Google
This is a digital copy of a book that was prcscrvod for gcncrations on library shclvcs bcforc it was carcfully scannod by Google as pari of a projcct
to make the world's books discoverablc online.
It has survived long enough for the Copyright to expire and the book to enter the public domain. A public domain book is one that was never subject
to Copyright or whose legal Copyright term has expired. Whether a book is in the public domain may vary country to country. Public domain books
are our gateways to the past, representing a wealth of history, cultuie and knowledge that's often difficult to discover.
Marks, notations and other maiginalia present in the original volume will appear in this flle - a reminder of this book's long journcy from the
publisher to a library and finally to you.
Usage guidelines
Google is proud to partner with libraries to digitize public domain materials and make them widely accessible. Public domain books belong to the
public and we are merely their custodians. Nevertheless, this work is expensive, so in order to keep providing this resource, we have taken Steps to
prcvcnt abuse by commercial parties, including placing lechnical restrictions on automated querying.
We also ask that you:
+ Make non-commercial use ofthefiles We designed Google Book Search for use by individuals, and we request that you use these files for
personal, non-commercial purposes.
+ Refrain fivm automated querying Do not send automated queries of any sort to Google's System: If you are conducting research on machinc
translation, optical character recognition or other areas where access to a laige amount of text is helpful, please contact us. We encouragc the
use of public domain materials for these purposes and may be able to help.
+ Maintain attributionTht GoogXt "watermark" you see on each flle is essential for informingpcoplcabout this projcct and hclping them lind
additional materials through Google Book Search. Please do not remove it.
+ Keep it legal Whatever your use, remember that you are lesponsible for ensuring that what you are doing is legal. Do not assume that just
because we believe a book is in the public domain for users in the United States, that the work is also in the public domain for users in other
countries. Whether a book is still in Copyright varies from country to country, and we can'l offer guidance on whether any speciflc use of
any speciflc book is allowed. Please do not assume that a book's appearance in Google Book Search mcans it can bc used in any manner
anywhere in the world. Copyright infringement liabili^ can be quite severe.
Äbout Google Book Search
Google's mission is to organizc the world's Information and to make it univcrsally accessible and uscful. Google Book Search hclps rcadcrs
discover the world's books while hclping authors and publishers rcach ncw audicnccs. You can search through the füll icxi of ihis book on the web
at|http: //books. google .com/l
(
Jahrbuch
des
Vereins für niederdeutsche Spracliforscliimg.
«Jalirgaiig 1875,
I
BREMEN, 1876.
Verlag von J. Kühtmann's Buchhandlung.
TJ. L. Fr. Kirchhof 4.
Druck von Diedr. Soltau in Norden.
Inlialt.
V-'V-VArf'N.''
Seite
Einleitung vou A. Lübben 1
Zur Characteristik der mittelniederdeutschen Literatur von A. Lübben . • 5
Hamburger mittelniederdeutsche Glossen von C. Walther 15
Zwiegespräch zwischen dem Leben und dem Tode von Wilh. Mantels . , 54
Lobgedicht auf die Stadt Braunschweig von F. G. H. Gulemann . . . . 56
Bostocker historisches Lied aus dem Accisestreit 1566 von E. £. H. Krause 57
Aus einem niedersächsischen Pfarrherm von Kaienberg von Wilh. Mantels 66
Die niederdeutsche Sprache des Tischlergewerks in Hamburg und Holstein von
E. Chemnitz und W. H. Mielck 72
Mundartliches im Reineke Vos von C. Walther 92
Miscellen aus dem Sachsenwalde von J. Wedde 101
Schwerttanz von K« Koppmann 105
Hanschen un hot von K. Koppmann • • • 107
Reimlust im 15. Jahrhundert von K. Koppmann 108
Zum niederdeutschen Kalender von K. Koppmann 110
Kleine Beiträge von C. Walther 113
Die ^English Dialect Society^ von Dahlmann 116
Niederdeutsche Bibliographie für die Jahre 1874 und 1875 von Dahlmann 119
\
J3ie niederdeutsche Sprache, die einst voll der gesundesten Le-
benskraft war und allgemein als Umgangs- und Schriftsprache in
ganz Norddeutschland diente, ist durch die Macht der Verhältnisse,
die sie nicht aufzuhalten und abzuwenden vermochte, gezwungen
worden ihren Platz der begünstigteren Schwester einzuräumen. Einst
unbestrittene Herrscherin in ihrem Gebiete, ist sie jetzt von ihrem
Throne gestossen, und wenn auch einzelne bedeutende Erscheinungen
in der Literatur davon Kenntnis geben, — wenn man es sonst nicht
wüsste — dass sie noch nicht ausgestorben ist, sondern noch im
Volke lebt, so ist es doch unwidersprechlich wahr, dass ihr von Tage
zu Tage die Grenzen enger gezogen werden, dass sie in den Städten
anfängt zu verschwinden, ja, in manchen schon verschwunden ist
oder doch ihre Reinheit eingebüsst und sich zu einem widerwärtigen
Mischmasch von Hoch- und Niederdeutsch gestaltet hat,, und selbst
auf dem platten Lande immer mehr verkümmert, und, gleichsam sich
schämend, sich zu verstecken sucht. Dieser Rückgang der nieder-
deutschen Sprache ist schon vor mehr als hundert Jahren beklagt
worden, aber alle Klagen haben die entschwindende nicht zurückge-
rufen, vielmehr wird fast in allen Vorreden zu den Idiotiken, und
je neuer diese sind, um so lebhafter, die Wahrnehmung ausgesprochen,
dass sie immer mehr zurückgedrängt wird. Und doch ist sie eine
Sprache, die durch ihren grossen Wortvorrat, durch Reichtum und
VLedexdeatschei Jabrbach. I. X
2
Fülle an treffenden, kräftigen wie gemütvollen Ausdrücken, durch
die Leichtigkeit und Gefälligkeit der syntaktischen Verbindung und
durch so manches andere unbestrittene Vorzüge hat, die sie gegen
unverdiente Verachtung hätte schützen sollen. „Das sicherste Mittel,
die unverdiente Verachtung von den niederdeutschen Mundarten ab-
zuwenden, besteht darin, dass die Gebildeten sich dieselben einmal
genauer ansehen, um sich so ihres "Wertes, ja, ihrer Wichtigkeit und
ihrer vielfachen Vorzüge klar bewusst zu werden", sagt Schambach
in der Vorrede zu seinem Wörterbuche des Ööttingisch-Grubenhagen-
schen Dialectes.
Von diesem oder diesem ähnlichen Gedanken ausgehend hat sich
am 20. Mai 1875 zu Hamburg ein Verein gebildet, der sich die Er-
forschung der niederdeutschen Sprache in Literatur und Dialect zum
Ziel gesetzt hat. Sein Zweck ist demnach kein praktischer, insofern
er sich nicht die Aufgabe gestellt hat den Versuch zu machen, ob
er sie zum alten, vollen Leben erwecken könnte, was eine unmögliche
Aufgabe wäre und höchstens nur ein galvanisches Zucken hervorrufen
könnte, sondern ein theoretischer, das heisst, er macht es sich zur
Aufgabe, sie vom wissenschaftlichen Standpunkte aus zu betrachten
und alles das in den Kreis der Besprechung und Mitteilung zu ziehen,
was dazu dienen kann ihr die von so manchen Unwissenden abge-
sprochene Ehre und Bedeutung wieder zu verschaffen und herzustellen.
Es richtet daher der Verein sein Augenmerk darauf, den bisher noch
verborgenen niederdeutschen Wortschatz zu heben, den bereits ge-
hobenen näher zu betrachten und zu beleuchten, ihn mit dem der
andern germanischen Sprachen und Dialecte zu vergleichen, die Er-
klärung von Personen- und Ortsnamen zu vorsuchen, und was weiter
zu diesem materialen, lexikologischen Thoil gerechnet werden kann;
sodann sie grammatisch, von Seiten der Laute, der Flexion der Wort-
bildung und der Syntax zu untersuchen; ferner ihren Gang vom Stand-
punkte der Geschichte aus zu verfolgen, ihrem Kampf mit dem Hoch-
deutschen, wie überhaupt ihrer ganzen Vergangenheit naclizugehen; die
literarischen Erscheinungen jeder Art, welche in niederdeutscher Sprache
oder über dieselbe geschrieben sind, zu besprochon, und endlich auch
dafür zu sorgen, dass bisher noch unbekannt gebliebene bemerkenswerte
Denkmäler, die in Archiven, Bibliotheken oder im Privatbesitz, in den
Registraturen der Städte, in den Gildenbüchern der Handwerker oder
sonst sich vorfinden, ans Licht gezogen werden. Und wenn auch die
Sprache als Sprache der vornehmste Gegenstand ist, mit dem der
Verein sich beschäftigt, so ist doch aus dem Kreise seiner Thätigkeit
nicht ausgeschlossen, auch das zu sammeln, was die Erkenntnis des
niederdeutschen Volkslebens fördern kann; dahin gehören, z. B. Mit-
teilungen von Sitten und Gebräuchen, mythologischen Vorstellungen,
Segenswünschen, Bänder- und Wiegenliedern, Spottversen u. dgl.
Um diesen Zweck zu eiTeichen, gibt der Verein eine Zeitschrift
heraus, ein Jahrbuch, wie gegenwärtig vorliegendes, dessen Inhalt
einen ungefähren Begriff geben mag von dem, was mit der Heraus-
gabe zu erzielen versucht wird. Sodann erscheinen niederdeutsche
Sprachdenkmäler, aber, wie es in der Natur der Sache liegt, zwang-
los, ohne bestimmte Verpflichtung. Die Veröffentlichung geschieht,
je nachdem es dem Verein gelingt in den Besitz solcher Denkmäler
zu gelangen, und, falls mehrere vorliegen, nach dem relativen Werte
derselben. Als Erstlingsgabe bieten wir dar: Das Seebuch von Karl
Koppmann, mit Glossar versehen von Christoph Walther, und nauti-
schen Erklärungen von A. Breusing.
Der Verein kann aber nur rocht gedeihen und eine erfolgreiche
Wirksamkeit entfalten, wenn er nicht bloss vom allgemeinen WolwoUen
zahlreicher Mitglieder getragen wird, was freilich die erste und iin-
erlässliche Bedingung seines dauerhaften Bestehens ist, sondern wenn
ihm auch die einzelnen Mitglieder, jeder nach Kräften und nach der
Gunst der Gelegenheit, durch Mitteilungen jeder Art, grosse und
kleine, oder durch Nachweisung, wo solche zu erwarten stehen, be-
reitwillige Unterstützungen gewähren; wenn die Last nicht ganz allein
auf den Schultern des Vorstandes liegt, sondern wenn zwischen ihm
und den einzelnen Mitgliedern eine lebendige Wechselwirkung eintritt.
Es sei daher jeder, der Liebe zur niederdeutschen Sprache fühlt, vor
1*
allem die, welche in und mit ihr gross geworden sind, denen das
Niederdeutsche noch die Sprache des Herzens ist, deren Väter und
Mütter noch diese Sprache zum Ausdruck ihrer Gedanken gebraucht
haben, gebeten, diesem Verein ihre freundliche Theilnahme zuzuwen-
den und dessen Zwecke fördern zu helfen.
Zur Characteristik der mittelnieder-
deutschen Literatur.
Vortrag,
gehalten am 29. Septbr. 1875 in der germanistischen Section der 30. Ver-
sammlung deutscher Philologen zu Rostock.
Vaa ghodes bort ouer dusent vnde twe hundert vnde vere vnde
neghentich iaar let dhit buch scriven har Albrecht van Bardewich.
So beginnt das älteste Lübecker Recht in niederdeutscher Sprache.
Diese Zeitbestimmung ist sicher und zweifellos; die Angabe im Vor-
worte der zu Kiel befindlichen Handschrift, die übrigens mit der
Lübecker von 1294 gleichlautend ist, sie sei im J. 1240 geschrieben,
wird bestritten, ob mit Recht oder Unrecht, weiss ich nicht. Stellen
wir den Anfang der ältesten Bremer Statuten damit zusammen, der
so lautet: Tho na godes bort ghegan waren thusund jar, threhundert
jar unde twe jar, an theme dridden jare . . wurden the ratmanne
des to rade mitter menen stad, dhat se wolden ere rechte bescriven,
also als ed eweliken scolde bliven to holdende, und vergegenwärti-
gen wir uns, dass derselbe Albr. v. Bardewik, der das Lübische Recht
niederschreiben liess, im J. 1298 die älteste Lübecker Chronik be-
gann, die leider ein Fragment geblieben ist, (sie reicht nur von 1298
bis 1301 und ist ohne Abschluss, das letzte Wort ist unde), so haben
wir damit Nachrichten, die in zweifacher Hinsicht von grosser Be-
deutimg sind. Einmal nemlich geben sie uns eine bestimmte Zeit an,
wann das Mittelniederdeutsche zur literarischen Verwendung kam,
oder, um mich genauer auszudrücken, von welchem Jahre an wir
mittelniederdeutsche Denkmäler von Bedeutung besitzen. Was nem-
lich vor dieser Zeit an mittelniederdeutschen Schriftstücken vorhanden
ist, sind nur einige wenige Urkunden von geringem Belange und
einige in lateinische Urkunden eingesprengte Wörter. Sehen wir uns
die grossen Urkundensammlungen an, deren ich beispielsweise nenne
die Braunschweig-Lüneburgische von Sudendorf oder die Lübecker
von Wehrmann, so finden wir auch darin bestätigt, dass vor 1300
das Mittelniederdeutsche noch nicht literarische Geltung hatte. Denn
bis 1300, um eine runde Zahl anzunehmen, ist alles bis auf verschwin-
6 ' .
dende Ausnahmen noch lateinisch abgefasst, von dem angegebenen
Zeitpunkte an wechseln niederdeutsche Urkunden mit lateinischen,
bis nach und nach etwa gegen 1400, um auch hier eine runde Zahl
anzunehmen, das Lateinische ganz schwindet. Wir können daher mit
Fug und Recht mit dem J. 1300 den Anfang der mittelniederdeut-
schen Literatur ansetzen. Die Zeit, die zwischen der Abfassung des
Heliand und diesem Wiedereintritt dos Niederdeutschen in die lite-
rarische Welt verstrichen ist, ein Zeitraum von mehr als 500 Jahren,
ist eine fast vollständige Öde, die nur ein paar mal durch kleine
Oasen iinterl?rochen ist, eine Interlinoarversion einiger Psalmen, einige
Glossen, die Freckenhorster und Essener Heberollen, eine Beichte und
andere Kleinigkeiten, die alle in dem Blichlein von Moritz Heyne,
kleinere altniederdeutsche Denkmäler 1867, zusammen enthalten sind.
Das Mittelniederdeutsche steht darum dem Mittelhochdeutschen darin
nach, dass es erst anfängt am literarischen Horizonte zu erscheinen,
als das andere seine Mittagshöhe und seinen grössten Glanz bereits
erreicht hat. Das Mittelhochdeutsche hat somit gewissermassen ein
Erstgeburtsrecht, und dies gibt im Leben wie in der Literatur immer
eine Art von Vorzug, der nicht damit verknüpft zu sein braucht,
aber doch gewöhnlich verknüpft ist. Ferner steht das Mittelnieder-
deutsche in Betreff der wissenschaftlichen Erforschung deshalb dem
Mittelhochdeutschen nach, dass es durch eine grosse Kette von Mittel-
gliedern mit dem frtthereti Althochdeutschen verbunden ist, während
das Mittelniederdeutsche deren eine höchst geringe Anzahl hat. Wir
finden deshalb im Mittelniederdeutschen eine grosse Anzahl Wörter
und Ausdrücke, deren Ursprung rückwärts zu verfolgen unmöglich ist.
Zweitens geben uns die erstgenannten drei Nachrichten gleich
die Gebiete an, auf denen besonders das Mittelniederdeutsche etwas
hervorragendos geleistet hat, das Gebiet des Rechtes und der Ge-
schichte, oder überhaupt der Prosa. Poesie ist im ganzen und grossen
nur wenig in mittelniederdeutscher Sprache gepflegt worden; wenn
im 12. und 13. Jahrhundert Niederdeutsche dichteten, so .geschah es
in hochdeutscher Sprache. Gervinus hat in seiner Literaturgeschichte
(1, 299, 3 Ausg.) darauf aufmerksam gemacht, dass die Gedichte wie
Pfaffe Konrad, die Kaiserchronik, Lamprechts Alexander, die Eneide u. a.
sämmtlich Spuren der niederdeutschen Sprache in ihrem Texte tra-
gen ; der niederdeutsche Dichter dichtete hochdeutsch und liess dabei
manche Eigenschaft seines Dialectes einfliessen: aber er verwandte
ihn nicht selbständig. Das 14. und 15. Jahrhundert liefert uns frei-
lich mittelniederdeutsche Poesieen; aber sehen wir uns sie näher an,
so finden wir, dass sie selten auf dem niederdeutschen Boden selbst
entsprossen sind. Weltliche Lyrik — mit Ausnahme etwa des hi-
storischen Volksliedes — fehlt fast gänzlich; den zahlreichen mittel-
hochdeutschen Minnedichtungen gegenüber ist die niederdeutsche Zunge
fast stumm zu nennen, wenigstens ist das, was gedichtet sein mag —
denn 16tsprekers, Spielleute, gab es auch . in Niederdeutschland —
nicht auf uns gekommen. An geistlicher Lyrik ist kein Mangel, be-
sonders in den vielen Grebetbüchorn linden sich neben den prosaischen
Grebeten zahlreiche in gebundener Form; unter ihnen gibt es manche
von grosser Innigkeit, aber von geringer Originalität. Denn, was man
Yon dorn weltlichen mittelhochdeutschen Minnegcsange, und nicht ganz
mit Unrecht behauptet, dass er ermüdend und langweilig sei, weil er
sich nur auf einem beschränkten Gebiete und in einem kleinen Kreise
von Gedanken bewege und dieselben Bilder immer wiederkehren,
das gilt auch von der geistlichen Lyrik des Mittelniederdeutschen;
OS wiederholen sich die Gedanken, wie das der Natur der Sache nach
kaum anders sein kann, immer von neuem, und selten wird man fär
die Eintönigkeit des Inhaltes entschädigt durch Mannigfaltigkeit oder
Schönheit der Form. Denn es lässt sich nicht leugnen, dass die ganze
mittelniederdeutsche Poesie, geistliche wie weltliche, an einem Fehler
leidet, der sie, gegen die mittelhochdeutsche Poesie gehalten, in Nach-
theil setzt. Dies ist die Yernachlässigung der äussern Technik. Ich
will hier nicht untersuchen, ob die gerühmte Technik der Versbildung
ganz auf Bechnung der mittelhochdeutschen Dichter selbst zu setzen
ist, und ob nicht der Scharfsinn, oder Überscharfsinn, wie Gegner
behaupten, der Herausgeber, namentlich meines verehrten Lehrers
Lachmann, auch ihren guten Theil daran habe, — wie man auch dar-
über denken mag, soviel ist sicher, dass die mittelniederdeutsche Poesie
vom technischen Standpunkt aus betrachtet, viel zu wünschen übrig
lässt und es mit der mittelhochdeutschen nicht aufnehmen kann. Die
Reimer haben zum Theil auch ein Bewusstsein ihrer Schwäche: so
heisst es in dem spegel der naturen (Goth. Progr. v. Regel I, 6) : ick
mot den rym dicke breken, schal ik den syn vuUen vthspreken: beter
eyn rym wen eyn swyn verloren; was Göthe feiner so ausdrückt:
Ein reiner Reim wird wol begehrt, doch die Gedanken rein zu haben,
die edelste von allen Gaben, das ist mir alle Reiiiio wert. Es ist
diese Misachtung der Form oder wenn dieser Ausdruck zu stark ist,
die Gleichgültigkeit gegen formale Vollendung, ein Characterzug, wel-
cher der niederdeutschen Poesie bis auf heute anhaftet. Ich will da-
mit nicht behaupten, als ob es nicht auch niederdeutsche Gedichte
gebe, die formal untadelhaft sind, aber im allgemeinen kann, glaube
ich, die Behauptung nicht bestritten werden, dass die formale Seite
der Poesie im Niederdeutschen zu wenig Berücksichtigung gefunden
hat und findet, dass häufig, um einen reinen Vers zu haben, die
Sprache, und umgekehrt, um die Sprache rein zu halten, der Vers
Schaden leidet. Ich erinnere nur an Fritz Reuter, dessen Gedichte,
grosse wie kleine, doch sehr schwach erscheinen, sobald sie vom Stand-
punkt der Verskunst aus betrachtet und beurtheilt werden.
Auf dem Gebiete des Epos und der epischen Erzählung ist das
Mittelniederdeutsche ebenfalls arm an Originalien; — ich sehe hier ab
von den gereimten Chroniken, der s. g. Reimprosa, die ja meist überall
als Poesie in geringer Geltung steht und als Geschichte auch keinen
hohen Wert beanspruchen darf, überhaupt eine unglückselige Zwitter-
gattung ist — es geht hier meist bei Hochdeutschen iind Niederlän-
8
dem zu Gast und bringt heim, was es an fremder Tafel aufgelesen
hat; und zwar hat es sich erst dann zu Tische gesetzt, wenn das
Beete der Tafel bereits vorspeist war. So sind mir bis jetzt keine
Spuren begegnet, dass dio Nibelungen, Gudrun, Parzival und andre
grosse Epen dos Mittelhochdeutschen übersetzt, ja, überhaupt bekannt
gewesen sind; nur der Name des Königs Artus wird hin und wieder
erwähnt, indes ist freilich das argumentum e silentio sehr trügerisch.
Dagegen besitzen wir Plos und Blanktlos und andere Gedichte niedri-
geren Ranges in mittelniederdeutscher Bearbeitung; einzelnes ist hier
nur Original. Mit dem Reinke Vos hat das Mittelniederdeutsche aber
einen überaus glücklichen Griff gethan. Diese köstliche Dichtung,
im günstigsten Augenblicke aus dem Niederländischen übersetzt, hat
eine so durchschlagende Wirkung gehabt, dass es das weitverbreitetste
niederdeutsche Buch geworden, mehrfach — ein höchst seltener Fall
in der Geschichte der mittelniederdeutschen Literatur — in fremde
Sprachen übersetzt ist, Jahrhunderte für ein Qriginalwerk gegolten
und der niederdeutschen Sprache den grössten Glanz verliehen hat,
der freilich nur ein erborgter war. Gleichviel aber, ob der Glanz
echt oder unecht war, der Reinke Vos vor allem hat die Ehre des
Niederdeutschen gerettet und er ist auch der springende Piinkt ge-
worden, von dem aus hauptsächlich die Forschung des Mittelnieder-
deutschen begann, und darum ist nicht bloss der Freund der Poesie
überhaupt, sondern auch der Sprachforscher dem Übersetzer dieses
Gedichtes zu grossem Danke verpflichtet.
Dass aber der niederdeutsche Reinke Vos eine solche grosso Be-
deutung gewann und bis auf den heutigen Tag zu behaupten gewusst
hat, liegt ausser dem unvergänglichen Reize der Dichtung selbst,
ausser der erdenklich günstigsten Zeitlage, wo es zuerst in dem
grossen Kreise des deutschen Volkes bekannt wurde, auch in der
Sprache, in der es zu allgemeiner Kunde kam. Wenn man hoch-
deutsche Übersetzungen liest, etwa die von Soltau oder die Bearbei-
tung von Göthe, so wirkt das Gedicht, diese Apokalypse aller Staats-
geheimnisse, wie Swift sagt, allerdings durch seinen Inhalt mächtig
auf den Leser, aber die niederdeutsche Gestalt hat doch entschieden
den Vorzug. Dies liegt meines Erachtens in der Naivetät, die das
Niederdeutsche vor dem Hochdeutschen voraus hat oder doch erhalten
hat. Denn an sich kann jede Sprache naiv sein, Naivetät ist keine
irgend einer Sprache angeborene Eigenschaft, sondern sie ist eine
Eigenschaft dos Gedankens, und eignet jeder Sprache, ja jedem Spre-
chenden, sobald er nur naiv denkt und sich demgemäss äussert. Aber
nachdem das Hochdeutsche die eigentliche Literatursprache, die Sprache
der höheren Bildung geworden ist und auf dem Gebiete der Wissen-
schaft vollständig die Alleinherrschaft errungen hat, das Nieder-
deutsche dagegen durch Ungunst der Verhältnisse unbrauchbar ge-
worden ist für wissenschaftliche Darstellung, obwol es von Natur
ebensosehr dazu befähigt war als das Hochdeutsche, seitdem ist das
Niederdeutsche in einen Gegensatz zum Hochdeutschen getreten, den
ich als den der Naivetät zur Reflexion bezeichnen machte, und seit-
dem ist es nur recht verwendbar geblieben fflr die Lebenskreise, die
nicht aus den natürlichen, einfachen Verhältnissen herausgetreten
sind, sondern in denen noch die Natur und der natürliche, einfache
Ausdruck, die Naivetät, herrscht. Es hat sich aus dieser Eigenthüm-
lichkeit das vornehme Vorurtheil gebildet, als ob das Niederdeutsche
nur noch zum Ausdruck des Komischen, und gar dos niedrig Komi-
schen tauglich sei, und als ob ein niederdeutscher Dichter nur Döntjes
und Schnurren dichten müsse und dürfe. Dies ist aber ganz falsch;
denn die so urtheilen, machen den falschen Schluss: weil das Nieder-
deutsche jetzt nur noch naiv ist, so eignet es sich nur für das Ko-
mische, während sie doch schliessen müssten: weil alles Komische,
namentlich das niedrig Komische, naiv ist, so eignet sich besonders
das naive Niederdeutsche dazu. Denn ergreifend und rührend, nicht
bloss Lachen erregend, lässt sich ebensogut niederdeutsch als hoch-
deutsch schreiben, sobald man den richtigen Ausdruck trifft, voraus-
gesetzt dass man nicht den Boden einfacher und natürlicher Lebens-
verhältnisse verlässt. Der Reinke Vos bewegt sich aber ganz in dieser
Sphäre, und darum heimelt uns der niederdeutsche Reinke Vos mehr
an als der hochdeutsche, weil wir fühlen, dass Sprache und Inhalt
mehr zu einander passen und sich gegenseitig decken, während ich
beim Lesen eines hochdeutschen Reinke Vos mich des Gefühls nicht
erwehren kann, als ob wir aus einer vornehmen Höhe auf eine nie-
dere Welt herabschauon, an der wir unser Behagen zu finden uns
auf eine Zeit herablassen. Aus demselben Grunde mag ich auch die
niederdeutschen Fabeln, die Wiggert uns in seinem Scherflein und
Hoffmann v. F. in seinem Aesop mitgetheilt hat, lieber als die hoch-
deutschen des Boner u. a. Ich will aber kein allgemeines XJrtheil
darüber aussprechen, das auf allseitige Zustimmung zu rechnen den
Anspruch macht. Meine Muttersprache ist nemlich nicht figürlich,
sondern wirklich das Niederdeutsche; ich habe das Hochdeutsche wie
eine fremde Sprache erlernt, und darum fühle ich mich immer bei
niederdeutschen Schriftstellern wie unter meines gleichen, unter ver-
trauten Landsleuten, gewissermassen wie zu Hause in meiner Jugend.
Auf einem dritten Gebiete der Poesie ist das Mittelniederdeutsche
dem Hochdeutschen ebenbürtig; ich meine das Gebiet des Dramas.
Dieses ist bekanntlich eine vergleichungsweise sehr junge Erscheinung
in der deutschen Literatur und die ersten Versuche leisten bei wei-
tem nicht den Forderungen Genüge, die wir jetzt nach drei oder vier
Jahrhunderten an P^an und Ausführung stellen; es wird aber auch
keiner so unbillig sein sie mit dem jetzigen Massstabe messen zu
wollen. Die ersten Passions- und Osterspiele, Marienklagen, die wir
im Mittelhochdeutschen haben, sind dürftig und bleiben auch dürftig,
selbst wenn sie an Länge und Breite zunehmen. Die paar Spiele
dieser Art im Mittelniederdeutschen sind nichts besser, aber auch
nichts schlechter als die mittelhochdeutschen; so wie sie sich aber von
der Gebundenheit an das biblische Material freier machen, tritt der
10
Vorzug des Mittelniederdeutschen hervor, das meiner Meinung nach
da überall besonders seine Kraft zeigt, wo Vorfälle aus den realen
Lebensverhältnissen geschildert worden sollen. Der Theophilus, der
Sündenfall, das Redentiner Spiel, besonders der Schluss desselben,
das Teufelsspiel, später Clas Bur und der verlorne Sohn von Burk-
hard Waldis, der Soostor Daniel sind Stücke, die mit den gleichzeiti-
gen in hochdeutscher Sprache auf den Plan treten und ihnen die
Palme streitig machen, wenn nicht entreissen können. Es ist nur
Schade, dass der Anfang und Aufschwung des Dramas mit dem lite-
rarischen Niedergang des Niederdeutschen zusammenfällt, dass dem
Niederdeutschen, das im 16. Jahrhundert begann vom Hochdeutschen
aus der allgemeinen deutschen Literatur verdrängt zu werden, damit
die Möglichkeit benommen wurde auf dem dramatischen Felde den
Wettkampf mit dem Hochdeutschen noch weiter fortzusetzen; es bricht
ihn nothgedrungen im besten Ansätze ab, gleichwie auf anderen Ge-
bieten der Poesie der Eifer erlahmte, als das Hochdeutsche siegreich
das ganze Gebiet der deutschen Literatur umfasste und das Nieder-
deutsche in immer engere Grenzen einschloss. Das geringe Gedeihen
des deutschen Lustspiels mag seinen Grund in dem schwerfälligeren
Geiste der Deutschen überhaupt haben, oder in geschichtlichen Ver-
hältnissen, z. B. dem Mangel des öffentlichen politischen Lebens u. a.
liegen, aber es will mir scheinen, als ob die Verdrängung des Nie-
derdeutschen aus der Literatur auch bei der Frage in Anschlag zu
bringen sei, warum es uns nicht so recht im Lustspiele glücken will.
Wäre das Niederdeutsche Literatursprache geworden oder geblieben,
so gebräche es uns vielleicht nicht an dieser Gattung der Poesie.
Indes sind wie auf dem politisch-historischen so auch auf dem litera-
tur-historischen Gebiete derartige Annahmen irrealer Fälle, wenn das
und das geschehen oder nicht geschehen^ wäre, so würde das und
das geschehen oder nicht geschehen sein, eigentlich nur müssige Spie-
lereien.
War die mittelniederdeutsche Poesie der mittelhochdeutschen
gegenüber im grossen und ganzen arm, abhängig und unselbständig,
nachlässig in der Form zu nennen, so tritt fast ein umgekehrtes Ver-
hältnis ein, sobald wir die Prosa beider Dialecte mit einander ver-
gleichen. Statt der Armut herrscht in der mittelniederdeutschen Prosa
Fülle, und zwar Fülle nicht bloss in einzelnen Fächern, sondern fast
nach allen Seiten hin; statt Abhängigkeit finden wir hier viel Origi-
nalität, statt der Nachlässigkeit zeigt sich hier meist Sauberkeit und
genaue Beobachtung grammatischer und syntaktischer Formen. Die
Fülle zeigt sich eines Theiles in den zahlreichen Schriften, die das
Rechtsleben betreffen; so haben wir ausser den beiden schon erwähn-
ten Rechtsbüchern, den Lübecker und Bremer Statuten mit ihren
späteren Zusätzen und Erweiterungen, den Sachsenspiegel mit seinen
zahlreichen Glossen und ABCDarien, das sächsische Lehnrecht, den
Richtsteig, die Goslarer Statuten aus der Mitte des 14. Jahrhunderts,
die Goslarschen Bergwerksgesetze, viele Stadtrechte, Städt^verfassungen,
11
Bauersprachen, die Zunftrollen nnd viele andere das praktische Le-
bensgebiet behandelnde Schriftstüeke. Rechnet man femer die Ur-
kunden hinzu, die zahlreich gedruckt und ungodruckt vorhanden sind,
die freilich gewöhnlich nur Bositzverhältnisso, Kauf und Verkauf,
Verlassungen zu Lehn oder Eigen und ähnliches betreflfen, aber doch
auch manchmal höherer Art sind wie in den Hansischen Rocessen,
die Friedensschlüsse, Gesandtschaftsberichto und andre Documento
höherer Politik enthalten, so breitet sich vor uns eine Fülle aus,
gegen die, soviel ich weiss, das Mittelhochdeutsche nicht aufkommen
kann. Und gleich die ältesten Denkmäler treten in einem über-
raschend grossen Umfange und mit überraschender Sprachgewandtheit
auf. Die beiden ältesten Rechtsstatuton bringen keine dürftigen No-
tizen und gelegentliche zusammenhangslose Aufzeichnungen, sondern
geben ein ganzes System des Civil- und Criminalrechtes. Ich müssto
Ihnen zum Beweise dafür das Inhaltsverzeichnis und die Capitel*-
überschriften mittheilon; ich unterlasse es aber, weil es mich zu weit
führen würde und es anzuhören langweilig wäre. Dieses Systema-
tische mag seinen Ursprung darin haben, dass ursprünglich eine la-
teinisch geschriebene Vorlage zu Grunde lag, wie wir dies vom Lü-
becker Recht wissen; die Bremer Statuten aber haben eine solche
Vorlage nicht gehabt, soviel uns wenigstens bekannt ist. Die Sprache
wird ohne ünbehülflichkeit gehandhabt; sie ist gewissermassen gleich
fortig hervorgetreten. Ich kann es mir nicht versagen, den Beweis
durch Mittheilung einer kleinen Probe anzutreten. Im ersten Para-
graphen des Lübecker Rechtes von 1294 resp. 1240 heisst es: Van
der medegift. So war en man sinen sone ofte sine dochter vtgift
vnde uan sie sunderot, so weloker hande wis dat si, ne wert soghedan
ghut, also men dar medo louct, it si uan des sones haluen ofte uan
der dochter haluen, nicht ghevorderet binnen den ersten twen jaren,
darna so ne mach men na Stades rechte negeine vorderinge dar vp
hebben, de men holden dorne, it ne si, dat men dat der vruntschap
Wille vordreghen. dat schal men auer don mit ghoder lüde orcunde.
Ein zweites Beispiel aus den Bremer Statuten von 1303 lautet: So
welich borghere dhen anderen sleit to den oren, wert he thes vor-
tucht mit twen borgheron umbesproken eres rechtes, dhe scal gheven
der stat vif marc; so wenne [he] sich vorsonet hevet mit then sake-
wolden, so scalt he wesen en iar van Bremen buten muren unde
buten planken. Were, dat he that brake, also dicke also he dhat
brake, wurde he thes vortucht, also hir vore beschreven is, also dicke
scal he geven dher stat teyn pund; ne mochte he thessen broke nicht
geven ofte beborghen, men scolden setten in des Stades cameren to
vertein nachten; ne wurde he thar nich uteloost, men scal en slan
tor stupe unde scal the stat vorsweren unde ne scal nicht mer to
Bremen comen. Das sind meines Erachtens keine stümperhaften An-
fänge mehr, sondern darin zeigt sich schon eine Reife, eine Leichtig-
keit und eine Herrschaft über svntaktische Verhältnisse, wie man sie
bei einem der ältesten Stücke mittelniederdeutscher Prosa kaum er-
12
warten möchte. Es setzt schon vorhergegangene Übungen voraus,
die aber für uns verloren sind. Eine zweite Fülle bietet sich uns
dar in den zahlreichen Chroniken. Diese sind nftttirlich von sehr
verschiedener Güte; ich spreche hier selbstverständlich nicht von ihrem
historischen Werte, der oft in umgekehrten Verhältnissen stehen mag
zu dem sprachlichen, den ich hier allein ins Auge fasse; sie sind zum
Thoil nicht immer Original, sondern nur Übersetzungen aus dem
Lateinischen. Aber diese Übersetzungen sind sehr oft mit grossem
Geschick ausgeführt. Die Schwere des lateinischen Ausdruckes wird
selten in der Übersetzung wiedergefunden, sie liest sich oft so leicht
wie ein deutsches Original, und es möchte nicht zuviel behauptet sein,
wenn man sagt, die Niederdeutschen seien Meister in der Kunst zu
tibersetzen. Man möchte wünschen, dass ein gütiges Geschick einem
des Griechischen kundigen und sprachgewandten Mönche den Gedan-
ken eingegeben hätte den Herodot ins Mittelniederdeutsche zu über-
tragen, das hätte eine glänzende Übersetzung geben müssen. Aber
auch an originalen Chroniken ist kein Mangel, die zum Theil noch
gar nicht gedruckt sind, sondern in Archiven und Bibliotheken ruhen.
Mehrere von denen, die ich in der Handschrift durchgelesen habe,
mögen auch kaum des Druckes wert sein, soweit sie nicht einen hi-
storisch bedeutsamen Inhalt haben ; sie sind vielfach eintönig, trocken,
nüchtern, geistlos; aber wir brauchen gar nicht zu ungedruckten zu
greifen, schon die bereits gedruckten Chroniken beweisen hinreichend,
was das Mittelniederdeutsche in Prosa leisten kann und geleistet hat.
Vor allen mache ich aufmerksam auf die Lübische Chronik des Fran-
ziskaner Lesemeisters Detmar und besonders auf die Fortsetzung der-
selben von einem oder mehreren Verfassern, die Jahre 1401 — 1489
umfassend. Detmars Chronik ist anfangs, wie fast alle Chroniken,
lateinischen Quellen entnommen, und darum weniger wertvoll; so wie
er aber aus eigner Erfahrung schöpft, gewinnt die Darstellung an
Leben und Bewegung, und sein Fortsetzer geht mit der Sprache so
leicht und spielend um, dass mir die Pflicht ihn zu lesen zugleich
ein grosses Vergnügen gewährt hat. Wir müssen freilich nie ver-
gessen, dass wir es nur mit Chroniken zu thun haben; das sind keine
historischen Kunstwerke, wie wir sie aus antiker oder modemer Zeit
haben, mit genetischer Entwickelung der Ereignisse, mit tiefer Cha-
racteristik der handelnden Hauptpersonen, oder wie immer die ferneren
Forderungen heissen mögen, die man an ein historisches Kunstwerk
stellt, sondern es sind schlichte, einfache, wenn man will, kunstlose
Erzählungen des Geschehenen, und gerade zu erzählen, natürlich und
unterhaltend zu erzählen, ohne Trockenheit und ohne Steifheit ist
eine Kunst, die der mittelniederdeutschen Prosa fast überall eigen ist;
die mittelhochdeutsche historische Prosaliteratur, soweit sie mir be-
kannt ist, ich muss aber bekennen, dass ich nur eine sehr spärliche
Kenntnis derselben habe, erreicht weder an Fülle noch an Geschick-
lichkeit die mittelniederdeutsche.
Auch die kirchliche und theologische Literatur, im weitesten
13
Umfange genommen, Legenden und moralische Erzählungen mit ein-
geschlossen, ist eben so reichhaltig und vortrefflich wie die histo-
rische. Vielfach haben wir es auch hier mit Übersetzungen zu thun,
aber auch hier weist sich der Niederdeutsche als geschickter und ge-
schmackvoller Übersetzer aus, und die selbständigen Producte sind
auch hier mit denselben Reizen geschmückt wie bei den Chroniken.
Der Seelentrost von 1407, das Lübecker Passional von 1471 bezeich-
nen für mich das Höchste, was das Mittelniederdeutsche auf dem
Gebiete der Prosa in formaler Hinsicht geleistet hat. Indes sind
beide nur Bearbeitungen oder Umarbeitungen lateinischer Vorlagen.
Ferner gibt es eine nicht geringe Anzahl medicinischer, botani-
scher s. g. Arznei- und Kräuterbücher, die ich hier nur deshalb er-
wähne, um daran zu erinnern, dass auch sie nicht im Mittelnieder-
deutschen fehlen.
Diese Glanzperiode des Mittelniederdeutschen umfass(; haupt-
sächlich die Jahre 1350 — 1500, also besonders die Zeit, wo der Bund
der hansischen Städte in grösstor Blüte stand; mit demselben wuchs
und sank es. Als die Hansa über die ganze niederdeutsche Tiefebene
bis nach Riga hinauf gebot und fremde Staaten und Könige sich un-
terthänig und dienstbar machte, da gebot auch das Mittelniederdeutsche,
die diplomatische Sprache des Bundes, über dasselbe Gebiet, ja über
dasselbe hinaus; denn auswärtige Mächte sandten wol ihre Schreiben
an den Rath zu Lübeck in niederdeutscher Sprache und der Rath
antwortete ihnen in derselben Sprache. Es war eine Schriftsprache
so gut wie nur irgend eine, nirgends ist mir eine Andeutung begeg-
net, dass das Niederdeutsche als Dialect und gar als niedriger und
untergeordneter Dialect dem vornehmeren Hochdeutschen gegenüber
betrachtet wurde; es heisst einfach immer dudesch. Als die Hansa
aber von ihrer Höhe herabstieg, sank das Mittelniederdeutsche mit;
zwar ist nach 1500 noch sehr viel niederdeutsch geschrieben, und
auch zum Theil nicht übel; man braucht nur Meklenburgs altnieder-
sächsische Literatur von Wiechmann nachzusehen, um zu erfahren,
was allein in Meklenburg erschienen ist seit der Erfindung der Buch-
druckerkunst; aber seit 1500 ist ein merklicher Rückgang wahrnehm-
bar; die Formen werden unreiner, die Orthographie verwildert; die
Darstellung- wird gezierter, die syntaktischen Fügungen, die früher
leicht, gefällig und durchsichtig waren, werden unbequemer. WUl
jemand mit einem Blicke übersehen, welche Veränderungen mit der
niederdeutsdien Sprache vor sich gegangen sind, der lese unmittelbar
hinter einander einen Abschnitt aus Detmars Chronik, dann aus der
Chronik des Reimarus Kock, Mitte des 16. Jahrhunderts, und dann
aus der Dithmarsischen Chronik von Noocorus um 1600; es wird ihm
sofort der grosse Abstand fühlbar werden, der zwischen diesen drei
Schriftstellern, die ich nur beispielsweise nenne, stattfindet; und dieser
beruht nicht allein auf der Verschiedenheit der verschiedenen Persön-
lichkeiten, sondern zum grossen Theile auf der Veränderung, welche
die Sprache als solche erlitten hat. Man hört, möchte ich sagen, den
14
Wurm bohren, der in das Mark der niederdeutschen Sprache sich
hineinzunagen beginnt. Mit dem Jahr 1600 mag man das Ende des
Mittelniederdeutschen ansetzen und das Neunioderdoutsche beginnen
lasseh, das leider von Tag zu Tag mehr von seiner Reinheit verliert,
und mündlich und schriftlich verstümmelt, mishandelt und verschändet
wird. Das Niederdeutsche gleicht jetzt einer umgehauenen Eiche, die
zwar von der Wurzel aus noch kräftige Schösslinge treibt, aber ihre
majestätische Krone verloren hat.
Dr. A. Lübben,
Hamburger mittelniederdeutsche
Glossen,
Codex XXXb der früheren St. Petri Kirchenbibliothek in Ham-
burg, jetzt wie diese ganze Büchersammlung auf der dortigen Stadt-
bibUothek, enthält 19 verschiedene Schriften*), darunter drei deutsche:
no. 3 einen päpstlichen Ablass, no. 16 und no. 17 zwei Glossen-
sammlungen. Das Format des Codex ist klein Quart. Die 19 Theile
siad theils auf Pergament, theils auf Papier von verschiedenen Hän-
den und zu verschiedenen Zeiten geschrieben. Staphorst, der in sei-
ner Hamburgischen Kirchengeschichte, Hamburg 1727. I, 3, 343 — 355
eine ausführliche Beschreibung des Buches liefert, hat auch versucht,
mehrere Abschnitte nach Schriftzügen und Inhalt bestimmten Jahr-
hunderten zuzuweisen. Danach stammt die grössere Anzahl aus dem
14. und dem 15. Jh.; das letzte Stück, ein itinerarium in terram
sanctam, setzt Staphorst nach der Bildung der Buchstaben und der
Abkürzung der Wörter ins 13. Jh. Jedenfalls sind die Theile nicht
vor 1415 zusammengebunden, da no. 9 die remotio Johannis papae
XXni per synodum Constantiensem erzählt, und nicht nach 1439, da
in diesem Jahre der vorne im Buche als Schenker desselben ver-
merkte*) Hamburgische Vicar Heinrich Langhe starb^).
No. 16 besteht aus einem Porgamentblatt von etwas anderem
Format als die übrigen Stücke dos Bandes. Beide Seiton sind zwei-
spaltig. Die drei ersten Spalten enthalten von einem lateinisch-deut-
schen Vocabular die Wörter aus T und V in schönen, kräftigen,
grossen Schriftzügen auf je 37 Zeilen. Die mit v beginnenden Wör-
ter, unter denen auch eins mit u (ubertas) nach der mittelalterlichen
Schreibung steht, sind unvollzählig gegeben: das streng alphabetische
^) Staphorst zählt nur 18. Er hat ein kleines Fragment nicht mitgesählt, das
nach no. 17 den übrig gebliebenen Kaum von nicht ganz einer Spalte fallt und das
s^en Inhalt in den Annuigsworten folgendermassen knndgiebt : Ut negligenciis contra
sacramenta in missa enenientibus eelebrantes sciant occurrere, debent hoc scriptum
perlegere et memorie commendare.
*) Presentem librum dedit dominus Hinricus Langhe quondam hujus ecclesie
ncarios. Orate Deum pro eo.
*) s. Staphorst I, 3, 401.
16
Verzeichniss bricht mit versatilis ab. Lateinische Erklärungen sind
sehr selten. Nur auf wenigen Zeilen der Spalten wird mehr als ein
Wort glossiert. Die Handschrift gehört dem 14. Jh. an, eher der
ersten als der zweiton Hälfte. Für frühe Abfassung dos Stückes
spricht auch die einfache Orthographie, ferner dass nur zweimal
(slapheyt 1, 33; wyrec 2, 23) j statt i erscheint, das mehrmalige c
für k im Auslaut, endlich die alterthümliche Schreibung sius 1, 6;
dhiunnighe 2, 25. Die vierte Spalte des Blattes zählt auf gleichem
Räume mit jenen 37 Zeilen 44 Fischnamen auf. Ausserdem ist die
erste Zeile oben mit dem, Zusätze rho und die letzte unten wieder-
holt. Die Schrift dieser Columne weicht von der jener ersten drei ab,
sie ist kleiner, flüchtiger und scheint jünger. Während auf jenen r,
er durch das Zeichen ', noch lieber durch «, einmal durch e (tonäe
3, 1) gegeben wird, ist dieses letzte Zeichen auf der vierten Spalte
das übliche, daneben auch ^ und ^, Die Schreibung der Wörter
wallvisk, kalff, wyff, ael, das häufige j scheinen ebenfeUs jüngeren
Ursprung zu bezeugen, wie auch das z.
Da in dieser vierten Spalte die Buchstaben ziemlich zusammen-
gedrängt sind, so fand der Schreiber Raum, um noch folgende Feder-
übungen anzubringen, welche verrathen, woher das Blatt nach Ham-
burg gelangt ist; Ego Hermannus eccl. parrochialis in Valingbor-
stele. Ego Harmannus rector parroch. in Valingborstele Mindensis
diocesis animo appellandi prouocandi et apostolos petendi. Daneben:
wy scholen (wir sollen). Ferner: Ego sum qui sum et consilium
meum non est cum inpii set in lege. Daneben: Vruntli grute v Ego
Tydericus rector eccles. paroch. in Myndene. Ausserdem finden sich
am Rande neben der dritten Spalte und auf dem Raum zwischen den
Wörjtern mit T und denen mit V folgende, theilweise etwas verwisch-
ten Wörter: abneget semet. Yam (?) Wichmannsborch. Citrulli Wyk-
ken (nhd. Wicken, die Hülsenpflanze). Vruntliken grut to don (freund-
liken Gruss zu thun).
Fallingborstel ist ein an der Böhme, einem Nebenflusse der Aller,
zwischen den Flecken Walesrode und Soltau und südöstlich von der
Stadt Verden gelegenes Kirchdorf. Wichmannsburg, in älterer Form
Wigmannesburstal, ein Kirchdorf, liegt an der Ilmenau unweit der
Eisenbahnstation Bienenbüttel, südlich von Lüneburg. Die Form
Harmannus lässt vermuthen, dass der Schreiber dieser Kritzeleien,
vielleicht ein anderer als der Schreiber des Fischverzeichnisses, schon
dem 15. Jh. angehört habe.
No. 17 ist gleichfalls ein Glossarfragment. Es umfasst die Buch-
staben A bis S auf 9 Blättern Pergament. Jode Seite hat zwei Spal-
ten zu 50 Zeilen. Die Schrift ist klein und gedrängt, aber gut und
deutlich. Sie zeigt die Züge des 14. Jhs., für diese Zeit spricht auch
die einfache Orthographie. Mit jedem neuen Anfangsbuchstaben be-
ginnt ein neuer Absatz-, ausserdem wird S. 1, Sp. 2 nach ieghenvpstan
abgesetzt. Vor dem Glossar steht in rothor Schrift:
Principium medium regat finem alma Maria.
17
Mit schwarzer Dinto ist der Hoxamotor aoch einmal richtiger darüber
geschrieben:
Principium medium finem regat alma Maria.
Am Schlüsse des Glossars findet sich der Vers: Detur pro pona scrip-
tori pulcra puella Amen. Das Glossar endigt auf der vierten Spalte
des neunten Blattes, so dass noch ca. drei Viertel der Spalte frpi-
blieben. Dieser Raum ist mit jenen auf S. . . . Anm. 1 erwähnten
Verhaltungsvorschriften für messelesende Priester ausgefüllt ; sie
brechen am Ende der Seite mit den Worten item si ante consecracio-
nem ab:
Glossar I. ist offenbar das ältere; Glossar IL scheint verfasst,
um jenes zu ergänzen. Der Anhang zu I, das Fischverzeichniss,
wird das jüngste Stück sein, angelegt, um den leer gebliebenen Raum
von No. I auszufüllen.
Die Sprache dieser Glossare ist, wie in den meisten mittelalter-
lichen Sprachdenkmalen dieser Art, keine einheitliche. Man stellte
diese Wortverzeichnisse aus Quellen zusammen, die verschiedenen
Dialekten angehörton, und gab sich nicht immer die Mühe, in den
eigenen Dialekt umzusetzen. Sogar einige hochdeutsche Wörter fin-
den sich in unseren beiden Glossaren, so wissaghen I, 3, 21, das
allerdings früh ins Niederdeutsche gedrungen zu sein scheint (Mass-
mann, Das Zeitbuch des Eike von Repgow S. 58: wisagen magi);
vrezich II, 12, 27. wrazich II, 14, 10. rif II, 4, 11. 27, 21. stiftnuder
n, 22, 23. stifsone, stifdochter II, 26, 16 f, plogen 31, 25. Dass der
Schreiber von No. II nicht Verfasser, sondern höchstens Compilator
war, wird mehrfach deutlich. So ist 9, 42 tuevaldich aus teinvaldich
verlesen; 10, 24 ist doma vor verste vergessen; 26, 13 ist vor ,noch
mer' ausgelassen ,weder (noch) min'.
Mit mehreren, besonders niederdeutschen, Glossaren in Diefenbach
Glossarium Latino-Qermanicum Mediae et infimae aetatis, • Franco-
furti ad Moenum 1857, zeigt No. II unverkennbare Verwandtschaft,
so mit No. 8b. 11. 23. bei Dief. Eine Eigenheit unseres Glossares II
besteht darin, bisweilen innerhalb eines Buchstabens zwei- oder mehr-
mal die alphabetische Ordnung durchzuführen. Als Beispiel wähle
ich den Buchstaben e. Hier haben wir, von eicere und einigen son-
stigen Unregelmässigkeiten abgesehen, eine alphabetische Anordnung
von educere bis excecare; dann beginnt mit egere eine neue, die
bis exilire fi:eht: darauf kommt eine dritte > von ebdomada bis zum
Schlüsse des Buchstabens. Hieran zeigt sich deutlich die Entstehung
solcher Glossare. Unter den in diesen Anhängseln nachgeholten
Wörtern treffen wir zuweilen auf schon dagewesene. Bemerkenswerth
ist, dass hier die Verdeutschungen meist seltener sind als im ersten
Hauptabschnitte der einzelnen Buchstaben, dafür aber durchweg ori-
ginal, ja selbst die lateinischen Wörter lassen sich theil weise in den
von Diefenbach benutzten Glossaren nicht nachweisen, so dass sich
in diesen Theilen des Glossars die eigene Arbeit des Compilators
offenbart.
Niederdeutsche! Jahrbuch. I, 2
18
Missverständnisse des Lateinischen zeigen sich,' wie in anderen
mittelalterlichen Glossaren; auf dieselben ist meistens in den Noten
und Anmerkungen aufmerksam gemacht.
^ Die, zumal in II sehr zahlreichen lateinischen Erklärungen habe
ich nicht gegeben.
Qlossar I.
Tabescero
Col. 1.
1. Tabere ledeken.
idem.
2. Tabidus uleckecht. Talaris di-
citur cuder.
3. Talus en worpel.
4. Tarsis en laut, Tabor horch.
5. Tapetum en teppet.
6. Tantillum siusluthtech.^)
7. Talio vergheldinghe.^)
8. Taxare estimare dicitur din-
ghen.
10. Taxus est arbor hüls.
11. Temerare verdummen.^) Te-
mere dumliken.
12. Temerarius dicitur vreuel.
13. Temeritas dicitur dumheit.*)
14. Temo disle.
16. Temulentus verdrucket.^)
17. Tempestiuus titleken.
19. Temperies ghetempert.
20. Teatrum spelhus. Teca uorsne.
21. Tedere verdreten.^)
22. Tedere verdretnisse.^)
23. Tema vorrede.
24. Tenor dicitur sin van der scrift.
25. Tenacitas dicitur hardicheit.
26. Tenor möre.
28. Teuere morleke.
29. Tendere recken. tentorium
telt.
31. Tepere lauen. Tepescere idem.
32. Theolya^) gotlike scrift.
33. Tepor slapheyt.
34. Tepe factus dicitur leuet vel
winet.
35. Terebrare boren.
36. Terebrum neuiger.
37. Terebintus en bom.
Col. 2.
2. Tores langsenewolt.
3. Terere wriven.
4. Toredo en windelken.
5. Teristrum eghede vel linen-
rise.
6. Tergum tö rucghe.^)
9. Tetrarcha vorste.
10. Teruersatio hauende. Termi-
nus ende.
11. Teridrium handdoc.
12. Terrere ververen.^)
13. Torrestris erdich.
14. Thesaurizarium tresekamere.
15. Territorium en laut.
16. Testari verkünden.^)
17. Testificari tughen.
18. Teter swart.
19. Tetragonus vehornich.®)
20. Textum en siden ghordel.
21. Textilia tSwe.
22. Tyton^) en brant.
23. Tymiama wyrec.
24. Tympanum bunghe.
25. Tympus^^) dhiunnighe.
*) auch siuslachtech zu lesen. ') ver auBgeschrieben. ^) v. *) duheit. ^) 1.
tbeoloya = theologia. '*) das c steht über dem g. '') ver ausgeschrieben. ®) 1. ver-
homich. ^) titio. *^) tempus.
19
26.
Tynea mutto vermis subter-
36.
Vorsare dicitur keren.
raneus.
37.
Versatilis dicitur kerlic.
27.
Tvntura varwo.
Col. 4.
28.
Tyntor varwere.^)
1.
2. Cetus wallvisk rbo.
29.
Tynnitus lut.
3.
Balena idem.
30.
Tymus beide.
4.
Delfin morswyn.
31.
Typus licnisse vel bekennoch-
5.
Ffoca merkalff.
lic.
6.
Ypotus ydem.
32.
Typico beteelik.
7.
Syren merwunder.
34.
TyriiR van der stat.
8.
Merges merwyflf.
35.
TytUlare ciiselon.
9.
Etbynus*) buze.
36.
Tytuba^) stameren.
10.
Estaurus cablau.
Col. 3.
11.
Pecus crable.*)
1.
Tonare dicitur donren.
12.
Polipus idem.
2.
Tonare dicitur donren.
13.
Gamarum salme.
3.
Torus dicitur bedde.
14.
Este las.
4.
Torpor tracheit.
15.
Salmo idem.
5.
Torquero quelon.
16.
Lucius befret.*^)
6.
Tortura quelingho.
17.
Orrena walre.
7.
Toxicare verghouen.^)
18.
Tructa^) vorne.
10.
V aciliare wankellen.
19.
Umbra ascb.
11.
Valetudo duchtochäit.
20.
Coruus carpe.
12.
Validus duchtocb. t
21.
Murena lampreyde.
16.
Varius menegher bände.
22.
Murenula negbennogbe.*)
18.
Varix en addere.
23.
Ostrum wilscb.
19.
Vastare wsten.
24.
Perca bars.
20.
Vastitas wstingbe.
25.
Annio brasme.
21.
Vaticinare (!) wissagben.
26.
Saxatilis sartanel.
22.
Vbertas urucbtecbeit.
27.
Sillago bley.
23.
Vebemens modicb.
28.
Polides idem.
24.
Vebemencia modicboit.
29.
Capedo culing.
25.
Vebementer snelliken.
30.
Cornilla gundele.^)
26.
Venator iegbere.
31.
Ji'undiculus idem.
27.
Venabulum iagbespit.
32.
Saxillis bresme.
28.
Vendieare egbon maken.
33.
Gobium stynt.
29.
Ventilare schudden.
34.
Rumbus stör.
30.
Ventilabrum wegber.
35.
Gobia pleze.
31.
Ventilogium wederbane.
36.
Anguilla ael.
32.
Vergere dicitur keren. '
37.
Cancer creuet.
33.
Vernare dicitur lucbten.
38.
Torpedo rame.
34.
Vemus dicitur liebt.
39.
Lodallia rime.^^)
35.
Verna knape dicitur.
40.
Tiubigo stekerlig.^^)
*) varve, ein v steht über rv. ^) st. titubare. *) v. *) echyuus? *) 1.
crabbe? *») 1. heket. ^) oder trutta. *) 1. negenoghe. ») gOdele; 1. grundele. *•)
Undeutlich. Staph. liest rinne, Koppmann grinne. ") 1. stekerling?
2*
20
'41. Pusilltt3 idem.
42. Ruacupa^) bukkig.^)
43. Canis sei.
44. Rudecula*) rotoghe.
45. 46. Alloca quappe. Tenca sei y
1) rustupa? «) 1. bukking? ») rudetula?
Grlossar II.
Col. I.
8. abiurare vorsaeren.
12. absorbere vorsluken. abster-
gere afwischen.
13. acceptare vntuangen.
14. acoinodare borgen.
15. accelerare lagen.
16. adaquare weteren.*)
17. acclinare to niglien.
18. adigere to driuen.
20. adicere to werpon.
22, adoptare to wünschen.
23. annectere to knutten.
25. adyrere to bernon.
27. affigere to hechten.
28. afflare tu blasen.
30. agger en dam.
32. alienare vntuernen.
33. allicere to locken.
45. anticipare^) vorgripen.
Col. 2.
8. attrectare handelen.
10. auertere afkeren.
18.-assilire to springen.^) adherere
anhangen.*)
20. astaro bistan. asurgere ieghen-
vpstan.
21. apropinquare geneken. apro-
piare
22. idem. assuescere gewonen.
23. abuti vntbruken.
25. abstinere afholden. abundare
genoghen.
*) wete'fl. *) anticipae. *) sp'ngen,
•) d*; 1. dicitur? ') apoziare = apoloiare.
32. ardere bernen.
33. asspirare gunnen. andere cone
wosen.
35. abhorrire worworpen.
36. accnbare slapen. abissus af-
gru nt.
37. amicire cleden.
38. animare kone maken.
39. acies acumen scarp.
40. ager acker. adamas aget
41. sten.. adamancins dnrns.
42. adiiena^) vromede.
43. additamentum okunghe. agro-
stis ackerman.
44. alabastrum stenbusse.
47. alimonia vodunghe.
48. allodium eyghen.
49. alteruter de^) eyli.
50. alternatims nnderlighen. ama-
rusca holtapel.
Col. 3
1. anathemare bannen, ambidex-
ter an beydentsiden.
2. amphiteatrum spelhus.
3. amfractrix tumelersche.
5. anathema ban. antiporgium
scerbart.
7. apex werdicheit vel littera.
aruina smer.
8. apium merk, apes apicula ben.
9. apologus byspel. aporiare') bi-
spel teilen,
10. arbustus haghen. arduus ho.
tt
*) statt an stand anfänglich to. ^) aae.
21
11. argilla lern.
12. armus hoch, ariolare toueron.
ariolus touerer.
13. armentum ve. armen tarius
herde. armorium wapehus.*)
14. armilla armboch. armonia sank.
15. aroma crude. artifex cunster.
16. artificiosus cunstich. aruum
velt. arula hert.
17. arundo ror. asscia suUex. as-
per scarp,
18. asperitas scarphoit. asporgere
besprenghon.
19. aspersoriiun quispel.
20. astutus listich. aspis spinne.
21. atonuaro dünnen, attontaro vor
22. Silken, atrox wroit. atrocitas
iivrethoit.
23. atriplex milde, aucops vogoler.
24. ancipium vogellighe. augustus
edel, augiir wicker.
25. aiigurium wickerie. auidus
ghirich.
26. aiirora morgenrot. auriga wa-
genman.
27. aiispicium wicker. aiister sii-
denwint* aiisterus hart.
28. antenticiis mesterlik. axis asse.
29. acalens angol.
30. amigdolum mandolkerne.
34. ala vlogel.
38. apostema swel.
45. auellana walnot.
47. baiuhis dregher.
Col. 4.
2. buccinare blasen.
3. balasus^) blecunghe. basis Sta-
pel.
4. balbns stamerende. barbarus
ellendich.
5. barbaries eilende, basiliscus
worm.
10. biga carre. bifidus entuey-
spleten.
11. brutus wilt. briuna wrost vol
rif. brumalis winterlick.
14. bissus bokeral. blesus wlis-
pondo.
15. brucus soiier. bombix sidworm.
17. botriis windriifl.')
18. broca kappe, brasium molt.
bufo paddo.
20. buccina bassune.
21. buccella on swede.*)
22. bitumen lim.
26. balista armborst.
27. batilo^) somerlechelen.
30. comparero vorcomen.
33. cambiro woslon.
Col. 5.
1. colaphizaro halslaghen.
2. collidoro to samne^ steten.
3. colore') ouen. colare syghen.
8. comparare ghelikon.
9. eompetero euenkomen.
11. eomplicaro to samne*) uolden.
12. conculcare to treden.
13. eonioetare bedüden.
14. conduccre meden. cremare ber-
nen.
15. conciporo vntfangen.
18. conti tcri bichten.
20. configoro tohochten. confingere
modiehten.
24. eonfirmare atedeghen. congredi
tügan.
26. colligare to samno binden.
27. conipodiro spannen.
28. comprehendere begripen.
29. compungere berowen.^)
34. consuescero ghewonen. •
36. crismare crosmen.
40. cespitare dubitaro snauen.
44. comminari drüwen. conscin-
dere^®) tu riten.
45. consumere tu bringhen.
46. conterere tu wriuen. contem-
plari bescowen.
*) 1. wapenhus. ^) 1. balatus. ') Staphorst liest windruft. *) 1. snede. ^) oder
bacile. ®) tosam. ^) cole. ^) tosamne hier u. 1. 26 ausgeschrieben. °) das w steht
über dem o; vgl. 7, 17. *<*) conscidere.
2?
47. contexere tu werken.
50. cribrare sichten.
Col. 6.
3. confluere tüvliton. congelare
vresen.
10. crepare versten.^)
13. cachinare spiten.^) cacumen
hoghe.
14. calamiis halm. calamitas vn-
salde.
15. calamistrum criil.
16. calcar spore. calligare düste-
ren'.*)
17. caliginosus*) dunker. callidus
listich.
18. caluicium calheyt. calumpniari
lästeren.
19. calumpriator lesterer. caminus
scorsten.
20. camus belebter.
21. cannale renne.
22. canorus bellicb.
23. cancellare scrankellen. can-
cellus scrank.
24. capisterium melde, capo ca-
pun.
25. capitolium dingbus. carbasus
segbel.
26. caracter tyken. cardo distel.
27. castor beuer. carex scarpgras.
28. cartallus mate.
29. carpentum^) timmerige. car-
pere plucken.
30. cartilago^) crosele. carruca
care. cassus idel.
31. castimonia reynecbeyt. cassa'')
evn kote.
32. cassis beim vel nette.
33. castrimargia vngecbeyt.^) ca-
terua scare.
34. cateruatim gbescaret. catarrus
snuue.
35. cementum calc. cauterium
brantyseren.
^) 1. bersten. ') sptten scheint zu stehen; ob spotten zu lesen? ^) dust'n.
*) cahgiosus. ^) carpetum. ^) catilago. ^) 1. casa. ^) 1. vngevocheit? ^) st. clien-
tela. ") 1. colonus. ") 1. collegare? ") 1. collis. ") v'ghelden.
36. cauilla bolt untwote.
37. caula scapbus. cavea en dyrbof.
38. celidonia scelwort. cementa-
rius calcmenger.
39. cecurire begbinnen.
40. cenobita closterman.
41. cenum bor. cena spise.
42. cespes torf. claua kule.
43. clauus nagbel. clavis slotel.
44. clam vorbolen. clamis clevt.
45. cerimonia offer.
46. clangere scallen.
47. clangor scal. clauare negbelen.
48. clanculum vorbolnicbevt.
49. classica basune. clepere stelen.
50. clades plagbc;
Col. 7.
1. citus snol.
3. clienta^) denest. clima lant-
scapb.
4. cicada bevnmeke.
5. coagitare tu samneiagben.
6. coagulare leuen. coaguluni
rinsel.
7. colapbusbalslacb. colus wocke.
8. colum birseue. coccus rot snur.
9. coccinoum rotlaken. coetaneus
euen
10. nolt. coevus idem. colare syen.
colus^®) meyer.
11. collega^^) gbesellen.
12. coUegium gbeselscopet. coUo-
bium eyn clet.
13. coUus^^) bouel. combinare sa-
menen.
14. commentari glosen. commen-
tator gloser.
15. compes beide, compedire span-
nen.
16. compatriota lantman. corapen-
sare vergbelden.^*)
17. compungere beruen. com-
punctio beniwingbe. compos
gbeweldicb.
23
18. conculcare tu treden. compar
böse kumpan.
19. concha snickenhus. confode-
rare*) tu samno louen.
20. condensum dicke.
21. condero maken. condiro tem-
peren.*) confinis nabur.
22. confinium marke.
23. conquiniscoro nighen. conni-
uere Avenken. conopoum vm-
bohanch.
24. coiiquassare tu breken. con-
secraro vien.
25. consentareus ghouolghot. con-
cedere tu sanme^) sittoii.
26. considere idem. consistorium
dinghus.
27. conscio selseap. consoinim glic-
likeluden. eonsopiro vntsla-
pen.
28. conspieuus clar. eojispuere bc-
spien.
29. contaminaro vnrevuon. conti-
cinium stilhoyt.
50. contorquore tu samne*) bindjon.
contractus cropel.
31. claudus ]am. ciispis spith.
controversia wederseldinge.
32. contumelia laster. contuber-
nium gheselscap.
33. contuber'*) böse selseap. con-
tumeliosus lasteres.
34. contumacia versmanisse.
35. comiallis dam. copia ghenoghe.
36. copiosus ghenoghich. coortari
tu holden.
37. cordatus hüne.^) coriarius le-
dermeker.
38. comucäre blasen, corruptela
verstorth.^)
39. crapula ouerath. crather beker.
40. crepita®) alder.
41. crastinare versten. cremium
cade. crinitus ghe eret,^)
42. crista hanenkam. crocxis saff-
ran.
43. eroceus ghel. cruentare blü-
den. cruontus bludich.
44. orumona bigordel. crusta rinde.
45. cubiculum kamere. culcitra
eolto.
46. cubicularius kemerere. cuna
wegho.
47. t'uias van welken luden.
48. oulmen lioghe. curia hof.
Col. 8.
1. curio houeman.
2. cupta napuhis^®) spil.
3. culox mugko.
4. capilus*^) hilt.
7. cathapulta sper.
14. cicatrix nare. cerrus^^) cop.
cilicium harduch.
ir>. citta bricke. cimba kane.
16. cloaca scithus.
17. calopos holtseo condicio vn-
derschoit.
18. collarium halsbant.
20. eolumbar*^) dufhus.
21. consternare verkomen.
23. collarium keller.
25. dotrahoro mispreken. derogare
Yorkeren.
26. dominari herscopen.
27. (losoruiro verdenen. dealbare
witmakon. debellare verwin-
nen.
30. decorticare scellen. decoquere
afkoken.
31. docolorare vntverwen. deco-
riare villen.
32. destiture afsetten. detegere be-
decken.
33. detergere afwischen.
34. deterrere verueren.
35. deteriorare ergheren. detinere
vntholden. detundere afslan.
36. detrudere afstoten.
*) confede&'e. ^j tepen. ^) 1. cons., samne. *) säne. ^) contub'; contubernium ?
contubenialis ? ^) 1. kune? ^) 1. verstoringhe? ^) class. lat. aetas decrepita. ®)
1. gheheret. ") napuP. ") st. capulus. ") st. cirrus. ^^) st. columbarium.
24
39. diffamare misrüchtichen.
40. ditare riken.
41. digere^) dowen.
43. dediscere vntwennen.
46. delere delghen. deicore afuer-
pen.
47. dehonestare vnheren. delectari
lusten.
48. delimare afuilen.
Col. 9.
8. densare spissare dicht maken.
11. deputare tu seichten.
12. deridere bespotten.
13. despondere aflouen. deuiare
aftvn.
15. despoliare bereuen, despuere
verspien.
16. despumare scümen.
17. dilatare breden.
18. dimergere versinken.
19. dirigere richten, diruere tu
Valien.
20. dirumpere tii riten.
21. disserere discutere vntschey-
den. discerpere tu riten.
22. distinguere vnderscheyden. di-
uellere afriten.
26. domare corrigere temen.
30. diuolare heuwlighen. defluere
afvliten.
33. delitere latere sculen. deperire
vergan.
36. desilire afspringhen.^)
37. desperare mistrotech werden.^)
38. diuiicare scermen. dapia*)
richte.
39. dapsilis milde.
40. discordare tueyen.
42. decuplum tueualdich.
43. decimator thegheder. decima
thegede. denus idem.
44. decipulare wlfualle. decius
worpel.
45. decorare eren vel sciren. de-
discere vntleren.
46. degener vnedel. deuastare ver-
stören.
48. deinceps darna, delibutus be-
streken.
Col. 10.
1. error demencia dumheyt. de-
litescere sculen.
2. demereri verdenen. denuo an-
derwerf.
3. denium tii lösten, deorsum tu
rugke.
4. depascere verhungeren, depli-
care vntuolden.
5. depreciari belonen. desidia
tracheyt.
6. deses trach. desecare afhowen.
despondere beuelen.
7. desponsare idem. detrementum
scade.
8. desuescere^) vntwennen. de-
tendere vntspannen.
9. detorquere vtdrengen. detrun-
care versniden.^)
10. deuehere wechuüren. deuouero
verlouen. deuotus inech.'')
12. dica kerne, dyalogus tuey-
sprake.
13. dieta dachvart.^) '
14. difficultas suarhey t. diluculum
morghenstunde.
15. dimidiator deyler. dispendiuni
wicht vel dampnum.
17. discidium vnminne. discolor
mannechvar.
18. discingere vntgorden. discolus
vnstede.
19. dispar vnghelich.
20. discutere vntrichten. disper-
gere verstoren.
21. dissipare verstoren. dissen-
dere®) speren.
*) St. digerere. *) afBp'nghen. ®) despea'e mistotech w'deii. *) st. daps, dapes.
*) deluescere. *) versinden. ^) L iiiech ? **) 1. 29 wird erklärt dieta opus vnius diei,
*) 1. distendere.
25
22. diuersorium gasthus. distaro
tuevstan.
23. dista-ntia vernisse. diuertere
afkeren.
24. dolabrum brade.*) *) verste.
25. domesticus husghenote. do-
micilium woninge.
26. dumus haghen.
27. dumetum dornbusch.
34. dotalicium medeghift.
35. eicere vtwerpen.
38. educere vtleyden. efficere ma-
ken.
40. effodere vtgrauen.
42. eleuare opboren.
43. elicere^) vtkesen. equaro liken.
Col. 11.
1. emendare beteren.
4. enumerare teilen.
9. origere vprichten.
10. euadere vntkomen.
12. euehere vntuaren.
13. eiiocare vtropen.
14. exacerbare vertornen.
15. exalture hoghen. exacuoro
scerpen.
16. exasperare erreii.
17. excitare wecken, excidero vt-
howen.
18. excludere vtsluten. excogitare
vnderdenken. '
19. exsculpere vtgrauen.
20. excusare vntsculdeghen. exi-
mere vtnemen.
21. exinanire versnodeghen. exer-
cere ouen.
22. excercitare idem. exestuare
heyten.
23. exheredare vteruen.*) exsecrari
verdomen.
24. exhibere beyden. - exhaurire
vtteyn.
25. exigere eschen.
26. exonerare vntladen.
27. exsorbere versinken.
29. expedire berichten, exspectaro
wachten.
30. oxpellere vtdriuen. expedire'^)
versoken.
31. oxpiare purgare reynen.
33. explere vollenbringen. expli-
care vnt
34. richten, explodere idem. ex-
plorare vorspeen.
35. exponere vtleggen.
36. oxprimere vtdrukken.
37. exstirparo vtrodon.
38. extinguere leschen.
39. esurire hungeren.
40. ouanere euanescere vers win-
den.
41. euolare vtvlighen. efferre.
42. vtdraghen. extergere vtwi-
schen.
43. exterminare vtdriuen. exten-
dere
44. vtreyken. expandere idem.
45. extollere exaltare hoghen. ex-
torquere
46. vtmanen. extrudere vtstoten.
Col. 12.
1. extricare vtwerren.^)
2. exuere') vtten. expoliare idem.
3. oxcontare wisse vt werpen.
4. excecare blenden.
5. egere behuuen. egredi vtgan.
7. efflorescere vtbluien.
8. effluere vtvliten.
9. effulgere vtschynen.
11. «lucere eminere vtschynen.
13. emarcere dorren, emergere vt-
springhen.®)
14. emicare emittere vtschynen.
15. emigrare transire verscheyden.
19. exilire vntspringhen.^)
24. ebdomada weke. ebdomadarius
\ve-
25. kerie.^®) eculeus eyn notstal.
*) I. barde, *) doma ist offenbar ausgelasson. ^) st. eligere. *) 1. vnteruen?
1 8t. experiri. «) 1. vntwerren. ^) euere. ®) vtsprighen. ^) vntsprTghen. ") 1. we-
kelic?
^6
26. eatenus dar vmme.
27. editus ghemaket. edax vi-ezich.
eduliiim
28. spisG. edacitas vroticheyt. effe-
rus wert.^)
29. educacio wodingUo.
30. odictum bot. efficax mech-
thych.
31. efficacia macht, effigies beide,
ef-
32. frenus vnghotomet. effrenatiis
idem. offrons
33. scamelos. effugium vlucht.
34. egere bederuen.
37. elicere ütlocken. elementarius
eyn meyster
38. der sterne. elebor eii crut. cli-
minare üt
39. steten. elingwis tungelos,
emancipare
40. erledeghen. emeritus vnver-
dint. eminus
41. »Werne, emunctorinm sniire-
duc.2)
/ o
42. empireum van wre. emoli-
mentum
43. ghewin. emisperium hafrint.^)
emulus
44. verwolger. eneruare verlernen.
45. eneruus ghelemet. enixus vt-
ghepinet
46. equiuocus ghename.
47. equester ridere. epitasiuni^)
grafscrift.
48. equitatus reyse. eramentum
rüstheit.
49. erraticus afweghich. errono
nenus^) idem.
50. ergastulum kerkenere.
Col. 13.
1. erucarupe. eruginare weghen.
eruginaitor
2. suertvegher. erugo rustegheyt.
3. es ere. esculus mispelbom.
4. esculum mispel. estas somer.
5. etymoloya bedutnisse. euidere
6. openbaren. euidencia ppenbar-
nisso.
7. enge eya. eurus os^wint. eulo-
gium
8. cleynat vel bonus.®) extasis
vmmacht.
9. examen ordel vel suarm. exa-
minare '')
10. blöde maken. exilis cleyne.
excoriare
11. Villen, exiliari elenden, exi-
tium
12. tu stornisse. exitialis verstor-
lic.
14. expetere eyschen. explanare
berichten.
15. explicit id endet, expolire
sclichten.^)
16. explorator en speger. expro-
brare
17. bescheiden, excomare^) schu-
men.
18. excors^®) vnghehickech.
19. extumulare vt grauen.
20. exuberare ghenughen.
31. expedicio heruart.
33. fabrilia ghetewe. facetus ho-
uosch.
34. faceties houescheyt.
40. gemini tuelinge. gemellus
tuelinc.
41. gener dochterman.
42. gemebundus iemmerlic.
43. gena wange.
44. gentilis heyden.
45. germen vtscot.
46. germinare vtsprutten. gestire
47. begheren. gestus
48. ghelat. girare vmme gan.
49. gibbus houer. girouagus vm-
melopich.
50. ghabra schedele. glis lem, ratte,
*) 1. wret. -) 1. snuveduc. ^) 1 halfrinc. *) st. epitafium, epitaphium. ^) st.
erro Ileus. ^) bon^; bei Dief. auch bona fama glossiert. ^) 1. exanimare. ^) 8lcic|chten.
^) 1. exspumare? Öief. exscumare. *^) 1. exsors?
ät
1. klette. gliscere begheren. gli-
scerium begherunhe.^)
2. glomus gloraiscelus einen, glo-
meracio
3. samenunghe. gloijierare Sa-
men^) winden, glutinare
4. Urnen, gluten lim. glntorium
idem. gnams wis.
f). gomer en mate. grabbatuni
bedde. gracilis
6. smal. grandenus alt.^) gran-
dinare haghelen.*)
7. grando haghel. grassari wet-
maken.
8. gratns anneme. gratificare dan-
ken.
9. gremium scot. gula crop. gu-
losus
10. wrazich. gummi clibber. gum-
fus hnf.
14. gurgulo hamester.
17. gnstare smecken.
20. geniere gemiscere suchten.
21. gloriari berumen.
23. habitaro wonen. hactenus
wenteher.
24. habilis^) wonlic. habitus ghe-
wode. habena
25. togel. hamus angel. hamare
angelen.^)
26. hanindo ror.
27. hasta sper. hastile schat.^)
hastatas
28. ghesperet. hebere stumpen.
hebes stnmp.
29. hebetitudo stumpheit. herba
crut.
30. herbosns crudich. herilis her-
lich.
31. hereditäre heruen. heremus
wstenye.
32. heremita ensedeler. herodinus
walke.*)
33. heresis ketterie. heritus®) ket-
ter, heri,
34. hesternus van ghisterne. he-
sperus anentsterne.
35. heu leyder. heus vachte vel
heus horste.
36. hiare ganen. hiemare win-
tern. ^^)
37. hirudo egliele. hiscore
38. gapen. hispidus ru. hirtus,
hirsutus idem.
39. histrio lodor. humere netten,
humectaro
40. idem. humor wchtegheit. hu-
miditas idem.
41. humare granen. haurire vptin.
42. hebetare stump maken. here-
ditäre heruen.
45. habundaro ghenughen. herere
anhenghen.
Col. 15,
1. humela runge. humelus asle.
5. iacere werpen vel liggen. iac-
tare berumen.
6. iactificare idem.
7. iaculum sehet, idea on
8. worme. idenditas enecheit.
9. idolum beide.
10. idolacium offer van afgoden.
11. ictus slach. idra
12. waterslanghe. idropisis water-
sehüt.ii)
13. idropieus watersuetich.
14. intercus^^) idem.ignauus stump.
ignarum
15. vn weten. ignescere bernen.
ironia bespot.
16. ignominosus vn wert, ignobi-
lis vn edele.
17. illeeebra vn reynecheit.
18. illieo snellie. illustris edel.
19. illustrissimus sunderlieh. illi-
dere steten, illieio stotinghe.
*) begherühe ; 1. begherunghe. ^) sam. ^) halt. *) ist ausgeschrieben. *) ha-
bitabilis ? *) ist ausgeschrieben. ') 1. Schacht ? ®) st. herodius valke. ^) 1. herelicus,
") wintern ohne Abkürzung. ") st. watersücht, ") C. int'cus = intricus ?
^8
20. imber reghen immo tuaren.
impar
21. vnghelic. illustrare erlichten,
imaginari
22. beiden, imaginarius beldoma-
ker. imborbis
23. sunderbart. imbellus sunder-
strit. imbecillus.
24. cranc.^) imbuere netten, im-
nanis^) grot.
25. imnensis •**) idem. inimensitas
grotheit.
26. immotus vmmeruret.'*) immo-
lare opperen.
27. inpascibilis'^) vnlidelic.
28. inpenetrabilis vast.
29. in poliere in driuen. inper-
territus^)
30. vnuerueret. inperitus vnghe-
leret. inpetuosus
31. snellende. inpetere anuerde-
ghen.
32- inpotrare erbidden. inpiger
snel. inpluere
33. inreghen. inpingere inmalen
vel steten.
34. inpingware mesten. inpigno-
rare worsetten.
35. inpolitus vnghesciret.
36. inprecari biddon. inprecatio
biddunghe.
37. inprecabilis vnbedelic. inpu-
dencia vnschemecheit.
38. inpudes scamelos. inpudicus
vnschemeler.'^)
39. inpudicicia böse list.^) inpurus
vnreyne.
40. inanire idelen. inanis idel.
inaccessibilis
41. vntügande. incantare beteue-
ren.
42. incestus vnkuscheit.
43. incendere vnfenghen.^) inci-
dium inval.
44. incidere invallen. incitare tu
herden.
45. incinctus vngegort. inclitus
edel, incola
46. in woner. incolatus inwonin-
ghe.
47. incömmodus vnghemac. in-
conditus
48. vngetimmerot. incompositus
vnghemaket.
49. incongruus vnbequeme.^®) in-
concussus vnteslaghen.
50. incromentum wassunghe. in-
cromentare vassen.
Col. 16.
1. incrassare mesten. incurius
vnhouesch.
2 incuriosus idem. incuria vn-
tucht.
3. incuruare crummen. incurrere
inlopon. inculiare '
4. underleghen. incubacio ho-
pinghe incutore
5. steten, incus anbolt. indagare
versuken.
6. investigare idem. indelicia-
bilis^^) stedich.
7. indofossus vnuermüdet. indi-
care wisen.
8. index wisere. indicatimis
wisende.
9. inditium teyken. indictio wi-
singhe.
10. indicibilis vnseghelich. indiffe-
rens gelich.
11. indigere bederuen. indigeries
ouerat. indigestus
12. sunder vordanc. indigena lant-
man. indolis
^) tränt scheint zu stehen. '^) so deutlich statt immanis. ^) imnesis = im-
mensus. *) vmmerurz st. vnghe- oder vnberuret. ^) so statt impassibilis ; auch in
den folgenden Wörtern stets inp. st. imp. ^) ipt'ritus. ') vnschemeler steht aus-
geschrieben ; 1. vnschemelec ? vgl. 17, 18 vnschemelic. ^) 1. lust. ^) st. vnivenghen.
^*) vbeqme; 1. vnbequame? vgl. 17, 47: illaqare = illaqueare. ") 1. indeclinabilis.
29
13. enwoldecheit. industrius wis,
industria
14 wisheit. indutiaro vorsten.
indurare^) erherden.
15. ineffabilis vnsprekelich. inors
16. tracheyt. inermis vnghowa-
pent.
17. infamia vnghoruchte. infamis
wanruchtich.
18. infauorabilis vngunstich. in-
fecundus ane
19. frucht. infestus grot. infestaro
muden.^)
20. infitiari verlocken. iiificis
dachbreke.
21. infigere insteken. infidus vn-
trae. inficere
22. vnreynen. infirmaro krenkon.
influore
23. invleten infodoro ingrauon.
iEformis eyslic.
24. informare^) anwisen. infrare*)
swellen.
25. infligere pinen. infortunium
vnghelucke.
26. ingeniosus listich.
27. ingens grot. inglorius siinder
ere. inglure^)
28. in Valien, inguen haghedrüs.
iniquus
29. arch. innocuus vnsculdech,
innoxius,
30. innocens. innuoro wisen. ino-
pinatus
31. vnuerwanet. inolere insoloro
insolesere
32. vnghewonen. inquinaro vn-
reynen.
33. insequi na stapen.
34. insectarl idem. inserere in-
seghen vel poten.
35. insisio^) potinge. incellare')
sadelen.
*) indura. *) undeutlich, vielleicht muten zu lesen. ^) inforre. *) inflare.
*) 1. ingruere. ®) st. insitio. ') insellare. ^) vnghewong, 1. vnghewone. ^} oder
id
-decheit, statt -dectheit. *<>) vngetepet. ") v'beden. "j int'itus - interritus. ^^)
int'in».
36. insidiari laghon. insidere in-
sitton.
37. insignis edel, insignireodolon.
insilire
38. in springhon. insompnis slapo-
los.
39. insopitus vnslapot. insoporatus
idem.
40. inspiraro inblason. instar gho-
likenisse.
41. instigaro tu stoten. instillare
42. indrupon. instita selebant. in-
stitor
43. cremor vel coper. insuotus
44. vnghewonen.®) insula werder.
45. insultaro stormon. insultus
Storni.
46. insuporabilis vnuerwinlic. in-
tabulare scotton.
47. intogumontum vnuordothoit. ^)
intomp-
48. poratus vngetomperot.^^j in-
tompostiuus
49. vntidich. intempostus idem.
interrasilis
50. vnderscoren. intercapedo vn-
• dergripinghe.
Col. 17.
1. intercipere vndernemen. in-
torcedero vorbidden.^^)
2. inde intorcossor et intercessio.
internodium knokol.
3 intercutum quordel. interire
Sternen, intericio
4. dodinghe. interitus dot. inte-
ritus*^) vnuerueret.
5. intercinere dodon. interminalis
sunder
6. ende, interminus ^^) idem. in-
terfluere vndervloten.
7. interiectio vnderwerpinghe. In-
teresse twschen
äo
8. Wesen, interpolare vnderlaten.
interpolare
9. tragheliken. interpretari bc-
duden.
10. intervallum vnderlat. inter-
uenire bidden.
11. intimare kundeghen. Intimus
binnen wendech.
12. intonare donren. intrieare vn-
dervlechten.
13. intromittere vnderdon. intu-
mulare
14. begrauen, intueri besin. inu-
matus ^)
15. vnghegrauen. invndare anu-
liten.
16. inualidus kranc. inuanescoro
verswinden.
17. investigare Sporen, investitura
clodinghe.
18. inverOcundus vnschomeüc. in-
vertere
19. verkeren. invetorascero aldon.
invigilare
20. andenken, inuidero baten, in-
vidus hetische.
21. inuitare noden.
22. iperbolite^) vnloueleko.
23. irradiare ersciren.^) irrotire
knutten.
24. irrefragabilis^) vnstorlic. iuba
perdos bar.
25. irremeabilis vnwoderkomolic.
26. irreprehonsibilis vmbeschellic.
iuger en morghen.
28. iubilaro gbodelic singhen.
29. iulare'^) donen. iugulator do-
der. iugum ioc.
30. iugari^) scheiden, ius scot,
ghewalt vel recht.
31. iuuenta iuuentus iüchet. iu-
mentiim
32. ue. iuuenis iunc. iuuentus'')
varre.
33. iuuenalis iungheling.
34. inpertiri®) mededelen.
35. incumbere instare anstan.
36. imminere idem.
39. incitare tu herden.
41. incusare besculdeghen.
42. incutere bouraghen. inquirere
idem.
47. illaqueare bestricken.
48. inmergore insenken.
50. inplicare invallen.^j
Col. 18.
1. inprimere indrucken.
2. inrepere incrupen. irrumperc
inbreken.
4. irritare vertornen insculpere
ingrauen.
9. incalore bitten, incanore grawe
worden.
12. illucero inscinen.
26. intercilia wim brane.
35. labes flecken, labefacero vn-
rovnon.
36. labium labellum lippo. labi
37. labare ghidon. lactore sugheu.
38. lactare soghen.
39. lacessere^^) müden, lacertus
amischene.
40. lactuca ladeke. latus side vel
bret.
41. lagona lochelen. laguncula
idem.
42. lagana pankuke.
43. lambere, lingere lickon.
44 lana wUe. ianare^^) wllen.
46. laquearis^^) hemelde. larua
sconebart.
47. latere latificare sculen laci-
uire^') geyl sin.
48. latobra latibulum sculeiüsso.
latebrosus
49. duster. late^*) en sute water.
50. later teghel.
*) St. inhumatus. ') st. hyperbolice. *) 1. erscinen? *) 1. irrefgibiF. *) 1 iu*
gulare doden? ') &t. iurgare. ^) iauencus. ®) oder inpartiri ; G. inp. ') st invalden.
**) St. lassescere? ") lan'e. ") at. laquear. **) st lasciuire. ") latex.
31
Col. 19.
1. laureatus ghecronet.
2. laxare vertaten.
3. lopes^) eyn gropo. ioctica
bedde.^)
4. legumen corn. legacio bodo-
scop.
6. lentescere traghen. lentus
trach. lens nete.
7. lens lenticula linsen, lepor
schone wort.
9. letargia verghetenecheit.
10. letargus vergheten. letum dot.
12. letare steruen. letari wrowon.
13. leuita dyaken. leua luchtor
hant.
14. leuus lucht. libia on lant.
15. libare smecken.
16. libum peperkuko. libamon
ofifer.
17. libra waghe. libertus ghovriot.
18. libens willich. libido böse lust.
19. licium spüle, lictor bodel. li-
gamen
'20. bant. ligatura idem. liga li-
gula hosuetel.
22. limare vilen. lima vile. limen
sul.
23. limphare weteren.^)
25. linum vlas. lineus vlesson.
Untoamen
26. linen laken. limpus*) suro-
ghede.
27. Uppitudo schelhoit, loricatus
ghewapont.
28. libricus ghnr. lucerna latorna
luchteuat.
29. luctari wranghen. lucta wran-
ginghe.
30. luctamen luctacio idem. lucus
busch.
31. luculentus buscech.
32 ludebrium spot. ludificare be-
spotten. Ines
^) st. lebes. ^) geändert aus ursprüngl. kedde. '') wet'o. *) st. lippus. ^) zu-
erst stand spot, das gestrichen ist. ^) lig'rire, st. ligurire ? '') gleich coUucare ? *)
Süchten? ») 1. vmmel.
33. plaghe.^) lunacio manschin.
35. luxus luxuria böse lust.
36. lasciuia gheilheit vel slippe.
39. libra waghe. librare weglien.
litostratus stenwech.
40. liquamen smolt.
43. loramentum bant.
44. lucatus rocgat.
46. laqueare stricken.
48. ligurrire^) minneren.
50. liquefacere wechmaken.
Col. 20.
1. lucare') glatmaken.
5. Macedonia lant. macellum
vleisbanc.
6. macerare magheren. macia-
num holtappel.
7. machinari fliehten.*) mactare
doden.
8. madidare notton. magisterium
mestorscop.
9. magistratus idem. magistrare
mestren.
10. magnas odelman. magnanimus
ouermodich.
11. magnanimita ouermut. magni-
ficare louen.
13. magnificus grot. magnificencia
grotheit.
14. magnitudo idem. magnalia
grote doghede.
15. magnilocus boriimich. magus
gokeler.
16. magestas walt malus mast.
17. malignari ouol dun.
19. mansus hüue.
20. mandibula kene backe.
21. manumissus vrig maket. ma-
nualis
22. hantsam. mandragora alriine.
23. manumittere vriglaton. ma-
nutenere halden.
24. mantile vmelaken.®)
25. manuterium hant duole. man- 2.
suescere sachten.
26. mansuetudo sachtheyt. mappa 3.
mappula 5.
27. duele. marcere marcessoro^)
doren. marcidus 6.
28. droghe. maridata^) ghomannet. 7.
30. masticare keuen. 8.
31. matrimonium hecht.
32. meatus ganc. 9.
34. mederi sunt maken. medulla
march. 10.
35. meditari denken, melodia süto 11.
sanc. 12.
36. memorale en pant. menibrana
plaster. 13.
37. nienda placke, mendicaro bo-
delen. menta 14.
38. minte meror drüfenisse. nie- 15.
rere druuen. 16.
39. merconnari copon. mercari
idem. 17.
40. mercator copman. merguliis
duker. 18.
41. merges garue. metere meghon.
42. messio snidinghe. messor sni- 19.
der.
43. meta mal. metere^) meten. 20.
44. milium herse. mediculosus*) 22.
45. blöde, medicaro blicken, mi-
litare striden. 23.
46. millenarius en dusent. mina 24.
en mate.
47. minare drüen. minorare min- 25.
ren. minuere
48. idem. mirificus wnderlic. mi- 27.
rificare 29.
49. wnderlic maken. merica hevde, 38.
misterium teyken. 39.
50. mitescere sachten, mitigare 40.
idem. 43.
Col. 21. 46.
1. modestus kusch. modöstia 48.
kuschelt, moderari 49.
maten. modicus matelich, mo-
dulari
singhen. meiere malen.
mollire weyken. moUities
weykecheit.
molestare bedrüuon.
mansio woninghe. mens berch.
montuosus bergich. montanus
berchman.
monstrum eyn dir. monstruo-
sus wnderlic.
mos sede. morieratus"*)
sedich mugire
lügen, mulus mul. mulcero
weyken.
mulgere melken. multrum
melcvat.
multare quelen.
multa pine.
multiformis manghorhande .
mundalis
werlic. mundanus idem, mun-
gere snuten.
munctor seyuerduc. munificus
milde.
murena lampreyde. murra
maserbum.
murrenum maseren.^)
mussare dubitare vel cum si-
lentio murmurare.
musitare^) runen vel dubitare.
mustum must. mutuare lenen.
mutuari
werden®) ghelenet. muscipula
valle.
magudaris^) colstoc.
materia materrei.^^)
maritare mannen.
meliorare betören.
messere mögen.
mordere biten.
munire warnen.
murmurare runen.
naris nesegat.
^) st. marcescere. *) st maritata, ^) met'e, st. metiri. *) meticulosus. ^) st.
morigeratus. ^) mase'n, ') 1. mussitare. ^) w*de. ®) magud'is. '<*) mater | rei.
S3
50. natare swemmen. natator 34.
swemmer. 38.
C#l. 22. 39.
1. nasci werden gheboren. 41.
2. nascio^) gheslechte. narstu- 43.
tium«) 49.
3. kerse. nates arsbille. neruus 50.
4. sene. naufragari vordrinken.
naufragus
5. schepbroehych. naufragium 1.
scepbroke. 2.
6. nauigare schepen. nauseare
walghen. 3.
7. nausea walginhe. nere spin-
nen, nebula 4.
8. neuel. nebulosus n^uelich.
nebulo lodder. 5.
9. nedum noch nicht, nectar snte
dranc. 6.
10. necis*) dot. nidificare nestelen.
11. nectere knntten. nexus 7.
12. bant. nidus nest. nephas vndat.
13. nephandns vndedich. nego- 8.
tiari weruen.
14. negotiosus bewerf, nemus holt. 9.
15. nempe werliken. neuma sanc.
16. nepus stertwisch. 10.
18. nemosus senech.
22. niuere wenken. notabilis 11.
23. merkeleken. nouerca stifmu-
der. nouacula 12.
24. schermes. nouarenien. nouale
25. gherodet lant. noxa misdat. 14.
noxius
26. sculdech. nubilus 15.
27. dunker. nugari 16.
28. mentiri. nuga mendacium.
nugigerulns- 17.
29. ioghener. nugas idem. necaro 18.
doden. 19.
30. nullatenus neniwis.*)
31. nuncius bodeschap. nutus 20.
32. wenkinghe. nundine iarmarc.
33. nundinari eopen. nucleus 21.
kerne.
^) 1. natio. ') 1. nasturtiam. ^ I. nex.
lieh. *) 1. ningere snien? ®) st. obscoenus. ^)
Ntederdentsohes Jahrbach. I.
nudus naket.
nobilitare edelmak^i.
nudare bieten.
nitigere sinden.^)
nutare waghelen.
obdurare verherden. obaudire
vnthoren. obliquare crummen.
Col. 23.
oberrare erren. obiurgari
scheiden, obex grindel. obla-
trare
wederbellen. oblectari lust^n.
oblectacio,
oblectamen lust. obliqui mi-
spreken.
obrisQs Spot, obruere vnt-
vallen.
oboriri weder wassen. opbro-
brium laster.
obsenns®) vnreyne. obsistere
weder stan.
obsidere besitten. obses gisel.
obsequi
dynen. obscurare dnnkeren.^)
obsecrare
bidden. obstinatns wederbur-
stich.
obstetrix bademuder. obstetri-
care
bewaren. obumbrare bescer-
men.
occidere vallen vel doden.
occasus val.
occulere, occulare®) holen,
occupare becnmmeren.®) ociari
ledech sin.
ocrea stauile. odinm hat.
odorus ruken. olfactus,
oder ruke. olfacere, odorare
rnken. oestrum
wespe. offa supunghe. offella
idem. olea,
olyua oleybom. Oleaster idem.
olere
^) das erste i in neniwis sehr deut-
dunke'n. *) 1. occultare ? *) becüm'.
3
34
22. stinken, olor svane.
24. onager wiltesel. opacus du-
ster. operosus
26. werkich. opera vlit. opifex
wercman.
27. opitulari helpen.
28. opilare^) bestoppen.
29. opilacio bestoppinghe. opilio
scaphferde.
30. opidum vicbelde. opinari mü-
den.
32. oportunus behovecheit. .
33. oportunitas nütheyt. oppri-
mere
34. vemrucken, orbare weysen.
35. orbitas wesecheit. orcus
36. helle. Oratorium bedehus. ora-
culum
37. bede. ordinäre woghen. ordiri
38. beginnen, ozezon stern.
39. oriri wassen. orundus^) ghe-
bom.
42. ordoxis ghesette et dicitur
43. ab ortos quod est rectum et
doxa quod est gloria.
44. ossillum^) mundeke. ossol-
lum*) scocrede.
45. ossitare ghewen. ostentare be-
rumen.
46. ostentatio berüm.
portener.
49. obliuisci vergheten.
ieghen*) werpen.
50. obedire horsam sin.
Col. 24.
2, obruere bevallen.
6. obtundere tu slan.
10. occecare blenden.
11. offendere ouelhandelen.
13. osculari cussen.
14. obniti weder . . . . ^)
15. obrepere vmme crupen. obri-
gere stref werden.
24. pacare wreden.
ostiarius
obicere
25. pactum ghelouede. pagani hey-
denisse.
27. pala spade. palea kaf. pa-
lantinus
28. palansgreue palestra worste-
linghe.
29. palla alterlaken. palliare
decken.
30. palere blec sin. pallor blec-
heit. palus
31. bruc vel stake, paluster bru-
kegheit.
32. palmus on spanne.
33. palpare tasten, patrocinium
hulpe.
35. papirus biso, parabola bispel.
36. paralitus troster. ^) papare tey-
ren.')
37. parasitus lecker, parapsis nap.
38. patricidium vader sclachun-
ghe.«)
39. pastillus pasteyde.
40. pastoforium en kamer. passus
strede,
41. passim sparlic. patere open-
baren.
42. paturpendere versman.
43. pausare rüsten.
44. pauperare verarmen.
45. peculiosus rike. pectere,
46. pectinare kommen. pecten
plura signat.
47. pectrix kemmersche.
49, pectorale vorbüghe. pierare
versweren.
50. peiorare ergheren. pellicium
korsne.
Col. 25.
1. poliere driuen. perca bars.
penitudo, penitencia
2. ruen. pendulus henglich. pe-
netrare
3. dor varen. pensa waghe.
4. pensare weghen. pensio pacht.
^) st oppilare. ^) 1. oriundus. ^) 1. oscillam. ^) Es stand zuerst gheghen ;
gh unterpunctiert, i darüber. ^) fehlt das Verb» ^) palit" st. paracletus. ^ das t
undeutlich. ^) 1. sclachtunghe.
35
5. penuria broko.
6. peragrare ouergan. paragra-
phus teyken.
7. percellere versnellen. perdix
8. raphon. peregrinari bedever-
den.
9. peremtorius sunder vrist. per-
ferre verdraghen.
10. pergere varen.
12. peryzoma quast. perispima*)
13. appelschelle.
14. perosiis dur hart, perpendere
verneinen.
15. perpendiculum line. perperam
erghelike,
16. perplexns blöde, perstare wol-
stan.
17. pertinax. hart, pertinacia har-
decheit.
18. peruicax, subtilis vel nenra-
dich.
19. peruicada nenrat. pedagogus
20. kmtlocker. pedissequus kem-
merere.
21. pedissequa kemerirsche.
22. pestilentia plaghe.
23. pessulum Minke. petulans
24. gheil. petula dum*) vif. pia-
culum gnade.
25. pictacium läppe. pictaceus
lapper.
26. pictaceare läppen, picus specht.
27. pedum herdestaf.
28. pilleus hut. pilleaceis hude.
29. pinus kinbom. pix pec. '
30. pingere malen, pinsere backen,
pipera peper.
32. .pisum erwete. pisetum
33. erwetengarde. pixis busse.
placare
34. sachten, placenta vlade. pla-
nus
35. slicht. placitum dinghe. plan-
tage
36. weghebrede, plangere hant-
slaghen. planctus
37. hanslaghinghe.^) plasmare ma-
ken. plasma
38. makinghe. plastes meker. plas-
trare
39. plasteren.**) plastrum plaster.
platanus
40. en bom. plaudere scricken.
41. plumbare loden. plumbata
42. lotkule. pluteus helle.
43. pneuma geyst. podex ars-
dram.^)
44. potus, poculum dranc. porti-
cus lichus.
46. promittere louen. pollere
47. ghebruken. pollure vnreynen.
48. poUitrudiare budelen. polU-
trudium
49. melcbudel.^)
Col. 26.
1. pons brucghe.
2. pobles^) kinseine.
3. populär! wusthen.
4. porro mer.
5. porrum loc. portus stade.
portendere
6. beduden. portentum wnder.
postis
7. dor. posticium idem.
10. precinere vorsinghen. precen-
tor
11. vorsenger. preceps hastich.
precipitare
12. nider werpen. precidere af-
sniden. preclarus
13i herde scone.®) prescise noch
mer. precludere
14. vorsluten. preco vorruper,
preconari
15. vorrupen. preconatus vor-
ruplnghe.
16. preconium lof. prevignus stif-
sone.
1) =.p6ripsema. ^) du. ') hanslaghi» st hantsl. ^) plast'n. '^) st. arsdarm?
^ l melebudel. '') 1. poples knisciue. ^) h'de; 1. harde?
3*
36
17. previgna stif dochter. precel-
lere vorgan.
18. preoordium herte. precordialis
hertelic.
19. prediumeyghen. preditus vor-
ghetoghen.
20. predestinare vor senden, pree-
minere
21. vor schinen. preficere vorsin.
prefinire
22. vordichten, preliari vechten.
23. prelibari^) smeckon. premi-
nentia^) vordel.
24. premiare Ionen, premonere
vormanen.
25. prenoscere vorkennen, pre-
nosticum
26. vor spuken, preoccupare vor-
gripen.*)
27. prepe*) hastlich.
28. prepedire hinderen.^) preripere
benemen.
29. prerogatiua vordel.
30. prestolari beyden vel sukon.
presidium
31. hulpe. presagium versagunge.®)
32. preses prouest. prescius vor-
wetende.'')
33. presertim also, presumere we-
nen '
34. Vel deren, pretergredi et pre-
terire vergan.®)
35. pretorium richthus. preuari-
cari
36. mysdon. preualere vormech-
tech^) werden.
37. primeuus halt, primordium
begin.
38. principatus herscop. priscus
halt.
39. priuari, predari bereuen.
40. priuilegiari vordelen.^®) priui-
legium vordel.")
41. procax halt, procacia vel pro-
cacitas baltheit.
42. procari vrien. procarius vrier.
43. procedere, prodire vorgan. pro-
cella bulghe.
45. proconsul ratman.
46. procurare vorsin. prodere mel-
den.
47. proch pudor achter scande.
48. prodigium teyken. producere
vorbringhen.
49. prohemium vor rede, prohedo-
lor leyder.
Col. 27.
1. profanare verwaten vel poU-
uere. profanus
2. i. maledicus. profiteri beken-
nen, professio
3. bekennisse. profugus vluch-
tich.
4. profundere vtgiten. proinde
dar vmme.
5. promere singhen. promtuarium
6. kelre. prouulgari opembaren.
7. propagare bereyden. propago
gheslechte.
8. Promontorium berch. prope-
rare hilken. prope, properanter
9. hastlicken. propiciari gnede-
ghen. propicius
10. gnedech. propiciatorium bede-
hus. proporcio
11. ghelikenisse. propalare open-
barn. propulsare
12. vorstolten.^*) propogare^*) ver-
sten. propumpere^')
13. vorstoren. prosapia siechte,
prosindere ^*)
14. vorsniden. prosilire vorsprin-
ghen. prosperare
15. ghelucken. prosternere nidor
werpen. prostituere
16. huren, prostibulum hurhus.
*) 8t. praelibare. *) st. praeeminentia. ') v'gripen. *) = praepes. ^) hind'n.
*) Tersa^Qe st vors. ^) vVetende. ®) v'gan. ^) v'm. ^^) v'delen. ") vordel ohne
Abkürzung. ") 1. voratoten. *^) 1. pror. ") l proscindere.
37
17. prouehere vor huren. ^) pro-
uectio 2.
18. vordernisse. prouentus vrome.
proverbium 3.
19. bispel. prouidus vorsichtich. 4.
prouisio vorsieht. 5.
20. prouisor vorseor. prouincialis
lantman. 6.
21. pruma*) rif. pruraa*) cole.
prurire iuckon. 7.
22. Pruritus, prurigo iuckenisse.
pseudo walsch. 8.
24. pubere wassen. pubescere idem.
26. pudibundus schemelic. pudi- 9.
cus idem. puerpera
27. kindelbeddersche. Puerperium 10.
kindelbedde. 11.
28. pugilla tafle. puUurare was- 12.
sen. pulmentum 13.
29. wellinghe. pulsus stot. pul-
uerulentus stovich. 14.
30. pungere prekelen. pupilla og- 16.
appel.
31. Purpura pellen, pustula bla- 17.
dere. putrere, 20.
32. idem putrescere roten, putris
wl. putridus 21.
33. idem. putere struken.') 22.
34. precipere biden. pascere,
35. nutrire, pabulare voderen. 23.
38. paruipendere vorsnodeghen.
39. paruiducere idem. 24.
44. periurare versveren. 25.
Col. 28.
2. permulcere beveyken. 26.
13. prefigere vorhechten.
15. premere drucken, premunire 27.
vorwarnen.
18. preterire vorgan. 28.
20. preculcare vor treden.
27. pallere blec werden. 29.
32. perflare dorblasen. 30.
49. pharetra koker.
Col 29.
quadragenarius taluari.^) qua-
re*)
virhorren.^) quadratura
virhornecheit. quadruplare
vervallen. '') qualitas woda
necheit.
quamuis, quamquamlibet alle-
neu, quantus
wo grot. quassere, quassare
scuddon.
querere suken. quesitare idem.
queri claghen.
querelare idem. querela, que-
rimonia claghe.
quercus, quorcinus eyken.
queso ich bidde. quisquisnam
wyo. quin immo
auer eyn.®) quindenus vef-
teyne. quingenti
vif hundert, quevis iewelic.
quitari, frequenter quirere vel
quiten.
quietari^ quiescere rowen.
rabidus douende. rabies do-
uunghe.
radius schin. radiäre schinen.
radicare wortelon. radix wor-
tele.
radicius albedille. raninus^)
haghedom.
rapax grepelic.
rapidus nemene. rastrum
eghede.
ratus ghewis. racionari be-
scheiden.
raciocinacio bescheydenisse.
raucus
hysch. rebellare wedder vech-
ten.
rebellis weder streuich.
recensere teilen, receptaculum
wonunghe.
*) 1. voruuren? «) 1. pruina. ») 1. stinken? *) L tal van xl (40)? *) st
quadrare. *) L yirhomen; vgl. I, 2, 19. ') vVallen = vervalden. •) oder: ouer eyn;
tindeutliclu ^) L rhamnas.
38
31. reciproc5are weder gripen. re-
ciprocus
32. wedergrepelic.^) recidere we-
der Valien.
33. reclinare weder nighen. recli-
natorium
34. bedde. reconsiliari^ versonen.
recondere
35. berghen. reconpensare ver-
ghelden.
36. recjonpensa wederghelt. recu-
perare
37. verbalen, reda sele.
38. recmnbere rüsten.
39. redintegrare weder maken.
redolere
40. ruken. rediuiuus weder leuen.
redundare
41. ghenoghen. refellere weder
bedrighen.
42. reficire*) weder wUen.
43. refragari weder stan. relatum
weder draghen.
44. reficere erweder lauen.
45. ]:efectio en lauenisse.
46. refectorium reuenter.
47. refrigerare encülen.*) refutare
^ vorstoten.
48. registnun berichtenisse. re-
laxare
49. vertaten, relegare versenden.
50. relabi weder uallen. remedium
bute.
51. resinam hart.^)
Col. 30.
1. remus roder.
2. remlgare ruderen.^) remigium
schepinghe.
3. reniti weder stan. rennuere
vorsman.
4. reri wenen. repagulum grin-
del. repulsa
5. wederstot. rependere vergel-
den.'')
*) wed'g'pelic; vgl. 1. 24. *) st. reconciliare. *) st. refercire. *) st, ercülen.
ö) unten auf dem Rande; vgl, 30, 13. «) rdd'n. ^) v'gelden. *) antwMe. ») reto-
ricusy darüber no.
6. reconpensa vergheldinghe. re-
pentinus hastich.
7. repere crupen. reptile crupen-
dlr.
8. reponere weder leghen. repu-
tare verslan.
9. repudiare vertyen. repudium
vertyenisse.
10. restare bliuen.
11. residuus ouertellech. resignare
vplaten.
12. responsale antwerde.®) rescin-
dere afsniden.
13. restis wede. rosina hart, re-
silire
14. weder springhen. Tesoluere
vntbinden.
15. respergere besprenghen. re-
minisci bedenken.
16. respuere versman. restaurare
17. vprichten. restagnare weder
vliten.
18. resultare ervrowen.
19. retardare sumen. resuscitari
erwecken.
20. retegere weder decken, rete,
reticulum
21. nette. retexere vntbinden.
retinaculum
22. vntholtnisse. reticere swighen.
23. retundere weder slan. retor
retoricus^)
24. wol spreken. retorquere eschen,
retribuere
25. Ionen, retrogradus hinderwart
gande.
26. reuehere weder wren. reue-
rencia tucht.
27. reuiuiscere erquicken, reuma
breke.
29. reuoluere vmmekeren. reuo-
lucio vmmelop.
30. ridiculum spot.
39
31. rigere, rigescere streuen, ri-
gidus strenghe.
32. ringere grinsen, rigare netten,
riuus,
33. riuulus beke. ritmus rim.
rixari
34. scheiden, rixa kif.
35. roborare Sterken.
36. rodere gnaghen.
37. rorare douuen.
38. rostrum snauel. rus dorp. ru-
betum
39. rubusch. rubigo rustegheyt.
40. riidis vnkunstich.
41. rugire braschen.
42. ruga croke. romphea
43. suert. runkare runken.
44. ruribula ackerman.
45. rumbus Store, rutilare schinen.
46. reluctari weder wranghen.
Col. 31.
1. recredere borghen.
6. reicere verwerpen.
9. remordere weder biten.
11. renunctiare weder seghen.
14. retrudere weder steten.
17. rotare wendelen.
25. reflorere verder plogen.
26. refugere tu werlaen.^) refu-
gium tu werlat.
31. residere besitten.
34. rugire, rugitare brummen.
38. Saba en lant. sacrarium hey-
lechdum.
40. sacrificium offer.
43. sagum seysene vel sagere.
44. saginare mesten.
45. saUua spekele.
46. salire, saltare springhen. sal-
sare selten.
47. Salsa salsen. saltus sprunc.
sallarium
48. solt sallurium soltvat. sal-
sugo sole.
49. salsucium worst. sambucus
vlider.
50. sanxire*) vesten.
Col. 32.
2. seandalia^) biscop scü.
3. sangwineus bludieh. sangwi-
suga
4. oghele. sanies etter. sapere
smecken.
5. saporare idem. sapidus sme-
ckende.
6. sarcina bordenne. sarcirescro-
den.
7. sarculus spade. sarmentum
sproc.
8. sardonicus gherwer. sartira
scimper.
9. sartus rüde, sartago panne.
10. sauciare wnden.
11. satis sat. saxum sten.
13. scabere cleuen.
14. scandere stighen.
15. scandalizare vnheren.
16. scarrabeus*) seameweuel. sce-
lestus
17. böse, septrum^) koningstaf.
Schema
18. cirheit. silla^) see ström.
19. scindere spUten. sintillare^)
20. wnken. scisma wemighe®)
scismaticus
21. werer. scopulus grot stein,
scopare
22. keren. scopa besme.
24. scrupulosus vndersuken. scru-
tari
25. versuken. sculpere grauen,
scrutinium
26. bescuttinghe. sculptile ghe-
grauen.
27. scurra lecker, scurrilitas . le-
ckerie.
28. secedere wechghan. secessus
vtgant.^)
^) tä werlaten? ein Klecks hindert das Lesen. ^) st. sancire. ') sandalia.
*) st scarabeos. ^) st. sceptrum. ^) scylla. ^) st scint. ^ w'nighe st veringhe.
') 1. utganc ?
m
29. secta en orden. 12.
30. secubare beligghen. secreta-
rium cleynade. 13.
31. sedare sculpen. sedicio tuy- 14.
drach.^) 15.
32. sedulus vlithic. segnis trach.
33. segnities tracheit. sellare sa- 16.
delen. 17.
34. seminarium sat. sementis, se-
men idem. 19.
35. senarius hasart.
36. semita stich, sententiare or- 20.
delen.
37. sententia ordel. sentis^) dorn. 21.
39. Senium alt. senilis alder. se- 22.
necta, senectus
40. altheyt. seorsum achterwart. 23.
41. sepis') tun. sepire tunen. 24.
42. septenus souende.
43. septenter*) souenstern. 25.
44. sequela volgunghe.*)
45. serum' wadeke. serare^) 26.
46. sluten. serenusclar. serenare 27.
claren.
47. seriatim ordelic. sericum side. 28.
49. sermocinäri predeken. serpere
50. slinghen. sertum crans. serra 29.
51. saghe. serrare saghen.
CoL 33. 30.
1. sibilare wispelen. siccine al-
dus. 31.
2. sicera appeldranc. sica staf- 32.
ßwert.
3. sicarius morder. signifer va- 34.
nen dregher. 35.
4. signanter merkleken.
5. silex keserlinc. 37.
6. siliqua sey. Siloe 38.
7. en water. simula semele. 39.
8. simulago dust. simulacrum 40.
afgot. 41.
9. simulacra afgode. 42.
10. simbolum ghemeine.
sinere laten. sincerus lutter.
sidon en dun laken.
sinapum senp. singultare
giscen. singultus giscinghe.
suspirare suchten. suspiria
suchtinghe.
siropus sirop. sistere stan.
sitis dorst. sitibundus dor-
stich.
socorsdore. socordiadordieit.'^)
soccos
socke, solium stul. solitarius
enodich.
solitudo enode. solidare vesten.
solidus Taste. soliloquium
heymeleke tale.
solea sole. sol sunne.
solaris sunnelic. solsticium
sunnestat.
solsequium sunneweruel. so-
lempnizare viren.
solempnitas hochtit. solicitare
sorghen. solicius, ^) solers
sorchuoldich.
sompnolentus sleperich. so-
norus
lut. sopire, soporare slapen.
sorbere
supen. sordere vnxeynen. sor-
des hör.
sortiri euenturen vel crighen.
sortilegus touerer. sortilegium
touerighe.
sanus sunt, spatium vrist.
spadonare lubben. spado vt-
gheworpen.
spata, spatula swert.
specificare besunderen.®)
spectari,^^) speculari bescowen.
specus, spelunca hol.
spera^^) rant vel rinc.
sperula ringheken. spericus
senholt.
*) st. tuydracht. ') sentis ? undeutlich. ^) st. sepes. ^) septent' = septentrio.
^) volgiDie. *) Es ist nur are zu lesen. ') dorcheit? dorecheit? ®) st. soHcitus.
*) besunde'n. ^^) spectari aus spectare geändert ") st sphaera.
T •
41
43. spica clar.^) spiculum schot.
44. spiculari scheten. spinetum
haghen.
45. spissare dicken, spolium rof.
46. spoliare rouen. spondere louen.
CoL 34.
1. spongia suamp. spumare schir-
men.
2. spuere spien. Sputum spie.
4. spurcus vnreyne. squalere
schellich werden.
5. squallidus schellich. squallor*)
6. vnreynecheit. squala schelle.
7. squama vlüme. squamena
8. en crut. stabularius mar-
schalc.^) stagnare
9. stalpen. statuere setten. sta-
turus*)
10. settinghe. stater ghewichte.
statera
11. waghe.
12. stertere snorken. stema ma-
ghesschap.
13. stibium witte varue. Stimulus
prekele.
14. Stimulare prekelen. stimula
hekele.
15. stilarium griffeluoder. stilla
drope.
16. Stillare dropen.
17. stipare vndersetten. Stipen-
dium
18. prouende. stipulari vesten.
stix
19. helle, atigius heilich, stima
machari^)
20. tomen, stima grafscrift. si-
cina®)
21. warue. stragula eyn clet.
stratus
22. bedde. strator eyn sedeler.
strabo,
23. luscus seil, strennuuus') duch-
tich. strepere
24. denen, strepidus®) doninghe.
strepa
25. sthegerep. stringere duinghen.
stropheum^)
26. gordel. struma hoker. struere
27. buen. * stuppa hede. Stupor
28. wnder. suadere raden. suasor
rader.
29. suauis sachte, subaudire vn-
derhoren.
30. subarrare truuen. subdere,
subigere, subicere
31. vnderwerpen. subigere vnder-
gan. subdolus
32. valsch. subiugare beweghen.
33. subministrare dinen. subsa-
nare^®) bespotten.
34. subrogare vndersetteiji. subri-
gare
65. vndernetten, surripere vnder-
nemen.
36. subsistere stille stan. subsi-
dere besitten.
37. substare bestan. substernere
vnderleghen.
38. subtrahere vndertin. subdu-
cere idem.
39. subulcus suinherde.
40. suburbium Yorborch. subue-
nire helpen.
41. subuertere vmmekeren. succe-
dere nacomen.
42. successus lucke. succendere
vntfenghen.
43. succidere vndersniden.^^) suc-
cinere
44. vndersinghen. succentor vn-
dersengher.
45. succumbere vndervalen.^^)
46. sudarium tveduc.^^)
CoL 35.
1. suffragari helpen.
2. suffraganeus helper. subfodere
vndergrauen.
^) verschrieben st. aher, ehar oder eher? *) st. squalor. ^) marschic. ^) st.
statura. ^) st stomachari. ^) oder siüna. ^) strennuu® st. strenuus. ^) st. stre-
pitus. ») st strophiam. *^) st sabsannare. ") -sinden. ") 1. -vallen. *^) l svetduc.
4^
r.
3. suggere^) raden. suggestio 19.
suasio.
4. sulfar suefel. 20.
5. sumptuosus kostelic.
6. sunamitis gheuanghen. supa* 21.
rus*)
7. Stuten, superliminare ^) et 22.
tunc est nomen
8. set cum est verbum tunc di- 23.
citur overgan. superstes 24.
9. ouerbliuende. supersticio vn-
gheloüe. 25.
10. supersticiosus vnghelouich. 26.
superuacuus 27.
11. al te idel. supervacue ver- 28.
gheuesch. 29.
12. supinus vpghericht. 31.
13. supellex husrat. supplex ot- 32.
mudich. supplicium 36.
15. pine. suppetere gheuallen. 37.
subplantare 44.
16. bedrighen. supinus ouerste. 45.
sura
17. wade. subprimere vnder- 2.
drucken. 3.
18. surculus vtsprot. surdus dof.
surdescere 8.
Explicit codex
') St. suggerere. ^) st supparus. ^) das
luspicare. *) st. wane. ') st verleyden?
douen, sudaster*) dy nicht
hört, suspicere
vpwort sin. suspica^) vermu-
den. suspicio
böse vant.^) suspectus ver-
denkende.
suspieiosus verdacht susten-
tare vnthalden.
sustollero vpheuen.
susurrare runen- susurrium
runinghe.
susurro runer.
satisfacere ghenuchdun.
satagere, studere vliten.
sacrare, sacrificare hilghen.
satiare, saturare seden.
seducere
leyden.')
stabulare staDen.
Stabilire stedeghen.
submergere versenken,
supplere verwUen.
Col. 36.
succingere vpscorten.
subferre, subportare verdra-
ghen.
et cetera.
iste.
^ubst fehlt. *) st surdaster. ^) st
Anmerkungen.
I.
1. L ledeken. Man erwartete vlecken. Ledeken wäre eine k-Bildung (Grimm
Gr. 2, 283), bei welcher das Haften des Ableitungsvocals aber auffällig ist. — Vgl.
labes flecken; labefacere vnreynen 11^ 18, 85.
2. eider. Talaris findet sich nur hier so verdeutscht; es ist das mhd, kulter;
vgl. Grimm Wb. kauder, kolter, kuter, u. unten 7, 45 culcitra. — Ob u das ou in
frz. coutre wiedergeben soll? ü noch in wsten 8, 19; i^stinghe 20. Umgekehrt
o für langen Vocal in to 2, 6; bowe 21; für kurzen in more l, 26. Dieses o kennt
II nicht
5. teppet, mhd. teppich. Vgl. W. Grimm, Graf Rudoli S. 14.
^L
: »
43
6. siislathteeh. Sius mhd. sus, luthtech as. luttik. iu wird den ümlaat be-
zeichnen: nnd. süs. Vgl. 2, 35. — luthtech, 1. lachtech? vgl. Mnd. Wb. luehtich.
7. ver^heldinghe. I unterscheidet, so weit die wenigen Wörter einen Schluss
gestatten, zwischen ver (1, 11. 16. 21. 22. 2, 12. 16. 3, 7) und vor (1, 23).
10. hals; mhd. hüls m. ; ndl. hnlst.
11. temerare verlanneB ff. üeber diese ältere Bedeutung von dumm 8. Gr.
Wb. n Sp. 1313.
16. verdnieket; 1. verdrunken? Vordruncken = inebriatus Merzdorf Bücher
der Könige S. 2 u. Massmann Bepgows Zeitbuch S. 202.
17. titlekeB ; so statt zeitig, auch Diefenbach glossarium Lat - Germ, unter
tempestivus hd u. nd. — Adv. st. Adj.
19. gbetempert. Vgl. IT, 16, 48. 7, 21. — Partcp. st. Subst. Diese Ver-
wechslung der Kedetheile lS»gegnet in II öfter.
20. teea versne; mhd. versen. Vgl. talus, teclauum bei Diefenbach.
24. siB van der sehrift; Dief. synne der schrifft«
31. lauen; besser lawen, wie Z. 34 lewet. Vgl. mnd. Wb lauwen.
34. winet; 1. wermet; vgl. Dief.
36. neaiger ; mhd. nabeger, nebiger.
2. 2. teres; bei Dief. longus et rotundiis erklärt, doch findet sich das deutsche
Compositum nur hier. Vgl. senholt 33, 42. Mhd. sinwel.
4. teredo; bei Dief. vermis lignum terens, holtzwurm. Zu windelken vgl. d.
md. wintwurm im Mhd. Wb. Beide Wörter sind von Winden abgeleitet.
5. theristram. Zu der Bedeutung von eghede vgl. nd. egge Sahlleiste, Tuch-
kante, zu der Form s. Mnd. Wb. 1, 631*». Rise, mhd. rise f. e. Art Schleier.
10. terversatio haveade. Z. 8 ist terguiisari als dicta vertere gedeutet, Z. 7
tergurisatio als doctorum versatio (vgl. Dief. tergirisatio vbung der lerer). Ob bei
hävende, das wohl als Substantiv. Infinitiv zu fassen ist, an das im Mnd. Wb. 2, 172
angefahrte havenen, haven, baffen manu tractare, behandeln, zu denken ist?
19. ve[r]honiieh. Vgl. II, 29, 3. 4. Vgl. afrs. herne, ags. hyrne, mnd. hörne
f. Ecke, Winkel.
21. towe; mhd. gezouwe. Die allgemeine Bedeutung des Mhd. hat auch das
nmd. towe gemeiniglich^ wie ebenfalls ghetewe fabrilia II, 13, 33.
23. wyrec; so mit tonloser zweiter Silbe, als wenn das Wort kein Compositum
wäre, auch Merzdorf S. 229 wiricvat
. 25. dhianBighe. Nach andfrk. thinnonga war ich versucht, dhinninghe zu le-
sen, allein dhiunnighe steht deutlich da. Auch hat das nmd. Wort dünninge, dün-
nige, dünnje, dünne in allen Dialekten ü. Dieser Umlaut deutet wohl iu an, vgl.
sitts 1, 6. Das dh = as. th. spricht für einen ziemlich frflhen Ursprung des Glos-
sars, wenigstens vor ca. 1350. — Ags. thunvanga, anord. thunvängi. mhd. tünewenge.
31. lienisse auch bei Dief. ; bekennechlic dagegen findet sich bei ihm weder
für typus, noch typicus, noch typice.
35. tjtillare. Das cuselen sieht aus, als ob es aus ahd. chuzilon, mhd. hut-
zeln (kitzeln) gebildet sei. Doch ist das Wort titillare auch sonst gleich titubare
oder vacillare verstanden worden; s. Dief. titillare. -— Nnd. küseln Bremer Wb. 2,
763; nmd. kuseln Mnd. Wb.
S« 7. toxicare. Noch jetzt nd. vergeven gebräuchlicher als vergiften.
10. wafikellen. Vgl. vogellinghe II, 3, 24; scrankellen 6, 23 ; bordennell, 32, 6.
16. menegher bände; mangher bände II, 21, 16; mannech(var) 10, 17.
18. addere. Das dd auffällig, da ahd. ädara; doch auch spanoddern bei Dief.
aus dem promptarium des Anhalters Baidassar Trochus v. J. 1517. Jedenfalls wird
dies addere auf ein as. ädra (ags. sedre), nicht auf ein ädara zurückzuführen sein.
Wangerogisch edder, saterländ. eddere, helgol. adder (Ehrentraut Fries. Archiv 1,
182) lassen sich nicht vergleichen, da im Nfrs. ganz andere Gesetze der Vocalver-
kürznng walten, als im Sächsischen.
21. wissaghen, wie bereits mhd. wissagen statt des richtigeren wizagen, ahd.
wizagön, ags. vitigian vitgian, afrs. witgia. Das Mitsprechende mnd. Wort wittighen
mengt witag und wittig und scheint daher, wenngleich noch Kilian es durch vatici-
nari gibt, doch wenig gebraucht worden zu »ein. Merzdorf S. 17. 18 steht prophe-
44
tiseren dafür, im Redentiner Spiel V. 433 propheteren. Wissagen ist früh ins Nd.
eingedrungen, schon E. v. Repgow hat es, bei Massmann S. 116.
27. iaghespit; mhd. jagespiz. Vgl. cuspis spith II, 7, 31.
30. wegher; bei Dief. weygel, eyn weyger circa ignem. Das Wort scheint
hd. nicht vorzukommen.
36. f. Die Bedeutung »leuchten* für vernare, ,Uchte Zeit* für vemus s. bei
Dief.
37. Auch Kilian keerlick versatilis.
4. 3. merswyn; ags. mercswln, Kilian maerswijn, mersw. u. seeswijn. Mnd.
merswin Wehrmann Lübecker Zunftrollen S. 203. 480. Rüdiger Hamburg. Zr. S. 62.
Neocorus Dithmarsch. Chron. her. v. Dahlmann 1, 222. Mhd. merswin.
5. merkalff; mhd. merkalp bei Lexer Mhd. Wb ; Kilian: seekalf oder seehond.
7. merwander; mhd. ebenso; Kil. : seewondcr monstrum marinum.
7. merges. Die Erklärung raerwyff, welches Wort in andern Glossaren sirena
übersetzt, nur hier. Die Gloss. bei Dief. verstehen unter merges, mergus, mergulus
den Vogel ,Taucher*.
10. eablaa. Dies scheint die eigentlich nd. Form zu sein, während cabeliau
die ndl.; Kilian: kabcliau, kableau. Kabbellouw Rüdiger, Hamb. Zr. S. 81. Lappen-
berg, Hamb. Chron. S. 163; cabbelouw Neocor. 1, 222; kabbelow 2, 425.
17. orrena. Vgl. Dief. orona, horena; Mhd. Wb. walre.
la vorne; mhd. vorhen f.
19. aseh; mhd. asche swm., die Aesche.
21. Ebenso II, 21, 19.
23. wusch. Der Auslaut ist auffallend; doch auch bei Dief. welsch, wusch
neben weis. Vgl. zu II, 85, 12.
26. sartanel. So liest Staphorst. Das Wort ist undeutlich. Es könnte auch
satranel oder santanel zu lesen sein, ja selbst vielleicht fritanel. In Diefenbachs
Gloss. wird saxatilis meist durch steinbeiss gegeben. Nemnich Polyglottenlex. der
Naturgesch. gibt saxatilis als Namen einer Familie der Gattung sparus (Meerbrassen)
an. Santanel aus sandart verlesen? Sarda bei Dief. mit den Nebenformen sardina,
sardinus, sandinas gibt die Cölner gemma gemmarum v. J. 1507 u. die Strassburger
v. 1512 mit sardien, Kilian durch sardyn. — Ob sardinel = Sardelle, Sardine za
lesen ? Ist sant ... zu lesen, so darf man vielleicht an ehrl, sandehrl denken, nach
Nemnich das brandenburgische Wort für cyprinus dobula (Döbel).
27. bley; vgl. Mnd, Wb. 1, 354.
29. enling; bei Wehrmann Zr. S. 480 als Köderfisch. Vgl. Grimm Wb. käuling.
82. bresme ; Z. 25 brasme. Beide Formen, wie es scheint, für denselben Fisch,
cyprinus brama bei Nemnich, dauern bis heute: brassen Coler Hausbuch, Chytraeus
nomencl. Saxon., Adelung, Dähnert Pommer. Wb., Danneil Altmärk Wb. ; brassem
Nemnich ; bräsem Frisch, breessem Brem. Wb., breesen Stürenburg Ostfr. Wb. Aehn-
lich frz. breme, nach Diez Roman. Wb. in Rheims bräme. Während im östl. Ndr.-
Deutschland brassen mit kurzem Vocal, herrscht im westlichen brees(8)em mit langem.
Als cölnisch gibt Adelung brysem und ndl. ist braassem, brasem. Vgl. Mnd. Wb, 1,
415, ^; Grimm Wb. brachscn; Schiller Thier- n. Kräuterbuch 1, 7, ».
34. stop. Statt des e stehen in der Handschrift zwei recht deutliche Punkte
von links nach rechts schräg übereinander. Vgl. Laurent ältest. Hamb. Handlungs-
buch aus d. 14. Jh. S. 81 : stoyres (Genetiv). — Rumbus störe II, 30, 45.
35. pleze ; z drückt hier den Laut des hd. Buchstaben z aus (hd. plötze), we-
nigstens doch den des scharfen s, vgl. plösse Mohnike u. Stralsunder Chronik. 1, 188.
Z. 9 in huze ist z = weich, s. Zu dem wohl slav. Namen pleze s. auch Schiller
Th. u. Krb. 2, 20, ».
38. rame. Dieser Name scheint sonst nicht vorzukommen. Raja torpedo ist
der Zitterroche: danach rame von rämen, zielen?
39 lodallia rime. Glosse bei Schmeller Ba^er. Wb. 1. Ausg. 2, 448: ,lo-
dallia lugena^ die Laugen, cyprinus albumus, c. leuciscus. Rime kommt sonst nicht
vor. Nemnich hat riemchen für cobitis barbatula, Bartgrundel ; ob aber alter Name ?
43. sei. Ags. seolh., anord. selr, ahd. selach. Von anderen Idiotiken hat nar
Dähnert selhund; das Brem. Wb. aber salhund, Schütze Holst. Id. saalhund. Auch
45
Neocor. weist Bchon salhund 1, 204 auf; ebenso Hättselmann BrauoBchweig Üb. 1,
116. (Anfang des 15. Jh.) zalsmer«
44. selj. dieser Anlaut auch in sciichten II, 13, 16; sclachunghe 24, 39.
Ich möchte ihn nicht für ein Vorspiel des nhd. seh = alt. s halten.
II.
2. 50. altematim sanderlighen. So falsch auch einige Gloss. bei Dief.:
simderlich, sunderlichen. Auffallend ist das gh. statt k.
S« 1. anbeydentsiilen ; so auch Lab. Chrou. 1, 315: to beidentziden. Dass
t nur Statzlaut des n ist, lehrt latus side 18, 40.
6. anüporgiiim scerbart. Vgl. Diefenb. anticipa. Zu lesen scerbort? vgl
Lexer mhd. Wb. scherbret
15. aroma ende. Dief. condimentum nd. krude, das Hildebrand in Grimm
Wb. 5, 2107. 2110. mit Unrecht für Plural hält, md. gekrude. Für den Sing, spricht:
pro malen crude, Eoppmann Hamburg. Kämmereirechn. 1, 37 ; crudehereu die Rath-
männer, die den Anloiuf von Grewürzen zu besorgen hatten, daselbst 1, 163. 224;
neu ynmaket krude a. 1523 Ztschr. f. Lüb. Gesch. 2, 347 ; krüde der ausgekochte
Saft aus Früchten, Gewürz, daher krudegifte (md.) ein Amtsschmaus bei Handwer-
kern, krüdelade Gewürzlade (dagegen krüderbüdel Kräuterbeutel), Dähnert Pommersch.
Wb.; dat krude (Gewürz) van deme wynholte, Regel mnd. Arzeneibuch im Gothaer
Programm 1873. S. 24. Aus dem Nd entlehnt anord. krydd n. Entweder ist crude
aas gecrude n. gekürzt, das md. nicht selten ist, s. Lexer Mhd. Wb. unter gekriute,
oder wahrscheinlicher lautete es alts. crudi; vgl. as. curni corni neben com.
17. snllex* Das doppelte 1 ist auffallig, da mhd. siulackes, seulachs securis
carp^tarii, scindens ex ntraque parte, bei Lexer, der ea von sinwen nähen leitet,
also die Bindeaxt tler Zimmerleute. Im Teuthonista sul = axe der timmerluyde
(8. Hör, Belg. 7, 107).
19. aspersariam quispel. Vgl. Dief. und Hör. Belg. 7. 86. Auch Dähnert
kennt mnd. quispel im Smne von Quast,
20. aspis. Nur hier so falsch glossiert; bei Dief. slange,
26. amriga wagemnan. Auch mh. Die Wahmstrasse in Lübek hiess früher
vagemanstrate, platea aurigarum. Sartorius hansisch. Üb. S. 365 : aurigas qui dicun-
tor waghenkerl.
45. avellaBa wird bei Dief. in allen Vocabularen richtig als Haselnuss ver-
standen, mit Ausnahme von drei nd. Yocab., deren zwei (22. 23.) auch sonst Aehn-
lichkeit mit unserm zeigen.
4. 11. brnma wrost vel rif. Ebenso 27, 21 pniina rif. Rif scheint hd.,
aber ahd. hrtfo, mhd« rife, selbst Kilian rype, Outzen fries. Wb. rippe. Auch nr.
22>>, obschon ein nd. Glossar, hat rife, s. Dief. prnina. Das echt nd. Wort wäre rim
gewesen. — Wrost = vrost. W für v, v für w ist in Nr. II nicht selten.
14. bissns bokeral. So auch bissus bocrael im Löwener Yocabular von 1483
(Hör. Belg. 7, 13), bei Diefenbach no. 23 en bokeral, no. 8^ buckeral. Fs ist das
mhd. buckeram, buckerän, ital. bucherame, prov. bocaran, frz. boncaran bougran.
Im Mnd. Wb. bokerey (1. bokeren ?). Dass das Wort von boc aries sei, ist möglich ;
doch scheint mir Schmellers Ableitung (Bayer. Wb. 3, 413) vom ital. bucherare
durchlöchern, triftiger. Auf jeden Fall darf man nicht das Wort jener Muthmassung
ZQ Liebe als ,aus Ziegenhaaren gewebtes Zeug* erklären; die im Mhd. Wb. ange-
fahrten Bel^e verlangen diese Deutung nicht. Die Uebersetzung bissus spräche eher
for Baumwolle ; Kilian giebt bockerael wieder durch tela cannabina levigata ; dass es
seidenen b. gab, bezeugt die Stelle im Mnd. Wb. Offenbar bezeichnete das Wort
nicht einen bestimmten Stoff, sondern verschiedene in derselben Weise hergestellte
Stoffe.
14. blesas wlispende. vgl. 33, 1 sibilare wispelen. Dief. nr. 23 blesus wil-
spende, no. 22 wispich, beide augenscheinlich aus dem richtigen wlispende entstellt.
Vgl. ags. vlisp, vlips blaesus. Wlispen ist das mhd^ lispen, nhd. lispeln; wispelen
aber das mhd. wispelen, ahd. hwispalön, Brem. Wb. und Strodtmann Osnabr, Idiot,
wispeln lispeln, leise reden.
15. Draens seaer« Das s aus k. Aeltere Form ist zever, noch bei Chytraeus
46
nomenclatof Saxouic. im Brem. Wb 5, 810; iu Nemuich Poygloiteulex. der Natur-
gesch. 2, 1285. 3, 660. neben sewerke 3, 541. Weitere Nachweise s. Schiller Thier-
u. Kräuterbuch 1, 11 f. Jetzt gilt szever oder noch gewöhnlicher sever. Zu merken
isty dass dieser z- oder s-Anlaat des Wortes sich findet im Göttingen-Grubenha^en-
schen, Bremischen, Hildesheimischen, Holsteinischen, Meklenburgischen, aber nicht
westfälisch ist. In einem Glossar (no. 11) bei Dief. , das wegen seines Vocalismas
nach Westfalen und den Niederlanden weist (s. das. S. XIV), wird brncus durch kie-
uer gegeben, und nach Woeste Yolksüberlieferungen der Grafschaft Mark sagt man
noch jetzt dort kiäwe. Hier ist man also über den ersten Schritt zur Wandelung
des k in in einen Zischlaut nicht hinausgekommen. Andere Dialekte scheinen den
entwickelten Zischlaut mit dem i (j) der Brechung zu seh verschmolzen zu haben:
ravensberg. eckernschäfer (Schmidt wester wäldsch. Id. S.112); (gleichen Ursprungs
Osnabrück, eckernscheersel, Strodtmann Id. S. 46, lippisch ekernscherink, Frommann
Mundarten 6, 58?) Im Niederl, bleibt kever. — Die Heimat unseres Glossars wird
also ösüich der Weser zu suchen sein.
17. windrafl. Windruft, was Staph. liest, steht nicht da, wäre auch unerhörte
Form. Aber das dem f folgende Zeichen mag Abkürzung von el, le sein, also vielleicht
wyndrufel, wyndrufle. Dief. botrus nd. windrufele, -drufel. Merzdorf, vier Bücher
der Könige S. 64 wyndrufeln (PI ), S. 97 windrufeleu, Stürenburg ostfries. Wb. draf
Traube, drnfel mehrere Kirschen an einem Stengel. Jedenfalls ist drufel statt dru-
vel nur ans einer älteren Form drufle zu erklären, vgl. unten zu 20, 38.
18. broc^a kappe. -Da ital. broca Kanne, Krug bedeutet, so Hesse sich liefl.
und schwed. kappe ein Kornmass (s. Grimm Wb. 5, 195 f.) vergleichen. Dief. broea
brocca brncca cappe, aber auch: wijntappe no. II, win tzappe 19. Da nach Dief.
S. XV no. 19 manche Glossen, die es aus no« 11 genommen, falsch verstanden ins
hd. übersetzt hat, und da mittelalterliches c und t oft gar nicht zu unterscheiden
sind, möchte ich auch win tzappe zu diesen Misverständnissen rechnen und in 11
wijncappe lesen.
27. somerlecheleQ. vgl. 17, 41 lagena lechelen. Somer = mhd. soumer Sanm-
thier, Lastpferd. Vgl. soumlsegel Saumfässcheu bei Lexer Mhd. Wb. und cabalhni
tonelli bei Höhlbaum Hansisch. IIb. no. 2. S. 2. Somere Lüb. Chr. 1, 414. Andere
Arten von Lägein: unum vuUechghelen Lägel mit Wein zum Aulfallen der Fässer,
Koppmann Hamb» Kämmereirechn. 1, 190; spizelechel[en ?] ,Speise8chüsseP, Wehr-
mann Lüb. Zunftrollen S 513.
5* 1. halslagheii. Vgl. 7, 7 colaphus halslach. Der Ausfall des einen s ist
in dieser Bildung auch sonst nicht selten (Grimm Kl. Sehr. 1, 349), z« B. de halsla-
ginge, mit halslegen geslagen, Wiggert Scherflein 1, 43. vgl. mispreken 8, 25. 23, 4.
3. eolare syghen. vgl. 7, 10 colare syen. Auch im Mhd. findet Mischung
zwischen stv. sigen sinken und stv. sihen tröpfelnd durchfliessen, seihen statt.
20. medichten verschrieben für mededichten, mitdichten. Confingere fehlt
bei Dief.
27. eompedire spannen auch 7, 15.
29. eompangere berowen. 7, 17 c. beruen, compunctio beruwiogbe.
4Q. snaven. mndl. sneven, mhd. md. snaben straucheln.
6. 20. helchter; mhd. helfter.
26. tyken statt teyken, wie auch 16, 9. 20, 49. 25, 6. 48 steht £s finden sich
mehr mnd. i =:got. ai, mhd, ei; hier noch 29, 28 hysch; sonst z. B. in vlisch =
vlesch, Zeitschr. f Hamb. Gesch. 1, 422. Koppmann Hamb. Kämmereirechn. 1, 263.
Laurent d. älteste Hamb. Handelsbuch S. 78. Lappenberg Hamb. Chron. S. 88 ; hi-
lieh, Massmann, Zeitbuch des £. v. Repgow z. B. 232. 327. 366 neben helich 126.
Schon im As. ist diese GontracUon nicht selten, s. Schmeller Heliand 2, 184.
cardo distel. Cardo st Carduus; dieser Irrthum ist gewöhnlich, s. Dief.
30. eartilago erosele; s. Dief. cartilago, Grimm Wb. krobel.
33. vngevocheit habe ich conjiciert nach Dief. castrimargia vngheuocheit no.
22 (nd« Glossar)«
86. eaviila holt «ntwote. Da ital. caviglia, frz. cheville ein Pflock, bei Dief.
cavilla holczner, holtnegel übersetzt wird, findet holt Erklärung; aber untwote? :
7. 4. heynmeke steht so ausgeschrieben da. Das eingeschobene n ist auflflllig'-
6. leven, Brem. Wb. levern.
47
8. Urseye. Mhdi sip, nhd. sieb, aber md. auch sehe, sibe (s. Dief. cribrum),
Tie im Ags. NdL und Nd. beide Formen erscheüieu.
16. eompatrioto laitman; s. Mhd. Wb. 2, 44. vgl. indigena lantman 16, 12.
18. bese kampai ; wegen des Aclj. vgl. l. 33.
21. Babar, die alte Form. Schon im 14 Jh. Lab. Chron. neben nahbur 1,219,
auch neber 1, 143^ neybar 1, 147«
23. mbehaneh; wegen des ch statt gh vgl. Lftb. Chron. I, 161. 428. lanch;
1, 414 untfench ; 420 ghinch.
25. ehevelghet; so auch Dief. no. 8b 22.
27. laden statt ludend(e). Bekanntlich ist diese Apokope oder Ellipse des d
im Partie. Praes. im Mnd., wie im Nnd. sehr gewöhnlich. Vgl. zu 23, 18.
31. controversia wederseldinge. Nichts ähnliches bei Dief. Seldinge wird Ent-
stellang sein, etwa aus Stellinge, settinge?
33. lasteres. Nach Dief. contumeliosus vol lasters ist Ausfall des Adj. zu ver-
muthen. Oder dürfte ein A4j. lasterisch, für das die Form lasteres stehen kann, an-
zunehmen sein? (b. 20, 5 vleisbanc; 12, 3 wisse = vische; Zeitbach v. E. v. Repgow
117 unminslich). Mhd. lästerlich; Kilian ndl. lasterigh.
35. convallis dav. Dief. comiallis richtig nur durch tal, dal erklärt Hier
gleich Valium, convallatio genommen.
36. eoertori ti beiden. Dief. cohortari richtig trösten, ermanen etc. Hier
erwartete man to herden ermahnen, was z. B. Lüb. Chron. 1, 63 steht.
37. ledemeker; vgl. plastermeker 28, 48, meker 25, 38. Diese umgelautete
Form ist rechts von der Elbe seltener, dagegen recht zu Hause zwischen Weser und
Elbe. ~ Vgl. dagegen beldemaker 15, 22.
41. ereiÜBm eade. Cremia PI., in der Vulgata auch cremium, Reisig, Brenn-
holz. In diesem Sinne ist cremium von einigen Glossatoren bei Dief. genommen wor-
den, die es mit spacha, spach geben (s. Mhd. Wb. spache dürres Brennholz); so
Inuacht Kilian cremium als Uebersetzung von sprockel. Unser Glossar gibt 32, 7
sarmentum durch sproc. Cremium wird es wohl in dem im Mittelalter gebräuchlich-
sten anderen Sinne verstanden haben, in dem von Grieben, einer Speckspeise. So
fassen das Wort die meisten Glossare bei Dief., so auch der Teuthonista (Hör. Belg.
7, 49) : cade, gryeve cremium.
45. eolte. Vgl. Gloss. I, 1, 2 cuder. Beide Wörter sind aus culcitra, frz.
coaltre«
8« 2. capta napulns spil. Cupta ist mlat Nebenform von cupa (s. Dief.
copa), das in nd. Glossaren durch nap gegeben wird. Aber ulus spil ? wispil, Wispel,
ein Eornmass ?
4. hilt; mhd. heize f., anord. hialt n., ags. hilt m. und n., hüte f.
15. citta brifke. vgl. Dief. cirtis, curtis, cuta, wonach bricke sein kann 1) eine
Scheibe, ein Stein, womit im Brett gespielt wird, 2) eine Fischart Die Bedeutung
,Scheibe, auf der gespielt wird^, welche das Mnd. Wb. gleichfalls ansetzt, scheint mir
aus den Glossen nicht hervorzugehen, doch kann man sie aus der modernen Bedeu-
tung von bricke ,ganz flacher Teller* wohl schliessen.
11. eoBsternare verkomen. 1. consternarl Verkomen, mhd. erkomen.
39. nisrlehtiehen. Zu dem zweiten ch statt gh vgl. Lüb. Chron. 1, 247 her-
tochinne.
9. 37. mlstrotech. Dieser Fehler statt mistrostich kommt auch sonst vor.
Merzdorf vier Bücher der Könige S. 87 mistrotich neben mistrostigh S. 99 und die
Helmstädter Handschrift des Theophilus v. 687 mistroteren statt des mistrostigen
der Trierer.
42. decuplum tueualdi'ch. Zwei jüngere hd. Gloss. bei Dief. haben ebenso.
43. dediseere vntweiinen; vgl. 9, 45 ded. vntleren.
10* 1. dnmheyt steht 1. 2 links, ist aber durch einen Strich zu den latein.
Wörtern gezogen. —
(toutes^e sculen; vgl. 9, 33 delitere latere sculen.
13. Vor dieta steht noch dyaplasma afsalma. Letzteres Wort scheint nicht
deutsch, wenigstens steht der volle Auslaut von allen übrigen Wörtern des Glossars
ab. Dief. diapsalma, diaplasma en half psalm, half salme etc. Sollte af aus half
entstellt sein ?
48
20. disentore uitrieliteii; vgl. 9,21 d. untscheydcu, 11, 33 explicare aotrich-
ten. Vgl Mhd. Wb. und Lexer Mhd; Wb. entrichten ; Janeeke Magdeb. Chron« ;
Homaon Sachsenspgl«
11* 18. inderileBkeD. Diese Composition scheint im Mhd« nicht vorzu-
kommen.
19* 3. exeentare, s. Dief. exenterare. — wisse ist vische, vt werpen aus-
nehmen, ausweiden.
5. egere behftveii. vgl. 34 egere bederven.
27. vrezieh; vgl. 13, 10 gulosus wrazicb. Beides das mhd. vrsezec. Aber
}. 28 vreticheyt nd. Zu jenen hd. Formen vgl Zeitbuch v. £. v. Repgow 120 vr^
vorator; Rein. Yos: vras, vratzich.
IS. 50. glabra sehedele. Schedele mhd. scheitele f. vertex, Kopfwirbel,
Scheitel.
ghis lern, ratte, klette. Vgl. den Hexameter Glis animal, glis terra tenax,
glis lappa vocatur, in Gesner^s thesaurus s v. glis,
14* 5. gomer. Gomor ein hebraeisches Mass, aus der Yulgata.
7. grassari wetmaken. Da mlat grassus = crassus, ital. grasso, frz. gras,
so wohl statt vetmaken, wie auch mehrere Yocabulare bei Dief. glossieren. Andere
freilich, der Bedeutung des altlat. grassari näherkommend, haben wreit, wret maken,
wofür leicht wet verschrieben werden konnte.
10. gamfas bnf. Da gomphus class. lat Nagel, Pflock ist und da alle Glos-
sare bei Dief. gumfus als Hufnagel erklären, so wird nagel oder negel durch Ver-
sehen vom Schreiber ausgelassen sein.
27. bastile schat. Man würde schot (vgl 15, 7) vermuihen dürfen, wenn nur
nicht in den Glossen zu hastile bei Dief. diese Glossierung fehlte, während mehrmals
Schaft, Schacht vorkommt, und wenn nicht der Ausfall des ch im mnd. Schacht =
hd. Schaft öfter begegnete. Freilich scheint ch sonst allein in dem Compositum
schachtsnider auszufallen: scatsnidere a. 1263. Ztschr. t Hamb. Gesch. 1, 362 neben
scachsn. a. 1266. S. 376; schatsn. a. 1362. 1363. Hamb. Kämm. Rechn. 1, 84. 88;
a. 1375. Rüdiger Hamh. Zunftrollen S. 5i.
35. vaehte, horste ; wohl : wachte ! warte ! bor, ste 1 höre, bleib stehen ! Diese
Deutungen von heus finden sich in keinem Glossar bei Dief.
45. habnndare ghenughen; vgl. 2, 25 abandere genoghen.
15. 26. immolare opperea; aber l 10 und 6, 45. 19, 16. 31, 40 offef. Offer
ist die eigentliche und gewöhnliche nd. Form, opper scheint mehr md. Operen z.B.
Lüb. Chron« 1, 61, opperenJanicke Magdeb. Chron. 207, 8.
45. inpolitns angeseiret. Nicht von scir hell, rein, glatt, sondern vom hd.
zier, vgl. Dief. impolitus. £benso 9, 45 decorare eren vel sciren.
t9. unteslagheB. Nirgends bei Dief. inconcussus so glossiert, ähnlich nur
no. 11 ongeslagen. Das te statt tu, to ist im späteren Mittelalter nicht sächsisch, son-
dem blos fränkisch; wann ist das as. te dem tu, to gewichen? — Vgl 35, 11 alte idel.
16« 4. hopinghe; vgl Dief. incubatio, inculcatio; Hör. Belg. 7, 44. Frisch
Lat.-dtsch. Wb. 1, 477, 2.
12. indigestns snnder vordanc. Nur no. 8^ bei Dief. ebenso: sunder vor-
ganck, wo g Schreibfehler sein wird. Indigestus ungeordnet, confus und vordanc
mhd. vürdsuic Ueberlegung.
13. infestus grot; auch bei Dief. mehrmals so glossiert. — infestare müden.
Bei Dief. muhen, muwen, moyen, müde.
20. iiifitiari verloeken. Gemeinmnd. ist verlochen, verlochcnen (vgl 15, 33
inreghen =:= inreghenen), s. Brem Wb. 3, 81 ; Kilian ndl. verlochenen. Nach Lexer
Mhd. Wb. 1, 1969 ist louken(en), leuken(en) md. Form = hd. lougen(en), läugnen.
Aus den im Mnd. Wb. beigebrachten Belegen geht hervor, dass lo^en, loken dem
märkisch-magdeburgischen Dialekte eigenthümlich war.
42. insolescere unghewonen. Diese Verbalbildung begegnet nur hier. Sie
ist vom A4J. vnghewone gebildet, vgl unreynen. 1. 44. insuetus vnghewonen ist zu
lesen unghewone.
33. nastapeii. Dief. hat nastappen zu insectari, aber kein nastapen. Stapen
ist das starke Verb, as. ags. stapan, afrs. stapa, wäre hd., wenn erhalten, staffen;
<
49
8ia{>pen ist scliwaches Verb nnd gleich hd. stapfen. Dieses stappen kann gemeint
sein, da unser Glossar bisweilen einfachen Consou. statt eines doppelten setzt, z. B.
2, 50 holtapel, dt^eg^en 25, 13 appelschelle, 33, 2 appeldranc.
39. insopitas iisoporatas. Die Glossare bei Dief. erklären es sowohl ,8chla-
fend, entsehlafenS als auch negativ ,nicht schlafend, nicht entschlafend Die Form
HDslapet ist sehr aaffi^Uig. Schwaches untslepen rrr mhd entslsefen einschläfern oder
^r sw. untslapen = vntslepen ist nicht nachgewiesen. Partcp. Praes. uns]ape(n)t
kann es auch nicht sein, das würde vnslapende (unschlafend) lauten oder unslapen
(23, 18). un scheint auch gar nicht un, sondern unt zu sein. Dief. no. 8^ hat nämlich
rat (Dief.: ,8t. nit?') vntslapet. Unser Glossar, so wäre die einfachste Erklärung, wird
den Fehler untslapet statt untslapen aus no. 8^ genommen, das unverständliche rat
einfach ausgelassen haben. Dagegen s. zu 20, 14.
42. iodriipeii. ü drückt mnd. meist wie mhd. no aus ; bisweilen jedoch zeigt
0 über dem u auch den Umlaut an ; so vielleicht hier. Denn sowenig vom hd. stv.
triefen ein trnofen gebildet werden kann, ebensowenig wird es nd. druopen geben.
Drupen wird dem stv. mdl. drupen, mndl. drupen, nndl. druipen gleichzustellen sein.
Vgl. 34, 16: Stillare dropen; Kilian droopen.
17. 1« intercipere andenemen. Diese Bedeutung ,unterbrechen, verhindern'
belegt daa Mhd. Wb. 2, 1, 375 mit einer grossen Anzahl md. Schriftstellen. — in-
terceilere verbeden, corr. verbidden. Jenes wäre hd. verbieten, dieses vertheidigen,
für jemand auftreten. Beides kann intercedere bedeuten.
3. qaerdel; nnd. qnardel, quaddel, quarrel, qnarl Blatter, Nesselbrand, Haut-
geschwnlst.
8. Für das zweite interpolare lies interpolate. No. 8^ bei Dief. stimmt hier
wieder zu unserm Glossar; es hat interpolare trageliche.
26. irrepreliensibilis ambeschellie. Das um, wie oft im Mnd. vor folgendem
boder m, = un. Schellte ■=■ scheldlic; 1. 30 u. 30, 34 richtig scheiden. Vgl, 17,
50 invallen ; 29, ö vervallen.
28. inbilare ghodelie singen. Mhd. gotelich. Lüb. Ghron. 1, 153: he was
eo godelik man.
30» ins scot. Dief. no. 23 (nd.) zot; mh. sdt Brühe.
19« 18. libricns (st. lubricus) glar. Glar scheint geschrieben zu sein, doch
Icann man vielleicht auch glat herauslesen. So, glat, glad, erklären mehrere Yoca-
bulare bei Dief. Zu glar vgl. Mnd. Wb. glar vel klever van den bomen, gummi;
lesabel hadde sik gheglart unde schone gedoket, depinxit oculos stibio etc. Vgl. 20, 1«
36. laseioia gheilheit vel slippe. Die geringe Lateinkenntniss des Schreibers
verräth sich hier: zu slippe (Zipfel) hätte er lacinia stellen müssen.
44. laeatns roegat. Lucatus findet sich nicht bei Dief., wohl aber lucanar
roeckloch, rauch loch.
48. ligarrire minneren. Nur hier ligurire so erklärt. Nach Plaut. Gapt. 1,
1, 16? Vgl. 20, 47: minuere minren.
M« 1. Ineare glatnaken. Da lucare weder class. noch mlat, so wird lubri*
care zu lesen sein.
7. uaehinari fliehten. So scheint zu stehen, doch Hesse sich das Wort auch
wohl als suchten lesen. Für fliehten hätte man flechten erwarten sollen und zwar
in der Schreibung vlechten. Vgl. die Glossen bei Dief. : buen vel schifften (Dief. :
jSeh? sth?*), stiften, stiffen, schichten, arg schicken, zuschicken.
14. uagnalia grote doghede. Auch bei Dief., wo aber no. 8^ (groze deger)
offenbar verliest. Demnach kann (vgl. zu 16, 39) no. 8^ nicht Quelle von unserm
Glossar sein.
20. kenebaeke. Wegen dieser Form s. Grimm Wb. 5, 776. 777.
27. deren. So auch no. 22 bei Dief. Vgl. Bremer Wb. daren.
88« drufenisse. f steht hier zwischen zwei Vocalen statt v. Das ist gegen
die allgemeine mnd. Lautregel, aber nach einem speciellen Gesetze, dem nämlich, dass
ein scharfer Laut, der nach dem Auslautsgesetze an die Stelle eines weichen getreten
ist, auch dann bleiben kann, wenn er durch Zerdehnung des Wortes oder sonstwie
zwischen zwei Vocale zu stehen kommt. So erklärt sich z. B. windrufel 4, 17, sue-
fei 35, 4, weil aus windrufle, suefl; so ferner lechelen 4, 27. 17, 41. idchet 17, 31,
Niederdeutsche« Jahrbuch. I. 4
50
weil wahrscheinlich lechlen, jucht gesprochen ward; so das zu 16, 20 angeführte
lochenen = as. lögnian, so hier drüfenisse aus drüfnisse, Lüb. Chron. 1» 315 bedrof-
nisse, Korner Pf. Germ. 9, 285 drofenisse. Von Wörtern auf nifi(8e) gebe ich einige
Beispiele. Mnd. Wb. : denenisse (L drofen.?) erifenisse, bekanteuisse (eine andere
Bildung ist bekennisse 27, 3, vgl. Grimm Wb. 5, 551), beheltenis, gesteltenisse. Hamb.
Chron. drochenisse 475; drochenisse 475; tuchenisse 521; gefenkenisse 505; bekente-
nissc 477; erkantenisse 552. Im Niederländischen ist dieselbe Erscheinung.
45. medicare blieken. Hier ist Verwirrung. Kein Glossar giebt etwas ähn-
liches.
21. 17. werlic fdr werldlic ist im Mnd. sehr gewöhnlich, z. B. Lab. Chron.
1, 175.
19. mnrra maserbam, st. maserbom. Der Schreibfehler lässt auf eine hd.
Quelle schliessen, die maserboum hatte. Vgl. Dief., und Lexer Mhd. Wb. mas»*, wo
anord. mösurr, ags. maser Ahorn beigebracht wird.
29. materrei Das zweite r kann durch die Vertheilung des Wortes auf zwei
Zeilen mat'|rei hervorgerufen worden sein, vgl. euenjnolt 7, 9, errononenus 12, 49.
Denn das e wird lang sein. Allein vielleicht wollte der Schreiber dadurch andeuten,
dass das Wort Proparoxytonon ist. Mhd. materje, materie; Kil.materie; also ande-
rer Art, als die Wörter auf hd. ie, mnl. ije, in unserm Glossar ige.
46. manire warnen; vgl. 28, 16 premunire verwarnen. lieber die Bedeutung
,ausrüsten, versehen mit' des mhd. warnen s. Mhd. Wb. Vgl auch Dief. munire.
Lüb. Chron. l, 140: do de riddere deme greven also na ret, de greve sie darweder
hadde warnet (sich dagegen vorgesehen); daselbst: euer langhen dwele he sie hadde
warnet (sich mit einem Handtuche versehen); aber auch in der Bedeutung «warnen^
1, 133: des wurden war de wartlude unde warneden dat volk.
22. 23. stifmuder, vgl. 26, 16. 17 stifsone, stifdochter. Diese Form stif statt
stip oder Step ist bemerkenswerth. As. kommt das Wort nicht vor, nach ags. steop.
anord. stiup, afrs. stiap, stiep sollte es as. stiop gelautet haben, sollte mnd. steep,
stiep, steip lauten. Mnd. findet sich aber nur f in diesen Compositis, z. B. Lüb.
Chron. 1, 41 stefvader, ja schon im Zeitbuch v. E. v. Repgow 111 stefsone. Ebenso
Kilian ndl. Wb. und nndl. stief. Selbst im Schwed. styf, im Dan. stif, stiv, im Stid-
dän. sty, während im Jütischen Lowboke noch stüp, s. Outzen Glossar der fries.
Sprache S. 304. Im 15. Jh. kommt auch fris, stief, steif (s. Richthofen Fries. Wb.
stiap) vor, wohl durch Einfluss des Sächsischen oder Holländischen. Doch lautet es
nordfries* noch siap (aus stjap), Outzen S. 340 ; schip (aus stjip), Johansen Nordfries.
Sprache S. 145; ostfries. stiap (wangerog., s. Ehrentraut Fries. Archiv 1, 396); da-
gegen saterländ. steffaer (daselbst S. 204). Engl. step. Für dies f statt p auf nd.
und skandin. Sprachgebiete bieten sich zwei Erklärungen. Entweder ist es hd. Ein-
ßuss. Dann müsste es der sprachliche Ausdruck für Einwirkungen des oberd. oder
md. Rechts auf das Recht der nördlicheren Landschaften sein, wovon wir aber nichts
wissen. Oder das p assimilierte sich in der Zusammensetzung mit fader dem folgen-
den Anlaute und später folgten die anderen Composita diesem Beispiele der Wandlung
von p in f. Ob man dafür das gleich stif vorkommende dän. sted anführen darf?
Dieses wäre dann als von steddatter ^r- stepdatter ausgegangen zu betrachten. Doch
macht der Vocal Schwierigkeit.
30. neniwis steht deutlich da. Nicht bei Dief. Nenewys z. B. Lappenberg
Bremische Geschichtsquellen S.' 74. 144. 150; nenerleiewis, Lappenb. Chronik der
nortelvisch. Sassen S. 131.
32. nundine jarmarc. Marc für market ist mnd., wie mhd. nicht ganz selten ;
s. Mhd. Wb. ; Lexer Mhd. Wb. ; Dief. nundine. Da c und t in unserm Glossar
häufig schwer zu unterscheiden sind, so könnte man auch iarmart lesen. Allein
diese Form mart ist wohl hd., aber ob auch nd.?
43. nntare waghelen ; nur hier so. Es ist das nnd. waggelen, engl, to waggle,
nhd. wackeln.
23. 10. obstinatas wederbärstieh. Bei Dief. wedderburstig no. 8^, wider-
borstig no. 9. Es ist auch neuhamb. wedderborstich. Kilian gleichfalls wederbor-
stigh; hingegen nndrl. wederbarstig.
17. oerea stavile. Diese vom mhd. stival, ital. stivale, frz. estival, lat aesti-
vale durch Metathesis der Vocale abweichende Form hat bei Dief. auch no. 22^ stavel«
f «
51
Xo. 22^ ist vom J« 1425. Gegen stavel sieht stavile recht alterthüralich aus. Merz-
dorf vier Bücher der Köuige S. 83 stavelen (PI.)* l^ie n^l* Form ist auch die fries.:
stawelen (PI.) helgoL, Frommann Mundarten 3, 30 ; stövel sateri. Outzen S. 343, und
JazQ stimmt das swed. stöfyel, dän. stövele.
18. odorus raken. Steht wohl für rukende. Vgl. 29, 25 nemene; 29, 40
redivivus wederleuen ; 30, 7 reptile crupen dir ; 24 retoricus wolspreken ; 32, 24 scru-
pnlosus vndersuken. ^
38. ezezon stem. Ob ozezon = horizon ? r= orion ? Dioi no. 23 : orion en
Sterne. Für die starke Form stem vgl. auch 12, 27 meyster der Sterne; 32, 43 so-
venstern. Dagegen steht aventsteme 14, 34. Lüb. Chron. 1, 144. 171. 242: Nom.
en Sterne; 1, 171 : des Sternes.
42. ordoxis St. orthodoxis oder orthodoxia. Ghesette habe ich aus dem ghesetz
der Handschrift gelesen, z erscheint öfter in derselben als Abkürzung von et oder t
am Ende der Wörter. Ich halte für wahrscheinlicher, dass z hier te ausdrückt,
als dass es das hd. z bedeutet, denn mhd. müsste das Wort gesetze lauten. Dazu
kommt, dass kein Glossar bei Dief. orthodoxis kennt.
34. 2. obraere bevallen. Vgl 23, 5 obr. untvallen.
27. spade. Vgl. 32, 7 sarculus spade. Dies Wort scheint nicht allen nd.
Landschaften eigen zu sein. Nach den Idiotiken ist es zu Hause in Ostfriesland,
Bremen, Lüneburg, Holstein, Pommern; dagegen scheint es zu fehlen in Westfalen,
Clöttingen, der Altmark.
35. papirns bise. Ebenso bei Dief., wo auch hd. bintz, pinz. Desgleichen
werden juncus und scirpus nd. und hd. glossiert. Ndl. bies, Kilian biese, mnd. meist
bese. Ein anderes Wort, das mit dem sdid. pinuz, mhd. binz, ags. beonet, engl, beut
identisch ist, lautet bent, beent; s. Brem. Wb., Schütze Holst. Id.
40. pasteforiam en kamer. Nach Gesner thesaur. ling. Lat. erklärt Hieronymus
zn Ezechiel cap. 40 7:a<7TO(p6pt3c als Gemächer im Tempel.
40. passus strede ; wäre mhd. strit, as. stridi. Wie das Ags. von vielen star-
ken Verben starke Masculina auf e bildet, um den Verbalbegriff substantivisch aus-
zudrücken so das As. stm. auf i, das mnd. nud. natürlich e wird; z.B. as. biti, ags.
bite, mnd. nnd. bete. Vgl. 4, 21 sncde. So heisst Schmiss nnd. smete, GrifiP grepe,
Bruch bröke u. s. w.
SS5. 14. perosus dur hart; in der Hdschr. dut mit r über dem t Dief. : durhart,
dorcart, dorwart, doergatich, dorechtich, dor. Das dur ist ,durch* im Sinne von ,8ehr^
.16. perstare wolstan; = volstan? Dief. füllen-, vol-, wol-, waelstan.
18. pervicax sabtilis nenradich ; pervicacia nenrat. Dies nen muss aus na
verlesen sein. Vgl. Dief. pervicax naradich, neredich. Naradlch z. B. Lüb. Chron,
1, 172. 413. Mhd. nächrsetec
28. pilleaccis hude ; 1. pil(l)eatus. Die Gloss. bei Dief. richtiger gehudet.
35. dinghe. Aus ghedinghe?
44. porticus lickns. Es is das Beinhaus gemeint. Bei Dief. l^khus vel do-
denhas, hd. lichhus. Auch Mhd. Wb. lihhus porticus. Kilian: lijckhuys domus
ftinesta, funerea. Vgl. mnd. Wb.
136. 47. achterscande. So auch zwei nd. Gloss. bei Dief., während die hd.
ach der schände.
ä7. 8. properare hilken. Hilken r= ilen ? Ein Verb mit k- Ableitung steht
2, 21 : geneken. Das ist aber von einem Adjectiv abgeleitet. Ebenso das bezweifelte
ledeken I, 1, 1. Vgl. Grimm. Gramm. 2, 283. Koppmann erinnerte mich an hilde
geschäftig ; s. Bremer Wb. Allein die Contraction von hildeken zu hilken ist für das
14« Jh. etwas früh.
12. y ersten; 16, 14 indutiare versten; aber 25, 9 vrist.
31. Purpura pellen. Es wird das Adj. sein, mhd. phellin.
38. parvipendere vorsnodeghen. Vgl. 24, 42: paturpendere versman.
29. 12. wye. Diese Form, wie auch 36, 19 dy, ist anhaltisch u. hallisch ;
gemeinsächsisch wäre we, de.* Doch wy z. B. im Dithmarsch. Landtecht, Druck v.
1487; s. Lappenberg Gesch. der Buchdruckerkunst in Hamburg. S. 116.
13. quin immo aaer eyn. Nach den Glossen bei Dief. : ober eyn, over en vel
eyn, sollte man aver eyn = mhd. über ein ,sämmtlich, ganz und gar' verstehen.
52
Dann ist aber aver sehr auffällig. Der üebergang von kurzem o in offener Silbe zu
a entwickelt sich erst im 15. Jh., s. Mud. Wb. 1, I. Darum fasse ich ^ver lieber
= hd. aber. Einige Gloss. bei Dicf. geben auch an: aber, aber meer, wo aber den
Sinn von lat. sed hat. Diese Bedeutung des nd. aver führt das Mnd. Wb. nicht
auf, sondern nur die von ,aberma]sS doch ist sie nicht selten. In den Hamburg.
Stadtrechten ist sie ganz gewöhnlich; z. B. in dem von 1270 (gleichzeitige Hdsch.),
Lappenberg. Hamb. Rechtsalterth. S. XCIV, in dem von 1292 (gleichz. Hdschr.) S. 99.
103. 104 u. s. w., in dem von 1497 (gleichz. Hdschr.) S. 181. 182. 187. u. s. w. Vgl,
immo tuaren.
16. qniten. Vgl. Lexer Mhd, Wb.
23. albedille. Vgl. Mnd. Wb. 1, 50.
25. rapidus nemene. Man könnte nemerne vermuthen, wenn nach den Gloss.
bei Dief. nicht nemende vorzuziehen wäre.
37. reda sele. Vgl. 16, 42 instita selebant. Auch andere Gloss. haben reda
als Theil eines Fuhrwerkes verstanden, s. Dief. Vgl. Lexer Mhd. Wb. sil; Bremer
Wb. Säle.
44. reticere erwederlauen. Nach Grimm Gramm. 2, 928 und Wb. 3, 1062
statt herweder lauen ?
30. 6. reconpensa vergheldinghe. Vgl. 29, 36 rcconpensa wederghelt.
8. repatare verslan. Die Bedeutung ,überschlagen, veranschlagen' von verslan
scheint nur nd. und md. nicht hd., vgl. Mhd. Wb. 2, 2, 379.
13. Pestis wede; vgl. mhd. wide.
42. raga croke; auch mnl. croke; Richey. Hamb. Idiot, krökel; Brem. Id.
krükel.
43. raneare ranken. Die Gloss. bei Dief. erklären runcare richtig als ,gäteD,
reuten*, nur ein ndl. (no. 99) hat runken. Es ist lat. rhonchare gemeint. Vgl. Kilian:
roncken rhonchissare, stertere; nndl ronken.
31. 25. reflorescere verder plogen. verder = weder ; an das as. furdor ist
wohl nicht zu denken. Plogen deutet auf hd. Vorlage. Uebrigens unterscheidet sich
1. 18 bis 1. 27 merklich von dem übrigen Glossar durch andere Schrift, andere Dinte,
viele Radierungen.
43. sagum seysone vel sagere. Hier ist Verwirrung. Sagum wird von fast
allen Glossaren bei Dief. richtig als Gewand gefasst ; so, wie hier, wird von keinem
glossiert. Seysene muss das mhd. segense, bei Kilian seyssen, im Brem. Wb. seesse,
seisse, die Sense sein. Das mhd. Wort segense kann nun aber auch bedeuten, was
sonst mhd. sagene, segene, bei Kilian saeghene, seyghene, seyne heisst, ein Schlepp-
netz, lat. sagena. Das beweist die Deutung einiger Glossare bei Dief.: sagena visch
Segens, segentz der fischer (Dief.: ,zum Unterschiede von falx*). Umgekehrt hat
Kilian: seyne, sende secula^ falx messoria maior. Statt sagum ist also wohl sagena
zu lesen. Da aber eben vor sagum steht: sagena magnum rete, so mag der Glossator
seysene als Sense verstanden haben. Durch eine andere Vermuthung lässt sich sa-
gere rechtfertigen. Mehrere Gloss. bei Dief. geben sagana durch sage (Sager, Er-
zähler), wiszage (Wahrsager). Danach hätte also unser Glossar sagana und sagena
zusammengeworfen.
47. Salsa, salsen ; mhd. salse, salsen, ital. salsa, frz. sauce.
32. 4. sanies etter ; ags. ätor, atter ; nndl. etter, ahd. eitar, Eiter.
8. sartira scimper. Das altlat. satura. Nur hier so glossiert, mit Verwechs-
lung der Sache und der Person. Denn mhd. schimphsere ist histrio, Spassmacher,
holl. schimper Spötter.
9. sartas rnde. Rüde Ruthe? Lies statt sartus satus? Doch vgl. sarta
bei Dief.
13. scabere cleven. Daher nnd. kleien? das dieselbe Bedeutung hat. Holl.
klaauwen, klauwen, ahd. chläwjan, mhd. klaewen.
20. scisma weralghe; st. weringhe, mhd. werrunge. Wegen des einfachen
Consonantinlautcs vgl. d. folgende Wort und Brem. Wb. 5, 234. 238. 288. 6, 405. 420.
Hänselmann Braunschw. Chron. S. 154. Lüb. Chron. I, 66. 161. 190, Merzdorf
Vier Bücher der Könige S. 102. Vgl. dagegen oben 12, 1 extricare ütwerren.
25. serutiniam bescnttinghe. Statt bescuwinghe (Beschauung) oder nach 1. 24
scrutari versuken und Dief. scrutinium besuchunge etwa besukinghe?
53
31. sedare scnlpen. Xud. schulpeu ist ,eitiü Flüssigkeit in eiucm Gefäss
schätteloy oder, von der Flüssigkeit, sich schütteln, geschüttelt werden* ; s. Brem. Wh.,
das es mit undare übersetzt. Die Gloss. l)ei Dief. bieten zu sedare nichts dem scul-
peii ähnliches. — sedicio twydrach; st. twydracht Lüb, Chron, 1, 201 twedrach,
aber 1, 199 twydracht; 1, 247 brutlach st. brutlacht.
35. senarias hasart. Nur das nd. Gloss. no. 23 bei Diel, so: hasart vel ses-
talich. Ueber hasart vgl. Haupt Zeitschr. 1, 575. 2, 425. Lexer Mhd. Wb. uuter
hasebart und bes. den Löwener Vocabularius v. 1483 in den llor. Belg. 7, 41 : ha-
saert, asarium potest dici congregatio duorum punctorum vel trium vel uudecim vel
duodecim superius venientium in duobus taxillis.
47. ordelic. Lüb. Chron. 1, 149 ordelich.
49. serpere slinghen. Vgl. Schlange serpeus.
88. 5. silex keserlinc, Ueber diese Nebenform von kcselinc, hd. Kieseling,
Kiesel, vgl. Grimm Wb. 5, 690.
8. simnlago dost. Dief. similago scmelrael, dunst. Vgl. auch Mnd« Wb. und
Brem. Wb, unter dust.
10. simbolam ghemelDe. Vgl. Dief. symbolum gemeine yrten oder zech, eyn
gemeyn urten vel gemeinsame erkantnisz. Danach scheint unser Glossar hier eine
Vorlage unvollständig ausgeschrieben zu haben. War die Vorlage hd., und verstand
es die Wörter ürte, zeche nicht?
12. sidon en dan laken; st. dure? Nicht bei Dief.
14. giscen. Vgl. Mnd. Wb. gischen.
35. spado ntgheworpen. Vgl. Schmeller Bayer. Wb. 4, 151.
42. senholt. Vgl. das richtigere senewolt II, 2, 2. Mhd. sinwcl.
84. 1. spongia suamp. Got allerdings svamms, ahd. swam, ags. svamm; mhd.
swam, swamme, aber auch swamp und anord. swampr, dän. swed. svamp, engl, swanip.
4. squalere sehellieh werden; squallidus schellich; squala schelle. Vgl. Dief.:
squala i. nola glocklein, schelle. Aber unter squalere und squalidus bietet er nichts
vergleichbares. Squala wird bei Dief. auch als scheliF vel fischschuppe glossiert.
M. schelle ist Schale, Hülse, Bast, Rinde.
7. squanena en erat. Bei Dief. squamena = piscis, i. alota schulle ; dagegen
sqaamenia =^ scamonia (altlat. scammonia) springwurtz.
6. stalpen. Mndl. stelpen, stülpen stagoare, sistere, inhibere (s. Hör. Belg. 7,
105) ; nndl. stelpen stopfen, stillen, hemmen ; Schambach Gütting-Grubenhag. Wb.
stalpem vom Fett, gerinnen.
12. stena. Das grlat. stemma Stammbaum, Ahnentafel. Vgl. Dief.
17. stipare nndersetten. Stipare wohl als von stipes stammend gedacht.
19. stigins hellich. Mhd. ist hellisch gewöhnlich; doch bringt Lexer aus dem
speculum ecclesiae, hrsg. v. Kelle, bei: ,hellich aus hellelich.*
20. stima grafscrift. 'E7:i(jTY,[i.x Grabdenkmal?
sicina warve. Nach der alphabetischen Keihenfolge ist wohl stimi oder stimmi
za vermuthen. Altlat. ii^t stimmi = stibium Spiessglanz. Vgl. 1. 13.
22. strator eyn uedeler. Bei Dief. str. i. sellator sateler, seddelere.
24. strepa; s. Diez Roman. Wb. estribo.
26. Struma hoker. Struma, altlat. Halsdrüse, wird bei Dief. von einem Gloss. er-
klärt : gibbus in pectore, tumor in pectore vel dorso vel collo. Vgl. 1 3, 49 gibbus hover.
27. stnpor wnder. Auch mhd. wunder =^ Verwunderung.
31. snbigere nndergan. Nicht bei Dief. so, sondern underdon.
32. snbj agare beweghen. Nicht bei Dief., sondern unter anderm auch bewel-
digen; daraus beweghen entstellt?
34, rnbrogare undersetten. So auch bei Dief.; andere Glossare daselbst: eyn
andern seczen vnderseczen einen andern an sein statt vnder ine.
35, sorripere nndernemen. Mhd. undememen hindern. Bei Dief. erklärt ein
Glossar: undememen, underziehen, begrifien heimlichen oder verborgen,
40. sabarbium vorborch. Höhlbaum, llöneke livländ. Reimchron. S. 33: vor-
Iwrch; Merzdorf vier Bücher der Könige S. 182: dat vorborchte des sclates, prin-
cipium castrorum.
43. saecinere nndersinghen. So auch bei Dief.; das Compositum scheint
nicht blosse Nachbildung des lat. Wortes, da bei Dief. auch tenorare so glossiert wird.
54
85. 6. snnamitis ghevanghen. Merzdorf Vier B. d. Könige S. 184 wird
Sunaroitis (Luther: die SuDamitin) tibersetzt de elende vrouwe. Vgl. Dief,
Huparns staken. Altlat. supparum, supparus. Da mhd. slüche (weiter, herab-
hängender Aerniel), auch bei Dief. stäche, stuch, ^tuke, stuck, so wird stuken Plural
sein, und der Strich hinter dem r von supar mag ein i bedeuten: supari.
11. sapervacne verghevesch. Sonst rand. vcrgheves oder to vergheves, z.B.
Lüb. Chron. 1, lö8. 137. Dief.: frustra vcrgheves, tc vergeefFs. Vgl. den entgegen-
gesetzten Fehler vleis statt vleisch 20, 5; wisse statt vische 12, 3. Beide Schreib-
fehler erklären sich durch die Aussprache des seh: es ward nicht als ein Laut, wie
das uhd. sehr engl, sh, gesprochen, sondern wie noch im Westfäl. NdrL, als s — eh.
Vgl. I, 4, 23 wusch.
15. suppetere gevallen, wohl im Shme von ,zu theilwerdcn*. Vgl. Dief. no. 79.
20. npwort sin. So auch jio. 79 bei Dief: opwart sin. Upwort; zu dieser
Form vgl. Lüb. Chron. 1, 54. 161. 171. ostwort; 1, 67 upwordes. Vgl. 30. 25 hin-
derwart; 32, 40 achterwart.
HAMBURG. C. Walther.
Zwiegespräch zwischen dem Leben
und dem Tode.
Die folgenden Bruchstücke eines niederdeutschen Druckes finden
sich, in Streifen zerschnitten, unregelmässig eingeklebt in ein nieder-
deutsches Andachtsbuch der Lübecker Stadtbibliothek aus dem 15.
Jahrhundert (Papierhandschrift, sign. CLV). Die Handschrift und die
Druckreste sind an den betreffenden Stellen vom Wurm durchfrossen,
die letzteren auch zuweilen am Anfang oder Schlüsse zerstört. Das
Buch ist von verschiedenen Händen geschrieben und scheint aus
mehreren Stücken zusammengebunden zu sein. Am Schlüsse eines
derselben, ungefähr in der Mitte des Buches, steht:
Anno domini 1428, in sunte Peters dage in der arne (Aug. 1),
do wart dit bok vullenbracht gode to lovo.
We dit bok wil sehenden ofte stelen,
Deme^) wil ik dem duvele bevelen.
Wes ore is en visscher wade,
Van sorghen vorgeit sin herte drade.^)
Die Schrifttypen ähneln denen von Lübecker Drucken des 15.
Jahrhunderts. Natürlich sind die Reste in die Handschrift später als
. 1428 eingeklebt, werden aber nach den Anspielungen auf Wort und
Holzschnitte der gedruckten Lübecker Todtentänze dem Ende des 15.,
spätestens dem Anfange des 16. Jahrhunderts angehören.
Das Gedicht lässt sich mit Leichtigkeit in der ursprünglichen
Reihenfolge wiederherstellen. Es ist immerhin möglich, dass, ausser
den für den Zusammenhang erforderlichen sechs Zeilen und den durch
die erhaltenen Anfangsbuchstaben erwiesenen zwei Strophen, nichts fehlt.
*) 1. dene. ^) Wessen Ohr gloicli einem grossen Fiscliornetze ist, dessen Her^^
vergeht sclinell vor Sorgen.
55
(Dat levent.)
Wo kumpstu doch beere
Unde wat is dyn (b)eghere?
Wat ys dat krumme touwe,
Dat du tslopest in (der m)ouwe?^)
Do (dod).
Ick kome van eynem koningh(rick).
Dar hebbe ik so meyet al gholy(ck),
Ick byn de dod, ick kan vordervon
Alle dingk, dat id mod sterven.
Dat levent.
Bystu eyn meyer, so meye dyn korno
Unde lat van my dynen torne,
Du en hefst hyr nicht tho schaffen,
Dar umme scholt du my nicht straflFon.
De (dod).
(D)y on baten nicht ve(le worde), *) '
(M)en snelle dy vuste (van dussem erde),
(I)ck wyl di uppe de er(den strecken)
(IJ)nde enen vot lengh(er recken.)'^)
Dat (levent).
(A)ch spare my en kle(ne wyle)
(U)nde kere van my d(yne pyle)®)
(De dod.)
B . . . .
Wal ....
B . • . .
M . . . .
Ac(h)
\j . • . * •
• aj . « . • .
vy • . . ■ .
De dod.
Neen, ik wil dy noch anders spreken,
Ick wil dy dyn horte thobreken,'')
^) Die Sense, entsprechend dem einen Holzschnitte der Lüb. Todtentänze. Vgl.
1520, Beschluss.
*) Dyne groten word helpen dy nicht eyne bonen. Tod zum Reiter.
°) Vorwort ebd. ; Ick wyl jnw up die erden strecken
Unde ernstlik eynen foeth lenger recken.
®) Entsprechend einem zweiten Holzschnitte des Todes in den Lübecker Drucken.
— Die beiden Zeilen stehen auf demselben Streifen mit der vorhergehenden Strophe.
^) Men ik wil dy anders tospreken,
Holth an, ik wil dyn herte tobreken. Tod zum Herzog 1520.
(Dat levent.)
56
Des love mv al sunder wan,
4' 7
So hebbe i(ck men)nighem mynschen g(hedan).
(D)at lov(ont). »)
• •••••••
D(e dod).
Dar synt vele mede bodraghon,
"Wen so langhe vore oghon (seghen)
U(nd)e seden alle: cras cras!
Wo(ri ick) alredo by en was.
^) Noch auf demselben Streifen. '
LÜBECK, Wilh. Mantels.
Lobgedicht auf die Stadt
Braunschweig.
Vrau di, edele stad Brunswijk,
Durbares hillechdomos rijk,
Veler hilleghen patronen,
Do god di sulvcn heft gesant.
5. He wil dorch se mit siner hant
Bewaren unde vorschonen.
Dos .de cristen sin ghovrauwet,
Over al de werlt gestrauwet
In dorpen unde stedon.
10. To Brunswijk is or secker trost,
Van noeden se io werden lost.
Dar wert vor se ghebeden.
Se sin krank effte gheseret:
Suntheit, der se hijr begeret,
15. On allen wert ghegeven.
De spettelschen werden reyne.
De vrochtighen al gemene
In sekerheit hijr streven.
Ghevanghen und ghebunden,
20. Beseten hijr hebben funden.
Losinghe unde gnade.
Trostinghe is den vorlaten.
Vortwivelde hopen vaten
Snelliken und drade.
25. Den bedroveden vrolicheit,
Den armen, des on behof deit,
Van godde wert ghegeven.
De sunder gnade irwerven.
Brocaminghe nicht vorderven.
~4 ■»
57
30. Unheil wert hijr vordreven.
Diit al de patronon saken,
De so dicke, de so vakon
Uns allen trost bewisen,
Wen wy or huipo beglieren,
35. Hijr se loven und eron,
In oreme denste uns prison.
Hijr umme soyket hijr gerho,
Gy sin na by offte vorne,
De werdighon patronen,
40. Godde in on stodes eret,
Do juk so hijr heft bescheret.
He kan dat wol vorlonen.
Van omo nicht unvorlonet blijfft,
Dat me dorch one den sinen gift,
45. In Jhesu Cristi namen,
Do mit dem vader levet wis.
Ein mit dem hilligen goiste is,
Ewich regnernde. Amen.
Mitgetheilt vou Senator F. G. H. Culexnann in Hannover aus i'iner dem-
seibeu gehörigen noch ungedruckten Chronik von Braunschweig, welche bis Herzog
Otto I. Erzbischof von Bremen (1344—1349) fortgeführt ist und deren Schriftzüge
in das Ende des Uten oder Anfang des löten Jahrhunderts reichen. Im Abdruck
ist a und v nach der moderneu Orthographie gesetzt und die Interpunction hinzu-
gefügt. V. 29 lies brocsamighe.
V. 40. godde; diese Dativform (s. v. 27) als Accus, verwendet ist nicht selten.
Man behandelte das Appellativ god wie einen Eigennamen. Dass godde dann auch
als Nomiu. gebraucht ward, lehrt das Mnd. Wb.
Rostocker historisches Lied aus dem
Accisestreit. 1566.
Das nachfolgende bisher wohl iingedruckte spottlied auf den
ßostocker rath ist in der quart-handschrift Mss. Meckl. 0. 55 der
^rossherzogl. Universitätsbibliothek zu Rostock aufbewahrt, aus der
Dr. H. R. Schröter die Rostocker plattdeutsche chronik von 1310 —
1314^) abdrucken liess, die ich dann von neuem vorglich, um ihr
Verhältnis zu Ernst v. Kirchberg fostzustollon.^) Die im Ms. auf jene
Chronik folgende historische compilation wies ich gleichzeitig als eine
Variation des s. g. „körten uttogs der wendischen Chronica'' in Lap-
*) Dr. Hans Rudolf Schröter Beitr. zur Meckl. Geschichtskunde T, 1. (einziges)
lieft. Rostock u. Schwerin 1826. 4. ^) TJeher den 1. u. 2. Theil der Rostocker
Chronik (Rost. Schulprogramm 1873) ; vergl. K. Koppmann in Hansische Gesch. Bl. I,
Heft 2, S. 162 f. Aus demselben sammelbande stammt mein nachtrag zu den Dith-
marschen liedem von 1500 in Schlesw. Holst. Lauenb. Jahrb. 1875 S. 363 ff.
58
penbergs ,Hamburger Chroniken in niedersächsischer Sprache' nach.
Die beiden genannten theile und die darstellung der domfehde sind
die abschrift des rathshorrn Dr. Valentin Gerdos von 1558, von
ihm mit einem zweiten exemplar verglichen 1562. Die kleinen nach-
folgenden ausztige stammen, abgesehen von 2 unmotivirten Zusätzen
zu den Rostocker konnew^arden^), offenbar aus Lindenbergs Chronicon
Rostochiense von 1596, und unser unmittelbar darnach folgendos liod
ist nicht früher eingetragen, es wird im anfang dos 17. jahrh. abge-
schrieben sein. Entstanden ist es aber nachweislich 1566 und viel,
aber wahrscheinlich nur kurze zeit, in Umlauf gewesen, voraussicht-
lich nur in abschriften. Denn da vor dem 6. März 1566 schon über
.Schmähbriefe', die in Rostock gedruckt waren, geklagt und anschei-
nend inquirirt, auch der drucker Stephan Möllmann oder Myliander
bekannt wurde,^) unser lied aber noch auf ereignisse des 3. April be-
zug nimmt, so kann es zu den genannton „briefen" nicht gehören,
und schwerlich hat in der folgenden schreckenszeit der herzoglichen
occupation noch jemand ähnliches zu drucken gewagt. Im öfteren
abschreiben ist die spräche schon verändert, zum theil dem hoch-
deutschen anbequemt. Was von den Störungen im strophenbau dem
original oder dem abschroibor zuzusohiobon sei, lässt sich nicht mehr
feststellen.
In den vielgestaltigen, ernsten und bedrohlichen, dabei aber zum
theil überaus kleinlichen und in die spocialsten, privatesten und ge-
wöhnlichsten Interessen sich voiiierondon Avirron, die in Rostock 1558,
im keime schon 1556, sich erhoben und erst oinigormassen 1573, de-
finitiv 1583 zu ende gingen, hat die stadt ihre schon gesunkene han-
sische macht dauernd eingebüsst.'*) Der streit drohte sich zuerst um
übernommene abzahlung fürstlicher schulden, aus dem zank über die
höhe der summe wurde ein hader über die zahlungsweise; der rath
mit den reichen wollte accise, besonders auf den wichtigen erwerb
des brauens, also indirecte Steuer, die bürgerschaft den lOOsten pfen-
nig, also directe Steuer, 1 ^/o vom vermögen, nicht von der einnähme.
Der gleichzeitige, vielfach gehässige theologische und noch mehr
^) Angedeutet von Schröter 1. c. S. XV. und etwas seltsam benutzt von Käja-
merer „üeber die Strafe des Prangers und Halseisens** : Neue wöch. Rost Nachr. 1838
S. 162, anm. 5. Jetzt abgedruckt .in Verhandl. der 30. Vers, deutscher phil. und
schulm. zu Rostock S. 92. *) Lisch Jahrb. V. S. 155, anm. 5. ^) Als quellen sind
ein für allemal zu nennen: die von Johann Huber 1617 umgearbeitete geschichte von
Rostock, bei Ungnaden Amoen. von S. 800 an. Die abschrift der Univ. Bibl. Mss.
Meckl. 0. 46 ist besser als der Abdruck. Dieselbe Chron. kommt auch unter dem
Namen des Thomas Lindemann in Mss. Meckl. A. 44 vor; in einer völlig gleichen
und einer erheblich abweichenden recension. lieber das muthmassHche, im grossherz.
Archiv befindliche niederdeutsche original vgl. Lisch. Jahrb. VIII. S. 185 ff, —
D. Chytraei Saxonia. — Lindenberg Chron. Rost. — Wegen der geistlichen Wirren
sehr einseitig Lucas Bacmeister in v. Wcstphalen Mon. Ined. I. — Jul. Wiggers in
Lisch Jahrb XIX. Die Personalien finden sich ausserdem zerstreut im s. g. Ilostocker
Etwas, vorgl auch Krey's Schriften. Besonders wichtig für die zeitliche folge ist
der registerauszug der rathsacten (Extractus protoc.) von 1558—1599 in Neue
WöchentL Rostock. Anzeigen 1838 ff. Das Ms. befindet sich in der Univ. Bil)l.
Ms. Meckl. 0. 76 fol., vergl. auch (Karsten) ibid S. 209 f.
•^r'
59
disciplinarische hader der geistlichkcit gegen die vom rath gesetzten
Superintendenten, Draconitos und darauf Kittel,'*) und dadurch
gegen den rath selbst, gradezu verbunden mit Verhetzung der gemein-
den von der kanzol herab, schürte das schon brennende feuer. Die
iiuklaro abgrenzung des maclitgebietes der gemeinsamen landesherren,
der herzöge Johann Albrocht und Ulrich gegenüber dem rathe, ver-
dunkelt noch mehr durch die beiderseitigen ansprüche auf kirchen-
güter, bei Ulrich, als bischof von Schwerin, noch durch den anspruch
auf die bischöflichen hoheitsrechto, bei Johann Albrecht später auf
ein kaiserliches mandat als schiodsricliter zwischen rath und bürger-
schaft, trat umsomehr hinzu, als hin und wieder der rath den einen
oder andern herzog gegen die gonioino, und umgekehrt wenn der
rath mit Johann Albrecht zu golien gedachte, herzog Ulrich die ge-
meine gegen beide vorzuschieben für nützlich erachtete. Femer bil-
dete einen theil des gleichzeitigen Streites das eigenthümliche verhält-
niss der Universität, deren profossoi'on thoils vom rath, theils von den
forsten abhingen, und doch in einer, freilich nicht recht respectirten
Unabhängigkeit dastanden. Die räthlichen professoren hatten das recht
allein zum rectorate zu gelangen lange behauptet, die fürstlichen be-
stritten es, herzog Johann Albrecht nahm lebhaft partei. 1563 war
dieser krieg durch herstellung eines einzigen .concilium entschieden
und David Chytraeus als erster fürstlicher professor zum rector ge-
wählt. Von da an tobte in der stadt der hader der „Sechziger'^ mit
dem rathe, besonders um die accise, und 1565 war letzterer der de-
mokratischen agitation völlig erlegen, die „Sechziger'' oder eigentlich
ihre führer beherrschten die stadt. Das ist der Accise- oder Ziesen-
streit, denn das volk nannte die abgäbe stets die „Zise", im Liede
är. 18, 4 sogar als s. m. den „ziesen". Hinein spielt der schwedisch-
dänische krieg, sogar im Rostocker hafen wurde ein schwedisches
kriegsschiff unter admiral Baggo von den Dänen beschossen und ver-
brannt; aber vor dem häuslichen schilliugszwiste, ob „die pracher be-
zahlen'' sollten oder die reichen, hatte man nicht äuge noch ohr für
grössere Interessen. Auch die 1565 in Rostock arg wüthende pest
störte den hader nicht. 1560 hatte die bürgerschaft Sechziger be-
gehrt, 1561 sie gewählt, 1563 begannen sie an die Verwaltung der
guter band zu legen. 22. — 24. Febr. 1563 „begruben"') sie eine wiese
zum besten des gemeindesäckels, die früher Viehweide von Kassebohm
gewesen war. Die grossbrauer hielten meist zum rath, namentlich
Hans Brocker oder Broecker,^) aus dem patriziergeschlechte , hatte
sich für ihn ausgesprochen; in einem grossen tumulte wurde ihm am
^>. Aug. 1563 unter führung der brüder Lepoler^) vom pöbel ein
^) Diesem streite gehört das lateinische libell gegen die Rostocker geistlichen
an: abgedruckt in der festschrift des Rostock. Gymns. für F. V. Fritzche 1875,
ftbenfalls aus Ms. Meckl. 0. 55. ^) mit graben umziehn, s. Grimm DW. v., begraben.
") Hans Bröcker, 1567 in den rath gekoren, wurde 1581 bürgermeister, f 30. Nov.
1582. Er wohnte am Hopfenmarkt, sein Speicher lag am strande bei der Grube.
^) So nach den Mss. Ungnaden S. 804 hat Toepeler.
60
Speicher niedergerissen. Den grOssten hass zogen sich aber 1565 die
beiden brtider Kirchhoff zu, aus dem reichsten und stolzesten der
damaligen patriziergoschlechter, Dr. Lambert*^) und Dr. Laurentius.
Ersteror war 1560 in den rath gewählt und 1565 weddeherr. Lau-
rentius, 1559 „in der stadt oydo" getreten und zu syndicatsgoschäf-
ton benutzt, war 1560 zum räthlichen profossor juris ernannt, er
spielte eine sehr zweideutige rolle, indem er sich 1567 zum fürst-
lichen Professor ernennen liess. Sie waren in reichem besitz, nament-
lich soit der familie 1528 die Katzow'schen erbgüter zugefallen waren;
so, standen sie zu den herzogen in genauer beziehung. Unter dem
vorwande oder aus anlass der pest waren Lambert, nachher auch
Lorenz Kirchhoff auf das land gegangen, letzterer aber* thatsächlich
an den Fürsten gesandt; ebenso hatten sich die kriegsobersten La-
zarus Möller und Hans Redding entfernt. Am Tage nach himmel-
fahrt (23. Mai) klagt der städtische gtitervogt Hans Beckentin, dem
die 60 die administration übergeben hatten, Lambert Kirchhoff habe
ihm das heu von der obengenannten wiese abfahren lassen, acton-
mässig werden Jacob Gercken und Hoppe seine hielfer genannt.
Nichts hat die gemeinde so in wuth gesetzt, zumal man glaubte, K.
halte sich bei Moltke zu Teutenwinkel auf, mit dem ständiger streit
wogen eingriffs in städtische gerechtsame auf der Warnow war. Der
rath verlor darüber auch den letzten schein von macht; ohne frage
hat er sich heimlich deshalb mit herzog Johann Albrecht verständigt,
dem er als kaiserlichen commissar einlass verschaffen wollte. Schon
am 9. Juni war Lorenz Kirchhoff zu ihm geschickt. Am 29. war
wieder ein schreiben erlassen, dann schweigen die rathsacten bis
1. Nov. Johann Albrecht hatte durch Lazarus Möller werben lassen,
die btirgerschaft behauptete sogar, dio Kirchhoff hätten es selbst ge-
than. Am 18. October erschien der herzog plötzlich mit reiterei bei
Pölchow, um nachts eingelassen zu werden; aber Lazarus Möller
wollte ohne fussvolk sich nicht in dio stadt wagen, darüber wurde
die bürgerschaft allarm irt; zum auszug jedoch kam es nicht. Lo-
renz Kirchhoff hatte vor dem Kröpeliner thor eine besprechung mit
den bürgern, der herzog gab einen vorsiegelten, später vom rath
nach Stralsund geretteten brief ab, dass er nur zur Schlichtung der
Unruhe in Rostock einrücken und der stadt privilegia nicht kränken
wolle. Es wurde vorhandelt und auf zureden dos pastor und pro-
fossor Simon Pauli und des profossor Bartholomäus Cling der fürst
mit 400 reitern und 800 landsknechten am 28. October gegen re-
vers eingelassen. Am 31. Oct. wurde der bürgerbrief, die Verfassung
der 60, verbrannt, dann wurde das ganze beer in die stadt gezogen,
dessen proviant und sold der stadt auferlegt; am 15. Nov. wurde
zu diesem zwecke eine „zieso" festgesetzt. Böse werte im trunk
gegen den herzog wurden mit dem Schwerte gerichtet. Zugleich forderte
nun auch hcj-zog Ulrich drohend einlass und 50,000 fl. Am Weih-
nachtsabend wurde dio bürgerschaft entwaffnet, alle waffen auf das
*®) Er wohnte am Burgwall.
Ol
rathhaus geliefert, und über diesem jamnier vortrug sich rath und ge-
meinde am 21. Jan. 1566*^ Scheinbar war Johann Aibrecht erzttrnt,
dass Ulrich auch in die Stadt wollte, aber als dieser doch am 7. Eobr.
1566 einritt, waren beide völlig einig Rostock ganz in ihre gewalt zu
bringen; schon am 11. ersahen sie sich die stelle einer Zwingburg
im yRosengarten'^ schon am 17. machten die italienischen baumoister
den anfang mit der Vermessung, während die fttrston die 'stadt zu
imterwerfungsartikeln zu schrecken suchten. Am 25. that Johann
Albrecht den ersten Spatenstich, und am 27. wurde das Steinthor ein-
gerissen und das bolwerk des Zwingers durchgehauen, so dass der
eingang von aussen war. In diese Zeiten fallen die zum 6. März er-
wähnten Schmähbriefe. Am selben tage verliossen die herzöge Rostock,
aber ihre räthe setzten das werk fort. Am 11. März wurde das rath-
haus erbrochen und der Stadt alles geschütz, pulver, kugeln, schwefel
und Salpeter genommen. Am 12. März versuchte man rath und
bürgerschaft abermals zur annähme der artikel zu schrecken, und als
das nicht gelang, wurden beim austritt aus dem rathhaus die bürgor-
meister Berend Pauls oder Pavels und Thomas Gerdes, die rathsherren
Franz Quante und Dr. Valentin Gerdes und der seidenkrämer Hinrich
Brandt durch eine rotte hakonschtttzen festgenommen und in ihre
häuser gelegt. Als auch neue bedrohungon und der köder des auf-
hörens der Zahlungen für das kriegsvolk nicht verfingen, wurden die
5 gefangenen am 3. April auf horzogs Ulrich geheiss abgeführt, 3
nach Bützow aufs rathhaus, von dort später nach Plan (Plage), 2 nach
Schwerin und später nach Dömitz, wo sie bis Nativit. Mariae (8. Sept.)
festgehalten wurden. Die weitere entwickolung der Rostocker wirren
gehört nicht zum Verständnis des liodes.
Da die gefangenen nach stropho 19 schon in Plau und Dömitz
liegen und ihre rückkehr nicht angeführt wird, so muss das lied
zwischen mitte April und anfang September 1566 entstanden sein.
Zum historischen verständniss trägt es nicht bei, nur zeigt es dra-
stisch den hass der unteren Volksschichten, der sich wesentlich an
die kleinliche heugeschichte hängt (2, 2 und 21, 5), sogar unbetliei-
ligte deshalb damit zusammenbringt (3.), dagegen hämisch dem rathe
böses gönnt (21. 19) und neidisch auf die ehre des besuchs der
herrentage sieht (23). Einige namen sind uns unbekannt: Rah-
deneck (3, 4) ist vielleicht der ausgewichene Hans Redding, Kerk-
hoff (v. 4) ist Lambert Kirchhoff, der stolze hut spielt bei den
Rostocker patriziern eine berüchtigte rolle. Auch der rathsherr
Reimer Preen, der verrätherisch in der schlacht bei Pankelow 1487
dem Rostocker landsknecht den arm mit dem faustrohr durchschoss,
weil er gegen wünsch des Alten Rathes den herzog Balthasar ge-
fangen hatte, wurde Reimer Hogehot genannt. Dagegen Kerkhoff
Str. 7, 8 und 9 ist Laurentius Kirchlioff, Her ClaAves Hövet (18)
ist nicht bekannt, auch die strophe ist nicht klar. Haben er und
Brandt die accise mit eingerichtet, oder ist hinter „verstand" ein
") Ms. A. 44. Der druck hat 2. Jan.
6ä
punkt zu setzen? In diesem wahrscheinlichen falle hätten beide ab-
gerathen, den ftirsten einzulassen, weil „fürstenbriefe wären dunkel
zu lesen'' ^^. Unter den rathsherm ist kein Hövet, auch ein syndicus
des namens kommt nicht vor. Ist es volksmässiger beiname, so kann
ein rathsherr, der den namen Nicolaus führte, gemeint sein: Beselin,
seit 1530, starb schon 1565, ob Runge, seit 1536, und Dobbin, schon
seit 1521, noch lebten, kann ich nicht finden. Die 14 bürger (20)
worden die bei Ungnaden S. 334 erwähnten „vornehmsten bttrger"
sein, mit denen der rath sich wegen einlassung Johann Albroch ts
zunächst besprach.
*2) Ungnaden S. 809.
1. Will gy hören ein nyes. gedieht,
wo id to Rostock is utgoricht
van wunderlikon dingen:
dat de van Rostock solko apon sitit,
mot man en wol ton ehren singen.
2. KarckhoflP up dem Borchwall,
de den van Rostock ore heie stal,
id blifft doch nich verbalen.
Und hedde ho dat by dago godan,
he hedde nicht gestahlen.
3. Dicke Brocker by den Hoppenmarkodo,
de halp em dat heie to hope harken,
dat is wahr und nicht erlagen.
Rahdeneck mit der krummen band
de bestürde em den wagen.
4. Karckhoff hadde einen bunten hoot gekofft,
darmede so ging he her also groflFt (!)
up sinen wagen geladen,
und tow dem hertog van Mecklenborg vor,
de stat wolde he verraden.
5. Gnediger forst und here,
wilde gi mi dat vertruwen,
und will mi Juwer Gnade hulp und bystand don:
Ick will Juwer Gnaden do Stadt upgeuon,
dar scheide gi nicht vor schweren.
1. *) nyej. «) tho — uth. -*) solcke. ^) woll — tlion.
2. ') ehre, stall ^) bliflPt — nich ist wohl der ausspräche nacli richtig.
3. *) marckede. *) tho. ') harcken.
4. *) fohr
5. ^) mie. ^) dohn. Strophe 5 muss dem anklänge nach richtiger lauten:
Wilde gi mi dat vertruwen,
und will mi Juwer Gnade halp und bystand don,
Gnediger forst und herc:
Ick will Juwer Gnaden de Stadt upgcuen,
dar scholde gi nicht vor schweren. — Doch vgl. 19. 21. 22.
6B
6.
')
7.
*)
8.
9.
*)
10.
/
11.
12.
')
')
6. De forste dachte in sinem mot,
disse sake schal wol werden gout,
da mot Unser Gnaden na dingen.
Dar Unser Gnaden so lange na gewest
dat schal uns nii gelingen.
7. KarckhoflF is ein golerder man,
de vor eine schelmerye wol roden kan,
den dot man nicht vernichten.
Dede land und stat verraden wil,
dat dede he sik verplichten.
7. Karckhoff de was utgesand
mit golde und gelde in frembde land:
frembde geste scheide he halen.
Do he wedder to Rostock quam,
don spisede em de rath calferbraden.
9. Don Karckhoff wedder to Rostock quam,
wo balde de rath dat vernam, •
se togen em entiegon in dat feld.
Wat em de börger haddon tho lede godan,
dat scheiden se don entgelden.
10. De rath makede einen anslag drade,
darmede weiden se de stat Rostock verraden,
und weiden dem forsten de stat upgeven.
Se weiden alle börger to dede slan
Unde nemand darinne laten leven.
11. De rath hadde sik also bedacht,
fackeln unde lichte hadden se utgebracht,
darmit weiden se den kriegesluden wenken.
Unde scheiden ere hüser voröver theen
unde nemand darinne krenken.
12. De rath gedachte in crem mot:
disse sake de schal werden gout,
se möchten my wesen gar linde.
Se schickeden na dem hertog van Meckelnborg ut
Unde konden en nergen finden.
moth. ^) wol]. gaut. doch ist goat wol richtiger. ^} schall, un^.
woU. ^) doth. *) sick.
waf;. *) tho. kam (vergl. 9, 1).
gethan.
anschlag. ^) tho. schlau.
sich. *) uth. ^) kriegej. wenckön. *) scholde. ehre
ehrem. Die constr. ad sensuin (statt sinem) ist gew. richtig, moth.
gut, vergl, 6, 2. *) uth ^) ehn.
64
13. Se söchten en hen, se söchten en her,
to Polchow worden se sin war
mit sinem groten hupen.
Se hadden bröder to gaste geladen,
win und beier brachten se en to supen.
14. De bOrger nemen den forsten war,
se lepen all na dem Kröplinschen dor
unde woldem em entlegen.
De rath de sprack mit frischem mot,
dat sind unse guden fründe.
15. De forste dachte an siner gnade,
willen de schelme ere stat vorraden,
segel unde breve wille wy en geven —
und willen Rostock intonemen then
Unde holden en gar weinig darneven.
16. J)e börger van Rostock tögen ut,
se hadden gout geschütte unde kruet
und möstent doch nicht bruken.
Averst hadden de börger eren willen hat,
liartog Hans mit den Markners liedden wol bleven darbuten.
17. De rath de sede: dat sind unse fründe,
schetet nicht leven börger, ieder sehet gelt fyf gülden,
des hedden se grote schände.
De börger stunden in frischem mot,
se wolden dar lever umme starven.
18. Her Clawes Hövet und Hinrich Brand
De hadden der sake wol verstand(.)
de schelmstücken hebben se utgerichtet
und hebben den Ziesen upgebracht,
de stat Rostock dardorch to vernichten.
19. Do lochte de forste den rath unde Brand
Vorn up de grense des Mecklenborger land
na Dömitz unde Plage vast.
Da mosten se Ivden wedder roie noch rast,
se mosten der wol recht bichten.
13. *) wahr. *) tho. ^) wien. tho.
14. *) wahr, nehmen, vergl. 15,*. ^) dohr. **) moth.
15. *) aiener. *) intho.
16. ^) thögen. uth, *) guet, vergl. 6,2 und 12,a. In kruet ist e nur längen-
zeichen. *) ehren, hatt ^) Marckners.
17. *) geld. fyff. *) moth.
18. 2) woll. 8) uthgerichtett. ^) tho.
19. *) dej, ^) woll. Die Strophe ist in der anordnung geändert, doch scheint
die Umstellung von vers 4 und 5 so hart, dass wol anzunehmen ist, der Verfasser
habe sich nicht an strenge Ordnung gekehrt. Vgl. 5. 21. 22.
65
20. Se mackeden 14 börger ia einen rath
und meinden de stat weire wol vorwart
tinde leipen na allen dören.
De börger senden de slötel (henut)
hartog Hansen underwegen.
21. De rath van Rostock weren guder dinge,
tovöm hadden se knechte de achterau gingen,
Nu gan se gar alleine
Unde slant de nese twischen de beine,
de Schelme und heiedowe.
22. De rath van Rostock werens wert,
dat börger van Rostock köften ein holten swert
unde eine schneide van haste
Unde einen schild van haverstro,
Dat hört dem rade to,
darmede gan se to gaste.
23. De heren van Rostock latent nicht geschein,
wen andere heren to dage thein,
wysheit wolden se plegen.
Seit nu to, gj edlen hern,
wo sind gy nu gedegen.
•
24. Dat leyd het also nu ein beslut;
hartog Hans gift segel unde breive ut
dem Rade van Rostock gerne,
Unde holt dar na ock wat he wil,
Darmit is he ein here.
20. *) mackeden: ck dehnt das a. ') woll. vorwahrt. *) sende schlotell.
Es fehlen einige sylben, vielleicht ist ^henut** zu ergänzen.
21. ^) wehren, vergl. 12,i *) tho, achterahn. Diese stroplie ist durch Um-
stellung von 4: und 5 ^lerdings nicht herzustellen; doch vergl. 5. 19. 22, ^) schlant
22. *) wehreus (vergl. 12 1, 21,i) wehrt. ^) Wahrscheinlich ist die ursprüng-
liche Form : dat de börger köften, — köfften. schwert. *) tho. *) gähn. tho. Die
Strophe hat 6 zeilen ; augenscheinlich sind zeile 2—4 aus einem kinderliede oder wie-
genliede geflossen. Die erinnerung an das original hat also hier entweder den Ver-
fasser oder den abschreiber die zeile 5 (,,dat hört usem kinne to" noch jetzt im Han-
noverschen) unversehens mit aufnehmen lassen. In v. 3 ist ^schneide* wol aus ;scheide'
absichtlich verdreht.
23. ^) tho. 3) wyssheit *) tho.
24. *) beschluett, *) hartzog, cf. 4,4, 16,6. gifft. breife (vergl, 15,3). uth.
") rahde. *) will. ^) iß.
ROSTOCK. K. E. K Krause.
l^iederdeutsches Jabrbuch, I.
66
Aus einem niedersächsischen Pfarr-
herrn von Kaienberg.
Die unten abgedruckten Bruchstücke einer niedersächsischen
Bearbeitung des Pfarrherrn von Kaienberg sind der Lübecker Stadt-
bibliothek entnommen. Sie stehen auf zwei Druckblättem in Octav-
format, welche wahrscheinlich mein Vorgänger, Professor Deecke, aus
einem alten Einbände gelöst hat, je eine Seite ist noch mit Leim be-
strichen. Wie unten nachgewiesen werden soll, fehlen vermuthlich
zwei Blätter zwischen I und II. Der 1833 verstorbene Ulmer Bi-
bliothekar, Professor Veesenmeyer, besass gleichfalls zwei Blätter eines
niedersächsischen Pfarrherrn von Kaienberg, wie von der Hagen in
seinen Briefen in die Heimat, Bd. 1, Bresl. 1818, S. 131 berichtet —
eine Notiz, welche ich Herrn Dr. R. Köhler in Weimar verdanke.
Es würde vom höchsten Interesse sein, dem Verbleib dieser Blätter
nachzuspüren, doch verspricht sich der Sohn des Professor V., gleich-
falls Bibliothekar in Ulm, Wenig Erfolg davon, indem er mit Bedauern
berichtet, dass während seiner Minderjährigkeit der betreffende Theil
des Nachlasses seines Vaters an den Antiquar Butsch in Augsburg
verkauft sei. Nach dem ersten der folgenden Blätter, mit welchen
ich, um dem Leser ein Urtheil zu ermöglichen, den hochdeutschen
Text zusammengestellt habe, erweist sich .das Niedersächsische als
wörtliche Uebertragung. Missverständnisse, unreine Reime u. a. be-
zeugen es. Doch sind schon hier kleine Abweichungen, welche auf
eine andre hochdeutsche Vorlage hinweisen. Vollends bestätigt wird
dies durch Blatt II, welches die erzählte Geschichte, die im Hoch-
deutschen eine reine Unfläterei ist, genügend motivirt, Schalkheit,
Gegenschalkheit und einen stärkeren Trumpf in sich schliesst und,
obschon unsauber, doch den Charakter einer vollendeten Eulenspiegelei
an sich trägt. Man könnte darum vermuthen, dass sie Erfindung des
niedersächsischen Bearbeiters sei , wenn nicht die' bisher bekannte
hochdeutsche Fassung Ungereimtheiten in sich hätte, welche auf Cor-
rumpirnng einer älteren Vorlage schliessen lassen. Ungereimt ist es,
den Pfarrer beim Messelesen lange predigen zu lassen, während er
nach dem Niedersächsischen eine stille Messe hält, wodurch zugleich
des Küsters Entfernung vom Altar motivirt wird. Zu einer stillen
Messe passt auch der Holzschnitt im hochdeutschen Druck: der Pfarrer
hebt die Hände zur Consecration auf, vor ihm steht der Kelch. Miss-
verstanden ist ferner im Hochdeutschen, dass der Pfarrer von einem
Zins der Bauern spricht, im Niederdeutschen bekommt der Küster das
Linsenaustragen als Ersatz für fehlenden Zins.
Wenn demnach auf eine ältere hochdeutsche Bearbeitung aus
diesen Bruchstücken zu schliessen ist, wobei der selbständige Antheil
der Niedersachsen immer noch zur Frage steht, so sind unsere Bruch-
stücke auch dadurch für die Geschichten des Pfarrers von K. von
■"^JW*^ ^
«7
fielang, dass sie ersichtlich einem Lübecker Drucke, spätestens aus
dem ersten Jahrzehend des 16. Jahrhunderts, angehören, da die Typen
genau die des Lübecker Druckers Jürgen Bicholf aus dieser Zeit sind.
Der Lübecker Druck steht also der ältesten Ausgabe des Ealenbergers
aus dem 15. Jahrhundert der Zeit nach am nächsten.
Diese, auf der Hamburger Stadtbibliothek bewahrt, ist von
Lappenberg im Anzeige - Blatt der Wiener Jahrbücher der Literatur
Bd. 42, 1828, S. 19 beschrieben. Vergl. desselben Dr. Thom. Mur-
ners Ulenspegel S. 355. Beide Ausgaben haben manches Aehnliche.
Das Hamburger Exemplar ist in kl. 8^, fast 12®, nach Dr. Walthers
Mittheilung. Dem entsprechend sind die, übrigens auf eine gleiche
Torlage zurückgehenden, Holzschnitte im Hamb. Exemplar bedeutend
kleiner. Beide Ausgaben sind nicht paginirt, die Hamburger ohne
alle Literpunktion, auch in der Lübecker beschränkt sich die Intei^
punktion auf nur zwei Kommastriche und gelegentliche Punkte am
Schluss der Zeilen.
Beim Abdrucke ist y und u nach heutigem Brauche, zu Anfang
der Zeilen und Sätze immer ein grosser Anfangsbuchstabe und die
jetzt übliche Interpunktion gesetzt.
Die ausgehobenen und besprochenen hochdeutschen Stücke stehen
in von der Hagens Narrenbuch auf S. 282 bis 287. Die für das
Hamburger Exemplar beigefügte Seitenzahl ist von der ersten Text-
seite an gerechnet.
Hamburger Exemplar.
Lübecker Druck.
L
S. 0. TJnde sprak: Yk moet na
hues wezen bereyt,
Laet yuw dat arbeyt bevalen syn,
Beth ick ghemelke de koye myn.
Dar mede scheydede he van en.
Se arbeyden alle na erem sinne,
Eyner arbeyde so, de ander sus,
Se deden alle na erer lust,
Beth dat ok quem de avent schoen,
Dat men gyft eynem yewelken
syn loen.
Bequemen alle na hues ghegangen
Unde wolden do ere loen entfangen.
Wo wol he hadde ghemaket eyn
ghedinge,
He brack äff eynem yewelken
eynen pennynck.
S. 18, Manicher was im do berait.
Er weist sie hin zu der arbeit.
Und er befall in do das hawen.
Er sprach: Ich muß hin haim
schawen
Und last eÄchß die weil sein be-
volhen.
Ich waiß nit sein mein kfie ge-
molhen.
Do mit also schied er von in.
Sie thetten all noch yrem sin,
Ä 19. Ainer arbeit so, der ander sust,
Sie thetten gantz nach yrem lust,
Biß das do kam die abent zeit
Und yedem seinen Ion geit.
Sie komen all hyn haim gegan
Und weiten haben yren lan.
Do het er< mit yn ein geding
Und brach yedem ab ein pfenning.
5*
•<* i» '. ' •' .T.
68
Dat duchte se wezen alto swaer,
Sproken to deme kerckheren al dar:
Hero, id dunket uns nicht gud,
Dat gy uns am lone affbrekon doet,
Wy doen yo gantz na yuwem willen.
Do kerckhere dede do de rede
styllen
Undo warp eu do dat ghelt nodder,
He sprak: Kämet morgen alle her
wedder.
Dos anderen morgens also vroo
Quemen se alle ghegangen tho,
Darumme worden se van em ghe-
spyset.^)
An eynen bereh he se do wysede,
Eynor dede den anderen anschou-
wen,
' Se mosten alle yegen dale houwen.
Se spreken: Here, dat doet uns
sere wee,
Wor hebbe gy dat ye gheseen meer,
Dat ertryke yegen den borch theen?
Wy mochten wol alle van yuw vleen.
He sprak to en: Nu swyghet stylle,
Gy spreken, gy wolden na alle
mynem wyllen
S. 6. Arbeiden, wo yk ock sulven
wolde.
Dar vor yk yuw Ionen scheide.
Se spreken: Here, yd en is neue
seede,
Dat gy uns sus varen mede,
Wy hebbont alzo nicht ghemenet.
De kerckhere sik do mit en vor-
eniget.
He sprak: Yk gheve yuw wol
yuwo loen.
He wysede se an eynen anderen
yaen.
Das daucht sie all gar zu schwer
Und Sprachen do zu dorn pfarrer:
Ey her, es duncket unß nit gut,
Das ir unß den lan abprechen thut,
Wir thun eSch gantz noch efirem
. willen.
Der pfarrer thet ir red do stillen
Und warJBf in do das gelt nider
Und sprach: Kumpt morgen al
her wider.
Des andren morgens also frue
Komen sie all gegangen zue,
Darumb wurdens von im gepreist.
An einen berge er sie weist,
Ainer thet den andren an schawen,
Sie mustei^ all gethal hawen.
Hie musten sie gethall hawen
und der pfarrer stet also
vor yn.
(Holzschnitt.) 2)
S. 20, Sie sprachen: Her, es thut
unß wee.
Wo habt irs ye gesehen ee,
Das ertreich do ken borg ziehen?
Wir mochten wol von euch fliehen.
Er sprach zu in: Nun schwiget stil,
Ir spracht, ir wolt noch meynem
wil
Arbeitten, wie ich selber wolt,
Darumb gib ich euch meinen seit.
Sie sprachen: Her, es ist nit sit,
Das ir unß also faret mit.
Wir habens nicht also gemaint.
Der pfarrer sich mit yn veraint,
Ä 21. Er sprach: Ich wil euchs
nache lan.
Sie stunden an einen anderen
ian. ^)
*) Bei von der Haj^en, Narrenbuch S. 283, auch; gespeist.
2) Gebirge ; links (vom Beschauer) stellt der Pfarrherr, rechts zwei arbeitende Hauer.
^) Reihe, lieihe gemäheten Grases. Laxer Mhd, Wb.
■i.i
69
Do quam eyn trappe dort hoer
ghevlaghen,
De kerckhere sprak al unbedragen:
Wat voghel mach dar hoer vleghen,
De so sere doyt schryen?
De arbeyders sprekon mit Avorden
hoghe :
Here, yd is unse vyravendes voghel.
Hyr kumpt der buren vyr-
avendes voghel.
(Holzschnitt.) *)
Se arbeyden al dar beth na myd- Und hawtten biß nach mittem tag,
dach,
De kerckhere an eynem berghelach. Der pfarrer auff dem rain dort lag.
Hie hawon sie geperg und
der pfarrer ligt auff dem rain
und ein rab sitzt auff einem
hohen stain und schreit.
(Holzschnitt.)*)
Do kam ein rab dort her geflogen,
Der pfarrer fragt sie unbetrogen,
Er sprach: Waö mag der vogel sein,
Und das er also laut thut schrein?
«S". f^2. Die hawer woren mit wort-
ten gogel:^)
Her, es ist unsser zeit vogel.*)
*) Ein nach rechts aufsteigender Berg, auf dessen Spitze ein Rabe krächzt,
liaks lind rechts von demselbsa je ein Baum. In der linken oberen Ecke eine un-
gestalte Blume. Rechts vom Berge liegt der Kirchherr bequem ausgestreckt, auf den
linken Ellenbogen das Haupt stützend ; links auf einer Abstufung des Berges hauen
zwei Bauern thalabwärts. *) Aehnlich, aber kleiner und zusammengedrängter.
^) ausgelassen, lustig.
*) Im Hamb. Exemplar folgt nun der Schwank, dass die Hauer dem Pfarr-
herrn erklären, das Erscheinen des Raben bedeute für sie Heimgehen von der Arbeit
Der Pfarrer zeigt sich gläubig, lässt sie dafür aber am folgenden Tage, als kein Rabe
iierbeiüiegt, bis lange nach Sonnenuntergang arbeiten. Der Rest der Erzählung nimmt
im Hamburger Exemplar S. 22 und 23 ein, 46 Zeilen. Der Lübecker Druck hat
33 Zeilen auf der Seite, ein Blatt also 66 Zeilen ; davon gehen für Ueberschrift und
Holzschnitt 20 Zeilen ab, es bleibt also gerade der umfang eines Blattes für das
£nde dieses Schwanks, welcher nach dem Obigen wohl bis zum Schluss im nieder-
deutschen Text dem hochdeutschen geglichen haben wird. Die abweichende Fassung
der Geschichte vom hofirenden Kirchherrn im Niederdeutschen beruht aber auf einer
Scßalkheit, welche ihm der Küster gespielt hat, und wenn man die Anfangsworte:
em eghet wol eyne schalkheit van my, wie mir natürlich scheint, dem Küster in den
Mund legt, so muss diesem vorher vom Kirchherrn mitgespielt sein. Wie sollte auch
sonst der Küster dazu kommen, gegen seinen Kirchherrn den Eulenspiegel zu machen ?
Darum glaube ich, dass zwei Blätter zwischen I und II fehlen, und damit denn auch
^in ganzer Kalenberger Schwank, welcher bisher aus den hochdeutschen Drucken nicht
bekannt ward Eine äusserliche Bestätigung dieser Ansicht scheint darin zu liegen,
dass von einem zusammengeschlagenen Bogen solche zwei Blätter als äussere Lage,
in welcher die beiden fehlenden die innere Lage bildeten, leichter vom Buchbinder
verwandt werden konnten. Von II ist beim Loslösen des Blattes vorn ein Stück ab-
gerissen.
Lübecker Druck.
IL
S. ä, Em eghet wol eyne schalck-
heit van my.
De koster to deme kerckherenginck,
Hamburger Exemplar.
8. 24. Hie helt der pfarrer
meß und er wendt sich ob
dem altar umb und predigt
den paurn, do schiechen im
70
De kerckhere ene gar wol entfenck,
He clagede em alle syn ghebreken.
De koster beghunde al do to spreken :
Here, wezet gudes modes unde
wezet vro,
Tck weet ghantz guden raet dar tho.
Ick wil yd also vogen unde raken
Unde wyl yuw eyn wyt pulment
maken
Van mandelen unde van anderen
kniden,
Dat plecht to helpende so danen
lüden.
(D)e kerckhere sprak: Kanstu dat
doen,
(Du sc)halt dar vor krygen dyn
loen.
(De köst)er do nicht lange beyde,
(Uth lin)sen he eynen bry bereyde,
(Dar s)cholde emdebuekaf swellen
(Unde) em in deme lyve umme
wellen.
(Do h)e to dem kerckheren quam,
(De ker)ckhere dat drade to sik nam,
(De l)insen vor eyne arstedye,
(Dar) äff wart vorder neue man-
gelye.»)
(De)s anderen daghes darna nicht
lanck,
(S)o dat de kerckhere missen sanck,
(Da)t lijif beghunde em to blaßen,
(Ga)r nouwe konde he loßen de
hoßen,
(H)e ginck van eynander strijden
Unde leeth eynen hoßen glijden
AI dar hen sunder alle wan, '
Dar de koster plach to staen.
He leeth sik nergen ane merken do
Undeleep weddertodeme altare tho.
Dyt ghescach, de wyle dat de
koster leep
Unde de buren tohope reep,
dy linßen auß und der meß-
ner wil sie fürder keren.
(Holzschnitt.) '')
Damach ainO tages nit seer lang,
So alß der pfarrer messe sang,
Do hub er an mit seiner leer
Und sagt den pawren aber heer
*
Von heilligen und von dissen,
Von eckeren und von wissen.
S. 25. Indem erlengt sich die predig,
Do wurden linßen in im ledig,
Czu den er spracji : Getzainsingauö.
Die pawren hüben sich mit sauß
Hyn auß der kirchen ane pit.
Der pfarrer sprach: Ich mayn
efich nit,
^) Der Pfarrer am Altar mit zur Consecration erhobenen Händen. Hinter ihm
ein Häuflein, welches der Messner fortkehrt.
*) Streit. Die Linsen vertragen sich mit seinen Eingeweiden. Es gieng alles
in Frieden ab,
" fr*
i?.-' "sr ■
71
S.k De dar scholdön luden tom
sty Inisse. ^)
De koster quam wedder dar al
wyß
ünde wüste hyr nergen van.
He gink recht in den dreck staen,
Eyn roke quam em in de neße
so sure,
He sprak: Phu, de mort slae den
bure,
Demydatto schände heft ghedaen,
Dat ovel mote em yo ock bestaen.
De koster leeth sik merken nicht,
He krech einen bessern, de was
dycht,
Wente yd was alzo ghevlegen,
He moste iden dreck sulven uth
dreghen.
De kerckhere sprak to em al dar:
Du byst eyn dore al apenbaer,
Doch so hefstu anders nene tynse,
Du drochst wol uth mit den schoen
de linse.
Dyt is yo dyn rechte loen,
Sulkeme atste schal me so doen.
Hyr wil de kerckhere vle-
gen.
(Holzschnitt.) ^»)
Ich hab wol nechton linssen gaß,
Die schleichent auß, mir ist nun
paß.
Die pawren über horttens all
Und rausten hin mit grossem schall.
Der meßner wolt sich unlust wern
Und wolt die linß vom altar kern,
Das do geschmecht nit wfird die
pfar.
Der pfarrer sprach: Du bist ein
nar,
Die paurn haben do nit andern zinß,
Sie tragen an schuhen auß die
ünß.
Das ist wol war, der meßner sprach.
Es ist gut, der nit ist zu gach.
Hie steet der pfarrer in dem
glockenhauß auff dem thuren
zu Kaienberg und wil über
Tunaw fliegen.
(Holzschnitt.)
®) Btylnisse stn. mhd., Silentium, wird gewöhnlich gleich stilmesse erklärt, nach
Lübben ist es aber wahrscheinlicher der Augenblick der Brotverwandlung^ was an
dieser Stelle trefflich zur Situation passt.
^^) Rechts ein Haus mit ansteigendem Thurm, über die niedere Mauer schaut
der Kirchherr, mit Flügeln versehen, vor der Mauer lagert ein Weinfass. Links
zwei Bauern, unter einem Baum zechend, von welchem ein Vogel sie ankrächzt« Der
Holzschnitt im Hamburger Exemplar, übrigens gleich, ist kleiner und zeigt nur
einen Bauern.
LtTBECK.
Wilh. Mantels-
72
Die niederdeutsche Sprache des
Tischlerge Werks in Hamburg u. Holstein
von
E. Cbemnitz und W. H. Mielek.
Gar oft und noch neuerdings und selbst von wohlgesinnten Be-
urteilern ist der Plattdeutschen Sprache unserer Zeit vorgeworfen
worden, sie ermangele der Ausditicke für Technik und Industrie, ftirs
Gewerksieben. Aus urkundlichen Zeugnissen aber wissen wir, wie
reich das Handwerk im Mittelalter auf niederdeutschem Gebiete sich
entwickelt hatte, und duivh dieselben kennen wir einen ansehnlichen
Wortschatz der Gewerke jener Zeit. Es müsste also, wenn jene ab-
sprechenden Behauptungen wahr wäreii, alles miteinander oder doch
viel seit dem Verschwinden der ndrd. Schriftsprache verloren gegan-
gen sein. Dies anzunehmen liegt allerdings dem landläufigen Urteile
über die Einwirkung und den Einfluss der hochdeutschen Schrift-
sprache sehr nahe, nach welchem nämlich die plattdeutsche Sprache
nur durch die höhere Bildung und die bessere Schule verdrängt wird
und verdrängt werden muss, und nicht, wie mir richtiger scheint,
durch die stete Mischung von Volksgenossen verschiedener Mundart,
in welcher dann derjenige Dialekt obsiegt, der durch die Schriftsprache
begünstigt wird. Doch ist die Wahrheit jener Behauptung durch
ihre Aufstellung noch nicht bewiesen, und es würde sich wohl lohnen
ein Mal die Probe zu machen, um zu einem richtigen Urteile über
den Besitzstand des Plattdeutschen auf gewerblichem Gebiete und
über das Verhältniss der Schriftsprache zum Dialekte und der Dialekte
zu einander auf diesem Gebiete zu gelangen. Das Studium der vor-
handenen Idiotiken genügt dazu nicht. Der grossem Zahl nach sind
diese das Ergebniss des Sammelfleisses und des Beobachtens Einzelner,
die unmöglich jedem Handwerk sein Recht geben konnten und nur
selten einem einzelnen Genüge geleistet haben. Ackerbau mit Wetter
und Wind, Viehzucht, menschliches Familien- und Seelenleben sind
ihr eigentliches Feld. Beispiele von erschöpfenderer Behandlung für
das eine oder das andere Gewerk gibt Dähnert für Fischerei und
Fische, das Bremer Wtb. für Deichwesen, der Westerwälder Schmid
für Weberei; hervorragen an Vielseitigkeit Schmeller und Stalder.
Um nur einigermassen vollständiges Material beizubringen, ist man
auf Sammeln aus dem Volksmunde mit Hülfe geistig aufgeweckter
Handwerker angewiesen und kann mit dem Gefundenen dann die
Idiotiken kontrolliren und vergleichen.
Diese Sammlungen werden allerdings wol kaum den Vorrat an
Stammwörtern vermehren, denn auch die Dialekte sind dafür schon
zu vielseitig und zu vielfältig bearbeitet worden und mancher froh
begrüsste Findling wir4 sich als alter Buchhüter erweisen, dem mit
dem Funde eben nur noch die Lebensfähigkeit zugesprochen werden
_....* jk__
> • r
)
73
inii8S. Manches an neuen Wortzusammensetzungen und viel an bis-
lang unerwähnt gebliebenen Functionen bekannter Wörter wird indess
gefunden werden und 'für beglaubigte Functionen eine schärfere
Fassung gegeben werden können.
Ein volles, wohl gesichtetes Material aus allen Dialekten würde
sich wohl verwerten lassen zu einem Bilde des Entwickelungsganges
der verschiedenen Gewerke und des Anteiles, den det eine oder der
andere der deutschen Stämme an der Gestaltung des einzelnen Ge-
Werkes gehabt hat.
Dies sind die Gesichtspunkte, mit welchen ich an die vorlie-
^onde Arbeit gegangen hin. Für meinen Zweck war das gewählte
Gowerk, die Tischlerei eher ungünstig. Die Zunft der Tischler hat
sich als jüngste und erst zu einer Zeit, da das Niederdeutsche schon
üiedergieng, aus andern holzbearbeitenden Gew(3rkon herausgebildet,
der Name selbst tritt erst spät auf und ist vielleicht mit dem bezeich-
neten Gewerke ausserhalb Niederdeutschlands auf mitteldeutschem
Boden emporgediehen. Und die der Mode unterworfene, wechselsvolle
Entwickelung des Technischen der Tischlerei, deren Maass wol nur
in der Eisenindustrie überboten wird, muss durchweg der Buchsprache
einen verhältnissmässig grösseren Einfluss bewirkt haben. Ich konnte
aber nicht wählen, sondern war darauf angewiesen, bestehende Freund-
schaft zu nutzen.
Ich lege hiermit das dürre Resultat ohne Räsonnement vor.
Eine weitere Bearbeitung erscheint mir erst tunlich, wenn in ähnlicher
Weise die verwandten Gewerke der Hauszimmerer, Schiflfszimmerer,
Böttcher, Drechsler nebst den Ausdrücken der Waldwärter, Förster,
SchneidemüUer, Holzhändler durchgenommen sein werden. Aehnliche
Gruppen würden bilden Bäcker, Müller, Kornbauer; Schuster, Gerber,
Schlachter, Tierärzte, Viehzüchter; Schneiderei und Näherei, Weberei,
Spinnerei, Flachsbau und Flachsbearbeitung.
Das hier Gegebene bezieht sich — und zwar ausschliesslich —
auf die in unserer Zeit gebräuchlichen und verständlichen Ausdrücke
der Tischler. Ausgeschlossen blieben alle diejenigen, welche der
Tischler wohl kennt, im eigentlichen Gebrauche aber bei Zimmerern
lind anderen sind. Mein Gewährsmann, der oben genannte Herr, ist
in Barmstedt iA der Grafschaft Ranzau in Stormarn als Sohn eines
Pastoren geboren und hat zu Altena von 1840—1845 die Tischlerei
in plattdeutscher Werkstattsprache gelernt, -v Ich halte solchen Nach-
weis über die Quelle für durchaus nötig.
In der Schreibung bin ich den Grundsätzen gefolgt, zu denen
sich Schambach in «einem Wörterbuche (pag. 1 unten) bekennt, bin
auch ebensowenig völlig konsequent verfahren. Die geminirten Kon-
>^onanten habe ich nach Möglichkeit vermieden; ich habe noch nie
einen Niederdeutschen eine doppelte muta tenuis aussprechen hören.
Am Platze scheint sie mir nur da, wo noch vom Volke empfundene
Assimilation wirkt Der unbezeichnete Vokal ist kurz, oder richtiger,
ein derzeit kurz oder geschärft gesprochener, der mit ^ bezeichnete
74
ist lang oder wird gedehnt gesprochen. Nachgesetzter • bezeichnet
das verstummte e, wenn es noch in einer besonderen Verlängerung
des vokalischen oder konsonantischen Lautes lebt.
Die verschiedenen gedehnten „e" sind nicht bezeichnet, weil ich
sie (cf. Schambach pag. XTT, Zeile 28 v. oben) nach der Aussprache
meines Gewährsmannes nicht zu unterscheiden vermochte.
Die Anordnung, welche nicht primo loco alphabetisch ist, ent-
spricht dem Wesen nach dem aufgestellten Frageschema, und soll ein
Bild desselben geben. Ich habe alles möglichst knapp gehalten und
hoffe der Gefahr, statt einer sprachlichen Sammlung ein Reallexikon
zu geben, ausgewichen zu sein.
Herr Dr. Nerger hatte die Freundlichkeit unser Manuscript dem
Herrn Tischlermeister Walsmann in Rostock vorzulegen und mit ihm
zu besprechen. Ihren Bemerkungen, welche wiederum hier durch-
gegangen wurden, verdankt vorliegende Arbeit manche Erweiterung
ttnd Berichtigung.
HAMBURG 1876. Januar 26. W. H. Mielck.
Abkürzungen.
Gr. Wtb. : Wörterbuch der Gebrüder Grimm.
Seh. & L. : Mittelniederdeutsches Wörterbuch von Schiller und Lübben. Bremen.
Stö : H. F. A. Stöckel, die Tischlerkunst Vierte Auflage. Weimar 1861.
Ri.: Richey, Idioticon hamburgense. Hamburg 1755.
St.: Strodtmann, Idioticon osnabrugense. Leipzig und Altena 1756.
Br. : Versuch eines niedersächsisch - bremischen Wtbs. Bremen 1767—1771
und 1869.
Da.: Dähnert, rtkgisch-vorpommersches Wtb. Stralsund 1781.
Seh.: Schütze, holsteinisches Idiotikon. Hamburg und Altona 1800—1806.
Scha.: Schambach, göttingisch-grubenhagisches Wtb. Hannover 1858.
Stü.: Stürenburg, ostfriesisches Wtb. Aurich 1867.
Dan.: Danneil, altmärkisches Wtb. Salzwedel 1859.
fcc: functio concordat.
fds.: functio discordat.
Motto : alias enim slio plara invenire
potest, nemo omni».
I. W^erkzeug und Grerä^t.
a. Werkzeug.
bankkBeclit, b- pl. — nl, ein & L. I. 386 -^ Br. I. 50 & VI.
Gestell zur Stütze langer Bretter, 37 — Da. 51 — Scha. 29; bör,
die mit einem Ende in die Hobel- börit, b5rel; 280: bar — Dan. 13:
bank eingespannt werden. Stöckel baorittch'n — Stü. 8, 10. Man
13. Knecht, Stehknocht. unterscheidet: dril-bär, Drillbohrer.
bär, m. pL — n, Bohrer. Gr. Gr. Wtb. ü. 1409, als gebräuchlich
Wtb. IL 288 — Stöckel 62 — Seh. bei Stein- und Metallarbeitern,
T«^
75
ebenjso Seh. 1. 255, Drillbaar, Eisen-
bohrer. Drülen: Seh. & L. I. 575
- Br. L 245 — Da. 88 — Seh.
I. 255 — Scha. 48 — Stü. 39.
frit-blr, Frittbohr im hiesigenHoeh-
deutech. Gr. Wtb. IV. 219: fritt,
m. kleiner Handbohrer. Ob Ton
fretten, ibid. 140? — Ri. 66 —
St. 355 — Br. I. 50, I. 457, VI.
37 - Da. 134 — Seh. I. 335:
Fritt- (writt-) baar — Scha. 280 —
Dan. 13: baorittch'n; 255: wrum-
melboar. ISpel-bär. Stöckel 63:
Löffelbohrer — Gr. Wtb. H. 229:
Bohrlöffel, plat-b&r. sla^-bär. sni-
ken-b&r. Stöckel 63. spits-bär.
zentnun-bär. Stöckel 63.
blr-winn-, t pL — n. Stöckel
63: Bohrwinde. Siehe w. u. s. v.
drüf.
betel, m. pL —8, Meissel. Gr.
Wtb. I. 1751 — Stöckel 55: Beu-
tel -^ Seh. & L. I. 297 — Ri. 13
- Br. I. 126: bötel — Dft. 49:
bötel — Seh. I. 97 — Scha. 23.
fds. — Stü. 13. Man unterscheidet:
a) mit grader Schneide, lok-ifen,
B. pl. — 8, oder betel sensu slric-
tiori, mit dickem Eisen und schma-
ler Schneide. Stöckel 55 ff. Stech-
beutel , Schroteisen , Lochbeutel.
stem-tfen, stSk-tfen, mit dünnem
Eisen und breiter Schneide. Stöckel
56. Stemmeisen, b) mit schräger
Schneide, bal-tfen. Stöckel 57. Ball-
eisen, c) mit halbröhrenförmiger
Schneide, hol-tfen, Gr. Wtb. IV. 2.
1717. Hohleisen — Stöckel 57.
bpek-ffen, n. pL — s, Brecheisen.
Gr. Wtb. n. 342 — Seh. & L. I.
418. brekeisern.
darslag, dSrchsIag, m. pl. —
sieg*, kleines, zugespitztes, eiser-
nes Werkzeug zum schlagen von
Löchern durch Eisen. Seh. & L.
I. 547. Als Meissel erklärt bei Gr.
Wtb.1. 1668.^)~Br.II. 809— Da. 81.
drüf, f. pL?, dasselbe war bfir-
winn\ Stöckel63. Traufbohr, Traufe
— Gr. Wtb. n. 1347. Draufbohr
— Seh. & L. I. 590.«) — Stü. 40
— Dan. 13 : baordruv, fco. & 41 :
drüf, hölzerner Griff an eisernen
Schneideinstrumenten.
dftknagely m. pL — 8, Senk-
nagel, zum eintreiben von Düker-
nägeln ins Holz.
dwingS f. pl. — B, Zwinge.
Man hat: ktl-dwlBg* und 8elirftv*-
dwin^'. Stöckel 72. Schrauben-
zwinge, 73. Leimzwinge.
ftl, t pl. — B, Peile, wirkt
durch gehauene, feine Querleist-
chen. Gr. Wtb. III. 1448 — Da.
118 — Scha. 270. Man hat: holt-
ftl. Stöckel 53. Schlichtraspel —
Gr. Wtb. IV. 2. 1771. Holzfeüe,
Raspel; fag*ftl, zum schärfen der
Sägezähne. Stöckel 54. Sägefeile.
ftlkläbeB, Bi. pl. — 8, Feilklobe.
Gr. Wtb. III. 1449; V. 1217.*)b.
tferB-fllkläbeB. St. 206 & 320,.
handklauwen [?]. siehe Schrüvstok.
f0S8WaB8, S. Säg'.
galsfSt, m. pl. — 8—, ein Meissel
mit zwei rechtwinkelig — bei den
Bildschnitzern auch spitzwinkelig
— zusammenstossenden Schneiden.
Stöckel 58. Geisfuss — Br. 1. 556:
gudse, gutse, ein kleiner Hohl-
meissel; bei den Friesen heisst es
eine Spade [dasselbe?] — Stü. 77
& 119.
hämer, bi. pl. — s, eiserner Ham-
mer. Stöckel 83 — Gr. Wtb. IV. 2.
313 — Seh. & L. n. 183 — Ri. 86 —
St. 358 — Br. I. 575 —Da. 171 —
Seh. IL 96 — Scha. 73 — Dan. 77.
op-rtv-hämep, ein Hammer von
besonderer Form, beim Furniren
gebraucht. Stöckel 424. Fournir-
hammer.
hlbel, m. pl. — s, Hobel. HSbel
ist unsere plattdeutscheForm gegen-
76
über (lüjn schriftgemässen Hobel.
Es hat sich indessen in den Städ-
ten auch die Form hobel als platt-
deutsch eingebürgert, und diese
wird fast ausnahmslos in ,,Hubel*'
verhochdeutscht. Str)ckel 15 -r- Gr.
Wtb. IV. 2. 1587 -^ Seh. & t. II.
ni2 — St. 92: hüvel ^ Br. L 662
— Da. 189 — Scha. 87 — Dan.
88: hüw'l, höwwl — Stü. 214:
schave. Derselbe besteht aus fol-
genden Teilen: 1) habel ist im
engorn Sinne der Holzkörper des
ganzen Gerätes; 2) de waiign, pl.
von wans', f. (s. u.) sind die Seiten-
flächen desselben ; 3) fäl, f. ist die
untere Gleitfl^che; 4) tfen, n. pl.
— s, das schneidende Eisen; 5)kil,
m. pl. — n [?], zum Pestkeilen;
6) nef-, f. pl. — n, der Griff für
die linke Hand.
Es gibt folgende Arten von Ho-
beln: dubbel-h., Putzhobel, mit
Doppeleisen und Klappe an dem-
jolben ; fals-h. Stöckel 21 : Leistenh.,
Palzh. -> Gr. Wtb. HI. 1303: sub
verbo „Palzbank^'; feder-h., Stö.
26: Federh.; gräd-h., Stö. 27:
Grath.; grnnd-h., Stö. 27: Grundh.;
kel-h., Kehlh., Stö. 22 - Gr. Wtb. V.
399; man unterscheidet: 1) hol-
kfil-h., Hohlkehlh., Stö. 23 — Gr.
Wtb. IV. 2. 1720 — Da. 191;
2) karnts-h., Stö. 24: Karniesh.;
3) külissen-h., Coulissenh.; 4) staf-
h., Stabhobel, Stö. 23 — Da. 456 ;
nut-h., Stö. 25: Nuth.; Peder- und
Nuthobel heissen zusammen spund-
habel; Stü. 172: Paneelploog —
Seh. & L. I. 297, sub verbo „beteP'
plochhowelle [?]; limf-h., Stö. 19:
Simsh. ; slieht-h., Stö. 18 : Schlichth.,
Br. I. 662, IL 827 — Da. 189 —
Scha. 194 — Dan. 187; sehips-h.,
mit kreisbogig gekrümmter Sohle,
Stö. 22: Schiffsh.; schrub-h., Stö.
18: Schrob-, Schrap-, 442: Schab-
hobel — Br. II. 699. Schärfhobel
— St. 206; schrubbhüvel, der
Hobel, der nur die gröbsten Späne
abhobelt — Br. II. 699 ^ Da. 189
-- Scha. 186 -^ Dan. 187 ~ Stü.
205: ruffelschave — ; die Schneide
des Eisens hat die Perm eines
flachen Bogons, er dient zum be-
seitigen von Holzsubstanz, nicht
zum ebenen ;'te!i-li., Stö. 21: Zahn-
hobel ;waogeii-h., Stö.20: Wangenh.
babelbank, m. pL -n u. — benk,
Hobelbank Stö. 8 — Gr. Wtb. IV.
2. 1588 — Seh. &L. IL 698 unten:
howellebencke — Da. 189 — Dan.
88 — Stü. 214: schavebank. Sie
besteht aus folgenden Teilen:
I. blad, n. pl. blad% das Blatt,
die Oberplatte. Gr. Wtb. H. 76.^
An demselben werden folgende
Teile unterschieden: achterteng',
fSrdertang* mit dem taiig*bred,
bankläd*, schuvläd*, de habelbank-
schrfiben (hölzerne) mit dem taug*-
stok, de bankhäken (hölzerne und
eiserne), de bankschrüben (eiserne).
IL fötgest^l, n. pl. — n, das
Gestell mit: achter rtgel, fSrder-
rigel, kil, de stfiten. siehe Stöckel
8—12.
knfipel, m. pl. — s, hölzerner
Hammer. Stö. 83 : Schlägel ! — Gr.
Wtb. V. 1522.') — Seh. & L. H.
506 - fcc. nur bei Ri. 132 und
nach demselben St. 363 — fds.
bei Br. I. 831 — Da. 244 — Scha.
107 — Dan. 111 — Stü. 117.
örterbank, f., eine kleine Bank
zum auflegen und aus derHand legen
von Dingen. S. örterlag*.
platbank, f., grosser Hobel zum
Abfasen von Püllungen. Stö. 28:
Plattbank — Gr. Wtb. L 1112:
bankhobel [?] — Da. 33: benk-
höwel [?J.
raspcl, f, pl. — n, auch rasp,
Raspel; wirkt mittels Zähnchen,
■^ «'■.•>
77
die durch oinen Hieb herausge-
drückt worden und dient wie d(»r
Sciirubbhobel zum Wogräumen
überstehender Substanz. Stö. 52 —
Da. 374: raspeln — Stü. 196 : raspe *).
rottenstert, f. pL ?, kleine, stiel-
rande Feile. Stö.53 : Eattenschwanz.
rübank, f,, grösstor, einmänni-
ger Hobel zum glatt und eben
hobeln grosser Flächen. Dieselbe
hat einen kloptapen zum Stollen
des Eisens. Stö. 19: Rauhbank —
Da. 189 — Stü. 198: reitschave [?J.
ranks, f.l pl.?, zweimänniger
Hobel zum aneinander filgen von
Pussbodenbrettern. Stö. 19: Fügo-
bank — Da. 189: foogbank. Fin-
det sich fds. (Hund!) bei ßi. 218
~ Br. IL 559 — Da. 391 — Scha.
176. Runksen plattd. für strecken,
sich recken, auf der Faulbank
liegen ist mehrfach angeführt.
ranksbnk, m. pl. — ii~,'mit den
fag'bredern, Hülfsgestell beim Ge-
brauche der „runks". Stö. 81:
Pügebock.
fög-, f. pl. — n, Säge. Stö. 33
- St. 193 — Br. VI. 263 — Da.
394 — Dan. 180 — Stü. 209.
Es gibt bei den Tischlern fol-
gende Sägen:
I. Zweigriffige.
1) für zwei Mann: klobfäg-;
die Handgriffe, de arms, sind durch
zwei starke Leisten, steg-, ver-
bunden. Zwischen diesen in der
Mitte befindet sich das fäg'blad.
Sie dient zum schneiden von Bret-
tern aus Stämmen, zum teilen von
Bohlen in „Dickden"; zumPurnir-
schnoiden' zur Zeit nicht mehr.
Stö. 34: Kleb- oder Pournirsäge
- Gr. Wtb. Y. 1220: Klobensäge
- (Br. I. 215 conf.: klopdiessel).
karfläg*. Die HandgrüBfe sind frei,
die Zähne schneiden nicht in einer
Richtung, sondern es sind von der
Mitte dos Sägeblattes aus die Recht-
ser njich roclits^ die Linkser nach
links vorgezogen. Sie dient zum
Drümmo machon und zum ab-
schneiden von Stammenden. "Wird
nirgends erwähnt. Das Vorbum
karven = schneiden bei Outzen,
fries. Glossar 154; angeführt ausser-
dem bei Ri. 111 — Br. I. 744 —
— Da. 219 — Stü. 1Ö3 — Gr.
Wtb. V. 560, kerben.
2) für einen Mann, stegfägcii.
Sie bestehen aus folgenden Teilen.
Do angeln, pl. von aiigel, f., lOfe
oder faste, verbinden die Griffe
mit dem Sägeblatte. Stö. 35 — Gr.
Wtb. I. 345: man schreibt auch
dem Amboss, der Sense, Feile,
Klinge einen Angel, d. i, Spitze
zu. In abweichender Function an-
gefülirt in Seh. & L. I. 88 — Br.
L 18 — Da. 10 — Scha. 10 —
Dan. 5 — Stü. 5. De arms, pl.
von arm, m., die Seitenarme. De
kn5p, pl. von knop, m., die Griffe.
Gr. Wtb. V. 1474.'^) — Da. 244
-- Scha. 105 — Dan. 110 — Stü.
116. fäg'blad. n. pl. fäg*blad*,
Sägeblatt. Stö, 34 — Gr. Wtb. IL
76.^). snOr, f. pl. sn5rii, die Schnur,
welche die Arme verbindet. Stö.
35 : Rebschnur — f. univ. bei Da.
439 — Scha. 200 — Dan. 200.
spaiistok, m. pl. — Sker, zum ver-
kürzen der Schnur und anspannen
des Sägeblattes. Stö. 35: Knebel,
sieg, m. pl. sieg*, der Längsstock,
parallel dem Sägeblatte, in welchen
die Arme in ihrer Mitte einge-
gliedert sind. Stö. 35: Stock (Steg).
örterfäg*, Faustsäge, die grössto
Säge, um „vor der Faust" zu
schneiden. Frisch, Teutsch-Latei-
nisches Wörterbuch pag. IL 142
führt am Verörtersäge, die akku-
rat nach dem Riss schneidet; IL
34 : Oerter-Säge, eine grobe Hand-
78
Säge bei den Tischlern. Stö. 35:
Oertersäge, als gröste der „Spann-
sägen". Ist in diesem Worte „örter"
niederdeutsch oder oberdeutsch?
Orten, orzen = mhd. ürzen findet
sich St. 260 — Dan. 150 für
Hinterlassen von Speiseresten. Ich
kenne nur das Particip in der
Form 5rt für unbeachtet liegen
lassen z. B. einen Cigarrenstummel.
In der plattdeutschen Rolle des
Tischleramtes zu Preetz (in der
Amtslade) findet sich im hochd.
Ergänzungsartikel 23 : so aber sol-
ches nicht geschieht, soll der „ör-
ther- Gesell" gebührlich gestraflfet
werden, Es sey ein frembder oder
ein Ümbständer. Rüdiger, Hand-
werksgeseilendocumente pg. 58 §
3: ort geselle. — sehlitsfäg*, selt-
ner slitsfäg*, zum sägen von
Schlitzen und graden Schnitten,
deswegen auch wol sliehtfäg* ge-
nan?it. Stö. 36: Schliesssäge. af-
fetsfäg', hat die kleinsten Zähne,
für feine Sachen bestimmt. Stö. 37:
Absatz- oder Nuthsäge. schweif-
fäg', mit sehr schmalem Säge-
blatte. Stö. 36 : Schweifsäge, ntheu-
gefag*, eine Schweifsäge, deren
Blatt an einem Ende leicht lösbar
ist. Stö. 36: Aushengesäge. — Es
fällt auf, dass die Namen einiger
von diesen und den folgenden
Sägen in hochd. Form erscheinen,
nämlich seh statt s, .ch statt k.
IL Eingriffige.
1) auf Abstoss schneidend, fos-
swans, m. pl. — euf* [?], .mit brei-
tem Sägeblatte. Stö. 38: Fuchs-
schwanz, Glatt- oder Handsäge —
Gr. Wtb. IV. 1. 354.^3) — Scha,
278 fds. stichfäg-, seltner loch-
fäg', mit schmalem Sägeblatte,
Stö. 38: Lochsäge.
2) auf Anzug schneidend, gräd-
fäg-. Stö. 39: Gratsäge.
3) auf Abstoss und Anzug schnei-
dend, farntrfäg*. Wird beim Fur-
niren gebraucht. In Anordnung
der Zähne gleicht sie der karffäg*.
Gr. Wtb. IV. 1. 783.
sehlnnerkneeht, lo., ein eigen-
artiges Werkzeug zum abschaben.
sehnitser, snitser, m. pl. — s, ein
Messer mit kurzer Klinge und
langem Hefte. Stö. 52 : Schnitzer.
sehrenk-tfen, n., zum schrenken
der Sägezähne. Stö. 50: Schränk-
eisen.
schr&beBslStel, m. pl. —s, Schrau-
benschlüssel.
sehrfibentreker, m. pl. — s,
Schraubenzieher.
sehrftv'bnk, m. pl. — bök, zum
zusammenpressen grosser Flächen.
schrnv'kneeht, m. pl. — b, Stö.
74: Schraubenknecht.
sehrüv-stoky m. pl. — Sker,
Schraulfstock, dasselbe was tfern
ftlkläben. St. 206: sehr auvsticke
— Dan. 188: Schrüwstick'n.
snid'läd*, f. pl. — n, Schneide-
lade, ein Hülfsgerät, mit welchem
dem Sägenschnitte eine bestimmte
Richtung gegeben wird, fds.: Da.
438 — Scha. 200 — Dan. 199.
Man unterscheidet: gernngsrnd.*-
lad- und wiBkelsnid-läd*.
stosläd , f. pl- — n, ein Hülfs-
werkzeug zum genauen abhobeln
„bestossen" einer Schnittfläche. Es
gibt : gSrnngsstdsläd* , krfipläd*,
Stö. 75 : Bj-opflade, winkelstdsläd*.
tang*, f. pl. — n, Zange. Stö.
86 — St. 241 — Br, IH. 22 —
Da. 484 — Scha. 224 — Dan. 221.
Bäg'tang*, Biegezange. Gr. Wtb. L
1816. Kniptaug-, Kneifzange. Gr.
Wtb. V. 1403 — Stü. 116; 158:
neeptang* — Dan. 110.
togmest, n. pl. — n, Zugmesser,
zum abschaben gekrümmter Flä-
chen. Seh. L 66.
79
Wll^y öfter UllLgj f. pl. — n,
je yerschieden gefonnte, paarweis
zusammengehörende Holzstücke,
zwischen welche, nachdem sie stark
erwärmt worden sind, eben fur-
nirte Gegenstände möglichst rasch
mittels Schraubbock oder Schraub-
zwinge eingespannt werden.
atehlin/;, m.l pl.? (z = ss, 9),
Stö. 85 : Die Ziohklinge. Das Genus
dieses Wortes stimmt nicht zu der
allgemein angenommenen Herlei-
tung von „Ziehklinge".
b. Gerät zum Messen und Richten.
germät, n. pl. — n, gibt den
Winkel von 45^ an. Stö. 68: Gehr-
mass.
krttsndr med Idd, zum angeben
einer lotrechten Linie. Seh. & L.
L 297 : krytsnör — Snör : Br. IL
897 — lod: Da. 283 — Stü. 139
- Dan. 128.
de riehthSlter, pl. von richt-
kelt, n., 2wei durchaus gleiche,
grosse Lineale; s. africhten. Stö.
65: doppeltes Richtscheit.
riehteebM, n. pl.?, ein grosses,
sehr genau gearbeitetes Lineal.
Stö. 65; Richtscheit.
fetswäg-, f. pl. — n. Stö. 65:
Setzwage.
smig*, f. pl. — n, ein verstell-
barer Wiukelhaken für spitze und
stumpfe Winkel. Stö. 82 : Schmiege
— Scha. 198. fds., einspringender
spitzer Winkel einer Mauer —
StU 241 : Schweihaak.
stelmät, n. pl. . —n, eine mit
Zollabteilung versehene Abart des
folgenden Gerätes.
strfkmät, n. pl. —n, zum an-
deuten oder vorreisson des Weges,
den Säge oder Hobel nehmen sollen.
Stö. 70: Streichmass — Br. II.
1067. fds. — Seh. IV. 211. fds.
tolstok, m. pl. — »ker. Stö. 64:
Zollstab.
twSffttsche tolstok.
Winkelhaken, m. pl. — s, Win-
kelmass (s. folg.) mit kürzer Zunge.
Stö. 70 : Winkelhaken — Stü. 332.
winkelmät, n. pl. — n, Winkel-
mass für den rechten Winkel, mit
langer Zunge am dreimal so dicken
An&chlagholze. Stö. 67: Winkel-
mass.
Zirkel, m. pl. — s (z = ss, 9).
Stö. 84: Zirkel, pas-zirkel, mit
gebogenen Schenkeln. Br. IL 298:
passer — Stü. 173: passer, stok-
zlrkel und ovalzirkel: zwei zu
einander gehörende Instrumente
zum zeichnen von Ovalen.
c. HUIfsgerät und HULfsmaterial.
bimsten, m., Bimstein. Gr. Wtb. Kopfe, der mit dem Senknagel,
dftknägel, ins Holz eingetrieben
n. 30 — Br. IL 315 : pimpsteen.
bolten, m. pl. — s. Gr. Wtb. IL
235.2) Bolze. Seh. & L. I. 381 —
St. 29 — Br. I. 113 — Da. 49
- Scha. 29 — Dan. 22 — Stü. 21.
dftker, m. pl. — s, im hiesigen
Hochdeutsch ebenfalls Düker, ist
ein Nagel mit dickem „kulpigem"
wird. St. 310. fds. — Br. I. 267.
fcc. — Da. 92. fds. — Scha. 50.
fds. — Dan. 42. fds. — Stü. 41.
fcc. Die folgenden Bezeichnungen
sind wohl die letzten Namens-
spuren von Münzen, welche hier-
zulande längst abgesetzt sind. Man
unterscheidet nämlich , bei den
kleiiiston beginnend, fünf Arten
von Dükern. fSr op-'n pen* dftker.
dre op-'n peil* ditker. scharf-
(NCharfen-) dfiker. Bä. 397 : schaarf,
eine der- kleinsten Münzen, peo'
dflker, Penning; St. 158 — DS
347 ~ Scha. 153 — Dan. 154.
blafeit-dSkor. Blaffert: Gr. Wtb.
II. 60 — Seh. & L, i; 351 — Ri.
16, 357 — St. 28. fds,, 303. fcc.
— Br. I. 93. fde., IH. 335. fec. —
Da, 43 — 8cha. 25 — Stü. 18.
heng;, n. pl. — n, fast überge-
gangen in plurale tantum ,,dc
hengen", Türangel. Gr. "Wtb. IV.
2. 438.^) — Seh. & L. II. 239 —
Ri. 88.') fcc, — St. 85. fds. —
Br. I. 623 fcc. — Da. 166 fcc. -
Dan. 80 fds. — Stü. 86 fcc. Es
gibt deren verschiedene, fltsch-
hengCD. ötö. 393. Fischbändor [?]
— Gr. "Wtb. ni. 1681.") Fisch.
fcc. — Da. 121. fitjen = Flügel,
fitach = Rutenstreich — Dan. 55.
üttje = Flügel; ebenso Sttt. 54.
kant-h. Kant s. u. lapen-h. läppe:
Da. 268. piil-ll. pinn, penn: Br.
II. 304, n. 319 fcc. — Da. 349
fds. — Scha. 155 fds. — Dan. 165
fcc. — Ötü. 174 fcc. »vinkd-h.
Winkel: Da. 552 — Stü. 332,
Um, m. Leim.
Itmpnt, in. pl. — püt, Leimtopf.
Seh. & L. n. 698 — Da. 278 —
Dan. 127 — Stü. 137.
VSn4\, n. Leinöl.
nägel, m. pl. —s, Kagel, mit
breitem, flachem Kopfe, der nicht
ins Holz oingotrioben wird. Der
Nagel ara Finger bildet den Plur.
nögel, welches zu Plurale tantum
wird. Br. II. 212 — Dft. 321 —
Seh. ni. 132 — Scha. 142 — Dan.
144 — Stü. 157 fds.! dafür gilt
spiokor Nach ihrer Grösse werden
unterschieden, bei den kleinsten
beginnend: slot-B-, scharf-n., Seh.
& L. I. 351. pen-n., 8ch. & L. I.
351. blafert-n., Seh. & L. I. 351,
Vergleiche dftker.
pSlitflr, f.
rddstön, ID.
fandpapir, n.
schrüv, f. ]il. — n, Schraube.
Ki. 242 — Br. II. 701 — Da. 415
— Scha. 186 — Dan. 188 — Stü.
235.
slot, D. pl. slötcr, SchlosB. Br.
n. 851 —Da. 431 - Seh. 195 -
Dan. 196 — Stü. 223. Das Schloss
ist entweder ingeläten oder ingo-
stem't oder tasten slot.
Stift, ID. pl. gleichlautend oder
- n, Stift. Dieselben sollen erst
seit etwa fünfzig Jahren in Ge-
brauch gekommen sein. Man unter-
scheidet : gestükte , welche dem
dfiker, und plat-köpige, welche dem
nägel entsprechen.
II. Darf Holz.
a. nach seiner pflanzfichen Abstammung.
— Sch. & L. I. 375 — Br. 1. 109
— Da. 47 — Scha. 28 — Dan. 21
— Stü. 21. Man unterscheidet:
röUbSkeH und witMkeu. Dan. 77,
dan'n, tannea wird fast nur ge-
braucht bei Bezeichnung des Gegen-
&h6m, ahom. Scha. 6: äh$ren.
barken, birken. Gr. Wtb. II. 39
— Br. I. 55 — Da. 23 — Scha.
21 — Dan. 15.
bSrbSni, birubaum. Scha, 21.
hftkea, buchen. Gr. Wtb. n. 471
^1
.»
81
Satzes von Eichen-, Buchen- und
anderm Laubholze, nicht eigentlich
als Hokbenennung und gilt dann
für alle Abietineenhölzer, Die
Wörter Pichte und flehten sind
aus der heutigen, hiesigen, ndrd.
Sprache verschwunden. Seh. & L. I.
483. danne — Da. 72. danne. subst.
- Scha. 39 — Dan. 32.
ek^, eichen. Gr. Wtb. HI. 79
- Seh. & L. I. 649 — Br. VL
(1869) 51 — Da. 104 eke. subst.
- Scha. 54 — Dan. 45. st6n-
eken wird nur ausnahmsweise un-
terschieden.
elem, erlen oder ellern. Gr.
Wtb. ni. 416 — Seh. & L. I. 655
- Br. I. 303 — Da. 1Ö5 : eller.
subst. — Scha. 55 — Dan. 46 —
Stü. 47..
esehen, eschen. Gr. Wtb.III. 1141
- Da. 108: eschen, subst.
(trn, seltner flrn, fftrn, föhren,
heisst jetzt alles Werkholz, wel-
ches von Abietineen stammt. Gr.
Wtb. m. 1870 — Wehrmann, lüb.
Zunftr, 298, 524 — Da. 128 —
Seh. IL 368 — Scha. 283; fl^e.
subst. — Dan. 59: für. subst.
tpern, ulmen. Da. 105: elme —
Stü. 96: iper.
karsbfirn, kirschen. Gr. Wtb. V.
843 — Seh. & L. IL 454.
kastiln-, kastanien. Gr. Wtb. V.
261.
linn-n, linden. Seh. & L. ü. 700
— Ri. 151: lenden — Seh. III. 25:
lenden — Scha. 124 — Dan. 127.
]Sn*n, Iftn'B, ahorn oder richtiger
weissahom (Acer Pseudoplatanus).
Stö. 134: Lenne, Lehne, Lienbaum
— Da. 282: lön, Ahorn — Dan.
124: läön, 1) Faulbaum, 2) Ahorn
— Seh. & L. IL 719.
uStbfim, Nussbaum.
pSpeln oder fleder-esehen, päp-
peln. St. 166: pöppel. subst. —
Da. 355: pöppel — Scha. 153:
pepel — Dan. 159: pöppel, 12:
bäweresch, Fludresch, faiallbök'n,
55: flarresch.
plumnbdai, Pflaumenbaum.
ristern, ulmen. Dan. 175: rftst'r.
subst.
b. nach seinen Teilen.
flaker, m., heisst jede Stelle am
polirten Holze, die sich durch ei-
gentümlichen Lichtreflex auszeich-
net, wo der Schnitt den Verlauf
der Gefässbündel nicht parallel
und nicht im rechten Winkel trifft.
Flukkern: Br. I. 429, funkeln —
Da. 126, einen sich bewegenden
Schein vor den Augen machen —
Dan. 55, leicht aufflackern, u. s. w.
gal, gal', f. pl. -— n, durch Zer-
reissung des Zellgewebes entstan-
dene, meistens harzerfüllte Lücken
im Holze. Gr. Wtb. IV. 1. 1188.
2.a — Seh. & L. n. 8 : gallo.»)
— Br. I, 478 fds.; unter andern:
Fäuhiis im Käse — Da. 141 fds.
Vi«deTd«at8che8 Jahrbuch. I,
— Stü. 65 : gallo, Fäule der Schafe ;
gallig, innen faul. Hörzgal sind
schmale, längliche Räume, denen
das Harz langsam entfliesst ; spek-
gal hingegen solche, die sich nicht
verändern. Eine andere Art ist:
nätgah nusgal.
Mrnholt, die Ansicht der Schnitt-
fläche, welche die Wachstumsrich-
tung — die Längsfaser — recht-
winkelig oder nahezu rechtwinke-
lig trifft. Gr. Wtb. IV. 2. 1560.
Hirnholz, 1558. Hirnende — Stü.
47.^) bringt das, richtiger platt-
deutsche endelholt. Der Schiffs-
zimmerer sagt endholt.
de jäPll, pl. von jap, n., auch
82
wohl de ädern, pL von ider, f.,
die Jahresringe, äder: Da. 3 fds.
— Dan. 7 fds. — jär: Scha» 194
fds. — Dan. 92 fds.
kSni, m., ausgewachsenes Holz,
dessen Zellen völlig verholzt sind
und kein Protoplasma mehr ent-
halten. Stö. 113: Kernholz — Gr.
Wtb. V. 608 — Scha. 99 fcc. —
— Seh. & L. n. 453.
kliast, m. pL knest, hervor-
ragende oder von Holzsubstanz
überwallte Astreste. Gr. Wtb. V.
1357 — Ri. 129 —St. 147: noost
— Scha. 105 — Stü. 115. i)
langkolt, n., die Ansicht der
Schnittfläche parallel — in Flucht
— mit der Wachstumsrichtung.
m&fer, f., pl.?, Maser. Stö. 130:
Flaser- (Flader-, Maser-) Holz —
Scha. 131 fds. — Dan. 134: maos'r,
maos'l. foc.
pedik, 1I1.9 das Mark, auch wol
die Markhöhlung. Ri. 182, 184 —
St. 159: piek — Br. II. 301 —
Da. 341: paddik — Seh. HI. 199
— Scha. 153 — Dan 154: peddick,
pötk — Stü. 173: peek, 177: pitt.
spek-äder, f. pl. — n, harzge-
tränkte Jahresringe.
spfigely m. heissen die breiten,
besonders harten und lichtbrechen-
den Markstrahlenplatten, welche
am bearbeiteten Eichen- u. Buchen-
holze sich zeigen, wenn die sicht-
bare Oberfläche in einer Ebene
mit dem Stammradius liegt; so
z. B. beim „wägenschot", welches
noch heutigen Tages der Schiffs-
zimmerer — der Tischler aller-
dings nicht mehr — kennt. Spe-
gel: Br. II. 939 fds. — Da. 446
fds. -- Dan. 203 fds.
spint, 1II.I auch, jedoch seltner
und wol nur durch hochdeutschen
Einfluss, Splint, unreifes Holz,
dessen Zellen noch nicht allen
Protoplasmagehalt abgegeben ha-
ben, spint: Wehrmann, lüb. Zunft-
rollen 253, 296, 175 — St. 224
— Br. n. 953 — Da. 448: spind.
fds. ! — Stü. 253.1) — Da. 204.*).
Mit Ausnahme von Dähnert, wel-
cher die vorliegende Bedeutung
nicht kennt, gilt allen diesen spint
für das, was hochdeutsch jetzt mit
Splint (alburnum) gemeint ist;
Splint dagegen ist ihnen ein Stück
Holz oder Eisen, welches das Aus-
weichen eines Zapfens verhindert,
oder ähnliches, z. B. ein vorge-
schobener, vorgesteckter Splitter.
So: Ri. 282 — Br. II. 957 — St.
225 — Da. 452.») — Stü. 253.«).
Die beiden letztern geben dem
Worte Splint beide Functionen. —
Wodurch und wann hat sich der
heutige Gebrauch: Splint = al-
burnum eingebürgert?
wimer, m., pl. ?, heisst die Stelle
im Langholz, wo eine wellige oder
krause Querfaserung sich zeigt.
Dies ist eine schlechte Eigenschaft
am Nutzholze, eine gute am Pur-
nire.
c. nach seiner Form und Herkunft.
afsnid, m. pl. afsned*, jedes von
einem Brette u. s. w. abgesägte
Stück Holz. Gr. Wtb. I. 108. Ab-
schnitt, fcc.
bäl, f. pL — n, Bohle, aus dem
Stamme der Länge nach geschnit-
ten, über zwei Zoll dick, beider-
seitig volle Schnittfläche zeigend.
Gr. Wtb. n. 223 — Seh. & L. I.
379 — Br. I. 43 — Da. 21 —
Dan. 13. sehelbftl, f. eine Bohle,
die nur auf der öinen Seite volle
•75r-
83
Schnittfläche, auf der andern ganz
oder zum Teil die Stammründung
zeigt. Scha. 92, 220: inneke, sware.
bred, n. pl. brSd*, brSder, Brett;
dasselbe was Bohle, Jedoch stets
dünner, nur bis zu zwei Zoll dick.
ör. Wtb. n. 374.^) — Seh. & L.
I. 421 fds. — St. 32 — Da. 54
- Scha. 32. Swed*8e1ie bpM-,
kiUmarsehe bred\
del, f. pl. — n, Diele, in der
Sache gleichbedeutend mit Brett,
durch die Epitheta jedoch streng
geschieden. Gr. Wtb. IL 1100.') —
Seh. & L. I. 499.') — Ri. 35 fds.
- 8t. 352 — Br. I. 194 fcc. —
Da. 75.») fcc. — Scha. 42 fcc. —
Stü. 29.') fcc. — Dan. 31 fds. Man
unterscheidet hierorts zumeist nach
den Bezugsorten: Berltner-d., Ei-
chenholz, gren-d., Eöhrenholz,
l'/s Zoll dick, mageres, weisses
Holz; Stü. 75: greinenholt, nor-
disches oder ostseeisches Tannen-,
nicht Föhren-Holz! — Schwedisch
grena = Ast, Zweig. Landsbar-
ger-d. ; Pomersehe-d. ; Wiborger-d. ;
Windauep-d., im Schleswigschen
gebräuchlich. Alle fünf aus Föhren-
holz. Wie man einerseits nie
swßd'sche d§ln sagt, so anderer-
seits nicht windauer bröder. —
bSrndSln sind 26 Fuss lange, 2
Zoll dicke, föhrene Dielen. [Ob
ursprünglich Gegensatz von gr§n-
d§hi?] Br. VI. (1869) 15. bön-
delen, Dielen, welche rechtwinke-
lige Ecken haben, und also taug-
lich sind einen Boden damit zu
belegen [?]. Scheide! entspricht der
scheMl. Ri. 228 — Br. II. 633
- Da. 400: schalborten [?] — Seh.
IV. 34.
drSblad, siehe tw^blad.
drum, m. pL drfim, quergeteilte,
bis vier Fuss lange Stammstücke.
Seh. & L. I. 581. In den Idio-
tiken findet sich nur trumm: Ri.
315 — Br. m. 118 — Seh. IV.
283 — Stü. 290 — und drummel:
Br. I. 256 — Da. 91 ~ Stü. 40,
aber beide Wörter in durchaus
abweichender Function.
ftirnir, n. pl. — n. Furnier. Gr.
Wtb. IV. 1. 782. *
kläben, m. pl. — s, radial ge-
schnittene oder gespaltene Drümme.
Gr. Wtb. V. 1218. «)a. Kloben —
Ri. 125 — Br. I. 811 — Da. 233
— Seh. IL 286 — Scha. 104.
lat, f. pl. — n, Latte, ursprüng-
lich : der Länge nach ein Mal ge-
spaltene junge Nadelholzstämme,
bis \ier Zoll stark ; jetzt wird ei-
gens zurechtgeschnittenes Holz
ähnlicher Form so genannt. Ri.
146: Iahte, Reiss, Sprosse — St.
122 [?] — Br. IL 3 — Da. 269 fcc,
264: lade, laden: junge Ausschöss-
linge von Bäumen.
plank, f. pl. — n, dasselbe was
Diele oder Brett. Dieses bei den
Schiffs - Zimmerern gebräuchliche
Wort nimmt der Tischler als Stoflf-
name fast nie in den Mund, son-
dern nur in korrumpierter Func-
tion für: bretterne Scheidewand
im Freien. St. 162 — Br. IL 328
— Da. 352 — Stü. 177.
spSn, m. pl. spfin, Spahn. Da.
452 — Stü. 255. de hlbelsp&ii,
pl. Br. IL 963 : hevelspöön — Da.
189 — Dan. 88. de (äg-spSn,
fägelspftn. Ri. 223 — St. 373 —
Da. 394 — Dan. 180.
stam, m. pl. stein, stem-. Stamm.
Da. 457 — Scha. 207 - Stü. 261
fds. — Dan. 208.
tweblad, dreblad,fSrblad,u.s. w.,
pl. kaum vorkommend. So wird
das dünnere, aus einer Bohle ge-
schnittene Brett genannt, jenach-
6*
84
dem 2, 3, 4 oder mehr aus der-
selben gesägt sind. Das Wort
dient meistens zur Bezeichnung
der Dicke. Gr. Wtb. II, 1374.
Dreiblatt, fds.
c.ß. die Teile, welche am Brette u. s. w. unterschieden werden.
dikde, f. pl. — n, die Dicke;
doch heissen auch so aus Bohlen
geschnittene Bretter, s. sntden. In
letzterer Bedeutung ist dies Wort
„Dickte" ins Hamburger Schrift-
deutsch, in die Holz-Auctionscata-
loge nämlich, aufgenommen wor-
den. Seh. & L. I. 515 — Scha. 43
— Dan. 35.
fäf*, f. pl. — n, heisst die Schmal-
seite eines Brettes, wenn sie nicht
einen rechten Winkel mit der
Breitseite macht, wie bei Brettern,
welche nicht aus der Mitte des
Stammes geschnitten sind. Aus
dem franz. face. Gr. Wtb.?
kam-enn*, m. ! pl. — n, das nicht
durchsägte, sondern aufgespaltene
Stammende jedes Brettes.
kant, f. pl. — n, 1) die Schmal-
seite von Brettern; 2) und eigent-
lich: der Aussen Winkel, den zwei
Flächen mit einarider bilden. S.
weiter unten. '
Ieng*de, f. pl. — n, die Länge.
Längd, lengede, lengte bei Seh.
& L. II. 664 — Br. II. 12 — Da.
265 — Scha. 122 — Stü. 134 —
Dan. 122.
pnl-enn*, m. pl. — n, das schmä-
lere Ende jedes roh aus dem Stamme
geschnittenen Brettes. pul=Schopf,
Wipfel eines Baumes: Ri. 190 —
St. 166, 370 — Br. II. 351 - Da.
356 — Seh. II. 106 — Scha. 158
in polwelle.
stam-enn*, das breitere Ende
u. s. w., wie oben.
wänkant, f. pl. — n, die nicht
geradlinig verlaufende Kante oder
Fase.
zop-enn% id quod pul-enn\
Cy. die Zahl
schok, n. pl. ? oder unverändert,
je sechszig. Da. 411 fcc. — Stü.
232 fds.
> stäpel, m. pl. — 8, ein ordent-
lich gelegter, ungezählter Haufe,
s. opstöken. Br. II. 1000 1— Da. 458
— Stü. 261 — Dan. 210.
sttg*, n. pl. — n, je zwanzig.
St. 230 — Br. n. 1033 — Da. 461
und Menge.
— Scha. 210 — Stü. 263 — Dan.
212 — Wehrmann lüb. Zunftr. 520.
tult, m. pl.?, je zwölf; nur in
Kiel und im Schleswigschen. Dä-
nisch tylt = Zwölfer. Stü. 292:
tulte, versoffenes Weib.
twSlfter, ? pl. — s, eine Anzahl
von zwölf. Da. 500 fcc.
d. nach seinen Eigenschaften in Stoff und Form.
befSmt, von Brettern u. s. w.,
an den Kanten rechtwinkelig be-
schnitten.
blan, blau oder stockfleckig wird
Holz, welches noch nass ohne
Stapelhölzer aufgeschichtet wurde.
Seh, & L. I. 349 — Dan. 19. f.
univers.
dwasdrädij?, -dredig heisst Holz,
welches, auf Langholz geschnitten,
85
Qiierfaserung zeigt, was beim Ho-
beln hindert. Stü. 44.
ebenkaittig, id quod befSmt.
tkt\mtig, s. fäl\
flnkerig, s. fluker.
fnlkantig, ist das Gegenteil von
wänkantig; s. weiter unten.
j^edrai*t heissen Stämme, deren
GefiLss- oder Holzzellenbündel nicht
parallel mit der Längsachse laufen,
sondern um dieselbe in steiler
Spirale gedrehet sind. Diese Eigen-
schaft erschwert die Bearbeitung
des Holzes und macht es zu vie-
len Sachen untauglich. Stö. 124:
schraubenförmig gedrehter , sog.
windischer Wuchs.
^rofäderig, grofdredig, grof-
jarig ist Holz mit breiten Jahres-
ringen.
kernig , spintfreies , gesundes
Holz. Gr. Wtb. V. 608.»)
knastig, voll von Astresten. Gr.
Wtb.I. 589: ästig; V. 1359: kna-
stig — Ri. 129 — St. 363: knö-
stig; 335: nöstig, östig — Br. I.
820 — Da. 241 — Dan. 109 —
Scha. 14: astig fds.
link wird diejenige der beiden
breiten Schnittflächen der seitlich
vom grössten Stammradius ge-
schnittenen Bretter genannt, welche
die äussern, Jüngern Jahresringe
zeigt, oder anders, welche die Cy-
lindermäntel der Jahresringe von
aussen schneidet.
mager ist Pöhrenholz, das kei-
nen Harzgehalt zeigt.
mäfrig, s. mäfer. Dan. 134.
ab«r8p6nig heisst das Holz, wel-
ches in Folge des sub verbo „go-
drart" angegebenen Wuchsfehlors
nicht völlig glatt gehobelt worden
kann. Stöckel 195: überspänig;
218: tiberspännig — Dan. 245:
wedderspönig. fcc.
olmig, durch Feuchtigkeit ver-
wesend, auch ferölmt, durch Feuch-
tigkeit verwes't. Die Schiffszim-
morer sagen dafür: dar is fftr in.
Ri. 177 — St. 369, 262 — Br.
III. 148 — Da. 338 — Seh. III.
165 — Scha. 147 — Stü. 295 —
Dan. 150.
rtmig, eine Eigenschaft der
Bretter u. s. w., welche aus „ge-
draiton" Stämmen geschnitten sind.
Die Kanten derselben bleiben nicht
geradlinig, sondern „werfen sich"
bald, werden wellig hin und her
gebogen. Begriffs verwandt mit
„windschef .
recht, s. link, heisst diejenige
Schnittfläche, welche die innern,
älteren Jahresringe zeigt, oder
anders, welche die Cylindermäntel
der Jahresringe von innen schnei-
det.
scliir, astfrei. Ri. 231 fds. —
Br. II. 660 — Da. 408 fcc. — Scha.
184 fds. — Stü. 216 fds. — Dan.
186 fcc.
slaehtig, sehlaehtig, astfrei und
grade spaltend. Gegensatz von
knastig einerseits, von gedrai't,
Sberspftnig, rtmig andererseits.
späkig, auch ferspäkt, dasselbe
was olmig und ferolmt, doch mei-
stens im Anfangszustande und auf
kleinere Flächen beschränkt. Ri.
280 gibt dem Worte dieselbe
Function. Andere Idiotiken kennen
das Wort nur für aufgetrocknete,
undicht gewordene Böttcherwaare
und ähnliches, so: St. 222, 379 —
Br. II. 930 — Da. 445 — Stü.
249. Da. 445 hat daneben spak-
holt, anbrüchiges Holz in den
Heiden, und Dan. 201 endlich
unterscheidet spack, aufgetrocknet
von spoakig, Ersticken des Holzes
in seinem Safte. — Seh. & L. II.
519 unten: spaockholt.
spekig, wird harzdurchtränktes,
86
Ton spek-äd^rn durchzogenes Föh-
renholz genannt.
spintig, aus Splint, Spint be-
stehend.
wänkantig, unbesäumte Bohlen
von unregelmässigeni Breiten-
durchmesser; s. wänkant. Gegen-
satz ist fulkantig. Ri. 330 — Br.
m. 176 - Seh. IV. 327 - Sttt.
323 — Dan. 144.
wimerir, s. wimer. Stö. 124, 196.
windscEef , was seine einmal
hergestellte, ebene Fläche nicht
bewahrt; s. africhten. Stö. 195:
windschief; 203: windisch — Br.
III. 262 — Da. 552.
III. Die Arbeit,
a. die ersten Teile im und am WerIcstUcIce.
dfibel, m. pl. — s, im hiesigen
Hochdeutsch Dübel oder Dibel,
ein Holzstift, welcher zwei Werk-
stücke verbindet, indem er in ent-
sprechende ein- aber nicht durch-
gebohrte Löcher eingedrückt wird,
mit oder ohne Leim. Stö. 302:
Döbel, Dippel, Dübbel; 307 aber
und öfter : Dübel — Gr. Wtb. II.
1198.1): Döbel, Dübel, Dippel —
Seh. & L. I. 559.
f als, m. pl. — n, rechtwinkeliger
Ausschnitt aus der Kante. Gr. Wtb.
m. 1303.*)d. Falz ; die angegebene
Erklärung stimmt nicht ganz über-
ein.
fäf% f. pl. —n, die Langfläche,
welche eine meistens rechtwinklig
angelegte ICante abstumpft; s. oben.
feder, f. pl. — n, schmaler, recht-
winklig angehobelter Streifen Hol-
zes auf der Mitte der Schmalseite
von Brettern. Gr. Wtb. III. 1397.''):
Feder — Da. 115 fds. — Scha.
258 fds. — Dan. 50 fds. — Stü.
50.8) fcc; 223: schlövfähre fcc.
fdg', f. pl. — n, auch fag*, die
Linie, in welcher zwei mit einan-
der verbundene Holzstücke sich
berühren oder zusammentreffen.
Gr. Wtb. IV. 378.^) fcc. — Stö.
305: Fuge - Br. I. 434 — Da.
129 — Wehrmann, lüb. Zunftr.
293: apene voghen.
fiillung, f. pl. — n, Füllung.
Gr. Wtb. IV. 523.h — Stö. 320.
gernng, f. pl. — n^ das recht-
winkelige Aneinanderjfügen zweier
auf 45^ zugespitzter Holzstücke,
halb-Hirnholz auf halb-Hirnholz;
auch wohl die Fuge zwischen bei-
den Hol^stücken. Stö. 309: Geh-
rung — Ri. 72: geere fcc. — Br.
I. 499: gere fcc. — Seh. IL 16 fcc.
— Scha. 62: g§re fds. — Dan. 63:
g§rn fds. — Stü. 65: gähre fds.
Rechte gerang, dasselbe. Falsche
oder schewe gSrnng, s. smtg*.
gefimf', n. pl. — n, Gesimse.
gräd, m. pl. ?, ein angehobel-
ter, nach aussen verbreiteter Vor-
sprung an der Länge einer Leiste
oder ähnlicher Holzstücke; eine
Feder (s. d.), welche auf dem
Durchschnitte die Gestalt eines
Schwalbenschwanzes (s. d.)' zeigt.
Stö. 312: Grat. Ferner bedeutet
gräd die umgebogene also stumpfe
Schneide einer Klinge, Dan. 69,
und endlich noch die Schneide des
Ziechlings. Seh. & L. H. 141 fds.
hol-kgl, f. pl. — n, Hohlkehle.
Gr. Wtb. IV. 2. 1719. fcc. — Da.
191.
kant, f. pU — n, die Aussen-
linie, in welcher zwei Heizflächen
in einem Winkel sich treffen; s. o.
Gr. Wtb. V. 173 — Seh. & L. IL
87
425 — Br, I. 734.3) _ j)^ 217
- Dan. 95 — Stü. 102.
kandls, n. pl. — b, Earnies.
Gr. Wtb. IL 607 : Camiess, fcc.
Itst, f. pl. — Hl Leiste. Lange,
dünne, schmale Holzstüeke als
Teile eines Werkstücks. Ein Stück
E0I2, welches zu einer Leiste taugt,
heisst afenid, s. o. Seh. & L. IL
702 — Br. IL 76 fds. - Da. 271;
leesten fds. — Dan, 126: löst'n,
lest fcc. — Stü. 137: liste fcc.
nfit, f.' pL — n, schmale, recht-
winkelig eingehobelte Furche, be-
stimmt zur Aufnahme einer „feder".
Op feder un nüt werden Bretter
zu Scheerwänden und Fussböden
verbunden. Stö. 305: Nuth.
rt^el, m. pl. — s, wagerechtes
Querholz, welches in gegenüber-
stehende, aufrechte Holzstüeke ein-
gezapft ist. Br. IL 465: regel —
Dan. 169: räg'l, f.?
slits, m. pl. ?, die Lücke, welche
an den Enden stabförmiger Holz-
stücke durch rechtwinkeliges Her-
ausschneiden einer Mittellamelle
entsteht, und welche den Zapfen
aufnimmt wie die Nute die Feder.
Stö. 309: Schlitz — Br. IL 838
fds. — Da. 430 : slitsche, ein Ein-
schnitt — Dan. 196, nach Angabe
des Wortverzeichnisses.
8iiitg% f. pl. — n, das spitz- oder
stumpfwinkelige Aneinanderfügen
zweier im gleichen Winkel zuge-
spitzter Bretter oder leistenförmi-
ger Holzstücke. Stö. 373: Schmiege
— Scha. 198 fds.
staf, m. pl ?, Stab, eine ein-
gelegte, linienartige Hervorragung
auf der Holzfläche.
swalbenswans, swalben,. m., pl.
nur de swalben, breite auf Lang-
holz nach aussen verbreiterte, vor-
ragende TeUe einer Holzplatte,
welche letztere mit einer andern
Platte durch Hineinschieben in
entsprechende Lücken derselben
rechtwinkelig verbinden, s. zinken.
halbe swalbenswans heisst das
Eckstück der Holzplatte, welches
die eingeschobene nur von einer
Seite berührt. Stö. 304: Schwal-
benschwanz — Br. n. 1110: swaal-
kensteerd.,
swtnsrflggen, m. pl. — s, ent-
steht, wenn in der Mittellinie der
Schmalseite eines Brettes beide
„Fasen" sich stumpfwinkelig tref-
fen. — Op swtnsrüggen werden
Bretter zu Umzäunungen anein-
andergefügt.
tapen, m. pL — s, Zapfen, mei-
stens angesägter, seltener einge-
setzter, „eingeschlitzter", schmaler
kantiger Vorsprung ^ines Werk-
stücks, welcher, in den Schlitz
oder in das eingestemmte Loch
eines andern passend, beide mit
einander verbindet. Stö. 309 : Zapfen
— Scha. 224 fcc. — sonst fds. bei
St. 242 — Br. IL 24 — Da. 484
- Stü. 277 — Dan. 221.
zapf* (z = ss), t pl. — B, die
äussere Umrahmung von Türen
und Fenstern, auch von Tischen.
Stö. 330 und oft: Zarge — Br.
IL 590: sarge und sarse — Dan.
252: zärg.
zinken (z = ss), m. pl. — s,
schmale auf Hirnholz nach einer
Seite verbreiterte, vorragende Teile
einer Holzplatte, welche letztere
durch Hineinschieben in entspre-
chende Lücken mit einer andern
Holzplatte reditwinkelig verbin-
den; s. swalben. Stö. 314. Der
halbe zinken entspricht dem hal-
ben swalben.
b. die Verba
ifen, eine „Fase" machen,
Kante die Schärfe nehmen.
Bisen, zur Herstellung eines
IS von der Kante abhohelh.
P^tb. I. 37: abfalzen.
iSbeln, abhobeln. Gr. Wtb. I.
- Da. 5.
LlSben, mid— 'n stgktfen, ab-
3n mit dem Meissel. Scha.
■icbten, eine grössere Fläche
ommen wagerecht und eben
chten mit Hülfe der Richt-
r. Gr, "Wtb. I. 90 fcc. — Seh.
I. 31 fds. — Br. II. 449 fds.
tu. 166 fds.
ichrnbben, mit dem Schrub-
I Holzsubstanz beseitigen.
flttMi, vom Ende eines Holz-
es etw»8 absägen, z. B.: bei
tellnng eines Zapfens. Gegen-
slitsen. Gr. Wtb. I. 117: ab-
n, beim Bergbaue — Seh. &L
fds. — Stü. 167 fds. — Dan.
fds.
ilicbten, nach Entfernung des
sten mit dem Schlichthobel
BD.
iteiB'ii, mittels des Stemm-
s von Brettern u. s. w. ein
i. abteilen. Geschieht, wenn
jage des Holzes das Sägen
«trtken, stv., die Kante eines
:es so behobeln, dass es mit
a andern Brotte eine dichte
I bildet; hochd. fügen.
kgln den hlbel, geschieht,
i der Tischler „ütkSln" will.
He Hohlkehle, der Kamios,
3tab fertig, so heisst es: de
I is ran. Gr. Wtb. V. 399:
m.
rn, bohren. Gr. Wtb. II. 227
»ä. 51 — Stü. 8.
der Tätigkeit
besntden, id quod befllmen.
beftnitD, mittels der Sg:ge aus
wahn- oder fasekantigon Bohlen
u. s. w. voll- und ebenkantige
machen; s. befftmt. Gr. Wtb. I.
1542: besäumen fds. — ftmen,
fds. bei Br. II. 298 — Da. 442
— Stü. 248 — Dan. 201.
bestftten, eine gesägte Kante mit
dem Hobel rechtwinkelig ebenen.
drSgfin, trocknen, nämlieh fri-
sches, grünes Holz. Seh. & L. I.
580 ^ Dft. 89 - Scha. 46 —
Stü. 39 — Dan. 41.
felsen, einen Falz machen.
ffigen, fftgen, selten fSgen, id
quod bestöten, runksen, strtken.
froren, an der Kante regelmäs-
sige Verzierungen anbringen.
fnrntnn, furnieren. Gr. Wtb. lY.
1. 782.
hSbeln, hobeln. Gr. Wtb. IV. 2.
1589 — Seh. & L. II. 313 — Br.
I. 662 ; II 615 : achaeven — Da.
189 — Scha. 87 — Dan. 88 —
Stü. 214: schaven.*).
insntden, einsägen. Scha. 92 fcc.
inspnn'n, mittels der Hobelbank-
meistens jedoch
klftben, swv., spalten. Gr. Wtb. V.
1219 — ßi. 124 — Br. I. 810
— Da. 236 — Seh. II. 285 -
Scha. 104 — Dan, 106 - Sttt. 112.
krSpen, Gesimse, Kamiese u. ä.
auf Gehrung zusammenfügen. Stö-
394: kröpfen, gekröpft.
nfiten, auf Feder und Nute ver-
einigen, Feder und Nute machen.
Apstapeln, s. folgendos.
opstitken , Bretter aufstapeln,
jedes einzelne Brett vom folgen-
den durch Querhölzer „stäpelhöl-
ter" scheidend.
optren-n, aus einem breitereu
89
Brette zwei oder mehrere schmä-
lere schneiden. Gr. Wtb. I. 764:
auftrennen fds.
runksen, Fassbodenbretter mit-
tels der „runks" zu einander pas-
send machen, fds.: Ri. 218 —
Scha. 177 — Dan. 176.
fagen, sägen ; s. sntdcn. Da. 394
- Dan. 180.') — Stü. 209.
schrenken, die Sägezähne wech-
selsweise nach rechts und links
ausbiegen. Br. U. 695 fds.
schrnben, sty., schrauben. Br.
IL 701 — Da. 415 — Scha. 186
Stü. 235 — Dan. 188.
sehrnbben, mit dem schrubhSbel
schaben. Ei. 242 fds. — Br. II. 699
fcc. ~ Scha. 186 fcc. — Stü. 235
fds. — Dan. 187 fds.
fen, nä de flacht, sehen, ob et-
was parallel geschnitten, gehobelt
u. s. w, sei. flucht: Gr. Wtb. III.
1833.3) fcc.
suchten, id quod afslichten.
slitscn,einenSchlitz(s.o.)machen.
tofämn slitsen, Werkstücke mittels
Schlitzes und Zapfen verbinden.
Stö. 310.
Silben (? sl5ben), dasselbe was
nuten. Br.' 11. 824 : slesen, Bretter
einfügen; VI. (1869) 313: släven,
sleven im Dithm. dasselbe mit
iinsern slesen — Stü 223: schlövo,
schlöfe, *) Nute.
sntden, schneiden, sägen. Der
Tischler braucht stets das Wort
sntden und nicht fägen, wenn er
das Resultat der Tätigkeit im Auge
hat. Da. 438 fcc! — Scha. 200 fds.
- Stü. 288 - Dan. 199. f9p de
fast sntden sägen, die Säge lot-
recht haltend; fSr de band sntden,
sägen, die Säge wagerecht haltend ;
in dikden sntden, aus dickeren
Bohlen oder Brettern dünnere
schneiden.
stel'ii, stellen. Da. 460 — Scha.
209 — Dan 211. In -de hoch-
kant stel'O, Bretter zum Trocknen
auf die Schmalseite stellen, damit
die Wärme von beiden Seiten
komme. In — de wäg* stein, wage-
recht einstellen.
stem'n, mit dem bötel oder tfen
hantieren. Stü. 263 : ein Loch durch
einen Balken schlagen.
strtken, id quod afstrtken.
dtkeln, mit dem Kehlhobel hor-
aushobeln. Gr. Wtb. I. 891 fds. —
Da. 223: kelen, das Kehlen der
Tischler mit der holl-kele.
dtkiinken, aus einem Brette
u. s. w. ein winkeliges Stück her-
ausschneiden, klinken: Gr. Wtb.
V. 1196 fds.! — Seh. & L. II.
484 fds. — Ri. 122 fcc. — Br. I.
805 seq. Ri. fcc. - Da. 235 fds.
— Seh. II. 278 fcc. — Stü. 111
fds. — Dan. 105 fds.
dtstem'n, ein Loch mit dem
Meissel machen.
dtstftten, leistenförmige Stücke
Holz mit dem Hobel in die ge-
wünschte Form bringen.
ftts weifen, einen Bogenausschnitt
machen. Gr. Wtb. I. 965.^) f. univ.
Auch: ütschweifen.
Einken (z = ss), Zinken machen.
Tofämn zinken, zwei Holzplatten
mittels Zinken und Schwalben ver-
binden ; ferdekt zinken, op ^ernng
zinken, so zinken, dass man von
aussen die Art der Verbindung
nicht sieht.
zwirchen (z = ss), Langholz
quer behobeln. Sollte nicht irgend-
Avo noch ein plattdeutscher Aus-
druck vorhanden sein?
90
IV. Einiges vom fertigen AV^erke
und den Teilen desselben.
bank, f. pL — en und beiik,
Bank, im hies. Hochd. die Bänke.
Gr. Wtb. I. 1105 — Seh. & L. I.
448 - Br. I. 48 ~ Da. 33: benk
fcc, 22: bank fds. — Seh. I. 66.
bed, n. pl. bedden, seltner bed-
sted-, Bett. Gr. Wtb. I. 1722 —
Seh. & L. I. 165 — Ri. 11 —
Da. 26 — Seh. I. 75 — Scha. 18
— Stü. 11 — Dan. 16: bettstäd.
Teile des Bettes sind: kopstiik,
n., ffitenn*, n , schwerlieh m. (vgl.
kam-enn-) und de ßden. Die er-
stem beiden bestehen aus: rtgcl,
m., ffillaiij;^ f., und de stoln, pl.
von stol, die Eckpfeiler mit den
Füssen. St. 227: staal — Br. II.
986. confer sub verbo: staal —
Scha. 212 fds. — Dan. 213 fds.
de fiden, die Seitenwände, sind
am Kopfstück, oft auch am Fuss-
ende nach oben verbreitert, diese
Verbreiterungen heissen de scha-
tofea, pl. von schatdf*.
disch, m. pl. —n, Tisch. Seh.
& L. I. 526 — Br. I. 215 — Da.
78 — Seh. I. 223 -^ Scha. 43 —
Stü. 34 — Dan. 35. Besteht aus
blad, n., föt, m., zarf*, f.
dSp, f. pl. — n, Tür. Seh. & L.
I. 549 — Ri. 36 — Br. L 230
— Da. 80 — Seh. I. 238 - Scha.
45 — Stü. 34 — Dan. 33. Besteht
zunächst aus: de rämstfiken, fiil-
lan^, fad der, ferklednng, sla^^Iist,
f , ferner aus zapf-, Türzarge und
schwel, f, seltener fül, ? pl. ?,
TürschweUe. Ei. 300 — Br. II.
1093 — Da. 472 — Seh. IV. 224
— Scha. 218 -Dan. 216— Stü. 272.
finster, b. pl. — n, Fenster. Gr.
Wtb. m. 1519 — Br. I. 394 —
Da. 119 — Seh. I. 317 — Dan. 51.
Fast synonym ist lacht, f. pl. — n,
welches sowol für die Fensterzarge
mit ihrem Zubehör, als auch für
das Loch, welches ein Stück Him-
melslicht und Luft in den Innen-
raum hineinlässt. gebraucht wird;
(dat ffir slftg* to de luchten rüt)
Seh. & L. II. 741 — Ri. 155.*)
fcc. — Br. II. 30 fcc. — Da. 285
— Scha. 126 fds. — Stü. 140 fds.
— Dan. 128 fds.
Das Fenster wird aus folgenden
Teilen gebildet: finsterbank, f,
der untere Teil der Umrahmung
— Zarge — nach innen, Gr. Wtb.
UI. 1523. flnsterlampert', f. pl.
— u, Holzwerk von der Fenster-
bank bis zum Fussboden; fast
gleich mit pan§l. finsterräm, m.
oder flftgel, flftgel, m. pl. — s,
Fensterflügel. Gr. Wtb. III. 1523;
das Spalte 1525 gegebene „Fenster-
rahm" entspricht unserm nach-
folgenden: zarf*. Es besteht aus:
rämstiik, n. pl. — n (seil. 4.) Br.
II. 427: raamholt — und spros,
f. pl. — n (mehreren), flnsterläd*,
f. pl. — n, Fensterlade. Gr: Wtb.
III. 1524: Fensterladen, m. f5r-
ribep, m. pl. — s, zungenfbrmiges
Stück Eisen nebst Handgriff zum
festigen der geschlossenen Fenster-
flügel dienend. Gr. Wtb. m. 1525:
Fenstenreiberlein. Eine besondere
Art desselben heisst oltv. fudder
nn bekledang, die innere Verscha-
lung der Zarse. Gr. Wtb. III. 1523 ;
IV. 1. 1074.«) kemfep, m. pl. — s,
ein Teil des folgenden, an dasselbe
von aussen angenagelt, um den
Tropfenfall abzuleiten. Gr. Wtb. V.
150: Kämpfer fds. Idsliolt, n. pl
hSlter, das Werkstück, welches
91
die Fensteröffnung der Quere nach
teilt. Br. VI. 187 - Sch.&L. U.
727. posten, m. pl. —8, das Werk-
stück, welches die Fensteröffnung
der Länge nach teilt. Gr. Wtb.
ni. 1525 : Fensterpfoste — . f. univ. :
Da. 357 — Stü. 181 : post — Dan.
159: post'n — Scha. 158; post.
(älbank, f., der untere Teil der
Umrahmung — Zarge — nach
aussen. Stö. 336: Sohlbank — Br.
Tl. 266: salenbrett. sehawarangN
seharawang*, genus ?, plural ?, der
holzverkleidete Hohlraum in der
inneren Umrahmung, welcher bei
Tage den Fensterladen aufnimmt,
wapvel, m. pl. — s, selten auch
knebel, m. pl. — s, ein hölzerner
förrtber. Gr. Wtb. IL 1526: Fen-
sterwirbel. Ei. 343 — Br. III.
199 fds. - Da. 553 — Seh. IV.
341 — Scha. 295 — Stü. 325 —
Dan. 243. wätersehenkel, m. pl.
—8, eine Abschrägung am untern
räoistük des Fensterflügels, bei ein-
wärtsschlagenden Fenstern, zarf-,
f., die obere und seitliche Aus-
kleidung der Lücke in der Mauer
(nach unten finsterbank & lälbank),
die Umrahmung, welche die Fen-
sterflügel hält.
fötboden. m. pL — -s, Fussboden.
Cir. Wtb. IV. 1. 1015 — Da. 130;
dazu gehören de breder, welche
entweder stump oder op nüt un
foder zusammengefügt werden, de
fotlisten und dat läger.
komod', f. pl. — n, Kommode.
Dieses Fabrikat und ähnliche
zeigen folgende Teile: btstös, m.
pl. btstfts, der stärkere Teil der
Rückwand, welcher an die Seiten-
wand angeleimt wird, diese ver-
stärkt und die Rückwandsfüllung
in einer Nute aufnimmt. Gr. Wtb.
L 1398 : Beistoss fcc. Stö. 394.
Wad, ib, die obere Platte, s. hlbel-
bank. boden, m. pL — s, die un*
tere Platte. Seh. & L. I. 369 —
Da. 47 — Dan. 21. f6t, m. pl.
fftt, der vom Drechsler gedrehte
Fuss. larsene, f. pl. — n, dasselbe
nach vorne, was bistös nach hinten ;
oft mit einer flachen Säule ver-»
ziert. Stö. 394: Lissene. Ifipboden,
in. pl. — 8, drei bis vier Zoll breite
Holzplatten, welche an der Vorder-
seite der K. die Schieblade schei-
den. Stö. 402: Laufboden. IdpUst,
f. pl. — n, je zwei verbinden den
Laufboden mit der Rückwand, in
der Regel mittels „grät" in der
Seitenwand befestigt, rfigwand, f ,
die Hinterwand. Stö. 402. Itd, f.
pl. — n, die Seitenwand, fokel,
ui. pl. — s, jeder nicht gedrehete,
gedrechselte Fuss; unterschieden
vom „fot". strtkltst, f. pl. — n,
ist an der Innenkante der Lauf-
leiste befestigt, und verhindert die
Seitenbewegung der Schieblade.
zarf, s. oben.
panel, n pl. — n, Brustlambris,
nach oben bedockt von der „dek-
Itst". St. 154 — Br. II. 290 —
Da. 344: paneeling — Stü. 172
— Dan. 151 — Wehrmann, lüb.
Zftr. 298, 469.
schap, f. pl. — n, Schrank. Da.
401 — Stü. 213 — Dan. 182 —
Wehrmann, lüb. Zftr. 253. ekschap,
Eckschrank. Dan. 45. In der Stadt
kennt man hörnschap, Br. VI. 117,
nicht mehr.
stdl, m. pl. stfti, Stuhl. Ri. 292
— St. 231 — Br. II. 1106 — Da.
465 — Seh. IV. 204 — Stü. 267
— Dan. 213.
Teile desselben: de f5t auch
ftfrderben, die Vorderfüsse, pfig-
leB, f., Rücklehne, Ri. 8. bakels,
de stapen, die Hinterbeine, alias
Füsse, Br. IL 1047: stoolstappen,
die Querhölzer, welche unterhalb
92
des Sitzbrettes die Füsse verbin-
den. Seh. IV. 187 — Stü. 261 fds.
de Äapf', welche zusammengesetzt
wird aus ftpdiöP-, ßden- und ach-
tep-dwing* auch -zwing* oder ptgel.
Nach der Rücklehne gibt es:
stftl mid opgeschäbene und mid
twischeugeaftbelte kopstfik, und
8pposeii«Sl. Fliichtpeclite stftl.
schfif, f. pL — n, oder sehfif-
läd% f. pl. sehüfläden, Schieblade.
Dan. 191. Teile derselben: f$pdep-,
Itden-, achtepstfik, boden. Die
nütlist dient zur Verstärkung der
Seitenwand und zur Aufnahme des
Bodens; sie entspricht dem Bei-
stoss
tpep, f. pl. -n. St. 251 - Br.
III. 106 — Da. 494.
Sie besteht aus: gelennep, n.
pl. — s, das Geländer; und dieses
aus dok, f. pL — n, Docke. Stö.
258 — Gr. Wtb. IL 1213.^) i. fcc.
~ Seh. & L: I. 530.2) fcc. — Br.
I. 222 — Da. 82 fds. — Stü. 35.*)
fcc. — Dan. 36 fds. unji hand-
16pep, m. pl. --8, Handläufer.
meklep, m. pl. — s, der Endpfoste,
welcher Wange und Geländer ver-
bindet, auch 2) die Mittelsäule der
Wendeltreppe. Br. II. 115; VI.
191 fcc. — Da- 292 fds. — Stü.
144.*) Spindel einer Wendeltreppe
— Dan. 131 fds. stdsbped, n.,
schliesst den Raum zwischen zwei
Stufen nach hinten ab. stuf, f.
pl. — n, Stufe, wang', f. pl. — b,
Wange, die Seitenwand, in welcher
die Stufen befestigt sind. Scha.
245 [anderes Wort?] — Stü. 323
f.? ds.? — Stö. 317. Siehe habel.
Von Treppen unterscheidet man:
1) nach der Art, wie die Stufen
befestigt sind: ingelechte undop-
gefädelte. 2) nach der Form der
Wange: gpäde tpep mit gerad-
linigen Wangen; potest tpep mit
winklig gebrochenen Wangen,
swnngtrep mit gebogenen Wangen,
weaneltpep, die innere Wange so
steil um die Mitte gewunden, dass
sie zur Mittelsäule wird.
Mundartliches im Reineke Vos.
Bekanntlich hat man lange Zeit auf RoUenhagen's Zeugniss hin
(Froschmäuseier. Magdeburg. 1595. Vorrede) einen ,beim Ursprung
des Weserstromes hurtigen Sachsen' Nicolaus Baumann, der Secretär
Herzogs Magnus von Meklenb^rg gewesen und in Rostock 1526 ge-
storben, für den Uebersetzer des ndrl. Reinaert in den ndrsächs. Rei-
neke gehalten. Diese Behauptung hat Zarncke in Haupt's Zeitschrift
für deutsches Alterthum 9, 374 als eine irrige zurückgewiesen und
dagegen Gründe für die Autorschaft eines Herman Barkhusen, Stadt-
schreibers und zugleich Buchdruckers in Rostock, welcher aus der
Gegend von Paderborn gebürtig gewesen zu sein scheint, geltend ge-
macht. Wiederum gegen diese Annahme haben Wiechmann Altnieder-
sächsische Literatur I. 44 und Latendorf im Programm des Schweriner
Gymnasiums v. J. 1865 Bedenken erhoben.
Wenn wir so noch über den Namen des Verfassers in Unge-
wissheit sind und vielleicht stets bleiben werden, so lassen sich doch
93
vielleicht aus der Sprache des Reineke Vermuthungen über seine
Herkunft entnehmen, Es ist der Zweck dieser Arbeit, auf solche
sprachliche Besonderheiten des Gedichtes aufmerksam zu machen, die
auf die Heimat des unbekannten Verfassers Licht werfen können.
Auf eine der befremdendsten dialektischen Eigenthümlichkeiten
hingewiesen zu haben, ist Lübben's Verdienst. Er Sagt nämlich in
seiner Ausgabe des Reineke S. XX; ,Eraglich ist in manchen Wör-
tern die Consonantengemination im Inlaut. Soll man bette (Bissen),
' getten, leppel, hegger, degger, konnrnk, jennich u. a. mit einfacher
oder doppelter Consonanz schreiben? Da die Gemination fast ganz
willkürlich angewandt und bald nach kurzen, bald nach langen
Yokalen (z. B. wiflf, deflf, leff) steht, so ist es überaus schwer, hier
eine Entscheidung zu treffen. Massgebend kann nur die relative
1 Allgemeinheit der Schreibweise in nd. Denkmälern aus demselben
I Sprachgebiete sein; die heutige Aussprache mag hin und wieder zur
Feststellung des Richtigen verhelfen. Ich habe nach Anleitung des
! alten Druckes nach kurzen Vokalen die Gemination stehen lassen,
I wenn auch diese Formen nicht immer die üblichsten sind.'
Die Zusammenstellung von Schreibungen wie wiflf, deflf, leff mit
! den in Frage stehenden \ scheint mir nicht glücklich zu sein, denn
I nicht blos, dass in jenen Wörtern langer Vokal, in diesen kurzer ist,
i sondern es steht auch in jenen die Gemination im Auslaute, in diesen
I im Inlaute; und es ist keine Frage, dass das doppelte f in jenen
Wörtern nur graphischer Luxus ist, für die Aussprache keine Bedeu-
tung hat. Ganz anders steht es mit der Gemination in getten, leppel
ü. s. w., welche eine andere Aussprache kund zu thun scheint, als
geten, lepel des „üblichen" Mnd. gehabt haben werden. Dass Lübben,
gleich Hoflfmann v. Fallersleben und Schröder, die a.uflfallenden For-
men, obschon sie in einigen Wörtern mit denen, die einfachen Con-
I sonanten zeigen, wechseln, nicht hat umschreiben wollen, halte ich
j für das richtige Verfahren, auch für den Fall, dass uns die mnd.
Schreibweise oder die heutige Aussprache desselben (d. h. Lübeker)
Gebietes zwänge, sie als nicht lübekisch anzusehen. Das thut nun
aber allerdings die Sprache des neueren, als auch die des mittelalter-
lichen Lübek. Diese steht durchaus auf dem von Nerger (Grammatik
des meklenburg. Dialektes) nachgewiesenen Gesetze der ,Tonlängung
kurzer Vocale hochtoniger offener Silbe vor tonloser Silbe'. Das ist
eben die dem Gemeinmnd., der Sprache der Osterlinge, eigenthüm-
liche Entwickelung.
Lesen wir jetzt die Wörter, die gegen diese gemeinmnd. Regel
doppelte Consonanz zeigen, aus dem Reineke zusammen. Stellenbelege
bieten die Glossare Lübben's und Schröder's zu ihren Ausgaben.
Consonanzverdoppelung zeigen zunächst im Plural des Praeteri-
tums und im 2. Particip die ablautenden Verben mit dem Wurzel-
vocäl i und darauf folgendem t, seltener mit folgendem d : btten und
die Composita af-, to-, vor-, Praet. se betten, bette wi, Prtcp. gebetten,
betten (daneben gebeten?); riten, Prtcp. retten; beschtten, Prtcp. be-
94
schetten; smlten, Prtcp. smetten; tospltten, Prtcp. tospletten; vorwiten,
Prtcp. vorwetten; riden, Praet. se redden, daneben se reden*). Da-
gegen liden, Prtcp. geleden; snlden, Prtcp. gesneden. Unter das
Gesetz der Consonantverdoppelung fällt natürlich auch wetten (wissen),
Praes. se wetten, Prtcp. gewetten. Ebenso können die ablautenden
Verben mit dem Wurzelvocal a ein folgendes t im Infinitiv, im Prae-
sens und im 2. Particip verdoppeln: Inf. vergotten, se vorgetten,
Prtcp. vorgetten. Von eten begegnet nur das Prtcp. (ge)getten, af-,
up-; hingegen Inf. eten, Imper. etet! dat etent.
Sonst geminieren noch folgende Wörter inlautenden Consonanten
nach hochtonigem kurzen Vocal, abweichoÄd vom lübischen Dialekte :
better neben beter ; wedder neben wer (aus weder, weder) ; afgodde
Glosse I, 17; logge, loggener neben Prtcp. gelogen; koggel; seggel
(Siegel), vorseggelen neben segel, ingesegel; seggelen (segeln), Glosse
IV, 6; hegger; degger, alderdegger; kocke (dem Koche) lieben koken
(kochen), koke (Küche); leppel; henne; moUe neben mole; wesselken
neben weselken; vorlorre (verlöre) neben se verloren. In einigen
anderen Wörtern findet sich die Geminierung auch im Gemeinnd.,
z. B. in lodder neben loder, offen neben even, genne neben gene.**)
Diese können darnm bei dieser Untersuchung unberücksichtigt bleiben.
Wie gesagt, jene aufgezählten Formen sind weder je lübekiseh
gewesen, noch kann man sie als gemeinübliche des Mittelniederdeut-
schen betrachten. Suchen wir nach irgend einem Dialekte, dem sie
eigen sind, so muss in erster Linie der ostfälische mit dem Centrum
Braunschweig genannt werden. In den von Hänselmann herausgege-
benen Chroniken der Stadt Braunschweig liest man z. B, wetten S. 29.
103. 133. 196. 422; bewetten 341; Prtcp. gewetten 141; medewette
45; motte (müsse) 143; wecken 111. 112 neben wekene 134. 153;
scheppel 180. 201; swoppe (lüb. swepe) 38; goddes 133. 153; Jodde
67. 125. 171; reddelik und reddelcheyt 89 neben redelik 112, rede-
*) Die Gemination des Consonanten im Praeteritum dieser Verben gibt er-
wünschten Aufschlusä über den Charakter des vorhergehendea Yocals: es ist kurzes
aus i entstanden (>» ^. Im jetzigen Niedersächsischen ist dagegen das lange e (fast
ei gesprochen) aus dem Sing, auch in den Plural und in den Conjunctiv gedrungen.
Als Beispiel diene biten, beissen.
As. bitU; ich l)eisse ; bet, ich biss ; bitun, wir bissen ; gibitan, gebissen.
Mnd. bite bet b^ten geboten
Nnd. bit bet beten b^ten.
Lübben hat daher mit Hecht Praeter, und Particip, nicht durch weitere Bezeichnung
der Vocale unterschieden (S. XXI).
**) Nicht hierher gehört die mit Geminierung des Consonanten verbundene
Verkürzung ursprünglich langer Vocale, wie in jammeren, grotter u. s. w. Zu grotter
bemerke ich, dass es auch nordelbingisch ist. Mau hört nördlich von der Elbe öfter
grötter, gröttst, als groeter, groetst, desgleichen häufig hd grösser, grösst statt groB^er,
grce|t. Grotter zeigen auch die von Hänselmann hrsgg, Braunschweigischen Chroniken
S. 151, das von Scheller hrsgg. Braunschweigiscfae Shigt-Bok S. 50 und der von
Schönemann hrsgg. Sündenfall V. 1316. Die Vocalverkürzung wird vom Superlativ
ausgegangen sein : grotest ward zu grötst contrahiert ; Consonantenverbindung i^härft
bekanntlich oft im Nd. den vorhergehenden Vocal; nach Analogie von grottst ward
dann auch grotter gesagt.
95
licheyt 94; moUentolno 176. 193 neben mole 180. 181. Im ganzen
sind die Fälle aber in diesen Chroniken dos 14ten und des beginnen-
den löten Jahrhunderts noch selten. Das kann uns nicht Wunder
nehmen, wenn wir bedenken, dass diese Geminierung erst aufkam,
als die Fähigkeit, kurze offene Silben einerseits von langen offenen,
andererseits von kurzen geschlossenen in der Aussprache zu scheiden,
verloren ging. Wahrscheinlich haben auch noch längere Zeit die ver-
schiedenen Schreibungen, etwa von weten und wetten, keine so grosse
Verschiedenheit der Aussprache bezeichnen sollen, als wie ein moder-
ner Mund sie markieren wird. Sonst wäre nicht recht erklärlich,
wie noch im Reineke neben wetten : sotten 343 getrost wetten : eten
(z. B. 576. 999. 6049) gereimt werden konnte, statt wetten ; etten oder
weten : eten; ebenso koken : wecken 683.
Das von Scheller herausgegebene Shigt-B6k der stad Brunswyk,
dessen Aufzeichnung in den Anfang des 16ten Jahrhunderts fällt, hat
ziemlich viele Belege der besprochenen Eigenthümlichkeit aufzuweisen.
Mag man auch über Scheller's Orthographie, seine Schwächen und
Wunderlichkeiten aburtheilen: hier darf seine Ausgabe als Gewähr-
schrift unbeanstandet benutzt werden, da, falls er seinen Text corri-
giert hat, diese Correcturen gewiss Brunswicismen sind. Im Shigt-
Bok findet sich nun; untoretten S. 17; afgeretten 119. 154; betten
137; beschetten 137; se schotten 6. 11; gesmetten 119; wetten 55.
58. 91. 106. 151; gewetten 162; forgetten 16. 106. 134; forgettenheid
3; kettel 83; slottel 9. 11; (ge)greppen 22. 147; se greppen 23. 24.
57; sheppel 142. 158. 222; pöpper 85; swoppe 32; geredden 136;
se redden 29. 105. 150; snedden 77; se forsnedden 84; goddes 23.
godde 19; Jodden 86; rodde 73. 89; boddel 106. 148; seggel 8. in-
geseggel 119; seggelen 10; forseggelinge 121; neggen (neun) 17. 87.
155; koggel 55. 57; äggel (Igel) 89. 129; seggelen (segeln) 111;
foggel 228; ässel 73. 89. 129; Gosselor 113. 126.
Es bleibt zu ermitteln die geographische Verbreitung der dialek-
tischen Eigenthümlichkeit. Sie erstreckt sich einmal westlich wenig-
stens bis ^ach Hildesheim. In der Chronik des Hildesheimers Oldekop
aus der Mitte des 16ten Jahrhunderts und in einigen hildesheimischen
Liedern derselben Zeit, die Lüntzel in der Zeitschrift des Museums
zu Hildesheim Bd. I. herausgegeben hat, liest man: wetten 118. 141.
146; toretten 119; vergetten 130; gespletten 165; kettel 128. 134;
allerdings kein gegetten, sondern gegeten 126; toschotten (zerschossen)
143; gemacke 139 ; gegreppen 119. 127. 132; scheppel 146; getreddet
133. hierher? wedder (weder) 137. 140. 146; goddes 140. 145. godde
142. 144; von gg kein Beispiel, sogar segel 152; begraffen 138.
Wichtig ist kretten (angreifen, verletzen) 209. 218, weü es das an-
gezweifelte anebetten (anbeissen) Kein. V. 5637 stützt. Es ist von
krtten (streiten) gebildet, wie dieses von btten. Man vergleiche auch
das hoUänd. betten.
Nördlich erstreckt sich der Brauch der Verdoppelung bis nach
fallersleben, der Heimat Hoffmanns; und ich finde darin den Grund,
96
warum HofFmann an diesen Formen im Reineke Vos keinen Anstoss
genommen hat. Ich ziehe aus der Darstellung, welche HoJBEmann von
der Mundart in Fallersleben im 5ten Bande der ,Deutschen Mund-
arten' von Frommann gegeben hat, diejenigen Wörter aus, welche
diese dialektische Yerdoppelung der Consonanz zeigen; die Participien
ebetten, eretten, eschetten, esmetten, ekneppen •, aber estreken, eweken,
eslepen, esno'en, estre'n, ebleben, estegen; sweppe, pepper, nebbel,
gebbel, höbbel, hobbe (Hofe), schebber, stebbel, stöbbem, preddigen,
eggel, seggel (Segel u. Siegel), roggel, teggel, böggel, flöggel, höggel,
töggel, föggel, logge, 09901 (Esel), ki99erlink (Kiesel), endlich die ur-
sprünglich langsilbigen motten (begegnen) und högger (höher).
Dass auch südwestlich von Braunschweig, am Oberharze und
vielleicht noch weiter westlich, dieselbe Mundart herrschte, beweist
das von Schönemann herausgegebene Schauspiel ,Der Sündenfall'. Als
Schreiber desselben nennt sich zum Schluss ein Johannes Bokenem,
nach Schönemänn 1491 — 1508 als Altarist in Goslar urkundlich nach-
weisbar. Man würde somit annehmen dürfen, dass sein Dialekt, der
von Goslar oder der des zwischen Hildesheim und Goslar liegenden
Städtchens Bockenem, in der sprachlichen Fassung des Gedichtes vor-
läge, wenn nicht Reime vorkämen, wie sottest (setzest) : wettest (du
weisst) 1606. sotten : wetten 707. 1649. 2076. 3236 und sonst und
andrerseits weten : seten 3575, welche darthun, dass diese Formen
bereits der Mundart des Dichters angehörten. Nach dem Akrostichon
der Vorrede hiess dieser Arnold Immesen. Dass er Rector oder
Plebanus zu Eimbek gewesen, schliesst Schönemann aus der Erwähnung
des Eimbeker Bieres Y. 2700 ohne Grund. Nach seinem Namen mag
er, wie Schönemann annimmt, aus dem dieser Stadt benachbarten
Dorfe Immssen gewesen sein. Ausser den bereits verzeichneten Sprach-
formen liefert uns nun dieses Gedicht noch •folgende: gewetten (ge-
wusst) : gegetten 1053; gesletten : wetten 1372. 1825; eten : wetten
888. 962; wetten 982. 3278. wette 1218. de wette (der wisse) 3179.
wette gj 2241. wettet! 2242; gegetten 1626; greppest 1122; zecker
(sicher) 3198; queke (Viehe) : dreke (Drecke) 820; godde 1971; wy
kommen 2273; eilen : schellen (= schalen im Bremer Wb.). eilen
1722. Deger gegen 20mal, aber nie degger.
Gegen Eimbek oder Immssen als Heimat des Dichters habe ich
das Bedenken, dass Göttingen, welches doch ganz nahe bei Eimbek
liegt, von der dialektischen Doppelconsonanz fast gar keine Spuren
zeigt. "Wenigstens finde ich in dem von Schmidt herausgegebenen
Urkundenbuche von 1401 — 1500 wenig Belege und diese meistens
da, wo sie hildesheimischen oder braunschweigischen Schreibern bei-
gemessen werden dürfen. Die wenigen Stellen sind: wetten S. 47.
56. 84. 86. 362. 373. 389. 390. 396; hirmodde 87; vorthredden 198
neben bethreden 199; angreppe, greppen 190. togreppe 191 neben
angegrepen 191; reddelik 218. reddelicheit 354; hecket 380. 425. 426;
wecken 393. 396. 400; peckel 425. 426. Dass dem göttingischen
Dialekte solche Formen wenig gemäss waren, dafür liefert das Scham-
97
'sehe Wörterbuch der modernen Mundart von Göttingen und
Grubenhagen den Beweis, das freilich aus Urkunden z. B. dagger =
(leger beibringt, allein in der jetzigen Sprache selbst da, Consonant-
verdoppelung vermissen lässt, wo das übrige Nd. sie zeigt, z. B. keteln
hat für ketteln, ledig für leddig, federe für feddere, Formen, welchen
man zum Theil bereits in jenem Urkundenbuche im Gegeilsatz zum
Gemeinmnd. begegnet.
Ebenso kennt der lippische Dialekt nach Echterlings Auffassung
bei Prommann Bd. VI wenige dieser Geminationen, höchstens dell
(Diele), potte, sweppe neben swiepe, splette (Schambach splete), steckel
(Schamb. stickel steil), strotte (Luftröhre), dagegen diger = deger.
Die Form swiepe führt uns schon aus den Thälern der Leine und
Weser, dem oberen Engern, ins "Westfälische. Lyra's Plattdeutsche
Briefe bieten als osnabrückisch freilich gattes (Gottes), jedder neben
jeder, preddigen, Meddiziin, unnerweggens und noch einige wenige
Geminationen, Regel ist aber den Vocal zu brechen, also zu sprechen :
bieter, wieten, stieken, liepel, kuulengriäwer, kuaten (Ketten oder
Katen, Häuschen), uutspriöke, huasen, das d aber auszuwerfen: fiere,
lüg (ledig), rüüe (Hund). Diese Quali^ätsveränderung der Vocale, die
Brechung kurzer Vocale in offener Silbe, ist der Weg, den das West-
fälische eingeschlagen hat, um für jenen Verlust feinerer Quantitäts-
unterscbeidungen einen Ersatz zu gewinnen: 9 wird ie, iä, 0 wird
uo, ua, ue, ö wird üö, iö, uö, üe. Belege dafür bieten die Arbeiten
westfälischer Gelehrten und Schriftsteller in Fülle, vor allem ist auf
¥oeste's zahlreiche und gründliche Untersuchungen in Frommann's
Mundarten und auf seine ,Volksüberlieferungen in der Grafschaft
Mark' zu verweisen.
Während Woeste und Lyra für ihre Dialekte einfachen Conso-
nanten auf den gebrochenen Vocal folgen lassen, setzt Ungt in seinen
zu Münster erschienenen ,Snurren und Snaken' regelmässig doppelten,
z. B. biecke (Bach), stiäcken, wietten, stiädde, kieddo, smiedden, kiäUe,
guodde (Gotte), knocken, kuotte, kuötter, kuemmen, kiücke (Küche).
Dass diese Geminierung wirklich einen Unterschied der Aussprache
von der märkischen und osnabrückischen Mundart darstellt, schliesse
ich aus den Wörtern, in denen dd auf den Vocal folgt, wie stiädde
U.S. w.; diese würden in jenen beiden Dialekten ohne d lauten.
Ausfallen kann eben nur das einfache d. Der Held der Ungesehen
Erzählungen ist aus Sassenbiärg. Dieser Ort liegt zwischen Münster
und Paderborn, ganz in der Nähe von Freckenhorst. Aus diesem
Kloster theilt nun Friedländer im Codex traditionum Westfalicarum
I, 187 ein ,Bruchstück einer Art Hofesrecht von Freckenhorst aus
den letzten Jahren des löten Jahrhunderts' mit, das in Betreff der
Gemination völlige Uebereinstimmung mit der Ungt'schen Darstellung
des neueren Dialektes jener Gegend ergibt: wetten 191. 193 ; better
199. 202; kettel 191. 192; ketten; reckenen 200. 201. reckenschop
191. 200. 201, daneben rekenen 200; gebrocken 192. 195. 197, da-
neben broöken 197; sprecken 194; wecken (Wochen) 201; oppenbar
Niederde^ttohes Jahrbnoh» I. 7
98
200; verbodden; geleggon 196; enteggen 192, daneben unttegen 196;
vortogge (verzöge) 200; sogge (der Sug) 201; poll (Pfühl) 191; tom-
melick 201; wonnen 195; aber segel, besegelen 199. 200. Wir hätten
also hier in Westfalen einen zweiten Dialekt gefunden, der, wie der
Braunschweigische, zu der in Kede stehenden Eigenthüralichkeit des
ßeineke stimmt.
Allein mit der Consonantengemination ist die Reihe der Ab-
weichungen, welche sich der Reineke von der Sprache seines Druck-
ortes gestattet, noch nicht abgeschlossen. Eine der am meisten in
die Augen fallenden ist die Beibehaltung des alten kurzen o in offe-
ner Silbe. _ In Lübek sprach man seit mindestens der Mitte des 15ten
Jahrhunderts, wie die Urkunden und die Chroniken ausweisen, nicht
mehr komen, gode, vogel, sondern kämen, gäde, vägel, wofür man in
Ermangelung eines passenden Zeichens kamen, gade, vagel schrieb
und druckte. Jenes alte o haben der ostfälische und oberengersche
Dialekt bis auf den heutigen Tag festgehalten. Allerdings zeigen
auch andere Lübeker Drucke um 1500 noch nicht jenes a, so z. E.
mehrere Ghotan'sche Drucke. Grund für die Beibehaltung der alten
Formen mag neben der Heimat der Drucker und Verfasser vielleicht
die Rücksicht auf die litterarische Gattung des "Werkes, vielleicht auch
die Speculation auf ein grösseres Publicum gewesen sein. Gewiss
wirrte keinen Lübeker oder Meklenburger das alte noch nicht ganz
verwundene o, dagegen hätte dem Westfalen, Braunschweiger, Magde-
burger ein a an der Stelle von o das Verständniss erschwert. Doch,
was auch der Grund gewesen sein mag, diese Abweichung des Reineke
von der ,osterschen' Sprache ist jedenfalls zu constatieren. Nach
Hoffmann Reineke Vos. 2te Ausg. 1852. S. XX hat übrigens schon
der Rostocker Druck von 1517 dieses o in a geändert.
Nordelbingisch lauten ferner die Formen des persönlichen Pro-
nomens dritter Person em, en, ene, er. Sie sind auch im Reineke
die üblichen, doch begegnen einige Male ome, one, or und in der
Vorrede und in d«n Glossen auch creme, oren, orer. Das sind aber
wiederum Kennzeichen jener beiden binnenländischen Mundarten.
Ein weiteres Kennzeichen derselben ist, dass sie das Particippraefix
ge in e wandeln. Davon hat nun freilich der Reineke keine Spur.
Aber ein mit ge componiertes Adjectiv, das gleichfalls in jenen Mund-
arten dies ge in e verändert, weist er in dieser Form ennöch (genug)
auf. Das Mnd. Wörterbuch bringt allerdings auch ein ennuch aus
Detmars Lübischer Chronik, hrsg. v. GrautoflF, I, 185 bei. Es steht
dort in einem Bericht über tartarische Geschichte, den Detmar nach
seiner Angabe (S. 193) dem Haythonus (s. Hans. Geschichtsbl. 1871
S. 80) entlehnt hat; ob direkt, ob aus einer abgeleiteten Quelle, etwa
einer anderen deutschen Chronik, sagt er nicht. Dies eine Beispiel
scheint mir gegenüber dem sonst durchaus üblichen genoch, genuch
die Behauptung nicht zu entkräften, dass ennoch im Reineke Yos
nicht der Lübeker Mundart angehört.
Das auffällige swummen hat Latendorf in Pfoiffer's Germania IX,
-^t '
99
451 durch zwei Stellen aus Bruns ,Romantische Gedichte', Höfer das.
14, 211 durch mehrere andere Belege gesichert. Die Handschrift, die
Bruns unter diesem Titel hat abdrucken lassen, stammt aus Helmstedt,
einige Meilen östlich von Braunschweig, und der Herkunft entspricht
die dialektische Färbung der Sprache. So findet sich in dem kleinen
Stücke jRathsversammlung der Thiere' ausser swummen noch: dek
und dik, ek neben ik, wetten, in der ,Geschichte Alexanders des
Grossen' lesen wir ausser swummen: ome, on, ore, or, ot neben et,
godde, goddes, goddinne, wetten, gik (euch), swoppe neben s wepe, hofstidde.
]!Tach den binnenländischen Dialekten, zumal nach dem braun-
schweigischen, weist noch manches andere. Weniger Gewicht lege
ich auf die Brechung in folgenden "Wörtern des Reineke Vos : lochter,
nüchteren, rechte, Slobbe, rebbe, smette, pek, he et, he wel, Schar-
penebbe, welche freilich im heutigen nordelbingischen Dialekte u,
resp. ü, und i haben, für welche aber im Mnd. die Vocale nicht so
fest standen. Wichtiger erscheint das Prtcp. gestoken (statt gesteken),
das sich auch in LüntzeVs Hildesheimischer Stiftsfehde 119. 122. 135.
138 findet. Weiter: nu (nü) für ne oder ni (nie). Diese Form ist,
soviel mir bekannt, nördlich der Elbe nur in Schleswig zu Hause.
Detmar Lüb. Chron. hat ny, z. B. I, 167. Hänselmann's Braunschw.
Chroniken dagegen bieten nü S. 137. 138. 143, jü (je) S. 142. Dem
datte im Reineke entsprechendes watte (was) haben Shigt-Bök S. 150,
Göttinger XJrk.-B., hrsg. v. Schmidt no. 28, Schönemann Sündenfall
2743. Dutte, dütte (dies) liest man Shigt-Bök 3. 72. 166, Sühdenf. 272.
Hornscheit oder wenigstens diese Form des Wortes findet sich ausser
im Reineke nur noch in Hänselmann's Braunschweigischen Chroniken.
Ein Wort gräl kennt Reineke Yos für Fröhlichkeit, die mit
Lärm verbunden ist. Unter den zahlreichen Beispielen, die das Mnd.
Wb. beibringt und zu denen ich auch das achtmalige Vorkommen des
Wortes im Shigt-Bök, so wie die zwei anderen Stellen rechne, welche
das Mnd. Wb. sämmtlich mit Unrecht von gräl ' trennt*), sind bei
Weitem die meisten aus Braunschweig, andere aus der Nachbarschaft.
Schon in der Braunschweigischen Reimchronik zeigt sich ja die Be-
kanntschaft mit der Gralsage. * *
In den Versen 674 flf.:
islik nam mit sik sine were,
wat he ^rst kr§ch Üt stnem werke:
de eine eine vorke, de ander eine harke,
de dridde ein spöt, de verde eine rake,
de vifte einen groten tunenstake.
hat Hoffmann rake für einen grossen Rechen rastrum, harke aber als
Rechen rastellum erklärt, mit welchem Fuge, weiss ich nicht, Lübben
und Schröder geben beide Wörter durch Reche, Harke wieder. Rake
findet sich schon im Reinaert, harke hat der Uebersetzer hinzugesetzt.
*) Das Wh* setzt gral ^GroU' an, bringt aber den Genetiv grals und die Schrei-
bung grael. Ein gral, das mit grellen, dem Adj. gral(le) zusammenhinge und gleich
,Gron* wäre, müsste im Gen. gralles lauten.
7*
100
Man wird nicht anzunehmen brauchen, dass derselbe gedankenlos oder
des Reimes halber zweimal dasselbe Werkzeug genannt habe. • Ent-
weder war der TJebersetzer aus einer Gegend, in welcher harke und
rake nebeneinander und zwar wahrscheinlich für verschiedene Arten
von Rechen galten, etwa mit der von Hoffmann angenommenen Unter-
scheidung: dann wäre diese Gegend zu suchen, welche Holstein gewiss
nicht ist, obschon Schütze Holstein. Idiotikon ein raake als holsteini-
sches Wort für Rechen ausgibt, denn das Holsteinische kennt nur
harke. Oder aber der TJebersetzer meinte mit rake etwas ganz an-
deres, als was er unter harke verstand. Sollte es das von Strodtmann
für einige Orte des Osnabrückischen, von Echterling fürs Lippische
bezeugte racke = brake, Flachsbreche, sein, so würde auch dieses
Wort uns wieder in südelbingische Landschaften weisen.
Der Name Lorde, der im Genetiv in der Benennung seiner Frau
Talke Lorden Quaks d. h. Adelheid Frau des Lorde Quack erscheint,
hat der Deutung Schwierigkeit bereitet. Lorde scheint Koseform eines
mit liud anlautenden Namens, der als zweiten Theil etwa gard, hard,
hrod oder ward gehabt haben kann. Lurdes soll ein Bürger der Stadt
Osterode geheissen haben, welcher sich in den Unruhen dieser Stadt
i. J. 1510 hervorthat. Der Name ist entweder starker Genetiv, wie
Lorden schwacher, oder aus Lurdensone verkürzt. Ob dies Hyporisti-
kon Lord(e), Lurd(e) sich anderswo wiederfindet?
Ein Lieblingswort des Reineke Vos ist plas in den Ausdrücken
to plasse (plas) bringen V. 1474. 2236. 2675. 2756. Vorrede, bei
Lübben S. V; Glosse 1, 7. 14. 36; Ueberschrift 4, 2. to pl. komen
V. 2723; Glosse 1, 14. 3, 14. Das Wort wird damals vielleicht über-
haupt beliebt gewesen sein; doch habe ich es bis jetzt nur noch im
Sündenfall: to plasse bringen V. 723. 1174 und im Shigt-Bök: to plas
komen S. 130; vele plasses maken S. 8; plasmäker (Lärmmacher,
Aufrührer) S. 26 geftinden.
Glosse 1, 17. gibt entladdigen für entleddigen. Schlagen wir
im Mnd. Wb. ledder (Leder), leddich u. s. w. nach, so begegnet uns
iadder im Schip von Narragonien (Rostock bei Dietz 1519) und in
einer Komoedie des Joachim Burmeister in Rostock (Rostock 1605),
faddich wieder im Schip v. N. und in der St. Birgitten Openbaringe.
Lübek 1496, laddichgank im Schip v. N. und im Salter to Dude.
Lübek 1493, laddichgenger im Schip v. N. und im Lübeker Doden-
dans V. 1496. Sehen wir vom Burmeister ab, so scheint, da der
Rostocker Ausgabe des Narrenschiffes von 1519 nach Zarncke's Aus-
führung in Haupt's Zeitschrift 9, 381 höchstwahrscheinlich eine Lü-
beker von 1497 vorausging, sich hier eine lübische Spracheigenheit
zu ergeben. Allein weder vor noch nach diesem letzten Jahrzehnt
des löten Jahrhunderts habe ich diese Formen in Lübek wieder ange-
troffen, V. Melle in seinem handschriftlichen Lexicon linguae veteris
Teutonicae quae vulgo de plattdüdesche Sprake vocatur verzeichnet
sie nicht, sondern blos ledder, leddich, und der jetzige Dialekt kennt
sie gleichfalls nicht. Das muss bedenklich machen. Aber aus welchem
r
101
Dialekte sie stammen mögen, weiss ich nicht zu sagen, nur vergleichen
kann ich baddel Bettel, baddeln betteln bei Schambach.
Dass der TJebersetzor kein Ltiboker war, scheint mir auch aus
der Beibehaltung der niederländischen Form slik hervorzugehen. Die
holsteinische Aussprache ist slick, Genet. slickos. Ein slik, Genet.
slikes, wie Lübben ansetzt, ist meines Erachtens unmöglich. Nach
ndrd. Lautgesetz sind nur drei Formen des Wortes möglich: slik, Gen.
Silkes, was aber nicht vorkommt; slik. Gen. slickes, die holsteinische
Form; slik, Gen. slikes, die holländische und ostfriesische Form, die
auch der Reineke bietet.
Vielleicht wird noch manches der Sprache des Reineke Eigene
sich als speciel diesem oder jenem Dialekte angehörig nachweisen
lassen. Bare und bore erscheinen nebeneinander. Bare steht 296,
bore 315 im Reim. Diese ist die gemeinniedersächsische , jene die
niederländische Form. Es wäre zu untersuchen, ob bare auch in
einem ndrsächs. Dialekte gebräuchlich ist. Anderes,, was auiEBlllt, ist
krepen für krupen, gelacht für gelecht Glosse 2, 7 u. Vorr. z. Buch IV,
dat vür brant statt brent oder bernt zweimal in Glosse 2, 7; nochtan,
nochtant und nochtans nebeneinander, nach einmal für noch und
möglicherweise Verschiedenes, was mir entgangen ist. Doch den
Gegenstand erschöpfen soll und kann meine Arbeit" nicht, sie will
Mos zur eigentlichen Forschung anregen, die sich nicht auf die erste
Ausgabe des R. V. beschränken darf, die einmal die späteren Drucke des-
selben, andererseits die übrigen um die Wende des löten Jahrhunderts
in Lübek gedruckten Bücher zur Vergleichung heranziehen muss.
HAMBURG. C. Walther.
Miscellen aus dem Sachsenwalde.
Nachstehende Züge lebendigen Volksglaubens sind von mir ge-
j sammelt in den Lauenburgischen Dörfern Dassendorf und Wohltorf
und den holsteinischen Witzhave und Raustorf, so wie auf der Holz-
i vogtei Kupfermühle bei Friedrichsruh im Sachsen walde. Ich verbürge,
[ dass dieselben genau so, wie ich sie hier gebe, noch in den letzten
Jahren im Munde mehrerer alter Bauern in den vier genannten Orten,
einer alten Bauerfrau und eines Schusters in Dassendorf und des
Holzvogtes Brant senior lebten — natürlich bei Verschiedenen Ver-
i schiedenes. Wo es mir nöthig scheint, gebe ich den speciellen Ge-
I währsmann an.
I. Der Wanen, Wände, Wange, Waul (letztere Form nur beim
; Tagelöhner Möller in Dassendorf) zieht unsichtbarer Weise des Nachts
! umher, besonders in den Zwölften, begleitet von zwei Hunden. Tage-
löhner Möller hat in seiner Jugend einen dieser Hunde gesehen, den
/
I
102
der Waul unter einer Bettstatt niedergelegt hatte, als er das Haus
im nächtlichen Sturme durchfuhr. Es war zu Müssen, Hzgth. Lauen-
burg, in den Jahren 1806 oder 7. Das Thier hatte die Form eines
Jagdhundes und war schwarz und weiss getigert. Kein anderer Hund
wagte sich an ihn heran, kein Mensch störte ihn — kam ihm Jemand
nahe, „denn gnurr' he; he wul nich weg; wo he log, do leg he."
Auch genoss er durchaus nichts. So lag er ein Jahr lang, bis der
Waul ihn wieder in einer Zwölfennacht, das Haus durchfahrend, mit
sich nahm.
Derselbe Möller erzählt, wie der "Waul einst mit seinen Hunden
zur Nachtzeit zu einem Bauern iam und ihn anschrie : „Rügföt oder
Kälföt?" „Rügföt!" antwortete der Bauer. Sofort zerrissen die Hunde
eine Kuh. Hätte der Bauer „Kälfot" gesagt, so wäre ein Mitglied
seiner Familie verloren gewesen. Nachdem das Fleisch der Kuh ver-
schlungen war, gebot der "Waul dem Bauern, die Knochen auf den
sogenannten Räm, d. i. den Rauchfang des Heerdes, zu legen, und
dort ein Jahr lang unberührt zu lassen, worauf er fortflog. Der
Bauer gehorchte. Nach einem Jahre kam der Waul wieder, und hiess
ihn die Knochen herunter nehmen. Sie hatten sich inzwischen in
Gold verwandelt.
II. Die Heljägep (oder im Sing, der Heijäger) „dörwabgen" des
Naehts die Luft zu Pferde; besonders auch in den Zwölften.
in. Der Draak zieht bei Tage durch die Luft. Er hat einen
grossen Hundskopf und einen glühenden Schlangenschweif. Frau
Möller in Dassendorf hat das selbst in ihrer Jugend gesehen. Wenn
des Nachts ein Feuerschein im öden Felde zu sehen ist, so schreibt
man dies dem Draaken zu. Er schliesst zuweilen mit Menschen ein
Büiidniss, denen er dann Gold bringt. Eine Frau pflegte ihn stets
Sonntags Morgens während der Kirchzeit zu empfangen, nachdem sie
ihr ganzes Gesinde in den Gottesdienst geschickt hatte. Bei dieser
Gelegenheit brachte er ihr nach Wunsch das Mittagsmahl für den
ganzen Hausstand: dasselbe fand sich fertig auf dem Tische vor,
wenn das Gesinde heimkehrte; worüber sich dieses höchlich verwun-
derte. Einst blieb ein Knecht aus Neugier versteckt im Hause und
sah den „Düwel" alsbald zur Bodenluke hereinkommen. Die Frau
hielt ihm einen Napf hin. „Wat wullt du?" fragte der Draak.
„Klüten un Plummen!" gab sie zur Antwort. Doch ehe sie die Gabe
erhalten hatte, rief der Draak wieder: „Da sünd twe Lichter to v^l!
Schall ick se ütpusten?" „Ne!" schrie die Frau, die nicht wusste,
ob der Versteckte nicht einer ihrer Angehörigen sei. Da entflog der
Draak, ohne sie zu beschenken. Rache für diese Störung nahm er
jedoch an Niemand.
IV. Ein schwarzer Reiter geht in der Gegend von Raustorf
und Witzhave um. Er ist ein Richter gewesen und büsst so seine
übergrosse Strenge.
V. Ein gespenstiger Ziegenbock spukt in dem Holze bei Rau-
storf. Man hört zuerst sein Meckern, das, während man flieht, immer
103
näher kommt. Zuletzt empfängt man einen Stoss in den Rücken
und wird zu Boden gedrückt; dann kann man sich durch ein leichtes
Wort befreien, aber es muss einem im rechten Augenblick einfallen;
erzählen lässt es sich nicht.
YI. Eine fcraue Katze narrte vor einigen Jahren zwei Bauern,
die nächtlicher Weile von "Witzhave nach Hamburg fuhren. Jeder
sah sie und empfand ein heftiges Missbehagon. Jeder schlug mit
der Peitsche nach ihr und sah, wie er traf; aber A schlug vom Vorder-
ende des "Wagens nach vorne, B vom Hinterendo zurück, A fühlte
die Schläge B's am eigenen Leibe und umgekehrt. Eine Prügelei
war die natürliche Folge.
TII. Kronschlangen hat es früher mohrfach gegeben. Die letzte
bewohnte nach Angabo des Ehepaars Möller in Dassendorf die Quelle
in der Wildkoppel bei Roinbock, die jetzt die Wasserheilanstalt Sophien-
bad versorgt. Ein Schmied aus Witzhave erschlug nach Bericht eines
Witzhaver Bauern einst eine solche, worauf, durch ihren Pfiff im
Sterben herbeigerufen, alle Schlangen der Welt ihn bis zum Abend
verfolgten. Da er ein sehr gutes Pferd ritt, entkam er glücklich.
Als er uun nach Sonnenuntergang ganz dankbar seinen Renner strei-
chelte und mit der Hand über den Schweif fuhr, biss ihn eine Natter
in dieselbe. Das Thier war dem laufenden Pferde nachgesprungen
und hatte sich unter die Schwanzhaare gemischt.
VIII. Dieser Schmied hiess Haek. Er pflegte mit einem Freunde,
der Zimmermann war, des Nachts Holz aus dem nahen Sachsenwalde
zu stehlen (geschieht noch häufig ohne das geringste Gefühl des Un-
rechts: Witzhave ist holsteinisch, der Sachsen wald lauenburgisch; man
fühlt sich in Feindes Land.) Einst am Waldrande, da Hack das zu-
sammen getragene Holz auf den Wagen packte, mit dem er es durch
die Bille, welche hier die Grenze bildet, in Sicherheit bringen wollte,
erschien ihm ein ungeheurer schwarzer Hund mit tellergrossen Augen.
Hack schlug nach ihm mit der Axt, aber, wie gut er auch zielte, der
Schlag traf nur die Erde. Als er aufsah, waren Hund und Augen
noch grösser. Er zielte nun noch besser, schlug sehr heftig, aber
mit demselben Erfolg. Die Augen des Hundes waren jetzt wie
Mühlenräder. Hack nahm jetzt alle Kraft und Geschicklichkeit zu-
sammen; aber wieder fühlte er seine Schneide nur in die Erde ein-
dringen. .Da überwältigte ihn das Grauen; er liess die Axt stecken
und entfloh über die Bille, ohne weiter aufzusehen. Der Erzähler
war der Ansicht, diese Flucht sei wohl sehr rathsam gewesen.
IX. Der erwähnte Zimmermann hiess Hinseli. Als er einst
mit Hack mitten im Walde war, sahen sie ein weisses Boss umher-
laufen, das beständig wuchs, bis es über die höchsten Bäume empor
ragte. Beide überkam ein Grauen, sie kehrten an die Bille zurück
und luden ihr Holz auf. Dabei brach sich Hinsch ein Bein. (Diese
drei Stücke stammen von demselben Bauern in Witzhave, dessen Ge-
währsmann den Hinsch noch persönlich gekannt hat.)
X. Am Bache Aue, eine halbe Stunde oberhalb der Kupfer-
104
mühle, einige hundert Schritte von dem neuen Jägerhause der Ham-
burger Gesellschaft, die dem Fürsten Bismarck die Jagd in diesem
Revier abgepachtet hat, lag vor vierzig Jahren die Stangenmühle,
deren Mühlendamm noch heute steht. Dort hauste in alter Zeit der
Schmied MSIand oder Ammeland. Er schmiedete die besten aller
Waflfen: Gewährsmann — Holzvogt Brant — hat noch ein dreikanti-
ges, armdickes, 10' langes, an beiden Enden zugespitztes Schmiede-
eisen in der Erde gefunden, das er auf Moland zurückführt. Einst
wollte M^land das Land verlassen; aber der König, der ihn nicht
entbehren wollte, Hess ihm die Augen ausstechen. So schmiedete er
mit Zwang weiter. Des alten Brant Berichterstatter, ein Knecht, der
zu Anfang des Jahrhundorts schon ein Greis war, hat noch eine lange
Geschichte davon gewusst, die Brant, als ich ihn kennen lernte, schon
vergessen hatte. Auch wollte Brant wissen, dass schon vor Meland
ein anderer Schmied dort im "Walde und zwar in derselben Schmiede
sein Handwerk betrieben habe. Der sei aber bankerott geworden und
nach Hamburg gezogen.
XI. Riesen hat es in alter Zeit in der Gegend von Schwarzen-
beck gegeben. Mit einem Bauern haben sie einst gewettet — um
was ist vergessen — ob sie bis dahin werfen könnten, wo der Deck-
stein auf dem Riesenbette im Brunstorfer Wildpark liegt. Dieser
Deckstein ist die Wirkung und das Zeichen ihres Sieges. („Dat se
von Swattenbok den Sten smeten hebben, dat glöw ik nich; dat is
en Mtl Wögs" — meinte Holzvogt Brant.) Auch ein grosser Stein
in einem Teiche zu Hamfelde soll von den Schwarzenbecker Riesen
dahin geworfen sein, um die Kirche zu zerstören, deren Glockenschlag
sie ärgerte.
Xn. Unterirdische haben tief in der Erde ihr Reich, in welchem
sie menschenförmig umgehen. Zu Tage kommen sie in Gestalt dicker
Kröten, die unter HoUunderbüschen am liebsten sitzen, und kleine
Goldkronen tragen. Noch vor etwa zwanzig Jahren haben Dassen-
dorfer Mädchen die Flucht vor einem solchen sogenannten „Kwakpö"
ergriffen.
Den ohlen Ungeloben nennen die Sachsenwäldler ihre mytholo-
gischen Erinnerungen und versichern, die Pastoren arbeiteten sehr
eifrig an seiner endlichen Vertilgung. Die jüngere Generation weiss
schon fast nichts mehr davon. Merkwürdig ist besonders der Meland
oder Ammßland. Man erinnere sich, daran, dass die Wiltinasage
niedersächsische Stoffe enthält, dass in ihr ein Schmied Ammelias
dem Wieland gegenüber tritt und dass dieser Heros im Niedersäch-
sischen Weland heisst. Dass ferner der Wohnsitz des Schmiedes als
Aue bezeichnet wird, wie der Fluss hier wirklich heisst; dass endlich
das Boot Wielands vom Wasser nach Jütland getrieben wird, was
vollkommen zu der Annahme passt, Wieland habe sich am Südrand
des Sachsenwaldes der Elbe anvertraut — er, der „Elbengesell" nach
der Edda. Auch dass sein Vater Wate nach der Gudrun und dem
Meklenburgischen Volksmährchen in Stormarn haust ist zu erwähnen.
105
Beim Hack wird jeder an Thor und Skrymnir, beim Hinsch an Bal-
ders Holzfahrt und Hackelberends Fusswunde denken. Man bemerke
noch, dass der Sachsenwald der südliche Theil eines bis zur Eckern-
föhrde reichenden Waldstreifens war, der die Nordalbinger von den
Obotriten, früher wohL niedorelbischo GermanoA von den Warnern
schied; dass dieser Waldstreifen den Erstgenannten östlich lagi und
also als irdischer Repräsentant des mythischen Jarnwidh erscheinen
konnte; dass dieser Name samt dem sächsischen, entsprechenden
Isarnho facti»ch für den genannten Wald überliefert ist; dass endlich
die Wiltinasage in oben diesen irdischen Wald — bei ihr Falsterwald
geheisson — wirklich ein wichtiges Abenteuer eines ihrer Lieblings-
helden verlegt: Dietleibs Kampf mit Ingram. Darnach scheint es
mir nicht zweifelhaft, dass die oben mitgetheilten Sagen zum Theil
wirkliche Nachklänge sakramentaler Charakterisirungen heidnisch-hei-
liger Lokale 'sind.
, HAMBURG. j. Wedde.
Schwerttanz.
üeber den Schwerttanz*) als Fastnachtsspiel in Brügge finden
sich im Inventaire des Archives de la Ville de Bruges Bd. 3 (1875)
die beiden folgenden Notizen: S. 119, 1389: Item ghegheven bi be-
veilne van borghmeesters den sciplieden speiende vastenavonde achter
de stede *met z werden und 1404: Item doe ghegheven den ghesellen,
die met zwerden speilden tsinto Jans brucghe up den vastenavond.
Der Herausgeber, Gilliodts-— van Severen bemerkt dazu (Addenda):
Ces behqurdis se continuent sur les places, sur les ponts, sur les
remparts, par des compagnons (ghesellen) qui s'organisent ensuite en
gilde des couleuvriners.
Diese Stellen sind in zwiefacher Hinsicht von Interesse: sie er-
weisen den Schwerttanz für Flandern, wo derselbe bisher noch nicht
nachgewiesen ist, und sie beglaubigen ihn um ein halbes Jahrhundert
früher, als die Stelle des Braunschwoiger Schichtbuches, zum Jahre
1443^), welche das älteste MüllenhofF bekannt gewordene Zeugniss ist^).
Auch in Holland, für das es bisher ebenfalls an Belegen gefelilt
hat, war der Schwerttanz bekannt. In Uitterdijks Auszügen aus den
Kameraars- en Rentmeesters - Rekeningen der Stad Kampen van
1515 — 40 (1875) finden sich über den Schwerttanz, den die Schmiede-
gesellen zu Fastnacht vor dem Rathhause zu Kampen aufführten,
Aufzeichnungen aus den Jahren 1515, 16, 17, 18, 20, 27, 28, 38, die
*) MüllenhofF, üeber den Scb werttanz, Festgaben für Gustav Homeyer (1871)
S. 111—47; Zum Schwerttanz, Ztschr. f. D. Alterthum 18 (1874), S.< 9- 13.
2) Schmeller, Shigt-B6k der Stad Brunswyk S. 57.
*) Festgaben S. 118.
100
ich für die Anzeige dieses Buches in den hansischen Geschichtsblättern
zusammengestellt habe.
Neben diesen beiden neuen Büchern sei noch eine kleine, ältere
aber wohl wenig bekannt gewordene Schrift angezogen. Pröhle hat
in Herrigs Archiv i d. Studium d. neueren Sprachen 13 (1853), S.
429 — 33 und später in seinen weltlichen und geistlichen Yolksliedern
und Volksschauspielen (1855) S. 245 — 52 ein von einem Bergmann
aus Clausthal erhaltenes Schwertfechterspiel, ,wohl nur aus Missver-
ständniss' auch Schwertfegerspiel genannt , mitgetheilt. MüUenhoff
bespricht dieses Spiel Festgaben S..141 — 44, ohne dabei eines später
veröffentlichten Spieles zu gedenken, das sich in einer Gelegenheits-
schrift Deeckes, Hundert Lübsche Volksreime (1858), S. 4 — 6 findet
und eine grosse Aehnlichkeit mit der Harzer Aufzeichnung aufweist.
In dem Lübecker Spiele sind die Hauptpersonen Karl der Grosse und
sein Diener Clas Rugebart; in dem Clausthaler hat der König von
England eine entsprechende, aber weniger bedeutende Rolle, sein
Diener Hans entspricht vollständig dem Clas Rugebart, und in seinen
"Worten : , War ich nicht bald hereingekommen. So wäre mir der Bart
abgefroren', ist eine Anspielung auf den in Lübeck erhaltenen Namen
unverkennbar. In Lübeck wird das Auftreten der verschiedenen
Könige dadurch motivirt, dass es Kaiser Karl nach einem Zweikampfe
verlangt, und dieser von den dazu Aufgeforderten abgelehnt wird;
in Clausthal fehlt eine solche Motivirung. Die Rollen der Clausthaler
Könige von Sachsen, von Polen, von Dänemark und von Mohrenland
werden in Lübeck den Königen Josua, Hektor, David, Alexander und
Judas Maccabäus zugetheilt. Die grösste Verschiedenheit herrscht
zwischen den beiden Aufzeichnungen in Bezug auf die letzte Person,
Schnortison in Clausthal, Starkader in Lübeck. Schnortison ist ein
frecher Mensch, der das Geld des Königs von England mit Saufen,
Spielen und Huren durchgebracht hat, und soll deshalb hingerichtet
werden. Die vier Könige halten ihre Schwerter über Kreuz, Schnor-
tison stellt sich auf dieselben, wird von Hans getödtet, springt wieder
auf und fordert die Andern zum Tanze auf. Starkader sagt beim
Auftreten kein Wort, sondern es beginnt sogleich der Kampf; Stark-
ader fällt und stirbt mit den Worten:
Hellige W6de, nü len mi din perd;
Lät mi henrlden, ik bün't wol w§rd.
Darauf sagt Clas Rugebart:
Het em de duvel hält; üt is dat spil;
Nü lät uns danssen wat't tftg hellen wil.
Von einem Schwerttanze ist in dem Lübecker Spiele, wie man
sieht, gar nicht die Rede. Vielleicht fehlt Etwas, denn dass Stark-
ader beim Auftreten nichts sagt, ist befremdlich, und die Bemerkun-
gen: ,Sterkader kumt; se fechten mit em; endlich kumt he in de
mirr to stän, un all' steken up em in' und: ,he verswtmelt' kann man
nur für Deeckesche Ergänzungen halten. Bei der unglücklichen
Manier Deeckes, seine Quellen nicht anzugeben, sondern Versteck
107
mit dem Publikum zu spielen, lässt sich loidor nicht beurtt^eilen, wie
alt diese Passung des Lübecker Spieles ist, und ob Deecke sie im
rebrigen unverändert wiedergegeben hat. Vielleicht ist es einem der
Lübecker Freunde möglich, uns sowohl mit einer Nachricht darüber,
als auch mit einem neuen Abdrucke des Spieles zu erfreuen.
HAMBURG. K. Koppmann.
Hanschen un hol.
Wenn von einer unglücklichen Unternehmung die Rede ist, bei
der Jemand sein ganzes Vermögen verloren hat, so pflegt man (in
Hamburg) zu sagen; da hett he hanschen un hot bi tosott^).
Die Entäusserung des Handschuhs als Symbol der Auflassung
ist bekannt; vgl. die hübschen Stellen im Hamburger Urkundenbuch 1,
Xr.118,119; dazu Grimm R.A.1,S. 152; Homoyer, Sachsenspiegels. 439;
Mnd. Wb. 2, S. 200. Auch das Hinwerfen des Handschuhs bei Her-
ausforderungen geschah in ähnlichem Sinne, nämlich als symbolische
Pfandsetzung in Bezug auf die Vollführung des Kampfes^). Statt des
Handschuhes wirft, wie von Martin ausgeführt ist^), der Fordernde
dem Geforderten auch wohl sein capucium oder chaperon hin, wie
auch bei eigentlichen Auflassungen Mütze oder Hut*), im Flä-
mischen das chaperon die Stelle des Handschuhs vertreten kann:
(Hanserecesse 3, Nr. 19:) Do vel Johannes over an sine kne, unde
bat ons, dat wi vor eme beden, dat en sin here to genaden nemo,
unde sprach : Here weset mi ghenedich, al dat ich hebbe, et si deine
of grot, dat draghe ich ju hir up. Do seghede her Johan: Ghif mi
des ein erkunde. Do toch Johannes sin kaprun^) of unde dede uns
to eme tekene, dat "he eme updroech al sin ghuet. Do seghede wi
weder: Here latet ju die haut don, des is dar ghevoch an**). Also
dede he eme sine hant.
In unserer Redensart sind, wie bekanntlich oft in der Alliteratipn,
zwei verwandte Dinge zusammengenannt: Hut und Handschuh, die
bei der Auflassung gebräuchlichen Symbole, sind als Symbole des
(aufgelassenen) Eigenthums aufzufassen. B^ei der Belehnung behält
deshalb der Lehnsherr don Hut (oder die Mütze) in der Hand, wäh-
rend der Lehnsmann beim Schwören des Lehnseides die Finger auf
den Hut legt').
HAMBüEG. K. Koppmann.
*) Fehlt bei Richey, Idioticon Hamburgense (1755). Aehnlich: he hett han-
8chen un hot verloren, he vergitt hanschen un hot = AUes^ Vgl. über Hut und
Handschuh überhaupt Grimm R. A. 1, S. 148—55.
*) Vgl. die im Mnd. Wb. 2, S. 200 angeführte Stelle aus Dreyers Nebenstunden.
•') Reinaert (1874) S. 404.
*) Grimm R. A. 1, S. 150; Mnd. Wb. 2, S. 307.
*) Das fehlerhafte kaprum habe ich schon in der Einleitung S. VII berichtigt,
«) Vgl. Hamb. U. B. 1, Nr. 118, 119: digito confirmare.
') Mekl. Jahrbücher 23, S. 156-58; Mnd. Wb. 2, S. 308.
108
Reimlust im 15. Jahrhundert.
Von einer Lotterie, die im Jahre 1446 zu Brügge stattfand, hat
Gilliodts-van Severen in der Zeitschrift La Flandre Bd. 1 (Bruges
1867) die Gewinnliste mitgetheilt. S. 13 — 18 sind die eigentlichen
Gewinne verzeichnet, S. 80 — 92 weitere 479 Nummern, da je das
zehnte Loos seinen Einsatz zurückgewann. Jedes Loos enthält den
Namen des Einsetzers oder statt dessen, auch wohl neben diesem,
eine Devise. Die Sprache ist flämisch, französisch oder lateinisch.
Wie sich heutigen Tages die Reimlust etwa bei Einsendung von
Geldbeiträgen zu wohlthätigen Zwecken Luft macht, so war im
15. Jahrhundert ersichtlich die Lotterie* eine gute Gelegenheit, um
einen Reim vom Stapel laufen zn lassen, und wenn man diese mittel-
alterlichen !Reime mit dem Massstabe der modernen misst, so haben
sie wenigstens die beiden Vorzüge, dass sie kurz und nicht sen-
timental sind. (Ueber Glückstöpfe zu Rostock: "Wiechmann, Mekl.
andrs. Lit. S. 47, 79, 80.)
Das Einfachste ist, wenn man einen Reim auf den eigenen
Namen findet:
1. Dieric fils Jans van der Heye: tmeeste lot zoude hem wel greyen.
2. Katheline van der Lane: ghelyc ic gheeme name.
3. Lauwers de Prikene ende Barbele van Biervliet,
die hadden gheerne met Gode en met eere yet.
4. Wat heift Jan van de Welle as goed gheselle?
5. Willem Malin ende Peter Bast waren gheerne van de lote vast.
6. Margriete Ritchaerts en Gillot namen gheeme tbeste lot.
7. Jans Moens en Anthonies vanBarelare: God wil se beede bewaren.
8. Spinnette Colomboot hadde gheerne tbeste lot.
9. Hannekin de PapiB, Lodewich Greffins cnape.
Wenns mit dem eigenen Namen nicht geht, so reimt man auf
den Namen des Wohnorts oder auf deux Strassennamen:
10. Tghelt van 18 buersen bachten Scottersmuere
Name gheerne goed aventuere.
11. De ghesellen van den Wynzacstrate,
zy zouden gheme tbeste lot rapen.
12. Den houc van sinte Marie strate,
hoe zoudse ant beste lot gheraken?
13. Viere ghesellen ten noordhende van de hoedemakers strate
zouden gheerne ant beste lot gheraken. »
14. Willeken Stroyman van Belle
zoude gheerne 60 pont grote tzine prouffiten teilen.
Reime auf den Namen eines Herbergsschildes scheinen die fol-
genden zu sein:
15. Tcalf van weste hadde gheeme tbeste.
1) S. 16. 2) S. 17. 3) Nr. 75. 4) Nr. 191. 6) Nr. 209. 6) Nr. 218.
7) Nr. 277. 8) Nr. 407. 9) Nr. 443. 10) Nr. 86. 11) Nr. 169. 12) Nr. 222.
13) Nr. 295. 14) Nr. 454. 15) Nr. 16.
109
16. De graeuwe tonne voor Onse Vrauwo
zoude gheerne tgroote lot behouden.
17. Drie ghesellen up't Groene
tmeeste ghelt wäre wel hare doono.
18. De ghesellen in de nieuwe stove:
hebben zy tlot, zy zullen hen beloven.
Reime auf die Zahl der Theilnehraer an einem Loose:
19. Wy wellin zessen,
wy en zouden niet gheerne het upperste lot messen.
20. Nood Gods van leden helpt ons zessen,
wy namen zo gheerne tbeste.
Reime auf den JTamen Gottes, der Heiligen u. s. w.:
21. Wilt Got, Dordrecht zal hebben een lot.
22. Sinte Renöud van Muntenbane
wil ons verbilden, zo ic wane.
23. Heer sinte Martin, wilt ons vanedragher zyn!
24. God, de goede sinte Jan en sinte Joes,
die zien Onse Vrauwe altoes.
25. Onse soete Vrauwe van Alsberghe en van Allen,
die moet ons wachten van mesvallen.
26. Helpt God ende thelich bloet,
Dat Heinric van Ghelre ende Andries een goet lot ghevalen moet !
27. Helpt God en thelich bloet!
Tbeste lot wäre overgoet.
28. Helpt God ende thelighe bloet van Wilsenake!
die moete Nielkin van den Poele goed lot gheraken.
29. Beraert, helich bloet van Wilsenake,
dat Grietkin ßoobe een lot gherake!
30. De noot Gods van leden
Wille ons goede aventure gheven.
Die jüngsten Erlebnisse werden ausgedrückt:
31. Zes lieden comen huut Zipers gheseylt,
zy namen gheerne wat voor hur ghelt.
32. Wy baten ter Sluus goeden harijnc,
dat coste ons ghenouch be onse palijnc.
Körperliche Eigenschaften (von 4 Theilnehmern, unter Vermitte-
lung des Jooris Vandevelde oudecledercooper):
33. Drie raeu ghesellen en een vet
Name gheerne wat veths
Ant cleercopen.
Sprichwörter:
34. Goede knechte zyn goede wäre:
Wats hem lieden ghebuert vor thare?
16) Nr. 183. 17) Nr. 310. 18) Nr. 458. 19) Nr. 46. 20) Nr. 425. 21) Nr.
^49. 22) S. 16. 23) Nr. 236, 402. 24) Nr. 415. 25) Nr. 455. 26) Nr. lia
27) Nr. 136. 28) S. 14. 29) Nr. 807 30) Nr. 237; vgl. unsere Nr. 20. 31) Nr 70.
32) Nr. 180. 33) Nr. 205. 34) S. 16, Nr. 73,
110
35. Gode lof van al, Wat bueren hebben zal.
36. Wat baet getruort, die niet ghebuert?
Begleitworte an den Einsatz:
37. Coine voord ghereet! comt, het es verkeert.
38. Ware wech ghelt! commet weder, het wert gheteelt.
Scherze über die Niete, auf die man sich gefasst macht:
39. Wy hadden lievere zonder letten
400 pieters, dan 4 lettren.
Die 4 lettren sind wohl: niet = Nichts; daher die Niete.
40. Betkin Raet
yet of niet
van al(l)en mach ghevallen
met eenen scoemaker an sCuenijnxbrucghe.
41. Lacke thuene die men yet thuene thuus niet (?).
HAMBURG. K. Koppmann.
35) S. 17, Nr. 365. 36) Nr. 9. 37) Nr. 52. 38) Nr. 127. 39) S. 13.
40) Nr. 198. 41) Nr. 353. •
Zum niederdeutschen Kalender.
zant Ghangen daek.
In den Kämmereirechnungen Deventers wird 1368 ein zant
Grhangen dach genannt. Da die betreffende Eintragung nach 1368
Okt. 5 und vor 1369 Jan. 30 gemacht worden ist und der St. Wolf-
gangs-Tag auf den 31. Oktober fällt, so habe ich den zant Ghangen
dach Hanserecesse 3, S. 285 Anm. 3 als mit dem St. Wolfgangs-Tage
identisch angenommen, und hatte dabei um so weniger einen Zweifel,
als St. Wolfgang der einzige Heilige ist, dessen Name auf -gang aus-
geht, an den St. Gangulfs-Tag aber, der Mai 11 oder Mai 13 gefeiert
wird, nicht gedacht werden konnte. Nachträglich finde ich nun, dass
in Kampen zum Jahre 1470 von: onse vrye marckt Santgange die
Rede ist (Kamper Kronijken 2, S. 18), nachdem diese Stadt statt
eines früheren Jahrmarktes zu Pfingsten im Jahre 1382 von Bischof
Florenz von Utrecht drei freie Jahrmärkte: den veertiendag na Paschen,
op St. Martensdag translacionis (Jul. 4), en op St. Victorsdag erhal-
ten hatte (Register von Charters en Bescheiden in het oude Archief
van Kampen 1, Nr. 237). Von den vielen St. Viktorstagen, die das
Heiligen-Lexikon aufweist, fällt keiner mit dem St. Wolfgangstage
zusammen; welcher von ihnen aber gemeint ist, erfahren wir durch
eine andere Kamper Nachricht. In dem Book van Rechte findet sich
nämlich eine Eintragung von 1327 Nov. 14 des Inhaltes, dass die
ausserhalb der Stadt wohnenden Bürger, deren Grundstücke einen be-
stimmten Werth haben, voor St. Gereons en Victorsdag (Okt. 10) in
die Stadt ziehen sollen, und: aan den kant staat: d. i. Santganghen
111
(Register van Charters en Bescheiden 1, Nr. 56). Demgomäss datiren
auch die Herausgeber des Register van Charters en Bescheiden eine
Aufzeichnung von 1339 toe Zantgangheii von 1339 Okt. 10 (1, Nr. 83).
Die Thatsache, dass man in Kampen unter St. Gangen den 10. Okt.
verstand und mit diesem volksthümlicheron Namen den weniger be-
kannten oder zweifelhafteren 8t. Viktorstag glossirte, muss also als
feststehend betrachtet werden, und zweifelsohne ist demnach auch ftlr
Deventer, das gleich Kämpen zur Diöcose Utrecht gehört, der zant
Ghangen dach als Okt. 10 zu interpretiren. Wie erklärt sich aber
nun der Name?
de brede mandacli.
In Bezug auf den in Schleswig-Holstein oft genannten breden
mandach fragt das Mnd. Wb. 3, S. 21: ,d. i. der jährliche Pesttag
einer Corporation?' Der Ausdruck ist Ztschr. d. Gesellsch. f. Gesch.
d. Herzogthümer Schleswig, Holstein u. Lauenburg 4 (1873), S. 183
von Volbehr und S. 419 — 20 von Hillo des Weiteren belegt und in
seiner durch zwei Urkunden von 1415 und 1556 erwiesenen Bedeu-
tung: Montag nach Michaelis richtig erkannt. Yolbehr hat auch mit
Recht an den Lichtbraten erinnert, mit dem die Handwerker an die-
sem Tage — in Hamburg noch in meiner Kindheit — die winterliche
Lichtarbeit einweihten^); wenn er aber deshalb den breden mandach
zu einem Braten-Montag machen will, so ist das natürlich unmöglich.
Die Bezeichnung brede mandach erklärt sich vielmehr durch das im
Mhd. und Mnd. vorkommende Wort brehen, glänzen, leuchten, und
bedeutet also den hellen Montag. Mit dem Sonntage nach Michaelis
begann die sog. Gemeinwoche, über die man Grimms Mythologie
(1844) S- 1200 vergleiche.
Von demselben Worte brehen leitet Haltaus, Calendarium medii
Aevi (1729) S. 37 auch den in Oesterreich vorkommenden Namen
des Epiphaniastages, Perchtag oder Prechtag ab^). Näher liegt es
jedoch, an den Namen der Göttin Berhta zu denken, wenn auch dieser
seinerseits ebenfalls von brehen abzuleiten ist. Die Berhta, Fricke,
Holda, Frau Harke, gehört bekanntlich zu den in den Zwölften wal-
tenden Gottheiten. Herrscht auch der Glaube, dass in den Zwölften
kein Rad gedreht, also auch nicht gesponnen werden dürfe, so steht
ihm doch ein anderer Glaube gegenüber, derjenige nämlich, dass dem
in den Zwölften gesponnenen Garn besondere Kräfte beiwohnen: jeden-
falls aber darf am Weihnachtsabend und am heiligen Dreikönigsabend
kein Flachs auf dem Wecken sein, weil sonst der Wecken von der
^) In Bremen hiess dieses Fest krüselbraden : vgl. Brem. W. B. 2, S. 889;
Mülleohoff, Festgaben für Homeyer S. 119; Mnd. Wb. 2, S. 584; in Braunschweig
kruBebraden: Scheller, Shigt-Bok S. 57; vgl. Müllenhoff a. a. 0. S. 118—19, Mnd.
Wb. 2, S. 584.
') Weidenbachs Erklärnng, Calendarium historico-Christianum (1855) S 184:
,Brechentag, Brechtag, Epiphania, von dem mittelh. brühen, scheinen, erscheinen,
also Erscheinungstag des Herrn, wie dieses Fest noch heute genannt wird^ ist natür«
lieh unhaltbar.
112
Fricke, Holle, Frau Harke boschmutzt wird^). In der Gegend von
Jena heisst der heiligen Dreikönigsabend geradezu Frau Hollenabend'^),
was der Benennung Perchtag, Prechtag für den heiligen Dreikönigs-
tag genau entspricht^).
Kuhn, Sagen, Gebräuche und Märchen aus Westfalen 2, S. 102
Nr. 315 erzählt aus Havixbeck im Münstorlande ; ,Am Brödendag
setzen sich die Frauen den ganzen Tag über aufs Kohlenbecken,
jbröden sick', und thun nichts; so war's wenigstens in alter Zeit.'
,Die Erzählerin, fügt Kuhn hinzu, konnte mir den Tag nicht aaders
bezeichnen, sagte aber, es sei einer der Tage um Weihnachten.' —
Ein ,bis in's 18. Jahrhundert hinein verfolgbarer Casseler Festtag'
war der brodenreigendach, brodenreiestag, brotreyestag, brodentag,
brotgenstag, broitgenstag*) ; doch ist nicht angegeben, welchen Tag
man darunter verstand. Ist derselbe mit dem Havixbecker brödendag
identisch, und ist unter beiden Bezeichnungen der Epiphaniastag zu
verstehen?
wischeldach.
In den Stadtrechnungen Deventers wird der zweite Januar als
wischeldach bezeichnet: (Hanserecesse 3, Nr. 296 § 2:) des sonnen-
daghes daer na, do wisscheldach was = 1369 Jan. 2; des zonnen-
daghes na nyejaers dach, do wysscheldach was = 1379 Jan. 2 (vgl.
das. 3, S. 328 Anm. 4); des manendaghes na nyejaers dach, do wys-
scheldach was = 1380 Jan. 2. Im Holländischen heisst nach Kramer—
Moerbeeks Woordenboek (4. druk, 1787) wissche die Weidengerte,
Weidenruthe, wisschen ist das Adjektiv weicien; Kilian sagt: wisse:
vimen. wisse houts: fascis lignorum majorum, ligna majora in fasces
ligata, foco destinata. wisse: restis. wishout, wisse houts: fascis
lignorum majorum; und Weiland, Groot nederduitsch taalkundig Woor-
denboek (Nieuwe Uitgave, 1859): wisch, pl. wisschen. (Kiliaen wisse,
eiders wis.) ,Teen, twijg.' Bij Kilian bijzonderlik eene twijg, waar-
mede men brandhout in eenen bundel zamenbindt en een gedraaide
band van teenen, stroo, enz. Van hier het onverb. bijv. n. wisschen
= van wisch: een wisschen koriQe. Man könnte daher an die weit-
verbreitete Sitte denken, dass die Bäume zu Neujahr mit einem Stroh-
bande umwickelt werden, damit sie besser Frucht tragen^), doch
erhebt sich dagegen das sachliche Bedenken, dass eine besondere Be-
ziehung dieser Sitte zum zweiten Januar nicht bekannt ist.
HAMBURG. K. Koppmann.
*) Die Belege bei Kuhn u. Schwartz, Norddeutsche Sagen, Märchen ii. Ge-
bräuche (1848) S. 408 — 18 und Kuhn, Sagen, Gebräuche u. Märchen aus Westfalen
2 (1859) S. 111—17.
«) Kuhn u. Schwartz S. 417.
8) Vgl. Kuhn 1, S. 331.
*) Stölzel, Casseler Stadtrechnungen aus der Zeit von 1468 bis 1553 (Ztschr.
d. Vereins f. hess. Gesch. u. Landeskunde, Neue Folge, Drittes Supplement, 1871)
S. 65, 280.
*) Kuhn a. a. 0. 2, S. 108—11, 116; Kuhn u. Schwartz a. a. 0. S. 407.
H3
Kleine Beiträge.
1. wienn Mnsal gebraucht ?
In schleswig-holsteinischen amtlichen Bekanntmachungen ward
früher ziemlich oft, neuerdings seltener die Gonjunction wenn in un-
gewöhnlicher Weise angewendet. Als Beispiel diene folgendes Schema
eines behufs Regelung von Erbschaften erlassenen Proclames:
Wenn der Nachlass des am . . . d. J. hieselbst verstorbenen
N. N, von den Erben nur sub beneficio legis et inventarii angetreten
und daher die Erlassung eines Proclames fUr erforderlich erachtet ist,
so werden alle, welche , aufgefordert, sich bis . . . rechtsbehörig
anzumelden.
Weder in der neuhochdeutschen Litteratur, noch im Amtsstil
anderer deutschen Landschaften habe ich diesen Gebrauch von wenn
wiedergefunden. Wollte man die Gonjunction hier temporal durch
,nachdem' erklären, so bliebe die Schwierigkeit, die Entwickelung
einer solchen Bedeutung nachzuweisen. Sollte wenn nicht vielmehr
das mnd. wante, wente, mhd. wände ,weil, da' sein, das später nicht
mehr verstanden und mit wenn verwechselt ward? Wente leitet
zwar meistens den Nachsatz ein, doch auch nicht selten einen Vorder-
satz, z. B. Eike v. Repgow, Zeitbuch, hersg. v. Massmann S. 194:
wante he god geeret hadde, do erede oc ene god, im latein. Text;
quia deum — honoraverat, propterea dominus — ipsi misericorditer
providebat. Lappenberg Chronik der nortelvischen Sassen S. 80: unde
wente dat Wagerlant do wüste was, do sende greve Alf baden in
alle lant. Wie früh schon die Form wen vorkommt, zeigt der Sach-
senspiegel, hrsg. V. Homeyer III, 52, 3: he sal antwerden vor deme
scultheiten, wen die scultheite is richter siner scult.
2. Die Dreizehnten.
Nach Kuhn und Schwarz Norddeutsche Sagen S. 409 sagt man
in den Marken, nach Kuhn Westfäl. Sagen 2, 117 in der Umgegend
von Recklinghausen für die Tage von Weihnachten bis zum Drei-
königsabend statt de twölften, wie sonst allgemein in Norddeutschland
der Name dieses aus altheidnischer Zeit für heilig geltenden Jahres-
abschnittes lautet, auch de drütteijenten. Dieser Ausdruck scheint
recht in den Niederlanden zuhause zu sein. Ein auf der Hamburger
Stadtbibliothek befindliches Manuscript auf Pergament in 4^, Nr. 1255,
auf dem Rücken bezeichnet als Evangelia quatuor belgice, das die
Pericopenlectionen für die Fest- und Sonntage in mittelniederländi-
scher Sprache enthält und zum Schluss seine Heimat mit den Worten
angibt: dit boec hoert int convents huus te Hoern tot sinte Agnieten,
lässt auf den jaersdach folgen dertiendach avont, dertiendach, des
sonendaghes binnen der octaven, die octave van den dertiendach.
Noch im 17ten Jahrhundert gibt Dapper Historische beschryving der
Stadt Amsterdam. 1663. S. 453 eine Zeitangabe durch „'s winters
NiederdenUchei Jahrbuch. I. Q
114
ontrent Kers tijt in de dertien nachten." Kilian DuffL Etymologicum:
derthiendagh epiphania, regalia, decimu's tertius dies a natali Christi.
Vgl. Halthaus Calendarium med. aevi p. 40.
3. Asiia.
Im 18ten Bande der Germania S. 206 bespricht Höfer dies alt-
sächsische Wort für jLohn' und weist aus den Braunschweigischen
Stadtrechten sein Yorkommon bis ins 15. Jahrhundert nach. Es hat
aber noch länger gedauert. In Staphorst's Hamburger Kirchen-
geschichte I, 4, 840 ff. findet sich die descriptio rerum salinarium
Lüneburgensium eines Johann Walther, wohl aus dem 17ten Jahr-
hundert, abgedruckt. Der Verfasser hat darin auch einen, wie es
scheint, aus der Mitte des 16ten Jahrhunderts stammenden Abschnitt,
betitelt Quaedam secreta de aquis salinaribus, aufgenommen, woraus
folgende Stelle (S. 860) hierher gehört: . . . gifft men ock lohn, dat
heet asne. Zu Walther's Zeit hat man das Wort schon nicht mehr
verstanden, das beweist seine Form aszlohn (S. 848); er erklärt; asz-
lohn ist dasjenige, dasz man gibt den wegherren, da die saale hin-
läufft und geladen {?), dafür sie den weg in wesende halten, bauen
und bessern müssen (S. 854). Ebenso steht aszlohn in einem Ver-
zeichnisse der Ausgaben von einem Sülzhause v. J. 1650, S. 970.
In dieser Gestalt wird sich das Wort wahrscheinlich bis gegen Ende
des vorigen Jahrhunderts, da eine neue Einrichtung des Salinen-
betriebes stattfand, gehalten haben. Ich benutze die Gelegenheit, um
auf die Fülle von eigenthümlichen, zum Theil sprachlich wichtigen
Ausdrücken hinzuweisen, welche das einstmalige Lüneburger Sülz-
wesen hervorgebracht hat. So viel ich weiss, sind dieselben noch
nicht Gegenstand einer wohlverdienten Untersuchung geworden.
4. Öhl-, EU-, Ahlstein.
üeber einen solchen Stein in Stralsund s. Höfer in der Ger-
mania 18, 5, der das Wort als Namen fasst. Da er aber selbst in
dem Citat aus Sastrow von einem (und nicht: dem) vierkantigen
Ehlstein spricht, halte ich das Wort für ein Appellativ. Es wird
ein schwedischer Oelandssten gemeint sein. Möller Schwedisch-Deut-
sches Wörterbuch. Leipzig 1808, S. 39 sagt: „alfvarsten ein an ver-
schiedenen Orten in Schweden befindlicher grauer und rothbrauner,
dichter Kalkstein, der wie Marmor gehauen wird; wird auch ölands-
sten, Olands-marmor genannt, lapis calcareus particulis impalpabilibus
cinereus rubescens." Nemnich Waaren- Lexikon. Hamburg 1820, II,
1165: „alfvarsten, ölandsten, ölandscher Marmor, Schwedische Fliesen."
öhlstein kann sehr gut aus ölandsstein geworden sein. Ehlstein und
Ahlstein werden als Entstellungen betrachtet werden dürfen.
5. Plattdeutsch.
Wann mag diese Bezeichnung des Neuniederdeutschen aufge-
bracht sein? und in welchem Sinne, in dem von Sprache des platten
Landes oder in dem einer gemeinen Sprache?
Die früheste Anwendung des Wortes würde in's Jahr 1600
115
fallen, wenn der bei Lappenberg Zur Geschichte der Buchdruckerkunst
in Hamburg S. 107 angeführte Titel; Plattdüdsches Gesangbuch.
Hamborch 1600 (Item 1613. 16) echt wftre. Allein das ist er sicher
nicht. Lappenberg gibt die Quelle seiner Behauptung nicht an. In
Kinderling's Geschichte der Nieder-Sächsischen Sprache, in Scheller's
Bücherkunde der Sassisch - Niederdeutschen Sprache sacht man diese
Quelle vergebens. Auch wird die Angabe nicht durch Geffcken Die
hamburgischen niedersächsischen Gesangbücher des 16ten Jahrhunderts
bestätigt. Da zudem in besagtem Titel sprachliche Unmöglichkeiten
enthalten sind, so darf man ihn ohneweiters für unecht erklären.
I Bei einer Durchsicht der Schellerschen Bücherkunde bin ich
zuerst bei dem Jahre 1660 auf die Benennung gestossen: Verantwor-
tung dessen, dat de arme Stümper Dr. Joh. Scharff under dem Nahmen
deß Sehl. HE. D. Conradi Horneien, welken hei einen plumpen un
alvern Brunswiker geschullen, alle Brunßwiker lesterliken verachtet,
und spöttisch von densüluen gesprokon, in de fedder gesettet und
gedrucket, von öinem Platdütschen Brunßwiker, jederman frie, und
tho verbetern heruth gegeven, im Jahr ein Dusent, Seßhunjert un
sösstig. Scheller bemerkt dazu: ,Dieses Alexandrinische Reimgedicht
befindet sich in einer Abschrift in der ehemal; Biddagshans. Biblioth.
zu Braunschweig.'
Die nächstfolgende Schrift ist v. J. 1689: Isaak Pölmanns etliche
hundert Exempel der Platt und andern grobdeutschen Sprachen,
aus den Zeugnissen Cicerons etc. Colin an der Spree. 1689. 4®, die
Scheller nur nach einer Anführung Kinderling's in ,Für Deutsche
Sprache, Litteratur und Culturgeschichte' S. 101 verzeichnet.
Die Zusammenstellung von ,platt' und ,grob' in diesem Bücher-
titel wirft Licht auf die Vorstellung, von der man bei der Gebung
des Namens ,Plattdeutsch' ausgegangen.
"Weitere Zeugnisse sind wünschenswerth, doch werden solche
wahrscheinlich sämmtlich nicht vor ca. 1650 fallen. Erst in der Zeit,
als die hundert Jahre früher begonnene Verdrängung des Nieder-
deutschen aus der Litteratur zum Abschluss gelangte, also um die
Mitte des 17ten Jahrhunderts, wird die Benennung ,Plattdeutsch' auf-
gekommen sein. Um dieselbe Zeit beginnt die absichtliche Verwen-
dung des Niederdeutschen als Dialektes in Hochzeitgedichten und in
der komischen Litteratur, wozu bereits seit dem Ende des 16. Jahr-
hunderts Rebhuhn, Herzog Heinrich Julius v. Braunschwoig, Rinkart
durch Einführung dialektisch redender Personen in die dramatische
Litteratur den Weg gewiesen hatten. In den Titeln der Bibeln, der
Gesang- und Gebetbücher des 17. Jahrhunderts, in den letzten Aus-
gaben des Reineke Vos wird stets nur der Ausdruck ,Sassisch', von
Lauremberg in seinön Schertzgedichten auch ,Nedderdüdisch' und
jNeddersassisch' gebraucht, nie ,Plattdüdisch'. Der Ausdruck muss
aber bald verbreitet und gefestigt gewesen sein, denn sdion 1704
nimmt ein Vertheidiger des Niederdeutschen, Bernhard Raupach, kei-
nen Anstand, seine exercitatio de linguae Saxoniae inferioris neglectu
8*
116
atque contemtu injusto deutsch zu nennen : Von unbilliger Verachtung
der P 1 a t - Teutschen Sprache.
6. Ostersche Sprake.
Oben S. 93. 98 habe ich von dem Gemeinmittelniederdeutschen als
der Sprache der Hansen oder Osterlinge gesprochen. Ein Zeugniss
aus alter Zeit für diese Auffassung und Benennung ist folgender
Büchertitel v. J. 1509, den ich bei Waetzoldt Pariser Tageszeiten.
1875. S. 6 finde: De soven tyde unser loven vrouwen, am Schlüsse
disse boke syn to Paris ghedrucket updeostersche sprake unde
syn to Lubeke to kope by Ghert Weghener.
HAMBURG. C. Walther.
Die „English Dialect Society".
Kaum wohl bedarf es der Rechtfertigung, in einer Zeitschrift,
dem Schutze und der Pflege der Dialekte Niederdeutschlands bestimmt,
Erwähnung zu thun auch der mächtigen Schwester drüben auf der
brittanischen Insel und ihrer Mundarten, die zum guten Theil treu
und reich in Wortschatz und grammatischer Wendung die Klänge
der Heimath bewahrt haben, der sie nun mehr als ein Jahrtausend
schon entwachsen sind.
Wo heute die so gewaltig erleichterten Verkehrsverbindungen
in ungeahnter Weise die Menschen durcheinander würfeln und mengen,
da ist es aus mit lokaler Mundart, mit lokalen Sitten, Sagen und
Bräuchen ; ihnen hat die Eisenbahnpfeife ihr Grablied geklungen. In
wenigen Jahren werden sie dahin geschwunden sein, „in wenigen
Jahren wird es zu spät sein," sie zu sammeln und vielleicht noch
sie zu schützen.
So schrieb 1870 der bekannte englische Philologe Aldis Wright.
Er sprach nur aus, was in beiden Ländern die Freunde heimathlicher
Zunge längst empfunden und beklagt hatten. Seinen Worten trat
bald in England die That zur Seite, zwei Jahre früher als uns solches
in Niederdeutschland vergönnt war. Unter der Führung des unstrei-
tig bedeutendsten augenblicklichen Germanisten in England, des Eev.
W. W. Skeat in Cambridge, des Herausgebers des „Piers Ploughman''
und Uebersetzers Uhland's, that sich im Jahre 1873 eine Reihe tüch-
tiger Männer zusammen zu der sogenannten „English Dialect Society."
Um möglichst das Volk, den wirklichen Bewahrer und Hüter alter
Sprache und Bräuche, zur thätigen Hülfe heranzuziehen, ward das
Beitrittsgeld auf den nach englischen Begriffen geringen Satz von
^/a Guinea = ca. 10 V* R.-M, festgesetzt, und zählt denn auch nach
dem neuesten Ausweise der Verein über 300 Mitglieder aus allen
Klassen der Gesellschaft. Seine Ziele sind, wie sie schon der erste
Bericht („First Report, for the year 1873". January 1874) gibt:
K.
117
1) To bring togethor all thoso who havo mado a study of any of the
Provincial Dialects of England, or who aro intorestod in tho subject
of Provincial English ; 2) to conibine the labours of ooUectors of Pro-
vincial English words by providing a common contro to which thoy
may be sent, so as to gathor material for a genoral record of all such
words; 3) to reprint various usoful Glossarios that have appeared in
scarce or inconvenient volumes; 4) to publish such collections of
Provincial English words as exist at present only in manuscript; and
5) to supply references to sources of Information which may be of
material assistance to word-collectors, students, and all who have a
general or particular interest in the subject.
Dass es eine unbedingte Nothwendigkeit sei, bei einer Sammlung
der Dialekte eines Landes die Arbeiten Vieler zu gleichem Zwecke
zu einen, das hoben vor allem Aldis Wright in seinem Briefe zu
Xotes and Queries 1870, 2. März, und Alex. J. Ellis, in der Ein-
leitung zum 3. Theil seiner „Early English Pronunciation" 1870 hervor.
Darum lautet denn auch die Bitte an Alle in England, in dem ge-
meinsamen Werke zu helfen „either by contributing such uncommon
words as they happen to know, by making additions to the existing
county glossaries, or by making a complete alphabetical list of all
words found in a certain district." Neben provinziellen Wörtern möge
besondere Auftnerksamkeit den provinziellen Sprichwörtern, Bräuchen
u. s. w. und vorzüglich auch den technischen Redensarten der Ge-
werke geschenkt werden. Mit Recht wird ferner darauf gedrungen,
Beispiele des Gebrauchs dialektischer Wörter zu geben; wer nicht
vieles geben kann, gebe wenig. Selbst ganz gebräuchliche Wörter
erhalten oft neuen Werth und neues Interesse, wenn die Oertlich-
keiten, wo sie gebraucht sind, genau bestimmt, oder wenn ihre Aus-
sprache, die in verschiedenen Gebieten oft sehr abweicht, beigegeben
ist. Eine andere Vorschrift, die die Gesellschaft in ihren prächtigen
„Rules and Directions for Word-collectors" gibt, klingt auf den ersten
Blick etwas sonderbar, und doch möchte ich gerade in ihr den besten
Beweis finden, wie ernst es den Leitern um die Sache zu thun ist,
und wie wohl sie ihre Aufgabe erfasst haben. Es wird nämlich ganz
entschieden vor dem Etymologisieren gewarnt. Nicht als ob Etymo-
log:ie vernachlässigt werden solle, nein, „doch sie mag spätrer Zeit
verspart bleiben, da sie stets leicht zu ergänzen ist, und nicht eigent-
lich zur Arbeit eines Wortsammlers gehört. Zu leicht entgeht dabei
dem Sammler seine wirkliche Arbeit und ihr Ziel, zu leicht verzerrt
und verdreht er, der angenommenen Horleitung zu Liebe, die Defini-
tion eines Wortes, und vergisst gar von ihm zu sagen, was er that-
sächlich weiss. Der Beobachter, der sich strenge bemüht, den genauen
Sinn, den wirklichen Gebrauch, die bestimmte Oertlichkeit, ob häufig
oder Seite»! und von welcher Klasse der Bevölkerung angewendet,
richtig anzugeben, leistet dem Anscheine nach zwar unbedeutendere,
wirklich aber grössere und selbstlosere Dienste. „Please no etymo-
118
logy at present", darin Hesse sich der Wunsch des Vereins zusammen-
fassen, doch „Ev^ry man thinks he can both drive and derive."
Nicht lange ist es her, dass die Grundgedanken, denen ich in
dieser kleinen Schilderung durchgehends folge, veröffentlicht wurden,
fast noch türzer die definitive Bildung des Vereins, und schon liegt
in seinem heutigen Erfolge der schönste Beweis, wie sehr er fehlte.
Und wirklich ist es schwer zu sagen, wie ein Unternehmen dieser
Art, das der Natur der Sache nach in eine Menge Einzelarbeiten zer-
filllt, je genügend ausgeführt werden könnte, ohne die vereinte Arbeit
Vieler. So ist denn das ganze Land vertheilt unter tüchtige Spezial-
forscher, die mit ihrer wissenschaftlichen Bildung Bürge stehen für
die Genauigkeit und Wahrheit der einzelnen Beobachtungen. An sie
senden die Mitglieder (die Arbeit Aller, kann kaum mehr betont wer-
den) ihre Notizen ein, ihnen liegt es dann ob, diese auf ihre Richtig-
keit hin zu prüfen und sie für die weitere Bearbeitung tauglich zu
machen. Die Publikationen geschehen in vier Gruppen, wovon Serie A
bibliographisches Material bietet, B den Neudruck alter Glossare be-
greift, C Originalwerke und endlich D Miscellaneous. Short glossaries
thrown together under one aiphabet; short notes upon dialects etc.
umfasst. Bisher hat der Verein folgende Arbeiten veröffentlicht:
1873: 1. Seven reprinted Glossaries Series B, meist umfassend eine
Reihe kleiner Sammlungen von Marshall aus allen Theilen Englands.
2. Bibliographical List I. Ser. A.
3. A Glossary of Swaledale Words, by Captain Harland, of Reeth. Ser. C.
1874: 4. A History of English Sounds, by H. Sweet. Ser. D.
5. Seven reprinted Glossaries. Ser. B.
6. Ray 's CoUection, reprinted from the edition of 1691. Sussex Glos-
sary, by the Rev. W. D. Garish. Ser. B.
1875: 7. The Dialect of West-Somerset, by F. T. Elworthy. Ser. D.
8. Bibliographical List II. Ser. A.
9. A Glossary of Words used in the neighbourhood of Whitby, by
F. R. Robinson. I. Ser. C.
10. A Glossary of the Lancashire Dialect, by J. H. Nodal and G.
Milner. I.
Eine reichhaltige Liste, wie man sieht, für die kurze Zeit des
Bestehens. Noch kann ich mir zum Schlüsse nicht versagen, auf die
freundliche Unterstützung hinzuweisen, die die E. D. S. bei andern,
ähnliche lokale Ziele verfolgenden Vereinen fand. Schon vor der
Bildung der E. D. S. hatte der „Manchester Literary Club" die Ab-
fassung eines „Lancashire Glossary" unternommen und dazu im
October 1872 ein Komite bestimmt. Nichts nun kann genugthuender
sein, als die freundliche Weise, in der ein Vorschlag der E. D. S.
zu gemeinsamer Arbeit von diesem Komite aufgenommen wurde. Ich
eitlere hier eine Stelle aus Herrn NodaVs, des Präsidenten de« M. L. C's.
Bericht: „The Comittee have expressed an earnest wish to help forward
the national work undertaken by the English Dialect Society by
every means in their power; and in reference to their own Glossary,
119
they will be prepared to meet the views of the Society in inj way
that may be deemed mutually advantageous.'^ Möge auch unserm
Vereine allerseits solches freundliche Entgogenkommbn gezeigt werden,
mögen aber auch wir vor allem Hand in Hand beim grossen Werk
des Schutzes volksthttmlichor Sprache und Sitte gehen mit dem Ver-
eine jenseits des Meeres, beide ja sind wir niederdeutschem Boden
entwachsen.
LEIPZIG. Dr. Dahlmann.
Zu jeder weitem Auskunft ist der Unterzeichnete gerne bereit
Niederdeutsche Bibliographie für die
Jahre 1874 und 75.
Auf den folgenden Blättern ist der Versuch gemacht worden,
unsrer Zeitschrift eine XJebersicht der litterarischen Erzeugnisse auf
i niederdeutschem Sprachgebiet anzufügen. Auf YoUständigkeit macht
diese Litteraturschau diesmal keinen Anspruch. Erst vor kurzer Zeit
I unternommen leidet sie an dem natürlichen Mangel solcher, hinterher
gesammelten Rundschauen; allerorten entgeht etwas, und überdies
war bei der wenigen Zeit, die zur Verfügung stand, die Durchsicht
! sämmtlichen Materials eine Unmöglichkeit. — Hoffentlich werden die
nächsten Jahre solche UnvoUständigkeit vermissen lassen, wie sie
auch die jetzt rohe Gliederung umgestalten und bessern werden.
Einige Worte über die Ansichten, von denen bei der Abfassung
ausgegangen wurde, sind wohl nöthig. Die Grenze niederdeutscher
Zunge ist möglichst weit gezogen. Eher zu viel zu geben, als zu
wenig, war Grundsatz. So sind denn auch die Nachbardialekte, deren
Kenntnis zu eingehenderer Betrachtung des Niederdeutschen unum-
gänglich nöthig ist, mit aufgeführt*, ich erwähne nur der sonst kaum
I hierher gehörigen Arbeiten Brauno's über das Niederfränkische etc.
Femer sind Schriften verzeichnet, die, vom gesammt-germani-
schen Standpunkte aus, das Niederdeutsche beleuchten und es mehr
oder weniger mit in den Kreis ihrer Betrachtung ziehen, oder die
endlich zu dessen Litteraturgeschichte wesentlichen Beitrag liefern.
Zu sehr z. B. ist der Reineke Vos verwachsen mit dem Leben des
niederdeutschen Volkes, als dass Martin's Ausgabe des Reinaert
hätte unerwähnt bleiben können.
Auch hier indes wird erst die Zeit die nöthigen scharfen Gren-
zen ziehen lehren.
A.. Bibliographie.
1. Bächtold, J., Deutsche Handschriften in Paris (darunt. ndrd. Hei-
ligenlegenden, Kölner Chronik in Versen). Pf s Germania Bd. 20.
S. 335—341.
120
2. Cnrtse, Xaxt Die Handschrifton und seltenen alten Drucke der
Gymnasialbibliothek zu Thorn. Prog. d. Gymn. zu Thorn 75.
3. Mttller, Dr. Herrn.» Die Manuscripta Germanica * der Eönigl. Uni-
versitätsbibliothek zu Greifewald. Zeitsch. f. deutsche Philologie
VI. 104— li9.
4 BatjeB, H., Nachträge zu meinem Yerzeichniss der Handschriften
der Kieler Universitätsbibliothek, betr. Schleswig, Holstein, Lauen-
burg, Hamburg u. Lübeck. 8. 601—634. Z. d. G. f. Schlesw.-
Holst-Lauenb.-Geschichte 5. Bd. 1875. Bliel, Universitäts-Buchh.
5. Tolckmann, Dr. Edwin, Die Originalurkunden des Elbinger Stadt-
archivs. Prog. d. Gymn. zu Elbing 1875.
13. Biograpliisch.es etc.
6. Zaeber, J., Moriz Haupt. Nekrolog. Zeitsch. f. deutsche Philo-
logie V. 445-456.
7. Bartech, K., Hoffmann von Fallersleben. Nekrolog. (In Pfs
Germania Bd. 19. S. 235-238.
8. Borelins, Alfred, G. Home y er. Nekrolog. Zeitsch. f. deutsche
Philologie VI. S. 217-221. 1875.
9. Strobl, J., Oscar Jaenicke. Nekrolog. Pfs Germania Bd. 19.
S. 503-^504.
10. Wilmanns, W., Nekrolog f. Oscar Jaenicke. Z. f. d. Gymnasial-
wesen 1874. S. 474—477.
11. dombert, Oscar Jaenicke. Nekrolog. Zeitsch. f. deutsche Philo-
logie V. 457 — 468. — (J. schrieb 1869: „Ueber die niederdeut-
schen Elemente in unsrer Schriftsprache".)
12. Barteeh, K., Hans Ferdinand Massmann. Pf. Germania Bd.
19. S. 377—380.
13. Lfibben, A., Karl Schiller. Nekrolog in Pf. Germania Bdl 19.
S. 123-124.
14. Rfidiger, Dr. Otto, Bericht über die erste Jahresversammlung des
Vereins für Niederdeutsche Sprachforschung zu Hamburg am
19. u. 2a Mai 1875. Zeitsch. f. deutsche Philologie VI. S. 471
—477. 1875.
C. Zior Qramraatik:, Lexicographie
!!• Litteratrirgesch.ich.te.
I. Altniederdeutsch.
15. Amira, K. v., Zur Salfränkischen Eideshülfe. Pfs Germania Bd.
20. S. 53—66.
16. Anidty Ad., Versuch einer Zusammenstellung der altsächsischen
Declination, Conjugation und der wichtigsten Regeln der Syntax.
4^ (24 S.) Prg. d. Gymn. zu Frankfurt a. Od. 1874.
Vgl. Zeitsch. f. deutsche Philologie 6, 120 fF. (Erdmann.)
17. Begemann, Wilh., Zur Bedeutung d. schwachen Praeteritums der
germanischen Sprachen, gr. 8®. (LH, 192 S.) Berlin, 1874, Weid-
mann. 1,80.
121
18. Bezztnhwger^ Dr. Adalbert, Uobor die A-Reiho der gotischen
Sprache. Eine grammatische Studie. Göttingon, 1874,Peppmüller,
71 S. 8^ 2,—.
Vgl. Berohardt, Zeitsch. f. deutsche Philologie VI. S. 232—286.
19. Bezzenberj^er, H. E., Die Morseburger Glossen. Zeitsch. f. deutsche
Phüologie YI. 291—301. 1875.
20. Blnhme, Dr. Ppdr., Die gens Longobardorum. 2. Heft: Ihre
Sprache, gr. 8^ (VI, 54 S,) Bonn, 1874, Marcus. 1,50.
Vgl. K. Meyer in Pfeiffer's Germania Bd. 20 (S. 109 f.); Revne critiqae
1875, Nr. 30; Nuova Antologia 29, 6; Allgem Zeitg. 1874, Nr. 851.
21. Braune, W., Ueber den grammatischen Wechsel in der deutschen
Terbalflexion (Paul u. Braune, Beiträge Bd. I. S. 513—526.) 1874.
22. Creeelins, W., Bec. von : Codex traditionum Westfalicarum, I. Das
Kloster Freckenhorst. Die Heberegister des Klosters Fr. nebst
Stiftungsurkunde, Pfründeordnung u. Hofrecht, hrsg. von Dr. Ernst
Priedländer. Münster, Brunnes Vlg. XIV. 223 S. S^. 6,—.
Zeitsch. f. deutsche Philologie V. 106—109.
23. Feit, Dr. Panl, De Germanorum nominibus propriis compositis.
1. (Dissertation.) Lübeck, 1875, Gebr. Borchers. 30. S. 4^
24. Heyne, Moritz, Kleine altsächsische u. altniederfränkische Gram-
matik. Paderborn, 1873, Schöningh. (120 S.) 1,50. Rec. : Arndt,
Zeitsch. f. deutsche Phüologie VI. S. 477—483.
Vgl H. Paul, in PfeiflpOT'a Germania Bd. 19 (S. 217—227.
25. Heyne, Moritz, Kurze Laut- u. Flexionslehre der altgermanischen
Dialekte. 3. Aufl. gr. 8». (X, 354 S.) Paderborn, 1874, Schö-
ningh. 4,50.
26. UoltEmann, Adolf, Altdeutsche Grammatik, umfassend die goth.,
altnord., altsächs., angelsächs. und althochd. Sprache. 1. Bd.
2. Abth. Vergleichung der deutschen Laute unter einander, gr. 8^.
(Vn, 78 S.) Leipzig, 1875, Brockhaus. 2,~.
27. Lfibben, A., Altfriesisches. Zeitsch. f. deutsche Philologie V.
201-203.
28. Meyer, K., Beiträge zur Kenntniss der Longobardischen Sprache.
(Pfs Germania Bd. 19. S. 129—139.)
29. Moller, Prof. Dr. Adolf, Ueber den Instrumentalis im Heliand
und dais Homerische Suffix <pt (<ptv). Eine syntaktische Unter-
suchung. Prg. d. Gymn. zu Danzig 1874.
Vgl. Zeitsch. f. deutsche Philologie 6, 120 (Erdmann), u. Mo Her selbst
im Liter. Centralblatt 1874 Sp. 1190.
30. Paul, H., Zur Lautverschiebung (Paul u. Braune, Beiträge Bd. 1.
S. 147—201.)
31. Piper, Ueber den Gebrauch des Dativs im Ulfilas, Heliand und
Otfried. 4^ (30 S.) Altena, 1874 (Berlin, Calvary & Co.) 1,—.
Auch Prog. der Realschule zu Altona.
Vgl, Zeitsch. f. deutsche Philologie 6, 120 (Erdmann).
32. Sievers, E., Kleine Beiträge zur Deutschen Grammatik. L Die
reduplicierten praeterita im deutschen (Paul u. Braune, Beiträge
122
Bd. I. S. 504-513.) III. Die starke adjectivdeclination (das.
Bd. II. S. 98—124) 1874.
33 Sievers, Ed., Paradigmen zur deutschen Grammatik. Gotisch,
Altnordisch, Angelsächs., Altsächs., Althochdeutsch, Mittelhoch-
deutsch, hoch 4«. (5 S. mit 30 Tafeln.) Halle, 1874, Waisen-
hausbuchhandlung. 3, — .
II. Mittelniederdeutsch.
34. Baethke, H., Rec. von Reinke de Vos, hrsg. von Karl Schröder,
Leipzig, 1872 (in Pfs Germania 19, S. 105—112.)
Dazu: Karl Schröder, Einige Bemerkungen zum Vorstehenden (bes.
üb. d. Umlaut im Mndrd.) das. S. 112—120.
35. Bartsch, K., Zum Rolandsliede. Pfs Germania Bd. 19. S. 385—418.
36. Bech, Pedop, Zerstreute Beiträge. Pfs Germania 19, S. 45—58.
37. Beck, F., Heinrich von Morungen. Pfs Germania Bd. 19. S. 419.
38. Bech, F., Urkundliche Nachweise über das Geschlecht u. die Hei-
mat der Dichter Heinrich u. Johannes von Freiberg. Pfs Ger-
mania. Bd. 19. S. 420—424.
39. Birlinger, A., Zu Gotfried Hagens Chronik. Mtillenhoffs Zeitsch.
f. deutsches Alterthum Bd. 17. S. 428.
40. Diefenbach, Lop., u. Ernst Wülcker, Hoch und niederdeutsches
Wörterbuch der mittlem und neuem Zeit. In 2 Bänden. 1.— 3.
Lief. gr. 4<*. (1—432 S.) Frankfurt a. M., 1874, 75, "Winter.
ä 2,40.
Vgl. K. Bartsch in s. Germania Bd. 19 (S. 370 f); Liter. Centralblatt
1874, Nr. 4 ; Revue critique Nr. 13 ; Trübner's Literary Record Nr. 102.
41. Edzardi, A., Zum jüngeren Hildebrandsliede. Pfs Germania Bd.
19. S. 315— 326.
42. Edzardi, A., J^^achträgliches zum jllngern Hildebrandsliede. das.
Bd. 20. S. 320—321.
43. Edzardi, A., Zur Textkritik des Rother. Pfs Germania 20. Bd.
S. 403—421. 1875.
44. Höhlbanm, Dr. Konst., Der erste Theil der Historien Johann Ren-
ners. Verhandlungen der gelehrten Estnischen Gesellschaft zu
Dorpat. 8». Bd. 1874. S. 45—78.
45. Latendorf, Friedr., Zu Lauremberg's Scherzgedichten. Ein krit.
Beitrag zu Lappenberg's Ausg. gr. 8^ (23 S.) Rostock, 1875,
Stiller. 0,80.
46. Latendorf, F., Zu Lauremberg's Scherzgedichten. Pfs Germania
Bd. 19. S. 351.
47. Latendorf, F , X für ü. Zu Lauremberg 1, 136 ff. das. Bd. 20. S. 8.
48. Lfibben, A,, Bemerkungen zu der Ausgabe des Reinke Vos von
K. Schröder (Leipzig, 1872, F. A. Brockhaus.) Zeitsch. f. deutsche
Phüologie 5. Bd. 1874. S. 57— 64.
49. Müllenhoff, K., lieber Reinhart Fuchs. Zeitsch. f. deutsches Alter-
thum 18, 1—9.
50. Oudemans, A* C, Bijdrage tot een middel- eu oudnederlandsch
123
Woordenboek. Uit vele glossaria en andere brennen bijeen-ge-
zameld. 5. Deel. 0— R. gr. 8». (927 S.) Arnhem, 1874. Leip-
zig, 1875, T. 0. Weigel. 13,20,
51. Paul, H., Reo. von: die Geschichte der niederfränkischen Geschftfts-
sprache von R. Heinzel. Paderborn, 1874. Pfs Germania Bd. 20.
S. 85—94.
52. Pauli, C, Brief an F. Liebrecht über den Namen Aschgoberstrasse
in Stettin (als Nachtrag zu Germ. 18, 456.) Pfs Germania Bd. 20.
53. Rathlef, Georg, Das Verhältniss der kloinen Meisterchronik zum
Chronicon Livoniae Hermanns von Wartbergo und zur Roim-
chronik. Verhandlungen der gelehrten Estnischen Gesellschaft
zu Öorpat. 8«. Bd. 1875. S. 27—81.
54. Schiller, Dr. Karl und Dr. Ang. Lfibben, Mittelniederdeutsches
Wörterbuch, Heft 3—12. (S. 257—758) Schi. d. II. Bds. Lex.-8<>.
Bremen, 1874, 75, Kühtmann & Co. (ä 2,50.)
55. SehSnbach, Prof. Dr. Ant., über die Marienklagen. Ein Beitrag
zur Gesch. d. geistlichen Dichtung in Deutschland, gr, 4^. (120 S.)
Graz, 1875, Leuschner u. Lubensky. 4, — .
56. Cadovins-Mfiller, Past. Joh., memoriale linguao Frisicae. Mit Zu-
grundelegung der in Aurich befindl. Originalhandschrift zum ersten
Male hersg. von Dr. L. Kükelhan. gr. 8^ (119 S. m. 5 Stein-
tafeln.) Leer, 1875, Leendertz. 2,—.
57. Schulz, Dr. Karl, speculum Saxonicum num latino sennone con-
ceptum Sit? gr. S^ (26 S.) Jena, DuflFt. 1,—.
58. Zacher, J., Reinhart Fuchs im Kanzleibriefsteller. Zeitschrift f.
deutsche Philologie VI. 3—12.
iiL Neuniederdeutsch.
59. Andenken an Fritz Router's Begräbnissfeier, gr. 8^. (38 S.)
Wismar, 1874, HinstorflF. 0,50.
60. Attdresen, K. G., Zur deutschen Namenforschung. Zeitschrift f.
deutsche Philologie V. 209—211.
61. Beck, F., Spenden zur Altersbestimmung neuhochdeutscher Wort-
formen. (Fortsetzung zu dieser Zeitschrift XVIII, 257 ff.) Pfs
Germania Bd. 20, S. 31—51.
62. Bech, Fedor, u. Crecelius, Anzeln Nachträge zu 4, 320. Zeitsch.
f. deutsche Philologie 5, 65. 1874.
63. Bezzenberger , Adalb., lieber Herm. Grass mann, Deutsche
Pflanzennamen. (Stettin, 1870, R. Grasmann, VIII. 208 S. 8%
Zeitsch. f. deutsche Philologie V, 228—231.
64. Bpaiine, 'W., Zur kenntnis des fränkischen u. zur hochdeutschen
lautverschiebung (Paul u. Braune, Beiträge z. Gesch. der deutsch.
Sp. u. Lit. Bd. I. S. 1—56.) 1874.
65. Dannehl, Dr. Cfnstaf, lieber niederdeutsche Sprache und Litteratur
(64 S.) 1,20. (In R. Virchow und Fr. v. Holtzendorff's Samm-
lung gemeinverst. wissonsch. Vorträge, Heft 219 u. 220) Berlin,
1875, Lüderitz,
124
66. Dialektdichter, Die deutschen. Beilage zum deutschen Reichs-
anzeiger. 18T4. Nr. 30.
67. Ebert, Herrn., Fritz Reuter. Sein Leben und seine Werke. 8^
(VI, 290 S.) Güstrow, 1874, Opitz & Co. 3,-^.
68. Fick, Dr., Die Göttingor Familiennamen. Progr. d. Gymn. zu
Göttingen 1875.
69. Fuss, Dr. M., Zur Etymologie nordrheinfränkischer Provinzialismen.
Progr. d. Rhein. Ritterakad. zu Bedburg.
Vgl. Herrig's Archiv 54, 218 (1874.)
70. fiebert, W., Zur Geschichte der niederdeutschen Mundarten. Progr.
d. Gymn. zu Kreuznach 1873.
Vgl. Herrig's Archiv 54, 218 (1874.)
71. Glagav, Otto, Fritz Reuter und seine Dichtungen. Neue Aufl.
Mit lUustr., Portraits u. e. autograph. Beilage. 8^. (XIV, 362 S.)
Berlin, 1875, Grote. 3,—.
72. Gatzeit, W. v., Wörterschatz der deutschen Sprache Livlands.
2. TeU. 1. Lief. 8^ (127 S.) Riga, 1874, Kymmel. 3,—.
73. Halbertsma, Jnstns,, lexicon Frisicum. A— Feer. Ed. Tiallin-
gius Halbertsma. gr. 8^. (XI, 1044 S. mit 1 Stahlstich.)
Haag, 1874, l!fijhoff. 14,—.
Vgl. A. Lühben, Zeitsch. f deutsche Philologie VI. 347—350.
74. Heinzerling, Dr. J., Die Siegerländer Mundart. Mit Sprachkarte.
Prog. der Realschule zu Siegen 1873. 4<>. (17 S.)
Vgl. Archiv f. d. Studium der neuern Sprachen 54, 101 f.
75. Jeitteles, A., Dienstag — Zinstag. Pfs Germania Bd. 19. S. 428— 430.
76. liSfström, Seth Axel, Ueber die Zusammensetzungen im Platt-
deutschen (Dissertation der Univ. Upsala). Lund, 1875, Hakan
Ohlsson. 8«. (37 S.)
77. Lübben, A., Mit äl zusammengesetzte Wörter. Zeitsch. f. deutsche
Philologie VI. S. 454—466. 1875.
78. Noite, Eine Reliquie von Heinrich Aeger aus Calcar. Pfs Ger-
mania Bd. 20. S. 51—52.
79. Sehultze, Dr. Mart., Idioticon der nordthüringischen Mundart. 8^.
(VII, 69 S.) Nordhausen, 1874, Förstemann. 10,—.
Vgl. Liter. Centralhktt 1875,Nr. 4; Jen. Liter. Zeitg. 1874, Nr. 27 (Sievera.)
80. Tscbierseh, Formwandlungen deutscher Geschlechtsnamen. Prog.
des Gymn. zu Luckau 1875.
81. Wackernagel, Wilh., Die deutschen Appellativnamen, .kleinere
Schriften. 3. Bd. S. 59—177. 8«. Leipzig, 1874, S. Hirzel.
82. Walther, Dr. C. H.. F., Zur Geschichte des Wortes priölken. Bre-
misches Jahrbuch 7. Bd. 1874.
83. Woeste, Fr., jodüte, to jodüte. Z. des Bergischen Geschichts-
vereins 10. Bd. 1874.
84. Woeste, F., Beiträge aus dem Niederdeutschen. Zeitsch. f. deutsche
Philologie 5, S. 76—81 (1874). 6, S. 84—94. 207—216. 341
bis 343. 470 f. (1875.)
85. Weinhold, Karl, Anz. von K. G. Andresen, Die altdeutschen
Personennamen in ihrer Entwicklung und Erscheinung als heu-
125
tige Geschlechtsnamen. Mainz, 1873, Kunze. VIII, 102 S, 8^
1,50. Zeitsch. f. deutsche Philologie V, 120 f.
D. Ijitteratur.
I. Mittelniederdeutsch.
86. Bech, Dr. Fedor, Subrektor, Klage des Bischofs Petrus v. Naum-
burg wider den Herzog Wilhelm v. Sachsen. Prog. des öymn.
zu Zeitz 1875.
87. Birlin^er, Ant, u. Wilk. Crecelins, altdeutsche Neujahrsblätter
für 1874. Mittel- u. niederdeutsche Dialektproben, gr. 4^. (VI,
147 S.) Wiesbaden, 1874, Killingor. 3,60.
88. Birlin^er, A., Aus dem Buch Woinsberg (von Herman v. Weins-
berg in Köln 1517—1598.) Pfs Germania 19. S. 78—94.
89. Birlinger, A., Grammatische Versuche eines Kölners aus dem
XVI. Jahrh. — aus dem Buch Weinsberg. das. S. 94—97.
90. Birlinger, A., Sprüche im Kölner Dialekt (Aus: Ein schatzboechlin
der Gotlicher lieflfden — Gedruckt zo Collen durch Eucharium
Hirtzhom.) das. 19, S. 97—98.
91. Bremisches Urkniidenbnch. Hrsg. v. D. R.Ehmik u. W. v. Bippen.
2. Bd. 1.— 3. Lfg. gr. 4P. (S. 1—624). Bremen, 1875, Müller's
Verlag. 21,—.
92. Preybc, Dr. Alb., Das Mecklenburger Osterspiel vollendet im
Jahre 1464 zu Redentin übertragen und behandelt. 8^. (XIX,
425 S.) Bremen, 1874, Kühtmann & Co. 5,—.
93. Friedländer, Dr.. Ernst, ostfriesisches Urkundenbuch. 1. Heft.
787—1400. gr. 4^ (XXII, 152 S.) Emden, 1874, Haynel. 4,50.
94. Gebete, zwei niederdeutsche, d. 15. Jahrh. Hrsg. v. Dir. K. E.
H. Krause, gr. 8^ (29 S.) Rostock, 1875, Stiller. 1,20.
95. Geschichtsqnellen der Provinz Sachsen u. angrenzenden Gebiete.
4. Bd.: Die Urkunden des Klosters Stötterlingenburg, bearb. vom
Archiv-Secr. C. v. Schmidt -Phiseldeck. gr. 8». (XX, 280 S.)
Halle, 1874, Buchh. d. Waisenh. 6,—.
96. Uansereeesse. 3. Bd. A. u. d. T.: Die Recesse u. andere Akten
der Hansetage von 1256—1430. 3. Bd. hoch 4^ (XV, 564 S.)
Leipzig, 1875, Duncker & Humblot. 16, — .
97. Hansische Geschichtsqnellen, hrsg. v. Verein f. hans. Geschichte.
I. Bd. enth.: Das Verfestungsbuch der Stadt Stralsund v, Otto
Prancke. gr. 8«. (XCVI, 165 S ) 5,—.
II. Bd.: Die Rathslinie der Stadt Wismar, von Dr. Fried r. Crull
(XLIV, 134 S.) 4,50. Halle, 1875, Waisenh.
98. Heinzel, Richard, Vier geistliche Gedichte. MüUenhoff's Zeitsch.
f. deutsches Alterthum Bd. 17. S. 1—57.
99. H9hlbaam, Dr. Konstantin, Urkundliche Beiträge zur Geschichte
Livlands im 15. Jahrh. Verhandlungen der gelehrten Estnischen
GeseUs. zu Dorpat. 8^ Bd. 1874. S. 1—44,
126
100. Kelle, Jok., Mittelniederdeutsche Glossen. MüllenhofTs Zeitsch.
f. deutsches Alterthum Bd. 17. S. 582—588.
101. Kolster, Dir. Wilh. Heinr., Aktenstücke zur Geschichte der Schule
zu Meldorf. Prog. der Schule zu Meldorf 1875.
102. Krause, Dir. Dr. K. E., Eine Kinderlehre des 15. Jahrh. Pro^.
der Rostocker grossen Stadtschule 1873.
Vgl. H^rrig'g Archiv f. d. neuern Sprachen öS, 453 (1874).
103. Krause, Dir. K. E. H., Alis dem Todtenhuche d. St. Johannis-
Klosters vom Prediger -Orden zu Rostock. — Bruchstück e. Ka-
lendarii d. Johannis - Klosters u. niederdeutschen Cisiojanus d.
Konrad Gesselen. — Zur Geschichte der ersten Jahre der Uni-
versität Rostock, gr. 4^ (24 S.) Rostock, 1875, Stiller. 1,—.
104. Krause, K. E. H., Nachtrag zu den Dithmarschen - Liedern auf
die Schlacht von Hemmingstedt. Z. d. G. f. Schlesw.-Holst.-
Lauenb. Gesch. 5. Bd. S. 361—372. Kiel, Univers.-Buchhdlg.
105. Leitfaden für die Aelterleute des Deutschen Kaufmanns zu
Brügge. Verft^sst von einem Klerk des Hansischen Kontors zu
Brügge im Jahre 1500. Hrsg. von Dr. K. Kopp mann. gr. 8^.
(32 S.) Hamburg, 1875, W. Mauke Söhne.
106. Loerseh, Prof. Dr. Hugo, u. Privatdocent Dr. Befffersebeid, Zwei
Achener histor. Gedichte des 15. u. 16. Jahrh. gr. 8^ (98 S.)
Achen, 1874, Kaatzer. 1,50.
107. Martens, H., Niedersächsische Fastenandacht. Pfs Germania
Bd. 20. S. 341-~348.
108. Mecklenburgisches Urknndenback, hrsg. v. d. Yerein f. mecklenb.
Geschichte u. Alterthumskunde. 9. Bd. 1337 — 1345. gr. 4^.
Schwerin, 1875, Stiller. 15,—.
109. Nolte, Dr., Niederrheinische Sprüche u. Priameln. Pfs Germania
Bd. 19. S. 303-305.
110. Nordhoff, Maerlants Merlin, Bericht üb. eine ndrd. Hs. d. Gedichtes
in der Bibliothek des Fürsten v. Bentheim-St. zu Burgsteinfurt.
Pfs Germania Bd. 19. S. 300—302.
111. Regel, Prof. Dr., Das mittelniederdeutsche Gothaer Arzneibuch
u. seine Pflanzennamen (Schluss). Prog. des Gymn. zu Gotha.
16 u. 26 S. f. 1872 u. 73.
Vgl. Zacher, J., Zur Litratur der deutschen Pflanzennamen Zeitsch. f.
deutsche Philologie V. 231—233. Herrig's Archiv 54, 101.
112. Beifferseheidt AI., Erzählungen aus dem Spiegel der Leien.
Zeitsch. f. deutsche Philologie YI. S. 422—442. 1875.
113. Reifferscheid, AI., Der Schlegel. Zeitsch. f. deutsche Philologie
VI. 38—41.
114. Beifferscheid, Alex., Historie van Sent Reinhold. Zeitsch. für
deutsche Philologie V. 271—293.
115. Reinaert. Willems Gedicht van den vos Reinaerdo und die
Umarbeitung und Fortsetzung Reinaerts Historie. Hrsg. u. er-
läutert von Ernst Martin, gr. 8®. (LH, 521 S.) Paderborn,
1874, Schöningh. 9,—.
127
116. Das Rolaadslied, hrsg. v. Karl Bartsch (Deutsche Dichtungen
des Mittelalters. Mit Wort- und Sacherklärungen v. K. Bartsch.
3. Bd.) 8^. Leipzig, 1874, Brockhaus.. 3,—.
117. Roth, Dr. Karl, Die Schlacht von Alischanz (la bataille d'Alis-
cans), Kitzinger Bruchstücke; niederdeutsches Heldengedicht vom
Anfange des 14. Jahrh., abermal aus der Urschrift hrsg., ergänzt
und erläutert. 8^ (80 S.) Paderborn, 1874, Schöningh. 1,20.
118. Rfidiger, Dr. Otto, Die ältesten hamburgischen Zunftrollen und
Brüderschaftsstatuten, gr. 8^. (XVI, 350 S.) Hamburg, 1874,
Gräfe. 6,—.
119. Rfidiger, Dr. Otto, Aeltere Hamburgische und Hansestädtische
Handwerksgesellendocumente. — Nachtrag zu den „Aeltesten
Hambui^. Zunftrollen u. Brüderschaftsstatuton". Separatabdruck
aus der Zeitschr. für Hamburg. Geschichte Bd. 6. 8®. (VIII.
66 S.) 1875.
120. ürkandenluch d. histor. Vereins f. Niedersachsen. 9. Heft:
ürkundenbuch der Stadt Lüneburg, hrsg. v. Dir. Dr. W. F.
Volger. II. Bd. gr. 8^ (III, 468 S.) Hannover, 1875, Hahn. 6,—.
121. ürkundenbuch der Stadt Lübeck. 5 Th. 1. L. gr. 4«. (S. 1—80.)
2. L. (S. 81—176.) Lübeck, 1875, Grautoff, ä 3,-^.
122. Urkttttdensammlun;; der Gesellschaft f. Schleswig-Holstein-Lauon-
burgische Geschichte, 4. Bd. Registrum König Christian I.
Pasc. I. 4<>. (269 S.) Kiel, 1874, Univers.-Buchh. 9,—.
123. Wackernagel, Phil., Das deutsche Kirchenlied von der ältesten
Zeit bis zu Anfang dos XVII. Jahrh. Lfg. 43—49. (Bd. IV u. V.)
Leipzig, 1874, 75, Teubner. ä 2,—.
Vgl. L. Tobler, Zeitsch. f. deutsche Philologie VI. 367—375.
IL Neuniederdeutsch.
124. Ahrcns, J. F , Feldblom. Plattdeutsche Gedichte. S^ (132 S.)
Hamburg, 1874, Richter. 1,20.
125. Bartels, Daniel, Der Grillenscheucher, Originalgedichte. Scherz
u. Ernst in hoch- u. plattdeutscher Sprache. 5 Theile. Ham-
burg 1875, F. H. Nestle & Melle.
126. De Bijekoep, frisk jierbokje for 1874. 28. Jiergong. 8^ Frents-
jer, 1874, Telenga.
127. Danne, Auguste, De lütt Heckenros. En gemüthlichen platt-
dütschon Snack in 1 Akt. 16^ (19 S.) Berlin, 1874, Lassar.
0,75. E. Blochs, Dilettanten-Bühne Nr. 43.
128. Eggers, Frdr., u. Karl Eggers, Tremsen. Plattdeutsche Dich-
tungen in mecklenburger Mundart. Hrsg. mit Sprach-Erläuterun-
gen u. vollst. Wörterbuch von Dr. KarlNerger. 8^. (X, 386 S.)
Breslau, 1875, Hoffmann. 5,4Ö.
129. Eichwald, Karl, uut'n Flikken-Büdel, Rymels u. Yertellsels. I.
8». (48 S ) Bremen, 1875, Tannen. 0,50.
130. Pastnachts-Ulk. Kölner Carneval im Jubelj. 1873. Protokolle
der Sitzungen der grossen Carneval-Ges. Nr. 1 — 9. Fol. Cöln,
1874, Heyn's Yerlag. 1,65.
128
131. OascUelite, de, von de gollen Weig, vennengelirt mit allerhaad
hüsliche Taustänn un Begewnisse von Mi. 8®. (126 S.) Wismar,
1874, Hinstorff 2,—.
132. Giese^ Fpä., Frans Essink, sin Liäwen u. Driwen äs aolt Mön-
stersk Kind. Met Hölpe van ne gelährde mönsterske Aowend-
Gesellschupp verteilt un herutgiewen. 2. Ausg. 8*. (216 S.)
Münster, 1874, Coppenrath. 2, — .
133. Grimme, F. W., de Koppelschmid. Lustspiel in sauerländ. Mund-
art. 2. Aufl. 8^ (56 S.) Münster, Nasse. 0,70.
134. Grimme, F. W., de Kumpelmäntenmaker od. Hai mott wierfriggen.
Lustspiel in sauerländ. Mundart. 8«. (82 S.) Ebd. 1875.
135. Groth, Klans, Ut min Jungsparadies. Dree Verteilen. 8^. (VII,
184 S.) Berlin, 1875, Stüke. 2,70.
136. Hobeln, Ed., Feldflüchters. Plattdütsch. Leder un Läuschen in
Mecklenburger Mundart, gr. 16^ (160 S.) Berlin, 1875, Stilke. 2,^.
137. Hönig, Fritz, „Geschräppels". Humoresken. 1. Bd. 8^. (96 S.)
Köln, 1875, Heyn. 1,—.
138. JttP8, HeinP., hoch un platt, for Jeden wat. Gedichte. 8". (188 S.)
Altona, 1875, Grabow. 2,70.
139. Keller, E. 0., de Peerlotterie! En lustig Stückchen von 011
Bohlmann ut groot Zimpelhoagen. Plattdütsch verteilt. 16°.
(31 S.) Pyritz, 1875, Backe. 0,30.
140. Kern, W. G., und W. Willms, Ostfriesland, wie es denkt und
spricht. Eine Sammlung der gangbarst, ostfries Sprichwörter
u. Redensarten. 3. Aufl. 8«. (XVI, 137 S.) Bremen, 1875,
Kühtmann & Co. 1,80.
141. Mahl, Joach., Stückchen ut de Mus'kist. 1.— 3.Theil. 8^. Ham-
burg, 1873, 74, 0. Meissner, ä 1,50.
142. MäW, Joach., Biddel-Maryke. In print üt it folkslibben. Nei't
holsteinsk platdütsk. Forfriske tröch Waling Dykstra. 8^. (97 S.)
Leauerd, 1874, Schierbeek 75c.
143. Mundarten, Die deutschen im Liede. Samml. deutscher Dialekt-
gedichte. Nebst e. Anh.: Deutsche Proben aus dem A. M. und
N.Deutschen etc. 8^. (XVI, 358 S.) Leipzig, 1875, Brockhaus. 5,-.
144. Museum komischer Vorträge f. d. Haus u. d. ganze Welt. Hrsg.
V. d. Redakt. d. Komikers. 16®. Berlin, 1874, Janke. ä 1,— .
7. Bd.: Jan Peik de noorddütsche Spassmacher. Sammlung
plattdeutscher Humoresken, Schnurren, Sprichwörter etc. von Dr.
Wilh. Schröder.
145. Nowack, Alex., plattdeutsche Schnurren in ostpre assischer Mund-
art, gr. 16^ (84 S.) Königsberg, 1875, Härtung. 0,60.
146. Piening, Th., Hans un Grethen.' 8^ (123 S.) Altona, 1874,
Verlagsbureau. 1 ,50.
147. Piening, Th., de Reis naa'n Hamborger Dom. 8. Oplag. 8^.
(99 S.) Hamburg, 1875, Richter. 1,—.
148. Piening, Th., de tweete Reis naa den Hamborger Dom. De erste
Deel. 8«. (140 S.) Hamburg, 1874, Richter. 1,—.
* V
129
149. Plattdeutsche Gedichte ziim Deklamieren, v. Jürgen Frdr. Ähren s,
Dan. Bartels, Aug. Biolfeld etc. 8^ (III, 176 S.) Hamburg,
1875, Richter. 1,20.
150. Qnitzow, Wilh. Adolph, Mekelnbörger Geschichten. Verteilt för
Jung un 01t. As Wisme wedder mecklenborgsch wird. 8®. (IV,
160 S.) Leipzig, 1875, Koch. 2,—.
151. Ecntcp Fpit«, sämmtliche Werke. 14 Bd. 8^ Wismar, 1874,
Hinstorfif. Inhalt: Nachgelassene Schriften. 1. Theil. Hrsg. u.
mit der Biographie des Dichters eingeleitet v. Adf. Wilbrandt.
1. u. 2. Aufl. (IV, 235 S.) 3,- .
152. Reuter, Fritz, Hanno Nute un de lütte Pudel. 'Ne Vagel- u.
Minschengeschicht. Mit Holzschn. 2. Aufl. Lex.-8®. (290 S.)
Wismar, 1875, Hinstorff. 8,—.
153. Sehaeht, Heinr., plattdeutsche Gedichte zum Vortrag in geselli-
gen Kreisen. 8^ (86 S.) Hamburg, 1874, Richter. 0,75.
154. Semram, Aug., plattdeutsche Gedichte. 2. Aufl. gr. 16^. (42 S.)
Konitz, 1874, Wollsdorf. 0,50.
155. Stinde, Jolins, Tante Lotte, Plattdeutsches Lustspiel in 1 Auf-
zuge (22 S.) — 32. Bdch. des „Deutschen Theaters". Altena,
1875, Verlags-Bureau. 0,75.
156. Swanneblummen. Jierbokje for it jier 1874. 8®. Herrenven,
1874, Hingst.
157. Uns' Modersprak. En Plattdütsch UnnerhoUungsbladd. Rutgeben
V. W. Fricke. 50 Bowery, New- York, 1875. 5 Cts.
E. Kultiargeschiclite.
158. Bunge, Dr. F. 6. v.. Die Revaler Rathslinie nebst Geschichte
der Rathsverfassung u. e. Anhange ü. Riga u. Dorpat. gr. 8^.
(VI, 210 S.) Reval, 1874, Kluge. 3,50.
159. Danneil, Fast. Dr. Fr., Die Brüderschaft der Ackerknechte auf
den Magdeburgischen Dörfern u. das Hänseln, gr. 8^. (30 S.)
Magdeburg, 1874, Heinrichshofen. 0,60.
160. Ennen, L., Aus dem Gedenkbuch des Hermann Weinsberg. Zeit-
schrift f. deutsche Kulturgeschichte 1874.
161. HShlbaum, Dr. Konst., Aus Revals Mittelalter, Culturhistorisches.
Beiträge zur Kunde Esth-, Liv- u. Kurlands, hrsg. v. der Esthn.
Literarischen Gesellschaft. Bd. IL S. 65—82. Reval, 1874.
162. Kohl, C, Die Bremer beim Aufbau der Stadt Riga. Mittheilun-
gen aus dem Gebiete der Geschichte Liv-, Est- und Kurlands,
hrsg: V. d. Gesells. f. Geschichte u. Alterthumskunde der Ostsee-
provinzen Russlands. Bd. 12. S. 1 — 33. Riga, 1875.
163. Liebrecht, Felix, Der Humor im deutschen Recht. Zeitsch. f.
deutsche Philologie VI. S. 137—146. 1875.
164. Lodtmann, Fr., Der freie Hagen (nebst Anlagen). Mittheilungen
^ des histor. Vereins zu Osnabrück. 10. Bd. 1875. S. 97—200.
165. Lodtmann, Fr., Die letzten Hexen Osnabrückes und ihr Richter.
Mittheil. d. histor. Vor. zu Osnabrück. 10. Bd. 1875. S. 97—200.
NiederdentBohes Jahrbuch. I. Q
I
130
166. Nebelthau, Oberbürgerm., Chatten, Cherusken und Fosen. u. der
Sachs. Hessengau. Z. d. Vereins f. hessische Geschichte u. Landes-
kunde. Neue Folge 5. Bd. Kassel, 1874.
167. Niebnes, Prof. Dr. B., Zur Geschichte des Hexenglaubens u. der
Hexenprocesse vornehmlich im ehemaligen 'Fürstbisthum Münster.
Jahresbericht d. histor. Vereins zu Münster 1875.
168. Norrenbcrg, Lehr. Dr. P., Aus dem alten Viersen. Ein Beitrag
zur Culturgesch. d. Niederrheins, gr. 8®. (107 S.) Viersen, 1873,
Baedecker'sche Buchh. 1,50.
169. Norrenberg, Lehr. Dr. P., Beiträge zur Localgeschichte des
Niederrheines. Mit besondrer Berücksichtigung dos Volksthüm-
lichen. 4. Bdchen : Geschichte der Herrlichkeit Grefrath. gr. 8^
(Vni, 165 S.) Viersen, 1875, Fluss. 3,—.
170. Pabst, Eduard, Böse Händel zwischen dem Revarschen Eathe
u. dem Nonnenkloster St. Michaelis. Beiträge zur Kunde Esth-,
Liv- u. Kurlands, hrsg. v. d. Esthn. Literarischen Gesellschaft.
Bd. II. Reval, 1874.
171. Reinsberg-Dfiringsfeld, 0. v., Volksgebräuche in den Kempen
(Belgien). Das Ausland 1874, Nr. 24—26.
172. Stfive, Dr. C, Bruderschaften u. Calande zu Osntibrtlck. Mit-
theilungen d. histor. Ver. zu Osnabrück. 10. Bd. 1875. S. 1 — 20.
173. Stfive, Dr. C, Nachträge zur Geschichte des Hochstifts Osna-
brück (nebst Anlagen), das. S. 21 — 96.
IT. Mythologie, A^olkssagen,
Märdien, Spricli^vvrörter.
174. Arminias, 6. T. H., St. Martini. Sonntagsblatt für Jedermana
aus dem Volke, hrsg. von Otto Ruppius. Berlin, 1875, Franz
Duncker. Nr. 45. (Enth. das wohl älteste Martinslied.)
175. Bezzenberger, H. E., Anzeige von: „Sprichwörter der germani-
schen und romanischen Sprachen'^ vergl. zusammengest. v. Ida
von Düringsfeld u. Otto Freiherrn von Reinsberg-Dürings-
feld. Leipzig, H. Fries. I. Bd. (XVI, 52 S.) 18,—. Zeitsch. f.
deutsche Philologie V. 146 — 151.
176. Drosihn, F., Vierzig Volksräthsel aus Hinterpommern. Zeitsch.
f. deutsche Phüologie V. 146—151.
177. Giebelhansen, C. F. A., Mansfeld'sche Sagen u. Erzählungen. In
Mansfeld'scher Mundart erzählt. 4. Aufl. mit lUustr. 8*^. (152 S.)
Eisleben, 1875, Reichardt's Verl. 2,—.
178. Handelmann, H., Die Stellerburg. Z. d. Ges. f. Schlesw.-Holst.-
Lauenb. Gesch. 5. Bd. S. 151. Kiel, Univ.-Buchh.
179. Handelmann, fl., 1) Der Klinkerberg u. die Wittorfer Burg im
Kirchspiel Neumünster. S. 148—150. 2) Die Wulfsburg oder
Wulfsbüttel. Z. d. Ges. f. Schlesw.-Holst.-Lauenb. Gesch. 5. Bd.
1875. S. 150 f. Kiel, Univers.-Buchh.
131
180. Hansen, C. P., Sagen u. Erzählungen der Sylter Friesen. 8^.
(XVm, 222 S.) Garding, 1875, Lühr & Dircks. 3,—.
181. Uoltzmann, Ädf., Deutsche Mythologie. Vorlesungen. Hrsg. v.
Alfr. Holder, gr. 8<>. (VIII, 308 S.) Leipzig, 1874, Teubner. 8,—.
182. Hannhardt, Wilh., Wald- u. Feldkulte. I. Der Baumkultus der
Germanen u. ihrer Nachbarstämme. Mythologische Untersuchun-
gen, gr. 8^. (XX, 646 S.) Berlin, 1875, Bornträger. 14,—.
183. Meycp, H., Das Kind und die Volksreime der Ostfriesen. Andree,
Globus, 26. Bd. Nr. 17—18.
184. Meyer, H., Zur ostfriesischen Neck- u. Spottlust. Andree, Globus,
26. Bd. Nr. 6—7.
185. Meyer, H., Aberglaube in Ostfriesland. Andree, Globus, 26. Bd.
Nr. 10 (1874).
186. Mfillenhoff, K., Sagen in s. Zeitsch. f. deutsches Alterthum Bd.
17. S. 429.
187. Mfillenhoff, K-, Zum Schwerttanz. Zeitsch. f. deutsches Alter-
thum 18, 9—13.
188. SehottmfiUer, Dir. Dr., Die Krügerin von Eichmodien. Prog. d.
Grymn. zu Bartenstein 1875.
189. Schröder, W., de plattdüdscho Sprükwörderschatz d. i. dusend
plattdüdsche Sprükwörders von A — Z. Ostfresische, Oldenburgi-
sche, Hannoversche, Mecklenbörgische u. A. En spassig un lehr-
rieck Bok für lütge un groote Lühde. — Reclam's Universal-
Bibliothek Nr. 493. 16«. (70 S.) Leipzig. 0,30.
190. Schwebe!, Oskar, Mythologisches aus der Mark Brandenburg.
Wochenblatt der Johanniter Ordens Balley Brandenburg 1874.
191. Sello, Dr. G., Besprechungsformeln und Notfeuer. Zeitsch. f.
deutsche Philologie VI. S. 159—162. 1875.
192. Spee, J., Volksthümliches vom Niederrhein. I. Heft: Aus Leuth
im Kreise Geldern. 8^ (27 S.) Köln, 1875, Römcke & Co. 0,30.
n. Heft (48 S.) 0,60.
193. Vogt, F., Ueber die Margaretenlegenden. Paul u. Braune, Bei-
träge Bd. I. S. 263-287. 1874.
194. Wander, K. F. W., Deutsches Sprichwörterlexicon. 46. — 55. Lief,
hoch 4^ (Bd. 4 bis Sp. 1280). Leipzig, 1874, Brockhaus, ä 2,—.
195. Weiland, L., Niederdeutsche Pilatustage. MüUenhofifs Zeitsch.
f. deutsches Alterthum Bd. 17. S. 147—161.
Die letzten Ziffern bezeichnen bei Büchern jedesmal den Preis.
LEIPZIG. Dr. Dahlmann.
Jahrbuch
des
Vereins für niederdentsche Sprachforschung.
Jahrgang 1876.
IL
^A
BREMEN, 1877.
Verlag von J. Kühtmann's Buchhandlung.
U. L. Fr. Kirchhof 4.
hdagc
Inlialt.
Seite
r die Grenzen des Niederdeutschen und Mittelfränkischen von W. Creceiius 1
'ftederdeutsche Predigt des 15. Jahrhunderts, über : Non sum von E. E. H. Er ause 11
Eedicinalia pro equis conservandis von A. Lübben 19
simsprüche von A. Lübben 24
Zerklage von L. Strackerjan 26
liederdeutsches in Handschriften der Gymnasialbibliothek zu Halberstadt von
Gustav Schmidt 27
ogischer Spruch vom Ende des 16. Jahrhunderts von Smidt . . . . 34
Zd den hisiorischen Volksliedern von R. v. Lilieacron, von A.Lübben . . 35
l&i Schiller-Lübben mnd. Wörterbuch von E. E. H. Erause 40
^r Muüdartenforscher von Johan Winkler • 45
■Aütvorten auf Fragen des mnd. Wörterbuchs von F. Wo est e 47
Varia aus Wiener Handschriften von CarlSchröder . . . .. . . . 51
Jßgment des Seebuchs von GustavSchmidt 80
fcttDsilgenholt, Brizilien im Mittelalter von E. E. H. Erause 83
Tom Holze des heiligen Ereuzes von Carl Schröder 88
»miü und St. Michael von E. Eopp mann 114
"erth und Benutzung der Magdeburger Bibel für das mnd. Wörterbuch von
F. Woeste . . . 119
"^ Gothaer mittelniederdeutsche Arzeneibuch und seine Pflanzennamen von
W. HMielck .' 122
Soch einmal das Zwiegespräch zwischen dem Leben und dem Tode von Wilh.
Mantels 131
tesischea im Ditmarschen ? von C. W a 1 1 h e r 134
drittes Blatt aus dem niedersächsiächen Pfarrherm von Ealenberg von
Wilh. Mantels 145
pasales wenn oder wann von C. Walther 149
Bibliographie von Dahlmann 153
^
üeber die Grenzen des Niederdeutschen
und Mittelfränkischen.
Vortrag,
gehalten zu Köln am 7. Juni 1876 in der Sitzung des Vereins
für niederdeutsche Sprachforschung.
Wenn man die deutschen Mundarten in hoch> und niederdeutsche
einteilt, so befinden wir uns in Köln auf neutralem Boden. Wir sind
zusammen gekommen in der Hauptstadt des ripuarischen Franken-
landes, und gerade die Franken haben auch in ihrer Sprache bewiesen,
dass sie vor allen den Beruf dazu besassen, die getrennten Stämme
Deutschlands zu einer politischen Einheit zu verbinden. Es ist der
einzige deutsche Stamm, welcher in seinen nördlichsten Abzweigungen
das reinste Niederdeutsch bewahrt und andererseits seine Sprache durch
manigfache Abstufungen und Mischlinge bis zum Oberdeutschen hin-
durchgebildet hat. Der fränkische Uebergangsdialekt nun, auf den
ich Ihre Aufmerksamkeit für kurze Zeit hinlenken möchte, welcher
das sprachliche Mittelglied zwischen dem Niederrhein und Oberrhein,
zwischen Niederdeutschland und Oberdeutschland bildet, — er hat bis
jetzt noch nicht das Glück gehabt, sich eines allgemein anerkannten
Namens zu erfreuen : man hat ihn den niederrheinischen, ripuarischen,
nordrheinfränkischen, nordfränkischen, mittelrheinfränkischen, mittel-
fränkischen, kölnischen genannt. Gegen die meisten dieser Namen
aber liegen, abgesehen davon, dass sie bis jetzt nicht durchgedrungen
sind, gar manche Bedenken vor, und ich möchte darum die erste Ver-
sammlung des Vereins für niederdeutsche Sprachforschung, die auf
rheinischem Boden tagt, freundlichst einladen, bei dem noch nicht rite
getauften Kinde Pathe zn stehn und dasselbe in ihre besondere Obhut
und Pflege zu nehmen.
Die Mundart kölnisch zu nennen, geht nicht wol an, obgleich
Köln immer die bedeutendste Stadt im Bereich derselben war. Gerade
weil es eine Uebergangsmundart ist, finden wir eine bunte Manigfaltig-
teit der Sprache und vielfache Abweichungen unter den einzelnen
grösseren und kleineren Orten, und so dürfen wir als kölnischen Dialekt
nur den in der Stadt selbst gesprochenen bezeichnen. Sehr verwirrend
ISiederdentsohei Jahibnoh. IL X
2
hat der Name niederrbeinisch gewirkt; denn er schüesst das Gebiet
des rein niederdeutschen Frankenlands mit ein und ist zum Teil daran
schuld, dass nicht selten ganz verschiedene Mundarten zusammenge-
worfen sind. Derselbe Mangel haftet au dem Namen uordrhein-
fränkiscb oder uordfränkiscb; denn auch dieser würde das nie-
derdeutsche Franken nicht ausschliessen. Weniger zweideutig ist es,
wenn wir von einer ripuarischeu Mundart reden; allerdings bilden
die ripuarischen Gaue den Kern und Mittelpunkt des Gebietes, in welchem
unser Mischdialekt berscht. Allein die Grenzen beider decken Bjeh
nicht genau, und zudem ist es wünschenswert, die Namen für die fräa-
kiscben Mundarten so zu wählen, dass sie untereinander in Beziehung
stehen. So erscheint es am zweckmässigsten, wenn wir die Mundarten
am Rhein als niederrheinfränkisch, mittelrheinfränkisch und
oberrheiufränkiscb oder kurzweg als nie der fränkisch, mittel-
fränkisch und oberfränkiscb bezeichnen, zu welchen Namen als-
dann das Ostfränkische als die Mundart im Lande der Mainfranken '
hinzukommt. Mittelfränkiscb haben auch bereits M. Heyne nnd
Braune unseren Miachdialekt genannt.
Ueber die Lautlehre des Mittelfränkiscbeo liegen uns aus der
letzten Zeit einige gut orientierende Arbeiten vor. Sein Verhältnis !
zum Niederländischen im Mittelalter behandelt Braune in den Unter-
suchungen über Heinrich von Veldeke (in der Zeitschrift für deutsche
Philologie IV.), die Grenzen der Mundart gegen das Niederfränkische
und Niedersäcltsische hin sucht derselbe in einem trefflichen Aufsatz
„zur Kentnis des Fränkischen" in den Beiträgen zur Geschichte der
deutschen Sprache und Literatur I. genauer festzustellen, indem er
dabei ältere Urkunden und die Sprachproben bei Firmericb heran-
zieht. Wahlenberg h»t 1871 im Programm des Apostelgymnasiuns
zu Köln das Mittelfränkische in Bezug auf die Lautverschiebung ein-
gehend behandelt und über die Zwischenstufeu zwischen ihm und dem
Niederdeutschen zuverlässiges Material mitgeteilt. Für den Sieger-
länder Dialekt, weicher im Südosten die Grenze der Mundart bildet,
bat Heinzerling in seiner Inaugural-Oiss. (über den Vocalismus
und GonsonantismuB der S. M.) 1871 eine Darstellung des LautstandeB,
mit Rücksicht auf die anstossenden Mundarten, geUefert. Die auf der
Grenze zwischen Mittel- und Niederfränkischem stehende Mundart von
Krefeld stellt die gediegene Abhandlung von Röttsches im 7. Bande
der Zeitschrift für deutsche Mundarten dar.
Die angrenzenden niedersächsischen Dialekte haben gleichfalls
ihre Bearbeiter gefunden. Mustergiltig igt die Darstellung, welche
Fr. Woeste in Kuhns Zeitschrift für vergleichende Sprachforschung
II. von der Mundart in den Kreisen Iserlohn und Altena geliefert hat;
derselbe hat ausserdem in der Zeitschrift^dr deutsche-Mundarten die
manigfachsten Beiträge zur Grammatik des Südwestfälischen mitgeteilt
Eine Lautlehre des Süderländiechen geben Honcamp im Archiv für ,
neuere Sprachen und Humpert im diesjährigen Programm des Gym-
nasiums zu Bonn.
r
ä
Was das Nieder fränkische anlangt, so müssen wir vom Nieder-
ländischen hier absehn, da es sich als Schriftsprache behauptet hat;
die niederfränkischen Mundarten der Rheinprovinz dagegen sind bis
jetzt etwas stiefmütterlich behandelt worden. Veraltet und nur den
Yokalismus oberflächlich berührend ist der Aufsatz von Geerling im
Jahresbericht des Gvmnasiums zu Wesel von 1841 über das Clevische.
Den Dialekt von Mülheim a. d. Ruhr hat H. Kühne (vam Hingberg)
in seinen Erzählungen „Ut auler un neier Tied" (Leipzig, 1872 u.
1873) mit Glück angewandt^) und in der Vorrede zum ersten Bande
einige Bemerkungen über die Eaute gemacht.
Durch diese und andere Arbeiten sind allerdings schon manche
Bausteine herbeigeschafft, und es ist bereits einige Klarheit in das
Wirrsal der Dialekte am Niederrhein hineingekommen. Allein bis jetzt
ist doch nur ein erster Anfang gemacht, und es bedarf noch tüchtiger
Arbeit und des Zusammenwirkens verschiedener Kräfte, ehe wir über
den heutigen und älteren Stand unserer Mundarten genügend aufge-
klärt sind. Ein besonders dringendes Bedürfnis ist eine, bis ins Einzelne
gehende, zuverlässige Feststellung der Grenzen zwischen dem Mittel-
fränkischen einerseits und dem Niederfränkischen und Niedersächsichen
andererseits. Denn die starke Bewegung in der Bevölkerung, welche
die rege Industrie der Gegenden mit sich bringt, hat schon hier und
da kleine Schwankungen herbeigeführt und verwischt überhaupt all-
mählich die Besonderheiten der Mundarten. Jetzt würde es sich noch
lohnen, die Grenzen und Uebergänge derselben, wie sie augenblicklich
vorliegen, zu verzeichnen. Denn, soweit meine Beobachtungen reichen,
würde damit der Stand der Mundarten so fixiert werden, wie er we-
nigstens in den letzten drei Jahrhunderten gewesen ist, und wir hätten
in dem so zusammengestellten Material eine brauchbare Unterlage auch
für die Behandlung der älteren Dialekte. Ich selbst bin nur in der
Lage, für einen kleinen Strich der Grenze, wo ich seit längerer Zeit
meinen Wohnsitz habe, zuverlässige Mitteilungen zu machen, möchte
aber die Gesichtspunkte, von denen ich bei meinen Nachforschungen
ausgegangen bin, kurz darlegen, einmal um über etwaige irrtümliche
Voraussetzungen Aufklärung zu empfangen, sodann um Andere zu
ähnlichen Untersuchungen in ihren Gegenden anzuregen und womöglich
eine Vereinigung recht vieler Kräfte zu einer methodischen Unter-
suchung des Gegenstandes herbeizuführen.
Für mich bildete den Ausgangspunkt eine Frage, die eigentlich
erst am Schluss in Betracht gezogen werden dürfte, die viel besprochene
und für die ältere Geschichte unserer Gegenden so wichtige Streit-
frage, wie sich die Franken und Sachsen aus den in frühester Zeit
genannten einzelnen kleineren Stämmen zu grösseren Völkerbeständen
zusammengefunden haben, und wie etwa dieser Process noch heute in
den Volksdialekten erkennbar sei. Ist das letztere wirklich der Fall,
^) Ganz kürzlich erschien von demselben „Schloss Broich un sin Yöartied
Gedieh in 9 Büdern." (Mülheim a. d. Kuhr, 1876).
dann haben wir darin allerdings ein Moment, welches die so dürftigen
historischen Nachrichten einigermassen ergänzen könnte.
Bei der Entscheidung darüber, welche Stämme sich als Franken
vereinigt haben, geben uns die alten Gaunamen den sichersten Anhalt.
Ganz im Nordosten des Gebiets der Franken liegt die Twente, ein
Beweis, dass die Tubanten zu ihnen gehören. Südlich schliesst an
diesen Gau das Hamaland an mit der Düffel als üntergau (Deventer
im Norden, Xanten im Süden und Emmerich in der Mitte bezeichnen
die Gegend): es ist das Land der Chamaven. Die Rheininsel nebst
dem südlichen Ufer der Waal bewahrt noch heute als Betuwe die
Erinnerung an die alten, nie ausgewanderten, wenn auch von den
Saliern unterworfenen Bewohner, die Bataven. Von hier aus setzten
die saiischen Franken, deren Kern die Sigambern bildeten, ihre
Eroberungszüge nach dem Süden fort und verbreiteten fränkische
Sprache und noch weiter fränkische Herschaft durch Belgien nach Gallien
hinein. Kehren wir zum Rheine zurück, so grenzt an den Süden des
Düflfelgaues der Hettergau, gröstenteils auf der linken Rheinseite (wir
dürfen hier Geldern als geographischen Mittelpunkt ansehn), ein schmaler
Streifen reicht aber auch über den Strom hinüber, wo Stirum nach
urkundlichem Zeugnis zum Hettergau gehört. Dieser ist der Wohnsitz
der Chattuarier, welche — wenigstens ihrem Hauptteil nach — von
dem rechten auf das linke Rheinufer übersiedelten und die von den
Saliern verlassenen Wohnsitze einnahmen. Alle die bisher genannten
Stämme bewahrten im Ganzen rein-niederdeutsche Sprache, sie bilden
das Gebiet des Niederfränkischen* Dieses reicht also auch auf
die rechte Rheinseite hinüber und muss hier sprachlich gegen das
nahe verwandte, gleichfalls rein-niederdeutsche Sächsische abgegrenzt
werden. Dazu müssen wir, weil der Consonantenstand der gleiche
ist, den viel schwankenderen Vokalismus, insbesondere aber Eigen-
tümlichkeiten der Declination und Conjugation zu Hilfe nehmen. Im
Norden hat sich das Niedersächsiche in breitem Strom, wie über das
Friesische, so auch über die vorgeschobenen Post^i des Niederfrän-
kischen ergossen: das letztere hat in der Twente und in dem nörd-
lichen Teile des Hamalandes und der Veluwe weichen müssen. Nach
der Mitteilung des Herrn Prof. Kern aus Leiden geht in ersterem die
Grenze beider Dialekte jetzt über Wichmund, in der Veluwe über
Doesborg an der Issel. Wann diese sprachliche Invasion eingetreten und
was die Veranlassung dazu gegeben hat, bedarf noch näherer Untersuchung.
Südlich von den Niederfranken setzten sich die Ripuarier aut
beiden Ufern des Rheines fest, auf dem linken nahmen sie das Land
der Ubier ein, welche letzteren so aus der Botmässigkeit der Römer
in diejenige ihrer Stammesgenossen übergingen. Denn die ripuarischen
Franken sind nach der wahrscheinlichsten Annahme eine Vereinigung
fränkischer Stämme von der rechten Rheinseite, welche teils auf die
linke übertraten und das Gebiet der Ubier eroberten, teils in ihrer
Heimat einen Streifen Landes am rechten Rheinufer behaupteten. Hier
bewohnten sie noch vier Gaue: den Auelgau um die Sieg, den Deutz-
gan, welchen die Dhünn and Wupper darchäiessen, den Keldagau mit
der Dussel, die an ihrer Mündung der Stadt Düsseldorf den Namen
gibt, endlich den Buhrgau mit Duisburg und dem altberühmten Kloster
Werden. Auf der linken Rheinseite gehören zu Ripuarien folgende
Gaue, die ich gleichfalls in der Reihenfolge von Süden nach Norden
aufzähle: der Bonner-Gau von der Ahr bis etwas unterhalb Bonn,
westlich daran grenzend der Eifel- und der Zülpich-Gau, weiter am
Rheine abwärts der Kölner-Gau und (mit Neuss als Hauptort) der
Nievenheimer Gau, diesen beiden zur Seite im Westen der Jülich-Gau.
In dem beschriebenen Gebiete der Ripuarier am rechten und linken
Ufer des Rheins ist recht eigentlich das Mittelfränkische zu Hause;
nur müssen wir auf der rechten Seite des Stroms den nördlichsten
Gau, den Ruhrgau, ausschliessen : er hat niederdeutsche Art und Sprache.
Auf der linken Rheinseite dagegen reicht das Mittelfränkische über
die Grenzen Ripuariens hinaus. Im Norden liegt zwischen diesem und
dem niederdeutschen Hettergau noch der Mülgau, über dessen poli-
tische Zugehörigkeit die Ansichten sehr auseinander gehn. Innerhalb
dieses Gaues läuft die Grenze zwischen Mittelfränkisch und Nieder-
fränkisch. Auf derselben liegen die Städte Krefeld und Kempten.
Das letztere z. B. hat (wie ich vernehme) von der oberdeutschen Laut-
verschiebung bereits ch für k im In- und Auslaut angenommen, braucht
dagegen die niederdeutschen Formen des Pronomens wei und gei für
die mittelfränkischen wir und ihr, ferner ich habbe statt ich han,
während es in den Verbis ich don, gon, ston und schlon das dem
Niederdeutschen in seinem jetzigen Sprachstande abhanden gekommene
n beibehält. Das Gebiet des früheren Mülgaus bedarf also besonders
sorgfältiger Untersuchung. Zum Glück fehlt es hier nicht an berufenen
Forschern, welche in der Gegend zu Hause sind. Rötsches hat, wie
ich vorhin erwähnte, bereits Krefeld behandelt, und Norrenberg in
Viersen hat teils in seinen Beiträgen zur Localgeschichte des Nieder-
rheins, (z. B. Chronik der Stadt Dülken S. 193 ff., Geschichte der
Herlichkeit Grefrath S. 88 ff.), teils in „des Dülkener Fiedlers Lieder-
buch, herausgegeben von Dr. Hans Zurmühlen" (Viersen 1875), für
Sammlung von Volksliedern und Volksreimen Anerkennenswertes ge-
leistet und auch kurze Andeutungen über die sprachlichen Eigentüm-
lichkeiten gegeben, sowie eine besondere Behandlung des Dialektes
der Gegend zugesägt (vgl. Liederbuch S. 144).
Im Südwesten reicht der Mülgau bis zur Mündung der linksrhei-
nischen Ruhr (Roer) in die Maas. Von da ab liegen vor den ripuarischen
Gauen die Südspitze des Maasgaus und der Ardenner-Gau. Wie
weit in beide hinein das Mittelfränkische reicht, kann ich nicht be-
stimmen. Im Süden bilden die beiden Moselufer mit dem Trierschen
gleichfalls ein Vorland, dessen dialektiche Verhältnisse noch nicht genau
erforscht sind.
Auf der rechten Rheinseite grenzt das Mittetfränkische im Osten
an das Südwestfälische. Es ist dies das Gebiet der Brukterer,
Chattuarier und vielleicht noch anderer Stämme, die sich anfangs
6
den Franken angeschlossen hatten, aber am Ende des siebten Jahr-
hunderts durch siegreiches Vordringen der Sachsen von diesen dauernd
unterworfen und zu deren Lande hinzugezogen wurden. Am bestimm-
testen wird dies in Bezug auf die Brukterer und den nach ihnen be-
nannten Boroctra-Gau (zwischen Lippe und Ruhr) überliefert. Es
geschah im Jahr 694, als Suidbert eine grosse Anzahl Brukterer ge-
tauft hatte: die Sachsen schienen in dem vordringenden Christentum
zugleich eine Gefahr für ihre politische Selbständigkeit erblickt zu
haben, sie fielen in das Land der Brukterer ein und töteten oder ver-
jagten die Christen. Suidbert nahm seine Zuflucht zu Pipin und erhielt
von diesem einen Landstrich am Bhein zum Geschenk, wo er das
Kloster Kaiserswerth gründete. Das letztere gab den Stützpunkt für
das Christentum auf dem rechten Rheinufer ab, und die verjagten
Christen aus den Brukterern mögen sich wol zum Teil um dasselbe
angesiedelt haben. Ausser den Brukterern litten die rechtsrheinischen
Chattuarier durch die Angriffe der Sachsen, ihr Land wurde z. B.
715 von diesen verwüstet und ohne Zweifel blieb ein Teil davon in
deren Händen. Denn wir finden auch in Westfalen einen Gau Hatterun,
dessen Name unzweifelhaft auf die Chattuarier hinweist. Ln ihm lag
Herbede am südlichen Ruhrufer, unmittelbar an der Grenze des Bo-
roctra-Gaues. Ich möchte daraus den Schluss ziehen, dass die spätere
Grafschaft Mark und vielleicht ein Teil des Sauer- oder Süderlandes
eben jenes Gebiet der Chattuarier (vielleicht auch anderer kleinerer
Stämme) ist, welches die Sachsen damals eroberten. Die neu erwor-
benen Striche der Brukterer und Hattuarier bildeten das Land der
Westfalen, d.h. der Westmannen. Sie waren durch die Vertreibung
der zahlreichen Christen und die Verheerungen des Krieges ohne Zweifel
stark entvölkert und wurden von den Engern, welche den Kern des
Sachsenvolkes ausmachten, zum Teil neu colonisiert. So ward in ihnen
niederdeutsche Art und Sprache befestigt, oder wenigstens durch die
politische Trennung dauernd gesichert. Denn wir dürfen kaum an-
nehmen, dass die oberdeutsche Mundart schon damals bis in diese
Gegenden hinein sich geltend gemacht hatte; haben doch die links-
rheinischen Chattuarier bis heute ihre niederdeutsche Sprache festge-
halten. Zwischen diesen Chattuariern auf dem linken Stromufer und
den westfälischen Gauen, Borocträ und Hatterun, schieben sich wie
eine Art Keil auf der rechten Rheinseite die nördlichsten ripuarischen
Gaue, der Ruhr- und Keldagau, ein. Bedenken wir nun, dass der
erstere niederdeutsch geblieben, der letztere wenigstens stark mit nie-
derdeutschen Elementen versetzt ist, so drängt sich uns die Vermutung
auf, dass wir in ihnen Reste von Brukterern und Chattuariern haben,
die sich beim siegreichen Vordringen der Sachsen, durch Anschluss
an die Ripuarier, behaupteten, und so ihr Christentum und ihre Zuge-
hörigkeit zum Frankennamen retteten^). Wenn wir dies annehmen,
haben wir unter den Ripuariern gleichfalls Brukterer und Chattuarier.
*) Ich könnte mich zum Beweise hierfür auf das Leben des h. Suidbert von
Pseudo-Marcellinas berufen, wo Batingen (bei DQsseldorf) in das Land der Brukterer
Bei einer solchen Mischung der Stämme erklärt es sich auf das
Einfachste, wie hier eine reinliche Sonderung der Mundarten unmöglich
ist; daher das Auftreten der so zahlreichen Mittelstufen zwischen Nie-
derdeutsch und Mittelfränkisch, wie wir sie im Ruhr- und Keldagau
finden. Eine Stammmischung mag auch auf der linken Bheinseite die
ähnliche Erscheinung im Mülgau herbeigeführt haben.
Suchen wir nach den Merkmalen, die uns die Grenze zwischen
Niederdeutschem und Mittelfränkischem erkennen lassen, so steht natür-
lich die Lautverschiebung oben an. Aber gleich bei diesem Schibbo-
leth der Unterscheidung treten uns Schwierigkeiten entgegen. Die
oberdeutsche Bewegung im Consonantismus ist bei ihrem Vorschreiten
nach Norden je mehr und mehr erlahmt, sie hat sich im Rheinland
z. B. nur sehr unvollständig in der ripuarischen Mundart geltend ge-
macht, an d^r Grenze derselben ist ihr der Atem fast gänzlich aus-
gegangen, nur einzelne schüchterne Vorläufer hat sie selbst in nieder-
deutsches Gebiet hinein entsendet, indem sie dem k in .einzelnen Wörtern
Abbruch getan. So sind wir denn schon bei diesem Hauptmerkmal
genötigt, statt eine scharfe Grenzlinie zu ziehen, eine Art von neutralem
Gebiet auszusondern, innerhalb dessen wir gewisse Zonen der Lautver-
schiebung unterscheiden, wie dies z. B. Wahlenberg in seiner vorhin
erwähnten Abhandlung mit Glück versucht hat: die äusserste dieser
Zonen hat bei sonst ganz niederdeutschem Lautstande vom Oberdeutschen
bloss ch statt k im In- und Auslaut angenommen, eine zweite duldet
ausserdem oberdeutsches z (ß) und niederdeutsches t neben einander.
Wo von t nur dat, wat, et, dit und vielleicht noch allet übrig ge-
blieben ist, da haben wir das eigentliche Mittelfränkische anzunehmen.
Zu Hilfe kommen uns bei der Ausscheidung dieser Uebergangs-
zonen noch andere grammatische Eigentümlichkeiten. Das Mittelfrän-
kische hat in mir und wir den Schlussconsonanten gerettet, das Nie-
derdeutsche verlangt mi (wofür auch das accusativische mek eintreten
kann) und wi, fi oder wei. Dort lautet der Plural der 2. Person ir
(ihr), im Niederdeutschen gi (ji), gei (jei), oder dualisch get (jet).
Das letztere hat schon in der ältesten Zeit in der ersten Person des
Präsens beim Verbum haben (alts. hebbjan) die Endung n aufgegeben
(alts. hebbju, in den neueren Mundarten hef oder heb), das Mittel-
fränkische hat mit den oberdeutschen Volksdialekten die Endung ge-
rettet und verlangt ich hann. Ebenso stehn niederdeutsch ek, si, do,
go, sto, slo (ßchlo) mittelfränkischem senn, donn, gönn, stonn,
schlonn gegenüber. Ausserdem kommt in Betracht die Eigentümlich-
keit des Mittelfränkischen, der ersten Person im Präteritum schwacher
Verba ein n anzufügen, z. B. ech menden (ich meinte), und die Bil-
dung der drei Personen des Plural. In Hinsicht auf den letzten Punkt
steht das Mittelfränkische mit dem Niederfränkischen zusammen dem
Sächsischen gegenüber, dies hat die Endung et, die andern en. Indes
verlegt wird. Allein das genannte Buch ist eine grobe Fälschung später Zeit und
ohne jede Autorität. Vgl. Bouterwek, Swidbert, der Apostel des bergischen Landes,
(Elberfeld 1859) S. 16.
8
ist der Unterschied für die heutigen Dialekte nicht mehr so durch-
greifend, da.en schon frühe in niedersächsisches Gebiet eingedrungen ist.
Dies sind einige von den wesentlichen grammatischen Unter-
schieden, wie ich sie in hiesiger Gegend kennen gelernt habe. Es
würde zu weit führen, wollte ich mich auf die lexikalischen Besonder-
heiten in beiden Mundarten einlassen ; ohnedem sind sie weniger durch-
greifend und örtlich beschränkter als die andern. Doch will ich wenig-
stens zwei Wörter anführen, die auf der Grenze des Keldagaues, gegen
Westfalen hin, gute Dienste leisten : die Wiesen werden auf fränkischer
Seite banden oder bänden, in Westfalen .wischen genannt; die
Kornähren heissen dort Odern, hier ären.
Wenn wir alle diese Merkmale zusammen nehmen, so können wir
wol einer jeden Zwischenstufe nach den vorwiegenden Momenten ihre
Stellung innerhalb des Mittelfränkischen oder Niederdeutschen anweisen.
Wir werden aber am sichersten verfahren, wenn wir nicht darauf aus-
gehen, eine scharfe Grenze zu ziehen, sondern, wie ich es vorhin vor-
schlug, einen Gürtel von zwei oder auch mehr Zwitterstufen zwischen
die Mundarten legen. Die Untersuchung erfordert sorgfältige Beob-
achtung und genaue Lokalkentnis, sie kann im Allgemeinen nur von
Ortskundigen mit Sicherheit ausgeführt werden; die Verwertung und
Znsammenstellung der llesultate muss dagegen von philologisch gebil-
deten Germanisten vorgenommen werden. Denn die Angaben selbst
der tüchtigsten Kenner eines Lokaldialektes können für die allgemeine
Beurteilung der Frage nicht genügen, sobald jene nicht überhaupt
sprachlich durchgebildet und mit den älteren Dialekten hinlänglich
vertraut sind.
Wie sehr die Annahmen der Ortsangehörigen täuschen, kann man
z. B. in Elberfeld und Barmen beobachten. Hier ist die landläufige
Sage, worauf der Eingeborne wie auf ein Evangelium schwört, die
Schwarzbach, ein kleines Rinnsal im Osten Barmens, auf der Grenze
der Rheinprovinz und Westfalens, scheide märkisch-westfälischen und
rheinischen Dialekt, wie man die mittelfränkische Mundart zu nennen
pflegt. Wie liegt es aber in Wirklichkeit? Elberfeld und Barmen
ziehen sich langgestreckt im Wuppertal, ziemlich genau in der Rich-
tung von West nach Ost, zwei Stunden weit hin. Der Dialekt des
östlichsten Teiles von Barmen, noch diesseits der vielberufenen Schwarz-
bach, ist ganz nahe verwandt dem unmittelbar anstossenden westfälischen
von Schwelm. Und wie sollte es anders sein ? Dieser Tsil von Barmen
gehörte bis in's 17. Jahrh. hinein zur Pfarrei von Schwelm, und mitten
durch Barmen ging eine alte Landwehr, die wir wol als die ursprüng-
liche politische Grenze zwischen Frankenland und Sachsen betrachten
dürfen. Der westliche Teil von Barmen war nach Elberfeld hin ein-
gepfarrt, und sein Dialekt ist noch heute dem Elberfelder gleich, hat
aber in dem laufenden Jahrhundert nach Osten hin weiter um sich
gegriffen und die dortige Mundart etwas zurückgedrängt. Indes auch
der Elberfelder Dialekt ist vorwiegend als niederdeutscher zu bezeich-
nen : eine entschiedenere Annäherung zum Mittelfränkischen verrät erst
■^^■"
9
der Dialekt des im Westen angrenzenden Dorfes Sonnbom; zwischen
dieses letztere und Elberfeld müsste man demnach die Grenze zwischen
Niederdeutsch und Mittelfränkisch verlegen, wenn man überhaupt eine
solche durch eine scharfe Linie bezeichnen wollte.
Was die Mundart von Elberfeld anlangt, so beharrt der Gon-
sonantismus fast ganz auf niederdeutschem Stande: t^) und k') sind
kaum dmxh z (ß) und ch beeinträchtigt ; das Pronomen der 1 . Person
im Plural >lautet fi, das der 2. dualisch get; man hat die 1. Sing.
ohne n in ek, hef, si, do, gö, stö, schlö. Daneben finden sich aller-
dings Eigentümlichkeiten des Mittelfränkischen, die indes z. T. weniger
entscheidend sind, wie die im Plural des Verb durchgehende Endung en.
Eine grössere Hinneigung zu diesem Dialekte verrät das n in dem Sing.
Präter. der schwachen Verba (ek m enden), und die häufige Nasa-
lierung von n und nd, z. B. steng (Steine), kleng (klein), honk (Hund),
PI. höng u. ä.
Manche der Sprachformen oder Wörter, welche jetzt in Elberfeld
durchgedrungen den starken Einfluss der benachbarten rheinischen
Mundart bekunden, sind noch gegen Ende des vorigen Jahrhunderts
nicht so allgemein gewesen. Damals war z. B. die 1. und 3. Sing.
Prät. des Zeitworts sein noch in der Form ek (ha) was nicht un-
üblich, jetzt lauten dieselben nur ek (ha) w§är. Auch Spuren in älteren
Aufzeichnungen leiten uns zur Annahme, dass wenigstens seit 1500 in
Elberfeld ein wesentlich niederdeutscher Dialekt herschte. Nur darf
man sich dabei nicht auf die gerichtlichen und sonstigen öffentlichen
Urkunden beziehen. Diese sind anfangs in der mittelfränkischen Mund-
art abgefasst, wie sie im Herzogtum Berg als offizielle Sprache üblich
war, später tritt an deren Stelle die hochdeutsche Schriftsprache. So
beginnt z. B. eine Urkunde von 1552:
„Wir Jaspar Krummell Beigen eheluidt Thoin samen khundt
allermennichlich vnd bekennen öffentlich in crafft dieses briefs Dasz
Nachdem wir denn Erbarn Peter Teschemecher Mergen eheluiden
ehern erben luidt eines kouffbrieffs darüber vfgericht verkofft hauen
vnsern haluen hoff, huissz, garten, schuir, veldt, bosch, heubroich, vnd
blech (wie dasz alles vurgerörter kouffbrieff gemein vnd jnsonderheidt
viszdruckt gnandt die Krummeis mirck), jn wilcherem kouffwir vnszver-
schreben vnd verplichtet jnnen den ehegemelten keuffern alsulchen erffgoit
losz vrej ahen einige viszguldt scholt ader beswernisz — zu liebern."
Wir sehen hier, wie der Schreiber bemüht ist, das Schriftdeutsch
*) Die Verschiebung des t findet sich nur in bess (bis), herz, witz. Die
beiden letzten sind ans dem Hochdeutschen wahrscheinlich erst in jüngerer Zeit ein-
gedrungen: für herz findet sich in manchen Wendungen noch die alte Form, z. B,
et dot mek weä am hatten ; witz in witzich und witzknosel ist offenbar
der Schriftsprache entnommen, obgleich es die Bedeutung etwas verändert hat und mehr
die Neigung, sich vorzudrängen und durch vorlautes Wesen geltend zu machen, bezeichnet.
^) k für ch behauptet sich, abgesehen von hochdeutschen Wörtern, die auch
sonst ins Niederdeutsche eingedrungen sind, wie frech u. ä., mit sehr wenigen Aus-
nahmen. Nach meinen Beobachtungen sind es nur secher (sicher) und die Endsilbe
Hch, welche die Lautverschiebung durchmachen.
anzuvenden, aber nicht Belten in das ihm geläufige Mittelfränkische
zurückfallt. Man würde aber irren, deshalb das letztere für die Mutter-
sprache der Aussteller jener Urkunde 7.u halten, die aus eingebornen
Elberfelder Familien Bta.mmen, Wie diese spracheD, verrät die Auf-
schrift des einen voa ihnen auf dem Kücken der Urkunde:
„DuBse verschrybonge dusser gunterssmy rekenn hebb yck Jasperen
Grumell vnd Beylkenn syner huysfrauwe oyck affgekafft ynd oyck betalt
?nd oyck dayr vertycht vnd vytganck dayr vp entfangen yse yn dat ver-
tychs boeck tho Eluerueld geschreuen. Peter TesBchemeker myne hant."
Nur aus solchen Aufzeichnungen ganz privater Art lassen sich
Schlüsse auf die Mundart einer Gegend in älterer Zeit machen. Alle
Urkunden, die irgendwie einen öffentlichen Charakter an sich tragen,
sind hierfür nicht zu verwenden. Allerdings wird in Folge dieses
Umstandes das Material für die Untersuchung über den früheren Stand
der Mundarten wesentlich beschränkt.
Bemerkung.
Ich hatte versprochen, den obigen Vortrag für das Jahrbuch
umzuarbeiten und zu erweitern. Inzwischen hat Herr Dr. Wenker
in Düsseldorf durch Vermittelung der königl. Regierungen aus einem
grossen Teile der nördlichen Rheinprovinz von Volksachullehrem Aof-
zeichnungen über den Stand der Dialekte erhalten, welche in ihrer
Gesamtheit für die wichtigsten Punkte, die in Frage kommen, eine
Üebersicht der heutigen mundartlichen Verhältnisse ermöglichen. Bevor
nun Herr Dr. Wenker die Resultate seiner dankenswerten Nachfor-
schungen veröffentlicht hat, was in nächster Zeit in Aussicht steht,
würde es ungeeignet sein, eine Umarbeitung des obigen Vortrags vor-
zunehmen. Derselbe war von mir nur dazu bestimmt, die Sache auf
der Versammlung in Köln anzuregen und Mitarbeiter zu gewinnen.
Ich würde ihn darum jetzt ganz zurückgezogen haben, wenn nicht Herr
Dr. Lübben den bestimmten Wunsch ausgesprochen hätte, dass ich
ihn, trotz der veränderten Umstände, ohne weitere Verarbeitung, für
das Jahrbuch überlassen möchte. Ich bin auch um so lieber darauf
eingegangen, weil ich hoffen darf, dass vielleicht die eine Seite, welche
er hervorhebt, die Behandlung der älteren Mundarten den einen oder
andern der Leser unsers Jahrbuchs veranlassen könnte, geeignetes
Material dafür zu veröffentlichen.
ELBERFELD. W. CreCCÜUS.
Niederdeutsche predigt des 15. Jahrhunderts,
Aber: N^on snin.
Die Bostocker Gymnasialbibliothek besitzt 2 kleine niederdeutsche
papierhandschriften, als geschenk des früheren directors, herrn prof.
L. Bachmann; die eine enthält die nachfolgende predigt« Sie besteht
nur aus 8 blättern sehr kleinen 4.-forniats, von denen die beiden ersten
als halbbogen den in eine läge vereinigten 3 andern halbbogen vor-
geheftet sind. Nur 14 selten sind voll beschrieben, auf der 15. stehen
noch 14 Zeilen; die erste seite enthält deren 23, incl. der aus 3 be-
stehenden lateinischen evangelienangabe, die übrigen 13: 22 bis 24.
Der mittlere halbbogen der läge hat als Wasserzeichen den buchstaben a.
Die handschrift gehört dem 15. jahrh. an und ist dem dialecte nach
sicher links der Weser geschrieben; an Westfalen erinnert das 3malige
getrennte seh: mens-chen; und das wort wyshke, das nach dieser
Schreibart auch wis-ke zu sprechen ist; nach dem westen hin führt
auch die zweimalige nennung des Rheins.
Der Ursprung der predigt ist nach deren Inhalte anscheinend
auf einen Augustiner zurückzuführen, daher würde sich auch die ent-
schieden reformatorische haltung vielleicht erklären lassen, z. 6. die
auffallende zurückschiebung von fasten und wallfahrten.
Einige spuren deuten auf Übersetzung aus dem hochdeutschen,
oder auf eine gegend mit hochdeutschem einäuss; es kommt einmal
Tor: ich für ick, dyr für dy; yr, ire für er, ere; is für it; vielleicht
gehört dahin auch: zweimal alt für olt, der gebrauch von klein statt
luttich und wyrp statt smyt. Fraglich ist mir, ob das zweimal vor-
kommende biblische 'he go unde loynte nycht'? (hey ga unde loynde
nycht) auch dahin zu zählen ist: „er bekannte und leugnete nicht".
Nur in dieser formel hat die handschrift „unde", sonst nur „und".
Ich habe natürlich alle diese formen neben einander beibehalten^
ebenso wie die nicht ganz gleichnaässige Schreibweise. Doch wechselt
die letztere nur 1) zwischen dem häufigen y und i, umgekehrt — lik
und — lyk; 2) zwischen ck und k; 3) in Verdoppellung von g, in seggene,
Seggen, segget, sege, seget (cf. leget); von d: nedersloch, nederste,
nedder; von t: wette (wisse), wetten, wettene, wetenheit; etten, ettet;
ittelik ; das ff scheint mehr schreibgewohnheit für den auslaut zu sein :
Weff, sterff, hoff op, verhoff, wyff, lyff; so auch leyffle und gestiffte;
doch ist gaf (gab) geschrieben. — Nicht als wechselnde Schreibweise
12
sondern als dialectischen doppelgebrauch fasse ich hey (er) neben he,
„dey und de und dey", nesten, neisten, negester; ebenso auch
die wenigen a neben und anstatt o: wart=wort, afFte=offte, as äff
(als ob)=off, war de= Word e (verba), af und aff=of (oder), ga und go
(er bekannte), jedes mit einmaligem vorkommen. Einmal ist für gut:
got geschrieben, offenbar wegen des gleichklangs : dat luter got (bonum),
dat got (deus) is. Doch kommt auch zweimal wu vor statt wo (=wie,
dagegen war=wo) und einmal vul neben vol. Got (deus) wird decli-
nirt: godes, gode, nicht gades. Das weiche z ist neben s und ss sel-
tener: je einmal in deze (neben dese, desser, deseme, desen, dus, dusem,
dusse, dusser, dussem, und gar dose), lezen, zelycheit, zeile, zeyle,
spyzene, alzo, zweimal in wyze, dreimal in wezen (gewezen).
Ein Umlaut ist in unserer predigt noch nicht vorhanden, was
ein verhältnismässiges alter bezeugt. Dagegen wird länge des vocals
einmal durch nachklingendes y (doyn=thun), und oft, doch nicht
regelmässig, nach a und o durch e angezeigt, welches sich öfter nicht
streng von der endung scheiden lässt: gedaen, gaet, gaen, gegaen,
scharraes, gewaer ; broet, doet (Tod), noet, loes, doech (taugte), toech
(zog), begoet, doen, doet, moet (muss); einmal guet.
In bindung kommen vor: bystu=byst du, isset=is it (3 mal),
wert=were it, doet=dot it, salme=8al me, warame=wan me, met=me it.
Von den pron. pers. und poss. finde ich die formen:
1. ik (ick, einmal ich), myner, my, my — wy, dat. uns — poss.
unse. 2. du, dy (dyr), dy — gy und y, dat. yu, accus, yu und u —
poss. dyn. 3. sing, hey und he, em, en — sey, gen. er, dat. er, —
it (et), einmal id, is — men und me — sik. — plur. se (sey), dat. en,
acc. sey. — poss. syn. — er (yr) — plur. er (ire).
Im praesens plur., 3. pers. wechseln die endungen en und et:
dey vragen und vraget, sey (se) vyndet, gaet, staet, sey willen; auch
wy willen. — Von besonderen conjugationsformen notirte ich aus:
kostent 3. praes. sing., antwerde=antwerdede, doech st. imperf. von
dogen, taugen; ganck, imperat, vergl. Mnd. Wb. II. S. 9 v. gan; ver-
heuen part.=erhoben, geofent=geübt oder offen gezeigt? vergl in der
ouinge don=üben und offnunge=Eröffnung, Offenbarung; dorgan
transit. : „de warheit heuet se dorgangen=durchdrungen. Dahin zu
rechnen ist auch der gebrauch von ley, conj. leyte, geleyten als formen
von laten, sik laten=sich ergeben, neben dem ,eyn laten' als subst.
und ,gelatenheit^ fast =otmodicheit vorkommt.
An declinations- oder genus-eigenthümlichkeiten bemerke
ich: eyn geistelick menschen, eyn mensche (neutr.) dat solde etc., van
hoge dingen, van der negester warheit, eyn harden guden groten werk
(nom.), eyn harden kleinen dynck, eyn sundersche (neben eyne), uns
allen (acc), welken we (welches weh); vragers (plur.).
An constructionen möchte ich aufmerksam machen namentlich
auf den gebrauch des genetivs: wat meren (quid historiarum) sy; :
wat unsprekelykens wesens, also seker is my dus wesens, wat vyndet .
men dusser phariseen; vyndet se er nicht; alles willen loes syn, sik
13
eines jars trösten. Den da tiv bietet: so gaet sey eyner anderen vrage
an; eme duchte.
Auffällig ist der häufige gebrauch der conjunctive: 8y(3 mal),
syst, wäre (8 mal, 1 mal wer=were), — hebbest, hedde (2 mal), —
werde, werdest, worde (2 mal), — solle, solde, — wy moten, — künde,
— do=:thue, dede, — beide, wysten=wüsten, geschey (2 mal), leyte=
liesse, 8ei=sehe, brenge, vonde, gunne, verheue, kenten, kere, komen,
verlonen, ersehene, sterue, wenede.
Die n e gation ist noch stets gedoppelt ; seltsam ist die Construction :
dej arger en is dan alle nycht=:ärger als alles nichts, alle Vernichtung.
Für den wertschätz weise ich hin auf: eyt=icht (ebenso wat),
eckerdes, euer=aber?, gelesten=gelusten, geraken=finden, antreffen
cf. Mnd. Wb. 11 S. 63. v. gerack; den ausruf gotsene und gotsene
entrone (wie wir noch rufen: Gott sol die längere formel entstanden
aus: got sone in dynem trone?), eynen trän marges in dynen benen=
eine I^Lraene Markes (neben blödes droppen), dat punte (punctum), quelen
na=3ich mühen um, dat scharraes, hier doch kaum der slavische
sarras der Sereschaner, sondern eine fressende krankheit, vielleicht
der scharbock (Scorbut); siecht in der nebenbedeutung , gerade', smei-
ken, venie oder veme?, verkrygen, verquetern, sik verunwerdigen=sich
erniedrigen, verwerden (perire, heute : ,hen werden'), wetenheit=wissens-
sucht, neugierde, wyshk=stark, ernst.
Abbreviaturen finden sich im ms. äusserst wenige: der strich für
nachfolgendes n, m oder d, letzteres nur in ,und'; der apostroph für er.
Der text der predigt ist bekanntlich der anfang der pericope
des 4. adventsonntages : Job. 1, 19 — 28.
Niederdeutsche predigten oder Vorlesungen, wahrscheinlich ähn-
licher art, wurden im 15. jahrh. im Hamburger dom gehalten. Vergl.
über das dortige lector-canonicat Ed. Meyer, Gesch. des Hamburger
Unterrichtswesens im Mittelalter. In Rostock machte 1439 der pfarr-
herr, . Professor juris und universitätsrector Heinrich Bekelyn eine
Stiftung, deren inhaber sonntäglich in der Marienkirche das Credo, das
Vaterunser und die übrigen hauptstücke des glaubens in niedersäch-
sischer spräche deutlich verlesen und erklären sollten. Vergl. AUgem.
Deutsche Biogr. II s. 298.
Hisernnt indei ab iherosolimis sa | cerdotes et lenitas ad
iohannem | nt interrogarent enm: tn qnis es? | ^)
Dey ioden unde dey phariseen dey | santen to iohannes und
vrageden wey | hey were. Off hey were helyas ? He go unde loynte
nycht undsprack: Non sum. Bystu dan Christus? Non sum. Offeyn
propheta? Non sum. — Kynder dusser phariseen vyndet men vele,
dey umme geyn nutte ofinynge en vragen. Dey ene vraget na wert-
liken dingen, wat dey und de und dey do; wat meren in den steden,
^) Ev. Joh. 1, 19-21.
14
in den landen, ander den heren sy, wat under den luden sy geistliken
und wertliken, und wat geschey van dusem und van deme, und en
is to male wol myt nyen meren. Och der groten schände under geist-
liken luden. Des solde sick eyn geistelick menschen ummer schämen
to seggene ofl to wettene enyge mere. Wat geit enen geistliken men-
schen an allet dat desse werlt ge-(S. 2)lesten mach?
Dey anderen vragen van wetenheit, dat sey gerne vele wysten
und van hoge(l) dyngen to verstane und to seggen können.
Dey derden vraget op eyn versoken, dat sey wetten wat in
den luden sy, und komet und smeiket, als dei ioden spreken : meister,
wy wetten dat du warhaflftich byst; also dot duse. Vyndet sey dan
ere wyse in den luden, so isset alle guet ; und vyndet se er nycht, so
en doech aller don nycht. So gaet sey eyner anderen vrage an und
gaet alzo umme vragen, dat sey ere verkarden wyze beschermen, und
en willen sick dar an nycht laten genogen, wat men en ok synget off seget.
Dey veirden dat synt gude vragers, der er herte und zeyle quelet
na deme aller leyvesten wyllen godes se ettet, se slapet, se werket,
se gaet, se staet : Och wo gerakede wy den allerleyvesten willen godes
unses gemynneden vaders!
Dey vifften de en vraget nycht, dat synd voUenkomene menseben,
dey synt over dat vragen gekomen. Euer war vyndet men se in
dussen luden^)? It (S. 3) en is geyn wonder want Sunte Augustinus
und Aristotiles spreket: Dat vragen komet van wonderen. In dusen
en is geyn wonderen; wante dey warheit heuet sey dorgangen.
Dose boden vrageden Johannem, wey hey were. Wat antwerde
der hemel vorste, dey morgensterne, dey erdesche engel Johannes?
Hey sprack : Non sum, hey ga unde loynde nycht ; Kon sum ; als alle
menschen*) wolden des namen verlonen, und geit aller menschen doyn
dar op, we sey eckerdes namen verlonen und verbergen: Non sum.
Sey wyllen alle gut syn off schynen, dat sey in geiste off in naturen feien.
Leyue kinder wey^) desen grünt allene geraken künde, dey hedde
geraket den aller nesten, kortesten, siechtesten, sekersten wech to der
hogesten, neisten warheit, dey me in der tyt veruolgen mach; to
dussem en is neymant to alt noch to junck, noch to kranck, noch to
dum, noch to arm, noch to ryke. Dat (S. 4.) were: Non sum; Ick
en byn nycht!
Och wat leget so unsprekelykens wesens an deseme: Non sum.
Och desen wech en wyl neymant wanderen ; wy wyllen ummer gut syn,
men kere dat ummer, war men dat kere. Gotsene entrone! wy synt
und wy wyllen und wy wolden eyt syn. Hyrmede synt alle menschen
also gevangen und gebunden, dat sick neymant laten en wil; eme
weren lichter teyn werke to done, dan eyn gruntlick laten; hyr inne
alle strit, alle arbeit den wertlyken*) ; se wyllen hyr umme guet unde
vronde und mage hebben und waget zeile und lyff, op dat se wat
*) Aber wo findet man sie unter diesen Leuten ? ') mens-chen ist abgebrochen.
Damals als, fast=obwoL ^) wey fehlt im Ms. *) ,Eme weren — laten* ist wol Klam-
mersatz und zu ,hyr inne — wertlyken* zu ergänzen : is gevangen=:ist enthalten.
15
syn. Dar proue en ittelick sick seiner ane, der kloster und klusen
vul^), dat eyn itlick io wat wezen und schynen wiL Lucfer*) in deme
hemel dey hoff sick op und wolde wat syn; dat toech en hymeder
in dat aller deipeste und in den grünt des nych-(S. 5)tes dey') arger
en is dan alle nycht Dyt toech unsen vader Adam und unse moder
Euen und warp sey ut deme wunnentlyken paradise und heuet uns
allen in noet gebracht und in arbeit. Hyraff komet alle jamer und
alle klage, dat me vyndet dat wy synt gotloes, genadenloes und aller
dogeden naket und blot. Hyrumme en vynde wy neynen vrede van
bynnen noch van buten, hyrumme isset allene allet dat ungebrecket
an gode und an den luden ; dat doet allene dat wy wat wyllen syn.
Och dit nycht wezen dat hedde in allen wysen und in allen steden
myt allen luden ganzen, waren, wyshken, ewyghen vrede und wer dat
seiigeste, dat edelste, dat sekerste, dat deze werlt het, und uumment
en wil dar an, ryke noch arem, junck noch alt.
Wy lezen in sunte Lukas evangelio*), dat eyn ryke. man, eyn
pharyseus^ dey hadde geladen unsen heren (S. 6.) Jhesum Christum in
syn hues. Dat was eyn harden guden groten werck, Christum to spyzene
myt alle synen jüngeren. Des meynde he ok gar wol, sunder eme ge-
brack des edelen Non sum. Dar quam ene sundersche, de vel dar
nedder und sprack in ereme gründe : Non sum. Des is sey verheuen
bouen alle hemele ouer mannige chore der engelen. Dese vel in dat
allernederste vor Christus vote, unde ut gansem innentlyken herten
sprack sey : Non sum. Ut deme gründe so wos eyn ewich und ummer-
warende : Ego sum, Christus dede er al dat sey wolde. Als 'dat sach
dey wert, dey in dusser groten werschap sat und was und en allen
to etten und to drynken gaff, dey versmade dyt und benyde dyt, dat
sick Christus to er karde, wante se were eyn sundersche. Och it was
in eme dat lede Ego sum, und nycht Non sum. Eme duchte, hey were
de gene, to deme • men sick keren solde und hören (S. 7) und myt
erae reden solde, und dat wyff nycht.
Och leyuen kynder, wat vyndet, wat vyndet men dusser pha-
rizeen al under geistlyken und wertlyken ! De werlt is dusser vol, vol,
vol! Swart und wyt, gra und bla; de umme er gut und er mage off
umme er wysheit of ere kunst off erer vernuffticheit of umme al-
myssen of umme eren schyn, dat sey sick hilliger duncket^), und dusser
gelick : dat men sey solle achten, ere wart hören, me solle dorch eren
wyllen wat^) doen, und dencket to hantes: ^en solde men my des
nycht doen? Ick hebbe en dyt äffte dat gedaen; ick byn de und de;*
und werden harde unwert, men en beide recht mer van en dan van
den anderen, an welken sey dusser dynge nycht en kenten. Gotsene I
*) Ich habe die 2 komma gesetzt, da ich ,ane' nicht für ohne nehmen kann.
Es würde so heissen: auch alle insassen der Klöster und Klausen. *) So ms. für
Lucifer. ^) von ,grunt — nychtes* waren die Wörter doppelt geschrieben ; vom rubri-
cator ist dann ,grunt des nych' aus versehen mit den doppelt stehenden gestrichen,
dey fehlt im ms. *) Lucas 7 v. 36 ff. ^) Dies ,duncket* hat die construction gestört,
die etwa lauten sollte: ,de umme er gut etc. sick wat duncket' oder ,sick duncket Ego
sum*. ö) Ms. waet.
16
wey synt sey ? War komet se her ? Wo doren sey dit gedenoken, dat
wy moten doen, und versmaet ander lüde?
Aldus dede dey phariseus, (S. 8) dey sick verhoflf ouer den puply-
kanum^), und bey bleff ungerecht, wente eme duchte, hey were gut; und
dey ander puplicanus, dey Non sum sprack, dey sick nycht en rekende
und syne ogen neder sloch und sprack: Here verbarme dy myner,
wante ick nycht en byn ; ick byn eyn sunder mynner dan nycht : des
genck hey gerechtuerdiget m syn hus : Dit sprack dey edele munt godes
seiner. Malck sei vor sick, en^) verheve sick ouer nummende, he sy
ok we he sy.
Dese selyge sundersche, de in des mans hues genck^), se dede
drey dynck in der ouynge. Sey weder karde sick to, als sey sick
affgekart hadde. Also als sey er ogen to der werlt gekart hadde :
also hyr weder umme begoet sey dey vote unses heren myt beten tränen,
und myt eren bare drugede sey eme syne vote in beteringe dat sey
der werlt gebruket hadde, und myt creme lyve myt der venien und
er gut myt der saluen.*)
Dat ander dat hey dede: sey gaf sick to hantes an Christum
al to male. Dat (S. 9) derde: yr herte hadde se vol leyjffte.
Kynder op alle gelatenheit dey nycht geofent en is, en geue ick
nycht ene bonen, sey en werde er volget^) myt den werken und in der
warheit ut der schalkhafftiger naturen, dey mer dan dusent liste und
wynkel heuet, dar sey sick inne enthelt.
It en werde utgevoret, so were my recht dar umme, als my dey
duuel ersehene in engelscher wyse. Up der lüde wort is recht to
bowen as äff eyn halem^) eyn brugge were ouer den groten Ryn und
wenede dar ouer to gane, also seker is my dus wesens in dusser ge-
latenheit. Dyt synt gestiffte gelatenheit.
So komen sey und spreket: Eya leyve here, segget uns doch van
der negester warlieit. Och deme warde byn ich so rechte unholt.
Pylatus vragede unsen leyven heren Jhesum Christum, wellick dey warheit
were*^), und Christus swech. Also wenych mach me seggen, wat de
warheit sy, wat got sy. Got ys dey (S. 10) warheit und lutterheit und
eynuoldicheit ; dat is eyn und eyn wesen. Dusse lüde, wan men sey
ankomet wreken, alto hantes so wischent se hyr vor vel balde und
werden recht besetten menschen®), und is en so unwert: hebbet sey
my dat gedaen; und dan wert men wol geware, wat dey gelatenheit
was an worden und an werken. Ire grünt dey luget dar. Leyven
Kinder, en bedreget yu selver nycht; it en schat my nycht, bedrege
gy my; mer y syt dey dar bedrogen blyuet. Groet schade blyuet yu,
und my nycht. Ick en twyvel dar nyclit an eyn bar, it en sy mannich
^) Lucas 18, 11—13. ^) Es scheiat und zu fehlen, denn en ist di^ negation.
^) Lucas 7, 36 ff. *) Die constr. ist nicht klar, soll es heissen : sie besserte, was sie
mit dem leibe in sünde gefehlt, durch thraenen und abtrocknen und ihr schlecht er-
worbenes gut durch ankauf der salbe? Statt venien könnte man auch vemen lesen.
*) In 2 Worten im ms. er=eher? *) So ms. statt halm. ^) Joh. 18, 38. ^) Ms. bricbt
ab: mens-chen. Ich fasse den satz ,hebbet sey my dat gedaen* als subject zu ,iB en
so Unwerts
■
17
dusent, dusent mensche, de sick vele hillich und vel sunderlyck be-
wyset und^) in geistelyken leuen synt gewezen aller dage, und er houet*)
Tele ser nedergeslagen, und sollen also steruen, dat en wäre gelatenfaeit \
io eyn ogenblyck en geblyckede. Eme verstendigen menschen mach
des jameren und mach (S. 11) des ok van wunder lachen und spotten,
dat dej lade alto male sick selver bedregen. Wette in der warheit :
alle so lange du noch eynen blödes droppen unuerteret heuest in dynen
vleysche, und euen trän marges in dynen benen, du en hebbest dat
verteret umme rechte gelatenheit, so en nym dy nummer mer an, dat
du syst eyn gelaten mensche ; und wette : al dey wyle dat dy dat aller
mynneste punte rechter gelatenheit gebrecket an eynen waren yer-
volgen, dey wyle mot dyr got ewentlyken entblyuen, dey negeste und
dey hogeste zelycheit to bevynden in tyt und in ewicheit.
Eynder, dat weytenkaren moet van noet steruen, salt vrucht
breiigen'). Sunder sterue det so brenge det vele und grote vrucht.
Kynder, it moet eyn steruen syn, und men moet sick hyr verunwer-
digen und vernichten. It moet syn: Non sum. Werlyken by gode,
dey dey warheit is 1 It en geit nycht myt wonschen, myt begerten, myt
bidden to. Meyn kynt, it moet (S. 12) vervolget werden, id moet wat
kosten. Dat nycht en kostent dat en gelt ock nycht. Mochte met myt
I begeringe und myt bydden und wonschen verkrygen sunder kost und
arbeit, dat et nycht we en dede, noch nycht suer en worde, so wert
eyn harden kleynen dynck.
Och kynt, des en mach nycht syn. Sunte Augustinus spreket:
uot heuet dy gemaket sunder dy, hey en maket dy nummer wedder
Sander dy, du en draf des nycht wenen noch gedenken, dat dy got van
tekenen maken wylle, als of uns got nu leyte schone rosen op gaen;
dat vermochte hey gar wal, mer hey en doet des nycht, mer hey wil
dat it myt ordynerynge geschey : to meyge durch douwen und dorch
Torst, dorch mannige wyze und weder, dat dar to geordynert is und
geschicket und gesattet. Och kynder, dat is werlike eyn bermelick,
klegelick dynck in der warheit, dat eyn geistelick men8-(S. 13.)che
levet XXX af XL jar und geit aldus murmurerende und klagende und
leuet to male eyn ydel leuen und en weit noch hude des dages nycht,
*u hey dar ane sy. Hey mochte syk leyver eyns iars trösten und
8teruen und verwerden und snyden dat garen entwe*). Och und och
äIs dey doet komet, und eyn mens-che^) syn langen jar versumet und
Terquetert und verloren heuet, welken we, welken unwederbrencklick
schade dat ewyge hinderblyuen und ewelyken enberen^)! Och dyt is
r jamers dan me in der tyt gespreken mach. Eyn geistlick und eyn
ordent mensche dat solde also leuen in vlite und in steden erenste
H to gane und mer gudes to verkryghen, dat nummer dach en were,
7 en vonde sick also vere vort gegaen, dat hey küme weder in dat
^) und und Ms. ^) Ihr haupt gar sehr n. ? ^) Job. 12, 24. *) Es ist schwer-
f^ an den faden der Parcen zu denken ; es ist ein jägerbild, sich aus dem ein-
Ellenden garn, netz, befreien. ^) Gebrochen: mens-che. ^) Das praedlcat scheint
i&ichtüch, des nachdrücklichen ausrufs wegen, weggelassen.
Niederdentichet Jahrbuch. II. 2
18
olde geseyn künde. Dat is jamer, dat wertlyke herte vlytiger syni
umme also snodo dotlyke dynck, dan dey godes uterwelden umme da1
lutter got, dat got is. Eyn geordent geistlik mensche (S. 14) soldt
alles wyllen loes syn, dat men nammer an eme gewaer en worde dan
Non sum. So komet vele lade und dencket up mannyge wyse, so will
sey eyn iar water und broet etten, oflf en wech lopen^), so isset dyl
äff dat. Ik sege dy den siechtesten, kortesten wech : Ganck in dynen
grünt und proue wat dat sy, dat dy aldermeyst hyndert, dat dy alder-
meyst enthelt, deme legge eynen steyn^) und wyrp in des Rynes grünt.
Anders lop dey werlt ut*), do alle dynck ; it en helpet dy nycht : Dat
scharraes. dat snyt entwe dat vleysch von den benen, deme sterff.
Vele lüde dodet de nature und latet dey gebrecke leuen, dar en wert
nummer ichtes wat ut.
Och kynder keret u in yu seiner und seit, wu vere und wu
ungelick dat y syt deme mynnentlyken beide unses heren Jhesu Christi,
des laten merer und gruntlyker was, dan alle dat laten to samen wcre,
dat alle menschen in dusser tyt (S. 15) sick yu geleyteii, of umraer
mer sollen. Maria Magdalena^) dey ley sick Christus allene ; dat salme
verstaen; wamme sick dorch got let, dat is gode gelaten. Vele lüde
laten syck gode wol und en weit sick nycht den luden laten, und dat
sey got drucke und nycht dey lüde. Neyn; men sal sick laten, wu
is^) got wyl gelaten hebben, und wey dy in dyn nycht wyl wezen^),
den entfanck myt groter otmodicheit und myt mynnen, dat du in der
warheit werdest gemant, dat du byst: Non sum.
Dat wy alle in dusse vernychtelheit komen, des gunne uns got
allen. Amen.
i
ROSTOCK. K. E. H. Krause.
*) Einen weg lauf en= wall fahrten. ') Es fehlt ,um* oder ,an* ; wenn nicht legen
dativo in auffälliger weise dieselbe bedeutung haben soll. Vergl. Math. 18, 6. ')
note l.=durchlauf die weit zu allen heiligen. Vergl. Frey tag, Marcus Eönig^ S. 4i
^) Es ist Maria, Schwester der Martha und des Lazarus, Luc. 10, 39 f., gemeint,
mit Maria Magdalena, aus der Christus 7 teufel trieb, nicht identisch scheint, übrige;
identifizirte die katholische kirche die Sünderin, Luc. 7, 36—50, mit Maria, d
Schwester des Lazarus, und nannte sie Maria Magdalena ; die genannten versa bilde
das evangelium für den tag Maria Magdalena (22. Juli). Guil. de Boldensele
Itinerarius (Ztshr. des bist. Vereins für Niedersachsen 1852, S. 278) sagt daher (133i
. . . domuin Marthae et Lazari. Hie fuit singulare hospitium Domini usitatana, u
Christo felix Martha sollicite ministrabat, Maria Magdalena pedes Domini n
relinquens deitatis mysteria dulcia hauriebat. ^) is ms. statt: it. ^) Nicht voll
verständlich : wer dich in deinem nichts aufsuchen will ? Aber wezen ist =:sein. Od
sollte wezen für wisen geschrieben sein: „wer dich in dein nichts weisen will"?
J
Medicinalia pro equis conservandis.
^^>^^^^^^^^i^^^^^^^
Contra eynen spolden voi Welk perdt hefFt eynen spolden voet.
Wil yt eyn man holoen vp den koep, so bynde he dem perde braden
roaen yppe den voet, so geyt ome de hoeff weder to samende. So
verkopet et eyn man bynnen veerteen daghen. Wyl yt auer eyn man
siiluen beholden stetlyken, de schal ome vikaruen twyschen dem houe
Tnde deme hare wente yppe dat vleesch. So schal man dar yn smelten
sweuel vnd schal maken ene saluen, dar schal man to doen eyn punt
smeres vnd eyn punt talghes vnd twee punt peckes vnde eyn yemdel
wasses. Dyt sal man to hope tempereren vnde schal alle daghe dat
perdt eyns mede smeren. Vnd sal dat sulue smer dar vpbynden. wanner
dan de iunghe hoeff tweyer vyngher breidt vorwasset, so mach dat
pert wol arbeyden.
De seien äff to nemen. Wultu eynem perde de solen (f. 178b)
ftff teyn, so nym sweuel ynde stodt den kleyne vnd sychte dat yppe
de slue, dar de sole äff ghetoghen ys. So schaltu hebben eyn ysern,
M schal Wesen alze eyn ghozeyoet, dat yseren schal syn so heydt,
dat de sweuel yp der hut yerbemen moghe. So byndt dar perdemess
l^p, 80 wert yt gesunt.
Dat siek gestaket heft. Welk perdt sick ghestaket hefft, dem
I schal man den steke rumen wente yppe de grundt. Vnd schal dar sweuel
in gheten ynd spansgroen alle dage, went id hei ys.
Dat sick yerballet heft. Welk perdt sick yerballet hefft, Dem
schal man den bal ypslaen, dat dat bloet dar yth ghae. So schal man
nemen twee ghenettede doke ynde leggen d a (sie) yn ynd dan weder yth
nemen ynde ander wedder ynleggen. dat do so langhe, went yt hei ys.
Dat yenieghelt ys. Welk perdt dat yerneghelt were ynde oem
de naghel (f. 178^) to dem houe ythghebroken were, Deme schal man
Tthramen alze eyneme trede^ To dem ersten bouen, so danne neden
^d schal dar sweuel in rennen, so langhe ydt hei ys.
Dat kagelhouych is. Welk perdt hagölhouych ys, dem schal
nan de yote ' waschen yn loghe ynd laten dat haer droghe werden,
smelte pek yn eyneme gropen vnde nym eynen lepel yul vnde nette
|t haer myt deme pecke. Vnd yn deme andern daghe rope dat haer
|h myt eyner tanghen. Du en schalt dat nycht affscheren. Dat do
so langhe, wente id werde alzo bloedt vnd slycht alze eyn naghel.
fente dat ys ghedaen, so schal man nemen eyne vleteme vnd houwen
de stede dar de boze haer ghestaen hebben. Ynd drucken dat
[oet ?th myt eyner spon. So ruster rugghen broedt vnde legghe dat
water vnde knede yt myt solthe, so des dar mest yn wyl vnde mach.
lat legghe vp de stede, dar dat haer vth getoghen ys. Ynde laet
2*
20
dat twee daghe vnde twee nacht dar vp lyggliea So bynt dat afE tdc
wasche dat myt reyner loghe. Nym dan pyck (f. !78d) vnde droppt
vp water, dar salue de sericheit mede, bo wert yt ghesunt.
Dat de moken dnne hefft, deme do dat sulue hyr vor bescreuen steyt
Dat de Tlotgallen heft. Welk perdt do vlotgatlen heft, demr
schal man myt ener heiten vletmen dar mydden yn staen. Dat dai
vth geyt, dat ys gbestalt alzc honnich. So schal man nemen heyden
alze eyn worpel vnd maken de myt smalta veth vnd legghen de i&i
vp. So nym ze weder vth vnde legghe dar nyghe weder yn alzo langhe.
dat yt hei ja.
Dat sick Tp de ädern stot kefft Deme schal man de adero
laten yn den vettelen yeghen der stralen des suluen votes. Vnd schal
nemen dust vnde maken dar a£F eyn dycke moes myt heteme waU-i
vnd slaen dat warm vppe dat beyn vnde laet dat dree dage dar vp
lygen alzo langhe, dat yt heil ya.
Dat den voet vorrücket faefft, dem schal man syne syden vore to
samende haen men eyner elen tangk. Vnde so laet v t (yt?) denne staen ej-
nen dach vnde eyne nacht, so tret id den voet suluen weder yn. (fol. 179*)
Dat dar keft dat spath. Schal man jiedder legghen vppe de
syden, dar om dat apat an ya Vnd schal om de syden vor to samende
spannen Vnde de netten myt koldem water vnd myt solle. Vnde dar
by eyn het ysern, doch nycht so het, dat yt de huet verbame, Wanner
du dat dar vpholdest vnd dat haer äff nemest alzo verne de knorre
ya Vnde den noch eyns dat hete ysern vppe de huet le^heat dat jx
doch nycht verberne wanner dat so roet vnd heyt dor sy, laet den dat
perdt vpstaen Vnde nyn f7, nym) den weghebreiden vnde wryff der eyn
hantval vnde bynt de dar vp eyne nacht, des morghens bynt se a
vnd laet dat perdt ghaen vnde rydt dat perdt alle daghe eynen kleyne
weoh. Wen du dat hefst gedaen alzo lange went oem eyn hol vthbrekö
Dat volle oem myt spanschem grone eder myt copperroke. Wann«
du dan suest, dat yd eynen vlote hefft, so legge eme anderwerff t|
wente ydt hei ys. (f. 179b),
Dat den leest hefft. Dat schal man wryuen alze men eynem
manne wryfft den hart. Vnd dat bloet vtdrucken myt eyner spoi
Dar na schal man ome de warte legghen vnde nemeo uettelen wortelei
eynes vynghers langk vnd legghen twyscben de huet vnd dat vleschl
De wortele schal me bewynden myt nater heyden vnde leggen yu dl
Worte. So schaltu des anderen dagbes dat perdt leiden to water vdi
waschen, Dyt schaltu so langhe doen, wente yt hei ys.
Dat de rore h60. De schal nemen derme van eyneme hone
hacken de vnde gheven dem pcrde etten. Vnd wyl yd des nicht,
ghuetyt oem yu den hal^l. Vnd gheuen om dan veel to ettende vad
cieyn to drinckendc. L)u en schalt dat perdt bynnen XIIII daghe
nycht ryden. Helpet dat uycht vnd du den mede rydest vppe dem
velde vnde du des nycht hebben en kanst, wanner ydt ome betengbel
So schaltu vaken vmme sen Vnde den ersten steyn, den du sust, dri
schaltu vpnemen (f. 179cj vnd merken on enen wor de steyn Icgher
81
hefi Vnde nym den steyn vnd sla dat perdt dree vor den zaghel yn
den namen des vaders des sones vnd des hillighen gheistes vnd legge
den steyn weder, alze he heft geleghen, so wert deme perde beth.
Dat den worm heft. Nym rysegalle vnd reyne borghelen smolt
vnd menge dat to samende. Nym sweuel vnd witten kopperrock to
samende gestot myt spanßgroen vnd gebranten allune nym allandes
wortel gesoden vnd gestot dorch eynen dock vnd dan eyn mengelyn
honyges dar to vnd temperere dyt alle to samende, dat yt eyne salue
werde vnd smer dat perdt dar mede, so wert ydt ghesundt.
Dat sick myt deme vote vth der äderen tredt. So nym dynen
vorderen voet vt, tredt dre vppe synen vorderen voet, dar ydt om
wert vnd spreck dre: God de böte dick! So karue den tredt (f. 179d)
Yt vnd schudde dar yn stotten sweuel vnd byndt dar vp perde meß
Ynde salue den voet myt hoeffsalue.
Hoffsalue schaltu aldjis maken. Nym was vnde hart vnd bücken
tallich vnd olt smer vnd en wenich pekes, dat smelte tho samende.
Ynde do de salueu yn eynen reynen gropen hyr mede mach men den
perden gude houe beholden.
Dat den stal yergheit edder verholt. Deme böte aldus. Do
dat perdt yn eyuen schap stal vnd do den meß al by dar dat perdt
steyt, so gheit om de roke yn de nesen, so wert ydt ghesundt.
Dat den wanbete heft. Dat kumpt van eyneme worme, den heft
ydt yn deme weruel toppe. So spreck desse wordt: De hillyge cryst
vnd de mort de reden eyn perdt to samende. De mort de sloch dat
perdt; De hillige cryst hoff dat weder vp: Standt vp perdt, dy ys des
mortes bot. Alzo mote dessem perde alles des (f. 180a) oem werende
is Amen. Dusse wort schaltu runen yn syne vorder ore Vnd tred myt
dynen vordere (sie !) vote vppe synen vordem voth Vnde gha dre vmme
dat perdt hen vnd laet it dräuen, dat yt warm werde, so wert id sundt.
Wnltn eynem perde des bormyndes boten, So nym bücken talligh
was vnde hanygh vnde smelte dat to samende dor de heden vnde wynde
vmme dat beth des thomes vnd do deme perde den thome yn den
munt; yt vergeyt oem al to handt.
Dat honetsiek ys. Dat kumpt van euer adderen de gheit van
deme nesencrosele wente hynder an den tzaghel so schaltu aldus dusse
äderen stoppen. Nym dat perdt vnde legge yd vppe de syden ghut
oem dat ore vul honyghes vnd byndt dat vaste to Vnde do dem an-
deren ore ock aldus ; bynt se al vaste to vnd laet den dat perdt weder
Yp staen, so wert yt gesundt.
Dat eyne vederen ghesloken heft. Deme gheue (f. 180^) men eynen
krop van eynem hone, dar dat körne noch ynne sy, so wert yt gesunt.
Dat eynen knoken ghesloken heft. Dat bynt yn eynen noetstal
vnde nym eyne haßelen somerloden vnd bewynt de myt kleyner beiden
vnd steck deme perde yn den hals de^ (d. h, den) roden. Vnde en hilpet
oem dat nycht, so laet dat dorstigh werden vnde make oem eyn dycke
supent van clyen vnd laet dat supen, so verdouwet idt den knoken.
Dat schornych ys. So nym hoiiesdreck vnde beghuet den myt
22
warmem vater, wasche dat perdt dar mede alle morghen vnde auende
TeerteTDDScht Vnde Bchiidde oem dar stotten sweuel vp ; wert yd van der
sericheyt naet, woer yd dan nat ys, dar schodde yd, so werdet ghesuot.
Dem de rote tospringen. Dem schal man se des auendes vnde
morgens Bmeren myt smolte vnd waschen se oem myt scotelwater. (f. 180»)
Dat siek vernangen beft. Deme tredt myt deme vorderen vote
vp synen vorderen voet vnd sprek desse wort dree yn eyn ore Vnde
gha dat perdt dree vmme vnde spreck aldas : De hillige cryst de wart
gheboren, he wart gheuanghen, he wart ghehanden, he wart gheslagben,
be wart ghewunt, he wart ghesteken, he wart weder ghesunt. Also
motesta werden vaa al deme, des dy wereade ys edder aowerende sy,
in ghodes namen. Amen.
Dat sfck ]m dem water Teraanghen beft. Dem do aldus. bynt
dat perdt, dat yd bebbe dat honet by der erden Vnde beme oem vnder
der nesen lynea doecke. so gheit oem dat .water vthe der neaeD.
Dat siek yn kerne renuuigken heft Deme do aldns. Nym
eynen ketbel vnd do dar ynne aecnen, Wanner dat beyt ys myt deme
water, So nym how vnd wynt myt der aschen vnde sla dem perde
vmme (f. 180d) de beyne alzo warme alze yd aller betest lyden moghe, so
wert dat perdt sere dar mede vergheyt yt ome vnde werdt weder gesunt.
Dat siek reroanghen beft, deme sla de ädere bouen den ogheu.
Dat Bick veraangen faeft yn water, foder vode wynde sine alio
qaOBlsmodo. Nym van eynem feil van eynem weselken, so groet atze
eyn naghel vp deme vyngher, vnd stryck dar vp dryaket teghen de
bare. Kym dar to twee bettea brodes alzo groet alze dat feil, vnd
smere dat broet myt older botteren vnd bynt dat feil twyschen dat
brot myt eynem &dem vnd styck yt oem yn den halB myt eneme
cleynen stocke, so dat yt deme perde yn dat lyff kome, so wert yt
geaunt. Probatum est.
Dat siek verdenet beft. Dem schal man de drnp äderen slaen
vnd schal dat perdt twyschen den beynen smeren myt smere hyndene,
alze men eynen schor {f. 18 U).
Dat siek to gnydende pleeht. Deme sla de äderen an deme
hal0e vnd nym dat bloet vnd smere dat perdt dar mede, so vergheit
id om al tbo handt.
Dat geslagen ia yn dat ogbe. Deme schaltu varsch water yn
dat oghe gheten, Dar na strik om dar oner myt eyner vedderea, so
wert ydt gesunt. Dat sulue do dem perde, dat siek yn dat oghe heft
güstot, eder dem de oghen tränen.
Dat eyn Tel Tp deme oghen beft. De neme owachillen vnd berne
de to aschen vnd puste de aschen myt eyner pipen dar ynne, so wert ;
yt gesnnt.
Dat streff geyt myt den beynen. Dem schall men de yseren tS
nemen vnde den hoeff anderwerf wol werken. So schal man vore jn
deme scbarpen der stralen yn volen vnd schal dat (f. 187b) blöden
laten wol twene beker val; wan men dat blot stillen wyl, so schal man
Bweael dar ynne slaen yn de wunden.
r
23
Dat de schalen heft. Dem schal man dar yn slaen myt eyne
(l eyner? doch s» Z. 8) vletem, dat ze dar nycht gantz yn en sy. So
schal man dat perdt VIII dage staen laten. Dar na schal man dat
perdt riden XIV nacht Vnde dyt sal man dre doen, alfe hyr vorge-
screven steit, yn XIV nachten, so wert id gesunt.
Dat den leyst heft. Deme schal man dat haer vp dem leist af
scheren vnde den leist myt eyneme cleynen hamer to slaen myt cleynen
siegen. VPanner de leist weyck wert so schal man myt eynS (sie)
vleteme dar yn slaen. Denne so schal man nemen eyne netele wor-
telen vnd bewynden de myt heiden vnd leggen de an dat vleesch so
I langhe dat de wortel vth sweret. Ut supra.
Dat dat spat beft. Dem schal man doen alze deme dat dat
i schyuelbeyn hefft.
Welk pert nycht verdonwen en mach, dat en (f. 181 c) schal by
; eyner nacht vnde dach nycht etten mer yt moet wo! vyl dryncken wo
: vele yt mach.
Dat sick yernangen heft an dem voder. Dat sal man dar by
I merken Dem ys de buek grot geswollen dat schal nycht eten idt schal
water dryncken dat schal syn gemenget myt sepen dat water schal
ydt drincken wanner id to reke wert.
Dat sick an dem wynde vernangen heft. Dem schal men de
1 äderen slaen twyschen den dunygen vnde den oghen.
Dat de kolden me^e hefft, dat schal man staen laten eyne nacht
vp schapes meß.
. Dem de klote geswollen syn. Nym grone lock vnde legge dat
• vp hete steyne den rok de dar äff gheyt de schal dem perde vnder
dat schode ghaen. So schal man nemen eynen rynk vnd leggen ocm
vor dat schode (f. 18 Id).
Dem de rngge tobroken ys. Dem schal man den rngge waschen
myt koltgaten. Dar na schal man nemen glaß vnde ysern hamerslach
vnd kalk vnghenuttet vnd stoten de dryerleye, yewelick bysunderen.
Dat schaltu dorch eynen cleynen doek sychten vnd make dat den to
eyneme puluer, dat des eynen nycht mer en sy wen des anderen;
wanner du dan dat perdt heuest gewaschen, so schaltu dat dem perde
vp den rugge strouwen so wert dat gesunt.
Dat den bnekbyt heft. Nym senep suer knöflock vnde seuenboem,
den hacke cleyen dar to vnd ghuet oem dat yn den halß, eyne meti-
ghe schuttel vul, kanstu den souenboem [nicht hebben], so nym des
perdes haer van deme halze vnd hacke dat cleyne dar to. Probatum est.
Welk perd de worm ettent bynnen effte bnten, dem schal man
hacken krudt gheheiten edeberssla (f. 182) uel (l, . . snauel), vnde men-
ghen oem dat mangk dat voder, dat yd dat ette yn dat lyff, so steruet
de worm vnd dat pert wert ghesundt.
Ans einem Miscellancodex zu Wolfenbüttel (60^ 15, klein Octav) f. 178 ff.
OLDENBURG. A« LÜbbeiL
Reimsprüche.
'^«^<'WV>/WVWW%^W
Bistu wys ynde best cleyne gud,
Dyn daed dorich wezen mod;
Hestu gud vnde bist doricb mede,
Du kumst wol in der wysen siede.
We heft gud vnde kan geuen,
De macb myt den ryken leuen;
Wan eneme gelt vnde gud entgeyt,
So is de vruntschop kunter ffeyt.
We de heft gud, de is willekome,
He sy vnechte efte vrome;
De vrome arme heft kranken grud,
Ane touent gheyt he wedder vth.
We kan vruntschop ane dank
Holden, wente de ryken ane dwank
Wylt van deme armen wezen,
Wo kan de kranke des starken nezen?
Vrunt vorsman is nicht gud,
We rynge vrunde drucket vnder den vot.
De tyd mach kamen, dat he [ze] bederuet
Syner vrunt, er he noch steruet.
Van truwen vrunden, sone, wat holt,
Eyn truwe vrunt is beter wan golt;
Golt vnde gud mach me vorteren,
Enes truwen vrundes kan nement enberen.
Twisken vrunde, sone, plenge nicht,
Vrunde orlich is rynge bericht;
Wan onie vnde vrunde zik vorgan.
So mod de plenger de borden dran.
Het de ryke gar vele stolen,
Syn vndat blift wol vorholen,
25
Stelet en arm man cleyne dorch nod,
De wert gerichtet an den dot.
Myt armen denen sterket me dat recht,
De ryken me in der tasken drecht,
De armen me henghet an bome vnde stene,
De ryken in der tasschen by dem bene.
He is wys vnde wol gheleret,
De alle dingk to deme besten keret,
Vnde nicht arch myt arghe geldet,
Verborgene herte nicht en meldet.
He is en dore vnde ouel leret,
De arge dat to gude keret,
De eme wol to straeffende stat,
Dat ruchte, lyff vnde zele an ghät.
Eyn gud ruchte is beter wan golt,
Ere, lif vnde zele to samende holt;
En gud ruchte, dar by de dat,
He is salich de ze beyde hat.
To snodeme ruchte steyt wol rat,
We vnschuldich is der dat,
Dat ruchte kau de pyne körten,
Der leuen zele der clepper störten, (d. h.?)
Salich wert dede myt dult,
Drecht vnrecht ruchte ane schult;
Vor den smaheyt vnde hon
Wyl eme god geuen dat ewige Ion.
We syne vinger in alle hole stykt,
AUent dat he hört zud vnde besprykt (l. hört vnde zfid)
Vnde sine vote van dem pole strecket,
Dat were nen wunder, he worde gecket.
Wltu leuen, sone, nu ane schult,
Swich, merke, höre vnde hebbe dult;
Vele Word vnwerdighet den man,
Ane logene vele word seidene stan.
Wltu, sone, dy na dogeden keren,
Sone, dene myt truwen dinen heren
To allen tyden, so deystu recht
Nycht den oghen truwe knecht. (d. h,?)
26
We nu god holt vor oghen,
Ynde swigen kan viide doghen
Vnde wil en islik, dat zin is, gheuen
De mach lange in eren leuen.
We nu wil borgen vnde nicht sorghen,
De wyl seidene to danke gelden.
Drulle gaste bryngen nicht den soten schal
Vnde spreken: god grote ju heren auer al!
Wan se kamen, we wyl gym weren,
De node gelden vnde gerne theren.
Aus dem Emd. Miscellancodex nr. 189. S. 193^—194^.
OLDENBURG. A. Lübben.
Winterklage.
Och Winter kolt,
Wo mannigfoldt
Krenkestu Hert, Moet und Sinne!
Grifzgraw vnde olt
Maeckestu mi boldt,
Des bin ick worden inne.
Myn Gelück is kiener denn Ein Haar,
Darna is mi min Büdel klar,
In disem Jahr is kleen Gewinne.
Ick fahr daher
Ahn all Gefehr,
Ick wolde my gerne ernehren;
My meyet sehr
Vnde is my schwer,
Dat Gelück doth sick vorkehren.
So will ick doch nich affgelahn
Vnd will wat anders wedder fangen an,
Dat kan my Nemandt wehren.
Ach Mancher spreckt
Godt gröte dieck
vt sinem falschen Munde.
Vorstehende Verse hat ein ammerländischer Baaer Johann Bünting 1666 auf
die letzte Seite seiner Hauschronik (Oldenb. Bibliothek) geschrieben. In der dritten
Strophe bricht er ab.
OLDENBURG. L. Strackerjaii.
k
Niederdeutsches in Handschriften der Gymnasial-
Bibliothek zu Halberstadt
Die 12 Zeiehen des Thierkreises (cod. 99, S. XV):
Weder, osse, twese,
krevet, lauwe, harte leve Ghese,
waghe, worm, schfit like,
steynbok, waterkanne, vische rike.
In einer andern Aufzeichnung (cod. 129, S. XY) heisst die erste
Hälfte:
Lam, osse, twese,
krevet, leuwe, leve trute Ghese.
Sie servetar interdictum (cod. 99, S. XV):
Slut to und eyns lüte ' '
seghene water nicht sprenghe de l&te.
holt misse nicht mit sänge.
lat dy nemant helpen, he sy wiget, tom stränge.
dopen bicht hören sy dyn gave.
nemande inlede noch begrave.
Untcrschpift (cod. 64, S. XVI):
Wo leve mek do was,
do ek schreff deo gratias«^)
Waffenbesprechnng (S. XV):
In nomine patris et filii et spiritus sancti. amen.
ich beswere hüte alle wapen gute stal unde isem unde al gud
gesmide, an dat myn alleyne, efte ot kome ut myner haut, so sy ot
to dem anderen genant, nu hebbe ek besproken alle wapen gud, dat
se so wek werden up mynem live, alzo user leven Vruwen or swet
0 Vgl Wattenbach, Das Schriftwesen im Mittelalter (2. Aafl.) S. 429.
wart, de or ud orom live brak, do se des hilgen CrieteB genas, de
wort, de ek hnte bebbe gesproken, de moten boldeo so vast, alzo
use leve Vrawe sunta Maria ore reyne magedom belt.
unde birto sprek XXV pater noster et ave Maria cum genua (!).
SeblllerUed (cod. 83, S. XV):
Hocbuterkorn juncfrauwe fyn, Maria fons siBceris,
dyn eyngeborn we scholre kyn optamus depreceris,
, enervet ut desidiam momm ad diBciplinam,
torpentem per accidiam ae demur in rainam.
na frolicheyt in hovescbeyt «e scholre willen ringen
Marien zart gotliker art datloff wejtitnmer singen.
na dusser tyd so wy de
Bo vor der vyd(?) al to der
infirma tu bIb mentium
fac mentis ut ens entium
gar openbar
giff mannichvolt
Maria suf&agante
paraclito spirante.
nostrum unde defectum
hilariter pro fe et um.
du juncfraw clar gotliken ummefangben
der gnade solt, uns lat na dy vorlangen.
nth dy al grud
Maria brud
van dy de kunst
giff djne gunst
gi stelle forent calami
non plene laudem thalami
frisch lovet al myt grotem schal
dat eddel vat gheeret bad
deiöce procreseit,
nobiscum dum noctescit.
incauBtum gutte mariB
notarent tis scholaris.
Marien ewicbUken,
Gnst in des himmela riken.
Ditat herus
qnod calescat
illnstrati
insignitum
der teken vil
natur zart
enigratos
eclipsari
revelantur
defalcatur
Mischgesang (cod. 85, S. XIV/XV):
qui sol verus in wunder mannichvolden
nee languescat in jungen unde ölden,
der werlde lichte acbone
van pawesliker kröne.
plftsmator quam plasmavit
malum quod recusavit.
god ewich dat betrachtet
der warheit nicht vel achtet.
fide rati
serunt ritum
vormanen wil
marke nu din art
inqnam natos
mallet fari
necnon fantur
vis tmncatur
ganz listichrike rede
darto Propheten rede.
r
29
intro mnnda
fastus reguat
vacat unda
scelus pregnat
cur plebescunt
singiiltaret
heu torpescunt
si pensaret
vis vacillat
bns livoris
cum scintillat
nee flos moris
sospitati
nos constantes
perquam dati
regunt fantes
mit teken vil
vormanen wil etc.
war doghet wart vordrucket,
des minschen kraft vorrücket.
an wysheit hoch gheziret
wat se darmede veret.
in creöten sinnichliken
god wandelt ewichliken.
an gaven wunderliken
an vrouden sedeliken.
Sprfiche (S. XVI, in Theol. A. IV, 61, eingeschrieben):
Dar de konnynck yst eyn kynth
unde de frouwe heflft dat bewynth
unde dat hoff arbeydeth nha gelt:
de lande synth selfzen gestellt.
Der doctoren bocker
unde der yoden wocker
unde de ruchen puntzen
under den wyssen tuchen
unde de romessche kentzelie:
dajb synth vyer geschyr,
de maken de gantze werlt yr.
ZypoUen und knobelock
schone frouwen bemewyn lendenrock,
rath tho stinck stinc dat ock (I?).
Eyn bock und eyn kock
eyn vul eys und eyn buckinck
stincken ock nicht eyn listinck.
Nemant schal syck beromen,
dat syn loff sta up schonen blomen.
yd kumpth de wynth ut irem (?) dach
und weeth oem al de blomen äff.
stat vaste, gy blomen, und weget sere,
dat yw de wynth nicht umme kere.
yd synth vele lute alfzo gedan,
dat se myt dem winde umme gan.
30
sych Tor dich,
snelle winde jagen dich.
szist dich umme unde lest dy faen,
80 yst al dyn homoeth gedan.
Invocavit
Fastensprneh (ebd.).
So is de vasthe nyge
80 ga wy slycken na der provestyge
des dages eyns twye edder dryge.
Beminiscere.
So warth dhe vaste wynth,
so smecket de hery, stocvisk unde stynth,
so alseme upp dem markede veyle vynth.
Oculi.
Laetare.
Judica.
So dencke wy upp de bycht
de eyne heflFth dat gedan, de ander nycht,
woU synth wy des alle vorplichth.
So synt wy vro und woU gemeydth,
datb de vaste denn berch dall geydth
unde de ostermanne in dem hymmel steidth.
So tenge wy to tragen
und over de vastelspise to klagen
unde na leckerbetten to vragen. #
Domine (= Domine ne longa i. e. Palmaram).
So synne wy ernesen
und spreken, de vasthe hefit hir gewesen,
und helpen de dustermetten lesen.
Resarrexio.
So heffih syck de tydth vornygeth,
so is de brade unde scyncke gwyget,
dar syck eyn idermann denne gerne by flygeth.
Die 10 Gebote (ebd.).
Hebbe leff eynen god.
swer nicht by oem in spoth.
vyer de hilligen dage alle gader.
ere moder unde vader,
sla nemande doeth.
stel nicht, al hestu noeth.
beger nicht. eyns anderen gudt
oflft eyns anderen beddegenoth.
du schast ock nyn valsch tuch geven,
wultu nha den wyllen godes leven.
31
God he£Ft uns gheboden ernstlyken,
wylle wy besytten dat hymmelryke,
80 schoUe wy holden syne geboth,
van gantzem hertzen loven in eynem god,
by synem namen nicht unnutthe sweren,
den hylligen dach myt flyte fyren,
darna unsen negesten gantz sere beleven.
vader unde moder schölle wy eren.
nynen mynschen schölle wy slaen doeth
noch stellen eyns anderen gudt.
unkusch schölle wy yo nicht wesen,
nyne valsche tuchnysse schölle wy geven
unde nich begeren eyns echte mannes wyflF
noch gudt, by unser seien und lyflF.
Drynck und yth,
godes nicht vorgyth,
bewaer dyn eer.
hyr werth dy nich meer
dan umme und an,
darmede darvan.
Eyn knechken van twe und twyndich jaren,
eyn methken in synen ersten hären,
Eynsch wyn lutter und kolt,
eyn broeth eyner nacht olt;
dat swor eyn begyn by orer seel,
dat weren veer gude morseel.
Heren gunst und rosen bieder
frouwen gemueth und Aprilis wedder,
worpell, karten und seydenspyel:
de synt unstede, wers geloven wyl.
Wan eyn ander narre eyne narrynnen nympt,
dar swager und swegersche narrent synth,
uth den narren kometh läppen,
uthe läppen Tyletappen
narren, läppen, Tyletappen und 6r kynth,
nu mercket, wo vele der narren, läppen und Tyletappen synth.
De dar horth mide in der podagelschen gylde,
de mach wol eyne krucken foren in synem schylde.
de dar heflft podagel und gycht,
darff sick syner krucken Schemen nicht.
32
De hunth belleth nnde hefit in dem tene den fenyn,
de scorpion lachgeth unde myt dem swanze gudt he syn (?),
de poeta drecht yd in dem hörne
unde storth yd mylde achtet nicht geringen thorne.
Begern frnnthlik unde mith wyllen
doth vyll haders und hath styllen.
wer mith dem koppe wyll henuth,
der doth vyll schaden und richtet nicht uth.
GoUoquinth
de nympt uth dem wege al wat se yynth.
Blntsegen (ebd.).
Longinus eyn heyden blynth
Stack Marien leve kynth
dorch syn vlesch, dat darut vloth
water unde bloth.
do worth Longinus eyn cyrste gudt.
stant blot stylle f
dorch des hilligen crutzes willen f
stant blot und blöde nicht meer f
dorch der hilligen vyflf wunden eer f
in dem namen des vaders f unde des sones f
unde des hilligen geystes f. Amen.
Van dem eekenblade (cod. 20, S. XV).
De lerer der nature Arnoldus ghenomot uthe den bokeren der
heyden scryflft van dem eekenblade aldus: We spreken, des we synt
''ervaren, dat van dem ekenblade me berne water, dat vorstoppe den
blotghanck unde de blomen, vortmer dat ekenblad thostot unde ghe-
daen in de neshole vorstopped den vlote der nese unde de over-
vlodigheyt des blödes, ok isset nutte theghen de vorstoppynge der
leveren, item thegen de walgherynge der mylten, item thegen de
wedaghe des herten, item thegen de swymynge, item thegen de wedage
des hovedes, item wedaghe effte bedroffnisse des maghen, item thegen
de bösen wynde, item den kulck, item thegen de wedage alles inghe>
weydes bynnen. item den steen der neren unde der blasen breket ot.
item der vorkolden fruwen bereth dat unde schicket tho der ent-
fangynge. item fruwen unde man, junck unde olt moghen des bruken.
ok isset nutte gh^nuttet theghen böse lucht und koste, vorwar theghen
de pestilencien isset de hogheste arzedye. vortmer dat ek mek ringhe
33
entrichte, so mach ik sprekeu, scrifft de sulve lerer, dat oth in sek
beslute so meer de doghede aller arzedye. hyrumme welker mynsche,
de des bruket efifte by sek hefft tho der not, yan stunt des tho bru-
kende, enkan nene krancheyt hebben, de dar nicht snel effte lichtliken
werde ghesandet. des tho ener betuchnisse scriffib de erlike hoch-
vorvarde lerer Albertus eyn suverlik ghebelde, dat tho Colne tho ener
tyd eyn here van nenen arsten konde sund werden ghemaket, wol dat
I le mannyges arsten kunst unde hulpe myt mannigerhande ghave hadde
• besocht. tho dem lesten alse he lach an des dodes varlcheyt, so
kam eyn jodde tho ome, de de by sek hadde ekenblade ghepulvert
finde ghemenghe myt eyn klerre suckers umme der byttericheyt wyllen
der Made, dat he des sulven daghes one makede sund. yordan wolde
wy, dat de lüde dar betrachteden unde vornemen, warumme de olden
;»n dem bade vel meer brukeden ekener queste, alse or noch bruket,
Ten anderer blede, nach dem dat me also wol vullenkomeliken hefft
de blade anderer bome, alseme eken. vorwar we antworden dartho,
jdat de olden, de dar myt grotem arbeyde in langhen tyden ervaren
!«ynt de nutsamycheyt de creaturen manck anderer ervarynge, hebben
^86 ghefunden, dat dat ekenblad allene nyt rorende suntheyt inbrinckt
iden mynschen. hirumme de wundenarsten, de dar dut wetten unde
wylt de mynschen ane we sund maken, de suvert de wunde myt dem
ater der ekblade. vorverschet se darneghest, so legghet se de blade
ip de wunde also gheverschet, des synt se denne wys unde wetten
ol, dat se denne dar nene ander salve to behoven, wente dat maket
e wunde sunt unde helpet myt syner doghet uththotheende unde
0 helende alle wunden, sweren, swel, bladderen, crevet unde dat
elsche vur. hyrumme eyn bath ghemaket in dem watere der eken-
ftlade maket dar sund de watersuchticheyt unde spetael. vortmer eyn
Jnynsche, de dar nuttet eyns in der weken eyn ekenblad, de enhedde
nummermer enen vulen munt, enen stinkenden athem noch wedaghe
der thene, swylnisse edder unverdynghe des thenenvlesches noch reuman,
dat we overvlodichheyt edder drek nomen des maghen, noch vlote
der oren effte der nesen. dusses synt dar ervaren unde wetten wol
ie arsten. hirumme eten se dat hemliken unde hebben dat stedes
ly sek, sunder dat de lüde des nicht enwetten, so vornichteghet se
^at vor den luden.
item nemet borwort, ridderblomen, aurinen, kronsberencrud, sal-
veyen, grote nettelen wortelen, ywenloff, dut alle sedet in oldem beer,
gbevet deme, de sek we dan hefft.
nemet salveyen, konnelen, pettercilien wortelen, sedent in con-
T^ente, ghevet deme, de de neyn water laten kan.
item nemet engwer, surbrot, snydet klene, ghevet darup wyn,
latet dat stan ene nacht, nemet des morgens ener crude leppel vul,
dat dot negghen dage umme, dat helpet tho dem maghen.
HALBERSTADT. Gustav Schmidt, Dr.
NiederdeutBohes Jahrbuch. II. 3
Pädagogischer Spruch vom Ende des
16. Jahrh.
(Aus einem Msct der Bremer StadtbibL)
Wol junge kinder sparet de rodt,
Derer leveudt vindet men seiden gudt ;
Denn ein alt hundt to aller frist
Nicht wol bennich to maken ist.
5 Daramme, wil gl hebben der kinder ehren,
Bi tiden wennet se to guder lehren.
Do gi dat nicht mit rechter truwe,
So hebbet gi dat hir unde namals ruwe.
Wol böse kinder weeke erschinet,
10 De is ere allerboseste viendt
Unde lachet nu des he namals weinet. —
Wenn ein narre kumpt thor bicht,
Van sik sulvest weet he alles nicht,
Siner egen undat he sik beromet,
15 De ander he richtet unde verdomet.
BREMEN. Smidt
V. 1. lies: jangeren kinderen.
V. 8. 1. des?
V. 9 würde wohl richtiger lauten: wol bösen kinderen weeke erscheinet d. h.
wer bösen Kindern Weichheit beweist, erscheinen oder ersehenen = mhd. erscheinen ;
vgl. schenigen Mnd. Wb. Der Reim mit viendt fiele dadurch, Hesse sich aber durch
die Schreibung veindt wiederherstellen. Allerdings kennt das Brem. Wb. nur fynd,
aber Hamburgische Chroniken (her. v. Lappenberg) zeigen im 16. Jh. schon feind
(z. B. 440) neben fiend (z. B. 66). So fände auch Reimung mit weinet statt. Und
dieser dreifache Reim ist offenbar behufs Abschlusses des Spruches vom Verfasser
beabsichtigt Auch, wenn der Spruch ursprünglich nhd. gewesen wäre (vgl. v.- 4),
besttlnde der Schlagreim.
Zu den historischen Volksliedern
von R. y. Lilieneron.
nr. 166, v. 134 ff.
und mit widen rade klok
Stilleden se (de herren) der börger uplop,
want se (de börger) baden sik des verwegen,
se wolden hebben erer hande plegen
und des Stades rad geschenden.
T. L. erklärt hande durch ;,Hohn". Ich bezweifle, sehr die Richtig-
keit dieser Erklärung. Sollte es nicht heissen: „sie weiten ihre Hände
gebrauchen, sich thätlich der Ordnung widersetzen^ ? Es ist vorher
die Bede davon, dass sie die von den papen eingezäunten kempe nicht
mehr dulden, sondern den Zaun niederreissen wollen.
das. v. 179.
De borgemeister verbott lüden leid
mit wat reden und bescheid?
Berichtet mi dat, leven börger min,
warumb scheiden de frouwen gestripet sin?
v. L. vermuthet zu 179: ^^Etwa: d. b. sprak: wes dod gi en
laid^. Ich halte eine Änderung der LA. für nicht nothwendig, wol
aber eine Änderung der Interpunction. Nemlich „mit wat reden u. b.^
gehört schon zu der Rede des Bürgermeisters. Dieser Hess verbot
läuten, d. h. entweder ;,er liess eine Versamlung durch Läuten be-
rufen** (denn vorbot heisst auch das Aufbieten zu einer Versamlung)
oder: er liess Verbot läuten, d. h. gebot Stille, weil er sprechen will.
Dies letztere ist hier wahrscheinlicher, weil die Bürger, die auf
dem Friedhof alle up einen plass standen, so eben die Forderung
gestellt haben, dass ,de papen megde', wie die gemeinen Weiber, an
der Tracht gleich kenntlich sein sollen. Darauf antwortet nun der
Bürgermeister: mit wat reden (d. h. aus welchem Grunde, wie rede
häufig = ratio) . . scheiden de frouwen gestripet sin?
das. V. 329.
Do de rad let halen sine falsche scheppel,
do was gebunden sin tungenkleppel.
Es ist die Rede von einem grossmäuligen Bäcker (desülve fel-
8cher und schwebben (?) konde nicht halden sine flebben) ; dazu macht
V. L. die Bemerkung: ^scheppel, etwa Schöpfkelle, in die er seine
8*
36
Lügen schöpfte?^ Dies ist wol nicht recht glaublich ; scheppel heisst
wie immer ;,Scheffel^. Der Rath Hess des Bäckers falsche Scheffel
holen, mit denen er die Leute betrog. Als er so selbst als Betrüger
entlarvt ist, da war der Klöppel seiner Zunge gebunden, d. h. da
musste er schweigen.
das. V. 345.
und tönede sik simpel und einfaldig,
desülve bove erger dan drifaldig.
V. L. erklärt erst ganz richtig: ;,sich tonen, sich zeigen*. Dies
ist ein ganz übliches Wort; es befriedigt ihn aber nicht; er vermuthet:
^^tömede, brüstete sich". Diese Bedeutung ist nicht erweislich; tomen
könnte nur heissen ^zäumen, einen Zaum anlegen^, was hier ohne
Sinn ist.
das. V. 399. do quam J.
de bi godes gratien wiste
des boven upstat und liste,
upstat ist wol kein Wort; es ist zu lesen: upsat.
nr. 186. Str. 4.
dat duchte dem hertogen alle god;
se steken up baneren und hod,
den weg wolden se anriden.
V. L. erklärt: „sie steckten die Banner auf und setzten die
Helme auf.*^ Die R. Ä. den bot upsteken für „aufsetzen^ ist ver-
dächtig, man müsste denn durch Zeugma aus upsteken ein upsetten
herausnehmen. Leitet aber nicht die Verbindung mit bannere darauf,
dass ;,h6t* hier als Feldzeichen zu nehmen ist, wie I, 85, 3b: vore
du den holt? Vgl. hötvorer, Hutführer, Bannerträger, Richthofen,
Fries. WB. S. 821. u. Grimm, R. A. 151, 4.
nr. 184. Str. 10.
Des hebben de brunswikschen lüde kregen,
de hebben on de pannen to rechte geflogen
und dat mummen bruwend betenget.
Dazu bemerkt v. L. ^Leyser schlägt vor lunte kregen d. h. nach
jetzt geläufiger Redensart: die Braunschw. haben das gemerkt.^ Die
bekannte R. A. heisst aber nicht lunte kriegen, sondern lunte ruken,
Gefahr wittern. Vgl. Weigand. Dadurch wird die Vermuthung hin-
fällig. Die Überlieferung gibt aber einen ganz guten Sinn: die Br.
haben Leute „aufgekriegt", bestellt, dass sie etc. Das to rechte
flegen heisst übrigens nicht, wie y. L. erklärt „die Pfanne geputzt'
sondern: sie haben die (Brau)pfannen zurecht gemacht, Holz darunter
aufgeschichtet u. s. w., wie auch aus dem Folgenden hervorgeht: se
hebben vor Brunswick . dat fuer gehalet, dar se dat holt mit entfenget.
nr. 263, Str. 21.
Marien de moder repen se an
. . se schulde sin er leidesman
. . ;ydat junge bet wil god altid widen^.
37
Dazu V. L. ;,da8 junge Gebiet wachsen lassen^. Dies gibt hier
durchaus keinen Sinn. Es muss nur twiden statt widen gelesen wer-
den; das t. konnte wegen des vorhergehenden schliessenden d leicht
abfallen. Dann heisst es ^^das junge Gebet (das Gebet der jungen
Schiffsmannschaft) will Gott allzeit erhören^, entsprechend der 37. Str.
god hefb dat junge gebet angesen, gegen gades gewald kan nemant
streven.
nr, 323.
de Stiftenoten hadden sik eindels vordragen . .
heren wolden se sulvest wesen . .
de losekundige scheide men nicht liden.
Der Bischof von Hildesheim löste die der stiftischen Ritterschaft
verpfändeten Burgen und Schlösser wieder ein. „er kündete de lose".
Damit war- die Bitterschaft nicht zufrieden ; deshalb kam es zur Fehde.
T. L. erklärt : „de lose künden (gewöhnlich : kundigen) : die Pfandschaft
aufkündigen; losekundig sind also die Ritter, denen dies geschehen
ist/ Dieses ^also^ ist wol ein unrichtiger Schluss. losekundige ist
die bei Wörtern auf -inge nicht unübliche Kürzung für loskundinge.
de loskundige scheide men nicht liden heisst darum wol : die Auf*
kündigung sollte man nicht zugeben; der Dichter spricht aus der
Seele der Unzufriedenen,
das. Str. 9.
1 Sin geld heft men ome gegeven . .
dre dusent gülden dar beneven,
4 de helfde men om nicht schuldich war.
Dazu y. L. ;,Die van Saldem erhielten ausser der Pfandsumme
noch 3000 gülden für aufgewandte Baukosten ausbezahlt^ und fügt zu
V. 4 hinzu; etwa: de was men nicht schuldich vorwar. Die Über-
lieferung ist aber doch wol richtig: ^^Der Bischof zahlte ihm so viel,
obgleich man ihm nicht die Hälfte schuldig war". Die Form „war*
(im Reim auf klar) für das gewöhnliche ;,was* durfte nicht Anstoss
erregen. Um die Zeit des Liedes (1519 — 23) greifen niederdeutsche
Dichter in der Reimnoth auch zu hochdeutschen Formen. Kommen
doch in dem Gedichte selbst auch sonst hochdeutsche Formen vor,
z. B. Str. 3. sagen (: vordragen), St, 6. hän (haben: van) und ohne
Reim Str. 13. half (statt halp).
nr, 325. Str. 4.
Se (van Hildesheim de stichtsgenoten) wunnen darto figendes man,
all wor de weren gedan,
se wolden husen und hegen , .
dat scheide stille togan.
Dazu V. L. ;,Sie vermochten die Feinde des Stiftes, ihnen Unter-
schleif in ihren Schlössern , . zu gewähren, aber insgeheim.^ Dies
ist schwerlich richtig. Das winnen wird, wie häufig, „in Dienst, in
Sold nehmen^ bedeuten. Die Stelle wird zu übersetzen sein: ^Sie
nahmen Feindesvolk, Eriegsleute, in Sold, wo sie dieselben nur immer
fanden. Die hochd. Fassung in dem Wolf, Mscr, Aug. 32, 14 f. 140
38
hat für wunnen „wurden^, das sinnlos ist. Es wird ^^wiirben^ zu lesen
sein. Übrigens ist nach diesem Mser. vor husen und hegen ein se
(die geworbenen Kriegsleute) hinzuzufügen. Wer die geworbenen
viendes man sind, steht Str. 25 zu lesen. In dieser Strophe steht:
de findes man also gedan sind vor (vorher) nicht upgenant, dar horde
or name nicht to stan, achter an morgen se mede gan. morgen ist
wol Druckfehler für mögen, wie auch die Wolf. Hs. hat.
das. Str. 24.
nu mögen se stan na flege (die Besiegten nämlich)
beide heren und ok deknecht,
und holden segel unde breve . .
und liden ordel un recht,
v. L. fragt ;,nach Flehen? d. h. nun mögen sie bitten?^ Es wird
vielleicht heissen: Früher wollten sie keinen Verglich, (Str. 18), nun
aber, da sie besiegt sind, mögen sie wol flege, d. h. Sühne, Vergleich,
compositio, wünschen,
nr. 330.
du kanst drowen forsten und heren,
scheiden se dik den kristenloven leren?
des hefstu tid, vorsta mi recht,
went dik mester Kort de leder utdrecht.
Dazu V. L. ^bis dir der Büttel das Wams abzieht!* Das ist
unmöglich richtig, de leder kann nicht „Wams" heissen; dann müsste
wenigstens dat led(der) da stehen, und ütdregen heisst niemals „aus-
ziehen", sondern nur „(hin)austragen^ ; „ausziehen" heisst üttrecken.
de leder (oder ledder) ist die Galgenleiter, welche der zum Henker-
tode bestirnte Verbrecher besteigen muss. Es heisst demnach: „bis
dir der Büttel idie Galgenleiter (zum Richtplatz) hinausträgt.^
nr. 335, Str. 4.
Sin eigen blöd
all unvorbort
van lande und luden gedreven.
unvorbord erklärt v. L. durch „ganz unverschmerzt". Diese
Erklärung möchte wol nicht nachweisbar sein; unv. wird wol heissen:
ohne dass es etwas „vorbort^, verbrochen, hat, also = unschuldig,
das. Str. 6.
Is nu gesein,
diner dener ein
in gnaden si gescheden?
all umbesocht
dat sin gebrocht
van di in groten freden.
Es ist von dem Hildesh. Bischof die Rede, der nach der vorher-
gehenden Str. untreu ist und jeden, der nicht nach seiner Pfeife
tanzen will, züchtigt. Dann fährt der Dichter, zur Bestätigung seiner
Aussage, fort: is nu gesein etc. — v. L. nimmt den ersten Absatz
als Frage, den zweiten nicht ; und will statt „dat sin*^ lesen ;,umt sin^.
I
39
Ich glaube, beides ist unrichtig ; der Dichter will wol sagen : Hat man
jemals gesehen, dass deiner Diener einer in Gnaden von dir geschie-
den ist und sein Eigenthum in gutem Frieden von dir gebracht hat?
Dabei setze ich voraus, dass nu jemals heissen kann, wie v. L., aus
der Interpunction zu schliessen, gemeint hat. Ich glaube aber, diese
Voraussetzung ist falsch, nu ist, so viel ich weiss, niemals = ie ; nu
wird, wie unzähligemale, gleich „nie^ sein. Der ganze Satz ist dem-
Dach keine Frage, sondern eine Aussage : es ist niemals erlebt, dass etc.
, umbesocht ist wol nicht ;,ganz ohne Rechtsgrund*, sondern „ununter-
sucht*', denn besoken ist sehr häufig „untersuchen". Der Bischof hat
: gewissermassen die Taschen seiner Diener visitiert, um sich zu über-
^ zeugen, dass sie nichts von dem seinigen mit weg nehmen, hat jeden
' als Dieb in Verdacht gehabt.
Die geringe Pflege, die das Mittelniederd. genoss, hat verursacht,
dass auch die grössten Gelehrten in der Erklärung mnd. Wörter und
Redensarten oft fehl gegriffen haben und noch fehl greifen. So hat
z.B. Frisch I, 494c die Stelle aus den Goslarischen Bergwerksgesetzen :
(Leibn. 3, 522, 177) ofif eyn sines heren gud oder siner vrowen ovele
tobringet eder verdobbelet etc. übersetzt: domini sui bona aut dominae
suae pretiosa, gemmas etc. Er hat demnach ovele betont, und dies
für Juweel gehalten, wie er denn auch unter dem Art. Juweel diese
• Stelle erklärt, während ovele doch nichts anders ist als = male.
Auf einer ähnlichen falschen Betonung beruht die Erklärung des
Wortes allentelen bei Lappenberg im Glossar zu den Brem. Gesch.
Quellen. Er übersetzt es: an allen Seiten, allenthalben, hat also ge-
lesen allen telen und es entweder für den Dativ Plural von tele (Ziel)
gehalten, ein Wort, das im Niederd. gar nicht gebräuchlich ist und
mir nur an ein paar Stellen begegnet ist, oder gar von del (Theil)
wie Brem. "WB. 6, 26, während es doch allentelen (all einzeln, all-
mähUch, nach und nach, paulatim) zu lesen ist. — Vielfach ist auch
falsch gelesen. So hat Frisch durch falsche Lesung ein mnd. Wort
aufgezeichnet, dass es gar nicht gibt. Er sagt 2, 14a: ^neken, adj.
für nett, artig. In Chron. Both. T. lü. Script. Brunsvic. p, 374. Die
i 364 Kinder, so eine Gräfin von Hohlstein geboren, weren alle so neken
, unde weren so cleyne also Krabben (als wären neken von netteken
zusammengezogen)". Nun ist aber zu lesen: soneken, „Söhnchen,
Knaben, Jungens^, wie aus 3en sonstigen Nachrichten über das viel-
fach berichtete Wunder hervorgeht. So fanden wir im Glossar zum
Neocorus: ploch unde leuten, als wenn lenten ein Ackerwerkzeug
wäre. Auch im Text 2, 126 (nicht 136) steht so. Es ist aber zu
lesen: in de[n] lenten, im Frühling, so jemant van unß in krankheit
velle mit sinem hueßgesinde, darumme sin ploch in de[n] lenten liggen
^nd sin vank in der arne bliven moste, deme wille wi ock tho hulpe
l^amen, dat sin acker beseiet unnd sin vangk gesammelt werde«
OLDENBURG. A. Lübben.
Zu Schiller-Lübben Mnd. Wörterbuch.
^«^k^^^#^^^«M^^^%^^
backe, m. schwein, fehlt: cum bachone uno. Hamb. Urk. B. nr.
102, 8. 98 = Brem. Urk. B. I, Nr. 22, s. 23.
backe I. 8. 142 i8t nicht 8peck8eite, sondern Schinken.
backmeister. Dem graven hebben se den backmeister gebracht
= sengen und brennen. Hieron. Grestius Reimchron. Yon Harlinger-
land V. 442.
barmester (des Lüneburger sodes) und barsemester fehlen.
Bicker, lapidicida, fehlt; als eigenname eines zweiges des ge-
schlechts v. Luneberg schon im 14. jahrh.
Biwende, f. fehlt; als flurname noch bei Northeim; Gross- und
Klein-Biwende, dörfer im hzth. Braunschweig; name eines ritter-
geschlechts schon seit 1255 (Haoldus de Biwende 1255 — 61) Urk. B.
von Stöterlingenburg nr. 15. Asseb. Urk. Das wort ist =: bifang,
bunte, beunde. s. Grimm D. W. I. sp. 1747. v. beunde 4. Ztschrift des
bist. V. für Niedersachsen. 1863, s. 395 f.
Zu bodene: in neuer bedeutung ^^mensura molendinariorum,
que vulgo matte vel rumme vel bodene dicuntur^. 1292, Hamb. Urk. B.
s. 724.
en bödmen ship fehlt. Hamb. Urk. B. s. 550 =Han8. Urk. B. 1,
8. 204. Es ist gleich der navis que dicitur „mankane^^ Hamb« Urk.
B. s. 547 u. 544 = Hans. Urk. B. 1, s. 210. Also mannkahn oder
bootsmannschiff ist gleich.
Nicht mnd. aber als seltenes wort sei hier notirt:
dogling. st. m. der entenwal, hyperodon rostratus ;, Ausland^
1872, nr. 1. s, 7. Dölling, delling st. m. heisst in Rostock und Rib-
nitz der V2 — 2 pfundige sandart. hr. dr. Mielck wies mir unter drogen
,döglingsthran' von den Faroeern nach.
dormen (Mnd. Wb. I, s. 551 ;,dorm^? aus Hamb. Chr. s. 171)
ist kein wort, sondern ein druckfehler, daher auch wohl bei Lappen-
berg nicht im Sprachregister aufgeführt, freilich auch im druckfehler-
verzeichniss nicht verbessert. Es heisst deren ; das hinrichten ^^twisken
twen deren" ist eine bekannte Sache; auch in der Rostocker Chron.
dratbogher: in Rostock 1314 schon als eigenname. Meckl. Urk.
B. VI. nr. 3672; bei der genauigkeit der herausgäbe schwerlich ver-
lesen für drattoger.
Eselesvot, Pes asini , mittelalterlicher patriziemame in Rostock,
urspr. gewis eine schelte.
41
eselsfreter, alter Spottname (im Göttingischen terneizname, im
pten cit Gedicht von 1660 tomeisnome, im Braunschw. tarends-
name nach Hoffmann v. Fallersleb. Spangenberg, N. Yaterl. Archiv
1822. I. 8. 245) der Dransfelder. Als asinusfreter 1660 im gedieht
.Dransfelder hasenjagd.«' ibid. s. 238, vgl 1825, s. 129 ff.
exeman» man mit der axt, schon 1314 in Rostock eigenname.
Meckl. Urk. B. VI. nr. 3672,
gande, gkande IL s. 10 ist kein netz, es ist nur = gahende,
reimend ^uf pande. ;,Mit gehen und netz^ d. h. eintreiben ins netz.
gank Mnd. Wb. IL s. 10: auch die procession, daher ^angdage;
gangwoche. Für gangdage der beleg bei Weidebach calend. 195:
gewöhnlich montag, dienstag und mittwoch nach vocem jocundit., doch
auch andere processionstage , z. b. 10. Oct. in der diöces Utrecht.
Jahrb. 1, 110.
garbrader Mnd. Wb. IL s. 12: latein. heisst er fartor (wie der
kiiter) und assator (im Meckl. Urk. B. IV. reg. irrthümlich brett-
sager).
garnekorf IL s. 14 ist kein „korbgeflecht mit netzen^, sondern
der netzsack, in dem die fische sich festlaufen. Er heisst noch heute
korb, auch bei rebhuhnnetzen. Aus korbgeflecht sind nur die in der
belagstelle selbst als gegensatz gebrauchten ,rodenkorve^
fiebeke IL s. 18. Urkundlich (Büttner Lüneb. Patr.) ist es =
Gerburgis; ^Garbricht^ v. Bederkesa 1228 bei Mushard; Gibbike und
Gebbeke: Stader Arch. 3. s. 281 und 282.
gehongicli, IL s. 35 von den verf. mit? versehen, gehört zu
hogen (s. 280), erfreuen ; jetzt im Bremischen häögen (zwischen ä und ö),
geil IL s. 35. heisst im Göttingischen auch der strenge ge-
Bchmack des bock- oder hammelfleisches ; etwas verstärkt heisst dieser
galstrieb, in Stade glarrig. „geil'' fehlt bei Schambach, der auch
Hir galstrieh nur die bedeutung „ranzig^' (galstrige botter) kennt.
Die erklärung dieses wertes im Br. Wb, IL S. 497 „morsch, mürbe,
brüchig, spröde'^ muss auf einem irrthum beruhen.
Warum sind zu gelte nicht die angaben aus Br. Wb. IL s. 497
V. gelje-hemp aufgenommen? „Gelte'S obwohl fehlend bei Schambach,
heisst im Göttingschen „unfruchtbar^'. Das alte wort war schon in
den dreissiger jähren fast verschollen, die Jäger brauchten es für
thier (hirschkuh) und ricke ohne kalb. Im provinziellen hochdeutsch
war es schon an „gelb^' angelehnt: „ein gelbthier abschiessen''.
Zu gerstel II. S. 73 u. 74 ist zu bemerken, dass „gasseln^^ (in
Northeim bei Göttingen „gastern^^) bedeutet: das schon heisse aber
ungare, aus dem ofen gezogene brot mit einem in wasser (nicht
eiweiss) getauchten quaste bestreichen. Durch das wasser löst sich
das durch die hitze schon entwickelte dextrin oder pflanzengummi
und macht dadurch die „gegasterte^^ rinde blank. Auch Schambach
s. 60 giebt diese allgemeine bedeutung nicht, denn nicht allein die
„hallerkuchen^^ werden gegastert. Die bretter, auf denen die brote
(und auch diese kuchen) in den ofen geschoben werden, heissen gaster-
42
brett, in Nortlieim auch hallerbrett, im Bremiscli^n gasselbrett, im
PI. kurz .,de gasseln". Das gastera geschah in meiner Jugend mit
einem strohquast aus grannigen ähren; also urspr. aus gerstenähren;
daher denn das wort. Die Bremische assimilation ss =:^ rst kommt
auch in Bchelgassen, geschälte gerate, gerstengraupen, vor.
gir II. s. 113, gildehans, und giren s. 1 14, laut schreien, gehört
zu mlat. girare, gyrare.
Öiseke II. s. 115: auch Gise, Giao, Giße = Gisbertus. Mush.
Mon. Noh. T. 1. Stader Archiv 3. e. 281.
Giske, Giesche, Gissele =^ Geae = Gerdrut fehlt. S. ebenda;
auch Geisske: Archiv 3. b. 288.
Öode II. 8. 127: nicht nur Gottfried oder Gottschalk, sondern
auch weiblich: Gode, Göde, Godel, Goedele := Gudula. Mushard.
Stader Archiv 3. b. 281. 289. 291. Auch männl.: Gödde; Goddert,
Goddart und Godewert = Gothard.
gosebncke II. s. 13G von 1386; u ist sicher durch ck gedehnt,
und dann sind es gänsebäiiche, geräucherte gänsebrüste, die heute im
Bremischen ,,g6sflicken" heissen.
Ooste fehlt. Goste v. d. Lieth bei Mushard. Gösde, Gesde
Cluvers: Stad. Arch. 6, s. 251. Auguste.
Gordel N. pr. fehlt. = Cordula. Stader Archiv 3. s. 295.
„tträl". Es hätte erwähnt werden sollen, dass Gralstiftungen
in Norddeutschland waren. Das stift „zum Gral" besteht noch jetzt
in Lüneburg.
Grimm ; der name, sicher ein appellativ, kommt vor Lüneburg
vor („im Grimm"), ebenso in Hamburg. Was bedeutet er? hängt
damit zusammen das vor Schwerin und Rostock vorkommende Gramon,
Cremon und der Hamburger Crenion?
grüttemeker, grützmacher; schon 1314 eigenname in Rostock;
Meckl. Urk. B. VI. nr. 3672.
„gnnteke merenga" 11. s. 167, dann als krug erklärt. Im
Götting. ist gfintge nidit krug, sondern der aUsguss (pfeife) an topfen,
z. b. kafieetöpfen.
gnster II. s. 168 muss ein fisch sein, da auch plötz ein fisch ist.
gnstlinge II. s. 168, von gust, sind die häringe ohne milch und
rogen, also die heutigen matjes.
Unter hagen II. s. 173 fehlt der hagen, indago, in den alten
slavischen landen, welcher dem rode, reuth vom Harz au in Mittel-
deutschland entspricht. Daher die vielen alten Ortsnamen. Auch der
magister indaginis, hsgemester, und der hager, schon zu schhessen
aus haghersche recht, konnte aufgenommen werden.
,,hake" uncus IL s. 175 ist bekanntlich '/i deutsche bnfe.
Zu bameide gehörte wohl die dithmarsische Hamme.
Hannibal s. 189, untiefe bei Wismar. Auf älteren karten fand
ich dafür hanenbarg, welches wohl ursprünglicher.
Hasenkop, hasenköppe; alter spottuame der Dransfelder bei
Göttingen; ebenso hasenmelker; aufgenommen in Grünewalds gedieht
■.¥-■ ^r ■
4B
1660. Spangenb. N. Vaterl. Arch. 1822 s. 238 ff. 1826 8. 129 ff.
Ebenda: hasenmelk. Hasenkop ist auch ein bekanntes mittelalter-
liches adelsgeschlecht Mecklenburgs mit 2 hasenköpfen im wappen,
welches letztere auf die Maltzan überging.
haselwdrm, bd. II. s. 213, ist nicht eine fabelhafte schlänge,
sondern die noch heute gefiirchtete blindscbleiche , sonst hatworm,
urspr. hartworm. Vergl. Wolf Zeitschr. für deutsche Mythol. 2. s. 295.
holde II. s. 286. am ende des art. Zu ,gaden holden*: -appen-
tites de gnden holden, vel dicuntur case sub magnis domibus que
üon habent tectum divisum in lateribus. Vergl. Wolf Zeitschr. f. d.
Mythol. II. s. 293 (wo verdruckt lectum).
hoyetdik fehlt, agger qui hovedic nuncupatur. Hamb. Urk. B.
nr. 508 A. 1237.
hoyetsake II s. 322. Auch hauptschuldner. „so aver de höft-
saake swack würde^^ Statut der Stader Kaufl. u. Schiffer-Brüderschaft,
anhang s.'12.
hnrroke fehlt. Zinsroggen. Brem. Urkundenb. I. nr. 67 von 1187
(hurote).
Isenack II. 393, name eines Weinkellers, ist doch wohl schwerlich
ein eiskeller.' — Meines wissens ist es ein Schwarzwaldthal, wo
vielleicht ein erzbischöflicher Weinkeller lag; oder kam ein wein
dorther, welcher dem keller den namen gab?
kage, Mnd. Wb. II. s. 511, v. koge, ist namentlich husten, lungen-
seuche.
kalves (IL s. 421), zum segel wird nichts als canevas sein.
kannengeter Mnd. Wb. IL s. 425, schon 1314 eigenuame in
Rostock. Meckl. Urk. B. VL 3672.
kathagen fehlt. Bolwerk. Vergl. Pick Ztschr. f. Rhein -Westf.
gesch. und alterth. IL s. 172 f. — In Bostock alte namen bis heute:
Gr. u. Kl. Eathagen an der mauer.
kerkenbdke, nach denen IL s. 449 gefragt wird, sind ohne frage
die kleinen frauen-breviare, welche fast alle älteren bibliotheken (z. b,
die Rostocker, Lübecker) aufweisen.
Zu kiken II. s. 461 hätte gehört kycindelve (Var. kyk in die Elve)
Lappenb. Brem. Gesch. Qu. s. 42; kycindewarnow Meckl, ürk. B. nr.
1606. n. ; kykinderaark. Kiekberg als örtlichkeit: Stad, Arch. 6 s. 138. 269.
Zu kleden IL p. 475: „cleded" gradezu= professus. 1406. Wede-
kind Noten III. s. 20 L
klint IL s. 484: auch burgaufwurf, worth; locus quod Clind
vocatur ubi castrum fuerat. 1249. Brem. Urkundenb. L nr. 243.
klotrnm, II. s. 489, kann nur die lehm- oder kleigrube zum
kluten- oder ziegelmachen sein.
kokene IL s. 515. In Lüneburg ist die noch vorhandene küche
des rathhauses in der stelle Leibn. 3, 236 gemeint, die allerdings
gelegentlich auch zur Versammlung diente. In koken, wie nachher
in kolen ist ohne weiteres o gesetzt, während ebenso häufig a vor-
kommt.
44
kalewagen fehlt. = kohlenwagen. Rost. Gliron.
Unter koltf^ote II. s. 520 heisst: wultu gleysen: ^bekommst da
röthe im gesicht.^
kolve IL 8. 521 ist nicht haarschopf, sondern köpf mit ganz
kurzem oder ganz weggeschnittenem haar (mönchskolbe), ronndhead.
kolyendreger, II. s. 521, ist derselbe, welcher s. 592 als knie-
bodel, kühler etc. vorkommt; auch in Rostock heissen seit alten zeiteu
die feldhüter külmann, von der keule oder dem knittel, die sie trugen.
Die „wilden männer^ des Preussischen wappens werden auch nach
den keulen külmann genannt.
koname IL s. 522, heisst einfach „kühe^S wie wyuesname weiber,
weibsvolk.
konke sw. f. fehlt: Duo corradi Sokrnkke, vulgariter konken
Ed. Meyer, Hamb. Schulwesen im M. A. s. 391. crucca vulgariter
koneke ib. s. 374. crucca vulgariter koneke ib. p. 379. Für Sokrakke
ist vielleicht ,so krukke^ zu lesen.
kovent Mnd. Wb. IL s. 553: schon 1314 eigenname in Rostock.
Meckl. Urk. B. VI. 3672; sicher nach dem dünnbier. — Koventbrauer
bilden in Rostock eine alte corporation.
ROSTOCK. K. E. H. Krause.
J
r^
Für Mundartenforscher.
(Eine Beriehtigang.)
Mir kam vor einigen Tagen ein Büchlein in die Hände, eine
Sammlung deutscher Dialektgedichte, unter dem Namen „Die deutschen
Mundarten im Liede^, bei F. A, Brockhaus in Leipzig im Jahre 1875
ausgegeben, ohne Vermeldung des Namens des Sammlers. In diese
Sammlung sind auch zwei Gedichte in Saterländischer ^) Mundaft auf-
genommen. Das eine von diesen ^^Ihk kahn nit sette' überschrieben,
mag wohl in echter saterländischer Mundart verfasst sein, das andere
aber ist durchaus nicht saterländisch, sondern rein friesisch, das heisst,
geschrieben in der gewöhnlichen Mundart (Dialectus communis) der
friesischen Sprache, wie diese noch heutigen Tags in der niederländi-
schen Provinz Friesland (von altersher Friesland zwischen Flie und
Lauers) gesprochen und geschrieben wird.
Das Gedicht ist überschrieben ;,SI^ippers Sankje, Mundart des
Saterlandes^, und am Schluss des Gedichtes steht: „Mitgetheilt von
F. Poppe. (Globus, 1872, Nr. 12.)*^ Das will also wohl sagen, dass
dieses Gedicht in die Zeitschrift Globus aufgenommen ist, und dort
als saterländisch bezeichnet wird? Der Globus ist mir nicht zur Hand;
ich kann also nicht nachspüren, was diese Zeitschrift an besagter Stelle
etwa mitteilt über Saterland und saterländische Mundart, auch nicht
ob Herr F. Poppe dort das ;,Skippers Sankje" für saterländisch aus-
giebt, oder ob er an diesem Irrthum nicht Schuld ist. Doch nehme
ich dieses Letztere gern und unbedingt an. Jedenfalls aber ist das
„Skippers Sankje^, d. h. Schiffers Liedchen, rein westfriesisch und
durchaus nicht saterländisch. Dieses überaus liebliche Gedicht ist von
Herrn Dr. E. H. Halbertsma gedichtet und zum ersten Male veröffent-
licht im Jahre 1822 in „De Lapekoer fen Gabe Scroar^, ein Buch, das
die erste Veranlassung gegeben hat zur Wiederbelebung der friesischen
Litteratur im niederländischen Friesland. ^) Seitdem ist das schöne
Skippers Sankje in Friesland zwischen Flie und Lauers sehr beliebt
geworden ; ein friesischer Tondichter hat eine gar liebliche Weise dazu
^) Das Saterland oder Sagelterland ist ein merkwürdiger Landstrich im süd-
westlichen TeUe vom Gross-Herzogthom Oldenburg. Die Saterländer sind rein-friesischer
Abstammung und sprechen noch heute eine neu-friesische Mundart, die aber betracht-
lich verschieden ist von der neu-friesischen Mundart des niederländischen Frieslands.
^ Dieses überaus werthvoUe Volksbuch ist auch in die hochdeutsche Sprache
ans dem ursprünglichen Westfriesischen übersetzt worden und erschienen als : „Der
Lappoikorb von Gabe Schneider aus West-Frisland, mit Zuthaten aus Nord-Frisland.
Bearbeitet und herausgegeben von E. J. Clement. •— Leipzig, 1846,
^*?^?Wf»*7-5
46
gesetzt; noch jetzt ist es eins der beliebtesten und meist gesungenen
friesischen Volkslieder. Das leider so früh wieder eingegangene
^yFriesische Archiv. — Eine Zeitschrift für friesische Geschichte und
Sprache. Herausgegeben von H. G. Ehrentraut^, giebt in seinem ersten
Bande (Oldenburg, 1849), Seite 514, auch dieses Lied, erstens in der
eigenen und eigenthümlichen Bechtschreibupg, in welcher der uner-
müdliche friesische Sprachforscher Ehrentraut die neufriesischen Mund-
arten Oldenburgs (Saterländer und Wangerooger Friesisch) abbildete;
zweitens in hochdeutscher Uebersetzung; drittens buchstäblich so wie
es ursprünglich von dem Dichter Halbertsma selbst geschrieben worden
ist. Der ehrliche Ehrentraut hat es richtig überschrieben: ^^Ein west-
friesisches Lied^, und bei der hochdeutschen Uebersetzung noch fol-
gende Bemerkung abdrucken lassen : „Anmerkung, Vorstehende Ueber-
setzung, welche ich dem obigen Liede beigefügt habe, verdanke ich
mündlicher Mittheilung des Hrn. Dr. med. Hidde Justus Halbertsma ^)
zu Leyden, nach dessen Aussprache ich dasselbe auch mit meiner
Lautbezeichnung versehen habe.^ Noch vermeldet er, dass er das
Lied aus dem ^^Lapekoer^ genommen hat.
Wie aber kann man nun dies ursprünglich westfriesische Lied,
in rein-westfriesischer Mundart verfasst, für saterländisch ausgeben?
Und wer ist hier der Schuldige? oder lieber: Wer hat diesen Miss-
verstand erst in die Welt gebracht?
Die hochdeutsche Uebersetzung, welche man in ;,Die Deutschen
Mundarten im Liede^ dem Skippers Sankje beigegeben hat, ist auch
lange nicht fehlerfrei. So wird dort ^bolle wynijes^ übersetzt mit
„buhlende Winde^, obgleich „belle wyntjes^ einfach „sanfte, laue
Windchen", etwa Zephire bezeichnet. Ehrentraut hat daher auch
besser ;,sanfte Winde*'. Die Strofe des Liedes: ;,In dou swiet droam'
best yn'e seafte fjerren^ heisst buchstäblich: Und du süss geträumt
hast in den sanften Federn (Federn=Flaumen, Dunen). Es wird aber
übersetzt mit: ;,Und du einen süssen Traum hast in eine sanfte Ferne,"
was doch nur Unsinn ist. Ehrentraut hat auch hier besser: ^Und du
süsse Träume hast in den weichen Federn". Das Wort bylje, hoch-
deutsch bellen, wird mit blasen übersetzt, obgleich Ehrentraut auch
richtig bellen hat, u. s. w., u. s. w. —
Damit kein Mundartenforscher durch dieses Ausgeben von einem
rein westfriesischen Liede für ein saterläudisches eine falsche Ansicht
von diesen zwei belangreichen friesischen Mundarten bekomme, damit
was recht ist, auch recht bleibe, und damit Elire zukomme, dem Ehre
gebührt, so habe ich gemeint, nach dem alten Wahlspruch der wester-
lauerschen Friesen: sliucht end riucht (schlicht und recht), diese
Berichtigung hier mitteilen zu müssen.
HAABLEM. Johaii Wiiikler.
^) Dr. med. Hidde Justus Halbertsma, Universitäts-Professor zu Ldden, war
ein Brudersohn des Dichters Dr, med. Eeltje Hiddes Halbertsma. .
r
Antworten auf fragen des mnd. wbs.
Die im folgenden angestrebte kürze macht es nötig, die be-
treffenden artikel des wbs. hinzu zu halten.
pamer für paner (Kil.), panier (franz.) ist korb oder kiste.
pantken = pandeken, syn. von pandeln, schachernd umherwan-
dern, vgl. handeln un pandeln, pandeljude ; dann wandern überhaupt.
Übersetze: ich danke dir, J., daJüz du oft vom wandern nach deiner
menschheit bist ermüdet.
pantkogel, vgl. südwestf. pandschau, schuhe aus tuchkanten
(seifenden) geflochten.
papenstntling, zunächst nicht grade eine pfaflenhuro, sondern
eine person, welche sich von pfaffen mit stuten füttern Hess, zum danke
dafür ihnen im bösen (verrat) zu willen war ; vergl. brötling.
parde für barde, hd. harte, f., rohes fischbein, vgl. nl. baarden,
pl., scnwed. barder.
f parpen = franz. parpaing, parpain, pierre parpaigne, durch-
j gehender stein, streckstein, tragstein etc.
I patrogge, paithrogge = pachtroggen ; vgl berg. peit, pacht; peiten,
^ pachten.
peie, wovon peike;' vgl. esthn. pai, lieb, teuer; davon ein abge-
I leitetes paichen, liebchen.
perink neben perik, kleiner fisch, bes. elritze ; wurm, die form
ohne n schon alts. in Perricbeci in pago Boretra (h. Pierbecke d. i.
[ Elritzenbach) ; vgl. Z. d. berg. G. V. 6, 23.
i perneckelstock erinnert an engl barnacles, entenmuscheln, fruchte
! eines Daums auf den Orcaden, woraus enten werden. ,Wer solchem
[ nicht glauben geben wil', sagt der alte kräutermann fol. 88^, ,der
I mag in dieselbige Landt hineinreisen, vnnd den Augenschein dieser
1 dmg einnemen.' barnacle ist oriental. Ursprungs, bar = gans, ente
! (vgl. hehr, barberim) und nacar (span.) glänzende muschel. die obige
Verwendung vermittelt sich durch engl, barnacles, premse, nasenknebel.
peserik, beiläufig auch dieses, um zu sagen, dass die wortform
■ noch heute gebräuchlich, ossenpioserk (Ochsenziemer) ist süd westfälisch ;
aus dem 17 jh. findet sich piefzerig in derselben bedeutung bei Seih.
ürk. 1051.
pipharing = hohlhäring, häring ohne rogen oder milch, dessen
bauch gleichsam eine pipe bildet.
48
pitzigen, nach iial. pizzicare (vom deutschen spitz) gebildet, =
zupfen, kneifen.
piehe ist mundartl. pik = franz. und engl, pique, groll, hass.
pladeren. für plagge gilt im köln. Süderlande auch pladde;
sonach kann pladden, pladderen bedeuten : mit rasen (plaggeu) belegen,
was der betreffenden stelle nicht unangemessen ist; vgl. verb. plaggen
im wb.
plas« möglich, dass der plas hier mit zur Vergütung gehört, also
das backwerk bezeichnet, welches man heute so nent.
Sleske, pletze bedeuten platz, ort; das erste ist deminutiv von
as andere bietet Kiliaan. dass man den versamlungsort einer
gilde so nante, fällt nicht auf; nent man doch das ehemalige tigge
(bauerndingplatz) in Ober-Hemer noch heute opm Plässken.
pletzen == hd. bletzen, welches nicht bloss flicken, sondern auch,
wie franz. blesser, verletzen, verwunden bedeutete; doch weiss man
nicht, ob in der vorliegenden stelle gemeint ist: das ohr werde abge-
schnitten und die wunde geflickt (verbunden).
plicken, vielmehr pliggen (plicgedel), bedeutet spielen; es ist
ags. plegjan, to play. ^
plSehboker = plöchpoker, muss der pflugstock sein, wie er bei
uns stoke von stoken (schüren, rühren) heisst, so konte er auch poker
genant werden; vgl. stoken = engl, to poke, wozu engl, poker, (Schür-
eisen), südwestf. prökeler, prokelisem gehören. '
Sldchwede ist ohne zweifei weidenzweig, womit etwas am pflüge
en wird.
plotern wird etymologisch und begriflich mit flöt (wlöt), seicht,
zusammenhängen; alte wl, wr konteu zu pl, pr, bl, br werden; z. b.
fliren, puren; flome, blaume, flätsche, platsche; frangen, prangen;
friggeln, nds. brickeln.
plntern, entblössen, die rinde oder haut abziehn ; vgl. Kil. ploten
= bieten und rheinl. unblussen (vom baumschälen), übersetze : was
kann man da viel ringen (balgen) erwarten, wo man sich schon beim
hosenannesteln die haut von den fingern schält.
pofoisen. sowol pofoise als proveise (im ersten beispiele) sind
aus ital. pavese, franz. pavois (schiid) entstellt.
poinson ist franz. poinf on, welches auch fass und ohmfass bedeutet.
portSke, parteke, spende, vom engl, to partake, welches nicht
bloss teil nehmen, sondern auch mitteilen ausdrückte, englische oder
schottische missionare werden das speisespenden der klöster part takan
genant und unser wort verbreitet haben, übersetze bei Koker: die
brosamen (denn das ist schottelbrot, tellerbrot, Claus Bur 103) auf
dem teller das sind des freitags magere spenden.
portziel ist ital. particella, fr. parcelle, engl, parcel; als plural
wird es hier portionen verschiedener speisen und getränke bezeichnen.
ponwe ist engl, paw, pfote, klaue, tatze.
profuse = proposita, ital. proposta ; to der profoyse = a pro-
posito, ä propos, zur schicklichen zeit.
49
piickel ist nicht in prickel zu ändern, pückel = pücker von
piicken (pochen, schlagen, stossen) wird die störstange mit einscbluss
des Streichgarns bezeichnen, wir nennen die zum forellenfange ge-
brauchte sonderbarer weise limstange oder linstange.
ponder wird sich an mhd. poynder, punder (vgl. franz. poindre)
schliessen und Stecher d. i. stilett, dolch bedeuten, pugnale, poignard
sind formell zu abweichend.
pnnger, pflcker. da pung, punge ausser beutel, kleiner sack auch
trommel bedeutet, so wird punger tromler zu verstehen sein ; pücker
ist dann wie mhd. pük^re, pauker; vgl ags. pyccan, schlagen;
unsere puckern und büoker d, i. bücker, schlägel, waschholz, durstige
spielieute !
pupelpogge ist nicht grade puilpogge (= pilpogge , bei Lyra :
pielpogge), bedeutet aber frosch- und krötenlarve. pupel hat weder
mit pupen (pedere), noch mit südwestf. pupen (= pipen, küssen) etwas
zu schaffen, pupel = pumpel deutet den runden dicken köpf an,
wovon die larve bei uns dickkopp heisst. zum weiteren Verständnis
der stelle wird die bemerkung hinreichen , dass frosch- und kröten-
larven höUenbrut bezeichnen.
pnssel. die bedeutung in den beigebrachten stellen verschieden.
in der ersten verstehe man einen kuecht, pferdejungen (vgl. Gr. Wb,
s.v. bossel); in der anderen scheinen pusseln kegelkugelu zu sein;
vgl das heutige bossel, bösselken.
Quadien, ungeschickt aus quadi gebildet, muss uame der alten
Quaden sein, deren Wohnsitze bis in das nördliche Ungarn reichten;
daher ist in der betreffenden stelle ein in Ungarn sesshafter volks-
stamm mit diesem namen bezeichnet.
querke. in der vorliegenden stelle werden beim spinnrade rad,
tzege und quergken genant, noch heute nent man bei uns das ganze
gestell im scherze 'ne bitte (ziege). querken können nur etwas röhren-
artiges sein, was in mehrzahl zu rad und ziege hinzutritt : spulen.
rampe, ein gewisses behältnis, ,im rampe kopen' gehört nicht
dazu, sondern zu ramp, m., zufall, glück; vgl. Stinchin, Glossar.
regelsbeeren kann nicht aus reifzel- oder preufzelbeeren entstellt
sein, aber regel passt zu riegel in hartriegel. *es sind wol die beeren
der cornus mascula, des gelben hartriegels gemeint, diese werden
an manchen orten noch unreif (wie oliven) in zucker oder essich
eingemacht.
reiger ist in Südwestfalen wohl bekant als name für eine ofen-
krücke, einen stock, womit man die l^ohlen in backöfen auseinander
scharrt, unser raiger entspricht hess. ragel, Vilm, nichtsdestoweniger
mag reiger in den betreffenden stellen etwas ganz anderes bedeuten.
repper, wol degen, wie rappyr (Z. d. berg. G. V. 1, 17) und
schwed. rapper. das folgende spet mag dann spiess, nicht bratspiess
bezeichnen.
rest, nicht rost, sondern rist, engl, und nd. wrist, südwestf.
w§rst, wurste, berg. warsche, also der reihen am fasse, il collo del pie,
Nledeideuttches JahTbuch. II* 4.
■■^JTTJI^O"^^-'^'
(•■
50
warum dienen blecherne spangen und eine eiserne glocke nicht wohl
auf dem riste? weil sie dort leicht rosten.
ringel ist in Südwestfalen gäng und gäbe für einen waschzuber;
bfikeringel ist ein grosses waschfass zum ,b&ken^
ringeneren scheint von unzufriedenen hunden hergenommen;
vgl. lat. ringi, ital, ringhiare, oder ispan. regafiar, welches sich an
lat. gannire schliesst.
rinscben wird mischen (rauschen) sein sollen, rynsen (Teuth.)
ist = franz. rincer (reinigen), was kein schallwort ist, also geräusch
^ machen nicht ausdrückt.
1; Robbines spei, bekantlich gehört der in englischen Schriften
K. genante räuber Robin Hood der mjthologie an. Hood ist aus Wodan
^' entstellt, wie im südwestfalischen hodensdag für godensdag (gwodens-
dag, wodensdag) vorkomt. so mag denn auch Robin (sonst kosename
für Robert) etymologisch räuber gedeutet werden, als abgeleitet von
t\ robon. die anwendung des obigen ausdrucks auf klosterunfug passt
|; zu dem umstände, dass der engl. Robin Hood den ,fat friar Tuck'
|f bei sich hatte, mit welchem er inönche und bischöfe beraubte.
I rocbpalen, rnggenpalen sind pfähle, an welchen die massen des
^| fischlaichs einen halt haben sollen; vgl. räch in poggenrach (frosch-
s- laich), wozu dann ruggen = roggen, rogen stimt.
^ rode, alle stellen, die unter ,rode, krapp^ mitgeteilt sind, handeln
ty von der rubia tinctorum.
roge, adj. erklärt sich aus der letzten stelle unter rogen, regen.
^ roiy zug, scheint eigentlich stürz auszudrücken und zu rojen,
rujen^ rügen = ruere zu gehören; vgl. Eantz. 22;'Lüb. Chr. 1, 103.
170. 199. ib. 2, 476 und Kil.: ruyen, roeyen, ruere.
ISERI^OHN. F. Woeste.
Varia aus Wiener Handschriften/)
i.
Trunt, lüde laet lüde sijn, bück sy een bück, su blyve jo een swijn. [178b.
doistu dit, vrunt mijn, so machstu laage ane kijff sijn.
II
Woltu prijs, wes een boghe') rijs, guet vrunt ano gallen.
noch prijs noch wijsheyt wirt dy, woltu vele callen.
III.
Doet wael de wijle dat ghy levet, [179a.
want als ghy dese werlt begovet,
soe deylt men is al in drien.
elck wie een deel qriget van dyen,
5 die engeves niet um die ander beyde.
die de seile hevet in sijn geleyde,
verwaer dat hi sie niet engave
umme dat vleisch ende umme die have.
die worme die dat vleisch verteren,
10 sie soldens harde noede ontberen
umme die seile ind umme dat guet.
die kinder ende vrunde sijn oec also gemuet^),
die dat guet sullen behoelden,
dat sye des noede ontberen solden
15 umme die seile ind umme dat lijfif.
hirumme is he woel een ' key tijff,
die lijf und seile eventuert umme guet
dat so unlange duren muet^),
want t'enmach uns niet gheschien
20 dat wy mögen deme dode untflien.
*) Nr. I— IV aus Hs. Nr. 4556, die übrigen Stücke aus Hs. Nr. 2940*, beide
auf der k. k. Hofbibliothek. Ueber letztere Hs. vgl. auch Oesterley, Niederd. Dich-
tung im Mittelalter, S. IV ; aus derselben abgedruckt Der Minne Bergfried, Minne-
lied und Des Wucherers Paternoster in Pfeiffer's Altdeutschem Uebungsbuch S. 165
bis 172. Der grösste Theil des sonstigen Inhaltes der Hs. besteht aus schlechten
Üebersetzungen langweiliger hochdeutscher Gedichte oder Bruchstücken.
^) boghe bisher unbelegt, offenbar adj. = boghaftich, biegsam. Eine alte
liandschriftl. Eintragung in meinem Exemplar des Brem. Wb. besagt: Boighe, bieg-
sam, Sip. foL 182. Böge, id. Ps. Ms. ^) gemüet. ») miiet.
4*
52
hir dencket aea to alre tijt,
waen gy coempt oi wie ghy sijt
ind viaer is te varea betaerot
ind wat gy waert eer ghy hir quaemt,
25 want gy ummer sterren moet:
die doet coemt eer gy is voerhoet.
IV.
Vront, sich op dyne hode altoes,
wattt die werlt de is also loes,
er genoeehte is uncuysheit,
er raet is hoverdie ende gyricheit,
5 er deynst is soete, or loen is cranck,
er blome is scone, or rrucht is stanck,
er sekerheit is verradeßis,
er mediciue ia vergifenis,
er gelove is leghen,
10 er leesten is bedreygon.
vor blijscop gevet se rauwe,
scande vor ere, loesheit vor trauwe,
vor rijcheit gevet se armoodo groet,
vor ewich leven den ewigen doet.
15 darumme, mensche, bedoncke di woel,
ende weset to deme deynste godes snel.
deynstu der werlt, du bis bedrogen,
als du machs sien vor dynen ogen.
die werlt, die vyant ende dat vleesch,
20 als dese drey hebben hören eysch,
so blivet de edel seile verloren,
die god so vrientlike hadde vercoren.
der werlt entvlye, deme duvel ontsprinck
ende mit beschede dyn vleisch bedwinck,
25 so blives du behaelden int leste.
o mensche, dese lexse baelt veste*)
ende seit dat ghi's loveu so keert,
dat ghi alle daghe sterven leert.
want god enhevet uns niet te woten gegeven,
30 hoe lange wy hir suUen leven.
darumme so is uns allen noet,
dat wy kunnen sterven als kernet de doet.
want de doet comet myt gewolt
haestelike op junck ende olt.
35 och, ho wijs is he de gadert ende spart
teghen die langhe henevaert!
och, ho swaer is eme dat scheiden,
) haelt ende reste.
53
dey't al op syme doetbedde sal bereyden!
och, wat he vele verliest,
40 de dit rike vor dat ewighe leven kiest!
V.
Leff unde wedder leyt, [12a.
dat^) is vorlaren arbeyt.
VI.
Hoffinge is alder werlde troist,
dat se vau sorgen werde irloist.
VIL
Ich nemet wal uff mynen eit,
dat in der werlt nycht enis
dat alle unvoge unde alle leit
vordriven kan myt soisser lijst,
5 alse eyn reyne selich wijff,
de mich wol erfrouwen kan.
were ich dan de den se lachede an,
so were se myn leitvordrifP.
VIII.
Id is mennich wijff unde man,
de nycht gudes gereden kan,
unde kan van ovelen dingen
beyde sagen unde syngen.
IX.
Wat ich uff hoffen hadde gesät,
dat machen tzwivel^) an mir mat.
noch wil ich haffen in den doit,
wante werlich myr were troistes noit.
5 mois ich xmgeluckes warten,
so enhelflfen myr nyt alle myne tzarten.
X.
Wes dich an eynem anderen duncket quaet, [12b,
dat schuwe sulven myt dyner dait.
XI.
Wor eyne frauwe van node bar
wert rechte schemede') gevar,
dar menget sich blech in roit
van der schemede noit.
5 mannige frouwe wert so schemelich,
*) datz. *) tzivel, ') schemeder.
54
Tan entfarwet sich.
rechte schemelheit
a an varwen underscheit.
msche mer blecheit hait dan roit,
i rechter lefften schemede noit.
ouwen der schemede wonet by,
dat se de besser sy.
ive sych vil even
ge der vrauwen leven
ko wat eyne vxouwe sy
irouwdeD er ia by
imme vrouwen heissent sy,
unser vrouden tzwi
liehe wunne ktunpt van in,
Lature lochte eren syn
an gude vroawen,
nem anschouwe.
t uis erem mundo
en vrunt tzo vninde.
leren eren tzol,
frouwen wol:
live enis geyn hol,
e darvan eren vol.
ig och error formen- ris,
aint vor all den prijs.
XII.
i^este fiiintchen, bescheyde mych,
ntschop des bydde ich dych,
wyste*) aUer^hemst,
vere schymp^) ader ernst.
}, des wüi ich dych bescheiden:
ich van en beiden,
lert in eynen schympe erdacht
; myt ernste vuUenbracht.
XTII.
lineB Lobgedichtes auf den Filxlmt.
e tover'") wil dreghen sachte [40».
Iiolt effte steyne,
rider efte aUeyne,
ne Ecbymp. Bei schjmp ist das p erst von späterer Hand
55
he lecht ene gerne under de schulderen
5 vor wedage, kletersplitend unde vor bulderent.
Noch is he gut.
Kumpt ok eyn man in eyn vromdet^^) land,
he settet den hot ut vor eyn pand
beide vor her unde vor wyn.
lofzet he ene wedder, so is he sin.
10 de ok wilt^^) trecken to hilgen steden,
de nemen gerne enen vilthot mede.
Noch is he gut.
Mit dem hode machme decken
schorvede hovede unde sere necken,
unde myt em schal men nicht gecken,
15 men mach en vor heren unde vorsten aftrecken.
Noch is he gut, myt orleve secht.
Ok mach eyn man sunder wijten
myt eren in sinen vilthot sohlten,
wol wil id eme vorwiten, went he is sin?
he drecht ene wol wedder in den Ryn
20 unde wasschet ene fin unde dar
unde settet ene up sin gele har.
Noch is he gut.
In deme hode drechtme note unde beren
vor frouwen, junckfrouwen unde grote heren. [49b.
in den hot mach men steken
25 suverlick brot unde vette porteken.
Noch is he jo gut.
En hot up euer rosten gebraden,
dar machme vele seken mede saden;
de ok in deme snuven hebben pin,
so is sin roke gude medicin,
30 beter denne sulver ünde golt.
sin doget is so mennichfolt:
de ok gude ogen heft dar unde fin,
de maket he em rod so eyn robin.
Noch is he gut.
Ok vynt men mennygen schalk,
35 de daruth et kol unde melk,
des se doch nicht behoven.
doch eten se darut alzo boven.
Noch is he gut.
Ok vyntme wol aisulke lüde,
se snydenn in stucke unde mengenn^^) in krude
40 unde enen brunen poper vor wellen
unde geven dat vor wiltbrede eren gesellen,
") vromet. ") wil. ") megen.
56
ebben bete magen:
uwen sachte hamsch nnde pagen.
Noch is he gut.
recht darinne haTeren vor de perde,
it blift de vilthot bij werden, [46a.")
:ht darmede spize up den acker,
drocht jeger nnde backer,
) schal men ene eren;
en vorsten nnde heren,
bur nnde papen,
eit is de vilthot geschapen.
Noch ie he gut.
deme hode mach men scbouwen
ren, rike landesironwen,
}pel lamen unde blinden,
men under deme hode vynden
in starken rider stolt,
ando to lande riden umme eren tzolt.
Noch ia he gut.
holde den eddelen vilthot baten?
■en erlike bisschoppe unde prelaten,
over&ten cardinale:
jlat an ereme szale
ten an erer magiesstaed,
vilthot er overste gewaf ).
Noch is he gut.
I dar enis neh cleyt so gemeyne
püthot alleyne:
len konynk — des lovet — ,
änen vilthot up sin hovet.
nu dregen bagynen unde nunnen,
e vilthot sine not vorwunnen.
m de karigon enen zode,
reu dar vele kagelen mede. [46''.
Noch is he gut.
thot is van mennyger mynuten:
■uch bynnen, de ander buten,
^s, de ander vael,
le nich, de verde kal").
Vau mennyger doue ;
rot ofte grone"),
, getziret myt mennygerhande,
e unde myt sidenen baude^*),
eleu, märten"), ilken, vossen,
id verheftet. ") gewät. '•) rfich. vSrde. käl. "J ggl. röl.
57
grawerk, otter, bever unde lossen:
dat is al buten umme den rant,
men bynnen is he my unbekant,
oft id sij van katten nnde tzegen.
85 ok wert darin gespyet, scheten unde megen,
se werpen ene up de strate.
kamen em lüde tomote van state,
de gan*®) em gerne uth dem wege,
men vor den boven heft he nenen dege,
90 de stotenn unde werpenn^*) unde don em leyt.
noch is he jo en sondages schone cleit.
de hode'nhinderen noch vallen noch kulen,
jedoch de schelke dar gerne under schulen.
ok neyet men ruch myt verwedeme twerne,
95 so gift eme darumme de leve deme
enen snor van mennigerhande siden,
dar mach he ene mede engen unde widen
XIV.
Van den eddele ghestenten.
[la. (neue Paginierung; alte 98»).
De erste het kerbunkelsten,
dat ny sterne also sehen
also de sten des nachtes doet
unde bernet rechte so en glod.
5 des stenes krefte der is vil,
der ik nu nycht nomen wil:
vorwar dat were gar en wint,
went men se nu seiden vint.
jeneghen*^) maen der eer icht have,
10 wat hulpe dät ik dar vele sede ave?
Saphyrus de andere was.
vorwar segghe ik juw dat^^),
de is wol drier hande.
to origent in deme lande,
15 darumme scholen de besten syn.
an eynen roden vingerlyn
schalme ene kusUken draghen,
so wil ik jw vorware saghen,
so is he langhe wol ghesund.
20 ik do juw mer van em kund:
de suke van dannen wiket,
dar men den sten henne striket,
'^)gan. *^)stotenvnde werpen. ^^)Jeneghen durch Correctur aus Jenighen. *^daüB.
md vorgad.
drade vorghanghen.*')
en sten in de munt,
loes itt korter stunt,
k an den oghen ghued.
ille edder lued
ycht unrechtes gheteghen.
ck by neue wive leghen
1 de sten is by,
so em syn lyff sy.
de is en jaehant"),
recht an syner hant,
t wol to rechte
I unde syne knechte
ol ghelike ^^)
1 drecht yenighen tom,
ade vorlaren,
■oret darmede.
ies stenes sede,
wandelt to aller vrist,
eder**) ghetaen ist:
y^net de sunne,
I also een bninne;
iat weder*') is dnnkervaer,
I sten [droTe gar].^*)
yachanten
gy wol loven myr.
i blaw alze en sophir,
rit alze en kristalle,
talt tomale unde alle.'')
ieser Zeile ist ein Vers ausgefallen. Auch in der
nseum für alldeutsctie Literatur uad KuDSt Bd. II)
; hiagegen im Erfurter Druck; dort lauten V. 135 ff.'
y tzw haod zergat.
nei fil hitze bat,
t Echir ergangen.
vere ein man gefangen etc.
') Die Reinizeile fehlt; in der Dresdener Ha. V. 1B2
ich. ") wedder; doch vgl, 46. ") wedder, das erste
lile ausgelassen ; restituiert nach der Dresdener Hs.
e gar. ^j Offenbar corriunpiert. Die richtige Lesung
der wit mit alle,
Jt alee en cristalle.
59
de drudde is noch blaw noch wit^):
55 de ene besued an rechter tyd,
so snt he ene an rechter staed
ghestalt also ene fyoelblaed.
De verde is en kristalle,
de is de swakeste over alle.
60 der sulven der is rechte vil.
van dem besten ik juw saghen wil.
we ene holt yeghen de sunnen,
dat he van heter brunnen
en halm^^) darane entzunne.
65 dat is en groet wunder.
de ene drecht an enem vingherlyn,
deme mach de vrost nen schade syn.^*)
De vefte sten het aghaed, * [2».
de wol in deme golde staet
70 unde is swarter wan een kael,
also ik juw wol saghen sal.
alumme des stenes braw
gheit een rinck, de is graw
unde is bewilen van sik sulven daran
75 ghegraven®^) wiff unde man,
mennich der^) wilde
unde mennigherhande bylde,
dat nen is deme anderen ghelick —
dat is doch gar wunnichlick^^) —
80 unde synt ghewassen unde nycht ghegraven. .
dat kan ok nemant affgeschaven,
he enbreke ene to stucken.
de man heft gud gholucke,
wen he den sten by sik haot.
85 wor he ridet ofte gad,
dar enwert he nummer ghevanghen;
adderen unde ock de slanghen
de schaden em nicht en haer,
wer he by en en ganset jar.
90 id duncket den luden allent gud,
wat he jummer gheduet.
^) witz. ***) halem mit durchstrichenem e. Vergl. übrigens den Erfurter
Druck V. 175 ff.: Wer in heb gegen der sun,
Das dar an wol enbrun
Einthalb als ein zunder.
") Es folgt: Dat is en grot durchstrichen, ®^) ghegrawen. — Von späterer Hand
vor wiff eingeschoben : en. ^) Hinter der von derselben Hand wie in Zeile 75 ein-
geschoben is. '*) Von eben derselben späteren Hand wunnichück in wunderlick
corrigiert
60
De soste is en ametiste.
de des kraflft to rechte wiste,
de scheide ene beholden wol.
95 syn varwe [is]^^) alse en fyol.
wol en des naorghens anghesycht,
de mach des daghes vordrinken nycht,
unde maket Instlick den^^) maen,
wo vake he ene sned an:
100 de wert so vrolikes modes,
unde were wort voles gudes, [2^.
men dat er is so vel
dat men er nycht achten wil.
welk vrouwe ene drecht^^) ynme golde,
105 de het eres mannes hulde.
De sovende^^) is en krisolite,
de is gud ymme stride
unde is ghestalt deme golde ghelick —
dat wotet denne werlick —
110 unde steit ok ynme golde wol:
dar brent he ynne alse en kal*®).
wol des nachtes drecht den sten,
deme mach der duvele neen
schaden noch syn ghedaet,
115 de wile he den sten haet.
oft en maen is sere ghewunt
unde darvan is ungesunt
unde he mach sterven ofte ghenesen,
so mach he des nycht overich wesen,
120 he enmote spien dat bloet:
wenme en den sten in de haut doet,
[oft he eck des nycht enduet,]*^)
so stervet he van den wunden nycht,
wat em ok darvan gheschicht.
125 De achte het onichilus.
des stenes varwe is aldus
wedder swart noch gar wit.
den machmen graven up allen vlit*^),
wo deme manne dunket gud.
130 wol den in en vingerlin duet
unde dat drecht aver syn er band,
deme dromet des nachtes to band
al dat em bescheen sal. [3».
dat sued he ynme drome wol.
«ö) 18 fehlt. «^) de statt den. ^ dricht. ^^) soluede mit durchstrichen em 1.
*o) kol. *^) Müssige Einschaltung. ^^) wlijt. Statt up allen vlit hat die Dresdener
Hb. V. 241 besser: in aller weyfz.
i
61 .
135 De neghede ist jaspis ghenant,
den vynt men in mennighen lant
imde is van mennigher verwe.
de grono is alse ene gharve,
de is de beste an syner ard
140 unde schal myt golde syn vorspart.
de sten bot den reden,
de sik bestrickt darmede.
en wiff de en over den vingher haet
unde kyndes an arbeyde gad,
145 wanme er den sten in de hant ghit,
so gheneset se in korter tyd.
[ unde des is ok de sten gud,
dat he vordrivet dat bloet
an der nesen unde an den wunden:
150 darna in körten stunden
wan he ene nympt an de hant,
so besteyt dat blot altohant.
we enen vyent dot sloghe
de wile he den sten droghe,
155 de blodde nummer nycht en har —
dat wotet wol alvorwar —
de wile he levede unde scheide leven,
wurden em ok dusent wunden gheven.
De teynde sten het dyemant,
160 de is velen luden wol bekant,
de eddele is, lutter unde klar,
unde ik segghe juw dat vorwar, .
he is euer hasselnut ghelick.
dat segghe ik jw werlich, [3^.
165 dat de sten is so hart,
dat ny so hardes nycht enwart:^^)
de ene leide up enen ambolt
unde neme enen hamer groet
unde sloghe upp den sten,
170 dat schade em gar kleyn,
an dat ambolt dat he steke
vele er cor hee tobreke.
nu heft men vunden ene lyst,
dat men**) in korter vrist
175 wol weket alse ene rove,
dat men dor*^) snede unde grove,
wo deme manne duchte gud.
me schal nemen buckes blöd
*') Durch Correctur von späterer Iland ist die Lesung ny dinck so hard nycht
hergestellt. **) men = me en. *^) dar.
^'- 'li<jlVIIHPJf^ ^ ' ^ ^^^
. 62
unde smolten bligh darby,
180 uiide dat blöd jo warme sy,
unde steten dat in den demant,
so wert he week altohant
nnde men mach ene snyden wo men wil
unde maken ut em kiener vil.
185 in enb stalene caste,
darinne steyt he vaste,
in sulver unde in golde nycht,
dat is deme stene gar enwicht*®).
wol den demant drecht —
190 an der linken hant is [he]*®*) recht*') —
den hebben de lüde holde
unde we em ovele den wolde,*®)
de**) mochte em nen schade syn
de wile he droghe dat vingerin,
195 unde heft ghelucke unde heyl.
em dromet nummer en deP^) [4a.
dat em vrame ofte schade sy.
unde welker vrouwen de sten is by
. dede drecht en kyndelyn,
200 de mach des wol wüs syn
dat er dar nummer an mysgad,
de wile se dat vingeren haed.
wo men den rechte kennen sal,
dat segghe ik juw rechte wal
205 unde wil juw dat bewisen:
de magnes de dat yseren
to syk tucht myt syner kraft,
de wert tohant so ghehaft,
wanmen dar but den demant,
210 so vorlet^^) he dat yseren altohant.
De elfte het sardius unde is roet,
de is gud to aller noet.
wol ene deghelicken anghesycht,
(Jeme mach nen leyt gheschen nycht.
215 en wiff de enes kyndes [is]^^*) in arbeyde,
de gheneset vil ghereyde
wen se den an den vinger^^) doet.
so is nen tover so gud,
*«) gar riebt, aber vom Scbreiber eia e darüber gesetzt. Verbessert nach der
Dresdener Hs. V. 306 : Das ist desem steine ein wicht. *^*) he fehlt. *^) VergL Dres-
dener Hs. V. 307 f.: Auch wer an seiner linkin hant
Wil tragin den dyamant.
*•) Dieser und der vorige Vera sind in der Hs. verstellt. *^) vnde statt de, ") num-
mer wandeL Vergl. Dresdener Hs. V. 314: Nymmer getrawmet ohm eyn teil.
•*) worlet. **») is fehlt. •') vingere, das ö durchstrichen.
63
WO vele he toverye kan,
220 dat he ychtes don moghe dem man
de dat vingeren haet
dar de sardius inne staed.
De twelfte het en robyn.
de ghift des nachtes^^) den schyn,
225 dat men in dem düsteren sud wol
alse en gloyende kal.
deme manne nummer^) syn giid togaed,
de den sulven sten haed
unde he blift jummer rike [4b.
230 de en ansued je daghelike.
Dit sjmt de twelff stene
de Auren alghemene
vor sik in den tempel droch.
ave dar synt stene ghenoch
235 de ok synt vil dure
unde van eddeler nature.
der is utermaten vil,
der ik en del hir nomen wil.
De kappun*^) over soven jar
240 drecht enen sten — dat is war — -
na by syner maghen.
den schahnen to stride draghen,
wente he winnet den seghe to aller vrist
wen de sten by em ist.
245 unde wol ene in de munt doet,
dat is ok vor den dorst^^) gud.
de vrouwe de den sten had,
dan se ok kyndes [an]^®*) arbeyd gad,
de gheneset wol desto er.
250 noch segghe ik juw van em mer:
de eren mannen willen behagheh,
de scholen den sten by syk draghen.
De corniel is roet gar,
alse en teghel ghevar.
255 de is vor torne gud
unde winnet nummer unmoed
wan he den sten by syk haed.
darvan wert eck des blödes raed.
Eon sten de hetet koral,
260 de is roed averall.
") morghes statt nachtes. ^*) jUmer. ^^) kappfin. ^^) dorst. ^^o-) an fehlt; doch vgl. 144,
- 64
ene bände krut ynme mero stat,
dat sulve körte blede hat:
80 men dat bringhet ant lant,
so wert et hart altohant
265 linde wert to euen stene gud,
roet rechte also en bloed,
nochtent was id iat erste grone.
dar wert de man") van kono
unde mach to aller stund
270 wol varen unde syn ghesiind.
Een sten is aeyre ghenant,
de kraft is my wol bekant.
de is gheme roder raer
unde heft van ersten de adelar
275 hoghe boven synem neste.**)
wor men den sten wüste,
dar mochtane ene gherne soken.
me heft uns in den boken
280 wol ene an der lynken*^) hant drecht,
de is jummer vrolick unde rike,
dat segghe ik juw werlike,
dat em de sten sere vromet:
wor he to enera strido komet^),
285 so nemen do vionde de vlucht.
he^') botet ok der vallendea sucht.
unde oft wüste yenich man,
dar he twivel ane haen,^^)
oft he syn yyent ofte vrunt were,
290 dat betughet he wol in korter mere,
dat em ok nycht mach schaden:
he schal ene to syneme diske laden
undo schal des ok nycht vorgheten,
"} m^. ") 'nde lieft neghen adelarn
hoghe bouen ayoe ueste.
Gebessert nach Dresdener Ha. Y. 366 :
Den h&t vom eratin der adeler
Hoch auff Beineo neate.
") Ijnken von spSterer Hand ia lynker g^odert. *>) kämet. ") Se statt he, •') Die
beiden Verse sind offenbar coriumpierL Die Stelle lautet in der Dresdener Hs. T,
880 f. Tnd ab ime einer wejfzet den man,
Da her gewyfze czwe; ffelc an
und im Erfurter Druck :
Und ob nit weist der man
Das er zweiffeiet dar an.
Demnach wird zn lesen sein:
nnde oft nicht wuate yenich man,
dat he twivelet dar an etc.
65
he legghe den sten in dat eten. 41 [ob.
295 wen he denne nycht enwet,
de wile de spise is het,
is he denne syn vrunt nycht
also he sick to em vorsycht,
wat he nympt an de munt,
300 dat kumpt em nummer der den slunt**),
also grot also en klene gras
unde mot tohant spien ut^).
De swale drecht enen sten,
de enheft**) noch varwe nen
305 alse de anderen stene.
der is vil klene,
kume alse en bone.
den schalmen draghen schone
an eynem doke lynnellyn,
310 so mach he des^*^) jo wys syn :
we jenighen torn up cm drecht,
dat ho den drade torughe lecht.
he is ok vor tovorie also gud,
wol en an den munt dot.
315 unde wil juw segghen van^'') em mer :
weme de oghen dot^®) we,
so schal he ene maken kleyne
an eyneme becken reyne
unde don des in de oghen en del,
320 so werden so eme drade hei.
Ben sten botet syrion.
ik segghe juw Wunders vele van em:
de kumpt myt dem donnerslaghe
unde is gheschapen alse ik juw saghe:
325 euer stralen is ho ghelick.
dat segghe ik jw ok merklick: [6a.
in deme huse dar he denne is,
dar enkumpt^^) riummer — dat is wis —
weder noch dunnerslach
330 noch dach edder nacht.
dat schyp ok nummer undergad'^*^)
wan id den sten bynnen had
uppe deme mere ofte anders wor.
de sten is gron unde graw.
335 de schal ene schone beholden
unde en in eyn ledder volden,
•») slunck. ") vtz. öS) ene heft. ^^) der. 0^) vam. ^^) dot. ^^) dat en
kumpt. ^®) vndergäd.
Ifiederdentsches Jahrbuch. II. 5
66
dar ia he inne wol behud,
undo ock an deme stride gud
unde oct to deghedinghen,
340 dar mach em wol ghelinghen.
Gen sten het elitropia.
nu höret wo de sy
rechte ghetan alse en blöd.
wol ene an en water dot,
345 so mot de sunne oren scbyn lan
unde de wölken upgan
unde beghynnet to regende sere.
de man") heft gud unde ere,
wol den sten by syt hat,
350 darran dat blot uustaed,
unde kumpt nummer an nene nod'*)
rechte wente an synen dot.
Der pogghen der is vil,
beyde grooe unde gbeel,
355 unde darto swart allze ene kalo
unde er de oghen luehtet wal
rechte also en bernende gloet. [&>
de drecht stene de synt gud
bovene in ererae geherne'*)
360 vil na by deme sterne,
desse varwe is nycht gheworde,
vil na ghelick de erde,
unde is roder drapen vul
undo myddeno gar hol.
365 de den mochte vorwerven,
de mochte nummer vorderven
nenerleye wüs an dorne gude.
unde he bedarff ock guder hude''*),
dat men ene to bilde") nycht endroghe.
370 van deme stene ik juw sagbe:
heft en man viende ghen,
lat em sen den sten,
so is dat nycht to scbeyden,
se syn frunde under en beyden.
, 375 Geratice hetet ok on sten,
de is beter wen der en
unde is also en nut ghestalt.
syne varwe is mennichvalt,
") dat men. ") DOd. ") gherne. ") hüda ") Etwa to bade statt to lilM«'
VergL Erfurter Druck V, 463 : Zu bad iu nicht trage.
67
gel gron unde wit^®),
380 blaw swart unde aller wijs.
wol den sten deyt in de munt,
den mach nemant in der stunt
vorsegghen wat he ghebicht^^),
de wüe de eme in deme munde licht.
385 unde segghe jw werliken:
de syn hus bestrike
myt honnighe bynnen allentsament,
beyde muren unde want^»),
unde den sten draghe in dat hus, [7a.
390 so vleghen de vleghen alle daruth,
unde wan he ene droghe hyn,
so vleghen de vleghen wedder in.
Van der parle ik jw segghen wil.
de bekenne gy alle wol.
395 de heft de nature,
me kope se na ofte dure,
na erem rechten werde,
so mach er up der erden
nemant vorkopen^^) ano wyn,
400 he wylle se gherne werpen hyn.
Een sten hetet viciros,
den heft seidene man to hus.
he is drove, dat is war,
geschapen®^) also hyndon haer.
405 dat is de beste seghesten,
dan der anderen ierghen en
de ik hyr hebbe ghenomet
unde vorder van ghedomet.
unde wil jw mer segghen darvan:
410 en koningh was van Nordan,
de vorode to allen tyden
den sten to allen striden
unde nam allent averhant
over syno viende allesand.
415 ones daghes schach dat,
dat he den sten to hus vorgat
do he ryden wolde
unde striden scheide.
do wort de konigh seghelos,
'*) witz. ^^) ghebicht ist Unsinn und beruht wohl auf einem Missverständniss
von Seiten des Üebersetzers. Vgl. Dresdener Hs. V. 477 : Vorsagin, was her do bith.
'^ vant. '•) Statt vorkopen steht vorwerpen. Doch vergl. den Erfurter Druck V.
^03: Nit verkauffea on gewiu. ^°) ghespapen.
68
420 so dat he syn volck dar Torlos
tmde wort sulven ghevanghen.
dat were em ne oyerghanghen, [7b.
hadde he des stenes ghedacht
unde hadde en mede to stride bracht.
425 Een sten hetet openkas,
de is gron also en gras
unde doch harde dicke
unde in dem amblicke
dunket he blaw en del
430 unde gyft lucke unde heyP^).
so is de sten also gud:
de ene in de munt doet,
den sud nemant wor he gheyt
oft wor he by den luden steyt:
435 de nemen syner neue war.
dyt were ok de wunsko gar,
we den sten hadde
unde wat he ok mede ded^®^).
Enen rechten dorcus we den had,
440 so he ynme golde staod,
deme velt nummer äff dat ben
noch ander syner lede nen,
wor he ridot ofte gad,
wen he den sten by syk haet.
445 Crite is en sten ghenant,
de is swart also en brant
unde is sennewolt also en klot
unde is doch nycht groet.
louwen baren unde wilde swyn,
450 by den mach he nummer- syn,
dat men der wedede,
de wile ho den sten hedde^^).
Calcofon het en sten,
den heft luttich yen. [8a.
8*) heyel. ^^) Dieser ungeschickte Vers lautet in der Dresdener Hs. V. 542:
Vnd Bulch wunder tete; im Erfurter Druck: Dar mit auch gultes det. ®^) Ziemlich
ßinnlos. Vgl. Dresdener Hs. V. 553 ff.:
Lawhen bern vnd swein
Mit den mochtin wol dy leuthe sein
Das sy des nichteu tetin (lies: den nicht entetin)
Wenne sy den stein bey ohn hettin.
Demnach würde etwa zu lesen sein:
by den mach he jummer sin
dat em der nen wedede etc.
69
455 de is swart alse en kale.
we den rechte bekennen sal,
de sla darup lise,
so lut dat in der wise
also hale unde also helle,
460 rechte oft et sy en schelle.
wol den drecht an enen vingeren,
de mach wol ane wiflf syn.
Calcedon is en sten weghelick,
dem cappnnes stene is he ghelick.
465 wor en strit syk heven wil,
et sy luttich ofte vele,
bringet he den sten dar entyd,
so togheyd de sulve strid.
Een sten hetet flammat.
470 we den by syk hat,
de wert nummer overlaghen
ofte myt neneme kope bedraghen.
De rechte sten magnat,
nu höret wat he krefte hat;
475 he tucht to syk dat yseren.
id moed ok®*) den kol wisen,
so he uppe deme mere gad,
na deme sterne dromendat.
wenmen den sterne nycht ensut,
480 so mach men synes enberen nycht.
en man dede en wiff hat,
unde enen anderen by syk ligghen lat®^)
»*) Statt ok hat die Hb. em; doch vergl. Dresdener Hs. V. 682: Vnd mufz
den keyl auch weyfzin. ^^) Eine Reihe von Versen ist in der Hs. ausgelassen, ohne
Lücke. Die ganze Stelle lautet in der Dresdener Hs. V. 587 ff.:
Ein man der auch ein weyp hat,
Der der vnkewfzheit nechtin let (Erfurter Druck: Die ander zu ir lat)
Vnd is besayt vorware
Vnd doch [nicht] offinbare,
Ab is war sey ader glogin,
Des wirt her kurczlichin vbertragin:
Wenne her des nachtes sloffin gat
Vnd sich sein weyp gelegit hat
Cu ohm in das bette sein,
So sal her vnder das kufzin den stein
Legin vnder ir hewbet.
Alz balde, das glewbet,
Ist das sy keinen czuman
Ca irem elichin manne gewan,
Sy mufz alzo gaen
70
£en sten betet kamahu,
vaii deme wil ik dy Eaghen du:
485 de is wit myddeEe ghar
unde is alunune swarter Tar
unde is van achter **)
dat wetet vor de warheyd.
wol den aten by syk drecht,
490 deme wasset ummer mere*')
syn gud unde ock syne ere.
unde ik wil werliken saghen,
do schal ene mede to stride draghen,
wente eme niumner mieghelinghet,
495 de den sten dar myt syk bringhet
Een sten betet arisestss.
de sten is gron alse en gras
unde blaw darto gbemengbet,
oft he sy gans besprenghet
500 myt güldenen drapen cleyne
allentbalven in deme stene.
en doff dede were ghevaughen
unde en me scheide hanghen,
dat he vordelet ok were,
505 oft eck en stratenrovere
den men uuthoveden*') wolde
alse men to rechte scheide:
dede be den sten in de munt,
he werde loddicb an korter stunt.
Iren man Tmb faen
Vnd ohD dnickin czu iten brostin
Noch ires herczen luatin ;
In irem aloffe sy das thuth.
Ab By denne vor lästern nicht ist hehut,
So uymmet sj einen grofzin fal
AI von dem bette hin czu tal:
Sy feilet also gehegelichic
Recht alz her sy gestossin
Iczliche frawe, der ir man
Mit uichte holt gewefzin kan,
Den stein sal sy ohm nochtragiu,
So wirt her ir bey drujin tagin
Alzo holt dem selbigin weybe
Gleich seines selbes leybe.
Ist aber ein weyp einem manne gram,
Dem manne rotbe ich auch alzam.
"") SchluBS der Zeile fehlt Die Stelle lautet in der Dresdener Hb. V. (
Vnd ist alvmb swarz far.
Doran ist ein antlicz.
Der Bt«in ist harte nücz,
Dat wylzet etc.
) deme wasset nümer syn gud mere. *') vuthouedS.
71
510 De granat unde de rode jachant,
de synt alle beydesampt [ghenant]^*).
der krefte is nycht to vele,
men alse ik jw saghen wil: •
de to deme richte gad,
515 deme vromet he wo he ene by syk haet.
Dyacorda is en wunderlik sten ghud*^). [9».
de verwe is ok manck anderen aldus
vil na alse de brillius.
de en deyt an en becken,
520 dar schal water inne svn
enes lütteren brunnen^^),
unde sette^*) dat in de snnnen
unde se dat se schyne
rechte in dat beckene,
525 so kumpt tohant varende dar
der duvele ene michele schar,
dat he se kume aversicht
unde moten em doch don nycht,
unde welken he ycht vraghen wil,
530 id SV luttick o'fte vil,
dat kan he em segghen wol
rechte alse id scheen schol,
id sy em let offte lefF.
so is dar nenerhande deflf,
535 de dar ycht^^) vorstolen have,
he kone eme wol segghen darave
wo de deff sy®*) ghekamen
de dat gud heft ghenamen.
so dar der duvele nen,
540 de wile in dem becken licht de sten,
nummer kamen ok darvan,
er ene darut nympt de man.
Nu sint de stene gar en wint
vor den de ghegraven synt.
545 wat krefte de hebben unde heyl,
darvan segghe ik juw en deyl, [9b.
van erer doghet unde van orer kraft,
wente hirvor de®^) heydenschafif
konden an den Sternen seen
8») ghenant fehlt; entnommen aus der Dresdener Hs. V. 662. ^) Besteht in
der Vorlage, wie es auch der Reim verlangt, aus zwei Zeilen; vergl. Dresdener Hs.
V. 667 f. : Dyacoda is einn
Harte wunderlicher stein.
*^) bronnen ist von späterer Hand gestrichen und dafür hörnen gesetzt ^') Betten.
*») ich. ^) se. »*) der.
72
550 wat in der werlde scholde sehen,
id were ovele ofte gud,
also noch vil mennich heyden dut,
de van wunder also wijs is.
nu hadde etlike de list,
555 dat he de ghestene
groff also ghemene
na der rechten stunde,
dat he wol besen konde
wo he see graven scholde
560 alse he se hebben wolde.
Der stene is uns en del bleven,
do se van dem lande worden dreven.
der is noch utermate vel,
der ik en del hir nomen wil.
565 welk man den sten hat,
dar en konigk ane graven stat,
de was Saturnus ghenant,
de heft ene sekelen in der hant:
wol den an en vingeren dot,
570 deme wasset syn ere unde syn gud
unde em schud nummer herteleyd,
de wile he dat vingeren dreyt.
Den sten dar en man ane stat,
de enes lammös hovet had,
575 de den drecht ynme golde,
den hebben de^^) lüde holde
unde se moghen eme nycht vorsaghen,
de wile he wil dat vingeren draghen.
De den sten mochte haven, [10*.
580 darane stunde ghegraven
de sunne unde de mane,
de werde nunmier ane
wedder gud noch ere
nach synes willen beghere.
585 Welck man den sten haed
daran ghegraven staed
en deghelick ghewapen man,
de en halsbant hadde an
unde en swert up der syden
590 alse he wolde ghan to stride,
oft he en swert hebbe in der hant
unde yseren benghewant
^) du.
73
unde up synen hovede enen hoed:
de den sten an en vingeren doet,
595 dat schal wesen stalyn ^')
so nympt he allent averhant
over syne viende allesampt
unde he wert nummer gheslaghen,
de wilo he wil dat vingeryn draghen.
600 Welk man den Jaspis hat,
dar en hase ane graven stat,
unde den sten dreeht an syner hant,
in dem kumpt nummer. de valand
unde anders eck nen ungemack
605 wedder nacht unde dack.
Welk ever den sten hat,
dar en man ane graven stat
de en halm heft in der hant,
de schal darby syn bekand: [10^.
610 dat bedudet' grote hillicheit
unde em mach nycht sehen leyd
unde he med dem heren wol behaghen,
de wile he dat vyngeren wil draghen.
Welk man enen Jaspis haet,
615 dar en hert ane graven stat
oft jaghende hunde:
den man mach to noner stunde
de duvel nen schade syn,
de wile he dreeht dat vingeryn.
620 de mit deme duvel is behaft,
de wert gheloset van em tohand.^®)
Welk sten, darinne graven stat
ene maghet unde in der hant haet
ene waghe, oft se dar weghe mede :
625 de sten but dem rede.
Welk man enen sten hat,
an dem en storck graven stat^®):
de den in en vingeren doet,
de is ok vor den rede gud.
•^) Der Reiravers fehlt; in der Dresdener Hs. V. 1010 lautet er: Dy weyle
W Ireth das fingerlin. ®*) Diese beiden Verse scheinen aus vieren der Vorlage in
UBgeschickter Weise zusammengezogen zu sein. Vgl. Dresdener Hs. V. 1051 ff.;
Der stein hat auch grosse krafft:
Wer mit dem tewfel ist behafft,
Der Wirt von ohm ledig czu hant,
^ymmet her (Jen stein in seine baut»
74
630 Welk sten, darinne graven synt
ene ko unde twe ere kynt:
de sten schal van rechte syn
an enen bliende vyngeryn
unde anders an nen golt,
635 so hebten ene de lüde holt
unde he lyt ok nummer den doet
van water unde van vures noet.
We vyndet en schyp alleyne
ghegraven an eynen steyne
640 unde dat schyp is leddich [IIa.
ane man unde ane wiff;
de sten is vil ghud,
wente he ghifft lucke unde hoghen moet.
An welkem stene graven synt
645 on man unde en halff rynt —
dat der is orien ghenant — ^^)
unde heft en swert an syner haut
unde de scheden up der syden :
de sten is gud to striden,
650 unde he wynnet to aller stunt
unde wert van neuen wapen wunt.
Een sten darane graven stat
en man de en swert hat,
blot ane scheden —
655 Parsuen^®^) het de heyden —
unde heft in der anderen haut en hovet: ]
vorwar des ghelovet,
dat em nycht schaden mach j
weder noch ock de donnerslach. !
660 Een kristalle oft en jachant wit,
darane graven steyt myt vlyt
ene vrouwe ane ghebende
unde dat se myt den henden
vor syk hebbe ghedaen,
665 unde en man vor er staen
de wynket myt den oghen
der vrouwen herde toghen,
dat se synen willen dede:
de den sten ock denne hedde,
670 de scheide syn^®^) myt kuschen pleghen
^^) dat dar is krum ghemrat. Ich setze dafür die Lesung der Dresdener Hs.
V. 1081: Das tir ist orien gnant. '<^*) Statt Parsuen hat die Dresdener Hs. V. 1116
Palsun. Gemeint wird Perseus sein. ^^^) Von späterer Hand aus syn gemacht syner.
-»
75
unde myt gholde gherne wedderweghen
dat beste dat mochte ierghen syn, [IIb.
unde maket daruth en vingeryn
dat me under den sten de,
675 aloe des holtes dar wat to:
wol dat vingeren up em haed
dar de sten denne inne staet,
de mot den luden allen
jummer wol bevallen.
680 de en ock men anghesycht,
de kan syner vorgheten nycht.
unde welker vrouwen de he bede,
de he berorde dannede
an den arm^^^) unde an de haut,
685 so ghetrudet so em tohant.
Nu vunde wi noch nene
der ghegravene stene,
de enes louwen hovet haed
unde. dar en man inne staed
690 unde heft arnes bene
unde enen draken klene,
de under des mannes benen stat
unde de drake twe hovede hat
unde heft ghestricket den saghel
695 unde enen langhen snavel,
unde hefft en krümmet schevelyn
de man in der haut syn,
steyt wol en stake alse he best haed^^*)
unde en luttik van ener muschat
700 unde en luttich kampher darto,
desse beyde under den sten do:
so wert he jummer gheeret,
wor he hen denne keret,
unde em wasset sere syn gud,
705 unde wat he jummer dot, [12*.
dat mot em wol ghelinghen
to alle synen eghenen dynghen.
Finis lapidarii anno LXXXI &c.
Torstehender Lapidarius ist nichts Anderes als eine etwas ge-
kürzte TJeberarbeitung von Joseph's Gedicht von den edelen Steinen,
*<"*) arm. "*) Der Vers ist offenbar corrumpiert. Die Dresdener Hs. hat dafür
y. 1132 ff.: Der selbe stein sal auch stan
In dem besten staile (?), alz man hat,
Ynnd njm ein wenig m^fzcat eta.
76
welches Büsching nach einer Dresdener Handschrift des 15. Jahrh.
mit Zuziehung eines Erfurter Drilckes vom J. 1498 im 2. Bande des
Museums für altdeutsche Literatur und Kunst (Berlin 1811) S. 52 ff.
herausgegeben hat. üeber eine andere Handschrift desselben Ge-
dichtes, in welcher den Versen über die einzelnen Steine prosaische
Einleitungen vorausgesandt sind, s, Bächtold, Deutsche Handschriften
aus dem Britischen Museum (Schaflfhausen 1873) S. 153 ff.
Unser Text steht der Dresdener Handschrift, wie man sie aus
den Zusätzen des Erfurter Druckes, von Büsching seinem Abdrucke
einverleibt, herausschälen kann, sehr nahe, so dass es möglich war,
einzelne corrumpierte Stellen nach ihr, theil weise auch nach dem
Drucke zu bessern. Die hauptsächlichsten Abweichungen jener Hand-
schrift von der unserigen sind folgende: Unser 'Gedicht beginnt erst
mit V. 115 des Büsching'schon Abdruckes, wobei übrigens zu be-
merken ist, dass V. 1 — 47 auch in der Dresdener Handschrift fehlen;
da unser Gedicht mit dem Karfunkel einsetzt, musste dieser als erster
Stein bezeichnet werden, während er bei Büsching der vierte ist
(voraus gehen Almendein, Topasius und Smaragdus). Da aber auch
unser Text zwölf Steine nöthig hatte, die bei der priesterlichen Klei-
dung Aaron's zu verwenden waren (vergl. Exodus 28, 17 — 20), so
entnahm er die übrigen 'drei (Diamant, Sardius und Eubin) aus der
Zahl der übrigen Steine, die in der Dresdener Hs. genannt sind (bei
Büsching Y. 277—328, 563—574 und 633—640). In unserem Texte
fehlt in der Eeihe der Steine ausser den bereits genannten drei ersten
noch balas (V. 641 — 645), dagegen fehlt dort der bei uns genannte
Syrien (V. 311—330; Büsching entnahm ihn dem Druck, V. 415 bis
434) ; der calcofon (V. 442 — 452) steht dort an anderer Stolle, nämlich
V. 486 — 496 zwischen getraycze (geratice) und perliu. "Wenn unser
Gedicht die Aufzählung der Steine mit dyacorda (V. 532) schliesst,
um zu den geschnittenen Steinen überzugehen, so steht es auch darin
der Dresdener Hs. nahe, denn V. 701—894 des Büsching'schen Textes
sind aus dem Erfurter Druck entnommen. Büsching's V. 895 — 958
enthält zwar die Dresdener Hs., sie haben aber in unserem Texte
kein Analogen. Abgesehen von kleinen Umstellungen und Kürzungen
seitens unserer Handschrift stimmen von V. 959 (bei Büsching) an
beide Texte wieder ziemlich zusammen, nur steht an Stelle der V.
596—603 unseres Textes in dem Abdrucke bei Büsching Y. 1021 bis
1042 ein durchaus anderer Passus, der übrigens von V. 1033 an auch
in der Dresdener Hs. fehlt (mit V. 1043 bricht der Druck dann ab).
Das Schlusswort (bei Büsching V. 1143 ff.) fehlt unserem Texte.
Es ist bekannt, eine wie grosso Rolle im Volksglauben des
Mittelalters die Steine spielen, denen man geheime zauberische Kräfte
zuschrieb. Diese Anschauung spiegelt sich denn auch in der Literatur
vielfach wieder. Es sei hier nur erinnert an des Albertus Magnus
Tractat De lapidibus nominatis et eorum virtutibus (ausgezogen bei
Büsching a. a. 0.), an die zwölf Steine in dem Gedicht vom himm-
lischen Jerusalem (bei Diemer, Deutsche Gedichte des 11. und 12. Jahr-
77
hunderts, Wien 1849, S. 361 fif.) und die gleichzeitige Erläuterung
in den Werken des Marbodus (bei Diemer, Anmerkungen S. 89 ff.),
an die lange Reihe von Steinnamen im Parzival (ed. Bartsch, Buch
16 T. 121 ff.), an den Stricker (Kleinere Gedichte vom Stricker ed.
Hahn, QuedUnburg 1839, Nr. XI, S. 44—52); auch Reinke de Vos
T. 4897 ff. schlägt hier ein.
Ich gebe nachstehend ein Verzeichniss der in unserem Gedichte
behandelten Steine. Die Namen sind zum Theil sehr entstellt; ich
setze jedem Namen die Form bei, in der er in Büsching's Abdruck,
bei Albertus Magnus, bei Marbod und endlich in Konrad's von Megen-
berg Buch der Natur (ed. PfeiEfer, Stuttgart 1861) erscheint:
karbunkelsten : bei Büsching clarfingkelsteyn und karfunckel, bei
Albertus Carbunculus qui graoce antrax et a nonnullis rubinus
vocatur. Megenberg S. 437 unterscheidet drei Arten dieses Steines :
carbunkel, rubein und balastus.
saphyrus führt überall denselben Namen : bei Büsching S. 63, Megen-
Wg S. 457, Marbod Nr. 2.
jachant (ebenso bei Büsching S. 66) ist der Hyazinth : vergl. Albertus,
Megenberg S. 449, Marbod Nr. 11.
kristalle überall gleich, bei Büsching S. 68, Megenberg S. 441.
aghaed: bei Büsching S. 69 achat, bei Albertus agathes, bei Megen-
berg S. 432 achates.
ametiste: bei Büsching S. 71 amatiste; amethystus bei Albertus,
Marbod Nr. 12, Megenberg S. 431.
krisolite: bei Büsching S. 72 crisoleite; chrysolitus bei Albertus,
Marbod Nr. 7, Megenberg S. 442.
onichilus: bei Büsching S 74 und Megenberg S. 453 onichinus, bei
Albertus onyx und onychulus.
Jaspis überall gleich benannt (Büsching S. 75, Albertus, Marbod Nr. 1,
Megenberg S. 448).
dyemant: bei Büsching S. 77 dyamant, bei Albertus und Megenberg
S. 432 adamas.
sardius: ebenso bei Büsching S. 101, Marbod Nr. 6, Megenberg S. 461 ;
bei Albertus sardinus.
robyn: bei Büsching S. 106 rubeyn, bei Albertus und Megenberg
S. 437 mit dem carbunculus identificiert.
tappunsten: bei Büsching S. 81 kappenstein; es ist der alectorius bei
Albertus und Megenberg S. 434.
corniel: bei Büsching S. 82 kermel und carniol, bei Albertus corne-
leus, bei Megenberg S. 442 corneolus.
koral: bei Büsching S. 82 coralle, bei Albertus und Megenberg S. 439
corallus.
aeyre (bei Büsching S. 84 adie und antite) ist wohl verlesen aus
acyte und ist unzweifelhaft der echites bei Albertus und Megen-
berg S. 445.
swalensten: bei Büsching S. 87 schwalwestein, bei Albertus celidonius,
bei Megenberg S. 440: celidonius haizet swalbenstain.
78
syrion : bei Büsching S. 89 zinea, bei Albertus ceraurum, bei Megen-
berg S. 441: ceraunus haizet donrstain.
elitropia: bei Büsching S. 90 abotropi oder aldotropi, von Büsching
auf den epistrites des Albertus gedeutet, während doch zweifels-
ohne eliotrophia (bei Büsching S. 131) gemeint ist. Bei Megen-
berg S. 445: elitropius haizet sunnenwendel.
pogghensten: bei Büsching S. 91 krottenstein, bei Albertus borax,
bei Megenberg S. 436: borax ist ain krotenstain.
geratice: bei Büsching S. 93 getraycze und merayte, bei Albertus
geracidem, bei Megenberg S. 448 gerarchites.
parle: bei Büsching S. 95 perlin oder perlein, bei Albertus mar-
garita, fehlt bei Megenberg.
viciros: bei Büsching S. 96 gythyros oder mucros. Büsching deutet
ihn wohl richtig auf den gagatronica des Albertus, der bei Megen-
berg S. 448 gegatromeus heisst.
openkas: bei Büsching S. 97 optalias, bei Albertus ophthalmus, bei
Megenberg S. 454 ostola oder optalius.
dorcus: bei Büsching S. 98 turkas, bei Albertus turchois; bei Megen-
berg finde ich ihn nicht,
crite: von Büsching S. 99, wo er enites oder elyte heisst, auf den
lippares bei Albertus gedeutet; bei Megenberg fehlt er.
calcofon: bei Büsching S. 94 calcosan und dakasam, bei Albertus
calcaphanos, bei Megenberg S. 440 calophagus oder calophanos.
calcedon: gleichnamig bei Büsching S. 100, Albertus und Megenberg
S. 438.
flanimat: ebenso bei Büsching S. 102, fehlt bei Albertus und Megen-
berg.
magnat : ebenso bei Büsching S. 102, magnes bei Albertus und Megen-
berg S. 451.
kamahu: bei Büsching S. 105, fehlt bei Albertus und Megenberg.
arisestas, verlesen aus chrysoprassus. Bei Büsching S. 107 krifzophas
und crisoforas, bei Albertus chrysopassus, bei Marbod Nr. 10
chrysoprassus, ebenso bei Megenberg S. 439.
granat: ebenso bei Büsching S. 108, bei Albertus und Megenberg
S. 446.
dyacorda: bei Büsching S. 109 dyacoda, bei Albertus diacodos, bei
Megenberg S. 444 dyadochos.
Welches die Vorlage war, der unser Dichter folgte, vermag ich
nicht anzugeben. Bächtold S. 153 ist geneigt anzunehmen, dass das
Gedicht nur eine poetische Bearbeitung des betreffenden Abschnittes
aus Konrad's von Megenberg Buch der Natur sei, welches seinerseits
nichts als eine wenn auch nicht sklavisch treue TJebersetzung des
Liber de natura rerum von Thomas Cantimpratensis ist; nur speciell
für das von den Steinen handelnde Capitel zog Megenberg den Tractat
des Albertus Magnus heran (s. Pfeiffer S. XXXVII). Zu dieser An-
nahme mochte Bächtold durch den Umstand geführt werden, dass die
bereits erwähnten prosaischen Einleitungen im Wesentlichen auf
79
Megenberg beruhen. Allein beweisen lässt sich dieses Abhängigkeits-
verhältmss unseres Gedichtes vom Buche der Kitur in keiner Weise.
Dass die Gleichheit des behandelten Gegenstandes auch eine Menge
gleichartiger Wendungen im Gefolge hat, liegt in der Natur der
Sache; aber der Abweichungen sind sehr viel mehr; auch einerseits
dass das Buch der Natur reichhaltiger ist (es behandelt 82 Steine),
andererseits in ihm Namen fehlen, die das Gedicht hat, berechtigt zu
starken Zweifeln, dass beide in unmittelbarem Verhältnisse stehen.
Noch weniger spricht dafür die selbständige Anordnung des Stoffes
im Gedichte, das Abweichen von der im Buche der Natur wie in des
Albertus Magnus Tractat beobachteten alphabetischen Folge der
Namen. Jedenfalls stünde dann der Dichter seiner Vorlage mit einer
so souverainen Freiheit gegenüber, wie wir sie selbst bei den besseren
Dichtern des Mittelalters nicht gewohnt sind, geschweige denn bei
so untergeordneten, wie der Verfasser unseres Gedichtes einer war.
Aber ein viel wichtigeres Argument ist, dass unser Gedicht
zwar nicht in seiner vorliegenden, aber in seiner ursprünglichen Ge-
stalt vielleicht viel älter ist als Megenberg (f 1374). Schon Büsching
hat S. 88 Anm. *** darauf aufmerksam gemacht, dass Albertus
Magnus in seinem Tractat einen Joseph citiere und hält dafür, dass
darunter eben der Joseph zu verstehen sei, den die Einleitung des
Erfurter Druckes als Verfasser unseres Gedichtes nennt. Die Stelle
ist in der That beachtenswerth. Wäre wirklich unser Joseph gemeint,
so würde das Gedicht, da Albertus Magnus 1280 starb, noch jenseits
der Mitte des 13. Jahrhunderts anzusetzen sein, — vorausgesetzt
allerdings, dass der Tractat echt und nicht gleich so vielem Anderen
dem grossen Bischöfe nur untergeschoben ist.
LEIPZIG. Carl Schröder.
"^
^
Fragment des Seebuchs.
Im Eorrespondenzblatt des Vereins Nr. 4 ist bereits vorläufige
Auskunft über ein Fragment des Seebuches gegeben, das ich zufällig
in einer Incunabel der Halberstädter Gymnasialbibliothek gefunden
habe. Ich wiederhole, dass die Handschrift der zweiten Hälfte des
15. Jahrhunderts angehört und sich in Bezug auf den Inhalt der
Hamburger Handschrift A auschliesst. Doch fehlt in unserm Fragment
Kap. XH, das schon Koppmann aus inneren Gründen als nachträglich
zwischen Kap. XI und XIII eingeschoben bezeichnet hat; ausserdem
sind in ihm in Kap. XI die §§ 23, 25 nicht vorhanden ; in Kap. XIII
fehlt freilich der in B ebenfalls vermisste § 2, aber der Inhalt des-
selben ist in einem Zusätze des § 1 vorweggenommen , die §§ 3, 5, 6
dieses Kapitels haben einen abweichenden Inhalt; die §§ 7 und 9
endlich sind je in zwei Items getheilt. Die Sprache des Fragments
ist stärker niederländisch gefärbt, als die der beiden Hamburgischen
Manuscripte, und seine mancherlei Entstellungen geben, wie es scheint,
einen weiteren Beleg für die Vervielfältigung des Seebuchs ;,in fabrik-
mässig angefertigten Abschriften" (Seebuch S. XII).
XI.
21. [Item als ghi seilt in dat Keldep], soe sult ghi lopen bi
Westen der ruwer dunen an laut, ende is een grote dune, soe loept
ghi hoech genoech boven Langenhoerne , ende loept dan an den
Voerne op 4 vamen, niet nare, ende gaet vaste inwaert, ende coemt
ghi bi Westen toe, soe loept boven Hangifterrif ende loept dat op
4 vamen, soe en moechdi^ niet misdoen; ende daer maect vol zee
een oestsuutoesten maen.
22. Item van Langehoerne tot Hangifterrif, suutwest ende
noertoest.
23 (hat die Handschrift nicht).
24. Item voer den Marsdiep maect vol zee oest ende west.
25 (hat die Handschrift nicht).
26. Item voer die Nagel maect vol zee uterlick suden.
27. Item van Rodecleve toe Staveren noert oest daer leit die Rute.
28. Item Kropelsant leit by oesten Memelick. Ende als ghi
die toem op ürck moget* doer sien, soe gaet suutwest na Tyoerde,
a) fol. Ib.
*) moechdi = moecht ghi.
/
'81
soe loept ghi hoech genoech boven Enchusingher sant, ende van der
Creyle^ seilt ghi oestsuutoest na der Naghel.
29. Item van Wieringhen sult ghi gaen na dem Volkersnesse
noertnoertwest.
30. Item als ghi wilt seilen in Wierbalge, soe sult ghi houden
die toern ter horch, die op Texel staet, bi oesten der ronden berghe.
31. Item als ghi wilt inloveren dat Marsdiep(!), soe neemt een
aftervloet ende een voerebbe.
32. Item Hollantsside* strect suutsuutwest ende noertnoertoest.
33. Item voer die Mase thoechste water is een uterlik oesten maen.
34. Item al Zeelants side** strect suudwest*' ende noertoest vol
zee oestnoertoest ende westsuutwöst.
35. Item al Vlaendersside* strect dat lant oestnoertoest, ende
daer maect int lant vol zee een suden mane, en^e buten landes een
suadwesten ende noertoesten maen.
36. Item als ghi dat Swin inloveert, soe nemet een voervloet
ende afterebbe, ende gaet suutoest ant lant.
37. Item als ghi wilt seilen in dat Heysdiep, soe sult ghi die
vierboten^ van Heys, die bi den molen staen, bringen over dat choer
van Heys, soe seilt ghi dat beste van den diep in, ende soe gaet ghi
ruffle ghenoech van den Viersande (!), soe moghen ghi over gaen na
der Wyelinghe oestnoertoest.
38. Item als ghi wilt seilen in dat Blocke^diep (!), soe sult ghi
Westkappel bringen neffen sinte Katherinen kerck toe te klocken, soe
seilt ghi dat beste diep in.
39. Item sinte Katherinen toern is die naeste toern^ van der
Sluus, ende die ander toern staet inwaerts, daer naest staet Heys ende
daernaest Blankenborch.
XXL
1 — 50 (hat die Handschrift nicht).
XIII.
1. Item Swartenesse ende Strusaert leit suutsuutwest ende noert-
noertoest, ende suutsuutwest maect daer vol zee.
2 (hat die Handschrift nicht).
(3.) Item tlant van der Seyne leit suutsuutwest ende noert-
noertoest.
4. Item van Seynhoefden Borch toe vliete nesse* 3 kenningen,
dat coerts is suutoest.
(5.) Item van Borchvlietenesse to Roekernesse een kenning.
6. Item van ßokenesse toe Alrenaye te gaen buten den Kiskas,
coerts is suutwest.
a) Am Band: HoUanta aide, b) Am Band: Zelantsside. c) fol. 2a. d) Am Band: Vlaendera-
«de. c) fol. 2b.
*) Vgl. jetzt Korrespondenzblatt Nr. 4, S. 28,
*) Lies: vurbaken.
') Vgl. Eoppmann, Seebuch S. 51 Anm. 2 gegen Walther, das. S. 97, 98.
*) Lies: toe Borchvliete nesse.
Niederdentsohes Jahrbncb. II. 6
"•>
k> •'■<.: '-.*V^*^-' '
''..:•"' '
82
7. Item» die Liskas (!) leggen buten Alrenaye.
7b. Item langes die cust maect thoechste water noertnoertwest
ende suutsuutoest.
8. Item Alrenaye ende toe Garnzee maect dat hoechste water
noertwest ende suutoest.
9. Item van Garnzee toe Westpalen 3 kenning.
9b. Item toe Westpalen maect thoechste water oest ende west.
10. Item van Westpaleh tot Fore 2 kenning.
11. Item tot Fore maect vol zee oestnoertoest ende westsuutwest.
12. Item van der Fore toe sinte Matheus een kenninghe.
13. Item op die trade^ maect thoechste water noertoest ende
suutwest.
14. Item van der Fore op die trade coerts is suutsuutoest ende
noertnoertwest.
15. Item^ als ghi op die trade wilt seilen, soe hout sinte
Matheus buten den hoeck van Kokersoerde; als ghi den toern laet
comen in die Sadelrode, soe siit.ghi in dat noerteynde van den Hage;
ende die Hage strecket langes die trade; ende hout sinte Matheus
buten Kokette van ju.
16. Item de Yentiers leggen buten Kokette harwaerts an of lutteF.
17. Item die Henne leit buten die hoeck van Bartram; ende
soe hout den (I) molen opten lande, dat ghi sien^ moghet, soe en
moechdi niet misdoen.
18. Item die CoUengiers leggen buten den hoeck van Claesdunen.
19. Item die Fockenyers leggen oeck buten den hoeck van
Claesdunen; ende daer en tusschen ist al vol rudsen; ende daer
moghet ghi wel binnen doer seilen
HALBERSTADT. Gustav Schmidt, Dr.
a) fol. 3a. b) Am Band: die trade, c) fol. 8b.
^) A hat: en luttik herwerd äff.
^) A hat: gy se seen, B: gy se seyn.
Brunsilgenholt, Brizilien
im Mittelalter.
Schiller und Lübben's Mnd. Wb. I, 439 verweist wegen „brnn-
silgenholt" auf Brem. Wb. 1, 149, wo ältere nachweise aber nicht zu
finden sind; ferner auf bresilien, Mnd. Wb. 1, 421, als gleichbedeutend.
In der letzteren stelle ist, obwohl durch allegirung von Sartorius ^—
Lappenberg 2, 752 an das mittelalter erinnert wird, doch nur erklärt :
,brasilholz, rothholz, lignum Fernambuci, und durch letzteres auf die
zeit nach der entdeckung von Brasilien deutlich genug hingewiesen.
Das citat Diez 1^, 82 v. brasile soll wohl auf Diez Etym. Wb. 111%
81 sich beziehen, wo die romanischen formen des namens: brasile,
brasil, bresil angegeben sind, nicht weniger die mlat.: braxile, brasi-
lium, bresillum. Diez verweist auf Du Gange, wo v. brasile etc. die-
selben lateinischen bezeichnungen angegeben werden, zugleich mit
der elgenthümlichen notiz ^brasilium lignum vel coccnm insectorinm^'
und „bresillum est arbor quaedam cujus succo optimus fit color rubeus.^
Sein ältester nach weis stammt aus einer Urkunde von 1193 bei
Muratori: ;,grana de Brasile,^ welche wiederum Diez als ,brasilien-
scharlach', das holz aber als arabisches ,baqqam' erklärt. Den freund-
lichen bemühungen der herren dr, F. Lindner hier, dr. K. Koppmann
und dr. C. Walter in Hamburg verdanke ich einen theil dieser und
der folgenden angaben.
Schon im 12. jahrh. kommt also der eine dieser farbholznamen
vor, vom 14. an gehen beide neben einander, keiner ist daher, wie
schon Diez sagt, vom lande Brasilien abzuleiten, sondern der name
des letzteren stammt von dem holze, das man — wenn auch in an-
deren bäumen — dort massenweise fand.
1) Brnnsilienholt findet sich meines wissens zuerst 1350 bei
Ludolf von Suthera (Suchem), herausg. von Deycks (Stuttg. Lit. Verein
25) p. 64. Er sagt, auf den inseln des Rothen Meeres wachsen:
,ligna rubea diversi mode — inter quae specialiter brunselinum,
quod hie (d. h. im Paderbornischen) brusilienholt dicitur.
Da die Variante ,brnnzilienholt^ sich findet, wird wohl brnnsilien-
holt zu lesen sein.
Dieser lateinische name ist auch in der neuesten grossen aus-
gäbe des Du Gange nicht zu finden, vermuthlich steckt ein verdrehtes
orientalisches wort darin; doch wüste ich nicht, wie es baqqam sein
6*
84
könnte. In der silbe brnn hörte aber der Niederdeutsche seine be-
kannte färbe, modelte vielleicht auch einen ähnlichen fremden klang
darnach um. Dass noch im vorigen jahrh. das sprachbewustsein der
farbenbedeutung vorhanden war, beweist das Brem. Wb. 1. c, und
im Göttingischen existirt es, trotz des fehlens bei Schambach, voraus-
sichtlich noch jetzt. In meiner Jugendzeit hiess das fernambukholz
dort zuweilen blanholz, gewöhnlich aber brnnsiljenholt oder bransil-
jenspöne ; und der am längsten dauernde harte apfel (hasenkop, schap-
snüte, ledderappel, pinxtappel, eisapfel) wurde seiner braunrothen färbe
wegen nur bransiljenappel, verhochdeutscht brasilienapfel , genannt.
Das Volk sang damals auch in dem bekannten orgelliede nicht Bra-
silien, sondern:
Brunsilien ist nicht weit von hier.
Wäre bei Ludolf v. Suthem brasilienholt die richtige lesart, so
würde diese fast unmittelbar auf die droge „broschenhoat^^ (var.
;,broschenholt") im privileg Albrechts von Holland von 1358, bei Sar-
torius — Lappenberg 2, 448, führen.
Da das brasilienholt, braazilieaholt 1336^ als Ludolf v. Suthem
im Orient war (denn er schrieb erst 14 Jahre später), vom Kothen
Meere kam, so ist zur erklärung des rothen farbholzes nur auf diesen
handelsweg zurückzugreifen. Dass alle americanischen caesalpinien
und morus tinctoria Westindiens nicht in betracht kommen , . ist nur
im vorbeigehen zu berühren. Dann können aber nur 3 pflanzen in
frage stehn: a) Caesalpinia Sapan oder Sappan L., in Ostasien zu
hause, deren holz nach Petermann Pfanzenreich 698 sp. 2. das lignum
Sappan, „ein sehr geschätztes färbematerial" liefert und zugleich in
Ostindien als heilmittel galt, vielleicht auch im occident im mittel-
alter dazu diente, b) Pterocarpns Santalinns von den gebirgen Indiens
und Ceylons. Er liefert das lignum santali rubrum und daraus den
farbstoff santalin oder santelroth. Petermann 1. c. 690 sp. 2.
Endlich kann c) der strauch Lawsonia alba in erwägung gezogen
werden (Petermann 775 sp. 2), der seines handelswerthes wegen seit
alter zeit von Nordafrica aus über den ganzen Orient verbreitet ist.
Seine wurzeln und blätter liefern die bekannte henna oder (mit dem
arabischen artikel) alhenna, alkanna, waren auch als radix alcannae
verae oder Cypri antiquorum officinell.^)
Ich neige mich der meinung zu, dass in dem brnnselinum sowohl
brun(um) santalinum, wie brun(um) henna lignum oder brun alhenna
lignum stecken könne, durch angleichung der fremden klänge an die
bekannten, geschätzten selinum und petroselinum und zugleich an
die farbebezeichnung; im klänge am nächsten liegt brun-santalinum ;
aber auch das andere ist möglich, denn bei Übernahme von lehnwörtern
kommen noch viel bedeutendere gewaltthaten vor.
Auch ein handschriftliches vocabular der Hamburger stadtbibl.
^) Da von holz die rede ist, wird auf die radix alcannae* spuriae, die möhren-
artige wurzel der anchusa tinctoria oder alcanna tinctoria, welche in Ungarn und
Südeuropa ohnehin wächst, nicht zu rathen sein.
86
erklärt brnsilligheii als color p'rcilium, also percilium; wie letzteres
aas presilium dem petroselinum, petersilium nahegebracht ist, so hat
augenscheinlich auch hier der lexicograph bei der silbe ,bru^ an die
färbe gedacht.
2) Feyerabend übersetzt Ludolfs brunselinum: „Presilienholtz^^
und erklärt dadurch diese zweite namensform der ersten gleichbe-
deutend. Auch sie kommt als ,brisir und brizilien niederdeutsch
schon im 13. und 14. jahrh. vor. Die droge wurde in ballen ver-
sandt und nach ballen versteuert.. Nach der alten maklerrolle des
13. Jahrhunderts bei Sartorius — Lappenberg 89 (Hansisches Urk.
B. 1. Nro. 436) giebt die bale brizilien 12 ^) sterlinges; 1360 in
den Niederlanden: elke bale brisils (brisilien) twalef peneghe Inghelsche.
(Sart. — Lappenb. S. 470. Hansarecesse II, S. 235).
Diefenbach gloss. lat. germ. v. presilicum bringt dazu noch die
deutschen namensformen presilge, presilgenholtz , prisilig, brisill und
ähnliche mit den entsprechenden lateinischen. Sartorius und Lappen-
berg 2, 752 haben die erklärung aus Kapmany Memor. de Barcelona
aufgenommen, wonach der orientalische oben genannte sapan das bri-
silienholz sei, seltsamer weise aber hinzugefügt ;,nach anderen fer-
hambükholz von der caesalpinia echinata", welche doch nur in America
wächst. Allerdings wurde der name des orientalischen holzes bald
auf diesen bäum übertragen, und lignum fernambuci wurde gleich-
bedeutend mit lignum brasiliense rubrum und lignum bresilliim.
Peteimann 1. c. 698 sp. 2. Kommt das von Danzig aus Lissabon
ausgeführte ^^presilgenholz^ erst nach 1503 vor, so ist an das ameri-
kanische, andernfalls noch an das orientalische zu denken. Hirsch
Handels- und Gewerbsgesch. Danzigs S. 85, von Koppmann angeführt
Hansarecesse II, S. 235 n. 7.
Auch Petermann sagt geradezu, von diesem holz „erhielt das
grosse reich Brasilien seinen namen." Nemnich erklärt brasiliehont
als holz von caesalpinien. Erwähnt sei, dass auch bei Chaucer (ed.
Bell vol. VIIL p. 208) der farbstoff brasil vorkommt und als „a wood
used as a red dye" erklärt wird.
Auffällig und in mancher weise belehrend ist die von Sar-
torius II, 89 zur erklärung von brizilien herangezogene angäbe des
Kilianus: Brizilienhout: crotinus, lignum acanthinum (bärenklau),
vulgo bresilium. Crotinus ist allerdings nicht zu fijiden, unfraglich
aber ist cotinus gemeint, der südeuropäische sumach, Uhus cotinus
L., der bekannte perückenstrauch, dessen holz (fisetholz) und blätter
zum färben dienen. Noch heute kommt ersteres auch als „brasilien-
holz" vor. Ebenso ist lignnm acanthinum unschwer als alkannaholz
oder alkannawurzel, doch wohl die des hennastrauches , zu erkennen.
Kilian nannte also alles roth oder gelblich färbende holzwerk des
Handels brizilienhout, das südeuropäische wie das asiatische und ame-
rikanische, und leitete den namen entschieden noch nicht vom lande
Brasilien her,^) obwohl die erste ausgäbe des Dictionarium Cornelii
^) Grimm D.W. 2, 372 thut es dagegen, nennt zur erklärung des holzes die
y
86
Kiliani (Cornelis Kiel van Düffel) erst 1574 erschien. Vergl. Hoff-
mann von Fallersleben Horae Belg. VIP s. XXI. Wir werden danach
nicht fehlgreifen, wenn wir annehmen, dass auch im mittelalter der
handel die röthlichen farbhölzer ohne unterschied brasil, bresil,
brisil etc. nannte. Es mag auch der ,saccu8 dQ rnbeo Ispanie'
(Hans. Urk. B. I s. 147) dazu gehören, der 1252 neben viride Grecie
vorkommt. Dieser allgemeine gebrauch des namens wird bestätigt
durch die oben genannten ,grana de brasile' von 1193, welche ihre
erklärung durch das ,coccum insectorium' finden; die getrocknete
kermesschildlaus (coccus ilicis), die sich auf der kermeseiche des
Südens (quercus coccifera) findet und eine karminähnliche färbe liefert.
Als grana kermes, kermes vegetabile (da man siö für pflanzenaus-
wüchse hielt) war und ist sie noch im handel, und näan fertigte daraus
die confectio alchermes. S. Petermann 263.
Der name selbst ist freilich dadurch nicht erklärt. Du Gange
will ihn von brasa (ital. bragia, bracia, franz. la braise) die glühende
kohle, ableiten ; wer aber je die braunbläulichen hölzer gesehen hat,
wird keinerlei ähnlichkeit mit kohlenglut finden wollen. Diez führt
ihn auf briza zurück, ein krümmchen, weil das holz in spänen nach
Europa gekommen. Obwohl nun freilich das letztere richtig ist, und
gleich der folgende dritte name auf ähnliches zu führen scheint, so
ist doch festzuhalten, dass die älteste namensform brasil lautet.
3) Bruschenhout, broschenholt könnte, wie oben bemerkt, direct
auf die form brusilienholt zurückführen; vielleicht ist der name aber
doch anders — anklingend an Diez' briza — zu deuten, wenn auch
die wäre dieselbe ist. Bei Kilian bedeutet „broosch, brensch : fragilis,
debilis, caducus" und beim Teuthonista: broosch: cranck, sproe: fragilis,
infirmus. Hoffm. 1. c. s. 16. Jenes ,,sproe" kennen wir im nieder-
deutschen noch als „sprok.^ Brnschenliont würde also ein brüchiges
und zerkleintes holz des handeis bedeuten, die wäre demnach nach
ihrem Zustande benennen, wie noch heute der handel brasilien-späne
kennt. Nichts desto weniger und trotz der analogie von briza wird
auch dieses wort auf eine bequeme angleichung zurückführen ; übrigens
heisst auch ital. bruscho, bruschette und brosco ein Splitter. Den
ächten stamm für alle drei namensformen mag uns ein Orientalist
nachweisen.
Nach dem brunsilgenholt htit wegen der braunrothen färbe seiner
schoten der brnnsilgen peper, Mnd. Wb. 1, 439 den namen erhalten,
der bekannte ,spanische schotenpfeffer', capsicum longum De C, der
in drogenverzeichnissen, obwohl bekanntlich ein Americaner, auch piper
turcicum genannt wird.
Eine angleichung anderer art liegt vor in brnnsilgenkrut, brun-
sillike, erst aus dem 17., und brunsilgen-plaster und salve aus dem
18. jahrh. belegt in Mnd. Wb. 1. c. Sie haben ihren namen von der wohl-
riechenden medizinischen pflanze basilicum (ocymum basilicum L.),
westindische morus tinctoria und citirt aus Luther : ,viel cinober oder bresilien* und
aus Fischart's Gargantua: ,lefzen presilgenrot^
i
87
wahrscheinlich in anlehnung an den allbekannten des farbestoffes,
wegen der ähnlichkeit des klanges erst in neuerer zeit erhalten.
Obwohl die ocyma oder basilica Asiaten und z. th. Araber sind, und
obwohl eins, das ocymum oder basilicum crispum, in Japan zum roth-
färben von fruchten gebraucht wird (Petermann 472, sp. 1), ist doch
nicht daran zu denken, dass das farbholz von ihnen seinen namen
erhalten habe, da basilicum eben kein holz liefert.
ROSTOCK. K. E- H. Krause.
Vom Holze des heiligen Kreuzes.
Yan dem holte dar ane starf
5 "■
lO
9»
Marien sone umme unse bedarf,
hebbe ik ghelesen, des syt ghewes.
nu vormane we gode des,
5] dat he my sulke gnade sende
dat ik van anbegynne to dem ende
alle de punte moghe vortrecken
sunder loghelike vlecken.
wat were dar ane, dat ik vortoghe
10] in dit ghedichte langhe prologhe?
Adam was de erste man
de ye van mynschen forme ghewan,
unde wo he by synes wyves rade
hat grot vordret unde schade
15] unde wo he by ener klenen spise
ghewist was ut dem paradise,
dat weten mest alle de lüde,
by wat saken dat gheschude.
dar umme late ik des achter bliven,
20] dat ik dar nicht wil van scriven.
Ok hebbent dese lüde wol ghehort
van deme quaden Kaynis moort,
dat was jo Adams erste kint.
int ende wart he also blint,
25] dat he by rade des dfivels fei
doet sloch sinen broder Abel,
also Adam dessen mort vornam,
do wart he in sik sulven gram
unde sprak 'wo is mich ghescheen
katyve
30] by deme rade van mynen wyve
2
3
4
5
6
7
9
10
Raum für das V gelassen in C, fiii
Va in H ; in H von späterer Hand
in die Lücke gesetzt Ah. — vor-
starff H.
Der maget sone H.
Dat hebbe ik lesen wo dat was H
nfi C. — wy H. — des H.
lere sende H.
ick begynne tho ende H.
Vnde alle de puncte mote recken H.
fehlen in H.
^^ De gy mynschen formen wan H.
^^ unde fehlt H. — na für by H. —
synen wyfies C.
^* Groten weddermot wan vnde H.
^^ he vmme eyne cleyne H.
16 Wart gewiset vth H.
^' Dat wethen noch alle lüde H.
^® Wo eme dat schude H.
19 id statt des H.
^® äff schriuen H.
21
22
S23
lo
er 24
23
26
27
28
29
80
Ock hebbet vele lüde hört H.
Van des qu. cayns H.
He was adams H.
An sineme herten was he bl. H.
vil H.
Vormordede H. — abil H.
Als ad. den m. H.
he eme gr. H.
katyue C.
wyfie C.
89
äesse grote sware blatne !
nü enwil ik eren lichame
ghenaken na desser tit nummerme.
Abels dot doet myk we.'
35
29—81
WO
dar na enquam he by Even nye
bynnen hundert jaren drye.
got heit em na dre hundert jaren
Adam, dat he by Even wäre
unde mynschop hadde mit erem live
40] also en man mit sinem wive
unde Wonnen togader ein kint
dat Sed heyte unde dem vader sint
ghehorsam wart unde underdan,
also gy hir na wol suUeu vorstan.
|45] Do Adam olt was neghen hun-
' dert jar
Qnde dortich dar to vil nar,
do wart he van levende krank
^^an oltheyden unde arbeiden mank.
.Bestuntmit eyme spadenunde wrachte
M so mode, dat he nicht hadde
\ machte.
|le stunt op syme spaden unde raste,
jhttik em sines lives luste,
Ibanklik so mochte he stan,
[Sed sinen sone sprak he an,
55] in desser manere he em sede
I "eve sone, ga sunder bede
[«P rechte vaderlike mynne
tedem enghel Serubynne :
öüsalt en vinden vort paradis.
^ bidde en, dat he dy make wiis,
1 Jo langte ik noch schole myssen
M olye der untfarmenissen,
flen my got sulyen untheit
"0 he my Ute deme paradyse steit,
unde wes vor dem enghel nicht
vorvert,
ieft he ein furych swert :
^e holt dar mede de sulven stede,
"är roste ynne is unde ewich vrede.'
32
SS
34
35
36
87
88
40
41
42
43
44
Ynde sprack van des duuels
rade Is my komen desse schade
Den ick van euen nam H.
Ick wil by eren licham H.
Komen nummer mee H.
My deyt abels dot so wee H.
Na deme bekande he euen ne H.
Mit menschop by hundert jaren
dre H.
betet na H.
mit euen waren H.
man plecht mit H. — wifie C.
Do wunnen se to samende H.
zeth H.
horsam H.
na scholen H.
*^ Do adam n. H.
*^ Vnde dar to druttich v. H.
^^ Geleuet hadde do wart he k. H.
g^® older mit arbeyde gemanck H.
.^ ^» wrochte H.
^® nicht mehre mochte H.
^^ He lede sick vppe den H. — roste H.
^^ Vil cleyne eme sines leuendes H.
— lifies C.
^^ Kranck stunt he sunder wan H.
5* rep H.
*^ In sodaner leyde H,
^® beyden H.
^■^ vederlike truwe H.
^^ cherubynne H.
^^ vor deme H.
«1 schole fehlt H.
^^ Des olyes der entfarmenisse H.
^^ my dar vth vorsteit H.
^^ Wes vor eme nicht H.
«« drecht H.
^'^ He hudet d. m. de schonen st. H.
V-
90
Sed sprak to hant to synen vader ®® Zeth antworde sineme H.
70] 4k bin bereit to donde algader
wat gy willen u'nde wat gy beyt.
mer ik enwiit des. weghes nyt.'
He sprak 'leve kint, ga op mynen
trost,
unde volghe dem weghe recht int ost.
75] dat ik ju segghe, des merket wale:
alse gy komen in dem dale
, dat me het in dem dale to Ebbron,
dar volghet eynem weghe gron:
gy sollen dar votstappen sin stände
80] de we mit ruwen quemen gande,
ik unde juwe moder mede,
do uns de enghel entsede de stede
de we mit unser schult verloren,
noch stan dar de voetsporen,
85] wente dar enwos ne nicht ut,
lof edder gras edder ander crut.
ok segghe ik dy vor de warheit:
du Salt dar sin eine klarheit
komen ut der saleghen stede,
90] ghemenghet mit roke der su-
ticheyde :
dar vore envruchte dy nicht,
ga so ik dy han ghesecht.'
He dede so em sin vader bat
unde ghink alle den sulven pat
95] hen in dem dale to Ebbrone,
he hadde guden willen to done
dat em sin vader hadde bevolen.
do rakede he sunder dolen
dar de votstappen stunden
100] vorvallet van Adams sunden.
den volghede he so langhe nar,
dat he vornam de clarheit dar
de ute dem paradise quam,
also he de clarheit dar vornam,
105] he wände to nakende enem füre
unde he wart vorvert vil schire.
do dachte he umme de clarheit
dar em sin vader hedde af gheseit,
'^^ Des juw is leff vnde ick bin plich
S H. * ^
CO
'^ Sone gha H.
7^ unde fehlt H.
'^^ dy segge dat mercke wal H.
'^^ Als du kumpst in den dall H.
77 i
78 1 To ebron dep volge eneme w. g. B
'^^ Du schalt de voetsparen sehq
apenstan H.
8ö gan H.
^^ dyn m. H.
^2 engel stotte vth der st. H.
^ Dar stan noch de suluen v. H.
^^ Vordorret dar wufz ny vth H.
®^ 1. noch g. noch a. H.
®^ ick in w. H.
®® scholt vornemen in cl. H.
^^ k. vther schonen st. H.
^® mit deme r. H. — suticheit C
suticheide H.
^^J Alfz du den engel sust So ei
^^j vorvere dy vor eme nicht H.
^^ Zeth van dennen schedt Vnde dei
so eme sin vader heth Aldat h
eme bath H.
^^ ghinck den rechten path H.
^^ Went in den dal to ebron H.
00
^® Do vant he s. holen H.
^^ votsparen H.
100 Vordorret H.
101 Dem C. Den H. -~ so rechte narH
102 de Schönheit dar H.
10* dar fehlt H.
105 Do mende he nalede eyneme vüre H
loß Des wart he vorveret seh. H.
107 he vp de H.
108 hadde H.
91
de em to ghemote komen solde.
110] do ghink he vort so he wolde
DDde trat vort mit stoltem synne.
dar vant he den enghel Serubynne
vor dem paradise mit sinem swerde,
' de vraghede en, wes he begheerde.
109
110
111
112
113
114
he sprak 4k kome van Adame,
de mit arbeide unde mit mysquame
synen armen lycham heft vorsleten.
le biddet, dat gy em don weten
in rechter v^arer sekerheit
120] van dem olye der barmherticheit,
den em got sulven dede loven
do he ut dem paradise wart ghe-
schoven.'
do sprak de enghel Serubin
l'ga, steket juwe hovet to der doren in,
1 125] beseit alumme dit paradis :
: gy moghen em wol gheven priis —
dat wit ik vorv^ar — boven allen steden
de dem hemmel sint beneden.
'Bude vraghet ray denne, wat gy dar siit :
fl30] ik wil ju maken en bedfit.'
Sed stak sin hovet to der porten in,
«n vorvro&de hart unde sin,
le sach mer Schönheit dar —
r dat sekke ik ju vorwar —
135] meer wen yenich mynsche dochte
ofte in em begrypen mochte.
[<lekrude gheven dar sute lucht,
j Dome van mannegher hande vrucht
! fle sach he scone unde grone stan.
140] sine oghen dede he al umme
■ löiddes int paradis plaine
I fer sach he stan eine funteine,
: ^e was ghedelet in vir reveren
I äke uns de meyster diviseren:
i
I 145] de erste is Phison ghenant,
! *^ iopet al ummentrent dat lant
öat dar het Enbat.
115
116
117
119
.00
er
to mote H.
he vorbat also bolde H.
ghinck dar dor m. konem s. H.
Vnde vant d. e. cherubynne H.
mit eyneme sw. H.
He vr. eme wes he begerde Vnde
van weme he queme vnde wat he
sochte Efft wat bodeschop he
brochte H.
Zeth sp. H.
mit groter missequame H.
armen fehlt H. — het H.
Eyne rechte s. H.
^^^ he van hir wart H,
123
124
125
126
127
128
129
130
cherubin H.
Ga vnde steck diii H. — houet C.
Vnde se al vmme dat p. H.
Du mochst H. — geuen den pr. H.
ick wol bauen alle st. H.
De vnder deme h. sin H.
Vrage my denne wat dyne ogen
sehen H.
wil dy de warheit gheen H.
^^^ Zeth both s. h. thor doren in H.
^^^ Eme vrowede herte H.
133-136 fehlen in H.
00
Ol
139 de fehlt H.
1*0 fehlt H.
1*1 Vormiddels in des paradises plan H.
1*^ he eynen borne stan H.
1*3 an veer H. — refieren C.
1** De de meister alsus delen H.
difiiseren C.
1*^ Vmme den trent Engelaut H.
1*7 fehlt H.
92
mit erer gude doet se dat.
men vint dar ynne dat beste golt
150] dat de werlt bynnen holt,
ok vint men dar de durbar stein,
dat ander rever dat ich.meyn
dat het Tygris alse ich wane
unde lopet ummet lant van MSrmanne,
155] dat we heten swarte luden,
dat drudde rever in körten duden
dat het Gyon, so ik vorsta,
unde lopet ummet lant van Ysaya.
dat virde revere — des sit ghewes —
160] dat is gheheten Eufrates
unde lopet umme de werlt al.
van erer grote is nen ghetal.
op dessen reveren grot scone unde
dar,
de he ghesen hadde aldar,
165] stunt ein bom ghewassen grot.
alle sine telghen weren blot,
he endroch noch lof edder blade
noch vrucht noch blomen : dat duchte
em scha[de]
dat he ghewassen was so hoghe ^
170] unde vordorret stunt so droghe. S
he sloch sine oghen neder unde sach •
wo umme den bom ghewonden lach
eyn serpent eyslik unde grot,
de wortel van deme bome blot
175] [lep] deyp in der erden unde
in der helle,
dar sach he de sele van Abelle.
he sach sunderlikes wonder
an deme bome boven unde under:
boven op dem bome lach
180] ein kint, alse ik ju sekken mach,
nyge gheboren, an doken ghewonden,
unde scryede to der sulven stunden.
Do he dit alle hadde ghesen,
do ghink he wedder van dennen
185] dar he den enghel stände vant
unde vraghede em altohant,
wat dat deine kyndeken meynde
48i
49
50
51
53
54
55
56
57
58
59
60
61
62
63
Mit ereme water neret se dal
Vorwar secht me sunder hat Dal
men dar vint dat H.
werlt an sick holt H.
Ock sin dar inne dure steyne E
het geon na myneme wane H.
lopt int lant to moriane H.
lüde H.
drudde in korter bedude H.
Heth tigris so H.
lopt int 1. V. Azya H.
veerde reuer sit gewisse H. -
reflere C.
efifrates C. — eufratisse H.
lopt in de H.
Erer grotheit is neyn tall H.
Vppe deme borne dar H.
^ Den zeth hadde vomomen dar H
66
67
68
69
70
71
72
73
175
Alle blade unde t. H. — sinenC
Se drogen noch 1. edder H.
Dat duchte em sin schade H.—
Die letzten Buchstaben von schadt
beim Binden weggeschnitten in C
stunt statt was H.
was statt stunt H.
Sine ogen sloch he vp vnde H.
Wo in deme bome wunden H.
slange statt serpent H.
lep fehlt C. — De lep in d. e.
in de h. H.
178 bofien C.
179
181
182
bouen C. Vp dem hogesten
bomes lach H.
Ny geboren in doke gewunden H.
He horde id wenen to den st. H.
1®^ Alse he de stad hadde sehen H.I
1®^ wedder, na den H.
186 He vr. H.
187 kint H.
93
I Jat op deme bome lach unde weynde,
; de dar also vordorret stot
i 190] de enghel sprak 4k makes dy
I vrot.
i dat kyndelin dar gy na vraghet,
i dat sal noch an ener reynen maghet
entfanghen mynslike figure:
boven den lop der nature
195] sal got hebben dit kyndelin reine
mit ener maghet, de alleyne
weder sal vinden de ghenade
de Adam vorlos mit unhorsame.
äsegge ju de warheiden:
200] dat Adam unde Eve beide mis-
deden,
M sal dat kint allenen bekopen
van de jare sint vorlopen
finde sollen komen to eren tiden.
nicht er enmach Adam vorblyden.
205] des olies van barmherticheyden
«ü deme kynde ut synen leden
[gheperset werden so utermaten,
Jat em de vader dar by sal laten
|tomoghen vän aller scult
jülO] de he op den mynschen holt.
Wdus doet juwen vader weten,
M gy ein kint seghen ghespleten
iitem herten der gotlicheiden
189
191
192
p
S 194
Od
.* 195
196
197
198
199
200
201
202
203
205
208
209
210
211
212
21S|
214
213
215
216
218
215] dat störten sal sin hilghe blot
M deme holte dat noch v^rassen mot
|van dren kerneken tosamen
«e ut dem sulven appel quamen,
gtevallen van deme sulven ryse ^^^
*20] dar Adam in deme paradise g
ifevrucht af smakede unde ghenot P'221
\^ eme got to «tene vorbot' 222
De enghel gaf Sed aldar
dar so grot v. H.
kint dar vmme vragest H.
van statt an H.
boSen C.
dat kint gemeyne H.
de fehlt H.
Schal wedder wynnen de H.
Adam by euen rade H.
Vorlofz mit unhorsamheiden H.
Dat se do beiden mifzdeden H.
Dat mot dat kint wedder kopen H.
Alfz de jar sin vmme lopen H.
Vullenkomen an eren H.
De olye der barmherticheit H.
Dat id eme de v. schal by 1. H.
Tonoge van H. — schult H.
hült H.
do dyneme v. H.
Dat du segest eyn kint gemeit H.
Dat gekomen is van der gotheit
Vnde des mynschen sone schal
heten mede Vnde deme mynschen
kumpt to salicheit vnde to vrede H.
der Reimvers fehlt C.
Dat schal störten sin H.
Van deme H. — noch fehlt H.
vthe deme paradise kamen H.
Gewassen H. — risen H.
De vr. H. — nod H.
Dar eme got ethen äff vorboth H,
^6 dre kernen — dat is war —
•25] unde heyt en gan in godes namen
'löde also du komest to Adame
^^^ gaf em zeit aldar C. — gaffzeth a.
H.
^^^ kerneken H.
^^^ Vnde sede eme alfz du kümpst
to Adamen H.
94
-vfita
80 vorteile em alle de wort
de du hevest ghesen unde ghehort.
dre daghe na dattu en sust,
230] sal he leven unde lengher nicht.
du Salt graven den lichame
in einen dal scone unde bequame
de Ebbron heit unde du wol wist.
nu SU dattu des nicht vorghist:
235] alse du ene salt legghen in dat
graf,
de dre kernen de ik dy gaf,
de saltu legghen to der sulven stunt
under sine tunghen in sinen munt
unde graven se mit em in de erden :
240] dar af suUen wassen dre
gherden
unde sullen gheberen even groot.
de eine sal sin cedrus gherioot,
de wasset boven alle bomen:
dar by machmen den vader nomen,
245] dat sine moghentheit gheit
boven al
dat was unde is unde wesen sal.
dat ander bomeken sal wesen
ghelik de cyprissyen unde by desen
is betekent de almechteghe sone:
250] wente de cyprissien is ghewone,
alse men anhouwet unde wondet,
dat he den roke ghift alse gud.
alse me den sone sal schowen
hande unde vote dorhouwen,
255] mit eme spere de siden opbreken.
dar ut comet so sute roken,
dat de vader dar by sal
Adames missedat vorgheven al.
dat drudde rodekeii sal wesen
260] ghelik deme olyebome unde by
dessen
is de hilghe ghist bedfit, ,
wente me by deme oliebome sut
dat he so mennich blat utghevet
^^' Den segge eme H.
**^ du sogest vnde hefft g. H.
1 dage so gy en noch seen Dat wil
^^*f ick juw vorware gen Schal he
^*®( leuen vnde lenger nicht Des sit
' van my bericht H.
^^^ Em scholen begraüen sinen licham
H.
^^^ An enen H.
^^^ To ebron dat gy wol weten H.
^^ nu C. — Des en schole gy nicht
vorgeten H.
^^^ Alfz gy en leggen H.
^^^ ick juw gaff H.
237 Schole gy 1. in d. H.
238 Vnder de t. H.
239 grauet H. — eme an de H.
2^^ Dar scholen aflf wassen dre gher-
den H. — wassen unde weerden C.
2^^ Se scholen bliuen euen H. —
euen C.
2^2 schal bliüen cedrüfz H.
2*3 wassen b. a. bome H.
2*^ by ick den v. nome H.
2*5 dat fehlt H.
S 2*6 bliüen statt wesen H.
^ 247 Dq ander gherde des sith gewifzE;
2*8 De schal lick* sin der ciprifz H,
2*9 Dar by schal sin bedudet de sone H.|
250 Weut de ciprifz is also g. H. •
2^^ Wenme ene houwet vnde wünt E,
252 Eyn eddel roke dar begünd H.
253 Dat me ene dar in schal slan H.
25* Dre stümpe negele dor hende
vnde vote gan H.
255 Ynde sine side wert dore steken E
256 Dar vth schal gan eyn sote roke E
25'' vader vmme schal H.
259 De drudde gherde schal H.
26Ö palmbome .by deseme H.
261 hillige geist H.
262 men in deme palmbome H.
263 so fehlt H.
95
unde ok vele telghen hevet
265] dar he sik mede syret unde kleit
unde alle weghe even grone steit :
alle ghelicnisse machme merken
; denhilghen ghist in synen ghewerken,
264
265
266
267
268
sine gnade hir unde dar
2/0] hemeliken unde openbar
80 mannichvolt hevet utghespret,
dat men dar neuen tal af weyt.'
■
He enbeyde lengher nicht
do em de enghel hadde bericht
M] wat an den dren kernen lach.
Sed hästede sere alse he wol mach
.dat he weder quam int laut
dar he sinen vader Adam vant,
ande he vortellede em altomalen
280] van worde to worde in waren
talen
vo em de enghel hedde gheseyt,
dat de olye der barmherticheit
van dem kinde em comen solde.
do vrouwede sik de olde
285] unde makede noch ein graf
Ij sinen daghen er he starf.
Jicht lengher levede he na den
4at he de kernen hadde ghesen.
^e alse Adame dede sin ende,
290] do was de duvel dar behende
^de nam de sele in sine ghewalt.
OD
271
272
Vnde al sine t. H.
Dar mede gesyret vnde gespreit H.
Vnde al in eyner grone steit H.
Des gelikes mach men m. H.
geist an sinen wercken H. —
symö C.
So mannichuolt vth spret H. —
Statt So mannichvolt hat G. : alse
he manneghen.
men neuen tal dar van wet H.
273 Zeth wachtede 1. H.
275
276
277
278
279
280
281
282
283
284
285
286
289
290
roden statt kernen H.
He hastede nacht vnnde dach H.
Beth he quam wedder in dat 1. H.
Adam fehlt H.
Vnnde sede eme al desse wort
De he van deme engel hadde
gehört H.
Wo he eme hadde gesecht H.
Dat he den o H.
kynde hebben scheide H.
Do vorblindede adam de H.
Vnde lachede mehre wen erewerff
An sineme herten ehre he sterflf H.
Do he dede sinen e. H.
dMel C.
m
Sed verde den licham op dat velt 292 \^q gtatt Sed C. Zeth H. —
statt op H.
erde lede H.
Das letzte Wort unleserlich C. —
He groff ene in de sülüen stede
Dar god erst vth nam sine lede H,
fc he en in de erden legede.
dat was to Ebbron an dem heyde.
00 293
• 294
295] de dre kernekin lede he tosamen
^der sine tunghen, unde dar af
quamen
Qfe rodekin smal unde krank ;
clk umme de mate euer eine lank,
Weyen se al in enen done
^ÖO] Winter unde somer allike grone
296 unde fehlt H.
297
298
299
300
roden statt rodekin H.
Alfz ick juw hir na seggen schal H.
iBeyde winter vnde sommer like
\ grone Bleuen se an eyner schone H.
r^
96
wol hundert unde LXXII jar,
unde Moyses de vant se dar
do he dat ysrahelissche her
vorde over dat rode mer.
305] he lede dat volk dor de wostine
dar he III daghe doghede pine,
wente sene vonden water ghein.
dar droghen se over ein,
dat se dar sloghen ere pawellone
310] in dem dale van Ebbrone,
dar Adam begraven lach,
unde also Moyses de roden sach,
do enkonde he gheweten nicht,
wat saken dar were by bericht.
315] des morghens do it was licht,
do sach Moyses de godes knicht
stan dat ene rodelin
to dem hovede van dem bedde sin.
dat ander rudelin, dat ich meyne,
320] sach he recht unde kleine
to siner vorderen siden stan.
dat drudde sach he sunder wan
to siner luchteren siden.
he vorwech to den sulven tiden
325] van dar in Elem,
unde dat volk dat ghekomen was
mit em
dat vor mit em dor en woste.
des avendes do se nemen de rüste
LXXII pallen vonden sik dar
330] unde XX borne klar,
se sloghen op dat grone velt
beneven dat water ere telt.
301
303
804
305
306
307
308
309
310
312
313
314
00 316
00
?^317
318
319
320
321
322-
326
327
328
329
330
332
333
des morghens do it was licht,
do sach Moyses de roden echt
335] to syme hovede stan in dem
alse he se tovoren hadde ghesen,
do profeterde he dar af
unde segede 'got hebbe lof !
also ik des kan bevroden,
340] so se ik an dessen dren roden, ^ ^^^
334
335
336
338
S339
CO
Wol XXXII hundert jar H.
unde und de fehlen H.
oäer C, — Leydede aüer H.
He brachte se dor de wiistenyn H
Dar se dre dage dogeden pya H
neen statt ghein H.
sik statt se C. — Nochten dr. s(
aüer een H.
Se slogen ere paiilün H.
Beneüen deme dale Ebron H.
unde also fehlt H. — dre dre r. H
Mer ho wüste nicht H.
Wat sale an den roden höht H.
do sach fehlt H. — knecht H.
Sach de eyne rode schone vndt
fyn H.
Stan to deme h. syn H.
De ander de ick H.
he stan recht H.
siner luchteren syden stan H.
-^'^'^ Dat Seggen de boke sundei
wan Moyses de wart vorvert Do
he de roden sach vortert He leti
se stan vp de suluen stede M
höret wo he dede He toch van
dar in helem H.
Vnde allent dat dar was H.
Se vorden vort dar is ein luste H.
auendes nemen se roste H.
Souentich pallen vunden se darH.
pawellone statt pallen C.
borne dat is war H.
vnde nemen d. w. in ere C. — 1
Beneuen deme water ere H.
Des andernn' dages sit gewys H.
sach de roden moyses H.
By sineme bedde stan H.
Alfz he toüornn' hadde dan H.
sprack statt segede H.
Alfz ick de vrode H.
dren fehlt H.
M
iat hv is betekeat mede
de bilghe drevaldichede/
I um leit he se dar stan
\ node endorste der nicht anevan«
US] he vor wech mit den luden sin
in dat lant van Raphadin,
darse dat water bitter vonden
iande se to den sulven standen
[m dorste dogheden grot unghemak,
350] wente en sutes waters enbrak.
seklaghedent alle, junghe nnde olt,
Mc gheven Moyses alle de scholt.
h was des bedrovet sere,
{ode bat he unsen here,
955] dat he sochte sulke böte
de water worden sute.
tvolk enleit en nicht rowen,
gtiink in ein pawelon mit ruwen,
he des avendes nam r&ste doe
wente des anderen morghens vro.
lo he den dach hadde ghesen,
TÜ neder op sine kneen
le bat got: oft dat wesen mochte
it he em kennes brachte,
^ wat he meynde mit den dren
j rodelin,
^t he em dat leite vorsin.
i^ ghedachte was menneghes sins«
äo Bande em got in sin ghepyns,
ä&tinen de roden uter erden brak
370] ande datme se in den fonteine
stak :
«ar vorwandelde des waters bittercheit
*1 in ein klare suticheit.
Nu höret vort wat dar gheschude.
»oyses unde alle sine lüde
^75] vorden mit en de rodekine
^i^v dat lant van Rafadine
'Wide se quemen mit eren scharen
yßmentrent enen berch varen
«8 Synay gheheiten is,
580] unde de prophete Moysis
Niederdeutoohei Jahrbuch. II.
^^ Dat betekent wol gemeyt H.
**2 hilligen dreuoldicheit H.
^ Des leth se Moyses dar H.
3^ He dorste se nicht an van H.
^^ Vnde toch wech H.
^^ to statt van H.
8*7 gQ jeg waters cleyne vünden H.
»*« dat statt unde H.
*** Dogeden dorst ock vngemack H.
^'^ Sotes waters ene vnbrack H.
851 clageden junck H.
»»2 alle fehlt H.
»w des fehlt H. — bedroäet C.
86* He bath god vnnsen hernn' H.
8*6 he eme des dede böte H.
366 Dq^y äff dat water smakede sote H.
867 volck leth ene nergen rysen H.
868 Do ghinck he an der suluen wyse H.
86» des nachtes rostede do H.
^^ Al£z he H. — seen Do stunt he vp
vnde ghinck mit den Sach he de
roden schone Stan in deme suluen
done Aliz he de twye hadde seen H.
^ 862 Do yii he vp H.
CD
^^ eme toüoren brochte H.
8«6 den roden H.
866 Dede eme also vor moden H.
^^^ He hadde an sinen dancken men-
nigen syn H.
^^ Den god sande an dat herte syn H.
8^^ Dat he de roden vp toch H.
870 Vnde an de borne mede sloch H.
871 Do wandelde H.
872 An eyne grote soticheit H.
878 höret wo id dar na schüde H.
874 alle fehlt H. — luden C.
876 Verden de roden mit en H.
876 Dor dat 1. v. raphaden H.
877 He quam mit sinen seh. H.
878 ümme eynen b. here v. H.
380 unde fehlt H.
F
98
de leit de roden bliven dar
unde sat se in ein water klar,
dar na ghink he — love des my —
op den berch to Synay.
385] dar was he XL daghe mit gode
unde brachte mit em de X bode
ghescreven in twen taflen klene,
de beide weren tosamen van stene.
also he van dem berghe quam to dale,
390] Yorde he de roden to dem sul-
Ten male
to Moab in dat konyngrike:
dar sat he se Til wardelike
in de erden alle dree«
na dem sach he se nee.
395] dar stunden se mannich jar,
dat se enwossen nicht en har,
se hieven al in eynem done,
Winter unde somer even grone,
unde Yorwar segghe ik ju dit,
400] dat se dar de konyng David
yant, so ik ju seggen mach,
in enem slape dar he lach,
ein engel quam em tovoren
unde segede ^konyng gud gheboren,
405] höre wes ik dy vormane:
vare henne over de Jordane«
dre rodekin salstu dar vinden,
de van euer grote sin binden:
de saltu setten in dinen hoff.
410] ein bom sal dar wassen äff,
dar de gene sal an sterven
de dat al sal weder vorwerven
dat by Adame verloren wart.'
de konyng entwik unde wart vorvert.
415] de nacht vorghink unde des
morghens vro
de koning stunt op unde ret sik dar to,
he nam mit em selschop
unde vor int lant Moab:
dat leget over der Jordane.
420J he vor in hopene unde in wane
umme to vinden de roden dar
de Moyses over mannich jar
dar in der erden stände leit
Ml bliven fehlt H.
882 Vnde lede se an eyn H,
M' lo&e C. — love des my fehlt I
8«* to fehlt H.
^^ br. van dar de H.
*®^ Bescbr. an twen tafelen fyn H.
M^ De stene weren mormelyn H.
M^ Do he v. d. b. kam nedder H.
3«o Do v. H. — roden sodder H.
'^ Dar sette he se werdichliken £
a«» erden der eilen dree C. — erde
alle dre H.
*•* Na der tyd s. h. er ne H.
^^ se nicht wussen en H.
**^ Vnde hl. al van eyner grote H.
3^9 De roden van manniger handi
gute H.
89» YQp ^aj. secht me dith H.
*«> dar de fehlt H.
*02 Ja deme sl. H.
^^^. Quam eyn engel eme H.
404 sede sta vp du vterkoren H.
*<>5 dy hir v. H.
407 Dar schalttt vynden dre roden fynB
^408 hinden fehlt H.
g*<>9 den statt dinen C. dynen H.
^410 Dar schal eyn bom w. ofi H.
^^1 jenne mot ane H,
^^^ De dar wedder schal weruen
*i4 Dauid wakede vnde H.
416 Do de n. v. des H.
416 Stünt he vp vnde redde sich tho
4" sich statt em H.
418 vor in dat rike moab H.
419 ouer C. — licht auer de H.
«1 umme fehlt H.
*22 o&er C. auer H.
42» stan H.
j
r
9d
em got bevol unde keit.
425] dar yaot he ene schone stede,
dar Iie sin bedde maken dede«
A» morghens do it was licht,
|io sach David de roden recht
metrent sin bedde stände.
I] gode bat he unde vormande,
it he em wolde openbaren,
dät de dre roden waren
lie dar sochte int lant.
le stemme rep tohant
^koning gud, dit sint de roden
da sali hebben in dinen hoden
k bringhen bynnen Yerusalem/
Volk dat ghekomen was mit em,
bilde van dem hilghen vonde.
)] Da?id gink ter sulven stunde
l6 brak de rodekin ut der erden
le verde se enwech mit groten
werden.
t^ar men de rodekin vorde unde
droch
e an de seken lüde sloch,
^ de worden altohant ghesnnt.
t wart eyme groten heren kunt
Vexillus was gheheten:
gbenas, dat moghe gy weten,
t^ote em van den roden quam:
V^l be was gichtich unde lam
Wevan krankheide mat
it ie mit pinen drank unde at.
^^id an em de roden stak :
Morlos do al sin unghemak.
^] alse Vexillus was ghenesen,
P se quemen op de Jordane,
»motten em dre mormanne
■J^we heiten swarte lüde.
M DU moghe gy boren, wat ghe-
I schude:
» roden stak an en David,
»Q worden se schone unde wiit
*2ß Do V. H.
IDar he sich slapen leyde Vnde
des nachtes rowede do Des suluen
morgens vro Alfz he vornam des
dages licht H.
*^ Do vant he dre r. rieht H.
*2» Beneuen sineme H.
*^^ He bat gode vnde H.
S
P *32 ^Q suluen r. H.
*^ dar in deme lande vant H.
*3* Eyn stemme antworde eme t. H.
*** h. an diner hude H.
*^^ Vnde vore se in Jherusalem H.
438 Vnde dat v. d. dar w. H.
*^^ De worden bl. vmme den zeugen
vunt H.
*4o ghinck in der s. stunt H.
**i De roden to thende vth H.
^2 se van bynnen syne verde H.
443 ^ffQJ jjj^ j roden vorde H. —
unde droch fehlt H.
^« fehlt H,
*** worden hei vnde sunt H.
**^ wart an eneme heren H.
*^' De lixsillus w. genant H.
^48 Deme wart sulk gnade bekant H.
^« böte fehlt H.
*^<^ was dulgicht vnde H.
**i Van sukedage so math H.
2^^* Do men de r. an eme st. H.
.^464 Do vorghinck eme sin H.
46Ö Do lixsillus w. genezen H,
466 vof C. — Do vor he van dan
vnde mit desen H.
^ö'^jDo motten eme dre morianen Er
468 jse quemen auer de Jordanen H,
*ö^ arme statt swarte C. swarte H.
460 n4 c. — Dar grot wunder ane
schude H.
^^^ Mit den roden rorde se daüid H.
462 Se w. to haut seh. H.
7*
L
100
beide van hude unde van hare,
dat segge ik ju vorware.
4«8
464
465] se leden de Jordane mit eren
scharen
unde quemen by enen wech gevaren
dar en spitalesch man lach
unde alle weghe to leggen plach
umme dat dar was de wech by
465
466
467
468
469
470] unde bidden mochte, love des my.
C jar unde XXX mede
was de man olt unde by der bede
hadde he ghelevet mannich stunt«
470
471
472
473
474
de man tovoren sprak 'my is ghekunt
475] dat hir hfide en koning komen sal, ^ ^'^^
de my van myner suken al , g ^''^
ghenesen sal mit hillicheiden.' ^ ^^^
unde also David quam gereden ^'^^
unde vor den seken solde liden, ^'^^
480] do sloch eine vlamme to den tiden ^^^
ut den roden to dem berghe wert,
de hastelike had vorkart
alle de suke van sinen leden«
481
482
483
dat volk quam to em gereden
485] unde vonden den man al ghenesen,
de langhe krank hadde ghewesen.
Des sulves daghes to vespertit
quam bynnen Jherusalem David
unde brachte de rodekins aldar.
490] dit gevel int teinde jar
also de koning wart gecoren
int rike dat Sawel tovoren
mit groten eren hadde beseten.
nu wil ik ju vortan don weten
484
486
486
vnde hare H.
Dat segen se vorware De dar mii
deme koningh reden Do id enc
wile was geleden H.
ere C. — Do qwemen se mit H.
By enen berch varen H.
eyn kranck mynsche inne lach H
alletyt to wanende pl. H.
wegen statt wech C« Oder hiess^
es : umme dat dat was deme weg^
by? — Darvmme dat idbydemt
wege was H.
lofie C. — Vnde leuede so eyi
dwalz H.
jar olt unde C.
Hadde he leuet uppe deme bedde B
gheleüet C. — So h. h* leüei
mennige st. H.
He sede nu is my worden kunt H
hir eyn hüte komen schal H.
myr statt myner C. mynen H.
Gelosen wil mit hilligen zeden H
unde fehlt H.
solden statt solde C. — Do hi
scheide vor den seken riden H.
sloch he vth den roden to dei
suluen tiden H.
Eyne soticheit dar he in demi
berge was H.
Dat he al siner suke nafz H.
suke was van em ghebeden C
ich ändere nach Variante A k
I
V. 466 des niederländ. Textes. -
Vnde sunt was an sinen leden H
De lüde qwemen t. e. reden H.
vofiden ene wol gen. H.
De so 1., hadde seck gew. H.
*ö' to der V. H.
*öö Do qwam koningh d. H.
536 fehlt H.
489
494 n& C.
ryiWTi
101
509
495Jvät David mit den rodekin dede,
io le se brachte bin der stede :
Iie sat se in ein water klar
bj syme huse stunt aldar.
anderen daghes wolde he [se]
mit love
jOO] bebben gesät bynnen sinem hove : S ^
M he to donde nicht hadde macht, ^
fente se waren bynnen der nacht
i) dep ghewertelt in dem grandö
t men er nicht ut krighen künde
5] edder van dar gebryngen.
tenwolde des nicht vorhinghen
i se anderswor solden sten.
wol weren se vorgadert in en.
i<irboven to dem hoghesten ende
0] bleven se stände dat men bekende
it hadden ghewesen III rodekin :
irus unde sypryscie unde olye-
bome fin
sen tosamen in eyn.
loner bom sach nu man gein
5] noch van grone noch van hoghen,
r to dem hogesten ende boven
t men openbar sen
he Yorscheden blef in dren.
De koning leit to den sulven tiden
^ sinen hof lenghen undß widen
t men den bom dar bynnen brachte
de mit eme tune al ummewrachte. ^^ tflne C.
Jo de bom ein jar hadde ghestan, ^
» let de koning dar umme slan
1*^] van wittern sulver einen rink
p en alumme unde umme vink.
w W08 to XXX jaren,
^i^ elkes jares twaren
^ dede David de konyng
wO] umme slan einen rink :
Jt weren de XXX ringhe
P vele lüde nomen pennynghe,
J«nte Judas vorkoft dar umme
«jsen heren got Jhesumme.
l^ de koning lede dar an sin vlit
p ret dar to to manneger tit.
jeplach dar to der stede
«toodeüke d8n sin bede.
*»« loüe C. — se fehlt C.
ho&e C.
W8 de statt dem C.
van statt mer G. Uebrigens über-
schlagt C zwei Verse seiner Vor-
lage ; die Stelle lautet im nieder-
länd. Texte V. 490 ff. : Versament
waren si soe weL Datmen niet
en conde ghesien Welc deen was
van drien; Maer bouen etc.
CO
CO
SB
527 was statt wos C.
628 jares en tw. C.
53'^ plach to dbnde an der stede H.
588 Othmodichliken sine b« H.
^vl^T
102
he had vorsamelt sulver unde golt
640] mede to kopen stene unde holt,
he wolde der stede en bedehus maken.
mer got openbarde em in spraken
^'^ He sammelde 8. H.
wo mede fehlt H.
^^^ Men god vorbot eme in der sprab
H.
643-646 fehlt H.
unde segede ^konyng, nu merke hir an:
du bist ein orloghes man,
545] du ensalt gen bedehus oprichten,
dat hevet ghedan din vele vichten: g
underwindes dy nicht to done : ^ ^^ under dy C ; Vnderwindelz dy H
it sal scheen by Salomone — donde sone H.
de na dy sal besitten dat rike
550] langhe tit in dit ertrike.' ^^ tyd vrolichHken H.
Also konyng David starf
unde Salomon dat rike vorwarf,
he wart do ein weldich here.
do bracht en got to sulker ere
550] dat he en bedehus let maken
van den alderbesten saken
de men dar to vinden mochte,
id was lank er ment volwrochte,
also dur en werk, ik wet vorwar.
560] unde enes balken brak en dar.
se voren vere unde sochten
dat laut dore unde enmochten
ghevinden geynen bom so grot
de gut were to der not.
565] se quemen alle bedrovet sere
vor den konyng eren here
unde spreken 'konyng gud geboren,
al unse arbeit is verloren,
we enkonnen genen balken vinden
570] dar we mydden dat werk mede
bynden,
it ensy dat gy laten houwen af
den bom de in juwem hof
steit ghebunden mit XXX ringhen.'
dat de koning node wolde gehinghen
575] umme dat en sette dar sinvader.
nochten enwolde he nicht algader
wi Do k. d. ßterff H.
663
664
666
666
667
668
669
660
661
662
663
664
666
666
567
668
S 669
P 670
he wat eyn H.
God brochte ene to H.
en fehlt H.
alder fehlt H.
vreschen statt vinden H.
men id fuUenbrochte H.
So düre H. — wet ik statt il
wet C; fehlt in H. l
breken em statt brak em C. -
Eyn balke brack en dar H.
veren statt voren C. — De mg
ster voren vnde H.
vnde se en brochten, H.
Nenen bom H. *
De ene mochte helpen to H.
Se ghingen bedr. H.
Vnde spreken koningh leue hereB
fehlt in H.
Wy können nenen H.
Den wy an dit werck mögen b. H
671 en fehlt.
"2 bom den gy in ; das gy ist durcfc
strichen C. — Den bom de
steyt in jüwen hoff H.
^''^ Gebunden mit den XXX. H.
"4 Des wolde de k. node ghunnen B
Ö76 settg C. — Darumme dat eme da*
sette sin H.
ß76 en fehlt H.
lOS
sehone werk laten yorderren:
le kit en houwen unde kerven
desbom dar na dat se wolden,
ü^] mer de XXX ringhe hat he be-
holden
oode hei in den tempel bringhen
dar se langhe tit in hjnghen.
langhe so henghen se dar
vorgan weren de jar
585] dat se de Joden JMase brachten
unsen heren dar umme koften.
Na spreke ik yan deme bome yort.
i& laeh gheholden nnde ghebort
Bude albereit to den werken.
{90] de meyster nemen ere merke
mde meynden en to leggen opt mydpas,
fien alse he opgheheyen was,
8eghen se dat it were ymmer
yorsen:
Yote to kort al in en,
^ unde also men ene dede leggen
neder,
vorlengede he jo vif yote weder.
hadden de tymmerlude wonder:
^ nemen de mate boven unde under,
M was umme nicht dat se wrochten,
^^] se enkonden noch enmochten
^^dem balken nicht ghemaken.
^was ghewassen to anderen saken:
woldet dreghen to eynem schilde,
ins dar mede vorlossen wilde
15] van des düvels ghewelt,
f» m in siner vengnisse helt.
*ö de koning horde seggen,
j*t men nicht enmochte leggen
»«einem balken dat sulye holt,
|WÖ] do leet he yaren in den wolt
l^eder unde yort in allen hoken,
»1^
»77 vor der&en C.
^^^ ker&en G. — heth den bom h. H.
^^' Den tymmerman wo se wolden H.
«^«0 mer fehlt H. — leth statt het H.
beh&den statt beholden C«
*8i Vnde to deme t. H.
^^^ se mannich jar na hingen AUz to
eyneme menen orbar Dat is not-
Hck to donde yorwar H.
^ So lange hingen se H.
684 vulgan H.
^^^ se fehlt H.
W7 Nu höret v. d. holte y. H.
^^^ Id lach gehoüwen ynde bort H.
689-694 Dq mestere nemen ere merck
Vnde wunden id in dat werck
Ynde leden an de suluen mafz
Dar id ymme houwen was Do se
id hadden yp gebort Do wart id
wol yiff yote to kort H.
696 Ynde so se id leden nedder H.
Ö96 Do lengede id yiff y. wedder H.
^^^ Dat hadde den tymmerluden wun-
der K
^^^ Se meten den bom bouen H.
699 Vnde halp ene nicht wor se ene
wr. H.
ß^ Went se konden H.
^^^ Dar yan neuen balken in dat bede-
hufz maken H.
«02 Dat statt it H.
603 (Jod moste id vns H.
^^ De mit sineme blöde milde H.
«0^ düüels C. — Vns losede yan des
d. banden H.
606 D3,|. he yns hadde in sinen ban-
den H.
«07 A115z de H.
«08 nicht konde 1. H.
«0« To bände dat zelige h. H.
«11 Verne na yele eken H, — haken
statt hoken C.
104
mit haste enen anderen soken, ^^^ Eynen anderen bom to s. H.
de gevonden wart to dem ersten male. ^^^ Do vünden se in deme ersten dage
dat segge ik ja in wäre tale: ^^^ Eynen bom dat segge ick sund
^ sage H.
615] be was to mate mjn nochmer ^^^^ De was to m. noch myn H.
to dem werke dar af ik sede er. ^ ^^^ Alfz ene duchte nach erer gher i
Dar na heb ic ghelesen,
dat dit holt lange lach na desen
in dem tempel op der erden
620] dat des nen man achte noch
begerde.
dar quam ene vrowe to ener stunt
de Sibille heite -r dat sy ju kunt —
unde gink sitten op dat holt neder:
dar na quam se in groter not seder,
625] wente utem holte quam en brant
de ere kleidere altobant
mit ener flammen ontstak.
luder stemme rep se unde sprak
^0 bom, hillicheiden yuI,
630] wo was ik ye so rechte dfll,
dat ik up dy sitten solde?
wente an dy sal umme unse sculde
de godes sone werden ghehanghen/
de Joden quemen dar geganghen
635] unde deden se mit gheiselen
sere slan,
dat sege ik ju sunder wan,
se werpen se in enen kerkener deep.
se enwiste nicht wat se reep
van dem holte mer noch myn,
640] dan er got sande in den sin.
se deden er so grote not,
dat se in dem kerkener blef dot.
De Joden gingen sik beraden,
wat se mit deme holte deden.
645] se worden des tosamen begrepen,
dat se dat holt deden slepen
Ute dem tempel, horde ik seggen,
unde letent over ein water legghen,
dar et getreden wart mit voten,
650] dat holt dar an lach sulke böte.
Dar na quam to Salamone
ein koningynne van Oghemdone,
■
^^'^ Vnde so ick hebbe hören lesen
ßi8 So lach dith holt na H.
^20 Dat men id nicht achte H. — b
gerden C.
621 eyn wifif H.
622 Sibilla het se so wart my L I
623 In dumheit se dar vp sat H.
624 Dar van schach er vngemack
62Ö Vth deme h. H.
627 fl. 80 vntstack H.
628 Lude rep H.
629 bom aller hillicheit vül H. — wl
680 ick mynes synnes so dül H.
682 wente fehlt H. — vnse beholde"
683 Noch gades sone hangen H.
634 qwemen to er gangen H.
686 Mit geyslen leten se se sl. R
686 Vnde beten se vth deme temp
gan H.
637 Vnde leden se H.
5 639 holte noch mer H.
p-640 Mer alfz god er sande H.
641 sse C.
643-648 De Joden do to grepen Vn<
dat vth deme tempel slepen Vnt
leden id auer eyn water to eneB
Stege Alfz to deme weghe E.
646 sse C.
647 harde C.
649 Dat wart getreden mit v. H.
660 lach vele gute H.
662 van Oghemdone ist ein Missvei
105
UDine dat er so vele was geseit
I m koning Salomones wisheit.
(55] do de yrowe quam to der beke,
dar dat holt lach dar ik af spreke,
dosaode er got in ere gedochte,
datse overt holt nicht gan enmochte:
ne seget dat se barvot
] dar beneven over dat water w8t:
6e endorste van hillicheiden
holt nicht mit yoten treden.
[ttvornam Salomon de koning,
danket em eyn wonderlik dink.
(65] he sprak 'vrowe, bericht my dat,
[Vor umme make gy juwe kleder nnde
vote nat?'
jie sprak 'koning, by juwer gnade,
m nn is of by wems rade
r Kget hir dit holt to eyme stege by-
sunder?
WO] me secht ju wiis : dat heft my
wonder,
^^i^ gy nicht, dat hir an sal
legten de hope der werlt al ?'
^e vrowe was, so ik vorsta,
tionyngynne boren van Saba.
^5] se gaf dar to steine eddel unde
, golt,
. oar men mede besluten solde dat holt.
joalomon de wise here
[ ^6 leit nemen mit groter ere
^nde bringen dat holt in den tem-
pel do
ßöO] unde let mit stenen m&ren to
*^ie de dore grot unde deine
^an dem tempel sunder eine,
661
662
ständniss des Abschreibers; die
niederländ. Texte haben van ho-
ghen doene. — konyngynne wys
ynde schone H.
^^ Darumme dat er was H.
^^^ Van siner groten wisheit Se qwam
togentliken to em Geuaren in
Jherusalem H.
«w Do se qwam H.
^^^ van statt af H.
667-669 (Jod sandet er in den sin Dat
se deme holte to vote vil Vnde
erede dat mit ereme bede Alle
cristen hebben noch den sede Des
sande er god an eren mSt H.
«»8 oÄert C.
^^ö Dat se auer de beke w8t H.
sse G. — Se sach daran sulke
gute H.
Dat se id nicht wolden treden mit
Voten H,
^ *^3 Dat sach de koningh Salomon H.
§«64 Dat duchte eme H.
? 666 yj. jjjy berichte dat H.
gy jüw so nat Vnde jüwe rick-
lich gewede H.
sse C. — sprack berichtet my
der stede H.
668 fehlt H.
6«9 Wo licht dat holt aldüfäz besunder H.
670 Men holt dy wys H.
671 Eyn schal dar an liden den dot H.
672 D8r alle der werlde not H.
678 De sulue vr. so H.
674 Dat was de k. van H.
67Ö sse C. — to düre steyne vnde H.
676 men dar besiege dat H.
677 Vnde Sal. H.
679 Vnde in den tempel dregen do H.
680 letet C— He leth m. st. leggen to H.
681 an de C. — Alle deren gr. H.
682 t. alleine C. — De dar weren s. e. H.
666
667
L
106
dar leit he dat holt dwere in voghen ^^ Vnde leth dat h. dar dw. H.
so dat neman solde moghen ^^ sso G.
685] dar in gan unde spreken sin ^^^ sine bede H.
ghebede,
he moste nighen dem holte unde der ^^^ He negede deme H.
stede,
unde de et mit Toten hadden getreden, ^ ^^^De dat touornenhadden betreden H
dat moste dat volk na anbeden. ^ ^^^ De mosten do alle anb. H.
Salomon starf unde dar na quam
690} ein koning, de heite Roboam,
unde noch ein ander dar na,
de was gebeten Abya.
de nam van dem holte reine
dat golt unde eddele steine
695] dar it mede was bewracht.
de Joden weren des bedacht
unde groven bynnen euer nacht
in de erde wol XXX gelacht.
dat holt dar begraven lach
700] wol IIc jar dat is neman sach.
Dar na velt, also got wolde,
dat men enen dik graven solde
dar men dat vlesch in solde dwan
dat in dem tempel wart ontfan.
705] et was en sede in der olden e,
dat men lammer unde ander vee
to offeren plach dat allerbeste,
also men hochtit helt unde feste.
me grof dar enen dik gereit,
**^ ssalomS C.
«»0 de fehlt H.
6»! noch fehlt H.
6»2 He hete A. H.
«ö^ dat fehlt H. — eddel H.
^^<^ it was mede beslagen He heth »
vth deme tempel dragen Dar u
lach bewracht H.
^^ De J. worden bedacht H.
^^'^ Senemenhemelken in der Dacht H
698 Vnde groüen id wol XX schach
H. — XXX vaden lacht C.
6Ö9 begraäen C. — Vnder de erda
dar id lach H«
700 Twehündert jar er id jemant sachH
701
702
708
704
706
706
707
708
709
710
710] dar dat holt unser salicheit
was vorgheten lange stunden S''^^
unde et hoef sik sulven ut den gründen ? '^^^
unde dref in dem water klar. '^^^
sunte Johan seget uns vorwar, '^^^
715] dat alle daghe vor myddaghetit
ein engel dar quam — des seker ziit —
unde rorde dat water in dem dik.
716
716
717
Dar vellet aUz id god H.
gra&en G.
vlesch an wasschen wolde H.
in den t. wart vntfan Yan
Volke in deme lande H.
Dat was H.
ander fehlt H.
offemde plach vnde ander veste H.
Dat schach to hochtiden vnde to
festen H.
Men groff eyne pütte in dersuluen
stede H.
holt lach to vnser salicheide H.
Dat was H.
Id hoff sick vth deme gründe tt;
in dat w. H.
ssunte C. — Sünte Johannes
secht H. !
Dat to m. H.
engel qwam vnüormid H.
dyke H»
107
tre k krankbeit hadde edder zflk
QDdeop dat water dar quam,
720] Tan sinem ovele he böte nam.
aldas dref dat holt in dem dike
tu QD868 heren behof van hemmelrike
ilmaket, dar he an sterven wolde.
BQ merket beide junghe nnde olde,
125] wo Yele vordretes se em deden,
k he uns mede bracht to gnaden.
Iie wart valslik van den Joden yor-
raden
nnde van Judas, so gy moghen boren :
k quam mit den Joden tovoren
130] in ener dunkeren aventstunt
inle kussede Jhesum vor sinen munt.
ivgrepen en de Joden an
t&de ledden scbentliken van dan
to enes bisscopes hus inne.
'35] ik enkans my nicht vorsynnen
Kode segen, wo vele smaheiden
k em de bösen Joden deden.
WS anderen daghes wart he gebracht
'ör Pilatus mit groter macht.
^0] se repen alle kleine nnde grot,
fttt he Bculdich were den doet:
'niecrucege en, he heft is vorbort!'
^ Wille moste do gan vort:
^^Wt ene an en säl onsachte
'^ unde gheyselden so sere dat me
mochte
«|D gan dat rode blot
« dor sine benediden h&t.
i^ enmochtet nicht by bliven,
Ij^wolden en an dem cruce untliven,
W aleus repen se ut erem munt.
«ö sprak elk Jode to der stunt
l*^eit en grot holt in dem waterdike,
* hinein rüge wol gelike.
Jiist olt, et enscadet em nicht.
it drivet in genes dines plicht.'
'^^^ Wede wafz befangen mit süken H,
"«» Vnde na em in dat w. qwam H.
'^^ alleme statt sinem H. — o&ele 0.
^*i Do lach dat h. in der piscine H.
7^ Dar Jhesus vmme de syne H.
72» Naket an st. H.
72* n4 C. — Nu boret jünck H.
^2g J vordretes he dar an dogede Vmme
^2g I den mynschen er he ene vorhogede
] Vnde ene wedder brachte to gn. H.
727 valschliken vorraden H.
728 unde fehlt H.
72» mit statt to C ; mit H.
7»^ ene d&nkeren aäent stQt C.
ene düsteren a. H.
— An
«
•^
733 Vnde vorden en grymmichhken
^ V. d. H,
784 eynes bisschoppes h&fz bynnen H.
7^ Ick kan des nicht al besynnen H.
788 To seggende w. v. smaheit H.
7»7 Dat he des suluen dages leyt By
deme barde wart he getogen Dat
wolde he dor vnsen willen dogen H«
788 Des negesten dages w. h. bracht H.
73» To Pylatus vnde wart bedacht H.
7*0 sse C. 740-741 Dat he schuldich
was den doet Dat volk rep cleyne
vnde gr6t H*
7*2 des für is H.
7*8 do gan fehlt H.
7** ene vmme eyne sule vaste H.
746-747 gheyselde ene mit haste Dat
vth sineme lyüe mannich reüer
vntspranck So blodichlick van der
roden swanck H.
7*8 ssin C.
748 Also mochte dat nicht bl. H.
7*» sse C. — eyn statt dem H.
7öo Des drogen se alle eynen moet H.
7Ö1 sprack eyn Jode de dar stoet H.
752 eyn holt langk vnde dicke H.
7^8 Dat sick wol fuget to eineme rügge
7ö* is id olt id schadet H.
7ÖÖ driflEt in des waters vlit H.
L
108
se lepen to dem.dike wert
unde togent dar ut mit der yart.
dat holt wa9 mannich jar tovoren
to dem cruce unses heren vorkoren.
760] se hottwen dar af ein dordendele,
dat cruce enblef dar nicht al hele.
dit was de stake de opwert stunt
yan dem cruce des kempen gud
de yor uns allen seg'eyacht
765] unde benam dem dflyel sine
macht,
dar was dwers oyer — des siit ghe-
wis —
gheneghelt yan eqem bom cypris,
unde de nagel — alse ik bescreyen
yant —
de de twe holte tosamen baut,
770] de was yan dem olyebome
houwen.
Jhesus moste sahen mit ruwen
sin cruce dreghen to der stede.
dat yolk gink algader mede
to dem berghe yan Galyarye
775] mit ruwen quam dar mede Marie
unde sunte Johan, erer suster sone:
desse twe weren de gone
de by em under dem cruce bleyen,
dar he naket an let sin leyen.
780] men sloch den heren yan al
dem lande
twe stumpe neghel dorch beide sin
hende
unde dorch sine yote sloch men enen.
dat grote scryen unde dat wenen
dat me dar an Marien sach,
785] dat was mer den me scriyen mach,
so wat de passio al inholt
7w Bse C. 7W-767 fehlt H.
768
769
7eo
762
768
764
765
766
787
768
769
770
was fehlt H.
heren was gekoren H.
sse C. ''60-7«! Dat bleff nicht &
heel Men how dar äff den drüd-
den deel H.
Dat was dat holt dar yp wai^
gestot H.
des crucen C«
den statt allen H.
dil&el C.
CO
92
772
773
774
775
776
777
778
779
780
781
782
788
784
785
786
des werde ik nicht to segen stolt,
Dar yp leden se ene dwers
sit bericht H.
Genegelt eyn holt yan cipris E. |
unde fehlt H. — engel statt m
gel G, nagel H.
De dat holt to sammende E -
to haut statt baut G, baut S.
dem fehlt E.
ssin C. — dr. yp de st. H.
Dat meyne yolk yolgede mede H
yan fehlt H<
dar mede fehlt H.
Johannes e« s. zone H.
Desse twe ynder deme crutzi
bleuen H.
naket ane was yorheüen H.
Van deme heren in deme 1. H. |
Twe negel ghingen dor sine hand(
H.
sloch men fehlt H.
Dat clagen ynnde weynen H.
Dat men an H.
Desw.m. wen ickjuwseggenm.B
SSO G. 786-787 fehlt H. In C sini
diese beiden Verse arg missver
standen« In der Gelderschen Hand
Schrift (s, Tideman S. 44 unter de
Varianten) lautet die Stelle: Wan
die passie niet en houdt Zo ei
ben ic te zegghen niet zog boat
109
I in spreke dar af myn noch mer
I den Fan Marien hertezeer,
7^J dat er dorsnet dat swert der
ruwen
^ se eren sone do solde scouwen
uide hanghen in so groter pynen,
tat de sunne leit er schinen,
Je erde bevede, de stene scorden.
ite Johannes ewangeliste :
was de gone de it al wol wiste.
^ritter quam na sinem doet
ie stak en dar he heng al bloet
I] mit eme spare dor sine siden:
fcr ut vlot to den sulven tiden
olye der barmherticheit,
w Adam vore was af geseit,
p he en dar mede losen wolde.
^ Nu bidde we alle, junc unde
olde,
be.uns vorlose mit sinem blöde
le neme uns in sine hode. Amen.
k
788
789
790
791
792
793
794
W5] dit bescrift mit waren worden '^^^
796
797
798
799
Se sprach myn H.
Ereme herten was so we H.
Dat d6r er herte ghinck eyn sw.
d. rüwe H.
se fehlt H. — sone horde ropen
In manüs tue H.
pyn H.
leth eren schyn H.
beftede C. - beuede vnde de
steyne reten H.
bescrift men mit C. — Aldüfz
deyt vnns to weten H.
ssunte C.
was de de warheit w. H.
Do qwam ejm r. so he was d5t H.
hinck blot H. — doet statt bloet C.
5S 803
CO
5* 804
vore fehlt H.
Dar he van nesen scheide H.
®^^ n& C. — biddet den heren junck H.
80« De vns lozede mit H.
^^'^ Dat ho vns neme in sine hode
Nu spreket amen alle gader Gy
kinder mit deme vader H.
Auf vorstehend abgedrucktes Gedicht bin ich durch die Güte
Herrn Dr. 0. Walther aufmerksam gemacht worden. Dasselbe
^t entnommen einer Handschrift der Hamburger Stadtbibliothek, sign.
Kblioth. convent. Nro. 4, Papierhandschrift des 15. Jahrhunderts in 8^
Unser Gedicht ist mitten hineingebunden in die niederdeutschen Ge-
bete, welche den übrigen Inhalt der Handschrift ausmachen. Am
Schlüsse des Gedichtes steht: Scriptum et finitum mensis maius (sie!)
anno XXXV. et pertinet Amt Brfine. Darunter von anderer Hand :
I Anken Petersen hört dyt bok tö in deme kavent. Darunter von
■ ^eder anderer Hand : Dyt bok hört Gesken Meyres tho in dem ko-
vente. de dat vnt (sie!) brynghe er dat vedder (sie!) vme gades
' vyUen (sie!)
^ Die Handschrift ist, wie mich Herr Dr. Walther belehrt^ mit
^ einigen anderen Handschriften und alten Drucken im J. 1875 der
' Stadtbibliothek vom Convent geschenkt worden, — - lauter Erbauungs-
btlcher der einstigen Insassinnen des Convontes, der Beginen oder
Wauen Schwestern; nach Umwandlung des Conventes in ein prote-
110
stantidclies Frauenstift sind die Bücher bis auf unsere Tage liegen
geblieben und selbst, als vor mehreren Jahren der Convent vor das
Thor verlegt wurde, in das neue G-eMude von den jetzigen Bewoh-
nerinnen mitgenommen worden. Der sich als Eigenthümer des Theiles
der Handsohnft, weldie unser Gedicht enthält, nennende Arnt Brune
war Bruder der urkundlich anno 1435 und 1454 vorkommenden begute
AUeke Brune (s. Staphorst I, 1, 239).
Das Gedicht ist sicherlich eines Abdruckes in diesen Blättern
nicht unwerth. Vor dem denselben Stoff behandelnden Stücke im
Hartebok — welches doch wohl besser Hertz-brich-Buch zu nennen
wäre; s. Hoffmann von Fallersleben in seinen „Findlingen" (Leipzig
1859) Bd I, Heft 1, S. 65 — zeichnet es sich dadurch aus, dass es
nicht wie jenes in der Mitte eine beträchtliche Lücke hat; sodann
gewährt es ein besonderes Lateresse dadurch, dass es eine vielfach
abweichende Becension darbietet, wie sich aus den Yarianten des
Hertz-brich-Buches, die zur Seite dem Texte beigefügt sind, ergiebt.
Beiji orthographische Verschiedenheiten von geringerem Belang habe
ich in den Varianten unverzeichnet gelassen.
Zur Erklärung des Gedichts nach seiner sagengeschichtlichen
Seite hin weiss ich auch heute noch nichts Anderes beizubringen,
als was in der Einleitung und den Anmerkungen zu meiner Aus-
gabe (Van deme holte des hilligen cruzes. Erlangen 1869) und in
Mussafia's Schriftchen „Sulla leggenda del legno della crooe" (Vienna
1870) niedergelegt ist. Hier nur noch ein paar Worte über das Ver-
hältniss beider Becensionen zu dem niederländischen Original.
„Dboec vanden houte", früher irrthümlich dem Jacob van Maer-
lant zugeschrieben, hat Tideman in den „Werken uitgegeven door
de vereeniging ter bevordering der oude nederlandsche - letterkunde"
(Berste jaargang, tweede aflevering, Leiden 1844) herausgegeben. Er
legte seinem Abdrucke die belgische oder sog. Hulthemsche Hand-
schrift (von ihm mit H bezeichnet) aus dem 14./15. Jahrhundert zu
Grunde und fügte die Varianten der Gelder'schen (S) Handschrift aus
dem 14. Jahrhundert, der XJtrechtschen (U) Handschrift aus dem
15. Jahrhundert und eines Antwerpener Druckes (A) vonJ.546 hinzu.
Er glaubte in H den ältesten und besten Text zu haben; in dem,
was S U A mehr bieten, sah er nur Interpolationen.
Ob Tideman mit dieser Ansicht im Rechte ist, bleibe hier un-
untersucht. Hier soll nur constatirt werden, dass keiner der vier
niederländischen Texte Anspruch darauf erheben kann, einer der
beiden niederdeutschen Kecensionen zu Grunde zu liegen, vielmehr
weist der Text sowohl des Hertz-brich-Buches (von mir in den
Varianten mit H bezeichnet) als derjenige der Conventhandschrift
(C in den Varianten) darauf hin, dass ihnen Recensionen vorlagen,
die, unter sich wieder verschieden, doch das Gemeinsame haben, dass
sie stark zu S hinneigen — das ergiebt sich schon daraus, dass die
meisten der „Interpolationen", an denen S weitaus am reichsten ist
(doch fehlen ihm V, 129. 130 und 539. 540) auch bei ihnen Aufnahme
111
gefanden haben — , aber gelegentlich auch von U und A beeinflusst
Verden. Doch bemerke ich ganz ausdrücklich, dass eine Untersuchung
ober das Yerhältniss der niederländischen Texte zu einander oder
eine yon Vers zu Vers durchgeführte Vergleichung unserer' nieder-
(leutsch^i Fassungen mit jenen von mir nicht beabsichtigt ist.
Für H ist der Nachweis schwieriger, weil es sich seiner Vor-
lage freier gegenüberstellt, mehr eine Bearbeitung als eine treue
üebersetzung ist, welch letztere Eigenschaft C in weit höherem Masse
zukommt. Doch finden sich immerhin einige Anhaltspunkte, um unsere
Behauptung zu erhärten, wenn es auch nur unscheinbare Lesarten sind.
So steht z. B. vormordede V. 26 (des vorliegenden Abdruckes) ausser
in H nur noch in A, während alle anderen Texte dotsloch haben ;
T. 79. 80 Du schalt de voetsparen sehen apen stan De wy mit ruwen
quemen gan steht gleichfalls der Lesung yon A : Ghi sult daer voet-
stappen vinden staen Die wi met rouwe quamen ghegaen am näch-
sten; V. 114 He vragede eme wes he begerde TJnde van weme he
qaeme unde wat he sochte stimmt nur zu A: Hi vraechde hem wat
M begerde. Van waer hi quame oft wat hi sochte, während allerdings
im folgenden Verse H wieder mit der Hulthemschen Handschrift und
8 bodeschop (niederl. boetscapen) hat gegenüber dem nyeumaren in A ;
V. 116 De mit groter missequame ist die Lesung auch von S und A,
dagegen steht für V. 119. 120 Ene rechte sekerheit Van deme olye
der barmherticheyt die Fassung von U in wörtlicher TJebereinstinmiung ;
T. 359 Dar he des nachtes rostede do stimmt nur zu A, alle anderen
Texte haben statt rostede vielmehr nam rüste u. s. w. In einem
Falle übrigens hat unter sämmtlichen Recensionen H allein die rich-
tige Fassung. V. 361. 362 lauten nämlich in C: Do he den dach
hadde ghesen, He vil neder up sine kneen u. s. w., und ebensq haben
äUe niederländischen Becensionen. Es liegt auf der Hand, dass hier
eine Lücke sein muss. Die Situation ist ja diese: Moses sieht die
drei Ruthen zuerst in Ebron, sie erregen seine Aufmerksamkeit, aber
er lässt sie stehen ; in Elem angelangt, findet er abermals die Ruthen
^d erkennt in ihnen ein Sinnbild der Dreifaltigkeit, lässt sie aber
^eder unangetastet und zieht nach Raphadin, wo der Mangel süssen
Wassers das Volk zur Empörung treibt. Hier beweisen nun die
Ruthen zum ersten Male ihre Wunderkraft, indem sie das bittere
Wasser süss machen; aber es musste doch nothwendig erzählt werden,
dass Moses in Raphadin zum dritten Male mit Erstaunen die Ruthen
stehen sah: ohne das begreift kein Mensch, woher er plötzlich die
Ruthen nahm, von denen eben gesagt ist, dass er sie nicht zu be-
rühren wagte, sondern in Elem stehen liess. Diese offenbare Lücke
nun füllt H aus durch die paar Verse nach V. 361: Do stunt he
up unde ghinck. mit den Sach he de roden schone Stan in deme
sulven done. Alfz he de twye hadde seen, Do vil he u. s. w. Er-
klärt wird das Fehlen dieser Verse leicht durch den Umstand, dass
der Absdireiber von dem einen ghesien auf das 4 Verse später aber-
luals den Zeilenschluss bildende ghesien übersprang. Es ergiebt sich
112
daraus nach meiner Ansicht, dass aus der Yorlage, deren Schreiber
zuerst jene 4 Zeilen aus Unachtsamkeit übersprang, sich nach dem
Hindurchgehen durch beliebig viele Mitglieder alle die späteren Re-
censionen entwickelt haben, welche durch die Hulthemsche Handschrift
wie durch S, TJ, A und C vertreten sind, während die Vorlage von H
wenigstens in dieser Beziehung der Urschrift näher stand. In einem
anderen, freilich weniger bezeichnenden Falle hat H gleichfalls einige
Verse für sich allein (s. die Variante zu V. 657).
Wenden wir uns nunmehr zur Recension C, so ist zu bemerken,
dass sie nicht nur die meisten, den Texten S U A gemeinsamen
Zusätze zur Hulthemschen Handschrift — wenn wir uns einmal der
Auffassung Tideman's anbequemen wollen — aufgenommen hat, son-
dern auch eine Anzahl anderer, die nur in S stehen, und doch wieder
nicht alle, denn S hat noch Über ein Dutzend im Texte zerstreuter
Verse, die auch in C fehlen. In C wird recht klar, wie seine Tor-
lage aus S U A gemischt ist. Von den in der Hulthemschen Hand-
schrift fehlenden, aber in G und in ziemlich gleichem Grade auch in
H aufgenommenen Versen stehen V. 19. 20 nur in S, V. 51. 52 in
S U A, ebenso V. 85. 86, V. 137. 138, V. 265. 266; V. 329. 330
in S A (und zwar hat C in höchst auffälliger Weise denselben Fehler
wie A, dass statt pallen gesetzt ist pawellone oder päuwelioenen),
V. 331. 332 in S U A, desgl. V. 395—398, 479—483, 489—493,
515—518; nur in S stehen V. 603—606, V. 615. 616, V. 635. 636,
V. 764. 765. Einige andere bemerkenswerthe Puncto sind: zwischen
V. 114 und 115 fehlen 2 Verse, welche SAH haben, während sie
gleichermassen wie in C auch in U mangeln; V. 111 stimmt nur
mit A, V. 165. 166 mit S U, dagegen V. 276 wieder nur mit A;
V. 446 groten steht nur in S, V. 450 gichtich nur in U, V. 471.
472 stehen gleichlautend in S A, anders in U; zum Texte der Hult-
hemschen Handschrift im Gegensätze zu S U A stimmen V. 530 und
559 ; V. 567. 568 fehlen in sämmtlichen übrigen Texten, dafür haben
aber nach V. 582 alle anderen Texte noch 2 in C mangelnde Verse;
mit der knappen Fassung der VV. 322 — 325 steht C ganz allein den
in diesem Falle übereinstimmenden andern Texten gegenüber; V. 695
stimmt in auffälligster Weise zu A, während H (s. die Variante) sich
den übrigen niederländischen Texten anschliesst; nicht minder bemer-
kenswerth ist, dass auch die Lücke nach V. 704 (s. die Variante) von
C nur mit A getheilt wird, und doch hat A wenige Verse später
wieder eine durchaus eigenthümliche, von allen anderen Texten ab-
weichende Fassung (vgl. Tideman S. 40); von den je 2 Versen, die
H nach V. 426, nach V. 655 und nach V. 737 hat, stehen die ersteren
beiden Paare sonst nur in S, das letztere in S A; gleichfalls in S A,
nicht in H, stehen V. 786. 787, in 0 freilich arg miss verstanden. —
Der von mir veranstaltete Abdruck folgt genau der Handschrift;
nur u, wo es für v steht, ist durch letzteres ersetzt und einige wenige
offensichtlich corrumpierte Stellen sind gebessert worden ; über beides
geben die Varianten Rechenschaft. Eine besondere Aufinerksamkeit
113
kbe ich den Zeichen o und & zugewandt. Letzteres, wofür H gern
das Zeichen ü verwendet, erscheint besonders häufig da, wo u für v
zTOchen zwei Vocalen steht: hier wie bei dem Worte nfi hat es
natürlich weiter gar keinen Zweck, als das u als solches kenntlich
zu machen und von dem n zu unterscheiden : beide Buchstaben wer-
den ja in den Handschriften gleich geschrieben, wie auch noch heute
in der deutschen Cursivschrift das n erst durch den Haken darüber
zum u wird. Wo sich ausser diesen eben Bezeichneten Fällen & in
der Handschrift fand, habe ich es ebenso wie das o im Texte stehen
lassen, ohne damit ausdrücken zu wollen, dass ich es jedesmal für
das heutige ö und ü, also den Umlaut, halte. Dass ich im TJebrigen
denjenigen nicht beistimmen kann, welche den Umlaut für die frühere
Periode des Niederdeutschen rundweg leugnen, darüber habe ich mich
bereits an einem anderen Orte (PfeifiFer's Germania 19, S. 116 ff.)
ausgesprochen.
LEIPZIG, Carl Schröder.
i^iederdentBcheB Jahrbuch. II. ^
L
Irmin und St. MichaeL
In einer vielberufenen Stelle erzählt Widukind (1, 12), dass
Sachsen nach einer Schlacht gegen die Thüringer drei Tage hindurch
den Sieg gefeiert, die Beute der Feinde vertheilt und Todtenfeier für
die Verstorbenen begangen haben (exequiasque caesorum celebrantes),
und dass diese (jährlich aufs Neue gefeierten) Tage des Irrthums von
der Kirche in Fasten und Gebete und Opfergaben fiir alle verstor-
benen Christen umgewandelt sind. Das Fest fand dem Irmin zu
Ehren statt, der durch seinen Namen an Hermes - Mars (Hermes ist,
wie Widukind meint , der griechische Name des Mars), durch die ihm
errichtete Säule an Herkules und durch die Richtung ihrer Aufstellung
im Osten, an Sol oder ApoUon erinnert^ ;,Geschehen aber ist das
Alles, wie die Ueberlieferung unserer Vorfahren berichtet, am 1. Ok-
tober". Am 1. Oktober also, das ist dieser Tradition zunächst zu
entnehmen, wurde dem Irmin zu Ehren ein Siegesfest gefeiert, und
zwar ein dreitägiges, das demnach entweder Sept. 29, Sept. 30 oder
Okt. 1 begann*.
Mit dieser unbestrittenen Erzählung Widukinds vergleicht sich
eine zweifelhaftere Augsburger Ueberlieferung. Der Inhalt dieser
wunderlichen Tradition* ist in der Kürze folgender: Am Tage der
Göttin Zisa,,der am 59. Tage nach dem 1. August gefeiert wurde,
erfochten die Sueven in Augsburg, das sie der Göttin zu Ehren Zisaris
genannt hatten, einen Sieg über die Römer. Eine mitten in der Stadt
liegende Anhöhe, Perlach genannt, deckt die Gebeine der Erschlagenen.
Stift und Kirche, die im J. 1064 auf derselben errichtet sind, tragen
den Namen des h. Petrus ; auf dem Perlachthurme aber „war ein
bild des heiligen Michaels angebracht, das am Michaelsfeste bei jedem
glockenschl^g zum Vorschein kam"^ Der 59. Tag nach dem 1. Aug.
scheint auf den 28. Sept. hinzuweisen^, aber das Bild des h. Michael
lässt keinen Zweifel darüber zu, dass er als der 29. Sept. aufzufassen
ist. Die Augsburger Tradition berichtet also, dass am Tage der
^) Vgl. Müllenhoff, in Schmidts Ztsch. f. Gesch. 8 , S. 242—44. *) Grimm,
Mythologie 1. Ausg. S. 188 versteht: „die drei ersten Octobertage** (2. Ausg. S. 275:
„den Beginn des October") S. 1200: „den 1. Oct.") ; Müllenhoff S. 254 versucht keine
nähere Deutung. ») Grimm 2. Ausg. S. 269—76. *) Das. S. 274 Anm. ***. üeber
ein steinernes Bild des h. Michael in Michaelstein s. Kuhn und Schwartz, Norddeutsche
Sagen S. 171 und über die Lübbensteine Grimm S. 492, 93. *) Das. S. 275; Müllen-
hoff S. 254.
115
Göttin Zisa, am 29. Sept., ein Sieg erfochten wurde, d. h. der Göttin
Zisa zu Ehren wurde am 29. Sept. ein Siegesfest gefeiert.
Beide Erzählungen gehören offenbar zusammen, beglaubigen und
erläutern einander. Ihr gemeinschaftlicher Inhalt ist der, dass am
'21 Sept. bei Sachsen und Sueven ein Siegesfest gefeiert wurde, das
bei den Sueven der Zisa, bei den Sachsen dem Zio-Irmin geweiht war.
Irmin ist identisch mit Zio^; Zisa muss also die vergeblich gesuchte
Gemahlin Zios sein"^.
Was von vornherein wahrscheinlich, dass der Heilige, dem der
Tag der Gottheiten Zio - Irmin und Zisa zugetheilt worden war , in
den Vorstellungen des Volkes an die Stelle derselben trat®, lässt sich
in Bezug auf Zio-Irmin, über den allein wir näher unterrichtet
sind, auch im Einzelnen nachweisen.
Irmin und Zisa zu Ehren wurde ein Siegesfest gefeiert. Zio-
Irmin ist der Lenker des Krieges, der Siegverleiher^: St. Michael
spaltet im Muspilli dem Antichrist das Haupt ^^; sein Bild führen die
Sachsen in den Ungarschlachten von 983 und 955 auf dem Feld-
zeichen^^; Widukind bezeichnet ihn (3, 44) als: angelus, penes quem
Yictoria^^.
Mit dem Siegesfeste zu Ehren Irmins war eine Todtenfeier für
die Verstorbenen verbunden^^*. Zio - Irmin ist der regnator omnium,
cui cetera subjecta atque parentia, der dominator dominantium, der
Herr über Leben und Tod^^. St. Michael heisst praepositus paradisi
et princeps animarum^*, gilt als Empfänger und Wäger der Seelen^^
und: Idt is s. Michels schlaep, dar men schlöppet beth an den
jüngesten dach^^.
Die Aufstellung der Irminsul im Osten entspricht der Bedeutung
des Zio - Irmin als der Gottheit 4es leuchtenden Tages, des Lichtes
») Müllenhoff S. 247-50, sowie auch S. 243—44 gegen Grimm S. 328 („Die
Sachsen scheinen in Hirmin einen kriegerisch dargestellten Wödan verehrt zu haben").
') Müllenhoff S. 257 : „Noch weniger freilich würde ich an die schwäbische Zisa
denken«. Vgl. Grimm S. 275. ») Grimm S. 797, 98 schwankt zwischen Wuotan,
Donar und Zio ; gewöhnlich fasst man aber St. Michael als Wuotan auf; s. z. B.
Kuhn und Schwartz S. 517. ») Grimnj S. 179 ; Müllenhoff S. 249. ^o) Grimm S.
771. Ueber St Michael als Drachenüberwinder Grimm 1, Ausg. S. 707 und Watten-
tach, Anzeiger f. Kunde d. dtsch. Vorzeit 1869, Sp. 164—66. — 1397 am Sonntag
Dach Michaelis wurde von dem Amtmann der Herzogin von Braunschweig zu Münden
den scholeren, do se umbe reden, eine Gabe verabreicht : Sudendorf, Brschw. - Ltineb.
Ü. B. 8, S. 226. ") Widukind 1,38 und 44; Waitz, Heinr. I, 2. Ausg. S. 160 u. S.
159 Anm. 7. ^^) S. Grimm S. 180 über den mens Michaelis. Vgl auch i. J. 1042 :
^ctique Michaelis archangeli et totius celestis milicie : Eeg. bist Westfaliae I, Cod.
^pl S. 109. "») Wie dem Herbstopfer (zum Empfange des Winters und pro annonae
Qbertate) ein Mittwinteropfer (pro feracitate : Grimm S. 38 , Müllenhoff S. 255), so
stellt sich auch dem Todtenfest im Herbste ein mittwinterliches Todtenfest zur Seite :
Sunt etiam qui in festivitate cathedrae domini Petri apostoli victimas mortuis offerunt ;
Jgl. Friedberg, Aus Deutschen Bussbüchern S. 75, 76. ") Müllenhoff S. 248, 255.
*] Grimm S. 1226; vgl. die von Massmann ^ Eike v. Eepgow S. 656 gesammelten
Stellen. «) Grimm S. 796-98, 814, 819, 830. *«) Mnd. Wb. 3, S. 85.
8*
116
• im Gegensatz zur Finsterniss^^ : eia Tag, der mit dem Michaelisfeste
auf das Engste zusammenhängt, wurde noch im 16. Jahrhundert der
leuchtende Montag genannt.
Die christliche Festfeier, die nach Widukind an die Stelle des
heidnischen Todtenfestes am 29. Sept. trat, ist die sogenannte Gemein-
woche, die am Sonntag nach dem 29. Sept. beginnt^*. In derselben
wurden täglich Messen für die Verstorbenen gelesen und am Sonnabend
eine — der Gemeinwoche übrigens nicht eigenthümliche^^ — sog.
aurea missa gehalten. Weidenbach hat freilich Einwand gegen diese
Deutung erhoben^^. Da sich in Wallraflfs historisch-diplomatischem
Wörterbuche^^ die Stelle finde : „op aller hilgen avend, do die gemein-
wöche vor die verstorvene begind 1354", so meint er, müsse unter
der Gemeinwoche, wenigstens am Niederrhein, die Woche nach Aller-
heiligen verstanden werden. Indessen fällt im Jahre 1354 der Tag
vor aller Heiligen, Okt. 31, auf einen Freitag, und mit dem Freitag
kann keine Woche, also auch nicht die Gemeinwoche, beginnen. Kann
man aber nicht einen Irrthum annehmen? Im Jahre 1483 heisst es
nach einer ebenfalls von Weidenbach^^ beigebrachten Stelle: geben
am samstag aller glaeubigen seelentag; Aller Seelen, Nov. 3, fiel aber
in diesem Jahre auf einen Montag, Aller Heiligen, Nov. 1, dagegen
auf einen Sonnabend; es muss also irrthümlich Aller Seelen statt
Aller Heiligen gesagt sein. Nehmen wir aber an, dass ein ähnlicher
Irrthum in der Stelle von 1354 aller hilligen avend statt aller seien
avend gesagt worden wäre, so erhalten wir Sonntag, den 2. Nov., mit
dem füglich die Gemeinwoche begonnen haben könnte. Diese Mög-
lichkeit wird aber sofort durch den Umstand hinfällig, dass Aller
Seelen keinen besonderen Vorabend haben kann, denn der Tag vor
Aller Seelen ist das AUer-Heiligenfest , oder (wenn der 2. Nov. auf
einen Sonntag fällt) der Sonntag nach Aller Heiligen. Bleibt dem-
nach keine Möglichkeit, zwei verschiedene Gemeinwochen anzunehmend^
so müssen wohl oder übel zwei Aller Heiligen Tage angenommen
werden, neben dem 1. Nov. der Montag in der Gemeinwoche, i. J.
1354 der 6. Oktober.
In der Bremischen Chronik von Rynesberch und Scheue S. 124
findet sich die folgende Zeitbestimn^ung: In deme jare des Heren
1381 des mandaghes, so men aller kerstenen seele begeyt, na sunte
Mycheles jdage. Der Herausgeber, Lappenberg, setzt freilich in
Klammern hinzu: Nov. 2, aber i. J. 1381 fiel der 2. Nov. nicht auf
") Grimm S. 176, 177 ; Müllenhoff S. 248 ") Haltaus, Calendarium medii
aevi S. 131—36. Hierlier gehört auch wohl Thietmar v. Mersehurg 6, Kap. 81
(M. G. SS. 3, S. 819): Antequam vero episcopus ordinärer, in ea ebdomada, qua
recordacio fratrum a cunctis fidelibus universaliter celebrator; warum Lappenberg
Okt. 11. daneben setzt, ist mir unverständlich. ") Das. S. 134 Anm. uu. *®) Calen-
darium historico-Christianum S. 184. **) Nach freundlicher Mittheilung des Herrn
Dr. L. Ennen ist leider die von Wallraff angezogene Urkunde nicht näher bekannt
»«) S. 182; Weidenbach freilich erklärt dieser Stelle wegen mit Unrecht den Aller
gläubigen Seelen Tag ohne Weiteres für Aller Heiligen. **) Weidenbach selbst scheint
^S. IX) seine Meinung wieder aufgegeben zu haben. Vgl. noch Mnd. Wb. 3, S. 68.
^' "'Ti
117
einen Montag, sondern auf einen Sonnabend. Dazu kommt, dass die
Bezeichnung Aller Seelen Tag nach Michaelis nicht nur ungewöhnlich,
sondern bei dem Abstände des Aller Seelen Tages (Nov. 2) vom
Michaelisfeste (Sept. 29.) auch auffallend erscheint. Lässt man aber
den Nov. 2 bei Seite und fasst den Begriff als: mandach na sunte
Mycheles dage, so men aller kerstenen seele begeyt, so erhält man
das Zeugniss, dass im Jahre 1381 der 80. Sept., der Montag nach
dem Michaelisfeste, das in diesem Jahre auf einen Sonntag fiel, der
Montag in der Gemeinwoche also, als ein Aller Seelen Tag bezeichnet
wurde. — Dem Montage als Aller Seelen Tag entspricht es, wenn im
Jahre 1354 der Sonntag, „mit dem die Gemeinwoche für die Ver-
storbenen beginnt", Aller Heiligen Abend, irrthümlich für Aller Seelen
Abend, genannt wird.
Dass gerade der Montag nach Michaelis, d. i. der Montag in
der Gemeinwoche, eine besondere Bedeutung habe, ergiebt sich aus
im Namen und der Bedeutung des brede mandach in Schleswig-
Holstein^*. Der Montag in der Gemeinwoche, so men aller kerstenen
seele begeyt, bewahrt die Erinnerung an das Todtenfest zu Ehren des
Zi(v-Irmin ; der leuchtende Montag, an dem die winterliche Lichtarbeit
eingeweiht wird^^, gewinnt aus dem Charakter Zio-Irmins als einer
Gottheit des Lichtes seine volle Erklärung.
[ Nachtrag.
Von Walther werde ich darauf aufmerksam gemacht, dass nach
l Petersen, Blätter der Erinnerung an — Hans Momsen (Bredstedt,
1874) S. 117 Jan Adriaansz Leegh- Water aus Ryp in Nordholland
ias Datum der Sturmfluth vom, 11. Okt. 1634 als: „des Tages vor
Allerheiligen^ bezeichnet. Da der 12. Okt. in diesem Jahre auf
den zweiten Sonntag nach Michaelis fiel, so kann diese Bezeichnung
auf das Allerseelenfest am Montag in der Gemeinwoche nicht gedeutet,
sondern wohl nur, wie dies auch von Petersen geschieht, durch die
Annahme einer Verwechselung mit dem bekannteren Datum der Sturm-
flüthen von 1170 und 1570 erklärt werden.
Herr Direktor Krause weist mich darauf hin, dass esnachü.B.
^ i Kl. Stöterlingenburg Nr. 105 im Jahre 1331 heisst: unde dar van
\ beghan jartit lateren daghe sancte Ilsebethen aller loveghen sele. Der
latere dach ist der dies crastinus^^, de latere dach s. Ilsebethen ist
' also, da unter der h. Elisabeth, wenn nicht eine nähere Bezeichnung
; eine andere Bedeutung nachweist, der Tag der h. Elisabeth, Land-
gräfin von Thüringen, Nov. 19, zu verstehen ist, der 20. November.
Da aber dieser Tag meines Wissens nicht als Aller Seelen Tag be-
zeichnet werden kann, so wird man wie hinter jartit, so auch hinter
Dsebethen ein Komma zu setzen und aller loveghen sele vorläufig
Nov. 2 zu deuten haben^'^.
**) S. Jahrbuch 1875, S. 111. «») Vgl. noch Frischbier, Preuss. Sprichwörter
2. Sammlung (1876) Nr. 1786 ; Marike pust't det Licht üt, Möchel stockt et wedder
*ö< '«) Mnd, Wb. 2, S. 635. «'') Herr Archivar v. Schmidt-Phiseldeck schreibt mir
118
In der von Levcrkus veranstalteten handschriftlichen Sammlung
Oldenburger Chroniken (im Oldenburger Archiv 1, S. 155 findet sich,
wie mir Herr Dr. Lübbeu mittheilt, die folgende Stelle: Anno 1509
do gynge ein grothe vlote in Freslandt in de (!) seledage vore Michaelis
am dage Cosmi et Daminani (!) martyrum. Der Tag der Märtyrer
Cosmas und Damian, der 27. Sept., fiel im Jahre 1509 auf den Donnerstag
vor Michaelis. In Oldenburg kannte jnan also einen Aller Seelen Tag,
den man entweder Sept. 27 oder — ähnlich wie in Bremen und Hol-
stein am Montag nach Michaelis — am Donnerstag vor Michaelis beging.
Endlich finde ich noch zufällig in Dürres Gesch. d. St. Brann-
schweig im M. A. S. 50, dass in der Stiftskirche der Burg Dankwar-
derode von einer Markgräfin Gertrud, wahrscheinlich der 1077 Juli 21
verstorbenen Gemahlin Herzog Ludolfs, ein Allerseelenfest gestiftet
war, das am Tage des h. Michael, Sept. 29, begangen wurde. Aus
Wedekind, Noten zu einigen Geschichtschreibern des M. A. I, S. 432
ergiebt sich freilich nur, dass die Commemoratio omnium animarum,
quam fecit domina Ghertrudis marchionissa im Monat September be-
gangen wurde, aber nach freundlicher Auskunft des Herrn Archivar
Hänselmann berichtet Bethmann, Das Grab der Gräfin öerdrud innler
Burgkirche (Braunschweigisches Magazin 1860, S. 135), auf den sich
auch Dürre bezieht , dass diese Eintragung in dem betreffenden Me-
morienbuche unter dem 29. September stehe. Herr Archivar v. Schmidt- 1
Phiseldeck dagegen theilt mir mit, dass diese Commemoratio omnium '
animarum „für den 27. (nicht 29.) September* vorgeschrieben sei^^ '
sodass danach das Braunschweiger Allerseelenfest mit dem Oldenburger
übereinstimmen würde.
BARMBECK bei Hamburg. K. Koppmann.
dagegen über diese Stelle; „Ich habe sie stets so verstanden, dass der Aasstelier
beabsichtigt hat, zu verfügen, es solle am Tage nach Elisabeth, also am 20. November,
eine Gedenkfeier für aller Gläubigen Seele gehalten werden".
") Ausserdem nach derselben gütigen Mittheilung noch eine andere „für einen
nicht speciell bezeichneten Tag im April".
i
Wert und benutzung der magdeburger bibel
für das mnd. w^örterbuch.
Ein gro&er teil der mnd. literatur, selbst ET. nicht ausgenommen,
ist Übersetzung oder bearbeitung bald lateinischer, bald mittelhoch-
deutscher, bald mittelniederländischer originale. Solche Schriftstücke
haben ftlr die kenntnis des mittelniederdeutschen natürlich nicht den
wert, welchen originalarbeiten haben, da sie nicht selten Wörter, wort-
nnd Satzfügungen enthalten, die in echtem niederdeutsch anders lauten
würden. Zuweilen war bei dem Übersetzer oder bearbeiter das Ver-
ständnis seiner vorläge so mangelhaft, dafz er nicht allein den rechten
sinn verfehlte, sondern geradezu unsinn zu tage brachte. Ganz auf-
fallend zeigt sich dies in den von Merzdorf herausgegebenen vier
büchern der könige. Ungeachtet dessen haben manche arbeiten dieser
art für die Sprachforschung einen gröfzeren wert, als man ihnen bei-
zulegen gewöhnlich geneigt ist. Dies gilt namentlich von der über-
j tragung der Schriften Luthers, vorab der bibelübersetzung desselben.
i tlber die sogenannte magdeburger bibel als quelle für das mnd.
f Wörterbuch sollen hier einige bemerkungen folgen.
1. Bei dem grofzen ansehen, in welchem der reformator stand,
begreift sich leicht das streben des Übersetzers, seiner ausdrucksweise
so nahe als möglich zu bleiben. Dabei kommt es dann zuweilen vor,
dafz dieser, indem er den ausdruck Luthers beibehält und nur in
niederdeutsche form umprägt, doch in zweifei zu sein scheint, ob der-
selbe seinen niederdeutschen lesern vollkommen verständlich sein werde
Md darum noch eine andere Übertragung als randglosse beifügt. So
steht z. b. Jerem. 18, 12 ,dar wert nicht vth' für Luthers ,da wird
nichts aus', am rande aber ,vel, Dat late wy'.
2. Hieraus ergibt sich, dafz in fällen, wo ganz andere Wörter
nud redensarten als die lutherschen gewählt werden, die ansieht mafz-
gebend war, jene lutherschen seien, auch in niederdeutscher form, den
fesern nicht verständlich genug. In dem, was vom hochdeutschen
abweicht, haben wir also wirkliches und echtes niederdeutsch. Solcher
Wörter und redensarten gibt es in der nd. bibel eine grofze zahl.
Veiter folgt, dafz, wenn sich jene durch andere ersetzten lutherschen
Wörter in späteren mundarten des östlichen Mederdeutschlands vor-
finden, es wahrscheinlich ist, dafz sie erst aus der hochdeutschen bibel
j ms Volk gedrungen sind.
! . 3. Damit verträgt sich natürlich sehr wohl die behauptung, dafs
^^ gutteil jener verschmähten lutherschen Wörter keineswegs dem
120
ganzen niederdeutschen gebiete fremd war. So gab es beispielsweise
für brüllen (Jerem. 2, 15), ekel (Jerem. 14, 19), griflfel (Jerem. 17, 1),
pfeife (Hieb 30, 31), ranke (Ps. 64, 7), rächen (Hieb 36, 16) sanft
(1 Kön. 19, 12), von fernem (1 Chron. 18, 17), wachholder (1 Kön. 19, 4)
gewiss entsprechende niederdeutsche formen, obgleich statt deren für
einen kleineren kreifz nd. leser ,brummen, walginge, sticken, floyte,
schalckstücke, kele, sachtmodich, van averlange, machandelbom^ nötig
schienen und gebraucht wurden.
4. Beschränkte kenntnis des nd. wortvorrats oder eine übertrie-
bene furcht, seine leser möchten etwas nicht verstehen, führte den
Übersetzer zuweilen zur anwendung eines nicht recht passenden aus-
dru'ckes. So scheint mir das vorhin angefflhrte brummen, vom löwen,
und kele (rächen) ohne not verwendet. Schwerlich waren brüllen,
raken misverständlich. Noch auffälliger ist grabbelen (zappeln) in
Ps. 18, 46: ,de fromden kinder vorschmachten vfi grabbelen yn eren
banden.' Ein Westfale würde ,zappeln' gewis mit sprattelen oder
spattelen übertragen haben.
5. Manche stellen zeigen, wenn sie mit den entsprechenden in
den heutigen bibelausgaben verglichen werden, eine abweichung, die
sie ursprünglich nicht hatten. So z. b. vnd&desch (undeutlich) in
1 Cor. 14, 11; ,so ick nu nicht weet der stemmen bed&dinge, werde
ick vndüdesch syn'. Hier haben unsere heutigen bibeln ,undeutKch'j
nicht aber die früheste ausgäbe des 16 jh.
6. Viele interessanten Wörter, redensarten, Sprichwörter und Sen-
tenzen finden sich in den randglossen und anmerkungen, besonders
zu den Sprüchen Salomonis, dem prediger und Sirach. Ich erlaube
mir einige beispiele auszuwählen und herzusetzen: den voss nicht
byten willen (spr. Salom. 22); den bom vp beyden schuldem drageD
(Ps. 35, 15); ja hinder sich (pred. 6); rüstich ym huse (spr. Sal. 31);
harflfise (hohesl. 4); flage = rifz (engl, flaw) (Nehem. 4); braschen, vom
pferde (Hieb 39, 20); sockedrunck (Sir. 4); — vnrecht gudt vaseit
nicht (Jerem. 17); druncken frouwde, nfichtern leit (spr. Salom. 14);
sette dyne teringe na dyner neringe (Sir. 19); dat es heft nicht, sees
czinke gifft nicht, queter drey de helpen frey (N"ehem. 3); de land-
strate ys seker, auerst de holdtwech ys varlich (spr. Sal. 12, 28).
7. Noch mögen hier ein paar stellen stehen, welche in der einen
oder anderen hinsieht bemerkenswert sind. Wir lesen Hieb 15, 35:
,he gheit swanger mit vngel&cke vnde teelt moye vnd er bück bringet
lyst'. Für list bieten die heutigen bibeln fehl. Nach dem hebr. mir-
mah und dem SoXo? der LXX wird list betrug bedeuten.
Hieb 39, 23 : ,wenn eck rede de koker wedder dath klinget vnde
beyde dat speer vnde schilt blenckert'. Die neuern bibeln haben
,spiefz und lanze, was dem hebr. chanith we khidon (speer und wurf-
spiefz) ziemlich entspricht. Wie kommt die Magdeburgerin zum schiW«
Ps. 65, 8: ,de du bist dat brusent des meeres'. Die heutigen
bibeln: ,der du stillst das brausen des meeres', hebr.: maschbiacn
schoön jammim, LXX; 6 (juvTapaa^wv t6 jcuto; t^? 6«^a<r(n)(;. Das an-
■ ■ •
121
scheinend sonderbare ,bist' steht für bistet oder wahrscheinlicher noch
für bisset. Jedenfalls entspricht bissen, bisten dem im d. wb. (Grimms)
angeführten bischen und bisten, sibilando advocare. Das dem mnd.
wb. fehlende interessante Verbum ist der verbalisierte zischende anrnf
bss oder bsst. Ein solcher anruf will entweder stillstand im sprechen
oder im gehen herbeiführen; er passt also in der psalmenstelle und
ist nach meinem gefühle einem , stillen* vorzuziehen. Der Magde-
burgerin war ,stillen' geläufig genug, es heifzt z. b. in einer anmerkung
zu pred. Salom. 9: ,vorhoren vnde ghan laten dat ydt sick suluest
stillet ys grote kunst vnde doget'. Durch vorstehendes bissen oder
bisten erhält auch das ins mnd. wb. aufgenommene bist (subst.) sein
gehöriges licht. Wer dem weg- oder vorbeigehenden ein bss oder
bsst zuzischt, der will ihn zunächst zum stillstehen, dann aber zur
nmkehr bringen, also zu sich locken. Daraus ergab sich fdr das
subst. die bedeutung lockung.
Jes. 3, 16: ,treden her vnde widerleren*. Luther: schwänzen.
Es ist wol wideleren zu lesen, was wedeln bedeuten dürfte.
Jes. 38, 14: ,ick pypede (Luth. : winselte) alse ein kr6n vnde
swaleke vü kirde alse eine duue*. Das hier gebrauchte hebr. verbum
drückt klagendes pipen eines vogels aus. Die nd. Übersetzung ist also
passender als die hochdeutsche, um so mehr, da bekanntlich pipen
im nd. auch das jammern des kranken bezeichnet.
8. Schiboleth der magdeb. bibel ist averst aber, während men
blofz die bedeutung nur hat.
ISERLOHN. F. Woeste.
Das Gothaer mittelniederdeutsche Arzeneibuch
und seine Pflanzennamen.
Von Professor Dr. Regel.
Gotha, 1872 und 1873. Programm des Gymnasium Emestinum zu Gotha.
Was ich im Nachfolgenden zu dieser Begel'schen Arbeit hinzu-
füge, ist weniger das Ergebnis wifsenschaftlicher Forschung oder Er-
kenntnis als vielmehr eine Reihe von Einwänden, welche die Tradition
sich erlaubt gegen manche Uebersetzungen und Erklärungen, welche
Herr Professor Regel von einigen mittelniederdeutschen Wörtern ge-
geben hat, einzulegen. Materia medica und Pharmakognosie bilden
eine wifsenschaftliche Disciplin, welche noch heutzutage in einem be-
stimmten, nicht irgendwie oder wo unterbrochenen Zusammenhange
mit jener Arzneiwifsenschaft des fünfzehnten Jahrhunderts, von welcher
das Gothaer mittelniederdeutsche Arzneibuch ein Zeuge ist, steht.
Und wenn auf der Universität in Folge der Anwendung chemischer
Kenntnisse auf die Wertprüfung der ArzneistoflPe und in Folge anato-
mischer und physiologischer Erfahrungen allerdings wenig mehr von
jenen alten Recepten und ihren Heilkräften gelehrt wird, so hat sich
doch die Kenntnis derselben im Volk, meistens nach mündlicher Ueber-
lieferung, selten in Folge des Studiums alter ;,Smöker^ erhalten. Diese
Tradition kann bei der Bearbeitung und Erklärung unverständlicher alter
Arzneibücher nicht wohl aufser Acht gelafsen werden. Doch mufs ich
wiederum hervorheben, dafs der Herr Verfafser die meisten Erklärungen
genau und richtig gefunden hat. Was von denselben bedenklich und
mislich ist, muste jedem mit der Volksheilkunde und der Pflanzenkunde
Vertraueten beim ersten Ueberlesen auffallen. Und nur um meine
Tradition als ungefälscht zu erweisen, habe ich aus einigen alten
Kräuterbüchern die Belege beizubringen gesucht. Bei diesem Suchen
und Blättern habe ich noch Einiges unvermutet gefunden, und dessen,
wenn es mir lohnend schien, Erwähnung getan.
Von denjenigen aber, welche sich mit dem Inhalte, des Regel'schen
Pflanzenregisters bekannt gemacht haben, dürfte keiner dasselbe aus
der Hand gelegt haben, ohne den Wunsch zu empfinden, das Gotbaer
ndrd. Arzneibuch im vollständigen Abdrucke vor sich zu sehen.
HAMBURG, 1876, im Mai. W. H. Mielck.
■F.-
123
belswort. Mir scheint es mislich zur Erklärung dieses Worts
die hochdeutschen Bilzwurz, Bizwurz, Biswurz, Bei8[=Beirs]wurz herbei
zu ziehen. Sollte das Wort nicht zu hyoscyamus gehören?
Wenn auch nach Gemeinmittelniederdeutschem el für il bedenk-
lich sein könnte, so ist dies nicht unbedingt der Fall, denn z. B. im
Kirchspiele Kaltenkirchen in Stormarn wird i vor hartem 1 zu e ; w^f*
stel!=r=sei still.
Das jetzige s in Bilsen findet sich schon im ArstedygeBoeck
1483, fol. 12. Bilfe iufquamus polniaris tanidulata [sie]. Bylfe is kold
in dem drudden grade vnde is dryer leyge. De erfte heft fwart fad
de blade fynt fcharp vnde purpuren varwe vnde felden vyndet men
de anders wure wenne in gallatia fe en is nicht gud in arstedyge.
De ander heft fad alfe man Tat dede is de beste. De drudde heft
rodelechtich fad we des witten nicht hebben kan de neme des roden.
In Hamburg und Holstein ist das Wort bilfen nur am Kraut —
bilfenkrud, mit Kehl-1 (polnisch 1), auch wohl als birfenkrud gehört —
haften geblieben.
Der Same heifst nur duldilnfäd, dodiln, dodilgn, Krüderboeck
(Hamburg) 1617, duUe dille. (Das nachgesetzte g ist in diesem Falle
entstanden durch die Einwirkung der bäurischen Sprache, welche oft
ein Kehl-1 verwendet, auf das Ohr der Städter, denen die Kenntnis
des Kehl-1 verloren gegangen ist und die ein g herauszuhören meinen).
Uebrigens sind diese semina byoscyami noch ein ganz gebräuchliches
Käuchermittel gegen Zahnschmerzen, auch der teneworm existii*t noch
im Glauben des Volks und in der Wirklichkeit ; ich bin im Besitze
solcher herausgeräucherter Würmer.
carallen. Mit diesem Worte ist nicht muscus corallinus (corallina,
?puov 6aAa<y<rtov, muscus marinus) gemeint, sondern der Polypenstock
vom Corallium rubrum, die rote Koralle, wie die Bezeichnung — rode
karalnen — deutlich zeigt.
Korallen als Pflanzenname habe ich in keinem Arznei- und
Kräuterbuche gefunden und bezweifle daher, dafs das Nemnichsche
Korallenkraut arzneilich gebraucht worden ist; auf jeden Fall kann
der Saft nur am Meeresstrande zur Verwendung gekommen sein. Mit
den mitgeteilten Stellen vergleiche Lonicerus, 346. Corallen, corallus.
Rot, rubeus. Weifs, albus. Corallen wachsen im Meer, Bot, Schwartz
vnd Weifs . . . Rote Corallen an den Halfs gehenckt, ist gut für die
Fallendsucht ... So man den stöfst, vnd damit aufsfüllet die holen,
bösen Zän, zeucht sie aufs, vnd ist das höchste in der stärckung
defs Zanfleischs ...
Arstedyge Boeck, 1483, fol. XXH korallus is koldt vnde
droghe in deme andern grade; spricht nachher von: roden und
wytten corallen.
Wie hoch früher die Korallen als Arzneimittel geschätzt wurden,
davon zeugt folgendes Buch: Kurtzer Bericht von Uhrsprung, Kraflft
und Bereitung der Rothen corallen und fürnehmlich derer wahrhafiften
Tinctur Wie selbe müsse beschaffen seyn, Nebst u. s. w. von Johanne
124
Gercken, med. Doctore, vormahligen ChurfürstL Brandenb. Leibmedico,
Jetzo Physico beyder Städte Brandenburg. Zum Druck gegeben 1714,
in 8®. 72 Seiten — wo es pag. 5 unten heilst:
Ich will aber nicht in diesem kleinen Bericht alle Reiche der
Medicin, ihre solutiones und separationes durchgehen, und was solche
für menstrua erfordern, sondern wil nur eine Wunder Geburth des
Neptuni, welche der allmächtige GOtt den Menschen zur Betrachtung
und Nutzen aus der Tieffe des Meers herfür wachsen lasset, nemlich
die corallen hervorziehen' und 1) deren Uhrsprung und Anfang, 2) deren
Krafft und Würkung, wie solche für viel hundert Jahren von denen
alten und fürireflichen medicis gebrauchet worden und noch heutiges
Tages gebrauchet werden, und dann 3) von deren Bereitung und Aus-
ziehung ihrer besten Krafft, nemlich ihrer tinctur oder Essenz, etwas
vorstellen. —
drakenbloi Dafs dieses keine Pflanze, und also auch nicht
sanguisorba, ist, kann ich aus dem Mitgeteilten „drakenblodes — eyn
half lot" nicht beweisen. Ich bin aber überzeugt, dafs das sanguis
draconis der Offizinen damit gemeint ist. Die Mengenbestimmung:
eyn half lot deutet schon darauf hin, dafs erstens kein Kraut und
zweitens ein kostbarerer Stoff als die gemeine Sanguisorba gemeint sei*
Franci lexicon kennt Drachenblut nicht. Auch das Arstedyge
boeck 1483 nicht.
Lonicerus 276. Trachenblut. Sanguis draconis, herba. Trachen-
blut, vulgö Sanguis draconis, hat den Namen, dieweil dieses Krauts
Bletter einen roten Saft, wie ein Blut. Gall. Sang de Dragen ....
Es ist aber sonst noch ein besonderer Safft in den Apotecken, so ge-
nandt: Sanguis Draconis (Pharmacopolarum [am Rande]), das ist
Trachen blut. Von welchem etliche fabulieren, dafs es sey das blut so
von dem Trachen fliesse, wann er von dem Elephanten erlegen vnd
vmbbracht wirdt. Es ist aber solcher Safft ein Safit eines hohen
Baums, welcher ....
Lonicerus 317. Das Trachenblut das die ärtzet brauchen in den
Artzneyen ist ein Gummi eines Baums, gleichet dem rechten Trachenblut.
Lonicerus 355. Trachenblut, Sanguis Draconis. Ist ein Safit
eines Baums, rot als Menschenblut
glede. Weshalb auch diese „glede^ zu einem Kraute gemacht
werden muste, ist mir unverständlich. Es ist ohne alle Frage Glätte,
Silber oder Bleiglätte, lithargyrum, die ürsubstanz aller Pflaster, ge-
meint. Schon Lübben im Mnd. Wb. II pg. 118 bezweifelt die Identification
gJede=Gliedkraut. Auch die unter Gliedkraut beigebrachte Stelle aus
Wolf. Mscr. 23, 3 f. 62b; wyt water make aldus u. s. w. kann nur:
lithargyrum meinen; mit Gliedkraut oder Gliedkrautsaft würde nie ein
water, dafs „wyt^ sei, entstehen.
Gliedkraut ist übrigens nach den Arznei-Kräuterbüchem Sideritis ;
so: Valentini 132, Lonicerus 113, Franci lexicon 116, auch Nemnich IV.
1 293. Cucubalus führt nur Valentini 324 an, aber ohne deutschen Namen;
125
er wächst nach ihm im mittägigen Europa, ;,hat viel Oehl und Schleim
in sich, wefshalb es erweichet und kühlet; wird aber gamicht gebrauchet. '^
polenschen haneren. Dieser polnische Hafer hat weder zu Avena
Duda, noch überhaupt zu Avenae spec. irgend eine Beziehung. Unter
„polnischer Hafer^ versteht noch heutzutage die Volksarzneikundo
Hamburgs und Holsteins den Semen Seseleos, mit welchem Namen jetzt
die Früchte von Laserpitium Siler L. belegt werden. Dafs diefs auch
im 15. Jahrhundert galt, lehrt das Arstedyge Boeck 1483. fol.
64. Poles hauere. Silre filer montanum fifeles is heit vnde droge
in deme anderen grade. Dat fad uth genomen is veyr yar gut. In
dem längeren Artikel wird nur dat fad. nicht andere Pfianzentoile er-
wähnt. Semina Seseleos gab es früher mehrere verschiedene; Franci
lexicon pg. 116. — Geiger. Pharmgicopoea universalis. Heidelbergae
1835. pg. 330. —
herteshorn. Auch hier hat die Autorität Nemnichs und Diefen-
bachs es veranlafst, dafs das Geweih des Hirsches für eine Arznei-
pflanze angesprochen wurde und Herrn Prof. RegePs Autorität aufserdem
dieser nicht existirenden Pflanze die Aufnahme im Mnd.Wb. (IL pg. 256)
verschaflt. Gemeint ist mit gebrant herteshorn das cornu cervi ustum,
das alle alten Pharmakopoen kennen. Der Beisatz ^^gebrannt", der
bei herteshorn in keinem der fünf notirten Fällen fehlt, sonst aber bei
Pflanzen selten vorkömmt, muste schon Bedenken wider die pflanzliche
Natur des herteshorn erregen. Eine Pflanze Hirschhorn kennen weder
Valentini, noch Franci lexicon, noch Lonicerus, noch Arstedyge Boeck
1483. Stellen aber für Hirschhorn, gebrannt und ungebrannt, können
aus jedem Arzneibuche bis hinab zu unsern Tagen beigebracht werden
(z. B.: Valentin Eräutermann, regnum animale pg. 78.) In welcher
hohen Achtung bei den Heilkünstlern die Körperteile des Hirsches
standen, lehrt uns, ungläubige Nachkommen, folgendes Werk:
cervi cum integri et vivi natura et propietas: Tum excoriati et
dissecti in medicina usus. Das ist: Aufsführliche Beschreibung > defs
gantzen Lebendigen Hirschens seiner Natur vnd Eygenschaften : dann
ferner Welcher gestalt defs zu gewifser Zeit gefangenen Hirschens
(ürnembste Glieder in der Artzney zu gebrauchen. Erstlich u. s. w.,
Q. s. w. ... durch Johannem Georgium. Agricolam. Amburgensem.
Pal. Doctorem, vnd Medicüm patriae. Hinten: Getruckt vnd Verlegt
zu Aniberg, durch Michael Forstern Im Jahr M.DC.XVH. — In diesem
Buche finden sich unter andern folgende Capitel : Zu welcher zeit das
Hirschgeweyhe auffzubehalten. Wie man es brennen vnd zum Gebrauch
zurichten sol. Welcher gestalt es inwendig in den Leib zu nemen.
Was massen es eusserlich zu gebrauchen. Gebrauch der rauhen her-
fiirschiessenden Kolben. Zu was beschwerung das Blut oder Falsch
dienstlich. Wie die Hirnschal vnnd dann das Hirn defs Hirschen zu
brauchen u. s. w, u. s. w.
Aehnlich wohl auch : J. A. Graba, Elaphographia s. cervi descriptio,
iü specie ipsius partium ad usum medicum s. panacea. 8. Jenae 1667.
houeswerne. Diese Pflanze ist nicht Gartenprimel, sondern die
m
Überall in Gärten als Unkrant wuchernde Alsine media L., auf welche
die Angabe: is crude vnde wasset in dem garden, vnde heft blomeken,
sehr wohl passt. Hdnerswarm, m., hochd, Hühnerschwarm ist der in
Hamburg allgemein gebräuchliche Name dieses Gewächses. Aber auch
an andern Orten gilt derselbe. Scha. 84. hoinerfwarme, hoinerfwarm, f. ;
hoinerfmee, hoinerfmie, f., die Miere, Vogelmiere, das Vogelkraut, der
Hühnerdarm, Stellaria media. Wird vom Volke gegen das heilige
Feuer angewandt. — Schiller, z. Thier u. Kräuterb. II, 28 — Nem-
nich, catholicon I. 222 .... Hühnerschweren ... — Lonicerus. fol. 201.
Hünerdärm, Hünerserb, u. s. w. — Franci lexicon, pg. 6. Alsine.
Morsus gallinae, Hünerdärm, = bifs, = vogelkraut. —
Arstedyge Boeck 1483, im Register: Honefwarwe is abeyle.
fol. II : Rod honefwarue Rodfunnen weruel foke Abeyle- fol. II. : Abeyle
ys Morfus galline rod houefweruele edder rod funnenweruele vligword.
Weme fyne tone in den voten tokleuen van fwete. de togrofe fe [id
est abeyle] vnde binde fe dar vp dat heylet drade. Abeyle*) myd
half watere vnde halff etike gefoden dar mede in deme bade de hut
geriuet [sie, nicht gewreuen] vnde wafchen vordrift den iucken vnde
der hut rudicheyt. —
Der zweite Teil des Wortes ist im jetzigen Dialekte derselbe
wie in der alten Schriftsprache. Ich war geneigt den ersten Teil für
eine Entstellung aus honre zu halten, wogegen aber scheinbar die im
Arstedyge Boeck gefundenen Formen sprechen. Der Drucker desselben
verwendet indessen n und u promiscue und daher können die Stellen
nicht entscheiden zwischen „Hofes"- und „Huhnes^-swerm. S. Mnd.
Wb. II. 317.
hnndeshoer. Wenn wir auch annehmen wollen, dafs die Nem-
nichsche Pflanze Hundskoth, Rodel, plattdeutsch hundeshoer heifsen
könne, so bleibt doch die Frage ungelöst, was denn wyt hundeshoer
für eine Pflanze sei. Umsonst habe ich mich ungesehen nach der
Bezeichnung „weifs^ bei Pedicularis. Franci lexicon und Arstedyge
Boeck 1483 kenneA weder Pedicularis noch Rodel, noch Hundskot
(hundeshoer) — Valentini 106. Pedicularis oder Läufskraut t- Loni-
cerus fol. 180: Das ander Leufskraut nennt man Rodelkraut vnnd
braun Leufskraut. Graecis <p9tptov. Latinis Phthirion. Pedicularis altera.
— Den Namen Hundskot kennt keiner für* diese Pflanze, und so tut
man wol gut,- den Nemnichschen Hundskoth aufser Acht lafsend, die
Pflanze hundeshoer wieder aus dem Pflanzenlexikon der niederd. Sprache
zu streichen und den wahren Hundskot (altsächs. horo, horu = Kot)
wieder in seine Alleinherrschaft einzusetzen. Wie dieser in allen alten
Heilbüchern erwähnt wird, so verlangt noch heutzutage das Volk:
Witten enzian fun-*n swarten püdel; und der Apotheker gibt dem
Fordernden dafür kohlensauren Kalk, aus dem, gemischt mit phosphor-
saurem Kalke, der hundeshoer bestanden haben mag, wenn er von
Knochen nagenden Jägerhunden abstammte und ein reichlicher Regen
*) Darnach ist wohl auch aheyle Mnd. Wb. I. 45 in abeyle zu ändern?
r^
12?
vor dem Einsammeln alles Lösliche binweggespült hatte. S. hundes-
dreck. Mnd. Wb. IL 333.
Kervele. Hiermit wird das Kraut und die Frucht von Anthriscus
Cerefolium, nicht aber von Chaerophyllum sylvestre L., Kälberkrop
gemeint sein. Hayne, Arzneygewächse L 33. — Nemnich, catholicon.
11 984, V. 296 u. 320 gibt fehlerhaftes. Es ist überhaupt nicht ge-
raten, Nemnich'iä Angaben für ganz und gar zweifellos zu halten; denn
bei dem ungeheuren Materiale, welches Nemnich zusammengetragen hat,
konnte er unmöglich alles auf Richtigkeit und Fehlerlosigkeit prüfen,
Arstedyge Boeck 1483^ fol. 45. Eeruele is cerefolium.
Franci lexicon, pg. 24. Chaerefolium, ;^atpe<puXXov, Cerefolium,
Kärbel.
Lonicerus, fol. 263. Kerbein, Körffel oder Kerfelkraut, Graecis
yifl'iXtov, Latinis gingidium Chaerophyllon, vulgö Cerefolium Chaere-
folium, ital. Cerefolio, gall. Cerfueil. Ist zam vnd wild. [Die beige-
fügte Zeichnung stimmt zu Anthriscus cerefolium, nicht zu Chaero-
phyllum sylvestre.]
Valentini, pg. 300. — Mnd. Wb. IL 456: kervelde, de is gut,
zu befsern in ;,kervel, de de is gut" [?].
klever. Von den vielen Pflanzen dieses Namens scheint mir
MelUotus officinalis Wild, am wenigsten wahrscheinlich zu passen.
Hierorts ist das Wort stenklever unbekannt, man hört nur verschieden-
artig entstellte Formen von Melilotus. Kleverblomen sind die Blüthen
von Trifolium repens. L. — Mnd. Wb. IL 482.
romesschen koel. Arstedyge Boeck 1483, fol. 42.: Heydeffchen
kol romefch kol is fpinafia, is kolt vnde vucht in den ende des ersten
grades fpinafia gegetten ro edder foden ocket den wiuen vnde
fordert fe an orer fuke vnde fuuert fe wol.
Darnach wäre romescher koel mit Spinat zu übersetzen.
kouele* Ich schlage vor für n ein n zu lesen, und anzunehmen dafs
nicht die unbelegbare Pflanze kouel, sondern konel, konele, gemeint sei.
Arstedyge Boeck 1483, fol. 38. Gartkonele pepperkrud
latureya gargala is in latine fatureya tymbra ferpillum domesticum.
Satureyen nym vp wan fe blomen etc.
Arstedyge Boeck 1483, fol. 48. konnele ferpillum is twigher
leyghe tham konnele is garden konnele. De is reyde vor ghfchreven
[sie] Hyr wyl ick feggen van velt konelen vnde van wylder konnele
de het konnele. Wan fe blomen etc.
Franci lexicon 115: Serpillum vulgare, Quendel, Kunlein,
Hünerkol, wilde Polei ... Franci lexicon 85. cunila=Origanum.
Das Wort ist zur Zeit noch nicht erstorben. Im Holsteinischen
gibt es zwei Formen desselben. Die gebräuchlichere ist köln, die
weniger gebräuchliche, aber dem alten konel näherstehende ist könel (ö).
So gehört 3. I.'1876 aus dem Munde eines Schlachtergesellen. Diese
Namen führt unser Satureja officinalis. L., welches Kraut als Küchen-,
besonders Suppen-Gewürz beliebt ist. Findet sich mit Dill zusammen
auf jedem Spargelbeete.
•.'•"^^^Ai-wvyiti
128
Schütze. II. 316. kölln oder köll (s. Aal) ist ein Provinzial-
ausdruck, das Kraut heifst sonst Saturei —
Firmenich. Germ. Völkerst. I. 23*^) Kölln, Satureja officinalis.
S. dieses Jahrbuch II. S. 33 und Mnd. Wb. IL 523. 553.
kretelmore. Arstedyge Boeck 1483, fol. 47. kretelmoren
pasternack moren is bancia gezar pastreata [sie] in den ersten grade
vucht in dem anderen heyt schrift Wilhelmus do placentia . . . .
Aver Galienus secht kretelmore is twyerhande wilt de starke krafft
hefift vnde tarn de sacht kraflft helft ....
S. Mnd. Wb. II. 566.
krevet. Mit dem Aussprechen der Ueberzeugung, dafs die Aus-
drucksweise der Handschrift die Mögliclikeit ausschliefse, das Wort
kreuet als Krebstier aufzufafsen, ist für ihre Richtigkeit noch kein
Beweis erbracht. Doch das auf sich beruhen lafsend, möchte ich nur
einiges gegen die Identification mit Heliotropium vorbringen.
Der Ausdruck ^kreuet gestot vnde darvp gelecht" spricht dafür,
dafs, wenn ein Kraut gemeint ist, dieses frisch genommen werden soll.
Trocknes Kraut ;, gestot* giebt Pulver, und von diesem würde es heifsen
^vnde darvp gestrouwet". Heliotropium europaeum wächst aber derzeit
— und im 14 — 16. Jahrb. sicher ebensowenig — nicht im Gebiete
des Niederdeutschen. Koch Synopsis florae germanicae et helveticae.
3. Aufl. pag. 430. gibt als Verbreitungsbezirk an : Canton Wallis, Genf,
von Basel durch Elsafs stellenweise, bis an die Mosel, durch Baden, einen
Theil von Würtemberg bis Frankfurt, südl. Krain, Oestreich und Mähren.
Yalentini, pg. 72. Heliotropium, Sonnenwende, Krebs-, Scorpion-,
Wartzenkraut weilen es aber bei uns [in Giefsen] rar und un-
bekandt ist, wird es auch garnicht zur Artzney gezogen.
Lonicerus 272 — Franci lexicon, pg 119, 51, 52. — Arstedyge
Boeck 1483 bringen nichts. —
loye. Eine Bestätigung für die RegeFsche Erklärung bringt auch
das Arstedyge Boeck 1483, fol. 51: loye betet gamandrea, is het vnde
droge etc. . . . weme de ogen schemeren menge ore fap myd honnyghe
legge warm vppe de oghen. Mnd. Wb. II. 717.
larbii Die Einschiebung von k führt uns auf lurk, welches Wort
allerdings sonst nur als lork erscheint, und dieses auf Hydrocharis
Morsus ranae. Wo aber ist diese Pflanze je in der Medicin angewandt
worden? Ich habe keine Erwähnung dessen finden können. Ich schlage
vor eine andere Aenderung vorzunehmen und statt lurbit zu lesen:
turbit, Radix Turpethi. S. Mnd. Wb. IL 750.
Arstedyge Boeck 1483, fol. 82. Tvrbit is wortele vthe yndien
vnde arabien lande etc. etc
Franci lexicon 129. Turbit, Turpethum, melius Torbodon,
Cort. Rad. C. Vi s. 3. purgat pituitam e juncturis etc. etc.
Lonicerus 275. Turbith, Alypia. Das Turbith so zun purgierenden
Artzneyen in vielem Brauch ist, vnnd bey den Apoteckern noch Turbith
genandt wirt, heifst. Dioscoride aXuxov, Paulo Alypia, vnnd Actuario
m
Turbeth album. Mesue Turbith Wachfst an den orten deJB Meers,
sonderlich in Africa etc.
Das in Porners Heerfahrt (Ztschr. d. hist. Vereins f. Niedersachsen,
1874—75, S. 156) erwähnte und am betreffenden Orte unerklärt ge-
1 bliebene tarbit wird gleichfalls aus turbit entstellt sein.
I nettelenkamen. Es scheint mir viel ungezwungener, diefs mit
Nefseinkamm zu erklären. Es ist wol nichts im Wege, den reifen
Fruchtstand von Urtica dioica L. mit Kamm, Kämme zu bezeichnen.
S. Mnd. Wb. lU. 181.
I padelkersse. Diese Pflanze ist Waüser-, Brunnenkresse, Sisym-
briam Nasturtium L., trotz Mnd. Wb. III. 291.
I Arstedyge Boeck 1483, fol. 64. Padelkerfze ys water kerCTe.
Eyn plaster van creme fape etc. etc. im Register: waterkerfe is
padelker£ze.
pers« Zu diesem Worte darf vielleicht folgendes aus dem Arste-
d;ge boeck 1483 beigebracht werden. Im Register: Pars focke cap-
pelleken foL 18, und fol. 18: Capellen yuncvrouwen har capilli veneris.
we den fteeyn hefft Mirtus is pors dar me in westualen den
i grenlinck äff brauwet Oliye van deme porfe myd wyn olye van lilien
: vnde yfopen blade vnde eyn luttick meifcher kobotteren etc. etc.
Weiter wird in dem Artikel das Wort pors nicht wieder, sondern
■ nur cappelleken verwandt.
Ich begreife indes nicht, wie hier par8=cappelleken [nämlich
Adianthum capillum Veneris] und pors=mirtus [nämlich Ledum pa-
f lustre L. oder Myrica Gale L.] durcheinandergebracht sind«
peterkomen. Verschrieben statt peperkomen?
Arstedyge Boecfk 1483, im Register: peperkome foke kome,
fol. 47 : kome is ciminum het vnde droge ....
Krüder-Boeck (Hamburg) 1617, fol. a. I u. a. II. PeperkÖhme.
Hayne Arzneigewächse VII. Nr. 11. Gyminum Cuminum L. Kreuz-
j kümmel, Kramerk., Kramk., Mutterk., Gartenk., Pfefferk., römischer
» K., langer K., Kumin.
Mnd. Wb. III. 319.
syneekel. Diefs erkläre ich ohne Bedenken für herba Saniculae,
ohne jedoch damit entscheiden zu wollen, ob das gemeinte herba Sa-
niculae auch abstamme von der jetzt Sanicula europaea L. genannten
Pflanze, deren Blätter noch im Gebrauche sind. Chytraeus, nomen-
clator lat.-saxon hat : Alchimilla, Stellaria, Leontopodium, Saneckel —
Volksetymologie verdirbt den Namen wohl in Saunickel.
Geiger, Handbuch d. Pharmacie, Heidelberg 1827, Bd. II, 1.
pg. 647. Sanicula europaea (europäischer Sanikel, Heil aller Schäden)
eine schon längst als Arzneymittel angewendete Pflanze. Wächst in
etwas feuchten, schattigen Laubhölzern und Gebüschen.
Nemnich. catholicon. IV. 1222.
Valentin! 312 .... der heilsame Sanicul, welchem diesen Ehren
Titel mit desto gröfserem Recht beylege, weilen er vom Heilen oder fanare,
im lateinischen Sanicula und im Frantzösischen sanicle genannet wird.
Kiederdentiches Jahrbuch. II. 9
\
130
Valentini 220. Berg-SaDickel=6eum.
Valentin! 53. Bär-Sanickel=Primulae Spec.
Krüder-Boeck (Hamburg) 1617, fol. G. Sanickel gesade»! mi
Söteholte in Wyn edder Beer ys eine krefftige helinge, den de siel
wee gedan hebben vnde inwendig vorseriget syn, Blöd uth spyen von
fallen edder süs.
Franci lexicon, pg. 109. Sanicula mas, Diapensia, Sanikel..
Lonicerus, fol. 242. Sanickel vulgö Sanicula, ä fanando, dasis
von seiner heylsamen krafft. Item Sanicula, Diapenfia Ferraria minor
Gonfolida minor bey etlichen. Ital. Sannicula. Gall. Sanicle.
Arstedye Boeck 1483, fol. 74. fanekel, fenekel gruword kleynt
crutzeword het fenecion feuecula engrion. Der Standort, der weiterhin
für diese Pflanze angegeben wird, erlaubt nicht, sie für die jetzig«
Sanicula europaea L. zu halten. Vgl. übrigens wegen fenecion Regeis. v
Mnd. Wb. IV. 24.
Sparghe. Dieses ist nicht Asparagus officinalis L., denn von
diesem, welcher — nach Hayne, Arzneigewäehse VIII. Nr. 29 - in
den meisten Gegenden Deutschlands und den übrigen Ländern Europeus
am Meerstrande und auf sandigem Boden, an Hecken und Gesträucbeo
[wild!] wächst, kann man nicht sagen: wasset gerne in dem kerne,
sondern es wird sein: Spergula arvensis oder Spergulae spec, deren
heutiger hiesiger Name Spörk ist. Nemnich catholicon IV. 1338.
Ackerspergel, Spergel, Spörgel, Spark, Wiesenspark u. s w. Schiller
z Thier u. Kräuterb. III. pg. 38 kennt nur Negenknee.
Abkürzungen.
Arstedyge Boeek 1483 : £yn fchone Arstedyge boeck van aller-
leye ghebreck vnnde kranckheyden der minfchen. hinten : finitus est iste
libellus herbarius Anno dni millelimo quadringentefimo octuagesimo
tertio in vigilia fancti petri ad vincula. Beschrieben in : LappenbergJ
zur Geschichte der Buchdruckerkunst in Hamburg. S. 115. I
Lonieerus: Kreuterbuch, künstliche Gonterfeytunge der BäumeJ
Stauden, Hecken, Kreuter, Getreyde, Gewürtze. Mit eigentlicher . . •!
Durch Adamum Lonicerum, der Artzney doctorem, vnd verordneten|
Phyficum zu Franckfort am Mayn. Zu Franckfort bei Christian Ege-|
nolffs seligen Erben. 1578.
Krfider-Boeek (Hamburg) 1617: De Krudtlade vormehret: A
dat ydt wol mach hethen de kleene Herbarius, Krüder-Boeck [groi
gedruckt], edder Garde der Gesundheit van den Krüdern vnde P
wässen s. 1. (Hamburg) 1617.
Franci lexieon: Georg Franci naumburgenfis raedic. D. etC.
Caesar. Lexicon vegetabilium ufualium in quo Plantarum Qaarum ufi
ufque innotuit Nomen cum synonymis Latinis, Graecis, Germanicis et intei
dum Arabicisetc. etc. Argentorati sumtibus acTypis JosiaeStaedeli. 167
Valentini: Viridarium reformatum seu regnum vegetabile, Dasis
Neu eingerichtetes und vollständiges Kräuter-Buch, worinnen . . . ■
Von D. Mich. Beruh. Valentini .... Franckfurth am Mayn, gedrucl
bei Anton Heinscheidt. 1719.
Noch einmal das
Zwiegespräch zwischen dem Leben und dem Tode.
^^^»^^^^^^^»^^^^^%
Eine fortgesetzte Untersuchung der im vorigen Jahrgang er-
wähnten Handschrift hat das daselbst S. 54 ff. abgedruckte Gedicht
vollständiger und in verbesserter Anordnung mich herstellen lassen,
auch über das Druckjahr und den Drucker die bestimmte Aufklärung
gegeben.
Neben den erwähnten Druckresten von Versen waren ein paar
Streiflein eingeklebt, welche ärztliche Vorschriften enthielten. Nach
Entfernung des dicken Kleisters der Rückseite erschienen auch hier
Versdruckreste, und umgekehrt enthüllten sich unter dem Kleister
der Tersfragmente auf der Kehrseite Zeilen eines Arzeneibuches.
Die Letzteren, zusammengelegt, erwiesen sich nach Typen, Zei-
len etc. als identisch mit fol. 65b und 69b des Bokes der Arstedie,
gedruckt zu Lübeck 1484 durch Barthol. Ghotan. Die einzige Ab-
weichung ist, dass über fol. 69b verdruckt steht: F(o. l)xx. Daraus
erklärt sich, weshalb die Rückseite nicht mit dem Text des Arzenei-
buches bedruckt ward, sondern der Bogen cassirt und in seiner weiss
gebliebenen Hälfte zu einem Probedruck (einer Correctur) des Zwie-
gesprächs benutzt wurde.
Faltet man den betreffenden Octavbogen und bezeichnet die Ein-
zelseiten mit den Signaturen des Arzeneibuches, so erhält man neben
und über einander auf derselben Fläche des halben Bogens:
Fol. 66 (Fol. 69b)
(Fol. 66b) Fol. 70.
Die Kästen 70 und 69b wurden beim Zusammenrücken vertauscht ;
so geschah es, dass die Signatür: Fol. 70 auf den verkehrten Kasten
kam, was um so leichter möglich war, als auch jetzt noch wegen
raschen Abgangs derselben häufig wiederkehrenden Zahlenlettern die
Seitenbezeichnung oft erst beim Zusammenschluss der Kästen unmittel-
bar vor dem Druck beigefügt zu werden pflegt.
Kehrt man den Bogen um, so ist die Rückseite von 70 links,
die von 65b rechts. Dem entsprechend enthält auch der Revers von 70
(oder 69b) den Eingang, der von 65b das Ende des Gedichts. Es scheint
also nur auf diesen zwei Seiten gestanden zu haben. In der Mitte
werden drei Strophen ganz fehlen, weU die beiden, deren Anfangs-
buchstaben allein erhalten sind, auf der Rückseite keine Druckreste
9*
132
zeigen. Dies müsste aber der Fall sein, wenn sie nur durch eine
Strophe von den ersten vier getrennt wären. Der zusammenhangende
Text des Arzeneibuches ergiebt dies so sicher, wie die Reihefolge der
erhaltenen Strophen. Aus demselben Grunde kann vor : Dy en baten
nicht — keine Strophe auf 65b gestanden haben und vor der letzten
Strophe nur eine fehlen. Raum für die fünf in die Mitte einzureihenden
Strophen gewährt die erste Seite, wenn man sich ihren noch jetzt im
Lübecker Druckexemplar ziemlich breiten unteren weissen Rand un-
beschnitten denkt.
Dass übrigens bei der völlig regellosen Benutzung eines cassirten
Bogens zu einem Probedruck auch andere Combinationen des ersten
Abdrucks möglich sind, und demnach das Gedicht eine viel grössere
Ausdehnung gehabt haben kann, wie auch verwandte Dichtungen sie
nachweisen, soll keineswegs in Abrede gestellt werden. Anfang und
Ende als solche dürften aber ziemlich fest stehen.
Das Druckjahr wird dem des Arzeneibuches nicht fern liegen
und ist insoweit belehrend, als wir hier ganze Zeilen lesen, welche
in den Todtentanzdrucken, deren ältester von 1489 datirt, wiederkehren.
Das Gedicht lautet in der richtigen Anordnung und mit den neu
gefundenen Ergänzungen und besseren Lesarten einzelner Wörter und
Buchstaben:
(Dat levent).
Wor kumpftu doch beere
Unde wat ys dyn (b)eghere?
Wat ys dat krum(m)e tauwe,
Dat du flepeft in (deme) douwe?^)
De (dod).
Ick kome van eynem koningh(ry)ke.
Dar hebbe ick fe meyet al ghely(ke).
Ick byn de dod, ick kan vorderv(e)n
AUe dingk, da(t) id mot fterven.
Dat levent.
Byftu eyn meyer, fo meye dyn körne
Unde lat van my dynen tome.
Du en hefft hyr nicht tho fchaffen,
Dar umme fcholt du my nicht ftraffen.
De dod.2)
Neen, ick wil dy noch anders fpreken,
, Ick wil dy dyn herte thobreken.
Des love my al funder wan.
So hebbe i(ck menni)ghem m(y)nschen g(hedan).
Da(t) lev(en)t.
^) a in tauwe steht deutlich da, ebenso d in douwe. Es ist auch richtige dass
der Tod die Sense im Thau nachschleppt, nicht im Aermel (mauwe), ') Dass die
Strophe hier anschliesst, ergiebt der Text des Arzeneibuches.
133
(De dod)
(Dat levent).
(De dod).
vy • • • * •
Wal
jj • • • • •
M . . . . .
(Dat levent).
Ac(h) ....
\j . . * . •
ji^ . . . . •
u . • . . •
D(e dod), 8)
(D)y en baten nicht ve(le werde),
Men fnelle dy vufte (van duffem erde),
(I)ck wil dy uppe de er(den ftrecken)
(XJ)nde enen vot lengh(er recken.
Dat (le)vent.
(A)ch fpare my en klene tyd
(U)nde kere van my d(y)nen nyd,
Ick byn noch nicht berede
(D)at ick fo drade van hyr fchede.
De dod.
(öo)t fprack myt fynem hillighen munde:
(Waket unde bedet t)ho aler ftunde.
(De dod fendet juw) nenen breflf,
(He kumpt flyken recht fo eyn de)ff.*)
(Dat levent).
..... • .
D(e dod).
Dar fynt vele mede bedraghen,
Wen fe langhe vore(t)oghen ^)
Unde feden alle: cras cras!
We(n ick) alrede by en was.
LÜBECK. Wilh. Mantels.
^) Hier beginnt Bückseite von fol. 65^. Der Zusammenhang der Strophen geht
gleichfalls aus dem Text des Arzeneibuches hervor. *) Wörtlich ebenso 1520. Vgl.
ineioe Ausgabe des Lüb. Todtentanzes (Lüb. 1866) S. 10 u. 14. Vgl. auch hier und
zu den irtiieren Anmerkungen die Ausg. v. 1489 u. 1496, jetzt neu gedruckt in
Herrn. Baethcke Des dodes danz. Stuttg. Lit. Yer. 1876. ^) Ein hinzugekommenes
Streifchen beweist, dass hinter oghen nichts mehr stand. Vor oghen ist ein Wurm-
frassloch, in welches t hiueinpasst
Friesisches im Ditmarschen?
In der Ditmerschen Historischen Geschichte des Johann Adolfi,
genannt Neocorus (her. v. Dahlmann. Kiel. 1827) ist in philologi-
scher Hinsicht der werthvoUste Abschnitt die Widerlegung der „söven-
den Vormodinge van Ankumbst unde Ortsprung der Ditmerschen^ I,
S. 59 flf., weil Neocorus hiebei sich über die Sprache der Ditmarschen
auslässt. Seine Worte sind*):
jAlso ok de Sprake belangende, wet men sik ok wol to beschei-
den, dat de fast in allen Steden, Flecken, ok wol geringesten Dor-
pern sik endert, dat men utdrucklich in einerlei Volke ein ander
Idioma unde Art höret unde sporet; ok desulve na gerade dorch de
ütlendere unde Frombde edder der Gewerve halven in den Steden
sik betern unde reinigen edder ok wol gar corrumperen unde vor-
mengen: wo den de in den Flecken des Ditmerschen Landes, s'onder-
lich Brunsbuttel, Melcjorp, Oldensworden, Heide, Weslingburen, Lunden
etc. zirlicher reden, als in andern velen Flecken unde Dörpern. Dat
ik geswige, dat de Ditmerschen vele van eren Naburen, den Fresen,
als de ermals vele neger an enen gegrenzet unde mit den se jummerto
vele Wesendes gehat, in der Sprake nemen mögen: welches se doch
herna lichtlich afgeleret, als den Fresche Worder sin: ^) Zint, ^) Zest,
3) Zußen, *) Zußentelle, ^) Zeppell, «) Wopen, ') Bobben, ») Poolbobben,
») Poolennen, ^^) Volst, ^^) Teile, ^^) Kubik, ") Deie, i*) Deien,
15) Dreedt, i«) Twindreedt, i^) Nettel, i«) Hulck, ^^) Bückt, «o) Stroete,
*i) Kallen etc. unde dergeliken: de in Sassescher itziger Sprake
1) Kint, 2) Pelz, ») Küken, ^) Kukenkorf, ^) Perl, «) Wenen, ') Ey,
8) Anteney, ») Ante, ^^) Volk, ^^) Korf, ^^) Beker, ^^) Wege, ^^) Wegen,
15) Dradt, ^^) Twerndradt, i^) Nadel, i») Luttik eft Hudelik, i») Dicke,
^®) Strate, *i) Snacken etc. beten. Den solche Worder vindet man
vast in jedem (1. iederem?) Lande, dat se darin eine Eigenschop be-
holden, und iedere Nation variert, als tom Exempel im Bruns-
wigischen Lande: ^) Morermoren*), ^) Moren^), ') Braut, *) Moine*'),
5) Maicken, «) Bruttmecker*), ') Aine«), ») Pipen*), ^) Kodderen«),
*) Ich habe die Orthographie vereinfacht uud gleichmässig gemacht; wo die
SchreibuDg des Neocorus aber möglicherweise eine besondere Aussprache bezdchnet,
nicht geändert. ») s Mndd. Wb. III, 118. ^) s ebenda, wonach das Wort schon
im 14. Jh. in Lübek bekannt war. c) g. Mndd. Wb. III, 1 16. d) s. Mndd. Wb. I,
630. «) auch ditmarsch, b. Michelsen, Sammlung altditm. Rechtsquellen S. 130:
brutmaker. ^ s. Mndd. Wb. HI, 831. s) s. Mndd. Wb. U, 610.
135
^^) Koren*), ^*) Beköringe^), ") Ningens*') etc. unde des untellik
andere, so doch bi anderen Sassen sin ^) Morgen, *) Wortelen, ^) Brot,
*) Möme, ^) Medeken, ^) Brudegam, '^) Egde, ^) Küssen, ^) Snacken,
^^) Breken, ^^) Vorsökinge, ^^) Niens etc., dat dennoch de rechte
Grünt unde Fundamente der Sassischen Sprake blift. Und dorfte wol
mit Warheit seggen: wen du einen rechten urolden Sassen hören
mochtest unde de van den Doden upstunde unde mit di redede, wer-
dest du sine Sprake nicht wol edder gar nicht vorstaen.' (Nachdem
Neocorus dann Helmold und Crantz für die gemeinsame sächsische
Abstammung der Stormarn, Holsaten und Ditmarschen angeführt,
fährt er fort:) ,De Ditmarschen, eft se wol up der Naburschop der
Fräsen gelegen unde dorch de Elve unde Eider beslaten werden, neme
ik ut, dat se under de Fresen nicht gehören, eft wol er Land schone
twischen Seen unde Sumpen gelegen is, darumme dat se alletids der
Dudeschen Sprake gebruket hebben unde to dem Lande Sassen sin
gerekent worden.'
Neocorus' Meinung ist demnach die: Die Ditmarschen sind
Sachsen, und keine Friesen ; allerdings haben sie früher einige zum
Friesischen stimmende Ausdrücke gehabt, doch haben sie die nur von
den benachbarten Friesen herübergenommen und nachher auch leicht
wieder verlernt. Leider belegt er diese friesische Angewöhnung nur
mit wenigen Wörtern, doch scheint deren Zahl und Beschaffenheit
genügend, um jene Meinung zu prüfen. Erschwert wird die Prüfung
durch den geringen Befang friesischen Wortschatzes, ^den wir aus
dem Friesischen überliefert haben, zumal, da doch zunächst das sog.
Nordfriesische in Betracht kommen muss, durch unsere fast völlige
ünkenntuiss des mittelalterlichen nordfriesischen Dialektes. Statt
dieses sind wir also gezwungen, die moderne nordfriesische Sprache
zur Vergleichung heranzuziehen. Eine solche Vergleichung der be-
treffenden Wörter einerseits mit dem Friesischen, andererseits mit
dem Sächsischen belehrt uns bald, dass Neocorus offenbar zweierlei
vermengt hat, obsolete sächsische Wörter, die sächsischen Lautstand
zeigen, und Wörter, die wirklich friesisches Aussehen haben.
Neocorus eröffnet die Aufzählung mit fünf, resp., da eins nur
ein Compositum des vorhergehenden, vier Wörtern, die auch für un-
sere Betrachtung zusammengehören, da sie mit dem unsächsischen z
(= ts) beginnen: zint, zest, zußen nebst znßentelle, zeppell; zu
ihnen muss auch noch volst gestellt werden. In diesen Wörtern steht
der Zischlaut an Stelle eines ursprünglichen k, wie für zint und
Zttßen die üebersetzung kint und kuken deutlich zeigt. Im Friesischen
ist der Uebergang eines k, das vor e oder i steht, in einen Zischlaut
häufig, aber grade zint und zußen, obschon sie unter dies allgemeine
Lautgesetz fallen, dürfen nicht friesisch genannt werden. Im Alt-
friesischen ist kind ein gewöhnliches Wort, stets mit k anlautend,
selbst neben anderen Wörtern, welche k in tz, ts, sz wandeln; im
a) 8. Mndd. Wb. II, 637. »>) s. Mndd. Wb. I, 215, «) s. Mndd. Wb. III,
187. 188.
136
Neufriesischen scheint es völlig seinem gleichfalls gut afries. Synonym
barn oder bern den Platz geräumt zu haben. Nur in einem Dialekte
findet sich kind, im Helgoländischen, s. Oelrichs Klein. Wb. der
Helgol. Sprache. 1846; aber es lautet auch hier ohne Zischlaut kin,
trotzdem dass der Helgoländer jenen Lautübergang in anderen Wör-
tern vorgenommen und z. B. den Käse sies, den Kessel zettel nennt.
Wir dürfen also schliessen: zint ist nicht von den Friesen erborgt,
sondern nach einem im Altditmarschen waltenden Sprachgesetze aus
kind entwickelt worden. Ebenso steht es um znßen. Die friesischen
Formen, die ich habe finden können, haben sämtlich das inlautende k
bewahrt: sjöckling, Bendsen Nordfries. Sprache S. 66; helgol. sückelk,
Hofimann in Frommann's Mundarten III, 33; helgol. sückel, saterl.
suken, Minssen in Ehrentraut's fries. Archiv I, 218; wangerog. sjuken
Ehrentraut Arch. I, 392; ostfries. siucken, Cadovius-MüUer Memoriale
linguae Frisicae, her. v. Kükelhan. Leer 1875. S. 35. Bemerkens-
werth ist bei zußen der Uebergang des anlautenden k in ts, des in-
lautenden in SS. Ob der Vocal u lang geblieben, erhellt nicht, ist
aber wahrscheinlich.
Zest soll einen Pelz bedeuten. Das Landrecht v. 1447 § 223
(Michelsen Sammlung altditm. Rechtsquellen. S, 72) hat pilsz. Wir
treffen jenen Ausdruck auch im Nord- und Südfriesischen, jedoch
wiederum nicht ganz gleich lautend. In den Emsiger Busstaxen
(v. Richthofen Altfriesische Rechtsquellen 243, 23) steht im friesischen
Texte tziust «oder nach Hettema's Lesung tzuist, wo die ndrd. üeber-
setzung pels bietet. Als ostfriesisch giebt Gadovius- Müller S. 46 siust
mit derselben Bedeutung. Wie das ditmarsche Wort vom südfriesischen
betreffs des Vocals differiert, so auch vom nordfriesischen ; denn nach
Johansen Nordfries. Sprache S. 247 und in d. Jahrbüchern für Schlesw.-
holst. Landeskunde. IV, 262 hiess der früher von den Amringerinnen
getragene Schafpelz schist, und Hansen Uald' Söld'ring Tialen. M0gel-
t0nder 1858. S. 20 lässt die alten Silter Kempen en Siist fan Sjip-
of Robfel (Schaf- oder Robbenfell) tragen, und giebt in seinem
Altfries. Katechismus. Hamburg 1862. S. 15 die Mahnung ,Setze keine
Läuse in den Pelz' wieder durch ,Säät nun Lüs ön Siist.' Schon
V. Richthofen (Altfries. Wb. S. 871) hat für tziust auf eine ältere
Form kiust geschlossen, und Stürenburg Ostfries. Wb. S. 247 hat auf
ahd. crusina, chursinna, ags. crusene, mhd. kürse(n), mnld. mndd.
korse(ne), Pelz, hingewiesen. Mehr als kürsen würde die mndd.
Nebenform kortze, noch mehr das mhd. kursit, Ueberrock, stimmen,
welches Lexer Mhd. Wb. und Hildebrand (Örimm Wb. kursat und
kürsen) zu kürsen in Beziehung gesetzt haben. Bedenken bleiben
jedoch, minder wegen der Wandelung des k, mehr wegen des Vocals,
am meisten wegen Ausfalls des r. Nordfries, schist scheint aus sjist
oder sjuist entstellt zu sein.
Zeppell giebt Neocorus durch Perl wieder, wofür Peel zu lesen
ist, wie S. 153: de Peel edder Zeppel. Wegen des Synonyms peel
ist auf diese Stelle im Neocorus, sowie auf das Mnd. Wb. zu ver-
187
weisen. Hier handelt es sich nur darum, ob zeppel friesisch sei.
Die Wandelung von k in z hat gleichfalls in diesem Worte stattge-
funden, allein nicht erst in friesischem Munde; denn es ist bekanntlich
das mfrz. chapel, nfrz. chapeau, das im Mhd. zu schapel, schappel
ward. Ich bescheide mich, auf Diez Etymolog. Wb. der roman.
Sprachen unter cappa, auf das Mhd. Wb. und Lexer unter schapel
zu verweisen. Aber vielleicht ist das z statt seh, das e statt a frie-'
sische Eigenthümlichkeit? Auch das nicht: denn im Passional finden
wir md. schepil, und im Lübeker Urkundenb. III, no. 333. p. 338
ndd. tzappel. Mehr Belege wird uns wohl nächstens das Mnd. Wb.
bringen, aus deren Vergleichung mit dem Artikel pel im selben Wörter-
buche sich ohne Zweifel dasselbe Resultat ergeben wird, welches uns
des Neocorus^ Worte schliessen lassen, nämlich, dass zeppel nur der
ältere und gegen Ende des Mittelalters veraltete Ausdruck ist, aber
kein eigenthümlich friesisches Wort. Höchstens kann man aus der
Stelle entnehmen, dass zeppel bei den conservativen Friesen noch
dauerte, als es bei den Sachsen schon verschollen war.
Yolst = Volk. Das Afrs. kennt nur folk; ebenfalls im neueren
Friesisch habe ich keine dem volst entsprechende Bildung ermitteln
können. Sein Vorhandensein im Ditmarschen bestätigt und seine
ältere volle Form und seine specielle Bedeutung liefert uns Michelsen's
Sammlung altditmarscher Rechtsquellen. Altena 1842« Daselbst
S. 14 lautet § 36 des ältesten Landrechtes v. 1447: item welk man
dar volste winnet etc. So im originären Codex des Kirchspiels Büsum
(s. Einl. XVII). Der Schreiber der Hamburger Abschrift v. 1469 hat
volste offte denst, weil volste offenbar ausserhalb Ditmarschens unver-
ständlich war. Er hätte den erklärenden Zusatz nicht nöthig gehabt,
wenn er volk gesetzt hätte, denn volk für ,Gesinde' ist allgemein mndd.
Volk finden wir auch in einem der Zusätze der Büsumer Handschrift,
welche nach Michelsen sämtlich noch vor 1467 hinzugethan sind,
S. 22. § 60: vortmer ofte jemant sineme volke schult gheve etc.
Doch kennt noch das zweite Land recht, wie es vor 1480 verzeichnet
und zwischen 1483 Und 1489 gedruckt worden ist, in seiner Ausferti-
gung aus dem Jahre 1539 (Einl. XVIII) das Wort volste. Der Artikel
186 (S. 151) trägt die Ueberschrift : Van volste to winnende, und
beginnt: vortmer effk dar we volste medede an sin arbeit. Ebenso
Art. 187: Efft en man sinem volste schult geve. Vortmer weret sake,
dat dar we sinem volste schult geve umme jenich gud etc. Lappen-
berg Zur Geschichte der Buchdruckerkunst in Hamburg. 1840. theilt
S. 116 zwei von Homeyer entdeckte Fragmente des Druckes von 1487
mit, worunter sich auch diese beiden Artikel befinden; in beiden steht
dort ebenso volste. Ich habe anfänglich wegen des Vocals o volste
als aus volk entstanden angesehen. Herr Professor Crecelius hat mich
aber darauf aufmerksam gemacht, dass die Umlautung des k doch
nur durch ein nachfolgendes i veranlasst sein könne. Das ist richtig ;
aus volk, das nach der a-Declination geht, konnte kein volst, viel-
weniger volste werden. Volste muss dasselbe Wort mit anord. fylki,
188
ags. fylce, Landschaft, Provinz, Haufe, Schar, sein und würde richtiger
vulste lauten. Das st erklärt sich einfach durch Umsetzung von ts.
Die ältere Form war also fultsi oder foltsi.
Wopen = wenen. Wopen ist ein gut sächsisches Wort: as.
wöpian, das im Praes. schwach, im Praeteritum stark flectiert wird.
Es ist das goth. vopjan, das ahd. stv. wuofan, swv. wuofjan, das mhd.
'wuofen und wüefen, also gemeindeutsch, nicht ausschliesslich friesisch.
Ja, man darf sogar gegen Neocorus behaupten, dass die Form wopen
nicht friesisch, wenigstens nicht südfriesisch ist, da bereits im Afrs.
nur wepa erscheint, wie im Ags. vepan. Die eigenthümliche Conju-
gation von wepa, vepa kommt hier nicht weiter in Betracht; genug,
es lässt sich in beiden Dialekten keine Form mit 6 nachweisen. Im
Altfries. Wb. bringt v. Richthofen für die Neuzeit nur einen Beleg
bei aus Hettema und Posthumus Onze reis naar Sagelterland. Franeker
1836. S. 254: das saterländ. wapia. Ich habe diesen Ausdruck für
,weinen' in dem mir zu Gebote stehenden neueren südfriesischen
Sprachmaterial nicht auffinden können ; vielleicht ist er erstorben.
Im Nordfriesischen ist er noch lebendig: wöppan bei Johansen Die
nordfries. Sprache. Kiel 1 862. S. 205. Da das ö von wöppan ebenso-
gut aus a oder e, wie aus o entstanden sein kann, so dass man in
Ermangelung anderer nordfriesischer Zeugnisse nicht zu entscheiden
vermag, ob dem älteren Nordfriesischen ein wopen eigen gewesen,
darf man behaupten: es ist das Wort ein so allgemein deutsches und
die Form wopen zeigt keine speciel friesische Laute, so dass wir im
Schwinden des Ausdruckes nur dieselbe Erscheinung sehen können,
wie im Schwinden desselben aus dem Neuhochdeutschen, um mit
Neocorus S. 61 zu reden: Vocabula valent usu sicut nummi; Worder
gelden na deme Gebruke, als dat Gelt. Ganz ausser Kurs scheint
wopen jedoch nicht gekommen zu sein; wenigstens kennt Ziegler in
seinem Ditm. Idiotikon (in Richey's Hamburg. Idiot. 2. Ausg. 1755)
noch ein wupen in der eingeschränkteren Bedeutung ,weinen wie
kleine Kinder'.
Bobben = Ey weiss ich nirgends sonst nachzuweisen. Vielleicht
lassen sich vergleichen die poppen = Kügelchen, Knoten, Bläschen,
Körnchen, Stäubchen, in Schmeller's Bayer. Wb. 1827. I. 291. und
das kärntn. poppel, Kranz, in Frommann's Ma. IV, 493, sowie das
ndd. bubbel, bobbel, engl, bubble Wasserblase, ostfries. bubbelke
Wasserrose, engl, bubby die weibliche Brust. Ob auch engl, bub
starkes Bier, bremisch, und pommersch. bubbert mit Eiern gekochte
und verdickte Milch, sowie ostfries. bubbenkopp Grobian hieher ge-
zogen werden müssen, ist nicht klar. Im Nordfriesischen habe ich
weder bobben noch etwas ähnliches gefunden; doch mangelt ja ein
erschöpfendes nordfries. Wörterbuch, und die meisten vorhandenen
nordfriesischen Bücher sind nicht eben zum Nachschlagen eingerichtet.
Poolbobben = Anteney, Poolennen = Ante. Richtiger wäre
wohl anten gewesen, denn ennen wird Plural sein, man müsste denn
ante als Plural fassen wollen, was für Neocorus^. Zeit bedenklich alter-
139
thümlich scheint. Lassen wir fürs erste das Bestimmungswort pool
bei Seite. Der Form enne bedient Neocorus sich auch I, 228: sonder
halen (de Büsumer) ok avert Water wilde bunte Vagel, de se Berg-
ennen heten. II, 336 dagegen lässt er die Büsumer Fischer in einer
Supplik an den Herzog sagen: ,vel dusend Wiltvagel, Berganten ge-
heten\ wo man fast meinen möchte, dass die sächsische Form um
des sächsischen Fürsten willen gebraucht worden wäre. Neocorus
verwendet auch noch eine dritte Form: ente II, 272, welche auch in
der Meldorfer Kirchspielsbeliebung v. 1541 (Plur. de Endten) bei
Michelsen Samml. altditm. Rqu. S. 236 wiederkehrt. Es ist mir
nicht möglich, aber auch nicht nöthig, hier eine Geschichte des Wortes
Ente im Ndd. zu geben. Man braucht nur in Kosegartens Ndd. Wb.
und in Schiller's und Lübben's Mndd. Wb. nachzuschlagen, um zu
erkennen, dass schon im Mndd. und noch im Nndd. die Schriftsteller
und Idiome eine auffallende Mannigfaltigkeit von Formen, selbst zwei
oder drei verschiedene neben einander offenbaren. Bald steht t, bald
d, bald ist das d dem n assimiliert; der Vocal ist theils a, theils e,
hier kurz, dort läng ; der eine lässt das Wort consonantisch, der an-
dere vocalisch auslauten, u. s. f. ; so dass man Neocorus' Ansicht,
enne sei eine nicht sächsische Form, so gut für übereilt ansehen
darf, wie Hofimann's Versuch, die Form ende als holländisch aus dem
Reineke Vos auszumerzen. Die Zeugnisse für ndd. ende, end, woraus
jenes enne, en geworden, s. Kosegarten Ndd. Wb. S 410. Erwägt
man aber, dass das Friesische allem Anscheine nach die d-Bildung*),
das Holsteinische dagegen die Bildung änte^) bevorzugt, so wird man
verstehen, wie Neocorus zu der Auffassung von enne als friesisch,
ante als sächsisch gekommen ist.
Es fällt auf, dass nicht enne gleich ante gesetzt wird, sondern
poolenne. Im Gegensatz zur Bergente lässt sich poolenne als Teich-
ente*^) fassen. Gegen diese Annahme spricht die Gleichsetzung von
poolbobben und anteney; man hätte poolennebobben erwarten müssen.
Liegt kein Schreib- oder Lesefehler vor, so kann die Erklärung
,Teichente' nicht Stich halten. Nach Ziegler Idiot. Ditmars. heissen
ditmarsch pielken die jungen Enten und Gänse, so aantpielken, goose-
pielken. Das Bremer Wb. leitet das Wort von den pilen, den zarten
Federkielen; Outzen Glossarium der fries, Sprache S. 250 dagegen,
wo er pielken auch als nordfriesisch verzeichnet, von dem Lockrufe
pile, pielle, pille. Die alten Gänse und Enten, setzt Outzen hinzu,
würden durch pule gerufen, wie im Dänischen durch pulle. TSIit
diesem pule lässt Kosegarten Wb. S. 414 enne zu poolenne componiert
sein, das demnach so viel sei, wie in Ostfriesland und Oldenburg
*) westfries. ende im Westerwoldinger Landrecht des 17. Jhs., eyn bei Gijsbert
Japicx, wangerog. an bei Ehrentraut I, 345, helgol. en bei Frommann III, 33,
nordfries. an bei Johansen S. 118; doch ostfries. oente bei Cadovius-MtiUer S. 35.
^) Hamburg. Chroniken, hrsg. v. Lappenberg. 1861. S. 450 (a. 1552) : antey, Entenei.
Schütze Holst Idiot 1800. I, 4: Aant, A[a]ntj, Aantvagel. <^) Schütze: Aantpool,
Entenpftttza Brem. Wb. III, 350: Aantepool; HI, 39: Legge- un Pool-geld.
•<^^
140
pilänt, in der Grafschaft Mark pile, pille, in Pommern pile-äning, die
zahme Ente. So erkläre sich auch poolbobben als Entenei, da wohl
schon pool (wie pile) die Ente selbst bezeichnen möge. Dann gehört
der Ausdruck poolenne aber schon mehr in das Gebiet der Kinder-
sprache, deren Klangwörter für sprachgeschichtliche Untersuchungen
w^nig verwendbar sind. Wahrscheinlich wird pule oder pulle übrigens
auch wohl ebenso wenig auf Nordfriesland, Schleswig und Dänemark
beschränkt sein, wie pile, pille es ist. Schliesslich ist bei dieser Ab-
leitung nicht zu übersehen, dass auch hier wieder eine kleine Ab-
weichung der ditmarschen Form (pool) von der nordfrs. (pul) statt-
gefunden hätte.
Teile, Korb, und Knbik, Becher») scheinen im neueren Friesischen
zu mangeln. Ebenso wenig kann ich sie in anderen germanischen
Dialekten nachweisen. Ob teile mit ndd. ndl tillen heben, mit fries.
tille (s. Richthofen Afrs. Wh.) kleine Brücke, mit engl, tili Schieb-
lade, Geldkasten, mit hd. ziUe Kahn (s. Schmeller Bayer. Wb. 1837.
IV, 253) zusammenhängt? In kubik befremdet inlautendes b. Nach
Laut und Sinn darf man das Wort wohl zu dem durch alle norddeut-
schen Mundarten verbreiteten kop, Demin. kopken für Schale, Schüssel,
Napf, Becher, Tasse, halten, über dessen Geschichte uud Verwandt-
schaft ich auf Hildebrand's Artikel köpf im Grimm'schen Wörterbuche
verweise.
Deie = Wege, deien = wegen möchte ich als Naturlaute, als
Klangwörter fassen. Dei ist weitverbreitet, doch erscheint es in der
Bedeutung Wiege vornehmlich in friesischen Gegenden, so als dei in
Oldenburg, als düdei in Ostfriesland (Stürenburg), als daiken auf
Helgoland (Hoffmann in Frommann's MA. III, 30). Dass dei und
deidei für Wiege sich trotz Neocorus bis heute in Ditmarschen ge-
halten, ersehen wir aus Müllenhofi's Glossar zum Groth'schen Quick-
born. Das Verb deien wird aus dem nordfriesischen Eiderstädt von
Schütze im Holstein. Idiotikon bezeugt. Dagegen gilt deidei in Bremen
(Brem. Wb.) und in der Altmark (Danneil) als kindliche Benennung
der Puppe. Piening Snack un Snurren ut de Spinnstuv. 1858. S. 80
hat das Deminutiv dietdeik'n, Kindchen, Püppchen, wohl aus dem
holstischen oder stormarschen Dialekt. Das Bremer Wb. kennt
auch heiderdei und poppedei in dieser Bedeutung, welche Bildungen
aber zur zahlreichen Klasse der mit dei zusammengesetzten Namen,
Appellative und Interjectionen gehören, deren Erörterung hier nicht
an der Stelle sein würde. Nur an eine dieser Bildungen will ich
wegen ihrer Bedeutung noch erinnern, es ist hippodeige in Grimmas
Kinder- und Hausmärchen II, 277. No. 140. Das Hausgesinde: mine
Weige Hippodeige.
Dreedt = Dradt, Twiudreedt = Twerndradt. In dreedt ist der
Anlaut nicht friesisch, wohl aber der inlautende Vocal. Afrs. heisst
es threed, auch threid. As. ist es nicht überliefert, muss aber thräd
«
^) Michelsen Sammlg. altditm. Rechtsquellen S. 36. 80 und sonst nur heker.
141
gelautet haben. Im neueren Friesischen ist th nicht so durchgängig
in d übergegangen, wie im Sächsischen, sondern auch in andere
Laute, zumal in t; so in thred bereits in der mittelalterlichen Sprache
der westerlauwerschen Friesen: treed, s Richthofen unter thred im
Glossar. Moringisch spricht man träjdd, Bendsen Nordfries. Sprache
S. 48; auf Amrum, Föhr und Helgoland triad, Johansen Nordfries.
Sprache S. 111. 129 und Oelrichs Wb. der Helgol. Spr. ; und als
westfries. giebt Epkema tried an im Woordenboek op de gedichten
van Gijsbert Japicz. Leeuwarden 1824. — Dem fries. twin stellt
Neoconis sächs. twern gegenüber*). Beide Wörter entstammen einer
Wurzel und zeigen nur verschiedene Suffixe. Twern ist die gemein-
sächsische Bildung nach Ausweis der Idiotica, s. Brem. Wb., Strodt-
mann Osnabr. Wb., Dähnert Pommersch. Wb., Schütze Holst. Wb.,
Schambach Götting. Wb., MüUenhofi Glossar zum Quickborn. Auch
das neuere Ostfriesische, das allerdings kein friesischer Dialekt ist,
scheint nur twären zu kennen (s. Stürenburg, Ustfrie^. Wb.), ja sogar
als nordfriesisch giebt Bendsen S. 49 nur twjarn. Das befremdet um
so mehr, weil das Bremische und das Holländische neben tweern auch
twyn kennen, jenes nach dem Bremer Wb. twien als ,starken' Zwirn,
dieses twijn als das üblichere Wort, daher auch in Ableitung und
Zusammensetzung bevorzugt. Vermuthlich wird twijn auch im West-
iriesischen gelten, wie es wangerogisch ist: twin, twinthreid bei Ehren-
traut fries. Archiv I, 401.
Neddel = Nadel. Afrs. ist nedle, westerlauwersch auch nidla
und nitla. Der Yocal ist ursprünglich lang : goth. nethla, ahd. nädala,
as. nädla, ags. nsedl. Das Altsächsische, das Altfriesische und das
Angelsächsische sollten eigentlich statt des d ein d haben. Da diese
Dialekte für Id gerne Id setzen (Holtzmann Altdtsche Gramm. I,
155. 215.), so mag hier nachfolgendes 1 die Yertauschung der Aspirata
mit der Media veranlasst haben. Das Wort sollte mndd. und nndd.
nadel lauten, lautet aber natel; s. Mndd. Wb. und die Idiotiken.
Obschon Neocorus hier nadel schreibt, so ist doch natel seinem Dia-
lekte gemässer, s. S. 159. 161 ; fürs neuere Ditmarsche bezeugen dies
Ziegler in Richey's Hamb. Id. S. 419, und MüUenhoff in Grpth's
Quickborn S. 303, wo die analogen Bildungen satel statt 8adel,*fitel
8t. fidel, bütel statt büdel angeführt werden. Diese Erhärtung des
inlautenden d zu t findet ihre Erklärung aus den alten Formen, in
welchen das d silbenauslautend (näd-la, sadl u. s. w.) stand und darum
nach einem später entwickelten Gesetze gehärtet ward. Eine andere
Weise war, das Wort durch Einschiebung eines Vocals zu zerdehnen,
wie im hd. nädala; in solchen hielt sich die Media. Daher auch
Doppelformen desselben Worts. In diese Kategorie gehören z. B.
noch gaffel und gavel, twifel und twivel, tafel, hassel, massein. Im
Gegensätze zum Sächsischen haben die friesischen Mundarten (trotz
des einmaligen afrs. nitla) entweder das d in nedle durch Einschiebung
*) I, 154: getwernd; 159: twern.
'■^^'^M^WS'jr'*--
142
eines Vocals vor Verhärtung gesichert und gar sich verflüchUgeQ
lassen, oder sie haben dl zu 11 angeglichen: nordfrs. neadel bei Jo-
hansen S. 132, ne'el bei Minssen in EhrentrauVs Arch. I, 217, nell
bei Bendsen S. 39, helgol. nedel bei Frommann III, 30 und bei Oel-
richs; ostfries. nedel bei Cadovius-Müller S. 46, wangerog. nädel bei
Ehrentraut I, 383, saterländ. nedle bei Hettema u. Posthumus S. 244
(nach Richthofen unter nedle), westfries. nelle, nille, nulle bei Epkema
S. 308. Stürenburg giebt als neuostfrs. natel, ,an der holländ. Gränze
naide, nalle', welche beiden Formen zu dem durch Umsetzung von
dl zu Id entstandenen ndrl. naald, fläm. naelde bei Eilian, mhd.
nälde, nalde, nolde stimmen. Eine ganz eigene Stellung nimmt das
altditmarsche neddel ein, mit dem friesischen e, aber mit Vocal-
verkürzung, die sich in anderen Mundarten erst nach der Um-
setzung von dl zu Id und der Assimilierung einstellt. Am nächsten
steht ihm noch das westfries. nelle, da dasselbe aus neddle entstanden
sein wird.
Hulck = luttik eft hudelik. Dass hulk sich auch nach Neocorus'
Zeit noch gehalten, bezeugt Ziegler bei Richey S. 413: hülk, klein,
sowie Outzen im Staatsbürgerl. Magazin. 1823. III. 106. Im Friesischen
das Wort hulk zu entdecken ist mir nicht möglich gewesen. Auch
sonst habe ich nichts vergleichbares finden können, als goth. halks
TTTco^o; und osnabr. (Strodtmanu) hölkers, hälkers sachte, gelinde,
deren Vocale aber nicht stimmen. Und in dem Helgoländer Ausdruck
hölk für »kleine Muschel' (PI. hölkers. Ggs. koks, PI. koksen ,gros8e
M.' bei Hofifmann in Frommann's Ma. III, 31.) wird schwerlich der
Begriff der Kleinheit stecken. Die Schwierigkeit wird noch gesteigert
durch das ,eft hudelik\ Soll damit hudelik als sächsische vollere
Form für das contrahierte altditmarsche hulk bezeichnet werden?
oder ist hudelik ein ganz anderes Wort, das nur derselben oder einer
ähnlichen Bedeutung ist, wie hulk? Ich muss gestehen, dass ich mit
hudelik erst recht nichts anzufangen weiss.
Backt = dicke. Das Wort ist ein friesisches: bükkat bauchig
V. buk Bauch, Johansen S. 157 (thjok dick S. 149); bücket dick-
bäuchig, Bendsen S. 167 (tjock dick S. 165); tjok, bükket dick, Oel-
richs S. 12. Aber das Wort ist auch ein sächsisches: büket, s. Mndd.
Wb., Richey, Strodtmann, Brem. Wb., und ebenso ein hochdeutsches:
bauchicht. Der einzige Unterschied, wenn wir vom Umlaut^ absehen,
zwischen fries. und sächs. Form ist die Quantität des Vocals. Ob
aber Neocorus durch die Schreibung bückt hat dea Vocal als kurz
bezeichnen wollen, ist sehr zweifelhaft, da er regelmässig auch nach
langem Vocale ck schreibt, und da er in diesem Falle* zu dicke wobl
ein ,eft büket' hinzugefügt hätte. Nein, er muss die richtige Beob-
achtung gemacht haben, dass das Gebiet von bukt durch dicke, wel-
ches im Mndd. mehr die Bedeutungen .häufig und dicht' als von ,dick'
hatte, Einbusse erlitten hatte, während die benachbarten Nordfriesen
noch das alte Verhältniss der Wörter bewahrt hatten. Auch diese
scheinen heutzutage ,dick' nicht mehr für ,oft' zu gebrauchen, sondern
■^r^
143
synonym mit bäkket, welches Adjectiv nämlich noch die alte Geltung
hat. In Johansen's det letj bükkat Man (das kleine dicke Männlein)
S. 269 liesse sich bükkat nndd. nicht mehr durch büket, sondern
nur durch dick wiedergeben; doch hat Brockes noch bei Weichmann
Poesie der Niedersachsen. 1725. 1, 139 : mit buukter Wörder Pracht.
Stroete = Strate. Zwei Wörter können gemeint sein, entweder
,Strasse\ ndd. strate, afrs. strete, oder afrs. strot, Kehle, mndd. strote,
das im neueren Nordelbingischen sein kurzes o einem Lautgesetze zu-
folge in & ändern musste^). Wie Neocorus dazu gekommen sein
sollte, dies eine Wort strote anders anzusehen als alle übrigen vielen
Wörter, in denen o in a übergegangen, versteht man nicht. Anderer-
seits ist eine Form strote für , Strasse' in den älteren deutschen
Mundarten unerhört. Dürfte man streete statt stroete lesen, so wären
alle Schwierigkeiten gehoben. Streete wäre gleich afrs. strete, ags.
street, engl, street, wangerog. streit, saterl. strete, westfries. striette
Ehrentraut Archiv I, 180. Freilich ob das Wort im Nordfriesischen
je e gehabt, fragt sich; wenigstens zeigt das moderne Ndfrs. diesen
Vocal nicht: strat, struat Nissen De Freske Findling. Stedesand.
1875. No. 493; helgoL straat Oelrichs. Nissen führt jenes struat
als amrumisch oder amringisch auf, das bestätigt Johansen Nordfries.
Sprache S. 196. Aus Johansen's Darstellung erhellt, dass dieser Laut
ua regelmässig dem goth. au entspricht, z. B. bruad Brot, skuat
Schoss, kual Kohl, luan Lohn, uar Ohr, kruas ndd. kroos Krug.
Ausserdem wird ursprünglich langes oder verlängertes ursprünglich
kurzes a vor 1 und r gerne in diesen Laut gebrochen, z. B. ual alt,
tualagh Talg, kualw Kalb, mual Stimme, bualk Balken, juar Jahr,
juard Garten, juaren Garn. Da nun struat nicht unter dieses zweite
Gesetz fällt, so muss es unter jenes erste fallen, d. h. sein ua ist
älteres 6, also das altditmarsche stroete würde durch das Nordfrie-
sische bestätigt. Bedenklich ist nur, dass ein paar Wörter, wie z. B.
puask Ostern, rua Raa, ganz unregelmässig ua statt ä zeigen, struat
könnte demnach ebenfalls regellos statt straat und nicht statt stroot
stehen. Andere Zeugnisse müssen Gewissheit geben.
Kallen = snäcken. Kallen ist bekanntlich ein allen deutschen
Mundarten angehöriges Wort, so dass ich blos auf die Lexika, be-
sonders auf Grimni's Wb. und das Mndd. Wb. zu verweisen brauche.
Im Ndrd. scheint das Wort im Laufe des I6ten und Anfange des
17ten Jahrhunderts ausgestorben zu sein. Soviel ich sehen kann, hat
es das gleiche Schicksal jetzt auch im Nordfriesischen gehabt.
Ziehen wir das Resultat der Untersuchung, so steht das Urtheil
über bobben, teile, pool, hulck, stroete und kubik noch aus, zeigen
wopen, kallen, bückt, zeppell keine speciel friesische Formen, lassen
sich die Formen enne und twin freilich nicht im Nordeibischen,
aber doch im Sächsischen nachweisen, sind deie und deien in der
Bedeutung auch friesisch, zeigen zint, zest, zußen, volst, neddel, dreedt
*) Lappenberg Hamburg. Chroniken S. 107 : de Straten (Nomin., lies de strate ?).
Lauremberg IV, 585: de gorgelstrale.
144
zwar friesische LautTerhältniBse, ohne jedoch in irgend einem der uns
bekannten friesischen Dialekte ganz so zu lauten. Diese letzte Reihe
von Wörtern ist die wichtigste. Wir ersehen ans ihr, dass das Alt-
ditmarsche mit dem Friesischen und dem Angelsächsischen e für a
kannte, dass es, wie diese beiden Dialekte, aber selbständig das k
in gewisser Stellung in einen Zischlaut wandelte, dass ihm sogar,
nach neddel zu schliessen, die besonderste Eigenthümlichkeit des Neu-
friesischen, welche dieses sonst nur mit dem Englischen theilt, die
Verkürzung langer Vocale nicht fremd war. Weniger Ausbeute für
die Stellung der Sprache in der Reihe der Dialekte liefert der lexi-
kalische Beitrag, den uns Neocorus in jenen 21 Ausdrücken giebt
Fast alle sind allgemein gültige deutsche Wörter; bobben, teile, pool-
enne, hulck, kubik lassen sich ausserhalb Ditmarschens nicht nach-
weisen; nur zest und deie deien verrathen friesische Nachbarschaft.
Es ist zu bedauern, dass Neocorus uns nicht mehr über die
ältere Sprache seines Stammes mitgetheilt hat. Allerdings in seiner
umfangreichen Chronik entschlüpft ihm bisweilen eine Wortform, welche
die Mittheilung ergänzt; manches sammeln wir auch aus Michelseu's
Urkundenbuch und desselben Rechtsquellen; die Namen bieten nicht
unerhebliches Material; selbst die neueren Idiotiken lassen den Spü-
renden nicht leer ausgehen.
So manches sich nun auch, wie ich glaube zeigen zu können,
aus diesen Findlingen über die vorlitterarische Periode des Ditmar-
schen folgern lässt, so behalten doch jene paar Zeilen auf S. 61 des
Dahlmann^scheri Neocorus ihre hervorragende Bedeutung für Aufhellung
der Geschichte der ditmarschen Sprache. Sie geben manches, was uns
kein Litteraturdenkmal, keine Urkunde geben kann; denn deren Sprache
ist die mndd. xoivti, welche höchstens technische Ausdrücke aus der
Volkssprache sich aneignete, im übrigen aber sich so ablehnend gegen
diese Sprache verhielt, dass man z. B. bei manchen Schriftstellern
ihre Abneigung, das doch gutniederdeutsche luttik zu gebrauchen,
merkt.
Das Ditmarsche steht geographisch an der Grenze des Friesi-
schen, wie das Stapelholmische, das Hadelsche; aber nicht nur geo-
graphisch, und darum haben diese Dialekte für die Geschichte des
Ndrd. eine ganz besondere Wichtigkeit. Und wiederum wird der dit-
marsche unter diesen Dialekten zum interessantesten und werthvoUsten,
weil in ihm und über ihn die meisten Zeugnisse vorliegen.
Aus den in diesem Aufsatze nicht berücksichtigten Zeugnissen
das gewonnene Bild des Altditmarschen zu vervollständigen zu suchen,
soll die Aufgabe eines zweiten Aufsatzes sein.
HAMBURG. C. Walther.
Ein drittes Blatt aus dem niedersäch-
sischen Pfarrherrn von Kaienberg.
Meine Mittheilung im Jahrg. 1875 dieses Jahrbuchs S. 66 ff. hat
die Nachweisung der Veesenmeyerschen Fragmente zur Folge gehabt.
Herr Dr. Ph. Strauch in Berlin gab in einer Recension des Jahrbuchs
(Anzeiger fiir D. Altertum III, S. 29 ff.) die kgl. Bibliothek zu Berlin
als deren jetzigen Aufenthaltsort an und constatirte, dass in dem be-
treffenden Bande (Yg 3921) das erste (verkehrt eingebundene) Blatt
dem Lübecker Bl. II völlig entspreche. In diesem sind folgende von
mir ergänzte Zeilenanfänge nach dem Berliner Druckblatt zu ändern :
Jahrb. S. 70 v. 13: Van linfen; v. 19: Hyr äff; v. 21: Alzo; v. 25
ist hoßen verdruckt statt hopen.
Die Berliner Blätter sind mir von der Kgl. Bibliothek freundlichst
übersandt worden. Die Vergleichung der Typen ergiebt, dass auch
das zweite aus demselben Lübecker Druck stammt. Obschon Herr
Dr. J. M. Wagner dieses Blatt seiner demnächstigen Ausgabe des
Pfaffen von Ealenberg einverleiben wird, glaube ich doch im Interesse
der Leser unsers Jahrbuchs es hier schon mittheilen zu sollen. Auch
dieses Blatt bestätigt einerseits die Abhängigkeit des Niederdeutschen
von einer hochdeutschen Vorlage — vgl. fchyre: my, raet: heft,
vader: trat he, saget: vorlatet u. s. f. — andererseits weist es auf
eine von den bekannten hochdeutschen Ausgaben abweichende Recen-
sion hin.
Das Bruchstück steht hochdeutsch in von der Hagens Narrenbuch,
S. 297/99. Herr Dr. Walther hat mir für die Vergleichung auch hier
den Text des Hamburger Exemplars mitgetheilt. In diesem fehlen
jedoch zwei Blätter. Der Anfang der Erzählung ist deswegen einem
Druck von 1550, Frankf. a/M., entnommen, nach gefälliger Mittheilung
des Herrn Dr. Strauch.
Im Eingange ist das Niederdeutsche offenbar vollständiger ge-
wesen, indem die possenhafte Art angegeben wurde, in welcher der
Pfarrherr zugleich ritt und ging. Sonst enthält das dritte Bruchstück
dem Hochdeutschen gegenüber einige Missverständuisse.
Niederdeutsches Jahrbuch« II, ^0
14$
Lübecker Druck.
III.
S.' a. Su8 quam he vor den by-
fchop dar,
De dar Jath vor der porten vorwar.
He fprak : Wo käme gy ghereeden
aUo?
De kerckhere Tprak: Neen, hcre,
feeth to.
He fprack: Kumpftu dan gegangen ?
De kerokhere fprack: Neen, hei'e,
ik käme ghehangeD
To yuwer gnaden al unvordroten,
Yd wyl my vele meer nicht bathen,
Men dat yk kiyghe eynen wyden
era yo.
Dat ghesinde fprak : Wo rede gy fo ?
He fprak : Swyget Itylle, myn leven
kynt.
Wo geyt tho? is myn here blynt,
Dat he my nicht anders entfangen
doet?
Kfte kumpt yd uth overmoet?
Se feden ; Em is fyn ghefichte fwack,
Hochdeutsche Fassung.
Der bifchoff der war zu Bassaw,
Er fprach: Gern ich den pfarrherr
fchaw,
Davon man mir viel hat gefeit.
Mancher der redt auf feinen eidt,
Wie er so viel der kiinlten kundt,
Nach im schicket >) da an der ftund, i
Und das er eilend kern gen hof.
Er war gehorfam dem faifchofF. |
Er kam geritten und gegangen.
Des ward er gar frSlich empfangen
überall wol von dem gefind.
Er fprach : Ich mein, mein berr
fey blindt,
(Holzschnitt.)')'
Das er mich nicht empfafaen thut,
He fuet dar uth alzi
dSfter fack.
Oder kompt es auß nbermutb?
Sie fprachen: Im ift fein gsicbt
fchwach,
dorch eyn Er fiht als durch eins fchleimea ')
fach.
'} schickt er, v. d. Hagen.
') Der Holzfchnitt hat die Ueberfcbrift : Hie fuhrt der kammerer den pf^^
herr ttr den birchoff in fein rcblaffliaminer. — Der niederdeutsche Text giebt die
nähere Aufklärung des Aufzuges, in welchem der Pfarrherr erlchien. Er hängt, das
heil'Bt doch wohl, er hat das eine Bein Qlier den Gaul (oder einen als Pferd dienenden
Gegenftaiid) g>>rchlagen, mit dem andern geht er. Der hochdeutsche Text ist aber
infofern correcter, ata er den Bifchof gleich im Haufe fein, nicht, wie der nieder
deutsche, anfangs vor der ThQr fitzen Järst
') slieme od. sliem ftm. u. fwm., diliin gegerbte Haut statt Glases in den Fenftem.
• ^ jwppi
147
Vfeie gy nicht wat gud dar tho fy,
So leret uns de arftedye.
He fprak: Vorwaer, dat do ick
fchyre,
ünde wil he nu volgen my,
Twe mael beth fchal he feen mor-
ghen,
Dat legge ickyorwaeranalleforgen.
Myne kunft de ick kan,
De lere ick alleuen dem yck yd gaen
An alle fpot, fo moet he ock fyn,
Dem ickfe lere, ein truwe vrund min.
De dener fede id finem heren.
De biffchop fprak : Laet ene to my
keren,
Ick wil vorfoeken finen raet,
Wol weet wat he gheleret heft?
De dener reep do dem kerckheren.
He quam dar heer mit Cner ghebere
Alze eyn guet old vader.
S. 6. Vor den byfchop do trath he,
Unde he ene do fchone entfenck
ünde Vraghede ene, wor id upgynck.
He fprak: Here, dar me faget.
Dyne olde ghewanheit dy nicht
vorlatet.
So fprack de byfchop to dem papen,
Wo wultu my arftedye fchaffen,
Dat myn ghefichte werde gued?
Du helpeft my wol hyr uth.
He fprack: 0 pater gloriofe,
Yuwer gnade eyn weynich loße
Wat yk dar to raden wil.
Gy overhoppen my nicht over nacht
dat fpyl:
Hovelt unde hoghelt®) defte meer
Over nacht unde hethet yuw brin-
gen heer
Wißt ir nicht was guts daffir fey,
So lernet meinen herrn arczney.
Er fprach: Fürwar, das thu ich
fchier,
Und will er fein nun folgen mir,
Zwir baß foU er morgen fehen.
Denn heut, f&rwar will ichs jehen.
Der kammerer fagts dem herren fein.
Er fprach: Nun laßt in zu mir ein.
Laßt auch verfuchen feinen rath.
Wer weiß was er gelernet hat?
Der kammerer wincket dem pfarr-
herr.
Er kam daher mit feiner geber
Als ein alter guter vatter.
Vor den bifchoff hin da trat er,
S. 4L Und er in do gar fchon
entpfieng *)
Und fragt in, wie es aufgieng.
Er fprach: Her, wie man es seet.
Deine alte gewonhait dich nit leet,
So fprach der biffchof zu dem
pfaffen,
Wie wiltu mir ertzney fchaffen,
Das mir mein gesiebt gut werd?
Du hilfft mir hefier recht alß verd.
Er fprach: 0 pater gloriofe,
Ewer genad ein wenig lofe
Was ich dar zue ratten wil.
Ir uberhupft mir heint das zil:^)
Hobolt umb zway fertten defter
meer
Heint und heist efich pringen heer
*) Hier beginnt der Hamburger Druck.
*) nur hat Hamb.; Frkf. u^ v. d. Hagen: mir, — Das Hochdeutsche fcheint
richtiger zu fein, wenn heint das erfte Mal die vergangene Nacht, das zweite Mal die
kommende bedeutet; uberhupft mufs dann als Imperfectum gelten.
«) fehlt im NDWB.
10*
•^iirv-y
148
En fchone fuverlike wyfl,
Dat recht gheteme yuweme lyve.
Myn here, volghet my dar, vorwar,
So werden yuw de oghen klaer.
Hofet my unde doet em alTo,
Gy werden fyn ghewaer morghen
vroe.
De byfchop was ein ghantz old man :
Wol weet wat eynem helpen kan ?
He fende drade na eyner do
De olde byfchop unde ghedachte
alfo :
Eondeftu dar äff to paffe werden,
Yd en kofte dy yo neen veer perde.
Des morghens em de kop wart
fwymelende.
He fprack: Höre up, myn levet
kyndele,
De kunft wyl my wezen to fwynd,
Se maket my drade ghantz blynd.
Alfo entfleep he ane forghen
Beth an den lychten morghen.
Ein fe&beriiches ftoltzes weib,
Das wol gezeme efirem leib.
Mein her, volget mir dar an, furwar,
So werdent e&ch die äugen klar,
Und haut nur schleichent ^) zue,
Ir werdt sein gewar noch morgen
frue.
Der biffchof was ein alter man:
Wer wais was einen helffen kan?
Er fendet im noch einer praut
Und ließ sich ffiren auf der ^) haut
Ä 4J2. Noch des pfarrers leer und
gedrafch,
Biß das im fchier das liecht erlasch
Und im daz haupt umblieff vor
fchwindel.
0 wee, hoer auff, mein liebes kindel,
Die kunft die wolt mir fein zu ge-
fchwindt,
Sie macht mich ee der zeit gar plindt.
Alfo entfchlieff er do on forgen
Biß nun^) wolauffnefin gegen dem
morgen.
') schleichent giebt keinen Sinn, vielleicht ist sckleichtent zvl lefen = gls^^t.
flihten mhd., planare, hobeln. Frkf. u. v. d. Hagen: schlechtUchen, plane, einfach.
®) der Gen. Sing. fem. Frkf. : ihr; v, d. Hagen : die,
®) 1. um ? Frankf : Biß nun hin wol gegen dem morgen ; v. d. Hagen : Bi^
hin gegen den lichten Morgen.
m
LÜBECK.
Wilh. Mantels.
Causales wenn oder wann.
Im Jahrbuche 1875 S. 113 habe ich die causale Conjunction
wenn nur aus Schleswig-Holstein nachweisen können. Seitdem sind
mir theils durch die Güte mehrerer Teroinsmitglieder, theils durch
eigenen Fund noch einige Belege zutheilgeworden, durch welche diese
Conjunction als Stileigen thümlichkoit auch für Mekoinburg, Vorpom-
mern und Hamburg bewiesen wird.
Nachdem Herr Hofrath Professor Bartsch in« Heidelberg mich
auf mekelnburgischo Proclame und Erlasse als eine Fundgrube für
solche ,wenn' hingewiesen hatte, sind mir durch Herrn Landbaumeister
Langfeldt in Kostock zwei Zeugnisse aus diesem Lande zugegangen,
welche die Ausdrucksweise als noch lebendig bezeugen. Das eine
ist eine amtliche Bekanntmachung dos Kostocker Obergerichts aus
d. J. 1876, in welcher es heisst: „W«im N. N. concursmässige Ein-
leitungen über sein Vermögen . . . beantragt hat, so wird den Schuld-
nern desselben hiedurch untersagt u. s. w." Das zweite Zeugniss ist
ein Proclam des Magistrats von Gnoien von diesem Jahre 1877:
.,Wenn angezeigt worden, dass das Einlagebuch No. 479 des hiesigen
t^orschuss- Vereins .... verloren worden sei, so werden auf desfall-
sigen Antrag hiemit alle .... geladen u. s. w."
Herr Bürgermeister Francke in Stralsund bestätigt mir die That-
sache für Pommern: „Das Wort ist in hiesiger Gegend bis vor eini-
gen Jarzehenten ganz allgemein in dieser Bedeutung im Gebrauch
gewesen. Jeder ältere Schuldschein beginnt hier: , Wenn Herr X mir
. . . . geliehen hat, so etc.;' in zalreichen amtlichen Verhandlungen
heist es : ,Wenn die Herron • . . sich zu dem und dem Zwecke nach da
und da begeben haben, so etc.' und dem änlich." In einem Vertrage
der Stadt Stralsund mit dem Militärfiscus über Strassenpflasterungs-
und -reinigüngspflicht aus d. J. 1822 findet sich der Passus: „Wenn
diese Wegestrecken stets wie auf städtischem Grunde belogen ange-
sehen, 80 trägt auch die städtische Commune die Kosten zur Erhal-
tung und Reinigung dieser Steindämme."
Für Hamburg steht mir als jüngstes Beispiel ein Taufschein
der Kirche St. Georg v. J. 1829 zu Gebote, der ,wann' statt ,wenn'
und alterthümlich ,als' statt ,so* hat. Das gedruckte Schema dessel-
ben lautet folgendermassen : „Wann wegen des N. N. und dessen
Ehefrau N. N von mir Endesbenannten verlangt worden, von
150
. . . . Geburth und Taufe ein glaubwürdig schriftliches Zeugniss zu
ertheilen, als bezeuge hiemit etc."
Während der Gebrauch dieser Conjunction demnach in Stral-
sund und Hamburg in der ersten Hälfte dieses Jahrhunderts erloschen
zu sein scheint, dauert er noch in Mekelnburg und Schleswig - Hol-
stein, in letzterem Lande ungeachtet einer Mahnung von R. Brink-
mann XJeber die. Geschäftssprache der Advokaten und obrigkeitlichen
Beamten in Palck's Neuem Staatsbürgerl. Magazin. 1835. V, 175:
„Minder zu tadeln mag der Gebrauch veralteter Formen und Aus-
drücke seyn, indessen bleibt es doch wünschenswerth, dass nicht die
Geschäftsmänner allein in der Bildung unserer Sprache zurückstehen,
sich vielmehr dem neueren, von geschätzten Sprachlehrern und muster-
haften Schriftstellern angenommenen Sprachgebrauche anschliesseo.
Wer unter diesen gebraucht noch z. B. wann ftlr ,da' oder ,nachdem'?
oder als für ,so'? In den öffentlichen Vorladungen lesen wir noch
täglich: ,Wann . . . mit Tode abgegangen ist und die Erben gebeten
haben, als werden etc."'
Das wären die Zeugnisse. Die Erklärung, welche ich I, 113
gegeben habe, war nur als Frage angestellt, denn dass dieses cau-
sale ,wenn' das alte ,wante, wente' sei, konnte ich nicht strenge nach-
weisen. Im Ndrd. Korrespondenzblatte S. 29 hat Herr Dr. Feit über
dieselbe Conjunction gehandelt. Dass eine causale Conjunction ,wenn'
im Neuhochdeutschen vorkomme, wird von Feit nicht bezweifelt,
vielmehr werden Beispiele dafür aus Trendelenburg's Schriften an-
geführt; aber er meint, — so glaube ich seine Worte verstehen zu
müssen, — sie sei keine andere, als die Conjunction ,werin', welche,
aus ,wann' entstanden, von der temporalen Bedeutung, wie zu der ge-
wöhnlicheren conditionalen, so auch, etwa durch ,wenn anders' hin-
durch zu der selteneren causalen Bedeutung gekommen sei. Mich
hat diese Ansicht nicht überzeugt. Davon abgesehen, dass die Eedens-
art ,wenn anders', welche man nach Feit gewöhnlich für jenes causale
,wenn' gebrauchen würde und von welcher man darum bei der Er-
klärung auszugehen habe, meines Erachtens beide Trendelenburgischen
Stellen (Logische Untersuch. 2. Aufl. S. 29 Z. 3 v. u. und S. 120 Z. 9)
nicht klarer machen, sondern verdunkeln und verkehren würde, kann
ich in dem ,wenn' beider Stellen und so viele ich deren bei Tren-
delenburg noch finde, nur conditionale oder hypothetische Bedeutung
merken. Dass man für die gewöhnliche Conjunction ,wenn' in eini-
gen Fällen ein ,weil' oder ,da', ohne den Zusammenhang oder Sinn
zu stören, setzen kann, giebt ihr noch keine causale Bedeutung.
Dass die Conjunction ,wann' oder ,wenn', wie die conditionale,
so auch die causale Bedeutung hätte entwickeln können, ist nicht
zu bezweifeln. Aber das ist nicht geschehen. Durch die oben und
I, 113 gegebenen Belege halte ich allerdings eine causale Conjunction
,wenn' für nachgewiesen, aber diese Belege sind nicht der neuhoch-
deutschen Litteratur oder der Umgangssprache entnommen, sondern
Actenstücken ; diese causale Conjunction ,wenn' ist keine neueste
151
Bildung des deutschen Sprachgeistes, sondern ein alter Brauch, der
immer mehr als veraltet, als nicht zum modernen nhd. Sprachbewusst-
sein stimmend, beseitigt wird. Diese Auffassung der Frage wird
durch Brinkmann's oben angeführtes Zeugniss aufs stärkste bewährt.
Also eine neue Sprachontwickelung haben wir nicht darin zu sehen.
Aber, sei es denn alter Brauch; könnte es nicht doch eine Verwen-
dung der gewöhnlichen Conjunction ,weun' sein? Das müsste durch
Belegstellen aus Schriftstellern, durch Zeugnisse der Grammatiken und
Wörterbücher erhärtet werden, welche ich freilich nicht habe finden
können.
Weiter wäre bei' einer solchen Deutung höchst befremdlich, dass
dieser Brauch sich auf Norddeutschland beschränkt haben sollte. Er
mag aus dem Niederdeutschen stammen, sagt man ; dort mag das tem-
porale ,wann' den causalen Sinn entwickelt haben. Auch das lässt
sich nicht nachweisen. Und dass das norddeutsche Hochdeutsch des
16. bis 18. Jahrhunderts gegen den Brauch der übrigen Deutschen
,wann, wenn' so zu verwenden sich gewöhnt habe, ohne dass es bei der
geistigen Hegemonie, die es zeitweilig übte, der gesammten deutschen
Schriftsprache diesen Brauch hätte aneignen können, ist auch ziem-
lich undenkbar.
Diese Schwierigkeiten lösen sich dagegen leicht, wenn man von
dem mndrd. wallte, wente ausgeht. Während das Neuhochdeutsche
diese Conjunction aufgab, bewahrte das Niederdeutsche dieselbe noch
bis mindestens gegen Ende des 17. Jahrhunderts, wie z. B. ein Gedicht
in Lappenberg's Ausgabe des Lauremborg S. 143 beweist. Im 18. Jahr-
hundert scheint sie nicht mehr im Gebrauche gewesen zu sein; so
wird sie z. B. in den ndrd. Gedichten in Weichmanri's Poesie der
Niedersachsen vermisst, und die Idiotiken erwähnen ihrer gar nicht
oder nur, wie Strodtmann, Dähnert und das Bremer Wörterbuch, als
ausser Gebrauch gekommen. Zu Ende des 16. oder zu Anfang des-
selben 17. Jahrhunderts nun, in welchem die Conjunction in der
gewöhnlichen Kode abstarb, wird sie aus dem ndrd. Kanzleistil Nord-
Beutschlands in den nhd. hinübergenommen sein. Da im nhd. Kanz-
leistil nur die Formen ,wann' und ,wenn' begegnen und da das
Wort in den meisten Beispielen ebensogut temporal als ,nachdem, da',
wie causal als ,weil, da' gefasst werden kann, so muss man eine
Termengung mit der dem want(e), went(e) ähnlich klingenden tem-
poralen und conditionalen Conjunction ,wann, wenn' vermuthen.
Nachdem dann die ndrd. Conjunction , wente' erstorben und verschol-
len war, da konnte natürlich jeder, der nicht mit dem Studium des
älteren Niederdeutschen sich befasst hatte, nur an einen eigenthüm-
lichen Gebrauch des gewöhnlichen ,wenn' denken. Eine solche Ver-
mengung beider Conjunctionen würde mir auch ein Bedenken heben,
das ich mir bei meiner Herleitung des in Frage stehenden ,wenn'
von ,wente' habe machen müssen. Das ,wente' tritt nämlich in den
ndrd. Schriften des 16. und 17. Jahrhunderts vornehmlich coordi-
nierend, wie unser ,denn' auf. Von Beispielen, in welchen es den
152
subordinierten Satz einleitet, sind aus dieser Zeit mir nur ein paar
aufgestossen. Tennisehung mit dem nur subordinierenden ,wann,
wenn' wird dem ,wente' die noch nicht ganz geschwundene Eigen-
schaft, einen untergeordneten Vordersatz einzuleiten, neu belebt haben.
Den bündigsten Beweis, dass causales ,wenn' aus ,wento' entstanden,
würden ndrd. Rechtsdocuraente liefern, in welchen ,wente' an der Stelle
des nhd. ,wenn' erschiene. Doch auch ein Nachweis des nhd. ,wenn'
aus früherer Zeit ist von Bedeutung. Bis jetzt kann ich es dreimal
aus dem 17. Jahrhundert nachweisen. Besonders werthvoU ist das
Zeugniss des Juristen und Grammatikers Schottel, der in seiner Aus-
führlichen Arbeit von der Teutschen Haubt-Sprache. Braunschweig
1663. S. 1442 und 1442 scheidet: wann si, quandoquidem, quando;
und wenn cum, quia; ein Unterschied, den er freilich selbst* nicht
beachtet, da er auch ,wenn' für ,wann' gebraucht und, soviel ich
sehen kann, ,wenn' in den von ihm angegebenen Bedeutungen vor-
meidet. Aus seiner Regelvorschrift aber vermuthe ich auch für die
juristische Sprache der lüneburgisch-braunschweigischen Lande einst-
maligen Gebrauch des causalen ,wenn'.
Auf ein Zeugniss aus Mekelnburg hat mich Herr Langfeldt
gütigst aufmerksam gemacht. Es steht in einer Verordnung des Her-
zogs Gustav Adolf über Vertilgung der Wölfe v. J. 1662, die abge-
druckt ist im Archiv der Freunde der Naturgeschichte in Mecklen-
burg. Neubrandenburg 1876. S. 23. Es heisst darin: ,Wann wir dann
.... billig dahin bedacht seynd, wie diese schädliche Thiere so viel
müglich mögen ausgerottet werden, und solches wohl zu erreichen
steht, wann denselben, gleich wie in anderen Ländern . . . geschiehct,
allenthalben und auff allerley Art und Weise .... fleissig nach-
gestellt wird: als ordnen und setzen wir, dass etc.' Dieses Beispiel
ist von besonderem Interesse, weil es causales und conditionales
,wann' in einem Satzgefüge neben einander zeigt. Ein dritter Beleg
aus Hamburg stellt ,weil' und ,wann' in gleicher causaler Bedeutung
zusammen. In Matthaei Schlüter's Tractat von denen Erben in Ham-
burg 1698 S. 5 f. lesen wir nämlich: „und weil dann die Hambur-
ger Stadt-Rechte gueten theils aus dem Sachsen-Rechte herfliessen,
so findet sich auch in sothanen Hamburgischen Rechten, dass die
Worte ,Erbe, Eigen, Eigenthumb, Erb- und Güeter, liegende Güter'
oinerley Bedeutung haben, und insgemein so viel heissen, als ,unbe-
wegliche Güeter'. Wann auch die meisten unbeweglichen Güter in
der Stadt Hamburg in Häusern, bestehen, so wird in denen Hambur-
gischen Rechten durch das Wort ,Erbe' ein Haus vornehmlich ver-
standen etc."
HAMBURG. C- Walther.
r
Niederdeutsche Bibliographie für das
Jahr 1876.
Auf eine VoUstÄndigkeit macht auch diese Bücherschau noch
keinen Anspruch; einen Fortschritt gegenüber der vorjährigen kon-
statieren zu sehen, ist zunächst unser bester Wunsch. —
Manches aus dem Jahre 1875, vorzüglich in Anlehnung an
grössere, neuere Besprechungen, ist nachgetragen worden; Zusätze,
I die uns zum Theil die Freundlichkeit des Herrn Prof. Dr. Crecelius
in Elberfeld vermittelte. — Ihm, und vor allem zwei andern Herren,
: Dr. Johan Winkler und Dr. J. H. Gallöe in Haarlem, die mit
j. liebenswürdiger Bereitwilligkeit auf dem Gebiete der niederländischen
Dialektologie sammelten, sei unser wärmster Dank gesagt. — Möge
\ ihr Beispiel Nachahmung finden. Denn leider ist sonstig unsere
Bitte in Nr. 1 wie 3 des Korrespondenzblattes gänzlich unbeachtet
■ geblieben, und doch können wir nur die dort bereits gesagten Worte
\ wiederholen, es ist dem Einzelnen geradezu unmöglich, alles, was in
l und über niederdeutsche Dialekte veröffentlicht ist, zu Gesichte zu
bekommen, eine vollständige Darstellung dieser Veröffentlichungen
zu geben. — Solcher Hülfe aber gewiss, wagen wir die Zuversicht
auszusprechen, diese üebersicht mit jedem Jahre genauer und sorg-
fältiger erstehen zu sehen.
-A^. !Biograph.isclies.
1. Biographie, allg. deutsche. Hrsg. von R. Frhr. v. Liliencron und
Prof. F. X. VVegele, 11. Lfg. Lex.-8<>. (3. Bd. S. 1—795.) Leipzig,
Duncker und Humblot. a 2,40.
Vgl. Hist Zeitsch. 18, 4.
2. Briimmer, Frz., deutsches Dichter-Lexikon. Biographische und
bibliographische Mittheilungen über deutsche Dichter aller Zeiten.
12.-25. Schluss-Liof. Lex.-8«. (2. Bd. S. 1—552 u. Nachtrag
140 S.) Eichstätt, KrüU. ä 1,—
3. Belle, T.. v., das Ehepaar von Reinsberg-Düringsfeld (Nekrolog).
Magaz. f. d. Lit. d. Ausl. 1876, Nr. 45.
4. Ein Sclipiftstellerpap (Otto u. Ida v. Reinsberg-Düringsfeld). Illustr.
Zeitg., 67. Bd., Nr. 1741—42.
5. Ha von Diiringsfeld, (Nekrolog). Unsere Zeit, 12. Jahrg., 2. Heft,
S. 797,
154
6. Scierer, W., Karl Lachmann. Preiiss. Jahrbücher, 38. Bd.,
6. Heft 1876.
7. Schneider, L. (W.Berg), die vläm. Dichterinnen Rosalio und Virginie
Joveling. Mag. f. d. Lit. d. Ausl,, 45. Jahrg., Nr. 33,
8. Simroek, Karl, (Nekrolog). K. Bartsch: Äugsb. Ällg. Zeitg. Beil.
212. — lUust. Zeitg., 66. Bd., Nr. 1729. — K. Soiffert; Ueber Land
und Meer, 1876, Nr. 48.
9. Pfleiderer, Dr. Edaard, Gottfried Wilhelm Leibniz &h Patriot,
Staatsmann und Bildungsträger. Ein Lichtpunkt aus Deutsch-
lands trübster Zeit. Für die Gegenwart dargestellt. Neue billige
Ausgabe. Leipzig, Puos's Verl. (R. Reisland). 1876. XV, 788 S.
gr. 8».
Vgl Hugo Sommer; Gott. Gel Aiiz. 1876 St. 62.
10. Prof. Dr. Heinrieb Rfickei-t, Nekrolog in der Z. d. V. f. Gesch. u.
Alterth. Schlesiens. Hrsg. v. C. Grönhagen. 13. Bd. 1. Heft.
13. Bibliographie.
11. Bachof, Die Handschriften und älteren Drucke der GymnaBial-
bibliothek zu Hameln. (24 S. 4'.) Progr. des Gymn. zu Hameln.
12. Braun, die Handschriften und alten Drucke der Gymnasial-
bibliothek zu Wesel. {14 S. 4^) Programm 1876.
13. Cnrtee, Maxim., Die Handschriften und seitonen alten Drucke dw
Gymnasialbibliothek zu Thorn beschrieben. 1. Tbl. : Die Hand-
schriften und Incuuabeln. gr. 4". (40 S.) Thorn 1875. (Leipzii,
Quandt & Händel.) 2,—
14. Detto, A., Nachtrag zu dem vorjährigen Berichte über alte Hand-
schriften und Drucke in der Gymnasialbibliothek zu Wittstocl.
(2 S. 4".) Programm daselbst.
15. Dfimmler, Kölner Bücherkatalog. Z. f. deutsch. Alterth. u. deutsclie
Lit. N. F. 7, 4.
16. Freyer, Verzeichnis der in der Bibliothek der Kloatersehule
vorband, älteren Drucke u. Handschriften (13 S. 4*.) Progr. der
Klosterschule zu Itfeld.
17. Weeener, Ph., Verzeichnis der auf der Zeitzer Stiftsbibliothek
befindlichen Handschriften. (22 S. '4".) Progr. ä. SUftsgymn. zu
Zeitz.
C. Lexikograpliie.
18. Andresen, K. (J., Zur deutschen Namenkunde. Germania, hrsg. v.
K. Bartsch, 21, 1.
19. Andresen, Karl Gnst., über deutsche Volksetymologie. 8". ("VID,
146 S.) Heilbronn, Henninger. 1. u. 2. Aufl. 3,—
Vgl. FörBtemanii in Ztschr. f. verd, Sprach forsch uDg N. F. ^^'>^
3. Bd. 4. Heft S. S75. Gott. Gelärte Anzeigen. 1876. .Nr. IIW.
G e m 8 8 in Zeitsohr. f. d. Gymnasialwesen. 1876. 11. D. Sande«,
denlscbe Volksetymologie : Bl. f. lit. Unterh., 1876,31. Revue critJqneH.
155
6. Meyer: Augsb. AUg. Ztg., 1876, 289. (WuBtinan;i): Grenzboten
1877, 17. Ders : Weihe achts-Catalog 1876. Steiumeyer: Z f. D.
Alterth. N. F. 8. Bd. Anz. S. 83. Lit. Centrbl , 1877, 20.
20. Anspacli, J., Uitdrukkingen aan den bvbel ontleend. Navorscher
p. 193.
21. Bech, F., seltene Bezeichnungen von Peldgrundstücken in der
Mundart, des thüring.-sächs. Osterlandes. Die deutschen
Mundarten, hrsg. v. G. K. Frommann. N. F. 1. Bd.,
2. Heft, (1876).
22. ('hemiiitZy £. u. W. H. Mieick, Die niederdeutsche Sprache des
Tischlergewerks in Hamburg u. Holstein. Jahrb. d. Ver. f.
niederd. Sprachf. I. Bd. S. 72.
23. Cosp, Dr. P., Deuy, doy, doey. Taalk. Bydr. p. 94.
24. — — Vis visan (Gotisch). Taalk. Bydr. p. 190.
25. Diefenbach, Lor. u. Ernst Wfilcker, hoch- und niederdeutsches
Wörterbuch der mittl. u. neueren Zeit. Zur Ergänzg. der vor-
handenen Wörterbücher,, insbesd. d. der Brüder Grimm. 4. Lfg.
hoch 4^ (Sp. 433—536.) Frankfurt a. M., Winter. 2,40.
26. van Doorninck, Mr. J. S., beschopen trenden. De Navorscher.
p. 79.
27. J. ten Doornkaat Koolman, ein Excurs über den Volksnamen
„Frese, Friese." Das Ausland, 1876, 19.
28. J. tcn Doornkaat Koolman, Wörterbuch der ostfriesischen Sprache.
Lex -8^. 1. Lfg. Norden, Herm. Braams 2, —
29. von Fock (in Dessau), die mit dem Personennamen Focko zu-
sammengesetzten friesischen Ortsnamen. Ostfrios. Monatsbl. f.
provinz. Interessen, Emden, W. Haynel, Jahrg. 1876, S. 57.
Vgl. Ba bücke: Korrespbl d. V. f niederd. Sprachf. 1876. Nr. 3,
30. Hoppe, F , Ortsnamen der Prov. Proussen. 2. Altpreussische
Monatsschrift, hrsg. v. Rud. Reicke u. Ernst Wiehert. N. F. 12. Bd.
8. Heft. 1875.
31. Hottenrott, C, über germanische Wörter im Französischen.
15 S. 4o. Progr. der Realschule I. Ordnung zu Köln.
32. Jellinghans, H., Ergänzungen zu E. MttUer's Etym. Wörterbuche
der englischen Sprache aus dem Niederdeutschen. Herrig's
Archiv f. d. Stud. d. neueren Sprachen u. Liter. 55. Bd. S. 157.
A n m. : Die Ergänzungen stützen sich auf ein handschriftl. Wörterbuch
der westfälisch-niederdeutschen Mundart v. J. 6. Klöntrup in der
Bibl. d. Rathsgymnasiums zu Osnabrück.
33. Kattner, E., Die Verdeutschung der polnischen Ortsnamen in den
Ostprovinzen Preussens. Die Grenzboten, 1876, Nr. 21.
34. Kern, Dr. H., Hrgah en Hredgotan Taalk. Bydr. p 29 — Haf.
Ebd. p 46 — Kni. Ebd. p 47 — Doufholt. Ebd. p 47 —
Sigetol. Ebd. p 48. — Zee Ebd. p. 51. — Deemoed Ebd. p. 53.
35. Knorr, Dr. W., die Familiennamen des Fürstenthums Lübeck
(VIII, 55 S. gr. 4o.) Progr. des Gymn. z. Eutin.
36. Leendertz, P., Heim in plaatsnamen. De Navorscher, p 141, 361.
— Zeeuwen.. Ebd. p. 148.
156
37. Magdeburger Hänsernamen. Beil. z. D. Reichs- u. kgl. Preuss.
Staats-Anzeiger Nr. 22, 23, 24.
38. Mertens, Dir. Dr. Th., Stadthannovorsche Geschlechtsnamen. (Nach
d. Adressbuch V. 18 74. gr. 8^(648.) Hannover 1875. Schulbuchh. 0,75.
39. Ondemans, A. C, Bydrage tot een Ouden Middelned. woordenboek-
1. afl. Arnhem, 1876, v. Marie.
40. Pannenborg, Besprechung des VocabulariumOstfrisiciun. Zusammen-
gestellt 1744 vom Kriegrath Bügel in Aurich, gedruckt in den
Beyträgen zu d. Jurist. Litteratur in den* Preuss. Staaten, 2. Slg.
Berlin 1788 S. 219 — 39. — Ostfriesisches Monatsbl. f. provinz.
Interessen. (Emden, W. Haynel, Jahrg. 1876, S. 44—49.
Vgl. Friedländer: Ebd. Jahrg. 1875, S. 56—58, S. 143. Babucke:
Korrespbl. d. V. f. niederd. Sprach f. 1876. Nr. 3.
41. Roos, G P , Heim in plaatsnamen. De Na vorscher, p. 126
42. Schiller, Dr. Karl u. Dr. Aug. Lnbbeu, mittelniederdeutsches
Wörterbuch. 12—15. Heft. L0X.-80. ^2. Bd. S. 641—758 u.
3. Bd. S. 1—384.) Bremen, Kühtmann & Co. ä 2,50. '
Vgl. Deutsche Monatshefte. 4. Jahrg. 7. Bd. S. 468.
43. Yerdam, Dr. J., Beienden. Taalk. Bydr. p. 65. — Hem becumen.
Ebd. p. 67. — Betalen. Ebd. p. 69. — Begien. Ebd. p. 120.
— Yermomboren. Ebd. p. 136.
44. Verwys, Dr., Kuipon., Taalkundige Bydragen, 1876, p. 12. -
Kraam. Ebd. p. 19. — Baluwon, baellewen. Ebd. p. 25. —
Ontstruken. Ebd. p. 27. — Vaorn. Ebd. p. 28.
45. Völkel, Hieron., De Chaucorum nomines. Gleiwitz 1875. 24 S. 4®.
(Progr.)
46. Walther, Cm Kloine Beiträge (3) (Asna), (4) (Oehl-, Ehl-, Ahlstein),
(5) (Plattdeutsch) u. (6) (Ostorsche Sprake). — Jahrb. d. V. f-
niederd. Sprachf. I. Bd. S. 114 u. 116.
46a. I Hamburger mittelniederdeutsche Glossen. — Jahrb. d.
Vor. f. niederd. Sprachf., I. Bd., S. 15.
47. Winkler, Johan (in Harlem), die mit dem Personennamen Focko
zusammengesetzton friesischen Ortsnamen. — Ostfries. Monatssch.
f. provinz. Interessen. Emden, W. Haynel. Jahrg. 1876, S. 161.
Vgl. Babucke: Korrespbl. d. V. f. niederd. Sprachf. 1876. Nr. 3.
48. Winkler, Johan, Een on ander over friesche eigennamen. I.
(In „de vrije Fries", tydschrift van het friesch genootschap van
Geschied-Oudheit-en Taalkunde, to Leeuwarden.) Deel XIII. —
Leeuwarden 1876. [Allerlei über friesische Eigennamen I. — (In „de
vrije Fries" etc.) Theil XIII.]
49. — Klopse. De Navorscher, 1876 p. 80.
50. — Heim in plaatsnamen. Ebd. p. 133, 347.
51. — Kweern. Ebd. p. 476. — Sierraad of sieraad: Ebd. p. r)10.
— De dorpsnaam heeg. ^ Ebd. p. 613.
52. — — en P. Leendertz, vrouwentitels. Ebd. p. 81.
53. Wörterbuch der mecklenburgisch-vorpommerschen Mundart v. Mi.
gr. 8^ (IV, 110 S.) Leipzig, C. A. Koch. 2,60.
r
1
157
54. Woordenboek der Nederlandsche taal door Dr. M. de Vries,
])t, Eeico Verwys en Dr. P. J. Cosyn. 'S Gravenhage. Leiden
by Nyhoff, Thieme en SythofiF. 12. afl.
JD. Grainiiiatik.
55. Korrespondenzblatt des Yereins für niederdeutsche Sprach-
forschung, hrsg. V. Dr. Karl Koppraann u. Dr. W. H. Mielck.
Hamburg, 1876, Nr. 1—7.
. Bernhardt, Vulfila od. die gothische Bibel.
Vgl. Gering in d. Z. f. D. Philol. 7, 1. (1876.) Revue critique, 1876, 31.
57. Brficke, Ernst, Grundzüge der Physiologie u. Systematik der
Sprachlaute f. Linguisten u. Taubstummenlehrer. 2. Aufl. Mit
2 Taf. in Steindr. gr. 8o. (V, 172 S.) Wien, Gerold's Sohn. 4,—
Vgl. W B(raune): Lit. Centrbl. 1877. Nr. 12. Scherer: Z. f. D.
Alterth., XIX, 2.
58. I^eskien, Prof. A., Die Declination im Slavisch-Litauischen u.
Germanischen. (Gekr. Preisschrift d^fürstl. Jablonowski'schen
Gesellsch. zu Leipzig, XIX. Bd.) XXtX, 158 S. hoch 4^. Leipzig,
Hirzel. 5, —
Vgl. W. B(raune): Lit. Centrbl. 1877. Nr. 2. J oh. Schmidt: Jen.
Litztg., 1877, 17.
59. Ohrloff, Dr. Otto, die Bruchstücke vom Alten Testament der
gotischen Bibelübersetzung kritisch untersucht. Ein ergänz.
Nachtrag zu der Ausg. d. Vulfila. v. Ernst Bernhardt. (Aus
„Zeitsch. f. deutsche Phil.'^ 7. Bd. 3. Heft.) gr. 8^ (45 S.) Halle,
Buchh. d. Waisenh. 1,20.
60. Osthoff, Dr. Hernie Forschungen im Gebiete d. indogermanischen
nominalen Stammbildung. 2. Th. : Z. Geschichte d. schwachen
deutschen Adjektivums. Eine sprachwissensch. Untersuchung.
Jena, 1876, Costenoble. (XI, 183 S. gr. 8^.) 6,—
Vgl. W. Braune: Lit. Centralbl. 1876, 14. Zimmer : Z. f.D. Alterth.
u. Lit. N. F. 7, 4. Brugman: Z. f. d. österr. Gymn. 27, 7.
61. .»«..^ Zur Frage des Ursprungs der germanischen N-Declination.
Nebst einer Theorie über die ursprüngliche Unterscheidung
starker und schwacher Casus im Indogermanischön. — Beiträge z.
Geschichte der deutschen Sprache und Literatur, hrsg. v. Herm.
Paul und Wilh. Braune. III. Bd., 1. Heft.
62. Peters, J., Gotische conjecturen (Progr.) Loitmeritz (10 S. 8®.)
63. Schulze, zur Geschichte und Erklärung des Hildebrandsliedes.
(33 S, 4^.) Programm des Domgymnasiums zu Naumburg a./S.
64. Sievers, Ed., Grundzüge der Lautphysiologie zur Einführung in
das Studium der Lautlehre der indogermanischen Sprachen (der
Bibliothek indogermanischer Grammatiken, bearbeitet von
F. Bücheier, H. Hübschmann, A. Leskien, G. Meyer, E. Sievers,
158
W. D. Whitney, E. Windisch. 1. Bd.) X, 150 S. gr. 8^
Leipzig, Breitkopf & Härtel. 3, —
Vgl. W. Braune: Lit. Centrbl. 1876, 36. Henry Sweet: Academy
1877, 28. Apr. Herrig's Archiv, 57. Bd., S. 225.
65. J. Beckering Yinckers. Taal en taalstudie. Whitney's voor-
lezingen over de gronden der wetenschappelijke taalbeoefening
voor Nederlanders bewerkt. Haarlem, Erven Bohn, 1876. 3. af-
levoring ä fl. 1,20 de afl.
66. Wenkep, G., üb. die Verschiebung d. Stammsilben-Auslauts im
Gennanischen. Tabellen u. Untersuchungen, gr. 4®. (149 S.)
Bonn, A. Marcus. 12, —
67. Wolff, J., Ueber die natur der vokale im Siebenbürgisch-Sächsischen
dialekt. (progr. des evang. Untergymnasiums zu Mühlbach in
Siebenbürgen. Hermannstadt, 1875, 79 S. ,8^. 1,—
68. Zimmer, Heinr., die I^ominalsuffixe A u. A in den germanischen
Sprachen. Eine v. d. philos. Fakultät d. Univers. Strassburg
gekr. Preisschrift. Strassburg, 1876, Teubner. (Xu, 316 S. gr.8".)
Xni. Bd. der Quellen und Forschungen z. Sprach- u. Kultur-
gesch. der germ. Völker, hrsg. v. Bernh. ten Brink, Wilh. Scherer,
Elias Steinmeyer. 7, —
Vgl. Osthoff: Lit.«,Centralbl. 1876. Nr. 8. Sievers: Jen. Litztg.
1876, 29. Bezzenbergcr: Gott. Gelehrte Anzeigen 1876, 43.
E. Windisch: Z. f. D. Alterth. N. F. 8. Bd. Anz, S. 318.
69. Zimmer, Ostgermanisch und westgermanisch. — 2. f. deutsch.
Alterth. u. deutsche Liter. N. F. 7. Bd. 4. Heft.
Altsächsisch.
70. Behaghel, Dr. Otto, die Modi im Heliand. Ein Versuch auf dem
Gebiete der Syntax. (Heidelberger Diss.) gr, 8^ (60 S.) Pader-
born, Schöningh. 1, —
Vgl. E. Sievers: Jenaer Litztg. 1876. Nr. 51. (682). Erdmann.
Z. f. D. Alterth., XIX, 2.
70a. — zum Heliand. Germania, 21. Jahrg., 2. Heft.
70b. — zu den kleinen altniederd. Denkmälern. Ebd.
71. Dr. Kern, Volksnamen op i. an, en ari. Taalkund. Bydr., 1876,99.
72. Kosyn, Dr. P. J., Tekstkritiek naar aanleiding der emendaties
van 0. Behagel op Heine's kleinere Altnd. Denkmäler. Taalkund.
Bydr. 186.
73. Rieger, Max, die alt- u. angelsächsische verskunst. Lex.-8.
(64 S.) Halle, Buchhandlung d. Weisenh. 1,20. — Separaiabdruck
aus der Z. f. Deutsche Philol., hrsg. v. E. Höpfner u. Jul. Zacher.
7. Bd. 1. Heft.
74. Sievers, Ed., der Heliand u. die angelsächsische Genesis. Halle,
1875, Lippert (M. Niemeyer) (50 S. 8<>.) 1,50.
Vgl. Liter. Centralblatt. 1876. Nr. 6. Rieger in d. Z. f. D. PhiloL
7, 1. (1876).
r
159
Neuniederdeutsch und niederländisch.
75. Jager, Dr. A. de, Nieuwe taal en letteroefeningen kritiek
hierop in den Spectator. 1876. Haag, NyhofP. biz. 344. — Groningen,
J. B. Wolters, f. 1,—
l 16 Kern, Dr. H., Het als Udwoord. Taalk. Bydr p 108.
[ 77. _. Heen en da an. Ebd. p. 182.
78. — - Hiin als possessief pronomen. Ebd. p. 112.
79. — - De d als tand en tongletter. Ebd. p. 176.
: 80. Xassan, Dr. H. J., Ge Schriften verzamelt en uitgegeven onder
toezicht van Mr. H. J. Smidt, Dr. H. J. Nassan. Noordewier,
J.Bralls en A. W. Stell wagen. 1. aflevering, l.deel. Groningen,
J. B. Wolters. 1876. fl. 0,75.
\ 81. Verdam, Dr. J., Een als Udwoord, telwoord of onbessaald voor
■ naamwoord. Taalk. Bydr. p. 54.
: 82. — Gebruik van den conjnnctief Si voor den indicatief is.
1 Ebd. p. 61.
83. —— Do praepositie met. Ebd. p. 116.
84. — De rhetorische figuiir: prothusteron. Ebd. p. 122
85. — De conjunctie Ende. Ebd. p. 123.
86. — — — De Verl. tyd van eenige verba tot de 3. klasse der klank-
wisselende verba behoorende, welke tot de 3. klasse der redu-
pliceerende zyn overgegaan. Ebd. p. 139.
87. Tergleichung des Altfries., Holland, u. Plattdeutschen im Olden-
burger Gesellschafter für 1877.
Vgl. P. Lehfeldt: Mag. f. d. Lit. d Ausl. 1877. Nr. 10.
88. Vepwys, Dr. E., Och als wisseloorm van woch. Taalk. Bydr. van
Dr. P. J. Cosyn, Prof. H. Kern, Dr. J. Verdam en Dr. E. Verwys.
Haarlem, 1876, p. 1. f. 2,40.
89. — J als voorvoegsel. Ebd. p. 7.
90. Yorsebläge, einige praktische, zu e. einheitlichen plattdeutschen
Schreibweise f. plattdeutsche Schriftsteller v. G. K. Als Manusc.
gedruckt. 8^ (16 S.) Leipzig, C. A. Koch. 0,40.
91. Waltber, C, Kleine Beiträge 1. wenn causal gebraucht? (Jahrb.
d. Ver. f. niederd. Spracht I. Bd. S. 113.)
E. Literaturgeschiclite.
92. Bobertag, Felix, Geschichte des Romans und der ihm verwandten
Dichtungsgattungen in Deutschland. I. Abth. : Bis zum Anfange
des 18. Jahrhunderts. 1. Bd. 1. Hälfte. Breslau, Goschorsky,
1876. gr. 8^ 5,—
Vgl. Schröder: Bl. f. lit. ünterh., 1877, 18.
93. Grosse, Lehr. Herm.t Goethe und das deutsche Alterthum. gr. 8^.
(38 S.) Dramburg, 1875. Göttingen, Vandenhoeck & Ruprechtes
Verl.) 1,20. Gott. Dissertat.
160
94. Heinzel, Riebard, lieber dea Stil der altgermanischen Poesie.
Strassburg, 1875. K. Trübner. (3 BU., 64 S. gr. 8^) 1,60.
A. u. d. T.: Quellen u. Forschungen z. Sprach- u. Kuiturgesch.
d. german. Völker. X. Bd.
Vgl. Lit. Centrbl. 1876, Nr. 49. H. Zimmer: Z. f. D. Alterth. N. F.
8. Bd. Anz. S. 294.
95. Keller, Adalb. v., Altfränkische Sagen, ges. v., 2. Aufl. Heilbronn,
Henniger, 1876. 8^ 6,—
Vgl. Schröder: Bl. f. lit. ünterh., 1877, 18.
(Hier aufgeführt wegen der angefügten Aufzählung von Bearbeitangen der
Sagenstoffe in anderen Literaturen, so auch nd.)
96. Lindemami, Wilh., Geschichte der deutschen Literatur bis auf die
Gegenwart. 4. Aufl. gr. 8^ (V, 732 S.) Freiburg i. Br.,
Herder, ä 1, —
97. Rflckert, Gesch. der neuhochdeutschen Schriftsprache.
Vgl. Schönbach: Z, f. d österr. Gymn. 27, 3. Scherer: Z Ö.
Alterth. N.F. 7,4. Wilken, Gott. Gelehrte Anzeigen. 43 H. Paul:
Jen. Litztg. 1876, Nr. 288. Mag. f. d. Lit. d. Ausl. 1877, Nr. 5, S. 62.
98. Miildencr, R., die deutsche Sprachgrenze. Natur, 1875, Nr. 16.
99. Vogt, Privatdoc. Dr. Frdr., Leben u. Dichten der deutscheu
Spielleute im Mittelalter. Vortrag, geh. im wiss. Verein zu
Greifswald am 29. Novb. 1875. gr. 8^ 32 S. HaQe, Lippert'sche
Buchh. 0,80.
Vgl. Lit. Centralbl. 1876, Nr. 49. Steinmeyer: Z. f. D. Alterth.
N. F. 8. Bd. Anz. S. 81.
100. Wackernagel, Fhpp., Das deutsche Kirchenlied von der ältesten
Zeit bis zu Anfang des 17. Jahrh. 48 — 55 Lief. Lex.-8®. (5. Bd.)
S. 289—1056.) Leipzig, Teubner. a 2,—
101. Wackernagel, Wilh., Gesch. d. deutschen Literatur. Ein Hand-
buch. 2. verm. u. verb. Aufl. 1. Bd., 1. Lfg., Lex.-8« (112 S.)
Basel, 1877, Schweighauser. 2,—
I. Mittelniederdeutsch.
102. Bohn, Theophilus; niederdeutsches Schauspiel aus einer Hdsch.
d. 15. Jahrh. der trier. Stadtbibl. Monatshefte für Musik-
geschichte, red. V. R. Eitner. 9. Jahrg. Nr. 1.
103. Clement, Dr. Knut Jungbohn, Forschungen üb. das Recht der
Salischen Franken vor u. in der Königszeit. Lex Salica u.
Malbergische Glossen. (Erläuterungen nebst erstem Versuch e.
vollst, hochdeutschen üebersetzung.) Nachgelass. Werk, hrsg. ^•
Geh. Hofr. Prof. D. Hoinr. Zoepfl. XXIV, 468 S.) (3. Bd. der
BibL für Wissenschaft u. Literatur.) gr. 8^ Berlin,
Grieben. 10, —
Vgl. Lit. Centrbl., 1877, Nr. 11. Fd. Bischoff: Z. f. d. private u.
öffentl. Recht d. Gegenwt. 4, 2.
104. Dederich, Herm., historische u. geographische Studien z. angelsächs.
Beöwulfliede. gr. 8^. (VIII, 233 S.) Köhi, 1877, Römke & Co. 3,60.
Vgl. Herm. Suchier: Jeu. Literztg., 1876, Nr. 47.
r
161
105. Edzardi, A., noch einmal das jüngere Hildebrandslied. Ger-
mania, 21, 1.
106. Eggevty Dr. Udo, Studien zur Geschichte der Landfrieden. Nebst
Nachweis der Nichtbenutzung der treuga Henrici im Sachsen-
spiegel, gr. 8^ (84 S.) Göttingen, 1875, Peppmtüler. 1,80.
107. IlttmiiUer, Ehl., Carmen de Beövulfi Gautarum regis rebus prae-
clare gestis atque interitu, quäle fuerit antequam in manus inter-
polatoris, monachi Vestsaxonici inciderat, autore Chlodovico E.,
phil. doct., literarum germanicarum prefessore p. e. Turici 1875.
(Zürcher Universitätsschrift, einem Verzeichnis der Preisaufgaben
für 1875/76 beigegeben.)
Vgl. H. Suchier: Jen. Litrztg., 1876, Nr. 625. Schönbach: Z. f.
deatsche Alterth., 21, 1.
108. Ein alter niederdentscher Codex der Imitatio Christi. Der Ka-
tholik, red. V. J. B. Heinrich u. Ch. Moufang. N. F. 18. Jahrg.
Dezb. 1876.
109. Kiessling, G , Sem.-Oberl., Bibelsprache u. Mittelhochdeutsch,
gr. 8^ (28 S.) Zschopau, Raschke. 0,60. (Progr. d. Schul-
* lehrersem. zu Zschopau.)
HO. Kohlmann, Dr. Karl, die Braunschweiger Reimchronik auf ihre
Quellen geprüft. (Dissert) gr. 4^. (79 S.) Kiel, Haeseler. 3,—
Vgl L. Wieland: SybePs Histor. Zeitsch., 37. Bd. (N. F. 1. Bd.)
1. Heft, S. 156. W. Bernhardt: Jen. Litrztg., 1877, 18.
111. Koppmann, K., Reimlust im 15. Jahrh. Jahrb. d. V. f. niederd.
Sprachf. I. Bd., S. 108.
112. Krause, Zum Lebe Jesu. Z. f. ndeutsch. Alterth. u. deutsche
Lit. N. F. 7, 4.
113. Latendorf, F., kritische Beiträge zu dem sog. Anhang der Lauren-
berg'schen Scherzgedichte. Germania, 21, 1. (Festschr. z. Be-
grüssung d. Rostocker Phil.-Vers.)
114. Lübben, A, Zur Characteristik der mittelniederdeutschen Literatur.
Jahrb. d. Ver. f. niederd. Sprachf. I. Bd. S. 5. (Vortr., geh.
am 29. Septb. 1875 in d. germanist. Sektion der 30. Vers,
deutscher Philologen zu Rostock.)
115. Napiersky, J. G. L., die Quellen d. Rigischen Stadtrechts bis zum
J. 1673. Mit 2 Schriftproben, gr. 8^ (CXXXIV, 348 S.) Riga, Deubner.
Vgl. Frensdorft: Hans. Geschichtsblätter, 1875. 0. Stobbe: Jen.
Literztg., 1876, Nr. 656.
116. Historische Skizzen auf Grundlage von Thet Oera Linda Bok.
Mit etlichen Ein- u. Ausfällen. Aus dem Holland, übersetzt von
Hermann Otto.
Vgl. Westermann's Monatshefte, 40. Bd, S. 261.
117. Vinckers, J. Beckering, de onechtheid van het Oera Linda-B6k,
aangetoond uit de wartaal waarin het is geschreven. Haarlem,
1876, Bohn. 63 S. gr. 8^)
Vgl. Zarncke's Lit. Centralbl. 1876. Sp. 1806. Der Streit um die
fries, Chronik: Ausland, 1876, Nr. 18, S. 345. Noch einmal das
Oera Linda Bok: Ausland, 1876, Nr. 26, S. 519. That Oera
Linda Bok — ein gelehrter Scherz oder eine Fälschung:
Niederdeutsches Jahrbach. II. XI
Vi5W^#^
162 •
Mag. f. d. Lit. cL Ausl. 45. Jahrg» Nr. 3. Ferner desselben Verfassers
Werk: Wie heefthet Oera-Linda-Boek geschreven?
(Campen, Holland, 1877) und «Alex. J. Ellis: Academy, 1877,21. April.
118. Walther, C, Mundartliches im Reineke Vos. — Jahrb. d. T. f.
niederd. Sprachf. Bd. I., S. 92.
IL Neuniederdeutsch und niederländisch.
119. Bftrwinkel, Prof. Dr., über den religiösen Werth von Fritz Reuter's
„Ut min Stromtid". Ein Vortrag. 8^ (46 S.) Erfurt,
Stenger. 1, —
Vgl. Wissenschaftl. Beilage der Leipziger Zeitg. 1877, Nr. 14.
120. N. Buts, Verscheidenheden meest op letterkundig gebied.
Haarlem, Erven Bohn. 1876. , 2. alv. fl. 5,—
121. Nederlandsche belletrie door Cd. Busken Huet. Amsterdam,
Funcke. 1876. fl. 4,20.
122. Duboc, J., auf Reuter'schem Boden. Westermann's Monatshefte
40. (3. F.) 8. Bd. S. 98, 1876.
123. Hansen, Dr. C. J., 0ns Dietsch of het Nederduitsch in Duitsch-
land. (Zuerst im Nederlandsch Museum von Prof. J. F. Here-
mans, dann separat Gent, Ad. Hoste, 1876.)
Vgl. „Das niederdeutsche Sprachgebiet." (Magaz. f. d. Lit. d. AasI,
1877, Nr. 2). „Niederdeutsche Bastrebungen.** Ebd. 45, 22.
124. Honegger, J. J., Vlämische u. französ. Erzählungen. Blätter f.
literar. Unterhaltung. 1876. Nr. 43, 44.
125. Jagemann, Dr. Engen v., Die Stellung der Niederdeutschen
(Viaamen) in Belgien. (76. Heft der Deutschen Zeit- und
Streitfragen, hrsg. v. Fr. Holtzendorff u. W. Oncken.)
36 S. gr. 8^ Berlin, Habel.
Vgl. Schmolke, Ein deutsches Urtheil über die viamische Bewegung,
in dem Magazin f. d. Liter, d. Auslandes, 1877, Nr. 12. Ders. Die
viamische Bewegung in „Aus allen Weltthtilen", (Red. 0. Delitsch).
7. Jahrg., 6. Heft, 1876. Ferner: die vläm. Literaturbewegung im
J. 1875. (Mag. f. d. Lit. des Auslandes. 45. Jahrg., Nr. 20.)
126. Jonckbloet's zoogenaamde Geschiedenis der Nederland-
sche Letterkunde, getoetet en toegelicht door Dr. J. v. Vloten
Aruhem. J. Rinkes, 1876. 83 Cts.
127. F. Leendertz wz., Gedichten van Constantyn Huygens.
Navorscher. p. 442.
127a. — Hooft's Warenar. Navorscher. p. 355.
128. Mr. H. E. Moltzer, Over Ouno Zwier van Haren. Spectator Haag.
p. 310,
129. Niederdeutsche Bestrebungen. Mag. f. d. Lit. d. Ausl., 45. Jahrg.
Nr. 22.
130. Der Offizier in der deutschen Dichtung. Deutsche Monatshefte.
4. Jahrg., 7. Bd., S. 138.
Vgl. Dr. Hermann Wentzel in dem Progr. d, Kgl. Kath. Gymnas. zu
Olatz (1874). (Zur Reuterliteratur.)
163
131. Schmolke, H., die vlamische Bewegung. Aus allen Welttheilen
(Red. 0. Deutsch). 7, Jahrg., 6. Heft, 1876.
132. Steche, Richard, Fritz Reuter als Schiedsrichter einer Wette.
Gartenlaube, 1877, Nr. 3.
133. Vlämisches Drama, Mag. f. d. Lit. d. Aush, 45. Jahrg., Nr.- 2.
F. Literatur.
I. Altniederdeutsch.
134. Heiland, hrsg. v. Hoinr. Rückert. (Deutsche Dichtungen d.
Mittelalters. Mit Wort- u. Sacherklärungen v. Karl Bartsch.
4. Bd. 8^) (XLin, 308 S.) Leipzig, Brockhaus. 3,50.
Vgl. E Sievers: Jen. Litztg. 1877, Nr. 2. Ders. „Zum Heliand".
(Haupt's Zsch. XIX, ff.). Bl. f. lit. Unterh., 1877, 17.
IL Mittelniederdeutsch.
135. Becker, J., noch 15 bisher nicht veröffentlichte Urkunden der
Stadt Schlawe aus den J. 1317—57. 2. Th. (18 S. 4^) Prog.
d. Progymn. zu Schlawe.
136. Baethcke, Herm., des dodes danz, nach den Lübecker Drucken
von 1489 u. 1496 herausgegeben. (Publikation d. Liter. Vereins
zu Stuttgart, Nr. 127.) Tübingen, 1876. 2 BL, 145 S. 8^
Vgl. Lit Centrbl., 1876, 30,
137. BieBemann, Frdr., Briefe u. Urkunden zur (beschichte Livlands
in den J. 1558 — 1562. Auf Veranlassung d. Rigischen • Rathes
aus inländ. Archiven hrsg. 5. Bd. 1561, 1562. Nebst Nach-
trägen, gr. 8^ (L, 539 S.) Riga, Kymmel. 13,50. (1—5 45,—)
Vgl. Konst. Höhlbaum in der Jenaer Litztg, 1876, Nr. 41, S. 632 ff.
Liter. Centralbl, 1876, Nr. 45, Sp. 1484 ff. Schiemannin „Russische
Revue", V, 9. Mag. f. d. Lit. d. AusL, 1877, 14.
138. BoU, Franz, Pastor, Chronik der Vorderstadt Neubrandenburg.
Nebst 2 Anhängen, üeber d. sogen. Prilwitzer im Ghzl. Alter-
thumscabinet zu Neustrelitz, u. Gesch. d. Prämonstratenser-
klosters zu Broda. Hrsg. v. Prof. Dr. Franz Bell. Neu-
brandenburg, 1875, Brünslow. (XXII, 326 S. gr. 8«.) 4,50.
Vgl Lit. Centrbl., 1876, Nr. 9.
139. Chronik, Berlinische, nebst Urkundenbuch. 13. Lfg. oder
Jahrg. 1876. Fol. 20 Va Bg. mit eingedr. Holzsch. u. Stein-
tafel. Berlin, v. Decker. 3, —
140. Chroniken, die, der deutschen Städte vom 14. bis ins 16. Jahrh.
13. Bd. A. u. d. T.: Die Chroniken der niederrheinischen
Städte. Köln. 2. Bd. gr. 8«. (IX, 640 S.) Leipzig, Hirzel. 15,~
Vgl. Wegele: Jen. Litztg., 1876, Nr. 47. Lit. Cenü-bl., 1876, Nr. 25.
Gott Gel Anzeig., 1876, 78. Düntzer: Monatsschr. f. rhein.-westf.
Geschichtsf., II, 9. Budloff: Theol. Litbl., XII, 4. Unsere Zeit,
1876, S. 70.
11*
164
141. Cosyn, Dr. P. J., Fides Athanasii on psalmen uit een Middel-
s^ksisch Souter. Taalk. Bydr. 84.
142. Creeelins, Dortmunder Bruchstücke ein. Hdschr. d. Heldenbuchos
aus dem 15. Jahrh. Ztg. f. deutsch. Aiterth. u. deutsche Lit.
^ K F. 7, 4.
143. Cnlemann, Lobgedicht auf die Stadt Braunschweig. Jahrb. d.
Ver. f. niederd. Sprachf. I. Bd. S. 56.
144. Fabne, A., Chroniken u. Urkundenbücher hervorragender Ge-
schlechter, Stifter u. Klöster. Mit vielen Siegeln, Wappen ii.
and. lUust. 2. Bd. ürkundenbuch des Geschlechts Momm od.
Mumm. I. NQbst Beilage: Denkmale u. Ahnentafeln. 8^
(494 u. Beil. 108 S.) Köln, Heberle. 8,—
145. Fahne, A., Ein Todesurtheil des obersten Fehmgerichtshofes.
(Arnsberg, 7. Sept. 1510). Z. des Bergischen Geschichtsvereins,
10. Bd. S. 125—128. (Nachtrag z. Jahrb., I, S. 125.)
146. Grnnau's, Sim., preuss. Chronik. Hrsg. v. Dr. M. Perlbach.
I. Bd. : Tractat I— XIV. 2 Lfg. Leipzig, 1876, Duncker &
Humblot. A. u. d. T. : Die preuss. Geschichtsschreiber des XTI.
u. XV 11. Jahrh. Hrsg. v. d. Verein f. d. Gesch. d. Prov. Preussen.
I. Bd.
Vgl. Lit. Centrbl., 1876, Nr. 42. G. v. d. Kopp: Hans. Geschichts-
blättcr, 1875. Histor. Zeitschr., 18, 4,
147. Hansereeesse. 2. Abth. Hrzg. v. Verein f. hans. Gesch. 1. Bd.
A. u. d. T.: Hansereeesse von 1431—1476, hrsg. v. Goswin
Frhr. v. d. Kopp. 1. Bd. hoch 4^ (XXIV, 595 S.) Leipzig,
Duncker & Humblot. 18, —
Vgl. 0. V, Heinemann: Jen. Litztg., 1876, Nr. 48. Mantels: Han?.
Geschbl., 1875. Augsb. AUg. Ztg., 1876, Nr. 160 (B.) u. 164.
148. Koppmann, Karl, Das Seebuch. Mit einer nautischen Einleitung
V. Arthur Breusing. Mit Glossar v. Chrph. Walther.
Bremen, 1876, J. Kühtmann's Buchh. (LIII, 129 S. gr. 8^) 4,-
A. u. d. T.; Niederdeutsche Denkmäler. Hrsg. v. V. f-
niederd. Sprachf. I. Bd.
Vgl. Strauch: Zeitsch. f. D. Aiterth., 21, 1.
149. Krafft, Pfarrer Karl, Die Beschlüsse des Rathes der Stadt Köln in
Bezug auf die beiden Märtyrer Peter Fliesteden und Adolf Clarenbacb
von ihrer Gefangennahme an bis zur Hinrichtung (1527—1529),
nebst Glossar von W. Crecelius. Z. des Bergischen Geschichts-
vereins, 10. Bd., S. 176—254. (Nachtrag z. Jahrb., I, S. 126.)
150. Krause, K. E. H., Rostocker historisches Lied aus dem Accise-
streit 1556. Jahrb. dos Ver. f. niederd. Spracht, I. Bd., S. 57.
151. Lfibben, Angnst, Zeno oder die Legende von den heiligen drei
Königen. Ancelmus, vom Leiden Christi. Nach Handschriften
herausgegeben. 2. Aufl. Bremen, 1876, J. Kühtmann.
Vgl. Wissensch. Beilage der Leipziger Zeitung, 1877, Nr. 19.
165
152. Mantels, Wilh., Aus einem niedersächs. Pfarrherrn von Kaien-
berg. Jahrb. d. Vor. f. niederd. Sprachf. I. Bd. S. 66.
153. — Zwiegespräch zwischen dem Leben u. dem Tode. Ebd.
S. 54.
154. Monnmenta Germaniae historica inde ab a. Christi 500 ad a.
1500. Scriptores qui vernacula lingua usi sunt. Deutsche
Chroniken u. andere Geschichtsbücher d. Mittelalters. 2. Bd.
1. Abth. gr. 4<>. (384 S.) Hannover, Hahn. 12(18)—
Inh. : Sächsische (Repgow'sche) Wcltchronik nebst (6) Fortsetzungen, (da-
von nur l niedersächs.).
Abth. II. (1877) enthält: Die Gandersheimer Chronik Eberhards, Braun-
schweiger Chronik (vgl. dazu Kohl mann), eine Goslarer Chronik und die
erhaltenen Fragmente einer Holstein. Reimchronik (bereits abgedruckt mit den
Hamburger Chroniken von Lappenberg), hrsg. von L. Weiland. Nebst
Glossar von Dr. Strauch (S. 663—708.
Vgl. G. Waitz: Gott. Gel. Anz., 1877, St. 13.
155. Het Oeralindabok. Uitgeg. d. Dr. J. C. Ottema. 2. druk.
Leeuwarden, H. Kuupers. fl. 4. — . (In friesischer Sprache.)
Vgl. Oudheid van papier en schrift van het Oera linda bök d,
Tred Muller. Ned. Spectator. 1876. p. 264. J. BeckeringhVinckers,
De Onechtheid van het Oera linda b6k. Haarlem, Bohn, 1876.
156. Oorkonden der geschiedonis van het Sint-Anthonii-Gasthuis te
Leeuwarden, uit de 15. en 16. eeuw. Door de voogden dezer
stichting naar de oorsprunkelyke becheiden uitgegeven. Leeu-
warden, 1876. (Urkunden zur Geschichte des Sanct-Anthonii-Spittels in
Leeuwarden, aus dem 15. und 16. .Jahrhundert. Von dem Vorsteher dieser
Stiftung nach den ursprünglichen Schriften herausgegeben. Leeuwarden, 1879.
Nicht im Handel)
(Enthält mehr als 100 Urkunden, aus der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts,
in altfriesischer Sprache, die übrigen in Altniederdeutsch abgefasst. Wichtig
für die Kenntnis der friesischen Sprache. Wesentliche Bereicherung ist das
dem Buche angefügte, vom Stadtarchivar Eekhoff verfasste erklärende
Wörterbuch schwer verständlicher altfriesischer Ausdrücke),
Vgl. S y b e Ps Hist. Z. N. F. I. Bd., S. 402.
157. Regesta Archiepiscopatns Magdebnrgensis, hrsg. v. G. A. v.
Mülverstedt. I. Magdeburg, 1876.
Vgl. Lit. Centrbl , 1877, Nr. 5.
158. Preussische Regesten bis zum Ausgange des 13. Jahrb., hrsg. v.
M. Perlbach. (Schluss.) Altpreussische Monatsschrift, hrsg. v.
Rud. Reicke u. Ernst Wiehert. N. P. 12. Bd., 8. Heft, 1875,
Vgl. Gott. Gel. Anz., 1876, Nr. 986. Regestes prussiens, p. p. Perlbach:
Revue critique 12.
159. Renncr's, Joh., livländische Historien. Hrsg. v. Rieh. Haus-
mann u. Konst. Höhlbaum. gr. 8^ {XXXV,427S.) Göttingen,
Yandenhoeck u. Ruprecht's Yerl. 9, —
Vgl. E. Winkelmann: Jen. Litztg., 1877, Nr. 3. Gott. Gel. Anz.,
1876, Nr. 549. Lit. Centrbl. 1877, Sp. 525.
160. Rüdiger, die ältesten hamburg. Zunftrollen etc.
(Vgl. Jahrbuch 1875, Bibl. 118 u. 119.) Lübben in d. Z. f. D. PhiloL,
7, 1 (1876).
166
161. Sachsenspiegel, der, (Landrocht), nach der ältesten Leipziger
Handschnft, hrsg. v. Prof. Dr. Jul. Weiske. 5. Aufl., v.
Prof. Dr. R. Hildebrand. 8^ (XV, 184 S.) Leipzig, 1877,
Fues. 2,40.
162. Schiemann, Dr. Thdr,, die Regimentsformel und die kurländischen
Statuten von 1617. Nach dem Original hrsg. u. m. e. Ein-
leitung versehen, gr. 8^ (XVIII, 38 S.) Mitau, Bohre. 1,60.
163. Schirren, C, Beiträge zur Kritik älterer holstein. Geschichts-
quellen, gr. 8^. (VIII, 270 S.) Leipzig, Duncker u. Humblot. 6,80.
Vgl. Lit Centrbl., 1877, Nr. 2. Konst Höhlbaum: Jen. Litztg/
1877, Nr. 6.
164. Dat SIeehtbok. Geschlechtsregister der Hamburgischen Familie
Moller (vom Hirsch), verf. im J. 1541 von Joachim Moller,
Rathmann. Mit Nachträgen bis 1612, sowie mit urkundlichen
Beilagen. Eingel. u. hrsg. v. Dr. Otto Beneke. Hrsg. v.
Bürgorm. Kellinghausen's Stiftung. Hamburg, 1876. 4^.
165. Stadtbuch, Kieler, aus den J. 1264—1289. Im Auftr. d. Ge-
sellsch. f. d. Gesch. d. Herzogthümer Schleswig-Holstein u.
Lauenburg, hrsg. v. Dr. P. Hasse, gr. 8^ (XI, 128 S.) Kielj
1875, Univers.-Buchh. 2,80.
Vgl. K. Höhlbaum: Jen. Litztg., 1876, 120.
166. Urknndenbncli, hansisches, Bearb. v. Konst Höhlbaum. l.Bd.
hoch 4^ XVin u. 423 S. Halle, Buchh. d. Waisenh. 15,—
Vgl. 0. Y. Heinemann: Jen. Litztg., 1876, Nr. 48. Winckelmann:
Sybel's Histor. Zeitschr., 37. Bd., 1. Heft (1877). Lit. Centrbl 1877, Nr. 1.
Mantels: Hans. Geschichtsblätter, 1875. Augsburger Allg. Zeitung,
1876, Nr. 160 (Beil.) u. 164.
167. Urknndenbnch des in der Grafsch. Wernigerode beleg. Klosters
Ilsenburg. 1. Hälfte: Die Urkunden v. Jahre 1003— 1460.
Bearb. im Auftr. Sr. Erlaucht des regier. Grafen Otto zu Stolberg-
Wemigerode v. Dr. Ed. Jacobs. Mit 5 in Lichtsteindrud
facsim. Urkundenanlagen. Halle, 1875,' Buchh. d. "Waisenh.
(YI. 274 S. gr. 8^) A. u. d. T.: Geschichtsquellen der Provinz
Sachsen u. angrenzenden Gebiete. Hrsg. y. d. geschichtl. Ver-
ein der Provinz. 6. Bd. 6, —
Vgl. Lit. Centralbl., 1876, 16. Karl Menzel, Jen. Litztg., 1876, 257.
168. Urkundenbuch zur Geschichte der Herzöge von Braunschweig
u. Lüneburg u. ihrer Lande, ges. u. hrsg. v. Archiv-R. Staats-
archivar Dr. H. Sudendorf. 8. Th. Vom J. 1395 bis zum 31.
März 1399. gr. 4^ (XXX, 380 S.) Hannover, Rümpler. 16 -
Vgl. Lit. Centrbl, 1876, Nr. 26.
169. Urknndenbnch der Stadt Lübeck. Hrsg. v. d. Terein f.
lübeck. Gesch. u. Alterthumskundo. 5. Th., 3.-6. Lfg., gr. 8^
(S. 177-480.) Lübeck, Grautoff.' ä 3,—
170. Urkundenbuch, ostfriesisches. Hrsg. v. Geh. Staats-Archivar
Dr. Ernst Eriedländer. 2. Heft. 1400—1435. gr. 4^.
(XVII— XXXIV u. S. 153—410.) Emden, Haynel. 7,-
Vgl. Lit. Centrbl, 1877, Nr. 10.
167
>
171. Walther, C, Mundartliches im Reineke Vos. Jahrb. d. Ver.
1 niederd. Sprach! I. Bd., S. 92.
f 172. Woeste, Friedrich, Tremoniensia. I. Kerkhoerde's Dortmunder
Reim Chronik. 2. Satzungen über Preis der Getreide und Biere etc.
Z. des Bergischen Geschichtsvereins. 10. Bd., S. 1 — 30 u. 267.
(Nachtr. z. Jahrb. I, S. 127.)
■ 173. Wurdig's, L., Chronik der Stadt Dessau. 8. u. 9. Heft, gr. 8^
f (S. 561—720.) Dessau, Reissner. ä 0,75.
174. Zimmermann, Paul, das schachgedicht Heinrichs von Bemgen.
gr8^ (47 S.) Wolfenbüttel, 1875. (Berlin, Calvary & Co.) 1,60.
175. Ziegerle, J. V., Frö Böne. Germania, hrsg. v. K. Bartsch, 21, 1.
III. Mittelniederländisch.
176. Asselyns werken, uitg. door Dr. A. de Jager. 1. Serie der
klassieken der Ned. letterkunde, onder redactie van Dr. E. Verwys.
Groningen, Woltus. afievering 1, 2, 3.
177. Anna Byns Refereinen, naar de nalatenschap van Mr. A. Bogaers,
lütgegeven door Dr. W. L. van Holten, Rotterdam. 74 Dunk.
fl. 3,—
178. — _ Verklärende woordenlyst. fl. 0,50.
179. De Roman der Loreinen, nieuw ontdekte gedeelten. üitgegeven
door Dr. S. C. Matthes. In de Bibliothek van Middelned. letter-
kunde onder redactie v. Mr. H. E. Moltzer. 17. afievering.
Groningen, Wolters, 1876.
180. Een viertal oude reclitsdocnmenten, uit het hertogdom Limburg,
door Jos. Habets, Roermand, J. J Romen. fl. 0,60,
181. Franck, Jobannes, Plandrys. Fragmente eines mittelniederl.
Rittergedichtes. Zum ersten Male herausgegeben. Strassburg,
K. J. Trübner. (IX, 156 S.) 4,— A. u. d. T.: Quellen und
Forschungen z. Sprach- u. Culturgesch. der german. Völker, hrsg.
V. B. ten Brink, W. Scherer, E. Steinmeyer. (17. Jahrhundert.)
Vgl. E. Martin: Ztschr. f. D. Alterth. 21, 1. Dahlmann: Oess-
zehasonlitö Irodalomtörtenelmi Lapok. (Ztschr. f. vglchde. Lit.) 1877, D[.
182. Jacob V. Maerlants Spieghel. Historiael. 2. partie, bewerkt
door Philip v. XJtenbroeke van wege de maatschappy der
Nederlandsche letterkunde te Leiden, üitgegeven door Ferd.
von Hellwald, onder medewerking van Dr. M. de Vries en
Dr. E. Yerwys. 2.— 5.afi. hoch4^ Leiden. Leipzig, Harrassowitz.
ä 3,—
183. Moltzer, H. E.,, Hareniana, Brieven van W. en 0. Z. van
Haren. Groningen, fl. 1,50.
184. Patretten van Joost van den Vondel, eene laatste afievering
tot het werk van Mr. J. van Lennep door Jos. Alb. Alberdingk
Thym. Amsterdam. C. L. van Langenhuysen.
168
IV. Neuniederdeutsch.
185. De Ifitt Aportendräger. Plietsches Wochenbladd för plattdütsch
Sprekende. (Red. : Rob. Kutzky .) Druck und Verlag v. J. Köpke,
Neumark in Westpreussen.
(Erschien nur ein Vierteljahr lang, 13 Nummern.)
186. Anke Boonemmer. It Doarpke oan 't spoor. Rim and onrim,
meast foardrachten fear twa persoanen. (Das Dörfchen an der Eisen-
senbahn. Poesie und Prosa, meistens Vorträge für zwei Personen.) Franeker,
T. Telenga, 1877. fl. 1, — (In westfriesischer Mundart.)
187. R. C. Bakhnyzen v. d. Brink. Studien en schetsen over vader-
landsche geschiedenis en letteren, uitgegeven door E. J. Potgieter.
2. deel. Martinus Nyhoff. fl. 6,30.
1 88. Bartels, Dan., der Grillenscheuclier. Original-Gedichte in hoch-
u. plattdeutscher Sprache. Scherz und Ernst zum Deklamiren.
6. Th. gr. 16^; (VII, 152 S.) Hamburg, Nestler & Melle. 1,50.
189. Benthien, Angelins, Sleswig-Holsteener Buerngeschichen : Klaas
Hinnerk. Ehrs Band, 1876.
Vgl. F. Ch. B. Ave-Lallemant: Gegenwart, 1876, Nx. 49.
190. Briilnian, John, ausgew. plattd. Erzähl. 1. Bd. Kasper-Ohm
un ik. 3. Aufl. gr. 16^ (VI, 315 S.) Rostock, 1877, Werther.
3-
Vgl. Klaus Groth: Gegenwart, Bd. 10, Nr. 45.
191. Butler, E. D., The Race between the Hedgehog and the Hare
translated from the Plattdütsch. London, Haugthon and Co.,
Paternoster Ro. 12^ 14 S. (Mit Richter's Holzschn. auf
dem Umschlag.) Ohne Jahreszahl.
Vgl. Dahlmann: Z. f. vergl. Literatur, 1877, Nr. X.
192. De Byekoer. Frisk Jierboekje for 1877. — Twa-in-tritichste
Jiergong. (Der Bieneukorb. Friesisches Jahrbüchlein für 1877. 32. JahiKf.)
Praneker, T. Talenga. 1877. fl. 0,30. (In westfriesischer Mundart.)
193. De Doarpskomeedsje. Slotsangen, Coupletten en Poardrachten
fear toanielselskippen en fear elts dy graech ris in froalikstlkje
in friünekringen winsket fear to dragen. (Die Dorfbühne. Lieder,
Couplets und Vorträge für Bühnengesellschaften und für Jeden der gerne 'mal
ein fröhliches Stückchen im Freundeskreis vorzutragen wünscht.) Hearenfean,
Hingst & Hepkema, 1876. (In westfriesischer Mundart.)
194. Eiehwald, Karl, uut'n Flikken-Büdel. Rymels un Vertellsels.
2. Aufl. I, 8. (48 S.) Bremen, Tannen. 0,50.
195. Forjit my net. Ttdskrift ütjown fen 't Selkip for friske tael-
end skriftekennisse. Hearenfean. (Vergiss mein nicht. Zeitschrift,
herausgegeben von der Gesellschaft für friesische Sprach- und Literaturknnde.)
6. Buch, 1. Lief. Herrnfehn (hoU. HeerenYoen), Hingst & Hep-
kema, 1876. (In westfriesischer Mundart.)
196. Foar de Friesen, hrsg. v. R. Zylstra jr., Seisbjirum. Zeitung,
(wöchentlich einmal, seit dem 17. Juni 1876), viertelj. fl. 0,75.
197. Frisch Volksblad, hrsg. v. 0. Stellingwerf in Tjum u. WaUng
Dykstra in Holwerd. Agent : H. Kuipers, Buchh. in Leeuwarden,
(Ersch. seit dem 25. Juni 1876 jeden Sonntag.) Preis halbj. fl. 2,—
169
198. Grimme, F. W., Schwanke und Gedichte in sauerländischer
Mundart (1. Sprickeln un Spöne. 2. Spargitzen.) 6. Aufl. Mit
einer Einleitung über die Eigenthümlichkeiten des
sauerländischen Dialektes. 8^ (207 S.) Paderborn
Schöningh.
199. Heins, Walchersche schetsen en vertellingen. (Walchera'sche Skizzen
und Erzählungen). Purmerende, J. Muusses & Co., 1876. (In der
Mundart der Insel Walchem, Provinz Seeland.)
200. Hoarmeckan, F., ,je länger je lewer". Stöckskes on Vertellsches
en wopperdhaler Mongkaat. gr. 8®. (111 S.) Elberfeld, Löwen-
stein & Co. 1, —
Ygl. Magazin f. d. Liter, d. Auslandes, 1877, Nr. 6.
201. Hünig, Fritz, der Boorejung em Thiater. Der Lehrjung. Humo-
resken, gr. 16^ (16 S.) Köln, Heyn. 0,25.
2Q2. et Bütze. (Nach Saphir.) De Kaväntschaff. (Nach Schiller).
Frei nach gegebnen Motiven, gr. 16^ (15 S.) Ebd. 0,25.
des Sängers Flooch. (Nach Uhland.) Lotterbove-Streich.
(Nach Langbein.) Humoresken, gr. 16^ (15 S.) Ebd. 0,25.
(Sämmtlich in kölnischer Mundart.)
204. Holthnsen, Onst., ole Erinnerungen. Plattdütsche Gedichten un
Geschichten in Bremer Mundart. 1. Deel. gr. 16®. (109 S.)
New- York. (Leipzig, Brockhaus..) 2, —
205. Hnsfrfind, plattdütsche. Herutg.: Willem Kastner. 1. Jahrg.,
April-Decbr. 1876. 39 Nummern. (B.) Pol. Schleswig, Johannsen,
jetzt C. A. Koch's Verlagsbuchh., Leipzig. (Erscheint wöchentl.
ein mal.) Viertelj. 1, —
206. Jfirs, Heinr., hoch un platt, for Jeden wat. Gedichte. 2. Aufl.
8». (186 S.) Hamburg, Neetler & Melle. 2,70.
207. Kluchtige Reis fen Eastergea oer Berlin nei Amsterdam ; fen de
man sels forhelle. (Spasshafte Reise von Osterga, über Berlin nach
Amsterdam; durch den Mann selbst erzählt.) Praneker, F. A. Bosman,
1876, 25 Cents.
208. Schloss Broich nn sin Vöartied. Gedieh in 9 Bildern van
H. Kühne. Mühlheim a. d. Ruhr, 1876. Druck und Verlag
von Wilh. Portmann. gr. 8^. (Die Mundart ist die von Mühl-
heim a d. Ruhr (niederfränkisch), der Yerf. H. Kühne Lehrer
in Köln.)
209. Leistner, Ernst, Hochdeutsche TJebertragung von Stücken aus
Reuter's Hanne Nütte. Wiener neue Hlustr. Zeitung. 1876,
Novbr.
210. Leopold, Joh. A., und L. Leopold. Van de Scheide tot de
Weichsel. Nederdeutsche Dialecten in dicht en ondieht velrsamelt.
(Von der Sthelde bis zur Weichsel. Niederdeutsche Mundarten in Poesie und
Prosa). 1.— -3. Lieferung. Groningen, J. B. Wolters, 1876. fl. 0,90.
Enthält Proben der Mundarten von Belle (französisch Bailleul), Bambeek
(fr. Bambeque), St. Winoxbergen (fr. Bergue8-St.-Winox), Eaasteren (fr.
Caestre), Kapellebroek (fr. Capellebrouck), Duinkerke oder Dünkirchen,
Hazebroek, Bexpoede, sämmthch in Französisch- oder See-Flandern (Depar-
170
tement du Nord, Frankreich); von Kortryk (fr. Courtrai), Oudenaarde (fr.
Audenarde), Zegelsem, Brügge, Gent, Brüssel, Schaarbeek, Aarschot, Klein-
Brabant, Antwerpen, Lier, Heerenthals, sämmtlich in Süd-Niederland ode
Belgien. — Aardenburg, Axel, Walcheren, Oostkapelle, Oost-Souburg
Schouwen, Over-Flakkec, alle in Nord-Niederland, und von Ost-Friesland.)
211. van Loon, J., und M. de Boer. It Lieteboek. — Fryske Sang mei
Pianolieding ; in gearjefte de Friesen oanbean. (Das Liederbuch.
Friesische Lieder mit Pianobegleitung: eine Gesammtgabe, den Friesen geboten)
Herrnfehn, Hingst & Hepkeraa, 1876. (In westfriesischor
Mundart.)
212. Lueia, Ellen, (W. Weyergang), olle Scharteken. Vel un nock
wat van tau Hus. Erzählungen im plattdeutschen Dialekt. 1. Bd.
8^ (III, 229 S.) Greifswald, Bamberg. 2,—
Vgl Ludw. Ziemssen: Plattdütsche Husfründ, 1877, Nr. 10.
213. Meyer, Job., plattdeutsche Gtedichte in ditmarscher Mundart.
2. Aufl. 8^. (355 S.) Hamburg, Richter. 3,—
214. Müller, Adolf, plattdeutsche Gedichte. 2. mit einem Anhange
hochdeutscher Gedichte vermehrte Auflage. 16^. (VI, 125 S.)
Hagen, Butz. 2,50.
215. Nordhfiscbe Kieme nnn Biller. Nr. 1 u. 2. gr. 4". (ä 8 S.)
Nordhausen, Haacke. ä 0,25.
Inh: 1) Der Märtensobend zu Nordhusen. 's Heckemännicheu in Nordhusen.
3. Abdr. — 2) Der Junkerhoff inSohlze. Aenne NordhüscheCreschichte us d'rVörziet.
216. Pächter, T. M., Korl un Lotting. 8«. (IV, 141 S.) Greifswald,
Bindewald. 2, —
217. Piening, Th., de tweete Reis naa dem Hamborger Dom. 2Deele.
2. Oplag. 8^ (140 u. 203 S.) Hamburg, 1877, Richter, ä 1,-
218. Potgieter, E. J., verspreide on nagelaten werken, uit-
gegeven onder toezicht van Joh. C. Zimmermann. Poesie I
fl. 3j70. IL fl. 3,60. Proza I. fl. 2,75. H. fl. 3,60. Kritische
Studien I. fl. 3,60. II. fl. 3,25. Haarlem, A. C. Kruseman en
Tjeenk Willink.
219. Qnitzow, Wilh. Ad., Meckelnbörger Geschichten. Verteilt för
Jung un 01t. (AsWisme wedder meckelnborgsch würd.)
2. Aufl. 8«. (IV, 160 S.) Leipzig, C. A. Koch. 2,— 2. Bd.
Hanne Möller un sin Mudder. (247 S.) Ebd., 1877. 2,40.
Vgl. Klaus Groth: Plattdütsche Husfründ, 1877, Nr. 1.
220. Reinhardt, 6., Harwstblaumen. Plattdütsche Gedichte. 8^.
(40 S.) Güstrow, Opitz & Co. 0,50.
221. Schacht, Heinr., Plattdeutsche Gedichte, zum Vortrag in gesell.
Kreisen. 2. Aufl. 8^ (56 S.) Hamburg, Richter. Q,75.
222. Schröder, Wilhelm, Dat's mien Popp. En Wienachtsgeschicht
van'n Dorpo. Leipz. Illustr. Ztg. vom 23. Decbr. 1876.
223. Schröder, Willem, Fritz Reuter an de Himmelsdöhr. Zum 7.
Novbr. Gartenlaube, 1876, Nr. 44.
224. Schröder, Wilh. u. Arnold, Humoresken. 4. Bdchen. (Universal-
Bibliothek Nr. 790.) 74 S. gr. 16«. Leipzig, Ph.Reclamjun. 0,20.
171
225. Uns' llodersprak. En Plattdütsch ünnerhollungsbladd. Rut-
geben vun W. Flicke, 50 Bowery, New- York. II. Jahrg.
Preis pro Nr. 5 ceuts.
Hat bis auf weiteres mit Nr. 71 vom 6. März d. J. zu erscheinen auf-
gehört, „da dat eerst so lebhafte Interesse for de Sak binah verswunnen is.*'
■
[ 226. Vorbrodt, F. A., en bettchen wat Spassiges ut de Watertid 1876.
' Böre-plattdütsch vorteilt. 8^ (16 S.) Schönebeck, Schmidt. 0,25.
227. ^^— Obberswemmt! En swartes Blatt. Oder: En paar Bilder
ut ne sware Tid. Wie et de letzten Fewerwarsdage un Anfang
März in Schönnebeck utseihn hat. Böre-plattdütsch vorteilt,
gr. 8«. (13 S.) Ebd. 0,25.
Waling Dykstra, Friske Sang. Ny Lioteboek mei acht Sangen.
Frentsjer. (Friesische Lieder. Neues Liederbuch mit 8 Gesängen. Franeker )
E. A. Bosman, 1876. 25 Cents.
— — Sokke mar mear. Kluchtspil mei sang. (Solche nur mehr.
Posse mit Gesang.) Zweite verbesserte Aufl. Franeker, T. Telenga,
1876. (In westfriesischer Mundart.) .
230. — — De Boeresjonger. Ny frisk Lieteboek for feinten enfammen.
Der Bauemsäoger. Neues friesisches Liederbuch für Jünglinge und Jungfrauen.)
Dritte Aufl. Franeker, T. Telenga, 1876. (In westfriesischer
Mundart.)
231. Wellner, C. G., wat sick dat Volk verteilt Plattdütsche Ge-
schichten, dei würklich passirt sünd. 8^. (96 S.) Rostock,
Stiller. 1,25.
232. Winklep, Johan, Forfriskinge fen de pouslike „Bulla ineffabilis"
in de miene tunglach fen Frisland twiske Flie end Lauers.
(Friesische Ueb»rsetzung der Päbstlicheu „Bulla ineffabilis" in die allgemeine
Mundart von Friesland zwischen Flie und Lauers, oder der heutigen nieder-
ländischen Provinz Friesland). Amsterdam, 1876. Nicht im Buch-
handel.
Gr. Zur Greschichte Tind Knltur-
geschlclite.
233. Annalen d. historischen Vereins f. den Niederrhein, insb. die alte
Erzdiöcese Köln. Hrsg. v. J. Mooren, Eckertz, Ennen,
Hüffer u. Pick. 28. u. 29. Heft. gr. 8^ (352 S.) Köln,
Du Mont-Schauberg. 4, —
234. Das Archiv der Stadt Lfibeck. Beil. z. D. Reichs- u. Kgl. Preuss.
Staatsanzeiger Nr. 44, 45.
235. Beiträge zur Gesch. Dortmunds u. der Grafschaft Mark. Hrsg.
V. d. histor. Verein f. Dortmund u. die Grafsch. Mark. I. Dort-
mund, Koppen. (IV, 186 S. gr. 8^) 1875. 2,50,
Ygl. Koppmann: Hans. Geschichtsblätter) 1875.
172
236. Beiträf^e zur Geschichte Mecklenburgs, hrsg. v. Fr. Schirr-
macher.
Vgl. Schulz: Jen. Litztg., 187G, 6.
237. Zeitschrift des Bergiseben Geschichtsvereins. Hrsg. v. W. Cre-
celius u. Wold. Harless. N. F. l.Bd. Bonn, Marcus inComm.
Inh. : Kr äfft u. Crecelius, Beiträge z. Gesch. des Humanismus in
Rheinland u. Westfalen. (Auch separat erschienen Elberfeld 1875.) —
W. Schmitz, biogr. Nachträge zu 1) Joh. Fabric. Bolandus, 2) Francisc.
Fabric. Marcoduranus und 3) Philippus Fabric. Marcoduranus. — Gedicht
üb. die Gründung der Abtei Altenberg, mitg. v. W. Harless. — Culturgesch.
Miscellen. — Weinkauf f, Joh. Fabricius aus dem Elsass u. Joh. Fabri
y. Werdea. — Zur Beformatiods- u. Kirchengesch. — Eine Essener Stadt-
chronik y. 1593—1662, mitg. v. W. Harlass. — Bergweisthum für die
Freiherrlichkeit Commern, mitg. v. W. H. Becker. — Fr. Geras, Höfe
u. Hofesrechte d. ehem. Stifts Essen. — Culturhist. Miscellen. — Holt-
mans, Brixius von Norden (mit Anhang von Crecelius u. Woeste.)
Nachträge etc.
238. Bremisches Jahrbnch, herausgegeben von der historischen Ge-
sellschaft des Künstlervereins. 8. Bd.
Inh.: 1) Jahresberichte des Vorstandes vom October 1873 bis October 1875.
2) Uebereinkommen zwischen der historischen Gesellschaft und der Stadt-
bibliothek. 3) Bericht über die Nachgrabungen in Hude. 4) Zur Geschichte
des Fleckens Lebe, des Vorgängers von Bremerhaven, von Senator Dr. Smidt.
5) Die erste Epoche der Bremischen Reformation von Pastor J. Fr. Iken jan.
6) Die bremische Kirchenordnung von 1534, von Dr. jur. A. Kühtmann.
7) Zwei Briefsammluugen des 13. Jahrhunderts, mitgetheilt vom Archivar Dr.
W. von Bippen.
Vgl. J Harttung: SybePs Hist. Z. N. F. I. Bd., S. 392.
239. Oescbichtsblätter, hansische. Hrsg. v. Verein f. hans. Geschichte.
5. Jahrg., 1875, gr. 8». (266, XXXIV S ) Leipzig, Duncker
& Humblot. 6,80.
Haupts. Inh.: K. Eoppmann. Hamburg's Stellung in der Hanse. -
K. Höhlbaum, Zur Gesch. d. deutsch. Hanse in England. — D. Schäfer,
Zur Frage der Einführung des Sundzolles. — L. E n n e n , Zur Gesch. der
Archive der hansischen Contore in Antwerpen u. London. — Ad. Wobl-
will, Reinhard als franz. Gesandter in Hamburg u. die Neutralitäts-
bestrebungen der Hansestädte in den Jahren 1795—97.
Vgl. 0. von Heinemann: Jen. Jjitztg., 1876, Nr. 48. Augsb. Allg.
Zeitung, 1876, Nr. 160 (B.) u. 164. J. Harttung: SybeFs Hist. Z.
N. F. I. Bd., S. 389.
240. Gesehichtsblätter f. Stadt u. Land Magdeburg. MittheUiingen
d. Vereins f. Gesch. u. Alterthumskunde d. Herzogth. u. Erz-
stiftes Magdeburg. llJhrg. 1876. 4 Hefte. Magdeburg Schäfer. 6,50.
Inh.: 0. Müller, das Schloss Leitzkau. — Chronikalische Aufzeichnun-
gen aus den Jahren 1500— 15 14, mitgeth. v. W i n t e r — R a b e, die Ortsnamen
um Biera — Winter, Burgwerben u. Taucha, alte Lehnsstücke d. Erzstifts
Magdeburg. — Hertel, die Ueberweisung des Klosters U. L. F. an die
Prämonstratenser. — Holstein, statistische Nach Weisungen über die Bevöl-
kerung der Stadt Magdeburg unmittelbar vor und nach der Zerstörung vom
10. Mai 1631. -- Rabe, die Ortsnamen zwischen Elbe, Saale, Bode und
Sülze. (Forts.) — K. Palm, chronikalische Aufzeichnungen über die ersten
Jahre Erzb. Günthers von Magdeburg, 1403—1406. — F. Winter, Zur
Geschichte des Klosters Zinna. — Engeln, Dorfordnungen. — Holstein,
Zur Literatur derFlugschriften über die Zerstörung Magdeburg's 1631. — Miscellen
von Holstein und Scheffer. — Toll in, Vorgeschichte der Magdeburger
Wallonen. — Winter, Wanderungen durch das Sülzethal. — Literatur.
■"\
173
241. Zeitschrift des Harzvereins für Goschichto und Alterthums-
kimde. Hrsg. von Ed. Jacobs. 9. Jahrg.
Inh. : 0. V. He ine mann, die Grafschaft Ascherslebeu bis zu ihrem
Uebergehen in den Besitz des Hochstiftes Halbcrstadt. — G. Schmidt, Zur
Chronologie der Halberst. Bischöfe. 2. — H. Grössler, Biunengrenzen
der Gaue Friesenfeld und Hassegau. — Ed. Jacobs, Drübecker Nachlese.
— A. Reinecke, die Zoberbrüderschaft in Gross-Leinuogen. — Werne-
burg, Beiträge zur Genealogie einiger Grafengeschleehter. — Urkunden aus
dem Knopf der St Ulrichskirche zu Sangerhausen, mitgetheilt von Fulda. —
Ed. Jacobs, Burgfriede und Einung von Benneckenstein. 1424, 1569. —
L. Hänselmann, die Weinschanksgerechtsame in Braunschweig. — Kunst-
alterthümer. Vermischtes.
242. Jahr hoch der Gesellschaft für bildende Kunst und vaterländische
Alterthümer zu Emden. IL Bd. Emden, W. Haynel.
Haupts. Inh.: Fragmente zur Geschichte des Dollart von Gen -Super-
intendent Bartels. — Lohstöter, von den Ordalien der Friesen. —
Ders., Junker PoUmann, ein Criminalprocess aus dem Jahre 1668. —
Dr. Pannenborg, der Emder Syndicus Oldenhove. — Bartels, Ostfrles-
land in der Römerzeit. (Vgl. Europa, 1877, 10). •— E. Friedländer,
Güterverzeichnis des Klosters Langen in Ostfriesland. — Das Leben des
Arnold Creveld, Priors zu Marienkamp bei Eoens, nach der Originalhandschrtft
herausgegeben von Sauer. — A. Pannenberg, zur Geschichte des
30jährigen Krieges in Ostfriesland. — Bartels, Einiges Ober die Authentie
und EntstehungBzeit von Ernst Fr. v. Wicht's Chronik.
243. Märkische Forschnngen. Hrsg. v. d. Verein f. Gesch. d. Mark
Brandenburg. 13. Bd. gr. 8<>. (507 S.) Berlin, Ernst u.
Korn. 6, —
f 244. Monatsschrift für rhein-westf. Geschichtsforschung und Alter-
thumskunde. Hrsg. von R. Pick. 2. Jahrg. Trier, Lintz.
Haupts. Inh.: H. Genthe, über den Antheil der Rheinlande an vor-
römisch, und röm. Bernsteinhandel. — J. Evelt, Zur älteren Geschichte des
Vestes Eecklinghausen. — R. Wilmans, aus einigen Stadtarchiven West-
falens. — A. Dominicus, Boemund II. von Saarbrücken, Kurfürst und
Erzbischof von Trier. — B o n e und L a d n e r , zur Alterthumsforschung in
Trier. — J. WormstalJ, alte Gebräuche, Feste und Volkslieder aus den
uiederrheinisch- westfälischen Grenzgebieten. — J. Schneider, Lokal-
forschungen über die Denkmäler des Alterthums auf der rechten Rheinseite
der Provinz Rheinpreussen. — - J. Wormstall, der Juliafluss, Jolle, die
Burgen Reichenstein und Rheinstein nebst einigen benachbarten Orten. —
C. Kr äfft, der Niederländer Heinrich Bomelius zu Moers und Wesel als
Historiker. — Th. Lindner, der Feldzug der Franzosen gegen Jülich und
Geldern im Jahre 1888. — F. Falk, das Nibelungenlied und seine Be-
ziehung zu Worms. — Jos. Aldenkirchen, rheinisch- westfälische und
niedersächsische Handschriften. — H. Hüffer, lieber die Bedeutung des
Wortes Pumpernickel. — J. Wormstall, Culturgeschichtliches aus dem
Soester Daniel. — Eine Sammlung rheinischer Flurnamen. — H. Düntzer,
Erinnerungen an K. Simrock, zum 28. Aug. 1876. L, IL — M. J. Laden er,
die Igeler Säule. — G Legerlotz, Beiträge zur Reformationsgesch. aus
dem Archiv d. Stadt Soest. — 0. P r e u s s , Drangsale d. Grafsch. Lippe, insb.
d.. Stadt Lemgo im 30jähr. Kriege. — Alb. Mucke, Zur deutschen Orts-
namenkunde, insb. zur westfäl. — F. Görres, kritische Erörterungen über
die Entstehungsgeschichte der Genovefasage. — L. Ennen, Gerhard und
Arnold Mercator. — Literatur, kleinere Mittheilungen, Urkunden etc.
Vgl. Das Ausland, 1877, Nr. 2. Görres, Theol. Litbl., XI, 22
174
245. Z. der Gesellschaft f. Schlesw.-Holst.-Lauenb. Geschichte. 6. Bd.
Inh: H. Chr. Tamm, friesische Spuren in Ditroarschen. — L. Petersen,
die Festeverbältnisse im vormals Glücksburg. Lehnsdistrikt. — K. Kopp-
mann, zum Lübisch-Hambg. Bündnis vom J. 1241. — G. v. Buchwald,
das Preetzer Register des Pröpsten Conrad II. — Ein Schriftstück aus dem
Jahre 1754, mitgt^th. v. G. Hille. — Kleinere Mittheilungen. — Beilage:
Kepertorien zu schlesw.-holst. ürkundensammlungen. 1. Reihe.
Vgl. K. Höhl bäum: Jen. Litztg., 1876, 409. Sybel's Hist Z. N. F.
I.y S. OOO«
I
\
246. Arnold, Prof. Wilh., Ansiedelungen u. Wanderungen deutscher
Stämme. Zunächst nach hess. Ortsnamen. 2. Abth. (Schluss.)
gr. 8«. (S. 241—694.) Marburg, 1875, Elwerts Verlag.
vollst. 16, —
Vgl W. Scherer: Jen. Litztg., 1876, Nr. 418. Ausland, 1876, Nr. 18,
S. 353, Nr. 19, S. 367. Lit. Centrbl, 1876, Nr. 30. Histor. Zeitschr., 18, 4.
Ein Blick in Deutschlands Urgeschichte: Gemeinuützige
Wochenschrift. (A. Stuber, Würzburg, in Comm.). 1877, 27. Jahrg.
Nr. 15—18 (S. 127—130, 135-144).
247. Frey tag, Gast., Bilder aus der deutschen Vergangenheit 1. u.
2. Bd. 1. Abth. gr. 8^ Leipzig, Hirzel. 12,—
248. Berf^baus, Prof. Dr. Heinr., Landbuch des Herzogth. Pommern
u. d. Fürstenth. Rügen. Enth. Schilderung der Zustände
dieser Lande in der 2. Hälfte des 19. Jahrh. 2. Thl. 9. Bd.
3. — 15. Lfg. Lex.-8®. Wriezen, Riemschneider. ä 1, —
249. BSttger, Bibl.-R. Dr. Heinr., Diöcesan- u. Gaugrenzen Nord-
deutschlands zwischen Oder, Main, jenseit des Rheins, derNord-
und Ostsee, von Ort zu Ort schreitend festgestellt, nebst einer
Gau- und einer dieselbe begründenden Diöcesankarte. 4. Abth.
(enth. die Begrenzung von 60 Gauen u. 11 Untergauen in 1
Bisthümern u. 148 geistlichen Bezirken im Umfange des Slaven-
landes.) gr. 8^ (456 S.) Halle, Buchh. d. Waisenh. 7,50.
Vgl. hierzu; Lit. Centrbl., 1875, 2; 1876, 12.
250. Calinicil, Rob., aus dem 16. Jahrhundert. Culturgeschichtliche
Skizzen. 8". (X, 301 S.) Hamburg, Maucke Söhne. 4,—
251. Dannehl, Gust., Land und Leute in Belgien. Augsb. AUg. Z.
1876, 17., 18. Octbr., 5., 9. Novb.
252. Danneil, Dr. Friedr., Pastor. Geschichte des evangel. Dorf-
schulwesens im Herzogth. Magdeburg. (VI, 340 S. gr. 8^) 4,—
Halle, Buchh. des Waisenh.
Vgl Lit. Ceutrbl., 1876, Nr. 47.
253. Dannenberg, Herrn., die deutschen Münzen der sächsischen n.
fränkischen Kaiserzeit. Mit 1 Karte u. 61 Tafeln Abbildungen.
gr. 4^ (XX, 510 S.) BerUn, Weidmann. 40,—
Vgl. Lit. Centrbl., 1876, 24. E. Winkelmann : Jen. Litztg., 1876,
32. (Nr. 446.) Götting. Gelr. Anz., 1876, Nr. 1089. Z. f. Numism.
4, 1—2.
175
254. D9rifig, Dr. A., Dir. Johann Lambach und das Gymnasium zu '
Dortmund von 1543 — 1582. Ein Beitrag zur Geschichte des
Humanismus und seines Schulwesens und der Reformation.
Enthält zugleich eine Abhandlung über Jakob Schoppen als
theol. und dramat. Schriftsteller von H. Junghaus, Berlin, 1875,
Calvary & Co. (135 S. gr. 4«.) 5,—
A D m. : Schöpper widmete dem derzeit. Rektor des Dortmunder Gymnasiums
emejx Band Synonyma, der den Zweck hatte, die nd. Sprache aus der oberd.
zu ergänzen.
Vgl. Lit. Centrbl., 1876, 12.
255. Dornbusch, Dr. J. B , aus dem Leben und Treiben einer alten
Siegstadt im 15., 16. und 17. Jahrb. Ein Beitrag zur Kultur-
geschichte des Niedorrheins. gr. 8®. (70 S.) Bonn, Strauss. 1,50.
Vgl. Lit Centrbl. 1877, 19.
256. Eekardt, Jiil., Livland im 18. Jahrb. Umrisse zu einer livlän-
dischen Geschichte. 1. Bd.: Bis zum Jahre 1766. gr. 8^ (XVI,
585 S.) Leipzig, Brockhaus. 10, —
257. Eekardt, Jul., russische und baltische Charakterbilder aus Ge-
schichte und Literatur. Der „baltischen und russischen Cultur-
studien" 2. Aufl. gr. 8». (IX, 544 S.) Leipzig, Duncker &
Humblot. 10,—
Vgl. Magaz. f. d. Lit. d. Auslandes, 1876, Nr. 47. Jen. Litztg., 1876, Nr. 45.
Lit Centrbl., 1877, Nr. 2. Ausland, 1876, Nr. 47, S. 966.
258. Fahne, A., Livland. Ein Beitrag zur Kirchen- und Sitten-
geschichte. Mit vielen Holzschnitten. Düsseldorf, 1875, Schaub.
(4 Bl., 240 S. gr. 8^) 4,50.
Vgl Lit. Centrbl, 1876, 10.
259. Fromm, L., Geschichte der Familie von Zepelin. gr. 8®. (VHI,
397 und Urkunden 131 S. mit 3 Holzschnitttafeln und genealog.
Tabellen in qu. gr. 4".) Schwerin, Schmale. 8, —
Vgl Lit. Centrbl 1876, 35.
260. Hansen, C. P., Die Friesen. Scenen aus dem Leben, den Kämpfen
und Leiden der Friesen, besonders der Nordfriesen. Entworfen
nach mehrentheils geschichtlichen Quellen. 2. sehr verm. Aufl.
gr. 16«. (IV, 161 S.) Garding, Lühr & Dirks. 1,50.
261. flSpfner, Lehr. A., Perleberger Reimchronik. Perleberg von
1200 — 1700. Gedichte und historische Anmerkungen, gr. 8®.
(VI, 90 S.) Perleberg, (Berlin, Weile). 1,20.
262. Dentsche Inschriften an Haus und Geräth.
Vgl. Schottmüller: Jen. Litztg., 1876, 20.
263. Jansen, G., aus vergangnen Tagen. Oldenburg's literarische
und gesellschaftliche Zustände während des Zeitraums von 1773
bis 1811. gr. 8«. (VIII, 288 S.) Oldenburg, 1877, Schulze. 4,—
Vgl. 0. Mejer: Jen. Litztg., Nr. 46.
264. Jugler, Land-Synd. Aug., aus Hannover's Vorzeit Ein Beitrag
zur deutschen Kulturgeschichte. Mit 23 photol. Abbildungen
u. 4 Holzschn. (X, 380 S. Lex.-8^) Hannover, Rümpler. 10,—
Vgl. Lit. Centrbl., 1877, Nr. 6. J. H. Müller: Jen. Litztg. 1876, 32,
Otto Henne- am-Rhyn: Bl. f. lit. Unterh, 1877, S. 236,
- ■ •■'j»,v-s,
176
265s Kettler, Niedersächsische Städte. Aus allen Welttheilen, VI,
1875, p. 216, 246, 289.
266. Krafft, Pastor Karl und Consist.-R. Prof. Dr. Wilh. Krafft,
Briefe und Documente aus der Zeit der Reformation im 16. Jahrb.,
nebst Mittheilungen über Köln. Gelehrte und Studien im 13. und
16. Jahrh. gr. 8^ (XVIII, 207 S.) Elberfeld, Lucas. 5,-
Vgl. C. Varrentrapp: Sybels Histor. Zeitschr., 37. Bd. (N. F. 1. Bd.)
S. 181. M. Lossen: Theolog, Literatarbl., hrsg. v. Reusch, 11 (1875)
n. 10, c. 224. Horawitz: Oestr. Gymnzeitschr., 1877, Jan.
267. Laurent, Stadtbiblioth. Archivar J., Aachener Zustände im 14.
Jahrhundert. Neue Auflage von „Aachener Stadtrechnungen aus
dem 14. Jahrh." gr. 8^ (VI, 455 S.) Aachen, Kaatzer. 4,50.
268. Nottbeck, Eugen v., die älteren Rathsfamilien Revals. gr. 8^
(61 S.) Reval, 1875, (Wassermann). 2,80.
269. Obermfiller. Wilh., die Hessen- Völker. Historisch-sprachL For-
schungen. '2.-6. Heft. gr. 8^ (S. 125—740.) Kassel, 1875,
Jungklaus, (6. bei Huhn), ä 1,50.
270. Oetker, Dr. Frdr., belgische Studien, Schilderungen und Er-
örterungen, gr. 8^ (X, 602 S.) Stuttgart, Auerbach. 10,—
Vgl. Aus Belgiens Natur- und Völkerleben: Das Ausland,
1877, 12.
271. Ortenberg, Emil Fr. Jul. v., aus Verdens Vergangenheit. Sitten-
bilder aus dem Zeitalter der Reformation, gr. 8^ (VI, 42 S.)
Stade, Schaumburg. 0,50.
272. Prüfer, Theod., der Todtentanz in der Marienkirke zu Berlin
und Geschichte und Idee der Todtentanzbilder überhaupt. Ein
Beitrag zur Archäologie und Kulturgeschichte. Mit 6 photo-
litogr. Tafeln. (Bes. Abdruck aus den Schriften des Vereins für
die Geschichte Berlins). Berlin. 3, —
.Vgl Lit. Centrbl., 1877, 19.
273. Bieeke, 0., die Vierlande und deren BeWohner. Aus allen
Welttheilen, 8. Jahrg., 1. Heft, 1876.
274. Rodenberg, Jul., StUleben auf Sylt. 3. verm. Aufl. 8^ (XII,
196 S.) Berlin, Springer. 4, —
Vgl. Ein Nordsee-Idyll, (Ausland, 49. Jahrg., Nr. 30.)
275. Kosen, Karl v., vom baltischen Strande. Rügisch-pommersche
Lebensbilder, gr. 8«. (VIII, 221 S.) Berlin, Nieter. 4,50.
276. Schiemann, Dr. Thdr, Charakterköpfe und Sittenbilder aus der
baltischen Geschichte des 16. Jahrh. gr. 8«. (III, 151 S.) Mitau.
1877, Behre. 3,75.
277. Schierenberg, G. Aug. B. (zu Meinberg), Deutschlands Olympia
(Secretiora Germaniae) oder: Vom Gottesgericht über Rom's
Siegesgötter.
Vgl. A. Kuhn in den Verhandlungen der Berliner Anthropol. Gesellsch.,
1876, S. 73. (Zeitschrift f. Ethnologie, 8. Jahrg., 1876, Heft III.)
Dr. C. Mehlis, Studien zur deutschen Mythologie, Ausland, 1876, 29,
177
278. SebillmaBn, Oberl. Rieb., Qoschichte der Stadt Brandenburg a. H.
und der Umgegend. 7.— 10. Lfg. gr. 8®. (I. Bd., S. 215—342.)
Berlin, WeUe. ä 0,50.
Vgl. für die 6 ersten Lieferungen: Lit. Centrbl., 1876, 11.
279. Sehneider, Prof. Dr. Jak., neue Beiträge zur alten Geschichte
und Geographie des Rheinlandes. 7. und 8. Folge, gr. 8**.
Düsseldorf, Schaub. ä 1,50.
Enthält; 1) Localforschungen über die alten Grenzwehren und Schanzen
auf der rechten Rheinseite der Provinz Rheinpreussen. (30 S.) 2) Local-
forschungen über die alten Heerstrassen und Schanzen auf der rechten
Rheinseite der Provinz Rheinpreussen und in Westfalen. (21 S.)
280. Sehnltz, Franz, Geschichte der Stadt und des Kreises Kulm.
Th. I. : bis zum Jahre 1479. (Lfg. 1.) Danzig, A. W. Kaufmann.
(VII, 1—160 S., 8^) 2,—
Vgl. M. Perlbach: Jen. Litztg, 1876, Nr. 44.
281. Schwebe], Osk., kulturhistor. Bilder aus der alten Mark Branden-
burg, gr. 8. (VII, 373 S.) Berlin, 1877, Weile. 7,—
Vgl. Der Bildungs- Verein, VL Jhrg., Nr. 49. Lit. Centrbl, 1877, 18.
282. ülrici. Albert, die Völker am Ostseebecken bis zu Anfang des
XII. Jahrhunderts. Eine histor.-geogr. Abhandlung, (65 S., 8^.)
Halle, Dissert.
283. Weingärtner, Jos., Kreisger.-Dir., Beschreibung der Kupfer-
münzen Westfalens nebst histor. Nachrichten. 3. Heft. Mit 32
Abbildungen. Paderborn, Schöningh. (S. 243—379. gr. 8^) 2,40.
Vgl. Lit. Centrbl., 1876, Nr. 47.
H. Mythologie, Marclieii ixnd Sagen.
284. Bodin, Theodor, 1) Stiefmütterchen und Veilchen. 2) Wie man
eine Frau leicht los werden kann. Die Natur, N. F., II, 37.
285. Busch, Moritz, die Schlange in der Volksphantasie. Grenzboten,
1876, Nr. 47. — Die Vögel im Volksglauben. Gartenlaube, 1876,
Nr. 21. — Volksprophetie. Grenzboten, 1876, Nr. 49. — Wal-
purgisnacht. Gartenlaube, 1876, 18. — Peitschenschläge deutschen
Volkshumors. Gartenlaube, 1876, 5 — 8.
286. flsntrella, Sueben an der Scheidemündung und ihre Göttin
Nehalennia. Blatter f. d. bayr. Gymnasial- und Realschulwesen,
12. Bd., 7. Heft.
287. Kiefer, F. J., die Sagen des Rheinlandes von Basel bis Rotter-
dam. 4. Aufl. 8«. (IV, 314 8.) Mainz, Kapp. 3,—
288. Der Kreuzweg im Volksglauben von Th. B. Die Natur, 1876,
Nr. 42.
289. Linburj^selie LegendeD, sagen, sprookjes en volksverhalen, ver-
nameld door H. Weitere. 2. deel. (120 bl. gr. 8°.) Venlo,
Wed.: H. H. Uytenbroek. fl. 0,90.
KiedcrdcvtaefaM Jahrbuch. II. 12
178
290. Mankai-dt, Wilh., Wald- und Peldkulto. 2. Thl. : Antike Wald-
und Feldkulte, aus nordeuropäischer Ueberlieferung erläutert
gr. 8^ (XLVIII, 359 S ) Berlin, 1877, Bornträger. 10,—
Vgl. Augsb. A!Jg. Ztg., 1877, 138, B.
291. MebliSY Studienlehrer Dr. C, Studien zur ältesten Geschichte
der Rheinlande. 2. Abth. Mit 5 lith. Tafeln. (55 S. gr. 8^)
Leipzig, Duncker & Humblot. 2,80.
Vgl. W. Brambach: Jen. Litztg., 1876, Nr. 521.
292. NSggerath, Jakob, die Berggeister und die Gltteks- oder Wünschel-
ruthe in älteren Zeiten, besonders bei den Bergleuten. Wester-
luann's Monatshefte, 40. (3. F.) 8. Bd., S. 182. 1876.
293. Die Sage vom Ring des Polykrates. Grenzboton, 1876, Nr. 52.
294. Schweif], Osk., Der Tod in deutscher Sage und Dichtung, gr. 8o.
(72 S.) Berlin, Weile. 1,60.
Vgl. Herrn. Uhde: Blätter f. liter. Unterh., 1877, Nr. 7. Das Todten-
reich in deutscher Sage und Dichtung. Europa, 1876, 19.
295. U. Zernial, der Eber im germanischen Volksglauben. Central-
Organ f. d. Interessen des Realschulwesens, hrsg. v. M. Starcke.
5. Jahrg., 1. Heft. — Der Kuckuck im germanischen Volks-
glauben. Daheim, Nr. 34. — Thiere und l^flanzen in der ger-
manischen Volkspoesie. (27 S. 4».) Progr. der Victoriaschule
zu Berlin.
296. YerdaDii Dr. J., Het Volksboek van Huge van Bordeaux. Taal-
kund. Bydr. 113.
297. Walther, C, Kleine Beiträge, 2. Die Dreizehnten. Jahrb.
d. Ver. f. niederd. Sprachf. I. Bd., S. 113.
298. Was sich das Volk in Ostfriesland von Werwölfen und Waal-
rldern erzählt. Globus, XXIX. (1876.) Nr. 9, p. 140.
299. Wcdde, J., Miscellen aus dem Sachsen walde. Jahrb. d. V. f.
niederd. Sprachf. Bd. 1, S. 101.
300. Wocste, F., bu Rainke de Foss sin Wif op de Prouve stellt
Die deutschen Mundarten, hrsg. von G. K. Frommann. N. F.
1. Bd., 2. Heft.
I. Sitten und Branclie, V^olkslieder
und Spricli^vv^örter.
301. Blaas, C. M., die Biene in der deutschen Volkssitto und Meinung.
Illustrierte Zeitung Nr. 1734. Beilage. (23. Sept. 1876.)
302. De bycii in den ponw. De Navorscher onder redactie van
P. Leendertz wz , 1876. Afl. 3 u. 4. Amsterdam, J. C. Loman.
303. Deittseher Glaube und Brauch bei Aussaat und Ernte. Grenz-
boten,. Jahrg. XXXV, Sam. II, S. 57—67, 1876.
304* Fastnachtsabend in Belgien. Magazin f. d. Lit. d. Auslandes,
1877, Nr. 6. (Nach „De Zweep".)
179
305. Priselibiery H, preussische Sprichwörter und volksthümUche
Kedensarten. 2. Sammlung. Mit e. Glossar, gr. 8o. (XII, 264 S.)
Berlin, Enslin. 4, —
(Die 1. Sammlung erschien 1866. 3,—.)
Vgl. Lit. Centrbl., 1877, 19.
306. — — Ostpreussische Volkslieder. Die deutschen Mundarten,
hrsg. V. K. Frommann. N. F. 1. Bd. 2. Heft.
307. Grotefend, C. L., Beiträge zur Culturgeschichte Nieder Sachsens.
Volks Vergnügungen. Zeitschr. d. histor. Vereins f. Niedersachsen,
1873 (1874) p. 179.
308. Haas, Hof und (resinde im deutschen Volksglauben. Europa,
1876, 13.
309. Kaden, W., Volkslieder aus den Marken. Mag. f. d. Lit. d.
Aus., 45. Jahrg., Nr. 1, 2, 3 und 5.
310. Koppmann, K«, Hanschen un hot. Jahrb. d. Ver. f. niederd.
Sprachforschung, 1. Bd , S. 107.
i 311. — — Zum niederdeutschen Kalender (zant Ghangen dach ; de
i brede mandach; wischeldach). Ebd. S. 110.
312. Schwerttanz. Ebd. S. 105.
313. Löffelt, A. C , Het Kerstfeest de Ned. Spectator, 1876, p. 36.
314. Heier, Hermann, das Kind und die Volksreime der Ostfriesen.
IV. Globus, XIX. Bd., S. 333 f. ; V. Globus XXX, Nr. 4,
S. 59—61, 1876; VI. Globus XXX, Nr. 24, S. 381 f.
Vgl. Globus, XVI, S. 266, 284, 311.
315. Meier, Hermann, Was sich das Volk in Ostfriesland von Wer-
wölfen und Waalridern erzählt. Globus, XIX. Bd., 1876, S. 141.
316. Hontanns (v. Zuccalmaglio), Bergisches in Land und Leuten.
Ein Vortrag. 8o. 31 S. Remscheid, Krumm. 0,20.
317. Hiillenhoff, ein Spiel von David u. Goliath aus Ditmarschen.
Z. f. D. Alterth. N. F. 8. Bd., S. 1.
318. — — Schwerttanzspiel aus Lübeck nebst anderen Nachträgen
über den Schwerttanz. Z. f. D. Alterth. N. F. 8. Bd., S. 10.
319. Ploss, Dr. Herrn. Heinr., das Kind in Brauch und Sitte der
Völker. Anthropolog. Studien. 2 Bde. gr. 8o. (XII, 324; II,
295 S.) Stuttgart, Auerbach. 10,80.
Vgl. Wiener Abendpost, 257. Ritter: Oesterr. Jahrb. f. Pädiatrik, 7, 2.
Otto Henoe-am-Rhyn: Bl. f. d. lit. ünterh. 1877, S. 235. Daheim,
1877, 28. Cornelia, Z f. häusl. Erziehung, 26. Bd;, S. 27 (1876).
320. Reifferseheid, AI., Kölner Voiksgespräche und Sprichwörter, unter
Benutzung von P. J. Kamps Sammlung Kölner Sprichwörter,
hrsg. und durch Anmerkungen und Glossar erläutert. (Festgabe
der zu Köln tagenden zweiten Jahresversammlung des Vereins
für niederdeutsche Sprachforschung zum Grusse dargebracht.)
321. Reifferseheid, AI, Westfälische Volkslieder mit ihren Singweisen,
gesammelt in den Jahren 1811 — 1830, hrsg. mit liederverglei-
chenden Anmerkungen.
322. Rymen aan Vondel toegesehreven. De Navorscher, 1876, afl. 1.
180
323. Nederlandscbe Spot- en SelieldnameB. De Navorscher, 1876^
afl. 5, 6.
324. SpricIlwSrtep und Spruchreden der Deutschen. Mit Illustr. v.
Ludw. Richter u. A. 8o. (131 S.) Leipzig, 0. Wigand. 1,—
325. Steiner, 0., die winiläod und 2 ungedruckte ostpreussische
Varianten des Herder'schen Volksliedes : Kein schönre Freud auf
Erden ist.
326. Stablmanii, C. W., das Weib im plattdeutschen Sprichwort.
Globus, XIX. Bd , 1876, S 173 f. und 189 f.
327. Volkstbfimliclies aus den niederrhein.-westfälischen Grenzgebieten.
Europa, red. v. H. Kleinsteuber, Nr. 44.
328. Wander, Karl Frdr. Wilh., deutsches Sprichwörter-Lexikon.
Ein Hausschatz fttr das deutsche Volk. 56. — 59. Lfg. hoch 4o.
(4. Bd, Sp. 1281—1792.) Leipzig, Brockhaus. 2,—
329. Wie das Volk sprickt. Sprichwörtliche Redensarten. Hrsg. v.
Edm. Höfer. 8., neu durchgesehene und vermehrte Auflage,
gr. 16o. (IV, 226 S.) Stuttgart, Kröner. 2,40.
330. Zurmfihlen, Dr. Hans (Pseudonym für Dr. P. Norrenberg), Des
Dülkener Fiedlers Liederbuch. Anhang: Ruyter-Liedekens
(1870—71). Viersen, 1875, Baedekers Buchh. (Franz Fluss).
(Nachtr. zu Jahrb. 1, S. 130.)
Enthält n. a. : Volkslieder im Dialekt von Viersen und Dülken. Der An-
hang gibt Gedichte des Herausgebers aus den Kriegsjahren 1870 und 1871 in
der Sprache des 16. Jahrh.
Die tetzten Zlifem bezeichnen bei Bflchern jedeimal den Preii.
LEIPZIG. R. Dahlmann.
Berlehtigung.
Seite 34, Anmerkung zu t. 1. lies statt jüngeren kinderen
jungen kinderen.
" »'il^-»
Jahrbuch
des
Vereins ftr niederdentsche Sprachforschmig.
Jahrgang 1877.
Jll.
BREMEN, 1878.
Verlag von J. Kühtmann's Bucdibandlung.
U. Ii. Ft. Kiiohhof 4.
Inlialt.
Seite
Die BachBtabeu 0 und H in Wismarschen Stadtbüchern usw. des 14. Jahr-
hunderts von Dr. F. Crull 1
Zorn mud. gh von K. Eoppmann 7
Liebesgrass von E. Koppmann 8
Lebensweisheit von C. Wehrmann 8
Das Fastnachtspiel Henselin von C. Walther 9
Eine Münstersche Grammatik ans der Mitte des XV. Jahrh. von E. Wilken 36
Brunsilgenholt von E. E. H. Krause 66
Dyt ys dy erfindunge und wanderwerke des hilligen sacramentes tho der
Wilsnagk von Gustav Schmidt 57
Niederdeutsches in Handschriften der Gymnasial-Bibliothek zu Halberstadt von
Gustav Schmidt 60
Rummeldeus von K. Koppmann 67
Braunschweigische Fundlinge von L. Hänselmann 70
Capat Draconis und die Kreuzwoche von K. E. H. Krause 75
Krude von Wilh. Mantels 83
Das Mahlenlied von H. Jellinghaus 86
Zwei plattdeutsche Possen von L. Lauremberg von H. Jellinghaus . .. 91
Die Deminutiva der niederdeutschen Ausgabe von Agricola's Sprichwörtern von
Friedr. Latendorf 101
Kinderspiele in Süd Westfalen von F. Wo est e 103
Südwestfalische Schelten von F. Woeste 110
Aberglaube und Gebräuche in Süd Westfalen von F. Woeste 127
Der Flachs von J. Spee 152
Flachsbereitung im Göttingenschen von K. E. H. Krause 156
Dat Flas von H. Köhler 160
Nachträge von Wilh. Mantels 161
Friedrich Woeste von K. Kopp mann 165
Urkundenbuch der Berlinischen Chronik. Berlin. 1869. Berliner Todtentanz
von A. Lübben 170
Van de Scheide tot de Weichsel von A. Lübben 181
Bibliographisches von W. Crecelius und C. Walther 183
wm^^ =..- - • . ^ ^^
Die Buchstaben 0 und h in Wismarschen Stadt«
büchern usw^. des 14. Jahrhunderts*)-
Bei der Bearbeitung mittelalterlicher Schriftstücke begegnet man
bekanntlich allerlei Beizeichen neben den Vokalen, besonders o und u,
von denen Einige meinen, dass sie die Länge des Vokals andeuten
sollen, Andere, dass sie zur Bezeichnung des Umlauts dienen, noch
Andere, dass es blosse Verzierungen sind. In der Einleitung zum
dritten Bande der Hanserecesse hat Dr. Koppmann denjenigen Weg
eingeschlagen, welcher allein zu einer sicheren Entscheidung in Betreff
dieser Frage führen kann, indem er eine Uebersicht, ein Register über
das Vorkommen der von ihm in der Recesssammlung beobachteten,
nicht weniger als 26 Beizeichen gegeben hat. Dr. Koppmann bemerkt
dazu, dass es sich zu verschiedenen Zeiten mit denselben Beizeichen
wohl verschieden verhalten haben möge. Dem- möchte ich noch hin-
zufügen, dass allem Ansehen nach auch von den einzelnen gleichzeitigen
Schreibern ieder eine eigene Praxis beobachtet habe, und gebe als
weiteren Beitrag zur Sache nachstehend eine Uebersicht über den Ge-
brauch, welchen der Wismarsche Stadtschreiber Hiurik v. Embeke,
1317 — 1338, von dem durchstrichenen o und u, 0 und jkI, — anderer
Beizeichen bediente sich derselbe nicht — gemacht hat« Von seiner
Hand sind u. a. erhalten:
A. das (Ober-) Stadtbuch von 1322—1328.
B. ein Kämmerei-Register von 1326 — 1336.
C. das kleine Stadtbuch (Nieder-Stadtbuch) oder Zeugebuch von
1328-1338.
D. eine Anzahl Urkundenabschriften in einem Gopiar der städtischen
Privilegien (Privilegienbuch).
Diesen vier Büchern entsprechen die nachstehenden vier ersten
Kolumnen, deren erste Spalte angiebt, wie oft in dem Buche das be-
treffende Wort mit einem 0 oder vi geschrieben ist, die zweite, wie
oft dort dasselbe Wort mit nur 0 oder u vorkommt; in die letzte Ko-
lumne ist die Summe gesetzt.
Als ich vor dreissig Jahren an dem mit A bezeichneten Buche
das Lesen der alten Schrift lernte, musste es mir auffallen, dass die
durchstrichenen 0 und u immer nur in denselben Namen wiederkehrten,
*) In den Originalen steht durchstrichenes v, das aber hier im Abdruck nach
seinem Lautwerth durch H gegeben ist. D. Red.
Niederdeutsches Jahrbuch. III. 1
ri»T=-"'^
während in anderen, gleichfalls häufigen Namen, zB. Bokholt, Losten,
Rostock und Bukow, Gutow, Kulen, niemals ein 0 oder yi begegnete.
Weil nun jene Namen, als G0gelowe, Kr0pelin, M0lne usw. und Brjise-
vitze, Klutze, Ljibeke usw. heute Gögelow, Kröpelin, Mölln und Brüse-
witz, Klüz, Lübeck lauten, die anderen aber, wie sie vor Alters ge-
schrieben waren, und weil ich von Hildebrand, Johann, Lambert als Kose-
formen Brendeke, Henneke, Lemmeke, auch Wörter wie helfte, veng-
nisse, stede (oppida), lenk, neger, erger, bekrechtigen, vorweiden fand,
80 glaubte ich 0 = 0 und H = ü, den Strich als Umlautsbezeichnung
nehmen zu müssen. Ich wusste damals nicht, dass die Spracligelehrten
behaupteten, der Umlaut sei erst in viel späterer Zeit in das Nieder-
deutsche eingedrungen, und habe inzwischen erfahren, dass, wenn dies
in neuerer Zeit auch bestritten wurde, die Frage doch noch controvers
geblieben ist. Vielleicht, dass die nachstehende Uebersicht etwas zur
Entscheidung derselben beiträgt.
aful0te = Abfluss ....
anr0rende = anrührend . .
bedr0uen = betrüben . . .
Berkenenm0le = Birkenmühle
B0dekere = Böttcher . . .
B0ge = Boje
B0geneue = BojenneflFe . .
B0genhaghen = Boienhagen .
B0genholt . . . '
B0genwerder = Bojenwerder
B0ghel = Bügel
B0ycenborch = Boizenburg .
B0ydenstorp = Bpienstorf .
B0yster
B0ytin = Boitin
B0ken = Buchen . . . . .
B0le
B0leman, B0lemannus . . .
B0lteke
B0rdeke (zu Herbord) . . .
b0rghere = Bürger, pL, . .
br0dere = Brüder ....
Br0ge ..... ...
br0ke = Brüche
Br0ten = Broten
D0mechowe = Damekow . .
d0nde = thun, flect.Inf.
D0rdmilnde = Dortmund . .
D0ringe = Thüringer, pl., .
dr0met ==: Drömt ....
l
2
3
1
1
1
3
4
1
6
3
6
4
L
1
1
1
3
1
2
2
1
6
2
3.
1
1
5
7
(
1
1
10
1
1
3
1
5
3
]
2
1
]
1
4
11
5
1
I
1
1
1
4
1
3
7
11
2
3
1
1
2
).
1
1
1
1
1
2
16
4
1
1
1
2
6
9
3
7
5
3
2
6
5
7
U
1
2
6
4
1
4
1
2
2
1
5
1
5
12
3
7
6
2
3
3
3n, -deliken, -dicheyt =
gegenwärtig usw
gen0ghet = genügt
Gade
G0deke,Godeco,Godekin US (zuGottfried)
Geghelowe = Gögelow
Geldeke
Gatingeii = Göttingen
Gotzeke (zu Gottschalk)
Greuesmelen = Grevesmüblen . . .
Grenowe = Grönow
Grouenuiele = Grubenmüble . . .
Haglieb0ke = Hagebök
Halueb0yke = Halbmantel ....
hagher, hegbist := höher, höchst . .
UolBghtjr = Hohläugiger
Hßppeoer = Höpfner
bren = boren ........
Hßsik ■
Houescreder = Hofachneider . . .
Ketelbotere = Kesselflicket , . , ,
KIßtekowe
Kßkemestere = Küchenmeiattr . ,
kßkene = Kiiche
Kelere = Köhler
Kolne, Kelnere = Köln, Kölner . .
Keneke (zu Konrad)
Kopeke (zu Jacob, mndd. Jacop) . .
kapere, kapen = Käufer, kaufen . .
Keppernitz
Kerneke
kreghere =: Krüger
Krene
Kreoscamp
Krepelin =; Kröpelin
KrBse = Krug, pl.,
Laiiiinesb0uet = Lammshaupt . . .
Lantüißlen = Landmühle
lenwandkepere = Leinwand käu fer
LöDiere
lere = Löher, Gärber
Lotze ^= Loiz
Lßuitze = Löwitz
Medentiu = Mödentin
Mederitz = Möderitz
Megemake == MüUemacher ....
7
1
1
—
IC
1
a
24
34
2
6
-
20
1
12
1
2
z
9
■3
2
1
—
1
2
—
111
10
2
—
2
—
4
1
-
1
5
2
2
—
28
21
(i
—
14
—
76
8
11
1
114
47
1
-
—
1
11
«
17
10
—
Meyleke
malen = Mühlen, pl., ....
Mßlenstrate =^ Mühlenstraese .
Malengheetze = Möblengeez. .
Meliere, Malnere =; Müller . .
Mßlne = Mölln
Mfllteke ;= Moltke
M0nik = Mönch
nak0melinge ^^ Nachkömmlinge
0beke
0deke
01rik == Ulrich
0rae =^ Pferd, Dat., ....
0rtzen = Oertzen
0teBkerken = tor Oetzkerken, Drewakirchen -
perdekepere ^ Pferdekäufer , .
Pale = Pol
Paltze = Pölitz
Pridale = Perdöhl
Rebeke (zu Robert)
Kodemele = Rothemühle ....
Kemere ^ Römer
Repere = Röper
Ratcher = Rüdiger
Sc(h)an0re = Schanör
echipbrekegut = schiffbrüchig Gut
BcaleQ = sollen
Sc(h)0neberge = Schönberg . . .
Scetze
Scr0dere = Schneider
Sletel = Schlüssel
Smedesin
Safieka (zu Sophia)
60oe = Söhne
stalkapere = Stahlkäufer ....
Stremekendorp = StrÖmkendorf
TßUenere ^ Zöllner
teppet = Teppich?
verkapen ^ verkaufen
Vlßta = Vlöte
Fleren = Gen. von Flore? . . .
Veghe
Valzeke (zu Volkwart) ....
vorben0met = vorbenannt
T0rderen = fordern ....
/
.
I
!.
c
3
.
3-
-
-
-
-
5
-
5-
9
_
_
_
3
3
2
2
33
-
2
-
-
-
2-
2
16
5
22
6
7
1
81
8
1
4-
1
~
E
-
1
z
11
—
1-
1-
1-
_
-
-
-
1
-
]
3
2
1-
i
4
_
_
_
_
_
_
_
4-
11
1
2
1
32
1
4
4
1
1-
6
_
_
_
_
_
_
_-
5-
24
—
-
—
1
2
—
—
-
1-
—
3
-
1
1
2
1
3-
2
—
=
—
—
—
—
1
I»
—
1-
9-
2
-
-
1
1
3
1
-
1
1
3
9
1
'
-
-
-
5
1
6
1
-
-
1-
8
9
1
2
10
1
4
3
-
9
8
]-
i -
1
-
1 -
21
2
-
-
1
2
-
2
2-
2
1
~
"■
1
-
-
9
_
I
3
18
1
^-
-
-
-
-
-
_
1-
[ v0reii = führen
i Vreydenrik = Freudenreich , . .
j walkemelen =: Walkmühle . . .
r Wabbeke (zu Walburg)
t weide ^ wollte
, »arde = würde
j alsasdane = alaothane ....
! betHghen, -ghiuge = bezeugen usw.
: Bladiere = Blücher
i Bragge,HilIeobnlgge,WaghebriBgge=Brücke
Brale = Brühl
• BrHning (zu Bruno)
ßraseuitze =^ Briisewitz ....
, BrHsing
Brötzekowe ^= Brützkow ....
Balleke = kleiner Bulle? ....
Balowe = Bülow
; Batzekowe = Büschow
. Batzowe = Bützow
DrHkkepenning =: Drückepfenning
Drade (zu Gertrud)
Dadisch ^ Deutsch
Dalmede = Dülmen .,.-..
Darbf = Theuerleib .....
DauelBers = Teufelsars ....
Gnabbing
GoldebK ^- Goldebe
gratteraakere = Grützmacher , ,
Oaldene = Golden
Ganther =:= Günther
Gaztekowe ^ Güatow
Gaztrowe = Güstrow
hadekopere, hade = Häutekiufer .
Hadzem = HiiddeBsum
Haxere = Höxter
Jid
Jat =^ Jute ?
Jatteke (zu Judith)
KlKnder
Klatze = Klütz .......
Kracheren = Kröcher
Krasekenberch
kratze = Kreuz
KacheUtorp = Köcheistorf . . .
Kaie = Keule
A
4
-
I
.
C
1
-
I
6
1
6
5
3
-
-
-
1
;
2
1
1
3
2
8
14
-
—
_
-
-
2
2
4
1
1
2
2
4
10
16
-
2
_
1
-
21
2
1
1
1
-
-
-
-
-
-
-
21
~
1
3
3
2
1
-
I
~i
2
14
1
_
5
1
1
1
12
17
1
4
3
9
-
1
6
7
-
2
2
_
_
3
—
_
_
-
—
2
—
1
-
3
—
1
3
_
-
1
3
38
-
-
—
1
1
36
-
15
1
5
1
=
93
■i
27
1
-
1
5
-
3
-
36
-
4
^
Kjtnne (zu Kunigunde) ....
Kjtren = Kühren
kjitere ■= Küter
Lh = Luhe
Lnbbeke (zu Liudbert) ....
Lubberstorp = Lübberstorf . .
Liibeke ^ Lübeck
Ljibekervar = Lübeckfahrer
Ljibesch = Lübisch
Lnbestorp ^ Lübstorf ....
Lirbowe ^ Lübow
Ljrfchowe = Lüchow
Ljidbert = Liudbert ....
Ijtfde = Leute
L]ildeke (zu Liudolf)
Luder (zu Liuthard?) ....
LjEtneborch = Lüneburg . . .
Ljtftgard = Liudgard ....
Lütteke = klein
Ljittekenborch = Lütgenburg .
Lutzowe = Lüzow
Mirllere = Müller
Mjrlter = Mälzer
mjrfnd = 08 oder ora ....
Münstere = Münster ....
Mjrfnsterman = Münstermaun .
Muntere = Münzer
mjKtren = Mauer, Dat. sing, . .
MjKtseke
Mjrstelin = Mestlin
Mjrfstin =- Mustin
Nigenmjtnstere = Neumünster .
Njtssenian
Osenbrjtfgge == Osnabrück . . .
Pljtfckebotere
Platten,
Rüygen = Rügen
Rjägenwolt -= Rügenwalde . . .
RjKtmescotele = Räumdieschüssel
Rjäne = Rühn
Scjtrneke
Scjtre
Sciitte = Schütze
Sljitere = Schliesser ....
Stjrfke = Stük
storfremannus = Steuermann . .
A
1
5
7
18
13
45
8
8
9
3
2
3
5
6
1
1
5
5
4
9
3
3
■
1
,
1
i
t
1
1
1
B
16
1
15
1 —
_ ...
10
1
2
1
1
1
1
1
1
1
1
1
5
1
1
C
1
7
3
5
1
9
6
1
6
3
3
32
13
3
8
4
10
1
2
5
1
2
1
1
3
3
3
1
•
li
ii
3
1
1
D
1
1 1
5
1
1
10
2
1
5
1
1
1
•
■
•
9
1
1
1
2-
1-
12-
14-
5-
1
37
24
1
1
6
4-
17-
10-
94
21-
3
9
8-
13
15
11
3
1
4
3
10
1
2
6
1
1
1
2
6
1
1
1
6
4
13
6
1
41
4
2
1
1
r
StHue
sjalle = Schwelle, pl.,
själta (sulta) = Suiten
s:önderliken = sonderlich
sjtfnte = sanct
Sjäätermjttde = Sestermühe? . . . .
Situerke = säuberlich
Swinebjüdel = Schweinebeutel . . .
Travenemjtnde
tjäghe, toghen = Zeugen, zeugen . .
Tzjälowe = Zülow
Tzjtzowe = Züsow
amme = um
vormKode, vormjrfndere = Vormünder
VrHndeke = Freundchen
WernemHude = Warnemünde . . .
WISMAR.
i
9
2
1
3
5
B.
1
1
1
1
C.
1'
1
310
1
2
1 —
7
D.
2
1
2
5
2
8
10
1
5
2
1
1
2
1
3
5
1
1
2
8
10
1
15
Dr. F. CrulL
Zum mnd. gh.
Im neusten (10.) Bande des Mekl. ü. B. stosse ich auf zwei
Urkunden, die in Bezug auf die Schreibung des mnd. gh in auffälliger
Weise variiren, indem sie im Anlaut neben gh auch ch, im Inlaut
neben gh auch ch und nach n auch gkh anwenden. Beide Urkunden
(Nr. 6953) sind nach dem Original mitgetheilt, tragen dasselbe Datum
(1349 Apr. 16) und betreffen dasselbe Rechtsgeschäft; die erste (A)
ist von dem Kloster Dargun, die zweite (B) von der Familie Hoben
ausgestellt.
A: scelingkhe, chewesyn, chevleghen, chehenghet , chegheven,
neghenundevertychestem, dünredaches.
B: chegheven, nechesten, chevleghen, cheweset, deghedingkhes-
lude, openbaryngkhe, chehengkhet, chegheven, neghenundevertychesten,
dünredaches.
HAMBURG, BARMBEK.
K. Koppmann.
rs^' —'^
8
Liebesgruss.
Im Beichsarchiv zu Haag fand ich 1873 in dem XIII. Me-
moriale Ducis Johannis Bavariae Gas. N. 142 L — 23 bezeichneten Buche
fol. 146b die folgenden im Jahre 1423 niedergeschriebenen Verse :
God geve u minlic goeden dach,
Lieff wtvercoren, wiishc schiin;
Ghii muecht al tselve, dat ic vermach,
God geve u minlic goeden dach.
HAMBURG, BARMBEK. K. Koppmann.
Lebensweisheit.
In einem auf der hiesigen Registratur aufbewahrten Briefcopiarius
aus den Jahren 1356 bis 1366 liegt ein loses Blättchen Papier, auf
welchem die Stimmung, sei es eines der Secretaire des Raths, sei es
eines Rathmannes, sich in die folgenden weisen und schönen Verse
ergossen hat. Der Umstand, dass dasselbe Blättchen auch bedeutungs-
lose Kritzeleien, anscheinend um die Feder zu versuchen, zugleich
enthält, unterstützt die Vermuthung, dass die Verse von einem Schreiber
herrühren. Die Handschrift dagegen scheint jünger zu sein, als der
Copiarius, in den das Blättchen auch durch irgend einen Zufall später
hineingekommen sein mag, und die Verse können auch aus dem An-
fange des fünfzehnten Jahrhunderts, der Zeit des Aufruhrs, stammen.
Sie lauten:
He is wys, de kan vordraghen
unde liden vordreet al sunder klaghen
unde darby holden syn gebere^),
oft liden vordreet neyn lident were^).
LÜBECK. C. Wehrmann.
^) Gebärde, Gebaren.
') als ob Verdruss leiden kein Leiden wäre.
Das Fastnachtspiel Henselin
oder
Von der Rechtfertigkeit
S. I. Henselyn.
Holzschnitt: Brustbild eines mit der Narrenkappe geschmück-
ten Mannes; das Gesicht ist nach links und etwas nach oben
gerichtet, der Mund halb geöffnet, so dass er zu einem höher
Stehenden zu sprechen scheint; die linke Hand deutet mit
ausgestrecktem Zeigefinger an der Brust vorüber nach rechts,
gleichsam auf den Anfang des Gedichtes.
Henselyns boek is dyt ghenant,
Wyl van der rechtferdicheyt eyn weynich leren.
Deme^) dyt kleyne boklyn kumpt tor hant,
Byddet^) Henselyn: | wylt') em dyt nicht al tor geckheyt
keren.
S. II. Holzschnitt: Ein Zimmer. Im Hintergrunde eine mit einem
Polster versehene Bank, davor ein Tisch mit Gerichten und
Trinkgefässen. Im Vordergrunde steht ein mit langem Mantel
bekleideter Mann, der in der Linken ein bescheidetes Schwert
hält, mit der Rechten an einem Stricke eine Narrenkappe durch
das Zimmer schleift.
De dichter secht:
Rechtverdicheyt lere in der yoget,
So volget se dy na in veler doget.
De dyt vorsumet, | — wo yd ok gha, —
5 Deme slepet sus der doren kappe na.
S. III. Ick byn der*) olde Henselyn,
Dryncke sus gerne van dem besten wyn.
Holzschnitt : Ein Mann in Narrenkleidung, mit der Linken einen
Jägerspiess haltend und mit der Rechten eine bäuchige Flasche
zum Munde führend, verfolgt mit einem Hunde auf unebenem
Felde einen Hasen.
De dichter desses bokes sprickt also —
Eyn yslyck^) höre myt flyte tho! — ;
*) cod.: dem; so meist, bisweilen auch ausgeschrieben: deme.
^ aus ,deme* in Z. 3 zu entnehmen ,den* oder ,demeS da bidden auch mit
Dativ construiert wird.
") Imperativ: wollet ihm dies nicht ganz als Thorheit auslegen!
*) hd. Form! Vermeidung des Hiatus wird schwerlich der Grund sein. Ist
es nur Druckfehler?
*) ein jeder.
■^
10
5 Rechtferdicheyt is so groth eyne doget,
Dat God ane de nemande vorhoget^).
Rechtferdicheyt moth yslik fullenbiingen,
Nicht allene in groten, | men ok in klenen dyngen.
Do lyck^) unde recht, | bfith God de Here,
10 Van rechtferdicheyt dy nummer enkere.
S. IV. Gyfif Gode, dattu em schuldich^) byst,
Dy sulven vnde*) allen mynschen, | ane argelist.
Brickt dyn even mynsche^) yegen dy,
Dat denne dat recht ghemetiget sy
' 5 Myt barmhertjcheyt unde leve voreynt:
Dyt ysset dat hir wert ghemeynt.
De in deme richte socht de hogesten sake^),
Is dat rechtferdicheyt? | Neen, yd is men wrake.
Wultu hebben Godes hulde,
10 So mostu vorgeven alsodane schulde'),
Wolde God sodan rechtferdicheyt myt uns bruken,
So scholde de helle nu vele vorsluken.
Wy bidden in deme paternoster, — merke dyt even ! —
Dat God uns so wylle vorgeven
15 ünse schulde, | ghelyk so alse wy.
God is rechtferdich, | jodoch barmhertich darby.
Merke: | wor sodan recht wert betenget®),
Schal altid mit barmherticheyt wesen vormenget^).
Eyn yslik is plichtich to don lyk unde recht.
20 Van desser rechtferdicheyt wert hyr ghesecht,
Wo eyn eddel man van olden yaren,
In velen dogeden wol vorfaren,
Syner sones dre van syck uth sande,
Tho reysen umme in vele lande,
25 Rechtferdicheyt to soken unde de leren^®);
Se syck nicht scheiden dar äff keren.
S. V, Unde eft se de funden edder nicht, —
Lesz vordan! I — dat wert hir na bericht.
*) entweder ,erhölit*, oder ,erfreut, beseligt*.
') handele gerade, billig.
') cod.: schüldich; lies: ,schilldich*.
*) cod.: wie auch später fast immer: vS; vorVocalen ist das e zu elidieren.
*) Nebenmensch. Ich habe, wie im Original, die beiden Wörter getrennt
gelassen und fasse ,even* als Adjectiv; vgl. Mndd. WB.
*) der sein Recht ohne Nachgiebigkeit his zum äussersten verfolgt.
') Plur. von schuld, wie Z. 15.
^) auf jSodan, solches* liegt hier wenig Nachdruck : wenn man es unternimmt,
sein Recht zu wahren. Die Glosse zum Reineke Vos 4, 11 hat ,strenge recht*
geändert.
®) entweder ist ,recht* als Subject zu verstehen ; demgemäss ändert die Glosse
zu Rein. V.: dat schal stedes; oder ,barmherticheyt* ist Subj. und ,mit* Adv. =
,mede* (damit), wie 22, 19 ; doch ist dann die Stellung des ,mit* vor ,barmherticheyt*
eine ungewöhnliche.
*®) unser modernes Sprachgefühl verlangt Wiederholung des ,to*.
r
11
Holzschnitt : Fünf Männer im Gespräch und gesticalierend, der
Vater in langem Talar, die drei Söhne in kurzer Reisekleidung,
der eine von ihnen mit einem Schwert umgürtet, zwei mit
einem Turban. Der Narr hat in der einen Hand einen grossen
Keisestab, zu seinen Füssen liegt die Narrenkappe.
Hir gprickt de vader to synen
dren sons | nnde secht alsiis:
5 Myn levent is kord unde draden gheend.
Leven kyndere, soket de rechtferdicheyt, —
De gheve ick jw vor eyn testament, —
Went se nu to Rome in groten floren steyt^).
De erste sone secht:
S. VI. Vader, | dat wyl wy annemen to desser tyd.
In de hilgen stad Rome | wyl wy myt truwen,
Soken de rechtferdicheyt mit allem flyd
By deme pawese, | cardinalen, | by heren vnde fruwen.
5 De ander sone:
Vader, is de rechtferdicheyt by den luden.
Ja, in der werlde in yennigen^) dyngen,
Vor uns schal se syk nicht vorhuden*),
Wy wyllen se halen unde hir heer bryngen.
10 De drydde sone:
Vader, wi syn horsam, | willen den wech nicht spareu.
Unse Henselyn, de geck, | kann nicht draden*) breken,
He reyse mit uns, wor wy ok varen,
Dat he underwylen vor uns möge spreken.
1 5 Henselyn :
Dat mach wol wesen; | ik byn bereyt.
Vader, wy seggen yw alle gude nacht^).
Wat ysset dat wy soken? ] ya, rechtferdicheyt.
Dyt gylt hen^), | na Rome hebbe wy uns ersten ghedacht.
20 De sones to deme pawese:
Hylge vader unde werHigeste up erden,
De rechtferdicheyt soke wy in desser stede.
S. VII. Dyne hillicheit wyl"^) uns de laten werden
Dorch God, | dorch unse®) byddent unde bede.
De pawes:
Myne leven kyndere in God den heren^),
*) weil sie jetzt in Rom in grossem Flor steht.
') irgend welche.
®) verbergen; hüden von hud, Haut, das engl, to hide.
*) er kann nicht plötzlich gebrechen, fehlen, von uns getrennt werden;
oder darf man ,draden* in dem sonst nur im Althochdeutschen nachweisbaren Sinne
von jgänzlich, durchaus* nehmen: ,er kann nicht ganz fehlen'?
®) gude nacht seggen, wie oft, s. v. w. lebewohl sagen.
^) nun gilt's, drauf los! Man könnte auch anders verbinden, wenn nicht im
Drucke nach hen ein Interpunctionszeichen stünde.
') entweder Conjectv. st. wylle (s. 4,14) = wolle, oder Indic. = wird.
^) as. usa; ebenso yuwe (8, 2) = as. iuwa.
®) den, abgeschwächte Form für ,dem'.
12
5 De rechtferdicheyt is groth in unseme love;
Wy hebben se ghesant myt groten eren
Deme keyser, | dar soket se in syneme hove.
Denne komen se vor den keyser nnde spreken:
Dorchluchtigeste here, | unse demodige begher
10 Is to dyner keyserliken mayestath :
ümme de rechtferdicheyt synt wy gekomen beer.
Dyn hoghe adel^) geve uns dar to guden rath.
De keyser:
ünsen rederen^), | ok korforsten des hilgen rykes
^ 15 Is de rechtferdicheyt in bevele') ghedaen,
Myt allen forsten, | heren des ghelykes,
Up dat se de scholen wol vore stan*).
De ghesellen to den forsten:
Hochgheboren*) forsten nnde alle gy heren,
20 De rechtferdicheyt soke wy by yuwen gnaden,
Latet uns de werden, to yuwen eren^),
Wylt uns ock dar myt des besten raden.
S. VIIL De forsten:
Ghesellen, | yuwe werff wylle wy prysen.
De rechtferdicheyt is by uns unvorstolen ;
Jodoch, I — up dat wy yw rechte na wysen, —
5 Se is unsen vogeden unde uthriders*^) bevolen.
De ghesellen to den vogeden:
Eddelen knapen unde gy fryboren mansz,
Wy söken by yw de rechtferdicheyt.
Men secht uns, | se sy by yw heel unde gansz*).
10 Mochte wy dar van doch krygen gudbescheyt!
De eddelynger
Ghesellen,
yuwe werff is nicht vele werd;
Jodoch wyl wy yw wysen to rechte:
\ *) jdeine hohe Vollkommenheit*, vgl. Z. 10
i *) nach dem Mndd. WB. ist dieser Plural von räd sehr häufig, s. daselbst
rät und redere. Ich halte ,redere* lieber für ein eigenes Wort = mhd. rätsere,
Berather.
^) bevele wird Accus, sein, das auslautende e nur die Lesung bevell hindern
sollen. Oder sollte aus der Redensart, ,in bevele hebben' auch Verwendung dieses
Dativs da, wo das Verb den Acc. verlangt, sich entwickelt haben ? — vgl. das nhd.
dialektische ,in Stücken gehn, in Gange kommen, in Händen kriegen*.
*) vorestän m. Acc. vertreten, beschützen, wie mhd. fürstän, s. Mhd. WB.
*) entweder unflectiert oder wie aus 5,6. 8,7. 17. zu schliessen, aus ,lioch-
gheborenen* contrahiert; vgl. 8,7.
®) das wird euch Ehre bringen.
'f) ,Ausreiter* in den WB. v. Frisch u. v. Adelung u. Ztsch. f. Lüb. Gesch.
1,219. Hans. Geschichtsblätter 1873, S. 221. Der Plural auf — s lautet auch im
Dativ so, wie auch im Genetiv: syner sones 4,23.
®) Diese Zusammenstellung findet sich auch 23,6. und sonst, s. Mndd. WB.
und Grimm Wß. unter ,ganz*.
13
De rechtferdicheyt hebbe wy noch Dicht ghelerd,
15 Se is wech ghereyset | manckt de rutere^) unde landes-
knechte.
De ghesellen to den lantzkneehten:
Guden stalbroders, | gy fryen landesknechte,
Hebgy van der rechtferdicheyt nicht vornomen?
Doet wol unde wyset uns doch to rechte.
20 Uns is gesecht, | se is hir manckt yw ghekomen.
De lantzknechte :
S. IX. Summe gantz drosz!^) dat is ghelogen;
Myt der rechtferdicheyt sy wy unrecht betegen'),
Se is manckt uns nicht reyset eft ghetogen.
Is yw dat ghesecht, | villicht so hebben se de bure kregen.
5 De ghesellen to den bnren:
Gy truwen bure unde buwel&de int ghemeen,
De rechtferdicheyt is gereyset ut verne verne.
Hebbe gy de vornomen, ghehoret efte gheseen?
Ach God, wy fänden se so gerne unde gerne.
10 De bare:
Wat ysset, dat gy vor de lüde bryngen?
Hebbe wy van der rechtferdicheyt y& ghehord,
Dat dor wy wol seggen by groten dyngen*), —
Ja, I so sla uns yo^) de olde mord^)!
15 Henselyn to den ghesellen:
Ghesellen, | wat wylle gy de bure vele nöden^),
By en to soken de rechtferdicheyt?
Weret so, | dat men se ok scheide doden,
Se is dar nicht; | gy höret yo wol, wo de sake steyt.
20 Se plach by den huren wol to wesen,
Ja hen in gennen olden dagen®),
Somen in der hilgen schrift mach lesen;
Men nu is se vern vorn buten landes ghevaren.
S X. De erste broder:
Wat scholen denne doen | wy armen ghesellen,
To fuUenbryngen unses vaders testament?
Ach, de uns dat möchte vorteilen,
*) Das Wort hat etymologisch nichts mit rider, Reiter, und riden, reiten zu
thun und bedeutet überhaupt einen Soldaten und wird lateinisch mit miles über-
setzt; vgl. z. B. Tunnicius hrsg. v. Hoffmannno. 984. Ueber stalbroder = contu-
beraalis s. das Mndd. WB.
*) entstellt aus ,so mi Godes död*, nämlich ,helpe*.
') ,der R. werden wir mit Unrecht geziehen, bezichtigt*.
*) ,dink* zur Umschreibung des Adverbiums, wie oft : ,das getrauen wir uns,
gross und hoch zu versichern*.
') s. Mndd. WB. IV., 388. 389.
•) über diesen Fluch a. d. Mndd. WB.
^) nöthigen, quälen.
*) lies: yaren.
14
5 Wor de rechtferdicheyt sik nu heft henne^) ghewent!
De ander broder:
Wy wyllen hen reysen in de groten ^tede,
Söken se by den bürgeren unde ören gesten^),
By den renteneren, | kopluden, | amptluden mede^),
10 Eft wy se noch yummer*) mochten fynden to lesten.
HeDselyn:
Neentwar^), de syn duncket my nicht gud,
Wente egen nuth is neyne gude rechtferdicheyt.
De rentener wokert den menen man^) uth
15 Ane alle gnade efte barmherticheyt.
Beholt de arme wat, | he neme dat wol dar to'^) ;
Nicht hir, | men in den steden in Lomberdien,
Dar don se so, | ya nemen wech beyde swyn unde ko.
De kopman bruket vele van mengelyen®).
20 De amptman^) ok in den sulven landen
Leth vaken \ot syk over gan^^) | rechtferdicheyt,
Werket nicht so truwentlyk myt synen banden.
Hir umme rade ik, | söket de manckt der geystlicheyt.
S. XL De drydde broder:
Henselyn, | wy dancken dy gudes rades^^).
Arbeyt unde moye wyl wy nicht sparen,
Wente unse werff menet yo nicht quades,
5 Dar umme wy alsus dorch de lande varen.
De ghesellen to den geystliken:
Gry geystliken, prelaten unde werdigen heren,
Uns is ghegeven vor eyn testament,
De rechtferdicheyt schole wy söken unde leren,
10 Dar umme sy wy hir tho yw ghesent.
De geystliken:
Rechtferdicheyt by uns to sin, dat mene gy^^).
Wolde God, mochte se hir werden ghefunden!
Men reyset hen in de klostere, wor dat ok sy.
1 5 Vynde gy se dar nicht, | — in veritate ! — so is se vorswunden.
*) cod.: hen.
2) ,ga8t* der Fremde, der eine Stadt um zu kaufen oder zu verkaufen besucht.
») Adv. ,ebenfalls*.
*) jemals.
^) so als ein Wort im Original: ,nein zwar d. i. wahrlich nicht'.
*) den kleinen Mann.
'^) der Rentner nähme das gerne noch dazu.
^) Mengeleien, Unredlichkeiten.
*) der Handwerker.
*^) vernachlässigt.
") für guten Rath; s. Grimm Gr. IV. 670.
") Accus, c. Inf.; das ,dat*, welches den vorausgeschickten Infinitivsatz zn-
sammenfasst, hätte auch fehlen können. Vgl. Kosegarten in Höfer's Ztschr. f. d.
Wissensch. der Sprache 1,372.
TcWV"
15
De erste broder:
Brodere, | unses vaders testament is seer vorworen^),
Des*) wert uns desse reyse gansz sur.
My duncket in der werlde syn*) vele doren.
20 Gy Seen wol, he sy geystlikman, | borger eft bur,
Fragetmen na der rechtferdicheyt, | dat wert voracht.
Jodoch wyl wy unvordroten syn,
S. XII. Nicht sparen to reysen dach unde nacht
In vele klostere. | Wat sechstu dar to, unse Henselyn?
Henselyn :
Myn seggent kan nicht vele dragen*).
5 Jodoch gha wy, dar men tappet beer unde wyn.
Lact uns de drunckenbolte^) ersten fragen,
Wente se menen yo seer rechtferdich to syn.
De ander broder:
Henselyn, | de drunckerde laten syk sulven des duncken,
10 Dat se rechtferdich syn, wor se sytten.
Wan de rechtferdicheyt were in groten drunken, —
Dat wyl wy beseen, | — so were se nicht werd eynen
wytten*).
De drydde broder to den drenckers:
Ach, gy fynen brassers, | .wylt uns nicht vorkeren^) :
15 De rechtferdicheyt söke wy manniger wegen ;
Wyset uns na to yuwen groten eren^j.
Uns sechtmen yo, | wo se hir by yw is todegen*).
De brassers:
Ja ghesellen, I dryncken, | swelgen unde supen,
20 Dar myt wert unse tyd henne bracht;
Dryncken malkander^^) to in groten hupen,
Sus mote wi lik unde recht don dach unde nacht.
S. XIII. Henselyn :
Ghesellen, | de sfipers synt gecke unde doren.
Erß, I gud, I lyflf unde sele,
*) verworren, verwickelt.
*) in Folge dessen.
*) wohl Infinitiv.
*) austragen, nützen.
*) Diese Form mit auslautendem t belegt das Mndd. WB. aus dem Soester
Janiel. Ihr entsprechend gebraucht der Niederdeutsche Heinrich Knust oder
Knaust als hochdeutsche Form Trunckenboltz, so in seinen ,Fiinf Büchern von —
^er - Kunst Bier zu brawen*. Erffurdt. (1575) Kiij u. ff.
*) Der Witte war eine Silbermünze — daher der Name — , welche nach
Grautoff Historische Schriften 3,122 den Werth von 4 Pfennigen hatte.
') Ach, ihr feinen Prasser, nehmt es uns nicht für ungut.
«) vgl. 7,21. 8,4. 13,17.
®) völlig, gänzlich; s. Mndd. WB. dege.
*®) ,männiglich einander*.
16
Myt 6reme rechtdoen | wert dyt al vorloren.
5 Van en kricht God altesnicht^) tho dele.
Hyr umme wylle wy se blyven laten
Unde reysen vordan myt allen truwen
In de klostere de rechten Straten.
Erst rade ik, | s5ke wy se ok by den schonen fruwen.
10 De ghesellen:
Dat mach wol syn by gudem bescheyt*).
ünde wy fragen yw erbaren fruwen also:
Wette gy wes') van der rechtferdicheyt?
Ghevet uns yuwen guden rath dar tho.
15 De fruwen:
I neen, | dar möge gy uose mansz umme fragen,
De konen yw beth*) na wysen dan wy.
Men secht, | se is hir ghewest in olden dagen.
ünse dorve gy dar nicht myt bedencken^), wo deme ok sy.
20 Henselyn:
Wyffor schythfor^)! | dat is yo eyn olt word.
Se wetten van den dyngen nicht eynen dreck;
S. XIV. Ere antword hebbe gy ok wol ghehord.
Id klappet nicht, | dat merket Henselyn wol, de olde geck.
Wanmen'') en sede van nyen dyngen,
Nye flege*), | nye snede, | nye fände^),
5 Ja, I de sodans^^) manckt se wolde bryngen,
Dat beiden se rechtferdicheyt^^) ; | is doch vor Gode schände
unde sunde.
De ghesellen to Henselyne:
Henselyn, | dar is de rechte warheyt mede*^).
Umme den willen leth God de werld plagen
10 Nye homoth, | nye funde, | nye dantze unde trede^'),
So Ysaias schroff in gennen olden dagen.
*) aus ,altoges nichts allzuges nicht, durchaus nicht.
*) das mag wohl geschehen nach gutem Rath, das ist ein guter Kath und
soll geschehen.
•) Genetiv von ,wat*, partitiv.
*) ,besser*, Comparativ des Adverbs.
*) uns dürft ihr damit nicht kommen, eigentlich: im Verdacht haben.
•) ,Weibesweise, Lumpenweise', s. schitvore im Mndd. WB. ; Tunnicius, hrsg.
von Hoffmann no. 346. 976. 1005; Harrebomde Spreekwoordenboek IL, 460, der
aber das nndl. vo6r = voeder zu verstehen scheint. For(e) ist das mndl. voere,
mhd. vuore = Fahrt, Weg, Lebensweise.
^) cod.: wäme.
^) Arten sich zu schmücken: die Apposition steht in freierer Construction
im Acc, statt im Dativ, gleichsam schon abhängig vom folgenden ,bringen'.
») Snede, Schnitte des Zeuges, s. Mndd. WB. Funde, Moden, s. Lexer,.Mhd. WB.
*®) das würden sie für Rechtschaffenheit halten.
") vgl. zu 13,13.
^^) darin liegt.
") Die Z. 10 aufgezählten Substantive sind Subjects - Accus., de werld ist
Object. Homoth ist feminin; trede (Tritte) ist synonym mit dantze.
11
Jodoch schalmen de fruwen nicht voracliten,
Men se sachtinodigen straflfen^) unde leren.
De dogentsam is, | wyl den dar wol to trachten
15 Syk othmodigen^): sus schalmen se holden in groten eren.
Henselyn :
Ja, ya, otmodigen! | Eyndeel syk dar wol to geven^).
. So vele yslyk*) syk sulven behaget myt flyd,
Alse Sunte Jacob, de apostel, heft gheschreven,
20 So vele myszhaget he Gode alle tyd.
Dat weth ik yo wol, | al^) byn ik eyn geck.
Wat wylmen denne hir vele bagen^)?
Alle homoth schal fallen in den dreck.
Men vordan! | laet uns hir in de klostere fragen').
S. XY. De ghesellen to den bekappeden :
Gy fuUenkomene in eyneme geystliken leven,
Na der rechtferdicheyt wy reysen, | ryden unde gan.
Se is hir tho yw ghekoraen unde bleven,
5 Somen uns secht, | unde twyfelen®) dar nichtesnichtes*) an.
De klosterlude:
Frunde Christi, | under vele horsam sy wy vorplicht.
De rechtferdicheyt is uth Gode eyn grote gave;
Wy wysen yw hen vor syn strenge ghericht :
10 Se kranket in der werlt, wert draden dregen to grave.
Uns boret, den leyen rechtferdicheyt vor to geven^®),
Se strafien^^) in 6ren bösen seden unde nyen funden,
Dar Ysaias in synem^^) drydden van heft geschreven.
I ,Placebo dorch gunst*^^) | heft nicht rechtferdicheyt, men
: part^*) in den sunden.
*) ohne Zweifel mit kurzem a, da man noch jetzt nndd. straffen spricht.
^) Infinitiv ohne ,toS abhängig von ,trachten* ; vergleiche Grimm Gr. IV., 101.
^) über die Construction des Verbs im Plural zum Collectiv vergl. Grimm
6r. IV., 191 S.
*) so sehr jeder.
®) obschon.
®) prahlen.
') nämlich : gehen, daher ,in* mit d. Accus.
®) über diese Auslassung des Subjects, das aus dem vorhergehenden ,uns' zu
entnehmen ist, vgl. Kosegarten in Höfer's Ztschr. f. d. Wissensch. 1,358 und Seel-
■mann zum Gerhard v. Minden S. 167.
*) ganz und gar nicht.
*^) vorzuhalten.
") vgl. zu 4,25.
*^) cod.: syne.
") lieber die Redensarten ,das Placebo singen oder spielen' d. h. gegen
sein Gewissen anderen zu Gefallen reden und handeln, s. Wander Sprichwörter-
Lexikon 3,1352. Die Ausdrücke ,placebo seggen, pl. dön* begegnen auch im Lü-
beker Dodes Danz von 1489 u. 1496, s. Bäthcke in seiner Ausgabe Z. 445. 958.
") Antheil.
Niederdeutsches Jahrbuch. III. 2
"fSv^"^
18
15 De erste broder:
Unse sökent is doch nicht vele bewant^),
Nu wy se hir nicht hebben ghefunden.
De meysten holden rechtferdicheyt vor eyn tant*);
6y hebbent ghehort, | se is vyl na*) in der werlt vorswunden.
20 De ander broder:
Dyt wyl wy unsem olden vader laten vorstan*)
Unde wedderumme to lande keren^),
S. XVI. Em berichten, | wo yd uns is gheghan,
Dat he uns hir van beth möge beleren.
De drydde broder:
Broder, | dat sulve is ok myn beste rath,
5 Up dath de vader tho freden sy.
Id mach noch gud werden, al ysset nu quat.
Henselyn, | wo duncket dy dar byV
Henselyn :
My duncket so gud; | ick segge ya
10 Unde spreke ok mede eyn geckes word.
Darumme volge ick sus der flöte*) na,
Dem vader mede berichten''), | wes®) wy hebben ghehord.
De erste sone sechl to dem vader:
Vader, God sy myt dy alle tyd!
15 Dyn testament hebbe wy truwentlik ghesocht
Manuiger wegen | myt seer groteme flyd;
Noch^) hebwy rechtferdicheyt nicht ghebrocht. \
, De vader:
Id sy Gode deme heren gheklaget, <
20 Dat ick sus old gheworden byn,
Nu men na der rechtferdicheyt so weynich fraget.
Jodoch, kinder, | nemet fast min testment in juwen syn.
S. XVII. De ander sone: !
Vader, de rechtferdicheyt is buten landes, j
Dat wart uns vaken noch^^) ghesecht. v j
Fynde wy se, | dat schfith unvorwandes^^), 1
5 Wente mannich de rechtferdicheyt seer rynge wecht. j
*) eig* angewandt. Vgl. Rein. Vos 1536: dat enwas nicht vele bevent,
das wollte nicht viel sagen, damit war es doch nicht weit her.
*) mhd; tant, m., leeres Geschwätz, Possen.
*) beinahe, so gut wie.
*) wegen der Dativ-Construction s. Mndd. WB. 2,638, Sp. 1.
*) heimkehren.
®) dem Strome, Zuge; s. Richey Idioticon Hamburgense S. 60 unter Flate.
') Infinitiv ohne ,to*, zu einem im ,volge' liegenden ,ga* oder ,vare* construirt,
s. Grimm Gr. IV, 96 und vgl. oben zu 14,15.
^) für ,des wes' ; denn sowohl ,berichten' wie ,horen* regieren den Genetiv, s.
Mndd. WB.
^) dennoch.
") oft genug.
") eig. jungewähntes*, genetivische Adverbialbildung : unvermuthet, unerwartet.
r-
19
Henselyn to deme vader:
Vader, dat ick yw ock berichte:
De inonneke seden uns in körten worden
Van deme grave unde Godes ghcrichte,
10 Ok van der rechtferdicheyt, dat wy wol horden.
Dyt bedencke wy weynich in unsem handeH),
Dat graff, j dat gerichte, | den bitteren doth.
Hir myt unse wesent kort kricht cynen wandel,
Komen doch unde gan wech | naket unde bloth.
15 De vader:
Wan dat worde bedacht in allen wegen,
Vyllicht mochten etlike rechtferdicheyt fyaden.
Wy syn yo vuel stynckende aesz todegen,
Moten in kort uth der werlde vorswynden.
20 De dridde sone:
Vader, | de Gode, | syk sulven unde synem ghelyk^)
Deyt, dat he yslikem plichtich is,
S. XVIII. De is in der rechtferdicheyt vorvaren unde ryck ;
So duncket my, | dat dyt is fast unde wysz.
De vader:
Sone, nu bystu harde by der rechtferdicheyt.
5 Etlike hebben se men in groten worden,
Spreken grote; | men scholeu se de don in der warheyt,
So duncket yd en wesen eyn sware borden*).
De erste sone:
Vader, | nu vorsta wy recht dynen syn:
1 0 Rechtferdicheyt is in uns sulven vorborgen ;
De sulven wyl, | fyndet se, | dat is nicht myn*).
Jodoch mannich vor rechtferdicheyt nicht vele doet^) sorgen.
De ander sone:
Ja broder, | dat is unses vaders testament,
15 Dat he uns nu leret unde gyft;
*) bei unserm Handeln, in unserm Leben.
^) man erwartete ,glielyken', seinem Gleichen d. h. Mitmenschen, oder ,syn
(genet. pronom. pers.) ghelyken*, wie im Rein. Vos 3857 der Accus, min geliken
steht (andere Beispiele s. im Mndd. WB. gelike). In dieser Verbindung eines
Genetivs mit nachfolgendem gelik scheint aber das unflectierte gelik so formelhaft
geworden zu sein, dass man es auch im obliquen Casus bewahrte, dann aber um
das Casusverhältniss doch auszudrücken, das Personalpronomen in das possessive um-
wandelte. Ein zweites Beispiel bietet die Glosse zu Rein. V. 2,7 (Lübbens Aus-
gabe, S. 131) : he wet dat de oversten edder andere sine gelik sundigen.
^) eine schwere Bürde.
*j nicht weniger, näml. der Fall.
*} doet kann so gut Sing, wie Plur. sein. Den Sing, deyt bezeugen freilich
17,22 und 22,3 flir unser Sprachdenkmal, während doet nur hier erscheint. Allein,
wie bereits as. död und döid neben einander vorkommen, so auch mndd. döt und
^eyt, z. B. im Reineke Vos. Andererseits wird zu mannich, mhd. manec gerne
Verb im Plural construiert, s. Grimm Gr. 4,195.
2*
■*r»-iT»'»W
20
Dar umme worde wy van em uth ghesent:
Salich is de, | dar rechtferdicheyt in is unde blift
De drydde sone:
Scholen se denne yo alle unsalich wescn,
20 De dar tegen fechten unde kyven,
Van rechtferdicheyt nicht wyllen wetten, hören eft lesen?
Vader, segge uns: wor willen desse den bliven?
S. XIX. De vader :
Leven sones, | God wyl der ok nicht vorgetten.
Söket gy de rechtferdicheyt alle yuwe dage.
Men kan 6r neyne wassene neze ansetten^)
5 Vor Gode, | wol hanget se hir sus losz in der wage*).
De sons:
Vader, wy willen uns tor recbtferdi[c]heyt keren,
Dynem testamente gerne gehorsam syn,
AI unse dage dar in lesen unde leren.
10 Dat besluth') hir van schal spreken unse Henselyn.
Henselyn :
Gy menen, wor Henselyn kan nicht breken*),
Dar umme he eyn geck is bynnen unde buten.
Is hir ,placebo* secht, | dat wyl gy spreken^).
15 Men Henselyn schal dit myt doren worden sluten;
nnde segge alsus:
De vader sprack, dat gy wol horden:
Mannich is rechtferdich | men^) in worden,
Men in den werken nicht eyn haer.
20 Dat s&thmen alle dage openbaer.
Mannich lovef) vele unde groth;
Syn rechtferdicheyt wecht nauwe®) eyn halflf loth.
S. XX. Wan sodan menet alder rechtferdiges[t] to syn.
Ja so wecht se nauwe eyn halflf quentyn.
De buwet up dat loze ysz,
De syck sulven rekent recht unde wysz ;
5 Groth lovet unde sprickt syn mund:
Der worde gheyt vele up eyn schyppund.
*) vgl. Brant's Narrenschiff hrsg. von Zarncke S. 412 zu 71,10. Wander
Sprichwörter-Lexikon 3,955. Harrebomee Spreekwoordenboek 2,134».
*) obwohl hier in der Welt betreffs ihrer Erkennung und Anerkennung, noch
Ungewissheit herrscht.
•) den Beschluss, Schluss.
*^ als ob H. nicht fehlen dürfe, weil etc.
^) lieber ,placebo seggen* s. zu 15,14; hier heisst es wohl so viel als: ,Die Re-
den, welche wegen ihres Inhaltes den Beifall der Hörer finden und durch ihre
Form nicht kränken, nehmt ihr für eui*e Rolle ; ich, der Narr, sol^ dann dasselbe
derb und unverblümt zum Schluss noch einmal einschärfen*.
ö) xffiT, das folgende ,men* = aber.
^ gelobt, verspricht, prahlt.
^) knapp, kaum.
21
Vele loven, | weynich gheven
Kumpt eynem ertzegecke wol even*).
Schone worde sunder werke
10 Is alse eyn tobroken herke*).
De alle tyd so vele lacht,
Myt loggen') eynen anderen bedrucht, —
Syn hovetman*) is de bfize geyst, —
He bedrucht syck sulven aldermeyst.
15 De syck loggen nicht enschemet,
De deyt ok vaken dat nicht entemet.
Wanmen denne*) syner loggen wert enwar®),
So kricht he int leste eyn quad yar'').
De syne loggen myt eyden bevest,
20 Blift eyn ertzegeck erst unde lest.
Dem vele loggen rede syn,
Is arger geck, dan ick olde Henselyn.
S. XXI. De syne word nicht holt by macht®),
Den dach uth keset vor de nacht^),
Syck nicht vor sunde unde schände wacht,
Eyn here, de segel unde breve nicht acht,
5 Den bur nicht leth by syner pacht,
Deme sulven boven plicht unde recht up lacht ^^),
Boven rechticheyt bruket walt unde macht,
Vor wyszheyt uthkust^^) de hasen yacht,
De sorge, | moye unde sware dracht
10 Der weddewen, | weysen grote unmacht^^),
Der sulven weynent nicht betracht,
Nicht flitich höret der armen klacht^®),
Syne ere unde ee myt truwen nicht wacht,
Syne nähere gherynge unde kleyne acht,
15 Wat na mach komen, | nicht vor bedacht^*),
I *) das entspricht recht u. s. w. ; s. even im Mndd. WB.
j *. dies Gleichniss von der zerbrochenen Harke ist mir sonst nicht begegnet.
I ») Lügen.
j *) der ihn dazu treibt.
*) cod.: warnen den.
*) gewahr.
') d. h. seine Strafe. Vgl. Hoflfmann Hör. Belg. 6, XLU ; Mndd. WB. jär.
! Wir gebrauchen jetzt ,ein nasses Jahr* in diesem Sinne. Doch kann Wander
I Sprichw.-Lex. diese Redensart nur aus Dähnert's Pommersch. WB. belegen : em
gruet för een natt Jaar, ihm ist für Schelten und Strafe bange.
®) wer seine Worte, d. h. was er versprochen, nicht hält.
') bei Tage schläft statt zu arbeiten.
**) st. upiecht, auflegt, boven = über — hinaus, gegen.
") Z. 2 uthkeset; kust entsteht aus as. kiusid, das contrahiert ward, keset
äU8 demselben durch die uncontrahierte üebergangsform kioset.
") cod.: ümacht.
") Klage.
") bedenkend; von ,bedacht* ist auch noch ,de gutheyt* abhängig.
■■T—r'
22
De gutheyt Godes wo mannicbfacht^),
De en tho state heft ghebracht,
Vorware myt anders neyner macht^) :
So dyt nicht alle wert betracht,
20 Heft ere unde wolfart gude nacht.
De den doden schyten drecht^)
Unde de syn ghelt an sch^ken lecht*),
De gude lere rynge wecht,
De water in deme seve drecht,
25 De myt velen to kyvende plecht,
S. XXIL Unde de neen dynck tom besten lecht^),
De unnutte seggent rynge wecht,
De mannygeni ock deyt unrecht,
De eyne sunde up de anderen lecht,
5 Ok de gherne sleyt unde fecht,
De mannigem achter rugge besecht^),
De unrecht belevet boven'') recht, —
Dyt sy em vorware ghesecht,
He sy here edder knecht:
10 De etlick van dessen nemet^) an,
Dar nicht gherynge*) wyl laten van,
Wor he is I unde wor he gheyt,
Vorloren is sus syn arbeit.
Henselyns^^) Boek is dyt kleyne dichte ghe | (15) nomet, [j dar in
kort unde lustigen wert gheleret | van der rechtferdicheyt. Uth dessem
ghedich|te machmen nemen (dem dat belevet) etlike | sproke unde
figuren, || de up laken tomalen || efte | andere^^) karaere rayt tho
tzyren ; unde de bylde | (20) scholen ghemalet wesen unde gheschicket,
so alse I de sproke luden, to vothe unde nicht ryden eft | varen, j| men
1) man hätte mannichfak erwartet. Da aber solche Zusammensetzungen mit
fak nicht mndd. zu sein scheinen, so wird das Wort aus dem Hd. entlehnt sein.
'-') die ihn zu Stand und Ansehen gebracht hat, fürwahr auf keine andere
Weise, näml. ist er dazu gelangt.
^) dasselbe Bild von vergeblicher Arbeit s. Tunnicius hersg. von Hoffmann
no. 721 und v. d. Hagen Gesammtabenteuer II S. 272. V. 79.
*) leggen an = verwenden auf. Nach d. Mndd. WB. übersetzt die Lübeker
Bibel V. 1494 die Stelle in den Sprüchen Salomonis 29,3 : de de schöken voedet,
de vorleset syn gud.
^) zum besten auslegt, kehrt.
®) verleumdet; mannigem wird Druckfehler sein st. mannigen.
^) liebt anstatt ; beleven steht hier transitiv, Z. 17 intransitiv im Sinne von
,belieben*.
^) das folgende ,wyl' gestattet nicht, ,nemet* als Plural zu fassen; ,nemet*
steht also st. ,nimt* ; jene Form, die im Mndl. herrscht, geht auf as. nimid, diese
auf ein contrahiertes nimd zurück.
®) nicht im geringsten.
^^) cod. : Henselnys.
") jOder auch*, dieser Gebrauch des Adjectivs ,ander* statt eines Adverbs ist
aus den romanischen Sprachen bekannt.
23
tho vothe reverencie beden allen, | wor se komen unde na der recht-
ferdicheyt fragen, | unde scholen den geck Henselyn by syck hebben|(25)
in geckes unde doren klederen, || welkor^) geckes (S. XXIII.) kledere
nu doah vele dregen ; || 6re kledere unde dracht uthwyset. dat se
syn doren unde doryn|nen ; [I wyllen doch nicht doren efte do-
ricKt j
rynnen | heten. || Dar van sprickt Henselyn alsus:
5 Dede geyt in der doren kleet unde dantz,
Is mede eyn geck, | heel unde gantz.
Holzschnitt : Ein bäurisch gekleideter Mann, in der Rechten eine
Axt, im Gürtel ein Messer. Hinter ihm eine Mauer, über die
weiter rückwärts eine hügelige Gegend hervorragt. Links vom
Bilde steht die Zahl VIH.
Tytke Druckeworst*) is myn name.
Der olden kledynge ik my nicht enschame;
Myn vader unde grote vader gyngen ok also.
10 Alsus antworde ik iy, Henselyn, wedder darto:
S. XXIV. In seer korter tyd, | so werde wy quyd
Alle desser werlde stucke;
Des laet uns myt flyd, so wy nu') hir syd,
Söken eyn ewich ghelucke.
5 Myt rechtferdicheyt, | barmherticheyt,
Uns flitich dar ynne piysen*) ;
So is uns bereyt | in der ewicheyt^) :
Wy uns dar salich bewysen®).
Merke wat dar is d n d'')
Holzschnitt: Ein Todtenkopf.
*) die gewöhnliche Nebenform von ,welk* lautet ,welker*, welche Form eine
comparativische Weiterbildung zu sein scheint. Lässt sich ,welkor^ auch sonst be-
legen, so Hesse sich eher an eine Zusammensetzung mit dem Pronomen ,ore^ oder
,ere* (ihr) denken, wie man ähnlich in Nordeibingen jüm-er* (eig. ihnen oder sie
ihr) als Possessivpronomen (= engl, their) gebraucht.
') vgl. den Namen ,Hanswurst*. In den Lübeker Todtentänzen von 1489 und
1496, welchen der obige Holzschnitt nach Wiechmann entlehnt sein soll, heisstder
dort dargestellte Bauer gleichfalls Titke; s. Bäthcke's Ausgabe Z. 1185. Titke
(alt Tideko, Tidekin) ist Deminutiv von einem mit as. thiod beginnenden Namen.
') so lange, während wir.
*) uns darin preiswürdig zeigen.
*) nämlich ,(iie Stätte*; ebenso gebraucht Luther »bereiten* ohne Object
1. Chron. 16, 12 : dahin i^h ihr (der Bundeslade die Stelle) bereitet habe ; s. Grimm
WB. 1,1499.
•) da zeigen wir uns, sind wir selig.
') de ende = das Ende. Ueber ein ähnliches Buchstabenräthsel aus Ham-
burg ▼. J. 1516, s. die Mittheilungen des Vereins für Hamburg, Geschichte, hrsgg.
v. K. Koppmann. 1878 S. HO.
24
Das vorstehende Gedicht ist, wie mich Herr Professor Mantels
belehrt hat, bereits 1862 von dem um dieKenntniss der niederdeutschen
Litteratur so verdienten Bibliologen Wiechmann-Kadow in Naumann's
Serapeum Bd. XXIII. S. 177 besprochen und im Auszuge mitgetheilt
worden. Wiechmann, der auf das Buch aufmerksam geworden, weil
es dreimal in der sogenannten protestantischen Glosse zum Reineke
Vos (1,21. und zweimal 4,11) citiert wird, hatte lange danach gesucht,
bis er es in dem Theile der Hamburgischen Stadtbibliothek fand,
welcher aus der Sammlung des 1842 verstorbenen Hamburgischen
Senators Mönckeberg stammt. In dem Verzeichniss dieser Bücher-
sammlung (Hamburg, 1843) kommt das Gedicht zweimal vor, einmal
Nr. 2078 in der Kirchengeschichte unter seinem Titel ^^Henselyns boek.
Mit Holzschn. Ppbd. 4^" und einmal Nr. 2601 bei den alten Drucken
als: ^Un eft se de funden oder nicht, Less vordan, dat wert si na
bericht. (Gespräch eines Vaters mit* seinen Söhnen über die Recht-
fertigkeit.) In plattdeutschen Versen. M. Holzschn. s. 1. et a.
Ppbd. 4^"
No. 2601 hat sich, wie F. L. Hoffmann im Serapeum 1855 S. 368
berichtet hat, nicht vorgefunden. Das ist ein Irrthum, denn No. 2078
und No. 2601 sind beide nur das eine noch vorhandene Exemplar.
Dieses Exemplar besteht nämlich aus 12 Blättern in 4®. Je 6
Blätter oder anderthalb Bogen bilden eine Lage; jedes erste Blatt ist
mit a resp. b. signiert, das zweite unsigniert, das dritte mit aa oder bb
bezeichnet. Bl. 1 ist da, wo a stehen sollte, weil das Blatt einge-
rissen gewesen, überklebt; hält man das Papier gegen das Licht, so
lässt sich auch dann kein a erkennen : das Blatt ist also als Titel-
blatt ohne Signatur geblieben. Das mag Veranlassung gewesen sein,
dass diese erste Lage einmal in falscher Ordnung, nämlich so:
Bl. 3 (aa), l oder Titelbl., 2 u. s. w. zusammengeheftet worden ist,
so dass das Gedicht mit Vfl eft se etc. zu beginnen schien. Das muss
schon im 16. Jahrhundert geschehen sein, denn in Schriftzügen des-
selben steht am Schluss von S. 4 : Sök voran vft eft se, von S. 6 :
Sök na iiij bladeren Dyne hillicheyt, von S. 8 : Sok vorhen Summe
gans drjs, von S. 12: statim infra Henselyn. In diesem Zustande
wird Mönckeberg das Buch erworben und wird es zunächst, wie es
No. 2601 bezeichnet ist, in seinen Katalog eingetragen haben. Später
wird er es haben umbinden lassen, trug es nun mit richtigem Titel
ein, vergass aber den alten falschen zu streichen, und so musste der,
welcher auf Grund von seinen Vorarbeiten den Verkaufskatalog an-
fertigte^), natürlich zwei Bücher notieren.
Die Glosse zum Reineke 1,21 hat einen Abschnitt aus Henselin,
der im Hamburger Exemplar vermisst wird. Die Stelle lautet nach
der Ausgabe von 1539:
Henselin spreckt:
Wenn itzundt einem framen syne sake ummeslecht,
*) C. Schwormstädt ; s. dessen Yorbericht.
25
So spreken de andern, em geschee gantz recht,
und dencken doch nicht de duUen lüde,
En sy also morgen, wo my ys hüden.
So gheit en aver den huck ock ein radt,
Dan dat gelücke beweget syck frohe und spadt,
Fart snelle up und balde wedder nedder:
Regert hüden gelücke, morgen ungelücke wedder.
Nemandt synen negesten bößlick ordelen schal;
Wol dar steit, de wachte syck, dat he nicht fall.
De sint noch nicht alle aver den berch,
Den itzundt van steden gheit er werck
Na crem synne und up alle ordt.
Ick hebbe van jöget up wol gehört:
Weinen upt leste, dat deit also wehe seer,
Also de geweinet heiffl vormals ehr.
Darumme darff nemandt spotten myn,
Wer weth, wol noch de leste wert syn etc.
Wiechmann nimmt an, entweder sei das Hamburger Exemplar
nicht vollständig, oder es gebe noch eine zweite, vermehrte Ausgabe
des Henselin. Ich kann dem nicht beistimmen. Das Gedicht Henselin
macht, wie es in dem Hamburger Exemplar vorliegt, in seinem dra-
matischen Theile so völlig den Eindruck eines Ganzen, eines poetischen
Kunstwerkes, das nach einem klaren Plane angelegt und vollendet ist,
dass auch nirgend eine liücke sich denken lässt. Aber auch der
Prolog und der Epilog lassen gleichfalls keinen Ausfall eines Stückes
weder auf äussere noch innere Gründe hin muthmassen, obschon diese
Dichtungsarten an sich leicht eine Verkürzung oder Erweiterung ver-
tragen. Vergleicht man ferner den Inhalt jenes im Reineke citierten
Abschnittes mit dem unseres Henselin, so ergiebt sich sofort, dass jene
Rede vom wechselnden Glücke durchaus nicht in den Zusammenhang
eines Gedichtes von der Rechtschaflfenheit passt.
Dazu kommen sprachliche Bedenken. Henselin zeigt ein durch-
weg reines gutes Niederdeutsch. Das einzige Hochdeutsche ist der statt de
3,1 und vielleicht mannigfacht 21,16; die Wörter straffen 15,12.
tzjTen 22,19 rechne ich nicht dahin, obschon sie hd. Fremdwörter
sind. Die Reime sind merkwürdig rein. Die Freiheiten, die der
Dichter sich selten gestattet hat, bestehen 1) im Reimen kurzer und
langer Vocale in geschlossener Silbe (gän : an 15,3. landes : unvor-
wändes 17,2. enwnr : yär 20,17^); 2) im Reimen kurzer und langer
Vocale in offener Silbe, was bei der Tonlängung der ersteren (vgl.
Nerger Grammatik des meklenb. Dialektes S. 22), zumal vor r nicht
auffallen kann (sake : wräke 4,7. plagen : dagen 14,9. dage : wäge
19,3. dragen : fragen 12,4. fragen : dagen 13,16. gefräget : geklaget
^) Nicht dahin zu rechnen siud ghehörd : mord 9,12. ghehörd : word 13,21
16,10. hörden : worden 19,17, da bereits im Mittelniederdeutschen -ord zu 6rd wird.
■^r^mr^
26
16,19^), gäveigrave 15,8. yären : vorfaren 4,21. vorworenidoren 11,17.
dören: vorloren 13,2); 3) im Reimen verschiedener Vocale (also: tho =
tS oder tu 3,2. 13,12. 23, 10. gud = ggd oder güd : uth 10,13)^).
Im ganzen Gedichte findet sich nur eine Assonanz, nämlich : ja hen
in gennen olden dagen : mentnu is se vernvern baten landes ghe-
varen 9,21. Das muss ein Druckfehler sein. Wiechmann will ghe-
tagen lesen. Da im Henselin aber die alten kurzen o noch feststehen,
so müssen wir den Fehler in dagen sehn und yaren lesen, was einen
unreinen Reim der zweiten Classe ergeben würde. Vergleichen wir
nun Sprache und Reim jener im Reineke 1,21 gegebenen Worte Hen-
selin's, so lassen die unniederdeutschen itzund und wer (statt we) und
der Reim berch : werck (mhd. berc : werc) keinen Zweifel, dass hier
die Uebersetzung eines hochdeutschen Buches vorliegt. Auf umme-
slecht und fall statt ummesleit und falle lege ich weniger Gewicht,
obschon ich überzeugt bin, dass unser Henselinsdichter sich der beiden
letzteren Formen bedient haben würde. Ich sehe demnach in der
Ueberschrift ,Henselin spreckt* entweder einen Druckfehler, oder die Citie-
rung eines anderen Buches desselben Titels mit unserem vorliegenden.
Henselyns boek ist ohne Angabe des Druckers, des Ortes und
des Jahres. Wiechmann hat jedoch überzeugend dargethan, dass das
Buch in Lübeck gedruckt worden und zwar in der Officin mit den
drei Mohnköpfen im Schilde. Dieses Signet geht dem Henselinsbuche
freilich ab, allein die Lettern sind nach Wiechmann die des Reineke
Vos von 1498 und der Holzschnitt auf S. 23 soll im Lübeker Toten-
tanz von 1496 vorkommen, beides Werke, welche bekanntlich aus jener
Buchdruckerei hervorgegangen sind. Ein weiteres Zeugniss für den-
selben Ursprung des Henselin legen die drei Holzschnitte auf S. 2,
3 und 5 ab. Wiechmann weist nach, dass sie ihrem Gegenstände
nach dem Narrenschifif von Sebastian Brant angehören, und zwar den
Capiteln 9 (von bösen sytten), 18 (von dienst zweyer Herren) und
98 (von usleudigen Narren), und schliesst mit Recht, dass sie in ihrer
^) Vielleicht liesse sich noch über die Beschaffenheit dieses Reimes streiten,
wenn sich nemlich ein starkes fragen, fregst, fregt, frog im Mndd. für eine Zeit
nachweisen Hesse, da Toniängung noch nicht eingetreten. Dann' wären fragen und
fragen neben einander berechtigt, bägen : fragen 14,22.
*) Einige Reime scheinen unrein, lassen sich aber als reine vertheidigen ; so
fünde : sunde 14,4, wo vielleicht mit Umlaut sünde zu lesen ist; schemet (e aus a
umgelautet) ; temet (e aus i gebrochen) 20,15. stede (Städte) : mede (mit) lO,7, weil
diese beiden e bereits im Mndd. gleich ausgesprochen zu sein scheinen. Stede : bede
(aus i) 6,22 gehört auch nicht hierher, da dieses stede auf altes stidi zurückgeht. Ob
man leron (lernen) : kören 4,25. 19,7. hören : leren 11,7. als unrein betrachten will,
hängt davon ab, ob man annimmt, dass dies leren aus lernen geworden oder dass es
das ursprünglich bloss ,lehren' bedeutende leren ist. Ich halte das zweite für sehr
wahrscheinlich, sehe also hier keinen unreinen Reim. Ganz unabhängig von dieser
Frage, ist der Reim werd : gelerd 8,12 als rein zu betrachten; denn das folgende
rd hat hier so gut, wie in mord und word, nicht bloss die Quantität, sondern auch
die Qualität des Vokals verändert. Dieselbe doppelte Veränderung vermuthe ich
nach ueumeklenburgischem verluren, verwuren in vorloren, vorworen. Ob dSget: vor-
höget 3,5 rein oder unrein ist, ergiebt sich, je nachdem vorhdget ^Is ,erhöht'
oder ,erquickt, selig macht' zu fassen ist. Ich neige mich der letzteren Erklärung 21L
r1^.*^.T^"V
27
Ausführung der nicht erhaltenen ersten niedersächsischeu Ausgabe des
Narrenschififes entnommen sind, welche, wie Zarncke in Hauptes Zeit-
schrift für deutsches Alterthum IX, 374 dargethan hat, 1497 zu Lübeck
in der Mohnkopf- Druckerei gedruckt wurde. ;jEs bedarf für unsern
Zweck keiner mühseligen Vergleichung der Ausgaben des NarrenschijQfes ;
es genügt vollkommen, den Reineke Vos von 1498 einzusehen, und
der erste Blick lehrt, dass die besseren Holzschnitte dieses Druckes
und die drei Blätter aus dem Henselinsboek von demselben Meister
herrühren. Dieser Formenschneider ist. leicht daran kenntlich, dass
er auf dem Boden eigenthümliche Strichlagen in solcher Form ^^/""N^.
anbringt*' . In Betreff der Zeit folgert Wiechmann aus der Entlehnung
der Holzschnitte ferner, dass Henselin nach dem Erscheinungsjahr des
Narrenschiffes, nach 1497, herausgegeben sein muss. Nach der ganzen
äusseren wie inneren Beschaffenheit des Werkes muss man ihm auch
beistimmen, wenn er es noch ins Ende des fünfzehnten Jahrhunderts
setzt, einen Abschnitt der Lübekischen Geschichte, dessen reges gei-
stiges Leben Wiechmann rühmend hervorhebt. Er zählt die schön-
wissenschaftlichen Erzeugnisse dieser Periode auf; nicht minder reich
war die wissenschaftliche und religiöse Litteratur, s. Deecke Nachr. v.
d. im 15. Jh. zu Lübeck gedruckten niedersächs. Büchern.
Zu dieser gediegenen Darlegung der bibliographischen Gesichts-
punkte weiss ich nichts hinzuzuthun, als dass ich, was vielleicht Biblio-
logen von Interesse sein mag, das Wasserzeichen des Papieres angebe. Es
gleicht ungefähr einer Krone mit drei Zinken, auf deren mittlerer etwas
höheren und abgerundeten ein schmaler, langer Stab steht, der in ein
Kreuz ausläuft. Aehnliche wohl, aber keine gleiche Zeichnung habe ich
in den auf der Hamburger Stadtbibliothek befindlichen Werken über
Papierzeichen auffinden können. Die Blattseite fasst 26 Zeilen, wie S. 4
zeigt. Ich habe nur die Druckzeilen gezählt Der Druck hat Spuren einer
Interpunction in Form von Punkten, die im Abdruck durch senkrechte
Striche, in der Prosa auf S. 22 und 23, wo die einfachen Striche
die Zeilenenden bezeichnen, durch Doppelstriche wiedergegeben sind.
Die Klammer auf S. 22 gehört bereits dem Original an.
Das Resultat, zu dem Wiechmann in seiner Untersuchung über die
Herkunft des Buches gelangt, scheint mir bestätigt zu werden durch einige
sprachliche Eigenthümlichkeiten. Ich werde sie nur kurz notieren und
verweise im übrigen auf meinen Aufsatz im Jahrbuch von 1875 S. 92:
Infinitiv wetten statt weten lesen wir 18,21. se wetten i 3,22. wette gy
13,13. vorgetten st. vorgeten : setten 19,2. loggen st. logen 20,15 ff. up-
lacht st. upiecht 21,6, yu st. ye 9,12. Neben den Formen des Personal-
pronomens mit e, wie em 1,4. 4,1. 16,1. 18,16. 22,8. en 9,17. 13,5.
14,3. 18,7. 21,17. ere 14,1 stehen solche mit ö, aber beraerkenswerth
nur vor r: ör 14,9. öre 23,1. öreme 13,4. ören 10,8. 15,12. üeber
doet und deyt s. zu 18,12. Wie im Reineke Vos finden wir auch hier
neben einander gebraucht dragen (Inf.) 12,4. dregen (Praes.) 23,1.
dregen (Part.) 15,10. he drecht 21,24. und bracht 12,20. ghebracht
21,17. ghebrocht 16,17. Auch dass das kurze o in offener Silbe noch
28
nicht a geworden ist, rechne ich unter diese Aehnlichkeiten der
Sprache ; ferner von auf d und t ausgehenden Verben die Contraction
der in t endigenden Conjugationsformen : gheend 5,5. bewant 15,16.
ghewent 10,5. ghesant 7,6. ghesent 11,10. 18,16. bevest 20,19. acht
21,4.13. voracht 11,22. betracht 21,11.19. wacht 21, 3. 12. fecht22,5.
beficht 5,2. bereit 24, 7. Das ist noch ganz mittelalterlich. Alterthüm-
lich ist auch der, freilich schon massige Gebrauch der Negationspartikel
en 3,10. 20, 15. 16. 23. 8: weiter, dass der schwache Acc. Sg. des Fe-
minins der Adjective noch auf ,en' ausgeht, also: de hogesten sake
4,7. de hilgen stad 6,2. Modern dagegen ist, dass der Infinitiv nach
to nicht flectiert wird, z. B. tho reysen 4,24. to wesen 9,20 u. s. w.
Nur to kyvende 21,25 macht eine Ausnahme.
Von einem Ueber gange der Sprache in neue Laut Verhältnisse
zeugt auch die Verwendung zweier Classen von Buchstaben, einmal
des f und v, zweitens des g und gh. Bekanntlich bezeichnen im
Mittelalter f und v verschiedene Laute. Das Neuniederdeutsche hat
diese Verschiedenheit der Aussprache nur noch im Inlaut bewahrt,
im Anlaut wird nur f gesprochen. Unser Sprachdenkmal steht nun
im üebergange von der alten zur neuen Weise. Im Inlaut steht v,
wie f fest; berechtigtes f begegnet nur in twyfelen 15,5. ff in straffen
14,13. und 15,12. Im Anlaut wird f in Fremdwörtern geschrieben, die
ursprüngliches f haben, also figure 22,18. floren 5,8, während das
aus advocatus entstandene voged 8,5.6. natürlich v behält. Ferner
finden wir diese Fortis stets vor r, 1 (z.B. frund 15,7. fragen 11,21.
fiyd 6,3. flege 14,4.) und in dem tieftonigen Grundwort zusammen-
gesetzter Wörter nach vorhergehender Muta und Spirans, also: recht-
ferdich, rechferdicheyt, wyffor 13,21. schythfor 13,21. mannichfacht
21,16. Vor u steht einmal v: vuel 17,18; sonst f vor u und auch
vor ü. Die Lenis v hat vor a, e, i, o statt; doch hier giebt es Schwan-
kungen. Während einige Wörter beständig v zeigen, wie van, vader, vaken,
vele, verne, vyl-, vor, vor-, volgen, lesen wir stets forste, fechten, treffen,
Wechsel in varen 11,5.22,22. vorvaren 18,1. vorfaren4,21. wolfart21,10;
fast 16,22. 18,2. bevesten 20. 1 9 ; fynden 10,10. 17,4.17. 18,11, vynden
11,15. Endlich macht auch fallen 14,23 eine Ausnahme von der Regel.
Aehnlich, wie man der Aussprache folgend das v durch f ver-
drängt, ist das mittelalterliche gh meist dem g gewichen. Im Inlaut
kommt sowohl nach Vocalen, wie nach 1, n und r nur g vor, mit
alleiniger Ausnahme von hoghe 8,12 (neben verböget 3,6. hogeste
4,7.) Im Anlaut betonter Silben ist g . gleichfalls die Regel. So heisst
es stets: gansz, God, gud, grot, graf, gnade, geck, geystlik; gave 15,8.
geste 10,8. vorgetten 19,2. Abgewichen ist davon vor a in gha 2,4.
12,5. gheghan 16,1, während gan 10,21. 13,3. 17,14 steht; weiter vor
e in gheyt 20,6, 22,12. neben geyt 23,5; in gheven 5,7. 18,14. 20,7.
neben sechsmaligem geven; in begher 7,9. gherne 22,5 neben vier-
maligem gerne; in ghelt 21,22. Während also vor e sich die meisten
gh finden, treffen wir vor i nur auf g, so: gyff 4,1. gyft 18,15.
gyngen 23,9. Das Praefix ghe- steht durchaus fest; die paar Aus-
nahmen gekomen 7,11. gesecht 8,20. gereysot 9,7, geschreven 15,13.
verdea uichts als Druckfehler sein.
Bemerkens wer th ist die Schreibung gy, (ihr) z. B. 7,19. 8,7. und
genne (jener) 9,21. 14,11 fiir jy, jenne, wälirend es yegen (gegen) 4,3
beisst. Eine typographische Elgeothiimlichkeit; ist, dass das anlau-
fende Jot durch Majuskel J, durch Minuskel y gegeben wird.
Henaelin zeichnet sich, wie die erste Ausgabe des Reineke Vos,
durch das deutliche Bestreben aus, dem gesprochenen Umlaute durch
' den Druck möglichEt gerecht zu werden. Der Umlaut des kurzen a,
geBchrieben e, tritt so früh im Ndd. auf und wird ihm so weuig be-
stritten, dasa ich keine Beispiele anführe. Verschieden vom Hd. fehlt
der Umlaut in wassen 19,4. arger 20,22. Wie im Hd. stehen schä-
men 23,8 und Schemen 20,15 neben einander. Hanget 19,5; fast
18,2 wie im Ab., verschieden vom ahd. fasti. Für den Umlant des k
hatte die Darstellung keine Schwierigkeit, da derselbe e ist, also were
(Conj. Praet. von wesen) 9,18. 12,12. he neme 10,16, ghemetiget 4,4.
"redere 7,14. leth (er lässt, wohl mit verkürztem Tocat) 10,21, 14,9.
Im Gegensatze zum Hd. mangelt der Umlaut in salich 18,17. 19. 24,8.
swar 18,7. 21,9. Für die Umlaute ö und ü bedurfte es aber besonderer
Zeichen : es ist dafür o und u mit darüberstehendem e gewählt. Da-
I neben findet sich auch ein e nach dem Vocal, aber nie zur Bezeich-
nung des Umlautes, sondern nur der Länge. Das versteht sich bei
ee von selbst, das sich Endet in neen, heel, ghemeen ; gheseen, seen,
beseen, seer, beer, deel, ee, kleet. ae in ghedaen : stan 7,15. laet
14,24. 24,3. haer ; oponbaer 19,20- oe in boek 1,1. 22,14, aber mit
Umlaut boklyn; doet 8,19. 18,12, doeu 10,2. 13,4. ue in vuel 17,18.
|ie kommt nicht vor, denn langes i wird durch y, das aus ij entstanden
ist, ausgedrückt. Dieses y wird aber, wie gewöhnlich im Mittelalter,
auch oft für kurzes i gesetzt. Vocalverdoppelung ist mir ausser jenem
ee nicht aufgefallen.
Umlaut des kurzen o zeigt sich in yöget 2,2. döget 2,3. 3,5.
4,22; daneben aber dogentsam 14,14; vögede 8, 6, wonach auch 8,5
so zu lesen ist. Trübung des ^ zu ö weisen ör, öreme, ören, deren
Belegstelleu ich oben gegeben. Ungewiss, ob mit ö oder oe zu lesen
bleibt verbögen 3,6. Den jetzt bestehenden Umlaut lassen vermissen
soae, PI. sones, sons, das, als ursprünglich der u-Declination ange-
horig, auch des Umlautes entbehren sollte, aber später zur i-Decli-
nation übergetreten ist, dann sproke 22, 18. 21. borger 10,8. 11,20.
und forste S. 7, welche regelrecht umlauten sollten, von denen aber
borger und forste dies noch heute nicht in allen Dialekten thun.
Ebenso gilt he holt (21,lj, beholt (10,16) noch jetzt neben hält, behÖlt.
Die Praeteritopraesentia doren, dorven, konen, mögen, moten, scholen
verschmähen noch sammtlich den Umlaut, selbst der Conjunctiv möge
6,14. 10,2, und ebenso der des Praeteritums mochte 8,10. 10,4.10.
11,13. 17,17. Desgleichen hat der Conjunctiv worde von werden 17,16
reines o, sodass es scheint, als oh ein folgendes ch oder r mit Muta
die Ursache sei; wenigstens lassen sich auch borger, forste und he
30
socht 4,7 (neben söken) so am leichtesten verstehen. Conj. wolde
11,13. Stets ohne Umlaut steht auch: vor, vore 7,17. monneke 17,8.
loggen 20,12 jff. und endlich regelrecht over 10,21.
Umlaut des langen o = goth. au : nöden 9,16. döden 9,10. böze
15,12. 20,13; des langen o = goth. o. : böklyn 1,3., söken 4,25, 5,6,
6,3 und noch zwölfmal, d. h. so oft es überhaupt im Gedichte vor-
kommt; ebenso dat sökent 15,16. schöke 21,22 (s. Höfer in der Ger-
mania 23,4). Dass hogeste 4,7 keinen Umlaut zeigt, lässt sich aus
dem Altsächsischen verstehen. Desgleichen mag das as. modag für
die Nichtumlautung von demodich 7,9. othmodigen 14,15. 17. sacht-
modigen 14,13 herangezogen werden. Weiter gebricht der Umlaut
in brodere 11,17. stalbroders 8,17. moye 11,3, 21,9. schone (oder
und dann regelrecht ohne Umlaut: schon?) 13,9. 20,19. ghenomet
22,15. dorynne 23,2. hören 3,4. 9,19. 15,11. 18,21. 21.12 und so
auch ghehoret 9,8. Den mhd. Formen gleich, sind ghehort 15,19:
eyn word 13,21. 16,10: mord 9,12. in worden: wy horden 17,8
und: (verschieden vom Hd.) eyn borden 18,5 ohne Umlaut.
Langes ü findet sich in buwelüde 9,6, klosterlüde 15,6, wonach
lüde 6,6, 9,11, koplude, amptlude 10,9 nur auf Nachlässigkeit des
Setzers beruhen werden; ferner yü (je) 9,12 und süpers 13,12. Ich
vermuthe, dass der Umlaut durch blosses Versehen nicht . angedeutet
ist in vorhuden 6,8 und rutere 8,15. Vorsumen 2,4 entspricht dem
mhd. versümeu. Das Subsantiv truwe 21,13 ist gewiss ohne Umlaut,
da myt truwen auf fruwen 6,2. 13,7 reimt; somit werden auch das
Adjectiv truwe 9,6 und truwentlyk 10,22. 16,15 ohne Umlaut gespro-
chen sein.
Kurzes ü lesen wir in der 3. Sg. Präs. Indic. der starken u-Con-
jugation: büth 3,9 und ebenso in der entsprechenden Form der in
diese Classe übergetretenen Verben scheen und seen: schüth 17,4
süth 19,20^). Dagegen fehlt der Umlaut in bedrucht: lucht 20,10,
kust 21,8. Der Conjunctiv des Praeteritums von finden zeigt ü in
fünden 9^9, ein bemerkenswerther Fall, weil eine Liquida folgt. Wenn
man nämlich die bisher nachgewiesenen Fälle des Umlautes übersieht,
so wird einem auffallen, dass fast sämmtliche vor einer Muta statt-
finden, ausserdem vor sin böze und unorganisch inyü und ör. In dem Reime
fünde (PI. V. fund) : sunde 14,4 scheint aber eine fernere Andeutung eines
sich entwickelnden, aber noch nicht ausgeprägten Umlauts vor nd vor zu
liegen; ohne weiteres sünde zu bessern, daran hindert wenigstens,
dass wir den Plural funde (allerdings füde gedruckt) 14,10 und den
Dativ PI. funden : sunden 15,12 antreffen, sowie sunde 21,3. 22,4. Ich
habe 4,1 für schüldich conjiciert schüldich, wie man heutzutage in
mehreren Dialekten spricht; ob aber auch schon schulde 4,15 : hulde
4,9 in der Mundart des Dichters ü zeigten, ist mir zweifelhaft. Der
neuere nordelbingische Dialekt hat allerdings mit besonderer Vorliebe
*) Ich habe schüth und süth hier eingereiht, gestehe aber nicht zu wissen,
ob das ü läng oder kurz ist. Beide Aussprachen kommen heutzutage neben einan-
der vor.
[
ö nnd ü vor den Liquiden and Spiranten entwickelt, zumal wenn Ver-
doppelung oder Position stattfindet; allein unser Denkmal hat uns
schon oben seine Abneigung gegen ö in diesen Buchstabenverbindun-
gen bewiesen, und so darf es uns aucli nicht wundern, dass wir fol-
gende jetzt meist umlantendeu Wörter mit u finden: dorchluchtigeste
7,9. Bulve 4,2. 10,20 a. 8. w. he Itumpt 1,3. 20,8. ynmmer 10,10. num-
mer 3,10. umme 10,23. 11,5. sunder (ohne) 20,9, frunde löj. Bunte
14,19. drunken : dünken 12,11 und so stets dünken z. B. 10,r2. 18,2.
sus 2,5. 3,2 u. 3. w.
Wie ich bereits bemerkt habe, scheint mir ein wichtiges Er-
gebnbs dieser Untersuchung darin zu bestehen, dass sich der Umlaut
vornehmlich und regelrecht vor Muten offenbart. Das Gesetz erleidet
aber eine Beschränkung dadurch, dass dies in zweisilbigen Wörtern
TOr Doppelconsonanz nicht statthat; so verzeichneten wir bereits
loggen, hier treten noch hinzu stucke : ghelucke 24,2, druckeworBt
23,7. rugge 22,6. unnutte 22,27. Im ganzen steht unser Gedicht in
Hinsicht des Umlautes bereits ziemlich der Stufe nahe, auf welcher
wir im vorigen Jahrhunderte noch das Bremische nach der Darstel-
lung des bekannten Bremer Wörterbuches kennen lernen, während die
gleichzeitigen Wörterbücher, das Hamburger von Bichey und das
Pommersche von Dälmert, schon mehr den vocaltrüben Stand der
modernen elbischen und Ostsee- Mundarten darthun.
Wie sich unser Gedicht durch reine und regelrechte Sprache,
durch zieralich genauen Reim auszeichnet, so verdient auch die sonst
gezeigte Verskunst Anerkennung. Es stehen dem Dichter die Reime
30 zu Gebote , dass die massige Wiederkehr einiger sich ertragen
lässt. Bloss zum Schluss stösst man auf 20 Verse desselben Reimes
,acht' und auf 14 desselben Reimes ,echt'; hier jedoch ist die Absicht
klar: der Dichter will eine Reihe paralleler Gedanken auch äusserlich
zusammenhalten. Doch kann man mit der Ausführung nicht zufrieden
sem. Dieselben Wörter kehren zu oft im Reim wieder, und die For-
men Upiacht und mannichfacbt wären auch besser vermieden worden.
In der zweiten Priamel geschieht es wenigstens mit der verständigen
Einschränkung, dass der Schlusssatz andere Reime erhält, während
in der ersten derselbe Schlagreim auch für das schliessende Urtheil ver-
wendet ist. Der Verfasser weiss sonst geschickt Reim und Versmass der
Darstellung anzupassen. Die Silben sind nicht ängsthch gezählt, son-
dern das Metrum beruht auf der Zahl der Hebungen, gewöhnlich vier
oder fünf. Während die Personen des Dramas in Strophen von meist
vier, seltener von acht und Henselin einmal in einer Strophe von
zwölf Zeilen reden, die durch Kreuzreime gebunden sind, werden im
einleitenden erzählenden Thei), wie sich gehört, die Reime gepaart,
wird die Strophenbildung vermieden. Heneelin's Kpilog beginnt in
Strophen, die aber, zum Unterschiede von den dramatischen, in meist
kürzeren Versen von lebhafterem Rythmus und mit Reimpaaren ge-
kalten sind. Einen gesteigerten Schluss bilden dann die beiden Pria-
ineln, deren zweite auch durch den Wechsel des Reimes am Ende ge-
32
wuchtig schliesst. Hierauf folgt eine prosaisclie Auseinandersetzung
des Dichters über sein Stück. Noch einmal wird dann Henselin das
Wort zu einem Reimpaare vergönnt; seine Rede bestätigend, nimmt
darauf ein Vertreter der guten alten Sitte das Wort in ebensolchem
Yersmass, um darauf das ganze Werk mit einer ernsten Ermahnung
in zwei Strophen von je sechs Versen mit zwei oder drei Hebungen
und mit verschränkteren Reimen zu beschliessen. Während im er-
zählenden Prolog .und im dramatischen Hauptthcile klingende und
stumpfe Reime beliebig wechseln, herrscht im nachdrücklichen Epilog
Henselin's der stumpfe Reim beinahe uneingeschränkt, zeigt das ly-
rische Schlussgedicht eine künstlerische Abwechselung beider Reimarten.
Auch in anderen Beziehungen muss man dem Dichter Lob zollen.
Die Disposition des Stoflfes ist vortrefflich Seine Diction ist gewandt
in der Construction und nicht arm an Ausdrücken. Er weiss seine
Sprache nach der augenblicklichen Aufgabe zu modeln. Die einzelnen
Personen des Dramas sprechen ihrer jedesmaligen Lebensstellung ge-
mäss, sodass man von jeder eine klare Vorstellung bekommt. Wie
fein ist die verschiedene Werthschätzung der Rechtschaffenheit vom
Papste bis zu den Landsknechten hinab in den Antworten, welche die
suchenden Brüder erhalten, mit wenigen Strichen gezeichnet! Wie
geschickt ist die schwere Aufgabe, auch von den städtischen Ständen
sich die Unbekanntschaft mit der Rechtfertigkeit gestehen zu lassen,
von dem Städter umgangen, und wie trefflich bekommen diese doch
auf dem Umwege der Lombardei ihre Strafrede! Wfe hübsch ist die
Wirkung der volksthümlichen Wendungen: de rechtferdicheyt is ge-
reyset ut verne verne, und:^ach God, wy fünden se so gerne unde
gerne I Sprichwörtliche Redensarten sind mehrere Male, besonders
reich zum Schluss, dem Narren trefiend in den Mund gelegt. Dabei
ist die Darstellung durchaus frisch, der Fortschritt der Rede und
Handlung rasch und ohne ermüdende Weitschweifigkeiten. Von ästhe-
tischem Geschmack zeugt, wie die Söhne selbst allmählich den Sinn des
väterlichen ,Testamente8' finden müssen. Von vortrefflicher Wirkung
ist dabei des Vaters: Sone, nu bystu harde by der rechtferdicheyt.
Und ebenso psychologisch fein ist die Einführung der Frage des
dritten Sohnes nach dem Schicksale der Un rechtschaffenen, wie ethisch
vortrefflich die Zurückweisung derselben durch des Vater. Der sitt-
liche Zweck der Dichtung liegt auf der Hand. Es ist sehr fraglich,
ob ein moderner Dichter wähnen dürfte, seine Aufgabe einer eindring-
lichen Mahnung, der Rechtschaffenheit gegen Gott, seinen Nebenmen-
schen und sich selbst nach Kräften nachzustreben, in solcher dichte-
rischen Einkleidung mit Erfolg lösen zu können. Wir denken viel
zu abstract, als dass wir uns der Vorstellung, eine innere Eigenschaft
des Menschen unter dem Bilde einer Person suchen zu sehen, mit der
Hingabe, die der Dichter von seinem Hörer verlangen muss, anbe-
quemen könnten. Dass aber der Dichter des Henselin für seine
naivere Zeit den richtigen Ton getroffen, darüber kann kein Zweifel
sein. Und ein moderner Leser wird diese zeitlichen Zufälligkeiten
der Form leicht vergessen über der Kunst des Dichters und über
seiner trefflichen Gesinnung, aus welcher der Entwurf des Ganzen her-
vorgegangen ist und die sich auch im Einzelnen nie verleugnet. Gegen
Ende scheint der Ernst des Gegenstandes Einbusse zu erleiden, die
Prosa unnütz und störend zu sein ; dies erklärt sich aber aus der Ge-
schichte des Buches.
Es unterliegt nämlich keinem Zweifel, dass wir in unserem Ge-
dicht ein Drama besitzen, das für eine theatralische Darstellung ver-
fasst und wirklich aufgeführt worden ist. Aus Deecke's Historischen
Nachrichten von dem lübeckischen Patriziat (in : Lisch, Jahrbücher des
Vereins f. meklenb. Gesch. 1845. X, 50) wissen wir, dass die Zirkel-
brüder in Lübek jährlich zu Fastnacht auf einer sogenannten Burg
ein Spiel aufführten. Deecke hat S. 82 die Spiele nach dem Ver-
zeichnüss von denen adelichen Familien der Zirkel-Gesellschaft in
Lübeck. Lübeck, 1689. aufgezählt. Die Liste, welcte dort nur bis
z. J. 1479 fortgeführt wird, enthält kein Stück, w^elches unser Henselin
sein könnte. Einen ähnlichen Stoff agierte man 1466, nämlich von
der alten und neuen Welt und von Gerechtigkeit (im ndd. Original:
rechtverdicheyt) und ihrer Tochter Treue und einem Bruder Wahrheit,
und halte Masse. Herr Stadtarchivar W^ehrmann in Lübeck hat die
Güte gehabt, mir fürs Jahrbuch die sämmtlichen Titel der Fastnacht-
stücke in ihrer ursprünglichen niederdeutschen Gestalt mitzutheilen.
Da ist für das J. 1484 verzeichnet: van der rechtverdicheyt. Ich
zweifle nicht, dass damit der Henselin gemeint ist. Die Vorzüglich-
keit des Stückes, dessen Tendenz dazu ganz die reformatorische jener
Zeit ist, wird ca. 15 Jahre nach der Auffuhrung die Vervielfältigung
durch den Druck veranlasst haben.
Die Titelstrophe, wahrscheinlich auch die der zweiten Seite wird
erst beim Druck hinzugekommen sein. Ob auch die beiden Zeilen,
mit welchen der Geck sich dann einführt, spätere Zugabe sind, ist
mir ungewiss. Es lässt sich sehr gut denken, dass der Narr zu Fast-
nacht das erste Wort gehabt habe, zumal da er im Stücke eine so
hervorragende Rolle spielt; andererseits könnte aber auch erst der
neue Titel zu einer kurzen Vorstellung des Titelhelden geführt haben.
Mit ,de dichter desses bokes sprickt also (eyn yslyck höre myt flyte
tho !) :' beginnt der Prolog, den der Dichter wohl selbst gesprochen
hat. Unter diesem vermuthe ich einen Mönch. Wenngleich die Zirkel-
brüder jedes Jahr ein paar ihrer Gesellschaft zu Dichtern des Fast-
nachtspieles bestimmten, so steht doch auch fest (Mekl. Jahrb. X,
S. 78. § 26), dass diese einem andern den eigentlich dichterischen
Theil ihrer Aufgabe übertragen konnten. Da nun das Henselinsboek
durchaus auf einen Gelehrten als Verfasser schliessen lässt, die Mön-
che bei der Suche der Rechtfertigkeit am besten wegkommen und da
uns ßeimar Kock (Mekl. Jahrb. X, S. 85) berichtet, dass z. B. im
Jahre 1537 ein Mönch die , vorrede' gesprochen, so liegt der Schluss
auf einen mönchischen Verfasser nahe. Sein Name wird schwerlich
je zu Tage kommen. Hat er mehr verfasst, so wird man ausser an
Kiedexdeutsches Jahrbuch, ni. 3
34
anderen Kennzeichen seine Werke wohl am schnellsten an einer sig-
nificanten Stileigenthümlichkeit erkennen können, nämlich an einer
Vorliebe für Parenthesen, von denen er eine in der Prosa S. 22 auch
durch das Zeichen derselben aus dem Satzgefüge heraushebt, die
übrigen gar nicht oder nur durch einen Punkt vorher oder nachher son-
dert, als 2,4. 3,4. 4,13. 5,2.7. 8,4. 9,13. 11,15. 12,12. 20,13. Der Dich-
ter schliesst den Prolog mit 5,2. wo ,lesz vordan' natürlich bei der
Darstellung durch einen anderen Ausdruck ersetzt gewesen sein muss.
Der Gang des Stückes selbst ist völlig klar; desgleichen wird uns
deutlich gesagt, dass Henselyn von 19,17 an den Epilog spricht.
Dieser schliesst im Buche und ich wüsste nicht, warum nicht auch
in der Aufführung mit 22,13. Was dann in bunter Saturaform folgt,
halte ich für Zusatz des Druckes. Die Verse über die Thoren und
ihre Tracht, sowie die Gegenüberstellung der alten und neuen Klei-
dung sammt Titke Druckeworst, dem Vertreter der alten, sind viel-
leicht aus einem anderen Stücke, nämlich aus dem oben angeführten
von 1466, entlehnt, ihre Einführung wird durch die vorhergehende
Prosa eingeleitet und ist vielleicht durch sie auch veranlasst worden.
Obgleich das Schlussgedicht auf S. 24 in seinem Inhalt zum Stücke
stimmt, ist doch nicht anzunehmen, dass ein so ernstes Lied ein wenn
noch so sinniges Fastnachtstück beschlossen haben sollte.
Gödeke hat in seinem Grundriss zur Geschichte der deutschen
Dichtung S. 94 ein sehr strenges Urtheil über die Fastnachtspiele des
15. und 16. Jahrhunderts gefällt. Die in der Sammlung Keller's,
(Bibliothek des Litterarischen Vereins in Stuttgart Bd. 28. 29. 30. 46),
vorliegenden rechtfertigen durchweg diesen Tadel. Zu den anständigeren
sind die drei niederdeutschen No. 113.114 und 121 zu rechnen. Die
ersteren beiden, Burenbedregerie und Wo men böse frouwens främ
maken kan, sind derbe, aber nicht unfläthig ; das letzte, Van dem dode
unde van dem levende, gedichtet dörch Nicolaum Mercatoris (wahr-
scheinlich in Lübek gedruckt, Keller Bd. 46 S. 335 nach Scheller's
Vermuthung in seiner Bücherkunde der sassischniederdeutschen Sprache
S. 478), wie schon der Titel verräth, ernsten Inhaltes. Auch die
beiden ausserdem erhaltenen Spiele, Claus Bur (hrsg. v. A. Höfer,
Greifswald 1850) und Schevekloth, (hrsg. v. Lüntzel in Zeitschrift des
Museums zu Hildesheim I, 220), stehen weit ab von jenem Schmutz
der hochdeutschen Spiele. Jene geretteten Titel der Lübekischen
Fastnachtspiele, zumal die seit der Mitte des 15. Jahrhunderts, lassen
gleichfalls deutlich das Bestreben der Verfasser erkennen, die Be-
lehrung mit der Unterhaltung zu verbinden, welchen Eindruck der
blossen Ueberschriften der Inhalt des Henselin bestätigt, so dass
man in diesem moralisierenden Charakter wohl eine Eigenthümlichkeit
der niederdeutschen Fastnachtspiele zu sehen hat.
Es bleibt bei Betrachtung unseres Stückes noch zu erwägen, ob
es ganz original ist. In der Germania 18, 460 hat Reinhold Köhler
ein ,Gedicht von der Gerechtigkeit' mitgetheilt, das ganz so wie im
Henselin die Gerechtigkeit bei verschiedenen Ständen suchen lässt.
35
Der Suchende wird Bote (nanciuB) genannt. Er fragt in folgender
Ordnung : Frau, Bauer, die Bürger, Jude, die Ritter und Edelleute,
Kaiser, Papst, die Doctoren und Gelehrten, die Alten (senioree). Ge-
funden wird die Gerechtigkeit nicht: der Bote wird von einem zum
andern geschickt, die Alten erklären, sie werde grade begraben (vgl,
Bens. 15,10). Die Wechselreden bestehen ausjeeiuem gereimten Vera-
paar. Das Gedicht steht in einer Saiumelhandschrift de? grossh.
Bibliothek zu Weimar aus der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts.
Wenn uns diese Angabe im unklaren lässt, welches Gedicht früher
sei, ob dieses Weimarer oder der Henselin, so spricht doch die Ein-
fachheit der Fabel und Form zu Gunsten jenes Gedichtes. .Seine
achtzehn Reimpaare sind nichts weiter als eine immerhin geschickte
Dialogisierung des pessimistischen Erfahruugresultates : die Zeit ist
schlecht, denn die Gerechtigkeit ist auf Erden todt, und wenn man
sie bei allen möglichen Classen und der Ständen der Gesellschaft
suchte, mau fünde sie nicht. Eine solche verzweifelnde Anschauung
ist kein würdiger Gegenstand der Poesie, als höchstens der Satire,
welche der Henselin nach dem Sinne des Verfassers aber offenbar
nicht hat geben sollen. Daher die an sich nahe liegende Erweiterung
der Fabel, wie der Henselin sie uns zeigt. Wir erfahren aus jenem
Gedichte also, dass unser Dichter nicht bloss eine Vorstellung von dem
Zustande der Welt in derjenigen Fassung, wie sie seiner Zeit ja sehr
geläu£g war, zum Vorwurf seines Stückes genommen hat, sondern
dass er auch bereits einen Versuch, diese Idee poetisch zu verwerthen,
vorgefunden und sich angeeignet hat. Für diese Abhängigkeit des
Henselindichters von dem Weimarer Gedicht spricht deutlich ein Ver-
gleich der Strophe des Bauern :
Habe ich von der gerechtikeyt ie gehord,
So slahe mich jo der mord !
mit Henselin 9, 10—14. Daraus darf man ihm natürlich keinen
Vorwurf machen. In seinem Verständniss dafür, dass der Stoff auf
Grundlage jenes Versuches sich zu einem grösseren poetischen Kunst-
werke ausgestalten und zugleich ethisch tiefer fassen Hesse, offenbart
sich seine künstlerische Begabung schon hinreichend; nicht minder aber
in der selbständigen Anordnung der Erkundigungen nach der Recht-
fertigkeit, wobei die Bürger mit Absicht umgangen werden, der in
Lubek damals unbekannte Jude fortbleiben musste. Dass er dabei
nicht verschmäht, selbst wörtlich herüber zu nehmen, was einmal be-
friedigende poetische Form gewonnen hat, muss ihm gerade zu gleichem
Lobe gerechnet werden.
Die Sprache des Weimarer Dialoges ist mitteldeutsch, ist thü-
ringisch, und zwar bereits mit der aus dem Südosten nach Norden
gedrungenen Vocalsteigerung des langen i zu ei (sey, bey), noch nicht
des hingen n zu au (geburman, usz, uf). Es finden sich aber deut-
liche Spuren, dass dies Gedicht aus dem Niederdeutschen übersetzt
ist, nämlich das jo in dem ,so slahe mich jo der mord', die Form
Jödd neben Jude, van statt von, und auch wohl die Gonsonantrer-
ff ^
V,'-
36
doppeluDgen in diesse, lessen, wessen werden dahin zu rechnen sein.
Der Ausdruck ,dic guten man' für die Edelleute ist, so viel ich sehen
kann, ein speciel niederdeutscher. Aus jener Gemination, die auch
in Jödd vorliegt, möchte ich auf braunschweigischen Ursprung des
Gedichtes rathen und ferner, wie ich in meinem Aufsatze über das
Dialektische im Reineke Vos für die niederdeutsche Uebertragung
dieses Epos gethan, desgleichen imHenselin einen Einfluss jener geistig
regsamen ostfälischen Stadt auf Lübek^s Geistesleben vermuthen.
HAMBURG. C. Walther.
Eine Münstersche Grammatik aus der
Mitte des XV. Jahrh.
Die von Th. Benfey Gesch. der Sprachwiss. u. Orient. Philol. in
Deutschi S. 208 erwähnte lateinisch-niederdeutsche Grammatik (vgl.
auch Korresp. Blatt I, 5) wird im Fg. vollständig mitgetheilt, da die
Arbeit auch in ihren rein-lateinischen Partien wegen des gesunden,
nüchternen Sinnes, der sich überall darin ausspricht, Theilnahme ver-
dienen dürfte. Die Arbeit ist nach Angabe der Vorrede 1451 in
Münster geschrieben und abgeschlossen, der Druck selbst wird (nach
den übereinstimmenden Urtheilen Sachverständiger) freilich erst dem
Ende des Jahrh. angehören. Es sind 17 Blatt in klein Quart, davon
das erste auf der Vorderseite nur einen ziemlich rohen Holzschnitt
(Lehrer und Schüler sitzen sich gegenüber) und die (auf der Rückseite
wiederholte) Ueberschrift : ^Incipit . . . tempora" führt. Abkürzungen
sind zahlreich, namentlich in der lat. Vorrede und ohne Consequenz
gebraucht; Worttrennung und Interpunktion oft fehlerhaft oder doch
unpraktisch. Neue Abbreviaturen habe ich natürlich nur in lat. gramm.
Terminis mir erlaubt. Das u und v, i und j ist von mir unterschieden ;
überdies y, das sehr häufig für i eintritt, nur in Fällen wirklicher
Länge oder doch zweifelhafter Quantität (wie in my, dy) behalten,
resp. für i gesetzt. Eine solche Scheidung schien nicht un-
zweckmässig, da bez. der anderen Vocale eine Beachtung der Quan-
tität sich findet; der lange Vocal wird — aber durchaus nicht con-
sequent — durch beigeschriebenes e (in vlämisch-niederl. Weise)
bezeichnet, z.B.: fruchtbaer, beer kompt, boek, boem, gued wervet
(alle diese Beisp. im Genit.) u. w. Für i begegnet bisweilen ij, z.B.
tijd = tyd, natürlich auch in niederl. Art. — Mit besonderer Sorg-
falt ist das Verbum behandelt, gemäss dem schon im lat. Vorworte
dargelegten Standpunkte des Autors. —
. ^- ■'■^■j*'.*!' ■7^=.-^<;'^->.
37
Incipit tractatulus daus modum teutonisandi
casus ac tempora, editus Monasterii in Westfalia
per quendam decretorum doctorem.
Quidam scribit nepoti suo adhuc puero, adhortans eum ad
grammaticam perfecte discendam, dandoque sibi fundamentum aliquale
in casibus et temporibus.
Hcnricus Henrico nepoti suo salutem! Etsi nunc primum
matris tuae incipias ubera sugere, et in cunabulis illius accumbere,
ita ut non modo nuUa tibi prorsus materna lingua^) fandi potentia^)
sit, sed nee ulla cuiuspiam tantilli sermonis intelligentia (ut puta,
qui nee casus discere coepisti nee tempora), verumtamen ac ipsa ad
te epistola mea qua hoc nunc tecum quasi cum dormiente loquor,
tuum adhuc imbecillem animum, cum prsestante Altissimo vigoris
attigerit initia, quasi stimulo quodam ad grammaticam rhetoricamque
discendam, atque bis mediis sacrarum lituarum capessendas senten-
tias lacessere cupio. Unde imprimis hoc unum prsecipue vehementer-
que tibi cordi sit obsecro, ut scilicet hanc eandem meam epistolam
tanquam munusculum tibi ab amico relictum nonnunquam revidens
avideque lectitans, quam salutifera^) divinarum rerum scientia, quam
necessaria grammatica, quam utiiis ad scripta^) recte intelligenda
rhetorica sit, ad memoriam ssepenumero revocare eures.
Cum autem a rudioribus grammaticse initiis quasi a lacte ad
solidum illius cibum tibi declinandum fore putaveris, cavebis summo-
pere, ne adeo te vanus maturet appetitus, ut stomacho tuo ante tempus
ablactato non conferat cibus ille. Et siquidem considerationis aperias
oculum, plurimos hoc appetitu falli videbis, quemadmodum et eos qui
nondum fundamento iacto, nondum scilicet sufficienter grammaticam
adepti, ad alias se divertunt scientias, etsi cum nomine, sine re tamen
invenies. tibi enim fundamentum non est, nihil supersedificari potest.
Ne putaveris, mi nepos, faciliter tibi apprehensibilem esse grammaticam,
quoniam neminis mortalis ingenio non infinita est. Noli tibi satis esse,
ut congruus puteris, sed ut sis stude. Vulgari appellatione in omni
loco plurimi congrui sunt, sed veritaie paucissimi. Immoretur itaque
vehementerque inhsereat grammaticaa competentibus annorum curriculis
cupida illius pueritia adolescentiaque tua; ne tibi dicat quis : quid
matrem reliquisti, priusquam recte fari scires ? Quoniam autem innu-
mera sunt vocabula, et illorum copia bonum grammaticum super omnia
oportet abundare, copiosura et incorruptum aliquem vocabularium
semper habeas persuadeo tibi. Sane casus et tempora quamquam
pueris pro ostio et introitu ad grammaticam sint, tamen et eos ssepe,
qui ad magisterii etiam apicem sunt provecti, hsec puerilia (prsesertim
ipsa tempora) turpiter videmus ignorare; quod non tam ridiculosum,
quam esse damnosum arbitror. Dum enim indoctus docet, non modo
«) M.
ligue oder liguc M. (d. i. Münsterscher Druck),
potencia u. ähnl. öfter.
') -feram M.
*) schripta (u. ähnl. oft.) M.
^•*
38
plurimum temporis perditur, sed et plerumque error pro veritate con-
cipitur et perpetuo retinetur. Equidem multos non tantum communes
grammaticos sed et in artibas magistros adeo turpissime comperi^)
ignorare tempora, ut dum prseterito perfecto uti debent, semper prseterito
plusquampeifecto utantur. Porro in coniunctivo modo admodum pauci
inveniuntur (maxime nostrse germanicdB nationis) non errantes. Est
enim hie modus aliis subtilior difficiliorque. Quamobrem prseterire
solent illum ignari, indicativo pro eo abutentes. Equidem et tanta in
coniunctivo subtilitas est, ut Actuum III. capitulo disputet glossa,
cuius illic temporis verbum ^venerint" sit: atque etiam iuris canonici
in capitu(lo) „Ad hsec de rescriptis^ in dubium revocet, cuius sit ibi
temporis verbum „elegerint^. — Quantum autem civilis iuris scientiae
insudanti, ut perfecte tempora soiat, opportunum existat, ex lege ^^Si
quis stipulatus^)", innumeris quoque aliis legibus glossisque et doctorum
dictis claret. In rhetorica vero, oratoria atque arte et poetria, si quis
quidpiam se sapere putat, nisi perfectissimus promptissimusque in tem-
poribus sit, sua sese miserum stulta prsesumtione decipit. Magnam
itaque, mi nepos, temporibus vim inesse comperies, si et considerativus
fueris et literaturse desiderativus. Unde tibi tuisque caris, quibus hsec
communicaveris, pauca qusedam de casibus et temporibus, quibus cele-
riter faciliterque ad fundamentalem aliquam illorum cognitionem et in-
telligentiam pervenias, inferius annotabo.
Sed ne mali moris, quo scholarium rectores in bis praesertim
partibus uti solent, ut pueris etiam illis, quibus vix omni adhibita
diligentia materna lingua latini sermonis sensum imprimerent, non
vulgaribus sed latinis verbis latinum exponant sicque pueros ipsos
docere conentur quse nesciunt per verba quse non intelligunt, imitator
existam, vulgaribus tecum verbis utar. Sed et hoc postremo menti
tuse insculptum rejinquo, ut scilicet multum semper animadvertas,
quemadmodum in rhetorum, oratorum poetarumque scripturis respectu
modorum et temporum verba ponantur; hoc ipso enim in modis tem-
poribusque fundamentaliter intelligendis permaxime te proficere senties.
— Valeas in Christo Jhesu! —
Scriptum anno Domini MCOCCLI in originali et confectum.
(!•) Casus»
Cado, cadis, cadere dat heth vallen, dar kummet van casus,
dat heth ein val unde sy heiten : Nominativus, Genitivus, Dativus,
Accusativus, Vocativus, Ablativus casus umme des valles willen, van
deme einen uthgange up den anderen. Exemplum: Magister, dat geit
uth up ein r unde velt van dat r up ein i, van dat i up ein o, van
deme o up ein um, van deme um wedder up ein r, van deme r wedder
up ein 0. —
*) comperit M.
®) Im Fg. sind einige juristische Citate (mit mir theilweise nicht ganz deut-
lichen Abbreviaturen) übergangen.
39
Nominativns.
Nomino, as, are dat heth nomen ; dar komet äff nominativus, dat
hetb noemhafftich, wente wan men ein dinck nomen schal, dar bruket
man dessen easum to. Exemplum : Ick vrage dy, wo dyn name sy ;
du antwerdest my unde sprekst: Henricus. Ick vraghe dy, wo dyn
yader heth; da antwerdest my: Hermannus. Ik vrage dy, wat ein
boek in latyne heth; du antwerdest my: über. Desse casus is der
nature, wan he steit by deme verbum, dat eine werckinge bedudet,
dat me heth activum, so wercket he. Exemplum: Henricus scribit,
Henricus legit == Henrick schrift, Henrick lest; unde wan he steit
by ein verbum, dat eine lydinge bedudet, dat me heth passivum, so
lyth he. Exemplum : Henricus docetur, Henricus corrigitur = Henrick
wert gelert, Henrick wert gehouwen.
Oenitivus.
Gigno, is, ere dat heth telen, alse wan ein man ein wyfi mit
kinde gemaket heft, so hefft he ein kint getelet; van gigno kompt
genitivus, dat heth teelhaftich, wente alse ein minsche van deme an-
deren getelet wert, so werden ein deel casus van genitivo formeret,
unde ok wente de genit. is anhangender, togedaner unde tobehoriger
nature unde maket sick unde den anderen casum, dar he by steit, to
hope hangen unde mennich ander togedaen unde tohoren, even alse
vader, moder unde kint unde ander natürlike vrunde an ein ander
hangen unde ein den anderen tohoret unde togedaen is. Exemplum :
pater filii, filius patris = vader des soens, sone des vaders. Dominus
servi, servus domini = here des knechtes, knecht des heren. Dominus
domus, domus domini = here des huses, husz des heren. Henricus
dominus libri, liber Henrici = Henrick here des bokes, Henrikus^) boek.
— Unde wente neine naturliker unde grotter anhangerheit, togeda-
nicheit unde tobehoricheit enis wen twisschen wyff unde man, vader
moder unde kint, dat al van telende beer kompt, unde also den desse
casus der nature is, darumme heth he teelhaftich. Item desse casus
is ok hebbender unde besittender nature unde darumme geft me eme
fruchtbaerheit to ; wente we gued wervet, de is so to sprekende frucht-
baer, alse ein boem, de frucht drecht, unde alse den gantz vele vrucht
in de werlt kompt, darumme heth he teelhaftich.
Dativns.
Do, das, dare dat heth gheven, dar kompt van dativus, dat heth
gbeveafftich. Desse casus heth darumme gheveafftich, wente weme
wat gegeven wert, de schal staen in dativo. Exemplum : do tibi panem
= ik geve di broeth. Do Henrico librum = ick gheve Henrike dat
boek. Ok is desse casus der nature, dat nicht alleine de jenne, deme
wat gegheven wert, men ok de gennen, den wat genamen wert, efte
deme wat to bathe efte to schaden gedaen wert, in dativo staen schal.
*) Es scheint Henrikus hier unflektirt, wie Mauritius S. 41,5.
40
Exemplum : aufero tibi panem = ik neme dy broeth. Aufero Hen-
rico librum = ik neme Henrike dat boek. Doceo matri filium suum
= ik lere der moder ere kint. Magister negligit parentibus suos
filios = de meister versumet den olderen ere kinder. Dat desse casus
heth geveaflftich unde nicht nemeaftich efte batheaftich efte schadeaftich,
dat is darumme, wente wat geveaftich is, dat is ock batheaftich;
unde gheveaftich unde batheaftich is beter den nemeaftich unde schade-
afftich. Also heft desse casus synen^) namen na syner besten nature
unde nicht na syner. ergesten nature.
Accnsativas.
Accuso, as, are dat heth beschuldighen, alse men einen umme
syne missedaet beschuldiget, dar kompt van accusativus, dat heth
schuldichaftich. Desse ist lydenhaftiger nature, wente alse dat dink,
dat wercket, in nominativo steit, so steit dat dink, dat lyth, in accu-
sativo ; unde so is he ok schuldichaftiger nature. Wente we vor-
denet hefft to lydende, de heflft ok vordenet, dat me ene schuldige,
unde darumme is desse casus geheiten schuldichaftich. Exemplum :
pater corrigit filium suum = de vader houwet synen sone. Magister
docet scholarem suum = de meister leret synen schulre. Hyr wercken
de vader unde de meister, unde de sone unde de schulre lyden. Item
dat dinck, dar de werckipge in geit edder dat gedaen edder gewercket
wert, alse gelesen, geschreven etc., wan dat steit by einen*) verbum,
dat werckinge bedudet, so steit id in accusativo. Exemplum: scribo
librum = ick schrive ein boek. Legitur librum = men lest id boek.
Loquor latinum = ick spreke latyn. Item desse casus h ok der
nature, dat erae geboret to staende by dessen vorsettighen, de Die
heth prsepositiones, de hyr na volgen : to, by, up, under, baven, be-
nedden, vaer, achter, na, twisschen, binnen, buthen, in, up desse syden,
up genne syde, umme. — Ad = to, exemplum:" ego vado ad scholas,
ik gha to der scholen. — Prope = by, ex : ego steti*) prope altare,
ik stunt by deme altare. — Super = up, ex. : ego sedeo super scamnum,
ik sitte up der banck. — Subter = under, ex. : cultellus mens cecidit
mihi subter tabulam, myn meset^) entfeel my under der tafel —
Supra = baven, ex. : ego video avem volare supra domum, ick se
einen voghel vleghen baven dat husz^). — Infra = benedden, ex.:
luna est infra solem, de mane is benedden der sonnen. — Ante =
var, ex. : ego sto ante mensam, ik sta vor der tafelen. — Retro =
achter, ex.: baculus stat retro ostium, de staff steit achter der dore.
Post == na, ex. : tu venisti post me ad scholas, du quemest na my
to der scholen. — Inter = twisschen, ex.: ego habito inter duos
^) Wol nur zufällig zeigt dies Pron. im M. gewöhnlich i statt y.
^) M. eyne. Vgl. S. 42,17.
*) stete M.
*) So habe ich aufgelöst, da die dem z ähnliche Abkürzung gewöhnlich
ja = et, u. messet (s. Mnd. Wb. s. v.) ja die üblichste Form des Wortes ist. Aber
im M. ist die Abbrev. gewöhnlich = m, bisweilen auch nur der Buchst, z (vgl. ^)j
es mag daher auch mesz gemeint sein.
^) Hier habe ich die dem z ähnl. Abkürz, als z aufgefasst (vgl. *).
41
bonos homines, ik wane twisschen twen guden luden. — Intra =
binnen, ex. : ecclesia St. Ludgeri est intra muros, Sunte Ludgers kerke
is binnen der muren. — In = in, ex. : ego veni in ecclesiani, ick quam
in de kerke. — Extra = buthen, ex. : ecclesia St. Mauritii est extra
muros, Sunte Mauricius kerke is buten der muren. — Citra = uppe
desse syde, ex. : ego habito citra aquam, ick wane uppe desse syde
des waters. — Ultra = up genne syde, ex. : Johannes habitat ultra
aquam, Johannes want up genne syde des waters efte aver dat water.
— Circa = umme, ex.: egovado circa cimiterium, ik gha umme den
kerckhoff. — Ok sint meer prsepositiones, de dessen casum by sik eischen
to Stande, de du in deme Donato in „prsepositio^ best.
Vocativus.
Voco, vocas, are dat heth eischen edder ropen, alse wan ein
rainsche deme anderen wat wil unde ropt edder eischet ene, unde
darumme heth desse casus vocativus, dat is roepaflftich edder eischafftich.
Ex. : Henrice, veni huc ! Henrick, kum beer ! — Wen du einen ropest
edder eischest, so schaitu nicht seggen in Nom. Heuricus! Bernardus !
xilbertus! men du schalt seggen in Voc. Henrice ! Bernarde! Alberte!
Ablativns.
Aufero, aufers, auferre dat heth afinemen, dar kompt van ablativus,
dat heth afnemeaftich, unde desse casus heth darumme afnemeaftich,
wente he steit gerne by desser präpositien ein : a, ab, abs, absque,
sine, de; unde desse präpositien sint afnemeaftigher nature, ex.: audio "^j
quotidie a magistro unam bonam lectionem = ick bore dageliken van
deme meister eine gude lectie. Hyr wert de lectie van deqie meister
genomen mit den oren. — Ab omnibus scholaribus recipit näagister pretium
suum exceptis pauperibus = van allen schulren nempt de meister
syn loen üthgenomen de armen. Hyr wert dat loen afgenamen. —
Absque misericordia corrigit magister truphatores, sunder barmeherticheit
houwet de meister de boven. Hyr wert dat houwent der barme-
herticheit afgenamen. — Habeo bursam sine pecuniis, ik hebbe einen budel
sunder gelt. Hyr is dat gelt van deme budel gescheiden, effte id
dar van edder dar uth genomen were. — Henricus venit de scholis,
Henrick kompt van der schole. He is van der scholen gescheiden,
alse ein dinck van deme anderen genomen is. Hyrumme mach me
seggen, dat alse de Accus, ist schulafiftiger®) natur, also in Accusativo
gesecht is, so is desse casus afafftiger edder vanafftiger nature, wente
waer ein af edder van is, dar wil he by syn, also men seen mach in
dessen vorgeschreven exemplen. Item he is medeafftiger nature,
wente waer ein mede is, dar wil he by syn, ex. : ego habeo bursam
cum pecuniis, ick hebbe den budel mit deme gelde. Emi equum cum
sella, ik hebbe ein pert gekoflft mit deme sadel. Ego scribo cum
manu dextera, ik schryve mit der rechteren haut. Magister percussit
me cum palmatorio, de meister sloch my mit deme palmatorium.
^) audeo M.
®) Oben: schuldichafftiger.
L
42
Item gemeinliken, waer desse casus by der präpositien cum siede
hefit to stände, dar mach he ok staen sunder der sulven präpositien
cum unde dar blift allyke woel de sulve sin. Item desse casus is
der natur, dat eme geboret to stände by ein deel anderen prsepositiones,
de hyr na volgen : in, op, under, voer. In^), ex. : ego sum in ecclesia,
ik bin in der korken. Super = op, ex.: ego respondeo tibi super
qusBstione tua, ick antwerde dy uppe dyne reede. Sub = under,
ex. : ego sedeo sub arbore, ick sitte under deme bome. Pro = vor,
ex.: emi unum bonum librum pro uno floreno, ik hebbe ein guet boeck
gekoft vor einen gülden. In deme Donato in ^^prsepositio" vindestu
desser prsepositiones v\roI meer, de dessen casum by sik esschen
tho staende.
Nomin. Siug. de, dat —
Exempl. de man, de vrouwe, dat vyyff.
Genit. Sing, des, der —
Ex. des mannes, des wyves, der vrouwen.
Dat. Sing, den (vel et melius deme), der —
Ex. den (vel deme) manne eflEte v^yff, der vrouwen.
Accus. Sing, den, dat, de —
Ex. den man, dat wyf, de vrouwe.
Vocat. Sing, o du, du, o! —
Ex. 0 du man, o du wyf, o du vrouwe!
du^®) man, du wyf, du vrouwe!
0 man, o wyff, o vrouwe!
Ablat. Sing, den, der, mit^^) —
Ex. van deme manne, van deme wyve, van der vrouwen.
mit deme wyve, mit deme manne, mit der vrouwen.
Nom. Plur.i2) ^q _
Ex. de manne, de wyve, de vrouwen.
Genit. Flur, der —
Ex. der manne, der wyve, der vrouwen.
Dativ. Flur, den —
Ex. den mannen, den wyven, den vrouwen.
Acc. Flur, de —
Ex. de manne, de wyve, de vrouwen.
Voc. Flur. 0, je"), o je!
Ex. 0 manne, o wyve, o vrouwen!
je _ , je — , je —
o je — , 0 je — , 0 je — '*)
Ablat. Flur, den —
Ex. van den mannen, van den wyven, van den vrouwen.
mit den mannen, mit den wyven, mit den vrouwen.
®) Nur lat., weil gleichlautend mit dem deutschen Worte.
") Im M. steht auch hier (wol irrig) o du man.
") Vgl. die Beispiele, wo deme = den.
") Pluralaris M.
") Immer ye = je M.
") In den beiden letzten Zeilen vrowen M., sonst identisch.
43
(II*) Tempora*
Tempus, temporis dat heth eine tyd. Tempora (in plurali) dat
|leth tyde.
Indicativns modus.
Indico, as, are dat heth wysen, alse ein minsche deme anderen
ien wech wyset up ein hus, up anders wat, dar he umme gevraget
iFert. Hyr van kummet indicativus, dat heth wyszaftich. Modus, modi
iü heth ein mate, up ein manere ; unde so is indicativus modus also
Feie gespraken, alse ein wyseafftige mate up eine maneer.
Ego lego : ik lese. Tu legis : du lest. Ipse legit : he lest,
Ifos legimus : wy lesen. Vos legitis : gy^^) lesen. Ipsi^*) legunt :
le lesen.
Lego : ik lese, prsesentis temporis indicativi modi. Praesens
kempus dat is jegenwerdige tyd; sitte ik unde lese, vragestu mi den,
rat ick doe, so spreke ick: ik lese. Dat is den jegenwardige tyd;
rente de tyd, de ick over deme lesende bin, de is nicht geleden edder
«rgangen, unde is ock nicht to kamende, men se is jegenwardich.
hde lego is ock wyshafiftiger mate edder manyre ; wente wen ik segge :
k lese, so wyse ick dy, wat ick do.
Legebam : ick las, praeteriti imperfecti temporis indicativi modi.
teteritum imperfectum tempus, dat heth eine vergangen tyd, de
icht volkamen enis. Wen ik nu spreke: ik las, so spreke ick in
iner tyd, de vorgangen is; wente de tyd des lesens is vorgangen,
fide de sulve tyd enis nicht volkamen, wente wen ick spreke : ick las,
w envorsteistu nicht uth, efft ick wat gelesen hebbe, men du vor-
weist dar uth,. dat ick over deme lesende was, unde hebbe noch dat
58ent nicht gedaen. Unde alse den dat werck des lesens nicht vol-
imen is, so enis de tyd des lesens ok nicht volkamen. Ünde dar-
Dame is legebam eine tyd, de nicht volkamen enis, unde legebam is
c wyszhaftiger mate edder manyre ; wente wen ik spreke : ik las, so
yse ik dy, wat ik dede.
Legi : ik las edder ik hebbe gelesen, praeter, perf. temporis in-
icat. modi. Praeter, perf. temp. dat heth eine tyd, de vorgaen unde
)lkamen is. Wen du spreken wilt: ik las, so is id sere allyke vele,
ft du sprekest legebam edder legi; doch is hyr al wat underscheides,
es men nicht wol schryven edder spreken enkan, alse du sulven
llentliken wol vorstan schalt, deistu dynen vlyt dar to. Men wen du
?rekenwilt: ik hebbe gelesen, so enmachstu nicht spreken: legebam,
«n du machst seggen: legi, wente legebam dat heth alleine: ik las.
e^ legi dat enheth nicht alleine: ik las^''^), men id heth ock: ick
-bbe gelesen. Unde wen ick segge : ick hebbe gelesen, dar vorsteistu
'h, dat de tyd des lesens vorgaen is unde dat dat werck des lesens
Jlkamen is. ünde wan dat werck des lesens vulkamen is, so is ock
**) Vgl. oben die andere Form u. ").
") ipse M., wol nicht = ipsse, — vgl. *), ^), *^).
") „Men — ik las" steht zweimal in M.
44
de tyd des lesens vulkamen Unde darumme is legi eine tyd, i
vorgaen is unde vulkamen is. Item legi is ock wyseaflFtigher mathe
edder manere; wente, wan ik spreke: ick lasz effte ick hebbe gelesei
so wyse ick, wat ick dede eflfto wat ick gedaen hebbe.
Legeram : ick hadde gelesen, praeter, plusquamperfecti temp. ii
dicativi modi. Ex.: quando tu venisti ad scholas, ego bene p(
horam legeram ; do du to der scholen quemest, do hadde ick wol eü
stunde gelesen. Dit venisti is praeter, perf. temp., dat is eine va
gangen^®) tyd, de vulkamen is edder eine tyd, de vulkameliken vo
gaen is. Legeram, dat is praeter, plusquamperf. temp., dat is eine tj
de vorgaen is unde meer wen vulkamen is edder de meer den n
kameliken vorgaen is. Wente de tyd, dat du to der schole quemest, {
is vulkameliken vorgaen; men de tyd mynes lesens is meer den vn
kameliken vorgaen, wente se is ehr vorgaen unde ehr^^) vullenkam«|
den de tyd, dat du to der scholen quemest; wente ik hadde mynlesei
gheendighet, ehr wen du quemest. tJnde hyr uth machstu mercken,
ein praeter, plusquamperf. wil ein praet. imperf. edder ein praeter, perf.
sick hebben. — Legeram is ok wyseachtiger^®) mate edder manere, we
wen ick segge : ick hadde gelesen, so wyse ick, wat ick gedaen hebi
Legam: ick wil edder ick schal lesen, edder alse de averlend
seggen : ik werde lesen, fut. temp. indicat. modi. Futurum tem]
dat heth tokamende tyd, alse de noch nicht vorgaen is, unde de
nicht jegenwardich is, men de noch kamen schal. Ex. : Hodie
cras legam unam lectionem in grammatica, huden edder moi'j
wil ick eine lectie lesen in grammattica. Unde wattan men le
dudet: ick wil lesen, unde men ock debeo legere dudet: ik schal le
denne so is underwylen underscheit twisschen legam unde debeo leg»
Wente wan du emende beduden wilt, dat du willen hefst to lesen!
so sechstu legam. Men wilt du emande beduden, dat du schuldi
bist dit edder dat to lesende, so is beter gesecht: debeo legere ; fl
ick vrage dy, wat du morgen in der metten doen schalt, du antwerd
ick schal eine lectie lesen, de my geordenerit is, so is beter gese
debeo legere unam lectionem mihi ordinatam, den : legam u. 1. m-
Item watten men ock legam dudet ik wil lesen unde volo legere
ok ik wil lesen, doch so is underwylen beter gesecht volo le
underwylen is ock beter gesecht legam. De genne, de ere tem
nicht enkonen, wan de in fut. indicativi spreken scholen, also ik
lesen edder ik schal lesen, de enseggen nummer legam, me^
seggen alle tyd volo legere edder debeo legere, dat ein groet vi
is. Dit legam is ok wyszaflftiger nature edder manere, wente
du secht : ick wil lesen edder ik schal lesen, so wysestu, wat du d
wilt edder schalt.
*^) vorgaengen M. gl
»») Bei diesem Worte tritt mehrfach h als Dehnungszeichen ein, vgl, uaq
20) Das oft gebrauchte Wort hier mit dem bekannten üebergange von nl
cht in niederl. Weise. — Vgl. w. u. (Imper.) gebedachtiger u. Aehnl.
r
45
Imperativns modus.
Impero, as, are dat heth beden edder doen heilen, dar van
kommet imperativus, dat heth bedeafftich edder doenhafftich ; wen men
einverbum spreckt in gebedachtiger edder doenheitenachtigher manere,
dat is indicativi modi.
Lege = lese^^), prses. temp. imperativi modi. Wan du emande
I gebeden edder heilen doen will, dal he lese, so schallu segghen : lege !
[dat is lesz! — Dil lege is prsesenl. lemp., dal is jegenwardige 1yd;
[vente wan ik segge : lesz I so bedude ik dy, dal du rechte voerl in
desser jegenwardigen tyd lesen schall; dal is ock gebedachtiger malen
'«dder manere, wenle wen ik dy segge : lesz ! so bede ick dy edder
-ick heile dy doen, dal du lesest.
! Legito = lese! ful. lemp. imper. modi. Wan du emande beden
Widder doen heilen will, dal he in einer lokamender 1yd lesen schal,
!8o schallu Seggen : legito ! Ex. : legito hora vesperarum vel cras
ffiane unam lectionem in grammalica vel in loica = lese to vesperlyd
Mder morgen vro eine leclie in grammaltica edder in loica. Doch
llach men gemeinliken nein groet underscheit to makende twisschen
Irsßs. unde ful. temp. imper. modi, also dath id sere allykevele
I, wen du sechst: lege! edder: legito! Dil legito is ock gebedeaiftiger
Mder doenafftiger malen edder manere, alse voer gesecht is van lege.
Pesse imper. modus heft nicht primam personam singul. numeri, wenle
Demant plechl sick sulven beden edder wat doen heiten. Ock heft
|e neinen prseterit. lemp., dat is vorganghen 1yd, wenle ick kan dy
pcht ghebeden edder doen heilen dit edder dat doen in eine 1yd, de
porgaen is. Ik mach wol seggen: Henrice, lese jotoeP^) edder lese
frade efte morgen; men segge ik: Henrice, lesz gisteren edder lesz
fegisteren, dal enis nein sin.
t
Optativus modus.
Opto, as, are dat heth wünschen edder begheren, dar kompt van
optativus, dat heth wunsachtich edder begherachtich ; wen men ein
terbum spreckt in wünschender edder begherender manere, dal is
^tativi modi.
Legerem : ik lese edder lese ik, prses. temp. optat. modi. Ex. :
Ctinam (vel o ulinam, vel o si) legerem ita libenter, sicut libenter
«do I Och efte ick so gherne lese, alse ick gherne speie ! Item ex. :
fcgerem libenter, si haberem libros ! Ik lese gherne, hedde ik boker !
fcem ex. : Si legerem multa, discerem multa ! lese ik vele, ik leerde
tele! Dit legerem is hyr prses. temporis, wente wan ik segge: ik
fcse gherne, dal bedudet dy, dat ik nu in desser jeghenwardigen 1yd
gherne lese.
**) Im Weiteren ist gew. lesz für den Imp. Prses., lese für den Imp. Fut.
lebraucht. — Hier zu ändern?
i ") Vgl. Mnd. Wb. s. v. jutto (= hd. jetzo). — jotoel wol = jotoen, juton
^ w. = hd. jetzund.
L
46
Legerem: dat ick lese, praeter, imperf. temporis optativi modi.
Ex. : scholares mei rogaverunt, ut legerem eis breves et utiles lectiones.
Myne schulre beden my, dat ick en körte unde nutte lectien lese.
Item ex.: quando tu venisti^^) ad scholas, scholares rogaverunt me,
ut omni die legerem eis unam lectionem in philosophia = do du to
der scholen quemest, do hadden my de schulre gebeden, dat ick er
alle dage eine lectie in philosophia lese; dit legerem is by
praeter, imperf. temporis, dat is eine tyd, de vorgaen is unde nich
vullenkamen is ; wente uth dessen exempel vorsteit men, dat de be
gheringe edder de bede, dat ick lese, gescheen is — men doch en
vorsteit men dar nicht uth, dat id lesen gescheen unde vullenkamei
sy. Unde hyr is to merckende, wan legerem in praeter, imperf. steit
so heft id ein ander verbum praeter, imperf. edder praet. perfecti
edder praet. plusquamperf. by sick staende, alse id hyr by sick beft:
rogaverunt unde rogaverant.
Legissem: hedde ik gelesen, edder ik hadde gelesen, praeter,
perf. temp. optat. modi. Ex. : utinam (vel o utinam, vel o si) legissem
et intellexissem omnes libros grammaticales ! Och hedde ick gelesen
unde vorstunde alle de boke van grammattiken ! Item ex.: ego le
gissem libenter, si habuissem meliores hbros, ick hedde gherne ghe-
lesen, hedde ick bether boker ghehath.
Legissem: hedde ick gelesen hath, edder dat ick gelesen hedde
bath, edder dat ik gelesen hedde, praeter, plusquamp, temp. opt. modi
Ex. : utinam legissem pueris per annum vel duos in scholis, antequaii
dimisissem scholas! Och hedde ik den kinderen ein jaer edder twc
in der scholen ghelesen, ehr ick de schole vorlaten hedde! Ex.
Saepe putavi^*), ut pueritia mea libentius legissem et studuissem. Ic
hebbe vake^^) gewunschet, dat ick in myne kintheit gherne^^) gelese
edder studeret hedde gehath. Item ex.: Socius mens dixit mihi, quod
si hodie fuissem in scholis, rogasset me, ut ego lectionem suam pn
eo legissem. Myn geselle sede my, hedde ick huden in de schole ge
Y^est, he hedde my gebeden, dat ick syne lectie vor em hedde ghelesen
Hyr machstu ock mercken, dat dit legissem ein ander verbum praeter.
temp. by sick hebben wil.
Legam : dat ick lese edder lesen wil; legas, lesz du; legat, dat
he lese, edder lese he, fut. temp. optat. modi. — Ex. de legam : con-
fessor quidam mens iniunxit mihi pro poenitentia, ut legam omni die
unum miserere. Myn bichtvader heft my to penitencien gesettet, dat|
ick alle daghe ein miserere lese edder lesen schal. Item ex. : Si tu
vis, ut (vel quod) ego hodie legam unam lectionem pro te, tunc cras
legas tu unam pro me; wiltu, dat ick huden eine lectie vor dy lese,
so lesz du morgen eine vor my. Ex. : legam ego, laet my leseir').
23) veniste M.
2*) optavi?
2**) wake M.
*^) vgl. libentius.
*^) Die Uebersetz. ist hier etwas freier = ich möge (könne) lesen. Vgl. das Fg.
47
Hefst du ein boek, so bidde ik dy, dat du my dat boek lesen latest;
so mach ick segghen : legam ego librum istum = laet my dit boek
lesen. — Ex. de legas: rogo te vel prsecipio tibi, quod legas (vel ut
legas.) Ick bidde dy edder ik gebede dy, dat du lesest. Ex. : legas
unam vigiliam pro animabus parentum tuorum, lesz eine vilge vor
diner olderen sele. — Ex. de legat : legat Henricus gratias, lese Hen-
f rick de gratias edder laeth Henrick de gratias lesen. Item ex.: legat
^ dominus Henricus missam suam et sit contentus, her Henrick lese
^ syne misse unde sy to vreden. — Dit legam, legas is fut. temporis,
dat is tokamende tyd, unde nicht jeghenwardich edder vorgangen tyd,
j ake du in dessen exemplen voergeschreven mercken machst. Unde
al dit voergeschreven legerem, legissem unde legam is optativi modi,
wente men spreckt dat altosamen in wünschender edder beghcrender
manerie, alse du ock in dessen voergeschreven exempel wol sien
machst, etc.*®).
Conianctivns modus.
Coniungo, gis, gere dat heth tohope vogen, dar kompt van con-
iunctivus, dat heth tohopevochachtich; desse modus heth darumme
tohopevochachtich, wente wan men twe rede edder orationes to sam-
mende spreckt, dar is den welcke coniunctio mid den unde dar hefiPt
desse modus eine stede; desse coniunctivus modus is sere subtiel.
Hyrumme vint men sere weinich lüde, de de tempora gruntliken vor-
staen unde de rechtschepeliken bruken, sunderliken in desseme coniunctivo
modo. Unde dat is to wetende, dat desse wat twyvelechtich nature
is; wente wen men wat twyvolechtich spreckt, so gebruket men con-
iunctivo modo ; men wan men wat sekers edder wat wisses spreckt,
so gebruket men indicativo modo, alse du uth dessen exempeln, de
hyr na volghen, mercken machst.
Legam, prsesentis temporis coniunctivi modi. Cum legam, wan
ick lese; exemplum: ego spero, quod scholares mei proficient, cum
legam eis multum diligenter = ick hape, myne schulre scholen pro-
ficeren, wente ick lese em sere vlytliken. — Ex. de amem : merito
pater mens amaret me, cum ego multum amem ipsum ; myn vader
hedde my billiken leeff, wente ick hebbe en sere leeflf. Du schalt
Veten, dat men ;,cum" nicht alletyd ein verbum coniunct. modi to en-
vhoget, men ock underwylen ein verb. indic. modi; wente alse cum
eine coniunctio is unde heth so vele alse wente, so voget men em
«in verb. coniunct. modi to ; men wen dat ein adverbium is unde heth so vele
alse wan edder wannere, so voghet men em ein verbum indicat. modi
to. Ex. : cum lego bene, scholares mei bene advertunt ; wan ick wol
lese, so hören myne schulre wol to. — Unde so wol in prseterito unde
in futuro indicat. modo alse in prses. indic. modo^^), doch voghet men
em den ock wol futur. coniunct. modum to; alse du hyr na in fut,
coniunctivi seen machst. Quod legam, dat ik lese; ex.: mater mea
^) et e verdruckt für et cT
^) So (statt modi) M. in beiden Fällen. — Vgl. auch das fg. modum.
T - iJS^?^
48
putat, quod nunc sedeam in camera mea et legam, vos autem vidistis,
quod non lego, sed bibo = Myn moder meinet, dat ick sitte in
myner kamer unde lese; aver gy seen wol, dat ik nicht eulese, men
ick drincke. Ex. de amem : matri mese videtur, quod non amem eam,
tarnen utique amo ipsam = myner moder duncket, dat ick eer nicht
leef enhebbe, nochtant hebbe ik se ummer leef. — Si (vel an^^), vel
utrum) legam, wen ick lese ; ex. : tu ssepe audivisti lectionem meam,
ideo bene scis, si (vel an, vel utrum) legebam bene vel male = du
hefst myne lectien vaken gehöret, darumme west du wol, efte ick wol
edder boeslick lese. — Ex. de amem : tu dubitas de me, si (vel an,
vel utrum) amem te ; considera omnia quse feci tibi, et non dubitabis
= du twyvelst an my, efte ick dy leeflf hebbe; merck alle dink, de
ik dy hebbe ghedaen unde so schaltu nicht twyvelen. — Du schalt
weten, dat me desser conjunctien ^si*' nicht alletyd ein verb. coniunct.
modi to sick'^) voghet, men ock underwylen ein verb. indic. modi.
Ex.: tu dicis, quod ego lego bene; si ergo lego bene, quare non
audis lectiones meas = du secht, ick lese wol; lese ick wol, warummo
hörest du den myne lectien nicht? Item: si deus est animus, ut
nobis carmina dicunt^^) — Item: licet (vel etsi, vel quamvis, vel
quamquam) legam = wattan ick lese. Ex, : licet (vel etsi, vel quamv.,
vel quamq.) multum bene et utiliter legam, scholaribus meis tamen —
quibusdam eorum — non bene placent lectiones mese = wattau dat
ick mynen schulren wol unde nutliken lese, nochtan enbehaget id en
deiP^) myne lectie nicht. — Ex. de amem : Licet (vel etsi vel quamvis
vel quamquam) multum amem et honorem parentes meos et libenter
complaceam eis, tamen non dant mihi necessaria = wattan ick myne
olderen leef hebbe unde ere se unde bin en gherne to willen, nochtan
engheven se my nicht, des my uoet is. — Desse conjunctien licet,
etsi, quamvis unde quamquam vint men underwylen, dat si ein ver-
bum indicat. modi by sik hebben ; aver gemeinliken so plaeh men en
den coniunctiv. modum to to vogende. De besten grammatici unde
rhetores raaken hyr ein underscheit na deme sinne edder manere des
sprekendes, alse wan se wat vor wisse unde seker edder untwyvel-
echtich segghen, so voghen se dessen conjunctien ein verbunoi indicat.
modi to; ex.: licet sedeo hie et lego, tamen aliud cogito = wattan
dat ik hyr sitte unde lese, doch so dencke ik anders wat. — Wen se
aver wat segghen, dat se nicht gantz vor wisse unde seker unde un-
twyvelachtich voerstaen doen willen, so voghen se dessen conjunctien
ein verbum coniunctivi modi to ; ex. : licet me videre bene legam,
tamen scholares non audiunt me libenter = wattan dat ick na mynen
vermögen wol lese, nochtan enhoren my de schulre nicht gheine. —
Unde dit vorschreven underscheit hefft nicht alleine eine stede in
prsesenti, men dat hefft ok eine stede in praeter, imperf. unde in
80) ante M., vgl. das Fg.
8^) s. ist wol zu tilgen, oder toenvoghet (vgl. oben) zu schreiben.
82) Die deutsche Uebersetzung scheint ausgefallen zu sein.
83) So M. — Vgl. Mnd. Wb. I, 499.
CV'"'- \
49
prsBt. perf. unde in prset. plusq. unde ock in fut. indic. modi; id sint
ock vele quader grammatici, de dessen conjunctien licet unde etsi etc.
alletyd ein verbum indicat« modi to voghen unde dat kompt also by,
dat se sick up den coniunctivum nicht vorstaen, de gemeine gude
grammatici moderni de voghen en alletyd sunder underscheit ein
verb. coniunctivi modi to, also voer gesecht is. — Quin legam, ik
enlese. Ex.: ego non possum me abstinere, quin semper legam longam
lectionem = ick enkan my nicht enholden, ik enlese alletyd eine langhe
lectie. Ex. de amem : Dominus deus noster custodiat me, quod nun-
quam intantum amem aliquid in hoc mundo, quin multo magis amem
ipsum = Unse here god behode my, dat ik nummer nein dink in
desser werlt so leeflf hebbe, ick hebbe em vele lever. — Nisi legam,
ick enlese edder id ensy, dat ick lese. Ex. : Non satisfacio scholaribus
meis, nisi legam eis intelligibiliter et bene = ick endo mynen schulren
nicht vul, ick enlese en (edder id ensy, dat ick lese) vorstentliken**)
edder wol. — Ex. de amem : non possum venire ad regnum cselorum,
nisi amem Dominum deum nostrum ex toto corde = ick enmach nicht
in dat hemmelryke kamen, id ensy dat ick leeff hebbe unsen bereu
god van gantzem herten. — Ut legam, dat ick lese. Ex.: Anno prse-
terito Henricus melius legit quam ego, sed hoc anno tantam diligen-
tiam feci, ut nunc multo melius legam quam ipse = tojaer lasz Hen-
ricus beth, wen ick; men dit jaer so hebbe ik so groten vlyt gedaen,
dat ick nu beth lese, wen he. — Hyr is ut so vele, alse quod; men
doch dat hyr quod stunde, dar ut steit, so moste hyr ock lego ^taen,
dar legam steit.
Legerem, praeter, imperf. temp. coniunct. modi. — Cum (vel
dum) legerem, do ick lasz ; ex. : hodie mane, cum legerem scholaribus
meis, venit quidam et vocavit me de scholis = hude morghen, do ik
mynen schulren lasz, do quam einer unde reep (edder eischede) my
uth der scholen. Cum unde dum dat is hyr so vele alse quando;
men wan du vor cum edder dum quando segghen wilt, so machstu
ock vor legerem segghen legebam efte legi. Wente alse cum unde
dum ein verb. coniunct. modi by sick hebben wil, so wil ock quando
ein verb. indicat. modi by sick hebben. Item : cum legerem, wente
ick lese ; ex. : juvenes mei rogaverunt magistrura, ut conduceret me
etiam pro futuro anno, cum legerem eis multum intelligibiliter et
utiliter = myne jungen beden den meister, dat he my ok huerde vor
dat tokamende jaer, wente ik lese sere vorstentliken unde nutliken.
— Hyr is cum so vele, alse quia edder quoniam; unde alse du hyr
cum sechst, so machstu ock quia edder quoniam seggen. — Quod
legerem, dat ick lese; ex.: hodie aliquibus scholaribus meis non placuit
lectio mea, tarnen mihi videbatur, quod legerem multum bene =
huden enbehagede ein deel mynre schulre myne lectie nicht; doch
dachte my, dat ick to male wol lese. — Si (vel an, vel utrum) legerem,
wen ick lese. Ex. : ego fui interrogatus, si (vel an, vel utrum) legerem
^*) Im M. vorst. lese, wobei die Constr. der Parenthese und des Hauptsatzes
verwirrt ist.
Niederdeutsches Jahrbuch, m. 4
■■^p
50
in grammatica vel in loica = ick wart gevraget, efte ick lese In
grammattica edder in loica. — Licet (vel etsi, vel quamvis, vel quam-
quam) legerem, wattan dat ick lese ; ex. : hodie fuit mihi dictum (vel
dicebatur mihi), quod — licet bene legerem — tamen essent multi
scholares, qui non libenter audirent me = my wart huden gesecht,
wattan dat ick wol lese, noch weren vele schulre, de my nicht gherne
enhoerden. — Quin legerem, ik enlese; ex.: hodie mane non potui
(vel non poteram) me abstinere, quin legerem longam lectionem, quia
materia valde utilis erat = hude morgen enkunde ick dat nicht laten,
ick lese eine lange lectie, wente de materie was sere nutte. — Nisi
legerem, ick enlese ; ex. : non potui (vel non poteram) hodie finire li-
brum, nisi legerem per duas horas = ik enmochte huden dat boek
nicht enden, ick enlese den twe stunden. — üt legerem, dat ick lese.
Ex.: hoc anno intantum gravatus sum lectionibus, ut interdum una
die legerem bene tres lectiones = dit jaer hebbe ick so beswert ge-
west mit lesende, dat ick des dages sumtyden wol dre lectien lasz.
Legerim, praeter, perfecti temp. coniunctivi modi. — Cum legerim,
wente ick lasz ; ex. : ego miror, quod non intellexisti lectionem meam,
cum legerim eam intelligibiliter = my vorwundert, dat du myne lectie
nicht envorstundest, wente ick lasz so vorstentliken. Cum legerim dat
is so vele, alse quia legi edder quoniam legi ; wente alse cum so vele
heth alse wente, so wil id ein verbum coniunct. modi by sick hebben.
— Quod legerim, dat ick lese edder hebbe gelesen; ex.: meis schola-
ribus videtur, quod hodie legerim eis bene = myne schulre meinen,
dat ik en huden wol lese edder hebbe gelesen. Si (vel an, vel
utrum) legerim, ick lese edder hebbe gelesen; ex.: si vis scjre, ßi
(vel an, vel utrum) legerim hodie bene, interroga eos, qui audierunt
= wiltu weten, efte ick huden wol lasz edder hebbe gelesen, so vrage
degennen, de dat hoerden. — Licet (vel etsi, vel quamvis, vel quam-
quam) legerim = wattan, dat ick lasz. Ex.: licet meo videre valde
intelligibiliter legerim, tamen scholares mei maxime conqueruntur,
quod non bene intellexerint me = wattan dat ik, alse mi duchte,
sere vorstentliken lasz, doch clagen myne schulre, dat se my nicht
wol vorstaen hebben. — Quin legerim, ick enlese; ex,: non dubito,
quin legerim hodie scholaribus meis valde bene = ik entwyvele dar
nicht an, ick enlese huden mynen schulren sere wol. — Nisi legerim,
ick enhebbe gelesen. Ex. : scholares mei malefaciunt, quod non solvunt
mihi integrum solarium meum, nisi forte male legerim eis, quod non
spero = myne schulre doen ovel, dat se my nicht betalen myn gantze
loen, dat ensy den, dat ik en ovel gelesen hebbe, dat ick nicht enhape.
Legissem, prset. plusquamp. temp. coniunctivi modi. Cum (edder
dum) legissem, do ick gelesen hadde; ex.: cum legissem lectionem
meam, ivi ad ecclesiam = do ick myne lectie gelesen hadde, do ginck
ick to der kerken. Cum legissem unde postquam legi unde quando
legeram, dat is allein^^) gesecht, so dat cum unde postquam unde
quando alleins beduden, anders den up dessen sin : cum steit beth by
8ß) = aUÖn Mnd. Wb.
^...
51
ein verb coniunct. modi, unde postquam unde quando by ein verb.
indic. modi. — Item : cum legissem, want ick gelesen hedde ; ex. :
magister dixit mihi hodie, quod ipse valde miraretur, quod invenes
mei non melius profecissent, cum ego legissem iis^^) per duos annos
valde diligenter et utiliter = de meister sede my huden, dat em sere
Yorwunderde, dat myne junghen nicht beth geproficerent hedden, wente
ick en ghelesen hebbe twe jaer seer vlytliken unde nuetliken*'). —
Wen men aver hyr cum edder quia edder quoniam secht, dat is sere
älleins. — Quod legissem, dat ick gelesen hedde. Ex. : scholares mei
dixemnt ad invicem, quod hoc mane valde bene legissem eis = myne
schulre seggen under sick, dat ick en dessen morghen sere wol ge-
lesen hedde. — Si (vel an, vel utrum) legissem, wen ick gelesen
hedde; ex.: ego fili interrogatus, an (vel utrum) hoc mane legissem,
vel non = ick wart gevraget, efte ick huden morghen gelesen hedde
edder nicht. — Licet (vel etsi, vel quamquam, vel quamvis) legissem,
wattan dat ick gelesen hedde ; ex. : hodie mane, cum lectionem meam
fiolvissem, aliqui scholares conquerebantur de lectione mea, licet valde
bene legissem eis = hude morghen, do ick myne lectie geendiget
hadde, do beclageden ein deel schulre myner lectien, wattan dat ick
en sere wol ghelesen hedde. — Quin legissem, ick enhedde gelesen,
ex.: non fui tantum occupatus, quin legissem scholaribus meis unam
bonam lectionem ad scholas = ick enwas huden nicht so unledich,
ick enhedde mynen schulren wol eine gude lectie gelesen, hedden se
to der scholen gekomen. — Nisi legissem, hedde ik nicht gelesen,
edder ick enhedde gelesen; ex.: aliqui scholares mei non venissent
hodie ad lectionem meam, nisi legissem in loica = ein deel mynre
schulre enhedden huden nicht to myner lectien gekomen, hedde ick
nicht gelesen in loica. — Ut legissem, dat ick gelesen hedde; ex.:
materia placuit mihi in tantum, ut legissem bene adhuc per unam
horam, si placuisset scholaribus meis = de materie behagede my
al8o^^), dat ick noch wol eine stunde ghelesen hedde, heddet mynen
schulren behaget.
Legero, fut. temp. coniunctivi modi. — Cum edder dum legero,
wan ick lese edder wan ik lesende werde ; ex. : cum legero rhetoricam,
iQulti scholares dimittent alias lectiones et andient lectionem meam
= wen ick rhetoricam lesende werde, so werden vele schulre ander
lectien na laten unde werden myne lectie hören, — Si legero, werde
ick lesende; ex. : si legero philosophiam, acquiram multos scholares =
werde ik philosophie lesen, so werde ick vele schulre krigen. — Si
quando legero, werde ik wanner lesende. Ex. : si quando legero loicam,
audies notabiles lectiones = werde ik wänner lesende loicam, so werstu
hörende mercklike lectien. — Postquam legero, wen ik gelesen hebbe;
6x. : postquam legero per annum in grammatica, legam per duos
^) eos M.
»') wol = nötliken, s. Mnd. Wb. Freilich entspriclit utiliter, aber ein mnd.
nutlik = nhd. nützlich scheint unbelegt. Vgl. auch mhd. nietliche (Lexer.)
*^) also so M.
4*
'■'•^'^"
52
annos in rhetorica = wen ik ein jaer in grammattiken gelesen hebbe,
80 wil ik twe jaer lesen in rethoriken'^). Licet (vel etsi vel quamvis
vel quamquam) legero, wattan dat ik lesende werde; ex.: licet legero
valde diligenter et utiliter, timeo tarnen, quod pauci scholares andient
me = wattan dat ick sere nuetliken unde vlytliken werde lesende,
nochtan vruchte ik, dat my. weinich schulre werden hörende. — Quin
legero, ick enwerde lesende ; ex, : si cras non venero adeo tarda, quin
legero bonam lectionem, non notabitur tarditas mea = kome ik nicht
so spade, ick enlese eine gude lectie (edder ik werde eine gude lectie
lesende), so enschal myne tracheit nicht werden gemerket. — Nisi
legero, ik enwerde lesende (edder id ensy, dat ick werde lesende) ; ex. :
scholares mei parum proficient, nisi legero iis intelligibiliter = myne
schulre werden weinich proficirende, id ensy den, dat ik en vorstent-
liken werde lesende. — Dit fut. coniunct. modi vint men underwylen,
dat id nein cum edder dum edder ein ander Signum coniunctivi by
sick enhefit, alse wan men ein relativum to voghet; ex. : attendite valde
diligenter ad lectionem, quam cras legero = höret sere vlytliken to
der lectien, de ick morghen schal lesen. Ok so vint me wol in wyse-
achtigher mathe edder manere, recht efte id were ein fut. indicat.
modi*^); ex. (alse men hefft in quadam epistola TuUii): vehementer
mihi gratum feceris, si hunc adolescentem humanitate tua, quse est
singularis, comprehenderis etc. Item in quadam alia epistola eiusdem :
gratissimum mihi feceris, si curaris, ut is intelligat, me a te tantum
amari, quantum ipse existimo. — Ock so bruket men wol in gebede-
achtiger maten edder mauere, recht efte he were imperativi modi,
ex. (alse in den ewangelien steit): vide nemini dixeris! unde in Apo-
calypsi: vide ne feceris! unde alse Seneca secht: quod tacitum esse
vis, nemini dixeris! Unde in desser manerien voghet men em ge-
meinliken to desse coniunctio ne. Item ock so gebruket men wol in
beghereachtiger maten edder mauere, recht efte he were optativi modi ;
ex. (alse efte ein vrunt den anderen schryvet): noveris, amice carissime,
edder noverit charitas tua etc. — Men bruket id ock wol anders, den
in wyseachtiger maten edder mauere edder mit einem signo coniunctivo**);
ex.: (alse dar steit in der passien): tu videris, vos videritis. — Du
schalt weten, dat men cum, wan id so vele is alse wannere, unde des
gelyken dum nummer to envoghet ein verbum prses. temp. coniunctivi
modi, men wol ein verb. prses. temp. indic. modi, unde ok nummer
ein verb. praeter, perf. temp. coniunct. modi, men wol underwylen ein
V. pr. p. t. indic. modi. — Dit mach me dy nicht so gruntliken to
dude schryven edder seggen, also du mit der tyd sulven wol merken
werst, wen du dynen vlit darto deist.
*®) Dieselbe Orthogr. im M. auch bei dem lat. Wort, wo ich mir zu ändern
erlaubte.
*^) Man ersieht die Unklarheit des Autors bez. des Fut. exactum.
") So M., vgl. 30),
53
Infinitivns modus.
Finio**), is, ire dat heth eoden, dar ran kompt finitirus, dat heth
eodeacbtich, dar van kompt vort inänitivus, dat heth uneodeachticb.
Legere IcBea, prffiaentis et praeter, imperf. temporis infioitivi modl
Legere is daraiome infinitivi modi, dat id imencleachtiger maten edder
manere iB, wente men mach einen iewelken personec to voghen, den
ersten, den ander unde den drudden, welcken men wil; also dat id
nicht gedwungen enwert alleine by der ersten personen to staende unde
dar ein ende to nemende, men id reiket ok an der ander personen unde
an der drudden. Ex. : ego toIo legere =^ ik wil lesen ; tu via legere
= du wilt lesen ; ille vult legere = de wil lesen. Aver so enis id
nicht mit lege edder legis edder legit etc., wente lego höret alleine
to der ersten personen, alse to ego unde nempt dar ein ende, unde
reiket nicht to der anderen personen edder an der drudden. Dessen
legere geft men to, dat id praes. temp, sy unde ok prseter. imperf. teöi-
poris umme des willen, dat id van naturen dar meer to geneighet heft,
den to den anderen tyden, wente dit word lesen is bequemer der
jegenw aerdigen**) tyd edder der unvullenkamendervorgangen tyd-to to
Toghende, wen den anderen tyden. — Ex.: wan men secht; ik wil
lesen edder ik schal lesen edder ik moet lesen, dat is der jegenwar-
digen tyd neger, wen den anderen tyden; unde wan men secht: ick
volde lesen edder ick schal lesen edder ik moste lesen, dat is
aeger ehrTullenkamenvorgangen tyd, den den anderen tyden, de dar
na Tolgen. '
Legisse, hebbe gelesen edder hadde gelesen, prceter. perf. et
plnsquamperf. temporis infin. modi. Ex. de perfecto: magister dicit,
se hodje. legisse valde utilem lectionem, quse mihi tarnen modicee
utilitatis videbatur = de meieter secht, he hefft huden eine nutte
lectie gelesen, de my doch deine nutticheit ducbte wesen, — Ex. de
praeter, plusqaampeif. : magister dixit, se legisse etc. (ut supra). Dit
verbum dicit, dat prtes. temp. is, dat maket, dat legisse in praeter, perf,
äteit, unde dit verbum dixlt, dat praeter, perf. temporis is, dat maket,
dat legisse in prfeter. plnsquamperf. steit; unde dar dixit steit, dar
muchte men ock wol dicebat edder dixerat segghen.
Lectum ire vel lecturum esse fut. temp. indicativi**) modi. Ex. :
Ego Tolo lectum ire vel ire lectum = ik wil lesen gaen edder gaen
lesen. Item ex. : ego spero, me lecturum esse hoc sero = ick hape,
dat ick lesen werde dessen avent.
tPassimm.
Ego legor, ik werde gelesen. Tu legeria, du werst gelesen.
Ipse legitur, he wert gelesen.
I •») F ist in M. aosgefallen.
F ") Das B,e bezeichnet hier wol eine (der got. Brechung ähnliche) breitere
AuBsprache des a, nicht eigentlirh langes a.
**) infinitivi?
54
Impersonale passiv» Tocis.
Legitiir, man lest; legebatur, man lasz; lectum est (vel fuit), men
heft gelesen edder dar is gelesen. Lectum erat vel fuerat, men hadde
gelesen edder dar was gelesen. Legetur, men wert lesen, edder men
wil edder men schal lesen.
Aetivnm.
Ago, agis, agere, dat heth wercken, dar van kompt activum,
dat heth werckachtich. Lego is ein verbum activum unde bedudet
ein werck, wente wan ick lese, so wercke ik, wente lesent is ein werck.
Passivnm.
Patior, pateris, pati, dat heth lyden; dar van kompt passivum,
dat heth lydeachtich. Legor is ein verbum passivum unde bedudet
ein lydent eines werckes, dat ein ander an my deit; wente wan ik
gelesen werde, so deit ein ander dat werck des lydens*^) an my, unde so
lyde ik, dat men my leset. — Wan men to einen verbum activum ein
r deit, so werd id ein verbum passivum, unde wan men van einem
verbo passive ein r nempt, so werd id ein verbum activum.
Nentrnm edder Neutrale.
Neutrum edder neutrale heth dat noch id eine noch id ander is.
Unde ein verbum neutrum edder neutrale heth darumme also, dat id
noch werken edder lydent bedudet, unde geit uth up ein o, unde wen
men dar ein r to settet, so enis id nein latyn; ex.: sto, curro —
wente stör, curror is nein latyn unde wattan*^) dat lange staen, gaen
edder lopen wol arbeidelick is, nochtan enis id nicht proprie werck-
achtich edder lydenachtich; wente wan ik gha, sta edder lope, so endo
ick nein werck, ock so endeit nein ander nein werck an my, unde men
secht ok nicht : ik werde gegaen, gestaen edder ik werde gelopen.
Neutro-passivnm.
Ein verb. neutro-pass. in praeter, perf. unde in praet. plns-
quamp. unde ock in den anderen temperen, de van dessen twen for-
me ret werden, to schryvende unde to seggende gelyk*^) eineme verbo
pass. unde in den anderen temperen einem verbo neutro, unde desser
is V, also: gaudeo, gavisus sum; fio, factus sum ; soleo, solitus sum;
audeo, ausus sum; fido, fisus sum.
Nentri-passivum.
Ein verb. neutri-pass. to schryvende unde to sprekende ge-
lyck einem verbo neutro, unde heft eine bedudinge alse ein verbum
passivum. Unde desser is IV, alse: exulo, vapulo, venio, nubo. —
Ein deel auctores heiten desse IV verba neutra-passiva, unde heiten
alleine desse III verba : operor, mereor, divertor*®) neutri-pass., unde
ein deel anderen seggen : operier is deponentale unde divertor passivum.
**) lesens?
*•) watta M.
*^ gelykem M. Vgl. den fg. Absatz.
*^) idvertor M.
i
55
Deponens edder DeponeHtale.
Ein verb. deponens edder depooentale to schryTende edder to
sprekende gelyck einem verbo passivo unde bedudut gemeinliken alse
m verb. activuin, unde hetb darumme deponens edder depooentale,
dat id r nicht afileggen mach*^), wente depono, js, ere dat beth af-
kggen, afdoen edder adsetten, unde wan men dat r afdede, so eubleve
nein latyn ; ex. : luctor is ein verb. deponentale unde lucto is nein latyn.
CoinmDne.
Ein yerb. commune to Bcbryvende unde to sprekende gelyck einem
rerbo passivo, unde bedudet alse ein verb. activum, unde ock alse
ein pasa., unde darumme hetb id commnne, dat is ghemeic, unde deaser
is IX, alse : largior, experior, veneror, moror, osculor, hortor, criminor,
amplector, interpretor.
Impersonalia activn voeis.
Et aint ock verba impersonalia act. vocis unde der is meer denn
XI, alse: peenitet, tsedet, miseret etc.
Notabile.
Du acbalt dynen gantzen vlyt dar to doen, dat du einen iewelken
partem orationis, alee nomen, pronomen, verbum, adverbium, participium,
coniunctionem, prEepositionem, interiectionem unde regulas grammati-
cales gruutliken kennen unde vorstaen lerest, unde du schalt dy nicht
duncken laten, dat adverbium, coniunctio unde pnepositio lycbtliken
t« kennende unde to vorstaende sint, wente men vint vele baccularios,
magistros, licentiatos unde doctores in allen faculteten, de in eren
sermocioneren unde dictereu mennicb adverbia, mennige conjuuctie,
mennige präpositie bruken, de sy nicht to rechte vorstaen; unde id
siut ock Tele adverbia, coniunctiones unde prEepositiones, de se nicht
enweten edder nicht bruken der, ren umme des willen, dat sy der
Dicht wol envorstaen. Unde wo men de kennet edder bruken schal,
dat moet men in den rethorikenboken soken, Du schalt alletyd dyne
gtammattikenboker by dy bebolden, unde sunderliken einen guden ge-
corrigerden Donatum. einen guden correctum Alexandrum unde einen
goden correctum vocabularium; wente nemant enmach so vullenkamen
werden in grammatica, be entwyvele underwylen waer an, unde wen
den ein man dit edder dat nicht envorsteit unde gheme weten wolde,
unde enhefi't nein boek, unde schemet sik lychte to vragende, edder
be enheft nemandes, deo he vraghet, so is be dar ovel an. — Wen
dy latyn vaerkompt^*) des du mit deme ersten nicht envorsteist, so
enschaltu nicht drade aäaten, men du schalt dar so langhe mit umme
gaen, dat du dat vorsteist, wente dar kommestu mede in de waenbeit,
dat du lust unde leve unde genochte krigest to deme latyne, dat to
lerende unde to vorstaende.
(Et sie est önis.)
*^ Also wie lacus a sod luceudo t
*•) vaerhompt M.
»w'rjwr
56
Da es mir zu einer Vergleichung dieser Münsterschen Grammatik
mit anderen Münsterschen Urkunden aus dem späteren MA. jetzt leider
an Müsse fehlt, so möge nur die Bemerkung noch gestattet sein, dass
die Schreibung y (i) in einigen Fällen natürlich auf der Annahme
einer Tonlänge ruht, die ich in einsilbigen Worten jedoch nicht
mit K. Nerger (Meld. 6r. § 30) als nur secundär (aus mehrsilbigen
eingedrungen) betrachten kann. Vielmehr sind mir einsilbige yoU-
betonte Worte (d. h. alle einsilbigen mit Ausnahme der proklitisch
gebrauchten Formen des Artikels, unbetonter Prsepositionen u. dgl.)
den zweisilbigen insofern gleichwertig, als die nach der Tonsilbe not-
wendige Pause völlig den Wert jener tonlosen Silbe zu haben scheint,
vor der nach Nerger (§ 24) die Tonlänge. eintreten soll. In wie weit
aber der Silbenschlussconsonant gleichfalls eine Dehnung der vorher-
gehenden Silbe befördern kann — und es sind namentlich Liquidse
und Spiranten dabei ins Auge zu fassen (vgl. Nerger § 30), wol auch
in Fällen, wo ein abgefallenes r in Frage stehen würde — bedarf
einer eingehenden, besonderen Untersuchung, die eigentlich nicht mit
der Frage der Tonlänge unmittelbar zusammenhängt, vielmehr schon
im Gotischen in dem bekannten, mit J.Grimm gewöhnlich , Brechung'
genannten Vorgange sein Analogen findet. Wo aber beide Motive
zusammenwirken, habe ich um so unbedenklicher y gesetzt, z. B. in
hyr, — Andererseits halte ich auch in mehrsilbigen Formen wie z. B.
krigest die Tonlänge des i nicht für unbedingt erforderlich, nur dass
die Aussprache in diesem Falle sich der von krig'st nähert (vgl. alt-
nord. madhr neben isländ. madhur und altnorw. madhar); nach der
so vielfach wechselnden schriftlichen Darstellung allein dürfte es über-
haupt kaum gelingen, ganz feste Formen für den Yocalismus des Mnd.
aufzufinden.
GÖTTINGEN, Aug. 1878. E. WÜken.
Brxinsilgenholt.
ZuJahrb. IL (1876), 83.
Dass das brunsilgenholt, brasilium, des MA. vorzugsweise
die Henna sei, ergibt sich mit noch mehr Sicherheit aus den italienischen
toilette-anweisungen des 14ten jahrh., welche sich wiederholt auf an-
wendung durch die saracenenfrauen berufen: Anz. zur künde deutscher
Vorzeit 1877 Nro. 6, sp. 186 ff., namentlich sp. 188: „Rothe Schminke
macht man aus geschabtem rothholz (brasilium), das man in eine eier-
schaale thut" etc. Noch heute benutzen die Orientalinnen dazu die Henna.
ROSTOCK. K. E. H. Krause.
57
Dyt ys dy erfindunge und Wunderwerke des
hilligen sacramentes tho der Wilsnagk.
[2a] Nach der geborth Chrifti unfzers heren dufent drehundert
darna in dem dre und achtigeften iare, des anderen dages na unfzer
leven Frowen dage der kruihwiginge, am hilligen fundage, do wartb
de kercke tho der Wylsnagk unde dat gantze d6rp van Hinrick Bulowen
und fynen medehülpern gentzliken vorftört unde vorbranth. De prefter
äverft, perner den thor tidt, was nicht tho hufz unde hadde dat hillige
tacrament uppe dem altare gelaten an dren kleynen hoftien umb der
bancken lüde willen. Id geschach alfe de kercke noch brande, do
quam de prefter wedder tho hufz, dede umb fünderlike othm6dicheyt
unde ock gnade tho vordenende in de kerckwiginge tho Havelberg
was gewefen unde bedrftvede fick hertliken fere umb des hilligen
facramentes willen, dat he id nicht gereddet hadde. Alfo dat iegen
den avent tradt, do ginck de prefter fampt fynen buren mit grotem
iamer unde wemSdicheyt tho der Groten Lüben umb herberge willen.
Des fonnavendes tho nacht darna, alfze de fundach thokomende was,
legen de bure unde de prefter by dem fÄre, dede van groten jamer
unde handtflagenden mit velen reden weren rowweden unde entflapen
worden, do horde de prefter eyne sachtmödige ftymme unde nömede
den prefter by namen: ,Her Johan, gadt thor Wilsnagk unde holdet
miffe!' Tho haut entwakede de prefter. Alfze he averft nicht mer
vornam, leyde he fick wedder tho flape. Eyne ftunde darna hörde
de prefter den fulvigen ftimmen, den he thovor [21)] gehöret hadde, he
fchilde to der Wilsnagk gan unde holden miffe. De prefter antwordede,
he wolde dat gerne don. Alfo dat ock dy bure darvan entwakende
worden, de by deme füre legen, unde frageden den prefter, wes em
were. He antworde unde fede en dy rede, dy he ermals gehöret hadde,
he fchölde gan thor Wilsnagk unde holden dar miffe. Die buren
antworden dartho unde fpreken: ,Her, ydt heflft yw geducht van der
bekümmerniffe wegen, de gy hebben umme des fchaden unde des brandes
wegen, de uns angegan ifz': mit fodanen klegeliken reden worden fy
wedder entflapen. Alfze dat in der dageringe was, do quam dy
filffte ftimme, de he er gehordt hadde, unde fprack ene ernfthaftigen
tho unde grep den prefter by fynem rechteren arme, dat he dat merck
beheldt beth an fyn ende. Alfe dy buren dit fegen, do nemen fy
misgerete und gingen meth dem prefter thor Wilsnagk. Alfze fi dar
quemen unde de prefter dat altar, dat nach des hylligen blödes altar
werdt genömet, reyne begunde tho maken van dem brande, do fach
he de iij hoftien uppe deme corporal liggende up deme f&lveften altare,
& up eyner iewelken hoftien eyn blödes drape. De prefter vorfchrack
-ivFTwrf!."'
58
van herten fere unde rep dar dy lüde tho unde wyfede en dat
wunderteyken. Die prefter helt dar miffe, alfz em gefecht was. Don
dy miffe uthe was, naxn he dat hillige facrament mede tho der Lüben,
wente thor Wilsnagk nichtes was, dar me dat inne bewaren künde.
Achte dage darna done gingen dy weker, dede vor der middernacht
wakeden dat dörp, unde fegen viflf weffen kertzen vor dem hilgen
facrament bernende, de van der kraflft des hilligen facramentes weren
bernende worden. De vif kertzen berneden fzo lange dat de prefter
miffen helt. Alfze dy miffe halflf uthe was, don gingen twe van fick
fülven uth unde iij bleven bernende. De fülven iij drogen fy mit
groter werdicheyt vor dem hilligen facrament [3a] wedder thor Wils-
nagk unde gingen wedderumb mit den kertzen thor Lüben, noch gingen
fy nicht uth van deme winde. Ock weren fy nicht körter geworden
van deme bernende. Darna wardt de prefter van dem bifcop geefchet
unde underrichtede em alle diffe Wunderwerke unde gefcheflfte, de
gefchen wem, unde was uthe twe dage unde twe nacht unde badde
dy kertzen gemeten in dy lenge. Do he nu wedder tho hufz quam,
vandt he di kertzen noch bernende unde weren nicht körter geworden.
In der fülften tidt wände dar ein bur genömet Slantze, de fprack:
,Id ifz godes teyken, fzo wy alle fzen', unde puftede twe kertzen uth
unde noch worden fy wedder bernende. Thom drüdden male puftede
he eyne uth, tho handt gingen dy anderen van fick fülven uth. Do
man fy wedder wolde anbernen, wolden fy nicht bernen. Twe fint
dar nach thor fteden : dat drüdde müfte de fülvige man vor fyne fünde
tho Rome dragen.
Darna eyne mercklike tidt vorgangen, alfe de myracula unde
grote teyken van dage tho dage gefchegen van der kraft des hilligen
facramentes. Don fülveft ifz de erwerdige in god vader unde her her
Theodericus, don tho der tyd bifcop tho Havelberge, umb fünderlike
innicheit unde othmodt ock thor fteden gekamen unde fick bereit eyne
miffen tho holden up deme altare des hilligen blödes. Alfze he nu
dy hoftie geconfecrert hadde unde upgehaven, leyde he fy uppe dat
corporal manck dy andern v iij hoftien unde hadde in fick twivelinge
up de iij hoftien, eflfte fy ock geconfecrert weren. Heflft he apenbar
gefen, dar dat blodt der middeften hoftien ifz fzo grod geworden unde
fick vörmert. Were dat nicht vormiddelft de crafft gades entholden,
dat wer gentzliken över dat corporal geflaten. Und mit der tyd, er
dy miffe uthquam, ifz dat wedder van der fchickinge gödes in de
erfte geftalt gekomen. Alfze nu dy miffe geen- [3b] diget was, ifz de
bifcop mit fynen denern na der Plattenborch up fin flodt gereyfet
unde in dem wege mit groten fufiften und uthgeten fyner thrane
geapenbaret, wes eme were weddergefaren in fyner miffen. Dit
fülvefte mirakel hebben ock gefen de praweft van Havelberge unde de
perner van Olden Rüppin unde apenbar vor dem bifcop unde fynem
gefynde bekanth fo dans gefchen unde waraflftigen gefzen. Darumb
de fülvefte bifcop nach mer unde gröter drüffniffe gekregen het unde
gedacht, dat fodane wunderteyken fynenthalven weren erftanden,
5»
mtchdem he in der mifren twirBlde und gedachte, dat dy iij hoftien
nicht weren geconfecrert, funder van boshafftigen minfchen txo mit
blöde beftreken, unde wolde fy in der miffen mit den andetn hoftien
nach eins confecreren unde benedien. Unde heth fynen deneren Tan
worde tho worde vorteilet alte fcbefft, wo baven berflret fyn.
Darna in körten tiden fyn grote vele unde untellike wunderwercke
van der crafft des billigen facramentes gefcben und nach von dage tho
dage gefchen, Manck allen ifz doch djt im erften gefchen. So dat dar
ilz geveXen in der wifck tbo Lentzen ein eddelman bynamen Diderich
Wenckfteme, allze be nw mit twen fynen deoern ifz van fyner borch
geraden unde in dem wege van dem hilligen faoramente fire rede
gehadt hebben, doch dy gedacht Didericb mit hfinliken worden gefpottet
Qude geredet van dem hilligen facrament. Älthobandt alfe Tyne denere
ein wenich vorh&n gereden fint, ifz he blind geworden, fo dat he
ii«rgenhea kommen künde, unde grote wedagen in fynen ogen geleden
Dnde heSt van ftund gnade fampt Fynen denern van deme almechtigen
gade gebedeD unde fick mit xxx mannen wullen und barveth') thor
Wilsnagk gelaveth. Allzo yfz he balde gelunt worden unde darna fyn
gelsfite mit g roter othmodt und inuicheyt geholdeii.
[4a] Dylh fulftige wunderteyken hefft dy ergedachte Diderick in
iynem dodtbedde in iegenwardicheit fynes bichtvaderB und ander mere
apenbare bekaudt. Differ miracula unde Wunderwerke vele, dy de
gefchen und b&den von dage tho dage gefchen, alfze men in ethliken
bäkern dar tbor ftede befchreben ^nt*), hebben ock angefen un/e
hillige vader de paweft, cardinale und bifcope unde hebben dy fulvefte
ftede ummö der groten wunderwercke willen, de de almecbtige godt
deyt umme werdicbeyt dea hilligen facramentes, mit groter gnade unde
aflath begiftiget, fzo ein yderman dar tho der ftede hören unde
lien mach.
Ich fand Vorstehendes auf zwei gedruckten Blättern der Gym-
MBial-Bibliothek, mit aij und aiij bezeichnet: offenbar fehlte das Titel-
blatt und mindestens ein Schlusablatt. Herr Dr. Walther in Hamburg
hiitte die Güte, mich auf Wiechmann, Meklenburgs altniedersächsiscbe
Literatur. Tb. I., Schwerin 1864, aufmerksam zu machen, wo N. XXV,
S. 60 über einen Rostocker Druck der Wilsnacker Legende vom J. 1521
(wiederholt Ludecus, Hiftoria von der Erfindung — des — heiligen
Blates zur Wilfznagk, Wittenberg 1586 und Riedel cod. dipl. I, 2,
S. 121 ff.) berichtet und S. 61 eines Magdeburger Druckes vom Jahre
1509 Erwähnung getban ist, dessen einzig bekanntes Exemplar in der
BerHner Bibliothek sei, während noch ein zweites Sulpiz Boisseree
besessen haben solle. Die Vermuthung des Herrn Dr. Walther, dass
unsere beiden Blätter zu dem Mt^deburger Drucke gehörten, hat sich
') wallen unde barvot. Magd. Schöppen-Chron. 49,3,
*) Btatt fynt?
60
bestätigt. Durch die dankenswerthe Güte der Berliner Bibliothek
habe ich das dortige Exemplar mit den beiden Blättern unserer Bi-
bliothek vergleichen können. Das vollständige und ausgezeichnet er-
haltene Berliner Exemplar (Libr. iropr. rar. 4^ 194) hat 4 Blätter in
Klein-Quart. Bl. la enthält den Titel: Dyt ys dy Erfindunge
vnd [Wunderwerke des hillige fa|cramentes tho der
Wilfnagk^), und darunter in einem Viereck von Doppellinien das
Bild einer Monstranz mit Hostien darin. Die Rückseite des ersten
Blattes ist leer. Das vierte Blatt endlich beginnt mit dem letzten
Absätze: Dyth fulftige etc., der ein gutes Drittel der Seite ein-
nimmt. Nach einem Intervall von ein paar Zeilen folgt in drei
Zeilen: Ghedrucket vnde vullendet In der Stad|
Magdeborch dorch Jacob Winter. Na der | geborth
crifti. M. GGGCG. ix. Die Rückseite des vierten Blattes ist leer.
HALBERSTADT. Gustav Schmidt
Niederdeutsches in Handschriften der
Gymnasial-Bibliothek zu Halberstadt
II.
(s. Jahrb. 1876. S. 27—33).
1. Sprüche. Saec. XVI. in.
1. De my myt fchonen reden denet
unde myt dem herten nycht menet,
dem wyl yck wedder vorlenen
fchone rede funder menent.
2. Vortruwe up Godt unde nycht vorzage,
gudt unde gelucke kumpt alle dage.
3. Konden mych myne gedancken bryngen darben,
fo wer yck oflft, dar yck nycht byn.
4. Och vorlaügen vorlangen,
dy was yck entgangen:
fcheyden heflft my erdacht,
dat my nycht mer vorlangen mach.
') Die beiden ersten Zeilen mit etwas grösserer Schrift.
61
5. Den yck mach lyden,
den modt yck mydenl
dar yck gerne by wer,
de kumpt doch Felden her:
den yck nycht lyden mach,
de kumpt my den ganzen dach.
6. Bedrovede herte fcholen foken
fchone frowen myt wytten doken,
dartho den Rynschen kolen wyn,
ick wet en nen beter medicin.
7. Dyftel unde dorne fteken Ter,
valfche tungen noch vele mer,
vele lever wyl yck yn dyftel und dorne baden
alfe fyn myt valfchen tungen beladen.
8. Och wat em wol fchut,
de affledt, er he vorlaren fudt!
noch fudt mennych vorlaren fpyl,
de doch nycht afflaten wyl.
alfo fecht Cato:
wol nycht wyl vor tho fen, de fe na tho.
9. Mennych fraget, wo yt my geyt:
gyüget my wol, dat wer em leydt.
myt fulken reden, alfe he yt menet,
fo wyl yck lachen, wen he wenet,
yt fy fyn fchemp edder fpot:
wat he my gunt, dat geve em Godt!
10. Och wat he fer dwelt,
de enem anderen fyn herte bevelt
unde fynen fyn darhenne kert,
dar me fyner nycht begert.
yck hebbe nyn better dynck gelefen,
den recht don unde metych wesen.
11. Ick wolde gerne weten, wo de hete,
de fyck von frowen nycht oven lete.
Adam unde Samfon,
Davidt unde Salomon,
fynt alle geovet van den wyfen:
wol kan nu ungeovet blyven?
doch merke myt körten worden,
dat du dy hodeft an allen orden.
12. En wol bewandert wyflf,
en pert, dat up den haken ys ftyff,
unde en knecht, de vele heren hefft gehat;
darup henge nemant fynen fchat.
■'iC«??W
62
13. Aller weit fyn unde modt
trachtet nach dem tydeliken gudt,
unde wen fe dat erwerben,
fo leggen fe fyck nyder unde fterben.
14. Trurych tho mate ys alle tydt gudt
dem, de fyck fulven troften modt.
ick hebbe yt vorfocht yn körten tyden,
ick was gans trurych, yck moft yt lyden.
nu wol an,
efft yck kan,
wyl yck my frolyck holden
unde fchen laten, dat wefen modt,
dat my vaken unde vele truren dot.
15. Ich mende, yt wer ydel eken
allent, dat de lüde fpreken:
nu ys yt kume lynden,
de warheyt kan me nergen fynden.
16. Wol kant fo maken, berychte my,
dat yt alle man tho dancke fy?
17. Truwe frunt unde en vorfocht fwert
fynt yn noden vele geldes wert.
18. De wyl ftraffen my unde de mynen,
de fe erften up fyck unde de fynen:
fudt he den gans nen gebreck,
fo käme he baldt unde ftrafife myck.
19. Mennych fecht vam anderen qwadt,
de fulven nycht gudes ym herten hatt.
wer yt en vor dat hovet gefchreven,
wat fe er dage hedden bedreven,
fe fcholden fyck wol twye bedencken,
er fe enem anderen fyn er fcholden krencken.
20. Ick byn de yck byn,
wylde ys myn fyn,
hoch ys myn modt,
den ys myn gudt,
van wem yck nycht enhan,
de fchal my wol myt frede lan.
21. Och wat twe herten lyden,
de fyck leven unde moten fyck myden:
jodoch wert yt nycht geachtet,
fo de ene des anderen wachtet.
22. Leve ys leydes anvanck,
yt war kort eflfte lanck.
1 i
63
23. Wol fyck up Godt vorlet up dyffer erden,
de fchal Dummer Torlaten Verden.
24. Byt ys nu der werlde ftat:
ick do dy gudt, du deyft my qwat,
ick beve dy up, du werpeft my oedder,
ick ere dy, du unereU my wedder.
25. Wat Godt befchert
ken myDfche gewert,
wat Godt Dicht gundt,
ken arbeyt gewyut,
26. Grote gewalt blodet den fyn,
forge brynget wysheyt yn,
udtfacbt liÜ,
dar de weit nicht up gyst.
27. Wat wet he gudt edder quat,
dem yt alle tydt wol gat.
roer de van beyden befft geprovet,
de wet, wat en ander behovet.
Die vorstehenden Sprüche sind eingeschrieben in die deutsche
(auf der Bibliothek des Dom-Gymnasiums unter Theol. M. II. 638 be-
fiodliche) Ausgabe von Bernhardus de Breydenbach, opusculum sanc-
tarum peregrinationum ad sepulcrum Christi (Hain I, 3958), und
zwar stehen sie auf der Kückseite der Ansicht von Venedig, die auf
8 Folioblättern aufgeklebt ist. N. 1 — 10 (die Nummern füge ich
hinzu) stehen auf einem, 1 1 — 16 auf einem zweiten, 17--23 auf einem
dritten Blatt, 24. 25 auf der Vorderseite des Bildes, 26. 27 auf der
folgenden Textseite. N. 8 ist zum 2. Male geachrieben zwischen 10
und lt. Hinter 23 steht von einer andern aber wol gleichzeitigen
Hand, mit Anspielung auf N. 1 1 : ^
Ich weis nicht, wei der heilt,
der fich van yunckfreuwen nicht oven leift.
bot dich ein yunger feile ftolth,
de leip maket leffel ane holt, anno 1510.
Dieser letzte Spruch scheint von einer Hand geschrieben, die des
Niederdeutschen nicht recht mächtig war (cf. leip, leffel). Der erste
Eindruck ist gleich, dass die Sprüche von einer Frauenhand geschrieben
sind. Unter der ersten Reihe (1 — 10) steht: M. V, D, L. und auf
dem Titelblatte, als Besitzerin des Buches: .Margreta van der Luhe'
nnd nochmals ,Margrete van der Luhe', doch ist der Familienname
beide mal nur mit Mühe zu entziffen, da derselbe mit Tinte zu-
gestrichen ist. Auch das M. V, D. L, ist beschädigt, indem das
unterste Viertel der Buchstaben bei dem Einbinden weggeschnitten
ist: die Sprüche sint also vorher eingeschrieben. Gebunden ist das
Buch erst später mit der Signatur C. V. D. A. J. G. G. 1612, d. h,
Curd von Dorftadt, Alles in Gott geftellt.
/:"-;y*ti
64
Die Zeitangabe: 1510 wird richtig sein.
Ein Sprach in einer Handschr. 8. XV (129)*
Der geyftliken unorlicheyt^),
des hofwerkes unhovefcheyt,
in fteden unde dorpen uneyndrechticheyt :
merket wat dut fchaden deyt.
Sprach von Studenten (S. XVI).
Studenten art, juncfrawen zart,
eddeler blot gheboren nu war[t].
Wan ein ftudente wart gheboren,
80 werden ome dre bure utherkoren:
der erfte, der one nert,
der ander, der vor one in de helle vert,
der dridde holt ome ein ftoltes wib:
darumme drecht her en ftoltes lib.
2. Medizinisches :
a) Saec. XV. (cod. 29).
Ad Caput : yngever calamus encian, de make to pulvere, up eyn
ryven to wrif unde nym eine underrinden von eym brode^ make de
nat in wyne edder in fcarpem eteke. hed he neyn win, legge de
rynden up de kollen unde rofte fe, dat fe warm werde, unde ftrawe
dat pulver up de rinden brodes unde eyt dat avent unde morgen.
b) Saec. XV (cod. 123).
Ad ftomachum : nym entian zeduar calamus ingever, de crude
rive up eyer rive unde nym de underften rinden van dem brode, mak
de nat in wine edder in beyre unde rofte de, legge de pulvere up de
rinden unde et dat des morgens,
c) S. XV ex. (in cod. 146 eingelegt).
Id is to weten, dat dit bet gud is vor de mala francofa unde is
gevunden in eynem olden toftotten clofter in Franckrike in eyner fteynen
fule, Maliers genant, dat het geftan twehundert jar unde ver jar na
Criftus bort unde do het me diffe crancheit genant de bleddern funte
Job. we dit bet bi fik drecht edder alle dage fpricket mit rechter
andacht, de is feker vor den bladderen genant Jobs bledderen edder
mala frantzofa. unde me fcal to dem erften fpreken v paternofter
unde dit bedeken:
0 leve here hymmels unde der erden, de du den geduldigen Job
dorch dyne vorhengeniffe leteft flau dorch den vint der mynfchen mit
den heftigen plagen, dat neyn mynfche gewan^) mit fo groter lemynge
der lede van den voten wente to dem fchetele vorferiget wart, fulke
plage wedderumme heft van ome genomen dorch fyner groten gedult,
*) entweder verschrieben statt unerlicheyt d. h. ünehrbarkeit oder späte
Contraction von unordelicheyt d. h. unordentliches, zuchtloses Wesen. C. W
') müsste as. gio hwanna lauten = ahd. io wanne, jemals. C. W.
66
ik Tormane dik, fchepper himmels unde der erden des geloftea mit
foe, der vorefrchiuge Abrahe, des juramentes na der ordineringe Melchi-
zedech, der erwachtinge Symeones, de du alle des otden tefCameiites
geleiftet lieft in ewicheit, hef up dlffe plage der bladderen mala fran-
lofa genant unde lat mik armen funderinnen nich beflecket werden,
gedencke der hilgen vorfonynge mit Noe twifchen dik unde den myn-
[chea, den fmtäot nuramer to Tenden, gedencke Abrahammes biddJnge
jegen Sodoma unde Gomorra unde vorlat mik fulker plaga dorcb diffe
bilgeu vormanynge unde unulfprekelike barmherticheit, behode unde
beschütte under dyne befchuttinge vor dem flanden engel differ plage,
de du bift god vader mit dem föne unde dem hilgen geifte van
ewicheit to ewicboit iummer mer unde ewichliken. Amen.
3. Van den apoftelen. S. XV. (cod. 133.*)
Item twene apoftele Tunte Philippus nnde Tunte Jacobus ligghen
Ib Rome in funte Feters munfter, alfe me in gheyt uppe de linckeu
band, dar is Br ghebente ynne »ormuret in eynen pilre der kercken.
darover edder darentyghen uppe de rechten band, dar lyt Tunte Simon
unde Tunte Judas in eynem pilre. ock ore ghebente bemuret unde
twen fchone alter Ttan an den puren, unde duTfes ghebeutes enmach
uemende werden, men moTte denne de kercken tobreken, unde dyt en dar
nemant don wen de pauwes alleyne unde deme Ttaden des ock de
Römer nicht, dat he dat bilghedom vorgeve van Rome.
Tunte Peters ghebeente unde Tunte Paules ligghen under deme
hogben alter Tunte Peters in der klufft ock vormuret under dem alter
unde dar dar nemand miTfe vor Tingben wen de pauwes alleyne.
Tanctus Bartbolomeus licht ock tho Borne twyTcben den twen
Tiberenbrugghen in eynera groten munlter, dar de Tiber umme gheyt,
liol doch dat he in Campanien ghemartert wart in eyner ftad de het
Boanifente, unde is van Rome wol hundert mile.
duTTe Teren apoTteie ligghen to Rome in der hilghen Ttad. de
achte apoTtel Tanctua Matbeus lyt in deme lande to C[a]laberen in eyner
Itad de heyt Salerne.
de neghede apoftele lyt in eynem land dat het Principate unde
is de leve MIghe apoftele Tanctus Andreas unde lyt in eyner Ttad de
tet Malff unde is twe daghereyTen van Salerne unde veer daghe-
»1 rejTen van Tunte Nicolaus to Bare,
de teynde apoftele funte Mathias lit to Trere.
de elffte apoftele fanctus Jacobus lyt in eyner ftad de hed
Conipaftel in eyncm lande dat hed Galicien.
1 de twelTEte apoftele Tanctus Thomas de lyt to Yndien. de rechte
overvart to duTTem apoftele ia uppe jenTyt Tunte Jacobe twehundert
mite weghes in eyner Ttad de hed Sebilien.
de drutende apoftele fanctus Johannes ewanghelifta is myt live
•) Dieser Bericht bis ,alle godes in deme ewighen levende' ist Uebersetznng
eines Abschnittes aus dem heiligen Leben dea Hermann v. Fritslar, s. Frz. Pfeiffer
Deutsche Mystiker des 14. Jhs. 1, 123.
NiedsidantBOliM J»hrbnali. m. 5
V -•'**WWft?T'
66
unde myd feie in dem ewighen levende, alfe we mildichliken loven
fcholen. duffe [gebruken] alle godes in deme ewighen levende.
dar na kam he in dat land Afya, dar ward he an en cruce ghe-
henghet unde ward myt fteynen to dode gheworppen. alfo nam he fynen
ende unde vor tho deme almechtighen gode. unde de lutteke funte
Jacobus ward eyn bifchop tho Jerufalem unde ward myt deme predeghe-
ftole umme worppen. do kam eyn loppende myt eynem wullenböghen
unde floch ome fyn hovet entwe, alfo nam he fynen ende.
HALBERSTADT. Gustav Schmidt
Bemerkungen zn einigen der vorhergehenden Sprüche.
Zu Spruch 24 bemerke ich, dass Jacobs im Ilsenburg. ÜB. 11,
S. 110 von der Rückseite einer Ilsenburger Urkunde v. J. 1502 anführt:
dyth ys der werlde Ißpp :
alse es in der werlde geyt:
do myck leflf, yck do dyr leyt,
help myck upp, ick stote dick neder,
erst du myck, ick sehende dick weder. G. Schmidt.
No. 2. Vgl. Germania 20, 339:
Unmut diit we,
Armut noch vil me;
Doch geselle nit vorzage :
Glücke kumet alle tage.
No. 8. Die Berufung auf die einem Cato zugeschriebenen disticha
de moribus ist vielleicht nicht gar zu genau zu nehmen. Wenigstens
finde ich in der von Zarncke ,Der deutsche Cato. Leipzig. 1852.'
gegebenen mhd. Uebersetzung keine Verse ganz desselben Sinnes;
ähnlich ist v. 527:
Du solt diu dinc von erste besehen,
So mac dir niht misseschehen.
Doch könnte eine der ndd. Bearbeitungen, von denen Zarncke nur
Proben mitgetheilt hat, einen mehr stimmenden Ausdruck enthalten.
No. 9. ndrrhein., 15. Jh.:
Ifz fraget mancher, wye ifz mir ghee.
Gyngh yfz mir wail, yfz dede ym wee.
Germania 19, 303.
No. 11. Oven, quälen, narren, s. Mndd. WB.
Segge my doch, wo de heten,
de sick so nicht narren leten?
Salomon was de wyseste man,
de sterckste ys genömpt Samson:
noch würden se beyde bedört
und d6rch der Fruwen list vorv6rt.
Joh, Stricerius De düdesche Schlömer G VUI b.
V .1'
67
No. 13. Eschenburg Denkmäler altdeutscher Dichtkunst. Bremen.
1799. S. 412. Priamel 40:
Wir streben auf erden nach nichts so sehr,
Als nach gut, hoffart und ehr;
Und so wir das denn alles erwerben,
So legen wir uns nieder und sterben.
No. 15. Spruch aus Reval a. 1512:
Ik mende, dat wer alle eken,
Dat my de lüde to spreken.
Nu is dat men elderen und lynden,
By nymands kan ik truwe finden.
Truwe is ut der werlt gejaget,
Nement dem anderen war saget.
Mndd. WB. 1, 649, 2 aus ,Beiträge zur Kunde Esth-, Liv- und
Kurlands' I, 2, 224.
No. 16. Dieser Spruch steht auch unter der astronomischen
Ühr in der Marienkirche zu Lübeck, die zwischen 1561 und 1565
verfertigt ist; s. Deecke, die Freie und Hansestadt Lübeck.
No. 17. Fridankes Bescheidenheit 95, 18:
Gewisse friunt, versuochtiu swert:
Diu sint ze noeten goldes wert.
No. 22. Walther v. d. Vogelweide bei Lachmann S. 88, 19. bei
Pfeiffer No. 3, 8. bei Wilmanns No. 63, 8:
Daz si da heizent minne,
deis niewan senede leit.
No. 24. Ndrrhein., 15. Jh. :
Idt ist nu der werelt staet:
Do my ere, ich doen dir quaet;
Hyeff mych off, ich werffen dich neder;
Do myr ere, ich sehenden dich weder.
Germania 19, 303.
No. 25. Den Inhalt der beiden ersten Zeilen führt weiter aus
die zweite Priamel bei Eschenburg Denkm. S. 395.
HAMBURG. C. Walther.
Rummeldeus.
Nachstehende Verse sind gedruckt in H. Sudendorfs Urkunden-
buch z. Gesch. d. Herzöge v. Braunschweig u. Lüneburg u. ihrer
Lande 9 (Hannover 1877), S. 127. Sie befinden dch in einem Re-
gistrum der Herzöge. von Sachsen-Lauenburg, das 1436 angefangen
und bis 1514 fortgeführt ist, und sind von einer Hand geschrieben,
die 1436—40 Urkunden in das Registrum eingetragen hat. Bei der
Abgelegenheit der Druckstelle wird es nicht unangemessen sein, das
Gedicht hier zu wiederholen.
5*
68
In demselben Begister steht von einer Hand aus der Mitte des
15. Jahrhunderts: Desse underscrifft is uppe den koppernnen palen
in kopper gegaten to Lubeke uppeme Hinxerdamme (1. Huxerdamme),
dar se den ze to Raceborg na holden unde stouwen scholen unde
nicht anders:
Gurret ad hec scripta
Libera semper aqua: uppe deme enen pale;
De vrye waterdrijfft
Schal gan uppe desse scrifft: uppe deme anderen pale,
üeber diese Staumale s. Wehrmann in Ztschr. f. Lüb. Gesch.
u. Alterthmskde. 3, S. 352, der (Anm. 8) die Inschrift derselben mit-
getheilt und auf die auch durch sie bezeugte Reimlust des Mittelalters
(s. Jahrgang 1875, S. 108) hingewiesen hat,
Rummeldossz, ik moth dy drincken,
Schulde ik dy myt den ogen wenken,
Dat rede ik al by synne.
Wen ik dy kan haven nicht,
5 So byn ik gar eyn blöder wicht,
Ik en weit, wes ik begynne.
Och Godt, wor neme ik drinckelgelt?
Myn etent is gar klene;
Wen ik des nicht have bestelt,
10 So byn ik gar en blöder helt,
ünde^) wiset mick uther meyne.
Wittepennynck-, drelinckschult
Deit mick de krogersche^) grot undult
Und spreket mick an myne ere.
15 Wen ick upp der Straten ga,
Byn^) ik er der pennynge twe,
Se schreyget balde: waffen! na
Also umme de marcke*) tene.
Ik drincke dik, borge und sette en pant,
20 Ik hape rike to werden;
Ik sta ghescreven upp der want,
Noch ga ik upp der erden.
Deme gesellen, deme ik myn beyer entbot^),
De sprak: ,ik helpe dik uther noth
25 Myt enem naten plunden^).
Ik wil my by de wende flyten
^) Lies: men?
*) Lies : der krogerschen ? Macht, verschafft mir die Ungeduld der Krügerin.
8) byn = byn schuldich: Hans. Geschsblätter Jahrg. 1874, S. 64: de ismy
3 mark ; S. 68 : myn ghelt, dat he my is ; S. 71 : umme de 10 mark, de ik ju bin.
Aehnlich bliven = schuldich bliven : das. S. 73 : men ick blef eme 3 edder 4 mark
van den flasse.
*) Lies: der marcke. Als wenn ich ihr zehn Mark schuldig wäre.
^) beyer entbot: Bier zutrank.
*) plunde: Lappen; vgl. Mndd. WB.
'•rrZ- /..ä^'A
69
ünde wisschen aver de screven kryten,
So bystu gar untbunden'.
,Nen werlik dat wer ovel dan,
30 Loven will wy holden;
Uns werdt wol, des wy nicht en han;
Geluck mot uns walden'.
Aldussz vorbrinc ik myne jar
Myt sorgen unde myt moyen;
35 En ander werdt des wol enwar:
Ydt enregent eme neue koge.
HAMBURG, BARiMBEK. K. Koppmann.
V. 1 Lies Rummeldoisz ? So bei Dittmer Sassen- u. Holstenrecht
S. 43. 44. (a. 1537) u. S. 50 (1540). Doch ist die letzte Silbe er-
sichtlich nur lautmalend, kann also leicht variiert haben. So führt
das Mndd. WB. eine andere Form Rummeldues an. Aehnlich wechselt
Arent Dirksen Vos in seinem Kriegsliede der Geusen (van Vloten,
Nederlandsche Geschiedzangen I, 356. van Lümmel, Nieuw Geuzenlied-
Boek S. 5) bei der Nachahmung des Trommeltones : Slaet opten trom-
mele, van dirredomdeyne, Slaet opten trommele, van dirredomdoes.
Zu der Form Rummeldues lässt sich vergleichen das Schimpfwort
kuckedus im mndd. Schauspiel Theophilus, hrsg. v. Hofifmann, 1. Druck
Z. 98. Am gewöhnlichsten wird aber die Silbe dey in solcher Weise
zur Bildung von Interjectionen, Appellativen und Namen verwendet.
Es sind deren eine Unzahl gebildet worden von Walther's v. d. Vogel-
weide guggaldei und den Neidhart'schen -deis an bis auf Gutzkow's
Drommeldey und v. Schweitzer's Mackedei. Hier will ich nur noch
einen zweiten Biernamen heranziehen, nämlich Kinkeldey, wie nach
Piderit Geschichte d. Grafsch. Schaumburg S. 95 im 16. Jh. das Bier des
Fleckens Rodenberg hiess. Der erste Theil von Rummeldeus enthält
wohl das Verb rummeln, entweder mit Anspielung auf die Wirkung
dieses Biers im Magen, oder weil vielleicht vielerlei Ingredienzen zu
demselben genommen wurden, etwa so gemeint, wie man Rummeldey
eine Gegend der Börde Rade nennt, welche aus Wiesen besteht, , wel-
che nach verschiedenen Dörfern gehören*, Pratje, Altes u. Neues aus
Bremen u. Verden 2, 55.
V. 13. Sollte nicht vor wittepennynck zu ergänzen sein ,umme'?
Dann ist die Besserung in v. 13 unnöthig und v. 14 fällt nicht aus
der Construction.
V. 16. twe reimt weder zu ere, noch tene. Dem Masculin
penning gebührt aber die Form twene statt des neutralen twe, so dass
V. 16 und V. 18 reimen. An der Construction ,ik bin mit Dativ der
Person u. Accus, der Sache' = ich bin einem etwas schuldig, ist nach
den von Koppmann Anm. ^) beigebrachten Beispielen nicht zu zweifeln.
•> •• -tT-^T^r^
70
Diese ungewöhnliche Gonstruction ist auch vollkommen verständlich
und richtig, wenn eine Ellipse von ,schuldig^ stattgefunden hat. Zu
dem blossen Verbum ,sein' hätte sich besser der Genetiv der Sache
geschickt. — Tene statt teine ist bemerkenswerth.
V. 23. deme gesellen, deme etc. über diese Attraction s. J. Grimm
kleinere Schriften 3, 312. ff.
V. 27. kryte mit t bekanntlich richtig, der Ableitung von Greta
entsprechend.
y. 32. statt uns ist wohl unser zu lesen ; denn walden regiert
den Genetiv.
V. 36. Dieses Sprichwort habe ich weder bei Wander, noch bei
Harrebomee gefunden. — koge, Kühe.
HAMBURG. C. Walther.
Braunschweigische Fündünge.
Die folgenden Stücke hat Herr Archivar Hänselmann in Braun-
schweig im Stadtarchive daselbst vorgefunden und dem Bedactions-
ausschuss zur Publicierung freundlichst übe^rwiesen. Fast alle sind
Blättern entnommen, die als Deckelbeklebung gedient haben. Der un-
bekannte Löser derselben hat unterlassen, die Bücher anzugeben, aus
deren Einbänden er sie gelöst hat. Ich habe mir erlaubt, einige
Worterklärungen und Nachweise unter dem Texte beizufügen.
HAMBURG. C. Walther.
I.
Gebet.
15, Jahrb., unvollständig, auf der ersten Seite eines Doppelblattes in
4^, welches zur Deckelbekleidung gedient hat.
Wan de malediden gans vorgliden*)
Unde to den bitteren vlammen striden*),
So rope my mank de benediden.
'^ versinken.
') schreiten.
Ilc bidde imiich aude dsle boghet —
5 Myn herte ia alze asche vordrogbet —
Hebbe ach[t] up myoes endes jogbet').
Vul weneudes is de streogbe d&cli,
Dar ut der ameren eick upheven mach').
De mjDacbe schuldicb to richtende steyt.
10 God, gif em dyne barmberticbeit.
0 mylde Jhesu, leTe here,
Gif en rouwe an dyner ere. amen,
II.
Van der'') wapen Kristi.
15, Jahrb., folgt vorstehendem Gebete, von gleicher Hand geschrieben,
auf der zweiten und dritten Seite des Doppelblattea.
Kynt, ik wil floreren*)
Schilt, beim ena Torsten werdich
ünde wil ayne wapen blaseneren*),
Dede ersten^) street so ein helt vulherdich*)
5 Unde toch ver ut deme overlande*),
Ma willen synes vaders,
Unde syne vyent'") menlicb anrande.
En schilt is rot so en robyn,
Dar in en cruce gbeslaghen,
10 Geliik eneme amaragdus fyn.
Dat overdel enen parlden") bref^*) kan dragen
Myt eddelen ver bokataven twar,
Swart agetvar") ingeachreven : J, N. R, J.
Baven dat crucifixe quarteret dar.
15 En Speer is rot van golde
Myt encm sulveren iseren"),
Dat schen^^), alzo be wolde ;
*) ,Die Jugend meioes Endes' verstehe ich nicht.
*) lies: denjaraeren? vgl. mhd. ämer = jämer,
•») lies ,den'?
*) verherrlichen,
•1 frz. blasonner,
•l vormals.
») standhaft, tapfer.
^ ver, fernher; .oberlant' auch mhd. oft fiir ^Himmel'.
") Plural, a. Nerger Ndd. Gramm, g 117.
"i mit Perlen geziert, überh. geziert, geschmückt,
'•) Schrift.
") agatfarbig. Ueber den Agetstein s. agestein im Mhd. WB., agstein ii
Grimm's WB. und agetstein im Mndd. WB.
*<) Der Schaft ist von Gold, die sonst eiserne Spitze hier von Silber,
"^ schien.
72
En bessern, gheschortet^*) van nyen riseren,
Dar by iij stumpe negele blynken,
20 Dar negest en harne geysle^')
Myt iij knäpten knopenswinken^®).
Ene stenen mormelyne^^) sfil was beret dem vorsten,
My[t] repen brun graw was se gekörnet^^).
He rep Hely, do em began to dorsten,
25 Sunne unde mane sik darvan vortornet*^).
Se boden em etik unde bitter gallen.
He sprak: id is vullenkomen,
God . . .*^) den geest, dat liif mut dotlik Valien!
Joseph van Aromathye
30 Dat was des vorsten ridder,
In allen dogeden vrye
Begrof he en dar nyder
An en vur (!)^^) nye graf
Van mormelyne steine.
35 Twar an den dridden dach stunt he wedder uf,
Lifachtych unde reyne^^).
Do wart em angebunden
Syn vane, rot van syden, an en cruce schon.
Myt vyve den hilgen wunden
40 Berovede he den vyent. He rep luden don^^),
He brak em dar de veste,
De vyant wärt vordrungen
Van Kristo, aller vorsten ho de beste^^).
We em nu vormanet syner martelye
45 Unde denket an de wapen,
Vor arghem kan he ene vryen,
^®) zusammengebunden.
") eine härene Geissei, aus von Pferdehaaren gedrehten Stricken, aus harspan-
garn, wie es in den Lübek. Zunftrollen, hrsg. v. Wehrmann, S. 387, heisst.
*®) jknuppen* knüpfen ; ,knop* Knoten ; ,swinke* wird sein, was sonst ,siiiicke'
genannt wird, näml. das vordere Schwenkende der Peitsche, das aber bei der
Passionsgeissel zu Knoten geknüpft war.
'*) eins der beiden Adjective scheint entbehrlich.
^) das Korn des Marmors zeigte braune und graue Streifen ; s. kern u.
körnen in Grimmas WB.
^^) werden erzürnt, was sie durch Verdunkelung kundgaben.
'*) Lücke der Hs., ergänze ,nim* oder ,neme*.
") lies: vul? (Hslm.)
") Das Gedicht scheint nach den Reimen dieser ausnahmsweise acht Verse
umfassenden Strophe nicht niederdeutschen Ursprungs; doch würden auch mhd.
ritter und nider, grap und üf nicht reimen.
^) Ton.
'•) aller hohen Fürsten der beste, Apposition im Nominativ; oder lies ,he':
aller Fürsten er der beste?
Lttteu..
.-*—*•"
r
73
Dat em nommer unheyl wert gescapen,
ünde vorwynt syne not gar snelle
ünde wert bewart vor der helle pyne
50 ünde vor allem ungevelle.
III.
Briefreime.
Unter anderen Schreibübungen (,Abcd' etc., ,Ambmcm' etc.)
ans dem 15. Jahrhundert auf einem zur Deckelbeklebung verwandten
Einzelblatte fünfmal wiederholt.
Salicheit unde suntheit- — — __^. ,
Wisheit unde kuntheit— ^^ ^ '
Unsen vruntliken grut. | We uns dat beste dot, | den möge wi
holden vor unsen vrunt : | dat do wy ju kunt. | Vortmer schole[n] dat
waten unse vrunt*"^), | van godes gnaden so sint wy sunt | Des wille
wy gode danken gerne, | wy sin na edder verne. | Got sy ghelovet
unde ghebenediet, { de uns van argen heft ghevriet. | Amen in godes namen.
IV.
,Dar steyt eyn lindeken' etc.
15. Jahrb., auf der ersten Seite eines Doppelblattes in 8^ welches
übrigens mit Federproben angefüllt ist.
Dar steit eyn lindeken in geneme dael,
Oven is se groen.
Dat erste loveken dat se droech,
Dat was eyn schoen juncvrowe.
5 Do kam enes bures soen,
De wolde de juncvrowen schouwen.
,Wat sokest du hir, du bueres soen,
Volge dynem ploge!* —
,Ben ick doch dines vaders knecht,
10 Ick geve den rusken voder,' —
,Bistu mynes vaders knecht-
Unde gevest den rosken voder,
Des gheft he dyck eyn gut loen.' —
Jck se it wol an mynen ogen,
15 Du wulde[st] eyn höre werden:
Scolde et kosten hundert punt,
ic wolde dick in den orden helpen^®)/
") Plural, s. Nerger, Ndd. Gramm. § 117.
^^) Der Schreiber hat Reminiscenzen verschiedener Lieder mit eigenem Mach-
werk zu einem neuen Gedichte zu verschweissen gesucht. Die erste Zeile begegnet
oft, z. B. Uhland, Alte hoch- und niederdeutsche Volkslieder No. 15. 27. 116;
Vers 9 — 13 sind entlehnt aus No. 99. — Oven in Vers 2 ist nicht niederdeutsch.
V.
Wider die Pestilenz.
Einzelbl. Pap. Hs. des 15. (14.?) Jahrh.
Disse ertzedie wart ghesant dem konigbe van Vraukrike van dem
besten ersten van Parys vor de pestilenoye.
Werne de droze werden, de ueme zenyp, alhornesblade, unde 1
Btote dat tosamende, unde leghe dat darup. Ok we sfk in der tüd I
darvor bewaren wil, de neme salveyenblede unde alhornesblader uDde
vrametblader^^), des eynen eo vil alze des andern, unde sede dat in
gudem Intteien wyne, unde do dar yn gbeetoten ingever unde drioke
dat nocbteren, er he ut dem buse gheyt. Ok sint to dissen dinghea
allerleye 1>omevrucbte gud unde gesont, ane walscbe note, unde ok
hode dik vor allerleye eten unde drinken. unde etik ib to allerleye
koste gud. Ok nym eyn stucke wittes brodes unde lat dat weken üj
dage in etike, dar wermode unde rüde in gbestoten is unde utgk-
drucket: bolt dat vor de neze, wur du geyst. Ok bevellestu mit kraoc-
beit idder mit Euke, so lat de medyanen, dat is eyn ader also genant
Item wem de droze werden twiscben den schulderen, de late mit tuen
koppen under den schulderen, unde weme se werden under dem slape an
dem halze idder an dem hovede, de late de adereu uppe beyden dumen.
wem Be werden under dem luchtern arme, de Bchal laten de miltadere
twiscben dem^) middelsten vinger unde dem negesten nameloseo an
der sulven siden. wem se werden an der luchtern siden an der
bagedrosen idder an dem beyne, de schal laten de rechte ader
twiscben der cleynsten the unde der negesten. wem it wert an dem
rechteren beyne idder an den bagedrosen, de schal laten de vrouwen-
ader inwendicb demsulven beyne. wem it wert an dem rugge, de
scal laten de ader de dar geyt over de groteu the. Ok wert dit
icbt open dar it todrecht, so nym rudentwige ghestot mit etzike ('.)
unde lege dar up, idder dines eygen hores. Nym rüden, gingronen
nnde walgbe (!) note, eyues [so] vil alzo des andern, unde atot iäÜ
besunderu : wan dat wolgestot is, ao menge dat under eyn ander unde
nutte dat des morgens nocbteren : dat bewaret dik vor der vorgiCti
et probatum est.
BRAUNSCHWEIG. L. Hänselmaiin.
") weiter unten ,wennode'. Schütze Holst. Idiot, kennt Wönnd und Wriot,
Danneil altmärk. WB. Wärmöi und Wrömt nebeneinander. — KeubraunscW'
Frömbde, Wermuth. (Hnslm.)
") In der Hb. ,den'.
75
Caput Draconis und die Kreuzwoche.
Herr prof. MantelB hat auf die kirchlichea umzilge mit dem
drachen oder dem drachenliaiipte in neuerer zeit wieder aufmerksam
gemacht') und reiche belege gegeben ; ein naheliegendes beispiel aus
den Lübecker, bez. Baseler PasBiooalea iat ihm entgangen, vielleicht
bezieht sich auf die hier erwähnte sitte mit die von Mantels ange-
führte stelle in der Bugenbagen'schen kircheuordnung, welche zunächst
freilich nicht von der kreuzwoche redet.
Das Passional erwähnt das umtragen des drachenbildes, beson-
ders als französische sitte, in den ,L e t a n i e n' oder kreuzwoche n.
Da anch diese letzteren mit namen und bräueben hier allerlei auf-
klärung finden, so ist die wiedergäbe der ganzen stelle wol gerecht-
fertigt. Ob die darin enthaltene Symbolik die allgemein anerkannte
der katholischen kirche sei, vermag ich nicht anzugeben, jedenfalls
gehört sie aber den Franciscanern ; denn dasa die Lübecker (Baseler)
Passionale aus diesem orden hervorgegangen oder doch unter seinem
zutbuu entstanden sind, erhellt aus mehreren stellen, die im ent-
schiedenen und absichtlichen gegensatze gegen den predigerorden der
Dominikaner gehalten sind.
Aus Mantels' nachweisen vird klar, dass die processionen mit
dem drachenbilde endlich in kneipereien ausliefen, bei denen das haupt
des alten feindes mit herhalten musste : ,caput draconis ym kroge'-
Das ,Bchodüvellopen' unserer niedersächsischen Städte führt auf
einen ähnlichen Umschwung der Bitten und ideen zurück. Es wäre
nicht unmöglich, in der älteren zechliederliteratur noch anklänge daran
zu finden. Vielleicht steckt ein nicht verächtlicher in der grabschrift
des rüstigen trinkers*), des herm v. Bülow von der Tremse'), in der
kirche der Cistercienser-abtei zu Doberan :
,Ick sup' mit mienen herrn Jesu Christ,
Wenn du Düfel ewig dösten müst.'
Für das drachentragen sind bis jetzt belege erbracht :
1 . Für Lübeck und Hamburg: am ,achten dach Epiphanie'
(Mantels 1, c), d. h, am 13, Januar, der auch als das tauffest Christi
angesehen sei. Die Hamburger schülerabgabe an den scholasticus :
,to winachten twe penninghe to deme caput draconis' bezieht sich wol
kaum auf eine weihnachtsprocession, sondern auf die Vorbereitungen
zum vorgenannten feste.
2. Für Südfrankreich ohne angäbe der besonderen Ört-
lichkeiten: am frohnleichnamsfest. Corporis Christi, d. h- am
donnerstag nach Trinitatis oder 3 Wochen nach himmelfahrt.
') Korrespondenzbl. d, V. f. niederd. Sprachf. 2, 31.
»J Lisch jährt. IX, 447.
') Potrems bei Rostock.
76
Dem Hamburger und Lübecker brauch entspricht genau:
der Doberaner: ,Diderick Wiltfanck — toch sinn werff tho
Dobberan in deme auende des achten dages na XII, dar men
Caput Draconis plecht up tho holdende^)/
XII, ,de twelfte* oder auch ,dorteinde dach^ ist der abschluss
der zwölften, also Epiphanias ; das erheben des Caput geschah also am
13. Januar. Auch Ernst- v. Kirchberg giebt, ohne den drachen za
nennen, das datum:
des achten tages Epiphany.
Mit dieser octav ,uflf den achten tagk trium regum' begann
früher der grosse Umschlag oder ,termin' in Rostock^) mit all seinem
wilden treiben, der jetzt auf Antoni, den 17. Jan., verlegt ist. Das
benachbarte Doberan, dessen kloster in Rostock einen eigenen M
besass, wird da auch nicht haben anbrennen lassen.
Als eine fernere Zeitbestimmung für das drachentragen giebt
Schröter 1. c. Anm. 120:
3. die 7 t a ge n a c h 0 s t e r n. Da er dabei aber von ,meli-
reren feierlichen processionen oder s. g. litaneien' redet, so glaube
ich annehmen zu können, dass er nur die Litania oder Letania major
am S. Marcustage (25. April) meint; möglicher weise sind in dieser
ersten kreuzwoche des jahres hier und da an mehreren tagen proces-
sionen gegangen, wie um himmelfahrt. Wahrscheinlich ist aber die
s. g. siebenfältige einrichtung der proces»ion durch Gregor den Grossen
von Schröter misverstanden, wie auch das datum, das doch nur einzeln
in die woche nach Ostern fallen kann.
4. Henschel — Du Gange v. Draco 2^) nennt ebenfalls : effigies
Draconis quae cum vexillis in ecclesiasticis processionibus deferri solent,
und giebt dazu die ,consuetudines Floriacensis coenobii, d. h. ent-
weder von Fleurus in Belgien') oder dem alt berühmten benedictiner-
kloster in Burgund: Floriacum ad Oscarum (Ouche), ich glaube, er
wird das letztere meinen. Am palmsonntag (dominica in ramis pal-
marum) zogen dort 2 processionen, die letzte vom kloster nach Fleurus
selbst : prseeunt vexilla et benedicta®) et thuribulum sine igne et cm
et Draco in pertica. Unus vero de infantibus in consa (laterna) a
magistro suo preparata affert candelam, ut praesto sit ignis, si ex-
tinguatur qui inore draconis portatur. Der vornehme the-
saurarius des klosters trug den drachen auf der stange. In Wismar
*) Rostocker Chron. bei Schröter, Beitr. z. Meckl. Gesch. Heft 1 (einzii
36 f. — ,sinn' steht im Ms., vergl. meine abh. über den 1. und 2. theil der Rost.
Chron. (Rostocker osterprogr. 1873, 7), wo aber statt ,h. 3 könige* : ,Sonnt. nacji
h. 8 könige' zu lesen ist. Reimar Kock bei Grautoff II, 465 hat irrthümlich ,hu-
gen dre konninge auendt*.
*) Rostocker vertrag mit den herzogen ,wegen etlicher landgüter* von 152b.
Freitag nach Corpus Christi, Juni 12.
•) II, 936.
^) Das Belgische Fleurus heisst gewöhnlich Floriacum Monastenam.
Graesse, Orb. lat. 93.
®) sc. aqua, das Weihwasser.
77
führte man in erinneruag des einzugs Chriati an diesem tage eineo
hölzernen esel um').
5. Endlich giebt die erzählung des Passionais, die nnteu folgt,
1I9 zeit: die ,kleiDe Letanie' in der ,kreuzwoche vor pfingsten',
,dredage vor der hemmelvart'; gemeint ist: ,tertiD die* nach
geiFÖhDÜ ehern Sprachgebrauch, also am dienstage vor himmelfahrt.
Der brauch wird angegeben als üblich ,in etlikeo kerken', für ,Wal-
Uat' werden drei processionen an 3 aufeinanderfolgenden tagen be-
zeugt, die dritte (mit dem gedemiithigten drachen) fiel also auf
himmelfahrt selbst. Welche localität der wäkchen lande gemeint sei,
ist nicht zu errathen, am ehesten denkt man ao Vienne an der
Rbone, den ausgangspunkt dieses kirchlichen festes. Auch in Deutsch-
land müssen drei solche processionen üblich gewesen sein; denn im
Mai Wb. wird ein crucesdacb ascensio domini 1366 ans
^'eätfaieo bezeugt, und Weidenbach (calendar, 195) bringt aus nieder-
rbeinischer spräche den namen ,drige gangdage' für die processiona-'
tage.und ,gangwoche' für die himmelfahrts- oder kre uzwoche").
Zur Symbolik der 3 processionstage; ,¥or der ee', ,under der ee',
n ,de bozeghest in der werlde gyn regement badde', und ,deme
drudden dagbe der gnade', wo ,he uth syneme ryke ghedreuen' — aJso
vor dem mosaischen gesetz, unter dem gesetz und unter dem neuen
buade des evangelü, mag die angäbe desselben passionals, winterdeel
fol 187, verglichen werden. Darnach sind die tage zwischen dem
BODQtag, wo das Alleluja gelegt wird, sonntag circumdederunt, und
ipasckea': ,d e tyd der dwelinge'"), heissen auf latein ,Septuaginta'
und bedeuten die zeit von Adam bis Moses. Von Ostern bis acht tage
nacli pfiogaten dauert ,de tyd der vorsoninghe'. Aehnliehe Symbolik
ans Lübiachen alten drucken führt v. Seelen an : die am palmsonntag
gerittene eselin bedeutet das jüdische Volk unter dem joche des gesetzes,
dii3 nebenhe r laufende füllen die beiden weit, die noch kein gesetz kennt"),
die 12 körbe voll brotbrocken ,bedudet de XII artikel des cristen louen'").
Die bedeutung der am ,sondach van der rosen', Laetare, vom papst zu
vergebenden goldenen rose mag man selbst nachlesen'^).
Es bleibt noch anzugeben, aus welcher ausgäbe des passionals
lier unten folgende abschnitt entnommen ist. Die von mir benutzte
1 Lisch, Jahrb. 3, 176.
'") Jahrb. 1 (1375), 110 und 2 (1876), 41; Weidenbach 1. c. v. domin. ad
Litaaias. Im Mnd. WB. 2, 589 ist aie irrig angegeben ; auch die ,Crucedage na
der hemmelvart', ib. 2, 588 , Grautoff 2, 43, werden auf falscher lesart oder irr-
lium beruhen; denn man kann kaum annehmen, daBs frohnleichnam gemeint Bei.
") Mnd. WB. 2, 612; wo aber nicht die stelle des pasBionalB. Inder faaten-
zeit kommt der name ,guleweke' für die woche vor Eato mihi zu Xanten vor;
Haupt zeitschr. XV (111), 516; was bedeutet der name? Kommt er von gulo, da
lie woche vor fastelabend fällt; oder hängt es mit gül = gaul zusammen? Viel-
leicht ist es doch nur , geile woche', wie der folgende montag : ,geiler montag* hieBS.
") V. Seelen, Selecta litt. 616.
") Ibid. 669.
'*) Ibid. aus ,Boek der Profecien' etc. 1497. — üeber die kreuztage vgl.
iefcit auch Ndd. Korrespond. Bl. 3, S. 66 f.
78
der Rostocker Universitätsbibliothek ist freilich sehr verstümmelt und
entbehrt des titeis und Schlusses, doch scheint sie dit einiger Sicher-
heit bestimmt werden zu können, wenn auch die handbücher-nach-
weisungen im stich lassen. Den herren Prof. Mantels und Dr. Walther
bin ich für freundlichst übernommene, mühsame vergleichungen ver-
pflichtet, aus denen sich negativ ergeben hat, dass sie weder eine der
Lübecker ausgaben von 1492, 1499 und 1507, noch die Baseler von
1517 ist, welche letztere ich zu andern zwecken ebenfalls, leider auch
in verstümmelter gestalt, benutzte. Da die hier besprochene ent-
schieden älter ist als die von 1517, da sie ferner eine längere stelle
des Lüb. Pass. von 1507 nur durch ein ,etc. etc. etc.' wiedergibt, so
muss sie entweder die Baseler von 1511 sein, oder sie war bisher
unbekannt.
Um eine vergleichung zu ermöglichen, folgt hier der genaue text
dieser ausgäbe, jedoch mit auflösung aller abkürziingen; auch die grossen
resp. kleinen anfangsbuchstaben sind beibehalten, die interpunction
jedoch der heutigen angepasst. Das stück beginnt auf fol. 189 sp. 2
des ,summerdeels' : (C. LXXXIX) Blad.
De processien der kruceweken.
De processien der kru | ceweken, de scheen des yaers twye, |
alze in sunte Marcus daghe^); de | nomet men de groten Letanien.
dat is eyne biddinghe, unde de ander is dre dage vor der hemmel-
uart, de nomet me de kleinen Letanien. De ersten nomet me groteren
umme dryer sake wyllen : De erste van den yennen, de se anghesettet
. heft, alze to rome de dar is ein herscoppersche der werld, darumme
dat dar is dat houet des vorsten der apostele unde de pewestlyke
stoel. To dem anderen male umme der sake willen, darumme yd
anghesettet is, alze umme der grotesten unde swaresten sucke^j
willen. dat scach aldus : Do de romere in der vasten hadden
metliken unde kuschliken gheleuet unde hadden sik in dem paschen
mit dem lychamme christi berichtet, darna') leueden se in vratze, in
speien, in unkusckheit ; darmede se gade seer vortorneden. Des sende
en god ein sware sucke, dar van en dröfze*) worden by den benen.
de sueke was so grSt, dat de liide, wor se gynghen, ethen edder
drunken edder to hope snackeden^), vyllen dale alze quyck^) unde
storuen. unde wen se men eens hoyaneden edder prusteden, dar
^) April 25. Henschel-Du Gange II S. 678 giebt die namen des festes:
,Cruces* = ,Litamae publicae* — ,primae cruces* — ,Litania major s. Romana s.
Gregoriana* — ,L^tanie Gregnour* — ,Processions de sept formes*. Die zweiten
nennt er : ,Secundae cruces* — ,processiones in rogacionibus*.
*) Es ist bald sucke, bald sueke gedruckt, beides zur bezeichnung des
ü ; ich habe es stehen lassen. Vergl. s u e t. Die Lübecker drucke von 1492,
1499 und 1507 haben hier : sueke, ebenso später. — Das gh und g stimmt eben-
falls wenig mit den Lüb. ausgaben, doch finde ich auch bei diesen keine feste regel.
Aehnlich steht es mit dem Wechsel des y und i.
^) Orig. ohne interpunction vor ,darna^
*) Drüsen. Mnd. Wb. 1, 583; es ist die bubonenpest gemeint.
^) snackede Orig., ebenso Lüb. 1492, 1507. Dagegen 1499: snakkede.
8) Vieh.
)
79
mede gbenen se eren ghest up, unde so vro eyn prustede edder
boyande, so lepen de anderen to unde seden : god helpe dy. Dar van
is dat in de wise kamen, datme dat noch secht; unde wen eyn bo-
yande, so makede de eyn krüce vor sinen munt, so me noch deyt.
Wer"') van dusse sueke eynen orsprunk®) hadde, dat vint me in dem
leuende^) sunte Gregorio^®).
§ To deme anderen male heth disse Letanie ein^*) processie van souen-
ley wyse, hyrumme^*) dat sunte Gregorius do de processien makede, de
he schykkede vormyddelst VII schycknisse, wente in der ersten schycke-
msse weren alle de prestere unde clerike, in der II. alle monneke unde
begheuene lüde, in der III. alle kloster yunkfrouwen, in der IUI. alle
yunghe kindere, in der V. de leygen, in der VI. alle wedawen, in der VII.
alle echte liide**). Dath wy nu nicht konen vuUenbringhen in dem talle
der personen, dat vorvuUe wy vormiddelst dem talle der bede. Wente VII
werue schal me de letanie^*) lezen, dat sint de hillighen, de me meenliken
lest na den VII psalmen, eer men de teken der processien dale locht.
To dem III. male heet id dat fest des swarten kruces
in ein teken der droffnisse van zodaner doetlyken vorstoringe der
minschen. des in ein teken der penitencien droghen se swarte ghe-
waed^^) unde brukeden ok darumme swarte krüce unde deckeden de
altar mit baren klederen.
§ De ander processien, de me boldet dre dage vor der
bemmeluart unses leuen heren: de anstedighet heft bysschop von
Vienne Mamertus^^); de eer wart angbestedighet eer de grote. unde
wertghenomet de kl eyn e") letanie edd er bid dinge, darumme
wente se wart anghestediget wedder eine kleyne sueke unde van
^ Orig. : wor. '
^) 1492: ortsprunk.
») 1492 : van s. Gr. — van fehlt 1499, 1507.
") Nachdem Pelagius II an der pest gestorben (begraben 590, Febr. 6),
wurde sofort Gregor I., der grosse oder heilige, vom volke zum papst gewählt und
richtete die Litanei ein, bei deren erstem umzug 80 an der pest starben. Paul.
Diac. III, 23, 24 (üebers. von Otto Abel in Gesch. der d. Vorzeit s. 63) Geweiht
ist Gregor erst am 3 Sept., gewählt aber jedenfalls vor Apr. 25. Nach Weidenbach
Calend. 195 wäre die Litanei erst 591 eingeführt, was zu Paulus Diac. nicht stimmt.
") ,ein* kommt so vor; 1492 hat ,ene*. 1492: letatie.
**) Orig. : Hy rumme. Schyckenisse (1492 : schickenisse) sind die processions-
abtheilungen.
") 1492: alle leygen. — Pauc. Diac. 1. c. 24 hat in Abels übers, in der
2. abtheilung ,alle äbte mit ihren mönchen*, in der 5. ,alle nicht geistlichen männer*,
in der 7. ,alle verehelichten weiber*. Unter ,begheuene lüde* versteht das pass.
die conversi.
**) Mit le — schliesst die seite, darunter die alph.-zahl: iilll. Oben: Dat.
**) Vergl. w a t h m a 1 im Statut der Ripenfahrer, Archiv d. Vereins f. gesch.
zu Stade 1, 135. Brem. Wb. 5, 160. Lüb. Urk.-B. 3, 3. centenum pannorum qui
teutonice dicunter wammael. Hans. Urk.-B. I, s. 144 (de a. 1252); noch nhd. bei
ühland: ,vierfältig tuch zur watt*. Nicht iivonisch-lettisch, wie W. Arndt zu
Heinr. Chron. Lyvon. in Pertz schulausg. 4, not. 14.
") Mamertus, bischof von Vienne, f H- Mai, nach 475. Acta SS. zum
11. Mai. Potthast Bibl. 796.
") kleine, comp, kiener == gering, geringer: daher nicht ,luttik*. — 1492:
klene. 1499, 1507: kleine.
80
eyneme kleyneren bysschoppe unde in eyner kleneren stede. De sake
worumme se wart anghestedighet is, dat to Vienne stede grote ert-
beuynghe schegen, dede beyde: kerken unde hufze umme worpen.
balderinge^®) unde ropent hoerde men vele des nachtes. Ock so schach
dar eyn ander wunderwerck in deme paschedaghe: dar datvüer vyl
van deme hemmele unde vorbrande de konynghes pallas. ock noch
eyn ander wunder: so men scrift in deme ewangelio, dat de bozen-
gheiste de swyne beseten, vormiddelst der tolatinge gades umme de
sunde der minschen beseten se de wulue unde andere unredlike deerte,
de sunder vruchten nicht allene in dem velde, men ok d6r de stede
lepen, unde vortereden kindere und olde lüde und vrouwen. Do nun
alle daghe alzo dane bekleghelike dink scheghen, do anstedighede de
bysscop der stad eine vasten van dren dagen mit processien und le-
tanien. do keerde god dat quade äff. Darna wart dat anghesettet
van der hillighen kerken, dat men dat scolde gemeenliken holden,
darumme beten dat ok biddeldage, wente wy denne de hulpe
aller hillighen anropen.
§ Umme vele sake is dyt alzo anghesettet : In dat erste, dat god
de here de stryde sette in vrede, de sick vakene in dem Meye vor-
heuet. Dat ander, dat god de kleinen^^) vrucht de noch nyge is be-
ware und vort vormere. Dat drudde, dat he de vleschlike wöUust, de
in disser tyd allermeyst groyet in unsen lichammen, stylle. wente in
der Meyetyt^^) vormeret sick dat bloet in den mynschen, daruan de
vlesckHke woUust wasset. Dat IUI., dat sik eyn yslick desto mcer
othmodige unde sick bereyde yegen de tokumpst des hilghen ghestes.
wente de vaste othmodighet des mynschen sinne unde maket syn bed
meer vruchtbar. Dat V. dat de gemene hyllighe kerke desto vlytigher
bydde unsen leuen heren, als^^) he to hemmel voer; wente he se to-
hardet^^) heft unde sede: Biddet, so werdet gy nemende, wat gi be-
gheren*^). De VI., dat de hilghe kerke in dem vlescke vormaghere,
up dat se moge^*) kryghen vlogele der byddiughe; wente dat bed is
eyn vloghel der zele, dar mede se vlucht to dem hemmele, up dath
se desto beth moghe volghen cristo, de to hemmele steghen is unde
heft er den wech bereyt. wente ein vogheP^) beswaret mit vlescke
ane vele vedderen kan nicht wol vleghen.
Dyt fest het ok eyn processie^^) ; wente denne holdet do kerke
eyne mene processien. In disser processie drecht me dat krüce unde
lüdet de klokken unde drecht de vanen, unde in etlike*') kerken
") Gepolter, getöse. Mnd. Wb. 1, 144 v. balderen.
1«) Ebenso 1499, 1507; 1492: klenen.
^) 1492: meyetijd so vormeret. Mit: woUustde — schluss der spalte.
*^) Eigenthümliche constr. = an dem tage als. — 1492: vaert st. voer.
«2) =: ermuthigen ; s. S. 81 vulhardiger = getroster. Mnd. Wb. 2, 206.
") Auffälliger Wechsel der endung -et und -en in 2. plur. Herr Dr. Walther
macht mich aufmerksam, dass heg heren conj. sein werde.
**) Nur hier hat das Orig. möge, sonst : moghe.
2«) 1492: voghel. 1499, 1507: vloghel.
««^ S. not. 11. — 1492: ene.
'^} sie; die übrigen ausgaben: etliken.
81
drecht men eynen draken mit einem groten Bterte,
uDde men ropet an de hülpe aller hillighen. Dat krüce brecht me,
unde de klokke lüdet me, darmede me de duuele vorueret. wente so
eyn konnjmk beft in siuem here konnynlike tekeu, alze banre unde
' bussanen^^J, so heft ok god, eyn konaynk aller konnynglie, in siner
zeghevechtende*^) kerkeu klokken vor busBunen unde krilce vor bannere ;
und wen ein boze konnynk boret de bussunen und suet de banre
eines weldighen konnynghes, de em entgegen is, so vruchtet he sick
to male seer. So vruchten sick ok de bozengheiste dede hir syn in
dem") dunkeren heuene, wen se boren de klokken unde eeen de
krüce. Darumme plecht me to ludende de klokken wen id donret,
blixemet unde unwedder is, up dat de bozengbeste, dede sik vaken
darmede ynmenghen unde schaden doen, dat hören werden*') van
Fruchten vorschucbtet. Ok darumme, dat de loueghen cristeu lüde
deste innigber unde vulhardigher beden uode bidden, dat se god be-
ware vor ankörnende") schedelicheyt, Ock Tru'cbten unae schedelyke
fyende, de bozeugheste, seer de vanen mit dem knice, darumme dat
dat hyllighe krüce is de stock, dar mede se geslaghen siut"), Dar-
umme plecbt men in etliken kerken, wen yd unwedder is, dat kruce
utli dem torne bauene edder utb der kerken dat krüce to stekende,
dat id de bozengbeste seeo unde vleen. In wallant is eiue wyse
dat me in der processieu eynen draken mit einem groten
Uerte, upgbeblasen unde vul kaueB edder mit anderen
dingen geuullet, in den ersten twe kriicedagen"), unde
in dem drudden daghe drecht me eyueu na dem krüce
mit eynem leddighen sterte. dat betekent, dat in dem ersten
daghe vor der ee unde in deme anderen daghe under der ee de
bozeghest badde in der werlde eyn regement. Men in deme drudden
daghe der guade is he uth syneme ryke ghedreuen vormiddelat dem
lydende cristi- etc. etc. etc.*'')
[In den daghen rope wy aundergbeu an de hulpe aller hylghen,
to deme ersten umme unses armodes wyllen. wente nach deme dat
■«) Posaune; im Mnd. Wb. 1, 168 uur: baBune; 1192; basaaneD. 1499
1507: bussunen. — Im Orig.; So heft.
») Mnd. Wb. 4, 170.
") Alle anderen ausgaben : de =; deme.
") Verwirrte constr., entweder : ,wen ae dat hören w.' oder ,unde van vruchten'.
Ebenso 1507. 1492, 1499 haben aber ,hore', was Walther wo! richtig in ,horende'
auflöst, ftudientes terreantur. ^ 1492: vorechuchtert.
*»J Schluss der seite, (so auch 1507). Auf der folgenden oben; CXC Blad.
*') 1492, 1499 und 1507 haben hier noch den satz: ,darumme vrucbten se
dath (1499 dat) wor se dat aeen.'
") Offenbar fehlt: ,vor dem kruce', vielleicbt auch ,drecbt'. Dieselbe aus-
ItBsang und dieselbe construccion haben die übrigen ausgaben.
") So im orig. als zeichen, wie ich ursprünglich glaubte, der abkürzung des
)at. Urtextes, wie ich aber jetzt belehrt bin: der älteren niederdeutschen drucke.
1492, 1499 und 1507 haben den in der klammer hier nun eingeschobenen text,
dessen Wortlaut dem druck von 1492, jedoch mit auflösung der abkürznngen und
mit moderner interpunction, entnommen ist.
»i«dardea(>cb«a Jahibacli, HL $
'.^fTf^J^-^-
82
wy klene konen vordenen, so behoue wy de vordenste der hylgen. Ok
darumme, dat wi arm sin in beschouwelicheit : wente wi nicht konen
anseen dat högeste licht in sik, so msghe wy dat doch anseen in den
hyllighen. Ok in armode, den wy lyden in leef to hebbende, wente eyn
mynsche de noch nicht vullenkomen is, kan sik beth gheuen to eyneme
hylghen, de vor em bidde, wen to gode. Tho deme anderen umme
de ere der hylghen; wente god wyl, dat wy de hylghen anropen^^),
up dat wy kryghen*'^), wat wy van^®) en bidden unde se darumme
lauen unde eren. To deme III. umme de erwerdicheyt godes, dath
de sundere, de gode vakene vortornen unde dSren^^) umme ere un-
werdicheyt*®) nicht gaen to godes erwerdichheyt, ene to biddende,
möghen unse hulpe soeken in den vrunden godes, dat se vor em bidden.]
In dissen Letanien edder bededaghen singhet me vaken
den sank : Hylge god ! hylghe starke, hiighe unsterflike, vorbarme dy
unser. Men lest dat bi Constantinopel*^), do de letanie gheholden wart,
do**) warth eyn kynt uth*^) der schare vorrucket in den hemmel [unde
daer wart em de sanck gheleret]**), unde wart wedder ghe bracht mank
dat Volk, dar sanck yd den sank: tohant wart alle droffnisse vor-
dreven, unde do wart de sank bevestet in den*^) Consilio Calcidonie**).
Wy wyllen anropen vormyddelst desseme sänge den alweldighen god
unde bidden [ene]*^) umme sine gnade.
ROSTOCK. K. E. H. Krause.
Za nr. 4 pag. 76.
Zu anfang dieses Jahrhunderts war es in Sendenhorst (Westfalen) noch gebrauch, dass bei
der charfreitagsprocession ein junger flinker mann als teufel oder ,bö8er drache' verkleidet herumlief!
Derselbe trug einen drachenschwanz, und hömer auf dem köpfe. Er hatte die andächtigen durch
allerlei ,wipken* (possen) vom gebete fern zu halten. Treu und geschickt in seinem berufe kletterte
nun eines jares der ,teufel' oder ,bÖ8e drache' auf einen „ptltsül", das ist ein in einer aufrechtstehenden
gabel ruhender bäum, zum ausholen des gefüllten eimers aus dem brunnen bestimmt, und gerietb
dabei zu weit nach vorne, infolge dessen der hebebaum das gleichgewicht verlor und unser künstier
in den brunnen fiel. Nach diesem vorkommniss wurde der alte brauch eingesteUt. — Bemerkt sei
nebenbei noch, dass der so verkleidete keine silbe laut sprechen durfte, um seine person nicht zu
verrathen; aber der bann war gebrochen durch den ausruf: helpt, ick fersüp, ick fersCLpI —
NORDEN. A. Menz.
8ß) 1499, 1507: anroren.
87) 1499, 1507: kreghen.
8«) ,van' fehlt 1499 und 1507.
8®) = dürfen. 1499 und 1507: doren. Dieselben nachher: moghen, soken.
-- Beide stets: gades, gade.
*°) 1499, 1507: unwerdicheyt, 1492: unwerdtcheyt.
*A 1492: Cöstinopel.
") Orig.: Do.
*8) Ende der 1. columne.
**) Das eingeklammerte fehlt im orig,, steht aber in 1492, 1499 (sank) und
1507 (sank).
«J 1492: dem; 1499, 1507: de.
**) Concil zu Chalcedon 455 ; das scheint nicht völlig zu Mamertus zu
stimmen.
*^) ,ene* fehlt im Orig., steht aber 1492, 1499, 1607. 1517 steht das ganze
stück fol. 216. f.
. . .■^«
83
Krude.
Unter dieser Ueberschrift findet sich die nachfolgende Aufzeich-
nung über das, was Herkommen war bei einer mit dem Verlöbniss
zusammenhangenden Gasterei.
Der Name krude ist von dem Gewürz und Confect, welches neben
Wein uud Bier den Hauptgegenstand der Bewirthung ausmachte, auf
diese selbst übertragen. Sie fand Statt bei der feierlichen Ueberreichung
des Verlobungsgeschenks an die Braut. Das Geschenk aber bestand
in einem Rosenkranz, paternoster, auch veftich genannt, von den 50
Kugeln desselben, die aus Bernstein, Korallen oder kostbaren Steinen
gedreht waren. Es wird auch als klenode bezeichnet von dem daran
hangenden, kunstvoll gearbeiteten Kreuze, einer Schaumünze oder
sonstigem Zierrat.
Zur näheren Erläuterung der unten folgenden Bestimmung dient
eine Lübische Luxusordnung, in die Jahre 1467 bis 1478 fallend.
In ihr heisst es (Zeitschrift für Lüb. Gesch. 2, S. 516):
Int erste, wen de brudegam unde der brud frunde an beyden zyden
eyns sint, so en schal nyn lofte anders wen in den kercken, so
wontlik is, bescheen, unde nynerleye bylofifte to wesende in deme
winkelre, in husen offte in nynen anderen steden, dar kost scheen
schall, by vorlust dree marke sulvers. Sunder, wen de brude-
gam der brud dat paternoster bringet, so mach men
dar wyn unde crud sehen cken, alse wontlik is, doch des
avendes dar nyne kost ofte ghesterie to hebbende. — — — —
Vortmeer, alse de brudegam der brud dat veftich unde klenode
bringed, so en schal he nicht meer lüde mede bringen dan soß
man van syner wegene unde soß man van der brud wegene, Ok
scholen dar nicht meer dan soß frouwen, twe schaflfer unde twe
schafferschen wesen, unde des avendes dar nyne furder koste to
donde edder to hebbende.
Lübben (Mndd. WB. 2, S. 585) führt die obige und ähnliche Stellen
unter krut auf zur Erhärtung der Bedeutung ,Gewürzwein*. Und in
der That scheint nicht nur die Wendung ,wyn unde krud schenken*
dies zu beweisen, sondern auch ein in derselben Luxusordnung (S. 519,
523) folgendes Verbot dafür zu sprechen, das Verbot nämlich, dass
am Hochzeittage ausser dem Hauptmahle nyne kost noch van krude
oflfte klarete edder in jenigherleye gedrenke sein solle.
Ein Einblick in den unten geschilderten Hergang beim Veran-
stalten des krude ergiebt jedoch, dass das krude nicht getrunken
ward, sondern dass es in Gewürz und Confect bestand, welches man
als Reizmittel zum Getränk genoss. Auch der gewürzte Wein fehlte
dabei nicht, wird aber nicht als krude, sondern als ipenkraß^) be-
*) s. hippocras und ippenkras im Mndd. WB.
6*
-^ T. ,-j
84
zeichnet. So wird man denn den erwähnten groten schouwer hier
auch nicht für einen Trinkbecher zu halten haben, sondern für ein
mit Deckel versehenes pokalartiges Gefäss zur Aufnahme des Confects.
Lübben selbst macht mich darauf aufmerksam, dass noch heute die
Conditoren in dergleichen Glaspokalen ihre Waare an den Schau-
fenstern ausstellen.
Wir haben also den Ausdruck ,schenken' in seiner engeren Be-
deutung nur auf den Wein, nicht auf das krude zu beziehen. Voll-
ständiger heisst es mit den Worten der Hambnrgischen Chronik bei
Lappenberg (S. 153): do word kruedt vorgeven unde claret gescenket.
Dass krude den Gewürzwein selber bedeute, wird durch keine der von
Lübben (a. a. 0.) angesammelten Stellen bewiesen.
Ich fand die unten abgedruckte Aufzeichuung als loses ßlatt
von Deecke'sHand in einem ,Schonenfahrer-Schütting' überschriebenen
Hefte seiner auf der Lübecker Stadtbibliothek bewahrten CoUectaneen.
Sie wird, wie der übrige Inhalt des Heftes, dem Archiv der Schonen-
fahrer entstammen. Sie berührt sich mit der angeführten Luxusordnung,
scheint aber später als 1478 niedergeschrieben zu sein, weil die Zahl
der gestatteten Theilnehmer vergrössert ist. Wegen der getrübten
Orthographie (z. B. nha, ehme, uhmme) haben wir uns in der von
Deecke benutzten Aufzeichnung eine spätere Abschrift zu denken.
Die einzelnen Absätze habe ich mit Zahlen versehen zur be-
quemeren Uebersicht.
Den Zusammenhang werden wir uns in folgender Weise zurecht
legen müssen.
1. Die männlichen Gefreundeten des Bräutigams und der Braut
werden am Sonnabend zum Sonntag Nachmittag geladen. Die Zahl
hat sich gegen 1478 verdoppelt. Die nicht in Betracht kommenden
überzähligen Vier, ,die dienen', werden mit den zwei Schaflfern identisch
sein, sind also gleichfalls verdoppelt.
2. Von Seiten der Braut werden sechs Frauen deo Schafferschen
zum Beistande geladen, um die Männer bei der Braut zu bewillkommnen.
Man setzt sich im Hause der Braut und trinkt den Willkomm.
3. Die Braut wird von zwei befreundeten Männern und den paar-
weise folgenden Frauen aus der Kammer geholt. Abermaliger Will-
komm trunk.
4/6. Die dwelen (Handtücher, Servietten) werden aufgedeckt,
erst wird das kleine krude, dann das feinere Confect vorgesetzt, jedes
Mal mit folgendem Trunk, bei welchem auch der Würzwein neben
Wein und Bier erscheint.
7. Die Servietten werden abgenommen, der Bräutigam beschenkt
die Braut.
8. Zum Schluss giebt es Obst oder Kuchen, Wein und Bier.
9/12 enthalten allgemeine Bestimmungen über die W^eingabe des
.Bräutigams an die Braut und deren Trinkgeld an den überbringenden
Diener, über das von den Schafferschen mitzubringende Geräth, über
die Menge des erforderlichen Confects, über das Tractament des
.kj.
85
Spielgreven und der Diener, die mit Musik den Zug des Bräutigams
zum Hause der Braut geleitet haben.
Die ganze Anweisung athmet die Feierlichkeit und gemessene
Formalität des Mittelalters. Dass eine solche Koste nur die vor-
Dehmsten Kreise betraf, zeigt schon die solide Pracht der Gefässe.
Auch geht es aus der Luxusordnung hervor, in welcher die ein-
schlagenden Paragraphen dem Abschnitt über die Hochzeiten der ersten
und reichsten Stände, die s. g. Tageshochzeiten, angehören. Endlich
spricht es die Aufzeichnung selbst aus, indem sie das krude holden
eine erlike wise, einen vornehmen Brauch, nennt.
Krade.
Item de krude holden^) will tho Lübeck, so aver menningen (!) jaren
ein oldt gebruck unde eine erlike wise unde wanheit gewesen is.
1. Dar biddet ein jder tho 12 personen — de 4 de denen, de mach
me woU aver den tall bidden. Desse 24 manß biddet men des
sonnavendes, wen dat krude deß sondages tho 3 siegen wesen
schall.
2. Item tho dem krude biddet men van der brut wegen 6 fruwen
mit smiden rocken^), de bi den schafferschen mothen den brude-
gam mit sinen frunden wilkamen beten, unde wen se sin sitten
ghan, so schencket men win unde beer.
3. Item den halen 2 manß van der brut wegen de bruth uth der
kameren, unde de anderen fruwen folgen bi paren nha.
Item den schencket men noch eins win unde beer.
4. Item denne lecht men de dwelen up unde gift denne dat klene
krutt, a]se witkrut^), engever, kobeben, kannehl unde mandelen.
Item den schencket me ipencraß, win unde beer.
5. Item denne gift me de Witten marseln^) unde schencket ipencraß,
win unde beer.
6. Item denne gift me brune marsein unde schencket ipencraß^
win unde beer.
7. Item denne nimpt me de dwelen up, unde den gift de brudegam
der brut dat klenodie.
8. Item denne gift me appell edder krumbkoken^) unde schenket
win unde beer.
*) jhalden' die Abschrift.
2) = jinit smideden rocken*; vgl. ,smiden* Mndd. WB. ; die Abschrift:
,kocken*, womit ich nichts anzufangen weiss.
^) ,witkrut' nach der Farbe genannt. Vgl. ,witte marsein' (§ 5). In einer
Verordnung über den Verkauf von Gewürz- und Apothekerwaaren (Wehrmann,
Lüb. Zunftrollen S. 293) werden ,wyth regall* und ,geel regall* (Reglise), ,wytte
trosij* und ,rode trosij* unterschieden.
*) sonst ,morselen* genannt, existiren noch als s. g. Magenmorsellen.
^) Vgl. Kilian. Duffl. (Ausg. v. 1599): ,krombrood (bruxel.), j. wegghe,
mane, maenwegghe ; libum lunatum, quod dicitur panis curvatus*. Dähnert : ,Krum-
mahnke, ein Brod in Form eines Halbmonds*. Lexer Mhd. WB: ,krumbrot,
tortus panis*.
86
9. Item de bnidegam sendet der brut 1 stoviken ipencraß unde 1
stoviken wien, dat entfenget de brut sulvest unde gift dem knechte
to beergelde 3 0,
10. Item de beiden schaffe rschen bringen tho dem krude to hope 4
dwelen, 4 sulverene kbannen, 2 schouwer, 2 schuffeien, 2 gülden
foethe^), 2 ^glese, 2 gülden') koppe, 2 grote sulveren stoepe,
2 appellfathe.
11. Item in den groten schouwer gehört l ß engeverconfect, Va ff
kannellconfect, ^U 0^ kobebenconfect, 1 ganz ff mandelenconfect,
2 ff ladenkrut®).
12. Item, wen me dat krut geven hefft, schencket me den knechten
mit bere, unde me deit dem spelgreven einen schower mit laden-
krut^), dat deilt he uhmme, ock deit me ehme 1 fath mit appelen
unde Va stovikenkhannen mit win unde 1 sulveren foeth mit
einem glase, dat schencket men den knechten uhmme her unde
den beer daruth.
LüBEK. Wim. Mantels.
Das Mühlenlied*).
Das ,chronicon tragicum curiosum Eiliense^ des Asmus Bremer,
aus welchem im siebenten Bande der Zeitschrift d. Ges. f. Schl.-Holst.
Gesch. S. 197 ff. einige mittelniederdeutsche geistliche Lieder veröflent-
licht wurden, enthält unter der üeberschrift : ,Gopia eines alten geist-
lichen Liedes^ das „Mühlenlied^S welches L. Uhland in seinen Yolks-
®) scheinen nach § 12, wo ein silberner Fuss genannt wird, Untersätze
für die Gläser zu sein; Hessen sich aber auch als besonders geformte Trink-
gefässe denken.
') Abschrift: ,guden*.
®) Wehrmann a. a. 0.: ,de kremer scholen nicht vorkopen (sondern nur
E. E. Raths Apotheke) grot confect, alsz ys cannellconfect, engheverconfect, ne-
gelkenconfect, cardemonenconfect, muschatenblomenconfect, cubebenconfect, wyth
regall, geel regall, martzapaen etc.; sunder ladenkrudt scholen se vorkopen, alse
coriander und mandelen.' Es ist in Laden oder Eisten aufbewahrtes Gewürz,
vielleicht allerlei durcheinander, offenbar geringeres, das auch für die Diener (§ 12)
bestimmt ist.
®) Abschrift: ,ledenkrut*.
*) Ueber die bildlichen Darstellungen des im Mühlen]iede behandelten
Gleichnisses in den Kirchen zu Doberan und zu Retschow s. Lisch in d. Meklenbg.
Jahrbüchern 9, 422 u. 18, 291, in der zu Tribsees s. Eugler in d. Baltischen
Studien (Pommersche Kunstgeschichte) 8, 194. C. W.
„j
87
liedem (Nr. 344) nach einem um 1520 bei L. Dietz in Rostock, er-
schienenen offenen Druckblatte bekannt gemacht hat.
Der Kieler Text kommt der ursprünglichen Form des Liedes an
vielen Stellen näher und soll deshalb hier vollständig wiedergegeben
werden. Die Handschrift des Ghronicon Eiliense befindet sich im
Stadtarchiv zu Kiel. Das Lied steht dort fol. 499 f.
1.
Eine möhl ick buwen woU; (ü. wil)
ach got, wüst ick wor mede!
hadde ick handgerede
unde wüste worvan,
to band so wolde ik howen an. (ü. heven an)
2.
To holte wil ik varen hen,
de wald en is nicht ferne;
hülpe had ik gerne,
de de wüste wol,
wo men böme vellen scal.
3.
De walt de het sik Libanus,
dar wasset sedewer scyre^).
siprissien und revere (U. in dem rivere. 1. an?)
und palmen stolt,
oliva dat nütte holt.
4.
Meister hoch, van künsten ryk,
wolde jy uns sinne geven :
howen, snoren even^)
und vogen slicht^),
so Word de möle wol bericht.
5.
Mogyses, wes du darby!
den understen sten berichte,
dat he ligge dichte;
so dricht he swar,
de olden e*) de mein ik dar.
6.
den nyen edder översten sten, (u. de nige e, den ö. st.)
den leg ik up den olden,
dat he lope bolde^)
na meisters kunst,
de drift dat is des hylgen gestes gunst«
*) grade Cedern, ohne Knaste.
') genau mit der Schnur messen.
^) glatt zusammenfügen.
*) Gesetz, Testament.
'^) schnell, hd. bald.
88
7.
Gy XII apostel, gat hir vor,
maket gy de mölen gande,
dat se nicht blive bestände!
gy sint gesant
to malende over alle cristen land.
8,
Gregorius, Ambrosius,
Jeronimus mit Augustine,
vorwachtet uns de rine*)
unde dat kammrat!
so löpt de möle desto bat.
9.
Egron, Ison, Eufrates, (ü. Eufrates, Phison, Geon)
Tigris, gi vleten verre (U. vlöte vere),
gy edlen stolte revere,
ji hebben waters genog,
to plegende der mölen er genög^).
10.
Ein megdlyn drog ein säckelken
mit weiten wolgebunden;
to der sülven stunden
to der mölen quam
ein profete, dat vernam.
IL
Isaias heft hir vorvoren (U. to v6ren)
dar lange van gescreven,
wo uns word gegeven
eine juncvrow wert
und wo se Godes söne gebert.
®) Das Wort ,rine* scheint in keinem deutschen Wörterbuche, mit Ausnahme
des Mndd. vorzukommen, obschon es ein noch ganz gebräuchliches Wort ist. Der
Ein ist ein Eisen, das in den oberen Mahlstein oder Läufer eingelassen ist, damit
diesem, bei Wassermühlen durch den in den Rln eingreifenden Zapfen des Ge-
triebes, bei Windmühlen durch den darüber fassenden Klüver, die Drehung mit-
getheilt werden kann. Die Gestalt lehrt das Wappen der Stadt Hameln, s. Bode,
D. ältere Münzwesen Niedersachsens, 1847, Tafel VIII. Neuerdings hat man statt
der Rine mit vier meistens welche von drei Klauen. Ausser den im Mndd. WB.
gegebenen Belegen kommt das Wort noch vor bei Westphalen Monumenta inedita
II, 285 in einer Bordesholmer Urkunde v. J. 1390: dat se de rynen möghen panden;
und in Neocorus Chronik des L. Dithmarschen hrsg. v. Dahlmann I, 224: Mol-
rinenslacht sin Inkomlinge und ere Stifter veer Moller gewesen, — beholt eine
Molrinen, der Stadt Hameln Wapen.
') ü. so kricht de möle er gefuch; 1. o. ,gevoch*, Bedarf, Genüge.
®) Zwang, Bedrängniss.
®) giess; in Str. 17 get, 18 gut.
*<>) gelehrt.
") reiben, mahlen.
") schroten.
*•
8» <
kl
12.
Ein name de het sik Got mit uns, j
den wil wy allen laven;
gnedigliken van baven ]
he to uns quam, j
des fröwet sik vrowen unde ok de man. :i
13. j
Der profeten is so veele, ;!
de dar van hebben gesungen; i
so wol is uns gelungen ^
unde vuUenbracht,
dat Schach an euer middernacht. ^
14.
Do de nacht de körte nam,
de dag entfing de lenge,
der düsternisse dwenge®)
en ende nam:
ach Got, des bistu lovesam
15.
Gy evangelisten alle veer !
wo gy dat wol betrachten,
wo gy wysliken vorwachten
dat säckelyn,
wente dat drog en megdelyn.
16.
Mateus, nu lös up den sak, ^
güte^) up in godes namen,
lere uns allesamen!
du bist gelart^®),
wo godes sone mynsche ward. I
17. I
Lucas, rit den sak entwey, |
get up de möle, lat wriven^^)! |
du kanst uns wol bescriven ^
dat offer grot,
wo got vor uns let den dod.
18.
Marcus, starke löwelyn,
gilt up de raölen, lat scroden^')! |
wo Got upstunt vam dode, 1
wo dat geschach, (U. heffstu aver dacht) |
dat schach an euer osternacht.
■;'?
■•J!f
1
-^ j.OT-j'^aa.». injfCT»Tni.- - -: -.jr»
90
19.
Johannes, en arne van hoger flucht,
dar van kanstu uns leren
de hemmelfart unses heren
al openbar;
Got help uns dat wy kamen dar!
20.
De möle geit, se is bereit;
ach, de de nu wil mahlen,
de scal uns here halen
syn körnken reyn,
so werd id em gemalet^*) klein.
21.
Pauwes, kayser und prediker
vorwachtet de möle even,
so dat se möge geven
meel unde molt;
darvan so krige wy riken solt.
22.
De sine sele spisen wil,
de scal sik here snellen
to düsser mölen gesellen.
He is des wiss,
he malet unde mattet^^) nicht.
23.
De disse möle gebuwet hat,
den mote got geleiden,
wan he van hennen scal scheiden,
syn engel wys
de vöre en in dat paradies.
KIEL. H. Jellinghaus.
") Ü. richtig: gemalen.
") matten, ein gewisses Mass Getreide als Mahlgeld geben; s. Mndd. WB.
C W.
•W!'!^-lW!¥!^-*-V "
91
Zwei plattdeutsche Possen von
J. Lauremberg.
Im October des Jahres 1634 fand zu Kopenhagen die Vermählung
des Prinzen Christian des Fünften, (seit 1632 Statthalter in den Her-
zogthümern, f 1647) mit der Fürstin Magdalena Sibylla, geborener
Herzogin zu Sachsen, Jülich, Cleve, Berg statt.
Von den Aufzügen und Spielen, welche bei dieser Gelegenheit
gehalten, und den Schauspielen, welche aufgeführt wurden, veröflfent-
lichte die Buchhandlung von Jürgen Holst in Kopenhagen im Jahre
1635 eine Beschreibung unter dem Titel : Triumphus Nuptialis Danicus
in 4^ 124 S. Diese Schrift wurde im Jahre 1648 ebendaselbst neu
herausgegeben und durch einen 12 Quartblätter starken Anhang ver-
mehrt, welcher folgenden Titel führt:
Appendix.
Was in dem Hoch-Printzl. Beylager ist vorgelaufien und agiret worden.
1. Kurtzer Einhalt der beyden Comoedien de Raptu Orythiae (!).
2. Comoedia de Harpyiarum profligatione.
3. Die erste Baur-Comoedia, vom Ringelrennen, Thurniren, und
gammel Matz, Gesprechsweis agirt. (IL)
4. Die andere Comoedia, von der groten Söge, de int Landt
kamen was, wo se desülwe hebben to brüen fatet, und hinder
sik her jaget. (I.)
5. Extract oder Einhalt der Tragoedia byem grossen Feurwerck,
von Hoflfenburg, wie dieselbe zerstöret und eingeäschert
worden. Wie beygefügte Kupferstücken solches mit mehrem
aufzwei£zet und zu ersehen.
Gedruckt im Jahr 1648.
In der Inhaltsangabe auf der Rückseite des Titelblattes des
,Triumphus Nuptialis' wird angegeben, dass die hier unter 3 und 4
genannten . Bauernpossen als Zwischenspiele der unter 1 und 2 ange-
führten Komödien gespielt wurden.
Der Verfasser der unter No. 1 — 4 genannten Spiele ist J. Laurem-
berg, damals Lehrer an der Akademie zu Soröe. In dem 1635 zu
Kopenhagen erschienenen besonderen Abdrucke der Comoedien be-
zeichnet er sich als solcher. Vgl. J. Grimm in Pfeiflfer's Germania
2, 305 und Scherzgedichte von J. Lauremberg, hrsg. v. Lappenberg
S. 172 und 191. 1
Die Sprache der beiden plattdeutschen Stücke (Appendix S. 10 — 20)
trägt an manchen Stellen deutlich das Gepräge der Mund- und Rede-
art fechtselbischer Leute. So findet sich S. 10 gören = kinder, S. 15
blaag = blau, S. 13 da w a r d t idt kamen. Der Plural des Praesens
92
endet stets auf -en statt auf -et. Auch die Namen Chim (Joachim),
Cheel (Michael), Annemäten (S. 11 u. 20) weisen nach Holstein
oder Meklenburg, Lauremberg's Heimat, üeberdies wurden die Spiele
vor dem schleswigholsteinischen und dänischen Adel
aufgeführt und setzen bäuerliche Verhältnisse voraus, wie sie diesem
geläufig waren.
Der wesentlichste Zug der jetzigen holsteinischen und meklen-
burgischen Mundarten freilich fehlt: nirgends findet sich auch nur eine
Spur der Neigung, das e der Endungen ab- und auszustossen. Wir
haben es hier, wie in allen den plattdeutschen Bühnenspielen des 16.
u. 17. Jh., welche das Bauernleben behandeln, keineswegs mit der
unvermischten Volkssprache des platten Landes zu thun. Die Ver-
fasser sind Leute, welche gewohnt waren, in der Umgangssprache
hoch- und niederdeutsch vermischt zu hören und zu reden. So muss
manches aus dem Hochdeutschen in den plattdeutschen Dialog ein-
geschlüpft sein. Dahin gehören die Plurale Prses. auf -en und Wörter
wie S. 10 schüssleck, S. 11 pfyl Orthographien wie schlaa statt des
richtigen ,slaaS Auch mick = mich kommt vor, wiewohl diese
Form in den Gegenden, die hier in Betracht kommen, gewiss niemals
gebraucht ist.
Diese Schwanke und Possen in der Volksmundart, wie sie im
17. jh. weit zahlreicher, als bis jetzt bekannt ist, bestanden haben
müssen, schildern das platteste, niedrigste und verwildertste, was es
im Volke gab. So lassen sie auch die Sprache des Volkes un-
reiner und zerrütteter erscheinen, als sie in Wirklichkeit war.
L
' Bawren-Comoedia.
Scena L
Chim^ Mate, zwey Bawren^ der Vogt.
Chim,
(Kömmt in vollem Lauffe aufs dem Walde.)
Och, och, och. Ick arme Keerl, Och wat schalck doch nu an-
fangen ? nu wetk jo mynen Lyve neenen Rath : Nu binck jo gar thom
Pracher^) worden! Och du leeve Hemmeische Vader! Ifs idt denn
nich noech, dat wi van usem Vaget so plaget waren, haflft nu de
Düvel de grote Söge^) noch indt Land föhret, de uss ock noch moet
tho brüen^) faten. Ich hadde noch eenen kaalen Kohlhoff, darick myn
Wiff unde myne Gören mit uppeheelt*), den hafft mick de verscharen
Teve^) nu gantz verhudelt unde verdorven.
^) Bettler.
*) Wildschwein.
•) vexieren, narren ; to brüen faten, zu vexieren vornehmen, scheint Redens-
art zu sein, es kehrt weiterhin wieder.
*) Gören: Kinder; uppeheelt: «rhielt, ernährte.
*) verscharen; närrisch, wunderlich; Teve; Hündin, auch Scheltwort.
93
Se mach mick ock noch wol myn hartleeve Wiflf dartho uppe-
freeten habben, skoldt de störten Siicke^) habben. Wennt man hir
ock nicht herqueme, unde beete mick sülvest noch wol den Koppe aflf.
Och och, mi beevet dat Hart vor in der Brock''), wencker an dencke,
welck en schüssleck SpittaP) dat idt was : Idt hadde Ogen im Koppe
ass en paar Sennepschöttel, unde Tenen asse Zegenhöemer. Dat
quam mick dar im vullen Suse her marseeren^), ass went en Kater
im Maarse hadde.
Matz.
(Kömmt aufs dem andern Orte des Waldes gelauffen.)
Dat moet jo wol de Katten Kranckheit'^) weesen, dat men hyr
alltydt so hiet^^) ward. (Hält den Spiess vor den Waldt.) Wo du licker^*)
kumst, di skölen de störten Sücke beschiten. Ick wil dy dat Speet
so deep in de Kallitc^^) henin jagen, ass idt gähn mach.
Chim, Süe Matz, biste dar ock? Iss dat grote Swin bi di
ock west.
Mate, Ja ick meene jo tiss bi mi weest: Idt hefft mick thom
armen Manne maket: Och myne arme Koh, myne arme Krulleke**)
iss nu dar hen : De verbrüde^*) Söge hafft se mick tho skande beten.
Dat arme Beest sach mick so bedrövet an, ass idt dar lach, unde de
Kallune^^) hangede em uth dem Live. 0 wor wilck nu hernahmals
Malleck krigen, dar ick de Grütte mit kacken kann.
Chim. Ey Matz, bedröve di so seer nich, ick habbe ock all dat
mine verlahren, unde moet mick lycker tho freden geven. Lath uss
thosamen holden, wy willen seen eflft wi de Teve nich fangen können.
Hey, künde wy se dodt schlaan, wat wulde wy stattlecke Schincken
krigen, du möst din beste doen unde redelicken bistaan. Alle de Lüde
Seggen, dat du so en drist Keerl bist.
Mate. Dat löve man even. Ick habbe wol eer en paer Keerls
*) Fallsucht; störten für störtende. J.
') Brook: Bekleidung der Oberschenkel, s. Mndd. WB. 1, 428. J.
^) scheussliches Ungethüm. Sp., sonst Hospital, scheint hier aus Spectakel,
Schauspiel, entstellt. J.
*J marschieren.
^^) Kattenkrankheit, in einem satyrischen Gedichte des 17. Jhs. (Lauremberg,
hrsg. V. Lappenberg, S. 116, 98) als Ausruf: o alle kattenkrankt ! Hildebrand
(Grimm WB. 5, 297) der diesen Fluch noch aus v. Birken's Silvia beibringt, möchte
es als Irrsinn fassen. W. — Aber nach Mittheilung des Herrn Menz in Norden
versteht man noch heute in vielen Gegenden, nach des Herausgebers Erinnerung
in Westfalen darunter die Räude, Krätze. J.
") hien: zum besten haben; s. Mnd. WB. 2, 265. W. — biet statt heit,
heiss ? J.
*') gleichvrohl, dennoch.
*^) vgl. Dähnert WB. der Pommerschen Mundart: Kaliid, Magen, Ein-
geweide.
") Name der Kuh, wahrscheinlich nach dem ,krausen Wirbel*, wie man es
in Holstein nennt, in welchem das Stirnhaar, der ,Tost* (Troddel) bisweilen
sich zeigt.
^*J verbrüet: verderbt, verrückt.
^ Kaidaune. J.
94
achter mick herjaget: Dat mackt, ick habhe ock de Weldt wat beter
np de Ohren slan, ass gy andern im Dörpe.
Ghim. Ey Matz, verteil mi doch vor du all west bist.
Matg. Ja Chim, wenck dat begiinde tho seggen, so skuldestu
Neese unde Mnel apen holden.
Chim. Ey, segge mick doch wat darvan.
Matg. Wenn du idt mau alle begripea koüdest. Höer, use
Kuappral unde use Sküersandt") de nehmeii mick met gewalt iat
Schipp, da föerde wy aver enea groten Dick. Waaae, Ghim, haddestu
sehen, wo sick dat Water hadde, wo idt dantzede nnde spning, ass
wennt rasen ^^) unde dull west hadde").
Chim. Kundestu nich ene Flasche vnll mit di tho Huse bringen,
dat wi idt ock hadden tho seende kregen.
Mate. Neen, dat acht' ick noch nich. Süe, dar queme vy in
en Land, Chim, wenn du dat höerdest, wo seltzeu") dat de Lüde dar
epreken, du skuldest dy vor Lachen bemiigeo. Dat erste mal datny
ant Land treeden, dar t^uam en Annemeten''), tho der sede ick : Goien
Dach. Dat Spook**) sede strax tho mi : Küsse in Eerss**). Ich sede,
dat doe de Bödel mit achtein Roden**).
Chim. Dat möten schnaackske Lüde wesen. Wo seen se
dog uth?")
Mite. Sa Been recht liifhafftich uth asse Minsken.
Chim. Wat eten se denn ?
Mats. Se eten dar wat, dat heeten ae Köt'^), unde supen dar
Ölie") tho.
Chim. Pfy ! dat moet slim smecken.
Mtttü. Ne vorwaar Ghim, dat ding dat se Eöt heeten, dat
smecket recht asse dat Fleesck in usen Lande : Unde de Ölie dat is
nich so en Ölie, assmen hyr upper Slabberteeken'*) köft : Wenn dfl
se smeckedest, du skuldest uich anders meenen, asse wennt Beer were.
") Korporal und Sergeant. J.
"1 rasend.
") gaaz ähnlich, wie hier Chim die Ostsee, über die er nach Kopenhagen
reiste, schildert Siennerhinke im ,We st vaeischen Speeltuyn', Utrecht 1687 S. 2t f.
die Nordsee, über welche er nach Holland fuhr. J.
'") seltsam, mndd. seltsen, selsen, mhd. aeltsEene.
") Annamargareta. J.
") eig. Gespenst, hier etwa ,kleiDe Hexe'; vgl. en Spook vnn Deeren bei
Schütze Holst. Idiotikon 4, 173. J.
") Entstellung eines dänischen Satzes, etwa: jeg liysaer deres haand, ich
küsse Ihnen die Hand. J.
") Der Staupenschlag bestand in Hamburg aus 3 mal lä Streichen, s. Buek
Hamburgische Alterthümer 8. 120. Daher stammt das bekannte Schimpfwort ;
,Schraffel-Achtein '.
") in der Historie von Slennerhincke S. 23 wird der westfälische Baaer-
bursche, welcher von seiner Eeiae nach Holland erzählt, auf ganz ähnliche Weise
mit den Worten unterbrochen : Wo, dat mobt mich ein wanneraert Volkes weaseo. J.
"> dän. kjöd, Fleisch; ndd. kut, Eingeweide. J.
") dän. öl, Bier; ndd. ölie, Oel. J.
'^) Entstellung lon Apotheke, mit Anletmung an slabben, slabbem, schlecken.
95
Chim. Wor kregestu wat tho freten?
Matjsf, Höer dick man eens, woet my ging. Dar quam iok in en
Hufs, dar sede de Weerth : Wat wil gy haar*^) ; Ick seede : Ick wil wat
freten : Ick bin ein Düdsck Keerl, unde heete Matz. Chim, so balde
asseck man minen namen nöemde, dat ick sede Matz, do quemen se
darher stigen mitne groten Fatt vull Tüges, dat heeten se gammel Matz*^).
Chim. Wat iss dat vor Tuch?
Matjsf. 0 Chim, du lövest nich wat dat nütlicke Freetery iss,
man skulde wol de Finger dama licken.
Chim, Dar möten lycker goede Lüde wesen, dar im Lande.
Mate. Ja wisse*^), Chim. Man dar was en Keerl, den hadd
ick balde bim Koppe kregen.
Chim Wo quam dat?
Matiy. De Flöts'^) nam de Kanne, unde sede tho mick : Kutt-
haar. Ick seede: dar stacke du de Teenen mit, du Unflat. Plegt
men so wol by erlicken Lüden tho snacken ? Ick wulde em habben
mit der Plite^^) över de Nese feget, do quemen dar noch andere Lüde
tuschen, de seden, dat weere nichts böses; Kutt Haar**) dat weere
so veel asse wy seggen, 'Tgelt dick en maal.
Chim. Ey Matz, segge mick doch noch mehr van de Lüde.
Matjsf. Neen Chim, Lath uss seen, dat wy dat grote Swin können
krigen, so skölen uss use Mömgens'^) hübscke Wüste maaken.
Chim. Wennt man de Düvel nich reede, dat idt uss tho starck
würre : Idt skulde mick wol myne nye Broocke intwey riten,
Mate, Du möst stiff vörholden. Sta du mitr Forcke, unde
wenn't lopen kümmt, so stick em hastich beyde Ogen uth, so wil ick
denn wol wyder darmit raden.
(Im Walde wird ein Geräusche.)
Chim. 0 Matz, ick kant nich seggen, wo bange dat mi iss.
Och weer ick doch man eerst wedder tho Huefs!
Mate. Du möst dick nich fruchten. Watm dusent Pocken hestu
indr Broocke, Chim? Phu, dat rückt lyden barnousch*^) !
Chim, 0 myn leeve Naber, ick habbe van dage nichts naten
asse eine Skaale vull Bottermalleck. Ick dencke, wennck meene, datck
de Bottermalleck im Live habbe, so geyt se mick wol in der Broock
herümb marseeren.
**) dän. have, haben.
^®) dän. gammelmad (eig. alte Speise) Pökelfleisch. J.
•*) gewiss.
"1 hamb. Flotts, Flotts, Grobian; pomm. Fläz, Flöz; götting. Vlcets.
^^) eine Art Degen; im Hans Hohn Z. 3 (Lauremberg, hrsg. v. Lappenberg
S. 136), Richey Hamb. Idiot. S. 369, Dähnert Pomm. WB.
^) dän. god taarl guter Tropfen; ein üblicher Trinkspruch.
**) Mütterchen, Hausfrauen.
^) liden f. lidend (eig. leidend), sehr, ziemlich, s. Richey. ,He^ süt so ber-
naüisch uut, v. einem erhitzten, zornigen und trotzigen Gesichte*, Dähnert, der es
vom Bernauischen Bier herleitet. W. — Das im Text vereinzelte ,ou* lässt einen
Druckfehler vermuthen. Nah liegt nid. bern, berne, stercus, bei Oudemans und
Eilian., frz. bran, Menschenkoth, Sachs 183. J.
96
(Das Geräusch wird immer stärcker.)
Matg, Höer, höer, dar wardt idt kamen^'').
(Sie halten beyde den Spiess and die Gabel vor : Der Vogt kömmt herauss getretten.)
Ghim, Dat dick ock de Lämnis^*) besta, dat ys use Vaget. Wor
föhret den de Euckuk her? Ich denck he ward dat grote Swin all
villet'*) habben.
Mate, He mach syne Möyme villen : He skulde eer ene grote
dicke Vehemäget begüücheln^^), asse so en Swin steken.
Der Vogdt,
(Redet halb nach dem Walde zu.)
Ziehet ihr andern immer hin auff die Schwein- und Hasenjagt,
ich wil mich aufif eine andere Jagt machen, da weniger Gefahr und
mehr Lust bey ist. Ich wil sehen, ob ich irgeuds ein zweyfüssiges
Thieriein auffjagen kan, mich damit zu ergetzen. Aber siehe, sindt
das nicht zween von meinen Bawren? Ihr leichtfertigen Vögel, wass
habt ihr allhier zu schaffen? Du grober Tölpel, hastu nicht besser
Mores gelernet, Wenn du mit vornehmen Leuten redest, kannstu den
keine Reverentz machen?
Chim, Wat, Herr Vagt? wat skalck maken? Frentze? dat
weet ick nich wat dat vor Dinger sindt : Wor maket man de Frentze
van? Van Eekenholt, edder van Widenstrücke? Einen Wagen edder
Ploch kann ick noch wol macken, man de Frentze tho macken, dar
weet ick neenen Beskeet van : de mach juw use Smitt edder de
Timmermann macken.
Der Vogt Bu grober Esel, ich sage du sollt Reverentz machen,
das ist, du solt den Hut abziehen, und die Knie beugen, wenn dich
ehrliche Leute anreden.
Chim. Ho ho, ist anders nich? So wil ick noch wol ein halff
Stige Frentze heermacken. (Neiget sich mit halbem Leibe und beuget bejde
Knien einmahl oder etzliche, gantz Bäurisch.)
Der Vogt. Ja du kandst dich recht wohl damit behelfen. Aber
saget mir, wass macht ihr hier?
Matss. 0 gy allmächtige, barmhartige Herr Vaget ! dat schüss-
lecke Deerte, dat so uth süth asse en groot Swin, unde löppt hyr im
Lande herummer schodiivelen^^), dat hafft mick myne Koh KruUeke
y, doetbeten. Och de salige KruUeke? 0 idt geydt ray noch so tho
Harten, wenn icker up dencke. Und wenn ick my vor eerslicken^'j
Lüden nich en beten skämde, wold ick noch wol balde en maal luet
up umme se blarren.
Der Vogt, Was kan ich darzu, dass deine Kühe gestorben?
»7) Da kommt's.
•*) Lähmung. J.
'*) Villen: die Haut abziehen.
*^) gnücheln, schmunzeln, Grimme Galant. 44 ; ravensb. gnücheln, Jellinghaus
Gramm. 128. Davon begnücheln? J.
*^J eig. vermummt umherschwärmen, s. Mndd. WB. 4, 110. J.
*•) höhnendes Wortspiel st. eerlick.
— ;r-~
97
Matsf. 0 ja, myn gode frame Herr Vagedt, ick wulde jaw so
hartliken gerne beden habben, dat gi mick doch' wulden^') ander
Eoh weer maacken.
Der Vogt. Was den Henker, soll ich dir eine Kuh machen?
(Wil ihn mit dem Stecken schlagen.)
Mate, Ey neen, min gode Herr Vaget, man ick wulde jaw
bidden, dat gy idt macken skulden, dat ick ene ander Koeh wadder
kreege van user Övrichheit.
Der Vogt. Warümb gebt ihr nicht besser Achtung auff ewre
Sachen? Sehet doch zu, ob ihr das Schwein könnet fangen, oder
todtschlahen, so wil ich euch eine andere Kuh, und ein paar fette
Ochsen darzu geben. Gehet hin und thuet euer bestes.
(Der Vogt gehet ab.)
Mate, Ghim dat were noch wol wat, eine Koh unde ene paar
Ossen, dar dörste^) ick noch wol en blaeg Oge umme wagen. Kum
Chim, stelle du dick man recht vor de Döer: Ick wil hir achter di
staen. Konde wy dat tho vaten krigen, dat were Gelücken.
(Halten ihre Gabel und Spiess abremal vor den Waldt : Mercurias kömmt mit den
Harpyjis auffgetretten.)
Chim, Süe, süe, Matz, wat kamen dar vor gruwlecke Spöcke
heer? Och, wor wil ick my nu op vöt laten**). Loop, Loop.
(Einer läufft hier, der ander dort hin und fallen in die Scenen).
n.
Intersceninm.
Drewes und Cheel^ ewey Bawren.
Drewes,
Ey, ey, wat iss idt doch ein bedröflfet*^) Handel, wemn in ein
frömbt Land kömmt, dar man unbekandt iss unde de Sprake nich
kan, de de Lüde spreken. Ick hebbe schir den gantzen Dag ümbher
lopen, unde kan myne Harbarge nich wedder finden. Wenn ick de
Lüde frage, unde segge: Hyr gi*^), wor iss myne Harbarge? so fangen
se undüdsch an tho snacken, dat ich nich en Wort darvan vorstahn
kan unde lachen mick noch dai*tho uth, als wenn ick wat stahlen
hadde. Ick meende, ick hadde dat Hufs so wolle marcket, dar ick
myn Quarteer hebbe, nu kan ick likewol dar nich wedder by kamen,
wenn ich my ock tho dode söchte. Ick wolde man hengahn, unde
vor eenen Sckilling Teer in myne Butte köpen, so nam ick doch so
eigentlicke Waarteeken : Wente*®) dar sat eine Kreye baven up dem
Huse, unde dar stund eine Derne recht yegen de Dörc över, de
*'^ wulden = wulden en. J.
^ getraute.
^) sprichwörtliche Redensart, hd. sich auf die Füsse lassen d. i. fliehen, s.
Weigand in Grimmas WB. 4, 1001.
<«) betrübt.
<0 ilir da.
**) denn.
Niederdeutsches Jahrbuch. IIL 7
98
hadde ein Varendeel*^) vam Lamme im Korve. Seht, dat Warteken
heb ick noch wol beholden, man ick kan idt doch nargens finden.
Wenn ick doch minen Naber Cheel man koode tho sehende kriegen,
so wolde ick balde tho rechte kamen. De Kerl snuckert*®) allerwegen
ümbher, und wil de Nase in allen Hölen^^) hebben. Man kan nich
einen Vist^^) laten, he wilt all uprücken. Hebbe gy em nich gesehen, gy
goden Lüde ? Ey segget idt mick doch, dar bidde ick juck ümme.
Sil, sü, iss dat nich, de dar herkumpt? Ja. dat iss he wisslicken.
Cheel, Ha, ha, ha, hebbe ick mick doch balde thom Einder-
metken lachet, över de seltzamen Uptöge, de man in der Stadt tho
sehude kriegt. Dat Volck hir im Landt mot jo Yastelavendt lopen,
löve ick alle min Dage.
Drewes. 0 Cheel, dat iss goedt, dat ick di bemöte. Ick hadde
anders use Huss nicht (dat * were nich möglicken wesen) wedder
finden kondt
Cheel, Wo? Kondestu nich nachfragen? Kennestn de Strate nich ?
Drewes, Neen, vorwaar, Cheel, Wo skolde ick se kennen können?
Sehn doch de Straten einander so gelick, dat man se nich under-
scheden kan. Wo heet denn use Strate?
Cheel. Se heet de Püseken Strate^') ! Wenn man von dar hen-
daal geit, so kumpt men an dat grote witte Huss, <lar de Eöning
sine Harberge hefft.
Drewes, Wor bistu so lange west, Cheel? Du löpst allerwegen
herümmer schodüvelen, se tho dat se dick nich einmal den Kanthacken^)
wat affkarnüffeln.
Cheel, Ho, ho, dar bin ick en veel all to slu tho. Hör ick
moet dick wat vorteilen, wat ick dar all sehn hebbe. Ick ging dar
spantzeren achter den groten Huse, dar de veelen rode Speetknecbte
vor stahn: Dar haddense ein klein beten witt Papier an ein Balcken
henget. Dar weeren so veel statlicke Kerls, de wolden dat Dinck dar
gerne äff hebben : So gingen se ein na dem andern upt Peerdt sitten,
unde nehmen einen langen ^ spitzen Stacken, unde lepen in vuUen suse,
all wat dat Perdt uth dem Arse lopen konde, unde wolden dat Dinck
mit dem Stacken her äff stecken.
Drewes, I, hebbe ick doch alle min Dage sülcke dumme Lüde
nich sehn. Konde[n]se idt nich mit einem Stocke her afierslahn:
edder mit Stene darna smiten? Wolde ick idt doch wol mit miner
Förcke im ersten dreve^*) herunder sch[l]agen hebben.
*«) Viertel. ^
**) snückern: umliersachen.
**) dat Holl: Loch; einen Vorwitzigen nennt man Pluck oder Hans vor
allen Holen, s. Br. WB. 2, 649.
") Vtst: leve peditum.
*») Puse: scortum.
^) Kanthaken: eiserne Klaue, welche man an schwere Gefässe schlägt, die
gekantet d. 1. an einer Seite gehoben werden sollen; daher das Sprw. bi'n ^•
krigen, anpacken, greifen. Schütze Holst. Idiot. L. mit den K. ? karnüffeln, durch-
prügeln; s. Hildebrand in Grimmas Wß. 5, 221.
*•) Gang oder Schlag, s. Mndd. u. Brem. WB.
Ched. Ja dat wundert mick man, dat se so veele Möye dar tho
nehmen. Man höre wat se mehr deden. Süh dar hadden se dick
ein edder dre uppedr0gede^^) Minschenköppe. Wanne^^) ! wo fathen
se de tho brüden ! Dar reden se mit der Wehre na, unde wolde[n]se
dodt hawen: Etlicke lepen mit dem Spett darna, unde wolden em
de Ogen uthstecken.
Drewes, I, wo unbarmbartig sindt lickewols de Lüde: Konden
se de armen Koppe noch nich unfexert laten?
Ched, Hör dick man, darna sach ick noch wat seltzamers.
Dar weren etlicke Kerls, de hadden iserne Wammes an, unde iserne
Filthöde up dem Koppe, de hengeden en bett över den Bardt.
Drewes : I, Cheel, wo lüchstu nu : Neen dat hedde ick nich
meent, dat du so legen skoldest.
Cheel. Gewisslick, Drewes, dat iss neue Lögen'^) dat ick segge.
Drewes, Wo were dat möglick, dat se de isere Wämmesser tho
hope neyen konden? Dar hedden de Sniders jo wol alle Neynadeln
up in twey bracken, de in der Stadt sindt.
Cheel, Dat lat ick se vörraaden^^). Ja se hadden ock iserne
Skodtfellen*®) vörbunden.
Drewes. Wat deden se darmede?
Cheel. Dat setteden sick twe unde twe up de Zöre**) unde
blindelings in vuUem suse ap ein ander tho, unde wolden sick ein-
ander van der Ackermeer herunder stöten. Man dar was nich einer
de so veel döchte, dat he den andern konde draff krigen.
Drewes. Wat skolde dat bedüden?
Cheel, Ick dencke, se hebben in de wedde lopen ümme eine
Tonne Beer. Nu hör wider tho. Dar was der einer manck den
Rüters, dem fiU ein Stücke van siner iserne[n] Brocke up de Erde.
Ick dar hinder her, unde stack idt hemlickeu vor in mine Buxe,
unde darvan gelopen, haste mick ock wol lopen sehn.
Drewes, Neen Cheel, ick heb dick nich lopen sehn. Wifs her,
wat ist vor ein Dinck?
Cheel, Süh, wo idt blenckert als ein Spegel.
Drewes, Wat den hundert sück^^) wiltu mit den isern Lappen
dohn? wiltu diu Wammes darmit flicken laten?
Cheel. Neen, lange nich, dat skal mick wol beter tho nutte
kamen. Wenn man dat uptLiff holt, so kan man nich fohlen, wenn
einer schon mit der Plite darup houwet, edder Knüppel darup schleidt.
^) getrocknete; 0 nach dän. Weise gleich ö, wie nachher in t0ff.
8^) ein Ausruf der Verwunderung oder Bedrohung, s. Br. WB. Grimm
Gramm. 3, 305.
**) mndd. logene, Lüge.
^^) lies: dar lat etc.? dafür lass ich sie sorgen.
«>) SchürzfeU.
^^) ^öre Zurre, altes unbrauchbares Pferd* Dähnert; hier gleich nachher
Ackermähre genannt.
") hundert Seuche I Fluch.
7*
100
Drewes, I, dat wer wol brave. Dat muste mick lehren, wenn
wi in den Krog gähn, so könne wi uns dichte herümmer kihlen. Ey
lat uns einmahl versöken wo idt angahn will.
Cheel. Ja dat skaitu wol sehn.
(Er legts uff den Kopff, kehrt dem andern den Rücken zu und bückt sicli.)
Schla nu man dichte tho mit der Forcke.
(Drewes, schlägt ihn langst den Rücken herab.)
0 dat dick de störton sücke bestah, du slimme Hundesfott : Hast mick
schir de Ribben im Rüggen in twey slagen. 0 wat deit mick dat
weh bet in den harden Arsknacken.
Drewes, Cheel, du sedest jo, ich skolde man drist thoschlahn.
Cheel, Ja ick meende, du skoldest up den jsern Lappen slahn,
unde du sleyst by tho.
Drewes. Ja, by tho dar kan man am besten drapen.
Cheel, Eum du nu her und legget upn Rüggen, so skaitu sehn,
off dat nich war iss, ^ wat ick sede.
Drewes. 0 min Arfsgatt! 0 recht nu so moth ick beswimen*').
Du lose Galge**) hast mick man brüet. Beholt du dinen jsem Lappen,
unde fahr dar wol mit in untidt^^).
Cheel. Ja, ja, ick wil en wol bruken, Süh, dar wil ick hen
neyen laten, recht dar mick dat Härte sitt.
(Weiset vorn auff den Bauch.)
Drewes. Wultu nu nich mit tho Hufs?
Cheel, Ey t0ff noch ein lüttick^^). Dar sitten der so smucke
Jumfern, de moedt ick noch en lüttick ansehn. Wenn se up der
Straten gähn, edder föhren, so kan man se nümmer r^cht tho sehnde
kriegen, so hebben se de Nase thodöcket^^), als wenn se Mumm-
skantzen^®) gähn wolden»
Drewes, Ick dhoe wat up de Jumfern, (mit Verlöve secht, wennt
gröweste weg ifs); sehn se^doch nich anners utb alse use Deerens,
man alleene, dat se den Arfs mit Sammit unde Sidentüch behenget
hebben. Ick wil mi hen tho Hufs voteeren^^), wultu mit, so komm.
Cheel, Ja lath ufs gähn, so wille wi ein Pötten affstecken'^)
up Annemäten ehre Gesundtheit.
KIEL. H. Jellinghaus.
**) ohnmächtig werden.
^) als Schimpfwort für Galgenstrick, s. Brem. WB., Dähnert, und HUdebrand
in Grimmas WB. 4, 1172.
^^) ,in Untiid ist eine Formel, die man im Yerdruss ausstösst, wenn jemand
Widerrede gegen Befehle hat oder man sonst mit ihm unzufrieden ist: do dat in
U. ; he sali in U. wol hengaan.* Dähnert.
^) wart noch ein wenig.
•') die Nase mit Tüchern verhängt.
•*) Mummenschanz, Maskerade, s. Mndd. WB. 3, 133.
•') von Voot, Fuss gebildet. J.
70) ein Töpfchen ausstechen, vgl. d. ndl. afsteken und d. Mndd. WB.
u. Dähnert. C. W.
101
Die Deminutiva der niederdeutschen
Ausgabe von Agricola's Sprichwörtern.
In meiner Schrift über Agricola's Sprichwörter, Schwerin 1862, |
finden sich S. 16 — 40 umfassende und eingehende Vergleichungen
des hochdeutschen Originales (Hagenau 1529) und der niederdeutschen |
Uebersetzung (Magdeburg s. a.) Eine dort nur angedeutete Unter-
suchung (S. 29) gestatte ich mir hier abzuschliessen, die Frage nach I
dem Verhältniss der hoch- und niederdeutschen Deminutiva. Von 1
der niederd. Uebersetzung, die über das erste Drittel unsers Jahr-
hunderts hinaus verschollen war, habe ich die Exemplare zu Giessen,
Greifs wald, Hannover und Wolfenbüttel benutzt; von dem hochdeutschen
Original besitze ich selber ein Exemplar. Da nur der erste Theil der
Sprichwörter ins Niederdeutsche übersetzt ist, habe ich den zweiten
für diese Frage nicht weiter berücksichtigt; ich bemerke indessen,
dass folgende Formen auf chen sich in dem hochd. Texte finden:
in nr. 301 wichtlichen bl. 17b. Erdmennerchen ibid. und Erdmennichen
bl. 18a. schleckbißigen nr. 344 bl. 47a neben bißlin nr. 342 bl.
45a, nr. 503 bl. 119b, bissen 507 bl. 121a und schleckbißlin nr. 634
bl. 171a, weysichen nr. 377, teuflfelichen 457.
Deminutiva.
I. ausschliesslich in der niederd. Ausg.
Nr. 128. De Wendt secht, Dar kumpt sick nicht beter vagdken |
[hd. vogten]. I
162. Bälde darna ginck he — na einem Stedeken [hd. flecken],
dat heth Mansfelt.
Vielleicht auch 159. Endtlich ys Doctor Johan Teutonicus syn i
Vader ock gekamen mit eynem groten vetten büke, in einem witten
Chor Röcheln [das Poss. fehlt hd. ; in chorrocke].
II. ausschliesslich in der hochd. Ausg.
niederd. 54. de visch [fischlin] vor em in de kelen.
67. Anfg. Van Gade ys einem ytliken minschen syne stunde
[stundlin] vorordent wen he steruen schal.
260. wenn se (de Römer) vthtögen tho krigen, so steken se
yp einen thun staken einen busck h5uwes [puschlin hew] vor
eine banner.
279. Julius Cesar — wolde nicht de kisten [kestlin] besen,
darynne Pompeius breve vnde handelinge wedder Julium beslaten
weren, wo wol ydt em syne Rede reden.
282. Wenn my ein slöke [schlecklin] dar van wert, wat frage
ick darna weme ydt erret.
102
III. gemeinsame Deminutiva.
a. hinsichtl. der Form.
70. Krftmken [kromichen] maken ock brodt.
264. Renner ndmet etlike, dar me lede van gemaket hefft, vnde
er loff gesungen, van Bodenloue, vnde van Morungen, van Limborg,
vnde van Windesbecke, van Nyfe, Wildome, vnde van Brunecke. Her
Wolter van der vogelweide, wol des vorgete de dede my leide. Her
Reinhardt vnde her Peterlin [hd. ebenso], mdgen desser genoten van
synnen wol syn.
b. hochd. lin (Plur. auch le), niederd. ken.
1. g. E. Du werpest ein kftrnken [k6rnlin] in den acker.
3. De Ghristlike kercke, ein klene arme hflpken [heufflyn], —
ys gebleuen.
62. Na etliken iaren — toch he in ein stedeken [stedtlin],
Leuenwerde.
67. nemandt kan dat stilndeken [stundlin] vork(^rten edder
vorlengen.
ib. mennich ys in groter var liues vnde leuendes, (Zuerst he
kumpt hen dorch, wente syn stflndeken ys noch nicht kamen.
ib. dat he darynne steruen moth, wenn dat stftndeken kumpt.
79. de stolrftuers, de am weinigesten ethen, vnde ein drAn-
ckelken [truncklin] wins drincken.
100. Ein rosyn wert in einem dage, vnde vorgheit ock wedder,
also ock alle bl6mken [blumlin] vp dem velde.
128. Ick dencke do ick ein klene megdeken [mediin] was.
157. ein bwrsman, welker dem goltsmede etlike klene körneck en
[kornlin] goldes hadde angebaden tho vorköpende.
160. — in einem Kloster was ein arm Nönneken [Nonnelin]
berüchtiget, alse scheide se mit dem Elosterschriuer vnrecht gehandelt
hebben vnde in erer cellen edder kemerken [kemmerlin] beslaten
vnde beholden hebben.
Dat Nönneken wardt mit guden gelerden worden van dem
Abte so vele beredet, dat ydt sick tho der dädt bekende.
175. vnde wert endtlik ein kftkelken [hunlin] daruth.
200. de dodt ys vnses Heren Gades ordeninge, also, dat einem
yedern syn stftndeken [stundlin] gesettet ys, wenn he steruen schal.
203. de frftnde mosten er ock ein hftseken [heußlin] vp dat
graff buwen.
274. Dar synt vaken lüde sticket van einem kleinen körncken
[kornlin] Rosyn, alse Plinius secht.
206. Apollo rekende de h ü t k e n [hutlin] Aglai h5ger, als den
saal Gigis.
226. alse ock Doctor Luther dat sflluige rycklick beschrifflt in
dem bökelken [Buchlin] van den kophandeln.
264. Wat Pyrrha geworpen hefift, synt megdeken [weyblin
worden, Wat Deucalion geworpen hefft, synt knechken [menUn
worden.
103
ib. Ynse Here Godt sach de smuckeden kinderken [kinderle]
an. g. E.
274. Idt viodt sick ftuerst tho testen, dat sick dat r a d e k e n
fredlin] Tmmewendet.
281. Ein here schal wesen als ein schipman, eecht M. Cicero,
de d&rup trachten schal, dat he dat schepken [schifflin] gantz vnde
vnnoram tho hmde brioge.
Die vorstehende Untersuchung hat mich veranlaset, die 20 Jahre
später (1548) herausgegebenen 500 neuen Sprichwörter Ägricola's
gleichfalls ^ diene Frage zu prüfen. Hier das Ergebaiss einer sorg-
samen Beobachtung. Die nd. Form auf c h e n [ken] findet sich in
den Wörtern: Berichen und Loewichen nr. 188; HenBchen
nr. 194, 210 Caninchen. Die Form auf lein, die 1528/9 bei Agr.
noch fehlte, findet sich in seinen eigenen Worten dreimal: ständ-
lein und ges chenckle in , jenes auf der vorletzten, dieses auf
der letzten Seite der Vorrede, und Thierlein bl. 94* nr. 210.
Sonst immer ün z. B. thierlin in demselben Sprichwort bl. 95«.
In den aus Dichtern, namentlich aus dem Renner entlehnten zahlreichen
Stellen finden sich in und ausser dem Reim die Formen auf 1 i n und
lein ziemlich gleichmässig.
SCHWERIN in Mekienburg. Friedr. Latendorf.
Kinderspiele in Südwestfalen.
1. DrSnwengären').
Die kinder fassen sich an und bilden einen kreis. Draussen
weilt der engel, drinnen ist der teufel. Zwei gegenüber stehende
paare bilden tore. Der engel trit durch eins der tore in den kreis,
stösst den teufel in den nacken nnd fragt:
E. Tu tu tntt, bat daiste^) in meinem dreuwengären ? —
T. Dreuwen freäten. —
E. Bai heät di dat befdälen? —
T, Nümmes. —
E. Wann äwer de alle fosa nu küamet? —
T. Dann länpe^) iak. —
E. Dann bitt*) hai di.
Bei diesen worten springt der teufel nach dem tore um ins
freie zu gelangen, woran man ihn nach möglichkeit zu hindern sucht.
104
Ist er hinaus, so wird dem eogel bereitwillig das tor geöfnet, damit
er den teufel verfolge. Gelingt es diesem, ohne erhascht zu werden,
wieder in den kreis zu kommen, su hebt das ^piel von neuem an.
Hat aber der engel den teufel gefangen, so hockt der kreis nieder.
Engel und teufel verabreden leise zwei namen und laufen an den
kreis. Der engel zieht einen aus dem kreise, der teufel stösst einen
andern in das innere desselben. Der erste ist nun engel, der andere
teufel für das folgende spiel.
*) In der hd. fassang gilt Weingarten fdr traubengarten. — *) tust du. —
•) man lese die vocale äu getrennt! — *) beisst.
Deüinghoven und Iserlohn.
2. Pinne-steälen.
Die gesellschaft teilt sich in zwei häufen, welche ziemlich gleich
stark sein müssen. Es wird eine grenze abgesteckt und gleich weit
von der grenze auf beiden selten ein mahl (mäit) errichtet. An dem
mahle liegen so viele Stäbchen (pinne) als köpfe im häufen sind.
Nun geht es drum, dass man in feindesland einbreche und ein Stäb-
chen raube ohne sich schlagen zu lassen. Wird jemand bei diesem
unternehmen geschlagen, so ist er gefangen und muss am mahle sitzen,
bis ihn etwa einer von den seinigen erreicht und durch einen schlag
befreit. Der verlust der stäbchen und der etwaigen gefangenen ent-
scheidet das spiel. Schliesslich findet gasselaufen der besiegten statt.
Ein ganz ähnliches spiel heisst galgen-lesken (am galgen
leisten), nur wird das mahl galgen genannt. Der galgen trägt bloss
einen pinn oder stein.
Zu Marienheide nennt man dieses spiel brügg op hei, und
galgen -schimmeln^) ist am galgen stehen.
^) schimmeln sagt man zu Iserlohn von balldamen, welche ohne tänzer
bleiben.
Hemer.
3. Sfinnken äder m^nken.
Das spiel ,die goldene und die faule brücke' (Rochholz S. 373)
ist im südhchen Westfalen sehr verbreitet und führt ausser dem in
der Überschrift gegebenen auch die namen sunne äder mänd,
gold äder silwer (Hoerde), liepelken un gättelken, bock-
müale-trecken.
Das spiel stellt einen kämpf zwischen sonne und mond vor.
Zwei kinder verabreden leise, wer von ihnen sünnken und wer m ^ nken
sein soll, während die übrigen, sich hinten anfassend und so eine
lange reihe bildend, unter dem gesange ,Lätt de gülne parte üäpen!'
die sonne und den mond einige male spiralförmig umziehen. Sonne
und mond haben sich unterdessen das gesiebt zugekehrt und mit
beiden bänden angefasst. Die ganze reihe zieht nun unter den auf-
gehobenen armen derselben hindurch. Der letzte wird angehalten
und gefragt: Bä h»rstu tau? taum sünnken äder m»nken? worauf
105
er leise antworten muss. Je nach der antwort schliesst er sich der
sonne oder dem monde an. So entstehen zwei scharen. Man hält
einen ziehkampf und es komt darauf an, welcher häufen dem andern
nach und nach seine mitglieder entreisst. Die besiegten müssen gasse
laufen, wo sie mit klumpsäcken geschlagen werden.
Kirchspiel Lüdenscheid.
Zu Fürstenberg heist das spiel sunne äder mänd. Zwei
mitspieler fassen sich an und halten die bände in die höhe. Die
übrigen ziehen in langer reihe hindurch und singen ,Mülle müUe male,
is de müUe na nitt ferrg (fertig)?' worauf die beiden antworten ,Mött
nä tain stainer op.^ Die lange reihe zieht in einem bogen herum
und von neuem hindurch unter demselben singsange, so lange bis die
beiden antworten ,Is ferrg!' Nun wird der letzte der reihe einge-
fangen und gefragt ,Wä wüste hinger?' Er antwortet leise entweder
,Hing6r de sunne^ oder ,Hinger den mänd.^ Man weiset ihn- dahinter.
Der von der reihe zuletzt übrigbleibende wird gefragt, wie viel mal
er durchlaufen wolle. Man lässt ihn soviel mal durchlaufeUs Wird
er zuletzt gefangen, so muss auch er wählen. Es folgt ein ziehkampf
und die besiegte partei muss gasse laufen.
4. Farwe.
Teufel und cngel werden bestimmt und gehen auf seite. Jedem
der übrigen mitspielenden wird nun eine färbe gegeben, nach der er
sich nennt.
Hupp hupp hupp! wä es da? — De döüwel. — Wat well da
häwen? — Farwe. — Wat för farwe? — Swatt (oder eine andere
färbe). Swatt muss nun heraustreten und sich hinter den teufel
stellen.
Klink link link! wä es da? — De engel. — Watt well da häwen?
— Farwe. — Wat för farwe ? — Witt (oder eine andere färbe). Witt
stellt sich hinter den engel.
Sind alle färben heraus, so beginnt an einer vorher gemachten
grenze (strich) ein ziehkampf. Schliesslich folgt gasselaufen der
^^^^^S^^^' Westliche Mark.
5. Ball-stoppen.
Die kinder sitzen bis auf zwei. Eins von diesen geht der reihe
nach zu jedem der sitzenden und sagt mit der geberde des Stopfens :
'lak stoppe di den ball int hiiäl, ferwär 'ne mi röcht wüäll' aber nur
eins bekommt den ball wirklich. Jetzt trit der sucher auf und sagt,
wo er den ball versteckt glaubt: ,Hawereut^) stinkkreud, N. N. giof
den ball bereut!' Vgl. eine andere formel von Hemer in meinen
Volksüberlieferungen s. 10.
^) Name der artemisia abrotauum.
Gegend von Iserlohn.
106
6. Diekene&lke-ferk&npen.
Die gesellschaft sitzt bis auf einen der teilnehmer, der nun der
reihe nach vor jeden hintrit, ein zum klumpsack gemachtes taschen-
tuch oder (wenn mädchen) die schürze über eine achsel schlägt
und fragt:
Ik hewe dickemeälke te ferkäupen, heddi^) nix naidig? —
Doch. —
Bu fi9l? —
Drai pund.
Darauf wird ihm vom Verkäufer dreimal auf den schoss getupft.
Ist der Verkäufer herum, so beginnt der gang von neuem um das geld
für die dickemilch einzuziehen.
Ik woU mi 'et geld halen för*) de dickemeälke. —
Da kritt i nix för, et was en här derinne (oder etwas ähn-
liches). -:-
Bat was derinne? Auf diese frage, welche öfter wiederholt
wird, indem der Verkäufer andere reden dazwischen schiebt, muss
immer genau wie das erste mal geantwortet werden. Jede abweichung,
die oft absichtlich ist, wird als lüge mit klumpsackschlägen bestraft.
Sagt der sitzende :
No, hir heddi dat geld, oder ist der stehende sein fragen leid,
so geht dieser zum folgenden, bis er die reihe herum ist. Damit hat
das spiel ein ende.
*) Für hewet oder hett i, habt ihr. — ') Dieser kurze vokal ist kein ü nach
hd. ausspräche, sondern sollte als umlaut eines ü (zwischen u und o) durch ein
u mit übergeschriebenem ö dargestellt werden. Hefner
7. Bu gefällt di din näher.
Die kinder setzen sich so, dass je eins ein anderes auf dem
schösse hat. Ein überschüssiges geht nun mit dem klumpsacke um-
her und fragt der reihe nach: ,Bu gefällt di din näher ?^ Das erste
mal wird von allen ,Gu8d!' geantwortet. Wird beim zweiten gange
auch ,6u8dl^ gesagt, so geht der fragende weiter, erhält er aber die
antwort ,Nitt gudd!' oder , Schlecht!^ [oft mit dem zusatze ,hä stinket
as en uiterbock!*^)], so wird weiter gefragt: ,Bai sall't dann seien?'
(oder: .dann saik^) di en annern!). Der gefragte nennt einen. Nun
müssen beide auf dem schösse sitzende schnell tauschen, wenn sie
nicht viele schlage mit dem klumpsack bekommen wollen. Wird ge-
sagt: ,Den hären selwest,^ so muss der weichende den klumpsack
übernehmen. Ist durchgefragt, dann heisst es: ,Ünnsten op den
öwersten !'*) (de hiamel geit liäpen). Alle springen auf und suchen
dem nachzukommen, während der klumpsackführer die Verwirrung be-
nutzt und sich jemanden auf den schoss setzt. Wer übrig bleibt muss
den klumpsack übernehmen.
^) Zwitter. — *) suche; ai ist umlaut von au. — ^) ö wie 6 anmerk. 2
zu sprechen.
Hemer.
107
8. Hoppsasa kaneineitfliUs.
Zwei kinder hocken gegeneinander über auf der erde und halten
folgendes gespräch: Dagh*), Witte! — Dagh, Swatte! — Bä wuoste')
hen? — Näm slächter. — Bat wueste da dauen*)? — Kläis halen. —
Bat för^) fläis? — Kaneinenfiäis^). Nun springen beide auf und singen
hüpfend: ,Hopp8a8a kane'inenfläis.
') Guten tag. — *) wüst da. — ') tun. — ^) ö wie in 6 anmerk. 2 su
sprechen. — •) Kaninchenneisch. /«Arl/iÄ
9. Blindekuh.
Das spiel heisst bei Iserlohn blinnekau, zu Marienheide
blingemüs^). Die formel, mit welcher es eingeleitet wird, lautet:
Blinne kau, ik laie') di. —
Bä hen? —
Nä Mennen (Menden). —
Bat sack (sali ik) da dauen? —
Dickemeälke eäten. —
Ik hewe kainen liapel (löffel). —
Dann niom 'ne gaffel. —
Ik hew' ock kaine gafiFel, —
Dann niom en spän. —
Ik hew^ ock kainen spän. —
Sprink drai mal 'rüm, dann heäste äinen.
Vgl. die formel aus der gegend von Lüdenscheid in meinen Volks-
überlieferungen s. 10,
') Wie mir herr director J. Wolff zu Mühlbach schreibt, heisst das spiel im
ganzen Sachsenlande Siebenbürgens nur ,de blengt mous.* — *) leite, führe.
Bemer.
10. DSiseken ferkoupen.
Zum Zeitvertreib in den langen winteraben üben mädchen im
Lüdenscheidschen folgendes spiel.
Ik verkoupe di en döiseken med drai mennekes. —
Bat es da alle guades in? —
Drai snacke (schlanke) burssen nä dinem sinn. —
Bu siud se beläten^)?
Hecht dapper*) opper Straten. —
Bu sind se bekledt (gekleidet)? —
Hecht fin un nett. —
Dann lä (lass) se mal h^ren! —
Den ei'rsten, as ^k 'ne lest sägh, hadde en gülnen rock ane ; den
twedden, as 'k ^ne lest sftgh, hadde en silwem rock ane ; den drüdden,
as 'k 'ne lest sägh, hadde en siden rock ane. Wecker (welcher) sali
med di släpen? —
D4 med 'me siden rock. —
Wecker sali di taudecken? —
Da med 'me silwern rock. —
108
Wecker sali di wecken? —
Da med ^me gülnen rock.
Nun werden barschen genannt, deren reihenfolge vorher bestimmt
war, und wenn die bettgenossin mit einem hässlichen oder anrüchigen
Zusammentrift, wird das betreffende mädchen tüchtig ausgelacht.
*) dargestellt, aussehend. So verstehe ich auch Münst. Chr. I, 169: jemer-
like belaten (beschuldigt). — *) würdevoll, ansehnlich; ahd. taphar, gravis.
Älberingtoerde.
11. Spänk im keller.
Es wird ausgemacht, wer mutter, kinder un spuk sein soll. Der
spuk begibt sich an einen ort, welcher keller genannt wird. Die
kinder umringen die mutter.
Kinder: Mauer, giaf mi en buater^).
Mutter : So gleXk. Bu fial euer*) es et ? —
K.: Elwen euer. —
M. : Helpet mi äirst en par knoUen*) schellen. —
K. : Dat weffi*) dann dauen.
Sie machen die geberde des schälens und sagen darauf:
Dat heffi*) dän. —
M. : Bat wett^) dann förn') bu9ter hewen? —
K, : En kreudbu9ter*).
Die mutter sagt nun zu einem:
6ä häl mi 'et bräud eutem keller herop.
Das kind geht, kommt aber bald wieder und sagt:
0 mäuer, et es en späuk im keller. —
M.: Ah bat®), gä noch mal!
Das kind geht noch einmal, komt wieder und spricht:
Ja ja, et es en späuk im keller. —
M. : Denn weck*®) dach mal medgän.
Sie geht mit den kindern, sieht den spuk und sagt:
0, en späiksken im keller!
Die kinder rufen dies alle nach und laufen. Der spuk verfolgt sie.
Hascht er eins, so trit das an seine stelle.
*) Butterbrot. — «) ühr. — ») Kartoffeln. — *) wellfi, weit fi, wollen wir.
— 8) hett fi, hewet fi, haben wir. — «) weit it, wollt ihr. — ') ö hier = u mit
darüber gesetztem ö. — «) Brot mit mus. — ®) &h bat, ei was. — *•) well ick, wül ich.
Iserlohn.
12. Büern-smiten.
Dieses spiel heisst auch; kiattelläpper (kesselflicker) sett den
büer op. Man schnellt einen auf den fuss gelegten stein nach eirem
aufgerichteten leicht umzuwerfenden grösseren steine, der als ziel dient.
13. Topf schlagen.
Dieses spiel ist in der gegend von Unna gebräuchlich. Der
schlagende geht in einem sacke von einem angewiesenen punkte aus
auf den topf los. Gerät es ihm, denselben zu zerschlagen, ohne dass
er selbst fällt, so erhält er den ausgesetzten preis.
109
14. Ziegenbock.
Die kinder sitzen im kreise. Eins ist der Ziegenbock, der sich
in der mitte befindet und in gebückter Stellung gehalten wird. Der
kreis singt, indem er den bock klopft:
Dubbe dubbe dupp! en siegenbock.
Einer aus dem kreise hält finger in die höhe und fragt:
Beu fiel h«rne heät de bock?
Rät es der bock nicht, so singt der chor:
Hättest du (soviel) geraten,
Würdest du jetzt nicht geschlagen. Iserlohn.
o
15. Uälge-pramen.
Man nent es ualge-pramen (oelpressen, wenn zwei, mit den
rücken aneinander gelehnt, sich abwechselnd in die höhe heben.
16. Mühle ziehen.
Beim müelken-trecken wird gesagt: Müalken tau, dat
kostet di ^ne dicke fette kau.
17. Verstecken.
In Hemer heisst dieses spiel kuckhaien, weil die kinder
kuckuk rufen, wenn sie sich versteckt (ferhudt) haben. Es heisst auch
gäus-gär, weil der suchende fragt: Es de gäus gär?
In Fürstenberg wird es bihüen genant. Der suchende sagt:
Ein zwei drei vier funkenstein, alles muss verstochen (!) sein. Wer
sich nicht verstochen hat, der muss für diesmal sein. Hinten stehn,
voren stehn, Seiten (!) stehn gilt nicht. 0 kra o krä, ich komme.
In Elsey heisst das spiel ferhüen. Durch üttäppeln wird be-
stimmt, wer zu suchen hat. Er muss sich an den angewiesenen ort
stellen und die äugen zuhalten, bis die spielgenossen sich versteckt
haben und kuckuk rufen. Jetzt darf er seine stelle verlassen und
suchen, muss sich aber in acht nehmen, dass keiner der andern, un-
gefunden, dorthin kommt. Wenn ein solcher ruft ,äin twäi drai' und
den namen des Suchers nennt, so muss dieser wieder zurück, und das
spiel hebt von neuem an. Findet er aber einen, so muss der die
rolle des Suchers übernehmen.
18. PfandlVsen.
Formel: Bat sali dai dauen, deäm düt tauh^rt?
Aufgaben: Ik stä hir för dem rutken, ik woU dat min schätzken
quseme un gäff mi en snfltken.
Ik stä hir as en stock un stinke as en bock.
Kald water kald water, min äs da briont ! — Et es lesket.
Hemer.
ISERLOHN. F. Woeste.
110
Südwestfalische Schelten.
In jeder mundart finden sich zahlreiche Wörter, gross enteils
bildliche ausdrücke, durch welche menschen oder tieren gebrechen,
fehler und Verkehrtheiten vorgeworfen werden; manche darunter, die
eigentlichen Schimpfwörter, sind oft sehr willkürlich gewählt. Solche
schelten, doch weniger die Schimpfwörter, einmal aus den südwest-
fälischen mundarten zusammengestellt und erläutert zu sehen, dürfte
nicht ohne Interesse sein. Von den vielen einfachen Wörtern
dieser art mag eine auswahl genügen, während die zusammenge-
setzten, so weit sie erreichbar waren, sämtlich mitgetheilt werden
sollen.
1. Einfache Schelten.
B&nner, eigentlich banner, be-
schwörer, wie in d&welsbänner,
dann fig. unruhiges, schwer zu re-
gierendes kind. Nicht hieher ge-
hört bänner = binder, z. b. ka-
renbäuner.
B9ker, pocher, prahlhans, dick-
tuer'(Dortmund) von böken, pochen,
prahlen, wie auch jMünst. ehr.
2, 301 bochen so vorkommt Bei
Iserlohn bedeutet böker einen bläuel
und b9ken, klopfen/ schlagen.
BnflFbaff, roher, plumper, unge-
hobelter mensch (Doi*tm.). Sonst
wird das wort bei uns interject.
für piflfpaff und adverbial für ober-
flächlich und übereilt gebraucht.
Backe, f. auch d9rpdacke, weibs-
bild, welches viel umherläuft,
klatschschwester. Vergl. das ver-
bum dacken, umherlaufen, klatschen
und das abgeleitete däkstern,
ostfries. dackern, rasch und hörbar
gehen. Das merkmal des schalles
wird dem verbum wesentlich sein.
Bftseke, f. für dwaseke, albern
schwatzendes weib; vgl. Kil. : daes
j. dwaes, delirus. Dwas ist im
mnd. nicht selten, es kann aus
dwars, dwers entstanden sein.
B9rtke, f. (von dorte, dröhne)
1. dröhne. 2. müssiggehendes, ge-
schwätziges, sich überall aufhal-
tendes weib. Dorte = throte,
urrprünglich kehle (sthrote), dann
fresser.
Brftks m. kleiner untersetzter
mensch; vgl. hd. druks. Das masc.
Suffix s findet sich auch bei laks,
lapps, lurks, murks, schrips, soks,
tapps, flapps u. a.
Oaffert m. gaffer, zu gapen;
hd. Form für gäpert. Unsere mda.
fügen zu dem masc. suffixe häufig
noch ein t, vgl. lupert, malmert,
melchert, slubbert. Ebenso Magd,
bib. Prov. 6, 9 : vulert; Z. d. berg.
GV. 1, 373: drinckert.
Clnlel und ^ler m. 1. geizhals.
2. grobian. Das reine lange i
deutet auf ausfall eines consonan-
ten (d). Sonach reihen sich diese
Wörter an ags. gnidan, fricare,
comminuere; mnd. gniden, plätten.
Goth. Arzn. 11.
Clösel m. knicker, knauser; verb.
g6seln. Iserl. Mit gössel ist es be-
grifflich nicht vereinbar. Es könnte
von nl. gheus, franz. gueux abge-
111
leitet sein und eigentlich lamp be-
zeichnen.
Oössel, f. gänschen, fig. in ,'ne
gössel fanner deme/
Haek nn mack, haek un pack,
hackemack, n. 1 . gesindel. 2. durch-
einander geworfene wertlose ge-
rate (Dortm.) vgl. d. mnd. WB.
Hegel, m. nach Holthaus im so-
genannten Schwarzenburgischen
,geflappter mensche Dies stimmt
zu ,narrS Gr. WB. s. h. v. Die
Verbreitung des wertes also in
Südwestfalen und der Schweiz.
Jntte, f. ungewöhnlich grosses
Weibsbild; synon. hüne, f. nach
Holthaus. Auch in unserem spott-
reime: ,du hes so'n dicken buk,
da kikt siawen junge jütten^ rut,
muss es hüne bedeuten; vgl. Myth. ^
486. Jütte ist sonst Judit, doch,
wie es scheint, auch Johanna, vgl.
Koelhoff Chron., wo von der päpstin
Johanna gesagt wird: ,wirt gemein-
lich genoempt pais Jutte^
Karanze, f. plagerin. ,Du alle
karanze !^ hörte ich hier eine lästige
Ziege schelten; vgl. curanzen, co-
ranzen und im DWB. currenzen.
Klappegge, f. klatsche. Siedling-
hausen. Egge ist hier = igge in
cumpenigge. Vgl. Kil.: klappeye,
garrula, zu klappen, klaffen, klat-
schen.
Klonte, f. deutet Holth. ,altes
weib^ Dabei fehlt das wesentliche
merkmal ,unsauber, schmutzig^;
vgl. das folgende.
Klnnter, f, 1 . schmutziger läppen
oder kleidungsstück ; 2. unreines
im Flachs (Dortm.); 3. unsauberes
Weibsbild. Vgl. holl. klont, sordes.
K$erd, m. unzuverlässiger,
schlechter kerl. Wie man sagt
,dat es de unrechte gaidlinkS so
auch ,dat es de unrechte koerd'.
Ein überflüssiges epitheton ornans
wird in solchen fällen oft hinzu-
gefügt. Man könnte köerd als
koseform von Conrad fassen, so
dass ,unrechte^ ein nöthiger zusatz
wäre, mit mehr Wahrscheinlichkeit
aber haben wir hier köerd in der
bedeutung feigling, dann schlechter
mensch überhaupt. Bei Kil. findet
sich: cuwaerd, lepus, vulgo cuardus
i. e. ignavus, imbellis, timidus; auch
im Osnabrückschen ist koord, k&rd-
ken = hase. Engl, coward, franz.
couard, ital. codardo, span. cobardo
drücken feige aus und werden, nach
der ital. form, gewöhnlich auf ital.
coda, lat. cauda zurückgeführt.
Wie kann aber eine ableitung von
cauda auf den hasen passen! Je-
denfalls ist die Verwendung des
Wortes in der tierfabel die ältere.
Italienern wird das wort von
Deutschen zugetragen sein, als es
schon die bedeutung ,feige, furcht-
sam überhaupt^ hatte. Mit dem
gedanken an einen furchtsamen
hund, der den schwänz zwischen
die beine steckt, hat man es dann
dem lateinischen cauda angepasst.
Woher haben die Engländer ihr
cow und cower, woher wir unser
kauern? Lassen diese Wörter nicht
an ein adjectiv = niedrig, geduckt
denken. Coward wird eigentlich
ein ducker, kauerer sein. Wie
auf den hasen, so passt dies auch
auf das eichhörnchen, welches zu
Lieberhausen, Ründeroth und Wald
kouert, kauert genannt wird. Ein
von Kil. angeführtes koerd, koord,
sie. jul. q. d. koeherde, koeherder
ist durch starke zusammeuziehung
entstanden und dem besprochenen
ähnlich geworden.
Kftter m. kleiner schlechter hund ;
vgl. auch Staph. 2\ 195: hisse
de groten hunde vp de lütken
köters. Bei Richey 136 ist es ,ein
112
bauerhund von gemeiner art^
Wenn nun köier im Mecklenb.
einen männlichen hund bezeichnet,
so lässt sich das durch den wahr-
scheinlichen grundbegriff Prole-
tarier gut mit dem vorigen ver-
einigen ; vgl. das abgeleitete obs-
coene kfttern. Man hüte sich köter
an kötter (köter), kleinbauer, zu
reihen.
Krucks, m. kleiner unansehn-
licher mensch. Dortmund. Es
scheint für krunks zu stehen, was
nach krunke (Schouenb. Chr. § 127)
= rympe und süderl. krünkel =
grftbs aufzufassen ist.
Kwast, m. pinsel des tünchers;
fig. verkehrter eigensinniger mensch,
querkopf. Wahrscheinlich ist das
figürliche kwast die erhaltene mnd.
form für heutiges aust oder öst,
astknorren ; vgl. Eil. quast, ast,
oest. holl. fris. sicamb.
Lapps, laks, m. läppischer mensch,
pinsel. Vgl. Hofifm. findl. 18: läpp,
obtusus ingenio; dän. laps. Den
Schlüssel zum Verständnisse dieses
bildlichen ausdrucks liefert unsere
redensart ,enen för en läppken
bruken*. Lapp^ lapps ist ein per-
sonificierter läppen (wischlappen),
der steh gebrauchen und miß-
brauchen lässt, wie der pinsel. S.
die coroposita unter läpp, läppe.
Lfipert, m. verschmitzter böse-
wicht. Vgl. des Teuth. : lupen,
luren, observare, insidiari; luyper,
observator, insidiator. Vilraar s.
V. lüppert vergleicht lübbe, riese.
Lnrks, m. schieler, eigentlich
einer der seitwärts sieht, denn lick,
lurk ist seitwärts, dann links.
Lurkse bezeichnet bei uns augen-
braue. Hä kiket unner de lurksen
h^r = er guckt seitwärts, schielt.
Maehochel, f. verächtliches weib.
,Ne alle machochel', ne dicke m.
Kil. hat: marchache, machachel,
mulier ignava, sordida, deformis;
Schambach: machukel. Es scheint,
dass ags. maca hier zu mache
verlautete, woraus dann durch
wiederholtes ach ein verachtungs-
wort geschaffen wurde, wie la-
chachen, unanständig lachen, aus-
lachen.
Mack, s. hack un mack. Damit
hängt wol das siegensche mecken,
pl. gesindel, zusammen*).
Mottke, f. gewöhnlich mit epi-
theton Omans : dicke mottke, dickes
plumpes Frauenzimmer. Wicneben
mucke (sau) ein westf. mutte, so
steht hier neben mocke ein motte,
vgl. franz. motte. Unsere mund-
art hat auch mocken, m. klumpen,
dicker brocken. Auerbach ge-
braucht mockig von einem kurzen
und dicken mädchen.
Marks, nmrk, m. gewöhnlich mit
epitheton ornans : swatte murks.
Es scheint eigentlich den zu be-
zeichnen, der sich beschmutzt hat;
vgl. altm. murksen, durcheinander
wühlen und sich dabei beschmutzen.
Das wort hängt mit ags. myrce,
alts. mirki, engl, raurk zusammen.
Pätritse, von patricia, nach köppen
(Dortm.) einfältiges, eigensinniges
und dabei nicht hübsches frauen-
zimmer.
Pute, f. verächtliches weib. Dicke
pute. Vgl. Fastnachsp. II. 976*^:
böse pute. Altfranz, pute, ital.
putta, span. puta bezeichnen eine
liederliche dirne.
Schicksken, n. weiblein in ver-
ächtlichem sinne, ist deminutiv
des rotwelschen schicks, weib.
Schripps, m. magerer junge ; bei
*) Das wort kann mit smacken, schlagen, zusammenhangen; macke, schlag
(Altena) ist smacke bei Kilian.
\
113
Schamb. rips. Vgl. des Teuth. :
schrepel, dun, mager, dorr. Es
hängt mit schrimpen zusammen.
Sehrflnte, f. gewöhnlich mit epi-
theton ornans: schr^we schrünte.
Nach einer durch position oder
diphthong schweren silbe trit oft
te für de ein; vgl. gemaite (ge-
müt). So wird schrünte zu schrin-
den gehören, vgl. Kil.: schrinden,
agere rimas, findi. Zu diesem
schrinden gehört auch unser
schrundsel, runzel. Vgl. norw.
skrind, schwed. skrin, dünn, mager.
Das mit schrünte synon. ostfr.
strint zeigt, dass die anlaute sk
und st. sich vertreten.
Sl^r, f. schlotteriges, nachlässiges
frauenzimmer. 'Ne slcjr fanner
derne. Vgl. Gloss. belg. : sloore,
sordida ancilla, serva vilis, ignava ;
mhd. slür, faules geschöpf. In
slftr wird ein d ausgefallen sein,
so dass das wort mit sluddern,
sloddern zusammenhängt.
Slubbert, m. schlucker. En
gu9den slubbert. Vgl. dan. slubbert,
flegel, bärenhäuter, engl, lubber,
lobber, tölpel ; dazu unscf slubbern,
schlürfen, auflecken (vom viehe),
isländ. slupra, dän. slubre.
Sloff, m. einfältiger mensch,
schlucker. Arme slufiF. Vgl. Gloss.
belg. : sloef, homo sordido sive
horrido cultu und unser sluffen,
hinten ausgeschnittener schuh (pan-
toflfel), der sich von jedem ge-
brauchen lässt.
Snalle, f. 1. schnalle; 2. hure;
vgl. holl. snalle und unser : se lätt
sik snallen.
Ssock, sokS} m. dummer mensch,
vgl. franz. sot, worüber Diez Rom.
WB. I s. V. zote.
S6mer, m. 1. dicker balken;
2. grober mensch. Die eigentliche
bedeutung ist säumer, lasttier, zu
Niederdeutsche« Jahrbncb. HL
sagma, last, woraus franz. somme.
Im ital. somiere 1. saumtier;
2. oberbalken, weil er trägt.
Spacht,m. schmächtiger mensch;
adj. spuchtig, gespannt, eng.
Schambach bemerkt zu dem etvmol.
schwierigen worte : ,eigentlicn wol
Specht.^ Auf das u ist allerdings
nicht viel zu geben, wie auch holl.
spichtig zeigt. Sollte das wort
nicht mit Kil. spaecke, spaecken,
ital. spaccare zusammenhangen?
Spannen ist das antecedens von
reissen.
Strnbbek, m. einer der mit
straubigen (wirren) haaren geht.
Das masc. Suffix ak auch bei mddek.
S. die composita unter nickel.
Tagge, f. zänkerin; zu taggen,
zanken.
Tättel, f. Schwätzerin. Verb,
tätteln wie engl, to tattle.
T^ke, f. zecke. Als Schelte
kennt es Uolthaus und bemerkt
,flgürlich soll es einen falschen
menschen bezeichnen^ Schwerlich!
eher einen, der seine mitmenschen
aussaugt. Vgl. seo dicke ose ne
tacke. Nu lustert mol s. 31.
Taole, f. für turle, truUe in
alle tuole, vettel; nds. olde turre;
mda. 5, 299: ole truUe. Frisch
führt zu trüUe, metze, holl. trul
(mentula) an und mit recht. Dän.
tvetulle für tvetruUe bedeutet
Zwitter, also eigentlich mit zwei
schamgliedem.
Tfinte, f. zimperliches, müssig-
gängerisches, einfältiges frauen-
zimmer. Vgl. Richey: tünteln,
delicate et cum mora agere; ostfr.:
tünteln, zaudern, zögern.
Vggel, f. Scheusal. Grimme.
Zu Siedlinghausen sagt man: So
swatt as ^ne üggel. In Waldeck
dafür uwwel, hässlicher, ungezo-
8
i
114
gener mensch. Man vgl. engl,
ougly, ugly; ital. uggia, schatten.
ÜUq^, Da. dummer mensch ; vgl.
holl. uil, narr.
Unard, m. unartiges kind.
Unband,m. ausgehissener junge.
Dortm.
Undudclit, m. taugenichts.
Unmünner, eigentlich unmün-
diger, dann = ,halfsinner, un-
weyse kerel'. Nu lustert mol
s. 65.
Unrast, m. unruhiger mensch.
Unsel, m. elender mensch ; schwed.
usel. Vgl. mhd. unsälde.
Fäntei m. windiger, leichtsinniger
junger mensch; dän. fiante, fasel-
hans. Mnd. vente ist knabe, bursch;
Teuth.: vent, paedse, iong; ags.
feda für fandja. Für die function
vgl. engl, cnave aus ags. cnapa
oder cnafa, puer.
Fl9k8ter, f. flatterhaftes, leicht-
sinniges frauenzimmer ; syn. flüch-
ter. Vgl. ahd. flogazjan, volitare.
Das Suffix ster wie im rheinfr.
harrixter, harkerin; beinster, bio-
derin.
F6tc, f. 1 . läufische hündiu, vgl.
dän. föite omkring; 2. männer-
süchtiges frauenzimmer ; vgl. Eichw.
Spr. 559: na de f6te töbn, auf die
buhlerin warten.
Wispel, m. und f. unruhiges kind;
vgl. wispeln, wispelig, auch wle-
wespe, weidenwispe d. i. Zitter-
pappel; ital. vispo.
2. Zusammengesetzte Schelten.
Es scheint zweckmässig, diese schelten nach dem grundworte
zu ordnen. Dieses ist weniger oft personalbegriff, häufiger drückt es
tiere, körperteile und leblose gegenstände aus. Das bestimmwort
kann auch verbaler art sein. Nur in wenigen fällen wird man das-
selbe für einen imperativ halten dürfen. Meist ist es sachlich un-
wahrscheinlich, dass ein imperativ vorliege. Was uns hier begegnet,
sind verstümmelte infinitive, zuweilen auch- verstümmelte participe.
Ein schlagender grund für meine auffassung liegt darin, dass, wo der
vocal des imperativs von dem des infinitivs abweicht, der letztere
verwendet wird. So heisst es nicht friotbalgh, sondern fr^tbalgh,
nicht stioldaif, sondern steldaif. Verstümmelte participe glaube ich in
Wörtern wie hackekaff, hackemaus annehmen zu müssen. Partikel-
composita sind, wenn die partikel zweiter teil der Zusammensetzung,
na;ch der partikel eingereiht ; composita, die einen satz bilden, nach
dem ersten worte. Schliesslich mag schon hier auf die sonderbare
bildung von hamp elknif fe r, hewerechter und lakenfeiler
hingewiesen werden. Die composita hampelkniffe, hewerecht und la-
kenfell sind durch das suffix er persönlich gemacht; doch soll nicht
verschwiegen werden, dass sich ein veibura hewerechten bei Schambach
verzeichnet findet. Laken feller nennt man eine kuh oder ein
anderes tier, welche in der mitte weiss, sonst aber schwarz sind, so
dass ihnen ein weisses laken umgehängt zu sein scheint.
An. Ape für apen = open, offen.
Piekan, m. policeimann, ge- Mftlape; m. maulaffe: mülapen
richtsvoUzieher. fäle he wen ; vgl. Huspost. 8 Trinit. :
115
mundtapen de nichtes können alse
de mundt apen holden. S. mülopp
unter opp.
iüP, n. ohr.
Entstör für knisär, knicker,
knauser. Nicht selten trit st für
8 auf, vgl. fisten, pfeifen; klinke-
ßsten, nds. klingfisen. Ebenso
entspricht das synon. knister, auch
knistert, dem holl. knijzer. Knistär
und knister setzen also ein knisen
voraus, welches aus kniusen, knüsen
hervorgegangen sein muss. Knusen,
hd. knausen, lieferte aber knauser.
Sldsär oder en slüsär fam
kärl, kopfhänger; synon. slusekopp.
Slusen, sluren gilt von tieren,
welche die obren hängen lassen;
vgl. ostfr. slurig.
Swiolär, schwielohr, dessen
ohr (trommelfell) schwiele hat,
harthörig; als schelte bildlich von
dem, der nicht hören will.
^s, n. aas. Westfälisches äs
und at (esca) scheiden sich zu
deutlich um ersteres von itan ab-
zuleiten. Das lange a in äs weiset
auf zusammenziehung und conso-
nantausfall.
Schindäs, schindaas. Grobe
schelte.
Filläs, schindaas; zu fillen,
das feil abziehen. Grobe schelte.
Balgh, m. bauch.
Fr^tbalgh, fresser, wofür wir
ein milderes fr^tlink (fressling)
haben; feiner war noch das alts.
atoling in Atoling-Holthuson. An-
dere syn. sind: fr^ter, fr^tpäl,
fr^tpäst, fr^tsack.
Banner, m. banner.
Düwelsbänner, teufelsbanner;
auch blosses Schimpfwort.
Bär, m. eher.
Kfialbär, wühleber, von kin-
dern, welche das bott zerwühlen.
Küdlen für hfialen, wie das ver-
wante knie nicht lautverschoben.
Bärd, m. hart.
Grensebärd, grinser. Grensen,
grinsen, schadenfroh und höhnisch
lächeln ; synon. grensebeck, grense-
snute.
Bast, m. hast, haut, feil.
Rammbast, widderfell; grober
mensch. Ramm, pl. ramme, widder.
Rfibast, raube haut; rauher
mensch, auch einer, der viel aus-
halten kann.
Täbast, zähe haut; zäher kerl.
Bast, m. für bass, bär.
Brummbast, brummbär, brüm-
mer; vgl. Danneil:, brummbass,
brummbär.
Ballerbast, l.polterer; 2. einer
der übereilt arbeitet; vgl. holl.
bulderbas.
Koller bast, polterer; poltern-
der, lärmender kerl; synon. koller-
bär. Kollern 1. vom bahn und
truthahn; .2. rumpeln, poltern,
lärmen, z. b. et kollert mi im live ;
von trinkern: lätt us recht düch-
tig kollern! stöt an din glas!
Beck, m. schnabel, mund.
(inSsebeck , grinser. Grain
Tüg 75, Gnesen scheint eigentlich
blecken (die zahne zeigen) auszu-
drücken; vgl. Stürenb. s. v. gnisen
und Mda. 6, 209.
Grensebeck, grinser.
Jännebeck , gähnschuabel,
gelbschnabel ; eigentlich von nest-
jungen, die den Schnabel nach
futter öffnen, dann bildlich. Grimme.
Syn. gianopp. Jännen, gähnen,
lautet mwestf. janen. Wigg. 2
scherfl. 40. Dass es ein stv. jinnen
(jann) = ginnan (gann) gab, lehrt
das westmärkische und berg. subst.
jann (hiatus, Öffnung) in der
redensart: he is dör den jann.
8*
116
Lällebeck, lallemund; fader,
schwatzhafter junger mensch ; läp-
pischer mensch.
L^rbeck, weichschnabel, gelb-
schnabel ; junger laffe. Zu l^r (für
leder, lider) vergleiche man mark,
llerwek, ags. liduväk, ahd. lidu-
weich und engl. lithe, biegsam,
geschmeidig.
B^n, n. bein.
Enickeben, einer der mit ge-
knickten beiuen, also schlotterig
geht.
Biot, m. biss.
laterbiot, eiterbiss. En iater-
bidt fam jungen ist ein böser junge.
Sonst atter, etter, edder = eiter.
Der abweichende Vocal ist folge
der Zusammensetzung.
Bock, m.-bock.
Hippenbock, 1. Ziegenbock;
2. Schneider, Hippe heisst die
ziege in der westlichen, bitte in
der östlichen mark.
Brake, reis, strauch.
Tw^rsbrake, querkopf.
Brand, m.
Stokebrand, der den brand
schürt; fig. anschürer, anhetzer.
Verb, stoken, schüren.
Swälebrand, ein brand der
schweelt, langsam verkohlt; fig.
ein Zauderer, bei dem man die
geduld verlieren muss. Bildliches
swalen ist synon. von drälen,
dreien, n%len.
Brank, m. hose, bracca.
Sludderbrank, schlotterhose,
schlotteriger mensch; syn. sluader-
bükse. Sluodern, schlottern.
BrSier, m. = brugger, brauer.
Dollbroier, tollbrauer, lärm-
macher. Vgl. den spr. : jo duller
gebrugget, jo b9ter ber.
Bnek, m. bauche, ital. bucato.
Verb, büken, 1. beuchen; 2. seichen.
Berrebnok, bettseicher. Kr
für dd.
Ba9ter, f. butter, ist schwerlich
in folgendem gemeint, vielleicht
butterer, buttermacher.
Dnllbnater = duUbröier.
Bdk, m. bauch.
Wottelbfik , wurzelbaucb ;
kraftloser mensch mit schwammig
dickem bauche.
Büekse, f. hose, wohl von huck,
bock, also eigentlich hose von bocks-
leder. Vermutlich wurden die
bockeshude, welche hörige bei
ihrer Verheiratung liefern musten,
zu solchen hosen verwendet.
Bangebfickse , furchtsamer
mensch. Es ist dabei berücksich-
tigt, dass grosse Furcht in die
därme schlägt.
Knüoterbüekse , verdriess-
licher, knurrender mensch. Vgl.
knudtern, schwed. knota, murren.
Slaaderbückse=slu9derbrauk.
Bül, m. = büdel, beutel.
Bonenbüls, bohnenbeutel, wer-
den die Deilinghover gescholten,
entweder weil sie so viele bufi-
bohnen (dickebonen, grotebonen)
ziehen und verzehren und den
Spruch ,drai grotebonen sind so
gudd as ne snute füll bröd' ge-
macht haben, oder weil sie einst
mit einem vorrate gekochter bufi-
bohnen zum ,fr6nhaigen' (heu-
machen als frohndienst) gezogen
sind.
Lüdgenbiil, lügenbeutel, lügner.
Prälbül, prahlbeutel, ge-
schwätziger mensch. Pr&len,
schwatzen; Teuth. pralen, proten,
cooyeren, callen.
Smandbül bei Grimme; wohl
= sm9rbül.
Sm^rbiil , Schmierbeutel,
Schmeichler. Sm^ren, schmieren
und schmeicheln.
117
Snüteb&I, scbnäuzbeutel, einer
der andere stets zu übervorteilen
sucht. Dortm. Vgl. Kil.: snutten,
emungere pecuniis, dep^mare.
Wiiidbül, Windbeutel.
Bnmbam, bombam, eine gewisse
weise des läutens. An der grossen
glocke zu Butzbach stand der vers :
Est sua Yox bombam potens de-
pellere Satan. Curieuse Antiquar.
I, 451.
Oodesbambam = kloppe, bi-
gottes frauenzimmer; Kil. klop-
ßüster.
Daeke, f. läuferin; s. oben.
Dorpdaeke, frauenzimmer, das
viel im dorfe umherläuft und
klatscht.
Slad&cke , klatschsüchtigos
frauenzimmer, welches sich viel
ausser dem hause umhertreibt.
Dortm. Dass das wort hierher
gehört, lehrt das verb sladacken,
schnell laufen, schnell sprechen.
Sla ist verstärkendes prsefix wie kla.
Daif, m. dieb.
fiandaif, gaudieb, schlauer
dieb. Grau, schlau.
Kükendaif wird der habicht ge-
scholten : Hawek hawek kükendaif .
St^ldaif, dieb in der kinder-
spräche. Keine schlimmere tau-
tologie als hd. diebstahl.
Dengel, ? hammer, ahd. tangol.
Spidldengel, faulenzerin, ei-
gentlich eine, die statt die sense
zu klopfen (dengeln) mit dem
hammer spielt.
D^rsker, m. drescher.
Backowend^sker , kleiner
mensch, ' der beinahe im backofen
dreschen könnte.
Dille, f. röhre, schneppe, scheide ;
synekd. frauenzimmer.
Fttckedille, frauenzimmer, wel-
ches alles ,ferfuckt' (unordentlich
durcheinander wirft). Fucken ist
eigentlich schnell bewegen.
Docke, f. schlechtes pferd. Ge-
hört es zu dacken? Liegt in ags.
eadocce das wort? in docke, Stroh-
puppe als unterläge der dachziegel ?
Eoldoeke, pferd, welches zum
Steinkohlentragen gebraucht wird.
Dolske, puppe ; vgl. ostfr. dolske.
Eandolske , eigentlich kuh-
magd, dann unordentlich geklei-
detes frauenzimmer. Siedling-
hausen. Siehe hacke, kauhacke.
Dote für dorte, f. müssiggän-
gerin.
Koffedote, ka£Peeschwester.
Dott, m. pl. dötte, darm, dotter.
Endott für enddott, dickdarm;
dickes kind.
Draiger, m. dreher.
Haikendraiger , fig. mantel-
dreher. Haiken, heute frauen-
mantel, grosses regentuch.
Küdtelendraiger wurde der
fingerhutmacher gescholten. Küotel,
excrement.
Dp^ger, m. träger.
PüsterdP9gep, Jäger. Püster,
blasebalg, blasrohr, flinte.
DrSs, Andreas.
Koddendp^s , ferkelandreas,
tapps.
Dpiw«p, m. treiber.
Lossdpiwer , umhertreiber,
vagabund.
Stillkesdriwer , scheinfrom-
mer.
Tw9P8dpiwep, querkopf.
Düwel, teufel.
Hiisdüwel, hausteuf el: he is
en strätenengel, äwer en hüsdüwel.
Engel, engel.
Strätenengel, strassenengel.
Eps, m. arsch. Im nd. altbe-
liebtes wort. Zeuge: die an dä-
monen mit hohlem hintercastell
erinnernden Ortsnamen wieBudden-
118
arsoD, dem ein heutiges Bolers bei
Deilinghoven gleichbedeutend ist.
Pp&las = pr&lbM.
Frägas, lästiger vielfrager.
eeek, m. narr.
Stapelgeck, priviligierter narr,
erzuarr; vgl. stapeldull, erztoll.
Man leitet stapel, m. aus lat. sta-
bulum, was nicht wahrscheinlich ist.
Vgl. ahd. staphol, ags. stapul,
fulcrum, basis; F. Dortm. 2^, 152 :
super truncum dictum stapel; also
aufstehender cylinder, daher auch
welle butter, Cod. Trad. Westf. I,
185: 1 Stapel butiri. Daranreiht
sich die bedeutung häufen aufge-
schichteter waaren nebst dem Vor-
rechte, allein dergleichen zu ver-
kaufen; so der ehemalige draht-
stapel der Stadt Iserlohn; man vgl.
auch das stapelrecht für durch-
gehende waaren. An den begrif
Privilegium schliesst sich obiges
Stapelgeck.
Hacke, f. mag hd. hache (dirne)
entsprechen.
Eanhaeke, kuhmagd ; synon.
kaudolske.
Sliophacke , schleppend ge-
hendes frauenzimmer. Vgl. sliapen,
schleppen, schleppend gehn.
Hacke, f. dickbein.
Pollhaeke, dickes kind; Ostfr.
poU, rundlich fleischig oder fett,
wohlgenährt.
Häkse, f. hexe. *"
Däkhäkse, nebelhexe. Dak,
nebel. Vier bb. d. könige 138.
Hals, m.
Schraihals, kind weiches viel
schreit.
Hamel, hamer, m. hammel.
Bellhamel , glockenhammel,
leithammel ; rädelsfiihrer.
PoUhamel, fetthamrael, feister
mensch; s. pollhaeke.
Hans, Johann.
Grdthans, prahlhans, Wind-
beutel.
Ludderhansjotterbube, vaga-
bund. Tejjth. lodder, bove. Verb.
luadern, müssig umherschweifen.
Mnekhans, einspänner, der nur
in der umgegend fährt, im gegen-
satze von den landfuhrleuten (land-
getaiern, von getan, geschirr, fuhr-
werk). Müller, Chorogr. v, Schwelm
s. 65. Verb, mucken, einen ein-
fachen ton von sich geben (von
hunden).
Henger, m. bänger.
Haikenhenger, mantelhänger,
der den mantel nach dem winde
hängt; synon. haikendraiger.
Hinken, n. hähnchen.
Maih^nken, ,Ieichter junger
bursch mit bester anläge ein tauge-
nichts zu werden.* Koppen inDortm.
Hermen, Hermann.
Bammelh^rmen, schelte für ein
zu langsam gehendes pferd. Vgl.
bummeln, bummler.
Hinnerk, Heinrich.
B^delhinnerk, bettelheinricb,
bettler. Der spruch ,b9delhinnerk
maut alles dr^gen^ galt schon zu
anfange dieses Jahrhunderts.
Holsehenhinnerk, holzschuh-
heinricb, tölpel.
Hotse, verschrumpfte alte, zi-
geunerin; vgl. hotsei, hutsei, ge-
dörrtes obst.
Wickehotse, wahrsagende zi-
geunerin. Wicken (wahrsagen)
muss auf ags. vitega, vitegian zu-
rückgeführt werden; dafür spre-
chen die mnd. formen wittegen und
witken.
Jacks, Jacques, Jakob.
Lioderjacks , liederlicher
mensch.
Jäkop, Jakob.
Hnltenjäkop, hölzerner Jacob,
tölpel, tapps.
119
Jäpek versetzt aus Jäkep, Jäkop.
Die Siedlinghauser mda. liebt Ver-
setzungen; eine der merkwürdig-
sten ist wagenpümmel für pagen-
wümmel, scarabseiis steccorarius.
Bummeljäpek , bummelndes
frauenzimmer.
Jaw, Jan, jawes, jans scheint
engl, jaw zu sein; daraus wurde
a, äo und äs.
Baecaläs, Stockfisch, eine an
der Ruhr gebräuchliche schelte,
die zunächst dem ital. oder span.
entlehnt sein wird. Wahrschein-
lich ist nd. bakeljau,span.bacalao,
ital. baccalä mit anleknung an lat.
baculus aus kabeljau versetzt.
Dies vorausgesetzt, kann die be-
hauptung, bacaläo sei erst von
Neufundland nach Europa gekom-
men, nicht richtig sein. Das nd.
kabbelyau findet sich schon vor
der entdeckung Amerikas z. b.
Fase. temp. 303a. Grimms WB.
gibt für kabliau keine etymologic.
Sollte nicht die an der kehle ste-
hende flösse diesem fische den
namen gegeben haben? Kabel
(haken, stock) könnte die flösse;
jawes, jaus die kehle bezeichnen.
Ite, weih, vielleicht aus idis
entstanden.
Knngelite, kungelndes frauen-
zimmer. Kungeln, deminutiv von
künden, küden, tauschen. Es be-
zeichnet das heimliche tauschen
und verkaufen, wie es von weibern
ohne wissen der raänner, von kin-
dern ohne wissen der eitern ge-
schieht. G ist für d eingetreten.
Kacker, ra.
Korintenkacker, knicker.
Kapp, koseform für Kaspar.
Schwelm.
Kratskäpp wurde der in der
früheren luth. kirche zu Schwelm
gemalte teufel wegen seiner fürch-
terlichen krallen genannt. Bei
Iserlohn heisst der teufel auch
swatte Kasper.
Kasten, m.
Ferstanneskasten, einer der
sich zuviel verstand beimisst.
Kater, m.
Lollekater, heuler. Lollen,
von der stimme des katers ge-
braucht, bezeichnet auch ein ähn-
liches weinen.
Kättken, n. kätzchen.
Sm9rkättken , Schmeichel-
kätzchen; sm9ren, schmeicheln.
Kau, f. kuh.
Manskan, mansekau, manske,
maus, unfruchtbare kuh, kuh die
nicht kalbt, die f^r geht. Kil:
manskoe, mansekoe j. guste koe.
Vgl. die analogie bei Diez s. v.
brehaigne.
Kiker, m. gucker.
Lündsenkiker, der nach dem
achsnagel (lündse) schaut, acker-
baulehrling, der eine zu scharfe
aufsieht über die feldarbeiter führt.
Migenkiker, harnschauer. S.
pissekiker.
Pissekiker, harnschauer. In
einem Iserl. hochzeitscarmen von
1670 (Fromm. Mda. VII, 120 flf.)
wird der bräuti^am (arzt und
apotheker Hartunk zu Siegen) im
scherz ,dei koorte pissekiker' ge-
scholten. Heute gilt migenkiker.
PSttkeskiker, topfgucker.
Stärnekiker , sternseher.
Schelte
Finnekiker , finnenschauer ;
bildlich schadenfroher mensch;
auch ein solcher, der in unver-
dächtigen handlungen schlechtes
aufzuspüren sucht.
Kik-in-de-weld,guck-in-die-welt,
gelbschnabel : du büs ja man en
kik-in-de-weld.
Kil, m. keil.
120
Doniierkiljdonherkeil. Schelte.
Westl. Mark.
Klaier, m. wühler, läufer; zu
klauen. Tenth« clouwen.
Dritenklaier, der viel im dreck
läuft. Man sagt auch dritenklflwer.
KlVpper, m. klopfer, abklopfer.
Bnssklttpper, eigentlich vogeU
fanger, der auf die husche klopft ;
dann strauchdieh.
Klnte, m. klumpen.
Mistklnte, mistklumpen ; vieh-
magd.
Kniff für nd. kniap.
Hampelkniffer, einer der ham-
pelhandel treibt und sich auf die
kniffe dieses handeis versteht.
Grimme, Galant. 118. Hampel-
hannel heisst der bet)rügerische
handel süderländischer hausierer.
Knoke, m. knochen.
Schindknoke, schindknochen.
Schimpfwort.
Knöp, m. knöpf.
Biicksenkndp , hosenknopf ;
kleiner junge.
Kopp, m. köpf.
Kribbelkopp, reizbarer mensch.
Verb, kribbeln, ein krimmelndes
gefühl verursachen; Kantz. : kry-
wein; Sündenf: kreveln; Magd,
bib. : kreveln für Luthers grimmen
(im bauche).
Kn98enkopp, Schafskopf, ein-
fältiger mensch. Kuase, mutter-
schaf.
Mottenkopp, mottenkopf, einer
der viel umstände (motten) macht.
Nioterkopp, eiterkopf, hitz-
kopf. Niater für iater.
Rabanenkopp, in »Nassauer
rabauenkopp^ Rabaue ist graue
renette, pomme de Rambour.
Slnsekopp = slüsär.
Tw^rskopp, querkopf.
Ulenkopp , eulenkopf , tag-
ßphläfer, langschläfer.
KSster, m. küster.
LnnenkSster , launenhafter
mensch; syn. lunenfechter.
RüenkSster , hundeküster,
hundevogt; ital. scacciacani; span.
perrero.
KSter, m. kötter, kleinbauer.
PrnmenkVter, pflaumenkötter,
kleiner kötter.
Krüdken-r5r-mi-nitt-an. 1 . sumpf-
balsamine, nolimetangere; 2. reiz-
barer mensch. Zu Weitmar dafür:
küksken-rör-mi - nich-an -ädder-ik-
b^rste.
Küken, n. küchlein.
H^rgodskftken, bigottermensch.
Ulfnotsküken, l3eschränktes und
hässliches frauenzimmer. Ulfu9t,
eulenbürzel.
Knnte, f. cunnus.
Oonseknnte = gössel.
Kürknnte, redselige person.
Kwängelknnte , verwöhnte,
eigensinnige person.
Kwaterknnte, alberner Schwä-
tzer; synon. kwaterfudt. Verb.
kwatern = borg, kwätschen.
Sliapkunte, träge, säumige
person; synon. sli9p8ack.
Tättelkante , geschwätzige
person.
Trändelknnte = sliopkunte.
Knsen, m. keule.
fiodesknsen oder k^rgods-
knsen, einfaltspinsel.
Laierfürlaider, m. leiter, führer.
Rüenlaier, hundeführer.
Schimpfwort.
Laken, n. laken, tuch.
Graselaken, grastuch ; mensch,
der immer etwas anzubringen hat,
alberner erzähler.
Jeselaken, langweiliger Schwä-
tzer, der immer ,jeses j4 (Jesus
ja)' im munde führt: syn. jesepeter.
Läpp, lappe, m. läppen, lump;
verächtlicher mensch.
r.-T'-j-
121
Lipplapp, einfältiger mensch.
Lfilapp, fauleozer; synon.
lülamm. Vgl. Kil. : luy, piger.
Gizlappe, geizhals.
Schandlappe , schändlicher
mensch.
Smachtlappe, hungerleider.
Sm^rlappe , unreinlicher
mensch,
Lät, der ausziehende; vgl. laeten,
schwärmen, bei Kil. und unser lät-
hol (am biker).
Nllät, i. neugieriger mensch;
zu Siedlinghausen: wählerisch in
speisen. NT für nigge.
L9er, n. leder.
Rftl^ep, rauher mensch; syn.
rübast.
Stifl^er, Steifleder, steifer un-
beholfener mensch.
LSwerk, ? rumex.
R$dl6werk, eine starre im
herbste rötlich aussehende rumex-
art. Du stiwe rodlSwerk.
Luder, n. aas.
Sehindluder, syn. schindäs.
Schimpfwort.
Lttnter, ? luntenträger, fuchs.
Lunte, Schwanz des fuchses.
Schabbelnnter , schädlicher
fuchs; mensch, der andere durch
Schlauheit um das ihrige bringt;
Späher, sycophant. Es wird be-
sonders von überstrengen beamten
gebraucht, die darauf ausgehen,
andere in schaden zu bringen.
Schabbe, heute schäbbig, hässlich
im physischen oder moralischen
sinne. Vgl. Verne Chr. s. 28:
schabbe vnd slymme boven (von
raubrittern).
Mamsellken, n. fräulein.
Zlppelmamsellken , zimper-
liches frauenzimmer. Grain Tüg 50.
Männken, n. männchen«
Jesemännken, schwächlicher,
zimperlicher mensch.
Melker, m.
Oosemelker, ? knicker.
M^se, f. Meise.
PlttmSse , kleiner schwäch-
licher mensch; synon. pippmese.
Engl, titmouse lässt vermuthen,
dass pitt, pipp synon. ist von tit,
ahd. zeiz. Wir haben tittken,
tittiken als kosenamen für ein
kleines kind.
Michel.
Strnntsmichel , prahlhans ;
vb. struntsen.
M(iker, m. verberger ; zu müke,
versteck, namentlich des obstes.
Muke = muddike. Es gibt ein
synon. murke, welches nicht auf
muddike zurückzuführen ist.
Geldmiüker , geizhalz. Vgl.
mnd. geldsmorker, wonach unser
wort für geldmürker stehen könnte.
Mfil, n. maul, häufiger mule, f.
Flolmdl, vielmaul.
MüteP, m. schwarzer kater.
Dreckmüter, der sich häufig
mit dreck beschmutzt.
Nacken, m.
Dnkenacken , ducknacken ;
einer der geduckt zu gehen pflegt.
Napp, m napf.
Drögenapp , trockener, ein-
silbiger mensch; syn. drftgepinn.
Nase, f.
Eaffenase, kaffeeschwester.
Siedlinghausen.
Wisenase , naseweis. Vgl.
stotwind , windstoss ; spialwidd,
Windspiel.
Nickel, m. lieber nickel haben
sich unter andern Frisch (2, 17)
und von Steinen (Westf. gesch.
1, 34 ff.) ausgesprochen. Jener
will von der bedeutung ,kleines
pferd (mit. naccus, engl, nag) aus-
gehen ; dieser sieht in nickel eine
,nichtel, niftel' als pfaffenköchin
und concubine. Das erste will
122
sachlich, das andere lautlich nicht
einleuchten. Wie konnten sich an
,kleines pferd^ die Vorstellungen
wertloses erz, hure reihen. Ander-
seits ist eine verlautung von nichtel
zu nickel unwahrscheinlich. Dass
ch vor s zu k werden kann, ist
natürlich, beweiset aber keine ver-
lautung von cht in kt. Ich schlage
daher vor, von nikus (Wassergeist)
auszugehen, zumal da der mnl.
form nicker ein nd. nickel ent-
sprechen kann. Der name des
verderblichen Wassergeistes konnte
auf eine hure übertragen werden;
leicht machte sich dann die Vor-
stellung des schlechten überhaupt,
wie sie sich in nickel (erz) und in
einigen hier folgenden compositen
zeigt.
Camissniekel , soldatenhure.
Von Steinen 1. c. Camiss = commis,
was den Soldaten gegeben wird.
Schaiinickel, lüderliches, oft
auch bloss verächtliches weibsbild.
Die nebenform scharnickel könnte
es dem camissniekel gleichstellen.
Hält man die erste und häufigste
Form fest, so fragt sich, was schan
bedeute. Es bieten sich schände,
schaden und scam (scan) zur er-
klärung, von denen schände und
schaden begriflich nicht unpassend
sind. Wie steht es mit scam?
Die zuweilen das verächtliche be-
zeichnenden deminutivendung, wie
sie auch in nickelken vorliegt, mag
hier durch ein vorgesetztes schan
(klein) ausgedrückt sein. Skam
steckt auch in schamber oder
schember (kleinbier, schlechtes
hier), vielleicht auch in dem süder-
ländischen namen der elben (schan-
holden, schaholden, schänholden).
Bei Danneil findet sich schanäkl,
was einen menschen bezeichnen
soll, der uns in allen stücken ent-
gegen ist, ohne gerade feindselig
gesinnt zu sein. Unser wort darf
nicht mit schänickel (sanicula
europaea) verwechselt werden.
Strnbbenickel , mensch der
mit struppigen (ungekämmten)
haaren geht. Strubbe für struwe,
zu struf, straubig, struppig.
Sudgenickel , saunickel,
Schweinigel.
Sdpniekel, saufnickel, säufer.
Flätsnickel, garstiger mensch;
vgl. fläts, fiätsig.
Nitt, nicht, nichts. Nicht =
nichts ist älter als nicht = heu-
tigem nicht.
Düdgenitt, taugenichts.
Nöller fürnöler, zu n5len, n»len,
zögern, zaudern.
FisenSlIer, Schleicher, hor-
cher, schnüfler; vgl. Kil. : vijse,
Cochlea und unten fister.
Öksken, deminut. von öke, kind,
eigentlich nachwuchs, ags. eaca.
UaidSksken, heidenkindlein,
ungetauftes kind ; synon. Wald,
heidwölfchen, nds. heidölweken,
worin wol ein entstelltes welp
steckt.
Opp, auf.
Gianopp, gähnauf=jännebeck.
Mülopp, uiaulauf, maulaffe.
Flfiggopp = flokster. Es be-
zeichnet auch das 'riechsalz, liq.
ammon. caust.
Päe für pade, pate.
St^rtpäe, nebenpate, pate nur
dem namen nach. S. st^rtpastör.
Päl, m. pfähl.
Fp^tpäl, fresser. Vermutlich
erst nach misverstandenem fr9t-
post gebildet.
Pastor, pastor.
St^rtpastör , nebenpastor,
yicar.
Peter, peter.
Jesepeter = jeselaken.
123
Pinn, m. pflock, dorn ; dann
penis und, pars pro toto, mann.
Vgl. pint und dän. pind in gnie-
pind. Das nt. nd ist dissimiliert,
wie im mnd. gewunden für ge-
wannen, im dän. mand für mann.
Dr« lepinn , saumseliger
mensch, zögerer. Verb, dreien.
Drögepinn, trockner, einsil-
biger mensch.
Drokelpinn, zögerer. Verb,
drokeln.
Haienpinn, grobian. Haien
für haiden, brutus, tierisch.
Juffernpinn, hurenjäger.
Kwickelpinn , küchenpeter,
alberner Schwätzer. Kwickel,
kuckel ist herd; mhd. quickel.
Twienkepinn , nachlässiger
mensch ; vgl. twinen, duplicare,
flechten.
Wietkepinn , grämlicher
mensch. Wiatke, älter waddike,
käsewasser.
Wisepinn, altkluger mensch,
klugscheisser.
PitteP, Peter. Berg, westl.
Mark.
Drälpitter , langweiliger
Schwätzer.
Plästep, n. pflaster.
Schandpläster , schändliches
Weibsbild. Grimme.
Post, päst, bei Iserlohn päs:
en päs fam jungen ; Teuth. paedse.
Fr^tpost, fresser. Grimme.
PrBker, stocher, engl, poker.
Bei Iserlohn: prökeler; vgl. prokeln,
prokelisern.
Pipenpröker, pfeifenräumer ;
Schwächling; kleinlicher mensch.
Dortm.
Pnngel, püngel, m. 1. sack, last ;
vgl. ags. pung, sacculus; nach
Gesch. d. d. Spr. I, 428 aus byzant.
'Kouf/L 2. kind, sofern es getragen
wird. 3. kleiner dicker mensch.
Lnsepiingel, lausiger junge.
Vgl Hist. Ged. v. Niederrh. : lauss-
pung.
Purk, m. kleiner junge. Vgl.
Ostfr. purks, bei Driburg: purre,
dän. purk. Daneben puk, schwein-
chen; kind; Hildesh. pök, kind.
Lnsepnrk = lusepungeL
Vgl. Kil. : luyspoke, pediculosus.
Rämes kann lautlich einem ptc.
rammend entsprechen; vgl. schräm
= schramme, schriwes = schri-
wend. Für die bedeutung vgl.
Kil. : rammeln, tumultuari.
Dnllrämes = duUbröier.
Ratte, f.
Spialratte, leidenschaftlicher
Spieler.
Rieht.
Hewwerichter , der immer
recht haben will.
Riakel, m. männlicher hund.
Bandridkel, kettenhund; bö-
ser mensch, der die kette verdient.
Rock, m.
Lossrock, losrock, leichtfer-
tiger mensch. Vgl. he es loss am
stiole.
Rüter, m. reiter.
DOdpüter, schlechter reiter.
Vgl. : Bai lange l^wen well, da
maut di näme doe schicken.
Strickr&tep, strickreiter : de
ene strickrÄter well den anneiii
6k int strick laien. Vilmar be-
merkt: ,8trickreiter ist bezeich-
nung der Westfäl. gendarmes v.
1808 bis 1813, welche arrestanten
mit stricken an das pferd banden.^
Sack, m.
Brddsack in : arme brodsack
= armer mensch.
Bnttsaek, 1. dickbauch; 2.
grobian. Für 1. gehört es zu
butt, butten, alts. budin, concav,
convex, bauchig vorstehend; vgl.
buttkruke , buttenkruke , dick-
124
bauchige kruke. Für 2. zu butt,
grob, plump.
Dicksack, dickes kind.
Dritsack , scheisser. Verb,
driten.
Kw^rksack, widerlich wei-
nendes kind ; verb. kw^rken. Vgl.
ahd. querca, gurgula; Chron. d.
nds. Städte, Braunschw. I, 55^^:
querquen steken, gurgeln durch-
stechen.
Lappsack, Laffe. Grimme.
N^rksack, weinerliches kind ;
verb. norken.
Filtersaek, quälgeist ; verb.
piltern, peinigen, quälen.
Slammsack, schwätzer. Verb,
slammsacken.
Sliapsack = sliapkunte.
Fr^tsack, fresser.
Wiomelsack, unruhig, mensch ;
vb, wiameln, wimmeln.
iSchail, m. schuh.
Holske, holsken, 1. holzschuh;
2, gemeines frauenzimmer.
Schfiotel, f. Schüssel.
Rappschlidtel , raffschüssel,
gieriger mensch. Verb, rappen,
rapen ; Soest. Dan. 43 : to hope
rappen.
Slagk, m. schlag.
Dörslagh, durchschlag; durch-
bringer, Verschwender. Spruch :
En dörslagh un ne riwe es nitt
guad bi 'me wiwe.
Lichtslagh , leichtsinniger
mensch.
Snute, f. schnauze.
Becksnnte , grossmaul , rä-
sonnör.
Dnmmsnute, dummer mensch.
Grensesnnte, grinser.
Clrinesnute, greiner, weiner;
vb. grinen, weinen.
Lachsnnte, lacher
FlabbsBute, maulaffe.
Span, m. span.
Sepenspän, seifenspan zum
ausstechen der braunen seife;
alberner schwätzer.
St^rt, m. sterz; deminut.
st^rtken.
Lammerst^rtken , träger
mensch.
Wippst^pt , 1 . bachstelze ;
2. unruhiger mensch.
Zi9genst9rt. Schimpfwort im
Volkslied e ,0 Jost bat büstu wol
deran*, wo es heisst: Kür ik medm
allen G^rd, dann es de duaner
loss, dann raipet se: du ziagen-
8t9rt, du haienpinn, du äs.
Stoffel, Christophorus ; stoffel,
stöflPel, dummer mensch.
Päpstoffel, tölpel, tapps; pap
für pape, pfaflfe.
Striöpep, m. streifer.
Lidgstrlaper, müssiggänger.
Strnmp, m. strumpf.
Puppenstrnmp, stutzer. Nach
Holthaus war diese schelte zu an-
fang des laufenden Jahrhunderts
in Iserlohn gebräuchlich, heute ist
sie unbekannt. Sie wird sich auf
stutzerhafte lange strumpfe be-
ziehen, welche damals bei den
kniehosen getragen wurden.
Swalfte, f. schwalbe.
Dreckswalfte, maurer.
Swimel, m. Schwindel, taumel,
rausch; einer der sich in Wirts-
häusern umhertreibt; vb. swimen.
Rüswimel, rauher mensch.
Täckel, m. dachshund.
Fontäckel für poUtäckel, kur-
zer und dicker mensch.
Tand, tän, m. zahn
Hidkeltand , hechelzahn :
durchhechler.
Lecktän, leckermaul.
Tappe, l.pfote, tatze; 2. zapfen.
Lecktappe, leckermaul, nä-
scher. Im Spil van derüpstand.
heisst einer der teufel so.
125
Taske, f. tasche.
Kl^dertaske , klatschhaftes
frauenzimmer. Vrb. kl^dern, klü-
tern, engl, to clatter.
Pludertaske, plaudertasche.
Rappeltaske, lärmmacherin ;
verb. rappeln.
SluGkertaske. näscherin ; vrb.
sluekern, verstohlen essen.
Sm^rtaske, Schmeichlerin.
Teller, m. zähler.
GSrtenteller, grützenzähler ;
knicker.
Tid, f. zeit.
Niggetid, neugieriger mensch.
T.lewe, f. hündin, gemeines
v^reib.
Appeltiawe, obsthöckin.
Tramper, m. treter. Vgl. mnd.
trampen, wovon trampeln.
Slotenträmper , pfuhltreter,
einfältiger mensch. Grimme.
Tr^d, m. trit.
Sisekentr^d, trit eines zeisig-
leins, quengeler. Nu lustert mol
88. Sisik, zeisig. Bruns, Rats-
versammlung der tiere.
Tr^er für tr^der, m. treter.
Klutentr^er , schollentreter
(bauer und Infanterist) ; engl, clod-
hopper.
Trine, Katharine.
Angeltrine, leichtfertige dirne.
Oäsetrine = dräle, sepenspän.
Gase = jese.
Swatertrine , Schwätzerin ;
swatern = kwatern.
Tftgh, n. zeug.
K « ttentügh, gesindel, zigeuner,
kesselflicker. W ie K S tto = Käthe
aus Katharine entstand, so kann
obiges KStte von xaöapot; stammen.
Dies stimmt zu dem namen ,haiden',
den man den zigeunern gibt.
Tange, f. zunge.
Libbertttnge, züngler. Vgl.
Kil. klibbertonghe. Fland. lingua
prsecipitante haesitans seu titu-
bans. V. d. H. Germ. IG, 162 : leper-
zungen, züngeln, vom skorpion ;
verb. libbern, lippern, rasch be-
wegen ; vgl. Froschm. : muss nicht
ein hundt mit seiner zungen
lippern.
llt, aus.
Süpüt, saufaus, säufer.
Fant, m. fuss.
Hasenfant, hasenfuss.
Ficks für Vitus wie ficksebonen
aus fitsbonen (Vitusbohnen).
Lnerflcks, laurer, aufpasser,
kundschafter; zuMeursrLüer Viet.
Es fragt sich, ob in folgenden ficks
ebenso aus Vitus entstanden ist.
Knirrflcks, knanser.
Kwirleflcks, unstäter, unru-
higer mensch.
Lnseflcks, lausiger kerl.
Sm^rficks, unreinl. mensch.
Filier, m. schinder, quäler.
KattenflUers werden die
Attendorner gescholten, was die
volkssage verschiedentlich zu er-
klären sucht.
Fink, Anke, m.
Lichtflnke , leichtsinniger
mensch.
Mistflnke, unreinliches frauen-
zimmer; vgl. Immerm. Münchh. 1,
131: mistfink, unflätiger
mensch.
Sm^rfinke, unreinl. mensch.
Fidle, alle fiole, altes weih.
Drätfldle. Koppen (Dortm.)
gibt als bedeutungen an: ,alte
jumfer, alte Schachtel, verblühte
kokette, launenhaftes weib, ver
schrobenes eigensinniges frauen-
zimmer'; vgl. drSteln, zögern;
säumig, verdrossen sein. Auch zu
Hemer gilt die form drätfiole. Zu
Elseihat man drotfiöle, weib das
durch klagen und geschwätz lästig
wird; vgl. drotelke, Schwätzerin.
m
Fisk, m. fisch.
Backflsk, junges mädcben in
den zehnen.
Fist, fidst, m. species crepitus,
Schleicher; Teuth. vijst.
B$fl98t, 1. pofist, bubenfiest;
2. schwächlicher mensch.
Fister, m. stinker.
P^kfister, schuster.
Stinkfister, stinker.
Fistep für fiser. Zu fisen aus
fiusen, schlagen; besser vielleicht
ist ein fisen = schleichen anzu-
nehmen, vgl fisenöller.
Elinkeßster, l.neuigkeitskrä-
mer. Hemer. Das rotwelsche klank-
vetzer, klangvetzer, klingenvetzer
ist wol dassejk^e. Koppen (Dortm.):
,men8ch der alles besser wissen will.^
Das verbum klinkefisten bedeutet
neugierigu mherstreichen ; nds
klingfisen, osnab. schlinkvisen*) ;
vgl. Mda. IV, 174; klinkenschlagen;
unser 'ne klinke slän, öflfnen der
türklinken, um zu horchen oder
neuigkeiten mitzuteilen.
Flickep.
Stanketteiiflicker, zaunflick er.
Schimpfwort. Stankett für stakett.
Freier, m. fresser.
Hilligenfr^ter , abergläubi-
scher, bigotter mensch. Vgl. hili-
genbiter, Schichtb. 144; ital. graf-
fiasanti.
Faddek, anus, podex ; ableitung
von fud.
Lnsefaddek, lausejuuge.
Fu9t für fued, anus, podex;
älter = cunnus.
Burenfn^t, bauemdirne.
Haiidsfti9t, hundsfott.
Kwaterf uat, alberner Schwätzer.
F6Iefa9t, dummer Schwätzer.
Grimme. Verbum fölen, im Lüden-
scheidschen stinken, im köln.Süder-
lande dummes zeug schwatzen.
Fnatse, cunnus; dirne.
Matsfnatse, verächtliche dirnp.
Dagegen Koppen (Dortm.) : mats-
f u 3 1 s : schwacher, unschlüssiger
mensch. Letzteres kommt holl.
matsvot und ostfr. matzfott näher.
Der ausdruck ist weit verbreitet
und soll von einem dresdener
MattheusFotius hergenommen sein;
vgl. Pens. d'Oxenstirn 1,17: mats-
fotsen von Dresden ; Berckenmeyer
Cur. Antiq. I, 526 : unter derselben
(Eibbrücke zu Dresden) ist signor
Mattheus Fotius das Wahrzeichen
der Stadt.
Wamms, n. wämmseken, n.
Fülwamms, faulenzer,
Rödwämmseken, teufel.
Wäsker, m. wäscher.
Drögewäskep, trockenwäscher.
waschmaul.
Wippop*
8chi9lwippop, schieler. Dortm.
Sniderwippop wird der Schnei-
der gescholten. Reim : Snider
wippop, b6r et flick op, blas de
lampe ut, gä nä bedde!
Widd für wind.
Spi9lwidd , schwächlicher
mensch.
Wörmken, n. würmchen.
Geldwörmken, sparer. Es er-
innert au die schätzehütenden
Würmer (schlangen).
Wulf, m. wolf.
Kärenwulf, kornwucherei*.
ISERLOHN.
F. Woeste.
*) Strodtmann Idiot. Osnabrug. S. 377 giebt ,slinckfysten*.
C. W.
127
Aberglaube und Gebräuche in
Südwestfalen.
I. Grafschaft-märkische Hochzeitsgebränche im ersten viertel des 19. jhs.
Der aufwand, den im mittelalter wohlhabende bürger west-
fälischer Städte bei ihren Hochzeiten machten, war so gross geworden,
dass die obrigkeiten es für nötig hielten, beschränkende Verordnungen
zu erlassen und einzelne gebrauche ganz zu verbieten. Belege dafür
geben die Soester Schrae, die Geseker Statutarrechte und die Hoch-
zeit- und Kindtaufordnung der Stadt Werl, wie dieselben in Seibertz
Westfälischem Urkundenbuche mitgeteilt sind; ähnliches findet sich in
den Statuten der städte Alen, Koesfeld und Dülmen bei Niesert.
Eine hochzeit biess im mittelalter brutlocht oder brutlacht, .
ein wort, welches schwerlich aus brüdlop (brautlauf), eher noch aus
brüdloft^), brüdlofte (brüdlovede) d. i. Verlobung entstanden sein wird ;
denn man rechnete diese vorbereitende feierlichkeit auch später noch
zur hochzeit. Heutzutage bezeichnet in Deilinghofen brüdlöchte,
in Weitmar brüdloch ausschliesslich einen vorbereitenden teil der
hochzeitgebräuche, während sich sonst der ausdruck hoc.htid ein-
gebürgert hat, dessen älteren sinn (fest, festlichkeit) wir nur noch in
,de fair hochteien' d. i. die vier hauptfeste des jahrs, erhalten finden.
Die dauer einer brutlacht wird in der Schrae zu drei
tagen angegeben. ,OycS heisst es no. 13 van Bruytlachten, ,so sal
nummant mit wilbrede (wildbrät) dinen binnen den drin dagen, dat
de bruytlocht wart.'
Wir sehen ferner aus den erwähnten Urkunden, dass der bräu-
tigam der braut ein paar schuhe, die brautschuhe, zu geben
pflegte, dagegen erhielt er von der braut ein paar linnene kleiden
Das Geseker Statutarrecht vom j. 1360 sagt in no. 22; ,Vortmer
mach de brudegam gheven dre par scho der brut und eren nesten;
de brut mach dem brudegam gheven eyn par lynner cledere
und nummande nicht mer.^ Die Schrae aber verbietet im 2. artikel
das geben der brautschuhe. Diese geschenke waren überbleibsei
älterer gebrauche, vgl. Grimm RA. 155. Im Süderlande und mehr
noch im Bergischen weiset auf die alte sitte des schuh tausches
die redensart ,unsere vorfahren haben einmal mit holzschuhen ge-
tauscht', womit man ausdrücken will : wir sind weitläufig mit einander
verwant. Wenn das anlegen des Schubes die braut in die gewalt des
bräutigams stellte, so war die gäbe der linnenen kleider Überbleibsel
eines anderen rechtsbrauches, nach welchem der vormund der braut
*) Brüdlofft, hochzeit in einem Iserl. hochzeitgedichte v. 1670, vgl. Mda.
VII, 120 ff. Brüdlocht, hochzeitszug (Dortmund, Koppen).
128
dem bräutigam ein schwert und ein gewand zu überreichen hatte,
vgl. RA. 431. Noch jetzt gehören hin und wieder ausser dem braut-
kleide und ringe ein paar schuhe zu dem, was der bräutigam
der braut, und häufiger noch ein hemd zu dem, was die braut dem
bräutigam schenkt. In einem älteren Iseriohner hochzeitsreime wird
gesagt: well di feräiren en par nigge schau un däu (da) en par
silverne spanken tau/ Ebenda: ,hai well di feräiren en räuen (roten)
rock un däu 'ne silverne snäur (schnür) op'. Dieser rote rock er-
innert an das Scharia chkleid, dessen die Schrae erwähnt. ,Vort-
mer', heisst es no. 4, ,so en sal men niner bruyt royt scharlaken
gheven tu clederen', doch wird es gestattet, wenn der mitgift wenig-
stens 80 mark dafür zugelegt werden.
Aus dem Soester Daniel 113 ergibt sich, dass im 16. jh. Dach
alter sitte das brautpaar von den gasten zu bett gebracht wurde, um
mitternacht aber wieder aufstehen muste^ wenn die hochzeitsgesellschaft
mit dem brautweine und dem b r a u t h a h n ins schlafgemach trat.
,Wy bringet ju den hauen und schenket ju den rynschen wyn',
heisst es s. 116. Ausserdem wurde auch eine brühe gebracht, in
welche eier gerührt waren. Ebenda s. 117: ,dat eysupen well wy
tosemen ettenS Was noch in unserer zeit an diesen gebrauch er-
innert, soll unten augeführt werden. Erläuternd ist, was Kuhn,
Mark. Sagen 363, aus einem berichte von 1668 mitteilt; man vgl.
auch RA. 376. Anderwärts finden wir das hahnbringen und
Weinschenken obrigkeitlich verboten. In den Statuten der stadt
Alen von 1389 (Nies. Münst. ürk. 3, 217) heisst es: ,Wanner de
brut un de brudegam byslopen, so sal ein ne brengen twe hauen,
enen van des brudegams wegene un de andere van der brut wegene,
van eren naihsten frenden (verwanten) sub poena duorum solid orum'.
Zu Koesfeld heisst es 1380 (ib. 199): ,Thor brutlacht en sal men
nynen gheuelwyn (gebewein) dryncken, noch hauen brenghen'.
Ebendaselbst um 1403 (s. 205): ,Thon brutlachten en sal men nynen
hauen brenghen van buten int hus^ Aus den Statuten der stadt
Alen (s. 2l2) erhellt, dass die Verlobung mit essen und trin-
ken gefeiert wurde. ,In den ersten deghingen (heiratsbert düngen,
Verlöbnis)', heisst es, wanner dat met beet (beisst) un bedrinket\
und nun wird vorgeschrieben, welche zahl die schusseln sowol für die
Verlobungsfeier, als für die hochzeit (dat grote werscap) nicht
übersteigen dürfen.
In den Statuten der stadt Dülmen (s. 222) findet sich eine be-
stimmung über die festlichkeit bei ankunft des brautvvagens. Der
abend dieses tages hiess der ,Jufferen avent'. Dann sollten nicht
mehr als 24 frauenzimmer, halb von des bräutigams, halb vou der
braut Seite, eingeladen werden, das tanzen sollte hinfort wegfallen.
Von diesen bruchstücken älterer sitte wende ich mich zu dem,
was noch im ersten viertel dieses Jahrhunderts in unserer Mark vor-
gekommen ist, und beginne mit der aufzählung einiger abergläu-
bischen meinungen, welche auf heiraten bezug haben.
129
1. Will man erforschen, nach welcher himmelsgegend hin der
oder die zukünftige wohne, so pflückt man einen saftigen halm, bricht
den gipfel ab und drückt den saft heraus. Nach welcher seite sich
der safttropfen zum herunterfliessen wendet, nach der hin wird der
oder die zukünftige wohnhaft sein. Gevelsberg,
2. Schlimm ist es aber, wenn der tropfen auf der spitze stehen
bleibt, denn das bedeutet tod. Alhringwerde,
3. Will man die liebe, den stand oder die ankunft einer person
erforschen, so pflückt man die strahlblattchen eines marienblümchens
oder einer weissen Wucherblume aus, indem man mit ,er liebt mich^
und ,er liebt mich nicht' dabei wechselt. Dieses blumenorakel wird
schon von einem deutschen dichter des mittelalters erwähnt und findet
sich auch in der Lombaräei. In einem gedichte la Sposa (Frusta,
Milano 21 luglio 1869) sagt Maria: Ma un giorno spinta da un' ignota
brama volesti un bianco fiore interrogar e il bianco fiore ti rispose
.ei t'ama!, ,t'ama!' Taure beate replicar.
4. Kleine mädchen setzen den marienkäfer (coccinella) auf die
spitze des Zeigefingers und sprechen: ,Sunnenschineken, reägenschineken
[sunnenkindken], wannär sali ek brüd sin?' Dann zählen sie: ,en
jär, twe jär usw.' bis das tierchen auffliegt. Witten.
5« Mädchen falten bandgras und stecken es^in den strumpf.
Klafft dasselbe nachher beim herausnehmen auseinander, so sagen sie,
ein liebhaber denke an sie. Alhringwerde.
6. Man setzt zwei pflanzen des donnerkrauts (sedum telephium)
in einen blumenscherben zusammen und benennt sie nach einem burschen
und einem mibdchen. Wachsen diese pflanzen ineinander, so gibt es
eine heirat unter den beiden personen. VolmetoU,
7. Drei lichter zu gleicher zeit auf dem tische bedeuten, dass
bald eine braut im hause sein werde. Hemer,
8. Wenn eine zweijährige pflanze schon im ersten jähre blüht,
oder wenn ein bäum zur ungehörigen zeit bluten zeigt, das bedeutet
eine braut in der familie des eigentümers. Hemer.
9« Lässt ein mädchen das schüsselwasser kochen, so sagt man,
sie bekomme in sieben jähren keinen freier. Hemer,
10. Bleibt jemandem eii^ dornbusch, besonders der frickendorn
(rosa canina) am kleide hängen, so heisst es, er schleppe seinen braut-
wagen nach. Hemer.
11. Bemerkt ein unverheirateter die erste schwalbe, so soll er
unter dem fusse nachsehen, ob da ein haar liegt ; findet sich eins, so
wird es die färbe der haare seiner zukünftigen frau haben. Gegend
von Lüdenscheid.
12. Wo der feurige drache oder ,heärbrand' vorbeizieht, da
gibt es ehestens heirat. Albringwerde, Auch Holthaus verzeichnet in
seinen ,materialien' dass daher eine braut kommen werde.
13. 'Pjt flass es brügail = es ist eine braut im hause. So
sagt man, wenn der flachs jemandem gut gerät, namentlich recht
lang wird.
Niederdeutsches Jahrbuch. HL ' 9
130
14. Junge mädchen gehen auf Weihnachten an den hühnerstall
und klopfen die hühner wach. Gackert ein huhn, so bekommen sie
im nächsten jähre noch keinen liebhaber oder mann; kräht aber der
hahn, so werden ihre wünsche erfüllt. Westfäl, Anseiger,
Die Brautwerbung. Wie unter landleuten der gegend von
Hildesheim (Seifart, Sagen 146), so war es stellenweise auch im kreise
Iserlohn sitte, dass der bauer, wenn er freien wollte, sich von einem
freiwerber begleiten liess, den man ,k ö p p e 1 e r' (kuppler) nannte.
Hin und wieder gab es personen, die sich für dieses geschäft in all-
gemeine kundschaft gesetzt hatten — ,a Hermanns köppelers^
— wie der verstorbene Schneider Locke zu Hemer einen solchen vor-
stellte. Kam die heirat zu stände, so erhielt der freiwerber von der
braut ein hemd^) (Hemer, Deilinghofen), oder ein paar blaue
Strümpfe (Menden), oder vom bräutigam am hochzeitstage ein paar
lange stiefeP) (Weitmar). Wir haben ein Sprichwort, welches
das geschäft des freiwerbers für undankbar und mislich erklärt;
jWann de breud gäit um den hard, dann es de köppeler nitt fiol ward.'
An andern orten der Mark scheint das freien mehr unvermittelt
betrieben zu sein. In folgender weise an der unteren Lenne und
Volme (Kreise Iserlohn und Hagen).
War der heirathslustige bauer über die wähl seiner zukünftigen
mit sich im reinen, so ritt er in seinem besten anzuge nach dem hofe,
wo er werben wollte und führte sich daselbst ein als einer, der eine
,stärke* (junge kuh) kaufen möchte. Daher wird für freien
(,friggen'^) auch gesagt ,oppen steärkenhannel gäen'. Es er-
innert dies, wie eine unten anzugebende sitte an das ^Ite kaufen
der fr au, vgl. RA. 420 ff. Ebenso das ,käup es käup!' im munde der
hinkenden elster, mit welcher die krähe eine misheirat eingegangen war.
Wenn nun die eitern der Jungfrau der absieht des stärken-
händlers geneigt waren, so ward derselbe gut bewirtet und hatte aucli
wol das vergnügen die erwählte einmal in die stube kommen zu sehen.
Aber um den preis der stärke konnte man sich noch nicht einigen.
Der freier nahm daher abschied und sagte, er wolle nächstens wieder
einsprechen und sehen, ob dann etwas auszumachen sei. Die eitern
des mädcbens erwiederten freundlich, das möge er denn tun. Die
heirat ward richtig, und man hielt die Verlobung, oder den
jhilink**), der an einigen orten (z. b. in Schwelm) von den freunden
des brautpaars mit schiessen aus gewehren und böUern (,kattenköppen^)
gefeiert wurde.
*) Ebenso im HUdesheimschen. Seif. 1. 1. 146.
*) In einem dorfe bei Bochum war es sitte, dass der bräutigam dem Zimmer-
mann ein paar lange Stiefel schenkte.
^) Sprichw. Friggen un haidrögen geschüht fake ümmsüss. Bai de dochter
friggen well, da maut de mäuer striken; vgl. das engl.: he that would the daughter
win, must with the mother first begin. Friggerigge, friggeräd, frigger&dschop sind
südwestf, ausdrucke für freierei, brautwerbung.
*) Mnd. hillik, hilich. Hilink bezeichnet auch den polterabend. Auch
brüdwin ist an einigen orten der Mark name des verlobungsfestes.
181
An anderen orten, namentlich an der unteren Ruhr im südöst-
lichen teile des kreises Iserlohn (Ihmerterbach), wo noch die redensart
umgeht ,de brümer^) sittet oppem heck', setzten sich die
freier auf das tor am gehöfte der braut und erwarteten, wem 'von
ihnen die Jungfrau, unter der form eines auftrags, erlaubnis geben
würde, ins haus zu kommen und seine Werbung anzubringen.
Eine schimpfliche abweisung des freiers war es,
wenn ihm die mutter des mädchens ein butterbrod schmierte
und reichte. ,Hä woU friggen,* heisst es im Lüdenscheidschen,
,äwer de frau gaf 'me en buater,' d. h. sie behandelte den burschen
wie einen knaben, dem man eine geschmierte ,brügge' reicht. Auch
sonst galt das butterschmieren für erwachsene als ein zeichen der
geringschätzung.
Die Verlobung. Im östlichen teile des kreises Iserlohn ward
hin und wieder noch bis in die mitte dieses Jahrhunderts am ver-
lobungstage vom bräutigam der braut ein geldstück, nach umständen
Silber (taler) oder gold, auf treue (,trüe, trügge') gegeben. Man
vgl. den fränkischen rechtsbrauch, ,per solidum et denarium' (durch
Schilling und pfennig) zu verloben. RA. 424. Auch im Hildesheimschen
war das handgeld sitte. Seif. 1. L 146. Diese gäbe selbst hiess auch
,de trüe oder trügge'. Mir ist der fall bekannt, dass eine frau die
münze, welche sie ,op trügge' erhalten, sorgfältig aufgehoben und ver-
wahrt hatte, sie dann ihrem ältesten söhne zu gleichem gebrauche
einhändigte, als er erklärte, sich verloben zu wollen. Das mag häu-
figer vorgekommen sein. Deilinghofen. Ward der braut die heirat
wieder leid, so sante sie die treue zurück, gerade sowie eine
magd das mietgeld zurückgeben durfte. Die zurückgäbe des braut-
talers muss doch nicht überall statthaft gewesen sein, wie die fol-
gende Volksanekdote zeigt. Auf einer kindtaufe ward ein etwas ein-
fältiger junger mensch von frauenziramern geneckt und gefragt, wie
das wäre, dass er nicht heiratete. Ein hübsches mädchen, welches
sich an diesem necken beteiligte, lässt sich einfallen zu sagen, es
fände sich doch wol eine frau für ihn. Darauf erwiedert der geneckte,
wenn sie ihn haben wolle, so würde er heiraten. Sie erklärt sich,
ohne dass es ihr ernst ist, bereit dazu. Der junge mensch reicht ihr
den brauttaler, den sie auch annimmt. Nachher will das mädchen
den taler zurückgeben, er aber will davon nichts wissen. Ihm, sagt
er, sei die sache kein scherz gewesen. Die eitern des mädchens be-
mühen sich dann auch, diese Verlobung rückgängig zu machen, aber
der bursche besteht hartnäckig auf sein recht. Am ende wird ihm
die hälfte dessen geboten, was das mädchen zur aussteuer erhalten
würde. Das nimmt er an und die jumfer hatte 350 taler verscherzt.
Die raitgift, welche die braut erhielt, hiess ,brüdschatt'
(brautschaiz).
^) Bräutigam. Brumer = brüdmann, Radioff 2, 341, denn mer ist mar
= mann, vgl. ahd. langmar = unserm langmann, mittelfinger. In Schwelm
brüddigam.
9*
132
Die Verkündig ungsta'ge. Nahte die hochzeit, so fand
am ersten verkündigungstage das bräutigamgreifen (,brümer-
krigen') oder leiterbinden (,ledderbinnen') statt. Der bräutigam
kommt in die wohnung der braut, wo sich verwante und freunde zum
,glückwün8chen* eingefunden haben. Nun heisst es: ,Dü woss us hir
de juffer ütem huse halen!' — ,Bu jeä*, sagt er, ,deäs sinnes sin ek
wuäl.^ — ,Näi fröndS wird ihm gesagt, dat gäit sou nitt, fi mait di
faste binnen.' Mit diesen worten legen sie band an ihn, nehmen ihn
fest und binden ihn mit einem pferdezaume auf eine leiter. Die leiter
wird aufgerichtet, auch wol an den herd gesetzt und darunter pferde-
dünger angezündet. Das heisst den bräutigam räuchern (,den
brümer r5kern'). Man fragt ihn nun: ,Bat woste giawen, wenn fi di
loss lätt.* Er bietet darauf die lächerlichsten dinge als lösegeld.
Aber die gesellschaft fordert so und so viel schinken, so und so viel
fass hier und anderes. Der bräutigam bietet eine metwurst, womit
man natürlich nicht zufrieden ist. Endlich nennt er, was er am
zweiten hochzeittage, dem nachbier (.näbäir'^) zum besten geben
will. Damit wird man handeis einig und er seiner unbequemen haft
entlassen.
Ein ähnliches räuchern trifft den bräutigamsvater^) am Schlüsse
der hochzeit.
Hier mag beiläufig eine volksjustiz erwähnt werden, die noch im
ersten viertel des laufenden Jahrhunderts zu Ober-Hemer geübt wurde.
Befand sich unter den hochzeitgästen jemand, der an einem öffent-
lichen orte beleidigt hatte, ohne noch sühne gegeben zu haben, so
ward er ergriffen, auf einen ,wann' gesetzt und am herde gebraten,
d. h. der hitze ausgesetzt^), bis er ein lösegeld, etwa hier, schinken
u. dgl. geboten hatte. Bot er zu wenig, so drehte man den ,wann'
um und briet ihn auf der andern seite.
Auf den dritten verkündigungstag fällt das bettstopfen
(,beddestoppen'), auch schosstragen (,slippendrägen') genannt, eben-
falls in der wohnung der braut. Diesmal fangen weiber den
bräutigam und stecken ihn ins brautbett, nachdem sie dasselbe
mit steinen und andern harten körpern zu einem marterbette gemacht
haben. Dann und wann mag dieser gebrauch einem bräutigam übel
bekommen sein. So wurde im ersten viertel dieses Jahrhunderts dem
jungen Platz auf Platzrolle in Hemer durch solche behandlung eine
rippe zerbrochen. Man wird sich darüber nicht wundern, wenn man
weiss, dass dieser ,ulk' gewöhnlich von weibern gemacht wurde, welche
dem berauschenden näpfchen (,köppenden kümpken'), wovon weiter
unten, fleissig zugesprochen hatten. Aber nicht immer gelang es den
weibern, den bräutigam zu bewältigen und ins bett zu bringen. Ent-
^) ,Fue ärbäir dagegen bezeichnet das vorfest einer hochzeit. Unsere general-
synode verbot vorbier und nachbier an Sonntagen.
*) Aelterer mann, der als zeuge den bräutigam zur trauung führt ; s. unten.
*) So wird ,bräen* häufig gebraucht z. b. ,hä brädt sik de schianen* = er
wärmt sich tüchtig.
133
gieng er ihren bemühungen, so sagten sie, er werde immer in diesem
bette liegen müssen d. h. seine ehe werde kinderlos sein. Untere
Volme und Lenne.
In der gemeinde Deilinghofen findet das bettstopfen am abend
vor abgans des brautwagens statt und ist mit einem ,zech^ für die
anwesenden weiber verbunden. Man nennt den ,ulk', der dann be-
trieben wird, ,de b r e u d 1 ö c h t eS vgl. oben. Das fangen des bräuti-
gams fällt dagegen auf den abend des tages, an welchem der braut-
wagen bei ihm angelangt ist, also auf den abend vor der hochzeit.
Sobald das brautbett in seiner behausung aufgeschlagen ist, suchen
ihn die weiber zu überwältigen und ins bett zu stecken.
Im kirchspiel Weitmar versammeln sich die Junggesellen im hause
der braut. Der bräutigam muss sich dort einfinden und man schreitet
zum verkaufe der braut^). Sie wird ihm zugeschlagen, wenn er
eine seinen Verhältnissen angemessene menge hier usw. bietet, Lässt
sich der bräutigam gar nicht herbei, weder am ersten, noch am
zweiten und dritten verkündigungstage diesen gebrauch mitzumachen,
so kann er darauf rechnen, dass kein mädchen auf seiner hochzeit
erscheint. Die Junggesellen aber giessen ihm, wo sie seiner habhaft
werden, eimer wasser auf den köpf.
Die Einladung zur Hochzeit. Sollte zur hochzeit , genötigt^
werden, so wird damit der hochzeitbitter oder die hochzeit-
bitterin beauftragt, — personen, welche mit dem herkömmlichen
gründlich vertraut sein mussten. Im kreise Iserlohn war ihr amts-
zeichen ein mit seidenbändern von allerlei färben
geschmückter stab. Diese bänder wuf den bisweilen alle gleich
von der braut hergegeben. War das nicht geschehen, so füllte sich
der stab allmählich durch die gaben der weiber und mädchen, denen
die einladung zugebracht wurde. In der Soester Boerde trug der
hochzeitbitter die bänder am hüte, doch auch wol am stabe, wie
Immermann dort beobachtet zu haben scheint, vgl. dessen Münchhausen.
Wohin nun der hochzeitbitter kam, da ,betete' er seinen spruch
,her'. Der anfang eines solchen, wie er im Lüdenscheidschen vorkam,
lautet wie folgt:
,Ik hewwe en ären (botschaft)
an Ink fan brüd un brümer — an den hüshären,
an de hüsfrau, süane un döchter;
se sollen sik gefallen läten un kuamen am duanerstage
un hSren 'ne koppelassion.
Wann de koppelassion es fullenbracht,
dann sollt It da bliwen en dagh un 'ne nacht
un helpen ferteären,
wat Güäd werd bescheären:
*) Auch folgendes erinnert ans ehemalige kaufen der braut. ,Eäup
rügget mÜ* sagte Hans am tage nach der hochzeit, als er sah, dass seine Grete
hinkte. — ,Käup es käup!* sagte Grete. Vgl. oben s. 130 und Mda. III, 264.
Brüd, braut lautet bei uns im plur. brüde, brfte, aber auch brüten, brutens.
134
twintigh am brannewin uu hunnerd am bäir
da well fi ferteären med plasäir,
an allen ecken un kanten
sollt stän feäte bäir un musekanten.
Wat fi äwwer nitt hewwet, dat weffi ock nitt eäten,
dat häddik lichte balle fergeäten.
Wat der fält, dat sali an eäne nit fueädert wären u. d. übr.^
Mitunter hatten die hochzeitbitter mehrere Sprüche, kürzere und
längere. So lautete die kürzere einladung der Deilinghofer hochzeit-
bitterin:
,Ik soll se gruissen fan N. un N., breud un bruimer, un se hänn
den sinn, se wollen am duanerstage eären ärendagh feiern; dehär
un de frau un de kinner sollen sik gefallen läten un kudmen na
der hochteid,
un maken sik fein,
man nitt allte fein,
um dat breud un bruimer de finsten sei'n!^
Um auszudrücken, dass man die einladung annehme, wird bis-
weilen gesagt: ,Fi wellt de ledder int pütt daueu un 'et heus oppen
balken un kuamen.' Der einladung nicht auflfolgen, hiess: ,de hoch-
teid oppen stall släen.'
Bei sogenannten fleischhochzeiten wurde zugleich auf den
korb (,oppen kuarf*) eingeladen.
Das Korbbringen. Die grösseren hochzeiten waren ent-
weder fleisch- oder käsehochzeiten. Zu einer fleischhochzeit
wurden dem hochzeiter, «einen oder mehre tage vorher, von den ein-
geladenen körbe geschickt. Ein solcher korb enthielt in der regel:
einen Schinken, eine recht bunt gemachte ,welle' butter und specerei-
waaren (reis, zucker, kaflfee). Kamen die körbe aus dem Wohnorte
der braut, so pflegten die korbbringerinnen sich auf den brautwagen
zu setzen.
Der Brautwagen. Der brautwagen kam gewöhnlich am
tage vor der hochzeit. Ihn zierte wol von alters her ein lebendi-
ger hahn. der auf einen besen gebunden ist. Man nennt
diesen Hahn zu Deilinghofeu den ,räukhanen'. War dem braut-
hahn, wie vermutet werden darf, in früherer zeit die rote färbe
wesentlich, so begreift sich dieser name, da auch der rauchhahn d. i.
ziushahn^) rot sein muste; vgl. RA. 376. Es ist aber auch möglich,
dass ,räukhane' geradezu aus ,räudhane* entstellt wurde. Dass ein
solches compositum wahrscheinlich, lehrt ,räudhenne' (rothenne), ein
name den man roten kühen zu geben pflegt. Welchen lärm, welches
jauchzen (Jeuchen') die auf dem brautwagen sitzenden und der flasche
zusprechenden frauleute verführten, kann man leicht denken. Nie
bemerkt habe ich jedoch die grausamkeit, von der Lyra in seinen
plattdeutschen briefen (s. 65) aus dem Osnabrückschen berichtet.
*) Hä kräigh en kopp as en tinshane.
135
,Maii EensS sind seine wörte, ,woirk mi dach wual geeren uutbidden,
nämlik dat Ji nich togiewen schiölen, dat se, wann se den Bruut-
waagen bringet, 'n Hahnen vorne up den eersten Waagen faste bäunen,
den se dann, dat he stännig kreggen schiöle, vor Gewalt sauviel
Brannewiin in'n Hals geetet, dat em antleste de blaue Leuche (lohe)
uut'n Bille (schnabel) schleit un he up 'ne unbamhertige Wiise ver-
recken mot.'
Der Vorzech. Für die korbbringerinnen und die begleiter
des brautwagens gab es im hause des hochzeiters einen ,fueärzechS
der auch ,fueärbäir^ genannt wurde. Dabei fand denn auch wol das
zerschmeissen alter geschirre. der sogenannte polterabend statt.
Die Zeit der Hochzeit. Die tage, an welchen, sonst
wenigstens, im Süderlande am liebsten hochzeiten gehalten wurden,
waren dins tag und f r eit ag, vorab aber donnerstag. Geringere
brautpaare liessen sich am samstage trauen. Früher galt jeder
andere tag , der samstag mit eingeschlossen , für unheilvoll zu
diesem zwecke. Auch auf dem Hellwege legte man die hochzeit
am liebsten auf den donnerstag. Die trauung fiel gewöhnlich auf
11 — 12 uhr vormittags. Auf dem Hellwege wurden die meisten hoch-
zeiten in den Spätherbst verlegt, weil der bauer dann draussen
wenig zu tun hat und weil dies die zeit ist, wo das meiste vieh ge-
schlachtet wird.
Der Ort der Trauung. In der Soester Boerde wird jetzt,
wie ich höre, gewöhnlich in der kirche getraut; auch Immermann
verlegt die trauung seiner schulzentochter in die kirche. Im kreise
Iserlohn zogen nur geringere brautpaare oder leute von einer ge-
wissen religiösen färbe in die dorfkirche, dagegen liessen sich die
fetteren bauern daheim copulieren. Man wählte, wenn es nur eben
die Witterung erlaubte, zu dieser handlung einen platz unter der
dicksten eiche des gehöftes, oder aber die dehle, wo dann
das brautpaar gerade unter der bodenluke (balkenhuäl) stehen
muste. Diese stelle wurde mir auch namentlich zu Brackel bei Dort-
mund als der platz bezeichnet, wo früherhin gewöhnlich die haus-
copulationen statt fanden. Hält man dazu, dass eben dort auch der
sarg vor der abfahrt aufgestellt wird, und das früherhin (nach dem
Lüdenscheider Statute 18) unter der bodenluke die eide abgenommen
wurden, so liegt die Vermutung nahe, dass dieser ort im westfälischen
bauerhause eine besondere heiligkeit hatte.
Zog das brautpaar zur trauung in die kirche, wobei es die gaste
an schiessen nicht fehlen liessen, so war die Ordnung an einigen
stellen diese: musikanten (clarinet, geige, hörner), bräutigamsvater
(siehe oben!), bräutigara und männliche begleitung; dann folgten
brautmutter, braut und weibliches geleit. In Deilinghofen zieht die
braut mit ihrer begleitung zuerst in die kirche, beim auszuge macht
der bräutigam den anfang.
unser Süderland kennt keine brautjumfern*) und braut-
*) D. h. auf dem lande; in Städten wol.
136
knechte; deren stelle vertreten bräutigamsvater und braut-
mutter, welche aus den notnachbarn gewählt werden und nicht mit
den eitern der brautleute zu verwechseln sind. Diese sitte ist alt,
auch Luther kennt sie. In seiner Hauspostille, Fred, am 2 post Epiph.
sagt er nach der alten nd. Übersetzung: ,De (nämlich die mutter
Jesu) wert vellichte der brudt erkaren moder vp der hochtidt
gewesen syn/ Immermann (Münchhausen) spricht von drei braut-
j um fern, welche die tochter des Hellweger hofschulzen zur kirche
begleiten. Heute begnügt man sich in der Soester Boerde auch wol
mit zwei brautjumfern, welche zu beiden seiten der braut stehen.
Die braut hatte häufig das Vorrecht zur kirche reiten zu
dürfen, selbst wenn der hof nur wenige schritte entfernt lag. Sie
sass dann hinter dem brautführ er^). Der weg, den sie zogen,
muste der n o t w e g sein. In Äpricke bei Deilinghofen war der braut
von einer alten frau, welche .schichten' konnte, vorhergesagt, sie würde
sich am hochzeitstage aus dem und dem ,springe' waschen wollen,
aber nicht rein werden, bis sie an den und den andern gehe, auch
würde sie einen andern weg als den notweg reiten wollen, aber das
pferd werde auf demselben nicht fortzubringen sein. Der aufgeklärte
bruder der braut wollte das abgehen von alter sitte durchsetzen, aber
das ,wickeweif' behielt recht.
Die musikanten, der brautführer und die unverheirateten manns-
leute sind geschmückt mit sträussen (,Iüstken') von buchs mit
blattgold und blumen, welche man vermittelst eines blauseidenen
bandes zusammen gebunden hat. Die musikanten tragen ihren strauss
an den instrumenten, der brautführer am hüte, die burschen im
knopfloche, neuerdings auch an der mutze oder am hüte.
Vor der kirche angekommen fasst der bräutigamsvater den
bräutigam an und führt oder zieht ihn vor den altar, um ihn neben
der braut aufzustellen, dann tritt er etwas zurück und sieht, ob arme
und beine seines anbefohlenen auch die rechte haltung haben. Fehlt
es daran, so wird wol mit einem derben rucke oder fusstritte gebessert.
Während der trauung stehen brautmutter und bräutigamsvater etwas
hinter dem brautpaare zurück; die erstere hält das umschlagetuch
der braut, der letztere den hut des bräutigams.
Die Traureden mögen früher manchmal würdige gegenstücke
zu Jobst Sackmann's ,Erret de Speellude nicht' gewesen sein. Der
alte Ennichmann zu Kierspe traute vor mehr als 80 jähren ein braut-
paar aus der Verwandtschaft meines seligen vaters über den text:
,Frigg din näbers kind, dann wäistu wat du finds; koup din näbers
peärd, dann wäistu wat du heäs!' Ob die rede selbst so populär
gewesen ist, wie der text, weiss ich nicht, doch ist es mir von Ennich-
mann wahrscheinlich.
Wenn sich das brautpaar bei der truuung die bände zu reichen hat,
so achtet man in Deilinghofen und anderwärts darauf, wessen daumen
oben liegt, weil der die herschaft haben werde.
*) Auch tömer und im köln. Süderlande brüdjunge genannt.
137
Nach der trauung gibt die brautmutter, namens der braut, an
pastor und küster ein taschentuch; auch der koch oder
der bäcker erhält eins. Man vgl. die Hildesheimsche sitte bei Seifart
I. 1. 150. Früher erhielt der koch oder bäcker von der braut eine
weisse schürze, die er vorgebunden haben musste, wenn er mit
ihr den brauttanz tat.
Nach der trauung wurde die braut, mochte sie auch zu fuss in
die kirche gekommen sein und das hochzeiterhaus nur wenige schritte
von derselben entfernt liegen, auf einem pferde abgeholt. Wäh-
rend sie hinter den brautführer aufsteigt, eilt der bräutigam hals über
köpf nach seiner wohnung. Das tut er, damit er rechtzeitig zum
empfange der braut an seiner türe bereit stehe und dem brautführer
ein glas mit getränk und einem geldstücke darin überreichen könne.
Deilinghofen. In noch früherer zeit erhielt ebenda der bräutigam von
seinen unverheirateten genossen beim ausgange aus der kirche reich-
liche schlage, wenn seine Schnelligkeit ihn nicht rettete. Mit
der prügelscene bei Immermann (Münchh. III, 5) hat es seine richtig-
keit ; im ersten viertel dieses Jahrhunderts war dieselbe regel in der
Soester Boerde. Vgl. Weddigen, Stat. 1, 65 und 66.
In Hemer pflegte der bräutigam der brautmutter, sobald sie im
hocbzeitshause erschien, ein glas getränk, mit einem halben krontaler
oder mehr darin, zu überreichen.
An einem orte in der gegend von Plettenberg war der hergang
folgender. Der brautführer, dort zaumhalter (,tönjer') genannt,
ritt, mit der braut hinter sich, auf die wohnung des bräutigams zu.
War dieser nicht so schnell bei der band, wie sich's gebürte, so ritt
jener mit der braut vorbei und der bräutigam hatte unter dem ge-
lächter der gaste das nachlaufen. Er war nämlich verpflichtet, seiner
braut einen stuhl zum absteigen und dem brautführer ein glas getränk
zu bringen. Dieses glas enthielt ein geldstück und pflegte mit nesseln
oder anderen Stachelgewächsen umwickelt zu sein.
Es versteht sich von selbst, dass das hochzeiterhaus häufig mit
einem ehrenbogen und ausserdem mit laub- und blumengewinden ge-
schmückt war ; selbst haustiere, wie kühe und rinder, pflegte man mit
quasten, das federvieh mit seidenbändern zu verzieren.
Das Hochzeitmahl. Bei einer fleischhochzei t musten
wenigstens folgende gerichte aufgetragen werden: eine mit vielem safran
gefärbte suppe (hühnersuppe), rindfleisch oder hühner, schinken und
Sauerkraut mit weissen bohnen, geschmortes fleisch (sogenannter
pflaumenpotthast) mit pflaumen und reisbrei. In den nachgelassenen
papieren des älteren Marks, schuUehrers zu Deilinghofen, finde ich
folgendes bemerkt:
,Hochzeit Aufsetzung. Erstl. Suppe, auf 3te Paar. Mosterstück
(stück fleisch mit senf, vgl. auch Münchh. III, 17) und Schencken als
grobe Schusseln ofs 2te Paar. Potthast prumen et Corinthen ofs 2te
Paar. 1 schüssel Brahe (braten). 2 Schüsseln Reiss 4te Paar.
2 Butter u. Kesse. Beschluss. Zum paar gehört M. Fr, - Kind.'
138
(In älterer zeit sagte man scotel (schüssel) statt paar und meinte
mann und frau, oder andere befreundete paare, die aus einer
Schüssel assen).
,Auf vornehmeren. Suppe, Schencken, Posteete, Rüben mit frisch
Fleisch, Euhzunge, Wurtzeln (mohrrüben), Torten von . . . und stecke-
birn (Stachelbeeren und 1 Von Prumen (pflaumen), Reiss, Krebse,
Forellen, Erdbern, Woldbern (waldbeeren d. i, heidelbeeren), Butter,
Käss, Eiserkuchen (fladen), Macronen, Weissbrod.' So weit der alte
Marks.
Für messer, gabeln und löffel hatten die meisten gaste selbst
zu sorgen. Die suppe ass man gemeinsam aus den näpfen. Für die
übrigen speisen wurden statt der teller runde brettchen aufgelegt, die
der koch oder hochzeitbitter säckevoll zum verleihen vorrätig hatte.
Ein nicht geladener gast hiess ,d r o 1 1 g a s t.' Dieses wort
scheint eigentlich einen spassmacher zu bezeichnen, der wie Steinhausen
bei Immermann (Münchh.) im kreise Iserlohn sonst nicht fehlen durfte
und auch ungeladen willkommen war. In Gr. D. Wörterbuche wird
droUgast anders und zwar aus trollen, sich wegscheren, erklärt.
jTüngäste^ nannte man bettler und solche, die sich ausserhalb des
gehöftes hinter den zäunen lagerten, um vom hochzeitgeber oder von
den gasten eine gäbe zu erhalten. Ein tüngast ist bei ImmermaDO
der einäugige spielmann, der vom hofschulzen in den eichenkamp ge-
wiesen wird, ,um dort der Stillung seines hungers gewärtig zu sein.*
Die Zaungäste waren bei unseren süderländischen hochzeiten mitunter
sehr zahlreich.
Geringer als die fleischhochzeiten waren diekäsehocl\,zeiten
bei welchen jedem gaste ein ,stuten* und ein stück holländischen
käs es vorgelegt wurde. Butter und geistige getränke nahm man dann
nach belieben. Was man nicht ass, nahm man gewöhnlich mit nach
hause. Das bewirten der hochzeitgäste mit käse wird auch in der
Soester Schrae erwähnt; es bildete damals aber nicht das hauptmahl.
Im neuen Westfälischen Magazine werden unsere süderländischen käse-
hochzeiten bierhochzeiten genannt. Im sommer wurde mit bier-
kaltschale, im winter mit biersuppe, ausserdem mit butterbrot und
brantwein bewirtet. Auf dem Hellwege gab man brantwein mit zucker
und butterbrot.
Bei tische^) sass die braut zwischen dem pastor und der braut-
mutter. Durch die letztere muste ihr alles vorgelegt werden. Wie
strenge es in dieser beziehung gehalten wurde, lehren schon die
redensarten : ,8e lätt sik oppassen as 'ne brüd' und ,ik well dl mal
wier oppassen, wanste brüd büst.' Der bräutigam dagegen war
gehalten, in jacke, weisser schürze und weisser Zipfelmütze den auf-
wärter bei tische zu machen. So fand ich es noch in den vier-
ziger Jahren im kreise Altena auf hochzeiten der kleinbauern. Bei
Immermann (Münchh. III, 6) ist der bräutigam erster, der schul-
*) Der tisch, an welchem die braut sitzt, heisst der ,b r ü d d i s k.*
139
meister zweiter aufwärter. Aehnliches fand bei tauffesten statt, wq
der jkrämherr' aufzuwarten hatte. Vgl. N. Westf. Mag. zur Charak-
teristik des Landvolkes in der Westf. Gr. Mark.
Das Umwandeln des Herdes. Am ersten oder zweiten
hochzeittage wird die braut dreimal um den kesselhaken (,h&l<)
des herdes geführt. Dies heisst : ,de brüd ümt häl laien.' Im kirch-
spiele Weitmar wurden dabei sprüche gesprochen. An einigen
orten ist ein herdfeuer wesentlich, und das wird wol das ur-
sprüngliche des uralten gebrauches sein. So wurde z. b. in Brackel
bei Dortmund vorn auf dem herde ein feuer angezündet und das hahl
vorwärts darüber gezogen. Beim umführen der braut warf man das
feuer mutwillig auseinander und nach ihr hin. Vgl. auch Weddig., Stat,
67. Für das hohe alter des gebrauches spricht, dass nach den Veden
Agnis (lat. ignis) feuergott und zugleich gott der ehe ist.
Ist die Umwandlung des hahles oder herdes geschehen, so lässt
man die braut beweise geben, dass sie sich auf haus-
haltungsgeschäfte versteht. Sie muss z. b. kehren, das
feuer schüren, wasser aus dem brunnen ziehen (pütten), man führt
sie an die waschbank und gibt ihr einen handbesen in die band, um
einen zuber (,häldO zu reinigen; man führt sie in den garten und
lässt sie graben, in den hof und umgeht mit ihr bäume; man zeigt
ihr die grenzen.
Dann kommt die reihe an den bräutigam, der ebenfalls
proben geben muss, dass er zu arbeiten versteht. Man
gibt ihm eine axt in die band und lässt ihn einen klotz behauen;
man hängt ihm den samenkorb (sädlftpen^) um und lässt ihn säen.
Hemer, Deilinghofen; vgl. auch Weddigen, Stat. 66.
Eigentümlich und mit der ehemaligen^) Wichtigkeit der bienen-
zucht in unserer gegend zusammenhängend war es, dass man das
brautpaar zur bienenhütte führte. Man klopfte die bienen-
stöcke (,biker') an mit den werten:
Eimen in. eimen eut,
heir es de junge breud!
eimen um, eimen an,
heir es de junge mann!
e'imekes ferlatt se nitt,
wann se nu mal kinner krittl Ispey.
Sollte das tanzen beginnen, so tat der koch oder b ä c k e r
drei ehrentänze mit der braut, einen langsamen (menuet),
einen schnelleren tanz und einen walzer. Nach mehreren bei uns
umgehenden märchen muss es früher auch sitte gewesen sein, dass
^) Vgl. Capitul. Garoli M. (Monum. Paderb. 329), wo neben rindvieh, haber
(annona), rocken (sigale) und gerste auch h o n i g als haupterzeugnis Altsachsens
erscheint. In den nördlichen haideländern war der honig häufiger (2 siglse = 1 solidus),
als bei den Bortrinern (Boerdebewohnern), wo IVj siglse = 1 solidus. Das Süder-
land lieferte wol mehr honig als der Hellweg.
140
— umgedreht — der bräutigam mit der köchin tanzte; vgl.
Die drei balle, gedruckt bei Kuhn, Westf. Sagen etc. II, 251 S.
Im kirchspiel Weitmar tut der nächste unverheiratete
n achbar den ersten tanz (,brüddans^) mit der braut.
Im N. Westf. Magazine wird berichtet, dass der nächste
unverehelichte verwante des bräutigams gleich nach
aufgehobener mittagstafel den brauttanz mit der braut tanzte. Wedd.,
N. W. Mag. 66.
Wesentlicher hochzeittanz waren vor zeiten die jetzt
beinahe vergessenen siebensprünge. Bei jedem dieser wunder-
lichen Sprünge, die den tänzer bald mit dem rechten, bald mit dem
linken knie, bald mit dem rechten, bald mit dem linken ellbogen,
bald mit der rechten, bald mit der linken band und endlich mit der
nase auf die erde brachten, ward die zahl des Sprunges angegeben,
gespielt und gesungen: ,Kennstu nitt de siawen Sprünge, kennstu nitt
de sässe? ja, min här, ik kenn se wuäl, ik dansse as en eadelmann.
juchhäi! juchhäi ! juchhäü* Der siebensprung kommt auch in Schwaben
und anderwärts vor. Vielleicht erinnert er an die sieben schritte der
indischen hochzeit; vgl. Kuhn Westfäl. Sagen usw. II, 150 ff.
Am abend versammelten sich die weiber bei der braut, um ihr
das käppchenaufzusetzen. Man nennt dasselbe in Deilinghofen
das ,jämerkäppken^ Hat diese benennung den sinn, der im sprich-
worte jEhstand, wehstand' liegt, oder ist ,jämer' hier gar nicht dem
hd. Jammer entsprechend. Vielleicht soll damit nur ein käppchen
von geringem werte bezeichnet werden, wie man ein dürftiges vor-
hemd ein Jämerläppken' nennt. An dieses käppchen-aufsetzen schloss
sich folgendes. Eine nachbarin, welche die altertümlichsten kleidungs-
stücke besass, lieh dieselben her und sie wurden der braut angelegt.
Darauf zogen die weiber mit ihr ins tanzzimmer, wo alles platz
machen muste. Nachdem sie hier mit ihr getanzt, führten sie die-
selbe zum bräutigam, um, wie sie sagten, zu sehen, ob er sie in
diesem aufzuge noch kenne. War das geschehen, so ward sie von
neuem in ihren hochzeitstaat gekleidet.
Zum anzuge einer süderländischen braut gehörte sonst wesentlich
eine hohe mutze, das ,stick' genannt. Um dieselbe gieng ein
rotseidenes band, welches sich auf dem Hellwege länger in ge-
brauch erhalten hat. Viele braute aus der umgegend von Iserlohn
hatten kein eigenes , stick*. Man lieh es für diese tage, wozu in der
Stadt gelegenheit war. lls scheint daher eine eigentümliche, nicht
für den gewöhnlichen gebrauch dienende brauthaube gewesen zu sein.
Aber nur die keusche braut durfte das , stick' tragen. Muste eine
schwangere braut ohne ,stick' zur kirche ziehen, so rief wol einer,
wo sie vorbei kam: ,Bärümmer heät dai breud kain stick op?' —
Darauf antwortete ein anderer: ,Sai heät et unnerm fueärdauke!'
Hemer. Vgl. Kuhn, Westf. Sagen II, 41.
Eine brautkrone, wie sie Immermann (Münchh. III, 2) be-
schreibt, kam wirklich im ersten viertel dieses Jahrhunderts in der
141
Soester Boerde vor; sie war mit sternen und bändern besetzt, mit-
unter durch echtes gold sehr kostbar. Immermann bemerkt, dass sie
stets angeliehen werden muste. Vgl. die sitte in Perugia bei Stahr,
Ein Jahr in Italien III, 377.
Während das aufsetzen des käppchens vorgenommen wurde,
gieng diebrautmutter mit dem kümpchen umher und steckte
jedem der. anwesenden einen löflfel voll in den mund. Der inhalt
dieses näpfchens war eine kaltschale von brantwein, zucker und pfeffer-
kuchen (,geärkauken'), wozu noch wol rosinen kamen. In Deiling-
hofen nennt man es ^Waisthiiafs näppken'; die kalteschale hatte an
verschiedenen orten verschiedene namen: timpenbrei, tintenbrei^) ;
in Albringwerde! wiggebri; in Werdohl: brüdtriesek^) und wol noch
anders. Man vgl. das sop (dat süpen), eine kaltschale von wein und
Waffeln, welche in England der braut gereicht ward, Shakesp. tam.
of the shrew III, 2.
In der gegend von Schwerte brachten die weiber eine k u c h e n-
pfanne herbei, damit die braut, der sie das käppchen aufgesetzt
hatten, sich darin spiegele. Dann assen sie milch und Zwieback auf
das wohl der neuvermählten.
Die meisten hochzeiten auf dem lande bei uns waren sonst so-
genannte gebehochzeiten. Nach dem N. Westf. Mag. wurde in
gegenwart des pastors gegeben. Im 18. jh. bemühten sich die general-
synoden öfter, ein verbot der grossen gebehochzeiten zu erlangen;
auch 1801 stellte die generalsynode in ihrem berichte dieselben als
nachteilig für die sitten und als ,prellerei' dar. Als in den ersten
decennien des laufenden jh. wieder vielfach über den damit verbundenen
aufwand und die daraus entspringende unsittlichkeit klage geführt
wurde, suchte man im jähre 1820 die gebehochzeiten durch eine ab-
gäbe von 5 bis lO^/o der einnähme an die armenkasse zu beschränken.
Dies erwies sich unzulänglich, und ein gesetz vom 3. Mai 1829 ver-
bot die gebehochzeiten ganz. Dabei ist zu bemerken: Jene klage über
die gebehochzeiten wurde hauptsächlich von arbeitgebern geführt, ,
welche sich dadurch von ihren arbeitern besteuert sahen. Seit jenem
verböte wird nun zwar im allgemeinen für hochzeiten weniger auf-
gewendet, dagegen aber ist der sonstige aufwand für brantwein, hier
und andere luxusgegenstände so wie für tanzvergnügen ausserordentlich
gestiegen. Ueberdies wird obiges verbot umgangen. Selbst in den
') Tintenbrei, auch tüntenbrei sind verderbt aus timpenbri = wigge-
bri; vgl. de wegge is upgegetten wente an den timpen. Dodendantz in Bruns
Beitr. p. 340. Jedenfalls war es urspr. ein brei aus keilförmigem gebäck.
*) Triösek, m. brei von buttermilch und brot. Das wort wird eigentlich
ein rSrüm (roggenbrei mit milch), engl, stirabout, bezeichnen; vgl. triasel, triasein
= trindsel, trindseln zu trind, kreis. Im Schwelmischen kam dieser brei auf
tauffesten vor. ,Das vorzüglichste Tractament ist die Brautweinkalteschale. Ein
zierliches Schüsselchen (kümpgen) wird voll Brantwein gegossen, in denselben
Pfefferkuchen und Zucker gebrockt, mit Rosinen vermischt und mit einem Löffel
versehen. Einer bringt dem andern dieses kümpgen, gleich einem Poeale, mit
Ceremonien zu.* Müller Chorogr. von Schwelm (vom j. 1798) s. 16. Man ver-
gleiche auch den Jeverschen brauch, Zeitschr. f. d. Mythol. II, 2.
142
dorfem wird von vielen brautpaaren vermittelst karte zum hochzeits-
balle in irgend eine schenkwirtschaft eingeladen, wo die gaste ver-
mutlich eben so viel und mehr geld los werden, als auf den alten
gebehochzeiten, nur mit dem unterschiede, dass früher das sattessen
vorherrschte, jetzt das satttrinken. Da überdies der pastor und ältere
gesetzte leute gar nicht oder selten auf diesen ballhochzeiten erscheinen,
80 ist das heutige treiben der Sittlichkeit gefährlicher, als das frühere.
Vgl. Schumacher Lüdensch. Chr. s. 157.
Eine hochzeit, auf welcher nicht gegeben wurde, hiess ,freizech^
(freizech).
Von den hochzeiten des vorigen Jahrhunderts wüsten alte leute
freilich auch zu erzählen, dass die grösseren selten verliefen, ohne
dass von , graseiche n'^) oder gar von m e s s e r n gebrauch gemacht
wurde. Meist war bei solchen handeln eifersucht im spiele. Gleich-
wohl war das landvolk damals durchschnittlich eben so sittlich wie
jetzt. Es herschte namentlich mehr mässigkeit und einfachheit, mehr
züchtigkeit und mildtätigkeit; lug und trug waren seltener, und
diebstahl an manchen orten fast unerhört. Dass sich die öconomischen
Verhältnisse vielfach besser gestaltet haben, hat andere Ursachen, als
die grösere Sittlichkeit.
Die geschenke, welche dem brautpaare beim Schlüsse der
hochzeit dargebracht wurden, bestanden in geld und hau^rats-
stücken. Die gaben pflegten bei der darreichung aufgezeichnet zu
werden, so dass sich das neue ehepaar darnach richten konnte, wenn
es einmal seinerseits zu geben hatte.
War ein gast am gebetisch gewesen, so forderte ihn die braut-
mutter wol noch auf, auch etwas für den ,wiegenstahlen' zu
steuern. Deilinghofen.
Wenn das geben getan war und die brautleute sich zurückge-
zogen hatten, suchten die jüngeren gaste den brauthahn aufzufinden,
der gewöhnlich sorgfältig versteckt gehalten wurde. Gelang es ihnen,
desselben habhaft zu werden, so brachte sie ihn ans krähen und zogen
mit ihm vor das bett des neuen paares, welches den hahn
mit einer bewirtung auslösen muste. Deilinghofen.
Oft war die hochzeit mit einem tage und einer nacht zu
ende, zuweilen aber dauerte sie zwei, auch drei tage.
Bevor ich nun vom zweiten hochzeittage spreche, muss ich noch
einige eigentümlichen gebrauche des ersten tages nachholen.
In der Iserlohner landgemeinde führten am abend des hochzeit-
tages ein notnachbar und eine notnachbarin die brautleute in die
brautkammer. Hier stellte sich der bräutigam vor den notnachbar,
die braut vor die notnachbarin. Der nachbar zog dem bräutigam
mutze und jacke ab und sagte: ,Ich bin der mann, der im falle deines
Sterbens die pflicht hat, dich zu entkleiden (,euträiwen'), wie ich dich
^) Lüdenscheider sprach: ,'Ne grasaike slätt beäter dueär as en säbeP.
143
jezt auskleide^). Sei in der freude deines ehren tages deiner Sterb-
lichkeit eingedenk!^ Darauf nahm die nachbarin der braut mutze und
halstuch ab und sagte : ,Ich bin die frau, der es obliegt, dich zu ent-
kleiden, wenn du stirbst, wie ich dich jezt auskleide. Gedenke in der
freude deines hochzeittages deiner Sterblichkeit.
In Dable bei Altena ging der bräutigam am morgen des hoch-
zeittages bei nachbarn und freunden umher und bot jedem, der ihm
begegnet, aus einer flasche, die er trug, einen trunk an. Gleichzeitig
ward ein mädchen umhergeschikt, um milch und Sauerkraut für das
hochzeitmahl zu erbitten. Nach der trauung fand folgender brauch
statt. Unweit Dahle ist ein gehölz, die Westhelle genannt. Dort
gab es sonst eine dicke eiche, von welcher später nur noch der
stumpf übrig war. Dahin zogen gegen mittag die hochzeitgäste mit
dem brautpaare und den musikanten. An ort und stelle angelangt,
tanzte das brautpaar dreimal um den stumpf und schnitt ein kreuz
hinein, nachher tanzte die ganze hochzeitgesellschaft um denselben.
An die brautkämpe, brautkoppeln, brautsteine (Urkunde von
Wetter a. d. Ruhr: Brütsten), Brautloh (Scheller Schichtb. 115:
Brudlä zwischen Braunschweig und Lüneburg) reiht sich ui^ere
Brautwiese zu Iserlohn. Sie liegt am fusse des Fröndenbergs
(urkundlich Vredenberg) und ist altes kirchengut. Sie wird einst in
heidnisch-toter band gewesen sein, wenn, wie ich vermute, hier ein
christliches gotteshaus an die stelle eines heidnischen weihtums trat,
dem ein steinbildwerk an der Pancratius-kirche angehört haben mag.
In der Brautwiese müssen einst die eben geweiht worden sein.
Am hochzeitabend wurden zu Dahle der sitzenden braut von
den gasten kleine geldgeschenke in den schoos geworfen. Das
sei, hiess es, für wiege und w i n d e 1 (,wickelband*). Jedem geber
reichte die braut einen löflfel voll ,tintenbre*i'.
Auf dem Hellwege in der gegend von Unna kommt folgendes vor.
Nachdem alle gaste platz am tische genommen haben, treten die
musikanten herein. Da müssen denn die jungen leute, welche sich
unter den gasten befinden, sogleich wieder aufstehen und mit den
musikanten um die tische ziehen, bis die älteren gegessen haben.
Dafür wird ihnen auch nach tische etwas vorab zu teil. Man wirft
dann nämlich nüsse und pflaumen für das junge folk in die höhe
zur ,gribbelgrabbel'. Keinem der älteren ist es gestattet, hier mit
zuzugreifen.
Sitzt die gesellschaft zusammen am tische, so wird auf einem
teller ein ausgehöhlter, mit glühenden holzkohlen und
brennenden lumpen gefülter .Stuten', neben welchem auch
wol ein püppchen liegt, hereingebracht und zum besehen von einem
zum andern gegeben, bis er zuletzt an die braut gelangt. Das heisst
,der braut die liebe bringen*.
^) Im Gil Blas X, 9 (am ende) verrichten der brotherr und die brotherrin das
auskleiden des jungen paares.
144
Ich kehre in die gegend der unteren Lenne und Volme zurück.
Dauert die hochzeit länger als einen tag, so holen die gaste am
morgen des zweiten tages (,näbäir') vom hofe des bräutigamvaters
oder der brautmutter, je nachdem der eine oder die andere näher
wohnt, einen hahn und bringen denselben der jungen irau vor das
bett. Sie muss dafür irgend eine bewirtung versprechen.
Ist die braut um das hahl geführt, was, wie bemerkt, auch wol
am zweiten hochzeittage geschieht, so streiten die weiblichen gaste
um dieselbe, und man findet ein Vorzeichen darin, je nachdem die
Jungfrauen, die frauen mittleren alters oder die alten sich ihrer be-
mächtigen. Gelingt es den Jungfrauen, ihre bisherige genossin lange
zu vertheidigen, so wird gesagt, die junge frau müsse früh wittwe
werden. Gelingt es den alten, sie fortzuführen, so heisst es, die
braut werde ein trauriges alter erleben. Das beste Vorzeichen einer
glücklichen ehe ist, wenn die braut in die gewalt der frauen von
mittlerem alter gerät.
Am ende der hocbzeittsige muss der bräutigamvater noch her-
halten. Er wird auf einen ,wann' gesetzt und an den herd getragen,
wo man ihn mit allerlei stark dampfenden und übelriechenden Stoffen
beräuchert, bis er sich durch eine gäbe löset.
In Deilinghofen band man ihn zuweilen auf eine karre und
fuhr ihn in den teich.
Die ältesten nachbarn müssen die letzten sein, welche abends
das hochzeiterhaus verlassen, nachdem sie vorher das feuer am herde
zugerecht haben.
In Meinerzhagen pflegte man schliesslich die hochzeit zu
begraben, wie man den ,fa8sel äwend^ begräbt. Die gaste zogen
mit einem grosen irdenen topfe auf den hof eines nachbars, wo aber
ein erwachsener, unverheirateter söhn oder eine mannbare tochter sein
musste, denen die hochzeit zugebracht werden konnte. Hier
ward zuerst eine grübe gegraben, und dann ein glas herumgetrunken.
Wer zuletzt getrunken hatte, warf als totengräber das leere glas in
den in der grübe stehenden topf, man verschüttete die grübe und
ging auseinander.
In Deilinghofen pflegten sich am tage nach der hochzeit die
jüngeren gaste zu versammeln und mit einer schüttegabel und einem
korbe von hof zu hof zu zdehen. An die schüttegabel wurden wurste
und speck gehängt, die man ihnen schenkte, in den korb kamen die
eier, die man ihnen verehrte. Waren sie mit ihrem ,umgang' fertig,
so begaben sie sich in eine schenke, wo das gesammelte gebraten,
gebacken und verspeiset wurde. Man trank dazu auf eigene kosten.
Nachträglich noch folgendes.
Hin und wieder wurden von der braut den verwandten des
bräutigams geschenke gemacht; ein solches nannte man ,en brüt-
stücke', wie das geschenk, welches der pate dem täufling macht,
patenstück heisst*
Wie wol allerwärts in Deutschland, wird auch bei uns gesagt
145
wenn am hochzeittage regen eintritt: die braut hat die katze nicht
gut gefuttert = sie hat sich die gunst der liebesgöttin nicht zu er-
werben gewusst.
Von mädchen, die nicht heiraten, sagt man: ,du sass de piwitte
(kibitze) haien.'
Ein bauer erzählte: ,As ik deärtid op friggers faiten gonk, konn
ik lange nitt te sträike kuamen, bit ik antleste de däirne, dä^k gU9d
lien moch, unnerm haselstruke drap. Da ha'k fättens 'et jäwärd/
Ein Sprichwort sagt: ,Wann de nüate gusd gerätt, gidt et fiol häu-
renblagen.'
Auf die Warnung: ,Bai 'ne kau käupen well, kuame oppen stall !^
erwiederte ein mädchen; , Wamme nitt herüt gäit, brenget eäm de
kraige kaine nuot.'
,Da brükes mi de müske^) nitt te fäuern!^ ist Hellwegische
abweisung eines freiers.
,Es de maged brüd, denn es de denst ixV
,Dat maut en siechten bäum sin, da op den äisten hai fällt/
,Bä well beküert sin, da maut sik bestäen/
,Wann de däirne man geld heät, dat annere maut me med 'ne
alle wägen/
,Min dochter maut sin, bä de fueärkien rappelt^ = frau eines
grossbauern.
,0p en llagen pot gehört en diokel/
jEt es kain pott so schäif, me findt en diokel derop/
,Fam allen pott kiiamt me annen niggen/
,Dä binäin statt an der däupe, kuamet nümmermär te häupe/
(Geistliche verwandschaft.)
yBrümer un brüt tehäupe, da drinket üt äinem päute/
,Süster un bräuer in äinem jär (sc. verheiratet) giot steärwen
äder ferdeärwen.'
,Ba twäierlai gläuwen ligget op äinem küssen, da liat de düwel
midden tüssen/
,En meäken op allen festen un en hiamed in allen wäsken, da
es nitt fial ane geleägen.'
,Wär di fueär keärmisjuffern !'
,De kaie, da den kalwern am mäisten näbölket, fergeätet se
am äisten/
,Wänn de beär ripe es, dann fällt se sowüäl fueär de süage as
fueär den hären/
,Wdnn uase heärgüäd en narren he w wen well, dann lätt he äime
allen kal sin wif afsteärwen/
^AUe schüren, wann für derin küemet, breänt am slimmsten/
,Beän uose heärgüäd well strafen am leiwe, deäm giat he en
kuäk ärr 'ne kamerjuflfer taum we'iwe/
,Dai 'ne haur sik niamt te ären, es en schelm äder well äinen wären/
*) Vielleicht obscön; vergl, mutse.
Kiederdeutschea Jahrbuch. HL 10
146
IL GebrSaelie bei Scbwangerschaft, Geburt, Tanfe, Sänglingen in
Südwestfalen.
A. Kinderlosigkeit. Einer frau, die keine kinder bekommt,
sagt man, sie müsse einmal ,dük^ nehmen. Weitmar. Dük für dudik
ist galium aparine, klebkraut, südwestf. auch tunrigge für tünride, tünrie.
B. Schwangerschaft
1. Bricht eine schwangere ein zweiglein vom rosmarinstrauche,
so verdorrt derselbe.
2. Das plötzliche eintreten einer schwangeren ist unheilbringend.
3. Eine schwangere hüte sich einen riss an ihrem kleide oder
hemde zuzumachen, oder unter einem wagen durchzukriechen, weil
dies eine schwere geburt zur folge haben würde.
4. Wenn eine schwangere über die schwelle tritt und den rechten
fuss vorsetzt, so ist das ein zeichen, dass sie mit einem knaben geht.
4. Wenn eine schwangere an einem sonntage erschreckt wird
(,sik fersftht'), so wird das kind geistersichtig.
C. Geburt.
1. Die hebamme (,wisem6er, hiawelsche, bämoime') holt die
kleinen brüderchen und Schwesterchen aus einem teiche, pfuhle, brunnen,
hohlen steine, hohlen bäume: aus dem Dasberde'ike, aus einem pütte
(Hemer)*); aus einem brunnen auf dem Ohle, aus den Stadtteichen
(Iserlohn) ; aus Lüttekensdeik (teich der kleinen) auf der Sümmerhaide ;
aus dem brunnen (Grafsch. Limburg) ; aus dem teiche (Hennen, Hoerde);
aus dem milchbrunnen, aus einer höhle, dem Oegerstein (Limburg);
aus dem Judenkolke, einem pfuhle den man für grundlos hielt (Husten);
aus einem hohlen bäume (Kückelhausen) ; aus dem Erusenborn beim
Goldberge (Hagen); aus einem brunnen in der stadt (Unna); aus einer
hohlen buche (Halver) ; aus einer hohlen dicken linde (Gummersbach);
— der storch holt die kinder aus einem teiche auf der Werler Voede
(Scheidingen).
2. Die kleinen kinder bringen den geschwistern etwas leckeres
mit. Hemer.
3. So lange das kind nicht getauft ist, muss nachts ein licht
bei ihm brennen, damit ihm der böse nichts anhaben könne. Deiling-
hofen, Hovestad.
4. Wenn ein kind zwei freitage ohne taufe liegt, wird es
geistersichtig.
5. Man pflegte sonst wol die nabelschnur eines knaben aufzuheben,
bis derselbe soweit herangewachsen war, dass er sie mit dem beile zer-
hauen konnte. Davon sollte er einen guten (,uäpenen^) köpf bekommen.
D. Besuch vor der Taufe.
Während das kind noch ohne taufe liegt, findet das ,krämräiren^
statt. Diesen namen fuhrt ein besuch der verwantinnen, freundinnen
und nachbarinnen bei der Wöchnerin. Man bewirtet die besuchenden
*) Auch im nordwestliche^ Westfalen holt die wisemöer die kleinen kmder
aus einem ,pütte' (anverdecktem brunnen), in welchem dieselben mit ^stutenkdlrmeln*
(zerbröckeltem weissbrod) gefüttert werden. Menz.
147
mit dem ,künipkenS welches eine mischung von brantwein, Zucker
und Pfefferkuchen enthält. Die verwantinnen und freundinnen bringen
ein geschenk von butter, stuten, zucker und kafiee. Hemer,
Deilinghofen.
E. Taufe.
1. Wer das kind zur taufe hielt, gab demselben einen rock;
heute ist dagegen gebrauch, dass die paten ein kleidchen schenken.
Schreit das kind bei der taufe nicht, so pflegt man noch jetzt zu
sagen, es fordert nicht einmal den rock vom paten. Auf fastnacht
wurde das kind vom paten mit einem heissen stuten (,häitewigge,
häitkölsche') beschenkt.
2. Wenn man eine doppelfrucht z. b. eine ,fadderprume' findet,
wird man gevatter. Der name ,fadder' oder ,cumpe'ier' wurde auch
wol andern befreundeten männern beigelegt; eben so ist es in An-
dalusien mit compadre der fall. Hemer.
3. Die taufen geschahen bei Evangelischen auf dem lande meist
im wohnhause der Wöchnerin.
4. Zum tauffeste ward eine menge paten geladen, die nach der
taufe mit kaffee, platzen, hier und brantwein bewirtet wurden ; der
kramherr war der erste aufwärter. Beim weggehen machten die
paten der Wöchnerin ein geldgeschenk.
F. Früheste Kindheit.
1 . Man soll den säugling nicht loben ; geschieht es aber, so sagt
die mutter: ,med Güäde unberaupen!'
2. Wenn ein kind gähnt, macht die mutter das zeichen des kreuzes
vor dem munde desselben.
3. Wenn kinder, die noch nicht sprechen können, sich küssen,
so lernen sie nicht sprechen. Hemer.
HL Aberglaube und Gebräuche bei Sterbefällen in Südwestfalen.
A. Vorbedeutungen.
1. Ein kreuz in der wasche bedeutet eine leiche.
2. Funken auf dem betttuche bedeuten dasselbe; vgl. 15.
3. Ein über dem wasser auf- und abgehendes licht bedeutet,
dass bald einer ertrinken werde.
4. Fällt eine henne von der ,fickel', so wird bald eine leiche im
hause sein.
5. Wenn der bahn auf der ,häurd' jammert, so stirbt ehestens
einer im hause,
6. Gehen die Glocken dumpf am f eiertage, so bedeutet das eine
leiche.
7. Wenn die heimchen (,haimen') viel lärm machen, so ist ein
jfaiger' im hause.
8. Wenn ein Schwalbennest von selbst herunterstürzt, so be-
deutet das einen feigen.
9. Wirft der maulwurf aus der Sohle (,üt dem süll') d, h. dicht
10*
14g
am hause, so wird bald eine leiche aus demselben getragen. Vgl. 6r«
Myth. 1089; Firm. V. St I, 255.
10. Findet sich eine Spitzmaus (,8pietmüs^) im hause ein, so zeigt
das einen feigen an.
11. Wenn die pferde ausgespannt werden und sich im geschirre
schütteln, so wird bald eine leiche aus dem hause kommen.
12. Grosse höhnen mit weissen flecken bedeuten eine leiche.
13. Wenn die hausschwalben ausbleiben, ist ein feiger im hause.
14. Wenn am morgen die elster bei einem hause schreit, so
wird bald jemand darin sterben. Gevelsberg.
15. Zuweilen sieht man etwas wie funken auf der bettdecke, das
nennt man ,wild fftr' und fürchtet es, weil es einen sterbefall be-
deutet. Ergste.
16. Wenn gerate von selbst stark krachen, so stirbt einer in
der familie. Geschieht dieses krachen morgens, dann kommt der
sterbefall bald; nachts, dann dauert es noch lange. Derselbe unter-
schied der tageszeiten findet auf alle Vorgeschichten anwendung.
17. Wenn ein kind die oberen zahne zuerst bekommt, so stirbt
es bald (,wässet in de ärde^).
18. Wenn ein leichnam ,swanke^ bleibt d. h. nicht steif wird,
so muss bald jemand aus demselben hause folgen.
19. Sternschnuppen bedeuten, dass in demselben augenbUcke
einer stirbt. Vgl. Gr. Myth, 685 und Pfaffenrode: 'ck geloof datter
een sterven sal, daer verschoot ginder sulken star.
20. ,Quädlechter^ an der wand zeigen an, dass bald jemand im
hause sterben werde. Quädlechter sind phosphorische streifen, die,
wie man meint, durch einen schleim gebildet werden, welchen der
tausendfuBS absondert. Auch irrlichter heissen quädlechter.
21. Lassen pferde die obren hangen und wollen nicht fressen,
so ist das ein zeichen, dass sie bald vor einen leichenwagen gespannt
werden. Wollte man dann andere vorspannen, die würden ihn nicht
von der stelle bringen.
22. Wenn der hund heulend den köpf in die höhe hält, so be-
deutet das feuer; hält er ihn niederwärts, so bedeutet es eine leiche.
23. Hänge fetthenne (sedum telephium), bei Iserlohn ,du8ner-
kreud' genannt, an der stubendeck (,am büan*) auf und lass jeden
aus dem hause ein blatt berühren. Wessen blatt zuerst abfällt, der
muss zuerst sterben. Ich fand diesen gebrauch zu Apricke bei
Deilinghofen; Linne berichtet ihn ebenso aus Gotland.
24. Wenn unter dem beläuten die uhr schlägt, folgt bald eine
hauptleiche (,hoiwedleike'), — folgt bald einer aus demselben hause.
25. Wird der leichnam weggetragen, und der pastor, der ihm
das geleit gibt, sieht sich noch einmal nach dem sterbehause um, so
folgt bald wieder einer aus demselben hause.
26. Wenn man vom kirchhofe kommt und zuerst eine manns-
person erblickt, so wird die erste leiche , die man wieder zu be-
gleiten hat, eine mannsperson sein.
149
27. Man sagt, das kind trägt sein särglein auf der nase, wenn
es eine blaue ader an der nase hat.
28. Wenn ein prediger bald sterben soll, so sehen geistersichtige
seinen nachfolger hinter ihm auf der kanzel.
B, Sterben.
Liegt einer im sterben, so müssen die umstehenden sich hüten,
tränen auf sein kopfkissen fallen zu lassen, denn das würde sein
verscheiden aufhalten und schwer machen.
C. Gebräuche nach eingetretenem Tode.
1. Eine todesbotschaft darf kein lebender über mitternacht bei
sich behalten, sonst muss er selbst bald folgen. Andere sagen, sie
müsse wenigstens vor der beerdigung fortgeschafft werden. Beim an-
sagen ruft man den hausherrn heraus und sagt es ihm allein, damit
es niemand sonst höre, auch die haustiere nicht. Hemer.
2. Bä de däuenbuäskop blitt hallen, da maut am äisten wier bai
ferkällen. Ispey.
3. Wann di werd 'ne däuenbuäskop bracht, et si bi dage ader
bi nacht, so stä op ter stund un däu se dinem näher kund, büste
äwer dertau nitt im stanne, ader es et te wid fom lanne, dann mauste
se Seggen noch fuer middernacht dem äisten besten bäume, stäine
ader water. Ispey. Vgl. Stahl Westf. Sagen s. 125.
4. ,Die meisten in der gemeinde Wiblingwerde üblichen ge-
brauche sind dieselben, die sich auch in andern landgemeinden der
grafschaft Mark finden. Merkwürdig ist hier das totenansagen.
Ist nämlich jemand gestorben, so wird dies zuerst dem schuUehrer
angezeigt. Dieser bringt darauf die sogenannte totenbotschaft in das
erste haus der Ober- und der Nieder-Bauer. Die bewohner dieser
häuser bringen die botschaft sogleich ihren nächsten nachbarn und
diese dann wieder ihren nachbarn, und dieses geht so weiter, bis die
botschaft durch die ganze gemeinde gekommen ist. Der letzte, der
diese botschaft erhält, darf dieselbe nicht im hause behalten, sondern
bringt sie einem bäume; unterlässt er dies aber; so hat er gewiss
bald eine leiche im hause. Ebenso darf keiner, der die totenbotschaft
des abends erhält, dieselbe des nachts im hause behalten, sondern er
bringt sie des abends einem bäume und sendet sie des andern tages
weiter.' Altenaer WBl. 1835 s. 137.
5. ,8tirbt jemand in einer bauerschaft, so geht in derselben so-
gleich das leichengebot herum d. h. jeder nachbar meldet seinem
nächsten nachbar (notnachbar) den todesfall. Hat das leichengebot
den Zirkel durchlaufen, dann steht es in dem lezten hause, dem es
zugebracht war, stille. Man hegte einst den aberglauben, dass in diesem
der nächste sterbefall eintreten würde, wenn man es nicht weiter
trüge. Weil fihcr kein nachbar es annahm, so brachte die einfalt
dem nächsten hohlen bäume die botschaft. Wenn dieser dann
in der folge aus natürlichen Ursachen vertrocknete, so ward das als
Wirkung des ihm zugetragenen leichengebots angesehen/ Mag. f.
Westph. 1798 s. 496.
150
6. Die todesbotschaft muss haustieren, pflanzen und sogar leb-
losen gegenständen gebracht werden. Man weckt die bienen,
hühner, pferde und kühe. So klopft man an die bienenstöcke
und sagt: ,Eimen waket op, inke här es däut/ Bollwerk. Ist es
tag, so öffnet man die ^nei'endifeär', damit die hühner munter werden,
lässt pferde und kühe aufstehen. Hovestad. Wenn der hausherr
stirbt, wird alles geweckt, namentlich die bienen mit den worten:
,Ime, din här es doud, du sass hewwen naine noud !' Valbert. Von
pflanzen muss der r o s m a r i n angeklopft werden, sonst stirbt er ab.
Kamen. Auch den kornhaufen im felde bringt man die botschaft
Menden.
7. Man stellt die hausuhr still, bis der tote beerdigt ist.
Mesterscheidt*).
8. Der notnachbar und die notnachbarin haben die Obliegenheit
die leiche auszukleiden (üträiven) und auf stroh (räiwesträu) zu legen.
Bäiwe, reve hängt mit got. h r a i v , leichnam, zusammen.
9. In der gegend von Schwelm verbrennt man das revestroh
nach der einsargung auf dem notwege, weil sonst der todte wieder-
kommen könnte.
10. Sonst war es im Lüdenscheidschen sitte, eine leichenwache
zu halten. Bei dem leichnam musten zwei lichter brennen. Ebenso
zu Scheidingen bei Werl. Junge leute wachten bei den leichen junger
leute, verheiratete männer oder frauen bei den leichen verheirateter.
Des dabei geschehenen unfugs wegen wurden die totenwachen verboten.
Der gebrauch, lichter bei der leiche brennen zu lassen, blieb. Die
lichter müssen tag und nacht brennen. Hovestad.
11. Soll der leichnam zu grabe getragen werden, so wird er erst
unter die luke (,balkenlüäk') auf die dehle gestellt. Hovestad, Menden.
Vgl. den gebrauch bei hochzeiten und eidleistungen.
12. Beim anfertigen eines sarges müssen die in denselben fallenden
späne liegen bleiben.
13. Die nadeln, die zum nähen des totenhemdes gebraucht werden,
müssen in den sarg.
14. Die ausgebrochenen zahne soll man aufbewahren, damit sie
in den sarg kommen.
15. Kamm und rasirmesser des verstorbenen gehören in den sarg.
Deilinghofen. Der gebrauch ist sehr alt. Als das grab des h. Cudbert
(st. im 7. jh.) geöffnet wurde, fand sich darin eine scheere und ein
elfenbeiner kämm.
16. Frauen pflegen ihr brauthemde zum totenherade zurück zu legen.
17. Die leichen müssen auf dem notwege zu grabe gefahren werden.
18. Zu Friedrichshöhe bei Unna muss der notnachbar unentgeldlich
das grab machen oder durch einen andern machen lassen.^ Ein anderer
notnachbar muss läuten helfen. Der notweg heisst dort ,däuenweägh,'
der nicht mit dem ,hialweägh' (einen solchen gibt es von da nach
*) Auch in Ostfriesland. — Die Spiegel im todtenzimmer werden mit einem
tuche verhangen, Menz.
151
Frömern) zu verwechseln ist. Der leichenfuhrmann muss nicht allein
ganz langsam fahren, sondern darf auch keine peitsche führen. Er
trägt statt deren eine rute. Die träger haben hier, wie anderwärts
bei uns, buchsbaumbüschel im knopfloch und bei einer unverheirateten
leiche ein weisses tuch. Auch in Deilinghofen darf der totenfuhrmann
keine peitsche führen.
19. Die träger einer leiche sind mit buchsbaum oder tannen-
zweiglein geschmückt. Wird ein unverheiratetes mädchen beerdigt,
so tragen sie ein weisses tuch im knopfloch. Hemer. Buchs und
tannenzweig sind oft noch mit goldschaum oder mit einer blauen
bandschleife verziert. Bei kinderleichen steckt man die buchs- oder
tannenzweiglein nachher auf den grabhügel. Deilinghofen.
20. Beim wegtragen oder wegfahren ist das fussende des sarges
vorn, das köpfende hinten. So wird es vermuthlich in der ganzen
Christenheit brauch sein. Ich lese in einer spanischen legende (Golecc.
XVI, 61) : cuando le Uegö su hora y salio de su casa con los pies
por delante.
21. Die träger werfen die nadeln, mit denen das leichentuch
festgesteckt ist, ins Grab. Gegend von Schwelm. Auch das mass,
womit die länge des grabes gemessen wurde, wird hineingeworfen.
Deilinghofen«
22. Auf kindergräber werden drei kleine kreuze, auf gräber von
erwachsenen ein grosses gestellt. Siedlinghausen.
23. An das legen eines steinchens auf den mund des
toten erinnert ein Wiegenlied aus Affeln:
Seusai, ninneken, ik waige disk, da kämen drai engelkes un draigen
didk bit op den Bälwesken keärkhuäf, da dän se doi int koilken,
en stäinken oppet moilken, en kränseken ümme dat köppken,
da liggh du arme dröppken.
24. Als Schwelmer leichengebräuche werden in Holthaus Ma--
terialien angegeben (anfang 19. jh.):
a. Zum zeichen, dass eine leiche im hause, wurden die fensterladen
beinahe geschlossen*).
b. Der verheiratete trug den flor rechts, der unverheiratete links.
c. Es wurden trauerbesuche gemacht.
d. Die träger (und der geistliche, wenn dieser vor der leiche gieng)
erhielten weisse handschuhe und citronen.
e. Es wurde ein leichenmahl, das ,rüeatenS traueressen, gehalten.
Der aufwand dabei war sehr bedeutend. Auch im Bergischen
gilt der aus druck ,röüaten^
ISERLOHN. F. Woeste.
'*') Ist auch in Ostfriesland sitte. Meaz.
152
Der Flachs.
(Aus den^Kreisen Geldern und Kempen,)
Das ,Vlasl|nk', wenn es klein ist ,Vlasbleek' genannt, wird im
Herbste umgepflügt (ömgebout) und mit Strohdünger befahren, der
im Winter ausregnen (utreängere) und ausfrieren (ütfreese) soll.
(Sprichw.: ,Brav Schnie mäckt e göd Vlasjoar.') Im Frühjahr geht
man daran, das Land zu ,regele*, d. h. das trockne ,Pallstrüe' zu-
sammenzuharken, abzufahren und den Acker tüchtig ,te eägen on te
wälle'. ,Tängen (gegen) den hongerdsten Dag van et Joar kömmt
de Leeset (Leinsame) en de Eärd. Hä mot so dek geset sin, dat
onger den Dumm (Daumen), da 'm op et Lank set, 5 Soatkoare te
legge komme. Hä get de negenden (neunten) Dag op on stet hongerd
Dag en.de Eärd.' Ist der Flachs ungefähr eine Hand hoch, dann
wird er ,gekrutt'. Das Unkraut heist ,Dreck'. Der Flachs wächst
empor, wird zur ,Hiert* (Flachsstengel), ,kömmt en de Blom, on dat
öm de nämeliken Tit, as 'e en et Lfnk kommen ess on Schmitt Bolle'
(wirft Kapseln). Der Leinsamen muss Morgens gesät werden, sonst
blüht er sich todt. Beginnen diese braun zu werden, so theilt
man das Flachsfeld in ,Sester' (30 alte kölnische Ruthen), und der
Flachs wird ,geplöckt'. Dieses Ausrupfen besorgen die ,Plöcker8chen',
von denen jede in einem Tage mit ihrem ,Sester' fertig zu werden
hat. Etwa 12 ,Hampele' (Handvoll) werden mit einem Strohseile zu
einem ,Weisch' zusammengebunden. Der letzte ist der ,Plöckweisch'.
Er ist grösser als die übrigen und birgt in sich ein Päckchen Taback
oder ein Fläschchen Schnaps für den ,Reäper'. Die ,Plöckerschen'
werden gegen Ende ihrer Arbeit vom Bauer mit einem Schuäpschen
traktirt und kehren dann in der lustigsten Stimmung uiid Lieder sin-
gend, wie die Trinklieder: ,Den doUen Hot etc. (vgl. Volksthümliches
I, 11) und besonders ,Lot os noch ens drenke etc.' (vgl. Heimath
1876, S. 168), oder von ,Schöndili' (vgl. Volksthümliches II, 3) u. dgl.
nach Hause zurück, wo es ,Wettm6s' (ein dicker Milchbrei), auch
,Reäppapp' genannt, gibt. Am folgenden Tage ist ,Reäperei', ein
harter Tag, sowohl was Arbeit als auch Essen (Speckkook möt Reäp-
papp) und Trinken (Schnaps) angeht. (Redensart: ,De Reäper es ene
Vreäter'.) Das ,Reäpe' beginnt in der Regel früh Morgens. Die
,Reäp' steht in der Mitte auf der im Felde angelegten, fest gestampften
,Bahn', rings herum liegen de ,Weisch'.. Die ,Reäper', ein Strohseil
um den Leib, treten heran; je zwei nehmen ein ,Blät* der ,Reäp' ein,
der eine an dieser, der andere ihm gegenüber an der andern Seite.
Jeder ,Reäper' hat einen ,Weischlänger', der ihm auf den Ruf: ,Vlas
op!' einen neuen ,Weisch' auf die hinter den Arbeitern sich hinzie-
hende Bank legt, und eine ,Bengersche*, welche den von den Kapseln
befreiten Flachs in ,Buete' bindet. Wer an der ,Bahn* vorbeikommt,
15S
wird ,ütgelat^ (ansgeschrien), d» li. es wird ihm alles Tadelnswertüe
aus seinem Leben und Treiben vorgehalten, und dabei schont m^n
weder Pfarrer noch Polizeidiener, weder Jud noch Christ. Neigt sich
die jReäperei' ihrem Ende, dann wird das ,ßeäpleed' : ,Do sali en
jonge Mad fröj opatoan etc.' (vgl. Volksthümliches I, 7), ein Wechsel-
gesang zwischen den Reffem und Binderinnen, angestimmt. Manch-
mal erhält ein unerfahrener Junge den Auftrag, eine Schürze voll
,Bollen' der Frau des Hauses für die ,Reäppapp' zu bringen, oder
die ,Veägreäp' (veäge = fegen), die aber gar nicht existirt, bei irgend
einem Bauer zu leihen. Der Bauer lässt den Gefoppten entweder an
der Treppe warten und giesst ihm von oben herab einen Eimer Wasser
über den Kopf oder verweist ihn an seinen Nachbar. Und so wandert
der arme Junge oft von Nachbar zu Nachbar, bis ihn endlich das
Sturzbad erreicht. (Vgl. Heimath 1877 S. 116.) Die ,Bolle' werden
zunächst mit der Harke vom ,Baut' (rauhes Unkraut und Abfall),
darauf mit der ,Bolleschuep' (Wurfschaufel) vollständig gereinigt und
bleiben so bei günstigem Wetter auf der ,Bahn' zum Trocknen liegen.
Die ,Buete* kommen in die ,Ruet' oder ,RottskullS werden unter
Wasser gebracht und mit ,Reisch* (Rasen) gedeckt. Nach dem Abend-
essen wird in der Gegend von Kempen ,der Wolf gespielt'. Ein Ver-
mummter sucht die ,WeischIänger', welche fortwährend ihr: ,Wolf,
Wolf, griesem Bart etc.* rufen, zu erhaschen. Dort nehmen auch die
Kinder den ,Reäpweck' (ein kleines Weissbrot) mit nach Hause, wäh-
rend sie in meinem Dorfe eine ,Weischlängerschbotteram' erhalten.
(Vgl. Heimath, 1877 S. 116.) Sind die ,Bollhüser' (die an den Sten-
geln haften gebliebenen Stücke der Samenkapseln) faul geworden, oder
wirft die ,Ruet' Blasen, dann ist der Flachs ,rip*, um hervorgezogen,
auf die Heide gefahren und dort ,gespreit' zu werden. Nach etwa
8 Tagen wird er mit der ,Vlasro' gewängt' (Flachsruthe gewendet).
Ist die ,Hiert sprock' (spröde), so heisst es: der Flachs ist ,flök'
(flügge). Er wird ,gerappt'. Jede ,HampelS mit einigen Flachsstengeln
umbunden, wird wieder ,Buet' genannt. Die ,Buete' werden zu ,Bräk-
weisch' zusammengetragen. Diese bewahrt man zu Hause an einem
trocknen Orte auf bis zum Winter, wo der Flachs ,geschwonge* wird.
I^Gm ,Sohwingen' geht aber voraus das Trocknen in dem geheizten
Backofen und das ,Bräken' (Brechen). Die ,Bräk' besteht aus einem
jßeckel' mit 2 ,Metzer' und einem ,Fatte' (Handhabe), einer ,Bräk'
im engern Sinne mit 3 ,Metzer' und ruht auf 4 ,Stempele' oder ,Been'^).
^) Früher kam das ,B6ke* zur Anwendung. (S. Heimatli 1876, S.. 188.)
^16 ,Bök* war ein grosser hölzerner Hammer, unten flach und mit seichten Rinnen
versehen. Mit diesem Geräthe wurde der Flachs vor dem sogenannten Kaltschwingen
(d. i. nur an der Sonne getrocknet) geklopft. Das ,B6ke^ war eine schwere Ar-
beit. Daher ein niederrheinischer Volkswitz:
Vater: Op, Jan, höke!
Jan (gedehnt): Hoa, Vär, — höke?
Vater: Op, Jan, de Papp es gär!
Jan (rasch und freudig): Ja, Vär, ech hab |11 en Hoas (Strumpf) an.
154
Beim Brechen fallen die ,Aage' ab. Pas ,Scliw6nge^ geschieht im
,SchwenghÜ8ke^ oder v^Schwenges^ Die ,Schwenger8che^ steht am
,Stapel'. Sie hat eine ,Schwäng^ und eine ,Krätz^ Zunächst schlägt
sie mit der ,Schweng^ die ,Schwengäge^ ab, dann werden die ,Strepp'
ausgekratzt. Nachdem endlich noch das ,Schwengwärk^ ebenfalls aus-
gekratzt ist, bleibt an gereinigtem Flachs das ,Spleet^ übrig. Die
,Spleet' werden zu einem ,Steen' zusammengebunden, der 5 Pfund
wiegen muss. Vor dem Spinnen zieht man jedes ,Spleet^ einzeln durch
die ,HeäkeP und dreht den Flachs zu ,Pobben^ das ,Heäkelwärk' zu
jPlöck'. (Vgl. Eorrespondenzbl. II, 35.)
Das Lied, welches die Binderinnen bei ihrer Rückkehr vom
Flachspflücken singen, lautet:
Lot OS noch ens drenke,
Leev, lecker Jännike!
Lot OS noch ens drenke,
Leev, söte Mäid!
Brandewin möt Zocker,
Leev, lecker Jännike!
Brandewin möt Zocker,
Leev, söte Mäid!
Wä sali et d§nn betäle,
Leev, lecker Jännike?
V7ä sali et dann betäle,
Leev, söte Mäid?
Den erschtem Bur, dem beste,
Leev, lecker Jännike!
Den erschtem Bür, dem beste,
Leev, söte Mäid!
Das ,Beäpled, besteht aus zweizeiligen^ Strophen. Es ist ein
Wechselgesang zwischen Beffern und Binderinnen.
1) iJ. Do sali en jonge Mäd fröj^) opstoan,
B. Se sali no de Grönewald benge^) goan.
2) B. As se no de Grönewald benge quoiim^),
JB. Du fonk*) se ene verwende^) Man stoan^),
3) iJ. „Wat stes-de') hej®), on do bös verwond?"
Ä „„Ech bön-der an mine LandsvendeP) verwond.""
4) 22. „Bös d<5u an dine Landsvendel verwond:^'
B. „Ech verbeug*^) dech,Herzlefken, dann wör8ch-de")ge8ond."—
*) früh. — •) binden. — ») kam. — *) fand. — *) verwundet. — •) stelm.
— '^ stehst du. — •) hier. — ») Landesfahne. — ") verbinde. — ") wirst du.
155
5) R, „Herzleev, gev mech ene Schnor van Si'^^),"
B. „Dat ech mine GördeP^) em Betsche^^) mech wi'^*).'*
6) B. „HerzJeev, gev mech ene strüen Hot^^),"
B. „Den es-ter wal vor de Reänger") got,"
7) iJ. „Wal vor de Reänger, wal vor de Wenk^®)"
B. On di-der net ensengt^^), di drät*^) e Kenk.
8) R. Do sali e Perdschen den Dolle schloan*^),
B. Et sali den hu®gem Berg opgoan.
9) R. Wi höger Berg, wi deper Dal.
B. On ech wet wal, dat ech sterve sali.
10) R. On wenn ech sterv, dgnn bön ech duH,
JB. Dann begräve se mech onger Rüesen ruet^^),
11) R. Dgnn begräve se mech vor de Kerk®ndör^^),
B. Dann kömmt min Herzlefken alle Sonndägs dervör.
12) R, D|nn po®te^*) se mech en Ruös op et Gräv,
B. Dann kömmt min Herzlefken on plöckt se daräv.
13) R, On steckt se op sine Sonndägshöt,
B. Darop drät hä wal hu^ge Mot.
Anmerkung. Die Fassung in „Volksthüml. v. Niederrhein" S. 7 ist nicht
frei von mancherlei Zuthaten und anderweitigen Bruchstücken. Gereinigt, aber in
vierzeiligen Strophen und etwas abweichend von obigem Texte, findet sich das
Lied auch in Norrenberg, Chronik der Stadt Dülken, S. 197«
Zum Schluss seien zwei auf den Flachs bezügliche und daheim
im Kreise Geldern allgemein bekannte Räthsel angeführt (S. Volks-
thüml. V. Niederrhein I, S. 16 und 17):
Der Flachs.
Wenn ech bön jonk on sehnen,
Drag ech en blauw Kru®n.
Wenn ech bön |t on stiv,
Schlant se mech op dat Liv.
Wenn ech bön genog geschläge,
Weäjd ech van Riken on Aerme gedrage.
Flachs, Biene, Rebe.
De beste Blom plöckt 'm net,
Dem beste Vogel schütt 'm net,
Et beste Hot hauwt 'm net.
KÖLN. J. Spee.
") eine Schnur von Seide. — ") Gürtel. — ") ein Bisschen. — ") weite.
- *«) Hut. — ") Regen. — >8) Wind. — ") singt. ~ a«) trägt. — ") d. i. toll
rennen. — »«) Rosen roth. — «») Kirchenthur. -- ") pflanzen.
156
Flachsbereitung im Göttingenschen.
Die Ausdrücke der Flachsbereitung (Korrespond.-Bl, I, S. 20)
habe ich für Northeim (Göttingen) 1856 aufgeschrieben; sie stehen
fast alle, natürlich zerstreut, bei Schambach. Ich stelle sie hier nach
der Reihenfolge der Arbeiten zusammen und erwähne Schamb. nur,
wo ich abweiche. Die Pflanze heisst im Vegetationszustande Lin, m.,
in Bezug auf die Verarbeitung ,Flass', m. und n., verarbeitet zum Gewebe
,Linnen', n., auch adj. Daher Linsät, meist n., doch auch f., Lin
seien (sejen Seh.), de Lin geit up, wösst, steit gaud, werd krüet (ge-
krautet, gejätet; weden wird im Götting. nicht gebraucht), bläumet:
selten hörte man in diesen Verbindungen Flass, obwohl das Leinkraut,
Linaria vulgaris, ,wille Flass' heisst. Mit der Reifezeit tritt der Name
,Flass' ein, selten sagt man ,de Lin is rip', denn die Reife bezieht
sich für unsern Flachsbau auf die Faser, nicht auf den Samen. Da-
her ,de Flass is rip'. Die Faser hängt in Länge und Feinheit auch
von der Aussaat ab; daher: frei Flass, middel Flass, late Flass, nicht
Lin. ,Flass roppen' oder , trecken' (aufziehn); ,Flassknuppen' (nicht
bei Seh.) sind die Samenkapseln, ,Flasswörteln' die unter Spätflachs
zum Kochen im Herbst gesäeten Möhren (Karotten), welche dann nach
der Flachsernte gedeihen. Dann folgt das ,R§pen', sw. v., en Tott
Flass d. h., was beide Hände fassen können, wird durch die ,Repe',
f., gerissen, letztere ist eine Raufe, radartig oder ein altes Rad, platt-
gelegt, auf dessen Rand eiserne Kämme stehen, durch welche der
Flachs so gezogen wird, dass die Knuppen abgerissen werden. Die in
der Repe mit haftenden Flachsreste, ,Repelbusch, Repeltopp',
m., werden dann noch weiter verarbeitet: dass auch die Repe so
heissen könne (Seh.), bezweifle ich. Die Knuppen werden dann ,drögt*
und darauf ,edöschen', endlich ,de Lin ekläperV, d. h. auf einer
Maschine: Klaepere, f., oder Linklaepere, f., gereinigt. Schambach
schreibt Kieperen und meint das geschehe mit den Knuppen! Aber
vom Repen an heisst der Samen wieder Lin : Lin deschen, Lin klae-
peren, Linsät, Linölig, m., Linölkauken (Lein- Ölkuchen). Bei Leib-
nitz Collect. Etym. I, S. 30 heisst dies Repen: Reppeln. Grimm RA.
580 hat nach Br. Wb. 8, 482 ,Reppe mit Tennen', die Zähne sind
der eiserne Kamm. Der gerepte Flachs wird in ,Baten' oder ,Boten'
zusammengebunden, ,Baten', m., habe ich gehört, Schamb. schreibt
.Bäte', m. Alle in üblicher Grösse zusammengebundenen Flachsbündel
bis zur völligen Fertigstellung heissen ,Baten' oder ,Boten'. Der
Flachs wurde stets im Wasser (de Rote, f.) gerottet : ,de Flass kümmt'
oder ,is in de röte, werd erotet' ; sehr einzeln hörte man d statt t.
Ist die Rotte beendet, &o wird er ,tom drögen utbreiet', wenn ziemlich
trocken ,in stuken estukt^ oder ,upstükt^ in aufrechte Haufen gestaucht,
m
endlich in Baten gebunden und eingefahren. Zur weiteren Bearbeitung
wird er später im heissen Sonnenschein wieder ,upstüktS dann folgt
das ,boken', sw. v., meist im Freien, nach Dreschertakt. ,Eb6kt'
wird mit der ,B6keS f., (fehlt bei Seh.) die ich seltener T reite, nie
Träte (Seh.) habe nennen hören. Es ist ein schweres, fast quadra-
tisches, tief in der Sohle eingekerbtes Buchenbrett mit einem aus der
Mitte des Rückens gekrümmt aufsteigenden Stiele, Stel, m. Auf der
,Bokemöle^ (BokemüUer), welche eigentlich nur zum Lohestampfen
diente, wurde damals meines Wissens Flachs nie oder selten gebokt.
Von dem Flachsschlagen heisst dann abgeleitet böken, afboken: ab-
prügeln, nicht bei Seh., denn das dort vorkommende ,afbökern^ kommt
vom ,böddeker' her. Grimm RA.. 580 begleitet das zur Frauengerade
gehörende ,alle dat fias dat geboket is' mit einem fragenden : gebaucht,
geröstet? Noch im DW. 2. sp. 205 v. bocken. 6. wird gefragt: ,was
bedeutet es (bocken) in folgender Stelle?' nämlich bei Moser P. Ph^
1, 115, wo das ck in bekannter Weise (Beck, Beckmann, v. d. Decken,
Bockholt) dehnt. Bei Vogt Mon. ined. I, S. 496 (aus Wildeshausen)
heisst es,gebahcket Flachs', und Rühling (Beschr. der St Nort-
heim S. 294) sagt: so wird er auf gestuckt (lang u), abgetrockent und
darauf in der Scheure gleich abgebockt (lang o)'. Was vom ge-
brochenen Stengel dabei abfällt, heisst Schewe; dabei zerschlagener
Flachs, doch auch wohl die Schewe mit, hiess Brsekelse, n. ;
Schambach 183 scheint Brekelse als f. anzunehmen. Der wieder in
Baten gebundene Flachs wird später auf der hölzernen ,BräkeS f.,
wobei die Arbeiterin auf einem Schemel sitzt, ,ebräkt', indem die linke
Hand den ,Flasstott' einlegt, die rechte aber mit dem Schlagarm der
Brake arbeitet. Die bei Seh. vorkommenden Formen Breke und
breken kenne ich nicht. Der Abfall ist wieder Schewe, gröbere
,Brakel-* oder ,Brakerschewe', auch mit der ,Bokeschewe' zusammen
,growe Schewe' genannt. Die fertig gebrakte Handvoll Flachs ist die
ißisteS f., solcher 84 (3x7x2X2) bilden einen Baten, den,Brake-
baten'. Die bei Seh. v. riste angeführte 20-Theilung kenne ich
nicht, ebensowenig ,worp'. Es folgt das ,swingenS st. v. : je 2
Kisten werden ,eswungen', d. h. mit einem flachen, kurzgestielten,
dünnen, glatten Brett (Swinge,f., Swingel, f., Swingebred, n.),
während die Linke den Flachs schwebend hält, von oben nach unten
mit der Rechten geschlagen. Das starke Verb ist swingen; der
Abfall ist die feine, stechende Swingelschewe, die man wohl in
Rattenlöcher stopfte, weil die Thiere das Stechen in die Nase ver-
mieden. Die Riste = 2 Brakeristen wird dann, wenn nicht gleich
gehechelt wird, mit den Zopfenden zusammengelegt und diese Enden
eingedreht. Die 84 Risten des Brakebaten sind also zu 42 Risten
geworden, die nun zusammengebunden den ,Swingebaten' oder
jSwingelbaten^ bildeten; schon in diesem Zustande nannte man
wohl 14 Risten eine ,Kue' f., oder Kühe. ,KaueS Schamb. 115,
hörte ich nicht von Plattdeutschen, aber ich entsinne mich, daas die
Eichsfelder es brauchten, wie die Hessen ,Kaute^ sagten. Das Ter*
158
wirren der Flachsfasern durch Kinder hiess ,vertftren', sw. v. —
Dann kommt ,de HeckeP, Seh. 78: Hekel, an die Reihe; 2 Risten
des Swingelbaten werden mit beiden Händen gefasst und durch die
engstehenden Kämme hindurch gerissen, um die langen, schlichten
Fäden, welche die Hände festhalten, von den rauhen, gröbern oder
abgerissenen Enden, welche in der Hechel sitzen bleiben, zu trennen:
dieses ist die Hede: ,Haege*, Hee, f. (Seh. 77 Hege). Zum Unter-
schied Ton der beim zweiten Hecheln gewonnenen heisst sie growe
Haege, Groffhaege (hee). Beim Hecheln wird der Flachs zuerst
am Wurzelende gefasst (Faut-enne, n.) ; die vom Zopfende (Hack-enne
n.) gewonnene Hede wird bei grösseren Massen, nicht im Kleingebrauch,
gesondert gehalten und heisst dann ,H a c k h a e g e^ während die vom
Faut-enne gewonnene gröbste kurzweg Groffhaege hiess. Jene
erstere, in den Haushalten auch beide, wird zum Spinnen weiter ver-
arbeitet, wie der Flachs selbst, aus ihr wird ,dick-' oder ,groff-
haegen Gären^ oder ,SchaustergärenS n., gesponnen. Die
hechelnden und die mit Hede hausirenden Weiber standen im Credit
eines grossen Vorrathes von Schimpfworten, daher ,schellen (schimpen,
schimperen, schenderen) ase de Heckelwiwere^ oder ,ase de
Haegendraegerschen', beide nicht bei Seh. ; dörheckeln', nicht
bei Seh., wie hochdeutsch: durchhecheln. Nach dem Hecheln sind
aus den 42 Risten nun 21 (7 auf die Kue) geworden; nach meiner
Erinnerung ist dieses der ,Ribbebäten' oder ,Kafebäten';
Schamb. lässt ihn erst nach dem Ribben so nennen. Der Flachs wird
nun noch einmal gebrakt, aber die Brake hat Längsrippen, nicht von
Holz, sondern von Eisen, daher : ,Isern Brake' (nicht bei Seh.)
oder ,Ribbe', f., oder ,Kafe'. Die Leute, welche das Instrument
Ribbe nannten, sagten nicht Kafe und umgekehrt, ich weiss aber nicht
mehr die specielle Heimat derselben. In Northeim selbst wurde
,Ribbe gebraucht. Dasselbe gilt von der Bezeichnung dieses zweiten
Brakens: ribben und kafen, beides sw. v. Der geribbete Flachs
wurde wieder geschwungen und gehechelt; letzteres sondert die feinste
Hede ,K 1 e i n b ä g e*, ,K 1 e i n h e e' (nicht ,Lütchh.') ab, welche zum
Weben versponnen wird; den von Schambach 102 angezeigten Unter-
schied kenne ich nicht. Die nun völlig fertigen 21 Risten werden
je 7 zusammen zu der eigentlichen Kue gedreht oder am Zopfende
verflochten, ,de Flass werd in ne Kue (in Kuen) otogen (teihen, st. v.) ;
diese Kuen wieder in Bäten zusammengebunden. Seh. nennt diese
letzteren erst ,KafebatenS sein Wort ,Rübate^ S. 175 kenne ich
nicht, auch scheint mir der Name Rauhbund für den fertig geschlich-
teten, verkauf- oder spinnfertigen Flachs wenig zu passen. Der zum
Handel kommende Flachs wurde nach ,S t e i n^ (nicht : Steen) von 20
Pfund verkauft und geradezu ,SteinflassS d. h. aus dem Handel
gekaufter Flachs, genannt; beide Ausdrücke nicht bei Seh. Mit dem
Aufwinden des ,Flasses up'n wecken^ (S. Korrespond.-Bl. II, 29)
schwindet sein Name, und die Bezeichnung ,L innen' adj., tritt ein,
nur im Gegensatz gegen ,Hae gen gären', n., wird noch ,Flass-
159
garen' oder ,flessen Garen' gesagt. Die sprichwörtlichen Redens-
arten vom ,Upsetten up^n wocken' hat Seh. 271: ,dat Flass mot up'n
Wecken Bitten up der lüer (d. h. locker), de Hee awer as ne mücr'
(strafi aufgedreht), und ,Dat Flass ut der slüeren (aus der Schleuder ;
sc. zu spinnen), de hee ut der müeren.' Lauft das Flachs rasch vom
Wocken durch die drehende Hand auf die ,S p a u 1 e', so heisst es :
et löpt (oder geit) to Farne; Fam, Fäem, m., der Faden; daher
der bei Seh. v. Fam genannte übertragene Ausdruck: ,to Farne gan,
rasch von der Hand gehen.' Wenn die ,Spaulen' ,afehaspelt' (wie
Haspel, m., nicht bei Seh.) werden, liefert eine Haspelumdrehung, d. h.
der Haspelumfang einen ,Fäm' = ,8e8s FautS mit dem Ende des
90. Fadens ,fällt de klöpper' (nicht bei Seh.) oder ,Hämer däP, den
,de plock an'n lütchen Kammrad' (nicht bei Seh.) langsam hob, und
die 90 ,Fäme (ä zwischen ä und ö) werd bunnen' und bilden ein
,6ind Gären', n., pl. de Binne. Ohne den Faden abzureissen,
aber wenn eine ,Spaule afehaspelt is', ihn mit dem einer neuen
möglichst ohne Knoten fest zusammendrehend haspelt man so 10
Binne ab, diese bilden die übliche Garn-Einheit, den ,L o p p', m.,
pl. Löppe. Je feiner das Garn gesponnen wird, desto mehr Löppe
aus dem Pfund. Das Garn ist daher: ^tweilöppsch Garen':
das allergröbste, 2 Löppe aus dem Pfund, ,veerlöpp8ch': das
üblichste, ,sess] öppsch, achtlöppsch': das feinste; als ein
Wunder habe ich einmal in meiner Jugend ,negenlöppsch' nennen
hören. Diese 4 Wörter sind nicht bei Seh. Dagegen habe ich sein
,Träne', f. = Lopp, nie gehört um Tweeren, m., Zwirn, zu
machen, wird das Garn ,etweeret'; tweeren sw. v.; zum Weben
,e 8 p a u 1 e f. Der Weber zieht zunächst den Aufzug auf, ,S c h e r i g e',
f., nie ,Uptog' oder ,Kede', der Einschlag heisst ,Inslag', m.; bei
gemischten Geweben wird ,linnen Scherige', ,1 innen InslagS sehr
selten ,flessen' im Gegensatz gegen ,haegen, heen' oder ,b6mwullen'
gesagt. Daher auch das von Seh. gebrachte sprichwörtliche ,Linnen
Scherige, haegen Inslag', aber nicht nur für ,bona mixta malis' S. 184
(v. Schirige, das ich nie hörte), sondern auch für: ,obenst fix,
unnen nix'. Das obere Ende einer ',Scherige' wurde beim Schlachten
zum Binden der Würste gekauft, um ,Wostbenne' (pl. von Band)
aus mehreren Fäden zusammen zu drehen, etwa wie man Pferdehaare
zu Dohnen dreht; das Wort fehlt bei Seh. Das von ihm mit einem ?
aligegebene Lin = Linnen bezweifle auch ich sehr.
ROSTOCK. K. E. H. Krause.
I
/
160
fc-
Dat Flas.
(Lüneburger Mundart.)
Dat Linsät ward in'n Mai sai't un glik naher, wen't uplopen is,
ward't wed't, den dat Unkrüt wass't maistens fix damank. Dat
Weden dout för gewoenlich de Frouns un D^rns. Wen't Flas nich
dörchfrüst, ward't en, ök wol twe E9I lank. Dat Flas kricht schcene
blaue Bloumen un naher Knutten. Is't rip, so ward't trocken; wen't
aver liggen dait, mut't al er trocken warn, den süs verrod't dat.
Bi't Trecken ward de enkelden Hann'vul jümmer'n b^ten ischregh
uppen anner lecht, dat't nich vertüern dait. So V9I Hann'vul ward
up enen Bargh lecht, as in en Sei ringat; den ward dat tohopen
bunn' un het Knutbunt. Wen't Flas Aart het, mööt vertain Knut-
bünn' üt'n Spint Linsät kamen. Dat Flas ward nu r^pt un dat raine
Flas in lütte Boten bunn'. De Knutten ward den up Beddlakeus ader
pp Knuttend^len droeght, naher droscht un rain mäkt, entwerre up'n
Stcevmöl' ader dat ward sieht mit'n Lins9v.
Dat Flas aver ward in de Roeten feuert un mut dar ungef9r acht
Dagh liggen. Je finer dat Flas is, desto lenger mut't rosten. Wen't
den inne Roeten möör is, ward't up'n kale Wisch ütbred't, dat de
R^gen dat en b^ten rainspeult un de Bass sik vullens loes't. Bi
warm W9der ward't gliks, as dat vonne Wisch kumt, bäkt un bräkt;
wen't aver erst bet in'n Harvst uppen Bon liggen blift, er't bräkt
ward, mut't vorher in'n Bakaven droeght warn. So'n Brakelköst gait
na de Regh bi de Bürn rüm, un alle Frouns helpt hüüt bi enen Burn
un morn bi'n annern. Mit de Sch9v ward winderövers de Tüffelkulen
todekt. Na't Braken ward dat Flas swungen; wen't fix gnatsch is,
mut't wol twe- bet dremal swungen warn. De Swingelhed brükt de
Repsl9ger un de Tapzir. Wen de Swingblok in Rou (Rü) is, kumt
de H^kelstoul anne Regh. Uut *de grovve H^kelhed ward Garn to
Sek spunnen, de fine ward to Inslach bi finer Linnen spunnen: so'n
Linnen is den flessen Uptoch un heden Inslach.
Dat Flas ward üt'n Wocken spunnen, un de D^rns g^vt sik v^l
Meu, sik'n recht graden Wocken to draien. Dat Gäni ward vonne
Spoul afhaspelt. Von Hedengärn sit man dre bet ver Bind up de
Spoul, von Fiugärn aver wol tain. Twölf Bind sunt en Stük. Dat
Garn wart stükwis von'n Haspel namen. Gegent Freüjär gait't ant't
W9ven. Darto ward dat Garn ütkäkt un spoult. To't Spoulen brükt
man'n Spoulrad un'ne Gärnwinn'. Bi't Spoulen mut aver 6k ütr9kt
warn, wev9l Bind up en Spoul mööt : dat rieht sik na de E9lentäl, de
man W9ven wiL Twindich Spoulen hoert to en Wark'. Bi't Uptrecken
mut man den uppassen, dat de Fans ök richtich up de Gaffel kämt.
Wen de Smitten mark't sunt, ward dat Wark afnamen un in'n K9d
tohopen trocken Nu kan't Uppentaubringen losgan. De K9d ward
up enen Enn^ lösmäkt un de enkelden Geng' den noch dörch^n
Redelkam lecht. Twe Man drai't nu den Gärnböm jümmer rüm, en
holt denn^ Redelkam, dat dat Garn slicht up'n Born kamt, un de verte
mut de K^d recht stram höln, dat^t fast rup kumt; den wen^t Garn
insnit,. gait't siecht werre raf. Nu ward de Kamläd in't Tau hengt
un Kam un Hööften iniecht. In^n Kam un in de Hööften sit noch de
Uptoch von't vorrige Wark' ; de enkelden Fans von't nee Wark mööt
nu an de ölen andrai't warn. Wen dat dän is, ward de Tr^den in-
hengt, un dat W^ven gait lös.
Awer dat W^ven gait oftmals nich g]iks as't schal: dat Garn is
mennichmäl kladderich ader möör, dat de Wever jümmerto slichteu
mut. (Slichtels ward üt Roggenm^l käkt.) Mennichmäl wil't ök nich
recht springen, un de W^ver mut twe, dre, 6k wol ver Stöcker in'n
Uptoch leggen. Dat Sittelbredd licht oft ök nich topass, un so gait
mennichmäl en helen Dach hen, bet't in'n Gank kumt. Wen't erst
ordentlich gait, mut en Spöulken maken un £nn^s binnen, wenn de
Uptoch mal rit; un de W^ver smit de Schotspoul un klapt mit de
Eamläd\ dat mau sin egen Word nich verstau kau. Bi söstainer
ader twindiger Linnen tau^t dat fix un de W^ver mut alle Ogenblik
nalaten; aver bi finer Linnen, as achtuntwindiger ader gär verdiger
gait't man lanksäm.
Is't Wark' af, so snit de W^ver dat Linnen af, nai't Strippen
daran un trekt't up de Blök. Hen un werre ward dat Linnen den
ök mal utkäkt, un wen't wit is, kön't Hemm' därüt mäkt warn.
HAMBURG. H. Köhler.
Nachträge.
1. Zu Jahrg. 1, S. 54 f. 2, S. 131 f.
A. Keller hat in seine Fastnachtspiele aus dem 15. Jahrhundert
(2, nr. 121) ein Vastelavendes fpil van dem dode unde van dem levende
aufgenommen, gedichtet durch Nicolaum Mercatoris, nach Goedeke
(Grundriss 1, S. 298) einen Holsteiner. Das Spiel ist in einem Einzel-
druck der Wolfenbütteler Bibliothek von 1576 aufbewahrt, welcher
auch die in der Zeitschr. d. Vereins f. Lüb. Gesch. 1, 252 f. und
Zeitschr. d. V. f. Hamb. Gesch. 4, 499 f. abgedruckten Sproke auf
aller Welt Stände enthält (Keller 3, 1475). Nach Schellers Bücher-
kunde (S. 478) ist der Druck ein Lübecker, Goedeke erklärt die
Abfassung für älter als 1576.
liiederdeataches Jahrbuch, ni. IX
162
Beides wird durch das Zwiegespräch von 1484 bestätigt, denn
ganze Strophen desselben sind in das Fastnachtspiel aufgenommen«
Auch dieses findet nur zwischen den beiden genannten Personen Statt,
ausser Prolog und Epilog. Es enthält 299 Zeilen. Nach dem Prolocutor
beginnt vs. 24 das Leben:
Wo bistu, dodt, also schrecklick?
Nüwerle sach ick dyn gelyck u. s. w.
Der Tod antwortet mit Aufzählung aller Stände, welche ihm ver-
fallen seien. Das Leben entgegnet vs. 70:
Wultu my mit dynen worden voryagen?
Ick hebb my ock mit mengem geschlagen.
Eum her mit dynem krummen geverde,
Ick wil dy möten mit mynem swerde,
AI werestu ock starcker als ein rese.
De dodt.
Vor my kanstu yo nicht genesen,
Sü, de vorhen syn, synt ock lüde gewesen.
Jegen my kanstu nicht stryden,
Alle lüde möthen my lyden
In der werldt int gelyke.
Darümm kam ick uth einem köninckryke,
Dar meyede ick alle ynt gelyke.
Ick bin de dodt und kan vorderven
Alle dinck, dat ydt moth yümmer sterven,
Und töve vaken nicht beth morgen.
Dat levendt.
Bistu eyn meyer, so meye dyn körn
Und keer van my dynen grimmigen thorn.
Du hoffst hyr nicht tho schaffen,
Ock schal tu my nicht straffen,
Ich wolde ydt anders an dy wreken.
De dodt.
Hör, ick wil* dy anders anspreken.
Ick wil dy dyn junge herte thobreken.
Und balde tho der erden schlau,
Dat hebb ik mengem minschen gedaen.
De noch dachten groth gudt tho vorwerven.
Dat levendt.
Och, schal ick denn yümmer sterven
Und so gaer yu der erden verderven!
Wor lathe ick denn myn grote gudt,
Dartho mynen stolten modt?
Darümme gha wech up ein ander stede,
Wente my beven alle myne lede.
Du bist seer greßlick und swart,
Dyne wörde synt my alltho hart.
m
Wol hefift dy gegeven sölcke macht,
Dat du kümpst lopen all mit der yacht?
All wat du süst. dat wultu döden*
Help my godt, uth dissen nöden
Mach my nicht helpen myn grote gebordt.
De dodt.
Dy baten nicht dyne velen wordt,
Spode dy men drade vort.
Ick wil dy up de erde strecken,
Und dy einen voeth lenger recken,
Daranne keer ick all mynen flyth.
Dat levendt.
Och schone my doch ein klene tydt
Und kere van my dynen nydt.
Mach ick nicht dyner gewaldt entlopen,
Noch mit nenem gelde dat levendt kopen?
u, 8. w.
Vergebens bietet das Leben Geld, sucht Zuflucht vor dem Tode
in der Höhe in der Tiefe, auf Burgen in Städten. Der Tod weist auf
Gott als den einzigen hin, der das Leben verlängern könne. An ihn
wendet sich das Leben und erklärt sich bereit, wenn sein Stündlein
komme, zu sterben.
In dem letzten längeren Theile kommen keine weiteren Anklänge
an das Fragment von 1484 vor. Dass dies in das Fastnachtspiel nur
hineingearbeitet ist, sieht man deutlich an der Composition. Darum
lassen sich die Lücken des Fragments auch aus dem Fastnachtspiel
nicht ergänzen. Der Schluss des Spiels kommt schliesslich auf das-
selbe hinaus wie das Fragment, welchem also am Ende — und gleicher
Weise am Anfang — nichts zu fehlen scheint.
II. Zu Pfeiffers Abdruck aus H. Korner (Germ. 9, 257 ff., 23, 229 ff.)
Im Korrespondenzblatt für niederdeutsche Sprachforschung (2,
1 3 f.) hat Dr. Latendorf mehrere Verbesserungen der Hannoverschen
Handschrift (H) zu den von Pfeiffer nach der Wiener Handschrift
(W) herausgegebenen Erzählungen Korners, aus Schillers Nachlass
mitgetheilt. Diese Lesarten hat Seh. von mir erhalten. Ich nahm
daher Veranlassung, den Herausgebern des Jahrbuchs auch die übrigen
in Betracht kommenden Varianten des H mitzutheilen. Der Ver-
öffentlichung derselben ist eine gleichartige Collation des Herrn Pro-
fessor Höfer (Germania 23) zuvorgekommen.
Ich beschränke mich jetzt also auf ein paar Nachträge.
In der von Pf. mitgetheilten Einleitung Korners (Pf. S. 258 Z. 7)
hat Hf. vorgeschlagen zu lesen: dat fe der vorfcrevenen croneken
— — makeden vortfet tinghe unde vorvolgheden fe na (statt W
vort na en vorvolgheden na). Eine leichtere Aenderung ist: dat fe
d. V. er. makeden vort na unde (vii st. en) vorvolgheden na
11*
164
eren tiden unde jaren. Dabei kann das se aus dem voraufgegangenen
Genitiv supplirt werden. Vortfettinghe, zumal ohne Artikel, klingt modern.
S. 258 Z. 16 wird Hf.'s Conjectur efte (st. edder W) weg-
fällig durch richtige Interpunktion : Desse croneken hebbe ik
gheendiget ... 1431 jar edder dar bi. Were nu etc.
261, 4 dat gut Randglosse. 263, 6 krech (st. kerch). 263, 37
werfcup, denn berfcupt giebt keinen Sinn, da es wohl Herrlichkeit,
aber nie Hochzeit heissen kann. Vgl. Mndd. WB. 2, 254.
263, 38 interpungire : do bad he orlef, Amicus, to lofende de
bedevart. 265, 13 fyme leven brodere H.' 266, 23 dat fe aller
fpife vorgheten H.
267, 1 ff. schreibt H: worden bedrovet alle de menliken, de in der
taffeien wefet h ad den. Hier tritt die Bedeutung von menliken =
insgemein klar hervor. Wenn Bechstein (Korresp.-Bl. 1, 39) vermuthet,
dass es auch männiglich heissen könne, so widerspricht dem schon
die Adverbialendung. Vgl. Mndd. WB. 3, 27.
267, 9 f. umme miner leve willen H.
267, 35/38. An, womit der Satz in W und H anfängt, wird
durch das in W^ ausgefallene, aber in H gebliebene ghefpifet ak
richtige Lesart beglaubigt. Hf. scheint van zu empfehlen. Wan (?)
steht weder in W noch H.
268, 9/10. Wat dy, leve vader, myner ringe vordrut! ist Aus-
ruf, nicht Frage (Bechstein im Korresp.-Bl. 1, 40), und wat nicht =
warum, sondern = quid oder quantum für quam. Quam cito te, mi
pater, mei taedetl Vgl. Was du flink bist! Was du vorschnell
urtheilst !
269, 1 ik wet H, und so später: ik. 2 wat ik seggefn schal
entspricht £cc. 2, 454 : Nescio, quid dicam. Vielleicht schreibt W : wat
ik icht In H endet die Zeile mit ik. 8 van (st. von).
271, 2 bet will Hf. in beft verändern, der Comparativ genügt.
Ecc. 2, 554: quicunque in chorizando alios excelleret. 24 volk
steht in H.
274 ff. Die Erzählung von Tundalus steht in H grösstentheils
auf der Rückseite von Fol 94, welches sich durch Schrift und hellere
Dinte von den übrigen Blättern unterscheidet, auch gegen das Ende
hin gedrängter beschrieben ist. Es scheint demnach erst später ein-
gefügt oder eingetragen zu sein. Daraus würden sich manche Auslassungen
des H an dieser Stelle erklären.
276, 6 lichamme, schreibt H immer, wird auch durchweg in W
zu lesen sein.
276, 33 also en gloyendich oven unde was jamerliken
unde gruwelik an to seende. Desse vestigia« 34 scharpen
teenen.
277, 7/8. 9/10 sind Hf.'s knappe Anführungen leicht missver-
ständlich. Die Stellen lauten in H: De pyne was mennichvolt. —
Des wart myn feie reddet in der pine van deme enghel unde lovede.
(Na deme — leed fehlen.)
165
286, 30 feltzcnen. 31 fik fehlt H, muss aber mit W beibehalten
werden. 34 to deme joden up den kerkhoff undevorhoreden
den joden. Ecc. 2, 1221 : ad dictum cimiterium properavit et
ludaeum examinavit.
288, 17 der fammelinghe ist gewiss Genitiv. Ecc. 2, 1237:
Tunc mercator capitaneos societatis alloquens dixit.
LüBEK. Wilh. Mantels.
Friedrich Woeste*).
Johann Friedrich Leopold Woeste wurde 1807 Febr. 15 zu
Hemer in der Grafschaft Mark geboren. Er war ein Sohn des evan-
gelischen Schullehrers daselbst Ludolf Leopold Woeste und dessen
Ehefrau Maria Catharina Kruse. Nachdem der Knabe den ersten
Unterricht vom Vater erhalten hatte, gestattete ihm die Freundlichkeit
des Pfarrers Wulfert und seines Sohnes, des damaligen Kandidaten
und Pfarradjunkten Wulfert, dass er an dem Unterrichte theilnehmen
konnte, den dieselben andern Zöglingen in der französischen Sprache,
im Lateinischen, in (jeschichte und Geographie ertheilten. Mit fünf-
zehn Jahren konfirmirt, wurde Woeste zu dem Bruder seiner Mutter
nach Barmen geschickt, um von hier aus das damals noch dreiklassige
Gymnasium zu Elberfeld zu besuchen; schon im Herbst desselben
Jahres (1822) aber wanderte er dann nach Halle, wo er von
Oktober 1822 bis Ostern 1826 als Hausschüler der Frankeschen
Stiftungen lebte und von da ab weitere drei Jahre dem Studium der
Theologie oblag; mit 22 Jahren kehrte er nach Hemer zurück.
Hier in der Heimath machte sich die rationalistische Richtung,
die er aus dem Jugendunterricht mitgebracht hatte, die aber in Halle
unterdrückt worden war, dergestalt wieder bei ihm geltend, dass er
allmählich zu der Ueberzeugung gelangte, trotz des Examens, durch
das er 1832 die Erlaubniss zu predigen erworben hatte, nicht für ein
geistliches Amt in der Landeskirche geeignet zu sein, und deshalb
den früher gewählten Beruf vollständig aufgab. Abgesehen von dem
Gefallen, das er an der Beschäftigung mit der Naturgeschichte, ins-
besondere mit der Botanik fand, erfiiUten ihn nämlich vorzugsweise
•
*) Diese Skizze beruht auf dem Nekrolog Woestes, welchen die von Cre-
celius und Harless herausgegebene Ztschr. d. Berg. Geschichtsvereins Bd. 15 von
der Hand des Herrn Prof. Crecelius, eines langjährigen Freundes des Verewigten,
gebracht hat. Einen kürzeren Nekrolog von Herrn Oberlehrer Heerhaber, Sekretär
der Handelskammer zu Iserlohn, enthält die Iserlohner Zeitung 1878 Nr. 9 vom
20. Januar.
166
philologische Neigungen, und die Yerfolgung derselben gewährte ihm
nicht nur die äusseren Mittel der Existenz, sondern auch eine innere
Befriedigung, wie er sie der Pflege seiner ehemaligen Berufswissen-
schaft nicht hatte abgewinnen können. Von der Beendigung seiner
Studien ab hat er daher, geringe Unterbrechungen ausgenommen, bis
zu seinem Tode als Privatlehrer gelebt, anfangs in seiner Vaterstadt,
wo er höheren Unterricht an einer Privatschule gab, seit 1839 in der
Kreisstadt Iserlohn, wo er namentlich in neueren Sprachen unterrich-
tete. Eine Hauslehrerstelle in Altena (1838 — 1839) hat er nach elf
Monaten wieder aufgegeben ; auch eine Lehrerstelle an der höheren
Bürgerschule zu Iserlohn, deren Rector sein Schwager Kruse war, hat
er schon nach Jahresfrist (1849 — 1850) wieder niedergelegt.
Schon in Halle hatte Woeste an der philologischen Seite der
Theologie grossen Geschmack gefunden und deshalb das Hebräische
gründlich studirt. Was die neueren Sprachen anbelangt, auf die er
mit seinem Unterricht in der Handelsstadt Iserlohn zunächst und
zumeist angewiesen war, so besass er im Französischen und im Eng-
lischen tüchtige Kenntnisse und machte sich des Italienischen gleich
anfangs wenigstens in soweit Herr, dass er mit Erfolg • darin unter-
richten konnte. Während er dann das Studium dieser Sprachen un-
ausgesetzt fortsetzte, trieb er daneben eifrig Holländisch, Dä-
nisch und Schwedisch, und ging endlich auch, damals schon ein Mann
von 52 Jahren, an die Erlernung der spanischen Sprache. War es
gleich Woeste bei diesen Arbeiten zunächst nur darum zu thuu, sich
die Literaturen jener Völker zugänglich zu machen, so lehnte er doch
auch eine praktische Verwerthung seiner Kenntnisse nicht ab, wenn
es sich darum handelte. Stunden zu geben oder für Privatleute und
Behörden Uebersetzungen anzufertigen, und diese praktische Thätigkeit
veranlasste dann wieder den peinlich gewissenhaften Arbeiter zu immer
weiteren, eingehenderen Studien.
Was aber dem Manne in der Geschichte der Sprachwissenschaft
Bedeutung giebt, ist seine Beschäftigung mit der Mundart seiner
Heimath. Schon während seines Aufenthalts in Halle hat er sich derselben,
wenn auch zunächst nur vorübergehend, zugewandt, indem er auf die
Anregung von Badlofs Schriften hin aufzuzeichnen versuchte, was ihm
von der Märkischen Mundart im Gedächtnisse lebte, die ihm trotz
des Vaters, der als richtiger Elementarlehrer seinen Jungen gern hoch-
deutsch hätte reden lassen, in der Knabenzeit Umgangssprache ge-
wesen war. In Iserlohn gab ihm ein Artikel eines dortigen Tage-
blattes die äussere Veranlassung, sich eingehender mit den Mundarten
zu beschäftigen, und Grimms Mythologie und Firmenichs Völker-
stimmen regten ihn an, die Volksuberlieferungen seiner Heimath und
ihren Wortschatz zu sammeln. Im Jahre 1848 erschienen seine
, Volksüberlieferungen in der Grafschaft Mark*,. ein Büchlein, das ihm
von verschiedenen Seiten die Anerkennung Sachverständiger einbrachte.
Insbesondere trat Adalbert Kuhn in lebhafte Verbindung mit ihm, ver-
mittelte 1850 seine Ernennung zum auswärtigen Mitgliede der Ber-
r
167
linischen Gesellschaft für Deutsche Sprache, besuchte ihn 1851 auf einer
Reise, die er zur Sammlung der westfälischen Volkssagen unternommen
hatte, und beredete ihn zur Theilnahme an einem darauf gerichteten
Streifzuge. Auf Kuhns Anregung hin war es dann auch, dass Woeste
verschiedenen fachmännischen Zeitschriften Beiträge lieferte; der von
der Berlinischen Gesellschaft gegründeten Germania, der von Aufrecht
und Kuhn begonnenen Zeitschrift für vergleichende Sprachforschung
und Wolfs (später Mannhardts) Zeitschrift für deutsche Mythologie
und Quellenkunde; Frommanns Zeitschrift für deutsche Mundarten
und der von Höpfner und Zacher herausgegebenen Zeitschrift für
deutsche Philologie schenkte Woeste ebenfalls ein nachhaltiges, werk-
thätiges Interesse; kleinere Mittheilungen brachten auch Moltkes
Sprachwart und Wagners Archiv für die Geschichte der deutschen
Sprache. Daneben hatten auch die historischen Zeitschriften seiner
Umgegend sich der Mitarbeiterschaft Woestes zu erfreuen, wie die
ältere Zeitschrift des Bergischen Geschichtsvereins, so auch die seit
1875 von Pick herausgegebene Monatsschrift für rheinisch- westfälische
Geschichtsforschung. Selbst die Lokalblätter Iserlohns enthalten zahl-
reiche Beiträge, mit denen Woeste die Liebe zur Geschichte und
Sprache der Heimath zu wecken und zu fördern bemüht war; ein
Theil derselben ist in seinem Buche: ,Iserlohn und Umgegend, Bei-
träge zur Ortsnamendeutung, Ortsgeschichte und Sagenkunde^ (Iser-
lohn 1871) zusammengestellt.
Bei den Arbeiten Anderer leistete Woeste in aufopfernder Un-
eigennützigkeit Beistand; namentlich Kuhn (Westfälische Sagen und
Märchen), Kosegarten (Wörterbuch der niederdeutschen Sprache) und
Schiller und Lübben (Mittelniederdeutsches Wörterbuch) hatten an
ihm einen fleissigen Mitarbeiter; einen treuen Berather und Helfer.
Auch den Bestrebungen der Jüngeren schenkte er warme Theilnahme
und war unermüdlich darin, in liebenswürdigster Weise Aufschluss
und Winke zu geben, Bath zu ertheilen und Beistand zu leisten.
Dem jungen Verein für niederdeutsche Sprachforschung brachte
er von vornherein das lebendigste Interesse entgegen. Hatte er auch
am 13. Mai 1875 gemeint, Alter und Verhältnisse erlaubten ihm nicht,
dem Vereine als thätiges Mitglied beizutreten, denn : ;,Wenn ich, was
möglich, noch einige zeit auf dem gebiete des älteren niederdeutschen
und der heutigen südwestfälischen und bergischen mundarten arbeiten
kann, so ist es wol anständig und recht, meine wenigen arbeiten den
Zeitschriften zuzuwenden, die mir seit langer zeit ihre spalten geöff-
net haben^, so hatte er doch in unmittelbarem Anschluss daran hin-
zugefügt: ;,Anders wäre es, wenn die wiedererstandene Zeitschrift für
mundarten aus mangel an abnehmern abermals eingehen solte^ ; und
als die Redaktion des Korrespondenzblattes dem verehrten Greise die
erste Nummer desselben mit der Bitte um freundliche Theilnahme
zusandte, äusserte er nicht nur seine Freude über ein solches Unter-
nehmen in warmen Worten, sondern bethätigte dieselbe auch dadurch,
dass er die Redaktion in den Stand setzte, schon in ihrer zweiten
m
Nummer mehrere Beiträge von seiner Hand liefern zu können, und
dass das Korrespondenzblatt nicht weniger als 50 grössere und klei-
nere Aufsätze und Notizen von ihm gebracht hatte, als die Redaktion
in der Schlussnummer ihres zweiten Jahrganges die schmerzliche
Pflicht erfüllte, den Lesern das Hinscheiden ihres fleissigsten Mitar-
beiters anzuzeigen. Auch die Redaktion dieses Jahrbuches hatte die
Freude, in ihrem zweiten Jahrgange zwei Aufsätze bringen zu können,
in deren einem Woeste Werth und Benutzung der Magdeburger Bibel
für das Mnd. Wörterbuch behandelt, während er in dem andern 49
Wörter erläutert, die den Verfassern dieses Wörterbuchs dunkel ge-
blieben waren. Einen weiteren Beitrag veröflfentlicht das heurige
Jahrbuch, wie auch das Korrespondenzblatt noch nach seinem Tode
Mittheilungen von ihm liefern konnte und noch eine Zeitlang zu liefern
vermag. Wie sehr ihm das Gedeihen der Vereinssache am Herzen
lag, wird auch daraus erhellen, dass er nicht nur über Einrichtungs-
weise des Korrespondenzblattes, Anleitung zum Sammeln, Formulirung
bestimmter Fragen u. s. w. wiederholt die schätzenswerthesten Winke
gab, sondern auch während seiner letzten Krankheit noch darauf be-
dacht war, wie durch eine Werbeschrift die Zahl unserer Mitglieder
vergrössert werden könne.
Seit April 1877 litt Woeste an einem heftigen Lungenkatarrh;
Husten, Fieber und körperliche Schwäche machten ihn wochenlang
zu geistigen Beschäftigungen fast ganz unaufgelegt; die Besserung,
die der Sommer brachte, war nur vorübergehend, und schon im Sep-
tember musste der Arzt, der ihn am 4. August aus seiner Behandlung
entlassen hatte, wieder herbeigeholt werden. Bis in die letzte Zeit
war Woeste in den Freistunden, die er der Krankheit abrang, mit
wissenschaftlicher Arbeit beschäftigt, und noch am 5. November schickte
er der Bedaktion des Korrespondenzblattes einen am vorhergehenden
Tage niedergeschriebenen Artikel ein; im Laufe dieses Monats aber
gebot die Krankheit seiner Thätigkeit Einhalt; Woeste begab sich der
besseren Pflege wegen in das Haus seiner Schwester, der Wittwe des
Prorektors Kruse; dort starb er nach neuumonatlichen Leiden am
7. Januar 1878 früh 1 ühr. Ehre sei seinem Andenken!
Woeste war in der Sprachwissenschaft Autodidakt; in seinem
siebenzigjährigem Leben ist er, mit Ausnahme seines Aufenthaltes in
Halle, einer Ferienreise nach Berlin und etwa noch eines Ausfluges in
die Rheinprovinz, aus der nächsten Umgebung seines Heimathsortes
kaum herausgekommen; er lebte in einer Stadt, die keine Bibliothek
besitzt, und war also nicht nur für den Lebensunterhalt, sondern auch
für die Befriedigung der literarischen Bedürfnisse auf die Erträgnisse
eigener Arbeit angewiesen; er entbehrte vollständig des anregenden per-
sönlichen Verkehrs mit Gleichstrebenden : wenn er es trotzdem möglich
gemacht hat, sich nicht nur eine eingehende und umfassende Kenntniss der
modernen Sprachen zu erwerben, nicht nur die Geschichte der deutschen
Sprache wissenschaftlich zu pflegen und ihre Erkenntniss durch zahlreiche
Abhandlungen und Aufsätze zu fördern, sondern auch den Literaturschatz
160
der MundartenforschuDg um ein Hauptwerk zu bereichern, so gebührt
solchen Leistungen eines energischen Fleisses und einer rührenden
Liebe zu der Sprache seines Volkes Hochachtung und Dankbarkeit
von Fachmännern, wie von Nicht-Fachmännern. Dabei braucht es
nicht mit Stillschweigen übergangen zu werden, was sich aus dem
Entwicklungsgange und der Lebensstellung des Mannes von selbst
versteht, dass ihm die eigentlich philologische Schulung abging, dass
seine Methode Schwächen hatte und dass er nicht immer das Material
vollständig beherrschte, dass er einerseits zuweilen einer abgelegenen
künstlichen Ableitung vor einer naheliegenden, natürlichen Deutung
den Vorzug gab und dass er andererseits zuweilen mit seiner süd-
westfälischen Mundart operirte, wo dieselbe nicht ausreichte oder gar
nicht in Betracht kam^). Solche Irrthümer mag der Eine pietätvoll
übergehen, der Andere ausdrücklich verurtheilen ; wenn aber die Ka-
thederweisheit eines Jüngern nicht nur gegen diese, sondern gegen
die Thätigkeit des Mannes selbst sich abwehrend aussprechen konnte,
so mag solcher Würdigung eigener und fremder Arbeit das Schreiben
Jakob Grimms an Woeste zum Gegensatz dienen, in dem es heisst:
;ylhre genauen und scharfsinnigen forschungen ziehen die äugen aller
Sprachkenner auf sich, ich wüste nicht, dass seit Schmeller jemand so
begabt und geschickt gewesen wäre, wollten sie nach dem muster
des bairischen Wörterbuchs ein westfälisches zur hauptsache ihres lebens
machen, so könnten sie ihn noch übertreffen, da die Sprachwissen-
schaft im letzten vierteljahrhundert manche fortschritte gethan hat (!)".
Und allerdings ist das Wörterbuch der süd westfälischen Mundart
die eigentliche Lebensaufgabe Woestes geworden. Abgesehen von einer
letzten Redaktion, der es Woeste wohl nur deshalb nicht unterzogen hat,
weil er keinen Verleger dafür zu finden wusste, liegt das umfangreiche
Werk, die Frucht eines nahezu vierzigjährigen Sammelfleisses, im Ma-
nuscript vollendet vor^). Auch jetzt wird die Drucklegung ohne pe-
kuniäre Opfer nicht möglich sein ; aber die Veröffentlichung der Arbeit
ist eine Pflicht gegen die Wissenschaft und gegen das Andenken des
Verstorbenen, für deren Erfüllung mitzuwirken und einzustehen Ehren-
sache des Vereins für niederdeutsche Sprachforschung sein muss.
HAMBURG, BARMBEK. K. Koppmann.
*) Wie wenig Woeste selbst sich für unfehlbar hielt, illustrirt es beispielsweise,
wenn er 1877 Jan. 10 schreibt : „Meine vorige Sendung an Sie . . . veranlasst mich zu
der erklärung, dass ich jedes von mir herrührende Schriftstück in den Papierkorb
geworfen wünsche, wenn es überflüssig scheint oder nicht volle billigung findet", und
Jan. 21 : „Uebrigens wäre es nicht das erste mal, wenn ich hören müsste : ,dat maut'r
wier in*. Ich kann mich in solchen fällen sehr gut mit unserem Spruche trösten:
,en p^rd vertriet sik wol med ver faiten, geswige dann en menske op tw^en*. Ich
würde ohne zweifei den lapsus selbst bald gefunden haben . . . wenn das ,nonum prematur
in annum' mehr in meiner natur läge, als dies wirklich der fall ist".
*) Von dem sonstigen literarischen Nachlass werden hoffentlich seine Sammlung
von Volksthümlichem aus der Grafschaft Mark und seine Vorarbeiten für eine neue
Ausgabe des Koker bald die geeigneten Herausgeber und Bearbeiter finden.
170
Urkundenbuch der Berlinischen Chro-
nik. Berlin. 1869. Berliner Todtentanz.
Vor mir liegt das noch im Erscheinen begriflfene Werk, das Ur-
kundenbuch der Berlinischen Chronik, herausgegeben von dem Verein
für die Geschichte Berlins durch F. Voigt, Professor. Der erste
Bogen erschien 1869; jetzt, im December 1877, ist der 77. in meinen
Händen. Das Buch empfiehlt sich sehr durch sein äusseres Aussehen;
gutes Papier, schöner Druck, handliches Format, klein Folio, die
Seiten doppelt umrahmt, die äusseren Linienstreifen roth, die beiden
innern schwarz — alles dies macht einen so wolgefälligen, man möchte
sagen, appetitlichen Eindruck, dass man, erfreut über diese glänzende,
äussere Ausstattung, das Buch gern zur Hand nimmt und durchblättert
oder durchliest.
Neues wird uns aber in dem Werke bis jetzt wenig dargeboten;
der weitaus grösste Theil der Urkunden ist bereits anderswo gedruckt,
in Riedels Codex, diplom. Brandenb., in Fidicins diplomatischen Bei-
trägen oder sonstwo. Daraus ist aber für die Herausgeber durchaus
kein Vorwurf herzuleiten ; denn der Zweck der Herausgabe war auch
nicht, neue, bisher unbekannte Urkunden ans Licht zu ziehen, sondern
nur alle Urkunden, die Berlin betreffen, aus der Zerstreuung zu sam-
meln und in einem Körper zu vereinigen. Neu ist aber jedesfalls
eins, nemlich dass den lateinischen wie niederdeutschen Urkunden eine
hochdeutsche Uebersetzung beigegeben ist, die dem Original, das auf
der linken Spalte zu lesen ist, auf der rechten gegenübersteht.
Die Urkunden, heisst es in der Vorrede, sind diplomatisch genau
nach dem Originale abgedruckt. Sowenig auch an dieser Angabe zu
zweifeln ist, so kann ich doch die Vermuthung nicht unterdrücken,
dass man zwar die Absicht gehabt, aber nicht erreicht hat, und dass
manche Fehler nicht auf Rechnung der Originalschreiber, sondern auf
Rechnung des jetzigen Herausgebers zu setzen sind, der entweder
einen Druckfehler hat durchschlüpfen lassen, was ja so leicht geschieht,
oder auch, was häufiger vorkommen mag, das Original falsch gelesen
hat. Sind aber wirklich die Urkunden genau nach dem Original ab-
gedruckt, und sind sie, so zu sagen, mit Haut und Haar wiedergegeben,
so wäre zu wünschen gewesen, dass den Fehlern, die sich in dem
vorliegenden Drucke vorfinden, irgend ein Zeichen beigegeben wäre,
woran man erkennen könnte, ob sie bereits Fehler des Originals sind
oder nicht. Dann wird der Leser nicht irre geführt ; er weiss, dass
er keine Druckfehler der jetzigen Ausgabe, sondern alte Schreibfehler
des ursprünglichen Schreibers vor sich habe. Dies ist aber nicht ge-
schehen; nur ein einziges Mal (S. 304) habe ich bemerkt gefunden,
171
dass im Original wörtlich so, nemlich leähen^ i^tehe. Die Stelle lautet :
hy wolde my eyn dach ledJcen in der marke vor myns hern mannen und
steyden. Die Uebersetzung gibt sie so wieder: ,er wollte mich zu
einem Rechtstage in der Mark geleiten vor meines Herrn Mannen
und Städten'. Ich weiss nicht, welches niederdeutsche Wort der Ueber-
setzer für ledken setzen will ; vielleicht leiden^ leden ? Aber .he wolde
my eyn dach leiden' heisst durchaus nicht so, wie der Uebersetzer
will ; es ist überhaupt eine unverständliche Redensart. Wahrscheinlich
ist statt ledken zu lesen lecken oder auch legken^ was eine Nebenform
für leggen ist. Enen dach leggen ist aber ein ganz üblicher Ausdruck
und bedeutet : einen Tag ansetzen. Zu vergleichen ist zur Form und
Sache eine Stelle in den Goslaer Statuten 33, 40 (von Göschen):
imde men schölde in (ihnen) dat gherichte lecken^ dar se komen
mochten.
Zur Urkunde nr. 28 (S. 1 9) hätte wol angeführt werden können,
dass sie eine schülerhafte Uebersetzung des lateinischen Originals ist.
Nur dass sie auch lateinisch in Küsters A. u. N. Berlin IV, 3 abge-
druckt ist, steht unten bemerkt, nicht, dass das lateinische Document
das Original ist. Aber ohne diese Kenntnis steht man ganz verwundert
vor der hochdeutschen uebersetzung des Quasiniederd. Originals:
,deren feste Treue . . durch thatsächliche Beweise zu unsrer Freude
sich vor unsern Augen bewährt etc.', die das niederdeutsche : ^der
tia^te treuwe . . by liflike strafnnge der werke wert in vnsen ange-
sichte geantwerp wiedergeben soll. Hat man das lateinische Original
vor Augen: quorum firma fides . . per operum argumenta gratifica
nostris aspectibus laudabiliter presentatur^ so klärt sich alles auf. Der
ursprüngliche Uebersetzer kat in seinem Vocabular gefunden: argu-
mentum^ Strafinge (wie zB. in den Wolfenbütteler Vocabularien steht:
arguere^ strafen; argumentum, stra finge ohne weitere Angabe) und ge-
brauchte es schlankweg und gedankenlos nach Schüler Art. Uebrigens
hätte der neue Uebersetzer das liflike nicht durch ,thatsächlich' sondern
durch ,lieblich (= leflik), angenehm* übersetzen müssen, wie das la-
teinische Original (gratifica) an die Hand gab. Es sieht sonst so aus,
als habe er halb nach der nd. Uebersetzung, halb nach dem lateini-
schen Originale übersetzt. So gibt es noch mehreres in der Urkunde,
was nur nach Einsicht des lateinischen Originals hell wird. Am besten
wäre es übrigens gewesen, diese niederdeutsche Stümperei ganz weg-
zulassen und dafür das lateinische Original einzusetzen, oder sie wenig-
stens in die Anmerkung zu verweisen.
Was nun überhaupt die ganze Uebersetzung aller Urkunden be-
trifft, so ist sie der Art, dass sie, weil sie oft gar zu frei ist, die ur-
sprüngliche Färbung des Originals häufig verwischt, ein Uebelstand,
an dem ja leider der Natur der Sache nach alle, auch die besten
Uebersetzungen mehr oder weniger kranken. Zum Theil ist sie aber
auch unrichtig, oder, wenn auch nicht ganz unrichtig, doch schief
oder ungenau, weil der Uebersetzer des niederdeutschen Sprachgebrauchs
nicht völlig Herr gewesen zu sein scheint.
172
Im Folgenden erlaube ich mir, ohne Druck-, Schreib- oder Lese-
fehler zu sondern, auf einiges (nicht auf alles) aufmerksam zu machen,
vio nach meiner Meinung ein Fehler steckt oder ein Irrthum begangen
ist. Ich beschränke mich aber auf die niederdeutschen Urkunden und
lasse die lateinischen gänzlich aus dem Spiele, weil ich des Mittel-
lateinischen nicht so mächtig bin, um mich mit einiger Sicherheit auf
diesem schlüpfrigen und glatten Boden bewegen zu können, sondern
befürchten müsste, selbst auszugleiten und zu fallen, üeber Mittelnieder-
deutsches dagegen, hoffe ich, kundiger und mit grösserer ZuTersicht-
lichkeit urtheilen zu können.
S. 19 steht yewordich; 1. yegenwardich oder yenwordich ; es fehlt
vielleicht der w-Strich über dem c.
Ebenso S. 248 und 249, wo legest levende steht, statt letigest Uvenäe,
S. 253: iJc swere . . my nicht tu gefinde en engerleye selschap^
bruUirschap noch innige ; üebersetzung : mich in keine Genossenschaft,
Bruderschaft oder Innung zu begeben.' 1. brudirschap.
S. 304: dar he my sekere lyt teyt: 1. tyt leyt? wenigstens ist l^
teyt nichts, und ,sicher Geleit geben*, wie die üebersetzung hat, kann
es unmöglich heissen.
S. 280 : dat he den (rede also offt gewisser}, 1. gewissent. In der
Üebersetzung ist das also offt gar nicht mit übersetzt, und das hat
allerdings seine grosse Schwierigkeit, ja es ist geradezu unmöglich,
weil gar kein correlatives so oft folgt. Wahrscheinlich ist zu lesen:
hefft gewisßent. Denn es ist von der Vergangenheit die Rede : he hefft
vns berichtet, dat he den frede also hefft gewissent, dlse de vtschriffl
vthmsede. Den vrede wisseren ist mir eine unbekannte Redensart;
dagegen kömmt häufig vor den vrede wissenen oder wissen. So auch
in dieser Urkundensammlung S. 296: vnde schal an vrede stan M
achte dage na pynxten. Hir vmme so bidde wi iw . . dat gy rideti
iegen em, dat de vrede bet to desser tyt wissent werde, — Den vr^
wissenen heisst: ihn confirmieren, bestätigen (durch Unterschrift,
Bürgen oder sonst). Die Üebersetzung macht freilich daraus: ,da8s
er Nachricht von dem gedachten Frieden erhalte'! Das heisst ä^^
vrede wissenen niemals. Ebenso S. 298 : so hope wi, dat wi der herrm
wol mächtig syn, wo sy den vrede mit den heren wissen willen ; da hat
die Üebersetzung: ,wenn sie die Bedingungen der Friedens wissen
wollen'. Auch sonst wird wissen, weten, wesen von dem Uebersetzer
durcheinander geworfen.
S. 297 lies nutte statt mutte; (dunhet uns nutte wesen, dat etc.).
Die Üebersetzung hat freilich: ,indem es uns nöthig erscheint', als
ob es ein adj. mutte, von moten, gäbe.
S. 305 lies kreich statt kreith; (dar hy Piauwe mete . . kreick
kriegte, bekam, kreith ist nichts.
S. 269 fehlt wol sus nach umme. Ocke bidde ick iu vmme de
penninghe . . iven myn bode dar na kummet, dat de vmme nicht
en kmne. Denn umme heisst doch niemals alleinstehend: vergeblich,
umsonst, sondern immer nur in Verbindung mit sus.
m
S. 279 : bidden wy juw vmme htdpe vnd rath, als vmme lüde met
harnaschen vnd met armbrosten, dy dar wol mede Tcomen, Uebersetzung :
,wir bitten euch um Hülfe und Rath, sowie um geharnischte Leute
mit Armbrüsten, die Ihr uns senden wollt/ Erstlich heisst alse
niemals: sowie; sondern es specialisiert, und bedeutet; nemlich. Die
Hülfe (hulpe unde rät steht häufig, auch in dieser Urkundensammlung,
synonymisch neben einander) soll eben bestehen in Kriegsleuten, So-
dann ist statt komen zu lesen Jconen (oder können), Kunnen mede
heisst: sich auf etwas verstehen, womit umzugehen wissen. Vgl. eine
ganz ähnliche Stelle : Sendet twe gude hussen unde ander raschop unde
enen fwaw, de dar wol mede konde, (1372). Lüneburg. Urkk. H, nr.
776 (von Volger). Sie verlangen also: ,geübte Schützen'.
S. 266 : ick mane iuw, dat gy van stunden an riden tho dem
Berlin vnde holden iuw inleger . . vnde henemet mi vor bederven iMen^
dar ick iuw äff vthgemanen hebbe, allent des juw behuef was alle noth^
schaden unde höhn, den ick arme lide, des benemet my. So, mit dieser
Interpunction, der Text. Er ist übersetzt: ,und nehmt, vor biedern
Leuten, von mir alle Noth, allen Schaden und Hohn, den ich armer
Mann dafür leide, dass ich alles für Euren Behuf auf mich genommen
habe.' Es ist mir unerfindlich, wie diese Uebersetzung den Text
wiedergeben soll. Wenigstens müsste doch statt utgemanen stehen
utgenamen; denn utgemanen kann doch unmöglich ,auf sich nehmen'
heissen, da es doch heisst: ,ein6 Forderung ein- oder beitreiben'.
utgenamen gäbe den Sinn: ,und benehmet mir vor biedern Leuten (das),
wovon ich euch befreit habe, ütnemen im Sinne von: ,befreien von
einer Schuld* steht Ssp. U, 17, 2; 19, 2. Aber auch so will der
ganze Satz sich nicht recht fügen. Die Uebersetzung geht aber, wie
häufig, so glatt darüber hin, als ob alles in bester Ordnung wäre, und
verräth durch kein Fragezeichen oder ein anderes Zeichen, dass hier
eine Schwierigkeit steckt.
S. 294: wetet, gi borgermestere, . . Alse D. van Quitisow vns^n ome^
hertogen Johanne von Meckelnborg hefft gegrepen^ alse dy greue van L, em
ouerscreuen hefft mit schänden vnd mit vorhetnisse, vnde vnse ome . . Hir
umme hefft etc. Die Uebersetzung : , Als D. v. Q. unsern^Oheim , . gefangen
hatte, beschuldigte ihn der Graf von L. mit Schande und Schimpf, und
unser Oheim etc. Hier um etc.' Hier ist nach meiner Meinung
dreierlei unrichtig. Einmal ist durch falsche Auffassung des alse die
Construction umgestossen. Das erste alse heisst : in Betreff, wie es
so häufig im Eingange von Urkunden steht, aZ^e ^^ ^mvan u. ähnlich :
das zweite aZ^ß heisst: wie; der Nachsatz beginnt erst mit hirumme.
Zweitens ist die Interpunction falsch. Das Komma muss nicht nach
vorhetnisse stehen, sondern vor mit schänden. Der Graf von L. hat
den Quitzow nicht schändlicher und schimpflicher Weise beschuldigt,
dass etc., sondern der Graf hat den Quitzow beschuldigt, dass dieser
mit Schimpf und Schanden den Herzog gefangen genommen habe.
Drittens muss es nicht heissen vorhetnisse, sondern vorretnisse, dass
der Q. den Herzog schändlicher und verrätherischer Weise (binnen
174
vrede) ergriffen habe. Dass es aber vorretnisse heissen muss, sieht
man ganz deutlich aus dem Folgenden: wen hertog OlriJc secht: de
schände unde de vorretnisse^ de he em ouerschrifft etc, und weiter unten :
so meynt hertog 0., dat he alle schände^ vorretnisse^ de he em ouer-
schrifft^ hy sih schal behalden und en vorreder bliuen. Ein aufmerk-
sames Lesen der Urkunde hätte diesen Fehler verhüten können;
übrigens hätte auch die angenommene Bedeutung des Wortes vorhetnisse,
das sonst doch nur ,Verheissung, Versprechen, Gelöbnis, promissio^
heissen könnte, Bedenken erregen sollen, da es doch niemals ,Schimp{^
bedeuten kann. In derselben Urkunde ist wol statt wen dat he de
dage wddet vtUetien^ welche Worte grammatisch gar nicht zu deuten
sind, zu lesen: were, dat he de dage wölde uthliuen. Wenn es ferner
in derselben Urkunde heisst: vnd lat es sik beseggen^ offt he hertog
Joh. mit eren hefft (Uebersetzung : ,ob er Herzog J. mit Ehren hafte')
und weiterhin : vnd laten sih des beseggen^ offt di hertoge Joh. mit eren
hefft (Uebersetzung: ,ob der Herzog Joh. mit Ehren haflfte'), so ist
wol in der zweiten Stelle, da. doch beide Stellen augenscheinlich den
gleichen Inhalt haben, zu lesen : of he hertoge J, etc. und beidemal
zu übersetzen: ob er Herzog J. mit Ehren (nicht schändlicher und
verrätherischer Weise, wie ihm Schuld gegeben) in Haft halte oder
nicht* Die Uebersetzung ist völlig unklar: denn weder die erste
Stelle: ,ob er den Herzog J. mit Ehren hafte', noch die zweite: ,ob
der Herzog J. mit Ehren hafte' ist zu verstehen. Ich wenigstens
weiss weder, was die Redensart: ,Ich hafte dich mit Ehren' noch: ,ich
hafte mit Ehren' heissen soll, ^und ich glaube, andre werden es auch
nicht wissen. Am Schlüsse der Urkunde steht noch : das ze betoisen
willen. Da aber in der ganzen Urkunde stets dat steht, und niemals
mit der hochd. Form das wechselt, so ist wol ein Druckfehler an-
zunehmen.
S. 55 : weret oi, dat die meystere geworffen hadden thu den kuteni
von der Jcumpen (Kumpane, Genossen) wegen^ so schal die leste anJcumpt^
dat werffen ane weddersprake, Uebersetzung: ,Wäre es ferner, dass
die Meister zu Wurstmachern wegen der Kumpane geloost hätten, so
soll der, der zuletzt kömmt, dem Loose ohne Widerspruch beitreten.'
Was das heisst : ,dass die Meister zu Wurstmachern wegen der Kum-
pane geloost hätten', ist mir ein Räthsel, eben so, wie die Worte
die leste schul dat werffen heissen können : dem Loose beitreten ; über-
haupt, was die ganze Procedur soll, begreife ich nicht. Der Ueber-
setzer hat aber, wie ich meine, einen Hauptfehler gemacht, indem er
werffen dem hochdeutschen ,werfen' gleich setzte und dies als ,wür-
feln, das Loos werfen' deutete. Niederdeutsch müsste das aber doch
werpen heissen, und nicht tverffen; und ob werpen so unmittelbar als
,würfeln' vorkommt, da der Ausdruck dafür sonst dobbelen^ worpelen,
oder wenn vom wirklichen Loosen die Rede ist, loten heisst, ist sehr
die Frage. Der Uebersetzer hat nicht beachtet, dass ff sehr häufig
die Stelle eines v vertritt. So kommen in diesen Urkunden — um
mich auf Beispiele zu beschränken, die aus diesen genommen sind —
175
vor : gestor/fen^ marggreffe^ raffen^ verderfferiy sestehdlffe, berffe lude^ erffe,
bedorffen, affe^ offel^ offer, gewerff u. a. vor, wo ff immer dem v gleich
ist. So ist auch hier werffen = werven, Werven (hd. werben) ist
aber ein sehr vieldeutiger Ausdruck; im allgemeinen heisst es: thätig
sein (negotiari, expedire in den Vocabularien) ; werven to iemande, ein
Geschäft haben mit jem., verhandeln (S. 280), etwas ansuchen bei je-
mand. Der Sinn der Stelle soll vielleicht der sein, dass der neu ins
Amt oder in die Grilde eingetretene nicht ohne weiteres in den Genuss
irgend welcher Verabredungen kommen, sondern auch darum nach-
suchen soll. Ich glaube freilich, dass dies auch noch nicht das rich-
tige ist. Es mag wol zu lesen sein statt geworffen to werven; dann
würde der passende Sinn herauskommen : wenn die (Schlachter)meister
etwas mit den Kütern zu werven haben, so soll der jüngste das thun.
Es würde sich dann etwa um Botendienste handeln, die, wie manchmal
in den Zunftrollen steht, der jüngste Gildegenosse zu leisten hat.
Dies mag aber falsch gemuthmasst sein ; aber werven heisst niemals loosen,
das ist sicher. — Vorher geht noch: die allerlest ankumpt in der
gUde, die schal der iumpen warnemen unde byr schenken. Dies nimmt
der üebersetzer (,wer zuletzt in die Versammlung kommt') so, als ob
derjenige, welcher am spätesten käme, das Amt übernehmen müsste,
die andern zu bedienen. Dies ist wol sachlich unmöglich. Denn,
wenn zB. einer der Aeltermänner oder Gildemeister zu spät käme, so
wird er sicherlich nicht das Schenkenamt, die Bedienung, zu übernehmen
gehabt haben. Es wird wol heissen sollen: der jüngste Gildebruder
soll das thun ; denn das ist nach andern Zunftrollen Handwerksgebrauch.
S. 288 : aU ir mich gebethin hat D, v, Q. zu schriben, • das habe
ich gethan, vnd habe ym geschriben, das er von iich glich noch recht
nicht vorsiage, dais ir ym bytende syt, ah umbe Capenik, Die üeber-
setzung : ,und ihm gesagt, dass Ihr ihm Gleich und Recht nicht versagt,
und Ihr ihn bätet etc.' Es heisst aber doch: dass er es nicht aus-
schlage Gleich und Recht von Euch zu nehmen, das Ihr ihm bietet.
S. 100 : weret oky dat we disse vorbenomede stede . . vorvnrechteden
. . so schollen sy dy macht hebben^ dat sy sik oder myt andren steden
eyneme herren tmleden, dy 6w ores rechtes vordedinge. üebersetzung :
V • so sollen sie das Recht haben, sich oder mit andern Städten einen
Herrn zu wählen.' Also : ik uale my eineme anderen herren heisst :
,ich wähle mir einen andern Herrn' ? Unglaublich. Hat der Üeber-
setzer vielleicht gemeint, ualen sei gleich walen und walen bedeute
»wählen'? So scheint es fast. Das heisst doch aber ins Blaue oder
ins Wilde hinein rathen. Hier liegt einfach ein Lesefehler vor. Es
niuss statt ualen heissen nalen; nalen ist ,nähern', sik nalen sich
nähern, sich anschliessen, sich zuwenden. Einen gleichen Lesefehler
finden wir S. 265, wo auerbodich (averbodich) erbötig statt anerbodich
zu lesen ist. Beiläufig sei hier erwähnt, dass diese Stelle : des wetet,
dat wy noch daghe sint auerbodig vnsern herrn to holdende vppe ener
leghelicken stede, dat vns vnse here darto also vele alse synem rade vnde
vns vnd vnserm hern vnd vnsern rade vnde vnsern vrunden duncket^
176
(äse he vns van rechtes plege ist so übersetzt ist : , Wir sind auch noch
bereit ihm an gelegener Stätte Zusammenkunft zu gewähren, mit Zu-
ziehung seiner Räthe und unserer Freunde/ Das heisst doch die
Uebersetzung sich sehr leicht machen. Augenscheinlich fehlt im Text
ein Verbum, wodurch erst der Nebensatz klar werden kann; das ote
he vns van rechtes plege ist, bleibt ganz unübersetzt. Dies ist häufiger
geschehen ; zB. heisst es S. 266 : dar gy my rede (d. i. bereits) brhk
an worden sin, während die Uebersetzung blos hat: warum ihr mir
jedoch wortbrüchig geworden seid.' Oder soll etwa rede jedoch'
heissen? S. 286 fehlt med truwen; S. 288: geboren und ungeborn;
S. 245: umme den dach ut ; S, 272: negst tukomende; S. 29: uppe
sinen ende; S. 298: mit deme dat sy vordedinghen u. so anders. Dies
sind freilich Kleinigkeiten, die oft entbehrlich sein mögen ; ihr Fehlen
characterisiert aber die Art der Arbeit.
S. 38 : weret, dat vses heren tu kort worde, so scolden sye bye
orer vrowen dun, dar sye recht an deden. Uebersetzung: ,so sollten
sie bei ihrer Frau bleiben, woran sie recht thäten.' Das ist freilich
der ungefähre, aber doch nicht der genaue Sinn. Es heisst doch:
sie sollten an ihrer Herrin (solches) thun, woran sie recht thäton,
d. h. ihr Thun gegen ihre Herrin sollte ein gerechtes sein, sie sollten
ihrer rechtmässigen Pflicht gegen ihre Herrin nachkommen. Vgl. in
derselben Urkunde weiter : doch synt stede, dye . . den hertogen gk-
huldet hebben tt ener ewyghen huldynghe, dat sye dun, dar sye recht
an dun, d. h. sie mögen (solches) thun, woran sie recht thun; das
thun, was recht ist. Die Uebersetzung hat : ,so ist das ein Thun (als
wenn dun ein Substantiv wäre und sye = is), wobei sie recht handeln.
Ich sehe davon ab, noch andere Stellen ausführlicher zu be-
sprechen. Ich will nur noch kurz auf einiges hinweisen, wo ein
Fehler klar vorliegt oder doch vermuthlich versteckt liegt.
berchvrede (S. 100) ist nicht ,Burgfriede*, was ganz etwas anderes
ist, sondern ,Berg- oder Berfried' (Thurm, Bollwerk).
mowenspange (S. 62) ist ,Arm-, Ermelspange.' ,MövenspangeS wie
die Uebersetzung hat, dürfte schwerlich jemand verstehen.
risen (S. 62) (ok en sal engeyne vrowe . . tragen göldstripede Ä
nochte gülden rysen) sind nicht , Reiser', sondern rise ist eine Art her-
abfallender Schleier im Haare befestigt, oder Haarbinde (rise, vitta,
quod crinibus innectitur. Voce.)
vordacht sin (S. 228) heisst niemals ,an etwas betheiligt sein', sondern:
ik werde vordacht heisst: man hat die Meinung von mir, dass ich etc. (su-
spectus sum), man hat mich in Verdacht, man legt mir etwa« zur Last.
badegelt, (S. 248) ist nicht ohne weiteres , Abgabe', sondern ent-
weder ,Geld zum Baden' gleich dem heutigen ,TrinkgeldeS oder an
dieser Stelle wol richtiger bodegelt, Botenlohn.
gewerff (S. 298 : dat benempt uns . . nemlich Boten zu senden . .
sulk geschaffte und notlik gewerff) heisst niemals : ,Erhebung von Ab-
gaben', sondern ,Thätigkeit, Geschäft, Gewerbe', synonym mit geschefte^
wie auch die Vocabularien haben : negotium, getverff vel geschefte.
17?
mi ligget macht an (S. 278) heisst: ich habe ein grosses Interesse
an etwas, mir liegt viel daran.
schinden (S. 279) heisst niemals ,8chänden', sondern in übertra-
gener Bedeutung stets : berauben. (Wente de ÄUmerJcischen vns puchen
Jcercken vnde herckhoue^ vnd arme Jclosterjungfrowen schinden vnde roven
d. h. Nonnenklöster ausplündern und berauben.)
node (S. 300) heisst nicht : ,nur in Noth*, sondern ,ungern', und
ist oft nichts weiter als eine gemilderte Verneinung.
dage begripen (S. 298) heisst nicht: ,eine Zusammenkunft begehren',
sondern: ,einen Tag festsetzen, bestimmen'. Die Stelle: vnd wolden
darumme van stund an to juw gereden hebben^ des vnse sone ander dage
begrepen myt den heren etc. ist nicht zu übersetzen, wie geschehen ist :
,und wollte sogleich zu euch reiten, als unser Sohn eine andere Zu-
sammenkunft begehrte etc.', sondern : ,wir würden sogleich geritten
sein, nur dass unser Sohn eine andere Zusammenkunft verabredet
(oder bestimmt) hatte.' Das des ist gleich deste: vgl. Lüb. Recht, S.
584 (ed. Hach) : Is dat eyn vnser borgher ouer meer settet syn testament
in syneme sukebedde in orkunde syner lorgher^ de he dar hebben mach^
des (nur dass) yd synt eerbare lude^ syn testament wert stede; ferner
Calenb. Urk. IX, S. 135: des stichtes man moghe ghi (die Aebtissin
von Wunstorf) wd belenen in iuwem werleken klede^ des (nur dass)
gi de Witten stuken hebben in iuwem vorderen (rechten) arm.
recht affflegen (S. 298) ist schwerlich ,Recht ableugnen', sondern
afflegen ist wol gleich afleggen, vom Recht nichts wissen wollen, von
sich schieben.
dach geven (S. 297) heisst nicht , einen Tag ansetzen', sondern
,Frist geben, befristen', z. B. he gaf eme dach 15 daghe na paschen to
komende binnen Paris. Lüb. Chr. i, 80; de voghet ne mach nemanne
dach gheven ane des sakewolden willen. Gosl. Stat. 61, 14; häufig wird
auch dach unde vrist synonym mit einander verbunden.
werk hebben (S. 291) heisst nicht: zu Stande bringen, sondern zu
thun haben, womit beschäftigt sein.
S. 302 : vnd vorboden uns dar na D.^s thusprake^ dy he meynet
to uns to hebben, thu blyuende by herren . . na ör irkentnisse, dat doch
D. nicht wolde annemen heisst nicht: ,wir bezogen uns auf die An-
sprüche .. dass wir etc.', sondern: ,wir erboten uns auf die Ansprüche
. . zu bleiben bei' (d. h. ihrem Schiedsspruch uns zu unterwerfen.)
Auf derselben Seite heisst es weiter; dat annameden wi vnd
tvolden dat ok dun; des red D. wegh, vnd het des nicht willen holden.
Das heisst nicht: ,Dies (Erbieten) nahm D. aber wieder zurück',
sondern: ,So ritt D. weg'.
maschin (S. 303) heisst: vielleicht, wahrscheinlich (== mach
scMn, -sehen, pcut-etre.)
kunte (S. 306) ist nicht: ,kundbar', sondern kunte ist meretrix,
und mit kotsenbove oder -schalle verbunden, das nicht, wie S. 296 in
Klammern bemerkt ist, , Wendenknecht' heisst, sondern ,Hurenbube*
(kotsere, mechus ; kotserinne, media, Voc. Halberst.) ist es eine häufig
Niederdeutaches Jahrbuch, in. 12
178
in Schmäh- oder Scheltbriefen vorkommende Schelte der stärksten und
ehrenrührigsten Art
Wesen (S. 296) heisst nicht: ,wissen', sondern: ,8ein'. wen wy
dar med schänden fluchtig geworden is^ dat mögen sye wesen heisst
nicht: ,0b wir da mit Schanden flüchtig geworden sind, das mögen
sie wissen', sondern : ,Wenn jemand (uy = we^ wer, jemand ; dass es
dies sein muss, sieht man aus dem Singular des Prädicates gewordm
is) flüchtig geworden ist, so mögen sie (nicht ich) das sein*.
sih underlank vorboden heisst nicht ohne weiteres ,sich besprechen',
sondern: ,8ich beschicken, sich gegenseitig Boten zusenden*.
uns unses rechtes beieggen (S. 302) heisst nicht: ,unsre Rechte
erweitern*, sondern ,beweisen, darthun (durch Zeugen, Urkunden, Eid
etc.) dass wir recht haben.'
ik sal (S. 296) juwer felich sin vnd verlise dat myne alle dage van
den yuwen heisst nicht: ,Ich soll Euch sicher sein', sondern : ,ich soll
Eurer sicher sein, vor Euch gesichert sein, von Eurer Seite Frieden
haben, und doch verliere ich etc.'
Doch mag es genug sein; ich könnte die Bemerkungen noch
vermehren, aber ich glaube schon hinreichend den Beweis gefuhrt zu
haben, dass die Bearbeitung dieser Urkunden nicht den Anforderungen
genügt, die man jetzt stellt und zu stellen berechtigt ist. Summa Sum-
marum, das schöne Aeussere des Buches steht nicht in richtigem
Verhältnis zu dem vielfach mangelhaften Innern.
Dieselbe Gesellschaft, welche die Berliner Chronik und die Ur-
kunden herausgibt, veröffentlicht auch Berliner Denkmäler; unter
andern auch den leider so verstümmelten Berliner Todtentanz. Ich
unternehme es nicht, die Lücken zu ergänzen, was meine Kräfte über-
steigt, sondern ich will nur die beigegebene Uebersetzung nebst An-
merkungen an einigen Stellen näher ins Auge fassen, um auch hier
den Beweis zu führen, dass manchmal fehlgegriffen ist.
V. 1. ,et dy broder. Ergänzt ist: (kor)et dy bruder, ,Höret den
Bruder*. Kann dy jemals den heissen? Ist dy nicht = de? wie
V. 76: ih bin dy doet? Die Ergänzung kann deshalb nicht richtig sein.
V. 19. legget dal tidebucJc snel vth iwer hant, (Der Tod zum
Küster.) tidebuk bedeutet hier nicht : das Rechnungsbuch, in das der
Küster die s. g. Zeitengelder (temporalia)^ die er einzunehmen hat,
einträgt, sondern tidebok ist der gewöhnliche Ausdruck für das Gebet-
buch (liber horarum^ sc. canonicarum). Vgl.*v. 40.
V. 44 f. wat helpet^ dat gy vele appdlyeren Gy muthen met my
an dants baniren. Uebersetzung: ,ihr müsst mit mir an den
Tanz baniren'. Dazu die Anmerkung: ^baniren kommt in dieser
Bedeutung sonst nicht vor'. Was ist denn das für eine Bedeutung?
und welche Bedeutung hat es sonst ? Darüber bleiben wir unbelehrt,
weil Text und Uebersetzung dasselbe Wort gebrauchen.
179
V. 47. Dy richter is so hoch heset'm nen man. Anm.: ^besetin
nen wohl aus Versehen getrennt = besetinnen (?) oder auch besefnen^.
Liegt ein Versehen vor, was sehr glaublich ist, so ist wol das n fälsch-
lich doppelt gesetzt und zu lesen: besetin en man. Nach so ist die
Stellung des Artikels häufig so, wo wir jetzt sagen : ein so hoch ge-
sessener Mann.
V. 80. IJc tvil iw vortreden also ik m^n (der Tod zum Prediger).
also ik man heisst wol nie : ,wie ichs meine'. Sollte nicht ik man
heissen: ,wie ich euch mahne, aufifordere?'
V. 88. Anm.: allegader ist nicht bloss niederländisch, sondern
gut niederdeutsch.
V. 106. Wente dat wat is utermafen quat, Anm. : ^wat = für
toater, wohl nur ein Flüchtigkeitsversehen des Malers'. Es ist wol
nur das für er gebräuchliche Abbreviationszeichen vergessen oder
verwischt.
V. 108. [helpt kein] wasser^ keyn krut in den garden, Ueber-
setzung: [Hilft kein] Wasser, kein Kraut in dem Garten. ,Wasser?'
Das ist durchaus unrichtig; es müsste ja water heissen. Es ist zu
lesen / . . 7 wasset (wächst) keyn krud in den garden,
V. 149. Holget mi na, Druckfehler für volget,
V. 175. [tredejt nu an vnde synget gheringe [Gy] maket fiterer?]
vor to gheringe (der Tod zum Papst). Uebersetzung : ,Tretet nun an
und singet geringe. Ihr haltet euch für zu geringe'. Hier ist ein
arger Pudel gemacht. Das erste geringe heisst, wie häufig mnd. und
mhd., schnell, rasch. Was sollte das heissen: geringe singen? Der
Tod ermahnt ja öfters die natürlicherweise Zögernden, schnell und
ohne Säumen mit ihm den Tanz zu beginnen. V. 176 ist aber völlig
verfehlt; es steht ja deutlich in dem Facsimile vorthogheringhe (Ver-
zögerung) zu lesen ; das Wort vorher, das nur noch halb zu lesen ist,
wird wol neyne sein sollen, so dass der ganze Vers lautet [unde]
maket neyne vortogeringe, macht keine Verzögerung, sondern beeilt Euch.
V. 185. [Wo] miit ik draghefn] van scharpen darne s(o)nen
krants. Der nicht recht losbare Buchstabe vor nen krantis wird ein e
sein (enen krant^). Eine Lücke ist nicht da.
V. 201. 0 githe criste. Anm. ,githe verkürzt Sixx^ githige^, Ueber-
setzung : gütige. Beides unglaublich.
V. 222. [an den dod] dachte gy nicht eine nese[n], Ueber-
setzung: ,an den Tod dachtet Ihr nicht eine Weile'. Anm.: eyne nesen
scheint eine nicht mehr gebräuchliche Redensart für unser ,eine Weile,
einen Augenblick'. Richtiger hätte der Herausgeber gesagt, sie sei
gar nicht in Gebrauch gewesen. Hat er vielleicht an den heutigen
Ausdruck ,alle Naselang' = alle Augenblicke gedacht? Es ist aber
einfach ein Lesefehler. Lies uesen statt nesen. nicht eine vesen (nicht
ein Fäserchen) ist eine von den vielen Verstärkungen der Negation
= gar nicht, durchaus nicht. Sie ist ebensogut mhd, als mnd. in
Gebrauch.
V. 268. vor gelt were gy (der Wucherer ist angeredet) van
12*
180
gudeme smacke. Uebersetzung : ,Fürs Geld hattet ihr guten Geschmack'.
Warum ist snacke in smacke geändert? Sollte nicht snack^ wie da
steht, richtig sein können ? ,Wenn es Geld zu verdienen gab, konntet
ihr gut ,8nacken', wusstet Ihr Eure Zunge zu rühren', snack ist ja
durchaus kein ungebräuchliches Wort gewesen, und im Facsimile steht
ganz deutlich snack, nicht smack; dagegen steht uere da; das wird
aber wol richtig were sein.
V. 282. mit aus für mit alle ist ein Sehreibfehler des Originals.
Dass es aber mit alle heissen muss, sieht man aus dem Eeim (tho
välle),
V. 291. Her kopmah, wat gy humen nu hastych synt. Unten in
der Anmerkung steht richtig, wie das Facsimile hat, ghumen. Es
wird darüber gesagt, es sei vermuthlich = dem plattdeutschen jümmer^
immer. Nein, das ist falsch, gummen^ wahrscheinlich contrahiert aus
giide man, wird in vertraulicher, gutmeinender (halb ironischer) An-
rede gebraucht, vgl. 323 ; ghef my^ ghumen^ dut erste tho. Stellen
über gummen habe ich im Mnd. W^örterbuche gegeben.
V. 322. Spare bannen noch myner junghen yoghet. Anm.:
fiannen kann nicht, wie Lübke und Mantels annehmen, hier = 6anwij,
sehr, genommen werden; es ist vielmehr ein plattdeutsches Wort in
der Bedeutung: anjetzt, anitzt.' So richtig die Abweisung der Be-
deutung ,sehr' hier ist, eben so unrichtig ist die Annahme der Be-
deutung : jetzt. Ich glaube nicht, dass weder früher noch jetzt harnen
im Sinne von jetzt gebraucht wird. Was dafür zu setzen ist, weiss
ich freilich nicht anzugeben.
V. 327. drugerische. Drttgersche steht im Facsimile ; es heisst
nicht: Betrüger, sondern ,Betrügerin' ; es wird die bertappefinne ge-
meint sein, die falsches Mass giebt. Vielleicht ist aber, da der erste
Buchstabe nicht recht deutlich ist, krugersche^ Wirtin, zu lesen. Der
Sache nach kommt es freilich auf eins hinaus.
V. 328. valsch taper aftreken is yo juwe se[de]. Uebersetzung:
,Falsch tapfer abziehen ist ja eure Art.' Dass taper = dapper sein
soll, wie in der Anmerkung steht, ist schwerlich richtig; dagegen
spricht auch schon die Wortstellung. Vielleicht ist tapen = tappen
,zapfen' gemeint. Aber das folgende Wort ist mir nicht klar. Dass
aftreken = aftrecken sein soll, will mir auch nicht zu Sinn. Vielleicht
ist affreken C= afrekenen) gemeint, das im Sinne von ,kürzen (bei
der Rechnung)* gebraucht wird, defalcare, demere (afdon vel afreken).
Es müsste dann etwa heissen: eine falsche Rechnung führen. Aber
überzeugend ist diese Vermuthung nicht. Vielleicht ist valsch nicht
bloss zu tappen, sondern auch zu afreken zu ziehen, das in der üb-
lichen Bedeutung ,abrechnen' gebraucht wäre. Falsch zapfen und
falsch abrechnen war stets eure Sitte.
V. 334. nim den doren in gua (denn so steht im Facsimile)
unde tappe her. Uebersetzung: ,Nimm den Thoren in Gnaden und
tappe (!) her.' Diese Uebersetzung ist gänzlich falsch. Erstlich spricht
ja ein Frauenzimmer, auf dem Bilde sieht man ja auch eine Frauen-
181
gestalt ; es kann also den doren nicht auf sie, die Sprechende, gehen,
dann müsste es ja heissen : de dorinne. Was aber in gua heissen soll,
bekenne ich nicht zu wissen. Der zweite Theil des Verses ist aber
unrichtig gelesen; der Uebersetzer hat nicht aufmerksam genug sein
Original angesehen ; es steht in demselben ganz deutlich, nicht etwa
verwischt : öer, nicht her. Also heisst es : zapfet Bier. Die Kellnerin
fordert den Tod auf, lieber ihr Bier zapfen zu helfen, als mit ihr den
(Todten)tanz zu halten. Und deshalb vermuthe ich, dass in dem ersten
Theile des Verses auch eine Aufforderung steckt, irgend ein Geräth
oder Gemäss in die Hand zu nehmen, um Bier zu schenken.
Zum Schlüsse möchte ich den Wunsch an diese Besprechung
knüpfen, dass die künftigen Publicationen der Berlinischen Gesellschaft
von grösserer Sorgfalt und Genauigkeit zeugen mögen, als diese
beiden besprochenen.
OLDENBURG, im December 1877. A. LÜbben.
Van de Scheide tot de Weichsel.
Nederduitsche Dialecten in dicht en ondicht, uitgekozen en op-
gehelderd door Joh. A. Leopold en L. Leopold. Te Groningen
bij J. B. Wolters. Erste Aflevering. 1876.
Unter obigem Titel erscheint seit 1876 unter der Leitung der
Herren Leopold ein Sammelwerk, das bestimmt ist, ästhetische Sprach-
proben aus dem ganzen Gebiete der niederdeutschen Sprache von der
Scheide bis zur Weichsel zu geben. Es hat nicht den bloss lingu-
istischen Zweck, die Verschiedenheiten der Dialecte an literarisch gleich-
gültigen Stücken den Kennern zur Anschauung zu bringen, sondern
es will allen Freunden des Niederdeutschen eine characteristische
Auswahl des Besten, was in den zahlreichen niederdeutschen Dialecten
in Poesie oder Prosa geschrieben ist, zum erquickenden Genuss vor-
legen. Und diese Absicht ist im grossen und ganzen den Heraus-
gebern auch zu erreichen gelungen. Die Auswahl ist mit Geschmack
getroffen, so dass man von den mitgetheilten Mustern sich nicht ab-
gestossen, sondern angezogen fühlt, wenn auch nicht überall, wie das
nicht anders sein kann, in gleichem Masse. Namentlich gilt dies
meiner Meinung nach von den prosaischen Stücken, wo nicht immer
Erzählungen von solcher Kürze und klassischer Vollendung zu finden
sind, wie ,dat wettloopen tusschea den swinegel un den haasen'.
Die Sammlung beginnt mit Proben aus der nördlichsten Ecke
Frankreichs, dem französischen Flandern, und ist in der achten Lie-
182
ferung bis Lüneburg vorgeschritten. Es fehlen aber, da das Werk
in zwei Abtheilungen erscheint, deren zweite Niederdeutschland be-
greift, noch mehrere niederländische Landstriche. Ob in den nieder-
ländischen Proben die Abweichungen der Dialecte unter einander
richtig angegeben sind, vermag ich nicht zu beurtheilen, da mir die
nähere Kenntnis derselben abgeht; nach den niederdeutschen Proben
zu urtheilen darf man voraussetzen, dass die Herausgeber sich keine
Verfälschungen erlaubt haben. Diese niederdeutschen Proben nemlich
geben im allgemeinen ein richtiges Bild der dialektischen Verschieden-
heiten, und wenn man gegen das eine oder andere Einspruch erheben
mag, so sind die Herausgeber doch ohne Schuld, da die Verfasser
selber, deren Erzählungen oder Gedichte mitgetheilt werden, nicht
immer die Reinheit des Dialectes bewahrt haben. So glaube ich z. B.
nicht, um Beispiele aus einer Mundart anzuführen, die ich genauer
kenne, weil ich sie selber spreche, dass es ,löwe' heisst statt ,lewe'
(dat löwe junge blot H, 89), ,teege' (Zweige) statt ,telge' (U, 90),
,neet* für ,nicht* (H, 90) u. a. Doch ist ja die Verschiedenheit oft
so gross, dass nicht bloss benachbarte Dörfer, sondern selbst Familien
in demselben Dorfe Abweichungen zeigen, die wol hauptsächlich daher
rühren, dass Vater oder Mutter oft nicht derselben Gemeinde ange-
hören und die Kinder von Vater oder Mutter ein oder das andere
Wort annehmen oder anders aussprechen als die Nachbarschaft.
Die Herausgeber haben mit Recht keine normalisirte Orthographie
angenommen, die doch keinem recht zu Danke sein würde; die Zeit
einer einheitlichen Orthographie liegt noch fern, wenn sie überhaupt
jemals eintreten wird. Anmerkungen, die zum nothwendigen Ver-
ständnisse für das grössere Publikum in aller Kürze beigegeben sind,
entbehren mit Recht alles gelehrten Prunkes ; in der ersten Abtheilung
sind sie in niederländischer Sprache geschrieben, in der zweiten in
hochdeutscher. Misverständnisse kommen allerdings vor, wenn z. B.
n, 89 Anm. 5 ,seet' als Präsens (,sitzt') aufgefasst wird, während es
doch Imperfectum (,sass') ist, oder ,zoppenkrut' (II, 95, Anm. 7) als
,Zapfenkraut, . hoU. muurkruid' erklärt wird, während es doch ,Suppen-
kraut* ist. Auch wäre wol zu II, 109 hinzuzufügen gewesen, dass auf
den Pfeilern zum Eingangsthore des Oldenburger Kirchhofes links steht:
,0 etvich is so lanc\ rechts: ,7cÄ weiss, dass mein Erlöser lebP ; ohne
diese Kenntnis versteht man nicht die Pointe des Gedichtes. Aber
diese kleinen Flecken beeinträchtigen durchaus nicht das verdienstvolle
Werk, das mit Recht zu empfehlen ist, und ich glaube im Sinne der
Herren Herausgeber zu handeln, wenn ich alle die, in deren Händen
sich Dialectproben, die zugleich ästhetischen Wert haben, befinden, oder
die solche sonst nachweisen können, freundlich bitte, sie den Herren
Leopold in Groningen zuzusenden, damit sie in ihre grosse Sammlung
aufgenommen werden können und deren Schmuck vergrössern.
OLDENBURG, Febr. 1879. A. LÜbben.
183
Bibliographisches.
I.
In einer Randleiste: Eyn chFstlyke vthlegynge | der
teyn gebodde, Des | gelouens, Vn vader | vnses, ym
Augusti|ner cloester tor | Lippe yn der | vastenjge-
preket | dorch broder Johan Wester=|maii Doctor der
hil|ligen scryft, In dem yaer | M. D: xxiiij. In 4^ bis L 2,
Am Schluss: Lippie. Anno m d xxiiij. (In der Bibl. der Akademie
zu Münster). Als Probe des Dialekts gebe ich die 10 Gebote:
„De teyn gebodde werden bescbreuen yn de boeke des vthgäges
ym XX. capittel, vnde synt gegeuen Moysi yn tvven stenen tafeln.
Dey erste tafel Moysi
Du en säst geyne ander godde hebben.
Du en säst den namen dynes goddes nycht vnnutte gebruken.
Du säst den vyerdag hylligen.
De ander tafel
Du salt dynen vader vn moder eren.
Du säst nycht doyt slaen.
Du säst nycht ebreken.
Du säst nycht stelen.
Du säst nycht valsch getuchnysse geuen wedder dynen negesten.
Du säst nicht begeren dynes negesten wyef, Knecht, Maget, Vey
edder wat syn ys.^
ELBERFELD. W. Crecelius.
■' .■!
IL
Van dem gelouen des | Morders am Crfitze. | Vnd
dat he vns thom vorbilde ge|settet ys, de böte beth jnn den ende des
le==|uendes nicht to vortogeren : sundern | dat wy vns bekeren scholen,
so I balde wy des HEREN | stemmen hören. | Thon Heb: 4, Capit. j
So latet vns nu fruchten, dat wy de thosjsage, jnthokamende tho
syner rowe ni?|cht vorsfimen, vnnde vnser | nemät na blyue etc. | Ge-
drückt tho Rostock by | Ludowich Dietz. | D. M. LXVII.
kl 8^ 16 Seiten.
Dies Buch, das sich auf der Hamburger Stadtbibliothek befindet,
scheint bisher unbekannt geblieben zu sein. Wenigstens habe ich es
in Wiechmann's ,Meklenburgs altniedersächsische Literatur* nicht
finden können.
HAMBURG. C. Walther.
In imserm Vorlage ist ferner erschienen :
Niederdeutsche Denkmäler.
Band I«
Das ©eebncli
von
Karl Koppmann.
Mit einer nautischen Einleitung
von
Arthur Brenslng«
Mit Glossar
von
Chrlstopli ü^alther«
Preis 4 Mark.
Niederdeutsche Denkmäler.
Band II.
Gerhard von Minden.
Von
W« Seelmann«
Preis: 6 Mark.
Jalirbnoli
des Vereins für niederdentsche Sprachforschang.
Jahrgang; 1875« Preis: 3 Mark.
1876. „ 4 „
EoimpiUlatt to TereiM ür BieMeDtscIie SpracbUnng.
1. Jahrgang. (Mai 1876— Hai 1877.) Preis: 2 Mark.
S. Jahrgang. (1877.) Preis: 2 Mark.
3. Jahrgang. (1878.) „ 2 „
Bremen. J. KUhtmann's Buchhandlung.
Druck von Diedr. Soltau in Norden.