  ICante  abstumpft;  s.  oben. 

feder,  f.  pl.  — n,  schmaler,  recht- 
winklig angehobelter  Streifen  Hol- 
zes auf  der  Mitte  der  Schmalseite 
von  Brettern.  Gr.  Wtb.  III.  1397.''): 
Feder  —  Da.  115  fds.  —  Scha. 
258  fds.  —  Dan.  50  fds.  —  Stü. 
50.8)  fcc;  223:  schlövfähre  fcc. 

fdg',  f.  pl.  —  n,  auch  fag*,  die 
Linie,  in  welcher  zwei  mit  einan- 
der verbundene  Holzstücke  sich 
berühren  oder  zusammentreffen. 
Gr.  Wtb.  IV.  378.^)  fcc.  —  Stö. 
305:  Fuge  -  Br.  I.  434  —  Da. 
129  —  Wehrmann,  lüb.  Zunftr. 
293:  apene  voghen. 


fiillung,  f.  pl.  — n,  Füllung. 
Gr.  Wtb.  IV.  523.h  —  Stö.  320. 

gernng,  f.  pl.  — n^  das  recht- 
winkelige Aneinanderjfügen  zweier 
auf  45^  zugespitzter  Holzstücke, 
halb-Hirnholz  auf  halb-Hirnholz; 
auch  wohl  die  Fuge  zwischen  bei- 
den Hol^stücken.  Stö.  309:  Geh- 
rung —  Ri.  72:  geere  fcc.  —  Br. 
I.  499:  gere  fcc.  —  Seh.  IL  16  fcc. 
—  Scha.  62:  g§re  fds.  —  Dan.  63: 
g§rn  fds.  —  Stü.  65:  gähre  fds. 
Rechte  gerang,  dasselbe.  Falsche 
oder  schewe  gSrnng,  s.  smtg*. 

gefimf',  n.  pl.  —  n,  Gesimse. 

gräd,  m.  pl.  ?,  ein  angehobel- 
ter, nach  aussen  verbreiteter  Vor- 
sprung an  der  Länge  einer  Leiste 
oder  ähnlicher  Holzstücke;  eine 
Feder  (s.  d.),  welche  auf  dem 
Durchschnitte  die  Gestalt  eines 
Schwalbenschwanzes  (s.  d.)' zeigt. 
Stö.  312:  Grat.  Ferner  bedeutet 
gräd  die  umgebogene  also  stumpfe 
Schneide  einer  Klinge,  Dan.  69, 
und  endlich  noch  die  Schneide  des 
Ziechlings.  Seh.  &  L.  H.  141  fds. 

hol-kgl,  f.  pl.  — n,  Hohlkehle. 
Gr.  Wtb.  IV.  2.  1719.  fcc.  —  Da. 
191. 

kant,  f.  pU  — n,  die  Aussen- 
linie,  in  welcher  zwei  Heizflächen 
in  einem  Winkel  sich  treffen;  s.  o. 
Gr.  Wtb.  V.  173  —  Seh.  &  L.  IL 


87 


425  —  Br,   I.    734.3)  _  j)^   217 

-  Dan.  95  —  Stü.  102. 
kandls,   n.   pl.    — b,    Earnies. 

Gr.  Wtb.  IL  607 :  Camiess,  fcc. 

Itst,  f.  pl.  — Hl  Leiste.  Lange, 
dünne,  schmale  Holzstüeke  als 
Teile  eines  Werkstücks.  Ein  Stück 
E0I2,  welches  zu  einer  Leiste  taugt, 
heisst  afenid,  s.  o.  Seh.  &  L.  IL 
702  —  Br.  IL  76  fds.  -  Da.  271; 
leesten  fds.  —  Dan,  126:  löst'n, 
lest  fcc.  —  Stü.  137:  liste  fcc. 

nfit,  f.'  pL  — n,  schmale,  recht- 
winkelig eingehobelte  Furche,  be- 
stimmt zur  Aufnahme  einer  „feder". 
Op  feder  un  nüt  werden  Bretter 
zu  Scheerwänden  und  Fussböden 
verbunden.    Stö.  305:  Nuth. 

rt^el,  m.  pl.  — s,  wagerechtes 
Querholz,  welches  in  gegenüber- 
stehende, aufrechte  Holzstüeke  ein- 
gezapft ist.  Br.  IL  465:  regel  — 
Dan.  169:  räg'l,  f.? 

slits,  m.  pl.  ?,  die  Lücke,  welche 
an  den  Enden  stabförmiger  Holz- 
stücke durch  rechtwinkeliges  Her- 
ausschneiden einer  Mittellamelle 
entsteht,  und  welche  den  Zapfen 
aufnimmt  wie  die  Nute  die  Feder. 
Stö.  309:  Schlitz  —  Br.  IL  838 
fds.  —  Da.  430 :  slitsche,  ein  Ein- 
schnitt —  Dan.  196,  nach  Angabe 
des  Wortverzeichnisses. 

8iiitg%  f.  pl.  — n,  das  spitz-  oder 
stumpfwinkelige  Aneinanderfügen 
zweier  im  gleichen  Winkel  zuge- 
spitzter Bretter  oder  leistenförmi- 
ger  Holzstücke.  Stö.  373:  Schmiege 

—  Scha.  198  fds. 

staf,  m.  pl  ?,  Stab,  eine  ein- 
gelegte, linienartige  Hervorragung 
auf  der  Holzfläche. 

swalbenswans,  swalben,.  m.,  pl. 
nur  de  swalben,  breite  auf  Lang- 
holz nach  aussen  verbreiterte,  vor- 


ragende TeUe  einer  Holzplatte, 
welche  letztere  mit  einer  andern 
Platte  durch  Hineinschieben  in 
entsprechende  Lücken  derselben 
rechtwinkelig  verbinden,  s.  zinken. 
halbe  swalbenswans  heisst  das 
Eckstück  der  Holzplatte,  welches 
die  eingeschobene  nur  von  einer 
Seite  berührt.  Stö.  304:  Schwal- 
benschwanz —  Br.  n.  1110:  swaal- 
kensteerd., 

swtnsrflggen,  m.  pl.  —  s,  ent- 
steht, wenn  in  der  Mittellinie  der 
Schmalseite  eines  Brettes  beide 
„Fasen"  sich  stumpfwinkelig  tref- 
fen. —  Op  swtnsrüggen  werden 
Bretter  zu  Umzäunungen  anein- 
andergefügt. 

tapen,  m.  pL  — s,  Zapfen,  mei- 
stens angesägter,  seltener  einge- 
setzter, „eingeschlitzter",  schmaler 
kantiger  Vorsprung  ^ines  Werk- 
stücks, welcher,  in  den  Schlitz 
oder  in  das  eingestemmte  Loch 
eines  andern  passend,  beide  mit 
einander  verbindet.  Stö.  309 :  Zapfen 

—  Scha.  224  fcc.  —  sonst  fds.  bei 
St.  242  —  Br.  IL  24  —  Da.  484 

-  Stü.  277  —  Dan.  221. 

zapf*  (z  =  ss),  t  pl.  —  B,  die 
äussere  Umrahmung  von  Türen 
und  Fenstern,  auch  von  Tischen. 
Stö.  330  und  oft:  Zarge  —  Br. 
IL  590:  sarge  und  sarse  —  Dan. 
252:  zärg. 

zinken  (z  =  ss),  m.  pl.  — s, 
schmale  auf  Hirnholz  nach  einer 
Seite  verbreiterte,  vorragende  Teile 
einer  Holzplatte,  welche  letztere 
durch  Hineinschieben  in  entspre- 
chende Lücken  mit  einer  andern 
Holzplatte  reditwinkelig  verbin- 
den; s.  swalben.  Stö.  314.  Der 
halbe  zinken  entspricht  dem  hal- 
ben swalben. 


b.  die  Verba 

ifen,  eine  „Fase"  machen, 
Kante  die  Schärfe  nehmen. 
Bisen,  zur  Herstellung  eines 
IS  von  der  Kante  abhohelh. 
P^tb.  I.  37:  abfalzen. 
iSbeln,  abhobeln.  Gr.  Wtb.  I. 
-  Da.  5. 

LlSben,  mid— 'n  stgktfen,  ab- 
3n    mit   dem  Meissel.    Scha. 

■icbten,  eine  grössere  Fläche 
ommen  wagerecht  und  eben 
chten  mit  Hülfe  der  Richt- 
r.  Gr,  "Wtb.  I.  90  fcc.  —  Seh. 

I.  31  fds.  —  Br.  II.  449  fds. 
tu.  166  fds. 

ichrnbben,  mit  dem  Schrub- 
I  Holzsubstanz  beseitigen. 
flttMi,  vom  Ende  eines  Holz- 
es etw»8  absägen,  z.  B.:  bei 
tellnng  eines  Zapfens.  Gegen- 
slitsen.  Gr.  Wtb.  I.  117:  ab- 
n,  beim  Bergbaue  —  Seh.  &L 

fds.  —  Stü.  167  fds.  —  Dan. 
fds. 

ilicbten,  nach  Entfernung  des 
sten   mit  dem   Schlichthobel 

BD. 

iteiB'ii,  mittels  des  Stemm- 
s  von  Brettern  u.  s.  w.  ein 
i.  abteilen.  Geschieht,  wenn 
jage  des  Holzes  das   Sägen 


«trtken,  stv.,  die  Kante  eines 
:es  so  behobeln,  dass  es  mit 
a  andern  Brotte  eine  dichte 
I  bildet;  hochd.  fügen. 
kgln  den  hlbel,  geschieht, 
i  der  Tischler  „ütkSln"  will. 
He  Hohlkehle,  der  Kamios, 
3tab  fertig,  so  heisst  es:  de 
I  is  ran.  Gr.  Wtb.  V.  399: 
m. 

rn,  bohren.  Gr.  Wtb.  II.  227 
»ä.  51  —  Stü.  8. 


der  Tätigkeit 

besntden,  id  quod  befllmen. 

beftnitD,  mittels  der  Sg:ge  aus 
wahn-  oder  fasekantigon  Bohlen 
u.  s.  w.  voll-  und  ebenkantige 
machen;  s.  befftmt.  Gr.  Wtb.  I. 
1542:  besäumen  fds.  —  ftmen, 
fds.  bei  Br.  II.  298  —  Da.  442 
—  Stü.  248  —  Dan.  201. 

bestftten,  eine  gesägte  Kante  mit 
dem  Hobel  rechtwinkelig  ebenen. 

drSgfin,  trocknen,  nämlieh  fri- 
sches, grünes  Holz.  Seh.  &  L.  I. 
580  ^  Dft.  89  -  Scha.  46  — 
Stü.  39  —  Dan.  41. 

felsen,  einen  Falz  machen. 

ffigen,  fftgen,  selten  fSgen,  id 
quod  bestöten,  runksen,  strtken. 

froren,  an  der  Kante  regelmäs- 
sige Verzierungen  anbringen. 

fnrntnn,  furnieren.  Gr.  Wtb.  lY. 
1.  782. 

hSbeln,  hobeln.  Gr.  Wtb.  IV.  2. 
1589  —  Seh.  &  L.  II.  313  —  Br. 
I.  662 ;  II  615 :  achaeven  —  Da. 
189  —  Scha.  87  —  Dan.  88  — 
Stü.  214:  schaven.*). 

insntden,  einsägen.  Scha.  92  fcc. 

inspnn'n,  mittels  der  Hobelbank- 


meistens  jedoch 
klftben,  swv.,  spalten.  Gr.  Wtb.  V. 
1219  —  ßi.  124  —  Br.  I.  810 
—  Da.  236  —  Seh.  II.  285  - 
Scha.  104  —  Dan,  106  -  Sttt.  112. 

krSpen,  Gesimse,  Kamiese  u.  ä. 
auf  Gehrung  zusammenfügen.  Stö- 
394:  kröpfen,  gekröpft. 

nfiten,  auf  Feder  und  Nute  ver- 
einigen, Feder  und  Nute  machen. 

Apstapeln,  s.  folgendos. 

opstitken ,  Bretter  aufstapeln, 
jedes  einzelne  Brett  vom  folgen- 
den durch  Querhölzer  „stäpelhöl- 
ter"  scheidend. 

optren-n,    aus   einem  breitereu 


89 


Brette  zwei  oder  mehrere  schmä- 
lere schneiden.  Gr.  Wtb.  I.  764: 
auftrennen  fds. 

runksen,  Fassbodenbretter  mit- 
tels der  „runks"  zu  einander  pas- 
send machen,  fds.:  Ri.  218  — 
Scha.  177  —  Dan.  176. 

fagen,  sägen ;  s.  sntdcn.  Da.  394 

-  Dan.  180.')  —  Stü.  209. 
schrenken,  die  Sägezähne  wech- 
selsweise  nach   rechts  und  links 
ausbiegen.     Br.  U.  695  fds. 

schrnben,  sty.,  schrauben.  Br. 
IL  701  —  Da.  415  —  Scha.  186 
Stü.  235  —  Dan.  188. 

sehrnbben,  mit  dem  schrubhSbel 
schaben.  Ei.  242  fds.  —  Br.  II.  699 
fcc.  ~  Scha.  186  fcc.  —  Stü.  235 
fds.  —  Dan.  187  fds. 

fen,  nä  de  flacht,  sehen,  ob  et- 
was parallel  geschnitten,  gehobelt 
u.  s.  w,  sei.  flucht:  Gr.  Wtb.  III. 
1833.3)  fcc. 

suchten,  id  quod  afslichten. 

slitscn,einenSchlitz(s.o.)machen. 
tofämn  slitsen,  Werkstücke  mittels 
Schlitzes  und  Zapfen  verbinden. 
Stö.  310. 

Silben  (?  sl5ben),  dasselbe  was 
nuten.  Br.'  11.  824 :  slesen,  Bretter 
einfügen;  VI.  (1869)  313:  släven, 
sleven  im  Dithm.  dasselbe  mit 
iinsern  slesen  — Stü  223:  schlövo, 
schlöfe,  *)  Nute. 

sntden,  schneiden,  sägen.  Der 
Tischler  braucht  stets  das  Wort 
sntden  und  nicht  fägen,  wenn  er 
das  Resultat  der  Tätigkeit  im  Auge 
hat.  Da.  438  fcc!  —  Scha.  200  fds. 

-  Stü.  288  -  Dan.  199.  f9p  de 
fast  sntden  sägen,  die  Säge  lot- 
recht haltend;  fSr  de  band  sntden, 
sägen,  die  Säge  wagerecht  haltend ; 
in    dikden    sntden,    aus   dickeren 


Bohlen  oder  Brettern  dünnere 
schneiden. 

stel'ii,  stellen.  Da.  460  —  Scha. 
209  —  Dan  211.  In -de  hoch- 
kant stel'O,  Bretter  zum  Trocknen 
auf  die  Schmalseite  stellen,  damit 
die  Wärme  von  beiden  Seiten 
komme.  In — de  wäg*  stein,  wage- 
recht einstellen. 

stem'n,  mit  dem  bötel  oder  tfen 
hantieren.  Stü.  263 :  ein  Loch  durch 
einen  Balken  schlagen. 

strtken,  id  quod  afstrtken. 

dtkeln,  mit  dem  Kehlhobel  hor- 
aushobeln.  Gr.  Wtb.  I.  891  fds.  — 
Da.  223:  kelen,  das  Kehlen  der 
Tischler  mit  der  holl-kele. 

dtkiinken,  aus  einem  Brette 
u.  s.  w.  ein  winkeliges  Stück  her- 
ausschneiden, klinken:  Gr.  Wtb. 
V.  1196  fds.!  —  Seh.  &  L.  II. 
484  fds.  —  Ri.  122  fcc.  —  Br.  I. 
805  seq.  Ri.  fcc.  -  Da.  235  fds. 
—  Seh.  II.  278  fcc.  —  Stü.  111 
fds.  —  Dan.  105  fds. 

dtstem'n,  ein  Loch  mit  dem 
Meissel  machen. 

dtstftten,  leistenförmige  Stücke 
Holz  mit  dem  Hobel  in  die  ge- 
wünschte Form  bringen. 

ftts  weifen,  einen  Bogenausschnitt 
machen.  Gr.  Wtb.  I.  965.^)  f.  univ. 
Auch:  ütschweifen. 

Einken  (z  =  ss),  Zinken  machen. 
Tofämn  zinken,  zwei  Holzplatten 
mittels  Zinken  und  Schwalben  ver- 
binden ;  ferdekt  zinken,  op  ^ernng 
zinken,  so  zinken,  dass  man  von 
aussen  die  Art  der  Verbindung 
nicht  sieht. 

zwirchen  (z  =  ss),  Langholz 
quer  behobeln.  Sollte  nicht  irgend- 
Avo  noch  ein  plattdeutscher  Aus- 
druck vorhanden  sein? 


90 


IV.  Einiges  vom  fertigen  AV^erke 
und  den  Teilen  desselben. 


bank,  f.   pL  —  en  und  beiik, 

Bank,  im  hies.  Hochd.  die  Bänke. 
Gr.  Wtb.  I.  1105  —  Seh.  &  L.  I. 
448  -  Br.  I.  48  ~  Da.  33:  benk 
fcc,  22:  bank  fds.  —  Seh.  I.  66. 
bed,  n.  pl.  bedden,  seltner  bed- 
sted-,  Bett.  Gr.  Wtb.  I.  1722  — 
Seh.  &  L.  I.  165  —  Ri.  11  — 
Da.  26  —  Seh.  I.  75  —  Scha.  18 

—  Stü.  11  —  Dan.  16:  bettstäd. 
Teile  des  Bettes  sind:  kopstiik, 
n.,  ffitenn*,  n ,  schwerlieh  m.  (vgl. 
kam-enn-)  und  de  ßden.  Die  er- 
stem beiden  bestehen  aus:  rtgcl, 
m.,  ffillaiij;^  f.,  und  de  stoln,  pl. 
von  stol,  die  Eckpfeiler  mit  den 
Füssen.  St.  227:  staal  —  Br.  II. 
986.  confer  sub  verbo:  staal  — 
Scha.  212  fds.  —  Dan.  213  fds. 
de  fiden,  die  Seitenwände,  sind 
am  Kopfstück,  oft  auch  am  Fuss- 
ende  nach  oben  verbreitert,  diese 
Verbreiterungen  heissen  de  scha- 
tofea,  pl.  von  schatdf*. 

disch,  m.  pl.  —n,  Tisch.  Seh. 
&  L.  I.  526  —  Br.  I.  215  —  Da. 
78  —  Seh.  I.  223  -^  Scha.  43  — 
Stü.  34  —  Dan.  35.  Besteht  aus 
blad,  n.,  föt,  m.,  zarf*,  f. 

dSp,  f.  pl.  — n,  Tür.  Seh.  &  L. 
I.   549  —  Ri.   36  —  Br.  L  230 

—  Da.  80  —  Seh.  I.  238  -  Scha. 
45  —  Stü.  34  —  Dan.  33.  Besteht 
zunächst  aus:  de  rämstfiken,  fiil- 
lan^,  fad  der,  ferklednng,  sla^^Iist, 
f ,  ferner  aus  zapf-,  Türzarge  und 
schwel,  f,  seltener  fül,  ?  pl.  ?, 
TürschweUe.  Ei.  300  —  Br.  II. 
1093  —  Da.  472  —  Seh.  IV.  224 

—  Scha.  218  -Dan.  216—  Stü.  272. 
finster,  b.  pl.  — n,  Fenster.  Gr. 

Wtb.  m.  1519  —  Br.  I.  394  — 
Da.  119  —  Seh.  I.  317  — Dan.  51. 


Fast  synonym  ist  lacht,  f.  pl.  —  n, 
welches  sowol  für  die  Fensterzarge 
mit  ihrem  Zubehör,  als  auch  für 
das  Loch,  welches  ein  Stück  Him- 
melslicht und  Luft  in  den  Innen- 
raum hineinlässt.  gebraucht  wird; 
(dat  ffir  slftg*  to  de  luchten  rüt) 
Seh.  &  L.  II.  741  —  Ri.  155.*) 
fcc.  —  Br.  II.  30  fcc.  —  Da.  285 

—  Scha.  126  fds.  —  Stü.  140  fds. 

—  Dan.  128  fds. 

Das  Fenster  wird  aus  folgenden 
Teilen  gebildet:  finsterbank,  f, 
der  untere  Teil  der  Umrahmung 

—  Zarge  —  nach  innen,  Gr.  Wtb. 
UI.  1523.  flnsterlampert',  f.  pl. 
— u,  Holzwerk  von  der  Fenster- 
bank bis  zum  Fussboden;  fast 
gleich  mit  pan§l.  finsterräm,  m. 
oder  flftgel,  flftgel,  m.  pl.  — s, 
Fensterflügel.  Gr.  Wtb.  III.  1523; 
das  Spalte  1525  gegebene  „Fenster- 
rahm" entspricht  unserm  nach- 
folgenden: zarf*.  Es  besteht  aus: 
rämstiik,  n.  pl.  —  n  (seil.  4.)  Br. 

II.  427:  raamholt  —  und  spros, 
f.  pl.  —  n  (mehreren),  flnsterläd*, 
f.  pl.  —  n,  Fensterlade.    Gr:  Wtb. 

III.  1524:  Fensterladen,  m.  f5r- 
ribep,  m.  pl.  — s,  zungenfbrmiges 
Stück  Eisen  nebst  Handgriff  zum 
festigen  der  geschlossenen  Fenster- 
flügel dienend.  Gr.  Wtb.  m.  1525: 
Fenstenreiberlein.  Eine  besondere 
Art  desselben  heisst  oltv.  fudder 
nn  bekledang,  die  innere  Verscha- 
lung der  Zarse.  Gr.  Wtb.  III.  1523 ; 

IV.  1.  1074.«)  kemfep,  m.  pl.  — s, 
ein  Teil  des  folgenden,  an  dasselbe 
von  aussen  angenagelt,  um  den 
Tropfenfall  abzuleiten.  Gr.  Wtb.  V. 
150:  Kämpfer  fds.  Idsliolt,  n.  pl 
hSlter,    das   Werkstück,   welches 


91 


die  Fensteröffnung  der  Quere  nach 

teilt.  Br.  VI.  187  -  Sch.&L.  U. 

727.  posten,  m.  pl.  —8,  das  Werk- 
stück, welches  die  Fensteröffnung 
der  Länge  nach  teilt.  Gr.  Wtb. 
ni.  1525 :  Fensterpfoste  — .  f.  univ. : 
Da.  357  —  Stü.  181 :  post  —  Dan. 
159:  post'n  —  Scha.  158;  post. 
(älbank,  f.,  der  untere  Teil  der 
Umrahmung  —  Zarge  —  nach 
aussen.  Stö.  336:  Sohlbank  —  Br. 
Tl.  266:  salenbrett.  sehawarangN 
seharawang*,  genus  ?,  plural  ?,  der 
holzverkleidete  Hohlraum  in  der 
inneren  Umrahmung,  welcher  bei 
Tage  den  Fensterladen  aufnimmt, 
wapvel,  m.  pl.  —  s,  selten  auch 
knebel,  m.  pl.  — s,  ein  hölzerner 
förrtber.  Gr.  Wtb.  IL  1526:  Fen- 
sterwirbel. Ei.  343  —  Br.  III. 
199  fds.  -  Da.  553  —  Seh.  IV. 
341  —  Scha.  295  —  Stü.  325  — 
Dan.  243.  wätersehenkel,  m.  pl. 
—8,  eine  Abschrägung  am  untern 
räoistük  des  Fensterflügels,  bei  ein- 
wärtsschlagenden Fenstern,  zarf-, 
f.,  die  obere  und  seitliche  Aus- 
kleidung der  Lücke  in  der  Mauer 
(nach  unten  finsterbank  &  lälbank), 
die  Umrahmung,  welche  die  Fen- 
sterflügel hält. 

fötboden.  m.  pL  — -s,  Fussboden. 
Cir.  Wtb.  IV.  1.  1015  —  Da.  130; 
dazu  gehören  de  breder,  welche 
entweder  stump  oder  op  nüt  un 
foder  zusammengefügt  werden,  de 
fotlisten  und  dat  läger. 

komod',  f.  pl.  —  n,  Kommode. 

Dieses  Fabrikat  und  ähnliche 
zeigen  folgende  Teile:  btstös,  m. 
pl.  btstfts,  der  stärkere  Teil  der 
Rückwand,  welcher  an  die  Seiten- 
wand angeleimt  wird,  diese  ver- 
stärkt und  die  Rückwandsfüllung 
in  einer  Nute  aufnimmt.  Gr.  Wtb. 
L  1398 :  Beistoss  fcc.  Stö.  394. 
Wad,  ib,  die  obere  Platte,  s.  hlbel- 


bank.  boden,  m.  pL  —  s,  die  un* 
tere  Platte.  Seh.  &  L.  I.  369  — 
Da.  47  —  Dan.  21.  f6t,  m.  pl. 
fftt,  der  vom  Drechsler  gedrehte 
Fuss.  larsene,  f.  pl.  — n,  dasselbe 
nach  vorne,  was  bistös  nach  hinten ; 
oft  mit  einer  flachen  Säule  ver-» 
ziert.  Stö.  394:  Lissene.  Ifipboden, 
in.  pl.  — 8,  drei  bis  vier  Zoll  breite 
Holzplatten,  welche  an  der  Vorder- 
seite der  K.  die  Schieblade  schei- 
den. Stö.  402:  Laufboden.  IdpUst, 
f.  pl.  — n,  je  zwei  verbinden  den 
Laufboden  mit  der  Rückwand,  in 
der  Regel  mittels  „grät"  in  der 
Seitenwand  befestigt,  rfigwand,  f , 
die  Hinterwand.  Stö.  402.  Itd,  f. 
pl.  — n,  die  Seitenwand,  fokel, 
ui.  pl.  —  s,  jeder  nicht  gedrehete, 
gedrechselte  Fuss;  unterschieden 
vom  „fot".  strtkltst,  f.  pl.  —  n, 
ist  an  der  Innenkante  der  Lauf- 
leiste befestigt,  und  verhindert  die 
Seitenbewegung  der  Schieblade. 
zarf,  s.  oben. 

panel,  n  pl.  — n,  Brustlambris, 
nach  oben  bedockt  von  der  „dek- 
Itst".  St.  154  —  Br.  II.  290  — 
Da.    344:   paneeling  —  Stü.   172 

—  Dan.  151  —  Wehrmann,  lüb. 
Zftr.  298,  469. 

schap,  f.  pl.  — n,  Schrank.  Da. 
401  —  Stü.  213  —  Dan.  182  — 
Wehrmann,  lüb.  Zftr.  253.  ekschap, 
Eckschrank.  Dan.  45.  In  der  Stadt 
kennt  man  hörnschap,  Br.  VI.  117, 
nicht  mehr. 

stdl,  m.  pl.  stfti,  Stuhl.  Ri.  292 

—  St.  231  —  Br.  II.  1106  —  Da. 
465  —  Seh.  IV.  204  —  Stü.  267 

—  Dan.  213. 

Teile  desselben:  de  f5t  auch 
ftfrderben,  die  Vorderfüsse,  pfig- 
leB,  f.,  Rücklehne,  Ri.  8.  bakels, 
de  stapen,  die  Hinterbeine,  alias 
Füsse,  Br.  IL  1047:  stoolstappen, 
die  Querhölzer,  welche  unterhalb 


92 


des  Sitzbrettes  die  Füsse  verbin- 
den. Seh.  IV.  187  —  Stü.  261  fds. 
de  Äapf',  welche  zusammengesetzt 
wird  aus  ftpdiöP-,  ßden-  und  ach- 
tep-dwing*  auch  -zwing*  oder  ptgel. 

Nach  der  Rücklehne  gibt  es: 
stftl  mid  opgeschäbene  und  mid 
twischeugeaftbelte  kopstfik,  und 
8pposeii«Sl.    Fliichtpeclite  stftl. 

schfif,  f.  pL  —  n,  oder  sehfif- 
läd%  f.  pl.  sehüfläden,  Schieblade. 
Dan.  191.  Teile  derselben:  f$pdep-, 
Itden-,  achtepstfik,  boden.  Die 
nütlist  dient  zur  Verstärkung  der 
Seitenwand  und  zur  Aufnahme  des 
Bodens;  sie  entspricht  dem  Bei- 
stoss 

tpep,  f.  pl.  -n.  St.  251  -  Br. 
III.  106  —  Da.  494. 

Sie  besteht  aus:  gelennep,  n. 
pl.  — s,  das  Geländer;  und  dieses 
aus  dok,  f.  pL  —  n,  Docke.  Stö. 
258  —  Gr.  Wtb.  IL  1213.^)  i.  fcc. 
~  Seh.  &  L:  I.  530.2)  fcc.  —  Br. 
I.  222  —  Da.  82  fds.  —  Stü.  35.*) 
fcc.  —  Dan.    36   fds.   unji   hand- 


16pep,  m.  pl.  --8,  Handläufer. 
meklep,  m.  pl.  —  s,  der  Endpfoste, 
welcher  Wange  und  Geländer  ver- 
bindet, auch  2)  die  Mittelsäule  der 
Wendeltreppe.  Br.  II.  115;  VI. 
191  fcc.  —  Da-  292  fds.  —  Stü. 
144.*)  Spindel  einer  Wendeltreppe 
—  Dan.  131  fds.  stdsbped,  n., 
schliesst  den  Raum  zwischen  zwei 
Stufen  nach  hinten  ab.  stuf,  f. 
pl.  —  n,  Stufe,  wang',  f.  pl.  — b, 
Wange,  die  Seitenwand,  in  welcher 
die  Stufen  befestigt  sind.  Scha. 
245  [anderes  Wort?]  —  Stü.  323 
f.?  ds.?  —  Stö.  317.  Siehe  habel. 
Von  Treppen  unterscheidet  man: 
1)  nach  der  Art,  wie  die  Stufen 
befestigt  sind:  ingelechte  undop- 
gefädelte.  2)  nach  der  Form  der 
Wange:  gpäde  tpep  mit  gerad- 
linigen Wangen;  potest  tpep  mit 
winklig  gebrochenen  Wangen, 
swnngtrep  mit  gebogenen  Wangen, 
weaneltpep,  die  innere  Wange  so 
steil  um  die  Mitte  gewunden,  dass 
sie  zur  Mittelsäule  wird. 


Mundartliches  im  Reineke  Vos. 


Bekanntlich  hat  man  lange  Zeit  auf  RoUenhagen's  Zeugniss  hin 
(Froschmäuseier.  Magdeburg.  1595.  Vorrede)  einen  ,beim  Ursprung 
des  Weserstromes  hurtigen  Sachsen'  Nicolaus  Baumann,  der  Secretär 
Herzogs  Magnus  von  Meklenb^rg  gewesen  und  in  Rostock  1526  ge- 
storben, für  den  Uebersetzer  des  ndrl.  Reinaert  in  den  ndrsächs.  Rei- 
neke gehalten.  Diese  Behauptung  hat  Zarncke  in  Haupt's  Zeitschrift 
für  deutsches  Alterthum  9,  374  als  eine  irrige  zurückgewiesen  und 
dagegen  Gründe  für  die  Autorschaft  eines  Herman  Barkhusen,  Stadt- 
schreibers und  zugleich  Buchdruckers  in  Rostock,  welcher  aus  der 
Gegend  von  Paderborn  gebürtig  gewesen  zu  sein  scheint,  geltend  ge- 
macht. Wiederum  gegen  diese  Annahme  haben  Wiechmann  Altnieder- 
sächsische  Literatur  I.  44  und  Latendorf  im  Programm  des  Schweriner 
Gymnasiums  v.  J.  1865  Bedenken  erhoben. 

Wenn  wir  so  noch  über  den  Namen  des  Verfassers  in  Unge- 
wissheit  sind  und  vielleicht  stets  bleiben  werden,  so  lassen  sich  doch 


93 

vielleicht  aus  der  Sprache  des  Reineke  Vermuthungen  über  seine 
Herkunft  entnehmen,  Es  ist  der  Zweck  dieser  Arbeit,  auf  solche 
sprachliche  Besonderheiten  des  Gedichtes  aufmerksam  zu  machen,  die 
auf  die  Heimat  des  unbekannten  Verfassers  Licht  werfen  können. 

Auf  eine  der  befremdendsten  dialektischen  Eigenthümlichkeiten 
hingewiesen  zu  haben,  ist  Lübben's  Verdienst.     Er  Sagt  nämlich   in 
seiner  Ausgabe  des  Reineke  S.  XX;    ,Eraglich  ist  in  manchen  Wör- 
tern die  Consonantengemination  im  Inlaut.     Soll   man  bette  (Bissen), 
'     getten,  leppel,  hegger,  degger,   konnrnk,  jennich  u.  a.   mit   einfacher 
oder  doppelter  Consonanz  schreiben?    Da  die  Gemination   fast  ganz 
willkürlich    angewandt   und    bald   nach    kurzen,    bald    nach    langen 
Yokalen  (z.  B.  wiflf,  deflf,  leff)  steht,  so   ist   es   überaus   schwer,   hier 
eine  Entscheidung  zu   treffen.     Massgebend   kann   nur  die   relative 
1    Allgemeinheit   der   Schreibweise   in   nd.   Denkmälern   aus  demselben 
I    Sprachgebiete  sein;  die  heutige  Aussprache  mag  hin  und  wieder  zur 
Feststellung  des  Richtigen   verhelfen.     Ich  habe  nach  Anleitung  des 
!    alten  Druckes   nach   kurzen  Vokalen   die  Gemination   stehen   lassen, 
I    wenn  auch  diese  Formen  nicht  immer  die  üblichsten  sind.' 

Die  Zusammenstellung  von  Schreibungen  wie  wiflf,  deflf,  leff  mit 
!    den  in  Frage   stehenden  \  scheint   mir  nicht  glücklich  zu  sein,  denn 
I    nicht  blos,  dass  in  jenen  Wörtern  langer  Vokal,  in  diesen  kurzer  ist, 
i    sondern  es  steht  auch  in  jenen  die  Gemination  im  Auslaute,  in  diesen 
I    im  Inlaute;   und   es  ist  keine  Frage,   dass   das  doppelte  f  in  jenen 
Wörtern  nur  graphischer  Luxus  ist,  für  die  Aussprache  keine  Bedeu- 
tung hat.     Ganz  anders  steht  es  mit  der  Gemination  in  getten,  leppel 
ü.  s.  w.,  welche  eine  andere  Aussprache  kund  zu  thun   scheint,   als 
geten,  lepel  des  „üblichen"  Mnd.  gehabt  haben  werden.     Dass  Lübben, 
gleich  Hoflfmann  v.  Fallersleben  und  Schröder,   die  a.uflfallenden  For- 
men, obschon  sie  in  einigen  Wörtern  mit  denen,   die  einfachen  Con- 
I    sonanten   zeigen,   wechseln,   nicht   hat  umschreiben  wollen,  halte  ich 
j    für  das  richtige  Verfahren,  auch   für   den   Fall,   dass   uns   die   mnd. 
Schreibweise  oder   die   heutige  Aussprache  desselben  (d.  h.  Lübeker) 
Gebietes   zwänge,   sie  als  nicht  lübekisch  anzusehen.     Das  thut  nun 
aber  allerdings  die  Sprache  des  neueren,  als  auch  die  des  mittelalter- 
lichen Lübek.     Diese  steht  durchaus  auf  dem  von  Nerger  (Grammatik 
des  meklenburg.  Dialektes)  nachgewiesenen  Gesetze   der  ,Tonlängung 
kurzer  Vocale  hochtoniger  offener  Silbe  vor  tonloser  Silbe'.     Das  ist 
eben  die  dem  Gemeinmnd.,  der  Sprache   der  Osterlinge,   eigenthüm- 
liche  Entwickelung. 

Lesen  wir  jetzt  die  Wörter,  die  gegen  diese  gemeinmnd.  Regel 
doppelte  Consonanz  zeigen,  aus  dem  Reineke  zusammen.  Stellenbelege 
bieten  die  Glossare  Lübben's  und  Schröder's  zu  ihren  Ausgaben. 

Consonanzverdoppelung  zeigen  zunächst  im  Plural  des  Praeteri- 
tums  und  im  2.  Particip  die  ablautenden  Verben  mit  dem  Wurzel- 
vocäl  i  und  darauf  folgendem  t,  seltener  mit  folgendem  d :  btten  und 
die  Composita  af-,  to-,  vor-,  Praet.  se  betten,  bette  wi,  Prtcp.  gebetten, 
betten  (daneben  gebeten?);  riten,  Prtcp.  retten;  beschtten,  Prtcp.  be- 


94 

schetten;  smlten,  Prtcp.  smetten;  tospltten,  Prtcp.  tospletten;  vorwiten, 
Prtcp.  vorwetten;  riden,  Praet.  se  redden,  daneben  se  reden*).  Da- 
gegen liden,  Prtcp.  geleden;  snlden,  Prtcp.  gesneden.  Unter  das 
Gesetz  der  Consonantverdoppelung  fällt  natürlich  auch  wetten  (wissen), 
Praes.  se  wetten,  Prtcp.  gewetten.  Ebenso  können  die  ablautenden 
Verben  mit  dem  Wurzelvocal  a  ein  folgendes  t  im  Infinitiv,  im  Prae- 
sens und  im  2.  Particip  verdoppeln:  Inf.  vergotten,  se  vorgetten, 
Prtcp.  vorgetten.  Von  eten  begegnet  nur  das  Prtcp.  (ge)getten,  af-, 
up-;  hingegen  Inf.  eten,  Imper.  etet!  dat  etent. 

Sonst  geminieren  noch  folgende  Wörter  inlautenden  Consonanten 
nach  hochtonigem  kurzen  Vocal,  abweichoÄd  vom  lübischen  Dialekte : 
better  neben  beter ;  wedder  neben  wer  (aus  weder,  weder) ;  afgodde 
Glosse  I,  17;  logge,  loggener  neben  Prtcp.  gelogen;  koggel;  seggel 
(Siegel),  vorseggelen  neben  segel,  ingesegel;  seggelen  (segeln),  Glosse 
IV,  6;  hegger;  degger,  alderdegger;  kocke  (dem  Koche)  lieben  koken 
(kochen),  koke  (Küche);  leppel;  henne;  moUe  neben  mole;  wesselken 
neben  weselken;  vorlorre  (verlöre)  neben  se  verloren.  In  einigen 
anderen  Wörtern  findet  sich  die  Geminierung  auch  im  Gemeinnd., 
z.  B.  in  lodder  neben  loder,  offen  neben  even,  genne  neben  gene.**) 
Diese  können  darnm  bei  dieser  Untersuchung  unberücksichtigt  bleiben. 

Wie  gesagt,  jene  aufgezählten  Formen  sind  weder  je  lübekiseh 
gewesen,  noch  kann  man  sie  als  gemeinübliche  des  Mittelniederdeut- 
schen betrachten.  Suchen  wir  nach  irgend  einem  Dialekte,  dem  sie 
eigen  sind,  so  muss  in  erster  Linie  der  ostfälische  mit  dem  Centrum 
Braunschweig  genannt  werden.  In  den  von  Hänselmann  herausgege- 
benen Chroniken  der  Stadt  Braunschweig  liest  man  z.  B,  wetten  S.  29. 
103.  133.  196.  422;  bewetten  341;  Prtcp.  gewetten  141;  medewette 
45;  motte  (müsse)  143;  wecken  111.  112  neben  wekene  134.  153; 
scheppel  180.  201;  swoppe  (lüb.  swepe)  38;  goddes  133.  153;  Jodde 
67.  125.  171;   reddelik  und  reddelcheyt  89  neben  redelik  112,   rede- 

*)  Die  Gemination  des  Consonanten  im  Praeteritum  dieser  Verben  gibt  er- 
wünschten Aufschlusä  über  den  Charakter  des  vorhergehendea  Yocals:  es  ist  kurzes 
aus  i  entstanden (>»  ^.  Im  jetzigen  Niedersächsischen  ist  dagegen  das  lange  e  (fast 
ei  gesprochen)  aus  dem  Sing,  auch  in  den  Plural  und  in  den  Conjunctiv  gedrungen. 
Als  Beispiel  diene  biten,  beissen. 

As.      bitU;  ich  l)eisse ;  bet,  ich  biss ;  bitun,  wir  bissen ;  gibitan,  gebissen. 

Mnd.  bite  bet  b^ten  geboten 

Nnd.  bit  bet  beten  b^ten. 

Lübben  hat  daher  mit  Hecht  Praeter,  und  Particip,  nicht  durch  weitere  Bezeichnung 
der  Vocale  unterschieden  (S.  XXI). 

**)  Nicht  hierher  gehört  die  mit  Geminierung  des  Consonanten  verbundene 
Verkürzung  ursprünglich  langer  Vocale,  wie  in  jammeren,  grotter  u.  s.  w.  Zu  grotter 
bemerke  ich,  dass  es  auch  nordelbingisch  ist.  Mau  hört  nördlich  von  der  Elbe  öfter 
grötter,  gröttst,  als  groeter,  groetst,  desgleichen  häufig  hd  grösser,  grösst  statt  groB^er, 
grce|t.  Grotter  zeigen  auch  die  von  Hänselmann  hrsgg,  Braunschweigischen  Chroniken 
S.  151,  das  von  Scheller  hrsgg.  Braunschweigiscfae  Shigt-Bok  S.  50  und  der  von 
Schönemann  hrsgg.  Sündenfall  V.  1316.  Die  Vocalverkürzung  wird  vom  Superlativ 
ausgegangen  sein :  grotest  ward  zu  grötst  contrahiert ;  Consonantenverbindung  i^härft 
bekanntlich  oft  im  Nd.  den  vorhergehenden  Vocal;  nach  Analogie  von  grottst  ward 
dann  auch  grotter  gesagt. 


95 

licheyt  94;  moUentolno  176.  193  neben  mole  180.  181.  Im  ganzen 
sind  die  Fälle  aber  in  diesen  Chroniken  dos  14ten  und  des  beginnen- 
den löten  Jahrhunderts  noch  selten.  Das  kann  uns  nicht  Wunder 
nehmen,  wenn  wir  bedenken,  dass  diese  Geminierung  erst  aufkam, 
als  die  Fähigkeit,  kurze  offene  Silben  einerseits  von  langen  offenen, 
andererseits  von  kurzen  geschlossenen  in  der  Aussprache  zu  scheiden, 
verloren  ging.  Wahrscheinlich  haben  auch  noch  längere  Zeit  die  ver- 
schiedenen Schreibungen,  etwa  von  weten  und  wetten,  keine  so  grosse 
Verschiedenheit  der  Aussprache  bezeichnen  sollen,  als  wie  ein  moder- 
ner Mund  sie  markieren  wird.  Sonst  wäre  nicht  recht  erklärlich, 
wie  noch  im  Reineke  neben  wetten  :  sotten  343  getrost  wetten  :  eten 
(z.  B.  576.  999.  6049)  gereimt  werden  konnte,  statt  wetten  ;  etten  oder 
weten  :  eten;  ebenso  koken  :  wecken  683. 

Das  von  Scheller  herausgegebene  Shigt-B6k  der  stad  Brunswyk, 
dessen  Aufzeichnung  in  den  Anfang  des  16ten  Jahrhunderts  fällt,  hat 
ziemlich  viele  Belege  der  besprochenen  Eigenthümlichkeit  aufzuweisen. 
Mag  man  auch  über  Scheller's  Orthographie,  seine  Schwächen  und 
Wunderlichkeiten  aburtheilen:  hier  darf  seine  Ausgabe  als  Gewähr- 
schrift unbeanstandet  benutzt  werden,  da,  falls  er  seinen  Text  corri- 
giert  hat,  diese  Correcturen  gewiss  Brunswicismen  sind.  Im  Shigt- 
Bok  findet  sich  nun;  untoretten  S.  17;  afgeretten  119.  154;  betten 
137;  beschetten  137;  se  schotten  6.  11;  gesmetten  119;  wetten  55. 
58.  91.  106.  151;  gewetten  162;  forgetten  16.  106.  134;  forgettenheid 
3;  kettel  83;  slottel  9.  11;  (ge)greppen  22.  147;  se  greppen  23.  24. 
57;  sheppel  142.  158.  222;  pöpper  85;  swoppe  32;  geredden  136; 
se  redden  29.  105.  150;  snedden  77;  se  forsnedden  84;  goddes  23. 
godde  19;  Jodden  86;  rodde  73.  89;  boddel  106.  148;  seggel  8.  in- 
geseggel  119;  seggelen  10;  forseggelinge  121;  neggen  (neun)  17.  87. 
155;  koggel  55.  57;  äggel  (Igel)  89.  129;  seggelen  (segeln)  111; 
foggel  228;  ässel  73.  89.  129;  Gosselor  113.  126. 

Es  bleibt  zu  ermitteln  die  geographische  Verbreitung  der  dialek- 
tischen Eigenthümlichkeit.  Sie  erstreckt  sich  einmal  westlich  wenig- 
stens bis  ^ach  Hildesheim.  In  der  Chronik  des  Hildesheimers  Oldekop 
aus  der  Mitte  des  16ten  Jahrhunderts  und  in  einigen  hildesheimischen 
Liedern  derselben  Zeit,  die  Lüntzel  in  der  Zeitschrift  des  Museums 
zu  Hildesheim  Bd.  I.  herausgegeben  hat,  liest  man:  wetten  118.  141. 
146;  toretten  119;  vergetten  130;  gespletten  165;  kettel  128.  134; 
allerdings  kein  gegetten,  sondern  gegeten  126;  toschotten  (zerschossen) 
143;  gemacke  139 ;  gegreppen  119.  127.  132;  scheppel  146;  getreddet 
133.  hierher?  wedder  (weder)  137.  140.  146;  goddes  140.  145.  godde 
142.  144;  von  gg  kein  Beispiel,  sogar  segel  152;  begraffen  138. 
Wichtig  ist  kretten  (angreifen,  verletzen)  209.  218,  weü  es  das  an- 
gezweifelte anebetten  (anbeissen)  Kein.  V.  5637  stützt.  Es  ist  von 
krtten  (streiten)  gebildet,  wie  dieses  von  btten.  Man  vergleiche  auch 
das  hoUänd.  betten. 

Nördlich  erstreckt  sich  der  Brauch  der  Verdoppelung  bis  nach 
fallersleben,  der  Heimat  Hoffmanns;  und  ich  finde  darin  den  Grund, 


96 

warum  HofFmann  an  diesen  Formen  im  Reineke  Vos  keinen  Anstoss 
genommen  hat.  Ich  ziehe  aus  der  Darstellung,  welche  HoJBEmann  von 
der  Mundart  in  Fallersleben  im  5ten  Bande  der  ,Deutschen  Mund- 
arten' von  Frommann  gegeben  hat,  diejenigen  Wörter  aus,  welche 
diese  dialektische  Yerdoppelung  der  Consonanz  zeigen;  die  Participien 
ebetten,  eretten,  eschetten,  esmetten,  ekneppen  •,  aber  estreken,  eweken, 
eslepen,  esno'en,  estre'n,  ebleben,  estegen;  sweppe,  pepper,  nebbel, 
gebbel,  höbbel,  hobbe  (Hofe),  schebber,  stebbel,  stöbbem,  preddigen, 
eggel,  seggel  (Segel  u.  Siegel),  roggel,  teggel,  böggel,  flöggel,  höggel, 
töggel,  föggel,  logge,  09901  (Esel),  ki99erlink  (Kiesel),  endlich  die  ur- 
sprünglich langsilbigen  motten  (begegnen)  und  högger  (höher). 

Dass  auch  südwestlich  von  Braunschweig,  am  Oberharze  und 
vielleicht  noch  weiter  westlich,  dieselbe  Mundart  herrschte,  beweist 
das  von  Schönemann  herausgegebene  Schauspiel  ,Der  Sündenfall'.  Als 
Schreiber  desselben  nennt  sich  zum  Schluss  ein  Johannes  Bokenem, 
nach  Schönemänn  1491 — 1508  als  Altarist  in  Goslar  urkundlich  nach- 
weisbar. Man  würde  somit  annehmen  dürfen,  dass  sein  Dialekt,  der 
von  Goslar  oder  der  des  zwischen  Hildesheim  und  Goslar  liegenden 
Städtchens  Bockenem,  in  der  sprachlichen  Fassung  des  Gedichtes  vor- 
läge, wenn  nicht  Reime  vorkämen,  wie  sottest  (setzest)  :  wettest  (du 
weisst)  1606.  sotten  :  wetten  707.  1649.  2076.  3236  und  sonst  und 
andrerseits  weten  :  seten  3575,  welche  darthun,  dass  diese  Formen 
bereits  der  Mundart  des  Dichters  angehörten.  Nach  dem  Akrostichon 
der  Vorrede  hiess  dieser  Arnold  Immesen.  Dass  er  Rector  oder 
Plebanus  zu  Eimbek  gewesen,  schliesst  Schönemann  aus  der  Erwähnung 
des  Eimbeker  Bieres  Y.  2700  ohne  Grund.  Nach  seinem  Namen  mag 
er,  wie  Schönemann  annimmt,  aus  dem  dieser  Stadt  benachbarten 
Dorfe  Immssen  gewesen  sein.  Ausser  den  bereits  verzeichneten  Sprach- 
formen liefert  uns  nun  dieses  Gedicht  noch  •folgende:  gewetten  (ge- 
wusst)  :  gegetten  1053;  gesletten  :  wetten  1372.  1825;  eten  :  wetten 
888.  962;  wetten  982.  3278.  wette  1218.  de  wette  (der  wisse)  3179. 
wette  gj  2241.  wettet!  2242;  gegetten  1626;  greppest  1122;  zecker 
(sicher)  3198;  queke  (Viehe)  :  dreke  (Drecke)  820;  godde  1971;  wy 
kommen  2273;  eilen  :  schellen  (=  schalen  im  Bremer  Wb.).  eilen 
1722.    Deger  gegen  20mal,  aber  nie  degger. 

Gegen  Eimbek  oder  Immssen  als  Heimat  des  Dichters  habe  ich 
das  Bedenken,  dass  Göttingen,  welches  doch  ganz  nahe  bei  Eimbek 
liegt,  von  der  dialektischen  Doppelconsonanz  fast  gar  keine  Spuren 
zeigt.  "Wenigstens  finde  ich  in  dem  von  Schmidt  herausgegebenen 
Urkundenbuche  von  1401 — 1500  wenig  Belege  und  diese  meistens 
da,  wo  sie  hildesheimischen  oder  braunschweigischen  Schreibern  bei- 
gemessen werden  dürfen.  Die  wenigen  Stellen  sind:  wetten  S.  47. 
56.  84.  86.  362.  373.  389.  390.  396;  hirmodde  87;  vorthredden  198 
neben  bethreden  199;  angreppe,  greppen  190.  togreppe  191  neben 
angegrepen  191;  reddelik  218.  reddelicheit  354;  hecket  380.  425.  426; 
wecken  393.  396.  400;  peckel  425.  426.  Dass  dem  göttingischen 
Dialekte  solche  Formen  wenig  gemäss  waren,  dafür  liefert  das  Scham- 


97 

'sehe  Wörterbuch  der  modernen  Mundart  von  Göttingen  und 
Grubenhagen  den  Beweis,  das  freilich  aus  Urkunden  z.  B.  dagger  = 
(leger  beibringt,  allein  in  der  jetzigen  Sprache  selbst  da,  Consonant- 
verdoppelung  vermissen  lässt,  wo  das  übrige  Nd.  sie  zeigt,  z.  B.  keteln 
hat  für  ketteln,  ledig  für  leddig,  federe  für  feddere,  Formen,  welchen 
man  zum  Theil  bereits  in  jenem  Urkundenbuche  im  Gegeilsatz  zum 
Gemeinmnd.  begegnet. 

Ebenso  kennt  der  lippische  Dialekt  nach  Echterlings  Auffassung 
bei  Prommann  Bd.  VI  wenige  dieser  Geminationen,  höchstens  dell 
(Diele),  potte,  sweppe  neben  swiepe,  splette  (Schambach  splete),  steckel 
(Schamb.  stickel  steil),  strotte  (Luftröhre),  dagegen  diger  =  deger. 
Die  Form  swiepe  führt  uns  schon  aus  den  Thälern  der  Leine  und 
Weser,  dem  oberen  Engern,  ins  "Westfälische.  Lyra's  Plattdeutsche 
Briefe  bieten  als  osnabrückisch  freilich  gattes  (Gottes),  jedder  neben 
jeder,  preddigen,  Meddiziin,  unnerweggens  und  noch  einige  wenige 
Geminationen,  Regel  ist  aber  den  Vocal  zu  brechen,  also  zu  sprechen  : 
bieter,  wieten,  stieken,  liepel,  kuulengriäwer,  kuaten  (Ketten  oder 
Katen,  Häuschen),  uutspriöke,  huasen,  das  d  aber  auszuwerfen:  fiere, 
lüg  (ledig),  rüüe  (Hund).  Diese  Quali^ätsveränderung  der  Vocale,  die 
Brechung  kurzer  Vocale  in  offener  Silbe,  ist  der  Weg,  den  das  West- 
fälische eingeschlagen  hat,  um  für  jenen  Verlust  feinerer  Quantitäts- 
unterscbeidungen  einen  Ersatz  zu  gewinnen:  9  wird  ie,  iä,  0  wird 
uo,  ua,  ue,  ö  wird  üö,  iö,  uö,  üe.  Belege  dafür  bieten  die  Arbeiten 
westfälischer  Gelehrten  und  Schriftsteller  in  Fülle,  vor  allem  ist  auf 
¥oeste's  zahlreiche  und  gründliche  Untersuchungen  in  Frommann's 
Mundarten  und  auf  seine  ,Volksüberlieferungen  in  der  Grafschaft 
Mark'  zu  verweisen. 

Während  Woeste  und  Lyra  für  ihre  Dialekte  einfachen  Conso- 
nanten  auf  den  gebrochenen  Vocal  folgen  lassen,  setzt  Ungt  in  seinen 
zu  Münster  erschienenen  ,Snurren  und  Snaken'  regelmässig  doppelten, 
z.  B.  biecke  (Bach),  stiäcken,  wietten,  stiädde,  kieddo,  smiedden,  kiäUe, 
guodde  (Gotte),  knocken,  kuotte,  kuötter,  kuemmen,  kiücke  (Küche). 
Dass  diese  Geminierung  wirklich  einen  Unterschied  der  Aussprache 
von  der  märkischen  und  osnabrückischen  Mundart  darstellt,  schliesse 
ich  aus  den  Wörtern,  in  denen  dd  auf  den  Vocal  folgt,  wie  stiädde 
U.S.  w.;  diese  würden  in  jenen  beiden  Dialekten  ohne  d  lauten. 
Ausfallen  kann  eben  nur  das  einfache  d.  Der  Held  der  Ungesehen 
Erzählungen  ist  aus  Sassenbiärg.  Dieser  Ort  liegt  zwischen  Münster 
und  Paderborn,  ganz  in  der  Nähe  von  Freckenhorst.  Aus  diesem 
Kloster  theilt  nun  Friedländer  im  Codex  traditionum  Westfalicarum 
I,  187  ein  ,Bruchstück  einer  Art  Hofesrecht  von  Freckenhorst  aus 
den  letzten  Jahren  des  löten  Jahrhunderts'  mit,  das  in  Betreff  der 
Gemination  völlige  Uebereinstimmung  mit  der  Ungt'schen  Darstellung 
des  neueren  Dialektes  jener  Gegend  ergibt:  wetten  191.  193 ;  better 
199.  202;  kettel  191.  192;  ketten;  reckenen  200.  201.  reckenschop 
191.  200.  201,  daneben  rekenen  200;  gebrocken  192.  195.  197,  da- 
neben broöken  197;  sprecken  194;  wecken  (Wochen)  201;   oppenbar 

Niederde^ttohes  Jahrbnoh»  I.  7 


98 

200;  verbodden;  geleggon  196;  enteggen  192,  daneben  unttegen  196; 
vortogge  (verzöge)  200;  sogge  (der  Sug)  201;  poll  (Pfühl)  191;  tom- 
melick  201;  wonnen  195;  aber  segel,  besegelen  199.  200.  Wir  hätten 
also  hier  in  Westfalen  einen  zweiten  Dialekt  gefunden,  der,  wie  der 
Braunschweigische,  zu  der  in  Kede  stehenden  Eigenthüralichkeit  des 
ßeineke  stimmt. 

Allein  mit  der  Consonantengemination  ist  die  Reihe  der  Ab- 
weichungen, welche  sich  der  Reineke  von  der  Sprache  seines  Druck- 
ortes gestattet,  noch  nicht  abgeschlossen.  Eine  der  am  meisten  in 
die  Augen  fallenden  ist  die  Beibehaltung  des  alten  kurzen  o  in  offe- 
ner Silbe.  _  In  Lübek  sprach  man  seit  mindestens  der  Mitte  des  15ten 
Jahrhunderts,  wie  die  Urkunden  und  die  Chroniken  ausweisen,  nicht 
mehr  komen,  gode,  vogel,  sondern  kämen,  gäde,  vägel,  wofür  man  in 
Ermangelung  eines  passenden  Zeichens  kamen,  gade,  vagel  schrieb 
und  druckte.  Jenes  alte  o  haben  der  ostfälische  und  oberengersche 
Dialekt  bis  auf  den  heutigen  Tag  festgehalten.  Allerdings  zeigen 
auch  andere  Lübeker  Drucke  um  1500  noch  nicht  jenes  a,  so  z.  E. 
mehrere  Ghotan'sche  Drucke.  Grund  für  die  Beibehaltung  der  alten 
Formen  mag  neben  der  Heimat  der  Drucker  und  Verfasser  vielleicht 
die  Rücksicht  auf  die  litterarische  Gattung  des  "Werkes,  vielleicht  auch 
die  Speculation  auf  ein  grösseres  Publicum  gewesen  sein.  Gewiss 
wirrte  keinen  Lübeker  oder  Meklenburger  das  alte  noch  nicht  ganz 
verwundene  o,  dagegen  hätte  dem  Westfalen,  Braunschweiger,  Magde- 
burger ein  a  an  der  Stelle  von  o  das  Verständniss  erschwert.  Doch, 
was  auch  der  Grund  gewesen  sein  mag,  diese  Abweichung  des  Reineke 
von  der  ,osterschen'  Sprache  ist  jedenfalls  zu  constatieren.  Nach 
Hoffmann  Reineke  Vos.  2te  Ausg.  1852.  S.  XX  hat  übrigens  schon 
der  Rostocker  Druck  von  1517  dieses  o  in  a  geändert. 

Nordelbingisch  lauten  ferner  die  Formen  des  persönlichen  Pro- 
nomens dritter  Person  em,  en,  ene,  er.  Sie  sind  auch  im  Reineke 
die  üblichen,  doch  begegnen  einige  Male  ome,  one,  or  und  in  der 
Vorrede  und  in  d«n  Glossen  auch  creme,  oren,  orer.  Das  sind  aber 
wiederum  Kennzeichen  jener  beiden  binnenländischen  Mundarten. 
Ein  weiteres  Kennzeichen  derselben  ist,  dass  sie  das  Particippraefix 
ge  in  e  wandeln.  Davon  hat  nun  freilich  der  Reineke  keine  Spur. 
Aber  ein  mit  ge  componiertes  Adjectiv,  das  gleichfalls  in  jenen  Mund- 
arten dies  ge  in  e  verändert,  weist  er  in  dieser  Form  ennöch  (genug) 
auf.  Das  Mnd.  Wörterbuch  bringt  allerdings  auch  ein  ennuch  aus 
Detmars  Lübischer  Chronik,  hrsg.  v.  GrautoflF,  I,  185  bei.  Es  steht 
dort  in  einem  Bericht  über  tartarische  Geschichte,  den  Detmar  nach 
seiner  Angabe  (S.  193)  dem  Haythonus  (s.  Hans.  Geschichtsbl.  1871 
S.  80)  entlehnt  hat;  ob  direkt,  ob  aus  einer  abgeleiteten  Quelle,  etwa 
einer  anderen  deutschen  Chronik,  sagt  er  nicht.  Dies  eine  Beispiel 
scheint  mir  gegenüber  dem  sonst  durchaus  üblichen  genoch,  genuch 
die  Behauptung  nicht  zu  entkräften,  dass  ennoch  im  Reineke  Yos 
nicht  der  Lübeker  Mundart  angehört. 

Das  auffällige  swummen  hat  Latendorf  in  Pfoiffer's  Germania  IX, 


-^t ' 


99 

451  durch  zwei  Stellen  aus  Bruns  ,Romantische  Gedichte',  Höfer  das. 
14,  211  durch  mehrere  andere  Belege  gesichert.  Die  Handschrift,  die 
Bruns  unter  diesem  Titel  hat  abdrucken  lassen,  stammt  aus  Helmstedt, 
einige  Meilen  östlich  von  Braunschweig,  und  der  Herkunft  entspricht 
die  dialektische  Färbung  der  Sprache.  So  findet  sich  in  dem  kleinen 
Stücke  jRathsversammlung  der  Thiere'  ausser  swummen  noch:  dek 
und  dik,  ek  neben  ik,  wetten,  in  der  ,Geschichte  Alexanders  des 
Grossen'  lesen  wir  ausser  swummen:  ome,  on,  ore,  or,  ot  neben  et, 
godde,  goddes,  goddinne,  wetten,  gik  (euch),  swoppe  neben  s  wepe,  hofstidde. 
]!Tach  den  binnenländischen  Dialekten,  zumal  nach  dem  braun- 
schweigischen,  weist  noch  manches  andere.  Weniger  Gewicht  lege 
ich  auf  die  Brechung  in  folgenden  "Wörtern  des  Reineke  Vos :  lochter, 
nüchteren,  rechte,  Slobbe,  rebbe,  smette,  pek,  he  et,  he  wel,  Schar- 
penebbe, welche  freilich  im  heutigen  nordelbingischen  Dialekte  u, 
resp.  ü,  und  i  haben,  für  welche  aber  im  Mnd.  die  Vocale  nicht  so 
fest  standen.  Wichtiger  erscheint  das  Prtcp.  gestoken  (statt  gesteken), 
das  sich  auch  in  LüntzeVs  Hildesheimischer  Stiftsfehde  119.  122.  135. 
138  findet.  Weiter:  nu  (nü)  für  ne  oder  ni  (nie).  Diese  Form  ist, 
soviel  mir  bekannt,  nördlich  der  Elbe  nur  in  Schleswig  zu  Hause. 
Detmar  Lüb.  Chron.  hat  ny,  z.  B.  I,  167.  Hänselmann's  Braunschw. 
Chroniken  dagegen  bieten  nü  S.  137.  138.  143,  jü  (je)  S.  142.  Dem 
datte  im  Reineke  entsprechendes  watte  (was)  haben  Shigt-Bök  S.  150, 
Göttinger  XJrk.-B.,  hrsg.  v.  Schmidt  no.  28,  Schönemann  Sündenfall 
2743.  Dutte,  dütte  (dies)  liest  man  Shigt-Bök  3.  72.  166,  Sühdenf.  272. 
Hornscheit  oder  wenigstens  diese  Form  des  Wortes  findet  sich  ausser 
im  Reineke  nur  noch  in  Hänselmann's  Braunschweigischen  Chroniken. 
Ein  Wort  gräl  kennt  Reineke  Yos  für  Fröhlichkeit,  die  mit 
Lärm  verbunden  ist.  Unter  den  zahlreichen  Beispielen,  die  das  Mnd. 
Wb.  beibringt  und  zu  denen  ich  auch  das  achtmalige  Vorkommen  des 
Wortes  im  Shigt-Bök,  so  wie  die  zwei  anderen  Stellen  rechne,  welche 
das  Mnd.  Wb.  sämmtlich  mit  Unrecht  von  gräl '  trennt*),  sind  bei 
Weitem  die  meisten  aus  Braunschweig,  andere  aus  der  Nachbarschaft. 
Schon  in  der  Braunschweigischen  Reimchronik  zeigt  sich  ja  die  Be- 
kanntschaft mit  der  Gralsage.  *  * 
In  den  Versen  674  flf.: 

islik  nam  mit  sik  sine  were, 
wat  he  ^rst  kr§ch  Üt  stnem  werke: 
de  eine  eine  vorke,  de  ander  eine  harke, 
de  dridde  ein  spöt,  de  verde  eine  rake, 
de  vifte  einen  groten  tunenstake. 
hat  Hoffmann  rake  für  einen  grossen  Rechen  rastrum,  harke  aber  als 
Rechen  rastellum  erklärt,  mit  welchem  Fuge,  weiss  ich  nicht,  Lübben 
und  Schröder  geben  beide  Wörter  durch  Reche,  Harke  wieder.     Rake 
findet  sich  schon  im  Reinaert,  harke  hat  der  Uebersetzer  hinzugesetzt. 

*)  Das  Wh*  setzt  gral  ^GroU'  an,  bringt  aber  den  Genetiv  grals  und  die  Schrei- 
bung grael.  Ein  gral,  das  mit  grellen,  dem  Adj.  gral(le)  zusammenhinge  und  gleich 
,Gron*  wäre,  müsste  im  Gen.  gralles  lauten. 

7* 


100 

Man  wird  nicht  anzunehmen  brauchen,  dass  derselbe  gedankenlos  oder 
des  Reimes  halber  zweimal  dasselbe  Werkzeug  genannt  habe.  •  Ent- 
weder war  der  TJebersetzer  aus  einer  Gegend,  in  welcher  harke  und 
rake  nebeneinander  und  zwar  wahrscheinlich  für  verschiedene  Arten 
von  Rechen  galten,  etwa  mit  der  von  Hoffmann  angenommenen  Unter- 
scheidung: dann  wäre  diese  Gegend  zu  suchen,  welche  Holstein  gewiss 
nicht  ist,  obschon  Schütze  Holstein.  Idiotikon  ein  raake  als  holsteini- 
sches Wort  für  Rechen  ausgibt,  denn  das  Holsteinische  kennt  nur 
harke.  Oder  aber  der  TJebersetzer  meinte  mit  rake  etwas  ganz  an- 
deres, als  was  er  unter  harke  verstand.  Sollte  es  das  von  Strodtmann 
für  einige  Orte  des  Osnabrückischen,  von  Echterling  fürs  Lippische 
bezeugte  racke  =  brake,  Flachsbreche,  sein,  so  würde  auch  dieses 
Wort  uns  wieder  in  südelbingische  Landschaften  weisen. 

Der  Name  Lorde,  der  im  Genetiv  in  der  Benennung  seiner  Frau 
Talke  Lorden  Quaks  d.  h.  Adelheid  Frau  des  Lorde  Quack  erscheint, 
hat  der  Deutung  Schwierigkeit  bereitet.  Lorde  scheint  Koseform  eines 
mit  liud  anlautenden  Namens,  der  als  zweiten  Theil  etwa  gard,  hard, 
hrod  oder  ward  gehabt  haben  kann.  Lurdes  soll  ein  Bürger  der  Stadt 
Osterode  geheissen  haben,  welcher  sich  in  den  Unruhen  dieser  Stadt 
i.  J.  1510  hervorthat.  Der  Name  ist  entweder  starker  Genetiv,  wie 
Lorden  schwacher,  oder  aus  Lurdensone  verkürzt.  Ob  dies  Hyporisti- 
kon  Lord(e),  Lurd(e)  sich  anderswo  wiederfindet? 

Ein  Lieblingswort  des  Reineke  Vos  ist  plas  in  den  Ausdrücken 
to  plasse  (plas)  bringen  V.  1474.  2236.  2675.  2756.  Vorrede,  bei 
Lübben  S.  V;  Glosse  1,  7.  14.  36;  Ueberschrift  4,  2.  to  pl.  komen 
V.  2723;  Glosse  1,  14.  3,  14.  Das  Wort  wird  damals  vielleicht  über- 
haupt beliebt  gewesen  sein;  doch  habe  ich  es  bis  jetzt  nur  noch  im 
Sündenfall:  to  plasse  bringen  V.  723.  1174  und  im  Shigt-Bök:  to  plas 
komen  S.  130;  vele  plasses  maken  S.  8;  plasmäker  (Lärmmacher, 
Aufrührer)  S.  26  geftinden. 

Glosse  1,  17.  gibt  entladdigen  für  entleddigen.  Schlagen  wir 
im  Mnd.  Wb.  ledder  (Leder),  leddich  u.  s.  w.  nach,  so  begegnet  uns 
iadder  im  Schip  von  Narragonien  (Rostock  bei  Dietz  1519)  und  in 
einer  Komoedie  des  Joachim  Burmeister  in  Rostock  (Rostock  1605), 
faddich  wieder  im  Schip  v.  N.  und  in  der  St.  Birgitten  Openbaringe. 
Lübek  1496,  laddichgank  im  Schip  v.  N.  und  im  Salter  to  Dude. 
Lübek  1493,  laddichgenger  im  Schip  v.  N.  und  im  Lübeker  Doden- 
dans  V.  1496.  Sehen  wir  vom  Burmeister  ab,  so  scheint,  da  der 
Rostocker  Ausgabe  des  Narrenschiffes  von  1519  nach  Zarncke's  Aus- 
führung in  Haupt's  Zeitschrift  9,  381  höchstwahrscheinlich  eine  Lü- 
beker von  1497  vorausging,  sich  hier  eine  lübische  Spracheigenheit 
zu  ergeben.  Allein  weder  vor  noch  nach  diesem  letzten  Jahrzehnt 
des  löten  Jahrhunderts  habe  ich  diese  Formen  in  Lübek  wieder  ange- 
troffen, V.  Melle  in  seinem  handschriftlichen  Lexicon  linguae  veteris 
Teutonicae  quae  vulgo  de  plattdüdesche  Sprake  vocatur  verzeichnet 
sie  nicht,  sondern  blos  ledder,  leddich,  und  der  jetzige  Dialekt  kennt 
sie  gleichfalls  nicht.    Das  muss  bedenklich  machen.    Aber  aus  welchem 


r 


101 

Dialekte  sie  stammen  mögen,  weiss  ich  nicht  zu  sagen,  nur  vergleichen 
kann  ich  baddel  Bettel,  baddeln  betteln  bei  Schambach. 

Dass  der  TJebersetzor  kein  Ltiboker  war,  scheint  mir  auch  aus 
der  Beibehaltung  der  niederländischen  Form  slik  hervorzugehen.  Die 
holsteinische  Aussprache  ist  slick,  Genet.  slickos.  Ein  slik,  Genet. 
slikes,  wie  Lübben  ansetzt,  ist  meines  Erachtens  unmöglich.  Nach 
ndrd.  Lautgesetz  sind  nur  drei  Formen  des  Wortes  möglich:  slik,  Gen. 
Silkes,  was  aber  nicht  vorkommt;  slik.  Gen.  slickes,  die  holsteinische 
Form;  slik,  Gen.  slikes,  die  holländische  und  ostfriesische  Form,  die 
auch  der  Reineke  bietet. 

Vielleicht  wird  noch  manches  der  Sprache  des  Reineke  Eigene 
sich  als  speciel  diesem  oder  jenem  Dialekte  angehörig  nachweisen 
lassen.  Bare  und  bore  erscheinen  nebeneinander.  Bare  steht  296, 
bore  315  im  Reim.  Diese  ist  die  gemeinniedersächsische ,  jene  die 
niederländische  Form.  Es  wäre  zu  untersuchen,  ob  bare  auch  in 
einem  ndrsächs.  Dialekte  gebräuchlich  ist.  Anderes,,  was  auiEBlllt,  ist 
krepen  für  krupen,  gelacht  für  gelecht  Glosse  2,  7  u.  Vorr.  z.  Buch  IV, 
dat  vür  brant  statt  brent  oder  bernt  zweimal  in  Glosse  2,  7;  nochtan, 
nochtant  und  nochtans  nebeneinander,  nach  einmal  für  noch  und 
möglicherweise  Verschiedenes,  was  mir  entgangen  ist.  Doch  den 
Gegenstand  erschöpfen  soll  und  kann  meine  Arbeit"  nicht,  sie  will 
Mos  zur  eigentlichen  Forschung  anregen,  die  sich  nicht  auf  die  erste 
Ausgabe  des  R.  V.  beschränken  darf,  die  einmal  die  späteren  Drucke  des- 
selben, andererseits  die  übrigen  um  die  Wende  des  löten  Jahrhunderts 
in  Lübek  gedruckten  Bücher  zur  Vergleichung  heranziehen  muss. 

HAMBURG.  C.  Walther. 


Miscellen  aus  dem  Sachsenwalde. 


Nachstehende  Züge  lebendigen  Volksglaubens  sind  von  mir  ge- 

j      sammelt  in  den  Lauenburgischen  Dörfern  Dassendorf  und  Wohltorf 

und  den  holsteinischen  Witzhave  und  Raustorf,  so  wie  auf  der  Holz- 

i      vogtei  Kupfermühle  bei  Friedrichsruh  im  Sachsen walde.     Ich  verbürge, 

[      dass  dieselben  genau  so,  wie  ich  sie  hier  gebe,   noch  in   den  letzten 

Jahren  im  Munde  mehrerer  alter  Bauern  in  den  vier  genannten  Orten, 

einer  alten  Bauerfrau   und   eines   Schusters   in   Dassendorf  und   des 

Holzvogtes  Brant  senior  lebten  —  natürlich  bei  Verschiedenen  Ver- 

i      schiedenes.    Wo  es  mir  nöthig  scheint,  gebe  ich  den  speciellen  Ge- 

I      währsmann  an. 

I.    Der  Wanen,  Wände,  Wange,  Waul  (letztere  Form  nur  beim 
;      Tagelöhner  Möller  in  Dassendorf)  zieht  unsichtbarer  Weise  des  Nachts 
!      umher,  besonders  in  den  Zwölften,  begleitet  von  zwei  Hunden.    Tage- 
löhner Möller  hat  in  seiner  Jugend  einen  dieser  Hunde  gesehen,  den 


/ 

I 


102 

der  Waul  unter  einer  Bettstatt  niedergelegt  hatte,  als  er  das  Haus 
im  nächtlichen  Sturme  durchfuhr.  Es  war  zu  Müssen,  Hzgth.  Lauen- 
burg, in  den  Jahren  1806  oder  7.  Das  Thier  hatte  die  Form  eines 
Jagdhundes  und  war  schwarz  und  weiss  getigert.  Kein  anderer  Hund 
wagte  sich  an  ihn  heran,  kein  Mensch  störte  ihn  —  kam  ihm  Jemand 
nahe,  „denn  gnurr'  he;  he  wul  nich  weg;  wo  he  log,  do  leg  he." 
Auch  genoss  er  durchaus  nichts.  So  lag  er  ein  Jahr  lang,  bis  der 
Waul  ihn  wieder  in  einer  Zwölfennacht,  das  Haus  durchfahrend,  mit 
sich  nahm. 

Derselbe  Möller  erzählt,  wie  der  "Waul  einst  mit  seinen  Hunden 
zur  Nachtzeit  zu  einem  Bauern  iam  und  ihn  anschrie :  „Rügföt  oder 
Kälföt?"  „Rügföt!"  antwortete  der  Bauer.  Sofort  zerrissen  die  Hunde 
eine  Kuh.  Hätte  der  Bauer  „Kälfot"  gesagt,  so  wäre  ein  Mitglied 
seiner  Familie  verloren  gewesen.  Nachdem  das  Fleisch  der  Kuh  ver- 
schlungen war,  gebot  der  "Waul  dem  Bauern,  die  Knochen  auf  den 
sogenannten  Räm,  d.  i.  den  Rauchfang  des  Heerdes,  zu  legen,  und 
dort  ein  Jahr  lang  unberührt  zu  lassen,  worauf  er  fortflog.  Der 
Bauer  gehorchte.  Nach  einem  Jahre  kam  der  Waul  wieder,  und  hiess 
ihn  die  Knochen  herunter  nehmen.  Sie  hatten  sich  inzwischen  in 
Gold  verwandelt. 

II.  Die  Heljägep  (oder  im  Sing,  der  Heijäger)  „dörwabgen"  des 
Naehts  die  Luft  zu  Pferde;  besonders  auch  in  den  Zwölften. 

in.  Der  Draak  zieht  bei  Tage  durch  die  Luft.  Er  hat  einen 
grossen  Hundskopf  und  einen  glühenden  Schlangenschweif.  Frau 
Möller  in  Dassendorf  hat  das  selbst  in  ihrer  Jugend  gesehen.  Wenn 
des  Nachts  ein  Feuerschein  im  öden  Felde  zu  sehen  ist,  so  schreibt 
man  dies  dem  Draaken  zu.  Er  schliesst  zuweilen  mit  Menschen  ein 
Büiidniss,  denen  er  dann  Gold  bringt.  Eine  Frau  pflegte  ihn  stets 
Sonntags  Morgens  während  der  Kirchzeit  zu  empfangen,  nachdem  sie 
ihr  ganzes  Gesinde  in  den  Gottesdienst  geschickt  hatte.  Bei  dieser 
Gelegenheit  brachte  er  ihr  nach  Wunsch  das  Mittagsmahl  für  den 
ganzen  Hausstand:  dasselbe  fand  sich  fertig  auf  dem  Tische  vor, 
wenn  das  Gesinde  heimkehrte;  worüber  sich  dieses  höchlich  verwun- 
derte. Einst  blieb  ein  Knecht  aus  Neugier  versteckt  im  Hause  und 
sah  den  „Düwel"  alsbald  zur  Bodenluke  hereinkommen.  Die  Frau 
hielt  ihm  einen  Napf  hin.  „Wat  wullt  du?"  fragte  der  Draak. 
„Klüten  un  Plummen!"  gab  sie  zur  Antwort.  Doch  ehe  sie  die  Gabe 
erhalten  hatte,  rief  der  Draak  wieder:  „Da  sünd  twe  Lichter  to  v^l! 
Schall  ick  se  ütpusten?"  „Ne!"  schrie  die  Frau,  die  nicht  wusste, 
ob  der  Versteckte  nicht  einer  ihrer  Angehörigen  sei.  Da  entflog  der 
Draak,  ohne  sie  zu  beschenken.  Rache  für  diese  Störung  nahm  er 
jedoch  an  Niemand. 

IV.  Ein  schwarzer  Reiter  geht  in  der  Gegend  von  Raustorf 
und  Witzhave  um.  Er  ist  ein  Richter  gewesen  und  büsst  so  seine 
übergrosse  Strenge. 

V.  Ein  gespenstiger  Ziegenbock  spukt  in  dem  Holze  bei  Rau- 
storf.   Man  hört  zuerst  sein  Meckern,  das,  während  man  flieht,  immer 


103 

näher  kommt.  Zuletzt  empfängt  man  einen  Stoss  in  den  Rücken 
und  wird  zu  Boden  gedrückt;  dann  kann  man  sich  durch  ein  leichtes 
Wort  befreien,  aber  es  muss  einem  im  rechten  Augenblick  einfallen; 
erzählen  lässt  es  sich  nicht. 

YI.  Eine  fcraue  Katze  narrte  vor  einigen  Jahren  zwei  Bauern, 
die  nächtlicher  Weile  von  "Witzhave  nach  Hamburg  fuhren.  Jeder 
sah  sie  und  empfand  ein  heftiges  Missbehagon.  Jeder  schlug  mit 
der  Peitsche  nach  ihr  und  sah,  wie  er  traf;  aber  A  schlug  vom  Vorder- 
ende des  "Wagens  nach  vorne,  B  vom  Hinterendo  zurück,  A  fühlte 
die  Schläge  B's  am  eigenen  Leibe  und  umgekehrt.  Eine  Prügelei 
war  die  natürliche  Folge. 

TII.  Kronschlangen  hat  es  früher  mohrfach  gegeben.  Die  letzte 
bewohnte  nach  Angabo  des  Ehepaars  Möller  in  Dassendorf  die  Quelle 
in  der  Wildkoppel  bei  Roinbock,  die  jetzt  die  Wasserheilanstalt  Sophien- 
bad versorgt.  Ein  Schmied  aus  Witzhave  erschlug  nach  Bericht  eines 
Witzhaver  Bauern  einst  eine  solche,  worauf,  durch  ihren  Pfiff  im 
Sterben  herbeigerufen,  alle  Schlangen  der  Welt  ihn  bis  zum  Abend 
verfolgten.  Da  er  ein  sehr  gutes  Pferd  ritt,  entkam  er  glücklich. 
Als  er  uun  nach  Sonnenuntergang  ganz  dankbar  seinen  Renner  strei- 
chelte und  mit  der  Hand  über  den  Schweif  fuhr,  biss  ihn  eine  Natter 
in  dieselbe.  Das  Thier  war  dem  laufenden  Pferde  nachgesprungen 
und  hatte  sich  unter  die  Schwanzhaare  gemischt. 

VIII.  Dieser  Schmied  hiess  Haek.  Er  pflegte  mit  einem  Freunde, 
der  Zimmermann  war,  des  Nachts  Holz  aus  dem  nahen  Sachsenwalde 
zu  stehlen  (geschieht  noch  häufig  ohne  das  geringste  Gefühl  des  Un- 
rechts: Witzhave  ist  holsteinisch,  der  Sachsen wald  lauenburgisch;  man 
fühlt  sich  in  Feindes  Land.)  Einst  am  Waldrande,  da  Hack  das  zu- 
sammen getragene  Holz  auf  den  Wagen  packte,  mit  dem  er  es  durch 
die  Bille,  welche  hier  die  Grenze  bildet,  in  Sicherheit  bringen  wollte, 
erschien  ihm  ein  ungeheurer  schwarzer  Hund  mit  tellergrossen  Augen. 
Hack  schlug  nach  ihm  mit  der  Axt,  aber,  wie  gut  er  auch  zielte,  der 
Schlag  traf  nur  die  Erde.  Als  er  aufsah,  waren  Hund  und  Augen 
noch  grösser.  Er  zielte  nun  noch  besser,  schlug  sehr  heftig,  aber 
mit  demselben  Erfolg.  Die  Augen  des  Hundes  waren  jetzt  wie 
Mühlenräder.  Hack  nahm  jetzt  alle  Kraft  und  Geschicklichkeit  zu- 
sammen; aber  wieder  fühlte  er  seine  Schneide  nur  in  die  Erde  ein- 
dringen. .Da  überwältigte  ihn  das  Grauen;  er  liess  die  Axt  stecken 
und  entfloh  über  die  Bille,  ohne  weiter  aufzusehen.  Der  Erzähler 
war  der  Ansicht,  diese  Flucht  sei  wohl  sehr  rathsam  gewesen. 

IX.  Der  erwähnte  Zimmermann  hiess  Hinseli.  Als  er  einst 
mit  Hack  mitten  im  Walde  war,  sahen  sie  ein  weisses  Boss  umher- 
laufen, das  beständig  wuchs,  bis  es  über  die  höchsten  Bäume  empor 
ragte.  Beide  überkam  ein  Grauen,  sie  kehrten  an  die  Bille  zurück 
und  luden  ihr  Holz  auf.  Dabei  brach  sich  Hinsch  ein  Bein.  (Diese 
drei  Stücke  stammen  von  demselben  Bauern  in  Witzhave,  dessen  Ge- 
währsmann den  Hinsch  noch  persönlich  gekannt  hat.) 

X.  Am  Bache  Aue,  eine   halbe   Stunde   oberhalb  der  Kupfer- 


104 

mühle,  einige  hundert  Schritte  von  dem  neuen  Jägerhause  der  Ham- 
burger Gesellschaft,  die  dem  Fürsten  Bismarck  die  Jagd  in  diesem 
Revier  abgepachtet  hat,  lag  vor  vierzig  Jahren  die  Stangenmühle, 
deren  Mühlendamm  noch  heute  steht.  Dort  hauste  in  alter  Zeit  der 
Schmied  MSIand  oder  Ammeland.  Er  schmiedete  die  besten  aller 
Waflfen:  Gewährsmann  —  Holzvogt  Brant  —  hat  noch  ein  dreikanti- 
ges, armdickes,  10'  langes,  an  beiden  Enden  zugespitztes  Schmiede- 
eisen in  der  Erde  gefunden,  das  er  auf  Moland  zurückführt.  Einst 
wollte  M^land  das  Land  verlassen;  aber  der  König,  der  ihn  nicht 
entbehren  wollte,  Hess  ihm  die  Augen  ausstechen.  So  schmiedete  er 
mit  Zwang  weiter.  Des  alten  Brant  Berichterstatter,  ein  Knecht,  der 
zu  Anfang  des  Jahrhundorts  schon  ein  Greis  war,  hat  noch  eine  lange 
Geschichte  davon  gewusst,  die  Brant,  als  ich  ihn  kennen  lernte,  schon 
vergessen  hatte.  Auch  wollte  Brant  wissen,  dass  schon  vor  Meland 
ein  anderer  Schmied  dort  im  "Walde  und  zwar  in  derselben  Schmiede 
sein  Handwerk  betrieben  habe.  Der  sei  aber  bankerott  geworden  und 
nach  Hamburg  gezogen. 

XI.  Riesen  hat  es  in  alter  Zeit  in  der  Gegend  von  Schwarzen- 
beck  gegeben.  Mit  einem  Bauern  haben  sie  einst  gewettet  —  um 
was  ist  vergessen  —  ob  sie  bis  dahin  werfen  könnten,  wo  der  Deck- 
stein auf  dem  Riesenbette  im  Brunstorfer  Wildpark  liegt.  Dieser 
Deckstein  ist  die  Wirkung  und  das  Zeichen  ihres  Sieges.  („Dat  se 
von  Swattenbok  den  Sten  smeten  hebben,  dat  glöw  ik  nich;  dat  is 
en  Mtl  Wögs"  —  meinte  Holzvogt  Brant.)  Auch  ein  grosser  Stein 
in  einem  Teiche  zu  Hamfelde  soll  von  den  Schwarzenbecker  Riesen 
dahin  geworfen  sein,  um  die  Kirche  zu  zerstören,  deren  Glockenschlag 
sie  ärgerte. 

Xn.  Unterirdische  haben  tief  in  der  Erde  ihr  Reich,  in  welchem 
sie  menschenförmig  umgehen.  Zu  Tage  kommen  sie  in  Gestalt  dicker 
Kröten,  die  unter  HoUunderbüschen  am  liebsten  sitzen,  und  kleine 
Goldkronen  tragen.  Noch  vor  etwa  zwanzig  Jahren  haben  Dassen- 
dorfer  Mädchen  die  Flucht  vor  einem  solchen  sogenannten  „Kwakpö" 
ergriffen. 

Den  ohlen  Ungeloben  nennen  die  Sachsenwäldler  ihre  mytholo- 
gischen Erinnerungen  und  versichern,  die  Pastoren  arbeiteten  sehr 
eifrig  an  seiner  endlichen  Vertilgung.  Die  jüngere  Generation  weiss 
schon  fast  nichts  mehr  davon.  Merkwürdig  ist  besonders  der  Meland 
oder  Ammßland.  Man  erinnere  sich,  daran,  dass  die  Wiltinasage 
niedersächsische  Stoffe  enthält,  dass  in  ihr  ein  Schmied  Ammelias 
dem  Wieland  gegenüber  tritt  und  dass  dieser  Heros  im  Niedersäch- 
sischen Weland  heisst.  Dass  ferner  der  Wohnsitz  des  Schmiedes  als 
Aue  bezeichnet  wird,  wie  der  Fluss  hier  wirklich  heisst;  dass  endlich 
das  Boot  Wielands  vom  Wasser  nach  Jütland  getrieben  wird,  was 
vollkommen  zu  der  Annahme  passt,  Wieland  habe  sich  am  Südrand 
des  Sachsenwaldes  der  Elbe  anvertraut  —  er,  der  „Elbengesell"  nach 
der  Edda.  Auch  dass  sein  Vater  Wate  nach  der  Gudrun  und  dem 
Meklenburgischen  Volksmährchen  in  Stormarn  haust  ist  zu  erwähnen. 


105 

Beim  Hack  wird  jeder  an  Thor  und  Skrymnir,  beim  Hinsch  an  Bal- 
ders  Holzfahrt  und  Hackelberends  Fusswunde  denken.  Man  bemerke 
noch,  dass  der  Sachsenwald  der  südliche  Theil  eines  bis  zur  Eckern- 
föhrde  reichenden  Waldstreifens  war,  der  die  Nordalbinger  von  den 
Obotriten,  früher  wohL  niedorelbischo  GermanoA  von  den  Warnern 
schied;  dass  dieser  Waldstreifen  den  Erstgenannten  östlich  lagi  und 
also  als  irdischer  Repräsentant  des  mythischen  Jarnwidh  erscheinen 
konnte;  dass  dieser  Name  samt  dem  sächsischen,  entsprechenden 
Isarnho  facti»ch  für  den  genannten  Wald  überliefert  ist;  dass  endlich 
die  Wiltinasage  in  oben  diesen  irdischen  Wald  —  bei  ihr  Falsterwald 
geheisson  —  wirklich  ein  wichtiges  Abenteuer  eines  ihrer  Lieblings- 
helden verlegt:  Dietleibs  Kampf  mit  Ingram.  Darnach  scheint  es 
mir  nicht  zweifelhaft,  dass  die  oben  mitgetheilten  Sagen  zum  Theil 
wirkliche  Nachklänge  sakramentaler  Charakterisirungen  heidnisch-hei- 
liger Lokale  'sind. 

,  HAMBURG.  j.  Wedde. 


Schwerttanz. 

üeber  den  Schwerttanz*)  als  Fastnachtsspiel  in  Brügge  finden 
sich  im  Inventaire  des  Archives  de  la  Ville  de  Bruges  Bd.  3  (1875) 
die  beiden  folgenden  Notizen:  S.  119,  1389:  Item  ghegheven  bi  be- 
veilne  van  borghmeesters  den  sciplieden  speiende  vastenavonde  achter 
de  stede  *met  z werden  und  1404:  Item  doe  ghegheven  den  ghesellen, 
die  met  zwerden  speilden  tsinto  Jans  brucghe  up  den  vastenavond. 
Der  Herausgeber,  Gilliodts-— van  Severen  bemerkt  dazu  (Addenda): 
Ces  behqurdis  se  continuent  sur  les  places,  sur  les  ponts,  sur  les 
remparts,  par  des  compagnons  (ghesellen)  qui  s'organisent  ensuite  en 
gilde  des  couleuvriners. 

Diese  Stellen  sind  in  zwiefacher  Hinsicht  von  Interesse:  sie  er- 
weisen den  Schwerttanz  für  Flandern,  wo  derselbe  bisher  noch  nicht 
nachgewiesen  ist,  und  sie  beglaubigen  ihn  um  ein  halbes  Jahrhundert 
früher,  als  die  Stelle  des  Braunschwoiger  Schichtbuches,  zum  Jahre 
1443^),  welche  das  älteste  MüllenhofF  bekannt  gewordene  Zeugniss  ist^). 

Auch  in  Holland,  für  das  es  bisher  ebenfalls  an  Belegen  gefelilt 
hat,  war  der  Schwerttanz  bekannt.  In  Uitterdijks  Auszügen  aus  den 
Kameraars-  en  Rentmeesters  -  Rekeningen  der  Stad  Kampen  van 
1515 — 40  (1875)  finden  sich  über  den  Schwerttanz,  den  die  Schmiede- 
gesellen zu  Fastnacht  vor  dem  Rathhause  zu  Kampen  aufführten, 
Aufzeichnungen  aus  den  Jahren  1515,  16,  17,  18,  20,  27,  28,  38,  die 

*)  MüllenhofF,  üeber  den  Scb werttanz,  Festgaben  für  Gustav  Homeyer  (1871) 
S.  111—47;  Zum  Schwerttanz,  Ztschr.  f.  D.  Alterthum  18  (1874),  S.<  9-  13. 
2)  Schmeller,  Shigt-B6k  der  Stad  Brunswyk  S.  57. 
*)  Festgaben  S.  118. 


100 

ich  für  die  Anzeige  dieses  Buches  in  den  hansischen  Geschichtsblättern 
zusammengestellt  habe. 

Neben  diesen  beiden  neuen  Büchern  sei  noch  eine  kleine,  ältere 
aber  wohl  wenig  bekannt  gewordene  Schrift  angezogen.  Pröhle  hat 
in  Herrigs  Archiv  i  d.  Studium  d.  neueren  Sprachen  13  (1853),  S. 
429 — 33  und  später  in  seinen  weltlichen  und  geistlichen  Yolksliedern 
und  Volksschauspielen  (1855)  S.  245 — 52  ein  von  einem  Bergmann 
aus  Clausthal  erhaltenes  Schwertfechterspiel,  ,wohl  nur  aus  Missver- 
ständniss'  auch  Schwertfegerspiel  genannt ,  mitgetheilt.  MüUenhoff 
bespricht  dieses  Spiel  Festgaben  S..141 — 44,  ohne  dabei  eines  später 
veröffentlichten  Spieles  zu  gedenken,  das  sich  in  einer  Gelegenheits- 
schrift Deeckes,  Hundert  Lübsche  Volksreime  (1858),  S.  4 — 6  findet 
und  eine  grosse  Aehnlichkeit  mit  der  Harzer  Aufzeichnung  aufweist. 
In  dem  Lübecker  Spiele  sind  die  Hauptpersonen  Karl  der  Grosse  und 
sein  Diener  Clas  Rugebart;  in  dem  Clausthaler  hat  der  König  von 
England  eine  entsprechende,  aber  weniger  bedeutende  Rolle,  sein 
Diener  Hans  entspricht  vollständig  dem  Clas  Rugebart,  und  in  seinen 
"Worten :  , War  ich  nicht  bald  hereingekommen.  So  wäre  mir  der  Bart 
abgefroren',  ist  eine  Anspielung  auf  den  in  Lübeck  erhaltenen  Namen 
unverkennbar.  In  Lübeck  wird  das  Auftreten  der  verschiedenen 
Könige  dadurch  motivirt,  dass  es  Kaiser  Karl  nach  einem  Zweikampfe 
verlangt,  und  dieser  von  den  dazu  Aufgeforderten  abgelehnt  wird; 
in  Clausthal  fehlt  eine  solche  Motivirung.  Die  Rollen  der  Clausthaler 
Könige  von  Sachsen,  von  Polen,  von  Dänemark  und  von  Mohrenland 
werden  in  Lübeck  den  Königen  Josua,  Hektor,  David,  Alexander  und 
Judas  Maccabäus  zugetheilt.  Die  grösste  Verschiedenheit  herrscht 
zwischen  den  beiden  Aufzeichnungen  in  Bezug  auf  die  letzte  Person, 
Schnortison  in  Clausthal,  Starkader  in  Lübeck.  Schnortison  ist  ein 
frecher  Mensch,  der  das  Geld  des  Königs  von  England  mit  Saufen, 
Spielen  und  Huren  durchgebracht  hat,  und  soll  deshalb  hingerichtet 
werden.  Die  vier  Könige  halten  ihre  Schwerter  über  Kreuz,  Schnor- 
tison stellt  sich  auf  dieselben,  wird  von  Hans  getödtet,  springt  wieder 
auf  und  fordert  die  Andern  zum  Tanze  auf.  Starkader  sagt  beim 
Auftreten  kein  Wort,  sondern  es  beginnt  sogleich  der  Kampf;  Stark- 
ader fällt  und  stirbt  mit  den  Worten: 

Hellige  W6de,  nü  len  mi  din  perd; 

Lät  mi  henrlden,  ik  bün't  wol  w§rd. 
Darauf  sagt  Clas  Rugebart: 

Het  em  de  duvel  hält;  üt  is  dat  spil; 

Nü  lät  uns  danssen  wat't  tftg  hellen  wil. 
Von  einem  Schwerttanze  ist  in  dem  Lübecker  Spiele,  wie  man 
sieht,  gar  nicht  die  Rede.  Vielleicht  fehlt  Etwas,  denn  dass  Stark- 
ader beim  Auftreten  nichts  sagt,  ist  befremdlich,  und  die  Bemerkun- 
gen: ,Sterkader  kumt;  se  fechten  mit  em;  endlich  kumt  he  in  de 
mirr  to  stän,  un  all'  steken  up  em  in'  und:  ,he  verswtmelt'  kann  man 
nur  für  Deeckesche  Ergänzungen  halten.  Bei  der  unglücklichen 
Manier  Deeckes,   seine   Quellen   nicht  anzugeben,   sondern   Versteck 


107 

mit  dem  Publikum  zu  spielen,  lässt  sich  loidor  nicht  beurtt^eilen,  wie 
alt  diese  Passung  des  Lübecker  Spieles  ist,  und  ob  Deecke  sie  im 
rebrigen  unverändert  wiedergegeben  hat.  Vielleicht  ist  es  einem  der 
Lübecker  Freunde  möglich,  uns  sowohl  mit  einer  Nachricht  darüber, 
als  auch  mit  einem  neuen  Abdrucke  des  Spieles  zu  erfreuen. 

HAMBURG.  K.  Koppmann. 

Hanschen  un  hol. 

Wenn  von  einer  unglücklichen  Unternehmung  die  Rede  ist,  bei 
der  Jemand  sein  ganzes  Vermögen  verloren  hat,  so  pflegt  man  (in 
Hamburg)  zu  sagen;  da  hett  he  hanschen  un  hot  bi  tosott^). 

Die  Entäusserung  des  Handschuhs  als  Symbol  der  Auflassung 
ist  bekannt;  vgl.  die  hübschen  Stellen  im  Hamburger  Urkundenbuch  1, 
Xr.118,119;  dazu  Grimm  R.A.1,S.  152;  Homoyer,  Sachsenspiegels.  439; 
Mnd.  Wb.  2,  S.  200.  Auch  das  Hinwerfen  des  Handschuhs  bei  Her- 
ausforderungen geschah  in  ähnlichem  Sinne,  nämlich  als  symbolische 
Pfandsetzung  in  Bezug  auf  die  Vollführung  des  Kampfes^).  Statt  des 
Handschuhes  wirft,  wie  von  Martin  ausgeführt  ist^),  der  Fordernde 
dem  Geforderten  auch  wohl  sein  capucium  oder  chaperon  hin,  wie 
auch  bei  eigentlichen  Auflassungen  Mütze  oder  Hut*),  im  Flä- 
mischen das  chaperon  die  Stelle  des  Handschuhs  vertreten  kann: 
(Hanserecesse  3,  Nr.  19:)  Do  vel  Johannes  over  an  sine  kne,  unde 
bat  ons,  dat  wi  vor  eme  beden,  dat  en  sin  here  to  genaden  nemo, 
unde  sprach :  Here  weset  mi  ghenedich,  al  dat  ich  hebbe,  et  si  deine 
of  grot,  dat  draghe  ich  ju  hir  up.  Do  seghede  her  Johan:  Ghif  mi 
des  ein  erkunde.  Do  toch  Johannes  sin  kaprun^)  of  unde  dede  uns 
to  eme  tekene,  dat  "he  eme  updroech  al  sin  ghuet.  Do  seghede  wi 
weder:  Here  latet  ju  die  haut  don,  des  is  dar  ghevoch  an**).  Also 
dede  he  eme  sine  hant. 

In  unserer  Redensart  sind,  wie  bekanntlich  oft  in  der  Alliteratipn, 
zwei  verwandte  Dinge  zusammengenannt:  Hut  und  Handschuh,  die 
bei  der  Auflassung  gebräuchlichen  Symbole,  sind  als  Symbole  des 
(aufgelassenen)  Eigenthums  aufzufassen.  B^ei  der  Belehnung  behält 
deshalb  der  Lehnsherr  don  Hut  (oder  die  Mütze)  in  der  Hand,  wäh- 
rend der  Lehnsmann  beim  Schwören  des  Lehnseides  die  Finger  auf 
den  Hut  legt'). 

HAMBüEG.  K.  Koppmann. 

*)  Fehlt  bei  Richey,  Idioticon  Hamburgense  (1755).  Aehnlich:  he  hett  han- 
8chen  un  hot  verloren,  he  vergitt  hanschen  un  hot  =  AUes^  Vgl.  über  Hut  und 
Handschuh  überhaupt  Grimm  R.  A.  1,  S.  148—55. 

*)  Vgl.  die  im  Mnd.  Wb.  2,  S.  200  angeführte  Stelle  aus  Dreyers  Nebenstunden. 

•')  Reinaert  (1874)  S.  404. 

*)  Grimm  R.  A.  1,  S.  150;  Mnd.  Wb.  2,  S.  307. 

*)  Das  fehlerhafte  kaprum  habe  ich  schon  in  der  Einleitung  S.  VII  berichtigt, 

«)  Vgl.  Hamb.  U.  B.  1,  Nr.  118,  119:  digito  confirmare. 

')  Mekl.  Jahrbücher  23,  S.  156-58;  Mnd.  Wb.  2,  S.  308. 


108 

Reimlust  im  15.  Jahrhundert. 

Von  einer  Lotterie,  die  im  Jahre  1446  zu  Brügge  stattfand,  hat 
Gilliodts-van  Severen  in  der  Zeitschrift  La  Flandre  Bd.  1  (Bruges 
1867)  die  Gewinnliste  mitgetheilt.  S.  13 — 18  sind  die  eigentlichen 
Gewinne  verzeichnet,  S.  80 — 92  weitere  479  Nummern,  da  je  das 
zehnte  Loos  seinen  Einsatz  zurückgewann.  Jedes  Loos  enthält  den 
Namen  des  Einsetzers  oder  statt  dessen,  auch  wohl  neben  diesem, 
eine  Devise.     Die  Sprache  ist  flämisch,  französisch  oder  lateinisch. 

Wie  sich  heutigen  Tages  die  Reimlust  etwa  bei  Einsendung  von 
Geldbeiträgen  zu  wohlthätigen  Zwecken  Luft  macht,  so  war  im 
15.  Jahrhundert  ersichtlich  die  Lotterie*  eine  gute  Gelegenheit,  um 
einen  Reim  vom  Stapel  laufen  zn  lassen,  und  wenn  man  diese  mittel- 
alterlichen !Reime  mit  dem  Massstabe  der  modernen  misst,  so  haben 
sie  wenigstens  die  beiden  Vorzüge,  dass  sie  kurz  und  nicht  sen- 
timental sind.  (Ueber  Glückstöpfe  zu  Rostock:  "Wiechmann,  Mekl. 
andrs.  Lit.  S.  47,  79,  80.) 

Das  Einfachste  ist,  wenn  man  einen  Reim  auf  den  eigenen 
Namen  findet: 

1.  Dieric  fils  Jans  van  der  Heye:  tmeeste  lot  zoude  hem  wel  greyen. 

2.  Katheline  van  der  Lane:  ghelyc  ic  gheeme  name. 

3.  Lauwers  de  Prikene  ende  Barbele  van  Biervliet, 
die  hadden  gheerne  met  Gode  en  met  eere  yet. 

4.  Wat  heift  Jan  van  de  Welle  as  goed  gheselle? 

5.  Willem  Malin  ende  Peter  Bast  waren  gheerne  van  de  lote  vast. 

6.  Margriete  Ritchaerts  en  Gillot  namen  gheeme  tbeste  lot. 

7.  Jans  Moens  en  Anthonies  vanBarelare:  God  wil  se  beede  bewaren. 

8.  Spinnette  Colomboot  hadde  gheerne  tbeste  lot. 

9.  Hannekin  de  PapiB,  Lodewich  Greffins  cnape. 

Wenns  mit  dem  eigenen  Namen  nicht  geht,  so  reimt  man  auf 
den  Namen  des  Wohnorts  oder  auf  deux  Strassennamen: 

10.  Tghelt  van  18  buersen  bachten  Scottersmuere 
Name  gheerne  goed  aventuere. 

11.  De  ghesellen  van  den  Wynzacstrate, 
zy  zouden  gheme  tbeste  lot  rapen. 

12.  Den  houc  van  sinte  Marie  strate, 
hoe  zoudse  ant  beste  lot  gheraken? 

13.  Viere  ghesellen  ten  noordhende  van  de  hoedemakers  strate 
zouden  gheerne  ant  beste  lot  gheraken.  » 

14.  Willeken  Stroyman  van  Belle 

zoude  gheerne  60  pont  grote  tzine  prouffiten  teilen. 
Reime  auf  den  Namen  eines  Herbergsschildes  scheinen  die  fol- 
genden zu  sein: 

15.  Tcalf  van  weste  hadde  gheeme  tbeste. 

1)  S.  16.  2)  S.  17.  3)  Nr.  75.  4)  Nr.  191.  6)  Nr.  209.  6)  Nr.  218. 
7)  Nr.  277.  8)  Nr.  407.  9)  Nr.  443.  10)  Nr.  86.  11)  Nr.  169.  12)  Nr.  222. 
13)  Nr.  295.     14)  Nr.  454.     15)  Nr.  16. 


109 

16.  De  graeuwe  tonne  voor  Onse  Vrauwo 
zoude  gheerne  tgroote  lot  behouden. 

17.  Drie  ghesellen  up't  Groene 
tmeeste  ghelt  wäre  wel  hare  doono. 

18.  De  ghesellen  in  de  nieuwe  stove: 
hebben  zy  tlot,  zy  zullen  hen  beloven. 

Reime  auf  die  Zahl  der  Theilnehraer  an  einem  Loose: 

19.  Wy  wellin  zessen, 

wy  en  zouden  niet  gheerne  het  upperste  lot  messen. 

20.  Nood  Gods  van  leden  helpt  ons  zessen, 
wy  namen  zo  gheerne  tbeste. 

Reime  auf  den  JTamen  Gottes,  der  Heiligen  u.  s.  w.: 

21.  Wilt  Got,  Dordrecht  zal  hebben  een  lot. 

22.  Sinte  Renöud  van  Muntenbane 
wil  ons  verbilden,  zo  ic  wane. 

23.  Heer  sinte  Martin,  wilt  ons  vanedragher  zyn! 

24.  God,  de  goede  sinte  Jan  en  sinte  Joes, 
die  zien  Onse  Vrauwe  altoes. 

25.  Onse  soete  Vrauwe  van  Alsberghe  en  van  Allen, 
die  moet  ons  wachten  van  mesvallen. 

26.  Helpt  God  ende  thelich  bloet, 

Dat  Heinric  van  Ghelre  ende  Andries  een  goet  lot  ghevalen  moet ! 

27.  Helpt  God  en  thelich  bloet! 
Tbeste  lot  wäre  overgoet. 

28.  Helpt  God  ende  thelighe  bloet  van  Wilsenake! 

die  moete  Nielkin  van  den  Poele  goed  lot  gheraken. 

29.  Beraert,  helich  bloet  van  Wilsenake, 
dat  Grietkin  ßoobe  een  lot  gherake! 

30.  De  noot  Gods  van  leden 

Wille  ons  goede  aventure  gheven. 
Die  jüngsten  Erlebnisse  werden  ausgedrückt: 

31.  Zes  lieden  comen  huut  Zipers  gheseylt, 
zy  namen  gheerne  wat  voor  hur  ghelt. 

32.  Wy  baten  ter  Sluus  goeden  harijnc, 
dat  coste  ons  ghenouch  be  onse  palijnc. 

Körperliche  Eigenschaften  (von  4  Theilnehmern,  unter  Vermitte- 
lung  des  Jooris  Vandevelde  oudecledercooper): 

33.  Drie  raeu  ghesellen  en  een  vet 
Name  gheerne  wat  veths 

Ant  cleercopen. 
Sprichwörter: 

34.  Goede  knechte  zyn  goede  wäre: 
Wats  hem  lieden  ghebuert  vor  thare? 

16)  Nr.  183.  17)  Nr.  310.  18)  Nr.  458.  19)  Nr.  46.  20)  Nr.  425.  21)  Nr. 
^49.  22)  S.  16.  23)  Nr.  236,  402.  24)  Nr.  415.  25)  Nr.  455.  26)  Nr.  lia 
27)  Nr.  136.  28)  S.  14.  29)  Nr.  807  30)  Nr.  237;  vgl.  unsere  Nr.  20.  31)  Nr  70. 
32)  Nr.  180.    33)  Nr.  205.    34)  S.  16,  Nr.  73, 


110 

35.  Gode  lof  van  al,  Wat  bueren  hebben  zal. 

36.  Wat  baet  getruort,  die  niet  ghebuert? 

Begleitworte  an  den  Einsatz: 

37.  Coine  voord  ghereet!  comt,  het  es  verkeert. 

38.  Ware  wech  ghelt!  commet  weder,  het  wert  gheteelt. 

Scherze  über  die  Niete,  auf  die  man  sich  gefasst  macht: 

39.  Wy  hadden  lievere  zonder  letten 
400  pieters,  dan  4  lettren. 

Die  4  lettren  sind  wohl:  niet  =  Nichts;  daher  die  Niete. 

40.  Betkin  Raet 
yet  of  niet 

van  al(l)en  mach  ghevallen 

met  eenen  scoemaker  an  sCuenijnxbrucghe. 

41.  Lacke  thuene  die  men  yet  thuene  thuus  niet  (?). 

HAMBURG.  K.  Koppmann. 

35)    S.    17,    Nr.   365.     36)   Nr.   9.     37)   Nr.   52.     38)   Nr.  127.     39)   S.  13. 
40)  Nr.  198.    41)  Nr.  353.  • 


Zum  niederdeutschen  Kalender. 

zant  Ghangen  daek. 

In  den  Kämmereirechnungen  Deventers  wird  1368  ein  zant 
Grhangen  dach  genannt.  Da  die  betreffende  Eintragung  nach  1368 
Okt.  5  und  vor  1369  Jan.  30  gemacht  worden  ist  und  der  St.  Wolf- 
gangs-Tag  auf  den  31.  Oktober  fällt,  so  habe  ich  den  zant  Ghangen 
dach  Hanserecesse  3,  S.  285  Anm.  3  als  mit  dem  St.  Wolfgangs-Tage 
identisch  angenommen,  und  hatte  dabei  um  so  weniger  einen  Zweifel, 
als  St.  Wolfgang  der  einzige  Heilige  ist,  dessen  Name  auf  -gang  aus- 
geht, an  den  St.  Gangulfs-Tag  aber,  der  Mai  11  oder  Mai  13  gefeiert 
wird,  nicht  gedacht  werden  konnte.  Nachträglich  finde  ich  nun,  dass 
in  Kampen  zum  Jahre  1470  von:  onse  vrye  marckt  Santgange  die 
Rede  ist  (Kamper  Kronijken  2,  S.  18),  nachdem  diese  Stadt  statt 
eines  früheren  Jahrmarktes  zu  Pfingsten  im  Jahre  1382  von  Bischof 
Florenz  von  Utrecht  drei  freie  Jahrmärkte:  den  veertiendag  na  Paschen, 
op  St.  Martensdag  translacionis  (Jul.  4),  en  op  St.  Victorsdag  erhal- 
ten hatte  (Register  von  Charters  en  Bescheiden  in  het  oude  Archief 
van  Kampen  1,  Nr.  237).  Von  den  vielen  St.  Viktorstagen,  die  das 
Heiligen-Lexikon  aufweist,  fällt  keiner  mit  dem  St.  Wolfgangstage 
zusammen;  welcher  von  ihnen  aber  gemeint  ist,  erfahren  wir  durch 
eine  andere  Kamper  Nachricht.  In  dem  Book  van  Rechte  findet  sich 
nämlich  eine  Eintragung  von  1327  Nov.  14  des  Inhaltes,  dass  die 
ausserhalb  der  Stadt  wohnenden  Bürger,  deren  Grundstücke  einen  be- 
stimmten Werth  haben,  voor  St.  Gereons  en  Victorsdag  (Okt.  10)  in 
die  Stadt  ziehen  sollen,  und:   aan  den  kant  staat:   d.  i.  Santganghen 


111 

(Register  van  Charters  en  Bescheiden  1,  Nr.  56).  Demgomäss  datiren 
auch  die  Herausgeber  des  Register  van  Charters  en  Bescheiden  eine 
Aufzeichnung  von  1339  toe  Zantgangheii  von  1339  Okt.  10  (1,  Nr.  83). 
Die  Thatsache,  dass  man  in  Kampen  unter  St.  Gangen  den  10.  Okt. 
verstand  und  mit  diesem  volksthümlicheron  Namen  den  weniger  be- 
kannten oder  zweifelhafteren  8t.  Viktorstag  glossirte,  muss  also  als 
feststehend  betrachtet  werden,  und  zweifelsohne  ist  demnach  auch  ftlr 
Deventer,  das  gleich  Kämpen  zur  Diöcose  Utrecht  gehört,  der  zant 
Ghangen  dach  als  Okt.  10  zu  interpretiren.  Wie  erklärt  sich  aber 
nun  der  Name? 

de  brede  mandacli. 

In  Bezug  auf  den  in  Schleswig-Holstein  oft  genannten  breden 
mandach  fragt  das  Mnd.  Wb.  3,  S.  21:  ,d.  i.  der  jährliche  Pesttag 
einer  Corporation?'  Der  Ausdruck  ist  Ztschr.  d.  Gesellsch.  f.  Gesch. 
d.  Herzogthümer  Schleswig,  Holstein  u.  Lauenburg  4  (1873),  S.  183 
von  Volbehr  und  S.  419 — 20  von  Hillo  des  Weiteren  belegt  und  in 
seiner  durch  zwei  Urkunden  von  1415  und  1556  erwiesenen  Bedeu- 
tung: Montag  nach  Michaelis  richtig  erkannt.  Yolbehr  hat  auch  mit 
Recht  an  den  Lichtbraten  erinnert,  mit  dem  die  Handwerker  an  die- 
sem Tage  —  in  Hamburg  noch  in  meiner  Kindheit  —  die  winterliche 
Lichtarbeit  einweihten^);  wenn  er  aber  deshalb  den  breden  mandach 
zu  einem  Braten-Montag  machen  will,  so  ist  das  natürlich  unmöglich. 
Die  Bezeichnung  brede  mandach  erklärt  sich  vielmehr  durch  das  im 
Mhd.  und  Mnd.  vorkommende  Wort  brehen,  glänzen,  leuchten,  und 
bedeutet  also  den  hellen  Montag.  Mit  dem  Sonntage  nach  Michaelis 
begann  die  sog.  Gemeinwoche,  über  die  man  Grimms  Mythologie 
(1844)  S-  1200  vergleiche. 

Von  demselben  Worte  brehen  leitet  Haltaus,  Calendarium  medii 
Aevi  (1729)  S.  37  auch  den  in  Oesterreich  vorkommenden  Namen 
des  Epiphaniastages,  Perchtag  oder  Prechtag  ab^).  Näher  liegt  es 
jedoch,  an  den  Namen  der  Göttin  Berhta  zu  denken,  wenn  auch  dieser 
seinerseits  ebenfalls  von  brehen  abzuleiten  ist.  Die  Berhta,  Fricke, 
Holda,  Frau  Harke,  gehört  bekanntlich  zu  den  in  den  Zwölften  wal- 
tenden Gottheiten.  Herrscht  auch  der  Glaube,  dass  in  den  Zwölften 
kein  Rad  gedreht,  also  auch  nicht  gesponnen  werden  dürfe,  so  steht 
ihm  doch  ein  anderer  Glaube  gegenüber,  derjenige  nämlich,  dass  dem 
in  den  Zwölften  gesponnenen  Garn  besondere  Kräfte  beiwohnen:  jeden- 
falls aber  darf  am  Weihnachtsabend  und  am  heiligen  Dreikönigsabend 
kein  Flachs   auf  dem  Wecken   sein,   weil  sonst  der  Wecken  von  der 

^)  In  Bremen  hiess  dieses  Fest  krüselbraden :  vgl.  Brem.  W.  B.  2,  S.  889; 
Mülleohoff,  Festgaben  für  Homeyer  S.  119;  Mnd.  Wb.  2,  S.  584;  in  Braunschweig 
kruBebraden:  Scheller,  Shigt-Bok  S.  57;  vgl.  Müllenhoff  a.  a.  0.  S.  118—19,  Mnd. 
Wb.  2,  S.  584. 

')  Weidenbachs  Erklärnng,  Calendarium  historico-Christianum  (1855)  S  184: 
,Brechentag,  Brechtag,  Epiphania,  von  dem  mittelh.  brühen,  scheinen,  erscheinen, 
also  Erscheinungstag  des  Herrn,  wie  dieses  Fest  noch  heute  genannt  wird^  ist  natür« 
lieh  unhaltbar. 


112 

Fricke,  Holle,  Frau  Harke  boschmutzt  wird^).  In  der  Gegend  von 
Jena  heisst  der  heiligen  Dreikönigsabend  geradezu  Frau  Hollenabend'^), 
was  der  Benennung  Perchtag,  Prechtag  für  den  heiligen  Dreikönigs- 
tag genau  entspricht^). 

Kuhn,  Sagen,  Gebräuche  und  Märchen  aus  Westfalen  2,  S.  102 
Nr.  315  erzählt  aus  Havixbeck  im  Münstorlande ;  ,Am  Brödendag 
setzen  sich  die  Frauen  den  ganzen  Tag  über  aufs  Kohlenbecken, 
jbröden  sick',  und  thun  nichts;  so  war's  wenigstens  in  alter  Zeit.' 
,Die  Erzählerin,  fügt  Kuhn  hinzu,  konnte  mir  den  Tag  nicht  aaders 
bezeichnen,  sagte  aber,  es  sei  einer  der  Tage  um  Weihnachten.'  — 
Ein  ,bis  in's  18.  Jahrhundert  hinein  verfolgbarer  Casseler  Festtag' 
war  der  brodenreigendach,  brodenreiestag,  brotreyestag,  brodentag, 
brotgenstag,  broitgenstag*) ;  doch  ist  nicht  angegeben,  welchen  Tag 
man  darunter  verstand.  Ist  derselbe  mit  dem  Havixbecker  brödendag 
identisch,  und  ist  unter  beiden  Bezeichnungen  der  Epiphaniastag  zu 
verstehen? 

wischeldach. 

In  den  Stadtrechnungen  Deventers  wird  der  zweite  Januar  als 
wischeldach  bezeichnet:  (Hanserecesse  3,  Nr.  296  §  2:)  des  sonnen- 
daghes  daer  na,  do  wisscheldach  was  =  1369  Jan.  2;  des  zonnen- 
daghes  na  nyejaers  dach,  do  wysscheldach  was  =  1379  Jan.  2  (vgl. 
das.  3,  S.  328  Anm.  4);  des  manendaghes  na  nyejaers  dach,  do  wys- 
scheldach was  =  1380  Jan.  2.  Im  Holländischen  heisst  nach  Kramer— 
Moerbeeks  Woordenboek  (4.  druk,  1787)  wissche  die  Weidengerte, 
Weidenruthe,  wisschen  ist  das  Adjektiv  weicien;  Kilian  sagt:  wisse: 
vimen.  wisse  houts:  fascis  lignorum  majorum,  ligna  majora  in  fasces 
ligata,  foco  destinata.  wisse:  restis.  wishout,  wisse  houts:  fascis 
lignorum  majorum;  und  Weiland,  Groot  nederduitsch  taalkundig  Woor- 
denboek (Nieuwe  Uitgave,  1859):  wisch,  pl.  wisschen.  (Kiliaen  wisse, 
eiders  wis.)  ,Teen,  twijg.'  Bij  Kilian  bijzonderlik  eene  twijg,  waar- 
mede  men  brandhout  in  eenen  bundel  zamenbindt  en  een  gedraaide 
band  van  teenen,  stroo,  enz.  Van  hier  het  onverb.  bijv.  n.  wisschen 
=  van  wisch:  een  wisschen  koriQe.  Man  könnte  daher  an  die  weit- 
verbreitete Sitte  denken,  dass  die  Bäume  zu  Neujahr  mit  einem  Stroh- 
bande umwickelt  werden,  damit  sie  besser  Frucht  tragen^),  doch 
erhebt  sich  dagegen  das  sachliche  Bedenken,  dass  eine  besondere  Be- 
ziehung dieser  Sitte  zum  zweiten  Januar  nicht  bekannt  ist. 

HAMBURG.  K.  Koppmann. 

*)  Die  Belege  bei  Kuhn  u.  Schwartz,  Norddeutsche  Sagen,  Märchen  ii.  Ge- 
bräuche (1848)  S.  408 — 18  und  Kuhn,  Sagen,  Gebräuche  u.  Märchen  aus  Westfalen 
2  (1859)  S.  111—17. 

«)  Kuhn  u.  Schwartz  S.  417. 

8)  Vgl.  Kuhn  1,  S.  331. 

*)  Stölzel,  Casseler  Stadtrechnungen  aus  der  Zeit  von  1468  bis  1553  (Ztschr. 
d.  Vereins  f.  hess.  Gesch.  u.  Landeskunde,  Neue  Folge,  Drittes  Supplement,  1871) 
S.  65,  280. 

*)  Kuhn  a.  a.  0.  2,  S.  108—11,  116;  Kuhn  u.  Schwartz  a.  a.  0.  S.  407. 


H3 


Kleine  Beiträge. 


1.    wienn  Mnsal  gebraucht  ? 

In  schleswig-holsteinischen  amtlichen  Bekanntmachungen  ward 
früher  ziemlich  oft,  neuerdings  seltener  die  Gonjunction  wenn  in  un- 
gewöhnlicher Weise  angewendet.  Als  Beispiel  diene  folgendes  Schema 
eines  behufs  Regelung  von  Erbschaften  erlassenen  Proclames: 

Wenn  der  Nachlass  des  am  .  .  .  d.  J.  hieselbst  verstorbenen 
N.  N,  von  den  Erben  nur  sub  beneficio  legis  et  inventarii  angetreten 
und  daher  die  Erlassung  eines  Proclames  fUr  erforderlich  erachtet  ist, 

so  werden  alle,  welche ,  aufgefordert,  sich  bis  .  . .  rechtsbehörig 

anzumelden. 

Weder  in  der  neuhochdeutschen  Litteratur,  noch  im  Amtsstil 
anderer  deutschen  Landschaften  habe  ich  diesen  Gebrauch  von  wenn 
wiedergefunden.  Wollte  man  die  Gonjunction  hier  temporal  durch 
,nachdem'  erklären,  so  bliebe  die  Schwierigkeit,  die  Entwickelung 
einer  solchen  Bedeutung  nachzuweisen.  Sollte  wenn  nicht  vielmehr 
das  mnd.  wante,  wente,  mhd.  wände  ,weil,  da'  sein,  das  später  nicht 
mehr  verstanden  und  mit  wenn  verwechselt  ward?  Wente  leitet 
zwar  meistens  den  Nachsatz  ein,  doch  auch  nicht  selten  einen  Vorder- 
satz, z.  B.  Eike  v.  Repgow,  Zeitbuch,  hersg.  v.  Massmann  S.  194: 
wante  he  god  geeret  hadde,  do  erede  oc  ene  god,  im  latein.  Text; 
quia  deum  —  honoraverat,  propterea  dominus  —  ipsi  misericorditer 
providebat.  Lappenberg  Chronik  der  nortelvischen  Sassen  S.  80:  unde 
wente  dat  Wagerlant  do  wüste  was,  do  sende  greve  Alf  baden  in 
alle  lant.  Wie  früh  schon  die  Form  wen  vorkommt,  zeigt  der  Sach- 
senspiegel, hrsg.  V.  Homeyer  III,  52,  3:  he  sal  antwerden  vor  deme 
scultheiten,  wen  die  scultheite  is  richter  siner  scult. 

2.    Die  Dreizehnten. 

Nach  Kuhn  und  Schwarz  Norddeutsche  Sagen  S.  409  sagt  man 
in  den  Marken,  nach  Kuhn  Westfäl.  Sagen  2,  117  in  der  Umgegend 
von  Recklinghausen  für  die  Tage  von  Weihnachten  bis  zum  Drei- 
königsabend statt  de  twölften,  wie  sonst  allgemein  in  Norddeutschland 
der  Name  dieses  aus  altheidnischer  Zeit  für  heilig  geltenden  Jahres- 
abschnittes lautet,  auch  de  drütteijenten.  Dieser  Ausdruck  scheint 
recht  in  den  Niederlanden  zuhause  zu  sein.  Ein  auf  der  Hamburger 
Stadtbibliothek  befindliches  Manuscript  auf  Pergament  in  4^,  Nr.  1255, 
auf  dem  Rücken  bezeichnet  als  Evangelia  quatuor  belgice,  das  die 
Pericopenlectionen  für  die  Fest-  und  Sonntage  in  mittelniederländi- 
scher  Sprache  enthält  und  zum  Schluss  seine  Heimat  mit  den  Worten 
angibt:  dit  boec  hoert  int  convents  huus  te  Hoern  tot  sinte  Agnieten, 
lässt  auf  den  jaersdach  folgen  dertiendach  avont,  dertiendach,  des 
sonendaghes  binnen  der  octaven,  die  octave  van  den  dertiendach. 
Noch  im  17ten  Jahrhundert  gibt  Dapper  Historische  beschryving  der 
Stadt  Amsterdam.    1663.    S.  453   eine  Zeitangabe  durch  „'s  winters 

NiederdenUchei  Jahrbuch.  I.  Q 


114 

ontrent  Kers  tijt  in  de  dertien  nachten."  Kilian  DuffL  Etymologicum: 
derthiendagh  epiphania,  regalia,  decimu's  tertius  dies  a  natali  Christi. 
Vgl.  Halthaus  Calendarium  med.  aevi  p.  40. 

3.    Asiia. 

Im  18ten  Bande  der  Germania  S.  206  bespricht  Höfer  dies  alt- 
sächsische Wort  für  jLohn'  und  weist  aus  den  Braunschweigischen 
Stadtrechten  sein  Yorkommon  bis  ins  15.  Jahrhundert  nach.  Es  hat 
aber  noch  länger  gedauert.  In  Staphorst's  Hamburger  Kirchen- 
geschichte  I,  4,  840  ff.  findet  sich  die  descriptio  rerum  salinarium 
Lüneburgensium  eines  Johann  Walther,  wohl  aus  dem  17ten  Jahr- 
hundert, abgedruckt.  Der  Verfasser  hat  darin  auch  einen,  wie  es 
scheint,  aus  der  Mitte  des  16ten  Jahrhunderts  stammenden  Abschnitt, 
betitelt  Quaedam  secreta  de  aquis  salinaribus,  aufgenommen,  woraus 
folgende  Stelle  (S.  860)  hierher  gehört:  . . .  gifft  men  ock  lohn,  dat 
heet  asne.  Zu  Walther's  Zeit  hat  man  das  Wort  schon  nicht  mehr 
verstanden,  das  beweist  seine  Form  aszlohn  (S.  848);  er  erklärt;  asz- 
lohn  ist  dasjenige,  dasz  man  gibt  den  wegherren,  da  die  saale  hin- 
läufft  und  geladen  {?),  dafür  sie  den  weg  in  wesende  halten,  bauen 
und  bessern  müssen  (S.  854).  Ebenso  steht  aszlohn  in  einem  Ver- 
zeichnisse der  Ausgaben  von  einem  Sülzhause  v.  J.  1650,  S.  970. 
In  dieser  Gestalt  wird  sich  das  Wort  wahrscheinlich  bis  gegen  Ende 
des  vorigen  Jahrhunderts,  da  eine  neue  Einrichtung  des  Salinen- 
betriebes stattfand,  gehalten  haben.  Ich  benutze  die  Gelegenheit,  um 
auf  die  Fülle  von  eigenthümlichen,  zum  Theil  sprachlich  wichtigen 
Ausdrücken  hinzuweisen,  welche  das  einstmalige  Lüneburger  Sülz- 
wesen hervorgebracht  hat.  So  viel  ich  weiss,  sind  dieselben  noch 
nicht  Gegenstand  einer  wohlverdienten  Untersuchung  geworden. 

4.    Öhl-,  EU-,  Ahlstein. 

üeber  einen  solchen  Stein  in  Stralsund  s.  Höfer  in  der  Ger- 
mania 18,  5,  der  das  Wort  als  Namen  fasst.  Da  er  aber  selbst  in 
dem  Citat  aus  Sastrow  von  einem  (und  nicht:  dem)  vierkantigen 
Ehlstein  spricht,  halte  ich  das  Wort  für  ein  Appellativ.  Es  wird 
ein  schwedischer  Oelandssten  gemeint  sein.  Möller  Schwedisch-Deut- 
sches Wörterbuch.  Leipzig  1808,  S.  39  sagt:  „alfvarsten  ein  an  ver- 
schiedenen Orten  in  Schweden  befindlicher  grauer  und  rothbrauner, 
dichter  Kalkstein,  der  wie  Marmor  gehauen  wird;  wird  auch  ölands- 
sten,  Olands-marmor  genannt,  lapis  calcareus  particulis  impalpabilibus 
cinereus  rubescens."  Nemnich  Waaren- Lexikon.  Hamburg  1820,  II, 
1165:  „alfvarsten,  ölandsten,  ölandscher  Marmor,  Schwedische  Fliesen." 
öhlstein  kann  sehr  gut  aus  ölandsstein  geworden  sein.  Ehlstein  und 
Ahlstein  werden  als  Entstellungen  betrachtet  werden  dürfen. 

5.    Plattdeutsch. 

Wann  mag  diese  Bezeichnung  des  Neuniederdeutschen  aufge- 
bracht sein?  und  in  welchem  Sinne,  in  dem  von  Sprache  des  platten 
Landes  oder  in  dem  einer  gemeinen  Sprache? 

Die  früheste  Anwendung   des  Wortes  würde   in's  Jahr  1600 


115 

fallen,  wenn  der  bei  Lappenberg  Zur  Geschichte  der  Buchdruckerkunst 
in  Hamburg  S.  107  angeführte  Titel;  Plattdüdsches  Gesangbuch. 
Hamborch  1600  (Item  1613.  16)  echt  wftre.  Allein  das  ist  er  sicher 
nicht.  Lappenberg  gibt  die  Quelle  seiner  Behauptung  nicht  an.  In 
Kinderling's  Geschichte  der  Nieder-Sächsischen  Sprache,  in  Scheller's 
Bücherkunde  der  Sassisch  -  Niederdeutschen  Sprache  sacht  man  diese 
Quelle  vergebens.  Auch  wird  die  Angabe  nicht  durch  Geffcken  Die 
hamburgischen  niedersächsischen  Gesangbücher  des  16ten  Jahrhunderts 
bestätigt.  Da  zudem  in  besagtem  Titel  sprachliche  Unmöglichkeiten 
enthalten  sind,  so  darf  man  ihn  ohneweiters  für  unecht  erklären. 
I  Bei  einer   Durchsicht   der   Schellerschen  Bücherkunde   bin  ich 

zuerst  bei  dem  Jahre  1660  auf  die  Benennung  gestossen:  Verantwor- 
tung dessen,  dat  de  arme  Stümper  Dr.  Joh.  Scharff  under  dem  Nahmen 
deß  Sehl.  HE.  D.  Conradi  Horneien,  welken  hei  einen  plumpen  un 
alvern  Brunswiker  geschullen,  alle  Brunßwiker  lesterliken  verachtet, 
und  spöttisch  von  densüluen  gesprokon,  in  de  fedder  gesettet  und 
gedrucket,  von  öinem  Platdütschen  Brunßwiker,  jederman  frie,  und 
tho  verbetern  heruth  gegeven,  im  Jahr  ein  Dusent,  Seßhunjert  un 
sösstig.  Scheller  bemerkt  dazu:  ,Dieses  Alexandrinische  Reimgedicht 
befindet  sich  in  einer  Abschrift  in  der  ehemal;  Biddagshans.  Biblioth. 
zu  Braunschweig.' 

Die  nächstfolgende  Schrift  ist  v.  J.  1689:  Isaak  Pölmanns  etliche 
hundert  Exempel  der  Platt  und  andern  grobdeutschen  Sprachen, 
aus  den  Zeugnissen  Cicerons  etc.  Colin  an  der  Spree.  1689.  4®,  die 
Scheller  nur  nach  einer  Anführung  Kinderling's  in  ,Für  Deutsche 
Sprache,  Litteratur  und  Culturgeschichte'  S.  101  verzeichnet. 

Die  Zusammenstellung  von  ,platt'  und  ,grob'  in  diesem  Bücher- 
titel wirft  Licht  auf  die  Vorstellung,  von  der  man  bei  der  Gebung 
des  Namens  ,Plattdeutsch'  ausgegangen. 

"Weitere  Zeugnisse  sind  wünschenswerth,  doch  werden  solche 
wahrscheinlich  sämmtlich  nicht  vor  ca.  1650  fallen.  Erst  in  der  Zeit, 
als  die  hundert  Jahre  früher  begonnene  Verdrängung  des  Nieder- 
deutschen aus  der  Litteratur  zum  Abschluss  gelangte,  also  um  die 
Mitte  des  17ten  Jahrhunderts,  wird  die  Benennung  ,Plattdeutsch'  auf- 
gekommen sein.  Um  dieselbe  Zeit  beginnt  die  absichtliche  Verwen- 
dung des  Niederdeutschen  als  Dialektes  in  Hochzeitgedichten  und  in 
der  komischen  Litteratur,  wozu  bereits  seit  dem  Ende  des  16.  Jahr- 
hunderts Rebhuhn,  Herzog  Heinrich  Julius  v.  Braunschwoig,  Rinkart 
durch  Einführung  dialektisch  redender  Personen  in  die  dramatische 
Litteratur  den  Weg  gewiesen  hatten.  In  den  Titeln  der  Bibeln,  der 
Gesang-  und  Gebetbücher  des  17.  Jahrhunderts,  in  den  letzten  Aus- 
gaben des  Reineke  Vos  wird  stets  nur  der  Ausdruck  ,Sassisch',  von 
Lauremberg  in  seinön  Schertzgedichten  auch  ,Nedderdüdisch'  und 
jNeddersassisch'  gebraucht,  nie  ,Plattdüdisch'.  Der  Ausdruck  muss 
aber  bald  verbreitet  und  gefestigt  gewesen  sein,  denn  sdion  1704 
nimmt  ein  Vertheidiger  des  Niederdeutschen,  Bernhard  Raupach,  kei- 
nen Anstand,  seine  exercitatio  de  linguae  Saxoniae  inferioris  neglectu 

8* 


116 

atque  contemtu  injusto  deutsch  zu  nennen :  Von  unbilliger  Verachtung 
der  P 1  a  t  -  Teutschen  Sprache. 

6.    Ostersche  Sprake. 

Oben  S.  93. 98  habe  ich  von  dem  Gemeinmittelniederdeutschen  als 
der  Sprache  der  Hansen  oder  Osterlinge  gesprochen.  Ein  Zeugniss 
aus  alter  Zeit  für  diese  Auffassung  und  Benennung  ist  folgender 
Büchertitel  v.  J.  1509,  den  ich  bei  Waetzoldt  Pariser  Tageszeiten. 
1875.  S.  6  finde:  De  soven  tyde  unser  loven  vrouwen,  am  Schlüsse 
disse  boke  syn  to  Paris  ghedrucket  updeostersche  sprake  unde 
syn  to  Lubeke  to  kope  by  Ghert  Weghener. 

HAMBURG.  C.  Walther. 


Die  „English  Dialect  Society". 

Kaum  wohl  bedarf  es  der  Rechtfertigung,  in  einer  Zeitschrift, 
dem  Schutze  und  der  Pflege  der  Dialekte  Niederdeutschlands  bestimmt, 
Erwähnung  zu  thun  auch  der  mächtigen  Schwester  drüben  auf  der 
brittanischen  Insel  und  ihrer  Mundarten,  die  zum  guten  Theil  treu 
und  reich  in  Wortschatz  und  grammatischer  Wendung  die  Klänge 
der  Heimath  bewahrt  haben,  der  sie  nun  mehr  als  ein  Jahrtausend 
schon  entwachsen  sind. 

Wo  heute  die  so  gewaltig  erleichterten  Verkehrsverbindungen 
in  ungeahnter  Weise  die  Menschen  durcheinander  würfeln  und  mengen, 
da  ist  es  aus  mit  lokaler  Mundart,  mit  lokalen  Sitten,  Sagen  und 
Bräuchen ;  ihnen  hat  die  Eisenbahnpfeife  ihr  Grablied  geklungen.  In 
wenigen  Jahren  werden  sie  dahin  geschwunden  sein,  „in  wenigen 
Jahren  wird  es  zu  spät  sein,"  sie  zu  sammeln  und  vielleicht  noch 
sie  zu  schützen. 

So  schrieb  1870  der  bekannte  englische  Philologe  Aldis  Wright. 
Er  sprach  nur  aus,  was  in  beiden  Ländern  die  Freunde  heimathlicher 
Zunge  längst  empfunden  und  beklagt  hatten.  Seinen  Worten  trat 
bald  in  England  die  That  zur  Seite,  zwei  Jahre  früher  als  uns  solches 
in  Niederdeutschland  vergönnt  war.  Unter  der  Führung  des  unstrei- 
tig bedeutendsten  augenblicklichen  Germanisten  in  England,  des  Eev. 
W.  W.  Skeat  in  Cambridge,  des  Herausgebers  des  „Piers  Ploughman'' 
und  Uebersetzers  Uhland's,  that  sich  im  Jahre  1873  eine  Reihe  tüch- 
tiger Männer  zusammen  zu  der  sogenannten  „English  Dialect  Society." 
Um  möglichst  das  Volk,  den  wirklichen  Bewahrer  und  Hüter  alter 
Sprache  und  Bräuche,  zur  thätigen  Hülfe  heranzuziehen,  ward  das 
Beitrittsgeld  auf  den  nach  englischen  Begriffen  geringen  Satz  von 
^/a  Guinea  =  ca.  10  V*  R.-M,  festgesetzt,  und  zählt  denn  auch  nach 
dem  neuesten  Ausweise  der  Verein  über  300  Mitglieder  aus  allen 
Klassen  der  Gesellschaft.  Seine  Ziele  sind,  wie  sie  schon  der  erste 
Bericht  („First  Report,  for  the  year  1873".     January  1874)  gibt: 


K. 


117 

1)  To  bring  togethor  all  thoso  who  havo  mado  a  study  of  any  of  the 
Provincial  Dialects  of  England,  or  who  aro  intorestod  in  tho  subject 
of  Provincial  English ;  2)  to  conibine  the  labours  of  ooUectors  of  Pro- 
vincial English  words  by  providing  a  common  contro  to  which  thoy 
may  be  sent,  so  as  to  gathor  material  for  a  genoral  record  of  all  such 
words;  3)  to  reprint  various  usoful  Glossarios  that  have  appeared  in 
scarce  or  inconvenient  volumes;  4)  to  publish  such  collections  of 
Provincial  English  words  as  exist  at  present  only  in  manuscript;  and 
5)  to  supply  references  to  sources  of  Information  which  may  be  of 
material  assistance  to  word-collectors,  students,  and  all  who  have  a 
general  or  particular  interest  in  the  subject. 

Dass  es  eine  unbedingte  Nothwendigkeit  sei,  bei  einer  Sammlung 
der  Dialekte  eines  Landes  die  Arbeiten  Vieler  zu  gleichem  Zwecke 
zu  einen,  das  hoben  vor  allem  Aldis  Wright  in  seinem  Briefe  zu 
Xotes  and  Queries  1870,  2.  März,  und  Alex.  J.  Ellis,  in  der  Ein- 
leitung zum  3.  Theil  seiner  „Early  English  Pronunciation"  1870  hervor. 
Darum  lautet  denn  auch  die  Bitte  an  Alle  in  England,  in  dem  ge- 
meinsamen Werke  zu  helfen  „either  by  contributing  such  uncommon 
words  as  they  happen  to  know,  by  making  additions  to  the  existing 
county  glossaries,  or  by  making  a  complete  alphabetical  list  of  all 
words  found  in  a  certain  district."  Neben  provinziellen  Wörtern  möge 
besondere  Auftnerksamkeit  den  provinziellen  Sprichwörtern,  Bräuchen 
u.  s.  w.  und  vorzüglich  auch  den  technischen  Redensarten  der  Ge- 
werke  geschenkt  werden.  Mit  Recht  wird  ferner  darauf  gedrungen, 
Beispiele  des  Gebrauchs  dialektischer  Wörter  zu  geben;  wer  nicht 
vieles  geben  kann,  gebe  wenig.  Selbst  ganz  gebräuchliche  Wörter 
erhalten  oft  neuen  Werth  und  neues  Interesse,  wenn  die  Oertlich- 
keiten,  wo  sie  gebraucht  sind,  genau  bestimmt,  oder  wenn  ihre  Aus- 
sprache, die  in  verschiedenen  Gebieten  oft  sehr  abweicht,  beigegeben 
ist.  Eine  andere  Vorschrift,  die  die  Gesellschaft  in  ihren  prächtigen 
„Rules  and  Directions  for  Word-collectors"  gibt,  klingt  auf  den  ersten 
Blick  etwas  sonderbar,  und  doch  möchte  ich  gerade  in  ihr  den  besten 
Beweis  finden,  wie  ernst  es  den  Leitern  um  die  Sache  zu  thun  ist, 
und  wie  wohl  sie  ihre  Aufgabe  erfasst  haben.  Es  wird  nämlich  ganz 
entschieden  vor  dem  Etymologisieren  gewarnt.  Nicht  als  ob  Etymo- 
log:ie  vernachlässigt  werden  solle,  nein,  „doch  sie  mag  spätrer  Zeit 
verspart  bleiben,  da  sie  stets  leicht  zu  ergänzen  ist,  und  nicht  eigent- 
lich zur  Arbeit  eines  Wortsammlers  gehört.  Zu  leicht  entgeht  dabei 
dem  Sammler  seine  wirkliche  Arbeit  und  ihr  Ziel,  zu  leicht  verzerrt 
und  verdreht  er,  der  angenommenen  Horleitung  zu  Liebe,  die  Defini- 
tion eines  Wortes,  und  vergisst  gar  von  ihm  zu  sagen,  was  er  that- 
sächlich  weiss.  Der  Beobachter,  der  sich  strenge  bemüht,  den  genauen 
Sinn,  den  wirklichen  Gebrauch,  die  bestimmte  Oertlichkeit,  ob  häufig 
oder  Seite»!  und  von  welcher  Klasse  der  Bevölkerung  angewendet, 
richtig  anzugeben,  leistet  dem  Anscheine  nach  zwar  unbedeutendere, 
wirklich  aber  grössere  und   selbstlosere  Dienste.     „Please  no  etymo- 


118 

logy  at  present",  darin  Hesse  sich  der  Wunsch  des  Vereins  zusammen- 
fassen, doch  „Ev^ry  man  thinks  he  can  both  drive  and  derive." 

Nicht  lange  ist  es  her,  dass  die  Grundgedanken,  denen  ich  in 
dieser  kleinen  Schilderung  durchgehends  folge,  veröffentlicht  wurden, 
fast  noch  türzer  die  definitive  Bildung  des  Vereins,  und  schon  liegt 
in  seinem  heutigen  Erfolge  der  schönste  Beweis,  wie  sehr  er  fehlte. 
Und  wirklich  ist  es  schwer  zu  sagen,  wie  ein  Unternehmen  dieser 
Art,  das  der  Natur  der  Sache  nach  in  eine  Menge  Einzelarbeiten  zer- 
filllt,  je  genügend  ausgeführt  werden  könnte,  ohne  die  vereinte  Arbeit 
Vieler.  So  ist  denn  das  ganze  Land  vertheilt  unter  tüchtige  Spezial- 
forscher, die  mit  ihrer  wissenschaftlichen  Bildung  Bürge  stehen  für 
die  Genauigkeit  und  Wahrheit  der  einzelnen  Beobachtungen.  An  sie 
senden  die  Mitglieder  (die  Arbeit  Aller,  kann  kaum  mehr  betont  wer- 
den) ihre  Notizen  ein,  ihnen  liegt  es  dann  ob,  diese  auf  ihre  Richtig- 
keit hin  zu  prüfen  und  sie  für  die  weitere  Bearbeitung  tauglich  zu 
machen.  Die  Publikationen  geschehen  in  vier  Gruppen,  wovon  Serie  A 
bibliographisches  Material  bietet,  B  den  Neudruck  alter  Glossare  be- 
greift, C  Originalwerke  und  endlich  D  Miscellaneous.  Short  glossaries 
thrown  together  under  one  aiphabet;  short  notes  upon  dialects  etc. 
umfasst.  Bisher  hat  der  Verein  folgende  Arbeiten  veröffentlicht: 
1873:    1.   Seven  reprinted  Glossaries  Series  B,  meist  umfassend  eine 

Reihe  kleiner  Sammlungen  von  Marshall  aus  allen  Theilen  Englands. 

2.  Bibliographical  List  I.     Ser.  A. 

3.  A  Glossary  of  Swaledale  Words,  by  Captain  Harland,  of  Reeth.  Ser.  C. 
1874:  4.  A  History  of  English  Sounds,  by  H.  Sweet.     Ser.  D. 

5.  Seven  reprinted  Glossaries.     Ser.  B. 

6.  Ray 's  CoUection,  reprinted  from  the  edition  of  1691.    Sussex  Glos- 

sary, by  the  Rev.  W.  D.  Garish.     Ser.  B. 
1875:  7.  The  Dialect  of  West-Somerset,  by  F.  T.  Elworthy.     Ser.  D. 

8.  Bibliographical  List  II.     Ser.  A. 

9.  A  Glossary  of  Words  used  in   the   neighbourhood   of  Whitby,  by 

F.  R.  Robinson.  I.     Ser.  C. 

10.  A  Glossary   of  the   Lancashire   Dialect,   by  J.  H.  Nodal   and  G. 

Milner.  I. 

Eine  reichhaltige  Liste,  wie  man  sieht,  für  die  kurze  Zeit  des 
Bestehens.  Noch  kann  ich  mir  zum  Schlüsse  nicht  versagen,  auf  die 
freundliche  Unterstützung  hinzuweisen,  die  die  E.  D.  S.  bei  andern, 
ähnliche  lokale  Ziele  verfolgenden  Vereinen  fand.  Schon  vor  der 
Bildung  der  E.  D.  S.  hatte  der  „Manchester  Literary  Club"  die  Ab- 
fassung eines  „Lancashire  Glossary"  unternommen  und  dazu  im 
October  1872  ein  Komite  bestimmt.  Nichts  nun  kann  genugthuender 
sein,  als  die  freundliche  Weise,  in  der  ein  Vorschlag  der  E.  D.  S. 
zu  gemeinsamer  Arbeit  von  diesem  Komite  aufgenommen  wurde.  Ich 
eitlere  hier  eine  Stelle  aus  Herrn  NodaVs,  des  Präsidenten  de«  M.  L.  C's. 
Bericht:  „The  Comittee  have  expressed  an  earnest  wish  to  help  forward 
the  national  work  undertaken  by  the  English  Dialect  Society  by 
every  means  in  their  power;  and  in  reference  to  their  own  Glossary, 


119 

they  will  be  prepared  to  meet  the  views  of  the  Society  in  inj  way 
that  may  be  deemed  mutually  advantageous.'^  Möge  auch  unserm 
Vereine  allerseits  solches  freundliche  Entgogenkommbn  gezeigt  werden, 
mögen  aber  auch  wir  vor  allem  Hand  in  Hand  beim  grossen  Werk 
des  Schutzes  volksthttmlichor  Sprache  und  Sitte  gehen  mit  dem  Ver- 
eine jenseits  des  Meeres,  beide  ja  sind  wir  niederdeutschem  Boden 
entwachsen. 

LEIPZIG.  Dr.  Dahlmann. 

Zu  jeder  weitem  Auskunft  ist  der  Unterzeichnete  gerne  bereit 


Niederdeutsche  Bibliographie  für  die 

Jahre  1874  und  75. 

Auf  den  folgenden  Blättern  ist  der  Versuch  gemacht  worden, 
unsrer  Zeitschrift  eine  XJebersicht  der  litterarischen  Erzeugnisse  auf 

i  niederdeutschem  Sprachgebiet  anzufügen.  Auf  YoUständigkeit  macht 
diese  Litteraturschau  diesmal  keinen  Anspruch.     Erst  vor  kurzer  Zeit 

I  unternommen  leidet  sie  an  dem  natürlichen  Mangel  solcher,  hinterher 
gesammelten  Rundschauen;  allerorten  entgeht  etwas,  und  überdies 
war  bei  der  wenigen  Zeit,  die  zur  Verfügung  stand,  die  Durchsicht 

!  sämmtlichen  Materials  eine  Unmöglichkeit.  —  Hoffentlich  werden  die 
nächsten  Jahre  solche  UnvoUständigkeit  vermissen  lassen,  wie  sie 
auch  die  jetzt  rohe  Gliederung  umgestalten  und  bessern  werden. 

Einige  Worte  über  die  Ansichten,  von  denen  bei  der  Abfassung 
ausgegangen  wurde,  sind  wohl  nöthig.  Die  Grenze  niederdeutscher 
Zunge  ist  möglichst  weit  gezogen.  Eher  zu  viel  zu  geben,  als  zu 
wenig,  war  Grundsatz.  So  sind  denn  auch  die  Nachbardialekte,  deren 
Kenntnis  zu  eingehenderer  Betrachtung  des  Niederdeutschen  unum- 
gänglich nöthig  ist,  mit  aufgeführt*,  ich  erwähne  nur  der  sonst  kaum 

I  hierher  gehörigen  Arbeiten  Brauno's  über  das  Niederfränkische  etc. 
Femer  sind  Schriften  verzeichnet,  die,  vom  gesammt-germani- 
schen  Standpunkte  aus,  das  Niederdeutsche  beleuchten  und  es  mehr 
oder  weniger  mit  in  den  Kreis  ihrer  Betrachtung  ziehen,  oder  die 
endlich  zu  dessen  Litteraturgeschichte  wesentlichen  Beitrag  liefern. 
Zu  sehr  z.  B.  ist  der  Reineke  Vos  verwachsen  mit  dem  Leben  des 
niederdeutschen  Volkes,  als  dass  Martin's  Ausgabe  des  Reinaert 
hätte  unerwähnt  bleiben  können. 

Auch  hier  indes  wird  erst  die  Zeit  die  nöthigen  scharfen  Gren- 
zen ziehen  lehren. 

A..  Bibliographie. 

1.  Bächtold,  J.,  Deutsche  Handschriften  in  Paris  (darunt.  ndrd.  Hei- 
ligenlegenden, Kölner  Chronik  in  Versen).  Pf  s  Germania  Bd.  20. 
S.  335—341. 


120 

2.  Cnrtse,  Xaxt  Die   Handschrifton   und   seltenen   alten   Drucke  der 

Gymnasialbibliothek  zu  Thorn.     Prog.  d.  Gymn.  zu  Thorn  75. 

3.  Mttller,  Dr.  Herrn.»    Die  Manuscripta  Germanica  *  der  Eönigl.  Uni- 

versitätsbibliothek zu  Greifewald.  Zeitsch.  f.  deutsche  Philologie 
VI.  104— li9. 
4  BatjeB,  H.,  Nachträge  zu  meinem  Yerzeichniss  der  Handschriften 
der  Kieler  Universitätsbibliothek,  betr.  Schleswig,  Holstein,  Lauen- 
burg, Hamburg  u.  Lübeck.  8.  601—634.  Z.  d.  G.  f.  Schlesw.- 
Holst-Lauenb.-Geschichte  5.  Bd.  1875.  Bliel,  Universitäts-Buchh. 

5.  Tolckmann,  Dr.  Edwin,  Die  Originalurkunden  des  Elbinger  Stadt- 

archivs.   Prog.  d.  Gymn.  zu  Elbing  1875. 

13.  Biograpliisch.es  etc. 

6.  Zaeber,  J.,  Moriz  Haupt.    Nekrolog.    Zeitsch.  f.  deutsche  Philo- 

logie V.  445-456. 

7.  Bartech,  K.,  Hoffmann  von  Fallersleben.    Nekrolog.     (In  Pfs 

Germania  Bd.  19.  S.  235-238. 

8.  Borelins,  Alfred,   G.  Home y er.    Nekrolog.    Zeitsch.  f.   deutsche 

Philologie  VI.  S.  217-221.  1875. 

9.  Strobl,  J.,  Oscar  Jaenicke.    Nekrolog.     Pfs  Germania  Bd.  19. 

S.  503-^504. 

10.  Wilmanns,  W.,  Nekrolog  f.  Oscar  Jaenicke.    Z.  f.  d.  Gymnasial- 

wesen 1874.  S.  474—477. 

11.  dombert,  Oscar  Jaenicke.    Nekrolog.    Zeitsch.  f.  deutsche  Philo- 

logie V.  457 — 468.  —  (J.  schrieb  1869:  „Ueber  die  niederdeut- 
schen Elemente  in  unsrer  Schriftsprache".) 

12.  Barteeh,  K.,  Hans  Ferdinand  Massmann.    Pf.   Germania  Bd. 

19.  S.  377—380. 

13.  Lfibben,  A.,  Karl  Schiller.    Nekrolog  in  Pf.  Germania  Bdl  19. 

S.  123-124. 

14.  Rfidiger,  Dr.  Otto,  Bericht  über  die  erste  Jahresversammlung  des 

Vereins   für   Niederdeutsche   Sprachforschung   zu   Hamburg   am 

19.  u.  2a  Mai  1875.     Zeitsch.  f.  deutsche  Philologie  VI.  S.  471 
—477.     1875. 

C.  Zior  Qramraatik:,  Lexicographie 
!!•  Litteratrirgesch.ich.te. 

I.  Altniederdeutsch. 

15.  Amira,  K.  v.,  Zur  Salfränkischen  Eideshülfe.    Pfs  Germania  Bd. 

20.  S.  53—66. 

16.  Anidty  Ad.,   Versuch   einer  Zusammenstellung  der  altsächsischen 

Declination,  Conjugation  und  der  wichtigsten  Regeln  der  Syntax. 
4^  (24  S.)   Prg.  d.  Gymn.  zu  Frankfurt  a.  Od.  1874. 

Vgl.  Zeitsch.  f.  deutsche  Philologie  6,  120  fF.  (Erdmann.) 

17.  Begemann,  Wilh.,  Zur  Bedeutung  d.  schwachen  Praeteritums  der 
germanischen  Sprachen,  gr.  8®.  (LH,  192  S.)  Berlin,  1874,  Weid- 
mann.    1,80. 


121 

18.  Bezztnhwger^   Dr.  Adalbert,   Uobor  die  A-Reiho  der  gotischen 

Sprache.   Eine  grammatische  Studie.   Göttingon,  1874,Peppmüller, 

71  S.    8^    2,—. 

Vgl.  Berohardt,  Zeitsch.  f.  deutsche  Philologie  VI.  S.  232—286. 

19.  Bezzenberj^er,  H.  E.,  Die  Morseburger  Glossen.  Zeitsch.  f.  deutsche 
Phüologie  YI.  291—301.     1875. 

20.  Blnhme,  Dr.  Ppdr.,  Die  gens  Longobardorum.  2.  Heft:  Ihre 
Sprache,  gr.  8^  (VI,  54  S,)    Bonn,  1874,  Marcus.    1,50. 

Vgl.  K.  Meyer  in  Pfeiffer's  Germania  Bd.  20  (S.  109  f.);  Revne  critiqae 
1875,  Nr.  30;  Nuova  Antologia  29,  6;  Allgem   Zeitg.  1874,  Nr.  851. 

21.  Braune,  W.,  Ueber  den  grammatischen  Wechsel  in  der  deutschen 
Terbalflexion  (Paul  u.  Braune,  Beiträge  Bd.  I.  S.  513—526.)  1874. 

22.  Creeelins,  W.,  Bec.  von :  Codex  traditionum  Westfalicarum,  I.  Das 
Kloster  Freckenhorst.  Die  Heberegister  des  Klosters  Fr.  nebst 
Stiftungsurkunde,  Pfründeordnung  u.  Hofrecht,  hrsg.  von  Dr.  Ernst 
Priedländer.  Münster,  Brunnes  Vlg.  XIV.  223  S.  S^.  6,—. 
Zeitsch.  f.  deutsche  Philologie  V.  106—109. 

23.  Feit,  Dr.  Panl,   De  Germanorum   nominibus   propriis   compositis. 

1.  (Dissertation.)    Lübeck,  1875,  Gebr.  Borchers.     30. S.    4^ 

24.  Heyne,  Moritz,  Kleine  altsächsische  u.  altniederfränkische  Gram- 
matik.    Paderborn,  1873,  Schöningh.    (120  S.)    1,50.    Rec. :  Arndt, 

Zeitsch.  f.  deutsche  Phüologie  VI.  S.  477—483. 

Vgl  H.  Paul,  in  PfeiflpOT'a  Germania  Bd.  19  (S.  217—227. 

25.  Heyne,  Moritz,  Kurze  Laut-  u.  Flexionslehre  der  altgermanischen 
Dialekte.  3.  Aufl.  gr.  8».  (X,  354  S.)  Paderborn,  1874,  Schö- 
ningh.   4,50. 

26.  UoltEmann,  Adolf,  Altdeutsche  Grammatik,  umfassend  die  goth., 
altnord.,   altsächs.,   angelsächs.   und    althochd.    Sprache.     1.   Bd. 

2.  Abth.  Vergleichung  der  deutschen  Laute  unter  einander,  gr.  8^. 
(Vn,  78  S.)     Leipzig,  1875,  Brockhaus.     2,~. 

27.  Lfibben,  A.,  Altfriesisches.  Zeitsch.  f.  deutsche  Philologie  V. 
201-203. 

28.  Meyer,  K.,  Beiträge  zur  Kenntniss  der  Longobardischen  Sprache. 
(Pfs  Germania  Bd.  19.  S.  129—139.) 

29.  Moller,  Prof.  Dr.  Adolf,  Ueber  den  Instrumentalis  im  Heliand 
und  dais  Homerische  Suffix  <pt  (<ptv).  Eine  syntaktische  Unter- 
suchung.    Prg.  d.  Gymn.  zu  Danzig  1874. 

Vgl.  Zeitsch.  f.  deutsche  Philologie  6,   120  (Erdmann),  u.  Mo  Her  selbst 
im  Liter.  Centralblatt  1874  Sp.  1190. 

30.  Paul,  H.,  Zur  Lautverschiebung  (Paul  u.  Braune,  Beiträge  Bd.  1. 

S.  147—201.) 

31.  Piper,  Ueber  den  Gebrauch  des  Dativs  im  Ulfilas,  Heliand  und 
Otfried.  4^  (30  S.)  Altena,  1874  (Berlin,  Calvary  &  Co.)  1,—. 
Auch  Prog.  der  Realschule  zu  Altona. 

Vgl,  Zeitsch.  f.  deutsche  Philologie  6,  120  (Erdmann). 

32.  Sievers,  E.,  Kleine  Beiträge  zur  Deutschen  Grammatik.  L  Die 
reduplicierten  praeterita  im  deutschen  (Paul  u.  Braune,  Beiträge 


122 

Bd.  I.  S.  504-513.)  III.  Die  starke  adjectivdeclination  (das. 
Bd.  II.  S.  98—124)  1874. 
33  Sievers,  Ed.,  Paradigmen  zur  deutschen  Grammatik.  Gotisch, 
Altnordisch,  Angelsächs.,  Altsächs.,  Althochdeutsch,  Mittelhoch- 
deutsch, hoch  4«.  (5  S.  mit  30  Tafeln.)  Halle,  1874,  Waisen- 
hausbuchhandlung.    3, — . 

II.  Mittelniederdeutsch. 

34.  Baethke,  H.,  Rec.  von  Reinke  de  Vos,  hrsg.  von  Karl  Schröder, 

Leipzig,  1872  (in  Pfs  Germania  19,  S.  105—112.) 
Dazu:  Karl  Schröder,  Einige  Bemerkungen  zum  Vorstehenden  (bes. 
üb.  d.  Umlaut  im  Mndrd.)     das.  S.  112—120. 

35.  Bartsch,  K.,  Zum  Rolandsliede.    Pfs  Germania  Bd.  19.  S.  385—418. 

36.  Bech,  Pedop,  Zerstreute  Beiträge.     Pfs  Germania  19,  S.  45—58. 

37.  Beck,  F.,  Heinrich  von  Morungen.    Pfs  Germania  Bd.  19.  S.  419. 

38.  Bech,  F.,  Urkundliche  Nachweise  über  das  Geschlecht  u.  die  Hei- 
mat der  Dichter  Heinrich  u.  Johannes  von  Freiberg.  Pfs  Ger- 
mania. Bd.  19.  S.  420—424. 

39.  Birlinger,  A.,  Zu  Gotfried  Hagens  Chronik.     Mtillenhoffs  Zeitsch. 

f.  deutsches  Alterthum  Bd.  17.  S.  428. 

40.  Diefenbach,  Lop.,  u.  Ernst  Wülcker,  Hoch  und  niederdeutsches 
Wörterbuch  der  mittlem  und  neuem  Zeit.  In  2  Bänden.  1.— 3. 
Lief.  gr.  4<*.  (1—432  S.)  Frankfurt  a.  M.,  1874,  75,  "Winter. 
ä  2,40. 

Vgl.  K.  Bartsch  in  s.  Germania  Bd.  19   (S.  370  f);  Liter.   Centralblatt 
1874,  Nr.  4 ;  Revue  critique  Nr.  13 ;  Trübner's  Literary  Record  Nr.  102. 

41.  Edzardi,  A.,  Zum  jüngeren  Hildebrandsliede.    Pfs  Germania  Bd. 

19.  S.  315— 326. 

42.  Edzardi,  A.,   J^^achträgliches  zum  jllngern  Hildebrandsliede.    das. 

Bd.  20.  S.  320—321. 

43.  Edzardi,  A.,   Zur  Textkritik  des  Rother.     Pfs  Germania  20.  Bd. 

S.  403—421.  1875. 

44.  Höhlbanm,  Dr.  Konst.,  Der  erste  Theil  der  Historien  Johann  Ren- 

ners.   Verhandlungen  der  gelehrten  Estnischen  Gesellschaft  zu 
Dorpat.     8».    Bd.  1874.  S.  45—78. 

45.  Latendorf,  Friedr.,   Zu  Lauremberg's  Scherzgedichten.     Ein  krit. 

Beitrag  zu  Lappenberg's  Ausg.    gr.  8^    (23  S.)    Rostock,    1875, 
Stiller.    0,80. 

46.  Latendorf,  F.,  Zu  Lauremberg's  Scherzgedichten.    Pfs  Germania 

Bd.  19.  S.  351. 

47.  Latendorf,  F  ,  X  für  ü.    Zu  Lauremberg  1, 136  ff.  das.  Bd.  20.  S.  8. 

48.  Lfibben,  A,,  Bemerkungen  zu  der  Ausgabe  des  Reinke  Vos  von 

K.  Schröder  (Leipzig,  1872,  F.  A.  Brockhaus.)   Zeitsch.  f.  deutsche 
Phüologie  5.  Bd.  1874.  S.  57— 64. 

49.  Müllenhoff,  K.,  lieber  Reinhart  Fuchs.     Zeitsch.  f.  deutsches  Alter- 

thum 18,  1—9. 

50.  Oudemans,  A*  C,  Bijdrage  tot  een  middel-   eu   oudnederlandsch 


123 

Woordenboek.  Uit  vele  glossaria  en  andere  brennen  bijeen-ge- 
zameld.  5.  Deel.  0— R.  gr.  8».  (927  S.)  Arnhem,  1874.  Leip- 
zig, 1875,  T.  0.  Weigel.     13,20, 

51.  Paul,  H.,  Reo.  von:  die  Geschichte  der  niederfränkischen  Geschftfts- 
sprache  von  R.  Heinzel.  Paderborn,  1874.  Pfs  Germania  Bd.  20. 
S.  85—94. 

52.  Pauli,  C,  Brief  an  F.  Liebrecht  über  den  Namen  Aschgoberstrasse 
in  Stettin  (als  Nachtrag  zu  Germ.  18,  456.)    Pfs  Germania  Bd.  20. 

53.  Rathlef,  Georg,  Das  Verhältniss  der  kloinen  Meisterchronik  zum 
Chronicon  Livoniae  Hermanns  von  Wartbergo  und  zur  Roim- 
chronik.  Verhandlungen  der  gelehrten  Estnischen  Gesellschaft 
zu  Öorpat.     8«.     Bd.  1875.     S.  27—81. 

54.  Schiller,  Dr.  Karl  und  Dr.  Ang.  Lfibben,  Mittelniederdeutsches 
Wörterbuch,  Heft  3—12.  (S.  257—758)  Schi.  d.  II.  Bds.  Lex.-8<>. 
Bremen,  1874,  75,  Kühtmann  &  Co.  (ä  2,50.) 

55.  SehSnbach,  Prof.  Dr.  Ant.,  über  die  Marienklagen.  Ein  Beitrag 
zur  Gesch.  d.  geistlichen  Dichtung  in  Deutschland,  gr,  4^.  (120  S.) 
Graz,  1875,  Leuschner  u.  Lubensky.     4, — . 

56.  Cadovins-Mfiller,  Past.  Joh.,  memoriale  linguao  Frisicae.  Mit  Zu- 
grundelegung der  in  Aurich  befindl.  Originalhandschrift  zum  ersten 
Male  hersg.  von  Dr.  L.  Kükelhan.  gr.  8^  (119  S.  m.  5  Stein- 
tafeln.)   Leer,  1875,  Leendertz.     2,—. 

57.  Schulz,  Dr.  Karl,  speculum  Saxonicum  num  latino  sennone  con- 
ceptum  Sit?    gr.  S^  (26  S.)     Jena,  DuflFt.     1,—. 

58.  Zacher,  J.,  Reinhart  Fuchs  im  Kanzleibriefsteller.     Zeitschrift  f. 

deutsche  Philologie  VI.  3—12. 

iiL  Neuniederdeutsch. 

59.  Andenken  an  Fritz  Router's  Begräbnissfeier,  gr.  8^.  (38  S.) 
Wismar,  1874,  HinstorflF.     0,50. 

60.  Attdresen,  K.  G.,  Zur  deutschen  Namenforschung.    Zeitschrift  f. 

deutsche  Philologie  V.  209—211. 

61.  Beck,  F.,  Spenden  zur  Altersbestimmung  neuhochdeutscher  Wort- 
formen. (Fortsetzung  zu  dieser  Zeitschrift  XVIII,  257  ff.)  Pfs 
Germania  Bd.  20,  S.  31—51. 

62.  Bech,  Fedor,  u.  Crecelius,  Anzeln  Nachträge  zu  4,  320.  Zeitsch. 
f.  deutsche  Philologie  5,  65.  1874. 

63.  Bezzenberger ,  Adalb.,  lieber  Herm.  Grass  mann,  Deutsche 
Pflanzennamen.  (Stettin,  1870,  R.  Grasmann,  VIII.  208  S.  8% 
Zeitsch.  f.  deutsche  Philologie  V,  228—231. 

64.  Bpaiine, 'W.,  Zur  kenntnis  des  fränkischen  u.  zur  hochdeutschen 
lautverschiebung  (Paul  u.  Braune,  Beiträge  z.  Gesch.  der  deutsch. 
Sp.  u.  Lit.  Bd.  I.  S.  1—56.)     1874. 

65.  Dannehl,  Dr.  Cfnstaf,  lieber  niederdeutsche  Sprache  und  Litteratur 

(64  S.)  1,20.  (In  R.  Virchow  und  Fr.  v.  Holtzendorff's  Samm- 
lung gemeinverst.  wissonsch.  Vorträge,  Heft  219  u.  220)  Berlin, 
1875,  Lüderitz, 


124 

66.  Dialektdichter,   Die  deutschen.    Beilage  zum   deutschen  Reichs- 

anzeiger.    18T4.  Nr.  30. 

67.  Ebert,  Herrn.,  Fritz  Reuter.     Sein  Leben  und  seine  Werke.    8^ 

(VI,  290  S.)    Güstrow,  1874,  Opitz  &  Co.     3,-^. 

68.  Fick,   Dr.,   Die   Göttingor  Familiennamen.     Progr.   d.  Gymn.  zu 

Göttingen  1875. 

69.  Fuss,  Dr.  M.,  Zur  Etymologie  nordrheinfränkischer  Provinzialismen. 
Progr.  d.  Rhein.  Ritterakad.  zu  Bedburg. 

Vgl.  Herrig's  Archiv  54,  218  (1874.) 

70.  fiebert,  W.,  Zur  Geschichte  der  niederdeutschen  Mundarten.   Progr. 

d.  Gymn.  zu  Kreuznach  1873. 

Vgl.  Herrig's  Archiv  54,  218  (1874.) 

71.  Glagav,  Otto,  Fritz  Reuter  und  seine  Dichtungen.  Neue  Aufl. 
Mit  lUustr.,  Portraits  u.  e.  autograph.  Beilage.  8^.  (XIV,  362  S.) 
Berlin,  1875,  Grote.     3,—. 

72.  Gatzeit,  W.  v.,   Wörterschatz   der    deutschen   Sprache   Livlands. 

2.  TeU.     1.  Lief.     8^  (127  S.)    Riga,  1874,  Kymmel.     3,—. 

73.  Halbertsma,  Jnstns,,  lexicon  Frisicum.     A— Feer.    Ed.   Tiallin- 

gius    Halbertsma.     gr.    8^.    (XI,    1044   S.    mit   1    Stahlstich.) 

Haag,  1874,  l!fijhoff.     14,—. 

Vgl.  A.  Lühben,  Zeitsch.  f  deutsche  Philologie  VI.  347—350. 

74.  Heinzerling,  Dr.  J.,  Die  Siegerländer  Mundart.    Mit  Sprachkarte. 

Prog.  der  Realschule  zu  Siegen  1873.     4<>.  (17  S.) 
Vgl.  Archiv  f.  d.  Studium  der  neuern  Sprachen  54,  101  f. 

75.  Jeitteles,  A.,  Dienstag — Zinstag.  Pfs  Germania  Bd.  19.  S.  428— 430. 

76.  liSfström,   Seth  Axel,    Ueber   die   Zusammensetzungen   im  Platt- 

deutschen (Dissertation  der  Univ.  Upsala).     Lund,   1875,  Hakan 
Ohlsson.     8«.  (37  S.) 

77.  Lübben,  A.,  Mit  äl  zusammengesetzte  Wörter.     Zeitsch.  f.  deutsche 

Philologie  VI.  S.  454—466.  1875. 

78.  Noite,  Eine  Reliquie  von  Heinrich  Aeger  aus  Calcar.  Pfs  Ger- 
mania Bd.  20.  S.  51—52. 

79.  Sehultze,  Dr.  Mart.,  Idioticon  der  nordthüringischen  Mundart.  8^. 

(VII,  69  S.)    Nordhausen,  1874,  Förstemann.     10,—. 

Vgl.  Liter.  Centralhktt  1875,Nr.  4;  Jen.  Liter.  Zeitg.  1874,  Nr.  27  (Sievera.) 

80.  Tscbierseh,  Formwandlungen  deutscher  Geschlechtsnamen.  Prog. 
des  Gymn.  zu  Luckau  1875. 

81.  Wackernagel,   Wilh.,   Die   deutschen  Appellativnamen,  .kleinere 

Schriften.     3.  Bd.  S.  59—177.     8«.     Leipzig,  1874,  S.  Hirzel. 

82.  Walther,  Dr.  C.  H..  F.,  Zur  Geschichte  des  Wortes  priölken.  Bre- 
misches Jahrbuch  7.  Bd.  1874. 

83.  Woeste,  Fr.,  jodüte,  to  jodüte.  Z.  des  Bergischen  Geschichts- 
vereins 10.  Bd.  1874. 

84.  Woeste,  F.,  Beiträge  aus  dem  Niederdeutschen.  Zeitsch.  f.  deutsche 
Philologie  5,  S.  76—81  (1874).  6,  S.  84—94.  207—216.  341 
bis  343.     470  f.  (1875.) 

85.  Weinhold,  Karl,  Anz.  von  K.  G.  Andresen,  Die  altdeutschen 
Personennamen  in  ihrer  Entwicklung  und  Erscheinung  als  heu- 


125 

tige  Geschlechtsnamen.    Mainz,  1873,  Kunze.     VIII,  102  S,    8^ 
1,50.    Zeitsch.  f.  deutsche  Philologie  V,  120  f. 

D.  Ijitteratur. 
I.  Mittelniederdeutsch. 

86.  Bech,  Dr.  Fedor,  Subrektor,  Klage  des  Bischofs  Petrus  v.  Naum- 
burg wider  den  Herzog  Wilhelm  v.  Sachsen.  Prog.  des  öymn. 
zu  Zeitz  1875. 

87.  Birlin^er,  Ant,  u.  Wilk.  Crecelins,  altdeutsche  Neujahrsblätter 
für  1874.  Mittel-  u.  niederdeutsche  Dialektproben,  gr.  4^.  (VI, 
147  S.)     Wiesbaden,  1874,  Killingor.     3,60. 

88.  Birlin^er,  A.,  Aus  dem  Buch  Woinsberg  (von  Herman  v.  Weins- 
berg in  Köln  1517—1598.)    Pfs  Germania  19.  S.  78—94. 

89.  Birlinger,   A.,   Grammatische   Versuche   eines   Kölners   aus   dem 

XVI.  Jahrh.  —  aus  dem  Buch  Weinsberg.     das.  S.  94—97. 

90.  Birlinger,  A.,  Sprüche  im  Kölner  Dialekt  (Aus:  Ein  schatzboechlin 
der  Gotlicher  lieflfden  —  Gedruckt  zo  Collen  durch  Eucharium 
Hirtzhom.)     das.  19,  S.  97—98. 

91.  Bremisches  Urkniidenbnch.  Hrsg.  v.  D.  R.Ehmik  u.  W.  v.  Bippen. 
2.  Bd.  1.— 3.  Lfg.  gr.  4P.  (S.  1—624).  Bremen,  1875,  Müller's 
Verlag.     21,—. 

92.  Preybc,  Dr.  Alb.,  Das  Mecklenburger  Osterspiel  vollendet  im 
Jahre  1464  zu  Redentin  übertragen  und  behandelt.  8^.  (XIX, 
425  S.)    Bremen,  1874,  Kühtmann  &  Co.     5,—. 

93.  Friedländer,   Dr..  Ernst,   ostfriesisches  Urkundenbuch.     1.   Heft. 

787—1400.     gr.  4^  (XXII,  152  S.)    Emden,  1874,  Haynel.    4,50. 

94.  Gebete,  zwei  niederdeutsche,  d.  15.  Jahrh.  Hrsg.  v.  Dir.  K.  E. 
H.  Krause,     gr.  8^  (29  S.)    Rostock,  1875,  Stiller.     1,20. 

95.  Geschichtsqnellen  der  Provinz  Sachsen  u.  angrenzenden  Gebiete. 
4.  Bd.:  Die  Urkunden  des  Klosters  Stötterlingenburg,  bearb.  vom 
Archiv-Secr.  C.  v.  Schmidt -Phiseldeck.  gr.  8».  (XX,  280  S.) 
Halle,  1874,  Buchh.  d.  Waisenh.     6,—. 

96.  Uansereeesse.  3.  Bd.  A.  u.  d.  T.:  Die  Recesse  u.  andere  Akten 
der  Hansetage  von  1256—1430.  3.  Bd.  hoch  4^  (XV,  564  S.) 
Leipzig,  1875,  Duncker  &  Humblot.     16, — . 

97.  Hansische  Geschichtsqnellen,   hrsg.  v.  Verein  f.  hans.  Geschichte. 

I.  Bd.  enth.:   Das  Verfestungsbuch  der  Stadt  Stralsund  v,  Otto 
Prancke.     gr.  8«.  (XCVI,  165  S )     5,—. 
II.  Bd.:   Die   Rathslinie   der   Stadt  Wismar,   von  Dr.  Fried r.  Crull 
(XLIV,  134  S.)    4,50.    Halle,  1875,  Waisenh. 

98.  Heinzel,  Richard,  Vier  geistliche  Gedichte.     MüUenhoff's  Zeitsch. 

f.  deutsches  Alterthum  Bd.  17.  S.  1—57. 

99.  H9hlbaam,  Dr.  Konstantin,  Urkundliche  Beiträge  zur  Geschichte 
Livlands  im  15.  Jahrh.  Verhandlungen  der  gelehrten  Estnischen 
GeseUs.  zu  Dorpat.     8^     Bd.  1874.  S.  1—44, 


126 

100.  Kelle,  Jok.,  Mittelniederdeutsche  Glossen.  MüllenhofTs  Zeitsch. 
f.  deutsches  Alterthum  Bd.  17.  S.  582—588. 

101.  Kolster,  Dir.  Wilh.  Heinr.,  Aktenstücke  zur  Geschichte  der  Schule 
zu  Meldorf.    Prog.  der  Schule  zu  Meldorf  1875. 

102.  Krause,  Dir.  Dr.  K.  E.,  Eine  Kinderlehre  des  15.  Jahrh.  Pro^. 
der  Rostocker  grossen  Stadtschule  1873. 

Vgl.  H^rrig'g  Archiv  f.  d.  neuern  Sprachen  öS,  453  (1874). 

103.  Krause,  Dir.  K.  E.  H.,  Alis  dem  Todtenhuche  d.  St.  Johannis- 
Klosters  vom  Prediger -Orden  zu  Rostock.  —  Bruchstück  e.  Ka- 
lendarii  d.  Johannis  -  Klosters  u.  niederdeutschen  Cisiojanus  d. 
Konrad  Gesselen.  —  Zur  Geschichte  der  ersten  Jahre  der  Uni- 
versität Rostock,    gr.  4^  (24  S.)    Rostock,  1875,  Stiller.     1,—. 

104.  Krause,  K.  E.  H.,  Nachtrag  zu  den  Dithmarschen  -  Liedern  auf 
die  Schlacht  von  Hemmingstedt.  Z.  d.  G.  f.  Schlesw.-Holst.- 
Lauenb.  Gesch.    5.  Bd.  S.  361—372.    Kiel,  Univers.-Buchhdlg. 

105.  Leitfaden  für  die  Aelterleute  des  Deutschen  Kaufmanns  zu 
Brügge.  Verft^sst  von  einem  Klerk  des  Hansischen  Kontors  zu 
Brügge  im  Jahre  1500.  Hrsg.  von  Dr.  K.  Kopp  mann.  gr.  8^. 
(32  S.)    Hamburg,  1875,  W.  Mauke  Söhne. 

106.  Loerseh,  Prof.  Dr.  Hugo,  u.  Privatdocent  Dr.  Befffersebeid,  Zwei 
Achener  histor.  Gedichte  des  15.  u.  16.  Jahrh.  gr.  8^  (98  S.) 
Achen,  1874,  Kaatzer.     1,50. 

107.  Martens,  H.,  Niedersächsische  Fastenandacht.  Pfs  Germania 
Bd.  20.  S.  341-~348. 

108.  Mecklenburgisches  Urknndenback,  hrsg.  v.  d.  Yerein  f.  mecklenb. 
Geschichte  u.  Alterthumskunde.  9.  Bd.  1337 — 1345.  gr.  4^. 
Schwerin,  1875,  Stiller.     15,—. 

109.  Nolte,  Dr.,  Niederrheinische  Sprüche  u.  Priameln.  Pfs  Germania 
Bd.  19.  S.  303-305. 

110.  Nordhoff,  Maerlants  Merlin,  Bericht  üb.  eine  ndrd.  Hs.  d.  Gedichtes 
in  der  Bibliothek  des  Fürsten  v.  Bentheim-St.  zu  Burgsteinfurt. 
Pfs  Germania  Bd.  19.  S.  300—302. 

111.  Regel,  Prof.  Dr.,   Das  mittelniederdeutsche  Gothaer  Arzneibuch 

u.  seine  Pflanzennamen  (Schluss).    Prog.   des  Gymn.  zu  Gotha. 

16  u.  26  S.     f.     1872  u.  73. 

Vgl.  Zacher,  J.,  Zur  Litratur  der  deutschen  Pflanzennamen  Zeitsch.  f. 
deutsche  Philologie  V.  231—233.    Herrig's  Archiv  54,  101. 

112.  Beifferseheidt  AI.,  Erzählungen  aus  dem  Spiegel  der  Leien. 
Zeitsch.  f.  deutsche  Philologie  YI.  S.  422—442.    1875. 

113.  Reifferscheid,  AI.,  Der  Schlegel.  Zeitsch.  f.  deutsche  Philologie 
VI.  38—41. 

114.  Beifferscheid,  Alex.,  Historie  van  Sent  Reinhold.  Zeitsch.  für 
deutsche  Philologie  V.  271—293. 

115.  Reinaert.  Willems  Gedicht  van  den  vos  Reinaerdo  und  die 
Umarbeitung  und  Fortsetzung  Reinaerts  Historie.  Hrsg.  u.  er- 
läutert von  Ernst  Martin,  gr.  8®.  (LH,  521  S.)  Paderborn, 
1874,  Schöningh.     9,—. 


127 

116.  Das  Rolaadslied,  hrsg.  v.  Karl  Bartsch  (Deutsche  Dichtungen 
des  Mittelalters.  Mit  Wort-  und  Sacherklärungen  v.  K.  Bartsch. 
3.  Bd.)     8^.     Leipzig,  1874,  Brockhaus..    3,—. 

117.  Roth,  Dr.  Karl,  Die  Schlacht  von  Alischanz  (la  bataille  d'Alis- 
cans),  Kitzinger  Bruchstücke;  niederdeutsches  Heldengedicht  vom 
Anfange  des  14.  Jahrh.,  abermal  aus  der  Urschrift  hrsg.,  ergänzt 
und  erläutert.     8^  (80  S.)    Paderborn,  1874,  Schöningh.     1,20. 

118.  Rfidiger,  Dr.  Otto,  Die  ältesten  hamburgischen  Zunftrollen  und 
Brüderschaftsstatuten,  gr.  8^.  (XVI,  350  S.)  Hamburg,  1874, 
Gräfe.     6,—. 

119.  Rfidiger,  Dr.  Otto,  Aeltere  Hamburgische  und  Hansestädtische 
Handwerksgesellendocumente.  —  Nachtrag  zu  den  „Aeltesten 
Hambui^.  Zunftrollen  u.  Brüderschaftsstatuton".  Separatabdruck 
aus  der  Zeitschr.  für  Hamburg.  Geschichte  Bd.  6.  8®.  (VIII. 
66  S.)     1875. 

120.  ürkandenluch  d.  histor.  Vereins  f.  Niedersachsen.  9.  Heft: 
ürkundenbuch  der  Stadt  Lüneburg,  hrsg.  v.  Dir.  Dr.  W.  F. 
Volger.  II.  Bd.  gr.  8^  (III,  468  S.)    Hannover,  1875,  Hahn.  6,—. 

121.  ürkundenbuch  der  Stadt  Lübeck.  5  Th.  1.  L.  gr.  4«.  (S.  1—80.) 
2.  L.    (S.  81—176.)    Lübeck,  1875,  Grautoff,     ä  3,-^. 

122.  Urkttttdensammlun;;  der  Gesellschaft  f.  Schleswig-Holstein-Lauon- 
burgische  Geschichte,  4.  Bd.  Registrum  König  Christian  I. 
Pasc.  I.     4<>.  (269  S.)    Kiel,  1874,  Univers.-Buchh.     9,—. 

123.  Wackernagel,  Phil.,  Das  deutsche  Kirchenlied  von  der  ältesten 

Zeit  bis  zu  Anfang  dos  XVII.  Jahrh.   Lfg.  43—49.   (Bd.  IV  u.  V.) 

Leipzig,  1874,  75,  Teubner.     ä  2,—. 

Vgl.  L.  Tobler,  Zeitsch.  f.  deutsche  Philologie  VI.  367—375. 

IL  Neuniederdeutsch. 

124.  Ahrcns,  J.  F ,  Feldblom.  Plattdeutsche  Gedichte.  S^  (132  S.) 
Hamburg,  1874,  Richter.     1,20. 

125.  Bartels,  Daniel,  Der  Grillenscheucher,  Originalgedichte.  Scherz 
u.  Ernst  in  hoch-  u.  plattdeutscher  Sprache.  5  Theile.  Ham- 
burg  1875,  F.  H.  Nestle  &  Melle. 

126.  De  Bijekoep,  frisk  jierbokje  for  1874.  28.  Jiergong.  8^  Frents- 
jer,  1874,  Telenga. 

127.  Danne,  Auguste,  De  lütt  Heckenros.  En  gemüthlichen  platt- 
dütschon  Snack  in  1  Akt.  16^  (19  S.)  Berlin,  1874,  Lassar. 
0,75.    E.  Blochs,  Dilettanten-Bühne  Nr.  43. 

128.  Eggers,  Frdr.,  u.  Karl  Eggers,  Tremsen.  Plattdeutsche  Dich- 
tungen in  mecklenburger  Mundart.  Hrsg.  mit  Sprach-Erläuterun- 
gen  u.  vollst.  Wörterbuch  von  Dr.  KarlNerger.  8^.  (X,  386  S.) 
Breslau,  1875,  Hoffmann.     5,4Ö. 

129.  Eichwald,  Karl,  uut'n  Flikken-Büdel,  Rymels  u.  Yertellsels.  I. 
8».  (48  S )    Bremen,  1875,  Tannen.     0,50. 

130.  Pastnachts-Ulk.  Kölner  Carneval  im  Jubelj.  1873.  Protokolle 
der  Sitzungen  der  grossen  Carneval-Ges.  Nr.  1 — 9.  Fol.  Cöln, 
1874,  Heyn's  Yerlag.     1,65. 


128 

131.  OascUelite,  de,  von  de  gollen  Weig,  vennengelirt  mit  allerhaad 
hüsliche  Taustänn  un  Begewnisse  von  Mi.  8®.  (126  S.)  Wismar, 
1874,  Hinstorff     2,—. 

132.  Giese^  Fpä.,  Frans  Essink,  sin  Liäwen  u.  Driwen  äs  aolt  Mön- 
stersk  Kind.  Met  Hölpe  van  ne  gelährde  mönsterske  Aowend- 
Gesellschupp  verteilt  un  herutgiewen.  2.  Ausg.  8*.  (216  S.) 
Münster,  1874,  Coppenrath.     2, — . 

133.  Grimme,  F.  W.,  de  Koppelschmid.  Lustspiel  in  sauerländ.  Mund- 
art.    2.  Aufl.     8^  (56  S.)    Münster,  Nasse.     0,70. 

134.  Grimme,  F.  W.,  de  Kumpelmäntenmaker  od.  Hai  mott  wierfriggen. 
Lustspiel  in  sauerländ.  Mundart.     8«.  (82  S.)     Ebd.     1875. 

135.  Groth,  Klans,  Ut  min  Jungsparadies.  Dree  Verteilen.  8^.  (VII, 
184  S.)     Berlin,  1875,  Stüke.     2,70. 

136.  Hobeln,  Ed.,  Feldflüchters.  Plattdütsch.  Leder  un  Läuschen  in 
Mecklenburger  Mundart,  gr.  16^  (160  S.)  Berlin,  1875,  Stilke.  2,^. 

137.  Hönig,  Fritz,  „Geschräppels".  Humoresken.  1.  Bd.  8^.  (96  S.) 
Köln,  1875,  Heyn.     1,—. 

138.  JttP8,  HeinP.,  hoch  un  platt,  for  Jeden  wat.  Gedichte.  8".  (188  S.) 
Altona,  1875,  Grabow.     2,70. 

139.  Keller,  E.  0.,  de  Peerlotterie!  En  lustig  Stückchen  von  011 
Bohlmann  ut  groot  Zimpelhoagen.  Plattdütsch  verteilt.  16°. 
(31  S.)    Pyritz,  1875,  Backe.     0,30. 

140.  Kern,  W.  G.,  und  W.  Willms,  Ostfriesland,  wie  es  denkt  und 
spricht.  Eine  Sammlung  der  gangbarst,  ostfries  Sprichwörter 
u.  Redensarten.  3.  Aufl.  8«.  (XVI,  137  S.)  Bremen,  1875, 
Kühtmann  &  Co.     1,80. 

141.  Mahl,  Joach.,  Stückchen  ut  de  Mus'kist.  1.— 3.Theil.  8^.  Ham- 
burg, 1873,  74,  0.  Meissner,     ä  1,50. 

142.  MäW,  Joach.,  Biddel-Maryke.  In  print  üt  it  folkslibben.  Nei't 
holsteinsk  platdütsk.  Forfriske  tröch  Waling  Dykstra.  8^.  (97  S.) 
Leauerd,  1874,  Schierbeek  75c. 

143.  Mundarten,  Die  deutschen  im  Liede.  Samml.  deutscher  Dialekt- 
gedichte. Nebst  e.  Anh.:  Deutsche  Proben  aus  dem  A.  M.  und 
N.Deutschen  etc.  8^.  (XVI,  358 S.)  Leipzig,  1875, Brockhaus.  5,-. 

144.  Museum  komischer  Vorträge  f.  d.  Haus  u.  d.  ganze  Welt.  Hrsg. 
V.  d.  Redakt.  d.  Komikers.  16®.  Berlin,  1874,  Janke.  ä  1,— . 
7.  Bd.:  Jan  Peik  de  noorddütsche  Spassmacher.  Sammlung 
plattdeutscher  Humoresken,  Schnurren,  Sprichwörter  etc.  von  Dr. 
Wilh.  Schröder. 

145.  Nowack,  Alex.,  plattdeutsche  Schnurren  in  ostpre assischer  Mund- 
art,    gr.  16^  (84  S.)     Königsberg,  1875,  Härtung.     0,60. 

146.  Piening,  Th.,  Hans  un  Grethen.'  8^  (123  S.)  Altona,  1874, 
Verlagsbureau.     1 ,50. 

147.  Piening,  Th.,  de  Reis  naa'n  Hamborger  Dom.  8.  Oplag.  8^. 
(99  S.)    Hamburg,  1875,  Richter.     1,—. 

148.  Piening,  Th.,  de  tweete  Reis  naa  den  Hamborger  Dom.  De  erste 
Deel.     8«.  (140  S.)    Hamburg,  1874,  Richter.     1,—. 


*     V 


129 

149.  Plattdeutsche  Gedichte  ziim  Deklamieren,  v.  Jürgen  Frdr.  Ähren s, 
Dan.  Bartels,  Aug.  Biolfeld  etc.  8^  (III,  176  S.)  Hamburg, 
1875,  Richter.     1,20. 

150.  Qnitzow,  Wilh.  Adolph,  Mekelnbörger  Geschichten.  Verteilt  för 
Jung  un  01t.  As  Wisme  wedder  mecklenborgsch  wird.  8®.  (IV, 
160  S.)    Leipzig,  1875,  Koch.     2,—. 

151.  Ecntcp  Fpit«,  sämmtliche  Werke.  14  Bd.  8^  Wismar,  1874, 
Hinstorfif.  Inhalt:  Nachgelassene  Schriften.  1.  Theil.  Hrsg.  u. 
mit  der  Biographie  des  Dichters  eingeleitet  v.  Adf.  Wilbrandt. 
1.  u.  2.  Aufl.     (IV,  235  S.)     3,-  . 

152.  Reuter,  Fritz,  Hanno  Nute  un  de  lütte  Pudel.  'Ne  Vagel-  u. 
Minschengeschicht.  Mit  Holzschn.  2.  Aufl.  Lex.-8®.  (290  S.) 
Wismar,  1875,  Hinstorff.     8,—. 

153.  Sehaeht,  Heinr.,  plattdeutsche  Gedichte  zum  Vortrag  in  geselli- 
gen Kreisen.     8^  (86  S.)    Hamburg,  1874,  Richter.     0,75. 

154.  Semram,  Aug.,  plattdeutsche  Gedichte.  2.  Aufl.  gr.  16^.  (42  S.) 
Konitz,  1874,  Wollsdorf.     0,50. 

155.  Stinde,  Jolins,  Tante  Lotte,  Plattdeutsches  Lustspiel  in  1  Auf- 
zuge (22  S.)  —  32.  Bdch.  des  „Deutschen  Theaters".  Altena, 
1875,  Verlags-Bureau.    0,75. 

156.  Swanneblummen.  Jierbokje  for  it  jier  1874.  8®.  Herrenven, 
1874,  Hingst. 

157.  Uns'  Modersprak.  En  Plattdütsch  UnnerhoUungsbladd.  Rutgeben 
V.  W.  Fricke.     50  Bowery,  New- York,  1875.     5  Cts. 

E.  Kultiargeschiclite. 

158.  Bunge,  Dr.  F.  6.  v..  Die  Revaler  Rathslinie  nebst  Geschichte 
der  Rathsverfassung  u.  e.  Anhange  ü.  Riga  u.  Dorpat.  gr.  8^. 
(VI,  210  S.)    Reval,  1874,  Kluge.     3,50. 

159.  Danneil,  Fast.  Dr.  Fr.,  Die  Brüderschaft  der  Ackerknechte  auf 
den  Magdeburgischen  Dörfern  u.  das  Hänseln,  gr.  8^.  (30  S.) 
Magdeburg,  1874,  Heinrichshofen.     0,60. 

160.  Ennen,  L.,  Aus  dem  Gedenkbuch  des  Hermann  Weinsberg.  Zeit- 
schrift f.  deutsche  Kulturgeschichte  1874. 

161.  HShlbaum,  Dr.  Konst.,  Aus  Revals  Mittelalter,  Culturhistorisches. 
Beiträge  zur  Kunde  Esth-,  Liv-  u.  Kurlands,  hrsg.  v.  der  Esthn. 
Literarischen  Gesellschaft.     Bd.  IL  S.  65—82.     Reval,  1874. 

162.  Kohl,  C,  Die  Bremer  beim  Aufbau  der  Stadt  Riga.  Mittheilun- 
gen aus  dem  Gebiete  der  Geschichte  Liv-,  Est-  und  Kurlands, 
hrsg:  V.  d.  Gesells.  f.  Geschichte  u.  Alterthumskunde  der  Ostsee- 
provinzen Russlands.     Bd.  12.  S.  1 — 33.     Riga,  1875. 

163.  Liebrecht,  Felix,  Der  Humor  im  deutschen  Recht.  Zeitsch.  f. 
deutsche  Philologie  VI.  S.  137—146.    1875. 

164.  Lodtmann,  Fr.,  Der  freie  Hagen  (nebst  Anlagen).    Mittheilungen 
^  des  histor.  Vereins  zu  Osnabrück.     10.  Bd.  1875.  S.  97—200. 

165.  Lodtmann,  Fr.,  Die  letzten  Hexen  Osnabrückes  und  ihr  Richter. 
Mittheil.  d.  histor.  Vor.  zu  Osnabrück.     10.  Bd.    1875.  S.  97—200. 

NiederdentBohes  Jahrbuch.  I.  Q 


I 


130 

166.  Nebelthau,  Oberbürgerm.,  Chatten,  Cherusken  und  Fosen.  u.  der 
Sachs.  Hessengau.  Z.  d.  Vereins  f.  hessische  Geschichte  u.  Landes- 
kunde.   Neue  Folge  5.  Bd.    Kassel,  1874. 

167.  Niebnes,  Prof.  Dr.  B.,  Zur  Geschichte  des  Hexenglaubens  u.  der 
Hexenprocesse  vornehmlich  im  ehemaligen  'Fürstbisthum  Münster. 
Jahresbericht  d.  histor.  Vereins  zu  Münster  1875. 

168.  Norrenbcrg,  Lehr.  Dr.  P.,  Aus  dem  alten  Viersen.  Ein  Beitrag 
zur  Culturgesch.  d.  Niederrheins,  gr.  8®.  (107  S.)  Viersen,  1873, 
Baedecker'sche  Buchh.     1,50. 

169.  Norrenberg,  Lehr.  Dr.  P.,  Beiträge  zur  Localgeschichte  des 
Niederrheines.  Mit  besondrer  Berücksichtigung  dos  Volksthüm- 
lichen.  4.  Bdchen :  Geschichte  der  Herrlichkeit  Grefrath.  gr.  8^ 
(Vni,  165  S.)    Viersen,  1875,  Fluss.     3,—. 

170.  Pabst,  Eduard,  Böse  Händel  zwischen  dem  Revarschen  Eathe 
u.  dem  Nonnenkloster  St.  Michaelis.  Beiträge  zur  Kunde  Esth-, 
Liv-  u.  Kurlands,  hrsg.  v.  d.  Esthn.  Literarischen  Gesellschaft. 
Bd.  II.     Reval,  1874. 

171.  Reinsberg-Dfiringsfeld,  0.  v.,  Volksgebräuche  in  den  Kempen 
(Belgien).     Das  Ausland  1874,  Nr.  24—26. 

172.  Stfive,  Dr.  C,  Bruderschaften  u.  Calande  zu  Osntibrtlck.  Mit- 
theilungen d.  histor.  Ver.  zu  Osnabrück.    10.  Bd.  1875.  S.  1 — 20. 

173.  Stfive,  Dr.  C,  Nachträge  zur  Geschichte  des  Hochstifts  Osna- 
brück (nebst  Anlagen),     das.  S.  21 — 96. 

IT.  Mythologie,  A^olkssagen, 
Märdien,  Spricli^vvrörter. 

174.  Arminias,  6.  T.  H.,  St.  Martini.  Sonntagsblatt  für  Jedermana 
aus  dem  Volke,  hrsg.  von  Otto  Ruppius.  Berlin,  1875,  Franz 
Duncker.     Nr.  45.     (Enth.  das  wohl  älteste  Martinslied.) 

175.  Bezzenberger,  H.  E.,  Anzeige  von:  „Sprichwörter  der  germani- 
schen und  romanischen  Sprachen'^  vergl.  zusammengest.  v.  Ida 
von  Düringsfeld  u.  Otto  Freiherrn  von  Reinsberg-Dürings- 
feld.  Leipzig,  H.  Fries.  I.  Bd.  (XVI,  52  S.)  18,—.  Zeitsch.  f. 
deutsche  Philologie  V.  146 — 151. 

176.  Drosihn,  F.,  Vierzig  Volksräthsel  aus  Hinterpommern.  Zeitsch. 
f.  deutsche  Phüologie  V.  146—151. 

177.  Giebelhansen,  C.  F.  A.,  Mansfeld'sche  Sagen  u.  Erzählungen.  In 
Mansfeld'scher  Mundart  erzählt.  4.  Aufl.  mit  lUustr.  8*^.  (152  S.) 
Eisleben,  1875,  Reichardt's  Verl.     2,—. 

178.  Handelmann,  H.,  Die  Stellerburg.  Z.  d.  Ges.  f.  Schlesw.-Holst.- 
Lauenb.  Gesch.  5.  Bd.  S.  151.    Kiel,  Univ.-Buchh. 

179.  Handelmann,  fl.,  1)  Der  Klinkerberg  u.  die  Wittorfer  Burg  im 
Kirchspiel  Neumünster.  S.  148—150.  2)  Die  Wulfsburg  oder 
Wulfsbüttel.  Z.  d.  Ges.  f.  Schlesw.-Holst.-Lauenb.  Gesch.  5.  Bd. 
1875.  S.  150  f.     Kiel,  Univers.-Buchh. 


131 

180.  Hansen,  C.  P.,  Sagen  u.  Erzählungen  der  Sylter  Friesen.  8^. 
(XVm,  222  S.)    Garding,  1875,  Lühr  &  Dircks.     3,—. 

181.  Uoltzmann,  Ädf.,  Deutsche  Mythologie.  Vorlesungen.  Hrsg.  v. 
Alfr.  Holder,  gr.  8<>.  (VIII,  308  S.)  Leipzig,  1874,  Teubner.  8,—. 

182.  Hannhardt,  Wilh.,  Wald-  u.  Feldkulte.  I.  Der  Baumkultus  der 
Germanen  u.  ihrer  Nachbarstämme.  Mythologische  Untersuchun- 
gen,    gr.  8^.  (XX,  646  S.)    Berlin,  1875,  Bornträger.     14,—. 

183.  Meycp,  H.,  Das  Kind  und  die  Volksreime  der  Ostfriesen.  Andree, 
Globus,  26.  Bd.  Nr.  17—18. 

184.  Meyer,  H.,  Zur  ostfriesischen  Neck-  u.  Spottlust.  Andree,  Globus, 
26.  Bd.  Nr.  6—7. 

185.  Meyer,  H.,  Aberglaube  in  Ostfriesland.  Andree,  Globus,  26.  Bd. 
Nr.  10  (1874). 

186.  Mfillenhoff,  K.,  Sagen  in  s.  Zeitsch.  f.  deutsches  Alterthum  Bd. 
17.  S.  429. 

187.  Mfillenhoff,  K-,  Zum  Schwerttanz.  Zeitsch.  f.  deutsches  Alter- 
thum 18,  9—13. 

188.  SehottmfiUer,  Dir.  Dr.,  Die  Krügerin  von  Eichmodien.  Prog.  d. 
Grymn.  zu  Bartenstein  1875. 

189.  Schröder,  W.,  de  plattdüdscho  Sprükwörderschatz  d.  i.  dusend 
plattdüdsche  Sprükwörders  von  A — Z.  Ostfresische,  Oldenburgi- 
sche, Hannoversche,  Mecklenbörgische  u.  A.  En  spassig  un  lehr- 
rieck  Bok  für  lütge  un  groote  Lühde.  —  Reclam's  Universal- 
Bibliothek  Nr.  493.     16«.  (70  S.)    Leipzig.    0,30. 

190.  Schwebe!,  Oskar,  Mythologisches  aus  der  Mark  Brandenburg. 
Wochenblatt  der  Johanniter  Ordens  Balley  Brandenburg  1874. 

191.  Sello,  Dr.  G.,  Besprechungsformeln  und  Notfeuer.  Zeitsch.  f. 
deutsche  Philologie  VI.  S.  159—162.  1875. 

192.  Spee,  J.,  Volksthümliches  vom  Niederrhein.  I.  Heft:  Aus  Leuth 
im  Kreise  Geldern.  8^  (27  S.)  Köln,  1875,  Römcke  &  Co.  0,30. 
n.  Heft  (48  S.)    0,60. 

193.  Vogt,  F.,  Ueber  die  Margaretenlegenden.  Paul  u.  Braune,  Bei- 
träge Bd.  I.  S.  263-287.     1874. 

194.  Wander,  K.  F.  W.,  Deutsches  Sprichwörterlexicon.  46. — 55.  Lief, 
hoch  4^     (Bd.  4  bis  Sp.  1280).     Leipzig,  1874,  Brockhaus,    ä  2,—. 

195.  Weiland,  L.,  Niederdeutsche  Pilatustage.  MüUenhofifs  Zeitsch. 
f.  deutsches  Alterthum  Bd.  17.  S.  147—161. 

Die  letzten  Ziffern  bezeichnen  bei  Büchern  jedesmal  den  Preis. 

LEIPZIG.  Dr.  Dahlmann. 


Jahrbuch 


des 


Vereins  für  niederdentsche  Sprachforschung. 


Jahrgang  1876. 

IL 


^A 


BREMEN,  1877. 

Verlag  von  J.  Kühtmann's  Buchhandlung. 

U.  L.  Fr.  Kirchhof  4. 


hdagc 


Inlialt. 


Seite 

r  die  Grenzen  des  Niederdeutschen  und  Mittelfränkischen  von  W.  Creceiius  1 

'ftederdeutsche  Predigt  des  15.  Jahrhunderts,  über :  Non  sum  von  E.  E.  H.  Er ause  11 

Eedicinalia  pro  equis  conservandis  von  A.  Lübben 19 

simsprüche  von  A.  Lübben 24 

Zerklage  von  L.  Strackerjan 26 

liederdeutsches  in  Handschriften  der  Gymnasialbibliothek  zu  Halberstadt  von 

Gustav  Schmidt 27 

ogischer  Spruch  vom  Ende  des  16.  Jahrhunderts  von  Smidt    .     .     .     .  34 

Zd  den  hisiorischen  Volksliedern  von  R.  v.  Lilieacron,  von  A.Lübben    .     .  35 

l&i  Schiller-Lübben  mnd.  Wörterbuch  von  E.  E.  H.  Erause 40 

^r  Muüdartenforscher  von  Johan  Winkler • 45 

■Aütvorten  auf  Fragen  des  mnd.  Wörterbuchs  von  F.  Wo  est e 47 

Varia  aus  Wiener  Handschriften  von  CarlSchröder     .    .     .    ..    .    .    .  51 

Jßgment  des  Seebuchs  von  GustavSchmidt 80 

fcttDsilgenholt,  Brizilien  im  Mittelalter  von  E.  E.  H.  Erause 83 

Tom  Holze  des  heiligen  Ereuzes  von  Carl  Schröder 88 

»miü  und  St.  Michael  von  E.  Eopp mann 114 

"erth  und  Benutzung  der  Magdeburger  Bibel   für  das  mnd.  Wörterbuch  von 

F.  Woeste .    .    .  119 

"^  Gothaer  mittelniederdeutsche  Arzeneibuch   und  seine  Pflanzennamen   von 

W.  HMielck .' 122 

Soch  einmal  das  Zwiegespräch  zwischen  dem  Leben  und  dem  Tode  von  Wilh. 

Mantels 131 

tesischea  im  Ditmarschen  ?  von  C.  W  a  1 1  h  e  r 134 

drittes  Blatt   aus  dem   niedersächsiächen  Pfarrherm   von  Ealenberg  von 

Wilh.  Mantels 145 

pasales  wenn  oder  wann  von  C.  Walther 149 

Bibliographie  von  Dahlmann 153 


^ 


üeber  die  Grenzen  des  Niederdeutschen 

und  Mittelfränkischen. 


Vortrag, 

gehalten  zu  Köln  am  7.  Juni  1876  in  der  Sitzung  des  Vereins 

für  niederdeutsche  Sprachforschung. 

Wenn  man  die  deutschen  Mundarten  in  hoch>  und  niederdeutsche 
einteilt,  so  befinden  wir  uns  in  Köln  auf  neutralem  Boden.  Wir  sind 
zusammen  gekommen  in  der  Hauptstadt  des  ripuarischen  Franken- 
landes,  und  gerade  die  Franken  haben  auch  in  ihrer  Sprache  bewiesen, 
dass  sie  vor  allen  den  Beruf  dazu  besassen,  die  getrennten  Stämme 
Deutschlands  zu  einer  politischen  Einheit  zu  verbinden.  Es  ist  der 
einzige  deutsche  Stamm,  welcher  in  seinen  nördlichsten  Abzweigungen 
das  reinste  Niederdeutsch  bewahrt  und  andererseits  seine  Sprache  durch 
manigfache  Abstufungen  und  Mischlinge  bis  zum  Oberdeutschen  hin- 
durchgebildet hat.  Der  fränkische  Uebergangsdialekt  nun,  auf  den 
ich  Ihre  Aufmerksamkeit  für  kurze  Zeit  hinlenken  möchte,  welcher 
das  sprachliche  Mittelglied  zwischen  dem  Niederrhein  und  Oberrhein, 
zwischen  Niederdeutschland  und  Oberdeutschland  bildet,  —  er  hat  bis 
jetzt  noch  nicht  das  Glück  gehabt,  sich  eines  allgemein  anerkannten 
Namens  zu  erfreuen :  man  hat  ihn  den  niederrheinischen,  ripuarischen, 
nordrheinfränkischen,  nordfränkischen,  mittelrheinfränkischen,  mittel- 
fränkischen, kölnischen  genannt.  Gegen  die  meisten  dieser  Namen 
aber  liegen,  abgesehen  davon,  dass  sie  bis  jetzt  nicht  durchgedrungen 
sind,  gar  manche  Bedenken  vor,  und  ich  möchte  darum  die  erste  Ver- 
sammlung des  Vereins  für  niederdeutsche  Sprachforschung,  die  auf 
rheinischem  Boden  tagt,  freundlichst  einladen,  bei  dem  noch  nicht  rite 
getauften  Kinde  Pathe  zn  stehn  und  dasselbe  in  ihre  besondere  Obhut 
und  Pflege  zu  nehmen. 

Die  Mundart  kölnisch  zu  nennen,  geht  nicht  wol  an,  obgleich 
Köln  immer  die  bedeutendste  Stadt  im  Bereich  derselben  war.  Gerade 
weil  es  eine  Uebergangsmundart  ist,  finden  wir  eine  bunte  Manigfaltig- 
teit  der  Sprache  und  vielfache  Abweichungen  unter  den  einzelnen 
grösseren  und  kleineren  Orten,  und  so  dürfen  wir  als  kölnischen  Dialekt 
nur  den  in  der  Stadt  selbst  gesprochenen  bezeichnen.    Sehr  verwirrend 

ISiederdentsohei  Jahibnoh.  IL  X 


2 

hat  der  Name  niederrbeinisch  gewirkt;  denn  er  schüesst  das  Gebiet 
des  rein  niederdeutschen  Frankenlands  mit  ein  und  ist  zum  Teil  daran 
schuld,  dass  nicht  selten  ganz  verschiedene  Mundarten  zusammenge- 
worfen sind.  Derselbe  Mangel  haftet  au  dem  Namen  uordrhein- 
fränkiscb  oder  uordfränkiscb;  denn  auch  dieser  würde  das  nie- 
derdeutsche Franken  nicht  ausschliessen.  Weniger  zweideutig  ist  es, 
wenn  wir  von  einer  ripuarischeu  Mundart  reden;  allerdings  bilden 
die  ripuarischen  Gaue  den  Kern  und  Mittelpunkt  des  Gebietes,  in  welchem 
unser  Mischdialekt  berscht.  Allein  die  Grenzen  beider  decken  Bjeh 
nicht  genau,  und  zudem  ist  es  wünschenswert,  die  Namen  für  die  fräa- 
kiscben  Mundarten  so  zu  wählen,  dass  sie  untereinander  in  Beziehung 
stehen.  So  erscheint  es  am  zweckmässigsten,  wenn  wir  die  Mundarten 
am  Rhein  als  niederrheinfränkisch,  mittelrheinfränkisch  und 
oberrheiufränkiscb  oder  kurzweg  als  nie  der  fränkisch,  mittel- 
fränkisch und  oberfränkiscb  bezeichnen,  zu  welchen  Namen  als- 
dann das  Ostfränkische  als  die  Mundart  im  Lande  der  Mainfranken  ' 
hinzukommt.  Mittelfränkiscb  haben  auch  bereits  M.  Heyne  nnd 
Braune  unseren  Miachdialekt  genannt. 

Ueber  die  Lautlehre  des  Mittelfränkiscbeo  liegen  uns  aus  der 
letzten  Zeit  einige  gut  orientierende  Arbeiten  vor.  Sein  Verhältnis  ! 
zum  Niederländischen  im  Mittelalter  behandelt  Braune  in  den  Unter- 
suchungen über  Heinrich  von  Veldeke  (in  der  Zeitschrift  für  deutsche 
Philologie  IV.),  die  Grenzen  der  Mundart  gegen  das  Niederfränkische 
und  Niedersäcltsische  hin  sucht  derselbe  in  einem  trefflichen  Aufsatz 
„zur  Kentnis  des  Fränkischen"  in  den  Beiträgen  zur  Geschichte  der 
deutschen  Sprache  und  Literatur  I.  genauer  festzustellen,  indem  er 
dabei  ältere  Urkunden  und  die  Sprachproben  bei  Firmericb  heran- 
zieht. Wahlenberg  h»t  1871  im  Programm  des  Apostelgymnasiuns 
zu  Köln  das  Mittelfränkische  in  Bezug  auf  die  Lautverschiebung  ein- 
gehend behandelt  und  über  die  Zwischenstufeu  zwischen  ihm  und  dem 
Niederdeutschen  zuverlässiges  Material  mitgeteilt.  Für  den  Sieger- 
länder Dialekt,  weicher  im  Südosten  die  Grenze  der  Mundart  bildet, 
bat  Heinzerling  in  seiner  Inaugural-Oiss.  (über  den  Vocalismus 
und  GonsonantismuB  der  S.  M.)  1871  eine  Darstellung  des  LautstandeB, 
mit  Rücksicht  auf  die  anstossenden  Mundarten,  geUefert.  Die  auf  der 
Grenze  zwischen  Mittel-  und  Niederfränkischem  stehende  Mundart  von 
Krefeld  stellt  die  gediegene  Abhandlung  von  Röttsches  im  7.  Bande 
der  Zeitschrift  für  deutsche  Mundarten  dar. 

Die  angrenzenden  niedersächsischen  Dialekte  haben  gleichfalls 
ihre  Bearbeiter  gefunden.  Mustergiltig  igt  die  Darstellung,  welche 
Fr.  Woeste  in  Kuhns  Zeitschrift  für  vergleichende  Sprachforschung 
II.  von  der  Mundart  in  den  Kreisen  Iserlohn  und  Altena  geliefert  hat; 
derselbe  hat  ausserdem  in  der  Zeitschrift^dr  deutsche-Mundarten  die 
manigfachsten  Beiträge  zur  Grammatik  des  Südwestfälischen  mitgeteilt 
Eine  Lautlehre  des  Süderländiechen  geben  Honcamp  im  Archiv  für  , 
neuere  Sprachen  und  Humpert  im  diesjährigen  Programm  des  Gym- 
nasiums zu  Bonn. 


r 


ä 

Was  das  Nieder  fränkische  anlangt,  so  müssen  wir  vom  Nieder- 
ländischen hier  absehn,  da  es  sich  als  Schriftsprache  behauptet  hat; 
die  niederfränkischen  Mundarten  der  Rheinprovinz  dagegen  sind  bis 
jetzt  etwas  stiefmütterlich  behandelt  worden.  Veraltet  und  nur  den 
Yokalismus  oberflächlich  berührend  ist  der  Aufsatz  von  Geerling  im 
Jahresbericht  des  Gvmnasiums  zu  Wesel  von  1841  über  das  Clevische. 
Den  Dialekt  von  Mülheim  a.  d.  Ruhr  hat  H.  Kühne  (vam  Hingberg) 
in  seinen  Erzählungen  „Ut  auler  un  neier  Tied"  (Leipzig,  1872  u. 
1873)  mit  Glück  angewandt^)  und  in  der  Vorrede  zum  ersten  Bande 
einige  Bemerkungen  über  die  Eaute  gemacht. 

Durch  diese  und  andere  Arbeiten  sind  allerdings  schon  manche 
Bausteine  herbeigeschafft,  und  es  ist  bereits  einige  Klarheit  in  das 
Wirrsal  der  Dialekte  am  Niederrhein  hineingekommen.  Allein  bis  jetzt 
ist  doch  nur  ein  erster  Anfang  gemacht,  und  es  bedarf  noch  tüchtiger 
Arbeit  und  des  Zusammenwirkens  verschiedener  Kräfte,  ehe  wir  über 
den  heutigen  und  älteren  Stand  unserer  Mundarten  genügend  aufge- 
klärt sind.  Ein  besonders  dringendes  Bedürfnis  ist  eine,  bis  ins  Einzelne 
gehende,  zuverlässige  Feststellung  der  Grenzen  zwischen  dem  Mittel- 
fränkischen  einerseits  und  dem  Niederfränkischen  und  Niedersächsichen 
andererseits.  Denn  die  starke  Bewegung  in  der  Bevölkerung,  welche 
die  rege  Industrie  der  Gegenden  mit  sich  bringt,  hat  schon  hier  und 
da  kleine  Schwankungen  herbeigeführt  und  verwischt  überhaupt  all- 
mählich die  Besonderheiten  der  Mundarten.  Jetzt  würde  es  sich  noch 
lohnen,  die  Grenzen  und  Uebergänge  derselben,  wie  sie  augenblicklich 
vorliegen,  zu  verzeichnen.  Denn,  soweit  meine  Beobachtungen  reichen, 
würde  damit  der  Stand  der  Mundarten  so  fixiert  werden,  wie  er  we- 
nigstens in  den  letzten  drei  Jahrhunderten  gewesen  ist,  und  wir  hätten 
in  dem  so  zusammengestellten  Material  eine  brauchbare  Unterlage  auch 
für  die  Behandlung  der  älteren  Dialekte.  Ich  selbst  bin  nur  in  der 
Lage,  für  einen  kleinen  Strich  der  Grenze,  wo  ich  seit  längerer  Zeit 
meinen  Wohnsitz  habe,  zuverlässige  Mitteilungen  zu  machen,  möchte 
aber  die  Gesichtspunkte,  von  denen  ich  bei  meinen  Nachforschungen 
ausgegangen  bin,  kurz  darlegen,  einmal  um  über  etwaige  irrtümliche 
Voraussetzungen  Aufklärung  zu  empfangen,  sodann  um  Andere  zu 
ähnlichen  Untersuchungen  in  ihren  Gegenden  anzuregen  und  womöglich 
eine  Vereinigung  recht  vieler  Kräfte  zu  einer  methodischen  Unter- 
suchung des  Gegenstandes  herbeizuführen. 

Für  mich  bildete  den  Ausgangspunkt  eine  Frage,  die  eigentlich 
erst  am  Schluss  in  Betracht  gezogen  werden  dürfte,  die  viel  besprochene 
und  für  die  ältere  Geschichte  unserer  Gegenden  so  wichtige  Streit- 
frage, wie  sich  die  Franken  und  Sachsen  aus  den  in  frühester  Zeit 
genannten  einzelnen  kleineren  Stämmen  zu  grösseren  Völkerbeständen 
zusammengefunden  haben,  und  wie  etwa  dieser  Process  noch  heute  in 
den  Volksdialekten  erkennbar  sei.     Ist  das  letztere  wirklich  der  Fall, 

^)  Ganz  kürzlich  erschien  von  demselben  „Schloss  Broich  un  sin  Yöartied 
Gedieh  in  9  Büdern."    (Mülheim  a.  d.  Kuhr,  1876). 


dann  haben  wir  darin  allerdings  ein  Moment,  welches  die  so  dürftigen 
historischen  Nachrichten  einigermassen  ergänzen  könnte. 

Bei  der  Entscheidung  darüber,  welche  Stämme  sich  als  Franken 
vereinigt  haben,  geben  uns  die  alten  Gaunamen  den  sichersten  Anhalt. 
Ganz  im  Nordosten  des  Gebiets  der  Franken  liegt  die  Twente,  ein 
Beweis,  dass  die  Tubanten  zu  ihnen  gehören.  Südlich  schliesst  an 
diesen  Gau  das  Hamaland  an  mit  der  Düffel  als  üntergau  (Deventer 
im  Norden,  Xanten  im  Süden  und  Emmerich  in  der  Mitte  bezeichnen 
die  Gegend):  es  ist  das  Land  der  Chamaven.  Die  Rheininsel  nebst 
dem  südlichen  Ufer  der  Waal  bewahrt  noch  heute  als  Betuwe  die 
Erinnerung  an  die  alten,  nie  ausgewanderten,  wenn  auch  von  den 
Saliern  unterworfenen  Bewohner,  die  Bataven.  Von  hier  aus  setzten 
die  saiischen  Franken,  deren  Kern  die  Sigambern  bildeten,  ihre 
Eroberungszüge  nach  dem  Süden  fort  und  verbreiteten  fränkische 
Sprache  und  noch  weiter  fränkische  Herschaft  durch  Belgien  nach  Gallien 
hinein.  Kehren  wir  zum  Rheine  zurück,  so  grenzt  an  den  Süden  des 
Düflfelgaues  der  Hettergau,  gröstenteils  auf  der  linken  Rheinseite  (wir 
dürfen  hier  Geldern  als  geographischen  Mittelpunkt  ansehn),  ein  schmaler 
Streifen  reicht  aber  auch  über  den  Strom  hinüber,  wo  Stirum  nach 
urkundlichem  Zeugnis  zum  Hettergau  gehört.  Dieser  ist  der  Wohnsitz 
der  Chattuarier,  welche  —  wenigstens  ihrem  Hauptteil  nach  —  von 
dem  rechten  auf  das  linke  Rheinufer  übersiedelten  und  die  von  den 
Saliern  verlassenen  Wohnsitze  einnahmen.  Alle  die  bisher  genannten 
Stämme  bewahrten  im  Ganzen  rein-niederdeutsche  Sprache,  sie  bilden 
das  Gebiet  des  Niederfränkischen*  Dieses  reicht  also  auch  auf 
die  rechte  Rheinseite  hinüber  und  muss  hier  sprachlich  gegen  das 
nahe  verwandte,  gleichfalls  rein-niederdeutsche  Sächsische  abgegrenzt 
werden.  Dazu  müssen  wir,  weil  der  Consonantenstand  der  gleiche 
ist,  den  viel  schwankenderen  Vokalismus,  insbesondere  aber  Eigen- 
tümlichkeiten der  Declination  und  Conjugation  zu  Hilfe  nehmen.  Im 
Norden  hat  sich  das  Niedersächsiche  in  breitem  Strom,  wie  über  das 
Friesische,  so  auch  über  die  vorgeschobenen  Post^i  des  Niederfrän- 
kischen ergossen:  das  letztere  hat  in  der  Twente  und  in  dem  nörd- 
lichen Teile  des  Hamalandes  und  der  Veluwe  weichen  müssen.  Nach 
der  Mitteilung  des  Herrn  Prof.  Kern  aus  Leiden  geht  in  ersterem  die 
Grenze  beider  Dialekte  jetzt  über  Wichmund,  in  der  Veluwe  über 
Doesborg  an  der  Issel.  Wann  diese  sprachliche  Invasion  eingetreten  und 
was  die  Veranlassung  dazu  gegeben  hat,  bedarf  noch  näherer  Untersuchung. 

Südlich  von  den  Niederfranken  setzten  sich  die  Ripuarier  aut 
beiden  Ufern  des  Rheines  fest,  auf  dem  linken  nahmen  sie  das  Land 
der  Ubier  ein,  welche  letzteren  so  aus  der  Botmässigkeit  der  Römer 
in  diejenige  ihrer  Stammesgenossen  übergingen.  Denn  die  ripuarischen 
Franken  sind  nach  der  wahrscheinlichsten  Annahme  eine  Vereinigung 
fränkischer  Stämme  von  der  rechten  Rheinseite,  welche  teils  auf  die 
linke  übertraten  und  das  Gebiet  der  Ubier  eroberten,  teils  in  ihrer 
Heimat  einen  Streifen  Landes  am  rechten  Rheinufer  behaupteten.  Hier 
bewohnten  sie  noch  vier  Gaue:  den  Auelgau  um  die  Sieg,  den  Deutz- 


gan,  welchen  die  Dhünn  and  Wupper  darchäiessen,  den  Keldagau  mit 
der  Dussel,  die  an  ihrer  Mündung  der  Stadt  Düsseldorf  den  Namen 
gibt,  endlich  den  Buhrgau  mit  Duisburg  und  dem  altberühmten  Kloster 
Werden.  Auf  der  linken  Rheinseite  gehören  zu  Ripuarien  folgende 
Gaue,  die  ich  gleichfalls  in  der  Reihenfolge  von  Süden  nach  Norden 
aufzähle:  der  Bonner-Gau  von  der  Ahr  bis  etwas  unterhalb  Bonn, 
westlich  daran  grenzend  der  Eifel-  und  der  Zülpich-Gau,  weiter  am 
Rheine  abwärts  der  Kölner-Gau  und  (mit  Neuss  als  Hauptort)  der 
Nievenheimer  Gau,  diesen  beiden  zur  Seite  im  Westen  der  Jülich-Gau. 
In  dem  beschriebenen  Gebiete  der  Ripuarier  am  rechten  und  linken 
Ufer  des  Rheins  ist  recht  eigentlich  das  Mittelfränkische  zu  Hause; 
nur  müssen  wir  auf  der  rechten  Seite  des  Stroms  den  nördlichsten 
Gau,  den  Ruhrgau,  ausschliessen :  er  hat  niederdeutsche  Art  und  Sprache. 
Auf  der  linken  Rheinseite  dagegen  reicht  das  Mittelfränkische  über 
die  Grenzen  Ripuariens  hinaus.  Im  Norden  liegt  zwischen  diesem  und 
dem  niederdeutschen  Hettergau  noch  der  Mülgau,  über  dessen  poli- 
tische Zugehörigkeit  die  Ansichten  sehr  auseinander  gehn.  Innerhalb 
dieses  Gaues  läuft  die  Grenze  zwischen  Mittelfränkisch  und  Nieder- 
fränkisch. Auf  derselben  liegen  die  Städte  Krefeld  und  Kempten. 
Das  letztere  z.  B.  hat  (wie  ich  vernehme)  von  der  oberdeutschen  Laut- 
verschiebung bereits  ch  für  k  im  In-  und  Auslaut  angenommen,  braucht 
dagegen  die  niederdeutschen  Formen  des  Pronomens  wei  und  gei  für 
die  mittelfränkischen  wir  und  ihr,  ferner  ich  habbe  statt  ich  han, 
während  es  in  den  Verbis  ich  don,  gon,  ston  und  schlon  das  dem 
Niederdeutschen  in  seinem  jetzigen  Sprachstande  abhanden  gekommene 
n  beibehält.  Das  Gebiet  des  früheren  Mülgaus  bedarf  also  besonders 
sorgfältiger  Untersuchung.  Zum  Glück  fehlt  es  hier  nicht  an  berufenen 
Forschern,  welche  in  der  Gegend  zu  Hause  sind.  Rötsches  hat,  wie 
ich  vorhin  erwähnte,  bereits  Krefeld  behandelt,  und  Norrenberg  in 
Viersen  hat  teils  in  seinen  Beiträgen  zur  Localgeschichte  des  Nieder- 
rheins, (z.  B.  Chronik  der  Stadt  Dülken  S.  193  ff.,  Geschichte  der 
Herlichkeit  Grefrath  S.  88  ff.),  teils  in  „des  Dülkener  Fiedlers  Lieder- 
buch, herausgegeben  von  Dr.  Hans  Zurmühlen"  (Viersen  1875),  für 
Sammlung  von  Volksliedern  und  Volksreimen  Anerkennenswertes  ge- 
leistet und  auch  kurze  Andeutungen  über  die  sprachlichen  Eigentüm- 
lichkeiten gegeben,  sowie  eine  besondere  Behandlung  des  Dialektes 
der  Gegend  zugesägt  (vgl.  Liederbuch  S.  144). 

Im  Südwesten  reicht  der  Mülgau  bis  zur  Mündung  der  linksrhei- 
nischen Ruhr  (Roer)  in  die  Maas.  Von  da  ab  liegen  vor  den  ripuarischen 
Gauen  die  Südspitze  des  Maasgaus  und  der  Ardenner-Gau.  Wie 
weit  in  beide  hinein  das  Mittelfränkische  reicht,  kann  ich  nicht  be- 
stimmen. Im  Süden  bilden  die  beiden  Moselufer  mit  dem  Trierschen 
gleichfalls  ein  Vorland,  dessen  dialektiche  Verhältnisse  noch  nicht  genau 
erforscht  sind. 

Auf  der  rechten  Rheinseite  grenzt  das  Mittetfränkische  im  Osten 
an  das  Südwestfälische.  Es  ist  dies  das  Gebiet  der  Brukterer, 
Chattuarier  und  vielleicht  noch  anderer  Stämme,   die  sich  anfangs 


6 

den  Franken  angeschlossen  hatten,  aber  am  Ende  des  siebten  Jahr- 
hunderts durch  siegreiches  Vordringen  der  Sachsen  von  diesen  dauernd 
unterworfen  und  zu  deren  Lande  hinzugezogen  wurden.  Am  bestimm- 
testen wird  dies  in  Bezug  auf  die  Brukterer  und  den  nach  ihnen  be- 
nannten Boroctra-Gau  (zwischen  Lippe  und  Ruhr)  überliefert.  Es 
geschah  im  Jahr  694,  als  Suidbert  eine  grosse  Anzahl  Brukterer  ge- 
tauft hatte:  die  Sachsen  schienen  in  dem  vordringenden  Christentum 
zugleich  eine  Gefahr  für  ihre  politische  Selbständigkeit  erblickt  zu 
haben,  sie  fielen  in  das  Land  der  Brukterer  ein  und  töteten  oder  ver- 
jagten die  Christen.  Suidbert  nahm  seine  Zuflucht  zu  Pipin  und  erhielt 
von  diesem  einen  Landstrich  am  Bhein  zum  Geschenk,  wo  er  das 
Kloster  Kaiserswerth  gründete.  Das  letztere  gab  den  Stützpunkt  für 
das  Christentum  auf  dem  rechten  Rheinufer  ab,  und  die  verjagten 
Christen  aus  den  Brukterern  mögen  sich  wol  zum  Teil  um  dasselbe 
angesiedelt  haben.  Ausser  den  Brukterern  litten  die  rechtsrheinischen 
Chattuarier  durch  die  Angriffe  der  Sachsen,  ihr  Land  wurde  z.  B. 
715  von  diesen  verwüstet  und  ohne  Zweifel  blieb  ein  Teil  davon  in 
deren  Händen.  Denn  wir  finden  auch  in  Westfalen  einen  Gau  Hatterun, 
dessen  Name  unzweifelhaft  auf  die  Chattuarier  hinweist.  Ln  ihm  lag 
Herbede  am  südlichen  Ruhrufer,  unmittelbar  an  der  Grenze  des  Bo- 
roctra-Gaues.  Ich  möchte  daraus  den  Schluss  ziehen,  dass  die  spätere 
Grafschaft  Mark  und  vielleicht  ein  Teil  des  Sauer-  oder  Süderlandes 
eben  jenes  Gebiet  der  Chattuarier  (vielleicht  auch  anderer  kleinerer 
Stämme)  ist,  welches  die  Sachsen  damals  eroberten.  Die  neu  erwor- 
benen Striche  der  Brukterer  und  Hattuarier  bildeten  das  Land  der 
Westfalen,  d.h.  der  Westmannen.  Sie  waren  durch  die  Vertreibung 
der  zahlreichen  Christen  und  die  Verheerungen  des  Krieges  ohne  Zweifel 
stark  entvölkert  und  wurden  von  den  Engern,  welche  den  Kern  des 
Sachsenvolkes  ausmachten,  zum  Teil  neu  colonisiert.  So  ward  in  ihnen 
niederdeutsche  Art  und  Sprache  befestigt,  oder  wenigstens  durch  die 
politische  Trennung  dauernd  gesichert.  Denn  wir  dürfen  kaum  an- 
nehmen, dass  die  oberdeutsche  Mundart  schon  damals  bis  in  diese 
Gegenden  hinein  sich  geltend  gemacht  hatte;  haben  doch  die  links- 
rheinischen Chattuarier  bis  heute  ihre  niederdeutsche  Sprache  festge- 
halten. Zwischen  diesen  Chattuariern  auf  dem  linken  Stromufer  und 
den  westfälischen  Gauen,  Borocträ  und  Hatterun,  schieben  sich  wie 
eine  Art  Keil  auf  der  rechten  Rheinseite  die  nördlichsten  ripuarischen 
Gaue,  der  Ruhr-  und  Keldagau,  ein.  Bedenken  wir  nun,  dass  der 
erstere  niederdeutsch  geblieben,  der  letztere  wenigstens  stark  mit  nie- 
derdeutschen Elementen  versetzt  ist,  so  drängt  sich  uns  die  Vermutung 
auf,  dass  wir  in  ihnen  Reste  von  Brukterern  und  Chattuariern  haben, 
die  sich  beim  siegreichen  Vordringen  der  Sachsen,  durch  Anschluss 
an  die  Ripuarier,  behaupteten,  und  so  ihr  Christentum  und  ihre  Zuge- 
hörigkeit zum  Frankennamen  retteten^).  Wenn  wir  dies  annehmen, 
haben  wir  unter  den  Ripuariern  gleichfalls  Brukterer  und  Chattuarier. 

*)  Ich  könnte  mich  zum  Beweise  hierfür  auf  das  Leben  des  h.  Suidbert  von 
Pseudo-Marcellinas  berufen,  wo  Batingen  (bei  DQsseldorf)  in  das  Land  der  Brukterer 


Bei  einer  solchen  Mischung  der  Stämme  erklärt  es  sich  auf  das 
Einfachste,  wie  hier  eine  reinliche  Sonderung  der  Mundarten  unmöglich 
ist;  daher  das  Auftreten  der  so  zahlreichen  Mittelstufen  zwischen  Nie- 
derdeutsch und  Mittelfränkisch,  wie  wir  sie  im  Ruhr-  und  Keldagau 
finden.  Eine  Stammmischung  mag  auch  auf  der  linken  Bheinseite  die 
ähnliche  Erscheinung  im  Mülgau  herbeigeführt  haben. 

Suchen  wir  nach  den  Merkmalen,  die  uns  die  Grenze  zwischen 
Niederdeutschem  und  Mittelfränkischem  erkennen  lassen,  so  steht  natür- 
lich die  Lautverschiebung  oben  an.  Aber  gleich  bei  diesem  Schibbo- 
leth  der  Unterscheidung  treten  uns  Schwierigkeiten  entgegen.  Die 
oberdeutsche  Bewegung  im  Consonantismus  ist  bei  ihrem  Vorschreiten 
nach  Norden  je  mehr  und  mehr  erlahmt,  sie  hat  sich  im  Rheinland 
z.  B.  nur  sehr  unvollständig  in  der  ripuarischen  Mundart  geltend  ge- 
macht, an  d^r  Grenze  derselben  ist  ihr  der  Atem  fast  gänzlich  aus- 
gegangen, nur  einzelne  schüchterne  Vorläufer  hat  sie  selbst  in  nieder- 
deutsches Gebiet  hinein  entsendet,  indem  sie  dem  k  in  .einzelnen  Wörtern 
Abbruch  getan.  So  sind  wir  denn  schon  bei  diesem  Hauptmerkmal 
genötigt,  statt  eine  scharfe  Grenzlinie  zu  ziehen,  eine  Art  von  neutralem 
Gebiet  auszusondern,  innerhalb  dessen  wir  gewisse  Zonen  der  Lautver- 
schiebung unterscheiden,  wie  dies  z.  B.  Wahlenberg  in  seiner  vorhin 
erwähnten  Abhandlung  mit  Glück  versucht  hat:  die  äusserste  dieser 
Zonen  hat  bei  sonst  ganz  niederdeutschem  Lautstande  vom  Oberdeutschen 
bloss  ch  statt  k  im  In-  und  Auslaut  angenommen,  eine  zweite  duldet 
ausserdem  oberdeutsches  z  (ß)  und  niederdeutsches  t  neben  einander. 
Wo  von  t  nur  dat,  wat,  et,  dit  und  vielleicht  noch  allet  übrig  ge- 
blieben ist,  da  haben  wir  das  eigentliche  Mittelfränkische  anzunehmen. 

Zu  Hilfe  kommen  uns  bei  der  Ausscheidung  dieser  Uebergangs- 
zonen  noch  andere  grammatische  Eigentümlichkeiten.  Das  Mittelfrän- 
kische hat  in  mir  und  wir  den  Schlussconsonanten  gerettet,  das  Nie- 
derdeutsche verlangt  mi  (wofür  auch  das  accusativische  mek  eintreten 
kann)  und  wi,  fi  oder  wei.  Dort  lautet  der  Plural  der  2.  Person  ir 
(ihr),  im  Niederdeutschen  gi  (ji),  gei  (jei),  oder  dualisch  get  (jet). 
Das  letztere  hat  schon  in  der  ältesten  Zeit  in  der  ersten  Person  des 
Präsens  beim  Verbum  haben  (alts.  hebbjan)  die  Endung  n  aufgegeben 
(alts.  hebbju,  in  den  neueren  Mundarten  hef  oder  heb),  das  Mittel- 
fränkische hat  mit  den  oberdeutschen  Volksdialekten  die  Endung  ge- 
rettet und  verlangt  ich  hann.  Ebenso  stehn  niederdeutsch  ek,  si,  do, 
go,  sto,  slo  (ßchlo)  mittelfränkischem  senn,  donn,  gönn,  stonn, 
schlonn  gegenüber.  Ausserdem  kommt  in  Betracht  die  Eigentümlich- 
keit des  Mittelfränkischen,  der  ersten  Person  im  Präteritum  schwacher 
Verba  ein  n  anzufügen,  z.  B.  ech  menden  (ich  meinte),  und  die  Bil- 
dung der  drei  Personen  des  Plural.  In  Hinsicht  auf  den  letzten  Punkt 
steht  das  Mittelfränkische  mit  dem  Niederfränkischen  zusammen  dem 
Sächsischen  gegenüber,  dies  hat  die  Endung  et,  die  andern  en.    Indes 

verlegt  wird.  Allein  das  genannte  Buch  ist  eine  grobe  Fälschung  später  Zeit  und 
ohne  jede  Autorität.  Vgl.  Bouterwek,  Swidbert,  der  Apostel  des  bergischen  Landes, 
(Elberfeld  1859)  S.  16. 


8 

ist  der  Unterschied  für  die  heutigen  Dialekte  nicht  mehr  so  durch- 
greifend,  da.en  schon  frühe  in  niedersächsisches  Gebiet  eingedrungen  ist. 

Dies  sind  einige  von  den  wesentlichen  grammatischen  Unter- 
schieden, wie  ich  sie  in  hiesiger  Gegend  kennen  gelernt  habe.  Es 
würde  zu  weit  führen,  wollte  ich  mich  auf  die  lexikalischen  Besonder- 
heiten in  beiden  Mundarten  einlassen ;  ohnedem  sind  sie  weniger  durch- 
greifend und  örtlich  beschränkter  als  die  andern.  Doch  will  ich  wenig- 
stens zwei  Wörter  anführen,  die  auf  der  Grenze  des  Keldagaues,  gegen 
Westfalen  hin,  gute  Dienste  leisten :  die  Wiesen  werden  auf  fränkischer 
Seite  banden  oder  bänden,  in  Westfalen  .wischen  genannt;  die 
Kornähren  heissen  dort  Odern,  hier  ären. 

Wenn  wir  alle  diese  Merkmale  zusammen  nehmen,  so  können  wir 
wol  einer  jeden  Zwischenstufe  nach  den  vorwiegenden  Momenten  ihre 
Stellung  innerhalb  des  Mittelfränkischen  oder  Niederdeutschen  anweisen. 
Wir  werden  aber  am  sichersten  verfahren,  wenn  wir  nicht  darauf  aus- 
gehen, eine  scharfe  Grenze  zu  ziehen,  sondern,  wie  ich  es  vorhin  vor- 
schlug, einen  Gürtel  von  zwei  oder  auch  mehr  Zwitterstufen  zwischen 
die  Mundarten  legen.  Die  Untersuchung  erfordert  sorgfältige  Beob- 
achtung und  genaue  Lokalkentnis,  sie  kann  im  Allgemeinen  nur  von 
Ortskundigen  mit  Sicherheit  ausgeführt  werden;  die  Verwertung  und 
Znsammenstellung  der  llesultate  muss  dagegen  von  philologisch  gebil- 
deten Germanisten  vorgenommen  werden.  Denn  die  Angaben  selbst 
der  tüchtigsten  Kenner  eines  Lokaldialektes  können  für  die  allgemeine 
Beurteilung  der  Frage  nicht  genügen,  sobald  jene  nicht  überhaupt 
sprachlich  durchgebildet  und  mit  den  älteren  Dialekten  hinlänglich 
vertraut  sind. 

Wie  sehr  die  Annahmen  der  Ortsangehörigen  täuschen,  kann  man 
z.  B.  in  Elberfeld  und  Barmen  beobachten.  Hier  ist  die  landläufige 
Sage,  worauf  der  Eingeborne  wie  auf  ein  Evangelium  schwört,  die 
Schwarzbach,  ein  kleines  Rinnsal  im  Osten  Barmens,  auf  der  Grenze 
der  Rheinprovinz  und  Westfalens,  scheide  märkisch-westfälischen  und 
rheinischen  Dialekt,  wie  man  die  mittelfränkische  Mundart  zu  nennen 
pflegt.  Wie  liegt  es  aber  in  Wirklichkeit?  Elberfeld  und  Barmen 
ziehen  sich  langgestreckt  im  Wuppertal,  ziemlich  genau  in  der  Rich- 
tung von  West  nach  Ost,  zwei  Stunden  weit  hin.  Der  Dialekt  des 
östlichsten  Teiles  von  Barmen,  noch  diesseits  der  vielberufenen  Schwarz- 
bach, ist  ganz  nahe  verwandt  dem  unmittelbar  anstossenden  westfälischen 
von  Schwelm.  Und  wie  sollte  es  anders  sein  ?  Dieser  Tsil  von  Barmen 
gehörte  bis  in's  17.  Jahrh.  hinein  zur  Pfarrei  von  Schwelm,  und  mitten 
durch  Barmen  ging  eine  alte  Landwehr,  die  wir  wol  als  die  ursprüng- 
liche politische  Grenze  zwischen  Frankenland  und  Sachsen  betrachten 
dürfen.  Der  westliche  Teil  von  Barmen  war  nach  Elberfeld  hin  ein- 
gepfarrt,  und  sein  Dialekt  ist  noch  heute  dem  Elberfelder  gleich,  hat 
aber  in  dem  laufenden  Jahrhundert  nach  Osten  hin  weiter  um  sich 
gegriffen  und  die  dortige  Mundart  etwas  zurückgedrängt.  Indes  auch 
der  Elberfelder  Dialekt  ist  vorwiegend  als  niederdeutscher  zu  bezeich- 
nen :  eine  entschiedenere  Annäherung  zum  Mittelfränkischen  verrät  erst 


■^^■" 


9 

der  Dialekt  des  im  Westen  angrenzenden  Dorfes  Sonnbom;  zwischen 
dieses  letztere  und  Elberfeld  müsste  man  demnach  die  Grenze  zwischen 
Niederdeutsch  und  Mittelfränkisch  verlegen,  wenn  man  überhaupt  eine 
solche  durch  eine  scharfe  Linie  bezeichnen  wollte. 

Was  die  Mundart  von  Elberfeld  anlangt,  so  beharrt  der  Gon- 
sonantismus  fast  ganz  auf  niederdeutschem  Stande:  t^)  und  k')  sind 
kaum  dmxh  z  (ß)  und  ch  beeinträchtigt ;  das  Pronomen  der  1 .  Person 
im  Plural  >lautet  fi,  das  der  2.  dualisch  get;  man  hat  die  1.  Sing. 
ohne  n  in  ek,  hef,  si,  do,  gö,  stö,  schlö.  Daneben  finden  sich  aller- 
dings Eigentümlichkeiten  des  Mittelfränkischen,  die  indes  z.  T.  weniger 
entscheidend  sind,  wie  die  im  Plural  des  Verb  durchgehende  Endung  en. 
Eine  grössere  Hinneigung  zu  diesem  Dialekte  verrät  das  n  in  dem  Sing. 
Präter.  der  schwachen  Verba  (ek  m  enden),  und  die  häufige  Nasa- 
lierung von  n  und  nd,  z.  B.  steng  (Steine),  kleng  (klein),  honk  (Hund), 
PI.  höng  u.  ä. 

Manche  der  Sprachformen  oder  Wörter,  welche  jetzt  in  Elberfeld 
durchgedrungen  den  starken  Einfluss  der  benachbarten  rheinischen 
Mundart  bekunden,  sind  noch  gegen  Ende  des  vorigen  Jahrhunderts 
nicht  so  allgemein  gewesen.  Damals  war  z.  B.  die  1.  und  3.  Sing. 
Prät.  des  Zeitworts  sein  noch  in  der  Form  ek  (ha)  was  nicht  un- 
üblich, jetzt  lauten  dieselben  nur  ek  (ha)  w§är.  Auch  Spuren  in  älteren 
Aufzeichnungen  leiten  uns  zur  Annahme,  dass  wenigstens  seit  1500  in 
Elberfeld  ein  wesentlich  niederdeutscher  Dialekt  herschte.  Nur  darf 
man  sich  dabei  nicht  auf  die  gerichtlichen  und  sonstigen  öffentlichen 
Urkunden  beziehen.  Diese  sind  anfangs  in  der  mittelfränkischen  Mund- 
art abgefasst,  wie  sie  im  Herzogtum  Berg  als  offizielle  Sprache  üblich 
war,  später  tritt  an  deren  Stelle  die  hochdeutsche  Schriftsprache.  So 
beginnt  z.  B.  eine  Urkunde  von  1552: 

„Wir  Jaspar  Krummell  Beigen  eheluidt  Thoin  samen  khundt 
allermennichlich  vnd  bekennen  öffentlich  in  crafft  dieses  briefs  Dasz 
Nachdem  wir  denn  Erbarn  Peter  Teschemecher  Mergen  eheluiden 
ehern  erben  luidt  eines  kouffbrieffs  darüber  vfgericht  verkofft  hauen 
vnsern  haluen  hoff,  huissz,  garten,  schuir,  veldt,  bosch,  heubroich,  vnd 
blech  (wie  dasz  alles  vurgerörter  kouffbrieff  gemein  vnd  jnsonderheidt 
viszdruckt  gnandt  die  Krummeis  mirck),  jn  wilcherem  kouffwir  vnszver- 
schreben  vnd  verplichtet  jnnen  den  ehegemelten  keuffern  alsulchen  erffgoit 
losz  vrej  ahen  einige  viszguldt  scholt  ader  beswernisz  —  zu  liebern." 

Wir  sehen  hier,  wie  der  Schreiber  bemüht  ist,  das  Schriftdeutsch 

*)  Die  Verschiebung  des  t  findet  sich  nur  in  bess  (bis),  herz,  witz.  Die 
beiden  letzten  sind  ans  dem  Hochdeutschen  wahrscheinlich  erst  in  jüngerer  Zeit  ein- 
gedrungen: für  herz  findet  sich  in  manchen  Wendungen  noch  die  alte  Form,  z.  B, 
et  dot  mek  weä  am  hatten ;  witz  in  witzich  und  witzknosel  ist  offenbar 
der  Schriftsprache  entnommen,  obgleich  es  die  Bedeutung  etwas  verändert  hat  und  mehr 
die  Neigung,  sich  vorzudrängen  und  durch  vorlautes  Wesen  geltend  zu  machen,  bezeichnet. 

^)  k  für  ch  behauptet  sich,  abgesehen  von  hochdeutschen  Wörtern,  die  auch 
sonst  ins  Niederdeutsche  eingedrungen  sind,  wie  frech  u.  ä.,  mit  sehr  wenigen  Aus- 
nahmen. Nach  meinen  Beobachtungen  sind  es  nur  secher  (sicher)  und  die  Endsilbe 
Hch,  welche  die  Lautverschiebung  durchmachen. 


anzuvenden,  aber  nicht  Belten  in  das  ihm  geläufige  Mittelfränkische 
zurückfallt.  Man  würde  aber  irren,  deshalb  das  letztere  für  die  Mutter- 
sprache der  Aussteller  jener  Urkunde  7.u  halten,  die  aus  eingebornen 
Elberfelder  Familien  Bta.mmen,  Wie  diese  spracheD,  verrät  die  Auf- 
schrift des  einen  voa  ihnen  auf  dem  Kücken  der  Urkunde: 

„DuBse  verschrybonge  dusser  gunterssmy rekenn  hebb  yck  Jasperen 
Grumell  vnd  Beylkenn  syner  huysfrauwe  oyck  affgekafft  ynd  oyck  betalt 
?nd  oyck  dayr  vertycht  vnd  vytganck  dayr  vp  entfangen  yse  yn  dat  ver- 
tychs  boeck  tho  Eluerueld  geschreuen.  Peter  TesBchemeker  myne  hant." 

Nur  aus  solchen  Aufzeichnungen  ganz  privater  Art  lassen  sich 
Schlüsse  auf  die  Mundart  einer  Gegend  in  älterer  Zeit  machen.  Alle 
Urkunden,  die  irgendwie  einen  öffentlichen  Charakter  an  sich  tragen, 
sind  hierfür  nicht  zu  verwenden.  Allerdings  wird  in  Folge  dieses 
Umstandes  das  Material  für  die  Untersuchung  über  den  früheren  Stand 
der  Mundarten  wesentlich  beschränkt. 

Bemerkung. 

Ich  hatte  versprochen,  den  obigen  Vortrag  für  das  Jahrbuch 
umzuarbeiten  und  zu  erweitern.  Inzwischen  hat  Herr  Dr.  Wenker 
in  Düsseldorf  durch  Vermittelung  der  königl.  Regierungen  aus  einem 
grossen  Teile  der  nördlichen  Rheinprovinz  von  Volksachullehrem  Aof- 
zeichnungen  über  den  Stand  der  Dialekte  erhalten,  welche  in  ihrer 
Gesamtheit  für  die  wichtigsten  Punkte,  die  in  Frage  kommen,  eine 
Üebersicht  der  heutigen  mundartlichen  Verhältnisse  ermöglichen.  Bevor 
nun  Herr  Dr.  Wenker  die  Resultate  seiner  dankenswerten  Nachfor- 
schungen veröffentlicht  hat,  was  in  nächster  Zeit  in  Aussicht  steht, 
würde  es  ungeeignet  sein,  eine  Umarbeitung  des  obigen  Vortrags  vor- 
zunehmen. Derselbe  war  von  mir  nur  dazu  bestimmt,  die  Sache  auf 
der  Versammlung  in  Köln  anzuregen  und  Mitarbeiter  zu  gewinnen. 
Ich  würde  ihn  darum  jetzt  ganz  zurückgezogen  haben,  wenn  nicht  Herr 
Dr.  Lübben  den  bestimmten  Wunsch  ausgesprochen  hätte,  dass  ich 
ihn,  trotz  der  veränderten  Umstände,  ohne  weitere  Verarbeitung,  für 
das  Jahrbuch  überlassen  möchte.  Ich  bin  auch  um  so  lieber  darauf 
eingegangen,  weil  ich  hoffen  darf,  dass  vielleicht  die  eine  Seite,  welche 
er  hervorhebt,  die  Behandlung  der  älteren  Mundarten  den  einen  oder 
andern  der  Leser  unsers  Jahrbuchs  veranlassen  könnte,  geeignetes 
Material  dafür  zu  veröffentlichen. 

ELBERFELD.  W.  CreCCÜUS. 


Niederdeutsche  predigt  des  15.  Jahrhunderts, 

Aber:  N^on  snin. 


Die  Bostocker  Gymnasialbibliothek  besitzt  2  kleine  niederdeutsche 
papierhandschriften,  als  geschenk  des  früheren  directors,  herrn  prof. 
L.  Bachmann;  die  eine  enthält  die  nachfolgende  predigt«  Sie  besteht 
nur  aus  8  blättern  sehr  kleinen  4.-forniats,  von  denen  die  beiden  ersten 
als  halbbogen  den  in  eine  läge  vereinigten  3  andern  halbbogen  vor- 
geheftet  sind.  Nur  14  selten  sind  voll  beschrieben,  auf  der  15.  stehen 
noch  14  Zeilen;  die  erste  seite  enthält  deren  23,  incl.  der  aus  3  be- 
stehenden lateinischen  evangelienangabe,  die  übrigen  13:  22  bis  24. 
Der  mittlere  halbbogen  der  läge  hat  als  Wasserzeichen  den  buchstaben  a. 
Die  handschrift  gehört  dem  15.  jahrh.  an  und  ist  dem  dialecte  nach 
sicher  links  der  Weser  geschrieben;  an  Westfalen  erinnert  das  3malige 
getrennte  seh:  mens-chen;  und  das  wort  wyshke,  das  nach  dieser 
Schreibart  auch  wis-ke  zu  sprechen  ist;  nach  dem  westen  hin  führt 
auch  die  zweimalige  nennung  des  Rheins. 

Der  Ursprung  der  predigt  ist  nach  deren  Inhalte  anscheinend 
auf  einen  Augustiner  zurückzuführen,  daher  würde  sich  auch  die  ent- 
schieden reformatorische  haltung  vielleicht  erklären  lassen,  z.  6.  die 
auffallende  zurückschiebung  von  fasten  und  wallfahrten. 

Einige  spuren  deuten  auf  Übersetzung  aus  dem  hochdeutschen, 
oder  auf  eine  gegend  mit  hochdeutschem  einäuss;  es  kommt  einmal 
Tor:  ich  für  ick,  dyr  für  dy;  yr,  ire  für  er,  ere;  is  für  it;  vielleicht 
gehört  dahin  auch:  zweimal  alt  für  olt,  der  gebrauch  von  klein  statt 
luttich  und  wyrp  statt  smyt.  Fraglich  ist  mir,  ob  das  zweimal  vor- 
kommende biblische  'he  go  unde  loynte  nycht'?  (hey  ga  unde  loynde 
nycht)  auch  dahin  zu  zählen  ist:  „er  bekannte  und  leugnete  nicht". 
Nur  in  dieser  formel  hat  die  handschrift  „unde",  sonst  nur  „und". 
Ich  habe  natürlich  alle  diese  formen  neben  einander  beibehalten^ 
ebenso  wie  die  nicht  ganz  gleichnaässige  Schreibweise.  Doch  wechselt 
die  letztere  nur  1)  zwischen  dem  häufigen  y  und  i,  umgekehrt  — lik 
und  —  lyk;  2)  zwischen  ck  und  k;  3)  in  Verdoppellung  von  g,  in  seggene, 
Seggen,  segget,  sege,  seget  (cf.  leget);  von  d:  nedersloch,  nederste, 
nedder;  von  t:  wette  (wisse),  wetten,  wettene,  wetenheit;  etten,  ettet; 
ittelik ;  das  ff  scheint  mehr  schreibgewohnheit  für  den  auslaut  zu  sein : 
Weff,  sterff,  hoff  op,  verhoff,  wyff,  lyff;  so  auch  leyffle  und  gestiffte; 
doch  ist  gaf  (gab)  geschrieben.  —  Nicht  als  wechselnde  Schreibweise 


12 

sondern  als  dialectischen  doppelgebrauch  fasse  ich  hey  (er)  neben  he, 
„dey  und  de  und  dey",  nesten,  neisten,  negester;  ebenso  auch 
die  wenigen  a  neben  und  anstatt  o:  wart=wort,  afFte=offte,  as  äff 
(als  ob)=off,  war de= Word e  (verba),  af  und  aff=of  (oder),  ga  und  go 
(er  bekannte),  jedes  mit  einmaligem  vorkommen.  Einmal  ist  für  gut: 
got  geschrieben,  offenbar  wegen  des  gleichklangs :  dat  luter  got  (bonum), 
dat  got  (deus)  is.  Doch  kommt  auch  zweimal  wu  vor  statt  wo  (=wie, 
dagegen  war=wo)  und  einmal  vul  neben  vol.  Got  (deus)  wird  decli- 
nirt:  godes,  gode,  nicht  gades.  Das  weiche  z  ist  neben  s  und  ss  sel- 
tener: je  einmal  in  deze  (neben  dese,  desser,  deseme,  desen,  dus,  dusem, 
dusse,  dusser,  dussem,  und  gar  dose),  lezen,  zelycheit,  zeile,  zeyle, 
spyzene,  alzo,  zweimal  in  wyze,  dreimal  in  wezen  (gewezen). 

Ein  Umlaut  ist  in  unserer  predigt  noch  nicht  vorhanden,  was 
ein  verhältnismässiges  alter  bezeugt.  Dagegen  wird  länge  des  vocals 
einmal  durch  nachklingendes  y  (doyn=thun),  und  oft,  doch  nicht 
regelmässig,  nach  a  und  o  durch  e  angezeigt,  welches  sich  öfter  nicht 
streng  von  der  endung  scheiden  lässt:  gedaen,  gaet,  gaen,  gegaen, 
scharraes,  gewaer ;  broet,  doet  (Tod),  noet,  loes,  doech  (taugte),  toech 
(zog),  begoet,  doen,  doet,  moet  (muss);  einmal  guet. 

In  bindung  kommen  vor:  bystu=byst  du,  isset=is  it  (3  mal), 
wert=were  it,  doet=dot  it,  salme=8al  me,  warame=wan  me,  met=me  it. 

Von  den  pron.  pers.  und  poss.  finde  ich  die  formen: 

1.  ik  (ick,  einmal  ich),  myner,  my,  my  —  wy,  dat.  uns  —  poss. 
unse.  2.  du,  dy  (dyr),  dy  —  gy  und  y,  dat.  yu,  accus,  yu  und  u  — 
poss.  dyn.  3.  sing,  hey  und  he,  em,  en  —  sey,  gen.  er,  dat.  er,  — 
it  (et),  einmal  id,  is  —  men  und  me  —  sik.  —  plur.  se  (sey),  dat.  en, 
acc.  sey.  —  poss.  syn.  —  er  (yr)  —  plur.  er  (ire). 

Im  praesens  plur.,  3.  pers.  wechseln  die  endungen  en  und  et: 
dey  vragen  und  vraget,  sey  (se)  vyndet,  gaet,  staet,  sey  willen;  auch 
wy  willen.  —  Von  besonderen  conjugationsformen  notirte  ich  aus: 
kostent  3.  praes.  sing.,  antwerde=antwerdede,  doech  st.  imperf.  von 
dogen,  taugen;  ganck,  imperat,  vergl.  Mnd.  Wb.  II.  S.  9  v.  gan;  ver- 
heuen  part.=erhoben,  geofent=geübt  oder  offen  gezeigt?  vergl  in  der 
ouinge  don=üben  und  offnunge=Eröffnung,  Offenbarung;  dorgan 
transit. :  „de  warheit  heuet  se  dorgangen=durchdrungen.  Dahin  zu 
rechnen  ist  auch  der  gebrauch  von  ley,  conj.  leyte,  geleyten  als  formen 
von  laten,  sik  laten=sich  ergeben,  neben  dem  ,eyn  laten'  als  subst. 
und  ,gelatenheit^  fast  =otmodicheit  vorkommt. 

An  declinations-  oder  genus-eigenthümlichkeiten  bemerke 
ich:  eyn  geistelick  menschen,  eyn  mensche  (neutr.)  dat  solde  etc.,  van 
hoge  dingen,  van  der  negester  warheit,  eyn  harden  guden  groten  werk 
(nom.),  eyn  harden  kleinen  dynck,  eyn  sundersche  (neben  eyne),  uns 
allen  (acc),  welken  we  (welches  weh);  vragers  (plur.). 

An  constructionen  möchte  ich  aufmerksam  machen  namentlich 
auf  den  gebrauch  des  genetivs:  wat  meren  (quid  historiarum)  sy;  : 
wat  unsprekelykens  wesens,  also  seker  is  my  dus  wesens,  wat  vyndet  . 
men  dusser  phariseen;   vyndet  se  er  nicht;   alles  willen  loes  syn,  sik 


13 

eines  jars  trösten.  Den  da tiv  bietet:  so  gaet  sey  eyner  anderen  vrage 
an;  eme  duchte. 

Auffällig  ist  der  häufige  gebrauch  der  conjunctive:  8y(3  mal), 
syst,  wäre  (8  mal,  1  mal  wer=were),  —  hebbest,  hedde  (2  mal),  — 
werde,  werdest,  worde  (2  mal),  —  solle,  solde,  —  wy  moten,  —  künde, 
—  do=:thue,  dede,  —  beide,  wysten=wüsten,  geschey  (2  mal),  leyte= 
liesse,  8ei=sehe,  brenge,  vonde,  gunne,  verheue,  kenten,  kere,  komen, 
verlonen,  ersehene,  sterue,  wenede. 

Die  n  e  gation  ist  noch  stets  gedoppelt ;  seltsam  ist  die  Construction : 
dej  arger  en  is  dan  alle  nycht=:ärger  als  alles  nichts,  alle  Vernichtung. 

Für  den  wertschätz  weise  ich  hin  auf:  eyt=icht  (ebenso  wat), 
eckerdes,  euer=aber?,  gelesten=gelusten,  geraken=finden,  antreffen 
cf.  Mnd.  Wb.  11  S.  63.  v.  gerack;  den  ausruf  gotsene  und  gotsene 
entrone  (wie  wir  noch  rufen:  Gott  sol  die  längere  formel  entstanden 
aus:  got  sone  in  dynem  trone?),  eynen  trän  marges  in  dynen  benen= 
eine  I^Lraene  Markes  (neben  blödes  droppen),  dat  punte  (punctum),  quelen 
na=3ich  mühen  um,  dat  scharraes,  hier  doch  kaum  der  slavische 
sarras  der  Sereschaner,  sondern  eine  fressende  krankheit,  vielleicht 
der  scharbock  (Scorbut);  siecht  in  der  nebenbedeutung  , gerade',  smei- 
ken,  venie  oder  veme?,  verkrygen,  verquetern,  sik  verunwerdigen=sich 
erniedrigen,  verwerden  (perire,  heute :  ,hen  werden'),  wetenheit=wissens- 
sucht,  neugierde,  wyshk=stark,  ernst. 

Abbreviaturen  finden  sich  im  ms.  äusserst  wenige:  der  strich  für 
nachfolgendes  n,  m  oder  d,  letzteres  nur  in  ,und';  der  apostroph  für  er. 

Der  text  der  predigt  ist  bekanntlich  der  anfang  der  pericope 
des  4.  adventsonntages :  Job.  1,  19 — 28. 

Niederdeutsche  predigten  oder  Vorlesungen,  wahrscheinlich  ähn- 
licher art,  wurden  im  15.  jahrh.  im  Hamburger  dom  gehalten.  Vergl. 
über  das  dortige  lector-canonicat  Ed.  Meyer,  Gesch.  des  Hamburger 
Unterrichtswesens  im  Mittelalter.  In  Rostock  machte  1439  der  pfarr- 
herr, .  Professor  juris  und  universitätsrector  Heinrich  Bekelyn  eine 
Stiftung,  deren  inhaber  sonntäglich  in  der  Marienkirche  das  Credo,  das 
Vaterunser  und  die  übrigen  hauptstücke  des  glaubens  in  niedersäch- 
sischer spräche  deutlich  verlesen  und  erklären  sollten.  Vergl.  AUgem. 
Deutsche  Biogr.  II  s.  298. 

Hisernnt  indei  ab  iherosolimis  sa  |  cerdotes  et  lenitas  ad 
iohannem  |  nt  interrogarent  enm:   tn  qnis  es?  |  ^) 

Dey  ioden  unde  dey  phariseen  dey  |  santen  to  iohannes  und 
vrageden  wey  |  hey  were.  Off  hey  were  helyas  ?  He  go  unde  loynte 
nycht  undsprack:  Non  sum.  Bystu  dan  Christus?  Non  sum.  Offeyn 
propheta?  Non  sum.  —  Kynder  dusser  phariseen  vyndet  men  vele, 
dey  umme  geyn  nutte  ofinynge  en  vragen.  Dey  ene  vraget  na  wert- 
liken  dingen,  wat  dey  und  de  und  dey  do;  wat  meren  in  den  steden, 

^)  Ev.  Joh.  1,  19-21. 


14 

in  den  landen,  ander  den  heren  sy,  wat  under  den  luden  sy  geistliken 
und  wertliken,  und  wat  geschey  van  dusem  und  van  deme,  und  en 
is  to  male  wol  myt  nyen  meren.  Och  der  groten  schände  under  geist- 
liken luden.  Des  solde  sick  eyn  geistelick  menschen  ummer  schämen 
to  seggene  ofl  to  wettene  enyge  mere.  Wat  geit  enen  geistliken  men- 
schen an  allet  dat  desse  werlt  ge-(S.  2)lesten  mach? 

Dey  anderen  vragen  van  wetenheit,  dat  sey  gerne  vele  wysten 
und  van  hoge(l)  dyngen  to  verstane  und  to  seggen  können. 

Dey  derden  vraget  op  eyn  versoken,  dat  sey  wetten  wat  in 
den  luden  sy,  und  komet  und  smeiket,  als  dei  ioden  spreken :  meister, 
wy  wetten  dat  du  warhaflftich  byst;  also  dot  duse.  Vyndet  sey  dan 
ere  wyse  in  den  luden,  so  isset  alle  guet ;  und  vyndet  se  er  nycht,  so 
en  doech  aller  don  nycht.  So  gaet  sey  eyner  anderen  vrage  an  und 
gaet  alzo  umme  vragen,  dat  sey  ere  verkarden  wyze  beschermen,  und 
en  willen  sick  dar  an  nycht  laten  genogen,  wat  men  en  ok  synget  off  seget. 

Dey  veirden  dat  synt  gude  vragers,  der  er  herte  und  zeyle  quelet 
na  deme  aller  leyvesten  wyllen  godes  se  ettet,  se  slapet,  se  werket, 
se  gaet,  se  staet :  Och  wo  gerakede  wy  den  allerleyvesten  willen  godes 
unses  gemynneden  vaders! 

Dey  vifften  de  en  vraget  nycht,  dat  synd  voUenkomene  menseben, 
dey  synt  over  dat  vragen  gekomen.  Euer  war  vyndet  men  se  in 
dussen  luden^)?  It  (S.  3)  en  is  geyn  wonder  want  Sunte  Augustinus 
und  Aristotiles  spreket:  Dat  vragen  komet  van  wonderen.  In  dusen 
en  is  geyn  wonderen;  wante  dey  warheit  heuet  sey  dorgangen. 

Dose  boden  vrageden  Johannem,  wey  hey  were.  Wat  antwerde 
der  hemel  vorste,  dey  morgensterne,  dey  erdesche  engel  Johannes? 
Hey  sprack :  Non  sum,  hey  ga  unde  loynde  nycht ;  Kon  sum ;  als  alle 
menschen*)  wolden  des  namen  verlonen,  und  geit  aller  menschen  doyn 
dar  op,  we  sey  eckerdes  namen  verlonen  und  verbergen:  Non  sum. 
Sey  wyllen  alle  gut  syn  off  schynen,  dat  sey  in  geiste  off  in  naturen  feien. 

Leyue  kinder  wey^)  desen  grünt  allene  geraken  künde,  dey  hedde 
geraket  den  aller  nesten,  kortesten,  siechtesten,  sekersten  wech  to  der 
hogesten,  neisten  warheit,  dey  me  in  der  tyt  veruolgen  mach;  to 
dussem  en  is  neymant  to  alt  noch  to  junck,  noch  to  kranck,  noch  to 
dum,  noch  to  arm,  noch  to  ryke.  Dat  (S.  4.)  were:  Non  sum;  Ick 
en  byn  nycht! 

Och  wat  leget  so  unsprekelykens  wesens  an  deseme:  Non  sum. 
Och  desen  wech  en  wyl  neymant  wanderen ;  wy  wyllen  ummer  gut  syn, 
men  kere  dat  ummer,  war  men  dat  kere.  Gotsene  entrone!  wy  synt 
und  wy  wyllen  und  wy  wolden  eyt  syn.  Hyrmede  synt  alle  menschen 
also  gevangen  und  gebunden,  dat  sick  neymant  laten  en  wil;  eme 
weren  lichter  teyn  werke  to  done,  dan  eyn  gruntlick  laten;  hyr  inne 
alle  strit,  alle  arbeit  den  wertlyken*) ;  se  wyllen  hyr  umme  guet  unde 
vronde  und   mage  hebben  und  waget  zeile   und  lyff,   op    dat  se  wat 

*)  Aber  wo  findet  man  sie  unter  diesen  Leuten  ?  ')  mens-chen  ist  abgebrochen. 
Damals  als,  fast=obwoL  ^)  wey  fehlt  im  Ms.  *)  ,Eme  weren  —  laten*  ist  wol  Klam- 
mersatz und  zu  ,hyr  inne  —  wertlyken*  zu  ergänzen :  is  gevangen=:ist  enthalten. 


15 

syn.  Dar  proue  en  ittelick  sick  seiner  ane,  der  kloster  und  klusen 
vul^),  dat  eyn  itlick  io  wat  wezen  und  schynen  wiL  Lucfer*)  in  deme 
hemel  dey  hoff  sick  op  und  wolde  wat  syn;  dat  toech  en  hymeder 
in  dat  aller  deipeste  und  in  den  grünt  des  nych-(S.  5)tes  dey')  arger 
en  is  dan  alle  nycht  Dyt  toech  unsen  vader  Adam  und  unse  moder 
Euen  und  warp  sey  ut  deme  wunnentlyken  paradise  und  heuet  uns 
allen  in  noet  gebracht  und  in  arbeit.  Hyraff  komet  alle  jamer  und 
alle  klage,  dat  me  vyndet  dat  wy  synt  gotloes,  genadenloes  und  aller 
dogeden  naket  und  blot.  Hyrumme  en  vynde  wy  neynen  vrede  van 
bynnen  noch  van  buten,  hyrumme  isset  allene  allet  dat  ungebrecket 
an  gode  und  an  den  luden ;  dat  doet  allene  dat  wy  wat  wyllen  syn. 
Och  dit  nycht  wezen  dat  hedde  in  allen  wysen  und  in  allen  steden 
myt  allen  luden  ganzen,  waren,  wyshken,  ewyghen  vrede  und  wer  dat 
seiigeste,  dat  edelste,  dat  sekerste,  dat  deze  werlt  het,  und  uumment 
en  wil  dar  an,  ryke  noch  arem,  junck  noch  alt. 

Wy  lezen  in  sunte  Lukas  evangelio*),  dat  eyn  ryke.  man,  eyn 
pharyseus^  dey  hadde  geladen  unsen  heren  (S.  6.)  Jhesum  Christum  in 
syn  hues.  Dat  was  eyn  harden  guden  groten  werck,  Christum  to  spyzene 
myt  alle  synen  jüngeren.  Des  meynde  he  ok  gar  wol,  sunder  eme  ge- 
brack  des  edelen  Non  sum.  Dar  quam  ene  sundersche,  de  vel  dar 
nedder  und  sprack  in  ereme  gründe :  Non  sum.  Des  is  sey  verheuen 
bouen  alle  hemele  ouer  mannige  chore  der  engelen.  Dese  vel  in  dat 
allernederste  vor  Christus  vote,  unde  ut  gansem  innentlyken  herten 
sprack  sey :  Non  sum.  Ut  deme  gründe  so  wos  eyn  ewich  und  ummer- 
warende :  Ego  sum,  Christus  dede  er  al  dat  sey  wolde.  Als  'dat  sach 
dey  wert,  dey  in  dusser  groten  werschap  sat  und  was  und  en  allen 
to  etten  und  to  drynken  gaff,  dey  versmade  dyt  und  benyde  dyt,  dat 
sick  Christus  to  er  karde,  wante  se  were  eyn  sundersche.  Och  it  was 
in  eme  dat  lede  Ego  sum,  und  nycht  Non  sum.  Eme  duchte,  hey  were 
de  gene,  to  deme  •  men  sick  keren  solde  und  hören  (S.  7)  und  myt 
erae  reden  solde,  und  dat  wyff  nycht. 

Och  leyuen  kynder,  wat  vyndet,  wat  vyndet  men  dusser  pha- 
rizeen  al  under  geistlyken  und  wertlyken !  De  werlt  is  dusser  vol,  vol, 
vol!  Swart  und  wyt,  gra  und  bla;  de  umme  er  gut  und  er  mage  off 
umme  er  wysheit  of  ere  kunst  off  erer  vernuffticheit  of  umme  al- 
myssen  of  umme  eren  schyn,  dat  sey  sick  hilliger  duncket^),  und  dusser 
gelick :  dat  men  sey  solle  achten,  ere  wart  hören,  me  solle  dorch  eren 
wyllen  wat^)  doen,  und  dencket  to  hantes:  ^en  solde  men  my  des 
nycht  doen?  Ick  hebbe  en  dyt  äffte  dat  gedaen;  ick  byn  de  und  de;* 
und  werden  harde  unwert,  men  en  beide  recht  mer  van  en  dan  van 
den  anderen,  an  welken  sey  dusser  dynge  nycht  en  kenten.    Gotsene  I 

*)  Ich  habe  die  2  komma  gesetzt,  da  ich  ,ane'  nicht  für  ohne  nehmen  kann. 
Es  würde  so  heissen:  auch  alle  insassen  der  Klöster  und  Klausen.  *)  So  ms.  für 
Lucifer.  ^)  von  ,grunt  —  nychtes*  waren  die  Wörter  doppelt  geschrieben ;  vom  rubri- 
cator  ist  dann  ,grunt  des  nych'  aus  versehen  mit  den  doppelt  stehenden  gestrichen, 
dey  fehlt  im  ms.  *)  Lucas  7  v.  36  ff.  ^)  Dies  ,duncket*  hat  die  construction  gestört, 
die  etwa  lauten  sollte:  ,de  umme  er  gut  etc.  sick  wat  duncket'  oder  ,sick  duncket  Ego 
sum*.    ö)  Ms.  waet. 


16 

wey  synt  sey  ?  War  komet  se  her  ?  Wo  doren  sey  dit  gedenoken,  dat 
wy  moten  doen,  und  versmaet  ander  lüde? 

Aldus  dede  dey  phariseus,  (S.  8)  dey  sick  verhoflf  ouer  den  puply- 
kanum^),  und  bey  bleff  ungerecht,  wente  eme  duchte,  hey  were  gut;  und 
dey  ander  puplicanus,  dey  Non  sum  sprack,  dey  sick  nycht  en  rekende 
und  syne  ogen  neder  sloch  und  sprack:  Here  verbarme  dy  myner, 
wante  ick  nycht  en  byn ;  ick  byn  eyn  sunder  mynner  dan  nycht :  des 
genck  hey  gerechtuerdiget  m  syn  hus  :  Dit  sprack  dey  edele  munt  godes 
seiner.  Malck  sei  vor  sick,  en^)  verheve  sick  ouer  nummende,  he  sy 
ok  we  he  sy. 

Dese  selyge  sundersche,  de  in  des  mans  hues  genck^),  se  dede 
drey  dynck  in  der  ouynge.  Sey  weder  karde  sick  to,  als  sey  sick 
affgekart  hadde.  Also  als  sey  er  ogen  to  der  werlt  gekart  hadde : 
also  hyr  weder  umme  begoet  sey  dey  vote  unses  heren  myt  beten  tränen, 
und  myt  eren  bare  drugede  sey  eme  syne  vote  in  beteringe  dat  sey 
der  werlt  gebruket  hadde,  und  myt  creme  lyve  myt  der  venien  und 
er  gut  myt  der  saluen.*) 

Dat  ander  dat  hey  dede:  sey  gaf  sick  to  hantes  an  Christum 
al  to  male.     Dat  (S.  9)  derde:  yr  herte  hadde  se  vol  leyjffte. 

Kynder  op  alle  gelatenheit  dey  nycht  geofent  en  is,  en  geue  ick 
nycht  ene  bonen,  sey  en  werde  er  volget^)  myt  den  werken  und  in  der 
warheit  ut  der  schalkhafftiger  naturen,  dey  mer  dan  dusent  liste  und 
wynkel  heuet,  dar  sey  sick  inne  enthelt. 

It  en  werde  utgevoret,  so  were  my  recht  dar  umme,  als  my  dey 
duuel  ersehene  in  engelscher  wyse.  Up  der  lüde  wort  is  recht  to 
bowen  as  äff  eyn  halem^)  eyn  brugge  were  ouer  den  groten  Ryn  und 
wenede  dar  ouer  to  gane,  also  seker  is  my  dus  wesens  in  dusser  ge- 
latenheit.    Dyt  synt  gestiffte  gelatenheit. 

So  komen  sey  und  spreket:  Eya  leyve  here,  segget  uns  doch  van 
der  negester  warlieit.  Och  deme  warde  byn  ich  so  rechte  unholt. 
Pylatus  vragede  unsen  leyven  heren  Jhesum  Christum,  wellick  dey  warheit 
were*^),  und  Christus  swech.  Also  wenych  mach  me  seggen,  wat  de 
warheit  sy,  wat  got  sy.  Got  ys  dey  (S.  10)  warheit  und  lutterheit  und 
eynuoldicheit ;  dat  is  eyn  und  eyn  wesen.  Dusse  lüde,  wan  men  sey 
ankomet  wreken,  alto  hantes  so  wischent  se  hyr  vor  vel  balde  und 
werden  recht  besetten  menschen®),  und  is  en  so  unwert:  hebbet  sey 
my  dat  gedaen;  und  dan  wert  men  wol  geware,  wat  dey  gelatenheit 
was  an  worden  und  an  werken.  Ire  grünt  dey  luget  dar.  Leyven 
Kinder,  en  bedreget  yu  selver  nycht;  it  en  schat  my  nycht,  bedrege 
gy  my;  mer  y  syt  dey  dar  bedrogen  blyuet.  Groet  schade  blyuet  yu, 
und  my  nycht.  Ick  en  twyvel  dar  nyclit  an  eyn  bar,  it  en  sy  mannich 

^)  Lucas  18,  11—13.  ^)  Es  scheiat  und  zu  fehlen,  denn  en  ist  di^  negation. 
^)  Lucas  7,  36  ff.  *)  Die  constr.  ist  nicht  klar,  soll  es  heissen :  sie  besserte,  was  sie 
mit  dem  leibe  in  sünde  gefehlt,  durch  thraenen  und  abtrocknen  und  ihr  schlecht  er- 
worbenes gut  durch  ankauf  der  salbe?  Statt  venien  könnte  man  auch  vemen  lesen. 
*)  In  2  Worten  im  ms.  er=eher?  *)  So  ms.  statt  halm.  ^)  Joh.  18,  38.  ^)  Ms.  bricbt 
ab:  mens-chen.  Ich  fasse  den  satz  ,hebbet  sey  my  dat  gedaen*  als  subject  zu  ,iB  en 
so  Unwerts 


■ 


17 


dusent,  dusent   mensche,  de  sick  vele  hillich  und  vel   sunderlyck  be- 

wyset  und^)  in  geistelyken  leuen  synt  gewezen  aller  dage,  und  er  houet*) 

Tele  ser  nedergeslagen,  und  sollen  also  steruen,  dat  en  wäre  gelatenfaeit  \ 

io  eyn  ogenblyck   en  geblyckede.    Eme  verstendigen  menschen  mach 

des  jameren  und  mach  (S.   11)  des  ok  van  wunder  lachen  und  spotten, 

dat  dej  lade  alto  male  sick  selver  bedregen.     Wette  in  der  warheit : 

alle  so  lange  du  noch  eynen  blödes  droppen  unuerteret  heuest  in  dynen 

vleysche,  und  euen  trän  marges  in  dynen  benen,   du  en   hebbest  dat 

verteret  umme  rechte  gelatenheit,  so  en  nym  dy  nummer  mer  an,  dat 

du  syst  eyn  gelaten  mensche ;  und  wette :  al  dey  wyle  dat  dy  dat  aller 

mynneste  punte   rechter   gelatenheit  gebrecket  an   eynen   waren  yer- 

volgen,  dey  wyle  mot  dyr  got  ewentlyken  entblyuen,  dey  negeste  und 

dey  hogeste  zelycheit  to  bevynden  in  tyt  und  in  ewicheit. 

Eynder,  dat  weytenkaren  moet  van  noet  steruen,  salt  vrucht 
breiigen').  Sunder  sterue  det  so  brenge  det  vele  und  grote  vrucht. 
Kynder,  it  moet  eyn  steruen  syn,  und  men  moet  sick  hyr  verunwer- 
digen  und  vernichten.  It  moet  syn:  Non  sum.  Werlyken  by  gode, 
dey  dey  warheit  is  1  It  en  geit  nycht  myt  wonschen,  myt  begerten,  myt 
bidden  to.  Meyn  kynt,  it  moet  (S.  12)  vervolget  werden,  id  moet  wat 
kosten.  Dat  nycht  en  kostent  dat  en  gelt  ock  nycht.  Mochte  met  myt 
I  begeringe  und  myt  bydden  und  wonschen  verkrygen  sunder  kost  und 
arbeit,  dat  et  nycht  we  en  dede,  noch  nycht  suer  en  worde,  so  wert 
eyn  harden  kleynen  dynck. 

Och  kynt,  des  en  mach  nycht  syn.  Sunte  Augustinus  spreket: 
uot  heuet  dy  gemaket  sunder  dy,  hey  en  maket  dy  nummer  wedder 
Sander  dy,  du  en  draf  des  nycht  wenen  noch  gedenken,  dat  dy  got  van 
tekenen  maken  wylle,  als  of  uns  got  nu  leyte  schone  rosen  op  gaen; 
dat  vermochte  hey  gar  wal,  mer  hey  en  doet  des  nycht,  mer  hey  wil 
dat  it  myt  ordynerynge  geschey :  to  meyge  durch  douwen  und  dorch 
Torst,  dorch  mannige  wyze  und  weder,  dat  dar  to  geordynert  is  und 
geschicket  und  gesattet.  Och  kynder,  dat  is  werlike  eyn  bermelick, 
klegelick  dynck  in  der  warheit,  dat  eyn  geistelick  men8-(S.  13.)che 
levet  XXX  af  XL  jar  und  geit  aldus  murmurerende  und  klagende  und 
leuet  to  male  eyn  ydel  leuen  und  en  weit  noch  hude  des  dages  nycht, 
*u  hey  dar  ane  sy.  Hey  mochte  syk  leyver  eyns  iars  trösten  und 
8teruen  und  verwerden  und  snyden  dat  garen  entwe*).  Och  und  och 
äIs  dey  doet  komet,  und  eyn  mens-che^)  syn  langen  jar  versumet  und 
Terquetert  und  verloren  heuet,  welken  we,  welken  unwederbrencklick 
schade  dat  ewyge  hinderblyuen  und  ewelyken  enberen^)!  Och  dyt  is 
r  jamers  dan  me  in  der  tyt  gespreken  mach.  Eyn  geistlick  und  eyn 
ordent  mensche  dat  solde  also  leuen  in  vlite  und  in  steden  erenste 
H  to  gane  und  mer  gudes  to  verkryghen,  dat  nummer  dach  en  were, 
7  en  vonde  sick  also  vere  vort  gegaen,  dat  hey  küme  weder  in  dat 

^)  und  und  Ms.  ^)  Ihr  haupt  gar  sehr  n.  ?  ^)  Job.  12,  24.  *)  Es  ist  schwer- 
f^  an  den  faden  der  Parcen  zu  denken ;  es  ist  ein  jägerbild,  sich  aus  dem  ein- 
Ellenden  garn,  netz,  befreien.  ^)  Gebrochen:  mens-che.  ^)  Das  praedlcat  scheint 
i&ichtüch,  des  nachdrücklichen  ausrufs  wegen,  weggelassen. 

Niederdentichet  Jahrbuch.  II.  2 


18 

olde  geseyn  künde.  Dat  is  jamer,  dat  wertlyke  herte  vlytiger  syni 
umme  also  snodo  dotlyke  dynck,  dan  dey  godes  uterwelden  umme  da1 
lutter  got,  dat  got  is.  Eyn  geordent  geistlik  mensche  (S.  14)  soldt 
alles  wyllen  loes  syn,  dat  men  nammer  an  eme  gewaer  en  worde  dan 
Non  sum.  So  komet  vele  lade  und  dencket  up  mannyge  wyse,  so  will 
sey  eyn  iar  water  und  broet  etten,  oflf  en  wech  lopen^),  so  isset  dyl 
äff  dat.  Ik  sege  dy  den  siechtesten,  kortesten  wech :  Ganck  in  dynen 
grünt  und  proue  wat  dat  sy,  dat  dy  aldermeyst  hyndert,  dat  dy  alder- 
meyst  enthelt,  deme  legge  eynen  steyn^)  und  wyrp  in  des  Rynes  grünt. 
Anders  lop  dey  werlt  ut*),  do  alle  dynck ;  it  en  helpet  dy  nycht :  Dat 
scharraes.  dat  snyt  entwe  dat  vleysch  von  den  benen,  deme  sterff. 
Vele  lüde  dodet  de  nature  und  latet  dey  gebrecke  leuen,  dar  en  wert 
nummer  ichtes  wat  ut. 

Och  kynder  keret  u  in  yu  seiner  und  seit,  wu  vere  und  wu 
ungelick  dat  y  syt  deme  mynnentlyken  beide  unses  heren  Jhesu  Christi, 
des  laten  merer  und  gruntlyker  was,  dan  alle  dat  laten  to  samen  wcre, 
dat  alle  menschen  in  dusser  tyt  (S.  15)  sick  yu  geleyteii,  of  umraer 
mer  sollen.  Maria  Magdalena^)  dey  ley  sick  Christus  allene ;  dat  salme 
verstaen;  wamme  sick  dorch  got  let,  dat  is  gode  gelaten.  Vele  lüde 
laten  syck  gode  wol  und  en  weit  sick  nycht  den  luden  laten,  und  dat 
sey  got  drucke  und  nycht  dey  lüde.  Neyn;  men  sal  sick  laten,  wu 
is^)  got  wyl  gelaten  hebben,  und  wey  dy  in  dyn  nycht  wyl  wezen^), 
den  entfanck  myt  groter  otmodicheit  und  myt  mynnen,  dat  du  in  der 
warheit  werdest  gemant,  dat  du  byst:  Non  sum. 

Dat  wy  alle  in  dusse  vernychtelheit  komen,  des  gunne  uns  got 
allen.     Amen. 

i 

ROSTOCK.  K.  E.  H.  Krause. 


*)  Einen  weg  lauf en= wall  fahrten.   ')  Es  fehlt  ,um*  oder  ,an* ;  wenn  nicht  legen 
dativo  in  auffälliger  weise  dieselbe  bedeutung  haben  soll.    Vergl.  Math.  18,  6.   ') 
note  l.=durchlauf  die  weit  zu  allen  heiligen.    Vergl.  Frey  tag,  Marcus  Eönig^  S.  4i 
^)  Es  ist  Maria,  Schwester  der  Martha  und  des  Lazarus,  Luc.  10,  39  f.,  gemeint, 
mit  Maria  Magdalena,  aus  der  Christus  7  teufel  trieb,  nicht  identisch  scheint,  übrige; 
identifizirte  die   katholische  kirche  die  Sünderin,   Luc.   7,  36—50,   mit  Maria,  d 
Schwester  des  Lazarus,  und  nannte  sie  Maria  Magdalena ;  die  genannten  versa  bilde 
das  evangelium  für   den  tag  Maria  Magdalena   (22.  Juli).     Guil.    de  Boldensele 
Itinerarius  (Ztshr.  des  bist.  Vereins  für  Niedersachsen  1852,  S.  278)  sagt  daher  (133i 
.  .  .  domuin  Marthae  et  Lazari.    Hie  fuit  singulare  hospitium  Domini  usitatana,  u 
Christo  felix  Martha  sollicite  ministrabat,  Maria  Magdalena  pedes  Domini  n 
relinquens  deitatis  mysteria   dulcia  hauriebat.    ^)   is  ms.  statt:  it.    ^)  Nicht  voll 
verständlich :  wer  dich  in  deinem  nichts  aufsuchen  will  ?  Aber  wezen  ist  =:sein.  Od 
sollte  wezen  für  wisen  geschrieben  sein:  „wer  dich  in  dein  nichts  weisen  will"? 


J 


Medicinalia  pro  equis  conservandis. 


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Contra  eynen  spolden  voi  Welk  perdt  hefFt  eynen  spolden  voet. 
Wil  yt  eyn  man  holoen  vp  den  koep,  so  bynde  he  dem  perde  braden 
roaen  yppe  den  voet,  so  geyt  ome  de  hoeff  weder  to  samende.  So 
verkopet  et  eyn  man  bynnen  veerteen  daghen.  Wyl  yt  auer  eyn  man 
siiluen  beholden  stetlyken,  de  schal  ome  vikaruen  twyschen  dem  houe 
Tnde  deme  hare  wente  yppe  dat  vleesch.  So  schal  man  dar  yn  smelten 
sweuel  vnd  schal  maken  ene  saluen,  dar  schal  man  to  doen  eyn  punt 
smeres  vnd  eyn  punt  talghes  vnd  twee  punt  peckes  vnde  eyn  yemdel 
wasses.  Dyt  sal  man  to  hope  tempereren  vnde  schal  alle  daghe  dat 
perdt  eyns  mede  smeren.  Vnd  sal  dat  sulue  smer  dar  vpbynden.  wanner 
dan  de  iunghe  hoeff  tweyer  vyngher  breidt  vorwasset,  so  mach  dat 
pert  wol  arbeyden. 

De  seien  äff  to  nemen.  Wultu  eynem  perde  de  solen  (f.  178b) 
ftff  teyn,  so  nym  sweuel  ynde  stodt  den  kleyne  vnd  sychte  dat  yppe 
de  slue,  dar  de  sole  äff  ghetoghen  ys.  So  schaltu  hebben  eyn  ysern, 
M  schal  Wesen  alze  eyn  ghozeyoet,  dat  yseren  schal  syn  so  heydt, 
dat  de  sweuel  yp  der  hut  yerbemen  moghe.  So  byndt  dar  perdemess 
l^p,  80  wert  yt  gesunt. 

Dat  siek  gestaket  heft.  Welk  perdt  sick  ghestaket  hefft,  dem 
I  schal  man  den  steke  rumen  wente  yppe  de  grundt.  Vnd  schal  dar  sweuel 
in  gheten  ynd  spansgroen  alle  dage,  went  id  hei  ys. 

Dat  sick  yerballet  heft.  Welk  perdt  sick  yerballet  hefft,  Dem 
schal  man  den  bal  ypslaen,  dat  dat  bloet  dar  yth  ghae.  So  schal  man 
nemen  twee  ghenettede  doke  ynde  leggen  d  a  (sie)  yn  ynd  dan  weder  yth 
nemen  ynde  ander  wedder  ynleggen.  dat  do  so  langhe,  went  yt  hei  ys. 
Dat  yenieghelt  ys.  Welk  perdt  dat  yerneghelt  were  ynde  oem 
de  naghel  (f.  178^)  to  dem  houe  ythghebroken  were,  Deme  schal  man 
Tthramen  alze  eyneme  trede^  To  dem  ersten  bouen,  so  danne  neden 
^d  schal  dar  sweuel  in  rennen,  so  langhe  ydt  hei  ys. 

Dat  kagelhouych  is.    Welk  perdt  hagölhouych  ys,  dem   schal 
nan  de  yote '  waschen  yn  loghe  ynd  laten  dat  haer  droghe  werden, 
smelte  pek  yn  eyneme  gropen  vnde  nym  eynen  lepel  yul  vnde  nette 
|t  haer  myt  deme  pecke.    Vnd  yn  deme  andern  daghe  rope  dat  haer 
|h  myt  eyner  tanghen.     Du  en  schalt  dat  nycht  affscheren.    Dat  do 
so  langhe,  wente  id  werde  alzo  bloedt  vnd   slycht   alze  eyn  naghel. 
fente  dat  ys  ghedaen,  so  schal  man  nemen  eyne  vleteme  vnd  houwen 
de  stede  dar  de  boze  haer   ghestaen  hebben.     Ynd   drucken   dat 
[oet  ?th  myt  eyner  spon.     So  ruster  rugghen  broedt  vnde  legghe  dat 
water  vnde  knede  yt  myt  solthe,  so  des  dar  mest  yn  wyl  vnde  mach. 
lat  legghe  vp  de  stede,  dar  dat  haer  vth  getoghen  ys.    Ynde  laet 

2* 


20 

dat  twee  daghe  vnde  twee  nacht  dar  vp  lyggliea  So  bynt  dat  afE  tdc 
wasche  dat  myt  reyner  loghe.  Nym  dan  pyck  (f.  !78d)  vnde  droppt 
vp  water,  dar  salue  de  sericheit  mede,  bo  wert  yt  ghesunt. 

Dat  de  moken  dnne  hefft,  deme  do  dat  sulue  hyr  vor  bescreuen  steyt 

Dat  de  Tlotgallen  heft.  Welk  perdt  do  vlotgatlen  heft,  demr 
schal  man  myt  ener  heiten  vletmen  dar  mydden  yn  staen.  Dat  dai 
vth  geyt,  dat  ys  gbestalt  alzc  honnich.  So  schal  man  nemen  heyden 
alze  eyn  worpel  vnd  maken  de  myt  smalta  veth  vnd  legghen  de  i&i 
vp.  So  nym  ze  weder  vth  vnde  legghe  dar  nyghe  weder  yn  alzo  langhe. 
dat  yt  hei  ja. 

Dat  sick  Tp  de  ädern  stot  kefft  Deme  schal  man  de  adero 
laten  yn  den  vettelen  yeghen  der  stralen  des  suluen  votes.  Vnd  schal 
nemen  dust  vnde  maken  dar  a£F  eyn  dycke  moes  myt  heteme  waU-i 
vnd  slaen  dat  warm  vppe  dat  beyn  vnde  laet  dat  dree  dage  dar  vp 
lygen  alzo  langhe,  dat  yt  heil  ya. 

Dat  den  voet  vorrücket  faefft,  dem  schal  man  syne  syden  vore  to 
samende  haen  men  eyner  elen  tangk.  Vnde  so  laet  v  t  (yt?)  denne  staen  ej- 
nen  dach  vnde  eyne  nacht,  so  tret  id  den  voet  suluen  weder  yn.  (fol.  179*) 

Dat  dar  keft  dat  spath.  Schal  man  jiedder  legghen  vppe  de 
syden,  dar  om  dat  apat  an  ya  Vnd  schal  om  de  syden  vor  to  samende 
spannen  Vnde  de  netten  myt  koldem  water  vnd  myt  solle.  Vnde  dar 
by  eyn  het  ysern,  doch  nycht  so  het,  dat  yt  de  huet  verbame,  Wanner 
du  dat  dar  vpholdest  vnd  dat  haer  äff  nemest  alzo  verne  de  knorre 
ya  Vnde  den  noch  eyns  dat  hete  ysern  vppe  de  huet  le^heat  dat  jx 
doch  nycht  verberne  wanner  dat  so  roet  vnd  heyt  dor  sy,  laet  den  dat 
perdt  vpstaen  Vnde  nyn  f7,  nym)  den  weghebreiden  vnde  wryff  der  eyn 
hantval  vnde  bynt  de  dar  vp  eyne  nacht,  des  morghens  bynt  se  a 
vnd  laet  dat  perdt  ghaen  vnde  rydt  dat  perdt  alle  daghe  eynen  kleyne 
weoh.  Wen  du  dat  hefst  gedaen  alzo  lange  went  oem  eyn  hol  vthbrekö 
Dat  volle  oem  myt  spanschem  grone  eder  myt  copperroke.  Wann« 
du  dan  suest,  dat  yd  eynen  vlote  hefft,  so  legge  eme  anderwerff  t| 
wente  ydt  hei  ys.  (f.   179b), 

Dat  den  leest  hefft.  Dat  schal  man  wryuen  alze  men  eynem 
manne  wryfft  den  hart.  Vnd  dat  bloet  vtdrucken  myt  eyner  spoi 
Dar  na  schal  man  ome  de  warte  legghen  vnde  nemeo  uettelen  wortelei 
eynes  vynghers  langk  vnd  legghen  twyscben  de  huet  vnd  dat  vleschl 
De  wortele  schal  me  bewynden  myt  nater  heyden  vnde  leggen  yu  dl 
Worte.  So  schaltu  des  anderen  dagbes  dat  perdt  leiden  to  water  vdi 
waschen,     Dyt  schaltu  so  langhe  doen,  wente  yt  hei  ys. 

Dat  de  rore  h60.  De  schal  nemen  derme  van  eyneme  hone 
hacken  de  vnde  gheven  dem  pcrde  etten.  Vnd  wyl  yd  des  nicht, 
ghuetyt  oem  yu  den  hal^l.  Vnd  gheuen  om  dan  veel  to  ettende  vad 
cieyn  to  drinckendc.  L)u  en  schalt  dat  perdt  bynnen  XIIII  daghe 
nycht  ryden.  Helpet  dat  uycht  vnd  du  den  mede  rydest  vppe  dem 
velde  vnde  du  des  nycht  hebben  en  kanst,  wanner  ydt  ome  betengbel 
So  schaltu  vaken  vmme  sen  Vnde  den  ersten  steyn,  den  du  sust,  dri 
schaltu  vpnemen  (f.  179cj  vnd    merken  on  enen  wor  de  steyn  Icgher 


81 

hefi  Vnde  nym  den  steyn  vnd  sla  dat  perdt  dree  vor  den  zaghel  yn 
den  namen  des  vaders  des  sones  vnd  des  hillighen  gheistes  vnd  legge 
den  steyn  weder,  alze  he  heft  geleghen,  so  wert  deme  perde  beth. 

Dat  den  worm  heft.  Nym  rysegalle  vnd  reyne  borghelen  smolt 
vnd  menge  dat  to  samende.  Nym  sweuel  vnd  witten  kopperrock  to 
samende  gestot  myt  spanßgroen  vnd  gebranten  allune  nym  allandes 
wortel  gesoden  vnd  gestot  dorch  eynen  dock  vnd  dan  eyn  mengelyn 
honyges  dar  to  vnd  temperere  dyt  alle  to  samende,  dat  yt  eyne  salue 
werde  vnd  smer  dat  perdt  dar  mede,  so  wert  ydt  ghesundt. 

Dat  sick  myt  deme  vote  vth  der  äderen  tredt.  So  nym  dynen 
vorderen  voet  vt,  tredt  dre  vppe  synen  vorderen  voet,  dar  ydt  om 
wert  vnd  spreck  dre:  God  de  böte  dick!  So  karue  den  tredt  (f.  179d) 
Yt  vnd  schudde  dar  yn  stotten  sweuel  vnd  byndt  dar  vp  perde  meß 
Ynde  salue  den  voet  myt  hoeffsalue. 

Hoffsalue  schaltu  aldjis  maken.  Nym  was  vnde  hart  vnd  bücken 
tallich  vnd  olt  smer  vnd  en  wenich  pekes,  dat  smelte  tho  samende. 
Ynde  do  de  salueu  yn  eynen  reynen  gropen  hyr  mede  mach  men  den 
perden  gude  houe  beholden. 

Dat  den  stal  yergheit  edder  verholt.  Deme  böte  aldus.  Do 
dat  perdt  yn  eyuen  schap  stal  vnd  do  den  meß  al  by  dar  dat  perdt 
steyt,  so  gheit  om  de  roke  yn  de  nesen,  so  wert  ydt  ghesundt. 

Dat  den  wanbete  heft.  Dat  kumpt  van  eyneme  worme,  den  heft 
ydt  yn  deme  weruel  toppe.  So  spreck  desse  wordt:  De  hillyge  cryst 
vnd  de  mort  de  reden  eyn  perdt  to  samende.  De  mort  de  sloch  dat 
perdt;  De  hillige  cryst  hoff  dat  weder  vp:  Standt  vp  perdt,  dy  ys  des 
mortes  bot.  Alzo  mote  dessem  perde  alles  des  (f.  180a)  oem  werende 
is  Amen.  Dusse  wort  schaltu  runen  yn  syne  vorder  ore  Vnd  tred  myt 
dynen  vordere  (sie !)  vote  vppe  synen  vordem  voth  Vnde  gha  dre  vmme 
dat  perdt  hen  vnd  laet  it  dräuen,  dat  yt  warm  werde,  so  wert  id  sundt. 

Wnltn  eynem  perde  des  bormyndes  boten,  So  nym  bücken  talligh 
was  vnde  hanygh  vnde  smelte  dat  to  samende  dor  de  heden  vnde  wynde 
vmme  dat  beth  des  thomes  vnd  do  deme  perde  den  thome  yn  den 
munt;  yt  vergeyt  oem  al  to  handt. 

Dat  honetsiek  ys.  Dat  kumpt  van  euer  adderen  de  gheit  van 
deme  nesencrosele  wente  hynder  an  den  tzaghel  so  schaltu  aldus  dusse 
äderen  stoppen.  Nym  dat  perdt  vnde  legge  yd  vppe  de  syden  ghut 
oem  dat  ore  vul  honyghes  vnd  byndt  dat  vaste  to  Vnde  do  dem  an- 
deren ore  ock  aldus ;  bynt  se  al  vaste  to  vnd  laet  den  dat  perdt  weder 
Yp  staen,  so  wert  yt  gesundt. 

Dat  eyne  vederen  ghesloken  heft.  Deme  gheue  (f.  180^)  men  eynen 
krop  van  eynem  hone,  dar  dat  körne  noch  ynne  sy,  so  wert  yt  gesunt. 

Dat  eynen  knoken  ghesloken  heft.  Dat  bynt  yn  eynen  noetstal 
vnde  nym  eyne  haßelen  somerloden  vnd  bewynt  de  myt  kleyner  beiden 
vnd  steck  deme  perde  yn  den  hals  de^  (d.  h,  den)  roden.  Vnde  en  hilpet 
oem  dat  nycht,  so  laet  dat  dorstigh  werden  vnde  make  oem  eyn  dycke 
supent  van  clyen  vnd  laet  dat  supen,  so  verdouwet  idt  den  knoken. 

Dat  schornych  ys.    So  nym  hoiiesdreck  vnde  beghuet  den  myt 


22 

warmem  vater,  wasche  dat  perdt  dar  mede  alle  morghen  vnde  auende 
TeerteTDDScht  Vnde  Bchiidde  oem  dar  stotten  sweuel  vp ;  wert  yd  van  der 
sericheyt  naet,  woer  yd  dan  nat  ys,  dar  schodde  yd,  so  werdet  ghesuot. 

Dem  de  rote  tospringen.  Dem  schal  man  se  des  auendes  vnde 
morgens  Bmeren  myt  smolte  vnd  waschen  se  oem  myt  scotelwater.  (f.  180») 

Dat  siek  vernangen  beft.  Deme  tredt  myt  deme  vorderen  vote 
vp  synen  vorderen  voet  vnd  sprek  desse  wort  dree  yn  eyn  ore  Vnde 
gha  dat  perdt  dree  vmme  vnde  spreck  aldas :  De  hillige  cryst  de  wart 
gheboren,  he  wart  gheuanghen,  he  wart  ghehanden,  he  wart  gheslagben, 
be  wart  ghewunt,  he  wart  ghesteken,  he  wart  weder  ghesunt.  Also 
motesta  werden  vaa  al  deme,  des  dy  wereade  ys  edder  aowerende  sy, 
in  ghodes  namen.    Amen. 

Dat  sfck  ]m  dem  water  Teraanghen  beft.  Dem  do  aldus.  bynt 
dat  perdt,  dat  yd  bebbe  dat  honet  by  der  erden  Vnde  beme  oem  vnder 
der  nesen  lynea  doecke.  so  gheit  oem  dat  .water  vthe  der  neaeD. 

Dat  siek  yn  kerne  renuuigken  heft  Deme  do  aldns.  Nym 
eynen  ketbel  vnd  do  dar  ynne  aecnen,  Wanner  dat  beyt  ys  myt  deme 
water,  So  nym  how  vnd  wynt  myt  der  aschen  vnde  sla  dem  perde 
vmme  (f.  180d)  de  beyne  alzo  warme  alze  yd  aller  betest  lyden  moghe,  so 
wert  dat  perdt  sere  dar  mede  vergheyt  yt  ome  vnde  werdt  weder  gesunt. 

Dat  siek  reroanghen  beft,  deme  sla  de  ädere  bouen  den  ogheu. 

Dat  Bick  veraangen  faeft  yn  water,  foder  vode  wynde  sine  alio 
qaOBlsmodo.  Nym  van  eynem  feil  van  eynem  weselken,  so  groet  atze 
eyn  naghel  vp  deme  vyngher,  vnd  stryck  dar  vp  dryaket  teghen  de 
bare.  Kym  dar  to  twee  bettea  brodes  alzo  groet  alze  dat  feil,  vnd 
smere  dat  broet  myt  older  botteren  vnd  bynt  dat  feil  twyschen  dat 
brot  myt  eynem  &dem  vnd  styck  yt  oem  yn  den  halB  myt  eneme 
cleynen  stocke,  so  dat  yt  deme  perde  yn  dat  lyff  kome,  so  wert  yt 
geaunt.     Probatum  est. 

Dat  siek  verdenet  beft.  Dem  schal  man  de  drnp  äderen  slaen 
vnd  schal  dat  perdt  twyschen  den  beynen  smeren  myt  smere  hyndene, 
alze  men  eynen  schor  {f.   18  U). 

Dat  siek  to  gnydende  pleeht.  Deme  sla  de  äderen  an  deme 
hal0e  vnd  nym  dat  bloet  vnd  smere  dat  perdt  dar  mede,  so  vergheit 
id  om  al  tbo  handt. 

Dat  geslagen  ia  yn  dat  ogbe.  Deme  schaltu  varsch  water  yn 
dat  oghe  gheten,  Dar  na  strik  om  dar  oner  myt  eyner  vedderea,  so 
wert  ydt  gesunt.  Dat  sulue  do  dem  perde,  dat  siek  yn  dat  oghe  heft 
güstot,  eder  dem  de  oghen  tränen. 

Dat  eyn  Tel  Tp  deme  oghen  beft.  De  neme  owachillen  vnd  berne 
de  to  aschen  vnd  puste  de  aschen  myt  eyner  pipen  dar  ynne,  so  wert ; 
yt  gesnnt. 

Dat  streff  geyt  myt  den  beynen.  Dem  schall  men  de  yseren  tS 
nemen  vnde  den  hoeff  anderwerf  wol  werken.  So  schal  man  vore  jn 
deme  scbarpen  der  stralen  yn  volen  vnd  schal  dat  (f.  187b)  blöden 
laten  wol  twene  beker  val;  wan  men  dat  blot  stillen  wyl,  so  schal  man 
Bweael  dar  ynne  slaen  yn  de  wunden. 


r 


23 

Dat  de  schalen  heft.  Dem  schal  man  dar  yn  slaen  myt  eyne 
(l  eyner?  doch  s»  Z.  8)  vletem,  dat  ze  dar  nycht  gantz  yn  en  sy.  So 
schal  man  dat  perdt  VIII  dage  staen  laten.  Dar  na  schal  man  dat 
perdt  riden  XIV  nacht  Vnde  dyt  sal  man  dre  doen,  alfe  hyr  vorge- 
screven  steit,  yn  XIV  nachten,  so  wert  id  gesunt. 

Dat  den  leyst  heft.  Deme  schal  man  dat  haer  vp  dem  leist  af 
scheren  vnde  den  leist  myt  eyneme  cleynen  hamer  to  slaen  myt  cleynen 
siegen.  VPanner  de  leist  weyck  wert  so  schal  man  myt  eynS  (sie) 
vleteme  dar  yn  slaen.  Denne  so  schal  man  nemen  eyne  netele  wor- 
telen  vnd  bewynden  de  myt  heiden  vnd  leggen  de  an  dat  vleesch  so 
I  langhe  dat  de  wortel  vth  sweret.     Ut  supra. 

Dat  dat  spat  beft.  Dem  schal  man  doen  alze  deme  dat  dat 
i  schyuelbeyn  hefft. 

Welk  pert  nycht  verdonwen  en  mach,  dat  en  (f.  181  c)  schal  by 
;  eyner  nacht  vnde  dach  nycht  etten  mer  yt  moet  wo!  vyl  dryncken  wo 
:  vele  yt  mach. 

Dat  sick  yernangen  heft  an  dem  voder.    Dat  sal  man  dar  by 
I  merken  Dem  ys  de  buek  grot  geswollen  dat  schal  nycht  eten  idt  schal 
water  dryncken  dat  schal  syn  gemenget  myt  sepen  dat  water   schal 
ydt  drincken  wanner  id  to  reke  wert. 

Dat  sick  an  dem  wynde  vernangen  heft.  Dem  schal  men  de 
1  äderen  slaen  twyschen  den  dunygen  vnde  den  oghen. 

Dat  de  kolden  me^e  hefft,  dat  schal  man  staen  laten  eyne  nacht 

vp  schapes  meß. 

.         Dem  de  klote  geswollen  syn.    Nym  grone  lock  vnde  legge  dat 

•  vp  hete  steyne  den  rok  de  dar  äff  gheyt  de  schal  dem  perde  vnder 

dat  schode  ghaen.     So  schal  man  nemen  eynen  rynk  vnd  leggen  ocm 

vor  dat  schode  (f.  18 Id). 

Dem  de  rngge  tobroken  ys.  Dem  schal  man  den  rngge  waschen 
myt  koltgaten.  Dar  na  schal  man  nemen  glaß  vnde  ysern  hamerslach 
vnd  kalk  vnghenuttet  vnd  stoten  de  dryerleye,  yewelick  bysunderen. 
Dat  schaltu  dorch  eynen  cleynen  doek  sychten  vnd  make  dat  den  to 
eyneme  puluer,  dat  des  eynen  nycht  mer  en  sy  wen  des  anderen; 
wanner  du  dan  dat  perdt  heuest  gewaschen,  so  schaltu  dat  dem  perde 
vp  den  rugge  strouwen  so  wert  dat  gesunt. 

Dat  den  bnekbyt  heft.  Nym  senep  suer  knöflock  vnde  seuenboem, 
den  hacke  cleyen  dar  to  vnd  ghuet  oem  dat  yn  den  halß,  eyne  meti- 
ghe  schuttel  vul,  kanstu  den  souenboem  [nicht  hebben],  so  nym  des 
perdes  haer  van  deme  halze  vnd  hacke  dat  cleyne  dar  to.  Probatum  est. 
Welk  perd  de  worm  ettent  bynnen  effte  bnten,  dem  schal  man 
hacken  krudt  gheheiten  edeberssla  (f.  182)  uel  (l,  .  .  snauel),  vnde  men- 
ghen  oem  dat  mangk  dat  voder,  dat  yd  dat  ette  yn  dat  lyff,  so  steruet 
de  worm  vnd  dat  pert  wert  ghesundt. 

Ans  einem  Miscellancodex  zu  Wolfenbüttel  (60^  15,  klein  Octav)  f.  178  ff. 

OLDENBURG.  A«  LÜbbeiL 


Reimsprüche. 


'^«^<'WV>/WVWW%^W 


Bistu  wys  ynde  best  cleyne  gud, 
Dyn  daed  dorich  wezen  mod; 
Hestu  gud  vnde  bist  doricb  mede, 
Du  kumst  wol  in  der  wysen  siede. 

We  heft  gud  vnde  kan  geuen, 
De  macb  myt  den  ryken  leuen; 
Wan  eneme  gelt  vnde  gud  entgeyt, 
So  is  de  vruntschop  kunter  ffeyt. 

We  de  heft  gud,  de  is  willekome, 
He  sy  vnechte  efte  vrome; 
De  vrome  arme  heft  kranken  grud, 
Ane  touent  gheyt  he  wedder  vth. 

We  kan  vruntschop  ane  dank 
Holden,  wente  de  ryken  ane  dwank 
Wylt  van  deme  armen  wezen, 
Wo  kan  de  kranke  des  starken  nezen? 

Vrunt  vorsman  is  nicht  gud, 
We  rynge  vrunde  drucket  vnder  den  vot. 
De  tyd  mach  kamen,  dat  he  [ze]  bederuet 
Syner  vrunt,  er  he  noch  steruet. 

Van  truwen  vrunden,  sone,  wat  holt, 
Eyn  truwe  vrunt  is  beter  wan  golt; 
Golt  vnde  gud  mach  me  vorteren, 
Enes  truwen  vrundes  kan  nement  enberen. 

Twisken  vrunde,  sone,  plenge  nicht, 
Vrunde  orlich  is  rynge  bericht; 
Wan  onie  vnde  vrunde  zik  vorgan. 
So  mod  de  plenger  de  borden  dran. 

Het  de  ryke  gar  vele  stolen, 
Syn  vndat  blift  wol  vorholen, 


25 

Stelet  en  arm  man  cleyne  dorch  nod, 
De  wert  gerichtet  an  den  dot. 

Myt  armen  denen  sterket  me  dat  recht, 
De  ryken  me  in  der  tasken  drecht, 
De  armen  me  henghet  an  bome  vnde  stene, 
De  ryken  in  der  tasschen  by  dem  bene. 

He  is  wys  vnde  wol  gheleret, 
De  alle  dingk  to  deme  besten  keret, 
Vnde  nicht  arch  myt  arghe  geldet, 
Verborgene  herte  nicht  en  meldet. 

He  is  en  dore  vnde  ouel  leret, 
De  arge  dat  to  gude  keret, 
De  eme  wol  to  straeffende  stat, 
Dat  ruchte,  lyff  vnde  zele  an  ghät. 

Eyn  gud  ruchte  is  beter  wan  golt, 
Ere,  lif  vnde  zele  to  samende  holt; 
En  gud  ruchte,  dar  by  de  dat, 
He  is  salich  de  ze  beyde  hat. 

To  snodeme  ruchte  steyt  wol  rat, 

We  vnschuldich  is  der  dat, 

Dat  ruchte  kau  de  pyne  körten, 

Der  leuen  zele  der  clepper  störten,  (d.  h.?) 

Salich  wert  dede  myt  dult, 
Drecht  vnrecht  ruchte  ane  schult; 
Vor  den  smaheyt  vnde  hon 
Wyl  eme  god  geuen  dat  ewige  Ion. 

We  syne  vinger  in  alle  hole  stykt, 

AUent  dat  he  hört  zud  vnde  besprykt  (l.  hört  vnde  zfid) 

Vnde  sine  vote  van  dem  pole  strecket, 

Dat  were  nen  wunder,  he  worde  gecket. 

Wltu  leuen,  sone,  nu  ane  schult, 
Swich,  merke,  höre  vnde  hebbe  dult; 
Vele  Word  vnwerdighet  den  man, 
Ane  logene  vele  word  seidene  stan. 

Wltu,  sone,  dy  na  dogeden  keren, 
Sone,  dene  myt  truwen  dinen  heren 
To  allen  tyden,  so  deystu  recht 
Nycht  den  oghen  truwe  knecht.  (d.  h,?) 


26 

We  nu  god  holt  vor  oghen, 
Ynde  swigen  kan  viide  doghen 
Vnde  wil  en  islik,  dat  zin  is,  gheuen 
De  mach  lange  in  eren  leuen. 

We  nu  wil  borgen  vnde  nicht  sorghen, 
De  wyl  seidene  to  danke  gelden. 

Drulle  gaste  bryngen  nicht  den  soten  schal 
Vnde  spreken:  god  grote  ju  heren  auer  al! 
Wan  se  kamen,  we  wyl  gym  weren, 
De  node  gelden  vnde  gerne  theren. 

Aus  dem  Emd.  Miscellancodex  nr.  189.  S.  193^—194^. 

OLDENBURG.  A.  Lübben. 


Winterklage. 


Och  Winter  kolt, 
Wo  mannigfoldt 

Krenkestu  Hert,  Moet  und  Sinne! 
Grifzgraw  vnde  olt 
Maeckestu  mi  boldt, 
Des  bin  ick  worden  inne. 
Myn  Gelück  is  kiener  denn  Ein  Haar, 
Darna  is  mi  min  Büdel  klar, 
In  disem  Jahr  is  kleen  Gewinne. 

Ick  fahr  daher 
Ahn  all  Gefehr, 
Ick  wolde  my  gerne  ernehren; 
My  meyet  sehr 
Vnde  is  my  schwer, 
Dat  Gelück  doth  sick  vorkehren. 
So  will  ick  doch  nich  affgelahn 
Vnd  will  wat  anders  wedder  fangen  an, 
Dat  kan  my  Nemandt  wehren. 

Ach  Mancher  spreckt 
Godt  gröte  dieck 
vt  sinem  falschen  Munde. 

Vorstehende  Verse  hat  ein  ammerländischer  Baaer  Johann  Bünting  1666  auf 
die  letzte  Seite  seiner  Hauschronik  (Oldenb.  Bibliothek)  geschrieben.  In  der  dritten 
Strophe  bricht  er  ab. 

OLDENBURG.  L.  Strackerjaii. 


k 


Niederdeutsches  in  Handschriften  der  Gymnasial- 

Bibliothek  zu  Halberstadt 


Die  12  Zeiehen  des  Thierkreises  (cod.  99,  S.  XV): 

Weder,  osse,  twese, 
krevet,  lauwe,  harte  leve  Ghese, 
waghe,  worm,  schfit  like, 
steynbok,  waterkanne,  vische  rike. 
In  einer  andern  Aufzeichnung  (cod.  129,  S.  XY)  heisst  die  erste 
Hälfte: 

Lam,  osse,  twese, 

krevet,  leuwe,  leve  trute  Ghese. 


Sie  servetar  interdictum  (cod.  99,  S.  XV): 

Slut  to  und  eyns  lüte  '  ' 

seghene  water  nicht  sprenghe  de  l&te. 

holt  misse  nicht  mit  sänge. 

lat  dy  nemant  helpen,  he  sy  wiget,  tom  stränge. 

dopen  bicht  hören  sy  dyn  gave. 

nemande  inlede  noch  begrave. 


Untcrschpift  (cod.  64,  S.  XVI): 

Wo  leve  mek  do  was, 

do  ek  schreff  deo  gratias«^) 


Waffenbesprechnng  (S.  XV): 

In  nomine  patris  et  filii  et  spiritus  sancti.    amen. 

ich  beswere  hüte  alle  wapen  gute  stal  unde  isem  unde  al  gud 
gesmide,  an  dat  myn  alleyne,  efte  ot  kome  ut  myner  haut,  so  sy  ot 
to  dem  anderen  genant,  nu  hebbe  ek  besproken  alle  wapen  gud,  dat 
se  so  wek  werden  up  mynem  live,   alzo  user  leven  Vruwen  or  swet 

0  Vgl  Wattenbach,  Das  Schriftwesen  im  Mittelalter  (2.  Aafl.)  S.  429. 


wart,  de  or  ud  orom  live  brak,  do  se  des  hilgen  CrieteB  genas,  de 
wort,  de  ek  hnte  bebbe  gesproken,  de  moten  boldeo  so  vast,  alzo 
use  leve  Vrawe  sunta  Maria  ore  reyne  magedom  belt. 

unde  birto  sprek  XXV  pater  noster  et  ave  Maria  cum  genua  (!). 


SeblllerUed  (cod.  83,  S.  XV): 
Hocbuterkorn  juncfrauwe  fyn,         Maria  fons  siBceris, 

dyn  eyngeborn  we  scholre  kyn         optamus  depreceris, 

,    enervet  ut  desidiam  momm  ad  diBciplinam, 

torpentem  per  accidiam  ae  demur  in  rainam. 

na  frolicheyt  in  hovescbeyt  «e  scholre  willen  ringen 

Marien  zart  gotliker  art  datloff  wejtitnmer  singen. 


na  dusser  tyd  so  wy  de 

Bo  vor  der  vyd(?)  al  to  der 

infirma  tu  bIb  mentium 

fac  mentis  ut  ens  entium 


gar  openbar 
giff  mannichvolt 


Maria  suf&agante 
paraclito  spirante. 
nostrum  unde  defectum 
hilariter  pro  fe  et  um. 
du  juncfraw   clar       gotliken  ummefangben 
der  gnade  solt,         uns  lat  na  dy  vorlangen. 


nth  dy  al  grud 
Maria  brud 


van  dy  de  kunst 

giff  djne  gunst 

gi  stelle  forent  calami 
non  plene  laudem  thalami 

frisch  lovet  al  myt  grotem  schal 

dat  eddel  vat  gheeret  bad 


deiöce  procreseit, 

nobiscum  dum  noctescit. 
incauBtum  gutte  mariB 
notarent  tis  scholaris. 

Marien  ewicbUken, 

Gnst  in  des  himmela  riken. 


Ditat  herus 
qnod  calescat 

illnstrati 
insignitum 

der  teken  vil 
natur  zart 

enigratos 
eclipsari 

revelantur 
defalcatur 


Mischgesang  (cod.  85,  S.  XIV/XV): 

qui  sol  verus  in  wunder  mannichvolden 

nee  languescat         in  jungen  unde  ölden, 

der  werlde  lichte  acbone 
van  pawesliker  kröne. 

plftsmator  quam  plasmavit 
malum  quod  recusavit. 

god  ewich  dat  betrachtet 
der  warheit  nicht  vel  achtet. 


fide  rati 
serunt  ritum 

vormanen  wil 
marke  nu  din  art 

inqnam  natos 
mallet  fari 

necnon  fantur 
vis  tmncatur 


ganz  listichrike  rede 
darto  Propheten  rede. 


r 


29 


intro  mnnda 
fastus  reguat 

vacat  unda 
scelus  pregnat 

cur  plebescunt 
singiiltaret 

heu  torpescunt 
si  pensaret 

vis  vacillat 
bns  livoris 

cum  scintillat 
nee  flos  moris 

sospitati 

nos  constantes 

perquam  dati 
regunt  fantes 

mit  teken  vil 

vormanen  wil  etc. 

war  doghet  wart  vordrucket, 
des  minschen  kraft  vorrücket. 

an  wysheit  hoch  gheziret 
wat  se  darmede  veret. 

in  creöten  sinnichliken 
god  wandelt  ewichliken. 

an  gaven  wunderliken 
an  vrouden  sedeliken. 


Sprfiche  (S.  XVI,  in  Theol.  A.  IV,  61,  eingeschrieben): 

Dar  de  konnynck  yst  eyn  kynth 
unde  de  frouwe  heflft  dat  bewynth 
unde  dat  hoff  arbeydeth  nha  gelt: 
de  lande  synth  selfzen  gestellt. 


Der  doctoren  bocker 
unde  der  yoden  wocker 
unde  de  ruchen  puntzen 
under  den  wyssen  tuchen 
unde  de  romessche  kentzelie: 
dajb  synth  vyer  geschyr, 
de  maken  de  gantze  werlt  yr. 


ZypoUen  und  knobelock 

schone  frouwen  bemewyn  lendenrock, 

rath  tho  stinck  stinc  dat  ock  (I?). 

Eyn  bock  und  eyn  kock 

eyn  vul  eys  und  eyn  buckinck 

stincken  ock  nicht  eyn  listinck. 


Nemant  schal  syck  beromen, 
dat  syn  loff  sta  up  schonen  blomen. 
yd  kumpth  de  wynth  ut  irem  (?)  dach 
und  weeth  oem  al  de  blomen  äff. 
stat  vaste,  gy  blomen,  und  weget  sere, 
dat  yw  de  wynth  nicht  umme  kere. 
yd  synth  vele  lute  alfzo  gedan, 
dat  se  myt  dem  winde  umme  gan. 


30 


sych  Tor  dich, 

snelle  winde  jagen  dich. 

szist  dich  umme  unde  lest  dy  faen, 

80  yst  al  dyn  homoeth  gedan. 


Invocavit 


Fastensprneh  (ebd.). 


So  is  de  vasthe  nyge 

80  ga  wy  slycken  na  der  provestyge 

des  dages  eyns  twye  edder  dryge. 
Beminiscere. 

So  warth  dhe  vaste  wynth, 

so  smecket  de  hery,  stocvisk  unde  stynth, 

so  alseme  upp  dem  markede  veyle  vynth. 


Oculi. 


Laetare. 


Judica. 


So  dencke  wy  upp  de  bycht 

de  eyne  heflFth  dat  gedan,  de  ander  nycht, 

woU  synth  wy  des  alle  vorplichth. 

So  synt  wy  vro  und  woU  gemeydth, 
datb  de  vaste  denn  berch  dall  geydth 
unde  de  ostermanne  in  dem  hymmel  steidth. 


So  tenge  wy  to  tragen 

und  over  de  vastelspise  to  klagen 

unde  na  leckerbetten  to  vragen.  # 

Domine  (=  Domine  ne  longa  i.  e.  Palmaram). 
So  synne  wy  ernesen 
und  spreken,  de  vasthe  hefit  hir  gewesen, 

und  helpen  de  dustermetten  lesen. 
Resarrexio. 

So  heffih  syck  de  tydth  vornygeth, 

so  is  de  brade  unde  scyncke  gwyget, 

dar  syck  eyn  idermann  denne  gerne  by  flygeth. 


Die  10  Gebote  (ebd.). 

Hebbe  leff  eynen  god. 

swer  nicht  by  oem  in  spoth. 

vyer  de  hilligen  dage  alle  gader. 

ere  moder  unde  vader, 

sla  nemande  doeth. 

stel  nicht,  al  hestu  noeth. 

beger  nicht. eyns  anderen  gudt 

oflft  eyns  anderen  beddegenoth. 

du  schast  ock  nyn  valsch  tuch  geven, 

wultu  nha  den  wyllen  godes  leven. 


31 


God  he£Ft  uns  gheboden  ernstlyken, 
wylle  wy  besytten  dat  hymmelryke, 
80  schoUe  wy  holden  syne  geboth, 
van  gantzem  hertzen  loven  in  eynem  god, 
by  synem  namen  nicht  unnutthe  sweren, 
den  hylligen  dach  myt  flyte  fyren, 
darna  unsen  negesten  gantz  sere  beleven. 
vader  unde  moder  schölle  wy  eren. 
nynen  mynschen  schölle  wy  slaen  doeth 
noch  stellen  eyns  anderen  gudt. 
unkusch  schölle  wy  yo  nicht  wesen, 
nyne  valsche  tuchnysse  schölle  wy  geven 
unde  nich  begeren  eyns  echte  mannes  wyflF 
noch  gudt,  by  unser  seien  und  lyflF. 


Drynck  und  yth, 
godes  nicht  vorgyth, 
bewaer  dyn  eer. 
hyr  werth  dy  nich  meer 
dan  umme  und  an, 
darmede  darvan. 


Eyn  knechken  van  twe  und  twyndich  jaren, 

eyn  methken  in  synen  ersten  hären, 

Eynsch  wyn  lutter  und  kolt, 

eyn  broeth  eyner  nacht  olt; 

dat  swor  eyn  begyn  by  orer  seel, 

dat  weren  veer  gude  morseel. 


Heren  gunst  und  rosen  bieder 
frouwen  gemueth  und  Aprilis  wedder, 
worpell,  karten  und  seydenspyel: 
de  synt  unstede,  wers  geloven  wyl. 

Wan  eyn  ander  narre  eyne  narrynnen  nympt, 

dar  swager  und  swegersche  narrent  synth, 

uth  den  narren  kometh  läppen, 

uthe  läppen  Tyletappen 

narren,  läppen,  Tyletappen  und  6r  kynth, 

nu  mercket,  wo  vele  der  narren,  läppen  und  Tyletappen  synth. 


De  dar  horth  mide  in  der  podagelschen  gylde, 

de  mach  wol  eyne  krucken  foren  in  synem  schylde. 

de  dar  heflft  podagel  und  gycht, 

darff  sick  syner  krucken  Schemen  nicht. 


32 

De  hunth  belleth  nnde  hefit  in  dem  tene  den  fenyn, 
de  scorpion  lachgeth  unde  myt  dem  swanze  gudt  he  syn  (?), 
de  poeta  drecht  yd  in  dem  hörne 
unde  storth  yd  mylde  achtet  nicht  geringen  thorne. 


Begern  frnnthlik  unde  mith  wyllen 

doth  vyll  haders  und  hath  styllen. 

wer  mith  dem  koppe  wyll  henuth, 

der  doth  vyll  schaden  und  richtet  nicht  uth. 


GoUoquinth 

de  nympt  uth  dem  wege  al  wat  se  yynth. 


Blntsegen  (ebd.). 

Longinus  eyn  heyden  blynth 

Stack  Marien  leve  kynth 

dorch  syn  vlesch,  dat  darut  vloth 

water  unde  bloth. 

do  worth  Longinus  eyn  cyrste  gudt. 
stant  blot  stylle  f 
dorch  des  hilligen  crutzes  willen  f 
stant  blot  und  blöde  nicht  meer  f 
dorch  der  hilligen  vyflf  wunden  eer  f 

in  dem  namen  des  vaders  f  unde  des  sones  f 
unde  des  hilligen  geystes  f.     Amen. 


Van  dem  eekenblade  (cod.  20,  S.  XV). 

De  lerer  der  nature  Arnoldus  ghenomot  uthe  den  bokeren  der 
heyden  scryflft  van  dem  eekenblade  aldus:  We  spreken,  des  we  synt 
''ervaren,  dat  van  dem  ekenblade  me  berne  water,  dat  vorstoppe  den 
blotghanck  unde  de  blomen,  vortmer  dat  ekenblad  thostot  unde  ghe- 
daen  in  de  neshole  vorstopped  den  vlote  der  nese  unde  de  over- 
vlodigheyt  des  blödes,  ok  isset  nutte  theghen  de  vorstoppynge  der 
leveren,  item  thegen  de  walgherynge  der  mylten,  item  thegen  de 
wedaghe  des  herten,  item  thegen  de  swymynge,  item  thegen  de  wedage 
des  hovedes,  item  wedaghe  effte  bedroffnisse  des  maghen,  item  thegen 
de  bösen  wynde,  item  den  kulck,  item  thegen  de  wedage  alles  inghe> 
weydes  bynnen.  item  den  steen  der  neren  unde  der  blasen  breket  ot. 
item  der  vorkolden  fruwen  bereth  dat  unde  schicket  tho  der  ent- 
fangynge.  item  fruwen  unde  man,  junck  unde  olt  moghen  des  bruken. 
ok  isset  nutte  gh^nuttet  theghen  böse  lucht  und  koste,  vorwar  theghen 
de  pestilencien  isset  de  hogheste  arzedye.     vortmer  dat  ek  mek  ringhe 


33 

entrichte,  so  mach  ik  sprekeu,  scrifft  de  sulve  lerer,    dat   oth  in  sek 
beslute  so  meer  de  doghede  aller  arzedye.     hyrumme  welker  mynsche, 
de  des  bruket  efifte  by  sek  hefft  tho  der  not,  yan  stunt  des  tho  bru- 
kende,  enkan  nene  krancheyt  hebben,  de  dar  nicht  snel  effte  lichtliken 
werde  ghesandet.     des   tho  ener   betuchnisse   scriffib   de    erlike  hoch- 
vorvarde  lerer  Albertus  eyn  suverlik  ghebelde,  dat  tho  Colne  tho  ener 
tyd  eyn  here  van  nenen  arsten  konde  sund  werden  ghemaket,  wol  dat 
I  le  mannyges  arsten  kunst  unde  hulpe  myt  mannigerhande  ghave  hadde 
•  besocht.    tho  dem   lesten   alse   he  lach  an   des   dodes   varlcheyt,    so 
kam  eyn  jodde  tho  ome,  de   de   by  sek  hadde   ekenblade   ghepulvert 
finde  ghemenghe  myt  eyn  klerre  suckers  umme  der  byttericheyt  wyllen 
der  Made,  dat  he  des  sulven  daghes  one  makede  sund.     yordan  wolde 
wy,  dat  de  lüde  dar  betrachteden  unde  vornemen,  warumme  de  olden 
;»n  dem  bade  vel  meer  brukeden  ekener  queste,  alse  or  noch  bruket, 
Ten  anderer  blede,  nach  dem  dat  me  also  wol  vullenkomeliken  hefft 
de  blade  anderer  bome,    alseme  eken.     vorwar  we  antworden  dartho, 
jdat  de  olden,    de   dar  myt  grotem  arbeyde  in  langhen  tyden  ervaren 
!«ynt  de  nutsamycheyt  de  creaturen  manck  anderer  ervarynge,  hebben 
^86  ghefunden,  dat  dat  ekenblad  allene  nyt  rorende  suntheyt  inbrinckt 
iden  mynschen.     hirumme   de  wundenarsten,   de  dar  dut  wetten  unde 
wylt  de  mynschen  ane  we  sund  maken,  de  suvert  de  wunde  myt  dem 
ater  der  ekblade.     vorverschet  se  darneghest,  so  legghet  se  de  blade 
ip  de  wunde  also  gheverschet,   des   synt   se   denne   wys  unde  wetten 
ol,  dat  se  denne  dar  nene  ander  salve  to  behoven,  wente  dat  maket 
e  wunde  sunt   unde  helpet   myt  syner   doghet  uththotheende   unde 
0  helende  alle   wunden,   sweren,   swel,   bladderen,   crevet  unde  dat 
elsche  vur.     hyrumme  eyn  bath  ghemaket  in  dem  watere  der  eken- 
ftlade  maket  dar  sund  de  watersuchticheyt  unde  spetael.    vortmer  eyn 
Jnynsche,  de  dar  nuttet  eyns  in  der  weken  eyn  ekenblad,  de  enhedde 
nummermer  enen  vulen  munt,    enen  stinkenden  athem   noch  wedaghe 
der  thene,  swylnisse  edder  unverdynghe  des  thenenvlesches  noch  reuman, 
dat  we  overvlodichheyt   edder   drek  nomen   des  maghen,    noch  vlote 
der  oren  effte  der  nesen.     dusses   synt   dar  ervaren  unde  wetten  wol 
ie  arsten.     hirumme  eten  se  dat  hemliken   unde   hebben   dat  stedes 
ly  sek,  sunder  dat  de  lüde  des  nicht  enwetten,   so  vornichteghet   se 
^at  vor  den  luden. 

item  nemet  borwort,  ridderblomen,  aurinen,  kronsberencrud,  sal- 
veyen,  grote  nettelen  wortelen,  ywenloff,  dut  alle  sedet  in  oldem  beer, 
gbevet  deme,  de  sek  we  dan  hefft. 

nemet  salveyen,  konnelen,  pettercilien  wortelen,  sedent  in  con- 
T^ente,  ghevet  deme,  de  de  neyn  water  laten  kan. 

item  nemet  engwer,  surbrot,  snydet  klene,  ghevet  darup  wyn, 
latet  dat  stan  ene  nacht,  nemet  des  morgens  ener  crude  leppel  vul, 
dat  dot  negghen  dage  umme,  dat  helpet  tho  dem  maghen. 

HALBERSTADT.  Gustav  Schmidt,  Dr. 


NiederdeutBohes  Jahrbuch.  II.  3 


Pädagogischer  Spruch  vom  Ende  des 

16.  Jahrh. 


(Aus  einem  Msct  der  Bremer  StadtbibL) 


Wol  junge  kinder  sparet  de  rodt, 

Derer  leveudt  vindet  men  seiden  gudt ; 

Denn  ein  alt  hundt  to  aller  frist 

Nicht  wol  bennich  to  maken  ist. 
5  Daramme,  wil  gl  hebben  der  kinder  ehren, 

Bi  tiden  wennet  se  to  guder  lehren. 

Do  gi  dat  nicht  mit  rechter  truwe, 

So  hebbet  gi  dat  hir  unde  namals  ruwe. 

Wol  böse  kinder  weeke  erschinet, 
10  De  is  ere  allerboseste  viendt 

Unde  lachet  nu  des  he  namals  weinet.  — 

Wenn  ein  narre  kumpt  thor  bicht, 

Van  sik  sulvest  weet  he  alles  nicht, 

Siner  egen  undat  he  sik  beromet, 
15  De  ander  he  richtet  unde  verdomet. 

BREMEN.  Smidt 


V.  1.  lies:  jangeren  kinderen. 

V.  8.  1.  des? 

V.  9  würde  wohl  richtiger  lauten:  wol  bösen  kinderen  weeke  erscheinet  d.  h. 
wer  bösen  Kindern  Weichheit  beweist,  erscheinen  oder  ersehenen  =  mhd.  erscheinen ; 
vgl.  schenigen  Mnd.  Wb.  Der  Reim  mit  viendt  fiele  dadurch,  Hesse  sich  aber  durch 
die  Schreibung  veindt  wiederherstellen.  Allerdings  kennt  das  Brem.  Wb.  nur  fynd, 
aber  Hamburgische  Chroniken  (her.  v.  Lappenberg)  zeigen  im  16.  Jh.  schon  feind 
(z.  B.  440)  neben  fiend  (z.  B.  66).  So  fände  auch  Reimung  mit  weinet  statt.  Und 
dieser  dreifache  Reim  ist  offenbar  behufs  Abschlusses  des  Spruches  vom  Verfasser 
beabsichtigt  Auch,  wenn  der  Spruch  ursprünglich  nhd.  gewesen  wäre  (vgl.  v.-  4), 
besttlnde  der  Schlagreim. 


Zu  den  historischen  Volksliedern 

von  R.  y.  Lilieneron. 


nr.  166,  v.  134  ff. 

und  mit  widen  rade  klok 

Stilleden  se  (de  herren)  der  börger  uplop, 

want  se  (de  börger)  baden  sik  des  verwegen, 

se  wolden  hebben  erer  hande  plegen 

und  des  Stades  rad  geschenden. 
T.  L.  erklärt  hande  durch  ;,Hohn".  Ich  bezweifle,  sehr  die  Richtig- 
keit dieser  Erklärung.  Sollte  es  nicht  heissen:  „sie  weiten  ihre  Hände 
gebrauchen,  sich  thätlich  der  Ordnung  widersetzen^  ?  Es  ist  vorher 
die  Bede  davon,  dass  sie  die  von  den  papen  eingezäunten  kempe  nicht 
mehr  dulden,  sondern  den  Zaun  niederreissen  wollen. 

das.  v.  179. 

De  borgemeister  verbott  lüden  leid 

mit  wat  reden  und  bescheid? 

Berichtet  mi  dat,  leven  börger  min, 

warumb  scheiden  de  frouwen  gestripet  sin? 
v.  L.  vermuthet  zu  179:  ^^Etwa:  d.  b.  sprak:  wes  dod  gi  en 
laid^.  Ich  halte  eine  Änderung  der  LA.  für  nicht  nothwendig,  wol 
aber  eine  Änderung  der  Interpunction.  Nemlich  „mit  wat  reden  u.  b.^ 
gehört  schon  zu  der  Rede  des  Bürgermeisters.  Dieser  Hess  verbot 
läuten,  d.  h.  entweder  ;,er  liess  eine  Versamlung  durch  Läuten  be- 
rufen** (denn  vorbot  heisst  auch  das  Aufbieten  zu  einer  Versamlung) 
oder:  er  liess  Verbot  läuten,  d.  h.  gebot  Stille,  weil  er  sprechen  will. 
Dies  letztere  ist  hier  wahrscheinlicher,  weil  die  Bürger,  die  auf 
dem  Friedhof  alle  up  einen  plass  standen,  so  eben  die  Forderung 
gestellt  haben,  dass  ,de  papen  megde',  wie  die  gemeinen  Weiber,  an 
der  Tracht  gleich  kenntlich  sein  sollen.  Darauf  antwortet  nun  der 
Bürgermeister:  mit  wat  reden  (d.  h.  aus  welchem  Grunde,  wie  rede 
häufig  =  ratio)  .  .  scheiden  de  frouwen  gestripet  sin? 

das.  V.  329. 

Do  de  rad  let  halen  sine  falsche  scheppel, 
do  was  gebunden  sin  tungenkleppel. 
Es  ist  die  Rede  von  einem   grossmäuligen  Bäcker   (desülve   fel- 
8cher  und  schwebben  (?)  konde  nicht  halden  sine  flebben) ;  dazu  macht 
V.  L.  die  Bemerkung:    ^scheppel,   etwa  Schöpfkelle,   in   die  er  seine 

8* 


36 

Lügen  schöpfte?^  Dies  ist  wol  nicht  recht  glaublich ;  scheppel  heisst 
wie  immer  ;,Scheffel^.  Der  Rath  Hess  des  Bäckers  falsche  Scheffel 
holen,  mit  denen  er  die  Leute  betrog.  Als  er  so  selbst  als  Betrüger 
entlarvt  ist,  da  war  der  Klöppel  seiner  Zunge  gebunden,  d.  h.  da 
musste  er  schweigen. 

das.  V.  345. 

und  tönede  sik  simpel  und  einfaldig, 
desülve  bove  erger  dan  drifaldig. 
V.  L.  erklärt  erst  ganz  richtig:  ;,sich  tonen,  sich  zeigen*.  Dies 
ist  ein  ganz  übliches  Wort;  es  befriedigt  ihn  aber  nicht;  er  vermuthet: 
^^tömede,  brüstete  sich".  Diese  Bedeutung  ist  nicht  erweislich;  tomen 
könnte  nur  heissen  ^zäumen,  einen  Zaum  anlegen^,  was  hier  ohne 
Sinn  ist. 

das.  V.  399.      do  quam  J. 

de  bi  godes  gratien  wiste 

des  boven  upstat  und  liste, 
upstat  ist  wol  kein  Wort;  es  ist  zu  lesen:  upsat. 

nr.  186.  Str.  4. 

dat  duchte  dem  hertogen  alle  god; 

se  steken  up  baneren  und  hod, 

den  weg  wolden  se  anriden. 
V.  L.  erklärt:  „sie  steckten  die  Banner  auf  und  setzten  die 
Helme  auf.*^  Die  R.  Ä.  den  bot  upsteken  für  „aufsetzen^  ist  ver- 
dächtig, man  müsste  denn  durch  Zeugma  aus  upsteken  ein  upsetten 
herausnehmen.  Leitet  aber  nicht  die  Verbindung  mit  bannere  darauf, 
dass  ;,h6t*  hier  als  Feldzeichen  zu  nehmen  ist,  wie  I,  85,  3b:  vore 
du  den  holt?  Vgl.  hötvorer,  Hutführer,  Bannerträger,  Richthofen, 
Fries.  WB.  S.  821.  u.  Grimm,  R.  A.  151,  4. 

nr.  184.  Str.  10. 

Des  hebben  de   brunswikschen  lüde  kregen, 
de  hebben  on  de  pannen  to  rechte  geflogen 
und  dat  mummen  bruwend  betenget. 
Dazu  bemerkt  v.  L.    ^Leyser  schlägt  vor  lunte  kregen  d.  h.  nach 
jetzt  geläufiger  Redensart:  die  Braunschw.  haben  das  gemerkt.^    Die 
bekannte  R.  A.  heisst  aber  nicht  lunte  kriegen,  sondern  lunte  ruken, 
Gefahr  wittern.     Vgl.  Weigand.     Dadurch  wird  die  Vermuthung  hin- 
fällig.    Die  Überlieferung   gibt  aber   einen  ganz  guten  Sinn:   die  Br. 
haben  Leute    „aufgekriegt",   bestellt,   dass   sie   etc.     Das   to   rechte 
flegen  heisst  übrigens  nicht,   wie  y.  L.  erklärt    „die  Pfanne  geputzt' 
sondern:  sie  haben  die  (Brau)pfannen  zurecht  gemacht,  Holz  darunter 
aufgeschichtet  u.  s.  w.,   wie   auch  aus  dem  Folgenden  hervorgeht:  se 
hebben  vor  Brunswick .  dat  fuer  gehalet,  dar  se  dat  holt  mit  entfenget. 

nr.  263,  Str.  21. 

Marien  de  moder  repen  se  an 

.  .  se  schulde  sin  er  leidesman 

.  .  ;ydat  junge  bet  wil  god  altid  widen^. 


37 

Dazu  V.  L.  ;,da8  junge  Gebiet  wachsen  lassen^.  Dies  gibt  hier 
durchaus  keinen  Sinn.  Es  muss  nur  twiden  statt  widen  gelesen  wer- 
den; das  t.  konnte  wegen  des  vorhergehenden  schliessenden  d  leicht 
abfallen.  Dann  heisst  es  ^^das  junge  Gebet  (das  Gebet  der  jungen 
Schiffsmannschaft)  will  Gott  allzeit  erhören^,  entsprechend  der  37.  Str. 
god  hefb  dat  junge  gebet  angesen,  gegen  gades  gewald  kan  nemant 
streven. 

nr,  323. 

de  Stiftenoten  hadden  sik  eindels  vordragen  .  . 
heren  wolden  se  sulvest  wesen  .  . 
de  losekundige  scheide  men  nicht  liden. 
Der  Bischof  von  Hildesheim  löste  die  der  stiftischen  Ritterschaft 
verpfändeten  Burgen  und  Schlösser  wieder  ein.     „er  kündete  de  lose". 
Damit  war-  die  Bitterschaft  nicht  zufrieden ;  deshalb  kam  es  zur  Fehde. 
T.  L.  erklärt :  „de  lose  künden  (gewöhnlich :  kundigen) :  die  Pfandschaft 
aufkündigen;   losekundig  sind  also  die  Ritter,    denen  dies  geschehen 
ist/    Dieses  ^also^    ist  wol  ein  unrichtiger  Schluss.     losekundige  ist 
die  bei  Wörtern  auf  -inge   nicht   unübliche  Kürzung  für  loskundinge. 
de  loskundige  scheide  men    nicht  liden   heisst   darum  wol :    die  Auf* 
kündigung   sollte   man   nicht  zugeben;    der  Dichter   spricht   aus  der 
Seele  der  Unzufriedenen, 
das.  Str.  9. 

1  Sin  geld  heft  men  ome  gegeven  .  . 

dre  dusent  gülden  dar  beneven, 
4  de  helfde  men  om  nicht  schuldich  war. 
Dazu  y.  L.    ;,Die  van  Saldem  erhielten  ausser  der  Pfandsumme 
noch  3000  gülden  für  aufgewandte  Baukosten  ausbezahlt^  und  fügt  zu 
V.  4  hinzu;   etwa:    de   was  men  nicht  schuldich  vorwar.     Die  Über- 
lieferung ist  aber  doch  wol  richtig:    ^^Der  Bischof  zahlte  ihm  so  viel, 
obgleich  man  ihm  nicht  die  Hälfte   schuldig  war".     Die  Form  „war* 
(im  Reim  auf  klar)   für  das   gewöhnliche   ;,was*  durfte  nicht  Anstoss 
erregen.     Um  die  Zeit  des  Liedes  (1519 — 23)  greifen  niederdeutsche 
Dichter  in  der  Reimnoth  auch  zu  hochdeutschen  Formen.    Kommen 
doch  in  dem  Gedichte   selbst  auch  sonst  hochdeutsche  Formen  vor, 
z.  B.  Str.  3.  sagen  (:  vordragen),  St,  6.  hän  (haben:  van)   und  ohne 
Reim  Str.  13.  half  (statt  halp). 
nr,  325.  Str.  4. 
Se  (van  Hildesheim  de  stichtsgenoten)  wunnen  darto  figendes  man, 
all  wor  de  weren  gedan, 
se  wolden  husen  und  hegen  ,  . 
dat  scheide  stille  togan. 

Dazu  V.  L.  ;,Sie  vermochten  die  Feinde  des  Stiftes,  ihnen  Unter- 
schleif in  ihren  Schlössern  ,  .  zu  gewähren,  aber  insgeheim.^  Dies 
ist  schwerlich  richtig.  Das  winnen  wird,  wie  häufig,  „in  Dienst,  in 
Sold  nehmen^  bedeuten.  Die  Stelle  wird  zu  übersetzen  sein:  ^Sie 
nahmen  Feindesvolk,  Eriegsleute,  in  Sold,  wo  sie  dieselben  nur  immer 
fanden.     Die  hochd.  Fassung  in  dem  Wolf,  Mscr,  Aug.  32,  14  f.  140 


38 

hat  für  wunnen  „wurden^,  das  sinnlos  ist.  Es  wird  ^^wiirben^  zu  lesen 
sein.  Übrigens  ist  nach  diesem  Mser.  vor  husen  und  hegen  ein  se 
(die  geworbenen  Kriegsleute)  hinzuzufügen.  Wer  die  geworbenen 
viendes  man  sind,  steht  Str.  25  zu  lesen.  In  dieser  Strophe  steht: 
de  findes  man  also  gedan  sind  vor  (vorher)  nicht  upgenant,  dar  horde 
or  name  nicht  to  stan,  achter  an  morgen  se  mede  gan.  morgen  ist 
wol  Druckfehler  für  mögen,  wie  auch  die  Wolf.  Hs.  hat. 
das.  Str.  24. 

nu  mögen  se  stan  na  flege  (die  Besiegten  nämlich) 
beide  heren  und  ok  deknecht, 
und  holden  segel  unde  breve  .  . 
und  liden  ordel  un  recht, 
v.  L.  fragt  ;,nach  Flehen?  d.  h.  nun  mögen  sie  bitten?^  Es  wird 
vielleicht  heissen:  Früher  wollten  sie  keinen  Verglich,  (Str.  18),  nun 
aber,  da  sie  besiegt  sind,  mögen  sie  wol  flege,  d.  h.  Sühne,  Vergleich, 
compositio,  wünschen, 
nr.  330. 

du  kanst  drowen  forsten  und  heren, 
scheiden  se  dik  den  kristenloven  leren? 
des  hefstu  tid,  vorsta  mi  recht, 
went  dik  mester  Kort  de  leder  utdrecht. 
Dazu  V.  L.    ^bis  dir  der  Büttel   das  Wams   abzieht!*     Das  ist 
unmöglich  richtig,    de  leder  kann  nicht  „Wams"  heissen;  dann  müsste 
wenigstens  dat  led(der)  da  stehen,  und  ütdregen  heisst  niemals  „aus- 
ziehen", sondern  nur  „(hin)austragen^ ;    „ausziehen"  heisst  üttrecken. 
de  leder  (oder  ledder)  ist  die  Galgenleiter,   welche  der  zum  Henker- 
tode bestirnte  Verbrecher  besteigen  muss.     Es  heisst  demnach:  „bis 
dir  der  Büttel  idie  Galgenleiter  (zum  Richtplatz)  hinausträgt.^ 
nr.  335,  Str.  4. 

Sin  eigen  blöd 
all  unvorbort 

van  lande  und  luden  gedreven. 
unvorbord   erklärt  v.   L.   durch    „ganz   unverschmerzt".      Diese 
Erklärung  möchte  wol  nicht  nachweisbar  sein;  unv.  wird  wol  heissen: 
ohne  dass  es  etwas  „vorbort^,  verbrochen,  hat,  also  =  unschuldig, 
das.  Str.  6. 

Is  nu  gesein, 
diner  dener  ein 
in  gnaden  si  gescheden? 
all  umbesocht 
dat  sin  gebrocht 
van  di  in  groten  freden. 
Es  ist  von  dem  Hildesh.  Bischof  die  Rede,  der  nach  der  vorher- 
gehenden Str.    untreu   ist   und  jeden,    der    nicht  nach   seiner  Pfeife 
tanzen  will,  züchtigt.     Dann  fährt  der  Dichter,  zur  Bestätigung  seiner 
Aussage,  fort:  is  nu  gesein  etc.   —   v.  L.  nimmt   den  ersten  Absatz 
als  Frage,  den  zweiten  nicht ;  und  will  statt  „dat  sin*^  lesen  ;,umt  sin^. 


I 


39 

Ich  glaube,  beides  ist  unrichtig ;  der  Dichter  will  wol  sagen :  Hat  man 
jemals  gesehen,  dass  deiner  Diener  einer  in  Gnaden  von  dir  geschie- 
den ist  und  sein  Eigenthum  in  gutem  Frieden  von  dir  gebracht  hat? 
Dabei  setze  ich  voraus,  dass  nu  jemals  heissen  kann,  wie  v.  L.,  aus 
der  Interpunction  zu  schliessen,  gemeint  hat.  Ich  glaube  aber,  diese 
Voraussetzung  ist  falsch,  nu  ist,  so  viel  ich  weiss,  niemals  =  ie ;  nu 
wird,  wie  unzähligemale,  gleich  „nie^  sein.  Der  ganze  Satz  ist  dem- 
Dach  keine  Frage,  sondern  eine  Aussage :  es  ist  niemals  erlebt,  dass  etc. 

,  umbesocht  ist  wol  nicht  ;,ganz  ohne  Rechtsgrund*,  sondern  „ununter- 
sucht*',  denn  besoken  ist  sehr  häufig  „untersuchen".    Der  Bischof  hat 

:   gewissermassen  die  Taschen  seiner  Diener  visitiert,  um  sich  zu  über- 

^  zeugen,  dass  sie  nichts  von  dem  seinigen  mit  weg  nehmen,  hat  jeden 

'  als  Dieb  in  Verdacht  gehabt. 

Die  geringe  Pflege,  die  das  Mittelniederd.  genoss,  hat  verursacht, 
dass  auch  die  grössten  Gelehrten  in  der  Erklärung  mnd.  Wörter  und 
Redensarten  oft  fehl  gegriffen  haben  und  noch  fehl  greifen.  So  hat 
z.B.  Frisch  I,  494c  die  Stelle  aus  den  Goslarischen  Bergwerksgesetzen : 
(Leibn.  3,  522,  177)  ofif  eyn  sines  heren  gud  oder  siner  vrowen  ovele 
tobringet  eder  verdobbelet  etc.  übersetzt:  domini  sui  bona  aut  dominae 
suae  pretiosa,  gemmas  etc.  Er  hat  demnach  ovele  betont,  und  dies 
für  Juweel  gehalten,  wie  er  denn  auch  unter  dem  Art.  Juweel  diese 
•  Stelle  erklärt,  während  ovele  doch  nichts  anders  ist  als  =  male. 
Auf  einer  ähnlichen  falschen  Betonung  beruht  die  Erklärung  des 
Wortes  allentelen  bei  Lappenberg  im  Glossar  zu  den  Brem.  Gesch. 
Quellen.  Er  übersetzt  es:  an  allen  Seiten,  allenthalben,  hat  also  ge- 
lesen allen  telen  und  es  entweder  für  den  Dativ  Plural  von  tele  (Ziel) 
gehalten,  ein  Wort,  das  im  Niederd.  gar  nicht  gebräuchlich  ist  und 
mir  nur  an  ein  paar  Stellen  begegnet  ist,  oder  gar  von  del  (Theil) 
wie  Brem.  "WB.  6,  26,  während  es  doch  allentelen  (all  einzeln,  all- 
mähUch,  nach  und  nach,  paulatim)  zu  lesen  ist.  —  Vielfach  ist  auch 
falsch  gelesen.  So  hat  Frisch  durch  falsche  Lesung  ein  mnd.  Wort 
aufgezeichnet,  dass  es  gar  nicht  gibt.  Er  sagt  2,  14a:  ^neken,  adj. 
für  nett,  artig.  In  Chron.  Both.  T.  lü.  Script.  Brunsvic.  p,  374.  Die 
i  364  Kinder,  so  eine  Gräfin  von  Hohlstein  geboren,  weren  alle  so  neken 
,  unde  weren  so  cleyne  also  Krabben  (als  wären  neken  von  netteken 
zusammengezogen)".  Nun  ist  aber  zu  lesen:  soneken,  „Söhnchen, 
Knaben,  Jungens^,  wie  aus  3en  sonstigen  Nachrichten  über  das  viel- 
fach berichtete  Wunder  hervorgeht.  So  fanden  wir  im  Glossar  zum 
Neocorus:  ploch  unde  leuten,  als  wenn  lenten  ein  Ackerwerkzeug 
wäre.  Auch  im  Text  2,  126  (nicht  136)  steht  so.  Es  ist  aber  zu 
lesen:  in  de[n]  lenten,  im  Frühling,  so  jemant  van  unß  in  krankheit 
velle  mit  sinem  hueßgesinde,  darumme  sin  ploch  in  de[n]  lenten  liggen 
^nd  sin  vank  in  der  arne  bliven  moste,  deme  wille  wi  ock  tho  hulpe 
l^amen,  dat  sin  acker  beseiet  unnd  sin  vangk  gesammelt  werde« 

OLDENBURG.  A.  Lübben. 


Zu  Schiller-Lübben  Mnd.  Wörterbuch. 


^«^k^^^#^^^«M^^^%^^ 


backe,  m.  schwein,  fehlt:  cum  bachone  uno.  Hamb.  Urk.  B.  nr. 
102,  8.  98  =  Brem.  Urk.  B.  I,  Nr.  22,  s.  23. 

backe  I.  8.  142  i8t  nicht  8peck8eite,  sondern  Schinken. 

backmeister.  Dem  graven  hebben  se  den  backmeister  gebracht 
=  sengen  und  brennen.  Hieron.  Grestius  Reimchron.  Yon  Harlinger- 
land  V.  442. 

barmester  (des  Lüneburger  sodes)  und  barsemester  fehlen. 

Bicker,  lapidicida,  fehlt;  als  eigenname  eines  zweiges  des  ge- 
schlechts  v.  Luneberg  schon  im  14.  jahrh. 

Biwende,  f.  fehlt;  als  flurname  noch  bei  Northeim;  Gross-  und 
Klein-Biwende,  dörfer  im  hzth.  Braunschweig;  name  eines  ritter- 
geschlechts  schon  seit  1255  (Haoldus  de  Biwende  1255 — 61)  Urk.  B. 
von  Stöterlingenburg  nr.  15.  Asseb.  Urk.  Das  wort  ist  =:  bifang, 
bunte,  beunde.  s.  Grimm  D.  W.  I.  sp.  1747.  v.  beunde  4.  Ztschrift  des 
bist.  V.  für  Niedersachsen.  1863,  s.  395  f. 

Zu  bodene:  in  neuer  bedeutung  ^^mensura  molendinariorum, 
que  vulgo  matte  vel  rumme  vel  bodene  dicuntur^.  1292,  Hamb.  Urk.  B. 
s.  724. 

en  bödmen  ship  fehlt.  Hamb.  Urk.  B.  s.  550  =Han8.  Urk.  B.  1, 
8.  204.  Es  ist  gleich  der  navis  que  dicitur  „mankane^^  Hamb«  Urk. 
B.  s.  547  u.  544  =  Hans.  Urk.  B.  1,  s.  210.  Also  mannkahn  oder 
bootsmannschiff  ist  gleich. 

Nicht  mnd.  aber  als  seltenes  wort  sei  hier  notirt: 

dogling.  st.  m.  der  entenwal,  hyperodon  rostratus  ;, Ausland^ 
1872,  nr.  1.  s,  7.  Dölling,  delling  st.  m.  heisst  in  Rostock  und  Rib- 
nitz  der  V2 — 2  pfundige  sandart.  hr.  dr.  Mielck  wies  mir  unter  drogen 
,döglingsthran'  von  den  Faroeern  nach. 

dormen  (Mnd.  Wb.  I,  s.  551  ;,dorm^?  aus  Hamb.  Chr.  s.  171) 
ist  kein  wort,  sondern  ein  druckfehler,  daher  auch  wohl  bei  Lappen- 
berg  nicht  im  Sprachregister  aufgeführt,  freilich  auch  im  druckfehler- 
verzeichniss  nicht  verbessert.  Es  heisst  deren ;  das  hinrichten  ^^twisken 
twen  deren"    ist  eine  bekannte  Sache;    auch  in  der  Rostocker  Chron. 

dratbogher:  in  Rostock  1314  schon  als  eigenname.  Meckl.  Urk. 
B.  VI.  nr.  3672;  bei  der  genauigkeit  der  herausgäbe  schwerlich  ver- 
lesen für  drattoger. 

Eselesvot,  Pes  asini ,  mittelalterlicher  patriziemame  in  Rostock, 
urspr.  gewis  eine  schelte. 


41 

eselsfreter,  alter  Spottname  (im  Göttingischen  terneizname,  im 
pten  cit  Gedicht  von  1660  tomeisnome,  im  Braunschw.  tarends- 
name  nach  Hoffmann  v.  Fallersleb.  Spangenberg,  N.  Yaterl.  Archiv 
1822.  I.  8.  245)  der  Dransfelder.  Als  asinusfreter  1660  im  gedieht 
.Dransfelder  hasenjagd.«'  ibid.  s.  238,  vgl  1825,  s.  129  ff. 

exeman»  man  mit  der  axt,  schon  1314  in  Rostock  eigenname. 
Meckl.  Urk.  B.  VI.  nr.  3672, 

gande,  gkande  IL  s.  10  ist  kein  netz,  es  ist  nur  =  gahende, 
reimend  ^uf  pande.     ;,Mit  gehen  und  netz^  d.  h.  eintreiben  ins  netz. 

gank  Mnd.  Wb.  IL  s.  10:  auch  die  procession,  daher  ^angdage; 
gangwoche.  Für  gangdage  der  beleg  bei  Weidebach  calend.  195: 
gewöhnlich  montag,  dienstag  und  mittwoch  nach  vocem  jocundit.,  doch 
auch  andere  processionstage ,  z.  b.  10.  Oct.  in  der  diöces  Utrecht. 
Jahrb.  1,  110. 

garbrader  Mnd.  Wb.  IL  s.  12:  latein.  heisst  er  fartor  (wie  der 
kiiter)  und  assator  (im  Meckl.  Urk.  B.  IV.  reg.  irrthümlich  brett- 
sager). 

garnekorf  IL  s.  14  ist  kein  „korbgeflecht  mit  netzen^,  sondern 
der  netzsack,  in  dem  die  fische  sich  festlaufen.  Er  heisst  noch  heute 
korb,  auch  bei  rebhuhnnetzen.  Aus  korbgeflecht  sind  nur  die  in  der 
belagstelle  selbst  als  gegensatz  gebrauchten  ,rodenkorve^ 

fiebeke  IL  s.  18.  Urkundlich  (Büttner  Lüneb.  Patr.)  ist  es  = 
Gerburgis;  ^Garbricht^  v.  Bederkesa  1228  bei  Mushard;  Gibbike  und 
Gebbeke:  Stader  Arch.  3.  s.  281  und  282. 

gehongicli,  IL  s.  35  von  den  verf.  mit?  versehen,  gehört  zu 
hogen  (s.  280),  erfreuen ;  jetzt  im  Bremischen  häögen  (zwischen  ä  und  ö), 

geil  IL  s.  35.  heisst  im  Göttingischen  auch  der  strenge  ge- 
Bchmack  des  bock-  oder  hammelfleisches ;  etwas  verstärkt  heisst  dieser 
galstrieb,  in  Stade  glarrig.  „geil''  fehlt  bei  Schambach,  der  auch 
Hir  galstrieh  nur  die  bedeutung  „ranzig^'  (galstrige  botter)  kennt. 
Die  erklärung  dieses  wertes  im  Br.  Wb,  IL  S.  497  „morsch,  mürbe, 
brüchig,  spröde'^  muss  auf  einem  irrthum  beruhen. 

Warum  sind  zu  gelte  nicht  die  angaben  aus  Br.  Wb.  IL  s.  497 
V.  gelje-hemp  aufgenommen?  „Gelte'S  obwohl  fehlend  bei  Schambach, 
heisst  im  Göttingschen  „unfruchtbar^'.  Das  alte  wort  war  schon  in 
den  dreissiger  jähren  fast  verschollen,  die  Jäger  brauchten  es  für 
thier  (hirschkuh)  und  ricke  ohne  kalb.  Im  provinziellen  hochdeutsch 
war  es  schon  an  „gelb^'  angelehnt:  „ein  gelbthier  abschiessen''. 

Zu  gerstel  II.  S.  73  u.  74  ist  zu  bemerken,  dass  „gasseln^^  (in 
Northeim  bei  Göttingen  „gastern^^)  bedeutet:  das  schon  heisse  aber 
ungare,  aus  dem  ofen  gezogene  brot  mit  einem  in  wasser  (nicht 
eiweiss)  getauchten  quaste  bestreichen.  Durch  das  wasser  löst  sich 
das  durch  die  hitze  schon  entwickelte  dextrin  oder  pflanzengummi 
und  macht  dadurch  die  „gegasterte^^  rinde  blank.  Auch  Schambach 
s.  60  giebt  diese  allgemeine  bedeutung  nicht,  denn  nicht  allein  die 
„hallerkuchen^^  werden  gegastert.  Die  bretter,  auf  denen  die  brote 
(und  auch  diese  kuchen)  in  den  ofen  geschoben  werden,  heissen  gaster- 


42 

brett,  in  Nortlieim  auch  hallerbrett,  im  Bremiscli^n  gasselbrett,  im 
PI.  kurz  .,de  gasseln".  Das  gastera  geschah  in  meiner  Jugend  mit 
einem  strohquast  aus  grannigen  ähren;  also  urspr.  aus  gerstenähren; 
daher  denn  das  wort.  Die  Bremische  assimilation  ss  =:^  rst  kommt 
auch  in  Bchelgassen,  geschälte  gerate,  gerstengraupen,  vor. 

gir  II.  s.  113,  gildehans,  und  giren  s.  1 14,  laut  schreien,  gehört 
zu  mlat.  girare,  gyrare. 

Öiseke  II.  s.  115:  auch  Gise,  Giao,  Giße  =  Gisbertus.  Mush. 
Mon.  Noh.  T.  1.  Stader  Archiv  3.  e.  281. 

Giske,  Giesche,  Gissele  =^  Geae  =  Gerdrut  fehlt.  S.  ebenda; 
auch  Geisske:  Archiv  3.  b.  288. 

Öode  II.  8.  127:  nicht  nur  Gottfried  oder  Gottschalk,  sondern 
auch  weiblich:  Gode,  Göde,  Godel,  Goedele  :=  Gudula.  Mushard. 
Stader  Archiv  3.  b.  281.  289.  291.  Auch  männl.:  Gödde;  Goddert, 
Goddart  und  Godewert  =  Gothard. 

gosebncke  II.  s.  13G  von  1386;  u  ist  sicher  durch  ck  gedehnt, 
und  dann  sind  es  gänsebäiiche,  geräucherte  gänsebrüste,  die  heute  im 
Bremischen  ,,g6sflicken"  heissen. 

Ooste  fehlt.  Goste  v.  d.  Lieth  bei  Mushard.  Gösde,  Gesde 
Cluvers:  Stad.  Arch.  6,  s.  251.     Auguste. 

Gordel  N.  pr.  fehlt.  =  Cordula.     Stader  Archiv  3.  s.  295. 

„tträl".  Es  hätte  erwähnt  werden  sollen,  dass  Gralstiftungen 
in  Norddeutschland  waren.  Das  stift  „zum  Gral"  besteht  noch  jetzt 
in  Lüneburg. 

Grimm ;  der  name,  sicher  ein  appellativ,  kommt  vor  Lüneburg 
vor  („im  Grimm"),  ebenso  in  Hamburg.  Was  bedeutet  er?  hängt 
damit  zusammen  das  vor  Schwerin  und  Rostock  vorkommende  Gramon, 
Cremon  und  der  Hamburger  Crenion? 

grüttemeker,  grützmacher;  schon  1314  eigenname  in  Rostock; 
Meckl.  Urk.  B.  VI.  nr.  3672. 

„gnnteke  merenga"  11.  s.  167,  dann  als  krug  erklärt.  Im 
Götting.  ist  gfintge  nidit  krug,  sondern  der  aUsguss  (pfeife)  an  topfen, 
z.  b.  kafieetöpfen. 

gnster  II.  s.  168  muss  ein  fisch  sein,  da  auch  plötz  ein  fisch  ist. 

gnstlinge  II.  s.  168,  von  gust,  sind  die  häringe  ohne  milch  und 
rogen,  also  die  heutigen  matjes. 

Unter  hagen  II.  s.  173  fehlt  der  hagen,  indago,  in  den  alten 
slavischen  landen,  welcher  dem  rode,  reuth  vom  Harz  au  in  Mittel- 
deutschland entspricht.  Daher  die  vielen  alten  Ortsnamen.  Auch  der 
magister  indaginis,  hsgemester,  und  der  hager,  schon  zu  schhessen 
aus  haghersche  recht,  konnte  aufgenommen  werden. 

,,hake"  uncus  IL  s.  175  ist  bekanntlich  '/i  deutsche  bnfe. 

Zu  bameide  gehörte  wohl  die  dithmarsische  Hamme. 

Hannibal  s.  189,  untiefe  bei  Wismar.  Auf  älteren  karten  fand 
ich  dafür  hanenbarg,  welches  wohl  ursprünglicher. 

Hasenkop,  hasenköppe;  alter  spottuame  der  Dransfelder  bei 
Göttingen;  ebenso  hasenmelker;  aufgenommen  in  Grünewalds  gedieht 


■.¥-■  ^r  ■ 


4B 

1660.  Spangenb.  N.  Vaterl.  Arch.  1822  s.  238  ff.  1826  8.  129  ff. 
Ebenda:  hasenmelk.  Hasenkop  ist  auch  ein  bekanntes  mittelalter- 
liches adelsgeschlecht  Mecklenburgs  mit  2  hasenköpfen  im  wappen, 
welches  letztere  auf  die  Maltzan  überging. 

haselwdrm,  bd.  II.  s.  213,  ist  nicht  eine  fabelhafte  schlänge, 
sondern  die  noch  heute  gefiirchtete  blindscbleiche ,  sonst  hatworm, 
urspr.  hartworm.    Vergl.  Wolf  Zeitschr.  für  deutsche  Mythol.  2.  s.  295. 

holde  II.  s.  286.  am  ende  des  art.  Zu  ,gaden  holden*:  -appen- 
tites  de  gnden  holden,  vel  dicuntur  case  sub  magnis  domibus  que 
üon  habent  tectum  divisum  in  lateribus.  Vergl.  Wolf  Zeitschr.  f.  d. 
Mythol.  II.  s.  293  (wo  verdruckt  lectum). 

hoyetdik  fehlt,  agger  qui  hovedic  nuncupatur.  Hamb.  Urk.  B. 
nr.  508  A.  1237. 

hoyetsake  II  s.  322.  Auch  hauptschuldner.  „so  aver  de  höft- 
saake  swack  würde^^  Statut  der  Stader  Kaufl.  u.  Schiffer-Brüderschaft, 
anhang  s.'12. 

hnrroke  fehlt.  Zinsroggen.  Brem.  Urkundenb.  I.  nr.  67  von  1187 
(hurote). 

Isenack  II.  393,  name  eines  Weinkellers,  ist  doch  wohl  schwerlich 
ein  eiskeller.'  —  Meines  wissens  ist  es  ein  Schwarzwaldthal,  wo 
vielleicht  ein  erzbischöflicher  Weinkeller  lag;  oder  kam  ein  wein 
dorther,  welcher  dem  keller  den  namen  gab? 

kage,  Mnd.  Wb.  II.  s.  511,  v.  koge,  ist  namentlich  husten,  lungen- 
seuche. 

kalves  (IL  s.  421),  zum  segel  wird  nichts  als  canevas  sein. 

kannengeter  Mnd.  Wb.  IL  s.  425,  schon  1314  eigenuame  in 
Rostock.  Meckl.  Urk.  B.  VL  3672. 

kathagen  fehlt.  Bolwerk.  Vergl.  Pick  Ztschr.  f.  Rhein -Westf. 
gesch.  und  alterth.  IL  s.  172  f.  —  In  Bostock  alte  namen  bis  heute: 
Gr.  u.  Kl.  Eathagen  an  der  mauer. 

kerkenbdke,  nach  denen  IL  s.  449  gefragt  wird,  sind  ohne  frage 
die  kleinen  frauen-breviare,  welche  fast  alle  älteren  bibliotheken  (z.  b, 
die  Rostocker,  Lübecker)  aufweisen. 

Zu  kiken  II.  s.  461  hätte  gehört  kycindelve  (Var.  kyk  in  die  Elve) 
Lappenb.  Brem.  Gesch.  Qu.  s.  42;  kycindewarnow  Meckl,  ürk.  B.  nr. 
1606.  n. ;  kykinderaark.  Kiekberg  als  örtlichkeit:  Stad,  Arch.  6  s.  138.  269. 

Zu  kleden  IL  p.  475:  „cleded"  gradezu=  professus.  1406.  Wede- 
kind Noten  III.  s.  20  L 

klint  IL  s.  484:  auch  burgaufwurf,  worth;  locus  quod  Clind 
vocatur  ubi  castrum  fuerat.  1249.  Brem.  Urkundenb.  L  nr.  243. 

klotrnm,  II.  s.  489,  kann  nur  die  lehm-  oder  kleigrube  zum 
kluten-  oder  ziegelmachen  sein. 

kokene  IL  s.  515.  In  Lüneburg  ist  die  noch  vorhandene  küche 
des  rathhauses  in  der  stelle  Leibn.  3,  236  gemeint,  die  allerdings 
gelegentlich  auch  zur  Versammlung  diente.  In  koken,  wie  nachher 
in  kolen  ist  ohne  weiteres  o  gesetzt,  während  ebenso  häufig  a  vor- 
kommt. 


44 

kalewagen  fehlt.  =  kohlenwagen.  Rost.  Gliron. 

Unter  koltf^ote  II.  s.  520  heisst:  wultu  gleysen:  ^bekommst  da 
röthe  im  gesicht.^ 

kolve  IL  8.  521  ist  nicht  haarschopf,  sondern  köpf  mit  ganz 
kurzem  oder  ganz  weggeschnittenem  haar  (mönchskolbe),  ronndhead. 

kolyendreger,  II.  s.  521,  ist  derselbe,  welcher  s.  592  als  knie- 
bodel,  kühler  etc.  vorkommt;  auch  in  Rostock  heissen  seit  alten  zeiteu 
die  feldhüter  külmann,  von  der  keule  oder  dem  knittel,  die  sie  trugen. 
Die  „wilden  männer^  des  Preussischen  wappens  werden  auch  nach 
den  keulen  külmann  genannt. 

koname  IL  s.  522,  heisst  einfach  „kühe^S  wie  wyuesname  weiber, 
weibsvolk. 

konke  sw.  f.  fehlt:  Duo  corradi  Sokrnkke,  vulgariter  konken 
Ed.  Meyer,  Hamb.  Schulwesen  im  M.  A.  s.  391.  crucca  vulgariter 
koneke  ib.  s.  374.  crucca  vulgariter  koneke  ib.  p.  379.  Für  Sokrakke 
ist  vielleicht  ,so  krukke^  zu  lesen. 

kovent  Mnd.  Wb.  IL  s.  553:  schon  1314  eigenname  in  Rostock. 
Meckl.  Urk.  B.  VI.  3672;  sicher  nach  dem  dünnbier.  —  Koventbrauer 
bilden  in  Rostock  eine  alte  corporation. 

ROSTOCK.  K.  E.  H.  Krause. 


J 


r^ 


Für  Mundartenforscher. 

(Eine  Beriehtigang.) 


Mir  kam  vor  einigen  Tagen  ein  Büchlein  in  die  Hände,  eine 
Sammlung  deutscher  Dialektgedichte,  unter  dem  Namen  „Die  deutschen 
Mundarten  im  Liede^,  bei  F.  A,  Brockhaus  in  Leipzig  im  Jahre  1875 
ausgegeben,  ohne  Vermeldung  des  Namens  des  Sammlers.  In  diese 
Sammlung  sind  auch  zwei  Gedichte  in  Saterländischer  ^)  Mundaft  auf- 
genommen. Das  eine  von  diesen  ^^Ihk  kahn  nit  sette'  überschrieben, 
mag  wohl  in  echter  saterländischer  Mundart  verfasst  sein,  das  andere 
aber  ist  durchaus  nicht  saterländisch,  sondern  rein  friesisch,  das  heisst, 
geschrieben  in  der  gewöhnlichen  Mundart  (Dialectus  communis)  der 
friesischen  Sprache,  wie  diese  noch  heutigen  Tags  in  der  niederländi- 
schen Provinz  Friesland  (von  altersher  Friesland  zwischen  Flie  und 
Lauers)  gesprochen  und  geschrieben  wird. 

Das  Gedicht  ist  überschrieben  ;,SI^ippers  Sankje,  Mundart  des 
Saterlandes^,  und  am  Schluss  des  Gedichtes  steht:  „Mitgetheilt  von 
F.  Poppe.  (Globus,  1872,  Nr.  12.)*^  Das  will  also  wohl  sagen,  dass 
dieses  Gedicht  in  die  Zeitschrift  Globus  aufgenommen  ist,  und  dort 
als  saterländisch  bezeichnet  wird?  Der  Globus  ist  mir  nicht  zur  Hand; 
ich  kann  also  nicht  nachspüren,  was  diese  Zeitschrift  an  besagter  Stelle 
etwa  mitteilt  über  Saterland  und  saterländische  Mundart,  auch  nicht 
ob  Herr  F.  Poppe  dort  das  ;,Skippers  Sankje"  für  saterländisch  aus- 
giebt,  oder  ob  er  an  diesem  Irrthum  nicht  Schuld  ist.  Doch  nehme 
ich  dieses  Letztere  gern  und  unbedingt  an.  Jedenfalls  aber  ist  das 
„Skippers  Sankje^,  d.  h.  Schiffers  Liedchen,  rein  westfriesisch  und 
durchaus  nicht  saterländisch.  Dieses  überaus  liebliche  Gedicht  ist  von 
Herrn  Dr.  E.  H.  Halbertsma  gedichtet  und  zum  ersten  Male  veröffent- 
licht im  Jahre  1822  in  „De  Lapekoer  fen  Gabe  Scroar^,  ein  Buch,  das 
die  erste  Veranlassung  gegeben  hat  zur  Wiederbelebung  der  friesischen 
Litteratur  im  niederländischen  Friesland.  ^)  Seitdem  ist  das  schöne 
Skippers  Sankje  in  Friesland  zwischen  Flie  und  Lauers  sehr  beliebt 
geworden ;  ein  friesischer  Tondichter  hat  eine  gar  liebliche  Weise  dazu 

^)  Das  Saterland  oder  Sagelterland  ist  ein  merkwürdiger  Landstrich  im  süd- 
westlichen TeUe  vom  Gross-Herzogthom  Oldenburg.  Die  Saterländer  sind  rein-friesischer 
Abstammung  und  sprechen  noch  heute  eine  neu-friesische  Mundart,  die  aber  betracht- 
lich verschieden  ist  von  der  neu-friesischen  Mundart  des  niederländischen  Frieslands. 

^  Dieses  überaus  werthvoUe  Volksbuch  ist  auch  in  die  hochdeutsche  Sprache 
ans  dem  ursprünglichen  Westfriesischen  übersetzt  worden  und  erschienen  als :  „Der 
Lappoikorb  von  Gabe  Schneider  aus  West-Frisland,  mit  Zuthaten  aus  Nord-Frisland. 
Bearbeitet  und  herausgegeben  von  E.  J.  Clement.  •—  Leipzig,  1846, 


^*?^?Wf»*7-5 


46 

gesetzt;  noch  jetzt  ist  es  eins  der  beliebtesten  und  meist  gesungenen 
friesischen  Volkslieder.  Das  leider  so  früh  wieder  eingegangene 
^yFriesische  Archiv.  —  Eine  Zeitschrift  für  friesische  Geschichte  und 
Sprache.  Herausgegeben  von  H.  G.  Ehrentraut^,  giebt  in  seinem  ersten 
Bande  (Oldenburg,  1849),  Seite  514,  auch  dieses  Lied,  erstens  in  der 
eigenen  und  eigenthümlichen  Bechtschreibupg,  in  welcher  der  uner- 
müdliche friesische  Sprachforscher  Ehrentraut  die  neufriesischen  Mund- 
arten Oldenburgs  (Saterländer  und  Wangerooger  Friesisch)  abbildete; 
zweitens  in  hochdeutscher  Uebersetzung;  drittens  buchstäblich  so  wie 
es  ursprünglich  von  dem  Dichter  Halbertsma  selbst  geschrieben  worden 
ist.  Der  ehrliche  Ehrentraut  hat  es  richtig  überschrieben:  ^^Ein  west- 
friesisches Lied^,  und  bei  der  hochdeutschen  Uebersetzung  noch  fol- 
gende Bemerkung  abdrucken  lassen :  „Anmerkung,  Vorstehende  Ueber- 
setzung, welche  ich  dem  obigen  Liede  beigefügt  habe,  verdanke  ich 
mündlicher  Mittheilung  des  Hrn.  Dr.  med.  Hidde  Justus  Halbertsma  ^) 
zu  Leyden,  nach  dessen  Aussprache  ich  dasselbe  auch  mit  meiner 
Lautbezeichnung  versehen  habe.^  Noch  vermeldet  er,  dass  er  das 
Lied  aus  dem  ^^Lapekoer^  genommen  hat. 

Wie  aber  kann  man  nun  dies  ursprünglich  westfriesische  Lied, 
in  rein-westfriesischer  Mundart  verfasst,  für  saterländisch  ausgeben? 
Und  wer  ist  hier  der  Schuldige?  oder  lieber:  Wer  hat  diesen  Miss- 
verstand erst  in  die  Welt  gebracht? 

Die  hochdeutsche  Uebersetzung,  welche  man  in  ;,Die  Deutschen 
Mundarten  im  Liede^  dem  Skippers  Sankje  beigegeben  hat,  ist  auch 
lange  nicht  fehlerfrei.  So  wird  dort  ^bolle  wynijes^  übersetzt  mit 
„buhlende  Winde^,  obgleich  „belle  wyntjes^  einfach  „sanfte,  laue 
Windchen",  etwa  Zephire  bezeichnet.  Ehrentraut  hat  daher  auch 
besser  ;,sanfte  Winde*'.  Die  Strofe  des  Liedes:  ;,In  dou  swiet  droam' 
best  yn'e  seafte  fjerren^  heisst  buchstäblich:  Und  du  süss  geträumt 
hast  in  den  sanften  Federn  (Federn=Flaumen,  Dunen).  Es  wird  aber 
übersetzt  mit:  ;,Und  du  einen  süssen  Traum  hast  in  eine  sanfte  Ferne," 
was  doch  nur  Unsinn  ist.  Ehrentraut  hat  auch  hier  besser:  ^Und  du 
süsse  Träume  hast  in  den  weichen  Federn".  Das  Wort  bylje,  hoch- 
deutsch bellen,  wird  mit  blasen  übersetzt,  obgleich  Ehrentraut  auch 
richtig  bellen  hat,  u.  s.  w.,  u.  s.  w.  — 

Damit  kein  Mundartenforscher  durch  dieses  Ausgeben  von  einem 
rein  westfriesischen  Liede  für  ein  saterläudisches  eine  falsche  Ansicht 
von  diesen  zwei  belangreichen  friesischen  Mundarten  bekomme,  damit 
was  recht  ist,  auch  recht  bleibe,  und  damit  Elire  zukomme,  dem  Ehre 
gebührt,  so  habe  ich  gemeint,  nach  dem  alten  Wahlspruch  der  wester- 
lauerschen  Friesen:  sliucht  end  riucht  (schlicht  und  recht),  diese 
Berichtigung  hier  mitteilen  zu  müssen. 

HAABLEM.  Johaii  Wiiikler. 

^)  Dr.  med.  Hidde  Justus  Halbertsma,  Universitäts-Professor  zu  Ldden,  war 
ein  Brudersohn  des  Dichters  Dr,  med.  Eeltje  Hiddes  Halbertsma.     . 


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Antworten  auf  fragen  des  mnd.  wbs. 


Die  im  folgenden  angestrebte  kürze  macht  es  nötig,  die  be- 
treffenden artikel  des  wbs.  hinzu  zu  halten. 

pamer  für  paner  (Kil.),  panier  (franz.)  ist  korb  oder  kiste. 
pantken  =  pandeken,   syn.  von  pandeln,   schachernd  umherwan- 
dern, vgl.  handeln  un  pandeln,  pandeljude ;  dann  wandern  überhaupt. 
Übersetze:  ich  danke  dir,  J.,   daJüz   du   oft  vom  wandern  nach  deiner 
menschheit  bist  ermüdet. 

pantkogel,  vgl.  südwestf.  pandschau,  schuhe  aus  tuchkanten 
(seifenden)  geflochten. 

papenstntling,  zunächst  nicht  grade  eine  pfaflenhuro,  sondern 
eine  person,  welche  sich  von  pfaffen  mit  stuten  füttern  Hess,  zum  danke 
dafür  ihnen  im  bösen  (verrat)  zu  willen  war ;  vergl.  brötling. 

parde  für  barde,  hd.  harte,  f.,  rohes  fischbein,  vgl.  nl.  baarden, 
pl.,  scnwed.  barder. 
f  parpen  =  franz.   parpaing,   parpain,   pierre   parpaigne,   durch- 

j    gehender  stein,  streckstein,  tragstein  etc. 

I  patrogge,  paithrogge  =  pachtroggen ;  vgl  berg.  peit,  pacht;  peiten, 

^    pachten. 

peie,  wovon  peike;'  vgl.  esthn.  pai,  lieb,  teuer;  davon  ein  abge- 
I    leitetes  paichen,  liebchen. 

perink  neben  perik,  kleiner  fisch,  bes.  elritze ;  wurm,    die  form 
ohne  n  schon  alts.  in  Perricbeci  in  pago  Boretra   (h.  Pierbecke  d.  i. 
[    Elritzenbach) ;  vgl.  Z.  d.  berg.  G.  V.  6,  23. 

i  perneckelstock  erinnert  an  engl  barnacles,  entenmuscheln,  fruchte 

!    eines  Daums  auf  den  Orcaden,   woraus   enten  werden.     ,Wer  solchem 

[    nicht  glauben   geben  wil',    sagt  der   alte  kräutermann  fol.  88^,    ,der 

I     mag  in   dieselbige  Landt  hineinreisen,   vnnd  den  Augenschein   dieser 

1     dmg  einnemen.'     barnacle   ist  oriental.   Ursprungs,  bar  =  gans,  ente 

!     (vgl.  hehr,  barberim)  und  nacar  (span.)  glänzende  muschel.     die  obige 

Verwendung  vermittelt  sich  durch  engl,  barnacles,  premse,  nasenknebel. 

peserik,  beiläufig  auch  dieses,  um  zu  sagen,    dass  die  wortform 

■    noch  heute  gebräuchlich,  ossenpioserk  (Ochsenziemer)  ist  süd westfälisch ; 

aus  dem  17  jh.  findet  sich  piefzerig  in  derselben  bedeutung  bei  Seih. 

ürk.  1051. 

pipharing  =  hohlhäring,  häring  ohne  rogen  oder  milch,  dessen 
bauch  gleichsam  eine  pipe  bildet. 


48 

pitzigen,  nach  iial.  pizzicare  (vom  deutschen  spitz)  gebildet,  = 
zupfen,  kneifen. 

piehe  ist  mundartl.  pik  =  franz.  und  engl,  pique,  groll,  hass. 

pladeren.  für  plagge  gilt  im  köln.  Süderlande  auch  pladde; 
sonach  kann  pladden,  pladderen  bedeuten :  mit  rasen  (plaggeu)  belegen, 
was  der  betreffenden  stelle  nicht  unangemessen  ist;  vgl.  verb.  plaggen 
im  wb. 

plas«  möglich,  dass  der  plas  hier  mit  zur  Vergütung  gehört,  also 
das  backwerk  bezeichnet,  welches  man  heute  so  nent. 

Sleske,  pletze  bedeuten  platz,  ort;  das  erste  ist  deminutiv  von 
as  andere  bietet  Kiliaan.  dass  man  den  versamlungsort  einer 
gilde  so  nante,  fällt  nicht  auf;  nent  man  doch  das  ehemalige  tigge 
(bauerndingplatz)  in  Ober-Hemer  noch  heute  opm  Plässken. 

pletzen  ==  hd.  bletzen,  welches  nicht  bloss  flicken,  sondern  auch, 
wie  franz.  blesser,  verletzen,  verwunden  bedeutete;  doch  weiss  man 
nicht,  ob  in  der  vorliegenden  stelle  gemeint  ist:  das  ohr  werde  abge- 
schnitten und  die  wunde  geflickt  (verbunden). 

plicken,  vielmehr  pliggen  (plicgedel),  bedeutet  spielen;  es  ist 
ags.  plegjan,  to  play.  ^ 

plSehboker  =  plöchpoker,  muss  der  pflugstock  sein,  wie  er  bei 
uns  stoke  von  stoken  (schüren,  rühren)  heisst,  so  konte  er  auch  poker 
genant  werden;  vgl.  stoken  =  engl,  to  poke,  wozu  engl,  poker, (Schür- 
eisen), südwestf.  prökeler,  prokelisem  gehören.  ' 

Sldchwede  ist  ohne  zweifei  weidenzweig,  womit  etwas  am  pflüge 
en  wird. 

plotern  wird  etymologisch  und  begriflich  mit  flöt  (wlöt),  seicht, 
zusammenhängen;  alte  wl,  wr  konteu  zu  pl,  pr,  bl,  br  werden;  z.  b. 
fliren,  puren;  flome,  blaume,  flätsche,  platsche;  frangen,  prangen; 
friggeln,  nds.  brickeln. 

plntern,  entblössen,  die  rinde  oder  haut  abziehn ;  vgl.  Kil.  ploten 
=  bieten  und  rheinl.  unblussen  (vom  baumschälen),  übersetze :  was 
kann  man  da  viel  ringen  (balgen)  erwarten,  wo  man  sich  schon  beim 
hosenannesteln  die  haut  von  den  fingern  schält. 

pofoisen.  sowol  pofoise  als  proveise  (im  ersten  beispiele)  sind 
aus  ital.  pavese,  franz.  pavois  (schiid)  entstellt. 

poinson  ist  franz.  poinf  on,  welches  auch  fass  und  ohmfass  bedeutet. 

portSke,  parteke,  spende,  vom  engl,  to  partake,  welches  nicht 
bloss  teil  nehmen,  sondern  auch  mitteilen  ausdrückte,  englische  oder 
schottische  missionare  werden  das  speisespenden  der  klöster  part  takan 
genant  und  unser  wort  verbreitet  haben,  übersetze  bei  Koker:  die 
brosamen  (denn  das  ist  schottelbrot,  tellerbrot,  Claus  Bur  103)  auf 
dem  teller  das  sind  des  freitags  magere  spenden. 

portziel  ist  ital.  particella,  fr.  parcelle,  engl,  parcel;  als  plural 
wird  es  hier  portionen  verschiedener  speisen  und  getränke  bezeichnen. 

ponwe  ist  engl,  paw,  pfote,  klaue,  tatze. 

profuse  =  proposita,  ital.  proposta ;  to  der  profoyse  =  a  pro- 
posito,  ä  propos,  zur  schicklichen  zeit. 


49 

piickel  ist  nicht  in  prickel  zu  ändern,  pückel  =  pücker  von 
piicken  (pochen,  schlagen,  stossen)  wird  die  störstange  mit  einscbluss 
des  Streichgarns  bezeichnen,  wir  nennen  die  zum  forellenfange  ge- 
brauchte sonderbarer  weise  limstange  oder  linstange. 

ponder  wird  sich  an  mhd.  poynder,  punder  (vgl.  franz.  poindre) 
schliessen  und  Stecher  d.  i.  stilett,  dolch  bedeuten,  pugnale,  poignard 
sind  formell  zu  abweichend. 

pnnger,  pflcker.  da  pung,  punge  ausser  beutel,  kleiner  sack  auch 
trommel  bedeutet,  so  wird  punger  tromler  zu  verstehen  sein ;  pücker 
ist  dann  wie  mhd.  pük^re,  pauker;  vgl  ags.  pyccan,  schlagen; 
unsere  puckern  und  büoker  d,  i.  bücker,  schlägel,  waschholz,  durstige 
spielieute ! 

pupelpogge  ist  nicht  grade  puilpogge  (=  pilpogge ,  bei  Lyra : 
pielpogge),  bedeutet  aber  frosch-  und  krötenlarve.  pupel  hat  weder 
mit  pupen  (pedere),  noch  mit  südwestf.  pupen  (=  pipen,  küssen)  etwas 
zu  schaffen,  pupel  =  pumpel  deutet  den  runden  dicken  köpf  an, 
wovon  die  larve  bei  uns  dickkopp  heisst.  zum  weiteren  Verständnis 
der  stelle  wird  die  bemerkung  hinreichen ,  dass  frosch-  und  kröten- 
larven  höUenbrut  bezeichnen. 

pnssel.  die  bedeutung  in  den  beigebrachten  stellen  verschieden. 
in  der  ersten  verstehe  man  einen  kuecht,  pferdejungen  (vgl.  Gr.  Wb, 
s.v.  bossel);  in  der  anderen  scheinen  pusseln  kegelkugelu  zu  sein; 
vgl  das  heutige  bossel,  bösselken. 

Quadien,  ungeschickt  aus  quadi  gebildet,  muss  uame  der  alten 
Quaden  sein,  deren  Wohnsitze  bis  in  das  nördliche  Ungarn  reichten; 
daher  ist  in  der  betreffenden  stelle  ein  in  Ungarn  sesshafter  volks- 
stamm  mit  diesem  namen  bezeichnet. 

querke.  in  der  vorliegenden  stelle  werden  beim  spinnrade  rad, 
tzege  und  quergken  genant,  noch  heute  nent  man  bei  uns  das  ganze 
gestell  im  scherze  'ne  bitte  (ziege).  querken  können  nur  etwas  röhren- 
artiges sein,  was  in  mehrzahl  zu  rad  und  ziege  hinzutritt :  spulen. 

rampe,  ein  gewisses  behältnis,  ,im  rampe  kopen'  gehört  nicht 
dazu,  sondern  zu  ramp,  m.,  zufall,  glück;  vgl.  Stinchin,  Glossar. 

regelsbeeren  kann  nicht  aus  reifzel-  oder  preufzelbeeren  entstellt 
sein,  aber  regel  passt  zu  riegel  in  hartriegel.  *es  sind  wol  die  beeren 
der  cornus  mascula,  des  gelben  hartriegels  gemeint,  diese  werden 
an  manchen  orten  noch  unreif  (wie  oliven)  in  zucker  oder  essich 
eingemacht. 

reiger  ist  in  Südwestfalen  wohl  bekant  als  name  für  eine  ofen- 
krücke,  einen  stock,  womit  man  die  l^ohlen  in  backöfen  auseinander 
scharrt,  unser  raiger  entspricht  hess.  ragel,  Vilm,  nichtsdestoweniger 
mag  reiger  in  den  betreffenden  stellen  etwas  ganz  anderes  bedeuten. 

repper,  wol  degen,  wie  rappyr  (Z.  d.  berg.  G.  V.  1,  17)  und 
schwed.  rapper.  das  folgende  spet  mag  dann  spiess,  nicht  bratspiess 
bezeichnen. 

rest,  nicht  rost,  sondern  rist,  engl,  und  nd.  wrist,  südwestf. 
w§rst,  wurste,  berg.  warsche,  also  der  reihen  am  fasse,  il  collo  del  pie, 

Nledeideuttches  JahTbuch.  II*  4. 


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50 


warum  dienen  blecherne  spangen  und  eine  eiserne  glocke  nicht  wohl 

auf  dem  riste?  weil  sie  dort  leicht  rosten. 

ringel  ist  in  Südwestfalen  gäng  und  gäbe  für  einen  waschzuber; 

bfikeringel  ist  ein  grosses  waschfass  zum  ,b&ken^ 

ringeneren    scheint   von  unzufriedenen   hunden   hergenommen; 

vgl.  lat.  ringi,   ital,  ringhiare,  oder  ispan.   regafiar,   welches   sich  an 

lat.  gannire  schliesst. 

rinscben  wird  mischen  (rauschen)  sein  sollen,    rynsen    (Teuth.) 

ist  =  franz.  rincer  (reinigen),  was  kein  schallwort  ist,   also  geräusch 
^  machen  nicht  ausdrückt. 

1;  Robbines  spei,    bekantlich   gehört   der   in   englischen    Schriften 

K.  genante  räuber  Robin  Hood  der  mjthologie  an.    Hood  ist  aus  Wodan 

^'  entstellt,  wie  im  südwestfalischen  hodensdag  für  godensdag  (gwodens- 

dag,  wodensdag)  vorkomt.  so  mag  denn  auch  Robin  (sonst  kosename 

für  Robert)  etymologisch  räuber  gedeutet  werden,  als  abgeleitet  von 
t\  robon.     die  anwendung  des  obigen  ausdrucks  auf  klosterunfug  passt 

|;  zu  dem  umstände,   dass   der   engl.  Robin  Hood  den  ,fat  friar  Tuck' 

|f  bei  sich  hatte,  mit  welchem  er  inönche  und  bischöfe  beraubte. 

I  rocbpalen,  rnggenpalen  sind  pfähle,  an  welchen  die  massen  des 

^|  fischlaichs  einen  halt  haben  sollen;  vgl.  räch  in  poggenrach  (frosch- 

s-  laich),  wozu  dann  ruggen  =  roggen,  rogen  stimt. 

^  rode,   alle  stellen,  die  unter  ,rode,  krapp^  mitgeteilt  sind,  handeln 

ty  von  der  rubia  tinctorum. 

roge,  adj.  erklärt  sich  aus  der  letzten  stelle  unter  rogen,  regen. 
^  roiy   zug,   scheint  eigentlich  stürz  auszudrücken  und    zu  rojen, 

rujen^  rügen  =  ruere  zu  gehören;   vgl.  Eantz.  22;'Lüb.  Chr.  1,  103. 

170.  199.  ib.  2,  476  und  Kil.:  ruyen,  roeyen,  ruere. 

ISERI^OHN.  F.  Woeste. 


Varia  aus  Wiener  Handschriften/) 


i. 

Trunt,  lüde  laet  lüde  sijn,  bück  sy  een  bück,  su  blyve  jo  een  swijn.  [178b. 
doistu  dit,  vrunt  mijn,  so  machstu  laage  ane  kijff  sijn. 


II 

Woltu  prijs,  wes  een  boghe')  rijs,  guet  vrunt  ano  gallen. 
noch  prijs  noch  wijsheyt  wirt  dy,  woltu  vele  callen. 


III. 

Doet  wael  de  wijle  dat  ghy  levet,  [179a. 

want  als  ghy  dese  werlt  begovet, 

soe  deylt  men  is  al  in  drien. 

elck  wie  een  deel  qriget  van  dyen, 
5  die  engeves  niet  um  die  ander  beyde. 

die  de  seile  hevet  in  sijn  geleyde, 

verwaer  dat  hi  sie  niet  engave 

umme  dat  vleisch  ende  umme  die  have. 

die  worme  die  dat  vleisch  verteren, 
10  sie  soldens  harde  noede  ontberen 

umme  die  seile  ind  umme  dat  guet. 

die  kinder  ende  vrunde  sijn  oec  also  gemuet^), 

die  dat  guet  sullen  behoelden, 

dat  sye  des  noede  ontberen  solden 
15  umme  die  seile  ind  umme  dat  lijfif. 

hirumme  is  he  woel  een '  key tijff, 

die  lijf  und  seile  eventuert  umme  guet 

dat  so  unlange  duren  muet^), 

want  t'enmach  uns  niet  gheschien 
20  dat  wy  mögen  deme  dode  untflien. 

*)  Nr.  I— IV  aus  Hs.  Nr.  4556,  die  übrigen  Stücke  aus  Hs.  Nr.  2940*,  beide 
auf  der  k.  k.  Hofbibliothek.  Ueber  letztere  Hs.  vgl.  auch  Oesterley,  Niederd.  Dich- 
tung im  Mittelalter,  S.  IV ;  aus  derselben  abgedruckt  Der  Minne  Bergfried,  Minne- 
lied und  Des  Wucherers  Paternoster  in  Pfeiffer's  Altdeutschem  Uebungsbuch  S.  165 
bis  172.  Der  grösste  Theil  des  sonstigen  Inhaltes  der  Hs.  besteht  aus  schlechten 
Üebersetzungen  langweiliger  hochdeutscher  Gedichte  oder  Bruchstücken. 

^)  boghe  bisher  unbelegt,  offenbar  adj.  =  boghaftich,  biegsam.  Eine  alte 
liandschriftl.  Eintragung  in  meinem  Exemplar  des  Brem.  Wb.  besagt:  Boighe,  bieg- 
sam, Sip.  foL  182.     Böge,  id.  Ps.  Ms.     ^)  gemüet.     »)  miiet. 

4* 


52 

hir  dencket  aea  to  alre  tijt, 
waen  gy  coempt  oi  wie  ghy  sijt 
ind  viaer  is  te  varea  betaerot 
ind  wat  gy  waert  eer  ghy  hir  quaemt, 
25  want  gy  ummer  sterren  moet: 
die  doet  coemt  eer  gy  is  voerhoet. 

IV. 

Vront,  sich  op  dyne  hode  altoes, 

wattt  die  werlt  de  is  also  loes, 

er  genoeehte  is  uncuysheit, 

er  raet  is  hoverdie  ende  gyricheit, 
5  er  deynst  is  soete,  or  loen  is  cranck, 

er  blome  is  scone,  or  rrucht  is  stanck, 

er  sekerheit  is  verradeßis, 

er  mediciue  ia  vergifenis, 

er  gelove  is  leghen, 
10  er  leesten  is  bedreygon. 

vor  blijscop  gevet  se  rauwe, 

scande  vor  ere,  loesheit  vor  trauwe, 

vor  rijcheit  gevet  se  armoodo  groet, 

vor  ewich  leven  den  ewigen  doet. 
15  darumme,  mensche,  bedoncke  di  woel, 

ende  weset  to  deme  deynste  godes  snel. 

deynstu  der  werlt,  du  bis  bedrogen, 

als  du  machs  sien  vor  dynen  ogen. 

die  werlt,  die  vyant  ende  dat  vleesch, 
20  als  dese  drey  hebben  hören  eysch, 

so  blivet  de  edel  seile  verloren, 

die  god  so  vrientlike  hadde  vercoren. 

der  werlt  entvlye,  deme  duvel  ontsprinck 

ende  mit  beschede  dyn  vleisch  bedwinck, 
25  so  blives  du  behaelden  int  leste. 

o  mensche,  dese  lexse  baelt  veste*) 

ende  seit  dat  ghi's  loveu  so  keert, 

dat  ghi  alle  daghe  sterven  leert. 

want  god  enhevet  uns  niet  te  woten  gegeven, 
30  hoe  lange  wy  hir  suUen  leven. 

darumme  so  is  uns  allen  noet, 

dat  wy  kunnen  sterven  als  kernet  de  doet. 

want  de  doet  comet  myt  gewolt 

haestelike  op  junck  ende  olt. 
35  och,  ho  wijs  is  he  de  gadert  ende  spart 

teghen  die  langhe  henevaert! 

och,  ho  swaer  is  eme  dat  scheiden, 

)  haelt  ende  reste. 


53 

dey't  al  op  syme  doetbedde  sal  bereyden! 
och,  wat  he  vele  verliest, 
40  de  dit  rike  vor  dat  ewighe  leven  kiest! 

V. 

Leff  unde  wedder  leyt,  [12a. 

dat^)  is  vorlaren  arbeyt. 

VI. 

Hoffinge  is  alder  werlde  troist, 
dat  se  vau  sorgen  werde  irloist. 


VIL 

Ich  nemet  wal  uff  mynen  eit, 
dat  in  der  werlt  nycht  enis 
dat  alle  unvoge  unde  alle  leit 
vordriven  kan  myt  soisser  lijst, 
5  alse  eyn  reyne  selich  wijff, 
de  mich  wol  erfrouwen  kan. 
were  ich  dan  de  den  se  lachede  an, 
so  were  se  myn  leitvordrifP. 


VIII. 

Id  is  mennich  wijff  unde  man, 
de  nycht  gudes  gereden  kan, 
unde  kan  van  ovelen  dingen 
beyde  sagen  unde  syngen. 


IX. 

Wat  ich  uff  hoffen  hadde  gesät, 
dat  machen  tzwivel^)  an  mir  mat. 
noch  wil  ich  haffen  in  den  doit, 
wante  werlich  myr  were  troistes  noit. 
5  mois  ich  xmgeluckes  warten, 

so  enhelflfen  myr  nyt  alle  myne  tzarten. 

X. 

Wes  dich  an  eynem  anderen  duncket  quaet,        [12b, 
dat  schuwe  sulven  myt  dyner  dait. 


XI. 

Wor  eyne  frauwe  van  node  bar 
wert  rechte  schemede')  gevar, 
dar  menget  sich  blech  in  roit 
van  der  schemede  noit. 
5  mannige  frouwe  wert  so  schemelich, 

*)  datz.    *)  tzivel,    ')  schemeder. 


54 

Tan  entfarwet  sich. 

rechte  schemelheit 
a  an  varwen  underscheit. 
msche  mer  blecheit  hait  dan  roit, 
i  rechter  lefften  schemede  noit. 
ouwen  der  schemede  wonet  by, 

dat  se  de  besser  sy. 

ive  sych  vil  even 

ge  der  vrauwen  leven 

ko  wat  eyne  vxouwe  sy 

irouwdeD  er  ia  by 

imme  vrouwen  heissent  sy, 

unser  vrouden  tzwi 

liehe  wunne  ktunpt  van  in, 

Lature  lochte  eren  syn 

an  gude  vroawen, 

nem  anschouwe. 

t  uis  erem  mundo 

en  vrunt  tzo  vninde. 

leren  eren  tzol, 

frouwen  wol: 

live  enis  geyn  hol, 
e  darvan  eren  vol. 
ig  och  error  formen- ris, 
aint  vor  all  den  prijs. 

XII. 

i^este  fiiintchen,  bescheyde  mych, 
ntschop  des  bydde  ich  dych, 
wyste*)  aUer^hemst, 
vere  schymp^)  ader  ernst. 

},  des  wüi  ich  dych  bescheiden: 
ich  van  en  beiden, 
lert  in  eynen  schympe  erdacht 
;  myt  ernste  vuUenbracht. 


XTII. 
lineB  Lobgedichtes  auf  den  Filxlmt. 


e  tover'")  wil  dreghen  sachte  [40». 

Iiolt  effte  steyne, 
rider  efte  aUeyne, 

ne  Ecbymp.    Bei  schjmp  ist  das  p  erst  von  späterer  Hand 


55 

he  lecht  ene  gerne  under  de  schulderen 
5  vor  wedage,  kletersplitend  unde  vor  bulderent. 
Noch  is  he  gut. 
Kumpt  ok  eyn  man  in  eyn  vromdet^^)  land, 
he  settet  den  hot  ut  vor  eyn  pand 
beide  vor  her  unde  vor  wyn. 
lofzet  he  ene  wedder,  so  is  he  sin. 
10  de  ok  wilt^^)  trecken  to  hilgen  steden, 
de  nemen  gerne  enen  vilthot  mede. 
Noch  is  he  gut. 
Mit  dem  hode  machme  decken 
schorvede  hovede  unde  sere  necken, 
unde  myt  em  schal  men  nicht  gecken, 
15  men  mach  en  vor  heren  unde  vorsten  aftrecken. 
Noch  is  he  gut,  myt  orleve  secht. 
Ok  mach  eyn  man  sunder  wijten 
myt  eren  in  sinen  vilthot  sohlten, 
wol  wil  id  eme  vorwiten,  went  he  is  sin? 
he  drecht  ene  wol  wedder  in  den  Ryn 
20  unde  wasschet  ene  fin  unde  dar 
unde  settet  ene  up  sin  gele  har. 
Noch  is  he  gut. 
In  deme  hode  drechtme  note  unde  beren 
vor  frouwen,  junckfrouwen  unde  grote  heren.  [49b. 

in  den  hot  mach  men  steken 
25  suverlick  brot  unde  vette  porteken. 

Noch  is  he  jo  gut. 
En  hot  up  euer  rosten  gebraden, 
dar  machme  vele  seken  mede  saden; 
de  ok  in  deme  snuven  hebben  pin, 
so  is  sin  roke  gude  medicin, 
30  beter  denne  sulver  ünde  golt. 
sin  doget  is  so  mennichfolt: 
de  ok  gude  ogen  heft  dar  unde  fin, 
de  maket  he  em  rod  so  eyn  robin. 
Noch  is  he  gut. 
Ok  vynt  men  mennygen  schalk, 
35  de  daruth  et  kol  unde  melk, 
des  se  doch  nicht  behoven. 
doch  eten  se  darut  alzo  boven. 
Noch  is  he  gut. 
Ok  vyntme  wol  aisulke  lüde, 
se  snydenn  in  stucke  unde  mengenn^^)  in  krude 
40  unde  enen  brunen  poper  vor  wellen 

unde  geven  dat  vor  wiltbrede  eren  gesellen, 


")  vromet.    ")  wil.     ")  megen. 


56 

ebben  bete  magen: 

uwen  sachte  hamsch  nnde  pagen. 

Noch  is  he  gut. 

recht  darinne  haTeren  vor  de  perde, 

it  blift  de  vilthot  bij  werden,  [46a.") 

:ht  darmede  spize  up  den  acker, 

drocht  jeger  nnde  backer, 

)  schal  men  ene  eren; 

en  vorsten  nnde  heren, 

bur  nnde  papen, 

eit  is  de  vilthot  geschapen. 

Noch  ie  he  gut. 

deme  hode  mach  men  scbouwen 
ren,  rike  landesironwen, 
}pel  lamen  unde  blinden, 

men  under  deme  hode  vynden 
in  starken  rider  stolt, 
ando  to  lande  riden  umme  eren  tzolt. 
Noch  ia  he  gut. 
holde  den  eddelen  vilthot  baten? 
■en  erlike  bisschoppe  unde  prelaten, 

over&ten  cardinale: 
jlat  an  ereme  szale 
ten  an  erer  magiesstaed, 

vilthot  er  overste  gewaf  ). 
Noch  is  he  gut. 
I  dar  enis  neh  cleyt  so  gemeyne 
püthot  alleyne: 
len  konynk  —  des  lovet  — , 
änen  vilthot  up  sin  hovet. 

nu  dregen  bagynen  unde  nunnen, 
e  vilthot  sine  not  vorwunnen. 
m  de  karigon  enen  zode, 

reu  dar  vele  kagelen  mede.  [46''. 

Noch  is  he  gut. 
thot  is  van  mennyger  mynuten: 
■uch  bynnen,  de  ander  buten, 
^s,  de  ander  vael, 
le  nich,  de  verde  kal"). 

Vau  mennyger  doue ; 

rot  ofte  grone"), 
,  getziret  myt  mennygerhande, 
e  unde  myt  sidenen  baude^*), 
eleu,  märten"),  ilken,  vossen, 

id  verheftet.     ")  gewät.     '•)  rfich.  vSrde.    käl.     "J  ggl.  röl. 


57 


grawerk,  otter,  bever  unde  lossen: 

dat  is  al  buten  umme  den  rant, 

men  bynnen  is  he  my  unbekant, 

oft  id  sij  van  katten  nnde  tzegen. 
85  ok  wert  darin  gespyet,  scheten  unde  megen, 

se  werpen  ene  up  de  strate. 

kamen  em  lüde  tomote  van  state, 

de  gan*®)  em  gerne  uth  dem  wege, 

men  vor  den  boven  heft  he  nenen  dege, 
90  de  stotenn  unde  werpenn^*)  unde  don  em  leyt. 

noch  is  he  jo  en  sondages  schone  cleit. 

de  hode'nhinderen  noch  vallen  noch  kulen, 

jedoch  de  schelke  dar  gerne  under  schulen. 

ok  neyet  men  ruch  myt  verwedeme  twerne, 
95  so  gift  eme  darumme  de  leve  deme 

enen  snor  van  mennigerhande  siden, 

dar  mach  he  ene  mede  engen  unde  widen 


XIV. 

Van  den  eddele  ghestenten. 

[la.  (neue  Paginierung;  alte  98»). 
De  erste  het  kerbunkelsten, 
dat  ny  sterne  also  sehen 
also  de  sten  des  nachtes  doet 
unde  bernet  rechte  so  en  glod. 
5  des  stenes  krefte  der  is  vil, 
der  ik  nu  nycht  nomen  wil: 
vorwar  dat  were  gar  en  wint, 
went  men  se  nu  seiden  vint. 
jeneghen*^)  maen  der  eer  icht  have, 
10  wat  hulpe  dät  ik  dar  vele  sede  ave? 

Saphyrus  de  andere  was. 

vorwar  segghe  ik  juw  dat^^), 

de  is  wol  drier  hande. 

to  origent  in  deme  lande, 
15  darumme  scholen  de  besten  syn. 

an  eynen  roden  vingerlyn 

schalme  ene  kusUken  draghen, 

so  wil  ik  jw  vorware  saghen, 

so  is  he  langhe  wol  ghesund. 
20  ik  do  juw  mer  van  em  kund: 

de  suke  van  dannen  wiket, 

dar  men  den  sten  henne  striket, 

'^)gan.  *^)stotenvnde  werpen.  ^^)Jeneghen  durch  Correctur  aus  Jenighen.  *^daüB. 


md  vorgad. 

drade  vorghanghen.*') 

en  sten  in  de  munt, 
loes  itt  korter  stunt, 
k  an  den  oghen  ghued. 
ille  edder  lued 
ycht  unrechtes  gheteghen. 
ck  by  neue  wive  leghen 
1  de  sten  is  by, 
so  em  syn  lyff  sy. 

de  is  en  jaehant"), 
recht  an  syner  hant, 
t  wol  to  rechte 
I  unde  syne  knechte 

ol  ghelike ^^) 

1  drecht  yenighen  tom, 
ade  vorlaren, 
■oret  darmede. 
ies  stenes  sede, 

wandelt  to  aller  vrist, 
eder**)  ghetaen  ist: 
y^net  de  sunne, 
I  also  een  bninne; 
iat  weder*')  is  dnnkervaer, 
I  sten  [droTe  gar].^*) 

yachanten 


gy  wol  loven  myr. 
i  blaw  alze  en  sophir, 
rit  alze  en  kristalle, 
talt  tomale  unde  alle.'') 

ieser  Zeile  ist  ein  Vers   ausgefallen.    Auch   in  der 

nseum  für  alldeutsctie  Literatur  uad  KuDSt  Bd.  II) 

;  hiagegen  im  Erfurter  Druck;  dort  lauten  V.  135  ff.' 

y  tzw  haod  zergat. 

nei  fil  hitze  bat, 

t  Echir  ergangen. 

vere  ein  man  gefangen  etc. 

')  Die  Reinizeile  fehlt;  in  der  Dresdener  Ha.  V.  1B2 

ich.     ")  wedder;  doch  vgl,  46.    ")  wedder,  das  erste 

lile  ausgelassen ;  restituiert  nach  der  Dresdener  Hs. 

e  gar.    ^j  Offenbar  corriunpiert.    Die  richtige  Lesung 

der  wit  mit  alle, 

Jt  alee  en  cristalle. 


59 

de  drudde  is  noch  blaw  noch  wit^): 
55  de  ene  besued  an  rechter  tyd, 
so  snt  he  ene  an  rechter  staed 
ghestalt  also  ene  fyoelblaed. 

De  verde  is  en  kristalle, 

de  is  de  swakeste  over  alle. 
60  der  sulven  der  is  rechte  vil. 

van  dem  besten  ik  juw  saghen  wil. 

we  ene  holt  yeghen  de  sunnen, 

dat  he  van  heter  brunnen 

en  halm^^)  darane  entzunne. 
65  dat  is  en  groet  wunder. 

de  ene  drecht  an  enem  vingherlyn, 

deme  mach  de  vrost  nen  schade  syn.^*) 

De  vefte  sten  het  aghaed,  *     [2». 

de  wol  in  deme  golde  staet 
70  unde  is  swarter  wan  een  kael, 

also  ik  juw  wol  saghen  sal. 

alumme  des  stenes  braw 

gheit  een  rinck,  de  is  graw 

unde  is  bewilen  van  sik  sulven  daran 
75  ghegraven®^)  wiff  unde  man, 

mennich  der^)  wilde 

unde  mennigherhande  bylde, 

dat  nen  is  deme  anderen  ghelick  — 

dat  is  doch  gar  wunnichlick^^)  — 
80  unde  synt  ghewassen  unde  nycht  ghegraven.   . 

dat  kan  ok  nemant  affgeschaven, 

he  enbreke  ene  to  stucken. 

de  man  heft  gud  gholucke, 

wen  he  den  sten  by  sik  haot. 
85  wor  he  ridet  ofte  gad, 

dar  enwert  he  nummer  ghevanghen; 

adderen  unde  ock  de  slanghen 

de  schaden  em  nicht  en  haer, 

wer  he  by  en  en  ganset  jar. 
90  id  duncket  den  luden  allent  gud, 

wat  he  jummer  gheduet. 

^)  witz.     ***)  halem   mit  durchstrichenem   e.    Vergl.  übrigens  den  Erfurter 
Druck  V.  175  ff.:  Wer  in  heb  gegen  der  sun, 

Das  dar  an  wol  enbrun 

Einthalb  als  ein  zunder. 
")  Es  folgt:   Dat  is  en  grot  durchstrichen,    ®^)  ghegrawen.  —  Von  späterer  Hand 
vor  wiff  eingeschoben :  en.    ^)  Hinter  der  von  derselben  Hand  wie  in  Zeile  75  ein- 
geschoben  is.    '*)  Von  eben  derselben  späteren  Hand  wunnichück  in  wunderlick 
corrigiert 


60 

De  soste  is  en  ametiste. 

de  des  kraflft  to  rechte  wiste, 

de  scheide  ene  beholden  wol. 
95  syn  varwe  [is]^^)  alse  en  fyol. 

wol  en  des  naorghens  anghesycht, 

de  mach  des  daghes  vordrinken  nycht, 

unde  maket  Instlick  den^^)  maen, 

wo  vake  he  ene  sned  an: 
100  de  wert  so  vrolikes  modes, 

unde  were  wort  voles  gudes,  [2^. 

men  dat  er  is  so  vel 

dat  men  er  nycht  achten  wil. 

welk  vrouwe  ene  drecht^^)  ynme  golde, 
105  de  het  eres  mannes  hulde. 

De  sovende^^)  is  en  krisolite, 

de  is  gud  ymme  stride 

unde  is  ghestalt  deme  golde  ghelick  — 

dat  wotet  denne  werlick  — 
110  unde  steit  ok  ynme  golde  wol: 

dar  brent  he  ynne  alse  en  kal*®). 

wol  des  nachtes  drecht  den  sten, 

deme  mach  der  duvele  neen 

schaden  noch  syn  ghedaet, 
115  de  wile  he  den  sten  haet. 

oft  en  maen  is  sere  ghewunt 

unde  darvan  is  ungesunt 

unde  he  mach  sterven  ofte  ghenesen, 

so  mach  he  des  nycht  overich  wesen, 
120  he  enmote  spien  dat  bloet: 

wenme  en  den  sten  in  de  haut  doet, 

[oft  he  eck  des  nycht  enduet,]*^) 

so  stervet  he  van  den  wunden  nycht, 

wat  em  ok  darvan  gheschicht. 

125      De  achte  het  onichilus. 

des  stenes  varwe  is  aldus 

wedder  swart  noch  gar  wit. 

den  machmen  graven  up  allen  vlit*^), 

wo  deme  manne  dunket  gud. 
130  wol  den  in  en  vingerlin  duet 

unde  dat  drecht  aver  syn  er  band, 

deme  dromet  des  nachtes  to  band 

al  dat  em  bescheen  sal.  [3». 

dat  sued  he  ynme  drome  wol. 

«ö)  18  fehlt.  «^)  de  statt  den.  ^  dricht.  ^^)  soluede  mit  durchstrichen  em  1. 
*o)  kol.  *^)  Müssige  Einschaltung.  ^^)  wlijt.  Statt  up  allen  vlit  hat  die  Dresdener 
Hb.  V.  241  besser:  in  aller  weyfz. 


i 


61     . 

135      De  neghede  ist  jaspis  ghenant, 

den  vynt  men  in  mennighen  lant 

imde  is  van  mennigher  verwe. 

de  grono  is  alse  ene  gharve, 

de  is  de  beste  an  syner  ard 
140  unde  schal  myt  golde  syn  vorspart. 

de  sten  bot  den  reden, 

de  sik  bestrickt  darmede. 

en  wiff  de  en  over  den  vingher  haet 

unde  kyndes  an  arbeyde  gad, 
145  wanme  er  den  sten  in  de  hant  ghit, 

so  gheneset  se  in  korter  tyd. 
[  unde  des  is  ok  de  sten  gud, 

dat  he  vordrivet  dat  bloet 

an  der  nesen  unde  an  den  wunden: 
150  darna  in  körten  stunden 

wan  he  ene  nympt  an  de  hant, 

so  besteyt  dat  blot  altohant. 

we  enen  vyent  dot  sloghe 

de  wile  he  den  sten  droghe, 
155  de  blodde  nummer  nycht  en  har  — 

dat  wotet  wol  alvorwar  — 

de  wile  he  levede  unde  scheide  leven, 

wurden  em  ok  dusent  wunden  gheven. 

De  teynde  sten  het  dyemant, 
160  de  is  velen  luden  wol  bekant, 

de  eddele  is,  lutter  unde  klar, 

unde  ik  segghe  juw  dat  vorwar,  . 

he  is  euer  hasselnut  ghelick. 

dat  segghe  ik  jw  werlich,  [3^. 

165  dat  de  sten  is  so  hart, 

dat  ny  so  hardes  nycht  enwart:^^) 

de  ene  leide  up  enen  ambolt 

unde  neme  enen  hamer  groet 

unde  sloghe  upp  den  sten, 
170  dat  schade  em  gar  kleyn, 

an  dat  ambolt  dat  he  steke 

vele  er  cor  hee  tobreke. 

nu  heft  men  vunden  ene  lyst, 

dat  men**)  in  korter  vrist 
175  wol  weket  alse  ene  rove, 

dat  men  dor*^)  snede  unde  grove, 

wo  deme  manne  duchte  gud. 

me  schal  nemen  buckes  blöd 

*')  Durch  Correctur  von  späterer  Iland  ist  die  Lesung  ny  dinck  so  hard  nycht 
hergestellt.    **)  men  =  me  en.    *^)  dar. 


^'-  'li<jlVIIHPJf^     ^  '    ^ ^^^ 


.     62 

unde  smolten  bligh  darby, 
180  uiide  dat  blöd  jo  warme  sy, 

unde  steten  dat  in  den  demant, 

so  wert  he  week  altohant 

nnde  men  mach  ene  snyden  wo  men  wil 

unde  maken  ut  em  kiener  vil. 
185  in  enb  stalene  caste, 

darinne  steyt  he  vaste, 

in  sulver  unde  in  golde  nycht, 

dat  is  deme  stene  gar  enwicht*®). 

wol  den  demant  drecht  — 
190  an  der  linken  hant  is  [he]*®*)  recht*')  — 

den  hebben  de  lüde  holde 

unde  we  em  ovele  den  wolde,*®) 

de**)  mochte  em  nen  schade  syn 

de  wile  he  droghe  dat  vingerin, 
195  unde  heft  ghelucke  unde  heyl. 

em  dromet  nummer  en  deP^)  [4a. 

dat  em  vrame  ofte  schade  sy. 

unde  welker  vrouwen  de  sten  is  by 
.    dede  drecht  en  kyndelyn, 
200  de  mach  des  wol  wüs  syn 

dat  er  dar  nummer  an  mysgad, 

de  wile  se  dat  vingeren  haed. 

wo  men  den  rechte  kennen  sal, 

dat  segghe  ik  juw  rechte  wal 
205  unde  wil  juw  dat  bewisen: 

de  magnes  de  dat  yseren 

to  syk  tucht  myt  syner  kraft, 

de  wert  tohant  so  ghehaft, 

wanmen  dar  but  den  demant, 
210  so  vorlet^^)  he  dat  yseren  altohant. 

De  elfte  het  sardius  unde  is  roet, 
de  is  gud  to  aller  noet. 
wol  ene  deghelicken  anghesycht, 
(Jeme  mach  nen  leyt  gheschen  nycht. 
215  en  wiff  de  enes  kyndes  [is]^^*)  in  arbeyde, 
de  gheneset  vil  ghereyde 
wen  se  den  an  den  vinger^^)  doet. 
so  is  nen  tover  so  gud, 

*«)  gar  riebt,  aber  vom  Scbreiber  eia  e  darüber  gesetzt.  Verbessert  nach  der 
Dresdener  Hs.  V.  306 :  Das  ist  desem  steine  ein  wicht.  *^*)  he  fehlt.  *^)  VergL  Dres- 
dener Hs.  V.  307  f.:         Auch  wer  an  seiner  linkin  hant 

Wil  tragin  den  dyamant. 
*•)  Dieser  und  der  vorige  Vera  sind  in  der  Hs.  verstellt.    *^)  vnde  statt  de,    ")  num- 
mer wandeL     Vergl.   Dresdener  Hs.   V.   314:    Nymmer  getrawmet  ohm   eyn    teil. 
•*)  worlet.    **»)  is  fehlt.    •')  vingere,  das  ö  durchstrichen. 


63 

WO  vele  he  toverye  kan, 
220  dat  he  ychtes  don  moghe  dem  man 
de  dat  vingeren  haet 
dar  de  sardius  inne  staed. 

De  twelfte  het  en  robyn. 

de  ghift  des  nachtes^^)  den  schyn, 
225  dat  men  in  dem  düsteren  sud  wol 

alse  en  gloyende  kal. 

deme  manne  nummer^)  syn  giid  togaed, 

de  den  sulven  sten  haed 

unde  he  blift  jummer  rike  [4b. 

230  de  en  ansued  je  daghelike. 

Dit  sjmt  de  twelff  stene 
de  Auren  alghemene 
vor  sik  in  den  tempel  droch. 
ave  dar  synt  stene  ghenoch 
235  de  ok  synt  vil  dure 

unde  van  eddeler  nature. 

der  is  utermaten  vil, 

der  ik  en  del  hir  nomen  wil. 

De  kappun*^)  over  soven  jar 
240  drecht  enen  sten  —  dat  is  war  —     - 

na  by  syner  maghen. 

den  schahnen  to  stride  draghen, 

wente  he  winnet  den  seghe  to  aller  vrist 

wen  de  sten  by  em  ist. 
245  unde  wol  ene  in  de  munt  doet, 

dat  is  ok  vor  den  dorst^^)  gud. 

de  vrouwe  de  den  sten  had, 

dan  se  ok  kyndes  [an]^®*)  arbeyd  gad, 

de  gheneset  wol  desto  er. 
250  noch  segghe  ik  juw  van  em  mer: 

de  eren  mannen  willen  behagheh, 

de  scholen  den  sten  by  syk  draghen. 

De  corniel  is  roet  gar, 
alse  en  teghel  ghevar. 
255  de  is  vor  torne  gud 

unde  winnet  nummer  unmoed 
wan  he  den  sten  by  syk  haed. 
darvan  wert  eck  des  blödes  raed. 

Eon  sten  de  hetet  koral, 
260  de  is  roed  averall. 

")  morghes  statt  nachtes.  ^*)  jUmer.  ^^)  kappfin.  ^^)  dorst.   ^^o-)  an  fehlt;  doch  vgl.  144, 


-  64 

ene  bände  krut  ynme  mero  stat, 
dat  sulve  körte  blede  hat: 
80  men  dat  bringhet  ant  lant, 
so  wert  et  hart  altohant 

265  linde  wert  to  euen  stene  gud, 
roet  rechte  also  en  bloed, 
nochtent  was  id  iat  erste  grone. 
dar  wert  de  man")  van  kono 
unde  mach  to  aller  stund 

270  wol  varen  unde  syn  ghesiind. 

Een  sten  is  aeyre  ghenant, 
de  kraft  is  my  wol  bekant. 
de  is  gheme  roder  raer 
unde  heft  van  ersten  de  adelar 
275  hoghe  boven  synem  neste.**) 
wor  men  den  sten  wüste, 
dar  mochtane  ene  gherne  soken. 
me  heft  uns  in  den  boken 


280  wol  ene  an  der  lynken*^)  hant  drecht, 

de  is  jummer  vrolick  unde  rike, 

dat  segghe  ik  juw  werlike, 

dat  em  de  sten  sere  vromet: 

wor  he  to  enera  strido  komet^), 
285  so  nemen  do  vionde  de  vlucht. 

he^')  botet  ok  der  vallendea  sucht. 

unde  oft  wüste  yenich  man, 

dar  he  twivel  ane  haen,^^) 

oft  he  syn  yyent  ofte  vrunt  were, 
290  dat  betughet  he  wol  in  korter  mere, 

dat  em  ok  nycht  mach  schaden: 

he  schal  ene  to  syneme  diske  laden 

undo  schal  des  ok  nycht  vorgheten, 

"}  m^.  ")  'nde  lieft  neghen  adelarn 

hoghe  bouen  ayoe  ueste. 
Gebessert  nach  Dresdener  Ha.  Y.  366 : 

Den  h&t  vom  eratin  der  adeler 
Hoch  auff  Beineo  neate. 
")  Ijnken  von  spSterer  Hand  ia  lynker  g^odert.    *>)  kämet.     ")  Se  statt  he,    •')  Die 
beiden  Verse  sind  offenbar  coriumpierL    Die  Stelle  lautet  in  der  Dresdener  Hs.  T, 
880  f.  Tnd  ab  ime  einer  wejfzet  den  man, 

Da  her  gewyfze  czwe;  ffelc  an 
und  im  Erfurter  Druck : 

Und  ob  nit  weist  der  man 
Das  er  zweiffeiet  dar  an. 
Demnach  wird  zn  lesen  sein: 

nnde  oft  nicht  wuate  yenich  man, 
dat  he  twivelet  dar  an  etc. 


65 

he  legghe  den  sten  in  dat  eten.  41  [ob. 

295  wen  he  denne  nycht  enwet, 

de  wile  de  spise  is  het, 

is  he  denne  syn  vrunt  nycht 

also  he  sick  to  em  vorsycht, 

wat  he  nympt  an  de  munt, 
300  dat  kumpt  em  nummer  der  den  slunt**), 

also  grot  also  en  klene  gras 

unde  mot  tohant  spien  ut^). 

De  swale  drecht  enen  sten, 

de  enheft**)  noch  varwe  nen 
305  alse  de  anderen  stene. 

der  is  vil  klene, 

kume  alse  en  bone. 

den  schalmen  draghen  schone 

an  eynem  doke  lynnellyn, 
310  so  mach  he  des^*^)  jo  wys  syn : 

we  jenighen  torn  up  cm  drecht, 

dat  ho  den  drade  torughe  lecht. 

he  is  ok  vor  tovorie  also  gud, 

wol  en  an  den  munt  dot. 
315  unde  wil  juw  segghen  van^'')  em  mer : 

weme  de  oghen  dot^®)  we, 

so  schal  he  ene  maken  kleyne 

an  eyneme  becken  reyne 

unde  don  des  in  de  oghen  en  del, 
320  so  werden  so  eme  drade  hei. 

Ben  sten  botet  syrion. 

ik  segghe  juw  Wunders  vele  van  em: 

de  kumpt  myt  dem  donnerslaghe 

unde  is  gheschapen  alse  ik  juw  saghe: 
325  euer  stralen  is  ho  ghelick. 

dat  segghe  ik  jw  ok  merklick:  [6a. 

in  deme  huse  dar  he  denne  is, 

dar  enkumpt^^)  riummer  —  dat  is  wis  — 

weder  noch  dunnerslach 
330  noch  dach  edder  nacht. 

dat  schyp  ok  nummer  undergad'^*^) 

wan  id  den  sten  bynnen  had 

uppe  deme  mere  ofte  anders  wor. 

de  sten  is  gron  unde  graw. 
335  de  schal  ene  schone  beholden 

unde  en  in  eyn  ledder  volden, 

•»)  slunck.     ")  vtz.     öS)   ene  heft.     ^^)  der.     0^)  vam.     ^^)  dot.    ^^)   dat  en 
kumpt.     ^®)  vndergäd. 

Ifiederdentsches  Jahrbuch.  II.  5 


66 

dar  ia  he  inne  wol  behud, 
undo  ock  an  deme  stride  gud 
unde  oct  to  deghedinghen, 
340  dar  mach  em  wol  ghelinghen. 

Gen  sten  het  elitropia. 

nu  höret  wo  de  sy 

rechte  ghetan  alse  en  blöd. 

wol  ene  an  en  water  dot, 
345  so  mot  de  sunne  oren  scbyn  lan 

unde  de  wölken  upgan 

unde  beghynnet  to  regende  sere. 

de  man")  heft  gud  unde  ere, 

wol  den  sten  by  syt  hat, 
350  darran  dat  blot  uustaed, 

unde  kumpt  nummer  an  nene  nod'*) 

rechte  wente  an  synen  dot. 

Der  pogghen  der  is  vil, 

beyde  grooe  unde  gbeel, 
355  unde  darto  swart  allze  ene  kalo 

unde  er  de  oghen  luehtet  wal 

rechte  also  en  bernende  gloet.  [&> 

de  drecht  stene  de  synt  gud 

bovene  in  ererae  geherne'*) 
360  vil  na  by  deme  sterne, 

desse  varwe  is  nycht  gheworde, 

vil  na  ghelick  de  erde, 

unde  is  roder  drapen  vul 

undo  myddeno  gar  hol. 
365  de  den  mochte  vorwerven, 

de  mochte  nummer  vorderven 

nenerleye  wüs  an  dorne  gude. 

unde  he  bedarff  ock  guder  hude''*), 

dat  men  ene  to  bilde")  nycht  endroghe. 
370  van  deme  stene  ik  juw  sagbe: 

heft  en  man  viende  ghen, 

lat  em  sen  den  sten, 

so  is  dat  nycht  to  scbeyden, 

se  syn  frunde  under  en  beyden. 

,  375      Geratice  hetet  ok  on  sten, 
de  is  beter  wen  der  en 
unde  is  also  en  nut  ghestalt. 
syne  varwe  is  mennichvalt, 

")  dat  men.    ")  DOd.    ")  gherne.    ")  hüda    ")  Etwa  to  bade  statt  to  lilM«' 
VergL  Erfurter  Druck  V,  463 :  Zu  bad  iu  nicht  trage. 


67 

gel  gron  unde  wit^®), 
380  blaw  swart  unde  aller  wijs. 

wol  den  sten  deyt  in  de  munt, 

den  mach  nemant  in  der  stunt 

vorsegghen  wat  he  ghebicht^^), 

de  wüe  de  eme  in  deme  munde  licht. 
385  unde  segghe  jw  werliken: 

de  syn  hus  bestrike 

myt  honnighe  bynnen  allentsament, 

beyde  muren  unde  want^»), 

unde  den  sten  draghe  in  dat  hus,  [7a. 

390  so  vleghen  de  vleghen  alle  daruth, 

unde  wan  he  ene  droghe  hyn, 

so  vleghen  de  vleghen  wedder  in. 

Van  der  parle  ik  jw  segghen  wil. 

de  bekenne  gy  alle  wol. 
395  de  heft  de  nature, 

me  kope  se  na  ofte  dure, 

na  erem  rechten  werde, 

so  mach  er  up  der  erden 

nemant  vorkopen^^)  ano  wyn, 
400  he  wylle  se  gherne  werpen  hyn. 

Een  sten  hetet  viciros, 

den  heft  seidene  man  to  hus. 

he  is  drove,  dat  is  war, 

geschapen®^)  also  hyndon  haer. 
405  dat  is  de  beste  seghesten, 

dan  der  anderen  ierghen  en 

de  ik  hyr  hebbe  ghenomet 

unde  vorder  van  ghedomet. 

unde  wil  jw  mer  segghen  darvan: 
410  en  koningh  was  van  Nordan, 

de  vorode  to  allen  tyden 

den  sten  to  allen  striden 

unde  nam  allent  averhant 

over  syno  viende  allesand. 
415  ones  daghes  schach  dat, 

dat  he  den  sten  to  hus  vorgat 

do  he  ryden  wolde 

unde  striden  scheide. 

do  wort  de  konigh  seghelos, 

'*)  witz.     ^^)  ghebicht  ist  Unsinn  und  beruht  wohl  auf  einem  Missverständniss 
von  Seiten  des  Üebersetzers.    Vgl.  Dresdener  Hs.  V.  477 :  Vorsagin,  was  her  do  bith. 

'^  vant.    '•)  Statt  vorkopen  steht  vorwerpen.    Doch  vergl.  den  Erfurter  Druck  V. 
^03:  Nit  verkauffea  on  gewiu.    ^°)  ghespapen. 


68 

420  so  dat  he  syn  volck  dar  Torlos 
tmde  wort  sulven  ghevanghen. 
dat  were  em  ne  oyerghanghen,  [7b. 

hadde  he  des  stenes  ghedacht 
unde  hadde  en  mede  to  stride  bracht. 

425      Een  sten  hetet  openkas, 

de  is  gron  also  en  gras 

unde  doch  harde  dicke 

unde  in  dem  amblicke 

dunket  he  blaw  en  del 
430  unde  gyft  lucke  unde  heyP^). 

so  is  de  sten  also  gud: 

de  ene  in  de  munt  doet, 

den  sud  nemant  wor  he  gheyt 

oft  wor  he  by  den  luden  steyt: 
435  de  nemen  syner  neue  war. 

dyt  were  ok  de  wunsko  gar, 

we  den  sten  hadde 

unde  wat  he  ok  mede  ded^®^). 

Enen  rechten  dorcus  we  den  had, 
440  so  he  ynme  golde  staod, 

deme  velt  nummer  äff  dat  ben 
noch  ander  syner  lede  nen, 
wor  he  ridot  ofte  gad, 
wen  he  den  sten  by  syk  haet. 

445       Crite  is  en  sten  ghenant, 

de  is  swart  also  en  brant 

unde  is  sennewolt  also  en  klot 

unde  is  doch  nycht  groet. 

louwen  baren  unde  wilde  swyn, 
450  by  den  mach  he  nummer-  syn, 

dat  men  der  wedede, 

de  wile  ho  den  sten  hedde^^). 

Calcofon  het  en  sten, 
den  heft  luttich  yen.  [8a. 

8*)  heyel.  ^^)  Dieser  ungeschickte  Vers  lautet  in  der  Dresdener  Hs.  V.  542: 
Vnd  Bulch  wunder  tete;  im  Erfurter  Druck:  Dar  mit  auch  gultes  det.  ®^)  Ziemlich 
ßinnlos.    Vgl.  Dresdener  Hs.  V.  553  ff.: 

Lawhen  bern  vnd  swein 

Mit  den  mochtin  wol  dy  leuthe  sein 

Das  sy  des  nichteu  tetin  (lies:  den  nicht  entetin) 

Wenne  sy  den  stein  bey  ohn  hettin. 
Demnach  würde  etwa  zu  lesen  sein: 

by  den  mach  he  jummer  sin 

dat  em  der  nen  wedede  etc. 


69 


455  de  is  swart  alse  en  kale. 

we  den  rechte  bekennen  sal, 

de  sla  darup  lise, 

so  lut  dat  in  der  wise 

also  hale  unde  also  helle, 
460  rechte  oft  et  sy  en  schelle. 

wol  den  drecht  an  enen  vingeren, 

de  mach  wol  ane  wiflf  syn. 

Calcedon  is  en  sten  weghelick, 
dem  cappnnes  stene  is  he  ghelick. 
465  wor  en  strit  syk  heven  wil, 
et  sy  luttich  ofte  vele, 
bringet  he  den  sten  dar  entyd, 
so  togheyd  de  sulve  strid. 

Een  sten  hetet  flammat. 
470  we  den  by  syk  hat, 

de  wert  nummer  overlaghen 
ofte  myt  neneme  kope  bedraghen. 

De  rechte  sten  magnat, 

nu  höret  wat  he  krefte  hat; 
475  he  tucht  to  syk  dat  yseren. 

id  moed  ok®*)  den  kol  wisen, 

so  he  uppe  deme  mere  gad, 

na  deme  sterne  dromendat. 

wenmen  den  sterne  nycht  ensut, 
480  so  mach  men  synes  enberen  nycht. 

en  man  dede  en  wiff  hat, 

unde  enen  anderen  by  syk  ligghen  lat®^) 


»*)  Statt  ok  hat  die  Hb.  em;  doch  vergl.  Dresdener  Hs.  V.  682:  Vnd  mufz 
den  keyl  auch  weyfzin.  ^^)  Eine  Reihe  von  Versen  ist  in  der  Hs.  ausgelassen,  ohne 
Lücke.     Die  ganze  Stelle  lautet  in  der  Dresdener  Hs.  V.  587  ff.: 

Ein  man  der  auch  ein  weyp  hat, 

Der  der  vnkewfzheit  nechtin  let  (Erfurter  Druck:  Die  ander  zu  ir  lat) 

Vnd  is  besayt  vorware 

Vnd  doch  [nicht]  offinbare, 

Ab  is  war  sey  ader  glogin, 

Des  wirt  her  kurczlichin  vbertragin: 

Wenne  her  des  nachtes  sloffin  gat 

Vnd  sich  sein  weyp  gelegit  hat 

Cu  ohm  in  das  bette  sein, 

So  sal  her  vnder  das  kufzin  den  stein 

Legin  vnder  ir  hewbet. 

Alz  balde,  das  glewbet, 

Ist  das  sy  keinen  czuman 

Ca  irem  elichin  manne  gewan, 

Sy  mufz  alzo  gaen 


70 

£en  sten  betet  kamahu, 

vaii  deme  wil  ik  dy  Eaghen  du: 
485  de  is  wit  myddeEe  ghar 

unde  is  alunune  swarter  Tar 

unde  is  van  achter **) 

dat  wetet  vor  de  warheyd. 

wol  den  aten  by  syk  drecht, 
490  deme  wasset  ummer  mere*') 

syn  gud  unde  ock  syne  ere. 

unde  ik  wil  werliken  saghen, 

do  schal  ene  mede  to  stride  draghen, 

wente  eme  niumner  mieghelinghet, 
495  de  den  sten  dar  myt  syk  bringhet 

Een  sten  betet  arisestss. 

de  sten  is  gron  alse  en  gras 

unde  blaw  darto  gbemengbet, 

oft  he  sy  gans  besprenghet 
500  myt  güldenen  drapen  cleyne 

allentbalven  in  deme  stene. 

en  doff  dede  were  ghevaughen 

unde  en  me  scheide  hanghen, 

dat  he  vordelet  ok  were, 
505  oft  eck  en  stratenrovere 

den  men  uuthoveden*')  wolde 

alse  men  to  rechte  scheide: 

dede  be  den  sten  in  de  munt, 

he  werde  loddicb  an  korter  stunt. 

Iren  man  Tmb  faen 
Vnd  ohD  dnickin  czu  iten  brostin 
Noch  ires  herczen  luatin ; 
In  irem  aloffe  sy  das  thuth. 
Ab  By  denne  vor  lästern  nicht  ist  hehut, 
So  uymmet  sj  einen  grofzin  fal 
AI  von  dem  bette  hin  czu  tal: 
Sy  feilet  also  gehegelichic 
Recht  alz  her  sy  gestossin 
Iczliche  frawe,  der  ir  man 
Mit  uichte  holt  gewefzin  kan, 
Den  stein  sal  sy  ohm  nochtragiu, 
So  wirt  her  ir  bey  drujin  tagin 
Alzo  holt  dem  selbigin  weybe 
Gleich  seines  selbes  leybe. 
Ist  aber  ein  weyp  einem  manne  gram, 
Dem  manne  rotbe  ich  auch  alzam. 
"")  SchluBS  der  Zeile  fehlt    Die  Stelle  lautet  in  der  Dresdener  Hb.  V.  ( 

Vnd  ist  alvmb  swarz  far. 

Doran  ist  ein  antlicz. 

Der  Bt«in  ist  harte  nücz, 

Dat  wylzet  etc. 
)  deme  wasset  nümer  syn  gud  mere.    *')  vuthouedS. 


71 

510      De  granat  unde  de  rode  jachant, 

de  synt  alle  beydesampt  [ghenant]^*). 

der  krefte  is  nycht  to  vele, 

men  alse  ik  jw  saghen  wil:  • 

de  to  deme  richte  gad, 
515  deme  vromet  he  wo  he  ene  by  syk  haet. 

Dyacorda  is  en  wunderlik  sten  ghud*^).  [9». 

de  verwe  is  ok  manck  anderen  aldus 

vil  na  alse  de  brillius. 

de  en  deyt  an  en  becken, 
520  dar  schal  water  inne  svn 

enes  lütteren  brunnen^^), 

unde  sette^*)  dat  in  de  snnnen 

unde  se  dat  se  schyne 

rechte  in  dat  beckene, 
525  so  kumpt  tohant  varende  dar 

der  duvele  ene  michele  schar, 

dat  he  se  kume  aversicht 

unde  moten  em  doch  don  nycht, 

unde  welken  he  ycht  vraghen  wil, 
530  id  SV  luttick  o'fte  vil, 

dat  kan  he  em  segghen  wol 

rechte  alse  id  scheen  schol, 

id  sy  em  let  offte  lefF. 

so  is  dar  nenerhande  deflf, 
535  de  dar  ycht^^)  vorstolen  have, 

he  kone  eme  wol  segghen  darave 

wo  de  deff  sy®*)  ghekamen 

de  dat  gud  heft  ghenamen. 

so  dar  der  duvele  nen, 
540  de  wile  in  dem  becken  licht  de  sten, 

nummer  kamen  ok  darvan, 

er  ene  darut  nympt  de  man. 

Nu  sint  de  stene  gar  en  wint 
vor  den  de  ghegraven  synt. 
545  wat  krefte  de  hebben  unde  heyl, 

darvan  segghe  ik  juw  en  deyl,  [9b. 

van  erer  doghet  unde  van  orer  kraft, 
wente  hirvor  de®^)  heydenschafif 
konden  an  den  Sternen  seen 

8»)  ghenant  fehlt;  entnommen  aus  der  Dresdener  Hs.  V.  662.  ^)  Besteht  in 
der  Vorlage,  wie  es  auch  der  Reim  verlangt,  aus  zwei  Zeilen;  vergl.  Dresdener  Hs. 
V.  667  f. :  Dyacoda  is  einn 

Harte  wunderlicher  stein. 
*^)  bronnen  ist  von  späterer  Hand  gestrichen  und  dafür  hörnen  gesetzt    ^')  Betten. 
*»)  ich.    ^)  se.    »*)  der. 


72 

550  wat  in  der  werlde  scholde  sehen, 

id  were  ovele  ofte  gud, 

also  noch  vil  mennich  heyden  dut, 

de  van  wunder  also  wijs  is. 

nu  hadde  etlike  de  list, 
555  dat  he  de  ghestene 

groff  also  ghemene 

na  der  rechten  stunde, 

dat  he  wol  besen  konde 

wo  he  see  graven  scholde 
560  alse  he  se  hebben  wolde. 

Der  stene  is  uns  en  del  bleven, 

do  se  van  dem  lande  worden  dreven. 

der  is  noch  utermate  vel, 

der  ik  en  del  hir  nomen  wil. 
565  welk  man  den  sten  hat, 

dar  en  konigk  ane  graven  stat, 

de  was  Saturnus  ghenant, 

de  heft  ene  sekelen  in  der  hant: 

wol  den  an  en  vingeren  dot, 
570  deme  wasset  syn  ere  unde  syn  gud 

unde  em  schud  nummer  herteleyd, 

de  wile  he  dat  vingeren  dreyt. 

Den  sten  dar  en  man  ane  stat, 
de  enes  lammös  hovet  had, 
575  de  den  drecht  ynme  golde, 
den  hebben  de^^)  lüde  holde 
unde  se  moghen  eme  nycht  vorsaghen, 
de  wile  he  wil  dat  vingeren  draghen. 

De  den  sten  mochte  haven,  [10*. 

580  darane  stunde  ghegraven 
de  sunne  unde  de  mane, 
de  werde  nunmier  ane 
wedder  gud  noch  ere 
nach  synes  willen  beghere. 

585      Welck  man  den  sten  haed 

daran  ghegraven  staed 

en  deghelick  ghewapen  man, 

de  en  halsbant  hadde  an 

unde  en  swert  up  der  syden 
590  alse  he  wolde  ghan  to  stride, 

oft  he  en  swert  hebbe  in  der  hant 

unde  yseren  benghewant 

^)  du. 


73 

unde  up  synen  hovede  enen  hoed: 
de  den  sten  an  en  vingeren  doet, 

595  dat  schal  wesen  stalyn ^') 

so  nympt  he  allent  averhant 

over  syne  viende  allesampt 

unde  he  wert  nummer  gheslaghen, 

de  wilo  he  wil  dat  vingeryn  draghen. 

600      Welk  man  den  Jaspis  hat, 

dar  en  hase  ane  graven  stat, 

unde  den  sten  dreeht  an  syner  hant, 

in  dem  kumpt  nummer.  de  valand 

unde  anders  eck  nen  ungemack 
605  wedder  nacht  unde  dack. 

Welk  ever  den  sten  hat, 
dar  en  man  ane  graven  stat 
de  en  halm  heft  in  der  hant, 

de  schal  darby  syn  bekand:  [10^. 

610  dat  bedudet' grote  hillicheit 

unde  em  mach  nycht  sehen  leyd 

unde  he  med  dem  heren  wol  behaghen, 

de  wile  he  dat  vyngeren  wil  draghen. 

Welk  man  enen  Jaspis  haet, 
615  dar  en  hert  ane  graven  stat 

oft  jaghende  hunde: 

den  man  mach  to  noner  stunde 

de  duvel  nen  schade  syn, 

de  wile  he  dreeht  dat  vingeryn. 
620  de  mit  deme  duvel  is  behaft, 

de  wert  gheloset  van  em  tohand.^®) 

Welk  sten,  darinne  graven  stat 
ene  maghet  unde  in  der  hant  haet 
ene  waghe,  oft  se  dar  weghe  mede : 
625  de  sten  but  dem  rede. 

Welk  man  enen  sten  hat, 
an  dem  en  storck  graven  stat^®): 
de  den  in  en  vingeren  doet, 
de  is  ok  vor  den  rede  gud. 

•^)  Der  Reiravers  fehlt;  in  der  Dresdener  Hs.  V.  1010  lautet  er:  Dy  weyle 
W  Ireth  das  fingerlin.  ®*)  Diese  beiden  Verse  scheinen  aus  vieren  der  Vorlage  in 
UBgeschickter  Weise  zusammengezogen  zu  sein.    Vgl.  Dresdener  Hs.  V.  1051  ff.; 

Der  stein  hat  auch  grosse  krafft: 

Wer  mit  dem  tewfel  ist  behafft, 

Der  Wirt  von  ohm  ledig  czu  hant, 

^ymmet  her  (Jen  stein  in  seine  baut» 


74 

630      Welk  sten,  darinne  graven  synt 

ene  ko  unde  twe  ere  kynt: 

de  sten  schal  van  rechte  syn 

an  enen  bliende  vyngeryn 

unde  anders  an  nen  golt, 
635  so  hebten  ene  de  lüde  holt 

unde  he  lyt  ok  nummer  den  doet 

van  water  unde  van  vures  noet. 

We  vyndet  en  schyp  alleyne 
ghegraven  an  eynen  steyne 
640  unde  dat  schyp  is  leddich  [IIa. 

ane  man  unde  ane  wiff; 
de  sten  is  vil  ghud, 
wente  he  ghifft  lucke  unde  hoghen  moet. 

An  welkem  stene  graven  synt 
645  on  man  unde  en  halff  rynt  — 

dat  der  is  orien  ghenant  — ^^) 

unde  heft  en  swert  an  syner  haut 

unde  de  scheden  up  der  syden : 

de  sten  is  gud  to  striden, 
650  unde  he  wynnet  to  aller  stunt 

unde  wert  van  neuen  wapen  wunt. 

Een  sten  darane  graven  stat 
en  man  de  en  swert  hat, 
blot  ane  scheden  — 
655  Parsuen^®^)  het  de  heyden  — 

unde  heft  in  der  anderen  haut  en  hovet:  ] 

vorwar  des  ghelovet, 

dat  em  nycht  schaden  mach  j 

weder  noch  ock  de  donnerslach.  ! 

660      Een  kristalle  oft  en  jachant  wit, 

darane  graven  steyt  myt  vlyt 

ene  vrouwe  ane  ghebende 

unde  dat  se  myt  den  henden 

vor  syk  hebbe  ghedaen, 
665  unde  en  man  vor  er  staen 

de  wynket  myt  den  oghen 

der  vrouwen  herde  toghen, 

dat  se  synen  willen  dede: 

de  den  sten  ock  denne  hedde, 
670  de  scheide  syn^®^)  myt  kuschen  pleghen 

^^)  dat  dar  is  krum  ghemrat.  Ich  setze  dafür  die  Lesung  der  Dresdener  Hs. 
V.  1081:  Das  tir  ist  orien  gnant.  '<^*)  Statt  Parsuen  hat  die  Dresdener  Hs.  V.  1116 
Palsun.    Gemeint  wird  Perseus  sein.    ^^^)  Von  späterer  Hand  aus  syn  gemacht  syner. 


-» 


75 

unde  myt  gholde  gherne  wedderweghen 

dat  beste  dat  mochte  ierghen  syn,  [IIb. 

unde  maket  daruth  en  vingeryn 

dat  me  under  den  sten  de, 
675  aloe  des  holtes  dar  wat  to: 

wol  dat  vingeren  up  em  haed 

dar  de  sten  denne  inne  staet, 

de  mot  den  luden  allen 

jummer  wol  bevallen. 
680  de  en  ock  men  anghesycht, 

de  kan  syner  vorgheten  nycht. 

unde  welker  vrouwen  de  he  bede, 

de  he  berorde  dannede 

an  den  arm^^^)  unde  an  de  haut, 
685  so  ghetrudet  so  em  tohant. 

Nu  vunde  wi  noch  nene 

der  ghegravene  stene, 

de  enes  louwen  hovet  haed 

unde.  dar  en  man  inne  staed 
690  unde  heft  arnes  bene 

unde  enen  draken  klene, 

de  under  des  mannes  benen  stat 

unde  de  drake  twe  hovede  hat 

unde  heft  ghestricket  den  saghel 
695  unde  enen  langhen  snavel, 

unde  hefft  en  krümmet  schevelyn 

de  man  in  der  haut  syn, 

steyt  wol  en  stake  alse  he  best  haed^^*) 

unde  en  luttik  van  ener  muschat 
700  unde  en  luttich  kampher  darto, 

desse  beyde  under  den  sten  do: 

so  wert  he  jummer  gheeret, 

wor  he  hen  denne  keret, 

unde  em  wasset  sere  syn  gud, 
705  unde  wat  he  jummer  dot,  [12*. 

dat  mot  em  wol  ghelinghen 

to  alle  synen  eghenen  dynghen. 

Finis  lapidarii  anno   LXXXI  &c. 

Torstehender  Lapidarius  ist  nichts  Anderes  als   eine  etwas  ge- 
kürzte TJeberarbeitung  von  Joseph's  Gedicht  von  den  edelen  Steinen, 

*<"*)  arm.    "*)  Der  Vers  ist  offenbar  corrumpiert.    Die  Dresdener  Hs.  hat  dafür 
y.  1132  ff.:  Der  selbe  stein  sal  auch  stan 

In  dem  besten  staile  (?),  alz  man  hat, 
Ynnd  njm  ein  wenig  m^fzcat  eta. 


76 

welches  Büsching  nach  einer  Dresdener  Handschrift  des  15.  Jahrh. 
mit  Zuziehung  eines  Erfurter  Drilckes  vom  J.  1498  im  2.  Bande  des 
Museums  für  altdeutsche  Literatur  und  Kunst  (Berlin  1811)  S.  52  ff. 
herausgegeben  hat.  üeber  eine  andere  Handschrift  desselben  Ge- 
dichtes, in  welcher  den  Versen  über  die  einzelnen  Steine  prosaische 
Einleitungen  vorausgesandt  sind,  s,  Bächtold,  Deutsche  Handschriften 
aus  dem  Britischen  Museum  (Schaflfhausen  1873)  S.  153  ff. 

Unser  Text  steht  der  Dresdener  Handschrift,  wie  man  sie  aus 
den  Zusätzen  des  Erfurter  Druckes,  von  Büsching  seinem  Abdrucke 
einverleibt,  herausschälen  kann,  sehr  nahe,  so  dass  es  möglich  war, 
einzelne  corrumpierte  Stellen  nach  ihr,  theil weise  auch  nach  dem 
Drucke  zu  bessern.  Die  hauptsächlichsten  Abweichungen  jener  Hand- 
schrift von  der  unserigen  sind  folgende:  Unser 'Gedicht  beginnt  erst 
mit  V.  115  des  Büsching'schon  Abdruckes,  wobei  übrigens  zu  be- 
merken ist,  dass  V.  1 — 47  auch  in  der  Dresdener  Handschrift  fehlen; 
da  unser  Gedicht  mit  dem  Karfunkel  einsetzt,  musste  dieser  als  erster 
Stein  bezeichnet  werden,  während  er  bei  Büsching  der  vierte  ist 
(voraus  gehen  Almendein,  Topasius  und  Smaragdus).  Da  aber  auch 
unser  Text  zwölf  Steine  nöthig  hatte,  die  bei  der  priesterlichen  Klei- 
dung Aaron's  zu  verwenden  waren  (vergl.  Exodus  28,  17 — 20),  so 
entnahm  er  die  übrigen  'drei  (Diamant,  Sardius  und  Eubin)  aus  der 
Zahl  der  übrigen  Steine,  die  in  der  Dresdener  Hs.  genannt  sind  (bei 
Büsching  Y.  277—328,  563—574  und  633—640).  In  unserem  Texte 
fehlt  in  der  Eeihe  der  Steine  ausser  den  bereits  genannten  drei  ersten 
noch  balas  (V.  641 — 645),  dagegen  fehlt  dort  der  bei  uns  genannte 
Syrien  (V.  311—330;  Büsching  entnahm  ihn  dem  Druck,  V.  415  bis 
434) ;  der  calcofon  (V.  442 — 452)  steht  dort  an  anderer  Stolle,  nämlich 
V.  486 — 496  zwischen  getraycze  (geratice)  und  perliu.  "Wenn  unser 
Gedicht  die  Aufzählung  der  Steine  mit  dyacorda  (V.  532)  schliesst, 
um  zu  den  geschnittenen  Steinen  überzugehen,  so  steht  es  auch  darin 
der  Dresdener  Hs.  nahe,  denn  V.  701—894  des  Büsching'schen  Textes 
sind  aus  dem  Erfurter  Druck  entnommen.  Büsching's  V.  895 — 958 
enthält  zwar  die  Dresdener  Hs.,  sie  haben  aber  in  unserem  Texte 
kein  Analogen.  Abgesehen  von  kleinen  Umstellungen  und  Kürzungen 
seitens  unserer  Handschrift  stimmen  von  V.  959  (bei  Büsching)  an 
beide  Texte  wieder  ziemlich  zusammen,  nur  steht  an  Stelle  der  V. 
596—603  unseres  Textes  in  dem  Abdrucke  bei  Büsching  Y.  1021  bis 
1042  ein  durchaus  anderer  Passus,  der  übrigens  von  V.  1033  an  auch 
in  der  Dresdener  Hs.  fehlt  (mit  V.  1043  bricht  der  Druck  dann  ab). 
Das  Schlusswort  (bei  Büsching  V.  1143  ff.)  fehlt  unserem  Texte. 

Es  ist  bekannt,  eine  wie  grosso  Rolle  im  Volksglauben  des 
Mittelalters  die  Steine  spielen,  denen  man  geheime  zauberische  Kräfte 
zuschrieb.  Diese  Anschauung  spiegelt  sich  denn  auch  in  der  Literatur 
vielfach  wieder.  Es  sei  hier  nur  erinnert  an  des  Albertus  Magnus 
Tractat  De  lapidibus  nominatis  et  eorum  virtutibus  (ausgezogen  bei 
Büsching  a.  a.  0.),  an  die  zwölf  Steine  in  dem  Gedicht  vom  himm- 
lischen Jerusalem  (bei  Diemer,  Deutsche  Gedichte  des  11.  und  12.  Jahr- 


77 

hunderts,  Wien  1849,  S.  361  fif.)  und  die  gleichzeitige  Erläuterung 
in  den  Werken  des  Marbodus  (bei  Diemer,  Anmerkungen  S.  89  ff.), 
an  die  lange  Reihe  von  Steinnamen  im  Parzival  (ed.  Bartsch,  Buch 
16  T.  121  ff.),  an  den  Stricker  (Kleinere  Gedichte  vom  Stricker  ed. 
Hahn,  QuedUnburg  1839,  Nr.  XI,  S.  44—52);  auch  Reinke  de  Vos 
T.  4897  ff.  schlägt  hier  ein. 

Ich  gebe  nachstehend  ein  Verzeichniss  der  in  unserem  Gedichte 
behandelten  Steine.  Die  Namen  sind  zum  Theil  sehr  entstellt;  ich 
setze  jedem  Namen  die  Form  bei,  in  der  er  in  Büsching's  Abdruck, 
bei  Albertus  Magnus,  bei  Marbod  und  endlich  in  Konrad's  von  Megen- 
berg  Buch  der  Natur  (ed.  PfeiEfer,  Stuttgart  1861)  erscheint: 
karbunkelsten :    bei   Büsching   clarfingkelsteyn    und   karfunckel,   bei 

Albertus  Carbunculus   qui  graoce  antrax  et  a  nonnullis  rubinus 

vocatur.    Megenberg  S.  437  unterscheidet  drei  Arten  dieses  Steines : 

carbunkel,  rubein  und  balastus. 
saphyrus  führt  überall  denselben  Namen :  bei  Büsching  S.  63,  Megen- 

Wg  S.  457,  Marbod  Nr.  2. 
jachant  (ebenso  bei  Büsching  S.  66)  ist  der  Hyazinth :  vergl.  Albertus, 

Megenberg  S.  449,  Marbod  Nr.  11. 
kristalle  überall  gleich,  bei  Büsching  S.  68,  Megenberg  S.  441. 
aghaed:  bei  Büsching  S.  69  achat,  bei  Albertus  agathes,  bei  Megen- 
berg S.  432  achates. 
ametiste:    bei  Büsching   S.    71   amatiste;    amethystus   bei   Albertus, 

Marbod  Nr.  12,  Megenberg  S.  431. 
krisolite:   bei  Büsching   S.    72   crisoleite;    chrysolitus   bei   Albertus, 

Marbod  Nr.  7,  Megenberg  S.  442. 
onichilus:   bei  Büsching  S    74  und  Megenberg  S.  453  onichinus,  bei 

Albertus  onyx  und  onychulus. 
Jaspis  überall  gleich  benannt  (Büsching  S.  75,  Albertus,  Marbod  Nr.  1, 

Megenberg  S.  448). 
dyemant:  bei  Büsching  S.  77  dyamant,  bei  Albertus  und  Megenberg 

S.  432  adamas. 
sardius:  ebenso  bei  Büsching  S.  101,  Marbod  Nr.  6,  Megenberg  S.  461 ; 

bei  Albertus  sardinus. 
robyn:   bei  Büsching  S.   106  rubeyn,   bei  Albertus   und  Megenberg 

S.  437  mit  dem  carbunculus  identificiert. 
tappunsten:  bei  Büsching  S.  81  kappenstein;  es  ist  der  alectorius  bei 

Albertus  und  Megenberg  S.  434. 
corniel:  bei  Büsching  S.  82  kermel  und  carniol,  bei  Albertus  corne- 

leus,  bei  Megenberg  S.  442  corneolus. 
koral:  bei  Büsching  S.  82  coralle,  bei  Albertus  und  Megenberg  S.  439 

corallus. 
aeyre  (bei  Büsching   S.  84  adie  und   antite)   ist   wohl  verlesen   aus 

acyte  und  ist  unzweifelhaft  der  echites  bei  Albertus  und  Megen- 
berg S.  445. 
swalensten:  bei  Büsching  S.  87  schwalwestein,  bei  Albertus  celidonius, 

bei  Megenberg  S.  440:  celidonius  haizet  swalbenstain. 


78 

syrion :  bei  Büsching  S.  89  zinea,  bei  Albertus  ceraurum,  bei  Megen- 

berg  S.  441:  ceraunus  haizet  donrstain. 
elitropia:  bei  Büsching  S.  90  abotropi  oder  aldotropi,   von  Büsching 
auf  den  epistrites  des  Albertus  gedeutet,  während  doch  zweifels- 
ohne eliotrophia  (bei  Büsching  S.  131)  gemeint  ist.    Bei  Megen- 
berg  S.  445:  elitropius  haizet  sunnenwendel. 
pogghensten:  bei  Büsching   S.  91  krottenstein,  bei  Albertus  borax, 

bei  Megenberg  S.  436:  borax  ist  ain  krotenstain. 
geratice:   bei  Büsching   S.    93   getraycze   und  merayte,   bei  Albertus 

geracidem,  bei  Megenberg  S.  448  gerarchites. 
parle:   bei  Büsching  S.  95   perlin  oder  perlein,  bei  Albertus   mar- 

garita,  fehlt  bei  Megenberg. 
viciros:  bei  Büsching  S.  96  gythyros  oder  mucros.     Büsching  deutet 
ihn  wohl  richtig  auf  den  gagatronica  des  Albertus,  der  bei  Megen- 
berg S.  448  gegatromeus  heisst. 
openkas:  bei  Büsching  S.  97  optalias,   bei  Albertus  ophthalmus,   bei 

Megenberg  S.  454  ostola  oder  optalius. 
dorcus:  bei  Büsching  S.  98  turkas,  bei  Albertus  turchois;  bei  Megen- 
berg finde  ich  ihn  nicht, 
crite:  von  Büsching  S.  99,  wo  er  enites  oder  elyte  heisst,  auf  den 

lippares  bei  Albertus  gedeutet;  bei  Megenberg  fehlt  er. 
calcofon:    bei  Büsching   S.  94  calcosan   und   dakasam,   bei   Albertus 
calcaphanos,  bei  Megenberg  S.  440   calophagus  oder  calophanos. 
calcedon:  gleichnamig  bei  Büsching  S.  100,  Albertus  und  Megenberg 

S.  438. 
flanimat:  ebenso  bei  Büsching  S.  102,  fehlt  bei  Albertus  und  Megen- 
berg. 
magnat :  ebenso  bei  Büsching  S.  102,  magnes  bei  Albertus  und  Megen- 
berg S.  451. 
kamahu:  bei  Büsching  S.  105,  fehlt  bei  Albertus  und  Megenberg. 
arisestas,  verlesen  aus  chrysoprassus.    Bei  Büsching  S.  107  krifzophas 
und   crisoforas,   bei  Albertus   chrysopassus,  bei  Marbod  Nr.  10 
chrysoprassus,  ebenso  bei  Megenberg  S.  439. 
granat:    ebenso  bei  Büsching   S.   108,  bei  Albertus  und  Megenberg 

S.  446. 
dyacorda:    bei  Büsching  S.  109  dyacoda,   bei  Albertus  diacodos,  bei 
Megenberg  S.  444  dyadochos. 

Welches  die  Vorlage  war,  der  unser  Dichter  folgte,  vermag  ich 
nicht  anzugeben.  Bächtold  S.  153  ist  geneigt  anzunehmen,  dass  das 
Gedicht  nur  eine  poetische  Bearbeitung  des  betreffenden  Abschnittes 
aus  Konrad's  von  Megenberg  Buch  der  Natur  sei,  welches  seinerseits 
nichts  als  eine  wenn  auch  nicht  sklavisch  treue  TJebersetzung  des 
Liber  de  natura  rerum  von  Thomas  Cantimpratensis  ist;  nur  speciell 
für  das  von  den  Steinen  handelnde  Capitel  zog  Megenberg  den  Tractat 
des  Albertus  Magnus  heran  (s.  Pfeiffer  S.  XXXVII).  Zu  dieser  An- 
nahme mochte  Bächtold  durch  den  Umstand  geführt  werden,  dass  die 
bereits    erwähnten    prosaischen   Einleitungen    im    Wesentlichen    auf 


79 

Megenberg  beruhen.  Allein  beweisen  lässt  sich  dieses  Abhängigkeits- 
verhältmss  unseres  Gedichtes  vom  Buche  der  Kitur  in  keiner  Weise. 
Dass  die  Gleichheit  des  behandelten  Gegenstandes  auch  eine  Menge 
gleichartiger  Wendungen  im  Gefolge  hat,  liegt  in  der  Natur  der 
Sache;  aber  der  Abweichungen  sind  sehr  viel  mehr;  auch  einerseits 
dass  das  Buch  der  Natur  reichhaltiger  ist  (es  behandelt  82  Steine), 
andererseits  in  ihm  Namen  fehlen,  die  das  Gedicht  hat,  berechtigt  zu 
starken  Zweifeln,  dass  beide  in  unmittelbarem  Verhältnisse  stehen. 
Noch  weniger  spricht  dafür  die  selbständige  Anordnung  des  Stoffes 
im  Gedichte,  das  Abweichen  von  der  im  Buche  der  Natur  wie  in  des 
Albertus  Magnus  Tractat  beobachteten  alphabetischen  Folge  der 
Namen.  Jedenfalls  stünde  dann  der  Dichter  seiner  Vorlage  mit  einer 
so  souverainen  Freiheit  gegenüber,  wie  wir  sie  selbst  bei  den  besseren 
Dichtern  des  Mittelalters  nicht  gewohnt  sind,  geschweige  denn  bei 
so  untergeordneten,  wie  der  Verfasser  unseres  Gedichtes  einer  war. 

Aber  ein  viel  wichtigeres  Argument  ist,  dass  unser  Gedicht 
zwar  nicht  in  seiner  vorliegenden,  aber  in  seiner  ursprünglichen  Ge- 
stalt vielleicht  viel  älter  ist  als  Megenberg  (f  1374).  Schon  Büsching 
hat  S.  88  Anm.  ***  darauf  aufmerksam  gemacht,  dass  Albertus 
Magnus  in  seinem  Tractat  einen  Joseph  citiere  und  hält  dafür,  dass 
darunter  eben  der  Joseph  zu  verstehen  sei,  den  die  Einleitung  des 
Erfurter  Druckes  als  Verfasser  unseres  Gedichtes  nennt.  Die  Stelle 
ist  in  der  That  beachtenswerth.  Wäre  wirklich  unser  Joseph  gemeint, 
so  würde  das  Gedicht,  da  Albertus  Magnus  1280  starb,  noch  jenseits 
der  Mitte  des  13.  Jahrhunderts  anzusetzen  sein,  —  vorausgesetzt 
allerdings,  dass  der  Tractat  echt  und  nicht  gleich  so  vielem  Anderen 
dem  grossen  Bischöfe  nur  untergeschoben  ist. 

LEIPZIG.  Carl  Schröder. 


"^ 


^ 


Fragment  des  Seebuchs. 


Im  Eorrespondenzblatt  des  Vereins  Nr.  4  ist  bereits  vorläufige 
Auskunft  über  ein  Fragment  des  Seebuches  gegeben,  das  ich  zufällig 
in  einer  Incunabel  der  Halberstädter  Gymnasialbibliothek  gefunden 
habe.  Ich  wiederhole,  dass  die  Handschrift  der  zweiten  Hälfte  des 
15.  Jahrhunderts  angehört  und  sich  in  Bezug  auf  den  Inhalt  der 
Hamburger  Handschrift  A  auschliesst.  Doch  fehlt  in  unserm  Fragment 
Kap.  XH,  das  schon  Koppmann  aus  inneren  Gründen  als  nachträglich 
zwischen  Kap.  XI  und  XIII  eingeschoben  bezeichnet  hat;  ausserdem 
sind  in  ihm  in  Kap.  XI  die  §§  23,  25  nicht  vorhanden ;  in  Kap.  XIII 
fehlt  freilich  der  in  B  ebenfalls  vermisste  §  2,  aber  der  Inhalt  des- 
selben ist  in  einem  Zusätze  des  §  1  vorweggenommen ,  die  §§  3,  5,  6 
dieses  Kapitels  haben  einen  abweichenden  Inhalt;  die  §§  7  und  9 
endlich  sind  je  in  zwei  Items  getheilt.  Die  Sprache  des  Fragments 
ist  stärker  niederländisch  gefärbt,  als  die  der  beiden  Hamburgischen 
Manuscripte,  und  seine  mancherlei  Entstellungen  geben,  wie  es  scheint, 
einen  weiteren  Beleg  für  die  Vervielfältigung  des  Seebuchs  ;,in  fabrik- 
mässig  angefertigten  Abschriften"  (Seebuch  S.  XII). 

XI. 

21.  [Item  als  ghi  seilt  in  dat  Keldep],  soe  sult  ghi  lopen  bi 
Westen  der  ruwer  dunen  an  laut,  ende  is  een  grote  dune,  soe  loept 
ghi  hoech  genoech  boven  Langenhoerne ,  ende  loept  dan  an  den 
Voerne  op  4  vamen,  niet  nare,  ende  gaet  vaste  inwaert,  ende  coemt 
ghi  bi  Westen  toe,  soe  loept  boven  Hangifterrif  ende  loept  dat  op 
4  vamen,  soe  en  moechdi^  niet  misdoen;  ende  daer  maect  vol  zee 
een  oestsuutoesten  maen. 

22.  Item  van  Langehoerne  tot  Hangifterrif,  suutwest  ende 
noertoest. 

23  (hat  die  Handschrift  nicht). 

24.     Item  voer  den  Marsdiep  maect  vol  zee  oest  ende  west. 

25  (hat  die  Handschrift  nicht). 

26.  Item  voer  die  Nagel  maect  vol  zee  uterlick  suden. 

27.  Item  van  Rodecleve  toe  Staveren  noert  oest  daer  leit  die  Rute. 

28.  Item  Kropelsant   leit  by   oesten  Memelick.     Ende  als   ghi 
die  toem  op  ürck   moget*  doer  sien,  soe  gaet  suutwest  na  Tyoerde, 

a)  fol.  Ib. 

*)  moechdi  =  moecht  ghi. 


/ 


'81 

soe  loept  ghi  hoech  genoech  boven  Enchusingher  sant,    ende  van  der 
Creyle^  seilt  ghi  oestsuutoest  na  der  Naghel. 

29.  Item  van  Wieringhen  sult  ghi  gaen  na  dem  Volkersnesse 
noertnoertwest. 

30.  Item  als  ghi  wilt  seilen  in  Wierbalge,  soe  sult  ghi  houden 
die  toern  ter  horch,  die  op  Texel  staet,  bi  oesten  der  ronden  berghe. 

31.  Item  als  ghi  wilt  inloveren  dat  Marsdiep(!),  soe  neemt  een 
aftervloet  ende  een  voerebbe. 

32.  Item  Hollantsside*  strect  suutsuutwest  ende  noertnoertoest. 

33.  Item  voer  die  Mase  thoechste  water  is  een  uterlik  oesten  maen. 

34.  Item  al  Zeelants  side**  strect  suudwest*'  ende  noertoest  vol 
zee  oestnoertoest  ende  westsuutwöst. 

35.  Item  al  Vlaendersside*  strect  dat  lant  oestnoertoest,  ende 
daer  maect  int  lant  vol  zee  een  suden  mane,  en^e  buten  landes  een 
suadwesten  ende  noertoesten  maen. 

36.  Item  als  ghi  dat  Swin  inloveert,  soe  nemet  een  voervloet 
ende  afterebbe,  ende  gaet  suutoest  ant  lant. 

37.  Item  als  ghi  wilt  seilen  in  dat  Heysdiep,  soe  sult  ghi  die 
vierboten^  van  Heys,  die  bi  den  molen  staen,  bringen  over  dat  choer 
van  Heys,  soe  seilt  ghi  dat  beste  van  den  diep  in,  ende  soe  gaet  ghi 
ruffle  ghenoech  van  den  Viersande  (!),  soe  moghen  ghi  over  gaen  na 
der  Wyelinghe  oestnoertoest. 

38.  Item  als  ghi  wilt  seilen  in  dat  Blocke^diep  (!),  soe  sult  ghi 
Westkappel  bringen  neffen  sinte  Katherinen  kerck  toe  te  klocken,  soe 
seilt  ghi  dat  beste  diep  in. 

39.  Item  sinte  Katherinen  toern  is  die  naeste  toern^  van  der 
Sluus,  ende  die  ander  toern  staet  inwaerts,  daer  naest  staet  Heys  ende 
daernaest  Blankenborch. 

XXL 

1 — 50  (hat  die  Handschrift  nicht). 

XIII. 

1.  Item  Swartenesse  ende  Strusaert  leit  suutsuutwest  ende  noert- 
noertoest, ende  suutsuutwest  maect  daer  vol  zee. 

2  (hat  die  Handschrift  nicht). 

(3.)  Item  tlant  van  der  Seyne  leit  suutsuutwest  ende  noert- 
noertoest. 

4.  Item  van  Seynhoefden  Borch  toe  vliete  nesse*  3  kenningen, 
dat  coerts  is  suutoest. 

(5.)     Item  van  Borchvlietenesse  to  Roekernesse  een  kenning. 

6.  Item  van  ßokenesse  toe  Alrenaye  te  gaen  buten  den  Kiskas, 
coerts  is  suutwest. 

a)  Am  Band:  HoUanta  aide,  b)  Am  Band:  Zelantsside.  c)  fol.  2a.  d)  Am  Band:  Vlaendera- 
«de.   c)  fol.  2b. 

*)  Vgl.  jetzt  Korrespondenzblatt  Nr.  4,  S.  28, 

*)  Lies:  vurbaken. 

')  Vgl.  Eoppmann,  Seebuch  S.  51  Anm.  2  gegen  Walther,  das.  S.  97,  98. 

*)  Lies:  toe  Borchvliete  nesse. 

Niederdentsohes  Jahrbncb.  II.  6 


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82 

7.  Item»  die  Liskas  (!)  leggen  buten  Alrenaye. 

7b.  Item  langes  die  cust  maect  thoechste  water  noertnoertwest 
ende  suutsuutoest. 

8.  Item  Alrenaye  ende  toe  Garnzee  maect  dat  hoechste  water 
noertwest  ende  suutoest. 

9.  Item  van  Garnzee  toe  Westpalen  3  kenning. 

9b.    Item  toe  Westpalen  maect  thoechste  water  oest  ende  west. 

10.  Item  van  Westpaleh  tot  Fore  2  kenning. 

11.  Item  tot  Fore  maect  vol  zee  oestnoertoest  ende  westsuutwest. 

12.  Item  van  der  Fore  toe  sinte  Matheus  een  kenninghe. 

13.  Item  op  die  trade^  maect  thoechste  water  noertoest  ende 
suutwest. 

14.  Item  van  der  Fore  op  die  trade  coerts  is  suutsuutoest  ende 
noertnoertwest. 

15.  Item^  als  ghi  op  die  trade  wilt  seilen,  soe  hout  sinte 
Matheus  buten  den  hoeck  van  Kokersoerde;  als  ghi  den  toern  laet 
comen  in  die  Sadelrode,  soe  siit.ghi  in  dat  noerteynde  van  den  Hage; 
ende  die  Hage  strecket  langes  die  trade;  ende  hout  sinte  Matheus 
buten  Kokette  van  ju. 

16.  Item  de  Yentiers  leggen  buten  Kokette  harwaerts  an  of  lutteF. 

17.  Item  die  Henne  leit  buten  die  hoeck  van  Bartram;  ende 
soe  hout  den  (I)  molen  opten  lande,  dat  ghi  sien^  moghet,  soe  en 
moechdi  niet  misdoen. 

18.  Item  die  CoUengiers  leggen  buten  den  hoeck  van  Claesdunen. 

19.  Item  die  Fockenyers  leggen  oeck  buten  den  hoeck  van 
Claesdunen;  ende  daer  en  tusschen  ist  al  vol  rudsen;  ende  daer 
moghet  ghi  wel  binnen  doer  seilen 

HALBERSTADT.  Gustav  Schmidt,  Dr. 


a)  fol.  3a.    b)  Am  Band:  die  trade,    c)  fol.  8b. 

^)  A  hat:  en  luttik  herwerd  äff. 

^)  A  hat:  gy  se  seen,  B:  gy  se  seyn. 


Brunsilgenholt,  Brizilien 

im  Mittelalter. 


Schiller  und  Lübben's  Mnd.  Wb.  I,  439  verweist  wegen  „brnn- 
silgenholt"  auf  Brem.  Wb.  1,  149,  wo  ältere  nachweise  aber  nicht  zu 
finden  sind;  ferner  auf  bresilien,  Mnd.  Wb.  1,  421,  als  gleichbedeutend. 
In  der  letzteren  stelle  ist,  obwohl  durch  allegirung  von  Sartorius  ^— 
Lappenberg  2,  752  an  das  mittelalter  erinnert  wird,  doch  nur  erklärt : 
,brasilholz,  rothholz,  lignum  Fernambuci,  und  durch  letzteres  auf  die 
zeit  nach  der  entdeckung  von  Brasilien  deutlich  genug  hingewiesen. 
Das  citat  Diez  1^,  82  v.  brasile  soll  wohl  auf  Diez  Etym.  Wb.  111% 
81  sich  beziehen,  wo  die  romanischen  formen  des  namens:  brasile, 
brasil,  bresil  angegeben  sind,  nicht  weniger  die  mlat.:  braxile,  brasi- 
lium,  bresillum.  Diez  verweist  auf  Du  Gange,  wo  v.  brasile  etc.  die- 
selben lateinischen  bezeichnungen  angegeben  werden,  zugleich  mit 
der  elgenthümlichen  notiz  ^brasilium  lignum  vel  coccnm  insectorinm^' 
und  „bresillum  est  arbor  quaedam  cujus  succo  optimus  fit  color  rubeus.^ 
Sein  ältester  nach  weis  stammt  aus  einer  Urkunde  von  1193  bei 
Muratori:  ;,grana  de  Brasile,^  welche  wiederum  Diez  als  ,brasilien- 
scharlach',  das  holz  aber  als  arabisches  ,baqqam'  erklärt.  Den  freund- 
lichen bemühungen  der  herren  dr,  F.  Lindner  hier,  dr.  K.  Koppmann 
und  dr.  C.  Walter  in  Hamburg  verdanke  ich  einen  theil  dieser  und 
der  folgenden  angaben. 

Schon  im  12.  jahrh.  kommt  also  der  eine  dieser  farbholznamen 
vor,  vom  14.  an  gehen  beide  neben  einander,  keiner  ist  daher,  wie 
schon  Diez  sagt,  vom  lande  Brasilien  abzuleiten,  sondern  der  name 
des  letzteren  stammt  von  dem  holze,  das  man  —  wenn  auch  in  an- 
deren bäumen  —  dort  massenweise  fand. 

1)  Brnnsilienholt  findet  sich  meines  wissens  zuerst  1350  bei 
Ludolf  von  Suthera  (Suchem),  herausg.  von  Deycks  (Stuttg.  Lit.  Verein 
25)  p.  64.     Er  sagt,  auf  den  inseln  des  Rothen  Meeres  wachsen: 

,ligna  rubea  diversi  mode  —  inter  quae  specialiter  brunselinum, 
quod  hie  (d.  h.  im  Paderbornischen)  brusilienholt  dicitur. 
Da  die   Variante  ,brnnzilienholt^   sich  findet,   wird   wohl   brnnsilien- 
holt zu  lesen  sein. 

Dieser  lateinische  name  ist  auch  in  der  neuesten  grossen  aus- 
gäbe des  Du  Gange  nicht  zu  finden,  vermuthlich  steckt  ein  verdrehtes 
orientalisches  wort  darin;    doch  wüste  ich  nicht,   wie  es  baqqam  sein 

6* 


84 

könnte.  In  der  silbe  brnn  hörte  aber  der  Niederdeutsche  seine  be- 
kannte färbe,  modelte  vielleicht  auch  einen  ähnlichen  fremden  klang 
darnach  um.  Dass  noch  im  vorigen  jahrh.  das  sprachbewustsein  der 
farbenbedeutung  vorhanden  war,  beweist  das  Brem.  Wb.  1.  c,  und 
im  Göttingischen  existirt  es,  trotz  des  fehlens  bei  Schambach,  voraus- 
sichtlich noch  jetzt.  In  meiner  Jugendzeit  hiess  das  fernambukholz 
dort  zuweilen  blanholz,  gewöhnlich  aber  brnnsiljenholt  oder  bransil- 
jenspöne ;  und  der  am  längsten  dauernde  harte  apfel  (hasenkop,  schap- 
snüte,  ledderappel,  pinxtappel,  eisapfel)  wurde  seiner  braunrothen  färbe 
wegen  nur  bransiljenappel,  verhochdeutscht  brasilienapfel ,  genannt. 
Das  Volk  sang  damals  auch  in  dem  bekannten  orgelliede  nicht  Bra- 
silien, sondern: 

Brunsilien  ist  nicht  weit  von  hier. 

Wäre  bei  Ludolf  v.  Suthem  brasilienholt  die  richtige  lesart,  so 
würde  diese  fast  unmittelbar  auf  die  droge  „broschenhoat^^  (var. 
;,broschenholt")  im  privileg  Albrechts  von  Holland  von  1358,  bei  Sar- 
torius  —  Lappenberg  2,  448,  führen. 

Da  das  brasilienholt,  braazilieaholt  1336^  als  Ludolf  v.  Suthem 
im  Orient  war  (denn  er  schrieb  erst  14  Jahre  später),  vom  Kothen 
Meere  kam,  so  ist  zur  erklärung  des  rothen  farbholzes  nur  auf  diesen 
handelsweg  zurückzugreifen.  Dass  alle  americanischen  caesalpinien 
und  morus  tinctoria  Westindiens  nicht  in  betracht  kommen , .  ist  nur 
im  vorbeigehen  zu  berühren.  Dann  können  aber  nur  3  pflanzen  in 
frage  stehn:  a)  Caesalpinia  Sapan  oder  Sappan  L.,  in  Ostasien  zu 
hause,  deren  holz  nach  Petermann  Pfanzenreich  698  sp.  2.  das  lignum 
Sappan,  „ein  sehr  geschätztes  färbematerial"  liefert  und  zugleich  in 
Ostindien  als  heilmittel  galt,  vielleicht  auch  im  occident  im  mittel- 
alter  dazu  diente,  b)  Pterocarpns  Santalinns  von  den  gebirgen  Indiens 
und  Ceylons.  Er  liefert  das  lignum  santali  rubrum  und  daraus  den 
farbstoff  santalin  oder  santelroth.  Petermann  1.  c.  690  sp.  2. 
Endlich  kann  c)  der  strauch  Lawsonia  alba  in  erwägung  gezogen 
werden  (Petermann  775  sp.  2),  der  seines  handelswerthes  wegen  seit 
alter  zeit  von  Nordafrica  aus  über  den  ganzen  Orient  verbreitet  ist. 
Seine  wurzeln  und  blätter  liefern  die  bekannte  henna  oder  (mit  dem 
arabischen  artikel)  alhenna,  alkanna,  waren  auch  als  radix  alcannae 
verae  oder  Cypri  antiquorum  officinell.^) 

Ich  neige  mich  der  meinung  zu,  dass  in  dem  brnnselinum  sowohl 
brun(um)  santalinum,  wie  brun(um)  henna  lignum  oder  brun  alhenna 
lignum  stecken  könne,  durch  angleichung  der  fremden  klänge  an  die 
bekannten,  geschätzten  selinum  und  petroselinum  und  zugleich  an 
die  farbebezeichnung;  im  klänge  am  nächsten  liegt  brun-santalinum ; 
aber  auch  das  andere  ist  möglich,  denn  bei  Übernahme  von  lehnwörtern 
kommen  noch  viel  bedeutendere  gewaltthaten  vor. 

Auch  ein  handschriftliches  vocabular   der  Hamburger   stadtbibl. 

^)  Da  von  holz  die  rede  ist,  wird  auf  die  radix  alcannae*  spuriae,  die  möhren- 
artige  wurzel  der  anchusa  tinctoria  oder  alcanna  tinctoria,  welche  in  Ungarn  und 
Südeuropa  ohnehin  wächst,  nicht  zu  rathen  sein. 


86 

erklärt  brnsilligheii  als  color  p'rcilium,  also  percilium;  wie  letzteres 
aas  presilium  dem  petroselinum,  petersilium  nahegebracht  ist,  so  hat 
augenscheinlich  auch  hier  der  lexicograph  bei  der  silbe  ,bru^  an  die 
färbe  gedacht. 

2)  Feyerabend  übersetzt  Ludolfs  brunselinum:  „Presilienholtz^^ 
und  erklärt  dadurch  diese  zweite  namensform  der  ersten  gleichbe- 
deutend. Auch  sie  kommt  als  ,brisir  und  brizilien  niederdeutsch 
schon  im  13.  und  14.  jahrh.  vor.  Die  droge  wurde  in  ballen  ver- 
sandt und  nach  ballen  versteuert..  Nach  der  alten  maklerrolle  des 
13.  Jahrhunderts  bei  Sartorius  —  Lappenberg  89  (Hansisches  Urk. 
B.  1.  Nro.  436)  giebt  die  bale  brizilien  12  ^)  sterlinges;  1360  in 
den  Niederlanden:  elke  bale  brisils  (brisilien)  twalef  peneghe  Inghelsche. 
(Sart.  —  Lappenb.  S.  470.     Hansarecesse  II,  S.  235). 

Diefenbach  gloss.  lat.  germ.  v.  presilicum  bringt  dazu  noch  die 
deutschen  namensformen  presilge,  presilgenholtz ,  prisilig,  brisill  und 
ähnliche  mit  den  entsprechenden  lateinischen.  Sartorius  und  Lappen- 
berg 2,  752  haben  die  erklärung  aus  Kapmany  Memor.  de  Barcelona 
aufgenommen,  wonach  der  orientalische  oben  genannte  sapan  das  bri- 
silienholz  sei,  seltsamer  weise  aber  hinzugefügt  ;,nach  anderen  fer- 
hambükholz  von  der  caesalpinia  echinata",  welche  doch  nur  in  America 
wächst.  Allerdings  wurde  der  name  des  orientalischen  holzes  bald 
auf  diesen  bäum  übertragen,  und  lignum  fernambuci  wurde  gleich- 
bedeutend mit  lignum  brasiliense  rubrum  und  lignum  bresilliim. 
Peteimann  1.  c.  698  sp.  2.  Kommt  das  von  Danzig  aus  Lissabon 
ausgeführte  ^^presilgenholz^  erst  nach  1503  vor,  so  ist  an  das  ameri- 
kanische, andernfalls  noch  an  das  orientalische  zu  denken.  Hirsch 
Handels-  und  Gewerbsgesch.  Danzigs  S.  85,  von  Koppmann  angeführt 
Hansarecesse  II,  S.  235  n.  7. 

Auch  Petermann  sagt  geradezu,  von  diesem  holz  „erhielt  das 
grosse  reich  Brasilien  seinen  namen."  Nemnich  erklärt  brasiliehont 
als  holz  von  caesalpinien.  Erwähnt  sei,  dass  auch  bei  Chaucer  (ed. 
Bell  vol.  VIIL  p.  208)  der  farbstoff  brasil  vorkommt  und  als  „a  wood 
used  as  a  red  dye"  erklärt  wird. 

Auffällig  und  in  mancher  weise  belehrend  ist  die  von  Sar- 
torius II,  89  zur  erklärung  von  brizilien  herangezogene  angäbe  des 
Kilianus:  Brizilienhout:  crotinus,  lignum  acanthinum  (bärenklau), 
vulgo  bresilium.  Crotinus  ist  allerdings  nicht  zu  fijiden,  unfraglich 
aber  ist  cotinus  gemeint,  der  südeuropäische  sumach,  Uhus  cotinus 
L.,  der  bekannte  perückenstrauch,  dessen  holz  (fisetholz)  und  blätter 
zum  färben  dienen.  Noch  heute  kommt  ersteres  auch  als  „brasilien- 
holz"  vor.  Ebenso  ist  lignnm  acanthinum  unschwer  als  alkannaholz 
oder  alkannawurzel,  doch  wohl  die  des  hennastrauches ,  zu  erkennen. 
Kilian  nannte  also  alles  roth  oder  gelblich  färbende  holzwerk  des 
Handels  brizilienhout,  das  südeuropäische  wie  das  asiatische  und  ame- 
rikanische, und  leitete  den  namen  entschieden  noch  nicht  vom  lande 
Brasilien  her,^)   obwohl  die  erste  ausgäbe   des  Dictionarium  Cornelii 

^)  Grimm  D.W.  2,  372  thut  es  dagegen,  nennt  zur  erklärung  des  holzes  die 


y 


86 

Kiliani  (Cornelis  Kiel  van  Düffel)  erst  1574  erschien.  Vergl.  Hoff- 
mann  von  Fallersleben  Horae  Belg.  VIP  s.  XXI.  Wir  werden  danach 
nicht  fehlgreifen,  wenn  wir  annehmen,  dass  auch  im  mittelalter  der 
handel  die  röthlichen  farbhölzer  ohne  unterschied  brasil,  bresil, 
brisil  etc.  nannte.  Es  mag  auch  der  ,saccu8  dQ  rnbeo  Ispanie' 
(Hans.  Urk.  B.  I  s.  147)  dazu  gehören,  der  1252  neben  viride  Grecie 
vorkommt.  Dieser  allgemeine  gebrauch  des  namens  wird  bestätigt 
durch  die  oben  genannten  ,grana  de  brasile'  von  1193,  welche  ihre 
erklärung  durch  das  ,coccum  insectorium'  finden;  die  getrocknete 
kermesschildlaus  (coccus  ilicis),  die  sich  auf  der  kermeseiche  des 
Südens  (quercus  coccifera)  findet  und  eine  karminähnliche  färbe  liefert. 
Als  grana  kermes,  kermes  vegetabile  (da  man  siö  für  pflanzenaus- 
wüchse  hielt)  war  und  ist  sie  noch  im  handel,  und  näan  fertigte  daraus 
die  confectio  alchermes.     S.  Petermann  263. 

Der  name  selbst  ist  freilich  dadurch  nicht  erklärt.  Du  Gange 
will  ihn  von  brasa  (ital.  bragia,  bracia,  franz.  la  braise)  die  glühende 
kohle,  ableiten ;  wer  aber  je  die  braunbläulichen  hölzer  gesehen  hat, 
wird  keinerlei  ähnlichkeit  mit  kohlenglut  finden  wollen.  Diez  führt 
ihn  auf  briza  zurück,  ein  krümmchen,  weil  das  holz  in  spänen  nach 
Europa  gekommen.  Obwohl  nun  freilich  das  letztere  richtig  ist,  und 
gleich  der  folgende  dritte  name  auf  ähnliches  zu  führen  scheint,  so 
ist  doch  festzuhalten,  dass  die  älteste  namensform  brasil  lautet. 

3)  Bruschenhout,  broschenholt  könnte,  wie  oben  bemerkt,  direct 
auf  die  form  brusilienholt  zurückführen;  vielleicht  ist  der  name  aber 
doch  anders  —  anklingend  an  Diez'  briza  —  zu  deuten,  wenn  auch 
die  wäre  dieselbe  ist.  Bei  Kilian  bedeutet  „broosch,  brensch :  fragilis, 
debilis,  caducus"  und  beim  Teuthonista:  broosch:  cranck,  sproe:  fragilis, 
infirmus.  Hoffm.  1.  c.  s.  16.  Jenes  ,,sproe"  kennen  wir  im  nieder- 
deutschen noch  als  „sprok.^  Brnschenliont  würde  also  ein  brüchiges 
und  zerkleintes  holz  des  handeis  bedeuten,  die  wäre  demnach  nach 
ihrem  Zustande  benennen,  wie  noch  heute  der  handel  brasilien-späne 
kennt.  Nichts  desto  weniger  und  trotz  der  analogie  von  briza  wird 
auch  dieses  wort  auf  eine  bequeme  angleichung  zurückführen ;  übrigens 
heisst  auch  ital.  bruscho,  bruschette  und  brosco  ein  Splitter.  Den 
ächten  stamm  für  alle  drei  namensformen  mag  uns  ein  Orientalist 
nachweisen. 

Nach  dem  brunsilgenholt  htit  wegen  der  braunrothen  färbe  seiner 
schoten  der  brnnsilgen  peper,  Mnd.  Wb.  1,  439  den  namen  erhalten, 
der  bekannte  ,spanische  schotenpfeffer',  capsicum  longum  De  C,  der 
in  drogenverzeichnissen,  obwohl  bekanntlich  ein  Americaner,  auch  piper 
turcicum  genannt  wird. 

Eine  angleichung  anderer  art  liegt  vor  in  brnnsilgenkrut,  brun- 
sillike,  erst  aus  dem  17.,  und  brunsilgen-plaster  und  salve  aus  dem 
18.  jahrh.  belegt  in  Mnd.  Wb.  1.  c.  Sie  haben  ihren  namen  von  der  wohl- 
riechenden  medizinischen   pflanze   basilicum    (ocymum   basilicum  L.), 

westindische  morus  tinctoria  und  citirt  aus  Luther :   ,viel  cinober  oder  bresilien*  und 
aus  Fischart's  Gargantua:  ,lefzen  presilgenrot^ 


i 


87 

wahrscheinlich  in  anlehnung  an  den  allbekannten  des  farbestoffes, 
wegen  der  ähnlichkeit  des  klanges  erst  in  neuerer  zeit  erhalten. 
Obwohl  die  ocyma  oder  basilica  Asiaten  und  z.  th.  Araber  sind,  und 
obwohl  eins,  das  ocymum  oder  basilicum  crispum,  in  Japan  zum  roth- 
färben von  fruchten  gebraucht  wird  (Petermann  472,  sp.  1),  ist  doch 
nicht  daran  zu  denken,  dass  das  farbholz  von  ihnen  seinen  namen 
erhalten  habe,  da  basilicum  eben  kein  holz  liefert. 

ROSTOCK.  K.  E-  H.  Krause. 


Vom  Holze  des  heiligen  Kreuzes. 


Yan  dem  holte  dar  ane  starf 


5  "■ 

lO 

9» 


Marien  sone  umme  unse  bedarf, 

hebbe  ik  ghelesen,  des  syt  ghewes. 

nu  vormane  we  gode  des, 

5]  dat  he  my  sulke  gnade  sende 

dat  ik  van  anbegynne  to  dem  ende 

alle  de  punte  moghe  vortrecken 

sunder  loghelike  vlecken. 

wat  were  dar  ane,  dat  ik  vortoghe 

10]  in  dit  ghedichte  langhe  prologhe? 

Adam  was  de  erste  man 
de  ye  van  mynschen  forme  ghewan, 
unde  wo  he  by  synes  wyves  rade 

hat  grot  vordret  unde  schade 

15]  unde  wo  he  by  ener  klenen  spise 

ghewist  was  ut  dem  paradise, 

dat  weten  mest  alle  de  lüde, 

by  wat  saken  dat  gheschude. 

dar  umme  late  ik  des  achter  bliven, 

20]  dat  ik  dar  nicht  wil  van  scriven. 

Ok  hebbent  dese  lüde  wol  ghehort 
van  deme  quaden  Kaynis  moort, 
dat  was  jo  Adams  erste  kint. 
int  ende  wart  he  also  blint, 
25]  dat  he  by  rade  des  dfivels  fei 
doet  sloch  sinen  broder  Abel, 
also  Adam  dessen  mort  vornam, 
do  wart  he  in  sik  sulven  gram 
unde   sprak  'wo  is  mich   ghescheen 

katyve 
30]  by  deme  rade  van  mynen  wyve 


2 

3 
4 
5 
6 
7 

9 
10 


Raum  für  das  V  gelassen  in  C,  fiii 

Va  in  H ;  in  H  von  späterer  Hand 

in  die  Lücke  gesetzt  Ah.  —  vor- 

starff  H. 

Der  maget  sone  H. 

Dat  hebbe  ik  lesen  wo  dat  was  H 

nfi  C.  —  wy  H.  —  des  H. 

lere  sende  H. 

ick  begynne  tho  ende  H. 

Vnde  alle  de  puncte  mote  recken  H. 

fehlen  in  H. 


^^  De  gy  mynschen  formen  wan  H. 
^^  unde  fehlt  H.  —  na  für  by  H.  — 

synen  wyfies  C. 
^*  Groten  weddermot  wan  vnde  H. 
^^  he  vmme  eyne  cleyne  H. 
16  Wart  gewiset  vth  H. 
^'  Dat  wethen  noch  alle  lüde  H. 
^®  Wo  eme  dat  schude  H. 
19  id  statt  des  H. 
^®  äff  schriuen  H. 


21 

22 

S23 
lo 
er  24 

23 

26 

27 
28 
29 


80 


Ock  hebbet  vele  lüde  hört  H. 

Van  des  qu.  cayns  H. 

He  was  adams  H. 

An  sineme  herten  was  he  bl.  H. 

vil  H. 

Vormordede  H.  —  abil  H. 

Als  ad.  den  m.  H. 

he  eme  gr.  H. 

katyue  C. 

wyfie  C. 


89 


äesse  grote  sware  blatne ! 


nü  enwil  ik  eren  lichame 

ghenaken  na  desser  tit  nummerme. 

Abels  dot  doet  myk  we.' 

35 


29—81 


WO 


dar  na  enquam  he  by  Even  nye 
bynnen  hundert  jaren  drye. 


got  heit  em  na  dre  hundert  jaren 
Adam,  dat  he  by  Even  wäre 
unde  mynschop  hadde  mit  erem  live 
40]  also  en  man  mit  sinem  wive 
unde  Wonnen  togader  ein  kint 
dat  Sed  heyte  unde  dem  vader  sint 
ghehorsam  wart  unde  underdan, 
also  gy  hir  na  wol  suUeu  vorstan. 


|45]  Do  Adam  olt  was  neghen  hun- 

'  dert  jar 

Qnde  dortich  dar  to  vil  nar, 

do  wart  he  van  levende  krank 

^^an  oltheyden  unde  arbeiden  mank. 

.Bestuntmit  eyme  spadenunde  wrachte 

M  so  mode,   dat  he   nicht   hadde 

\  machte. 

|le  stunt  op  syme  spaden  unde  raste, 

jhttik  em  sines  lives  luste, 

Ibanklik  so  mochte  he  stan, 

[Sed  sinen  sone  sprak  he  an, 

55]  in  desser  manere  he  em  sede 

I  "eve  sone,  ga  sunder  bede 

[«P  rechte  vaderlike  mynne 

tedem  enghel  Serubynne : 

öüsalt  en  vinden  vort  paradis. 

^  bidde  en,   dat  he  dy  make  wiis, 

1  Jo  langte  ik  noch  schole  myssen 

M  olye  der  untfarmenissen, 

flen  my  got  sulyen  untheit 

"0  he  my  Ute  deme  paradyse  steit, 

unde  wes  vor  dem  enghel  nicht 

vorvert, 

ieft  he  ein  furych  swert : 
^e  holt  dar  mede  de  sulven  stede, 
"är  roste  ynne  is  unde  ewich  vrede.' 


32 
SS 
34 
35 
36 

87 
88 

40 
41 
42 
43 
44 


Ynde  sprack  van  des   duuels 
rade  Is  my  komen  desse  schade 
Den  ick  van  euen  nam  H. 
Ick  wil  by  eren  licham  H. 
Komen  nummer  mee  H. 
My  deyt  abels  dot  so  wee  H. 
Na  deme  bekande  he  euen  ne  H. 
Mit  menschop  by    hundert  jaren 
dre  H. 
betet  na  H. 
mit  euen  waren  H. 

man  plecht  mit  H.  —  wifie  C. 
Do  wunnen  se  to  samende  H. 
zeth  H. 
horsam  H. 
na  scholen  H. 


*^  Do  adam  n.  H. 

*^  Vnde  dar  to  druttich  v.  H. 

^^  Geleuet  hadde  do  wart  he  k.  H. 

g^®  older  mit  arbeyde  gemanck  H. 

.^  ^»  wrochte  H. 

^®  nicht  mehre  mochte  H. 

^^  He  lede  sick  vppe  den  H.  —  roste  H. 
^^  Vil  cleyne  eme  sines  leuendes  H. 

—  lifies  C. 
^^  Kranck  stunt  he  sunder  wan  H. 
5*  rep  H. 

*^  In  sodaner  leyde  H, 
^®  beyden  H. 
^■^  vederlike  truwe  H. 
^^  cherubynne  H. 
^^  vor  deme  H. 

«1  schole  fehlt  H. 

^^  Des  olyes  der  entfarmenisse  H. 

^^  my  dar  vth  vorsteit  H. 
^^  Wes  vor  eme  nicht  H. 

««  drecht  H. 

^'^  He  hudet  d.  m.  de  schonen  st.  H. 


V- 


90 


Sed  sprak  to  hant  to  synen  vader     ®®  Zeth  antworde  sineme  H. 


70]    4k  bin  bereit  to  donde  algader 
wat  gy  willen  u'nde  wat  gy  beyt. 
mer  ik  enwiit  des.  weghes  nyt.' 

He  sprak  'leve  kint,  ga  op  mynen 

trost, 
unde  volghe  dem  weghe  recht  int  ost. 
75]  dat  ik  ju  segghe,  des  merket  wale: 
alse  gy  komen  in  dem  dale 
,  dat  me  het  in  dem  dale  to  Ebbron, 
dar  volghet  eynem  weghe  gron: 
gy  sollen  dar  votstappen  sin  stände 

80]  de  we  mit  ruwen  quemen  gande, 
ik  unde  juwe  moder  mede, 
do  uns  de  enghel  entsede  de  stede 
de  we  mit  unser  schult  verloren, 
noch  stan  dar  de  voetsporen, 
85]  wente  dar  enwos  ne  nicht  ut, 
lof  edder  gras  edder  ander  crut. 
ok  segghe  ik  dy  vor  de  warheit: 
du  Salt  dar  sin  eine  klarheit 
komen  ut  der  saleghen  stede, 
90]    ghemenghet   mit   roke    der   su- 

ticheyde : 
dar  vore  envruchte  dy  nicht, 
ga  so  ik  dy  han  ghesecht.' 

He  dede  so  em  sin  vader  bat 


unde  ghink  alle  den  sulven  pat 
95]  hen  in  dem  dale  to  Ebbrone, 
he  hadde  guden  willen  to  done 
dat  em  sin  vader  hadde  bevolen. 
do  rakede  he  sunder  dolen 
dar  de  votstappen  stunden 
100]  vorvallet  van  Adams  sunden. 
den  volghede  he  so  langhe  nar, 
dat  he  vornam  de  clarheit  dar 
de  ute  dem  paradise  quam, 
also  he  de  clarheit  dar  vornam, 
105]  he  wände  to  nakende  enem  füre 
unde  he  wart  vorvert  vil  schire. 
do  dachte  he  umme  de  clarheit 
dar  em  sin  vader  hedde  af  gheseit, 


'^^  Des  juw  is  leff  vnde  ick  bin  plich 
S      H.  *  ^ 


CO 


'^  Sone  gha  H. 

7^  unde  fehlt  H. 

'^^  dy  segge  dat  mercke  wal  H. 

'^^  Als  du  kumpst  in  den  dall  H. 

77  i 

78 1  To  ebron  dep  volge  eneme  w.  g.  B 

'^^  Du   schalt    de    voetsparen   sehq 

apenstan  H. 
8ö  gan  H. 
^^  dyn  m.  H. 
^2  engel  stotte  vth  der  st.  H. 

^  Dar  stan  noch  de  suluen  v.  H. 

^^  Vordorret  dar  wufz  ny  vth  H. 

®^  1.  noch  g.  noch  a.  H. 

®^  ick  in  w.  H. 

®®  scholt  vornemen  in  cl.  H. 

^^  k.  vther  schonen  st.  H. 

^®  mit   deme   r.   H.   —    suticheit  C 

suticheide  H. 
^^J    Alfz   du   den   engel  sust  So  ei 
^^j    vorvere  dy  vor  eme  nicht  H. 

^^  Zeth  van  dennen  schedt  Vnde  dei 
so  eme  sin  vader  heth  Aldat  h 
eme  bath  H. 

^^  ghinck  den  rechten  path  H. 

^^  Went  in  den  dal  to  ebron  H. 


00 


^®  Do  vant  he  s.  holen  H. 
^^  votsparen  H. 

100  Vordorret  H. 

101  Dem  C.  Den  H.  -~  so  rechte  narH 

102  de  Schönheit  dar  H. 

10*  dar  fehlt  H. 

105  Do  mende  he  nalede  eyneme  vüre  H 

loß  Des  wart  he  vorveret  seh.  H. 

107  he  vp  de  H. 

108  hadde  H. 


91 


de  em  to  ghemote  komen  solde. 
110]  do  ghink  he  vort  so  he  wolde 
DDde  trat  vort  mit  stoltem  synne. 
dar  vant  he  den  enghel  Serubynne 
vor  dem  paradise  mit  sinem  swerde, 
'  de  vraghede  en,  wes  he  begheerde. 


109 
110 

111 

112 
113 
114 


he  sprak  4k  kome  van  Adame, 
de  mit  arbeide  unde  mit  mysquame 
synen  armen  lycham  heft  vorsleten. 
le  biddet,  dat  gy  em  don  weten 
in  rechter  v^arer  sekerheit 
120]  van  dem  olye  der  barmherticheit, 
den  em  got  sulven  dede  loven 
do  he  ut  dem   paradise  wart  ghe- 

schoven.' 
do  sprak  de  enghel  Serubin 
l'ga,  steket  juwe  hovet  to  der  doren  in, 
1 125]  beseit  alumme  dit  paradis : 
:  gy  moghen  em  wol  gheven  priis  — 
dat  wit  ik  vorv^ar — boven  allen  steden 
de  dem  hemmel  sint  beneden. 
'Bude  vraghet  ray  denne,  wat  gy  dar  siit : 

fl30]  ik  wil  ju  maken  en  bedfit.' 

Sed  stak  sin  hovet  to  der  porten  in, 
«n  vorvro&de  hart  unde  sin, 
le  sach  mer  Schönheit  dar  — 
r  dat  sekke  ik  ju  vorwar  — 
135]  meer  wen  yenich  mynsche  dochte 
ofte  in  em  begrypen  mochte. 
[<lekrude  gheven  dar  sute  lucht, 
j  Dome  van  mannegher  hande  vrucht 
!  fle  sach  he  scone  unde  grone  stan. 
140]  sine  oghen   dede  he  al  umme 

■  löiddes  int  paradis  plaine 

I  fer  sach  he  stan  eine  funteine, 

:  ^e  was  ghedelet  in  vir  reveren 

I  äke  uns  de  meyster  diviseren: 

i 

I  145]  de  erste  is  Phison  ghenant, 
!  *^  iopet  al  ummentrent  dat  lant 
öat  dar  het  Enbat. 


115 
116 
117 

119 


.00 

er 


to  mote  H. 

he  vorbat  also  bolde  H. 

ghinck  dar  dor  m.  konem  s.  H. 

Vnde  vant  d.  e.  cherubynne  H. 

mit  eyneme  sw.  H. 

He  vr.  eme  wes  he  begerde  Vnde 

van  weme  he  queme  vnde  wat  he 

sochte    Efft    wat    bodeschop    he 

brochte  H. 

Zeth  sp.  H. 

mit  groter  missequame  H. 

armen  fehlt  H.  —  het  H. 

Eyne  rechte  s.  H. 


^^^  he  van  hir  wart  H, 


123 
124 
125 
126 
127 
128 
129 

130 


cherubin  H. 

Ga  vnde  steck  diii  H.  —  houet  C. 

Vnde  se  al  vmme  dat  p.  H. 

Du  mochst  H.  —  geuen  den  pr.  H. 

ick  wol  bauen  alle  st.  H. 

De  vnder  deme  h.  sin  H. 

Vrage  my  denne  wat  dyne  ogen 

sehen  H. 

wil  dy  de  warheit  gheen  H. 


^^^  Zeth  both  s.  h.  thor  doren  in  H. 
^^^  Eme  vrowede  herte  H. 
133-136  fehlen  in  H. 


00 

Ol 


139  de  fehlt  H. 
1*0  fehlt  H. 

1*1  Vormiddels  in  des  paradises  plan  H. 
1*^  he  eynen  borne  stan  H. 
1*3  an  veer  H.  —  refieren  C. 
1**  De    de   meister    alsus   delen   H. 
difiiseren  C. 

1*^  Vmme  den  trent  Engelaut  H. 
1*7  fehlt  H. 


92 


mit  erer  gude  doet  se  dat. 

men  vint  dar  ynne  dat  beste  golt 

150]  dat  de  werlt  bynnen  holt, 
ok  vint  men  dar  de  durbar  stein, 
dat  ander  rever  dat  ich.meyn 
dat  het  Tygris  alse  ich  wane 
unde  lopet  ummet  lant  van  MSrmanne, 
155]  dat  we  heten  swarte  luden, 
dat  drudde  rever  in  körten  duden 
dat  het  Gyon,  so  ik  vorsta, 
unde  lopet  ummet  lant  van  Ysaya. 
dat  virde  revere  —  des  sit  ghewes  — 

160]  dat  is  gheheten  Eufrates 
unde  lopet  umme  de  werlt  al. 
van  erer  grote  is  nen  ghetal. 
op  dessen  reveren  grot  scone   unde 

dar, 
de  he  ghesen  hadde  aldar, 
165]  stunt  ein  bom  ghewassen  grot. 
alle  sine  telghen  weren  blot, 
he  endroch  noch  lof  edder  blade 
noch  vrucht  noch  blomen :  dat  duchte 

em  scha[de] 

dat  he  ghewassen  was  so  hoghe         ^ 
170]  unde  vordorret  stunt  so  droghe.  S 
he  sloch  sine  oghen  neder  unde  sach  • 
wo  umme  den  bom  ghewonden  lach 
eyn  serpent  eyslik  unde  grot, 
de  wortel  van  deme  bome  blot 
175]    [lep]   deyp  in   der  erden  unde 

in  der  helle, 
dar  sach  he  de  sele  van  Abelle. 
he  sach  sunderlikes  wonder 
an  deme  bome  boven  unde  under: 
boven  op  dem  bome  lach 
180]  ein  kint,  alse  ik  ju  sekken  mach, 
nyge  gheboren,  an  doken  ghewonden, 
unde  scryede  to  der  sulven  stunden. 

Do  he  dit  alle  hadde  ghesen, 
do  ghink  he  wedder  van  dennen 
185]  dar  he  den  enghel  stände  vant 
unde  vraghede  em  altohant, 
wat  dat  deine  kyndeken  meynde 


48i 
49 

50 
51 

53 
54 
55 
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57 
58 
59 

60 
61 
62 
63 


Mit   ereme   water   neret   se  dal 

Vorwar  secht  me  sunder  hat  Dal 

men  dar  vint  dat  H. 

werlt  an  sick  holt  H. 

Ock  sin  dar  inne  dure  steyne  E 

het  geon  na  myneme  wane  H. 

lopt  int  lant  to  moriane  H. 

lüde  H. 

drudde  in  korter  bedude  H. 

Heth  tigris  so  H. 

lopt  int  1.  V.  Azya  H. 

veerde   reuer   sit   gewisse  H.  - 

reflere  C. 

efifrates  C.  —  eufratisse  H. 

lopt  in  de  H. 

Erer  grotheit  is  neyn  tall  H. 

Vppe  deme  borne  dar  H. 


^  Den  zeth  hadde  vomomen  dar  H 


66 
67 
68 


69 
70 
71 
72 
73 


175 


Alle  blade  unde  t.  H.  —  sinenC 
Se  drogen  noch  1.  edder  H. 
Dat  duchte  em  sin  schade  H.— 
Die  letzten  Buchstaben  von  schadt 
beim  Binden  weggeschnitten  in  C 
stunt  statt  was  H. 
was  statt  stunt  H. 
Sine  ogen  sloch  he  vp  vnde  H. 
Wo  in  deme  bome  wunden  H. 
slange  statt  serpent  H. 

lep  fehlt  C.    —   De  lep  in  d.  e. 
in  de  h.  H. 


178  bofien  C. 


179 


181 
182 


bouen  C.     Vp  dem  hogesten 
bomes  lach  H. 

Ny  geboren  in  doke  gewunden  H. 
He  horde  id  wenen  to  den  st.  H. 


1®^  Alse  he  de  stad  hadde  sehen  H.I 

1®^  wedder,  na  den  H. 

186  He  vr.  H. 

187  kint  H. 


93 


I  Jat  op  deme  bome  lach  unde  weynde, 
;  de  dar  also  vordorret  stot 
i  190]  de  enghel  sprak  4k  makes  dy 
I  vrot. 

i  dat  kyndelin  dar  gy  na  vraghet, 
i  dat  sal  noch  an  ener  reynen  maghet 
entfanghen  mynslike  figure: 
boven  den  lop  der  nature 
195]  sal  got  hebben  dit  kyndelin  reine 
mit  ener  maghet,  de  alleyne 
weder  sal  vinden  de  ghenade 
de  Adam  vorlos  mit  unhorsame. 
äsegge  ju  de  warheiden: 
200]  dat  Adam  unde  Eve  beide  mis- 

deden, 
M  sal  dat  kint  allenen  bekopen 
van  de  jare  sint  vorlopen 
finde  sollen  komen  to  eren  tiden. 
nicht  er  enmach  Adam  vorblyden. 
205]  des  olies  van  barmherticheyden 
«ü  deme  kynde  ut  synen  leden 
[gheperset  werden  so  utermaten, 
Jat  em  de  vader  dar  by  sal  laten 
|tomoghen  vän  aller  scult 
jülO]  de  he  op  den  mynschen  holt. 
Wdus  doet  juwen  vader  weten, 
M  gy  ein  kint  seghen  ghespleten 

iitem  herten  der  gotlicheiden 


189 


191 
192 

p 

S  194 

Od 

.*  195 
196 
197 
198 
199 
200 

201 
202 
203 

205 


208 
209 
210 
211 
212 

21S| 
214 

213 
215 


216 


218 


215]  dat  störten  sal   sin  hilghe  blot 
M  deme  holte  dat  noch  v^rassen  mot 
|van  dren  kerneken  tosamen 
«e  ut  dem  sulven  appel  quamen, 
gtevallen  van  deme  sulven  ryse  ^^^ 

*20]  dar  Adam  in  deme  paradise      g 
ifevrucht  af  smakede  unde  ghenot   P'221 
\^  eme  got  to  «tene  vorbot'  222 


De  enghel  gaf  Sed  aldar 


dar  so  grot  v.  H. 


kint  dar  vmme  vragest  H. 
van  statt  an  H. 

boSen  C. 

dat  kint  gemeyne  H. 

de  fehlt  H. 

Schal  wedder  wynnen  de  H. 

Adam  by  euen  rade  H. 

Vorlofz  mit  unhorsamheiden  H. 

Dat  se  do  beiden  mifzdeden  H. 

Dat  mot  dat  kint  wedder  kopen  H. 
Alfz  de  jar  sin  vmme  lopen  H. 
Vullenkomen  an  eren  H. 

De  olye  der  barmherticheit  H. 


Dat  id  eme  de  v.  schal  by  1.  H. 

Tonoge  van  H.  —  schult  H. 

hült  H. 

do  dyneme  v.  H. 

Dat  du  segest  eyn  kint  gemeit  H. 

Dat  gekomen  is  van  der  gotheit 

Vnde   des  mynschen  sone    schal 

heten  mede  Vnde  deme  mynschen 

kumpt  to  salicheit  vnde  to  vrede  H. 

der  Reimvers  fehlt  C. 

Dat  schal  störten  sin  H. 

Van  deme  H.  —  noch  fehlt  H. 

vthe  deme  paradise  kamen  H. 
Gewassen  H.  —  risen  H. 

De  vr.  H.  —  nod  H. 

Dar  eme  got  ethen  äff  vorboth  H, 


^6  dre  kernen  —  dat  is  war  — 
•25]  unde  heyt  en  gan  in  godes  namen 
'löde  also  du  komest  to  Adame 


^^^  gaf  em  zeit  aldar  C.  —  gaffzeth  a. 

H. 
^^^  kerneken  H. 

^^^  Vnde   sede   eme  alfz  du  kümpst 
to  Adamen  H. 


94 


-vfita 


80  vorteile  em  alle  de  wort 

de  du  hevest  ghesen  unde  ghehort. 

dre  daghe  na  dattu  en  sust, 

230]  sal  he  leven  unde  lengher  nicht. 

du  Salt  graven  den  lichame 

in  einen  dal  scone  unde  bequame 
de  Ebbron  heit  unde  du  wol  wist. 
nu  SU  dattu  des  nicht  vorghist: 

235]  alse  du  ene  salt  legghen  in  dat 

graf, 
de  dre  kernen  de  ik  dy  gaf, 
de  saltu  legghen  to  der  sulven  stunt 
under  sine  tunghen  in  sinen  munt 
unde  graven  se  mit  em  in  de  erden : 
240]    dar    af    suUen    wassen    dre 

gherden 
unde  sullen  gheberen  even  groot. 

de  eine  sal  sin  cedrus  gherioot, 
de  wasset  boven  alle  bomen: 
dar  by  machmen   den  vader  nomen, 
245]    dat    sine    moghentheit     gheit 

boven  al 
dat  was  unde  is  unde  wesen  sal. 
dat  ander  bomeken  sal  wesen 
ghelik  de  cyprissyen  unde  by  desen 
is  betekent  de  almechteghe  sone: 
250]  wente  de  cyprissien  is  ghewone, 
alse  men  anhouwet  unde  wondet, 
dat  he  den  roke  ghift  alse  gud. 
alse  me  den  sone  sal  schowen 
hande  unde  vote  dorhouwen, 

255]  mit  eme  spere  de  siden  opbreken. 
dar  ut  comet  so  sute  roken, 
dat  de  vader  dar  by  sal 
Adames  missedat  vorgheven  al. 
dat  drudde  rodekeii  sal  wesen 
260]  ghelik  deme  olyebome  unde  by 

dessen 
is  de  hilghe  ghist  bedfit,     , 
wente  me  by  deme  oliebome  sut 
dat  he  so  mennich  blat  utghevet 


^^'  Den  segge  eme  H. 

**^  du  sogest  vnde  hefft  g.  H. 

1  dage  so  gy  en  noch  seen  Dat  wil 
^^*f  ick  juw  vorware  gen  Schal  he 
^*®(  leuen  vnde  lenger  nicht  Des  sit 

'  van  my  bericht  H. 
^^^  Em  scholen  begraüen  sinen  licham 

H. 
^^^  An  enen  H. 

^^^  To  ebron  dat  gy  wol  weten  H. 
^^  nu  C.  —  Des  en  schole  gy  nicht 

vorgeten  H. 
^^^  Alfz  gy  en  leggen  H. 

^^^  ick  juw  gaff  H. 

237  Schole  gy  1.  in  d.  H. 

238  Vnder  de  t.  H. 

239  grauet  H.  —  eme  an  de  H. 

2^^  Dar  scholen  aflf  wassen  dre  gher- 
den H.  —  wassen  unde  weerden  C. 

2^^  Se  scholen  bliuen  euen  H.  — 
euen  C. 

2^2  schal  bliüen  cedrüfz  H. 

2*3  wassen  b.  a.  bome  H. 

2*^  by  ick  den  v.  nome  H. 

2*5  dat  fehlt  H. 

S  2*6  bliüen  statt  wesen  H. 

^  247  Dq  ander  gherde  des  sith  gewifzE; 
2*8  De  schal  lick*  sin  der  ciprifz  H, 
2*9  Dar  by  schal  sin  bedudet  de  sone  H.| 
250  Weut  de  ciprifz  is  also  g.  H.     • 
2^^  Wenme  ene  houwet  vnde  wünt  E, 

252  Eyn  eddel  roke  dar  begünd  H. 

253  Dat  me  ene  dar  in  schal  slan  H. 
25*  Dre    stümpe    negele    dor    hende 

vnde  vote  gan  H. 

255  Ynde  sine  side  wert  dore  steken  E 

256  Dar  vth  schal  gan  eyn  sote  roke  E 
25''  vader  vmme  schal  H. 

259  De  drudde  gherde  schal  H. 
26Ö  palmbome  .by  deseme  H. 

261  hillige  geist  H. 

262  men  in  deme  palmbome  H. 

263  so  fehlt  H. 


95 


unde  ok  vele  telghen  hevet 
265]  dar  he  sik  mede  syret  unde  kleit 
unde  alle  weghe  even  grone  steit : 
alle  ghelicnisse  machme  merken 
;  denhilghen  ghist  in  synen  ghewerken, 


264 
265 
266 
267 
268 


sine  gnade  hir  unde  dar 
2/0]  hemeliken  unde  openbar 
80  mannichvolt  hevet  utghespret, 


dat  men  dar  neuen  tal  af  weyt.' 

■ 

He  enbeyde  lengher  nicht 
do  em  de  enghel  hadde  bericht 
M]  wat  an  den  dren  kernen  lach. 
Sed  hästede  sere  alse  he  wol  mach 
.dat  he  weder  quam  int  laut 
dar  he  sinen  vader  Adam  vant, 
ande  he  vortellede  em  altomalen 
280]  van  worde  to  worde  in  waren 

talen 
vo  em  de  enghel  hedde  gheseyt, 
dat  de  olye  der  barmherticheit 
van  dem  kinde  em  comen  solde. 
do  vrouwede  sik  de  olde 
285]  unde  makede  noch  ein  graf 
Ij  sinen  daghen  er  he  starf. 
Jicht  lengher  levede  he  na  den 
4at  he  de  kernen  hadde  ghesen. 
^e  alse  Adame  dede  sin  ende, 
290]  do  was  de  duvel  dar  behende 
^de  nam  de  sele  in  sine  ghewalt. 


OD 


271 


272 


Vnde  al  sine  t.  H. 
Dar  mede  gesyret  vnde  gespreit  H. 
Vnde  al  in  eyner  grone  steit   H. 
Des  gelikes  mach  men  m.  H. 
geist   an    sinen    wercken   H.   — 
symö  C. 


So  mannichuolt  vth  spret  H.    — 
Statt  So  mannichvolt  hat  G. :  alse 
he  manneghen. 
men  neuen  tal  dar  van  wet  H. 


273  Zeth  wachtede  1.  H. 


275 

276 
277 

278 

279 
280 

281 
282 
283 
284 
285 
286 


289 
290 


roden  statt  kernen  H. 

He  hastede  nacht  vnnde  dach  H. 

Beth  he  quam  wedder  in  dat  1.  H. 

Adam  fehlt  H. 

Vnnde   sede    eme   al  desse   wort 

De   he    van    deme    engel    hadde 

gehört  H. 

Wo  he  eme  hadde  gesecht  H. 

Dat  he  den  o    H. 

kynde  hebben  scheide  H. 

Do  vorblindede  adam  de  H. 

Vnde  lachede  mehre  wen  erewerff 

An  sineme  herten  ehre  he  sterflf  H. 


Do  he  dede  sinen  e.  H. 
dMel  C. 


m 


Sed  verde  den  licham  op  dat  velt     292  \^q   gtatt  Sed  C.    Zeth  H.    — 

statt  op  H. 
erde  lede  H. 

Das  letzte  Wort  unleserlich  C.  — 
He  groff  ene  in  de  sülüen  stede 
Dar  god  erst  vth  nam  sine  lede  H, 


fc  he  en  in  de  erden  legede. 
dat  was  to  Ebbron  an  dem  heyde. 


00  293 
•     294 


295]  de  dre  kernekin  lede  he  tosamen 
^der  sine   tunghen,    unde    dar    af 

quamen 
Qfe  rodekin  smal  unde  krank ; 
clk  umme  de  mate  euer  eine  lank, 
Weyen  se  al  in  enen  done 
^ÖO]  Winter  unde  somer  allike  grone 


296  unde  fehlt  H. 


297 
298 
299 
300 


roden  statt  rodekin  H. 
Alfz  ick  juw  hir  na  seggen  schal  H. 
iBeyde  winter  vnde  sommer  like 
\  grone  Bleuen  se  an  eyner  schone  H. 


r^ 


96 


wol  hundert  unde  LXXII  jar, 
unde  Moyses  de  vant  se  dar 
do  he  dat  ysrahelissche  her 
vorde  over  dat  rode  mer. 
305]  he  lede  dat  volk  dor  de  wostine 
dar  he  III  daghe  doghede  pine, 
wente  sene  vonden  water  ghein. 
dar  droghen  se  over  ein, 

dat  se  dar  sloghen  ere  pawellone 
310]  in  dem  dale  van  Ebbrone, 
dar  Adam  begraven  lach, 
unde  also  Moyses  de  roden  sach, 
do  enkonde  he  gheweten  nicht, 
wat  saken  dar  were  by  bericht. 
315]  des  morghens  do  it  was  licht, 
do  sach  Moyses  de  godes  knicht 
stan  dat  ene  rodelin 

to  dem  hovede  van  dem  bedde  sin. 
dat  ander  rudelin,  dat  ich  meyne, 
320]  sach  he  recht  unde  kleine 
to  siner  vorderen  siden  stan. 
dat  drudde  sach  he  sunder  wan 
to  siner  luchteren  siden. 
he  vorwech  to  den  sulven  tiden 
325]  van  dar  in  Elem, 


unde   dat   volk   dat   ghekomen    was 

mit  em 
dat  vor  mit  em  dor  en  woste. 
des  avendes  do  se  nemen  de  rüste 
LXXII  pallen  vonden  sik  dar 

330]  unde  XX  borne  klar, 
se  sloghen  op  dat  grone  velt 
beneven  dat  water  ere  telt. 


301 
303 

804 
305 
306 
307 
308 

309 
310 

312 
313 
314 


00  316 

00 

?^317 


318 
319 
320 
321 
322- 


326 

327 
328 
329 

330 

332 

333 


des  morghens  do  it  was  licht, 

do  sach  Moyses  de  roden  echt 

335]  to  syme  hovede  stan  in  dem 

alse  he  se  tovoren  hadde  ghesen, 

do  profeterde  he  dar  af 

unde  segede  'got  hebbe  lof ! 

also  ik  des  kan  bevroden, 

340]  so  se  ik  an  dessen  dren  roden,  ^  ^^^ 


334 
335 
336 


338 

S339 
CO 


Wol  XXXII  hundert  jar  H. 
unde  und  de  fehlen  H. 

oäer  C,  —  Leydede  aüer  H. 

He  brachte  se  dor  de  wiistenyn  H 

Dar  se  dre  dage  dogeden  pya  H 

neen  statt  ghein  H. 

sik  statt  se  C.  —  Nochten  dr.  s( 

aüer  een  H. 

Se  slogen  ere  paiilün  H. 

Beneüen  deme  dale  Ebron  H. 

unde  also  fehlt  H.  —  dre  dre  r.  H 

Mer  ho  wüste  nicht  H. 

Wat  sale  an  den  roden  höht  H. 

do  sach  fehlt  H.  —  knecht  H. 
Sach   de   eyne  rode  schone  vndt 
fyn  H. 

Stan  to  deme  h.  syn  H. 
De  ander  de  ick  H. 
he  stan  recht  H. 
siner  luchteren  syden  stan  H. 
-^'^'^  Dat   Seggen   de   boke   sundei 
wan   Moyses  de  wart  vorvert  Do 
he  de  roden  sach  vortert  He  leti 
se   stan   vp  de   suluen   stede  M 
höret  wo  he  dede  He  toch  van 
dar  in  helem  H. 
Vnde  allent  dat  dar  was  H. 

Se  vorden  vort  dar  is  ein  luste  H. 
auendes  nemen  se  roste  H. 
Souentich  pallen  vunden  se  darH. 
pawellone  statt  pallen  C. 
borne  dat  is  war  H. 

vnde  nemen  d.  w.  in  ere  C.  — 1 
Beneuen  deme  water  ere  H. 
Des  andernn'  dages  sit  gewys  H. 
sach  de  roden  moyses  H. 
By  sineme  bedde  stan  H. 
Alfz  he  toüornn'  hadde  dan  H. 

sprack  statt  segede  H. 
Alfz  ick  de  vrode  H. 
dren  fehlt  H. 


M 


iat  hv  is  betekeat  mede 
de  bilghe  drevaldichede/ 
I  um  leit  he  se  dar  stan 
\  node  endorste  der  nicht  anevan« 
US]  he  vor  wech  mit  den  luden  sin 
in  dat  lant  van  Raphadin, 
darse  dat  water  bitter  vonden 
iande  se  to  den  sulven  standen 
[m  dorste  dogheden  grot  unghemak, 
350]  wente  en  sutes  waters  enbrak. 
seklaghedent  alle,  junghe  nnde  olt, 
Mc  gheven  Moyses  alle  de  scholt. 
h  was  des  bedrovet  sere, 
{ode  bat  he  unsen  here, 
955]  dat  he  sochte  sulke  böte 
de  water  worden  sute. 
tvolk  enleit  en  nicht  rowen, 
gtiink  in  ein  pawelon  mit  ruwen, 
he  des  avendes  nam  r&ste  doe 
wente  des  anderen  morghens  vro. 
lo  he  den  dach  hadde  ghesen, 


TÜ  neder  op  sine  kneen 

le  bat  got:  oft  dat  wesen  mochte 

it  he  em  kennes  brachte, 

^  wat  he  meynde  mit  den  dren 
j  rodelin, 

^t  he  em  dat  leite  vorsin. 
i^  ghedachte  was  menneghes  sins« 

äo  Bande  em  got  in  sin  ghepyns, 
ä&tinen  de  roden  uter  erden  brak 
370]  ande  datme  se  in  den  fonteine 

stak : 
«ar  vorwandelde  des  waters  bittercheit 
*1  in  ein  klare  suticheit. 

Nu  höret  vort  wat  dar  gheschude. 
»oyses  unde  alle  sine  lüde 
^75]  vorden  mit  en  de  rodekine 
^i^v  dat  lant  van  Rafadine 
'Wide  se  quemen  mit  eren  scharen 
yßmentrent  enen  berch  varen 
«8  Synay  gheheiten  is, 
580]  unde  de  prophete  Moysis 

Niederdeutoohei  Jahrbuch.  II. 


^^  Dat  betekent  wol  gemeyt  H. 

**2  hilligen  dreuoldicheit  H. 

^  Des  leth  se  Moyses  dar  H. 

3^  He  dorste  se  nicht  an  van  H. 

^^  Vnde  toch  wech  H. 

^^  to  statt  van  H. 

8*7  gQ  jeg  waters  cleyne  vünden  H. 

»*«  dat  statt  unde  H. 

***  Dogeden  dorst  ock  vngemack  H. 

^'^  Sotes  waters  ene  vnbrack  H. 

851  clageden  junck  H. 

»»2  alle  fehlt  H. 

»w  des  fehlt  H.  —  bedroäet  C. 

86*  He  bath  god  vnnsen  hernn'  H. 

8*6  he  eme  des  dede  böte  H. 

366  Dq^y  äff  dat  water  smakede  sote  H. 

867  volck  leth  ene  nergen  rysen  H. 

868  Do  ghinck  he  an  der  suluen  wyse  H. 
86»  des  nachtes  rostede  do  H. 

^^  Al£z  he  H.  —  seen  Do  stunt  he  vp 

vnde  ghinck  mit  den  Sach  he  de 

roden  schone  Stan  in  deme  suluen 

done  Aliz  he  de  twye  hadde  seen  H. 

^  862  Do  yii  he  vp  H. 


CD 


^^  eme  toüoren  brochte  H. 
8«6  den  roden  H. 

866  Dede  eme  also  vor  moden  H. 
^^^  He  hadde  an  sinen  dancken  men- 

nigen  syn  H. 
^^  Den  god  sande  an  dat  herte  syn  H. 
8^^  Dat  he  de  roden  vp  toch  H. 

870  Vnde  an  de  borne  mede  sloch  H. 

871  Do  wandelde  H. 

872  An  eyne  grote  soticheit  H. 

878  höret  wo  id  dar  na  schüde  H. 

874  alle  fehlt  H.  —  luden  C. 

876  Verden  de  roden  mit  en  H. 

876  Dor  dat  1.  v.  raphaden  H. 

877  He  quam  mit  sinen  seh.  H. 

878  ümme  eynen  b.  here  v.  H. 

380  unde  fehlt  H. 


F 


98 


de  leit  de  roden  bliven  dar 
unde  sat  se  in  ein  water  klar, 
dar  na  ghink  he  —  love  des  my  — 
op  den  berch  to  Synay. 
385]  dar  was  he  XL  daghe  mit  gode 
unde  brachte  mit  em  de  X  bode 
ghescreven  in  twen  taflen  klene, 
de  beide  weren  tosamen  van  stene. 
also  he  van  dem  berghe  quam  to  dale, 
390]  Yorde  he  de  roden  to  dem  sul- 

Ten  male 
to  Moab  in  dat  konyngrike: 
dar  sat  he  se  Til  wardelike 
in  de  erden  alle  dree« 

na  dem  sach  he  se  nee. 
395]  dar  stunden  se  mannich  jar, 
dat  se  enwossen  nicht  en  har, 
se  hieven  al  in  eynem  done, 
Winter  unde  somer  even  grone, 

unde  Yorwar  segghe  ik  ju  dit, 
400]  dat  se  dar  de  konyng  David 
yant,  so  ik  ju  seggen  mach, 
in  enem  slape  dar  he  lach, 
ein  engel  quam  em  tovoren 
unde  segede  ^konyng  gud  gheboren, 
405]  höre  wes  ik  dy  vormane: 
vare  henne  over  de  Jordane« 
dre  rodekin  salstu  dar  vinden, 
de  van  euer  grote  sin  binden: 
de  saltu  setten  in  dinen  hoff. 
410]  ein  bom  sal  dar  wassen  äff, 
dar  de  gene  sal  an  sterven 
de  dat  al  sal  weder  vorwerven 
dat  by  Adame  verloren  wart.' 
de  konyng  entwik  unde  wart  vorvert. 
415]    de  nacht  vorghink  unde   des 

morghens  vro 
de  koning  stunt  op  unde  ret  sik  dar  to, 
he  nam  mit  em  selschop 
unde  vor  int  lant  Moab: 
dat  leget  over  der  Jordane. 
420J  he  vor  in  hopene  unde  in  wane 
umme  to  vinden  de  roden  dar 
de  Moyses  over  mannich  jar 
dar  in  der  erden  stände  leit 


Ml  bliven  fehlt  H. 

882  Vnde  lede  se  an  eyn  H, 

M'  lo&e  C.  —  love  des  my  fehlt  I 

8«*  to  fehlt  H. 

^^  br.  van  dar  de  H. 
*®^  Bescbr.  an  twen  tafelen  fyn  H. 
M^  De  stene  weren  mormelyn  H. 
M^  Do  he  v.  d.  b.  kam  nedder  H. 
3«o  Do  v.  H.  —  roden  sodder  H. 


'^  Dar  sette  he  se  werdichliken  £ 
a«»  erden  der  eilen  dree  C.  —  erde 

alle  dre  H. 
*•*  Na  der  tyd  s.  h.  er  ne  H. 

^^  se  nicht  wussen  en  H. 

**^  Vnde  hl.  al  van  eyner  grote  H. 

3^9  De  roden  van    manniger    handi 

gute  H. 
89»  YQp  ^aj.  secht  me  dith  H. 
*«>  dar  de  fehlt  H. 

*02  Ja  deme  sl.  H. 
^^^.  Quam  eyn  engel  eme  H. 
404  sede  sta  vp  du  vterkoren  H. 
*<>5  dy  hir  v.  H. 

407  Dar  schalttt  vynden  dre  roden  fynB 
^408  hinden  fehlt  H. 
g*<>9  den  statt  dinen  C.  dynen  H. 
^410  Dar  schal  eyn  bom  w.  ofi  H. 

^^1  jenne  mot  ane  H, 

^^^  De  dar  wedder  schal  weruen 

*i4  Dauid  wakede  vnde  H. 
416  Do  de  n.  v.  des  H. 

416  Stünt  he  vp  vnde  redde  sich  tho 
4"  sich  statt  em  H. 

418  vor  in  dat  rike  moab  H. 

419  ouer  C.  —  licht  auer  de  H. 

«1  umme  fehlt  H. 
*22  o&er  C.  auer  H. 
42»  stan  H. 


j 


r 


9d 


em  got  bevol  unde  keit. 
425]  dar  yaot  he  ene  schone  stede, 

dar  Iie  sin  bedde  maken  dede« 
A»  morghens  do  it  was  licht, 

|io  sach  David  de  roden  recht 
metrent  sin  bedde  stände. 
I]  gode  bat  he  unde  vormande, 
it  he  em  wolde  openbaren, 
dät  de  dre  roden  waren 
lie  dar  sochte  int  lant. 
le  stemme  rep  tohant 

^koning  gud,  dit  sint  de  roden 
da  sali  hebben  in  dinen  hoden 
k  bringhen  bynnen  Yerusalem/ 
Volk  dat  ghekomen  was  mit  em, 
bilde  van  dem  hilghen  vonde. 

)]  Da?id  gink  ter  sulven  stunde 
l6  brak  de  rodekin  ut  der  erden 
le  verde  se   enwech  mit    groten 

werden. 

t^ar  men  de  rodekin  vorde  unde 
droch 
e  an  de  seken  lüde  sloch, 
^  de  worden  altohant  ghesnnt. 
t  wart  eyme  groten  heren  kunt 
Vexillus  was  gheheten: 
gbenas,  dat  moghe  gy  weten, 
t^ote  em  van  den  roden  quam: 
V^l  be  was  gichtich  unde  lam 
Wevan  krankheide  mat 
it  ie  mit  pinen  drank  unde  at. 
^^id  an  em  de  roden  stak : 
Morlos  do  al  sin  unghemak. 
^]  alse  Vexillus  was  ghenesen, 

P  se  quemen  op  de  Jordane, 

»motten  em  dre  mormanne 

■J^we  heiten  swarte  lüde. 

M  DU  moghe  gy  boren,  wat  ghe- 

I  schude: 

» roden  stak  an  en  David, 

»Q  worden  se  schone  unde  wiit 


*2ß  Do  V.  H. 

IDar  he  sich   slapen  leyde  Vnde 
des  nachtes  rowede  do  Des  suluen 
morgens  vro  Alfz  he  vornam  des 
dages  licht  H. 
*^  Do  vant  he  dre  r.  rieht  H. 
*2»  Beneuen  sineme  H. 
*^^  He  bat  gode  vnde  H. 
S 

P  *32  ^Q  suluen  r.  H. 
*^  dar  in  deme  lande  vant  H. 
*3*  Eyn  stemme  antworde  eme  t.  H. 

***  h.  an  diner  hude  H. 

*^^  Vnde  vore  se  in  Jherusalem  H. 

438  Vnde  dat  v.  d.  dar  w.  H. 

*^^  De  worden  bl.  vmme  den  zeugen 

vunt  H. 
*4o  ghinck  in  der  s.  stunt  H. 
**i  De  roden  to  thende  vth  H. 
^2  se  van  bynnen  syne  verde  H. 


443  ^ffQJ  jjj^  j    roden   vorde   H.   — 

unde  droch  fehlt  H. 
^«  fehlt  H, 

***  worden  hei  vnde  sunt  H. 
**^  wart  an  eneme  heren  H. 
*^'  De  lixsillus  w.  genant  H. 
^48  Deme  wart  sulk  gnade  bekant  H. 
^«  böte  fehlt  H. 
*^<^  was  dulgicht  vnde  H. 
**i  Van  sukedage  so  math  H. 

2^^*  Do  men  de  r.  an  eme  st.  H. 

.^464  Do  vorghinck  eme  sin  H. 
46Ö  Do  lixsillus  w.  genezen  H, 
466  vof  C.  —    Do   vor  he   van   dan 

vnde  mit  desen  H. 
^ö'^jDo  motten  eme  dre  morianen  Er 
468  jse  quemen  auer  de  Jordanen  H, 
*ö^  arme  statt  swarte  C.  swarte  H. 
460  n4  c.  —  Dar  grot   wunder   ane 

schude  H. 
^^^  Mit  den  roden  rorde  se  daüid  H. 
462  Se  w.  to  haut  seh.  H. 

7* 


L 


100 


beide  van  hude  unde  van  hare, 
dat  segge  ik  ju  vorware. 


4«8 
464 


465]  se  leden  de  Jordane  mit  eren 

scharen 
unde  quemen  by  enen  wech  gevaren 
dar  en  spitalesch  man  lach 
unde  alle  weghe  to  leggen  plach 
umme  dat  dar  was  de  wech  by 


465 

466 
467 
468 
469 


470]  unde  bidden  mochte,  love  des  my. 

C  jar  unde  XXX  mede 

was  de  man  olt  unde  by  der  bede 

hadde  he  ghelevet  mannich  stunt« 


470 

471 
472 
473 

474 


de  man  tovoren  sprak  'my  is  ghekunt 
475]  dat  hir  hfide  en  koning  komen  sal,  ^  ^'^^ 
de  my  van  myner  suken  al  ,  g  ^''^ 

ghenesen  sal  mit  hillicheiden.'  ^  ^^^ 

unde  also  David  quam  gereden  ^'^^ 

unde  vor  den  seken  solde  liden,  ^'^^ 

480]  do  sloch  eine  vlamme  to  den  tiden     ^^^ 


ut  den  roden  to  dem  berghe  wert, 

de  hastelike  had  vorkart 
alle  de  suke  van  sinen  leden« 


481 

482 
483 


dat  volk  quam  to  em  gereden 
485]  unde  vonden  den  man  al  ghenesen, 
de  langhe  krank  hadde  ghewesen. 

Des  sulves  daghes  to  vespertit 
quam  bynnen  Jherusalem  David 
unde  brachte  de  rodekins  aldar. 
490]  dit  gevel  int  teinde  jar 
also  de  koning  wart  gecoren 
int  rike  dat  Sawel  tovoren 
mit  groten  eren  hadde  beseten. 
nu  wil  ik  ju  vortan  don  weten 


484 
486 
486 


vnde  hare  H. 

Dat  segen  se  vorware  De  dar  mii 

deme  koningh  reden  Do  id  enc 

wile  was  geleden  H. 

ere  C.  —  Do  qwemen  se  mit  H. 

By  enen  berch  varen  H. 

eyn  kranck  mynsche  inne  lach  H 

alletyt  to  wanende  pl.  H. 

wegen  statt  wech  C«   Oder  hiess^ 

es :  umme  dat  dat  was  deme  weg^ 

by?  —  Darvmme  dat  idbydemt 

wege  was  H. 

lofie  C.  —  Vnde  leuede  so  eyi 

dwalz  H. 

jar  olt  unde  C. 

Hadde  he  leuet  uppe  deme  bedde  B 

gheleüet  C.   —    So    h.  h*  leüei 

mennige  st.  H. 

He  sede  nu  is  my  worden  kunt  H 

hir  eyn  hüte  komen  schal  H. 

myr  statt  myner  C.    mynen  H. 

Gelosen  wil  mit  hilligen  zeden  H 

unde  fehlt  H. 

solden  statt  solde  C.   —   Do  hi 

scheide  vor  den  seken  riden  H. 

sloch  he   vth  den  roden  to  dei 

suluen  tiden  H. 

Eyne  soticheit   dar   he  in  demi 

berge  was  H. 

Dat  he  al  siner  suke  nafz  H. 

suke   was  van   em   ghebeden  C 

ich  ändere  nach  Variante  A  k 

I 

V.  466  des  niederländ.  Textes.  - 
Vnde  sunt  was  an  sinen  leden  H 
De  lüde  qwemen  t.  e.  reden  H. 
vofiden  ene  wol  gen.  H. 
De  so  1.,  hadde  seck  gew.  H. 


*ö'  to  der  V.  H. 
*öö  Do  qwam  koningh  d.  H. 
536  fehlt  H. 


489 


494  n&  C. 


ryiWTi 


101 


509 


495Jvät  David  mit  den  rodekin  dede, 
io  le  se  brachte  bin  der  stede : 
Iie  sat  se  in  ein  water  klar 
bj  syme  huse  stunt  aldar. 
anderen  daghes    wolde  he  [se] 

mit  love 
jOO]  bebben  gesät  bynnen  sinem  hove :  S  ^ 
M  he  to  donde  nicht  hadde  macht,  ^ 
fente  se  waren  bynnen  der  nacht 
i)  dep  ghewertelt  in  dem  grandö 
t  men  er  nicht  ut  krighen  künde 
5]  edder  van  dar  gebryngen. 
tenwolde  des  nicht  vorhinghen 
i  se  anderswor  solden  sten. 
wol  weren  se  vorgadert  in  en. 
i<irboven  to  dem  hoghesten  ende 
0]  bleven  se  stände  dat  men  bekende 
it  hadden  ghewesen  III  rodekin : 
irus  unde   sypryscie    unde    olye- 

bome  fin 
sen  tosamen  in  eyn. 
loner  bom  sach  nu  man  gein 
5]  noch  van  grone  noch  van  hoghen, 
r  to  dem  hogesten  ende  boven 
t  men  openbar  sen 
he  Yorscheden  blef  in  dren. 


De  koning  leit  to  den  sulven  tiden 

^  sinen  hof  lenghen  undß  widen 

t  men  den  bom  dar  bynnen  brachte 

de  mit  eme  tune  al  ummewrachte.     ^^  tflne  C. 

Jo  de  bom  ein  jar  hadde  ghestan,  ^ 
» let  de  koning  dar  umme  slan 
1*^]  van  wittern  sulver  einen  rink 
p  en  alumme  unde  umme  vink. 
w  W08  to  XXX  jaren, 
^i^  elkes  jares  twaren 
^  dede  David  de  konyng 
wO]  umme  slan  einen  rink : 
Jt  weren  de  XXX  ringhe 
P  vele  lüde  nomen  pennynghe, 
J«nte  Judas  vorkoft  dar  umme 
«jsen  heren  got  Jhesumme. 
l^  de  koning  lede  dar  an  sin  vlit 
p  ret  dar  to  to  manneger  tit. 
jeplach  dar  to  der  stede 
«toodeüke  d8n  sin  bede. 


*»«  loüe  C.  —  se  fehlt  C. 


ho&e  C. 


W8  de  statt  dem  C. 


van  statt  mer  G.  Uebrigens  über- 
schlagt C  zwei  Verse  seiner  Vor- 
lage ;  die  Stelle  lautet  im  nieder- 
länd.  Texte  V.  490  ff. :  Versament 
waren  si  soe  weL  Datmen  niet 
en  conde  ghesien  Welc  deen  was 
van  drien;  Maer  bouen  etc. 


CO 

CO 

SB 


527  was  statt  wos  C. 
628  jares  en  tw.  C. 


53'^  plach  to  dbnde  an  der  stede  H. 
588  Othmodichliken  sine  b«  H. 


^vl^T 


102 


he  had  vorsamelt  sulver  unde  golt 
640]  mede  to  kopen  stene  unde  holt, 
he  wolde  der  stede  en  bedehus  maken. 
mer  got  openbarde  em  in  spraken 


^'^  He  sammelde  8.  H. 
wo  mede  fehlt  H. 

^^^  Men  god  vorbot  eme  in  der  sprab 
H. 

643-646  fehlt  H. 


unde  segede  ^konyng,  nu  merke  hir  an: 

du  bist  ein  orloghes  man, 

545]  du  ensalt  gen  bedehus  oprichten, 

dat  hevet  ghedan  din  vele  vichten:     g 

underwindes  dy  nicht  to  done :  ^  ^^  under  dy  C ;  Vnderwindelz  dy  H 

it  sal  scheen  by  Salomone  —  donde  sone  H. 

de  na  dy  sal  besitten  dat  rike 

550]  langhe  tit  in  dit  ertrike.'  ^^  tyd  vrolichHken  H. 


Also  konyng  David  starf 
unde  Salomon  dat  rike  vorwarf, 
he  wart  do  ein  weldich  here. 
do  bracht  en  got  to  sulker  ere 
550]  dat  he  en  bedehus  let  maken 
van  den  alderbesten  saken 
de  men  dar  to  vinden  mochte, 
id  was  lank  er  ment  volwrochte, 
also  dur  en  werk,  ik  wet  vorwar. 

560]  unde  enes  balken  brak  en  dar. 

se  voren  vere  unde  sochten 

dat  laut  dore  unde  enmochten 

ghevinden  geynen  bom  so  grot 

de  gut  were  to  der  not. 

565]  se  quemen  alle  bedrovet  sere 

vor  den  konyng  eren  here 

unde  spreken  'konyng  gud  geboren, 

al  unse  arbeit  is  verloren, 

we  enkonnen  genen  balken  vinden 

570]  dar  we  mydden  dat  werk  mede 

bynden, 
it  ensy  dat  gy  laten  houwen  af 
den  bom  de  in  juwem  hof 


steit  ghebunden  mit  XXX  ringhen.' 
dat  de  koning  node  wolde  gehinghen 
575]  umme  dat  en  sette  dar  sinvader. 

nochten  enwolde  he  nicht  algader 


wi  Do  k.  d.  ßterff  H. 


663 
664 
666 
666 
667 
668 
669 

660 

661 

662 
663 
664 
666 
666 
567 
668 
S  669 
P  670 


he  wat  eyn  H. 

God  brochte  ene  to  H. 

en  fehlt  H. 

alder  fehlt  H. 

vreschen  statt  vinden  H. 

men  id  fuUenbrochte  H. 

So  düre  H.   —  wet  ik  statt  il 

wet  C;  fehlt  in  H.  l 

breken  em   statt  brak  em  C.  - 

Eyn  balke  brack  en  dar  H. 

veren  statt  voren  C.  —  De  mg 

ster  voren  vnde  H. 

vnde  se  en  brochten,  H. 

Nenen  bom  H.  * 

De  ene  mochte  helpen  to  H. 

Se  ghingen  bedr.  H. 

Vnde  spreken  koningh  leue  hereB 

fehlt  in  H. 

Wy  können  nenen  H. 

Den  wy  an  dit  werck  mögen  b.  H 


671  en  fehlt. 

"2  bom  den  gy  in ;  das  gy  ist  durcfc 
strichen  C.  —  Den  bom  de 
steyt  in  jüwen  hoff  H. 

^''^  Gebunden  mit  den  XXX.  H. 

"4  Des  wolde  de  k.  node  ghunnen  B 

Ö76  settg  C.  —  Darumme  dat  eme  da* 
sette  sin  H. 

ß76  en  fehlt  H. 


lOS 


sehone  werk  laten  yorderren: 
le  kit  en  houwen  unde  kerven 
desbom  dar  na  dat  se  wolden, 
ü^]  mer  de  XXX  ringhe  hat  he  be- 
holden 
oode  hei  in  den  tempel  bringhen 
dar  se  langhe  tit  in  hjnghen. 


langhe  so  henghen  se  dar 
vorgan  weren  de  jar 
585]  dat  se  de  Joden  JMase  brachten 
unsen  heren  dar  umme  koften. 


Na  spreke  ik  yan  deme  bome  yort. 
i&  laeh  gheholden  nnde  ghebort 
Bude  albereit  to  den  werken. 
{90]  de  meyster  nemen  ere  merke 
mde  meynden  en  to  leggen  opt  mydpas, 
fien  alse  he  opgheheyen  was, 
8eghen  se   dat  it   were  ymmer 

yorsen: 
Yote  to  kort  al  in  en, 
^  unde  also  men  ene  dede  leggen 

neder, 
vorlengede  he  jo  vif  yote  weder. 
hadden  de  tymmerlude  wonder: 

^  nemen  de  mate  boven  unde  under, 
M  was  umme  nicht  dat  se  wrochten, 

^^]  se  enkonden  noch  enmochten 
^^dem  balken  nicht  ghemaken. 

^was  ghewassen  to  anderen  saken: 
woldet  dreghen  to  eynem  schilde, 
ins  dar  mede  vorlossen  wilde 
15]  van  des  düvels  ghewelt, 

f»  m  in  siner  vengnisse  helt. 

*ö  de  koning  horde  seggen, 
j*t  men  nicht  enmochte  leggen 
»«einem  balken  dat  sulye  holt, 
|WÖ]  do  leet  he  yaren  in  den  wolt 
l^eder  unde  yort  in  allen  hoken, 


»1^ 


»77  vor  der&en  C. 

^^^  ker&en  G.  —  heth  den  bom  h.  H. 

^^'  Den  tymmerman  wo  se  wolden  H. 

«^«0  mer  fehlt  H.  —  leth  statt  het  H. 
beh&den  statt  beholden  C« 

*8i  Vnde  to  deme  t.  H. 

^^^  se  mannich  jar  na  hingen  AUz  to 
eyneme  menen  orbar  Dat  is  not- 
Hck  to  donde  yorwar  H. 

^  So  lange  hingen  se  H. 

684  vulgan  H. 

^^^  se  fehlt  H. 


W7  Nu  höret  v.  d.  holte  y.  H. 

^^^  Id  lach  gehoüwen  ynde  bort  H. 

689-694  Dq  mestere  nemen  ere  merck 
Vnde  wunden  id  in  dat  werck 
Ynde  leden  an  de  suluen  mafz 
Dar  id  ymme  houwen  was  Do  se 
id  hadden  yp  gebort  Do  wart  id 
wol  yiff  yote  to  kort  H. 

696  Ynde  so  se  id  leden  nedder  H. 

Ö96  Do  lengede  id  yiff  y.  wedder  H. 

^^^  Dat  hadde  den  tymmerluden  wun- 
der K 

^^^  Se  meten  den  bom  bouen  H. 

699  Vnde  halp  ene  nicht  wor  se  ene 
wr.  H. 

ß^  Went  se  konden  H. 

^^^  Dar  yan  neuen  balken  in  dat  bede- 
hufz  maken  H. 

«02  Dat  statt  it  H. 

603  (Jod  moste  id  vns  H. 

^^  De  mit  sineme  blöde  milde  H. 

«0^  düüels  C.  —  Vns  losede  yan  des 
d.  banden  H. 

606  D3,|.  he  yns  hadde  in  sinen  ban- 
den H. 

«07  A115z  de  H. 

«08  nicht  konde  1.  H. 

«0«  To  bände  dat  zelige  h.  H. 

«11  Verne  na  yele  eken  H,  —  haken 
statt  hoken  C. 


104 

mit  haste  enen  anderen  soken,  ^^^  Eynen  anderen  bom  to  s.  H. 

de  gevonden  wart  to  dem  ersten  male.     ^^^  Do  vünden  se  in  deme  ersten  dage 

dat  segge  ik  ja  in  wäre  tale:  ^^^  Eynen  bom  dat  segge  ick  sund 

^  sage  H. 

615]  be  was  to  mate  mjn  nochmer  ^^^^  De  was  to  m.  noch  myn  H. 

to  dem  werke  dar  af  ik  sede  er.       ^  ^^^  Alfz  ene  duchte  nach  erer  gher  i 


Dar  na  heb  ic  ghelesen, 
dat  dit  holt  lange  lach  na  desen 
in  dem  tempel  op  der  erden 
620]  dat  des  nen  man  achte  noch 

begerde. 
dar  quam  ene  vrowe  to  ener  stunt 
de  Sibille  heite  -r  dat  sy  ju  kunt  — 
unde  gink  sitten  op  dat  holt  neder: 
dar  na  quam  se  in  groter  not  seder, 
625]  wente  utem  holte  quam  en  brant 
de  ere  kleidere  altobant 
mit  ener  flammen  ontstak. 
luder  stemme  rep  se  unde  sprak 
^0  bom,  hillicheiden  yuI, 
630]  wo  was  ik  ye  so  rechte  dfll, 
dat  ik  up  dy  sitten  solde? 
wente  an  dy  sal  umme  unse  sculde 
de  godes  sone  werden  ghehanghen/ 
de  Joden  quemen  dar  geganghen 
635]   unde   deden   se   mit  gheiselen 

sere  slan, 
dat  sege  ik  ju  sunder  wan, 

se  werpen  se  in  enen  kerkener  deep. 
se  enwiste  nicht  wat  se  reep 
van  dem  holte  mer  noch  myn, 
640]  dan  er  got  sande  in  den  sin. 
se  deden  er  so  grote  not, 
dat  se  in  dem  kerkener  blef  dot. 

De  Joden  gingen  sik  beraden, 
wat  se  mit  deme  holte  deden. 
645]  se  worden  des  tosamen  begrepen, 
dat  se  dat  holt  deden  slepen 
Ute  dem  tempel,  horde  ik  seggen, 
unde  letent  over  ein  water  legghen, 
dar  et  getreden  wart  mit  voten, 
650]  dat  holt  dar  an  lach  sulke  böte. 

Dar  na  quam  to  Salamone 
ein  koningynne  van  Oghemdone, 


■ 

^^'^  Vnde  so  ick  hebbe  hören  lesen 
ßi8  So  lach  dith  holt  na  H. 

^20  Dat  men  id  nicht  achte  H.  —  b 
gerden  C. 

621  eyn  wifif  H. 

622  Sibilla  het  se  so  wart  my  L  I 

623  In  dumheit  se  dar  vp  sat  H. 

624  Dar  van  schach  er  vngemack 
62Ö  Vth  deme  h.  H. 

627  fl.  80  vntstack  H. 

628  Lude  rep  H. 

629  bom  aller  hillicheit  vül  H.  —  wl 
680  ick  mynes  synnes  so  dül  H. 

682  wente  fehlt  H.  —  vnse  beholde" 

683  Noch  gades  sone  hangen  H. 
634  qwemen  to  er  gangen  H. 
686  Mit  geyslen  leten  se  se  sl.  R 

686  Vnde  beten  se  vth   deme  temp 

gan  H. 
637  Vnde  leden  se  H. 

5  639  holte  noch  mer  H. 
p-640  Mer  alfz  god  er  sande  H. 
641  sse  C. 

643-648  De  Joden  do  to  grepen  Vn< 
dat  vth  deme  tempel  slepen  Vnt 
leden  id  auer  eyn  water  to  eneB 
Stege  Alfz  to  deme  weghe  E. 

646  sse  C. 

647  harde  C. 

649  Dat  wart  getreden  mit  v.  H. 
660  lach  vele  gute  H. 

662  van  Oghemdone  ist  ein  Missvei 


105 


UDine  dat  er  so  vele  was  geseit 
I  m  koning  Salomones  wisheit. 


(55]  do  de  yrowe  quam  to  der  beke, 
dar  dat  holt  lach  dar  ik  af  spreke, 
dosaode  er  got  in  ere  gedochte, 
datse  overt  holt  nicht  gan  enmochte: 
ne  seget  dat  se  barvot 


]  dar  beneven  over  dat  water  w8t: 

6e  endorste  van  hillicheiden 


holt  nicht  mit  yoten  treden. 


[ttvornam  Salomon  de  koning, 
danket  em  eyn  wonderlik  dink. 
(65]  he  sprak  'vrowe,  bericht  my  dat, 
[Vor  umme  make  gy  juwe  kleder  nnde 

vote  nat?' 
jie  sprak  'koning,  by  juwer  gnade, 

m  nn  is  of  by  wems  rade 
r  Kget  hir  dit  holt  to  eyme  stege  by- 

sunder? 

WO]  me  secht  ju  wiis :  dat  heft  my 

wonder, 

^^i^  gy  nicht,  dat  hir  an  sal 

legten  de  hope  der  werlt  al  ?' 

^e  vrowe  was,  so  ik  vorsta, 
tionyngynne  boren  van  Saba. 

^5]  se  gaf  dar  to  steine  eddel  unde 

,  golt, 

.  oar  men  mede  besluten  solde  dat  holt. 
joalomon  de  wise  here 
[  ^6  leit  nemen  mit  groter  ere 

^nde  bringen   dat  holt  in  den  tem- 

pel  do 

ßöO]  unde  let  mit  stenen  m&ren  to 

*^ie  de  dore  grot  unde  deine 

^an  dem  tempel  sunder  eine, 


661 


662 


ständniss  des  Abschreibers;  die 
niederländ.  Texte  haben  van  ho- 
ghen  doene.  —  konyngynne  wys 
ynde  schone  H. 

^^  Darumme  dat  er  was  H. 

^^^  Van  siner  groten  wisheit  Se  qwam 
togentliken  to  em  Geuaren  in 
Jherusalem  H. 

«w  Do  se  qwam  H. 

^^^  van  statt  af  H. 

667-669  (Jod  sandet  er  in  den  sin  Dat 
se  deme  holte  to  vote  vil  Vnde 
erede  dat  mit  ereme  bede  Alle 
cristen  hebben  noch  den  sede  Des 
sande  er  god  an  eren  mSt  H. 

«»8  oÄert  C. 

^^ö  Dat  se  auer  de  beke  w8t  H. 
sse  G.  —  Se  sach  daran  sulke 
gute  H. 

Dat  se  id  nicht  wolden  treden  mit 
Voten  H, 
^  *^3  Dat  sach  de  koningh  Salomon  H. 
§«64  Dat  duchte  eme  H. 
?  666  yj.   jjjy  berichte  dat  H. 

gy  jüw  so  nat  Vnde  jüwe  rick- 
lich gewede  H. 

sse  C.  —  sprack  berichtet  my 
der  stede  H. 

668  fehlt  H. 

6«9  Wo  licht  dat  holt  aldüfäz  besunder  H. 

670  Men  holt  dy  wys  H. 

671  Eyn  schal  dar  an  liden  den  dot  H. 

672  D8r  alle  der  werlde  not  H. 

678  De  sulue  vr.  so  H. 
674  Dat  was  de  k.  van  H. 
67Ö  sse  C.  —  to  düre  steyne  vnde  H. 

676  men  dar  besiege  dat  H. 

677  Vnde  Sal.  H. 

679  Vnde  in  den  tempel  dregen  do  H. 

680  letet  C— He  leth  m.  st.  leggen  to  H. 

681  an  de  C.  —  Alle  deren  gr.  H. 

682  t.  alleine  C.  —  De  dar  weren  s.  e.  H. 


666 


667 


L 


106 

dar  leit  he  dat  holt  dwere  in  voghen     ^^  Vnde  leth  dat  h.  dar  dw.  H. 

so  dat  neman  solde  moghen  ^^  sso  G. 

685]   dar  in  gan  unde  spreken   sin     ^^^  sine  bede  H. 

ghebede, 
he  moste  nighen  dem  holte  unde  der     ^^^  He  negede  deme  H. 

stede, 
unde  de  et  mit  Toten  hadden  getreden,  ^  ^^^De  dat  touornenhadden  betreden  H 
dat  moste  dat  volk  na  anbeden.         ^  ^^^  De  mosten  do  alle  anb.  H. 


Salomon  starf  unde  dar  na  quam 
690}  ein  koning,  de  heite  Roboam, 
unde  noch  ein  ander  dar  na, 
de  was  gebeten  Abya. 
de  nam  van  dem  holte  reine 
dat  golt  unde  eddele  steine 
695]  dar  it  mede  was  bewracht. 


de  Joden  weren  des  bedacht 
unde  groven  bynnen  euer  nacht 
in  de  erde  wol  XXX  gelacht. 

dat  holt  dar  begraven  lach 

700]  wol  IIc  jar  dat  is  neman  sach. 

Dar  na  velt,  also  got  wolde, 
dat  men  enen  dik  graven  solde 
dar  men  dat  vlesch  in  solde  dwan 
dat  in  dem  tempel  wart  ontfan. 

705]  et  was  en  sede  in  der  olden  e, 
dat  men  lammer  unde  ander  vee 
to  offeren  plach  dat  allerbeste, 
also  men  hochtit  helt  unde  feste. 

me  grof  dar  enen  dik  gereit, 


**^  ssalomS  C. 
«»0  de  fehlt  H. 
6»!  noch  fehlt  H. 
6»2  He  hete  A.  H. 

«ö^  dat  fehlt  H.  —  eddel  H. 

^^<^  it  was  mede  beslagen  He  heth » 

vth  deme  tempel  dragen  Dar  u 

lach  bewracht  H. 
^^  De  J.  worden  bedacht  H. 
^^'^  Senemenhemelken  in  der  Dacht  H 
698  Vnde  groüen  id  wol  XX  schach 

H.  —  XXX  vaden  lacht  C. 
6Ö9  begraäen  C.  —  Vnder  de  erda 

dar  id  lach  H« 
700  Twehündert  jar  er  id  jemant  sachH 


701 
702 
708 
704 

706 
706 
707 
708 

709 

710 


710]  dar  dat  holt  unser  salicheit 
was  vorgheten  lange  stunden  S''^^ 

unde  et  hoef  sik  sulven  ut  den  gründen  ?  '^^^ 
unde  dref  in  dem  water  klar.  '^^^ 

sunte  Johan  seget  uns  vorwar,  '^^^ 


715]  dat  alle  daghe  vor  myddaghetit 
ein  engel  dar  quam  —  des  seker  ziit — 
unde  rorde  dat  water  in  dem  dik. 


716 
716 
717 


Dar  vellet  aUz  id  god  H. 

gra&en  G. 

vlesch  an  wasschen  wolde  H. 

in  den  t.  wart  vntfan  Yan 

Volke  in  deme  lande  H. 

Dat  was  H. 

ander  fehlt  H. 

offemde  plach  vnde  ander  veste  H. 

Dat  schach  to  hochtiden  vnde  to 

festen  H. 

Men  groff  eyne  pütte  in  dersuluen 

stede  H. 

holt  lach  to  vnser  salicheide  H. 

Dat  was  H. 

Id  hoff  sick  vth  deme  gründe  tt; 

in  dat  w.  H. 

ssunte   C.     —    Sünte    Johannes 

secht  H.  ! 

Dat  to  m.  H. 
engel  qwam  vnüormid  H. 
dyke  H» 


107 


tre  k  krankbeit  hadde  edder  zflk 
QDdeop  dat  water  dar  quam, 
720]  Tan  sinem  ovele  he  böte  nam. 
aldas  dref  dat  holt  in  dem  dike 
tu  QD868  heren  behof  van  hemmelrike 
ilmaket,  dar  he  an  sterven  wolde. 
BQ  merket  beide  junghe  nnde  olde, 

125]  wo  Yele  vordretes  se  em  deden, 
k  he  uns  mede  bracht  to  gnaden. 

Iie  wart  valslik  van  den  Joden  yor- 

raden 
nnde  van  Judas,  so  gy  moghen  boren : 
k  quam  mit  den  Joden  tovoren 
130]  in  ener  dunkeren  aventstunt 
inle  kussede  Jhesum  vor  sinen  munt. 
ivgrepen  en  de  Joden  an 
t&de  ledden  scbentliken  van  dan 

to  enes  bisscopes  hus  inne. 
'35]  ik  enkans   my  nicht  vorsynnen 
Kode  segen,  wo  vele  smaheiden 
k  em  de  bösen  Joden  deden. 


WS  anderen  daghes  wart  he  gebracht 
'ör  Pilatus  mit  groter  macht. 
^0]  se  repen  alle  kleine  nnde  grot, 
fttt  he  Bculdich  were  den  doet: 


'niecrucege  en,  he  heft  is  vorbort!' 
^  Wille  moste  do  gan  vort: 
^^Wt  ene  an  en  säl  onsachte 
'^  unde  gheyselden  so  sere  dat  me 

mochte 
«|D  gan  dat  rode  blot 
« dor  sine  benediden  h&t. 

i^  enmochtet  nicht  by  bliven, 
Ij^wolden  en  an  dem  cruce  untliven, 
W  aleus  repen  se  ut  erem  munt. 
«ö  sprak  elk  Jode  to  der  stunt 
l*^eit  en  grot  holt  in  dem  waterdike, 
*  hinein  rüge  wol  gelike. 

Jiist  olt,  et  enscadet  em  nicht. 
it  drivet  in  genes  dines  plicht.' 


'^^^  Wede  wafz  befangen  mit  süken  H, 
"«»  Vnde  na  em  in  dat  w.  qwam  H. 
'^^  alleme  statt  sinem  H.  —  o&ele  0. 
^*i  Do  lach  dat  h.  in  der  piscine  H. 
7^  Dar  Jhesus  vmme  de  syne  H. 
72»  Naket  an  st.  H. 
72*  n4  C.  —  Nu  boret  jünck  H. 
^2g  J  vordretes  he  dar  an  dogede  Vmme 
^2g  I  den  mynschen  er  he  ene  vorhogede 
]  Vnde  ene  wedder  brachte  to  gn.  H. 
727  valschliken  vorraden  H. 


728  unde  fehlt  H. 
72»  mit  statt  to  C ;  mit  H. 
7»^  ene  d&nkeren  aäent  stQt  C. 
ene  düsteren  a.  H. 


—  An 


« 

•^ 


733  Vnde   vorden    en   grymmichhken 

^       V.  d.  H, 

784  eynes  bisschoppes  h&fz  bynnen  H. 

7^  Ick  kan  des  nicht  al  besynnen  H. 

788  To  seggende  w.  v.  smaheit  H. 

7»7  Dat  he  des  suluen  dages  leyt  By 

deme  barde  wart  he  getogen  Dat 

wolde  he  dor  vnsen  willen  dogen  H« 
788  Des  negesten  dages  w.  h.  bracht  H. 
73»  To  Pylatus  vnde  wart  bedacht  H. 
7*0  sse  C.    740-741   Dat  he   schuldich 

was  den  doet  Dat  volk  rep  cleyne 

vnde  gr6t  H* 
7*2  des  für  is  H. 
7*8  do  gan  fehlt  H. 
7**  ene  vmme  eyne  sule  vaste  H. 
746-747  gheyselde  ene  mit  haste  Dat 

vth   sineme  lyüe   mannich  reüer 

vntspranck  So  blodichlick  van  der 

roden  swanck  H. 
7*8  ssin  C. 

748  Also  mochte  dat  nicht  bl.  H. 
7*»  sse  C.  —  eyn  statt  dem  H. 
7öo  Des  drogen  se  alle  eynen  moet  H. 
7Ö1  sprack  eyn  Jode  de  dar  stoet  H. 
752  eyn  holt  langk  vnde  dicke  H. 
7^8  Dat  sick  wol  fuget  to  eineme  rügge 

7ö*  is  id  olt  id  schadet  H. 
7ÖÖ  driflEt  in  des  waters  vlit  H. 


L 


108 


se  lepen  to  dem.dike  wert 
unde  togent  dar  ut  mit  der  yart. 
dat  holt  wa9  mannich  jar  tovoren 
to  dem  cruce  unses  heren  vorkoren. 
760]  se  hottwen  dar  af  ein  dordendele, 

dat  cruce  enblef  dar  nicht  al  hele. 
dit  was  de  stake  de  opwert  stunt 

yan  dem  cruce  des  kempen  gud 

de  yor  uns  allen  seg'eyacht 

765]    unde  benam   dem   dflyel  sine 

macht, 
dar  was  dwers  oyer  —  des  siit  ghe- 

wis  — 
gheneghelt  yan  eqem  bom  cypris, 
unde  de  nagel  —  alse  ik  bescreyen 

yant  — 
de  de  twe  holte  tosamen  baut, 

770]    de    was    yan    dem     olyebome 

houwen. 
Jhesus  moste  sahen  mit  ruwen 
sin  cruce  dreghen  to  der  stede. 
dat  yolk  gink  algader  mede 
to  dem  berghe  yan  Galyarye 
775]  mit  ruwen  quam  dar  mede  Marie 
unde  sunte  Johan,  erer  suster  sone: 
desse  twe  weren  de  gone 
de  by  em  under  dem  cruce  bleyen, 
dar  he  naket  an  let  sin  leyen. 
780]   men   sloch   den   heren  yan  al 

dem  lande 
twe  stumpe  neghel  dorch  beide  sin 

hende 
unde  dorch  sine  yote  sloch  men  enen. 
dat  grote  scryen  unde  dat  wenen 
dat  me  dar  an  Marien  sach, 
785]  dat  was  mer  den  me  scriyen  mach, 
so  wat  de  passio  al  inholt 


7w  Bse  C.    7W-767  fehlt  H. 


768 
769 

7eo 


762 

768 

764 
765 

766 

787 
768 

769 

770 


was  fehlt  H. 

heren  was  gekoren  H. 

sse  C.     ''60-7«!  Dat  bleff  nicht  & 

heel  Men  how  dar  äff  den  drüd- 

den  deel  H. 

Dat  was  dat  holt  dar  yp  wai^ 

gestot  H. 

des  crucen  C« 

den  statt  allen  H. 

dil&el  C. 


CO 
92 


772 
773 
774 
775 
776 
777 
778 
779 
780 

781 

782 
788 
784 
785 
786 


des  werde  ik  nicht  to  segen  stolt, 


Dar  yp  leden  se  ene  dwers 

sit  bericht  H. 

Genegelt  eyn  holt  yan  cipris  E.  | 

unde  fehlt  H.  —  engel  statt  m 

gel  G,  nagel  H. 

De  dat  holt  to  sammende  E  - 

to  haut  statt  baut  G,  baut  S. 

dem  fehlt  E. 


ssin  C.  —  dr.  yp  de  st.  H. 
Dat  meyne  yolk  yolgede  mede  H 
yan  fehlt  H< 
dar  mede  fehlt  H. 
Johannes  e«  s.  zone  H. 
Desse    twe    ynder    deme    crutzi 

bleuen  H. 
naket  ane  was  yorheüen  H. 
Van  deme  heren  in  deme  1.  H.  | 

Twe  negel  ghingen  dor  sine  hand( 

H. 

sloch  men  fehlt  H. 

Dat  clagen  ynnde  weynen  H. 

Dat  men  an  H. 

Desw.m.  wen  ickjuwseggenm.B 

SSO  G.  786-787  fehlt  H.   In  C  sini 

diese  beiden  Verse   arg  missver 

standen«  In  der  Gelderschen  Hand 

Schrift  (s,  Tideman  S.  44  unter  de 

Varianten)  lautet  die  Stelle:  Wan 

die  passie  niet  en  houdt  Zo  ei 

ben  ic  te  zegghen  niet  zog  boat 


109 


I  in  spreke  dar  af  myn  noch  mer 
I  den  Fan  Marien  hertezeer, 
7^J  dat  er  dorsnet  dat  swert  der 

ruwen 
^  se  eren  sone  do  solde  scouwen 

uide  hanghen  in  so  groter  pynen, 

tat  de  sunne  leit  er  schinen, 

Je  erde  bevede,  de  stene  scorden. 


ite  Johannes  ewangeliste : 

was  de  gone  de  it  al  wol  wiste. 

^ritter  quam  na  sinem  doet 
ie  stak  en  dar  he  heng  al  bloet 
I]  mit  eme  spare  dor  sine  siden: 

fcr  ut  vlot  to  den  sulven  tiden 
olye  der  barmherticheit, 

w  Adam  vore  was  af  geseit, 

p  he  en  dar  mede  losen  wolde. 

^    Nu  bidde  we  alle,  junc  unde 

olde, 

be.uns  vorlose  mit  sinem  blöde 

le  neme  uns  in  sine  hode.  Amen. 


k 


788 
789 
790 

791 

792 
793 
794 


W5]  dit  bescrift  mit  waren  worden     '^^^ 


796 
797 
798 
799 


Se  sprach  myn  H. 

Ereme  herten  was  so  we  H. 

Dat  d6r  er  herte  ghinck  eyn  sw. 

d.  rüwe  H. 

se  fehlt  H.  —  sone  horde  ropen 

In  manüs  tue  H. 

pyn  H. 

leth  eren  schyn  H. 

beftede   C.   -    beuede    vnde    de 

steyne  reten  H. 

bescrift   men   mit   C.    —   Aldüfz 

deyt  vnns  to  weten  H. 

ssunte  C. 

was  de  de  warheit  w.  H. 

Do  qwam  ejm  r.  so  he  was  d5t  H. 

hinck  blot  H.  —  doet  statt  bloet  C. 


5S  803 

CO 

5*  804 


vore  fehlt  H. 

Dar  he  van  nesen  scheide  H. 


®^^  n&  C.  —  biddet  den  heren  junck  H. 

80«  De  vns  lozede  mit  H. 

^^'^  Dat  ho  vns  neme  in  sine  hode 
Nu  spreket  amen  alle  gader  Gy 
kinder  mit  deme  vader  H. 


Auf  vorstehend  abgedrucktes   Gedicht  bin  ich  durch  die  Güte 
Herrn  Dr.  0.  Walther  aufmerksam  gemacht  worden.    Dasselbe 
^t  entnommen  einer  Handschrift  der  Hamburger  Stadtbibliothek,  sign. 
Kblioth.  convent.  Nro.  4,  Papierhandschrift  des  15.  Jahrhunderts  in  8^ 
Unser  Gedicht  ist  mitten  hineingebunden  in  die  niederdeutschen  Ge- 
bete, welche   den  übrigen  Inhalt  der  Handschrift  ausmachen.    Am 
Schlüsse  des  Gedichtes  steht:  Scriptum  et  finitum  mensis  maius  (sie!) 
anno  XXXV.  et  pertinet  Amt  Brfine.     Darunter  von  anderer  Hand : 
I  Anken  Petersen  hört  dyt  bok  tö  in   deme   kavent.    Darunter  von 
■  ^eder  anderer  Hand :   Dyt  bok  hört  Gesken  Meyres  tho  in  dem  ko- 
vente.    de   dat  vnt   (sie!)   brynghe   er  dat  vedder  (sie!)  vme  gades 
'  vyUen  (sie!) 

^        Die  Handschrift  ist,   wie  mich  Herr  Dr.  Walther  belehrt^  mit 

^  einigen  anderen  Handschriften  und   alten  Drucken  im  J.  1875  der 

'  Stadtbibliothek  vom  Convent  geschenkt  worden,  — -  lauter  Erbauungs- 

btlcher  der  einstigen  Insassinnen  des  Convontes,   der  Beginen  oder 

Wauen  Schwestern;  nach  Umwandlung  des  Conventes  in  ein  prote- 


110 

stantidclies  Frauenstift  sind  die  Bücher  bis  auf  unsere  Tage  liegen 
geblieben  und  selbst,  als  vor  mehreren  Jahren  der  Convent  vor  das 
Thor  verlegt  wurde,  in  das  neue  G-eMude  von  den  jetzigen  Bewoh- 
nerinnen mitgenommen  worden.  Der  sich  als  Eigenthümer  des  Theiles 
der  Handsohnft,  weldie  unser  Gedicht  enthält,  nennende  Arnt  Brune 
war  Bruder  der  urkundlich  anno  1435  und  1454  vorkommenden  begute 
AUeke  Brune  (s.  Staphorst  I,  1,  239). 

Das  Gedicht  ist  sicherlich  eines  Abdruckes  in  diesen  Blättern 
nicht  unwerth.  Vor  dem  denselben  Stoff  behandelnden  Stücke  im 
Hartebok  —  welches  doch  wohl  besser  Hertz-brich-Buch  zu  nennen 
wäre;  s.  Hoffmann  von  Fallersleben  in  seinen  „Findlingen"  (Leipzig 
1859)  Bd  I,  Heft  1,  S.  65  —  zeichnet  es  sich  dadurch  aus,  dass  es 
nicht  wie  jenes  in  der  Mitte  eine  beträchtliche  Lücke  hat;  sodann 
gewährt  es  ein  besonderes  Lateresse  dadurch,  dass  es  eine  vielfach 
abweichende  Becension  darbietet,  wie  sich  aus  den  Yarianten  des 
Hertz-brich-Buches,  die  zur  Seite  dem  Texte  beigefügt  sind,  ergiebt. 
Beiji  orthographische  Verschiedenheiten  von  geringerem  Belang  habe 
ich  in  den  Varianten  unverzeichnet  gelassen. 

Zur  Erklärung  des  Gedichts  nach  seiner  sagengeschichtlichen 
Seite  hin  weiss  ich  auch  heute  noch  nichts  Anderes  beizubringen, 
als  was  in  der  Einleitung  und  den  Anmerkungen  zu  meiner  Aus- 
gabe (Van  deme  holte  des  hilligen  cruzes.  Erlangen  1869)  und  in 
Mussafia's  Schriftchen  „Sulla  leggenda  del  legno  della  crooe"  (Vienna 
1870)  niedergelegt  ist.  Hier  nur  noch  ein  paar  Worte  über  das  Ver- 
hältniss  beider  Becensionen  zu  dem  niederländischen  Original. 

„Dboec  vanden  houte",  früher  irrthümlich  dem  Jacob  van  Maer- 
lant  zugeschrieben,  hat  Tideman  in  den  „Werken  uitgegeven  door 
de  vereeniging  ter  bevordering  der  oude  nederlandsche  -  letterkunde" 
(Berste  jaargang,  tweede  aflevering,  Leiden  1844)  herausgegeben.  Er 
legte  seinem  Abdrucke  die  belgische  oder  sog.  Hulthemsche  Hand- 
schrift (von  ihm  mit  H  bezeichnet)  aus  dem  14./15.  Jahrhundert  zu 
Grunde  und  fügte  die  Varianten  der  Gelder'schen  (S)  Handschrift  aus 
dem  14.  Jahrhundert,  der  XJtrechtschen  (U)  Handschrift  aus  dem 
15.  Jahrhundert  und  eines  Antwerpener  Druckes  (A)  vonJ.546  hinzu. 
Er  glaubte  in  H  den  ältesten  und  besten  Text  zu  haben;  in  dem, 
was  S  U  A  mehr  bieten,  sah  er  nur  Interpolationen. 

Ob  Tideman  mit  dieser  Ansicht  im  Rechte  ist,  bleibe  hier  un- 
untersucht.  Hier  soll  nur  constatirt  werden,  dass  keiner  der  vier 
niederländischen  Texte  Anspruch  darauf  erheben  kann,  einer  der 
beiden  niederdeutschen  Kecensionen  zu  Grunde  zu  liegen,  vielmehr 
weist  der  Text  sowohl  des  Hertz-brich-Buches  (von  mir  in  den 
Varianten  mit  H  bezeichnet)  als  derjenige  der  Conventhandschrift 
(C  in  den  Varianten)  darauf  hin,  dass  ihnen  Recensionen  vorlagen, 
die,  unter  sich  wieder  verschieden,  doch  das  Gemeinsame  haben,  dass 
sie  stark  zu  S  hinneigen  —  das  ergiebt  sich  schon  daraus,  dass  die 
meisten  der  „Interpolationen",  an  denen  S  weitaus  am  reichsten  ist 
(doch  fehlen  ihm  V,  129. 130  und  539.  540)  auch  bei  ihnen  Aufnahme 


111 

gefanden  haben  — ,  aber  gelegentlich  auch  von  U  und  A  beeinflusst 
Verden.  Doch  bemerke  ich  ganz  ausdrücklich,  dass  eine  Untersuchung 
ober  das  Yerhältniss  der  niederländischen  Texte  zu  einander  oder 
eine  yon  Vers  zu  Vers  durchgeführte  Vergleichung  unserer'  nieder- 
(leutsch^i  Fassungen  mit  jenen  von  mir  nicht  beabsichtigt  ist. 

Für  H  ist  der  Nachweis  schwieriger,  weil  es  sich  seiner  Vor- 
lage freier  gegenüberstellt,  mehr  eine  Bearbeitung  als  eine  treue 
üebersetzung  ist,  welch  letztere  Eigenschaft  C  in  weit  höherem  Masse 
zukommt.  Doch  finden  sich  immerhin  einige  Anhaltspunkte,  um  unsere 
Behauptung  zu  erhärten,  wenn  es  auch  nur  unscheinbare  Lesarten  sind. 
So  steht  z.  B.  vormordede  V.  26  (des  vorliegenden  Abdruckes)  ausser 
in  H  nur  noch  in  A,  während  alle  anderen  Texte  dotsloch  haben ; 
T.  79.  80  Du  schalt  de  voetsparen  sehen  apen  stan  De  wy  mit  ruwen 
quemen  gan  steht  gleichfalls  der  Lesung  yon  A :  Ghi  sult  daer  voet- 
stappen  vinden  staen  Die  wi  met  rouwe  quamen  ghegaen  am  näch- 
sten; V.  114  He  vragede  eme  wes  he  begerde  TJnde  van  weme  he 
qaeme  unde  wat  he  sochte  stimmt  nur  zu  A:  Hi  vraechde  hem  wat 
M  begerde.  Van  waer  hi  quame  oft  wat  hi  sochte,  während  allerdings 
im  folgenden  Verse  H  wieder  mit  der  Hulthemschen  Handschrift  und 
8  bodeschop  (niederl.  boetscapen)  hat  gegenüber  dem  nyeumaren  in  A ; 
V.  116  De  mit  groter  missequame  ist  die  Lesung  auch  von  S  und  A, 
dagegen  steht  für  V.  119.  120  Ene  rechte  sekerheit  Van  deme  olye 
der  barmherticheyt  die  Fassung  von  U  in  wörtlicher  TJebereinstinmiung ; 
T.  359  Dar  he  des  nachtes  rostede  do  stimmt  nur  zu  A,  alle  anderen 
Texte  haben  statt  rostede  vielmehr  nam  rüste  u.  s.  w.  In  einem 
Falle  übrigens  hat  unter  sämmtlichen  Recensionen  H  allein  die  rich- 
tige Fassung.  V.  361.  362  lauten  nämlich  in  C:  Do  he  den  dach 
hadde  ghesen,  He  vil  neder  up  sine  kneen  u.  s.  w.,  und  ebensq  haben 
äUe  niederländischen  Becensionen.  Es  liegt  auf  der  Hand,  dass  hier 
eine  Lücke  sein  muss.  Die  Situation  ist  ja  diese:  Moses  sieht  die 
drei  Ruthen  zuerst  in  Ebron,  sie  erregen  seine  Aufmerksamkeit,  aber 
er  lässt  sie  stehen ;  in  Elem  angelangt,  findet  er  abermals  die  Ruthen 
^d  erkennt  in  ihnen  ein  Sinnbild  der  Dreifaltigkeit,  lässt  sie  aber 
^eder  unangetastet  und  zieht  nach  Raphadin,  wo  der  Mangel  süssen 
Wassers  das  Volk  zur  Empörung  treibt.  Hier  beweisen  nun  die 
Ruthen  zum  ersten  Male  ihre  Wunderkraft,  indem  sie  das  bittere 
Wasser  süss  machen;  aber  es  musste  doch  nothwendig  erzählt  werden, 
dass  Moses  in  Raphadin  zum  dritten  Male  mit  Erstaunen  die  Ruthen 
stehen  sah:  ohne  das  begreift  kein  Mensch,  woher  er  plötzlich  die 
Ruthen  nahm,  von  denen  eben  gesagt  ist,  dass  er  sie  nicht  zu  be- 
rühren wagte,  sondern  in  Elem  stehen  liess.  Diese  offenbare  Lücke 
nun  füllt  H  aus  durch  die  paar  Verse  nach  V.  361:  Do  stunt  he 
up  unde  ghinck.  mit  den  Sach  he  de  roden  schone  Stan  in  deme 
sulven  done.  Alfz  he  de  twye  hadde  seen,  Do  vil  he  u.  s.  w.  Er- 
klärt wird  das  Fehlen  dieser  Verse  leicht  durch  den  Umstand,  dass 
der  Absdireiber  von  dem  einen  ghesien  auf  das  4  Verse  später  aber- 
luals  den  Zeilenschluss  bildende  ghesien  übersprang.    Es  ergiebt  sich 


112 

daraus  nach  meiner  Ansicht,  dass  aus  der  Yorlage,  deren  Schreiber 
zuerst  jene  4  Zeilen  aus  Unachtsamkeit  übersprang,  sich  nach  dem 
Hindurchgehen  durch  beliebig  viele  Mitglieder  alle  die  späteren  Re- 
censionen  entwickelt  haben,  welche  durch  die  Hulthemsche  Handschrift 
wie  durch  S,  TJ,  A  und  C  vertreten  sind,  während  die  Vorlage  von  H 
wenigstens  in  dieser  Beziehung  der  Urschrift  näher  stand.  In  einem 
anderen,  freilich  weniger  bezeichnenden  Falle  hat  H  gleichfalls  einige 
Verse  für  sich  allein  (s.  die  Variante  zu  V.  657). 

Wenden  wir  uns  nunmehr  zur  Recension  C,  so  ist  zu  bemerken, 
dass  sie  nicht  nur  die  meisten,  den  Texten  S  U  A  gemeinsamen 
Zusätze  zur  Hulthemschen  Handschrift  —  wenn  wir  uns  einmal  der 
Auffassung  Tideman's  anbequemen  wollen  —  aufgenommen  hat,  son- 
dern auch  eine  Anzahl  anderer,  die  nur  in  S  stehen,  und  doch  wieder 
nicht  alle,  denn  S  hat  noch  Über  ein  Dutzend  im  Texte  zerstreuter 
Verse,  die  auch  in  C  fehlen.  In  C  wird  recht  klar,  wie  seine  Tor- 
lage aus  S  U  A  gemischt  ist.  Von  den  in  der  Hulthemschen  Hand- 
schrift fehlenden,  aber  in  G  und  in  ziemlich  gleichem  Grade  auch  in 
H  aufgenommenen  Versen  stehen  V.  19.  20  nur  in  S,  V.  51.  52  in 
S  U  A,  ebenso  V.  85.  86,  V.  137.  138,  V.  265.  266;  V.  329.  330 
in  S  A  (und  zwar  hat  C  in  höchst  auffälliger  Weise  denselben  Fehler 
wie  A,  dass  statt  pallen  gesetzt  ist  pawellone  oder  päuwelioenen), 
V.  331.  332  in  S  U  A,  desgl.  V.  395—398,  479—483,  489—493, 
515—518;  nur  in  S  stehen  V.  603—606,  V.  615.  616,  V.  635.  636, 
V.  764.  765.  Einige  andere  bemerkenswerthe  Puncto  sind:  zwischen 
V.  114  und  115  fehlen  2  Verse,  welche  SAH  haben,  während  sie 
gleichermassen  wie  in  C  auch  in  U  mangeln;  V.  111  stimmt  nur 
mit  A,  V.  165.  166  mit  S  U,  dagegen  V.  276  wieder  nur  mit  A; 
V.  446  groten  steht  nur  in  S,  V.  450  gichtich  nur  in  U,  V.  471. 
472  stehen  gleichlautend  in  S  A,  anders  in  U;  zum  Texte  der  Hult- 
hemschen Handschrift  im  Gegensätze  zu  S  U  A  stimmen  V.  530  und 
559 ;  V.  567.  568  fehlen  in  sämmtlichen  übrigen  Texten,  dafür  haben 
aber  nach  V.  582  alle  anderen  Texte  noch  2  in  C  mangelnde  Verse; 
mit  der  knappen  Fassung  der  VV.  322 — 325  steht  C  ganz  allein  den 
in  diesem  Falle  übereinstimmenden  andern  Texten  gegenüber;  V.  695 
stimmt  in  auffälligster  Weise  zu  A,  während  H  (s.  die  Variante)  sich 
den  übrigen  niederländischen  Texten  anschliesst;  nicht  minder  bemer- 
kenswerth  ist,  dass  auch  die  Lücke  nach  V.  704  (s.  die  Variante)  von 
C  nur  mit  A  getheilt  wird,  und  doch  hat  A  wenige  Verse  später 
wieder  eine  durchaus  eigenthümliche,  von  allen  anderen  Texten  ab- 
weichende Fassung  (vgl.  Tideman  S.  40);  von  den  je  2  Versen,  die 
H  nach  V.  426,  nach  V.  655  und  nach  V.  737  hat,  stehen  die  ersteren 
beiden  Paare  sonst  nur  in  S,  das  letztere  in  S  A;  gleichfalls  in  S  A, 
nicht  in  H,  stehen  V.  786.  787,  in  0  freilich  arg  miss verstanden.  — 

Der  von  mir  veranstaltete  Abdruck  folgt  genau  der  Handschrift; 
nur  u,  wo  es  für  v  steht,  ist  durch  letzteres  ersetzt  und  einige  wenige 
offensichtlich  corrumpierte  Stellen  sind  gebessert  worden ;  über  beides 
geben  die  Varianten  Rechenschaft.    Eine  besondere  Aufinerksamkeit 


113 

kbe  ich  den  Zeichen  o  und  &  zugewandt.    Letzteres,  wofür  H  gern 
das  Zeichen  ü  verwendet,  erscheint  besonders  häufig  da,  wo  u  für  v 
zTOchen  zwei   Vocalen   steht:    hier  wie   bei   dem  Worte  nfi  hat  es 
natürlich  weiter  gar  keinen  Zweck,  als  das   u   als   solches   kenntlich 
zu  machen  und  von  dem  n  zu  unterscheiden :  beide  Buchstaben  wer- 
den ja  in  den  Handschriften  gleich  geschrieben,  wie  auch  noch  heute 
in  der  deutschen  Cursivschrift  das  n  erst  durch  den  Haken  darüber 
zum  u  wird.     Wo  sich  ausser  diesen  eben  Bezeichneten  Fällen  &  in 
der  Handschrift  fand,  habe  ich  es  ebenso  wie  das  o  im  Texte  stehen 
lassen,   ohne   damit   ausdrücken  zu  wollen,  dass  ich  es  jedesmal  für 
das  heutige  ö  und  ü,  also  den  Umlaut,  halte.     Dass  ich  im  TJebrigen 
denjenigen  nicht  beistimmen  kann,  welche  den  Umlaut  für  die  frühere 
Periode  des  Niederdeutschen  rundweg  leugnen,  darüber  habe  ich  mich 
bereits   an   einem   anderen   Orte   (PfeifiFer's  Germania   19,  S.  116  ff.) 
ausgesprochen. 

LEIPZIG,  Carl  Schröder. 


i^iederdentBcheB  Jahrbuch.  II.  ^ 


L 


Irmin  und  St.  MichaeL 


In  einer  vielberufenen  Stelle  erzählt  Widukind  (1,  12),  dass 
Sachsen  nach  einer  Schlacht  gegen  die  Thüringer  drei  Tage  hindurch 
den  Sieg  gefeiert,  die  Beute  der  Feinde  vertheilt  und  Todtenfeier  für 
die  Verstorbenen  begangen  haben  (exequiasque  caesorum  celebrantes), 
und  dass  diese  (jährlich  aufs  Neue  gefeierten)  Tage  des  Irrthums  von 
der  Kirche  in  Fasten  und  Gebete  und  Opfergaben  fiir  alle  verstor- 
benen Christen  umgewandelt  sind.  Das  Fest  fand  dem  Irmin  zu 
Ehren  statt,  der  durch  seinen  Namen  an  Hermes  -  Mars  (Hermes  ist, 
wie  Widukind  meint ,  der  griechische  Name  des  Mars),  durch  die  ihm 
errichtete  Säule  an  Herkules  und  durch  die  Richtung  ihrer  Aufstellung 
im  Osten,  an  Sol  oder  ApoUon  erinnert^  ;,Geschehen  aber  ist  das 
Alles,  wie  die  Ueberlieferung  unserer  Vorfahren  berichtet,  am  1.  Ok- 
tober". Am  1.  Oktober  also,  das  ist  dieser  Tradition  zunächst  zu 
entnehmen,  wurde  dem  Irmin  zu  Ehren  ein  Siegesfest  gefeiert,  und 
zwar  ein  dreitägiges,  das  demnach  entweder  Sept.  29,  Sept.  30  oder 
Okt.  1  begann*. 

Mit  dieser  unbestrittenen  Erzählung  Widukinds  vergleicht  sich 
eine  zweifelhaftere  Augsburger  Ueberlieferung.  Der  Inhalt  dieser 
wunderlichen  Tradition*  ist  in  der  Kürze  folgender:  Am  Tage  der 
Göttin  Zisa,,der  am  59.  Tage  nach  dem  1.  August  gefeiert  wurde, 
erfochten  die  Sueven  in  Augsburg,  das  sie  der  Göttin  zu  Ehren  Zisaris 
genannt  hatten,  einen  Sieg  über  die  Römer.  Eine  mitten  in  der  Stadt 
liegende  Anhöhe,  Perlach  genannt,  deckt  die  Gebeine  der  Erschlagenen. 
Stift  und  Kirche,  die  im  J.  1064  auf  derselben  errichtet  sind,  tragen 
den  Namen  des  h.  Petrus ;  auf  dem  Perlachthurme  aber  „war  ein 
bild  des  heiligen  Michaels  angebracht,  das  am  Michaelsfeste  bei  jedem 
glockenschl^g  zum  Vorschein  kam"^  Der  59.  Tag  nach  dem  1.  Aug. 
scheint  auf  den  28.  Sept.  hinzuweisen^,  aber  das  Bild  des  h.  Michael 
lässt  keinen  Zweifel  darüber  zu,  dass  er  als  der  29.  Sept.  aufzufassen 
ist.     Die   Augsburger  Tradition   berichtet  also,    dass    am   Tage  der 

^)  Vgl.  Müllenhoff,  in  Schmidts  Ztsch.  f.  Gesch.  8 ,  S.  242—44.  *)  Grimm, 
Mythologie  1.  Ausg.  S.  188  versteht:  „die  drei  ersten  Octobertage**  (2.  Ausg.  S. 275: 
„den  Beginn  des  October")  S.  1200:  „den  1.  Oct.") ;  Müllenhoff  S.  254  versucht  keine 
nähere  Deutung.  »)  Grimm  2.  Ausg.  S.  269—76.  *)  Das.  S.  274  Anm.  ***.  üeber 
ein  steinernes  Bild  des  h.  Michael  in  Michaelstein  s.  Kuhn  und  Schwartz,  Norddeutsche 
Sagen  S.  171  und  über  die  Lübbensteine  Grimm  S.  492,  93.  *)  Das.  S.  275;  Müllen- 
hoff S.  254. 


115 

Göttin  Zisa,  am  29.  Sept.,  ein  Sieg  erfochten  wurde,  d.  h.  der  Göttin 
Zisa  zu  Ehren  wurde  am  29.  Sept.  ein  Siegesfest  gefeiert. 

Beide  Erzählungen  gehören  offenbar  zusammen,  beglaubigen  und 
erläutern  einander.  Ihr  gemeinschaftlicher  Inhalt  ist  der,  dass  am 
'21  Sept.  bei  Sachsen  und  Sueven  ein  Siegesfest  gefeiert  wurde,  das 
bei  den  Sueven  der  Zisa,  bei  den  Sachsen  dem  Zio-Irmin  geweiht  war. 
Irmin  ist  identisch  mit  Zio^;  Zisa  muss  also  die  vergeblich  gesuchte 
Gemahlin  Zios  sein"^. 


Was  von  vornherein  wahrscheinlich,  dass  der  Heilige,  dem  der 
Tag  der  Gottheiten  Zio  -  Irmin  und  Zisa  zugetheilt  worden  war ,  in 
den  Vorstellungen  des  Volkes  an  die  Stelle  derselben  trat®,  lässt  sich 
in  Bezug  auf  Zio-Irmin,  über  den  allein  wir  näher  unterrichtet 
sind,  auch  im  Einzelnen  nachweisen. 

Irmin  und  Zisa  zu  Ehren  wurde  ein  Siegesfest  gefeiert.  Zio- 
Irmin  ist  der  Lenker  des  Krieges,  der  Siegverleiher^:  St.  Michael 
spaltet  im  Muspilli  dem  Antichrist  das  Haupt ^^;  sein  Bild  führen  die 
Sachsen  in  den  Ungarschlachten  von  983  und  955  auf  dem  Feld- 
zeichen^^; Widukind  bezeichnet  ihn  (3,  44)  als:  angelus,  penes  quem 
Yictoria^^. 

Mit  dem  Siegesfeste  zu  Ehren  Irmins  war  eine  Todtenfeier  für 
die  Verstorbenen  verbunden^^*.  Zio  -  Irmin  ist  der  regnator  omnium, 
cui  cetera  subjecta  atque  parentia,  der  dominator  dominantium,  der 
Herr  über  Leben  und  Tod^^.  St.  Michael  heisst  praepositus  paradisi 
et  princeps  animarum^*,  gilt  als  Empfänger  und  Wäger  der  Seelen^^ 
und:  Idt  is  s.  Michels  schlaep,  dar  men  schlöppet  beth  an  den 
jüngesten  dach^^. 

Die  Aufstellung  der  Irminsul  im  Osten  entspricht  der  Bedeutung 
des  Zio  -  Irmin   als   der  Gottheit  4es  leuchtenden  Tages,    des  Lichtes 

»)  Müllenhoff  S.  247-50,  sowie  auch  S.  243—44  gegen  Grimm  S.  328  („Die 
Sachsen  scheinen  in  Hirmin  einen  kriegerisch  dargestellten  Wödan  verehrt  zu  haben"). 
')  Müllenhoff  S.  257 :  „Noch  weniger  freilich  würde  ich  an  die  schwäbische  Zisa 
denken«.  Vgl.  Grimm  S.  275.  »)  Grimm  S.  797,  98  schwankt  zwischen  Wuotan, 
Donar  und  Zio ;  gewöhnlich  fasst  man  aber  St.  Michael  als  Wuotan  auf;  s.  z.  B. 
Kuhn  und  Schwartz  S.  517.  »)  Grimnj  S.  179 ;  Müllenhoff  S.  249.  ^o)  Grimm  S. 
771.  Ueber  St  Michael  als  Drachenüberwinder  Grimm  1,  Ausg.  S.  707  und  Watten- 
tach, Anzeiger  f.  Kunde  d.  dtsch.  Vorzeit  1869,  Sp.  164—66.  —  1397  am  Sonntag 
Dach  Michaelis  wurde  von  dem  Amtmann  der  Herzogin  von  Braunschweig  zu  Münden 
den  scholeren,  do  se  umbe  reden,  eine  Gabe  verabreicht :  Sudendorf,  Brschw.  -  Ltineb. 
Ü.  B.  8,  S.  226.  ")  Widukind  1,38  und  44;  Waitz,  Heinr.  I,  2.  Ausg.  S.  160  u.  S. 
159  Anm.  7.  ^^)  S.  Grimm  S.  180  über  den  mens  Michaelis.  Vgl  auch  i.  J.  1042 : 
^ctique  Michaelis  archangeli  et  totius  celestis  milicie :  Eeg.  bist  Westfaliae  I,  Cod. 
^pl  S.  109.  "»)  Wie  dem  Herbstopfer  (zum  Empfange  des  Winters  und  pro  annonae 
Qbertate)  ein  Mittwinteropfer  (pro  feracitate :  Grimm  S.  38 ,  Müllenhoff  S.  255),  so 
stellt  sich  auch  dem  Todtenfest  im  Herbste  ein  mittwinterliches  Todtenfest  zur  Seite : 
Sunt  etiam  qui  in  festivitate  cathedrae  domini  Petri  apostoli  victimas  mortuis  offerunt ; 
Jgl.  Friedberg,  Aus  Deutschen  Bussbüchern  S.  75,  76.  ")  Müllenhoff  S.  248,  255. 
*]  Grimm  S.  1226;  vgl.  die  von  Massmann  ^  Eike  v.  Eepgow  S.  656  gesammelten 
Stellen.     «)  Grimm  S.  796-98,  814,  819,  830.      *«)   Mnd.  Wb.  3,  S.  85. 

8* 


116 

•  im  Gegensatz  zur  Finsterniss^^ :  eia  Tag,  der  mit  dem  Michaelisfeste 
auf  das  Engste  zusammenhängt,  wurde  noch  im  16.  Jahrhundert  der 
leuchtende  Montag  genannt. 

Die  christliche  Festfeier,  die  nach  Widukind  an  die  Stelle  des 
heidnischen  Todtenfestes  am  29.  Sept.  trat,  ist  die  sogenannte  Gemein- 
woche,  die  am  Sonntag  nach  dem  29.  Sept.  beginnt^*.  In  derselben 
wurden  täglich  Messen  für  die  Verstorbenen  gelesen  und  am  Sonnabend 
eine  —  der  Gemeinwoche  übrigens  nicht  eigenthümliche^^  —  sog. 
aurea  missa  gehalten.  Weidenbach  hat  freilich  Einwand  gegen  diese 
Deutung  erhoben^^.  Da  sich  in  Wallraflfs  historisch-diplomatischem 
Wörterbuche^^  die  Stelle  finde :  „op  aller  hilgen  avend,  do  die  gemein- 
wöche  vor  die  verstorvene  begind  1354",  so  meint  er,  müsse  unter 
der  Gemeinwoche,  wenigstens  am  Niederrhein,  die  Woche  nach  Aller- 
heiligen verstanden  werden.  Indessen  fällt  im  Jahre  1354  der  Tag 
vor  aller  Heiligen,  Okt.  31,  auf  einen  Freitag,  und  mit  dem  Freitag 
kann  keine  Woche,  also  auch  nicht  die  Gemeinwoche,  beginnen.  Kann 
man  aber  nicht  einen  Irrthum  annehmen?  Im  Jahre  1483  heisst  es 
nach  einer  ebenfalls  von  Weidenbach^^  beigebrachten  Stelle:  geben 
am  samstag  aller  glaeubigen  seelentag;  Aller  Seelen,  Nov.  3,  fiel  aber 
in  diesem  Jahre  auf  einen  Montag,  Aller  Heiligen,  Nov.  1,  dagegen 
auf  einen  Sonnabend;  es  muss  also  irrthümlich  Aller  Seelen  statt 
Aller  Heiligen  gesagt  sein.  Nehmen  wir  aber  an,  dass  ein  ähnlicher 
Irrthum  in  der  Stelle  von  1354  aller  hilligen  avend  statt  aller  seien 
avend  gesagt  worden  wäre,  so  erhalten  wir  Sonntag,  den  2.  Nov.,  mit 
dem  füglich  die  Gemeinwoche  begonnen  haben  könnte.  Diese  Mög- 
lichkeit wird  aber  sofort  durch  den  Umstand  hinfällig,  dass  Aller 
Seelen  keinen  besonderen  Vorabend  haben  kann,  denn  der  Tag  vor 
Aller  Seelen  ist  das  AUer-Heiligenfest ,  oder  (wenn  der  2.  Nov.  auf 
einen  Sonntag  fällt)  der  Sonntag  nach  Aller  Heiligen.  Bleibt  dem- 
nach keine  Möglichkeit,  zwei  verschiedene  Gemeinwochen  anzunehmend^ 
so  müssen  wohl  oder  übel  zwei  Aller  Heiligen  Tage  angenommen 
werden,  neben  dem  1.  Nov.  der  Montag  in  der  Gemeinwoche,  i.  J. 
1354  der  6.  Oktober. 

In  der  Bremischen  Chronik  von  Rynesberch  und  Scheue  S.  124 
findet  sich  die  folgende  Zeitbestimn^ung:  In  deme  jare  des  Heren 
1381  des  mandaghes,  so  men  aller  kerstenen  seele  begeyt,  na  sunte 
Mycheles  jdage.  Der  Herausgeber,  Lappenberg,  setzt  freilich  in 
Klammern  hinzu:   Nov.  2,  aber  i.  J.  1381  fiel  der  2.  Nov.    nicht  auf 

")  Grimm  S.  176,  177 ;  Müllenhoff  S.  248  ")  Haltaus,  Calendarium  medii 
aevi  S.  131—36.  Hierlier  gehört  auch  wohl  Thietmar  v.  Mersehurg  6,  Kap.  81 
(M.  G.  SS.  3,  S.  819):  Antequam  vero  episcopus  ordinärer,  in  ea  ebdomada,  qua 
recordacio  fratrum  a  cunctis  fidelibus  universaliter  celebrator;  warum  Lappenberg 
Okt.  11.  daneben  setzt,  ist  mir  unverständlich.  ")  Das.  S.  134  Anm.  uu.  *®)  Calen- 
darium historico-Christianum  S.  184.  **)  Nach  freundlicher  Mittheilung  des  Herrn 
Dr.  L.  Ennen  ist  leider  die  von  Wallraff  angezogene  Urkunde  nicht  näher  bekannt 
»«)  S.  182;  Weidenbach  freilich  erklärt  dieser  Stelle  wegen  mit  Unrecht  den  Aller 
gläubigen  Seelen  Tag  ohne  Weiteres  für  Aller  Heiligen.  **)  Weidenbach  selbst  scheint 
^S.  IX)  seine  Meinung  wieder  aufgegeben  zu  haben.    Vgl.  noch  Mnd.  Wb.  3,  S.  68. 


^'    "'Ti 


117 

einen  Montag,  sondern  auf  einen  Sonnabend.  Dazu  kommt,  dass  die 
Bezeichnung  Aller  Seelen  Tag  nach  Michaelis  nicht  nur  ungewöhnlich, 
sondern  bei  dem  Abstände  des  Aller  Seelen  Tages  (Nov.  2)  vom 
Michaelisfeste  (Sept.  29.)  auch  auffallend  erscheint.  Lässt  man  aber 
den  Nov.  2  bei  Seite  und  fasst  den  Begriff  als:  mandach  na  sunte 
Mycheles  dage,  so  men  aller  kerstenen  seele  begeyt,  so  erhält  man 
das  Zeugniss,  dass  im  Jahre  1381  der  80.  Sept.,  der  Montag  nach 
dem  Michaelisfeste,  das  in  diesem  Jahre  auf  einen  Sonntag  fiel,  der 
Montag  in  der  Gemeinwoche  also,  als  ein  Aller  Seelen  Tag  bezeichnet 
wurde.  —  Dem  Montage  als  Aller  Seelen  Tag  entspricht  es,  wenn  im 
Jahre  1354  der  Sonntag,  „mit  dem  die  Gemeinwoche  für  die  Ver- 
storbenen beginnt",  Aller  Heiligen  Abend,  irrthümlich  für  Aller  Seelen 
Abend,  genannt  wird. 

Dass  gerade  der  Montag  nach  Michaelis,  d.  i.  der  Montag  in 
der  Gemeinwoche,  eine  besondere  Bedeutung  habe,  ergiebt  sich  aus 
im  Namen  und  der  Bedeutung  des  brede  mandach  in  Schleswig- 
Holstein^*.  Der  Montag  in  der  Gemeinwoche,  so  men  aller  kerstenen 
seele  begeyt,  bewahrt  die  Erinnerung  an  das  Todtenfest  zu  Ehren  des 
Zi(v-Irmin ;  der  leuchtende  Montag,  an  dem  die  winterliche  Lichtarbeit 
eingeweiht  wird^^,  gewinnt  aus  dem  Charakter  Zio-Irmins  als  einer 
Gottheit  des  Lichtes  seine  volle  Erklärung. 


[  Nachtrag. 

Von  Walther  werde  ich  darauf  aufmerksam  gemacht,  dass  nach 
l  Petersen,  Blätter  der  Erinnerung  an  —  Hans  Momsen  (Bredstedt, 
1874)  S.  117  Jan  Adriaansz  Leegh- Water  aus  Ryp  in  Nordholland 
ias  Datum  der  Sturmfluth  vom,  11.  Okt.  1634  als:  „des  Tages  vor 
Allerheiligen^  bezeichnet.  Da  der  12.  Okt.  in  diesem  Jahre  auf 
den  zweiten  Sonntag  nach  Michaelis  fiel,  so  kann  diese  Bezeichnung 
auf  das  Allerseelenfest  am  Montag  in  der  Gemeinwoche  nicht  gedeutet, 
sondern  wohl  nur,  wie  dies  auch  von  Petersen  geschieht,  durch  die 
Annahme  einer  Verwechselung  mit  dem  bekannteren  Datum  der  Sturm- 
flüthen  von  1170  und  1570  erklärt  werden. 

Herr  Direktor  Krause  weist  mich  darauf  hin,  dass  esnachü.B. 
^  i  Kl.  Stöterlingenburg  Nr.  105  im  Jahre  1331  heisst:  unde  dar  van 
\  beghan  jartit  lateren  daghe  sancte  Ilsebethen  aller  loveghen  sele.    Der 
latere  dach  ist  der  dies  crastinus^^,   de  latere  dach  s.  Ilsebethen  ist 
'  also,  da  unter  der  h.  Elisabeth,   wenn  nicht  eine  nähere  Bezeichnung 
;  eine  andere  Bedeutung  nachweist,    der  Tag   der  h.  Elisabeth,    Land- 
gräfin von   Thüringen,  Nov.  19,  zu  verstehen  ist,    der  20.  November. 
Da  aber  dieser  Tag  meines  Wissens  nicht  als   Aller   Seelen   Tag  be- 
zeichnet werden  kann,  so  wird  man  wie  hinter  jartit,    so  auch  hinter 
Dsebethen   ein  Komma  zu    setzen   und   aller   loveghen   sele   vorläufig 
Nov.  2  zu  deuten  haben^'^. 


**)  S.  Jahrbuch  1875,  S.  111.  «»)  Vgl.  noch  Frischbier,  Preuss.  Sprichwörter 
2.  Sammlung  (1876)  Nr.  1786 ;  Marike  pust't  det  Licht  üt,  Möchel  stockt  et  wedder 
*ö<  '«)  Mnd,  Wb.  2,  S.  635.    «'')  Herr  Archivar  v.  Schmidt-Phiseldeck  schreibt  mir 


118 

In  der  von  Levcrkus  veranstalteten  handschriftlichen  Sammlung 
Oldenburger  Chroniken  (im  Oldenburger  Archiv  1,  S.  155  findet  sich, 
wie  mir  Herr  Dr.  Lübbeu  mittheilt,  die  folgende  Stelle:  Anno  1509 
do  gynge  ein  grothe  vlote  in  Freslandt  in  de  (!)  seledage  vore  Michaelis 
am  dage  Cosmi  et  Daminani  (!)  martyrum.  Der  Tag  der  Märtyrer 
Cosmas  und  Damian,  der  27.  Sept.,  fiel  im  Jahre  1509  auf  den  Donnerstag 
vor  Michaelis.  In  Oldenburg  kannte  jnan  also  einen  Aller  Seelen  Tag, 
den  man  entweder  Sept.  27  oder  —  ähnlich  wie  in  Bremen  und  Hol- 
stein am  Montag  nach  Michaelis  —  am  Donnerstag  vor  Michaelis  beging. 

Endlich  finde  ich  noch  zufällig  in  Dürres  Gesch.  d.  St.  Brann- 
schweig im  M.  A.  S.  50,  dass  in  der  Stiftskirche  der  Burg  Dankwar- 
derode  von  einer  Markgräfin  Gertrud,  wahrscheinlich  der  1077  Juli  21 
verstorbenen  Gemahlin  Herzog  Ludolfs,  ein  Allerseelenfest  gestiftet 
war,  das  am  Tage  des  h.  Michael,  Sept.  29,  begangen  wurde.  Aus 
Wedekind,  Noten  zu  einigen  Geschichtschreibern  des  M.  A.  I,  S.  432 
ergiebt  sich  freilich  nur,  dass  die  Commemoratio  omnium  animarum, 
quam  fecit  domina  Ghertrudis  marchionissa  im  Monat  September  be- 
gangen wurde,  aber  nach  freundlicher  Auskunft  des  Herrn  Archivar 
Hänselmann  berichtet  Bethmann,  Das  Grab  der  Gräfin  öerdrud  innler 
Burgkirche  (Braunschweigisches  Magazin  1860,  S.  135),  auf  den  sich 
auch  Dürre  bezieht ,  dass  diese  Eintragung  in  dem  betreffenden  Me- 
morienbuche  unter  dem  29.  September  stehe.  Herr  Archivar  v.  Schmidt- 1 
Phiseldeck  dagegen  theilt  mir  mit,  dass  diese  Commemoratio  omnium ' 
animarum  „für  den  27.  (nicht  29.)  September*  vorgeschrieben  sei^^ ' 
sodass  danach  das  Braunschweiger  Allerseelenfest  mit  dem  Oldenburger 
übereinstimmen  würde. 

BARMBECK  bei  Hamburg.  K.  Koppmann. 


dagegen  über  diese  Stelle;  „Ich  habe  sie  stets  so  verstanden,  dass  der  Aasstelier 
beabsichtigt  hat,  zu  verfügen,  es  solle  am  Tage  nach  Elisabeth,  also  am  20.  November, 
eine  Gedenkfeier  für  aller  Gläubigen  Seele  gehalten  werden". 

")  Ausserdem  nach  derselben  gütigen  Mittheilung  noch  eine  andere  „für  einen 
nicht  speciell  bezeichneten  Tag  im  April". 


i 


Wert  und  benutzung  der  magdeburger  bibel 

für  das  mnd.  w^örterbuch. 

Ein  gro&er  teil  der  mnd.  literatur,  selbst  ET.  nicht  ausgenommen, 
ist  Übersetzung  oder  bearbeitung  bald  lateinischer,  bald  mittelhoch- 
deutscher, bald  mittelniederländischer  originale.  Solche  Schriftstücke 
haben  ftlr  die  kenntnis  des  mittelniederdeutschen  natürlich  nicht  den 
wert,  welchen  originalarbeiten  haben,  da  sie  nicht  selten  Wörter,  wort- 
nnd  Satzfügungen  enthalten,  die  in  echtem  niederdeutsch  anders  lauten 
würden.  Zuweilen  war  bei  dem  Übersetzer  oder  bearbeiter  das  Ver- 
ständnis seiner  vorläge  so  mangelhaft,  dafz  er  nicht  allein  den  rechten 
sinn  verfehlte,  sondern  geradezu  unsinn  zu  tage  brachte.  Ganz  auf- 
fallend zeigt  sich  dies  in  den  von  Merzdorf  herausgegebenen  vier 
büchern  der  könige.  Ungeachtet  dessen  haben  manche  arbeiten  dieser 
art  für  die  Sprachforschung  einen  gröfzeren  wert,  als  man  ihnen  bei- 
zulegen gewöhnlich  geneigt  ist.    Dies  gilt  namentlich   von  der  über- 

j  tragung  der  Schriften  Luthers,  vorab  der  bibelübersetzung  desselben. 

i  tlber  die   sogenannte  magdeburger  bibel  als  quelle  für  das  mnd. 

f  Wörterbuch  sollen  hier  einige  bemerkungen  folgen. 

1.  Bei  dem  grofzen  ansehen,  in  welchem  der  reformator  stand, 
begreift  sich  leicht  das  streben  des  Übersetzers,  seiner  ausdrucksweise 
so  nahe  als  möglich  zu  bleiben.  Dabei  kommt  es  dann  zuweilen  vor, 
dafz  dieser,  indem  er  den  ausdruck  Luthers  beibehält  und  nur  in 
niederdeutsche  form  umprägt,  doch  in  zweifei  zu  sein  scheint,  ob  der- 
selbe seinen  niederdeutschen  lesern  vollkommen  verständlich  sein  werde 
Md  darum  noch  eine  andere  Übertragung  als  randglosse  beifügt.  So 
steht  z.  b.  Jerem.  18,  12  ,dar  wert  nicht  vth'  für  Luthers  ,da  wird 
nichts  aus',  am  rande  aber  ,vel,  Dat  late  wy'. 

2.  Hieraus  ergibt  sich,  dafz  in  fällen,  wo  ganz  andere  Wörter 
nud  redensarten  als  die  lutherschen  gewählt  werden,  die  ansieht  mafz- 
gebend  war,  jene  lutherschen  seien,  auch  in  niederdeutscher  form,  den 
fesern  nicht  verständlich  genug.  In  dem,  was  vom  hochdeutschen 
abweicht,  haben  wir  also  wirkliches  und  echtes  niederdeutsch.  Solcher 
Wörter  und  redensarten  gibt  es  in  der  nd.  bibel  eine  grofze  zahl. 
Veiter  folgt,  dafz,  wenn  sich  jene  durch  andere  ersetzten  lutherschen 
Wörter  in  späteren  mundarten  des  östlichen  Mederdeutschlands  vor- 
finden, es  wahrscheinlich  ist,  dafz  sie  erst  aus  der  hochdeutschen  bibel 

j    ms  Volk  gedrungen  sind. 

!     .      3.  Damit  verträgt  sich  natürlich  sehr  wohl  die  behauptung,  dafs 
^^  gutteil  jener  verschmähten  lutherschen  Wörter  keineswegs  dem 


120 

ganzen  niederdeutschen  gebiete  fremd  war.  So  gab  es  beispielsweise 
für  brüllen  (Jerem.  2,  15),  ekel  (Jerem.  14,  19),  griflfel  (Jerem.  17, 1), 
pfeife  (Hieb  30,  31),  ranke  (Ps.  64,  7),  rächen  (Hieb  36,  16)  sanft 
(1  Kön.  19,  12),  von  fernem  (1  Chron.  18,  17),  wachholder  (1  Kön.  19, 4) 
gewiss  entsprechende  niederdeutsche  formen,  obgleich  statt  deren  für 
einen  kleineren  kreifz  nd.  leser  ,brummen,  walginge,  sticken,  floyte, 
schalckstücke,  kele,  sachtmodich,  van  averlange,  machandelbom^  nötig 
schienen  und  gebraucht  wurden. 

4.  Beschränkte  kenntnis  des  nd.  wortvorrats  oder  eine  übertrie- 
bene furcht,  seine  leser  möchten  etwas  nicht  verstehen,  führte  den 
Übersetzer  zuweilen  zur  anwendung  eines  nicht  recht  passenden  aus- 
dru'ckes.  So  scheint  mir  das  vorhin  angefflhrte  brummen,  vom  löwen, 
und  kele  (rächen)  ohne  not  verwendet.  Schwerlich  waren  brüllen, 
raken  misverständlich.  Noch  auffälliger  ist  grabbelen  (zappeln)  in 
Ps.  18,  46:  ,de  fromden  kinder  vorschmachten  vfi  grabbelen  yn  eren 
banden.'  Ein  Westfale  würde  ,zappeln'  gewis  mit  sprattelen  oder 
spattelen  übertragen  haben. 

5.  Manche  stellen  zeigen,  wenn  sie  mit  den  entsprechenden  in 
den  heutigen  bibelausgaben  verglichen  werden,  eine  abweichung,  die 
sie  ursprünglich  nicht  hatten.  So  z.  b.  vnd&desch  (undeutlich)  in 
1  Cor.  14,  11;  ,so  ick  nu  nicht  weet  der  stemmen  bed&dinge,  werde 
ick  vndüdesch  syn'.  Hier  haben  unsere  heutigen  bibeln  ,undeutKch'j 
nicht  aber  die  früheste  ausgäbe  des  16  jh. 

6.  Viele  interessanten  Wörter,  redensarten,  Sprichwörter  und  Sen- 
tenzen finden  sich  in  den  randglossen  und  anmerkungen,  besonders 
zu  den  Sprüchen  Salomonis,  dem  prediger  und  Sirach.  Ich  erlaube 
mir  einige  beispiele  auszuwählen  und  herzusetzen:  den  voss  nicht 
byten  willen  (spr.  Salom.  22);  den  bom  vp  beyden  schuldem  drageD 
(Ps.  35,  15);  ja  hinder  sich  (pred.  6);  rüstich  ym  huse  (spr.  Sal.  31); 
harflfise  (hohesl.  4);  flage  =  rifz  (engl,  flaw)  (Nehem.  4);  braschen,  vom 
pferde  (Hieb  39,  20);  sockedrunck  (Sir.  4);  —  vnrecht  gudt  vaseit 
nicht  (Jerem.  17);  druncken  frouwde,  nfichtern  leit  (spr.  Salom.  14); 
sette  dyne  teringe  na  dyner  neringe  (Sir.  19);  dat  es  heft  nicht,  sees 
czinke  gifft  nicht,  queter  drey  de  helpen  frey  (N"ehem.  3);  de  land- 
strate  ys  seker,  auerst  de  holdtwech  ys  varlich  (spr.  Sal.  12,  28). 

7.  Noch  mögen  hier  ein  paar  stellen  stehen,  welche  in  der  einen 
oder  anderen  hinsieht  bemerkenswert  sind.  Wir  lesen  Hieb  15,  35: 
,he  gheit  swanger  mit  vngel&cke  vnde  teelt  moye  vnd  er  bück  bringet 
lyst'.  Für  list  bieten  die  heutigen  bibeln  fehl.  Nach  dem  hebr.  mir- 
mah  und  dem  SoXo?  der  LXX  wird  list  betrug  bedeuten. 

Hieb  39,  23 :  ,wenn  eck  rede  de  koker  wedder  dath  klinget  vnde 
beyde  dat  speer  vnde  schilt  blenckert'.  Die  neuern  bibeln  haben 
,spiefz  und  lanze,  was  dem  hebr.  chanith  we  khidon  (speer  und  wurf- 
spiefz)  ziemlich  entspricht.   Wie  kommt  die  Magdeburgerin  zum  schiW« 

Ps.  65,  8:  ,de  du  bist  dat  brusent  des  meeres'.  Die  heutigen 
bibeln:  ,der  du  stillst  das  brausen  des  meeres',  hebr.:  maschbiacn 
schoön  jammim,  LXX;  6  (juvTapaa^wv  t6  jcuto;  t^?  6«^a<r(n)(;.    Das  an- 


■  ■    • 


121 

scheinend  sonderbare  ,bist'  steht  für  bistet  oder  wahrscheinlicher  noch 
für  bisset.  Jedenfalls  entspricht  bissen,  bisten  dem  im  d.  wb.  (Grimms) 
angeführten  bischen  und  bisten,  sibilando  advocare.  Das  dem  mnd. 
wb.  fehlende  interessante  Verbum  ist  der  verbalisierte  zischende  anrnf 
bss  oder  bsst.  Ein  solcher  anruf  will  entweder  stillstand  im  sprechen 
oder  im  gehen  herbeiführen;  er  passt  also  in  der  psalmenstelle  und 
ist  nach  meinem  gefühle  einem  ,  stillen*  vorzuziehen.  Der  Magde- 
burgerin war  ,stillen'  geläufig  genug,  es  heifzt  z.  b.  in  einer  anmerkung 
zu  pred.  Salom.  9:  ,vorhoren  vnde  ghan  laten  dat  ydt  sick  suluest 
stillet  ys  grote  kunst  vnde  doget'.  Durch  vorstehendes  bissen  oder 
bisten  erhält  auch  das  ins  mnd.  wb.  aufgenommene  bist  (subst.)  sein 
gehöriges  licht.  Wer  dem  weg-  oder  vorbeigehenden  ein  bss  oder 
bsst  zuzischt,  der  will  ihn  zunächst  zum  stillstehen,  dann  aber  zur 
nmkehr  bringen,  also  zu  sich  locken.  Daraus  ergab  sich  fdr  das 
subst.  die  bedeutung  lockung. 

Jes.  3,  16:  ,treden  her  vnde  widerleren*.  Luther:  schwänzen. 
Es  ist  wol  wideleren  zu  lesen,  was  wedeln  bedeuten  dürfte. 

Jes.  38,  14:  ,ick  pypede  (Luth. :  winselte)  alse  ein  kr6n  vnde 
swaleke  vü  kirde  alse  eine  duue*.  Das  hier  gebrauchte  hebr.  verbum 
drückt  klagendes  pipen  eines  vogels  aus.  Die  nd.  Übersetzung  ist  also 
passender  als  die  hochdeutsche,  um  so  mehr,  da  bekanntlich  pipen 
im  nd.  auch  das  jammern  des  kranken  bezeichnet. 

8.  Schiboleth  der  magdeb.  bibel  ist  averst  aber,  während  men 
blofz  die  bedeutung  nur  hat. 

ISERLOHN.  F.  Woeste. 


Das  Gothaer  mittelniederdeutsche  Arzeneibuch 

und  seine  Pflanzennamen. 


Von  Professor  Dr.  Regel. 
Gotha,  1872  und  1873.    Programm  des  Gymnasium  Emestinum  zu  Gotha. 

Was  ich  im  Nachfolgenden  zu  dieser  Begel'schen  Arbeit  hinzu- 
füge, ist  weniger  das  Ergebnis  wifsenschaftlicher  Forschung  oder  Er- 
kenntnis als  vielmehr  eine  Reihe  von  Einwänden,  welche  die  Tradition 
sich  erlaubt  gegen  manche  Uebersetzungen  und  Erklärungen,  welche 
Herr  Professor  Regel  von  einigen  mittelniederdeutschen  Wörtern  ge- 
geben hat,  einzulegen.  Materia  medica  und  Pharmakognosie  bilden 
eine  wifsenschaftliche  Disciplin,  welche  noch  heutzutage  in  einem  be- 
stimmten, nicht  irgendwie  oder  wo  unterbrochenen  Zusammenhange 
mit  jener  Arzneiwifsenschaft  des  fünfzehnten  Jahrhunderts,  von  welcher 
das  Gothaer  mittelniederdeutsche  Arzneibuch  ein  Zeuge  ist,  steht. 
Und  wenn  auf  der  Universität  in  Folge  der  Anwendung  chemischer 
Kenntnisse  auf  die  Wertprüfung  der  ArzneistoflPe  und  in  Folge  anato- 
mischer und  physiologischer  Erfahrungen  allerdings  wenig  mehr  von 
jenen  alten  Recepten  und  ihren  Heilkräften  gelehrt  wird,  so  hat  sich 
doch  die  Kenntnis  derselben  im  Volk,  meistens  nach  mündlicher  Ueber- 
lieferung,  selten  in  Folge  des  Studiums  alter  ;,Smöker^  erhalten.  Diese 
Tradition  kann  bei  der  Bearbeitung  und  Erklärung  unverständlicher  alter 
Arzneibücher  nicht  wohl  aufser  Acht  gelafsen  werden.  Doch  mufs  ich 
wiederum  hervorheben,  dafs  der  Herr  Verfafser  die  meisten  Erklärungen 
genau  und  richtig  gefunden  hat.  Was  von  denselben  bedenklich  und 
mislich  ist,  muste  jedem  mit  der  Volksheilkunde  und  der  Pflanzenkunde 
Vertraueten  beim  ersten  Ueberlesen  auffallen.  Und  nur  um  meine 
Tradition  als  ungefälscht  zu  erweisen,  habe  ich  aus  einigen  alten 
Kräuterbüchern  die  Belege  beizubringen  gesucht.  Bei  diesem  Suchen 
und  Blättern  habe  ich  noch  Einiges  unvermutet  gefunden,  und  dessen, 
wenn  es  mir  lohnend  schien,  Erwähnung  getan. 

Von  denjenigen  aber,  welche  sich  mit  dem  Inhalte,  des  Regel'schen 
Pflanzenregisters  bekannt  gemacht  haben,  dürfte  keiner  dasselbe  aus 
der  Hand  gelegt  haben,  ohne  den  Wunsch  zu  empfinden,  das  Gotbaer 
ndrd.  Arzneibuch  im  vollständigen  Abdrucke  vor  sich  zu  sehen. 

HAMBURG,  1876,  im  Mai.  W.  H.  Mielck. 


■F.- 


123 

belswort.  Mir  scheint  es  mislich  zur  Erklärung  dieses  Worts 
die  hochdeutschen  Bilzwurz,  Bizwurz,  Biswurz,  Bei8[=Beirs]wurz  herbei 
zu  ziehen.    Sollte  das  Wort  nicht  zu  hyoscyamus  gehören? 

Wenn  auch  nach  Gemeinmittelniederdeutschem  el  für  il  bedenk- 
lich sein  könnte,  so  ist  dies  nicht  unbedingt  der  Fall,  denn  z.  B.  im 
Kirchspiele  Kaltenkirchen  in  Stormarn  wird  i  vor  hartem  1  zu  e ;  w^f* 
stel!=r=sei  still. 

Das  jetzige  s  in  Bilsen  findet  sich  schon  im  ArstedygeBoeck 
1483,  fol.  12.  Bilfe  iufquamus  polniaris  tanidulata  [sie].  Bylfe  is  kold 
in  dem  drudden  grade  vnde  is  dryer  leyge.  De  erfte  heft  fwart  fad 
de  blade  fynt  fcharp  vnde  purpuren  varwe  vnde  felden  vyndet  men 
de  anders  wure  wenne  in  gallatia  fe  en  is  nicht  gud  in  arstedyge. 
De  ander  heft  fad  alfe  man  Tat  dede  is  de  beste.  De  drudde  heft 
rodelechtich  fad  we  des  witten  nicht  hebben  kan  de  neme  des  roden. 

In  Hamburg  und  Holstein  ist  das  Wort  bilfen  nur  am  Kraut  — 
bilfenkrud,  mit  Kehl-1  (polnisch  1),  auch  wohl  als  birfenkrud  gehört  — 
haften  geblieben. 

Der  Same  heifst  nur  duldilnfäd,  dodiln,  dodilgn,  Krüderboeck 
(Hamburg)  1617,  duUe  dille.  (Das  nachgesetzte  g  ist  in  diesem  Falle 
entstanden  durch  die  Einwirkung  der  bäurischen  Sprache,  welche  oft 
ein  Kehl-1  verwendet,  auf  das  Ohr  der  Städter,  denen  die  Kenntnis 
des  Kehl-1  verloren  gegangen  ist  und  die  ein  g  herauszuhören  meinen). 
Uebrigens  sind  diese  semina  byoscyami  noch  ein  ganz  gebräuchliches 
Käuchermittel  gegen  Zahnschmerzen,  auch  der  teneworm  existii*t  noch 
im  Glauben  des  Volks  und  in  der  Wirklichkeit ;  ich  bin  im  Besitze 
solcher  herausgeräucherter  Würmer. 

carallen.  Mit  diesem  Worte  ist  nicht  muscus  corallinus  (corallina, 
?puov  6aAa<y<rtov,  muscus  marinus)  gemeint,  sondern  der  Polypenstock 
vom  Corallium  rubrum,  die  rote  Koralle,  wie  die  Bezeichnung  —  rode 
karalnen  —  deutlich  zeigt. 

Korallen  als  Pflanzenname  habe  ich  in  keinem  Arznei-  und 
Kräuterbuche  gefunden  und  bezweifle  daher,  dafs  das  Nemnichsche 
Korallenkraut  arzneilich  gebraucht  worden  ist;  auf  jeden  Fall  kann 
der  Saft  nur  am  Meeresstrande  zur  Verwendung  gekommen  sein.  Mit 
den  mitgeteilten  Stellen  vergleiche  Lonicerus,  346.  Corallen,  corallus. 
Rot,  rubeus.  Weifs,  albus.  Corallen  wachsen  im  Meer,  Bot,  Schwartz 
vnd  Weifs  .  .  .  Rote  Corallen  an  den  Halfs  gehenckt,  ist  gut  für  die 
Fallendsucht ...  So  man  den  stöfst,  vnd  damit  aufsfüllet  die  holen, 
bösen  Zän,  zeucht  sie  aufs,  vnd  ist  das  höchste  in  der  stärckung 
defs  Zanfleischs  ... 

Arstedyge  Boeck,  1483,  fol.  XXH  korallus  is  koldt  vnde 
droghe  in  deme  andern  grade;  spricht  nachher  von:  roden  und 
wytten  corallen. 

Wie  hoch  früher  die  Korallen  als  Arzneimittel  geschätzt  wurden, 
davon  zeugt  folgendes  Buch:  Kurtzer  Bericht  von  Uhrsprung,  Kraflft 
und  Bereitung  der  Rothen  corallen  und  fürnehmlich  derer  wahrhafiften 
Tinctur  Wie  selbe  müsse  beschaffen  seyn,  Nebst  u.  s.  w.  von  Johanne 


124 

Gercken,  med.  Doctore,  vormahligen  ChurfürstL  Brandenb.  Leibmedico, 
Jetzo  Physico  beyder  Städte  Brandenburg.  Zum  Druck  gegeben  1714, 
in  8®.  72  Seiten  —  wo  es  pag.  5  unten  heilst: 

Ich  will  aber  nicht  in  diesem  kleinen  Bericht  alle  Reiche  der 
Medicin,  ihre  solutiones  und  separationes  durchgehen,  und  was  solche 
für  menstrua  erfordern,  sondern  wil  nur  eine  Wunder  Geburth  des 
Neptuni,  welche  der  allmächtige  GOtt  den  Menschen  zur  Betrachtung 
und  Nutzen  aus  der  Tieffe  des  Meers  herfür  wachsen  lasset,  nemlich 
die  corallen  hervorziehen'  und  1)  deren  Uhrsprung  und  Anfang,  2)  deren 
Krafft  und  Würkung,  wie  solche  für  viel  hundert  Jahren  von  denen 
alten  und  fürireflichen  medicis  gebrauchet  worden  und  noch  heutiges 
Tages  gebrauchet  werden,  und  dann  3)  von  deren  Bereitung  und  Aus- 
ziehung ihrer  besten  Krafft,  nemlich  ihrer  tinctur  oder  Essenz,  etwas 
vorstellen.  — 

drakenbloi  Dafs  dieses  keine  Pflanze,  und  also  auch  nicht 
sanguisorba,  ist,  kann  ich  aus  dem  Mitgeteilten  „drakenblodes  —  eyn 
half  lot"  nicht  beweisen.  Ich  bin  aber  überzeugt,  dafs  das  sanguis 
draconis  der  Offizinen  damit  gemeint  ist.  Die  Mengenbestimmung: 
eyn  half  lot  deutet  schon  darauf  hin,  dafs  erstens  kein  Kraut  und 
zweitens  ein  kostbarerer  Stoff  als  die  gemeine  Sanguisorba  gemeint  sei* 

Franci  lexicon  kennt  Drachenblut  nicht.  Auch  das  Arstedyge 
boeck  1483  nicht. 

Lonicerus  276.  Trachenblut.  Sanguis  draconis,  herba.  Trachen- 
blut,  vulgö  Sanguis  draconis,  hat  den  Namen,  dieweil  dieses  Krauts 
Bletter  einen  roten  Saft,  wie  ein  Blut.  Gall.  Sang  de  Dragen  .... 
Es  ist  aber  sonst  noch  ein  besonderer  Safft  in  den  Apotecken,  so  ge- 
nandt:  Sanguis  Draconis  (Pharmacopolarum  [am  Rande]),  das  ist 
Trachen  blut.  Von  welchem  etliche  fabulieren,  dafs  es  sey  das  blut  so 
von  dem  Trachen  fliesse,  wann  er  von  dem  Elephanten  erlegen  vnd 
vmbbracht  wirdt.  Es  ist  aber  solcher  Safft  ein  Safit  eines  hohen 
Baums,  welcher  .... 

Lonicerus  317.  Das  Trachenblut  das  die  ärtzet  brauchen  in  den 
Artzneyen  ist  ein  Gummi  eines  Baums,  gleichet  dem  rechten  Trachenblut. 

Lonicerus  355.  Trachenblut,  Sanguis  Draconis.  Ist  ein  Safit 
eines  Baums,  rot  als  Menschenblut 

glede.  Weshalb  auch  diese  „glede^  zu  einem  Kraute  gemacht 
werden  muste,  ist  mir  unverständlich.  Es  ist  ohne  alle  Frage  Glätte, 
Silber  oder  Bleiglätte,  lithargyrum,  die  ürsubstanz  aller  Pflaster,  ge- 
meint. Schon  Lübben  im  Mnd.  Wb.  II  pg.  118  bezweifelt  die  Identification 
gJede=Gliedkraut.  Auch  die  unter  Gliedkraut  beigebrachte  Stelle  aus 
Wolf.  Mscr.  23,  3  f.  62b;  wyt  water  make  aldus  u.  s.  w.  kann  nur: 
lithargyrum  meinen;  mit  Gliedkraut  oder  Gliedkrautsaft  würde  nie  ein 
water,  dafs  „wyt^  sei,  entstehen. 

Gliedkraut  ist  übrigens  nach  den  Arznei-Kräuterbüchem  Sideritis ; 
so:  Valentini  132,  Lonicerus  113,  Franci  lexicon  116,  auch Nemnich IV. 
1 293.  Cucubalus  führt  nur  Valentini  324  an,  aber  ohne  deutschen  Namen; 


125 

er  wächst  nach  ihm  im  mittägigen  Europa,  ;,hat  viel  Oehl  und  Schleim 
in  sich,  wefshalb  es  erweichet  und  kühlet;  wird  aber  gamicht  gebrauchet. '^ 

polenschen  haneren.  Dieser  polnische  Hafer  hat  weder  zu  Avena 
Duda,  noch  überhaupt  zu  Avenae  spec.  irgend  eine  Beziehung.  Unter 
„polnischer  Hafer^  versteht  noch  heutzutage  die  Volksarzneikundo 
Hamburgs  und  Holsteins  den  Semen  Seseleos,  mit  welchem  Namen  jetzt 
die  Früchte  von  Laserpitium  Siler  L.  belegt  werden.  Dafs  diefs  auch 
im  15.  Jahrhundert  galt,  lehrt  das  Arstedyge  Boeck  1483.  fol. 
64.  Poles  hauere.  Silre  filer  montanum  fifeles  is  heit  vnde  droge 
in  deme  anderen  grade.  Dat  fad  uth  genomen  is  veyr  yar  gut.  In 
dem  längeren  Artikel  wird  nur  dat  fad.  nicht  andere  Pfianzentoile  er- 
wähnt. Semina  Seseleos  gab  es  früher  mehrere  verschiedene;  Franci 
lexicon  pg.  116.  —  Geiger.  Pharmgicopoea  universalis.  Heidelbergae 
1835.  pg.  330.  — 

herteshorn.  Auch  hier  hat  die  Autorität  Nemnichs  und  Diefen- 
bachs  es  veranlafst,  dafs  das  Geweih  des  Hirsches  für  eine  Arznei- 
pflanze angesprochen  wurde  und  Herrn  Prof.  RegePs  Autorität  aufserdem 
dieser  nicht  existirenden  Pflanze  die  Aufnahme  im  Mnd.Wb.  (IL  pg.  256) 
verschaflt.  Gemeint  ist  mit  gebrant  herteshorn  das  cornu  cervi  ustum, 
das  alle  alten  Pharmakopoen  kennen.  Der  Beisatz  ^^gebrannt",  der 
bei  herteshorn  in  keinem  der  fünf  notirten  Fällen  fehlt,  sonst  aber  bei 
Pflanzen  selten  vorkömmt,  muste  schon  Bedenken  wider  die  pflanzliche 
Natur  des  herteshorn  erregen.  Eine  Pflanze  Hirschhorn  kennen  weder 
Valentini,  noch  Franci  lexicon,  noch  Lonicerus,  noch  Arstedyge  Boeck 
1483.  Stellen  aber  für  Hirschhorn,  gebrannt  und  ungebrannt,  können 
aus  jedem  Arzneibuche  bis  hinab  zu  unsern  Tagen  beigebracht  werden 
(z.  B.:  Valentin  Eräutermann,  regnum  animale  pg.  78.)  In  welcher 
hohen  Achtung  bei  den  Heilkünstlern  die  Körperteile  des  Hirsches 
standen,  lehrt  uns,  ungläubige  Nachkommen,  folgendes  Werk: 

cervi  cum  integri  et  vivi  natura  et  propietas:  Tum  excoriati  et 
dissecti  in  medicina  usus.  Das  ist:  Aufsführliche  Beschreibung  >  defs 
gantzen  Lebendigen  Hirschens  seiner  Natur  vnd  Eygenschaften :  dann 
ferner  Welcher  gestalt  defs  zu  gewifser  Zeit  gefangenen  Hirschens 
(ürnembste  Glieder  in  der  Artzney  zu  gebrauchen.  Erstlich  u.  s.  w., 
Q.  s.  w.  ...  durch  Johannem  Georgium.  Agricolam.  Amburgensem. 
Pal.  Doctorem,  vnd  Medicüm  patriae.  Hinten:  Getruckt  vnd  Verlegt 
zu  Aniberg,  durch  Michael  Forstern  Im  Jahr  M.DC.XVH.  —  In  diesem 
Buche  finden  sich  unter  andern  folgende  Capitel :  Zu  welcher  zeit  das 
Hirschgeweyhe  auffzubehalten.  Wie  man  es  brennen  vnd  zum  Gebrauch 
zurichten  sol.  Welcher  gestalt  es  inwendig  in  den  Leib  zu  nemen. 
Was  massen  es  eusserlich  zu  gebrauchen.  Gebrauch  der  rauhen  her- 
fiirschiessenden  Kolben.  Zu  was  beschwerung  das  Blut  oder  Falsch 
dienstlich.  Wie  die  Hirnschal  vnnd  dann  das  Hirn  defs  Hirschen  zu 
brauchen  u.  s.  w,  u.  s.  w. 

Aehnlich  wohl  auch :  J.  A.  Graba,  Elaphographia  s.  cervi  descriptio, 
iü  specie  ipsius  partium  ad  usum  medicum  s.  panacea.  8.  Jenae  1667. 

houeswerne.    Diese  Pflanze  ist  nicht  Gartenprimel,  sondern  die 


m 

Überall  in  Gärten  als  Unkrant  wuchernde  Alsine  media  L.,  auf  welche 
die  Angabe:  is  crude  vnde  wasset  in  dem  garden,  vnde  heft  blomeken, 
sehr  wohl  passt.  Hdnerswarm,  m.,  hochd,  Hühnerschwarm  ist  der  in 
Hamburg  allgemein  gebräuchliche  Name  dieses  Gewächses.  Aber  auch 
an  andern  Orten  gilt  derselbe.  Scha.  84.  hoinerfwarme,  hoinerfwarm,  f. ; 
hoinerfmee,  hoinerfmie,  f.,  die  Miere,  Vogelmiere,  das  Vogelkraut,  der 
Hühnerdarm,  Stellaria  media.  Wird  vom  Volke  gegen  das  heilige 
Feuer  angewandt.  —  Schiller,  z.  Thier  u.  Kräuterb.  II,  28  —  Nem- 
nich,  catholicon  I.  222  ....  Hühnerschweren  ...  —  Lonicerus.  fol.  201. 
Hünerdärm,  Hünerserb,  u.  s.  w.  —  Franci  lexicon,  pg.  6.  Alsine. 
Morsus  gallinae,  Hünerdärm,  =  bifs,  =  vogelkraut.  — 

Arstedyge  Boeck  1483,  im  Register:  Honefwarwe  is  abeyle. 
fol.  II :  Rod  honefwarue  Rodfunnen  weruel  foke  Abeyle-  fol.  II. :  Abeyle 
ys  Morfus  galline  rod  houefweruele  edder  rod  funnenweruele  vligword. 
Weme  fyne  tone  in  den  voten  tokleuen  van  fwete.  de  togrofe  fe  [id 
est  abeyle]  vnde  binde  fe  dar  vp  dat  heylet  drade.  Abeyle*)  myd 
half  watere  vnde  halff  etike  gefoden  dar  mede  in  deme  bade  de  hut 
geriuet  [sie,  nicht  gewreuen]  vnde  wafchen  vordrift  den  iucken  vnde 
der  hut  rudicheyt.  — 

Der  zweite  Teil  des  Wortes  ist  im  jetzigen  Dialekte  derselbe 
wie  in  der  alten  Schriftsprache.  Ich  war  geneigt  den  ersten  Teil  für 
eine  Entstellung  aus  honre  zu  halten,  wogegen  aber  scheinbar  die  im 
Arstedyge  Boeck  gefundenen  Formen  sprechen.  Der  Drucker  desselben 
verwendet  indessen  n  und  u  promiscue  und  daher  können  die  Stellen 
nicht  entscheiden  zwischen  „Hofes"-  und  „Huhnes^-swerm.  S.  Mnd. 
Wb.  II.  317. 

hnndeshoer.  Wenn  wir  auch  annehmen  wollen,  dafs  die  Nem- 
nichsche  Pflanze  Hundskoth,  Rodel,  plattdeutsch  hundeshoer  heifsen 
könne,  so  bleibt  doch  die  Frage  ungelöst,  was  denn  wyt  hundeshoer 
für  eine  Pflanze  sei.  Umsonst  habe  ich  mich  ungesehen  nach  der 
Bezeichnung  „weifs^  bei  Pedicularis.  Franci  lexicon  und  Arstedyge 
Boeck  1483  kenneA  weder  Pedicularis  noch  Rodel,  noch  Hundskot 
(hundeshoer)  —  Valentini  106.  Pedicularis  oder  Läufskraut  t-  Loni- 
cerus fol.  180:  Das  ander  Leufskraut  nennt  man  Rodelkraut  vnnd 
braun  Leufskraut.  Graecis  <p9tptov.  Latinis  Phthirion.  Pedicularis  altera. 
—  Den  Namen  Hundskot  kennt  keiner  für*  diese  Pflanze,  und  so  tut 
man  wol  gut,-  den  Nemnichschen  Hundskoth  aufser  Acht  lafsend,  die 
Pflanze  hundeshoer  wieder  aus  dem  Pflanzenlexikon  der  niederd.  Sprache 
zu  streichen  und  den  wahren  Hundskot  (altsächs.  horo,  horu  =  Kot) 
wieder  in  seine  Alleinherrschaft  einzusetzen.  Wie  dieser  in  allen  alten 
Heilbüchern  erwähnt  wird,  so  verlangt  noch  heutzutage  das  Volk: 
Witten  enzian  fun-*n  swarten  püdel;  und  der  Apotheker  gibt  dem 
Fordernden  dafür  kohlensauren  Kalk,  aus  dem,  gemischt  mit  phosphor- 
saurem Kalke,  der  hundeshoer  bestanden  haben  mag,  wenn  er  von 
Knochen  nagenden  Jägerhunden  abstammte  und  ein  reichlicher  Regen 

*)  Darnach  ist  wohl  auch  aheyle  Mnd.  Wb.  I.  45  in  abeyle  zu  ändern? 


r^ 


12? 


vor  dem  Einsammeln  alles  Lösliche  binweggespült  hatte.  S.  hundes- 
dreck.    Mnd.  Wb.  IL  333. 

Kervele.  Hiermit  wird  das  Kraut  und  die  Frucht  von  Anthriscus 
Cerefolium,  nicht  aber  von  Chaerophyllum  sylvestre  L.,  Kälberkrop 
gemeint  sein.  Hayne,  Arzneygewächse  L  33.  —  Nemnich,  catholicon. 
11  984,  V.  296  u.  320  gibt  fehlerhaftes.  Es  ist  überhaupt  nicht  ge- 
raten, Nemnich'iä  Angaben  für  ganz  und  gar  zweifellos  zu  halten;  denn 
bei  dem  ungeheuren  Materiale,  welches  Nemnich  zusammengetragen  hat, 
konnte  er  unmöglich  alles  auf  Richtigkeit  und  Fehlerlosigkeit  prüfen, 

Arstedyge  Boeck  1483^  fol.  45.     Eeruele  is  cerefolium. 

Franci  lexicon,  pg.  24.  Chaerefolium,  ;^atpe<puXXov,  Cerefolium, 
Kärbel. 

Lonicerus,  fol.  263.  Kerbein,  Körffel  oder  Kerfelkraut,  Graecis 
yifl'iXtov,  Latinis  gingidium  Chaerophyllon,  vulgö  Cerefolium  Chaere- 
folium,  ital.  Cerefolio,  gall.  Cerfueil.  Ist  zam  vnd  wild.  [Die  beige- 
fügte Zeichnung  stimmt  zu  Anthriscus  cerefolium,  nicht  zu  Chaero- 
phyllum sylvestre.] 

Valentini,  pg.  300.  —  Mnd.  Wb.  IL  456:  kervelde,  de  is  gut, 
zu  befsern  in  ;,kervel,  de  de  is  gut"  [?]. 

klever.  Von  den  vielen  Pflanzen  dieses  Namens  scheint  mir 
MelUotus  officinalis  Wild,  am  wenigsten  wahrscheinlich  zu  passen. 
Hierorts  ist  das  Wort  stenklever  unbekannt,  man  hört  nur  verschieden- 
artig entstellte  Formen  von  Melilotus.  Kleverblomen  sind  die  Blüthen 
von  Trifolium  repens.     L.  —  Mnd.  Wb.  IL  482. 

romesschen  koel.  Arstedyge  Boeck  1483,  fol.  42.:  Heydeffchen 
kol  romefch  kol  is  fpinafia,  is  kolt  vnde  vucht  in  den  ende  des  ersten 

grades fpinafia  gegetten  ro  edder  foden  ocket  den  wiuen  vnde 

fordert  fe  an  orer  fuke  vnde  fuuert  fe  wol. 

Darnach  wäre  romescher  koel  mit  Spinat  zu  übersetzen. 

kouele*  Ich  schlage  vor  für  n  ein  n  zu  lesen,  und  anzunehmen  dafs 
nicht  die  unbelegbare  Pflanze  kouel,  sondern  konel,  konele,  gemeint  sei. 

Arstedyge  Boeck  1483,  fol.  38.  Gartkonele  pepperkrud 
latureya  gargala  is  in  latine  fatureya  tymbra  ferpillum  domesticum. 
Satureyen  nym  vp  wan  fe  blomen  etc. 

Arstedyge  Boeck  1483,  fol.  48.  konnele  ferpillum  is  twigher 
leyghe  tham  konnele  is  garden  konnele.  De  is  reyde  vor  ghfchreven 
[sie]  Hyr  wyl  ick  feggen  van  velt  konelen  vnde  van  wylder  konnele 
de  het  konnele.     Wan  fe  blomen  etc. 

Franci  lexicon  115:  Serpillum  vulgare,  Quendel,  Kunlein, 
Hünerkol,  wilde  Polei  ...  Franci  lexicon  85.  cunila=Origanum. 

Das  Wort  ist  zur  Zeit  noch  nicht  erstorben.  Im  Holsteinischen 
gibt  es  zwei  Formen  desselben.  Die  gebräuchlichere  ist  köln,  die 
weniger  gebräuchliche,  aber  dem  alten  konel  näherstehende  ist  könel  (ö). 
So  gehört  3.  I.'1876  aus  dem  Munde  eines  Schlachtergesellen.  Diese 
Namen  führt  unser  Satureja  officinalis.  L.,  welches  Kraut  als  Küchen-, 
besonders  Suppen-Gewürz  beliebt  ist.  Findet  sich  mit  Dill  zusammen 
auf  jedem  Spargelbeete. 


•.'•"^^^Ai-wvyiti 


128 

Schütze.  II.  316.  kölln  oder  köll  (s.  Aal)  ist  ein  Provinzial- 
ausdruck,  das  Kraut  heifst  sonst  Saturei  — 

Firmenich.  Germ.  Völkerst.  I.  23*^)  Kölln,  Satureja  officinalis. 
S.  dieses  Jahrbuch  II.  S.  33  und  Mnd.  Wb.  IL  523.  553. 

kretelmore.  Arstedyge  Boeck  1483,  fol.  47.  kretelmoren 
pasternack  moren  is  bancia  gezar  pastreata  [sie]  in  den  ersten  grade 
vucht  in  dem  anderen  heyt  schrift  Wilhelmus  do  placentia  .  .  .  . 
Aver  Galienus  secht  kretelmore  is  twyerhande  wilt  de  starke  krafft 
hefift  vnde  tarn  de  sacht  kraflft  helft  .... 

S.  Mnd.  Wb.  II.  566. 

krevet.  Mit  dem  Aussprechen  der  Ueberzeugung,  dafs  die  Aus- 
drucksweise der  Handschrift  die  Mögliclikeit  ausschliefse,  das  Wort 
kreuet  als  Krebstier  aufzufafsen,  ist  für  ihre  Richtigkeit  noch  kein 
Beweis  erbracht.  Doch  das  auf  sich  beruhen  lafsend,  möchte  ich  nur 
einiges  gegen  die  Identification  mit  Heliotropium  vorbringen. 

Der  Ausdruck  ^kreuet  gestot  vnde  darvp  gelecht"  spricht  dafür, 
dafs,  wenn  ein  Kraut  gemeint  ist,  dieses  frisch  genommen  werden  soll. 
Trocknes  Kraut  ;,  gestot*  giebt  Pulver,  und  von  diesem  würde  es  heifsen 
^vnde  darvp  gestrouwet".  Heliotropium  europaeum  wächst  aber  derzeit 
—  und  im  14 — 16.  Jahrb.  sicher  ebensowenig  —  nicht  im  Gebiete 
des  Niederdeutschen.  Koch  Synopsis  florae  germanicae  et  helveticae. 
3.  Aufl.  pag.  430.  gibt  als  Verbreitungsbezirk  an :  Canton  Wallis,  Genf, 
von  Basel  durch  Elsafs  stellenweise,  bis  an  die  Mosel,  durch  Baden,  einen 
Theil  von  Würtemberg  bis  Frankfurt,  südl.  Krain,  Oestreich  und  Mähren. 

Yalentini,  pg.  72.  Heliotropium,  Sonnenwende,  Krebs-,  Scorpion-, 

Wartzenkraut weilen  es  aber  bei  uns  [in  Giefsen]  rar  und  un- 

bekandt  ist,  wird  es  auch  garnicht  zur  Artzney  gezogen. 

Lonicerus  272  —  Franci  lexicon,  pg  119,  51,  52.  —  Arstedyge 
Boeck  1483  bringen  nichts.  — 

loye.  Eine  Bestätigung  für  die  RegeFsche  Erklärung  bringt  auch 
das  Arstedyge  Boeck  1483,  fol.  51:  loye  betet  gamandrea,  is  het  vnde 
droge  etc.  .  .  .  weme  de  ogen  schemeren  menge  ore  fap  myd  honnyghe 
legge  warm  vppe  de  oghen.     Mnd.  Wb.  II.  717. 

larbii  Die  Einschiebung  von  k  führt  uns  auf  lurk,  welches  Wort 
allerdings  sonst  nur  als  lork  erscheint,  und  dieses  auf  Hydrocharis 
Morsus  ranae.  Wo  aber  ist  diese  Pflanze  je  in  der  Medicin  angewandt 
worden?  Ich  habe  keine  Erwähnung  dessen  finden  können.  Ich  schlage 
vor  eine  andere  Aenderung  vorzunehmen  und  statt  lurbit  zu  lesen: 
turbit,  Radix  Turpethi.     S.  Mnd.  Wb.  IL  750. 

Arstedyge  Boeck  1483,  fol.  82.  Tvrbit  is  wortele  vthe  yndien 
vnde  arabien  lande  etc.  etc 

Franci  lexicon  129.  Turbit,  Turpethum,  melius  Torbodon, 
Cort.  Rad.  C.  Vi  s.  3.  purgat  pituitam  e  juncturis  etc.  etc. 

Lonicerus  275.  Turbith,  Alypia.  Das  Turbith  so  zun  purgierenden 
Artzneyen  in  vielem  Brauch  ist,  vnnd  bey  den  Apoteckern  noch  Turbith 
genandt  wirt,   heifst.  Dioscoride  aXuxov,  Paulo   Alypia,   vnnd  Actuario 


m 

Turbeth  album.    Mesue  Turbith  Wachfst  an  den   orten   deJB  Meers, 
sonderlich  in  Africa  etc. 

Das  in  Porners  Heerfahrt  (Ztschr.  d.  hist.  Vereins  f.  Niedersachsen, 

1874—75,  S.  156)  erwähnte  und  am  betreffenden  Orte  unerklärt  ge- 

1    bliebene  tarbit  wird  gleichfalls  aus  turbit  entstellt  sein. 

I  nettelenkamen.    Es  scheint  mir  viel  ungezwungener,  diefs  mit 

Nefseinkamm  zu   erklären.     Es   ist  wol  nichts  im  Wege,    den  reifen 

Fruchtstand  von  Urtica  dioica  L.  mit  Kamm,  Kämme  zu  bezeichnen. 

S.  Mnd.  Wb.  lU.  181. 

I  padelkersse.    Diese  Pflanze  ist  Waüser-,  Brunnenkresse,  Sisym- 

briam  Nasturtium  L.,  trotz  Mnd.  Wb.  III.   291. 
I  Arstedyge  Boeck  1483,  fol.  64.     Padelkerfze  ys  water  kerCTe. 

Eyn  plaster   van   creme   fape   etc.   etc.   im   Register:    waterkerfe   is 
padelker£ze. 

pers«  Zu  diesem  Worte  darf  vielleicht  folgendes  aus  dem  Arste- 
d;ge  boeck  1483  beigebracht  werden.  Im  Register:  Pars  focke  cap- 
pelleken  foL  18,  und  fol.  18:  Capellen  yuncvrouwen  har  capilli  veneris. 

we  den  fteeyn  hefft Mirtus  is  pors  dar  me  in  westualen  den 

i    grenlinck  äff  brauwet  Oliye  van  deme  porfe  myd  wyn  olye  van  lilien 
:    vnde  yfopen  blade  vnde  eyn  luttick  meifcher  kobotteren  etc.  etc. 

Weiter  wird  in  dem  Artikel  das  Wort  pors  nicht  wieder,  sondern 
■   nur  cappelleken  verwandt. 

Ich  begreife  indes  nicht,   wie  hier  par8=cappelleken   [nämlich 
Adianthum  capillum  Veneris]   und  pors=mirtus  [nämlich  Ledum  pa- 
f   lustre  L.  oder  Myrica  Gale  L.]  durcheinandergebracht  sind« 
peterkomen.    Verschrieben  statt  peperkomen? 
Arstedyge  Boecfk  1483,  im  Register:    peperkome   foke  kome, 
fol.  47 :  kome  is  ciminum  het  vnde  droge  .... 

Krüder-Boeck  (Hamburg)  1617,  fol.  a.  I  u.  a.  II.  PeperkÖhme. 
Hayne  Arzneigewächse  VII.  Nr.  11.     Gyminum  Cuminum  L.  Kreuz- 
j   kümmel,  Kramerk.,  Kramk.,  Mutterk.,  Gartenk.,  Pfefferk.,  römischer 
»   K.,  langer  K.,  Kumin. 

Mnd.  Wb.  III.  319. 

syneekel.  Diefs  erkläre  ich  ohne  Bedenken  für  herba  Saniculae, 
ohne  jedoch  damit  entscheiden  zu  wollen,  ob  das  gemeinte  herba  Sa- 
niculae  auch  abstamme  von  der  jetzt  Sanicula  europaea  L.  genannten 
Pflanze,  deren  Blätter  noch  im  Gebrauche  sind.  Chytraeus,  nomen- 
clator  lat.-saxon  hat :  Alchimilla,  Stellaria,  Leontopodium,  Saneckel  — 
Volksetymologie  verdirbt  den  Namen  wohl  in  Saunickel. 

Geiger,  Handbuch  d.  Pharmacie,  Heidelberg  1827,  Bd.  II,  1. 
pg.  647.    Sanicula  europaea  (europäischer  Sanikel,  Heil  aller  Schäden) 
eine  schon   längst  als  Arzneymittel  angewendete  Pflanze.     Wächst  in 
etwas  feuchten,  schattigen  Laubhölzern  und  Gebüschen. 
Nemnich.  catholicon.  IV.  1222. 

Valentin!  312  ....  der  heilsame  Sanicul,  welchem  diesen  Ehren 
Titel  mit  desto  gröfserem  Recht  beylege,  weilen  er  vom  Heilen  oder  fanare, 
im  lateinischen  Sanicula  und  im  Frantzösischen  sanicle  genannet  wird. 

Kiederdentiches  Jahrbuch.  II.  9 


\ 


130 

Valentini  220.     Berg-SaDickel=6eum. 

Valentin!  53.     Bär-Sanickel=Primulae  Spec. 

Krüder-Boeck  (Hamburg)  1617,  fol.  G.  Sanickel  gesade»!  mi 
Söteholte  in  Wyn  edder  Beer  ys  eine  krefftige  helinge,  den  de  siel 
wee  gedan  hebben  vnde  inwendig  vorseriget  syn,  Blöd  uth  spyen  von 
fallen  edder  süs. 

Franci  lexicon,  pg.  109.     Sanicula  mas,  Diapensia,  Sanikel.. 

Lonicerus,  fol.  242.  Sanickel  vulgö  Sanicula,  ä  fanando,  dasis 
von  seiner  heylsamen  krafft.  Item  Sanicula,  Diapenfia  Ferraria  minor 
Gonfolida  minor  bey  etlichen.     Ital.  Sannicula.     Gall.  Sanicle. 

Arstedye  Boeck  1483,  fol.  74.  fanekel,  fenekel  gruword  kleynt 
crutzeword  het  fenecion  feuecula  engrion.  Der  Standort,  der  weiterhin 
für  diese  Pflanze  angegeben  wird,  erlaubt  nicht,  sie  für  die  jetzig« 
Sanicula  europaea  L.  zu  halten.  Vgl.  übrigens  wegen  fenecion  Regeis.  v 
Mnd.  Wb.  IV.  24. 

Sparghe.  Dieses  ist  nicht  Asparagus  officinalis  L.,  denn  von 
diesem,  welcher  —  nach  Hayne,  Arzneigewäehse  VIII.  Nr.  29  -  in 
den  meisten  Gegenden  Deutschlands  und  den  übrigen  Ländern  Europeus 
am  Meerstrande  und  auf  sandigem  Boden,  an  Hecken  und  Gesträucbeo 
[wild!]  wächst,  kann  man  nicht  sagen:  wasset  gerne  in  dem  kerne, 
sondern  es  wird  sein:  Spergula  arvensis  oder  Spergulae  spec,  deren 
heutiger  hiesiger  Name  Spörk  ist.  Nemnich  catholicon  IV.  1338. 
Ackerspergel,  Spergel,  Spörgel,  Spark,  Wiesenspark  u.  s  w.  Schiller 
z    Thier  u.  Kräuterb.  III.  pg.  38  kennt  nur  Negenknee. 

Abkürzungen. 

Arstedyge  Boeek  1483 :  £yn  fchone  Arstedyge  boeck  van  aller- 
leye  ghebreck  vnnde  kranckheyden  der  minfchen.  hinten :  finitus  est  iste 
libellus  herbarius  Anno  dni  millelimo  quadringentefimo  octuagesimo 
tertio  in  vigilia  fancti  petri  ad  vincula.  Beschrieben  in :  LappenbergJ 
zur  Geschichte  der  Buchdruckerkunst  in  Hamburg.     S.   115.  I 

Lonieerus:  Kreuterbuch,  künstliche  Gonterfeytunge  der  BäumeJ 
Stauden,  Hecken,  Kreuter,  Getreyde,  Gewürtze.  Mit  eigentlicher  . .  •! 
Durch  Adamum  Lonicerum,  der  Artzney  doctorem,  vnd  verordneten| 
Phyficum  zu  Franckfort  am  Mayn.  Zu  Franckfort  bei  Christian  Ege-| 
nolffs  seligen  Erben.     1578. 

Krfider-Boeek  (Hamburg)  1617:  De  Krudtlade  vormehret:  A 
dat  ydt  wol  mach  hethen  de  kleene  Herbarius,  Krüder-Boeck  [groi 
gedruckt],  edder  Garde  der  Gesundheit  van  den  Krüdern  vnde  P 
wässen s.  1.  (Hamburg)  1617. 

Franci  lexieon:  Georg  Franci  naumburgenfis  raedic.  D.  etC. 
Caesar.    Lexicon  vegetabilium  ufualium  in  quo  Plantarum  Qaarum  ufi 
ufque  innotuit  Nomen  cum  synonymis  Latinis,  Graecis,  Germanicis  et  intei 
dum  Arabicisetc.  etc.  Argentorati  sumtibus  acTypis  JosiaeStaedeli.  167 

Valentini:  Viridarium  reformatum  seu  regnum  vegetabile,  Dasis 
Neu  eingerichtetes  und  vollständiges  Kräuter-Buch,  worinnen  . . .  ■ 
Von  D.  Mich.  Beruh.  Valentini  ....  Franckfurth  am  Mayn,  gedrucl 
bei  Anton  Heinscheidt.     1719. 


Noch  einmal  das 
Zwiegespräch  zwischen  dem  Leben  und  dem  Tode. 


^^^»^^^^^^^»^^^^^% 


Eine  fortgesetzte  Untersuchung  der  im  vorigen  Jahrgang  er- 
wähnten Handschrift  hat  das  daselbst  S.  54  ff.  abgedruckte  Gedicht 
vollständiger  und  in  verbesserter  Anordnung  mich  herstellen  lassen, 
auch  über  das  Druckjahr  und  den  Drucker  die  bestimmte  Aufklärung 
gegeben. 

Neben  den  erwähnten  Druckresten  von  Versen  waren  ein  paar 
Streiflein  eingeklebt,  welche  ärztliche  Vorschriften  enthielten.  Nach 
Entfernung  des  dicken  Kleisters  der  Rückseite  erschienen  auch  hier 
Versdruckreste,  und  umgekehrt  enthüllten  sich  unter  dem  Kleister 
der  Tersfragmente  auf  der  Kehrseite  Zeilen  eines  Arzeneibuches. 

Die  Letzteren,  zusammengelegt,  erwiesen  sich  nach  Typen,  Zei- 
len etc.  als  identisch  mit  fol.  65b  und  69b  des  Bokes  der  Arstedie, 
gedruckt  zu  Lübeck  1484  durch  Barthol.  Ghotan.  Die  einzige  Ab- 
weichung ist,  dass  über  fol.  69b  verdruckt  steht:  F(o.  l)xx.  Daraus 
erklärt  sich,  weshalb  die  Rückseite  nicht  mit  dem  Text  des  Arzenei- 
buches bedruckt  ward,  sondern  der  Bogen  cassirt  und  in  seiner  weiss 
gebliebenen  Hälfte  zu  einem  Probedruck  (einer  Correctur)  des  Zwie- 
gesprächs benutzt  wurde. 

Faltet  man  den  betreffenden  Octavbogen  und  bezeichnet  die  Ein- 
zelseiten mit  den  Signaturen  des  Arzeneibuches,  so  erhält  man  neben 
und  über  einander  auf  derselben  Fläche  des  halben  Bogens: 

Fol.  66  (Fol.  69b) 

(Fol.  66b)  Fol.  70. 

Die  Kästen  70  und  69b  wurden  beim  Zusammenrücken  vertauscht ; 
so  geschah  es,  dass  die  Signatür:  Fol.  70  auf  den  verkehrten  Kasten 
kam,  was  um  so  leichter  möglich  war,  als  auch  jetzt  noch  wegen 
raschen  Abgangs  derselben  häufig  wiederkehrenden  Zahlenlettern  die 
Seitenbezeichnung  oft  erst  beim  Zusammenschluss  der  Kästen  unmittel- 
bar vor  dem  Druck  beigefügt  zu  werden  pflegt. 

Kehrt  man  den  Bogen  um,  so  ist  die  Rückseite  von  70  links, 
die  von  65b  rechts.  Dem  entsprechend  enthält  auch  der  Revers  von  70 
(oder  69b)  den  Eingang,  der  von  65b  das  Ende  des  Gedichts.  Es  scheint 
also  nur  auf  diesen  zwei  Seiten  gestanden  zu  haben.  In  der  Mitte 
werden  drei  Strophen  ganz  fehlen,  weU  die  beiden,  deren  Anfangs- 
buchstaben allein  erhalten  sind,  auf  der  Rückseite  keine  Druckreste 

9* 


132 

zeigen.  Dies  müsste  aber  der  Fall  sein,  wenn  sie  nur  durch  eine 
Strophe  von  den  ersten  vier  getrennt  wären.  Der  zusammenhangende 
Text  des  Arzeneibuches  ergiebt  dies  so  sicher,  wie  die  Reihefolge  der 
erhaltenen  Strophen.  Aus  demselben  Grunde  kann  vor :  Dy  en  baten 
nicht  —  keine  Strophe  auf  65b  gestanden  haben  und  vor  der  letzten 
Strophe  nur  eine  fehlen.  Raum  für  die  fünf  in  die  Mitte  einzureihenden 
Strophen  gewährt  die  erste  Seite,  wenn  man  sich  ihren  noch  jetzt  im 
Lübecker  Druckexemplar  ziemlich  breiten  unteren  weissen  Rand  un- 
beschnitten denkt. 

Dass  übrigens  bei  der  völlig  regellosen  Benutzung  eines  cassirten 
Bogens  zu  einem  Probedruck  auch  andere  Combinationen  des  ersten 
Abdrucks  möglich  sind,  und  demnach  das  Gedicht  eine  viel  grössere 
Ausdehnung  gehabt  haben  kann,  wie  auch  verwandte  Dichtungen  sie 
nachweisen,  soll  keineswegs  in  Abrede  gestellt  werden.  Anfang  und 
Ende  als  solche  dürften  aber  ziemlich  fest  stehen. 

Das  Druckjahr  wird  dem  des  Arzeneibuches  nicht  fern  liegen 
und  ist  insoweit  belehrend,  als  wir  hier  ganze  Zeilen  lesen,  welche 
in  den  Todtentanzdrucken,  deren  ältester  von  1489  datirt,  wiederkehren. 
Das  Gedicht  lautet  in  der  richtigen  Anordnung  und  mit  den  neu 
gefundenen  Ergänzungen  und  besseren  Lesarten  einzelner  Wörter  und 
Buchstaben: 

(Dat  levent). 
Wor  kumpftu  doch  beere 
Unde  wat  ys  dyn  (b)eghere? 
Wat  ys  dat  krum(m)e  tauwe, 
Dat  du  flepeft  in  (deme)  douwe?^) 

De  (dod). 
Ick  kome  van  eynem  koningh(ry)ke. 
Dar  hebbe  ick  fe  meyet  al  ghely(ke). 
Ick  byn  de  dod,  ick  kan  vorderv(e)n 
AUe  dingk,  da(t)  id  mot  fterven. 

Dat  levent. 
Byftu  eyn  meyer,  fo  meye  dyn  körne 
Unde  lat  van  my  dynen  tome. 
Du  en  hefft  hyr  nicht  tho  fchaffen, 
Dar  umme  fcholt  du  my  nicht  ftraffen. 

De  dod.2) 
Neen,  ick  wil  dy  noch  anders  fpreken, 
,        Ick  wil  dy  dyn  herte  thobreken. 
Des  love  my  al  funder  wan. 
So  hebbe  i(ck  menni)ghem  m(y)nschen  g(hedan). 

Da(t)  lev(en)t. 


^)  a  in  tauwe  steht  deutlich  da,  ebenso  d  in  douwe.  Es  ist  auch  richtige  dass 
der  Tod  die  Sense  im  Thau  nachschleppt,  nicht  im  Aermel  (mauwe),  ')  Dass  die 
Strophe  hier  anschliesst,  ergiebt  der  Text  des  Arzeneibuches. 


133 

(De  dod) 

(Dat  levent). 

(De  dod). 

vy        •  •  •  *  • 

Wal 

jj      •        •        •        •        • 
M      .        .        .        .        . 

(Dat  levent). 
Ac(h)         .... 

\j       .        .        *        .        • 
ji^       .        .        .        .        • 

u  .  •  .  .  • 

D(e  dod),  8) 
(D)y  en  baten  nicht  ve(le  werde), 
Men  fnelle  dy  vufte  (van  duffem  erde), 
(I)ck  wil  dy  uppe  de  er(den  ftrecken) 
(XJ)nde  enen  vot  lengh(er  recken. 

Dat  (le)vent. 
(A)ch  fpare  my  en  klene  tyd 
(U)nde  kere  van  my  d(y)nen  nyd, 
Ick  byn  noch  nicht  berede 
(D)at  ick  fo  drade  van  hyr  fchede. 

De  dod. 
(öo)t  fprack  myt  fynem  hillighen  munde: 
(Waket  unde  bedet  t)ho  aler  ftunde. 
(De  dod  fendet  juw)  nenen  breflf, 
(He  kumpt  flyken  recht  fo  eyn  de)ff.*) 

(Dat  levent). 
.....  •         . 

D(e  dod). 
Dar  fynt  vele  mede  bedraghen, 
Wen  fe  langhe  vore(t)oghen  ^) 
Unde  feden  alle:  cras  cras! 
We(n  ick)  alrede  by  en  was. 

LÜBECK.  Wilh.  Mantels. 


^)  Hier  beginnt  Bückseite  von  fol.  65^.  Der  Zusammenhang  der  Strophen  geht 
gleichfalls  aus  dem  Text  des  Arzeneibuches  hervor.  *)  Wörtlich  ebenso  1520.  Vgl. 
ineioe  Ausgabe  des  Lüb.  Todtentanzes  (Lüb.  1866)  S.  10  u.  14.  Vgl.  auch  hier  und 
zu  den  irtiieren  Anmerkungen  die  Ausg.  v.  1489  u.  1496,  jetzt  neu  gedruckt  in 
Herrn.  Baethcke  Des  dodes  danz.  Stuttg.  Lit.  Yer.  1876.  ^)  Ein  hinzugekommenes 
Streifchen  beweist,  dass  hinter  oghen  nichts  mehr  stand.  Vor  oghen  ist  ein  Wurm- 
frassloch,  in  welches  t  hiueinpasst 


Friesisches  im  Ditmarschen? 


In  der  Ditmerschen  Historischen  Geschichte  des  Johann  Adolfi, 
genannt  Neocorus  (her.  v.  Dahlmann.  Kiel.  1827)  ist  in  philologi- 
scher Hinsicht  der  werthvoUste  Abschnitt  die  Widerlegung  der  „söven- 
den  Vormodinge  van  Ankumbst  unde  Ortsprung  der  Ditmerschen^  I, 
S.  59  flf.,  weil  Neocorus  hiebei  sich  über  die  Sprache  der  Ditmarschen 
auslässt.     Seine  Worte  sind*): 

jAlso  ok  de  Sprake  belangende,  wet  men  sik  ok  wol  to  beschei- 
den, dat  de  fast  in  allen  Steden,  Flecken,  ok  wol  geringesten  Dor- 
pern  sik  endert,  dat  men  utdrucklich  in  einerlei  Volke  ein  ander 
Idioma  unde  Art  höret  unde  sporet;  ok  desulve  na  gerade  dorch  de 
ütlendere  unde  Frombde  edder  der  Gewerve  halven  in  den  Steden 
sik  betern  unde  reinigen  edder  ok  wol  gar  corrumperen  unde  vor- 
mengen: wo  den  de  in  den  Flecken  des  Ditmerschen  Landes,  s'onder- 
lich  Brunsbuttel,  Melcjorp,  Oldensworden,  Heide,  Weslingburen,  Lunden 
etc.  zirlicher  reden,  als  in  andern  velen  Flecken  unde  Dörpern.  Dat 
ik  geswige,  dat  de  Ditmerschen  vele  van  eren  Naburen,  den  Fresen, 
als  de  ermals  vele  neger  an  enen  gegrenzet  unde  mit  den  se  jummerto 
vele  Wesendes  gehat,  in  der  Sprake  nemen  mögen:  welches  se  doch 
herna  lichtlich  afgeleret,  als  den  Fresche  Worder  sin:  ^)  Zint,  ^)  Zest, 
3)  Zußen,  *)  Zußentelle,  ^)  Zeppell,  «)  Wopen,  ')  Bobben,  »)  Poolbobben, 
»)  Poolennen,  ^^)  Volst,  ^^)  Teile,  ^^)  Kubik,  ")  Deie,  i*)  Deien, 
15)  Dreedt,  i«)  Twindreedt,  i^)  Nettel,  i«)  Hulck,  ^^)  Bückt,  «o)  Stroete, 
*i)  Kallen  etc.  unde  dergeliken:  de  in  Sassescher  itziger  Sprake 
1)  Kint,  2)  Pelz,  »)  Küken,  ^)  Kukenkorf,  ^)  Perl,  «)  Wenen,  ')  Ey, 
8)  Anteney,  »)  Ante,  ^^)  Volk,  ^^)  Korf,  ^^)  Beker,  ^^)  Wege,  ^^)  Wegen, 
15)  Dradt,  ^^)  Twerndradt,  i^)  Nadel,  i»)  Luttik  eft  Hudelik,  i»)  Dicke, 
^®)  Strate,  *i)  Snacken  etc.  beten.  Den  solche  Worder  vindet  man 
vast  in  jedem  (1.  iederem?)  Lande,  dat  se  darin  eine  Eigenschop  be- 
holden, und  iedere  Nation  variert,  als  tom  Exempel  im  Bruns- 
wigischen  Lande:  ^)  Morermoren*),  ^)  Moren^),  ')  Braut,  *)  Moine*'), 
5)   Maicken,    «)  Bruttmecker*),    ')  Aine«),    »)  Pipen*),    ^)  Kodderen«), 

*)  Ich  habe  die  Orthographie  vereinfacht  uud  gleichmässig  gemacht;  wo  die 
SchreibuDg  des  Neocorus  aber  möglicherweise  eine  besondere  Aussprache  bezdchnet, 
nicht  geändert.  »)  s  Mndd.  Wb.  III,  118.  ^)  s  ebenda,  wonach  das  Wort  schon 
im  14.  Jh.  in  Lübek  bekannt  war.  c)  g.  Mndd.  Wb.  III,  1 16.  d)  s.  Mndd.  Wb.  I, 
630.  «)  auch  ditmarsch,  b.  Michelsen,  Sammlung  altditm.  Rechtsquellen  S.  130: 
brutmaker.    ^  s.  Mndd.  Wb.  HI,  831.    s)  s.  Mndd.  Wb.  U,  610. 


135 

^^)  Koren*),  ^*)  Beköringe^),  ")  Ningens*')  etc.  unde  des  untellik 
andere,  so  doch  bi  anderen  Sassen  sin  ^)  Morgen,  *)  Wortelen,  ^)  Brot, 
*)  Möme,  ^)  Medeken,  ^)  Brudegam,  '^)  Egde,  ^)  Küssen,  ^)  Snacken, 
^^)  Breken,  ^^)  Vorsökinge,  ^^)  Niens  etc.,  dat  dennoch  de  rechte 
Grünt  unde  Fundamente  der  Sassischen  Sprake  blift.  Und  dorfte  wol 
mit  Warheit  seggen:  wen  du  einen  rechten  urolden  Sassen  hören 
mochtest  unde  de  van  den  Doden  upstunde  unde  mit  di  redede,  wer- 
dest du  sine  Sprake  nicht  wol  edder  gar  nicht  vorstaen.'  (Nachdem 
Neocorus  dann  Helmold  und  Crantz  für  die  gemeinsame  sächsische 
Abstammung  der  Stormarn,  Holsaten  und  Ditmarschen  angeführt, 
fährt  er  fort:)  ,De  Ditmarschen,  eft  se  wol  up  der  Naburschop  der 
Fräsen  gelegen  unde  dorch  de  Elve  unde  Eider  beslaten  werden,  neme 
ik  ut,  dat  se  under  de  Fresen  nicht  gehören,  eft  wol  er  Land  schone 
twischen  Seen  unde  Sumpen  gelegen  is,  darumme  dat  se  alletids  der 
Dudeschen  Sprake  gebruket  hebben  unde  to  dem  Lande  Sassen  sin 
gerekent  worden.' 

Neocorus'  Meinung  ist  demnach  die:  Die  Ditmarschen  sind 
Sachsen,  und  keine  Friesen ;  allerdings  haben  sie  früher  einige  zum 
Friesischen  stimmende  Ausdrücke  gehabt,  doch  haben  sie  die  nur  von 
den  benachbarten  Friesen  herübergenommen  und  nachher  auch  leicht 
wieder  verlernt.  Leider  belegt  er  diese  friesische  Angewöhnung  nur 
mit  wenigen  Wörtern,  doch  scheint  deren  Zahl  und  Beschaffenheit 
genügend,  um  jene  Meinung  zu  prüfen.  Erschwert  wird  die  Prüfung 
durch  den  geringen  Befang  friesischen  Wortschatzes,  ^den  wir  aus 
dem  Friesischen  überliefert  haben,  zumal,  da  doch  zunächst  das  sog. 
Nordfriesische  in  Betracht  kommen  muss,  durch  unsere  fast  völlige 
ünkenntuiss  des  mittelalterlichen  nordfriesischen  Dialektes.  Statt 
dieses  sind  wir  also  gezwungen,  die  moderne  nordfriesische  Sprache 
zur  Vergleichung  heranzuziehen.  Eine  solche  Vergleichung  der  be- 
treffenden Wörter  einerseits  mit  dem  Friesischen,  andererseits  mit 
dem  Sächsischen  belehrt  uns  bald,  dass  Neocorus  offenbar  zweierlei 
vermengt  hat,  obsolete  sächsische  Wörter,  die  sächsischen  Lautstand 
zeigen,  und  Wörter,  die  wirklich  friesisches  Aussehen  haben. 

Neocorus  eröffnet  die  Aufzählung  mit  fünf,  resp.,  da  eins  nur 
ein  Compositum  des  vorhergehenden,  vier  Wörtern,  die  auch  für  un- 
sere Betrachtung  zusammengehören,  da  sie  mit  dem  unsächsischen  z 
(=  ts)  beginnen:  zint,  zest,  zußen  nebst  znßentelle,  zeppell;  zu 
ihnen  muss  auch  noch  volst  gestellt  werden.  In  diesen  Wörtern  steht 
der  Zischlaut  an  Stelle  eines  ursprünglichen  k,  wie  für  zint  und 
Zttßen  die  üebersetzung  kint  und  kuken  deutlich  zeigt.  Im  Friesischen 
ist  der  Uebergang  eines  k,  das  vor  e  oder  i  steht,  in  einen  Zischlaut 
häufig,  aber  grade  zint  und  zußen,  obschon  sie  unter  dies  allgemeine 
Lautgesetz  fallen,  dürfen  nicht  friesisch  genannt  werden.  Im  Alt- 
friesischen  ist  kind  ein  gewöhnliches  Wort,  stets  mit  k  anlautend, 
selbst  neben  anderen  Wörtern,  welche  k  in   tz,    ts,    sz   wandeln;    im 

a)  8.  Mndd.  Wb.  II,  637.    »>)  s.  Mndd.  Wb.   I,  215,    «)  s.  Mndd.  Wb.  III, 

187.  188. 


136 

Neufriesischen  scheint  es  völlig  seinem  gleichfalls  gut  afries.  Synonym 
barn  oder  bern  den  Platz  geräumt  zu  haben.  Nur  in  einem  Dialekte 
findet  sich  kind,  im  Helgoländischen,  s.  Oelrichs  Klein.  Wb.  der 
Helgol.  Sprache.  1846;  aber  es  lautet  auch  hier  ohne  Zischlaut  kin, 
trotzdem  dass  der  Helgoländer  jenen  Lautübergang  in  anderen  Wör- 
tern vorgenommen  und  z.  B.  den  Käse  sies,  den  Kessel  zettel  nennt. 
Wir  dürfen  also  schliessen:  zint  ist  nicht  von  den  Friesen  erborgt, 
sondern  nach  einem  im  Altditmarschen  waltenden  Sprachgesetze  aus 
kind  entwickelt  worden.  Ebenso  steht  es  um  znßen.  Die  friesischen 
Formen,  die  ich  habe  finden  können,  haben  sämtlich  das  inlautende  k 
bewahrt:  sjöckling,  Bendsen  Nordfries.  Sprache  S.  66;  helgol.  sückelk, 
Hofimann  in  Frommann's  Mundarten  III,  33;  helgol.  sückel,  saterl. 
suken,  Minssen  in  Ehrentraut's  fries.  Archiv  I,  218;  wangerog.  sjuken 
Ehrentraut  Arch.  I,  392;  ostfries.  siucken,  Cadovius-MüUer  Memoriale 
linguae  Frisicae,  her.  v.  Kükelhan.  Leer  1875.  S.  35.  Bemerkens- 
werth  ist  bei  zußen  der  Uebergang  des  anlautenden  k  in  ts,  des  in- 
lautenden in  SS.  Ob  der  Vocal  u  lang  geblieben,  erhellt  nicht,  ist 
aber  wahrscheinlich. 

Zest  soll  einen  Pelz  bedeuten.  Das  Landrecht  v.  1447  §  223 
(Michelsen  Sammlung  altditm.  Rechtsquellen.  S,  72)  hat  pilsz.  Wir 
treffen  jenen  Ausdruck  auch  im  Nord-  und  Südfriesischen,  jedoch 
wiederum  nicht  ganz  gleich  lautend.  In  den  Emsiger  Busstaxen 
(v.  Richthofen  Altfriesische  Rechtsquellen  243,  23)  steht  im  friesischen 
Texte  tziust  «oder  nach  Hettema's  Lesung  tzuist,  wo  die  ndrd.  üeber- 
setzung  pels  bietet.  Als  ostfriesisch  giebt  Gadovius- Müller  S.  46  siust 
mit  derselben  Bedeutung.  Wie  das  ditmarsche  Wort  vom  südfriesischen 
betreffs  des  Vocals  differiert,  so  auch  vom  nordfriesischen ;  denn  nach 
Johansen  Nordfries.  Sprache  S.  247  und  in  d.  Jahrbüchern  für  Schlesw.- 
holst.  Landeskunde.  IV,  262  hiess  der  früher  von  den  Amringerinnen 
getragene  Schafpelz  schist,  und  Hansen  Uald'  Söld'ring  Tialen.  M0gel- 
t0nder  1858.  S.  20  lässt  die  alten  Silter  Kempen  en  Siist  fan  Sjip- 
of  Robfel  (Schaf-  oder  Robbenfell)  tragen,  und  giebt  in  seinem 
Altfries.  Katechismus.  Hamburg  1862.  S.  15  die  Mahnung  ,Setze  keine 
Läuse  in  den  Pelz'  wieder  durch  ,Säät  nun  Lüs  ön  Siist.'  Schon 
V.  Richthofen  (Altfries.  Wb.  S.  871)  hat  für  tziust  auf  eine  ältere 
Form  kiust  geschlossen,  und  Stürenburg  Ostfries.  Wb.  S.  247  hat  auf 
ahd.  crusina,  chursinna,  ags.  crusene,  mhd.  kürse(n),  mnld.  mndd. 
korse(ne),  Pelz,  hingewiesen.  Mehr  als  kürsen  würde  die  mndd. 
Nebenform  kortze,  noch  mehr  das  mhd.  kursit,  Ueberrock,  stimmen, 
welches  Lexer  Mhd.  Wb.  und  Hildebrand  (Örimm  Wb.  kursat  und 
kürsen)  zu  kürsen  in  Beziehung  gesetzt  haben.  Bedenken  bleiben 
jedoch,  minder  wegen  der  Wandelung  des  k,  mehr  wegen  des  Vocals, 
am  meisten  wegen  Ausfalls  des  r.  Nordfries,  schist  scheint  aus  sjist 
oder  sjuist  entstellt  zu  sein. 

Zeppell  giebt  Neocorus  durch  Perl  wieder,  wofür  Peel  zu  lesen 
ist,  wie  S.  153:  de  Peel  edder  Zeppel.  Wegen  des  Synonyms  peel 
ist  auf  diese   Stelle  im   Neocorus,   sowie  auf  das  Mnd.  Wb.  zu  ver- 


187 

weisen.  Hier  handelt  es  sich  nur  darum,  ob  zeppel  friesisch  sei. 
Die  Wandelung  von  k  in  z  hat  gleichfalls  in  diesem  Worte  stattge- 
funden, allein  nicht  erst  in  friesischem  Munde;  denn  es  ist  bekanntlich 
das  mfrz.  chapel,  nfrz.  chapeau,  das  im  Mhd.  zu  schapel,  schappel 
ward.  Ich  bescheide  mich,  auf  Diez  Etymolog.  Wb.  der  roman. 
Sprachen  unter  cappa,  auf  das  Mhd.  Wb.  und  Lexer  unter  schapel 
zu  verweisen.  Aber  vielleicht  ist  das  z  statt  seh,  das  e  statt  a  frie-' 
sische  Eigenthümlichkeit?  Auch  das  nicht:  denn  im  Passional  finden 
wir  md.  schepil,  und  im  Lübeker  Urkundenb.  III,  no.  333.  p.  338 
ndd.  tzappel.  Mehr  Belege  wird  uns  wohl  nächstens  das  Mnd.  Wb. 
bringen,  aus  deren  Vergleichung  mit  dem  Artikel  pel  im  selben  Wörter- 
buche sich  ohne  Zweifel  dasselbe  Resultat  ergeben  wird,  welches  uns 
des  Neocorus^  Worte  schliessen  lassen,  nämlich,  dass  zeppel  nur  der 
ältere  und  gegen  Ende  des  Mittelalters  veraltete  Ausdruck  ist,  aber 
kein  eigenthümlich  friesisches  Wort.  Höchstens  kann  man  aus  der 
Stelle  entnehmen,  dass  zeppel  bei  den  conservativen  Friesen  noch 
dauerte,  als  es  bei  den  Sachsen  schon  verschollen  war. 

Yolst  =  Volk.  Das  Afrs.  kennt  nur  folk;  ebenfalls  im  neueren 
Friesisch  habe  ich  keine  dem  volst  entsprechende  Bildung  ermitteln 
können.  Sein  Vorhandensein  im  Ditmarschen  bestätigt  und  seine 
ältere  volle  Form  und  seine  specielle  Bedeutung  liefert  uns  Michelsen's 
Sammlung  altditmarscher  Rechtsquellen.  Altena  1842«  Daselbst 
S.  14  lautet  §  36  des  ältesten  Landrechtes  v.  1447:  item  welk  man 
dar  volste  winnet  etc.  So  im  originären  Codex  des  Kirchspiels  Büsum 
(s.  Einl.  XVII).  Der  Schreiber  der  Hamburger  Abschrift  v.  1469  hat 
volste  offte  denst,  weil  volste  offenbar  ausserhalb  Ditmarschens  unver- 
ständlich war.  Er  hätte  den  erklärenden  Zusatz  nicht  nöthig  gehabt, 
wenn  er  volk  gesetzt  hätte,  denn  volk  für  ,Gesinde'  ist  allgemein  mndd. 
Volk  finden  wir  auch  in  einem  der  Zusätze  der  Büsumer  Handschrift, 
welche  nach  Michelsen  sämtlich  noch  vor  1467  hinzugethan  sind, 
S.  22.  §  60:  vortmer  ofte  jemant  sineme  volke  schult  gheve  etc. 
Doch  kennt  noch  das  zweite  Land  recht,  wie  es  vor  1480  verzeichnet 
und  zwischen  1483  Und  1489  gedruckt  worden  ist,  in  seiner  Ausferti- 
gung aus  dem  Jahre  1539  (Einl.  XVIII)  das  Wort  volste.  Der  Artikel 
186  (S.  151)  trägt  die  Ueberschrift :  Van  volste  to  winnende,  und 
beginnt:  vortmer  effk  dar  we  volste  medede  an  sin  arbeit.  Ebenso 
Art.  187:  Efft  en  man  sinem  volste  schult  geve.  Vortmer  weret  sake, 
dat  dar  we  sinem  volste  schult  geve  umme  jenich  gud  etc.  Lappen- 
berg Zur  Geschichte  der  Buchdruckerkunst  in  Hamburg.  1840.  theilt 
S.  116  zwei  von  Homeyer  entdeckte  Fragmente  des  Druckes  von  1487 
mit,  worunter  sich  auch  diese  beiden  Artikel  befinden;  in  beiden  steht 
dort  ebenso  volste.  Ich  habe  anfänglich  wegen  des  Vocals  o  volste 
als  aus  volk  entstanden  angesehen.  Herr  Professor  Crecelius  hat  mich 
aber  darauf  aufmerksam  gemacht,  dass  die  Umlautung  des  k  doch 
nur  durch  ein  nachfolgendes  i  veranlasst  sein  könne.  Das  ist  richtig ; 
aus  volk,  das  nach  der  a-Declination  geht,  konnte  kein  volst,  viel- 
weniger volste  werden.    Volste  muss  dasselbe  Wort  mit  anord.  fylki, 


188 

ags.  fylce,  Landschaft,  Provinz,  Haufe,  Schar,  sein  und  würde  richtiger 
vulste  lauten.  Das  st  erklärt  sich  einfach  durch  Umsetzung  von  ts. 
Die  ältere  Form  war  also  fultsi  oder  foltsi. 

Wopen  =  wenen.  Wopen  ist  ein  gut  sächsisches  Wort:  as. 
wöpian,  das  im  Praes.  schwach,  im  Praeteritum  stark  flectiert  wird. 
Es  ist  das  goth.  vopjan,  das  ahd.  stv.  wuofan,  swv.  wuofjan,  das  mhd. 
'wuofen  und  wüefen,  also  gemeindeutsch,  nicht  ausschliesslich  friesisch. 
Ja,  man  darf  sogar  gegen  Neocorus  behaupten,  dass  die  Form  wopen 
nicht  friesisch,  wenigstens  nicht  südfriesisch  ist,  da  bereits  im  Afrs. 
nur  wepa  erscheint,  wie  im  Ags.  vepan.  Die  eigenthümliche  Conju- 
gation  von  wepa,  vepa  kommt  hier  nicht  weiter  in  Betracht;  genug, 
es  lässt  sich  in  beiden  Dialekten  keine  Form  mit  6  nachweisen.  Im 
Altfries.  Wb.  bringt  v.  Richthofen  für  die  Neuzeit  nur  einen  Beleg 
bei  aus  Hettema  und  Posthumus  Onze  reis  naar  Sagelterland.  Franeker 
1836.  S.  254:  das  saterländ.  wapia.  Ich  habe  diesen  Ausdruck  für 
,weinen'  in  dem  mir  zu  Gebote  stehenden  neueren  südfriesischen 
Sprachmaterial  nicht  auffinden  können ;  vielleicht  ist  er  erstorben. 
Im  Nordfriesischen  ist  er  noch  lebendig:  wöppan  bei  Johansen  Die 
nordfries.  Sprache.  Kiel  1 862.  S.  205.  Da  das  ö  von  wöppan  ebenso- 
gut aus  a  oder  e,  wie  aus  o  entstanden  sein  kann,  so  dass  man  in 
Ermangelung  anderer  nordfriesischer  Zeugnisse  nicht  zu  entscheiden 
vermag,  ob  dem  älteren  Nordfriesischen  ein  wopen  eigen  gewesen, 
darf  man  behaupten:  es  ist  das  Wort  ein  so  allgemein  deutsches  und 
die  Form  wopen  zeigt  keine  speciel  friesische  Laute,  so  dass  wir  im 
Schwinden  des  Ausdruckes  nur  dieselbe  Erscheinung  sehen  können, 
wie  im  Schwinden  desselben  aus  dem  Neuhochdeutschen,  um  mit 
Neocorus  S.  61  zu  reden:  Vocabula  valent  usu  sicut  nummi;  Worder 
gelden  na  deme  Gebruke,  als  dat  Gelt.  Ganz  ausser  Kurs  scheint 
wopen  jedoch  nicht  gekommen  zu  sein;  wenigstens  kennt  Ziegler  in 
seinem  Ditm.  Idiotikon  (in  Richey's  Hamburg.  Idiot.  2.  Ausg.  1755) 
noch  ein  wupen  in  der  eingeschränkteren  Bedeutung  ,weinen  wie 
kleine  Kinder'. 

Bobben  =  Ey  weiss  ich  nirgends  sonst  nachzuweisen.  Vielleicht 
lassen  sich  vergleichen  die  poppen  =  Kügelchen,  Knoten,  Bläschen, 
Körnchen,  Stäubchen,  in  Schmeller's  Bayer.  Wb.  1827.  I.  291.  und 
das  kärntn.  poppel,  Kranz,  in  Frommann's  Ma.  IV,  493,  sowie  das 
ndd.  bubbel,  bobbel,  engl,  bubble  Wasserblase,  ostfries.  bubbelke 
Wasserrose,  engl,  bubby  die  weibliche  Brust.  Ob  auch  engl,  bub 
starkes  Bier,  bremisch,  und  pommersch.  bubbert  mit  Eiern  gekochte 
und  verdickte  Milch,  sowie  ostfries.  bubbenkopp  Grobian  hieher  ge- 
zogen werden  müssen,  ist  nicht  klar.  Im  Nordfriesischen  habe  ich 
weder  bobben  noch  etwas  ähnliches  gefunden;  doch  mangelt  ja  ein 
erschöpfendes  nordfries.  Wörterbuch,  und  die  meisten  vorhandenen 
nordfriesischen  Bücher  sind  nicht  eben  zum  Nachschlagen  eingerichtet. 

Poolbobben  =  Anteney,  Poolennen  =  Ante.  Richtiger  wäre 
wohl  anten  gewesen,  denn  ennen  wird  Plural  sein,  man  müsste  denn 
ante  als  Plural  fassen  wollen,  was  für  Neocorus^.  Zeit  bedenklich  alter- 


139 

thümlich  scheint.  Lassen  wir  fürs  erste  das  Bestimmungswort  pool 
bei  Seite.  Der  Form  enne  bedient  Neocorus  sich  auch  I,  228:  sonder 
halen  (de  Büsumer)  ok  avert  Water  wilde  bunte  Vagel,  de  se  Berg- 
ennen  heten.  II,  336  dagegen  lässt  er  die  Büsumer  Fischer  in  einer 
Supplik  an  den  Herzog  sagen:  ,vel  dusend  Wiltvagel,  Berganten  ge- 
heten\  wo  man  fast  meinen  möchte,  dass  die  sächsische  Form  um 
des  sächsischen  Fürsten  willen  gebraucht  worden  wäre.  Neocorus 
verwendet  auch  noch  eine  dritte  Form:  ente  II,  272,  welche  auch  in 
der  Meldorfer  Kirchspielsbeliebung  v.  1541  (Plur.  de  Endten)  bei 
Michelsen  Samml.  altditm.  Rqu.  S.  236  wiederkehrt.  Es  ist  mir 
nicht  möglich,  aber  auch  nicht  nöthig,  hier  eine  Geschichte  des  Wortes 
Ente  im  Ndd.  zu  geben.  Man  braucht  nur  in  Kosegartens  Ndd.  Wb. 
und  in  Schiller's  und  Lübben's  Mndd.  Wb.  nachzuschlagen,  um  zu 
erkennen,  dass  schon  im  Mndd.  und  noch  im  Nndd.  die  Schriftsteller 
und  Idiome  eine  auffallende  Mannigfaltigkeit  von  Formen,  selbst  zwei 
oder  drei  verschiedene  neben  einander  offenbaren.  Bald  steht  t,  bald 
d,  bald  ist  das  d  dem  n  assimiliert;  der  Vocal  ist  theils  a,  theils  e, 
hier  kurz,  dort  läng ;  der  eine  lässt  das  Wort  consonantisch,  der  an- 
dere vocalisch  auslauten,  u.  s.  f. ;  so  dass  man  Neocorus'  Ansicht, 
enne  sei  eine  nicht  sächsische  Form,  so  gut  für  übereilt  ansehen 
darf,  wie  Hofimann's  Versuch,  die  Form  ende  als  holländisch  aus  dem 
Reineke  Vos  auszumerzen.  Die  Zeugnisse  für  ndd.  ende,  end,  woraus 
jenes  enne,  en  geworden,  s.  Kosegarten  Ndd.  Wb.  S  410.  Erwägt 
man  aber,  dass  das  Friesische  allem  Anscheine  nach  die  d-Bildung*), 
das  Holsteinische  dagegen  die  Bildung  änte^)  bevorzugt,  so  wird  man 
verstehen,  wie  Neocorus  zu  der  Auffassung  von  enne  als  friesisch, 
ante  als  sächsisch  gekommen  ist. 

Es  fällt  auf,  dass  nicht  enne  gleich  ante  gesetzt  wird,  sondern 
poolenne.  Im  Gegensatz  zur  Bergente  lässt  sich  poolenne  als  Teich- 
ente*^)  fassen.  Gegen  diese  Annahme  spricht  die  Gleichsetzung  von 
poolbobben  und  anteney;  man  hätte  poolennebobben  erwarten  müssen. 
Liegt  kein  Schreib-  oder  Lesefehler  vor,  so  kann  die  Erklärung 
,Teichente'  nicht  Stich  halten.  Nach  Ziegler  Idiot.  Ditmars.  heissen 
ditmarsch  pielken  die  jungen  Enten  und  Gänse,  so  aantpielken,  goose- 
pielken.  Das  Bremer  Wb.  leitet  das  Wort  von  den  pilen,  den  zarten 
Federkielen;  Outzen  Glossarium  der  fries,  Sprache  S.  250  dagegen, 
wo  er  pielken  auch  als  nordfriesisch  verzeichnet,  von  dem  Lockrufe 
pile,  pielle,  pille.  Die  alten  Gänse  und  Enten,  setzt  Outzen  hinzu, 
würden  durch  pule  gerufen,  wie  im  Dänischen  durch  pulle.  TSIit 
diesem  pule  lässt  Kosegarten  Wb.  S.  414  enne  zu  poolenne  componiert 
sein,   das    demnach   so   viel   sei,    wie   in   Ostfriesland  und  Oldenburg 

*)  westfries.  ende  im  Westerwoldinger  Landrecht  des  17.  Jhs.,  eyn  bei  Gijsbert 
Japicx,  wangerog.  an  bei  Ehrentraut  I,  345,  helgol.  en  bei  Frommann  III,  33, 
nordfries.  an  bei  Johansen  S.  118;  doch  ostfries.  oente  bei  Cadovius-MtiUer  S.  35. 
^)  Hamburg.  Chroniken,  hrsg.  v.  Lappenberg.  1861.  S.  450  (a.  1552) :  antey,  Entenei. 
Schütze  Holst  Idiot  1800.  I,  4:  Aant,  A[a]ntj,  Aantvagel.  <^)  Schütze:  Aantpool, 
Entenpftttza    Brem.  Wb.  III,  350:  Aantepool;  HI,  39:  Legge-  un  Pool-geld. 


•<^^ 


140 

pilänt,  in  der  Grafschaft  Mark  pile,  pille,  in  Pommern  pile-äning,  die 
zahme  Ente.  So  erkläre  sich  auch  poolbobben  als  Entenei,  da  wohl 
schon  pool  (wie  pile)  die  Ente  selbst  bezeichnen  möge.  Dann  gehört 
der  Ausdruck  poolenne  aber  schon  mehr  in  das  Gebiet  der  Kinder- 
sprache, deren  Klangwörter  für  sprachgeschichtliche  Untersuchungen 
w^nig  verwendbar  sind.  Wahrscheinlich  wird  pule  oder  pulle  übrigens 
auch  wohl  ebenso  wenig  auf  Nordfriesland,  Schleswig  und  Dänemark 
beschränkt  sein,  wie  pile,  pille  es  ist.  Schliesslich  ist  bei  dieser  Ab- 
leitung nicht  zu  übersehen,  dass  auch  hier  wieder  eine  kleine  Ab- 
weichung der  ditmarschen  Form  (pool)  von  der  nordfrs.  (pul)  statt- 
gefunden hätte. 

Teile,  Korb,  und  Knbik,  Becher»)  scheinen  im  neueren  Friesischen 
zu  mangeln.  Ebenso  wenig  kann  ich  sie  in  anderen  germanischen 
Dialekten  nachweisen.  Ob  teile  mit  ndd.  ndl  tillen  heben,  mit  fries. 
tille  (s.  Richthofen  Afrs.  Wh.)  kleine  Brücke,  mit  engl,  tili  Schieb- 
lade, Geldkasten,  mit  hd.  ziUe  Kahn  (s.  Schmeller  Bayer.  Wb.  1837. 
IV,  253)  zusammenhängt?  In  kubik  befremdet  inlautendes  b.  Nach 
Laut  und  Sinn  darf  man  das  Wort  wohl  zu  dem  durch  alle  norddeut- 
schen Mundarten  verbreiteten  kop,  Demin.  kopken  für  Schale,  Schüssel, 
Napf,  Becher,  Tasse,  halten,  über  dessen  Geschichte  uud  Verwandt- 
schaft ich  auf  Hildebrand's  Artikel  köpf  im  Grimm'schen  Wörterbuche 
verweise. 

Deie  =  Wege,  deien  =  wegen  möchte  ich  als  Naturlaute,  als 
Klangwörter  fassen.  Dei  ist  weitverbreitet,  doch  erscheint  es  in  der 
Bedeutung  Wiege  vornehmlich  in  friesischen  Gegenden,  so  als  dei  in 
Oldenburg,  als  düdei  in  Ostfriesland  (Stürenburg),  als  daiken  auf 
Helgoland  (Hoffmann  in  Frommann's  MA.  III,  30).  Dass  dei  und 
deidei  für  Wiege  sich  trotz  Neocorus  bis  heute  in  Ditmarschen  ge- 
halten, ersehen  wir  aus  Müllenhofi's  Glossar  zum  Groth'schen  Quick- 
born. Das  Verb  deien  wird  aus  dem  nordfriesischen  Eiderstädt  von 
Schütze  im  Holstein.  Idiotikon  bezeugt.  Dagegen  gilt  deidei  in  Bremen 
(Brem.  Wb.)  und  in  der  Altmark  (Danneil)  als  kindliche  Benennung 
der  Puppe.  Piening  Snack  un  Snurren  ut  de  Spinnstuv.  1858.  S.  80 
hat  das  Deminutiv  dietdeik'n,  Kindchen,  Püppchen,  wohl  aus  dem 
holstischen  oder  stormarschen  Dialekt.  Das  Bremer  Wb.  kennt 
auch  heiderdei  und  poppedei  in  dieser  Bedeutung,  welche  Bildungen 
aber  zur  zahlreichen  Klasse  der  mit  dei  zusammengesetzten  Namen, 
Appellative  und  Interjectionen  gehören,  deren  Erörterung  hier  nicht 
an  der  Stelle  sein  würde.  Nur  an  eine  dieser  Bildungen  will  ich 
wegen  ihrer  Bedeutung  noch  erinnern,  es  ist  hippodeige  in  Grimmas 
Kinder-  und  Hausmärchen  II,  277.  No.  140.  Das  Hausgesinde:  mine 
Weige  Hippodeige. 

Dreedt  =  Dradt,  Twiudreedt  =  Twerndradt.  In  dreedt  ist  der 
Anlaut  nicht  friesisch,  wohl  aber  der  inlautende  Vocal.  Afrs.  heisst 
es  threed,  auch  threid.     As.  ist  es  nicht  überliefert,  muss  aber  thräd 

« 
^)  Michelsen  Sammlg.  altditm.  Rechtsquellen  S.  36.  80  und  sonst  nur  heker. 


141 

gelautet  haben.  Im  neueren  Friesischen  ist  th  nicht  so  durchgängig 
in  d  übergegangen,  wie  im  Sächsischen,  sondern  auch  in  andere 
Laute,  zumal  in  t;  so  in  thred  bereits  in  der  mittelalterlichen  Sprache 
der  westerlauwerschen  Friesen:  treed,  s  Richthofen  unter  thred  im 
Glossar.  Moringisch  spricht  man  träjdd,  Bendsen  Nordfries.  Sprache 
S.  48;  auf  Amrum,  Föhr  und  Helgoland  triad,  Johansen  Nordfries. 
Sprache  S.  111.  129  und  Oelrichs  Wb.  der  Helgol.  Spr. ;  und  als 
westfries.  giebt  Epkema  tried  an  im  Woordenboek  op  de  gedichten 
van  Gijsbert  Japicz.  Leeuwarden  1824.  —  Dem  fries.  twin  stellt 
Neoconis  sächs.  twern  gegenüber*).  Beide  Wörter  entstammen  einer 
Wurzel  und  zeigen  nur  verschiedene  Suffixe.  Twern  ist  die  gemein- 
sächsische Bildung  nach  Ausweis  der  Idiotica,  s.  Brem.  Wb.,  Strodt- 
mann  Osnabr.  Wb.,  Dähnert  Pommersch.  Wb.,  Schütze  Holst.  Wb., 
Schambach  Götting.  Wb.,  MüUenhofi  Glossar  zum  Quickborn.  Auch 
das  neuere  Ostfriesische,  das  allerdings  kein  friesischer  Dialekt  ist, 
scheint  nur  twären  zu  kennen  (s.  Stürenburg,  Ustfrie^.  Wb.),  ja  sogar 
als  nordfriesisch  giebt  Bendsen  S.  49  nur  twjarn.  Das  befremdet  um 
so  mehr,  weil  das  Bremische  und  das  Holländische  neben  tweern  auch 
twyn  kennen,  jenes  nach  dem  Bremer  Wb.  twien  als  ,starken'  Zwirn, 
dieses  twijn  als  das  üblichere  Wort,  daher  auch  in  Ableitung  und 
Zusammensetzung  bevorzugt.  Vermuthlich  wird  twijn  auch  im  West- 
iriesischen  gelten,  wie  es  wangerogisch  ist:  twin,  twinthreid  bei  Ehren- 
traut  fries.  Archiv  I,  401. 

Neddel  =  Nadel.  Afrs.  ist  nedle,  westerlauwersch  auch  nidla 
und  nitla.  Der  Yocal  ist  ursprünglich  lang :  goth.  nethla,  ahd.  nädala, 
as.  nädla,  ags.  nsedl.  Das  Altsächsische,  das  Altfriesische  und  das 
Angelsächsische  sollten  eigentlich  statt  des  d  ein  d  haben.  Da  diese 
Dialekte  für  Id  gerne  Id  setzen  (Holtzmann  Altdtsche  Gramm.  I, 
155.  215.),  so  mag  hier  nachfolgendes  1  die  Yertauschung  der  Aspirata 
mit  der  Media  veranlasst  haben.  Das  Wort  sollte  mndd.  und  nndd. 
nadel  lauten,  lautet  aber  natel;  s.  Mndd.  Wb.  und  die  Idiotiken. 
Obschon  Neocorus  hier  nadel  schreibt,  so  ist  doch  natel  seinem  Dia- 
lekte gemässer,  s.  S.  159.  161 ;  fürs  neuere  Ditmarsche  bezeugen  dies 
Ziegler  in  Richey's  Hamb.  Id.  S.  419,  und  MüUenhoff  in  Grpth's 
Quickborn  S.  303,  wo  die  analogen  Bildungen  satel  statt  8adel,*fitel 
8t.  fidel,  bütel  statt  büdel  angeführt  werden.  Diese  Erhärtung  des 
inlautenden  d  zu  t  findet  ihre  Erklärung  aus  den  alten  Formen,  in 
welchen  das  d  silbenauslautend  (näd-la,  sadl  u.  s.  w.)  stand  und  darum 
nach  einem  später  entwickelten  Gesetze  gehärtet  ward.  Eine  andere 
Weise  war,  das  Wort  durch  Einschiebung  eines  Vocals  zu  zerdehnen, 
wie  im  hd.  nädala;  in  solchen  hielt  sich  die  Media.  Daher  auch 
Doppelformen  desselben  Worts.  In  diese  Kategorie  gehören  z.  B. 
noch  gaffel  und  gavel,  twifel  und  twivel,  tafel,  hassel,  massein.  Im 
Gegensätze  zum  Sächsischen  haben  die  friesischen  Mundarten  (trotz 
des  einmaligen  afrs.  nitla)  entweder  das  d  in  nedle  durch  Einschiebung 

*)  I,  154:  getwernd;  159:  twern. 


'■^^'^M^WS'jr'*-- 


142 

eines  Vocals  vor  Verhärtung  gesichert  und  gar  sich  verflüchUgeQ 
lassen,  oder  sie  haben  dl  zu  11  angeglichen:  nordfrs.  neadel  bei  Jo- 
hansen  S.  132,  ne'el  bei  Minssen  in  EhrentrauVs  Arch.  I,  217,  nell 
bei  Bendsen  S.  39,  helgol.  nedel  bei  Frommann  III,  30  und  bei  Oel- 
richs;  ostfries.  nedel  bei  Cadovius-Müller  S.  46,  wangerog.  nädel  bei 
Ehrentraut  I,  383,  saterländ.  nedle  bei  Hettema  u.  Posthumus  S.  244 
(nach  Richthofen  unter  nedle),  westfries.  nelle,  nille,  nulle  bei  Epkema 
S.  308.  Stürenburg  giebt  als  neuostfrs.  natel,  ,an  der  holländ.  Gränze 
naide,  nalle',  welche  beiden  Formen  zu  dem  durch  Umsetzung  von 
dl  zu  Id  entstandenen  ndrl.  naald,  fläm.  naelde  bei  Eilian,  mhd. 
nälde,  nalde,  nolde  stimmen.  Eine  ganz  eigene  Stellung  nimmt  das 
altditmarsche  neddel  ein,  mit  dem  friesischen  e,  aber  mit  Vocal- 
verkürzung,  die  sich  in  anderen  Mundarten  erst  nach  der  Um- 
setzung von  dl  zu  Id  und  der  Assimilierung  einstellt.  Am  nächsten 
steht  ihm  noch  das  westfries.  nelle,  da  dasselbe  aus  neddle  entstanden 
sein  wird. 

Hulck  =  luttik  eft  hudelik.  Dass  hulk  sich  auch  nach  Neocorus' 
Zeit  noch  gehalten,  bezeugt  Ziegler  bei  Richey  S.  413:  hülk,  klein, 
sowie  Outzen  im  Staatsbürgerl.  Magazin.  1823.  III.  106.  Im  Friesischen 
das  Wort  hulk  zu  entdecken  ist  mir  nicht  möglich  gewesen.  Auch 
sonst  habe  ich  nichts  vergleichbares  finden  können,  als  goth.  halks 
TTTco^o;  und  osnabr.  (Strodtmanu)  hölkers,  hälkers  sachte,  gelinde, 
deren  Vocale  aber  nicht  stimmen.  Und  in  dem  Helgoländer  Ausdruck 
hölk  für  »kleine  Muschel'  (PI.  hölkers.  Ggs.  koks,  PI.  koksen  ,gros8e 
M.'  bei  Hofifmann  in  Frommann's  Ma.  III,  31.)  wird  schwerlich  der 
Begriff  der  Kleinheit  stecken.  Die  Schwierigkeit  wird  noch  gesteigert 
durch  das  ,eft  hudelik\  Soll  damit  hudelik  als  sächsische  vollere 
Form  für  das  contrahierte  altditmarsche  hulk  bezeichnet  werden? 
oder  ist  hudelik  ein  ganz  anderes  Wort,  das  nur  derselben  oder  einer 
ähnlichen  Bedeutung  ist,  wie  hulk?  Ich  muss  gestehen,  dass  ich  mit 
hudelik  erst  recht  nichts  anzufangen  weiss. 

Backt  =  dicke.  Das  Wort  ist  ein  friesisches:  bükkat  bauchig 
V.  buk  Bauch,  Johansen  S.  157  (thjok  dick  S.  149);  bücket  dick- 
bäuchig, Bendsen  S.  167  (tjock  dick  S.  165);  tjok,  bükket  dick,  Oel- 
richs  S.  12.  Aber  das  Wort  ist  auch  ein  sächsisches:  büket,  s.  Mndd. 
Wb.,  Richey,  Strodtmann,  Brem.  Wb.,  und  ebenso  ein  hochdeutsches: 
bauchicht.  Der  einzige  Unterschied,  wenn  wir  vom  Umlaut^  absehen, 
zwischen  fries.  und  sächs.  Form  ist  die  Quantität  des  Vocals.  Ob 
aber  Neocorus  durch  die  Schreibung  bückt  hat  dea  Vocal  als  kurz 
bezeichnen  wollen,  ist  sehr  zweifelhaft,  da  er  regelmässig  auch  nach 
langem  Vocale  ck  schreibt,  und  da  er  in  diesem  Falle*  zu  dicke  wobl 
ein  ,eft  büket'  hinzugefügt  hätte.  Nein,  er  muss  die  richtige  Beob- 
achtung gemacht  haben,  dass  das  Gebiet  von  bukt  durch  dicke,  wel- 
ches im  Mndd.  mehr  die  Bedeutungen  .häufig  und  dicht'  als  von  ,dick' 
hatte,  Einbusse  erlitten  hatte,  während  die  benachbarten  Nordfriesen 
noch  das  alte  Verhältniss  der  Wörter  bewahrt  hatten.  Auch  diese 
scheinen  heutzutage  ,dick'  nicht  mehr  für  ,oft'  zu  gebrauchen,  sondern 


■^r^ 


143 

synonym  mit  bäkket,  welches  Adjectiv  nämlich  noch  die  alte  Geltung 
hat.  In  Johansen's  det  letj  bükkat  Man  (das  kleine  dicke  Männlein) 
S.  269  liesse  sich  bükkat  nndd.  nicht  mehr  durch  büket,  sondern 
nur  durch  dick  wiedergeben;  doch  hat  Brockes  noch  bei  Weichmann 
Poesie  der  Niedersachsen.  1725.  1,  139  :  mit  buukter  Wörder  Pracht. 

Stroete  =  Strate.  Zwei  Wörter  können  gemeint  sein,  entweder 
,Strasse\  ndd.  strate,  afrs.  strete,  oder  afrs.  strot,  Kehle,  mndd.  strote, 
das  im  neueren  Nordelbingischen  sein  kurzes  o  einem  Lautgesetze  zu- 
folge in  &  ändern  musste^).  Wie  Neocorus  dazu  gekommen  sein 
sollte,  dies  eine  Wort  strote  anders  anzusehen  als  alle  übrigen  vielen 
Wörter,  in  denen  o  in  a  übergegangen,  versteht  man  nicht.  Anderer- 
seits ist  eine  Form  strote  für  , Strasse'  in  den  älteren  deutschen 
Mundarten  unerhört.  Dürfte  man  streete  statt  stroete  lesen,  so  wären 
alle  Schwierigkeiten  gehoben.  Streete  wäre  gleich  afrs.  strete,  ags. 
street,  engl,  street,  wangerog.  streit,  saterl.  strete,  westfries.  striette 
Ehrentraut  Archiv  I,  180.  Freilich  ob  das  Wort  im  Nordfriesischen 
je  e  gehabt,  fragt  sich;  wenigstens  zeigt  das  moderne  Ndfrs.  diesen 
Vocal  nicht:  strat,  struat  Nissen  De  Freske  Findling.  Stedesand. 
1875.  No.  493;  helgoL  straat  Oelrichs.  Nissen  führt  jenes  struat 
als  amrumisch  oder  amringisch  auf,  das  bestätigt  Johansen  Nordfries. 
Sprache  S.  196.  Aus  Johansen's  Darstellung  erhellt,  dass  dieser  Laut 
ua  regelmässig  dem  goth.  au  entspricht,  z.  B.  bruad  Brot,  skuat 
Schoss,  kual  Kohl,  luan  Lohn,  uar  Ohr,  kruas  ndd.  kroos  Krug. 
Ausserdem  wird  ursprünglich  langes  oder  verlängertes  ursprünglich 
kurzes  a  vor  1  und  r  gerne  in  diesen  Laut  gebrochen,  z.  B.  ual  alt, 
tualagh  Talg,  kualw  Kalb,  mual  Stimme,  bualk  Balken,  juar  Jahr, 
juard  Garten,  juaren  Garn.  Da  nun  struat  nicht  unter  dieses  zweite 
Gesetz  fällt,  so  muss  es  unter  jenes  erste  fallen,  d.  h.  sein  ua  ist 
älteres  6,  also  das  altditmarsche  stroete  würde  durch  das  Nordfrie- 
sische bestätigt.  Bedenklich  ist  nur,  dass  ein  paar  Wörter,  wie  z.  B. 
puask  Ostern,  rua  Raa,  ganz  unregelmässig  ua  statt  ä  zeigen,  struat 
könnte  demnach  ebenfalls  regellos  statt  straat  und  nicht  statt  stroot 
stehen.     Andere  Zeugnisse  müssen  Gewissheit  geben. 

Kallen  =  snäcken.  Kallen  ist  bekanntlich  ein  allen  deutschen 
Mundarten  angehöriges  Wort,  so  dass  ich  blos  auf  die  Lexika,  be- 
sonders auf  Grimni's  Wb.  und  das  Mndd.  Wb.  zu  verweisen  brauche. 
Im  Ndrd.  scheint  das  Wort  im  Laufe  des  I6ten  und  Anfange  des 
17ten  Jahrhunderts  ausgestorben  zu  sein.  Soviel  ich  sehen  kann,  hat 
es  das  gleiche  Schicksal  jetzt  auch  im  Nordfriesischen  gehabt. 

Ziehen  wir  das  Resultat  der  Untersuchung,  so  steht  das  Urtheil 
über  bobben,  teile,  pool,  hulck,  stroete  und  kubik  noch  aus,  zeigen 
wopen,  kallen,  bückt,  zeppell  keine  speciel  friesische  Formen,  lassen 
sich  die  Formen  enne  und  twin  freilich  nicht  im  Nordeibischen, 
aber  doch  im  Sächsischen  nachweisen,  sind  deie  und  deien  in  der 
Bedeutung  auch  friesisch,  zeigen  zint,  zest,  zußen,  volst,  neddel,  dreedt 

*)  Lappenberg  Hamburg.  Chroniken  S.  107 :  de  Straten  (Nomin.,  lies  de  strate  ?). 
Lauremberg  IV,  585:  de  gorgelstrale. 


144 

zwar  friesische  LautTerhältniBse,  ohne  jedoch  in  irgend  einem  der  uns 
bekannten  friesischen  Dialekte  ganz  so  zu  lauten.  Diese  letzte  Reihe 
von  Wörtern  ist  die  wichtigste.  Wir  ersehen  ans  ihr,  dass  das  Alt- 
ditmarsche  mit  dem  Friesischen  und  dem  Angelsächsischen  e  für  a 
kannte,  dass  es,  wie  diese  beiden  Dialekte,  aber  selbständig  das  k 
in  gewisser  Stellung  in  einen  Zischlaut  wandelte,  dass  ihm  sogar, 
nach  neddel  zu  schliessen,  die  besonderste  Eigenthümlichkeit  des  Neu- 
friesischen,  welche  dieses  sonst  nur  mit  dem  Englischen  theilt,  die 
Verkürzung  langer  Vocale  nicht  fremd  war.  Weniger  Ausbeute  für 
die  Stellung  der  Sprache  in  der  Reihe  der  Dialekte  liefert  der  lexi- 
kalische Beitrag,  den  uns  Neocorus  in  jenen  21  Ausdrücken  giebt 
Fast  alle  sind  allgemein  gültige  deutsche  Wörter;  bobben,  teile,  pool- 
enne,  hulck,  kubik  lassen  sich  ausserhalb  Ditmarschens  nicht  nach- 
weisen; nur  zest  und  deie  deien  verrathen  friesische  Nachbarschaft. 

Es  ist  zu  bedauern,  dass  Neocorus  uns  nicht  mehr  über  die 
ältere  Sprache  seines  Stammes  mitgetheilt  hat.  Allerdings  in  seiner 
umfangreichen  Chronik  entschlüpft  ihm  bisweilen  eine  Wortform,  welche 
die  Mittheilung  ergänzt;  manches  sammeln  wir  auch  aus  Michelseu's 
Urkundenbuch  und  desselben  Rechtsquellen;  die  Namen  bieten  nicht 
unerhebliches  Material;  selbst  die  neueren  Idiotiken  lassen  den  Spü- 
renden nicht  leer  ausgehen. 

So  manches  sich  nun  auch,  wie  ich  glaube  zeigen  zu  können, 
aus  diesen  Findlingen  über  die  vorlitterarische  Periode  des  Ditmar- 
schen  folgern  lässt,  so  behalten  doch  jene  paar  Zeilen  auf  S.  61  des 
Dahlmann^scheri  Neocorus  ihre  hervorragende  Bedeutung  für  Aufhellung 
der  Geschichte  der  ditmarschen  Sprache.  Sie  geben  manches,  was  uns 
kein  Litteraturdenkmal,  keine  Urkunde  geben  kann;  denn  deren  Sprache 
ist  die  mndd.  xoivti,  welche  höchstens  technische  Ausdrücke  aus  der 
Volkssprache  sich  aneignete,  im  übrigen  aber  sich  so  ablehnend  gegen 
diese  Sprache  verhielt,  dass  man  z.  B.  bei  manchen  Schriftstellern 
ihre  Abneigung,  das  doch  gutniederdeutsche  luttik  zu  gebrauchen, 
merkt. 

Das  Ditmarsche  steht  geographisch  an  der  Grenze  des  Friesi- 
schen, wie  das  Stapelholmische,  das  Hadelsche;  aber  nicht  nur  geo- 
graphisch, und  darum  haben  diese  Dialekte  für  die  Geschichte  des 
Ndrd.  eine  ganz  besondere  Wichtigkeit.  Und  wiederum  wird  der  dit- 
marsche unter  diesen  Dialekten  zum  interessantesten  und  werthvoUsten, 
weil  in  ihm  und  über  ihn  die  meisten  Zeugnisse  vorliegen. 

Aus  den  in  diesem  Aufsatze  nicht  berücksichtigten  Zeugnissen 
das  gewonnene  Bild  des  Altditmarschen  zu  vervollständigen  zu  suchen, 
soll  die  Aufgabe  eines  zweiten  Aufsatzes  sein. 

HAMBURG.  C.  Walther. 


Ein  drittes  Blatt  aus  dem  niedersäch- 
sischen Pfarrherrn  von  Kaienberg. 


Meine  Mittheilung  im  Jahrg.  1875  dieses  Jahrbuchs  S.  66  ff.  hat 
die  Nachweisung  der  Veesenmeyerschen  Fragmente  zur  Folge  gehabt. 
Herr  Dr.  Ph.  Strauch  in  Berlin  gab  in  einer  Recension  des  Jahrbuchs 
(Anzeiger  fiir  D.  Altertum  III,  S.  29  ff.)  die  kgl.  Bibliothek  zu  Berlin 
als  deren  jetzigen  Aufenthaltsort  an  und  constatirte,  dass  in  dem  be- 
treffenden Bande  (Yg  3921)  das  erste  (verkehrt  eingebundene)  Blatt 
dem  Lübecker  Bl.  II  völlig  entspreche.  In  diesem  sind  folgende  von 
mir  ergänzte  Zeilenanfänge  nach  dem  Berliner  Druckblatt  zu  ändern : 
Jahrb.  S.  70  v.  13:  Van  linfen;  v.  19:  Hyr  äff;  v.  21:  Alzo;  v.  25 
ist  hoßen  verdruckt  statt  hopen. 

Die  Berliner  Blätter  sind  mir  von  der  Kgl.  Bibliothek  freundlichst 
übersandt  worden.  Die  Vergleichung  der  Typen  ergiebt,  dass  auch 
das  zweite  aus  demselben  Lübecker  Druck  stammt.  Obschon  Herr 
Dr.  J.  M.  Wagner  dieses  Blatt  seiner  demnächstigen  Ausgabe  des 
Pfaffen  von  Ealenberg  einverleiben  wird,  glaube  ich  doch  im  Interesse 
der  Leser  unsers  Jahrbuchs  es  hier  schon  mittheilen  zu  sollen.  Auch 
dieses  Blatt  bestätigt  einerseits  die  Abhängigkeit  des  Niederdeutschen 
von  einer  hochdeutschen  Vorlage  —  vgl.  fchyre:  my,  raet:  heft, 
vader:  trat  he,  saget:  vorlatet  u.  s.  f.  —  andererseits  weist  es  auf 
eine  von  den  bekannten  hochdeutschen  Ausgaben  abweichende  Recen- 
sion hin. 

Das  Bruchstück  steht  hochdeutsch  in  von  der  Hagens  Narrenbuch, 
S.  297/99.  Herr  Dr.  Walther  hat  mir  für  die  Vergleichung  auch  hier 
den  Text  des  Hamburger  Exemplars  mitgetheilt.  In  diesem  fehlen 
jedoch  zwei  Blätter.  Der  Anfang  der  Erzählung  ist  deswegen  einem 
Druck  von  1550,  Frankf.  a/M.,  entnommen,  nach  gefälliger  Mittheilung 
des  Herrn  Dr.  Strauch. 

Im  Eingange  ist  das  Niederdeutsche  offenbar  vollständiger  ge- 
wesen, indem  die  possenhafte  Art  angegeben  wurde,  in  welcher  der 
Pfarrherr  zugleich  ritt  und  ging.  Sonst  enthält  das  dritte  Bruchstück 
dem  Hochdeutschen  gegenüber  einige  Missverständuisse. 

Niederdeutsches  Jahrbuch«  II,  ^0 


14$ 


Lübecker  Druck. 
III. 

S.' a.    Su8  quam  he  vor  den  by- 

fchop  dar, 
De  dar  Jath  vor  der  porten  vorwar. 
He  fprak :  Wo  käme  gy  ghereeden 

aUo? 
De  kerckhere  Tprak:  Neen,  hcre, 

feeth  to. 
He  fprack:  Kumpftu  dan  gegangen  ? 
De  kerokhere  fprack:  Neen,  hei'e, 

ik  käme  ghehangeD 
To  yuwer  gnaden  al  unvordroten, 
Yd  wyl  my  vele  meer  nicht  bathen, 
Men  dat  yk  kiyghe  eynen   wyden 

era  yo. 
Dat  ghesinde  fprak :  Wo  rede  gy  fo  ? 
He  fprak :  Swyget  Itylle,  myn  leven 

kynt. 
Wo  geyt  tho?  is  myn  here  blynt, 
Dat  he  my  nicht  anders  entfangen 

doet? 
Kfte  kumpt  yd  uth  overmoet? 
Se  feden ;  Em  is  fyn  ghefichte  fwack, 


Hochdeutsche  Fassung. 

Der  bifchoff  der  war  zu  Bassaw, 
Er  fprach:  Gern  ich  den  pfarrherr 

fchaw, 
Davon  man  mir  viel  hat  gefeit. 
Mancher  der  redt  auf  feinen  eidt, 
Wie  er  so  viel  der  kiinlten  kundt, 
Nach  im  schicket  >)  da  an  der  ftund,  i 
Und  das  er  eilend  kern  gen  hof. 
Er  war  gehorfam  dem  faifchofF.     | 
Er  kam  geritten  und  gegangen. 
Des  ward  er  gar  frSlich  empfangen 
überall  wol  von  dem  gefind. 


Er  fprach :    Ich  mein,    mein  berr 
fey  blindt, 

(Holzschnitt.)')' 
Das  er  mich  nicht  empfafaen  thut, 


He    fuet   dar  uth   alzi 
dSfter  fack. 


Oder  kompt  es  auß  nbermutb? 
Sie  fprachen:    Im  ift  fein  gsicbt 

fchwach, 
dorch   eyn      Er  fiht  als  durch  eins  fchleimea ') 

fach. 


'}  schickt  er,  v.  d.  Hagen. 

')  Der  Holzfchnitt  hat  die  Ueberfcbrift :  Hie  fuhrt  der  kammerer  den  pf^^ 
herr  ttr  den  birchoff  in  fein  rcblaffliaminer.  —  Der  niederdeutsche  Text  giebt  die 
nähere  Aufklärung  des  Aufzuges,  in  welchem  der  Pfarrherr  erlchien.  Er  hängt,  das 
heil'Bt  doch  wohl,  er  hat  das  eine  Bein  Qlier  den  Gaul  (oder  einen  als  Pferd  dienenden 
Gegenftaiid)  g>>rchlagen,  mit  dem  andern  geht  er.  Der  hochdeutsche  Text  ist  aber 
infofern  correcter,  ata  er  den  Bifchof  gleich  im  Haufe  fein,  nicht,  wie  der  nieder 
deutsche,  anfangs  vor  der  ThQr  fitzen  Järst 

')  slieme  od.  sliem  ftm.  u.  fwm.,  diliin  gegerbte  Haut  statt  Glases  in  den  Fenftem. 


•  ^  jwppi 


147 


Vfeie  gy  nicht  wat  gud  dar  tho  fy, 

So  leret  uns  de  arftedye. 

He  fprak:   Vorwaer,   dat   do   ick 

fchyre, 
ünde  wil  he  nu  volgen  my, 
Twe  mael  beth  fchal  he  feen  mor- 

ghen, 
Dat  legge  ickyorwaeranalleforgen. 
Myne  kunft  de  ick  kan, 
De  lere  ick  alleuen  dem  yck  yd  gaen 
An  alle  fpot,  fo  moet  he  ock  fyn, 
Dem  ickfe  lere,  ein  truwe  vrund  min. 
De  dener  fede  id  finem  heren. 
De  biffchop  fprak :  Laet  ene  to  my 

keren, 
Ick  wil  vorfoeken  finen  raet, 
Wol  weet  wat  he  gheleret  heft? 
De  dener  reep  do  dem  kerckheren. 

He  quam  dar  heer  mit  Cner  ghebere 
Alze  eyn  guet  old  vader. 
S.  6.  Vor  den  byfchop  do  trath  he, 
Unde  he  ene  do  fchone  entfenck 

ünde  Vraghede  ene,  wor  id  upgynck. 
He  fprak:  Here,  dar  me  faget. 
Dyne    olde   ghewanheit   dy   nicht 

vorlatet. 
So  fprack  de  byfchop  to  dem  papen, 

Wo  wultu  my  arftedye  fchaffen, 
Dat  myn  ghefichte  werde  gued? 
Du  helpeft  my  wol  hyr  uth. 
He  fprack:  0  pater  gloriofe, 
Yuwer  gnade  eyn  weynich  loße 
Wat  yk  dar  to  raden  wil. 
Gy  overhoppen  my  nicht  over  nacht 

dat  fpyl: 
Hovelt  unde  hoghelt®)  defte  meer 

Over  nacht  unde  hethet  yuw  brin- 
gen heer 


Wißt  ir  nicht  was  guts  daffir  fey, 
So  lernet  meinen  herrn  arczney. 
Er  fprach:    Fürwar,  das   thu  ich 

fchier, 
Und  will  er  fein  nun  folgen  mir, 
Zwir  baß  foU  er  morgen  fehen. 

Denn  heut,  f&rwar  will  ichs  jehen. 


Der  kammerer  fagts  dem  herren  fein. 
Er  fprach:  Nun  laßt  in  zu  mir  ein. 

Laßt  auch  verfuchen  feinen  rath. 
Wer  weiß  was  er  gelernet  hat? 
Der  kammerer  wincket  dem  pfarr- 

herr. 
Er  kam  daher  mit  feiner  geber 
Als  ein  alter  guter  vatter. 
Vor  den  bifchoff  hin  da  trat  er, 
S.  4L    Und   er  in  do    gar  fchon 

entpfieng  *) 
Und  fragt  in,  wie  es  aufgieng. 
Er  fprach:  Her,  wie  man  es  seet. 
Deine  alte  gewonhait  dich  nit  leet, 

So   fprach    der    biffchof  zu    dem 

pfaffen, 
Wie  wiltu  mir  ertzney  fchaffen, 
Das  mir  mein  gesiebt  gut  werd? 
Du  hilfft  mir  hefier  recht  alß  verd. 
Er  fprach:  0  pater  gloriofe, 
Ewer  genad  ein  wenig  lofe 
Was  ich  dar  zue  ratten  wil. 
Ir  uberhupft  mir  heint  das  zil:^) 

Hobolt  umb  zway  fertten  defter 

meer 
Heint  und  heist  efich  pringen  heer 


*)  Hier  beginnt  der  Hamburger  Druck. 

*)  nur  hat  Hamb.;  Frkf.  u^  v.  d.  Hagen:  mir,  —  Das  Hochdeutsche  fcheint 
richtiger  zu  fein,  wenn  heint  das  erfte  Mal  die  vergangene  Nacht,  das  zweite  Mal  die 
kommende  bedeutet;  uberhupft  mufs  dann  als  Imperfectum  gelten. 

«)  fehlt  im  NDWB. 

10* 


•^iirv-y 


148 


En  fchone  fuverlike  wyfl, 
Dat  recht  gheteme  yuweme  lyve. 
Myn  here,  volghet  my  dar,  vorwar, 
So  werden  yuw  de  oghen  klaer. 
Hofet  my  unde  doet  em  alTo, 
Gy  werden  fyn  ghewaer  morghen 

vroe. 
De  byfchop  was  ein  ghantz  old  man : 
Wol  weet  wat  eynem  helpen  kan  ? 
He  fende  drade  na  eyner  do 
De  olde  byfchop  unde  ghedachte 

alfo : 
Eondeftu  dar  äff  to  paffe  werden, 

Yd  en  kofte  dy  yo  neen  veer  perde. 
Des   morghens   em   de   kop   wart 

fwymelende. 
He   fprack:    Höre  up,   myn   levet 

kyndele, 
De  kunft  wyl  my  wezen  to  fwynd, 

Se  maket  my  drade  ghantz  blynd. 
Alfo  entfleep  he  ane  forghen 
Beth  an  den  lychten  morghen. 


Ein  fe&beriiches  ftoltzes  weib, 
Das  wol  gezeme  efirem  leib. 
Mein  her,  volget  mir  dar  an,  furwar, 
So  werdent  e&ch  die  äugen  klar, 
Und  haut  nur  schleichent  ^)  zue, 
Ir  werdt  sein  gewar  noch  morgen 

frue. 
Der  biffchof  was  ein  alter  man: 
Wer  wais  was  einen  helffen  kan? 
Er  fendet  im  noch  einer  praut 
Und  ließ  sich  ffiren  auf  der  ^)  haut 

Ä  4J2.   Noch  des  pfarrers  leer  und 

gedrafch, 
Biß  das  im  fchier  das  liecht  erlasch 
Und  im  daz   haupt   umblieff  vor 

fchwindel. 
0  wee,  hoer  auff,  mein  liebes  kindel, 

Die  kunft  die  wolt  mir  fein  zu  ge- 

fchwindt, 
Sie  macht  mich  ee  der  zeit  gar  plindt. 
Alfo  entfchlieff  er  do  on  forgen 
Biß  nun^)  wolauffnefin  gegen  dem 

morgen. 


')  schleichent  giebt  keinen  Sinn,  vielleicht  ist  sckleichtent  zvl  lefen  =  gls^^t. 
flihten  mhd.,  planare,  hobeln.    Frkf.  u.  v.  d.  Hagen:  schlechtUchen,  plane,  einfach. 

®)  der  Gen.  Sing.  fem.    Frkf. :  ihr;  v,  d.  Hagen :  die, 

®)  1.  um  ?  Frankf  :  Biß  nun  hin  wol  gegen  dem  morgen ;  v.  d.  Hagen :  Bi^ 
hin  gegen  den  lichten  Morgen. 


m 


LÜBECK. 


Wilh.  Mantels. 


Causales  wenn  oder  wann. 


Im  Jahrbuche  1875  S.  113  habe  ich  die  causale  Conjunction 
wenn  nur  aus  Schleswig-Holstein  nachweisen  können.  Seitdem  sind 
mir  theils  durch  die  Güte  mehrerer  Teroinsmitglieder,  theils  durch 
eigenen  Fund  noch  einige  Belege  zutheilgeworden,  durch  welche  diese 
Conjunction  als  Stileigen thümlichkoit  auch  für  Mekoinburg,  Vorpom- 
mern und  Hamburg  bewiesen  wird. 

Nachdem  Herr  Hofrath  Professor  Bartsch  in«  Heidelberg  mich 
auf  mekelnburgischo  Proclame  und  Erlasse  als  eine  Fundgrube  für 
solche  ,wenn'  hingewiesen  hatte,  sind  mir  durch  Herrn  Landbaumeister 
Langfeldt  in  Kostock  zwei  Zeugnisse  aus  diesem  Lande  zugegangen, 
welche  die  Ausdrucksweise  als  noch  lebendig  bezeugen.  Das  eine 
ist  eine  amtliche  Bekanntmachung  dos  Kostocker  Obergerichts  aus 
d.  J.  1876,  in  welcher  es  heisst:  „W«im  N.  N.  concursmässige  Ein- 
leitungen über  sein  Vermögen  .  .  .  beantragt  hat,  so  wird  den  Schuld- 
nern desselben  hiedurch  untersagt  u.  s.  w."  Das  zweite  Zeugniss  ist 
ein  Proclam  des  Magistrats  von  Gnoien  von  diesem  Jahre  1877: 
.,Wenn  angezeigt  worden,  dass  das  Einlagebuch  No.  479  des  hiesigen 
t^orschuss- Vereins  ....  verloren  worden  sei,  so  werden  auf  desfall- 
sigen  Antrag  hiemit  alle  ....  geladen  u.  s.  w." 

Herr  Bürgermeister  Francke  in  Stralsund  bestätigt  mir  die  That- 
sache  für  Pommern:  „Das  Wort  ist  in  hiesiger  Gegend  bis  vor  eini- 
gen Jarzehenten  ganz  allgemein  in  dieser  Bedeutung  im  Gebrauch 
gewesen.  Jeder  ältere  Schuldschein  beginnt  hier:  , Wenn  Herr  X  mir 
.  .  .  .  geliehen  hat,  so  etc.;'  in  zalreichen  amtlichen  Verhandlungen 
heist  es :  ,Wenn  die  Herron  • . .  sich  zu  dem  und  dem  Zwecke  nach  da 
und  da  begeben  haben,  so  etc.'  und  dem  änlich."  In  einem  Vertrage 
der  Stadt  Stralsund  mit  dem  Militärfiscus  über  Strassenpflasterungs- 
und  -reinigüngspflicht  aus  d.  J.  1822  findet  sich  der  Passus:  „Wenn 
diese  Wegestrecken  stets  wie  auf  städtischem  Grunde  belogen  ange- 
sehen, 80  trägt  auch  die  städtische  Commune  die  Kosten  zur  Erhal- 
tung und  Reinigung  dieser  Steindämme." 

Für  Hamburg  steht  mir  als  jüngstes  Beispiel  ein  Taufschein 
der  Kirche  St.  Georg  v.  J.  1829  zu  Gebote,  der  ,wann'  statt  ,wenn' 
und  alterthümlich  ,als'  statt  ,so*  hat.  Das  gedruckte  Schema  dessel- 
ben lautet  folgendermassen :  „Wann  wegen  des  N.  N.  und  dessen 
Ehefrau  N.  N von  mir  Endesbenannten  verlangt  worden,  von 


150 

.  .  .  .  Geburth  und  Taufe  ein  glaubwürdig  schriftliches  Zeugniss  zu 
ertheilen,  als  bezeuge  hiemit  etc." 

Während  der  Gebrauch  dieser  Conjunction  demnach  in  Stral- 
sund und  Hamburg  in  der  ersten  Hälfte  dieses  Jahrhunderts  erloschen 
zu  sein  scheint,  dauert  er  noch  in  Mekelnburg  und  Schleswig  -  Hol- 
stein, in  letzterem  Lande  ungeachtet  einer  Mahnung  von  R.  Brink- 
mann XJeber  die.  Geschäftssprache  der  Advokaten  und  obrigkeitlichen 
Beamten  in  Palck's  Neuem  Staatsbürgerl.  Magazin.  1835.  V,  175: 
„Minder  zu  tadeln  mag  der  Gebrauch  veralteter  Formen  und  Aus- 
drücke seyn,  indessen  bleibt  es  doch  wünschenswerth,  dass  nicht  die 
Geschäftsmänner  allein  in  der  Bildung  unserer  Sprache  zurückstehen, 
sich  vielmehr  dem  neueren,  von  geschätzten  Sprachlehrern  und  muster- 
haften Schriftstellern  angenommenen  Sprachgebrauche  anschliesseo. 
Wer  unter  diesen  gebraucht  noch  z.  B.  wann  ftlr  ,da'  oder  ,nachdem'? 
oder  als  für  ,so'?  In  den  öffentlichen  Vorladungen  lesen  wir  noch 
täglich:  ,Wann  .  .  .  mit  Tode  abgegangen  ist  und  die  Erben  gebeten 
haben,  als  werden  etc."' 

Das  wären  die  Zeugnisse.  Die  Erklärung,  welche  ich  I,  113 
gegeben  habe,  war  nur  als  Frage  angestellt,  denn  dass  dieses  cau- 
sale  ,wenn'  das  alte  ,wante,  wente'  sei,  konnte  ich  nicht  strenge  nach- 
weisen. Im  Ndrd.  Korrespondenzblatte  S.  29  hat  Herr  Dr.  Feit  über 
dieselbe  Conjunction  gehandelt.  Dass  eine  causale  Conjunction  ,wenn' 
im  Neuhochdeutschen  vorkomme,  wird  von  Feit  nicht  bezweifelt, 
vielmehr  werden  Beispiele  dafür  aus  Trendelenburg's  Schriften  an- 
geführt; aber  er  meint,  —  so  glaube  ich  seine  Worte  verstehen  zu 
müssen,  —  sie  sei  keine  andere,  als  die  Conjunction  ,werin',  welche, 
aus  ,wann'  entstanden,  von  der  temporalen  Bedeutung,  wie  zu  der  ge- 
wöhnlicheren conditionalen,  so  auch,  etwa  durch  ,wenn  anders'  hin- 
durch zu  der  selteneren  causalen  Bedeutung  gekommen  sei.  Mich 
hat  diese  Ansicht  nicht  überzeugt.  Davon  abgesehen,  dass  die  Eedens- 
art  ,wenn  anders',  welche  man  nach  Feit  gewöhnlich  für  jenes  causale 
,wenn'  gebrauchen  würde  und  von  welcher  man  darum  bei  der  Er- 
klärung auszugehen  habe,  meines  Erachtens  beide  Trendelenburgischen 
Stellen  (Logische  Untersuch.  2.  Aufl.  S.  29  Z.  3  v.  u.  und  S.  120  Z.  9) 
nicht  klarer  machen,  sondern  verdunkeln  und  verkehren  würde,  kann 
ich  in  dem  ,wenn'  beider  Stellen  und  so  viele  ich  deren  bei  Tren- 
delenburg noch  finde,  nur  conditionale  oder  hypothetische  Bedeutung 
merken.  Dass  man  für  die  gewöhnliche  Conjunction  ,wenn'  in  eini- 
gen Fällen  ein  ,weil'  oder  ,da',  ohne  den  Zusammenhang  oder  Sinn 
zu  stören,  setzen  kann,  giebt  ihr  noch  keine  causale  Bedeutung. 

Dass  die  Conjunction  ,wann'  oder  ,wenn',  wie  die  conditionale, 
so  auch  die  causale  Bedeutung  hätte  entwickeln  können,  ist  nicht 
zu  bezweifeln.  Aber  das  ist  nicht  geschehen.  Durch  die  oben  und 
I,  113  gegebenen  Belege  halte  ich  allerdings  eine  causale  Conjunction 
,wenn'  für  nachgewiesen,  aber  diese  Belege  sind  nicht  der  neuhoch- 
deutschen Litteratur  oder  der  Umgangssprache  entnommen,  sondern 
Actenstücken ;   diese  causale   Conjunction   ,wenn'    ist  keine  neueste 


151 

Bildung  des  deutschen  Sprachgeistes,  sondern  ein  alter  Brauch,  der 
immer  mehr  als  veraltet,  als  nicht  zum  modernen  nhd.  Sprachbewusst- 
sein  stimmend,  beseitigt  wird.  Diese  Auffassung  der  Frage  wird 
durch  Brinkmann's  oben  angeführtes  Zeugniss  aufs  stärkste  bewährt. 
Also  eine  neue  Sprachontwickelung  haben  wir  nicht  darin  zu  sehen. 
Aber,  sei  es  denn  alter  Brauch;  könnte  es  nicht  doch  eine  Verwen- 
dung der  gewöhnlichen  Conjunction  ,weun'  sein?  Das  müsste  durch 
Belegstellen  aus  Schriftstellern,  durch  Zeugnisse  der  Grammatiken  und 
Wörterbücher  erhärtet  werden,  welche  ich  freilich  nicht  habe  finden 
können. 

Weiter  wäre  bei'  einer  solchen  Deutung  höchst  befremdlich,  dass 
dieser  Brauch  sich  auf  Norddeutschland  beschränkt  haben  sollte.  Er 
mag  aus  dem  Niederdeutschen  stammen,  sagt  man ;  dort  mag  das  tem- 
porale ,wann'  den  causalen  Sinn  entwickelt  haben.  Auch  das  lässt 
sich  nicht  nachweisen.  Und  dass  das  norddeutsche  Hochdeutsch  des 
16.  bis  18.  Jahrhunderts  gegen  den  Brauch  der  übrigen  Deutschen 
,wann,  wenn' so  zu  verwenden  sich  gewöhnt  habe,  ohne  dass  es  bei  der 
geistigen  Hegemonie,  die  es  zeitweilig  übte,  der  gesammten  deutschen 
Schriftsprache  diesen  Brauch  hätte  aneignen  können,  ist  auch  ziem- 
lich undenkbar. 

Diese  Schwierigkeiten  lösen  sich  dagegen  leicht,  wenn  man  von 
dem  mndrd.  wallte,  wente  ausgeht.  Während  das  Neuhochdeutsche 
diese  Conjunction  aufgab,  bewahrte  das  Niederdeutsche  dieselbe  noch 
bis  mindestens  gegen  Ende  des  17.  Jahrhunderts,  wie  z.  B.  ein  Gedicht 
in  Lappenberg's  Ausgabe  des  Lauremborg  S.  143  beweist.  Im  18.  Jahr- 
hundert scheint  sie  nicht  mehr  im  Gebrauche  gewesen  zu  sein;  so 
wird  sie  z.  B.  in  den  ndrd.  Gedichten  in  Weichmanri's  Poesie  der 
Niedersachsen  vermisst,  und  die  Idiotiken  erwähnen  ihrer  gar  nicht 
oder  nur,  wie  Strodtmann,  Dähnert  und  das  Bremer  Wörterbuch,  als 
ausser  Gebrauch  gekommen.  Zu  Ende  des  16.  oder  zu  Anfang  des- 
selben 17.  Jahrhunderts  nun,  in  welchem  die  Conjunction  in  der 
gewöhnlichen  Kode  abstarb,  wird  sie  aus  dem  ndrd.  Kanzleistil  Nord- 
Beutschlands  in  den  nhd.  hinübergenommen  sein.  Da  im  nhd.  Kanz- 
leistil nur  die  Formen  ,wann'  und  ,wenn'  begegnen  und  da  das 
Wort  in  den  meisten  Beispielen  ebensogut  temporal  als  ,nachdem,  da', 
wie  causal  als  ,weil,  da'  gefasst  werden  kann,  so  muss  man  eine 
Termengung  mit  der  dem  want(e),  went(e)  ähnlich  klingenden  tem- 
poralen und  conditionalen  Conjunction  ,wann,  wenn'  vermuthen. 
Nachdem  dann  die  ndrd.  Conjunction  , wente'  erstorben  und  verschol- 
len war,  da  konnte  natürlich  jeder,  der  nicht  mit  dem  Studium  des 
älteren  Niederdeutschen  sich  befasst  hatte,  nur  an  einen  eigenthüm- 
lichen  Gebrauch  des  gewöhnlichen  ,wenn'  denken.  Eine  solche  Ver- 
mengung  beider  Conjunctionen  würde  mir  auch  ein  Bedenken  heben, 
das  ich  mir  bei  meiner  Herleitung  des  in  Frage  stehenden  ,wenn' 
von  ,wente'  habe  machen  müssen.  Das  ,wente'  tritt  nämlich  in  den 
ndrd.  Schriften  des  16.  und  17.  Jahrhunderts  vornehmlich  coordi- 
nierend,    wie   unser  ,denn'  auf.    Von  Beispielen,  in  welchen  es  den 


152 

subordinierten  Satz  einleitet,  sind  aus  dieser  Zeit  mir  nur  ein  paar 
aufgestossen.  Tennisehung  mit  dem  nur  subordinierenden  ,wann, 
wenn'  wird  dem  ,wente'  die  noch  nicht  ganz  geschwundene  Eigen- 
schaft, einen  untergeordneten  Vordersatz  einzuleiten,  neu  belebt  haben. 
Den  bündigsten  Beweis,  dass  causales  ,wenn'  aus  ,wento'  entstanden, 
würden  ndrd.  Rechtsdocuraente  liefern,  in  welchen  ,wente'  an  der  Stelle 
des  nhd.  ,wenn'  erschiene.  Doch  auch  ein  Nachweis  des  nhd.  ,wenn' 
aus  früherer  Zeit  ist  von  Bedeutung.  Bis  jetzt  kann  ich  es  dreimal 
aus  dem  17.  Jahrhundert  nachweisen.  Besonders  werthvoU  ist  das 
Zeugniss  des  Juristen  und  Grammatikers  Schottel,  der  in  seiner  Aus- 
führlichen Arbeit  von  der  Teutschen  Haubt-Sprache.  Braunschweig 
1663.  S.  1442  und  1442  scheidet:  wann  si,  quandoquidem,  quando; 
und  wenn  cum,  quia;  ein  Unterschied,  den  er  freilich  selbst*  nicht 
beachtet,  da  er  auch  ,wenn'  für  ,wann'  gebraucht  und,  soviel  ich 
sehen  kann,  ,wenn'  in  den  von  ihm  angegebenen  Bedeutungen  vor- 
meidet. Aus  seiner  Regelvorschrift  aber  vermuthe  ich  auch  für  die 
juristische  Sprache  der  lüneburgisch-braunschweigischen  Lande  einst- 
maligen Gebrauch  des  causalen  ,wenn'. 

Auf  ein  Zeugniss  aus  Mekelnburg  hat  mich  Herr  Langfeldt 
gütigst  aufmerksam  gemacht.  Es  steht  in  einer  Verordnung  des  Her- 
zogs Gustav  Adolf  über  Vertilgung  der  Wölfe  v.  J.  1662,  die  abge- 
druckt ist  im  Archiv  der  Freunde  der  Naturgeschichte  in  Mecklen- 
burg. Neubrandenburg  1876.  S.  23.  Es  heisst  darin:  ,Wann  wir  dann 
....  billig  dahin  bedacht  seynd,  wie  diese  schädliche  Thiere  so  viel 
müglich  mögen  ausgerottet  werden,  und  solches  wohl  zu  erreichen 
steht,  wann  denselben,  gleich  wie  in  anderen  Ländern  .  .  .  geschiehct, 
allenthalben  und  auff  allerley  Art  und  Weise  ....  fleissig  nach- 
gestellt wird:  als  ordnen  und  setzen  wir,  dass  etc.'  Dieses  Beispiel 
ist  von  besonderem  Interesse,  weil  es  causales  und  conditionales 
,wann'  in  einem  Satzgefüge  neben  einander  zeigt.  Ein  dritter  Beleg 
aus  Hamburg  stellt  ,weil'  und  ,wann'  in  gleicher  causaler  Bedeutung 
zusammen.  In  Matthaei  Schlüter's  Tractat  von  denen  Erben  in  Ham- 
burg 1698  S.  5  f.  lesen  wir  nämlich:  „und  weil  dann  die  Hambur- 
ger Stadt-Rechte  gueten  theils  aus  dem  Sachsen-Rechte  herfliessen, 
so  findet  sich  auch  in  sothanen  Hamburgischen  Rechten,  dass  die 
Worte  ,Erbe,  Eigen,  Eigenthumb,  Erb-  und  Güeter,  liegende  Güter' 
oinerley  Bedeutung  haben,  und  insgemein  so  viel  heissen,  als  ,unbe- 
wegliche  Güeter'.  Wann  auch  die  meisten  unbeweglichen  Güter  in 
der  Stadt  Hamburg  in  Häusern,  bestehen,  so  wird  in  denen  Hambur- 
gischen Rechten  durch  das  Wort  ,Erbe'  ein  Haus  vornehmlich  ver- 
standen etc." 

HAMBURG.  C- Walther. 


r 


Niederdeutsche  Bibliographie  für  das 

Jahr  1876. 

Auf  eine  VoUstÄndigkeit  macht  auch  diese  Bücherschau  noch 
keinen  Anspruch;  einen  Fortschritt  gegenüber  der  vorjährigen  kon- 
statieren zu  sehen,  ist  zunächst  unser  bester  Wunsch.  — 

Manches   aus   dem   Jahre    1875,    vorzüglich   in   Anlehnung   an 
grössere,  neuere  Besprechungen,   ist   nachgetragen   worden;   Zusätze, 
I    die  uns  zum  Theil  die  Freundlichkeit  des  Herrn  Prof.  Dr.  Crecelius 
in  Elberfeld  vermittelte.  —  Ihm,  und  vor  allem  zwei  andern  Herren, 
:    Dr.  Johan   Winkler   und    Dr.    J.    H.    Gallöe   in   Haarlem,    die   mit 
j.  liebenswürdiger  Bereitwilligkeit  auf  dem  Gebiete  der  niederländischen 
Dialektologie  sammelten,   sei   unser   wärmster  Dank  gesagt.  —  Möge 
\  ihr  Beispiel   Nachahmung   finden.      Denn   leider   ist   sonstig   unsere 
Bitte  in  Nr.  1    wie    3    des  Korrespondenzblattes  gänzlich  unbeachtet 
■  geblieben,  und  doch  können  wir  nur  die  dort  bereits  gesagten  Worte 
\  wiederholen,  es  ist  dem  Einzelnen  geradezu  unmöglich,  alles,  was  in 
l  und  über    niederdeutsche  Dialekte   veröffentlicht  ist,   zu  Gesichte  zu 
bekommen,   eine    vollständige   Darstellung   dieser   Veröffentlichungen 
zu  geben.  —  Solcher  Hülfe  aber  gewiss,   wagen   wir   die  Zuversicht 
auszusprechen,   diese  üebersicht   mit  jedem  Jahre  genauer  und  sorg- 
fältiger erstehen  zu  sehen. 

-A^.  !Biograph.isclies. 

1.  Biographie,  allg.  deutsche.    Hrsg.  von  R.  Frhr.  v.  Liliencron  und 

Prof.  F.  X.  VVegele,  11.  Lfg.  Lex.-8<>.  (3.  Bd.  S.  1—795.)  Leipzig, 
Duncker  und  Humblot.   a  2,40. 

Vgl.  Hist   Zeitsch.  18,  4. 

2.  Briimmer,   Frz.,    deutsches   Dichter-Lexikon.      Biographische    und 

bibliographische  Mittheilungen  über  deutsche  Dichter  aller  Zeiten. 
12.-25.  Schluss-Liof.  Lex.-8«.  (2.  Bd.  S.  1—552  u.  Nachtrag 
140  S.)    Eichstätt,  KrüU.     ä  1,— 

3.  Belle,    T..    v.,    das  Ehepaar  von  Reinsberg-Düringsfeld  (Nekrolog). 

Magaz.  f.  d.  Lit.  d.  Ausl.     1876,    Nr.  45. 

4.  Ein  Sclipiftstellerpap  (Otto  u.  Ida  v.  Reinsberg-Düringsfeld).    Illustr. 

Zeitg.,  67.  Bd.,  Nr.  1741—42. 

5.  Ha  von  Diiringsfeld,  (Nekrolog).    Unsere  Zeit,  12.  Jahrg.,  2.  Heft, 

S.  797, 


154 

6.  Scierer,    W.,    Karl    Lachmann.      Preiiss.    Jahrbücher,    38.    Bd., 

6.  Heft  1876. 

7.  Schneider,  L.  (W.Berg),  die  vläm.  Dichterinnen  Rosalio  und  Virginie 

Joveling.     Mag.  f.  d.  Lit.  d.  Ausl,,  45.  Jahrg.,  Nr.  33, 

8.  Simroek,  Karl,  (Nekrolog).     K.  Bartsch:  Äugsb.  Ällg.  Zeitg.  Beil. 

212.  —  lUust.  Zeitg.,  66.  Bd.,  Nr.  1729.  —  K.  Soiffert;  Ueber  Land 
und  Meer,  1876,  Nr.  48. 

9.  Pfleiderer,   Dr.    Edaard,    Gottfried   Wilhelm  Leibniz  &h   Patriot, 

Staatsmann  und  Bildungsträger.  Ein  Lichtpunkt  aus  Deutsch- 
lands trübster  Zeit.  Für  die  Gegenwart  dargestellt.  Neue  billige 
Ausgabe.  Leipzig,  Puos's  Verl.  (R.  Reisland).  1876.  XV,  788  S. 
gr.  8». 

Vgl  Hugo  Sommer;  Gott.  Gel    Aiiz.  1876    St.  62. 

10.  Prof.  Dr.  Heinrieb  Rfickei-t,  Nekrolog  in  der  Z.  d.  V.  f.  Gesch.  u. 

Alterth.  Schlesiens.    Hrsg.  v.  C.  Grönhagen.     13.  Bd.  1.  Heft. 

13.  Bibliographie. 

11.  Bachof,   Die  Handschriften   und  älteren  Drucke  der  GymnaBial- 

bibliothek  zu  Hameln.     (24  S.  4'.)     Progr.  des  Gymn.  zu  Hameln. 

12.  Braun,     die    Handschriften    und    alten   Drucke   der    Gymnasial- 

bibliothek zu  Wesel.     {14  S.  4^)     Programm  1876. 

13.  Cnrtee,  Maxim.,  Die  Handschriften  und  seitonen  alten  Drucke  dw 

Gymnasialbibliothek  zu  Thorn  beschrieben.  1.  Tbl. :  Die  Hand- 
schriften und  Incuuabeln.  gr.  4".  (40  S.)  Thorn  1875.  (Leipzii, 
Quandt  &  Händel.)    2,— 

14.  Detto,  A.,  Nachtrag  zu  dem  vorjährigen  Berichte  über  alte  Hand- 

schriften und  Drucke  in  der  Gymnasialbibliothek  zu  Wittstocl. 
(2  S.  4".)    Programm  daselbst. 

15.  Dfimmler,  Kölner  Bücherkatalog.     Z.  f.  deutsch.  Alterth.  u.  deutsclie 

Lit.  N.  F.  7,  4. 

16.  Freyer,    Verzeichnis    der    in    der    Bibliothek    der  Kloatersehule 

vorband,  älteren  Drucke  u.  Handschriften  (13  S.  4*.)  Progr.  der 
Klosterschule  zu  Itfeld. 

17.  Weeener,  Ph.,   Verzeichnis  der  auf  der   Zeitzer   Stiftsbibliothek 

befindlichen  Handschriften.  (22  S.  '4".)  Progr.  ä.  SUftsgymn.  zu 
Zeitz. 

C.  Lexikograpliie. 

18.  Andresen,  K.  (J.,  Zur  deutschen  Namenkunde.     Germania,  hrsg.  v. 

K.  Bartsch,  21,  1. 

19.  Andresen,  Karl  Gnst.,  über  deutsche  Volksetymologie.  8".  ("VID, 

146  S.)     Heilbronn,  Henninger.     1.  u.  2.  Aufl.     3,— 

Vgl.  FörBtemanii  in  Ztschr.  f.  verd,  Sprach  forsch  uDg  N.  F.  ^^'>^ 
3.  Bd.  4.  Heft  S.  S75.  Gott.  Gelärte  Anzeigen.  1876.  .Nr.  IIW. 
G  e  m  8  8  in  Zeitsohr.  f.  d.  Gymnasialwesen.  1876.  11.  D.  Sande«, 
denlscbe  Volksetymologie :  Bl.  f.  lit.  Unterh.,  1876,31.    Revue  critJqneH. 


155 

6.  Meyer:  Augsb.  AUg.  Ztg.,  1876,  289.  (WuBtinan;i):  Grenzboten 
1877,  17.  Ders  :  Weihe achts-Catalog  1876.  Steiumeyer:  Z  f.  D. 
Alterth.    N.  F.    8.  Bd.  Anz.  S.  83.    Lit.  Centrbl ,  1877,  20. 

20.  Anspacli,  J.,  Uitdrukkingen  aan  den  bvbel  ontleend.  Navorscher 
p.  193. 

21.  Bech,  F.,  seltene  Bezeichnungen  von  Peldgrundstücken  in  der 
Mundart,  des  thüring.-sächs.  Osterlandes.  Die  deutschen 
Mundarten,  hrsg.  v.  G.  K.  Frommann.  N.  F.  1.  Bd., 
2.  Heft,  (1876). 

22.  ('hemiiitZy  £.  u.  W.  H.  Mieick,  Die  niederdeutsche  Sprache  des 
Tischlergewerks  in  Hamburg  u.  Holstein.  Jahrb.  d.  Ver.  f. 
niederd.  Sprachf.    I.  Bd.     S.  72. 

23.  Cosp,  Dr.  P.,  Deuy,  doy,  doey.    Taalk.  Bydr.    p.  94. 

24.  — —  Vis  visan  (Gotisch).     Taalk.  Bydr.  p.  190. 

25.  Diefenbach,  Lor.  u.  Ernst  Wfilcker,  hoch-  und  niederdeutsches 
Wörterbuch  der  mittl.  u.  neueren  Zeit.  Zur  Ergänzg.  der  vor- 
handenen Wörterbücher,,  insbesd.  d.  der  Brüder  Grimm.  4.  Lfg. 
hoch  4^     (Sp.  433—536.)    Frankfurt  a.  M.,  Winter.     2,40. 

26.  van  Doorninck,  Mr.  J.  S.,  beschopen  trenden.  De  Navorscher. 
p.  79. 

27.  J.  ten   Doornkaat  Koolman,   ein    Excurs  über  den  Volksnamen 

„Frese,  Friese."     Das  Ausland,  1876,  19. 

28.  J.  tcn  Doornkaat  Koolman,  Wörterbuch  der  ostfriesischen  Sprache. 
Lex -8^.     1.  Lfg.     Norden,  Herm.  Braams     2, — 

29.  von  Fock  (in  Dessau),  die  mit  dem  Personennamen  Focko  zu- 
sammengesetzten friesischen  Ortsnamen.  Ostfrios.  Monatsbl.  f. 
provinz.  Interessen,  Emden,  W.  Haynel,  Jahrg.  1876,  S.  57. 

Vgl.  Ba bücke:  Korrespbl   d.  V.  f  niederd.  Sprachf.     1876.    Nr.  3, 

30.  Hoppe,  F ,  Ortsnamen  der  Prov.  Proussen.  2.  Altpreussische 
Monatsschrift,  hrsg.  v.  Rud.  Reicke  u.  Ernst  Wiehert.  N.  F.  12.  Bd. 
8.  Heft.     1875. 

31.  Hottenrott,  C,  über  germanische  Wörter  im  Französischen. 
15  S.  4o.     Progr.  der  Realschule  I.  Ordnung  zu  Köln. 

32.  Jellinghans,  H.,  Ergänzungen  zu  E.  MttUer's  Etym.  Wörterbuche 
der  englischen  Sprache  aus  dem  Niederdeutschen.  Herrig's 
Archiv  f.  d.  Stud.  d.  neueren  Sprachen  u.  Liter.     55.  Bd.  S.  157. 

A  n  m. :  Die  Ergänzungen  stützen  sich  auf  ein  handschriftl.  Wörterbuch 
der  westfälisch-niederdeutschen  Mundart  v.  J.  6.  Klöntrup  in  der 
Bibl.  d.  Rathsgymnasiums  zu  Osnabrück. 

33.  Kattner,  E.,  Die  Verdeutschung  der  polnischen  Ortsnamen  in  den 
Ostprovinzen  Preussens.     Die  Grenzboten,  1876,  Nr.  21. 

34.  Kern,  Dr.  H.,  Hrgah  en  Hredgotan  Taalk.  Bydr.  p  29  —  Haf. 
Ebd.  p  46  —  Kni.  Ebd.  p  47  —  Doufholt.  Ebd.  p  47  — 
Sigetol.  Ebd.  p  48.  —  Zee    Ebd.  p.  51.  —  Deemoed   Ebd.  p.  53. 

35.  Knorr,  Dr.  W.,  die  Familiennamen  des  Fürstenthums  Lübeck 
(VIII,  55  S.  gr.  4o.)    Progr.  des  Gymn.  z.  Eutin. 

36.  Leendertz,  P.,  Heim  in  plaatsnamen.     De  Navorscher,  p  141,  361. 

—  Zeeuwen..    Ebd.  p.  148. 


156 

37.  Magdeburger  Hänsernamen.  Beil.  z.  D.  Reichs-  u.  kgl.  Preuss. 
Staats-Anzeiger  Nr.  22,  23,  24. 

38.  Mertens,  Dir.  Dr.  Th.,  Stadthannovorsche  Geschlechtsnamen.  (Nach 

d.  Adressbuch  V.  18 74.  gr.  8^(648.)  Hannover  1875.  Schulbuchh.  0,75. 

39.  Ondemans,  A.  C,  Bydrage  tot  een  Ouden  Middelned.  woordenboek- 

1.  afl.    Arnhem,  1876,  v.  Marie. 

40.  Pannenborg,  Besprechung  des  VocabulariumOstfrisiciun.  Zusammen- 

gestellt 1744  vom  Kriegrath  Bügel  in  Aurich,  gedruckt  in  den 
Beyträgen  zu  d.  Jurist.  Litteratur  in  den*  Preuss.  Staaten,  2.  Slg. 
Berlin  1788  S.  219 — 39.  —  Ostfriesisches  Monatsbl.  f.  provinz. 
Interessen.     (Emden,  W.  Haynel,  Jahrg.  1876,  S.  44—49. 

Vgl.  Friedländer:  Ebd.  Jahrg.  1875,    S.  56—58,  S.  143.    Babucke: 
Korrespbl.  d.  V.  f.  niederd.  Sprach  f.     1876.    Nr.  3. 

41.  Roos,  G   P  ,  Heim  in  plaatsnamen.    De  Na  vorscher,    p.  126 

42.  Schiller,   Dr.   Karl   u.    Dr.   Aug.   Lnbbeu,    mittelniederdeutsches 

Wörterbuch.  12—15.  Heft.  L0X.-80.  ^2.  Bd.  S.  641—758  u. 
3.  Bd.  S.  1—384.)     Bremen,  Kühtmann  &  Co.     ä  2,50.    ' 

Vgl.  Deutsche  Monatshefte.     4.  Jahrg.     7.  Bd.    S.  468. 

43.  Yerdam,  Dr.  J.,  Beienden.     Taalk.  Bydr.  p.  65.  —  Hem  becumen. 

Ebd.    p.  67.  —  Betalen.     Ebd.   p.  69.  —  Begien.     Ebd.  p.  120. 

—  Yermomboren.     Ebd.  p.  136. 

44.  Verwys,  Dr.,  Kuipon.,    Taalkundige   Bydragen,    1876,   p.   12.  - 

Kraam.  Ebd.  p.  19.  —  Baluwon,  baellewen.  Ebd.  p.  25.  — 
Ontstruken.     Ebd.  p.  27.  —   Vaorn.     Ebd.  p.  28. 

45.  Völkel,  Hieron.,  De  Chaucorum  nomines.     Gleiwitz  1875.  24  S.  4®. 

(Progr.) 

46.  Walther,  Cm  Kloine  Beiträge  (3)  (Asna),  (4)  (Oehl-,  Ehl-,  Ahlstein), 

(5)  (Plattdeutsch)  u.  (6)  (Ostorsche  Sprake).     —     Jahrb.  d.  V.  f- 
niederd.  Sprachf.    I.  Bd.  S.  114  u.  116. 
46a.  I   Hamburger   mittelniederdeutsche   Glossen.    —    Jahrb.  d. 

Vor.  f.  niederd.  Sprachf.,  I.  Bd.,  S.  15. 

47.  Winkler,  Johan  (in  Harlem),  die  mit  dem  Personennamen  Focko 
zusammengesetzton  friesischen  Ortsnamen.  —  Ostfries.  Monatssch. 
f.  provinz.  Interessen.     Emden,  W.  Haynel.     Jahrg.  1876,  S.  161. 

Vgl.  Babucke:  Korrespbl.  d.  V.  f.  niederd.  Sprachf.     1876.    Nr.  3. 

48.  Winkler,  Johan,    Een    on   ander   over   friesche   eigennamen.    I. 

(In  „de  vrije  Fries",   tydschrift   van  het  friesch  genootschap  van 

Geschied-Oudheit-en  Taalkunde,  to  Leeuwarden.)    Deel  XIII.  — 

Leeuwarden  1876.  [Allerlei  über  friesische  Eigennamen  I.  —  (In  „de 
vrije  Fries"  etc.)  Theil  XIII.] 

49.  —  Klopse.     De  Navorscher,  1876  p.  80. 

50.  —  Heim  in  plaatsnamen.     Ebd.  p.  133,  347. 

51.  —  Kweern.     Ebd.  p.  476.  —  Sierraad  of  sieraad:    Ebd.  p.  r)10. 

—  De  dorpsnaam  heeg.  ^  Ebd.  p.  613. 

52.  — —  en  P.  Leendertz,   vrouwentitels.    Ebd.  p.  81. 

53.  Wörterbuch  der  mecklenburgisch-vorpommerschen  Mundart  v.  Mi. 

gr.  8^    (IV,  110  S.)  Leipzig,  C.  A.  Koch.    2,60. 


r 


1 


157 

54.  Woordenboek  der  Nederlandsche  taal    door  Dr.  M.    de  Vries, 

])t,  Eeico  Verwys  en  Dr.  P.  J.  Cosyn.     'S  Gravenhage.    Leiden 
by  Nyhoff,  Thieme  en  SythofiF.     12.  afl. 


JD.  Grainiiiatik. 

55.  Korrespondenzblatt  des  Yereins  für  niederdeutsche  Sprach- 
forschung, hrsg.  V.  Dr.  Karl  Koppraann  u.  Dr.  W.  H.  Mielck. 
Hamburg,  1876,  Nr.  1—7. 


.  Bernhardt,  Vulfila  od.  die  gothische  Bibel. 

Vgl.  Gering  in  d.  Z.  f.  D.  Philol.  7,  1.     (1876.)    Revue  critique,  1876, 31. 

57.  Brficke,   Ernst,   Grundzüge  der   Physiologie    u.   Systematik   der 

Sprachlaute  f.  Linguisten  u.  Taubstummenlehrer.     2.  Aufl.  Mit 

2  Taf.  in  Steindr.     gr.  8o.  (V,  172  S.)  Wien,  Gerold's  Sohn.  4,— 

Vgl.   W   B(raune):   Lit.   Centrbl.    1877.    Nr.    12.      Scherer:   Z.  f.  D. 
Alterth.,  XIX,  2. 

58.  I^eskien,   Prof.  A.,   Die   Declination   im    Slavisch-Litauischen   u. 

Germanischen.     (Gekr.  Preisschrift  d^fürstl.  Jablonowski'schen 

Gesellsch.  zu  Leipzig,  XIX.  Bd.)    XXtX,  158  S.  hoch  4^.  Leipzig, 

Hirzel.    5, — 

Vgl.  W.  B(raune):  Lit.  Centrbl.     1877.    Nr.  2.      J  oh.  Schmidt:   Jen. 
Litztg.,  1877,  17. 

59.  Ohrloff,  Dr.  Otto,  die  Bruchstücke  vom  Alten  Testament  der 
gotischen  Bibelübersetzung  kritisch  untersucht.  Ein  ergänz. 
Nachtrag  zu  der  Ausg.  d.  Vulfila.  v.  Ernst  Bernhardt.  (Aus 
„Zeitsch.  f.  deutsche  Phil.'^  7.  Bd.  3.  Heft.)  gr.  8^  (45  S.)  Halle, 
Buchh.  d.  Waisenh.     1,20. 

60.  Osthoff,  Dr.  Hernie  Forschungen  im  Gebiete  d.  indogermanischen 
nominalen  Stammbildung.  2.  Th. :  Z.  Geschichte  d.  schwachen 
deutschen  Adjektivums.  Eine  sprachwissensch.  Untersuchung. 
Jena,  1876,  Costenoble.     (XI,  183  S.  gr.  8^.)    6,— 

Vgl.  W.  Braune:   Lit.   Centralbl.    1876,    14.    Zimmer :  Z.  f.D.  Alterth. 
u.  Lit.    N.  F.     7,  4.    Brugman:  Z.  f.  d.  österr.  Gymn.  27,  7. 

61.  .»«..^  Zur  Frage  des  Ursprungs  der  germanischen  N-Declination. 
Nebst  einer  Theorie  über  die  ursprüngliche  Unterscheidung 
starker  und  schwacher  Casus  im  Indogermanischön.  —  Beiträge  z. 
Geschichte  der  deutschen  Sprache  und  Literatur,  hrsg.  v.  Herm. 
Paul  und  Wilh.  Braune.    III.  Bd.,  1.  Heft. 

62.  Peters,  J.,  Gotische  conjecturen  (Progr.)  Loitmeritz  (10  S.  8®.) 

63.  Schulze,  zur  Geschichte  und  Erklärung  des  Hildebrandsliedes. 
(33  S,  4^.)    Programm  des  Domgymnasiums  zu  Naumburg  a./S. 

64.  Sievers,  Ed.,  Grundzüge  der  Lautphysiologie  zur  Einführung  in 

das  Studium  der  Lautlehre  der  indogermanischen  Sprachen  (der 
Bibliothek  indogermanischer  Grammatiken,  bearbeitet  von 
F.  Bücheier,  H.  Hübschmann,  A.  Leskien,  G.  Meyer,  E.  Sievers, 


158 

W.  D.  Whitney,  E.  Windisch.  1.  Bd.)  X,  150  S.  gr.  8^ 
Leipzig,  Breitkopf  &  Härtel.     3, — 

Vgl.  W.  Braune:  Lit.  Centrbl.  1876,  36.  Henry  Sweet:  Academy 
1877,  28.  Apr.    Herrig's  Archiv,  57.  Bd.,  S.  225. 

65.  J.  Beckering  Yinckers.  Taal  en  taalstudie.  Whitney's  voor- 
lezingen  over  de  gronden  der  wetenschappelijke  taalbeoefening 
voor  Nederlanders  bewerkt.  Haarlem,  Erven  Bohn,  1876.  3.  af- 
levoring  ä  fl.  1,20  de  afl. 

66.  Wenkep,  G.,  üb.  die  Verschiebung  d.  Stammsilben-Auslauts  im 
Gennanischen.  Tabellen  u.  Untersuchungen,  gr.  4®.  (149  S.) 
Bonn,  A.  Marcus.     12, — 

67.  Wolff,  J.,  Ueber  die  natur  der  vokale  im  Siebenbürgisch-Sächsischen 
dialekt.  (progr.  des  evang.  Untergymnasiums  zu  Mühlbach  in 
Siebenbürgen.     Hermannstadt,  1875,  79  S.  ,8^.     1,— 

68.  Zimmer,  Heinr.,  die  I^ominalsuffixe  A  u.  A  in  den  germanischen 

Sprachen.  Eine  v.  d.  philos.  Fakultät  d.  Univers.  Strassburg 
gekr.  Preisschrift.  Strassburg,  1876,  Teubner.  (Xu,  316  S.  gr.8".) 
Xni.  Bd.  der  Quellen  und  Forschungen  z.  Sprach-  u.  Kultur- 
gesch.  der  germ.  Völker,  hrsg.  v.  Bernh.  ten  Brink,  Wilh.  Scherer, 
Elias  Steinmeyer.     7, — 

Vgl.  Osthoff:  Lit.«,Centralbl.  1876.  Nr.  8.  Sievers:  Jen.  Litztg. 
1876,  29.  Bezzenbergcr:  Gott.  Gelehrte  Anzeigen  1876,  43. 
E.  Windisch:  Z.  f.  D.  Alterth.    N.  F.    8.  Bd.  Anz,  S.  318. 

69.  Zimmer,  Ostgermanisch  und  westgermanisch.     —     2.    f.  deutsch. 

Alterth.  u.  deutsche  Liter.     N.  F.     7.  Bd.  4.  Heft. 


Altsächsisch. 

70.  Behaghel,  Dr.  Otto,  die  Modi  im  Heliand.     Ein  Versuch  auf  dem 

Gebiete  der  Syntax.  (Heidelberger  Diss.)     gr,  8^  (60  S.)    Pader- 
born, Schöningh.     1, — 

Vgl.  E.  Sievers:   Jenaer  Litztg.     1876.    Nr.  51.    (682).      Erdmann. 
Z.  f.  D.  Alterth.,  XIX,  2. 
70a.  —  zum  Heliand.     Germania,  21.  Jahrg.,  2.  Heft. 
70b.  —  zu  den  kleinen  altniederd.  Denkmälern.     Ebd. 

71.  Dr.  Kern,  Volksnamen  op  i.  an,  en  ari.     Taalkund.  Bydr.,  1876,99. 

72.  Kosyn,  Dr.  P.  J.,  Tekstkritiek  naar  aanleiding  der  emendaties 
van  0.  Behagel  op  Heine's  kleinere  Altnd.  Denkmäler.  Taalkund. 
Bydr.  186. 

73.  Rieger,  Max,  die  alt-  u.  angelsächsische  verskunst.  Lex.-8. 
(64  S.)  Halle,  Buchhandlung  d.  Weisenh.  1,20.  —  Separaiabdruck 
aus  der  Z.  f.  Deutsche  Philol.,  hrsg.  v.  E.  Höpfner  u.  Jul.  Zacher. 
7.  Bd.  1.  Heft. 

74.  Sievers,  Ed.,  der  Heliand  u.  die  angelsächsische  Genesis.  Halle, 
1875,  Lippert  (M.  Niemeyer)  (50  S.  8<>.)     1,50. 

Vgl.  Liter.  Centralblatt.    1876.    Nr.  6.     Rieger  in  d.  Z.  f.  D.  PhiloL 
7,  1.    (1876). 


r 


159 


Neuniederdeutsch  und  niederländisch. 


75.  Jager,  Dr.  A.  de,  Nieuwe  taal  en  letteroefeningen  kritiek 
hierop  in  den  Spectator.  1876.  Haag,  NyhofP.  biz.  344.  —  Groningen, 
J.  B.  Wolters,    f.  1,— 

l   16  Kern,  Dr.  H.,  Het  als  Udwoord.     Taalk.   Bydr    p    108. 

[    77.  _.  Heen  en  da  an.     Ebd.  p.  182. 

78.  — -  Hiin  als  possessief  pronomen.    Ebd.  p.  112. 

79.  — -  De  d  als  tand  en  tongletter.     Ebd.  p.  176. 

:  80.  Xassan,  Dr.  H.  J.,  Ge Schriften  verzamelt  en  uitgegeven  onder 
toezicht  van  Mr.  H.  J.  Smidt,  Dr.  H.  J.  Nassan.  Noordewier, 
J.Bralls  en  A.  W.  Stell  wagen.  1.  aflevering,  l.deel.  Groningen, 
J.  B.  Wolters.     1876.     fl.  0,75. 

\   81.  Verdam,   Dr.  J.,  Een  als  Udwoord,  telwoord  of  onbessaald  voor 

■         naamwoord.     Taalk.  Bydr.  p.  54. 

:    82.  —  Gebruik  van   den   conjnnctief     Si   voor   den  indicatief  is. 

1  Ebd.  p.  61. 

83.  ——  Do  praepositie  met.     Ebd.  p.  116. 

84.  —  De  rhetorische  figuiir:  prothusteron.     Ebd.  p.  122 

85.  —  De  conjunctie  Ende.     Ebd.  p.  123. 

86.  — — —  De  Verl.  tyd  van  eenige  verba  tot  de  3.  klasse  der  klank- 
wisselende  verba  behoorende,  welke  tot  de  3.  klasse  der  redu- 
pliceerende  zyn  overgegaan.     Ebd.  p.  139. 

87.  Tergleichung  des  Altfries.,  Holland,  u.  Plattdeutschen  im  Olden- 
burger Gesellschafter  für  1877. 

Vgl.  P.  Lehfeldt:  Mag.  f.  d.  Lit.  d   Ausl.    1877.    Nr.  10. 

88.  Vepwys,  Dr.  E.,  Och  als  wisseloorm  van  woch.  Taalk.  Bydr.  van 
Dr.  P.  J.  Cosyn,  Prof.  H.  Kern,  Dr.  J.  Verdam  en  Dr.  E.  Verwys. 
Haarlem,  1876,  p.  1.     f.  2,40. 

89.  —  J  als  voorvoegsel.     Ebd.  p.  7. 

90.  Yorsebläge,  einige  praktische,  zu  e.  einheitlichen  plattdeutschen 
Schreibweise  f.  plattdeutsche  Schriftsteller  v.  G.  K.  Als  Manusc. 
gedruckt.     8^    (16  S.)     Leipzig,  C.  A.  Koch.    0,40. 

91.  Waltber,  C,  Kleine  Beiträge  1.  wenn  causal  gebraucht?  (Jahrb. 
d.  Ver.  f.  niederd.  Spracht     I.  Bd.  S.  113.) 


E.  Literaturgeschiclite. 

92.  Bobertag,  Felix,  Geschichte  des  Romans  und  der  ihm  verwandten 
Dichtungsgattungen  in  Deutschland.  I.  Abth. :  Bis  zum  Anfange 
des  18.  Jahrhunderts.  1.  Bd.  1.  Hälfte.  Breslau,  Goschorsky, 
1876.     gr.  8^     5,— 

Vgl.  Schröder:  Bl.  f.  lit.  ünterh.,  1877,  18. 

93.  Grosse,  Lehr.  Herm.t  Goethe  und  das  deutsche  Alterthum.  gr.  8^. 
(38  S.)  Dramburg,  1875.  Göttingen,  Vandenhoeck  &  Ruprechtes 
Verl.)     1,20.     Gott.  Dissertat. 


160 

94.  Heinzel,   Riebard,   lieber  dea  Stil  der  altgermanischen  Poesie. 

Strassburg,  1875.  K.  Trübner.  (3  BU.,  64  S.  gr.  8^)  1,60. 
A.  u.  d.  T.:  Quellen  u.  Forschungen  z.  Sprach-  u.  Kuiturgesch. 
d.  german.  Völker.    X.  Bd. 

Vgl.  Lit.  Centrbl.  1876,  Nr.  49.  H.  Zimmer:  Z.  f.  D.  Alterth.  N.  F. 
8.  Bd.  Anz.  S.  294. 

95.  Keller,  Adalb.  v.,  Altfränkische  Sagen,  ges.  v.,  2.  Aufl.  Heilbronn, 
Henniger,  1876.     8^     6,— 

Vgl.  Schröder:  Bl.  f.  lit.  ünterh.,  1877,  18. 

(Hier  aufgeführt  wegen  der  angefügten  Aufzählung  von  Bearbeitangen  der 
Sagenstoffe  in  anderen  Literaturen,  so  auch  nd.) 

96.  Lindemami,  Wilh.,  Geschichte  der  deutschen  Literatur  bis  auf  die 

Gegenwart.  4.  Aufl.  gr.  8^  (V,  732  S.)  Freiburg  i.  Br., 
Herder,    ä  1, — 

97.  Rflckert,  Gesch.  der  neuhochdeutschen  Schriftsprache. 

Vgl.  Schönbach:  Z,  f.  d  österr.  Gymn.  27,  3.  Scherer:  Z  Ö. 
Alterth.  N.F.  7,4.  Wilken,  Gott.  Gelehrte  Anzeigen.  43  H.  Paul: 
Jen.  Litztg.  1876,  Nr.  288.    Mag.  f.  d.  Lit.  d.  Ausl.  1877,  Nr.  5,  S.  62. 

98.  Miildencr,  R.,  die  deutsche  Sprachgrenze.    Natur,    1875,  Nr.  16. 

99.  Vogt,    Privatdoc.   Dr.   Frdr.,    Leben  u.   Dichten   der   deutscheu 

Spielleute  im  Mittelalter.  Vortrag,  geh.  im  wiss.  Verein  zu 
Greifswald  am  29.  Novb.  1875.  gr.  8^  32  S.  HaQe,  Lippert'sche 
Buchh.     0,80. 

Vgl.  Lit.  Centralbl.  1876,  Nr.  49.  Steinmeyer:  Z.  f.  D.  Alterth. 
N.  F.    8.  Bd.  Anz.  S.  81. 

100.  Wackernagel,  Fhpp.,  Das  deutsche  Kirchenlied  von  der  ältesten 
Zeit  bis  zu  Anfang  des  17.  Jahrh.  48 — 55  Lief.  Lex.-8®.  (5.  Bd.) 
S.  289—1056.)    Leipzig,  Teubner.    a  2,— 

101.  Wackernagel,  Wilh.,  Gesch.  d.  deutschen  Literatur.  Ein  Hand- 
buch. 2.  verm.  u.  verb.  Aufl.  1.  Bd.,  1.  Lfg.,  Lex.-8«  (112  S.) 
Basel,  1877,  Schweighauser.     2,— 

I.  Mittelniederdeutsch. 

102.  Bohn,  Theophilus;  niederdeutsches  Schauspiel  aus  einer  Hdsch. 
d.  15.  Jahrh.  der  trier.  Stadtbibl.  Monatshefte  für  Musik- 
geschichte, red.  V.  R.  Eitner.     9.  Jahrg.    Nr.  1. 

103.  Clement,  Dr.  Knut  Jungbohn,  Forschungen  üb.  das  Recht  der 
Salischen  Franken  vor  u.  in  der  Königszeit.  Lex  Salica  u. 
Malbergische  Glossen.  (Erläuterungen  nebst  erstem  Versuch  e. 
vollst,  hochdeutschen  üebersetzung.)  Nachgelass.  Werk,  hrsg.  ^• 
Geh.  Hofr.  Prof.  D.  Hoinr.  Zoepfl.  XXIV,  468  S.)  (3.  Bd.  der 
BibL  für  Wissenschaft  u.  Literatur.)  gr.  8^  Berlin, 
Grieben.     10, — 

Vgl.  Lit.  Centrbl.,  1877,  Nr.  11.  Fd.  Bischoff:  Z.  f.  d.  private  u. 
öffentl.  Recht  d.  Gegenwt.    4,  2. 

104.  Dederich,  Herm.,  historische  u.  geographische  Studien  z.  angelsächs. 
Beöwulfliede.  gr.  8^.  (VIII,  233  S.)  Köhi,  1877,  Römke  &  Co.  3,60. 

Vgl.  Herm.  Suchier:  Jeu.  Literztg.,  1876,  Nr.  47. 


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161 

105.  Edzardi,  A.,  noch  einmal  das  jüngere  Hildebrandslied.  Ger- 
mania, 21,  1. 

106.  Eggevty  Dr.  Udo,  Studien  zur  Geschichte  der  Landfrieden.  Nebst 
Nachweis  der  Nichtbenutzung  der  treuga  Henrici  im  Sachsen- 
spiegel,    gr.  8^     (84  S.)     Göttingen,  1875,  Peppmtüler.     1,80. 

107.  IlttmiiUer,  Ehl.,  Carmen  de  Beövulfi  Gautarum  regis  rebus  prae- 

clare  gestis  atque  interitu,  quäle  fuerit  antequam  in  manus  inter- 

polatoris,  monachi  Vestsaxonici  inciderat,   autore  Chlodovico  E., 

phil.  doct.,  literarum  germanicarum  prefessore  p.  e.     Turici  1875. 

(Zürcher  Universitätsschrift,  einem  Verzeichnis  der  Preisaufgaben 

für  1875/76  beigegeben.) 

Vgl.  H.  Suchier:   Jen.  Litrztg.,  1876,  Nr.  625.      Schönbach:    Z.  f. 
deatsche  Alterth.,  21,  1. 

108.  Ein  alter  niederdentscher  Codex  der  Imitatio  Christi.  Der  Ka- 
tholik, red.  V.  J.  B.  Heinrich  u.  Ch.  Moufang.  N.  F.  18.  Jahrg. 
Dezb.  1876. 

109.  Kiessling,  G ,  Sem.-Oberl.,  Bibelsprache  u.  Mittelhochdeutsch, 
gr.   8^     (28   S.)     Zschopau,   Raschke.    0,60.     (Progr.   d.    Schul- 

*      lehrersem.  zu  Zschopau.) 

HO.  Kohlmann,  Dr.  Karl,   die  Braunschweiger  Reimchronik  auf  ihre 

Quellen  geprüft.  (Dissert)  gr.  4^.    (79  S.)    Kiel,  Haeseler.    3,— 
Vgl   L.  Wieland:    SybePs   Histor.  Zeitsch.,    37.    Bd.    (N.   F.   1.  Bd.) 
1.  Heft,  S.  156.     W.  Bernhardt:  Jen.  Litrztg.,  1877,  18. 

111.  Koppmann,  K.,  Reimlust  im  15.  Jahrh.  Jahrb.  d.  V.  f.  niederd. 
Sprachf.    I.  Bd.,  S.  108. 

112.  Krause,  Zum  Lebe  Jesu.  Z.  f.  ndeutsch.  Alterth.  u.  deutsche 
Lit.    N.  F.     7,  4. 

113.  Latendorf,  F.,  kritische  Beiträge  zu  dem  sog.  Anhang  der  Lauren- 
berg'schen  Scherzgedichte.  Germania,  21,  1.  (Festschr.  z.  Be- 
grüssung  d.  Rostocker  Phil.-Vers.) 

114.  Lübben,  A,  Zur  Characteristik  der  mittelniederdeutschen  Literatur. 
Jahrb.  d.  Ver.  f.  niederd.  Sprachf.  I.  Bd.  S.  5.  (Vortr.,  geh. 
am  29.  Septb.  1875  in  d.  germanist.  Sektion  der  30.  Vers, 
deutscher  Philologen  zu  Rostock.) 

115.  Napiersky,  J.  G.  L.,  die  Quellen  d.  Rigischen  Stadtrechts  bis  zum 

J.  1673.  Mit 2 Schriftproben,  gr.  8^  (CXXXIV,  348  S.)  Riga,  Deubner. 
Vgl.  Frensdorft:    Hans.  Geschichtsblätter,  1875.      0.  Stobbe:    Jen. 
Literztg.,  1876,  Nr.  656. 

116.  Historische  Skizzen  auf  Grundlage  von  Thet  Oera  Linda  Bok. 
Mit  etlichen  Ein-  u.  Ausfällen.  Aus  dem  Holland,  übersetzt  von 
Hermann  Otto. 

Vgl.  Westermann's  Monatshefte,  40.  Bd,  S.  261. 

117.  Vinckers,  J.  Beckering,  de  onechtheid  van  het  Oera  Linda-B6k, 

aangetoond  uit  de  wartaal  waarin  het  is  geschreven.     Haarlem, 

1876,  Bohn.     63  S.  gr.  8^) 

Vgl.  Zarncke's  Lit.  Centralbl.  1876.  Sp.  1806.  Der  Streit  um  die 
fries,  Chronik:  Ausland,  1876,  Nr.  18,  S.  345.  Noch  einmal  das 
Oera  Linda  Bok:  Ausland,  1876,  Nr.  26,  S.  519.  That  Oera 
Linda  Bok  —  ein  gelehrter  Scherz   oder   eine  Fälschung: 

Niederdeutsches  Jahrbach.  II.  XI 


Vi5W^#^ 


162    • 

Mag.  f.  d.  Lit.  cL  Ausl.  45.  Jahrg»  Nr.  3.  Ferner  desselben  Verfassers 
Werk:  Wie  heefthet  Oera-Linda-Boek  geschreven? 
(Campen,  Holland,  1877)  und  «Alex.  J.  Ellis:  Academy,  1877,21.  April. 

118.  Walther,  C,  Mundartliches  im  Reineke  Vos.  —  Jahrb.  d.  T.  f. 
niederd.  Sprachf.     Bd.  I.,  S.  92. 


IL  Neuniederdeutsch  und  niederländisch. 

119.  Bftrwinkel,  Prof.  Dr.,  über  den  religiösen  Werth  von  Fritz  Reuter's 

„Ut    min     Stromtid".       Ein    Vortrag.       8^      (46    S.)      Erfurt, 

Stenger.     1, — 

Vgl.  Wissenschaftl.  Beilage  der  Leipziger  Zeitg.    1877,  Nr.  14. 

120.  N.  Buts,  Verscheidenheden  meest  op  letterkundig  gebied. 
Haarlem,  Erven  Bohn.     1876.  ,  2.  alv.    fl.  5,— 

121.  Nederlandsche  belletrie  door  Cd.  Busken  Huet.  Amsterdam, 
Funcke.     1876.    fl.  4,20. 

122.  Duboc,  J.,  auf  Reuter'schem  Boden.  Westermann's  Monatshefte 
40.  (3.  F.)  8.  Bd.  S.  98,  1876. 

123.  Hansen,  Dr.  C.  J.,  0ns  Dietsch  of  het  Nederduitsch  in  Duitsch- 

land.     (Zuerst  im  Nederlandsch  Museum   von   Prof.  J.  F.  Here- 

mans,  dann  separat  Gent,  Ad.  Hoste,  1876.) 

Vgl.  „Das   niederdeutsche  Sprachgebiet."       (Magaz.   f.   d.   Lit.   d.   AasI, 
1877,  Nr.  2).    „Niederdeutsche  Bastrebungen.**    Ebd.  45,  22. 

124.  Honegger,  J.  J.,  Vlämische  u.  französ.  Erzählungen.  Blätter  f. 
literar.  Unterhaltung.     1876.    Nr.  43,  44. 

125.  Jagemann,    Dr.  Engen  v.,    Die    Stellung    der   Niederdeutschen 

(Viaamen)  in  Belgien.     (76.  Heft  der  Deutschen   Zeit-  und 

Streitfragen,   hrsg.   v.  Fr.  Holtzendorff  u.  W.  Oncken.) 

36  S.  gr.  8^    Berlin,  Habel. 

Vgl.  Schmolke,  Ein  deutsches  Urtheil  über  die  viamische  Bewegung, 
in  dem  Magazin  f.  d.  Liter,  d.  Auslandes,  1877,  Nr.  12.  Ders.  Die 
viamische  Bewegung  in  „Aus  allen  Weltthtilen",  (Red.  0.  Delitsch). 
7.  Jahrg.,  6.  Heft,  1876.  Ferner:  die  vläm.  Literaturbewegung  im 
J.  1875.  (Mag.  f.  d.  Lit.  des  Auslandes.    45.  Jahrg.,  Nr.  20.) 

126.  Jonckbloet's  zoogenaamde  Geschiedenis  der  Nederland- 
sche Letterkunde,  getoetet  en  toegelicht  door  Dr.  J.  v.  Vloten 
Aruhem.     J.  Rinkes,  1876.     83  Cts. 

127.  F.  Leendertz  wz.,  Gedichten  van  Constantyn  Huygens. 
Navorscher.    p.  442. 

127a.  —  Hooft's  Warenar.    Navorscher.    p.  355. 

128.  Mr.  H.  E.  Moltzer,  Over  Ouno  Zwier  van  Haren.  Spectator  Haag. 
p.  310, 

129.  Niederdeutsche  Bestrebungen.  Mag.  f.  d.  Lit.  d.  Ausl.,  45.  Jahrg. 
Nr.  22. 

130.  Der  Offizier  in  der  deutschen  Dichtung.  Deutsche  Monatshefte. 
4.  Jahrg.,  7.  Bd.,  S.  138. 

Vgl.  Dr.  Hermann  Wentzel  in  dem  Progr.  d,  Kgl.  Kath.  Gymnas.  zu 
Olatz  (1874).    (Zur  Reuterliteratur.) 


163 

131.  Schmolke,  H.,  die  vlamische  Bewegung.    Aus  allen  Welttheilen 
(Red.  0.  Deutsch).     7,  Jahrg.,  6.  Heft,  1876. 

132.  Steche,  Richard,  Fritz  Reuter  als  Schiedsrichter    einer   Wette. 
Gartenlaube,  1877,  Nr.  3. 

133.  Vlämisches  Drama,    Mag.  f.  d.  Lit.  d.  Aush,  45.  Jahrg.,  Nr.-  2. 


F.  Literatur. 
I.  Altniederdeutsch. 

134.  Heiland,  hrsg.  v.  Hoinr.  Rückert.  (Deutsche  Dichtungen  d. 
Mittelalters.  Mit  Wort-  u.  Sacherklärungen  v.  Karl  Bartsch. 
4.  Bd.     8^)    (XLin,  308  S.)    Leipzig,  Brockhaus.    3,50. 

Vgl.  E   Sievers:   Jen.  Litztg.      1877,   Nr.   2.     Ders.   „Zum  Heliand". 
(Haupt's  Zsch.  XIX,  ff.).    Bl.  f.  lit.  Unterh.,  1877,  17. 

IL  Mittelniederdeutsch. 

135.  Becker,  J.,  noch  15  bisher  nicht  veröffentlichte  Urkunden  der 
Stadt  Schlawe  aus  den  J.  1317—57.  2.  Th.  (18  S.  4^)  Prog. 
d.  Progymn.  zu  Schlawe. 

136.  Baethcke,  Herm.,  des  dodes  danz,  nach  den  Lübecker  Drucken 
von  1489  u.  1496  herausgegeben.  (Publikation  d.  Liter.  Vereins 
zu  Stuttgart,  Nr.  127.)    Tübingen,  1876.     2  BL,  145  S.  8^ 

Vgl.  Lit  Centrbl.,  1876,  30, 

137.  BieBemann,  Frdr.,  Briefe  u.  Urkunden  zur  (beschichte  Livlands 
in  den  J.  1558 — 1562.  Auf  Veranlassung  d.  Rigischen  •  Rathes 
aus  inländ.  Archiven  hrsg.  5.  Bd.  1561,  1562.  Nebst  Nach- 
trägen,   gr.  8^    (L,  539  S.)    Riga,  Kymmel.     13,50.  (1—5  45,—) 

Vgl.  Konst.  Höhlbaum  in  der  Jenaer  Litztg,  1876,  Nr.  41,  S.  632  ff. 
Liter.  Centralbl,  1876,  Nr.  45,  Sp.  1484  ff.  Schiemannin  „Russische 
Revue",  V,  9.    Mag.  f.  d.  Lit.  d.  AusL,  1877,  14. 

138.  BoU,  Franz,  Pastor,  Chronik  der  Vorderstadt  Neubrandenburg. 
Nebst  2  Anhängen,  üeber  d.  sogen.  Prilwitzer  im  Ghzl.  Alter- 
thumscabinet  zu  Neustrelitz,  u.  Gesch.  d.  Prämonstratenser- 
klosters  zu  Broda.  Hrsg.  v.  Prof.  Dr.  Franz  Bell.  Neu- 
brandenburg, 1875,  Brünslow.     (XXII,  326  S.  gr.  8«.)    4,50. 

Vgl  Lit.  Centrbl.,  1876,  Nr.  9. 

139.  Chronik,  Berlinische,  nebst  Urkundenbuch.  13.  Lfg.  oder 
Jahrg.  1876.  Fol.  20 Va  Bg.  mit  eingedr.  Holzsch.  u.  Stein- 
tafel.    Berlin,  v.  Decker.     3, — 

140.  Chroniken,  die,  der  deutschen  Städte  vom  14.  bis  ins  16.  Jahrh. 

13.  Bd.     A.   u.   d.   T.:    Die    Chroniken    der    niederrheinischen 

Städte.    Köln.   2.  Bd.  gr.  8«.   (IX,  640  S.)  Leipzig,  Hirzel.     15,~ 

Vgl.  Wegele:  Jen.  Litztg.,  1876,  Nr.  47.      Lit.  Cenü-bl.,    1876,   Nr.  25. 

Gott  Gel  Anzeig.,  1876,  78.      Düntzer:    Monatsschr.  f.  rhein.-westf. 

Geschichtsf.,  II,  9.    Budloff:  Theol.  Litbl.,  XII,  4.      Unsere   Zeit, 

1876,  S.  70. 

11* 


164 

141.  Cosyn,  Dr.  P.  J.,  Fides  Athanasii  on  psalmen  uit  een  Middel- 
s^ksisch  Souter.     Taalk.  Bydr.  84. 

142.  Creeelins,  Dortmunder  Bruchstücke  ein.  Hdschr.  d.  Heldenbuchos 
aus  dem  15.  Jahrh.     Ztg.   f.   deutsch.   Aiterth.   u.  deutsche  Lit. 

^    K  F.     7,  4. 

143.  Cnlemann,  Lobgedicht  auf  die  Stadt  Braunschweig.  Jahrb.  d. 
Ver.  f.  niederd.  Sprachf.     I.  Bd.  S.  56. 

144.  Fabne,  A.,  Chroniken  u.  Urkundenbücher  hervorragender  Ge- 
schlechter, Stifter  u.  Klöster.  Mit  vielen  Siegeln,  Wappen  ii. 
and.  lUust.  2.  Bd.  ürkundenbuch  des  Geschlechts  Momm  od. 
Mumm.  I.  NQbst  Beilage:  Denkmale  u.  Ahnentafeln.  8^ 
(494  u.  Beil.  108  S.)    Köln,  Heberle.     8,— 

145.  Fahne,  A.,  Ein  Todesurtheil  des  obersten  Fehmgerichtshofes. 
(Arnsberg,  7.  Sept.  1510).  Z.  des  Bergischen  Geschichtsvereins, 
10.  Bd.  S.  125—128.    (Nachtrag  z.  Jahrb.,  I,  S.  125.) 

146.  Grnnau's,  Sim.,   preuss.  Chronik.    Hrsg.  v.  Dr.  M.  Perlbach. 

I.   Bd. :     Tractat  I— XIV.      2  Lfg.       Leipzig,    1876,  Duncker  & 

Humblot.    A.  u.  d.  T. :  Die  preuss.  Geschichtsschreiber  des  XTI. 

u.  XV 11.  Jahrh.    Hrsg.  v.  d.  Verein  f.  d.  Gesch.  d.  Prov.  Preussen. 

I.  Bd. 

Vgl.  Lit.   Centrbl.,    1876,    Nr.  42.      G.  v.  d.  Kopp:    Hans.  Geschichts- 
blättcr,  1875.    Histor.  Zeitschr.,  18,  4, 

147.  Hansereeesse.  2.  Abth.  Hrzg.  v.  Verein  f.  hans.  Gesch.  1.  Bd. 
A.  u.  d.  T.:  Hansereeesse  von  1431—1476,  hrsg.  v.  Goswin 
Frhr.  v.  d.  Kopp.  1.  Bd.  hoch  4^  (XXIV,  595  S.)  Leipzig, 
Duncker  &  Humblot.     18, — 

Vgl.  0.  V,  Heinemann:  Jen.  Litztg.,  1876,  Nr.  48.      Mantels:  Han?. 
Geschbl.,  1875.    Augsb.  AUg.  Ztg.,  1876,  Nr.  160  (B.)  u.  164. 

148.  Koppmann,  Karl,  Das  Seebuch.  Mit  einer  nautischen  Einleitung 
V.  Arthur  Breusing.  Mit  Glossar  v.  Chrph.  Walther. 
Bremen,  1876,  J.  Kühtmann's  Buchh.  (LIII,  129  S.  gr.  8^)  4,- 
A.  u.  d.  T.;  Niederdeutsche  Denkmäler.  Hrsg.  v.  V.  f- 
niederd.  Sprachf.     I.  Bd. 

Vgl.  Strauch:  Zeitsch.  f.  D.  Aiterth.,  21,  1. 

149.  Krafft,  Pfarrer  Karl,  Die  Beschlüsse  des  Rathes  der  Stadt  Köln  in 
Bezug  auf  die  beiden  Märtyrer  Peter  Fliesteden  und  Adolf  Clarenbacb 
von  ihrer  Gefangennahme  an  bis  zur  Hinrichtung  (1527—1529), 
nebst  Glossar  von  W.  Crecelius.  Z.  des  Bergischen  Geschichts- 
vereins, 10.  Bd.,  S.  176—254.     (Nachtrag  z.  Jahrb.,  I,  S.  126.) 

150.  Krause,  K.  E.  H.,  Rostocker  historisches  Lied  aus  dem  Accise- 
streit  1556.     Jahrb.  dos  Ver.  f.  niederd.  Spracht,  I.  Bd.,  S.  57. 

151.  Lfibben,  Angnst,  Zeno  oder  die  Legende  von  den  heiligen  drei 
Königen.    Ancelmus,  vom  Leiden  Christi.    Nach  Handschriften 

herausgegeben.     2.  Aufl.     Bremen,  1876,  J.  Kühtmann. 
Vgl.  Wissensch.  Beilage  der  Leipziger  Zeitung,  1877,  Nr.  19. 


165 

152.  Mantels,  Wilh.,  Aus  einem  niedersächs.  Pfarrherrn  von  Kaien- 
berg.    Jahrb.    d.  Vor.  f.  niederd.  Sprachf.     I.  Bd.  S.  66. 

153.  —  Zwiegespräch   zwischen   dem  Leben  u.   dem   Tode.    Ebd. 

S.  54. 

154.  Monnmenta   Germaniae  historica  inde   ab   a.  Christi  500  ad   a. 

1500.      Scriptores    qui   vernacula   lingua   usi    sunt.      Deutsche 

Chroniken   u.   andere   Geschichtsbücher   d.   Mittelalters.     2.  Bd. 

1.  Abth.    gr.  4<>.  (384  S.)  Hannover,  Hahn.     12(18)— 

Inh. :  Sächsische  (Repgow'sche)  Wcltchronik  nebst  (6)  Fortsetzungen,  (da- 
von nur  l  niedersächs.). 

Abth.  II.  (1877)  enthält:  Die  Gandersheimer  Chronik  Eberhards,  Braun- 
schweiger Chronik  (vgl.  dazu  Kohl  mann),  eine  Goslarer  Chronik  und  die 
erhaltenen  Fragmente  einer  Holstein.  Reimchronik  (bereits  abgedruckt  mit  den 
Hamburger  Chroniken  von  Lappenberg),  hrsg.  von  L.  Weiland.  Nebst 
Glossar  von  Dr.  Strauch  (S.  663—708. 

Vgl.  G.  Waitz:  Gott.  Gel.  Anz.,  1877,  St.  13. 

155.  Het   Oeralindabok.     Uitgeg.   d.   Dr.    J.   C.    Ottema.     2.   druk. 

Leeuwarden,  H.  Kuupers.     fl.  4. — .     (In  friesischer  Sprache.) 
Vgl.   Oudheid  van   papier  en   schrift   van  het  Oera  linda  bök  d, 
Tred  Muller.  Ned.  Spectator.  1876.  p.  264.    J.  BeckeringhVinckers, 
De  Onechtheid  van  het  Oera  linda  b6k.    Haarlem,  Bohn,  1876. 

156.  Oorkonden  der  geschiedonis  van  het  Sint-Anthonii-Gasthuis  te 
Leeuwarden,  uit  de  15.  en  16.  eeuw.  Door  de  voogden  dezer 
stichting  naar  de  oorsprunkelyke  becheiden  uitgegeven.  Leeu- 
warden, 1876.  (Urkunden  zur  Geschichte  des  Sanct-Anthonii-Spittels  in 
Leeuwarden,  aus  dem  15.  und  16.  .Jahrhundert.  Von  dem  Vorsteher  dieser 
Stiftung  nach  den  ursprünglichen  Schriften  herausgegeben.  Leeuwarden,  1879. 
Nicht  im  Handel) 

(Enthält  mehr  als  100  Urkunden,  aus  der  ersten  Hälfte  des  16.  Jahrhunderts, 
in  altfriesischer  Sprache,  die  übrigen  in  Altniederdeutsch  abgefasst.  Wichtig 
für  die  Kenntnis  der  friesischen  Sprache.  Wesentliche  Bereicherung  ist  das 
dem  Buche  angefügte,  vom  Stadtarchivar  Eekhoff  verfasste  erklärende 
Wörterbuch  schwer  verständlicher  altfriesischer  Ausdrücke), 
Vgl.  S  y  b  e  Ps  Hist.  Z.    N.  F.    I.  Bd.,  S.  402. 

157.  Regesta  Archiepiscopatns  Magdebnrgensis,  hrsg.  v.   G.  A.   v. 

Mülverstedt.     I.     Magdeburg,  1876. 
Vgl.  Lit.  Centrbl ,  1877,  Nr.  5. 

158.  Preussische  Regesten  bis  zum  Ausgange  des  13.  Jahrb.,  hrsg.  v. 

M.  Perlbach.     (Schluss.)    Altpreussische  Monatsschrift,  hrsg.  v. 

Rud.  Reicke  u.  Ernst  Wiehert.    N.  P.     12.  Bd.,  8.  Heft,    1875, 
Vgl.  Gott.  Gel.  Anz.,   1876,   Nr.  986.    Regestes  prussiens,  p.  p.  Perlbach: 
Revue  critique  12. 

159.  Renncr's,  Joh.,  livländische  Historien.  Hrsg.  v.  Rieh.  Haus- 
mann u.  Konst.  Höhlbaum.  gr.  8^  {XXXV,427S.)  Göttingen, 

Yandenhoeck  u.  Ruprecht's  Yerl.     9, — 

Vgl.    E.  Winkelmann:    Jen.    Litztg.,   1877,   Nr.  3.      Gott.  Gel.  Anz., 
1876,  Nr.  549.    Lit.  Centrbl.  1877,  Sp.  525. 

160.  Rüdiger,  die  ältesten  hamburg.  Zunftrollen  etc. 

(Vgl.  Jahrbuch  1875,  Bibl.  118  u.  119.)     Lübben  in  d.  Z.  f.  D.  PhiloL, 
7,  1  (1876). 


166 

161.  Sachsenspiegel,  der,  (Landrocht),  nach  der  ältesten  Leipziger 
Handschnft,  hrsg.  v.  Prof.  Dr.  Jul.  Weiske.  5.  Aufl.,  v. 
Prof.  Dr.  R.  Hildebrand.  8^  (XV,  184  S.)  Leipzig,  1877, 
Fues.    2,40. 

162.  Schiemann,  Dr.  Thdr,,  die  Regimentsformel  und  die  kurländischen 
Statuten  von  1617.  Nach  dem  Original  hrsg.  u.  m.  e.  Ein- 
leitung versehen,    gr.  8^    (XVIII,  38  S.)    Mitau,  Bohre.     1,60. 

163.  Schirren,  C,  Beiträge  zur  Kritik  älterer  holstein.  Geschichts- 
quellen, gr.  8^.  (VIII,  270  S.)  Leipzig,  Duncker  u.  Humblot.     6,80. 

Vgl.   Lit   Centrbl.,    1877,   Nr.   2.      Konst   Höhlbaum:  Jen.    Litztg/ 
1877,  Nr.  6. 

164.  Dat  SIeehtbok.  Geschlechtsregister  der  Hamburgischen  Familie 
Moller  (vom  Hirsch),  verf.  im  J.  1541  von  Joachim  Moller, 
Rathmann.  Mit  Nachträgen  bis  1612,  sowie  mit  urkundlichen 
Beilagen.  Eingel.  u.  hrsg.  v.  Dr.  Otto  Beneke.  Hrsg.  v. 
Bürgorm.  Kellinghausen's  Stiftung.    Hamburg,  1876.     4^. 

165.  Stadtbuch,  Kieler,   aus  den  J.  1264—1289.    Im  Auftr.   d.   Ge- 

sellsch.    f.    d.   Gesch.    d.    Herzogthümer    Schleswig-Holstein    u. 

Lauenburg,  hrsg.  v.  Dr.  P.  Hasse,     gr.  8^     (XI,  128  S.)    Kielj 

1875,  Univers.-Buchh.    2,80. 

Vgl.  K.  Höhlbaum:  Jen.  Litztg.,  1876,  120. 

166.  Urknndenbncli,  hansisches,    Bearb.  v.  Konst  Höhlbaum.    l.Bd. 

hoch  4^    XVin  u.  423  S.     Halle,  Buchh.  d.  Waisenh.     15,— 
Vgl.  0.  Y.  Heinemann:  Jen.  Litztg.,  1876,  Nr.  48.    Winckelmann: 
Sybel's  Histor.  Zeitschr.,  37.  Bd.,  1.  Heft  (1877).    Lit.  Centrbl  1877,  Nr.  1. 
Mantels:    Hans.  Geschichtsblätter,   1875.     Augsburger   Allg.   Zeitung, 
1876,  Nr.  160  (Beil.)  u.  164. 

167.  Urknndenbnch  des  in  der  Grafsch.  Wernigerode  beleg.  Klosters 
Ilsenburg.  1.  Hälfte:  Die  Urkunden  v.  Jahre  1003— 1460. 
Bearb.  im  Auftr.  Sr.  Erlaucht  des  regier.  Grafen  Otto  zu  Stolberg- 
Wemigerode  v.  Dr.  Ed.  Jacobs.  Mit  5  in  Lichtsteindrud 
facsim.  Urkundenanlagen.  Halle,  1875,'  Buchh.  d.  "Waisenh. 
(YI.  274  S.  gr.  8^)  A.  u.  d.  T.:  Geschichtsquellen  der  Provinz 
Sachsen  u.  angrenzenden  Gebiete.  Hrsg.  y.  d.  geschichtl.  Ver- 
ein der  Provinz.     6.  Bd.     6, — 

Vgl.  Lit.  Centralbl.,  1876,  16.    Karl  Menzel,    Jen.  Litztg.,  1876,  257. 

168.  Urkundenbuch  zur  Geschichte  der  Herzöge  von  Braunschweig 
u.  Lüneburg  u.  ihrer  Lande,  ges.  u.  hrsg.  v.  Archiv-R.  Staats- 
archivar Dr.  H.  Sudendorf.  8.  Th.  Vom  J.  1395  bis  zum  31. 
März  1399.     gr.  4^    (XXX,  380  S.)    Hannover,  Rümpler.    16 - 

Vgl.  Lit.  Centrbl,  1876,  Nr.  26. 

169.  Urknndenbnch  der  Stadt  Lübeck.  Hrsg.  v.  d.  Terein  f. 
lübeck.  Gesch.  u.  Alterthumskundo.  5.  Th.,  3.-6.  Lfg.,  gr.  8^ 
(S.  177-480.)    Lübeck,  Grautoff.'    ä  3,— 

170.  Urkundenbuch,  ostfriesisches.  Hrsg.  v.  Geh.  Staats-Archivar 
Dr.  Ernst  Eriedländer.  2.  Heft.  1400—1435.  gr.  4^. 
(XVII— XXXIV  u.  S.  153—410.)    Emden,  Haynel.     7,- 

Vgl.  Lit.  Centrbl,  1877,  Nr.  10. 


167 

> 

171.  Walther,  C,  Mundartliches  im  Reineke  Vos.  Jahrb.  d.  Ver. 
1  niederd.    Sprach!     I.  Bd.,  S.  92. 

f  172.  Woeste,  Friedrich,  Tremoniensia.  I.  Kerkhoerde's  Dortmunder 
Reim  Chronik.  2.  Satzungen  über  Preis  der  Getreide  und  Biere  etc. 
Z.  des  Bergischen  Geschichtsvereins.  10.  Bd.,  S.  1 — 30  u.  267. 
(Nachtr.  z.  Jahrb.     I,  S.  127.) 

■  173.  Wurdig's,  L.,    Chronik  der  Stadt  Dessau.     8.  u.  9.  Heft,  gr.  8^ 
f        (S.  561—720.)     Dessau,  Reissner.     ä  0,75. 

174.  Zimmermann,  Paul,  das  schachgedicht  Heinrichs  von  Bemgen. 
gr8^    (47  S.)    Wolfenbüttel,  1875.    (Berlin,  Calvary  &  Co.)    1,60. 

175.  Ziegerle,  J.  V.,  Frö  Böne.     Germania,  hrsg.  v.  K.  Bartsch,  21,  1. 

III.  Mittelniederländisch. 

176.  Asselyns  werken,  uitg.  door  Dr.  A.  de  Jager.  1.  Serie  der 
klassieken  der  Ned.  letterkunde,  onder  redactie  van  Dr.  E.  Verwys. 
Groningen,  Woltus.     afievering  1,  2,  3. 

177.  Anna  Byns  Refereinen,  naar  de  nalatenschap  van  Mr.  A.  Bogaers, 
lütgegeven  door  Dr.  W.  L.  van  Holten,  Rotterdam.  74  Dunk. 
fl.  3,— 

178.  — _  Verklärende  woordenlyst.    fl.  0,50. 

179.  De  Roman  der  Loreinen,  nieuw  ontdekte  gedeelten.  üitgegeven 
door  Dr.  S.  C.  Matthes.  In  de  Bibliothek  van  Middelned.  letter- 
kunde onder  redactie  v.  Mr.  H.  E.  Moltzer.  17.  afievering. 
Groningen,  Wolters,  1876. 

180.  Een  viertal  oude  reclitsdocnmenten,  uit  het  hertogdom  Limburg, 
door  Jos.  Habets,  Roermand,  J.  J  Romen.    fl.  0,60, 

181.  Franck,  Jobannes,  Plandrys.  Fragmente  eines  mittelniederl. 
Rittergedichtes.  Zum  ersten  Male  herausgegeben.  Strassburg, 
K.  J.  Trübner.  (IX,  156  S.)  4,—  A.  u.  d.  T.:  Quellen  und 
Forschungen  z.  Sprach-  u.  Culturgesch.  der  german.  Völker,  hrsg. 
V.  B.  ten  Brink,  W.  Scherer,  E.  Steinmeyer.     (17.  Jahrhundert.) 

Vgl.  E.  Martin:   Ztschr.  f.  D.  Alterth.    21,  1.      Dahlmann:   Oess- 
zehasonlitö  Irodalomtörtenelmi  Lapok.  (Ztschr.  f.  vglchde.  Lit.)  1877,  D[. 

182.  Jacob  V.  Maerlants  Spieghel.  Historiael.  2.  partie,  bewerkt 
door  Philip  v.  XJtenbroeke  van  wege  de  maatschappy  der 
Nederlandsche  letterkunde  te  Leiden,  üitgegeven  door  Ferd. 
von  Hellwald,  onder  medewerking  van  Dr.  M.  de  Vries  en 
Dr.  E.  Yerwys.  2.— 5.afi.  hoch4^  Leiden.  Leipzig,  Harrassowitz. 
ä  3,— 

183.  Moltzer,  H.  E.,,  Hareniana,  Brieven  van  W.  en  0.  Z.  van 
Haren.     Groningen,    fl.  1,50. 

184.  Patretten  van  Joost  van  den  Vondel,  eene  laatste  afievering 
tot  het  werk  van  Mr.  J.  van  Lennep  door  Jos.  Alb.  Alberdingk 
Thym.     Amsterdam.     C.  L.  van  Langenhuysen. 


168 

IV.  Neuniederdeutsch. 

185.  De  Ifitt  Aportendräger.  Plietsches  Wochenbladd  för  plattdütsch 
Sprekende.  (Red. :  Rob.  Kutzky .)  Druck  und  Verlag  v.  J.  Köpke, 
Neumark  in  Westpreussen. 

(Erschien  nur  ein  Vierteljahr  lang,  13  Nummern.) 

186.  Anke  Boonemmer.  It  Doarpke  oan  't  spoor.  Rim  and  onrim, 
meast  foardrachten  fear  twa  persoanen.  (Das  Dörfchen  an  der  Eisen- 
senbahn.  Poesie  und  Prosa,  meistens  Vorträge  für  zwei  Personen.)  Franeker, 
T.  Telenga,  1877.     fl.  1, —     (In  westfriesischer  Mundart.) 

187.  R.  C.  Bakhnyzen  v.  d.  Brink.  Studien  en  schetsen  over  vader- 
landsche  geschiedenis  en  letteren,  uitgegeven  door  E.  J.  Potgieter. 
2.  deel.    Martinus  Nyhoff.     fl.  6,30. 

1 88.  Bartels,  Dan.,  der  Grillenscheuclier.  Original-Gedichte  in  hoch- 
u.  plattdeutscher  Sprache.  Scherz  und  Ernst  zum  Deklamiren. 
6.  Th.    gr.  16^;     (VII,  152  S.)    Hamburg,  Nestler  &  Melle.    1,50. 

189.  Benthien,  Angelins,  Sleswig-Holsteener  Buerngeschichen :  Klaas 

Hinnerk.    Ehrs  Band,  1876. 

Vgl.  F.  Ch.  B.  Ave-Lallemant:    Gegenwart,  1876,  Nx.  49. 

190.  Briilnian,  John,  ausgew.  plattd.  Erzähl.  1.  Bd.  Kasper-Ohm 
un  ik.     3.  Aufl.   gr.  16^  (VI,  315  S.)   Rostock,  1877,  Werther. 

3- 

Vgl.  Klaus  Groth:  Gegenwart,  Bd.  10,  Nr.  45. 

191.  Butler,  E.  D.,  The  Race  between  the  Hedgehog   and  the  Hare 

translated   from   the  Plattdütsch.     London,   Haugthon   and  Co., 

Paternoster  Ro.      12^      14   S.     (Mit    Richter's   Holzschn.    auf 

dem  Umschlag.)    Ohne  Jahreszahl. 

Vgl.  Dahlmann:  Z.  f.  vergl.  Literatur,  1877,  Nr.  X. 

192.  De  Byekoer.    Frisk   Jierboekje   for  1877.    —    Twa-in-tritichste 

Jiergong.  (Der  Bieneukorb.  Friesisches  Jahrbüchlein  für  1877.  32.  JahiKf.) 
Praneker,  T.  Talenga.  1877.    fl.  0,30.   (In  westfriesischer  Mundart.) 

193.  De  Doarpskomeedsje.  Slotsangen,  Coupletten  en  Poardrachten 
fear  toanielselskippen  en  fear  elts  dy  graech  ris  in  froalikstlkje 

in  friünekringen  winsket  fear  to  dragen.  (Die  Dorfbühne.  Lieder, 
Couplets  und  Vorträge  für  Bühnengesellschaften  und  für  Jeden  der  gerne  'mal 
ein  fröhliches  Stückchen  im  Freundeskreis  vorzutragen  wünscht.)  Hearenfean, 
Hingst  &  Hepkema,  1876.     (In  westfriesischer  Mundart.) 

194.  Eiehwald,  Karl,  uut'n  Flikken-Büdel.  Rymels  un  Vertellsels. 
2.  Aufl.     I,  8.     (48  S.)    Bremen,  Tannen.     0,50. 

195.  Forjit  my  net.  Ttdskrift  ütjown  fen  't  Selkip  for  friske  tael- 
end  skriftekennisse.  Hearenfean.  (Vergiss  mein  nicht.  Zeitschrift, 
herausgegeben  von  der  Gesellschaft  für  friesische  Sprach-  und  Literaturknnde.) 
6.  Buch,  1.  Lief.  Herrnfehn  (hoU.  HeerenYoen),  Hingst  &  Hep- 
kema, 1876.     (In  westfriesischer  Mundart.) 

196.  Foar  de  Friesen,  hrsg.  v.  R.  Zylstra  jr.,  Seisbjirum.  Zeitung, 
(wöchentlich  einmal,  seit  dem  17.  Juni  1876),  viertelj.  fl.  0,75. 

197.  Frisch  Volksblad,  hrsg.  v.  0.  Stellingwerf  in  Tjum  u.  WaUng 
Dykstra  in  Holwerd.  Agent :  H.  Kuipers,  Buchh.  in  Leeuwarden, 
(Ersch.  seit  dem  25.  Juni  1876  jeden  Sonntag.)  Preis  halbj.  fl.  2,— 


169 

198.  Grimme,  F.  W.,  Schwanke  und  Gedichte  in  sauerländischer 
Mundart  (1.  Sprickeln  un  Spöne.  2.  Spargitzen.)  6.  Aufl.  Mit 
einer  Einleitung  über  die  Eigenthümlichkeiten  des 
sauerländischen  Dialektes.  8^  (207  S.)  Paderborn 
Schöningh. 

199.  Heins,  Walchersche  schetsen  en  vertellingen.  (Walchera'sche  Skizzen 
und  Erzählungen).  Purmerende,  J.  Muusses  &  Co.,  1876.  (In  der 
Mundart  der  Insel  Walchem,  Provinz  Seeland.) 

200.  Hoarmeckan,  F.,  ,je  länger  je  lewer".  Stöckskes  on  Vertellsches 
en  wopperdhaler  Mongkaat.  gr.  8®.  (111  S.)  Elberfeld,  Löwen- 
stein &  Co.     1, — 

Ygl.  Magazin  f.  d.  Liter,  d.  Auslandes,  1877,  Nr.  6. 

201.  Hünig,  Fritz,  der  Boorejung  em  Thiater.  Der  Lehrjung.  Humo- 
resken,    gr.  16^     (16  S.)    Köln,  Heyn.    0,25. 

2Q2.  et  Bütze.   (Nach  Saphir.)    De  Kaväntschaff.  (Nach  Schiller). 

Frei  nach  gegebnen  Motiven,    gr.  16^    (15  S.)    Ebd.    0,25. 

des  Sängers  Flooch.    (Nach  Uhland.)    Lotterbove-Streich. 


(Nach  Langbein.)  Humoresken,  gr.  16^  (15  S.)  Ebd.  0,25. 
(Sämmtlich  in  kölnischer  Mundart.) 

204.  Holthnsen,  Onst.,  ole  Erinnerungen.  Plattdütsche  Gedichten  un 
Geschichten  in  Bremer  Mundart.  1.  Deel.  gr.  16®.  (109  S.) 
New- York.  (Leipzig,  Brockhaus..)    2, — 

205.  Hnsfrfind,  plattdütsche.  Herutg.:  Willem  Kastner.  1.  Jahrg., 
April-Decbr.  1876.  39  Nummern.  (B.)  Pol.  Schleswig,  Johannsen, 
jetzt  C.  A.  Koch's  Verlagsbuchh.,  Leipzig.  (Erscheint  wöchentl. 
ein  mal.)    Viertelj.  1, — 

206.  Jfirs,  Heinr.,  hoch  un  platt,  for  Jeden  wat.  Gedichte.  2.  Aufl. 
8».     (186  S.)    Hamburg,  Neetler  &  Melle.     2,70. 

207.  Kluchtige  Reis  fen  Eastergea  oer  Berlin  nei  Amsterdam ;  fen  de 

man  sels  forhelle.  (Spasshafte  Reise  von  Osterga,  über  Berlin  nach 
Amsterdam;  durch  den  Mann  selbst  erzählt.)  Praneker,  F.  A.  Bosman, 
1876,  25  Cents. 

208.  Schloss  Broich  nn  sin  Vöartied.  Gedieh  in  9  Bildern  van 
H.  Kühne.  Mühlheim  a.  d.  Ruhr,  1876.  Druck  und  Verlag 
von  Wilh.  Portmann.  gr.  8^.  (Die  Mundart  ist  die  von  Mühl- 
heim a  d.  Ruhr  (niederfränkisch),  der  Yerf.  H.  Kühne  Lehrer 
in  Köln.) 

209.  Leistner,  Ernst,  Hochdeutsche  TJebertragung  von  Stücken  aus 
Reuter's  Hanne  Nütte.  Wiener  neue  Hlustr.  Zeitung.  1876, 
Novbr. 

210.  Leopold,   Joh.   A.,   und   L.   Leopold.     Van   de  Scheide  tot   de 

Weichsel.     Nederdeutsche  Dialecten  in  dicht  en  ondieht  velrsamelt. 

(Von  der  Sthelde  bis  zur  Weichsel.    Niederdeutsche  Mundarten  in  Poesie  und 

Prosa).  1.— -3.  Lieferung.     Groningen,  J.  B.  Wolters,  1876.  fl.  0,90. 

Enthält   Proben   der  Mundarten   von   Belle  (französisch  Bailleul),  Bambeek 

(fr.   Bambeque),    St.    Winoxbergen    (fr.   Bergue8-St.-Winox),     Eaasteren    (fr. 

Caestre),    Kapellebroek    (fr.    Capellebrouck),    Duinkerke    oder   Dünkirchen, 

Hazebroek,  Bexpoede,   sämmthch  in  Französisch-  oder  See-Flandern    (Depar- 


170 

tement  du  Nord,   Frankreich);   von  Kortryk   (fr.  Courtrai),   Oudenaarde    (fr. 
Audenarde),  Zegelsem,  Brügge,  Gent,   Brüssel,   Schaarbeek,   Aarschot,  Klein- 
Brabant,   Antwerpen,    Lier,    Heerenthals,   sämmtlich   in  Süd-Niederland  ode 
Belgien.     —    Aardenburg,     Axel,     Walcheren,     Oostkapelle,     Oost-Souburg 
Schouwen,  Over-Flakkec,  alle  in  Nord-Niederland,  und  von  Ost-Friesland.) 

211.  van  Loon,  J.,  und  M.  de  Boer.  It  Lieteboek.  —  Fryske  Sang  mei 

Pianolieding ;  in  gearjefte  de  Friesen  oanbean.  (Das  Liederbuch. 
Friesische  Lieder  mit  Pianobegleitung:  eine  Gesammtgabe,  den  Friesen  geboten) 
Herrnfehn,  Hingst  &  Hepkeraa,  1876.  (In  westfriesischor 
Mundart.) 

212.  Lueia,  Ellen,  (W.  Weyergang),   olle   Scharteken.     Vel  un  nock 

wat  van  tau  Hus.    Erzählungen  im  plattdeutschen  Dialekt.     1.  Bd. 

8^     (III,  229  S.)    Greifswald,  Bamberg.    2,— 

Vgl  Ludw.  Ziemssen:  Plattdütsche  Husfründ,  1877,  Nr.  10. 

213.  Meyer,  Job.,  plattdeutsche  Gtedichte  in  ditmarscher  Mundart. 
2.  Aufl.     8^.     (355  S.)    Hamburg,  Richter.     3,— 

214.  Müller,  Adolf,  plattdeutsche  Gedichte.  2.  mit  einem  Anhange 
hochdeutscher  Gedichte  vermehrte  Auflage.  16^.  (VI,  125  S.) 
Hagen,  Butz.    2,50. 

215.  Nordhfiscbe  Kieme  nnn  Biller.    Nr.   1   u.   2.    gr.  4".    (ä  8  S.) 

Nordhausen,  Haacke.     ä  0,25. 

Inh:  1)  Der  Märtensobend  zu  Nordhusen.    's  Heckemännicheu  in  Nordhusen. 
3.  Abdr.  —  2)  Der  Junkerhoff  inSohlze.  Aenne  NordhüscheCreschichte  us  d'rVörziet. 

216.  Pächter,  T.  M.,  Korl  un  Lotting.  8«.  (IV,  141  S.)  Greifswald, 
Bindewald.     2, — 

217.  Piening,  Th.,  de  tweete  Reis  naa  dem  Hamborger  Dom.  2Deele. 
2.  Oplag.     8^     (140  u.  203  S.)    Hamburg,  1877,  Richter,    ä  1,- 

218.  Potgieter,  E.  J.,  verspreide  on  nagelaten  werken,  uit- 
gegeven  onder  toezicht  van  Joh.  C.  Zimmermann.  Poesie  I 
fl.  3j70.  IL  fl.  3,60.  Proza  I.  fl.  2,75.  H.  fl.  3,60.  Kritische 
Studien  I.  fl.  3,60.  II.  fl.  3,25.  Haarlem,  A.  C.  Kruseman  en 
Tjeenk  Willink. 

219.  Qnitzow,  Wilh.  Ad.,  Meckelnbörger  Geschichten.  Verteilt  för 
Jung  un  01t.  (AsWisme  wedder  meckelnborgsch  würd.) 
2.  Aufl.  8«.  (IV,  160  S.)  Leipzig,  C.  A.  Koch.  2,—  2.  Bd. 
Hanne  Möller  un  sin  Mudder.     (247  S.)  Ebd.,  1877.    2,40. 

Vgl.  Klaus  Groth:  Plattdütsche  Husfründ,  1877,  Nr.  1. 

220.  Reinhardt,  6.,  Harwstblaumen.  Plattdütsche  Gedichte.  8^. 
(40  S.)    Güstrow,  Opitz  &  Co.     0,50. 

221.  Schacht,  Heinr.,  Plattdeutsche  Gedichte,  zum  Vortrag  in  gesell. 
Kreisen.     2.  Aufl.     8^     (56  S.)     Hamburg,  Richter.    Q,75. 

222.  Schröder,  Wilhelm,  Dat's  mien  Popp.  En  Wienachtsgeschicht 
van'n  Dorpo.     Leipz.  Illustr.  Ztg.  vom  23.  Decbr.  1876. 

223.  Schröder,  Willem,  Fritz  Reuter  an  de  Himmelsdöhr.  Zum  7. 
Novbr.     Gartenlaube,  1876,  Nr.  44. 

224.  Schröder,  Wilh.  u.  Arnold,  Humoresken.  4.  Bdchen.  (Universal- 
Bibliothek  Nr.  790.)   74  S.   gr.  16«.    Leipzig,  Ph.Reclamjun.  0,20. 


171 

225.  Uns'  llodersprak.  En  Plattdütsch  ünnerhollungsbladd.  Rut- 
geben  vun   W.    Flicke,    50   Bowery,   New- York.      II.    Jahrg. 

Preis  pro  Nr.  5  ceuts. 

Hat  bis   auf  weiteres   mit  Nr.  71   vom   6.  März  d.  J.  zu  erscheinen  auf- 
gehört, „da  dat  eerst  so  lebhafte  Interesse  for  de  Sak  binah  verswunnen  is.*' 

■ 

[   226.  Vorbrodt,  F.  A.,  en  bettchen  wat  Spassiges  ut  de  Watertid  1876. 
'  Böre-plattdütsch  vorteilt.    8^  (16  S.)    Schönebeck,  Schmidt.    0,25. 

227.  ^^—  Obberswemmt!  En  swartes  Blatt.  Oder:  En  paar  Bilder 
ut  ne  sware  Tid.  Wie  et  de  letzten  Fewerwarsdage  un  Anfang 
März  in  Schönnebeck  utseihn  hat.  Böre-plattdütsch  vorteilt, 
gr.  8«.     (13  S.)     Ebd.     0,25. 

Waling  Dykstra,  Friske  Sang.    Ny  Lioteboek  mei  acht  Sangen. 

Frentsjer.  (Friesische  Lieder.  Neues  Liederbuch  mit  8  Gesängen.  Franeker ) 
E.  A.  Bosman,  1876.    25  Cents. 

— —  Sokke  mar  mear.  Kluchtspil  mei  sang.  (Solche  nur  mehr. 
Posse  mit  Gesang.)  Zweite  verbesserte  Aufl.  Franeker,  T.  Telenga, 
1876.     (In  westfriesischer  Mundart.)    . 

230.  — —  De  Boeresjonger.  Ny  frisk  Lieteboek  for  feinten  enfammen. 

Der  Bauemsäoger.  Neues  friesisches  Liederbuch  für  Jünglinge  und  Jungfrauen.) 
Dritte  Aufl.  Franeker,  T.  Telenga,  1876.  (In  westfriesischer 
Mundart.) 

231.  Wellner,  C.  G.,  wat  sick  dat  Volk  verteilt  Plattdütsche  Ge- 
schichten, dei  würklich  passirt  sünd.  8^.  (96  S.)  Rostock, 
Stiller.     1,25. 

232.  Winklep,  Johan,  Forfriskinge  fen  de  pouslike  „Bulla  ineffabilis" 

in  de  miene  tunglach  fen  Frisland  twiske  Flie  end  Lauers. 
(Friesische  Ueb»rsetzung  der  Päbstlicheu  „Bulla  ineffabilis"  in  die  allgemeine 
Mundart  von  Friesland  zwischen  Flie  und  Lauers,  oder  der  heutigen  nieder- 
ländischen Provinz  Friesland).  Amsterdam,  1876.  Nicht  im  Buch- 
handel. 


Gr.  Zur  Greschichte  Tind  Knltur- 

geschlclite. 

233.  Annalen  d.  historischen  Vereins  f.  den  Niederrhein,  insb.  die  alte 
Erzdiöcese  Köln.  Hrsg.  v.  J.  Mooren,  Eckertz,  Ennen, 
Hüffer  u.  Pick.  28.  u.  29.  Heft.  gr.  8^  (352  S.)  Köln, 
Du  Mont-Schauberg.     4, — 

234.  Das  Archiv  der  Stadt  Lfibeck.  Beil.  z.  D.  Reichs-  u.  Kgl.  Preuss. 
Staatsanzeiger  Nr.  44,  45. 

235.  Beiträge  zur  Gesch.  Dortmunds  u.  der  Grafschaft  Mark.  Hrsg. 
V.  d.  histor.  Verein  f.  Dortmund  u.  die  Grafsch.  Mark.  I.  Dort- 
mund, Koppen.     (IV,  186  S.  gr.  8^)     1875.    2,50, 

Ygl.  Koppmann:  Hans.  Geschichtsblätter)  1875. 


172 

236.  Beiträf^e  zur  Geschichte  Mecklenburgs,  hrsg.  v.  Fr.  Schirr- 
macher. 

Vgl.  Schulz:  Jen.  Litztg.,  187G,  6. 

237.  Zeitschrift  des  Bergiseben  Geschichtsvereins.    Hrsg.  v.  W.  Cre- 

celius  u.  Wold.  Harless.  N.  F.  l.Bd.  Bonn,  Marcus  inComm. 
Inh. :  Kr  äfft  u.  Crecelius,  Beiträge  z.  Gesch.  des  Humanismus  in 
Rheinland  u.  Westfalen.  (Auch  separat  erschienen  Elberfeld  1875.)  — 
W.  Schmitz,  biogr.  Nachträge  zu  1)  Joh.  Fabric.  Bolandus,  2)  Francisc. 
Fabric.  Marcoduranus  und  3)  Philippus  Fabric.  Marcoduranus.  —  Gedicht 
üb.  die  Gründung  der  Abtei  Altenberg,  mitg.  v.  W.  Harless.  —  Culturgesch. 
Miscellen.  —  Weinkauf f,  Joh.  Fabricius  aus  dem  Elsass  u.  Joh.  Fabri 
y.  Werdea.  —  Zur  Beformatiods-  u.  Kirchengesch.  —  Eine  Essener  Stadt- 
chronik y.  1593—1662,  mitg.  v.  W.  Harlass.  —  Bergweisthum  für  die 
Freiherrlichkeit  Commern,  mitg.  v.  W.  H.  Becker.  —  Fr.  Geras,  Höfe 
u.  Hofesrechte  d.  ehem.  Stifts  Essen.  —  Culturhist.  Miscellen.  —  Holt- 
mans,  Brixius  von  Norden  (mit  Anhang  von  Crecelius  u.  Woeste.) 
Nachträge  etc. 

238.  Bremisches  Jahrbnch,  herausgegeben  von  der  historischen  Ge- 
sellschaft des  Künstlervereins.     8.  Bd. 

Inh.:  1)  Jahresberichte  des  Vorstandes  vom  October  1873  bis  October  1875. 
2)  Uebereinkommen  zwischen  der  historischen  Gesellschaft  und  der  Stadt- 
bibliothek. 3)  Bericht  über  die  Nachgrabungen  in  Hude.  4)  Zur  Geschichte 
des  Fleckens  Lebe,  des  Vorgängers  von  Bremerhaven,  von  Senator  Dr.  Smidt. 

5)  Die  erste  Epoche  der  Bremischen  Reformation  von  Pastor  J.  Fr.  Iken  jan. 

6)  Die  bremische  Kirchenordnung  von  1534,   von    Dr.  jur.   A.  Kühtmann. 

7)  Zwei  Briefsammluugen  des  13.  Jahrhunderts,  mitgetheilt  vom  Archivar  Dr. 
W.  von  Bippen. 

Vgl.  J  Harttung:  SybePs  Hist.  Z.    N.  F.    I.  Bd.,  S.  392. 

239.  Oescbichtsblätter,  hansische.     Hrsg.  v.  Verein  f.  hans.  Geschichte. 

5.   Jahrg.,   1875,   gr.   8».     (266,  XXXIV  S )    Leipzig,  Duncker 

&  Humblot.     6,80. 

Haupts.  Inh.:  K.  Eoppmann.  Hamburg's  Stellung  in  der  Hanse.  - 
K.  Höhlbaum,  Zur  Gesch.  d.  deutsch.  Hanse  in  England.  —  D.  Schäfer, 
Zur  Frage  der  Einführung  des  Sundzolles.  —  L.  E  n  n  e  n ,  Zur  Gesch.  der 
Archive  der  hansischen  Contore  in  Antwerpen  u.  London.  —  Ad.  Wobl- 
will,  Reinhard  als  franz.  Gesandter  in  Hamburg  u.  die  Neutralitäts- 
bestrebungen der  Hansestädte  in  den  Jahren  1795—97. 

Vgl.  0.  von  Heinemann:  Jen.  Jjitztg.,  1876,  Nr.  48.  Augsb.  Allg. 
Zeitung,  1876,  Nr.  160  (B.)  u.  164.  J.  Harttung:  SybeFs  Hist.  Z. 
N.  F.    I.  Bd.,  S.  389. 

240.  Gesehichtsblätter  f.  Stadt  u.  Land  Magdeburg.  MittheUiingen 
d.  Vereins  f.  Gesch.  u.  Alterthumskunde  d.  Herzogth.  u.  Erz- 
stiftes Magdeburg.  llJhrg.  1876.  4  Hefte.  Magdeburg  Schäfer.  6,50. 

Inh.:  0.  Müller,  das  Schloss  Leitzkau.  —  Chronikalische  Aufzeichnun- 
gen aus  den  Jahren  1500— 15 14,  mitgeth.  v.  W  i  n  t  e  r  —  R  a  b  e,  die  Ortsnamen 
um  Biera  —  Winter,  Burgwerben  u.  Taucha,  alte  Lehnsstücke  d.  Erzstifts 
Magdeburg.  —  Hertel,  die  Ueberweisung  des  Klosters  U.  L.  F.  an  die 
Prämonstratenser.  —  Holstein,  statistische  Nach  Weisungen  über  die  Bevöl- 
kerung der  Stadt  Magdeburg  unmittelbar  vor  und  nach  der  Zerstörung  vom 
10.  Mai  1631.  --  Rabe,  die  Ortsnamen  zwischen  Elbe,  Saale,  Bode  und 
Sülze.  (Forts.)  —  K.  Palm,  chronikalische  Aufzeichnungen  über  die  ersten 
Jahre  Erzb.  Günthers  von  Magdeburg,  1403—1406.  —  F.  Winter,  Zur 
Geschichte  des  Klosters  Zinna.  —  Engeln,  Dorfordnungen.  —  Holstein, 
Zur  Literatur  derFlugschriften  über  die  Zerstörung  Magdeburg's  1631.  —  Miscellen 
von  Holstein  und  Scheffer.  —  Toll  in,  Vorgeschichte  der  Magdeburger 
Wallonen.  —  Winter,  Wanderungen  durch  das  Sülzethal.  —  Literatur. 


■"\ 


173 

241.  Zeitschrift   des   Harzvereins   für  Goschichto   und   Alterthums- 

kimde.    Hrsg.  von  Ed.  Jacobs.     9.  Jahrg. 

Inh. :  0.  V.  He  ine  mann,  die  Grafschaft  Ascherslebeu  bis  zu  ihrem 
Uebergehen  in  den  Besitz  des  Hochstiftes  Halbcrstadt.  —  G.  Schmidt,  Zur 
Chronologie  der  Halberst.  Bischöfe.  2.  —  H.  Grössler,  Biunengrenzen 
der  Gaue  Friesenfeld  und  Hassegau.  —  Ed.  Jacobs,  Drübecker  Nachlese. 
—  A.  Reinecke,  die  Zoberbrüderschaft  in  Gross-Leinuogen.  —  Werne- 
burg,  Beiträge  zur  Genealogie  einiger  Grafengeschleehter.  —  Urkunden  aus 
dem  Knopf  der  St  Ulrichskirche  zu  Sangerhausen,  mitgetheilt  von  Fulda.  — 
Ed.  Jacobs,  Burgfriede  und  Einung  von  Benneckenstein.  1424,  1569.  — 
L.  Hänselmann,  die  Weinschanksgerechtsame  in  Braunschweig.  —  Kunst- 
alterthümer.  Vermischtes. 

242.  Jahr  hoch  der  Gesellschaft  für  bildende  Kunst  und  vaterländische 
Alterthümer  zu  Emden.     IL  Bd.     Emden,  W.  Haynel. 

Haupts.  Inh.:  Fragmente  zur  Geschichte  des  Dollart  von  Gen -Super- 
intendent Bartels.  —  Lohstöter,  von  den  Ordalien  der  Friesen.  — 
Ders.,  Junker  PoUmann,  ein  Criminalprocess  aus  dem  Jahre  1668.  — 
Dr.  Pannenborg,  der  Emder  Syndicus  Oldenhove.  —  Bartels,  Ostfrles- 
land  in  der  Römerzeit.  (Vgl.  Europa,  1877,  10).  •—  E.  Friedländer, 
Güterverzeichnis  des  Klosters  Langen  in  Ostfriesland.  —  Das  Leben  des 
Arnold  Creveld,  Priors  zu  Marienkamp  bei  Eoens,  nach  der  Originalhandschrtft 
herausgegeben  von  Sauer.  —  A.  Pannenberg,  zur  Geschichte  des 
30jährigen  Krieges  in  Ostfriesland.  —  Bartels,  Einiges  Ober  die  Authentie 
und  EntstehungBzeit  von  Ernst  Fr.  v.  Wicht's  Chronik. 

243.  Märkische  Forschnngen.  Hrsg.  v.  d.  Verein  f.  Gesch.  d.  Mark 
Brandenburg.  13.  Bd.  gr.  8<>.  (507  S.)  Berlin,  Ernst  u. 
Korn.     6, — 


f     244.  Monatsschrift  für   rhein-westf.  Geschichtsforschung   und  Alter- 
thumskunde.    Hrsg.  von  R.  Pick.  2.  Jahrg.     Trier,  Lintz. 

Haupts.  Inh.:  H.  Genthe,  über  den  Antheil  der  Rheinlande  an  vor- 
römisch, und  röm.  Bernsteinhandel.  —  J.  Evelt,  Zur  älteren  Geschichte  des 
Vestes  Eecklinghausen.  —  R.  Wilmans,  aus  einigen  Stadtarchiven  West- 
falens. —  A.  Dominicus,  Boemund  II.  von  Saarbrücken,  Kurfürst  und 
Erzbischof  von  Trier.  —  B  o  n  e  und  L  a  d  n  e  r ,  zur  Alterthumsforschung  in 
Trier.  —  J.  WormstalJ,  alte  Gebräuche,  Feste  und  Volkslieder  aus  den 
uiederrheinisch- westfälischen  Grenzgebieten.  —  J.  Schneider,  Lokal- 
forschungen über  die  Denkmäler  des  Alterthums  auf  der  rechten  Rheinseite 
der  Provinz  Rheinpreussen.  — -  J.  Wormstall,  der  Juliafluss,  Jolle,  die 
Burgen  Reichenstein  und  Rheinstein  nebst  einigen  benachbarten  Orten.  — 
C.  Kr  äfft,  der  Niederländer  Heinrich  Bomelius  zu  Moers  und  Wesel  als 
Historiker.  —  Th.  Lindner,  der  Feldzug  der  Franzosen  gegen  Jülich  und 
Geldern  im  Jahre  1888.  —  F.  Falk,  das  Nibelungenlied  und  seine  Be- 
ziehung zu  Worms.  —  Jos.  Aldenkirchen,  rheinisch- westfälische  und 
niedersächsische  Handschriften.  —  H.  Hüffer,  lieber  die  Bedeutung  des 
Wortes  Pumpernickel.  —  J.  Wormstall,  Culturgeschichtliches  aus  dem 
Soester  Daniel.  —  Eine  Sammlung  rheinischer  Flurnamen.  —  H.  Düntzer, 
Erinnerungen  an  K.  Simrock,  zum  28.  Aug.  1876.  L,  IL  —  M.  J.  Laden  er, 
die  Igeler  Säule.  —  G  Legerlotz,  Beiträge  zur  Reformationsgesch.  aus 
dem  Archiv  d.  Stadt  Soest.  —  0.  P  r  e  u  s  s ,  Drangsale  d.  Grafsch.  Lippe,  insb. 
d.. Stadt  Lemgo  im  30jähr.  Kriege.  —  Alb.  Mucke,  Zur  deutschen  Orts- 
namenkunde, insb.  zur  westfäl.  —  F.  Görres,  kritische  Erörterungen  über 
die  Entstehungsgeschichte  der  Genovefasage.  —  L.  Ennen,  Gerhard  und 
Arnold  Mercator.  —  Literatur,  kleinere  Mittheilungen,  Urkunden  etc. 
Vgl.  Das  Ausland,  1877,  Nr.  2.    Görres,  Theol.  Litbl.,  XI,  22 


174 

245.  Z.  der  Gesellschaft  f.  Schlesw.-Holst.-Lauenb.  Geschichte.    6.  Bd. 

Inh:  H.  Chr.  Tamm,  friesische  Spuren  in  Ditroarschen.  —  L.  Petersen, 
die  Festeverbältnisse  im  vormals  Glücksburg.  Lehnsdistrikt.  —  K.  Kopp- 
mann, zum  Lübisch-Hambg.  Bündnis  vom  J.  1241.  —  G.  v.  Buchwald, 
das  Preetzer  Register  des  Pröpsten  Conrad  II.  —  Ein  Schriftstück  aus  dem 
Jahre  1754,  mitgt^th.  v.  G.  Hille.  —  Kleinere  Mittheilungen.  —  Beilage: 
Kepertorien  zu  schlesw.-holst.  ürkundensammlungen.     1.  Reihe. 

Vgl.  K.  Höhl  bäum:   Jen.   Litztg.,  1876,  409.      Sybel's  Hist  Z.    N.  F. 

I.y     S.     OOO« 

I 

\ 

246.  Arnold,  Prof.  Wilh.,  Ansiedelungen  u.  Wanderungen  deutscher 
Stämme.  Zunächst  nach  hess.  Ortsnamen.  2.  Abth.  (Schluss.) 
gr.  8«.  (S.  241—694.)  Marburg,  1875,  Elwerts  Verlag. 
vollst.  16, — 

Vgl  W.  Scherer:  Jen.  Litztg.,  1876,  Nr.  418.  Ausland,  1876,  Nr.  18, 
S.  353,  Nr.  19,  S.  367.  Lit.  Centrbl,  1876,  Nr.  30.  Histor.  Zeitschr.,  18, 4. 
Ein  Blick  in  Deutschlands  Urgeschichte:  Gemeinuützige 
Wochenschrift.  (A.  Stuber,  Würzburg,  in  Comm.).  1877,  27.  Jahrg. 
Nr.  15—18  (S.  127—130,  135-144). 

247.  Frey  tag,  Gast.,  Bilder  aus  der  deutschen  Vergangenheit  1.  u. 
2.  Bd.     1.  Abth.     gr.  8^     Leipzig,  Hirzel.     12,— 


248.  Berf^baus,  Prof.  Dr.  Heinr.,  Landbuch  des  Herzogth.  Pommern 
u.  d.  Fürstenth.  Rügen.  Enth.  Schilderung  der  Zustände 
dieser  Lande  in  der  2.  Hälfte  des  19.  Jahrh.  2.  Thl.  9.  Bd. 
3. — 15.  Lfg.     Lex.-8®.     Wriezen,  Riemschneider.     ä  1, — 

249.  BSttger,  Bibl.-R.  Dr.  Heinr.,  Diöcesan-  u.  Gaugrenzen  Nord- 
deutschlands zwischen  Oder,  Main,  jenseit  des  Rheins,  derNord- 
und  Ostsee,  von  Ort  zu  Ort  schreitend  festgestellt,  nebst  einer 
Gau-  und  einer  dieselbe  begründenden  Diöcesankarte.  4.  Abth. 
(enth.  die  Begrenzung  von  60  Gauen  u.  11  Untergauen  in  1 
Bisthümern  u.  148  geistlichen  Bezirken  im  Umfange  des  Slaven- 
landes.)    gr.  8^     (456  S.)    Halle,  Buchh.  d.  Waisenh.     7,50. 

Vgl.  hierzu;  Lit.  Centrbl.,  1875,  2;  1876,  12. 

250.  Calinicil,  Rob.,  aus  dem  16.  Jahrhundert.  Culturgeschichtliche 
Skizzen.     8".     (X,  301  S.)    Hamburg,  Maucke  Söhne.    4,— 

251.  Dannehl,  Gust.,  Land  und  Leute  in  Belgien.  Augsb.  AUg.  Z. 
1876,  17.,  18.  Octbr.,  5.,  9.  Novb. 

252.  Danneil,  Dr.  Friedr.,  Pastor.  Geschichte  des  evangel.  Dorf- 
schulwesens im  Herzogth.  Magdeburg.  (VI,  340  S.  gr.  8^)  4,— 
Halle,  Buchh.  des  Waisenh. 

Vgl  Lit.  Ceutrbl.,  1876,  Nr.  47. 

253.  Dannenberg,  Herrn.,  die  deutschen  Münzen  der  sächsischen  n. 
fränkischen  Kaiserzeit.  Mit  1  Karte  u.  61  Tafeln  Abbildungen. 
gr.  4^  (XX,  510  S.)  BerUn,  Weidmann.    40,— 

Vgl.  Lit.  Centrbl.,  1876,  24.  E.  Winkelmann :  Jen.  Litztg.,  1876, 
32.  (Nr.  446.)  Götting.  Gelr.  Anz.,  1876,  Nr.  1089.  Z.  f.  Numism. 
4,  1—2. 


175 

254.  D9rifig,  Dr.  A.,  Dir.  Johann  Lambach  und  das  Gymnasium  zu  ' 
Dortmund  von  1543 — 1582.  Ein  Beitrag  zur  Geschichte  des 
Humanismus  und  seines  Schulwesens  und  der  Reformation. 
Enthält  zugleich  eine  Abhandlung  über  Jakob  Schoppen  als 
theol.  und  dramat.  Schriftsteller  von  H.  Junghaus,  Berlin,  1875, 
Calvary  &  Co.  (135  S.  gr.  4«.)     5,— 

A  D  m. :  Schöpper  widmete  dem  derzeit.  Rektor  des  Dortmunder  Gymnasiums 
emejx  Band  Synonyma,  der  den  Zweck  hatte,  die  nd.  Sprache  aus  der  oberd. 
zu  ergänzen. 

Vgl.  Lit.  Centrbl.,  1876,  12. 

255.  Dornbusch,  Dr.  J.  B ,  aus  dem  Leben  und  Treiben  einer  alten 
Siegstadt  im  15.,  16.  und  17.  Jahrb.  Ein  Beitrag  zur  Kultur- 
geschichte des  Niedorrheins.    gr.  8®.  (70  S.)   Bonn,  Strauss.     1,50. 

Vgl.  Lit   Centrbl.  1877,  19. 

256.  Eekardt,  Jiil.,  Livland  im  18.  Jahrb.  Umrisse  zu  einer  livlän- 
dischen  Geschichte.  1.  Bd.:  Bis  zum  Jahre  1766.  gr.  8^  (XVI, 
585  S.)     Leipzig,  Brockhaus.     10, — 

257.  Eekardt,  Jul.,  russische  und  baltische  Charakterbilder  aus  Ge- 
schichte und  Literatur.  Der  „baltischen  und  russischen  Cultur- 
studien"   2.  Aufl.    gr.   8».     (IX,   544   S.)     Leipzig,    Duncker   & 

Humblot.     10,— 

Vgl.  Magaz.  f.  d.  Lit.  d.  Auslandes,  1876,  Nr.  47.    Jen.  Litztg.,  1876,  Nr.  45. 
Lit   Centrbl.,  1877,  Nr.  2.    Ausland,  1876,  Nr.  47,  S.  966. 

258.  Fahne,  A.,  Livland.  Ein  Beitrag  zur  Kirchen-  und  Sitten- 
geschichte. Mit  vielen  Holzschnitten.  Düsseldorf,  1875,  Schaub. 
(4  Bl.,  240  S.  gr.  8^)     4,50. 

Vgl  Lit.  Centrbl,  1876,  10. 

259.  Fromm,  L.,  Geschichte  der  Familie  von  Zepelin.  gr.  8®.  (VHI, 
397  und  Urkunden  131  S.  mit  3  Holzschnitttafeln  und  genealog. 
Tabellen  in  qu.  gr.  4".)     Schwerin,  Schmale.     8, — 

Vgl  Lit.  Centrbl  1876,  35. 

260.  Hansen,  C.  P.,  Die  Friesen.  Scenen  aus  dem  Leben,  den  Kämpfen 
und  Leiden  der  Friesen,  besonders  der  Nordfriesen.  Entworfen 
nach  mehrentheils  geschichtlichen  Quellen.  2.  sehr  verm.  Aufl. 
gr.  16«.  (IV,  161  S.)  Garding,  Lühr  &  Dirks.     1,50. 

261.  flSpfner,  Lehr.  A.,  Perleberger  Reimchronik.  Perleberg  von 
1200 — 1700.  Gedichte  und  historische  Anmerkungen,  gr.  8®. 
(VI,  90  S.)    Perleberg,  (Berlin,  Weile).     1,20. 

262.  Dentsche  Inschriften  an  Haus  und  Geräth. 

Vgl.  Schottmüller:  Jen.  Litztg.,  1876,  20. 

263.  Jansen,  G.,  aus  vergangnen  Tagen.  Oldenburg's  literarische 
und  gesellschaftliche  Zustände  während  des  Zeitraums  von  1773 
bis  1811.    gr.  8«.    (VIII,  288  S.)    Oldenburg,  1877,  Schulze.    4,— 

Vgl.  0.  Mejer:  Jen.  Litztg.,  Nr.  46. 

264.  Jugler,  Land-Synd.  Aug.,  aus  Hannover's  Vorzeit  Ein  Beitrag 
zur  deutschen  Kulturgeschichte.  Mit  23  photol.  Abbildungen 
u.  4  Holzschn.     (X,  380  S.  Lex.-8^)  Hannover,  Rümpler.     10,— 

Vgl.  Lit.  Centrbl.,    1877,   Nr.  6.    J.  H.  Müller:    Jen.  Litztg.  1876,  32, 
Otto  Henne- am-Rhyn:  Bl.  f.  lit.  Unterh,  1877,  S.  236, 


-  ■      •■'j»,v-s, 


176 

265s  Kettler,  Niedersächsische  Städte.  Aus  allen  Welttheilen,  VI, 
1875,  p.  216,  246,  289. 

266.  Krafft,  Pastor  Karl  und  Consist.-R.  Prof.  Dr.  Wilh.  Krafft, 
Briefe  und  Documente  aus  der  Zeit  der  Reformation  im  16.  Jahrb., 
nebst  Mittheilungen  über  Köln.  Gelehrte  und  Studien  im  13.  und 
16.  Jahrh.    gr.  8^  (XVIII,  207  S.)    Elberfeld,  Lucas.    5,- 

Vgl.  C.  Varrentrapp:  Sybels  Histor.  Zeitschr.,  37.  Bd.  (N.  F.  1.  Bd.) 
S.  181.  M.  Lossen:  Theolog,  Literatarbl.,  hrsg.  v.  Reusch,  11  (1875) 
n.  10,  c.  224.    Horawitz:  Oestr.  Gymnzeitschr.,  1877,  Jan. 

267.  Laurent,  Stadtbiblioth.  Archivar  J.,  Aachener  Zustände  im  14. 
Jahrhundert.  Neue  Auflage  von  „Aachener  Stadtrechnungen  aus 
dem  14.  Jahrh."     gr.  8^     (VI,  455  S.)    Aachen,  Kaatzer.    4,50. 

268.  Nottbeck,  Eugen  v.,  die  älteren  Rathsfamilien  Revals.  gr.  8^ 
(61  S.)    Reval,  1875,  (Wassermann).     2,80. 

269.  Obermfiller.  Wilh.,  die  Hessen- Völker.  Historisch-sprachL  For- 
schungen. '2.-6.  Heft.  gr.  8^  (S.  125—740.)  Kassel,  1875, 
Jungklaus,  (6.  bei  Huhn),     ä  1,50. 

270.  Oetker,  Dr.  Frdr.,  belgische  Studien,  Schilderungen  und  Er- 
örterungen,   gr.  8^  (X,  602  S.)     Stuttgart,  Auerbach.     10,— 

Vgl.   Aus   Belgiens   Natur-   und   Völkerleben:   Das  Ausland, 
1877,  12. 

271.  Ortenberg,  Emil  Fr.  Jul.  v.,  aus  Verdens  Vergangenheit.  Sitten- 
bilder aus  dem  Zeitalter  der  Reformation,  gr.  8^  (VI,  42  S.) 
Stade,  Schaumburg.     0,50. 

272.  Prüfer,  Theod.,  der  Todtentanz  in  der  Marienkirke  zu  Berlin 
und  Geschichte  und  Idee  der  Todtentanzbilder  überhaupt.  Ein 
Beitrag  zur  Archäologie  und  Kulturgeschichte.  Mit  6  photo- 
litogr.  Tafeln.  (Bes.  Abdruck  aus  den  Schriften  des  Vereins  für 
die  Geschichte  Berlins).    Berlin.     3, — 

.Vgl  Lit.  Centrbl.,  1877,  19. 

273.  Bieeke,  0.,  die  Vierlande  und  deren  BeWohner.  Aus  allen 
Welttheilen,  8.  Jahrg.,  1.  Heft,  1876. 

274.  Rodenberg,  Jul.,  StUleben  auf  Sylt.  3.  verm.  Aufl.  8^  (XII, 
196  S.)    Berlin,  Springer.    4, — 

Vgl.  Ein  Nordsee-Idyll,  (Ausland,  49.  Jahrg.,  Nr.  30.) 

275.  Kosen,  Karl  v.,  vom  baltischen  Strande.  Rügisch-pommersche 
Lebensbilder,    gr.  8«.     (VIII,  221  S.)    Berlin,  Nieter.    4,50. 

276.  Schiemann,  Dr.  Thdr,  Charakterköpfe  und  Sittenbilder  aus  der 
baltischen  Geschichte  des  16.  Jahrh.  gr.  8«.  (III,  151  S.)  Mitau. 
1877,  Behre.     3,75. 

277.  Schierenberg,  G.  Aug.  B.  (zu  Meinberg),  Deutschlands  Olympia 
(Secretiora  Germaniae)  oder:  Vom  Gottesgericht  über  Rom's 
Siegesgötter. 

Vgl.  A.  Kuhn  in  den  Verhandlungen  der  Berliner  Anthropol.  Gesellsch., 
1876,  S.  73.  (Zeitschrift  f.  Ethnologie,  8.  Jahrg.,  1876,  Heft  III.) 
Dr.  C.  Mehlis,  Studien  zur  deutschen  Mythologie,    Ausland,  1876,  29, 


177 

278.  SebillmaBn,  Oberl.  Rieb.,  Qoschichte  der  Stadt  Brandenburg  a.  H. 

und  der  Umgegend.     7.— 10.  Lfg.    gr.  8®.     (I.  Bd.,  S.  215—342.) 

Berlin,  WeUe.     ä  0,50. 

Vgl.  für  die  6  ersten  Lieferungen:  Lit.  Centrbl.,  1876,  11. 

279.  Sehneider,   Prof.   Dr.  Jak.,  neue  Beiträge  zur  alten  Geschichte 

und   Geographie   des  Rheinlandes.      7.  und   8.  Folge,      gr.   8**. 

Düsseldorf,  Schaub.     ä  1,50. 

Enthält;  1)  Localforschungen  über  die  alten  Grenzwehren  und  Schanzen 
auf  der  rechten  Rheinseite  der  Provinz  Rheinpreussen.  (30  S.)  2)  Local- 
forschungen über  die  alten  Heerstrassen  und  Schanzen  auf  der  rechten 
Rheinseite  der  Provinz  Rheinpreussen  und  in  Westfalen.     (21  S.) 

280.  Sehnltz,    Franz,    Geschichte  der  Stadt  und  des  Kreises  Kulm. 

Th.  I. :  bis  zum  Jahre  1479.  (Lfg.  1.)    Danzig,  A.  W.  Kaufmann. 

(VII,  1—160  S.,  8^)    2,— 

Vgl.  M.  Perlbach:  Jen.  Litztg,  1876,  Nr.  44. 

281.  Schwebe],  Osk.,  kulturhistor.  Bilder  aus  der  alten  Mark  Branden- 
burg,    gr.  8.     (VII,  373  S.)    Berlin,  1877,  Weile.     7,— 

Vgl.  Der  Bildungs- Verein,  VL  Jhrg.,  Nr.  49.    Lit.  Centrbl,  1877,  18. 

282.  ülrici.  Albert,  die  Völker  am  Ostseebecken  bis  zu  Anfang  des 
XII.  Jahrhunderts.  Eine  histor.-geogr.  Abhandlung,  (65  S.,  8^.) 
Halle,  Dissert. 

283.  Weingärtner,  Jos.,  Kreisger.-Dir.,  Beschreibung  der  Kupfer- 
münzen Westfalens  nebst  histor.  Nachrichten.  3.  Heft.  Mit  32 
Abbildungen.    Paderborn,  Schöningh.  (S.  243—379.  gr.  8^)    2,40. 

Vgl.  Lit.  Centrbl.,  1876,  Nr.  47. 


H.  Mythologie,  Marclieii  ixnd  Sagen. 

284.  Bodin,  Theodor,  1)  Stiefmütterchen  und  Veilchen.  2)  Wie  man 
eine  Frau  leicht  los  werden  kann.     Die  Natur,  N.  F.,  II,  37. 

285.  Busch,  Moritz,  die  Schlange  in  der  Volksphantasie.  Grenzboten, 
1876,  Nr.  47.  —  Die  Vögel  im  Volksglauben.  Gartenlaube,  1876, 
Nr.  21.  —  Volksprophetie.  Grenzboten,  1876,  Nr.  49.  —  Wal- 
purgisnacht. Gartenlaube,  1876,  18.  —  Peitschenschläge  deutschen 
Volkshumors.    Gartenlaube,  1876,  5 — 8. 

286.  flsntrella,  Sueben  an  der  Scheidemündung  und  ihre  Göttin 
Nehalennia.  Blatter  f.  d.  bayr.  Gymnasial-  und  Realschulwesen, 
12.  Bd.,  7.  Heft. 

287.  Kiefer,  F.  J.,  die  Sagen  des  Rheinlandes  von  Basel  bis  Rotter- 
dam.   4.  Aufl.     8«.  (IV,  314  8.)    Mainz,  Kapp.    3,— 

288.  Der  Kreuzweg  im  Volksglauben  von  Th.  B.  Die  Natur,  1876, 
Nr.  42. 

289.  Linburj^selie  LegendeD,  sagen,  sprookjes  en  volksverhalen,  ver- 
nameld  door  H.  Weitere.  2.  deel.  (120  bl.  gr.  8°.)  Venlo, 
Wed.:  H.  H.  Uytenbroek.    fl.  0,90. 

KiedcrdcvtaefaM  Jahrbuch.  II.  12 


178 

290.  Mankai-dt,  Wilh.,  Wald-  und  Peldkulto.  2.  Thl. :  Antike  Wald- 
und  Feldkulte,  aus  nordeuropäischer  Ueberlieferung  erläutert 
gr.  8^  (XLVIII,  359  S )    Berlin,  1877,  Bornträger.     10,— 

Vgl.  Augsb.  A!Jg.  Ztg.,  1877,  138,  B. 

291.  MebliSY  Studienlehrer  Dr.  C,  Studien  zur  ältesten  Geschichte 
der  Rheinlande.  2.  Abth.  Mit  5  lith.  Tafeln.  (55  S.  gr.  8^) 
Leipzig,  Duncker  &  Humblot.     2,80. 

Vgl.  W.  Brambach:  Jen.  Litztg.,  1876,  Nr.  521. 

292.  NSggerath,  Jakob,  die  Berggeister  und  die  Gltteks-  oder  Wünschel- 
ruthe  in  älteren  Zeiten,  besonders  bei  den  Bergleuten.  Wester- 
luann's  Monatshefte,  40.  (3.  F.)    8.  Bd.,  S.  182.     1876. 

293.  Die  Sage  vom  Ring  des  Polykrates.     Grenzboton,  1876,  Nr.  52. 

294.  Schweif],  Osk.,  Der  Tod  in  deutscher  Sage  und  Dichtung,    gr.  8o. 

(72  S.)    Berlin,  Weile.     1,60. 

Vgl.  Herrn.  Uhde:  Blätter  f.  liter.  Unterh.,  1877,  Nr.  7.      Das  Todten- 
reich  in  deutscher  Sage  und  Dichtung.     Europa,  1876,  19. 

295.  U.  Zernial,  der  Eber  im  germanischen  Volksglauben.  Central- 
Organ  f.  d.  Interessen  des  Realschulwesens,  hrsg.  v.  M.  Starcke. 
5.  Jahrg.,  1.  Heft.  —  Der  Kuckuck  im  germanischen  Volks- 
glauben. Daheim,  Nr.  34.  —  Thiere  und  l^flanzen  in  der  ger- 
manischen Volkspoesie.  (27  S.  4».)  Progr.  der  Victoriaschule 
zu  Berlin. 

296.  YerdaDii  Dr.  J.,  Het  Volksboek  van  Huge  van  Bordeaux.  Taal- 
kund.  Bydr.  113. 

297.  Walther,  C,  Kleine  Beiträge,  2.  Die  Dreizehnten.  Jahrb. 
d.  Ver.  f.  niederd.  Sprachf.     I.  Bd.,  S.  113. 

298.  Was  sich  das  Volk  in  Ostfriesland  von  Werwölfen  und  Waal- 
rldern  erzählt.     Globus,  XXIX.  (1876.)  Nr.  9,  p.  140. 

299.  Wcdde,  J.,  Miscellen  aus  dem  Sachsen walde.  Jahrb.  d.  V.  f. 
niederd.  Sprachf.     Bd.  1,  S.  101. 

300.  Wocste,  F.,  bu  Rainke  de  Foss  sin  Wif  op  de  Prouve  stellt 
Die  deutschen  Mundarten,  hrsg.  von  G.  K.  Frommann.  N.  F. 
1.  Bd.,  2.  Heft. 

I.  Sitten  und  Branclie,  V^olkslieder 

und  Spricli^vv^örter. 

301.  Blaas,  C.  M.,  die  Biene  in  der  deutschen  Volkssitto  und  Meinung. 
Illustrierte  Zeitung  Nr.  1734.     Beilage.     (23.  Sept.  1876.) 

302.  De  bycii  in  den  ponw.  De  Navorscher  onder  redactie  van 
P.  Leendertz  wz ,  1876.     Afl.  3  u.  4.     Amsterdam,  J.  C.  Loman. 

303.  Deittseher  Glaube  und  Brauch  bei  Aussaat  und  Ernte.  Grenz- 
boten,.  Jahrg.  XXXV,  Sam.  II,  S.  57—67,  1876. 

304*  Fastnachtsabend  in  Belgien.  Magazin  f.  d.  Lit.  d.  Auslandes, 
1877,  Nr.  6.     (Nach  „De  Zweep".) 


179 

305.  Priselibiery  H,  preussische  Sprichwörter  und  volksthümUche 
Kedensarten.  2.  Sammlung.  Mit  e.  Glossar,  gr.  8o.  (XII,  264  S.) 
Berlin,  Enslin.     4, — 

(Die  1.  Sammlung  erschien  1866.    3,—.) 
Vgl.  Lit.  Centrbl.,  1877,  19. 

306.  — —  Ostpreussische  Volkslieder.  Die  deutschen  Mundarten, 
hrsg.  V.  K.  Frommann.     N.  F.     1.  Bd.     2.  Heft. 

307.  Grotefend,  C.  L.,  Beiträge  zur  Culturgeschichte  Nieder  Sachsens. 
Volks  Vergnügungen.  Zeitschr.  d.  histor.  Vereins  f.  Niedersachsen, 
1873  (1874)  p.  179. 

308.  Haas,  Hof  und  (resinde  im  deutschen  Volksglauben.  Europa, 
1876,  13. 

309.  Kaden,  W.,  Volkslieder  aus  den  Marken.  Mag.  f.  d.  Lit.  d. 
Aus.,  45.  Jahrg.,  Nr.  1,  2,  3  und  5. 

310.  Koppmann,  K«,  Hanschen  un  hot.  Jahrb.  d.  Ver.  f.  niederd. 
Sprachforschung,  1.  Bd ,  S.  107. 

i     311.  — —  Zum  niederdeutschen  Kalender  (zant   Ghangen   dach ;   de 
i  brede  mandach;  wischeldach).     Ebd.  S.  110. 

312.  Schwerttanz.     Ebd.  S.  105. 

313.  Löffelt,  A.  C ,  Het  Kerstfeest    de  Ned.  Spectator,    1876,   p.  36. 

314.  Heier,  Hermann,  das  Kind  und  die  Volksreime  der  Ostfriesen. 
IV.  Globus,  XIX.  Bd.,  S.  333  f. ;  V.  Globus  XXX,  Nr.  4, 
S.  59—61,  1876;     VI.  Globus  XXX,  Nr.  24,  S.  381  f. 

Vgl.  Globus,  XVI,  S.  266,  284,  311. 

315.  Meier,  Hermann,  Was  sich  das  Volk  in  Ostfriesland  von  Wer- 
wölfen  und  Waalridern  erzählt.  Globus,  XIX.  Bd.,  1876,  S.  141. 

316.  Hontanns  (v.  Zuccalmaglio),  Bergisches  in  Land  und  Leuten. 
Ein  Vortrag.     8o.     31  S.     Remscheid,  Krumm.     0,20. 

317.  Hiillenhoff,  ein  Spiel  von  David  u.  Goliath  aus  Ditmarschen. 
Z.  f.  D.  Alterth.     N.  F.     8.  Bd.,  S.  1. 

318.  — —  Schwerttanzspiel  aus  Lübeck  nebst  anderen  Nachträgen 
über  den  Schwerttanz.     Z.  f.  D.  Alterth.     N.  F.     8.  Bd.,  S.  10. 

319.  Ploss,  Dr.   Herrn.  Heinr.,    das  Kind   in  Brauch  und   Sitte   der 

Völker.     Anthropolog.   Studien.     2  Bde.   gr.  8o.     (XII,  324;  II, 

295  S.)     Stuttgart,  Auerbach.     10,80. 

Vgl.  Wiener  Abendpost,  257.  Ritter:  Oesterr.  Jahrb.  f.  Pädiatrik,  7,  2. 
Otto  Henoe-am-Rhyn:  Bl.  f.  d.  lit.  ünterh.  1877,  S.  235.  Daheim, 
1877,  28.    Cornelia,  Z   f.  häusl.  Erziehung,  26.  Bd;,  S.  27  (1876). 

320.  Reifferseheid,  AI.,  Kölner  Voiksgespräche  und  Sprichwörter,  unter 
Benutzung  von  P.  J.  Kamps  Sammlung  Kölner  Sprichwörter, 
hrsg.  und  durch  Anmerkungen  und  Glossar  erläutert.  (Festgabe 
der  zu  Köln  tagenden  zweiten  Jahresversammlung  des  Vereins 
für  niederdeutsche  Sprachforschung  zum  Grusse  dargebracht.) 

321.  Reifferseheid,  AI,  Westfälische  Volkslieder  mit  ihren  Singweisen, 
gesammelt  in  den  Jahren  1811 — 1830,  hrsg.  mit  liederverglei- 
chenden Anmerkungen. 

322.  Rymen  aan  Vondel  toegesehreven.    De  Navorscher,  1876,  afl.  1. 


180 

323.  Nederlandscbe  Spot-  en  SelieldnameB.  De  Navorscher,  1876^ 
afl.  5,  6. 

324.  SpricIlwSrtep  und  Spruchreden  der  Deutschen.  Mit  Illustr.  v. 
Ludw.  Richter  u.  A.     8o.  (131  S.)    Leipzig,  0.  Wigand.     1,— 

325.  Steiner,  0.,  die  winiläod  und  2  ungedruckte  ostpreussische 
Varianten  des  Herder'schen  Volksliedes :  Kein  schönre  Freud  auf 
Erden  ist. 

326.  Stablmanii,  C.  W.,  das  Weib  im  plattdeutschen  Sprichwort. 
Globus,  XIX.  Bd ,  1876,  S    173  f.  und  189  f. 

327.  Volkstbfimliclies  aus  den  niederrhein.-westfälischen  Grenzgebieten. 
Europa,  red.  v.  H.  Kleinsteuber,  Nr.  44. 

328.  Wander,  Karl  Frdr.  Wilh.,  deutsches  Sprichwörter-Lexikon. 
Ein  Hausschatz  fttr  das  deutsche  Volk.  56. — 59.  Lfg.  hoch  4o. 
(4.  Bd,  Sp.  1281—1792.)    Leipzig,  Brockhaus.     2,— 

329.  Wie  das  Volk  sprickt.  Sprichwörtliche  Redensarten.  Hrsg.  v. 
Edm.  Höfer.  8.,  neu  durchgesehene  und  vermehrte  Auflage, 
gr.  16o.  (IV,  226  S.)     Stuttgart,  Kröner.     2,40. 

330.  Zurmfihlen,  Dr.  Hans  (Pseudonym  für  Dr.  P.  Norrenberg),  Des 

Dülkener    Fiedlers    Liederbuch.        Anhang:    Ruyter-Liedekens 

(1870—71).     Viersen,    1875,    Baedekers    Buchh.   (Franz  Fluss). 

(Nachtr.  zu  Jahrb.  1,  S.  130.) 

Enthält  n.  a. :  Volkslieder  im  Dialekt  von  Viersen  und  Dülken.  Der  An- 
hang gibt  Gedichte  des  Herausgebers  aus  den  Kriegsjahren  1870  und  1871  in 
der  Sprache  des  16.  Jahrh. 

Die  tetzten  Zlifem  bezeichnen  bei  Bflchern  jedeimal  den  Preii. 

LEIPZIG.  R.  Dahlmann. 


Berlehtigung. 

Seite  34,  Anmerkung  zu  t.   1.  lies  statt  jüngeren  kinderen 
jungen  kinderen. 


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Jahrbuch 


des 


Vereins  ftr  niederdentsche  Sprachforschmig. 


Jahrgang  1877. 
Jll. 


BREMEN,  1878. 

Verlag  von  J.  Kühtmann's  Bucdibandlung. 


U.  Ii.  Ft.  Kiiohhof  4. 


Inlialt. 


Seite 

Die  BachBtabeu  0  und  H  in  Wismarschen  Stadtbüchern  usw.  des  14.  Jahr- 
hunderts von  Dr.  F.  Crull 1 

Zorn  mud.  gh  von  K.  Eoppmann 7 

Liebesgrass  von  E.  Koppmann 8 

Lebensweisheit  von  C.  Wehrmann 8 

Das  Fastnachtspiel  Henselin  von  C.  Walther 9 

Eine  Münstersche  Grammatik  ans  der  Mitte  des  XV.  Jahrh.  von  E.  Wilken  36 

Brunsilgenholt  von  E.  E.  H.  Krause 66 

Dyt  ys  dy  erfindunge  und  wanderwerke  des   hilligen  sacramentes    tho    der 

Wilsnagk  von  Gustav  Schmidt 57 

Niederdeutsches  in  Handschriften  der  Gymnasial-Bibliothek  zu  Halberstadt  von 

Gustav  Schmidt 60 

Rummeldeus  von  K.  Koppmann 67 

Braunschweigische  Fundlinge  von  L.  Hänselmann 70 

Capat  Draconis  und  die  Kreuzwoche  von  K.  E.  H.  Krause 75 

Krude  von  Wilh.  Mantels 83 

Das  Mahlenlied  von  H.  Jellinghaus 86 

Zwei  plattdeutsche  Possen  von  L.  Lauremberg  von  H.  Jellinghaus      .    ..  91 
Die  Deminutiva  der  niederdeutschen  Ausgabe  von  Agricola's  Sprichwörtern  von 

Friedr.  Latendorf 101 

Kinderspiele  in  Süd  Westfalen  von  F.  Wo  est  e 103 

Südwestfalische  Schelten  von  F.  Woeste 110 

Aberglaube  und  Gebräuche  in  Süd  Westfalen  von  F.  Woeste 127 

Der  Flachs  von  J.  Spee 152 

Flachsbereitung  im  Göttingenschen  von  K.  E.  H.  Krause 156 

Dat  Flas  von  H.  Köhler 160 

Nachträge  von  Wilh.  Mantels 161 

Friedrich  Woeste  von  K.  Kopp  mann 165 

Urkundenbuch  der  Berlinischen  Chronik.    Berlin.     1869.    Berliner   Todtentanz 

von  A.  Lübben 170 

Van  de  Scheide  tot  de  Weichsel  von  A.  Lübben 181 

Bibliographisches  von  W.  Crecelius  und  C.  Walther 183 


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Die  Buchstaben  0  und  h  in  Wismarschen  Stadt« 
büchern  usw^.  des  14.  Jahrhunderts*)- 

Bei  der  Bearbeitung  mittelalterlicher  Schriftstücke  begegnet  man 
bekanntlich  allerlei  Beizeichen  neben  den  Vokalen,  besonders  o  und  u, 
von  denen  Einige  meinen,  dass  sie  die  Länge  des  Vokals  andeuten 
sollen,  Andere,  dass  sie  zur  Bezeichnung  des  Umlauts  dienen,  noch 
Andere,  dass  es  blosse  Verzierungen  sind.  In  der  Einleitung  zum 
dritten  Bande  der  Hanserecesse  hat  Dr.  Koppmann  denjenigen  Weg 
eingeschlagen,  welcher  allein  zu  einer  sicheren  Entscheidung  in  Betreff 
dieser  Frage  führen  kann,  indem  er  eine  Uebersicht,  ein  Register  über 
das  Vorkommen  der  von  ihm  in  der  Recesssammlung  beobachteten, 
nicht  weniger  als  26  Beizeichen  gegeben  hat.  Dr.  Koppmann  bemerkt 
dazu,  dass  es  sich  zu  verschiedenen  Zeiten  mit  denselben  Beizeichen 
wohl  verschieden  verhalten  haben  möge.  Dem-  möchte  ich  noch  hin- 
zufügen, dass  allem  Ansehen  nach  auch  von  den  einzelnen  gleichzeitigen 
Schreibern  ieder  eine  eigene  Praxis  beobachtet  habe,  und  gebe  als 
weiteren  Beitrag  zur  Sache  nachstehend  eine  Uebersicht  über  den  Ge- 
brauch, welchen  der  Wismarsche  Stadtschreiber  Hiurik  v.  Embeke, 
1317 — 1338,  von  dem  durchstrichenen  o  und  u,  0  und  jkI,  —  anderer 
Beizeichen  bediente  sich  derselbe  nicht  —  gemacht  hat«  Von  seiner 
Hand  sind  u.  a.  erhalten: 

A.  das  (Ober-)  Stadtbuch  von  1322—1328. 

B.  ein  Kämmerei-Register  von  1326 — 1336. 

C.  das  kleine  Stadtbuch  (Nieder-Stadtbuch)   oder  Zeugebuch  von 
1328-1338. 

D.  eine  Anzahl  Urkundenabschriften  in  einem  Gopiar  der  städtischen 
Privilegien  (Privilegienbuch). 

Diesen  vier  Büchern  entsprechen  die  nachstehenden  vier  ersten 
Kolumnen,  deren  erste  Spalte  angiebt,  wie  oft  in  dem  Buche  das  be- 
treffende Wort  mit  einem  0  oder  vi  geschrieben  ist,  die  zweite,  wie 
oft  dort  dasselbe  Wort  mit  nur  0  oder  u  vorkommt;  in  die  letzte  Ko- 
lumne ist  die  Summe  gesetzt. 

Als  ich  vor  dreissig  Jahren  an  dem  mit  A  bezeichneten  Buche 
das  Lesen  der  alten  Schrift  lernte,  musste  es  mir  auffallen,  dass  die 
durchstrichenen  0  und  u  immer  nur  in  denselben  Namen  wiederkehrten, 

*)  In  den  Originalen  steht  durchstrichenes  v,  das  aber  hier  im  Abdruck  nach 
seinem  Lautwerth  durch  H  gegeben  ist.  D.  Red. 

Niederdeutsches  Jahrbuch.    III.  1 


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während  in  anderen,  gleichfalls  häufigen  Namen,  zB.  Bokholt,  Losten, 
Rostock  und  Bukow,  Gutow,  Kulen,  niemals  ein  0  oder  yi  begegnete. 
Weil  nun  jene  Namen,  als  G0gelowe,  Kr0pelin,  M0lne  usw.  und  Brjise- 
vitze,  Klutze,  Ljibeke  usw.  heute  Gögelow,  Kröpelin,  Mölln  und  Brüse- 
witz,  Klüz,  Lübeck  lauten,  die  anderen  aber,  wie  sie  vor  Alters  ge- 
schrieben waren,  und  weil  ich  von  Hildebrand,  Johann,  Lambert  als  Kose- 
formen Brendeke,  Henneke,  Lemmeke,  auch  Wörter  wie  helfte,  veng- 
nisse,  stede  (oppida),  lenk,  neger,  erger,  bekrechtigen,  vorweiden  fand, 
80  glaubte  ich  0  =  0  und  H  =  ü,  den  Strich  als  Umlautsbezeichnung 
nehmen  zu  müssen.  Ich  wusste  damals  nicht,  dass  die  Spracligelehrten 
behaupteten,  der  Umlaut  sei  erst  in  viel  späterer  Zeit  in  das  Nieder- 
deutsche eingedrungen,  und  habe  inzwischen  erfahren,  dass,  wenn  dies 
in  neuerer  Zeit  auch  bestritten  wurde,  die  Frage  doch  noch  controvers 
geblieben  ist.  Vielleicht,  dass  die  nachstehende  Uebersicht  etwas  zur 
Entscheidung  derselben  beiträgt. 


aful0te  =  Abfluss    .... 
anr0rende  =  anrührend    .     . 
bedr0uen  =  betrüben  .     .     . 
Berkenenm0le  =  Birkenmühle 
B0dekere  =  Böttcher  .     .     . 

B0ge  =  Boje        

B0geneue  =  BojenneflFe  .  . 
B0genhaghen  =  Boienhagen  . 

B0genholt    .     .     .  ' 

B0genwerder  =  Bojenwerder 

B0ghel  =  Bügel 

B0ycenborch  =  Boizenburg  . 
B0ydenstorp  =  Bpienstorf     . 

B0yster 

B0ytin  =  Boitin 

B0ken  =  Buchen  .     .     .     .     . 

B0le 

B0leman,  B0lemannus   .     .     . 

B0lteke 

B0rdeke  (zu  Herbord)  .  .  . 
b0rghere  =  Bürger,  pL,  .  . 
br0dere  =  Brüder  .... 
Br0ge      .....     ... 

br0ke  =  Brüche 

Br0ten  =  Broten 

D0mechowe  =  Damekow  .     . 
d0nde  =  thun,  flect.Inf. 
D0rdmilnde  =  Dortmund  .     . 
D0ringe  =  Thüringer,  pl.,     . 
dr0met  ==:  Drömt     .... 


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3 


3n,  -deliken,  -dicheyt  = 

gegenwärtig  usw 

gen0ghet  =  genügt 

Gade 

G0deke,Godeco,Godekin  US  (zuGottfried) 

Geghelowe  =  Gögelow 

Geldeke 

Gatingeii  =  Göttingen 

Gotzeke  (zu  Gottschalk) 

Greuesmelen  =  Grevesmüblen    .     .     . 

Grenowe  =  Grönow 

Grouenuiele  =  Grubenmüble      .     .     . 

Haglieb0ke  =  Hagebök 

Halueb0yke  =  Halbmantel    .... 
hagher,  hegbist  :=  höher,  höchst   .     . 

UolBghtjr  =  Hohläugiger 

Hßppeoer  =  Höpfner    

bren  =  boren     ........ 

Hßsik ■ 

Houescreder  =  Hofachneider     .     .     . 
Ketelbotere  =  Kesselflicket  ,     .     ,     , 

KIßtekowe 

Kßkemestere  =  Küchenmeiattr      .     , 

kßkene  =  Kiiche 

Kelere  =  Köhler 

Kolne,  Kelnere  =  Köln,  Kölner      .     . 

Keneke  (zu  Konrad) 

Kopeke  (zu  Jacob,  mndd.  Jacop)    .     . 
kapere,  kapen  =  Käufer,  kaufen    .     . 

Keppernitz 

Kerneke 

kreghere  =:  Krüger 

Krene     

Kreoscamp 

Krepelin  =;  Kröpelin 

KrBse  =  Krug,  pl., 

Laiiiinesb0uet  =  Lammshaupt   .     .     . 

Lantüißlen  =  Landmühle 

lenwandkepere  =  Leinwand  käu  fer 

LöDiere 

lere  =  Löher,  Gärber 

Lotze  ^=  Loiz 

Lßuitze  =  Löwitz 

Medentiu  =  Mödentin 

Mederitz  =  Möderitz 

Megemake  ==  MüUemacher    .... 


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Meyleke 

malen  =  Mühlen,  pl.,  .... 
Mßlenstrate  =^  Mühlenstraese  . 
Malengheetze  =  Möblengeez.  . 
Meliere,  Malnere  =;  Müller   .     . 

Mßlne  =  Mölln 

Mfllteke  ;=  Moltke 

M0nik  =  Mönch 

nak0melinge  ^^  Nachkömmlinge 

0beke      

0deke 

01rik  ==  Ulrich 

0rae  =^  Pferd,  Dat.,      .... 

0rtzen  =  Oertzen 

0teBkerken  =  tor  Oetzkerken,  Drewakirchen  - 
perdekepere  ^  Pferdekäufer      ,     . 

Pale  =  Pol 

Paltze  =  Pölitz 

Pridale  =  Perdöhl 

Rebeke  (zu  Robert) 

Kodemele  =  Rothemühle  .... 

Kemere  ^  Römer 

Repere  =  Röper      

Ratcher  =  Rüdiger 

Sc(h)an0re  =  Schanör 

echipbrekegut  =  schiffbrüchig  Gut 

BcaleQ  =  sollen 

Sc(h)0neberge  =  Schönberg  .     .     . 

Scetze 

Scr0dere  =  Schneider 

Sletel  =  Schlüssel 

Smedesin 

Safieka  (zu  Sophia) 

60oe  =  Söhne  

stalkapere  =  Stahlkäufer  .... 
Stremekendorp  =  StrÖmkendorf 

TßUenere  ^  Zöllner 

teppet  =  Teppich? 

verkapen  ^  verkaufen 

Vlßta  =  Vlöte 

Fleren  =  Gen.  von  Flore?    .     .     . 

Veghe  

Valzeke  (zu  Volkwart)  .... 
vorben0met  =  vorbenannt 
T0rderen  =  fordern      .... 


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[  v0reii  =  führen 

i  Vreydenrik  =  Freudenreich  ,     .     . 

j  walkemelen  =:  Walkmühle     .     .     . 

r  Wabbeke  (zu  Walburg) 

t  weide  ^  wollte 

,  »arde  =  würde 

j   alsasdane  =  alaothane      .... 
!    betHghen,  -ghiuge  =  bezeugen  usw. 

:    Bladiere  =  Blücher 

i    Bragge,HilIeobnlgge,WaghebriBgge=Brücke 

Brale  =  Brühl 

•   BrHning  (zu  Bruno) 

ßraseuitze  =^  Briisewitz      .... 
,   BrHsing 

Brötzekowe  ^=  Brützkow     .... 

Balleke  =  kleiner  Bulle?  .... 

Balowe  =  Bülow 

;  Batzekowe  =  Büschow 

.  Batzowe  =  Bützow 

DrHkkepenning  =:  Drückepfenning 

Drade  (zu  Gertrud) 

Dadisch  ^  Deutsch 

Dalmede  =  Dülmen  .,.-.. 

Darbf  =  Theuerleib     ..... 

DauelBers  =  Teufelsars     .... 

Gnabbing      

GoldebK  ^-  Goldebe 

gratteraakere  =  Grützmacher    ,     , 

Oaldene  =  Golden 

Ganther  =:=  Günther 

Gaztekowe  ^  Güatow 

Gaztrowe  =  Güstrow 

hadekopere,  hade  =  Häutekiufer  . 

Hadzem  =  HiiddeBsum 

Haxere  =  Höxter 

Jid 

Jat  =^  Jute  ? 

Jatteke  (zu  Judith) 

KlKnder 

Klatze  =  Klütz    ....... 

Kracheren  =  Kröcher 

Krasekenberch 

kratze  =  Kreuz 

KacheUtorp  =  Köcheistorf    .     .    . 

Kaie  =  Keule 


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Kjtnne  (zu  Kunigunde)  .... 

Kjtren  =  Kühren 

kjitere  ■=  Küter 

Lh  =  Luhe 

Lnbbeke  (zu  Liudbert)  .... 
Lubberstorp  =  Lübberstorf   .     . 

Liibeke  ^  Lübeck 

Ljibekervar  =  Lübeckfahrer 

Ljibesch  =  Lübisch 

Lnbestorp  ^  Lübstorf  .... 

Lirbowe  ^  Lübow 

Ljrfchowe  =  Lüchow 

Ljidbert  =  Liudbert      .... 

Ijtfde  =  Leute 

L]ildeke  (zu  Liudolf) 

Luder  (zu  Liuthard?)  .... 
LjEtneborch  =  Lüneburg  .  .  . 
Ljtftgard  =  Liudgard     .... 

Lütteke  =  klein 

Ljittekenborch  =  Lütgenburg     . 

Lutzowe  =  Lüzow 

Mirllere  =  Müller 

Mjrlter  =  Mälzer 

mjrfnd  =  08  oder  ora  .... 
Münstere  =  Münster  .... 
Mjrfnsterman  =  Münstermaun     . 

Muntere  =  Münzer 

mjKtren  =  Mauer,  Dat.  sing,  .     . 

MjKtseke 

Mjrstelin  =  Mestlin 

Mjrfstin  =-  Mustin 

Nigenmjtnstere  =  Neumünster    . 

Njtssenian 

Osenbrjtfgge  ==  Osnabrück .     .     . 

Pljtfckebotere 

Platten, 

Rüygen  =  Rügen 

Rjägenwolt  -=  Rügenwalde  .  .  . 
RjKtmescotele  =  Räumdieschüssel 

Rjäne  =  Rühn 

Scjtrneke 

Scjtre 

Sciitte  =  Schütze 

Sljitere  =  Schliesser     .... 

Stjrfke  =  Stük 

storfremannus  =  Steuermann  .     . 


A 

1 

5 

7 
18 

13 

45 
8 

8 

9 

3 

2 
3 
5 

6 

1 
1 

5 

5 
4 
9 
3 

3 

■ 

1 

, 

1 

i 

t 

1 
1 

1 

B 

16 

1 

15 

1 — 

_ ... 

10 
1 

2 

1 
1 

1 

1 
1 

1 

1 

1 
1 

5 

1 

1 

C 
1 

7 

3 
5 

1 
9 
6 

1 
6 
3 
3 

32 

13 

3 

8 
4 

10 

1 
2 

5 

1 

2 

1 
1 

3 
3 

3 

1 

• 

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ii 

3 

1 

1 

D 

1 
1 1 

5 

1 

1 

10 
2 

1 

5 

1 

1 
1 

• 
■ 

• 

9 


1 


1 
1 


2- 

1- 

12- 

14- 

5- 

1 
37 
24 

1 

1 

6 

4- 
17- 
10- 
94 
21- 

3 

9 

8- 
13 
15 
11 

3 

1 

4 

3 
10 

1 

2 

6 

1 

1 

1 

2 

6 

1 

1 

1 

6 

4 
13 

6 

1 

41 

4 

2 


1 


1 


r 


StHue 

sjalle  =  Schwelle,  pl., 

själta  (sulta)  =  Suiten 

s:önderliken  =  sonderlich 

sjtfnte  =  sanct 

Sjäätermjttde  =  Sestermühe?   .     .     .     . 

Situerke  =  säuberlich 

Swinebjüdel  =  Schweinebeutel    .     .     . 

Travenemjtnde 

tjäghe,  toghen  =  Zeugen,  zeugen  .     . 

Tzjälowe  =  Zülow 

Tzjtzowe  =  Züsow 

amme  =  um 

vormKode,  vormjrfndere  =  Vormünder 

VrHndeke  =  Freundchen 

WernemHude  =  Warnemünde     .     .     . 

WISMAR. 


i 

9 
2 

1 

3 

5 

B. 
1 

1 
1 

1 

C. 

1' 

1 

310 

1 

2 

1  — 

7 

D. 

2 
1 

2 

5 

2 

8 

10 
1 
5 
2 
1 
1 
2 
1 
3 
5 
1 
1 
2 
8 

10 

1 

15 


Dr.  F.  CrulL 


Zum  mnd.  gh. 


Im  neusten  (10.)  Bande  des  Mekl.  ü.  B.  stosse  ich  auf  zwei 
Urkunden,  die  in  Bezug  auf  die  Schreibung  des  mnd.  gh  in  auffälliger 
Weise  variiren,  indem  sie  im  Anlaut  neben  gh  auch  ch,  im  Inlaut 
neben  gh  auch  ch  und  nach  n  auch  gkh  anwenden.  Beide  Urkunden 
(Nr.  6953)  sind  nach  dem  Original  mitgetheilt,  tragen  dasselbe  Datum 
(1349  Apr.  16)  und  betreffen  dasselbe  Rechtsgeschäft;  die  erste  (A) 
ist  von  dem  Kloster  Dargun,  die  zweite  (B)  von  der  Familie  Hoben 
ausgestellt. 

A:  scelingkhe,  chewesyn,  chevleghen,  chehenghet ,  chegheven, 
neghenundevertychestem,  dünredaches. 

B:  chegheven,  nechesten,  chevleghen,  cheweset,  deghedingkhes- 
lude,  openbaryngkhe,  chehengkhet,  chegheven,  neghenundevertychesten, 
dünredaches. 


HAMBURG,  BARMBEK. 


K.  Koppmann. 


rs^'       —'^ 


8 


Liebesgruss. 


Im  Beichsarchiv  zu  Haag  fand  ich  1873  in  dem  XIII.  Me- 
moriale  Ducis  Johannis  Bavariae  Gas.  N.  142  L — 23  bezeichneten  Buche 
fol.  146b  die  folgenden  im  Jahre  1423  niedergeschriebenen  Verse : 

God  geve  u  minlic  goeden  dach, 

Lieff  wtvercoren,  wiishc  schiin; 

Ghii  muecht  al  tselve,  dat  ic  vermach, 

God  geve  u  minlic  goeden  dach. 

HAMBURG,  BARMBEK.  K.  Koppmann. 


Lebensweisheit. 

In  einem  auf  der  hiesigen  Registratur  aufbewahrten  Briefcopiarius 
aus  den  Jahren  1356  bis  1366  liegt  ein  loses  Blättchen  Papier,  auf 
welchem  die  Stimmung,  sei  es  eines  der  Secretaire  des  Raths,  sei  es 
eines  Rathmannes,  sich  in  die  folgenden  weisen  und  schönen  Verse 
ergossen  hat.  Der  Umstand,  dass  dasselbe  Blättchen  auch  bedeutungs- 
lose Kritzeleien,  anscheinend  um  die  Feder  zu  versuchen,  zugleich 
enthält,  unterstützt  die  Vermuthung,  dass  die  Verse  von  einem  Schreiber 
herrühren.  Die  Handschrift  dagegen  scheint  jünger  zu  sein,  als  der 
Copiarius,  in  den  das  Blättchen  auch  durch  irgend  einen  Zufall  später 
hineingekommen  sein  mag,  und  die  Verse  können  auch  aus  dem  An- 
fange des  fünfzehnten  Jahrhunderts,  der  Zeit  des  Aufruhrs,  stammen. 
Sie  lauten: 

He  is  wys,  de  kan  vordraghen 

unde  liden  vordreet  al  sunder  klaghen 

unde  darby  holden  syn  gebere^), 

oft  liden  vordreet  neyn  lident  were^). 

LÜBECK.  C.  Wehrmann. 


^)  Gebärde,  Gebaren. 

')  als  ob  Verdruss  leiden  kein  Leiden  wäre. 


Das  Fastnachtspiel  Henselin 

oder 

Von  der  Rechtfertigkeit 


S.  I.  Henselyn. 

Holzschnitt:  Brustbild  eines  mit  der  Narrenkappe  geschmück- 
ten Mannes;  das  Gesicht  ist  nach  links  und  etwas  nach  oben 
gerichtet,  der  Mund  halb  geöffnet,  so  dass  er  zu  einem  höher 
Stehenden  zu  sprechen  scheint;  die    linke    Hand  deutet  mit 
ausgestrecktem  Zeigefinger  an  der  Brust  vorüber  nach  rechts, 
gleichsam  auf  den  Anfang  des  Gedichtes. 
Henselyns  boek  is  dyt  ghenant, 
Wyl  van  der  rechtferdicheyt  eyn  weynich  leren. 
Deme^)  dyt  kleyne  boklyn  kumpt  tor  hant, 
Byddet^)  Henselyn:  |  wylt')  em  dyt  nicht  al  tor  geckheyt 

keren. 

S.  II.  Holzschnitt:   Ein  Zimmer.     Im  Hintergrunde   eine  mit  einem 

Polster  versehene  Bank,  davor  ein  Tisch  mit  Gerichten  und 
Trinkgefässen.  Im  Vordergrunde  steht  ein  mit  langem  Mantel 
bekleideter  Mann,  der  in  der  Linken  ein  bescheidetes  Schwert 
hält,  mit  der  Rechten  an  einem  Stricke  eine  Narrenkappe  durch 
das  Zimmer  schleift. 

De  dichter  secht: 

Rechtverdicheyt  lere  in  der  yoget, 

So  volget  se  dy  na  in  veler  doget. 

De  dyt  vorsumet,  |    —  wo  yd  ok  gha,  — 
5  Deme  slepet  sus  der  doren  kappe  na. 
S.  III.         Ick  byn  der*)  olde  Henselyn, 

Dryncke  sus  gerne  van  dem  besten  wyn. 

Holzschnitt :  Ein  Mann  in  Narrenkleidung,  mit  der  Linken  einen 
Jägerspiess  haltend  und  mit  der  Rechten  eine  bäuchige  Flasche 
zum  Munde  führend,  verfolgt  mit  einem  Hunde  auf  unebenem 
Felde  einen  Hasen. 

De  dichter  desses  bokes  sprickt  also  — 

Eyn  yslyck^)  höre  myt  flyte  tho!  — ; 


*)  cod.:  dem;  so  meist,  bisweilen  auch  ausgeschrieben:  deme. 

^  aus  ,deme*  in  Z.  3  zu  entnehmen  ,den*  oder  ,demeS  da  bidden  auch  mit 
Dativ  construiert  wird. 

")  Imperativ:  wollet  ihm  dies  nicht  ganz  als  Thorheit  auslegen! 

*)  hd.  Form!  Vermeidung  des  Hiatus  wird  schwerlich  der  Grund  sein.  Ist 
es  nur  Druckfehler? 

*)  ein  jeder. 


■^ 


10 

5  Rechtferdicheyt  is  so  groth  eyne  doget, 

Dat  God  ane  de  nemande  vorhoget^). 

Rechtferdicheyt  moth  yslik  fullenbiingen, 

Nicht  allene  in  groten,  |  men  ok  in  klenen  dyngen. 

Do  lyck^)  unde  recht,  |  bfith  God  de  Here, 
10  Van  rechtferdicheyt  dy  nummer  enkere. 
S.  IV.         Gyfif  Gode,  dattu  em  schuldich^)  byst, 

Dy  sulven  vnde*)  allen  mynschen,  |  ane  argelist. 

Brickt  dyn  even  mynsche^)  yegen  dy, 

Dat  denne  dat  recht  ghemetiget  sy 
'    5  Myt  barmhertjcheyt  unde  leve  voreynt: 

Dyt  ysset  dat  hir  wert  ghemeynt. 

De  in  deme  richte  socht  de  hogesten  sake^), 

Is  dat  rechtferdicheyt?  |  Neen,  yd  is  men  wrake. 

Wultu  hebben  Godes  hulde, 
10  So  mostu  vorgeven  alsodane  schulde'), 

Wolde  God  sodan  rechtferdicheyt  myt  uns  bruken, 

So  scholde  de  helle  nu  vele  vorsluken. 

Wy  bidden  in  deme  paternoster,  —  merke  dyt  even !    — 

Dat  God  uns  so  wylle  vorgeven 
15  ünse  schulde,  |  ghelyk  so  alse  wy. 

God  is  rechtferdich,  |  jodoch  barmhertich  darby. 

Merke:  |  wor  sodan  recht  wert  betenget®), 

Schal  altid  mit  barmherticheyt  wesen  vormenget^). 

Eyn  yslik  is  plichtich  to  don  lyk  unde  recht. 
20  Van  desser  rechtferdicheyt  wert  hyr  ghesecht, 

Wo  eyn  eddel  man  van  olden  yaren, 

In  velen  dogeden  wol  vorfaren, 

Syner  sones  dre  van  syck  uth  sande, 

Tho  reysen  umme  in  vele  lande, 
25  Rechtferdicheyt  to  soken  unde  de  leren^®); 

Se  syck  nicht  scheiden  dar  äff  keren. 
S.  V,  Unde  eft  se  de  funden  edder  nicht,  — 

Lesz  vordan!   I     —  dat  wert  hir  na  bericht. 


*)  entweder  ,erhölit*,  oder  ,erfreut,  beseligt*. 

')  handele  gerade,  billig. 

')  cod.:  schüldich;  lies:  ,schilldich*. 

*)  cod.:  wie  auch  später  fast  immer:  vS;  vorVocalen  ist  das  e  zu  elidieren. 

*)  Nebenmensch.  Ich  habe,  wie  im  Original,  die  beiden  Wörter  getrennt 
gelassen  und  fasse  ,even*  als  Adjectiv;  vgl.  Mndd.  WB. 

*)  der  sein  Recht  ohne  Nachgiebigkeit  his  zum  äussersten  verfolgt. 

')  Plur.  von  schuld,  wie  Z.  15. 

^)  auf  jSodan,  solches*  liegt  hier  wenig  Nachdruck :  wenn  man  es  unternimmt, 
sein  Recht  zu  wahren.  Die  Glosse  zum  Reineke  Vos  4,  11  hat  ,strenge  recht* 
geändert. 

®)  entweder  ist  ,recht*  als  Subject  zu  verstehen ;  demgemäss  ändert  die  Glosse 
zu  Rein.  V.:  dat  schal  stedes;  oder  ,barmherticheyt*  ist  Subj.  und  ,mit*  Adv.  = 
,mede*  (damit),  wie  22,  19 ;  doch  ist  dann  die  Stellung  des  ,mit*  vor  ,barmherticheyt* 
eine  ungewöhnliche. 

*®)  unser  modernes  Sprachgefühl  verlangt  Wiederholung  des  ,to*. 


r 


11 

Holzschnitt :  Fünf  Männer  im  Gespräch  und  gesticalierend,  der 
Vater  in  langem  Talar,  die  drei  Söhne  in  kurzer  Reisekleidung, 
der  eine  von  ihnen  mit  einem  Schwert  umgürtet,  zwei  mit 
einem  Turban.  Der  Narr  hat  in  der  einen  Hand  einen  grossen 
Keisestab,  zu  seinen  Füssen  liegt  die  Narrenkappe. 

Hir  gprickt  de  vader  to  synen 
dren  sons  |  nnde  secht  alsiis: 

5  Myn  levent  is  kord  unde  draden  gheend. 

Leven  kyndere,  soket  de  rechtferdicheyt,  — 

De  gheve  ick  jw  vor  eyn  testament,  — 

Went  se  nu  to  Rome  in  groten  floren  steyt^). 

De  erste  sone  secht: 
S.  VI.  Vader,  |  dat  wyl  wy  annemen  to  desser  tyd. 

In  de  hilgen  stad  Rome  |  wyl  wy  myt  truwen, 

Soken  de  rechtferdicheyt  mit  allem  flyd 

By  deme  pawese,  |  cardinalen,  |  by  heren  vnde  fruwen. 
5  De  ander  sone: 

Vader,  is  de  rechtferdicheyt  by  den  luden. 

Ja,  in  der  werlde  in  yennigen^)  dyngen, 

Vor  uns  schal  se  syk  nicht  vorhuden*), 

Wy  wyllen  se  halen  unde  hir  heer  bryngen. 
10  De  drydde  sone: 

Vader,  wi  syn  horsam,  |  willen  den  wech  nicht  spareu. 

Unse  Henselyn,  de  geck,  |  kann  nicht  draden*)  breken, 

He  reyse  mit  uns,  wor  wy  ok  varen, 

Dat  he  underwylen  vor  uns  möge  spreken. 
1 5  Henselyn : 

Dat  mach  wol  wesen;  |  ik  byn  bereyt. 

Vader,  wy  seggen  yw  alle  gude  nacht^). 

Wat  ysset  dat  wy  soken?  ]  ya,  rechtferdicheyt. 

Dyt  gylt  hen^),  |  na  Rome  hebbe  wy  uns  ersten  ghedacht. 
20  De  sones  to  deme  pawese: 

Hylge  vader  unde  werHigeste  up  erden, 

De  rechtferdicheyt  soke  wy  in  desser  stede. 
S.  VII.         Dyne  hillicheit  wyl"^)  uns  de  laten  werden 

Dorch  God,  |  dorch  unse®)  byddent  unde  bede. 

De  pawes: 

Myne  leven  kyndere  in  God  den  heren^), 

*)  weil  sie  jetzt  in  Rom  in  grossem  Flor  steht. 

')  irgend  welche. 

®)  verbergen;  hüden  von  hud,  Haut,  das  engl,  to  hide. 

*)  er  kann  nicht  plötzlich  gebrechen,  fehlen,  von  uns  getrennt  werden; 
oder  darf  man  ,draden*  in  dem  sonst  nur  im  Althochdeutschen  nachweisbaren  Sinne 
von  jgänzlich,  durchaus*  nehmen:  ,er  kann  nicht  ganz  fehlen'? 

®)  gude  nacht  seggen,  wie  oft,  s.  v.  w.  lebewohl  sagen. 

^)  nun  gilt's,  drauf  los!  Man  könnte  auch  anders  verbinden,  wenn  nicht  im 
Drucke  nach  hen  ein  Interpunctionszeichen  stünde. 

')  entweder  Conjectv.  st.  wylle  (s.  4,14)  =  wolle,  oder  Indic.  =  wird. 

^)  as.  usa;  ebenso  yuwe  (8,  2)  =  as.  iuwa. 

®)  den,  abgeschwächte  Form  für  ,dem'. 


12 

5  De  rechtferdicheyt  is  groth  in  unseme  love; 
Wy  hebben  se  ghesant  myt  groten  eren 
Deme  keyser,  |  dar  soket  se  in  syneme  hove. 

Denne  komen  se  vor  den  keyser  nnde  spreken: 

Dorchluchtigeste  here,  |  unse  demodige  begher 
10  Is  to  dyner  keyserliken  mayestath : 

ümme  de  rechtferdicheyt  synt  wy  gekomen  beer. 
Dyn  hoghe  adel^)  geve  uns  dar  to  guden  rath. 

De  keyser: 

ünsen  rederen^),  |  ok  korforsten  des  hilgen  rykes 
^  15  Is  de  rechtferdicheyt  in  bevele')  ghedaen, 

Myt  allen  forsten,  |  heren  des  ghelykes, 
Up  dat  se  de  scholen  wol  vore  stan*). 

De  ghesellen  to  den  forsten: 

Hochgheboren*)  forsten  nnde  alle  gy  heren, 
20  De  rechtferdicheyt  soke  wy  by  yuwen  gnaden, 
Latet  uns  de  werden,  to  yuwen  eren^), 
Wylt  uns  ock  dar  myt  des  besten  raden. 

S.  VIIL  De  forsten: 

Ghesellen,  |  yuwe  werff  wylle  wy  prysen. 
De  rechtferdicheyt  is  by  uns  unvorstolen ; 
Jodoch,  I  —  up  dat  wy  yw  rechte  na  wysen,  — 
5  Se  is  unsen  vogeden  unde  uthriders*^)  bevolen. 

De  ghesellen  to  den  vogeden: 

Eddelen  knapen  unde  gy  fryboren  mansz, 
Wy  söken  by  yw  de  rechtferdicheyt. 
Men  secht  uns,  |  se  sy  by  yw  heel  unde  gansz*). 
10  Mochte  wy  dar  van  doch  krygen  gudbescheyt! 

De  eddelynger 


Ghesellen, 


yuwe  werff  is  nicht  vele  werd; 


Jodoch  wyl  wy  yw  wysen  to  rechte: 


\  *)  jdeine  hohe  Vollkommenheit*,  vgl.  Z.   10 

i  *)  nach  dem  Mndd.   WB.   ist  dieser  Plural  von  räd  sehr  häufig,  s.  daselbst 

rät  und  redere.    Ich  halte   ,redere*   lieber  für   ein  eigenes  Wort  =  mhd.  rätsere, 
Berather. 

^)  bevele  wird  Accus,  sein,  das  auslautende  e  nur  die  Lesung  bevell  hindern 
sollen.  Oder  sollte  aus  der  Redensart,  ,in  bevele  hebben'  auch  Verwendung  dieses 
Dativs  da,  wo  das  Verb  den  Acc.  verlangt,  sich  entwickelt  haben  ?  —  vgl.  das  nhd. 
dialektische  ,in  Stücken  gehn,  in  Gange  kommen,  in  Händen  kriegen*. 

*)  vorestän  m.  Acc.  vertreten,  beschützen,  wie  mhd.    fürstän,   s.   Mhd.  WB. 

*)  entweder  unflectiert  oder  wie  aus  5,6.  8,7.  17.  zu  schliessen,  aus  ,lioch- 
gheborenen*  contrahiert;  vgl.  8,7. 

®)  das  wird  euch  Ehre  bringen. 

'f)  ,Ausreiter*  in  den  WB.  v.  Frisch  u.  v.  Adelung  u.  Ztsch.  f.  Lüb.  Gesch. 
1,219.  Hans.  Geschichtsblätter  1873,  S.  221.  Der  Plural  auf  — s  lautet  auch  im 
Dativ  so,  wie  auch  im  Genetiv:  syner  sones  4,23. 

®)  Diese  Zusammenstellung  findet  sich  auch  23,6.  und  sonst,  s.  Mndd.  WB. 
und  Grimm  Wß.  unter  ,ganz*. 


13 

De  rechtferdicheyt  hebbe  wy  noch  Dicht  ghelerd, 
15  Se  is  wech   ghereyset  |  manckt  de  rutere^)  unde  landes- 

knechte. 
De  ghesellen  to  den  lantzkneehten: 

Guden  stalbroders,  |  gy  fryen  landesknechte, 
Hebgy  van  der  rechtferdicheyt  nicht  vornomen? 
Doet  wol  unde  wyset  uns  doch  to  rechte. 
20  Uns  is  gesecht,  |  se  is  hir  manckt  yw  ghekomen. 

De  lantzknechte : 

S.  IX.         Summe  gantz  drosz!^)  dat  is  ghelogen; 

Myt  der  rechtferdicheyt  sy  wy  unrecht  betegen'), 

Se  is  manckt  uns  nicht  reyset  eft  ghetogen. 

Is  yw  dat  ghesecht,  |  villicht  so  hebben  se  de  bure  kregen. 

5  De  ghesellen  to  den  bnren: 

Gy  truwen  bure  unde  buwel&de  int  ghemeen, 
De  rechtferdicheyt  is  gereyset  ut  verne  verne. 
Hebbe  gy  de  vornomen,  ghehoret  efte  gheseen? 
Ach  God,  wy  fänden  se  so  gerne  unde  gerne. 

10  De  bare: 

Wat  ysset,  dat  gy  vor  de  lüde  bryngen? 

Hebbe  wy  van  der  rechtferdicheyt  y&  ghehord, 

Dat  dor  wy  wol  seggen  by  groten  dyngen*),  — 
Ja,  I  so  sla  uns  yo^)  de  olde  mord^)! 

15  Henselyn  to  den  ghesellen: 

Ghesellen,  |  wat  wylle  gy  de  bure  vele  nöden^), 
By  en  to  soken  de  rechtferdicheyt? 
Weret  so,  |  dat  men  se  ok  scheide  doden, 
Se  is  dar  nicht;  |  gy  höret  yo  wol,  wo  de  sake  steyt. 
20  Se  plach  by  den  huren  wol  to  wesen, 
Ja  hen  in  gennen  olden  dagen®), 
Somen  in  der  hilgen  schrift  mach  lesen; 
Men  nu  is  se  vern  vorn  buten  landes  ghevaren. 

S  X.  De  erste  broder: 

Wat  scholen  denne  doen  |  wy  armen  ghesellen, 
To  fuUenbryngen  unses  vaders  testament? 
Ach,  de  uns  dat  möchte  vorteilen, 

*)  Das  Wort  hat  etymologisch  nichts  mit  rider,  Reiter,  und  riden,  reiten  zu 
thun  und  bedeutet  überhaupt  einen  Soldaten  und  wird  lateinisch  mit  miles  über- 
setzt; vgl.  z.  B.  Tunnicius  hrsg.  v.  Hoffmannno.  984.  Ueber  stalbroder  =  contu- 
beraalis  s.  das  Mndd.  WB. 

*)  entstellt  aus  ,so  mi  Godes  död*,  nämlich  ,helpe*. 

')  ,der  R.  werden  wir  mit  Unrecht  geziehen,  bezichtigt*. 

*)  ,dink*  zur  Umschreibung  des  Adverbiums,  wie  oft :  ,das  getrauen  wir  uns, 
gross  und  hoch  zu  versichern*. 

')  s.  Mndd.  WB.  IV.,  388.  389. 

•)  über  diesen  Fluch  a.  d.  Mndd.  WB. 

^)  nöthigen,  quälen. 

*)  lies:  yaren. 


14 

5  Wor  de  rechtferdicheyt  sik  nu  heft  henne^)  ghewent! 

De  ander  broder: 
Wy  wyllen  hen  reysen  in  de  groten  ^tede, 
Söken  se  by  den  bürgeren  unde  ören  gesten^), 
By  den  renteneren,  |  kopluden,  |  amptluden  mede^), 
10  Eft  wy  se  noch  yummer*)  mochten  fynden  to  lesten. 

HeDselyn: 

Neentwar^),  de  syn  duncket  my  nicht  gud, 

Wente  egen  nuth  is  neyne  gude  rechtferdicheyt. 

De  rentener  wokert  den  menen  man^)  uth 
15  Ane  alle  gnade  efte  barmherticheyt. 

Beholt  de  arme  wat,  |  he  neme  dat  wol  dar  to'^)  ; 

Nicht  hir,  |  men  in  den  steden  in  Lomberdien, 

Dar  don  se  so,  |  ya  nemen  wech  beyde  swyn  unde  ko. 

De  kopman  bruket  vele  van  mengelyen®). 
20  De  amptman^)  ok  in  den  sulven  landen 

Leth  vaken  \ot  syk  over  gan^^)  |  rechtferdicheyt, 

Werket  nicht  so  truwentlyk  myt  synen  banden. 

Hir  umme  rade  ik,  |  söket  de  manckt  der  geystlicheyt. 

S.  XL  De  drydde  broder: 

Henselyn,  |  wy  dancken  dy  gudes  rades^^). 
Arbeyt  unde  moye  wyl  wy  nicht  sparen, 
Wente  unse  werff  menet  yo  nicht  quades, 
5  Dar  umme  wy  alsus  dorch  de  lande  varen. 

De  ghesellen  to  den  geystliken: 

Gry  geystliken,  prelaten  unde  werdigen  heren, 
Uns  is  ghegeven  vor  eyn  testament, 
De  rechtferdicheyt  schole  wy  söken  unde  leren, 
10  Dar  umme  sy  wy  hir  tho  yw  ghesent. 

De  geystliken: 

Rechtferdicheyt  by  uns  to  sin,  dat  mene  gy^^). 
Wolde  God,  mochte  se  hir  werden  ghefunden! 
Men  reyset  hen  in  de  klostere,     wor  dat  ok  sy. 
1 5  Vynde  gy  se  dar  nicht,  |  —  in  veritate !  —  so  is  se  vorswunden. 


*)  cod.:  hen. 

2)  ,ga8t*  der  Fremde,  der  eine  Stadt  um  zu  kaufen  oder  zu  verkaufen  besucht. 

»)  Adv.  ,ebenfalls*. 

*)  jemals. 

^)  so  als  ein  Wort  im  Original:  ,nein  zwar  d.  i.  wahrlich  nicht'. 

*)  den  kleinen  Mann. 

'^)  der  Rentner  nähme  das  gerne  noch  dazu. 

^)  Mengeleien,  Unredlichkeiten. 

*)  der  Handwerker. 

*^)  vernachlässigt. 

")  für  guten  Rath;  s.  Grimm  Gr.  IV.  670. 

")  Accus,  c.  Inf.;  das  ,dat*,  welches  den  vorausgeschickten  Infinitivsatz  zn- 
sammenfasst,  hätte  auch  fehlen  können.  Vgl.  Kosegarten  in  Höfer's  Ztschr.  f.  d. 
Wissensch.  der  Sprache  1,372. 


TcWV" 


15 

De  erste  broder: 

Brodere,  |  unses  vaders  testament  is  seer  vorworen^), 
Des*)  wert  uns  desse  reyse  gansz  sur. 
My  duncket  in  der  werlde  syn*)  vele  doren. 
20  Gy  Seen  wol,  he  sy  geystlikman,  |  borger  eft  bur, 
Fragetmen  na  der  rechtferdicheyt,  |  dat  wert  voracht. 
Jodoch  wyl  wy  unvordroten  syn, 
S.  XII.       Nicht  sparen  to  reysen  dach  unde  nacht 

In  vele  klostere.  |  Wat  sechstu  dar  to,  unse  Henselyn? 

Henselyn : 

Myn  seggent  kan  nicht  vele  dragen*). 
5  Jodoch  gha  wy,  dar  men  tappet  beer  unde  wyn. 
Lact  uns  de  drunckenbolte^)  ersten  fragen, 
Wente  se  menen  yo  seer  rechtferdich  to  syn. 

De  ander  broder: 

Henselyn,  |  de  drunckerde  laten  syk  sulven  des  duncken, 
10  Dat  se  rechtferdich  syn,  wor  se  sytten. 

Wan  de  rechtferdicheyt  were  in  groten  drunken,  — 
Dat   wyl   wy   beseen,   |  —  so   were  se   nicht   werd  eynen 

wytten*). 
De  drydde  broder  to  den  drenckers: 

Ach,  gy  fynen  brassers,  |  .wylt  uns  nicht  vorkeren^) : 
15  De  rechtferdicheyt  söke  wy  manniger  wegen ; 
Wyset  uns  na  to  yuwen  groten  eren^j. 
Uns  sechtmen  yo,  |  wo  se  hir  by  yw  is  todegen*). 

De  brassers: 

Ja  ghesellen,  I  dryncken,  |  swelgen  unde  supen, 
20  Dar  myt  wert  unse  tyd  henne  bracht; 
Dryncken  malkander^^)  to  in  groten  hupen, 
Sus  mote  wi  lik  unde  recht  don  dach  unde  nacht. 
S.  XIII.  Henselyn : 

Ghesellen,  |  de  sfipers  synt  gecke  unde  doren. 
Erß,  I  gud,  I  lyflf  unde  sele, 

*)  verworren,  verwickelt. 

*)  in  Folge  dessen. 

*)  wohl  Infinitiv. 

*)  austragen,  nützen. 

*)  Diese  Form  mit  auslautendem  t  belegt  das  Mndd.  WB.  aus  dem  Soester 
Janiel.  Ihr  entsprechend  gebraucht  der  Niederdeutsche  Heinrich  Knust  oder 
Knaust  als  hochdeutsche  Form  Trunckenboltz,  so  in  seinen  ,Fiinf  Büchern  von  — 
^er  -  Kunst  Bier  zu  brawen*.    Erffurdt.  (1575)  Kiij  u.  ff. 

*)  Der  Witte  war  eine  Silbermünze  —  daher  der  Name  — ,  welche  nach 
Grautoff  Historische  Schriften  3,122  den  Werth  von  4  Pfennigen  hatte. 

')  Ach,  ihr  feinen  Prasser,  nehmt  es  uns  nicht  für  ungut. 

«)  vgl.  7,21.    8,4.    13,17. 

®)  völlig,  gänzlich;  s.  Mndd.  WB.  dege. 

*®)  ,männiglich  einander*. 


16 

Myt  6reme  rechtdoen  |  wert  dyt  al  vorloren. 
5  Van  en  kricht  God  altesnicht^)  tho  dele. 

Hyr  umme  wylle  wy  se  blyven  laten 

Unde  reysen  vordan  myt  allen  truwen 

In  de  klostere  de  rechten  Straten. 

Erst  rade  ik,  |  s5ke  wy  se  ok  by  den  schonen  fruwen. 
10  De  ghesellen: 

Dat  mach  wol  syn  by  gudem  bescheyt*). 

ünde  wy  fragen  yw  erbaren  fruwen  also: 

Wette  gy  wes')  van  der  rechtferdicheyt? 

Ghevet  uns  yuwen  guden  rath  dar  tho. 
15  De  fruwen: 

I  neen,  |  dar  möge  gy  uose  mansz  umme  fragen, 

De  konen  yw  beth*)  na  wysen  dan  wy. 

Men  secht,  |  se  is  hir  ghewest  in  olden  dagen. 

ünse  dorve  gy  dar  nicht  myt  bedencken^),  wo  deme  ok  sy. 
20  Henselyn: 

Wyffor  schythfor^)!  |  dat  is  yo  eyn  olt  word. 

Se  wetten  van  den  dyngen  nicht  eynen  dreck; 
S.  XIV.       Ere  antword  hebbe  gy  ok  wol  ghehord. 

Id  klappet  nicht,  |  dat  merket  Henselyn  wol,  de  olde  geck. 

Wanmen'')  en  sede  van  nyen  dyngen, 

Nye  flege*),  |  nye  snede,  |  nye  fände^), 
5  Ja,  I  de  sodans^^)  manckt  se  wolde  bryngen, 

Dat  beiden  se  rechtferdicheyt^^) ;  |  is  doch  vor  Gode  schände 

unde  sunde. 
De  ghesellen  to  Henselyne: 

Henselyn,  |  dar  is  de  rechte  warheyt  mede*^). 

Umme  den  willen  leth  God  de  werld  plagen 
10  Nye  homoth,  |  nye  funde,  |  nye  dantze  unde  trede^'), 

So  Ysaias  schroff  in  gennen  olden  dagen. 

*)  aus  ,altoges  nichts  allzuges  nicht,  durchaus  nicht. 

*)  das  mag  wohl  geschehen  nach  gutem  Rath,  das  ist  ein  guter  Kath  und 
soll  geschehen. 

•)  Genetiv  von  ,wat*,  partitiv. 

*)  ,besser*,  Comparativ  des  Adverbs. 

*)  uns  dürft  ihr  damit  nicht  kommen,  eigentlich:  im  Verdacht  haben. 

•)  ,Weibesweise,  Lumpenweise',  s.  schitvore  im  Mndd.  WB. ;  Tunnicius,  hrsg. 
von  Hoffmann  no.  346.  976.  1005;  Harrebomde  Spreekwoordenboek  IL,  460,  der 
aber  das  nndl.  vo6r  =  voeder  zu  verstehen  scheint.  For(e)  ist  das  mndl.  voere, 
mhd.  vuore  =  Fahrt,  Weg,  Lebensweise. 

^)  cod.:  wäme. 

^)  Arten  sich  zu  schmücken:  die  Apposition  steht  in  freierer  Construction 
im  Acc,  statt  im  Dativ,  gleichsam  schon  abhängig  vom  folgenden  ,bringen'. 

»)  Snede,  Schnitte  des  Zeuges,  s.  Mndd.  WB.  Funde,  Moden,  s.  Lexer,.Mhd.  WB. 

*®)  das  würden  sie  für  Rechtschaffenheit  halten. 

")  vgl.  zu  13,13. 

^^)  darin  liegt. 

")  Die  Z.  10  aufgezählten  Substantive  sind  Subjects  -  Accus.,  de  werld  ist 
Object.    Homoth  ist  feminin;  trede  (Tritte)  ist  synonym  mit  dantze. 


11 

Jodoch  schalmen  de  fruwen  nicht  voracliten, 
Men  se  sachtinodigen  straflfen^)  unde  leren. 
De  dogentsam  is,  |  wyl  den  dar  wol  to  trachten 
15  Syk  othmodigen^):  sus  schalmen  se  holden  in  groten  eren. 

Henselyn : 

Ja,  ya,  otmodigen!  |  Eyndeel  syk  dar  wol  to  geven^). 
.  So  vele  yslyk*)  syk  sulven  behaget  myt  flyd, 
Alse  Sunte  Jacob,  de  apostel,  heft  gheschreven, 
20  So  vele  myszhaget  he  Gode  alle  tyd. 

Dat  weth  ik  yo  wol,  |  al^)  byn  ik  eyn  geck. 

Wat  wylmen  denne  hir  vele  bagen^)? 

Alle  homoth  schal  fallen  in  den  dreck. 

Men  vordan!  |  laet  uns  hir  in  de  klostere  fragen'). 

S.  XY.  De  ghesellen  to  den  bekappeden : 

Gy  fuUenkomene  in  eyneme  geystliken  leven, 
Na  der  rechtferdicheyt  wy  reysen,  |  ryden  unde  gan. 
Se  is  hir  tho  yw  ghekoraen  unde  bleven, 
5  Somen  uns  secht,  |  unde  twyfelen®)  dar  nichtesnichtes*)  an. 

De  klosterlude: 

Frunde  Christi,  |  under  vele  horsam  sy  wy  vorplicht. 
De  rechtferdicheyt  is  uth  Gode  eyn  grote  gave; 
Wy  wysen  yw  hen  vor  syn  strenge  ghericht : 
10  Se  kranket  in  der  werlt,  wert  draden  dregen  to  grave. 
Uns  boret,  den  leyen  rechtferdicheyt  vor  to  geven^®), 
Se  strafien^^)  in  6ren  bösen  seden  unde  nyen  funden, 
Dar  Ysaias  in  synem^^)  drydden  van  heft  geschreven. 
I  ,Placebo  dorch  gunst*^^)  |  heft   nicht  rechtferdicheyt,   men 

:  part^*)  in  den  sunden. 


*)  ohne  Zweifel  mit  kurzem  a,  da  man  noch  jetzt  nndd.  straffen  spricht. 

^)  Infinitiv  ohne  ,toS  abhängig  von  ,trachten* ;  vergleiche  Grimm  Gr.  IV.,  101. 

^)  über  die  Construction  des  Verbs  im  Plural  zum  Collectiv  vergl.   Grimm 
6r.  IV.,  191  S. 

*)  so  sehr  jeder. 

®)  obschon. 

®)  prahlen. 

')  nämlich :  gehen,  daher  ,in*  mit  d.  Accus. 

®)  über  diese  Auslassung  des  Subjects,  das  aus  dem  vorhergehenden  ,uns'  zu 
entnehmen  ist,  vgl.  Kosegarten  in  Höfer's  Ztschr.  f.  d.  Wissensch.  1,358  und  Seel- 
■mann  zum  Gerhard  v.  Minden  S.  167. 

*)  ganz  und  gar  nicht. 

*^)  vorzuhalten. 

")  vgl.  zu  4,25. 

*^)  cod.:  syne. 

")  lieber  die  Redensarten  ,das  Placebo  singen  oder  spielen'  d.  h.  gegen 
sein  Gewissen  anderen  zu  Gefallen  reden  und  handeln,  s.  Wander  Sprichwörter- 
Lexikon  3,1352.  Die  Ausdrücke  ,placebo  seggen,  pl.  dön*  begegnen  auch  im  Lü- 
beker  Dodes  Danz   von  1489  u.  1496,  s.  Bäthcke  in  seiner  Ausgabe  Z.  445.  958. 

")  Antheil. 

Niederdeutsches  Jahrbuch.    III.  2 


"fSv^"^ 


18 

15  De  erste  broder: 

Unse  sökent  is  doch  nicht  vele  bewant^), 
Nu  wy  se  hir  nicht  hebben  ghefunden. 
De  meysten  holden  rechtferdicheyt  vor  eyn  tant*); 
6y  hebbent  ghehort,  |  se  is  vyl  na*)  in  der  werlt  vorswunden. 
20  De  ander  broder: 

Dyt  wyl  wy  unsem  olden  vader  laten  vorstan*) 
Unde  wedderumme  to  lande  keren^), 
S.  XVI.       Em  berichten,  |  wo  yd  uns  is  gheghan, 
Dat  he  uns  hir  van  beth  möge  beleren. 

De  drydde  broder: 
Broder,  |  dat  sulve  is  ok  myn  beste  rath, 
5  Up  dath  de  vader  tho  freden  sy. 
Id  mach  noch  gud  werden,     al  ysset  nu  quat. 
Henselyn,  |  wo  duncket  dy  dar  byV 

Henselyn : 

My  duncket  so  gud;  |  ick  segge  ya 
10  Unde  spreke  ok  mede  eyn  geckes  word. 
Darumme  volge  ick  sus  der  flöte*)  na, 
Dem  vader  mede  berichten''),  |  wes®)  wy  hebben  ghehord. 

De  erste  sone  sechl  to  dem  vader: 
Vader,  God  sy  myt  dy  alle  tyd! 
15  Dyn  testament  hebbe  wy  truwentlik  ghesocht 
Manuiger  wegen  |  myt  seer  groteme  flyd; 
Noch^)  hebwy  rechtferdicheyt  nicht  ghebrocht.  \ 

,  De  vader: 
Id  sy  Gode  deme  heren  gheklaget,  < 

20  Dat  ick  sus  old  gheworden  byn, 

Nu  men  na  der  rechtferdicheyt  so  weynich  fraget. 
Jodoch,  kinder,  |  nemet  fast  min  testment  in  juwen  syn. 
S.  XVII.  De  ander  sone:  ! 

Vader,  de  rechtferdicheyt  is  buten  landes,  j 

Dat  wart  uns  vaken  noch^^)  ghesecht.  v  j 

Fynde  wy  se,  |  dat  schfith  unvorwandes^^),  1 

5  Wente  mannich  de  rechtferdicheyt  seer  rynge  wecht.  j 

*)  eig*  angewandt.  Vgl.  Rein.  Vos  1536:  dat  enwas  nicht  vele  bevent, 
das  wollte  nicht  viel  sagen,  damit  war  es  doch  nicht  weit  her. 

*)  mhd;  tant,  m.,  leeres  Geschwätz,  Possen. 

*)  beinahe,  so  gut  wie. 

*)  wegen  der  Dativ-Construction  s.  Mndd.  WB.  2,638,  Sp.  1. 

*)  heimkehren. 

®)  dem  Strome,  Zuge;  s.  Richey  Idioticon  Hamburgense  S.  60  unter  Flate. 

')  Infinitiv  ohne  ,to*,  zu  einem  im  ,volge'  liegenden  ,ga*  oder  ,vare*  construirt, 
s.  Grimm  Gr.  IV,  96  und  vgl.  oben  zu  14,15. 

^)  für  ,des  wes' ;  denn  sowohl  ,berichten'  wie  ,horen*  regieren  den  Genetiv,  s. 
Mndd.  WB. 

^)  dennoch. 

")  oft  genug. 

")  eig.  jungewähntes*,  genetivische  Adverbialbildung :  unvermuthet,  unerwartet. 


r- 


19 

Henselyn  to  deme  vader: 

Vader,  dat  ick  yw  ock  berichte: 
De  inonneke  seden  uns  in  körten  worden 
Van  deme  grave  unde  Godes  ghcrichte, 
10  Ok  van  der  rechtferdicheyt,  dat  wy  wol  horden. 
Dyt  bedencke  wy  weynich  in  unsem  handeH), 
Dat  graff,  j  dat  gerichte,  |  den  bitteren  doth. 
Hir  myt  unse  wesent  kort  kricht  cynen  wandel, 
Komen  doch  unde  gan  wech  |  naket  unde  bloth. 

15  De  vader: 

Wan  dat  worde  bedacht  in  allen  wegen, 
Vyllicht  mochten  etlike  rechtferdicheyt  fyaden. 
Wy  syn  yo  vuel  stynckende  aesz  todegen, 
Moten  in  kort  uth  der  werlde  vorswynden. 

20  De  dridde  sone: 

Vader,  |  de  Gode,  |  syk  sulven  unde  synem  ghelyk^) 
Deyt,  dat  he  yslikem  plichtich  is, 
S.  XVIII.    De  is  in  der  rechtferdicheyt  vorvaren  unde  ryck ; 
So  duncket  my,  |  dat  dyt  is  fast  unde  wysz. 

De  vader: 

Sone,  nu  bystu  harde  by  der  rechtferdicheyt. 
5  Etlike  hebben  se  men  in  groten  worden, 
Spreken  grote;  |  men  scholeu  se  de  don  in  der  warheyt, 
So  duncket  yd  en  wesen  eyn  sware  borden*). 

De  erste  sone: 

Vader,  |  nu  vorsta  wy  recht  dynen  syn: 
1 0  Rechtferdicheyt  is  in  uns  sulven  vorborgen  ; 
De  sulven  wyl,  |  fyndet  se,  |  dat  is  nicht  myn*). 
Jodoch  mannich  vor  rechtferdicheyt  nicht  vele  doet^)  sorgen. 

De  ander  sone: 

Ja  broder,  |  dat  is  unses  vaders  testament, 
15  Dat  he  uns  nu  leret  unde  gyft; 


*)  bei  unserm  Handeln,  in  unserm  Leben. 

^)  man  erwartete  ,glielyken',  seinem  Gleichen  d.  h.  Mitmenschen,  oder  ,syn 
(genet.  pronom.  pers.)  ghelyken*,  wie  im  Rein.  Vos  3857  der  Accus,  min  geliken 
steht  (andere  Beispiele  s.  im  Mndd.  WB.  gelike).  In  dieser  Verbindung  eines 
Genetivs  mit  nachfolgendem  gelik  scheint  aber  das  unflectierte  gelik  so  formelhaft 
geworden  zu  sein,  dass  man  es  auch  im  obliquen  Casus  bewahrte,  dann  aber  um 
das  Casusverhältniss  doch  auszudrücken,  das  Personalpronomen  in  das  possessive  um- 
wandelte. Ein  zweites  Beispiel  bietet  die  Glosse  zu  Rein.  V.  2,7  (Lübbens  Aus- 
gabe, S.  131) :   he  wet  dat  de  oversten  edder  andere  sine  gelik  sundigen. 

^)  eine  schwere  Bürde. 

*j  nicht  weniger,  näml.  der  Fall. 

*}  doet  kann  so  gut  Sing,  wie  Plur.  sein.  Den  Sing,  deyt  bezeugen  freilich 
17,22  und  22,3  flir  unser  Sprachdenkmal,  während  doet  nur  hier  erscheint.  Allein, 
wie  bereits  as.  död  und  döid  neben  einander  vorkommen,  so  auch  mndd.  döt  und 
^eyt,  z.  B.  im  Reineke  Vos.  Andererseits  wird  zu  mannich,  mhd.  manec  gerne 
Verb  im  Plural  construiert,  s.  Grimm  Gr.  4,195. 

2* 


■*r»-iT»'»W 


20 

Dar  umme  worde  wy  van  em  uth  ghesent: 
Salich  is  de,  |  dar  rechtferdicheyt  in  is  unde  blift 

De  drydde  sone: 

Scholen  se  denne  yo  alle  unsalich  wescn, 
20  De  dar  tegen  fechten  unde  kyven, 

Van  rechtferdicheyt  nicht  wyllen  wetten,  hören  eft  lesen? 
Vader,  segge  uns:  wor  willen  desse  den  bliven? 
S.  XIX.  De  vader : 

Leven  sones,  |  God  wyl  der  ok  nicht  vorgetten. 
Söket  gy  de  rechtferdicheyt  alle  yuwe  dage. 
Men  kan  6r  neyne  wassene  neze  ansetten^) 
5  Vor  Gode,  |  wol  hanget  se  hir  sus  losz  in  der  wage*). 

De  sons: 
Vader,  wy  willen  uns  tor  recbtferdi[c]heyt  keren, 
Dynem  testamente  gerne  gehorsam  syn, 
AI  unse  dage  dar  in  lesen  unde  leren. 
10  Dat  besluth')  hir  van  schal  spreken  unse  Henselyn. 

Henselyn : 

Gy  menen,  wor  Henselyn  kan  nicht  breken*), 
Dar  umme  he  eyn  geck  is  bynnen  unde  buten. 
Is  hir  ,placebo*  secht,  |  dat  wyl  gy  spreken^). 
15  Men  Henselyn  schal  dit  myt  doren  worden  sluten; 

nnde  segge  alsus: 
De  vader  sprack,  dat  gy  wol  horden: 
Mannich  is  rechtferdich  |  men^)  in  worden, 
Men  in  den  werken  nicht  eyn  haer. 
20  Dat  s&thmen  alle  dage  openbaer. 

Mannich  lovef)  vele  unde  groth; 
Syn  rechtferdicheyt  wecht  nauwe®)  eyn  halflf  loth. 
S.  XX.         Wan  sodan  menet  alder  rechtferdiges[t]  to  syn. 
Ja  so  wecht  se  nauwe  eyn  halflf  quentyn. 

De  buwet  up  dat  loze  ysz, 
De  syck  sulven  rekent  recht  unde  wysz ; 
5  Groth  lovet  unde  sprickt  syn  mund: 
Der  worde  gheyt  vele  up  eyn  schyppund. 


*)  vgl.  Brant's  Narrenschiff  hrsg.  von  Zarncke  S.  412  zu  71,10.  Wander 
Sprichwörter-Lexikon  3,955.    Harrebomee  Spreekwoordenboek  2,134». 

*)  obwohl  hier  in  der  Welt  betreffs  ihrer  Erkennung  und  Anerkennung,  noch 
Ungewissheit  herrscht. 

•)  den  Beschluss,  Schluss. 

*^  als  ob  H.  nicht  fehlen  dürfe,  weil  etc. 

^)  lieber  ,placebo  seggen*  s.  zu  15,14;  hier  heisst  es  wohl  so  viel  als:  ,Die  Re- 
den, welche  wegen  ihres  Inhaltes  den  Beifall  der  Hörer  finden  und  durch  ihre 
Form  nicht  kränken,  nehmt  ihr  für  eui*e  Rolle ;  ich,  der  Narr,  sol^  dann  dasselbe 
derb  und  unverblümt  zum  Schluss  noch  einmal  einschärfen*. 

ö)  xffiT,  das  folgende  ,men*  =  aber. 

^  gelobt,  verspricht,  prahlt. 

^)  knapp,  kaum. 


21 

Vele  loven,  |  weynich  gheven 
Kumpt  eynem  ertzegecke  wol  even*). 
Schone  worde  sunder  werke 

10  Is  alse  eyn  tobroken  herke*). 

De  alle  tyd  so  vele  lacht, 
Myt  loggen')  eynen  anderen  bedrucht,  — 
Syn  hovetman*)  is  de  bfize  geyst,  — 
He  bedrucht  syck  sulven  aldermeyst. 

15  De  syck  loggen  nicht  enschemet, 

De  deyt  ok  vaken  dat  nicht  entemet. 
Wanmen  denne*)  syner  loggen  wert  enwar®), 
So  kricht  he  int  leste  eyn  quad  yar''). 
De  syne  loggen  myt  eyden  bevest, 

20  Blift  eyn  ertzegeck  erst  unde  lest. 
Dem  vele  loggen  rede  syn, 
Is  arger  geck,  dan  ick  olde  Henselyn. 
S.  XXI.  De  syne  word  nicht  holt  by  macht®), 

Den  dach  uth  keset  vor  de  nacht^), 
Syck  nicht  vor  sunde  unde  schände  wacht, 
Eyn  here,  de  segel  unde  breve  nicht  acht, 
5  Den  bur  nicht  leth  by  syner  pacht, 
Deme  sulven  boven  plicht  unde  recht  up  lacht ^^), 
Boven  rechticheyt  bruket  walt  unde  macht, 
Vor  wyszheyt  uthkust^^)  de  hasen  yacht, 
De  sorge,  |  moye  unde  sware  dracht 

10  Der  weddewen,  |  weysen  grote  unmacht^^), 
Der  sulven  weynent  nicht  betracht, 
Nicht  flitich  höret  der  armen  klacht^®), 
Syne  ere  unde  ee  myt  truwen  nicht  wacht, 
Syne  nähere  gherynge  unde  kleyne  acht, 

15  Wat  na  mach  komen,  |  nicht  vor  bedacht^*), 


I  *)  das  entspricht  recht  u.  s.  w. ;  s.  even  im  Mndd.  WB. 

j  *.  dies  Gleichniss  von  der  zerbrochenen  Harke  ist  mir  sonst  nicht  begegnet. 

I  »)  Lügen. 

j  *)  der  ihn  dazu  treibt. 

*)  cod.:  warnen  den. 

*)  gewahr. 

')  d.  h.  seine  Strafe.    Vgl.  Hoflfmann  Hör.  Belg.  6,  XLU ;   Mndd.  WB.  jär. 
!    Wir  gebrauchen  jetzt   ,ein  nasses   Jahr*   in   diesem  Sinne.     Doch  kann  Wander 
I    Sprichw.-Lex.   diese  Redensart  nur  aus  Dähnert's  Pommersch.   WB.    belegen :   em 
gruet  för  een  natt  Jaar,  ihm  ist  für  Schelten  und  Strafe  bange. 

®)  wer  seine  Worte,  d.  h.  was  er  versprochen,  nicht  hält. 

')  bei  Tage  schläft  statt  zu  arbeiten. 

**)  st.  upiecht,  auflegt,    boven  =  über  —  hinaus,  gegen. 

")  Z.  2  uthkeset;  kust  entsteht  aus  as.  kiusid,  das  contrahiert  ward,  keset 
äU8  demselben  durch  die  uncontrahierte  üebergangsform  kioset. 

")  cod.:  ümacht. 

")  Klage. 

")  bedenkend;  von  ,bedacht*  ist  auch  noch  ,de  gutheyt*  abhängig. 


■■T—r' 


22 

De  gutheyt  Godes  wo  mannicbfacht^), 

De  en  tho  state  heft  ghebracht, 

Vorware  myt  anders  neyner  macht^) : 

So  dyt  nicht  alle  wert  betracht, 
20  Heft  ere  unde  wolfart  gude  nacht. 
De  den  doden  schyten  drecht^) 

Unde  de  syn  ghelt  an  sch^ken  lecht*), 

De  gude  lere  rynge  wecht, 

De  water  in  deme  seve  drecht, 
25  De  myt  velen  to  kyvende  plecht, 

S.  XXIL     Unde  de  neen  dynck  tom  besten  lecht^), 
De  unnutte  seggent  rynge  wecht, 
De  mannygeni  ock  deyt  unrecht, 
De  eyne  sunde  up  de  anderen  lecht, 
5  Ok  de  gherne  sleyt  unde  fecht, 
De  mannigem  achter  rugge  besecht^), 
De  unrecht  belevet  boven'')  recht,  — 
Dyt  sy  em  vorware  ghesecht, 
He  sy  here  edder  knecht: 
10  De  etlick  van  dessen  nemet^)  an, 
Dar  nicht  gherynge*)  wyl  laten  van, 
Wor  he  is  I  unde  wor  he  gheyt, 
Vorloren  is  sus  syn  arbeit. 

Henselyns^^)  Boek  is  dyt  kleyne  dichte  ghe  |  (15)  nomet,  [j  dar  in 
kort  unde  lustigen  wert  gheleret  |  van  der  rechtferdicheyt.  Uth  dessem 
ghedich|te  machmen  nemen  (dem  dat  belevet)  etlike  |  sproke  unde 
figuren,  ||  de  up  laken  tomalen  ||  efte  |  andere^^)  karaere  rayt  tho 
tzyren ;  unde  de  bylde  |  (20)  scholen  ghemalet  wesen  unde  gheschicket, 
so  alse  I  de  sproke  luden,  to  vothe  unde  nicht  ryden  eft  |  varen,  j|  men 


1)  man  hätte  mannichfak  erwartet.  Da  aber  solche  Zusammensetzungen  mit 
fak  nicht  mndd.  zu  sein  scheinen,  so  wird  das  Wort  aus  dem  Hd.  entlehnt  sein. 

'-')  die  ihn  zu  Stand  und  Ansehen  gebracht  hat,  fürwahr  auf  keine  andere 
Weise,  näml.  ist  er  dazu  gelangt. 

^)  dasselbe  Bild  von  vergeblicher  Arbeit  s.  Tunnicius  hersg.  von  Hoffmann 
no.  721  und  v.  d.  Hagen  Gesammtabenteuer  II  S.  272.  V.  79. 

*)  leggen  an  =  verwenden  auf.  Nach  d.  Mndd.  WB.  übersetzt  die  Lübeker 
Bibel  V.  1494  die  Stelle  in  den  Sprüchen  Salomonis  29,3 :  de  de  schöken  voedet, 
de  vorleset  syn  gud. 

^)  zum  besten  auslegt,  kehrt. 

®)  verleumdet;  mannigem  wird  Druckfehler  sein  st.  mannigen. 

^)  liebt  anstatt ;  beleven  steht  hier  transitiv,  Z.  17  intransitiv  im  Sinne  von 
,belieben*. 

^)  das  folgende  ,wyl'  gestattet  nicht,  ,nemet*  als  Plural  zu  fassen;  ,nemet* 
steht  also  st.  ,nimt* ;  jene  Form,  die  im  Mndl.  herrscht,  geht  auf  as.  nimid,  diese 
auf  ein  contrahiertes  nimd  zurück. 

®)  nicht  im  geringsten. 

^^)  cod. :  Henselnys. 

")  jOder  auch*,  dieser  Gebrauch  des  Adjectivs  ,ander*  statt  eines  Adverbs  ist 
aus  den  romanischen  Sprachen  bekannt. 


23 

tho  vothe  reverencie  beden  allen,  |  wor  se  komen  unde  na  der  recht- 
ferdicheyt  fragen,  |  unde  scholen  den  geck  Henselyn  by  syck  hebben|(25) 
in  geckes  unde  doren  klederen,  ||  welkor^)  geckes  (S.  XXIII.)  kledere 
nu  doah  vele  dregen ;  ||  6re  kledere  unde  dracht  uthwyset.  dat  se 
syn    doren    unde   doryn|nen ;    [I    wyllen    doch   nicht    doren    efte    do- 

ricKt  j 


rynnen  |  heten.  ||  Dar  van  sprickt  Henselyn  alsus: 

5  Dede  geyt  in  der  doren  kleet  unde  dantz, 
Is  mede  eyn  geck,  |  heel  unde  gantz. 

Holzschnitt :  Ein  bäurisch  gekleideter  Mann,  in  der  Rechten  eine 
Axt,  im  Gürtel  ein  Messer.  Hinter  ihm  eine  Mauer,  über  die 
weiter  rückwärts  eine  hügelige  Gegend  hervorragt.  Links  vom 
Bilde  steht  die  Zahl  VIH. 

Tytke  Druckeworst*)  is  myn  name. 
Der  olden  kledynge  ik  my  nicht  enschame; 
Myn  vader  unde  grote  vader  gyngen  ok  also. 
10  Alsus  antworde  ik  iy,  Henselyn,  wedder  darto: 
S.  XXIV.  In  seer  korter  tyd,  |  so  werde  wy  quyd 

Alle  desser  werlde  stucke; 
Des  laet  uns  myt  flyd,     so  wy  nu')  hir  syd, 
Söken  eyn  ewich  ghelucke. 
5  Myt  rechtferdicheyt,  |  barmherticheyt, 
Uns  flitich  dar  ynne  piysen*) ; 
So  is  uns  bereyt  |  in  der  ewicheyt^) : 
Wy  uns  dar  salich  bewysen®). 

Merke  wat  dar  is     d    n    d'') 

Holzschnitt:  Ein  Todtenkopf. 


*)  die  gewöhnliche  Nebenform  von  ,welk*  lautet  ,welker*,  welche  Form  eine 
comparativische  Weiterbildung  zu  sein  scheint.  Lässt  sich  ,welkor^  auch  sonst  be- 
legen, so  Hesse  sich  eher  an  eine  Zusammensetzung  mit  dem  Pronomen  ,ore^  oder 
,ere*  (ihr)  denken,  wie  man  ähnlich  in  Nordeibingen  jüm-er*  (eig.  ihnen  oder  sie 
ihr)  als  Possessivpronomen  (=  engl,  their)  gebraucht. 

')  vgl.  den  Namen  ,Hanswurst*.  In  den  Lübeker  Todtentänzen  von  1489  und 
1496,  welchen  der  obige  Holzschnitt  nach  Wiechmann  entlehnt  sein  soll,  heisstder 
dort  dargestellte  Bauer  gleichfalls  Titke;  s.  Bäthcke's  Ausgabe  Z.  1185.  Titke 
(alt  Tideko,  Tidekin)  ist  Deminutiv    von  einem  mit  as.  thiod   beginnenden  Namen. 

')  so  lange,  während  wir. 

*)  uns  darin  preiswürdig  zeigen. 

*)  nämlich  ,(iie  Stätte*;  ebenso  gebraucht  Luther  »bereiten*  ohne  Object 
1.  Chron.  16,  12 :  dahin  i^h  ihr  (der  Bundeslade  die  Stelle)  bereitet  habe ;  s.  Grimm 
WB.  1,1499. 

•)  da  zeigen  wir  uns,  sind  wir  selig. 

')  de  ende  =  das  Ende.  Ueber  ein  ähnliches  Buchstabenräthsel  aus  Ham- 
burg ▼.  J.  1516,  s.  die  Mittheilungen  des  Vereins  für  Hamburg,  Geschichte,  hrsgg. 
v.  K.  Koppmann.     1878  S.  HO. 


24 

Das  vorstehende  Gedicht  ist,  wie  mich  Herr  Professor  Mantels 
belehrt  hat,  bereits  1862  von  dem  um  dieKenntniss  der  niederdeutschen 
Litteratur  so  verdienten  Bibliologen  Wiechmann-Kadow  in  Naumann's 
Serapeum  Bd.  XXIII.  S.  177  besprochen  und  im  Auszuge  mitgetheilt 
worden.  Wiechmann,  der  auf  das  Buch  aufmerksam  geworden,  weil 
es  dreimal  in  der  sogenannten  protestantischen  Glosse  zum  Reineke 
Vos  (1,21.  und  zweimal  4,11)  citiert  wird,  hatte  lange  danach  gesucht, 
bis  er  es  in  dem  Theile  der  Hamburgischen  Stadtbibliothek  fand, 
welcher  aus  der  Sammlung  des  1842  verstorbenen  Hamburgischen 
Senators  Mönckeberg  stammt.  In  dem  Verzeichniss  dieser  Bücher- 
sammlung (Hamburg,  1843)  kommt  das  Gedicht  zweimal  vor,  einmal 
Nr.  2078  in  der  Kirchengeschichte  unter  seinem  Titel  ^^Henselyns  boek. 
Mit  Holzschn.  Ppbd.  4^"  und  einmal  Nr.  2601  bei  den  alten  Drucken 
als:  ^Un  eft  se  de  funden  oder  nicht,  Less  vordan,  dat  wert  si  na 
bericht.  (Gespräch  eines  Vaters  mit*  seinen  Söhnen  über  die  Recht- 
fertigkeit.) In  plattdeutschen  Versen.  M.  Holzschn.  s.  1.  et  a. 
Ppbd.  4^" 

No.  2601  hat  sich,  wie  F.  L.  Hoffmann  im  Serapeum  1855  S.  368 
berichtet  hat,  nicht  vorgefunden.  Das  ist  ein  Irrthum,  denn  No.  2078 
und  No.  2601  sind  beide  nur  das  eine  noch  vorhandene  Exemplar. 

Dieses  Exemplar  besteht  nämlich  aus  12  Blättern  in  4®.  Je  6 
Blätter  oder  anderthalb  Bogen  bilden  eine  Lage;  jedes  erste  Blatt  ist 
mit  a  resp.  b.  signiert,  das  zweite  unsigniert,  das  dritte  mit  aa  oder  bb 
bezeichnet.  Bl.  1  ist  da,  wo  a  stehen  sollte,  weil  das  Blatt  einge- 
rissen gewesen,  überklebt;  hält  man  das  Papier  gegen  das  Licht,  so 
lässt  sich  auch  dann  kein  a  erkennen :  das  Blatt  ist  also  als  Titel- 
blatt ohne  Signatur  geblieben.  Das  mag  Veranlassung  gewesen  sein, 
dass  diese  erste  Lage  einmal  in  falscher  Ordnung,  nämlich  so: 
Bl.  3  (aa),  l  oder  Titelbl.,  2  u.  s.  w.  zusammengeheftet  worden  ist, 
so  dass  das  Gedicht  mit  Vfl  eft  se  etc.  zu  beginnen  schien.  Das  muss 
schon  im  16.  Jahrhundert  geschehen  sein,  denn  in  Schriftzügen  des- 
selben steht  am  Schluss  von  S.  4 :  Sök  voran  vft  eft  se,  von  S.  6 : 
Sök  na  iiij  bladeren  Dyne  hillicheyt,  von  S.  8 :  Sok  vorhen  Summe 
gans  drjs,  von  S.  12:  statim  infra  Henselyn.  In  diesem  Zustande 
wird  Mönckeberg  das  Buch  erworben  und  wird  es  zunächst,  wie  es 
No.  2601  bezeichnet  ist,  in  seinen  Katalog  eingetragen  haben.  Später 
wird  er  es  haben  umbinden  lassen,  trug  es  nun  mit  richtigem  Titel 
ein,  vergass  aber  den  alten  falschen  zu  streichen,  und  so  musste  der, 
welcher  auf  Grund  von  seinen  Vorarbeiten  den  Verkaufskatalog  an- 
fertigte^), natürlich  zwei  Bücher  notieren. 

Die  Glosse  zum  Reineke  1,21  hat  einen  Abschnitt  aus  Henselin, 
der  im  Hamburger  Exemplar  vermisst  wird.  Die  Stelle  lautet  nach 
der  Ausgabe  von   1539: 

Henselin  spreckt: 

Wenn  itzundt  einem  framen  syne  sake  ummeslecht, 


*)  C.  Schwormstädt ;  s.  dessen  Yorbericht. 


25 

So  spreken  de  andern,  em  geschee  gantz  recht, 

und  dencken  doch  nicht  de  duUen  lüde, 

En  sy  also  morgen,  wo  my  ys  hüden. 

So  gheit  en  aver  den  huck  ock  ein  radt, 

Dan  dat  gelücke  beweget  syck  frohe  und  spadt, 

Fart  snelle  up  und  balde  wedder  nedder: 

Regert  hüden  gelücke,  morgen  ungelücke  wedder. 

Nemandt  synen  negesten  bößlick  ordelen  schal; 

Wol  dar  steit,  de  wachte  syck,  dat  he  nicht  fall. 

De  sint  noch  nicht  alle  aver  den  berch, 

Den  itzundt  van  steden  gheit  er  werck 

Na  crem  synne  und  up  alle  ordt. 

Ick  hebbe  van  jöget  up  wol  gehört: 

Weinen  upt  leste,  dat  deit  also  wehe  seer, 

Also  de  geweinet  heiffl  vormals  ehr. 

Darumme  darff  nemandt  spotten  myn, 

Wer  weth,  wol  noch  de  leste  wert  syn  etc. 

Wiechmann  nimmt  an,  entweder  sei  das  Hamburger  Exemplar 
nicht  vollständig,  oder  es  gebe  noch  eine  zweite,  vermehrte  Ausgabe 
des  Henselin.  Ich  kann  dem  nicht  beistimmen.  Das  Gedicht  Henselin 
macht,  wie  es  in  dem  Hamburger  Exemplar  vorliegt,  in  seinem  dra- 
matischen Theile  so  völlig  den  Eindruck  eines  Ganzen,  eines  poetischen 
Kunstwerkes,  das  nach  einem  klaren  Plane  angelegt  und  vollendet  ist, 
dass  auch  nirgend  eine  liücke  sich  denken  lässt.  Aber  auch  der 
Prolog  und  der  Epilog  lassen  gleichfalls  keinen  Ausfall  eines  Stückes 
weder  auf  äussere  noch  innere  Gründe  hin  muthmassen,  obschon  diese 
Dichtungsarten  an  sich  leicht  eine  Verkürzung  oder  Erweiterung  ver- 
tragen. Vergleicht  man  ferner  den  Inhalt  jenes  im  Reineke  citierten 
Abschnittes  mit  dem  unseres  Henselin,  so  ergiebt  sich  sofort,  dass  jene 
Rede  vom  wechselnden  Glücke  durchaus  nicht  in  den  Zusammenhang 
eines   Gedichtes  von  der  Rechtschaflfenheit  passt. 

Dazu  kommen  sprachliche  Bedenken.  Henselin  zeigt  ein  durch- 
weg reines  gutes  Niederdeutsch.  Das  einzige  Hochdeutsche  ist  der  statt  de 
3,1  und  vielleicht  mannigfacht  21,16;  die  Wörter  straffen  15,12. 
tzjTen  22,19  rechne  ich  nicht  dahin,  obschon  sie  hd.  Fremdwörter 
sind.  Die  Reime  sind  merkwürdig  rein.  Die  Freiheiten,  die  der 
Dichter  sich  selten  gestattet  hat,  bestehen  1)  im  Reimen  kurzer  und 
langer  Vocale  in  geschlossener  Silbe  (gän  :  an  15,3.  landes  :  unvor- 
wändes  17,2.  enwnr  :  yär  20,17^);  2)  im  Reimen  kurzer  und  langer 
Vocale  in  offener  Silbe,  was  bei  der  Tonlängung  der  ersteren  (vgl. 
Nerger  Grammatik  des  meklenb.  Dialektes  S.  22),  zumal  vor  r  nicht 
auffallen  kann  (sake  :  wräke  4,7.  plagen  :  dagen  14,9.  dage  :  wäge 
19,3.  dragen  :  fragen  12,4.  fragen  :  dagen  13,16.  gefräget  :  geklaget 


^)  Nicht  dahin  zu  rechnen  siud  ghehörd  :  mord  9,12.    ghehörd  :  word  13,21 
16,10.  hörden  :  worden  19,17,  da  bereits  im  Mittelniederdeutschen  -ord  zu  6rd  wird. 


■^r^mr^ 


26 

16,19^),  gäveigrave  15,8.  yären :  vorfaren  4,21.  vorworenidoren  11,17. 
dören:  vorloren  13,2);  3)  im  Reimen  verschiedener  Vocale  (also:  tho  = 
tS  oder  tu  3,2.  13,12.  23,  10.  gud  =  ggd  oder  güd  :  uth  10,13)^). 
Im  ganzen  Gedichte  findet  sich  nur  eine  Assonanz,  nämlich :  ja  hen 
in  gennen  olden  dagen  :  mentnu  is  se  vernvern  baten  landes  ghe- 
varen  9,21.  Das  muss  ein  Druckfehler  sein.  Wiechmann  will  ghe- 
tagen  lesen.  Da  im  Henselin  aber  die  alten  kurzen  o  noch  feststehen, 
so  müssen  wir  den  Fehler  in  dagen  sehn  und  yaren  lesen,  was  einen 
unreinen  Reim  der  zweiten  Classe  ergeben  würde.  Vergleichen  wir 
nun  Sprache  und  Reim  jener  im  Reineke  1,21  gegebenen  Worte  Hen- 
selin's,  so  lassen  die  unniederdeutschen  itzund  und  wer  (statt  we)  und 
der  Reim  berch  :  werck  (mhd.  berc  :  werc)  keinen  Zweifel,  dass  hier 
die  Uebersetzung  eines  hochdeutschen  Buches  vorliegt.  Auf  umme- 
slecht  und  fall  statt  ummesleit  und  falle  lege  ich  weniger  Gewicht, 
obschon  ich  überzeugt  bin,  dass  unser  Henselinsdichter  sich  der  beiden 
letzteren  Formen  bedient  haben  würde.  Ich  sehe  demnach  in  der 
Ueberschrift  ,Henselin  spreckt*  entweder  einen  Druckfehler,  oder  die  Citie- 
rung  eines  anderen  Buches  desselben  Titels  mit  unserem  vorliegenden. 
Henselyns  boek  ist  ohne  Angabe  des  Druckers,  des  Ortes  und 
des  Jahres.  Wiechmann  hat  jedoch  überzeugend  dargethan,  dass  das 
Buch  in  Lübeck  gedruckt  worden  und  zwar  in  der  Officin  mit  den 
drei  Mohnköpfen  im  Schilde.  Dieses  Signet  geht  dem  Henselinsbuche 
freilich  ab,  allein  die  Lettern  sind  nach  Wiechmann  die  des  Reineke 
Vos  von  1498  und  der  Holzschnitt  auf  S.  23  soll  im  Lübeker  Toten- 
tanz von  1496  vorkommen,  beides  Werke,  welche  bekanntlich  aus  jener 
Buchdruckerei  hervorgegangen  sind.  Ein  weiteres  Zeugniss  für  den- 
selben Ursprung  des  Henselin  legen  die  drei  Holzschnitte  auf  S.  2, 
3  und  5  ab.  Wiechmann  weist  nach,  dass  sie  ihrem  Gegenstände 
nach  dem  Narrenschifif  von  Sebastian  Brant  angehören,  und  zwar  den 
Capiteln  9  (von  bösen  sytten),  18  (von  dienst  zweyer  Herren)  und 
98  (von  usleudigen  Narren),  und  schliesst  mit  Recht,  dass  sie  in  ihrer 

^)  Vielleicht  liesse  sich  noch  über  die  Beschaffenheit  dieses  Reimes  streiten, 
wenn  sich  nemlich  ein  starkes  fragen,  fregst,  fregt,  frog  im  Mndd.  für  eine  Zeit 
nachweisen  Hesse,  da  Toniängung  noch  nicht  eingetreten.  Dann'  wären  fragen  und 
fragen  neben  einander  berechtigt,     bägen  :  fragen  14,22. 

*)  Einige  Reime  scheinen  unrein,  lassen  sich  aber  als  reine  vertheidigen ;  so 
fünde  :  sunde  14,4,  wo  vielleicht  mit  Umlaut  sünde  zu  lesen  ist;  schemet  (e  aus  a 
umgelautet)  ;  temet  (e  aus  i  gebrochen)  20,15.  stede  (Städte)  :  mede  (mit)  lO,7,  weil 
diese  beiden  e  bereits  im  Mndd.  gleich  ausgesprochen  zu  sein  scheinen.  Stede :  bede 
(aus  i)  6,22  gehört  auch  nicht  hierher,  da  dieses  stede  auf  altes  stidi  zurückgeht.  Ob 
man  leron  (lernen)  :  kören  4,25.  19,7.  hören  :  leren  11,7.  als  unrein  betrachten  will, 
hängt  davon  ab,  ob  man  annimmt,  dass  dies  leren  aus  lernen  geworden  oder  dass  es 
das  ursprünglich  bloss  ,lehren'  bedeutende  leren  ist.  Ich  halte  das  zweite  für  sehr 
wahrscheinlich,  sehe  also  hier  keinen  unreinen  Reim.  Ganz  unabhängig  von  dieser 
Frage,  ist  der  Reim  werd  :  gelerd  8,12  als  rein  zu  betrachten;  denn  das  folgende 
rd  hat  hier  so  gut,  wie  in  mord  und  word,  nicht  bloss  die  Quantität,  sondern  auch 
die  Qualität  des  Vokals  verändert.  Dieselbe  doppelte  Veränderung  vermuthe  ich 
nach  ueumeklenburgischem  verluren,  verwuren  in  vorloren,  vorworen.  Ob  dSget:  vor- 
höget  3,5  rein  oder  unrein  ist,  ergiebt  sich,  je  nachdem  vorhdget  ^Is  ,erhöht' 
oder  ,erquickt,  selig  macht'  zu  fassen  ist.    Ich  neige  mich  der  letzteren  Erklärung  21L 


r1^.*^.T^"V 


27 

Ausführung  der  nicht  erhaltenen  ersten  niedersächsischeu  Ausgabe  des 
Narrenschififes  entnommen  sind,  welche,  wie  Zarncke  in  Hauptes  Zeit- 
schrift für  deutsches  Alterthum  IX,  374  dargethan  hat,  1497  zu  Lübeck 
in  der  Mohnkopf- Druckerei  gedruckt  wurde.  ;jEs  bedarf  für  unsern 
Zweck  keiner  mühseligen  Vergleichung  der  Ausgaben  des  NarrenschijQfes ; 
es  genügt  vollkommen,  den  Reineke  Vos  von  1498  einzusehen,  und 
der  erste  Blick  lehrt,  dass  die  besseren  Holzschnitte  dieses  Druckes 
und  die  drei  Blätter  aus  dem  Henselinsboek  von  demselben  Meister 
herrühren.  Dieser  Formenschneider  ist.  leicht  daran  kenntlich,  dass 
er  auf  dem  Boden  eigenthümliche  Strichlagen  in  solcher  Form  ^^/""N^. 
anbringt*' .  In  Betreff  der  Zeit  folgert  Wiechmann  aus  der  Entlehnung 
der  Holzschnitte  ferner,  dass  Henselin  nach  dem  Erscheinungsjahr  des 
Narrenschiffes,  nach  1497,  herausgegeben  sein  muss.  Nach  der  ganzen 
äusseren  wie  inneren  Beschaffenheit  des  Werkes  muss  man  ihm  auch 
beistimmen,  wenn  er  es  noch  ins  Ende  des  fünfzehnten  Jahrhunderts 
setzt,  einen  Abschnitt  der  Lübekischen  Geschichte,  dessen  reges  gei- 
stiges Leben  Wiechmann  rühmend  hervorhebt.  Er  zählt  die  schön- 
wissenschaftlichen Erzeugnisse  dieser  Periode  auf;  nicht  minder  reich 
war  die  wissenschaftliche  und  religiöse  Litteratur,  s.  Deecke  Nachr.  v. 
d.  im  15.  Jh.  zu  Lübeck  gedruckten  niedersächs.  Büchern. 

Zu  dieser  gediegenen  Darlegung  der  bibliographischen  Gesichts- 
punkte weiss  ich  nichts  hinzuzuthun,  als  dass  ich,  was  vielleicht  Biblio- 
logen  von  Interesse  sein  mag,  das  Wasserzeichen  des  Papieres  angebe.  Es 
gleicht  ungefähr  einer  Krone  mit  drei  Zinken,  auf  deren  mittlerer  etwas 
höheren  und  abgerundeten  ein  schmaler,  langer  Stab  steht,  der  in  ein 
Kreuz  ausläuft.  Aehnliche  wohl,  aber  keine  gleiche  Zeichnung  habe  ich 
in  den  auf  der  Hamburger  Stadtbibliothek  befindlichen  Werken  über 
Papierzeichen  auffinden  können.  Die  Blattseite  fasst  26  Zeilen,  wie  S.  4 
zeigt.  Ich  habe  nur  die  Druckzeilen  gezählt  Der  Druck  hat  Spuren  einer 
Interpunction  in  Form  von  Punkten,  die  im  Abdruck  durch  senkrechte 
Striche,  in  der  Prosa  auf  S.  22  und  23,  wo  die  einfachen  Striche 
die  Zeilenenden  bezeichnen,  durch  Doppelstriche  wiedergegeben  sind. 
Die  Klammer  auf  S.  22  gehört  bereits  dem  Original  an. 

Das  Resultat,  zu  dem  Wiechmann  in  seiner  Untersuchung  über  die 
Herkunft  des  Buches  gelangt,  scheint  mir  bestätigt  zu  werden  durch  einige 
sprachliche  Eigenthümlichkeiten.  Ich  werde  sie  nur  kurz  notieren  und 
verweise  im  übrigen  auf  meinen  Aufsatz  im  Jahrbuch  von  1875  S.  92: 
Infinitiv  wetten  statt  weten  lesen  wir  18,21.  se  wetten  i 3,22.  wette  gy 
13,13.  vorgetten  st.  vorgeten  :  setten  19,2.  loggen  st.  logen  20,15  ff.  up- 
lacht  st.  upiecht  21,6,  yu  st.  ye  9,12.  Neben  den  Formen  des  Personal- 
pronomens mit  e,  wie  em  1,4.  4,1.  16,1.  18,16.  22,8.  en  9,17.  13,5. 
14,3.  18,7.  21,17.  ere  14,1  stehen  solche  mit  ö,  aber  beraerkenswerth 
nur  vor  r:  ör  14,9.  öre  23,1.  öreme  13,4.  ören  10,8.  15,12.  üeber 
doet  und  deyt  s.  zu  18,12.  Wie  im  Reineke  Vos  finden  wir  auch  hier 
neben  einander  gebraucht  dragen  (Inf.)  12,4.  dregen  (Praes.)  23,1. 
dregen  (Part.)  15,10.  he  drecht  21,24.  und  bracht  12,20.  ghebracht 
21,17.  ghebrocht  16,17.     Auch  dass  das  kurze  o  in  offener  Silbe  noch 


28 

nicht  a  geworden  ist,  rechne  ich  unter  diese  Aehnlichkeiten  der 
Sprache ;  ferner  von  auf  d  und  t  ausgehenden  Verben  die  Contraction 
der  in  t  endigenden  Conjugationsformen :  gheend  5,5.  bewant  15,16. 
ghewent  10,5.  ghesant  7,6.  ghesent  11,10.  18,16.  bevest  20,19.  acht 
21,4.13.  voracht  11,22.  betracht  21,11.19.  wacht  21,  3.  12.  fecht22,5. 
beficht  5,2.  bereit  24,  7.  Das  ist  noch  ganz  mittelalterlich.  Alterthüm- 
lich  ist  auch  der,  freilich  schon  massige  Gebrauch  der  Negationspartikel 
en  3,10.  20, 15.  16.  23.  8:  weiter,  dass  der  schwache  Acc.  Sg.  des  Fe- 
minins  der  Adjective  noch  auf  ,en'  ausgeht,  also:  de  hogesten  sake 
4,7.  de  hilgen  stad  6,2.  Modern  dagegen  ist,  dass  der  Infinitiv  nach 
to  nicht  flectiert  wird,  z.  B.  tho  reysen  4,24.  to  wesen  9,20  u.  s.  w. 
Nur  to  kyvende  21,25  macht  eine  Ausnahme. 

Von  einem  Ueber  gange  der  Sprache  in  neue  Laut  Verhältnisse 
zeugt  auch  die  Verwendung  zweier  Classen  von  Buchstaben,  einmal 
des  f  und  v,  zweitens  des  g  und  gh.  Bekanntlich  bezeichnen  im 
Mittelalter  f  und  v  verschiedene  Laute.  Das  Neuniederdeutsche  hat 
diese  Verschiedenheit  der  Aussprache  nur  noch  im  Inlaut  bewahrt, 
im  Anlaut  wird  nur  f  gesprochen.  Unser  Sprachdenkmal  steht  nun 
im  üebergange  von  der  alten  zur  neuen  Weise.  Im  Inlaut  steht  v, 
wie  f  fest;  berechtigtes  f  begegnet  nur  in  twyfelen  15,5.  ff  in  straffen 
14,13.  und  15,12.  Im  Anlaut  wird  f  in  Fremdwörtern  geschrieben,  die 
ursprüngliches  f  haben,  also  figure  22,18.  floren  5,8,  während  das 
aus  advocatus  entstandene  voged  8,5.6.  natürlich  v  behält.  Ferner 
finden  wir  diese  Fortis  stets  vor  r,  1  (z.B.  frund  15,7.  fragen  11,21. 
fiyd  6,3.  flege  14,4.)  und  in  dem  tieftonigen  Grundwort  zusammen- 
gesetzter Wörter  nach  vorhergehender  Muta  und  Spirans,  also:  recht- 
ferdich,  rechferdicheyt,  wyffor  13,21.  schythfor  13,21.  mannichfacht 
21,16.  Vor  u  steht  einmal  v:  vuel  17,18;  sonst  f  vor  u  und  auch 
vor  ü.  Die  Lenis  v  hat  vor  a,  e,  i,  o  statt;  doch  hier  giebt  es  Schwan- 
kungen. Während  einige  Wörter  beständig  v  zeigen,  wie  van,  vader,  vaken, 
vele,  verne,  vyl-,  vor,  vor-,  volgen,  lesen  wir  stets  forste,  fechten,  treffen, 
Wechsel  in  varen  11,5.22,22.  vorvaren  18,1.  vorfaren4,21.  wolfart21,10; 
fast  16,22.  18,2.  bevesten  20. 1 9 ;  fynden  10,10.  17,4.17.  18,11,  vynden 
11,15.     Endlich  macht  auch  fallen  14,23  eine  Ausnahme  von  der  Regel. 

Aehnlich,  wie  man  der  Aussprache  folgend  das  v  durch  f  ver- 
drängt, ist  das  mittelalterliche  gh  meist  dem  g  gewichen.  Im  Inlaut 
kommt  sowohl  nach  Vocalen,  wie  nach  1,  n  und  r  nur  g  vor,  mit 
alleiniger  Ausnahme  von  hoghe  8,12  (neben  verböget  3,6.  hogeste 
4,7.)  Im  Anlaut  betonter  Silben  ist  g .  gleichfalls  die  Regel.  So  heisst 
es  stets:  gansz,  God,  gud,  grot,  graf,  gnade,  geck,  geystlik;  gave  15,8. 
geste  10,8.  vorgetten  19,2.  Abgewichen  ist  davon  vor  a  in  gha  2,4. 
12,5.  gheghan  16,1,  während  gan  10,21.  13,3.  17,14  steht;  weiter  vor 
e  in  gheyt  20,6,  22,12.  neben  geyt  23,5;  in  gheven  5,7.  18,14.  20,7. 
neben  sechsmaligem  geven;  in  begher  7,9.  gherne  22,5  neben  vier- 
maligem gerne;  in  ghelt  21,22.  Während  also  vor  e  sich  die  meisten 
gh  finden,  treffen  wir  vor  i  nur  auf  g,  so:  gyff  4,1.  gyft  18,15. 
gyngen  23,9.     Das  Praefix  ghe-  steht   durchaus  fest;   die   paar  Aus- 


nahmen  gekomen  7,11.  gesecht  8,20.  gereysot  9,7,    geschreven  15,13. 
verdea  uichts  als  Druckfehler  sein. 

Bemerkens  wer  th  ist  die  Schreibung  gy,  (ihr)  z.  B.  7,19.  8,7.  und 
genne  (jener)  9,21.  14,11  fiir  jy,  jenne,  wälirend  es  yegen  (gegen)  4,3 
beisst.  Eine  typographische  Elgeothiimlichkeit;  ist,  dass  das  anlau- 
fende Jot  durch  Majuskel  J,  durch  Minuskel  y  gegeben  wird. 

Henaelin  zeichnet  sich,  wie  die  erste  Ausgabe  des  Reineke  Vos, 
durch  das  deutliche  Bestreben  aus,  dem  gesprochenen  Umlaute  durch 
'  den  Druck  möglichEt  gerecht  zu  werden.  Der  Umlaut  des  kurzen  a, 
geBchrieben  e,  tritt  so  früh  im  Ndd.  auf  und  wird  ihm  so  weuig  be- 
stritten, dasa  ich  keine  Beispiele  anführe.  Verschieden  vom  Hd.  fehlt 
der  Umlaut  in  wassen  19,4.  arger  20,22.  Wie  im  Hd.  stehen  schä- 
men 23,8  und  Schemen  20,15  neben  einander.  Hanget  19,5;  fast 
18,2  wie  im  Ab.,  verschieden  vom  ahd.  fasti.  Für  den  Umlant  des  k 
hatte  die  Darstellung  keine  Schwierigkeit,  da  derselbe  e  ist,  also  were 
(Conj.  Praet.  von  wesen)  9,18.  12,12.  he  neme  10,16,  ghemetiget  4,4. 
"redere  7,14.  leth  (er  lässt,  wohl  mit  verkürztem  Tocat)  10,21,  14,9. 
Im  Gegensatze  zum  Hd.  mangelt  der  Umlaut  in  salich  18,17.  19.  24,8. 
swar  18,7.  21,9.  Für  die  Umlaute  ö  und  ü  bedurfte  es  aber  besonderer 
Zeichen :  es  ist  dafür  o  und  u  mit  darüberstehendem  e  gewählt.  Da- 
I  neben  findet  sich  auch  ein  e  nach  dem  Vocal,  aber  nie  zur  Bezeich- 
nung des  Umlautes,  sondern  nur  der  Länge.  Das  versteht  sich  bei 
ee  von  selbst,  das  sich  Endet  in  neen,  heel,  ghemeen  ;  gheseen,  seen, 
beseen,  seer,  beer,  deel,  ee,  kleet.  ae  in  ghedaen  :  stan  7,15.  laet 
14,24.  24,3.  haer  ;  oponbaer  19,20-  oe  in  boek  1,1.  22,14,  aber  mit 
Umlaut  boklyn;  doet  8,19.  18,12,  doeu  10,2.  13,4.  ue  in  vuel  17,18. 
|ie  kommt  nicht  vor,  denn  langes  i  wird  durch  y,  das  aus  ij  entstanden 
ist,  ausgedrückt.  Dieses  y  wird  aber,  wie  gewöhnlich  im  Mittelalter, 
auch  oft  für  kurzes  i  gesetzt.  Vocalverdoppelung  ist  mir  ausser  jenem 
ee  nicht  aufgefallen. 

Umlaut  des  kurzen  o  zeigt  sich  in  yöget  2,2.  döget  2,3.  3,5. 
4,22;  daneben  aber  dogentsam  14,14;  vögede  8,  6,  wonach  auch  8,5 
so  zu  lesen  ist.  Trübung  des  ^  zu  ö  weisen  ör,  öreme,  ören,  deren 
Belegstelleu  ich  oben  gegeben.  Ungewiss,  ob  mit  ö  oder  oe  zu  lesen 
bleibt  verbögen  3,6.  Den  jetzt  bestehenden  Umlaut  lassen  vermissen 
soae,  PI.  sones,  sons,  das,  als  ursprünglich  der  u-Declination  ange- 
horig,  auch  des  Umlautes  entbehren  sollte,  aber  später  zur  i-Decli- 
nation  übergetreten  ist,  dann  sproke  22,  18.  21.  borger  10,8.  11,20. 
und  forste  S.  7,  welche  regelrecht  umlauten  sollten,  von  denen  aber 
borger  und  forste  dies  noch  heute  nicht  in  allen  Dialekten  thun. 
Ebenso  gilt  he  holt  (21,lj,  beholt  (10,16)  noch  jetzt  neben  hält,  behÖlt. 
Die  Praeteritopraesentia  doren,  dorven,  konen,  mögen,  moten,  scholen 
verschmähen  noch  sammtlich  den  Umlaut,  selbst  der  Conjunctiv  möge 
6,14.  10,2,  und  ebenso  der  des  Praeteritums  mochte  8,10.  10,4.10. 
11,13.  17,17.  Desgleichen  hat  der  Conjunctiv  worde  von  werden  17,16 
reines  o,  sodass  es  scheint,  als  oh  ein  folgendes  ch  oder  r  mit  Muta 
die  Ursache  sei;    wenigstens  lassen  sich  auch    borger,    forste    und  he 


30 

socht  4,7  (neben  söken)  so  am  leichtesten  verstehen.  Conj.  wolde 
11,13.  Stets  ohne  Umlaut  steht  auch:  vor,  vore  7,17.  monneke  17,8. 
loggen  20,12  jff.  und  endlich  regelrecht  over  10,21. 

Umlaut  des  langen  o  =  goth.  au :  nöden  9,16.  döden  9,10.  böze 
15,12.  20,13;  des  langen  o  =  goth.  o. :  böklyn  1,3.,  söken  4,25,  5,6, 
6,3  und  noch  zwölfmal,  d.  h.  so  oft  es  überhaupt  im  Gedichte  vor- 
kommt; ebenso  dat  sökent  15,16.  schöke  21,22  (s.  Höfer  in  der  Ger- 
mania 23,4).  Dass  hogeste  4,7  keinen  Umlaut  zeigt,  lässt  sich  aus 
dem  Altsächsischen  verstehen.  Desgleichen  mag  das  as.  modag  für 
die  Nichtumlautung  von  demodich  7,9.  othmodigen  14,15.  17.  sacht- 
modigen  14,13  herangezogen  werden.  Weiter  gebricht  der  Umlaut 
in  brodere  11,17.  stalbroders  8,17.  moye  11,3,  21,9.  schone  (oder 
und  dann  regelrecht  ohne  Umlaut:  schon?)  13,9.  20,19.  ghenomet 
22,15.  dorynne  23,2.  hören  3,4.  9,19.  15,11.  18,21.  21.12  und  so 
auch  ghehoret  9,8.  Den  mhd.  Formen  gleich,  sind  ghehort  15,19: 
eyn  word  13,21.  16,10:  mord  9,12.  in  worden:  wy  horden  17,8 
und:  (verschieden  vom  Hd.)  eyn  borden   18,5  ohne  Umlaut. 

Langes  ü  findet  sich  in  buwelüde  9,6,  klosterlüde  15,6,  wonach 
lüde  6,6,  9,11,  koplude,  amptlude  10,9  nur  auf  Nachlässigkeit  des 
Setzers  beruhen  werden;  ferner  yü  (je)  9,12  und  süpers  13,12.  Ich 
vermuthe,  dass  der  Umlaut  durch  blosses  Versehen  nicht .  angedeutet 
ist  in  vorhuden  6,8  und  rutere  8,15.  Vorsumen  2,4  entspricht  dem 
mhd.  versümeu.  Das  Subsantiv  truwe  21,13  ist  gewiss  ohne  Umlaut, 
da  myt  truwen  auf  fruwen  6,2.  13,7  reimt;  somit  werden  auch  das 
Adjectiv  truwe  9,6  und  truwentlyk  10,22.  16,15  ohne  Umlaut  gespro- 
chen sein. 

Kurzes  ü  lesen  wir  in  der  3.  Sg.  Präs.  Indic.  der  starken  u-Con- 
jugation:  büth  3,9  und  ebenso  in  der  entsprechenden  Form  der  in 
diese  Classe  übergetretenen  Verben  scheen  und  seen:  schüth  17,4 
süth  19,20^).  Dagegen  fehlt  der  Umlaut  in  bedrucht:  lucht  20,10, 
kust  21,8.  Der  Conjunctiv  des  Praeteritums  von  finden  zeigt  ü  in 
fünden  9^9,  ein  bemerkenswerther  Fall,  weil  eine  Liquida  folgt.  Wenn 
man  nämlich  die  bisher  nachgewiesenen  Fälle  des  Umlautes  übersieht, 
so  wird  einem  auffallen,  dass  fast  sämmtliche  vor  einer  Muta  statt- 
finden, ausserdem  vor  sin  böze  und  unorganisch  inyü  und  ör.  In  dem  Reime 
fünde  (PI.  V.  fund) :  sunde  14,4  scheint  aber  eine  fernere  Andeutung  eines 
sich  entwickelnden,  aber  noch  nicht  ausgeprägten  Umlauts  vor  nd  vor  zu 
liegen;  ohne  weiteres  sünde  zu  bessern,  daran  hindert  wenigstens, 
dass  wir  den  Plural  funde  (allerdings  füde  gedruckt)  14,10  und  den 
Dativ  PI.  funden  :  sunden  15,12  antreffen,  sowie  sunde  21,3.  22,4.  Ich 
habe  4,1  für  schüldich  conjiciert  schüldich,  wie  man  heutzutage  in 
mehreren  Dialekten  spricht;  ob  aber  auch  schon  schulde  4,15  :  hulde 
4,9  in  der  Mundart  des  Dichters  ü  zeigten,  ist  mir  zweifelhaft.  Der 
neuere  nordelbingische  Dialekt  hat  allerdings  mit  besonderer  Vorliebe 

*)  Ich  habe  schüth  und  süth  hier  eingereiht,  gestehe  aber  nicht  zu  wissen, 
ob  das  ü  läng  oder  kurz  ist.  Beide  Aussprachen  kommen  heutzutage  neben  einan- 
der vor. 


[ 

ö  nnd  ü  vor  den  Liquiden  and  Spiranten  entwickelt,  zumal  wenn  Ver- 
doppelung oder  Position  stattfindet;  allein  unser  Denkmal  hat  uns 
schon  oben  seine  Abneigung  gegen  ö  in  diesen  Buchstabenverbindun- 
gen bewiesen,  und  so  darf  es  uns  aucli  nicht  wundern,  dass  wir  fol- 
gende jetzt  meist  umlantendeu  Wörter  mit  u  finden:  dorchluchtigeste 
7,9.  Bulve  4,2.  10,20  a.  8.  w.  he  Itumpt  1,3.  20,8.  ynmmer  10,10.  num- 
mer  3,10.  umme  10,23.  11,5.  sunder  (ohne)  20,9,  frunde  löj.  Bunte 
14,19.  drunken  :  dünken  12,11  und  so  stets  dünken  z.  B.  10,r2.  18,2. 
sus  2,5.  3,2  u.  3.  w. 

Wie  ich  bereits  bemerkt  habe,  scheint  mir  ein  wichtiges  Er- 
gebnbs  dieser  Untersuchung  darin  zu  bestehen,  dass  sich  der  Umlaut 
vornehmlich  und  regelrecht  vor  Muten  offenbart.  Das  Gesetz  erleidet 
aber  eine  Beschränkung  dadurch,  dass  dies  in  zweisilbigen  Wörtern 
TOr  Doppelconsonanz  nicht  statthat;  so  verzeichneten  wir  bereits 
loggen,  hier  treten  noch  hinzu  stucke  :  ghelucke  24,2,  druckeworBt 
23,7.  rugge  22,6.  unnutte  22,27.  Im  ganzen  steht  unser  Gedicht  in 
Hinsicht  des  Umlautes  bereits  ziemlich  der  Stufe  nahe,  auf  welcher 
wir  im  vorigen  Jahrhunderte  noch  das  Bremische  nach  der  Darstel- 
lung des  bekannten  Bremer  Wörterbuches  kennen  lernen,  während  die 
gleichzeitigen  Wörterbücher,  das  Hamburger  von  Bichey  und  das 
Pommersche  von  Dälmert,  schon  mehr  den  vocaltrüben  Stand  der 
modernen  elbischen  und  Ostsee- Mundarten  darthun. 

Wie  sich  unser  Gedicht  durch  reine  und  regelrechte  Sprache, 
durch  zieralich  genauen  Reim  auszeichnet,  so  verdient  auch  die  sonst 
gezeigte  Verskunst  Anerkennung.  Es  stehen  dem  Dichter  die  Reime 
30  zu  Gebote ,  dass  die  massige  Wiederkehr  einiger  sich  ertragen 
lässt.  Bloss  zum  Schluss  stösst  man  auf  20  Verse  desselben  Reimes 
,acht'  und  auf  14  desselben  Reimes  ,echt';  hier  jedoch  ist  die  Absicht 
klar:  der  Dichter  will  eine  Reihe  paralleler  Gedanken  auch  äusserlich 
zusammenhalten.  Doch  kann  man  mit  der  Ausführung  nicht  zufrieden 
sem.  Dieselben  Wörter  kehren  zu  oft  im  Reim  wieder,  und  die  For- 
men Upiacht  und  mannichfacbt  wären  auch  besser  vermieden  worden. 
In  der  zweiten  Priamel  geschieht  es  wenigstens  mit  der  verständigen 
Einschränkung,  dass  der  Schlusssatz  andere  Reime  erhält,  während 
in  der  ersten  derselbe  Schlagreim  auch  für  das  schliessende  Urtheil  ver- 
wendet ist.  Der  Verfasser  weiss  sonst  geschickt  Reim  und  Versmass  der 
Darstellung  anzupassen.  Die  Silben  sind  nicht  ängsthch  gezählt,  son- 
dern das  Metrum  beruht  auf  der  Zahl  der  Hebungen,  gewöhnlich  vier 
oder  fünf.  Während  die  Personen  des  Dramas  in  Strophen  von  meist 
vier,  seltener  von  acht  und  Henselin  einmal  in  einer  Strophe  von 
zwölf  Zeilen  reden,  die  durch  Kreuzreime  gebunden  sind,  werden  im 
einleitenden  erzählenden  Thei),  wie  sich  gehört,  die  Reime  gepaart, 
wird  die  Strophenbildung  vermieden.  Heneelin's  Kpilog  beginnt  in 
Strophen,  die  aber,  zum  Unterschiede  von  den  dramatischen,  in  meist 
kürzeren  Versen  von  lebhafterem  Rythmus  und  mit  Reimpaaren  ge- 
kalten  sind.  Einen  gesteigerten  Schluss  bilden  dann  die  beiden  Pria- 
ineln,  deren  zweite  auch  durch  den  Wechsel  des  Reimes  am  Ende  ge- 


32 

wuchtig  schliesst.  Hierauf  folgt  eine  prosaisclie  Auseinandersetzung 
des  Dichters  über  sein  Stück.  Noch  einmal  wird  dann  Henselin  das 
Wort  zu  einem  Reimpaare  vergönnt;  seine  Rede  bestätigend,  nimmt 
darauf  ein  Vertreter  der  guten  alten  Sitte  das  Wort  in  ebensolchem 
Yersmass,  um  darauf  das  ganze  Werk  mit  einer  ernsten  Ermahnung 
in  zwei  Strophen  von  je  sechs  Versen  mit  zwei  oder  drei  Hebungen 
und  mit  verschränkteren  Reimen  zu  beschliessen.  Während  im  er- 
zählenden Prolog  .und  im  dramatischen  Hauptthcile  klingende  und 
stumpfe  Reime  beliebig  wechseln,  herrscht  im  nachdrücklichen  Epilog 
Henselin's  der  stumpfe  Reim  beinahe  uneingeschränkt,  zeigt  das  ly- 
rische Schlussgedicht  eine  künstlerische  Abwechselung  beider  Reimarten. 
Auch  in  anderen  Beziehungen  muss  man  dem  Dichter  Lob  zollen. 
Die  Disposition  des  Stoflfes  ist  vortrefflich  Seine  Diction  ist  gewandt 
in  der  Construction  und  nicht  arm  an  Ausdrücken.  Er  weiss  seine 
Sprache  nach  der  augenblicklichen  Aufgabe  zu  modeln.  Die  einzelnen 
Personen  des  Dramas  sprechen  ihrer  jedesmaligen  Lebensstellung  ge- 
mäss, sodass  man  von  jeder  eine  klare  Vorstellung  bekommt.  Wie 
fein  ist  die  verschiedene  Werthschätzung  der  Rechtschaffenheit  vom 
Papste  bis  zu  den  Landsknechten  hinab  in  den  Antworten,  welche  die 
suchenden  Brüder  erhalten,  mit  wenigen  Strichen  gezeichnet!  Wie 
geschickt  ist  die  schwere  Aufgabe,  auch  von  den  städtischen  Ständen 
sich  die  Unbekanntschaft  mit  der  Rechtfertigkeit  gestehen  zu  lassen, 
von  dem  Städter  umgangen,  und  wie  trefflich  bekommen  diese  doch 
auf  dem  Umwege  der  Lombardei  ihre  Strafrede!  Wfe  hübsch  ist  die 
Wirkung  der  volksthümlichen  Wendungen:  de  rechtferdicheyt  is  ge- 
reyset  ut  verne  verne,  und:^ach  God,  wy  fünden  se  so  gerne  unde 
gerne  I  Sprichwörtliche  Redensarten  sind  mehrere  Male,  besonders 
reich  zum  Schluss,  dem  Narren  trefiend  in  den  Mund  gelegt.  Dabei 
ist  die  Darstellung  durchaus  frisch,  der  Fortschritt  der  Rede  und 
Handlung  rasch  und  ohne  ermüdende  Weitschweifigkeiten.  Von  ästhe- 
tischem Geschmack  zeugt,  wie  die  Söhne  selbst  allmählich  den  Sinn  des 
väterlichen  ,Testamente8'  finden  müssen.  Von  vortrefflicher  Wirkung 
ist  dabei  des  Vaters:  Sone,  nu  bystu  harde  by  der  rechtferdicheyt. 
Und  ebenso  psychologisch  fein  ist  die  Einführung  der  Frage  des 
dritten  Sohnes  nach  dem  Schicksale  der  Un rechtschaffenen,  wie  ethisch 
vortrefflich  die  Zurückweisung  derselben  durch  des  Vater.  Der  sitt- 
liche Zweck  der  Dichtung  liegt  auf  der  Hand.  Es  ist  sehr  fraglich, 
ob  ein  moderner  Dichter  wähnen  dürfte,  seine  Aufgabe  einer  eindring- 
lichen Mahnung,  der  Rechtschaffenheit  gegen  Gott,  seinen  Nebenmen- 
schen  und  sich  selbst  nach  Kräften  nachzustreben,  in  solcher  dichte- 
rischen Einkleidung  mit  Erfolg  lösen  zu  können.  Wir  denken  viel 
zu  abstract,  als  dass  wir  uns  der  Vorstellung,  eine  innere  Eigenschaft 
des  Menschen  unter  dem  Bilde  einer  Person  suchen  zu  sehen,  mit  der 
Hingabe,  die  der  Dichter  von  seinem  Hörer  verlangen  muss,  anbe- 
quemen könnten.  Dass  aber  der  Dichter  des  Henselin  für  seine 
naivere  Zeit  den  richtigen  Ton  getroffen,  darüber  kann  kein  Zweifel 
sein.     Und   ein  moderner   Leser   wird   diese   zeitlichen  Zufälligkeiten 


der  Form  leicht  vergessen  über  der  Kunst  des  Dichters  und  über 
seiner  trefflichen  Gesinnung,  aus  welcher  der  Entwurf  des  Ganzen  her- 
vorgegangen ist  und  die  sich  auch  im  Einzelnen  nie  verleugnet.  Gegen 
Ende  scheint  der  Ernst  des  Gegenstandes  Einbusse  zu  erleiden,  die 
Prosa  unnütz  und  störend  zu  sein ;  dies  erklärt  sich  aber  aus  der  Ge- 
schichte des  Buches. 

Es  unterliegt  nämlich  keinem  Zweifel,  dass  wir  in  unserem  Ge- 
dicht ein  Drama  besitzen,  das  für  eine  theatralische  Darstellung  ver- 
fasst  und  wirklich  aufgeführt  worden  ist.  Aus  Deecke's  Historischen 
Nachrichten  von  dem  lübeckischen  Patriziat  (in :  Lisch,  Jahrbücher  des 
Vereins  f.  meklenb.  Gesch.  1845.  X,  50)  wissen  wir,  dass  die  Zirkel- 
brüder in  Lübek  jährlich  zu  Fastnacht  auf  einer  sogenannten  Burg 
ein  Spiel  aufführten.  Deecke  hat  S.  82  die  Spiele  nach  dem  Ver- 
zeichnüss  von  denen  adelichen  Familien  der  Zirkel-Gesellschaft  in 
Lübeck.  Lübeck,  1689.  aufgezählt.  Die  Liste,  welcte  dort  nur  bis 
z.  J.  1479  fortgeführt  wird,  enthält  kein  Stück,  w^elches  unser  Henselin 
sein  könnte.  Einen  ähnlichen  Stoff  agierte  man  1466,  nämlich  von 
der  alten  und  neuen  Welt  und  von  Gerechtigkeit  (im  ndd.  Original: 
rechtverdicheyt)  und  ihrer  Tochter  Treue  und  einem  Bruder  Wahrheit, 
und  halte  Masse.  Herr  Stadtarchivar  W^ehrmann  in  Lübeck  hat  die 
Güte  gehabt,  mir  fürs  Jahrbuch  die  sämmtlichen  Titel  der  Fastnacht- 
stücke in  ihrer  ursprünglichen  niederdeutschen  Gestalt  mitzutheilen. 
Da  ist  für  das  J.  1484  verzeichnet:  van  der  rechtverdicheyt.  Ich 
zweifle  nicht,  dass  damit  der  Henselin  gemeint  ist.  Die  Vorzüglich- 
keit des  Stückes,  dessen  Tendenz  dazu  ganz  die  reformatorische  jener 
Zeit  ist,  wird  ca.  15  Jahre  nach  der  Auffuhrung  die  Vervielfältigung 
durch  den  Druck  veranlasst  haben. 

Die  Titelstrophe,  wahrscheinlich  auch  die  der  zweiten  Seite  wird 
erst  beim  Druck  hinzugekommen  sein.  Ob  auch  die  beiden  Zeilen, 
mit  welchen  der  Geck  sich  dann  einführt,  spätere  Zugabe  sind,  ist 
mir  ungewiss.  Es  lässt  sich  sehr  gut  denken,  dass  der  Narr  zu  Fast- 
nacht das  erste  Wort  gehabt  habe,  zumal  da  er  im  Stücke  eine  so 
hervorragende  Rolle  spielt;  andererseits  könnte  aber  auch  erst  der 
neue  Titel  zu  einer  kurzen  Vorstellung  des  Titelhelden  geführt  haben. 
Mit  ,de  dichter  desses  bokes  sprickt  also  (eyn  yslyck  höre  myt  flyte 
tho !) :'  beginnt  der  Prolog,  den  der  Dichter  wohl  selbst  gesprochen 
hat.  Unter  diesem  vermuthe  ich  einen  Mönch.  Wenngleich  die  Zirkel- 
brüder jedes  Jahr  ein  paar  ihrer  Gesellschaft  zu  Dichtern  des  Fast- 
nachtspieles bestimmten,  so  steht  doch  auch  fest  (Mekl.  Jahrb.  X, 
S.  78.  §  26),  dass  diese  einem  andern  den  eigentlich  dichterischen 
Theil  ihrer  Aufgabe  übertragen  konnten.  Da  nun  das  Henselinsboek 
durchaus  auf  einen  Gelehrten  als  Verfasser  schliessen  lässt,  die  Mön- 
che bei  der  Suche  der  Rechtfertigkeit  am  besten  wegkommen  und  da 
uns  ßeimar  Kock  (Mekl.  Jahrb.  X,  S.  85)  berichtet,  dass  z.  B.  im 
Jahre  1537  ein  Mönch  die  , vorrede'  gesprochen,  so  liegt  der  Schluss 
auf  einen  mönchischen  Verfasser  nahe.  Sein  Name  wird  schwerlich 
je  zu  Tage  kommen.     Hat  er  mehr  verfasst,  so  wird  man    ausser  an 

Kiedexdeutsches  Jahrbuch,    ni.  3 


34 

anderen  Kennzeichen  seine  Werke  wohl  am  schnellsten  an  einer  sig- 
nificanten  Stileigenthümlichkeit  erkennen  können,  nämlich  an  einer 
Vorliebe  für  Parenthesen,  von  denen  er  eine  in  der  Prosa  S.  22  auch 
durch  das  Zeichen  derselben  aus  dem  Satzgefüge  heraushebt,  die 
übrigen  gar  nicht  oder  nur  durch  einen  Punkt  vorher  oder  nachher  son- 
dert, als  2,4.  3,4.  4,13.  5,2.7.  8,4.  9,13.  11,15.  12,12.  20,13.  Der  Dich- 
ter schliesst  den  Prolog  mit  5,2.  wo  ,lesz  vordan'  natürlich  bei  der 
Darstellung  durch  einen  anderen  Ausdruck  ersetzt  gewesen  sein  muss. 
Der  Gang  des  Stückes  selbst  ist  völlig  klar;  desgleichen  wird  uns 
deutlich  gesagt,  dass  Henselyn  von  19,17  an  den  Epilog  spricht. 
Dieser  schliesst  im  Buche  und  ich  wüsste  nicht,  warum  nicht  auch 
in  der  Aufführung  mit  22,13.  Was  dann  in  bunter  Saturaform  folgt, 
halte  ich  für  Zusatz  des  Druckes.  Die  Verse  über  die  Thoren  und 
ihre  Tracht,  sowie  die  Gegenüberstellung  der  alten  und  neuen  Klei- 
dung sammt  Titke  Druckeworst,  dem  Vertreter  der  alten,  sind  viel- 
leicht aus  einem  anderen  Stücke,  nämlich  aus  dem  oben  angeführten 
von  1466,  entlehnt,  ihre  Einführung  wird  durch  die  vorhergehende 
Prosa  eingeleitet  und  ist  vielleicht  durch  sie  auch  veranlasst  worden. 
Obgleich  das  Schlussgedicht  auf  S.  24  in  seinem  Inhalt  zum  Stücke 
stimmt,  ist  doch  nicht  anzunehmen,  dass  ein  so  ernstes  Lied  ein  wenn 
noch  so  sinniges  Fastnachtstück  beschlossen  haben  sollte. 

Gödeke  hat  in  seinem  Grundriss  zur  Geschichte  der  deutschen 
Dichtung  S.  94  ein  sehr  strenges  Urtheil  über  die  Fastnachtspiele  des 
15.  und  16.  Jahrhunderts  gefällt.  Die  in  der  Sammlung  Keller's, 
(Bibliothek  des  Litterarischen  Vereins  in  Stuttgart  Bd.  28.  29.  30.  46), 
vorliegenden  rechtfertigen  durchweg  diesen  Tadel.  Zu  den  anständigeren 
sind  die  drei  niederdeutschen  No.  113.114  und  121  zu  rechnen.  Die 
ersteren  beiden,  Burenbedregerie  und  Wo  men  böse  frouwens  främ 
maken  kan,  sind  derbe,  aber  nicht  unfläthig ;  das  letzte,  Van  dem  dode 
unde  van  dem  levende,  gedichtet  dörch  Nicolaum  Mercatoris  (wahr- 
scheinlich in  Lübek  gedruckt,  Keller  Bd.  46  S.  335  nach  Scheller's 
Vermuthung  in  seiner  Bücherkunde  der  sassischniederdeutschen  Sprache 
S.  478),  wie  schon  der  Titel  verräth,  ernsten  Inhaltes.  Auch  die 
beiden  ausserdem  erhaltenen  Spiele,  Claus  Bur  (hrsg.  v.  A.  Höfer, 
Greifswald  1850)  und  Schevekloth,  (hrsg.  v.  Lüntzel  in  Zeitschrift  des 
Museums  zu  Hildesheim  I,  220),  stehen  weit  ab  von  jenem  Schmutz 
der  hochdeutschen  Spiele.  Jene  geretteten  Titel  der  Lübekischen 
Fastnachtspiele,  zumal  die  seit  der  Mitte  des  15.  Jahrhunderts,  lassen 
gleichfalls  deutlich  das  Bestreben  der  Verfasser  erkennen,  die  Be- 
lehrung mit  der  Unterhaltung  zu  verbinden,  welchen  Eindruck  der 
blossen  Ueberschriften  der  Inhalt  des  Henselin  bestätigt,  so  dass 
man  in  diesem  moralisierenden  Charakter  wohl  eine  Eigenthümlichkeit 
der  niederdeutschen  Fastnachtspiele  zu  sehen  hat. 

Es  bleibt  bei  Betrachtung  unseres  Stückes  noch  zu  erwägen,  ob 
es  ganz  original  ist.  In  der  Germania  18,  460  hat  Reinhold  Köhler 
ein  ,Gedicht  von  der  Gerechtigkeit'  mitgetheilt,  das  ganz  so  wie  im 
Henselin   die  Gerechtigkeit   bei  verschiedenen   Ständen   suchen  lässt. 


35 

Der  Suchende  wird  Bote  (nanciuB)  genannt.  Er  fragt  in  folgender 
Ordnung :  Frau,  Bauer,  die  Bürger,  Jude,  die  Ritter  und  Edelleute, 
Kaiser,  Papst,  die  Doctoren  und  Gelehrten,  die  Alten  (senioree).  Ge- 
funden wird  die  Gerechtigkeit  nicht:  der  Bote  wird  von  einem  zum 
andern  geschickt,  die  Alten  erklären,  sie  werde  grade  begraben  (vgl, 
Bens.  15,10).  Die  Wechselreden  bestehen  ausjeeiuem  gereimten  Vera- 
paar.  Das  Gedicht  steht  in  einer  Saiumelhandschrift  de?  grossh. 
Bibliothek  zu  Weimar  aus  der  zweiten  Hälfte  des  15.  Jahrhunderts. 
Wenn  uns  diese  Angabe  im  unklaren  lässt,  welches  Gedicht  früher 
sei,  ob  dieses  Weimarer  oder  der  Henselin,  so  spricht  doch  die  Ein- 
fachheit der  Fabel  und  Form  zu  Gunsten  jenes  Gedichtes.  .Seine 
achtzehn  Reimpaare  sind  nichts  weiter  als  eine  immerhin  geschickte 
Dialogisierung  des  pessimistischen  Erfahruugresultates :  die  Zeit  ist 
schlecht,  denn  die  Gerechtigkeit  ist  auf  Erden  todt,  und  wenn  man 
sie  bei  allen  möglichen  Classen  und  der  Ständen  der  Gesellschaft 
suchte,  mau  fünde  sie  nicht.  Eine  solche  verzweifelnde  Anschauung 
ist  kein  würdiger  Gegenstand  der  Poesie,  als  höchstens  der  Satire, 
welche  der  Henselin  nach  dem  Sinne  des  Verfassers  aber  offenbar 
nicht  hat  geben  sollen.  Daher  die  an  sich  nahe  liegende  Erweiterung 
der  Fabel,  wie  der  Henselin  sie  uns  zeigt.  Wir  erfahren  aus  jenem 
Gedichte  also,  dass  unser  Dichter  nicht  bloss  eine  Vorstellung  von  dem 
Zustande  der  Welt  in  derjenigen  Fassung,  wie  sie  seiner  Zeit  ja  sehr 
geläu£g  war,  zum  Vorwurf  seines  Stückes  genommen  hat,  sondern 
dass  er  auch  bereits  einen  Versuch,  diese  Idee  poetisch  zu  verwerthen, 
vorgefunden  und  sich  angeeignet  hat.  Für  diese  Abhängigkeit  des 
Henselindichters  von  dem  Weimarer  Gedicht  spricht  deutlich  ein  Ver- 
gleich der  Strophe  des  Bauern : 

Habe  ich  von  der  gerechtikeyt  ie  gehord, 

So  slahe  mich  jo  der  mord ! 
mit  Henselin  9,  10—14.  Daraus  darf  man  ihm  natürlich  keinen 
Vorwurf  machen.  In  seinem  Verständniss  dafür,  dass  der  Stoff  auf 
Grundlage  jenes  Versuches  sich  zu  einem  grösseren  poetischen  Kunst- 
werke ausgestalten  und  zugleich  ethisch  tiefer  fassen  Hesse,  offenbart 
sich  seine  künstlerische  Begabung  schon  hinreichend;  nicht  minder  aber 
in  der  selbständigen  Anordnung  der  Erkundigungen  nach  der  Recht- 
fertigkeit, wobei  die  Bürger  mit  Absicht  umgangen  werden,  der  in 
Lubek  damals  unbekannte  Jude  fortbleiben  musste.  Dass  er  dabei 
nicht  verschmäht,  selbst  wörtlich  herüber  zu  nehmen,  was  einmal  be- 
friedigende poetische  Form  gewonnen  hat,  muss  ihm  gerade  zu  gleichem 
Lobe  gerechnet  werden. 

Die  Sprache  des  Weimarer  Dialoges  ist  mitteldeutsch,  ist  thü- 
ringisch, und  zwar  bereits  mit  der  aus  dem  Südosten  nach  Norden 
gedrungenen  Vocalsteigerung  des  langen  i  zu  ei  (sey,  bey),  noch  nicht 
des  hingen  n  zu  au  (geburman,  usz,  uf).  Es  finden  sich  aber  deut- 
liche Spuren,  dass  dies  Gedicht  aus  dem  Niederdeutschen  übersetzt 
ist,  nämlich  das  jo  in  dem  ,so  slahe  mich  jo  der  mord',  die  Form 
Jödd   neben  Jude,    van  statt  von,   und  auch   wohl  die  Gonsonantrer- 


ff  ^ 
V,'- 


36 

doppeluDgen  in  diesse,  lessen,  wessen  werden  dahin  zu  rechnen  sein. 
Der  Ausdruck  ,dic  guten  man'  für  die  Edelleute  ist,  so  viel  ich  sehen 
kann,  ein  speciel  niederdeutscher.  Aus  jener  Gemination,  die  auch 
in  Jödd  vorliegt,  möchte  ich  auf  braunschweigischen  Ursprung  des 
Gedichtes  rathen  und  ferner,  wie  ich  in  meinem  Aufsatze  über  das 
Dialektische  im  Reineke  Vos  für  die  niederdeutsche  Uebertragung 
dieses  Epos  gethan,  desgleichen  imHenselin  einen  Einfluss  jener  geistig 
regsamen  ostfälischen  Stadt  auf  Lübek^s  Geistesleben  vermuthen. 

HAMBURG.  C.  Walther. 


Eine  Münstersche  Grammatik  aus  der 

Mitte  des  XV.  Jahrh. 

Die  von  Th.  Benfey  Gesch.  der  Sprachwiss.  u.  Orient.  Philol.  in 
Deutschi   S.  208  erwähnte  lateinisch-niederdeutsche  Grammatik   (vgl. 
auch  Korresp.  Blatt  I,  5)  wird  im  Fg.  vollständig  mitgetheilt,    da  die 
Arbeit  auch  in  ihren  rein-lateinischen   Partien   wegen   des    gesunden, 
nüchternen  Sinnes,  der  sich  überall  darin  ausspricht,  Theilnahme  ver- 
dienen dürfte.     Die    Arbeit   ist    nach   Angabe   der   Vorrede    1451   in 
Münster  geschrieben  und  abgeschlossen,  der  Druck  selbst  wird  (nach 
den  übereinstimmenden  Urtheilen  Sachverständiger)   freilich  erst  dem 
Ende  des  Jahrh.  angehören.     Es  sind  17  Blatt  in  klein  Quart,  davon 
das   erste   auf   der  Vorderseite   nur  einen  ziemlich  rohen  Holzschnitt 
(Lehrer  und  Schüler  sitzen  sich  gegenüber)  und  die  (auf  der  Rückseite 
wiederholte)  Ueberschrift :  ^Incipit  .  .  .  tempora"  führt.     Abkürzungen 
sind  zahlreich,   namentlich  in  der  lat.  Vorrede  und  ohne  Consequenz 
gebraucht;  Worttrennung  und  Interpunktion  oft  fehlerhaft  oder  doch 
unpraktisch.    Neue  Abbreviaturen  habe  ich  natürlich  nur  in  lat.  gramm. 
Terminis  mir  erlaubt.     Das  u  und  v,  i  und  j  ist  von  mir  unterschieden ; 
überdies  y,   das  sehr  häufig   für  i  eintritt,    nur   in  Fällen   wirklicher 
Länge    oder   doch   zweifelhafter   Quantität  (wie   in  my,   dy)  behalten, 
resp.    für    i    gesetzt.       Eine     solche     Scheidung     schien     nicht    un- 
zweckmässig, da  bez.  der  anderen  Vocale  eine  Beachtung  der  Quan- 
tität sich  findet;    der  lange  Vocal  wird  —  aber  durchaus  nicht  con- 
sequent    —    durch    beigeschriebenes    e    (in   vlämisch-niederl.   Weise) 
bezeichnet,  z.B.:  fruchtbaer,  beer  kompt,    boek,   boem,   gued  wervet 
(alle  diese  Beisp.  im  Genit.)  u.  w.     Für  i  begegnet  bisweilen  ij,  z.B. 
tijd  =  tyd,  natürlich  auch  in  niederl.  Art.   —   Mit  besonderer  Sorg- 
falt ist  das  Verbum  behandelt,  gemäss  dem  schon   im   lat.   Vorworte 
dargelegten  Standpunkte  des  Autors.  — 


.  ^-  ■'■^■j*'.*!'  ■7^=.-^<;'^->. 


37 

Incipit  tractatulus  daus  modum  teutonisandi 
casus  ac  tempora,  editus  Monasterii  in  Westfalia 
per  quendam  decretorum   doctorem. 

Quidam  scribit  nepoti  suo  adhuc  puero,  adhortans  eum  ad 
grammaticam  perfecte  discendam,  dandoque  sibi  fundamentum  aliquale 
in  casibus  et  temporibus. 

Hcnricus  Henrico  nepoti  suo  salutem!  Etsi  nunc  primum 
matris  tuae  incipias  ubera  sugere,  et  in  cunabulis  illius  accumbere, 
ita  ut  non  modo  nuUa  tibi  prorsus  materna  lingua^)  fandi  potentia^) 
sit,  sed  nee  ulla  cuiuspiam  tantilli  sermonis  intelligentia  (ut  puta, 
qui  nee  casus  discere  coepisti  nee  tempora),  verumtamen  ac  ipsa  ad 
te  epistola  mea  qua  hoc  nunc  tecum  quasi  cum  dormiente  loquor, 
tuum  adhuc  imbecillem  animum,  cum  prsestante  Altissimo  vigoris 
attigerit  initia,  quasi  stimulo  quodam  ad  grammaticam  rhetoricamque 
discendam,  atque  bis  mediis  sacrarum  lituarum  capessendas  senten- 
tias  lacessere  cupio.  Unde  imprimis  hoc  unum  prsecipue  vehementer- 
que  tibi  cordi  sit  obsecro,  ut  scilicet  hanc  eandem  meam  epistolam 
tanquam  munusculum  tibi  ab  amico  relictum  nonnunquam  revidens 
avideque  lectitans,  quam  salutifera^)  divinarum  rerum  scientia,  quam 
necessaria  grammatica,  quam  utiiis  ad  scripta^)  recte  intelligenda 
rhetorica  sit,  ad  memoriam  ssepenumero  revocare  eures. 

Cum  autem  a  rudioribus  grammaticse  initiis  quasi  a  lacte  ad 
solidum  illius  cibum  tibi  declinandum  fore  putaveris,  cavebis  summo- 
pere,  ne  adeo  te  vanus  maturet  appetitus,  ut  stomacho  tuo  ante  tempus 
ablactato  non  conferat  cibus  ille.  Et  siquidem  considerationis  aperias 
oculum,  plurimos  hoc  appetitu  falli  videbis,  quemadmodum  et  eos  qui 
nondum  fundamento  iacto,  nondum  scilicet  sufficienter  grammaticam 
adepti,  ad  alias  se  divertunt  scientias,  etsi  cum  nomine,  sine  re  tamen 
invenies.  tibi  enim  fundamentum  non  est,  nihil  supersedificari  potest. 
Ne  putaveris,  mi  nepos,  faciliter  tibi  apprehensibilem  esse  grammaticam, 
quoniam  neminis  mortalis  ingenio  non  infinita  est.  Noli  tibi  satis  esse, 
ut  congruus  puteris,  sed  ut  sis  stude.  Vulgari  appellatione  in  omni 
loco  plurimi  congrui  sunt,  sed  veritaie  paucissimi.  Immoretur  itaque 
vehementerque  inhsereat  grammaticaa  competentibus  annorum  curriculis 
cupida  illius  pueritia  adolescentiaque  tua;  ne  tibi  dicat  quis  :  quid 
matrem  reliquisti,  priusquam  recte  fari  scires  ?  Quoniam  autem  innu- 
mera  sunt  vocabula,  et  illorum  copia  bonum  grammaticum  super  omnia 
oportet  abundare,  copiosura  et  incorruptum  aliquem  vocabularium 
semper  habeas  persuadeo  tibi.  Sane  casus  et  tempora  quamquam 
pueris  pro  ostio  et  introitu  ad  grammaticam  sint,  tamen  et  eos  ssepe, 
qui  ad  magisterii  etiam  apicem  sunt  provecti,  hsec  puerilia  (prsesertim 
ipsa  tempora)  turpiter  videmus  ignorare;  quod  non  tam  ridiculosum, 
quam  esse  damnosum  arbitror.     Dum  enim  indoctus  docet,  non  modo 


«)  M. 


ligue  oder  liguc  M.  (d.  i.  Münsterscher  Druck), 
potencia  u.  ähnl.  öfter. 
')  -feram  M. 
*)  schripta  (u.  ähnl.  oft.)  M. 


^•* 


38 

plurimum  temporis  perditur,  sed  et  plerumque  error  pro  veritate  con- 
cipitur  et  perpetuo  retinetur.  Equidem  multos  non  tantum  communes 
grammaticos  sed  et  in  artibas  magistros  adeo  turpissime  comperi^) 
ignorare  tempora,  ut  dum  prseterito  perfecto  uti  debent,  semper  prseterito 
plusquampeifecto  utantur.  Porro  in  coniunctivo  modo  admodum  pauci 
inveniuntur  (maxime  nostrse  germanicdB  nationis)  non  errantes.  Est 
enim  hie  modus  aliis  subtilior  difficiliorque.  Quamobrem  prseterire 
solent  illum  ignari,  indicativo  pro  eo  abutentes.  Equidem  et  tanta  in 
coniunctivo  subtilitas  est,  ut  Actuum  III.  capitulo  disputet  glossa, 
cuius  illic  temporis  verbum  ^venerint"  sit:  atque  etiam  iuris  canonici 
in  capitu(lo)  „Ad  hsec  de  rescriptis^  in  dubium  revocet,  cuius  sit  ibi 
temporis  verbum  „elegerint^.  —  Quantum  autem  civilis  iuris  scientiae 
insudanti,  ut  perfecte  tempora  soiat,  opportunum  existat,  ex  lege  ^^Si 
quis  stipulatus^)",  innumeris  quoque  aliis  legibus  glossisque  et  doctorum 
dictis  claret.  In  rhetorica  vero,  oratoria  atque  arte  et  poetria,  si  quis 
quidpiam  se  sapere  putat,  nisi  perfectissimus  promptissimusque  in  tem- 
poribus  sit,  sua  sese  miserum  stulta  prsesumtione  decipit.  Magnam 
itaque,  mi  nepos,  temporibus  vim  inesse  comperies,  si  et  considerativus 
fueris  et  literaturse  desiderativus.  Unde  tibi  tuisque  caris,  quibus  hsec 
communicaveris,  pauca  qusedam  de  casibus  et  temporibus,  quibus  cele- 
riter  faciliterque  ad  fundamentalem  aliquam  illorum  cognitionem  et  in- 
telligentiam  pervenias,  inferius  annotabo. 

Sed  ne  mali  moris,  quo  scholarium  rectores  in  bis  praesertim 
partibus  uti  solent,  ut  pueris  etiam  illis,  quibus  vix  omni  adhibita 
diligentia  materna  lingua  latini  sermonis  sensum  imprimerent,  non 
vulgaribus  sed  latinis  verbis  latinum  exponant  sicque  pueros  ipsos 
docere  conentur  quse  nesciunt  per  verba  quse  non  intelligunt,  imitator 
existam,  vulgaribus  tecum  verbis  utar.  Sed  et  hoc  postremo  menti 
tuse  insculptum  rejinquo,  ut  scilicet  multum  semper  animadvertas, 
quemadmodum  in  rhetorum,  oratorum  poetarumque  scripturis  respectu 
modorum  et  temporum  verba  ponantur;  hoc  ipso  enim  in  modis  tem- 
poribusque  fundamentaliter  intelligendis  permaxime  te  proficere  senties. 
—  Valeas  in  Christo  Jhesu!  — 

Scriptum  anno  Domini  MCOCCLI  in  originali  et  confectum. 

(!•)  Casus» 

Cado,  cadis,  cadere  dat  heth  vallen,  dar  kummet  van  casus, 
dat  heth  ein  val  unde  sy  heiten :  Nominativus,  Genitivus,  Dativus, 
Accusativus,  Vocativus,  Ablativus  casus  umme  des  valles  willen,  van 
deme  einen  uthgange  up  den  anderen.  Exemplum:  Magister,  dat  geit 
uth  up  ein  r  unde  velt  van  dat  r  up  ein  i,  van  dat  i  up  ein  o,  van 
deme  o  up  ein  um,  van  deme  um  wedder  up  ein  r,  van  deme  r  wedder 
up  ein  0.  — 

*)  comperit  M. 

®)  Im  Fg.  sind  einige  juristische  Citate  (mit  mir  theilweise  nicht  ganz  deut- 
lichen Abbreviaturen)  übergangen. 


39 

Nominativns. 

Nomino,  as,  are  dat  heth  nomen ;  dar  komet  äff  nominativus,  dat 
hetb  noemhafftich,  wente  wan  men  ein  dinck  nomen  schal,  dar  bruket 
man  dessen  easum  to.  Exemplum :  Ick  vrage  dy,  wo  dyn  name  sy ; 
du  antwerdest  my  unde  sprekst:  Henricus.  Ick  vraghe  dy,  wo  dyn 
yader  heth;  da  antwerdest  my:  Hermannus.  Ik  vrage  dy,  wat  ein 
boek  in  latyne  heth;  du  antwerdest  my:  über.  Desse  casus  is  der 
nature,  wan  he  steit  by  deme  verbum,  dat  eine  werckinge  bedudet, 
dat  me  heth  activum,  so  wercket  he.  Exemplum:  Henricus  scribit, 
Henricus  legit  ==  Henrick  schrift,  Henrick  lest;  unde  wan  he  steit 
by  ein  verbum,  dat  eine  lydinge  bedudet,  dat  me  heth  passivum,  so 
lyth  he.  Exemplum :  Henricus  docetur,  Henricus  corrigitur  =  Henrick 
wert  gelert,  Henrick  wert  gehouwen. 

Oenitivus. 

Gigno,  is,  ere  dat  heth  telen,  alse  wan  ein  man  ein  wyfi  mit 
kinde  gemaket  heft,  so  hefft  he  ein  kint  getelet;  van  gigno  kompt 
genitivus,  dat  heth  teelhaftich,  wente  alse  ein  minsche  van  deme  an- 
deren getelet  wert,  so  werden  ein  deel  casus  van  genitivo  formeret, 
unde  ok  wente  de  genit.  is  anhangender,  togedaner  unde  tobehoriger 
nature  unde  maket  sick  unde  den  anderen  casum,  dar  he  by  steit,  to 
hope  hangen  unde  mennich  ander  togedaen  unde  tohoren,  even  alse 
vader,  moder  unde  kint  unde  ander  natürlike  vrunde  an  ein  ander 
hangen  unde  ein  den  anderen  tohoret  unde  togedaen  is.  Exemplum : 
pater  filii,  filius  patris  =  vader  des  soens,  sone  des  vaders.  Dominus 
servi,  servus  domini  =  here  des  knechtes,  knecht  des  heren.  Dominus 
domus,  domus  domini  =  here  des  huses,  husz  des  heren.  Henricus 
dominus  libri,  liber  Henrici  =  Henrick  here  des  bokes,  Henrikus^)  boek. 
—  Unde  wente  neine  naturliker  unde  grotter  anhangerheit,  togeda- 
nicheit  unde  tobehoricheit  enis  wen  twisschen  wyff  unde  man,  vader 
moder  unde  kint,  dat  al  van  telende  beer  kompt,  unde  also  den  desse 
casus  der  nature  is,  darumme  heth  he  teelhaftich.  Item  desse  casus 
is  ok  hebbender  unde  besittender  nature  unde  darumme  geft  me  eme 
fruchtbaerheit  to ;  wente  we  gued  wervet,  de  is  so  to  sprekende  frucht- 
baer,  alse  ein  boem,  de  frucht  drecht,  unde  alse  den  gantz  vele  vrucht 
in  de  werlt  kompt,  darumme  heth  he  teelhaftich. 

Dativns. 

Do,  das,  dare  dat  heth  gheven,  dar  kompt  van  dativus,  dat  heth 
gbeveafftich.  Desse  casus  heth  darumme  gheveafftich,  wente  weme 
wat  gegeven  wert,  de  schal  staen  in  dativo.  Exemplum  :  do  tibi  panem 
=  ik  geve  di  broeth.  Do  Henrico  librum  =  ick  gheve  Henrike  dat 
boek.  Ok  is  desse  casus  der  nature,  dat  nicht  alleine  de  jenne,  deme 
wat  gegheven  wert,  men  ok  de  gennen,  den  wat  genamen  wert,  efte 
deme  wat  to  bathe  efte  to  schaden  gedaen  wert,  in  dativo  staen  schal. 


*)  Es  scheint  Henrikus  hier  unflektirt,  wie  Mauritius  S.  41,5. 


40 

Exemplum :  aufero  tibi  panem  =  ik  neme  dy  broeth.  Aufero  Hen- 
rico  librum  =  ik  neme  Henrike  dat  boek.  Doceo  matri  filium  suum 
=  ik  lere  der  moder  ere  kint.  Magister  negligit  parentibus  suos 
filios  =  de  meister  versumet  den  olderen  ere  kinder.  Dat  desse  casus 
heth  geveaflftich  unde  nicht  nemeaftich  efte  batheaftich  efte  schadeaftich, 
dat  is  darumme,  wente  wat  geveaftich  is,  dat  is  ock  batheaftich; 
unde  gheveaftich  unde  batheaftich  is  beter  den  nemeaftich  unde  schade- 
afftich.  Also  heft  desse  casus  synen^)  namen  na  syner  besten  nature 
unde  nicht  na  syner.  ergesten  nature. 

Accnsativas. 

Accuso,  as,  are  dat  heth  beschuldighen,  alse  men  einen  umme 
syne  missedaet  beschuldiget,  dar  kompt  van  accusativus,  dat  heth 
schuldichaftich.  Desse  ist  lydenhaftiger  nature,  wente  alse  dat  dink, 
dat  wercket,  in  nominativo  steit,  so  steit  dat  dink,  dat  lyth,  in  accu- 
sativo ;  unde  so  is  he  ok  schuldichaftiger  nature.  Wente  we  vor- 
denet  hefft  to  lydende,  de  heflft  ok  vordenet,  dat  me  ene  schuldige, 
unde  darumme  is  desse  casus  geheiten  schuldichaftich.  Exemplum : 
pater  corrigit  filium  suum  =  de  vader  houwet  synen  sone.  Magister 
docet  scholarem  suum  =  de  meister  leret  synen  schulre.  Hyr  wercken 
de  vader  unde  de  meister,  unde  de  sone  unde  de  schulre  lyden.  Item 
dat  dinck,  dar  de  werckipge  in  geit  edder  dat  gedaen  edder  gewercket 
wert,  alse  gelesen,  geschreven  etc.,  wan  dat  steit  by  einen*)  verbum, 
dat  werckinge  bedudet,  so  steit  id  in  accusativo.  Exemplum:  scribo 
librum  =  ick  schrive  ein  boek.  Legitur  librum  =  men  lest  id  boek. 
Loquor  latinum  =  ick  spreke  latyn.  Item  desse  casus  h  ok  der 
nature,  dat  erae  geboret  to  staende  by  dessen  vorsettighen,  de  Die 
heth  prsepositiones,  de  hyr  na  volgen :  to,  by,  up,  under,  baven,  be- 
nedden,  vaer,  achter,  na,  twisschen,  binnen,  buthen,  in,  up  desse  syden, 
up  genne  syde,  umme.  —  Ad  =  to,  exemplum:"  ego  vado  ad  scholas, 
ik  gha  to  der  scholen.  —  Prope  =  by,  ex  :  ego  steti*)  prope  altare, 
ik  stunt  by  deme  altare.  —  Super  =  up,  ex. :  ego  sedeo  super  scamnum, 
ik  sitte  up  der  banck.  —  Subter  =  under,  ex. :  cultellus  mens  cecidit 
mihi  subter  tabulam,  myn  meset^)  entfeel  my  under  der  tafel  — 
Supra  =  baven,  ex. :  ego  video  avem  volare  supra  domum,  ick  se 
einen  voghel  vleghen  baven  dat  husz^).  —  Infra  =  benedden,  ex.: 
luna  est  infra  solem,  de  mane  is  benedden  der  sonnen.  —  Ante  = 
var,  ex. :  ego  sto  ante  mensam,  ik  sta  vor  der  tafelen.  —  Retro  = 
achter,  ex.:  baculus  stat  retro  ostium,  de  staff  steit  achter  der  dore. 
Post  ==  na,  ex. :  tu  venisti  post  me  ad  scholas,  du  quemest  na  my 
to  der   scholen.    —    Inter  =    twisschen,    ex.:   ego   habito  inter  duos 

^)  Wol  nur  zufällig  zeigt  dies  Pron.  im  M.  gewöhnlich  i  statt  y. 

^)  M.  eyne.    Vgl.  S.  42,17. 

*)  stete  M. 

*)  So  habe  ich  aufgelöst,  da  die  dem  z  ähnliche  Abkürzung  gewöhnlich 
ja  =  et,  u.  messet  (s.  Mnd.  Wb.  s.  v.)  ja  die  üblichste  Form  des  Wortes  ist.  Aber 
im  M.  ist  die  Abbrev.  gewöhnlich  =  m,  bisweilen  auch  nur  der  Buchst,  z  (vgl.  ^)j 
es  mag  daher  auch  mesz  gemeint  sein. 

^)  Hier  habe  ich  die  dem  z  ähnl.  Abkürz,  als  z  aufgefasst  (vgl.  *). 


41 

bonos  homines,  ik  wane  twisschen  twen  guden  luden.  —  Intra  = 
binnen,  ex. :  ecclesia  St.  Ludgeri  est  intra  muros,  Sunte  Ludgers  kerke 
is  binnen  der  muren.  —  In  =  in,  ex. :  ego  veni  in  ecclesiani,  ick  quam 
in  de  kerke.  —  Extra  =  buthen,  ex. :  ecclesia  St.  Mauritii  est  extra 
muros,  Sunte  Mauricius  kerke  is  buten  der  muren.  —  Citra  =  uppe 
desse  syde,  ex. :  ego  habito  citra  aquam,  ick  wane  uppe  desse  syde 
des  waters.  —  Ultra  =  up  genne  syde,  ex. :  Johannes  habitat  ultra 
aquam,  Johannes  want  up  genne  syde  des  waters  efte  aver  dat  water. 
—  Circa  =  umme,  ex.:  egovado  circa  cimiterium,  ik  gha  umme  den 
kerckhoff.  —  Ok  sint  meer  prsepositiones,  de  dessen  casum  by  sik  eischen 
to  Stande,  de  du  in  deme  Donato  in  „prsepositio^  best. 

Vocativus. 

Voco,  vocas,  are  dat  heth  eischen  edder  ropen,  alse  wan  ein 
rainsche  deme  anderen  wat  wil  unde  ropt  edder  eischet  ene,  unde 
darumme  heth  desse  casus  vocativus,  dat  is  roepaflftich  edder  eischafftich. 
Ex. :  Henrice,  veni  huc !  Henrick,  kum  beer !  —  Wen  du  einen  ropest 
edder  eischest,  so  schaitu  nicht  seggen  in  Nom.  Heuricus!  Bernardus  ! 
xilbertus!  men  du  schalt  seggen  in  Voc.  Henrice !  Bernarde!  Alberte! 

Ablativns. 

Aufero,  aufers,  auferre  dat  heth  afinemen,  dar  kompt  van  ablativus, 
dat  heth  afnemeaftich,  unde  desse  casus  heth  darumme  afnemeaftich, 
wente  he  steit  gerne  by  desser  präpositien  ein :  a,  ab,  abs,  absque, 
sine,  de;  unde  desse  präpositien  sint  afnemeaftigher  nature,  ex.:  audio "^j 
quotidie  a  magistro  unam  bonam  lectionem  =  ick  bore  dageliken  van 
deme  meister  eine  gude  lectie.  Hyr  wert  de  lectie  van  deqie  meister 
genomen  mit  den  oren.  —  Ab  omnibus  scholaribus  recipit  näagister  pretium 
suum  exceptis  pauperibus  =  van  allen  schulren  nempt  de  meister 
syn  loen  üthgenomen  de  armen.  Hyr  wert  dat  loen  afgenamen.  — 
Absque  misericordia  corrigit  magister  truphatores,  sunder  barmeherticheit 
houwet  de  meister  de  boven.  Hyr  wert  dat  houwent  der  barme- 
herticheit afgenamen.  —  Habeo  bursam  sine  pecuniis,  ik  hebbe  einen  budel 
sunder  gelt.  Hyr  is  dat  gelt  van  deme  budel  gescheiden,  effte  id 
dar  van  edder  dar  uth  genomen  were.  —  Henricus  venit  de  scholis, 
Henrick  kompt  van  der  schole.  He  is  van  der  scholen  gescheiden, 
alse  ein  dinck  van  deme  anderen  genomen  is.  Hyrumme  mach  me 
seggen,  dat  alse  de  Accus,  ist  schulafiftiger®)  natur,  also  in  Accusativo 
gesecht  is,  so  is  desse  casus  afafftiger  edder  vanafftiger  nature,  wente 
waer  ein  af  edder  van  is,  dar  wil  he  by  syn,  also  men  seen  mach  in 
dessen  vorgeschreven  exemplen.  Item  he  is  medeafftiger  nature, 
wente  waer  ein  mede  is,  dar  wil  he  by  syn,  ex. :  ego  habeo  bursam 
cum  pecuniis,  ick  hebbe  den  budel  mit  deme  gelde.  Emi  equum  cum 
sella,  ik  hebbe  ein  pert  gekoflft  mit  deme  sadel.  Ego  scribo  cum 
manu  dextera,  ik  schryve  mit  der  rechteren  haut.  Magister  percussit 
me  cum    palmatorio,    de    meister    sloch    my   mit    deme  palmatorium. 

^)  audeo  M. 

®)  Oben:  schuldichafftiger. 


L 


42 

Item  gemeinliken,   waer   desse    casus  by  der  präpositien   cum   siede 

hefit  to  stände,  dar  mach  he  ok  staen  sunder  der  sulven  präpositien 

cum  unde  dar  blift  allyke  woel  de    sulve    sin.      Item   desse   casus  is 

der  natur,  dat  eme  geboret  to  stände  by  ein  deel  anderen  prsepositiones, 

de  hyr  na  volgen :  in,  op,  under,  voer.     In^),  ex. :  ego  sum  in  ecclesia, 

ik  bin  in  der  korken.     Super  =  op,    ex.:    ego   respondeo   tibi  super 

qusBstione  tua,   ick  antwerde  dy  uppe    dyne  reede.      Sub    =   under, 

ex. :  ego  sedeo  sub  arbore,  ick  sitte  under  deme  bome.     Pro  =  vor, 

ex.:  emi  unum  bonum  librum  pro  uno  floreno,  ik  hebbe  ein  guet  boeck 

gekoft  vor  einen  gülden.     In  deme  Donato   in  ^^prsepositio"    vindestu 

desser   prsepositiones   v\roI    meer,   de    dessen    casum    by    sik    esschen 

tho  staende. 

Nomin.  Siug.  de,  dat  — 

Exempl.  de  man,  de  vrouwe,  dat  vyyff. 

Genit.  Sing,  des,  der  — 

Ex.  des  mannes,  des  wyves,  der  vrouwen. 

Dat.  Sing,  den  (vel  et  melius  deme),  der  — 

Ex.  den  (vel  deme)  manne  eflEte  v^yff,  der  vrouwen. 

Accus.  Sing,  den,  dat,  de  — 

Ex.  den  man,  dat  wyf,  de  vrouwe. 

Vocat.  Sing,  o  du,  du,  o!  — 

Ex.  0  du  man,  o  du  wyf,  o  du  vrouwe! 

du^®)  man,  du  wyf,  du  vrouwe! 

0  man,  o  wyff,  o  vrouwe! 

Ablat.  Sing,  den,  der,  mit^^)  — 

Ex.  van  deme  manne,  van  deme  wyve,  van  der  vrouwen. 

mit  deme  wyve,  mit  deme  manne,  mit  der  vrouwen. 

Nom.  Plur.i2)  ^q  _ 

Ex.  de  manne,  de  wyve,  de  vrouwen. 

Genit.  Flur,  der  — 

Ex.  der  manne,  der  wyve,  der  vrouwen. 

Dativ.  Flur,  den  — 

Ex.  den  mannen,  den  wyven,  den  vrouwen. 

Acc.  Flur,  de  — 

Ex.  de  manne,  de  wyve,  de  vrouwen. 

Voc.  Flur.  0,  je"),  o  je! 

Ex.  0  manne,  o  wyve,  o  vrouwen! 

je       _  ,  je     —  ,  je       — 

o  je  —  ,  0  je  —  ,  0  je  — '*) 

Ablat.  Flur,  den  — 

Ex.  van  den  mannen,  van  den  wyven,  van  den  vrouwen. 

mit  den  mannen,  mit  den  wyven,  mit  den  vrouwen. 

®)  Nur  lat.,  weil  gleichlautend  mit  dem  deutschen  Worte. 

")  Im  M.  steht  auch  hier  (wol  irrig)  o  du  man. 

")  Vgl.  die  Beispiele,  wo  deme  =  den. 

")  Pluralaris  M. 

")  Immer  ye  =  je  M. 

")  In  den  beiden  letzten  Zeilen  vrowen  M.,  sonst  identisch. 


43 

(II*)  Tempora* 

Tempus,  temporis  dat  heth  eine  tyd.  Tempora  (in  plurali)  dat 
|leth  tyde. 

Indicativns  modus. 

Indico,  as,  are  dat  heth  wysen,  alse  ein  minsche  deme  anderen 
ien  wech  wyset  up  ein  hus,  up  anders  wat,  dar  he  umme  gevraget 
iFert.  Hyr  van  kummet  indicativus,  dat  heth  wyszaftich.  Modus,  modi 
iü  heth  ein  mate,  up  ein  manere ;  unde  so  is  indicativus  modus  also 
Feie  gespraken,  alse  ein  wyseafftige  mate  up  eine  maneer. 

Ego  lego  :  ik  lese.  Tu  legis  :  du  lest.  Ipse  legit  :  he  lest, 
Ifos  legimus  :  wy  lesen.  Vos  legitis  :  gy^^)  lesen.  Ipsi^*)  legunt  : 
le  lesen. 

Lego  :  ik  lese,  prsesentis  temporis  indicativi  modi.  Praesens 
kempus  dat  is  jegenwerdige  tyd;  sitte  ik  unde  lese,  vragestu  mi  den, 
rat  ick  doe,  so  spreke  ick:  ik  lese.  Dat  is  den  jegenwardige  tyd; 
rente  de  tyd,  de  ick  over  deme  lesende  bin,  de  is  nicht  geleden  edder 
«rgangen,  unde  is  ock  nicht  to  kamende,  men  se  is  jegenwardich. 
hde  lego  is  ock  wyshafiftiger  mate  edder  manyre ;  wente  wen  ik  segge : 
k  lese,  so  wyse  ick  dy,  wat  ick  do. 

Legebam  :  ick  las,  praeteriti  imperfecti  temporis  indicativi  modi. 
teteritum  imperfectum  tempus,  dat  heth  eine  vergangen  tyd,  de 
icht  volkamen  enis.  Wen  ik  nu  spreke:  ik  las,  so  spreke  ick  in 
iner  tyd,  de  vorgangen  is;  wente  de  tyd  des  lesens  is  vorgangen, 
fide  de  sulve  tyd  enis  nicht  volkamen,  wente  wen  ick  spreke :  ick  las, 
w  envorsteistu  nicht  uth,  efft  ick  wat  gelesen  hebbe,  men  du  vor- 
weist dar  uth,.  dat  ick  over  deme  lesende  was,  unde  hebbe  noch  dat 
58ent  nicht  gedaen.  Unde  alse  den  dat  werck  des  lesens  nicht  vol- 
imen  is,  so  enis  de  tyd  des  lesens  ok  nicht  volkamen.  Ünde  dar- 
Dame  is  legebam  eine  tyd,  de  nicht  volkamen  enis,  unde  legebam  is 
c  wyszhaftiger  mate  edder  manyre ;  wente  wen  ik  spreke :  ik  las,  so 
yse  ik  dy,  wat  ik  dede. 

Legi  :  ik  las  edder  ik  hebbe  gelesen,  praeter,  perf.  temporis  in- 
icat.  modi.  Praeter,  perf.  temp.  dat  heth  eine  tyd,  de  vorgaen  unde 
)lkamen  is.  Wen  du  spreken  wilt:  ik  las,  so  is  id  sere  allyke  vele, 
ft  du  sprekest  legebam  edder  legi;  doch  is  hyr  al  wat  underscheides, 
es  men  nicht  wol  schryven  edder  spreken  enkan,  alse  du  sulven 
llentliken  wol  vorstan  schalt,  deistu  dynen  vlyt  dar  to.  Men  wen  du 
?rekenwilt:  ik  hebbe  gelesen,  so  enmachstu  nicht  spreken:  legebam, 
«n  du  machst  seggen:  legi,  wente  legebam  dat  heth  alleine:  ik  las. 
e^  legi  dat  enheth  nicht  alleine:  ik  las^''^),  men  id  heth  ock:  ick 
-bbe  gelesen.  Unde  wen  ick  segge :  ick  hebbe  gelesen,  dar  vorsteistu 
'h,  dat  de  tyd  des  lesens  vorgaen  is  unde  dat  dat  werck  des  lesens 
Jlkamen  is.     ünde  wan  dat  werck  des  lesens  vulkamen  is,  so  is  ock 


**)  Vgl.  oben  die  andere  Form  u.  "). 

")  ipse  M.,  wol  nicht  =  ipsse,  —  vgl.  *),  ^),  *^). 

")  „Men  —  ik  las"  steht  zweimal  in  M. 


44 

de  tyd  des  lesens  vulkamen  Unde  darumme  is  legi  eine  tyd,  i 
vorgaen  is  unde  vulkamen  is.  Item  legi  is  ock  wyseaflFtigher  mathe 
edder  manere;  wente,  wan  ik  spreke:  ick  lasz  effte  ick  hebbe  gelesei 
so  wyse  ick,  wat  ick  dede  eflfto  wat  ick  gedaen  hebbe. 

Legeram :  ick  hadde  gelesen,  praeter,  plusquamperfecti  temp.  ii 
dicativi   modi.      Ex.:    quando   tu    venisti    ad    scholas,    ego   bene  p( 
horam  legeram ;  do  du  to  der  scholen  quemest,  do  hadde  ick  wol  eü 
stunde  gelesen.     Dit  venisti  is  praeter,  perf.    temp.,  dat   is  eine  va 
gangen^®)  tyd,  de  vulkamen  is  edder  eine  tyd,   de    vulkameliken  vo 
gaen  is.    Legeram,  dat  is  praeter,  plusquamperf.  temp.,  dat  is  eine  tj 
de  vorgaen  is  unde  meer  wen  vulkamen  is  edder  de    meer  den  n 
kameliken  vorgaen  is.     Wente  de  tyd,  dat  du  to  der  schole  quemest,  { 
is  vulkameliken  vorgaen;  men  de  tyd  mynes  lesens    is  meer  den  vn 
kameliken  vorgaen,  wente  se  is  ehr  vorgaen  unde  ehr^^)  vullenkam«| 
den  de  tyd,  dat  du  to  der  scholen  quemest;  wente  ik  hadde  mynlesei 
gheendighet,  ehr  wen  du  quemest.    tJnde  hyr  uth  machstu  mercken, 
ein  praeter,  plusquamperf.  wil  ein  praet.  imperf.  edder  ein  praeter,  perf. 
sick  hebben.  —  Legeram  is  ok  wyseachtiger^®)  mate  edder  manere,  we 
wen  ick  segge :  ick  hadde  gelesen,  so  wyse  ick,  wat  ick  gedaen  hebi 

Legam:  ick  wil  edder  ick  schal  lesen,  edder  alse  de  averlend 
seggen :  ik  werde  lesen,  fut.  temp.  indicat.  modi.  Futurum  tem] 
dat  heth  tokamende  tyd,  alse  de  noch  nicht  vorgaen  is,  unde  de 
nicht  jegenwardich  is,  men  de  noch  kamen  schal.  Ex. :  Hodie 
cras  legam  unam  lectionem  in  grammatica,  huden  edder  moi'j 
wil  ick  eine  lectie  lesen  in  grammattica.  Unde  wattan  men  le 
dudet:  ick  wil  lesen,  unde  men  ock  debeo  legere  dudet:  ik  schal  le 
denne  so  is  underwylen  underscheit  twisschen  legam  unde  debeo  leg» 
Wente  wan  du  emende  beduden  wilt,  dat  du  willen  hefst  to  lesen! 
so  sechstu  legam.  Men  wilt  du  emande  beduden,  dat  du  schuldi 
bist  dit  edder  dat  to  lesende,  so  is  beter  gesecht:  debeo  legere ;  fl 
ick  vrage  dy,  wat  du  morgen  in  der  metten  doen  schalt,  du  antwerd 
ick  schal  eine  lectie  lesen,  de  my  geordenerit  is,  so  is  beter  gese 
debeo  legere  unam  lectionem  mihi  ordinatam,  den :  legam  u.  1.  m- 
Item  watten  men  ock  legam  dudet  ik  wil  lesen  unde  volo  legere 
ok  ik  wil  lesen,  doch  so  is  underwylen  beter  gesecht  volo  le 
underwylen  is  ock  beter  gesecht  legam.  De  genne,  de  ere  tem 
nicht  enkonen,  wan  de  in  fut.  indicativi  spreken  scholen,  also  ik 
lesen  edder  ik  schal  lesen,  de  enseggen  nummer  legam,  me^ 
seggen  alle  tyd  volo  legere  edder  debeo  legere,  dat  ein  groet  vi 
is.  Dit  legam  is  ok  wyszaflftiger  nature  edder  manere,  wente 
du  secht :  ick  wil  lesen  edder  ik  schal  lesen,  so  wysestu,  wat  du  d 
wilt  edder  schalt. 


*^)  vorgaengen  M.  gl 

»»)  Bei  diesem  Worte  tritt  mehrfach  h  als  Dehnungszeichen  ein,  vgl,  uaq 
20)  Das  oft  gebrauchte  Wort  hier  mit  dem  bekannten  üebergange  von  nl 
cht  in  niederl.  Weise.  —  Vgl.  w.  u.  (Imper.)  gebedachtiger  u.  Aehnl. 


r 


45 


Imperativns  modus. 

Impero,  as,  are  dat  heth  beden  edder  doen  heilen,  dar  van 
kommet  imperativus,  dat  heth  bedeafftich  edder  doenhafftich ;  wen  men 
einverbum  spreckt  in  gebedachtiger  edder  doenheitenachtigher  manere, 
dat  is  indicativi  modi. 

Lege  =  lese^^),  prses.  temp.  imperativi  modi.  Wan  du  emande 
I  gebeden  edder  heilen  doen  will,  dal  he  lese,  so  schallu  segghen :  lege ! 
[dat  is  lesz!  —  Dil  lege  is  prsesenl.  lemp.,  dal  is  jegenwardige  1yd; 
[vente  wan  ik  segge :  lesz  I  so  bedude  ik  dy,  dal  du  rechte  voerl  in 
desser  jegenwardigen  tyd  lesen  schall;  dal  is  ock  gebedachtiger  malen 
'«dder  manere,  wenle  wen  ik  dy  segge :  lesz !  so  bede  ick  dy  edder 
-ick  heile  dy  doen,  dal  du  lesest. 

!  Legito  =  lese!  ful.  lemp.  imper.  modi.  Wan  du  emande  beden 
Widder  doen  heilen  will,  dal  he  in  einer  lokamender  1yd  lesen  schal, 
!8o  schallu  Seggen :  legito !  Ex. :  legito  hora  vesperarum  vel  cras 
ffiane  unam  lectionem  in  grammalica  vel  in  loica  =  lese  to  vesperlyd 
Mder  morgen  vro  eine  leclie  in  grammaltica  edder  in  loica.  Doch 
llach  men  gemeinliken  nein  groet  underscheit  to  makende  twisschen 

Irsßs.  unde  ful.  temp.  imper.  modi,  also  dath  id  sere  allykevele 
I,  wen  du  sechst:  lege!  edder:  legito!  Dil  legito  is  ock  gebedeaiftiger 
Mder  doenafftiger  malen  edder  manere,  alse  voer  gesecht  is  van  lege. 
Pesse  imper.  modus  heft  nicht  primam  personam  singul.  numeri,  wenle 
Demant  plechl  sick  sulven  beden  edder  wat  doen  heiten.  Ock  heft 
|e  neinen  prseterit.  lemp.,  dat  is  vorganghen  1yd,  wenle  ick  kan  dy 
pcht  ghebeden  edder  doen  heilen  dit  edder  dat  doen  in  eine  1yd,  de 
porgaen  is.  Ik  mach  wol  seggen:  Henrice,  lese  jotoeP^)  edder  lese 
frade  efte  morgen;  men  segge  ik:   Henrice,  lesz   gisteren    edder   lesz 

fegisteren,  dal  enis  nein  sin. 
t 

Optativus  modus. 

Opto,  as,  are  dat  heth  wünschen  edder  begheren,  dar  kompt  van 
optativus,  dat  heth  wunsachtich  edder  begherachtich ;  wen  men  ein 
terbum  spreckt  in  wünschender  edder  begherender  manere,  dal  is 
^tativi  modi. 

Legerem :  ik  lese  edder  lese  ik,  prses.  temp.  optat.  modi.  Ex. : 
Ctinam  (vel  o  ulinam,  vel  o  si)  legerem  ita  libenter,  sicut  libenter 
«do  I  Och  efte  ick  so  gherne  lese,  alse  ick  gherne  speie !  Item  ex. : 
fcgerem  libenter,  si  haberem  libros !  Ik  lese  gherne,  hedde  ik  boker ! 
fcem  ex. :  Si  legerem  multa,  discerem  multa !  lese  ik  vele,  ik  leerde 
tele!  Dit  legerem  is  hyr  prses.  temporis,  wente  wan  ik  segge:  ik 
fcse  gherne,  dal  bedudet  dy,  dat  ik  nu  in  desser  jeghenwardigen  1yd 
gherne  lese. 


**)  Im  Weiteren  ist  gew.   lesz  für  den  Imp.  Prses.,   lese  für  den  Imp.   Fut. 
lebraucht.  —  Hier  zu  ändern? 

i         ")  Vgl.  Mnd.  Wb.  s.  v.  jutto  (=  hd.  jetzo).  —  jotoel  wol  =  jotoen,  juton 
^  w.  =  hd.  jetzund. 


L 


46 

Legerem:  dat  ick  lese,  praeter,  imperf.  temporis  optativi  modi. 
Ex. :  scholares  mei  rogaverunt,  ut  legerem  eis  breves  et  utiles  lectiones. 
Myne  schulre  beden  my,  dat  ick  en  körte  unde  nutte  lectien  lese. 
Item  ex.:  quando  tu  venisti^^)  ad  scholas,  scholares  rogaverunt  me, 
ut  omni  die  legerem  eis  unam  lectionem  in  philosophia  =  do  du  to 
der  scholen  quemest,  do  hadden  my  de  schulre  gebeden,  dat  ick  er 
alle  dage  eine  lectie  in  philosophia  lese;  dit  legerem  is  by 
praeter,  imperf.  temporis,  dat  is  eine  tyd,  de  vorgaen  is  unde  nich 
vullenkamen  is ;  wente  uth  dessen  exempel  vorsteit  men,  dat  de  be 
gheringe  edder  de  bede,  dat  ick  lese,  gescheen  is  —  men  doch  en 
vorsteit  men  dar  nicht  uth,  dat  id  lesen  gescheen  unde  vullenkamei 
sy.  Unde  hyr  is  to  merckende,  wan  legerem  in  praeter,  imperf.  steit 
so  heft  id  ein  ander  verbum  praeter,  imperf.  edder  praet.  perfecti 
edder  praet.  plusquamperf.  by  sick  staende,  alse  id  hyr  by  sick  beft: 
rogaverunt  unde  rogaverant. 

Legissem:  hedde  ik  gelesen,  edder  ik  hadde  gelesen,  praeter, 
perf.  temp.  optat.  modi.  Ex. :  utinam  (vel  o  utinam,  vel  o  si)  legissem 
et  intellexissem  omnes  libros  grammaticales !  Och  hedde  ick  gelesen 
unde  vorstunde  alle  de  boke  van  grammattiken !  Item  ex.:  ego  le 
gissem  libenter,  si  habuissem  meliores  hbros,  ick  hedde  gherne  ghe- 
lesen,  hedde  ick  bether  boker  ghehath. 

Legissem:  hedde  ick  gelesen  hath,  edder  dat  ick  gelesen  hedde 
bath,  edder  dat  ik  gelesen  hedde,  praeter,  plusquamp,  temp.  opt.  modi 
Ex. :  utinam  legissem  pueris  per  annum  vel  duos  in  scholis,  antequaii 
dimisissem  scholas!  Och  hedde  ik  den  kinderen  ein  jaer  edder  twc 
in  der  scholen  ghelesen,  ehr  ick  de  schole  vorlaten  hedde!  Ex. 
Saepe  putavi^*),  ut  pueritia  mea  libentius  legissem  et  studuissem.  Ic 
hebbe  vake^^)  gewunschet,  dat  ick  in  myne  kintheit  gherne^^)  gelese 
edder  studeret  hedde  gehath.  Item  ex.:  Socius  mens  dixit  mihi,  quod 
si  hodie  fuissem  in  scholis,  rogasset  me,  ut  ego  lectionem  suam  pn 
eo  legissem.  Myn  geselle  sede  my,  hedde  ick  huden  in  de  schole  ge 
Y^est,  he  hedde  my  gebeden,  dat  ick  syne  lectie  vor  em  hedde  ghelesen 
Hyr  machstu  ock  mercken,  dat  dit  legissem  ein  ander  verbum  praeter. 
temp.  by  sick  hebben  wil. 

Legam :  dat  ick  lese  edder  lesen  wil;  legas,  lesz  du;  legat,  dat 
he  lese,  edder  lese  he,  fut.  temp.  optat.  modi.  —  Ex.  de  legam :  con- 
fessor  quidam  mens  iniunxit  mihi  pro  poenitentia,  ut  legam  omni  die 
unum  miserere.  Myn  bichtvader  heft  my  to  penitencien  gesettet,  dat| 
ick  alle  daghe  ein  miserere  lese  edder  lesen  schal.  Item  ex. :  Si  tu 
vis,  ut  (vel  quod)  ego  hodie  legam  unam  lectionem  pro  te,  tunc  cras 
legas  tu  unam  pro  me;  wiltu,  dat  ick  huden  eine  lectie  vor  dy  lese, 
so  lesz  du  morgen  eine  vor  my.     Ex. :    legam  ego,    laet  my  leseir'). 


23)  veniste  M. 

2*)  optavi? 

2**)  wake  M. 

*^)  vgl.  libentius. 

*^)  Die  Uebersetz.  ist  hier  etwas  freier  =  ich  möge  (könne)  lesen.     Vgl.  das  Fg. 


47 

Hefst  du  ein  boek,   so  bidde  ik  dy,  dat  du  my  dat  boek  lesen  latest; 

so  mach  ick  segghen :  legam  ego  librum  istum  =  laet  my  dit  boek 

lesen.  —  Ex.  de  legas:  rogo  te  vel  prsecipio  tibi,  quod  legas  (vel  ut 

legas.)    Ick  bidde  dy  edder  ik  gebede  dy,  dat  du  lesest.     Ex. :  legas 

unam  vigiliam  pro  animabus   parentum   tuorum,    lesz    eine    vilge    vor 

diner  olderen  sele.  —  Ex.  de  legat :  legat  Henricus  gratias,  lese  Hen- 

f  rick  de  gratias  edder  laeth  Henrick  de  gratias  lesen.     Item  ex.:  legat 

^  dominus  Henricus  missam  suam    et   sit   contentus,    her   Henrick   lese 

^  syne  misse  unde  sy  to  vreden.  —  Dit  legam,   legas  is   fut.  temporis, 

dat  is  tokamende  tyd,  unde  nicht  jeghenwardich  edder  vorgangen  tyd, 

j  ake  du  in  dessen  exemplen  voergeschreven    mercken    machst.     Unde 

al  dit  voergeschreven  legerem,  legissem  unde  legam  is  optativi  modi, 

wente  men  spreckt  dat  altosamen  in  wünschender  edder  beghcrender 

manerie,   alse    du   ock   in    dessen    voergeschreven    exempel   wol   sien 

machst,  etc.*®). 

Conianctivns  modus. 

Coniungo,  gis,  gere  dat  heth  tohope  vogen,  dar  kompt  van  con- 
iunctivus,  dat  heth  tohopevochachtich;  desse  modus  heth  darumme 
tohopevochachtich,  wente  wan  men  twe  rede  edder  orationes  to  sam- 
mende  spreckt,  dar  is  den  welcke  coniunctio  mid  den  unde  dar  hefiPt 
desse  modus  eine  stede;  desse  coniunctivus  modus  is  sere  subtiel. 
Hyrumme  vint  men  sere  weinich  lüde,  de  de  tempora  gruntliken  vor- 
staen  unde  de  rechtschepeliken  bruken,  sunderliken  in  desseme  coniunctivo 
modo.  Unde  dat  is  to  wetende,  dat  desse  wat  twyvelechtich  nature 
is;  wente  wen  men  wat  twyvolechtich  spreckt,  so  gebruket  men  con- 
iunctivo modo ;  men  wan  men  wat  sekers  edder  wat  wisses  spreckt, 
so  gebruket  men  indicativo  modo,  alse  du  uth  dessen  exempeln,  de 
hyr  na  volghen,  mercken  machst. 

Legam,  prsesentis  temporis  coniunctivi  modi.  Cum  legam,  wan 
ick  lese;  exemplum:  ego  spero,  quod  scholares  mei  proficient,  cum 
legam  eis  multum  diligenter  =  ick  hape,  myne  schulre  scholen  pro- 
ficeren,  wente  ick  lese  em  sere  vlytliken.  —  Ex.  de  amem :  merito 
pater  mens  amaret  me,  cum  ego  multum  amem  ipsum ;  myn  vader 
hedde  my  billiken  leeff,  wente  ick  hebbe  en  sere  leeflf.  Du  schalt 
Veten,  dat  men  ;,cum"  nicht  alletyd  ein  verbum  coniunct.  modi  to  en- 
vhoget,  men  ock  underwylen  ein  verb.  indic.  modi;  wente  alse  cum 
eine  coniunctio  is  unde  heth  so  vele  alse  wente,  so  voget  men  em 
«in  verb.  coniunct.  modi  to ;  men  wen  dat  ein  adverbium  is  unde  heth  so  vele 
alse  wan  edder  wannere,  so  voghet  men  em  ein  verbum  indicat.  modi 
to.  Ex. :  cum  lego  bene,  scholares  mei  bene  advertunt ;  wan  ick  wol 
lese,  so  hören  myne  schulre  wol  to.  —  Unde  so  wol  in  prseterito  unde 
in  futuro  indicat.  modo  alse  in  prses.  indic.  modo^^),  doch  voghet  men 
em  den  ock  wol  futur.  coniunct.  modum  to;  alse  du  hyr  na  in  fut, 
coniunctivi  seen  machst.     Quod  legam,   dat  ik  lese;   ex.:   mater  mea 


^)  et  e  verdruckt  für  et  cT 

^)  So  (statt  modi)  M.  in  beiden  Fällen.  —  Vgl.  auch  das  fg.  modum. 


T     -  iJS^?^ 


48 

putat,  quod  nunc  sedeam  in  camera  mea  et  legam,  vos  autem  vidistis, 
quod  non  lego,  sed  bibo  =  Myn  moder  meinet,  dat  ick  sitte  in 
myner  kamer  unde  lese;  aver  gy  seen  wol,  dat  ik  nicht  eulese,  men 
ick  drincke.  Ex.  de  amem :  matri  mese  videtur,  quod  non  amem  eam, 
tarnen  utique  amo  ipsam  =  myner  moder  duncket,  dat  ick  eer  nicht 
leef  enhebbe,  nochtant  hebbe  ik  se  ummer  leef.  —  Si  (vel  an^^),  vel 
utrum)  legam,  wen  ick  lese ;  ex. :  tu  ssepe  audivisti  lectionem  meam, 
ideo  bene  scis,  si  (vel  an,  vel  utrum)  legebam  bene  vel  male  =  du 
hefst  myne  lectien  vaken  gehöret,  darumme  west  du  wol,  efte  ick  wol 
edder  boeslick  lese.  —  Ex.  de  amem :  tu  dubitas  de  me,  si  (vel  an, 
vel  utrum)  amem  te ;  considera  omnia  quse  feci  tibi,  et  non  dubitabis 
=  du  twyvelst  an  my,  efte  ick  dy  leeflf  hebbe;  merck  alle  dink,  de 
ik  dy  hebbe  ghedaen  unde  so  schaltu  nicht  twyvelen.  —  Du  schalt 
weten,  dat  me  desser  conjunctien  ^si*'  nicht  alletyd  ein  verb.  coniunct. 
modi  to  sick'^)  voghet,  men  ock  underwylen  ein  verb.  indic.  modi. 
Ex.:  tu  dicis,  quod  ego  lego  bene;  si  ergo  lego  bene,  quare  non 
audis  lectiones  meas  =  du  secht,  ick  lese  wol;  lese  ick  wol,  warummo 
hörest  du  den  myne  lectien  nicht?  Item:  si  deus  est  animus,  ut 
nobis  carmina  dicunt^^)  —  Item:  licet  (vel  etsi,  vel  quamvis,  vel 
quamquam)  legam  =  wattan  ick  lese.  Ex, :  licet  (vel  etsi,  vel  quamv., 
vel  quamq.)  multum  bene  et  utiliter  legam,  scholaribus  meis  tamen  — 
quibusdam  eorum  —  non  bene  placent  lectiones  mese  =  wattau  dat 
ick  mynen  schulren  wol  unde  nutliken  lese,  nochtan  enbehaget  id  en 
deiP^)  myne  lectie  nicht.  —  Ex.  de  amem :  Licet  (vel  etsi  vel  quamvis 
vel  quamquam)  multum  amem  et  honorem  parentes  meos  et  libenter 
complaceam  eis,  tamen  non  dant  mihi  necessaria  =  wattan  ick  myne 
olderen  leef  hebbe  unde  ere  se  unde  bin  en  gherne  to  willen,  nochtan 
engheven  se  my  nicht,  des  my  uoet  is.  —  Desse  conjunctien  licet, 
etsi,  quamvis  unde  quamquam  vint  men  underwylen,  dat  si  ein  ver- 
bum  indicat.  modi  by  sik  hebben ;  aver  gemeinliken  so  plaeh  men  en 
den  coniunctiv.  modum  to  to  vogende.  De  besten  grammatici  unde 
rhetores  raaken  hyr  ein  underscheit  na  deme  sinne  edder  manere  des 
sprekendes,  alse  wan  se  wat  vor  wisse  unde  seker  edder  untwyvel- 
echtich  segghen,  so  voghen  se  dessen  conjunctien  ein  verbunoi  indicat. 
modi  to;  ex.:  licet  sedeo  hie  et  lego,  tamen  aliud  cogito  =  wattan 
dat  ik  hyr  sitte  unde  lese,  doch  so  dencke  ik  anders  wat.  —  Wen  se 
aver  wat  segghen,  dat  se  nicht  gantz  vor  wisse  unde  seker  unde  un- 
twyvelachtich  voerstaen  doen  willen,  so  voghen  se  dessen  conjunctien 
ein  verbum  coniunctivi  modi  to ;  ex. :  licet  me  videre  bene  legam, 
tamen  scholares  non  audiunt  me  libenter  =  wattan  dat  ick  na  mynen 
vermögen  wol  lese,  nochtan  enhoren  my  de  schulre  nicht  gheine.  — 
Unde  dit  vorschreven  underscheit  hefft  nicht  alleine  eine  stede  in 
prsesenti,    men  dat  hefft   ok   eine   stede   in    praeter,    imperf.    unde  in 

80)  ante  M.,  vgl.  das  Fg. 

8^)  s.  ist  wol  zu  tilgen,  oder  toenvoghet  (vgl.  oben)  zu  schreiben. 

82)  Die  deutsche  Uebersetzung  scheint  ausgefallen  zu  sein. 

83)  So  M.  —  Vgl.  Mnd.  Wb.  I,  499. 


CV'"'-       \ 


49 

prsBt.  perf.  unde  in  prset.  plusq.  unde  ock  in  fut.  indic.  modi;  id  sint 
ock  vele  quader  grammatici,  de  dessen  conjunctien  licet  unde  etsi  etc. 
alletyd  ein  verbum  indicat«  modi  to  voghen  unde  dat  kompt  also  by, 
dat  se  sick  up  den  coniunctivum  nicht  vorstaen,  de  gemeine  gude 
grammatici  moderni  de  voghen  en  alletyd  sunder  underscheit  ein 
verb.  coniunctivi  modi  to,  also  voer  gesecht  is.  —  Quin  legam,  ik 
enlese.  Ex.:  ego  non  possum  me  abstinere,  quin  semper  legam  longam 
lectionem  =  ick  enkan  my  nicht  enholden,  ik  enlese  alletyd  eine  langhe 
lectie.  Ex.  de  amem :  Dominus  deus  noster  custodiat  me,  quod  nun- 
quam  intantum  amem  aliquid  in  hoc  mundo,  quin  multo  magis  amem 
ipsum  =  Unse  here  god  behode  my,  dat  ik  nummer  nein  dink  in 
desser  werlt  so  leeflf  hebbe,  ick  hebbe  em  vele  lever.  —  Nisi  legam, 
ick  enlese  edder  id  ensy,  dat  ick  lese.  Ex. :  Non  satisfacio  scholaribus 
meis,  nisi  legam  eis  intelligibiliter  et  bene  =  ick  endo  mynen  schulren 
nicht  vul,  ick  enlese  en  (edder  id  ensy,  dat  ick  lese)  vorstentliken**) 
edder  wol.  —  Ex.  de  amem :  non  possum  venire  ad  regnum  cselorum, 
nisi  amem  Dominum  deum  nostrum  ex  toto  corde  =  ick  enmach  nicht 
in  dat  hemmelryke  kamen,  id  ensy  dat  ick  leeff  hebbe  unsen  bereu 
god  van  gantzem  herten.  — Ut  legam,  dat  ick  lese.  Ex.:  Anno  prse- 
terito  Henricus  melius  legit  quam  ego,  sed  hoc  anno  tantam  diligen- 
tiam  feci,  ut  nunc  multo  melius  legam  quam  ipse  =  tojaer  lasz  Hen- 
ricus beth,  wen  ick;  men  dit  jaer  so  hebbe  ik  so  groten  vlyt  gedaen, 
dat  ick  nu  beth  lese,  wen  he.  —  Hyr  is  ut  so  vele,  alse  quod;  men 
doch  dat  hyr  quod  stunde,  dar  ut  steit,  so  moste  hyr  ock  lego  ^taen, 
dar  legam  steit. 

Legerem,  praeter,  imperf.  temp.  coniunct.  modi.  —  Cum  (vel 
dum)  legerem,  do  ick  lasz ;  ex. :  hodie  mane,  cum  legerem  scholaribus 
meis,  venit  quidam  et  vocavit  me  de  scholis  =  hude  morghen,  do  ik 
mynen  schulren  lasz,  do  quam  einer  unde  reep  (edder  eischede)  my 
uth  der  scholen.  Cum  unde  dum  dat  is  hyr  so  vele  alse  quando; 
men  wan  du  vor  cum  edder  dum  quando  segghen  wilt,  so  machstu 
ock  vor  legerem  segghen  legebam  efte  legi.  Wente  alse  cum  unde 
dum  ein  verb.  coniunct.  modi  by  sick  hebben  wil,  so  wil  ock  quando 
ein  verb.  indicat.  modi  by  sick  hebben.  Item :  cum  legerem,  wente 
ick  lese ;  ex. :  juvenes  mei  rogaverunt  magistrura,  ut  conduceret  me 
etiam  pro  futuro  anno,  cum  legerem  eis  multum  intelligibiliter  et 
utiliter  =  myne  jungen  beden  den  meister,  dat  he  my  ok  huerde  vor 
dat  tokamende  jaer,  wente  ik  lese  sere  vorstentliken  unde  nutliken. 
—  Hyr  is  cum  so  vele,  alse  quia  edder  quoniam;  unde  alse  du  hyr 
cum  sechst,  so  machstu  ock  quia  edder  quoniam  seggen.  —  Quod 
legerem,  dat  ick  lese;  ex.:  hodie  aliquibus  scholaribus  meis  non  placuit 
lectio  mea,  tarnen  mihi  videbatur,  quod  legerem  multum  bene  = 
huden  enbehagede  ein  deel  mynre  schulre  myne  lectie  nicht;  doch 
dachte  my,  dat  ick  to  male  wol  lese.  —  Si  (vel  an,  vel  utrum)  legerem, 
wen  ick  lese.     Ex. :  ego  fui  interrogatus,  si  (vel  an,  vel  utrum)  legerem 

^*)  Im  M.  vorst.  lese,  wobei  die  Constr.  der  Parenthese  und  des  Hauptsatzes 
verwirrt  ist. 

Niederdeutsches  Jahrbuch,    m.  4 


■■^p 


50 

in  grammatica  vel  in  loica  =  ick  wart  gevraget,  efte  ick  lese  In 
grammattica  edder  in  loica.  —  Licet  (vel  etsi,  vel  quamvis,  vel  quam- 
quam)  legerem,  wattan  dat  ick  lese ;  ex. :  hodie  fuit  mihi  dictum  (vel 
dicebatur  mihi),  quod  —  licet  bene  legerem  —  tamen  essent  multi 
scholares,  qui  non  libenter  audirent  me  =  my  wart  huden  gesecht, 
wattan  dat  ick  wol  lese,  noch  weren  vele  schulre,  de  my  nicht  gherne 
enhoerden.  —  Quin  legerem,  ik  enlese;  ex.:  hodie  mane  non  potui 
(vel  non  poteram)  me  abstinere,  quin  legerem  longam  lectionem,  quia 
materia  valde  utilis  erat  =  hude  morgen  enkunde  ick  dat  nicht  laten, 
ick  lese  eine  lange  lectie,  wente  de  materie  was  sere  nutte.  —  Nisi 
legerem,  ick  enlese ;  ex. :  non  potui  (vel  non  poteram)  hodie  finire  li- 
brum,  nisi  legerem  per  duas  horas  =  ik  enmochte  huden  dat  boek 
nicht  enden,  ick  enlese  den  twe  stunden.  —  üt  legerem,  dat  ick  lese. 
Ex.:  hoc  anno  intantum  gravatus  sum  lectionibus,  ut  interdum  una 
die  legerem  bene  tres  lectiones  =  dit  jaer  hebbe  ick  so  beswert  ge- 
west  mit  lesende,  dat  ick  des  dages  sumtyden  wol  dre  lectien  lasz. 

Legerim,  praeter,  perfecti  temp.  coniunctivi  modi.  —  Cum  legerim, 
wente  ick  lasz ;  ex. :  ego  miror,  quod  non  intellexisti  lectionem  meam, 
cum  legerim  eam  intelligibiliter  =  my  vorwundert,  dat  du  myne  lectie 
nicht  envorstundest,  wente  ick  lasz  so  vorstentliken.  Cum  legerim  dat 
is  so  vele,  alse  quia  legi  edder  quoniam  legi ;  wente  alse  cum  so  vele 
heth  alse  wente,  so  wil  id  ein  verbum  coniunct.  modi  by  sick  hebben. 
—  Quod  legerim,  dat  ick  lese  edder  hebbe  gelesen;  ex.:  meis  schola- 
ribus  videtur,  quod  hodie  legerim  eis  bene  =  myne  schulre  meinen, 
dat  ik  en  huden  wol  lese  edder  hebbe  gelesen.  Si  (vel  an,  vel 
utrum)  legerim,  ick  lese  edder  hebbe  gelesen;  ex.:  si  vis  scjre,  ßi 
(vel  an,  vel  utrum)  legerim  hodie  bene,  interroga  eos,  qui  audierunt 
=  wiltu  weten,  efte  ick  huden  wol  lasz  edder  hebbe  gelesen,  so  vrage 
degennen,  de  dat  hoerden.  —  Licet  (vel  etsi,  vel  quamvis,  vel  quam- 
quam)  legerim  =  wattan,  dat  ick  lasz.  Ex.:  licet  meo  videre  valde 
intelligibiliter  legerim,  tamen  scholares  mei  maxime  conqueruntur, 
quod  non  bene  intellexerint  me  =  wattan  dat  ik,  alse  mi  duchte, 
sere  vorstentliken  lasz,  doch  clagen  myne  schulre,  dat  se  my  nicht 
wol  vorstaen  hebben.  —  Quin  legerim,  ick  enlese;  ex,:  non  dubito, 
quin  legerim  hodie  scholaribus  meis  valde  bene  =  ik  entwyvele  dar 
nicht  an,  ick  enlese  huden  mynen  schulren  sere  wol.  —  Nisi  legerim, 
ick  enhebbe  gelesen.  Ex. :  scholares  mei  malefaciunt,  quod  non  solvunt 
mihi  integrum  solarium  meum,  nisi  forte  male  legerim  eis,  quod  non 
spero  =  myne  schulre  doen  ovel,  dat  se  my  nicht  betalen  myn  gantze 
loen,  dat  ensy  den,  dat  ik  en  ovel  gelesen  hebbe,  dat  ick  nicht  enhape. 

Legissem,  prset.  plusquamp.  temp.  coniunctivi  modi.  Cum  (edder 
dum)  legissem,  do  ick  gelesen  hadde;  ex.:  cum  legissem  lectionem 
meam,  ivi  ad  ecclesiam  =  do  ick  myne  lectie  gelesen  hadde,  do  ginck 
ick  to  der  kerken.  Cum  legissem  unde  postquam  legi  unde  quando 
legeram,  dat  is  allein^^)  gesecht,  so  dat  cum  unde  postquam  unde 
quando  alleins  beduden,  anders  den  up  dessen  sin :  cum  steit  beth  by 

8ß)  =  aUÖn  Mnd.  Wb. 


^... 


51 

ein  verb  coniunct.  modi,  unde  postquam  unde  quando  by  ein  verb. 
indic.  modi.  —  Item :  cum  legissem,  want  ick  gelesen  hedde ;  ex. : 
magister  dixit  mihi  hodie,  quod  ipse  valde  miraretur,  quod  invenes 
mei  non  melius  profecissent,  cum  ego  legissem  iis^^)  per  duos  annos 
valde  diligenter  et  utiliter  =  de  meister  sede  my  huden,  dat  em  sere 
Yorwunderde,  dat  myne  junghen  nicht  beth  geproficerent  hedden,  wente 
ick  en  ghelesen  hebbe  twe  jaer  seer  vlytliken  unde  nuetliken*').  — 
Wen  men  aver  hyr  cum  edder  quia  edder  quoniam  secht,  dat  is  sere 
älleins.  —  Quod  legissem,  dat  ick  gelesen  hedde.  Ex. :  scholares  mei 
dixemnt  ad  invicem,  quod  hoc  mane  valde  bene  legissem  eis  =  myne 
schulre  seggen  under  sick,  dat  ick  en  dessen  morghen  sere  wol  ge- 
lesen hedde.  —  Si  (vel  an,  vel  utrum)  legissem,  wen  ick  gelesen 
hedde;  ex.:  ego  fili  interrogatus,  an  (vel  utrum)  hoc  mane  legissem, 
vel  non  =  ick  wart  gevraget,  efte  ick  huden  morghen  gelesen  hedde 
edder  nicht.  —  Licet  (vel  etsi,  vel  quamquam,  vel  quamvis)  legissem, 
wattan  dat  ick  gelesen  hedde ;  ex. :  hodie  mane,  cum  lectionem  meam 
fiolvissem,  aliqui  scholares  conquerebantur  de  lectione  mea,  licet  valde 
bene  legissem  eis  =  hude  morghen,  do  ick  myne  lectie  geendiget 
hadde,  do  beclageden  ein  deel  schulre  myner  lectien,  wattan  dat  ick 
en  sere  wol  ghelesen  hedde.  —  Quin  legissem,  ick  enhedde  gelesen, 
ex.:  non  fui  tantum  occupatus,  quin  legissem  scholaribus  meis  unam 
bonam  lectionem  ad  scholas  =  ick  enwas  huden  nicht  so  unledich, 
ick  enhedde  mynen  schulren  wol  eine  gude  lectie  gelesen,  hedden  se 
to  der  scholen  gekomen.  —  Nisi  legissem,  hedde  ik  nicht  gelesen, 
edder  ick  enhedde  gelesen;  ex.:  aliqui  scholares  mei  non  venissent 
hodie  ad  lectionem  meam,  nisi  legissem  in  loica  =  ein  deel  mynre 
schulre  enhedden  huden  nicht  to  myner  lectien  gekomen,  hedde  ick 
nicht  gelesen  in  loica.  —  Ut  legissem,  dat  ick  gelesen  hedde;  ex.: 
materia  placuit  mihi  in  tantum,  ut  legissem  bene  adhuc  per  unam 
horam,  si  placuisset  scholaribus  meis  =  de  materie  behagede  my 
al8o^^),  dat  ick  noch  wol  eine  stunde  ghelesen  hedde,  heddet  mynen 
schulren  behaget. 

Legero,  fut.  temp.  coniunctivi  modi.  —  Cum  edder  dum  legero, 
wan  ick  lese  edder  wan  ik  lesende  werde  ;  ex. :  cum  legero  rhetoricam, 
iQulti  scholares  dimittent  alias  lectiones  et  andient  lectionem  meam 
=  wen  ick  rhetoricam  lesende  werde,  so  werden  vele  schulre  ander 
lectien  na  laten  unde  werden  myne  lectie  hören,  —  Si  legero,  werde 
ick  lesende;  ex. :  si  legero  philosophiam,  acquiram  multos  scholares  = 
werde  ik  philosophie  lesen,  so  werde  ick  vele  schulre  krigen.  —  Si 
quando  legero,  werde  ik  wanner  lesende.  Ex. :  si  quando  legero  loicam, 
audies  notabiles  lectiones  =  werde  ik  wänner  lesende  loicam,  so  werstu 
hörende  mercklike  lectien.  —  Postquam  legero,  wen  ik  gelesen  hebbe; 
6x. :  postquam  legero   per   annum   in   grammatica,  legam    per    duos 

^)  eos  M. 

»')  wol  =  nötliken,  s.  Mnd.  Wb.    Freilich  entspriclit  utiliter,  aber  ein  mnd. 
nutlik  =  nhd.  nützlich  scheint  unbelegt.    Vgl.  auch  mhd.  nietliche  (Lexer.) 
*^)  also  so  M. 

4* 


'■'•^'^" 


52 

annos  in  rhetorica  =  wen  ik  ein  jaer  in  grammattiken  gelesen  hebbe, 
80  wil  ik  twe  jaer  lesen  in  rethoriken'^).  Licet  (vel  etsi  vel  quamvis 
vel  quamquam)  legero,  wattan  dat  ik  lesende  werde;  ex.:  licet  legero 
valde  diligenter  et  utiliter,  timeo  tarnen,  quod  pauci  scholares  andient 
me  =  wattan  dat  ick  sere  nuetliken  unde  vlytliken  werde  lesende, 
nochtan  vruchte  ik,  dat  my.  weinich  schulre  werden  hörende.  — Quin 
legero,  ick  enwerde  lesende ;  ex, :  si  cras  non  venero  adeo  tarda,  quin 
legero  bonam  lectionem,  non  notabitur  tarditas  mea  =  kome  ik  nicht 
so  spade,  ick  enlese  eine  gude  lectie  (edder  ik  werde  eine  gude  lectie 
lesende),  so  enschal  myne  tracheit  nicht  werden  gemerket.  —  Nisi 
legero,  ik  enwerde  lesende  (edder  id  ensy,  dat  ick  werde  lesende) ;  ex. : 
scholares  mei  parum  proficient,  nisi  legero  iis  intelligibiliter  =  myne 
schulre  werden  weinich  proficirende,  id  ensy  den,  dat  ik  en  vorstent- 
liken  werde  lesende.  —  Dit  fut.  coniunct.  modi  vint  men  underwylen, 
dat  id  nein  cum  edder  dum  edder  ein  ander  Signum  coniunctivi  by 
sick  enhefit,  alse  wan  men  ein  relativum  to  voghet;  ex. :  attendite  valde 
diligenter  ad  lectionem,  quam  cras  legero  =  höret  sere  vlytliken  to 
der  lectien,  de  ick  morghen  schal  lesen.  Ok  so  vint  me  wol  in  wyse- 
achtigher  mathe  edder  manere,  recht  efte  id  were  ein  fut.  indicat. 
modi*^);  ex.  (alse  men  hefft  in  quadam  epistola  TuUii):  vehementer 
mihi  gratum  feceris,  si  hunc  adolescentem  humanitate  tua,  quse  est 
singularis,  comprehenderis  etc.  Item  in  quadam  alia  epistola  eiusdem : 
gratissimum  mihi  feceris,  si  curaris,  ut  is  intelligat,  me  a  te  tantum 
amari,  quantum  ipse  existimo.  —  Ock  so  bruket  men  wol  in  gebede- 
achtiger  maten  edder  mauere,  recht  efte  he  were  imperativi  modi, 
ex.  (alse  in  den  ewangelien  steit):  vide  nemini  dixeris!  unde  in  Apo- 
calypsi:  vide  ne  feceris!  unde  alse  Seneca  secht:  quod  tacitum  esse 
vis,  nemini  dixeris!  Unde  in  desser  manerien  voghet  men  em  ge- 
meinliken  to  desse  coniunctio  ne.  Item  ock  so  gebruket  men  wol  in 
beghereachtiger  maten  edder  mauere,  recht  efte  he  were  optativi  modi ; 
ex.  (alse  efte  ein  vrunt  den  anderen  schryvet):  noveris,  amice  carissime, 
edder  noverit  charitas  tua  etc.  —  Men  bruket  id  ock  wol  anders,  den 
in  wyseachtiger  maten  edder  mauere  edder  mit  einem  signo  coniunctivo**); 
ex.:  (alse  dar  steit  in  der  passien):  tu  videris,  vos  videritis.  —  Du 
schalt  weten,  dat  men  cum,  wan  id  so  vele  is  alse  wannere,  unde  des 
gelyken  dum  nummer  to  envoghet  ein  verbum  prses.  temp.  coniunctivi 
modi,  men  wol  ein  verb.  prses.  temp.  indic.  modi,  unde  ok  nummer 
ein  verb.  praeter,  perf.  temp.  coniunct.  modi,  men  wol  underwylen  ein 
V.  pr.  p.  t.  indic.  modi.  —  Dit  mach  me  dy  nicht  so  gruntliken  to 
dude  schryven  edder  seggen,  also  du  mit  der  tyd  sulven  wol  merken 
werst,  wen  du  dynen  vlit  darto  deist. 


*®)  Dieselbe  Orthogr.  im  M.  auch  bei  dem  lat.  Wort,  wo  ich  mir  zu  ändern 
erlaubte. 

*^)  Man  ersieht  die  Unklarheit  des  Autors  bez.  des  Fut.  exactum. 
")  So  M.,  vgl.  30), 


53 

Infinitivns  modus. 

Finio**),  is,  ire  dat  heth  eoden,  dar  ran  kompt  finitirus,  dat  heth 
eodeacbtich,  dar  van  kompt  vort  inänitivus,   dat   heth  uneodeachticb. 

Legere  IcBea,  prffiaentis  et  praeter,  imperf.  temporis  infioitivi  modl 
Legere  is  daraiome  infinitivi  modi,  dat  id  imencleachtiger  maten  edder 
manere  iB,  wente  men  mach  einen  iewelken  personec  to  voghen,  den 
ersten,  den  ander  unde  den  drudden,  welcken  men  wil;  also  dat  id 
nicht  gedwungen  enwert  alleine  by  der  ersten  personen  to  staende  unde 
dar  ein  ende  to  nemende,  men  id  reiket  ok  an  der  ander  personen  unde 
an  der  drudden.  Ex. :  ego  toIo  legere  =^  ik  wil  lesen ;  tu  via  legere 
=  du  wilt  lesen ;  ille  vult  legere  =  de  wil  lesen.  Aver  so  enis  id 
nicht  mit  lege  edder  legis  edder  legit  etc.,  wente  lego  höret  alleine 
to  der  ersten  personen,  alse  to  ego  unde  nempt  dar  ein  ende,  unde 
reiket  nicht  to  der  anderen  personen  edder  an  der  drudden.  Dessen 
legere  geft  men  to,  dat  id  praes.  temp,  sy  unde  ok  prseter.  imperf.  teöi- 
poris  umme  des  willen,  dat  id  van  naturen  dar  meer  to  geneighet  heft, 
den  to  den  anderen  tyden,  wente  dit  word  lesen  is  bequemer  der 
jegenw aerdigen**)  tyd  edder  der  unvullenkamendervorgangen  tyd-to  to 
Toghende,  wen  den  anderen  tyden.  —  Ex.:  wan  men  secht;  ik  wil 
lesen  edder  ik  schal  lesen  edder  ik  moet  lesen,  dat  is  der  jegenwar- 
digen  tyd  neger,  wen  den  anderen  tyden;  unde  wan  men  secht:  ick 
volde  lesen  edder  ick  schal  lesen  edder  ik  moste  lesen,  dat  is 
aeger  ehrTullenkamenvorgangen  tyd,  den  den  anderen  tyden,  de  dar 
na  Tolgen.  ' 

Legisse,  hebbe  gelesen  edder  hadde  gelesen,  prceter.  perf.  et 
plnsquamperf.  temporis  infin.  modi.  Ex.  de  perfecto:  magister  dicit, 
se  hodje.  legisse  valde  utilem  lectionem,  quse  mihi  tarnen  modicee 
utilitatis  videbatur  =  de  meieter  secht,  he  hefft  huden  eine  nutte 
lectie  gelesen,  de  my  doch  deine  nutticheit  ducbte  wesen,  —  Ex.  de 
praeter,  plusqaampeif. :  magister  dixit,  se  legisse  etc.  (ut  supra).  Dit 
verbum  dicit,  dat  prtes.  temp.  is,  dat  maket,  dat  legisse  in  praeter,  perf, 
äteit,  unde  dit  verbum  dixlt,  dat  praeter,  perf.  temporis  is,  dat  maket, 
dat  legisse  in  prfeter.  plnsquamperf.  steit;  unde  dar  dixit  steit,  dar 
muchte  men  ock  wol  dicebat  edder  dixerat  segghen. 

Lectum  ire  vel  lecturum  esse  fut.  temp.  indicativi**)  modi.  Ex. : 
Ego  Tolo  lectum  ire  vel  ire  lectum  =  ik  wil  lesen  gaen  edder  gaen 
lesen.  Item  ex. :  ego  spero,  me  lecturum  esse  hoc  sero  =  ick  hape, 
dat  ick  lesen  werde  dessen  avent. 

tPassimm. 
Ego   legor,   ik  werde    gelesen.      Tu    legeria,    du    werst   gelesen. 
Ipse  legitur,  he  wert  gelesen. 


I  •»)  F  ist  in  M.  aosgefallen. 

F  ")  Das  B,e  bezeichnet  hier  wol  eine   (der  got.   Brechung   ähnliche)  breitere 

AuBsprache  des  a,  nicht  eigentlirh  langes  a. 
**)  infinitivi? 


54 

Impersonale  passiv»  Tocis. 

Legitiir,  man  lest;  legebatur,  man  lasz;  lectum  est  (vel  fuit),  men 
heft  gelesen  edder  dar  is  gelesen.  Lectum  erat  vel  fuerat,  men  hadde 
gelesen  edder  dar  was  gelesen.  Legetur,  men  wert  lesen,  edder  men 
wil  edder  men  schal  lesen. 

Aetivnm. 

Ago,  agis,  agere,  dat  heth  wercken,  dar  van  kompt  activum, 
dat  heth  werckachtich.  Lego  is  ein  verbum  activum  unde  bedudet 
ein  werck,  wente  wan  ick  lese,  so  wercke  ik,  wente  lesent  is  ein  werck. 

Passivnm. 

Patior,  pateris,  pati,  dat  heth  lyden;  dar  van  kompt  passivum, 
dat  heth  lydeachtich.  Legor  is  ein  verbum  passivum  unde  bedudet 
ein  lydent  eines  werckes,  dat  ein  ander  an  my  deit;  wente  wan  ik 
gelesen  werde,  so  deit  ein  ander  dat  werck  des  lydens*^)  an  my,  unde  so 
lyde  ik,  dat  men  my  leset.  —  Wan  men  to  einen  verbum  activum  ein 
r  deit,  so  werd  id  ein  verbum  passivum,  unde  wan  men  van  einem 
verbo  passive  ein  r  nempt,  so  werd  id  ein  verbum  activum. 

Nentrnm  edder  Neutrale. 

Neutrum  edder  neutrale  heth  dat  noch  id  eine  noch  id  ander  is. 
Unde  ein  verbum  neutrum  edder  neutrale  heth  darumme  also,  dat  id 
noch  werken  edder  lydent  bedudet,  unde  geit  uth  up  ein  o,  unde  wen 
men  dar  ein  r  to  settet,  so  enis  id  nein  latyn;  ex.:  sto,  curro  — 
wente  stör,  curror  is  nein  latyn  unde  wattan*^)  dat  lange  staen,  gaen 
edder  lopen  wol  arbeidelick  is,  nochtan  enis  id  nicht  proprie  werck- 
achtich edder  lydenachtich;  wente  wan  ik  gha,  sta  edder  lope,  so  endo 
ick  nein  werck,  ock  so  endeit  nein  ander  nein  werck  an  my,  unde  men 
secht  ok  nicht :  ik  werde  gegaen,  gestaen  edder  ik  werde  gelopen. 

Neutro-passivnm. 

Ein  verb.  neutro-pass.  in  praeter,  perf.  unde  in  praet.  plns- 
quamp.  unde  ock  in  den  anderen  temperen,  de  van  dessen  twen  for- 
me ret  werden,  to  schryvende  unde  to  seggende  gelyk*^)  eineme  verbo 
pass.  unde  in  den  anderen  temperen  einem  verbo  neutro,  unde  desser 
is  V,  also:  gaudeo,  gavisus  sum;  fio,  factus  sum ;  soleo,  solitus  sum; 
audeo,  ausus  sum;  fido,  fisus  sum. 

Nentri-passivum. 

Ein  verb.  neutri-pass.  to  schryvende  unde  to  sprekende  ge- 
lyck  einem  verbo  neutro,  unde  heft  eine  bedudinge  alse  ein  verbum 
passivum.  Unde  desser  is  IV,  alse:  exulo,  vapulo,  venio,  nubo.  — 
Ein  deel  auctores  heiten  desse  IV  verba  neutra-passiva,  unde  heiten 
alleine  desse  III  verba :  operor,  mereor,  divertor*®)  neutri-pass.,  unde 
ein  deel  anderen  seggen :  operier  is  deponentale  unde  divertor  passivum. 


**)  lesens? 

*•)  watta  M. 

*^  gelykem  M.    Vgl.  den  fg.  Absatz. 

*^)  idvertor  M. 


i 


55 

Deponens  edder  DeponeHtale. 
Ein  verb.  deponens  edder  depooentale  to  schryTende   edder    to 
sprekende  gelyck  einem  verbo  passivo  unde  bedudut  gemeinliken  alse 
m  verb.  activuin,  unde  hetb  darumme  deponens  edder    depooentale, 
dat  id  r  nicht  afileggen  mach*^),  wente  depono,  js,    ere    dat  beth  af- 
kggen,  afdoen  edder  adsetten,  unde  wan  men  dat  r  afdede,  so  eubleve 
nein  latyn ;  ex. :  luctor  is  ein  verb.  deponentale  unde  lucto  is  nein  latyn. 
CoinmDne. 
Ein  yerb.  commune  to  Bcbryvende  unde  to  sprekende  gelyck  einem 
rerbo  passivo,  unde  bedudet  alse   ein  verb.  activum,   unde  ock  alse 
ein  pasa.,  unde  darumme  hetb  id  commnne,  dat  is  ghemeic,  unde  deaser 
is  IX,  alse :  largior,  experior,  veneror,  moror,  osculor,  hortor,  criminor, 
amplector,  interpretor. 

Impersonalia  activn  voeis. 
Et  aint  ock  verba  impersonalia  act.  vocis  unde  der  is  meer  denn 
XI,  alse:  peenitet,  tsedet,  miseret  etc. 
Notabile. 
Du  acbalt  dynen  gantzen  vlyt  dar  to  doen,  dat  du  einen  iewelken 
partem  orationis,  alee  nomen,  pronomen,  verbum,  adverbium,  participium, 
coniunctionem,  prEepositionem,  interiectionem  unde  regulas  grammati- 
cales  gruutliken  kennen  unde  vorstaen  lerest,  unde  du  schalt  dy  nicht 
duncken  laten,  dat  adverbium,  coniunctio  unde  pnepositio  lycbtliken 
t«  kennende  unde  to  vorstaende  sint,  wente  men  vint  vele  baccularios, 
magistros,  licentiatos  unde  doctores  in  allen  faculteten,  de  in  eren 
sermocioneren  unde  dictereu  mennicb  adverbia,  mennige  conjuuctie, 
mennige  präpositie  bruken,  de  sy  nicht  to  rechte  vorstaen;  unde  id 
siut  ock  Tele  adverbia,  coniunctiones  unde  prEepositiones,  de  se  nicht 
enweten  edder  nicht  bruken  der,  ren  umme  des  willen,  dat  sy  der 
Dicht  wol  envorstaen.  Unde  wo  men  de  kennet  edder  bruken  schal, 
dat  moet  men  in  den  rethorikenboken  soken,  Du  schalt  alletyd  dyne 
gtammattikenboker  by  dy  bebolden,  unde  sunderliken  einen  guden  ge- 
corrigerden  Donatum.  einen  guden  correctum  Alexandrum  unde  einen 
goden  correctum  vocabularium;  wente  nemant  enmach  so  vullenkamen 
werden  in  grammatica,  be  entwyvele  underwylen  waer  an,  unde  wen 
den  ein  man  dit  edder  dat  nicht  envorsteit  unde  gheme  weten  wolde, 
unde  enhefi't  nein  boek,  unde  schemet  sik  lychte  to  vragende,  edder 
be  enheft  nemandes,  deo  he  vraghet,  so  is  be  dar  ovel  an.  —  Wen 
dy  latyn  vaerkompt^*)  des  du  mit  deme  ersten  nicht  envorsteist,  so 
enschaltu  nicht  drade  aäaten,  men  du  schalt  dar  so  langhe  mit  umme 
gaen,  dat  du  dat  vorsteist,  wente  dar  kommestu  mede  in  de  waenbeit, 
dat  du  lust  unde  leve  unde  genochte  krigest  to  deme  latyne,  dat  to 
lerende  unde  to  vorstaende. 

(Et  sie  est  önis.) 


*^  Also  wie  lacus  a  sod  luceudo  t 
*•)  vaerhompt  M. 


»w'rjwr 


56 

Da  es  mir  zu  einer  Vergleichung  dieser  Münsterschen  Grammatik 
mit  anderen  Münsterschen  Urkunden  aus  dem  späteren  MA.  jetzt  leider 
an  Müsse  fehlt,  so  möge  nur  die  Bemerkung  noch  gestattet  sein,  dass 
die  Schreibung  y  (i)  in  einigen  Fällen  natürlich  auf  der  Annahme 
einer  Tonlänge  ruht,  die  ich  in  einsilbigen  Worten  jedoch  nicht 
mit  K.  Nerger  (Meld.  6r.  §  30)  als  nur  secundär  (aus  mehrsilbigen 
eingedrungen)  betrachten  kann.  Vielmehr  sind  mir  einsilbige  yoU- 
betonte  Worte  (d.  h.  alle  einsilbigen  mit  Ausnahme  der  proklitisch 
gebrauchten  Formen  des  Artikels,  unbetonter  Prsepositionen  u.  dgl.) 
den  zweisilbigen  insofern  gleichwertig,  als  die  nach  der  Tonsilbe  not- 
wendige Pause  völlig  den  Wert  jener  tonlosen  Silbe  zu  haben  scheint, 
vor  der  nach  Nerger  (§  24)  die  Tonlänge. eintreten  soll.  In  wie  weit 
aber  der  Silbenschlussconsonant  gleichfalls  eine  Dehnung  der  vorher- 
gehenden Silbe  befördern  kann  —  und  es  sind  namentlich  Liquidse 
und  Spiranten  dabei  ins  Auge  zu  fassen  (vgl.  Nerger  §  30),  wol  auch 
in  Fällen,  wo  ein  abgefallenes  r  in  Frage  stehen  würde  —  bedarf 
einer  eingehenden,  besonderen  Untersuchung,  die  eigentlich  nicht  mit 
der  Frage  der  Tonlänge  unmittelbar  zusammenhängt,  vielmehr  schon 
im  Gotischen  in  dem  bekannten,  mit  J.Grimm  gewöhnlich  , Brechung' 
genannten  Vorgange  sein  Analogen  findet.  Wo  aber  beide  Motive 
zusammenwirken,  habe  ich  um  so  unbedenklicher  y  gesetzt,  z.  B.  in 
hyr,  —  Andererseits  halte  ich  auch  in  mehrsilbigen  Formen  wie  z.  B. 
krigest  die  Tonlänge  des  i  nicht  für  unbedingt  erforderlich,  nur  dass 
die  Aussprache  in  diesem  Falle  sich  der  von  krig'st  nähert  (vgl.  alt- 
nord.  madhr  neben  isländ.  madhur  und  altnorw.  madhar);  nach  der 
so  vielfach  wechselnden  schriftlichen  Darstellung  allein  dürfte  es  über- 
haupt kaum  gelingen,  ganz  feste  Formen  für  den  Yocalismus  des  Mnd. 
aufzufinden. 

GÖTTINGEN,  Aug.  1878.  E.  WÜken. 


Brxinsilgenholt. 

ZuJahrb.  IL  (1876),  83. 
Dass  das  brunsilgenholt,  brasilium,  des  MA.  vorzugsweise 
die  Henna  sei,  ergibt  sich  mit  noch  mehr  Sicherheit  aus  den  italienischen 
toilette-anweisungen  des  14ten  jahrh.,  welche  sich  wiederholt  auf  an- 
wendung  durch  die  saracenenfrauen  berufen:  Anz.  zur  künde  deutscher 
Vorzeit  1877  Nro.  6,  sp.  186  ff.,  namentlich  sp.  188:  „Rothe  Schminke 
macht  man  aus  geschabtem  rothholz  (brasilium),  das  man  in  eine  eier- 
schaale  thut"  etc.  Noch  heute  benutzen  die  Orientalinnen  dazu  die  Henna. 

ROSTOCK.  K.  E.  H.  Krause. 


57 


Dyt  ys  dy  erfindunge  und  Wunderwerke  des 
hilligen  sacramentes  tho  der  Wilsnagk. 

[2a]  Nach  der  geborth  Chrifti  unfzers  heren  dufent  drehundert 
darna  in  dem  dre  und  achtigeften  iare,  des  anderen  dages  na  unfzer 
leven  Frowen  dage  der  kruihwiginge,  am  hilligen  fundage,  do  wartb 
de  kercke  tho  der  Wylsnagk  unde  dat  gantze  d6rp  van  Hinrick  Bulowen 
und  fynen  medehülpern  gentzliken  vorftört  unde  vorbranth.  De  prefter 
äverft,  perner  den  thor  tidt,  was  nicht  tho  hufz  unde  hadde  dat  hillige 
tacrament  uppe  dem  altare  gelaten  an  dren  kleynen  hoftien  umb  der 
bancken  lüde  willen.  Id  geschach  alfe  de  kercke  noch  brande,  do 
quam  de  prefter  wedder  tho  hufz,  dede  umb  fünderlike  othm6dicheyt 
unde  ock  gnade  tho  vordenende  in  de  kerckwiginge  tho  Havelberg 
was  gewefen  unde  bedrftvede  fick  hertliken  fere  umb  des  hilligen 
facramentes  willen,  dat  he  id  nicht  gereddet  hadde.  Alfo  dat  iegen 
den  avent  tradt,  do  ginck  de  prefter  fampt  fynen  buren  mit  grotem 
iamer  unde  wemSdicheyt  tho  der  Groten  Lüben  umb  herberge  willen. 
Des  fonnavendes  tho  nacht  darna,  alfze  de  fundach  thokomende  was, 
legen  de  bure  unde  de  prefter  by  dem  fÄre,  dede  van  groten  jamer 
unde  handtflagenden  mit  velen  reden  weren  rowweden  unde  entflapen 
worden,  do  horde  de  prefter  eyne  sachtmödige  ftymme  unde  nömede 
den  prefter  by  namen:  ,Her  Johan,  gadt  thor  Wilsnagk  unde  holdet 
miffe!'  Tho  haut  entwakede  de  prefter.  Alfze  he  averft  nicht  mer 
vornam,  leyde  he  fick  wedder  tho  flape.  Eyne  ftunde  darna  hörde 
de  prefter  den  fulvigen  ftimmen,  den  he  thovor  [21)]  gehöret  hadde,  he 
fchilde  to  der  Wilsnagk  gan  unde  holden  miffe.  De  prefter  antwordede, 
he  wolde  dat  gerne  don.  Alfo  dat  ock  dy  bure  darvan  entwakende 
worden,  de  by  deme  füre  legen,  unde  frageden  den  prefter,  wes  em 
were.  He  antworde  unde  fede  en  dy  rede,  dy  he  ermals  gehöret  hadde, 
he  fchölde  gan  thor  Wilsnagk  unde  holden  dar  miffe.  Die  buren 
antworden  dartho  unde  fpreken:  ,Her,  ydt  heflft  yw  geducht  van  der 
bekümmerniffe  wegen,  de  gy  hebben  umme  des  fchaden  unde  des  brandes 
wegen,  de  uns  angegan  ifz':  mit  fodanen  klegeliken  reden  worden  fy 
wedder  entflapen.  Alfze  dat  in  der  dageringe  was,  do  quam  dy 
filffte  ftimme,  de  he  er  gehordt  hadde,  unde  fprack  ene  ernfthaftigen 
tho  unde  grep  den  prefter  by  fynem  rechteren  arme,  dat  he  dat  merck 
beheldt  beth  an  fyn  ende.  Alfe  dy  buren  dit  fegen,  do  nemen  fy 
misgerete  und  gingen  meth  dem  prefter  thor  Wilsnagk.  Alfze  fi  dar 
quemen  unde  de  prefter  dat  altar,  dat  nach  des  hylligen  blödes  altar 
werdt  genömet,  reyne  begunde  tho  maken  van  dem  brande,  do  fach 
he  de  iij  hoftien  uppe  deme  corporal  liggende  up  deme  f&lveften  altare, 
&  up  eyner  iewelken  hoftien  eyn  blödes  drape.     De  prefter  vorfchrack 


-ivFTwrf!."' 


58 

van  herten  fere  unde  rep  dar  dy  lüde  tho  unde  wyfede  en  dat 
wunderteyken.  Die  prefter  helt  dar  miffe,  alfz  em  gefecht  was.  Don 
dy  miffe  uthe  was,  naxn  he  dat  hillige  facrament  mede  tho  der  Lüben, 
wente  thor  Wilsnagk  nichtes  was,  dar  me  dat  inne  bewaren  künde. 

Achte  dage  darna  done  gingen  dy  weker,  dede  vor  der  middernacht 
wakeden  dat  dörp,  unde  fegen  viflf  weffen  kertzen  vor  dem  hilgen 
facrament  bernende,  de  van  der  kraflft  des  hilligen  facramentes  weren 
bernende  worden.  De  vif  kertzen  berneden  fzo  lange  dat  de  prefter 
miffen  helt.  Alfze  dy  miffe  halflf  uthe  was,  don  gingen  twe  van  fick 
fülven  uth  unde  iij  bleven  bernende.  De  fülven  iij  drogen  fy  mit 
groter  werdicheyt  vor  dem  hilligen  facrament  [3a]  wedder  thor  Wils- 
nagk unde  gingen  wedderumb  mit  den  kertzen  thor  Lüben,  noch  gingen 
fy  nicht  uth  van  deme  winde.  Ock  weren  fy  nicht  körter  geworden 
van  deme  bernende.  Darna  wardt  de  prefter  van  dem  bifcop  geefchet 
unde  underrichtede  em  alle  diffe  Wunderwerke  unde  gefcheflfte,  de 
gefchen  wem,  unde  was  uthe  twe  dage  unde  twe  nacht  unde  badde 
dy  kertzen  gemeten  in  dy  lenge.  Do  he  nu  wedder  tho  hufz  quam, 
vandt  he  di  kertzen  noch  bernende  unde  weren  nicht  körter  geworden. 
In  der  fülften  tidt  wände  dar  ein  bur  genömet  Slantze,  de  fprack: 
,Id  ifz  godes  teyken,  fzo  wy  alle  fzen',  unde  puftede  twe  kertzen  uth 
unde  noch  worden  fy  wedder  bernende.  Thom  drüdden  male  puftede 
he  eyne  uth,  tho  handt  gingen  dy  anderen  van  fick  fülven  uth.  Do 
man  fy  wedder  wolde  anbernen,  wolden  fy  nicht  bernen.  Twe  fint 
dar  nach  thor  fteden :  dat  drüdde  müfte  de  fülvige  man  vor  fyne  fünde 
tho  Rome  dragen. 

Darna  eyne  mercklike  tidt  vorgangen,  alfe  de  myracula  unde 
grote  teyken  van  dage  tho  dage  gefchegen  van  der  kraft  des  hilligen 
facramentes.  Don  fülveft  ifz  de  erwerdige  in  god  vader  unde  her  her 
Theodericus,  don  tho  der  tyd  bifcop  tho  Havelberge,  umb  fünderlike 
innicheit  unde  othmodt  ock  thor  fteden  gekamen  unde  fick  bereit  eyne 
miffen  tho  holden  up  deme  altare  des  hilligen  blödes.  Alfze  he  nu 
dy  hoftie  geconfecrert  hadde  unde  upgehaven,  leyde  he  fy  uppe  dat 
corporal  manck  dy  andern  v  iij  hoftien  unde  hadde  in  fick  twivelinge 
up  de  iij  hoftien,  eflfte  fy  ock  geconfecrert  weren.  Heflft  he  apenbar 
gefen,  dar  dat  blodt  der  middeften  hoftien  ifz  fzo  grod  geworden  unde 
fick  vörmert.  Were  dat  nicht  vormiddelft  de  crafft  gades  entholden, 
dat  wer  gentzliken  över  dat  corporal  geflaten.  Und  mit  der  tyd,  er 
dy  miffe  uthquam,  ifz  dat  wedder  van  der  fchickinge  gödes  in  de 
erfte  geftalt  gekomen.  Alfze  nu  dy  miffe  geen-  [3b]  diget  was,  ifz  de 
bifcop  mit  fynen  denern  na  der  Plattenborch  up  fin  flodt  gereyfet 
unde  in  dem  wege  mit  groten  fufiften  und  uthgeten  fyner  thrane 
geapenbaret,  wes  eme  were  weddergefaren  in  fyner  miffen.  Dit 
fülvefte  mirakel  hebben  ock  gefen  de  praweft  van  Havelberge  unde  de 
perner  van  Olden  Rüppin  unde  apenbar  vor  dem  bifcop  unde  fynem 
gefynde  bekanth  fo  dans  gefchen  unde  waraflftigen  gefzen.  Darumb 
de  fülvefte  bifcop  nach  mer  unde  gröter  drüffniffe  gekregen  het  unde 
gedacht,    dat    fodane    wunderteyken    fynenthalven    weren    erftanden, 


5» 

mtchdem  he  in  der  mifren  twirBlde  und  gedachte,  dat  dy  iij  hoftien 
nicht  weren  geconfecrert,  funder  van  boshafftigen  minfchen  txo  mit 
blöde  beftreken,  unde  wolde  fy  in  der  miffen  mit  den  andetn  hoftien 
nach  eins  confecreren  unde  benedien.  Unde  heth  fynen  deneren  Tan 
worde  tho  worde  vorteilet  alte  fcbefft,  wo  baven  berflret  fyn. 

Darna  in  körten  tiden  fyn  grote  vele  unde  untellike  wunderwercke 
van  der  crafft  des  billigen  facramentes  gefcben  und  nach  von  dage  tho 
dage  gefchen,  Manck  allen  ifz  doch  djt  im  erften  gefchen.  So  dat  dar 
ilz  geveXen  in  der  wifck  tbo  Lentzen  ein  eddelman  bynamen  Diderich 
Wenckfteme,  allze  be  nw  mit  twen  fynen  deoern  ifz  van  fyner  borch 
geraden  unde  in  dem  wege  van  dem  hilligen  faoramente  fire  rede 
gehadt  hebben,  doch  dy  gedacht  Didericb  mit  hfinliken  worden  gefpottet 
Qude  geredet  van  dem  hilligen  facrament.  Älthobandt  alfe  Tyne  denere 
ein  wenich  vorh&n  gereden  fint,  ifz  he  blind  geworden,  fo  dat  he 
ii«rgenhea  kommen  künde,  unde  grote  wedagen  in  fynen  ogen  geleden 
Dnde  heSt  van  ftund  gnade  fampt  Fynen  denern  van  deme  almechtigen 
gade  gebedeD  unde  fick  mit  xxx  mannen  wullen  und  barveth')  thor 
Wilsnagk  gelaveth.  Allzo  yfz  he  balde  gelunt  worden  unde  darna  fyn 
gelsfite  mit  g roter  othmodt  und  inuicheyt  geholdeii. 

[4a]  Dylh  fulftige  wunderteyken  hefft  dy  ergedachte  Diderick  in 
iynem  dodtbedde  in  iegenwardicheit  fynes  bichtvaderB  und  ander  mere 
apenbare  bekaudt.  Differ  miracula  unde  Wunderwerke  vele,  dy  de 
gefchen  und  b&den  von  dage  tho  dage  gefchen,  alfze  men  in  ethliken 
bäkern  dar  tbor  ftede  befchreben  ^nt*),  hebben  ock  angefen  un/e 
hillige  vader  de  paweft,  cardinale  und  bifcope  unde  hebben  dy  fulvefte 
ftede  ummö  der  groten  wunderwercke  willen,  de  de  almecbtige  godt 
deyt  umme  werdicbeyt  dea  hilligen  facramentes,  mit  groter  gnade  unde 
aflath  begiftiget,  fzo  ein  yderman  dar  tho  der  ftede  hören  unde 
lien  mach. 


Ich  fand  Vorstehendes  auf  zwei  gedruckten  Blättern  der  Gym- 
MBial-Bibliothek,  mit  aij  und  aiij  bezeichnet:  offenbar  fehlte  das  Titel- 
blatt und  mindestens  ein  Schlusablatt.  Herr  Dr.  Walther  in  Hamburg 
hiitte  die  Güte,  mich  auf  Wiechmann,  Meklenburgs  altniedersächsiscbe 
Literatur.  Tb.  I.,  Schwerin  1864,  aufmerksam  zu  machen,  wo  N.  XXV, 
S.  60  über  einen  Rostocker  Druck  der  Wilsnacker  Legende  vom  J.  1521 
(wiederholt  Ludecus,  Hiftoria  von  der  Erfindung  —  des  —  heiligen 
Blates  zur  Wilfznagk,  Wittenberg  1586  und  Riedel  cod.  dipl.  I,  2, 
S.  121  ff.)  berichtet  und  S.  61  eines  Magdeburger  Druckes  vom  Jahre 
1509  Erwähnung  getban  ist,  dessen  einzig  bekanntes  Exemplar  in  der 
BerHner  Bibliothek  sei,  während  noch  ein  zweites  Sulpiz  Boisseree 
besessen  haben  solle.  Die  Vermuthung  des  Herrn  Dr.  Walther,  dass 
unsere  beiden  Blätter  zu  dem  Mt^deburger  Drucke  gehörten,  hat  sich 

')  wallen  unde  barvot.    Magd.  Schöppen-Chron.  49,3, 
*)  Btatt  fynt? 


60 

bestätigt.  Durch  die  dankenswerthe  Güte  der  Berliner  Bibliothek 
habe  ich  das  dortige  Exemplar  mit  den  beiden  Blättern  unserer  Bi- 
bliothek vergleichen  können.  Das  vollständige  und  ausgezeichnet  er- 
haltene Berliner  Exemplar  (Libr.  iropr.  rar.  4^  194)  hat  4  Blätter  in 
Klein-Quart.  Bl.  la  enthält  den  Titel:  Dyt  ys  dy  Erfindunge 
vnd  [Wunderwerke  des  hillige  fa|cramentes  tho  der 
Wilfnagk^),  und  darunter  in  einem  Viereck  von  Doppellinien  das 
Bild  einer  Monstranz  mit  Hostien  darin.  Die  Rückseite  des  ersten 
Blattes  ist  leer.  Das  vierte  Blatt  endlich  beginnt  mit  dem  letzten 
Absätze:  Dyth  fulftige  etc.,  der  ein  gutes  Drittel  der  Seite  ein- 
nimmt. Nach  einem  Intervall  von  ein  paar  Zeilen  folgt  in  drei 
Zeilen:  Ghedrucket  vnde  vullendet  In  der  Stad| 
Magdeborch  dorch  Jacob  Winter.  Na  der  |  geborth 
crifti.  M.  GGGCG.  ix.     Die  Rückseite  des  vierten  Blattes  ist  leer. 

HALBERSTADT.  Gustav  Schmidt 


Niederdeutsches  in  Handschriften  der 
Gymnasial-Bibliothek  zu  Halberstadt 

II. 

(s.  Jahrb.  1876.  S.  27—33). 

1.    Sprüche.     Saec.  XVI.  in. 

1.  De  my  myt  fchonen  reden  denet 
unde  myt  dem  herten  nycht  menet, 
dem  wyl  yck  wedder  vorlenen 
fchone  rede  funder  menent. 

2.  Vortruwe  up  Godt  unde  nycht  vorzage, 
gudt  unde  gelucke  kumpt  alle  dage. 

3.  Konden  mych  myne  gedancken  bryngen  darben, 
fo  wer  yck  oflft,  dar  yck  nycht  byn. 

4.  Och  vorlaügen  vorlangen, 
dy  was  yck  entgangen: 
fcheyden  heflft  my  erdacht, 

dat  my  nycht  mer  vorlangen  mach. 


')  Die  beiden  ersten  Zeilen  mit  etwas  grösserer  Schrift. 


61 


5.  Den  yck  mach  lyden, 
den  modt  yck  mydenl 
dar  yck  gerne  by  wer, 

de  kumpt  doch  Felden  her: 
den  yck  nycht  lyden  mach, 
de  kumpt  my  den  ganzen  dach. 

6.  Bedrovede  herte  fcholen  foken 
fchone  frowen  myt  wytten  doken, 
dartho  den  Rynschen  kolen  wyn, 
ick  wet  en  nen  beter  medicin. 

7.  Dyftel  unde  dorne  fteken  Ter, 
valfche  tungen  noch  vele  mer, 

vele  lever  wyl  yck  yn  dyftel  und  dorne  baden 
alfe  fyn  myt  valfchen  tungen  beladen. 

8.  Och  wat  em  wol  fchut, 

de  affledt,  er  he  vorlaren  fudt! 

noch  fudt  mennych  vorlaren  fpyl, 

de  doch  nycht  afflaten  wyl. 

alfo  fecht  Cato: 

wol  nycht  wyl  vor  tho  fen,  de  fe  na  tho. 

9.  Mennych  fraget,  wo  yt  my  geyt: 
gyüget  my  wol,  dat  wer  em  leydt. 
myt  fulken  reden,  alfe  he  yt  menet, 
fo  wyl  yck  lachen,  wen  he  wenet, 
yt  fy  fyn  fchemp  edder  fpot: 

wat  he  my  gunt,  dat  geve  em  Godt! 

10.  Och  wat  he  fer  dwelt, 

de  enem  anderen  fyn  herte  bevelt 
unde  fynen  fyn  darhenne  kert, 
dar  me  fyner  nycht  begert. 
yck  hebbe  nyn  better  dynck  gelefen, 
den  recht  don  unde  metych  wesen. 

11.  Ick  wolde  gerne  weten,  wo  de  hete, 
de  fyck  von  frowen  nycht  oven  lete. 
Adam  unde  Samfon, 

Davidt  unde  Salomon, 
fynt  alle  geovet  van  den  wyfen: 
wol  kan  nu  ungeovet  blyven? 
doch  merke  myt  körten  worden, 
dat  du  dy  hodeft  an  allen  orden. 

12.  En  wol  bewandert  wyflf, 

en  pert,  dat  up  den  haken  ys  ftyff, 

unde  en  knecht,  de  vele  heren  hefft  gehat; 

darup  henge  nemant  fynen  fchat. 


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62 


13.  Aller  weit  fyn  unde  modt 
trachtet  nach  dem  tydeliken  gudt, 
unde  wen  fe  dat  erwerben, 

fo  leggen  fe  fyck  nyder  unde  fterben. 

14.  Trurych  tho  mate  ys  alle  tydt  gudt 
dem,  de  fyck  fulven  troften  modt. 

ick  hebbe  yt  vorfocht  yn  körten  tyden, 

ick  was  gans  trurych,  yck  moft  yt  lyden. 

nu  wol  an, 

efft  yck  kan, 

wyl  yck  my  frolyck  holden 

unde  fchen  laten,  dat  wefen  modt, 

dat  my  vaken  unde  vele  truren  dot. 

15.  Ich  mende,  yt  wer  ydel  eken 
allent,  dat  de  lüde  fpreken: 
nu  ys  yt  kume  lynden, 

de  warheyt  kan  me  nergen  fynden. 

16.  Wol  kant  fo  maken,  berychte  my, 
dat  yt  alle  man  tho  dancke  fy? 

17.  Truwe  frunt  unde  en  vorfocht  fwert 
fynt  yn  noden  vele  geldes  wert. 

18.  De  wyl  ftraffen  my  unde  de  mynen, 
de  fe  erften  up  fyck  unde  de  fynen: 
fudt  he  den  gans  nen  gebreck, 

fo  käme  he  baldt  unde  ftrafife  myck. 

19.  Mennych  fecht  vam  anderen  qwadt, 

de  fulven  nycht  gudes  ym  herten  hatt. 
wer  yt  en  vor  dat  hovet  gefchreven, 
wat  fe  er  dage  hedden  bedreven, 
fe  fcholden  fyck  wol  twye  bedencken, 
er  fe  enem  anderen  fyn  er  fcholden  krencken. 

20.  Ick  byn  de  yck  byn, 
wylde  ys  myn  fyn, 
hoch  ys  myn  modt, 
den  ys  myn  gudt, 

van  wem  yck  nycht  enhan, 

de  fchal  my  wol  myt  frede  lan. 

21.  Och  wat  twe  herten  lyden, 

de  fyck  leven  unde  moten  fyck  myden: 
jodoch  wert  yt  nycht  geachtet, 
fo  de  ene  des  anderen  wachtet. 

22.  Leve  ys  leydes  anvanck, 
yt  war  kort  eflfte  lanck. 


1  i 


63 

23.  Wol  fyck  up  Godt  vorlet  up  dyffer  erden, 
de  fchal  Dummer  Torlaten  Verden. 

24.  Byt  ys  nu  der  werlde  ftat: 

ick  do  dy  gudt,  du  deyft  my  qwat, 
ick  beve  dy  up,  du  werpeft  my  oedder, 
ick  ere  dy,  du  unereU  my  wedder. 

25.  Wat  Godt  befchert 
ken  myDfche  gewert, 
wat  Godt  Dicht  gundt, 
ken  arbeyt  gewyut, 

26.  Grote  gewalt  blodet  den  fyn, 
forge  brynget  wysheyt  yn, 
udtfacbt  liÜ, 

dar  de  weit  nicht  up  gyst. 

27.  Wat  wet  he  gudt  edder  quat, 
dem  yt  alle  tydt  wol  gat. 

roer  de  van  beyden  befft  geprovet, 
de  wet,  wat  en  ander  behovet. 
Die  vorstehenden  Sprüche  sind  eingeschrieben  in  die  deutsche 
(auf  der  Bibliothek  des  Dom-Gymnasiums  unter  Theol.  M.  II.  638  be- 
fiodliche)  Ausgabe  von  Bernhardus  de  Breydenbach,  opusculum  sanc- 
tarum  peregrinationum  ad  sepulcrum  Christi  (Hain  I,  3958),  und 
zwar  stehen  sie  auf  der  Kückseite  der  Ansicht  von  Venedig,  die  auf 
8  Folioblättern  aufgeklebt  ist.  N.  1  —  10  (die  Nummern  füge  ich 
hinzu)  stehen  auf  einem,  1 1  — 16  auf  einem  zweiten,  17--23  auf  einem 
dritten  Blatt,  24.  25  auf  der  Vorderseite  des  Bildes,  26.  27  auf  der 
folgenden  Textseite.  N.  8  ist  zum  2.  Male  geachrieben  zwischen  10 
und  lt.  Hinter  23  steht  von  einer  andern  aber  wol  gleichzeitigen 
Hand,  mit  Anspielung  auf  N.  1 1 :  ^ 

Ich  weis  nicht,  wei  der  heilt, 
der  fich  van  yunckfreuwen  nicht  oven  leift. 
bot  dich  ein  yunger  feile  ftolth, 
de  leip  maket  leffel  ane  holt,     anno   1510. 
Dieser  letzte  Spruch  scheint  von  einer  Hand  geschrieben,  die  des 
Niederdeutschen  nicht  recht  mächtig  war  (cf.  leip,  leffel).     Der  erste 
Eindruck  ist  gleich,  dass  die  Sprüche  von  einer  Frauenhand  geschrieben 
sind.     Unter  der  ersten    Reihe    (1  — 10)   steht:   M.  V,  D,  L.   und    auf 
dem  Titelblatte,  als  Besitzerin  des  Buches:    .Margreta  van  der  Luhe' 
nnd  nochmals  ,Margrete   van  der   Luhe',   doch   ist   der  Familienname 
beide   mal   nur    mit    Mühe    zu   entziffen,    da  derselbe    mit  Tinte    zu- 
gestrichen ist.     Auch  das   M.  V,    D.  L,   ist  beschädigt,    indem  das 
unterste  Viertel   der  Buchstaben    bei   dem   Einbinden    weggeschnitten 
ist:  die  Sprüche   sint  also  vorher  eingeschrieben.     Gebunden  ist  das 
Buch  erst  später  mit   der  Signatur  C.  V.  D.  A.  J.  G.  G.  1612,  d.  h, 
Curd  von  Dorftadt,  Alles  in  Gott  geftellt. 


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64 

Die  Zeitangabe:  1510  wird  richtig  sein. 

Ein  Sprach  in  einer  Handschr.  8.  XV  (129)* 

Der  geyftliken  unorlicheyt^), 

des  hofwerkes  unhovefcheyt, 

in  fteden  unde  dorpen  uneyndrechticheyt : 

merket  wat  dut  fchaden  deyt. 

Sprach  von  Studenten  (S.  XVI). 

Studenten  art,  juncfrawen  zart, 
eddeler  blot  gheboren  nu  war[t]. 

Wan  ein  ftudente  wart  gheboren, 

80  werden  ome  dre  bure  utherkoren: 

der  erfte,  der  one  nert, 

der  ander,  der  vor  one  in  de  helle  vert, 

der  dridde  holt  ome  ein  ftoltes  wib: 

darumme  drecht  her  en  ftoltes  lib. 

2.    Medizinisches : 

a)  Saec.  XV.  (cod.  29). 

Ad  Caput :  yngever  calamus  encian,  de  make  to  pulvere,  up  eyn 
ryven  to  wrif  unde  nym  eine  underrinden  von  eym  brode^  make  de 
nat  in  wyne  edder  in  fcarpem  eteke.  hed  he  neyn  win,  legge  de 
rynden  up  de  kollen  unde  rofte  fe,  dat  fe  warm  werde,  unde  ftrawe 
dat  pulver  up  de  rinden  brodes  unde  eyt  dat  avent  unde  morgen. 

b)  Saec.  XV  (cod.  123). 

Ad  ftomachum :  nym  entian  zeduar  calamus  ingever,  de  crude 
rive  up  eyer  rive  unde  nym  de  underften  rinden  van  dem  brode,  mak 
de  nat  in  wine  edder  in  beyre  unde  rofte  de,  legge  de  pulvere  up  de 
rinden  unde  et  dat  des  morgens, 

c)  S.  XV  ex.  (in  cod.   146  eingelegt). 

Id  is  to  weten,  dat  dit  bet  gud  is  vor  de  mala  francofa  unde  is 
gevunden  in  eynem  olden  toftotten  clofter  in  Franckrike  in  eyner  fteynen 
fule,  Maliers  genant,  dat  het  geftan  twehundert  jar  unde  ver  jar  na 
Criftus  bort  unde  do  het  me  diffe  crancheit  genant  de  bleddern  funte 
Job.  we  dit  bet  bi  fik  drecht  edder  alle  dage  fpricket  mit  rechter 
andacht,  de  is  feker  vor  den  bladderen  genant  Jobs  bledderen  edder 
mala  frantzofa.  unde  me  fcal  to  dem  erften  fpreken  v  paternofter 
unde  dit  bedeken: 

0  leve  here  hymmels  unde  der  erden,  de  du  den  geduldigen  Job 
dorch  dyne  vorhengeniffe  leteft  flau  dorch  den  vint  der  mynfchen  mit 
den  heftigen  plagen,  dat  neyn  mynfche  gewan^)  mit  fo  groter  lemynge 
der  lede  van  den  voten  wente  to  dem  fchetele  vorferiget  wart,  fulke 
plage  wedderumme  heft  van  ome  genomen  dorch  fyner  groten  gedult, 

*)  entweder   verschrieben   statt   unerlicheyt  d.  h.   ünehrbarkeit   oder  späte 
Contraction  von  unordelicheyt  d.  h.  unordentliches,  zuchtloses  Wesen.        C.  W 
')  müsste  as.  gio  hwanna  lauten  =  ahd.  io  wanne,  jemals.  C.  W. 


66 

ik  Tormane  dik,  fchepper  himmels  unde  der  erden  des  geloftea  mit 
foe,  der  vorefrchiuge  Abrahe,  des  juramentes  na  der  ordineringe  Melchi- 
zedech,  der  erwachtinge  Symeones,  de  du  alle  des  otden  tefCameiites 
geleiftet  lieft  in  ewicheit,  hef  up  dlffe  plage  der  bladderen  mala  fran- 
lofa  genant  unde  lat  mik  armen  funderinnen  nich  beflecket  werden, 
gedencke  der  hilgen  vorfonynge  mit  Noe  twifchen  dik  unde  den  myn- 
[chea,  den  fmtäot  nuramer  to  Tenden,  gedencke  Abrahammes  biddJnge 
jegen  Sodoma  unde  Gomorra  unde  vorlat  mik  fulker  plaga  dorcb  diffe 
bilgeu  vormanynge  unde  unulfprekelike  barmherticheit,  behode  unde 
beschütte  under  dyne  befchuttinge  vor  dem  flanden  engel  differ  plage, 
de  du  bift  god  vader  mit  dem  föne  unde  dem  hilgen  geifte  van 
ewicheit  to  ewicboit  iummer  mer  unde  ewichliken.     Amen. 

3.    Van  den  apoftelen.    S.  XV.  (cod.  133.*) 

Item  twene  apoftele  Tunte  Philippus  nnde  Tunte  Jacobus  ligghen 
Ib  Rome  in  funte  Feters  munfter,  alfe  me  in  gheyt  uppe  de  linckeu 
band,  dar  is  Br  ghebente  ynne  »ormuret  in  eynen  pilre  der  kercken. 
darover  edder  darentyghen  uppe  de  rechten  band,  dar  lyt  Tunte  Simon 
unde  Tunte  Judas  in  eynem  pilre.  ock  ore  ghebente  bemuret  unde 
twen  fchone  alter  Ttan  an  den  puren,  unde  duTfes  ghebeutes  enmach 
uemende  werden,  men  moTte  denne  de  kercken  tobreken,  unde  dyt  en  dar 
nemant  don  wen  de  pauwes  alleyne  unde  deme  Ttaden  des  ock  de 
Römer  nicht,  dat  he  dat  bilghedom  vorgeve  van  Rome. 

Tunte  Peters  ghebeente  unde  Tunte  Paules  ligghen  under  deme 
hogben  alter  Tunte  Peters  in  der  klufft  ock  vormuret  under  dem  alter 
unde  dar  dar  nemand  miTfe  vor  Tingben  wen  de  pauwes  alleyne. 

Tanctus  Bartbolomeus  licht  ock  tho  Borne  twyTcben  den  twen 
Tiberenbrugghen  in  eynera  groten  munlter,  dar  de  Tiber  umme  gheyt, 
liol  doch  dat  he  in  Campanien  ghemartert  wart  in  eyner  ftad  de  het 
Boanifente,  unde  is  van  Rome  wol  hundert  mile. 

duTTe  Teren  apoTteie  ligghen  to  Rome  in  der  hilghen  Ttad.  de 
achte  apoTtel  Tanctua  Matbeus  lyt  in  deme  lande  to  C[a]laberen  in  eyner 
Itad  de  heyt  Salerne. 

de  neghede  apoftele  lyt  in  eynem  land  dat  het  Principate  unde 
is  de  leve  MIghe  apoftele  Tanctus  Andreas  unde  lyt  in  eyner  Ttad  de 
tet  Malff  unde   is   twe    daghereyTen    van  Salerne  unde  veer  daghe- 

»1  rejTen  van  Tunte  Nicolaus  to  Bare, 
de  teynde  apoftele  funte  Mathias  lit  to  Trere. 
de    elffte    apoftele    fanctus   Jacobus   lyt   in    eyner    ftad    de    hed 
Conipaftel  in  eyncm  lande  dat  hed  Galicien. 
1  de  twelTEte  apoftele  Tanctus  Thomas  de  lyt  to  Yndien.     de  rechte 

overvart  to  duTTem  apoftele  ia  uppe  jenTyt  Tunte  Jacobe  twehundert 
mite  weghes  in  eyner  Ttad  de  hed  Sebilien. 

de  drutende  apoftele  fanctus  Johannes   ewanghelifta  is  myt  live 

•)  Dieser  Bericht  bis  ,alle  godes  in  deme  ewighen  levende'  ist  Uebersetznng 
eines  Abschnittes  aus  dem  heiligen  Leben  dea  Hermann  v.  Fritslar,  s.  Frz.  Pfeiffer 
Deutsche  Mystiker  des  14.  Jhs.  1,  123. 

NiedsidantBOliM  J»hrbnali.    m.  5 


V -•'**WWft?T' 


66 

unde  myd  feie  in  dem  ewighen  levende,    alfe    we   mildichliken  loven 
fcholen.     duffe  [gebruken]  alle  godes  in  deme  ewighen  levende. 

dar  na  kam  he  in  dat  land  Afya,  dar  ward  he  an  en  cruce  ghe- 
henghet  unde  ward  myt  fteynen  to  dode  gheworppen.  alfo  nam  he  fynen 
ende  unde  vor  tho  deme  almechtighen  gode.  unde  de  lutteke  funte 
Jacobus  ward  eyn  bifchop  tho  Jerufalem  unde  ward  myt  deme  predeghe- 
ftole  umme  worppen.  do  kam  eyn  loppende  myt  eynem  wullenböghen 
unde  floch  ome  fyn  hovet  entwe,  alfo  nam  he  fynen  ende. 

HALBERSTADT.  Gustav  Schmidt 


Bemerkungen  zn  einigen  der  vorhergehenden  Sprüche. 

Zu  Spruch  24  bemerke  ich,    dass  Jacobs   im  Ilsenburg.  ÜB.  11, 
S.  110  von  der  Rückseite  einer  Ilsenburger  Urkunde  v.  J.  1502  anführt: 

dyth  ys  der  werlde  Ißpp : 
alse  es  in  der  werlde  geyt: 
do  myck  leflf,  yck  do  dyr  leyt, 
help  myck  upp,  ick  stote  dick  neder, 
erst  du  myck,  ick  sehende  dick  weder.     G.  Schmidt. 
No.  2.     Vgl.  Germania  20,  339: 

Unmut  diit  we, 
Armut  noch  vil  me; 
Doch  geselle  nit  vorzage : 
Glücke  kumet  alle  tage. 
No.  8.     Die  Berufung  auf  die  einem  Cato  zugeschriebenen  disticha 
de  moribus  ist  vielleicht  nicht  gar  zu  genau  zu  nehmen.     Wenigstens 
finde  ich  in  der   von   Zarncke    ,Der  deutsche  Cato.     Leipzig.     1852.' 
gegebenen  mhd.   Uebersetzung  keine   Verse   ganz   desselben   Sinnes; 
ähnlich  ist  v.  527: 

Du  solt  diu  dinc  von  erste  besehen, 
So  mac  dir  niht  misseschehen. 
Doch  könnte  eine  der   ndd.  Bearbeitungen,   von   denen   Zarncke  nur 
Proben  mitgetheilt  hat,    einen  mehr  stimmenden  Ausdruck   enthalten. 
No.  9.     ndrrhein.,  15.  Jh.: 

Ifz  fraget  mancher,  wye  ifz  mir  ghee. 
Gyngh  yfz  mir  wail,  yfz  dede  ym  wee. 

Germania  19,  303. 
No.  11.     Oven,  quälen,  narren,  s.  Mndd.  WB. 
Segge  my  doch,  wo  de  heten, 
de  sick  so  nicht  narren  leten? 
Salomon  was  de  wyseste  man, 
de  sterckste  ys  genömpt  Samson: 
noch  würden  se  beyde  bedört 
und  d6rch  der  Fruwen  list  vorv6rt. 
Joh,  Stricerius  De  düdesche  Schlömer  G  VUI  b. 


V  .1' 


67 

No.  13.    Eschenburg  Denkmäler  altdeutscher  Dichtkunst.   Bremen. 
1799.    S.  412.     Priamel  40: 

Wir  streben  auf  erden  nach  nichts  so  sehr, 
Als  nach  gut,  hoffart  und  ehr; 
Und  so  wir  das  denn  alles  erwerben, 
So  legen  wir  uns  nieder  und  sterben. 
No.  15.     Spruch  aus  Reval  a.  1512: 

Ik  mende,  dat  wer  alle  eken, 
Dat  my  de  lüde  to  spreken. 
Nu  is  dat  men  elderen  und  lynden, 
By  nymands  kan  ik  truwe  finden. 
Truwe  is  ut  der  werlt  gejaget, 
Nement  dem  anderen  war  saget. 
Mndd.  WB.  1,  649,  2  aus  ,Beiträge  zur  Kunde  Esth-,  Liv-  und 
Kurlands'  I,  2,  224. 

No.  16.     Dieser   Spruch   steht  auch  unter   der   astronomischen 
Ühr  in   der  Marienkirche  zu   Lübeck,  die  zwischen    1561    und    1565 
verfertigt  ist;  s.  Deecke,  die  Freie  und  Hansestadt  Lübeck. 
No.  17.    Fridankes  Bescheidenheit  95,  18: 

Gewisse  friunt,  versuochtiu  swert: 
Diu  sint  ze  noeten  goldes  wert. 
No.  22.  Walther  v.  d.  Vogelweide  bei  Lachmann  S.  88,  19.  bei 
Pfeiffer  No.  3,  8.  bei  Wilmanns  No.  63,  8: 

Daz  si  da  heizent  minne, 
deis  niewan  senede  leit. 
No.  24.     Ndrrhein.,  15.  Jh. : 

Idt  ist  nu  der  werelt  staet: 
Do  my  ere,  ich  doen  dir  quaet; 
Hyeff  mych  off,  ich  werffen  dich  neder; 
Do  myr  ere,  ich  sehenden  dich  weder. 

Germania  19,  303. 
No.  25.     Den  Inhalt  der  beiden   ersten  Zeilen  führt  weiter   aus 
die  zweite  Priamel  bei  Eschenburg  Denkm.  S.  395. 

HAMBURG.  C.  Walther. 


Rummeldeus. 

Nachstehende  Verse  sind  gedruckt  in  H.  Sudendorfs  Urkunden- 
buch  z.  Gesch.  d.  Herzöge  v.  Braunschweig  u.  Lüneburg  u.  ihrer 
Lande  9  (Hannover  1877),  S.  127.  Sie  befinden  dch  in  einem  Re- 
gistrum der  Herzöge. von  Sachsen-Lauenburg,  das  1436  angefangen 
und  bis  1514  fortgeführt  ist,  und  sind  von  einer  Hand  geschrieben, 
die  1436—40  Urkunden  in  das  Registrum  eingetragen  hat.  Bei  der 
Abgelegenheit  der  Druckstelle  wird  es  nicht  unangemessen  sein,  das 
Gedicht  hier  zu  wiederholen. 

5* 


68 

In  demselben  Begister  steht  von  einer  Hand  aus  der  Mitte  des 
15.  Jahrhunderts:  Desse  underscrifft  is  uppe  den  koppernnen  palen 
in  kopper  gegaten  to  Lubeke  uppeme  Hinxerdamme  (1.  Huxerdamme), 
dar  se  den  ze  to  Raceborg  na  holden  unde  stouwen  scholen  unde 
nicht  anders: 

Gurret  ad  hec  scripta 

Libera  semper  aqua:  uppe  deme  enen  pale; 

De  vrye  waterdrijfft 

Schal  gan  uppe  desse  scrifft:  uppe  deme  anderen  pale, 
üeber  diese  Staumale  s.  Wehrmann   in  Ztschr.    f.    Lüb.   Gesch. 
u.  Alterthmskde.  3,  S.  352,  der  (Anm.  8)  die  Inschrift  derselben  mit- 
getheilt  und  auf  die  auch  durch  sie  bezeugte  Reimlust  des  Mittelalters 
(s.  Jahrgang  1875,  S.  108)  hingewiesen  hat, 

Rummeldossz,  ik  moth  dy  drincken, 

Schulde  ik  dy  myt  den  ogen  wenken, 

Dat  rede  ik  al  by  synne. 

Wen  ik  dy  kan  haven  nicht, 
5  So  byn  ik  gar  eyn  blöder  wicht, 

Ik  en  weit,  wes  ik  begynne. 

Och  Godt,  wor  neme  ik  drinckelgelt? 

Myn  etent  is  gar  klene; 

Wen  ik  des  nicht  have  bestelt, 
10  So  byn  ik  gar  en  blöder  helt, 

ünde^)  wiset  mick  uther  meyne. 

Wittepennynck-,  drelinckschult 

Deit  mick  de  krogersche^)  grot  undult 

Und  spreket  mick  an  myne  ere. 
15  Wen  ick  upp  der  Straten  ga, 

Byn^)  ik  er  der  pennynge  twe, 

Se  schreyget  balde:  waffen!  na 

Also  umme  de  marcke*)  tene. 

Ik  drincke  dik,  borge  und  sette  en  pant, 
20  Ik  hape  rike  to  werden; 

Ik  sta  ghescreven  upp  der  want, 

Noch  ga  ik  upp  der  erden. 

Deme  gesellen,  deme  ik  myn  beyer  entbot^), 

De  sprak:  ,ik  helpe  dik  uther  noth 
25  Myt  enem  naten  plunden^). 

Ik  wil  my  by  de  wende  flyten 

^)  Lies:  men? 

*)  Lies :  der  krogerschen  ?    Macht,  verschafft  mir  die  Ungeduld  der  Krügerin. 

8)  byn  =  byn  schuldich:  Hans.  Geschsblätter  Jahrg.  1874,  S.  64:  de  ismy 
3  mark ;  S.  68 :  myn  ghelt,  dat  he  my  is ;  S.  71 :  umme  de  10  mark,  de  ik  ju  bin. 
Aehnlich  bliven  =  schuldich  bliven :  das.  S.  73 :  men  ick  blef  eme  3  edder  4  mark 
van  den  flasse. 

*)  Lies:  der  marcke.    Als  wenn  ich  ihr  zehn  Mark  schuldig  wäre. 

^)  beyer  entbot:  Bier  zutrank. 

*)  plunde:  Lappen;  vgl.  Mndd.  WB. 


'•rrZ-    /..ä^'A 


69 

ünde  wisschen  aver  de  screven  kryten, 

So  bystu  gar  untbunden'. 

,Nen  werlik  dat  wer  ovel  dan, 
30  Loven  will  wy  holden; 

Uns  werdt  wol,  des  wy  nicht  en  han; 

Geluck  mot  uns  walden'. 

Aldussz  vorbrinc  ik  myne  jar 

Myt  sorgen  unde  myt  moyen; 
35  En  ander  werdt  des  wol  enwar: 

Ydt  enregent  eme  neue  koge. 

HAMBURG,  BARiMBEK.  K.  Koppmann. 


V.  1  Lies  Rummeldoisz  ?  So  bei  Dittmer  Sassen-  u.  Holstenrecht 
S.  43.  44.  (a.  1537)  u.  S.  50  (1540).  Doch  ist  die  letzte  Silbe  er- 
sichtlich nur  lautmalend,  kann  also  leicht  variiert  haben.  So  führt 
das  Mndd.  WB.  eine  andere  Form  Rummeldues  an.  Aehnlich  wechselt 
Arent  Dirksen  Vos  in  seinem  Kriegsliede  der  Geusen  (van  Vloten, 
Nederlandsche  Geschiedzangen  I,  356.  van  Lümmel,  Nieuw  Geuzenlied- 
Boek  S.  5)  bei  der  Nachahmung  des  Trommeltones :  Slaet  opten  trom- 
mele, van  dirredomdeyne,  Slaet  opten  trommele,  van  dirredomdoes. 
Zu  der  Form  Rummeldues  lässt  sich  vergleichen  das  Schimpfwort 
kuckedus  im  mndd.  Schauspiel  Theophilus,  hrsg.  v.  Hofifmann,  1.  Druck 
Z.  98.  Am  gewöhnlichsten  wird  aber  die  Silbe  dey  in  solcher  Weise 
zur  Bildung  von  Interjectionen,  Appellativen  und  Namen  verwendet. 
Es  sind  deren  eine  Unzahl  gebildet  worden  von  Walther's  v.  d.  Vogel- 
weide guggaldei  und  den  Neidhart'schen  -deis  an  bis  auf  Gutzkow's 
Drommeldey  und  v.  Schweitzer's  Mackedei.  Hier  will  ich  nur  noch 
einen  zweiten  Biernamen  heranziehen,  nämlich  Kinkeldey,  wie  nach 
Piderit  Geschichte  d.  Grafsch.  Schaumburg  S.  95  im  16.  Jh.  das  Bier  des 
Fleckens  Rodenberg  hiess.  Der  erste  Theil  von  Rummeldeus  enthält 
wohl  das  Verb  rummeln,  entweder  mit  Anspielung  auf  die  Wirkung 
dieses  Biers  im  Magen,  oder  weil  vielleicht  vielerlei  Ingredienzen  zu 
demselben  genommen  wurden,  etwa  so  gemeint,  wie  man  Rummeldey 
eine  Gegend  der  Börde  Rade  nennt,  welche  aus  Wiesen  besteht,  , wel- 
che nach  verschiedenen  Dörfern  gehören*,  Pratje,  Altes  u.  Neues  aus 
Bremen  u.  Verden  2,  55. 

V.  13.  Sollte  nicht  vor  wittepennynck  zu  ergänzen  sein  ,umme'? 
Dann  ist  die  Besserung  in  v.  13  unnöthig  und  v.  14  fällt  nicht  aus 
der  Construction. 

V.  16.  twe  reimt  weder  zu  ere,  noch  tene.  Dem  Masculin 
penning  gebührt  aber  die  Form  twene  statt  des  neutralen  twe,  so  dass 
V.  16  und  V.  18  reimen.  An  der  Construction  ,ik  bin  mit  Dativ  der 
Person  u.  Accus,  der  Sache'  =  ich  bin  einem  etwas  schuldig,  ist  nach 
den  von  Koppmann  Anm.  ^)  beigebrachten  Beispielen  nicht  zu  zweifeln. 


•>  ••  -tT-^T^r^ 


70 

Diese  ungewöhnliche  Gonstruction  ist  auch  vollkommen  verständlich 
und  richtig,  wenn  eine  Ellipse  von  ,schuldig^  stattgefunden  hat.  Zu 
dem  blossen  Verbum  ,sein'  hätte  sich  besser  der  Genetiv  der  Sache 
geschickt.  —  Tene  statt  teine  ist  bemerkenswerth. 

V.  23.  deme  gesellen,  deme  etc.  über  diese  Attraction  s.  J.  Grimm 
kleinere  Schriften  3,  312.  ff. 

V.  27.  kryte  mit  t  bekanntlich  richtig,  der  Ableitung  von  Greta 
entsprechend. 

y.  32.  statt  uns  ist  wohl  unser  zu  lesen ;  denn  walden  regiert 
den  Genetiv. 

V.  36.  Dieses  Sprichwort  habe  ich  weder  bei  Wander,  noch  bei 
Harrebomee  gefunden.  —  koge,  Kühe. 

HAMBURG.  C.  Walther. 


Braunschweigische  Fündünge. 

Die  folgenden  Stücke  hat  Herr  Archivar  Hänselmann  in  Braun- 
schweig im  Stadtarchive  daselbst  vorgefunden  und  dem  Bedactions- 
ausschuss  zur  Publicierung  freundlichst  übe^rwiesen.  Fast  alle  sind 
Blättern  entnommen,  die  als  Deckelbeklebung  gedient  haben.  Der  un- 
bekannte Löser  derselben  hat  unterlassen,  die  Bücher  anzugeben,  aus 
deren  Einbänden  er  sie  gelöst  hat.  Ich  habe  mir  erlaubt,  einige 
Worterklärungen  und  Nachweise  unter  dem  Texte  beizufügen. 

HAMBURG.  C.  Walther. 


I. 

Gebet. 

15,  Jahrb.,  unvollständig,  auf  der  ersten  Seite  eines  Doppelblattes  in 
4^,  welches  zur  Deckelbekleidung  gedient  hat. 


Wan  de  malediden  gans  vorgliden*) 
Unde  to  den  bitteren  vlammen  striden*), 
So  rope  my  mank  de  benediden. 


'^  versinken. 
')  schreiten. 


Ilc  bidde  imiich  aude  dsle  boghet  — 
5  Myn  herte  ia  alze  asche  vordrogbet  — 
Hebbe  ach[t]  up  myoes  endes  jogbet'). 
Vul  weneudes  is  de  streogbe  d&cli, 
Dar  ut  der  ameren  eick  upheven  mach'). 
De  mjDacbe  schuldicb  to  richtende  steyt. 
10  God,  gif  em  dyne  barmberticbeit. 
0  mylde  Jhesu,  leTe  here, 
Gif  en  rouwe  an  dyner  ere.     amen, 

II. 

Van  der'')  wapen  Kristi. 

15,  Jahrb.,  folgt  vorstehendem  Gebete,  von  gleicher  Hand  geschrieben, 

auf  der  zweiten  und  dritten  Seite  des  Doppelblattea. 

Kynt,  ik  wil  floreren*) 

Schilt,  beim  ena  Torsten  werdich 

ünde  wil  ayne  wapen  blaseneren*), 

Dede  ersten^)  street  so  ein  helt  vulherdich*) 
5  Unde  toch  ver  ut  deme  overlande*), 

Ma  willen  synes  vaders, 

Unde  syne  vyent'")  menlicb  anrande. 

En  schilt  is  rot  so  en  robyn, 

Dar  in  en  cruce  gbeslaghen, 
10  Geliik  eneme  amaragdus  fyn. 

Dat  overdel  enen  parlden")  bref^*)  kan  dragen 

Myt  eddelen  ver  bokataven  twar, 

Swart  agetvar")  ingeachreven :  J,  N.  R,  J. 

Baven  dat  crucifixe  quarteret  dar. 
15  En  Speer  is  rot  van  golde 

Myt  encm  sulveren  iseren"), 

Dat  schen^^),  alzo  be  wolde ; 

*)  ,Die  Jugend  meioes  Endes'  verstehe  ich  nicht. 
*)  lies:  denjaraeren?  vgl.  mhd.  ämer  =  jämer, 
•»)  lies  ,den'? 
*)  verherrlichen, 
•1  frz.  blasonner, 
•l  vormals. 
»)  standhaft,  tapfer. 

^  ver,  fernher;  .oberlant'  auch  mhd.  oft  fiir  ^Himmel'. 
")  Plural,  a.  Nerger  Ndd.  Gramm,  g  117. 
"i  mit  Perlen  geziert,  überh.  geziert,  geschmückt, 
'•)  Schrift. 

")  agatfarbig.    Ueber  den  Agetstein  s.  agestein   im  Mhd.  WB.,    agstein  ii 
Grimm's  WB.  und  agetstein  im  Mndd.  WB. 

*<)  Der  Schaft  ist  von  Gold,  die  sonst  eiserne  Spitze  hier  von  Silber, 
"^  schien. 


72 

En  bessern,  gheschortet^*)  van  nyen  riseren, 
Dar  by  iij  stumpe  negele  blynken, 
20  Dar  negest  en  harne  geysle^') 
Myt  iij  knäpten  knopenswinken^®). 

Ene  stenen  mormelyne^^)  sfil  was  beret  dem  vorsten, 
My[t]  repen  brun  graw  was  se  gekörnet^^). 
He  rep  Hely,  do  em  began  to  dorsten, 
25  Sunne  unde  mane  sik  darvan  vortornet*^). 
Se  boden  em  etik  unde  bitter  gallen. 
He  sprak:  id  is  vullenkomen, 
God . .  .*^)  den  geest,  dat  liif  mut  dotlik  Valien! 

Joseph  van  Aromathye 
30  Dat  was  des  vorsten  ridder, 

In  allen  dogeden  vrye 

Begrof  he  en  dar  nyder 

An  en  vur  (!)^^)  nye  graf 

Van  mormelyne  steine. 
35  Twar  an  den  dridden  dach  stunt  he  wedder  uf, 

Lifachtych  unde  reyne^^). 

Do  wart  em  angebunden 
Syn  vane,  rot  van  syden,  an  en  cruce  schon. 
Myt  vyve  den  hilgen  wunden 
40  Berovede  he  den  vyent.    He  rep  luden  don^^), 
He  brak  em  dar  de  veste, 
De  vyant  wärt  vordrungen 
Van  Kristo,  aller  vorsten  ho  de  beste^^). 

We  em  nu  vormanet  syner  martelye 
45  Unde  denket  an  de  wapen, 
Vor  arghem  kan  he  ene  vryen, 


^®)  zusammengebunden. 

")  eine  härene  Geissei,  aus  von  Pferdehaaren  gedrehten  Stricken,  aus  harspan- 
garn,  wie  es  in  den  Lübek.  Zunftrollen,  hrsg.  v.  Wehrmann,  S.  387,  heisst. 

*®)  jknuppen*  knüpfen ;  ,knop*  Knoten ;  ,swinke*  wird  sein,  was  sonst  ,siiiicke' 
genannt  wird,  näml.  das  vordere  Schwenkende  der  Peitsche,  das  aber  bei  der 
Passionsgeissel  zu  Knoten  geknüpft  war. 

'*)  eins  der  beiden  Adjective  scheint  entbehrlich. 

^)  das  Korn  des  Marmors  zeigte  braune  und  graue  Streifen ;  s.  kern  u. 
körnen  in  Grimmas  WB. 

^^)  werden  erzürnt,  was  sie  durch  Verdunkelung  kundgaben. 

'*)  Lücke  der  Hs.,  ergänze  ,nim*  oder  ,neme*. 

")  lies:  vul?    (Hslm.) 

")  Das  Gedicht  scheint  nach  den  Reimen  dieser  ausnahmsweise  acht  Verse 
umfassenden  Strophe  nicht  niederdeutschen  Ursprungs;  doch  würden  auch  mhd. 
ritter  und  nider,  grap  und  üf  nicht  reimen. 

^)  Ton. 

'•)  aller  hohen  Fürsten  der  beste,  Apposition  im  Nominativ;  oder  lies  ,he': 
aller  Fürsten  er  der  beste? 


Lttteu.. 


.-*—*•" 


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73 

Dat  em  nommer  unheyl  wert  gescapen, 
ünde  vorwynt  syne  not  gar  snelle 
ünde  wert  bewart  vor  der  helle  pyne 
50  ünde  vor  allem  ungevelle. 

III. 
Briefreime. 

Unter  anderen  Schreibübungen  (,Abcd'  etc.,  ,Ambmcm'  etc.) 
ans  dem  15.  Jahrhundert  auf  einem  zur  Deckelbeklebung  verwandten 
Einzelblatte  fünfmal  wiederholt. 

Salicheit  unde  suntheit- — — __^.         , 
Wisheit  unde  kuntheit— ^^  ^    ' 

Unsen  vruntliken  grut.  |  We  uns  dat  beste  dot,  |  den  möge  wi 
holden  vor  unsen  vrunt :  |  dat  do  wy  ju  kunt.  |  Vortmer  schole[n]  dat 
waten  unse  vrunt*"^),  |  van  godes  gnaden  so  sint  wy  sunt  |  Des  wille 
wy  gode  danken  gerne,  |  wy  sin  na  edder  verne.  |  Got  sy  ghelovet 
unde  ghebenediet,  { de  uns  van  argen  heft  ghevriet.  |  Amen  in  godes  namen. 

IV. 
,Dar  steyt  eyn  lindeken'  etc. 

15.  Jahrb.,    auf  der  ersten  Seite   eines  Doppelblattes   in   8^   welches 

übrigens  mit  Federproben  angefüllt  ist. 

Dar  steit  eyn  lindeken  in  geneme  dael, 

Oven  is  se  groen. 

Dat  erste  loveken  dat  se  droech, 

Dat  was  eyn  schoen  juncvrowe. 
5  Do  kam  enes  bures  soen, 

De  wolde  de  juncvrowen  schouwen. 

,Wat  sokest  du  hir,  du  bueres  soen, 

Volge  dynem  ploge!*  — 

,Ben  ick  doch  dines  vaders  knecht, 
10  Ick  geve  den  rusken  voder,'  — 

,Bistu  mynes  vaders  knecht- 

Unde  gevest  den  rosken  voder, 

Des  gheft  he  dyck  eyn  gut  loen.'  — 

Jck  se  it  wol  an  mynen  ogen, 
15  Du  wulde[st]  eyn  höre  werden: 

Scolde  et  kosten  hundert  punt, 

ic  wolde  dick  in  den  orden  helpen^®)/ 


")  Plural,  s.  Nerger,  Ndd.  Gramm.  §  117. 

^^)  Der  Schreiber  hat  Reminiscenzen  verschiedener  Lieder  mit  eigenem  Mach- 
werk zu  einem  neuen  Gedichte  zu  verschweissen  gesucht.  Die  erste  Zeile  begegnet 
oft,  z.  B.  Uhland,  Alte  hoch-  und  niederdeutsche  Volkslieder  No.  15.  27.  116; 
Vers  9 — 13  sind  entlehnt   aus  No.  99.  —  Oven  in  Vers  2  ist  nicht  niederdeutsch. 


V. 
Wider  die  Pestilenz. 

Einzelbl.  Pap.  Hs.  des  15.  (14.?)  Jahrh. 

Disse  ertzedie  wart  ghesant  dem  konigbe  van  Vraukrike  van  dem 
besten  ersten  van  Parys  vor  de  pestilenoye. 

Werne  de  droze  werden,  de  ueme  zenyp,  alhornesblade,  unde  1 
Btote  dat  tosamende,  unde  leghe  dat  darup.  Ok  we  sfk  in  der  tüd  I 
darvor  bewaren  wil,  de  neme  salveyenblede  unde  alhornesblader  uDde 
vrametblader^^),  des  eynen  eo  vil  alze  des  andern,  unde  sede  dat  in 
gudem  Intteien  wyne,  unde  do  dar  yn  gbeetoten  ingever  unde  drioke 
dat  nocbteren,  er  he  ut  dem  buse  gheyt.  Ok  sint  to  dissen  dinghea 
allerleye  1>omevrucbte  gud  unde  gesont,  ane  walscbe  note,  unde  ok 
hode  dik  vor  allerleye  eten  unde  drinken.  unde  etik  ib  to  allerleye 
koste  gud.  Ok  nym  eyn  stucke  wittes  brodes  unde  lat  dat  weken  üj 
dage  in  etike,  dar  wermode  unde  rüde  in  gbestoten  is  unde  utgk- 
drucket:  bolt  dat  vor  de  neze,  wur  du  geyst.  Ok  bevellestu  mit  kraoc- 
beit  idder  mit  Euke,  so  lat  de  medyanen,  dat  is  eyn  ader  also  genant 
Item  wem  de  droze  werden  twiscben  den  schulderen,  de  late  mit  tuen 
koppen  under  den  schulderen,  unde  weme  se  werden  under  dem  slape  an 
dem  halze  idder  an  dem  hovede,  de  late  de  adereu  uppe  beyden  dumen. 
wem  Be  werden  under  dem  luchtern  arme,  de  Bchal  laten  de  miltadere 
twiscben  dem^)  middelsten  vinger  unde  dem  negesten  nameloseo  an 
der  sulven  siden.  wem  se  werden  an  der  luchtern  siden  an  der 
bagedrosen  idder  an  dem  beyne,  de  schal  laten  de  rechte  ader 
twiscben  der  cleynsten  the  unde  der  negesten.  wem  it  wert  an  dem 
rechteren  beyne  idder  an  den  bagedrosen,  de  schal  laten  de  vrouwen- 
ader  inwendicb  demsulven  beyne.  wem  it  wert  an  dem  rugge,  de 
scal  laten  de  ader  de  dar  geyt  over  de  groteu  the.  Ok  wert  dit 
icbt  open  dar  it  todrecht,  so  nym  rudentwige  ghestot  mit  etzike  ('.) 
unde  lege  dar  up,  idder  dines  eygen  hores.  Nym  rüden,  gingronen 
nnde  walgbe  (!)  note,  eyues  [so]  vil  alzo  des  andern,  unde  atot  iäÜ 
besunderu  :  wan  dat  wolgestot  is,  ao  menge  dat  under  eyn  ander  unde 
nutte  dat  des  morgens  nocbteren :  dat  bewaret  dik  vor  der  vorgiCti 
et  probatum  est. 

BRAUNSCHWEIG.  L.  Hänselmaiin. 


")  weiter  unten  ,wennode'.  Schütze  Holst.  Idiot,  kennt  Wönnd  und  Wriot, 
Danneil  altmärk.  WB.  Wärmöi  und  Wrömt  nebeneinander.  —  KeubraunscW' 
Frömbde,  Wermuth.  (Hnslm.) 

")  In  der  Hb.  ,den'. 


75 


Caput  Draconis  und  die  Kreuzwoche. 

Herr  prof.  MantelB  hat  auf  die  kirchlichea  umzilge  mit  dem 
drachen  oder  dem  drachenliaiipte  in  neuerer  zeit  wieder  aufmerksam 
gemacht')  und  reiche  belege  gegeben ;  ein  naheliegendes  beispiel  aus 
den  Lübecker,  bez.  Baseler  PasBiooalea  iat  ihm  entgangen,  vielleicht 
bezieht  sich  auf  die  hier  erwähnte  sitte  mit  die  von  Mantels  ange- 
führte stelle  in  der  Bugenbagen'schen  kircheuordnung,  welche  zunächst 
freilich  nicht  von  der  kreuzwoche  redet. 

Das  Passional  erwähnt  das  umtragen  des  drachenbildes,  beson- 
ders als  französische  sitte,  in  den  ,L e t a n i e n'  oder  kreuzwoche n. 
Da  anch  diese  letzteren  mit  namen  und  bräueben  hier  allerlei  auf- 
klärung  finden,  so  ist  die  wiedergäbe  der  ganzen  stelle  wol  gerecht- 
fertigt. Ob  die  darin  enthaltene  Symbolik  die  allgemein  anerkannte 
der  katholischen  kirche  sei,  vermag  ich  nicht  anzugeben,  jedenfalls 
gehört  sie  aber  den  Franciscanern ;  denn  dasa  die  Lübecker  (Baseler) 
Passionale  aus  diesem  orden  hervorgegangen  oder  doch  unter  seinem 
zutbuu  entstanden  sind,  erhellt  aus  mehreren  stellen,  die  im  ent- 
schiedenen und  absichtlichen  gegensatze  gegen  den  predigerorden  der 
Dominikaner  gehalten  sind. 

Aus  Mantels'  nachweisen  vird  klar,  dass  die  processionen  mit 
dem  drachenbilde  endlich  in  kneipereien  ausliefen,  bei  denen  das  haupt 
des  alten  feindes  mit  herhalten  musste :  ,caput  draconis  ym  kroge'- 
Das  ,Bchodüvellopen'  unserer  niedersächsischen  Städte  führt  auf 
einen  ähnlichen  Umschwung  der  Bitten  und  ideen  zurück.  Es  wäre 
nicht  unmöglich,  in  der  älteren  zechliederliteratur  noch  anklänge  daran 
zu  finden.  Vielleicht  steckt  ein  nicht  verächtlicher  in  der  grabschrift 
des  rüstigen  trinkers*),  des  herm  v.  Bülow  von  der  Tremse'),  in  der 
kirche  der  Cistercienser-abtei  zu  Doberan : 

,Ick  sup'  mit  mienen  herrn  Jesu  Christ, 
Wenn  du  Düfel  ewig  dösten  müst.' 

Für  das  drachentragen  sind  bis  jetzt  belege  erbracht : 

1 .  Für  Lübeck  und  Hamburg:  am  ,achten  dach  Epiphanie' 
(Mantels  1,  c),  d.  h,  am  13,  Januar,  der  auch  als  das  tauffest  Christi 
angesehen  sei.  Die  Hamburger  schülerabgabe  an  den  scholasticus : 
,to  winachten  twe  penninghe  to  deme  caput  draconis'  bezieht  sich  wol 
kaum  auf  eine  weihnachtsprocession,  sondern  auf  die  Vorbereitungen 
zum  vorgenannten  feste. 

2.  Für  Südfrankreich  ohne  angäbe  der  besonderen  Ört- 
lichkeiten: am  frohnleichnamsfest.  Corporis  Christi,  d.  h-  am 
donnerstag  nach  Trinitatis  oder  3  Wochen  nach  himmelfahrt. 

')  Korrespondenzbl.  d,  V.  f.  niederd.  Sprachf.  2,  31. 
»J  Lisch  jährt.  IX,  447. 
')  Potrems  bei  Rostock. 


76 

Dem  Hamburger  und  Lübecker  brauch  entspricht  genau: 

der  Doberaner:  ,Diderick  Wiltfanck  —  toch  sinn  werff  tho 
Dobberan  in  deme  auende  des  achten  dages  na  XII,  dar  men 
Caput  Draconis  plecht  up  tho  holdende^)/ 

XII,  ,de  twelfte*  oder  auch  ,dorteinde  dach^  ist  der  abschluss 
der  zwölften,  also  Epiphanias ;  das  erheben  des  Caput  geschah  also  am 
13.  Januar.  Auch  Ernst-  v.  Kirchberg  giebt,  ohne  den  drachen  za 
nennen,  das  datum: 

des  achten  tages  Epiphany. 

Mit  dieser  octav  ,uflf  den  achten  tagk  trium  regum'  begann 
früher  der  grosse  Umschlag  oder  ,termin'  in  Rostock^)  mit  all  seinem 
wilden  treiben,  der  jetzt  auf  Antoni,  den  17.  Jan.,  verlegt  ist.  Das 
benachbarte  Doberan,  dessen  kloster  in  Rostock  einen  eigenen  M 
besass,  wird  da  auch  nicht  haben  anbrennen  lassen. 

Als  eine  fernere  Zeitbestimmung  für  das  drachentragen  giebt 
Schröter  1.  c.  Anm.  120: 

3.  die  7  t  a  ge  n  a  c  h  0  s  t  e  r  n.  Da  er  dabei  aber  von  ,meli- 
reren  feierlichen  processionen  oder  s.  g.  litaneien'  redet,  so  glaube 
ich  annehmen  zu  können,  dass  er  nur  die  Litania  oder  Letania  major 
am  S.  Marcustage  (25.  April)  meint;  möglicher  weise  sind  in  dieser 
ersten  kreuzwoche  des  jahres  hier  und  da  an  mehreren  tagen  proces- 
sionen gegangen,  wie  um  himmelfahrt.  Wahrscheinlich  ist  aber  die 
s.  g.  siebenfältige  einrichtung  der  proces»ion  durch  Gregor  den  Grossen 
von  Schröter  misverstanden,  wie  auch  das  datum,  das  doch  nur  einzeln 
in  die  woche  nach  Ostern  fallen  kann. 

4.  Henschel  —  Du  Gange  v.  Draco  2^)  nennt  ebenfalls :  effigies 
Draconis  quae  cum  vexillis  in  ecclesiasticis  processionibus  deferri  solent, 
und  giebt  dazu  die  ,consuetudines  Floriacensis  coenobii,  d.  h.  ent- 
weder von  Fleurus  in  Belgien')  oder  dem  alt  berühmten  benedictiner- 
kloster  in  Burgund:  Floriacum  ad  Oscarum  (Ouche),  ich  glaube,  er 
wird  das  letztere  meinen.  Am  palmsonntag  (dominica  in  ramis  pal- 
marum)  zogen  dort  2  processionen,  die  letzte  vom  kloster  nach  Fleurus 
selbst :  prseeunt  vexilla  et  benedicta®)  et  thuribulum  sine  igne  et  cm 
et  Draco  in  pertica.  Unus  vero  de  infantibus  in  consa  (laterna)  a 
magistro  suo  preparata  affert  candelam,  ut  praesto  sit  ignis,  si  ex- 
tinguatur  qui  inore  draconis  portatur.  Der  vornehme  the- 
saurarius  des  klosters  trug  den  drachen  auf  der  stange.     In  Wismar 


*)  Rostocker  Chron.  bei  Schröter,  Beitr.  z.  Meckl.  Gesch.  Heft  1  (einzii 
36  f.  —  ,sinn'  steht  im  Ms.,  vergl.  meine  abh.  über  den  1.  und  2.  theil  der  Rost. 
Chron.  (Rostocker  osterprogr.  1873,  7),  wo  aber  statt  ,h.  3  könige* :  ,Sonnt.  nacji 
h.  8  könige'  zu  lesen  ist.  Reimar  Kock  bei  Grautoff  II,  465  hat  irrthümlich  ,hu- 
gen  dre  konninge  auendt*. 

*)  Rostocker  vertrag  mit  den  herzogen  ,wegen  etlicher  landgüter*  von  152b. 
Freitag  nach  Corpus  Christi,  Juni  12. 

•)  II,  936. 

^)  Das    Belgische    Fleurus    heisst     gewöhnlich    Floriacum    Monastenam. 
Graesse,  Orb.  lat.  93. 

®)  sc.  aqua,  das  Weihwasser. 


77 

führte  man  in  erinneruag  des  einzugs  Chriati    an  diesem   tage   eineo 

hölzernen  esel  um'). 

5.  Endlich  giebt  die  erzählung  des  Passionais,  die  nnteu  folgt, 
1I9  zeit:  die  ,kleiDe Letanie'  in  der  ,kreuzwoche  vor  pfingsten', 
,dredage  vor  der  hemmelvart';  gemeint  ist:  ,tertiD  die*  nach 
geiFÖhDÜ ehern  Sprachgebrauch,  also  am  dienstage  vor  himmelfahrt. 
Der  brauch  wird  angegeben  als  üblich  ,in  etlikeo  kerken',  für  ,Wal- 
Uat'  werden  drei  processionen  an  3  aufeinanderfolgenden  tagen  be- 
zeugt, die  dritte  (mit  dem  gedemiithigten  drachen)  fiel  also  auf 
himmelfahrt  selbst.  Welche  localität  der  wäkchen  lande  gemeint  sei, 
ist  nicht  zu  errathen,  am  ehesten  denkt  man  ao  Vienne  an  der 
Rbone,  den  ausgangspunkt  dieses  kirchlichen  festes.  Auch  in  Deutsch- 
land müssen  drei  solche  processionen  üblich  gewesen  sein;  denn  im 
Mai  Wb.  wird  ein  crucesdacb  ascensio  domini  1366  ans 
^'eätfaieo  bezeugt,  und  Weidenbach  (calendar,  195)  bringt  aus  nieder- 
rbeinischer  spräche  den  namen  ,drige  gangdage'  für  die  processiona-' 
tage.und  ,gangwoche'  für  die  himmelfahrts-  oder  kre  uzwoche"). 

Zur  Symbolik  der  3  processionstage;  ,¥or  der  ee',  ,under  der  ee', 
n  ,de  bozeghest  in  der  werlde  gyn  regement  badde',  und  ,deme 
drudden  dagbe  der  gnade',  wo  ,he  uth  syneme  ryke  ghedreuen'  —  aJso 
vor  dem  mosaischen  gesetz,  unter  dem  gesetz  und  unter  dem  neuen 
buade  des  evangelü,  mag  die  angäbe  desselben  passionals,  winterdeel 
fol  187,  verglichen  werden.  Darnach  sind  die  tage  zwischen  dem 
BODQtag,  wo  das  Alleluja  gelegt  wird,  sonntag  circumdederunt,  und 
ipasckea':  ,d  e  tyd  der  dwelinge'"),  heissen  auf  latein  ,Septuaginta' 
und  bedeuten  die  zeit  von  Adam  bis  Moses.  Von  Ostern  bis  acht  tage 
nacli  pfiogaten  dauert  ,de  tyd  der  vorsoninghe'.  Aehnliehe  Symbolik 
ans  Lübiachen  alten  drucken  führt  v.  Seelen  an :  die  am  palmsonntag 
gerittene  eselin  bedeutet  das  jüdische  Volk  unter  dem  joche  des  gesetzes, 
dii3  nebenhe r laufende  füllen  die  beiden  weit,  die  noch  kein  gesetz  kennt"), 
die  12  körbe  voll  brotbrocken  ,bedudet  de  XII  artikel  des  cristen  louen'"). 
Die  bedeutung  der  am  ,sondach  van  der  rosen',  Laetare,  vom  papst  zu 
vergebenden  goldenen  rose  mag  man  selbst  nachlesen'^). 

Es  bleibt  noch  anzugeben,  aus  welcher  ausgäbe  des  passionals 
lier  unten  folgende  abschnitt  entnommen  ist.     Die  von    mir  benutzte 

1  Lisch,  Jahrb.  3,  176. 

'")  Jahrb.  1  (1375),  110  und  2  (1876),  41;  Weidenbach  1.  c.  v.  domin.  ad 
Litaaias.  Im  Mnd.  WB.  2,  589  ist  aie  irrig  angegeben ;  auch  die  ,Crucedage  na 
der  hemmelvart',  ib.  2,  588 ,  Grautoff  2,  43,  werden  auf  falscher  lesart  oder  irr- 
lium  beruhen;    denn  man  kann  kaum  annehmen,  daBs  frohnleichnam  gemeint  Bei. 

")  Mnd.  WB.  2,  612;  wo  aber  nicht  die  stelle  des  pasBionalB.  Inder  faaten- 
zeit  kommt  der  name  ,guleweke'  für  die  woche  vor  Eato  mihi  zu  Xanten  vor; 
Haupt  zeitschr.  XV  (111),  516;  was  bedeutet  der  name?  Kommt  er  von  gulo,  da 
lie  woche  vor  fastelabend  fällt;  oder  hängt  es  mit  gül  =  gaul  zusammen?  Viel- 
leicht ist  es  doch  nur  , geile  woche',  wie  der  folgende  montag :  ,geiler  montag*  hieBS. 

")  V.  Seelen,  Selecta  litt.  616. 

")  Ibid.  669. 

'*)  Ibid.  aus  ,Boek  der  Profecien'  etc.  1497.  —  üeber  die  kreuztage  vgl. 
iefcit  auch  Ndd.  Korrespond.  Bl.  3,  S.  66  f. 


78 

der  Rostocker  Universitätsbibliothek  ist  freilich  sehr  verstümmelt  und 
entbehrt  des  titeis  und  Schlusses,  doch  scheint  sie  dit  einiger  Sicher- 
heit bestimmt  werden  zu  können,  wenn  auch  die  handbücher-nach- 
weisungen  im  stich  lassen.  Den  herren  Prof.  Mantels  und  Dr.  Walther 
bin  ich  für  freundlichst  übernommene,  mühsame  vergleichungen  ver- 
pflichtet, aus  denen  sich  negativ  ergeben  hat,  dass  sie  weder  eine  der 
Lübecker  ausgaben  von  1492,  1499  und  1507,  noch  die  Baseler  von 
1517  ist,  welche  letztere  ich  zu  andern  zwecken  ebenfalls,  leider  auch 
in  verstümmelter  gestalt,  benutzte.  Da  die  hier  besprochene  ent- 
schieden älter  ist  als  die  von  1517,  da  sie  ferner  eine  längere  stelle 
des  Lüb.  Pass.  von  1507  nur  durch  ein  ,etc.  etc.  etc.'  wiedergibt,  so 
muss  sie  entweder  die  Baseler  von  1511  sein,  oder  sie  war  bisher 
unbekannt. 

Um  eine  vergleichung  zu  ermöglichen,  folgt  hier  der  genaue  text 
dieser  ausgäbe,  jedoch  mit  auflösung  aller  abkürziingen;  auch  die  grossen 
resp.  kleinen  anfangsbuchstaben  sind  beibehalten,  die  interpunction 
jedoch  der  heutigen  angepasst.  Das  stück  beginnt  auf  fol.  189  sp.  2 
des  ,summerdeels' :  (C.  LXXXIX)  Blad. 

De  processien  der  kruceweken. 

De  processien  der  kru  |  ceweken,  de  scheen  des  yaers  twye,  | 
alze  in  sunte  Marcus  daghe^);  de  |  nomet  men  de  groten  Letanien. 
dat  is  eyne  biddinghe,  unde  de  ander  is  dre  dage  vor  der  hemmel- 
uart,  de  nomet  me  de  kleinen  Letanien.  De  ersten  nomet  me  groteren 
umme  dryer  sake  wyllen :  De  erste  van  den  yennen,  de  se  anghesettet 
.  heft,  alze  to  rome  de  dar  is  ein  herscoppersche  der  werld,  darumme 
dat  dar  is  dat  houet  des  vorsten  der  apostele  unde  de  pewestlyke 
stoel.  To  dem  anderen  male  umme  der  sake  willen,  darumme  yd 
anghesettet  is,  alze  umme  der  grotesten  unde  swaresten  sucke^j 
willen.  dat  scach  aldus :  Do  de  romere  in  der  vasten  hadden 
metliken  unde  kuschliken  gheleuet  unde  hadden  sik  in  dem  paschen 
mit  dem  lychamme  christi  berichtet,  darna')  leueden  se  in  vratze,  in 
speien,  in  unkusckheit ;  darmede  se  gade  seer  vortorneden.  Des  sende 
en  god  ein  sware  sucke,  dar  van  en  dröfze*)  worden  by  den  benen. 
de  sueke  was  so  grSt,  dat  de  liide,  wor  se  gynghen,  ethen  edder 
drunken  edder  to  hope  snackeden^),  vyllen  dale  alze  quyck^)  unde 
storuen.     unde   wen   se   men   eens   hoyaneden   edder   prusteden,  dar 

^)  April  25.  Henschel-Du  Gange  II  S.  678  giebt  die  namen  des  festes: 
,Cruces*  =  ,Litamae  publicae*  —  ,primae  cruces*  —  ,Litania  major  s.  Romana  s. 
Gregoriana*  —  ,L^tanie  Gregnour*  —  ,Processions  de  sept  formes*.  Die  zweiten 
nennt  er :  ,Secundae  cruces*  —  ,processiones  in  rogacionibus*. 

*)  Es  ist  bald  sucke,  bald  sueke  gedruckt,  beides  zur  bezeichnung  des 
ü ;  ich  habe  es  stehen  lassen.  Vergl.  s  u  e  t.  Die  Lübecker  drucke  von  1492, 
1499  und  1507  haben  hier :  sueke,  ebenso  später.  —  Das  gh  und  g  stimmt  eben- 
falls wenig  mit  den  Lüb.  ausgaben,  doch  finde  ich  auch  bei  diesen  keine  feste  regel. 
Aehnlich  steht  es  mit  dem  Wechsel  des  y  und  i. 

^)  Orig.  ohne  interpunction  vor  ,darna^ 

*)  Drüsen.    Mnd.  Wb.  1,  583;  es  ist  die  bubonenpest  gemeint. 

^)  snackede  Orig.,  ebenso  Lüb.  1492,  1507.    Dagegen  1499:  snakkede. 

8)  Vieh. 


) 


79 

mede  gbenen  se  eren  ghest  up,  unde  so  vro  eyn  prustede  edder 
boyande,  so  lepen  de  anderen  to  unde  seden :  god  helpe  dy.  Dar  van 
is  dat  in  de  wise  kamen,  datme  dat  noch  secht;  unde  wen  eyn  bo- 
yande, so  makede  de  eyn  krüce  vor  sinen  munt,  so  me  noch  deyt. 
Wer"')  van  dusse  sueke  eynen  orsprunk®)  hadde,  dat  vint  me  in  dem 
leuende^)  sunte  Gregorio^®). 

§  To  deme  anderen  male  heth  disse  Letanie  ein^*)  processie  van  souen- 
ley  wyse,  hyrumme^*)  dat  sunte  Gregorius  do  de  processien  makede,  de 
he  schykkede  vormyddelst  VII  schycknisse,  wente  in  der  ersten  schycke- 
msse  weren  alle  de  prestere  unde  clerike,  in  der  II.  alle  monneke  unde 
begheuene  lüde,  in  der  III.  alle  kloster  yunkfrouwen,  in  der  IUI.  alle 
yunghe  kindere,  in  der  V.  de  leygen,  in  der  VI.  alle  wedawen,  in  der  VII. 
alle  echte  liide**).  Dath  wy  nu  nicht  konen  vuUenbringhen  in  dem  talle 
der  personen,  dat  vorvuUe  wy  vormiddelst  dem  talle  der  bede.  Wente  VII 
werue  schal  me  de  letanie^*)  lezen,  dat  sint  de  hillighen,  de  me  meenliken 
lest  na  den  VII  psalmen,  eer  men  de  teken  der  processien  dale  locht. 

To  dem  III.  male  heet  id  dat  fest  des  swarten  kruces 
in  ein  teken  der  droffnisse  van  zodaner  doetlyken  vorstoringe  der 
minschen.  des  in  ein  teken  der  penitencien  droghen  se  swarte  ghe- 
waed^^)  unde  brukeden  ok  darumme  swarte  krüce  unde  deckeden  de 
altar  mit  baren  klederen. 

§  De  ander  processien,  de  me  boldet  dre  dage  vor  der 
bemmeluart  unses  leuen  heren:  de  anstedighet  heft  bysschop  von 
Vienne  Mamertus^^);  de  eer  wart  angbestedighet  eer  de  grote.  unde 
wertghenomet  de  kl  eyn  e")  letanie  edd  er  bid  dinge,  darumme 
wente   se   wart   anghestediget  wedder    eine   kleyne   sueke    unde   van 

^  Orig. :  wor.     ' 

^)  1492:  ortsprunk. 

»)  1492 :  van  s.  Gr.  —  van  fehlt  1499,  1507. 

")  Nachdem  Pelagius  II  an  der  pest  gestorben  (begraben  590,  Febr.  6), 
wurde  sofort  Gregor  I.,  der  grosse  oder  heilige,  vom  volke  zum  papst  gewählt  und 
richtete  die  Litanei  ein,  bei  deren  erstem  umzug  80  an  der  pest  starben.  Paul. 
Diac.  III,  23,  24  (üebers.  von  Otto  Abel  in  Gesch.  der  d.  Vorzeit  s.  63)  Geweiht 
ist  Gregor  erst  am  3  Sept.,  gewählt  aber  jedenfalls  vor  Apr.  25.  Nach  Weidenbach 
Calend.  195  wäre  die  Litanei  erst  591  eingeführt,  was  zu  Paulus  Diac.  nicht  stimmt. 

")  ,ein*  kommt  so  vor;  1492  hat  ,ene*.     1492:  letatie. 

**)  Orig. :  Hy  rumme.  Schyckenisse  (1492 :  schickenisse)  sind  die  processions- 
abtheilungen. 

")  1492:  alle  leygen.  —  Pauc.  Diac.  1.  c.  24  hat  in  Abels  übers,  in  der 
2.  abtheilung  ,alle  äbte  mit  ihren  mönchen*,  in  der  5.  ,alle  nicht  geistlichen  männer*, 
in  der  7.  ,alle  verehelichten  weiber*.  Unter  ,begheuene  lüde*  versteht  das  pass. 
die  conversi. 

**)  Mit  le  —  schliesst  die  seite,  darunter  die  alph.-zahl:  iilll.     Oben:  Dat. 

**)  Vergl.  w  a  t  h  m  a  1  im  Statut  der  Ripenfahrer,  Archiv  d.  Vereins  f.  gesch. 
zu  Stade  1,  135.  Brem.  Wb.  5,  160.  Lüb.  Urk.-B.  3,  3.  centenum  pannorum  qui 
teutonice  dicunter  wammael.  Hans.  Urk.-B.  I,  s.  144  (de  a.  1252);  noch  nhd.  bei 
ühland:  ,vierfältig  tuch  zur  watt*.  Nicht  iivonisch-lettisch,  wie  W.  Arndt  zu 
Heinr.  Chron.  Lyvon.  in  Pertz  schulausg.  4,  not.  14. 

")  Mamertus,  bischof  von  Vienne,  f  H-  Mai,  nach  475.  Acta  SS.  zum 
11.  Mai.    Potthast  Bibl.  796. 

")  kleine,  comp,  kiener  ==  gering,  geringer:  daher  nicht  ,luttik*.  —  1492: 
klene.    1499,  1507:  kleine. 


80 

eyneme  kleyneren  bysschoppe  unde  in  eyner  kleneren  stede.  De  sake 
worumme  se  wart  anghestedighet  is,  dat  to  Vienne  stede  grote  ert- 
beuynghe  schegen,  dede  beyde:  kerken  unde  hufze  umme  worpen. 
balderinge^®)  unde  ropent  hoerde  men  vele  des  nachtes.  Ock  so  schach 
dar  eyn  ander  wunderwerck  in  deme  paschedaghe:  dar  datvüer  vyl 
van  deme  hemmele  unde  vorbrande  de  konynghes  pallas.  ock  noch 
eyn  ander  wunder:  so  men  scrift  in  deme  ewangelio,  dat  de  bozen- 
gheiste  de  swyne  beseten,  vormiddelst  der  tolatinge  gades  umme  de 
sunde  der  minschen  beseten  se  de  wulue  unde  andere  unredlike  deerte, 
de  sunder  vruchten  nicht  allene  in  dem  velde,  men  ok  d6r  de  stede 
lepen,  unde  vortereden  kindere  und  olde  lüde  und  vrouwen.  Do  nun 
alle  daghe  alzo  dane  bekleghelike  dink  scheghen,  do  anstedighede  de 
bysscop  der  stad  eine  vasten  van  dren  dagen  mit  processien  und  le- 
tanien.  do  keerde  god  dat  quade  äff.  Darna  wart  dat  anghesettet 
van  der  hillighen  kerken,  dat  men  dat  scolde  gemeenliken  holden, 
darumme  beten  dat  ok  biddeldage,  wente  wy  denne  de  hulpe 
aller  hillighen  anropen. 

§  Umme  vele  sake  is  dyt  alzo  anghesettet :  In  dat  erste,  dat  god 
de  here  de  stryde  sette  in  vrede,  de  sick  vakene  in  dem  Meye  vor- 
heuet. Dat  ander,  dat  god  de  kleinen^^)  vrucht  de  noch  nyge  is  be- 
ware  und  vort  vormere.  Dat  drudde,  dat  he  de  vleschlike  wöUust,  de 
in  disser  tyd  allermeyst  groyet  in  unsen  lichammen,  stylle.  wente  in 
der  Meyetyt^^)  vormeret  sick  dat  bloet  in  den  mynschen,  daruan  de 
vlesckHke  woUust  wasset.  Dat  IUI.,  dat  sik  eyn  yslick  desto  mcer 
othmodige  unde  sick  bereyde  yegen  de  tokumpst  des  hilghen  ghestes. 
wente  de  vaste  othmodighet  des  mynschen  sinne  unde  maket  syn  bed 
meer  vruchtbar.  Dat  V.  dat  de  gemene  hyllighe  kerke  desto  vlytigher 
bydde  unsen  leuen  heren,  als^^)  he  to  hemmel  voer;  wente  he  se  to- 
hardet^^)  heft  unde  sede:  Biddet,  so  werdet  gy  nemende,  wat  gi  be- 
gheren*^).  De  VI.,  dat  de  hilghe  kerke  in  dem  vlescke  vormaghere, 
up  dat  se  moge^*)  kryghen  vlogele  der  byddiughe;  wente  dat  bed  is 
eyn  vloghel  der  zele,  dar  mede  se  vlucht  to  dem  hemmele,  up  dath 
se  desto  beth  moghe  volghen  cristo,  de  to  hemmele  steghen  is  unde 
heft  er  den  wech  bereyt.  wente  ein  vogheP^)  beswaret  mit  vlescke 
ane  vele  vedderen  kan  nicht  wol  vleghen. 

Dyt  fest  het  ok  eyn  processie^^) ;  wente  denne  holdet  do  kerke 
eyne  mene  processien.  In  disser  processie  drecht  me  dat  krüce  unde 
lüdet   de  klokken   unde   drecht   de    vanen,    unde   in    etlike*')    kerken 

")  Gepolter,  getöse.    Mnd.  Wb.  1,  144  v.  balderen. 
1«)  Ebenso  1499,  1507;  1492:  klenen. 

^)  1492:  meyetijd  so  vormeret.   Mit:  woUustde  —  schluss  der  spalte. 
*^)  Eigenthümliche  constr.  =  an  dem  tage  als.  —  1492:  vaert  st.  voer. 
«2)  =:  ermuthigen ;  s.  S.  81  vulhardiger  =  getroster.    Mnd.  Wb.  2,  206. 
")  Auffälliger  Wechsel  der  endung  -et  und  -en  in  2.  plur.    Herr  Dr.  Walther 
macht  mich  aufmerksam,  dass  heg  heren  conj.  sein  werde. 
**)  Nur  hier  hat  das  Orig.  möge,  sonst :  moghe. 
2«)  1492:  voghel.     1499,  1507:  vloghel. 
««^  S.  not.  11.  —  1492:  ene. 
'^}  sie;  die  übrigen  ausgaben:  etliken. 


81 

drecht  men  eynen  draken  mit  einem  groten  Bterte, 
uDde  men  ropet  an  de  hülpe  aller  hillighen.  Dat  krüce  brecht  me, 
unde  de  klokke  lüdet  me,  darmede  me  de  duuele  vorueret.  wente  so 
eyn  konnjmk  beft  in  siuem  here  konnynlike  tekeu,  alze  banre  unde 
'  bussanen^^J,  so  heft  ok  god,  eyn  konaynk  aller  konnynglie,  in  siner 
zeghevechtende*^)  kerkeu  klokken  vor  busBunen  unde  krilce  vor  bannere ; 
und  wen  ein  boze  konnynk  boret  de  bussunen  und  suet  de  banre 
eines  weldighen  konnynghes,  de  em  entgegen  is,  so  vruchtet  he  sick 
to  male  seer.  So  vruchten  sick  ok  de  bozengheiste  dede  hir  syn  in 
dem")  dunkeren  heuene,  wen  se  boren  de  klokken  unde  eeen  de 
krüce.  Darumme  plecht  me  to  ludende  de  klokken  wen  id  donret, 
blixemet  unde  unwedder  is,  up  dat  de  bozengbeste,  dede  sik  vaken 
darmede  ynmenghen  unde  schaden  doen,  dat  hören  werden*')  van 
Fruchten  vorschucbtet.  Ok  darumme,  dat  de  loueghen  cristeu  lüde 
deste  innigber  unde  vulhardigher  beden  uode  bidden,  dat  se  god  be- 
ware  vor  ankörnende")  schedelicheyt,  Ock  Tru'cbten  unae  schedelyke 
fyende,  de  bozeugheste,  seer  de  vanen  mit  dem  knice,  darumme  dat 
dat  hyllighe  krüce  is  de  stock,  dar  mede  se  geslaghen  siut"),  Dar- 
umme plecbt  men  in  etliken  kerken,  wen  yd  unwedder  is,  dat  kruce 
utli  dem  torne  bauene  edder  utb  der  kerken  dat  krüce  to  stekende, 
dat  id  de  bozengbeste  seeo  unde  vleen.  In  wallant  is  eiue  wyse 
dat  me  in  der  processieu  eynen  draken  mit  einem  groten 
Uerte,  upgbeblasen  unde  vul  kaueB  edder  mit  anderen 
dingen  geuullet,  in  den  ersten  twe  kriicedagen"),  unde 
in  dem  drudden  daghe  drecht  me  eyueu  na  dem  krüce 
mit  eynem  leddighen  sterte.  dat  betekent,  dat  in  dem  ersten 
daghe  vor  der  ee  unde  in  deme  anderen  daghe  under  der  ee  de 
bozeghest  badde  in  der  werlde  eyn  regement.  Men  in  deme  drudden 
daghe  der  guade  is  he  uth  syneme  ryke  ghedreuen  vormiddelat  dem 
lydende  cristi-     etc.  etc.  etc.*'') 

[In  den  daghen  rope  wy  aundergbeu  an  de  hulpe  aller  hylghen, 
to  deme  ersten  umme  unses  armodes  wyllen.     wente  nach   deme   dat 


■«)  Posaune;  im  Mnd.  Wb.  1,  168  uur:  baBune;  1192;  basaaneD.  1499 
1507:  bussunen.  —  Im  Orig.;  So  heft. 

»)  Mnd.  Wb.  4,  170. 

")  Alle  anderen  ausgaben :  de  =;  deme. 

")  Verwirrte  constr.,  entweder :  ,wen  ae  dat  hören  w.'  oder  ,unde  van  vruchten'. 
Ebenso  1507.  1492, 1499  haben  aber  ,hore',  was  Walther  wo!  richtig  in  ,horende' 
auflöst,  ftudientes  terreantur.  ^  1492:  vorechuchtert. 

*»J  Schluss  der  seite,  (so  auch  1507).    Auf  der  folgenden  oben;   CXC  Blad. 

*')  1492,  1499  und  1507  haben  hier  noch  den  satz:  ,darumme  vrucbten  se 
dath  (1499  dat)  wor  se  dat  aeen.' 

")  Offenbar  fehlt:  ,vor  dem  kruce',  vielleicbt  auch  ,drecbt'.  Dieselbe  aus- 
ItBsang  und  dieselbe  construccion  haben  die  übrigen  ausgaben. 

")  So  im  orig.  als  zeichen,  wie  ich  ursprünglich  glaubte,  der  abkürzung  des 
)at.  Urtextes,  wie  ich  aber  jetzt  belehrt  bin:  der  älteren  niederdeutschen  drucke. 
1492,  1499  und  1507  haben  den  in  der  klammer  hier  nun  eingeschobenen  text, 
dessen  Wortlaut  dem  druck  von  1492,  jedoch  mit  auflösung  der  abkürznngen  und 
mit  moderner  interpunction,  entnommen  ist. 

»i«dardea(>cb«a  Jahibacli,    HL  $ 


'.^fTf^J^-^- 


82 

wy  klene  konen  vordenen,  so  behoue  wy  de  vordenste  der  hylgen.  Ok 
darumme,  dat  wi  arm  sin  in  beschouwelicheit :  wente  wi  nicht  konen 
anseen  dat  högeste  licht  in  sik,  so  msghe  wy  dat  doch  anseen  in  den 
hyllighen.  Ok  in  armode,  den  wy  lyden  in  leef  to  hebbende,  wente  eyn 
mynsche  de  noch  nicht  vullenkomen  is,  kan  sik  beth  gheuen  to  eyneme 
hylghen,  de  vor  em  bidde,  wen  to  gode.  Tho  deme  anderen  umme 
de  ere  der  hylghen;  wente  god  wyl,  dat  wy  de  hylghen  anropen^^), 
up  dat  wy  kryghen*'^),  wat  wy  van^®)  en  bidden  unde  se  darumme 
lauen  unde  eren.  To  deme  III.  umme  de  erwerdicheyt  godes,  dath 
de  sundere,  de  gode  vakene  vortornen  unde  dSren^^)  umme  ere  un- 
werdicheyt*®)  nicht  gaen  to  godes  erwerdichheyt,  ene  to  biddende, 
möghen  unse  hulpe  soeken  in  den  vrunden  godes,  dat  se  vor  em  bidden.] 
In  dissen  Letanien  edder  bededaghen  singhet  me  vaken 
den  sank :  Hylge  god !  hylghe  starke,  hiighe  unsterflike,  vorbarme  dy 
unser.  Men  lest  dat  bi  Constantinopel*^),  do  de  letanie  gheholden  wart, 
do**)  warth  eyn  kynt  uth*^)  der  schare  vorrucket  in  den  hemmel  [unde 
daer  wart  em  de  sanck  gheleret]**),  unde  wart  wedder  ghe bracht  mank 
dat  Volk,  dar  sanck  yd  den  sank:  tohant  wart  alle  droffnisse  vor- 
dreven,  unde  do  wart  de  sank  bevestet  in  den*^)  Consilio  Calcidonie**). 
Wy  wyllen  anropen  vormyddelst  desseme  sänge  den  alweldighen  god 
unde  bidden  [ene]*^)  umme  sine  gnade. 

ROSTOCK.  K.  E.  H.  Krause. 

Za  nr.  4  pag.  76. 

Zu  anfang  dieses  Jahrhunderts  war  es  in  Sendenhorst  (Westfalen)  noch  gebrauch,  dass  bei 
der  charfreitagsprocession  ein  junger  flinker  mann  als  teufel  oder  ,bö8er  drache'  verkleidet  herumlief! 
Derselbe  trug  einen  drachenschwanz,  und  hömer  auf  dem  köpfe.  Er  hatte  die  andächtigen  durch 
allerlei  ,wipken*  (possen)  vom  gebete  fern  zu  halten.  Treu  und  geschickt  in  seinem  berufe  kletterte 
nun  eines  jares  der  ,teufel'  oder  ,bÖ8e  drache'  auf  einen  „ptltsül",  das  ist  ein  in  einer  aufrechtstehenden 
gabel  ruhender  bäum,  zum  ausholen  des  gefüllten  eimers  aus  dem  brunnen  bestimmt,  und  gerietb 
dabei  zu  weit  nach  vorne,  infolge  dessen  der  hebebaum  das  gleichgewicht  verlor  und  unser  künstier 
in  den  brunnen  fiel.  Nach  diesem  vorkommniss  wurde  der  alte  brauch  eingesteUt.  —  Bemerkt  sei 
nebenbei  noch,  dass  der  so  verkleidete  keine  silbe  laut  sprechen  durfte,  um  seine  person  nicht  zu 
verrathen;  aber  der  bann  war  gebrochen  durch  den  ausruf:  helpt,  ick  fersüp,  ick  fersCLpI  — 

NORDEN.  A.  Menz. 


8ß)  1499,  1507:  anroren. 

87)  1499,  1507:  kreghen. 

8«)  ,van'  fehlt  1499  und  1507. 

8®)  =  dürfen.  1499  und  1507:  doren.  Dieselben  nachher:  moghen,  soken. 
--  Beide  stets:  gades,  gade. 

*°)  1499,  1507:  unwerdicheyt,  1492:  unwerdtcheyt. 

*A  1492:  Cöstinopel. 

")  Orig.:  Do. 

*8)  Ende  der  1.  columne. 

**)  Das  eingeklammerte  fehlt  im  orig,,  steht  aber  in  1492,  1499  (sank)  und 
1507  (sank). 

«J  1492:  dem;  1499,  1507:  de. 

**)  Concil  zu  Chalcedon  455 ;  das  scheint  nicht  völlig  zu  Mamertus  zu 
stimmen. 

*^)  ,ene*  fehlt  im  Orig.,  steht  aber  1492,  1499,  1607.  1517  steht  das  ganze 
stück  fol.  216.  f. 


. .    .■^« 


83 


Krude. 

Unter  dieser  Ueberschrift  findet  sich  die  nachfolgende  Aufzeich- 
nung über  das,  was  Herkommen  war  bei  einer  mit  dem  Verlöbniss 
zusammenhangenden  Gasterei. 

Der  Name  krude  ist  von  dem  Gewürz  und  Confect,  welches  neben 
Wein  uud  Bier  den  Hauptgegenstand  der  Bewirthung  ausmachte,  auf 
diese  selbst  übertragen.  Sie  fand  Statt  bei  der  feierlichen  Ueberreichung 
des  Verlobungsgeschenks  an  die  Braut.  Das  Geschenk  aber  bestand 
in  einem  Rosenkranz,  paternoster,  auch  veftich  genannt,  von  den  50 
Kugeln  desselben,  die  aus  Bernstein,  Korallen  oder  kostbaren  Steinen 
gedreht  waren.  Es  wird  auch  als  klenode  bezeichnet  von  dem  daran 
hangenden,  kunstvoll  gearbeiteten  Kreuze,  einer  Schaumünze  oder 
sonstigem  Zierrat. 

Zur  näheren  Erläuterung  der  unten  folgenden  Bestimmung  dient 
eine  Lübische  Luxusordnung,   in   die   Jahre    1467    bis    1478    fallend. 
In  ihr  heisst  es  (Zeitschrift  für  Lüb.  Gesch.  2,  S.  516): 
Int  erste,  wen  de  brudegam  unde  der  brud  frunde  an  beyden  zyden 
eyns  sint,   so   en  schal  nyn  lofte  anders   wen  in   den   kercken,    so 
wontlik  is,  bescheen,  unde  nynerleye  bylofifte  to  wesende   in   deme 
winkelre,  in  husen  offte  in  nynen  anderen  steden,   dar  kost  scheen 
schall,  by  vorlust  dree  marke  sulvers.     Sunder,  wen  de  brude- 
gam der  brud  dat  paternoster  bringet,  so  mach  men 
dar  wyn   unde  crud  sehen cken,  alse  wontlik  is,   doch  des 
avendes  dar  nyne  kost  ofte  ghesterie  to  hebbende.    —    —    —   — 
Vortmeer,  alse  de  brudegam  der   brud   dat   veftich   unde   klenode 
bringed,   so   en  schal   he  nicht  meer  lüde  mede  bringen  dan    soß 
man  van  syner  wegene  unde  soß   man  van  der   brud   wegene,     Ok 
scholen  dar  nicht  meer   dan   soß  frouwen,  twe   schaflfer   unde  twe 
schafferschen  wesen,  unde  des  avendes    dar   nyne   furder  koste  to 
donde  edder  to  hebbende. 
Lübben  (Mndd.  WB.  2,  S.  585)  führt  die  obige  und  ähnliche  Stellen 
unter  krut  auf  zur  Erhärtung  der  Bedeutung   ,Gewürzwein*.     Und  in 
der  That  scheint  nicht  nur   die  Wendung    ,wyn  unde  krud   schenken* 
dies  zu  beweisen,  sondern  auch  ein  in  derselben  Luxusordnung  (S.  519, 
523)  folgendes  Verbot  dafür  zu  sprechen,    das  Verbot   nämlich,   dass 
am  Hochzeittage  ausser  dem  Hauptmahle   nyne  kost   noch  van  krude 
oflfte  klarete  edder  in  jenigherleye  gedrenke  sein  solle. 

Ein  Einblick  in  den  unten  geschilderten  Hergang  beim  Veran- 
stalten des  krude  ergiebt  jedoch,  dass  das  krude  nicht  getrunken 
ward,  sondern  dass  es  in  Gewürz  und  Confect  bestand,  welches  man 
als  Reizmittel  zum  Getränk  genoss.  Auch  der  gewürzte  Wein  fehlte 
dabei  nicht,   wird  aber  nicht  als  krude,    sondern   als  ipenkraß^)    be- 

*)  s.  hippocras  und  ippenkras  im  Mndd.  WB. 

6* 


-^  T. ,-j 


84 

zeichnet.  So  wird  man  denn  den  erwähnten  groten  schouwer  hier 
auch  nicht  für  einen  Trinkbecher  zu  halten  haben,  sondern  für  ein 
mit  Deckel  versehenes  pokalartiges  Gefäss  zur  Aufnahme  des  Confects. 
Lübben  selbst  macht  mich  darauf  aufmerksam,  dass  noch  heute  die 
Conditoren  in  dergleichen  Glaspokalen  ihre  Waare  an  den  Schau- 
fenstern ausstellen. 

Wir  haben  also  den  Ausdruck  ,schenken'  in  seiner  engeren  Be- 
deutung nur  auf  den  Wein,  nicht  auf  das  krude  zu  beziehen.  Voll- 
ständiger heisst  es  mit  den  Worten  der  Hambnrgischen  Chronik  bei 
Lappenberg  (S.  153):  do  word  kruedt  vorgeven  unde  claret  gescenket. 
Dass  krude  den  Gewürzwein  selber  bedeute,  wird  durch  keine  der  von 
Lübben  (a.  a.  0.)  angesammelten  Stellen  bewiesen. 

Ich  fand  die  unten  abgedruckte  Aufzeichuung  als  loses  ßlatt 
von  Deecke'sHand  in  einem  ,Schonenfahrer-Schütting'  überschriebenen 
Hefte  seiner  auf  der  Lübecker  Stadtbibliothek  bewahrten  CoUectaneen. 
Sie  wird,  wie  der  übrige  Inhalt  des  Heftes,  dem  Archiv  der  Schonen- 
fahrer  entstammen.  Sie  berührt  sich  mit  der  angeführten  Luxusordnung, 
scheint  aber  später  als  1478  niedergeschrieben  zu  sein,  weil  die  Zahl 
der  gestatteten  Theilnehmer  vergrössert  ist.  Wegen  der  getrübten 
Orthographie  (z.  B.  nha,  ehme,  uhmme)  haben  wir  uns  in  der  von 
Deecke  benutzten  Aufzeichnung  eine  spätere  Abschrift  zu  denken. 

Die  einzelnen  Absätze  habe  ich  mit  Zahlen  versehen  zur  be- 
quemeren Uebersicht. 

Den  Zusammenhang  werden  wir  uns  in  folgender  Weise  zurecht 
legen  müssen. 

1.  Die  männlichen  Gefreundeten  des  Bräutigams  und  der  Braut 
werden  am  Sonnabend  zum  Sonntag  Nachmittag  geladen.  Die  Zahl 
hat  sich  gegen  1478  verdoppelt.  Die  nicht  in  Betracht  kommenden 
überzähligen  Vier,  ,die  dienen',  werden  mit  den  zwei  Schaflfern  identisch 
sein,  sind  also  gleichfalls  verdoppelt. 

2.  Von  Seiten  der  Braut  werden  sechs  Frauen  deo  Schafferschen 
zum  Beistande  geladen,  um  die  Männer  bei  der  Braut  zu  bewillkommnen. 
Man  setzt  sich  im  Hause  der  Braut  und  trinkt  den  Willkomm. 

3.  Die  Braut  wird  von  zwei  befreundeten  Männern  und  den  paar- 
weise folgenden  Frauen  aus  der  Kammer  geholt.  Abermaliger  Will- 
komm trunk. 

4/6.  Die  dwelen  (Handtücher,  Servietten)  werden  aufgedeckt, 
erst  wird  das  kleine  krude,  dann  das  feinere  Confect  vorgesetzt,  jedes 
Mal  mit  folgendem  Trunk,  bei  welchem  auch  der  Würzwein  neben 
Wein  und  Bier  erscheint. 

7.  Die  Servietten  werden  abgenommen,  der  Bräutigam  beschenkt 
die  Braut. 

8.  Zum  Schluss  giebt  es  Obst  oder  Kuchen,  Wein  und  Bier. 
9/12  enthalten  allgemeine  Bestimmungen  über  die  W^eingabe  des 

.Bräutigams  an  die  Braut  und  deren  Trinkgeld  an  den  überbringenden 
Diener,  über  das  von  den  Schafferschen  mitzubringende  Geräth,  über 
die   Menge   des  erforderlichen   Confects,    über    das    Tractament  des 


.kj. 


85 

Spielgreven  und  der  Diener,  die  mit  Musik   den  Zug  des  Bräutigams 
zum  Hause  der  Braut  geleitet  haben. 

Die  ganze  Anweisung  athmet  die  Feierlichkeit  und  gemessene 
Formalität  des  Mittelalters.  Dass  eine  solche  Koste  nur  die  vor- 
Dehmsten  Kreise  betraf,  zeigt  schon  die  solide  Pracht  der  Gefässe. 
Auch  geht  es  aus  der  Luxusordnung  hervor,  in  welcher  die  ein- 
schlagenden Paragraphen  dem  Abschnitt  über  die  Hochzeiten  der  ersten 
und  reichsten  Stände,  die  s.  g.  Tageshochzeiten,  angehören.  Endlich 
spricht  es  die  Aufzeichnung  selbst  aus,  indem  sie  das  krude  holden 
eine  erlike  wise,  einen  vornehmen  Brauch,  nennt. 

Krade. 

Item  de  krude  holden^)  will  tho  Lübeck,  so  aver  menningen  (!)  jaren 
ein  oldt  gebruck  unde  eine  erlike  wise  unde  wanheit  gewesen  is. 

1.  Dar  biddet  ein  jder  tho  12  personen  —  de  4  de  denen,  de  mach 
me  woU  aver  den  tall  bidden.  Desse  24  manß  biddet  men  des 
sonnavendes,  wen  dat  krude  deß  sondages  tho  3  siegen  wesen 
schall. 

2.  Item  tho  dem  krude  biddet  men  van  der  brut  wegen  6  fruwen 
mit  smiden  rocken^),  de  bi  den  schafferschen  mothen  den  brude- 
gam  mit  sinen  frunden  wilkamen  beten,  unde  wen  se  sin  sitten 
ghan,  so  schencket  men  win  unde  beer. 

3.  Item  den  halen  2  manß  van  der  brut  wegen  de  bruth  uth  der 
kameren,  unde  de  anderen  fruwen  folgen  bi  paren  nha. 

Item  den  schencket  men  noch  eins  win  unde  beer. 

4.  Item  denne  lecht  men  de  dwelen  up  unde  gift  denne  dat  klene 
krutt,  a]se  witkrut^),  engever,  kobeben,  kannehl  unde  mandelen. 
Item  den  schencket  me  ipencraß,  win  unde  beer. 

5.  Item  denne  gift  me  de  Witten  marseln^)  unde  schencket  ipencraß, 
win  unde  beer. 

6.  Item  denne  gift  me  brune  marsein  unde  schencket  ipencraß^ 
win  unde  beer. 

7.  Item  denne  nimpt  me  de  dwelen  up,  unde  den  gift  de  brudegam 
der  brut  dat  klenodie. 

8.  Item  denne  gift  me  appell  edder  krumbkoken^)  unde  schenket 
win  unde  beer. 


*)  jhalden'  die  Abschrift. 

2)  =  jinit  smideden  rocken*;  vgl.  ,smiden*  Mndd.  WB. ;  die  Abschrift: 
,kocken*,  womit  ich  nichts  anzufangen  weiss. 

^)  ,witkrut'  nach  der  Farbe  genannt.  Vgl.  ,witte  marsein'  (§  5).  In  einer 
Verordnung  über  den  Verkauf  von  Gewürz-  und  Apothekerwaaren  (Wehrmann, 
Lüb.  Zunftrollen  S.  293)  werden  ,wyth  regall*  und  ,geel  regall*  (Reglise),  ,wytte 
trosij*  und  ,rode  trosij*  unterschieden. 

*)  sonst  ,morselen*  genannt,  existiren  noch  als  s.  g.  Magenmorsellen. 

^)  Vgl.  Kilian.  Duffl.  (Ausg.  v.  1599):  ,krombrood  (bruxel.),  j.  wegghe, 
mane,  maenwegghe ;  libum  lunatum,  quod  dicitur  panis  curvatus*.  Dähnert :  ,Krum- 
mahnke,  ein  Brod  in  Form  eines  Halbmonds*.  Lexer  Mhd.  WB:  ,krumbrot, 
tortus  panis*. 


86 

9.  Item  de  bnidegam  sendet  der  brut  1  stoviken  ipencraß  unde  1 
stoviken  wien,  dat  entfenget  de  brut  sulvest  unde  gift  dem  knechte 
to  beergelde  3  0, 

10.  Item  de  beiden  schaffe rschen  bringen  tho  dem  krude  to  hope  4 
dwelen,  4  sulverene  kbannen,  2  schouwer,  2  schuffeien,  2  gülden 
foethe^),  2  ^glese,  2  gülden')  koppe,  2  grote  sulveren  stoepe, 
2  appellfathe. 

11.  Item  in  den  groten  schouwer  gehört  l  ß  engeverconfect,  Va  ff 
kannellconfect,  ^U  0^  kobebenconfect,  1  ganz  ff  mandelenconfect, 
2  ff  ladenkrut®). 

12.  Item,  wen  me  dat  krut  geven  hefft,  schencket  me  den  knechten 
mit  bere,  unde  me  deit  dem  spelgreven  einen  schower  mit  laden- 
krut^),  dat  deilt  he  uhmme,  ock  deit  me  ehme  1  fath  mit  appelen 
unde  Va  stovikenkhannen  mit  win  unde  1  sulveren  foeth  mit 
einem  glase,  dat  schencket  men  den  knechten  uhmme  her  unde 
den  beer  daruth. 

LüBEK.  Wim.  Mantels. 


Das  Mühlenlied*). 


Das  ,chronicon  tragicum  curiosum  Eiliense^  des  Asmus  Bremer, 
aus  welchem  im  siebenten  Bande  der  Zeitschrift  d.  Ges.  f.  Schl.-Holst. 
Gesch.  S.  197  ff.  einige  mittelniederdeutsche  geistliche  Lieder  veröflent- 
licht  wurden,  enthält  unter  der  üeberschrift :  ,Gopia  eines  alten  geist- 
lichen Liedes^  das  „Mühlenlied^S  welches  L.  Uhland  in  seinen  Yolks- 


®)  scheinen  nach  §  12,  wo  ein  silberner  Fuss  genannt  wird,  Untersätze 
für  die  Gläser  zu  sein;  Hessen  sich  aber  auch  als  besonders  geformte  Trink- 
gefässe  denken. 

')  Abschrift:  ,guden*. 

®)  Wehrmann  a.  a.  0.:  ,de  kremer  scholen  nicht  vorkopen  (sondern  nur 
E.  E.  Raths  Apotheke)  grot  confect,  alsz  ys  cannellconfect,  engheverconfect,  ne- 
gelkenconfect,  cardemonenconfect,  muschatenblomenconfect,  cubebenconfect,  wyth 
regall,  geel  regall,  martzapaen  etc.;  sunder  ladenkrudt  scholen  se  vorkopen,  alse 
coriander  und  mandelen.'  Es  ist  in  Laden  oder  Eisten  aufbewahrtes  Gewürz, 
vielleicht  allerlei  durcheinander,  offenbar  geringeres,  das  auch  für  die  Diener  (§  12) 
bestimmt  ist. 

®)  Abschrift:  ,ledenkrut*. 

*)  Ueber  die  bildlichen  Darstellungen  des  im  Mühlen]iede  behandelten 
Gleichnisses  in  den  Kirchen  zu  Doberan  und  zu  Retschow  s.  Lisch  in  d.  Meklenbg. 
Jahrbüchern  9,  422  u.  18,  291,  in  der  zu  Tribsees  s.  Eugler  in  d.  Baltischen 
Studien  (Pommersche  Kunstgeschichte)  8,  194.  C.  W. 


„j 


87 

liedem  (Nr.  344)  nach  einem  um  1520  bei  L.  Dietz   in  Rostock,  er- 
schienenen offenen  Druckblatte  bekannt  gemacht  hat. 

Der  Kieler  Text  kommt  der  ursprünglichen  Form  des  Liedes  an 
vielen  Stellen  näher  und  soll  deshalb  hier  vollständig  wiedergegeben 
werden.  Die  Handschrift  des  Ghronicon  Eiliense  befindet  sich  im 
Stadtarchiv  zu  Kiel.     Das  Lied  steht  dort  fol.  499  f. 

1. 

Eine  möhl  ick  buwen  woU;  (ü.  wil) 

ach  got,  wüst  ick  wor  mede! 

hadde  ick  handgerede 

unde  wüste  worvan, 

to  band  so  wolde  ik  howen  an.  (ü.  heven  an) 

2. 
To  holte  wil  ik  varen  hen, 
de  wald  en  is  nicht  ferne; 
hülpe  had  ik  gerne, 
de  de  wüste  wol, 
wo  men  böme  vellen  scal. 

3. 
De  walt  de  het  sik  Libanus, 
dar  wasset  sedewer  scyre^). 
siprissien  und  revere  (U.  in  dem  rivere.  1.  an?) 
und  palmen  stolt, 
oliva  dat  nütte  holt. 

4. 
Meister  hoch,  van  künsten  ryk, 
wolde  jy  uns  sinne  geven : 
howen,  snoren  even^) 
und  vogen  slicht^), 
so  Word  de  möle  wol  bericht. 

5. 
Mogyses,  wes  du  darby! 
den  understen  sten  berichte, 
dat  he  ligge  dichte; 
so  dricht  he  swar, 
de  olden  e*)  de  mein  ik  dar. 

6. 
den  nyen  edder  översten  sten,  (u.  de  nige  e,  den  ö.  st.) 
den  leg  ik  up  den  olden, 
dat  he  lope  bolde^) 
na  meisters  kunst, 
de  drift  dat  is  des  hylgen  gestes  gunst« 

*)  grade  Cedern,  ohne  Knaste. 
')  genau  mit  der  Schnur  messen. 
^)  glatt  zusammenfügen. 
*)  Gesetz,  Testament. 
'^)  schnell,  hd.  bald. 


88 


7. 

Gy  XII  apostel,  gat  hir  vor, 
maket  gy  de  mölen  gande, 
dat  se  nicht  blive  bestände! 
gy  sint  gesant 
to  malende  over  alle  cristen  land. 

8, 

Gregorius,  Ambrosius, 
Jeronimus  mit  Augustine, 
vorwachtet  uns  de  rine*) 
unde  dat  kammrat! 
so  löpt  de  möle  desto  bat. 

9. 

Egron,  Ison,  Eufrates,  (ü.  Eufrates,  Phison,  Geon) 

Tigris,  gi  vleten  verre  (U.  vlöte  vere), 

gy  edlen  stolte  revere, 

ji  hebben  waters  genog, 

to  plegende  der  mölen  er  genög^). 

10. 

Ein  megdlyn  drog  ein  säckelken 
mit  weiten  wolgebunden; 
to  der  sülven  stunden 
to  der  mölen  quam 
ein  profete,  dat  vernam. 

IL 

Isaias  heft  hir  vorvoren  (U.  to  v6ren) 

dar  lange  van  gescreven, 

wo  uns  word  gegeven 

eine  juncvrow  wert 

und  wo  se  Godes  söne  gebert. 


®)  Das  Wort  ,rine*  scheint  in  keinem  deutschen  Wörterbuche,  mit  Ausnahme 
des  Mndd.  vorzukommen,  obschon  es  ein  noch  ganz  gebräuchliches  Wort  ist.  Der 
Ein  ist  ein  Eisen,  das  in  den  oberen  Mahlstein  oder  Läufer  eingelassen  ist,  damit 
diesem,  bei  Wassermühlen  durch  den  in  den  Rln  eingreifenden  Zapfen  des  Ge- 
triebes, bei  Windmühlen  durch  den  darüber  fassenden  Klüver,  die  Drehung  mit- 
getheilt  werden  kann.  Die  Gestalt  lehrt  das  Wappen  der  Stadt  Hameln,  s.  Bode, 
D.  ältere  Münzwesen  Niedersachsens,  1847,  Tafel  VIII.  Neuerdings  hat  man  statt 
der  Rine  mit  vier  meistens  welche  von  drei  Klauen.  Ausser  den  im  Mndd.  WB. 
gegebenen  Belegen  kommt  das  Wort  noch  vor  bei  Westphalen  Monumenta  inedita 
II,  285  in  einer  Bordesholmer  Urkunde  v.  J.  1390:  dat  se  de  rynen  möghen  panden; 
und  in  Neocorus  Chronik  des  L.  Dithmarschen  hrsg.  v.  Dahlmann  I,  224:  Mol- 
rinenslacht  sin  Inkomlinge  und  ere  Stifter  veer  Moller  gewesen,  —  beholt  eine 
Molrinen,  der  Stadt  Hameln  Wapen. 

')  ü.  so  kricht  de  möle  er  gefuch;  1.  o.  ,gevoch*,  Bedarf,  Genüge. 


®)  Zwang,  Bedrängniss. 

®)  giess;  in  Str.  17  get,  18  gut. 


*<>)  gelehrt. 

")  reiben,  mahlen. 

")  schroten. 


*• 


8»  < 

kl 

12. 

Ein  name  de  het  sik  Got  mit  uns,  j 

den  wil  wy  allen  laven; 

gnedigliken  van  baven  ] 

he  to  uns  quam,  j 

des  fröwet  sik  vrowen  unde  ok  de  man.  :i 

13.  j 

Der  profeten  is  so  veele,  ;! 

de  dar  van  hebben  gesungen;  i 

so  wol  is  uns  gelungen  ^ 

unde  vuUenbracht, 
dat  Schach  an  euer  middernacht.  ^ 

14. 
Do  de  nacht  de  körte  nam, 
de  dag  entfing  de  lenge, 
der  düsternisse  dwenge®) 
en  ende  nam: 
ach  Got,  des  bistu  lovesam 

15. 
Gy  evangelisten  alle  veer ! 
wo  gy  dat  wol  betrachten, 
wo  gy  wysliken  vorwachten 
dat  säckelyn, 
wente  dat  drog  en  megdelyn. 

16. 
Mateus,  nu  lös  up  den  sak,  ^ 

güte^)  up  in  godes  namen, 
lere  uns  allesamen! 
du  bist  gelart^®), 
wo  godes  sone  mynsche  ward.  I 

17.  I 

Lucas,  rit  den  sak  entwey,  | 

get  up  de  möle,  lat  wriven^^)!  | 

du  kanst  uns  wol  bescriven  ^ 

dat  offer  grot, 
wo  got  vor  uns  let  den  dod. 

18. 
Marcus,  starke  löwelyn, 
gilt  up  de  raölen,  lat  scroden^')!  | 

wo  Got  upstunt  vam  dode,  1 

wo  dat  geschach,  (U.  heffstu  aver  dacht)  | 

dat  schach  an  euer  osternacht. 


■;'? 


■•J!f 


1 


-^  j.OT-j'^aa.».  injfCT»Tni.- -    -:  -.jr» 


90 

19. 
Johannes,  en  arne  van  hoger  flucht, 
dar  van  kanstu  uns  leren 
de  hemmelfart  unses  heren 
al  openbar; 
Got  help  uns  dat  wy  kamen  dar! 

20. 

De  möle  geit,  se  is  bereit; 

ach,  de  de  nu  wil  mahlen, 

de  scal  uns  here  halen 

syn  körnken  reyn, 

so  werd  id  em  gemalet^*)  klein. 

21. 
Pauwes,  kayser  und  prediker 
vorwachtet  de  möle  even, 
so  dat  se  möge  geven 
meel  unde  molt; 
darvan  so  krige  wy  riken  solt. 

22. 
De  sine  sele  spisen  wil, 
de  scal  sik  here  snellen 
to  düsser  mölen  gesellen. 
He  is  des  wiss, 
he  malet  unde  mattet^^)  nicht. 

23. 
De  disse  möle  gebuwet  hat, 
den  mote  got  geleiden, 
wan  he  van  hennen  scal  scheiden, 
syn  engel  wys 
de  vöre  en  in  dat  paradies. 

KIEL.  H.  Jellinghaus. 


")  Ü.  richtig:  gemalen. 

")  matten,  ein  gewisses  Mass  Getreide  als  Mahlgeld  geben;  s.  Mndd.  WB. 

C  W. 


•W!'!^-lW!¥!^-*-V  " 


91 


Zwei  plattdeutsche  Possen  von 

J.  Lauremberg. 

Im  October  des  Jahres  1634  fand  zu  Kopenhagen  die  Vermählung 
des  Prinzen  Christian  des  Fünften,  (seit  1632  Statthalter  in  den  Her- 
zogthümern,  f  1647)  mit  der  Fürstin  Magdalena  Sibylla,  geborener 
Herzogin  zu  Sachsen,  Jülich,  Cleve,  Berg  statt. 

Von  den  Aufzügen  und  Spielen,  welche  bei  dieser  Gelegenheit 
gehalten,  und  den  Schauspielen,  welche  aufgeführt  wurden,  veröflfent- 
lichte  die  Buchhandlung  von  Jürgen  Holst  in  Kopenhagen  im  Jahre 
1635  eine  Beschreibung  unter  dem  Titel :  Triumphus  Nuptialis  Danicus 
in  4^  124  S.  Diese  Schrift  wurde  im  Jahre  1648  ebendaselbst  neu 
herausgegeben  und  durch  einen  12  Quartblätter  starken  Anhang  ver- 
mehrt, welcher  folgenden  Titel  führt: 

Appendix. 
Was  in  dem  Hoch-Printzl.  Beylager  ist  vorgelaufien  und  agiret  worden. 

1.  Kurtzer  Einhalt  der  beyden  Comoedien  de  Raptu  Orythiae  (!). 

2.  Comoedia  de  Harpyiarum  profligatione. 

3.  Die  erste  Baur-Comoedia,  vom  Ringelrennen,  Thurniren,  und 
gammel  Matz,  Gesprechsweis  agirt.     (IL) 

4.  Die  andere  Comoedia,  von  der  groten  Söge,  de  int  Landt 
kamen  was,  wo  se  desülwe  hebben  to  brüen  fatet,  und  hinder 
sik  her  jaget.  (I.) 

5.  Extract  oder  Einhalt  der  Tragoedia  byem  grossen  Feurwerck, 
von  Hoflfenburg,  wie  dieselbe  zerstöret  und  eingeäschert 
worden.  Wie  beygefügte  Kupferstücken  solches  mit  mehrem 
aufzwei£zet  und  zu  ersehen. 

Gedruckt  im  Jahr  1648. 

In  der  Inhaltsangabe  auf  der  Rückseite  des  Titelblattes  des 
,Triumphus  Nuptialis'  wird  angegeben,  dass  die  hier  unter  3  und  4 
genannten .  Bauernpossen  als  Zwischenspiele  der  unter  1  und  2  ange- 
führten Komödien  gespielt  wurden. 

Der  Verfasser  der  unter  No.  1 — 4  genannten  Spiele  ist  J.  Laurem- 
berg, damals  Lehrer  an  der  Akademie  zu  Soröe.  In  dem  1635  zu 
Kopenhagen  erschienenen  besonderen  Abdrucke  der  Comoedien  be- 
zeichnet er  sich  als  solcher.  Vgl.  J.  Grimm  in  Pfeiflfer's  Germania 
2,  305  und  Scherzgedichte  von  J.  Lauremberg,  hrsg.  v.  Lappenberg 
S.  172  und  191.  1 

Die  Sprache  der  beiden  plattdeutschen  Stücke  (Appendix  S.  10 — 20) 
trägt  an  manchen  Stellen  deutlich  das  Gepräge  der  Mund-  und  Rede- 
art fechtselbischer  Leute.  So  findet  sich  S.  10  gören  =  kinder,  S.  15 
blaag  =  blau,  S.  13  da  w  a  r  d  t  idt  kamen.    Der  Plural  des  Praesens 


92 

endet  stets  auf  -en  statt  auf  -et.  Auch  die  Namen  Chim  (Joachim), 
Cheel  (Michael),  Annemäten  (S.  11  u.  20)  weisen  nach  Holstein 
oder  Meklenburg,  Lauremberg's  Heimat,  üeberdies  wurden  die  Spiele 
vor  dem  schleswigholsteinischen  und  dänischen  Adel 
aufgeführt  und  setzen  bäuerliche  Verhältnisse  voraus,  wie  sie  diesem 
geläufig  waren. 

Der  wesentlichste  Zug  der  jetzigen  holsteinischen  und  meklen- 
burgischen  Mundarten  freilich  fehlt:  nirgends  findet  sich  auch  nur  eine 
Spur  der  Neigung,  das  e  der  Endungen  ab-  und  auszustossen.  Wir 
haben  es  hier,  wie  in  allen  den  plattdeutschen  Bühnenspielen  des  16. 
u.  17.  Jh.,  welche  das  Bauernleben  behandeln,  keineswegs  mit  der 
unvermischten  Volkssprache  des  platten  Landes  zu  thun.  Die  Ver- 
fasser sind  Leute,  welche  gewohnt  waren,  in  der  Umgangssprache 
hoch-  und  niederdeutsch  vermischt  zu  hören  und  zu  reden.  So  muss 
manches  aus  dem  Hochdeutschen  in  den  plattdeutschen  Dialog  ein- 
geschlüpft  sein.  Dahin  gehören  die  Plurale  Prses.  auf  -en  und  Wörter 
wie  S.  10  schüssleck,  S.  11  pfyl  Orthographien  wie  schlaa  statt  des 
richtigen  ,slaaS  Auch  mick  =  mich  kommt  vor,  wiewohl  diese 
Form  in  den  Gegenden,  die  hier  in  Betracht  kommen,  gewiss  niemals 
gebraucht  ist. 

Diese  Schwanke  und  Possen  in  der  Volksmundart,  wie  sie  im 
17.  jh.  weit  zahlreicher,  als  bis  jetzt  bekannt  ist,  bestanden  haben 
müssen,  schildern  das  platteste,  niedrigste  und  verwildertste,  was  es 
im  Volke  gab.  So  lassen  sie  auch  die  Sprache  des  Volkes  un- 
reiner und  zerrütteter  erscheinen,  als  sie  in  Wirklichkeit  war. 

L 
'     Bawren-Comoedia. 

Scena  L 
Chim^  Mate,  zwey  Bawren^  der  Vogt. 

Chim, 

(Kömmt  in  vollem  Lauffe  aufs  dem  Walde.) 
Och,  och,  och.  Ick  arme  Keerl,  Och  wat  schalck  doch  nu  an- 
fangen ?  nu  wetk  jo  mynen  Lyve  neenen  Rath :  Nu  binck  jo  gar  thom 
Pracher^)  worden!  Och  du  leeve  Hemmeische  Vader!  Ifs  idt  denn 
nich  noech,  dat  wi  van  usem  Vaget  so  plaget  waren,  haflft  nu  de 
Düvel  de  grote  Söge^)  noch  indt  Land  föhret,  de  uss  ock  noch  moet 
tho  brüen^)  faten.  Ich  hadde  noch  eenen  kaalen  Kohlhoff,  darick  myn 
Wiff  unde  myne  Gören  mit  uppeheelt*),  den  hafft  mick  de  verscharen 
Teve^)  nu  gantz  verhudelt  unde  verdorven. 


^)  Bettler. 
*)  Wildschwein. 

•)  vexieren,  narren ;  to  brüen  faten,  zu  vexieren  vornehmen,  scheint  Redens- 
art zu  sein,  es  kehrt  weiterhin  wieder. 

*)  Gören:  Kinder;  uppeheelt:  «rhielt,  ernährte. 

*)  verscharen;  närrisch,  wunderlich;  Teve;  Hündin,  auch  Scheltwort. 


93 

Se  mach  mick  ock  noch  wol  myn  hartleeve  Wiflf  dartho  uppe- 
freeten  habben,  skoldt  de  störten  Siicke^)  habben.  Wennt  man  hir 
ock  nicht  herqueme,  unde  beete  mick  sülvest  noch  wol  den  Koppe  aflf. 
Och  och,  mi  beevet  dat  Hart  vor  in  der  Brock''),  wencker  an  dencke, 
welck  en  schüssleck  SpittaP)  dat  idt  was :  Idt  hadde  Ogen  im  Koppe 
ass  en  paar  Sennepschöttel,  unde  Tenen  asse  Zegenhöemer.  Dat 
quam  mick  dar  im  vullen  Suse  her  marseeren^),  ass  went  en  Kater 
im  Maarse  hadde. 

Matz. 
(Kömmt  aufs  dem  andern  Orte  des  Waldes  gelauffen.) 

Dat  moet  jo  wol  de  Katten  Kranckheit'^)  weesen,  dat  men  hyr 
alltydt  so  hiet^^)  ward.  (Hält  den  Spiess  vor  den  Waldt.)  Wo  du  licker^*) 
kumst,  di  skölen  de  störten  Sücke  beschiten.  Ick  wil  dy  dat  Speet 
so  deep  in  de  Kallitc^^)  henin  jagen,  ass  idt  gähn  mach. 

Chim,  Süe  Matz,  biste  dar  ock?  Iss  dat  grote  Swin  bi  di 
ock  west. 

Mate,  Ja  ick  meene  jo  tiss  bi  mi  weest:  Idt  hefft  mick  thom 
armen  Manne  maket:  Och  myne  arme  Koh,  myne  arme  Krulleke**) 
iss  nu  dar  hen :  De  verbrüde^*)  Söge  hafft  se  mick  tho  skande  beten. 
Dat  arme  Beest  sach  mick  so  bedrövet  an,  ass  idt  dar  lach,  unde  de 
Kallune^^)  hangede  em  uth  dem  Live.  0  wor  wilck  nu  hernahmals 
Malleck  krigen,  dar  ick  de  Grütte  mit  kacken  kann. 

Chim.  Ey  Matz,  bedröve  di  so  seer  nich,  ick  habbe  ock  all  dat 
mine  verlahren,  unde  moet  mick  lycker  tho  freden  geven.  Lath  uss 
thosamen  holden,  wy  willen  seen  eflft  wi  de  Teve  nich  fangen  können. 
Hey,  künde  wy  se  dodt  schlaan,  wat  wulde  wy  stattlecke  Schincken 
krigen,  du  möst  din  beste  doen  unde  redelicken  bistaan.  Alle  de  Lüde 
Seggen,  dat  du  so  en  drist  Keerl  bist. 

Mate.     Dat  löve  man  even.  Ick  habbe  wol   eer  en  paer  Keerls 


*)  Fallsucht;  störten  für  störtende.    J. 

')  Brook:  Bekleidung  der  Oberschenkel,  s.  Mndd.  WB.  1,  428.     J. 
^)  scheussliches  Ungethüm.     Sp.,  sonst  Hospital,  scheint  hier  aus  Spectakel, 
Schauspiel,  entstellt.    J. 
*J  marschieren. 

^^)  Kattenkrankheit,  in  einem  satyrischen  Gedichte  des  17.  Jhs.  (Lauremberg, 
hrsg.  V.  Lappenberg,  S.  116,  98)  als  Ausruf:  o  alle  kattenkrankt !  Hildebrand 
(Grimm  WB.  5,  297)  der  diesen  Fluch  noch  aus  v.  Birken's  Silvia  beibringt,  möchte 
es  als  Irrsinn  fassen.  W.  —  Aber  nach  Mittheilung  des  Herrn  Menz  in  Norden 
versteht  man  noch  heute  in  vielen  Gegenden,  nach  des  Herausgebers  Erinnerung 
in  Westfalen  darunter  die  Räude,  Krätze.    J. 

")  hien:  zum  besten  haben;  s.  Mnd.  WB.  2,  265.  W.  —  biet  statt  heit, 
heiss  ?    J. 

*')  gleichvrohl,  dennoch. 

*^)  vgl.  Dähnert  WB.  der  Pommerschen  Mundart:  Kaliid,  Magen,  Ein- 
geweide. 

")  Name  der  Kuh,  wahrscheinlich  nach  dem  ,krausen  Wirbel*,  wie  man  es 
in  Holstein  nennt,  in  welchem  das  Stirnhaar,  der  ,Tost*  (Troddel)  bisweilen 
sich  zeigt. 

^*J  verbrüet:  verderbt,  verrückt. 

^  Kaidaune.    J. 


94 

achter  mick  herjaget:  Dat  mackt,  ick  habhe  ock  de  Weldt  wat  beter 
np  de  Ohren  slan,  ass  gy  andern  im  Dörpe. 

Ghim.     Ey  Matz,  verteil  mi  doch  vor  du  all  west  bist. 

Matg.  Ja  Chim,  wenck  dat  begiinde  tho  seggen,  so  skuldestu 
Neese  unde  Mnel  apen  holden. 

Chim.     Ey,  segge  mick  doch  wat  darvan. 

Matg.  Wenn  du  idt  mau  alle  begripea  koüdest.  Höer,  use 
Kuappral  unde  use  Sküersandt")  de  nehmeii  mick  met  gewalt  iat 
Schipp,  da  föerde  wy  aver  enea  groten  Dick.  Waaae,  Ghim,  haddestu 
sehen,  wo  sick  dat  Water  hadde,  wo  idt  dantzede  nnde  spning,  ass 
wennt  rasen ^^)  unde  dull  west  hadde"). 

Chim.  Kundestu  nich  ene  Flasche  vnll  mit  di  tho  Huse  bringen, 
dat  wi  idt  ock  hadden  tho  seende  kregen. 

Mate.  Neen,  dat  acht'  ick  noch  nich.  Süe,  dar  queme  vy  in 
en  Land,  Chim,  wenn  du  dat  höerdest,  wo  seltzeu")  dat  de  Lüde  dar 
epreken,  du  skuldest  dy  vor  Lachen  bemiigeo.  Dat  erste  mal  datny 
ant  Land  treeden,  dar  t^uam  en  Annemeten''),  tho  der  sede  ick :  Goien 
Dach.  Dat  Spook**)  sede  strax  tho  mi :  Küsse  in  Eerss**).  Ich  sede, 
dat  doe  de  Bödel  mit  achtein  Roden**). 

Chim.  Dat  möten  schnaackske  Lüde  wesen.  Wo  seen  se 
dog  uth?") 

Mite.     Sa  Been  recht  liifhafftich  uth  asse  Minsken. 

Chim.     Wat  eten  se  denn  ? 

Mats.  Se  eten  dar  wat,  dat  heeten  ae  Köt'^),  unde  supen  dar 
Ölie")  tho. 

Chim.     Pfy !  dat  moet  slim  smecken. 

Mtttü.  Ne  vorwaar  Ghim,  dat  ding  dat  se  Eöt  heeten,  dat 
smecket  recht  asse  dat  Fleesck  in  usen  Lande :  Unde  de  Ölie  dat  is 
nich  so  en  Ölie,  assmen  hyr  upper  Slabberteeken'*)  köft :  Wenn  dfl 
se  smeckedest,  du  skuldest  uich  anders  meenen,  asse  wennt  Beer  were. 

")  Korporal  und  Sergeant.    J. 

"1  rasend. 

")  gaaz  ähnlich,  wie  hier  Chim  die  Ostsee,  über  die  er  nach  Kopenhagen 
reiste,  schildert  Siennerhinke  im  ,We  st  vaeischen  Speeltuyn',  Utrecht  1687  S.  2t  f. 
die  Nordsee,  über  welche  er  nach  Holland  fuhr.    J. 

'")  seltsam,  mndd.  seltsen,  selsen,  mhd.  aeltsEene. 

")  Annamargareta.    J. 

")  eig.  Gespenst,  hier  etwa  ,kleiDe  Hexe';  vgl.  en  Spook  vnn  Deeren  bei 
Schütze  Holst.  Idiotikon  4,  173.    J. 

")  Entstellung  eines  dänischen  Satzes,  etwa:  jeg  liysaer  deres  haand,  ich 
küsse  Ihnen  die  Hand.    J. 

")  Der  Staupenschlag  bestand  in  Hamburg  aus  3  mal  lä  Streichen,  s.  Buek 
Hamburgische  Alterthümer  8.  120.  Daher  stammt  das  bekannte  Schimpfwort ; 
,Schraffel-Achtein '. 

")  in  der  Historie  von  Slennerhincke  S.  23  wird  der  westfälische  Baaer- 
bursche,  welcher  von  seiner  Eeiae  nach  Holland  erzählt,  auf  ganz  ähnliche  Weise 
mit  den  Worten  unterbrochen :  Wo,  dat  mobt  mich  ein  wanneraert  Volkes  weaseo.  J. 

">  dän.  kjöd,  Fleisch;  ndd.  kut,  Eingeweide.    J. 

")  dän.  öl,  Bier;  ndd.  ölie,  Oel.    J. 

'^)  Entstellung  lon  Apotheke,  mit  Anletmung  an  slabben,  slabbem,  schlecken. 


95 

Chim.    Wor  kregestu  wat  tho  freten? 

Matjsf,  Höer  dick  man  eens,  woet  my  ging.  Dar  quam  iok  in  en 
Hufs,  dar  sede  de  Weerth :  Wat  wil  gy  haar*^) ;  Ick  seede :  Ick  wil  wat 
freten :  Ick  bin  ein  Düdsck  Keerl,  unde  heete  Matz.  Chim,  so  balde 
asseck  man  minen  namen  nöemde,  dat  ick  sede  Matz,  do  quemen  se 
darher  stigen  mitne  groten  Fatt  vull  Tüges,  dat  heeten  se  gammel  Matz*^). 

Chim.     Wat  iss  dat  vor  Tuch? 

Matjsf.  0  Chim,  du  lövest  nich  wat  dat  nütlicke  Freetery  iss, 
man  skulde  wol  de  Finger  dama  licken. 

Chim,     Dar  möten   lycker   goede   Lüde  wesen,    dar   im  Lande. 

Mate.  Ja  wisse*^),  Chim.  Man  dar  was  en  Keerl,  den  hadd 
ick  balde  bim  Koppe  kregen. 

Chim     Wo  quam  dat? 

Matiy.  De  Flöts'^)  nam  de  Kanne,  unde  sede  tho  mick :  Kutt- 
haar. Ick  seede:  dar  stacke  du  de  Teenen  mit,  du  Unflat.  Plegt 
men  so  wol  by  erlicken  Lüden  tho  snacken  ?  Ick  wulde  em  habben 
mit  der  Plite^^)  över  de  Nese  feget,  do  quemen  dar  noch  andere  Lüde 
tuschen,  de  seden,  dat  weere  nichts  böses;  Kutt  Haar**)  dat  weere 
so  veel  asse  wy  seggen,  'Tgelt  dick  en  maal. 

Chim.     Ey  Matz,  segge  mick  doch  noch  mehr  van  de  Lüde. 

Matjsf.  Neen  Chim,  Lath  uss  seen,  dat  wy  dat  grote  Swin  können 
krigen,  so  skölen  uss  use  Mömgens'^)  hübscke  Wüste  maaken. 

Chim.  Wennt  man  de  Düvel  nich  reede,  dat  idt  uss  tho  starck 
würre :  Idt  skulde  mick  wol  myne  nye  Broocke  intwey  riten, 

Mate,  Du  möst  stiff  vörholden.  Sta  du  mitr  Forcke,  unde 
wenn't  lopen  kümmt,  so  stick  em  hastich  beyde  Ogen  uth,  so  wil  ick 
denn  wol  wyder  darmit  raden. 

(Im  Walde  wird  ein  Geräusche.) 

Chim.  0  Matz,  ick  kant  nich  seggen,  wo  bange  dat  mi  iss. 
Och  weer  ick  doch  man  eerst  wedder  tho  Huefs! 

Mate.  Du  möst  dick  nich  fruchten.  Watm  dusent  Pocken  hestu 
indr  Broocke,  Chim?     Phu,  dat  rückt  lyden  barnousch*^) ! 

Chim,  0  myn  leeve  Naber,  ick  habbe  van  dage  nichts  naten 
asse  eine  Skaale  vull  Bottermalleck.  Ick  dencke,  wennck  meene,  datck 
de  Bottermalleck  im  Live  habbe,  so  geyt  se  mick  wol  in  der  Broock 
herümb  marseeren. 


**)  dän.  have,  haben. 

^®)  dän.  gammelmad  (eig.  alte  Speise)  Pökelfleisch.    J. 

•*)  gewiss. 

"1  hamb.  Flotts,  Flotts,  Grobian;  pomm.  Fläz,  Flöz;  götting.  Vlcets. 

^^)  eine  Art  Degen;  im  Hans  Hohn  Z.  3  (Lauremberg,  hrsg.  v.  Lappenberg 
S.  136),  Richey  Hamb.  Idiot.  S.  369,  Dähnert  Pomm.  WB. 

^)  dän.  god  taarl  guter  Tropfen;  ein  üblicher  Trinkspruch. 

**)  Mütterchen,  Hausfrauen. 

^)  liden  f.  lidend  (eig.  leidend),  sehr,  ziemlich,  s.  Richey.  ,He^  süt  so  ber- 
naüisch  uut,  v.  einem  erhitzten,  zornigen  und  trotzigen  Gesichte*,  Dähnert,  der  es 
vom  Bernauischen  Bier  herleitet.  W.  —  Das  im  Text  vereinzelte  ,ou*  lässt  einen 
Druckfehler  vermuthen.  Nah  liegt  nid.  bern,  berne,  stercus,  bei  Oudemans  und 
Eilian.,  frz.  bran,  Menschenkoth,  Sachs  183.    J. 


96 

(Das  Geräusch  wird  immer  stärcker.) 
Matg,     Höer,  höer,  dar  wardt  idt  kamen^''). 

(Sie  halten  beyde  den  Spiess  and  die  Gabel  vor :  Der  Vogt  kömmt  herauss  getretten.) 
Ghim,     Dat  dick  ock  de  Lämnis^*)  besta,  dat  ys  use  Vaget.   Wor 

föhret  den  de  Euckuk  her?     Ich  denck  he  ward  dat   grote  Swin   all 

villet'*)  habben. 

Mate,     He  mach  syne  Möyme  villen :  He  skulde  eer  ene    grote 

dicke  Vehemäget  begüücheln^^),  asse  so  en  Swin  steken. 

Der  Vogdt, 
(Redet  halb  nach  dem  Walde  zu.) 

Ziehet  ihr  andern  immer  hin  auff  die  Schwein-  und  Hasenjagt, 
ich  wil  mich  aufif  eine  andere  Jagt  machen,  da  weniger  Gefahr  und 
mehr  Lust  bey  ist.  Ich  wil  sehen,  ob  ich  irgeuds  ein  zweyfüssiges 
Thieriein  auffjagen  kan,  mich  damit  zu  ergetzen.  Aber  siehe,  sindt 
das  nicht  zween  von  meinen  Bawren?  Ihr  leichtfertigen  Vögel,  wass 
habt  ihr  allhier  zu  schaffen?  Du  grober  Tölpel,  hastu  nicht  besser 
Mores  gelernet,  Wenn  du  mit  vornehmen  Leuten  redest,  kannstu  den 
keine  Reverentz  machen? 

Chim,  Wat,  Herr  Vagt?  wat  skalck  maken?  Frentze?  dat 
weet  ick  nich  wat  dat  vor  Dinger  sindt :  Wor  maket  man  de  Frentze 
van?  Van  Eekenholt,  edder  van  Widenstrücke?  Einen  Wagen  edder 
Ploch  kann  ick  noch  wol  macken,  man  de  Frentze  tho  macken,  dar 
weet  ick  neenen  Beskeet  van :  de  mach  juw  use  Smitt  edder  de 
Timmermann  macken. 

Der  Vogt  Bu  grober  Esel,  ich  sage  du  sollt  Reverentz  machen, 
das  ist,  du  solt  den  Hut  abziehen,  und  die  Knie  beugen,  wenn  dich 
ehrliche  Leute  anreden. 

Chim.     Ho  ho,  ist  anders  nich?     So  wil  ick  noch  wol  ein  halff 

Stige  Frentze  heermacken.  (Neiget  sich  mit  halbem  Leibe  und  beuget  bejde 
Knien  einmahl  oder  etzliche,  gantz  Bäurisch.) 

Der  Vogt.  Ja  du  kandst  dich  recht  wohl  damit  behelfen.  Aber 
saget  mir,  wass  macht  ihr  hier? 

Matss.  0  gy  allmächtige,  barmhartige  Herr  Vaget !  dat  schüss- 
lecke Deerte,  dat  so  uth  süth  asse  en  groot  Swin,  unde  löppt  hyr  im 
Lande  herummer  schodiivelen^^),  dat  hafft  mick  myne  Koh  KruUeke 
y,  doetbeten.     Och  de  salige  KruUeke?     0  idt    geydt   ray   noch  so  tho 

Harten,  wenn  icker  up  dencke.  Und  wenn  ick  my  vor  eerslicken^'j 
Lüden  nich  en  beten  skämde,  wold  ick  noch  wol  balde  en  maal  luet 
up  umme  se  blarren. 

Der  Vogt,     Was  kan  ich  darzu,  dass  deine  Kühe  gestorben? 


»7)  Da  kommt's. 
•*)  Lähmung.    J. 
'*)  Villen:  die  Haut  abziehen. 

*^)  gnücheln,  schmunzeln,  Grimme  Galant.  44 ;  ravensb.  gnücheln,  Jellinghaus 
Gramm.  128.    Davon  begnücheln?    J. 

*^J  eig.  vermummt  umherschwärmen,  s.  Mndd.  WB.  4,  110.    J. 
*•)  höhnendes  Wortspiel  st.  eerlick. 


— ;r-~ 


97 

Matsf.  0  ja,  myn  gode  frame  Herr  Vagedt,  ick  wulde  jaw  so 
hartliken  gerne  beden  habben,  dat  gi  mick  doch'  wulden^')  ander 
Eoh  weer  maacken. 

Der  Vogt.     Was   den   Henker,   soll   ich  dir   eine  Kuh  machen? 

(Wil  ihn  mit  dem  Stecken  schlagen.) 

Mate,  Ey  neen,  min  gode  Herr  Vaget,  man  ick  wulde  jaw 
bidden,  dat  gy  idt  macken  skulden,  dat  ick  ene  ander  Koeh  wadder 
kreege  van  user  Övrichheit. 

Der  Vogt.  Warümb  gebt  ihr  nicht  besser  Achtung  auff  ewre 
Sachen?  Sehet  doch  zu,  ob  ihr  das  Schwein  könnet  fangen,  oder 
todtschlahen,  so  wil  ich  euch  eine  andere  Kuh,   und   ein   paar   fette 

Ochsen  darzu  geben.     Gehet  hin  und  thuet  euer  bestes. 

(Der  Vogt  gehet  ab.) 
Mate,     Ghim  dat  were  noch  wol  wat,  eine  Koh   unde  ene  paar 
Ossen,  dar  dörste^)  ick  noch  wol  en  blaeg  Oge  umme  wagen.     Kum 
Chim,  stelle  du  dick  man  recht  vor  de  Döer:   Ick   wil  hir   achter  di 
staen.     Konde  wy  dat  tho  vaten  krigen,  dat  were  Gelücken. 
(Halten  ihre  Gabel  und  Spiess  abremal  vor  den  Waldt :  Mercurias  kömmt  mit  den 

Harpyjis  auffgetretten.) 

Chim,     Süe,  süe,  Matz,  wat  kamen  dar   vor    gruwlecke  Spöcke 
heer?     Och,  wor  wil  ick  my  nu  op  vöt  laten**).     Loop,  Loop. 
(Einer  läufft  hier,  der  ander  dort  hin  und  fallen  in  die  Scenen). 


n. 

Intersceninm. 

Drewes  und  Cheel^  ewey  Bawren. 

Drewes, 

Ey,  ey,  wat  iss  idt  doch  ein  bedröflfet*^)  Handel,  wemn  in  ein 
frömbt  Land  kömmt,  dar  man  unbekandt  iss  unde  de  Sprake  nich 
kan,  de  de  Lüde  spreken.  Ick  hebbe  schir  den  gantzen  Dag  ümbher 
lopen,  unde  kan  myne  Harbarge  nich  wedder  finden.  Wenn  ick  de 
Lüde  frage,  unde  segge:  Hyr  gi*^),  wor  iss  myne  Harbarge?  so  fangen 
se  undüdsch  an  tho  snacken,  dat  ich  nich  en  Wort  darvan  vorstahn 
kan  unde  lachen  mick  noch  dai*tho  uth,  als  wenn  ick  wat  stahlen 
hadde.  Ick  meende,  ick  hadde  dat  Hufs  so  wolle  marcket,  dar  ick 
myn  Quarteer  hebbe,  nu  kan  ick  likewol  dar  nich  wedder  by  kamen, 
wenn  ich  my  ock  tho  dode  söchte.  Ick  wolde  man  hengahn,  unde 
vor  eenen  Sckilling  Teer  in  myne  Butte  köpen,  so  nam  ick  doch  so 
eigentlicke  Waarteeken :  Wente*®)  dar  sat  eine  Kreye  baven  up  dem 
Huse,  unde  dar    stund   eine   Derne   recht   yegen    de   Dörc    över,   de 

*'^  wulden  =  wulden  en.    J. 
^  getraute. 

^)  sprichwörtliche  Redensart,  hd.  sich  auf  die  Füsse  lassen  d.  i.  fliehen,  s. 
Weigand  in  Grimmas  WB.  4,  1001. 
<«)  betrübt. 
<0  ilir  da. 
**)  denn. 

Niederdeutsches  Jahrbuch.    IIL  7 


98 

hadde  ein  Varendeel*^)  vam  Lamme  im  Korve.  Seht,  dat  Warteken 
heb  ick  noch  wol  beholden,  man  ick  kan  idt  doch  nargens  finden. 
Wenn  ick  doch  minen  Naber  Cheel  man  koode  tho  sehende  kriegen, 
so  wolde  ick  balde  tho  rechte  kamen.  De  Kerl  snuckert*®)  allerwegen 
ümbher,  und  wil  de  Nase  in  allen  Hölen^^)  hebben.  Man  kan  nich 
einen  Vist^^)  laten,  he  wilt  all  uprücken.  Hebbe  gy  em  nich  gesehen,  gy 
goden  Lüde  ?     Ey  segget  idt  mick  doch,  dar  bidde  ick  juck  ümme. 

Sil,  sü,  iss  dat  nich,  de  dar  herkumpt?    Ja.  dat  iss  he  wisslicken. 

Cheel,  Ha,  ha,  ha,  hebbe  ick  mick  doch  balde  thom  Einder- 
metken  lachet,  över  de  seltzamen  Uptöge,  de  man  in  der  Stadt  tho 
sehude  kriegt.  Dat  Volck  hir  im  Landt  mot  jo  Yastelavendt  lopen, 
löve  ick  alle  min  Dage. 

Drewes.  0  Cheel,  dat  iss  goedt,  dat  ick  di  bemöte.  Ick  hadde 
anders  use  Huss  nicht  (dat  *  were  nich  möglicken  wesen)  wedder 
finden  kondt 

Cheel,   Wo?  Kondestu  nich  nachfragen?  Kennestn  de  Strate  nich  ? 

Drewes,  Neen,  vorwaar,  Cheel,  Wo  skolde  ick  se  kennen  können? 
Sehn  doch  de  Straten  einander  so  gelick,  dat  man  se  nich  under- 
scheden  kan.     Wo  heet  denn  use  Strate? 

Cheel.  Se  heet  de  Püseken  Strate^') !  Wenn  man  von  dar  hen- 
daal  geit,  so  kumpt  men  an  dat  grote  witte  Huss,  <lar  de  Eöning 
sine  Harberge  hefft. 

Drewes,  Wor  bistu  so  lange  west,  Cheel?  Du  löpst allerwegen 
herümmer  schodüvelen,  se  tho  dat  se  dick  nich  einmal  den  Kanthacken^) 
wat  affkarnüffeln. 

Cheel,  Ho,  ho,  dar  bin  ick  en  veel  all  to  slu  tho.  Hör  ick 
moet  dick  wat  vorteilen,  wat  ick  dar  all  sehn  hebbe.  Ick  ging  dar 
spantzeren  achter  den  groten  Huse,  dar  de  veelen  rode  Speetknecbte 
vor  stahn:  Dar  haddense  ein  klein  beten  witt  Papier  an  ein  Balcken 
henget.  Dar  weeren  so  veel  statlicke  Kerls,  de  wolden  dat  Dinck  dar 
gerne  äff  hebben :  So  gingen  se  ein  na  dem  andern  upt  Peerdt  sitten, 
unde  nehmen  einen  langen  ^  spitzen  Stacken,  unde  lepen  in  vuUen  suse, 
all  wat  dat  Perdt  uth  dem  Arse  lopen  konde,  unde  wolden  dat  Dinck 
mit  dem  Stacken  her  äff  stecken. 

Drewes,  I,  hebbe  ick  doch  alle  min  Dage  sülcke  dumme  Lüde 
nich  sehn.  Konde[n]se  idt  nich  mit  einem  Stocke  her  afierslahn: 
edder  mit  Stene  darna  smiten?  Wolde  ick  idt  doch  wol  mit  miner 
Förcke  im  ersten  dreve^*)  herunder  sch[l]agen  hebben. 

*«)  Viertel.  ^ 

**)  snückern:  umliersachen. 

**)  dat  Holl:  Loch;  einen  Vorwitzigen  nennt  man  Pluck  oder  Hans  vor 
allen  Holen,  s.  Br.  WB.  2,  649. 

")  Vtst:  leve  peditum. 

*»)  Puse:  scortum. 

^)  Kanthaken:  eiserne  Klaue,  welche  man  an  schwere  Gefässe  schlägt,  die 
gekantet  d.  1.  an  einer  Seite  gehoben  werden  sollen;  daher  das  Sprw.  bi'n  ^• 
krigen,  anpacken,  greifen.  Schütze  Holst.  Idiot.  L.  mit  den  K.  ?  karnüffeln,  durch- 
prügeln; s.  Hildebrand  in  Grimmas  Wß.  5,  221. 

*•)  Gang  oder  Schlag,  s.  Mndd.  u.  Brem.  WB. 


Ched.  Ja  dat  wundert  mick  man,  dat  se  so  veele  Möye  dar  tho 
nehmen.  Man  höre  wat  se  mehr  deden.  Süh  dar  hadden  se  dick 
ein  edder  dre  uppedr0gede^^)  Minschenköppe.  Wanne^^) !  wo  fathen 
se  de  tho  brüden !  Dar  reden  se  mit  der  Wehre  na,  unde  wolde[n]se 
dodt  hawen:  Etlicke  lepen  mit  dem  Spett  darna,  unde  wolden  em 
de  Ogen  uthstecken. 

Drewes,  I,  wo  unbarmbartig  sindt  lickewols  de  Lüde:  Konden 
se  de  armen  Koppe  noch  nich  unfexert  laten? 

Ched,  Hör  dick  man,  darna  sach  ick  noch  wat  seltzamers. 
Dar  weren  etlicke  Kerls,  de  hadden  iserne  Wammes  an,  unde  iserne 
Filthöde  up  dem  Koppe,  de  hengeden  en  bett  över  den  Bardt. 

Drewes :  I,  Cheel,  wo  lüchstu  nu :  Neen  dat  hedde  ick  nich 
meent,  dat  du  so  legen  skoldest. 

Cheel.     Gewisslick,  Drewes,  dat  iss  neue  Lögen'^)  dat  ick  segge. 

Drewes,  Wo  were  dat  möglick,  dat  se  de  isere  Wämmesser  tho 
hope  neyen  konden?  Dar  hedden  de  Sniders  jo  wol  alle  Neynadeln 
up  in  twey  bracken,  de  in  der  Stadt  sindt. 

Cheel,  Dat  lat  ick  se  vörraaden^^).  Ja  se  hadden  ock  iserne 
Skodtfellen*®)  vörbunden. 

Drewes.     Wat  deden  se  darmede? 

Cheel.  Dat  setteden  sick  twe  unde  twe  up  de  Zöre**)  unde 
blindelings  in  vuUem  suse  ap  ein  ander  tho,  unde  wolden  sick  ein- 
ander van  der  Ackermeer  herunder  stöten.  Man  dar  was  nich  einer 
de  so  veel  döchte,  dat  he  den  andern  konde  draff  krigen. 

Drewes.     Wat  skolde  dat  bedüden? 

Cheel,  Ick  dencke,  se  hebben  in  de  wedde  lopen  ümme  eine 
Tonne  Beer.  Nu  hör  wider  tho.  Dar  was  der  einer  manck  den 
Rüters,  dem  fiU  ein  Stücke  van  siner  iserne[n]  Brocke  up  de  Erde. 
Ick  dar  hinder  her,  unde  stack  idt  hemlickeu  vor  in  mine  Buxe, 
unde  darvan  gelopen,  haste  mick  ock  wol  lopen  sehn. 

Drewes,  Neen  Cheel,  ick  heb  dick  nich  lopen  sehn.  Wifs  her, 
wat  ist  vor  ein  Dinck? 

Cheel,     Süh,  wo  idt  blenckert  als  ein  Spegel. 

Drewes,  Wat  den  hundert  sück^^)  wiltu  mit  den  isern  Lappen 
dohn?  wiltu  diu  Wammes  darmit  flicken  laten? 

Cheel.  Neen,  lange  nich,  dat  skal  mick  wol  beter  tho  nutte 
kamen.  Wenn  man  dat  uptLiff  holt,  so  kan  man  nich  fohlen,  wenn 
einer  schon  mit  der  Plite  darup  houwet,  edder  Knüppel  darup  schleidt. 


^)  getrocknete;  0  nach  dän.  Weise  gleich  ö,  wie  nachher  in  t0ff. 

8^)  ein  Ausruf  der  Verwunderung  oder  Bedrohung,  s.  Br.  WB.  Grimm 
Gramm.  3,  305. 

**)  mndd.  logene,  Lüge. 

^^)  lies:  dar  lat  etc.?  dafür  lass  ich  sie  sorgen. 

«>)  SchürzfeU. 

^^)  ^öre  Zurre,  altes  unbrauchbares  Pferd*  Dähnert;  hier  gleich  nachher 
Ackermähre  genannt. 

")  hundert  Seuche  I    Fluch. 

7* 


100 

Drewes,  I,  dat  wer  wol  brave.  Dat  muste  mick  lehren,  wenn 
wi  in  den  Krog  gähn,  so  könne  wi  uns  dichte  herümmer  kihlen.  Ey 
lat  uns  einmahl  versöken  wo  idt  angahn  will. 

Cheel.     Ja  dat  skaitu  wol  sehn. 
(Er  legts  uff  den  Kopff,  kehrt  dem  andern  den  Rücken  zu  und  bückt  sicli.) 
Schla  nu  man  dichte  tho  mit  der  Forcke. 

(Drewes,  schlägt  ihn  langst  den  Rücken  herab.) 
0  dat  dick  de  störton  sücke  bestah,  du  slimme  Hundesfott :  Hast  mick 
schir  de  Ribben  im  Rüggen  in  twey  slagen.      0   wat   deit   mick  dat 
weh  bet  in  den  harden  Arsknacken. 

Drewes,     Cheel,  du  sedest  jo,   ich  skolde  man  drist  thoschlahn. 

Cheel,  Ja  ick  meende,  du  skoldest  up  den  jsern  Lappen  slahn, 
unde  du  sleyst  by  tho. 

Drewes.    Ja,  by  tho  dar  kan  man  am  besten  drapen. 

Cheel,  Eum  du  nu  her  und  legget  upn  Rüggen,  so  skaitu  sehn, 
off  dat   nich   war   iss,  ^  wat  ick  sede. 

Drewes.  0  min  Arfsgatt!  0  recht  nu  so  moth  ick  beswimen*'). 
Du  lose  Galge**)  hast  mick  man  brüet.  Beholt  du  dinen  jsem  Lappen, 
unde  fahr  dar  wol  mit  in  untidt^^). 

Cheel.     Ja,  ja,  ick  wil  en  wol   bruken,      Süh,  dar  wil   ick  hen 

neyen  laten,  recht  dar  mick  dat  Härte  sitt. 

(Weiset  vorn  auff  den  Bauch.) 

Drewes.     Wultu  nu  nich  mit  tho  Hufs? 

Cheel,  Ey  t0ff  noch  ein  lüttick^^).  Dar  sitten  der  so  smucke 
Jumfern,  de  moedt  ick  noch  en  lüttick  ansehn.  Wenn  se  up  der 
Straten  gähn,  edder  föhren,  so  kan  man  se  nümmer  r^cht  tho  sehnde 
kriegen,  so  hebben  se  de  Nase  thodöcket^^),  als  wenn  se  Mumm- 
skantzen^®)  gähn  wolden» 

Drewes,  Ick  dhoe  wat  up  de  Jumfern,  (mit  Verlöve  secht,  wennt 
gröweste  weg  ifs);  sehn  se^doch  nich  anners  utb  alse  use  Deerens, 
man  alleene,  dat  se  den  Arfs  mit  Sammit  unde  Sidentüch  behenget 
hebben.     Ick  wil  mi  hen  tho  Hufs  voteeren^^),  wultu  mit,  so  komm. 

Cheel,  Ja  lath  ufs  gähn,  so  wille  wi  ein  Pötten  affstecken'^) 
up  Annemäten  ehre  Gesundtheit. 

KIEL.  H.  Jellinghaus. 


**)  ohnmächtig  werden. 

^)  als  Schimpfwort  für  Galgenstrick,  s.  Brem.  WB.,  Dähnert,  und  HUdebrand 
in  Grimmas  WB.  4,  1172. 

^^)  ,in  Untiid  ist  eine  Formel,  die  man  im  Yerdruss  ausstösst,  wenn  jemand 
Widerrede  gegen  Befehle  hat  oder  man  sonst  mit  ihm  unzufrieden  ist:  do  dat  in 
U. ;  he  sali  in  U.  wol  hengaan.*    Dähnert. 

^)  wart  noch  ein  wenig. 

•')  die  Nase  mit  Tüchern  verhängt. 

•*)  Mummenschanz,  Maskerade,  s.  Mndd.  WB.  3,  133. 

•')  von  Voot,  Fuss  gebildet.    J. 

70)  ein  Töpfchen  ausstechen,  vgl.  d.  ndl.  afsteken  und  d.  Mndd.  WB. 
u.  Dähnert.  C.  W. 


101 


Die   Deminutiva   der  niederdeutschen 
Ausgabe  von  Agricola's  Sprichwörtern. 

In  meiner  Schrift  über  Agricola's  Sprichwörter,  Schwerin  1862,  | 
finden   sich    S.   16 — 40  umfassende    und    eingehende   Vergleichungen 
des  hochdeutschen  Originales  (Hagenau  1529)  und  der  niederdeutschen  | 
Uebersetzung  (Magdeburg  s.   a.)     Eine  dort   nur  angedeutete    Unter- 
suchung (S.  29)  gestatte  ich  mir  hier  abzuschliessen,  die  Frage  nach  I 
dem  Verhältniss   der  hoch-   und   niederdeutschen  Deminutiva.      Von  1 


der  niederd.  Uebersetzung,  die  über  das  erste  Drittel  unsers  Jahr- 
hunderts hinaus  verschollen  war,  habe  ich  die  Exemplare  zu  Giessen, 
Greifs wald,  Hannover  und  Wolfenbüttel  benutzt;  von  dem  hochdeutschen 
Original  besitze  ich  selber  ein  Exemplar.  Da  nur  der  erste  Theil  der 
Sprichwörter  ins  Niederdeutsche  übersetzt  ist,  habe  ich  den  zweiten 
für  diese  Frage  nicht  weiter  berücksichtigt;  ich  bemerke  indessen, 
dass  folgende  Formen  auf  chen  sich  in  dem  hochd.  Texte  finden: 
in  nr.  301  wichtlichen  bl.  17b.  Erdmennerchen  ibid.  und  Erdmennichen 
bl.  18a.  schleckbißigen  nr.  344  bl.  47a  neben  bißlin  nr.  342  bl. 
45a,  nr.  503  bl.  119b,  bissen  507  bl.  121a  und  schleckbißlin  nr.  634 
bl.  171a,  weysichen  nr.  377,  teuflfelichen  457. 

Deminutiva. 

I.   ausschliesslich   in   der   niederd.   Ausg. 

Nr.  128.     De  Wendt  secht,  Dar  kumpt  sick  nicht  beter  vagdken  | 

[hd.  vogten].  I 

162.  Bälde  darna  ginck  he  —  na  einem  Stedeken  [hd.  flecken], 
dat  heth  Mansfelt. 

Vielleicht  auch  159.     Endtlich  ys  Doctor  Johan  Teutonicus  syn  i 

Vader  ock  gekamen  mit  eynem  groten  vetten  büke,    in    einem  witten 

Chor  Röcheln  [das  Poss.  fehlt  hd. ;  in chorrocke]. 

II.   ausschliesslich   in  der  hochd.   Ausg. 

niederd.  54.     de  visch  [fischlin]  vor  em  in  de  kelen. 

67.  Anfg.  Van  Gade  ys  einem  ytliken  minschen  syne  stunde 
[stundlin]  vorordent  wen  he  steruen  schal. 

260.  wenn  se  (de  Römer)  vthtögen  tho  krigen,  so  steken  se 
yp  einen  thun  staken  einen  busck  h5uwes  [puschlin  hew]  vor 
eine  banner. 

279.  Julius  Cesar  —  wolde  nicht  de  kisten  [kestlin]  besen, 
darynne  Pompeius  breve  vnde  handelinge  wedder  Julium  beslaten 
weren,  wo  wol  ydt  em  syne  Rede  reden. 

282.  Wenn  my  ein  slöke  [schlecklin]  dar  van  wert,  wat  frage 
ick  darna  weme  ydt  erret. 


102 

III.   gemeinsame  Deminutiva. 
a.  hinsichtl.  der  Form. 
70.     Krftmken  [kromichen]  maken  ock  brodt. 

264.  Renner  ndmet  etlike,  dar  me  lede  van  gemaket  hefft,  vnde 
er  loff  gesungen,  van  Bodenloue,  vnde  van  Morungen,  van  Limborg, 
vnde  van  Windesbecke,  van  Nyfe,  Wildome,  vnde  van  Brunecke.  Her 
Wolter  van  der  vogelweide,  wol  des  vorgete  de  dede  my  leide.  Her 
Reinhardt  vnde  her  Peterlin  [hd.  ebenso],  mdgen  desser  genoten  van 
synnen  wol  syn. 

b.  hochd.  lin  (Plur.  auch  le),  niederd.  ken. 

1.  g.  E.     Du  werpest  ein  kftrnken  [k6rnlin]  in  den  acker. 

3.  De  Ghristlike  kercke,  ein  klene  arme  hflpken  [heufflyn],  — 
ys  gebleuen. 

62.  Na  etliken  iaren  —  toch  he  in  ein  stedeken  [stedtlin], 
Leuenwerde. 

67.  nemandt  kan  dat  stilndeken  [stundlin]  vork(^rten  edder 
vorlengen. 

ib.  mennich  ys  in  groter  var  liues  vnde  leuendes,  (Zuerst  he 
kumpt  hen  dorch,  wente  syn  stflndeken  ys  noch  nicht  kamen. 

ib.     dat  he  darynne  steruen  moth,  wenn  dat  stftndeken  kumpt. 

79.  de  stolrftuers,  de  am  weinigesten  ethen,  vnde  ein  drAn- 
ckelken  [truncklin]  wins  drincken. 

100.  Ein  rosyn  wert  in  einem  dage,  vnde  vorgheit  ock  wedder, 
also  ock  alle  bl6mken  [blumlin]  vp  dem  velde. 

128.     Ick  dencke  do  ick  ein  klene  megdeken  [mediin]  was. 

157.  ein  bwrsman,  welker  dem  goltsmede  etlike  klene  körneck en 
[kornlin]  goldes  hadde  angebaden  tho  vorköpende. 

160.  —  in  einem  Kloster  was  ein  arm  Nönneken  [Nonnelin] 
berüchtiget,  alse  scheide  se  mit  dem  Elosterschriuer  vnrecht  gehandelt 
hebben  vnde  in  erer  cellen  edder  kemerken  [kemmerlin]  beslaten 
vnde  beholden  hebben. 

Dat  Nönneken  wardt  mit  guden  gelerden  worden  van  dem 
Abte  so  vele  beredet,  dat  ydt  sick  tho  der  dädt  bekende. 

175.     vnde  wert  endtlik  ein  kftkelken  [hunlin]  daruth. 

200.  de  dodt  ys  vnses  Heren  Gades  ordeninge,  also,  dat  einem 
yedern  syn  stftndeken  [stundlin]  gesettet  ys,  wenn  he  steruen  schal. 

203.  de  frftnde  mosten  er  ock  ein  hftseken  [heußlin]  vp  dat 
graff  buwen. 

274.  Dar  synt  vaken  lüde  sticket  van  einem  kleinen  körncken 
[kornlin]  Rosyn,  alse  Plinius  secht. 

206.  Apollo  rekende  de  h  ü  t  k  e  n  [hutlin]  Aglai  h5ger,  als  den 
saal  Gigis. 

226.  alse  ock  Doctor  Luther  dat  sflluige  rycklick  beschrifflt  in 
dem  bökelken  [Buchlin]  van  den  kophandeln. 

264.  Wat  Pyrrha  geworpen  hefift,  synt  megdeken  [weyblin 
worden,  Wat  Deucalion  geworpen  hefft,  synt  knechken  [menUn 
worden. 


103 

ib.  Ynse Here Godt  sach  de  smuckeden  kinderken  [kinderle] 
an.     g.  E. 

274.  Idt  viodt  sick  ftuerst  tho  testen,  dat  sick  dat  r  a  d  e  k  e  n 
fredlin]  Tmmewendet. 

281.  Ein  here  schal  wesen  als  ein  schipman,  eecht  M.  Cicero, 
de  d&rup  trachten  schal,  dat  he  dat  schepken  [schifflin]  gantz  vnde 
vnnoram  tho  hmde  brioge. 


Die  vorstehende  Untersuchung  hat  mich  veranlaset,  die  20  Jahre 
später  (1548)  herausgegebenen  500  neuen  Sprichwörter  Ägricola's 
gleichfalls  ^  diene  Frage  zu  prüfen.  Hier  das  Ergebaiss  einer  sorg- 
samen Beobachtung.  Die  nd.  Form  auf  c  h  e  n  [ken]  findet  sich  in 
den  Wörtern:  Berichen  und  Loewichen  nr.  188;  HenBchen 
nr.  194,  210  Caninchen.  Die  Form  auf  lein,  die  1528/9  bei  Agr. 
noch  fehlte,  findet  sich  in  seinen  eigenen  Worten  dreimal:  ständ- 
lein  und  ges  chenckle  in  ,  jenes  auf  der  vorletzten,  dieses  auf 
der  letzten  Seite  der  Vorrede,  und  Thierlein  bl.  94*  nr.  210. 
Sonst  immer  ün  z.  B.  thierlin  in  demselben  Sprichwort  bl.  95«. 
In  den  aus  Dichtern,  namentlich  aus  dem  Renner  entlehnten  zahlreichen 
Stellen  finden  sich  in  und  ausser  dem  Reim  die  Formen  auf  1  i  n  und 
lein  ziemlich  gleichmässig. 

SCHWERIN  in  Mekienburg.        Friedr.  Latendorf. 


Kinderspiele  in  Südwestfalen. 

1.    DrSnwengären'). 

Die  kinder  fassen  sich  an  und  bilden  einen  kreis.  Draussen 
weilt  der  engel,  drinnen  ist  der  teufel.  Zwei  gegenüber  stehende 
paare  bilden  tore.  Der  engel  trit  durch  eins  der  tore  in  den  kreis, 
stösst  den  teufel  in  den  nacken  nnd  fragt: 

E.    Tu  tu  tntt,  bat  daiste^)  in  meinem  dreuwengären  ?  — 

T.     Dreuwen  freäten.  — 

E.     Bai  heät  di  dat  befdälen?  — 

T,     Nümmes.  — 

E.     Wann  äwer  de  alle  fosa  nu  küamet?  — 

T.     Dann  länpe^)  iak.  — 

E.     Dann  bitt*)  hai  di. 

Bei  diesen  worten  springt  der  teufel  nach  dem  tore  um  ins 
freie  zu  gelangen,  woran  man  ihn  nach  möglichkeit  zu  hindern  sucht. 


104 

Ist  er  hinaus,  so  wird  dem  eogel  bereitwillig  das  tor  geöfnet,  damit 
er  den  teufel  verfolge.  Gelingt  es  diesem,  ohne  erhascht  zu  werden, 
wieder  in  den  kreis  zu  kommen,  su  hebt  das  ^piel  von  neuem  an. 
Hat  aber  der  engel  den  teufel  gefangen,  so  hockt  der  kreis  nieder. 
Engel  und  teufel  verabreden  leise  zwei  namen  und  laufen  an  den 
kreis.  Der  engel  zieht  einen  aus  dem  kreise,  der  teufel  stösst  einen 
andern  in  das  innere  desselben.  Der  erste  ist  nun  engel,  der  andere 
teufel  für  das  folgende  spiel. 

*)  In  der  hd.  fassang  gilt  Weingarten  fdr  traubengarten.  —  *)  tust  du.  — 
•)  man  lese  die  vocale  äu  getrennt!  —  *)  beisst. 

Deüinghoven  und  Iserlohn. 

2.    Pinne-steälen. 

Die  gesellschaft  teilt  sich  in  zwei  häufen,  welche  ziemlich  gleich 
stark  sein  müssen.  Es  wird  eine  grenze  abgesteckt  und  gleich  weit 
von  der  grenze  auf  beiden  selten  ein  mahl  (mäit)  errichtet.  An  dem 
mahle  liegen  so  viele  Stäbchen  (pinne)  als  köpfe  im  häufen  sind. 
Nun  geht  es  drum,  dass  man  in  feindesland  einbreche  und  ein  Stäb- 
chen raube  ohne  sich  schlagen  zu  lassen.  Wird  jemand  bei  diesem 
unternehmen  geschlagen,  so  ist  er  gefangen  und  muss  am  mahle  sitzen, 
bis  ihn  etwa  einer  von  den  seinigen  erreicht  und  durch  einen  schlag 
befreit.  Der  verlust  der  stäbchen  und  der  etwaigen  gefangenen  ent- 
scheidet das  spiel.     Schliesslich  findet  gasselaufen  der  besiegten  statt. 

Ein  ganz  ähnliches  spiel  heisst  galgen-lesken  (am  galgen 
leisten),  nur  wird  das  mahl  galgen  genannt.  Der  galgen  trägt  bloss 
einen  pinn  oder  stein. 

Zu  Marienheide  nennt  man  dieses  spiel  brügg  op  hei,  und 
galgen -schimmeln^)  ist  am  galgen  stehen. 

^)  schimmeln  sagt  man  zu  Iserlohn  von  balldamen,  welche  ohne  tänzer 
bleiben. 

Hemer. 

3.    Sfinnken  äder  m^nken. 

Das  spiel  ,die  goldene  und  die  faule  brücke'  (Rochholz  S.  373) 
ist  im  südhchen  Westfalen  sehr  verbreitet  und  führt  ausser  dem  in 
der  Überschrift  gegebenen  auch  die  namen  sunne  äder  mänd, 
gold  äder  silwer  (Hoerde),  liepelken  un  gättelken,  bock- 
müale-trecken. 

Das  spiel  stellt  einen  kämpf  zwischen  sonne  und  mond  vor. 
Zwei  kinder  verabreden  leise,  wer  von  ihnen  sünnken  und  wer  m  ^  nken 
sein  soll,  während  die  übrigen,  sich  hinten  anfassend  und  so  eine 
lange  reihe  bildend,  unter  dem  gesange  ,Lätt  de  gülne  parte  üäpen!' 
die  sonne  und  den  mond  einige  male  spiralförmig  umziehen.  Sonne 
und  mond  haben  sich  unterdessen  das  gesiebt  zugekehrt  und  mit 
beiden  bänden  angefasst.  Die  ganze  reihe  zieht  nun  unter  den  auf- 
gehobenen armen  derselben  hindurch.  Der  letzte  wird  angehalten 
und  gefragt:   Bä  h»rstu  tau?  taum  sünnken  äder  m»nken?    worauf 


105 

er  leise  antworten  muss.  Je  nach  der  antwort  schliesst  er  sich  der 
sonne  oder  dem  monde  an.  So  entstehen  zwei  scharen.  Man  hält 
einen  ziehkampf  und  es  komt  darauf  an,  welcher  häufen  dem  andern 
nach  und  nach  seine  mitglieder  entreisst.  Die  besiegten  müssen  gasse 
laufen,  wo  sie  mit  klumpsäcken  geschlagen  werden. 

Kirchspiel  Lüdenscheid. 

Zu  Fürstenberg  heist  das  spiel  sunne  äder  mänd.  Zwei 
mitspieler  fassen  sich  an  und  halten  die  bände  in  die  höhe.  Die 
übrigen  ziehen  in  langer  reihe  hindurch  und  singen  ,Mülle  müUe  male, 
is  de  müUe  na  nitt  ferrg  (fertig)?'  worauf  die  beiden  antworten  ,Mött 
nä  tain  stainer  op.^  Die  lange  reihe  zieht  in  einem  bogen  herum 
und  von  neuem  hindurch  unter  demselben  singsange,  so  lange  bis  die 
beiden  antworten  ,Is  ferrg!'  Nun  wird  der  letzte  der  reihe  einge- 
fangen und  gefragt  ,Wä  wüste  hinger?'  Er  antwortet  leise  entweder 
,Hing6r  de  sunne^  oder  ,Hinger  den  mänd.^  Man  weiset  ihn- dahinter. 
Der  von  der  reihe  zuletzt  übrigbleibende  wird  gefragt,  wie  viel  mal 
er  durchlaufen  wolle.  Man  lässt  ihn  soviel  mal  durchlaufeUs  Wird 
er  zuletzt  gefangen,  so  muss  auch  er  wählen.  Es  folgt  ein  ziehkampf 
und  die  besiegte  partei  muss  gasse  laufen. 

4.  Farwe. 

Teufel  und  cngel  werden  bestimmt  und  gehen  auf  seite.  Jedem 
der  übrigen  mitspielenden  wird  nun  eine  färbe  gegeben,  nach  der  er 
sich  nennt. 

Hupp  hupp  hupp!  wä  es  da?  —  De  döüwel.  —  Wat  well  da 
häwen?  —  Farwe.  —  Wat  för  farwe?  —  Swatt  (oder  eine  andere 
färbe).  Swatt  muss  nun  heraustreten  und  sich  hinter  den  teufel 
stellen. 

Klink  link  link!  wä  es  da?  —  De  engel.  —  Watt  well  da  häwen? 
—  Farwe.  —  Wat  för  farwe  ?  —  Witt  (oder  eine  andere  färbe).  Witt 
stellt  sich  hinter  den  engel. 

Sind  alle  färben  heraus,  so  beginnt  an  einer  vorher  gemachten 
grenze    (strich)    ein    ziehkampf.      Schliesslich    folgt   gasselaufen   der 

^^^^^S^^^'  Westliche  Mark. 

5.  Ball-stoppen. 

Die  kinder  sitzen  bis  auf  zwei.  Eins  von  diesen  geht  der  reihe 
nach  zu  jedem  der  sitzenden  und  sagt  mit  der  geberde  des  Stopfens : 
'lak  stoppe  di  den  ball  int  hiiäl,  ferwär  'ne  mi  röcht  wüäll'  aber  nur 
eins  bekommt  den  ball  wirklich.  Jetzt  trit  der  sucher  auf  und  sagt, 
wo  er  den  ball  versteckt  glaubt:  ,Hawereut^)  stinkkreud,  N.  N.  giof 
den  ball  bereut!'  Vgl.  eine  andere  formel  von  Hemer  in  meinen 
Volksüberlieferungen  s.  10. 

^)  Name  der  artemisia  abrotauum. 

Gegend  von  Iserlohn. 


106 

6.  Diekene&lke-ferk&npen. 

Die  gesellschaft  sitzt  bis  auf  einen  der  teilnehmer,  der  nun  der 
reihe  nach  vor  jeden  hintrit,  ein  zum  klumpsack  gemachtes  taschen- 
tuch  oder  (wenn  mädchen)  die  schürze  über  eine  achsel  schlägt 
und  fragt: 

Ik  hewe  dickemeälke  te  ferkäupen,  heddi^)  nix  naidig?  — 

Doch.  — 

Bu  fi9l?  — 

Drai  pund. 

Darauf  wird  ihm  vom  Verkäufer  dreimal  auf  den  schoss  getupft. 
Ist  der  Verkäufer  herum,  so  beginnt  der  gang  von  neuem  um  das  geld 
für  die  dickemilch  einzuziehen. 

Ik  woU  mi  'et  geld  halen  för*)  de  dickemeälke.  — 

Da  kritt  i  nix  för,  et  was  en  här  derinne  (oder  etwas  ähn- 
liches). -:- 

Bat  was  derinne?  Auf  diese  frage,  welche  öfter  wiederholt 
wird,  indem  der  Verkäufer  andere  reden  dazwischen  schiebt,  muss 
immer  genau  wie  das  erste  mal  geantwortet  werden.  Jede  abweichung, 
die  oft  absichtlich  ist,  wird  als  lüge  mit  klumpsackschlägen  bestraft. 
Sagt  der  sitzende : 

No,  hir  heddi  dat  geld,  oder  ist  der  stehende  sein  fragen  leid, 
so  geht  dieser  zum  folgenden,  bis  er  die  reihe  herum  ist.  Damit  hat 
das  spiel  ein  ende. 

*)  Für  hewet  oder  hett  i,  habt  ihr.  —  ')  Dieser  kurze  vokal  ist  kein  ü  nach 
hd.  ausspräche,  sondern  sollte  als  umlaut  eines  ü  (zwischen  u  und  o)  durch  ein 
u  mit  übergeschriebenem  ö  dargestellt  werden.  Hefner 

7.   Bu  gefällt  di  din  näher. 

Die  kinder  setzen  sich  so,  dass  je  eins  ein  anderes  auf  dem 
schösse  hat.  Ein  überschüssiges  geht  nun  mit  dem  klumpsacke  um- 
her und  fragt  der  reihe  nach:  ,Bu  gefällt  di  din  näher ?^  Das  erste 
mal  wird  von  allen  ,Gu8d!'  geantwortet.  Wird  beim  zweiten  gange 
auch  ,6u8dl^  gesagt,  so  geht  der  fragende  weiter,  erhält  er  aber  die 
antwort  ,Nitt  gudd!'  oder , Schlecht!^  [oft  mit  dem  zusatze  ,hä  stinket 
as  en  uiterbock!*^)],  so  wird  weiter  gefragt:  ,Bai  sall't  dann  seien?' 
(oder:  .dann  saik^)  di  en  annern!).  Der  gefragte  nennt  einen.  Nun 
müssen  beide  auf  dem  schösse  sitzende  schnell  tauschen,  wenn  sie 
nicht  viele  schlage  mit  dem  klumpsack  bekommen  wollen.  Wird  ge- 
sagt: ,Den  hären  selwest,^  so  muss  der  weichende  den  klumpsack 
übernehmen.  Ist  durchgefragt,  dann  heisst  es:  ,Ünnsten  op  den 
öwersten  !'*)  (de  hiamel  geit  liäpen).  Alle  springen  auf  und  suchen 
dem  nachzukommen,  während  der  klumpsackführer  die  Verwirrung  be- 
nutzt und  sich  jemanden  auf  den  schoss  setzt.  Wer  übrig  bleibt  muss 
den  klumpsack  übernehmen. 

^)  Zwitter.  —  *)  suche;  ai  ist  umlaut  von  au.  —  ^)  ö  wie  6  anmerk.  2 
zu  sprechen. 

Hemer. 


107 
8.  Hoppsasa  kaneineitfliUs. 

Zwei  kinder  hocken  gegeneinander  über  auf  der  erde  und  halten 
folgendes  gespräch:  Dagh*),  Witte!  —  Dagh,  Swatte!  —  Bä  wuoste') 
hen?  —  Näm  slächter.  —  Bat  wueste  da  dauen*)?  —  Kläis  halen.  — 
Bat  för^)  fläis?  —  Kaneinenfiäis^).  Nun  springen  beide  auf  und  singen 
hüpfend:  ,Hopp8a8a  kane'inenfläis. 

')  Guten  tag.  —  *)  wüst  da.  —  ')  tun.  —  ^)  ö  wie  in  6  anmerk.  2  su 
sprechen.  —  •)  Kaninchenneisch.  /«Arl/iÄ 

9.  Blindekuh. 

Das  spiel  heisst  bei  Iserlohn  blinnekau,  zu  Marienheide 
blingemüs^).     Die  formel,  mit  welcher  es  eingeleitet  wird,  lautet: 

Blinne  kau,  ik  laie')  di.  — 

Bä  hen?  — 

Nä  Mennen  (Menden).  — 

Bat  sack  (sali  ik)  da  dauen?  — 

Dickemeälke  eäten.  — 

Ik  hewe  kainen  liapel  (löffel).  — 

Dann  niom  'ne  gaffel.  — 

Ik  hew'  ock  kaine  gafiFel,  — 

Dann  niom  en  spän.  — 

Ik  hew^  ock  kainen  spän.  — 

Sprink  drai  mal  'rüm,  dann  heäste  äinen. 

Vgl.  die  formel  aus  der  gegend  von  Lüdenscheid  in  meinen  Volks- 
überlieferungen s.  10, 

')  Wie  mir  herr  director  J.  Wolff  zu  Mühlbach  schreibt,  heisst  das  spiel  im 
ganzen  Sachsenlande  Siebenbürgens  nur  ,de  blengt  mous.*  —  *)  leite,  führe. 

Bemer. 

10.    DSiseken  ferkoupen. 

Zum  Zeitvertreib  in  den  langen  winteraben  üben  mädchen  im 
Lüdenscheidschen  folgendes  spiel. 

Ik  verkoupe  di  en  döiseken  med  drai  mennekes.  — 

Bat  es  da  alle  guades  in?  — 

Drai  snacke  (schlanke)  burssen  nä  dinem  sinn.  — 

Bu  siud  se  beläten^)? 

Hecht  dapper*)  opper  Straten.  — 

Bu  sind  se  bekledt  (gekleidet)?  — 

Hecht  fin  un  nett.  — 

Dann  lä  (lass)  se  mal  h^ren!  — 

Den  ei'rsten,  as  ^k  'ne  lest  sägh,  hadde  en  gülnen  rock  ane ;  den 
twedden,  as  'k  ^ne  lest  sftgh,  hadde  en  silwem  rock  ane ;  den  drüdden, 
as  'k  'ne  lest  sägh,  hadde  en  siden  rock  ane.  Wecker  (welcher)  sali 
med  di  släpen?  — 

D4  med  'me  siden  rock.  — 

Wecker  sali  di  taudecken?  — 

Da  med  'me  silwern  rock.  — 


108 

Wecker  sali  di  wecken?  — 

Da  med  ^me  gülnen  rock. 

Nun  werden  barschen  genannt,  deren  reihenfolge  vorher  bestimmt 
war,  und  wenn  die  bettgenossin  mit  einem  hässlichen  oder  anrüchigen 
Zusammentrift,  wird  das  betreffende  mädchen  tüchtig  ausgelacht. 

*)  dargestellt,  aussehend.  So  verstehe  ich  auch  Münst.  Chr.  I,  169:  jemer- 
like  belaten  (beschuldigt).  —  *)  würdevoll,  ansehnlich;  ahd.  taphar,  gravis. 

Älberingtoerde. 

11.  Spänk  im  keller. 

Es  wird  ausgemacht,  wer  mutter,  kinder  un  spuk  sein  soll.  Der 
spuk  begibt  sich  an  einen  ort,  welcher  keller  genannt  wird.  Die 
kinder  umringen  die  mutter. 

Kinder:  Mauer,  giaf  mi  en  buater^). 

Mutter :  So  gleXk.    Bu  fial  euer*)  es  et  ?  — 

K.:  Elwen  euer.  — 

M. :  Helpet  mi  äirst  en  par  knoUen*)  schellen.  — 

K. :  Dat  weffi*)  dann  dauen. 
Sie  machen  die  geberde  des  schälens  und  sagen  darauf: 

Dat  heffi*)  dän.  — 

M. :  Bat  wett^)  dann  förn')  bu9ter  hewen?  — 

K, :  En  kreudbu9ter*). 
Die  mutter  sagt  nun  zu  einem: 

6ä  häl  mi  'et  bräud  eutem  keller  herop. 
Das  kind  geht,  kommt  aber  bald  wieder  und  sagt: 

0  mäuer,  et  es  en  späuk  im  keller.  — 

M.:  Ah  bat®),  gä  noch  mal! 
Das  kind  geht  noch  einmal,  komt  wieder  und  spricht: 

Ja  ja,  et  es  en  späuk  im  keller.  — 

M. :  Denn  weck*®)  dach  mal  medgän. 
Sie  geht  mit  den  kindern,  sieht  den  spuk  und  sagt: 

0,  en  späiksken  im  keller! 
Die  kinder  rufen  dies  alle  nach  und  laufen.     Der   spuk   verfolgt  sie. 
Hascht  er  eins,  so  trit  das  an  seine  stelle. 

*)  Butterbrot.  —  «)  ühr.  —  »)  Kartoffeln.  —  *)  wellfi,  weit  fi,  wollen  wir. 
—  8)  hett  fi,  hewet  fi,  haben  wir.  —  «)  weit  it,  wollt  ihr.  —  ')  ö  hier  =  u  mit 
darüber  gesetztem  ö.  —  «)  Brot  mit  mus.  —  ®)  &h  bat,  ei  was.  —  *•)  well  ick,  wül  ich. 

Iserlohn. 

12.  Büern-smiten. 

Dieses  spiel  heisst  auch;  kiattelläpper  (kesselflicker)  sett  den 
büer  op.  Man  schnellt  einen  auf  den  fuss  gelegten  stein  nach  eirem 
aufgerichteten  leicht  umzuwerfenden  grösseren  steine,  der  als  ziel  dient. 

13.  Topf  schlagen. 

Dieses  spiel  ist  in  der  gegend  von  Unna  gebräuchlich.  Der 
schlagende  geht  in  einem  sacke  von  einem  angewiesenen  punkte  aus 
auf  den  topf  los.  Gerät  es  ihm,  denselben  zu  zerschlagen,  ohne  dass 
er  selbst  fällt,  so  erhält  er  den  ausgesetzten  preis. 


109 

14.  Ziegenbock. 

Die  kinder  sitzen  im  kreise.  Eins  ist  der  Ziegenbock,  der  sich 
in  der  mitte  befindet  und  in  gebückter  Stellung  gehalten  wird.  Der 
kreis  singt,  indem  er  den  bock  klopft: 

Dubbe  dubbe  dupp!  en  siegenbock. 
Einer  aus  dem  kreise  hält  finger  in  die  höhe  und  fragt: 

Beu  fiel  h«rne  heät  de  bock? 
Rät  es  der  bock  nicht,  so  singt  der  chor: 

Hättest  du  (soviel)  geraten, 

Würdest  du  jetzt  nicht  geschlagen.  Iserlohn. 

o 

15.  Uälge-pramen. 

Man  nent  es  ualge-pramen  (oelpressen,  wenn  zwei,  mit  den 
rücken  aneinander  gelehnt,  sich  abwechselnd  in  die  höhe  heben. 

16.  Mühle  ziehen. 

Beim  müelken-trecken  wird  gesagt:  Müalken  tau,  dat 
kostet  di  ^ne  dicke  fette  kau. 

17.  Verstecken. 

In  Hemer  heisst  dieses  spiel  kuckhaien,  weil  die  kinder 
kuckuk  rufen,  wenn  sie  sich  versteckt  (ferhudt)  haben.  Es  heisst  auch 
gäus-gär,  weil  der  suchende  fragt:  Es  de  gäus  gär? 

In  Fürstenberg  wird  es  bihüen  genant.  Der  suchende  sagt: 
Ein  zwei  drei  vier  funkenstein,  alles  muss  verstochen  (!)  sein.  Wer 
sich  nicht  verstochen  hat,  der  muss  für  diesmal  sein.  Hinten  stehn, 
voren  stehn,  Seiten  (!)  stehn  gilt  nicht.     0  kra  o  krä,  ich  komme. 

In  Elsey  heisst  das  spiel  ferhüen.  Durch  üttäppeln  wird  be- 
stimmt, wer  zu  suchen  hat.  Er  muss  sich  an  den  angewiesenen  ort 
stellen  und  die  äugen  zuhalten,  bis  die  spielgenossen  sich  versteckt 
haben  und  kuckuk  rufen.  Jetzt  darf  er  seine  stelle  verlassen  und 
suchen,  muss  sich  aber  in  acht  nehmen,  dass  keiner  der  andern,  un- 
gefunden,  dorthin  kommt.  Wenn  ein  solcher  ruft  ,äin  twäi  drai'  und 
den  namen  des  Suchers  nennt,  so  muss  dieser  wieder  zurück,  und  das 
spiel  hebt  von  neuem  an.  Findet  er  aber  einen,  so  muss  der  die 
rolle  des  Suchers  übernehmen. 

18.  PfandlVsen. 

Formel:  Bat  sali  dai  dauen,  deäm  düt  tauh^rt? 
Aufgaben:  Ik  stä  hir  för  dem  rutken,  ik  woU  dat  min  schätzken 
quseme  un  gäff  mi  en  snfltken. 

Ik  stä  hir  as  en  stock  un  stinke  as  en  bock. 
Kald  water  kald  water,  min  äs  da  briont !  —  Et  es  lesket. 

Hemer. 

ISERLOHN.  F.  Woeste. 


110 


Südwestfalische  Schelten. 

In  jeder  mundart  finden  sich  zahlreiche  Wörter,  gross enteils 
bildliche  ausdrücke,  durch  welche  menschen  oder  tieren  gebrechen, 
fehler  und  Verkehrtheiten  vorgeworfen  werden;  manche  darunter,  die 
eigentlichen  Schimpfwörter,  sind  oft  sehr  willkürlich  gewählt.  Solche 
schelten,  doch  weniger  die  Schimpfwörter,  einmal  aus  den  südwest- 
fälischen mundarten  zusammengestellt  und  erläutert  zu  sehen,  dürfte 
nicht  ohne  Interesse  sein.  Von  den  vielen  einfachen  Wörtern 
dieser  art  mag  eine  auswahl  genügen,  während  die  zusammenge- 
setzten, so  weit  sie  erreichbar  waren,  sämtlich  mitgetheilt  werden 
sollen. 

1.   Einfache   Schelten. 


B&nner,  eigentlich  banner,  be- 
schwörer,  wie  in  d&welsbänner, 
dann  fig.  unruhiges,  schwer  zu  re- 
gierendes kind.  Nicht  hieher  ge- 
hört bänner  =  binder,  z.  b.  ka- 
renbäuner. 

B9ker,  pocher,  prahlhans,  dick- 
tuer'(Dortmund)  von  böken,  pochen, 
prahlen,  wie  auch  jMünst.  ehr. 
2,  301  bochen  so  vorkommt  Bei 
Iserlohn  bedeutet  böker  einen  bläuel 
und  b9ken,  klopfen/  schlagen. 

BnflFbaff,  roher,  plumper,  unge- 
hobelter mensch  (Doi*tm.).  Sonst 
wird  das  wort  bei  uns  interject. 
für  piflfpaff  und  adverbial  für  ober- 
flächlich und  übereilt  gebraucht. 

Backe,  f.  auch  d9rpdacke,  weibs- 
bild,  welches  viel  umherläuft, 
klatschschwester.  Vergl.  das  ver- 
bum  dacken,  umherlaufen,  klatschen 
und  das  abgeleitete  däkstern, 
ostfries.  dackern,  rasch  und  hörbar 
gehen.  Das  merkmal  des  schalles 
wird  dem  verbum  wesentlich  sein. 

Bftseke,  f.  für  dwaseke,  albern 
schwatzendes  weib;  vgl.  Kil. :  daes 
j.  dwaes,  delirus.  Dwas  ist  im 
mnd.  nicht  selten,  es  kann  aus 
dwars,  dwers  entstanden  sein. 


B9rtke,  f.   (von  dorte,   dröhne) 

1.  dröhne.  2.  müssiggehendes,  ge- 
schwätziges, sich  überall  aufhal- 
tendes weib.  Dorte  =  throte, 
urrprünglich  kehle  (sthrote),  dann 
fresser. 

Brftks  m.  kleiner  untersetzter 
mensch;  vgl.  hd.  druks.  Das  masc. 
Suffix  s  findet  sich  auch  bei  laks, 
lapps,  lurks,  murks,  schrips,  soks, 
tapps,  flapps  u.  a. 

Oaffert  m.  gaffer,  zu  gapen; 
hd.  Form  für  gäpert.  Unsere  mda. 
fügen  zu  dem  masc.  suffixe  häufig 
noch  ein  t,  vgl.  lupert,  malmert, 
melchert,  slubbert.  Ebenso  Magd, 
bib.  Prov.  6,  9 :  vulert;  Z.  d.  berg. 
GV.   1,  373:  drinckert. 

Clnlel  und  ^ler  m.  1.  geizhals. 

2.  grobian.  Das  reine  lange  i 
deutet  auf  ausfall  eines  consonan- 
ten  (d).  Sonach  reihen  sich  diese 
Wörter  an  ags.  gnidan,  fricare, 
comminuere;  mnd.  gniden,  plätten. 
Goth.  Arzn.  11. 

Clösel  m.  knicker,  knauser;  verb. 
g6seln.  Iserl.  Mit  gössel  ist  es  be- 
grifflich nicht  vereinbar.  Es  könnte 
von  nl.  gheus,  franz.  gueux  abge- 


111 


leitet  sein  und  eigentlich  lamp  be- 
zeichnen. 

Oössel,  f.  gänschen,  fig.  in  ,'ne 
gössel  fanner  deme/ 

Haek  nn  mack,  haek  un  pack, 
hackemack,  n.  1 .  gesindel.  2.  durch- 
einander geworfene  wertlose  ge- 
rate (Dortm.)  vgl.  d.  mnd.  WB. 

Hegel,  m.  nach  Holthaus  im  so- 
genannten Schwarzenburgischen 
,geflappter  mensche  Dies  stimmt 
zu  ,narrS  Gr.  WB.  s.  h.  v.  Die 
Verbreitung  des  wertes  also  in 
Südwestfalen  und  der  Schweiz. 

Jntte,  f.  ungewöhnlich  grosses 
Weibsbild;  synon.  hüne,  f.  nach 
Holthaus.  Auch  in  unserem  spott- 
reime: ,du  hes  so'n  dicken  buk, 
da  kikt  siawen  junge  jütten^  rut, 
muss  es  hüne  bedeuten;  vgl.  Myth.  ^ 
486.  Jütte  ist  sonst  Judit,  doch, 
wie  es  scheint,  auch  Johanna,  vgl. 
Koelhoff  Chron.,  wo  von  der  päpstin 
Johanna  gesagt  wird:  ,wirt  gemein- 
lich genoempt  pais  Jutte^ 

Karanze,  f.  plagerin.  ,Du  alle 
karanze  !^  hörte  ich  hier  eine  lästige 
Ziege  schelten;  vgl.  curanzen,  co- 
ranzen  und  im  DWB.  currenzen. 

Klappegge,  f.  klatsche.  Siedling- 
hausen. Egge  ist  hier  =  igge  in 
cumpenigge.  Vgl.  Kil.:  klappeye, 
garrula,  zu  klappen,  klaffen,  klat- 
schen. 

Klonte,  f.  deutet  Holth.  ,altes 
weib^  Dabei  fehlt  das  wesentliche 
merkmal  ,unsauber,  schmutzig^; 
vgl.  das  folgende. 

Klnnter,  f,  1 .  schmutziger  läppen 
oder  kleidungsstück ;  2.  unreines 
im  Flachs  (Dortm.);  3.  unsauberes 
Weibsbild.  Vgl.  holl.  klont,  sordes. 

K$erd,  m.  unzuverlässiger, 
schlechter  kerl.  Wie  man  sagt 
,dat  es  de  unrechte  gaidlinkS  so 
auch  ,dat  es  de  unrechte  koerd'. 
Ein  überflüssiges  epitheton  ornans 


wird  in  solchen  fällen  oft  hinzu- 
gefügt. Man  könnte  köerd  als 
koseform  von  Conrad  fassen,  so 
dass  ,unrechte^  ein  nöthiger  zusatz 
wäre,  mit  mehr  Wahrscheinlichkeit 
aber  haben  wir  hier  köerd  in  der 
bedeutung  feigling,  dann  schlechter 
mensch  überhaupt.  Bei  Kil.  findet 
sich:  cuwaerd,  lepus,  vulgo  cuardus 
i.  e.  ignavus,  imbellis,  timidus;  auch 
im  Osnabrückschen  ist  koord,  k&rd- 
ken  =  hase.  Engl,  coward,  franz. 
couard,  ital.  codardo,  span.  cobardo 
drücken  feige  aus  und  werden,  nach 
der  ital.  form,  gewöhnlich  auf  ital. 
coda,  lat.  cauda  zurückgeführt. 
Wie  kann  aber  eine  ableitung  von 
cauda  auf  den  hasen  passen!  Je- 
denfalls ist  die  Verwendung  des 
Wortes  in  der  tierfabel  die  ältere. 
Italienern  wird  das  wort  von 
Deutschen  zugetragen  sein,  als  es 
schon  die  bedeutung  ,feige,  furcht- 
sam überhaupt^  hatte.  Mit  dem 
gedanken  an  einen  furchtsamen 
hund,  der  den  schwänz  zwischen 
die  beine  steckt,  hat  man  es  dann 
dem  lateinischen  cauda  angepasst. 
Woher  haben  die  Engländer  ihr 
cow  und  cower,  woher  wir  unser 
kauern?  Lassen  diese  Wörter  nicht 
an  ein  adjectiv  =  niedrig,  geduckt 
denken.  Coward  wird  eigentlich 
ein  ducker,  kauerer  sein.  Wie 
auf  den  hasen,  so  passt  dies  auch 
auf  das  eichhörnchen,  welches  zu 
Lieberhausen,  Ründeroth  und  Wald 
kouert,  kauert  genannt  wird.  Ein 
von  Kil.  angeführtes  koerd,  koord, 
sie.  jul.  q.  d.  koeherde,  koeherder 
ist  durch  starke  zusammeuziehung 
entstanden  und  dem  besprochenen 
ähnlich  geworden. 

Kftter  m.  kleiner  schlechter  hund ; 
vgl.  auch  Staph.  2\  195:  hisse 
de  groten  hunde  vp  de  lütken 
köters.     Bei  Richey  136  ist  es  ,ein 


112 


bauerhund  von  gemeiner  art^ 
Wenn  nun  köier  im  Mecklenb. 
einen  männlichen  hund  bezeichnet, 
so  lässt  sich  das  durch  den  wahr- 
scheinlichen grundbegriff  Prole- 
tarier gut  mit  dem  vorigen  ver- 
einigen ;  vgl.  das  abgeleitete  obs- 
coene  kfttern.  Man  hüte  sich  köter 
an  kötter  (köter),  kleinbauer,  zu 
reihen. 

Krucks,  m.  kleiner  unansehn- 
licher mensch.  Dortmund.  Es 
scheint  für  krunks  zu  stehen,  was 
nach  krunke  (Schouenb.  Chr.  §  127) 
=  rympe  und  süderl.  krünkel  = 
grftbs  aufzufassen  ist. 

Kwast,  m.  pinsel  des  tünchers; 
fig.  verkehrter  eigensinniger  mensch, 
querkopf.  Wahrscheinlich  ist  das 
figürliche  kwast  die  erhaltene  mnd. 
form  für  heutiges  aust  oder  öst, 
astknorren ;  vgl.  Eil.  quast,  ast, 
oest.  holl.  fris.  sicamb. 

Lapps,  laks,  m.  läppischer  mensch, 
pinsel.  Vgl.  Hofifm.  findl.  18:  läpp, 
obtusus  ingenio;  dän.  laps.  Den 
Schlüssel  zum  Verständnisse  dieses 
bildlichen  ausdrucks  liefert  unsere 
redensart  ,enen  för  en  läppken 
bruken*.  Lapp^  lapps  ist  ein  per- 
sonificierter  läppen  (wischlappen), 
der  steh  gebrauchen  und  miß- 
brauchen lässt,  wie  der  pinsel.  S. 
die  coroposita  unter  läpp,  läppe. 

Lfipert,  m.  verschmitzter  böse- 
wicht.  Vgl.  des  Teuth. :  lupen, 
luren,  observare,  insidiari;  luyper, 
observator,  insidiator.  Vilraar  s. 
V.  lüppert  vergleicht  lübbe,  riese. 

Lnrks,  m.  schieler,  eigentlich 
einer  der  seitwärts  sieht,  denn  lick, 
lurk  ist  seitwärts,  dann  links. 
Lurkse  bezeichnet  bei  uns  augen- 
braue.  Hä  kiket  unner  de  lurksen 
h^r  =  er  guckt  seitwärts,  schielt. 


Maehochel,  f.  verächtliches  weib. 
,Ne  alle  machochel',  ne  dicke  m. 
Kil.  hat:  marchache,  machachel, 
mulier  ignava,  sordida,  deformis; 
Schambach:  machukel.  Es  scheint, 
dass  ags.  maca  hier  zu  mache 
verlautete,  woraus  dann  durch 
wiederholtes  ach  ein  verachtungs- 
wort  geschaffen  wurde,  wie  la- 
chachen,  unanständig  lachen,  aus- 
lachen. 

Mack,  s.  hack  un  mack.  Damit 
hängt  wol  das  siegensche  mecken, 
pl.  gesindel,  zusammen*). 

Mottke,  f.  gewöhnlich  mit  epi- 
theton  Omans :  dicke  mottke,  dickes 
plumpes  Frauenzimmer.  Wicneben 
mucke  (sau)  ein  westf.  mutte,  so 
steht  hier  neben  mocke  ein  motte, 
vgl.  franz.  motte.  Unsere  mund- 
art  hat  auch  mocken,  m.  klumpen, 
dicker  brocken.  Auerbach  ge- 
braucht mockig  von  einem  kurzen 
und  dicken  mädchen. 

Marks,  nmrk,  m.  gewöhnlich  mit 
epitheton  ornans :  swatte  murks. 
Es  scheint  eigentlich  den  zu  be- 
zeichnen, der  sich  beschmutzt  hat; 
vgl.  altm.  murksen,  durcheinander 
wühlen  und  sich  dabei  beschmutzen. 
Das  wort  hängt  mit  ags.  myrce, 
alts.  mirki,  engl,  raurk  zusammen. 

Pätritse,  von  patricia,  nach  köppen 
(Dortm.)  einfältiges,  eigensinniges 
und  dabei  nicht  hübsches  frauen- 
zimmer. 

Pute,  f.  verächtliches  weib.  Dicke 
pute.  Vgl.  Fastnachsp.  II.  976*^: 
böse  pute.  Altfranz,  pute,  ital. 
putta,  span.  puta  bezeichnen  eine 
liederliche  dirne. 

Schicksken,  n.  weiblein  in  ver- 
ächtlichem sinne,  ist  deminutiv 
des  rotwelschen  schicks,  weib. 

Schripps,  m.  magerer  junge ;  bei 


*)  Das  wort  kann  mit  smacken,  schlagen,  zusammenhangen;  macke,  schlag 
(Altena)  ist  smacke  bei  Kilian. 


\ 


113 


Schamb.  rips.  Vgl.  des  Teuth. : 
schrepel,  dun,  mager,  dorr.  Es 
hängt  mit  schrimpen  zusammen. 

Sehrflnte,  f.  gewöhnlich  mit  epi- 
theton  ornans:  schr^we  schrünte. 
Nach  einer  durch  position  oder 
diphthong  schweren  silbe  trit  oft 
te  für  de  ein;  vgl.  gemaite  (ge- 
müt).  So  wird  schrünte  zu  schrin- 
den  gehören,  vgl.  Kil.:  schrinden, 
agere  rimas,  findi.  Zu  diesem 
schrinden  gehört  auch  unser 
schrundsel,  runzel.  Vgl.  norw. 
skrind,  schwed.  skrin,  dünn,  mager. 
Das  mit  schrünte  synon.  ostfr. 
strint  zeigt,  dass  die  anlaute  sk 
und  st.  sich  vertreten. 

Sl^r,  f.  schlotteriges,  nachlässiges 
frauenzimmer.  'Ne  slcjr  fanner 
derne.  Vgl.  Gloss.  belg. :  sloore, 
sordida  ancilla,  serva  vilis,  ignava ; 
mhd.  slür,  faules  geschöpf.  In 
slftr  wird  ein  d  ausgefallen  sein, 
so  dass  das  wort  mit  sluddern, 
sloddern  zusammenhängt. 

Slubbert,  m.  schlucker.  En 
gu9den  slubbert.  Vgl.  dan.  slubbert, 
flegel,  bärenhäuter,  engl,  lubber, 
lobber,  tölpel ;  dazu  unscf  slubbern, 
schlürfen,  auflecken  (vom  viehe), 
isländ.  slupra,  dän.  slubre. 

Sloff,  m.  einfältiger  mensch, 
schlucker.  Arme  slufiF.  Vgl.  Gloss. 
belg. :  sloef,  homo  sordido  sive 
horrido  cultu  und  unser  sluffen, 
hinten  ausgeschnittener  schuh  (pan- 
toflfel),  der  sich  von  jedem  ge- 
brauchen lässt. 

Snalle,  f.  1.  schnalle;  2.  hure; 
vgl.  holl.  snalle  und  unser :  se  lätt 
sik  snallen. 

Ssock,  sokS}  m.  dummer  mensch, 
vgl.  franz.  sot,  worüber  Diez  Rom. 
WB.  I  s.  V.  zote. 

S6mer,  m.  1.  dicker  balken; 
2.  grober  mensch.  Die  eigentliche 
bedeutung  ist  säumer,  lasttier,  zu 

Niederdeutsche«  Jahrbncb.    HL 


sagma,  last,  woraus  franz.  somme. 
Im  ital.  somiere  1.  saumtier; 
2.  oberbalken,  weil  er  trägt. 

Spacht,m.  schmächtiger  mensch; 
adj.  spuchtig,  gespannt,  eng. 
Schambach  bemerkt  zu  dem  etvmol. 
schwierigen  worte :  ,eigentlicn  wol 
Specht.^  Auf  das  u  ist  allerdings 
nicht  viel  zu  geben,  wie  auch  holl. 
spichtig  zeigt.  Sollte  das  wort 
nicht  mit  Kil.  spaecke,  spaecken, 
ital.  spaccare  zusammenhangen? 
Spannen  ist  das  antecedens  von 
reissen. 

Strnbbek,  m.  einer  der  mit 
straubigen  (wirren)  haaren  geht. 
Das  masc.  Suffix  ak  auch  bei  mddek. 
S.  die  composita  unter  nickel. 

Tagge,  f.  zänkerin;  zu  taggen, 
zanken. 

Tättel,  f.  Schwätzerin.  Verb, 
tätteln  wie  engl,  to  tattle. 

T^ke,  f.  zecke.  Als  Schelte 
kennt  es  Uolthaus  und  bemerkt 
,flgürlich  soll  es  einen  falschen 
menschen bezeichnen^  Schwerlich! 
eher  einen,  der  seine  mitmenschen 
aussaugt.  Vgl.  seo  dicke  ose  ne 
tacke.     Nu  lustert  mol  s.  31. 

Taole,  f.  für  turle,  truUe  in 
alle  tuole,  vettel;  nds.  olde  turre; 
mda.  5,  299:  ole  truUe.  Frisch 
führt  zu  trüUe,  metze,  holl.  trul 
(mentula)  an  und  mit  recht.  Dän. 
tvetulle  für  tvetruUe  bedeutet 
Zwitter,  also  eigentlich  mit  zwei 
schamgliedem. 

Tfinte,  f.  zimperliches,  müssig- 
gängerisches,  einfältiges  frauen- 
zimmer. Vgl.  Richey:  tünteln, 
delicate  et  cum  mora  agere;  ostfr.: 
tünteln,  zaudern,  zögern. 

Vggel,  f.  Scheusal.  Grimme. 
Zu  Siedlinghausen  sagt  man:  So 
swatt  as  ^ne  üggel.  In  Waldeck 
dafür  uwwel,   hässlicher,   ungezo- 

8 


i 


114 


gener    mensch.      Man   vgl.   engl, 
ougly,  ugly;  ital.  uggia,  schatten. 

ÜUq^,  Da.  dummer  mensch ;  vgl. 
holl.  uil,  narr. 

Unard,  m.  unartiges  kind. 
Unband,m.  ausgehissener  junge. 
Dortm. 

Undudclit,  m.  taugenichts. 

Unmünner,  eigentlich  unmün- 
diger, dann  =  ,halfsinner,  un- 
weyse  kerel'.  Nu  lustert  mol 
s.  65. 

Unrast,  m.  unruhiger  mensch. 

Unsel,  m.  elender  mensch ;  schwed. 
usel.     Vgl.  mhd.  unsälde. 

Fäntei  m.  windiger,  leichtsinniger 
junger  mensch;  dän.  fiante,  fasel- 
hans.  Mnd.  vente  ist  knabe,  bursch; 


Teuth.:  vent,  paedse,  iong;  ags. 
feda  für  fandja.  Für  die  function 
vgl.  engl,  cnave  aus  ags.  cnapa 
oder  cnafa,  puer. 

Fl9k8ter,  f.  flatterhaftes,  leicht- 
sinniges frauenzimmer ;  syn.  flüch- 
ter. Vgl.  ahd.  flogazjan,  volitare. 
Das  Suffix  ster  wie  im  rheinfr. 
harrixter,  harkerin;  beinster,  bio- 
derin. 

F6tc,  f.  1 .  läufische  hündiu,  vgl. 
dän.  föite  omkring;  2.  männer- 
süchtiges frauenzimmer ;  vgl.  Eichw. 
Spr.  559:  na  de  f6te  töbn,  auf  die 
buhlerin  warten. 

Wispel,  m.  und  f.  unruhiges  kind; 
vgl.  wispeln,  wispelig,  auch  wle- 
wespe,  weidenwispe  d.  i.  Zitter- 
pappel; ital.  vispo. 


2.   Zusammengesetzte   Schelten. 

Es  scheint  zweckmässig,  diese  schelten  nach  dem  grundworte 
zu  ordnen.  Dieses  ist  weniger  oft  personalbegriff,  häufiger  drückt  es 
tiere,  körperteile  und  leblose  gegenstände  aus.  Das  bestimmwort 
kann  auch  verbaler  art  sein.  Nur  in  wenigen  fällen  wird  man  das- 
selbe für  einen  imperativ  halten  dürfen.  Meist  ist  es  sachlich  un- 
wahrscheinlich, dass  ein  imperativ  vorliege.  Was  uns  hier  begegnet, 
sind  verstümmelte  infinitive,  zuweilen  auch-  verstümmelte  participe. 
Ein  schlagender  grund  für  meine  auffassung  liegt  darin,  dass,  wo  der 
vocal  des  imperativs  von  dem  des  infinitivs  abweicht,  der  letztere 
verwendet  wird.  So  heisst  es  nicht  friotbalgh,  sondern  fr^tbalgh, 
nicht  stioldaif,  sondern  steldaif.  Verstümmelte  participe  glaube  ich  in 
Wörtern  wie  hackekaff,  hackemaus  annehmen  zu  müssen.  Partikel- 
composita sind,  wenn  die  partikel  zweiter  teil  der  Zusammensetzung, 
na;ch  der  partikel  eingereiht ;  composita,  die  einen  satz  bilden,  nach 
dem  ersten  worte.  Schliesslich  mag  schon  hier  auf  die  sonderbare 
bildung  von  hamp  elknif  fe  r,  hewerechter  und  lakenfeiler 
hingewiesen  werden.  Die  composita  hampelkniffe,  hewerecht  und  la- 
kenfell  sind  durch  das  suffix  er  persönlich  gemacht;  doch  soll  nicht 
verschwiegen  werden,  dass  sich  ein  veibura  hewerechten  bei  Schambach 
verzeichnet  findet.  Laken  feller  nennt  man  eine  kuh  oder  ein 
anderes  tier,  welche  in  der  mitte  weiss,  sonst  aber  schwarz  sind,  so 
dass  ihnen  ein  weisses  laken  umgehängt  zu  sein  scheint. 

An.  Ape  für  apen  =  open,  offen. 

Piekan,  m.  policeimann,   ge-  Mftlape;  m.  maulaffe:  mülapen 

richtsvoUzieher.  fäle  he  wen ;  vgl.  Huspost.  8  Trinit. : 


115 


mundtapen  de  nichtes  können  alse 
de  mundt  apen  holden.    S.  mülopp 
unter  opp. 
iüP,  n.  ohr. 

Entstör  für  knisär,  knicker, 
knauser.  Nicht  selten  trit  st  für 
8  auf,  vgl.  fisten,  pfeifen;  klinke- 
ßsten,  nds.  klingfisen.  Ebenso 
entspricht  das  synon.  knister,  auch 
knistert,  dem  holl.  knijzer.  Knistär 
und  knister  setzen  also  ein  knisen 
voraus,  welches  aus  kniusen,  knüsen 
hervorgegangen  sein  muss.  Knusen, 
hd.  knausen,  lieferte  aber  knauser. 

Sldsär  oder  en  slüsär  fam 
kärl,  kopfhänger;  synon.  slusekopp. 
Slusen,  sluren  gilt  von  tieren, 
welche  die  obren  hängen  lassen; 
vgl.  ostfr.  slurig. 

Swiolär,  schwielohr,  dessen 
ohr  (trommelfell)  schwiele  hat, 
harthörig;  als  schelte  bildlich  von 
dem,  der  nicht  hören  will. 

^s,  n.  aas.  Westfälisches  äs 
und  at  (esca)  scheiden  sich  zu 
deutlich  um  ersteres  von  itan  ab- 
zuleiten. Das  lange  a  in  äs  weiset 
auf  zusammenziehung  und  conso- 
nantausfall. 

Schindäs,  schindaas.  Grobe 
schelte. 

Filläs,  schindaas;  zu  fillen, 
das  feil  abziehen.     Grobe  schelte. 

Balgh,  m.  bauch. 

Fr^tbalgh,  fresser,  wofür  wir 
ein  milderes  fr^tlink  (fressling) 
haben;  feiner  war  noch  das  alts. 
atoling  in  Atoling-Holthuson.  An- 
dere syn.  sind:  fr^ter,  fr^tpäl, 
fr^tpäst,  fr^tsack. 

Banner,  m.  banner. 

Düwelsbänner,  teufelsbanner; 
auch  blosses  Schimpfwort. 

Bär,  m.  eher. 
Kfialbär,  wühleber,   von  kin- 
dern,  welche   das  bott  zerwühlen. 


Küdlen  für   hfialen,   wie  das  ver- 
wante  knie   nicht  lautverschoben. 

Bärd,  m.  hart. 
Grensebärd,  grinser.  Grensen, 
grinsen,  schadenfroh  und  höhnisch 
lächeln ;  synon.  grensebeck,  grense- 
snute. 

Bast,  m.  hast,  haut,  feil. 

Rammbast,  widderfell;  grober 
mensch.  Ramm,  pl.  ramme,  widder. 

Rfibast,  raube  haut;  rauher 
mensch,  auch  einer,  der  viel  aus- 
halten kann. 

Täbast,  zähe  haut;  zäher  kerl. 

Bast,  m.  für  bass,  bär. 

Brummbast,  brummbär,  brüm- 
mer;  vgl.  Danneil:,  brummbass, 
brummbär. 

Ballerbast,  l.polterer;  2. einer 
der  übereilt  arbeitet;  vgl.  holl. 
bulderbas. 

Koller bast,  polterer;  poltern- 
der, lärmender  kerl;  synon.  koller- 
bär.  Kollern  1.  vom  bahn  und 
truthahn;  .2.  rumpeln,  poltern, 
lärmen,  z.  b.  et  kollert  mi  im  live ; 
von  trinkern:  lätt  us  recht  düch- 
tig  kollern!  stöt  an  din  glas! 

Beck,  m.  schnabel,  mund. 

(inSsebeck ,  grinser.  Grain 
Tüg  75,  Gnesen  scheint  eigentlich 
blecken  (die  zahne  zeigen)  auszu- 
drücken; vgl.  Stürenb.  s.  v.  gnisen 
und  Mda.  6,  209. 

Grensebeck,  grinser. 

Jännebeck ,  gähnschuabel, 
gelbschnabel ;  eigentlich  von  nest- 
jungen, die  den  Schnabel  nach 
futter  öffnen,  dann  bildlich.  Grimme. 
Syn.  gianopp.  Jännen,  gähnen, 
lautet  mwestf.  janen.  Wigg.  2 
scherfl.  40.  Dass  es  ein  stv.  jinnen 
(jann)  =  ginnan  (gann)  gab,  lehrt 
das  westmärkische  und  berg.  subst. 
jann  (hiatus,  Öffnung)  in  der 
redensart:  he  is  dör  den  jann. 

8* 


116 


Lällebeck,  lallemund;  fader, 
schwatzhafter  junger  mensch  ;  läp- 
pischer mensch. 

L^rbeck,  weichschnabel,  gelb- 
schnabel ;  junger  laffe.  Zu  l^r  (für 
leder,  lider)  vergleiche  man  mark, 
llerwek,  ags.  liduväk,  ahd.  lidu- 
weich  und  engl.  lithe,  biegsam, 
geschmeidig. 

B^n,  n.  bein. 

Enickeben,  einer  der  mit  ge- 
knickten beiuen,  also  schlotterig 
geht. 

Biot,  m.  biss. 
laterbiot,  eiterbiss.  En  iater- 
bidt  fam  jungen  ist  ein  böser  junge. 
Sonst  atter,  etter,  edder  =  eiter. 
Der  abweichende  Vocal  ist  folge 
der  Zusammensetzung. 

Bock,  m.-bock. 
Hippenbock,    1.    Ziegenbock; 
2.    Schneider,      Hippe  heisst   die 
ziege  in  der   westlichen,  bitte   in 
der  östlichen  mark. 

Brake,  reis,  strauch. 
Tw^rsbrake,  querkopf. 

Brand,  m. 
Stokebrand,   der  den   brand 
schürt;   fig.   anschürer,  anhetzer. 
Verb,  stoken,  schüren. 

Swälebrand,  ein  brand  der 
schweelt,  langsam  verkohlt;  fig. 
ein  Zauderer,  bei  dem  man  die 
geduld  verlieren  muss.  Bildliches 
swalen  ist  synon.  von  drälen, 
dreien,  n%len. 

Brank,  m.  hose,  bracca. 
Sludderbrank,    schlotterhose, 
schlotteriger  mensch;  syn.  sluader- 
bükse.     Sluodern,  schlottern. 

BrSier,  m.  =  brugger,  brauer. 
Dollbroier,  tollbrauer,  lärm- 
macher.     Vgl.  den  spr. :  jo  duller 
gebrugget,  jo  b9ter  ber. 

Bnek,   m.  bauche,  ital.  bucato. 
Verb,  büken,  1. beuchen;  2. seichen. 


Berrebnok,  bettseicher.  Kr 
für  dd. 

Ba9ter,  f.  butter,  ist  schwerlich 
in  folgendem  gemeint,  vielleicht 
butterer,  buttermacher. 

Dnllbnater  =  duUbröier. 
Bdk,  m.  bauch. 

Wottelbfik ,  wurzelbaucb ; 
kraftloser  mensch  mit  schwammig 
dickem  bauche. 

Büekse,  f.  hose,  wohl  von  huck, 
bock,  also  eigentlich  hose  von  bocks- 
leder.  Vermutlich  wurden  die 
bockeshude,  welche  hörige  bei 
ihrer  Verheiratung  liefern  musten, 
zu  solchen  hosen  verwendet. 

Bangebfickse ,  furchtsamer 
mensch.  Es  ist  dabei  berücksich- 
tigt, dass  grosse  Furcht  in  die 
därme  schlägt. 

Knüoterbüekse ,  verdriess- 
licher,  knurrender  mensch.  Vgl. 
knudtern,  schwed.  knota,  murren. 

Slaaderbückse=slu9derbrauk. 
Bül,  m.  =  büdel,  beutel. 

Bonenbüls,  bohnenbeutel,  wer- 
den die  Deilinghover  gescholten, 
entweder  weil  sie  so  viele  bufi- 
bohnen  (dickebonen,  grotebonen) 
ziehen  und  verzehren  und  den 
Spruch  ,drai  grotebonen  sind  so 
gudd  as  ne  snute  füll  bröd'  ge- 
macht haben,  oder  weil  sie  einst 
mit  einem  vorrate  gekochter  bufi- 
bohnen  zum  ,fr6nhaigen'  (heu- 
machen als  frohndienst)  gezogen 
sind. 

Lüdgenbiil,  lügenbeutel,  lügner. 

Prälbül,  prahlbeutel,  ge- 
schwätziger mensch.  Pr&len, 
schwatzen;  Teuth.  pralen,  proten, 
cooyeren,  callen. 

Smandbül  bei  Grimme;  wohl 
=  sm9rbül. 

Sm^rbiil ,  Schmierbeutel, 

Schmeichler.     Sm^ren,   schmieren 
und  schmeicheln. 


117 


Snüteb&I,  scbnäuzbeutel,  einer 
der  andere  stets  zu  übervorteilen 
sucht.  Dortm.  Vgl.  Kil.:  snutten, 
emungere  pecuniis,  dep^mare. 

Wiiidbül,  Windbeutel. 
Bnmbam,  bombam,  eine  gewisse 
weise  des  läutens.  An  der  grossen 
glocke  zu  Butzbach  stand  der  vers : 
Est  sua  Yox  bombam  potens  de- 
pellere  Satan.  Curieuse  Antiquar. 
I,  451. 

Oodesbambam  =  kloppe,  bi- 
gottes frauenzimmer;  Kil.  klop- 
ßüster. 

Daeke,  f.  läuferin;  s.  oben. 

Dorpdaeke,  frauenzimmer,  das 
viel  im  dorfe  umherläuft  und 
klatscht. 

Slad&cke ,  klatschsüchtigos 
frauenzimmer,  welches  sich  viel 
ausser  dem  hause  umhertreibt. 
Dortm.  Dass  das  wort  hierher 
gehört,  lehrt  das  verb  sladacken, 
schnell  laufen,  schnell  sprechen. 
Sla  ist  verstärkendes  prsefix  wie  kla. 

Daif,  m.  dieb. 

fiandaif,  gaudieb,  schlauer 
dieb.     Grau,  schlau. 

Kükendaif  wird  der  habicht  ge- 
scholten :  Hawek  hawek  kükendaif . 

St^ldaif,  dieb  in  der  kinder- 
spräche.  Keine  schlimmere  tau- 
tologie  als  hd.  diebstahl. 

Dengel,  ?  hammer,  ahd.  tangol. 
Spidldengel,   faulenzerin,  ei- 
gentlich eine,    die  statt  die  sense 
zu    klopfen    (dengeln)     mit    dem 
hammer  spielt. 

D^rsker,  m.  drescher. 
Backowend^sker ,  kleiner 

mensch,  '  der  beinahe  im  backofen 
dreschen  könnte. 

Dille,  f.  röhre,  schneppe,  scheide ; 
synekd.  frauenzimmer. 

Fttckedille,  frauenzimmer,  wel- 
ches alles  ,ferfuckt'  (unordentlich 


durcheinander  wirft).     Fucken  ist 
eigentlich  schnell  bewegen. 

Docke,  f.  schlechtes  pferd.     Ge- 
hört es  zu  dacken?     Liegt  in  ags. 
eadocce  das  wort?  in  docke,  Stroh- 
puppe als  unterläge  der  dachziegel  ? 
Eoldoeke,  pferd,  welches  zum 
Steinkohlentragen  gebraucht  wird. 
Dolske,  puppe ;  vgl.  ostfr.  dolske. 
Eandolske ,    eigentlich    kuh- 
magd,  dann   unordentlich    geklei- 
detes    frauenzimmer.        Siedling- 
hausen.    Siehe  hacke,  kauhacke. 

Dote  für  dorte,  f.   müssiggän- 
gerin. 

Koffedote,  ka£Peeschwester. 
Dott,  m.  pl.  dötte,  darm,  dotter. 
Endott  für  enddott,  dickdarm; 
dickes  kind. 
Draiger,  m.  dreher. 
Haikendraiger ,    fig.   mantel- 
dreher.      Haiken,    heute    frauen- 
mantel,  grosses  regentuch. 

Küdtelendraiger   wurde    der 
fingerhutmacher  gescholten.  Küotel, 
excrement. 
Dp^ger,  m.  träger. 
PüsterdP9gep,  Jäger.    Püster, 
blasebalg,  blasrohr,  flinte. 
DrSs,  Andreas. 

Koddendp^s ,     ferkelandreas, 
tapps. 

Dpiw«p,  m.  treiber. 

Lossdpiwer ,       umhertreiber, 
vagabund. 

Stillkesdriwer ,     scheinfrom- 
mer. 

Tw9P8dpiwep,  querkopf. 
Düwel,  teufel. 

Hiisdüwel,    hausteuf el:   he  is 
en  strätenengel,  äwer  en  hüsdüwel. 
Engel,  engel. 

Strätenengel,  strassenengel. 
Eps,  m.  arsch.     Im   nd.    altbe- 
liebtes wort.     Zeuge:   die  an  dä- 
monen   mit   hohlem    hintercastell 
erinnernden  Ortsnamen  wieBudden- 


118 


arsoD,  dem  ein  heutiges  Bolers  bei 
Deilinghoven  gleichbedeutend   ist. 
Pp&las  =  pr&lbM. 
Frägas,  lästiger  vielfrager. 
eeek,  m.  narr. 

Stapelgeck,  priviligierter  narr, 
erzuarr;  vgl.  stapeldull,  erztoll. 
Man  leitet  stapel,  m.  aus  lat.  sta- 
bulum,  was  nicht  wahrscheinlich  ist. 
Vgl.  ahd.  staphol,  ags.  stapul, 
fulcrum,  basis;  F.  Dortm.  2^,  152 : 
super  truncum  dictum  stapel;  also 
aufstehender  cylinder,  daher  auch 
welle  butter,  Cod.  Trad.  Westf.  I, 
185:  1  Stapel  butiri.  Daranreiht 
sich  die  bedeutung  häufen  aufge- 
schichteter waaren  nebst  dem  Vor- 
rechte, allein  dergleichen  zu  ver- 
kaufen; so  der  ehemalige  draht- 
stapel  der  Stadt  Iserlohn;  man  vgl. 
auch  das  stapelrecht  für  durch- 
gehende waaren.  An  den  begrif 
Privilegium  schliesst  sich  obiges 
Stapelgeck. 

Hacke,  f.  mag  hd.  hache  (dirne) 
entsprechen. 

Eanhaeke,  kuhmagd ;  synon. 
kaudolske. 

Sliophacke ,    schleppend    ge- 
hendes frauenzimmer.  Vgl.  sliapen, 
schleppen,  schleppend  gehn. 
Hacke,  f.  dickbein. 
Pollhaeke,  dickes  kind;  Ostfr. 
poU,    rundlich  fleischig  oder  fett, 
wohlgenährt. 
Häkse,  f.  hexe.        *" 

Däkhäkse,  nebelhexe.     Dak, 
nebel.  Vier  bb.  d.  könige  138. 
Hals,  m. 

Schraihals,  kind  weiches  viel 
schreit. 
Hamel,  hamer,  m.  hammel. 
Bellhamel ,     glockenhammel, 
leithammel ;  rädelsfiihrer. 

PoUhamel,  fetthamrael,  feister 
mensch;  s.  pollhaeke. 
Hans,  Johann. 


Grdthans,  prahlhans,  Wind- 
beutel. 

Ludderhansjotterbube,  vaga- 
bund.  Tejjth.  lodder,  bove.  Verb. 
luadern,  müssig  umherschweifen. 
Mnekhans,  einspänner,  der  nur 
in  der  umgegend  fährt,  im  gegen- 
satze  von  den  landfuhrleuten  (land- 
getaiern,  von  getan,  geschirr,  fuhr- 
werk). Müller,  Chorogr.  v,  Schwelm 
s.  65.  Verb,  mucken,  einen  ein- 
fachen ton  von  sich  geben  (von 
hunden). 

Henger,  m.  bänger. 
Haikenhenger,  mantelhänger, 
der    den  mantel   nach  dem  winde 
hängt;  synon.  haikendraiger. 
Hinken,  n.  hähnchen. 

Maih^nken,    ,Ieichter   junger 
bursch  mit  bester  anläge  ein  tauge- 
nichts  zu  werden.*  Koppen  inDortm. 
Hermen,  Hermann. 

Bammelh^rmen,  schelte  für  ein 
zu  langsam  gehendes  pferd.    Vgl. 
bummeln,  bummler. 
Hinnerk,  Heinrich. 

B^delhinnerk,  bettelheinricb, 
bettler.  Der  spruch  ,b9delhinnerk 
maut  alles  dr^gen^  galt  schon  zu 
anfange  dieses  Jahrhunderts. 

Holsehenhinnerk,  holzschuh- 
heinricb,  tölpel. 

Hotse,  verschrumpfte  alte,  zi- 
geunerin;  vgl.  hotsei,  hutsei,  ge- 
dörrtes obst. 

Wickehotse,  wahrsagende  zi- 
geunerin.  Wicken  (wahrsagen) 
muss  auf  ags.  vitega,  vitegian  zu- 
rückgeführt werden;  dafür  spre- 
chen die  mnd.  formen  wittegen  und 
witken. 

Jacks,  Jacques,  Jakob. 

Lioderjacks ,  liederlicher 

mensch. 

Jäkop,  Jakob. 
Hnltenjäkop,  hölzerner  Jacob, 
tölpel,  tapps. 


119 


Jäpek  versetzt  aus  Jäkep,  Jäkop. 
Die  Siedlinghauser  mda.  liebt  Ver- 
setzungen; eine  der  merkwürdig- 
sten ist  wagenpümmel  für  pagen- 
wümmel,  scarabseiis  steccorarius. 

Bummeljäpek ,  bummelndes 
frauenzimmer. 

Jaw,  Jan,  jawes,  jans  scheint 
engl,  jaw  zu  sein;  daraus  wurde 
a,  äo  und  äs. 

Baecaläs,  Stockfisch,  eine  an 
der  Ruhr  gebräuchliche  schelte, 
die  zunächst  dem  ital.  oder  span. 
entlehnt  sein  wird.  Wahrschein- 
lich ist  nd.  bakeljau,span.bacalao, 
ital.  baccalä  mit  anleknung  an  lat. 
baculus  aus  kabeljau  versetzt. 
Dies  vorausgesetzt,  kann  die  be- 
hauptung,  bacaläo  sei  erst  von 
Neufundland  nach  Europa  gekom- 
men, nicht  richtig  sein.  Das  nd. 
kabbelyau  findet  sich  schon  vor 
der  entdeckung  Amerikas  z.  b. 
Fase.  temp.  303a.  Grimms  WB. 
gibt  für  kabliau  keine  etymologic. 
Sollte  nicht  die  an  der  kehle  ste- 
hende flösse  diesem  fische  den 
namen  gegeben  haben?  Kabel 
(haken,  stock)  könnte  die  flösse; 
jawes,  jaus  die  kehle  bezeichnen. 

Ite,  weih,  vielleicht  aus  idis 
entstanden. 

Knngelite,  kungelndes  frauen- 
zimmer. Kungeln,  deminutiv  von 
künden,  küden,  tauschen.  Es  be- 
zeichnet das  heimliche  tauschen 
und  verkaufen,  wie  es  von  weibern 
ohne  wissen  der  raänner,  von  kin- 
dern  ohne  wissen  der  eitern  ge- 
schieht.    G  ist  für  d  eingetreten. 

Kacker,  ra. 
Korintenkacker,  knicker. 

Kapp,  koseform  für  Kaspar. 
Schwelm. 

Kratskäpp  wurde  der  in  der 
früheren  luth.  kirche  zu  Schwelm 
gemalte  teufel  wegen  seiner  fürch- 


terlichen   krallen    genannt.      Bei 
Iserlohn   heisst   der    teufel    auch 
swatte  Kasper. 
Kasten,  m. 
Ferstanneskasten,   einer   der 
sich  zuviel  verstand  beimisst. 
Kater,  m. 
Lollekater,   heuler.      Lollen, 
von    der   stimme   des   katers    ge- 
braucht, bezeichnet  auch  ein  ähn- 
liches weinen. 
Kättken,  n.  kätzchen. 

Sm9rkättken ,  Schmeichel- 
kätzchen; sm9ren,  schmeicheln. 
Kau,  f.  kuh. 
Manskan,  mansekau,  manske, 
maus,  unfruchtbare  kuh,  kuh  die 
nicht  kalbt,  die  f^r  geht.  Kil: 
manskoe,  mansekoe  j.  guste  koe. 
Vgl.  die  analogie  bei  Diez  s.  v. 
brehaigne. 

Kiker,  m.  gucker. 

Lündsenkiker,  der  nach  dem 
achsnagel  (lündse)  schaut,  acker- 
baulehrling,  der  eine  zu  scharfe 
aufsieht  über  die  feldarbeiter  führt. 
Migenkiker,  harnschauer.  S. 
pissekiker. 

Pissekiker,  harnschauer.  In 
einem  Iserl.  hochzeitscarmen  von 
1670  (Fromm.  Mda.  VII,  120  flf.) 
wird  der  bräuti^am  (arzt  und 
apotheker  Hartunk  zu  Siegen)  im 
scherz  ,dei  koorte  pissekiker'  ge- 
scholten. Heute  gilt  migenkiker. 
PSttkeskiker,  topfgucker. 
Stärnekiker ,  sternseher. 
Schelte 

Finnekiker ,  finnenschauer ; 
bildlich  schadenfroher  mensch; 
auch  ein  solcher,  der  in  unver- 
dächtigen handlungen  schlechtes 
aufzuspüren  sucht. 

Kik-in-de-weld,guck-in-die-welt, 
gelbschnabel :   du  büs  ja  man  en 
kik-in-de-weld. 
Kil,  m.  keil. 


120 


Doniierkiljdonherkeil.  Schelte. 
Westl.  Mark. 

Klaier,   m.  wühler,   läufer;  zu 
klauen.  Tenth«  clouwen. 

Dritenklaier,  der  viel  im  dreck 

läuft.    Man  sagt  auch  dritenklflwer. 

KlVpper,  m.  klopfer,  abklopfer. 

Bnssklttpper,  eigentlich  vogeU 
fanger,  der  auf  die  husche  klopft ; 
dann  strauchdieh. 
Klnte,  m.  klumpen. 

Mistklnte,  mistklumpen ;  vieh- 
magd. 

Kniff  für  nd.  kniap. 

Hampelkniffer,  einer  der  ham- 
pelhandel  treibt  und  sich  auf  die 
kniffe  dieses  handeis  versteht. 
Grimme,  Galant.  118.  Hampel- 
hannel  heisst  der  bet)rügerische 
handel  süderländischer  hausierer. 
Knoke,  m.  knochen. 

Schindknoke,  schindknochen. 
Schimpfwort. 
Knöp,  m.  knöpf. 

Biicksenkndp ,      hosenknopf ; 
kleiner  junge. 
Kopp,  m.  köpf. 

Kribbelkopp,  reizbarer  mensch. 
Verb,  kribbeln,  ein  krimmelndes 
gefühl  verursachen;  Kantz. :  kry- 
wein;  Sündenf:  kreveln;  Magd, 
bib. :  kreveln  für  Luthers  grimmen 
(im  bauche). 

Kn98enkopp,  Schafskopf,  ein- 
fältiger mensch.  Kuase,  mutter- 
schaf. 

Mottenkopp,  mottenkopf,  einer 
der  viel  umstände  (motten)  macht. 

Nioterkopp,  eiterkopf,  hitz- 
kopf.     Niater  für  iater. 

Rabanenkopp,  in  »Nassauer 
rabauenkopp^  Rabaue  ist  graue 
renette,  pomme  de  Rambour. 

Slnsekopp  =  slüsär. 

Tw^rskopp,  querkopf. 

Ulenkopp ,  eulenkopf ,  tag- 
ßphläfer,  langschläfer. 


KSster,  m.  küster. 
LnnenkSster ,      launenhafter 
mensch;  syn.  lunenfechter. 

RüenkSster ,  hundeküster, 
hundevogt;  ital.  scacciacani;  span. 
perrero. 

KSter,  m.  kötter,  kleinbauer. 
PrnmenkVter,  pflaumenkötter, 
kleiner  kötter. 

Krüdken-r5r-mi-nitt-an.  1 .  sumpf- 
balsamine,  nolimetangere;  2.  reiz- 
barer mensch.  Zu  Weitmar  dafür: 
küksken-rör-mi  -  nich-an  -ädder-ik- 
b^rste. 

Küken,  n.  küchlein. 
H^rgodskftken,  bigottermensch. 
Ulfnotsküken,  l3eschränktes  und 
hässliches   frauenzimmer.     Ulfu9t, 
eulenbürzel. 
Knnte,  f.  cunnus. 
Oonseknnte  =  gössel. 
Kürknnte,  redselige  person. 
Kwängelknnte ,      verwöhnte, 
eigensinnige  person. 

Kwaterknnte,  alberner  Schwä- 
tzer; synon.  kwaterfudt.  Verb. 
kwatern  =  borg,  kwätschen. 

Sliapkunte,  träge,  säumige 
person;  synon.  sli9p8ack. 

Tättelkante ,  geschwätzige 
person. 

Trändelknnte  =  sliopkunte. 
Knsen,  m.  keule. 
fiodesknsen    oder    k^rgods- 
knsen,  einfaltspinsel. 

Laierfürlaider,  m.  leiter,  führer. 
Rüenlaier,  hundeführer. 

Schimpfwort. 
Laken,  n.  laken,  tuch. 

Graselaken,  grastuch ;  mensch, 
der  immer  etwas  anzubringen  hat, 
alberner  erzähler. 

Jeselaken,  langweiliger  Schwä- 
tzer,   der   immer   ,jeses  j4  (Jesus 
ja)'  im  munde  führt:  syn.  jesepeter. 
Läpp,  lappe,   m.  läppen,  lump; 
verächtlicher  mensch. 


r.-T'-j- 


121 


Lipplapp,  einfältiger  mensch. 

Lfilapp,     fauleozer;      synon. 
lülamm.     Vgl.  Kil. :  luy,  piger. 

Gizlappe,  geizhals. 

Schandlappe ,      schändlicher 
mensch. 

Smachtlappe,  hungerleider. 

Sm^rlappe ,  unreinlicher 

mensch, 

Lät,  der  ausziehende;  vgl.  laeten, 
schwärmen,  bei  Kil.  und  unser  lät- 
hol  (am  biker). 

Nllät,   i.  neugieriger  mensch; 
zu  Siedlinghausen:    wählerisch  in 
speisen.     NT  für  nigge. 
L9er,  n.  leder. 

Rftl^ep,  rauher  mensch;  syn. 
rübast. 

Stifl^er,  Steifleder,  steifer  un- 
beholfener mensch. 
LSwerk,  ?  rumex. 

R$dl6werk,    eine    starre    im 
herbste  rötlich  aussehende  rumex- 
art.     Du  stiwe  rodlSwerk. 
Luder,  n.  aas. 

Sehindluder,    syn.    schindäs. 
Schimpfwort. 

Lttnter,  ?  luntenträger,  fuchs. 
Lunte,  Schwanz  des  fuchses. 

Schabbelnnter ,  schädlicher 
fuchs;  mensch,  der  andere  durch 
Schlauheit  um  das  ihrige  bringt; 
Späher,  sycophant.  Es  wird  be- 
sonders von  überstrengen  beamten 
gebraucht,  die  darauf  ausgehen, 
andere  in  schaden  zu  bringen. 
Schabbe,  heute  schäbbig,  hässlich 
im  physischen  oder  moralischen 
sinne.  Vgl.  Verne  Chr.  s.  28: 
schabbe  vnd  slymme  boven  (von 
raubrittern). 
Mamsellken,  n.  fräulein. 

Zlppelmamsellken ,      zimper- 
liches frauenzimmer.  Grain  Tüg  50. 
Männken,  n.  männchen« 

Jesemännken,   schwächlicher, 
zimperlicher  mensch. 


Melker,  m. 

Oosemelker,  ?  knicker. 
M^se,  f.  Meise. 

PlttmSse ,  kleiner  schwäch- 
licher mensch;  synon.  pippmese. 
Engl,  titmouse  lässt  vermuthen, 
dass  pitt,  pipp  synon.  ist  von  tit, 
ahd.  zeiz.  Wir  haben  tittken, 
tittiken  als  kosenamen  für  ein 
kleines  kind. 
Michel. 

Strnntsmichel ,  prahlhans ; 
vb.  struntsen. 

M(iker,  m.  verberger ;  zu  müke, 
versteck,  namentlich  des  obstes. 
Muke  =  muddike.  Es  gibt  ein 
synon.  murke,  welches  nicht  auf 
muddike  zurückzuführen  ist. 

Geldmiüker ,    geizhalz.      Vgl. 

mnd.  geldsmorker,   wonach  unser 

wort  für  geldmürker  stehen  könnte. 

Mfil,  n.  maul,  häufiger  mule,  f. 

Flolmdl,  vielmaul. 
MüteP,  m.  schwarzer  kater. 
Dreckmüter,  der  sich  häufig 
mit  dreck  beschmutzt. 
Nacken,  m. 
Dnkenacken ,       ducknacken ; 
einer  der  geduckt  zu  gehen  pflegt. 
Napp,  m   napf. 
Drögenapp ,    trockener,    ein- 
silbiger mensch;  syn.  drftgepinn. 
Nase,  f. 
Eaffenase,      kaffeeschwester. 
Siedlinghausen. 

Wisenase ,  naseweis.  Vgl. 
stotwind ,  windstoss ;  spialwidd, 
Windspiel. 

Nickel,  m.  lieber  nickel  haben 
sich  unter  andern  Frisch  (2,  17) 
und  von  Steinen  (Westf.  gesch. 
1,  34  ff.)  ausgesprochen.  Jener 
will  von  der  bedeutung  ,kleines 
pferd  (mit.  naccus,  engl,  nag)  aus- 
gehen ;  dieser  sieht  in  nickel  eine 
,nichtel,  niftel'  als  pfaffenköchin 
und   concubine.      Das    erste  will 


122 


sachlich,  das  andere  lautlich  nicht 
einleuchten.  Wie  konnten  sich  an 
,kleines  pferd^  die  Vorstellungen 
wertloses  erz,  hure  reihen.  Ander- 
seits ist  eine  verlautung  von  nichtel 
zu  nickel  unwahrscheinlich.  Dass 
ch  vor  s  zu  k  werden  kann,  ist 
natürlich,  beweiset  aber  keine  ver- 
lautung von  cht  in  kt.  Ich  schlage 
daher  vor,  von  nikus  (Wassergeist) 
auszugehen,  zumal  da  der  mnl. 
form  nicker  ein  nd.  nickel  ent- 
sprechen kann.  Der  name  des 
verderblichen  Wassergeistes  konnte 
auf  eine  hure  übertragen  werden; 
leicht  machte  sich  dann  die  Vor- 
stellung des  schlechten  überhaupt, 
wie  sie  sich  in  nickel  (erz)  und  in 
einigen  hier  folgenden  compositen 
zeigt. 

Camissniekel ,  soldatenhure. 
Von  Steinen  1.  c.  Camiss  =  commis, 
was  den  Soldaten  gegeben  wird. 

Schaiinickel,  lüderliches,  oft 
auch  bloss  verächtliches  weibsbild. 
Die  nebenform  scharnickel  könnte 
es  dem  camissniekel  gleichstellen. 
Hält  man  die  erste  und  häufigste 
Form  fest,  so  fragt  sich,  was  schan 
bedeute.  Es  bieten  sich  schände, 
schaden  und  scam  (scan)  zur  er- 
klärung,  von  denen  schände  und 
schaden  begriflich  nicht  unpassend 
sind.  Wie  steht  es  mit  scam? 
Die  zuweilen  das  verächtliche  be- 
zeichnenden deminutivendung,  wie 
sie  auch  in  nickelken  vorliegt,  mag 
hier  durch  ein  vorgesetztes  schan 
(klein)  ausgedrückt  sein.  Skam 
steckt  auch  in  schamber  oder 
schember  (kleinbier,  schlechtes 
hier),  vielleicht  auch  in  dem  süder- 
ländischen  namen  der  elben  (schan- 
holden,  schaholden,  schänholden). 
Bei  Danneil  findet  sich  schanäkl, 
was  einen  menschen  bezeichnen 
soll,  der  uns  in  allen  stücken  ent- 


gegen ist,  ohne  gerade  feindselig 
gesinnt  zu  sein.  Unser  wort  darf 
nicht  mit  schänickel  (sanicula 
europaea)  verwechselt  werden. 

Strnbbenickel ,  mensch  der 
mit  struppigen  (ungekämmten) 
haaren  geht.  Strubbe  für  struwe, 
zu  struf,  straubig,  struppig. 

Sudgenickel ,  saunickel, 

Schweinigel. 

Sdpniekel,  saufnickel,  säufer. 

Flätsnickel,  garstiger  mensch; 
vgl.  fläts,  fiätsig. 

Nitt,  nicht,  nichts.  Nicht  = 
nichts  ist  älter  als  nicht  =  heu- 
tigem nicht. 

Düdgenitt,  taugenichts. 
Nöller  fürnöler,  zu  n5len,  n»len, 
zögern,  zaudern. 

FisenSlIer,  Schleicher,  hor- 
cher,  schnüfler;  vgl.  Kil. :  vijse, 
Cochlea  und  unten  fister. 

Öksken,  deminut.  von  öke,  kind, 
eigentlich  nachwuchs,  ags.  eaca. 

UaidSksken,  heidenkindlein, 
ungetauftes  kind ;  synon.  Wald, 
heidwölfchen,  nds.  heidölweken, 
worin  wol  ein  entstelltes  welp 
steckt. 
Opp,  auf. 

Gianopp,  gähnauf=jännebeck. 

Mülopp,  uiaulauf,  maulaffe. 

Flfiggopp  =  flokster.  Es  be- 
zeichnet auch  das  'riechsalz,  liq. 
ammon.  caust. 

Päe  für  pade,  pate. 

St^rtpäe,  nebenpate,  pate  nur 
dem  namen  nach.     S.  st^rtpastör. 
Päl,  m.  pfähl. 

Fp^tpäl,  fresser.    Vermutlich 
erst   nach   misverstandenem   fr9t- 
post  gebildet. 
Pastor,  pastor. 

St^rtpastör ,  nebenpastor, 
yicar. 

Peter,  peter. 

Jesepeter  =  jeselaken. 


123 


Pinn,  m.  pflock,  dorn ;  dann 
penis  und,  pars  pro  toto,  mann. 
Vgl.  pint  und  dän.  pind  in  gnie- 
pind.  Das  nt.  nd  ist  dissimiliert, 
wie  im  mnd.  gewunden  für  ge- 
wannen, im  dän.  mand  für  mann. 

Dr«  lepinn  ,  saumseliger 

mensch,  zögerer.     Verb,  dreien. 

Drögepinn,  trockner,  einsil- 
biger mensch. 

Drokelpinn,  zögerer.  Verb, 
drokeln. 

Haienpinn,  grobian.  Haien 
für  haiden,  brutus,  tierisch. 

Juffernpinn,  hurenjäger. 

Kwickelpinn ,  küchenpeter, 
alberner  Schwätzer.  Kwickel, 
kuckel  ist  herd;  mhd.  quickel. 

Twienkepinn ,  nachlässiger 
mensch ;  vgl.  twinen,  duplicare, 
flechten. 

Wietkepinn ,  grämlicher 

mensch.      Wiatke,   älter  waddike, 
käsewasser. 

Wisepinn,  altkluger  mensch, 
klugscheisser. 

PitteP,  Peter.  Berg,  westl. 
Mark. 

Drälpitter ,  langweiliger 

Schwätzer. 
Plästep,  n.  pflaster. 

Schandpläster ,  schändliches 
Weibsbild.     Grimme. 

Post,  päst,  bei  Iserlohn  päs: 
en  päs  fam  jungen  ;  Teuth.  paedse. 

Fr^tpost,  fresser.     Grimme. 
PrBker,    stocher,    engl,   poker. 
Bei  Iserlohn:  prökeler;  vgl.  prokeln, 
prokelisern. 

Pipenpröker,  pfeifenräumer ; 
Schwächling;  kleinlicher  mensch. 
Dortm. 

Pnngel,  püngel,  m.  1.  sack,  last ; 
vgl.  ags.  pung,  sacculus;  nach 
Gesch.  d.  d.  Spr.  I,  428  aus  byzant. 
'Kouf/L  2.  kind,  sofern  es  getragen 
wird.    3.  kleiner  dicker  mensch. 


Lnsepiingel,  lausiger  junge. 
Vgl  Hist.  Ged.  v.  Niederrh. :  lauss- 
pung. 

Purk,  m.  kleiner  junge.  Vgl. 
Ostfr.  purks,  bei  Driburg:  purre, 
dän.  purk.  Daneben  puk,  schwein- 
chen; kind;  Hildesh.  pök,  kind. 

Lnsepnrk     =     lusepungeL 
Vgl.  Kil. :  luyspoke,  pediculosus. 

Rämes  kann  lautlich  einem  ptc. 
rammend  entsprechen;  vgl.  schräm 
=  schramme,  schriwes  =  schri- 
wend.  Für  die  bedeutung  vgl. 
Kil. :  rammeln,  tumultuari. 
Dnllrämes  =  duUbröier. 
Ratte,  f. 

Spialratte,    leidenschaftlicher 
Spieler. 
Rieht. 

Hewwerichter ,  der  immer 
recht  haben  will. 

Riakel,  m.  männlicher  hund. 
Bandridkel,  kettenhund;   bö- 
ser mensch,  der  die  kette  verdient. 
Rock,  m. 

Lossrock,   losrock,   leichtfer- 
tiger mensch.     Vgl.  he  es  loss  am 
stiole. 
Rüter,  m.  reiter. 

DOdpüter,  schlechter  reiter. 
Vgl. :  Bai  lange  l^wen  well,  da 
maut  di  näme  doe  schicken. 

Strickr&tep,  strickreiter :  de 
ene  strickrÄter  well  den  anneiii 
6k  int  strick  laien.  Vilmar  be- 
merkt: ,8trickreiter  ist  bezeich- 
nung  der  Westfäl.  gendarmes  v. 
1808  bis  1813,  welche  arrestanten 
mit  stricken  an  das  pferd  banden.^ 
Sack,  m. 
Brddsack  in :  arme  brodsack 
=  armer  mensch. 

Bnttsaek,  1.  dickbauch;  2. 
grobian.  Für  1.  gehört  es  zu 
butt,  butten,  alts.  budin,  concav, 
convex,  bauchig  vorstehend;  vgl. 
buttkruke ,     buttenkruke ,     dick- 


124 


bauchige  kruke.     Für  2.  zu  butt, 
grob,  plump. 

Dicksack,  dickes  kind. 

Dritsack ,  scheisser.  Verb, 
driten. 

Kw^rksack,  widerlich  wei- 
nendes kind ;  verb.  kw^rken.  Vgl. 
ahd.  querca,  gurgula;  Chron.  d. 
nds.  Städte,  Braunschw.  I,  55^^: 
querquen  steken,  gurgeln  durch- 
stechen. 

Lappsack,  Laffe.     Grimme. 
N^rksack,    weinerliches    kind ; 
verb.  norken. 

Filtersaek,  quälgeist ;  verb. 
piltern,  peinigen,  quälen. 

Slammsack,  schwätzer.  Verb, 
slammsacken. 

Sliapsack  =  sliapkunte. 

Fr^tsack,  fresser. 

Wiomelsack,  unruhig,  mensch ; 
vb,  wiameln,  wimmeln. 
iSchail,  m.  schuh. 

Holske,  holsken,  1. holzschuh; 
2,  gemeines  frauenzimmer. 
Schfiotel,  f.  Schüssel. 

Rappschlidtel ,  raffschüssel, 
gieriger  mensch.  Verb,  rappen, 
rapen ;  Soest.  Dan.  43  :  to  hope 
rappen. 

Slagk,  m.  schlag. 

Dörslagh,  durchschlag;  durch- 
bringer,  Verschwender.  Spruch : 
En  dörslagh  un  ne  riwe  es  nitt 
guad  bi  'me  wiwe. 

Lichtslagh ,  leichtsinniger 
mensch. 

Snute,  f.  schnauze. 

Becksnnte ,  grossmaul ,  rä- 
sonnör. 

Dnmmsnute,  dummer  mensch. 

Grensesnnte,  grinser. 

Clrinesnute,  greiner,  weiner; 
vb.  grinen,  weinen. 

Lachsnnte,  lacher 

FlabbsBute,  maulaffe. 
Span,  m.  span. 


Sepenspän,  seifenspan  zum 
ausstechen  der  braunen  seife; 
alberner  schwätzer. 

St^rt,  m.  sterz;  deminut. 
st^rtken. 

Lammerst^rtken ,  träger 

mensch. 

Wippst^pt ,  1 .  bachstelze ; 
2.  unruhiger  mensch. 

Zi9genst9rt.  Schimpfwort  im 
Volkslied e  ,0  Jost  bat  büstu  wol 
deran*,  wo  es  heisst:  Kür  ik  medm 
allen  G^rd,  dann  es  de  duaner 
loss,  dann  raipet  se:  du  ziagen- 
8t9rt,  du  haienpinn,  du  äs. 

Stoffel,    Christophorus ;    stoffel, 
stöflPel,  dummer  mensch. 

Päpstoffel,  tölpel,  tapps;  pap 
für  pape,  pfaflfe. 

Striöpep,  m.  streifer. 

Lidgstrlaper,  müssiggänger. 
Strnmp,  m.  strumpf. 
Puppenstrnmp,  stutzer.    Nach 
Holthaus  war  diese  schelte  zu  an- 
fang   des   laufenden  Jahrhunderts 
in  Iserlohn  gebräuchlich,  heute  ist 
sie  unbekannt.     Sie  wird  sich  auf 
stutzerhafte    lange    strumpfe  be- 
ziehen,   welche    damals   bei   den 
kniehosen  getragen  wurden. 
Swalfte,  f.  schwalbe. 

Dreckswalfte,  maurer. 
Swimel,  m.    Schwindel,   taumel, 
rausch;    einer   der   sich  in  Wirts- 
häusern umhertreibt;  vb.  swimen. 
Rüswimel,  rauher  mensch. 
Täckel,  m.  dachshund. 
Fontäckel  für  poUtäckel,  kur- 
zer und  dicker  mensch. 
Tand,  tän,  m.  zahn 

Hidkeltand ,  hechelzahn : 

durchhechler. 

Lecktän,  leckermaul. 
Tappe,  l.pfote,  tatze;  2. zapfen. 
Lecktappe,    leckermaul,    nä- 
scher.     Im  Spil  van  derüpstand. 
heisst  einer  der  teufel  so. 


125 


Taske,  f.  tasche. 
Kl^dertaske ,      klatschhaftes 
frauenzimmer.     Vrb.  kl^dern,  klü- 
tern, engl,  to  clatter. 

Pludertaske,  plaudertasche. 
Rappeltaske,    lärmmacherin ; 
verb.  rappeln. 

SluGkertaske.  näscherin ;  vrb. 
sluekern,  verstohlen  essen. 
Sm^rtaske,  Schmeichlerin. 
Teller,  m.  zähler. 
GSrtenteller,     grützenzähler ; 
knicker. 
Tid,  f.  zeit. 

Niggetid,  neugieriger  mensch. 
T.lewe,     f.     hündin,     gemeines 
v^reib. 

Appeltiawe,  obsthöckin. 
Tramper,  m.  treter.     Vgl.  mnd. 
trampen,  wovon  trampeln. 

Slotenträmper ,     pfuhltreter, 
einfältiger  mensch.     Grimme. 
Tr^d,  m.  trit. 

Sisekentr^d,  trit  eines  zeisig- 
leins,  quengeler.  Nu  lustert  mol 
88.  Sisik,  zeisig.  Bruns,  Rats- 
versammlung der  tiere. 

Tr^er  für  tr^der,  m.  treter. 
Klutentr^er ,      schollentreter 
(bauer  und  Infanterist) ;  engl,  clod- 
hopper. 

Trine,  Katharine. 
Angeltrine,  leichtfertige  dirne. 
Oäsetrine  =  dräle,  sepenspän. 
Gase  =  jese. 

Swatertrine ,       Schwätzerin ; 
swatern  =  kwatern. 
Tftgh,  n.  zeug. 
K  « ttentügh,  gesindel,  zigeuner, 
kesselflicker.    W  ie  K  S  tto  =  Käthe 
aus  Katharine  entstand,    so   kann 
obiges  KStte  von  xaöapot;  stammen. 
Dies  stimmt  zu  dem  namen  ,haiden', 
den  man  den  zigeunern  gibt. 
Tange,  f.  zunge. 
Libbertttnge,   züngler.      Vgl. 
Kil.  klibbertonghe.     Fland.  lingua 


prsecipitante  haesitans  seu  titu- 
bans.  V.  d.  H.  Germ.  IG,  162 :  leper- 
zungen,  züngeln,  vom  skorpion ; 
verb.  libbern,  lippern,  rasch  be- 
wegen ;  vgl.  Froschm. :  muss  nicht 
ein  hundt  mit  seiner  zungen 
lippern. 
llt,  aus. 

Süpüt,  saufaus,  säufer. 
Fant,  m.  fuss. 

Hasenfant,  hasenfuss. 
Ficks  für  Vitus  wie  ficksebonen 
aus  fitsbonen  (Vitusbohnen). 

Lnerflcks,  laurer,  aufpasser, 
kundschafter;  zuMeursrLüer  Viet. 
Es  fragt  sich,  ob  in  folgenden  ficks 
ebenso  aus  Vitus  entstanden  ist. 

Knirrflcks,  knanser. 

Kwirleflcks,  unstäter,  unru- 
higer mensch. 

Lnseflcks,  lausiger  kerl. 

Sm^rficks,  unreinl.  mensch. 
Filier,  m.  schinder,  quäler. 

KattenflUers      werden      die 
Attendorner   gescholten,   was   die 
volkssage   verschiedentlich  zu  er- 
klären sucht. 
Fink,  Anke,  m. 

Lichtflnke ,  leichtsinniger 
mensch. 

Mistflnke,  unreinliches  frauen- 
zimmer; vgl.  Immerm.  Münchh.  1, 
131:  mistfink,  unflätiger 
mensch. 

Sm^rfinke,  unreinl.  mensch. 
Fidle,  alle  fiole,  altes  weih. 

Drätfldle.  Koppen  (Dortm.) 
gibt  als  bedeutungen  an:  ,alte 
jumfer,  alte  Schachtel,  verblühte 
kokette,  launenhaftes  weib,  ver 
schrobenes  eigensinniges  frauen- 
zimmer'; vgl.  drSteln,  zögern; 
säumig,  verdrossen  sein.  Auch  zu 
Hemer  gilt  die  form  drätfiole.  Zu 
Elseihat  man  drotfiöle,  weib  das 
durch  klagen  und  geschwätz  lästig 
wird;  vgl.  drotelke,  Schwätzerin. 


m 


Fisk,  m.  fisch. 

Backflsk,  junges  mädcben  in 
den  zehnen. 

Fist,  fidst,  m.    species  crepitus, 
Schleicher;  Teuth.  vijst. 

B$fl98t,  1.  pofist,  bubenfiest; 
2.  schwächlicher  mensch. 
Fister,  m.  stinker. 

P^kfister,  schuster. 

Stinkfister,  stinker. 
Fistep   für  fiser.     Zu  fisen  aus 
fiusen,  schlagen;  besser  vielleicht 
ist  ein   fisen  =  schleichen  anzu- 
nehmen, vgl   fisenöller. 

Elinkeßster,  l.neuigkeitskrä- 
mer.  Hemer.  Das  rotwelsche  klank- 
vetzer,  klangvetzer,  klingenvetzer 
ist  wol  dassejk^e.  Koppen  (Dortm.): 
,men8ch  der  alles  besser  wissen  will.^ 
Das  verbum  klinkefisten  bedeutet 
neugierigu  mherstreichen ;  nds 
klingfisen,  osnab.  schlinkvisen*) ; 
vgl.  Mda.  IV,  174;  klinkenschlagen; 
unser  'ne  klinke  slän,  öflfnen  der 
türklinken,  um  zu  horchen  oder 
neuigkeiten  mitzuteilen. 
Flickep. 

Stanketteiiflicker,  zaunflick  er. 
Schimpfwort.    Stankett  für  stakett. 
Freier,  m.  fresser. 

Hilligenfr^ter ,  abergläubi- 
scher, bigotter  mensch.  Vgl.  hili- 
genbiter,  Schichtb.  144;  ital.  graf- 
fiasanti. 

Faddek,  anus,  podex ;  ableitung 
von  fud. 

Lnsefaddek,  lausejuuge. 
Fu9t    für    fued,    anus,    podex; 
älter  =  cunnus. 

Burenfn^t,  bauemdirne. 

Haiidsfti9t,  hundsfott. 


Kwaterf uat,  alberner  Schwätzer. 

F6Iefa9t,    dummer    Schwätzer. 

Grimme.  Verbum  fölen,  im  Lüden- 

scheidschen  stinken,  im  köln.Süder- 

lande  dummes  zeug  schwatzen. 

Fnatse,  cunnus;  dirne. 

Matsfnatse,  verächtliche  dirnp. 
Dagegen  Koppen  (Dortm.) :  mats- 
f  u  3 1  s  :    schwacher,    unschlüssiger 
mensch.      Letzteres   kommt   holl. 
matsvot  und  ostfr.  matzfott  näher. 
Der  ausdruck   ist   weit  verbreitet 
und    soll    von     einem     dresdener 
MattheusFotius hergenommen  sein; 
vgl.  Pens.  d'Oxenstirn  1,17:  mats- 
fotsen  von  Dresden ;  Berckenmeyer 
Cur.  Antiq.  I,  526  :  unter  derselben 
(Eibbrücke  zu  Dresden)  ist  signor 
Mattheus  Fotius  das  Wahrzeichen 
der  Stadt. 
Wamms,  n.  wämmseken,  n. 
Fülwamms,  faulenzer, 
Rödwämmseken,  teufel. 
Wäsker,  m.  wäscher. 
Drögewäskep,  trockenwäscher. 
waschmaul. 
Wippop* 

8chi9lwippop,  schieler.  Dortm. 
Sniderwippop  wird  der  Schnei- 
der    gescholten.      Reim :     Snider 
wippop,    b6r  et  flick  op,    blas  de 
lampe  ut,    gä  nä  bedde! 
Widd  für  wind. 

Spi9lwidd ,        schwächlicher 
mensch. 

Wörmken,  n.  würmchen. 
Geldwörmken,  sparer.  Es  er- 
innert    au     die     schätzehütenden 
Würmer  (schlangen). 
Wulf,  m.  wolf. 
Kärenwulf,  kornwucherei*. 


ISERLOHN. 


F.  Woeste. 


*)  Strodtmann  Idiot.  Osnabrug.  S.  377  giebt  ,slinckfysten*. 


C.  W. 


127 


Aberglaube  und  Gebräuche  in 

Südwestfalen. 

I.  Grafschaft-märkische  Hochzeitsgebränche  im  ersten  viertel  des  19.  jhs. 

Der  aufwand,  den  im  mittelalter  wohlhabende  bürger  west- 
fälischer Städte  bei  ihren  Hochzeiten  machten,  war  so  gross  geworden, 
dass  die  obrigkeiten  es  für  nötig  hielten,  beschränkende  Verordnungen 
zu  erlassen  und  einzelne  gebrauche  ganz  zu  verbieten.  Belege  dafür 
geben  die  Soester  Schrae,  die  Geseker  Statutarrechte  und  die  Hoch- 
zeit- und  Kindtaufordnung  der  Stadt  Werl,  wie  dieselben  in  Seibertz 
Westfälischem  Urkundenbuche  mitgeteilt  sind;  ähnliches  findet  sich  in 
den  Statuten  der  städte  Alen,  Koesfeld  und  Dülmen  bei  Niesert. 

Eine  hochzeit  biess  im  mittelalter  brutlocht  oder  brutlacht,  . 
ein  wort,  welches  schwerlich  aus  brüdlop  (brautlauf),  eher  noch  aus 
brüdloft^),  brüdlofte  (brüdlovede)  d.  i.  Verlobung  entstanden  sein  wird ; 
denn  man  rechnete  diese  vorbereitende  feierlichkeit  auch  später  noch 
zur  hochzeit.  Heutzutage  bezeichnet  in  Deilinghofen  brüdlöchte, 
in  Weitmar  brüdloch  ausschliesslich  einen  vorbereitenden  teil  der 
hochzeitgebräuche,  während  sich  sonst  der  ausdruck  hoc.htid  ein- 
gebürgert hat,  dessen  älteren  sinn  (fest,  festlichkeit)  wir  nur  noch  in 
,de  fair  hochteien'  d.  i.  die  vier  hauptfeste  des  jahrs,  erhalten  finden. 

Die  dauer  einer  brutlacht  wird  in  der  Schrae  zu  drei 
tagen  angegeben.  ,OycS  heisst  es  no.  13  van  Bruytlachten,  ,so  sal 
nummant  mit  wilbrede  (wildbrät)  dinen  binnen  den  drin  dagen,  dat 
de  bruytlocht  wart.' 

Wir  sehen  ferner  aus  den  erwähnten  Urkunden,  dass  der  bräu- 
tigam  der  braut  ein  paar  schuhe,  die  brautschuhe,  zu  geben 
pflegte,  dagegen  erhielt  er  von  der  braut  ein  paar  linnene  kleiden 
Das  Geseker  Statutarrecht  vom  j.  1360  sagt  in  no.  22;  ,Vortmer 
mach  de  brudegam  gheven  dre  par  scho  der  brut  und  eren  nesten; 
de  brut  mach  dem  brudegam  gheven  eyn  par  lynner  cledere 
und  nummande  nicht  mer.^  Die  Schrae  aber  verbietet  im  2.  artikel 
das  geben  der  brautschuhe.  Diese  geschenke  waren  überbleibsei 
älterer  gebrauche,  vgl.  Grimm  RA.  155.  Im  Süderlande  und  mehr 
noch  im  Bergischen  weiset  auf  die  alte  sitte  des  schuh tausches 
die  redensart  ,unsere  vorfahren  haben  einmal  mit  holzschuhen  ge- 
tauscht', womit  man  ausdrücken  will :  wir  sind  weitläufig  mit  einander 
verwant.  Wenn  das  anlegen  des  Schubes  die  braut  in  die  gewalt  des 
bräutigams  stellte,  so  war  die  gäbe  der  linnenen  kleider  Überbleibsel 
eines  anderen  rechtsbrauches,  nach  welchem  der  vormund  der  braut 


*)  Brüdlofft,  hochzeit  in  einem  Iserl.  hochzeitgedichte  v.  1670,  vgl.  Mda. 
VII,  120  ff.    Brüdlocht,  hochzeitszug  (Dortmund,  Koppen). 


128 

dem  bräutigam  ein  schwert  und  ein  gewand  zu  überreichen  hatte, 
vgl.  RA.  431.  Noch  jetzt  gehören  hin  und  wieder  ausser  dem  braut- 
kleide und  ringe  ein  paar  schuhe  zu  dem,  was  der  bräutigam 
der  braut,  und  häufiger  noch  ein  hemd  zu  dem,  was  die  braut  dem 
bräutigam  schenkt.  In  einem  älteren  Iseriohner  hochzeitsreime  wird 
gesagt:  well  di  feräiren  en  par  nigge  schau  un  däu  (da)  en  par 
silverne  spanken  tau/  Ebenda:  ,hai  well  di  feräiren  en  räuen  (roten) 
rock  un  däu  'ne  silverne  snäur  (schnür)  op'.  Dieser  rote  rock  er- 
innert an  das  Scharia chkleid,  dessen  die  Schrae  erwähnt.  ,Vort- 
mer',  heisst  es  no.  4,  ,so  en  sal  men  niner  bruyt  royt  scharlaken 
gheven  tu  clederen',  doch  wird  es  gestattet,  wenn  der  mitgift  wenig- 
stens 80  mark  dafür  zugelegt  werden. 

Aus  dem  Soester  Daniel  113  ergibt  sich,  dass  im  16.  jh.  Dach 
alter  sitte  das  brautpaar  von  den  gasten  zu  bett  gebracht  wurde,  um 
mitternacht  aber  wieder  aufstehen  muste^  wenn  die  hochzeitsgesellschaft 
mit  dem  brautweine  und  dem  b r a u t h a h n  ins  schlafgemach  trat. 
,Wy  bringet  ju  den  hauen  und  schenket  ju  den  rynschen  wyn', 
heisst  es  s.  116.  Ausserdem  wurde  auch  eine  brühe  gebracht,  in 
welche  eier  gerührt  waren.  Ebenda  s.  117:  ,dat  eysupen  well  wy 
tosemen  ettenS  Was  noch  in  unserer  zeit  an  diesen  gebrauch  er- 
innert, soll  unten  augeführt  werden.  Erläuternd  ist,  was  Kuhn, 
Mark.  Sagen  363,  aus  einem  berichte  von  1668  mitteilt;  man  vgl. 
auch  RA.  376.  Anderwärts  finden  wir  das  hahnbringen  und 
Weinschenken  obrigkeitlich  verboten.  In  den  Statuten  der  stadt 
Alen  von  1389  (Nies.  Münst.  ürk.  3,  217)  heisst  es:  ,Wanner  de 
brut  un  de  brudegam  byslopen,  so  sal  ein  ne  brengen  twe  hauen, 
enen  van  des  brudegams  wegene  un  de  andere  van  der  brut  wegene, 
van  eren  naihsten  frenden  (verwanten)  sub  poena  duorum  solid orum'. 
Zu  Koesfeld  heisst  es  1380  (ib.  199):  ,Thor  brutlacht  en  sal  men 
nynen  gheuelwyn  (gebewein)  dryncken,  noch  hauen  brenghen'. 
Ebendaselbst  um  1403  (s.  205):  ,Thon  brutlachten  en  sal  men  nynen 
hauen  brenghen  van  buten  int  hus^  Aus  den  Statuten  der  stadt 
Alen  (s.  2l2)  erhellt,  dass  die  Verlobung  mit  essen  und  trin- 
ken gefeiert  wurde.  ,In  den  ersten  deghingen  (heiratsbert düngen, 
Verlöbnis)',  heisst  es,  wanner  dat  met  beet  (beisst)  un  bedrinket\ 
und  nun  wird  vorgeschrieben,  welche  zahl  die  schusseln  sowol  für  die 
Verlobungsfeier,  als  für  die  hochzeit  (dat  grote  werscap)  nicht 
übersteigen  dürfen. 

In  den  Statuten  der  stadt  Dülmen  (s.  222)  findet  sich  eine  be- 
stimmung  über  die  festlichkeit  bei  ankunft  des  brautvvagens.  Der 
abend  dieses  tages  hiess  der  ,Jufferen  avent'.  Dann  sollten  nicht 
mehr  als  24  frauenzimmer,  halb  von  des  bräutigams,  halb  vou  der 
braut  Seite,  eingeladen  werden,  das  tanzen  sollte  hinfort  wegfallen. 

Von  diesen  bruchstücken  älterer  sitte  wende  ich  mich  zu  dem, 
was  noch  im  ersten  viertel  dieses  Jahrhunderts  in  unserer  Mark  vor- 
gekommen ist,  und  beginne  mit  der  aufzählung  einiger  abergläu- 
bischen meinungen,  welche  auf  heiraten  bezug  haben. 


129 

1.  Will  man  erforschen,  nach  welcher  himmelsgegend  hin  der 
oder  die  zukünftige  wohne,  so  pflückt  man  einen  saftigen  halm,  bricht 
den  gipfel  ab  und  drückt  den  saft  heraus.  Nach  welcher  seite  sich 
der  safttropfen  zum  herunterfliessen  wendet,  nach  der  hin  wird  der 
oder  die  zukünftige  wohnhaft  sein.     Gevelsberg, 

2.  Schlimm  ist  es  aber,  wenn  der  tropfen  auf  der  spitze  stehen 
bleibt,  denn  das  bedeutet  tod.     Alhringwerde, 

3.  Will  man  die  liebe,  den  stand  oder  die  ankunft  einer  person 
erforschen,  so  pflückt  man  die  strahlblattchen  eines  marienblümchens 
oder  einer  weissen  Wucherblume  aus,  indem  man  mit  ,er  liebt  mich^ 
und  ,er  liebt  mich  nicht'  dabei  wechselt.  Dieses  blumenorakel  wird 
schon  von  einem  deutschen  dichter  des  mittelalters  erwähnt  und  findet 
sich  auch  in  der  Lombaräei.  In  einem  gedichte  la  Sposa  (Frusta, 
Milano  21  luglio  1869)  sagt  Maria:  Ma  un  giorno  spinta  da  un'  ignota 
brama  volesti  un  bianco  fiore  interrogar  e  il  bianco  fiore  ti  rispose 
.ei  t'ama!,  ,t'ama!'  Taure  beate  replicar. 

4.  Kleine  mädchen  setzen  den  marienkäfer  (coccinella)  auf  die 
spitze  des  Zeigefingers  und  sprechen:  ,Sunnenschineken,  reägenschineken 
[sunnenkindken],  wannär  sali  ek  brüd  sin?'  Dann  zählen  sie:  ,en 
jär,  twe  jär  usw.'  bis  das  tierchen  auffliegt.     Witten. 

5«  Mädchen  falten  bandgras  und  stecken  es^in  den  strumpf. 
Klafft  dasselbe  nachher  beim  herausnehmen  auseinander,  so  sagen  sie, 
ein  liebhaber  denke  an  sie.     Alhringwerde. 

6.  Man  setzt  zwei  pflanzen  des  donnerkrauts  (sedum  telephium) 
in  einen  blumenscherben  zusammen  und  benennt  sie  nach  einem  burschen 
und  einem  mibdchen.  Wachsen  diese  pflanzen  ineinander,  so  gibt  es 
eine  heirat  unter  den  beiden  personen.     VolmetoU, 

7.  Drei  lichter  zu  gleicher  zeit  auf  dem  tische  bedeuten,  dass 
bald  eine  braut  im  hause  sein  werde.     Hemer, 

8.  Wenn  eine  zweijährige  pflanze  schon  im  ersten  jähre  blüht, 
oder  wenn  ein  bäum  zur  ungehörigen  zeit  bluten  zeigt,  das  bedeutet 
eine  braut  in  der  familie  des  eigentümers.     Hemer. 

9«  Lässt  ein  mädchen  das  schüsselwasser  kochen,  so  sagt  man, 
sie  bekomme  in  sieben  jähren  keinen  freier.     Hemer, 

10.  Bleibt  jemandem  eii^  dornbusch,  besonders  der  frickendorn 
(rosa  canina)  am  kleide  hängen,  so  heisst  es,  er  schleppe  seinen  braut- 
wagen nach.     Hemer. 

11.  Bemerkt  ein  unverheirateter  die  erste  schwalbe,  so  soll  er 
unter  dem  fusse  nachsehen,  ob  da  ein  haar  liegt ;  findet  sich  eins,  so 
wird  es  die  färbe  der  haare  seiner  zukünftigen  frau  haben.  Gegend 
von  Lüdenscheid. 

12.  Wo  der  feurige  drache  oder  ,heärbrand'  vorbeizieht,  da 
gibt  es  ehestens  heirat.  Albringwerde,  Auch  Holthaus  verzeichnet  in 
seinen  ,materialien'  dass  daher  eine  braut  kommen  werde. 

13.  'Pjt  flass  es  brügail  =  es  ist  eine  braut  im  hause.  So 
sagt  man,  wenn  der  flachs  jemandem  gut  gerät,  namentlich  recht 
lang  wird. 

Niederdeutsches  Jahrbuch.    HL  '  9 


130 

14.  Junge  mädchen  gehen  auf  Weihnachten  an  den  hühnerstall 
und  klopfen  die  hühner  wach.  Gackert  ein  huhn,  so  bekommen  sie 
im  nächsten  jähre  noch  keinen  liebhaber  oder  mann;  kräht  aber  der 
hahn,  so  werden  ihre  wünsche  erfüllt.     Westfäl,  Anseiger, 

Die  Brautwerbung.  Wie  unter  landleuten  der  gegend  von 
Hildesheim  (Seifart,  Sagen  146),  so  war  es  stellenweise  auch  im  kreise 
Iserlohn  sitte,  dass  der  bauer,  wenn  er  freien  wollte,  sich  von  einem 
freiwerber  begleiten  liess,  den  man  ,k ö p p e  1  e r'  (kuppler)  nannte. 
Hin  und  wieder  gab  es  personen,  die  sich  für  dieses  geschäft  in  all- 
gemeine kundschaft  gesetzt  hatten  —  ,a Hermanns  köppelers^ 
—  wie  der  verstorbene  Schneider  Locke  zu  Hemer  einen  solchen  vor- 
stellte. Kam  die  heirat  zu  stände,  so  erhielt  der  freiwerber  von  der 
braut  ein  hemd^)  (Hemer,  Deilinghofen),  oder  ein  paar  blaue 
Strümpfe  (Menden),  oder  vom  bräutigam  am  hochzeitstage  ein  paar 
lange  stiefeP)  (Weitmar).  Wir  haben  ein  Sprichwort,  welches 
das  geschäft  des  freiwerbers  für  undankbar  und  mislich  erklärt; 
jWann  de  breud  gäit  um  den  hard,  dann  es  de  köppeler  nitt  fiol  ward.' 

An  andern  orten  der  Mark  scheint  das  freien  mehr  unvermittelt 
betrieben  zu  sein.  In  folgender  weise  an  der  unteren  Lenne  und 
Volme  (Kreise  Iserlohn  und  Hagen). 

War  der  heirathslustige  bauer  über  die  wähl  seiner  zukünftigen 
mit  sich  im  reinen,  so  ritt  er  in  seinem  besten  anzuge  nach  dem  hofe, 
wo  er  werben  wollte  und  führte  sich  daselbst  ein  als  einer,  der  eine 
,stärke*  (junge  kuh)  kaufen  möchte.  Daher  wird  für  freien 
(,friggen'^)  auch  gesagt  ,oppen  steärkenhannel  gäen'.  Es  er- 
innert dies,  wie  eine  unten  anzugebende  sitte  an  das  ^Ite  kaufen 
der  fr  au,  vgl.  RA.  420  ff.  Ebenso  das  ,käup  es  käup!'  im  munde  der 
hinkenden  elster,  mit  welcher  die  krähe  eine  misheirat  eingegangen  war. 

Wenn  nun  die  eitern  der  Jungfrau  der  absieht  des  stärken- 
händlers  geneigt  waren,  so  ward  derselbe  gut  bewirtet  und  hatte  aucli 
wol  das  vergnügen  die  erwählte  einmal  in  die  stube  kommen  zu  sehen. 
Aber  um  den  preis  der  stärke  konnte  man  sich  noch  nicht  einigen. 
Der  freier  nahm  daher  abschied  und  sagte,  er  wolle  nächstens  wieder 
einsprechen  und  sehen,  ob  dann  etwas  auszumachen  sei.  Die  eitern 
des  mädcbens  erwiederten  freundlich,  das  möge  er  denn  tun.  Die 
heirat  ward  richtig,  und  man  hielt  die  Verlobung,  oder  den 
jhilink**),  der  an  einigen  orten  (z.  b.  in  Schwelm)  von  den  freunden 
des  brautpaars  mit  schiessen  aus  gewehren  und  böUern  (,kattenköppen^) 
gefeiert  wurde. 

*)  Ebenso  im  HUdesheimschen.     Seif.  1.  1.  146. 

*)  In  einem  dorfe  bei  Bochum  war  es  sitte,  dass  der  bräutigam  dem  Zimmer- 
mann ein  paar  lange  Stiefel  schenkte. 

^)  Sprichw.  Friggen  un  haidrögen  geschüht  fake  ümmsüss.  Bai  de  dochter 
friggen  well,  da  maut  de  mäuer  striken;  vgl.  das  engl.:  he that would the daughter 
win,  must  with  the  mother  first  begin.  Friggerigge,  friggeräd,  frigger&dschop  sind 
südwestf,  ausdrucke  für  freierei,  brautwerbung. 

*)  Mnd.  hillik,  hilich.  Hilink  bezeichnet  auch  den  polterabend.  Auch 
brüdwin  ist  an  einigen  orten  der  Mark  name  des  verlobungsfestes. 


181 

An  anderen  orten,  namentlich  an  der  unteren  Ruhr  im  südöst- 
lichen teile  des  kreises  Iserlohn  (Ihmerterbach),  wo  noch  die  redensart 
umgeht  ,de  brümer^)  sittet  oppem  heck',  setzten  sich  die 
freier  auf  das  tor  am  gehöfte  der  braut  und  erwarteten,  wem  'von 
ihnen  die  Jungfrau,  unter  der  form  eines  auftrags,  erlaubnis  geben 
würde,  ins  haus  zu  kommen  und  seine  Werbung  anzubringen. 

Eine  schimpfliche  abweisung  des  freiers  war  es, 
wenn  ihm  die  mutter  des  mädchens  ein  butterbrod  schmierte 
und  reichte.  ,Hä  woU  friggen,*  heisst  es  im  Lüdenscheidschen, 
,äwer  de  frau  gaf  'me  en  buater,'  d.  h.  sie  behandelte  den  burschen 
wie  einen  knaben,  dem  man  eine  geschmierte  ,brügge'  reicht.  Auch 
sonst  galt  das  butterschmieren  für  erwachsene  als  ein  zeichen  der 
geringschätzung. 

Die  Verlobung.  Im  östlichen  teile  des  kreises  Iserlohn  ward 
hin  und  wieder  noch  bis  in  die  mitte  dieses  Jahrhunderts  am  ver- 
lobungstage  vom  bräutigam  der  braut  ein  geldstück,  nach  umständen 
Silber  (taler)  oder  gold,  auf  treue  (,trüe,  trügge')  gegeben.  Man 
vgl.  den  fränkischen  rechtsbrauch,  ,per  solidum  et  denarium'  (durch 
Schilling  und  pfennig)  zu  verloben.  RA.  424.  Auch  im  Hildesheimschen 
war  das  handgeld  sitte.  Seif.  1.  L  146.  Diese  gäbe  selbst  hiess  auch 
,de  trüe  oder  trügge'.  Mir  ist  der  fall  bekannt,  dass  eine  frau  die 
münze,  welche  sie  ,op  trügge'  erhalten,  sorgfältig  aufgehoben  und  ver- 
wahrt hatte,  sie  dann  ihrem  ältesten  söhne  zu  gleichem  gebrauche 
einhändigte,  als  er  erklärte,  sich  verloben  zu  wollen.  Das  mag  häu- 
figer vorgekommen  sein.  Deilinghofen.  Ward  der  braut  die  heirat 
wieder  leid,  so  sante  sie  die  treue  zurück,  gerade  sowie  eine 
magd  das  mietgeld  zurückgeben  durfte.  Die  zurückgäbe  des  braut- 
talers  muss  doch  nicht  überall  statthaft  gewesen  sein,  wie  die  fol- 
gende Volksanekdote  zeigt.  Auf  einer  kindtaufe  ward  ein  etwas  ein- 
fältiger junger  mensch  von  frauenziramern  geneckt  und  gefragt,  wie 
das  wäre,  dass  er  nicht  heiratete.  Ein  hübsches  mädchen,  welches 
sich  an  diesem  necken  beteiligte,  lässt  sich  einfallen  zu  sagen,  es 
fände  sich  doch  wol  eine  frau  für  ihn.  Darauf  erwiedert  der  geneckte, 
wenn  sie  ihn  haben  wolle,  so  würde  er  heiraten.  Sie  erklärt  sich, 
ohne  dass  es  ihr  ernst  ist,  bereit  dazu.  Der  junge  mensch  reicht  ihr 
den  brauttaler,  den  sie  auch  annimmt.  Nachher  will  das  mädchen 
den  taler  zurückgeben,  er  aber  will  davon  nichts  wissen.  Ihm,  sagt 
er,  sei  die  sache  kein  scherz  gewesen.  Die  eitern  des  mädchens  be- 
mühen sich  dann  auch,  diese  Verlobung  rückgängig  zu  machen,  aber 
der  bursche  besteht  hartnäckig  auf  sein  recht.  Am  ende  wird  ihm 
die  hälfte  dessen  geboten,  was  das  mädchen  zur  aussteuer  erhalten 
würde.     Das  nimmt  er  an  und  die  jumfer  hatte  350  taler  verscherzt. 

Die  raitgift,  welche  die  braut  erhielt,  hiess  ,brüdschatt' 
(brautschaiz). 

^)  Bräutigam.  Brumer  =  brüdmann,  Radioff  2,  341,  denn  mer  ist  mar 
=  mann,  vgl.  ahd.  langmar  =  unserm  langmann,  mittelfinger.  In  Schwelm 
brüddigam. 

9* 


132 

Die  Verkündig ungsta'ge.  Nahte  die  hochzeit,  so  fand 
am  ersten  verkündigungstage  das  bräutigamgreifen  (,brümer- 
krigen')  oder  leiterbinden  (,ledderbinnen')  statt.  Der  bräutigam 
kommt  in  die  wohnung  der  braut,  wo  sich  verwante  und  freunde  zum 
,glückwün8chen*  eingefunden  haben.  Nun  heisst  es:  ,Dü  woss  us  hir 
de  juffer  ütem  huse  halen!'  —  ,Bu  jeä*,  sagt  er,  ,deäs  sinnes  sin  ek 
wuäl.^  —  ,Näi  fröndS  wird  ihm  gesagt,  dat  gäit  sou  nitt,  fi  mait  di 
faste  binnen.'  Mit  diesen  worten  legen  sie  band  an  ihn,  nehmen  ihn 
fest  und  binden  ihn  mit  einem  pferdezaume  auf  eine  leiter.  Die  leiter 
wird  aufgerichtet,  auch  wol  an  den  herd  gesetzt  und  darunter  pferde- 
dünger  angezündet.  Das  heisst  den  bräutigam  räuchern  (,den 
brümer  r5kern').  Man  fragt  ihn  nun:  ,Bat  woste  giawen,  wenn  fi  di 
loss  lätt.*  Er  bietet  darauf  die  lächerlichsten  dinge  als  lösegeld. 
Aber  die  gesellschaft  fordert  so  und  so  viel  schinken,  so  und  so  viel 
fass  hier  und  anderes.  Der  bräutigam  bietet  eine  metwurst,  womit 
man  natürlich  nicht  zufrieden  ist.  Endlich  nennt  er,  was  er  am 
zweiten  hochzeittage,  dem  nachbier  (.näbäir'^)  zum  besten  geben 
will.  Damit  wird  man  handeis  einig  und  er  seiner  unbequemen  haft 
entlassen. 

Ein  ähnliches  räuchern  trifft  den  bräutigamsvater^)  am  Schlüsse 
der  hochzeit. 

Hier  mag  beiläufig  eine  volksjustiz  erwähnt  werden,  die  noch  im 
ersten  viertel  des  laufenden  Jahrhunderts  zu  Ober-Hemer  geübt  wurde. 
Befand  sich  unter  den  hochzeitgästen  jemand,  der  an  einem  öffent- 
lichen orte  beleidigt  hatte,  ohne  noch  sühne  gegeben  zu  haben,  so 
ward  er  ergriffen,  auf  einen  ,wann'  gesetzt  und  am  herde  gebraten, 
d.  h.  der  hitze  ausgesetzt^),  bis  er  ein  lösegeld,  etwa  hier,  schinken 
u.  dgl.  geboten  hatte.  Bot  er  zu  wenig,  so  drehte  man  den  ,wann' 
um  und  briet  ihn  auf  der  andern  seite. 

Auf  den  dritten  verkündigungstag  fällt  das  bettstopfen 
(,beddestoppen'),  auch  schosstragen  (,slippendrägen')  genannt,  eben- 
falls in  der  wohnung  der  braut.  Diesmal  fangen  weiber  den 
bräutigam  und  stecken  ihn  ins  brautbett,  nachdem  sie  dasselbe 
mit  steinen  und  andern  harten  körpern  zu  einem  marterbette  gemacht 
haben.  Dann  und  wann  mag  dieser  gebrauch  einem  bräutigam  übel 
bekommen  sein.  So  wurde  im  ersten  viertel  dieses  Jahrhunderts  dem 
jungen  Platz  auf  Platzrolle  in  Hemer  durch  solche  behandlung  eine 
rippe  zerbrochen.  Man  wird  sich  darüber  nicht  wundern,  wenn  man 
weiss,  dass  dieser  ,ulk'  gewöhnlich  von  weibern  gemacht  wurde,  welche 
dem  berauschenden  näpfchen  (,köppenden  kümpken'),  wovon  weiter 
unten,  fleissig  zugesprochen  hatten.  Aber  nicht  immer  gelang  es  den 
weibern,  den  bräutigam  zu  bewältigen  und  ins  bett  zu  bringen.     Ent- 


^)  ,Fue  ärbäir  dagegen  bezeichnet  das  vorfest  einer  hochzeit.  Unsere  general- 
synode  verbot  vorbier  und  nachbier  an  Sonntagen. 

*)  Aelterer  mann,  der  als  zeuge  den  bräutigam  zur  trauung  führt ;  s.  unten. 

*)  So  wird  ,bräen*  häufig  gebraucht  z.  b.  ,hä  brädt  sik  de  schianen*  =  er 
wärmt  sich  tüchtig. 


133 

gieng  er  ihren  bemühungen,  so  sagten  sie,  er  werde  immer  in  diesem 
bette  liegen  müssen  d.  h.  seine  ehe  werde  kinderlos  sein.  Untere 
Volme  und  Lenne. 

In  der  gemeinde  Deilinghofen  findet  das  bettstopfen  am  abend 
vor  abgans  des  brautwagens  statt  und  ist  mit  einem  ,zech^  für  die 
anwesenden  weiber  verbunden.  Man  nennt  den  ,ulk',  der  dann  be- 
trieben wird,  ,de  b  r  e  u  d  1  ö  c  h  t  eS  vgl.  oben.  Das  fangen  des  bräuti- 
gams  fällt  dagegen  auf  den  abend  des  tages,  an  welchem  der  braut- 
wagen bei  ihm  angelangt  ist,  also  auf  den  abend  vor  der  hochzeit. 
Sobald  das  brautbett  in  seiner  behausung  aufgeschlagen  ist,  suchen 
ihn  die  weiber  zu  überwältigen  und  ins  bett  zu  stecken. 

Im  kirchspiel  Weitmar  versammeln  sich  die  Junggesellen  im  hause 
der  braut.  Der  bräutigam  muss  sich  dort  einfinden  und  man  schreitet 
zum  verkaufe  der  braut^).  Sie  wird  ihm  zugeschlagen,  wenn  er 
eine  seinen  Verhältnissen  angemessene  menge  hier  usw.  bietet,  Lässt 
sich  der  bräutigam  gar  nicht  herbei,  weder  am  ersten,  noch  am 
zweiten  und  dritten  verkündigungstage  diesen  gebrauch  mitzumachen, 
so  kann  er  darauf  rechnen,  dass  kein  mädchen  auf  seiner  hochzeit 
erscheint.  Die  Junggesellen  aber  giessen  ihm,  wo  sie  seiner  habhaft 
werden,  eimer  wasser  auf  den  köpf. 

Die  Einladung  zur  Hochzeit.  Sollte  zur  hochzeit , genötigt^ 
werden,  so  wird  damit  der  hochzeitbitter  oder  die  hochzeit- 
bitterin  beauftragt,  —  personen,  welche  mit  dem  herkömmlichen 
gründlich  vertraut  sein  mussten.  Im  kreise  Iserlohn  war  ihr  amts- 
zeichen  ein  mit  seidenbändern  von  allerlei  färben 
geschmückter  stab.  Diese  bänder  wuf den  bisweilen  alle  gleich 
von  der  braut  hergegeben.  War  das  nicht  geschehen,  so  füllte  sich 
der  stab  allmählich  durch  die  gaben  der  weiber  und  mädchen,  denen 
die  einladung  zugebracht  wurde.  In  der  Soester  Boerde  trug  der 
hochzeitbitter  die  bänder  am  hüte,  doch  auch  wol  am  stabe,  wie 
Immermann  dort  beobachtet  zu  haben  scheint,  vgl.  dessen  Münchhausen. 
Wohin  nun  der  hochzeitbitter  kam,  da  ,betete'  er  seinen  spruch 
,her'.  Der  anfang  eines  solchen,  wie  er  im  Lüdenscheidschen  vorkam, 
lautet  wie  folgt: 

,Ik  hewwe  en  ären  (botschaft) 

an  Ink  fan  brüd  un  brümer  —  an  den  hüshären, 

an  de  hüsfrau,  süane  un  döchter; 

se  sollen  sik  gefallen  läten  un  kuamen  am  duanerstage 

un  hSren  'ne  koppelassion. 

Wann  de  koppelassion  es  fullenbracht, 

dann  sollt  It  da  bliwen  en  dagh  un  'ne  nacht 

un  helpen  ferteären, 

wat  Güäd  werd  bescheären: 


*)  Auch  folgendes  erinnert  ans  ehemalige  kaufen  der  braut.  ,Eäup 
rügget  mÜ*  sagte  Hans  am  tage  nach  der  hochzeit,  als  er  sah,  dass  seine  Grete 
hinkte.  —  ,Käup  es  käup!*  sagte  Grete.  Vgl.  oben  s.  130  und  Mda.  III,  264. 
Brüd,  braut  lautet  bei  uns  im  plur.  brüde,  brfte,  aber  auch  brüten,  brutens. 


134 

twintigh  am  brannewin  uu  hunnerd  am  bäir 
da  well  fi  ferteären  med  plasäir, 
an  allen  ecken  un  kanten 
sollt  stän  feäte  bäir  un  musekanten. 
Wat  fi  äwwer  nitt  hewwet,  dat  weffi  ock  nitt  eäten, 
dat  häddik  lichte  balle  fergeäten. 

Wat  der  fält,  dat  sali  an  eäne  nit  fueädert  wären  u.  d.  übr.^ 
Mitunter  hatten  die  hochzeitbitter  mehrere  Sprüche,  kürzere  und 
längere.     So  lautete  die  kürzere  einladung  der  Deilinghofer  hochzeit- 
bitterin: 

,Ik  soll  se  gruissen  fan  N.  un  N.,  breud  un  bruimer,   un  se  hänn 

den  sinn,  se  wollen  am  duanerstage  eären  ärendagh  feiern;  dehär 

un   de   frau   un    de  kinner  sollen  sik  gefallen  läten  un  kudmen  na 

der  hochteid, 

un  maken  sik  fein, 

man  nitt  allte  fein, 

um  dat  breud  un  bruimer  de  finsten  sei'n!^ 

Um  auszudrücken,  dass  man  die  einladung  annehme,  wird  bis- 
weilen gesagt:  ,Fi  wellt  de  ledder  int  pütt  daueu  un  'et  heus  oppen 
balken  un  kuamen.'  Der  einladung  nicht  auflfolgen,  hiess:  ,de  hoch- 
teid oppen  stall  släen.' 

Bei  sogenannten  fleischhochzeiten  wurde  zugleich  auf  den 
korb  (,oppen  kuarf*)  eingeladen. 

Das  Korbbringen.  Die  grösseren  hochzeiten  waren  ent- 
weder fleisch-  oder  käsehochzeiten.  Zu  einer  fleischhochzeit 
wurden  dem  hochzeiter, «einen  oder  mehre  tage  vorher,  von  den  ein- 
geladenen körbe  geschickt.  Ein  solcher  korb  enthielt  in  der  regel: 
einen  Schinken,  eine  recht  bunt  gemachte  ,welle'  butter  und  specerei- 
waaren  (reis,  zucker,  kaflfee).  Kamen  die  körbe  aus  dem  Wohnorte 
der  braut,  so  pflegten  die  korbbringerinnen  sich  auf  den  brautwagen 
zu  setzen. 

Der  Brautwagen.  Der  brautwagen  kam  gewöhnlich  am 
tage  vor  der  hochzeit.  Ihn  zierte  wol  von  alters  her  ein  lebendi- 
ger hahn.  der  auf  einen  besen  gebunden  ist.  Man  nennt 
diesen  Hahn  zu  Deilinghofeu  den  ,räukhanen'.  War  dem  braut- 
hahn,  wie  vermutet  werden  darf,  in  früherer  zeit  die  rote  färbe 
wesentlich,  so  begreift  sich  dieser  name,  da  auch  der  rauchhahn  d.  i. 
ziushahn^)  rot  sein  muste;  vgl.  RA.  376.  Es  ist  aber  auch  möglich, 
dass  ,räukhane'  geradezu  aus  ,räudhane*  entstellt  wurde.  Dass  ein 
solches  compositum  wahrscheinlich,  lehrt  ,räudhenne'  (rothenne),  ein 
name  den  man  roten  kühen  zu  geben  pflegt.  Welchen  lärm,  welches 
jauchzen  (Jeuchen')  die  auf  dem  brautwagen  sitzenden  und  der  flasche 
zusprechenden  frauleute  verführten,  kann  man  leicht  denken.  Nie 
bemerkt  habe  ich  jedoch  die  grausamkeit,  von  der  Lyra  in  seinen 
plattdeutschen   briefen    (s.    65)    aus    dem   Osnabrückschen    berichtet. 


*)  Hä  kräigh  en  kopp  as  en  tinshane. 


135 

,Maii  EensS  sind  seine  wörte,  ,woirk  mi  dach  wual  geeren  uutbidden, 
nämlik  dat  Ji  nich  togiewen  schiölen,  dat  se,  wann  se  den  Bruut- 
waagen  bringet,  'n  Hahnen  vorne  up  den  eersten  Waagen  faste  bäunen, 
den  se  dann,  dat  he  stännig  kreggen  schiöle,  vor  Gewalt  sauviel 
Brannewiin  in'n  Hals  geetet,  dat  em  antleste  de  blaue  Leuche  (lohe) 
uut'n  Bille  (schnabel)  schleit  un  he  up  'ne  unbamhertige  Wiise  ver- 
recken mot.' 

Der  Vorzech.  Für  die  korbbringerinnen  und  die  begleiter 
des  brautwagens  gab  es  im  hause  des  hochzeiters  einen  ,fueärzechS 
der  auch  ,fueärbäir^  genannt  wurde.  Dabei  fand  denn  auch  wol  das 
zerschmeissen  alter  geschirre.  der  sogenannte  polterabend  statt. 

Die  Zeit  der  Hochzeit.  Die  tage,  an  welchen,  sonst 
wenigstens,  im  Süderlande  am  liebsten  hochzeiten  gehalten  wurden, 
waren  dins  tag  und  f r eit ag,  vorab  aber  donnerstag.  Geringere 
brautpaare  liessen  sich  am  samstage  trauen.  Früher  galt  jeder 
andere  tag ,  der  samstag  mit  eingeschlossen ,  für  unheilvoll  zu 
diesem  zwecke.  Auch  auf  dem  Hellwege  legte  man  die  hochzeit 
am  liebsten  auf  den  donnerstag.  Die  trauung  fiel  gewöhnlich  auf 
11 — 12  uhr  vormittags.  Auf  dem  Hellwege  wurden  die  meisten  hoch- 
zeiten in  den  Spätherbst  verlegt,  weil  der  bauer  dann  draussen 
wenig  zu  tun  hat  und  weil  dies  die  zeit  ist,  wo  das  meiste  vieh  ge- 
schlachtet wird. 

Der  Ort  der  Trauung.  In  der  Soester  Boerde  wird  jetzt, 
wie  ich  höre,  gewöhnlich  in  der  kirche  getraut;  auch  Immermann 
verlegt  die  trauung  seiner  schulzentochter  in  die  kirche.  Im  kreise 
Iserlohn  zogen  nur  geringere  brautpaare  oder  leute  von  einer  ge- 
wissen religiösen  färbe  in  die  dorfkirche,  dagegen  liessen  sich  die 
fetteren  bauern  daheim  copulieren.  Man  wählte,  wenn  es  nur  eben 
die  Witterung  erlaubte,  zu  dieser  handlung  einen  platz  unter  der 
dicksten  eiche  des  gehöftes,  oder  aber  die  dehle,  wo  dann 
das  brautpaar  gerade  unter  der  bodenluke  (balkenhuäl)  stehen 
muste.  Diese  stelle  wurde  mir  auch  namentlich  zu  Brackel  bei  Dort- 
mund als  der  platz  bezeichnet,  wo  früherhin  gewöhnlich  die  haus- 
copulationen  statt  fanden.  Hält  man  dazu,  dass  eben  dort  auch  der 
sarg  vor  der  abfahrt  aufgestellt  wird,  und  das  früherhin  (nach  dem 
Lüdenscheider  Statute  18)  unter  der  bodenluke  die  eide  abgenommen 
wurden,  so  liegt  die  Vermutung  nahe,  dass  dieser  ort  im  westfälischen 
bauerhause  eine  besondere  heiligkeit  hatte. 

Zog  das  brautpaar  zur  trauung  in  die  kirche,  wobei  es  die  gaste 
an  schiessen  nicht  fehlen  liessen,  so  war  die  Ordnung  an  einigen 
stellen  diese:  musikanten  (clarinet,  geige,  hörner),  bräutigamsvater 
(siehe  oben!),  bräutigara  und  männliche  begleitung;  dann  folgten 
brautmutter,  braut  und  weibliches  geleit.  In  Deilinghofen  zieht  die 
braut  mit  ihrer  begleitung  zuerst  in  die  kirche,  beim  auszuge  macht 
der  bräutigam  den  anfang. 

unser  Süderland  kennt  keine   brautjumfern*)  und  braut- 

*)  D.  h.  auf  dem  lande;  in  Städten  wol. 


136 

knechte;  deren  stelle  vertreten  bräutigamsvater  und  braut- 
mutter,  welche  aus  den  notnachbarn  gewählt  werden  und  nicht  mit 
den  eitern  der  brautleute  zu  verwechseln  sind.  Diese  sitte  ist  alt, 
auch  Luther  kennt  sie.  In  seiner  Hauspostille,  Fred,  am  2  post  Epiph. 
sagt  er  nach  der  alten  nd.  Übersetzung:  ,De  (nämlich  die  mutter 
Jesu)  wert  vellichte  der  brudt  erkaren  moder  vp  der  hochtidt 
gewesen  syn/  Immermann  (Münchhausen)  spricht  von  drei  braut- 
j  um  fern,  welche  die  tochter  des  Hellweger  hofschulzen  zur  kirche 
begleiten.  Heute  begnügt  man  sich  in  der  Soester  Boerde  auch  wol 
mit  zwei  brautjumfern,  welche  zu  beiden  seiten  der  braut  stehen. 

Die  braut  hatte  häufig  das  Vorrecht  zur  kirche  reiten  zu 
dürfen,  selbst  wenn  der  hof  nur  wenige  schritte  entfernt  lag.  Sie 
sass  dann  hinter  dem  brautführ er^).  Der  weg,  den  sie  zogen, 
muste  der  n  o  t  w  e  g  sein.  In  Äpricke  bei  Deilinghofen  war  der  braut 
von  einer  alten  frau,  welche  .schichten'  konnte,  vorhergesagt,  sie  würde 
sich  am  hochzeitstage  aus  dem  und  dem  ,springe'  waschen  wollen, 
aber  nicht  rein  werden,  bis  sie  an  den  und  den  andern  gehe,  auch 
würde  sie  einen  andern  weg  als  den  notweg  reiten  wollen,  aber  das 
pferd  werde  auf  demselben  nicht  fortzubringen  sein.  Der  aufgeklärte 
bruder  der  braut  wollte  das  abgehen  von  alter  sitte  durchsetzen,  aber 
das  ,wickeweif'  behielt  recht. 

Die  musikanten,  der  brautführer  und  die  unverheirateten  manns- 
leute  sind  geschmückt  mit  sträussen  (,Iüstken')  von  buchs  mit 
blattgold  und  blumen,  welche  man  vermittelst  eines  blauseidenen 
bandes  zusammen  gebunden  hat.  Die  musikanten  tragen  ihren  strauss 
an  den  instrumenten,  der  brautführer  am  hüte,  die  burschen  im 
knopfloche,  neuerdings  auch  an  der  mutze  oder  am  hüte. 

Vor  der  kirche  angekommen  fasst  der  bräutigamsvater  den 
bräutigam  an  und  führt  oder  zieht  ihn  vor  den  altar,  um  ihn  neben 
der  braut  aufzustellen,  dann  tritt  er  etwas  zurück  und  sieht,  ob  arme 
und  beine  seines  anbefohlenen  auch  die  rechte  haltung  haben.  Fehlt 
es  daran,  so  wird  wol  mit  einem  derben  rucke  oder  fusstritte  gebessert. 
Während  der  trauung  stehen  brautmutter  und  bräutigamsvater  etwas 
hinter  dem  brautpaare  zurück;  die  erstere  hält  das  umschlagetuch 
der  braut,  der  letztere  den  hut  des  bräutigams. 

Die  Traureden  mögen  früher  manchmal  würdige  gegenstücke 
zu  Jobst  Sackmann's  ,Erret  de  Speellude  nicht'  gewesen  sein.  Der 
alte  Ennichmann  zu  Kierspe  traute  vor  mehr  als  80  jähren  ein  braut- 
paar  aus  der  Verwandtschaft  meines  seligen  vaters  über  den  text: 
,Frigg  din  näbers  kind,  dann  wäistu  wat  du  finds;  koup  din  näbers 
peärd,  dann  wäistu  wat  du  heäs!'  Ob  die  rede  selbst  so  populär 
gewesen  ist,  wie  der  text,  weiss  ich  nicht,  doch  ist  es  mir  von  Ennich- 
mann wahrscheinlich. 

Wenn  sich  das  brautpaar  bei  der  truuung  die  bände  zu  reichen  hat, 
so  achtet  man  in  Deilinghofen  und  anderwärts  darauf,  wessen  daumen 
oben  liegt,  weil  der  die  herschaft  haben  werde. 

*)  Auch  tömer  und  im  köln.  Süderlande  brüdjunge  genannt. 


137 

Nach  der  trauung  gibt  die  brautmutter,  namens  der  braut,  an 
pastor  und  küster  ein  taschentuch;  auch  der  koch  oder 
der  bäcker  erhält  eins.  Man  vgl.  die  Hildesheimsche  sitte  bei  Seifart 
I.  1.  150.  Früher  erhielt  der  koch  oder  bäcker  von  der  braut  eine 
weisse  schürze,  die  er  vorgebunden  haben  musste,  wenn  er  mit 
ihr  den  brauttanz  tat. 

Nach  der  trauung  wurde  die  braut,  mochte  sie  auch  zu  fuss  in 
die  kirche  gekommen  sein  und  das  hochzeiterhaus  nur  wenige  schritte 
von  derselben  entfernt  liegen,  auf  einem  pferde  abgeholt.  Wäh- 
rend sie  hinter  den  brautführer  aufsteigt,  eilt  der  bräutigam  hals  über 
köpf  nach  seiner  wohnung.  Das  tut  er,  damit  er  rechtzeitig  zum 
empfange  der  braut  an  seiner  türe  bereit  stehe  und  dem  brautführer 
ein  glas  mit  getränk  und  einem  geldstücke  darin  überreichen  könne. 
Deilinghofen.  In  noch  früherer  zeit  erhielt  ebenda  der  bräutigam  von 
seinen  unverheirateten  genossen  beim  ausgange  aus  der  kirche  reich- 
liche schlage,  wenn  seine  Schnelligkeit  ihn  nicht  rettete.  Mit 
der  prügelscene  bei  Immermann  (Münchh.  III,  5)  hat  es  seine  richtig- 
keit ;  im  ersten  viertel  dieses  Jahrhunderts  war  dieselbe  regel  in  der 
Soester  Boerde.     Vgl.  Weddigen,  Stat.  1,  65  und  66. 

In  Hemer  pflegte  der  bräutigam  der  brautmutter,  sobald  sie  im 
hocbzeitshause  erschien,  ein  glas  getränk,  mit  einem  halben  krontaler 
oder  mehr  darin,  zu  überreichen. 

An  einem  orte  in  der  gegend  von  Plettenberg  war  der  hergang 
folgender.  Der  brautführer,  dort  zaumhalter  (,tönjer')  genannt, 
ritt,  mit  der  braut  hinter  sich,  auf  die  wohnung  des  bräutigams  zu. 
War  dieser  nicht  so  schnell  bei  der  band,  wie  sich's  gebürte,  so  ritt 
jener  mit  der  braut  vorbei  und  der  bräutigam  hatte  unter  dem  ge- 
lächter  der  gaste  das  nachlaufen.  Er  war  nämlich  verpflichtet,  seiner 
braut  einen  stuhl  zum  absteigen  und  dem  brautführer  ein  glas  getränk 
zu  bringen.  Dieses  glas  enthielt  ein  geldstück  und  pflegte  mit  nesseln 
oder  anderen  Stachelgewächsen  umwickelt  zu  sein. 

Es  versteht  sich  von  selbst,  dass  das  hochzeiterhaus  häufig  mit 
einem  ehrenbogen  und  ausserdem  mit  laub-  und  blumengewinden  ge- 
schmückt war ;  selbst  haustiere,  wie  kühe  und  rinder,  pflegte  man  mit 
quasten,  das  federvieh  mit  seidenbändern  zu  verzieren. 

Das  Hochzeitmahl.  Bei  einer  fleischhochzei  t  musten 
wenigstens  folgende  gerichte  aufgetragen  werden:  eine  mit  vielem  safran 
gefärbte  suppe  (hühnersuppe),  rindfleisch  oder  hühner,  schinken  und 
Sauerkraut  mit  weissen  bohnen,  geschmortes  fleisch  (sogenannter 
pflaumenpotthast)  mit  pflaumen  und  reisbrei.  In  den  nachgelassenen 
papieren  des  älteren  Marks,  schuUehrers  zu  Deilinghofen,  finde  ich 
folgendes  bemerkt: 

,Hochzeit  Aufsetzung.  Erstl.  Suppe,  auf  3te  Paar.  Mosterstück 
(stück  fleisch  mit  senf,  vgl.  auch  Münchh.  III,  17)  und  Schencken  als 
grobe  Schusseln  ofs  2te  Paar.  Potthast  prumen  et  Corinthen  ofs  2te 
Paar.  1  schüssel  Brahe  (braten).  2  Schüsseln  Reiss  4te  Paar. 
2   Butter  u.    Kesse.      Beschluss.     Zum   paar   gehört   M.   Fr,  -  Kind.' 


138 

(In  älterer  zeit  sagte  man  scotel  (schüssel)  statt  paar  und  meinte 
mann  und  frau,  oder  andere  befreundete  paare,  die  aus  einer 
Schüssel  assen). 

,Auf  vornehmeren.  Suppe,  Schencken,  Posteete,  Rüben  mit  frisch 
Fleisch,  Euhzunge,  Wurtzeln  (mohrrüben),  Torten  von  .  .  .  und  stecke- 
birn  (Stachelbeeren  und  1  Von  Prumen  (pflaumen),  Reiss,  Krebse, 
Forellen,  Erdbern,  Woldbern  (waldbeeren  d.  i,  heidelbeeren),  Butter, 
Käss,  Eiserkuchen  (fladen),  Macronen,  Weissbrod.'  So  weit  der  alte 
Marks. 

Für  messer,  gabeln  und  löffel  hatten  die  meisten  gaste  selbst 
zu  sorgen.  Die  suppe  ass  man  gemeinsam  aus  den  näpfen.  Für  die 
übrigen  speisen  wurden  statt  der  teller  runde  brettchen  aufgelegt,  die 
der  koch  oder  hochzeitbitter  säckevoll  zum  verleihen  vorrätig  hatte. 

Ein  nicht  geladener  gast  hiess  ,d r o  1 1  g a s t.'  Dieses  wort 
scheint  eigentlich  einen  spassmacher  zu  bezeichnen,  der  wie  Steinhausen 
bei  Immermann  (Münchh.)  im  kreise  Iserlohn  sonst  nicht  fehlen  durfte 
und  auch  ungeladen  willkommen  war.  In  Gr.  D.  Wörterbuche  wird 
droUgast  anders  und  zwar  aus  trollen,  sich  wegscheren,  erklärt. 
jTüngäste^  nannte  man  bettler  und  solche,  die  sich  ausserhalb  des 
gehöftes  hinter  den  zäunen  lagerten,  um  vom  hochzeitgeber  oder  von 
den  gasten  eine  gäbe  zu  erhalten.  Ein  tüngast  ist  bei  ImmermaDO 
der  einäugige  spielmann,  der  vom  hofschulzen  in  den  eichenkamp  ge- 
wiesen wird,  ,um  dort  der  Stillung  seines  hungers  gewärtig  zu  sein.* 
Die  Zaungäste  waren  bei  unseren  süderländischen  hochzeiten  mitunter 
sehr  zahlreich. 

Geringer  als  die  fleischhochzeiten  waren  diekäsehocl\,zeiten 
bei  welchen  jedem  gaste  ein  ,stuten*  und  ein  stück  holländischen 
käs  es  vorgelegt  wurde.  Butter  und  geistige  getränke  nahm  man  dann 
nach  belieben.  Was  man  nicht  ass,  nahm  man  gewöhnlich  mit  nach 
hause.  Das  bewirten  der  hochzeitgäste  mit  käse  wird  auch  in  der 
Soester  Schrae  erwähnt;  es  bildete  damals  aber  nicht  das  hauptmahl. 
Im  neuen  Westfälischen  Magazine  werden  unsere  süderländischen  käse- 
hochzeiten  bierhochzeiten  genannt.  Im  sommer  wurde  mit  bier- 
kaltschale,  im  winter  mit  biersuppe,  ausserdem  mit  butterbrot  und 
brantwein  bewirtet.  Auf  dem  Hellwege  gab  man  brantwein  mit  zucker 
und  butterbrot. 

Bei  tische^)  sass  die  braut  zwischen  dem  pastor  und  der  braut- 
mutter.  Durch  die  letztere  muste  ihr  alles  vorgelegt  werden.  Wie 
strenge  es  in  dieser  beziehung  gehalten  wurde,  lehren  schon  die 
redensarten :  ,8e  lätt  sik  oppassen  as  'ne  brüd'  und  ,ik  well  dl  mal 
wier  oppassen,  wanste  brüd  büst.'  Der  bräutigam  dagegen  war 
gehalten,  in  jacke,  weisser  schürze  und  weisser  Zipfelmütze  den  auf- 
wärter  bei  tische  zu  machen.  So  fand  ich  es  noch  in  den  vier- 
ziger Jahren  im  kreise  Altena  auf  hochzeiten  der  kleinbauern.  Bei 
Immermann  (Münchh.    III,    6)  ist  der    bräutigam  erster,   der   schul- 


*)  Der  tisch,  an  welchem  die  braut  sitzt,  heisst  der  ,b  r  ü  d  d  i  s  k.* 


139 

meister  zweiter  aufwärter.  Aehnliches  fand  bei  tauffesten  statt,  wq 
der  jkrämherr'  aufzuwarten  hatte.  Vgl.  N.  Westf.  Mag.  zur  Charak- 
teristik des  Landvolkes  in  der  Westf.  Gr.  Mark. 

Das  Umwandeln  des  Herdes.  Am  ersten  oder  zweiten 
hochzeittage  wird  die  braut  dreimal  um  den  kesselhaken  (,h&l<) 
des  herdes  geführt.  Dies  heisst :  ,de  brüd  ümt  häl  laien.'  Im  kirch- 
spiele  Weitmar  wurden  dabei  sprüche  gesprochen.  An  einigen 
orten  ist  ein  herdfeuer  wesentlich,  und  das  wird  wol  das  ur- 
sprüngliche des  uralten  gebrauches  sein.  So  wurde  z.  b.  in  Brackel 
bei  Dortmund  vorn  auf  dem  herde  ein  feuer  angezündet  und  das  hahl 
vorwärts  darüber  gezogen.  Beim  umführen  der  braut  warf  man  das 
feuer  mutwillig  auseinander  und  nach  ihr  hin.  Vgl.  auch  Weddig.,  Stat, 
67.  Für  das  hohe  alter  des  gebrauches  spricht,  dass  nach  den  Veden 
Agnis  (lat.  ignis)  feuergott  und  zugleich  gott  der  ehe  ist. 

Ist  die  Umwandlung  des  hahles  oder  herdes  geschehen,  so  lässt 
man  die  braut  beweise  geben,  dass  sie  sich  auf  haus- 
haltungsgeschäfte  versteht.  Sie  muss  z.  b.  kehren,  das 
feuer  schüren,  wasser  aus  dem  brunnen  ziehen  (pütten),  man  führt 
sie  an  die  waschbank  und  gibt  ihr  einen  handbesen  in  die  band,  um 
einen  zuber  (,häldO  zu  reinigen;  man  führt  sie  in  den  garten  und 
lässt  sie  graben,  in  den  hof  und  umgeht  mit  ihr  bäume;  man  zeigt 
ihr  die  grenzen. 

Dann  kommt  die  reihe  an  den  bräutigam,  der  ebenfalls 
proben  geben  muss,  dass  er  zu  arbeiten  versteht.  Man 
gibt  ihm  eine  axt  in  die  band  und  lässt  ihn  einen  klotz  behauen; 
man  hängt  ihm  den  samenkorb  (sädlftpen^)  um  und  lässt  ihn  säen. 
Hemer,  Deilinghofen;  vgl.  auch  Weddigen,  Stat.  66. 

Eigentümlich  und  mit  der  ehemaligen^)  Wichtigkeit  der  bienen- 
zucht  in  unserer  gegend  zusammenhängend  war  es,  dass  man  das 
brautpaar  zur  bienenhütte  führte.  Man  klopfte  die  bienen- 
stöcke  (,biker')  an  mit  den  werten: 

Eimen  in.  eimen  eut, 

heir  es  de  junge  breud! 

eimen  um,  eimen  an, 

heir  es  de  junge  mann! 

e'imekes  ferlatt  se  nitt, 

wann  se  nu  mal  kinner  krittl     Ispey. 

Sollte  das  tanzen  beginnen,    so  tat  der  koch  oder  b  ä  c  k  e  r 

drei  ehrentänze  mit  der  braut,   einen  langsamen  (menuet), 

einen    schnelleren   tanz   und   einen   walzer.      Nach  mehreren  bei  uns 

umgehenden  märchen  muss  es  früher  auch   sitte   gewesen   sein,   dass 


^)  Vgl.  Capitul.  Garoli  M.  (Monum.  Paderb.  329),  wo  neben  rindvieh,  haber 
(annona),  rocken  (sigale)  und  gerste  auch  h  o  n  i  g  als  haupterzeugnis  Altsachsens 
erscheint.  In  den  nördlichen  haideländern  war  der  honig  häufiger  (2  siglse  =  1  solidus), 
als  bei  den  Bortrinern  (Boerdebewohnern),  wo  IVj  siglse  =  1  solidus.  Das  Süder- 
land  lieferte  wol  mehr  honig  als  der  Hellweg. 


140 

—  umgedreht  —  der  bräutigam  mit  der  köchin  tanzte;   vgl. 
Die  drei  balle,  gedruckt  bei  Kuhn,  Westf.  Sagen  etc.  II,  251  S. 

Im  kirchspiel  Weitmar  tut  der  nächste  unverheiratete 
n achbar  den  ersten  tanz  (,brüddans^)  mit  der  braut. 

Im  N.  Westf.  Magazine  wird  berichtet,  dass  der  nächste 
unverehelichte  verwante  des  bräutigams  gleich  nach 
aufgehobener  mittagstafel  den  brauttanz  mit  der  braut  tanzte.  Wedd., 
N.  W.  Mag.  66. 

Wesentlicher  hochzeittanz  waren  vor  zeiten  die  jetzt 
beinahe  vergessenen  siebensprünge.  Bei  jedem  dieser  wunder- 
lichen Sprünge,  die  den  tänzer  bald  mit  dem  rechten,  bald  mit  dem 
linken  knie,  bald  mit  dem  rechten,  bald  mit  dem  linken  ellbogen, 
bald  mit  der  rechten,  bald  mit  der  linken  band  und  endlich  mit  der 
nase  auf  die  erde  brachten,  ward  die  zahl  des  Sprunges  angegeben, 
gespielt  und  gesungen:  ,Kennstu  nitt  de  siawen  Sprünge,  kennstu  nitt 
de  sässe?  ja,  min  här,  ik  kenn  se  wuäl,  ik  dansse  as  en  eadelmann. 
juchhäi!  juchhäi !  juchhäü*  Der  siebensprung  kommt  auch  in  Schwaben 
und  anderwärts  vor.  Vielleicht  erinnert  er  an  die  sieben  schritte  der 
indischen  hochzeit;  vgl.  Kuhn  Westfäl.  Sagen  usw.  II,  150  ff. 

Am  abend  versammelten  sich  die  weiber  bei  der  braut,  um  ihr 
das  käppchenaufzusetzen.  Man  nennt  dasselbe  in  Deilinghofen 
das  ,jämerkäppken^  Hat  diese  benennung  den  sinn,  der  im  sprich- 
worte  jEhstand,  wehstand'  liegt,  oder  ist  ,jämer'  hier  gar  nicht  dem 
hd.  Jammer  entsprechend.  Vielleicht  soll  damit  nur  ein  käppchen 
von  geringem  werte  bezeichnet  werden,  wie  man  ein  dürftiges  vor- 
hemd  ein  Jämerläppken'  nennt.  An  dieses  käppchen-aufsetzen  schloss 
sich  folgendes.  Eine  nachbarin,  welche  die  altertümlichsten  kleidungs- 
stücke  besass,  lieh  dieselben  her  und  sie  wurden  der  braut  angelegt. 
Darauf  zogen  die  weiber  mit  ihr  ins  tanzzimmer,  wo  alles  platz 
machen  muste.  Nachdem  sie  hier  mit  ihr  getanzt,  führten  sie  die- 
selbe zum  bräutigam,  um,  wie  sie  sagten,  zu  sehen,  ob  er  sie  in 
diesem  aufzuge  noch  kenne.  War  das  geschehen,  so  ward  sie  von 
neuem  in  ihren  hochzeitstaat  gekleidet. 

Zum  anzuge  einer  süderländischen  braut  gehörte  sonst  wesentlich 
eine  hohe  mutze,  das  ,stick'  genannt.  Um  dieselbe  gieng  ein 
rotseidenes  band,  welches  sich  auf  dem  Hellwege  länger  in  ge- 
brauch erhalten  hat.  Viele  braute  aus  der  umgegend  von  Iserlohn 
hatten  kein  eigenes  , stick*.  Man  lieh  es  für  diese  tage,  wozu  in  der 
Stadt  gelegenheit  war.  lls  scheint  daher  eine  eigentümliche,  nicht 
für  den  gewöhnlichen  gebrauch  dienende  brauthaube  gewesen  zu  sein. 
Aber  nur  die  keusche  braut  durfte  das  , stick'  tragen.  Muste  eine 
schwangere  braut  ohne  ,stick'  zur  kirche  ziehen,  so  rief  wol  einer, 
wo  sie  vorbei  kam:  ,Bärümmer  heät  dai  breud  kain  stick  op?'  — 
Darauf  antwortete  ein  anderer:  ,Sai  heät  et  unnerm  fueärdauke!' 
Hemer.     Vgl.  Kuhn,  Westf.  Sagen  II,  41. 

Eine  brautkrone,  wie  sie  Immermann  (Münchh.  III,  2)  be- 
schreibt,  kam   wirklich   im   ersten  viertel  dieses  Jahrhunderts  in  der 


141 

Soester  Boerde  vor;  sie  war  mit  sternen  und  bändern  besetzt,  mit- 
unter durch  echtes  gold  sehr  kostbar.  Immermann  bemerkt,  dass  sie 
stets  angeliehen  werden  muste.  Vgl.  die  sitte  in  Perugia  bei  Stahr, 
Ein  Jahr  in  Italien  III,  377. 

Während  das  aufsetzen  des  käppchens  vorgenommen  wurde, 
gieng  diebrautmutter  mit  dem  kümpchen  umher  und  steckte 
jedem  der.  anwesenden  einen  löflfel  voll  in  den  mund.  Der  inhalt 
dieses  näpfchens  war  eine  kaltschale  von  brantwein,  zucker  und  pfeffer- 
kuchen  (,geärkauken'),  wozu  noch  wol  rosinen  kamen.  In  Deiling- 
hofen  nennt  man  es  ^Waisthiiafs  näppken';  die  kalteschale  hatte  an 
verschiedenen  orten  verschiedene  namen:  timpenbrei,  tintenbrei^) ; 
in  Albringwerde!  wiggebri;  in  Werdohl:  brüdtriesek^)  und  wol  noch 
anders.  Man  vgl.  das  sop  (dat  süpen),  eine  kaltschale  von  wein  und 
Waffeln,  welche  in  England  der  braut  gereicht  ward,  Shakesp.  tam. 
of  the  shrew  III,  2. 

In  der  gegend  von  Schwerte  brachten  die  weiber  eine  k  u  c  h  e  n- 
pfanne  herbei,  damit  die  braut,  der  sie  das  käppchen  aufgesetzt 
hatten,  sich  darin  spiegele.  Dann  assen  sie  milch  und  Zwieback  auf 
das  wohl  der  neuvermählten. 

Die  meisten  hochzeiten  auf  dem  lande  bei  uns  waren  sonst  so- 
genannte gebehochzeiten.  Nach  dem  N.  Westf.  Mag.  wurde  in 
gegenwart  des  pastors  gegeben.  Im  18.  jh.  bemühten  sich  die  general- 
synoden  öfter,  ein  verbot  der  grossen  gebehochzeiten  zu  erlangen; 
auch  1801  stellte  die  generalsynode  in  ihrem  berichte  dieselben  als 
nachteilig  für  die  sitten  und  als  ,prellerei'  dar.  Als  in  den  ersten 
decennien  des  laufenden  jh.  wieder  vielfach  über  den  damit  verbundenen 
aufwand  und  die  daraus  entspringende  unsittlichkeit  klage  geführt 
wurde,  suchte  man  im  jähre  1820  die  gebehochzeiten  durch  eine  ab- 
gäbe von  5  bis  lO^/o  der  einnähme  an  die  armenkasse  zu  beschränken. 
Dies  erwies  sich  unzulänglich,  und  ein  gesetz  vom  3.  Mai  1829  ver- 
bot die  gebehochzeiten  ganz.  Dabei  ist  zu  bemerken:  Jene  klage  über 
die  gebehochzeiten  wurde  hauptsächlich  von  arbeitgebern  geführt,  , 
welche  sich  dadurch  von  ihren  arbeitern  besteuert  sahen.  Seit  jenem 
verböte  wird  nun  zwar  im  allgemeinen  für  hochzeiten  weniger  auf- 
gewendet, dagegen  aber  ist  der  sonstige  aufwand  für  brantwein,  hier 
und  andere  luxusgegenstände  so  wie  für  tanzvergnügen  ausserordentlich 
gestiegen.     Ueberdies  wird  obiges   verbot   umgangen.     Selbst   in   den 

')  Tintenbrei,  auch  tüntenbrei  sind  verderbt  aus  timpenbri  =  wigge- 
bri; vgl.  de  wegge  is  upgegetten  wente  an  den  timpen.  Dodendantz  in  Bruns 
Beitr.  p.  340.    Jedenfalls  war  es  urspr.  ein  brei  aus  keilförmigem  gebäck. 

*)  Triösek,  m.  brei  von  buttermilch  und  brot.  Das  wort  wird  eigentlich 
ein  rSrüm  (roggenbrei  mit  milch),  engl,  stirabout,  bezeichnen;  vgl.  triasel,  triasein 
=  trindsel,  trindseln  zu  trind,  kreis.  Im  Schwelmischen  kam  dieser  brei  auf 
tauffesten  vor.  ,Das  vorzüglichste  Tractament  ist  die  Brautweinkalteschale.  Ein 
zierliches  Schüsselchen  (kümpgen)  wird  voll  Brantwein  gegossen,  in  denselben 
Pfefferkuchen  und  Zucker  gebrockt,  mit  Rosinen  vermischt  und  mit  einem  Löffel 
versehen.  Einer  bringt  dem  andern  dieses  kümpgen,  gleich  einem  Poeale,  mit 
Ceremonien  zu.*  Müller  Chorogr.  von  Schwelm  (vom  j.  1798)  s.  16.  Man  ver- 
gleiche auch  den  Jeverschen  brauch,  Zeitschr.  f.  d.  Mythol.  II,  2. 


142 

dorfem  wird  von  vielen  brautpaaren  vermittelst  karte  zum  hochzeits- 
balle  in  irgend  eine  schenkwirtschaft  eingeladen,  wo  die  gaste  ver- 
mutlich eben  so  viel  und  mehr  geld  los  werden,  als  auf  den  alten 
gebehochzeiten,  nur  mit  dem  unterschiede,  dass  früher  das  sattessen 
vorherrschte,  jetzt  das  satttrinken.  Da  überdies  der  pastor  und  ältere 
gesetzte  leute  gar  nicht  oder  selten  auf  diesen  ballhochzeiten  erscheinen, 
80  ist  das  heutige  treiben  der  Sittlichkeit  gefährlicher,  als  das  frühere. 
Vgl.  Schumacher  Lüdensch.  Chr.  s.  157. 

Eine  hochzeit,  auf  welcher  nicht  gegeben  wurde,  hiess  ,freizech^ 
(freizech). 

Von  den  hochzeiten  des  vorigen  Jahrhunderts  wüsten  alte  leute 
freilich  auch  zu  erzählen,  dass  die  grösseren  selten  verliefen,  ohne 
dass  von  , graseiche n'^)  oder  gar  von  m e s s e r n  gebrauch  gemacht 
wurde.  Meist  war  bei  solchen  handeln  eifersucht  im  spiele.  Gleich- 
wohl war  das  landvolk  damals  durchschnittlich  eben  so  sittlich  wie 
jetzt.  Es  herschte  namentlich  mehr  mässigkeit  und  einfachheit,  mehr 
züchtigkeit  und  mildtätigkeit;  lug  und  trug  waren  seltener,  und 
diebstahl  an  manchen  orten  fast  unerhört.  Dass  sich  die  öconomischen 
Verhältnisse  vielfach  besser  gestaltet  haben,  hat  andere  Ursachen,  als 
die  grösere  Sittlichkeit. 

Die  geschenke,  welche  dem  brautpaare  beim  Schlüsse  der 
hochzeit  dargebracht  wurden,  bestanden  in  geld  und  hau^rats- 
stücken.  Die  gaben  pflegten  bei  der  darreichung  aufgezeichnet  zu 
werden,  so  dass  sich  das  neue  ehepaar  darnach  richten  konnte,  wenn 
es  einmal  seinerseits  zu  geben  hatte. 

War  ein  gast  am  gebetisch  gewesen,  so  forderte  ihn  die  braut- 
mutter  wol  noch  auf,  auch  etwas  für  den  ,wiegenstahlen'  zu 
steuern.     Deilinghofen. 

Wenn  das  geben  getan  war  und  die  brautleute  sich  zurückge- 
zogen hatten,  suchten  die  jüngeren  gaste  den  brauthahn  aufzufinden, 
der  gewöhnlich  sorgfältig  versteckt  gehalten  wurde.  Gelang  es  ihnen, 
desselben  habhaft  zu  werden,  so  brachte  sie  ihn  ans  krähen  und  zogen 
mit  ihm  vor  das  bett  des  neuen  paares,  welches  den  hahn 
mit  einer  bewirtung  auslösen  muste.     Deilinghofen. 

Oft  war  die  hochzeit  mit  einem  tage  und  einer  nacht  zu 
ende,  zuweilen  aber  dauerte  sie  zwei,  auch  drei  tage. 

Bevor  ich  nun  vom  zweiten  hochzeittage  spreche,  muss  ich  noch 
einige  eigentümlichen  gebrauche  des  ersten  tages  nachholen. 

In  der  Iserlohner  landgemeinde  führten  am  abend  des  hochzeit- 
tages  ein  notnachbar  und  eine  notnachbarin  die  brautleute  in  die 
brautkammer.  Hier  stellte  sich  der  bräutigam  vor  den  notnachbar, 
die  braut  vor  die  notnachbarin.  Der  nachbar  zog  dem  bräutigam 
mutze  und  jacke  ab  und  sagte:  ,Ich  bin  der  mann,  der  im  falle  deines 
Sterbens  die  pflicht  hat,  dich  zu  entkleiden  (,euträiwen'),  wie  ich  dich 

^)  Lüdenscheider  sprach:  ,'Ne  grasaike  slätt  beäter    dueär  as  en  säbeP. 


143 

jezt  auskleide^).  Sei  in  der  freude  deines  ehren tages  deiner  Sterb- 
lichkeit eingedenk!^  Darauf  nahm  die  nachbarin  der  braut  mutze  und 
halstuch  ab  und  sagte :  ,Ich  bin  die  frau,  der  es  obliegt,  dich  zu  ent- 
kleiden, wenn  du  stirbst,  wie  ich  dich  jezt  auskleide.  Gedenke  in  der 
freude  deines  hochzeittages  deiner  Sterblichkeit. 

In  Dable  bei  Altena  ging  der  bräutigam  am  morgen  des  hoch- 
zeittages bei  nachbarn  und  freunden  umher  und  bot  jedem,  der  ihm 
begegnet,  aus  einer  flasche,  die  er  trug,  einen  trunk  an.  Gleichzeitig 
ward  ein  mädchen  umhergeschikt,  um  milch  und  Sauerkraut  für  das 
hochzeitmahl  zu  erbitten.  Nach  der  trauung  fand  folgender  brauch 
statt.  Unweit  Dahle  ist  ein  gehölz,  die  Westhelle  genannt.  Dort 
gab  es  sonst  eine  dicke  eiche,  von  welcher  später  nur  noch  der 
stumpf  übrig  war.  Dahin  zogen  gegen  mittag  die  hochzeitgäste  mit 
dem  brautpaare  und  den  musikanten.  An  ort  und  stelle  angelangt, 
tanzte  das  brautpaar  dreimal  um  den  stumpf  und  schnitt  ein  kreuz 
hinein,    nachher  tanzte    die    ganze    hochzeitgesellschaft  um  denselben. 

An  die  brautkämpe,  brautkoppeln,  brautsteine  (Urkunde  von 
Wetter  a.  d.  Ruhr:  Brütsten),  Brautloh  (Scheller  Schichtb.  115: 
Brudlä  zwischen  Braunschweig  und  Lüneburg)  reiht  sich  ui^ere 
Brautwiese  zu  Iserlohn.  Sie  liegt  am  fusse  des  Fröndenbergs 
(urkundlich  Vredenberg)  und  ist  altes  kirchengut.  Sie  wird  einst  in 
heidnisch-toter  band  gewesen  sein,  wenn,  wie  ich  vermute,  hier  ein 
christliches  gotteshaus  an  die  stelle  eines  heidnischen  weihtums  trat, 
dem  ein  steinbildwerk  an  der  Pancratius-kirche  angehört  haben  mag. 
In  der  Brautwiese  müssen  einst  die  eben  geweiht  worden  sein. 

Am  hochzeitabend  wurden  zu  Dahle  der  sitzenden  braut  von 
den  gasten  kleine  geldgeschenke  in  den  schoos  geworfen.  Das 
sei,  hiess  es,  für  wiege  und  w  i  n  d  e  1  (,wickelband*).  Jedem  geber 
reichte  die  braut  einen  löflfel  voll  ,tintenbre*i'. 

Auf  dem  Hellwege  in  der  gegend  von  Unna  kommt  folgendes  vor. 

Nachdem  alle  gaste  platz  am  tische  genommen  haben,  treten  die 
musikanten  herein.  Da  müssen  denn  die  jungen  leute,  welche  sich 
unter  den  gasten  befinden,  sogleich  wieder  aufstehen  und  mit  den 
musikanten  um  die  tische  ziehen,  bis  die  älteren  gegessen  haben. 
Dafür  wird  ihnen  auch  nach  tische  etwas  vorab  zu  teil.  Man  wirft 
dann  nämlich  nüsse  und  pflaumen  für  das  junge  folk  in  die  höhe 
zur  ,gribbelgrabbel'.  Keinem  der  älteren  ist  es  gestattet,  hier  mit 
zuzugreifen. 

Sitzt  die  gesellschaft  zusammen  am  tische,  so  wird  auf  einem 
teller  ein  ausgehöhlter,  mit  glühenden  holzkohlen  und 
brennenden  lumpen  gefülter  .Stuten',  neben  welchem  auch 
wol  ein  püppchen  liegt,  hereingebracht  und  zum  besehen  von  einem 
zum  andern  gegeben,  bis  er  zuletzt  an  die  braut  gelangt.  Das  heisst 
,der  braut  die  liebe  bringen*. 


^)  Im  Gil  Blas  X,  9  (am  ende)  verrichten  der  brotherr  und  die  brotherrin  das 
auskleiden  des  jungen  paares. 


144 

Ich  kehre  in  die  gegend  der  unteren  Lenne  und  Volme  zurück. 
Dauert  die  hochzeit  länger  als  einen  tag,  so  holen  die  gaste  am 
morgen  des  zweiten  tages  (,näbäir')  vom  hofe  des  bräutigamvaters 
oder  der  brautmutter,  je  nachdem  der  eine  oder  die  andere  näher 
wohnt,  einen  hahn  und  bringen  denselben  der  jungen  irau  vor  das 
bett.     Sie  muss  dafür  irgend  eine  bewirtung  versprechen. 

Ist  die  braut  um  das  hahl  geführt,  was,  wie  bemerkt,  auch  wol 
am  zweiten  hochzeittage  geschieht,  so  streiten  die  weiblichen  gaste 
um  dieselbe,  und  man  findet  ein  Vorzeichen  darin,  je  nachdem  die 
Jungfrauen,  die  frauen  mittleren  alters  oder  die  alten  sich  ihrer  be- 
mächtigen. Gelingt  es  den  Jungfrauen,  ihre  bisherige  genossin  lange 
zu  vertheidigen,  so  wird  gesagt,  die  junge  frau  müsse  früh  wittwe 
werden.  Gelingt  es  den  alten,  sie  fortzuführen,  so  heisst  es,  die 
braut  werde  ein  trauriges  alter  erleben.  Das  beste  Vorzeichen  einer 
glücklichen  ehe  ist,  wenn  die  braut  in  die  gewalt  der  frauen  von 
mittlerem  alter  gerät. 

Am  ende  der  hocbzeittsige  muss  der  bräutigamvater  noch  her- 
halten. Er  wird  auf  einen  ,wann'  gesetzt  und  an  den  herd  getragen, 
wo  man  ihn  mit  allerlei  stark  dampfenden  und  übelriechenden  Stoffen 
beräuchert,  bis  er  sich  durch  eine  gäbe  löset. 

In  Deilinghofen  band  man  ihn  zuweilen  auf  eine  karre  und 
fuhr  ihn  in  den  teich. 

Die  ältesten  nachbarn  müssen  die  letzten  sein,  welche  abends 
das  hochzeiterhaus  verlassen,  nachdem  sie  vorher  das  feuer  am  herde 
zugerecht  haben. 

In  Meinerzhagen  pflegte  man  schliesslich  die  hochzeit  zu 
begraben,  wie  man  den  ,fa8sel  äwend^  begräbt.  Die  gaste  zogen 
mit  einem  grosen  irdenen  topfe  auf  den  hof  eines  nachbars,  wo  aber 
ein  erwachsener,  unverheirateter  söhn  oder  eine  mannbare  tochter  sein 
musste,  denen  die  hochzeit  zugebracht  werden  konnte.  Hier 
ward  zuerst  eine  grübe  gegraben,  und  dann  ein  glas  herumgetrunken. 
Wer  zuletzt  getrunken  hatte,  warf  als  totengräber  das  leere  glas  in 
den  in  der  grübe  stehenden  topf,  man  verschüttete  die  grübe  und 
ging  auseinander. 

In  Deilinghofen  pflegten  sich  am  tage  nach  der  hochzeit  die 
jüngeren  gaste  zu  versammeln  und  mit  einer  schüttegabel  und  einem 
korbe  von  hof  zu  hof  zu  zdehen.  An  die  schüttegabel  wurden  wurste 
und  speck  gehängt,  die  man  ihnen  schenkte,  in  den  korb  kamen  die 
eier,  die  man  ihnen  verehrte.  Waren  sie  mit  ihrem  ,umgang'  fertig, 
so  begaben  sie  sich  in  eine  schenke,  wo  das  gesammelte  gebraten, 
gebacken  und  verspeiset   wurde.     Man  trank  dazu  auf  eigene  kosten. 

Nachträglich  noch  folgendes. 

Hin  und  wieder  wurden  von  der  braut  den  verwandten  des 
bräutigams  geschenke  gemacht;  ein  solches  nannte  man  ,en  brüt- 
stücke', wie  das  geschenk,  welches  der  pate  dem  täufling  macht, 
patenstück  heisst* 

Wie  wol  allerwärts   in  Deutschland,    wird  auch  bei  uns  gesagt 


145 

wenn  am  hochzeittage  regen  eintritt:  die  braut  hat  die  katze  nicht 
gut  gefuttert  =  sie  hat  sich  die  gunst  der  liebesgöttin  nicht  zu  er- 
werben gewusst. 

Von  mädchen,  die  nicht  heiraten,  sagt  man:  ,du  sass  de  piwitte 
(kibitze)  haien.' 

Ein  bauer  erzählte:  ,As  ik  deärtid  op  friggers  faiten  gonk,  konn 
ik  lange  nitt  te  sträike  kuamen,  bit  ik  antleste  de  däirne,  dä^k  gU9d 
lien  moch,  unnerm  haselstruke  drap.  Da  ha'k  fättens 'et  jäwärd/ 
Ein  Sprichwort  sagt:  ,Wann  de  nüate  gusd  gerätt,  gidt  et  fiol  häu- 
renblagen.' 

Auf  die  Warnung:  ,Bai  'ne  kau  käupen  well,  kuame  oppen  stall !^ 
erwiederte  ein  mädchen;  ,  Wamme  nitt  herüt  gäit,  brenget  eäm  de 
kraige  kaine  nuot.' 

,Da  brükes  mi  de  müske^)  nitt  te  fäuern!^  ist  Hellwegische 
abweisung  eines  freiers. 

,Es  de  maged  brüd,  denn  es  de  denst  ixV 

,Dat  maut  en  siechten  bäum  sin,  da  op  den  äisten  hai  fällt/ 

,Bä  well  beküert  sin,  da  maut  sik  bestäen/ 

,Wann  de  däirne  man  geld  heät,  dat  annere  maut  me  med  'ne 
alle  wägen/ 

,Min  dochter  maut  sin,  bä  de  fueärkien  rappelt^  =  frau  eines 
grossbauern. 

,0p  en  llagen  pot  gehört  en  diokel/ 

jEt  es  kain  pott  so  schäif,  me  findt  en  diokel  derop/ 

,Fam  allen  pott  kiiamt  me  annen  niggen/ 

,Dä  binäin  statt  an  der  däupe,  kuamet  nümmermär  te  häupe/ 
(Geistliche  verwandschaft.) 

yBrümer  un  brüt  tehäupe,  da  drinket  üt  äinem  päute/ 

,Süster  un  bräuer  in  äinem  jär  (sc.  verheiratet)  giot  steärwen 
äder  ferdeärwen.' 

,Ba  twäierlai  gläuwen  ligget  op  äinem  küssen,  da  liat  de  düwel 
midden  tüssen/ 

,En  meäken  op  allen  festen  un  en  hiamed  in  allen  wäsken,  da 
es  nitt  fial  ane  geleägen.' 

,Wär  di  fueär  keärmisjuffern !' 

,De  kaie,  da  den  kalwern  am  mäisten  näbölket,  fergeätet  se 
am  äisten/ 

,Wänn  de  beär  ripe  es,  dann  fällt  se  sowüäl  fueär  de  süage  as 
fueär  den  hären/ 

,Wdnn  uase  heärgüäd  en  narren  he w wen  well,  dann  lätt  he  äime 
allen  kal  sin  wif  afsteärwen/ 

^AUe  schüren,  wann  für  derin  küemet,  breänt  am  slimmsten/ 

,Beän  uose  heärgüäd  well  strafen  am  leiwe,  deäm  giat  he  en 
kuäk  ärr  'ne  kamerjuflfer  taum  we'iwe/ 

,Dai  'ne  haur  sik  niamt  te  ären,  es  en  schelm  äder  well  äinen  wären/ 


*)  Vielleicht  obscön;  vergl,  mutse. 

Kiederdeutschea  Jahrbuch.    HL  10 


146 

IL  GebrSaelie  bei  Scbwangerschaft,  Geburt,  Tanfe,  Sänglingen  in 

Südwestfalen. 

A.  Kinderlosigkeit.  Einer  frau,  die  keine  kinder  bekommt, 
sagt  man,  sie  müsse  einmal  ,dük^  nehmen.  Weitmar.  Dük  für  dudik 
ist  galium  aparine,  klebkraut,  südwestf.  auch  tunrigge  für  tünride,  tünrie. 

B.  Schwangerschaft 

1.  Bricht  eine  schwangere  ein  zweiglein  vom  rosmarinstrauche, 
so  verdorrt  derselbe. 

2.  Das  plötzliche  eintreten  einer  schwangeren  ist  unheilbringend. 

3.  Eine  schwangere  hüte  sich  einen  riss  an  ihrem  kleide  oder 
hemde  zuzumachen,  oder  unter  einem  wagen  durchzukriechen,  weil 
dies  eine  schwere  geburt  zur  folge  haben  würde. 

4.  Wenn  eine  schwangere  über  die  schwelle  tritt  und  den  rechten 
fuss  vorsetzt,  so  ist  das  ein  zeichen,  dass  sie  mit  einem  knaben  geht. 

4.  Wenn  eine  schwangere  an  einem  sonntage  erschreckt  wird 
(,sik  fersftht'),  so  wird  das  kind  geistersichtig. 

C.  Geburt. 

1.  Die  hebamme  (,wisem6er,  hiawelsche,  bämoime')  holt  die 
kleinen  brüderchen  und  Schwesterchen  aus  einem  teiche,  pfuhle,  brunnen, 
hohlen  steine,  hohlen  bäume:  aus  dem  Dasberde'ike,  aus  einem  pütte 
(Hemer)*);  aus  einem  brunnen  auf  dem  Ohle,  aus  den  Stadtteichen 
(Iserlohn) ;  aus  Lüttekensdeik  (teich  der  kleinen)  auf  der  Sümmerhaide ; 
aus  dem  brunnen  (Grafsch.  Limburg) ;  aus  dem  teiche  (Hennen,  Hoerde); 
aus  dem  milchbrunnen,  aus  einer  höhle,  dem  Oegerstein  (Limburg); 
aus  dem  Judenkolke,  einem  pfuhle  den  man  für  grundlos  hielt  (Husten); 
aus  einem  hohlen  bäume  (Kückelhausen) ;  aus  dem  Erusenborn  beim 
Goldberge  (Hagen);  aus  einem  brunnen  in  der  stadt  (Unna);  aus  einer 
hohlen  buche  (Halver) ;  aus  einer  hohlen  dicken  linde  (Gummersbach); 
—  der  storch  holt  die  kinder  aus  einem  teiche  auf  der  Werler  Voede 
(Scheidingen). 

2.  Die  kleinen  kinder  bringen  den  geschwistern  etwas  leckeres 
mit.    Hemer. 

3.  So  lange  das  kind  nicht  getauft  ist,  muss  nachts  ein  licht 
bei  ihm  brennen,  damit  ihm  der  böse  nichts  anhaben  könne.  Deiling- 
hofen,  Hovestad. 

4.  Wenn  ein  kind  zwei  freitage  ohne  taufe  liegt,  wird  es 
geistersichtig. 

5.  Man  pflegte  sonst  wol  die  nabelschnur  eines  knaben  aufzuheben, 
bis  derselbe  soweit  herangewachsen  war,  dass  er  sie  mit  dem  beile  zer- 
hauen konnte.     Davon  sollte  er  einen  guten  (,uäpenen^)  köpf  bekommen. 

D.  Besuch  vor  der  Taufe. 

Während  das  kind  noch  ohne  taufe  liegt,  findet  das  ,krämräiren^ 

statt.     Diesen  namen  fuhrt  ein  besuch  der  verwantinnen,  freundinnen 

und  nachbarinnen  bei  der  Wöchnerin.     Man  bewirtet  die  besuchenden 

*)  Auch  im  nordwestliche^  Westfalen  holt  die  wisemöer  die  kleinen  kmder 
aus  einem  ,pütte'  (anverdecktem  brunnen),  in  welchem  dieselben  mit  ^stutenkdlrmeln* 
(zerbröckeltem  weissbrod)  gefüttert  werden.  Menz. 


147 

mit  dem  ,künipkenS  welches  eine  mischung  von  brantwein,  Zucker 
und  Pfefferkuchen  enthält.  Die  verwantinnen  und  freundinnen  bringen 
ein  geschenk  von  butter,  stuten,  zucker  und  kafiee.  Hemer, 
Deilinghofen. 

E.  Taufe. 

1.  Wer  das  kind  zur  taufe  hielt,  gab  demselben  einen  rock; 
heute  ist  dagegen  gebrauch,  dass  die  paten  ein  kleidchen  schenken. 
Schreit  das  kind  bei  der  taufe  nicht,  so  pflegt  man  noch  jetzt  zu 
sagen,  es  fordert  nicht  einmal  den  rock  vom  paten.  Auf  fastnacht 
wurde  das  kind  vom  paten  mit  einem  heissen  stuten  (,häitewigge, 
häitkölsche')  beschenkt. 

2.  Wenn  man  eine  doppelfrucht  z.  b.  eine  ,fadderprume'  findet, 
wird  man  gevatter.  Der  name  ,fadder'  oder  ,cumpe'ier'  wurde  auch 
wol  andern  befreundeten  männern  beigelegt;  eben  so  ist  es  in  An- 
dalusien mit  compadre  der  fall.     Hemer. 

3.  Die  taufen  geschahen  bei  Evangelischen  auf  dem  lande  meist 
im  wohnhause  der  Wöchnerin. 

4.  Zum  tauffeste  ward  eine  menge  paten  geladen,  die  nach  der 
taufe  mit  kaffee,  platzen,  hier  und  brantwein  bewirtet  wurden ;  der 
kramherr  war  der  erste  aufwärter.  Beim  weggehen  machten  die 
paten  der  Wöchnerin  ein  geldgeschenk. 

F.  Früheste  Kindheit. 

1 .  Man  soll  den  säugling  nicht  loben ;  geschieht  es  aber,  so  sagt 
die  mutter:  ,med  Güäde  unberaupen!' 

2.  Wenn  ein  kind  gähnt,  macht  die  mutter  das  zeichen  des  kreuzes 
vor  dem  munde  desselben. 

3.  Wenn  kinder,  die  noch  nicht  sprechen  können,  sich  küssen, 
so  lernen  sie  nicht  sprechen.     Hemer. 

HL  Aberglaube  und  Gebräuche  bei  Sterbefällen  in  Südwestfalen. 

A.  Vorbedeutungen. 

1.  Ein  kreuz  in  der  wasche  bedeutet  eine  leiche. 

2.  Funken  auf  dem  betttuche  bedeuten  dasselbe;  vgl.  15. 

3.  Ein  über  dem  wasser  auf-  und  abgehendes  licht  bedeutet, 
dass  bald  einer  ertrinken  werde. 

4.  Fällt  eine  henne  von  der  ,fickel',  so  wird  bald  eine  leiche  im 
hause  sein. 

5.  Wenn  der  bahn  auf  der  ,häurd'  jammert,  so  stirbt  ehestens 
einer  im  hause, 

6.  Gehen  die  Glocken  dumpf  am  f eiertage,  so  bedeutet  das  eine 
leiche. 

7.  Wenn  die  heimchen  (,haimen')  viel  lärm  machen,  so  ist  ein 
jfaiger'  im  hause. 

8.  Wenn  ein  Schwalbennest  von  selbst  herunterstürzt,  so  be- 
deutet das  einen  feigen. 

9.  Wirft  der  maulwurf  aus  der  Sohle  (,üt  dem  süll')  d,  h.  dicht 

10* 


14g 

am  hause,  so  wird  bald  eine  leiche  aus  demselben  getragen.    Vgl.  6r« 
Myth.  1089;  Firm.  V.  St  I,  255. 

10.  Findet  sich  eine  Spitzmaus  (,8pietmüs^)  im  hause  ein,  so  zeigt 
das  einen  feigen  an. 

11.  Wenn  die  pferde  ausgespannt  werden  und  sich  im  geschirre 
schütteln,  so  wird  bald  eine  leiche  aus  dem  hause  kommen. 

12.  Grosse  höhnen  mit  weissen  flecken  bedeuten  eine  leiche. 

13.  Wenn  die  hausschwalben  ausbleiben,  ist  ein  feiger  im  hause. 

14.  Wenn  am  morgen  die  elster  bei  einem  hause  schreit,  so 
wird  bald  jemand  darin  sterben.     Gevelsberg. 

15.  Zuweilen  sieht  man  etwas  wie  funken  auf  der  bettdecke,  das 
nennt  man  ,wild  fftr'  und  fürchtet  es,  weil  es  einen  sterbefall  be- 
deutet.   Ergste. 

16.  Wenn  gerate  von  selbst  stark  krachen,  so  stirbt  einer  in 
der  familie.  Geschieht  dieses  krachen  morgens,  dann  kommt  der 
sterbefall  bald;  nachts,  dann  dauert  es  noch  lange.  Derselbe  unter- 
schied der  tageszeiten  findet  auf  alle  Vorgeschichten  anwendung. 

17.  Wenn  ein  kind  die  oberen  zahne  zuerst  bekommt,  so  stirbt 
es  bald  (,wässet  in  de  ärde^). 

18.  Wenn  ein  leichnam  ,swanke^  bleibt  d.  h.  nicht  steif  wird, 
so  muss  bald  jemand  aus  demselben  hause  folgen. 

19.  Sternschnuppen  bedeuten,  dass  in  demselben  augenbUcke 
einer  stirbt.  Vgl.  Gr.  Myth,  685  und  Pfaffenrode:  'ck  geloof  datter 
een  sterven  sal,  daer  verschoot  ginder  sulken  star. 

20.  ,Quädlechter^  an  der  wand  zeigen  an,  dass  bald  jemand  im 
hause  sterben  werde.  Quädlechter  sind  phosphorische  streifen,  die, 
wie  man  meint,  durch  einen  schleim  gebildet  werden,  welchen  der 
tausendfuBS  absondert.     Auch  irrlichter  heissen  quädlechter. 

21.  Lassen  pferde  die  obren  hangen  und  wollen  nicht  fressen, 
so  ist  das  ein  zeichen,  dass  sie  bald  vor  einen  leichenwagen  gespannt 
werden.  Wollte  man  dann  andere  vorspannen,  die  würden  ihn  nicht 
von  der  stelle  bringen. 

22.  Wenn  der  hund  heulend  den  köpf  in  die  höhe  hält,  so  be- 
deutet das  feuer;  hält  er  ihn  niederwärts,  so  bedeutet  es  eine  leiche. 

23.  Hänge  fetthenne  (sedum  telephium),  bei  Iserlohn  ,du8ner- 
kreud'  genannt,  an  der  stubendeck  (,am  büan*)  auf  und  lass  jeden 
aus  dem  hause  ein  blatt  berühren.  Wessen  blatt  zuerst  abfällt,  der 
muss  zuerst  sterben.  Ich  fand  diesen  gebrauch  zu  Apricke  bei 
Deilinghofen;  Linne  berichtet  ihn  ebenso  aus  Gotland. 

24.  Wenn  unter  dem  beläuten  die  uhr  schlägt,  folgt  bald  eine 
hauptleiche  (,hoiwedleike'),  —  folgt  bald  einer  aus  demselben  hause. 

25.  Wird  der  leichnam  weggetragen,  und  der  pastor,  der  ihm 
das  geleit  gibt,  sieht  sich  noch  einmal  nach  dem  sterbehause  um,  so 
folgt  bald  wieder  einer  aus  demselben  hause. 

26.  Wenn  man  vom  kirchhofe  kommt  und  zuerst  eine  manns- 
person  erblickt,  so  wird  die  erste  leiche ,  die  man  wieder  zu  be- 
gleiten hat,  eine  mannsperson  sein. 


149 

27.  Man  sagt,  das  kind  trägt  sein  särglein  auf  der  nase,  wenn 
es  eine  blaue  ader  an  der  nase  hat. 

28.  Wenn  ein  prediger  bald  sterben  soll,  so  sehen  geistersichtige 
seinen  nachfolger  hinter  ihm  auf  der  kanzel. 

B,  Sterben. 

Liegt  einer  im  sterben,  so  müssen  die  umstehenden  sich  hüten, 
tränen  auf  sein  kopfkissen  fallen  zu  lassen,  denn  das  würde  sein 
verscheiden  aufhalten  und  schwer  machen. 

C.  Gebräuche  nach  eingetretenem  Tode. 

1.  Eine  todesbotschaft  darf  kein  lebender  über  mitternacht  bei 
sich  behalten,  sonst  muss  er  selbst  bald  folgen.  Andere  sagen,  sie 
müsse  wenigstens  vor  der  beerdigung  fortgeschafft  werden.  Beim  an- 
sagen ruft  man  den  hausherrn  heraus  und  sagt  es  ihm  allein,  damit 
es  niemand  sonst  höre,  auch  die  haustiere  nicht.     Hemer. 

2.  Bä  de  däuenbuäskop  blitt  hallen,  da  maut  am  äisten  wier  bai 
ferkällen.     Ispey. 

3.  Wann  di  werd  'ne  däuenbuäskop  bracht,  et  si  bi  dage  ader 
bi  nacht,  so  stä  op  ter  stund  un  däu  se  dinem  näher  kund,  büste 
äwer  dertau  nitt  im  stanne,  ader  es  et  te  wid  fom  lanne,  dann  mauste 
se  Seggen  noch  fuer  middernacht  dem  äisten  besten  bäume,  stäine 
ader  water.     Ispey.     Vgl.  Stahl  Westf.  Sagen  s.  125. 

4.  ,Die  meisten  in  der  gemeinde  Wiblingwerde  üblichen  ge- 
brauche sind  dieselben,  die  sich  auch  in  andern  landgemeinden  der 
grafschaft  Mark  finden.  Merkwürdig  ist  hier  das  totenansagen. 
Ist  nämlich  jemand  gestorben,  so  wird  dies  zuerst  dem  schuUehrer 
angezeigt.  Dieser  bringt  darauf  die  sogenannte  totenbotschaft  in  das 
erste  haus  der  Ober-  und  der  Nieder-Bauer.  Die  bewohner  dieser 
häuser  bringen  die  botschaft  sogleich  ihren  nächsten  nachbarn  und 
diese  dann  wieder  ihren  nachbarn,  und  dieses  geht  so  weiter,  bis  die 
botschaft  durch  die  ganze  gemeinde  gekommen  ist.  Der  letzte,  der 
diese  botschaft  erhält,  darf  dieselbe  nicht  im  hause  behalten,  sondern 
bringt  sie  einem  bäume;  unterlässt  er  dies  aber;  so  hat  er  gewiss 
bald  eine  leiche  im  hause.  Ebenso  darf  keiner,  der  die  totenbotschaft 
des  abends  erhält,  dieselbe  des  nachts  im  hause  behalten,  sondern  er 
bringt  sie  des  abends  einem  bäume  und  sendet  sie  des  andern  tages 
weiter.'     Altenaer  WBl.  1835  s.  137. 

5.  ,8tirbt  jemand  in  einer  bauerschaft,  so  geht  in  derselben  so- 
gleich das  leichengebot  herum  d.  h.  jeder  nachbar  meldet  seinem 
nächsten  nachbar  (notnachbar)  den  todesfall.  Hat  das  leichengebot 
den  Zirkel  durchlaufen,  dann  steht  es  in  dem  lezten  hause,  dem  es 
zugebracht  war,  stille.  Man  hegte  einst  den  aberglauben,  dass  in  diesem 
der  nächste  sterbefall  eintreten  würde,  wenn  man  es  nicht  weiter 
trüge.  Weil  fihcr  kein  nachbar  es  annahm,  so  brachte  die  einfalt 
dem  nächsten  hohlen  bäume  die  botschaft.  Wenn  dieser  dann 
in  der  folge  aus  natürlichen  Ursachen  vertrocknete,  so  ward  das  als 
Wirkung  des  ihm  zugetragenen  leichengebots  angesehen/  Mag.  f. 
Westph.  1798  s.  496. 


150 

6.  Die  todesbotschaft  muss  haustieren,  pflanzen  und  sogar  leb- 
losen gegenständen  gebracht  werden.  Man  weckt  die  bienen, 
hühner,  pferde  und  kühe.  So  klopft  man  an  die  bienenstöcke 
und  sagt:  ,Eimen  waket  op,  inke  här  es  däut/  Bollwerk.  Ist  es 
tag,  so  öffnet  man  die  ^nei'endifeär',  damit  die  hühner  munter  werden, 
lässt  pferde  und  kühe  aufstehen.  Hovestad.  Wenn  der  hausherr 
stirbt,  wird  alles  geweckt,  namentlich  die  bienen  mit  den  worten: 
,Ime,  din  här  es  doud,  du  sass  hewwen  naine  noud !'  Valbert.  Von 
pflanzen  muss  der  r  o  s  m  a  r  i  n  angeklopft  werden,  sonst  stirbt  er  ab. 
Kamen.  Auch  den  kornhaufen  im  felde  bringt  man  die  botschaft 
Menden. 

7.  Man  stellt  die  hausuhr  still,  bis  der  tote  beerdigt  ist. 
Mesterscheidt*). 

8.  Der  notnachbar  und  die  notnachbarin  haben  die  Obliegenheit 
die  leiche  auszukleiden  (üträiven)  und  auf  stroh  (räiwesträu)  zu  legen. 
Bäiwe,  reve  hängt  mit  got.  h  r  a  i  v ,  leichnam,  zusammen. 

9.  In  der  gegend  von  Schwelm  verbrennt  man  das  revestroh 
nach  der  einsargung  auf  dem  notwege,  weil  sonst  der  todte  wieder- 
kommen könnte. 

10.  Sonst  war  es  im  Lüdenscheidschen  sitte,  eine  leichenwache 
zu  halten.  Bei  dem  leichnam  musten  zwei  lichter  brennen.  Ebenso 
zu  Scheidingen  bei  Werl.  Junge  leute  wachten  bei  den  leichen  junger 
leute,  verheiratete  männer  oder  frauen  bei  den  leichen  verheirateter. 
Des  dabei  geschehenen  unfugs  wegen  wurden  die  totenwachen  verboten. 
Der  gebrauch,  lichter  bei  der  leiche  brennen  zu  lassen,  blieb.  Die 
lichter  müssen  tag  und  nacht  brennen.     Hovestad. 

11.  Soll  der  leichnam  zu  grabe  getragen  werden,  so  wird  er  erst 
unter  die  luke  (,balkenlüäk')  auf  die  dehle  gestellt.  Hovestad,  Menden. 
Vgl.  den  gebrauch  bei  hochzeiten  und  eidleistungen. 

12.  Beim  anfertigen  eines  sarges  müssen  die  in  denselben  fallenden 
späne  liegen  bleiben. 

13.  Die  nadeln,  die  zum  nähen  des  totenhemdes  gebraucht  werden, 
müssen  in  den  sarg. 

14.  Die  ausgebrochenen  zahne  soll  man  aufbewahren,  damit  sie 
in  den  sarg  kommen. 

15.  Kamm  und  rasirmesser  des  verstorbenen  gehören  in  den  sarg. 
Deilinghofen.  Der  gebrauch  ist  sehr  alt.  Als  das  grab  des  h.  Cudbert 
(st.  im  7.  jh.)  geöffnet  wurde,  fand  sich  darin  eine  scheere  und  ein 
elfenbeiner  kämm. 

16.  Frauen  pflegen  ihr  brauthemde  zum  totenherade  zurück  zu  legen. 

17.  Die  leichen  müssen  auf  dem  notwege  zu  grabe  gefahren  werden. 

18.  Zu  Friedrichshöhe  bei  Unna  muss  der  notnachbar  unentgeldlich 
das  grab  machen  oder  durch  einen  andern  machen  lassen.^  Ein  anderer 
notnachbar  muss  läuten  helfen.  Der  notweg  heisst  dort  ,däuenweägh,' 
der  nicht  mit  dem  ,hialweägh'  (einen  solchen    gibt   es   von   da    nach 

*)  Auch  in  Ostfriesland.  —  Die  Spiegel  im  todtenzimmer  werden  mit  einem 
tuche  verhangen,  Menz. 


151 

Frömern)  zu  verwechseln  ist.  Der  leichenfuhrmann  muss  nicht  allein 
ganz  langsam  fahren,  sondern  darf  auch  keine  peitsche  führen.  Er 
trägt  statt  deren  eine  rute.  Die  träger  haben  hier,  wie  anderwärts 
bei  uns,  buchsbaumbüschel  im  knopfloch  und  bei  einer  unverheirateten 
leiche  ein  weisses  tuch.  Auch  in  Deilinghofen  darf  der  totenfuhrmann 
keine  peitsche  führen. 

19.  Die  träger  einer  leiche  sind  mit  buchsbaum  oder  tannen- 
zweiglein  geschmückt.  Wird  ein  unverheiratetes  mädchen  beerdigt, 
so  tragen  sie  ein  weisses  tuch  im  knopfloch.  Hemer.  Buchs  und 
tannenzweig  sind  oft  noch  mit  goldschaum  oder  mit  einer  blauen 
bandschleife  verziert.  Bei  kinderleichen  steckt  man  die  buchs-  oder 
tannenzweiglein  nachher  auf  den  grabhügel.     Deilinghofen. 

20.  Beim  wegtragen  oder  wegfahren  ist  das  fussende  des  sarges 
vorn,  das  köpfende  hinten.  So  wird  es  vermuthlich  in  der  ganzen 
Christenheit  brauch  sein.  Ich  lese  in  einer  spanischen  legende  (Golecc. 
XVI,  61) :  cuando  le  Uegö  su  hora  y  salio  de  su  casa  con  los  pies 
por  delante. 

21.  Die  träger  werfen  die  nadeln,  mit  denen  das  leichentuch 
festgesteckt  ist,  ins  Grab.  Gegend  von  Schwelm.  Auch  das  mass, 
womit  die  länge  des  grabes  gemessen  wurde,  wird  hineingeworfen. 
Deilinghofen« 

22.  Auf  kindergräber  werden  drei  kleine  kreuze,  auf  gräber  von 
erwachsenen  ein  grosses  gestellt.     Siedlinghausen. 

23.  An  das  legen  eines  steinchens  auf  den  mund  des 
toten  erinnert  ein  Wiegenlied  aus  Affeln: 

Seusai,  ninneken,  ik  waige  disk,  da  kämen  drai  engelkes  un  draigen 
didk  bit  op  den  Bälwesken  keärkhuäf,  da  dän  se  doi  int  koilken, 
en  stäinken  oppet  moilken,  en  kränseken  ümme  dat  köppken, 
da  liggh  du  arme  dröppken. 

24.  Als  Schwelmer  leichengebräuche  werden  in  Holthaus  Ma-- 
terialien  angegeben  (anfang  19.  jh.): 

a.  Zum  zeichen,  dass  eine  leiche  im  hause,  wurden  die  fensterladen 
beinahe  geschlossen*). 

b.  Der  verheiratete  trug  den  flor   rechts,  der  unverheiratete  links. 

c.  Es  wurden  trauerbesuche  gemacht. 

d.  Die  träger  (und  der  geistliche,  wenn  dieser  vor  der  leiche  gieng) 
erhielten  weisse  handschuhe  und  citronen. 

e.  Es  wurde  ein  leichenmahl,  das  ,rüeatenS  traueressen,  gehalten. 
Der  aufwand  dabei  war  sehr  bedeutend.  Auch  im  Bergischen 
gilt  der  aus  druck  ,röüaten^ 

ISERLOHN.  F.  Woeste. 


'*')  Ist  auch  in  Ostfriesland  sitte.  Meaz. 


152 


Der  Flachs. 

(Aus  den^Kreisen  Geldern  und  Kempen,) 

Das  ,Vlasl|nk',  wenn  es  klein  ist  ,Vlasbleek'  genannt,  wird  im 
Herbste  umgepflügt  (ömgebout)  und  mit  Strohdünger  befahren,  der 
im  Winter  ausregnen  (utreängere)  und  ausfrieren  (ütfreese)  soll. 
(Sprichw.:  ,Brav  Schnie  mäckt  e  göd  Vlasjoar.')  Im  Frühjahr  geht 
man  daran,  das  Land  zu  ,regele*,  d.  h.  das  trockne  ,Pallstrüe'  zu- 
sammenzuharken,  abzufahren  und  den  Acker  tüchtig  ,te  eägen  on  te 
wälle'.  ,Tängen  (gegen)  den  hongerdsten  Dag  van  et  Joar  kömmt 
de  Leeset  (Leinsame)  en  de  Eärd.  Hä  mot  so  dek  geset  sin,  dat 
onger  den  Dumm  (Daumen),  da  'm  op  et  Lank  set,  5  Soatkoare  te 
legge  komme.  Hä  get  de  negenden  (neunten)  Dag  op  on  stet  hongerd 
Dag  en.de  Eärd.'  Ist  der  Flachs  ungefähr  eine  Hand  hoch,  dann 
wird  er  ,gekrutt'.  Das  Unkraut  heist  ,Dreck'.  Der  Flachs  wächst 
empor,  wird  zur  ,Hiert*  (Flachsstengel),  ,kömmt  en  de  Blom,  on  dat 
öm  de  nämeliken  Tit,  as  'e  en  et  Lfnk  kommen  ess  on  Schmitt  Bolle' 
(wirft  Kapseln).  Der  Leinsamen  muss  Morgens  gesät  werden,  sonst 
blüht  er  sich  todt.  Beginnen  diese  braun  zu  werden,  so  theilt 
man  das  Flachsfeld  in  ,Sester'  (30  alte  kölnische  Ruthen),  und  der 
Flachs  wird  ,geplöckt'.  Dieses  Ausrupfen  besorgen  die  ,Plöcker8chen', 
von  denen  jede  in  einem  Tage  mit  ihrem  ,Sester'  fertig  zu  werden 
hat.  Etwa  12  ,Hampele'  (Handvoll)  werden  mit  einem  Strohseile  zu 
einem  ,Weisch'  zusammengebunden.  Der  letzte  ist  der  ,Plöckweisch'. 
Er  ist  grösser  als  die  übrigen  und  birgt  in  sich  ein  Päckchen  Taback 
oder  ein  Fläschchen  Schnaps  für  den  ,Reäper'.  Die  ,Plöckerschen' 
werden  gegen  Ende  ihrer  Arbeit  vom  Bauer  mit  einem  Schuäpschen 
traktirt  und  kehren  dann  in  der  lustigsten  Stimmung  uiid  Lieder  sin- 
gend, wie  die  Trinklieder:  ,Den  doUen  Hot  etc.  (vgl.  Volksthümliches 
I,  11)  und  besonders  ,Lot  os  noch  ens  drenke  etc.'  (vgl.  Heimath 
1876,  S.  168),  oder  von  ,Schöndili'  (vgl.  Volksthümliches  II,  3)  u.  dgl. 
nach  Hause  zurück,  wo  es  ,Wettm6s'  (ein  dicker  Milchbrei),  auch 
,Reäppapp'  genannt,  gibt.  Am  folgenden  Tage  ist  ,Reäperei',  ein 
harter  Tag,  sowohl  was  Arbeit  als  auch  Essen  (Speckkook  möt  Reäp- 
papp)  und  Trinken  (Schnaps)  angeht.  (Redensart:  ,De  Reäper  es  ene 
Vreäter'.)  Das  ,Reäpe'  beginnt  in  der  Regel  früh  Morgens.  Die 
,Reäp'  steht  in  der  Mitte  auf  der  im  Felde  angelegten,  fest  gestampften 
,Bahn',  rings  herum  liegen  de  ,Weisch'..  Die  ,Reäper',  ein  Strohseil 
um  den  Leib,  treten  heran;  je  zwei  nehmen  ein  ,Blät*  der  ,Reäp'  ein, 
der  eine  an  dieser,  der  andere  ihm  gegenüber  an  der  andern  Seite. 
Jeder  ,Reäper'  hat  einen  ,Weischlänger',  der  ihm  auf  den  Ruf:  ,Vlas 
op!'  einen  neuen  ,Weisch'  auf  die  hinter  den  Arbeitern  sich  hinzie- 
hende Bank  legt,  und  eine  ,Bengersche*,  welche  den  von  den  Kapseln 
befreiten  Flachs   in  ,Buete'  bindet.    Wer  an  der  ,Bahn*  vorbeikommt, 


15S 

wird  ,ütgelat^  (ansgeschrien),  d»  li.  es  wird  ihm  alles  Tadelnswertüe 
aus  seinem  Leben  und  Treiben  vorgehalten,  und  dabei  schont  m^n 
weder  Pfarrer  noch  Polizeidiener,  weder  Jud  noch  Christ.  Neigt  sich 
die  jReäperei'  ihrem  Ende,  dann  wird  das  ,ßeäpleed' :  ,Do  sali  en 
jonge  Mad  fröj  opatoan  etc.'  (vgl.  Volksthümliches  I,  7),  ein  Wechsel- 
gesang zwischen  den  Reffem  und  Binderinnen,  angestimmt.  Manch- 
mal erhält  ein  unerfahrener  Junge  den  Auftrag,  eine  Schürze  voll 
,Bollen'  der  Frau  des  Hauses  für  die  ,Reäppapp'  zu  bringen,  oder 
die  ,Veägreäp'  (veäge  =  fegen),  die  aber  gar  nicht  existirt,  bei  irgend 
einem  Bauer  zu  leihen.  Der  Bauer  lässt  den  Gefoppten  entweder  an 
der  Treppe  warten  und  giesst  ihm  von  oben  herab  einen  Eimer  Wasser 
über  den  Kopf  oder  verweist  ihn  an  seinen  Nachbar.  Und  so  wandert 
der  arme  Junge  oft  von  Nachbar  zu  Nachbar,  bis  ihn  endlich  das 
Sturzbad  erreicht.  (Vgl.  Heimath  1877  S.  116.)  Die  ,Bolle'  werden 
zunächst  mit  der  Harke  vom  ,Baut'  (rauhes  Unkraut  und  Abfall), 
darauf  mit  der  ,Bolleschuep'  (Wurfschaufel)  vollständig  gereinigt  und 
bleiben  so  bei  günstigem  Wetter  auf  der  ,Bahn'  zum  Trocknen  liegen. 
Die  ,Buete*  kommen  in  die  ,Ruet'  oder  ,RottskullS  werden  unter 
Wasser  gebracht  und  mit  ,Reisch*  (Rasen)  gedeckt.  Nach  dem  Abend- 
essen wird  in  der  Gegend  von  Kempen  ,der  Wolf  gespielt'.  Ein  Ver- 
mummter sucht  die  ,WeischIänger',  welche  fortwährend  ihr:  ,Wolf, 
Wolf,  griesem  Bart  etc.*  rufen,  zu  erhaschen.  Dort  nehmen  auch  die 
Kinder  den  ,Reäpweck'  (ein  kleines  Weissbrot)  mit  nach  Hause,  wäh- 
rend sie  in  meinem  Dorfe  eine  ,Weischlängerschbotteram'  erhalten. 
(Vgl.  Heimath,  1877  S.  116.)  Sind  die  ,Bollhüser'  (die  an  den  Sten- 
geln haften  gebliebenen  Stücke  der  Samenkapseln)  faul  geworden,  oder 
wirft  die  ,Ruet'  Blasen,  dann  ist  der  Flachs  ,rip*,  um  hervorgezogen, 
auf  die  Heide  gefahren  und  dort  ,gespreit'  zu  werden.  Nach  etwa 
8  Tagen  wird  er  mit  der  ,Vlasro'  gewängt'  (Flachsruthe  gewendet). 
Ist  die  ,Hiert  sprock'  (spröde),  so  heisst  es:  der  Flachs  ist  ,flök' 
(flügge).  Er  wird  ,gerappt'.  Jede  ,HampelS  mit  einigen  Flachsstengeln 
umbunden,  wird  wieder  ,Buet'  genannt.  Die  ,Buete'  werden  zu  ,Bräk- 
weisch'  zusammengetragen.  Diese  bewahrt  man  zu  Hause  an  einem 
trocknen  Orte  auf  bis  zum  Winter,  wo  der  Flachs  ,geschwonge*  wird. 
I^Gm  ,Sohwingen'  geht  aber  voraus  das  Trocknen  in  dem  geheizten 
Backofen  und  das  ,Bräken'  (Brechen).  Die  ,Bräk'  besteht  aus  einem 
jßeckel'  mit  2  ,Metzer'  und  einem  ,Fatte'  (Handhabe),  einer  ,Bräk' 
im  engern  Sinne  mit  3  ,Metzer'  und  ruht  auf  4  ,Stempele'  oder  ,Been'^). 


^)  Früher  kam  das  ,B6ke*  zur  Anwendung.  (S.  Heimatli  1876,  S..  188.) 
^16  ,Bök*  war  ein  grosser  hölzerner  Hammer,  unten  flach  und  mit  seichten  Rinnen 
versehen.  Mit  diesem  Geräthe  wurde  der  Flachs  vor  dem  sogenannten  Kaltschwingen 
(d.  i.  nur  an  der  Sonne  getrocknet)  geklopft.  Das  ,B6ke^  war  eine  schwere  Ar- 
beit.   Daher  ein  niederrheinischer  Volkswitz: 

Vater:  Op,  Jan,  höke! 

Jan  (gedehnt):  Hoa,  Vär,  —  höke? 

Vater:  Op,  Jan,  de  Papp  es  gär! 

Jan  (rasch  und  freudig):  Ja,  Vär,  ech  hab  |11  en  Hoas  (Strumpf)  an. 


154 

Beim  Brechen  fallen  die  ,Aage'  ab.  Pas  ,Scliw6nge^  geschieht  im 
,SchwenghÜ8ke^  oder  v^Schwenges^  Die  ,Schwenger8che^  steht  am 
,Stapel'.  Sie  hat  eine  ,Schwäng^  und  eine  ,Krätz^  Zunächst  schlägt 
sie  mit  der  ,Schweng^  die  ,Schwengäge^  ab,  dann  werden  die  ,Strepp' 
ausgekratzt.  Nachdem  endlich  noch  das  ,Schwengwärk^  ebenfalls  aus- 
gekratzt ist,  bleibt  an  gereinigtem  Flachs  das  ,Spleet^  übrig.  Die 
,Spleet'  werden  zu  einem  ,Steen'  zusammengebunden,  der  5  Pfund 
wiegen  muss.  Vor  dem  Spinnen  zieht  man  jedes  ,Spleet^  einzeln  durch 
die  ,HeäkeP  und  dreht  den  Flachs  zu  ,Pobben^  das  ,Heäkelwärk'  zu 
jPlöck'.    (Vgl.  Eorrespondenzbl.  II,  35.) 

Das  Lied,  welches   die   Binderinnen  bei  ihrer    Rückkehr  vom 
Flachspflücken  singen,  lautet: 

Lot  OS  noch  ens  drenke, 
Leev,  lecker  Jännike! 
Lot  OS  noch  ens  drenke, 
Leev,  söte  Mäid! 

Brandewin  möt  Zocker, 
Leev,  lecker  Jännike! 
Brandewin  möt  Zocker, 
Leev,  söte  Mäid! 

Wä  sali  et  d§nn  betäle, 
Leev,  lecker  Jännike? 
V7ä  sali  et  dann  betäle, 
Leev,  söte  Mäid? 

Den  erschtem  Bur,  dem  beste, 
Leev,  lecker  Jännike! 
Den  erschtem  Bür,  dem  beste, 
Leev,  söte  Mäid! 

Das   ,Beäpled,    besteht  aus   zweizeiligen^  Strophen.     Es  ist  ein 
Wechselgesang  zwischen  Beffern  und  Binderinnen. 

1)  iJ.  Do  sali  en  jonge  Mäd  fröj^)  opstoan, 
B.  Se  sali  no  de  Grönewald  benge^)  goan. 

2)  B.  As  se  no  de  Grönewald  benge  quoiim^), 
JB.  Du  fonk*)  se  ene  verwende^)  Man  stoan^), 

3)  iJ.  „Wat  stes-de')  hej®),  on  do  bös  verwond?" 

Ä  „„Ech  bön-der  an  mine  LandsvendeP)  verwond."" 

4)  22.  „Bös  d<5u  an  dine  Landsvendel  verwond:^' 

B.  „Ech  verbeug*^)  dech,Herzlefken,  dann  wör8ch-de")ge8ond."— 


*)  früh.  —  •)  binden.  —  »)  kam.  —  *)  fand.  —  *)  verwundet.  —  •)  stelm. 
—  '^  stehst  du.  —  •)  hier.  —  »)  Landesfahne.  —  ")  verbinde.  —  ")  wirst  du. 


155 

5)  R,  „Herzleev,  gev  mech  ene  Schnor  van  Si'^^)," 

B.  „Dat  ech  mine  GördeP^)  em  Betsche^^)  mech  wi'^*).'* 

6)  B.  „HerzJeev,  gev  mech  ene  strüen  Hot^^)," 
B.  „Den  es-ter  wal  vor  de  Reänger")  got," 

7)  iJ.  „Wal  vor  de  Reänger,  wal  vor  de  Wenk^®)" 
B.  On  di-der  net  ensengt^^),  di  drät*^)  e  Kenk. 

8)  R.  Do  sali  e  Perdschen  den  Dolle  schloan*^), 
B.  Et  sali  den  hu®gem  Berg  opgoan. 

9)  R.  Wi  höger  Berg,  wi  deper  Dal. 

B.  On  ech  wet  wal,  dat  ech  sterve  sali. 

10)  R.  On  wenn  ech  sterv,  dgnn  bön  ech  duH, 

JB.  Dann  begräve  se  mech  onger  Rüesen  ruet^^), 

11)  R.  Dgnn  begräve  se  mech  vor  de  Kerk®ndör^^), 

B.  Dann  kömmt  min  Herzlefken  alle  Sonndägs  dervör. 

12)  R,  D|nn  po®te^*)  se  mech  en  Ruös  op  et  Gräv, 

B.  Dann  kömmt  min  Herzlefken  on  plöckt  se  daräv. 

13)  R,  On  steckt  se  op  sine  Sonndägshöt, 

B.  Darop  drät  hä  wal  hu^ge  Mot. 

Anmerkung.  Die  Fassung  in  „Volksthüml.  v.  Niederrhein"  S.  7  ist  nicht 
frei  von  mancherlei  Zuthaten  und  anderweitigen  Bruchstücken.  Gereinigt,  aber  in 
vierzeiligen  Strophen  und  etwas  abweichend  von  obigem  Texte,  findet  sich  das 
Lied  auch  in  Norrenberg,  Chronik  der  Stadt  Dülken,  S.  197« 

Zum  Schluss  seien  zwei  auf  den  Flachs  bezügliche  und  daheim 
im  Kreise  Geldern  allgemein  bekannte  Räthsel  angeführt  (S.  Volks- 
thüml. V.  Niederrhein  I,  S.  16  und  17): 

Der  Flachs. 

Wenn  ech  bön  jonk  on  sehnen, 

Drag  ech  en  blauw  Kru®n. 

Wenn  ech  bön  |t  on  stiv, 

Schlant  se  mech  op  dat  Liv. 

Wenn  ech  bön  genog  geschläge, 

Weäjd  ech  van  Riken  on  Aerme  gedrage. 

Flachs,   Biene,   Rebe. 

De  beste  Blom  plöckt  'm  net, 
Dem  beste  Vogel  schütt  'm  net, 
Et  beste  Hot  hauwt  'm  net. 

KÖLN.  J.  Spee. 


")  eine  Schnur  von  Seide.  —  ")  Gürtel.  —  ")  ein  Bisschen.  —  ")  weite. 
-  *«)  Hut.  —  ")  Regen.  —  >8)  Wind.  —  ")  singt.  ~  a«)  trägt.  —  ")  d.  i.  toll 
rennen.  —  »«)  Rosen  roth.  —  «»)  Kirchenthur.  --  ")  pflanzen. 


156 


Flachsbereitung  im  Göttingenschen. 

Die  Ausdrücke   der  Flachsbereitung   (Korrespond.-Bl,   I,    S.  20) 
habe  ich  für  Northeim  (Göttingen)  1856  aufgeschrieben;  sie  stehen 
fast  alle,  natürlich  zerstreut,  bei  Schambach.     Ich  stelle  sie  hier  nach 
der  Reihenfolge  der  Arbeiten  zusammen   und  erwähne   Schamb.   nur, 
wo  ich  abweiche.     Die  Pflanze  heisst  im  Vegetationszustande  Lin,  m., 
in  Bezug  auf  die  Verarbeitung  ,Flass',  m.  und  n.,  verarbeitet  zum  Gewebe 
,Linnen',  n.,  auch  adj.     Daher  Linsät,    meist  n.,    doch  auch  f.,   Lin 
seien  (sejen  Seh.),  de  Lin  geit  up,  wösst,  steit  gaud,  werd  krüet  (ge- 
krautet, gejätet;  weden  wird  im  Götting.  nicht  gebraucht),   bläumet: 
selten  hörte  man  in  diesen  Verbindungen  Flass,  obwohl  das  Leinkraut, 
Linaria  vulgaris,  ,wille  Flass'  heisst.     Mit  der  Reifezeit  tritt  der  Name 
,Flass'  ein,    selten  sagt  man   ,de  Lin  is  rip',    denn    die  Reife    bezieht 
sich  für  unsern  Flachsbau  auf  die  Faser,  nicht  auf  den  Samen.     Da- 
her ,de  Flass  is  rip'.     Die  Faser   hängt  in  Länge  und  Feinheit  auch 
von  der  Aussaat  ab;  daher:  frei  Flass,  middel  Flass,  late  Flass,  nicht 
Lin.     ,Flass  roppen'   oder   , trecken'  (aufziehn);    ,Flassknuppen'  (nicht 
bei  Seh.)  sind  die  Samenkapseln,    ,Flasswörteln'   die  unter  Spätflachs 
zum  Kochen  im  Herbst  gesäeten  Möhren  (Karotten),  welche  dann  nach 
der  Flachsernte  gedeihen.     Dann  folgt  das  ,R§pen',  sw.  v.,  en  Tott 
Flass  d.  h.,  was  beide  Hände  fassen  können,  wird  durch  die  ,Repe', 
f.,  gerissen,  letztere  ist  eine  Raufe,  radartig  oder  ein  altes  Rad,  platt- 
gelegt,  auf  dessen   Rand  eiserne  Kämme  stehen,  durch  welche   der 
Flachs  so  gezogen  wird,  dass  die  Knuppen  abgerissen  werden.     Die  in 
der  Repe  mit  haftenden  Flachsreste,  ,Repelbusch,  Repeltopp', 
m.,   werden    dann   noch   weiter   verarbeitet:   dass   auch   die  Repe  so 
heissen  könne  (Seh.),  bezweifle  ich.     Die  Knuppen  werden  dann  ,drögt* 
und  darauf  ,edöschen',  endlich    ,de  Lin   ekläperV,   d.  h.   auf   einer 
Maschine:  Klaepere,  f.,    oder   Linklaepere,   f.,    gereinigt.     Schambach 
schreibt  Kieperen  und  meint  das  geschehe   mit   den  Knuppen!     Aber 
vom  Repen  an  heisst  der  Samen  wieder  Lin :  Lin  deschen,  Lin  klae- 
peren,  Linsät,   Linölig,   m.,  Linölkauken    (Lein- Ölkuchen).     Bei  Leib- 
nitz  Collect.  Etym.  I,  S.  30  heisst  dies  Repen:  Reppeln.     Grimm  RA. 
580  hat  nach   Br.  Wb.  8,  482  ,Reppe   mit  Tennen',   die  Zähne    sind 
der  eiserne  Kamm.     Der  gerepte  Flachs  wird  in  ,Baten'  oder  ,Boten' 
zusammengebunden,     ,Baten',  m.,  habe  ich   gehört,   Schamb.   schreibt 
.Bäte',  m.     Alle  in  üblicher  Grösse  zusammengebundenen  Flachsbündel 
bis   zur   völligen   Fertigstellung   heissen    ,Baten'    oder   ,Boten'.       Der 
Flachs  wurde  stets  im  Wasser  (de  Rote,  f.)  gerottet :  ,de  Flass  kümmt' 
oder  ,is  in  de  röte,  werd  erotet' ;   sehr  einzeln  hörte  man   d  statt  t. 
Ist  die  Rotte  beendet,  &o  wird  er  ,tom  drögen  utbreiet',  wenn  ziemlich 
trocken  ,in  stuken  estukt^  oder  ,upstükt^  in  aufrechte  Haufen  gestaucht, 


m 

endlich  in  Baten  gebunden  und  eingefahren.  Zur  weiteren  Bearbeitung 
wird  er  später  im  heissen  Sonnenschein  wieder  ,upstüktS  dann  folgt 
das  ,boken',  sw.  v.,  meist  im  Freien,  nach  Dreschertakt.  ,Eb6kt' 
wird  mit  der  ,B6keS  f.,  (fehlt  bei  Seh.)  die  ich  seltener  T reite,  nie 
Träte  (Seh.)  habe  nennen  hören.  Es  ist  ein  schweres,  fast  quadra- 
tisches, tief  in  der  Sohle  eingekerbtes  Buchenbrett  mit  einem  aus  der 
Mitte  des  Rückens  gekrümmt  aufsteigenden  Stiele,  Stel,  m.  Auf  der 
,Bokemöle^  (BokemüUer),  welche  eigentlich  nur  zum  Lohestampfen 
diente,  wurde  damals  meines  Wissens  Flachs  nie  oder  selten  gebokt. 
Von  dem  Flachsschlagen  heisst  dann  abgeleitet  böken,  afboken:  ab- 
prügeln,  nicht  bei  Seh.,  denn  das  dort  vorkommende  ,afbökern^  kommt 
vom  ,böddeker'  her.  Grimm  RA..  580  begleitet  das  zur  Frauengerade 
gehörende  ,alle  dat  fias  dat  geboket  is'  mit  einem  fragenden :  gebaucht, 
geröstet?  Noch  im  DW.  2.  sp.  205  v.  bocken.  6.  wird  gefragt:  ,was 
bedeutet  es  (bocken)  in  folgender  Stelle?'  nämlich  bei  Moser  P.  Ph^ 
1,  115,  wo  das  ck  in  bekannter  Weise  (Beck,  Beckmann,  v.  d.  Decken, 
Bockholt)  dehnt.  Bei  Vogt  Mon.  ined.  I,  S.  496  (aus  Wildeshausen) 
heisst  es,gebahcket  Flachs',  und  Rühling  (Beschr.  der  St  Nort- 
heim  S.  294)  sagt:  so  wird  er  auf  gestuckt  (lang  u),  abgetrockent  und 
darauf  in  der  Scheure  gleich  abgebockt  (lang  o)'.  Was  vom  ge- 
brochenen Stengel  dabei  abfällt,  heisst  Schewe;  dabei  zerschlagener 
Flachs,  doch  auch  wohl  die  Schewe  mit,  hiess  Brsekelse,  n. ; 
Schambach  183  scheint  Brekelse  als  f.  anzunehmen.  Der  wieder  in 
Baten  gebundene  Flachs  wird  später  auf  der  hölzernen  ,BräkeS  f., 
wobei  die  Arbeiterin  auf  einem  Schemel  sitzt,  ,ebräkt',  indem  die  linke 
Hand  den  ,Flasstott'  einlegt,  die  rechte  aber  mit  dem  Schlagarm  der 
Brake  arbeitet.  Die  bei  Seh.  vorkommenden  Formen  Breke  und 
breken  kenne  ich  nicht.  Der  Abfall  ist  wieder  Schewe,  gröbere 
,Brakel-*  oder  ,Brakerschewe',  auch  mit  der  ,Bokeschewe'  zusammen 
,growe  Schewe'  genannt.  Die  fertig  gebrakte  Handvoll  Flachs  ist  die 
ißisteS  f.,  solcher  84  (3x7x2X2)  bilden  einen  Baten,  den,Brake- 
baten'.  Die  bei  Seh.  v.  riste  angeführte  20-Theilung  kenne  ich 
nicht,  ebensowenig  ,worp'.  Es  folgt  das  ,swingenS  st.  v. :  je  2 
Kisten  werden  ,eswungen',  d.  h.  mit  einem  flachen,  kurzgestielten, 
dünnen,  glatten  Brett  (Swinge,f.,  Swingel,  f.,  Swingebred,  n.), 
während  die  Linke  den  Flachs  schwebend  hält,  von  oben  nach  unten 
mit  der  Rechten  geschlagen.  Das  starke  Verb  ist  swingen;  der 
Abfall  ist  die  feine,  stechende  Swingelschewe,  die  man  wohl  in 
Rattenlöcher  stopfte,  weil  die  Thiere  das  Stechen  in  die  Nase  ver- 
mieden. Die  Riste  =  2  Brakeristen  wird  dann,  wenn  nicht  gleich 
gehechelt  wird,  mit  den  Zopfenden  zusammengelegt  und  diese  Enden 
eingedreht.  Die  84  Risten  des  Brakebaten  sind  also  zu  42  Risten 
geworden,  die  nun  zusammengebunden  den  ,Swingebaten'  oder 
jSwingelbaten^  bildeten;  schon  in  diesem  Zustande  nannte  man 
wohl  14  Risten  eine  ,Kue'  f.,  oder  Kühe.  ,KaueS  Schamb.  115, 
hörte  ich  nicht  von  Plattdeutschen,  aber  ich  entsinne  mich,  daas  die 
Eichsfelder  es  brauchten,  wie  die  Hessen  ,Kaute^  sagten.    Das  Ter* 


158 

wirren  der  Flachsfasern  durch  Kinder  hiess   ,vertftren',   sw.  v.  — 
Dann  kommt  ,de  HeckeP,  Seh.  78:  Hekel,  an  die  Reihe;  2  Risten 
des  Swingelbaten  werden  mit  beiden  Händen   gefasst  und  durch   die 
engstehenden  Kämme  hindurch   gerissen,   um  die   langen,    schlichten 
Fäden,  welche  die  Hände  festhalten,  von   den   rauhen,   gröbern   oder 
abgerissenen  Enden,  welche  in  der  Hechel  sitzen  bleiben,  zu  trennen: 
dieses  ist  die  Hede:  ,Haege*,  Hee,  f.  (Seh.  77  Hege).    Zum  Unter- 
schied Ton  der  beim  zweiten  Hecheln  gewonnenen  heisst  sie    growe 
Haege,  Groffhaege  (hee).     Beim  Hecheln  wird  der  Flachs  zuerst 
am  Wurzelende  gefasst  (Faut-enne,  n.) ;  die  vom  Zopfende  (Hack-enne 
n.)  gewonnene  Hede  wird  bei  grösseren  Massen,  nicht  im  Kleingebrauch, 
gesondert  gehalten  und  heisst  dann  ,H  a  c  k  h  a  e  g  e^  während  die  vom 
Faut-enne  gewonnene   gröbste   kurzweg   Groffhaege  hiess.      Jene 
erstere,  in  den  Haushalten  auch  beide,  wird  zum  Spinnen  weiter  ver- 
arbeitet,   wie    der   Flachs   selbst,  aus  ihr  wird  ,dick-'  oder  ,groff- 
haegen   Gären^   oder   ,SchaustergärenS   n.,    gesponnen.     Die 
hechelnden  und  die  mit  Hede  hausirenden  Weiber  standen  im  Credit 
eines  grossen  Vorrathes  von  Schimpfworten,  daher  ,schellen  (schimpen, 
schimperen,    schenderen)    ase   de    Heckelwiwere^    oder    ,ase  de 
Haegendraegerschen',  beide  nicht  bei  Seh. ;  dörheckeln',  nicht 
bei  Seh.,   wie  hochdeutsch:   durchhecheln.      Nach   dem   Hecheln  sind 
aus  den  42  Risten  nun  21  (7  auf  die  Kue)  geworden;    nach   meiner 
Erinnerung    ist    dieses    der    ,Ribbebäten'    oder    ,Kafebäten'; 
Schamb.  lässt  ihn  erst  nach  dem  Ribben  so  nennen.     Der  Flachs  wird 
nun  noch  einmal  gebrakt,  aber  die  Brake  hat  Längsrippen,  nicht  von 
Holz,  sondern  von  Eisen,  daher :    ,Isern  Brake'  (nicht  bei   Seh.) 
oder  ,Ribbe',  f.,  oder   ,Kafe'.     Die   Leute,   welche   das    Instrument 
Ribbe  nannten,  sagten  nicht  Kafe  und  umgekehrt,  ich  weiss  aber  nicht 
mehr  die    specielle    Heimat    derselben.     In   Northeim   selbst    wurde 
,Ribbe  gebraucht.     Dasselbe    gilt  von  der  Bezeichnung  dieses  zweiten 
Brakens:  ribben  und  kafen,  beides  sw.  v.     Der  geribbete  Flachs 
wurde  wieder  geschwungen  und  gehechelt;  letzteres  sondert  die  feinste 
Hede   ,K  1  e  i  n  b  ä  g  e*,    ,K  1  e  i  n  h  e  e'  (nicht  ,Lütchh.')  ab,    welche  zum 
Weben  versponnen  wird;  den  von  Schambach  102  angezeigten  Unter- 
schied kenne  ich  nicht.      Die    nun  völlig   fertigen   21    Risten    werden 
je  7  zusammen  zu  der  eigentlichen  Kue  gedreht   oder   am  Zopfende 
verflochten,  ,de  Flass  werd  in  ne  Kue  (in  Kuen)  otogen  (teihen,  st.  v.) ; 
diese  Kuen  wieder  in   Bäten   zusammengebunden.     Seh.    nennt  diese 
letzteren  erst  ,KafebatenS  sein  Wort  ,Rübate^  S.  175  kenne  ich 
nicht,  auch  scheint  mir  der  Name  Rauhbund  für  den  fertig  geschlich- 
teten, verkauf-  oder  spinnfertigen  Flachs  wenig  zu  passen.     Der  zum 
Handel  kommende  Flachs  wurde  nach  ,S  t  e  i  n^  (nicht :  Steen)  von  20 
Pfund  verkauft  und  geradezu  ,SteinflassS  d.  h.  aus  dem  Handel 
gekaufter  Flachs,  genannt;  beide  Ausdrücke  nicht  bei  Seh.    Mit  dem 
Aufwinden    des   ,Flasses    up'n   wecken^    (S.   Korrespond.-Bl.    II,  29) 
schwindet  sein  Name,  und  die  Bezeichnung  ,L innen'  adj.,  tritt  ein, 
nur  im  Gegensatz  gegen   ,Hae  gen  gären',  n.,  wird   noch   ,Flass- 


159 

garen'  oder  ,flessen  Garen'  gesagt.  Die  sprichwörtlichen  Redens- 
arten vom  ,Upsetten  up^n  wocken'  hat  Seh.  271:  ,dat  Flass  mot  up'n 
Wecken  Bitten  up  der  lüer  (d.  h.  locker),  de  Hee  awer  as  ne  mücr' 
(strafi  aufgedreht),  und  ,Dat  Flass  ut  der  slüeren  (aus  der  Schleuder ; 
sc.  zu  spinnen),  de  hee  ut  der  müeren.'  Lauft  das  Flachs  rasch  vom 
Wocken  durch  die  drehende  Hand  auf  die  ,S  p  a  u  1  e',  so  heisst  es : 
et  löpt  (oder  geit)  to  Farne;  Fam,  Fäem,  m.,  der  Faden;  daher 
der  bei  Seh.  v.  Fam  genannte  übertragene  Ausdruck:  ,to  Farne  gan, 
rasch  von  der  Hand  gehen.'  Wenn  die  ,Spaulen'  ,afehaspelt'  (wie 
Haspel,  m.,  nicht  bei  Seh.)  werden,  liefert  eine  Haspelumdrehung,  d.  h. 
der  Haspelumfang  einen  ,Fäm'  =  ,8e8s  FautS  mit  dem  Ende  des 
90.  Fadens  ,fällt  de  klöpper'  (nicht  bei  Seh.)  oder  ,Hämer  däP,  den 
,de  plock  an'n  lütchen  Kammrad'  (nicht  bei  Seh.)  langsam  hob,  und 
die  90  ,Fäme  (ä  zwischen  ä  und  ö)  werd  bunnen'  und  bilden  ein 
,6ind  Gären',  n.,  pl.  de  Binne.  Ohne  den  Faden  abzureissen, 
aber  wenn  eine  ,Spaule  afehaspelt  is',  ihn  mit  dem  einer  neuen 
möglichst  ohne  Knoten  fest  zusammendrehend  haspelt  man  so  10 
Binne  ab,  diese  bilden  die  übliche  Garn-Einheit,  den  ,L  o  p  p',  m., 
pl.  Löppe.  Je  feiner  das  Garn  gesponnen  wird,  desto  mehr  Löppe 
aus  dem  Pfund.  Das  Garn  ist  daher:  ^tweilöppsch  Garen': 
das  allergröbste,  2  Löppe  aus  dem  Pfund,  ,veerlöpp8ch':  das 
üblichste,  ,sess]  öppsch,  achtlöppsch':  das  feinste;  als  ein 
Wunder  habe  ich  einmal  in  meiner  Jugend  ,negenlöppsch'  nennen 
hören.  Diese  4  Wörter  sind  nicht  bei  Seh.  Dagegen  habe  ich  sein 
,Träne',  f.  =  Lopp,  nie  gehört  um  Tweeren,  m.,  Zwirn,  zu 
machen,  wird  das  Garn  ,etweeret';  tweeren  sw.  v.;  zum  Weben 
,e  8  p  a  u  1  e  f.  Der  Weber  zieht  zunächst  den  Aufzug  auf,  ,S  c  h  e  r  i  g  e', 
f.,  nie  ,Uptog'  oder  ,Kede',  der  Einschlag  heisst  ,Inslag',  m.;  bei 
gemischten  Geweben  wird  ,linnen  Scherige',  ,1  innen  InslagS  sehr 
selten  ,flessen'  im  Gegensatz  gegen  ,haegen,  heen'  oder  ,b6mwullen' 
gesagt.  Daher  auch  das  von  Seh.  gebrachte  sprichwörtliche  ,Linnen 
Scherige,  haegen  Inslag',  aber  nicht  nur  für  ,bona  mixta  malis'  S.  184 
(v.  Schirige,  das  ich  nie  hörte),  sondern  auch  für:  ,obenst  fix, 
unnen  nix'.  Das  obere  Ende  einer  ',Scherige'  wurde  beim  Schlachten 
zum  Binden  der  Würste  gekauft,  um  ,Wostbenne'  (pl.  von  Band) 
aus  mehreren  Fäden  zusammen  zu  drehen,  etwa  wie  man  Pferdehaare 
zu  Dohnen  dreht;  das  Wort  fehlt  bei  Seh.  Das  von  ihm  mit  einem  ? 
aligegebene  Lin  =  Linnen  bezweifle  auch  ich  sehr. 

ROSTOCK.  K.  E.  H.  Krause. 


I 
/ 


160 


fc- 


Dat  Flas. 

(Lüneburger  Mundart.) 

Dat  Linsät  ward  in'n  Mai  sai't  un  glik  naher,  wen't  uplopen  is, 
ward't  wed't,  den  dat  Unkrüt  wass't  maistens  fix  damank.  Dat 
Weden  dout  för  gewoenlich  de  Frouns  un  D^rns.  Wen't  Flas  nich 
dörchfrüst,  ward't  en,  ök  wol  twe  E9I  lank.  Dat  Flas  kricht  schcene 
blaue  Bloumen  un  naher  Knutten.  Is't  rip,  so  ward't  trocken;  wen't 
aver  liggen  dait,  mut't  al  er  trocken  warn,  den  süs  verrod't  dat. 
Bi't  Trecken  ward  de  enkelden  Hann'vul  jümmer'n  b^ten  ischregh 
uppen  anner  lecht,  dat't  nich  vertüern  dait.  So  V9I  Hann'vul  ward 
up  enen  Bargh  lecht,  as  in  en  Sei  ringat;  den  ward  dat  tohopen 
bunn'  un  het  Knutbunt.  Wen't  Flas  Aart  het,  mööt  vertain  Knut- 
bünn'  üt'n  Spint  Linsät  kamen.  Dat  Flas  ward  nu  r^pt  un  dat  raine 
Flas  in  lütte  Boten  bunn'.  De  Knutten  ward  den  up  Beddlakeus  ader 
pp  Knuttend^len  droeght,  naher  droscht  un  rain  mäkt,  entwerre  up'n 
Stcevmöl'  ader  dat  ward  sieht  mit'n  Lins9v. 

Dat  Flas  aver  ward  in  de  Roeten  feuert  un  mut  dar  ungef9r  acht 
Dagh  liggen.  Je  finer  dat  Flas  is,  desto  lenger  mut't  rosten.  Wen't 
den  inne  Roeten  möör  is,  ward't  up'n  kale  Wisch  ütbred't,  dat  de 
R^gen  dat  en  b^ten  rainspeult  un  de  Bass  sik  vullens  loes't.  Bi 
warm  W9der  ward't  gliks,  as  dat  vonne  Wisch  kumt,  bäkt  un  bräkt; 
wen't  aver  erst  bet  in'n  Harvst  uppen  Bon  liggen  blift,  er't  bräkt 
ward,  mut't  vorher  in'n  Bakaven  droeght  warn.  So'n  Brakelköst  gait 
na  de  Regh  bi  de  Bürn  rüm,  un  alle  Frouns  helpt  hüüt  bi  enen  Burn 
un  morn  bi'n  annern.  Mit  de  Sch9v  ward  winderövers  de  Tüffelkulen 
todekt.  Na't  Braken  ward  dat  Flas  swungen;  wen't  fix  gnatsch  is, 
mut't  wol  twe-  bet  dremal  swungen  warn.  De  Swingelhed  brükt  de 
Repsl9ger  un  de  Tapzir.  Wen  de  Swingblok  in  Rou  (Rü)  is,  kumt 
de  H^kelstoul  anne  Regh.  Uut  *de  grovve  H^kelhed  ward  Garn  to 
Sek  spunnen,  de  fine  ward  to  Inslach  bi  finer  Linnen  spunnen:  so'n 
Linnen  is  den  flessen  Uptoch  un  heden  Inslach. 

Dat  Flas  ward  üt'n  Wocken  spunnen,  un  de  D^rns  g^vt  sik  v^l 
Meu,  sik'n  recht  graden  Wocken  to  draien.  Dat  Gäni  ward  vonne 
Spoul  afhaspelt.  Von  Hedengärn  sit  man  dre  bet  ver  Bind  up  de 
Spoul,  von  Fiugärn  aver  wol  tain.  Twölf  Bind  sunt  en  Stük.  Dat 
Garn  wart  stükwis  von'n  Haspel  namen.  Gegent  Freüjär  gait't  ant't 
W9ven.  Darto  ward  dat  Garn  ütkäkt  un  spoult.  To't  Spoulen  brükt 
man'n  Spoulrad  un'ne  Gärnwinn'.  Bi't  Spoulen  mut  aver  6k  ütr9kt 
warn,  wev9l  Bind  up  en  Spoul  mööt :  dat  rieht  sik  na  de  E9lentäl,  de 
man  W9ven  wiL  Twindich  Spoulen  hoert  to  en  Wark'.  Bi't  Uptrecken 
mut  man  den  uppassen,  dat  de  Fans  ök  richtich  up  de  Gaffel  kämt. 
Wen  de  Smitten  mark't  sunt,  ward   dat  Wark  afnamen  un  in'n  K9d 


tohopen  trocken  Nu  kan't  Uppentaubringen  losgan.  De  K9d  ward 
up  enen  Enn^  lösmäkt  un  de  enkelden  Geng'  den  noch  dörch^n 
Redelkam  lecht.  Twe  Man  drai't  nu  den  Gärnböm  jümmer  rüm,  en 
holt  denn^  Redelkam,  dat  dat  Garn  slicht  up'n  Born  kamt,  un  de  verte 
mut  de  K^d  recht  stram  höln,  dat^t  fast  rup  kumt;  den  wen^t  Garn 
insnit,.  gait't  siecht  werre  raf.  Nu  ward  de  Kamläd  in't  Tau  hengt 
un  Kam  un  Hööften  iniecht.  In^n  Kam  un  in  de  Hööften  sit  noch  de 
Uptoch  von't  vorrige  Wark' ;  de  enkelden  Fans  von't  nee  Wark  mööt 
nu  an  de  ölen  andrai't  warn.  Wen  dat  dän  is,  ward  de  Tr^den  in- 
hengt,  un  dat  W^ven  gait  lös. 

Awer  dat  W^ven  gait  oftmals  nich  g]iks  as't  schal:  dat  Garn  is 
mennichmäl  kladderich  ader  möör,  dat  de  Wever  jümmerto  slichteu 
mut.  (Slichtels  ward  üt  Roggenm^l  käkt.)  Mennichmäl  wil't  ök  nich 
recht  springen,  un  de  W^ver  mut  twe,  dre,  6k  wol  ver  Stöcker  in'n 
Uptoch  leggen.  Dat  Sittelbredd  licht  oft  ök  nich  topass,  un  so  gait 
mennichmäl  en  helen  Dach  hen,  bet't  in'n  Gank  kumt.  Wen't  erst 
ordentlich  gait,  mut  en  Spöulken  maken  un  £nn^s  binnen,  wenn  de 
Uptoch  mal  rit;  un  de  W^ver  smit  de  Schotspoul  un  klapt  mit  de 
Eamläd\  dat  mau  sin  egen  Word  nich  verstau  kau.  Bi  söstainer 
ader  twindiger  Linnen  tau^t  dat  fix  un  de  W^ver  mut  alle  Ogenblik 
nalaten;  aver  bi  finer  Linnen,  as  achtuntwindiger  ader  gär  verdiger 
gait't  man  lanksäm. 

Is't  Wark'  af,  so  snit  de  W^ver  dat  Linnen  af,  nai't  Strippen 
daran  un  trekt't  up  de  Blök.  Hen  un  werre  ward  dat  Linnen  den 
ök  mal  utkäkt,  un  wen't  wit  is,  kön't  Hemm'  därüt  mäkt  warn. 

HAMBURG.  H.  Köhler. 


Nachträge. 

1.    Zu  Jahrg.  1,  S.  54  f.     2,  S.  131  f. 

A.  Keller  hat  in  seine  Fastnachtspiele  aus  dem  15.  Jahrhundert 
(2,  nr.  121)  ein  Vastelavendes  fpil  van  dem  dode  unde  van  dem  levende 
aufgenommen,  gedichtet  durch  Nicolaum  Mercatoris,  nach  Goedeke 
(Grundriss  1,  S.  298)  einen  Holsteiner.  Das  Spiel  ist  in  einem  Einzel- 
druck der  Wolfenbütteler  Bibliothek  von  1576  aufbewahrt,  welcher 
auch  die  in  der  Zeitschr.  d.  Vereins  f.  Lüb.  Gesch.  1,  252  f.  und 
Zeitschr.  d.  V.  f.  Hamb.  Gesch.  4,  499  f.  abgedruckten  Sproke  auf 
aller  Welt  Stände  enthält  (Keller  3,  1475).  Nach  Schellers  Bücher- 
kunde (S.  478)  ist  der  Druck  ein  Lübecker,  Goedeke  erklärt  die 
Abfassung  für  älter  als  1576. 

liiederdeataches  Jahrbuch,    ni.  IX 


162 

Beides  wird  durch  das  Zwiegespräch  von  1484  bestätigt,  denn 
ganze  Strophen  desselben  sind  in  das  Fastnachtspiel  aufgenommen« 
Auch  dieses  findet  nur  zwischen  den  beiden  genannten  Personen  Statt, 
ausser  Prolog  und  Epilog.  Es  enthält  299  Zeilen.  Nach  dem  Prolocutor 
beginnt  vs.  24  das  Leben: 

Wo  bistu,  dodt,  also  schrecklick? 

Nüwerle  sach  ick  dyn  gelyck  u.  s.  w. 

Der  Tod  antwortet  mit  Aufzählung  aller  Stände,  welche  ihm  ver- 
fallen seien.     Das  Leben  entgegnet  vs.  70: 

Wultu  my  mit  dynen  worden  voryagen? 
Ick  hebb  my  ock  mit  mengem  geschlagen. 
Eum  her  mit  dynem  krummen  geverde, 
Ick  wil  dy  möten  mit  mynem  swerde, 
AI  werestu  ock  starcker  als  ein  rese. 

De  dodt. 
Vor  my  kanstu  yo  nicht  genesen, 
Sü,  de  vorhen  syn,  synt  ock  lüde  gewesen. 
Jegen  my  kanstu  nicht  stryden, 
Alle  lüde  möthen  my  lyden 
In  der  werldt  int  gelyke. 
Darümm  kam  ick  uth  einem  köninckryke, 
Dar  meyede  ick  alle  ynt  gelyke. 
Ick  bin  de  dodt  und  kan  vorderven 
Alle  dinck,  dat  ydt  moth  yümmer  sterven, 
Und  töve  vaken  nicht  beth  morgen. 

Dat  levendt. 
Bistu  eyn  meyer,  so  meye  dyn  körn 
Und  keer  van  my  dynen  grimmigen  thorn. 
Du  hoffst  hyr  nicht  tho  schaffen, 
Ock  schal  tu  my  nicht  straffen, 
Ich  wolde  ydt  anders  an  dy  wreken. 

De  dodt. 
Hör,  ick  wil*  dy  anders  anspreken. 
Ick  wil  dy  dyn  junge  herte  thobreken. 
Und  balde  tho  der  erden  schlau, 
Dat  hebb  ik  mengem  minschen  gedaen. 
De  noch  dachten  groth  gudt  tho  vorwerven. 

Dat  levendt. 
Och,  schal  ick  denn  yümmer  sterven 
Und  so  gaer  yu  der  erden  verderven! 
Wor  lathe  ick  denn  myn  grote  gudt, 
Dartho  mynen  stolten  modt? 
Darümme  gha  wech  up  ein  ander  stede, 
Wente  my  beven  alle  myne  lede. 
Du  bist  seer  greßlick  und  swart, 
Dyne  wörde  synt  my  alltho  hart. 


m 

Wol  hefift  dy  gegeven  sölcke  macht, 
Dat  du  kümpst  lopen  all  mit  der  yacht? 
All  wat  du  süst.  dat  wultu  döden* 
Help  my  godt,  uth  dissen  nöden 
Mach  my  nicht  helpen  myn  grote  gebordt. 

De  dodt. 
Dy  baten  nicht  dyne  velen  wordt, 
Spode  dy  men  drade  vort. 
Ick  wil  dy  up  de  erde  strecken, 
Und  dy  einen  voeth  lenger  recken, 
Daranne  keer  ick  all  mynen  flyth. 

Dat  levendt. 
Och  schone  my  doch  ein  klene  tydt 
Und  kere  van  my  dynen  nydt. 
Mach  ick  nicht  dyner  gewaldt  entlopen, 
Noch  mit  nenem  gelde  dat  levendt  kopen? 

u,  8.  w. 

Vergebens  bietet  das  Leben  Geld,  sucht  Zuflucht  vor  dem  Tode 
in  der  Höhe  in  der  Tiefe,  auf  Burgen  in  Städten.  Der  Tod  weist  auf 
Gott  als  den  einzigen  hin,  der  das  Leben  verlängern  könne.  An  ihn 
wendet  sich  das  Leben  und  erklärt  sich  bereit,  wenn  sein  Stündlein 
komme,   zu  sterben. 

In  dem  letzten  längeren  Theile  kommen  keine  weiteren  Anklänge 
an  das  Fragment  von  1484  vor.  Dass  dies  in  das  Fastnachtspiel  nur 
hineingearbeitet  ist,  sieht  man  deutlich  an  der  Composition.  Darum 
lassen  sich  die  Lücken  des  Fragments  auch  aus  dem  Fastnachtspiel 
nicht  ergänzen.  Der  Schluss  des  Spiels  kommt  schliesslich  auf  das- 
selbe hinaus  wie  das  Fragment,  welchem  also  am  Ende  —  und  gleicher 
Weise  am  Anfang  —  nichts  zu  fehlen  scheint. 

II.  Zu  Pfeiffers  Abdruck  aus  H.  Korner  (Germ.  9,  257  ff.,  23,  229  ff.) 

Im  Korrespondenzblatt  für  niederdeutsche  Sprachforschung  (2, 
1 3  f.)  hat  Dr.  Latendorf  mehrere  Verbesserungen  der  Hannoverschen 
Handschrift  (H)  zu  den  von  Pfeiffer  nach  der  Wiener  Handschrift 
(W)  herausgegebenen  Erzählungen  Korners,  aus  Schillers  Nachlass 
mitgetheilt.  Diese  Lesarten  hat  Seh.  von  mir  erhalten.  Ich  nahm 
daher  Veranlassung,  den  Herausgebern  des  Jahrbuchs  auch  die  übrigen 
in  Betracht  kommenden  Varianten  des  H  mitzutheilen.  Der  Ver- 
öffentlichung derselben  ist  eine  gleichartige  Collation  des  Herrn  Pro- 
fessor Höfer  (Germania  23)  zuvorgekommen. 

Ich  beschränke  mich  jetzt  also  auf  ein  paar  Nachträge. 

In  der  von  Pf.  mitgetheilten  Einleitung  Korners  (Pf.  S.  258  Z.  7) 
hat  Hf.  vorgeschlagen  zu  lesen:  dat  fe  der  vorfcrevenen  croneken 
—  —  makeden  vortfet  tinghe  unde  vorvolgheden  fe  na  (statt  W 
vort  na  en  vorvolgheden  na).  Eine  leichtere  Aenderung  ist:  dat  fe 
d.  V.  er. makeden  vort  na  unde   (vii  st.  en)  vorvolgheden  na 

11* 


164 

eren  tiden  unde  jaren.  Dabei  kann  das  se  aus  dem  voraufgegangenen 
Genitiv  supplirt  werden.  Vortfettinghe,  zumal  ohne  Artikel,  klingt  modern. 

S.  258  Z.  16  wird  Hf.'s  Conjectur  efte  (st.  edder  W)  weg- 
fällig durch  richtige  Interpunktion :  Desse  croneken  hebbe  ik 

gheendiget  ...  1431  jar  edder  dar  bi.     Were  nu  etc. 

261,  4  dat  gut  Randglosse.  263,  6  krech  (st.  kerch).  263,  37 
werfcup,  denn  berfcupt  giebt  keinen  Sinn,  da  es  wohl  Herrlichkeit, 
aber  nie  Hochzeit  heissen  kann.     Vgl.  Mndd.  WB.  2,  254. 

263,  38  interpungire :  do  bad  he  orlef,  Amicus,  to  lofende  de 
bedevart.  265,  13  fyme  leven  brodere  H.'  266,  23  dat  fe  aller 
fpife  vorgheten  H. 

267, 1  ff.  schreibt  H:  worden  bedrovet  alle  de  menliken,  de  in  der 
taffeien  wefet  h  ad  den.  Hier  tritt  die  Bedeutung  von  menliken  = 
insgemein  klar  hervor.  Wenn  Bechstein  (Korresp.-Bl.  1,  39)  vermuthet, 
dass  es  auch  männiglich  heissen  könne,  so  widerspricht  dem  schon 
die  Adverbialendung.     Vgl.  Mndd.  WB.  3,  27. 

267,  9  f.  umme  miner  leve  willen  H. 

267,  35/38.  An,  womit  der  Satz  in  W  und  H  anfängt,  wird 
durch  das  in  W^  ausgefallene,  aber  in  H  gebliebene  ghefpifet  ak 
richtige  Lesart  beglaubigt.  Hf.  scheint  van  zu  empfehlen.  Wan  (?) 
steht  weder  in  W  noch  H. 

268,  9/10.  Wat  dy,  leve  vader,  myner  ringe  vordrut!  ist  Aus- 
ruf, nicht  Frage  (Bechstein  im  Korresp.-Bl.  1,  40),  und  wat  nicht  = 
warum,  sondern  =  quid  oder  quantum  für  quam.  Quam  cito  te,  mi 
pater,  mei  taedetl  Vgl.  Was  du  flink  bist!  Was  du  vorschnell 
urtheilst ! 

269,  1  ik  wet  H,  und  so  später:  ik.  2  wat  ik  seggefn  schal 
entspricht  £cc.  2, 454 :  Nescio,  quid  dicam.  Vielleicht  schreibt  W :  wat 
ik  icht    In  H  endet  die  Zeile  mit  ik.     8   van  (st.  von). 

271,  2  bet  will  Hf.  in  beft  verändern,  der  Comparativ  genügt. 
Ecc.  2,  554:  quicunque  in  chorizando  alios  excelleret.  24  volk 
steht  in  H. 

274  ff.  Die  Erzählung  von  Tundalus  steht  in  H  grösstentheils 
auf  der  Rückseite  von  Fol  94,  welches  sich  durch  Schrift  und  hellere 
Dinte  von  den  übrigen  Blättern  unterscheidet,  auch  gegen  das  Ende 
hin  gedrängter  beschrieben  ist.  Es  scheint  demnach  erst  später  ein- 
gefügt oder  eingetragen  zu  sein.  Daraus  würden  sich  manche  Auslassungen 
des  H  an  dieser  Stelle  erklären. 

276,  6  lichamme,  schreibt  H  immer,  wird  auch  durchweg  in  W 
zu  lesen  sein. 

276,  33  also  en  gloyendich  oven  unde  was  jamerliken 
unde  gruwelik  an  to  seende.  Desse  vestigia«  34  scharpen 
teenen. 

277,  7/8.  9/10  sind  Hf.'s  knappe  Anführungen  leicht  missver- 
ständlich. Die  Stellen  lauten  in  H:  De  pyne  was  mennichvolt.  — 
Des  wart  myn  feie  reddet  in  der  pine  van  deme  enghel  unde  lovede. 
(Na  deme  —  leed  fehlen.) 


165 

286,  30  feltzcnen.  31  fik  fehlt  H,  muss  aber  mit  W  beibehalten 
werden.    34  to  deme  joden  up  den  kerkhoff  undevorhoreden 

den  joden.     Ecc.  2,  1221 :  ad  dictum  cimiterium  properavit  et 

ludaeum  examinavit. 

288,  17  der  fammelinghe  ist  gewiss  Genitiv.  Ecc.  2,  1237: 
Tunc  mercator  capitaneos  societatis  alloquens  dixit. 

LüBEK.  Wilh.  Mantels. 


Friedrich  Woeste*). 

Johann  Friedrich  Leopold  Woeste  wurde  1807  Febr.  15  zu 
Hemer  in  der  Grafschaft  Mark  geboren.  Er  war  ein  Sohn  des  evan- 
gelischen Schullehrers  daselbst  Ludolf  Leopold  Woeste  und  dessen 
Ehefrau  Maria  Catharina  Kruse.  Nachdem  der  Knabe  den  ersten 
Unterricht  vom  Vater  erhalten  hatte,  gestattete  ihm  die  Freundlichkeit 
des  Pfarrers  Wulfert  und  seines  Sohnes,  des  damaligen  Kandidaten 
und  Pfarradjunkten  Wulfert,  dass  er  an  dem  Unterrichte  theilnehmen 
konnte,  den  dieselben  andern  Zöglingen  in  der  französischen  Sprache, 
im  Lateinischen,  in  (jeschichte  und  Geographie  ertheilten.  Mit  fünf- 
zehn Jahren  konfirmirt,  wurde  Woeste  zu  dem  Bruder  seiner  Mutter 
nach  Barmen  geschickt,  um  von  hier  aus  das  damals  noch  dreiklassige 
Gymnasium  zu  Elberfeld  zu  besuchen;  schon  im  Herbst  desselben 
Jahres  (1822)  aber  wanderte  er  dann  nach  Halle,  wo  er  von 
Oktober  1822  bis  Ostern  1826  als  Hausschüler  der  Frankeschen 
Stiftungen  lebte  und  von  da  ab  weitere  drei  Jahre  dem  Studium  der 
Theologie  oblag;  mit  22  Jahren  kehrte  er  nach  Hemer  zurück. 

Hier  in  der  Heimath  machte  sich  die  rationalistische  Richtung, 
die  er  aus  dem  Jugendunterricht  mitgebracht  hatte,  die  aber  in  Halle 
unterdrückt  worden  war,  dergestalt  wieder  bei  ihm  geltend,  dass  er 
allmählich  zu  der  Ueberzeugung  gelangte,  trotz  des  Examens,  durch 
das  er  1832  die  Erlaubniss  zu  predigen  erworben  hatte,  nicht  für  ein 
geistliches  Amt  in  der  Landeskirche  geeignet  zu  sein,  und  deshalb 
den  früher  gewählten  Beruf  vollständig  aufgab.  Abgesehen  von  dem 
Gefallen,  das  er  an  der  Beschäftigung  mit  der  Naturgeschichte,  ins- 
besondere mit  der  Botanik  fand,  erfiiUten  ihn   nämlich   vorzugsweise 

• 

*)  Diese  Skizze  beruht  auf  dem  Nekrolog  Woestes,  welchen  die  von  Cre- 
celius  und  Harless  herausgegebene  Ztschr.  d.  Berg.  Geschichtsvereins  Bd.  15  von 
der  Hand  des  Herrn  Prof.  Crecelius,  eines  langjährigen  Freundes  des  Verewigten, 
gebracht  hat.  Einen  kürzeren  Nekrolog  von  Herrn  Oberlehrer  Heerhaber,  Sekretär 
der  Handelskammer  zu  Iserlohn,  enthält  die  Iserlohner  Zeitung  1878  Nr.  9  vom 
20.  Januar. 


166 

philologische  Neigungen,  und  die  Yerfolgung  derselben  gewährte  ihm 
nicht  nur  die  äusseren  Mittel  der  Existenz,  sondern  auch  eine  innere 
Befriedigung,  wie  er  sie  der  Pflege  seiner  ehemaligen  Berufswissen- 
schaft nicht  hatte  abgewinnen  können.  Von  der  Beendigung  seiner 
Studien  ab  hat  er  daher,  geringe  Unterbrechungen  ausgenommen,  bis 
zu  seinem  Tode  als  Privatlehrer  gelebt,  anfangs  in  seiner  Vaterstadt, 
wo  er  höheren  Unterricht  an  einer  Privatschule  gab,  seit  1839  in  der 
Kreisstadt  Iserlohn,  wo  er  namentlich  in  neueren  Sprachen  unterrich- 
tete. Eine  Hauslehrerstelle  in  Altena  (1838 — 1839)  hat  er  nach  elf 
Monaten  wieder  aufgegeben ;  auch  eine  Lehrerstelle  an  der  höheren 
Bürgerschule  zu  Iserlohn,  deren  Rector  sein  Schwager  Kruse  war,  hat 
er  schon  nach  Jahresfrist  (1849 — 1850)  wieder  niedergelegt. 

Schon  in  Halle  hatte  Woeste  an  der  philologischen  Seite  der 
Theologie  grossen  Geschmack  gefunden  und  deshalb  das  Hebräische 
gründlich  studirt.  Was  die  neueren  Sprachen  anbelangt,  auf  die  er 
mit  seinem  Unterricht  in  der  Handelsstadt  Iserlohn  zunächst  und 
zumeist  angewiesen  war,  so  besass  er  im  Französischen  und  im  Eng- 
lischen tüchtige  Kenntnisse  und  machte  sich  des  Italienischen  gleich 
anfangs  wenigstens  in  soweit  Herr,  dass  er  mit  Erfolg  •  darin  unter- 
richten konnte.  Während  er  dann  das  Studium  dieser  Sprachen  un- 
ausgesetzt fortsetzte,  trieb  er  daneben  eifrig  Holländisch,  Dä- 
nisch und  Schwedisch,  und  ging  endlich  auch,  damals  schon  ein  Mann 
von  52  Jahren,  an  die  Erlernung  der  spanischen  Sprache.  War  es 
gleich  Woeste  bei  diesen  Arbeiten  zunächst  nur  darum  zu  thuu,  sich 
die  Literaturen  jener  Völker  zugänglich  zu  machen,  so  lehnte  er  doch 
auch  eine  praktische  Verwerthung  seiner  Kenntnisse  nicht  ab,  wenn 
es  sich  darum  handelte.  Stunden  zu  geben  oder  für  Privatleute  und 
Behörden  Uebersetzungen  anzufertigen,  und  diese  praktische  Thätigkeit 
veranlasste  dann  wieder  den  peinlich  gewissenhaften  Arbeiter  zu  immer 
weiteren,  eingehenderen  Studien. 

Was  aber  dem  Manne  in  der  Geschichte  der  Sprachwissenschaft 
Bedeutung  giebt,  ist  seine  Beschäftigung  mit  der  Mundart  seiner 
Heimath.  Schon  während  seines  Aufenthalts  in  Halle  hat  er  sich  derselben, 
wenn  auch  zunächst  nur  vorübergehend,  zugewandt,  indem  er  auf  die 
Anregung  von  Badlofs  Schriften  hin  aufzuzeichnen  versuchte,  was  ihm 
von  der  Märkischen  Mundart  im  Gedächtnisse  lebte,  die  ihm  trotz 
des  Vaters,  der  als  richtiger  Elementarlehrer  seinen  Jungen  gern  hoch- 
deutsch hätte  reden  lassen,  in  der  Knabenzeit  Umgangssprache  ge- 
wesen war.  In  Iserlohn  gab  ihm  ein  Artikel  eines  dortigen  Tage- 
blattes die  äussere  Veranlassung,  sich  eingehender  mit  den  Mundarten 
zu  beschäftigen,  und  Grimms  Mythologie  und  Firmenichs  Völker- 
stimmen regten  ihn  an,  die  Volksuberlieferungen  seiner  Heimath  und 
ihren  Wortschatz  zu  sammeln.  Im  Jahre  1848  erschienen  seine 
, Volksüberlieferungen  in  der  Grafschaft  Mark*,. ein  Büchlein,  das  ihm 
von  verschiedenen  Seiten  die  Anerkennung  Sachverständiger  einbrachte. 
Insbesondere  trat  Adalbert  Kuhn  in  lebhafte  Verbindung  mit  ihm,  ver- 
mittelte 1850  seine  Ernennung   zum    auswärtigen  Mitgliede    der  Ber- 


r 


167 

linischen  Gesellschaft  für  Deutsche  Sprache,  besuchte  ihn  1851  auf  einer 
Reise,  die  er  zur  Sammlung  der  westfälischen  Volkssagen  unternommen 
hatte,  und  beredete  ihn  zur  Theilnahme  an  einem  darauf  gerichteten 
Streifzuge.  Auf  Kuhns  Anregung  hin  war  es  dann  auch,  dass  Woeste 
verschiedenen  fachmännischen  Zeitschriften  Beiträge  lieferte;  der  von 
der  Berlinischen  Gesellschaft  gegründeten  Germania,  der  von  Aufrecht 
und  Kuhn  begonnenen  Zeitschrift  für  vergleichende  Sprachforschung 
und  Wolfs  (später  Mannhardts)  Zeitschrift  für  deutsche  Mythologie 
und  Quellenkunde;  Frommanns  Zeitschrift  für  deutsche  Mundarten 
und  der  von  Höpfner  und  Zacher  herausgegebenen  Zeitschrift  für 
deutsche  Philologie  schenkte  Woeste  ebenfalls  ein  nachhaltiges,  werk- 
thätiges  Interesse;  kleinere  Mittheilungen  brachten  auch  Moltkes 
Sprachwart  und  Wagners  Archiv  für  die  Geschichte  der  deutschen 
Sprache.  Daneben  hatten  auch  die  historischen  Zeitschriften  seiner 
Umgegend  sich  der  Mitarbeiterschaft  Woestes  zu  erfreuen,  wie  die 
ältere  Zeitschrift  des  Bergischen  Geschichtsvereins,  so  auch  die  seit 
1875  von  Pick  herausgegebene  Monatsschrift  für  rheinisch- westfälische 
Geschichtsforschung.  Selbst  die  Lokalblätter  Iserlohns  enthalten  zahl- 
reiche Beiträge,  mit  denen  Woeste  die  Liebe  zur  Geschichte  und 
Sprache  der  Heimath  zu  wecken  und  zu  fördern  bemüht  war;  ein 
Theil  derselben  ist  in  seinem  Buche:  ,Iserlohn  und  Umgegend,  Bei- 
träge zur  Ortsnamendeutung,  Ortsgeschichte  und  Sagenkunde^  (Iser- 
lohn 1871)  zusammengestellt. 

Bei  den  Arbeiten  Anderer  leistete  Woeste  in  aufopfernder  Un- 
eigennützigkeit  Beistand;  namentlich  Kuhn  (Westfälische  Sagen  und 
Märchen),  Kosegarten  (Wörterbuch  der  niederdeutschen  Sprache)  und 
Schiller  und  Lübben  (Mittelniederdeutsches  Wörterbuch)  hatten  an 
ihm  einen  fleissigen  Mitarbeiter;  einen  treuen  Berather  und  Helfer. 
Auch  den  Bestrebungen  der  Jüngeren  schenkte  er  warme  Theilnahme 
und  war  unermüdlich  darin,  in  liebenswürdigster  Weise  Aufschluss 
und  Winke  zu  geben,  Bath  zu  ertheilen  und  Beistand  zu  leisten. 

Dem  jungen  Verein  für  niederdeutsche  Sprachforschung  brachte 
er  von  vornherein  das  lebendigste  Interesse  entgegen.  Hatte  er  auch 
am  13.  Mai  1875  gemeint,  Alter  und  Verhältnisse  erlaubten  ihm  nicht, 
dem  Vereine  als  thätiges  Mitglied  beizutreten,  denn :  ;,Wenn  ich,  was 
möglich,  noch  einige  zeit  auf  dem  gebiete  des  älteren  niederdeutschen 
und  der  heutigen  südwestfälischen  und  bergischen  mundarten  arbeiten 
kann,  so  ist  es  wol  anständig  und  recht,  meine  wenigen  arbeiten  den 
Zeitschriften  zuzuwenden,  die  mir  seit  langer  zeit  ihre  spalten  geöff- 
net haben^,  so  hatte  er  doch  in  unmittelbarem  Anschluss  daran  hin- 
zugefügt: ;,Anders  wäre  es,  wenn  die  wiedererstandene  Zeitschrift  für 
mundarten  aus  mangel  an  abnehmern  abermals  eingehen  solte^ ;  und 
als  die  Redaktion  des  Korrespondenzblattes  dem  verehrten  Greise  die 
erste  Nummer  desselben  mit  der  Bitte  um  freundliche  Theilnahme 
zusandte,  äusserte  er  nicht  nur  seine  Freude  über  ein  solches  Unter- 
nehmen in  warmen  Worten,  sondern  bethätigte  dieselbe  auch  dadurch, 
dass  er  die  Redaktion  in  den  Stand  setzte,   schon  in  ihrer  zweiten 


m 

Nummer  mehrere  Beiträge  von  seiner  Hand  liefern  zu  können,  und 
dass  das  Korrespondenzblatt  nicht  weniger  als  50  grössere  und  klei- 
nere Aufsätze  und  Notizen  von  ihm  gebracht  hatte,  als  die  Redaktion 
in  der  Schlussnummer  ihres  zweiten  Jahrganges  die  schmerzliche 
Pflicht  erfüllte,  den  Lesern  das  Hinscheiden  ihres  fleissigsten  Mitar- 
beiters anzuzeigen.  Auch  die  Redaktion  dieses  Jahrbuches  hatte  die 
Freude,  in  ihrem  zweiten  Jahrgange  zwei  Aufsätze  bringen  zu  können, 
in  deren  einem  Woeste  Werth  und  Benutzung  der  Magdeburger  Bibel 
für  das  Mnd.  Wörterbuch  behandelt,  während  er  in  dem  andern  49 
Wörter  erläutert,  die  den  Verfassern  dieses  Wörterbuchs  dunkel  ge- 
blieben waren.  Einen  weiteren  Beitrag  veröflfentlicht  das  heurige 
Jahrbuch,  wie  auch  das  Korrespondenzblatt  noch  nach  seinem  Tode 
Mittheilungen  von  ihm  liefern  konnte  und  noch  eine  Zeitlang  zu  liefern 
vermag.  Wie  sehr  ihm  das  Gedeihen  der  Vereinssache  am  Herzen 
lag,  wird  auch  daraus  erhellen,  dass  er  nicht  nur  über  Einrichtungs- 
weise des  Korrespondenzblattes,  Anleitung  zum  Sammeln,  Formulirung 
bestimmter  Fragen  u.  s.  w.  wiederholt  die  schätzenswerthesten  Winke 
gab,  sondern  auch  während  seiner  letzten  Krankheit  noch  darauf  be- 
dacht war,  wie  durch  eine  Werbeschrift  die  Zahl  unserer  Mitglieder 
vergrössert  werden  könne. 

Seit  April  1877  litt  Woeste  an  einem  heftigen  Lungenkatarrh; 
Husten,  Fieber  und  körperliche  Schwäche  machten  ihn  wochenlang 
zu  geistigen  Beschäftigungen  fast  ganz  unaufgelegt;  die  Besserung, 
die  der  Sommer  brachte,  war  nur  vorübergehend,  und  schon  im  Sep- 
tember musste  der  Arzt,  der  ihn  am  4.  August  aus  seiner  Behandlung 
entlassen  hatte,  wieder  herbeigeholt  werden.  Bis  in  die  letzte  Zeit 
war  Woeste  in  den  Freistunden,  die  er  der  Krankheit  abrang,  mit 
wissenschaftlicher  Arbeit  beschäftigt,  und  noch  am  5.  November  schickte 
er  der  Bedaktion  des  Korrespondenzblattes  einen  am  vorhergehenden 
Tage  niedergeschriebenen  Artikel  ein;  im  Laufe  dieses  Monats  aber 
gebot  die  Krankheit  seiner  Thätigkeit  Einhalt;  Woeste  begab  sich  der 
besseren  Pflege  wegen  in  das  Haus  seiner  Schwester,  der  Wittwe  des 
Prorektors  Kruse;  dort  starb  er  nach  neuumonatlichen  Leiden  am 
7.  Januar  1878  früh  1  ühr.     Ehre  sei  seinem  Andenken! 

Woeste  war  in  der  Sprachwissenschaft  Autodidakt;  in  seinem 
siebenzigjährigem  Leben  ist  er,  mit  Ausnahme  seines  Aufenthaltes  in 
Halle,  einer  Ferienreise  nach  Berlin  und  etwa  noch  eines  Ausfluges  in 
die  Rheinprovinz,  aus  der  nächsten  Umgebung  seines  Heimathsortes 
kaum  herausgekommen;  er  lebte  in  einer  Stadt,  die  keine  Bibliothek 
besitzt,  und  war  also  nicht  nur  für  den  Lebensunterhalt,  sondern  auch 
für  die  Befriedigung  der  literarischen  Bedürfnisse  auf  die  Erträgnisse 
eigener  Arbeit  angewiesen;  er  entbehrte  vollständig  des  anregenden  per- 
sönlichen Verkehrs  mit  Gleichstrebenden :  wenn  er  es  trotzdem  möglich 
gemacht  hat,  sich  nicht  nur  eine  eingehende  und  umfassende  Kenntniss  der 
modernen  Sprachen  zu  erwerben,  nicht  nur  die  Geschichte  der  deutschen 
Sprache  wissenschaftlich  zu  pflegen  und  ihre  Erkenntniss  durch  zahlreiche 
Abhandlungen  und  Aufsätze  zu  fördern,  sondern  auch  den  Literaturschatz 


160 

der  MundartenforschuDg  um  ein  Hauptwerk  zu  bereichern,  so  gebührt 
solchen  Leistungen  eines  energischen  Fleisses  und  einer  rührenden 
Liebe  zu  der  Sprache  seines  Volkes  Hochachtung  und  Dankbarkeit 
von  Fachmännern,  wie  von  Nicht-Fachmännern.  Dabei  braucht  es 
nicht  mit  Stillschweigen  übergangen  zu  werden,  was  sich  aus  dem 
Entwicklungsgange  und  der  Lebensstellung  des  Mannes  von  selbst 
versteht,  dass  ihm  die  eigentlich  philologische  Schulung  abging,  dass 
seine  Methode  Schwächen  hatte  und  dass  er  nicht  immer  das  Material 
vollständig  beherrschte,  dass  er  einerseits  zuweilen  einer  abgelegenen 
künstlichen  Ableitung  vor  einer  naheliegenden,  natürlichen  Deutung 
den  Vorzug  gab  und  dass  er  andererseits  zuweilen  mit  seiner  süd- 
westfälischen Mundart  operirte,  wo  dieselbe  nicht  ausreichte  oder  gar 
nicht  in  Betracht  kam^).  Solche  Irrthümer  mag  der  Eine  pietätvoll 
übergehen,  der  Andere  ausdrücklich  verurtheilen ;  wenn  aber  die  Ka- 
thederweisheit eines  Jüngern  nicht  nur  gegen  diese,  sondern  gegen 
die  Thätigkeit  des  Mannes  selbst  sich  abwehrend  aussprechen  konnte, 
so  mag  solcher  Würdigung  eigener  und  fremder  Arbeit  das  Schreiben 
Jakob  Grimms  an  Woeste  zum  Gegensatz  dienen,  in  dem  es  heisst: 
;ylhre  genauen  und  scharfsinnigen  forschungen  ziehen  die  äugen  aller 
Sprachkenner  auf  sich,  ich  wüste  nicht,  dass  seit  Schmeller  jemand  so 
begabt  und  geschickt  gewesen  wäre,  wollten  sie  nach  dem  muster 
des  bairischen  Wörterbuchs  ein  westfälisches  zur  hauptsache  ihres  lebens 
machen,  so  könnten  sie  ihn  noch  übertreffen,  da  die  Sprachwissen- 
schaft im  letzten  vierteljahrhundert  manche  fortschritte  gethan  hat  (!)". 
Und  allerdings  ist  das  Wörterbuch  der  süd westfälischen  Mundart 
die  eigentliche  Lebensaufgabe  Woestes  geworden.  Abgesehen  von  einer 
letzten  Redaktion,  der  es  Woeste  wohl  nur  deshalb  nicht  unterzogen  hat, 
weil  er  keinen  Verleger  dafür  zu  finden  wusste,  liegt  das  umfangreiche 
Werk,  die  Frucht  eines  nahezu  vierzigjährigen  Sammelfleisses,  im  Ma- 
nuscript  vollendet  vor^).  Auch  jetzt  wird  die  Drucklegung  ohne  pe- 
kuniäre Opfer  nicht  möglich  sein ;  aber  die  Veröffentlichung  der  Arbeit 
ist  eine  Pflicht  gegen  die  Wissenschaft  und  gegen  das  Andenken  des 
Verstorbenen,  für  deren  Erfüllung  mitzuwirken  und  einzustehen  Ehren- 
sache des  Vereins  für  niederdeutsche  Sprachforschung  sein  muss. 

HAMBURG,  BARMBEK.  K.  Koppmann. 


*)  Wie  wenig  Woeste  selbst  sich  für  unfehlbar  hielt,  illustrirt  es  beispielsweise, 
wenn  er  1877  Jan.  10  schreibt :  „Meine  vorige  Sendung  an  Sie  . . .  veranlasst  mich  zu 
der  erklärung,  dass  ich  jedes  von  mir  herrührende  Schriftstück  in  den  Papierkorb 
geworfen  wünsche,  wenn  es  überflüssig  scheint  oder  nicht  volle  billigung  findet",  und 
Jan.  21 :  „Uebrigens  wäre  es  nicht  das  erste  mal,  wenn  ich  hören  müsste :  ,dat  maut'r 
wier  in*.  Ich  kann  mich  in  solchen  fällen  sehr  gut  mit  unserem  Spruche  trösten: 
,en  p^rd  vertriet  sik  wol  med  ver  faiten,  geswige  dann  en  menske  op  tw^en*.  Ich 
würde  ohne  zweifei  den  lapsus  selbst  bald  gefunden  haben . . .  wenn  das  ,nonum  prematur 
in  annum'  mehr  in  meiner  natur  läge,  als  dies  wirklich  der  fall  ist". 

*)  Von  dem  sonstigen  literarischen  Nachlass  werden  hoffentlich  seine  Sammlung 
von  Volksthümlichem  aus  der  Grafschaft  Mark  und  seine  Vorarbeiten  für  eine  neue 
Ausgabe  des  Koker  bald  die  geeigneten  Herausgeber  und  Bearbeiter  finden. 


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Urkundenbuch  der  Berlinischen  Chro- 
nik. Berlin.  1869.  Berliner  Todtentanz. 

Vor  mir  liegt  das  noch  im  Erscheinen  begriflfene  Werk,  das  Ur- 
kundenbuch der  Berlinischen  Chronik,  herausgegeben  von  dem  Verein 
für  die  Geschichte  Berlins  durch  F.  Voigt,  Professor.  Der  erste 
Bogen  erschien  1869;  jetzt,  im  December  1877,  ist  der  77.  in  meinen 
Händen.  Das  Buch  empfiehlt  sich  sehr  durch  sein  äusseres  Aussehen; 
gutes  Papier,  schöner  Druck,  handliches  Format,  klein  Folio,  die 
Seiten  doppelt  umrahmt,  die  äusseren  Linienstreifen  roth,  die  beiden 
innern  schwarz  —  alles  dies  macht  einen  so  wolgefälligen,  man  möchte 
sagen,  appetitlichen  Eindruck,  dass  man,  erfreut  über  diese  glänzende, 
äussere  Ausstattung,  das  Buch  gern  zur  Hand  nimmt  und  durchblättert 
oder  durchliest. 

Neues  wird  uns  aber  in  dem  Werke  bis  jetzt  wenig  dargeboten; 
der  weitaus  grösste  Theil  der  Urkunden  ist  bereits  anderswo  gedruckt, 
in  Riedels  Codex,  diplom.  Brandenb.,  in  Fidicins  diplomatischen  Bei- 
trägen oder  sonstwo.  Daraus  ist  aber  für  die  Herausgeber  durchaus 
kein  Vorwurf  herzuleiten ;  denn  der  Zweck  der  Herausgabe  war  auch 
nicht,  neue,  bisher  unbekannte  Urkunden  ans  Licht  zu  ziehen,  sondern 
nur  alle  Urkunden,  die  Berlin  betreffen,  aus  der  Zerstreuung  zu  sam- 
meln und  in  einem  Körper  zu  vereinigen.  Neu  ist  aber  jedesfalls 
eins,  nemlich  dass  den  lateinischen  wie  niederdeutschen  Urkunden  eine 
hochdeutsche  Uebersetzung  beigegeben  ist,  die  dem  Original,  das  auf 
der  linken  Spalte  zu  lesen  ist,  auf  der  rechten  gegenübersteht. 

Die  Urkunden,  heisst  es  in  der  Vorrede,  sind  diplomatisch  genau 
nach  dem  Originale  abgedruckt.  Sowenig  auch  an  dieser  Angabe  zu 
zweifeln  ist,  so  kann  ich  doch  die  Vermuthung  nicht  unterdrücken, 
dass  man  zwar  die  Absicht  gehabt,  aber  nicht  erreicht  hat,  und  dass 
manche  Fehler  nicht  auf  Rechnung  der  Originalschreiber,  sondern  auf 
Rechnung  des  jetzigen  Herausgebers  zu  setzen  sind,  der  entweder 
einen  Druckfehler  hat  durchschlüpfen  lassen,  was  ja  so  leicht  geschieht, 
oder  auch,  was  häufiger  vorkommen  mag,  das  Original  falsch  gelesen 
hat.  Sind  aber  wirklich  die  Urkunden  genau  nach  dem  Original  ab- 
gedruckt, und  sind  sie,  so  zu  sagen,  mit  Haut  und  Haar  wiedergegeben, 
so  wäre  zu  wünschen  gewesen,  dass  den  Fehlern,  die  sich  in  dem 
vorliegenden  Drucke  vorfinden,  irgend  ein  Zeichen  beigegeben  wäre, 
woran  man  erkennen  könnte,  ob  sie  bereits  Fehler  des  Originals  sind 
oder  nicht.  Dann  wird  der  Leser  nicht  irre  geführt ;  er  weiss,  dass 
er  keine  Druckfehler  der  jetzigen  Ausgabe,  sondern  alte  Schreibfehler 
des  ursprünglichen  Schreibers  vor  sich  habe.  Dies  ist  aber  nicht  ge- 
schehen; nur  ein  einziges  Mal  (S.  304)  habe   ich   bemerkt   gefunden, 


171 

dass  im  Original  wörtlich  so,  nemlich  leähen^  i^tehe.  Die  Stelle  lautet : 
hy  wolde  my  eyn  dach  ledJcen  in  der  marke  vor  myns  hern  mannen  und 
steyden.  Die  Uebersetzung  gibt  sie  so  wieder:  ,er  wollte  mich  zu 
einem  Rechtstage  in  der  Mark  geleiten  vor  meines  Herrn  Mannen 
und  Städten'.  Ich  weiss  nicht,  welches  niederdeutsche  Wort  der  Ueber- 
setzer  für  ledken  setzen  will ;  vielleicht  leiden^  leden  ?  Aber  .he  wolde 
my  eyn  dach  leiden'  heisst  durchaus  nicht  so,  wie  der  Uebersetzer 
will ;  es  ist  überhaupt  eine  unverständliche  Redensart.  Wahrscheinlich 
ist  statt  ledken  zu  lesen  lecken  oder  auch  legken^  was  eine  Nebenform 
für  leggen  ist.  Enen  dach  leggen  ist  aber  ein  ganz  üblicher  Ausdruck 
und  bedeutet :  einen  Tag  ansetzen.  Zu  vergleichen  ist  zur  Form  und 
Sache  eine  Stelle  in  den  Goslaer  Statuten  33,  40  (von  Göschen): 
imde  men  schölde  in  (ihnen)  dat  gherichte  lecken^  dar  se  komen 
mochten. 

Zur  Urkunde  nr.  28  (S.  1 9)  hätte  wol  angeführt  werden  können, 
dass  sie  eine  schülerhafte  Uebersetzung  des  lateinischen  Originals  ist. 
Nur  dass  sie  auch  lateinisch  in  Küsters  A.  u.  N.  Berlin  IV,  3  abge- 
druckt ist,  steht  unten  bemerkt,  nicht,  dass  das  lateinische  Document 
das  Original  ist.  Aber  ohne  diese  Kenntnis  steht  man  ganz  verwundert 
vor  der  hochdeutschen  uebersetzung  des  Quasiniederd.  Originals: 
,deren  feste  Treue  .  .  durch  thatsächliche  Beweise  zu  unsrer  Freude 
sich  vor  unsern  Augen  bewährt  etc.',  die  das  niederdeutsche :  ^der 
tia^te  treuwe  .  .  by  liflike  strafnnge  der  werke  wert  in  vnsen  ange- 
sichte  geantwerp  wiedergeben  soll.  Hat  man  das  lateinische  Original 
vor  Augen:  quorum  firma  fides  .  .  per  operum  argumenta  gratifica 
nostris  aspectibus  laudabiliter  presentatur^  so  klärt  sich  alles  auf.  Der 
ursprüngliche  Uebersetzer  kat  in  seinem  Vocabular  gefunden:  argu- 
mentum^  Strafinge  (wie  zB.  in  den  Wolfenbütteler  Vocabularien  steht: 
arguere^  strafen;  argumentum,  stra finge  ohne  weitere  Angabe)  und  ge- 
brauchte es  schlankweg  und  gedankenlos  nach  Schüler  Art.  Uebrigens 
hätte  der  neue  Uebersetzer  das  liflike  nicht  durch  ,thatsächlich'  sondern 
durch  ,lieblich  (=  leflik),  angenehm*  übersetzen  müssen,  wie  das  la- 
teinische Original  (gratifica)  an  die  Hand  gab.  Es  sieht  sonst  so  aus, 
als  habe  er  halb  nach  der  nd.  Uebersetzung,  halb  nach  dem  lateini- 
schen Originale  übersetzt.  So  gibt  es  noch  mehreres  in  der  Urkunde, 
was  nur  nach  Einsicht  des  lateinischen  Originals  hell  wird.  Am  besten 
wäre  es  übrigens  gewesen,  diese  niederdeutsche  Stümperei  ganz  weg- 
zulassen und  dafür  das  lateinische  Original  einzusetzen,  oder  sie  wenig- 
stens in  die  Anmerkung  zu  verweisen. 

Was  nun  überhaupt  die  ganze  Uebersetzung  aller  Urkunden  be- 
trifft, so  ist  sie  der  Art,  dass  sie,  weil  sie  oft  gar  zu  frei  ist,  die  ur- 
sprüngliche Färbung  des  Originals  häufig  verwischt,  ein  Uebelstand, 
an  dem  ja  leider  der  Natur  der  Sache  nach  alle,  auch  die  besten 
Uebersetzungen  mehr  oder  weniger  kranken.  Zum  Theil  ist  sie  aber 
auch  unrichtig,  oder,  wenn  auch  nicht  ganz  unrichtig,  doch  schief 
oder  ungenau,  weil  der  Uebersetzer  des  niederdeutschen  Sprachgebrauchs 
nicht  völlig  Herr  gewesen  zu  sein  scheint. 


172 

Im  Folgenden  erlaube  ich  mir,  ohne  Druck-,  Schreib-  oder  Lese- 
fehler zu  sondern,  auf  einiges  (nicht  auf  alles)  aufmerksam  zu  machen, 
vio  nach  meiner  Meinung  ein  Fehler  steckt  oder  ein  Irrthum  begangen 
ist.  Ich  beschränke  mich  aber  auf  die  niederdeutschen  Urkunden  und 
lasse  die  lateinischen  gänzlich  aus  dem  Spiele,  weil  ich  des  Mittel- 
lateinischen nicht  so  mächtig  bin,  um  mich  mit  einiger  Sicherheit  auf 
diesem  schlüpfrigen  und  glatten  Boden  bewegen  zu  können,  sondern 
befürchten  müsste,  selbst  auszugleiten  und  zu  fallen,  üeber  Mittelnieder- 
deutsches dagegen,  hoffe  ich,  kundiger  und  mit  grösserer  ZuTersicht- 
lichkeit  urtheilen  zu  können. 

S.  19  steht  yewordich;  1.  yegenwardich  oder  yenwordich ;  es  fehlt 
vielleicht  der  w-Strich  über  dem  c. 

Ebenso  S.  248  und  249,  wo  legest  levende  steht,  statt  letigest  Uvenäe, 

S.  253:  iJc  swere  .  .  my  nicht  tu  gefinde  en  engerleye  selschap^ 
bruUirschap  noch  innige ;  üebersetzung :  mich  in  keine  Genossenschaft, 
Bruderschaft  oder  Innung  zu  begeben.'     1.  brudirschap. 

S.  304:  dar  he  my  sekere  lyt  teyt:  1.  tyt  leyt?  wenigstens  ist  l^ 
teyt  nichts,  und  ,sicher  Geleit  geben*,  wie  die  üebersetzung  hat,  kann 
es  unmöglich  heissen. 

S.  280 :  dat  he  den  (rede  also  offt  gewisser},  1.  gewissent.  In  der 
Üebersetzung  ist  das  also  offt  gar  nicht  mit  übersetzt,  und  das  hat 
allerdings  seine  grosse  Schwierigkeit,  ja  es  ist  geradezu  unmöglich, 
weil  gar  kein  correlatives  so  oft  folgt.  Wahrscheinlich  ist  zu  lesen: 
hefft  gewisßent.  Denn  es  ist  von  der  Vergangenheit  die  Rede :  he  hefft 
vns  berichtet,  dat  he  den  frede  also  hefft  gewissent,  dlse  de  vtschriffl 
vthmsede.  Den  vrede  wisseren  ist  mir  eine  unbekannte  Redensart; 
dagegen  kömmt  häufig  vor  den  vrede  wissenen  oder  wissen.  So  auch 
in  dieser  Urkundensammlung  S.  296:  vnde  schal  an  vrede  stan  M 
achte  dage  na  pynxten.  Hir  vmme  so  bidde  wi  iw  .  .  dat  gy  rideti 
iegen  em,  dat  de  vrede  bet  to  desser  tyt  wissent  werde,  —  Den  vr^ 
wissenen  heisst:  ihn  confirmieren,  bestätigen  (durch  Unterschrift, 
Bürgen  oder  sonst).  Die  Üebersetzung  macht  freilich  daraus:  ,da8s 
er  Nachricht  von  dem  gedachten  Frieden  erhalte'!  Das  heisst  ä^^ 
vrede  wissenen  niemals.  Ebenso  S.  298 :  so  hope  wi,  dat  wi  der  herrm 
wol  mächtig  syn,  wo  sy  den  vrede  mit  den  heren  wissen  willen ;  da  hat 
die  Üebersetzung:  ,wenn  sie  die  Bedingungen  der  Friedens  wissen 
wollen'.  Auch  sonst  wird  wissen,  weten,  wesen  von  dem  Uebersetzer 
durcheinander  geworfen. 

S.  297  lies  nutte  statt  mutte;  (dunhet  uns  nutte  wesen,  dat  etc.). 
Die  Üebersetzung  hat  freilich:  ,indem  es  uns  nöthig  erscheint',  als 
ob  es  ein  adj.  mutte,  von  moten,  gäbe. 

S.  305  lies  kreich  statt  kreith;  (dar  hy  Piauwe  mete  .  .  kreick 
kriegte,  bekam,     kreith  ist  nichts. 

S.  269  fehlt  wol  sus  nach  umme.  Ocke  bidde  ick  iu  vmme  de 
penninghe  .  .  iven  myn  bode  dar  na  kummet,  dat  de  vmme  nicht 
en  kmne.  Denn  umme  heisst  doch  niemals  alleinstehend:  vergeblich, 
umsonst,  sondern  immer  nur  in  Verbindung  mit  sus. 


m 

S.  279 :  bidden  wy  juw  vmme  htdpe  vnd  rath,  als  vmme  lüde  met 
harnaschen  vnd  met  armbrosten,  dy  dar  wol  mede  Tcomen,  Uebersetzung : 
,wir  bitten  euch  um  Hülfe  und  Rath,  sowie  um  geharnischte  Leute 
mit  Armbrüsten,  die  Ihr  uns  senden  wollt/  Erstlich  heisst  alse 
niemals:  sowie;  sondern  es  specialisiert,  und  bedeutet;  nemlich.  Die 
Hülfe  (hulpe  unde  rät  steht  häufig,  auch  in  dieser  Urkundensammlung, 
synonymisch  neben  einander)  soll  eben  bestehen  in  Kriegsleuten,  So- 
dann ist  statt  komen  zu  lesen  Jconen  (oder  können),  Kunnen  mede 
heisst:  sich  auf  etwas  verstehen,  womit  umzugehen  wissen.  Vgl.  eine 
ganz  ähnliche  Stelle :  Sendet  twe  gude  hussen  unde  ander  raschop  unde 
enen  fwaw,  de  dar  wol  mede  konde,  (1372).  Lüneburg.  Urkk.  H,  nr. 
776  (von  Volger).     Sie  verlangen  also:  ,geübte  Schützen'. 

S.  266 :  ick  mane  iuw,  dat  gy  van  stunden  an  riden  tho  dem 
Berlin  vnde  holden  iuw  inleger  .  .  vnde  henemet  mi  vor  bederven  iMen^ 
dar  ick  iuw  äff  vthgemanen  hebbe,  allent  des  juw  behuef  was  alle  noth^ 
schaden  unde  höhn,  den  ick  arme  lide,  des  benemet  my.  So,  mit  dieser 
Interpunction,  der  Text.  Er  ist  übersetzt:  ,und  nehmt,  vor  biedern 
Leuten,  von  mir  alle  Noth,  allen  Schaden  und  Hohn,  den  ich  armer 
Mann  dafür  leide,  dass  ich  alles  für  Euren  Behuf  auf  mich  genommen 
habe.'  Es  ist  mir  unerfindlich,  wie  diese  Uebersetzung  den  Text 
wiedergeben  soll.  Wenigstens  müsste  doch  statt  utgemanen  stehen 
utgenamen;  denn  utgemanen  kann  doch  unmöglich  ,auf  sich  nehmen' 
heissen,  da  es  doch  heisst:  ,ein6  Forderung  ein-  oder  beitreiben'. 
utgenamen  gäbe  den  Sinn:  ,und  benehmet  mir  vor  biedern  Leuten  (das), 
wovon  ich  euch  befreit  habe,  ütnemen  im  Sinne  von:  ,befreien  von 
einer  Schuld*  steht  Ssp.  U,  17,  2;  19,  2.  Aber  auch  so  will  der 
ganze  Satz  sich  nicht  recht  fügen.  Die  Uebersetzung  geht  aber,  wie 
häufig,  so  glatt  darüber  hin,  als  ob  alles  in  bester  Ordnung  wäre,  und 
verräth  durch  kein  Fragezeichen  oder  ein  anderes  Zeichen,  dass  hier 
eine  Schwierigkeit  steckt. 

S.  294:  wetet,  gi  borgermestere,  .  .  Alse  D.  van  Quitisow  vns^n  ome^ 
hertogen  Johanne  von  Meckelnborg  hefft  gegrepen^  alse  dy  greue  van  L,  em 
ouerscreuen  hefft  mit  schänden  vnd  mit  vorhetnisse,  vnde  vnse  ome  .  .  Hir 
umme  hefft  etc.  Die  Uebersetzung :  , Als  D.  v.  Q.  unsern^Oheim , .  gefangen 
hatte,  beschuldigte  ihn  der  Graf  von  L.  mit  Schande  und  Schimpf,  und 
unser  Oheim  etc.  Hier  um  etc.'  Hier  ist  nach  meiner  Meinung 
dreierlei  unrichtig.  Einmal  ist  durch  falsche  Auffassung  des  alse  die 
Construction  umgestossen.  Das  erste  alse  heisst :  in  Betreff,  wie  es 
so  häufig  im  Eingange  von  Urkunden  steht,  aZ^e  ^^  ^mvan  u.  ähnlich : 
das  zweite  aZ^ß  heisst:  wie;  der  Nachsatz  beginnt  erst  mit  hirumme. 
Zweitens  ist  die  Interpunction  falsch.  Das  Komma  muss  nicht  nach 
vorhetnisse  stehen,  sondern  vor  mit  schänden.  Der  Graf  von  L.  hat 
den  Quitzow  nicht  schändlicher  und  schimpflicher  Weise  beschuldigt, 
dass  etc.,  sondern  der  Graf  hat  den  Quitzow  beschuldigt,  dass  dieser 
mit  Schimpf  und  Schanden  den  Herzog  gefangen  genommen  habe. 
Drittens  muss  es  nicht  heissen  vorhetnisse,  sondern  vorretnisse,  dass 
der  Q.  den  Herzog   schändlicher  und  verrätherischer  Weise   (binnen 


174 

vrede)  ergriffen  habe.  Dass  es  aber  vorretnisse  heissen  muss,  sieht 
man  ganz  deutlich  aus  dem  Folgenden:  wen  hertog  OlriJc  secht:  de 
schände  unde  de  vorretnisse^  de  he  em  ouerschrifft  etc,  und  weiter  unten : 
so  meynt  hertog  0.,  dat  he  alle  schände^  vorretnisse^  de  he  em  ouer- 
schrifft^ hy  sih  schal  behalden  und  en  vorreder  bliuen.  Ein  aufmerk- 
sames Lesen  der  Urkunde  hätte  diesen  Fehler  verhüten  können; 
übrigens  hätte  auch  die  angenommene  Bedeutung  des  Wortes  vorhetnisse, 
das  sonst  doch  nur  ,Verheissung,  Versprechen,  Gelöbnis,  promissio^ 
heissen  könnte,  Bedenken  erregen  sollen,  da  es  doch  niemals  ,Schimp{^ 
bedeuten  kann.  In  derselben  Urkunde  ist  wol  statt  wen  dat  he  de 
dage  wddet  vtUetien^  welche  Worte  grammatisch  gar  nicht  zu  deuten 
sind,  zu  lesen:  were,  dat  he  de  dage  wölde  uthliuen.  Wenn  es  ferner 
in  derselben  Urkunde  heisst:  vnd  lat  es  sik  beseggen^  offt  he  hertog 
Joh.  mit  eren  hefft  (Uebersetzung :  ,ob  er  Herzog  J.  mit  Ehren  hafte') 
und  weiterhin :  vnd  laten  sih  des  beseggen^  offt  di  hertoge  Joh.  mit  eren 
hefft  (Uebersetzung:  ,ob  der  Herzog  Joh.  mit  Ehren  haflfte'),  so  ist 
wol  in  der  zweiten  Stelle,  da.  doch  beide  Stellen  augenscheinlich  den 
gleichen  Inhalt  haben,  zu  lesen :  of  he  hertoge  J,  etc.  und  beidemal 
zu  übersetzen:  ob  er  Herzog  J.  mit  Ehren  (nicht  schändlicher  und 
verrätherischer  Weise,  wie  ihm  Schuld  gegeben)  in  Haft  halte  oder 
nicht*  Die  Uebersetzung  ist  völlig  unklar:  denn  weder  die  erste 
Stelle:  ,ob  er  den  Herzog  J.  mit  Ehren  hafte',  noch  die  zweite:  ,ob 
der  Herzog  J.  mit  Ehren  hafte'  ist  zu  verstehen.  Ich  wenigstens 
weiss  weder,  was  die  Redensart:  ,Ich  hafte  dich  mit  Ehren'  noch:  ,ich 
hafte  mit  Ehren'  heissen  soll,  ^und  ich  glaube,  andre  werden  es  auch 
nicht  wissen.  Am  Schlüsse  der  Urkunde  steht  noch :  das  ze  betoisen 
willen.  Da  aber  in  der  ganzen  Urkunde  stets  dat  steht,  und  niemals 
mit  der  hochd.  Form  das  wechselt,  so  ist  wol  ein  Druckfehler  an- 
zunehmen. 

S.  55 :  weret  oi,  dat  die  meystere  geworffen  hadden  thu  den  kuteni 
von  der  Jcumpen  (Kumpane,  Genossen)  wegen^  so  schal  die  leste  anJcumpt^ 
dat  werffen  ane  weddersprake,  Uebersetzung:  ,Wäre  es  ferner,  dass 
die  Meister  zu  Wurstmachern  wegen  der  Kumpane  geloost  hätten,  so 
soll  der,  der  zuletzt  kömmt,  dem  Loose  ohne  Widerspruch  beitreten.' 
Was  das  heisst :  ,dass  die  Meister  zu  Wurstmachern  wegen  der  Kum- 
pane geloost  hätten',  ist  mir  ein  Räthsel,  eben  so,  wie  die  Worte 
die  leste  schul  dat  werffen  heissen  können :  dem  Loose  beitreten ;  über- 
haupt, was  die  ganze  Procedur  soll,  begreife  ich  nicht.  Der  Ueber- 
setzer  hat  aber,  wie  ich  meine,  einen  Hauptfehler  gemacht,  indem  er 
werffen  dem  hochdeutschen  ,werfen'  gleich  setzte  und  dies  als  ,wür- 
feln,  das  Loos  werfen'  deutete.  Niederdeutsch  müsste  das  aber  doch 
werpen  heissen,  und  nicht  tverffen;  und  ob  werpen  so  unmittelbar  als 
,würfeln'  vorkommt,  da  der  Ausdruck  dafür  sonst  dobbelen^  worpelen, 
oder  wenn  vom  wirklichen  Loosen  die  Rede  ist,  loten  heisst,  ist  sehr 
die  Frage.  Der  Uebersetzer  hat  nicht  beachtet,  dass  ff  sehr  häufig 
die  Stelle  eines  v  vertritt.  So  kommen  in  diesen  Urkunden  —  um 
mich  auf  Beispiele  zu  beschränken,  die  aus  diesen  genommen  sind  — 


175 

vor :  gestor/fen^  marggreffe^  raffen^  verderfferiy  sestehdlffe,  berffe  lude^  erffe, 
bedorffen,  affe^  offel^  offer,  gewerff  u.  a.  vor,  wo  ff  immer  dem  v  gleich 
ist.  So  ist  auch  hier  werffen  =  werven,  Werven  (hd.  werben)  ist 
aber  ein  sehr  vieldeutiger  Ausdruck;  im  allgemeinen  heisst  es:  thätig 
sein  (negotiari,  expedire  in  den  Vocabularien) ;  werven  to  iemande,  ein 
Geschäft  haben  mit  jem.,  verhandeln  (S.  280),  etwas  ansuchen  bei  je- 
mand. Der  Sinn  der  Stelle  soll  vielleicht  der  sein,  dass  der  neu  ins 
Amt  oder  in  die  Grilde  eingetretene  nicht  ohne  weiteres  in  den  Genuss 
irgend  welcher  Verabredungen  kommen,  sondern  auch  darum  nach- 
suchen soll.  Ich  glaube  freilich,  dass  dies  auch  noch  nicht  das  rich- 
tige ist.  Es  mag  wol  zu  lesen  sein  statt  geworffen  to  werven;  dann 
würde  der  passende  Sinn  herauskommen :  wenn  die  (Schlachter)meister 
etwas  mit  den  Kütern  zu  werven  haben,  so  soll  der  jüngste  das  thun. 
Es  würde  sich  dann  etwa  um  Botendienste  handeln,  die,  wie  manchmal 
in  den  Zunftrollen  steht,  der  jüngste  Gildegenosse  zu  leisten  hat. 
Dies  mag  aber  falsch  gemuthmasst  sein ;  aber  werven  heisst  niemals  loosen, 
das  ist  sicher.  —  Vorher  geht  noch:  die  allerlest  ankumpt  in  der 
gUde,  die  schal  der  iumpen  warnemen  unde  byr  schenken.  Dies  nimmt 
der  üebersetzer  (,wer  zuletzt  in  die  Versammlung  kommt')  so,  als  ob 
derjenige,  welcher  am  spätesten  käme,  das  Amt  übernehmen  müsste, 
die  andern  zu  bedienen.  Dies  ist  wol  sachlich  unmöglich.  Denn, 
wenn  zB.  einer  der  Aeltermänner  oder  Gildemeister  zu  spät  käme,  so 
wird  er  sicherlich  nicht  das  Schenkenamt,  die  Bedienung,  zu  übernehmen 
gehabt  haben.  Es  wird  wol  heissen  sollen:  der  jüngste  Gildebruder 
soll  das  thun ;  denn  das  ist  nach  andern  Zunftrollen  Handwerksgebrauch. 

S.  288 :  aU  ir  mich  gebethin  hat  D,  v,  Q.  zu  schriben,  •  das  habe 
ich  gethan,  vnd  habe  ym  geschriben,  das  er  von  iich  glich  noch  recht 
nicht  vorsiage,  dais  ir  ym  bytende  syt,  ah  umbe  Capenik,  Die  üeber- 
setzung :  ,und  ihm  gesagt,  dass  Ihr  ihm  Gleich  und  Recht  nicht  versagt, 
und  Ihr  ihn  bätet  etc.'  Es  heisst  aber  doch:  dass  er  es  nicht  aus- 
schlage Gleich  und  Recht  von  Euch  zu  nehmen,  das  Ihr  ihm  bietet. 

S.  100  :  weret  oky  dat  we  disse  vorbenomede  stede  . .  vorvnrechteden 
.  .  so  schollen  sy  dy  macht  hebben^  dat  sy  sik  oder  myt  andren  steden 
eyneme  herren  tmleden,  dy  6w  ores  rechtes  vordedinge.  üebersetzung : 
V  •  so  sollen  sie  das  Recht  haben,  sich  oder  mit  andern  Städten  einen 
Herrn  zu  wählen.'  Also :  ik  uale  my  eineme  anderen  herren  heisst : 
,ich  wähle  mir  einen  andern  Herrn'  ?  Unglaublich.  Hat  der  Üeber- 
setzer vielleicht  gemeint,  ualen  sei  gleich  walen  und  walen  bedeute 
»wählen'?  So  scheint  es  fast.  Das  heisst  doch  aber  ins  Blaue  oder 
ins  Wilde  hinein  rathen.  Hier  liegt  einfach  ein  Lesefehler  vor.  Es 
niuss  statt  ualen  heissen  nalen;  nalen  ist  ,nähern',  sik  nalen  sich 
nähern,  sich  anschliessen,  sich  zuwenden.  Einen  gleichen  Lesefehler 
finden  wir  S.  265,  wo  auerbodich  (averbodich)  erbötig  statt  anerbodich 
zu  lesen  ist.  Beiläufig  sei  hier  erwähnt,  dass  diese  Stelle :  des  wetet, 
dat  wy  noch  daghe  sint  auerbodig  vnsern  herrn  to  holdende  vppe  ener 
leghelicken  stede,  dat  vns  vnse  here  darto  also  vele  alse  synem  rade  vnde 
vns  vnd  vnserm  hern  vnd  vnsern  rade  vnde  vnsern   vrunden  duncket^ 


176 

(äse  he  vns  van  rechtes  plege  ist  so  übersetzt  ist :  , Wir  sind  auch  noch 
bereit  ihm  an  gelegener  Stätte  Zusammenkunft  zu  gewähren,  mit  Zu- 
ziehung seiner  Räthe  und  unserer  Freunde/  Das  heisst  doch  die 
Uebersetzung  sich  sehr  leicht  machen.  Augenscheinlich  fehlt  im  Text 
ein  Verbum,  wodurch  erst  der  Nebensatz  klar  werden  kann;  das  ote 
he  vns  van  rechtes  plege  ist,  bleibt  ganz  unübersetzt.  Dies  ist  häufiger 
geschehen ;  zB.  heisst  es  S.  266 :  dar  gy  my  rede  (d.  i.  bereits)  brhk 
an  worden  sin,  während  die  Uebersetzung  blos  hat:  warum  ihr  mir 
jedoch  wortbrüchig  geworden  seid.'  Oder  soll  etwa  rede  jedoch' 
heissen?  S.  286  fehlt  med  truwen;  S.  288:  geboren  und  ungeborn; 
S.  245:  umme  den  dach  ut ;  S,  272:  negst  tukomende;  S.  29:  uppe 
sinen  ende;  S.  298:  mit  deme  dat  sy  vordedinghen  u.  so  anders.  Dies 
sind  freilich  Kleinigkeiten,  die  oft  entbehrlich  sein  mögen ;  ihr  Fehlen 
characterisiert  aber  die  Art  der  Arbeit. 

S.  38 :  weret,  dat  vses  heren  tu  kort  worde,  so  scolden  sye  bye 
orer  vrowen  dun,  dar  sye  recht  an  deden.  Uebersetzung:  ,so  sollten 
sie  bei  ihrer  Frau  bleiben,  woran  sie  recht  thäten.'  Das  ist  freilich 
der  ungefähre,  aber  doch  nicht  der  genaue  Sinn.  Es  heisst  doch: 
sie  sollten  an  ihrer  Herrin  (solches)  thun,  woran  sie  recht  thäton, 
d.  h.  ihr  Thun  gegen  ihre  Herrin  sollte  ein  gerechtes  sein,  sie  sollten 
ihrer  rechtmässigen  Pflicht  gegen  ihre  Herrin  nachkommen.  Vgl.  in 
derselben  Urkunde  weiter :  doch  synt  stede,  dye  .  .  den  hertogen  gk- 
huldet  hebben  tt  ener  ewyghen  huldynghe,  dat  sye  dun,  dar  sye  recht 
an  dun,  d.  h.  sie  mögen  (solches)  thun,  woran  sie  recht  thun;  das 
thun,  was  recht  ist.  Die  Uebersetzung  hat :  ,so  ist  das  ein  Thun  (als 
wenn  dun  ein  Substantiv  wäre  und  sye  =  is),  wobei  sie  recht  handeln. 

Ich  sehe  davon  ab,  noch  andere  Stellen  ausführlicher  zu  be- 
sprechen. Ich  will  nur  noch  kurz  auf  einiges  hinweisen,  wo  ein 
Fehler  klar  vorliegt  oder  doch  vermuthlich  versteckt  liegt. 

berchvrede  (S.  100)  ist  nicht  ,Burgfriede*,  was  ganz  etwas  anderes 
ist,  sondern  ,Berg-  oder  Berfried'  (Thurm,  Bollwerk). 

mowenspange  (S.  62)  ist  ,Arm-,  Ermelspange.'  ,MövenspangeS  wie 
die  Uebersetzung  hat,  dürfte  schwerlich  jemand  verstehen. 

risen  (S.  62)  (ok  en  sal  engeyne  vrowe  . .  tragen  göldstripede  Ä 
nochte  gülden  rysen)  sind  nicht  , Reiser',  sondern  rise  ist  eine  Art  her- 
abfallender Schleier  im  Haare  befestigt,  oder  Haarbinde  (rise,  vitta, 
quod  crinibus  innectitur.     Voce.) 

vordacht  sin (S.  228)  heisst  niemals  ,an  etwas  betheiligt  sein',  sondern: 
ik  werde  vordacht  heisst:  man  hat  die  Meinung  von  mir,  dass  ich  etc.  (su- 
spectus sum),  man  hat  mich  in  Verdacht,  man  legt  mir  etwa«  zur  Last. 

badegelt,  (S.  248)  ist  nicht  ohne  weiteres  , Abgabe',  sondern  ent- 
weder ,Geld  zum  Baden'  gleich  dem  heutigen  ,TrinkgeldeS  oder  an 
dieser  Stelle  wol  richtiger  bodegelt,  Botenlohn. 

gewerff  (S.  298 :  dat  benempt  uns  .  .  nemlich  Boten  zu  senden . . 
sulk  geschaffte  und  notlik  gewerff)  heisst  niemals :  ,Erhebung  von  Ab- 
gaben', sondern  ,Thätigkeit,  Geschäft,  Gewerbe',  synonym  mit  geschefte^ 
wie  auch  die  Vocabularien  haben :  negotium,  getverff  vel  geschefte. 


17? 

mi  ligget  macht  an  (S.  278)  heisst:  ich  habe  ein  grosses  Interesse 
an  etwas,  mir  liegt  viel  daran. 

schinden  (S.  279)  heisst  niemals  ,8chänden',  sondern  in  übertra- 
gener Bedeutung  stets :  berauben.  (Wente  de  ÄUmerJcischen  vns  puchen 
Jcercken  vnde  herckhoue^  vnd  arme  Jclosterjungfrowen  schinden  vnde  roven 
d.  h.  Nonnenklöster  ausplündern  und  berauben.) 

node  (S.  300)  heisst  nicht :  ,nur  in  Noth*,  sondern  ,ungern',  und 
ist  oft  nichts  weiter  als  eine  gemilderte  Verneinung. 

dage  begripen  (S.  298)  heisst  nicht:  ,eine  Zusammenkunft  begehren', 
sondern:  ,einen  Tag  festsetzen,  bestimmen'.  Die  Stelle:  vnd  wolden 
darumme  van  stund  an  to  juw  gereden  hebben^  des  vnse  sone  ander  dage 
begrepen  myt  den  heren  etc.  ist  nicht  zu  übersetzen,  wie  geschehen  ist : 
,und  wollte  sogleich  zu  euch  reiten,  als  unser  Sohn  eine  andere  Zu- 
sammenkunft begehrte  etc.',  sondern :  ,wir  würden  sogleich  geritten 
sein,  nur  dass  unser  Sohn  eine  andere  Zusammenkunft  verabredet 
(oder  bestimmt)  hatte.'  Das  des  ist  gleich  deste:  vgl.  Lüb.  Recht,  S. 
584  (ed.  Hach) :  Is  dat  eyn  vnser  borgher  ouer  meer  settet  syn  testament 
in  syneme  sukebedde  in  orkunde  syner  lorgher^  de  he  dar  hebben  mach^ 
des  (nur  dass)  yd  synt  eerbare  lude^  syn  testament  wert  stede;  ferner 
Calenb.  Urk.  IX,  S.  135:  des  stichtes  man  moghe  ghi  (die  Aebtissin 
von  Wunstorf)  wd  belenen  in  iuwem  werleken  klede^  des  (nur  dass) 
gi  de  Witten  stuken  hebben  in  iuwem  vorderen  (rechten)  arm. 

recht  affflegen  (S.  298)  ist  schwerlich  ,Recht  ableugnen',  sondern 
afflegen  ist  wol  gleich  afleggen,  vom  Recht  nichts  wissen  wollen,  von 
sich  schieben. 

dach  geven  (S.  297)  heisst  nicht  , einen  Tag  ansetzen',  sondern 
,Frist  geben,  befristen',  z.  B.  he  gaf  eme  dach  15  daghe  na  paschen  to 
komende  binnen  Paris.  Lüb.  Chr.  i,  80;  de  voghet  ne  mach  nemanne 
dach  gheven  ane  des  sakewolden  willen.  Gosl.  Stat.  61,  14;  häufig  wird 
auch  dach  unde  vrist  synonym  mit  einander  verbunden. 

werk  hebben  (S.  291)  heisst  nicht:  zu  Stande  bringen,  sondern  zu 
thun  haben,  womit  beschäftigt  sein. 

S.  302 :  vnd  vorboden  uns  dar  na  D.^s  thusprake^  dy  he  meynet 
to  uns  to  hebben,  thu  blyuende  by  herren  .  .  na  ör  irkentnisse,  dat  doch 
D.  nicht  wolde  annemen  heisst  nicht:  ,wir  bezogen  uns  auf  die  An- 
sprüche ..  dass  wir  etc.',  sondern:  ,wir  erboten  uns  auf  die  Ansprüche 
.  .  zu  bleiben  bei'  (d.  h.  ihrem  Schiedsspruch  uns  zu  unterwerfen.) 

Auf  derselben  Seite  heisst  es  weiter;  dat  annameden  wi  vnd 
tvolden  dat  ok  dun;  des  red  D.  wegh,  vnd  het  des  nicht  willen  holden. 
Das  heisst  nicht:  ,Dies  (Erbieten)  nahm  D.  aber  wieder  zurück', 
sondern:    ,So  ritt  D.  weg'. 

maschin  (S.  303)  heisst:  vielleicht,  wahrscheinlich  (==  mach 
scMn,  -sehen,  pcut-etre.) 

kunte  (S.  306)  ist  nicht:  ,kundbar',  sondern  kunte  ist  meretrix, 
und  mit  kotsenbove  oder  -schalle  verbunden,  das  nicht,  wie  S.  296  in 
Klammern  bemerkt  ist,  , Wendenknecht'  heisst,  sondern  ,Hurenbube* 
(kotsere,  mechus ;  kotserinne,  media,  Voc.  Halberst.)  ist  es  eine  häufig 

Niederdeutaches  Jahrbuch,    in.  12 


178 

in  Schmäh-  oder  Scheltbriefen  vorkommende  Schelte  der  stärksten  und 
ehrenrührigsten  Art 

Wesen  (S.  296)  heisst  nicht:  ,wissen',  sondern:  ,8ein'.  wen  wy 
dar  med  schänden  fluchtig  geworden  is^  dat  mögen  sye  wesen  heisst 
nicht:  ,0b  wir  da  mit  Schanden  flüchtig  geworden  sind,  das  mögen 
sie  wissen',  sondern :  ,Wenn  jemand  (uy  =  we^  wer,  jemand ;  dass  es 
dies  sein  muss,  sieht  man  aus  dem  Singular  des  Prädicates  gewordm 
is)  flüchtig  geworden  ist,  so  mögen  sie  (nicht  ich)  das  sein*. 

sih  underlank  vorboden  heisst  nicht  ohne  weiteres  ,sich  besprechen', 
sondern:  ,8ich  beschicken,  sich  gegenseitig  Boten  zusenden*. 

uns  unses  rechtes  beieggen  (S.  302)  heisst  nicht:  ,unsre  Rechte 
erweitern*,  sondern  ,beweisen,  darthun  (durch  Zeugen,  Urkunden,  Eid 
etc.)  dass  wir  recht  haben.' 

ik  sal  (S.  296)  juwer  felich  sin  vnd  verlise  dat  myne  alle  dage  van 
den  yuwen  heisst  nicht:  ,Ich  soll  Euch  sicher  sein',  sondern  :  ,ich  soll 
Eurer  sicher  sein,  vor  Euch  gesichert  sein,  von  Eurer  Seite  Frieden 
haben,  und  doch  verliere  ich  etc.' 

Doch  mag  es  genug  sein;  ich  könnte  die  Bemerkungen  noch 
vermehren,  aber  ich  glaube  schon  hinreichend  den  Beweis  gefuhrt  zu 
haben,  dass  die  Bearbeitung  dieser  Urkunden  nicht  den  Anforderungen 
genügt,  die  man  jetzt  stellt  und  zu  stellen  berechtigt  ist.  Summa  Sum- 
marum, das  schöne  Aeussere  des  Buches  steht  nicht  in  richtigem 
Verhältnis  zu  dem  vielfach  mangelhaften  Innern. 


Dieselbe  Gesellschaft,  welche  die  Berliner  Chronik  und  die  Ur- 
kunden herausgibt,  veröffentlicht  auch  Berliner  Denkmäler;  unter 
andern  auch  den  leider  so  verstümmelten  Berliner  Todtentanz.  Ich 
unternehme  es  nicht,  die  Lücken  zu  ergänzen,  was  meine  Kräfte  über- 
steigt, sondern  ich  will  nur  die  beigegebene  Uebersetzung  nebst  An- 
merkungen an  einigen  Stellen  näher  ins  Auge  fassen,  um  auch  hier 
den  Beweis  zu  führen,  dass  manchmal  fehlgegriffen  ist. 

V.  1.  ,et  dy  broder.  Ergänzt  ist:  (kor)et  dy  bruder,  ,Höret  den 
Bruder*.  Kann  dy  jemals  den  heissen?  Ist  dy  nicht  =  de?  wie 
V.  76:  ih  bin  dy  doet?     Die  Ergänzung  kann  deshalb  nicht  richtig  sein. 

V.  19.  legget  dal  tidebucJc  snel  vth  iwer  hant,  (Der  Tod  zum 
Küster.)  tidebuk  bedeutet  hier  nicht :  das  Rechnungsbuch,  in  das  der 
Küster  die  s.  g.  Zeitengelder  (temporalia)^  die  er  einzunehmen  hat, 
einträgt,  sondern  tidebok  ist  der  gewöhnliche  Ausdruck  für  das  Gebet- 
buch (liber  horarum^  sc.  canonicarum).     Vgl.*v.  40. 

V.  44  f.  wat  helpet^  dat  gy  vele  appdlyeren  Gy  muthen  met  my 
an  dants  baniren.  Uebersetzung:  ,ihr  müsst  mit  mir  an  den 
Tanz  baniren'.  Dazu  die  Anmerkung:  ^baniren  kommt  in  dieser 
Bedeutung  sonst  nicht  vor'.  Was  ist  denn  das  für  eine  Bedeutung? 
und  welche  Bedeutung  hat  es  sonst  ?  Darüber  bleiben  wir  unbelehrt, 
weil  Text  und  Uebersetzung  dasselbe  Wort  gebrauchen. 


179 

V.  47.  Dy  richter  is  so  hoch  heset'm  nen  man.  Anm.:  ^besetin 
nen  wohl  aus  Versehen  getrennt  =  besetinnen  (?)  oder  auch  besefnen^. 
Liegt  ein  Versehen  vor,  was  sehr  glaublich  ist,  so  ist  wol  das  n  fälsch- 
lich doppelt  gesetzt  und  zu  lesen:  besetin  en  man.  Nach  so  ist  die 
Stellung  des  Artikels  häufig  so,  wo  wir  jetzt  sagen  :  ein  so  hoch  ge- 
sessener Mann. 

V.  80.  IJc  tvil  iw  vortreden  also  ik  m^n  (der  Tod  zum  Prediger). 
also  ik  man  heisst  wol  nie :  ,wie  ichs  meine'.  Sollte  nicht  ik  man 
heissen:  ,wie  ich  euch  mahne,  aufifordere?' 

V.  88.  Anm.:  allegader  ist  nicht  bloss  niederländisch,  sondern 
gut  niederdeutsch. 

V.  106.  Wente  dat  wat  is  utermafen  quat,  Anm. :  ^wat  =  für 
toater,  wohl  nur  ein  Flüchtigkeitsversehen  des  Malers'.  Es  ist  wol 
nur  das  für  er  gebräuchliche  Abbreviationszeichen  vergessen  oder 
verwischt. 

V.  108.  [helpt  kein]  wasser^  keyn  krut  in  den  garden,  Ueber- 
setzung:  [Hilft  kein]  Wasser,  kein  Kraut  in  dem  Garten.  ,Wasser?' 
Das  ist  durchaus  unrichtig;  es  müsste  ja  water  heissen.  Es  ist  zu 
lesen  /  .  .  7  wasset  (wächst)  keyn  krud  in  den  garden, 

V.  149.     Holget  mi  na,     Druckfehler  für  volget, 

V.  175.  [tredejt  nu  an  vnde  synget  gheringe  [Gy]  maket  fiterer?] 
vor  to  gheringe  (der  Tod  zum  Papst).  Uebersetzung :  ,Tretet  nun  an 
und  singet  geringe.  Ihr  haltet  euch  für  zu  geringe'.  Hier  ist  ein 
arger  Pudel  gemacht.  Das  erste  geringe  heisst,  wie  häufig  mnd.  und 
mhd.,  schnell,  rasch.  Was  sollte  das  heissen:  geringe  singen?  Der 
Tod  ermahnt  ja  öfters  die  natürlicherweise  Zögernden,  schnell  und 
ohne  Säumen  mit  ihm  den  Tanz  zu  beginnen.  V.  176  ist  aber  völlig 
verfehlt;  es  steht  ja  deutlich  in  dem  Facsimile  vorthogheringhe  (Ver- 
zögerung) zu  lesen ;  das  Wort  vorher,  das  nur  noch  halb  zu  lesen  ist, 
wird  wol  neyne  sein  sollen,  so  dass  der  ganze  Vers  lautet  [unde] 
maket  neyne  vortogeringe,  macht  keine  Verzögerung,  sondern  beeilt  Euch. 

V.  185.  [Wo]  miit  ik  draghefn]  van  scharpen  darne  s(o)nen 
krants.  Der  nicht  recht  losbare  Buchstabe  vor  nen  krantis  wird  ein  e 
sein  (enen  krant^).     Eine  Lücke  ist  nicht  da. 

V.  201.  0  githe  criste.  Anm.  ,githe  verkürzt  Sixx^  githige^,  Ueber- 
setzung :  gütige.     Beides  unglaublich. 

V.  222.  [an  den  dod]  dachte  gy  nicht  eine  nese[n],  Ueber- 
setzung: ,an  den  Tod  dachtet  Ihr  nicht  eine  Weile'.  Anm.:  eyne  nesen 
scheint  eine  nicht  mehr  gebräuchliche  Redensart  für  unser  ,eine  Weile, 
einen  Augenblick'.  Richtiger  hätte  der  Herausgeber  gesagt,  sie  sei 
gar  nicht  in  Gebrauch  gewesen.  Hat  er  vielleicht  an  den  heutigen 
Ausdruck  ,alle  Naselang'  =  alle  Augenblicke  gedacht?  Es  ist  aber 
einfach  ein  Lesefehler.  Lies  uesen  statt  nesen.  nicht  eine  vesen  (nicht 
ein  Fäserchen)  ist  eine  von  den  vielen  Verstärkungen  der  Negation 
=  gar  nicht,  durchaus  nicht.  Sie  ist  ebensogut  mhd,  als  mnd.  in 
Gebrauch. 

V.  268.    vor  gelt  were  gy  (der  Wucherer  ist  angeredet)  van 

12* 


180 

gudeme  smacke.  Uebersetzung :  ,Fürs  Geld  hattet  ihr  guten  Geschmack'. 
Warum  ist  snacke  in  smacke  geändert?  Sollte  nicht  snack^  wie  da 
steht,  richtig  sein  können  ?  ,Wenn  es  Geld  zu  verdienen  gab,  konntet 
ihr  gut  ,8nacken',  wusstet  Ihr  Eure  Zunge  zu  rühren',  snack  ist  ja 
durchaus  kein  ungebräuchliches  Wort  gewesen,  und  im  Facsimile  steht 
ganz  deutlich  snack,  nicht  smack;  dagegen  steht  uere  da;  das  wird 
aber  wol  richtig  were  sein. 

V.  282.  mit  aus  für  mit  alle  ist  ein  Sehreibfehler  des  Originals. 
Dass  es  aber  mit  alle  heissen  muss,  sieht  man  aus  dem  Eeim  (tho 
välle), 

V.  291.  Her  kopmah,  wat  gy  humen  nu  hastych  synt.  Unten  in 
der  Anmerkung  steht  richtig,  wie  das  Facsimile  hat,  ghumen.  Es 
wird  darüber  gesagt,  es  sei  vermuthlich  =  dem  plattdeutschen  jümmer^ 
immer.  Nein,  das  ist  falsch,  gummen^  wahrscheinlich  contrahiert  aus 
giide  man,  wird  in  vertraulicher,  gutmeinender  (halb  ironischer)  An- 
rede gebraucht,  vgl.  323 ;  ghef  my^  ghumen^  dut  erste  tho.  Stellen 
über  gummen  habe  ich  im  Mnd.  W^örterbuche  gegeben. 

V.  322.  Spare  bannen  noch  myner  junghen  yoghet.  Anm.: 
fiannen  kann  nicht,  wie  Lübke  und  Mantels  annehmen,  hier  =  6anwij, 
sehr,  genommen  werden;  es  ist  vielmehr  ein  plattdeutsches  Wort  in 
der  Bedeutung:  anjetzt,  anitzt.'  So  richtig  die  Abweisung  der  Be- 
deutung ,sehr'  hier  ist,  eben  so  unrichtig  ist  die  Annahme  der  Be- 
deutung :  jetzt.  Ich  glaube  nicht,  dass  weder  früher  noch  jetzt  harnen 
im  Sinne  von  jetzt  gebraucht  wird.  Was  dafür  zu  setzen  ist,  weiss 
ich  freilich  nicht  anzugeben. 

V.  327.  drugerische.  Drttgersche  steht  im  Facsimile ;  es  heisst 
nicht:  Betrüger,  sondern  ,Betrügerin' ;  es  wird  die  bertappefinne  ge- 
meint sein,  die  falsches  Mass  giebt.  Vielleicht  ist  aber,  da  der  erste 
Buchstabe  nicht  recht  deutlich  ist,  krugersche^  Wirtin,  zu  lesen.  Der 
Sache  nach  kommt  es  freilich  auf  eins  hinaus. 

V.  328.  valsch  taper  aftreken  is  yo  juwe  se[de].  Uebersetzung: 
,Falsch  tapfer  abziehen  ist  ja  eure  Art.'  Dass  taper  =  dapper  sein 
soll,  wie  in  der  Anmerkung  steht,  ist  schwerlich  richtig;  dagegen 
spricht  auch  schon  die  Wortstellung.  Vielleicht  ist  tapen  =  tappen 
,zapfen'  gemeint.  Aber  das  folgende  Wort  ist  mir  nicht  klar.  Dass 
aftreken  =  aftrecken  sein  soll,  will  mir  auch  nicht  zu  Sinn.  Vielleicht 
ist  affreken  C=  afrekenen)  gemeint,  das  im  Sinne  von  ,kürzen  (bei 
der  Rechnung)*  gebraucht  wird,  defalcare,  demere  (afdon  vel  afreken). 
Es  müsste  dann  etwa  heissen:  eine  falsche  Rechnung  führen.  Aber 
überzeugend  ist  diese  Vermuthung  nicht.  Vielleicht  ist  valsch  nicht 
bloss  zu  tappen,  sondern  auch  zu  afreken  zu  ziehen,  das  in  der  üb- 
lichen Bedeutung  ,abrechnen'  gebraucht  wäre.  Falsch  zapfen  und 
falsch  abrechnen  war  stets  eure  Sitte. 

V.  334.  nim  den  doren  in  gua  (denn  so  steht  im  Facsimile) 
unde  tappe  her.  Uebersetzung:  ,Nimm  den  Thoren  in  Gnaden  und 
tappe  (!)  her.'  Diese  Uebersetzung  ist  gänzlich  falsch.  Erstlich  spricht 
ja  ein  Frauenzimmer,  auf  dem  Bilde  sieht  man  ja  auch  eine  Frauen- 


181 

gestalt ;  es  kann  also  den  doren  nicht  auf  sie,  die  Sprechende,  gehen, 
dann  müsste  es  ja  heissen :  de  dorinne.  Was  aber  in  gua  heissen  soll, 
bekenne  ich  nicht  zu  wissen.  Der  zweite  Theil  des  Verses  ist  aber 
unrichtig  gelesen;  der  Uebersetzer  hat  nicht  aufmerksam  genug  sein 
Original  angesehen ;  es  steht  in  demselben  ganz  deutlich,  nicht  etwa 
verwischt :  öer,  nicht  her.  Also  heisst  es :  zapfet  Bier.  Die  Kellnerin 
fordert  den  Tod  auf,  lieber  ihr  Bier  zapfen  zu  helfen,  als  mit  ihr  den 
(Todten)tanz  zu  halten.  Und  deshalb  vermuthe  ich,  dass  in  dem  ersten 
Theile  des  Verses  auch  eine  Aufforderung  steckt,  irgend  ein  Geräth 
oder  Gemäss  in  die  Hand  zu  nehmen,  um  Bier  zu  schenken. 

Zum  Schlüsse  möchte  ich  den  Wunsch  an  diese  Besprechung 
knüpfen,  dass  die  künftigen  Publicationen  der  Berlinischen  Gesellschaft 
von  grösserer  Sorgfalt  und  Genauigkeit  zeugen  mögen,  als  diese 
beiden  besprochenen. 

OLDENBURG,  im  December  1877.  A.  LÜbben. 


Van  de  Scheide  tot  de  Weichsel. 

Nederduitsche  Dialecten  in  dicht  en  ondicht,  uitgekozen  en  op- 

gehelderd  door  Joh.  A.  Leopold  en  L.  Leopold.     Te  Groningen 

bij  J.  B.  Wolters.     Erste  Aflevering.    1876. 

Unter  obigem  Titel  erscheint  seit  1876  unter  der  Leitung  der 
Herren  Leopold  ein  Sammelwerk,  das  bestimmt  ist,  ästhetische  Sprach- 
proben aus  dem  ganzen  Gebiete  der  niederdeutschen  Sprache  von  der 
Scheide  bis  zur  Weichsel  zu  geben.  Es  hat  nicht  den  bloss  lingu- 
istischen Zweck,  die  Verschiedenheiten  der  Dialecte  an  literarisch  gleich- 
gültigen Stücken  den  Kennern  zur  Anschauung  zu  bringen,  sondern 
es  will  allen  Freunden  des  Niederdeutschen  eine  characteristische 
Auswahl  des  Besten,  was  in  den  zahlreichen  niederdeutschen  Dialecten 
in  Poesie  oder  Prosa  geschrieben  ist,  zum  erquickenden  Genuss  vor- 
legen. Und  diese  Absicht  ist  im  grossen  und  ganzen  den  Heraus- 
gebern auch  zu  erreichen  gelungen.  Die  Auswahl  ist  mit  Geschmack 
getroffen,  so  dass  man  von  den  mitgetheilten  Mustern  sich  nicht  ab- 
gestossen,  sondern  angezogen  fühlt,  wenn  auch  nicht  überall,  wie  das 
nicht  anders  sein  kann,  in  gleichem  Masse.  Namentlich  gilt  dies 
meiner  Meinung  nach  von  den  prosaischen  Stücken,  wo  nicht  immer 
Erzählungen  von  solcher  Kürze  und  klassischer  Vollendung  zu  finden 
sind,  wie  ,dat  wettloopen  tusschea  den  swinegel  un  den  haasen'. 

Die  Sammlung  beginnt  mit  Proben  aus  der  nördlichsten  Ecke 
Frankreichs,  dem  französischen  Flandern,  und  ist  in  der  achten  Lie- 


182 

ferung  bis  Lüneburg  vorgeschritten.  Es  fehlen  aber,  da  das  Werk 
in  zwei  Abtheilungen  erscheint,  deren  zweite  Niederdeutschland  be- 
greift, noch  mehrere  niederländische  Landstriche.  Ob  in  den  nieder- 
ländischen Proben  die  Abweichungen  der  Dialecte  unter  einander 
richtig  angegeben  sind,  vermag  ich  nicht  zu  beurtheilen,  da  mir  die 
nähere  Kenntnis  derselben  abgeht;  nach  den  niederdeutschen  Proben 
zu  urtheilen  darf  man  voraussetzen,  dass  die  Herausgeber  sich  keine 
Verfälschungen  erlaubt  haben.  Diese  niederdeutschen  Proben  nemlich 
geben  im  allgemeinen  ein  richtiges  Bild  der  dialektischen  Verschieden- 
heiten, und  wenn  man  gegen  das  eine  oder  andere  Einspruch  erheben 
mag,  so  sind  die  Herausgeber  doch  ohne  Schuld,  da  die  Verfasser 
selber,  deren  Erzählungen  oder  Gedichte  mitgetheilt  werden,  nicht 
immer  die  Reinheit  des  Dialectes  bewahrt  haben.  So  glaube  ich  z.  B. 
nicht,  um  Beispiele  aus  einer  Mundart  anzuführen,  die  ich  genauer 
kenne,  weil  ich  sie  selber  spreche,  dass  es  ,löwe'  heisst  statt  ,lewe' 
(dat  löwe  junge  blot  H,  89),  ,teege'  (Zweige)  statt  ,telge'  (U,  90), 
,neet*  für  ,nicht*  (H,  90)  u.  a.  Doch  ist  ja  die  Verschiedenheit  oft 
so  gross,  dass  nicht  bloss  benachbarte  Dörfer,  sondern  selbst  Familien 
in  demselben  Dorfe  Abweichungen  zeigen,  die  wol  hauptsächlich  daher 
rühren,  dass  Vater  oder  Mutter  oft  nicht  derselben  Gemeinde  ange- 
hören und  die  Kinder  von  Vater  oder  Mutter  ein  oder  das  andere 
Wort  annehmen  oder  anders  aussprechen  als  die  Nachbarschaft. 

Die  Herausgeber  haben  mit  Recht  keine  normalisirte  Orthographie 
angenommen,  die  doch  keinem  recht  zu  Danke  sein  würde;  die  Zeit 
einer  einheitlichen  Orthographie  liegt  noch  fern,  wenn  sie  überhaupt 
jemals  eintreten  wird.  Anmerkungen,  die  zum  nothwendigen  Ver- 
ständnisse für  das  grössere  Publikum  in  aller  Kürze  beigegeben  sind, 
entbehren  mit  Recht  alles  gelehrten  Prunkes ;  in  der  ersten  Abtheilung 
sind  sie  in  niederländischer  Sprache  geschrieben,  in  der  zweiten  in 
hochdeutscher.  Misverständnisse  kommen  allerdings  vor,  wenn  z.  B. 
n,  89  Anm.  5  ,seet'  als  Präsens  (,sitzt')  aufgefasst  wird,  während  es 
doch  Imperfectum  (,sass')  ist,  oder  ,zoppenkrut'  (II,  95,  Anm.  7)  als 
,Zapfenkraut, .  hoU.  muurkruid'  erklärt  wird,  während  es  doch  ,Suppen- 
kraut*  ist.  Auch  wäre  wol  zu  II,  109  hinzuzufügen  gewesen,  dass  auf 
den  Pfeilern  zum  Eingangsthore  des  Oldenburger  Kirchhofes  links  steht: 
,0  etvich  is  so  lanc\  rechts:  ,7cÄ  weiss,  dass  mein  Erlöser  lebP ;  ohne 
diese  Kenntnis  versteht  man  nicht  die  Pointe  des  Gedichtes.  Aber 
diese  kleinen  Flecken  beeinträchtigen  durchaus  nicht  das  verdienstvolle 
Werk,  das  mit  Recht  zu  empfehlen  ist,  und  ich  glaube  im  Sinne  der 
Herren  Herausgeber  zu  handeln,  wenn  ich  alle  die,  in  deren  Händen 
sich  Dialectproben,  die  zugleich  ästhetischen  Wert  haben,  befinden,  oder 
die  solche  sonst  nachweisen  können,  freundlich  bitte,  sie  den  Herren 
Leopold  in  Groningen  zuzusenden,  damit  sie  in  ihre  grosse  Sammlung 
aufgenommen  werden  können  und  deren  Schmuck  vergrössern. 

OLDENBURG,  Febr.  1879.  A.  LÜbben. 


183 

Bibliographisches. 

I. 

In  einer  Randleiste:  Eyn  chFstlyke  vthlegynge  |  der 
teyn  gebodde,  Des  |  gelouens,  Vn  vader  |  vnses,  ym 
Augusti|ner  cloester  tor  |  Lippe  yn  der  |  vastenjge- 
preket  |  dorch  broder  Johan  Wester=|maii  Doctor  der 
hil|ligen  scryft,  In  dem  yaer  |  M.  D:  xxiiij.  In  4^  bis  L  2, 
Am  Schluss:  Lippie.  Anno  m  d  xxiiij.  (In  der  Bibl.  der  Akademie 
zu  Münster).     Als  Probe  des  Dialekts  gebe  ich  die  10  Gebote: 

„De  teyn  gebodde  werden  bescbreuen  yn  de  boeke  des  vthgäges 
ym  XX.  capittel,  vnde  synt  gegeuen  Moysi  yn  tvven  stenen  tafeln. 
Dey  erste  tafel  Moysi 

Du  en  säst  geyne  ander  godde  hebben. 

Du  en  säst  den  namen  dynes  goddes  nycht  vnnutte  gebruken. 

Du  säst  den  vyerdag  hylligen. 
De  ander  tafel 

Du  salt  dynen  vader  vn  moder  eren. 

Du  säst  nycht  doyt  slaen. 

Du  säst  nycht  ebreken. 

Du  säst  nycht  stelen. 

Du  säst  nycht  valsch  getuchnysse  geuen  wedder  dynen  negesten. 

Du  säst  nicht  begeren  dynes  negesten  wyef,  Knecht,  Maget,  Vey 
edder  wat  syn  ys.^ 

ELBERFELD.  W.  Crecelius. 


■'    .■! 


IL 

Van  dem  gelouen  des  |  Morders  am  Crfitze.  |  Vnd 
dat  he  vns  thom  vorbilde  ge|settet  ys,  de  böte  beth  jnn  den  ende  des 
le==|uendes  nicht  to  vortogeren :  sundern  |  dat  wy  vns  bekeren  scholen, 
so  I  balde  wy  des  HEREN  |  stemmen  hören.  |  Thon  Heb:  4,  Capit.  j 
So  latet  vns  nu  fruchten,  dat  wy  de  thosjsage,  jnthokamende  tho 
syner  rowe  ni?|cht  vorsfimen,  vnnde  vnser  |  nemät  na  blyue  etc.  |  Ge- 
drückt tho  Rostock  by  |  Ludowich  Dietz.  |  D.  M.  LXVII. 
kl  8^  16  Seiten. 

Dies  Buch,  das  sich  auf  der  Hamburger  Stadtbibliothek  befindet, 
scheint  bisher  unbekannt  geblieben  zu  sein.  Wenigstens  habe  ich  es 
in  Wiechmann's  ,Meklenburgs  altniedersächsische  Literatur*  nicht 
finden  können. 

HAMBURG.  C.  Walther. 


In  imserm  Vorlage  ist  ferner  erschienen : 

Niederdeutsche  Denkmäler. 

Band  I« 

Das  ©eebncli 

von 

Karl  Koppmann. 

Mit  einer  nautischen  Einleitung 

von 

Arthur  Brenslng« 

Mit  Glossar 

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Chrlstopli  ü^alther« 

Preis  4  Mark. 


Niederdeutsche  Denkmäler. 

Band  II. 

Gerhard  von  Minden. 


Von 

W«  Seelmann« 

Preis:  6  Mark. 


Jalirbnoli 

des  Vereins  für  niederdentsche  Sprachforschang. 

Jahrgang;  1875«     Preis:  3  Mark. 

1876.         „       4       „ 


EoimpiUlatt  to  TereiM  ür  BieMeDtscIie  SpracbUnng. 

1.  Jahrgang.  (Mai  1876— Hai  1877.)    Preis:  2  Mark. 
S.  Jahrgang.    (1877.)    Preis:  2  Mark. 
3.  Jahrgang.    (1878.)         „      2      „ 

Bremen.  J.  KUhtmann's  Buchhandlung. 

Druck  von  Diedr.  Soltau  in  Norden.