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JAHKESBERICHTE
PÜE
NEUERE
DEUTSCHE LITTERÄTÜReESCHICHTE
UNTER STANDIGER MITWIRKUNG VON
J. BOLTE, W. CEEIZENACH, G. J^LLINGEK, E. ELSTER, L. GEIGER, 0. HARNACK,
A. HEUSLER, G. KAWEKAU, K. KEHRBACH, K. KOCHENDOERFFER, A. KOESTER,
E. KUEHNEMANN, RUD. LEHMANN, R. M. MEYER, V. MICHELS, F. MUNCKER,
E. NAUMANN, 0. PNIOWER, A. REIFFERSCHEID, G. ROETHE, A. SAUER,
P. SCHLENTHER, ERICH SCHMIDT, A. E. SCHOENBACH, EDW. SCHROEDER,
G. STEINHAUSEN, PH. STRAUCH, V. VALENTIN, M. VON WALDBERG, 0. F. WALZEI;,
A. VON WEILEN, H. WELTI, R. M. WERNER
HERAUSGEGEBEN
VON
JULIUS ELIAS, MAX HERRMANN, SIEGFRIED SZAMATÖLSKI.
ERSTER BAND (JAHR 1890).
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STUTTGART.
G. J. GÖSCHEN'SCHE VERLAGSHANDLUNG.
1892.
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i_7ie neue deutsche Litteratur, so reich, so blühend und mannigfaltig, nahm
sich meist überall in den Geschichtswerken wie ein steriles Feld aus, auf dem nichts
zu erbeuten war; denn hier, wo aus den Quellen unmittelbar zu forschen und zu
urteilen war, wo noch kein vermittelnder Forscher die Urteile an die Hand gab, hier
wusste sich niemand zu helfen." So schrieb Gervinus, als er im Jahre 1835 seine
„Geschichte der poetischen National -Litteratur der Deutschen" herausgab. Diese
damals nur allzu begründete Klage ist in unseren Tagen völlig gegenstandslos geworden:
deim schnell wie nur irgend eine der modernen Naturwissenschaften ist die Beschäftigung
mit der neueren deutschen Litteratur zur Wissenschaft geworden, und zumal mit der
Erfüllung des deutschen Einheitstraumes nahm sie kräftigen Aufschwung. Seit jener Zeit
ist die Gleichberechtigung dieser jüngsten Geisteswissenschaft mit anderen Gebieten der
Forschung äusserlich dadurch anerkaiuit worden, dass man für ihre Vertreter an den
Hochschulen eigene Lehrstühle errichtete. Dem entsprechend nimmt die litterarische
Bethätigung von Jahr zu Jahr an Ausdehnung zu; umfassende Darstellungen werden
unternommen, ganz besonders aber regt sich der Eifer für den Anbau der Einzelgebiete,
die durch Monographien und Quellenerneuerungen zugänglich gemacht werden.
Die selbständig gewordene Wissenschaft bedarf selbständiger Organe, um ihr
Dasein zu bekräftigen und sich ihre Entwicklung zu sichern. Nun besitzt zwar die
neuere deutsche Litteraturforschung Zeitschriften, die durch Darstellungen und einzelne
Recensionen produktiv wirken, dagegen fehlt es an der notwendigen Ergänzung, das
heisst, an einem kritisch berichtenden Organ, das über die Fortschritte auf dem
Gesamtgebiete unserer schon von dem modernen Specialisierungstrieb erfassten Wissen-
schaft periodisch unterrichtet. Der Ersatz, den das in der „Zeitschrift für deutsches
Altertum" seit längerer Zeit durch Prof. Philipp Strauch veröffentlichte „Verzeichnis
der auf dem Gebiete der neueren deutschen Litteratur erschienenen wissenschaftlichen
Publikationen" geboten hat, durfte trotz schätzenswerter Eigenschaften doch nur als
vorläufiges Auskunftsmittel betrachtet werden, wie gelegentlich schon Prof. August Sauer
für eine Erweiterung des Planes eintrat; beschränkte die Arbeit sich doch durchaus
auf eine Liste der Erscheinungen und zwar nur derjenigen, welche die Litteratur seit
Opitz betreffen. Jenem allseitig schwer empfundenen Mangel sollen endgültig die
„Jahresberichte für neuere deutsche Litteraturgeschichte" begegnen, deren ersten Band
wir hiermit vorlegen.
Verschiedene Nachbargebiete konnten ähnlich geartete Unternehmungen als
Muster gewähren. Lidessen kam doch die Mehrzahl für uns nicht in Betracht, weil die
einen sich als blosse Aneinanderreihung von Recensionen geben durften, die andern
sich im wesentlichen auf bibliographische Darstellung beschränken mussten; auch der
T*
IV
zum kleinen Teil stoffverwandte „Jahresbericht über die Erscheinungen auf dem Gebiete
der germanischen Philologie" steht als wissenschaftlicher catalogue raisonne unsem
Zielen durchaus fern. Es bUeb J. Jastrows vorzüglich organisierter „Jahresbericht für I
Geschichtswissenschaft" als wegweisendes Vorbild; darüber hinaus jedoch dürfen wir ;
eine reichere und charakteristischere Darstellung bieten, da uns nicht wie jenes
Werk der Raummangel fortwährend zur Beschränkung nötigt. So soll denn durch die
„Jahresberichte für neuere deutsche Litteraturgeschichte" in übersichtlich angeordneten
und innerhch zusammenhängenden Abschnitten festgestellt werden, welche Leistungen
nicht nur in Büchern, sondern auch in Aufsätzen, Artikeln uiid Kritiken hervorgetreten |
sind, und was sie enthalten an Neuem und Wertvollem.
Wenn man nun ferner erwägt, dass die Litteraturgeschichte auf die Teilnahme
weiter Kreise mehr rechnen kann als die übrigen Fachwissenschaften, so dürfen die
neuen Jahresberichte darauf zählen, dass sie nicht nur dem strengen Specialisten ein
Hand- und Hilfsbuch, ein Quellenwerk für jetzt und immer bilden werden, sondern
dass sie auch dem Schulmann, dem populären Schriftsteller und dem Studenten als ein
unentbehrlicher Leitfaden gelten und besonders dem gebildeten Publikum Anregung
und Genuss gewähren können. Ihnen allen wird hier alljährlich ein aus der Einzel-
forschung zusammengesetztes, lebenerfülltes Mosaikbild der deutschen Litteraturgeschichte
geboten.
Zuversichtlich hoffen wir, dass schon der erste Band den bedeutenden praktischen
Nutzen, ja die Unentbehrlichkeit des neuen Unternehmens überzeugend darthun wird.
Man wird künftighin sich nicht mehr vergeblich nach einem geeigneten Eülirer durch
das w^eitgedehnte Eorschungsfeld umsehen, in mühsamen und doch nicht vollständigen
Kollektaneen das verstreute Material zusammenstellen, nach schwer zugänglichen und
doch vielfach mangelhaften Bücherkatalogen und entlegenen Zeitschriften- und Zeitungs-
bänden greifen müssen, in denen so oft wertvolles litterarisches Gut wie vergraben
liegt. Doch über diesen Sammeldienst hinaus, der den ganzen Stoff ungeschieden auf
eine Stelle trägt, hat das neue Organ die wichtigere Aufgabe zu erfüllen, einerseits das
Wertlose als solches zu kennzeichnen und dem Arbeitenden viele unfruchtbare Mühe zu
ersparen, andrerseits in kritischem Referate das Neue und Fördernde der behandelten
Schriften und Aufsätze scharf herauszuheben.
Nicht minder zuversichtlich aber hoffen wir, dass neben dem praktischen Nutzen
für den Leser auch der ideale Nutzen für die Wissenschaft nicht ausbleiben, dass unser
receptives Organ sich in bestimmtem Sinne auch als ein produktives erweisen, dass der
Sammelpunkt früherer Forschung fort und fort den Ausgangspunkt für neue Forschung
bilden werde.
Um so hoch gesteckten Zielen zustreben zu dürfen, schien es uns unbedingt,
erforderlich, den Bericht über jedes Einzelgebiet in die Hand des zuständigen Fach-
mannes zu legen; denn nur dem wird man das Recht der Entscheidung über Gut luid
Schlecht, über Alt und Neu zuerkeinien, der sein Urteil aus der Quelle reicher und
ausgiebiger Specialkenntnisse zu schöpfen vermag. Andrerseits aber musste die
Redaktio;i bestrebt sein, auf die einheitliche Gestaltung des Gesamtbildes ganz
besonders hinzuwirken und die im Beginne unvermeidlichen formellen Unterschiede der
Berichte nach Möglichkeit auszugleichen. Unberührt blieb dagegen die innere geistige
Mannigfaltigkeit der einzelnen Teile, die allein ein vollkommen parteiloses Gesamt-
urteil anzubahnen vermag. Hieraus ergiebt sich schon, dass auch in Hinsicht auf
die Raumverteilung unbedingte Gleichheit nicht erstrebt werden kann und soll; auch
wird die verschiedene Bedeutung, welche die einzelnen Berichtsfelder für das Ganze
haben, Unterschiede im Umfang immer gerechtfertigt erscheinen lassen: Methodik etwa und
Poetik wird stets mehr Platz beanspruchen dürfen als z. B. Kulturgeschichte, selbst dann,
wenn für diesen Abschnitt das Material sich vollständiger als dieses Mal wird zusammen-
bringen lassen.
Solche Mängel der Stoffsammlung werden übrigens in Zukunft immer weniger
hervortreten, da die Eedaktion, unabhängig von der bibliographischen Thätigkeit der
einzelnen Mitarbeiter, eine systematisch durchgeführte Sammelarbeit ins Werk gesetzt
hat. Pur den vorliegenden Jalu-gang sind wir, wenigstens in Bezug auf den zweiten
Halbband, Herrn Prof. Strauch für die Ueberlassung seiner ungedruckten Bibliographie
des Jahres 1890 zu aufrichtigem Danke verpflichtet, den wir auf seinen stülen Mitarbeiter,
Herrn Dr. G. Wolff, ausdehnen.
Aber auch hinsichtlich ganzer Abschnitte hatten wir für das erste Jahr mit
Schwierigkeiten zu kämpfen. Unser Goetheteil, der überhaupt nur eine vorläufige Organi-
sation erfuhr, hat durch Gustav von Loepers Tod einen besonders schweren Verlust
erlitten, zumal Herr Prof. Ludwig Geiger nur einen raschen Ersatz bringen konnte. An
des erkrankten Karl Redlich Stelle trat Herr Prof. Erich Schmidt, um über die Lessing-
forschung der Jahre 1890/1 im zweiten Bande zu berichten. Ebenso wird Herr Dr. Heusler
im nächsten Jahre ein Doppelkapitel über Metrik liefern. Der Beitrag des Herrn Prof.
Edward Schröder über Geschichte der neuhochdeutschen Sclu-iftsprache ist nicht fertig
geworden. Unter den für das nächste Jahr vorbereiteten Veränderungen sind hervor-
zuheben die Abtrennung eines besonderen Kapitels für die Theatergeschichte des letzten
Zeitraums, das die Herren Dr. Paul Schienther und Dr. Heinrich Welti besorgen werden,
und die Übernahme eines eigenen Grillparzerberichts für die Jubiläumslitteratur diirch
Herrn Prof. August Sauer. Vor allem aber hoffen wir, dass fernerhin, nachdem Mit-
arbeiter, Redaktion und Druckerei sich dem eigenartigen Betriebe angepasst haben,
der zeitliche Abstand zwischen Erscheinungsjahr und Bericht sich mehr und mehr
verringern wird.
Die formale Gesamtanlage der Berichte, die durch einige dem Schlüsse des ganzen
Bandes angefügte Bemerkungen im einzelnen erläutert wird, läuft auf eine strenge
Scheidung des Textes und der Schriftentitel hinaus, so dass die Lektüre der Darstellung
durch keine Aeusserlichkeiten gestört wird und andrerseits die bibliogi'aphischen
Angaben in den Anmerkungen unter dem Texte abgeschlossen und in genauer Uebersicht-
lichkeit bei einander sind, Bedeutend erleichtert wird die Benutzung des Werkes ferner
durch ein jedem Jahrgang beigegebenes, in gleicher Vollständigkeit von keinem
verwandten Unternehmen gebotenes Doppelregister, das auch verstreute und doch zu
einander gehörige Porschungsresultate zusammenrückt; deutlicher vielleicht noch als das
allgemeine Lihaltsverzeichnis werden diese Listen zeigen, dass auch die Vertreter anderer
Wissenschaftsgebiete nicht selten mit Nutzen zu unseren Jahresberichten greifen werden.
Der Stoff als solcher ist in drei den grossen litterarischen Epochen entsprechende Haupt-
gruppen geteilt, die in sich wieder nach Litteraturgattungen geschiedene Untergruppen
umfassen und daneben führende Geister besonders herausheben. Voran aber stellt sich
ein allgemeiner Abschnitt, der im Anschluss an einen Bericht über Methodenlehre und
allgemeine Litteraturgeschichte die zu unseren Studien gehörigen Teil- und Grenzwissen-
schaften in acht Kapiteln behandelt: zur Geschichte der neuhochdeutschen Schriftsprache,
der Metrik und der germanischen Philologie gesellen sich Kulturgeschichte, Unterrichts-
geschichte und ein Bericht über das Schrift- und Buchwesen; das Kapitel „Poetik"
wird die ältesten und die modernsten Bestrebungen auf ästhetischem Gebiete berücksichtigen,
und ein eigener Abschnitt, betitelt „Litteratiu- in der Schule" wird eingehend und
VI
aufmerksam die Fortschritte begleiten, welche eine weite Kreise aufrührende Zeitfrage
ihrer Lösung entgegenführen.
Und so wird denn in unseren Bänden Jahr um Jahr die gesamte Geschichte
der neueren deutschen Litteratur sich aufrollen: von der Mitte des fünfzehnten Jahr-
hunderts an, da die mittelalterliche Welt abstirbt und die frische Volkstümlichkeit des
Bürgertums in Verbindung mit dem Humanismus und Gutenbergs umwälzender Kunst
die moderne Litteratur hervorbringt, bis zu unseren Tagen, da sich auch wieder wie so
manches Mal im Verlauf der Zwischenzeiten ein Neues regen will. Denn wir dürfen
mit dem Dogma brechen, dass die Torschung nur bis zum Tode Goethes führe: die
Forschung schreitet über diesen Markstein hinaus in sicheren Bahnen weiter, und ihre
Wege sind die unsrigen.
Berlin, am 18. Oktober 1892.
W. Matthäikirchstr. 4.
JULIUS ELIAS. MAX HERRMANN. SIEGFRIED SZAMATOLSKL
Inhaltsverzeichnis.
Erster Halbband.
I. Allgemeiner Teil.
1. Litteraturgeschichte. Von Dr. Max Herrmann, Privatdocent an der
Universität Berlin, und Dr. Siegfried Szamatölski in Berlin . . S. 1 — 8
Methodisches N. 1. — Studium N. 6. — Gesamtdarstellungen N. 8. — Verschiedenes N. 13. —
2. Geschichte der deutschen Philologie. Von Regierungsrat Dr.
Anton E. Schönbach, Professor an der Universität Graz ... S. 8 — 13
^Prähistorische Zeit": Schilter und Seherz N. 1; Heliandforschung N. 4. — Die Brüder Grimm: Briefwechsel mit
Benecke N. 5 ; Jakob G.s Kleinere Schriften Bd. 8 N. 6. — K. H. G. v. Meusehach N. 6a. — Lexikographie : das Deutsche Wörter-
buch N. 7; Andreas Schmeller N. 10; Verschiedenes N. 11. — Wilhelm Scherer N. 16. — Wilhelm Crecelius N. 18. — Linguistik:
August Schleieher N. 19. — Litterarhistoriker: Johannes Scherr N. 20; Julian Schmidt N. 21; Richard Gosche N. 22. —
3. Poetik und ihre Geschichte. Von Dr. Richard Maria Werner,
Professor an der Universität Lemberg S. 13 — 36
Geschichte der Poetik und Aesthetik: Sacer N. 3. — Gottsched und die Schweizer N. 4. — Gravina
N. 6. - Kant N. 11. — Schiller N. 15. — Aesthetik seit Kant N. 16. - Grillparzer N. 18. — Lotze N. 20. — Vischer N. 22.
— Deduktive Poetik: Theoretische Arbeiten N. 25. — Praktische Zwecke N. 32. — Induktive Poetik: Historisch-
psychologische Methode im allgemeinen N. 35. — Physiologie der Lyrik N. 36. — Dramatische Charaktere N. 42. — Moderne
Aesthetik und ihre Ergebnisse für die Poetik: Methode: die evolutionistische Theorie N. 57. — Aesthetik und
Naturwissenschaft N. 61. — Aesthetik und Grammatik N. 64. — Ergebnisse: Allgemeines N. 68 ; Schön und hässlich N. 70;
das ästhetische Gefallen N. 82. — Das Genie N. 84; das dichterische Schaffen N. 88. — Einzelne Begriffe: Geschmack-
voll N. 100; Stilvoll N. 101; Allgemein menschlich N. 103; AUegorisch N. 109; Tragisch N. 111; Tendenziös N. 112; Plagiat
N. 117. — Der Naturalismus N. 118. —
4. Schrift- und Buchwesen. Von Dr. Karl Kochendörffer, Kustos
an der Universitätsbibliothek Marburg S. 37 — 44
Schrift wesen: Paläographie und Verwandtes N. 1. — Stenographie N. 3. — Handschriftenkataloge N. 5. —
Autographen N. 10. — Buchwesen: Erfindung des Buchdrucks N. 15. — Buchdruckergeschichte N. 32. — Inkunabeln N. 49.
— Bibliotheken N. 53. — Bibliographie N. 75. — Buchhandel N. 90. — Bucheinband N. 105. —
5. Kulturgeschichte. Von Dr. Richard M. Meyer, Privatdocent an
der Universität Berlin S. 44^ — 54
Aufgabe. — Allgemeine Kulturgeschichte: Allgemeine Darstellungen N. 1. — Sachlich spezialisierte Ar-
beiten N. 7. — Sachlich und zeitlich spezialisierte Arbeiten N. 11. — Mythologie und Volkskunde N. 13. — Angewandte
Kulturgeschichte N. 39. — Spezielle Kulturgeschichte: Tiere und Pflanzen N. 54. — Sitten, Feste und Gebräuche
N. 59. — Lokalstudien: grössere Gebiete N. 74; Städte N. 84; geistliche Stiftungen N. 94; Stadt- und Landadel N. 100; Ein-
zelnes N. 102. — Ständisch spezialisierte Arbeiten N. 108. — Persönlichkeiten N. 119. — Schlusswort. —
6. Geschichte des Unterrichtswesens. Von Dr. Karl Kehrbach
in Berlin S. 55—66
Geschichte der Pädagogik: Gesamtdarstellungen N..1. — Methodik N. 4. — Einzelne Pädagogen und ihre
Theorien N. 7. — Diesterweg N. 31. — Prinzenerziehung N. 53. — Geschichte der Unterriohtsanstalten: Urkunden-
publikationen: Schulordnungen N. 55. — Matrikeln N. 69. — Darstellungen: Universitäten: Gesamtgeschichte N. 61;
Einzelbeiträge N. 66. — Akademien N. 73. — Gymnasien N. 74. — Volksschulen N. 90. —
7. Die Litteratur in der Schule. Von Dr. Rudolf Lehmann, Ober-
lehrer am Luisenstädtischen Gymnasium zu Berlin S. 67 — 77
Allgemeines und Methodologisches: Allgemeines über die Ziele des Unterrichts N. 1. — Methodik N. 4. —
Methodische Erläuterungsschriften N. 6. — Programme N. 8; Zeitschriften N. 14; Versammlungsberichte N. 18. — Hilfs-
mittel für den Unterricht: Lesebücher und Anthologien N. 23. — Schulausgaben N. 33. — Hilfsmittel für die Präparation
N. 77. — Leitfaden für Litteraturgeschichte und Poetik N. 80. —
VIII Iiihaltsverzeiclmis.
8. Geschichte der neuhochdeutschen Schriftsprache. Von Dr.
Edward Schröder, Professor an der Universität Marburg.
S. Bd. 2 der JBL.
9. Geschichte der Metrik. Von Dr. Andreas Heusler, Privat-
docent an der Universität Berhn.
S. Bd. 2 der JBL.
IL Von der Mitte des 15. bis zum Anfang des
17. Jahrhunderts.
1. Allgemeines. Von Dr. Max Herrmann, Privatdocent an der Uni-
versität Berlin, und Dr. Siegfried Szamatölski in Berlin . . S. 78 — 86
Allgemeine Geschichte N. 1. — Bibliographisches N. 12. — Wissenschaft und Kunst N. 17. —
2. Lyrik. Von Dr. Georg Ellin ger, Oberlehrer an der 6. Städtischen
Realschule zu Berlin S. 86 — 91
Geistliche Lyrik: Gesangbücher N. 1. — Einzelne Lieder N. 6. — Biographien: Rutilius, Sattler, Schalling
N. 10. — Meistergesang: Puschmanns Meistergesangbuch N. 13. — Biographien: Schechuer, Schilher, Schleich N. 14. —
Weltliche Lyrik: Volkslied: Gesamtcharakteristik N. 17. — Einzeluntersuchung N. 19. — Sammlungen N. 23. — Einzel-
beiträge: Reine Volkslieder N. 24; Totentanz N. 32; erzahlende Lieder N. 35; geschichtliche Lieder N. 36. — Stoifgruppen N. 38. —
Unbekannte Ausgaben N". 40. — Kunstmässige Lieder N. 43. — Gesamtbeurteilung N. 46. —
3. Epos. Von Dr. Philipp Strauch, Professor an der Universität
Tübingen S. 91—98
Heldensage: Siegfriedslied N. 1. — Höfischer Roman: FUetrer N. 3. — Geschichtliehe Dichtung: Schwabenkrieg
N. 6. — Erzählung: Rosenblüt N. 7; H. t. Sachsenheim N. 9. — Legende: Genovefa N. 12; S. Nemo N. 13. — Schwank-
bücher: Kalenberger, Peter Leu N. 15; N. Fuchs N. 16. — Reinke de Vos N. 17. — Michael Lindener N. 19. — Fischart
N. 20. — Volksbücher : Schildbürgerbuch N. 25 ; Faustsage N. 26. —
4. Drama. Von Dr. Johannes Bolte, Oberlehrer am Königstädtischen
Gymnasium zu Berlin S. 98 — 101
Allgemeines N. 1. — Mysterien N. 6. — Fastnachtspiel N. 10. — Einzelne Dramatiker: Schweiz N. 11; Hessen,
Sachsen (Lutherstücke) N. 16; Schwaben, Franken (Hans Sachs), Bayern, Württemberg N. 25; Oesterreich N. 37; Nieder-
deutschland N. 40. — Musik N. 47. —
5. Didaktik. Von Dr. Gustav Roethe, Professor an der Universität
Göttingen S. 101—108
Geistliche Didaktik: Auswahl N. 1. — Dichtungen N. 3. — Prosa N. 7. — Weltliche Didaktik; Gedichte
aus dem 15. Jh. N. 11. — Sprüche und Sprichwörter N. 14. — Satire N. 25. — Kalender, Arzneibücher, Erdbebenlitteratur
N. 35. — Loosbücher und Rätsel N. 42. — Moralisten N. 44. — Dürer N. 46. — Lereheimer N. 47. —
6. Luther. Von Dr. Gustav Kawerau, Professor an der Universität
Kiel S. 108—116
Ausgaben N. 1. — Neue Funde: Glossen zu Augustinus N. 8. — Traktate, Thesen, Predigten N. 9. —
Werke: Briefe N. 13. — Streitschriften N. 14. — Taufliturgie N. 17. — Lieder N. 18. — Thesen N. 20. — Bibelübersetzung
N. 23. — Schriftauslegung N. 29. — Katechismus N. 30. — Verhältnis zu Zeitgenossen und Zeitfragen: Fürsten
N. 33. — Humanisten N. 35. — Armen- und Gesundheitspflege N. 38. — Socialpolitik N. 41. — Bibel und Kirche N. 42. —
Gesamtbeurteilung: Angriffe im allgemeinen N. 45. — „Selbstmord" N. 66. — Abwehr N. 70. — Luther und Goethe N. 73. —
7. Reformationslitteratur. Von Dr. Victor Michels in Göttingen S. 117 — 121
Allgemeineres: Gesamtdarstellungen N. 1. — Unterströmungon N. 9. — Lokal Umgrenztes: Nürnberg
Wertheim u. a. N. 20. — Preussen N. 34. — Darstellungen unter litterarisehen Gesichtspunkten: Katechismus-
litteratur N. 35. — Der christliche Ritter N. 37. — Einzelne Wortführer: Protestanten: Melanchthon N. 38; Zwingli und
Oekolampadius N. 45; Mathesins N. 47; Bugenhagen N. 50; Rothmann, Andreae u. a. N. 56. — Katholiken: Murner N. 66;
Eraser N. 69; Wimpina N. 71; Cochlaous N. 73. —
8. Humanisten und Neulateiner. Von Dr. Max Herrmann, Privat-
docent an der Universität Berlin, und Dr. Siegfried Szamatölski
in Berlin S. 121—136
Allgemeines: Lokale Gesichtspunkte N. 2; Leben N. 5; Wissenschaft N. 6. — Erasmus N. 20. — Reuchlin N. 21.
- Kutten N. 24. — Lyrik N. 30. — Epos N. 41. — Drama N. 48. — Didaktik N. 55. —
I
Inhaltsverzeichnis. IX
Zweiter Kalbbaud.
III. Vom Anfang" des 17. bis zur Mitte des 18. Jahrhunderts.
1. Allgemeines. Von Dr. Alexander Reifferscheid, Professor an der
Universität Greifswald S. 1 — 8
Politische und wirtschaftliche Verhältnisse N. 1. — Geistesleben N. 6. — Gesellschaftliche Zustände: Gespräch-
spiele N. 8; die Frauen N. 9. — Poetischer Stil N. 12. —
2. Lyrik. Von Dr. Max Freiherrn von Waldberg, Professor an der
Universität Heidelberg S. 8 — 15
Bibliographisches N. 1. — Aelteres Volkslied: Fortleben N. 2. — Uebergang in das Kunstlied N. 20. — Kuust-
dichtung der Renaissancelyriker: Opitz N. 26. — Fleming N. 28. — Simon Dach N. 33. — Andreas Tscherning N. 34.
— Petrus Mederu3 N. 35. — J. Eist und Georg Strube N. 36. — Georg Greflinger N. 39. — H. H. Scher N. 40. — David
Schirmer N. 41. — W. Seherifer v. SeherfFeustein N. 42. — Ph. v. Zeaen N. 43. — J. H. Schein N. 44. — Schwieger N. 45.
— Antike Motive N. 46. — G. W. Saeer N. 47. — Geistliche Lyrik: Christoph Jäger N. 48. — M. Rinckhart N. 49. —
Paul Gerhard N. 51. — Friedrich Spee N. 52. — M. Schirmer, J. H. Schellenbauer, G. B. Scharff, ,1. Schaitberger und J. G.
Schärft" N. 53. — J. L. v. Caprivi N. 58. — Die zweite schlesische Schule und ihre Gegner: Graf Hrandis N. 60.
— Ch. Günther N. 61. — J. S. Scholze (Sperontes) N. 62. — Das Volkslied im 17. und beginnenden 18. Jh.: Jahr-
marktslied N. 63. — Historische Lieder N. 64. — Volkslieder vom Doktor Faust N. 65. —
3. Epos. Von Dr. Julius Elias in Berlin S. 15—18
Zur Amadis-Litteratur N. 1. — Der Romeo und Julia-Stoff N. 2. — Flugblätter N. 4. — Simplicius Simplieissimus,
Herzog Anton Ulrich, Sibylla Ursula von Braunschweig N. 8. — Georg Strube N. 10. —
4. Drama. Von Dr. Wilhelm Creizenach, Professor an der Universität
Krakau S. 18—25
Biblisches Drama und Totentanz N. 1. — Englische Komödianten und Hamlet in Deutsehland N. 4. — Opitz als
Dramatiker N. 7. — Aufführungen in Königsberg, Dresden und Bern N. 9. — Christian Reuter N. 16. — Hallmann N. 17. —
Frisch N. 18. — Theatergeschichte einzelner Städte: Rostock und Stuttgart N. 19. — Hamburger Oper N. 21. — Beziehungen
zum Ausland N. 23. — Volksschauspiel vom Doktor Faust und Puppenkomödien N. 26. — Komische Figur N. 32. — Ober-
ammergauer Passionsspiel N. 37a. —
5. Didaktik. Von Dr. Julius Elias in Berlin S. 25—32
Religiöse Bestrebungen: Leibniz und Antoinette Bourignon N. 1. — Zinzendorf N. 2. — Sprachgesell-
schaften: Zesen N. 7. — Pegnesischer Blumenorden N. 8. — Satiriker: Moscherosch N. 10. — Lauremberg N. 12. —
Schupp N. 13. — Abraham a St. Clara N. 15. — Streit der drei Brüder N. 19. — Nicotianische Policei N. 20. — Epigramma-
tiker: Grob N. 23. — Wernicke N. 24. — Verschiedenes: Sprichwörter N. 25. — Anekdoten N. 30. — Reisebiicher N. 31. —
IV. Von der Mitte des 18. Jahrhunderts bis zur Gegenwart.
1. Allgemeines. Von Dr. Gustav Roethe, Professor an der Uni-
versität Göttingen S. 33 — 54
Allgemeines: Litteraturgeschichte N. 1. — Moderne Belletristik N. 4. — Anthologien N. 8. — Politische
Geschichte N. 10. — Geschichte geistiger Strömungen: Allgemeines N. 15; NationalgefUhl N. 22; Philosophie N. 27;
Religiöses N. 32. — Einzeldarstellung und Einzelf ors chuug: Methodische Bemerkungen N. 34. — Gesammelte
Aufsätze N. 39. — Quellen: Autographen und Handschriften N. 44; Briefwechsel N. 49; Selbstbiographien N. 56. — Lokale
Litteraturgesehishte : Oesterreich und Wien N. 64; SUddeutschland und Schweiz N. 67; Norddeutschland N. 71; Berlin
N. 77, Juden N. 80. — Zeitungen: Allgemeines N. 85; Biographien von Publizisten N. 90. — Friedrich der Grosse N. 96. —
Beziehungen zu fremden Litteraturen: Antike N. 108; Franzosen N. 109; Engländer N. 123; Dänen N. 128; Ungarn N. 129. —
2. Lyrik. Von Dr. Richard Maria Werner, Professor an der Uni-
versität Lemberg S. 55 — 74
Anakreontik N. 1. — Uz N. 4. — Gleim N. 5. — Ewald N. 7. — Chr. E. v. Kleist N. 8. — Karsch N. 12. —
G. D. Hartmann N. 16. — Bernold N. 17. - Claudius N. 20. — Bürger N 30. — Schubart N. 40. — Matthisson N. 48. —
Sammlungen N. 53. — Hebel N. 57. — Körner, Schenkendorf, Arndt, Folien N. 61. — Kerner N. 76. - Mörike N. 80. —
Chamisso N. 91. — Gaudy N. 97. — Rückert N. 99. — Platen N. 125. — Schack N. 126. — Freiligrath N. 128. — Lenau N. 136.
— Grillparzer N. 141. — Zedlitz N. 143. — Anastasius Grün N. 150. — Leitner N. 156. — Frankl N. 163. — Feuchtersieben
N. 168. — J. Mauthner N. 170. — Wickenburg N. 172. — Tiroler Dichtung N. 173. — Gilm N. 179. — Pichler N. 182. —
Droste-Hülshoff N. 184. — Spitta N. 190. — Gerok N. 199. — Hoffmann von Fallersieben N. 208. — Schneckenburger N. 215a.
— Cornelius N. 216. — Scheftel N. 217. — A. Stöber N. 220. — F. Th. Vischer N. 223. — Richard Leander N. 224. — Greif
N. 227. — Klaus Groth N. 229. — Lingg, Träger, Liliencron N. 231. — Volkslied N. 235. —
3. Epos. Von Dr. Oscar F. Walzel in Wien S. 75—82
Allgemeine Darstellungen N. 1. — Geliert N. 7. — Klinger N. 9. — Schlenkert N. 12. — Bürger N. 13. —
Heinse N. 17. — Voss N. 21. - Meyern N. 27. — Jean Paul N. 28. — H. v. Kleist N. 40. — Schilling N. 48. — E. T. A. Hoffmann
N. 49. — Hegner N 53. - Ch. v. Schmidt N. 62. — Hauff N. 66. — Folien N. 76. — Rückert N. 83. — Gotthelf, Auerbach
Schirges N. 88. - Ferdinand Schmidt N. 92. — Holtei N. 94. — Scheffel N. 96. - Keller N. 99. — Scherr N. 103. —
Meissner 104. — Schlichtkrull, Wildermuth N. 109. — Reuter N. 112. — Schirmer N. 120. — Hamerling, Heller N. 121.
— Winterfeld, Schindler N. 130. — Soheurlin, H. v. Schmidt N. 132. — Schack N. 134. — Heyse, Ebner - Eschenbach,
Fontuno N. 135. —
X Inhaltsverzeichnis.
4. Drama. Von Dr. Alexander von Weilen, Privatdocent an der
Universität Wien S. 82—95
Geschichte des Dramas: Gottsched und seine Zeit: J. E. Schlegel N. 1; Hamburgische Dramatiker N. 6. —
Sturm und Drang: Gemmingen N. 8; Leisewitz N. 10; Gotter N. 12; Lenz N. 14; H. F. Möller und Schink N. 15. — Shake-
speare in Deutschland N. 17. — Heimich von Kleist N. 22. — Iramermann, Grabbe, Schenk, Pocci, J. von Voss, Eochlitz,
Kotzebue N. 43. — Neuere Zeit: Dingelstedt, Schauffert, Rüge, Ludwig, Wehl, Puttlitz u. a. N. 68. — Oesterreichische
Dramatiker: Wiener Volksbühne, Hensler N. 34; Raimund, Nestroy N. 97; Schreyvogol, Halm u. a. N. 108; Grillparzer N. 111;
Hebbel N. 130; Bauernfeld, Anzengruber N. 135. — Musikalisches Drama N. 139. — Puppenspiel und Volksschauspiel N. 143.
— Theatergeschichte: Allgemeines N. 151; Schröder, Ackermann, F. L. W. Meyer N. 106; Hamburg N. 170; Mannheim
N. 173; Köln N. 174; Berlin N. 175; München N. 184; Wien usw. N. 191. — Dramaturgisches N. 203. —
5. Theatergeschichte. Von Dr. Paul Schienther, Redakteur der
Vossischen Zeitung in Berlin, und Dr. Heinrich Welti in Berlin.
Vgl. Bd. 2 der JBL.
6. Didaktik. Von Dr. Eugen Kühnemann in Berlin , . S. 95 — 105
■ Zeit des Rationalismus: Haller N. 1; Mendelssohn N. 2; Kampf für die Juden N. 13; Abbt N. 15; Nicolai und
Gerstenberg N. 16; Westenrieder N. 18; Creuz N. 20. — Pädagogik: Kant N. 21; Philantropinismus : Basedow, Salzmann N. 24 ;
Pestalozzi N. 32. — Uebergangszeit: Förster N. 40: Lichtenberg N, 44; Moritz N. 49; F. L. W. Meyer N 51. — Die neue
deutsche Bildung: Kant und Schiller N. 52; F. A. Wolf N. 54; W. v. Humboldt N. 55; Joh. v. Müller N. 59. — Bewegungen
unseres Jahrhunderts: Geschichtsphilosophie N. 61; Politik: König, Kolb N. 73. —
7. Klopstock. Von Dr. Pranz Muncker, Professor an der Universität
München S. 106—107
Biographie N. 1. — Verhältnis zur Musik N. 6. — Odenpoesie N. 7. —
8. Wieland. Von Dr. Pranz Muncker, Professor an der Universität
München S. 107—109
Neue Funde: Gedichte N. 1; Autocharakteristik N. 2; Briefe N. 5. — Ausgaben N. 12. — Forschung: Geron
N. 16; Nachlass des Diogenes N. 17. —
9. L es sing. Von Dr. Erich Schmidt, Professor an der Universität
Berlin.
Vgl. Bd. 2 der JBL.
10. Herder. Von Dr. Ernst Naumann, Oberlehrer am Priedrich-
Wilhelms-Gymnasium zu Berlin S. 109 — 111
Biographisches N. 1. — Geistesleben: Humanitätsprinzip N. 3; Verhältnis zum Schulwesen N. 5; germanistische
Studien N. 6. — Werke: Predigt N. 9; neue Funde N. 10. —
11. Goethe.
a. Allgemeines. Von Dr. Ludwig Geiger, Professor an der
Universität Berlin S. 111—116
Goethe: Stellung in der Weltlitteratur und im geistigen Leben unserer Zeit N. 1. — Verhältnis zur Philosophie
und Pädagogik N. 11; zur Bibel N. 18; zu den Juden N. 20; zur Politik N. 24; zur Renaissance N. 26; zur bildenden Kunst
und zu Künstlern (.Goethebildnisse) N. 27; zur Musik N. 40; zum Ausland N. 44. — Goethewissenschaft und Goethe-
verehrung: Ausland N. 50. — Goethegesellschaft (Archiv, Museum, Goethehaus) N. 55. — Sammelwerke N. 66. — Ausgaben
N. 73. — Denkmale, Feste usw. N. 81. — Komposition N. 92. —
b. Leben. Von Dr. Ludwig Geiger, Professor an der Uni-
versität Berlin S. 116—122
Vorbemerkung. — Autobiographisches: Dichtung und Wahrheit N. 1. — Campagne in Frankreich N. 14. —
Tagebücher N. 15. — Briefe N. 18. — Biographie: Gesamtdarstellungen N. 35. — Biogniphisclie Einzelheiten N. 38. —
Familie N. 62. — Frauen N. 84. — Beziehungen zu Zeitgenossen N. 91. —
c. Lyrik. Von Dr. Otto Pniower in Berlin S. 122—128
Ausgaben N. 1. — Neue Funde: An das Klavier N. 3. — Ghasel auf den Eilfcr N. 4. — Vierzeiler für Rosine
Htftdel N. 5. — Strassburger Zeit: Sesenhoim N. 8. — Hoidenröslein N. 11. — Frankfurter Zeit: Mädchens Held N. 15.
— An Schwager Kronos N. 16. — Herbstgefllhl N. 19. — Weimarer Zeit: Ilmenau N. 21. — Zueignung N. 21a. — Die
Braut von Korinth N. 22. — Sehnsucht N. 23. — Sonette N. 24. — Schweizerliod N. 25. — West-Östlicher Divan N. 27. —
Zwischen beiden Welten N. 30. —
d. Epos. Von Dr. Ludwig Geiger, Professor an der Universität
Berlin S. 128—130
Epen in Versen: Reineke Fuchs N. — AchiUeis N. 3. — Hermann und Dorothea N. 4. — Prosaerzählung:
Werther N. 16. — Kleinere Erzählungen N. 21. — Romane: Allgemeines N. 22; Wahlverwandtschaften N. 23; Wilhelm
Meister N. 25. —
Inhaltsverzeichnis. XI
e. Drama. Von Dr. Erich Schmidt, Professor an der Uni-
versität Berhn S. 131—138
Ausgaben N. 1. — Laune des Vorliebten N. 2. — Menteur N. 3. — Shakespeare N. 4. — Götz von Berlichingon
N. <>. — Clavigo N. 13. — Hanswursts Hochzeit N. 14. — Stella N. 14b. — Egmont N. 15. — Iphigenie in Delphi und Nausikaa
N. 17. — Iphigenie in Tauris N. 18. — Tasse N. 28. — Opern, Grosskophta, Natürliche Tochter, Pandora N. 29a. — Ueber-
setzungen und Gelegeuheitsstücke N. 31a. — Faust: Allgemeines N. 32; Urfaust N. 41; Fragment N. 43; erster Teil N. 45;
zweiter Teil N. 54. —
f. Didaktik. Von Dr. Otto Harnack in Rom S. 138—141
Philosophie N. 1. — Bibel und Luther N. 6. — Ethische Ansichten N. 9. — Sprüche in Prosa N. 12. — Litteratur-
und Kunstbetrachtung N. 14. — Naturforschung N. 19. —
12. Schiller. Von Dr. Albert Köster, Professor an der Universität
Marburg S. 141—151
Biographisches: Vollständige Biographien N. 1. — Einzelbeiträge: Jugendzeit N. 5; Mannheimer Jahre N. 7;
Aufenthalt in .Jena N. 9; Verkehr mit Zeitgenossen N. 30. — Briefwechsel N. 37. — Werke: Gesamtausgaben N. 47. —
Prosascliriften: Recensionen, historische, philosophische Abhandlungen N. 52 — Gedichte: Allgemeines N. 60; Einzelnes: Don
Juan und Rosaraunde, Gang nach dem Eisenhammer, Lied von der Glocke, (Guckkastenmaiin,) Hero und Leander, Kampf mit
dem Drachen, (Auf J. S. Kerner,) Künstler, Orpheus, Spaziergang N. 68. — Dramen: Räuber N. 87; Fiesco N. 93; Kabale und
Liebe N. 96; Don Carlos N. 99; Wallenstein N. 106; Jungfrau von Orleans N. 114; Teil N. 131; Uebersetzungon und Entwürfe:
Martinuzzi, Demetrius, Braut der Hölle N. 142. — Verschiedenes N. 155. —
13. Romantik. Von Dr. Oscar F. Walzel in Wien S. 151—158
Allgemeines N. 1. — Aeltere Romantik: Schlegelscher Kreis: Friedrich Schlegel N. 5; August Wilhelm
Schlegel N. 10; Schelling N. 13; Caroline Schlegel, Dorothea Schlegel und Philipp Veit N. 15. — Savigny N. 20. — Tieck
N. 22. — Schleiermacher N. 25. — Hölderlin N. 30. — Jüngere Romantik: Heidelberger Kreis: Arnim N. 32; Brentano
N. 40; Zimmer N. 42. — Schwaben: Uhland N. 43; Waibliuger N. 48. — Norddeutsche: Ernst Schulze N. 62; Charlotte Stieglitz
N. 59; Eichendorff N. 64. — Schlippenbach N. 69. —
14. Das junge Deutschland. Von Dr. Ernst Elster, Professor an
der Universität Leipzig S. 158 — 167
Allgemeines N. 1. — Heine: Gesamtcharakteristik N. 6: Sarkasmus, Verhältnis zur Religion N. 10;
Verskunst N. 13. — Loben: Einzelnes N. 14; Briefe N. 25; Verhältnis zu Spitta, zu den schwäbischen Dichtern N. 27. —
Werke: Ausgaben N. 29; Uebersetzangen N. 37 ; Untersuchungen (Heimkehr, Im wunderschönen Monat Mai, Bimini) N 41. —
Börne N. 45. — Gutzkow N. 49. — Kühne N. 50. — Dingelstedt N. 53. —
Autorenregister S. 168 — 175
Sachregister S. 175—191
Verlegerregister • S. 191 — 193
Siglenregister S. 194—196
Bemerkungen für den Gebrauch S. 196
JAHRESBERICHTE
FUB
NEUERE
DEUTSCHE LITTER ATURGESCHICHTE
(JAHR 1890.)
ERSTER HARBBAND.
I. A.11 gemeiner Teil.
1,1
Litteraturgeschichte.
Max Herrmann und Siegfried Szamatolski.
Methodisches N. 1. — Studium N. 6. — Gesamtdarstellungen N. 8. — Verschiedenes N. 13. —
Die immer weiter sich ausdehnende Thätigkeit auf dem Gebiet der Litteratur-
geschichte fülirte naturgemäss zu einer Vertiefung in die Prinzipien dieser Wissenschaft.
So zeigt schon das erste Berichtsjahr die Anfänge einer regen Erörterung methodischer
Fragen. Ein Stück von einem Rechenschaftsbericht über die Thätigkeit des Litterar-
historikers liefert Eugen Wolff^); er hat freilich in dem Titel „Das Wesen wissen-
schaftlicher Litteratiu'betrachtung" einen viel zu stolzen Namen gewählt. Seine Arbeit
ist in ihrer Anlage polemischer Art: der V£ schlägt seine Schlachten gegen die Ver-
treter der übrigen Wissenschaftsgebiete und gegen das „gebildete" Publikum, um die
Litteraturgeschichte einerseits gegen den Vorwurf der Unwissenschaftlichkeit, andrer-
seits gegen die Beschuldigimg zu verteidigen, dass sie die unbefangene Freude an der
Dichtiing zerstöre. So ist die Schrift nicht sowohl für den Litterar historiker als für
den Nichtlitterarhistoriker berechnet, vnid die Folge davon ist, dass von den beiden
Zweigen, in welche die theoretische Betrachtung einer Wissenschaft sich teilt, der En-
cyklopädie und der Methodologie, hier nur die erstere in Betracht gezogen wird: nur
das Was, nicht das Wie, nur die Probleme, nicht die Mittel zu ihrer Lösung können
den Nichtfachmann interessieren. Von dieser Beschränkung abgesehen meint W. nun
wohl eine ideale Wissenschaftstheorie aufzustellen, die für immer Gültigkeit haben soll ;
in Wahrheit liefert auch er, ohne es selbst zu wissen, dem Zug der Zeit zur Induktion
seinen Tribut und giebt nur eine Darstellung des gegenwärtigen Betriebes der Litteratur-
geschichte. Auf diese Weise verliert die Schrift freilich, so wie sie der Vf. aufgefasst
haben will, bedeutend an Wert: denn die Geschichte unsrer Wissenschaft ist noch viel
zu klein, um einigermassen genügendes Matei'ial für eine normative Theorie induktiver
Art zu bieten, und schwerlich z. B. wird das Wesen wissenschaftlicher Litteraturbetrach-
tung sich für alle Zeit, wie es hier geschieht, darauf beschränken, dass das ein-
zelne Litteraturwerk zergliedert und eingeordnet wird. Auf der andern Seite gewinnt
die Arbeit durch diese Eigentümlichkeit ein eigenes zeitgeschichtliches Literesse: sie
giebt nüchtern und korrekt ein unverdächtiges Bild des gegenwärtigen Durchschnitts-
betriebes unserer Wissenschaft, einen Reisebericht über das behagliche Treiben in ge-
wohnten Fahrwassem, in denen so selten jemand zu neuem und eigenem Kurse sich
aufrafft. Philologisch, historisch und „ästhetisch" hat, so erklärt W. , der Litterar-
historiker das einzelne Litteraturwerk zu untersuchen, — von diesen drei idealen For-
derungen entzieht W. dann wirklichkeitsgetreu den ästhetischen Gesichtspunkt der
eigentlichen Besprechung; mit ein paar allgemeinen Andeutungen, die ganz unorganisch
zwischen historische Gesichtspunkte untergeordneter Art eingestreut sind, ist nichts an-
zufangen. Der moderne Litterarhistoriker ist zunächst Philolog, im engeren Sinn:
er übt Textkritik und Quellenkritik, d. h. er spürt nach einer möglichst ursprüng-
lichen Fassung eines Werkes, er untersucht die Zuverlässigkeit zeitgenössischer
Angaben und Urteile, die sich auf das Werk beziehen, und bedenkt vor allem, dass es
der Sieger ist, der die Geschichte schreibt. Die alsdann einsetzende Hauptthätigkeit'
des Litteraturforschers, die liistorische, bezweckt, die Entstehung des einzelnen Litteratur-
denkmals zu untersuchen und zunächst diejenigen Momente zu erkennen, die der Dichter
überkommen hat. Hier spricht W. von der Quellenuntersuchung, indem auch er sich
zum Wortführer der jetzt bereits überall verkündeten Reaktion gegen die auf diesem
Gebiete geübte, leider wohl unvermeidliche Planlosigkeit macht und dafür ent-
I) Eugen Wolff, D. Wesen wissenschaftlicher Litteraturhotrai-htung. Kiel u. Leipzig, Lipsius & Tischer.
Jl'.L. I. 1
2 1,1: Herrmann und Szamatölski, Litteraturgeschichte.
schlossenerer Ausdehnung auf das Feld der Nachbarkünste und auf das Gebiet der in-
direkten Quellen das Wort redet, unter denen er besonders die litterarische Tradition
allgemeiner Art und den Geist der Zeit, den gesamten in die Entstehung des Werkes
hineinspielenden Kulturzustand, namhaft macht. Bei der Besprechung des zweiten Teiles
der historischen Forschung, der diejenigen Momente aussondern soll, die der Dichter
aus eigenen Mitteln hinzugethan hat, spielt dann auch das Schlagwort „Psychologisch"
eine Rolle; aber freilich weiss W. genau so wie die Mehrzahl der Litterarhistoriker
noch nichts Rechtes damit anzufangen. Einmal soll der Forscher sich fragen: „aus
welcher Ursache. und zu welchem Zweck hat der Dichter sein Werk geschaffen?", ferner
soll er das Leben des Dichters zur Erläuterung seiner Poesie heranziehen und umge-
kehrt; aber zu wenig seien bisher z. B. die Gesetze der Vererbung klar, als dass man
mit Taine aus Rasse, Sphäre und Zeitgeist das Wesen des Schriftstellers mit Sicher-
heit ableiten könne, und die deutsche Litteraturforschung gehe daher eher einen um-
gekehrten Weg. Neben allerhand Einzelheiten (lüer kommen zumal Scherersche Finger-
zeige zu ihrem Recht) wird dann besonders die Notwendigkeit betont, den Charakter
des Dichters zu untersuchen, der dem Charakter seiner Dichtung durchaus analog sei;
zur Erkenntnis des dichterischen Seelenlebens müsse der Forscher mit einem eigenen
reichen Seelenleben, mit Selbstbekenntnissen des Dichters, Tagebüchern, Briefen usw.,
und mit einer möglichst intimen Kenntnis der Lebensumstände ausgerüstet sein, in denen
sich der Dichter bei der Abfassung des untersuchten Werkes befand. Endlich ist fest-
zustellen, welche Wirkung dieses Werk auf Kritik, Publikum und Litteratur geübt
hat. An die Thätigkeit des Litteraturgeschichtsforschers schHesst sich die des Litteratur-
geschichtsschreibers ; W. erörtert sie, indem er darüber handelt, ob Anmerkungen usw.
zweckmässiger unter oder hinter den Text gestellt werden. Den Schluss der Schrift
bildet eine Auseinandersetzung über die Abgrenzung der deutschen Litteraturgeschichte
gegen die Weltlitteratur und die Litteratur der Gegenwart einerseits, der gesamten
Litteraturgeschichte gegen die übrigen historischen Fächer andrerseits; nach des Vf.
Ansicht steht unter diesen die Sprachgeschichte der Litteraturgeschichte innerlicli be-
sonders fern. —
Einige theoretische Gesichtspunkte erörtert auch Pniower^) in seinem Ver-
such, „alte" und „neue" Litteraturgeschichte, nach dem verlockenden Vorgange der „neuen"
Rechtswissenschaft, scharf einschneidend gegen einander zu charakterisieren. Der „alten"
Litteraturgeschichte erkennt P. vor allem das eine Bestreben zu, den geistigen Gehalt
der Dichtungen klarzulegen, die sittliche Litention des Dichters festzustellen, die Idee
seines Werkes herauszuschälen. Dabei seien die künstlerischen Momente wie auch die
geschichtlichen Beziehungen, insbesondere der Zusammenhang mit unbedeutenderen
Werken, vernachlässigt worden. Den Umschwung zur „neuen" Litteraturgeschichte leitet
P. aus dem Einfluss der klassischen Philologie und der Naturwissenschaften her: jene
habe durch Männer wie Karl Lachmann und Otto Jahn gelehrt, die Gegenstände der
Untersuchung nach den verschiedensten Seiten zu beleuchten und dadurch eine Feinheit
der Methode auszubilden, mit der man aus bisher unbeachteten Dingen fruchtbare Er-
gebnisse gewinnen könne. Von den Naturwissenschaften her sei die Frage nach der
Entstehung der dichterischen Produkte gekommen, die man nunmehr nach dem Muster
der chemischen Analyse durch die Erforschung der Motive erledige. Auch die Prüfung
der Kunstmittel soll erst nach dem Muster naturwissenschaftlicher Analysen unternommen
worden sein. Als Meister des fast fertigen .Baues einer solchen „neuen" Litteratur-
geschichte macht der Vf Goedeke, Scherer und Erich Schmidt namhaft. Für die „alte"
Litteraturgeschichte muss man sich selbst die Namen suchen: neben den Rosenkranz,
Vischer doch auch die Lessing, Herder, Goethe, Schiller, Humboldt und endlich die
Gervinus und Hettner. Der blosse Klang dieser Namen erinnert daran, dass die angeb-
lichen Merkmale der „neuen" Litteraturgeschichte durchaus nicht so neu sind inid an-
drerseits die wirkliche neue Litteraturgeschichte sich weit zahlreichere und grössere
Aufgaben stellt. Ein gründlicher historischer Ueberbhck wie der von Erich Schmidt in
seiner Wiener Antrittsrede hat das längst dargethan und auch dankbar anerkannt, wie
die letzte Epoche mit allen früheren in innigem Zusammenhang steht. — Will man ein-
mal mit ungefügen Schlagwörtern eine Scheidung der Epochen vornehmen, so wird man
von den eben zuletzt genannten Namen avisgehen müssen. Hierzu kam in einer Be-
trachtung über die Beziehungen der Litteratvirgeschichte zur Kulturgeschichte natur-
gemäss Groth^), der sich dabei auf ein Wort LermoliefFs beruft: „Man benutzte zuerst
die Kunstwerke in der Wissenschaft als Illustration für jeweilige ästhetische Theorien,
dann als unterhaltendes Bilderbuch der Kulturgeschichte, schliesslich zur Kunstwissen-
schaft als exakter Wissenschaft." Eine ähnHche Entwicklung zeige sich in der Litteratur-
geschichte. Die dogmatisch-ästhetische oder die rein moralisierende Betrachtiingsweise
24 8. M. 0,80. — 2) 0. Pniower, D. neue Litteruturgesch. : FrB. 1, S. 289— 92. — 3) E. Groth, Kulturgesch. u. Litteratur-
1,1: Herrmann und Szamatolski, Litteraturgeschichte. 3
ging in iiiiserm Jli. zur kultvirgeschichtlichen über, gegenwärtig liat sie in Deutscliland
überwiegend eine philologische Richtung, in Frankreich eine positivistische und
psychologische eingeschlagen. Für Deutschland gesteht der Vf. Gervinus und Hettner
das Verdienst zu, eine tiefer gehende Betrachtungsweise eingeführt zu haben, indem
sie die politischen und kulturgeschichtKchen Voraussetzungen für das geistige Leben
eines bestimmten Zeitabschnittes zu ergründen suchten, über dem Kunstwerke nicht
den Künstler vergassen, den Werdegang des Genies bis in die geheimsten Trieb-
federn verfolgten und die litterarischen Strömungen nicht nach dem alten klassischen
Fahrwasser beurteilten, priesen oder verdammten, sondern in deren Eigentümlichkeiten
die notwendige Folge einer beständig wechselnden Kunst- und Lebensauffassung er-
kannten. Bei seinen Ausführungen über dies Verhältnis der Litteraturgeschichte zur
Kultiirgeschichte geht G. von dem Satz des neuerdings in Deutschland mehrfach ge-
nannteii französischen Kritikers Emile Hennequin aus: „Une htterature exprime une
nation, non parce qua celle-ci l'a produite, mais parce que celle-ci l'a adoptee et ad-
miree, s'y est complue et reconnue." G. hält es für unmöglich, von einer Htterarischen
Strömung, einer Dichtung oder einem Kunstwerk auf den allgemeinen Charakter und
die herrschenden Kulturverhältnisse eines ganzen Zeitabschnittes einen sicheren Rück-
schluss zu ziehen. Wenngleich er den Positivisten ausdrücklich die Bedeutsamkeit der
Rasse, der Vererbxing und des Milieu zugesteht, betont er doch den schöpferischen
Trieb, die neugestaltende Kraft, das grosse Geheimnis der Persönlichkeit als das Merk-
mal, das den Dichter aus dem Rahmen und den herrschenden Anschauungen seiner Zeit
heraushebt. Nicht aus den unsterblichen Werken grosser Geister sollen die wechselnden
Bilder der einzelnen kulturgeschichtlichen Perioden konstruiert werden, sondern aus den
vorübergehenden Erzeugnissen des Zeitgeschmackes, aus den Tendenzwerken und Kritiken,
aus den Streitschriften und Satiren, aus den Machwerken der litterarischen Klopffechter
und Modegötzen. Li den verschollenen Litteraturwerken liegt also das eigentliche
Arbeitsfeld des Kulturhistorikers. — Dieselbe Grenzwissenschaft ist es, die Lemmer-
mayer^) in seiner Philippika gegen die moderne Litteraturgeschichte als Allheilmittel
für alle Schäden preist: litterarische Kleinigkeitskrämerei und staubtrockene Systematik,
Dilettantismus und Alexandrinismus, den oberfiächHchen Schulbetrieb und das seichte Salon-
geschwätz hofft er verschwinden zu sehen, wenn die Litteraturgeschichte als „intellek-
tuelle Kulturgeschichte" aufgefasst und betrieben wird. —
Ganz abseits vom Wege geht Wetz 5), indem er eine Art von Litteratur-
forschung verkündet, die eigentlich Litteratur-Gescliichte nicht mehr ist, wenngleich er
sie selbst vergleichende Litteraturgeschichte nennt. Obwohl seine Programmrede durch
viele neue und gute Stellen, die nicht gut und neu sind, stark geschädigt wird, verdient
sie trotzdem eine ausführliche Darstellung wegen des ihr eigenen reformatorischen
Dranges, der sich alsbald in eine tüchtige, den JBL. freilich nicht zufallende Leistung
umsetzt. Zunächst grenzt W. den Begriff „vergleichende Litteraturgeschichte" enger ab,
als es im gewöhnlichen Sprachgebrauch geschieht. Unter Ausschluss der iniiversal-
historischen und internationalen Litteraturforschung erkennt er die eigentliche ver-
gleichende Litter aturforschung nur in denjenigen Untersuchungen, die durch Vergleichung
den Charakter ganzer Epochen vmd Litteraturen oder auch nur einzelner ihrer bedeut-
samsten Vertreter zu bestimmen unternehmen, dann auch in jenen, welche von ver-
schiedenen Dichtern behandelte Stoffe in Parallele stellen und dadurch hoffen, manches
zur Erkenntnis der Eigenart der betreffenden Dichter, mittelbar auch wohl ihrer Littera-
turen beizutragen. Die beiden erstgenannten Zweige stellt er dem letzten als historische
Disziplinen der analytisch-kritischen gegenüber, als Litteraturgeschichte schlechtweg der
vergleichenden Litteraturgeschichte. Während jene den Gang der litterarischen Ent-
wickelung verfolgt und die Faktoren ermittelt, welche darauf von Einfluss waren, kommt
es dieser vielmehr einzig darauf an, durch Vergleichung analoger Erscheinungen unter
einander in das innerste Wesen jeder einzelnen einzudringen, die Gesetze zu entdecken,
welche die Aehnlichkeiten wie die Verschiedenlieiten bewirkt haben, wobei eine intime,
wenn auch mehr in die Tiefe als in die Breite gehende Vertrautheit mit mehreren Litte-
raturen vorausgesetzt wird. Dadurch, dass sie sich nicht mit der Feststellung der That-
sachen begnügt, sondern auf ihre in der geistigen Beschaffenheit der Nationen hegenden
Ursachen zurückgeht, wird sie psychologisch und von Wert für die Kenntnis der Volks-
charaktere. Sodann behandelt W. das Verhältnis der vergleichenden zu der ästhetischen
Litteraturgeschichte und Aesthetik. Stimmt sie auch mit dieser darin überein, dass sie
nicht liistorisch ist und auf eine Charakteristik litterarischer Hervorbringungen ausgeht,
so steht sie doch darin zu ihr in entschiedenem Gegensatze, dass der vergleichenden
gesch.: Grenzb. 49,3, S. 540—51. — 4) F. Lemmerraay er, Gedanken über Litteraturgesch.: Dioskuren. 19, S. 181/7. —
5) W. Wetz, Shakespeare v. Standpunkt d. vergleiehenden Litteraturgesch. 1. Band: D. Menschen in Shakespeares Dramen.
Worms, Reiss. XX, 579 S. M. 7,20. (Einleitung [S. 1—43] : Ueber Begriff u. Wesen d.ygl. Litt.-Gesch.) I [A. Schröer: EnglSt. 16,
S. 282/9; Proescholdt: LBlGRPh. 12, S, 402/5; Ldw. Pr. LCBl. 1891, S. 1531/2; L. Fränkel: BLU. S. 664/5. A. Döring:
1*
4 1,1: Herrmann und Szamatölski, Litteraturgeschichte.
Litteraturgeschichte die ästhetischen Begriffe nicht etwas Gegebenes, sondern vielmehr
etwas erst zu Suchendes sind. Sie wird das ganze Gebiet der Litteratur durchforschen,
um in der Masse der verzeichneten Formen der Aesthetik das Material zu liefern, das
es dieser ermöglichen wird, sich zum Rang einer wahren Wissenschaft zu erheben. Die
vergleichende Litteraturforschung unterscheidet sich von der ästhetischen weiterhin da-
durch, dass sie sich nicht wie diese mit der Feststellung ästhetischer Thatsachen be-
gnügt, sondern sie zu erklären svicht und zwar nicht aus einer beliebigen Psychologie,
vielmehr nur aus der des Dichters. Von einer solchen Exaktheit der Methode verspricht
sich W. als Folge auch eine Exaktheit der Bezeichnung: die gewöhnliche Litteratur-
geschichte verfügt da, wo sie litterarische Erscheinungen charakterisieren will, immer
nur über ein schwankendes, von Zufälligkeiten nicht freies Verfahren; die vergleichende
Litteraturgescliichte wird dagegen allmählich dahin gelangen können, dass sie an Be-
stimmtheit und Schärfe der Ausdrucksweise mit den Naturwissenschaften zu wetteifern
vermag. Die vergleichende Litteraturgeschichte steht der gewöhnlichen nicht feindlich
gegenüber: das Ideal der Litteraturgeschichte würde eine Verbindung der beiden sein,
die auch thatsächlich meist, mehr oder minder atisdrücklich, angestrebt wird. W. redet
jedoch einer vorlävifigen Trennung das Wort, damit die vergleichende Richtung ihren
Beruf, den Schwächen der vergleichenden Partien in den litterarhistorischen Arbeiten
und der Geringschätzung aller sogenannten ästhetischen Litteraturbetrachtung abzuhelfen,
in prinzipieller Weise zur Ausübung bringe. W. hält wenig davon, durch verschiedene
Dichter bearbeitete Stoffe einer durchgeführten Vergleichung zu unterwerfen, da die
Vergleichung nur Mittel sein soll und die Gefahr unbedachter Verallgemeinerungen droht:
durchgefüln-te Vergleichungen fördern weniger unsere Kenntnis, als sie zur Erläutening
schon gewonnener Resultate dienen. Ergebnisreicher scheinen W. Untersuchungen an
verschiedenen eigentlichen Bearbeitungen Eines Dichtwerkes. Bei dieser Gelegenheit
erkennt er einen Berührungspunkt mit der internationalen Litteraturgeschichte an. Auch
die politische Geschichte, die Entwickelung der bildenden Künste und der Philosophie,
die allgemein kulturgeschichtlichen Momente können der analytisch-kritischen Unter-
suchung dienen. Dagegen bekämpft W. heftig den Einfluss der Philologie, die mit Un-
recht ihren Beruf, den Lihalt und die Bedeutung von Sprach- und Litteraturdenkmälem
möglichst allseitig aufzuhellen, daliin erweitert habe, das geistige Leben eines Volkes
nach allen Richtungen zu durchforschen imd darzustellen. Wie die Geschichte, Alter-
tumskunde, Kunstwissenschaft und Religionsgeschichte sich einem ungesunden Ueber-
wiegen philologischer Interessen und einer rätselhaften Ueberschätzung philologischer
Leistungen entzogen hätten, so müssten sich Sprach- und Litteraturgeschichte von der
Philologie befreien. W. bestimmt mit Gröber der Philologie als das Gebiet ihrer eigen-
sten Thätigkeit „die unverstandene oder unverständlich gewordene Rede und Sprache".
Sprach- und Litteraturgeschichte haben mit einander nur das rohe Material, nicht einmal
das Objekt der Forschung gemein und sind kaum so nahe unter einander verwandt wie
etwa die Litteraturgeschichte mit der politischen und Religionsgescliichte. Deutsche
Sprachgeschichte und englische Litteraturgeschichte sind keine selbständigen Fächer,
wozu sie das Zusammenfassen in Einzelphilologien macht, sondern es giebt nur eine
Wissenschaft der Sprachgeschichte und nur eine Wissenschaft der Litteraturgeschichte,
deren Gesetze stets dieselben bleiben, um welche Nation es sich auch handle. Die
Aufgaben des Sprachforschers und des Litterarhistorikers sind durchaus verschieden und
bedürfen zu ilirer Lösung einer durchaus verschiedenen Methode. Man müsse also schei-
den die Sprachgeschichte, welche Spracherscheinungen historisch erklärt, die Philologie,
die Form und Bedeutung jedes Wortes und jedes Satzes eines Denkmals und danach
den Inhalt des Ganzen feststellt, und endlich die Litteraturgeschichte, die den Gang der
litterarischen Entwickelung und das Wesen litterarischer Erscheinungen darlegt. Wemi-
gleich die letzte auf die Hilfe der Philologie nicht ganz verzichten wird, will es W. doch
zweifelhaft erscheinen, ob der Weg des Litterarhistorikers statt durch unsere philo-
logischen Seminare, wo er textkritischen und sprachlichen Uebungen obliegt, nicht besser
durch die psychiatrische Klinik führe, wo er bei der Beobachtung krankhafter Seelen-
zustände tiefere Blicke in das normale Seelenleben thun könne. Selbst Ethnographie
erscheint ihm zweifellos nützlicher für die Litteraturgescliichte als Sprachgeschichte und
Philologie. Nur aus praktischen Rücksichten seien die Ausschnitte aus heterogenen
Wissenschaften unter dem bequemen Sammelnamen „Philologie" vereinigt und auch an
den Universitäten meist in eine Hand gelegt: in Wirklichkeit haben wir meistens Sprach-
forscher, die nebenher die Litteraturgeschichte vertreten, oder Litterarhistoriker, welche
sich auf ihre Weise mit der Sprachgeschichte abfuiden. Um so eindringlicher predigt
W. dem vergleichenden Litterarhistoriker gegen alle Kompromisse: er soll sich bei sei-
nen Forschungen nur von solchen Rücksichten leiten lassen, die sich aus der Beschaffen-
heit seiner Aufgaben ergeben, und den nachhaltigsten Widerstand entgegensetzen, wenn
man ihm Gesetze aufiiötigen will, die man von anderswoher mechanisch axif sein Fach
1,1: Herrmann und Szamatolski, Litteraturgeschichte. 5
überträgt. Zum Schkiss dieser Auseinandersetzung mit der Philologie erhebt W. gegen
sie auch den Vorwurf, dass sie an dem Siege der Litteraturgeschicliten über die Litte-
ratur hauptsächlich Schuld trage. Auch habe sie nur Nachteile gebracht für diejenigen
Aufgaben, welche die vergleichende Litteraturgeschichte zu lösen hat: die eingehenden
Aristoteles- und Lessingstudien haben die Kenntnis des Wesens der Tragödie um keinen
Schritt gefördert, wohl aber sehr viel gehemmt. Diese rastlosen Bemühungen zu Ehren
gi'osser Toten stärken und stützen immer wieder eine Autorität, deren Unzulänglichkeit
fiu' diesen besonderen Zweck offen eingestanden werden sollte, schieben fertige Meinungen
zwischen den Beobachter und die Thatsachen und stören so die Unbefangenheit und
Richtigkeit seines Sehens. W. schliesst seine Abhandlung mit einem Ueberblick über
die Anfänge und Entwickelung der vergleichenden Litteraturgeschichte: anhebend von
Perraxilt inid Lamotte, bespricht er Diderots und Groethes Verdienste; bedingt nennt
er die Romantiker, erkennt dagegen in Herder und Schiller diejenigen, auf deren Schul-
tern alle spätere vergleichende Litteraturgescliichte stehe und deren Ziele von der deut-
schen Litteraturgeschichtsschreibvnig nie ganz vergessen worden seien. Den. bedeutend-
sten epochemachenden Litterarhistoriker der letzten Jahrzehnte, dessen Methode die
meisten entwicklungsfälligen Keime zu einer erfolgreichen Weiterbildung der Wissen-
schaft in sich vereinigt, sieht W. in Taine, über den die vergleichende Litteratur-
geschichte mir in der Beachtung des ästhetischen Moments hinauskommen könne. Wenn
Taine die vergleichende Methode auch nur anwende als äusseres Mittel, um seinen
Franzosen die englische Litteraturgeschichte näher zu rücken, so habe er doch wie
niemand vorher verstanden, dasjenige in einer Litteratur uns zum Bewusstsein zu bringen,
was ihr eigenstes Wesen ausmacht und für sie im Gegensatz zu anderen Litteraturen
charakteristisch ist. So entwickelt Taine vor allem auch die Psychologie der Dichter, ihre
Auffassung von den Menschen mid den Leidenschaften und weist diese in einer Unter-
suchung ihrer dichterischen Gestalten nach. — In einer fast ausschliesslich sich auf den
methodologischen Teil beschränkenden Rezension des Buches wendet sich A. Schröer
gegen W.c „vergleichende Litteraturgeschichte", die er als analytische Litteraturlehre oder
kurz Analytik, falls sie sich von geschichtlicher Behandlung trennt, eben der nach W.s
Ausspruch „glücklich abgethanen ästhetischen " Litteraturgeschichte" zurechnet. S.
leitet W.s Priiizipienlehre her aus der berechtigten Abneigung gegen vielfach herrschende
Verirrungen in der litterarhistorischen Forschung, die jedoch nicht sowohl in dem Wesen
der strengen Methode echt pliilologischer Forschung notwendig ihren Ursprung habe, als
vielmehr in der individuellen Unzulänglichkeit und Einseitigkeit oder auch freiwilliger
Selbstbescln-änkung der einzelnen Arbeiter. Die Exaktheit für seine analytische Methode
könne W. viel eher bei den Iristorischen Wissenschaften als bei den naturwissenschaft-
lichen Disziplinen lernen, vor deren Ueberschätzung besonders liinsichtlich der ein-
gestandenermassen unfertigen Psychologie S. eindringlich warnt. So wenig der Sprach-
wissenschaftler ein jahrelanges Studium der descriptiven, vergleichenden und pathologischen
Anatomie \md Psychologie benötige, müsse der Litterarhistoriker psycliiatrische KUniken
besuchen: was beide von den bezüglichen Hilfsdisziplinen brauchten, sei bald erlangt.
W. fordere von uns, die geschichtlich gewordenen Voraussetzungen unserer Litteratur-
betrachtung aufzugeben und mit allem von Anfang zu beginnen, d. h. die Litteratur-
wissenschaft als solche zu suspendieren und Psychologie und abstrakte Aesthetik zu
treiben, ohne dass er zeigt, wie wir darnach wieder zur Litteratur überzugehen hätten.
Was psychologisch menschlich, was menschlich schön ist, wäre doch nur wieder
empirisch, d. h. geschichtlich zu bestimmen, und ein solcher Bruch mit aller unserer
bisherigen Erkenntnis, ein nochmaliger Aufbau wäre nur dann eine berechtigte
Forderung, wenn wir bisher auf unzuverlässiger Empirie d. h. ungescliichtHch aufgebaut
hätten. Einen solchen Beweis glaubt S. eher gegenüber einem Psychologen und Aesthetiker
wie Kuno Fischer als einem Pliilologen aufbringen zu können: jener gebe nur eine aus
abstrakter Psychologie und Aesthetik gewobene Analyse mit beiläufiger Anlehnung an ein
konkretes Litteraturdenkmal. W. stehe thatsächlich auf dem Boden der Philologie, indem
er Shakespeares Charaktere nach konkreten psychologischen und ästhetischen Erfahrungs-
sätzen darstellt. Sein ganzer Kampf gegen die Philologie erscheine wie eineDonquixoterie: W.
bekämpfe gewisse Einzelheiten, die er irrtümlich für die Philologie ansieht, und stürme
mit heiligem Zorn gegen Eigentümlichkeiten vor, die gar nicht der Philologie, sondern
der absoluten Aesthetik zukommen. Praktisch bleibe W. auf halbem _ Wege stehen: er
operiere zwar geschichtlich psychologisch und ästhetisch, aber nicht litteratur-geschicht-
lich psychologisch und ästhetisch. S. lobt W. lebhaft und ehrhch und erhofft für ihn
eine Wiedergeburt im Geist der Philologie. —
Auf das Wesen der Litteraturwissenschaft kommt auch Machule^) zu sprechen,
freilich von einem völlig andern, von einem praktischen Standpunkte aus: gelegentlich
einer Erörtervnig über das Studium der deutschen Philologie. An der Hand von sta-
tistischem Material sucht er nachzuweisen, dass das gegenwärtige System der Prüfung
6 1,1: Herrmann mid Szamatölski, Litteraturgeschichte.
für das Oberlehrerexamen, in dem die Beherrscliiing von drei oder vier philologischen
Fächern verlangt werde, vom TJebel sei: denn dieser Forderung vermöge nur etwa ein
Zehntel der Kandidaten ganz zu genügen, wälirend die übrigen, und darunter nicht
immer die unwürdigsten, oft genug ihre ganze Existenz vernichtet sehen oder
wenigstens die so notwendige pädagogische Ausbildung den lähmenden Nachprüfungen
zum Opfer bringen müssen ; schlimmer aber noch sei die unvermeidhche Oberflächlichkeit,
der bei der Unmöglichkeit, so hochgespannten Anforderungen innerlich zu genügen, der
gesamte Lehrerstand anheimfalle. Viel wirksamer könnte man die Tüchtigen von den
Untüchtigen sondern, wenn man vielmehr tieferes Eindringen in ein Fach, höchstens
in zwei Fächer verlangte; mit der deutschen Pliilologie wäre nach M,s Ansicht nicht
eine Nachbarphilologie, sondern stets die Geschichte zu vereinigen. Um zu erweisen,
dass die eindringende Beschäftigung mit einem philologischen Fache die Studienzeit
schon beinahe überlaste, hat der Vf. nun auch eine theoretische Auseinandersetzung
über den Umfang der deutschen Philologie geliefert, die er am liebsten als deutsche
„Volkswissenschaft" oder „Geisteswissenschaft" in weitestem Sinne der Worte fassen
möchte, und dazu eine eigene Einteilung des Gesamtgebiets beigesteuert, die der Litte-
raturbetrachtung im besondem eine eigentümliche Stellung zuweist. Das Leben des
Einzelnen und der Gesamtheit zeige zwei Seiten, eine ideale oder theoretische, auf
Denken und Erkennen, und eine materielle oder praktische, auf Wollen und Thun be-
gründete Seite. Die erste begreife die sprachlichen und die künstlerischen Erzeugnisse
eines Volkes in sich. Es ergeben sich hieraus zwei Gebiete. In dem einen werde die
Sprache und alles, was in der Sprache seinen Ausdrixck findet, Religion, Volksweisheit,
Wissenschaft, Litteratur, behandelt, in dem andern die Künste. Das dritte Gebiet um-
fasse das praktische Thun des Volkes, das dadurch Erzeugte und die Regeln und Be-
scliränkungen, denen das Thun des Einzelnen im Interesse der Gesellschaft unterworfen
wird. Das erste Gebiet sei das der Philologie (im engeren Sinne des Wortes), das
zweite das der Kunstwissenschaft, das dritte das der Kidturwissenschaft. Die
äusserliche Auffassung, die in Bezug auf die von M. wesentlich als Laut- und
Flexionslehre vorgeführte Sprachwissenschaft zu Tage tritt, weiss die Unterord-
nung der Litteraturgescliichte und ihre grundsätzliche Trennung von der Ge-
scliichte der übrigen Künste nicht zu motivieren. Dass liier ein Philolog spricht, der
nicht bis zum Litterarhistoriker sich fortgebildet hat, zeigt sich auch darin, dass über
das Studium der Litteraturgeschichte dem Studenten eigentlich nichts gesagt wird, es
wird ihm vielmehr in dem die „Geschichte der Litteratur" betreffenden Abschnitte nur
geraten, er solle sich wesentlich mit den Klassikern, mit Lessing, Herder, Schiller,
Goethe, Luther, Walter, Gottfried, Wolfram, Nibelungen und Gudrun beschäftigen; ein
viel gebrauchtes Bild nicht eben geschmackvoll weiter ausmalend empfielilt M. dann,
nicht nur die „sonnenumstrahlten Höhen", sondern auch die „Thäler" zu betrachten, in diesen
aber sucht er nicht die für eine Zeit charakteristischen Durchschnittserscheinungen,
sondern die Türme, die sich aus der Masse der im Thal gelegenen Häuser erheben, die
Erscheinungen zweiten Ranges, die nahe an die der ersten Stufe heranreichen: Hartmann,
Hütten, Hans Sachs, Fischart, Klopstock, Wieland. AusdrückHch aber warnt er vor zu
eingehender Beschäftigung mit den Meisterwerken der benachbarten Litteraturen : „wer
vielerlei Brunnen trinkt, verdirbt sich unheilbar den Magen." — Zudem rein praktischen
Zweck der Vorbereitung ftir das Doktor- und Staatsexamen erörtert Zimmer'') z.T. auf
Grundlage „der anerkannt vorzüglichen akademischen Vorträge berühmter und gesuchter
Professoren" einige Hauptpunkte der Litteraturgeschichte, um dann seine Ergebnisse in
einer angefügten Liste dem Studierenden sorgsam wieder abzufragen. —
Minder rege als der Eifer, die methodischen Grundlagen unserer Wissenschaft zu
untersuchen, ist gegenwärtig das Bestreben, Gesamtdars'tellungen der deutschen
Litteraturgeschichte oder ihres neueren Teiles zu liefern. Wenn wir uns den Grund-
sätzen der JBL. entsprechend auf abgeschlossene Werke beschränken, so ist aus dem
Berichtsjahr eigentlich nur zu melden, dass Vilmars^) Litteraturgeschichte einen neuen
Beweis ihrer unverwüstlichen Lebenskraft durch Vorlegung ihrer 23. Auflage geliefert
hat, zu der der jetzige Herausgeber Adolf Stern einige bibliographische Nachträge und
ein paar zeitgeschichtliche Ergänzungen seines zuerst 1886 der 22. Auflage beigegebenon
Anhanges „Die deutsche Nationallitteratur vom Tode Goethes bis zur Gegenwart" bei-
steuert. — K. Weiss ö) hat sein inmitten zwischen Kultur- und Litteraturgeschichte sich
bewegendes Buch, in dem die geläufigsten Handbücher und Gesamtdarstellungen zu
einem patriotischen Festgeschenk verarbeitet sind, in zweiter, unveränderter Auflage er-
I
ASNS. 86, S. 96— 101.] I — 6) P. Machulo, Bemerkungen Ober d. Studium d. deutschen Philologie u. d. Prüfungsordnung
fttr d. höhere Lehramt. (Aus e. Vortrage.) Leipzig, Rossberg. 28 8. M. 0,60. — 7) 11. Zimmer, Grundfragen aus d. Ge-
biete d. Grammatik u. Litt.-Gesch. Mit e. Tabelle d. bist. Consonantonontwicklung t. Indogerm. bis z. Nhd. Als Vorbereitung z.
Doktor- u. Staatsexamen zusammengest. Leipzig, Rossborg. IV, 53 S. u. 1 Bl. M. 1,00. — 8) A. F. C. Vilniar, Gesch. d.
deutschen Nationallitt. 23. yerm. Aufl. Mit e. Anh.: „D. deutsche Nationallitt. t. Tode Goethes bis z. Gegenwart' v. Adolf
errmann und iSzamatölski, Litteratürgeschichte.
scheinen lassen. — In zweiter, verbesserter Auflage liegt das Quellenbuch zur Ge-
schichte der Neuzeit von Schilling lo) vor, das, zumal für die älteren Jhh., in
grossem Umfange litterarische, auch poetische Denkmäler in recht sauberer Wiedergabe
heranzieht. — Den Versuch, die Entwicklung der gesamten deutschen Litteratur in Ge-
stalt eines Stromes mit seinen Zuflüssen graphisch darzustellen, hat Flaischlen ^i)
unternommen; er erwähnt freilich nicht, dass er damit nur ins Litterarhistorische über-
trägt, was für das Gebiet der allgemeinen Gescliichte seit Jalirhunderten mehrfach unter-
nommen wurde. In lobenswertem Freimut setzt er dagegen in der beigegebenen Einleitung
die Schwierigkeiten auseinander, die das Gelingen seines Experiments eigentlich ganz un-
möglich machen : eine absolute Lösung wäre wissenschaftlich nur in detailliertester Spezial-
zeichnung und eine solche hinwiederum nur auf Gnmd endgültig abgeschlossener Resultate
umfassendster Quellenforschung denkbar; geistige Bewegungen lassen sich nicht in absolute
Zahlen grenzen; wirklich vollständig wäre die Arbeit erst, wenn sich ihr rechts und links eine
ähnliche Darstellung wenigstens der französischen und englischen Litteratur anschlösse ; dem
einzelnen Dichter seine richtige Stellung innerhalb des Flusses anzuweisen, muss dem über-
lassen bleiben, der sich des näheren damit beschäftigt hat. Man kann diese treffende Selbst-
kritik des Vf nur unterschreiben, und leicht wäre es, die Schwierigkeitspunkte noch stattlich
zu vermehren. Bei einer graphischen Darstellung muss die stets bedenkliche Frage, wie weit
der Begriff „Litteratur" zu fassen sei, geradezu als unlösbar sich herausstellen. Vor
allem aber kaini der Vf. trotz des redlichsten Eifers niemals seine an sich gewiss höchst
beachtenswerte Absicht erreichen: dem Volke ein Bild der litterarischen Gesamtent-
wicklung zu liefern, die es neben der Einzelbetrachtung nicht aus dem Auge verHeren
soll, — das hier vorgelegte Bild prägt sich niemals ein: Scherers Wellentheorie, auf
die sich F. ausdrücklich beruft, erfüllt (man mag im übrigen über sie denken wie
man will) diesen Zweck weit eher, weil sie der Phantasie freien Spielraum lässt,
während F. seinem eigenen Geständnis zufolge nicht umhin konnte, die Gestalt und den
Lauf des Flusses recht willkürlich zu fixieren und so dem Beschauer ein schwerlich
gelungenes festes Bild aufzudrängen. Die Entschlossenheit, mit der F. trotz alledem
und alledem an die Bewältigung seiner interessanten Aufgabe ging, hätte ein besseres
Ergebnis verdient, als dass, wie es thatsächlich geschehen ist, die Praxis jene theo-
retischen Erwägungen bestätigte und dass jene zeichnerischen Schwierigkeiten die Ent-
stehung bedenklich vieler und arger Fehler zur Folge hatte, die man schwerlich der
Unkenntnis des Vf. zur Last legen darf. Auf einer Insel z. B., die von dem Haupt-
strom und den beiden Mündungsarmen des humanistischen Nebenflusses umschlossen
wird, stehen die Namen Caspar von der Ron, Clara Hätzlerin und Ulrich Fuetrer; Her-
mann von Sachsenheim ist zwischen Gerhard Groot und den Humanismus gestellt, Püte-
rich und Steinhöwel gruppieren sich um die Ufer des Zuflusses „Italienische Novellistik",
zwischen Geiler und Brant sind Eyb, Wyle und der Pfaff vom Kaienberg geschoben,
die Ausbildung der nhd. Schriftsprache soll 1410 beginnen und etwa 1522 vollendet
sein. Die Jalu-eszahl, zu der der Name eines Dichters gestellt ist, soll den Höhepunkt
seines Schaffens bezeichnen: da steht nun Hans Folz |,beim Jahre 1458, Agricola bei
1468, Püterich bei 1475, Geiler bei 1483, Eyb und Wyle bei 1485, Reuclüin bei 1478,
Erasmus bei 1492, Wickram bei 1535, Melissus bei 1560, Adam Puschmann bei 1562,
Spee bei 1625, Ziegler bei 1678, Neuldrch bei 1692 usw.; das Eulenspiegelbuch wird
mechanisch ins Jahr 1515, die Tellsage ins Jahr 1578 gesetzt, und die englischen Ko-
mödianten finden sich etwa beim Jahre 1568. Diese herausgerissenen Beispiele werden
genügend beweisen, dass trotz des anerkennenswerten Bemühens des Vf. seine Leistung
leider eher geeignet ist, dem Benutzer schon gewonnene Kenntnisse zu verwischen als
neue Klarheit zu verschaffen. Trotzdem hat das Werk durch die verlockende Grund-
idee uild die schöne Ausstattung, die ihm der Verleger gegeben hat, eine Fülle lobender
Rezensionen und viele Käufer gefunden. — Die zweite zur Erzielung kurzer Ueber-
sichten vielbenutzte Methode wählt Brodbeck 12)^ indem er auf 12 bedruckten und 30
unbedruckten Seiten die Poesie aller Völker in Tabellen darstellt. Der vierte Abschnitt,
zwei Seiten umfassend, gilt den Germanen; B. zerlegt sie in die Deutschen, zu denen
er auch die „stammverwandten" Russen und Schweden sowie, zwischen beiden, die
Ungarn rechnet, und in die „mehr westlichen" Engländer. Näheres über seine Dar-
stellung zu sagen, lohnt nicht der Mühe ; die Wissenschaftlichkeit des Vf. — w. Docenten
Stern. Marburg, Elwert. XIV, 730 S. M. 7,00. — 9) Karl Weiss, Marksteine deutscher Kultur u. Litt. 2. Aufl.
Leipzig, J. Baedeker. IV, 484 S. M. 3,60. — 10) M. Schilling, Quellenbuch z. Gesch. d. Neuzeit. F. d. oberen
Klassen höherer Lehranstalten bearb. 2 verb. Aufl. Berlin, Gaertner. XVI, 496 S. M. 5,00. (Beigegeben sind dieser Aufl. d.
Uebersetzungen d. fremdsprachl. StUeke [auch einzeln zu beziehen = M. 0,80].) — II) C. Flaischlen, Graphische Litt.-Tafel.
D. deutsche Litt. u. d. Einfluss fremder Litteraturen auf ihren Verlauf v. Beginn e. schriftlichen Ueberlieferung an bis heute in
graphischer Darstellung. Stuttgart, Göschen. 40. 8 S. n. 1 Tafel. M. 2,00. |[K.: LCBl. 1891, S. 244, Nation». 7, S. 632;
Deutsche Dichtung 8, S.203; Schrooter: BLU. S. 489-90; Deutschi. 1, S. 624; AZg". 138; TglRs ". 151; Ellinger: NatZg.
N. 350; Bund S. N. 23; Roediger: ASNS. 80, S. 415,6 (ablehnend).] | — 12) A. Brodbeck, D. Poesie aller Völker in Form
ganz kurzer Uebersichten. Esslingen, Lung. 4fi. 21 ungezählte BU. M. 0,60. |[BLU. S. 303; Bohemia ». N. 53; Deutsche
8 1,1: Herrmann nnd Szamatölski, Litteraturgeschichte.
für Philosophie und Aestlietik an der Kgl. Technischen Hochschule, sowie für Kiinst-
mythologie und Litteraturgescliichte an der Kgl. Kunstschule zu Stuttgart — mag durch
folgenden Satz charakterisiei't werden, der etwa die Hälfte dessen darstellt, was B. über
das deutsche Drama zn sagen hat: „Hauptvertreter ist Göthe und Schiller; Göthe, der
1773 Göz von Berlichingen dichtete, ferner Iphigenie, frei nach Euripides; Egmont;
Tasso; Faust (grandioses phantastisches Drama mit Dr. Faust, Gretchen, Mephisto als
Hauptpersonen). Vor allem aber ist Friedrich Schiller Vertreter der historischen Tra-
gödie; er hat 3 Perioden durchgemacht: zuerst das wilde Stück: Die Räuber (1781);
sodann das kosmopolitische Freiheitsdrama: Don Carlos; drittens: Trilogie Wallenstein;
Maria Stuart; Jungfrau von Orleans; Braut von Messina; Teil (1804). — Seitdem giebt
es viele Dramen." ; —
Angereiht seien hier verschiedene Arbeiten, die zum allgemeinen Betrieb der
Litteraturgescliichte gehören. Den Anteil der Frauen an der deutschen Litteratur sucht
Frommel^^) jn ainen historischen Ueberblick einzuzeichnen und behandelt oder erwähnt
dabei aus der neueren Zeit u. a. Olympia Morata, Katharina von Greiffenberg, Sibylla
Schwarz, die fürstlichen Kirchenliederdichterinnen des 17. Jh., die Gottschedin und die
Karschin, endlich die Frauen der klassischen und der romantischen Periode. — Bech-
steins bekannte Ruhmeshalle hat Gaedertz i^) in vier Halbbänden neu bearbeitet und
fortgeführt. Die hauptsächlichste Aenderung hat die Auswalil der Bilder betroffen: von
den alten sind 150 geblieben, 150 neue sind hinzvigekommen. Die jedem Bilde beigegebene
kurze Charakteristik im Lapidarstil strebt in erster Linie, die Begeisterung jugendlicher Leser
zu entzünden, daher können auch die Ungenauigkeiten im einzelnen hier übergangen werden.
Dagegen verdient betont zu werden, dass in dem von G. oitierten Goetheschen Wort
„Die Unterhaltung mit einem geliebten Bilde, selbst weini es unähnlich ist, hat was
Reizendes" die Konzession nicht als Bedingung gefasst werden darf: die Holzschnitte
(das ist allerdings keine Neuerimg, sondern nur der beibehaltene Brauch der älteren
Auflagen) zeigen einen verständnislos glättenden, philiströs idealistischen Verschö-
nerungstrieb, den wir, besonders für die ältere Zeit, verwöhnt durch die Veröffentlichungen
des Groteschen und Hirthschen Verlages, bei historischen Bildern störend empfinden.
Immerhin mag auch hierdurch das Werk nur dem wissenschaftlichen Arbeiter, weniger
dem jugendlichen Verehrer entwertet erscheinen. — Als herrliches, dem Litterarliistoriker
unentbehrliches Meisterwerk der Ikonogi-aphie sei vorläufig nur erwähnt die Sammlung
von W. V. Seidlitzi^). — Unter Hinweis auf unser Vorwort werden hier verzeichnet
der von der Berliner Gesellschaft für deutsche Philologie herausgegebene Jahresbericht
der germanischen Philologie !*>), Strauchs^'') Bibliographie für die Litteratur seit Opitz
und ihre Besprechung von Sauer 1^)^ Vorarbeiten für unsere „Jahresberichte für neuere
deutsche Litteraturgeschichte". —
1,2
Geschichte der deutschen Philologie.
Anton E. Scliönbach.
„Prähistorische Zeit": Schilter und Scherz N. 1; Holiandforschuiig N. 4. — Die Brtlder Grimm: Briefwechsel mit
Bcnccke N. 5; Jakob G.s Kleinere Schriften Bd. 8. N. 6. — K. H. 6. v. Meusebach N. 6a. — Lexikographie: das Deutsche Wörter-
buch N. 7; Andreas Schmeller N. 10; Verschiedenes N. 11. — Wilhelm Scherer N. 16. — Wilhelm Crecelius N. 18. — Linguistik:
August Schleicher N. 19. — Litterarhistcriker : Johannes Scharr N. 20; Julian Schmidt N. 21; Richard Gosche N. 22. —
Es ist noch nicht lange her, dass von einer „Geschichte der deutschen
Philologie" gesprochen werden darf; das Buch Rudolf von Raumers (1870) hat ihr
zuerst eine selbständige Bearbeitung zugewandt, und das Grimmjubiläum (1885) hat mit
Dichtung 8, S. 151.] | — 13) W. Frommel, Dichterinnen aus Deutschlands Vergangenheit. Beil. z. 44. JB. d. Lehr- u.
Erz.-Anstalt v. Erhardt in Heidelberg. Heidelberg, Posner. S. 17—30. — 14) 300 Bildnisse u. Lebensabrisso berühmter
deutscher Männer. Begonnen \. L. Bechstein. Neu bearb. u. fortgef. v. K. Tb. Gaedertz. D. Porträts gezeichnet u.
geschnitten v. H. BUrkner. 5. verb. u. verm. Aufl. Leipzig, Wigand. o. J. 8 ungez., 300 gez., 1 ungez. S. M. 10,00. |[LCB1.
S. 1566.] 1 — 15) XX Allgeraeines historisches Porträtwerk. Eine Sammlung von 600 Porträts der berühmtesten Personen aller
Stände seit 1300 bis ca. 1840. Phototypien nach den besten gleichzeitigen Originalen nach Auswahl von Dr. W. v. Seidlitz.
MUochon, 1884—90. Verlagsaiistalt f. Kunst u. Wissenschaft. 6 Bde. Fol. M. 300,00. — 16) Jahresbericht über d. Erscheinungen
auf d. Gebiet d. germ. Phil. her. v. d. Gesellschaft f. deutsche Phil, in Bertin. 11. Jg. (1889). Leipzig, Reissner. 396 S. M. 8,00.
|[Lyon: ZDU. 4, S. 196/7.]| — 17) Ph. Strauch, Verz. d. auf d. Gebiet d. neueren deutschen Litt, in d. J. 18889
«rsch. wissonsch. Publl. : ADA. 16, S. 145-220, 384—456. — 18) A. Sauer, E. JB. f. neuere deutsche Litt.-Gesch.: ZUG. 4, S. 146,8.
1,2; A. E. Schönbach, Geschichte der deutsclien Philologie. 9
seiner Thit von Eiiizelschriften, Briefveröifentlichungen und dgl. die Teilnahme dafür
so in rinss gebracht, dass seit einigen Jahren sogar an verschiedenen deutschen Uni-
versitäten Vorlesungen darüber gehalten werden. Das Jahrhundert geht zu Ende, das
diese Wissenschaft entstehen sah, denn icli denke, alle stimmen darin überein, dass
1819 das Erscheinen von Jakob Grimms „Deutscher Grammatik" ihre Geburtsstunde be-
zeichne. Was vorauf liegt, ist zumeist verwoi'renes, wenngleich an sich wohlgemeintes
und rühmenswertes Bemühen. Wir wollen auch heute noch alles dankbar in Ehren
halten, was in früherer Zeit von Einzelnen mit oft unsäglicher Anstrengung gesammelt,
erklärt, untersucht worden ist und was für Jakob Grimm den schmalen Boden bereitete.
Allein erst mit dem Jahre 1819 schliesst die sozusagen „prähistorische Zeit" der deut-
schen Philologie, Zusammenhang und Ordrmng kommt in den aufgehäuften Schutt und
in die leblose Masse des Stoffes; aus einem vaterlandsfrohen aber fahrigen Dilettantis-
mus, aus Nebenarbeiten und Trödelwerk erhebt sich die neiie Wissenschaft. —
Ueber den germanistischen Arbeiten des 17. Jh. i ) waltete im allgemeinen
ein ungünstiger Stern. Weder die ausgebreitete Gelehrsamkeit Johann Schilters noch
der rieiss von Johann Georg Scherz sind an ihr Ziel gelangt. Schilter, über den Eisen-
hart-) geschrieben, erlebte die Veröffentlichung des „Thesaurus Antiquitatum Teutoni-
carum" nicht. Das „Glossarium Germanicum medii aevi" von Scherz, den Martin^) be-
handelt, ist erst ein Menschenalter nach seinem Tode durch Oberlin zum Druck gebracht
wordeii. Beide Bücher gehören zu den wichtigsten Hilfsmitteln, die Jakob Grimm
vorfand. —
Mit wie vielen Hindernissen die Veröffentlichung altdeutscher Schriftwerke einstens
zu ringen hatte, dessen gewährt insbesondere die Gescliichte der Heliandforschung
ein traiu'iges Zeugnis, wie sie jetzt durch Hedler'*) in einer etwas dürftigen Dissertation
bis zur Ausgabe Schmellers beschrieben worden ist. Eine ganze Reihe von Gelehrten,
die mit Eccard beginnt und bis zu dem Münchener Bibliothekar Josef Scherer sich er-
streckt, hat danach getrachtet, eine Ausgabe dieser Dichtung zu veranstalten, die wir
zu den allerwichtigsten Sprachdenkmälern rechnen, jedoch vergebens. Jakob Grimm
selbst musste bei seinen grammatischen Studien sich lange Zeit hindurch mit geringen
Bruchstücken, ungefähr einem Sechstel des Werkes begnügen, bis ihm das Ganze in
Schmellers sorgfältiger Bearbeitung vorlag. Die trefflichen und bis jetzt noch nicht
überflüssigen Beigaben der Schmellerschen Edition mochten für das lange Harren ent-
schädigen; jedenfalls verkennt H. in seltsamer Weise die Stellung v. d. Hagens
innerhalb der deutschen Philologie, wenn er von seinen Bemerkungen zum Heliand
sagt: „Alles beweist einen sichern kritischen Blick und genaues Verständnis der Sache,
so dass es fast bedauerlich erscheint, dass er sein Heraiisgebertalent nicht auch an dieser
Dichtung bewährt hat." —
Mitten in die Werkstatt der werdenden Wissenschaft führt uns der Brief-
wechsel zwischen den Brüdern Grimm vxnd G. F. Benecke, die letzte Publikation
Wilhelm Müllers^) und zugleich eine der bedeutendsten aus den schon sehr zahlreich
veröffentlichten Korrespondenzen. Es sind 70 Briefe Jakobs von 1808 — 29 und 7 Briefe
Wilhelms von 1811 — 25 abgedruckt, mit Anmerkimgen und einem Register versehen.
Der Herausgeber hat in seinen einleitenden Worten aiif die Bedeutung dieser Briefe
und a\if einzelne interessante Stellen hingewiesen; in der That empfängt man beim Lesen
der Sammlung mit einer Frische, wie sie sonst nur die Jugendbriefe der Brüder selbst
ausströmen, die Eindrücke von all dem Lernen und Finden, dem täglichen Wachsen der
Kenntnisse, dem überaus raschen Fortschritt der Arbeitenden, die ihre Studien in
schönster Gemeinschaft mit dem Freunde in Göttingen betreiben. Die Anfänge des im
Laufe der Jahre immer enger sich schliessenden Verhältnisses knüpfen sich an Beneckes
Stellung als Beamter der reichen Göttinger Bibliothek: er wird nicht müde, Anfragen
zu beantworten, Bücher zu schicken, er kauft auch eigens Werke, deren die Brüder be-
dürftig sind, so dass man wohl sieht, die Grimms verdankten seiner Fördervmg in die-
sem Betrachte ungemein viel; es wäre ihnen ohne seine Hilfe schwer geworden, sich
den nötigen Büchervorrat zu beschaffen. Man mag iibrigens jetzt, wo der Forschung
alle Arten von Quellen und Behelfen so bequem zurecht gemacht sind, in diesen Blättern
oft genug und nicht ohne Rührung Stellen finden, aus denen erhellt, wie schwer es
damals war, auch das notwendigste Material und selbst dieses nicht anders als zeit-
weilig zusammenzubringen. Welche Listen (und zwar umsonst) ersinnen die Brüder
Grimm, um dem neidischen v. d. Hagen die aus Göttingen entliehenen „Kämpadater"
zu entreissen, die sie für ihre Eddaausgabe brauchen. Wie lange muss zuweilen ge-
I) X A. So ein, Altdeutsche Studien im 17. Jh.: Alemannia. 17, S. 269-71. (Auszüge aus Wagenseil, De civitate
Norimbergensi.) — 2) Eisenhart, Johann Schilter: ADB. 31, S. 266/8. — 3) E. Martin, Johann Georg Scherz: ib. S. 138/9.
— 4) A. Hedler, Gesch. d. Heliandforsch, v. d. Anf. bis zu Schmellers Ausgabe. E. Beitr. z. Gesch. d. germ. Philologie. Phil.
Diss. Rostock, Adlers Erben. 48 S. — 5) Briefe d. Brüder Jakob u. Wilhelm Grimm an Georg FriedrichBcnccko aus d. Jahren
1808-1829, mit Anm. her. von Wilhelm Müller. Göttingen, Vandenhoeck u. Kuprecht. 1889. XII, 188 S. M. 4,00. | [St ein-
10 1,2: A. E. Schönbach, Gescliichte der deutschen Philologie.
wartet werden, bis ein ersehntes und eben in die Arbeit eingreifendes Buch ankommt!
Wie manches Werk muss man um teures Geld auf gutes Glück kaufen, ohne zu wissen,
ob man es dann auch wirklich benutzen kann! Wie spärlich sind die Gelegenheiten,
wissenschaftliche Aufsätze kleineren Umfanges drucken zu lassen, fast nur in Rezensionen
können die Brüder los werden, was sich bei ihnen aufsammelt; darum begrüsst auch
Jakob die Erschliessung der „Wiener Jahrbücher der Litteratur" so dankbar (8. 164).
Man versteht bei diesen Zuständen, wie es durchaus erforderlich war, gleichzeitig ver-
schiedene Arbeiten in Gang zu haben: musste die eine stocken, weil es an Stoff und
Hilfsmitteln gebrach, so koinite die andere einstweilen vorwärts rücken. Freilich lag
alles Altdeutsche so "\del näher beisammen als heutzutage. — Vor allem fällt in diesen
Briefen Jakob Grimms ins ungeheure ausgedehnte Belesenheit einmal wieder auf. Das
erste, ' was er darin von Benecke verlangt, sind altenglische Dramen wie die „Dodsley
Collection", Massinger, Fletcher, und ob auch sein Gedankenaustausch mit Benecke sich
nach und nach auf das Mittelhochdeutsche einengt, so bleibt doch seine Lektüre gleich
umfassend und erstreckt sich auf alle, selbst' die anscheinend entlegensten Bücher, aus
denen er sich irgendwelchen Gewinn für seine Studien verspricht. — Es versteht sich von
selbst, dass die Briefe für die Charakteristik der Brüder, vornehmlich Jakobs, und ihre
Arbeitsweise, ihr Verhältnis zu den Mitforschern, für die Kenntnis ihrer Anschauungen
über die Zeitereignisse reiche Belehrung spenden. Einiges möge hier ausgehoben werden.
Wie klar sich Jakob von allem Anfang ab über v. d. Hagens Eigenart und Mängel ge-
wesen ist, zeigt schon der erste Brief von 1808. Die Beziehungen zu Docen, anfangs
etwas gespannt, wurden allmählich besser. Sehr eingehend bemühten sich die Brüder
um die Dichtungen der Tiersage und planten grosse Ausgaben; weniges davon ist wirk-
lich zu stände gekommen, in Jakobs Hauptwerken erkennt man seine Vertrautlieit mit
der Sache. Der Einfluss der litterarhistori sehen Forschungen Walter Scotts auf diese
früheste Thätigkeit der Brüder Grimm ist doch grösser gewesen als man ihn sonst
schätzte. Die „Altdeutschen Wälder" sind ihr rechtes Schmerzenskind, und sie haben
nicht geahnt, dass diese armseligen grauen Bände in späterer Zeit den antiquarischen
Kostbarkeiten zugezälilt werden würden. Ueber den poetischen Wert der alten Denk-
mäler besitzt Jakob ein sicheres Urteil, so ist ihm z. B. die Trefflichkeit von Wernhers
„Marienleben" nicht zweifelhaft (S. 73). Nur für jene erste Zeit wird noch gelten, was
Jakob (S. 86) über seine und des Bruders Arbeiten sagt: „Den Schwanritter habe ich
nicht herausgegeben, sondern Wilhelm hat ihn besorgt. In dergleichen Fällen pflegt
zwar jeder des andern Arbeit durchzulesen und seine Anmerkungen und Verbesserungen
vorzuschlagen, allein es hängt vom Herausgeber ab, was er davon brauchen will." Be-
sonders lehrreich sind Jakobs Briefe von 1818/9 für die Vorgeschichte der Grammatik.
Welche Schwierigkeiten bereitete es, die alten Wortformen überhaupt festzvistellen, z. B.
das Personalpronomen zu bestimmen, und erst die Lautgesetze! Die Begeisterung für
die Sache entlockt ihm (S. 107) den Satz: „Bloss die Naturgeschichte hat einen solchen
Stoff wie die Grammatik." Die jetzt in manchen unserer Seminare heimisch gewordene
Uebung, aus dem Neuhochdeutschen ins Altdeutsche übersetzen zu lassen, empfiehlt
Jakob (S. 113). Ueber seine Grammatik sagt er (S. 121) die schönen Worte, die zum
Teil in Scherers Vorrede zur zweiten Auflage seiner „Geschichte der deutschen Sprache"
wiederklingen: „Thiersch hat völlig recht, nur nicht, dass er dabei leider! ausruft, denn
dass alle echte und den menschlichen Geist würdig beschäftigende Arbeiten niemals fertig
werden, das ist ja eben etwas Erfreuliches. Eine Aufgabe ganz lösen heisst mit anderen
Worten: ihr ein beschränktes Ziel setzen. Je höher man hinauf steigt, desto mehr
flachen sich die niederen Stufen ab, die man früher erstieg, und Sätze, die uns jetzt in
der Grammatik neu und bedeutend vorkommen, werden künftig zu den trivialen gehören."
Dass Jakob auf Lachmanns Anregung hin die mittelhochdeutschen Reime systematisch
gesammelt, untersucht und erst aus ihnen die Bestimmung der älteren Vokalquantitäten
gewonnen hat, steht nun fest (S. 124 ff.). Für Beneckes Einsprache ist er dankbar (S. 137).
Schmellers Anfänge begrüsst er mit Freuden (S. 146). Hübsch spricht er über seine Art
(S. 154): „Ich lese hastiger in stetem Bezug aufs einzelne, Sie ruhiger und den Sinn des
Ganzen mehr im Auge. Sie sind offenbar kritischer, ich, ob ich gleich viel von Kritik
schwätze, würde doch (so ist für „noch" zu lesen) gewaltig in die Enge geraten, wenn
ich nach meiner Manier ein Gedicht herausgeben sollte." Die grossartige Weise, in der
Lachmann (nach S. 165) seine auf der Reise zu stände gebrachten Abschriften den mit-
forschenden Freunden zur Verfügung stellt, wird die Gegenwart wundern, in der sich
die Leute wissenschaftliche Aufgaben mit ängstlichem Eifer wegschnappen. Dass Jakob
(S. 104) den undeutschen Ursprung von „klar" und „fein" kannte, hat Steinmeyer bereits
vermerkt (ZDA. 34, S. 282). —
Gewährt uns dieser Briefwechsel die schätzbarste Einsicht in die Anfänge der
deutschen Philologie, so überschauen wir in dem achten und Schlussbande der „Klei-
neren Schriften" Jakob Grimms**) die gesamte Thätigkeit des Gründers imsrer
1,2: A. E. Schöllbach, Geschichte der deutschen Pliilologie. 11
Wissenschaft wie mit Einem Bhcke. Die darin vorgelegte Nachlese, der auch ein Re-
gister für die Bände 6 — 8 beigefügt ist, verdanken wir der Sorgfalt Ippels. Den
Hauptteil nehmen die Vorreden ein, politische Aufsätze und Erklärungen zur Tages-
geschichte folgen, denen nacli der Besprechung im LCBl. noch ein merkwürdiges
Inserat der „Vossischen Zeitung" nachzutragen sein wird, worin Jakob Grimm
Ende April 1848 zur Besetzung Jütlands aufforderte: die Juten müssten als ihrer Hei-
mat entfremdete Deutsche, ähnlich wie die Elsasser, dem Reiche wieder angegliedert
werden. Man sieht aus der Sammlung, mit welch achtsamer und unentwegter Vater-
landsliebe die Brüder an allem Teil nahmen, was Deutschlands Wohl berührte. Nach
einer kleinen Zusammenstellung persönlicher Notizen schliesst der Band mit einem
Anliang. Es geht nicht an, hier hervorzuheben, was in diesen Aufsätzen, die zum
Teil aus recht selten gewordenen Drucken zusammengebracht sind, unsre Auf-
merksamkeit fesselt. Manches könnte mit Nutzen auf die Gegenwart bezogen
werden, so wenn sich Jakob Grimm wider künstlich ersonnene Sprachen, wider Ab-
teilungen in der Poesie wehrt, Aenderungen im Lutherschen Bibeltext tadelt und mehr-
mals gegen das Ereindwörterunwesen auftritt. Einzelne in dem Bande verstreute Be-
merkungen mögen der heutigen Forschung noch dienen. Seine protestantisch-antikatho-
lische Ueberzeugung hat Jakob Grimm selten so scharf ausgedrückt wie in der Rezension
von Candidus, „Der deutsche Christus" (S. 391). Wie die Stücke aus verschiedenen
Jahrzehnten da nebeneinander gedruckt stellen, sieht man deutlich, dass die übertriebene
Bilderfülle in Jakob Grimms Sprache der ersten Zeit später einschwindet und einem
massvollen Gebrauche Platz macht. —
In diesem Bande ist (S. 508 — 41) mit reichlichen Nachträgen aus J. Grimms
Handexemplar die berühmte Meuseb ach sehe Rezension des zweiten Teiles der Grammatik
wieder abgedruckt und erweckt das Andenken an den „seltenen und seltsamen" Mann,
dem die Erneuerung des Studiums deutscher Litteratur des 16. und 17. Jh. so vieles zu
danken hat. Seinem Gedächtnis sollte die Lebensbeschreibung gewidmet werden, die
der verstorbene Oberschulrat K. Schwartz ♦''i) in Wiesbaden nach Meusebachs Tage-
büchern und nach vielen mündlichen Mitteilungen alter Freunde verfasst liatte; sie tritt
jetzt nur in den Auszügen ans Licht, die der Nassauische Geschichtsverein davon ver-
öffentliclit. Kniipfen diese Bericlite, besonders für Meusebachs späteres Leben, für seine
Bibliothek und seine litterarische Thätigkeit, an die bekannten Schriften Wendelers und
die gedruckten Briefsammlungen an, so sind doch manche interessante Einzelzüge dem
Charakterbilde beigefügt und vornehmlicli Meusebachs erste Jugend sowie die zu Dilleii-
burg und Koblenz verbrachten Jahre (1803 — 19) werden hier eingehender als zuvor be-
schrieben. Dadurch erhalten diese Mitteilungen einen über die lokale Bedeutung der
„Annalen" hinausgehenden Wert, nicht zum geringsten vielleicht auch deswegen, weil
kaum sonst wo der Versuch, Jean Pauls Ideale und Sonderbarkeiten in die praktische
Lebensführung zu übertragen, ein so gutes und für die Wissenschaft segensvolles Ende
genommen haben wird. —
Während des letzten Lebensabschnittes der Brüder Grimm stand die Arbeit am
„Deutschen Wörterbuch" ■?) im Vordergrunde ihrer Thätigkeit. Sie zu scliildern unter-
nahm der Berufenste, M. von Lexer^), in seiner Würzburger Rektoratsrede, nachdem
er in grossen Zügen die Entwicklving der neuhochdeutschen Lexikographie überhaupt
beschrieben hat. Er schöpft dabei hauptsächlich aus dem Briefwechsel zwischen den
Brüdern und Salomon Hirzel, ihrem Verleger, den er zum grösseren Teile dann ver-
öfFentliclit 9-'-'''). Diese Briefe berühren alle Fragen, die bei der Ausarbeitung des grossen
Nationalwerkes in Betracht kommen. Dass die Auszüge aus Schriftstellern für das
Wörterbuch „immer mit unmittelbarem Bezug auf das zunächst vor Augen schwebende
Material" gemacht sein sollen, wünscht Jakob; über die Notwendigkeit lateinischer
Erklärungen lässt er sich aus. Seine oft bewährte Gabe politischer Prophezeiung
bestätigen die Aeusserungen auf S. 250. Hirzels nie ermüdende Freundlichkeit
strebt dahin, besonders Jakob die schwere Last zu erleichtern, er drängt vorsichtig,
aber unablässig und wird erst dann lebhafter, wenn er meint, das Scheitern des Unter-
nehmens fürchten zu müssen, das doch für sehi Geschäft ein grosses Wagnis bedeutete.
Andrerseits ist Jakob Grimms Zögern und sein Wunsch, anderen Arbeiten sich widmen
zu dürfen, begreiflich genug. Es kam nie zu einer wirklichen Verstimmung zwischen
beiden Männern, nur zu ruhigen Auseinandersetzungen, und nichts giebt ihrer lauteren
Gesinnung ein ehrenvolleres Zeugnis als die beiden letzten grossen Briefe in L.s erster
meyer: ZDA. 34, S. 33; Heinzel: ZOG. 41, S. 441/2.]] — 6) J.Grimm, Kleinere Schriften 8. 15d. (= Vorreden, Zeitgeschieht-
liches u. Persönliches.) Gütersloh, Bertelsmann. XI, 611 S. M. 12,50. |[LCB1. S. 1340/1.] | (Her. v. E. Ippol.) - 6a) Karl
Hartwig Gregor v. Meusehach. Lobensnachrichten v. Dr. K. Schwartz. Für d. Annalen boarb. v. F. Otto: AnnVNassauG.
21/2, S. 43-76, 1—64. (Dazu 2 Stammtafeln.) — 7) X Mühlhausen, Gesch. d. Grimmschen Wörterbuches: ZDU.
4, S. 85,7. — 8) M. V. Loxor, Z. Gösch, d. neuhochdeutschen Lcxikograiihie. Kektoratsrede. Würzburg, Stürtz. 4". 32 S.
31. 1,00. — 9) X id. Z. Gesch. d. deutschen Wörterbuches: ADA. 16, S. 220—64. - 9a) id., Nachlese aus d. Briefwechsel zw.
12 1,2: A. E. Öchönbach, Geschichte der deutschen Pliilologie.
Sammlung (N. 82 u. 83). Heute muss man doch sagen, dass zwar das „Deutsche Wörter-
buch" olme die Brüder Grimm niemals in seiner jetzigen Gestalt und Ausdehnung zu
stände gekommen wäre, dass aber die deutsche Philologie doch einen schweren und nie
einbringlichen Verlust dadurch erlitten hat, dass Jakob zwanzig Jalire lang sich haupt-
sächlich ans Wörterbvich gefesselt sah. Es tiberläuft den Leser heiss, wenn er im
48. Briefe die Liste der Unternehmungen überblickt, die Jakob noch 1857 plante, in die
ja überdies manche ältere und stets mit Sorgfalt gepflegte Vorhaben wie das eines
Buches über „Deutsche Sitten" gar nicht eingereiht sind. Hätten wir nur die Syntax
vollendet erhalten! Aber, wie Jakob ein andermal schreibt: „trahunt sua quemque fata". —
Auch Andreas Schmellers köstliches „Bayrisches Wörterbuch" ist durch die
Ungunst der Zeit aufs schlimmste gehemmt worden; die letzten Teile wurden in der
ersten Auflage knapp zusammengerückt und vieles weggelassen. Da hat, wie beim
„Deutschen Wörterbuch", schliesslich nur die Staatshilfe Erneuerung und Eortführung
des Werkes ermöglicht. Zur Herstellung der zweiten Auflage des „Bayrischen Wörter-
buches" konnte Jakob Grimm noch selbst mitwirken; sein anderer Wunsch, Schmeller
möclite ein Denkmal in München erhalten, ist bis zur Stunde nicht erfüllt und wird es
auch schwerlich werden, so lange die Bayern von Schmellers Verdiensten (und denen
des Kaspar Zeuss) niclit mehr wissen, als sie trotz Ludwig Steubs laviten Klagen vor
vierzig Jahren wussten. Der Artikel Edward Schröders i*^) kann darüber ausreichend
belehren. Es fehlt aber trotz der löblichen Bestrebungen von Nicklas noch an einer guten,
durchgreifenden Biographie Andreas Schmellers, sie muss erst geschrieben werden. —
Dem alten „sassischen" Schellerii), dem Grubenhagener Lexikographen Scham-
bach 12) und seinem späteren Nachfolger Schülerin) suclien die Artikel der „Allge-
meinen deutschen Biographie" gerecht zu werden. Daniel Sanders i*) nimmt sich sein
Lob lieber voraus, und das Heft kennzeichnet seinen Vf. so deutlich, dass es überflüssig
ist, ein Wort hinzuzufügen. —
Was Uns sonst an Mitteilungen aus dem Leben älterer Germanisten vorliegt,
ist dürftiges). Dagegen haben wir über den früh geschiedenen Wilhelm Seh er er zwei
Arbeiten zu erwähnen, das Buch von Bascli und einen Aufsatz Edward Scliröders,
auch K. Burdachs sorgsames Verzeichnis von Scherers Schriften ist noch zu nennen.
Baschiß) sondert sein Buch in fünf Kapitel. Das erste skizziert im Anschluss an Ru-
dolf von Raumer die Geschichte der deutschen Philologie; das zweite, überschrieben
„Les idees generales de Scherer", sucht die Hauptgedanken in Scherers Lebensarbeit
festzulegen: Determinismus als Grundanschauung, Verwertving der Liduktion in allen
Bezirken der Forschung. Die drei übrigen Abschnitte beschäftigen sich mit den Büchern
Scherers, die nach B. als seine Hauptwerke angesehen werden müssen: die Litteratur-
geschichte, die Poetik, die Geschichte der deutschen Sprache. B. systemisiert etwas zu
viel und hat sich doch zu wenig im Altdeutschen umgethan, wie manche Verstösse be-
weisen, er hätte sonst die „Poetik" nicht so überschätzen, die Einzeluntersuchungen Scherers
nicht so gering anschlagen können. Aber er bemüht sich redlich, vorurteilslose Kritik
zu üben, die Bedeutung Scherers, seine Vorzüge und Schwächen riclitig zu beurteilen. —
Von einer sehr viel intimeren Sachkenntnis geht Edward Schröder i'') in seiner vor-
trefflich geschriebenen Biographie aus und ersetzt den von Bascli etwas weit gezogenen
universalhistorischen Rahmen durch genaueres Eingehen auf Scherers Entwicklung und
Persönlichkeit. So darf man also hoifen, dass Scherers Wirken allgemach nicht mehr
aus dem Fanatismus einer Partei heraus, sondern mit allseitig abwägender Gerechtigkeit
werde gewürdigt werden. —
Dem fruchtbaren Leben und Schaffen von Wilhelm Crecelius ist durch
Harless^^) im Auftrage des Bergischen Geschichtsvereins eine Biographie nebst
einem Schriftenverzeichnis gewidmet worden. Das rechte Idealbild eines tüchtigen
Lokalhistorikers, ist Crecelius doch darüber noch weit hinaiisgewachsen und hat, wie
die lange Reihe seiner Beiträge zu verschiedenen Zeitschriften zeigt, eine gesegnete
Thätigkeit in der Sammlung und sorgfältigen Bestimmung von Handschriften \ind
Fragmenten, in der Erörtennig von vielem entfaltet, was einst Hoffraann von Fallers-
leben mit glücklichem Ausdruck „Findlinge" getauft hat. Besonders jedoch wandte
Crecelius seine Studien der niederdeutschen Sprache zvi inid ihren Grenzdialekten; seine
Bestrebungen sollten sich in einem „Oberhessischen Wörterbuch" zusammenfassen,
das, wie es heisst, im Manuskript vollendet ist und wohl als schönstes Denkmal für
den Geschiedenen auch veröffentlicht werden wird. —
d. Brüdern Grimm u. Salomon Hirzel : ZDA. 35, S. 237— 54. — 10) Edward Sehröder, J. Andreas Schmeller: ADB. 31, 786-92.
— II) id., Karl Fr. A. Scheller: ib. S. 1—3. — 12) H. PrOhle, Oeorg S. Scharabach: ib. 30, S. 561—70. — 13) Krause,
Karl Christian Schiller: ib. 31, S. 250/1. — 14) D. Sanders, Aus d. Werkstatt e. Wörterbuchschreibers. Plaudereien. Berlin,
Lüstonöder. 1889. XX, 54 S. M. 1,50. (Vorher erschienen 1888 im Maiheft v. N&S.) — 15) X I-- Geiger, Aus Wilhelm
WackernagelH Jugend: ZVLR. NF. 3, S. 358/9. (E. Brief Phil. Wackernagels.) — 16) V. Basch, Wilhelm Scherer et la Philo-
logie allemande. Paris-Nancy, Berger-Lovrault et Cie. 1889. 148 8. |[Hauffen: '/AUi. 41, S. 1014/5.]| — 17) Edward Schröder,
Wilhelm Scherer: ADB. 31, S. 104-14. — 18) W. Harless, Z. Erinnerung an Wilhelm Crecelius: ZBergGV. 25, S. I— XXXVIl. —
1,2: A. E. Schönbach, Geschichte der deutschen Philologie. 13
Mit voller Liebe und von der gründlichsten Kenntnis des Menschen und der
Sachen ausgerüstet hat Johannes Schmidt i^) das Leben von August Schleicher
beschrieben. Die phänomenale Begabung luid Leistungsfähigkeit dieses ausserordent-
lichen Mannes tritt in der Biographie aufs klarste hervor, gleichermassen die noch jetzt
in verschiedenen Teilen der Linguistik wirkenden und geltenden Ergebnisse seiner For-
schung und die Eigenart seiner Methode. Dass seine unausgesetzte Arbeit so wenig
durch äussere Erfolge gelohnt wurde, dass er sterben musste, bevor die vergleichende
Sprachwissenschaft ilu^en festen Rang an den deutschen Universitäten gewann, das wirft
einen tragischen Schatten auf dieses Gelehrtenleben. —
Ueber Johannes Scherr bringt Mähly^o) einen hixbschen Aufsatz, in dem
dieser Sonderling und barocke Schriftsteller geschildert wird, dessen klobige, aber von
grimmer Ehrlichkeit eingegebene Schreibweise man in der Litteraturgeschichte eher als
in seinen halbpoetischen Essays und am wenigsten in einigen treiflichen Erzählungen
(z. B. „ßosi Zurflüli") missen möchte. —
Julian Schmidt erfährt eine sehr ausführliche Darstellung durch Constantin
Rössler^i)^ in der aber begreiflicherweise gerade die uns wichtige Seite der litterar-
historischen imd ästhetischen Kritik weniger berücksichtigt wird als die politische
Thätigkeit. Julian Schmidts Einfluss war durch ungefähr anderthalb Jahrzehnte sehr
gross und in der zweiten Hälfte der sechziger Jahre auf seiner Höhe; wie er auf 0 ester-
reicher, z. B. avif Wilhelm Scherer, wenngleich nicht ohne scharfen Widerspruch, ge-
wirkt hat, verdiente einmal besonders beschrieben zu werden. Er selbst hat sein Haupt-
werk, die „Geschichte der deutschen Litteratur im 19. Jh." nachmals zerschlagen und
durch synchronistische Verschachtelung, die er für wissenschaftlich hielt, alle Fortdauer
der Geltung sich verdorben. Nur aus den ersten Auflagen des Werkes versteht sich
die Bedeutxmg dieses Mannes, und dann wieder aus den späteren Serien von „Bildern
aus dem geistigen Leben", in denen seine grosse Gabe schärfster und eindringlichster
Charakteristik, ging sie auch bisweilen voii ganz falsch gewählten Punkten aus, sich
doch ausgezeichnet bewährte. —
Von Ereunden ist dem verstorbenen Richard Gosche ein Buches) gewidmet
worden, das ausser einer warm geschriebenen Lebensskizze und einer kurzen Würdigung
der Arbeiten Gosches auf dem Gebiete der orientalischen Philologie noch dreizehn Auf-
sätze über sehr verschiedene Gegenstände der Litteratur und Kunst enthält. In der
deutschen Philologie wird Gosches Andenken viel mehr durch seine Begründvmg der
ersten ausschliesslich litterarhistorischen Zeitschrift fortleben denn durch seine eigene
Forsclmng und Darstellung. Die Vorzüge seiner Essays sind avich in dieser kleinen
Sammlung nicht zu verkennen: geschickte Disposition, klares Urteil, kluge Einfälle,
ruhige Erörterung, durch Bilder geschmackvoll unterbrochen, treffende Parallelen sicher-
ten dem gewandten Redner grosse populäre Erfolge. Seine Gaben scheinen insbesondere
die eines guten, über ein ungeheures Wissen gebietenden Journalisten gewesen zu sein,
strenger und anhaltender Arbeit an geschlossenen Problemen versagte sich seine Kraft.
Dass er aber zuerst den Gedanken einer vergleichenden Litteraturgeschichte hegte, ihn
durch eigene Thätigkeit zu verlebendigen strebte und dafür in weitesten Kreisen An-
hänger warb, das soll ihm unvergessen bleiben. —
1,3
Poetik und ihre Geschichte.
Richard Maria Werner.
Geschichte der Poetik und Aesthetik: Sacer N. 3. — Gottsched uni die Schweizer N. 4. — Gravina
N. 6. — Kant N. 11. — Schiller N. 15. — Ae.sthetik seit Kant N. 16. — Grillparzer N. 18. — Lotze N. 20. — Visclier N. 22.
— Deduktive Poetik: Theoretische Arbeiten N. 25. — Praktische Zwecke N. 32. — Induktive Poetik: Historisch-
psychologische Methode im allgemeinen N. 35. —Physiologie der Lyrik N. 36. — Dramatische Charaktere N. 42. — Modern«
Aesthetik und ihre Ergebnisse für die Poetik: Methode: die evolutionistische Theorie N. 57. — Aesthetik und
Naturwissenschaft N. 61. — Aesthetik und Grammatik N. 64. — Ergebnisse: Allgemeines N.68; Schön und hässlich N. 70
das ästhetische Gefallen N. 82. — Das Genie N. 84; das dichterische Schaffen N. 88 — Einzelne Begriffe: Geschmack-
voll N. 100; Stilvoll N. 101; Allgemein mensclilich N. 103; Allegorisch N. 109; Tragisch N 111; Tendenziös N. 112; Plagiat
N. 117. — Der Naturalismus N. 118. —
Die Poetik, die Lehre von der Dichtkunst, ist ein Teil der Aesthetik, mag diese
nun wie immer verstanden werden. Die Untersuchung der Mittel, deren sich die Dicht-
19) Johannes Schmidt, August Schleicher: ADB. 31, S. 402—16. — 20) J. Mähly, Johannes Scherr: ib., S. 125—30. —
21) C. Rössler, H. Julian A. Schmidt: ib. S. 751—68.— 22) Richard Gosche. Erinnerungsblatter für seine Freunde. Bio-
graphie u. ausgew. Aufsätze (mit e. Portr. in Steindruck). Halle a/S., Hendel. XXXX, 120 S. (Biogr. S. V— XXXV v.
A. Fränkel; R. G, l. Orientalist S. XXXVI— XXXIX v. Georg Ebers.)-
14 1,3: R. M. Werner, Poetik und ihre Geschichte.
knnst zur Erreichung ihres Zieles bedient, der Wirkungen, die sie liervorbringt, ihrer
Art und ilvres Wesens geht parallel den Untersuchungen über Mittel, Wirkungen, Art
und Wesen der übrigen Künste; unter Aesthetik aber verstehen wir die vergleichende
Zusammenfassung aller dieser Untersuchungen zu Einem Ganzen, mag auch die Methode
bei den einzelnen Aesthetikern eine grundverschiedene sein. Die ältere Aesthetik suchte
das Gemeinsame der Künste in Einem Begriffe, den sie nun im einzelnen durchführte —
Fechners „Aesthetik von oben" — , die neuere Aesthetik dagegen geht den umgekehrten
Weg, möchte zuerst die Einzeluntersuchungen abschliessen, um dann, wenn dies ge-
schehen sein wird, die Zusammenfassung vorzunehmen und das Einigende der Künste
zu erforschen; Fechner nannte sie darum die „Aesthetik von unten". Beide Methoden
werden jetzt neben einander angewendet, nicht von denselben Forschern, sondern von ver-
schiedenen Schulen. Natürlich ist die Trennung aber keine so vollständige, dass nicht
die eine von der anderen manches zu lernen vermöchte. Auch die Poetik kann, wenn
sie richtig getrieben wird, die Lehren der älteren Aesthetik nicht völlig ausser Acht
lassen; gewisse Erkenntnisse wurden gewonnen, die genutzt wei'den dürfen, wenn sie
sorgfältig auf ihre Richtigkeit geprüft werden. Deshalb muss auch ein Bericht über die
neuen Erscheinungen auf dem Gebiete der Poetik vielfach hinübergreifen in jenes der
Aesthetik, nicht bloss, um zu erfahren, was diese über Dichtkunst im speciellen lehrt,
sondern um sich klar zu machen, wie viel sich aus den Erkenntnissen über die Kunst
im allgemeinen für ihre besondere Kunst lernen lasse. Die Eigenart der älteren Aesthetik
brachte es naturgemäss mit sich, dass die einzelnen Forscher meist mit Einer Kunst
oder mit einigen genauer vertraut waren, die übrigen Künste dann nur streiften oder
zum Teil mit Hilfe befreundeter Forscher sich nahezubringen suchten; man denke
Fr. Vischers und seines Verhältnisses zur Musik. Dass dabei die Dichtkunst von den
meisten Aesthetikern eingehender gewürdigt wurde, lag in der Natur der Sache; werden
wir doch von Jugend an mit den Erzeugnissen dieser Kunst genauer vertraut als mit
den Werken der anderen Künste. Unser Bericht muss der ästhetischen Werke so weit
gedenken, als sie für die Poetik Wichtigkeit haben. Besonders das 18. Jh. zeigt uns
eine lebendige Wechselwirkung zwischen Dichtkunst inid Aesthetik; mehrere von un-
seren deutschen Dichtern sind auch auf ästhetischem Gebiete thätig, vielleicht sogar
ausschlaggebend, wenn auch E. von Hartmann diesen „Popularästhetikern" gegenüber
den „wissenschaftlichen Aesthetikern" keinen Wert zuerkennt. Kann man sich aber
Lessing und Scliiller aus der Geschichte der Aesthetik liinwegdenken, ohne Lücke, ohne
Verlust; kann man andrerseits aus ihrem Leben die Beschäftigung mit der Aesthetik
streichen, ohne einen charakteristischen Zug ihres Wesens zu vernachlässigen? Schillers
Untersuchungen sind so gut wie ausschliesslich der Dichtkunst gewidmet, aber nur zu
verstehen, wenn man sie im Zusammenhang mit der Kantschen Philosopliie betrachtet,
aus der sie hervorgewachsen sind. Deshalb muss die Poetik der Werke gedenken, die
sich mit der Kantschen Aesthetik beschäftigen, wenn dies auch nur in einem liistorischen
Kapitel geschehen kaiin. —
Geschichte der Aesthetik und Poetik, i) Die „Nützlichen Erinnerungen
wegen der Deutschen Poeterey" (Alten Stettin 1661) von Sacer charakterisiert von Wald-
berg 2-3). Sacer steht zwar auf dem Boden der Renaissancepoetik, folgt Opitz, Hars-
dörfter, Rist, Tscherning, Schottel u. a., ist aber einer der Ersten, die gegen die allzu-
häufige Verwendung der Diminutiva im Reim auftraten, durch die Plavius (ADB. 26,
S. 268) so berüchtigt war; doch polemisiert er auch gegen Opitz, Fleming und Zesen
wegen ihrer Fehlgriffe. Scharf fällt er einerseits über Hans Sachs, andrerseits über
den Purismus her; zu meisterhafter Satire erhebt er sich aber in der Pseudonymen
Schrift „Reime dich oder ich fresse dich .... von Hartmann Reinholden" (Noi'dhausen
1673). Sein Hauptvorzug ist die Begünstigung erlebter Dichtung gegenüber der un-
wahren, innerlich hohlen Gelegenlieits-, Konversations- und banausischen Poesie seiner
Zeit; dadurch steht er ganz isoliert auf einem damals neuen Standpunkte. W. glaubt,
die Sprache der Schrift könnte, wenn auch nicht direkt, auf ältere spanisclie Muster
zurückgeführt werden. Sacer wird hier günstiger beurteilt als von Borinski, wodurch
Gervinus' Darstellung bestätigt erscheint. —
Li fördernder Weise hat Seuffert*) die beiden Arbeiten von Servaes und
Braitraaier über Gottsched und die Schweizer besprochen, indem auch er vor allem
ein gerechteres Urteil fällt; er misst die Bedeutung Bodmers und Breitingers sorg-
faltig ab und bestimmt das Wesen beider gewiss richtig. Treffend verteidigt er Gott-
sched gegen die übertreibende Herabsetzung durch Braitmaier, indem er sowohl die
•) XX Frischs Schulspiel v. d. falschen Dicht- u. Reimkunst. Her. v. L. H. Fischer. (S. u. III, 4 N. 18.) —
2) XM. Freiherr V. Waldberg, Martin Kinckhart: ADB. 30, S. 74/6. (Sein ^^Summarischer Discurs oder Durch-Gang,
von Teutschen Versen, Fuss-Tritten vnd rornehmsten Keim-Arten oder Teutsche Prosodia" (1645 vor d. Katecliismusliedern)
nur kurz erwähnt, es sind „metrische, v. wenig Selbständigkeit zeugende Lehren".) — 3) id., ö. W. Sacer: ib. S. 111/3.
(S. u. 111,2 N. 2«.) — 4) li. Seuffert, Servaes, D. Poetik Uottscheds u. d. Schweizer, u. liraitmaior, Gesch. d. Poetischen
I,B: R. M. Werner, Poetik und ihre Geschichte, 15
„Cri tische Dichtkunst" im allgemeinen würdigt, als einzelne Teile der Gottschedschen
Wirksamkeit heraushebt; so werden scharf und klar die Widersprüche in Gottscheds
Ansichten erklärt durch den Nachweis, dass Gottsched als Rationalist in der Poetik
realistisch sein musste, während er zugleich als Anhänger der höheren Kinistform, des
strengeren Stiles, ein idealistisches Prinzip vertrat; da er den Realismus nicht auf die
Auffassung beschränkte, sondern avif die Erscheinung ausdehnte, komite die Vereinigung
der beiden Prinzipien nicht gelingen. S. betont eben die Notwendigkeit, die Er-
scheinungen ohne Voreingenommenheit liistorisch zu erfassen und ohne Uebertreibung
an einander zu messen; er findet, Braitmaier habe die Schweizer, Mendelssohn ebenso
überschätzt, als er Gottsched, Meier, Nicolai unterschätzt. Ueberhaupt trägt S.
einige methodische Bedenken vor, die nicht eigentlich für die Poetik allein wichtig sind,
so über Briefwechselpublikationen und ihren Wert, über die Bedeutung von Kompendien,
über litterarliistorische Stellung. Eür uns kommt aber vor allem die Ausführung über
die Regel und ihre Wichtigkeit in der Kunst, über den Verstand als Regulator der
Phantasie in Betracht. Noch sei erwähnt, dass Wielands Stellung innerhalb der Ge-
schichte der Poetik kurz, aber ausreichend gekennzeichnet wird. So hat S. die Lücke
ausgefüllt, die tadelnd u. a. auch Griicker^) erwähnt hatte. —
Den Zweck, uns die Ansichten eines wenig bekannten Aesthetikers zu ver-
mitteln, hat sich die Arbeit von Reich**) vorgesetzt; sie behandelt den in Italien auch
als Aesthetiker angesehenen Juristen Gravi na eingehender, als es dvu-ch H. von Stein
geschah. R. giebt zuerst eine Lebensgeschichte Gravinas; dieser war am 18. Eebr. 1664
zu Rogiano in Calabrien geboren, bezog 1681 die Universität Neapel und kam 1688 zu
bleibendem Aufenthalte nach Rom, wo er als Professor am 6. Jan. 1718 in den Armen
seines Adoptivsohnes Metastasio starb. Hauptsächlich gehen uns drei Schriften Gra-
vinas an: „Discorso sopra l'Endimione di Erillo Cleone" (Rom 1692), „Della Ragion
Poetica Libri Due" (Rom 1708) und „Della Tragedia Libro uno" (Neapel 1715); der
von H. von Stein behauptete Einfiuss Shaftesburys auf Gravina besteht thatsächlich nicht.
Gravinas Stellung ist bedingt durch seine Zeit und seine Erziehung; er vertritt einen
durchaus nicht einseitigen Klassizismus gegenüber dem Marinismus •'a) j er ist angewidert
von der Modepoesie und findet das Heilmittel in der Rückkehr zvir Einfachheit und
Natürlichkeit der Griechen und Römer, die man aber nicht sklavisch nachahmen dürfe.
Er bedeutet also die Forderung der Natürlichkeit im Gegensatze zur Unnatur der zeit-
genössischen Werke. R. nimmt nun Gravinas Hauptwerk Kapitel für Kapitel durch,
um von Zeit zu Zeit Beifall oder Tadel auszusprechen; wir vermissen leider die histo-
rische Erfassung auch hier und wundern uns über Deklamationen wie S. 25 f. die Auf-
fassung der Einheit der Zeit in der Tragödie betreffend, oder über so ganz den Zu-
sammenhang störende Beispiele gleich denen S. 27. Den carattere di negligenza, den
Gravina vom Dichter verlangt, könnten wir doch historisch erläutern, man denke der
„künstlichen Unordnimg". Wir müssen solche Unebenheiten und manche feuilletonistischen
Wendungen in den Kauf nehmen, weil wir durch R. in Gravina wirklich einen vielfach
weitausschauenden Geist kennen lernen. Schon dass er nicht einseitig die Nachahminigs-
theorie vertritt, dass er zwischen Aehnlichkeit und Gleichheit unterscheidet, hebt ihn
hervor. Seine Ansichten über Homer zeigen gesunden Sinn ; er folgert aus dessen Epen,
dass der Dichter weder ganz Gute noch ganz Schlechte darstellen solle, fi:-eilich mit der
merkwürdigen Ausnahme, jene höchstens dann, wenn sie durch besondere göttliche
Gnade gebessert wären. So mischt sich Richtiges und Falsches auch sonst in Gravinas
Ansichten. R. macht darauf aufmerksam, dass Gravina die Poesie fast schon im Sinne
Hegels als sinnliche Erscheinung der Idee auffasst und ähnlich wie Schopenhauer ihren
Nutzen darin sieht, die Erkenntnis der Idee zu erleichtern. Gravina steht aber ganz
auf dem Boden des Nützliclikeitsprinzips, die Poesie hat für ihn die Aufgabe, unter
sinnlichen Bildern Keime der Weisheit auszusäen, die Gesetze der Nation und die Gottes
zu lehren und zur Religion sowie zur Ehrenhaftigkeit anzuspornen; zwar ahnt er die
Wichtigkeit der Phantasie, aber er kommt bei sehier Ablehnung des Marinismus, als der
entfesselten PhantasiewilLkür, wie R. wahrscheinlich macht, zu seiner platten Auffassung.
Im einzelnen entwickelt Gravina manchen ansprechenden und anregenden Gedanken,
verrät auch eine gewisse Selbständigkeit, so z. B. wenn er gegen die Autorität des
Aristoteles ankämpft, wobei er sogar leidenschaflhch wird. Leider glaubte R. die An-
sichten Gravinas über die Tragödie nicht ausführlich darlegen zu dürfen, um den Um-
fang seiner Studie nicht zu sehr zu erweitern; auch giebt er jene Ansichten des Kunst-
Theorie u. Kritik v. d. Diskursen d. Maler bis auf Lessing: GGA. S. 24—44. - 5)E. Grucker, Braitmaier, Gesch. d. poeti-
schen Theori« u. Kritik: KCr. 30, S. 395/9. — 6) E. Reich, Gian Yineenzo Gravina als Aesthetiker. E. Beitr. z. Gesch.
d. Kunstphil.: SBAkWienP''. 120 N. 11, S. 1-74. Wien, Terapsky. 74 S. M. 1,40. |[Fritz Sehultze: DLZ. 11, S. 1306/7.]|
(Auch als Sonderabdr. erschienen.) - 6a) (ill, 1 N. 12). - 7) X A. Er., M. Dessoir, K. Ph. Moritz als Aesthetiker:
16 1,3: R. M. Werner, Poetik und ihre Geschichte.
Philosophen nicht wieder, die er für ganz veraltet und die Mühe einer Wiederbelebung
nicht lohnend hälf^-^oj. _
H, Falke nheim^i) versucht darzustellen, wie sich die Aesthetik Kants ent-
wickelte; zu diesem Ende legt er zuerst Kants Lehren in seiner vorkritischen Periode
dar, wie sie sich unter dem Einflüsse Rousseaus imd der Engländer gebildet hatten.
Charakteristisch erscheint F. für Kants Aesthetik in dieser Epoche, dass die Moral nur als
eine Abart der Aesthetik betrachtet und dass die Regeln über Schönheit und Sittlich-
keit aus einem Gefühle abgeleitet werden, das zwar universell und allen Menschen
gemeinsam, aber in seiner Aeusserung völlig subjektiv und individuell ist. Schon stehen
das Schöne und das Erhabene neben einander. Dann zeigt F., wie Kant die Aesthetik
als Wissenschaft verwirft, weil sie keine synthetischen Urteile a priori enthalte, sondern
ihre Urteile nur auf dem Wege der Beobachtung gewinnen könne; ihre Erfahrungs-
begriffe sind daher zufällige, sie vermag darum mit der Erkenntnis- und Sittenlehre
nicht gleichgestellt zu werden. Scharf wendet sich nun Kant gegen Baumgarten, den
„trefflichen Analysten", und verwirft die bisherige Aesthetik, ohne eine neue dafür zu
schaffen. Doch ergiebt sich ihm später die Möglichkeit einer kritischen Aesthetik, und F.
macht klar, wie dies gelang: es musste untersucht werden, ob die menschliche Vernunft
ein transscendentales Prinzip besitze, das sich ziim Geschmack verhalte, wie Raum und
Zeit zur Anschaiumg, wie die reinen Verstandesbegriffe zum Erkennen, wie die moralischen
Ideen zum Begehren. Erkenntnis ist ohne die Verstandesbegriffe, moralisches Handeln
ohne Freiheit nicht möglich; giebt es ein Prinzip, das aUein die allgemeingiltige
ästhetische Vorstellungsart ermöglicht? F. legt nun dar, wie Kant dieses Prinzip der
reinen Vernunft fand. Eigen ist ihr, von dem durch die Erfalu-ung gebotenen Bedingten
zu dem jenseits aller Erfahrung liegenden Unbedingten fortzuschreiten, dieses Unbedingte
ist daher ein apriorischer Vernunftbegriff; solche Begriffe nun, die in der Vernunft
liegen, aber die Erfahrung übersteigen, heissen Ideen, und da sie von aller Erfahrung
unabhängig sind, transscendentale Ideen; sie sind der Vernunft ebenso natürhch, wie
dein Verstände die Kategorien, dürfen sich aber nicht auf Gegenstände der Erfalirung,
sondern nur auf den Verstand richten, also nicht konstitutiv, sondern regulativ sein.
Das Unbedingte wird nicht diu-ch die Erfahrung geboten, sondern von der Vernunft
postuliert, es ist also ein Vemunftbegriff, den wir in die Natur hineintragen, demnach
nicht objektiv, sondern subjektiv. Die regulativen Ideen lassen sich in Gestalt von drei
Gesetzen aussprechen: der Gleichartigkeit oder Homogenität, die hinter der Mannigfaltig-
keit die Einheit sucht, der Spezifikation, die zu jeder Verschiedenheit kleinere Verschieden-
heiten sucht, und der Affinität oder Kontinuität, die, beide zusammenfassend, überall
eine unendliche Reihe vorbindender MittelgHeder sucht. Eine solche zweckmässige
Naturbetrachtung nimmt zwischen den beiden anderen apriorischen Erkenntnisarten, der
theoretischen und der praktischen, eine Mittelstellung ein. Damit war ein Thema
für eine ganz neue apriorische Form der Vernunft entdeckt, olme dass Kant jetzt schon
an eine systematische Ausführving ging, d. h. es war die Möglichkeit einer Aesthetik
als Wissenschaft erwiesen, aber diese Wissenschaft von Kant noch nicht angegangen.
F. verfolgt nun behutsam und scharf ausblickend den Weg, den Kant einschlug, bis er
im ersten Teile der „Kritik der Urteilskraft" sein System der Aesthetik entwickelte. Die
Frage musste sein, wie das Unbedingte als Ursache des Bedingten gedacht werden, mit
anderen Worten, wie die Freiheit Ursache der Notwendigkeit sein könne. Das ist nur
möglich, wenn die Erscheinungen nicht Dinge an sich, sondern Vorstellungen sind, die
nach empirischen Gesetzen zusammenhängen. Wir erhalten also eine doppelte Kausalität.
Die Wirkung ist frei hinsichtlich ihrer Ursache, naturnotwendig hinsichtlich ihrer Er-
scheinung. Nun nennen wir das Gesetz, nach dem eine Ursache wü^kt, ihren Charakter;
jedes Subjekt der Sinnenwelt hat also einen doppelten Charakter, einen empirischen,
wodurch seine Handlungen als Erscheinungen nach Naturgesetzen mit anderen Erschei-
nungen verknüpft sind, und einen intelligiblen, wodurch es zwar Ursache der Erschei-
nung, aber ausserhalb der Sinnlichkeit, darum nicht selbst Erscheinung ist. Zur V^er-
deutlichung zieht Kant die menschliche Freiheit herbei: alle mensclilichen Handlungen
lassen sich aus den ihnen vorhergehenden Bedingungen als notwendig erkennen; aber
vieles sollte nicht geschehen sein, was nach dem Laufe der Naturgesetze geschehen ist.
Wir kommen zu einer Idee der sittlichen Handlungen, während den sinnlichen Erschei-
LCBl. S. 325/6. (Ref. hebt d. Mangol an liistorischen Kenntnissen liorvor, indem er zugleich Vertrautheit mit Winckolmann
bei d. im Übrigen sehr freundlicli behandelten Vf. vennisst.) — 8) XX Robert, La poätique de Racine, ttude sur le systemo
dramatique de Racine et la Constitution de la trag^die fran9aise. Paris, Hachette. IX, 362 S. Fr. 7,50. | [RCr. 30, S. 432/5.] |
— 9) X Th. Rucktaschel, Einige arts po^tiques aus d. Zeit Ronsards u. Malherbes. E. Beitr. z. Gesch. d. französ.
Poetik d. 16. u. 17. Jh. Diss. Leipzig 1889. 76 S. — 10) XX 0. Edler, Darstellung u. Kritik d. Ansicht Lessings über
d. Wesen d. Fabel. (= Fejjtschr. z. 350j. Jubelfeier.) Herford, evang. Gymn. 23 S. — II) H. Falko nh ei m, I). Ent-
stehung d. Kantischen Aestliotik. Heidell). Diss. liurlin, Speyer & Peters. VI, 64 .S. M. 2,00. [[Krone nberg: BLU.
1,3: R. M. Werner, Poetik \mä ihre Geschichte. 17
nungen stets andere Erscheinungen zu Grunde liegen. Diese Idee, das Sittengesetz,
kann nicht aus der Erfalirung hergeleitet werden. Die wissenschaftliche Moralphilosophie
muss den Inhalt des Sittengesetzes feststellen. Dieses tritt dem menschlichen Willen
gegenüber, weil sein Gebot unbedingt und unter allen Umständen gilt und nicht von
zufälligen Nützlichkeitsrücksichten abhängt, als kategorischer Imperativ auf, er ist sich
Selbstzweck und er ist nicht von aussen empfangen, sondern vom Willen sich selbst
gegeben, also autonom. Nur Willensfreiheit ermöglicht das Sittengesetz. Es kommt
nun darauf an, das Vermögen der Freiheit zu erforschen und als Bedingung des Sitten-
gesetzes darzuthun; das geschieht in der „Kritik der praktischen Vernunft". Sie erweist
die menschlichen Handlungen ihrem Gesamtcharakter nach zugleich als frei und als not-
wendig, nur jedes in einem anderen Sinne. Die Handlungen eines Menschen wären bei
genauester Kenntnis, da wir dann alle seine Triebfedern zu durchschauen vermöchten,
gerade wie eine Sonnenfinsternis vorausberechenbar, trotzdem würden wir sie als gute
oder böse beurteilen, d. h. wir betrachten sie nur als Erscheinungen nach dem Gesetze
der Notwendigkeit, als Ding an sich aber nach der Freiheit. Kant folgert daraus, dass
das Vermögen der Freiheit in Wahrheit existiert, es fragt sich nur, wie sich die Frei-
heit zur Sinnenwelt verhalte. Der kategorische Imperativ hatte dem Willen nicht das
Streben nach Glückseligkeit als sein begehrenswertes Ziel gezeigt, sondern die Pflicht-
erfüllung, die Tugend ist der Sieg der Pflicht über die Neigung. Die Tugend liegt der
Glückseligkeit zu Grunde, die Freiheit der Natur; der empirische Charakter ist dem in-
telligiblen, die spekulative Vernunft der praktischen unterworfen, das ist der Primat
der praktischen Vernunft. Diesem Gedanken geht Kant dann in seinen geschichts-
philosophischen Aufsätzen weiter nach und führt ihn so weit, dass nun die Frage nach
der natürlichen Zweckmässigkeit in der „Kritik der Urteilskraft" erwogen werden kann.
Dem Prinzip der natürlichen Zweckmässigkeit entspricht nicht der Verstand, sondern
nur die Urteilskraft, die aber reflektierend sein muss, nicht bestimmend, weil die theo-
retische Erkenntnis sich mxc auf das Gebiet der empirischen Erscheinungen, nicht auf
die Welt der jenseits ihrer Grenzen liegenden Zwecke beziehen kann. Die reflektierende
Urteilskraft hat also die Natur als zweckthätig vorzustellen. Wir betrachten die Welt
so, als ob in ihr eine Vernunft gleich der unsrigen wirkte, die Erfahrungsobjekte, die
dem reinen Verstand als zufällig erscheinen, so, dass sie eine denkbare gesetzliche Ein-
heit in der Verbindung des Mannigfaltigen enthalten. Nun fühlen wir uns erfreut, wenn
wir einen Gegenstand als zweckmässig betrachten können. Empfinden wir die Wirkung
eines Gegenstandes auf uns als zweckmässig, so erweckt das ein Gefühl der Lust,
und wir schreiben einem solchen Gegenstande daher Schönheit zu. Seine Zweckmässig-
keit ist in diesem Falle ganz auf dem subjektiven Eindrucke begründet und hat mit der
Bestimmung des Gegenstandes nichts zu thun. Die ästhetischen Urteile wollen keine
Bestimmung hinsichtlich der Beschaffenheit der Gegenstände treffen, sondern zeigen nur
die Harmonie zwischen Anschauung und Begriff, zwischen Einbildungskraft und Ver-
stand. Sie sind also durchaus subjektiv. Die ästhetische Urteilskraft oder der Ge-
schmack ist das Vermögen, das Gefühl von Lust und Unlust mit der Vorstellung der
Objekte zu verknüpfen. — Mit diesen Ausführungen besclxliesst F. seine Darstellung,
die niu" die Entstehung, nicht die Ausführung der Kantschen Aesthetik bezweckte;
er entwickelt nur mit möglichster Uebersichtlichkeit, wie sich Kants Aesthetik in das
Ganze der kritischen Pliüosophie einordnet und einen wesentlichen Bestandteil in ihr
bildet; er will sie weder im Zusammenhange mit der Entwickelung der Aesthetik über-
haupt, noch in ihrer Eigenart im besonderen darstellen. Die erste Aufgabe hat in be-
deutsamer Weise Cohen^^^ gelöst, dessen Arbeit aber zeitlich nicht mehr in den Rahmen
dieses Berichts fällt; C. hat überdies die Kantsche Aesthetik kritisch zu beleuchten
gesucht. — Einen ähnlichen Zweck 13) setzt sich die Arbeit Nicolais^*). Sie führt
zuerst aus, dass Kants Disposition in seiner „Kritik der Urteilskraft" aUzu mecha-
nisch jener in der „Kritik der reinen Vernunft" nachgebildet worden sei, woraus
Inkonsequenzen, Wiederholungen, Unklarheiten und Widersprüche folgten. Dann wendet
sie sich dem Inhalte zu und macht hauptsäclilich zwei Einwendungen: dass Kant erstens
dem sinnlichen Charakter des Schönen nicht gerecht werde, und zweitens, dass er zu
schwanken scheine, ob das Schöne objektiv, d. h. an den Gegenständen bezüglich ihrer
Form haftend oder nur subjektiv, d. h. eine lediglich in unserm geistigen Vermögen
begründete Betrachtungsweise sei. N. nimmt nun im zweiten Teile seiner Schrift die
„Kritik der Urteilskraft" unter genauer Angabe ihres Inhalts paragraphenweise durch,
so zwar, dass jedesmal einem Referate die Besprechung folgt. Für uns kann es sich
nur darum handeln, N.s Kritik einzelner Punkte von Kants Aesthetik kennen zu lernen.
S. 680/l.]| 12) Hermann Cohen, Kants Begründung d. Aesthetik. Berlin, DUmmler. 1889. XII, 433 S. M. 9,00. |[Th.
Ziegler: DLZ. 12, S. 3— 7.]| — 13) XX M. Massonius, Ueber Kants transcendentale Aesthetik. E. krit. Untersuchung.
Leipzig, Fock. XI, 178 S. M. 2,40. — 14) W. Nicolai, Ist d. Begriff d. Schönen bei Kant konsequent entwickelt?
2
JBL. I.
18 1,3: R. M. Werner, Poetik und ihre Gesclüchte.
So findet er Kants Ablehnimg des Eeizes für das Schöne zu rigoristisch, da der Reiz,
sparsam angewendet, im Kunstwerk ein notwendiges Beförderungsmittel für die ästhetische
Betrachtung sei; er billigt also Kants Trennung von Angenehm und Schön im allge-
meinen, meint nur, sie sei unnötig scharf, da besonders Licht- und Klangeflfekte einen
sinnlichen E,eiz auszuüben vermöchten, der „interesselos" ist. Ebenso bestreitet N. die
Berechtigung, freie und fixierte Schönheit zu scheiden und nur jener eine reine ästhetische
Wirkung zuzusprechen, weil auch die fixierte Schönheit als Ganzes genommen rein
ästhetische Lust im Gefolge habe, andrerseits die freie Schönheit auch intellektuelles
Wolilgefallen durcli Symbolisierung zu erregen vermöge. N. betont ferner nachdrück-
lich, dass die Unterscheidmig von Normalidee und Ideal nicht glücklich sei, da nach
Kant nur der Mensch in der Kunst allgemein und positiv gefallen könnte, nicht aber
andere Objekte, was den Thatsachen widerspreche. Der Vf. macht ferner darauf auf-
merksam, dass Kant bald dem Naturschönen, bald dem Kunstschönen höheren Wert
zuspreche imd ihre Wesensgleichheit verkenne. Gegen die Einteilung der einzelnen
Künste nimmt er entschieden Stellung, indem er sich der Gliederung in bildende und
fortschreitende Künste, die sein Lehrer Glogau im Abriss der plülosophischen Grund-
wissenschaften (2, S. 353 if.) vertritt, anschliesst; zu den bildenden rechnet er demnach:
Arcliitektur, Plastik, Malerei; zu den fortschreitenden: Mimik, Dichtkunst und Musik.
Der Anhang behandelt das Erhabene; an der Scheidung von Erhaben und Schön nimmt
N. eigentlich, keinen Anstoss, wie denn überhaupt dieses Kapitel, als nicht streng zum
Thema gehörig, allzu flüchtig ausgeführt wurde; ihm erscheint nur die Gliederung des
Erhabenen in das Mathematisch- und das Dynamisch-Erhabene nicht ganz richtig, weil
beide keine sich ausschliessenden Gegensätze bilden; er möchte lieber das Erhabene der
Natm- und das Erhabene des Geistes einander entgegenstellen. Die Polemik gegen Kant
ist mit Bescheidenheit vorgetragen, erweckt aber den Eindruck des Subjektiven, weil
die Beweisführung nicht zwingend ist. Ganz versäumt hat N. die Rücksichtnahme auf
die Einwendungen, die schon längst gegen Kants Aesthetik vorgebracht wvirden, wie er
auch nur an zwei oder drei Stellen (S. 52 und 83) auf die Geschichte der Aesthetik
bezüghch Philosophie eingeht. Von Schiller wird gar nicht gesprochen, i*») —
Schillers Aesthetik hat Gustav Zimmermanni^) dargestellt, so zwar, dass
er zuerst Schillers Ethik nach drei Perioden der Ruhe, des Kampfes und des Friedens
behandelt, dann Schillers Verhältnis zur Plastik, Malerei und Musik darlegt, um sich
liierauf der Lehre vom Schönen zuzuwenden. Hier geht er teils historisch, teils kon-
struktiv vor, schweift ab, um moderne Erkenntnisse zu nutzen, vor allem um zu zeigen,
dass bei Schiller Theorie und Praxis nicht identisch seien; an dem objektiven Begrifie
des Schönen, den Schiller gefunden zu haben glaubte (Kallias), wird er später selbst
wieder irre. Mit Tomaschek nimmt Z. eine Unklarheit Schillers in der Auöassung der
„Form" an. Und so folgt er noch oft anderen Gewährsmännern, wodurch seine Dar-
stellung sehr an Klarheit verliert; dazu kommt ein deklamatorischer Stil, der einer
solchen Untersuchung fremd sein sollte. Er giebt einen Durchschnitt, keine Entwicke-
lung der Scliillerschen Ansichten über die Offenbarungsformen des Schönen in der Natur
und im Gemüt des Menschen, macht dabei auf den Unterscliied von Antik und Modern
aufmerksam und sucht, Scliillers Winken folgend, das festzustellen, was die Neuen allem
auszeichnet, vor allem die Liebe. Kurz wird das Wesen der Kirnst betrachtet, das in
der Jfreude, im Glücklichmachen bestehe, in einer Vereinigung von Spiel und Ernst.
Das Schlusskapitel möchte Scliillers Stellung zu Philosophie und Religion erfassen, um
zugleich Lehren für das Leben daraus zu ziehen. Die Schrift hat nicht den richtigen
Titel, es wird nicht so sein- Schillers Aesthetik als seine Wichtigkeit für die ästhetische
Erziehung gekennzeichnet. Mit solchen Sclu-iften wird unsere Kenntnis der Aesthetik
kaum gefördert. —
Die Entwickelung der Aesthetik seit Kant, die v. Hartmann behandelt
hatte ^ö^, wiu'de wenigstens nach der einen Seite liin mit grösserer Ausführlichkeit, aber,
wie Diltheyi'') hervorhebt, weniger fördernd von Seidl neu bearbeitet; D. tadelt
die unklare Einleitung und nimmt am subjektiven Geschmacksiu"teil wie an der ganzen
Idee einer Zweiteilung des ästlietisch Wirksamen Anstoss. —
Ueber Grillparzer als Aesthetiker hat E. Reiches) ein merkwürdiges Büch-
lein geschrieben, dessen Methode nicht zu billigen ist. Die Aeusserungen, die Grill-
parzer zu verschiedenen Zeiten aus verscliiedenen Anlässen that, werden in eine Art
Diss. Kiel, Fiencke. 1889. VI, 100 S. M. 2,00. - 14a) X K- Philippson, D. ästhetische Erziehung. E. Beitr. z. Lehre
Kants, Schillers u. Herbarta. l'rogr. Magdeburg, Kdiiig-Wilhelm-Gymn. 4". 34 S. — 15) Gustav Zimmermann, Versuch e.
Schillerschen Aesthetik. Studie. Diss. Leipzig, Teubuer. 188i>. 136 S. M. 2,00. | [LCBl. S. 1380/1 (lobend).J | — 16) X
Ologau, V. Ilartmann, 1). deutsche Aesthetik seit Kant: ZPhilos. 96, S. 282-92. — 17) D[ilthoyJ, Seidl, Z. Gesch. d. Erhaben-
heitsbegriftes seit Kant : LCBl. S. 8-10. — 18) E. Reich, Grillparzers Kunstphilosophie. Wien, Manz. VI, 146 S. M. 2,40.
|[y. Knauer: Presse, N. 72; Oarri6re: AZg»; 0. Haruack: PrJbb. 65, S. 247; Grenzb. 49, S. 151; Backhaus:
Archiv 3, S. «0; M. Necker: DeutschZg. N. 6482; Deutschi. 1, S. 308—10; Bertz: BLU. 8. 523/4; E. Kueke: FZg.
N. 127; A. Klaar: Bohemia N. 15; VossZg. N. 143; U. M. Werner: DLZ. 12, S.299-300; E. Kilian: DBühnengen. 19, S. 265/7.J| -
1,3: R. M. Werner, Poetik und ihre Geschichte. 19
von System gebraclit, das Zustimmung oder Widerspruch begleitet; natürlich kommt
dabei ein sein- bxnites, kein einheitliches Ganze zu Stande; doch hat R. auf eine wich-
tige Seite von Grillparzers Persönlichkeit hingewiesen, manches hervorgehoben, was der
Dichter, seiner Zeit voraneilend, klar erkannte, und vor allem durch eine Sammlung der
Aeusserungen eine bequemere Benutzung des Materials ermöglicht; im Anscliluss an
sein Heft wurde darvim Grillparzers Stellung zu verschiedenen Fragen der Aesthetik
behandelt. Ohne Rücksicht auf R. hat Für st ^9) in fördernder Weise Grillparzers
Verhältnis zum Realismus dargestellt. —
Ueber Lotzes Aesthetik hat sich Röhr 20) verbreitet, um zu zeigen, wie sich
bei Lotze ein Kompromiss zwischen der idealistischen oder begrifflich logischen und
der psychologischen Aesthetik einstellt; vorangeschickt ist eine kurze Darstellung der
allgemeinen Ansichten Lotzes über das Schöne, welche darauf hinausläuft, dass Lotze
zwei Sätze nebeneinander stelle, die sich eben nicht vereinigen lassen: das Schöne sei
subjektiv als Eindruck, objektiv als „absoluter Wert". Die Frage müsse sein, wie ein
Wert auf uns wirke, „den wir aucli dann anerkennen, wenn er nicht auf uns, sondern
auf andere günstig wirkt" ; sie zu beantworten, habe Lotze eigentlich nie unternommen,
er meinte nur, beim Anblick der schönen Erscheinung „erinnere" sich der Beschauer
der Idee, deren Abbild, Analogon oder Symbol die Erscheinung ist. Trägt so die Asso-
ziation zur Schönheit bei, so fasste sie Lotze doch anders als Fechner, was R. klar
durchführt. Dann wendet sich R. in der Einzelbetrachtung der Arten des Schönen dem
Verhältnis von den direkt dm-ch die Erscheinungen erregten und den Erinnerungsgefühlen
zu, mn nachzuweisen, dass Lotze zwei Stufen des Eindrucks annehme, wovon die erste
als dauernder Besitz der Aesthetik zu betrachten sei, nämlich dass es gewissen Formen
als Formen, ohne dass sie etwas bedeuten, durch ein unvordenklich grundloses Schick-
sal gegeben sei, unser Wohlgefallen zu erregen, wobei aber unerforscht bleibt, warum
gerade diese Formen diese Gefühle hervorrufen. Die zweite Stufe (der Würde) dagegen
erregt R.s Bedenken, weil er glaubt, Lotze habe seiner eigenen Forderung nicht Genüge
geleistet, es komme darauf an, dass dem Hinzugedachten etwas in der Erscheinung ent-
spreche. Scharf hat so R. das ästhetische Werk Lotzes geprüft, ohne dabei das Be-
deutsame der Leistung zu verkennen. 2i) —
Ein liebenswürdiges Lebensbild des Aesthetikers Vis eher verdanken wir
Lang22); in geschickter Weise sind Biographie und Charakteristik mit einer Würdigung
der Hauptarbeiten vereinigt, und so tritt die Persönlichkeit des Menschen, des Gelehrten,
des Lelu-ers und des Dichters klar vor Augen. Es ist dabei natürlich, dass sich die
Studie zugleich der Zeitgeschichte zuwendet; hat doch Vischer so vielfältig in die deut-
schen Verhältnisse eingegriffen. Was im besonderen Vischers Aesthetik angeht, sucht
L. aus den Lebensverhältnissen des Autors eine Erklärung für ihr Wesen, ihre Vorzüge
wie Mängel; um dem Vorwurfe frivoler Leichtigkeit in der Behandlung seiner Wissen-
schaft zu begegnen, den er hatte hören müssen, hat er es sich und anderen sauer ge-
macht. Je weiter er in der Arbeit fortschritt, desto lästiger wurde ihm der Zwang der
hegelisch-scholastischen Methode; halb wider Willen hat er das Werk im feststehenden
Rahmen zu Ende geführt, denn er hatte längst begonnen, sich von Hegel zu befreien.
Das Bleibende des Werkes sieht daher L., gewiss mit Recht, in dem reichen Detail,
den feinen Charakteristiken und Urteilen und in der dialektischen Durchdringung der
ästhetischen Begriffe. 23-24) —
Deduktive Poetik. Von gi'össeren theoretischen Arbeiten ist auf diesem
Gebiete nicht viel zu sagen. Das beliebte Handbuch Lemckes25) hat die sechste Auf-
lage erlebt, deren Charakter von den früheren Ausgaben nicht abweicht, im einzelnen
aber vielfach Rücksicht auf moderne Zustände und Verhältnisse nimmt. Der erste Band
mit dem Sondertitel: „Begriff und Wesen der Aesthetik. — Das Schöne in der Natiu-",
handelt von den allgemeinen ästhetischen Begriffen, hierauf vom Naturschönen, während
der zweite Band, „Die Kunst" überschrieben, zuerst das Gemeinsame der Künste dar-
stellt, um sich dann der Einzelbetrachtung der Künste zuzuwenden. Der letzte Abschnitt
ist der Dichtkunst gewidmet; dieses Kapitel geht uns zunächst an, obwohl selbstver-
19) K. Fürst, D. Kunsttheoretiker GriUparzer u. seine Stellung z. Realismus. (= Ber. über d. Lese- u. Redohalle deutscher
Studenten in Prag.) Sonderabdr. 13 S. — 20) J. Röhr, Kritische Untersuchungen über Lotzes Aesthetik. Diss. Halle.
44 g. _ 21) XX Ewert Wrangel, Eduard von Hartmanns estetiska System i kritisk belysning. (= Acta Universitatis
Lundensis I. philosophi, srprakvet. 3. 26 (1889-90). Lund, Berlingska Boktryckeri-och Stilgjuteri-Aktiebolaget. 4«. IV, 127 S.
— 22) W. Lang, Von u. aus Sehwaben. Gesch., Biogr., Litt. 6. Heft. Stuttgart, Kohlhammcr. 212 S. M. 2,50.
(S. 135—212.) — 23) XX Jlse Frapan, Vischer-Erinnerungen. Aeusserungen u. Worte. E. Beitr. z. Biogr. Fr. Th. Vischers.
Mit e. Portr. V.s Stuttgart, Göschen. VII, 191 S. M. 3,00. - 24) F. Barta, Ueber d. auf d. Dichtkunst bezüglichen Aus-
drücke bei d. römischen Dichtern. 2. Gedicht. Progr. Linz a/D., Staatsgymn. 35 S. (Vf. sammelte d. technischen Ausdrücke
d. Römer fUr „Gedicht", wobei er auf Aehnlichkeiten in d. modernen Litteraturen, besonders d. deutschen Rücksicht nimmt, in
derselben Weise wie in e. Progr. d. J. 1889 für „Dichten" u. „Dichter". - 25) C. Lcmcke, Aesthetik in gemein-verstandl.
Vorträgen. 6. aufs neue durchgearb. u. verb. Aufl. 2 Bde. 'Leipzig, Seemann. VIII, IV, 642 S. M. 10,00. |[Gegenw.
S. 334.]| — 26) E. Hallier, D. Aesthetik auf natürl. Grundl. u. ihr Einfluss auf unser Kulturleben: AZgB. jj. 124. -
2*
20 1,3: R. M. Werner, Poetik und ihre Geschichte,
ständlich auch das übrige vielfach die Dichtung berücksichtigt. Als wesentlich an L.s
Auseinandersetzung kann bezeichnet werden, dass er aus den Mitteln, deren sich die
Dichtkvmst bedient, und dem Ziele, das allein sie zu erreichen vermag, Tolgerungen für
sie zieht; er entwickelt also vorzüglich Regeln, Vorschriften, an die sich der Dichter zu
halten hat; das gehört aber in die Technik der Dichtkunst, nicht in die Aesthetik.
Zudem kommt nun ins Ganze ein Zwang, da L. selbst die Einzelheiten zvi kon-
struieren sucht, von den Elementen der Sprache, den Lauten, ausgehend allmählich zum
Euss, zum Vers, zw Strophe usw. aufsteigt und jedesmal ihren Charakter ästhetisch zu
erkennen sucht; solche Konstruktionen erscheinen aber willkürlich, da uns bisher noch
alle Mittel fehlen, um die ästhetischen Werte dieser Dinge zu bestimmen. Die Lehren
werden als Thatsachen vorgetragen, wodurch alles einen ganz verstandesmässigen An-
strich erhält, zumal L. mitunter auch dvu-ch die gewählten Ausdrücke falsche Vorstel-
lungen erwecken kann; so wird z. B. gesagt, die Griechen hätten das Mass der Längen
und Kürzen zur Bildung von Versen „erwählt" (S. 531); muss dies nicht falsch verstanden
werden? Die Gliederung der Dichtkunst in Epik, Lyrik und Drama trifft L. darnach,
ob die äussere oder innere Welt oder ihre Durchdringung ergriffen wird. Diesen Ein-
teilungsgrund verleugnet aber L. dann selbst, weil er eben nicht beizubehalten ist; der
Vf. verlangt z. B. auch vom Epos, dass es Aeusseres und Inneres verbunden zu zeigen
habe, also Charakterschilderung bieten solle, oder bemerkt von der Lyrik, dass auch
hier Aussenwelt und Innenwelt einander bestimmen, so dass oft nicht zu entscheiden
ist, wo jene oder diese Art vorherrscht; beim Drama billigt er den Satz des Aristoteles,
dass es im allgemeinen denselben Inhalt hat wie das Epos: eine durch menschliche
Handlung sich gestaltende Begebenheit. Damit ist sein Einteilungsgrund einfach auf-
gehoben ; auch folgert L. nicht etwa aus seinem Prinzip Wesen und Darstellungsart der
einzelnen Dichtungsgattungen. Im einzelnen erhalten wir zum Teil treffliche Beob-
achtungen, freilich mehr negativer als positiver Art, besonders für Epos und Lyrik,
während das Drama etwas kurz abgethan wird. Getragen ist die ganze Darstellung von
dem festen Glauben an die Sieghaftigkeit der Kunst; warme Begeisterung, zuversicht-
liche Hoffnung spricht aus jedem Worte, nur tritt oft der bewundernde Ausruf an die
Stelle klarer Erkenntnis, die Begeisterung an die Stelle der Erwägung. Wo es nötig
erscheint, sind kurze historische Uebersichten gegeben, so beim Drama. Im allgemeinen
ist die Haltung mehr poptdär als gelehrt, darum aber auch freier vom Schulmässigen. —
Wir gewinnen bei Lemcke die Ueberzeugung, dass in dieser konstruktiven Weise nevie
Aufschlüsse kaum mehr zu gewinnen sind, was eben zvir induktiven Aesthetik geführt
hat. Einen anderen Weg als diese möchte H all i er 26) einschlagen; er verlangt als Vor-
läuferin einer neuen Aesthetik zuerst eine Aesthetik des Natiu-schönen, wobei er zu-
gleich über Naturnachahmung und künstlerische Reproduktion handelt. Er geht von
Vischer aus, von dem er eine interessante mündliche Aeusserung mitteilt: „Ja damals,
als ich meine Aesthetik schrieb, war ich noch Stock-Hegelianer; jetzt sollte etwas ganz
anderes aus dem Buche werden." Leider kam die geplante Umarbeitung, zu der H.
seine Hilfe angeboten hatte, nicht zu stände, und der eigene Versuch Halliers^'?) zur
Lösung der Aufgabe knüpft daher an Vischers berühmte Darstellung an. Port ig hat ein
vernichtendes Urteil über das Werk gefallt. — Bei aller Anerkennung ist auch Borins-
kis28) Stellung gegenüber den Ansichten Baumgarts ablehnend, namentlich verwirft
er das teleologische Prinzip, das sich bei Baumgart „unmerklich aber tiefgreifend"
überall in die Kunst einschleicht. Baumgart ist ein schroffer Aristoteliker, und ein
grosser Teil seines Werkes richtet sich gegen die Bernayssche Interpretation der Ka-
tharsis als „medizinische Entladung". B. streift die Erage nur, glaubt aber, der
Satz selbst sei nicht anfechtbar, höchstens die Eolgerungen. Interessant ist der Nach-
weis, dass schon vor Bernays Fr. v. Raumer in seinem historischen Taschenbuche
(N. F. 3, S. 186) die Möglichkeit der Bernaysschen Interpretation zurückwies, obwohl
er durchaus kein „philologischer Schnüffler" gewesen sei; sie könne darum weder so
„willkürlich", noch so „wunderlich" sein, wie Baumgart meint. 29-31) —
Auf dem Standpunkte der gesetzgebenden Aesthetik steht von Berger=*2j^ ob-
wohl er die philosophische Aesthetik verwirft; hauptsächlich aber verfolgt er prak-
tische Zwecke mit Rücksicht auf Theater und Theaterdichtung. Das Buch ist aus
Vorlesungen hervorgegangen und zerfällt in eine Reihe von fünfzehn unzusammen-
27) XX id. Aesthetik d. Natur. Stuttgart, Enke. XII, 400 S. M. 10,00. | [Portig.: BLÜ. S. 613.]| -
28) K. Borinski, H. Bauragart: Handbuch d. Poetik: ZVLR. 3, S. 165/7. — 29) X F. aiesinsj, D. Ausgang
d. Königs Oedipus v. Sophokles u. d. Aristotelische Katharsis. (= Commentationes Fleckeisenianae.) Lci|./.it,', loubner.
III, 300 S. M. 6,00. — 30) X L- Volkmann, 1). tragische Hamarti» b. Lessing. Festschr. Jauer, Guercke. IX, 127 S. M.3,60.
— 31) X t.'. Huemer, D. Genesis d. Entschlu.sses in d. Tragödien d. Euripides u. Sophokles oder Über d. objektiven
Charakter d. griechischen Tragödie. E. ästhet. Studie. Progr. Leipzig, Fock. 1889. 76 S. M. 1,20. |[S. Mekler:
DLZ. 11, S. 706/9.] I (D. Rec. betont, dass d. Charakterzeichnung b. ILicinti, Goethe, Grillparzer nicht A. einzig
massgebende sei, dass es darura nicht angehe, nach ihrer Art d. antiken l»raiiMri y.ii beurteilen.) — 32) A. I" iw i lierr
T. Berger, Drainaturgiseho Vorträge. Wien, Konegcn. 3 Bll., 26(5 .S. M. 4,00. |U'- Si^rvaes: DLZ. 12, S. '.nr,; ,1. Kctkel:
1,3: R. M. Werner, Poetik nnd ihre Geschichte. 21
^hängenden Abschnitten, von denen sechs, meist sehr anregend und aufsclilussreich, ein-
zehae Dramen besprechen. Weniger gUicklicli sind die allgemeinen Kapitel geraten.
B. unterscheidet aufführbare und Buchdramen, erkennt aber auch eine Bucherzählung
und eine Buchlyrik, jene, die man sich nicht wirkhch erzählt, diese, die man sich nicht
wirklich gesungen denken kann; da sich nun Bucherzählung und Buchlyrik Geltung er-
kämpften, Buchdrama jedoch nicht, folgert er, dass die Aufführung ein integrierender
Bestandteil des Dramas sei und handelt eingehend über die Aufführung, die Ausstattung
inid ähnliches Aeussere vom Standpunkte des Dramaturgen, nicht des Aesthetikers.
Deshalb denkt er auch an die Möglichkeit, das Dramatisieren so zu lehren, wie das
Zeichnen, Malen usw. Dieser Gedanke hat etwas Bestechendes, obwohl B. die Schwierig-
keiten der Durchführung nicht verkennt imd wohl weiss, dass bei manchen Dramatikern
der Mangel an Bühnenkenntnis durch ein traumartiges Schaffen ersetzt luid aufgewogen
werde. Die „Mache" hat überhaupt die grösste Beachtung gefunden, ja B. geht so weit,
dass er hauptsächlich das Studium der Mache, nicht die Folgerung allgemeiner und
abstrakter Regeln aus diesem Studium für wertvoll erklärt. Einmal sagt B. ausdrück-
lich, ihn muteten die Versuche, das geheimnisvolle Wesen des Dramatischen in eine
Formel zu fassen, wie die Versuche der Schildbürger an, das Sonnenlicht in Krüge zu
schöpfen und in sinnreich konstruierten Mausfallen zu fangen. Er verwirft darum Frey-
tags Beschreibung und giebt nur an, was von jedem poetischen Werke verlangt wird:
das Spannende inid das Erregen von Gefühlen; das ist aber nicht das Besondere des
Dramatischen. Grossen Nachdruck legt B. mit vollem Recht auf das „Mengegefühl"
und verlangt darum als eine Vorbedingung für die Aesthetik des Dramas die Lösung
der Frage, welche psychischen Veränderungen das Individuum durch das nahe Zusammen-
sein mit Vielen erleidet; schon Scherer führte das Publikum in die Poetik als Faktor
ein. Als Zweck des Dramas sieht auch B. die Darstellung des Psychischen durch
Physisches an, und was er über die beiden Möglichkeiten sagt, gleichsam von innen
oder von aussen zu beobachten, ist überzeugend, aber auf die verschiedenen Dichtungs-
arten nicht angewendet, weil er sich nur an das Drama hält und höchstens Ausflüge in
andere Wissensgebiete macht. Zu einer vielbehandelten Frage der Gegenwart nimmt
B. Stellung, nämlich zum Naturalismus ; er unterscheidet treffend Naturalismus der Form
und Naturalismus des Gehaltes, jenen bestreitet er für das Drama, da sich Rede und
Mimik auf der Bühne von jener im Leben unterscheiden müssen. B. leugnet, dass der
Natui'alismus des Gehaltes notwendig pessimistisch sein müsse, weil nicht bloss die
schlechten wirklichen Absichten des Menschen zu seiner Natur gehören, sondern auch
die guten, die er sich vorspiegelt. Der pessimistische Naturalismus könne kein Drama
schaffen. Damit sind wir bei einem weiteren wichtigen Punkte, bei der poetischen
Gerechtigkeit, mit der sich zwei Vorlesungen beschäftigen. B. unterscheidet gewiss
richtig eine echte und eine konventionelle poetische Gerechtigkeit, jene, die hervorgeht
aus der Ueberzeugung des Dichters vom Walten eines Schicksals im Menschenleben,
diese, welche sich dieses Kunstgriffs nur bedient, weil es einmal in der Tragödie so
hergebracht ist. Aber B. ist nicht bis zu voller Klarheit durchgedrungen. Er verlangt
einmal vom Dichter ein richtiges sittliches Urteil: dass er uns nichts als gut hinstellt,
was nicht gut ist, uns nicht zumutet, für oder gegen die falsche Seite Partei zu nehmen.
Zugleich fordert er, dass jedem Charakter im Drama das Schicksal zugewogen werde,
das er verdient; dann fühlten wir uns gleichsam als Mitwisser von Gottes Weltplan.
Weiter aber leugnet er, dass jedes Drama eine Variation über das Thema „Alle Schuld
rächt sich auf Erden" sein solle, und schwankt zwischen ethischer Auffassung und mo-
ralischer unentschieden hin und her, während er doch eine bloss ästhetische völlig ver-
wirft. Nur rehgiöse Ueberzeugung vermöge eine Tragödie hervorzubringen, da sie aber
unserer Zeit fehlt, ist eben eine moderne Tragödie unmöglich. Er wendet die Frage
nach der poetischen Gerechtigkeit im Drama lieber so: Soll der Dichter im Drama die
Menschen und den Weltlauf so darstellen, wie er in Wirklichkeit ist, oder soll er auf
der Bühne gewisse Forderungen verwirklichen, welche Gemüt und Vernimffc an die
Menschen und den Weltlauf stellen? Er steht zwar für die zweite Möglichkeit ein,
muss aber dann doch zugeben, dass nicht bei allen Personen des Dramas Schuld und
Sühne sich einstellen. — Treffend bemerkt Emil Wolf £33), dass nicht die Einzelerschei-
nung, sondern das Ganze in Betracht zu ziehen sei, dass darum die Frage nach der
tragischen Wirkung eines Dramas von derjenigen der poetischen Gerechtigkeit getrennt
und diese nur in negativem Sinne entschieden werden müsse. Wir vermögen uns nicht
zur Höhe des absoluten Geistes zu erheben, vor dessen Auge kein Rätsel existiert, das
rehi Natürliche und das Sittliche als Einheit erscheinen. Wir kennen diese Einheit
noch nicht, darum vermöge sie der tragische Dichter auch nicht an jeder Einzelerschei-
nung zu zeigen, sondern nur durch den Abschluss, den er dem Ganzen giebt. — Und
I5LU. S. 689— 91.]| — 33) Emil Wolff, Ueber poetische Gerechtigkeit: HambCorr". N. 33. S. 257-61. — 34) K. M.
22 1,3: R. M. Werner, Poetik und ihre Geschichte.
Werner"'"^) verweist darauf, dass in vielen alten und neuen Dramen zwischen S])ieler
und Gegenspieler eine Figur oder eine Gruppe von Figuren steht, die als Opfer, als
Einsatz des Spieles erscheint; von ihrer Schuld ist überhaupt nicht die Rede, obwohl'
häufig nach ihr die Tragödie benannt wird. So lassen sich v. Bergers allgemeine Auf-
stellungen über das Drama überhaupt kaum billigen, während er im einzelnen häufig
überzeugend, immer anregend die Dramen bespricht; vor allem für Grillparzer als Dra-
matiker haben diese Vorträge Wichtigkeit. ■''*''-'') —
Induktive Poetik. Obwohl nun während der letzten Jahrzehnte in der kunst-
wissenschaftlichen Forschung die historische Methode sich reicher Pflege erfreute, so
bricht sich doch mehr und mehr die Ueberzeugung Bahn, dass damit nicht alles gethan
sei. Zwar haben alle Fragen nach dem Aiisgangspunkt einer künstlerischen Form oder
Idee, nach der Stufenreihe ihrer Entwicklung, nach den mannigfachen, materiellen wie
geistigen Momenten, die auf den Künstler oder ein kunstübendes Volk von aussen ein-
gewirkt haben, für das Verständnis der Kunst gewiss die allerhöchste Bedeutung, aber
ihre Beantwortung löst nicht das Problem der Kunst. Die einzelnen Kunstwerke, wie
die ganze Entwicklung der Kunstproduktion und Kunstanschauung eines Volkes miiss
als das Produkt zweier Faktoren angesehen werden, jenes historischen und eines psycho-
logischen oder ästhetischen. Diese historisch-psychologische Methode im all-
gemeinen rechtfertigen in ihrer Ankündigung von Beiträgen zur Aesthetik Lipps und
Werner 35). Wie ein Kunstwerk, eine Kunst- oder Geschmacksrichtung aus den histo-
risch gegebenen Elementen hat werden können, ist nur auf dem Boden und aus der
Natur des menschlichen Gemütes und Geistes zu verstehen. Die Aesthetik hat also zu
fragen, wie es kommt, dass ein Künstler oder ein Volk gewisse historische Elemente
auftiimmt und verwertet, vermöge welcher Gesetzmässigkeit der menschlichen Natur die
Entwicklung unter den verschiedenen äusseren Bedingungen verschieden sich vollzieht,
wie überhaupt die historischen Momente, gegebene Formen, vorhandene und neuauf-
tauchende Stoffe, Techniken, Zwecke, kulturhistoiische Ideen usw. fruchtbar werden
und zu einem bestimmten künstlerischen Ergebnisse zusammenwirken können. Durch
Beantwortung solcher Fragen dient die Aesthetik der historischen Betrachtung zur not-
wendigen Ergänzung, und vermag auch zum Bewusstsein zu bringen, worauf für uns
die Wirkung des Kunstwerkes beruht. Nicht Konstruktion, Spiel mit Begriffen, schnell-
fertigen Aufbau von Systemen setzt sie sich zum Ziel, sondern Verständnis des Schönen,
wo immer es sich findet, seiner Elemente, der Arten ihres Zusammenwirkens, der inneren
Gründe für sein Dasein und seine Entwickhing. Man könnte diese Aesthetik der ver-
gleichenden Anatomie und Physiologie an die Seite stellen, aus der das gemeinsame
Gesetz des Organismus wie die Gesetzmässigkeit seiner Differenzierung für die Kunst
deutlich werden soll. Untersuchungen in diesem Sinne sollen die „Beiträge zur Aesthe-
tik" bringen. —
Zuerst erschien das Werk Werners 86), das sich im wesentlichen als eine Phy-
siologie der Lyrik giebt. Die Bedingungen und Modalitäten der Entstelmng, die
verschiedenen Formen des Werdens und der Entwickelung werden für das lyrische Ge-
dicht mit grösstmöglicher Sorgfalt dargestellt. Es soll gezeigt werden, wie die äusseren
Eindrücke vom Dichter verarbeitet werden, um sie zum Kunstwerk umzugestalten; so
weit dies überhaupt durchführbar ist, wird an der Hand von Beispielen der Weg ver-
folgt, welchen das lyrische Gedicht von seinen ersten Anregungen bis zu seiner end-
lichen Gestaltung zurücklegen muss. Dabei bedient sich der Vf. naturwissenschaftlicher
Ausdrücke und zieht das Entstehen neuer Individuen zum Vergleiche herbei. Er hätte
gut daran gethan, in gleicher Weise auch die gebräuchliche Terminologie der Psycho-
logie beizubehalten. Nach W. sind beim dichterischen Prozesse folgende Stadien zu
beobachten: 1) das Erlebnis; so wird alles genannt, was die dichterische Thätigkeit an-
regt; W. unterscheidet äusseres und inneres Erlebnis, Gefühls- und Gedankenerlebnis,
direktes und indirektes Erlebnis und gliedert darnach die lyrischen Gattungen. Sicht-
lich tritt das Bestreben zu Tage, die lyrischen Gedichte nicht nur in grosse Gruppen
zu teilen, sondern auch feinere Differenzen, etwa wie die Botanik die Pflanzen gliedert,
zu beachten; in mehreren Tabellen wei'den die lyrischen Gattungen von einander ab-
gehoben. Mehrere Rezensenten haben an diesen Tabellen Anstoss genommen, ohne
sich klar zu machen, dass nur auf dem Wege einer bis ins Einzelnste gehenden Schei-
Werner, y. Berger: Dramaturgische Vorträge: ADA. 17, S. 161/4. — 34a) X G- Freytag, D. Technik d. Dramas. 6. vorb.
Anfl. Leipzig, Hirzel. X, 314 S. M. 5,00. — 34b) XX H. Bulthaupt, Dramaturgie d. Schauspiels. Oldenburg, Schulze.
XV, 396 S. M. 5,00. ' [E. Brause wetter: MLJA. 59, S. 257/9.]| - 35) Th. Lipps u. R. M. Werner, Ankündigung:
Beitrr. z. Aesthetik. Hamburg, Voss. 3 S. — 36) R. M. Werner, Lyrik u. Lyriker. E. Untersuchung. (= Beitrr. z. Aesthetik.
Her. V. Th. Lipps u. B. M. Werner I.) Hamburg, Voss. XVI, 638 S. M. 12,00. |[A P ichler: WienZg. N. 294; Plöhn:
WienNIllustrZg. 8. 348/9; Grenzb. 50,1, N. 10; A. Biese: HambCorr. 1891. N. 291/92; B. WaldmUller: HambNachr».
1891. N. 16; Oegenw. 39, S. 376/8; G. Portig: BLU. 1891, S. 161/62; Eh.: LCbl. 1891, S. 302; MagdebZg. N. 556;
S.chw»bKron. 1891. N. 72; KölnZg. 1891. N. 7; Carriöre: AZg". N, 183; G. Ellinger: NatZg. 1891. N. 302; B. M. Meyen
1,3: R. M. Werner, Poetik und ihre Geschichte. 23
diing ein Ueberblick über das Wesen der lyrischen Mannigfaltigkeit gewonnen werden
kann; Zusammenfassung nnd "Differenzierung müssen sich ergänzen, wenn ein wirklicher
Gewinn ästhetischer Untersiichung eintreten soll. Die Resultate sind durch eine um-
fassende Induktion gewonnen, wenn dies aiich hei der notwendigen Abkürzung der Dar-
stellung vielleicht nicht so klar zu Tage tritt, als wünschenswert gewesen wäre. Das
Erlebnis wirkt aber nur, weim sich der Dichter: 2) in einer besonderen Stimmung be-
findet, deren Wesen dann untersucht wird; dabei findet auch Tages- imd Jahreszeit in
ihrem Einfluss auf den Dichter nach zahlreichen Zeugnissen Berücksichtigung. Kein
Dichter nimmt das Erlebnis ohne Verändening auf, die Umbildung, die er unbewusst
vollzieht, nennt W. 3) Befriichtung und scheidet nach ihrer Art die einzelnen lyrischen
Dichter; wieder soll eine Tabelle die Möglichkeiten versinnlichen, sie stellt grossenteils
die Resultate "v\;eit ausgedehnter Untersiichungen dar, die im fünften Abschnitte des
ersten Kapitels bei der Betrachtung von Gedichten mit dem Erlebnis „Schneefall" nur
angedeutet sind. Hat der Dichter das Erlebnis auf Grund seines innersten Wesens so
befruchtet, so ist erst der Keim eines lyrischen Gedichtes entstanden, dessen 4) inneres
Wachstum nun dargestellt wird. Hauptsächlich Vereinfachung oder Verdichtung, Er-
weiterung (Variation und Kontrast, ferner Abrundung), Ausgestaltung, Steigerung und
Anschluss neuer Keime kommen in Betracht. Innere Form hat der Gedichtkeim erlangt,
wenn Freiheit und Notwendigkeit sich eingestellt haben, den inneren Abschluss bilden
Wortwahl und Silbenmass. In verschiedener Weise tritt dann 5) die Geburt ein; es
wird Improvisation, Gelegenheit und Zufall unterschieden und darauf hingewiesen, dass
trotz der Gebtu"t ein Weiterkeimen stattfinden könne; 6) die äussere Eorm nach Dar-
stellung und Aiisdruck betrachtet, erzählende, aufklärende, darstellende und beschreibende
Darstellung, Monolog und Dialog werden besprochen; den Schluss bildet: 7) das äussere
Wachstum, Weiterführung (Korrektur, Revision, Umbildung, Verbildung), Ausdehnung
(Fortsetzung, cyklischer Abschluss, höhere Einheit) und Sammlung. Die neuere deutsche
Litteratur steht im Vordergrunde, weil hier der Reichtum an Beobachtungsmaterial,
Briefe, Tagebücher, Gespräche usw., die Prüfung erleichtert und das persönliche mo-
derne Gefühl die Kontrolle ermöglicht; doch sind auch fremde Litteraturen herbei-
gezogen, um zu sehen, ob die Beobachtungen auf Allgemeingiltigkeit Anspruch haben
oder nicht. — Im ersten Kapitel sucht W. die Stellung der Lyrik zu Epos und Drama
in anderer Weise als bisher zu begründen, er sieht die geläufige Dreiteilung der Poesie
als nicht zutreffend an, weil verschiedene Einteilungsgründe verwertet sind; ihm er-
scheint eine Zweiteilung richtiger, die Lyrik als einsame Gattung nennt er darstellend,
Epos und Drama zusammen, für die kein gemeinsamer Name geläufig ist, sieht er als
gesellige Gattung an und nennt sie vorstellend. Die Rezensenten des Buches verhalten
sich verschieden zu dieser Unterscheidung: während die einen sie „ebenso neu wie
schlagend" finden, lehnen die anderen sie ab, freilich ohne die Begründung zu wider-
legen. W. hat auch die geläufige Teilung in Volks- und Kunstlyrik verworfen, weil
jedes Ijn'ische Gedicht individuelle Gefühle, individuelles Aussprechen dieser Gefühle,
deshalb einen einzelnen Dichter voraussetze. — Gleichzeitig hat auch A. Schönbach^^)
diesen Gedanken betont und als Beispiel der umbildenden Volksüberlieferung ein Ge-
dicht von Mörike nach dem Volksmund aufgezeichnet. — Sat Werner sich mit dem
Gesamtgebiete der Lyrik beschäftigt, wohl auch seine Ansicht über den Fortgang der
lyrischen Dichtung angedeutet, so klagt Rehberg^^) über den Verfall der Lyrik in
unserer Zeit des mangelnden Subjektivismus, der mangelnden Verinnerlichung, Samm-
lung und Einsamkeit. Dadurch bestätigt er, nur negativ, das von Werner Entwickelte. —
Einen Versuch, der deutschen Lyrik neue Wege zuweisen, hat Freiherr v. Pro chäzka^s)
unternommen; das hat ihm eine scharfe Rüge von S. Mehring^^) eingetragen, die
nicht ganz im Verhältnisse zu seiner Bescheidenheit steht. P. verlangt strengen
Wechsel von „Länge und Kürze", so zwar, dass nach weiblichem Versausgang die
nächste Zeile trochäisch anheben muss, nach männlichem dagegen jambisch; er verwirft
schwebende Betonung sowohl im Innern als im Beginne des Verses, den Hiatus, ein
Aneinanderreihen einsilbiger Wörter, was sich begreifen lässt; aber er schliesst auch
den Gebrauch des Daktylus aus, wenn er nicht onomatopoisch ist; endlich dringt er
auf strenge Reimreinheit, abgesehen vom komischen Gedichte. So hofft er den neuen
Aufschwung der Lyrik anzubahnen. Die neue Poesie soll auch in ihrer Form „den In-
begriff der potenzierten Schönheit der Prosa verkörpern". Sein Grundprinzip verlangt
nur strenge Form, die Ausführung verrät aber Unsicherheit des Urteils und des Ge-
schmacks. Der begeisterte Dilettant hat noch nicht zwischen Rhythmus und Metrum
ADA. 17, S. 320/8; V. Valentin: ZVLE. 4, S. 478/94.]| — 37) A. B. Schönbach, K. M. Meyer, D. altgerm. Poesie nach
ihren formelhaften Elementen beschrieben: ADA. 16, S. 358—66. (Vgl. Über d.Buch noch Wilmanns: DLZ. 11,8.1310/3.) —
38) K. Rehberg, D. Niedergang d. Lyrik: ML.IA. 59, S. 385/9. — 39) R. Frh. Prochäzka, Versuch e. Reform d.
Deatschen Lyrik. (= Allg. BUchersamml. lebender Schriftsteller. 2.) Leipzig, Kömei. 16. XI, 34 S. M. 0,30. — 40) S.Mehring,
24 1,3: R. M. Werner, Poetik und ihre Geschichte.
unterscheiden gelernt, will überdies, wie es scheint, das Wesentliche der deutschen
Versbildung, Hebung und Senkung, nicht anerkennen und vergisst die Bedeutung des
Satztones vollständig. Auf diesem Wege wird der Lyrik kaum aufgeholfen werden *i). —
Werner'*^) behandelt in seiner Anzeige Beyers und Viehoffs vor allem die Ein-
teilung der Poesie 43-45^ und sucht die Darstellung der beiden Vf. zu widerlegen
im Hinblick auf seine Gliederung (S. o. N. 36); dann bespricht er einige Kunstmittel
oder Kunstgriffe, deren sich der Dichter bedient, um Gestalten zu malen oder die Un-
möglichkeit dieses Malens zu verdecken; er ergänzt die von Viehoff aufgestellte Liste,
indem er die musivische Art der Darstellung und die sich scheinbar widersprechende,
aber eigentlich ergänzende Doppelbeschreibung nachweist. Auch fordert er ein genaueres
Erfassen der dramatischen Charaktere. — Mit dieser Erage beschäftigt sich Achelis*®),
der Richard IIL nachzeichnet und ungemessene Herrschsucht als Grundzug seines
Wesens, Selbstzucht und Witz als seine Mittel anerkennt 4''-*^). — Grübelnd, zerfasernd
behandelt Mauerhof*^) Hebbel, Ludwig und Lessing und trägt so zur Erkenntnis tragischer
Charaktere bei. Die tragischen Motive der deutschen Dichtung hat Greinz^^) zu über-
blicken gesucht, aber nur einiges richtig erkannt ^i-^*').
Moderne Aesthetik und ihre Ergebnisse für die Poetik. Unerlässlich
ist es, wie im Eingang ausgeführt wurde, für den Arbeiter auf dem Eelde der Poetik,
sich mit solchen Werken bekannt zu machen, die, andere Gebiete der Kunst betrachtend,
zu Erkenntnissen gelangen, deren Berücksichtigung in der Poetik Nutzen stiften kann.
Zunächst um der Methode willen. Verschiedenen Forschern schwebt eine evolutionisti-
sche Theorie vor. Nach dieser Richtung der Aesthetik neue Bahnen zu ziehen, ist die Ab-
sicht Bölsches^''); er ver\\drft die ganze bisherige Aesthetik, eigentlich Eechner mit ein-
geschlossen, wegen der mangelnden Fühlung mit den modernen Richtungen, die hauptsächlich
auf dem Gebiete der Naturwissenschaft, der Ethik und der sozialen Frage durch die moderne
Dichtung, den Realismus, schon aufgenommen würden, während die Aesthetik von ilnien
noch keinen Begriff habe. Er verlangt von der neuen Aesthetik zuerst die Behandlung
folgender Themen: Aesthetik der verschiedenen Menschenrassen, vor allem der Natur-
völker, Untersuchung über die Entwicklung des Sinnes für Rhythmus bei dei; Tieren,
über die darwinistische Herleitung des Nachahmungstriebes, über den Konflikt zwischen
Glücksbedürfnis und Wahrheitsbedürfnis usw. — Die Wichtigkeit der Evolution ^s) für die
Aesthetik wird gleichzeitig von anderer Seite betont, von P. 0. Schmidt im Anschluss
an Max Nordau einschränkend, von Eugen Wolff zustimmend. P. 0. Schmidt'''^)
sucht nachzuweisen, dass neben dem Kampf ums Dasein, neben der Art- und Selbst-
erhaltung jedes Lidividuum ein Bedürfnis nach Lebensgenuss rein an sich selbst, ohne
Beziehung auf irgend einen Nutzen für die Selbst- und Arterhaltung hege. Sobald der
Kampf ums Dasein an Intensität und Extensität nachlässt, wird ein Ueberschuss an
Kräften verfügbar, deren Nichtbethätigung Langeweile verursacht; wenn aber irger.d
etwas das Individuum anregt, diese ruhenden verfügbaren Nerven- oder Muskelkräfte
in möglichst zwangloser Thätigkeit anzuwenden, dann empfindet, fühlt, handelt, denkt usw.
das Individuum ästhetisch oder schön; das Lebewesen freut sich seines Daseins, der
ungezwungenen, freien Bethätigung seiner Kräfte. Sie müssen vorhanden und im ge-
gebenen Falle verfügbar sein, sonst tritt in jenem Falle gar keine Wirkung, in diesem
aber keine ästhetische ein, zudem bedarf es der Uebung und der Anregung, also sub-
jektiver und objektiver Bedingungen. Die ästhetischen Lebensbethätigungen erfolgen
nur bei bestimmter Intensität und Extensität, wodurch wir eine untere und obere Grenze
(Reizschwelle) zu erkennen vermögen. Erreicht das Reizmittel die untere Grenze nicht,
dann bedarf es eines wirklichen oder erwarteten Nutzens für die Selbst- oder Arterhal-
tung, um das betreffende Organ zur Thätigkeit zu veranlassen; fehlt dieser Antrieb,
dann bleibt das Individuum gleichgültig. Erhebt sich das Reizmittel nur wenig über
E. neuer Prophet: ML JA. 69, S. 247-50. - 41) X D. Lyrik d. Zukunft: Kunstw. 3, S. 246/8. - 42) R. M. Werner.
Beyer, Deutsche Poetik. 2. Aufl. u. Viehoif, D. Poetik auf d. Grundlage d. Erfahrungsseelenlehre: ADA. 16. S. 298—315. —
48) X E. Köhler, Poetik, Aufsatzlehre u. Psychologie. E. Leitfaden f. Schulen. Unter teilweiser Zugrundelegung d. 5. Aufl.
V. Dr. H. B. Rumpelts „Elemente d. Poetik". Neisse, Graveur. IX, 160 S. M. 2,00. — 44) XF- Prosch, Moderne Poetik:
ZRealschulwesen. 14, S. 649—53. — 45) XX K. Bleihtreu, Z. Psychologie d. Zukunft. Leipzig, Friedrich, (o. J.) 292 S.
M. 4,00. |[Eh.: LCBl. 1891, S. 811/2.]| (S. 247-88 „Zur Psychologie d. Zukunfts-Poesie".) - 48) T h. Achelis, Aesthetische
Fragen: MLJA. 59, S. 123/4. (Im Anschluss an K. Fischers Schriften: „Shakespeares Charakterentwickelung Richard 111.",
u. „lieber d. Witz".) — 47) XX H. TUrck, D. psychologische Problem in d. Hamlettragödie. Diss. Leipzig-Reudnitz,
Hoffmann. 84 S. M. 1,50. — 48) XX W. Wetz, Shakespeare v. Standpunkte d. vgl. Litt.-Gesch. 1. (S. o. I, 1 N. 5.) -
49) E. Mauerhof, Tragische Kunst: Gesellschaft. 6, S. 73—85. — SO) R. H. Greinz, D. tragischen Motive in d. deutschen
Dichtung seit Goethe* Tode. Dresden, Pierson. 1889. 172 S. M. 2,80. | [R. M. Werner: DLZ. 12, Sp. 666/8; Kaberlin:
MLJA. 59, S. 29.] I — 51) XG. Landauer, Ueber epische u. dramatische Kunst: DeutschL 1, S. 246 u. 64. - 52) X E. Wolff.
I). Gestaltung d. Handlung u. d. Technik in Wildenbruchs Dramen: UZ. S. 417—34. — 53) XX K. Biltz, Dramatische
Studien. Potsdam, Stein. — 54) X Karl Heinemann, Vorhang u. Drama: Grenzb. 49, S. 459-68, 520/7. — 55) X
C Franke, Ueber d. Verwendbarkeit religiöser Stoffe im Epos m. bes. Berücksichtigung d. deutschen Epen: ZDU. 3, Erg.-
Hft. 8. 8—20. - 58) X H. Thom, D. Ideal-Roman. Kritik u. Studie. Leipzig, Claussner. 12. 23 S. M. 0,50. - 57) W.
Bölsche, Ziele u. Wege d. modernen Aesthetik: MD. S. 29—34. — 58) XX Brunetiire, L'6volution des geures dans
l'histoire de la littdrature. Leyons k l'öcole normale supörioure. 1. Paris, llachettc. XIV, 283 S. Fr. 3,50. — 59) P. 0. Schmidt,
1,3: R. M. Werner, Poetik und ihre Geschichte. 25
die ästhetische Reizschwelle, dann heisst die ausgelöste Empfindung das Reizende, Nette,
Niedliche, Zierliche, Elegante usw.; kommt die Wirkung der oberen ästhetischen
Reizschwelle nahe, so entsteht das Erhabene; das Ueberschreiten dieser oberen Grenze
hat Schmerzempfindung, noch weiter Ohnmacht, sogar den Tod zur Folge. Die Mitte,
das richtige Mass an In- und Extensität ergiebt das Schöne. Die Individuen verhalten
sich verschieden zu der oberen und unteren Reizschwelle, nicht bei allen sind sie gleicli
weit entfernt. Diese durch Reize hervorgerufene Lebensbethätigung kann zugleich schön
und nützlich sein, nur dort aber, wo äussere Reiz- und Erregungsmittel gewisse Organe
ohne Rücksicht auf den Nutzen (die Art- und Selbsterhaltung) zur Thätigkeit aiu-egen,
ist der Begriff des ästhetischen Genusses rein verwirkhcht; dabei werden die niederen
Ven'ichtungen des Organismus, auch wenn sie frei sind, nur Genüsse, nicht ästhetische
Genüsse genannt, was nach S. nicht ganz konsequent ist. Nicht mit derselben Klarheit
erläutert S. die ästhetischen Reaktionen, die negativ-ästhetischen (komischen) Wirkungen ;
hier verfällt auch er zu stark der „Symmetrie", die er an Nordau tadelt. Aufs schärfste
spricht er sich gegen dessen Ansicht aus, dass die vom Schönen erregten Lustempfin-
dungen nur die Eolge einer ursprünglichen Nützlichkeit für das Individuum oder die
Gattung seien. Nordau bezieht auf die Selbsterhaltung das Reizende, das Erhabene
und das Zweckmässige, auf die Artei-haltung das eigentlich Schöne und das Niedliche.
S. zeigt das Absurde dieser Art von Evolution, die mit ihrer Durchführung gar
nicht über die landläufige Aesthetik hinauskommt ; er verwirft darum ein solches Herein-
ziehen darwinistischer Begriffe in die Aesthetik. — Anders versteht Eugen Wolff^o)
die Evolution. Ausgehend von der Ueberzeugung, dass die Poesie etwas sich Ent-
wickelndes ist, dass die Dichtungsarten sich ebenfalls entwickeln und dass daher die
Poetik nicht unveränderlich sein, sondern mit der Litteraturentfaltung gleichen Scln-itt
halten müsse, meint er, nach Durchführung einer solchen litterar-evolutionistischen Poetik
habe dann die Philosophie, speziell die Psychologie, einzugreifen, um die Buntheit auf
eine Einheit zurückzuführen. Er hält es für möglich, dass sie dann bei der „Entladung",
also wieder bei Aristoteles Halt machen werde. Im Zusammenhange damit sieht er die
Epik als Urform der Poesie an und plant eine Geschichte der Dichtungsarten aus dieser
Urform. Damit scheint er weit über das Ziel zu schiessen, und über die Bedeutung
der indvdctiven Methode der Poetik sind wir wohl alle einig. Am meisten Förderung
versprechen wir alle uns von der Psychologie. —
Die Frage, wie weit Aesthetik und Naturwissenschaft mit einander zu
vereinigen sind^i), muss noch als strittig bezeichnet werden; Bahr^^) hat versucht, die
Formeln chemischer Prozesse für die möglichen Beziehungen zwischen Mann und Frau
zu benutzen, entwirft aber nicht etwa Schemata von vorhandenen, sondern von künftig
zu schreibenden Romanen, ein bizarrer Einfall, der eiiie Vermischung von dichterischer
Produktion und wissenschaftlicher Erforschung darthut. — Kästner*'^) imternahm es
zu erwägen, was die Poesie durch die Ausbreitung der Naturwissenschaften verlor xxnd
was sie gewann; er meint, die Poesie lebe von der Illusion, die Wissenschaft vom Be-
weis; solange nicht alles bewiesen ist, werde daher die Poesie leben, d. h. ewig. Als
Resultat seiner Untersuchung wird ausgesprochen, die Poesie habe die naive Illusion
eingebüsst, dafür aber eine Erweiterung ihres Horizonts gewonnen; daraus folgert K.
den Unterschied zwischen antiker und moderner Naturversenkung. —
Gildersleeve^*) zeigt, wie Grammatik und Aesthetik zusammengehöre,
wie das Eindringen in Einzelheiten zu wichtigen Beobachtungen und Erkenntnissen im
Grossen führen könne; die alten Rhetoriker hätten eine so minutiöse Analysis ihrer
Autoren gegeben, wie sie von uns kaum ertragen werden könnte; wenn man aber nur
solche Beobachtungen, etwa der Syntax, in richtiger Weise anstelle, dann gewinne man
auch Resultate für den Charakter des Schriftstellers. — Hans Müll er ^s) legt den Unter-
schied zwischen dem früheren und dem jetzigen deutschen Stile dar; der frühere Perioden-
stil kehre noch in der Sprache der Wissenschaft wieder, weil sie Ergebnisse von Denk-
prozessen vermitteln wolle; der jetzige kurze Stil nach englischem Muster dagegen eigne
sich viel besser zum unmittelbaren Ausdrucke frischer und warmer Empfindung. Die
Wirkung dieses Stils sei unmittelbarer, der Schriftsteller gelange durch ihn viel näher
ans Publikum heran. 66-67) —
Schwerer als in Bezug auf die Methode ist es, mit den allgemeinen Ergeb-
Zu M. Nordaus Evohitionistischer Aesthetik: Doutschl. 1, S. 451/3, 471/4, 486/7, 502/3. - 60) Eugen Wolff, Prolegomena
d. litt.-evolutionistisclien Poetik. Kiel, Lipsius & Tisclier. 32 S. M. 1,00. |[A. Döring: ASNS. 86, S. 91; M. Koch: ZVLR
3, S. 408.] I — 61) XX H. T, Basedow, D. Einfluss d. Naturwissensch auf d. Litt. u. deren Kunstprinzip, 1. Goethe, Schiller
u. ihre Zeit: KritJb. 1,2 S. 27—33. — 62) H. Bahr, D. Rätsel d. Liebe (Un coeur de femme v. P. Bourget): MLJA. 59,
S. 640/1. |[Lothar Schmidt: MLJA. 59, S. 675.] | — 63) W. A. Kastner, lieber Poesie u. Naturwissenschaft: LittMerk.
10, S. 317/9; 325/6; 333/4. — 64) B. L. Gil derslee ve, Grammar and Aesthoties. (In dem Werke: Essays and Studles.
Educational and Literary.) Baltimore, Murray. 4". XII, 513 S. — 65) Hans Müller, D. Einfluss d. Realismus auf sprachliche
Stileigenschaften: Kunstw. 3, S. 322/4. (Auszug a. e. unter dems. Titel im „Salon" (1890 N. 10) erschienenen Aufsatze.) —
66) X Jak. Bauer, D. Bild in d. Sprache IL Progr. Ansbach. Leipzig, Fock. 1889. 41 S. M. 1,00. — 67) X Th. Matthias,
26 1,3: R. M. Werner, Poetik und ihre Geschichte.
nissen der fortschreitenden Aesthetik gleichen Schritt zu halten. Nun hat aber Lipps^^)
begonnen, die neueren Erscheiniingen der Aesthetik zusammenhängend zu besprechen,
indem er nicht nur übersichtlich den Inhalt der Schriften darstellt, sondern zugleich
Einwendungen erhebt xind Einzelnes näher ausführt. Wir betrachten diesmal die ganze
bisherige Berichterstattung, soweit sie selbständige und neue Ergebnisse enthält.
L, beginnt mit einer Bespreclmng von Hartmanns „Philosophie des Schönen", deren
Methode als nicht „induktiv" aufgezeigt wird, wobei L. sehr richtig bemerkt,
es sei allerdings nicht nötig, dass man die Einzelarbeit vor den Avigen des Publikums
vornehme, aber sie müsse vorgenommen worden sein; das vermisst er an Hartmanns
Werk. Einen HauptbegriflF dieser Aesthetik, den „reinen Formenschein", weist L. mit
Erfolg zurück, indem er den Satz ausspricht, die Wirkung des Kunstwerks sei eben die
Wirkung des Kunstwerks, nicht einer Abstraktion; die ästhetische Betrachtung dürfe
nicht von den realen Eigenschaften absehen, sondern müsse sie würdigen, sofeni sie
irgendwie an dem unmittelbaren Eindruck beteiligt sind. Es sei darum verfehlt, wenn
Hartmann wie Schasler in seiner „Aesthetik" das Gebiet des Schönen auf die „oberen
Sinne" beschränke: zum Eindrucke des Waldes gehöre auch der Duft. Ein Gegen-
stand ist schön oder hässlich, d. h. Gegenstand eines ästhetischen Urteils, sofern er
durch sich selbst ein Wohlgefallen oder Missfallen in einem Betrachter erregt, der nur
dem Gegenstande sich hingiebt und sonstige wirkliche oder der Phantasie angehörige
Beziehungen nur soweit berücksichtigt, als sie im Gegenstande selbst liegen und ini-
mittelbar in der Betrachttmg sich aufdrängen ; Gegenstände wirken eben ästhetisch durch
das, was wir an ihnen wahrnehmen, und mehr noch durch das, was sie unmittelbar der
Wahrnehmung sagen, ausdrücken, bedeuten. Damit ist Reflexion, willkürliche oder kon-
ventionelle Deutung ausgeschlossen. L. vertritt auch die Ansicht, dass es keine objek-
tiven Bestimmungen gebe, an denen wir die Dinge nur zu messen brauchen, um zu
wissen, ob sie schön seien oder das Gegenteil, keinen äusseren Kanon des Schönen,
weder einen allgemeinen für alles Schöne, noch einen besonderen für jede Gattung
schöner Objekte. Wohl aber glaiibt L. mit Proudfort-Begg („The development of taste"),
dass es Kunstgesetze gebe und damit, wenngleich nur als Ideal, ein „objektiv" iind
allgemeingiltiges ästhetisches Urteil sowie ein allgemeingiltiges Erkenntnisurteil trotz
aller Verschiedenheit der thatsächlichen Erkenntnisurteile. Gegen Begg verteidigt er
das Assoziationsprinzip der Aesthetik und leugnet, dass dadurch reinste Subjektivität
erzielt würde; denn selbstverständlich kann es sich nur um jene unbewussten Assozia-
tionen handeln, die sich notwendig, nicht um solche, die sich zufällig einstellen. Mit
Recht weist L. auch Schweisthals „Prinzip des Schönen" und seine Definition zurück:
schön sei jedes Objekt, welches auf hervorragende Weise des Schöpfers Güte, Weis-
heit und Macht bekundet, mit anderen Worten, was zu gleicher Zeit die Sinne, den
Verstand und die Einbildungskraft angenehm beschäftigt, oder endlich, was gut, weise
und mächtig erscheint. In der Besprechung der Stranskyschen „Aesthetik auf Schopen-
hauerscher Grundlage" handelt L. u. a. vom Darstellen, das z\inächst heisst: ein Bild
eines Gegenstandes durch Reproduktion seiner Formen für die Sinne oder durch Zeichen,
die ein- für allemal zu Trägem für die Vorstellung des Gegenstandes geworden sind, in
uns hervorrufen, dem Gegenstand eine ideelle Existenz in inis schaffen. — Im zweiten
Berichte behandelt Lipps^^) zuerst ein älteres Werk von Bergmann „Ueber das
Schöne", das den Begriff der Schönheit festzustellen sucht. Den Satz „Schön ist, was
in der blossen Betrachtung gefällt" schränkt Bergmann ein; das Wohlgefallen müsse auf
dem blossen Wahrgenommenwerden oder der Beziehung zum blossen Vorstellungs-
vermögen beruhen. L. dagegen findet den Begriif „blosse Betrachtung" etwas un-
bestimmt und Bergmanns Erklänuig, sie schliesse die „reale Einwirkung" aus, die z. B.
beim Essen einer Speise hinzukommen müsse, deshalb imrichtig, weil auch bei Gesichts-
Tand Gehöreindrücken eine reale Einwirkung stattfinde. Nun meint Bergmann, Geschmack,
Wärme und Kälte könnten nicht schön sein, weil sie Objekte der „inneren Wahrnehmung"
seien. Dem hält L. entgegen, dass wir Wärme und Kälte avich den Objekten selbst
zuschreiben, dieselbe Objektivierung stets bei den Inhalten der Geschmacksempfindung
vollzögen; er weist darauf hin, dass wir in die plastischen Darstellungen des mensch-
liclien Körpers den Gedanken an das Leben, also „innere Wahrnehmung" hineintrügen:
solche Empfindungsinhalte wirkten gewiss zur Schönheit von Objekten mit. Uebrigens
findet es L. schon tiberhaupt nicht glücklich, Wahrnehmungen, die in unserem Körper
lokalisiert sind, „innere" zu nennen. Bergmann meint nun, die Aesthetik habe scharf
die Schönheit als den Inhalt eines rein kontemplativen Wohlgefallens zu unterscheiden
von den Vorzügen anderer Art, die nicht auf der Beziehung des Gegenstandes bloss
zum Vorstellungsvermögen beruhen, obwohl sie auch in der blossen Betrachtixng ge^
E. Versuch /,. Erlclarunj? d best»ti(fonden Coiijunctivs an Beispielon: ZDU. 4, S. 433/40. — 68) Th. Lipps, Aesthetisclior
Litteraturbericht. I.— III.: PhilosMh. 26, S. 17-42; 169—201; 323—46. - 69) id. Zweiter asthet. Litteraturbericht. 1.
1,3: R. M. Werner, Poetik und ihre Geschiclite. 27
fallen. In den Dingen imd dem sich ihrer erfreuenden Geiste sei freilich diese Treiuuing
der Wissenschaft nicht vollzogen. Mit vollem Rechte wendet aber L. ein, die Wissen-
schaft würde sachwidrig und im wissen schaftlich, wenn sie das trennte, was sachlich
Eines ist. Was zum Eindruck der Schönheit beiträgt, ist eben ein Element des Schönen.
Wir können durchaus nicht sagen, wie viel etwa von der Schönheit der Farbe, also
eines Objektes der äusseren Wahrnehmimg, übrig bleibe, wenn wir Momente davon ab-
sonderten, die uns mit ihr verbunden erscheinen; auch die schötve Farbe erscheint als
eine innere Trefflichkeit und Güte des Dinges, als die „glückliche Offenbarung des
inneren Wertes der Materie", sie weckt „eine ihm entsprechende Art des Selbstgefühls".
L. hat in dieser Polemik gegen Bergmann einen wichtigen Gnnidsatz der Aesthetik
glücklich formuliert, der künftig immer beachtet werden muss. In seiner und in Berg-
manns Methode treten sich eben die beiden Gegensätze der Aesthetik gegenüber; L.
wirft dem Vf vor, seine Schrift gehe zu sehr allgemein begrifflich vor ^^nd werde darum
der Mainiigfaltigkeit der Elemente des Schönen zu wenig gerecht, er verlangt die Unter-
siichung des einzelnen schönen Objektes und vermisst sie bei Bergmann. L. sieht
aber in der inneren Trefflichkeit, in der Offenbarimg eines inneren Wertes nicht bloss
ein sehr wesentliches, sondern geradezu das einzig entscheidende ästhetische Moment;
er entdeckt Schönheit überall da xnid nur da, wo uns ein solcher innerer Wert bei der
Betrachtung eines Objektes inunittelbar entgegentritt oder entgegenzutreten scheint.
Diesen Gedanken verfolgt er weiter in der Besprechung der Köstlinschen „Prolegomena
zur Aesthetik", deren Vorzug er gerade im Betonen dieser Beobachtung erkennt. Ein
instrviktives Beispiel ist die Glut; das schmerzliche, furchtbare, das sie für den Tastsinn,
das Lebensgefühl hat, kommt für den ästhetischen Wert der Glut nicht in Betracht,
wohl aber etwa das Belebende, Erwärmende, weil wir uns darin eine Vollkommenheit
der Glut unmittelbar vergegenwärtigen. Der Gegensatz des Angenehmen luid der schönen
„Form" (Gestaltung, Erscheinung) ist kein sachlicher Gegensatz, sondern lediglich ein
Gegensatz der Betrachtung. Aus dem Referate über Trautmanns verfehlte „Lehre vom
Schönen" sei nur der bedeutsame Satz hervorgehoben, „dass die ästhetische Wirkinig
wahrgenommener Gegenstände immer zugleich bedingt ist durch deren psychische „Re-
sonanz", d. h. durch die Beschaffenheit der Vorstellungsinhalte, mit denen der Inhalt
der Walu'nehmung psychisch in Eines verwoben ist". Damit wird die Bedeutung der
ästhetischen Symbolik ins gehörige Licht gerückt. Th. Alt gegenüber, dessen „System
der Künste" alle in nachahmende und nichtnachahmende teilt, möchte L. eher Grade
der Nachahmung, also konkret und abstrakt nachahmende Künste unterscheiden, glaiibt
übrigens, dass es überhaupt sein Missliches habe, die Nachahmung als Aiisgangspmikt
für die Einteilung aller Künste zu nehmen; er möchte lieber unter Voraussetzung näherer
Bestimmungen die „Nachahmvnig" diu'ch die „Darstellung" ersetzen. Allgemeinere Fragen
der Poetik streift L. bei der Besprechung von Scherers „Poetik"; er betont, dass die
Abgrenzung des Gebietes, wie sie Scherer traf, berechtigt, aber nicht notwendig sei;
selbst die „naturwissenschaftliche" Poetik könne normativ sein, wie etwa die Physio-
logie; dagegen verwirft er Scherers Beschreibung der Poesie vollständig und erkennt
dem ganzen Werke niu' vielleicht historische Bedeutinig zu. Er vermisst Rücksichtnahme
auf die Psychologie, durch die gerade Viehoffs „Poetik" sich axiszeichnet. Unbefriedigt
zeigt sich L. nur durch Viehoffs Behandlung des Dramas. Vor allem verwirft er auch
Reich und seiner Schrift über „Schopenhauer als Philosophen der Tragödie" gegenüber
die poetische Gerechtigkeit. —
Mit einzelnen von Lipps vorgetragenen Ansichten berührt sich Krassnig''*'),
nur dass er in seiner Zusammenfassung sogleich zu weit geht ; er sucht erst die einzelnen
Prinzipien des Schönen zxi erfassen, und als solche erkennt er zwölf: Quantität, Be-
wegung, Stetigkeit und Homogenität, Fasslichkeit durch Abschluss, Ordnung ohne be-
stimmte Richtung oder mit bestimmter Evolution, Koincidenz verschiedener, verknüpfter
Formen, Wiederholung, Wechsel und Kontrast, Aufhebung des Widerstreites, endlich
Cliarakteristisches imd zwar als Harmonie von Form und Wesen und als Verkörperung
einer Idee. Daraus ergiebt sich folgende Definition des Schönen: „Schön ist dasjenige,
dessen Erscheinung unsere Sinne durch leichte Auffassbarkeit und, wenn sich mit der
Erscheinung ein Intellekt (z. B. eine Idee) verbindet, durch Uebereinstimmung des letz-
teren mit der Erscheinung auch unser Gefühl, d. i. den durch den Verlauf, die Förderung
oder Hemmung unserer Vorstellungen erzeugten Erregungszustand der Seele befriedigt."
Die psychologische Erklärung der einzelnen Prinzipien wird nur angedeiitet, ist aber
nicht vernachlässigt. Das Bestreben, dem Problem des Schönen durch Teilbeobachtungen
näher zu kommen, erscheint gelungener als das Gesamtresultat, ''i-''^) 73-75) — Allgemeinere
PhilosML. 27, S. 161—82. — 70) J. Krassnig, D. Prineipien d. Schönen. Progr. Nikolsburg, Selbstverlag. 37 S. —
71) XX Pilo, Saggi sulla psicologia del hello. L'analisi estetica: Rivista di filosofla scientifica. Maiheft. — 72) XX
K V. Wiehert. D. ewigen Rätsel. Popular-pliilos. Vortrr. geh. im litt. Ver. zu Baden-Baden. 2. Serie. Halle a/S., Pfeffei.
128 S. M. 1,50. |[A. Wernicke: DLZ. 11, S. 1517/8; G. Portig: BLU. S. 651/2.]| - 73) XX »icardou, IX
28 1,3: R. M. Werner, Poetik und ihre Geschichte.
Wiclitigkeit hat der Aufsatz Erdmanns'^) für uns, nicht weil erwogen wird, woher es
kommt, dass gewisse Bewegungen ästhetische Lust erwecken, sondern weil bei jeder
Bewegung ein toter Punkt erkannt wird, bei dem sie einen Augenblick Halt macht und
eine Stellung (attitude) bewirkt; dieser tote Punkt, Lessings „fruchtbarer Moment", wird
für die bildliche Darstellung bewegter Körper als der geeignetste bezeichnet. E. meint,
im Aiischluss an die Pauststelle: „0, dass kein Flügel mich vom Boden hebt....", dass
eine Bewegixng um so mehr gefalle, je mehr sie im Widerspruch mit dem Gesetze der
Schwerkraft zu stehen scheine. Der Rhythmus wird mit dem Herzschlag in Verbindung
gebracht, jeder Person soll der Rhythmus ihres Herzschlages am besten gefallen. '''-''i) —
Mautner-Markhof ^2) sieht jede Bewusstseinsthätigkeit von einem Lustgefühl begleitet,
das er ästhetisches Gefallen oder ästhetische Unterhaltung nennt. Die Gewöhnung
bestimmt die untere Grenze, die überschritten werden muss, um ein Lustgefühl zu er-
regen; wird die obere Grenze tiberschritten, so stellt sich das Gefühl ästhetischer Mühe
ein. Die ästhetische Unterhaltung karui durch andere Bewusstseinsthätigkeiteu unter
der Schwebe gehalten werden. M. unterscheidet entsprechend den vier Hauptarten der
Bewusstseinsthätigkeit: 1. produktives und assoziatives Vorstellen, 2. psychologisches
(nicht logisches) Urteilen, 3. Fühlen und 4. Wollen, vier Arten ästhetischer Unterhaltung:
1. bei produktivem und assoziativem Vorstellen, er nennt sie das epische Moment der
Kunst, 2. beim Urteilen, das dramatische Moment der Kunst, 3. beim Fühlen, das
lyrische, 4. beim Wollen, das tendenziöse Moment der Kunst. Diese Momente
kommen bei allen Künsten in verschiedener Stärke und Ausdehnung vor, was der Vf.
an meist gut gewählten Beispielen entwickelt. Im wesentlichen ist seine Betrachtung
psychologisch, der Eindruck des Kunstwerks auf uns wird zum Ausgangspunkte ge-
nommen, und so wird der Lihalt eines Kunstwerks „als die Gesamtheit der Wirkung
desselben auf das Publikum" definiert. Die Schrift verdient Beachtung. Das tendenziöse
Moment tritt dem satirischen und elegischen oder idyllischen entgegen; damit berülirt
M. eine bekannte Unterscheidung Schillers. — Mautner-Markhof hat, um Missverständ-
nissen zu entgehen, die Ausdrücke Schön und Hässlich vermieden, Kaberliu^^) ver-
wirft sie völlig, indem er gegen die Kant-Schillersche Aesthetik polemisiert; er meint.
Schön und Hässlich seien nur Gewöhnungen: was mir als neues, noch niemals erfahrenes
Gefülü Unlust erregt, erscheine mir hässlicli, während es bei Gewöhnung zum Schönen
werden könne. Das Lustgefühl ist ihm also nur eine von einem äusseren Reize wach-
gerufene Steigerung des Lebensgefühls, das schon erfahren worden ist. Die Aesthetik
soll nicht bloss die Gefühle des „Schönen" berücksichtigen, sondern eine Lehre von
den Empfindungen sein. Hier wird also laut die Forderung erhoben, die Aesthetik
müsse Psychologie sein. —
Alberti^^) versucht gegen Lombroso nachzuweisen, Genie und Wahnsinnes)
seien keineswegs so mit einander verwandt^ dass man Genie als einen krankhaften Zu-
stand des Gehirns ansehen müsse; im Gegenteil behauptet er, dass Genie der Zustand
höchster Gesundheit des Gehirns sei, alle oder einige Gehirncentren eine aufs höchste
entwickelt, zeichnen sich durch besonders starke Kraft und Gesundheit aus. So erklärt
er die wesentlichen Eigentümliclikeiten des Genies: es verknüpft die Vorstelliuigen
spielend, fasst die äusseren Eindrücke leichter und schneller und verwandelt sie rascher
in Vorstellungen als die andern Menschen; es kann mehr Vorstellungen zu gleicher
Zeit beherbergen und verbindet sie rascher, genauer; das Genie braucht nicht so viel
Uebung, um zu seiner blitzartigen und dabei vollkommen präzisen Gedankenverknüpfung
oder Umsetzung einer Willensvorstellung in mechanische Ausführung zu gelangen.
Sicherer durchläuft es die Reihen verbundener Vorstellungen und erzielt daher neue
Verbindungen. Ihm offenbart sich sofort das Wesentliche der Einzelthatsachen, das
Gesetzmässige der Erscheinungen. Darum die ungeheure Leistungsfähigkeit des Genies,
darum aber auch die Vernachlässigung der unbedeutenden Aeusserlichkeiten. Das als
richtig Erkannte wird vom Genie zäh verfolgt und verteidigt, wozu eine besondere
Gesundheit der moralischen Centren gehört. Lombroso habe nicht zwischen angeborenem
und erworbenem Wahnsinn unterschieden und den Thatsachen Gewalt angethan. Aller-
dings könne das Genie dem Wahnsinn verfallen, weil es geneigt ist, die Aufnahms-
fähigkeit des Gehirns zu steigern, was bei andauernder Ueberfüllung zu Geliirnerkran-
ridial. ifetude philosophique. Tli^se. Paris, Alcan. 362 S. — 74) XX ö. Landsborg, Untersuchungen über d. Theorie d.
Ideale. Dis». Breslau. 57 8. — 75) X K. Erdmann, Aesthctische Begriffe : Kunstw. 3, S. 241/6; 315/7. — 76) id., Aesthetik
d. Bewegung: ML JA. 59, S. 69—72. (Im Anschluss an d. Werk v P. Souriau, L'esthötique du mouvement. Paris,
Alcan. 1889. 331 S. Fr. 5,00.) - 77) X H. Marbach, I). Mysterium d. Kunst. Gratulationsschr. Leipzig, Hirschfeld.
M. 1.00. |[BLU. S. 399; AZg". N. lll.]| - 78) X K- Erdmann, 1). Eindruck v. Kunst u. Wirklichkeit: «renzb. 49,
N. 39. - 79) X id., I). Eindruck v. Kunst u. Wirklichkeit: Kunstw. 4, S. 20/2, 50/2. — 80) XX K. Lasswitz, Natur.
Sittlichkeit u. Kunst: Nation". N. 49—50. — 81) X G. Portig, Idealismus u. Realismus: Unsere Zeit. 1, S. 398—423. —
82) O. MautnerM-arkhof, Diss. Über d. Wesen u. d. Arten d. ästhetischen Unterhaltung. Wien, Selbstverlag. 99 S. M. 1,60. —
83) Kaborlin, Jenseils v. Schön u. Hasslich. Einige „unasthetischo" Vorbetrachtungen zu e. Aesthetik d. Zukunft: MLJA.
59, S. 164/0, 180/1. - 84) C. Alberti, Z. Psychologie d. üenics: DcutschZg. N. CG89. — 85) X A. Kau, Oenio u. Wahnsinn:
1,3: R. M. Werjner, Poetik und ihre Geschichte. 29
klingen füliren kann. Kämpfe kommen vielleicht hinzu, es dem Wahnsinn in die Arme
zu treiben. Den kritisclien Blick des Genies nennt A. nicht analytisch, wie bei anderen
Menschen, soiidern synthetisch, nicht zergliedernd, sondern umbauend. — Klein^ß) er-
wägt das Verhältnis von Genie und Leidenschaft und unterscheidet zwischen Leiden-
schaften und leidenschaftlichem Zustand; diesen sieht er im Genie, jene werden dem
Genie fehlen, da es sonst die unparteiische Objektivität vermissen Hesse. — Schmid-
kunz^'?) hat es unternommen, die Phantasie als analytische und synthetische zu scheiden
und jener den Vorzug einziu:-äumen ; von den Rezensenten wxu'dö diese Unterscheidung
aber verworfen. Heussler erklärt die analytische Phantasie, wie S. sie fasst, für Nonsens,
Lipps die synthetische gegebenenfalls für die vollkommene Stümperei oder für gar nichts;
in seiner Erwiderung nimmt S. freilich eine Stellung ein, dass auch nach ihm die Scheidung
unnötig erscheint. —
Das dichterische Schaffen steht jetzt im Mittelpunkte der Forschung. Wäh-
rend Werner (vgl. N. 36) sich auf das lyrische Schaffen beschränkt, versucht Biese»«)
ein Hauptgesetz jeder poetischen Thätigkeit zu erweisen: das Metaphorische. Nach B.
beruht die dichterische Produktion wesentlich auf der umbildenden Kraft der Phantasie,
auf Verinnerlichung der Aussenwelt und auf Verkörperung der Innenwelt, deshalb hält
er die Metapher für das sinnfälligste Abbild dieses Prozesses und sieht in ihr keinen
Wortschmuck, sondern eine notwendige Porm unserer Anschauungsweise. Dem gegen-
über bemerkt Werner in seiner Besprechung, es müsste das Metaphorische und die
Metapher auseinander gehalten, zudem das Konventionelle jeder Dichtersprache beachtet
werden. — K. Bruchmann89) erblickt gleichfalls nicht im Metaphorischen allein, sondern
in der Steigerung des Gefühls oder der Wirklichkeit das Wesentliche der Poesie, indem
er zugleich Seitenblicke auf die keineswegs neue, nur stärker betonte Hauptforderung
des Realismus wirft. — Nun hat im Berichtsjahr Biese^o) das Thema weiter behandelt,
um Fechners Prinzip der Assoziation mit seinem Prinzip zusammenzufassen; er erweitert
das Metaphorische zum Anthropomorphismus, zur Fähigkeit oder Nötigung, alles ausser
uns Befindliche zu vermenschlichen, „sei es in Gestalt oder in der dem Unbelebten zu
leihenden Seele, uns mit unserm Empfinden den Erscheinungen anzupassen und einzu-
fühlen". Dieser Anthropomorphismus ist nach B. kein Vergleich, keine Erinnerung, keine
Assoziation, sondern Anpassung, Einfühlung; nicht durch Assoziation, sondern durch
Vertauschung wird der freie Schein als Thatsache gesetzt. Er trennt also einmal die
Assoziation als „die von aussen hinzuströmende Erinnerung" vom Anthropomorphismus
als der „ineinsverwebenden Verschmelzung von Objekt und Subjekt" und erklärt dann
den Anthropomorphismus als das Primäre, die Assoziation als das Sekundäre; freilich
muss er selbst zugeben, dass beides auch begrifflich „nur schwer und nur teilweise zu
scheiden ist", in Wirklichkeit sogar immer zusammenrinnt. Vom Objekte geht ein ge-
wisser Anreiz zur Seelenthätigkeit aus, durch die Assoziation passen wir uns den Objekten
an, beim Anthropomorphismus fülilen wir uns ihm ein: das soll das Umfassendere sein.
B. meint, die beiden verhielten sich zu einander wie Vergleich und Metapher: die Asso-
ziation ist äusserlich hinzukommend wie der Vergleich mit seinem „gleichwie", „gleich-
sam", der Anthropomorphismus ist in seiner höchsten Wirkung Verschmelzung wie die
Metapher, ja diese wird sein sprachlicher Ausdruck; in dem einen Falle haben wir ein
Nebeneinander, im anderen ein Ineinander. Damit ist aber sofort der Antliropomorphis-
mus zu etwas anderem geworden, und das zeigt sich besonders bei der Betrachtung der
Tragödie; nun ist der Antliropomorphismus eigentlich der Altruismus oder sympathische
Egoismiis, wir verschmelzen uns mit dem Helden. B. bleibt immer befangen in dem
Vorstellungskreise, den er in seinen Werken über das Naturgefühl behandelt hat, und
erweitert die Naturbeseelung so lange, bis eigentlich von ilir nichts mehr übrig bleibt.
So gerät er ins Schwanken, wenn er das Kunstschöne und nicht das Naturschöne be-
handelt. Aber wie er hier mit der Assoziation ausreicht, so können wir's auch sonst.
In dem Ueberblick „Der Eindruck des Sternenhimmels im Spiegel alter und neuer Poesie"
ist B. leider mehr aufzählend als untersuchend vorgegangen, sonst wäre die Zusammen-
stellung fruchtbarer geworden. — Werner hat (vgl. o. N. 36) den Schneefall als Er-
lebnis des Dichters mit Beispielen besprochen, Plaumann^i) behandelt die Lindenpoesie
und R. Fuchs*^2^ ^q Poesie des Meeres. ö3-95) Natlü-lich soll dadurch Einblick in das
AZgB. N. 266. — 86) Oskar Klein, Genie u. Leidenschaft: Kunstw. 4, S. 49—50. — 87)H. Schmidkunz, Analytische
u. synthetische Phantasie. Halle a/S., Pfeffer. 1889. VII, 103 S. M. 1,90. | [H. Heussler: DLZ. 11, S. 379— 80; Schmi d-
kunz, Erwiderung: DLZ. 11, S. 700; Lipps: PhilosMh. 27, S. 174/5; CLBl. 1891. S. 907.] | - 88) A. Biese, D. Meta-
phorische in d. dichterischen Phantasie. E. Beitr. z. vgl. Poetik. Berlin, Haack. 1889. 35 S. M. 1,60. | [Werner: ADA.
16, S. 302/3; R. M. Meyer: DLZ. 11, S. 1123/4.] | — 89) K. Bruchmann, Betrachtungen über den Realismus in d. Kunst:
VossZg S. N. 18. — 90) A. Biese, D. Assoziationsprincip u. d. Anthropomorphismus in d. Aesthetik. Ein Beitr. z.
Aesthetik d. Naturschönen. Progr. d. Kieler Gymn. Leipzig, Fock. 4". 34 S. M. 2,00. |[Harnack: PrJbb. 65, S. 597;
Bertz: BLU. S. 524/5.] | — 91) E. Plaumann, D. deutsehe Lindenpoesie. Progr. Danzig, 4". 47 S. — 92) Reinhold
Fuchs, D. Meer in d. deutschen Dichtung: HarabNachr". N. 22/3. — 93) X L. Franke 1, Entwickelungsgesch. d. poet.
NaturgefUhls : Gegenw. 37, S. 312/5. (Im Anschluss an Biese, D. Entwickelung d. NaturgelTihls im Mittelalter u. in d. Neuzeit.)
94) X A. Biese, D. poet. Naturbeseelung b. d. Griechen: ZVPsS. 20, S. 245—60. (Dazu e. kurze Bemerkung Bruchraanns.)
30 1,3: R. M. Werner, Poetik und ilire Geschichte.
dichterische SchaiFen gewonnen werden. — Was Biese^^^) über diesen Gegenstand vortrug,
ist nur ein Auszug aus seinen früheren Schriften mit Polemik gegen R. M. Meyer inid
Bruchmann. ^'') — In höchst belelirender Weise hat Spielhageu^*^) nachgewiesen, was
seiner Ansicht nach an Erlebnissen zur Bildung seines Romans „Problematische Naturen"
beigetragen hat, dadurch werden wir von einem Dichter selbst sehr fördernd in seine
Werkstätte eingeführt. — Auch Graf Seh ack^'-*) beteiligt sich mit Eifer an der ästhetischen
Erfassung der Poesie. —
Es wurde die moderne Psychophysik auch schon auf die Kunst angewendet.
Vor allem sei das schöne Buch Valentins ^oo^ genannt, von dessen einzelnen Aufsätzen
. nur wenige für uns in Betracht kommen. In dem ersten „Tracht imd Mode" entwickelt
V. sehr ansprechend den Begriff Geschmack. Der Ausdruck ist von dem einen
Sinne deshalb auf die anderen übertragen, weil bei dem Sinne des Schmeckens fast immer
Eindrücke auch auf andere Sinne eintreten, während z. B. beim Gehör und Gesicht reine
Empfindungen möglich sind. Darum ist der Ausdruck des umfassenderen, stärkeren
Symbol für das einfachere, schwächere geworden. Wir gebrauchen ihn, vim die bei der
Erfassung einer Reihe sinnlicher Eindrücke unmittelbar aus der Empfindung entspringende
Urteilsfähigkeit zu bezeichnen. Eür den Geschmack als für eine Empfindung können
Verstandesbegriffe nicht der Massstab sein, sondern nur Sinneseindrücke. Nun vermögen
unsere Sinne niu* eine ziemlich eng umgrenzte Reihe von Eindrücken zu einer einheit-
lichen Zusammenempfindung zu bringen. Will uns der Dichter durch den Vers ergötzen,
dann darf er die Reihe der Versfüsse nur so gross machen, dass sie uns noch eine
einheitliche Empfindung geben kann ; ein Vers von zwanzig Jamben würde nicht mehr den
Eindruck einer Einheit geben. Es existiert also ein Mass für den Vers, weil es eine
Grenze für unser Gehör giebt, eine Reihe sinnlicher Eindrücke noch als Einheit zur
Empfindung kommen zu lassen. Die Fähigkeit, dieses Mass unmittelbar zu empfinden,
ist der Geschmack. Wir können eine Entwicklung in der Hinsicht sehen, dass wir
unsere Aufnahmefähigkeit erweitem ; aber sie wird bestimmte Grenzen nur bei Virtuosen
überschreiten; deshalb können wir von einem allgemeingiltigen Geschmack sprechen,
der nur wegen der unter gleichen Verhältnissen bei einzelnen Gruppen sich ausbildenden
Durchschnittsaufnahmefahigkeit gewisse Modifikationen erleidet, so dass wir von einem
Volksgeschmack, dem Geschmack einer Landschaft, Stadt, Gesellschaftsklasse, Familie
reden dürfen. Mit der fortschreitenden Kultur wächst der Durchschnitt : im Anfang der
Kulturentwicklung ist der Geschmack ungebildet, d. h. die Zahl der sinnlichen Eindrücke,
die zu einer einheitlichen Empfindung verwertet wei'den kann, ist sehr gering, der bil-
dende Künstler und der Dichter überragen schon den Durchschnitt, sie wenden ihre
Aufnahmefälligkeit als Durchschnitt für die Gestaltung ihrer Werke an und werden des-
halb von ihren Zeitgenossen wenig oder gar nicht verstanden; aber die folgenden Ge-
schlechter bilden sich an diesen Werken, und so wird der Durchschnittsmassstab des
ganzen Volkes ein grösserer. Wieder muss der Künstler noch gi'össere Zumutungen
stellen, bis das höchste Mass der Auffassungsfähigkeit erreicht ist. Bei weiterer
Schöpfungskraft des Volkes wird es wieder zum einfachen Geschmack zurückgreifen usw.
„So bildet sich ein einfacher Geschmack, der nur mit wenig Sinneseindrücken arbeitet,
ein guter Geschmack, der in der richtigen Mitte bleibt, und ein verfeinerter, überladener
Geschmack, welcher die Sinneseindrücke in einer lästigen Weise häuft." Dazu kommen
die Uebergänge. Geschmackvoll nennen wir diejenige Erscheinung, die uns nur eine
solche Zahl von sinnlichen Eindrücken zur Zusammenfassung unter einer einheitlichen
Empfindung zumutet, wie sie unserer Diu-chschnittsfähigkeit entspricht. Ist somit der
Geschmack etwas Subjektives, so giebt es doch objektive Normen nach der Natiu" der
Sache. Wenn V. dies auch nur für die Mode entwickelt, so gilt es doch ebenso für an-
deres: 1. Der Geschmack wird verletzt, wenn die Form der urspmnglichen Idee wider-
spricht. 2. Jede Einzelheit muss in Uebereinstimmxmg mit den übrigen stehen, so dass
sie die einheitliche Gesamtempfindung nicht störe. 3. Die Verzieioing muss diskret
untergeordnet sein, sich dem Grundcharakter anschmiegen, nicht aber die Hauptaufmerk-
samkeit in Anspruch nehmen. Nun kommt aber noch eine Eigentümlichkeit unserer
Sinne in Betracht: andauernde Thätigkeit ermüdet sie; die Ermüdung durch Anspannung
und das Bedürfnis nach Abspaimung geht sogar so weit, dass wir diese Abspaimung
selbst dann suchen, wenn die Anspannung eine an und für sich angenehme ist, und dass
wir die Anspannung selbst dann empfinden, wenn das sie bewirkende Mittel an und für sich
diu-chaus nichts Angenehmes hat; die Geschmacklosigkeit kann also notwendig werden.
05) X id., D. Genusg am Naturschönen. NFPr. N. 9247. — 96) id., Ueber4. dichterische Schaffen: Kunstw. 4, S. 52/3, 61a/2a. —
97) X K. Spitteler, Fleisa u. Eingebung. Z. Psychologie d. dichterisclion Schaffens: ib. S. 113/5. — 98) Fr. Spiel-
hagen, Finder u. Erfinder. Erinnerungen a. meinem Leben. 2 Bde. Leipzig, Staackmann. XII, 404 u. XI, 447 S. M. 10,00. | [A.
Dresdner: ML. 00, 83/5.] | (Vgl. u. IV, 1 N. 58.) — 99) A. F. Oraf v. Schack, Pandora. Vermischte Schriften. Stuttgart,
Deutsche Verlags-Anstalt. 491 S. M. 6,00. |[A. Schroeter: BLÜ S. 149— 60.]| (Besonders in Betracht kommen d.
Aufsätze „Weltlitteratur" u. „E. Wort Über d. Lyrik".) — 109) V. Valentin, Ueber Kunst, Kllnstler u. Kunstwerke. Mit
lllustr. Frankfurt a. M., Litt. Anstalt. 1889. VIII, 328 S. M. 7,50. |[H. J(anit8chek): LCBl. S. 191/2.] | (.S. 3-27.) —
1,3: R. M, Werner, Poetik und ihre Geschichte. 31
V. bleibt zwar in den selbstgesteckten Grenzen von Tracht und Mode; gerade dadvurch
aber gewinnen wir Aufschluss für anderes und sehen die Fruchtbarkeit der induktiven
Methode. —
Im Zusammenhange mit diesem Aufsatze sei der allerliebsten Studie Lassons^oi)
über den Begriff „Stilvoll" gedacht, die im Tone leichten Geplauders eniste Gedanken
vorträgt. Er besieht zwei Schlagwörter der voraufgegangenen und der jetzigen Epoche:
geschmackvoll tmd stilvoll, um wichtige Erkenntnisse für unsere Kunst überhaupt vor-
zutragen. Er unterscheidet drei Stufen der Entwicklung, die wir alle mit Stili"^) be-
zeichnen : 1. das Emfache, Abstrakte, von leicht erfassbarer, übersichtlicher Vollkommen-
heit, Stil als einfaches Formgesetz unter der überwiegenden Macht des Gegenstandes;
2. der Reichtum einer sich bis zum Gegensatze gegen die gestellte Macht des Gegen-
standes steigernde Innerlichkeit, die sich den Gegenstand zu unterwerfen und mit ihm
nach Willkür zu schalten strebt; 3. das höchste, wo die streitenden Potenzen zu fried-
lichem Ausgleich gelangt sind, wo die am reichsten entfaltete Subjektivität in der Hin-
gabe an das innere Wesen und die eigene Bedeutung der Sache, deren tiefste Tiefen
sie zu offenbaren wagen darf, den höchsten Grad von Allgemeingiltigkeit und Verständ-
liclikeit erreicht hat und sich zur Erscheinung bringt, indem sie dem Gegenstande sein
volles Hecht erweist. Also hoher, charakteristischer und beides zusammenfassender Stil,
oder mit Dichternamen bezeichnet Racine, Shakespeare und Goethe. L. berührt sich
mit Goethe, der Manier, einfache Nachahmung der Natur und Stil, oder Scherer, der
Idealismus, Naturalismus und stilvollen Realismus unterschied. Aber L. verwirft den
Gegensatz von Realismus und Idealismu.s, in denen er nvir zwei Arten des Stils
sieht, damit folglich zwei Arten des Idealisierens , wenn man Idealisieren das
Herausheben des Bleibenden, Wesentlichen, AUgemeingiltigen an der Erscheinung
nennt; beide schliessen sich nicht aus, es kommt nur auf verscliiedene Arten
der Auffassung mid Formgebung an. Der Realismus ist diejenige Pormbildung,
die der subjektiven Auffassung folgt, Idealismus diejenige, die vorwiegend dem
Gegenstande seine eigenen inneren Gesetze abzulauschen trachtet. Was man „Naturalis-
mus" nennt, erklärt L. nur für eine bis ins Zügellose gesteigerte Abart des sogenannten
realistischen Stils, eigenthch für Stillosigkeit. Er entwickelt dann, warum gerade un-
serer Zeit ein Realismus von reflektierter, absichtlich grundsätzlicher Art eigen sei, den
wir eben stilvoll nennen, ein überraschendes Können, ein packendes Wagen, das noch
einmal das Geschmackvolle mit dem Stilvollen wird vereinigen können. So schliesst
der Aufsatz mit einem tröstlichen Ausblicke; sein allgemeiner Inhalt verdient Beachtung;
in ruhiger eleganter Weise werden die Ersclieinimgen auf das Wesentliche zurückgeführt,
und so wird auf verhältnismässig kleinem Räume induktiv ein wichtiges Kapitel der
Aesthetik behandelt. —
Ueber die Dichtung handelt Grottewitz^oa)^ um den Ausdruck „Allgemein-
Menschliches" als holile Phrase zurückzuweisen. Gerade das Allgemein-Menschliche,
das nämlich, was allen Menschen gemein ist, lasse keine poetische Verwendung zu,
sondern niu- das Individuelle, also nicht die allgemeinen körperlichen Punktionen, sondern
nur solche unter besonderen Umständen, nicht die Liebe schlechthin, sondern eine be-
sondere Liebe. Auch Homer und Shakespeare seien nicht anders vorgegangen, hätten
nicht das Allgemein-MenschHche dargestellt, und wenn Homer heute noch gefällt, so
habe das seinen Grmid nur darin, dass er eben seit der Renaissance die Grundlage
miserer deutschen Bildung ist; Shakespeare aber gefalle erst seit dem Ende des vorigen
Jahrhunderts den Germanen, dagegen z. B. nicht den Romanen. Er hofft, wir würden
bald die Renaissance überwunden haben, dann würden uns Homer, Sophokles, Euripides
veraltet erscheinen, weil wir eben in imserer Entwicklung weiter sein und Dichter
haben würden, die nicht das Allgemein-MenschUche schaffen werden, sondern das, was
den Besten unserer Zeit als das Erstrebenswerte, Hohe, Schöne erscheine. „Es kommt
eben einfach darauf an, dass ein Dichter die Dinge, Menschen und Welt unter dem
Gesichtspunkte seiner Zeitideale ansehe und für seine Zeitgenossen das Höchste zu
leisten suche." — Ganz im Gegensatz zu dieser Verwerfung des antücen Einflusses redet
Herzog 104) ihm das Wort und sieht in der typenbildenden Kraft das Zeichen echten
Genies, das er bei Goethe und den Griechen findet, wie auch Stil und die Gabe, die
Bedürfnisse des Lebens künstlerisch zu gestalten. los-ios) _ in Bezug auf die alle-
gorische Darstellungsart will Valentinio«) nachweisen, dass sie ebenso berechtigt sei
wie die anderen Arten der Darstellving, vorausgesetzt, dass sie der Grundbedingung der
Kmist entspricht, eine ästhetische Kunstschöpfung zu sein, d. h. durch die Art ihi-er
101) A. Lasson, Stilvoll: PrJbb. 66, S. 315-44. - 102) X F- Offermann, Was ist „Stil"?: öartenl. N. 12. — 103) K.
Grottewitz, D. „AUgemein-Menscbliclie" in d. Dichtung: MLJA. 59, S. 607/8. — 104) A. Herzog, Antik u. modern:
Nation». 7, S. 533/5. — 105) X A. Biese, In Sachen: „Antik u. modern": Kiinstw. 3, S. 332/3. (Im Anschluss an A. Herzog,
s. o. N. 104.) — 106) X R- Maschke, D. Antike in d. Gegenwart: Unsere Zeit. 2, S. 110—34. — 107) X B- Raab. Was
ist klassisch? Plaudereien. 1. Plauderei: ZDS. 4. — 108) X C. Spitteler, Dichter u. Pharisäer: Kunstw. 3, S. 113/6.
32 1,3: R. M. Werner, Poetik und ihre Greschichte.
Darstellung eine Teilnahme zu erwecken, die über die Teilnahme an dem Gegenstande
der Darstellung hinausgeht. Wie liegt nun die Sache bei der allegorischen Dar-
stellungsart? Das wesentliche Merkmal jeder Kunstschöpfung ist die Bildlichkeit:
der Stoff als Mittel der Darstellung erhält eine Bedeutung, die ihm seiner Natur nach
nicht zukommt, das ist Bildlichkeit. Mit dieser Umgestaltung des Stoffes, um die Be-
deutung unseren Simien bemerkbar zu machen, ist eine Form verbunden, die Trägerin
der dem Stoffe selbst fremden Bedeutung. Nennen wir die dm-ch Umgestaltung eines
Stoffes hervorgebrachte, den Hinweis auf eine Bedeutung bezweckende Form das Bild,
den Gegenstand aber, auf welchen die Form als auf ihre Bedeutung hinweist, das
Vorbild, so ergeben sich drei mögliche Verhältnisse zwischen Bild und Vorbild.
Dabei bleibt V. nur im Körperlichen: 1. Bild, dem Vorbild körperlich ähnlich; 2. Bild,
eine körperliche Aehnlichkeit nur andeutend; 3. Bild, auf körperliche Aehnlichkeit
verzichtend. V. bezeichnet diese drei Möglichkeiten als Ebenbild, Nachbild und Neiibild.
Beim Ebenbild ist die sinnlich wahrnehmbare individuelle Existenz des Vorbildes
vorausgesetzt; beim Nachbild wird zwar die Existenz auch vorausgesetzt, aber entweder
nicht sinnlich wahrnehmbar oder einer ebenbildlichen Wiedergabe entzogen; beim
Neubild bleibt es gleichgiltig, ob das Vorbild eine wirkliche oder nur gedachte
Existenz hat. Von diesen drei Darstellungsarten zeigt die erste die Wirklichkeit in
körperlicher Uebereinstimmung, die zweite in gleichartig-körperlicher Andeutung, die
dritte in fremd-körperlicher Andeutung, z. B. eine weibliche Gestalt als Eva, Venus,
Schönheit. Danach unterscheidet V. drei Arten der Kunst: die erzählende, die andeu-
tende und die umdeutende, oder: die historische, die symbolische und die allegorische,
alle diese Ausdrücke im weitesten (historisch) oder ursprünglichsten (symbolisch, alle-
gorisch) Sinne verstanden. Das Bild muss deutlich sein, das wird bei der historischen
Kunst durch Aehnlichkeit, bei der symbolischen durch Gleichartigkeit, bei der alle-
gorischen durch Hilfsmittel, Merkmale oder Attribute erreicht. Es giebt auch historische
und symbolische Attribute ; die Gesetzestafeln in der Hand Moses' sind ein historisches, die
Arche in der Hand Noahs ein symbolisches, die Palme in der Hand des Märtyrers ein
allegorisches Attribut. Die Attribute werden ohne Unterschied nach Bedarf verwendet
und können so verwendet werden wegen des ihnen gemeinschaftlichen Charakters der
Bildlichkeit. Es giebt keinen einheitlichen Zweck der Kunst, die Zwecke sind je nach
der Entwicklung der Menschheit verscliieden. Ursprünglich sucht sie Ersatz für die
Wirklichkeit zu geben, dann aber sucht sie etwas Neues in der Art der Gestaltung zu
bieten, sie wird ästhetisch. Das wichtigste Kunstmittel, eine Kunstschöpfung zu einer
ästhetischen zu machen, ist das Streben, in der Mannigfaltigkeit die Einheit zu zeigen,
die einzelnen Sinneseindrücke in eine Einheit zusammenzufassen. „Eine ästhetische
Kunstschöpfung ist eine auf dem Gebiete der Sinne erreichte relative Lösung des meta-
physischen Rätsels in Betreff des Zusammenhanges der Dinge." Vor allem wird dies
erreicht durch ein Unterwerfen unter ein in der Form klar erkennbares Gesetz, was man
„stilisieren" nennt, dann aber durch die Kraft des zum Ausdrucke gelangenden geistigen
Lebens und Wollens. Die Kunst wirkt auf die Sinne bezüglich auf die Nerven, die aber
nicht zu allen Zeiten und auf allen Stufen menschlicher Entwicklung von gleicher Lei-
stungsfähigkeit sind. Die Wirkung auf die Sinne darf aber nur ein Mittel, nicht ein
Zweck sein. Die Gefahr der historischen Kunst ist das Ueberwiegen des Individuellen,
die Vernachlässigung des Gesetzmässigen, die Gefahr der allegorischen Kunst ist das
Ueberwiegen des Allgemeinen, die Vernachlässigung des unerlässlichen Lidividuellen. Die
allegorische Kunst „wird daher erst da zur ästhetischen werden, wo sie durch individuelle
Auffassung der bildlichen Darstellung neben Bewahrung der typischen Allgemeingiltigkeit
eine Teilnahme für die Besonderheit der Auffassung und die Art der Gestaltung der Kunst-
schöpfung zu erwecken weiss". Bei der historischen und symbolischen verleiht die Kraft
des durch den Künstler geschaffenen Typus seiner Schöpfung die Weihe der ästhetischen
Kunst, bei der allegorischen der Reiz der Lidividualität. Darum missglücken so leicht
Werke der allegorischen Kunst; so lange diese jedoch den Charakter der Bildlichkeit
bewalirt, widerspricht sie dem Wesen der Kunst nicht. Dies legt V. an einer Reihe
von Werken nicht ohne Spitzfindigkeit dar. Muss man gegen ihn auch einwenden, dass
er dem Ausdruck Allegorie viel weiter braucht, als üblich ist, so wird man seinem
Resultate doch in der Hauptsache zustimmen müssen. — Einzelne Gedanken dieses Auf-
satzes führt eine andere Studie '^'') „Lebende Bilder" weiter, worin sehr glücklich das
lebende Bild dazu benutzt wird, gleichsam die Probe der Kunst durch Umsetzung des
Bildes in Natiu* zu machen. Wieder werden auf induktivem Wege geschickt und über-
zeugend einige wesentliche Resultate gewoinien, bezüglich die im Kiuistwerk erscheinende
Gesetzmässigkeit des näheren erläutert. Vor allem zeigt sich die Nötigung klar, dass
die Wirkliclikeit von allem Zufälligen befreit, zugleich aber die in der natürlichen Er-
(L»unige Schilderung d. „Alexandriner" aller Zeiten.) — 109) S. o. N. 100, S. 28-00. - 110) ib. S. 61-76. - III) ib. .S. 105-13. -
1,3: U. M. Werner, Poetik itiid ihre Geschichte. Bä
scheinung der gebotenen, der gestaltenden Gesetzmässigkeit entsprechenden Keime ent-
faltet werden. —
Wichtig für uns ist ferner in dem Valentinschen"i) Aufsatze „Die Tragik in
Werken hellenischer Plastik" der zweite Abschnitt, weil er sich mit dem Begi-iffe des
Tragischen beschäftigt. V. geht aus von „der nicht allzu leicht verständHchen und
doch thatsächlichen Freude am Schmerz". Der ursprünghchste Schmerz, der körperliche,
hat gewiss nichts Erfreuliches, umsomehr aber seui Aufhören, da erst nach einem voraus-
gegangenen Schmerze die Schmerzlosigkeit als positive Empfindung eines Wonnegefühls
zum Bewusstsein kommt; das Wonnegefühl verschwindet, sobald der Zustand der
Schmerzlosigkeit ein dauernder wird; wir stehen dann wieder gleichsam auf dem Null-
punkte der Empfindungslosigkeit, der sich dauernd schwer ertragen lässt. Der Wunsch,
diesen Zustand zu unterbrechen, geht natürlich auf ein Wohlgefühl. Dieses tritt ein
bei einer Steigerung der Empfindung; geht diese vom Nullpunkte aufwärts, so ist schliess-
lich ein Ziirücksinken auf den ursprünglichen Stand unvermeidlich, jeder Steigerung
folgt eine Ermattung. Geschieht die Steigerung aber von einem Pmikte unterhalb des
Nullpunktes, so ist schon das Erreichen des ursprünglichen Zustandes mit einem Wonne-
gefühl, aber ohne Ermattung verbunden, es bleibt sogar das Gefühl der Erhöhung, also
ein positives Wonnegefühl. Es ist also zur' Durchbrechung der Empfindungslosigkeit
auch das Erregen eines vorübergehenden Schmerzgefühles dienlich, nach dessen Auf-
hören keine Ermattung eintritt. Dieses Mittels bedienen wir uns sogar, um uns zeit-
weilig über einen Schmerz hinwegzutäuschen, wir erregen einen momentanen heftigeren
Schmerz, dessen Nachlassen uns ein Wonnegefühl bereitet, infolge dessen der ursprüng-
liche Schmerz kurze Zeit nicht empfunden wird. Diese Betrachtung stimmt mit Werners
BeobachtungCTi (ADA. 15, S. 278) überein. Was vom körperlichen Schmerz gilt, das
können wir auch für das Psychische annehmen. Es tritt z. B. statt der Schmerz-
erregung am eigenen Körper eine solche an einem fremden ein; sie muss natürlich eine
sehr starke sein, damit Nachempfinden des Schmerzgefühls bei ims sich einstellt. Erst
wenn sie so stark ist, dass eine Durchschauerung unseres Körpers eintritt, wird ein
schliessliches Wohlgefühl sich bei uns bemerkbar machen; der Indianer jubelt erst, wenn
das gemarterte Opfer zu wimmern oder zu schreien beginnt. Der nächste Schritt ist
dann die Ersetzung des wirklich leidenden Objektes durch ein Bild, und damit gelangen
wir zur ästhetischen Betrachtungsweise. Dann ist die Ereude am Schmerze keine reale
mehr, sondern sine ästhetische; Schmerzerzeugung und Schmerznachempfindung finden
nur auf dem Gebiete der Vorstellung statt. Unsere Vorstellungsfähigkeit kann auch
durch das Wort erregt werden, auch hier ist die Vorstellung des körperlichen Schmerzes
das erste, des seelischen das nächste. Dem vorgestellten seelischen, von körperlichen
Gebrechen unberührten Leiden schreiben wir die reinste Wirkung zu, es dient zur
Schmerzerregung und durch Befreiiuig davon zur Erregung eines Wohlgefühls. Tief
wird es uns ergreifen, wenn wir für die Persönlichkeit, in welcher es gedacht wird,
Sympathien haben, den höchsten Grad erreicht es, wenn es zvigleich die Folge von
Situationen und Handlungen ist, die wir auch um ihrer selbst willen als berechtigt an-
erkennen müssen. Aber Entsetzen oder beim Aufhören doch zurückbleibende Bitterkeit
würden die Wirkung beeinträchtigen, wenn nicht auch die Ursache des Leidens an und
für sich gleichfalls berechtigt erschiene. Dadurch bekommt das schmerzliche Leiden
Notwendigkeit und Begründung. Tragisch nennen wir nun jene Empfindimg, welche in
uns durch ein vorgestelltes seelisches Leiden erweckt wird, das bei an und für sich be-
rechtigtem Handeln durch ein anderes, an und für sich gleichfalls berechtigtes Handeln
entsteht; dann ist das Leiden kein zufälliges, widersinniges mehr, sondern auf allgemeine
Verhältnisse zurückgefülu-t, und erlangt dadurch typische Bedeutung. Die sich aus-
lebende berechtigte Individualität gerät mit anderen ebenso berechtigten Individualitäten
in Konflikt, der sich bei wesentlichen Fragen zu einem Zusammenstoss auf Leben und
Tod steigert und in uns, sobald wir eine Berechtigung beiderseits anerkennen, tragische
Empfindung wachruft. Jener Teil muss siegen, der in seiner Individualität ausser seinem
persönlichen Recht ein allgemeingiltiges, die Fortexistenz eines allgemeinen zu Recht
bestehenden Zustandes bedingendes Recht vertritt. Dieses Moment wirkt bei dem Unter-
gange als schmerzbefreiend mit. Die Gestalt der Allgemeingiltigkeit ist mannigfaltig,
für die Griechen das Fatum, das wir nicht mehr gern als ästhetisches Motiv gelten
lassen; für uns muss es sich gleichsam verkörpern als staatliches Allgemeinwohl, als
herrschende Sitte und Anschauimgsweise. Das Einzelschicksal mündet beim Untergang
im Gesamtschicksal und das giebt das Versöluiende des tragischen Konfliktes. Die ab-
sichtlich erregte Schmerzempfindung hat die beabsichtigte Folge: das bei Befreiung vom
Schmerz eintretende Wohlgefühl. V. sieht das Wesen der Tragik nicht in der Schuld
des handelnden Individuums, sondern in der Berechtigung zum Handeln ; eine Schuld ist
nur insofern vorhanden, als die zur Tragik führende Handlung über die Grenze hinaus-
geht, welche vermittelnde Klugkeit, Kompromiss suchende Mässigung vorschreibt. Diese
IBL. I. 3
34 1,3: M. R. Werner, Poetik und ihre Geschichte.
Grenze vennag aber der scharf ausgeprägte Charakter der Individualität nicht einzuhalten ;
das Ueberschreiten dieser Grenze muss im Charakter berechtigt sein und zwar in einer
Seite seines Charakters, die an inid für sich zu billigen oder doch nicht zu verwerfen
erscheint, sonst wird die Schuld ziun Verbrechen und alle Tragik hört auf. V. verwirft
also den verwirrenden Ausdruck „tragische Schuld", die Tragödie ist keine Kriniinal-
justiz, das Leiden steht nicht im Verliältnis zur Grösse des LJeberschreitens der durch
Sitte, Herkommen, Klugheit, Gesetz gegebenen Grenze, nicht im Verhältnis zur Grösse
des gethanen Uni-echts, ist also nicht eine Strafe. Das richtige Verhältnis von Ueber-
schreitinig und Strafe befriedigt unsern Verstand, aber von einer ästhetischen Empfindung,
besonders von einer tragischen, ist nicht mehr die Rede. Abspannung, nicht Wohl-
geftthl ist tlie unaiisbleibliche Schlussempfindung. V. sieht also verschiedene Stufen der
IVeude am Schmerz oder richtiger an der durch willkürliche Schmerzherbeiführung und
seiner Wiederentfernung erreichten Befreiung vom Schmerz; sie befassen die Reihe von
einer rein körperlichen zu einer rein seelischen Empfindung bis zur höchsten Tragik.
An den pergamenischen Statuen werden dann im weiteren Verlaufe des Aufsatzes diese
Stufen aufgezeigt, ich verweise nur auf die Betrachtung des farnesischen Stiers
wegen der „Grenzen zwischen Malerei und Poesie" und auf die Analyse der Laokoon-
gruppe. —
Otto Ernst i'2-ii3j fasst den Begriff des Tendenziösen weiter als Mautner-
Markhof (vgl. N. 82), indem er schon darin Tendenz erkennt, dass der Dichter sein Ich
mit freudiger Energie in die Oeffentlichkeit hinausträgt. Er meint damit aber kein Ueber-
treiben der Tendenz, kein tendenziöses Entstellen; schon aus der Individualität des
Dichters folgert er, dass jeder Dichter tendenziös sein müsse, ohne dabei kleinlicher
Parteilichkeit zu verfallen. Es komme nur auf die Wahrheit an, d. h. die künstlerische,
dann empfinden wir die volle Wirkung eines Werkes mit Tendenz. — Ernstii^) unter-
scheidet zwischen realer und poetischer W^ahrheit; jene ist in der Litteratur unmöglich,
denn selbst wenn nur Autobiogi'aphien geschrieben würden, müssten doch die Be-
ziehungen zu anderen erscheinen; da aber diese niemand so kenne wie sich selbst, so
bekämen wir aiich dann Wahrheit und Dichtung. Keine Handlung und Begebenheit da-
gegen, die den Natixrgesetzen nach möglich ist, darf an sich als poetisch unwahr be-
zeichnet werden, und dies gilt auch von den Charakteren. Poetische Wahi'heit besteht
ihm in der psychischen Widerspruchslosigkeit in den Beziehungen von Dingen und Ge-
schehnissen, ist also mir Wahrheit einer Möglichkeit, keiner Gewissheit. Psychische
Widerspruchslosigkeit beruht auf der naturgemässen Verknüpfung von Ursache und
Wirkung im Seelenleben; das poetische Erzeugnis muss also seelisch gewachsen sein. —
Das Wesen des Feuilletons möchte Lemmermayerii^) näher bestimmen, indem er es am
Leitartikel misst; aber er kommt nicht zu einer Definition, sondern zu einer Beschreibung
dieser modernen Gattung. Nicht so sehr der Inhalt, als die Porm verleihe dem Peuilleton
sein eigentümliches Gepräge, die subjektive Stimmung sei ihm eigen, darum übe Goethe
grösseren Einfluss darauf, während das Pathos, der Ernst Schillers dem Leitartikel eigne;
nicht alles, was im Peviilleton einer Zeitung erscheine, sei ein wirkliches Peuilleton. —
Auch in seinen Aphorismen: „Aus dem Tagebuch eines Einsamen" behandelt Lemmer-
mayerii**) „Kunst und Philosophie" und streift mancherlei Prägen der Aesthetik und
Poetik freilich nur leicht andeutend, aber tief durchdacht. —
Auch auf AlbrechtsU'') weitangelegtes Werk muss in der Poetik geachtet
werden, weil hier reiches Induktionsmaterial für vergleichende Forschung niedergelegt
ist. Die Poetik muss es sich zu eigen machen, wenn sie auch zu gerade entgegeii-
gesetzten Resultaten als A. kommen wird. Besonders fiu- die Präge, wie weit oder
wie eng der Begriff „Plagiat" zu fassen sei, bietet das Werk unschätzbar reiches Ma-
terial, und deshalb war es hier zu nennen. —
Der Naturalismus. Es ist noch nicht möglich, einen Ueberblick über die Auf-
sätze zu gewinnen, die während des Berichtsjahres dem Gegenstande gewidmet wurden. Von
allen Seiten sucht man ihn zu erfassen, ästhetisch und historisch zu verstehen, ihn zu be-
kämpfen oder zu verteidigen, schliesslich auch auf seine Bedeutung für die Zukunft zu
prüfen. Wenn es gelingen soll, sich in dem Wirrsal nicht ganz zu verlieren, muss auch
hier eine gewisse (Jrdinnig eingehalten werden, während jene Besprechungen einfach bei
Seite zu schieben sind, die den einzelnen Werken des NaturaUsmus gelten, sofern sie
nicht vorwiegend das Ganze ins Auge fassen. — Volkelt'*'*) beschäftigt sich vor-
Itt) Otto Ernst, D. Scheu vor d. Tendenzdichtung': MLJA. 59, S. 421/4 u. 436/8. — 113) XX "d., Offenes Visier! Ges. Essays
aus Literatur, Pädagogik n. nffentlichein Leben. Hamburg, Kloss. VIII, 280 S. M. 2,50. IfKertz: BLU. S. 155.]| — 114) id., Was
int iioefiKche Wahrbeit? I'.pirachtiingen t. Psychologie d Dichtkunst: ML.IA. 5it, S. 795/8. — 115) K. Lemmer-
mayer, Ueber d. FöuillHton. E. litterarisches Inteniiezzo. ( = Mciischcn u. Schicksale. S. 183 — 91.) Minden i. \V.,
Bruns. VIII, 240 S. M. 3,00. - ri6} id., Kunst u. Philosoiihie. Aus d. Tagebuch e. Einsamen, ib. S. 220 — 40. —
117) F. Albrecht, Leszings Plagiate. I. Bd., 1. Heft, 1. Hälfte (Bog. 10—14). Hamburg u. Leipzig, Albrechts
Selbstverlag. S. 143-222. M. 1,00. |[E. .Schmidt: DLZ. 11, S. W.<,.\ IIB) .loh. Volkelt, Dichtung u. Wahrheit.
1,3; M. R. Werner, Poetik und ihre Geschichte. 35
iiehiTilich mit der ästhetischen Theorie der neuen Schule und sucht darzuthun, dass die
Praxis dei^ Naturalisten vielfach anders, besser ist, als ihre Theorie, wie denn überhaupt
V. den Leistungen der Naturalisten volle Gerechtigkeit widerfahren lässt. Er meint aber,
dass manche ihrer theoretischen Forderinigeu einfach undurchführbar sind. Um dies zu
zeigen, erwägt er das Verhältnis von Natur und Kunst; vor allem charakteristisch für
diese Theorie erscheint ihm die Formel, dass alles, was natiirlich und wirklich ist, eben
darum schon das Recht hat, genau so wie es ist, in der Dichtung wiedergegeben zu
werden. Dabei zeigt sich aber eine gewisse Parteinahme gegen das Gute und Reine.
Der Dichter muss dann nach der Forderung naturalistischer Theorie die Seelenvorgänge
induktiv und deduktiv erforschen imd mit sinnlich greifbarer Genauigkeit photographieren,
das neudeutsche Leben vollständig zergliedern, weil die Kunst eine vollständige Nach-
gestaltung des Seins ist, das ästhetische Wohlgefallen aber auf der Einsicht der Kausa-
lität der Dinge beruht. Nun zeigen die Naturalisten Komposition, ja sogar eine sehr
durchdachte Komposition; damit verlassen sie sofort eine vollständige und exakte Nach-
bildung des Wirklichen und erfüllen ein Bedürfnis der Phantasie, eine Bedingung des
Wohlgefallens. Wenn das aber geschieht, dann ist nicht einzusehen, warum nicht auch
andere Bedürfnisse der Phantasie berücksichtigt werden, z. B. das Vermeiden von Vor-
stellungen, die ihr schlechtweg ekelhaft sind. V. fragt ferner, ob die Wirklichkeit über-
haupt unverändert im Kunstwerk erscheinen kaini. Auch das ist unmöglich, denn die
naiv geschaute Natur ist nicht mehr die nackte Natur, sondern eine durch verschiedene
individuelle Zuthaten veränderte; besonders die Auffassung eigenen oder fremden Schick-
sals lässt sich nicht davon trennen, dass dabei die eigene Lebensauffassung zur Geltiuig
käme. Schon deshalb ist eine dichterische Objektivität unmöglich. Da nun überdies
jede Kunst ihre Darstellungen in einem Element und unter Bedingungen vornimmt, die
von denen der dargestellten Wirklichkeit verschieden sind, so geht es ohne Umformimg
der Wirklichkeit nicht ab. Zeige sich so der strikte Grundsatz naturalistischen Stils
undiirchführbar, so sei damit nicht gesagt, dass nicht ein richtiger Kern darin stecke.
Allerdings müssen die Menschen und Handlungen in der Dichtvmg den Eindruck der
Glaubhaftigkeit erzeugen, d. h. die dargestellte Welt muss daseinsfähig erscheinen; mehr
als dieser Schein der Daseinsfähigkeit lässt sich aber nicht erreichen. Der Dichter muss
seine Welt so einrichten, dass alles in ihr sich in deutlich fühlbarer Uebereinstimmung
befindet; wir müssen zudem fühlen, dass uns aus den Werken ein Dichter entgegentritt,
dessen Persönlichkeit mit ungewöhnlich empfänglichen Sinnen Leben und Natur
beobachtet und einen ungewöhnlich reichen Schatz von Lmenerfahrungen in sich
gesammelt hat. V. xniterscheidet nun einen potenzierenden von dem Thatsachenstil und
erkennt weitere Einteilungen des Stils, den typenschaifenden (typisierenden) und den in-
dividualisierenden, den subjektiven und den objektiven Stil; für alle drei Gliederungen
wurde bisher unterscliiedslos die Bezeichnung idealistisch und realistisch gewählt. Dieser
Teil seiner Dar stell vingen verdient allgemein beachtet zu werden. ^ — Auch Jerusalemi^ö^
sucht nachzuweisen, dass Zola Typen schafft, komponiert und nicht bloss Schriftsteller,
„romancier naturaliste", sondern Künstler, Dichter ist, dass seine hohe Begabxmg die
theoretisch von ihm selbst sehr eng gezogenen Schranken durchbricht. Und noch
schärfer als Volkelt unterscheidet J. zwischen Zola und den deutschen Naturalisten.
Aber J. geht weiter, indem er die Typenbildung der Natviralisten als eine willkürliche
hinstellt, weil das einzelne beobachtete Individuum gegen alle Wahrheit zum Typus
werde. Den tieferen Grund dieser Erscheinung sieht er in der mangelnden Liebe und
meint, nur Liebe mache die Kunst, — er versucht ' dies evolutionistisch zu zeigen und
an den einzelnen Künsten darzulegen. Also er, wie Volkelt, bestreitet die Objektivität
der Darstellung, weil sie unmöglich sei. 120-122^ — Auch Carrierei23^ ig^^ gerade durch
seine warme Anerkennung von Zolas Talent zur Ueberzeugung gekommen, dass die Per-
sönlichkeit des Künstlers und mit ihr der geistige Gehalt es seien, wodurch das Kunst-
werk sich auszeichne und den Preis gewinne. Zola würden alle seine Notizen, Beob-
achtungen und Studien wenig nützen, wenn nicht eine lebendige und kunstverständige
Phantasie hinzukäme, die nun doch die besondere Handhmg erfindet und den
einheitlichen Kern der Charaktere schafft. Gerade an Zolas Werken bewundert C. die
Phantasie des organisierenden Künstlers, die Zola als Theoretiker leugne. Hinter Tolstois
und Dostojewskis dunkeln Bildern stehe ein edler grossartiger Idealismus, da sie refor-
matorisch wirken wollen. Bei Zola sei es nicht anders, wie der Schluss von „Germinal"
beweist, den auch Volkelt dafür anzieht. Der Naturalismus idealisiert aber freilich ins
Hässliche, er rückt, was etwa während eines Jahreslaufes in einem schle.sischen Dorfe
E. Beitr. z. Kritik d. Aesthetik d. Naturalismus: AZg". N. 4, 6, 7. — 119) W. Jerusalem, D. Naturalismus in d. modernen
Litt. Aus d. Geiste unserer Zeit u. d. Wesen d. Kunst beleuclitet u. beurteilt: ib. N. 135/6. — 120) X A. Fried, D. Natura-
lismus, s. Entstehung u. Berechtigung. Wien, Dentieke. 45 S. M. 1,00. — 121) X K- öoldmann, D. SUnden d. Naturalismus.
Aesthet. Untersuchungen. Berlin, Eckstein Nachf. IV, 212 S. M. 2,00. — 122) X &• Pnrtig, T>. Wesen d. Naturalismus:
Unsere Zeit. 1, S. 525—46. — 123) M. Carriere, Natur u. Kunst. N&S. 55, S. 90—102. — 124) XX C Alberti, Natur
3*
B6 1,3: M. R. Werner, Poetik und ihre Geschichte.
geschehen mag, in eine lialbe Stunde „Vor Sonnenaufgang" zusammen. Das Neue des
Naturalismus sieht C. im Gehendmachen einer grösseren Naturderbheit, eines breiteren
Stoffgebietes und darin, dass das Elend der Armen und Bedrückten verwertet wird. '24) —
Die liistorisclie Stellung des Naturalismus, die Notwendigkeit seines Auftretens sucht
Jerusalem aus dem modernen Thatsachensinn zu begreifen; Pascal'-^), welcher den mo-
dernen Naturalismus nicht billigt, aber als Rückschlag historisch würdigt, sucht in einer
Reihe von Essays das Verständnis der neuen Litteraturrichtung dadurch zu fördern, dass
er sie auf das sexuelle Problem zurückführt. Die Veränderung im Verhältnisse der bei-
den Geschlechter zu einander, besonders die Männerverachtung beim Weibe und die
physische wie psychische Unfruchtbarkeit sieht er als Ursachen an. Hebbel und Kleist
vor allem werden mit dem Naturalismus im Zusammenliange dargestellt. Das Heft Juilt
die Mitte zwischen litterarhistorischer und ästhetischer Betrachtung und zwingt alles
initer den Gesichtswinkel des einen Problems. — Bachi^Oj folgert aus dem Naturalismus,
gegen den er Stellen aus Lessing, Moritz, Kant, Schiller inid Helmholtz anführt, zwei
Kunstgesetze: 1. die Beseitigung des Widerwärtigen in der Natur, das einer ästhetischen
Wirkung besonders in der bildenden und dramatischen Kunst unfähig sei, und 2. die
Entfernung des Gleichgiltigen und Bevorzugung des Wesentlichen in Auswahl imd Be-
handlung des Stoffes, wodurch die Kunst eben Typisches schaffe, obwohl sie Individuelles
darstelle. Gerade im Wegschaffen des Zufälligen, welches das Wesentliche verhüllt,
sieht B. eine Hauptaufgabe der Kunst. — Die vier Kreise des modernen Naturalismus,
die wir beobachten können, im einzelnen zu erfassen, kann nicht die Aufgabe dieses
Berichtes sein, er vermag sie nur gelegentlich zu berücksichtigen; der nordisch -skandi-
navische findet seinen kritischen Betrachter in HanssoniäT)^ der nordisch-russische in
Erwin Bauer'-*^); am stärksten erregt aber der französische '29) und der deutsche i^**')
Naturalismus das Interesse der Kritik. — Schon wird erwogen, wie sich die neue Riclv-
tinig weiterentwickeln könne. Neumann-Hofer'32) erwartet von der Wissenschaft, ob-
wohl sie alle Romantik zerstöre, den Glauben totschlage, alle Illusionen und Ideale ver-
nichte, also die Kixnst zu ersticken scheine, eine Neubefruchtvmg der Kunst; als Formel
der neuen Kunst im 20. Jh. vermutet er „die Wissenschaft, die Zeugin der Wahrheit,
schliesse einen Bund mit der Kunst, der Eormerin des Schönen"; die Wissenschaft werde
der Phantasie neuen Stoff zuführen, die „Gährungslitteratur" unserer Zeit ist ein An-
zeichen dafür. — Bahr i^^-i=^4) sieht in den Decadents die Erben der Gegenwart, Pfütze-
Grottewitz i^ö-kwj in (Jer „Entwickelungsdichtung". 1=^^-141) — Reicheli42j behandelt die
Präge, ob das Dichten in Versen noch zeitgemäss sei. — Wenn wir Kleinert'*^) glaviben
dürfen, dann wird der Humor der zukünftigen Litteratur fremd sein, da seiner Ansicht
nach das Humoristische gar nicht existiert; er sucht alle Definitionen des Humoristischen
lächerlich zu machen, den Charakter der Humoristen durch die Betrachtung von Jean
Pauls, Swifts, Goldsmiths, Sternes, Hippels, Thümmels Leben zu diskreditieren und be-
trachtet das Humoristische nur als das Witzige und Satirische. Der Axifsatz fordert
Widerspruch heraxis und kama dadurch vielleicht fördernd wirken, i'**) —
u. Kunst. Beitrr. z. Untersuchung ihres gegenseitigen Verhältnisses. Leipzig, Friedrich. V, 320 S. M. 4,00. — 125) Dr.
Pascal (Leo Berg), D. sexuelle Problem in d. modernen Litt. E. Beitr. z. Psychologie d. modernen Litt. \i. Gesellschaft.
2. Aufl. Berlin, Salus. 46 S. M. 1,00. — 126) S. Bach. Kunst u. Natur: Zeitgeist. N. 11. — 127) 01a Hansson, Iihir
Naturalismus: Kunstw. 3, N. 15. — 128) Erwin Bauer, Naturalismus, Nihilisra^is, Idealismus in d. russ. Dicliliint;.
Litt.-hist. u. krit. StreifzUge. Mit 9 Portrr. Berlin, Lüstenröder. VIII, 352 S. M. 4,.50. |[HambCorrB. N. 19.] i (Es siiiil
Essays mit scharfer Stellungnahme gegen d. deutsche Ueberschätzung d. russischen Litt.) — 129) X A. Bottelheim, (ii'ijcii
d. französischen Naturalismus: Nation». N. 25. -^ 130) X M. Harden, Naturalismus: Gegen w. 37, S. r!:«t--4;i. —
131) X K. Grottewitz, 1). Impressionismus in Deutschland: MLJA. 59, S. 641/4. — 132) 0. Neumann-H o Cr r , IL n. ii.-
Kunst: ib. S. 267/9. — 133) X H. Bahr, D. Krisis d. französischen Naturalismus: ib. S. 562/4. — 134) X id., Zur Kritik d,
Moderne. Ges. Aiifsätze. 1. Reihe, Zürich, Verlags -Magazin. 256 S. M. 3,60. |[A. Hermann: BLU. S. 205/6.] j. —
135) X K. Grottewitz, Wie kann sich d. moderne Litteraturrichtun}; weiter entwickeln?: MLJA. 59, S. 585/7. — 136) X
K. Pftitze-Grottewitz, Weiterentwickelung u. Neubildnnff poetischer Gefühlswerte: ib. S. 732/3. — 137) XX A. Lauen-
stein u. K. Grottewitz, Sonnenaufgang! D. Zukunftsb:iliii.ri d. Neuen Dichtung. Leipzig, Beissner. gr. 4". 77 S. M. 2,00. —
I38| X G. Neumann-Hofer, D. junge Generation: ML.IA. .".ii, S. 473/6.— 139) X A. Brieger, E. unbeantwortete Frage:
BLU. S. 321/2. (I). Frage lautet, welchem Bedürfnisse in d. gesunden geistigen Natur d. Menschen d. litt. .NiitiinUisniiis
entgegenkomme.) — 140) X 0. Le ix nor, Plauderbriefe an e. junge Frau. Leipzig, Dürselen. VL 233 S. M. 4,50. i|(;, l'.ntii,';
BLU. S, 14.]| — 141) X J. Hart, 1). Kampf um d. Form in d. zeit^'enoss. Dichtung. E. Beitr. zu;:!. /. Ver~t:liHliii-^ .1.
modernen Realismus: KritTb. 1, S. 36 ff. — 142) E. Reichet, D. Ver^: IhunliNachrS. N. 26. — I43i n. Klein, im . I eher
d. Ewig-Witzige: AZg". N. 107. — 144) X H. Breitinger, Z. Begnlle ^lliunor". (— Studien u. W ;iii.|eil;,i,'e. S. S.W 8.)
Frauenfeld, Huber. XXXVL 327 S. M. 3,00. (E. kurze hist. Skizze d. Ge),riiuchs v. „Humor" al> Wirt. Aii.leiitui,;,' .1. be-
sonderen litt.-gesch. Bedeutung, aber ohne eigentliches Resultat.)
1,4: K. Kochendörffer, Schrift- und Buchwesen. 37
Schrift- und Buchwesen.
Karl Kochendörffer.
Schrift wesen: Paläographie und Verwandtes N. 1. — Stenographie N. 3. — Handschriftenkataloge N. 5. —
Autographen N. 10. — Buchwesen: Erfindung des Buchdrucks N. 15. — Buchdruckergeschichte N. 32. — Inkunabeln N. 49.
— Bibliotheken N. 53. — Bibliographie N. 75. — Buchhandel N. 90. — Bucheinband N. 105. —
Schriftwesen. Eine brauchbare Einführung in die Palaeographie verdanken
wirProu. 1) Wenn seine Arbeit sich auch auf deutsche Schrift nicht einlässt und
naturgemäss die älteren Zeiten hauptsächlich berücksichtigt, so erstreckt sie sich doch
bis zum 17. Jh. und leistet mit diesem Teile aucli dem Durchforscher nachmittelalterlicher
Schriftstücke gute Dienste. Das Buch ist praktisch angelegt und mit zahlreichen Tafeln
ausgestattet, denen die Umschrift beigefügt ist mit besonderer Hervorhebung der Buch-
staben, die in der gekürzten Schrift des Originals diu'ch Zeichen ausgedrückt oder unter-
drückt sind. — Zur Geschichte der Miniaturmalerei und Handschriftenkuude hat
L. von Kobell-) einen wertvollen Beitrag geliefert, in dem die Entwickelung der Buch-
malerei von den frühesten mittelalterlichen Anfängen bis ins 16. Jh. hinein verfolgt und
auf 52 zum Teil vortrefflichen Lichtdrucktafeln veranschaulicht wird. Ein Namen- und
Sachregister erleichtert die schnelle Orientierung in dem Werke, das sich mehr zu ge-
legentlichem Nachschlagen als zusammenhängendem Studium empfiehlt. —
Junge^) handelt über die Entwickelung der stenographischen Schrift in
Deutschland. Seine Monographie zerfällt in zwei Abschnitte. Im ersten werden quellen-
mässige Nachrichten über die neuere Stenographie aus der deutschen Litteratur des 17.
und 18. Jh. bis 1796 gegeben. Wir erfahren unter anderm von den stenographischen
Bestrebungen eines Samuel Hartlib, Arnos Comenius, G. Ph. Harsdörflfer, Daniel Georg
Morhof, Job. Chr. Wagenseil, Joh. Alb. Eabricius, Nie. Hieron. Guiidling, Job. Chr. Gatterer.
Der zweite Abschnitt ist der Untersuchung über die Tacheographia des Carl Aloys Ram-
say gewidmet und bietet reiches Material über diesen bisher nur wenig beachteten El-
binger, den J. freilich aus nicht ganz zureichenden Gründen dem elbingischen Zweige
der Ramsays absprechen möchte. — Wer sich des weiteren über die zahlreichen, meist
minderwertigen stenographischen Erscheinungen unterrichten will, dem ist die fleissige
Zusammenstellung, der Litteratiu* von Peetz*) von Nutzen. —
Eine erwünschte Aufzählung und Besprechung der uns erhaltenen Hand-
schriftenkataloge inittelalterlicher Bibliotheken bis zum Jahre 1500 hat Gottlieb^)
geliefert und damit eine notwendige Vorarbeit zu einer Herausgabe dieser für die Ge-
scliichte der Bibliotheken sowohl wie des geistigen Lebens wichtigen Verzeichnisse, die
freilich noch in weiter Ferne liegt. Leider vermisst man öfters die nötige Sorgfalt. — Ueber
den ältesten Katalog der Prager Universitätsbibliothek aus der Mitte des 15. Jli. giebt
Loserth^) Mitteilungen. Der Katalog umfasst in 4 Alphabeten die den 4 Nationen
der Universität gehörenden Bibliotheken. Die umfangreichste Abteilung ist die dritte,
die 914 Werke enthält und „Registrum librarie nacionis Boemorum" betitelt ist. Sie
besteht hauptsächlich aus Schriften über die hussitische Bewegung. — Mit dem 1. Bande
der zweiten Abteilung seines rühmlichst bekannten Handschriftenverzeichnisses beginnt
von Heinemann') die Beschreibung der sogenannten Augusteischen Handschriften der
Wolfenbüttler Bibliothek, die ihren Namen von dem eigentlichen Begründer der Biblio-
thek, dem Herzog August dem Jüngern führen. Die Geschichte dieser Bibliothek und
die Verdienste ihres fürstlichen Sammlers, der ohne Zweifel einer der bedeutendsten
Gelehrten seiner Zeit und ein vortrefflicher Bibliothekar war, bespricht H. kurz im
Vorwort. — Die achte Abteilung dieses Kataloges ist von Vogel 8) bearbeitet und ent-
I) M. Prou, Manuel de palöographie latin© et franyaise du 6. au 17. siecle suivi d'un dictionnaire des abbre-
riations avec 23 facsirail^s en phototypie. Paris, A. Picard, 387 S. i [BH. 43, S. 155—60 (.Ch. V. Langlois);
HZ. 65, S. 374/7 (Kehr).]! — 2) L. von Kobell, Kunstvolle Miniafcuren u. Initialen aus Hss. d. 4.— 16. Jh. mit bes.
Berücksichtigung der in d. Hof- u. Staatsbibl. zu München befindl. Mss. Gesch. Beitrr. München, Albert. Fol. IX, 108 S.
u. 52 Tafeln. M. 40,00. — 3) A. Junge, Die Vorgesch. d. Stenographie in Deutschland während d. 17. u. 18. Jh. (= Hand-
bibl. d. stenogr. Wissenschaft. Bd. 1.) Leipzig, Robolsky. XVI, 127 S. M. 3,00. — 4) P. Peetz, Wegweiser durch die
Stenograph. Litt. d. bekannteren Systeme nebst Verz. e. Anzahl verwandter Werke über Schriftkunde etc. Aachen, Selbst-
verlag. 118 S. M. 1,50. — 5) Th. Gottlieb, Ueber mittelalterliche Bibliotheken. Leipzig, Harrassowitz. XI, 520 S. M. 14,00.
[[CBlBibl. 8, 8. 127—30 (M. Perlbach); GGA. 1891, N. 4 (P. G. Meier); ADA. 17, S. 81/5 (P. G. Meier); LCBl. 1891,
S. 686/9 (Steffenhagen); DLZ. 1891, S. 620/2 (Kochendörf fer).]| — 6) J. Loserth, D. älteste Katalog d. Prager
Univ.-Bibl. : MJÖG. 11, S. 301—18. — 7) 0. von Heineraann, Die Hss. d. Herzogl. Bibl. zu WolfenbUttel. 2. Abt. Di©
Augusteischen Hss. I. Wolfenbüttel, Zwissler. XL 320 S. M. 15,00. — 8) E. Vogel, D. Hss. nebst d. ältesten Druck-
werken d. Musik- Abteilung d. herzogl. BibL zu Wolfenbüttel. (=0. von Heinemaiiu, D. Hss. d. herzogl. Bibliothek
38 1,4: K. Kochendörffer, Schrift- uiul Buchwesen.
hält die musikalischen Hss., sowie die musikalischen Drucke bis zum Jahre 1800, unter
denen mancherlei seltene, auch für die Litteratiir bemerkenswerte Werke sich finden.
Reichhaltig sind geistliche und weltliche Liederbücher vertreten, von denen folgende
hervorgehoben zu werden verdienen: Hans Gerle, Musika Teutsch 1532; Hans Neu-
sidler, New geordnet künstlich Lautenbuch 1536; Sebastian Ochsenkhun, Tabulaturbuch
auff die Lauten 1558; Wolfgang Figulus, Deutsche Mubika vnd gesangbüchlin 1568;
Antonio Scandelli, Newe Teutsche Liedlein 1568; Orlando di Lasso, Newe Teutsche
Liedlein 1569, 1583; Bernhard Schmid, Zwey Bücher einer Neiien kunstlichen Tabulatur
1577; Oth-Siegfried Harnisch, Newe kurtzweilige Teutsche Liedtlein 1587; Andreas Ra-
selius, Teutsche Spruch 1594; Ludwig Helmbold, Vom heiligen Ehstande 40 Liedlein
1595; Hans Leo Hassler, Neue Teutsche gesang 1596, Liistgarten 1605; Paul Lütkeman,
Newe Lateinische vnd deutsche Gesenge 1597; Paul Sartorius, Newe Teutsclie Lieder
1601; Michael Praetorius, Musae Sidoniae 1605 — 1610; Valentin Haussmann, Neue lieb-
liche Melodien 1606; Christoph Demantius, Convivium Deliciae 1608, Newe Deutsche
Lieder 1615; Johann Hermann Schein, Venus-Kräntzlein 1609; Melchior Pranck, Flores
musicales 1610, Musikalische Prölichkeit 1610, M\isikalisches Convivium 1621, Musika-
lischer Grillen vertr eiber 1622; Andreas Hakenberger, Newe Deutsche Gesänge 1610;
Lambert Sayve, Teutsche Liedlein 1611; Johann Christoph Haiden, Postiglion der Lieb
1614; Daniel Priedrich, Musikalisches Sträusslein 1617; Johann Stephani, Newe Teutsche
weltliche Madrigalen vnd Balletten 1619; Michael Altenburg, Christliche Kirchen- vnd
Haus-Gesänge 1620; Johannes Schultz, Musikalischer Lustgarten 1622; Johann Staden,
Musikalischer Freuden- vnd Andachtswecker 1630; Dietrich von dem Werder, 24 Freuden-
reiche Trost-Lieder 1633.») —
Lameyio) druckt ein Verzeichnis der Schülerschen Aiitographensammlung
in der grossherzoglichen Bibliothek zu Karlsruhe ab, in der sich eine grosse Anzahl von
litterarhistorisch wichtigen Briefen befinden, iinter andern fünf Briefe von Goethe (ge-
druckt Goethe Jb. 11, 93; 97 — 103). — Ueber einige Autographen der herzoglicli
anhaltischen Behördenbibliothek in Dessau berichtet Gröpler^^). — Viel Einschlägiges
von grosser Bedeutung enthält der Katalog von A. Cohn^^). Da finden sich, um nur auf
Einiges aufmerksam zu machen, Briefe von Gottsched, Geliert, J. G. Zimmermann, Lessing,
J. A. Schlegel, Fritz Jacobi, Wieland (112 Stück), Lavater (93 Stück), Herder, Goethe,
Lenz, Corona Schröter, Einsiedel, Schiller, Jean Paul usw. usw. Neben Briefen eine
Fülle anderer hochinteressanter Manuskripte. Von Goethe der Vortrag „Zum Shake-
speares Tag", das Concerto dramatico. Am reichsten ist Lenz vertreten, zu dessen
Herausgabe Maltzahn sammelte. Eine Menge Gedichte, zum Teil ungedruckt, Ueber-
setzungen des Plautus, Der Hofmeister, Die Soldaten, Das Tagebvich. Sein Vortrag
vom 2. Dezember 1772 (No. 221), in welchem Lenz für seine Ernennung zum Ehren-
mitglied der Strassburger litterarischen Gesellschaft dankt, bestätigt meine in den
PrJbb. 66, S. 559 ausgesprochene Behauptung, dass Lenz nicht 1771 Mitglied dieser Ge-
sellschaft gewesen sei. Der Katalog ist geeignet, den Wunsch nach Gründung von
Litteraturarchiven zu verstärken, in denen solche Schätze vor der Zerstreuimg bewahrt
bleiben. 13-14) _
Buchwesen. Das 450jährige Jubiläum der Erfindung der Buchdrucker-
kunst hat in einer Reihe von Städten zu Feiern und Ausstellungen von Druckerzeugnissen
Anlass gegeben und Festschriften hervorgerufen, in denen teils der Geschichte der
Buchdruckerkunst im allgemeinen, teils ihrer Entwickelung in engeren Bezirken gedacht
wird. So in Nürnberg i^), Göttingen i*'). Braunschweig i''), Strassburg, Bamberg, Köln,
Marburg, Königsberg. Die Kaiserliche Universitäts- und Landesbibliothek in Strassburg
hat eine Ausstellung von Erzeugnissen der Pressen des Reichslandes seit Erfindung der
Buchdruckerkunst veranstaltet 1^), die nicht nur den hervoiragenden Rang erkennen lässt,
den Strassbvu-g unter den Likunabelstädten einnimmt, sondern ebensosehr die Umsicht
und das Geschick, mit denen in so kurzer Zeit eine so vollständige Sammlung • der sel-
tensten Druckwerke zusammengebracht worden ist. Ftir die deutsche Litteratur haben
die Strassburger Drucker Grosses geleistet. Dort sind herausgegeben von Mentel „Tyturel"
und Wolframs „Parcifal", von Eggestein und Mentel die beiden ersten deutschen Bibeln,
zn WolfenbOttel. 8. Abt.) Wolfenbattel, Zwissler. VIII, 280 S. M. 12,00. — 9) X P. Nick, Die Hss. d. »onner Uriir.-Pibl.,
soweit sie sii-h auf Angelegenheiten d. Benedictiner- u. Cistercienser-Ordens beziehen : StMBCO. 9, 8. 58 — (iß. (Ist feliler-
hafter Abdruck d. betr. Nummern v. Klettes u. Standers Katalog.) — 10) F. Lamey, Die Scliuelersi-he Autogr.sararalung in d.
Gr. Hof- u. Landesbibl. zu Karlsruhe: CBlBibl. 7, S. 85— 96. (Vgl. u. IV, 1 N. 47.) — II) W. Gröpler, Verz. einiger Autogruiihen
d. hzgl. anhält. Bchördenbibl. in Dessau: MYAnhaltG. 5, S. 653. (Berührt u. a. Götze, M. Binckart.) — 12) Alb. Cohn,
Katalog e. wertvollen Autogr.-Samral. aus d. Bes. d. verst. Hrn. W. v. Maltzahn, H. Reimer u. a. Deutsche Dichter u.
Schriftsteller v. Gottsched bis z. Gegenwart. Berlin, A. Cohn. 3 Bll., «0 S. (Vgl. z. B. TglRs. N. 50; NatZg. N. 149, 1;
VossZg. N. 85; Sammler 11, S. 444 [Weisstein] u. a. m.) — 13) X Autograph. Auktion, betr. Goethe, Körner,
Seume: M Antiquariat. 2, S. 33. — 14) S. u. IV, 11 e N. 4a. — 15) X I'- K6e, Joh. Gutenberg. Festrede. Nürnberg, Kaw.
M. 0,80. (Blieb unzug»nglich.) — 16) Vgl. CBlBibl. 7, S. 391 f. — 17) X L. Irmisch, Kurze Gesch. d. Druckereien
im Herzogtum Brauuschweig. Zur 450j. Feier usw. Braunschweig, Schulbuchh. 60 S. M. 1,50 (nicht zugänglich). — 18) Vgl.
1,4: K. Kochendörffer, Schrift- viiid Buchwesen. 3?)
ferner eine grosse Zahl von Volksbüchern in Drucken von Heinrich Knoblochtzer,
Joh. Prüss, Math. Hupfuff, Martin Flach, Joh. Knoblauch, Jak. Fröhlich, Job.
Grüninger, der auch Murners Schriften druckte. — In Bamberg, wo infolge der
ausserordentlich reichen Inkunabelsammlung der dortigen Bibliothek eine glänzende
Ausstellung ältester Druckwerke ermöglicht war, sind zwei Festschriften erschienen.
Leitschuhi^) zeichnet in seiner Festrede ein anschaidiches Bild von der Entwickelung
von Schrift und Druck und bespricht im Anschluss an die neuere Forschung die ver-
meintlichen Ansprüche Albrecht Pfisters auf den Ruhm des Erfinders. Nicht Drucker
der 36 zeiligen Bibel, sondern gewissermassen Verleger dieser zweifellos von Gutenberg
gedruckten Bibel ist er gewesen. Schuster-«) erzählt im Umriss die Mainzer Erfindung
und geht dann a\if Pfister inid dessen nächste Nachfolger ein. Von jenem sind uns im
ganzen 5 Dnicke bekannt, darunter Boners „Edelstein" mit den Typen von B 36. Pfisters
Nachfolger sind Johann Sensenschmidt, Heinrich Petzensteiner, Hans Sporer, Johannes
Pfeyl, Hans Pernecker, Marx Ayrer, Georg Erlinger. Des letzteren Witwe verkaufte die
Druckerei an den fürstbischöflichen Hof; erster Hofdnicker war J. Müller. Die erste
Zeitung erschien 1759. Den Beschluss der Abhandlung macht die Besprechung der
ältesten Druckwerke Bambergs, welche die dortige kgl. Bibliothek besitzt. — Auch die
Ausstellung in Köln bot infolge der Reichhaltigkeit der Bibliothek a.i Wiegendrucken
äusserst Lehrreiches. Der von Keysser-i) verfasste Katalog verzeichnet 23 Blockbttcher
und 46 Kölner Drucke von Ulrich Zell, Arnold tlier Hoernen, Peter ther Hoernen, Peter
von Olpe, Johann Koelhoff sen. und jun., Nikolaus Götz von Sletstadt, Bartholomaeus
von Unckel, Konrad Winters von Homberg, Heinrich Quentel, Johannes Guldenschaiff,
Ludwig von Renchen, Cornelius von Zürichzee, Johannes Landen, Hermann Bongart,
Martin von Werden, Johannes Prael. Ferner eine Sammlung von Zeitungen des 16.
und 17. Jh., hervorragende Ausgaben der „Nachfolge Christi" und sonstige seltene und
bemerkenswerte Drucke. — Die Marburger Ausstellung, veranstaltet vom hessischen
Geschichtsverein, führte 1) Likunabeln (nichthessische Drucke), 2) ältere hessische Drucke,
3) jetzige hessische Buchdrucker und Buchhändler, 4) hessische Zeitungen, 5) Buch-
einbände aus hessischen Bibliotheken vor. Ihr vortreiflich ausgearbeiteter Katalog--)
ist für die Geschichte des hessischen Buchdrucks von bleibendem Wert. — Alte Königs-
berger Drvicke von 1545 an bildeten das Objekt der von Bezzenberger-^^) veranstalteten
und mit einer die ICrfindung des Buchdrucks sachgemäss behandelnden Rede eingeleiteten
Ausstellung in Königsberg. — Auch die Festschrift-*) wurde aus dem Staube hervorgezogen,
welche die Leipziger Buchdrucker im Jahre 1640 aus den zu dieser Feier erschienenen
Gelegenheitsschriften zusammengestellt hatten und die den Titel führt: „Jubilaeum typo-
graphorum Lipsiensium oder zweyhundertjähriges Buchdrucker Jubelfest, wie solches
deroselben Kunst- Verwandte zu Leipzig am Tage Johannis des Täixffers, anno Christi
1640. . . . mit Christlichen Ceremonien celebriret und begangen." Der Herausgeber druckt
auszugsweise die Beschreibung der Jubelfeier in Gregor Ritzschens Hause ab und giebt
Proben einer Anzahl der Festgedichte, die für die Feier gedichtet waren: von Gregor
Ritzsch, David Peck, Isaak Polmann, Martin Rinckart und Enoch Hammann. — Die
weitaus hervorragendste Arbeit des Berichtjahres über den Buchdruck verdanken wir
Dziatzko^ö). Bisher hatte man allgemein und zwar hauptsächlich auf das Zeugnis der
Koelhoifschen Chronik hin, welche für das erste gedruckte Buch die mit Missaletypen
gedi-uckte lateinische Bibel erklärt, die 36 zeilige Bibel für die älteste Bibel und den
ersten Druck Gutenbergs überhaupt gehalten. In einer überaus sorgsamen und metho-
disch musterhaften Arbeit sucht D. zu beweisen, dass nicht sie, sondern die 42 zei-
lige (die ja auch mit Missaletypen gedruckt ist) die ältere sei. Gewonnen hat er dieses
Resultat durch die sorgfältigste Textvergleichung, bei der sich als höchst walirscheinlich
herausstellte, dass der Setzer von B 36 ein nicht rubriziertes Exemplar von B 42 vor
sich hatte, wodurch er zu einigen auffalligen Irrtümern im Satze geführt wurde. Der
Umstand, dass in dem Stuttgarter Exemplar von B 36 Kolumne 4 des 10. Blattes fälsch-
hch den Text bietet, der erst auf Blatt 12 gehört, und dass das dazwischen Liegende
gerade ein Blatt (8) von B 42 füllt, ist allerdings sehr bestechend für die Annahme,
die D. als zweifellos hinstellt, dass B 36 nach B 42 druckend das betreffende
Blatt tiberschlagen habe. Aber die Möglichkeit, die D. als nunmehr aus-
Strassb. Neueste Naclir. v. 28. Juni u. CBlBihl. 7, S. 392/4. — 19) F. Leitschuli, Z. Entwickluiigs-Gcsch. v. Sclirilt u. Drmk.
Eede. Bamberg, Hübscher. 21 S. M. 0,40. — 20) A. Schuster, D. Erfindung d. Buchdruckerkunst u. deren Verbreitung
in Bamberg, nebst Gesch. d. Bamberger Zeitungswesens. Bamberg, J. M. Eeindlselie Offl/.in. 40. 72 S. M. 1,60. — 21) Katalog
e. Ausstellung v. Erzeugnissen d. Buchdruckerkunst. (Stadtbibl. in Köln.) 2. erw. Abdr. Köln, Du Mont- Schauberg. VI,
17 S. — 22) Führer durch d. Ausstellung über alle Zweige d. Pucligewerbes im Lande Hessen, veranstaltet z. 450j.
Jubil. d. Erf. d. Buchdruckerkunst im Kittersaale d. Schlosses Marburg im Sommer 1890. Marburg, Ehrhardt. 73 S M. 0,50.
— 23) Z. Erinnerung an d. 4,50j. Gedenkfeier d. Erf. d. Buchdruckerkunst, begangen in Königsberg i. Pr. am 29. Juni 1890.
Her. vom Festausschuss. Königsberg i. Pr., Hartungsche Buchdruckerei. 31 S. M. 0,30. — 24) K. J., Z. Jubiläum d. Buoh-
druckerkunst. D. Leipziger Buchdrucker - Jubiläum im Jahre 1640: LeipzZg. N. 142 u. Beil. 1. — 25) K. Dziatzko,
Gutenbergs früheste Druckerpraxis. (=; Sammlung bibliothekswissensch. Arbeiten. 4. Heft.) Berlin, Asher. IX, 136 8.
40 1,4: K. Kochendörffer, Sclirift- und Buchwesen.
geschlossen betrachtet, dass aus dem nämlichen Manuskripte die eine wie die
andere Bibel abgedruckt worden ist, bleibt meines Erachtens doch bestehen. Man
braucht nur vorauszusetzen, dass die Typen von B 42 in der Grösse der
Schrift des Manuskriptes entsprachen, ein Blatt des letztern also gleichen Inhalt wie
B 42 enthielt. Diese Voraussetzung ist durchaus niclit gewagt. Die erste Schrift, die
Gutenberg herstellte, hat er nach irgend einem Missale geschnitten. Als er dann damit
seine erste 36 zeilige Bibel gedruckt hatte uivd die Notwendigkeit sich herausstellte, neue
Typen anzufertigen, ist es sehr wohl denkbar, dass er nunmehr die kleinere Buchstaben-
form der von ihm für B 36 benutzten Handschrift als Vorlage für seinen zweiten Apparat
gebrauchte. Der Druck mit diesen Typen musste bei gleichem Formate mit der Hand-
schrift auch die gleiche Seitenzahl der Handschrift ergeben. So glaube ich, dass die
Frage nach der Priorität, in welcher Wyss in seiner Rezension den Ausfülirungen
D.s sich vollkommen anschliesst, noch nicht endgiltig gelöst ist. Die 42 zeilige
Bibel ist nach D. ganz allein das Werk der Geschäftsverbindung Gutenbergs mit
Fust. Mit der 36 zeiligen habe Fust nichts zu thun gehabt. Ihre Typen habe Guten-
berg nach seinen Misshelligkeiten mit Fust geschaffen, um sich einen neuen typogra-
phischen Apparat zu sichern, vielfach mit technischer und finanzieller Hülfe Albrecht
Pfisters, dem sie schliesslich ganz und gar anheimfielen. -♦^-28) — In die Quellenuntersuchung
über die Erfindung der Buchdruckerkunst bringt neues Licht ein Aufsatz von Wyss-^),
in dem Dziatzkos „Beiträge zur Gutenbergfrage" einer Besprechung unterzogen werden.
W. kommt sowohl in der Erklärung des Helmaspergerschen Notariatsinstrumentes
vom 6. Nov. 1455 wie des Berichtes des französischen Münzarbeiters Nicolaus Jenson,
der zur Erlernung der neuen Kunst nach Mainz gesendet wurde, und endlich auch in
betreff des Verhältnisses der beiden Ablassbriefgruppen von 1454 und 1455, die sich
leicht durch die am Anfange gebrauchten Typen V und U unterscheiden lassen, zu an-
deren Resultaten als Dziatzko. — In der Encyklopädie des Paulus Paulirinus, dem
sogenannten „Liber viginti artium", dessen Handschrift die Krakauer Universitätsbibliothek
bewah rt, finden sich einige Artikel, die für die Geschichte von Schrift- und Druckwesen
wichtig sind. Kemke^o) druckt diese ab, nämlich; Pargamenista, Papirista, Ligator,
Scriptor, Transsumptor, Cancellarius, Illuminator, Ciripagus, Cartularius, Politor luid
Speculariator. — Eine für die Anfänge und erste Ausbreitung der Buchdruckerkunst
hochinteressante Entdeckung hat Abbe Requin^i) gemacht. Er fand im Arcliive zu
Avignon Urkunden aus den Jahren 1444/6, aus denen sicher hervorgeht, dass in dieser
Zeit zu Avignon schon die Kunst „artificialiter scribendi" bekannt war. Der Drucker ist
Procopius Waldvogel, aurifaber aus Prag, der sein wichtiges Geheimnis einer Reihe von
Personen zu geschäftlicher Ausbeutung unterbreitet. Als Geräte dazu werden genannt:
„duo abecedaria cahbis et duae formae ferreae, unum instrumentum calibis vocatum vitis,
quadraginta octo formae ad artem scribendi pertinentes." Einer der Teilnehmer, Manaud
Vital, der von der Gemeinschaft mit Waldvogel zunicktritt, erklärt auf seinen Eid „dictam
artem scribendi, per dictum Procopium artificialiter eidem doctam, esse veram et ve-
rissimam esseque facilem, possibilem et utilem laborare volenti et diligenti eam". Ein
Zusammenhang dieses Waldvogel mit Gutenberg, der im 4. Jahrzehnt in Strassburg sich
mit seiner Erfindung beschäftigte, darf als sicher angenommen werden und damit auch,
dass Gutenberg schon vor 1440 in Strassburg mit Typen gedruckt habe. —
Buchdruckergeschichte. Unter den Auspizien des französischen Unterrichts-
ministeriums hat Thierry-Poux32) ein Werk herausgegeben, das in vorzüglicher Fak-
similereproduktion Proben von den Werken aller Drucker bietet, die bis zum Jahre
1500 in Frankreich gedruckt haben. Es sind 41 Städte vertreten, an deren Spitze Paris
steht mit dem ersten bekannten Drucke von 1470 aus der Presse von Ulrich Gering,
Martin Crantz und Michel Friburger. Die Abbildungen begleitet ein Text, in dem sich
die nötigen bibliographischen und historischen Angaben finden. Wie wichtig ein solches
Werk für die noch in den Anfängen stehende Geschichte der Inkunabelpressen ist,
leuchtet von selbst ein. — Zur Geschichte des Buchdrucks in einzelnen grösseren oder
kleineren Bezirken sind einige recht gute Arbeiten anzuführen. Die Anfänge des Reut-
linger Buchdrucks stellt, soweit dies bei dem Mangel jeglicher urkundlichen Nachricht
möglich ist, Steiff^^) dar, indem er zugleich die Reutlinger Inkunabeln bibliographisch
beschreibt. Er zählt 76 sichere, 17 zweifelhafte und 8 angebliche Reutlinger Drucke
auf. Es ergiebt sich daraus, dass der Beginn der Druckerthätigkeit infl Jahr 1481 und
M. 9,00. |[CBlBibl. 7, 8. 425/9 (WyHs); LCBl. S. 1812/3 (0. v. H. = Meinem an n).] | — 26) X Th. Wen zel burger, D.
Erfindung d. Buchdruckerkunst. Mainz od. Hartem 7 Unsere Zeit. Jahrg. 1890. 1, S. 56<>— 65. — 27 X E. Grosse, D.Jubelfeier
d. Buchdruckerkunst: Gartenlaube. S. .507—12. — 28) X A. Trinius, Z. Ältesten Druckergesch. : M Antiquariat. 1,N.9. (Dem
Ref. nicht zugXnglich.) — 29) A. Wys», D. neuesten deutschen Forsch, z. Gutenbergfrage: CBlBibl. 7, S. 407— 29. — 30) J.
Kemke, Aus dem XX artium liber des Paulus Paulirinus. ib. S. 144/9. — 31) Kequin, Virnprimerie ä Avignon en 1444.
Paris, Picard. 20 «., 1 Taf. | [CBlBibl. 7, S. 248-51 (D z iatzko).] | — 32) 0. Thierry-Poux, Premiers mon.iments de
Pimprimerie en France au 15. siicle. Paris, Hachette & Cie. Fol. 24 H., 40 planches. Fr. 48,00. — 33j K. Steiff, Zur
Gesch. d. Reutlinger Bucbdnieks im 1. Jh. d. Buchdruckerkunst. Separatabdr. der „Reutlinger ÖMchichtsblatter", 1890.
1,4: K. Kocheiidörffer, Schrift- und Buchwesen. 41
die Vollendung des ersten datierten Druckes in das Jahr 1482 fällt, und dass die grosse
Fruchtbarkeit schon 1509 beziehungsweise 1511 abschliesst. Zwischen 1509 (1511)
und 1525 hat es keine Presse in Reutlingen gegeben, und auch die 1525 wieder auf-
tauchende Presse ist unbedeutend. Offenbar war die kleine Reichsstadt nicht der ge-
eignete Boden für eine grössere Druckerei. Der erste Drucker ist Johannes Otmar, der
1497 nach Tübingen übersiedelt und dort die Reihe der Typographen eröffnet. Ihm
folgt Michael Greyif, dessen erste datierte Drucke ins Jahr 1486, dessen letzte 1509
fallen. Der di'itte Drucker ist Hans von Erfurt, der 1515—1519 in Augsburg, 1522 bis
1524 in Stuttgart thätig war und 1525—1532 in Reutlingen arbeitete. Auf Otmar
entfallen von den 76 sicheren Drucken 34, auf Greyff 29, auf Hans von Erfurt 5 Dracke.
Von 8 musste S. es unentschieden lassen, ob sie Otmar oder Greyff gehören. Was
die Stoffe der Druckwerke betrifft, so waren es in erster Linie litterarische Hilfsmittel
für die Geistlichen, dann Schulbücher und endlich Volksbücher, welche der Reutlinger
Presse entstammten. — Mit der Ermittelung einer ganzen Anzahl von Drucken einer
Presse, von der man bisher ausser ihrer, übrigens auch nur vermuteten, Existenz
nichts wusste, überrascht uns Knaake-^-*). Er weist auf Grund sorgfältiger Forsclumg
Lukas Cranach dem Aeltern 22 sichere und 14 wahrscheinliche Drucke aus den Jahren
1523 und 1524 nach, die durchgehends kein Impressum haben. — Seine verdienstliche
Quellenstudie zur Geschichte der Typographie in Tirol bis zum Beginne des 17. Jh.,
die 1888 erschien, setzt Waldner^ö) fort, indem er dem Innsbrucker Hofbuchdrucker
Hans Baur, der von 1577 — 1602 arbeitete, eine eingehende Monographie widmet luid die
von ihm und seinem Sohne Daniel ausgeführten Werke, soweit sie erhalten, biblio-
graphisch beschreibt. Baur druckte unter anderm die von Erzherzog Ferdinand verfasste
„Comoedi Speculum Vitae Humanae" 1584 und „Deiparae virginis tutela ^lakoyixuyq
concinnata", die sein Sohn Hieronymus Otho Agricola gedichtet hatte. — Zu den zu-
sammenfassenden Darstellungen der Mecklenburgischen Buchdruckergeschichte von Lisch,
Wiechmann und Hof meist er 36) in den Jahrbüchern für mecklenburgische Geschichte
giebt der letzte eine Nachlese, in der er Rostocker Drucke der Michaelis-Brüder, des
Hermann Barckhusen (der nach der Rostocker Matrikel als Sohn Peter Barckhusens von
Warburg bestimmt wird), von Dr. Nicolaus Marschalk, Ludwig Dietz, Stephan Mölle-
mann und Augustin Ferber dem Aeltern bespricht. — Gruchot^'') entwirft eine ge-
di-ängte Darstellung der Geschichte der Buchdruckerei in Braunsberg, die 1589 auf Be-
treiben des seit 1565 dort ansässigen Jesuitenkollegs gegründet, 1697 an dieses Kolleg
verkauft wurde und nach der Auflösung des Ordens 1773 eingehen mxisste. — Mit einer
vortrefflichen aktenmässigen Geschichte des Buchdrucks, zugleich auch eingehend auf
den Buchhandel, in der Stadt Riga hat uns Buchholtz^s) beschenkt. Sie umfasst die
300 Jahre seit der Einführung der Buchdruckerkunst in Riga im Jahre 1588. Der erste
Drucker war Nikolaiis Mollyn, ein Reichsdeutscher, der bis 1625 thätig war. Von seinen
erhaltenen (160) Drucken liefert B. eine musterhafte Bibliographie. Litterarisch
hervorragende Werke sind freilich nicht darunter. Erwähnt sei hier der livländische Huma-
nist und Dichter Daniel Hermann, von dem sechs Einzeldrucke und eine dreibändige Samm-
lung seiner Dichtungen aufgeführt werden. Von den späteren Buchhändlern wohl der
bedeutendste und bekannteste ist Johann Friedrich Hartknoch, in dessen Verlag ausser
Schriften von Kant, Knigge, Bahrdt, Klinger eine grosse Anzahl Herderscher Werke
erschien. — Einen Beitrag zur Druckerthätigkeit des Aldus Manutiiis giebt Bernoni-^^).
Sein Streben, auf Kosten dieses berühmten Druckers dessen Schwiegervater Andrea
Torresani emporzuheben ,' ist freilich nicht gelungen, und fiir die Geschichte der Bedeu-
tung jener venetianischen Drucker für den Humanismus bietet das Buch, das wichtige
Quellen unberücksichtigt lässt, nichts Wesentliches. Dankenswert aber ist das Verzeichnis
der Drucke des Andrea Torresani und seiner Söhne, sowie der Abschnitt über den
römischen Buchdrucker Blado von Asola. In dem den Torresani gewidmeten Teile
giebt B. auch eine italienische Uebersetzung von dem Dialoge des Erasmus „Opu-
lentia sordida", der sich auf das Verhältnis des Andrea zu seinem Schwiegersohne Aldus
bezieht. — Von Nachrichten über einzelne Buchdrucker sind die Artikel Brauns^o-**) über
Keutlingen, Druck v. Carl Kupp. 40. 17 S. — 34) J. K. F. Kiiaake, lieber Cranachs Presse: CBlBibl. 7, S. 196—207. —
35) F. Waldner, Hans Baur (Pawr, Agricola) von 1577—1602: ZFerdinandeum. 34, S. 165— 2S6. (Auch separat erschienen
als Fortsetz. d. Quellenstud. S. 105—74 u. XXI— XXXIX.) — 36) A. Hofmeister, Weitere Beitrr. z. Gesch. der Buchdrucker-
kunst in Mecklenburg: JbbVMecklG. 54, S. 181— 224. (Auch als Separat - Abdr. Schwerin, Bärensprungsche Hof buch-
druckerei. 1889.) — 37) H. Gruchot, Z. Gesch. d. Braunsberger Buchdruckerei. (= Jaliresbericht Über d. Kgl. Gymnas.
zu Braunsberg. Ostern 1890. Braunsberg, Heyne. 40. — 38) A. Buchholtz. Gesch. d. Buchdruckerkuri.st in Riga
1588—1888. Festschrift der Buchdrucker Rigas z. Erinn. an die vor 300 Jahren erfolgte Einführung d. Buchdruckerkuiist in
Riga. Riga, Müllersche Buchdr. 40. VIII, 377 S. M. 15,00. | [OBlBibl. 8, S. 218—20 (Wetzel); LCBl. S. 1021/2;
VossZg. 1891, N. 14 (0. Harnack); NatZg. N. 224.] | — 39) D. Bernoni, Dei Torresani, Blado e Ragazzoni celebri
stampatori a Venezia e Roma nel XV e XVI secolo cogli elenchi annotati delle rispettive edizioni. Milano, Hoepli. VIII,
403 S. M. 8,00. |[RCr. 30, S. 87/9 (P. de Nolhac).]| — 40) J. Braun, Georg Schapflf: ADB. 31, S. 779—80. — 41) id.,
Johann Schauer: ADB. 30, S. 621/2. — 42) id., Johann Schaeffler: ADB. 31, S. 779. — 43) id., Crispin ScharfTenberg : ib.
42 1,4: K. Kocheiidörffer. Hchrift- imd Buchwesen,
Georg Schapff, Hans Schauer, Joliann Schaeffler, Crispiii Scharffenberg, Gereon Arnold
Schanherg zu nennen. Georg Schapff war Formschneider in Augsburg. Der einzige
von ilnn bekannte Holztafeldruck ist Johann Hartliebs Ciroinantia, die 1448 (nicht, wie man
fi-tilier annahm, 1470) gedruckt ist. — Hans Schauer, von B. irrtümlich mit Froschauer
identifiziert, ein wandernder Buchdrucker, ist der erste Drucker Müncliens, wo von ihm am
28. Juni 1482 eine deutsche Uebersetzung der „Mirabilia in-bis Romae" erschien. Von
149<i — 1510 befindet sich seine Presse in Augsburg. — Ebenfalls zu den wandernden
Buchdruckern gehört Joliann Schaeffler, der 1493 — 1501 in Ulm, zu derselben Zeit aucli
in Freisingen inid später in Konstanz druckt. — In dem Aufsatz über Crispin Scharffen-
berg, der 15B0 — 1553 in Görlitz, 1553 — 1576 in Breslau druckte, verfolgt B. in kurzem
Abriss die Geschichte dieser Druckerei bis auf den heutigen Tag.*''-^^) —
Busch*'^) setzt sein Verzeichnis der Kölner Inkunabeln in der grossherzog-
lichen Hofbibliothek zu Darmstadt fort imd verzeichnet darin die Drucke der Offizinen
des Johannes Koellioff und des Peter von Olpe. — Bahlmann^) beschreibt die fünfzehn
deutschen und eine niederländische Inkunabel der Paulina in Münster aus den Jahren
1480 — 1490. — Dziatzko'"»!) stellt fest, dass der Zweifel an der Echtheit des 30zeiligen
Ablassbriefes, den er in seinen Beiträgen zur Gutenbergfrage aufgeworfen, nicht be-
rechtigt ist. Ebenda macht er mit guten Gründen wahrscheinlich, dass der Fust-
Schöfiersche Druck von S. Basilius „Ad juvenes de legendis gentilium libris" (Hain 2690),
von dem ein Exemplar im Besitze von Ludwig Rosen thal inMünchen, das Datum „annoLX"
von der Hand des Rubrikators trägt, erst dem Ende der sechziger Jahre angehört. —
SchnorrenbergS-) weist dem Peter Schöffer zwei Fragmente der Kölner Stadtbibliothek
vnid dem Peter Drach in Speier eine Ablassbulle vom 12. Dezember 1479 zu. —
lieber die Bibliotheken^^-^'') im Herzogtum Anhalt und ihre Geschichte handelt
Hei mann ^8). Yon Anhaltischen Klöstern lassen sich nur zweien Bibliotheken nach-
weisen, der Benediktiner- Abtei München-Nienburg und dem Frauenstift Gernrode. Die
Nienburger wurde 1567 mit der Stiftsbibliothek von St. Bartholomaei in Zerbst ver-
einigt und später mit dieser in die Bibliothek des Francisceums in Zerbst übernommen.
Die Gemroder Bibliothek geriet später in die fürstliche Bibliothek zu Bernburg. Es
ergiebt sich, dass in Anhalt die IQöster nicht wie an anderen Orten während des Mittel-
alters die Mittelpunkte gesteigerter geistiger Thätigkeit gewesen sind. Ein regeres
geistiges Leben beginnt in Anhalt erst mit der Reformation. — Eine orientierende
Uebersicht über die Geschichte der Wolfenbüttler Bibliothek giebt Weihe-59). — Lessings
Bedeutung als Bibliothekar und seine Verdienste um die ihm anvertraute Büchersamm-
lung schildert von Heinemann^o)^ indem er hervorhebt, dass Lessing auf eigentlich biblio-
thekarische Arbeit sich so gut wie gar nicht eingelassen hat. Diese besorgte sein
Sekretär von Cichin. — Mitteihxngen über die k. k. Studienbibliothek zu Olmütz, be-
sonders über deren Handschriften bringt Beeröi). — In seinen Veröffentlichungen der
Stadtbibliothek in Köln fährt Key ss er ''2) fort, indem er diesmal eine Denkschrift tiber
die Büchererwerbungen und die Verwaltungs- und Benutzungsbestimmiingen der Biblio-
thek vorlegt. 63) — Verdienstlich ist die Herausgabe von Bibliothekskatalogen 6*-''*). —
8. 780.2. — 44) id., Gereon Arnold Scliauberg: ADB. 30, S. 620/1. — 45) XL- KrUnkel, Jan von Nyenborch : MAnt-iquariat.
1, N. 10. 11. (Dem Ref. nicht ziig9ngIifJi.) — 46) A. Trinius, Johann Dicel: ib. N. 7, 8, 9. (Dem Ref. nicht /.ugänglich.) —
47) X Th. nistel, Nachrr. über d. Buchdrucker Schwerte! ii. Welack zu Wittenberg (1578): AGDBuchhandel. 1:J, S. 252/3.
— 48) X A. Kirchhoff, Michael Härder von Zwickau 1561: ib. S. 251. — 49) R. Busch, Verz. d. Kölner Inkun. in d.
Grossherzogl. Hofbibl. zu Darmstadt. III.: CBlBibl. 7, S. 129—42. (I. II. ib. 6, S. 97—107, 38.5—93.) — 50) P. Bahlmann,
D. deutschen u. niederJänd. Inkun. d. Kgl. Paulinischen Bibl. zu Münster i. W. : ib. S. 96/9. — 51) K. Dziatzko, Bibliograi>h.
Miscellen: ib. .S. 18—29. — 52) J. Schnorrenberg, Bibliographisches aus d. Kölner Stadtbibl.: ib. S. 314/7. — 53) X A.
Gräsel, GrundzUge d. Bibliotliekslehre mit bibliogr. u. erläut. Anraerk. Neubearbeitung v. J. Petzholdts Katechismus d.
Bibliothekenlehre. Leipzig, Weber. XII, 424 S M. 4,50. [[CBIBibl. 8, S. 54'7 (Oscar Meyer); LCBl. 1891, S. 183/4
(Steffenhagen); DLZ. 12 S. 1230/1 (Kochendörf fer).]| — 54) X P- E. Ri ch ter, Ver/.. d. Bibl. mit gegen 50000
u. mehr Banden. I. Deutschland, Oesterreich-Ungarn, Schweiz, England, Nord-Amerika. S.-A. aus dem Export-Journal.
Leipzig, Iledeler. 27 S. M. 3,00. — 55) X Gröpler, Büchereien mittelbarer Forsten u. Grafen leutsel-lands u. Oesterreichs.
S.-A. aus d. bibliogr. Wochenschr. : D. Archiv. Berlin, Druck von Ostrowski. 29 S. M. 0,50. — 56) X id., Büchereien mittelbarer
Fürsten u. Grafen Deutschlands u. Oesterreichs sowie ehem. freien Deutschen Reichsstädte, zusammengestellt. Dessau, Druck
v. L. Reiter. 13 S. (Ist Fortsetz. v. 55. Beide Teile v. dieser wertlosen Schrift sind zusammen als 2. Aufl. 1891
in Kahles Verlag in Dessau erschienen.) — 57) XChr. Buepp recht, Münchens Bibliotheken. (=rS.-A. aus d. Münchener
Stadtzeitnng.) München, Selbstverlag. 79 .S. M. 1,00. — 58) F. Heimann, Z. Gesch. d. Biblioth. in Anhalt: MVAnhaltG.
.5. S. 616— ,52. — 59) E. Weihe, D. herzogliche Bibl. zu WolfenbUttel : HambCorr«. N. 6, S. 41f4. — 60) 0. von
Heinemann, Lessings Amtsgenosse in Wolfenbüttel: Grenzboten. 49,2. S. 162—65, 257—67. — 61) R. Beer, Mit-
teilungen über d. K. K. .Studienbibl. zu Olmütz: CBIBibl 7, S. 474—81. — 62) A. Keysser, D. BOcherer Werbungen d. Kölner
Stadtbibl. Denkschrift. II. Bestimmungen über d. Verwaltung u. Benutzung d. Stadtbibl. (— Veröffentl. d. Stadtbibl. in Köln.
3. Heft.) Köln, Du Monl-Schauberg. VIII, 72 S. M. 2,.50. — 63) X O. Kleinstück, Bibliotheken u. Kataloge Litterarische
Plaudereien eines BUcherliebhabers. I. D. Bibliothek d. Handelskammer zu Leipzig: D. Bücherfreund. M. 0,:M». (Beachtens-
wert ist die Klage Über die oft so thöricht u. geschmacklos gewählten BUchortitel u. d. Unsitte bei fortlaufenden Werken *.
Oesamttitel im Laufe d. Zeit mannigfach zu ändern.) — 64) X A. Ulrich, Katalog d. Bibl. d bist. Voreins f. Niedersachsen.
Hft. 1. 2. Hannover, Gebr. Jttnecke. 1888/W. VllI, 193 S. M. I,<i0. IV, 394 S. M. 2,00. |[CBlBibl. 8, S. 350/4 (C. Häber-
lin.JI — 65) X Katalog d. Coinmerz-Bibl. in Hamburg. .5. Fortsetz. 1885—90. Hamburg, Bureau d. Haiidelskaminer. 4".
S. 2069—248 u. CXXXXI — CLXX. — 66) X G. Beckmann, Katalog d. Stadt - Bibl. (Bibliotheca Lepsiana) zu
Nanmburg a. 8. Im Auftrage d. Magistrats angefertigt. Naumburg, G. Patzscho Buckdr. VI, 63 S. — 67) >'. O.
1,4: K. Kochendörffer, Schrift- und Buchwesen. 43
Bibliographie. Für die umfänglichere Verwertung von Programmen und
Dissertationen ist jetzt gut gesorgt, seitdem den Jahresverzeichnissen der Universitäts-
schriften''''') ebensolche der Schulschriften''*') sich angeschlossen haben. Da hiermit eine
feste Grenze gegeben ist, so kaini mit Erfolg an die Verzeichniing der früher erschienenen
Abhandlungen geschritten werden. Für die Strassburger Universitätsschriften ''''), für die
es am wenigsten schwer war, ist denn auch diese Arbeit schon geschehen. Ebenso hat
Renn ■'8) in Fortsetzung der Gutenäckerschen Zusammenstellungen für die letzten fünf
Jahre vor dem Beginn der Jahresverzeichnisse die Schulprogramme Bayerns zusammen-
gestellt. Von den schweizerischen Mittelsclnüen haben wir ein Verzeichnis der Pro-
gramme seit 1855 von Büeler''^); von den österreichischen den 1. Teil eines solchen von
Bittner''^'') über die Jahre 1874 — 89. — Ueber denlnhalt folgenderZeitschriften und Samm-
hmgen: Deutsche Revue, Deutsche Rundschau, Jahrbuch für Gesetzgebinig, Nord und
Süd, Preussische Jahrbücher, Ueber Land und Meer, Unsere Zeit, Vom Fels zum Meer,
Westermanns Monatshefte, Gesellschaft, Russische Revue, Schorers Familienblatt, OefFent-
liche Vorträge gehalten in der Schweiz, Sammlung gemeinverständlicher wissenschaft-
licher Vorträge, Deutsche Zeit- und Streitfi'agen hat W. M. GriswoldS") in seiner be-
kannten kurzen und sorgfältigen Art einen Index (No. VIII) avisgearbeitet. — Von biblio-
graphischen Zusammenstellungen über einzelne litterarische Erscheinungen seien die
folgenden erwähnt. Eine Bibliographie deutscher Hochzeitsgedichte und Scherze hat
Hayn^i) herausgegeben, derselbe^-') eine solche für die deutsche Rätsellitteratur bis zur
Neuzeit. — Auf eine Reihe zum Teil seltener Nummern aus der Reinecke Fuchs-Litteratur
in dem antiquarischen Bücher-Anzeiger No. VI der Buchhandhmg von Oskar Gerschel
in Stuttgart verweist L. Frank el 83). — Umfassend ist die Litteratur deutscher Pilger-
reisen nach dem heiligen I^ande verzeichnet von Röhricht^*). — Bahlmann^-'') giebt
aus Münster eine Nachlese zu A. Heyers Nachträgen zu Wellers Bibliographie der ersten
deutschen Zeitungen. 86-87) — Die Litteratur über das Oberammergauer Passionsspiel
verzeichnet Ackermannes). — Eine Bibliographie der deutschen Uebersetzungen der
Werke Byrons rührt von Flaischlen^'») her. —
Zur Geschichte des deutschen Buchhandels hat auch in dem Berichtsjahr
wiederum das „Archiv für Geschichte des deutschen Buchhandels" eine Reihe von in-
teressanten Aufsätzen gebracht. Nach Kirchhof f^o) charakterisiert sich die erste Periode
des deutschen Buchhandels durch die Herrschaft des Wanderverkehrs sowohl der Buch-
führer als der Verleger. Sie streben zunächst nach dem unmittelbaren Verkehr mit der
bücherkaufenden Masse. In der zweiten Periode entwickelt sich der reine Messverkehr
und Handel über die Mess- und Kommissionsplätze Leipzig und Frankfurt. Ueber die
Absatzverhältnisse grösserer Firmen auf diesen Messen giebt der Vf. nun an verschie-
denen Beispielen Aufschluss. — Auf Grund der Leipziger Ratsakten giebt Kirchhoff''*)
ferner eine Zusammenstellung der Leipziger Sortimentsbuchhändler oder Buchfülirer bis
zum Jahre 1600 xuid der Kleinhändler bis zum Jahre 1650 imd damit einen wertvollen
Morgenstern, Verz. d. alten Drucke d. Gymnasialbibl. Teil !?. D. Sebersclie Bibl. Oster-Progr. Meiningen, Keyssnersclie
Hofbuchdr. 4". 14 S. — 68) X H. Gebier, D. Bibl. d. Donikirclie zu Eatzeburg. Jabresbericht über d. Gymnasium.
Ratzeburg, Freystatzky. 4". 20 S. — 69) X P- Hgen, Katalog d. sogen. Kirchenbibl. zu Porau. 3. Teil. Beil. z. Progr.
d. Kgl. Gymnasiums zu Sorau. 4". 16 S. — 70) X Marquardt, Alpbab. Verz. d. Mecklenburgica d. Domscbulbibl. zu
Güstrow. 1. Teil. (= Wiss. Beil. z. Progr. d. Domscbulbibl.) Göstrow, Katsbuchdruckerei. 40. 23 S. — 71) X W. Casten-
dyck, Katalog d. Lelirerbibl. d. Stadt. Realgymn. zu Elberfeld. Nacb Fächern geordnet. Beil. z. Osterprogr. Elberfeld,
Sam. Lucas. 214 S. — 72) X W. Steffen, Katalog d. Lebrerbibl. d. stadt. Realschule zu Remscheid. Beilage z.
Jahresbericht. Remscheid, Krumm. fi6 S. — 73) X H. Greiner, Verz. d Schüler-Bibl. d. Realgymn. zu Weimar. S.-A.
aus d. 28. Jahresbericht. Weimar, Hof-Buchdr. 4". 13 S. — 74) X Verz. d. in d. Üniv.-Bibl zu Halle vorhandenen, seit 1830
orscliienenen Zeitschriften. Halle, Niemeyer. IV, 25 u. 16 S. — 75) Jahres-Verz. d. an d. Deutschen Universitäten
erschienenen Schriften. V. Berlin. Asher. 321 S. M. 10,00. — 76) Jahres-Verz. d. an d. Deutschen Schulanstalten erschien.
Abhandlungen. I. Berlin, Asher. 2 Bll., 69 S. M. 2,00. — 77) Verz. d. an d. Kaiser Wilhelms -Univ. Strassburg vom
Sommer 1872 bis Ende 1884 erschienenen .«chriften. Strassburg, Heitz. 74 S. — 78) F. Renn, Verz. d. Progr.,
welche in d. Kgl. Bayer. Lyceen etc. vom Schuljahre 1823/4 an erschienen sind. Abt. 4: 1). Schuljahre 1884|,5— 1888/!». II.
Progr. d. Studienanstalt Landshut. Landshut, Thormann 62 S. — 79) G. BUeler, Verz. d. Progr.-Beil. d. schweizer.
Mittelschulen. Frauenfeld, Hubers Buchdr, 4". V, 68 S. M. 1,60. — 79a) J. Bittner, Syst.-geordn. Verz. d. Progr.arbeiten
österr. Mittelsch. a. d. J. 1874-89. 1. T. .*.. Paedagogik u. Schulliygiene. B. Altklass. Philol. S.-A. a. d. Progr. d. k. k. Staatsgymn.
in Teschcn. Teschen, Staks. 39 S. — 80) W. M. Griswold, Autoren- u. Sachregister zu d. bedeutendsten deutschen
Zeitschriften 1886/9 u. zu verschiedenen Sammlungen. Cambridge (Mass.), 4». X, 48 S. — 81) H. Hayn, Biblio-
theca Germanorum nuptialis. Verz. v. Einzeldrucken deutscher Hochzeitsgedichte u. Hochzeitsseherze. KBln, Teubner. VI,
89 S. M. 4,00. |[DLZ. N 3 (0. Meyer)][ (Vgl. u. III, 2 N. 1.) - 82) .S. u. II, 5 N. 43. — 83) L. Fränkel, Z. Reineke-
Fuchs-Bibliographie : CBlBibl. 7, S. 99—101 u. 262^ (Vgl. u. II, 3 N. 17 ff.) — 84) R. Röhricht, Bibliotlieca geo-
graphica Palaestinae. Chronolog. Verz. d. auf d. Geographie d. heiligen Landes bezüglichen Litt, von 3:« — 1878 u.
Versuch e. Cartographie. Berlin, Reuther. XX, 742 S. M. 24,00. — 85) P. Bah Im an n, Noch einige deutsche Zeitungen d.
16. Jh.: CBlBibl. 7, S. 142/4. — 86) XX Ki rehhoff, D. älteste Leipziger Zeitungswesen. Vortrag: Mitteil. d. deutschen
Gescllsch. z. Erforsch, vaterl. Spr. u. Altertümer. 8, Hft. 3, S. 68-96 (unzugänglich.) — 87) X J- Franeus, E. Vorläufer
unserer Tageszeitungen: MAntiquariat. 1, N. 8. (Nicht zugänglich.) — 88) F. A. Ackermann, D. Bibliographie von Ober-
ammergau im 25. Decennium seines Passionsspiels: BBlDBuchhandel. No. 121. S. 2884/6. (Vgl. III, 4 N. 38 fl.) — 89) C
Flaischlen, Lord Byron in Deutschland: CBlBibl. 7, S. 455—73. (Vgl. IV, 1 N. 124.) — 90) X A. Kirchhoff, Lesefrüchte
aus d. Akten d. städt. Archivs zu Leipzig. IV. Aus d. inneren Geschäftsleben d. Buchhandels um d. J. 1600: AGDBuchhandel.
13, S. 177—203. — 9i) id., D. Sortiments- u. Kleinbuchhändler Leipzigs bis z. J. 1600 bez. 1650: ib. S. 1—96. — 92) id., D.
44 1,4: K. Kochendörffer, Schrift- und Buchwesen.
Beitrag znr Kenntnis von dem Umfange des Leipziger Platzverkehrs in der angegebenen
Zeit. — Derselbe^-) belehrt uns über Leipzigs Stellung im internationalen Bücherverkehr
des 16. Jh., der sich anscheinend in der Hand Lorenz Finkelthausens konzen-
triert hat. — Ebenfalls aus Leipziger Ratsakten, betreifend die Beschwerden einiger
Verleger von Luthers Bibel über Nachdruck durch Sigismund Feyerabend im Jahre
1570, über die einige neue Dokumente beigebracht werden, giebt Kirchhoff^s) ^us dem ge-
nannten Jahre ein Verzeichnis des Leipziger Lagers von Feyerabend, das gerichtlich
beschlagnahmt wurde, inid schliesst aus seinem geringen Bestände, dass es nicht ein
ständiges Mess- sondern Wanderlager gewesen sein müsse. — Ein ausführliches und
lebendiges Bild erhalten wir durch Kirchhoff^*) von dem Geschäftsgebahren des Magde-
burger Buchhändlers Johann Erancke, der den Nachdruck in umfassender Weise betrieb
und einer der rührigsten Händler seiner Zeit gewesen ist. Er wird dabei doch in ein
erheblich günstigeres Licht gestellt, als er in den amtlichen Schreiben des Leipziger
Rats und in dem Urteile seiner ihm wegen seiner glänzenden Geschäfte missgünstigen
Kollegen erscheint. — Einen für die Censurverhältnisse in Sachsen um 1500 interessanten
Brief der Herzogin Sidonie an ihren Sohn, den Herzog Georg von Sachsen, teilt Gess^^)
mit, worin sie sich für Aufhebimg des Verkaufsverbotes der im Jahre 1498 von Kunz
Kachelofen gedruckten Uebersetzung von Taulers Predigten verwendet. — F. H. Meyer^^)
bespricht die Thätigkeit der Buchhandlungsdeputierten, einer staatlich festgesetzten
Vertretung des deutschen Buchhandels aus seiner Mitte, deren intellektueller Schöpfer
Philipp Erasmus Reich im Anfange der siebziger Jahre des vorigen Jahrhunderts war,
nach dessen Tode sie auch wieder verschwand. In ihrem Hauptarbeitsfelde, der Be-
kämpfung des Nachdrucks, haben diese Deputierten nur wenig erreicht. Sie gingen
auch gegen den Betrieb des Buchhandels durch Nichtbuchhändler vor. So beschweren
sie sich über den Dr. Karl Friedrich Bahrdt, der „auf den thörigten Einfall gerathen,
mit Beyhülffe der Nachdrucker im Reich, alle guten Schrifften nachzudrucken, um sie
um den halben Ladenpreis an die Liebhaber zu verlassen". Als nicht zünftig erregten
auch die netigegründete Buchhandlung der Gelehrten und die verlegenden Buchdrucker
Besorgnis. «7-104) _
Der Bucheinband hat eine gute, auch auf seine Geschichte eingehende Be-
handlung von Adami'^s) erfahren. 106) — Zum Schlüsse dieses Referats sei auf das Buch
von Wehle'^'') hingewiesen, das in geschickter Weise die geschäftliche Seite der Bücher-
produktion zur Darstellung bringt. —
1,5
Kulturgeschichte.
Richard M. Meyer.
Aufgabe. — Allgemeine Kulturgeschichte: Allgemeine Darstellungen N. 1. — Sachlich spezialisierte Ar-
beiten N. 7. — Sachlich und zeitlich spezialisierte Arbeiten N. 11. — Mythologie und Volkskunde N. 13. — Angewandte
Kulturgeschichte N. 39. — Spezi eile Kulturgeschich te; Tiere und Pflanzen N. 54. — Sitten, Feste und Gebrauche
N. 59. — Lokalstudien: grössere Gebiete N. 74; Städte N. 84; geistliche Stiftungen N. 94; Stadt- und Landadel N. 100; Ein-
zelnes N. 102. — Sttlndiiich spezialisierte Arbeiten N. 108. — Persönlichkeiten N. 119. — Schlusswort. —
Während der Referent in Bezug auf diejenigen Umstände, welche der Bericht-
erstattung des ersten Jahres besondere Schwierigkeiten bereitet haben, auf das Vorwort
der JBL. verweisen kann, muss er einige allgemeine Bemerkungen vorausschicken, um
auseinanderzusetzen, in welcher Weise er seine Aufgabe jetzt und künftig zu erfassen
lycipziger Bllchermesse u. d. internationale Verkehr im 16. Jli.: ib. 8. 97 — 102. — 93) id., Sigismund Feyerabends Wander-
lager in Leipzig i. J. 1570: ib. 8. 103 — 10. — 94) id., E. spekulativer Buchhändler alter Zeit: Johann Francke in Magdeburg:
ib. 8. 11.5—76. — 95) F. Gess, Spuren d. Censur in 8achsen um d. J. 1500: ib. 8. 245/6. — 96) F. Herrn. Meyer, Keform-
bestreb. im 18. Jh. 2. D. Thätigkeit d. Buchhandlnngs-Deputierten : ib. S. 213—44. — 97) X F. Gess, Presspolizei auf d.
I^eipziger Messe 1.531: ib. 8. 250. — 98) X A. Kirchhoff, Z. Gesch. d. Sachs. Pressverhältnisse in d. kryptocalvinistischen
Zeit: ib. 8. 2.57/9. — 99) X F- Gess, Buchhllndler-Briefstyl 1.580: Hans Börner in Leipzig n. Melchior Sachse in Erfurt: ib.
S. 111/4. — 100) X F. Herm. Meyer, Etwas über Wolf PrSunlein: ib. S. 247—50. — 101) X id., Johann Gottlob Immanuel
Breitkopf im Kampfe gegen Missbräuche in den Druckereien: ib. S. 204 — 12. — 102) X A. Koch, Nicolai in Berlin contra
Stahel in WUrzburg: ib. 8. 2M/8. — 103) X K. Boxberger, Johann Daniel Sander: ADB. 30, 8. :{.50. — 104) X "•
}{[tldiger], E. Verlagskontrakt v.20. Aug 14.59: HambNachr«. N. 7. v. 16. Febr. (Nicht zugänglich.) — 105) P. Ad am , D. Buch-
einband. Seine Technik u. seine Gesch. Leipzig, Seemann. 268 S. M. 3,60. — 106) X K- Burger, Nene Werke z. Gesch.
d. Buchbinderei: Kunstgewerbeblatt. N. F. 1. Hft. 1. — 107) J. H. Wehle, D. Buch. Technik u. Praxis d. Scbriftstellerei.
Handbuch fUr Autoren. 2. Aufl. Wien, Pest, Leipzig, Hartleben. 247 8. M, 3,00. —
1,5: R. M. Meyer, Kulturgeschichte. 45
gedenkt. Schon was denn überhaupt „Kulturgeschichte" sei, ist eine vielumstrittene
Trage; noch weniger wird darüber Einigkeit zu erzielen sein, wie weit die Entwickelungs-
geschichte der Menschheit — wemi wir die Kulturgeschichte als solche auffassen wollen
— in die Berichte über neuere Litteraturgeschiclite hineinzuziehen ist. Ich glaubte mich
hier nicht sowohl auf einen philosopliischen, als vielmehr auf einen praktischen Stand-
punkt stellen zu sollen. Praktisch hat für die Litteraturgeschichte die Geschichte der
Kultur insoweit Bedeutiuig, als sie Schriftsteller oder Schriften besser verstehen lehrt.
Sie wird für mis wesentlich die Lehre von den litterarhistorischen Umgebungen : vom
„Khma", wie Goethe sagte, vom „Milieu", wie sich die Modernen ausdrücken. In diesem
Sinne also gedenke ich sie hier aufzufassen. Freilich bleibt auch das noch unbestimmt
genug. Auch mit dieser Auslegung könnte dieser bescheidene Teil der JBL. allein schon
zu dem werden, was einst Herder in grossartigem Entwurf plante: „Jahrbuch der Schrif-
ten für die Menschheit! ein grosser Plan! ein wichtiges Werk! Es nimmt aus Theo-
logie und Homiletik ; aus Auslegung und Moral ; aus Kirchengeschichte und Ascetik ....
Dazu dient alsdann Historie und Roman, Pohtik und Philosopliie, Poesie und Theater
als Beihilfe .... Ein solches Journal wäre für alle zu lesen! Wir habens nocli nicht,
ob wir gleich Materialien dazu haben! Es würde in Deutschland eine Zeit der Bildung
schaffen, indem es auf die Hauptaussicht einer zu bildenden Menschheit merken lehrte."
(Herders Lebensbild 2, S. 189; Suphan 4, S. 367.) So hoch reicht weder unsere Kraft
noch auch nur unsere Absicht, ob wir gleich nicht leugnen, dass wir ein solches Jahr-
buch auch heute noch für ein höchst ersehntes Ideal hielten. Wo aber ist ehi Argus,
dem nirgends entginge, was diese kulturgeschichthche Sonnen warte zu melden hätte?
Wir müssen resolut alles zunächst ausscheiden, was zu der charakteristischen Färbung
eines litterarische Früchte tragenden Bodens nicht mitwirkt. Für diesmal mUssten wir
wohl oder übel manche unwesentHche Kleinigkeit mitnehmen; wir werden immer mehr
auf die Betonung des Wesentlichen zu achten haben; Vollständigkeit ist in diesem Teil
keineswegs zu erstreben. Auszuscheiden ist, was die litterarische Atmosphäre nicht direkt,
sondern höchstens durch Analogie andeutet: Berichte über Musik, über bildende Künste
und über Ereignisse rein politischer Natur.
Für die allgemeine Kulturgeschichte sind bedeutendere Werke nicht zu
verzeichnen. Mehrfach ist der Versuch einer populären Darstellung des vorhandenen
Materials, nirgends der Versuch einer Vertiefung der Anschauungen gemacht worden.
Henne amRhyni) giebt eine leicht lesbare und übersichtliche Darstelhuig des Kultur-
fortschrittes. Sein Standpunkt ist ein entschieden optimistischer. In der rein negativen
Stellung zur Kirche ist er wesentlich noch von Buckle und den älteren Kulturliistorikern
abhängig, während er sonst modernen Anschauungen huldigt. Ueberall bleibt die Be-
schreibung an der Oberfläche haften; nirgends wird der Versuch gemacht, Kreise z. B.
des Aberglaubens, zeitlich oder örtlich zu umgrenzen, so dass der Eindrvick erwächst,
als sei überall ganz dasselbe geschehen. Dennoch wird zwischen Natur- imd Kultur-
völkern (besonders 1, S. 83) schroff geschieden und z. B. der Begriff der Schönheit
ledigHch aus der Subjektivität unserer Kulturanschauung heraus beurteilt. Kunst und
Luxus werden in moralisierender Weise besprochen, eine Zurückführung ihrer wechseln-
den Formen auf verschiedene Geistesrichtungen nirgends etwa in der Weise von Taine
oder Wölfflin versucht. Trotz zahlreicher Mängel liinterlässt jedoch das Buch durch
die aufrichtige Wärme des Autors einen wohlthuenden Eindruck und die Grundidee
entspricht ixnzweifelhaft den herrschenden Anschauungen der Gelehrten. In fünf Stufen,
meint H., arbeite die Menschheit sich empor; die Aufgabe der Gegenwart sei es,
in den beiden Begriffen Kosmopolitismus und Individuahsmus den starren NationaHtäts-
begriff aufzulösen. — Derselbe Autor 2) hat den wesentlichen Inhalt des grösseren
Werkes in seinen kulturgeschichtlichen Skizzen kürzer dargelegt. Hier werden einer-
seits die Kulturkreise und die nationalen Eigenarten, andrerseits bestimmte kultur-
historische Stichpunkte wie Gruss, Aberglaube, Verhältnis zur belebten und imbelebten
Welt in popidärer Weise durchgesprochen. Zuweilen überwiegt das Anekdotische, in
der Regel das Typische. Willkommen wird weiteren Kreisen besonders der letzte
Abschnitt über die neueste religiöse Bewegung in Indien sein. •^-^) — Eine zusammen-
hängende Uebersicht der ersten Zeithälfte deutscher Kulturgeschichte giebt Nonne-
mann^): 1000 Jahre deutscher Kulturgeschichte. Die gangbaren Quellen von Tacitus
bis Ekkehard sind geschickt verwertet und in anschauhcher Darstellung reihen sich die
Bilder aneinander. Doch ist jener glückliche Wechsel von Quellenberichten und eigener
Erzählung, den Freytags Bilder aus der deutscheii Vergangenheit bieten, nicht erreicht,
I) 0. Henne ain Rhyn, D. Kultur d. Vergangenheit, Gegenwart u. Zukunft in vgl. Darstellung. Danzig, Leipzig,
Wien, Hinstorff. I: 412. 11:581 S. M. 9,00. — 2) id., Kulturgescli. Skizzen. Berlin, AUg. Verein f. Deutsche Litt. 1889—90.
III, 327 S. M. 5,00. — 3) X ' ^-t Die Jesuiten, deren Gesch., Verfassung, Moral, Politik, Religion u. Wissenschaft. Leipzig, Ziegen-
hirt. VIII, 92 S. M. 1,50. (Nicht erhalten.) — 4) X i'^-i D. Buch d. Mysterien u. geheimen Gesellschaften. 3. Aufl. Leipzig, Ziegenhirt.
1 Lief. 48 S. M. 0,40. (Nicht erhalten.) — 5) F. Nonnemann, 1000 Jahre deutscher Kulturgesch. in populärer Darstellung,
46 1,5: R. M. Meyer, Kulturgeschichte.
die Tiefe p.sj^chologisc.her Erfassung, welche Freytags unschätzbares Werk auszeichnet,
nicht einmal erstrebt. Ein Fortschritt über dasselbe ist auch sonst in keiner Weise zu
erkeinien. — Zum Abschluss gelangte Hirths**) kulturgescliichtliches Bilderbuch. Man
darf wohl behau})ten, dass eine derartige Folge wohlgewählter Bilder für die An-
schauung vergangener Zeiten kaum weniger leistet als eine Reihe geschickt ausgesuchter
Anekdoten; nur erschwert naturgemäss der hohe Preis die Verbreitung solcher An-
schauungsbücher. Werke von beschränkteren Zielen, wie z. B. Könneckes Bilderatlas
zur Geschichte der deutschen Litteratur, haben den Vorzug grösserer Zugänglichkeit;
in sechsbändige Prachtwerke wird sich nicht leicht jemand vertiefen, der nicht Fach-
mann ist, und dem wieder sind die Originale doch kaum zu ersetzen. —
Von sachlich spezialisierten Arbeiten'') sind vor allem Kotelmanns^)
Stildien zu nennen. Es ist erstaunlich, welch reichen Schatz von Realien man der alten
Kanzelberedsamkeit unter den verschiedensten Gesichtspunkten entnehmen kann. Ueber
Ernährung, Kleidung, Haut- und Haarpflege, Prostitution und Unsittlichkeit, körperliche
Uebungen, ärztliche Hilfe, Krankenpflege und Totenbestattung referiert K. in sechs
inhaltsvollen Kapiteln. Er hat sich in den interessanten Stoff mit grossem Eifer ver-
senkt, und es ist lehrreich, die zum Teil allerdings auch sonst schon benutzten Stellen
hier mit sachverständigem ärztlichen Urteil geprüft zu sehen. Der Vf. kommt zu dem
Ergebnis, die hygienischen Anschauungen unserer Prediger seien fast ausnahmslos ge-
sunde gewesen. Er sieht den Grund in der vielseitigen Bildung der Geistlichen, mehr
aber noch in ihrem warmen Herzen für die Natur. Einen wesentlichen Anteil hat aber
gewiss auch die Tradition, welche den Geistlichen zum geborenen Arzt seiner Gemeinde
machte und ihn mit der Volksempirie in lebendiger, oft gefährlicher, oft glücklicher
Verbindung erhielt. Die Prediger keimen die Krankheitsursachen schon aus dem Beicht-
stuhl; ihre Pflicht ist, prophylaktisch die Krankheiten der Völlerei, der Unsittlichkeit,
der ungesunden Kleidung usw. zu bekämpfen. Ebenso haben sie auch ihre Gemeinde
vor Pfuschern und Betrügern zu schützen und erst recht vor Zauberkünsten. Parteiisch
stehen sie nur den körperlichen Uebungen gegenüber, wo moralische Bedenken über
hygienische Erwägungen den Sieg davontragen. Ungern vermisst man eine Besprechung
der öffentlichen Hygiene, und zu bedauern ist es, dass der Vf. Schönbachs wichtige
„Altdeutsche Predigten" nicht mehr benutzen konnte. — Eine einzelne Seite desselben
Gebietes behandelt in populärer Form Eyssenhardt^). Man ist überrascht, im 17. Jh.
noch vielfach die Tradition der mittelalterlichen Arzneikunst fortdauern zu sehen; frei-
lich hat noch im 18. Jh. Goethe die alte Verbindung von Magie und Arznei am eigenen
Köri)er kennen gelernt. — Einzelne Seiten der deutschen Kulturgeschichte behandeln
femer zahlreiche Aufsätze verschiedener Zss., besonders der „Alemannia" ; wir heben liier
nur den Aufsatz „Sittengeschichtliches" von Birlingeri'') hervor. —
Zeitlich und inhaltlich spezialisierte Ausschnitte aus der Kulturgeschichte
geben die Arbeiten von Vallat^*) und Wenck^^), Der letztere bringt eine sorgfältige
dokumentarische Geschichte der Urteile und Stimmungen, welche die grosse französische
Revolution in Deutschland hervorrief Fast durchweg sind es Belege zu den oft zitierten
Versen aus „Hermann und Dorothea" : erst allgemein freudiger Anteil, dann seit Beginn
der Schreckensherrschaft und vor allem seit der Hinrichtung des Königs entsetztes Ab-
wenden, zum Teil Zurückweichen bis ins entgegengesetzte Lager. Aber diese allgemeine
Regel individualisiert sich doch in interessanter Weise in Persönliclikeiten wie Schlosser,
Förster, Wieland, Herder, den hannoveranischen Politikern, den politisierenden Schrift-
stellern wie Campe und Knigge, den schriftstellernden Staatsmännern wie K. F. Moser
und Gentz. Zahlreiche andere Schriftstellernamen sind durch kleinere, aus dem Namen-
verzeichnis leicht zu ersehende Belege vertreten, so Archenholtz, Balirdt, Basedow, Bode,
Boie, Bürger, Cranz, Einsiedel, Garve, Gleim, Goeckingk (sehr charakteristisch), v. Halem,
Hermes, IfFland, Kästner, Knebel, v. Kotzebue, Mauvillon, Joli. Müller, J. G. Schlosser,
Schubart, C. T. Spittler, F. v. Stolberg, Tiedge, Voss, Zimmermann, besonders auch
Klopstock sowie Schiller und Kömer. Jene Regel modifiziert sich femer nach der
Politik der Staaten, welchen die Urteiler angehören, und nach der Konstellation der
allgemeinen Politik, und in all diese zarten Schwankungen führt uns der Autor nach
seiner schon bekannten ebenso gewissenhaften als gescliickteu Methode ein. —
Berlin, Eckstein. 342 S. M. 5,00. — 6) G. Hirth, Kulturgesch. Bilderbuch aus 3 Jlih. 6 Bande. MUnchen, Hirth. .Jeder Bd.
M. 30,00. (Nicht erhalten.) — ?) XA. Freiherr v. Kremer, Studien z. vgl. Kulturgesch.. vorzllgl. nach arab. Quellen. 1. u. 2. Wien,
Tempsky in Conim. 1889. Lex. 8. 60 S. M. 1,20. (Nicht erhalten.) — 8) K. Kotelinann, Oosundheit«iiflege im Mittelalter
Kulturgesch. Studien u. Predigten d. 13., 14. u. 15. .Ih. Hamburg u. Leipzig, Vos.s. 276 S. M. 6,00. — 9) F. Eyssenhardt,
Arzneikunst u. Alchemie im 17. .Ih. (= Sammlung gemeinverstandl. Wissenschaft!. Vortrr. her. v. Virchow n. Wattenbach.
N. F. 96.) Hamburg, Verlags-Anstalt n. Druckerei A.-(i. 32 S. M. 0,60. - 10) A. Hirlinger, Sittengeschichtliches: Alemannia.
17, S. 282/5. — II) Vallat, Etudes d'histoire, de nioeurs et d'art nnisical sur la lin du 18. siede et la premiere moitlö du
1». «i^cle dapres des documents in6dits. Paris, Quantins. 18». 255 S. M. 3,50. — I2)W. Wenck, Deutschland vor 100 Jahren
2. (Polit. Meinungen u. Stimmungen in d. Revolutionszeit.) Leipzig, Grunow. VIII, 283 S. M. 5,00. |[LCßl. S. 1670;
1,5: R. M. Meyer, Eulturgeschichte. 47
Eine wichtige Seite der allgemeinen Kulturgeschichte, die Mythologie kann liier
natürlich nur ganz leise angefasst werden, so sei auf'F. Kauffmanns i^) Arbeit hingewiesen,
deren Erfolg mindestens beweist, dass auch in ungelehrten Kreisen wieder ein Bedürfnis nach
sachverständiger Belehrung über die Grinidlagen des nationalen Glaubens besteht, i^) —
Das Fortleben uralter Anschauungen, zuweilen beweisbar, öfters nur behauptet, führt
über zu jenem Abschnitt der Kulturgeschichte der Gegenwart, welchen man Volks-
kunde zu nennen pflegt. Hier also handelt es sich um die Beleuchtung solcher kultur-
historischen Verhältnisse, die zur Kennzeichnung des noch fortdauernden Volkslebens
wichtig sind. Leider überwuchern auf diesem Gebiet noch immer dilettantische Ver-
suche den metliodischen Betrieb, für welchen der neugegründete „Verein für Volks-
kunde" unter der Leitung von Männern wie Weinhold, Stehithal, Virchow nunmehr
hoffentlich einen festen Mittelpunkt bilden wird. Die mehr wohlgemeinten als wert-
vollen oder doch nur als Material schätzbaren Beiträge warmherziger Liebhaber sammelten
bisher sich vorzugsweise in zahlreichen kleinen provinziellen Blättchen, daneben aber
besonders in der Zeitschrift „Am Ur-Quell" i^), welche unterschiedslos gute Beobachtungen
und kritiklose Zusammenstellungen, Volkslieder, Sprichwörter und ethnographische Phan-
tasien bringt und sich nach der Empfehlung des Verlegers „namentlich unter gebildeten
Oekonomen, Gutsbesitzern, Gewerbetreibenden, Kaufleuten, Offizieren" grosser Verbrei-
tung erfreut. Hierin wird man immerhin ein Symptom mehr für das erfreulich wachsende
Literesse des Volkes an seinem eigenen Wesen sehen; dass der zufliessende Stoff nicht
kritisch gesichtet, das naive Literesse nicht durch strengere Nachprüfung vor Täubchungen
bewahrt wird, ist sehr zu bedauern. — Auch die sehr viel wissenschaftlicher gehaltene
„Zeitschrift für vergleichende Litteraturgeschichte und Renaissance-Litteratur" '•^j ist zur
Prüfung des wirklich nationalen Gehalts in Volksliedern und Sprüchen, 2ur Kontrolle
von formellen oder inhaltlichen Entlehnungen und dgl. nützlich. — Zwischen beiden
steht in ihrer Haltung die „Zeitschrift für Volkskunde", nicht so dilettantisch und bunt
wie die erste, nicht so sacliverständig und ausschliesslich litterarisch wie die zweite.
Ein Spezimen ihrer Behandhnigsweise sind z.B. die Untersuchungen von Knoopi''). —
Allgemeinere Zusammenstellungen über moderne Ueberbleibsel bringen ferner die
Aufsätze von Liebrecht i^), dem grössten, nun verstorbenen Kenner völkerpsycho-
logischer Anekdoten, Unseidi^), Birlinger^oj und die Schrift von Rogge-i). —
Einzehie Seiten der Volkskunde bearbeitet das hübsche, geschickt gesammelte und ge-
schickt verarbeitete Buch von U. Jahn^^); spezielle Mythologeme besprechen z. B. die
Aufsätze über die Weisse Frau^^) und die Weissagespiele der Zwölfnächte ^^). — Ist in
all solchen Sagen, Märchen, Traditionen der deutenden Phantasie nur zu viel Spielraum
gelassen, so spricht um so deutlicher das Volk selbst in Sprüchen, Lischriften, Redens-
arten seine Meinung aiis. Auch hier freilich ist oft eine liistorisch-etymologische Rück-
führung auf ältere Zeiten nötig, die für die deutschen Redensarten überwiegend glück-
lich das selir empfehlenswerte Büchlein von Albert Richter 25) liefert. Sprüche und
Spruchartiges aus Hss. bringt Schönbach 26)^ vereinzelte Sprüche stellen Dickmann 27)
und neben eigenen fremde Sanders 2^) zusammen. Einen besonders interessanten Zweig
der „Volksepigrammatik" bespricht Terburg29)j während Sohns •'O) auf die uralte und
unversiegbare Quelle des Volkswitzes in der Sprache hinweist und für die absichtlich
und unabsichtlich umdeutende Volksetymologie zahlreiche Beispiele bringt. — Noch
lehrreicher als derartige allgemeine Betrachtungen oder immer etwas willkürliche Zu-
sammenstellungen sind die zahlreichen örtlich beschränkten Sammlungen des mündlichen
und epigraphischen Volkswitzes inid ähnlicher Bekundungen der Volksseele. Am reichsten
füessen sie noch immer in den alten Hauptländern des Volksliedes, dem bayerischen und
dem alemannischen Dialektgebiet. Li den Alpen sammelt mit Eifer von Hörmann ^i-^2j
Haussprüche und Lischriften. Die zierlichen kleinen Bändchen in der niedlichen Aus-
stattung des Liebeskindschen Verlags enthalten eine Fülle nachdenklicher Sprüche und
LZg». N. 70; SchwäbChron. S. 1104/5; Post N. 140.] | — 13) F. Kiiuffmann, Deutsche Mythologie. (= Sammlung Göschen,
15.) Stuttgart, Göschen. 12. 107 S. M. 0,80. | [DLZ. 12, S. 1050; LCBl. 1891, S. 892(3.]| — 14) X A. v. Brandenstein,
1>. Gesch. d. Teufels :MLJA. 59, S. 587— 90. (Populär, bietet nichts als e. Auswahl v. e. paar Anekdoten aus Grafs grösserem Werk
Ufer d. Teufelsglauben.) — 15) Am Ur-Quell. Monatschrift f. Volkskunde, her. v. H. Carstens u. F. S. Krauss. Hamburg, Kramer.
— 16) Zeitschrift f. vgl. Litt.-Gescli. u. Renaissanee-Litt., her. v. M. Koch u. L. Geiger: N. F., Bd. 3. Berlin, Haack. Lex. 8.
M. 14,00. — 17) 0. Knoop, 1). neu entdeckten Göttergestalten u. Göttornamen d. nordd. Tiefebene: ZVK. 2, S. 449— 59; 3, S. 41/8. —
18) X F. Liebrecht, Z. Volkskunde: Germania. 35, S. 201—17, 346-52. — 19) W. Unseld, Volkstümliches, Lieder, Sprich-
wörte.r, Kedensarten: Alemannia. 17, S. 170/4. — 20) A. Birlinger, Besegnungen, Aberglauben, ib. S. 239—47. — 21). X C.
Kogge, Aberglaube, Volksglaube u. Volksgebrauch d. Gegenwart nach ihrer Entstehung aus altgerm. Heidentum. Pr. Rogasen.
32 S. (Nicht erhalten.) — 22) U. Jahn, Schwanke und Schnurren aus Bauern Mund. Berlin, Mayer & Mttller. 140 8. M. 1,00.
— 23) Anfänge u. Anklänge d. Sage v. der „weissen Frau" in d. deutsehen Volkssage, bes. d. Schwausage: LZg". N. 112/4.
(Nicht zugänglich.) — 24) A. Tille, D. Weissagespiele d. Zwölfnächte: Gartenlaube N. 49. — 25) Albert Richter, Deutsche
Keden.sarten. Leipzig, Richter. 1889. 1G8 S. M. 3,60. — 26) A. E. Schönbach, SprUche u. Spruchartiges aus Hss.
VLG. 3, S. 359—63. — 27) H. Dickmann, Schenken- u. RatskellersprUche: ÜL&M. N. 47. — 28) D. Sauders, DeuksprUche:
Gartenlaube N. 34. — 29) G. Terburg-Arminiu s, Inschriften an berühmten Glocken: VolksZg». N. 8. (Nicht erhalten.)
— 30) Sohns, Volkswitz in d. Sprache: Gartenlaube N. 12. — 31) L. von Hörraann, HaussprUche aus d. Alpen. Leipzig,
.Liebeskind. 16. XXIV, 201 S. M. 1,50. | [MLJA. 59, S. 775.] | — 32) id., Grabschriften u. Marterlen. 2. Folge. Leipzig,
48 1,5: R. M. Meyer, Kulturgeschichte.
keinen Mangel an erheiternden; die Volksweisheit auf der Gasse zeigt sich derb und
gesund, oft sclielmisch versteckt. Rätselspiele und tiefsinnige Gedanken lösen Triviali-
täten und platte Einfälle ab, und gewandte Verskünstler fehlen nicht neben plumpen
Reimern. Es ist recht das „Milieu" der bayrisch - österreicliischen Dorfgescliichten ;
so wenig bei Anzengruber oder Rosegger, Schmid oder Stieler der Tölpel neben dem
Dorfweisen fehlen darf, so wenig bleibt er hier aus, und oft glaubt man Anzengrubers
köstlichen „Sinnirer" in Person zu hören. — Weniger cliarakteristisch sind naturgemäss
die Kinderreime aus Kärnten ^3); die pommerschen^^) klingen auch nicht viel anders. —
Etwas steifer, zuweilen ein wenig französiert in der zierlicli-gesuchten Haltung sind die
Sprüche inid Liedchen aus dem Elsass, die Eber3-'>V Rathgeber ^^^^ Spieser^^) ge-
sammelt haben, wie ja auch Auerbach sentenziöser ist als die Bajuvaren. — Weniger
neues Material als eine hübsche Sammlung meist schon bekannter, vorzugsweise humo-
ristischer Reime und Inschriften bietet Falck^*^). — Das Buch von Wislockis^**»)
endlich schildert die seit Goethes „Götz" in ' der deiitschen Litteratur und weiterhin
(bei V. Hugo, Merimee usw.) dann in der ganzen Weltlitteratur so hochgeschätzten
Zigeuner, unvergleichlich brauchbar für romantische Effekte und deshalb auch in Mörikes
„Maler Nolten" so wirkungsvoll verwandt. —
All die bisher besprochenen Schriften, Darstellungen der K\üturentwickelung
und der Mythologie, Schilderungen der Kulturverhältnisse zu bestimmten Zeitpunkten
und der Volkskunde der Gegenwart, fallen noch unter die Rubrik der allgemeinen Kultur-
geschichte, während die Behandlung einzelner Gebräuche, die Beschreibung einzelner
Ortschaften, die Geschichte einzelner Personen in die spezielle Kiilturgeschichte gehören.
Zwischen beiden vermittelnd steht gleichsam als der Gipfel der Kulturgeschichte, von wo
die Seiten nach rechts und links sich herabsenken, die angewandte Kulturgeschichte,
die Volkspädagogik da. Zur Zeit des aufgeklärten Despotismus und der Populär-
philosophie blühte dieser Zweig der Litteratur; heute ist er dürftig verti'eten. Die
pädagogische Tendenz sprechen am deutlichsten die Schriftchen von Baldensperger^^)
und Luise Gutbier*^) aus. Der interessante Vortrag von B, geht von der Charakte-
ristik der modernen Litteratur aus, wobei er jedoch fast nur die französische berück-
sichtigt und im Urteil von dem bekannten Schweizer Kritiker Rod sich abhängig zeigt;
in der bildenden Kunst ist er, höchst unmodern, Verehrer nicht nur von Cornelius,
sondern sogar von Kaulbacli. Er klagt die Kunst und Litteratur der Gegenwart materia-
listischer und sensualistischer Tendenzen an und verlangt, dass man dem Eindringen
des sie verschuldenden „Dilettantismus", des alle Rollen gleichmütig spielenden In-
differentismus Widerstand leiste. — Verlangt der Geistliche nur, dass gegen den
litterarischen Angriff Front gemacht werde, so vertritt die Lehrerin die Aufgabe der
Bühne, als moralische Anstalt zu wirken ; sie wirft mit grossen Worten und Stammbuch-
versen gewaltig um sich und hat auch hin und wieder Gedanken. — Verwandter
Art ist die Schrift eines ungenannten Theologen ^i ) über Theater und Kirche. *2 ) — Speziell
eine pädagogisclie Auswahl der Litteratur wird von den Pragelisten der „100 besten
Bücher" 43) erstrebt. Bekanntlich hat man zuerst in England eine „Volksabstimmung"
über die besten Bücher vorgenommen; dann hat Schönbach**) in seinem wertvollen
Buche die Erage auf das pädagogische Gebiet hinübergespielt und statt einer Liste der
beliebtesten eine solche der empfehlenswertesten Bücher gegeben. Die Buchhandlung
Pfeilstück er hat dann in diesem Sinne Umfrage gehalten und ein kurioses Ergebnis er-
zielt; die Zeitungen haben wieder aus den dort gesammelten Listen tendenziös heraus-
gefischt, was sie gelesen wünschen. Eine Aufstellung von Speziallisten für Volks- und
Schulbibliotheken, für Leser bestimmter Altersklassen luid bestimmter Kreise dürfte
diesem willkürlichen und unpraktischen Verfahren weit vorzuziehen sein. — Eine em-
pirische Methode befolgt die Redaktion des „Deutschen Hausschatzes" in ihrer Sammlung
von „Lieblingsdichtem" 45)^ die daher über den Geschmack des katholischen Publikums
ganz gut unterrichtet. Es kann dabei an das schon etwas vor unserer Referatsperiode
erschienene Buch „Bücherkleinode evangelischer Theologen" erinnert werden, welches
Liebeskind. 16. XII, 152 S. M. 1,50. — 33) B. SchU ttelkopf , Kinderreime n. Kinderspiele: NCarintliia. 3, S. 131/6, 191/3.
— 34) 0. Knoop, Plattdeutsches aus Hinterpommern. Progr. d. Gyranas. Beilage. Kogasen. S. 6 — 10. — 35) C. Eber,
Elsftssische Kinder- u. Wiegenlieder, Kinderreime: JbGElsLothr. 6, S. 132/7. — 36) 3. Rathgeber, Elsassisclie Sprich-
wörter u. sprichwJirtliche Redensarten: ib. S. 138—43. — 37) J. Spieser, MUnsterthaler Spraohproben. Sprichwörter:
ib. S. 144—54. — 38) K. Falck, Art u. Unart in deutschen Bergen. Berlin, Meidinger. VIII, 110 S. M. 2,00. — 38«) H.
von Wisloeki, V. wandernden Zigeunervolke. Bilder aus d. Leben d. siebenbllrger Zigeuner. Geschichtliches, Ethnologisches,
Sprache u. Poesie. Hamburg, Verlagsanstalt. IX, 390 S. M. 10,00. (Nicht erhalten.) — 39) F. Baldensperger, L'influenee
du dilettantisme artistique sur la morale et la religion. Strassburg, Heitz. 37 S. M. 0,60. — 40) Luise Gutbier, D. dramat.
Kunst als Volksbildnerin. Berlin, üehraigke. 29 S. M. 0,30. — 41) Theater u. Kirche. Darstellung ihres geschichtl. Verhält-
nisse» mit e. Ausblick in d. Zukunft, v. e. Theologen. Bremen, Heinsius. 55 S. M. 0,60. | [DDichtung. 9, S. 131.) | —
42) X C. Wald, Socialdemokratie u. Volkslitteratur. Leipzig, Stauffer. 31 K. M. 1,00. — 43) D. 100 besten BUcher. Berlin,
PfeiUtUcker. 8«. 92 S. M. 0,60. |[KZg. N. 7; 0. Roquette: VossZg». N. 3; Didaskalia N. 10; NWUrzbZg. N. 14; CMS. 47,
8. 449; Volkswohl 14, S. 38/9.]| — 44) E. Schönbach, Ueber Lesen u. Bildung. Graz, Leuschner u. Lubensky. 1889. XIII,
210 S. M. 3,50. — 45) Lieblingsdichter: Deutscher Hausschatz. (Vgl Germania [Berlin] N. 142 3.) — 45a) H. Ziegler,
1,5: H. M. Meyer, KulturgeschicKte. 49
freilich durch ausführliche Beginindung der Urteile von sachverständigster Seite noch
höheren Wert erhält. — Eine Umfrage enthält auch das Büchlein „Frauenlieblinge" her-
ausgegeben von H. Ziegler^Ra). Die Listen der befragten Damen sind entschieden in-
dividueller als die meisten der nach den „besten Büchern" befragten Herren, weil sich
die Damen mit grösserer Aufrichtigkeit zu ihren kleinen Liebhabereien bekennen. So
betrachtet Frau Frischen (S. 39 f.) die neuere Litteratur fast lediglich unter dem Gr-
sichtspunkt der Antivivisektion , und Frau von Hohenhausen (S. 72 £) scheint nur
Autoren mit adeligen Namen zu würdigen. Im allgemeinen werden natürlich Lyriker
(besonders Baumbach und J. Wolff) bevorzugt; auffallend ist, dass Schiller kaum öfter
genannt wird als Groethe. Heyse fehlt befremdlicher Weise fast ganz; dagegen sind
W. Scott und J. Sand noch stark vertreten. Das Muster einer Liste von Frauen-
lieblingen bringt wohl Elisabeth Messerschmidt (S. 83 f.) in typischer Weise, eine an-
spruchsvolle pädagogische Auswahl Frau Lina Morgenstern (S. 90 f.). Vergleicht man
endlich die knappe und schöne Auswahl der. verehrten Luise v. Franpois (S. 38) mit
dem ihr unmittelbar vorhergehenden affektierten Gerede der Nataly von Eschstruth
(S. 34 f.; ziim Stil S. 37: „Religiöse Bücher giebt es so viele vortreffliche, dass kaum
eine engere Wahl miter den Lieblingen zu treffen ist"), so wird man nicht verkennen,
dass diese Bücherlisten ein nicht zu unterschätzendes Dokument zur Charakteristik der
früheren und der gegenwärtigen Schriftstellerin neu bilden. — „Legislativ" aber ist im
Gegensatz zu den zuletzt genannten Versuchen Georg Ebers^ß), der das Märchen in nicht
eben tiefer Weise empfielüt. Wie viel mehr wäre darüber in einer Zeit zu sagen, in
der die religiöse und romantische Legendendichtung der Tolstoi und Gottfried Keller
und ganz besonders die wissenschaftlichen Märchen von Lasswitz'*'') beweisen, wie
selir gerade diese Form geeignet ist, dem modernen Sehnen nach „Wahrheit" tuid dem
nach „Neuheit" gleichzeitig entgegenzukommen, der „Sphinx" und der „Chimäre" in
Flauberts berühmtem Dialog gleichzeitig zu genügen! Kündigte sich doch schon in den
Erfolgen der Jules Verne und Maurus Jokai längst diese Neigung zum ernsten Märchen
an, welches vielleicht in der populären Belehrung noch eine grosse Rolle zu spielen
haben wird. Und die Kinder sind eben auch — Kinder unserer Zeit! — Mit der Ge-
schichte volkspädagogischer Einrichtungen beschäftigt sich der lehrreiche Aufsatz von
Hirschfeld'*^) über die Entwickelung der Kunstsammlungen ; über die Resultate handelt
Lady Blennerhasset'^^-^o. ^^ (\[q verdienstvolle Biographin von Mme. de Stael. — Endlich
mit Fundamentalfragen der Volkspädagogik befassen sich Helferich^i) und Mautner-
Markhof^ä^, In geistreicher, aber oft schiefer Weise scheidet H. „Ideenbringer, Ideen-
verständige und Gelehrte" und sucht nachzviweisen, dass den Gelehrten lediglich die
Verarbeitung der von anderen produzierten Ideen zvifalle und dass sie selbst diese nvu" un-
vollkommen leisteten. Man spürt die Luft des „Rembrandt als Erzieher". — Mautner-
Markhof dagegen ist selbst Gelehrter. Höchst sachlich und ziemlich trocken trotz ge-
waltsamer Belebungen gruppiert und scheidet er philosophisch-psychologisch unseren
Anteil an den verschiedenen Künsten und verwandten Erscheinungen ; über Begriffe wie
den der Spannvmg und der Lösung wird scharfsinnig und mit gut gewählten Beispielen
gehandelt, gewaltsames Zwängen freilich nicht immer vermieden. Der Grundgedanke der
Abhandlung ist die „Hypothese" : „Jede Thätigkeit des Bewusstseins ist von einem Lust-
gefülü begleitet. Dieses Lustgefühl heisst ästhetische Unterhaltung oder ästhetisches
Gefallen"; unter den vielen Autoren, die dieselbe oder verwandte Meiimngen ausge-
sprochen haben, nennt der Vf. nur den neuerdings überhaupt wieder hochgeschätzten du
Bos. — In gewissem Sinne gehört zur angewandten Kulturgeschichte aber auch eine der her-
vorragendsten litterarischen Erscheinungen des Berichtsjahres, das seitdem in einer inierhört
grossen Zahl von Auflagen verbreitete Buch „Rembrandt als Erzieher" ^^ ). Diese sehr
geistreiche und sehr willkürliche Schrift vereinigt unbedingte Heroenverehrung mit leiden-
schaftlicher Sehnsucht nach Individualismus, entschiedene Freude am Derbvolkstümlichen
mit heisser Begier nach Schönheit. In dieser Zwiespältigkeit wie in der übertreibenden
Betonung von landschaftlichen und nationalen Zusammenhängen, Einflüssen, Eigenarten
ist das Buch charakteristisch für eine weitverbreitete Stimmung. Die Ideale weiter
Kreise, die teils unter dem Einfluss der Politik Bismarcks, teils im Gegensatz zu ihr
sich ausgebildet haben, spiegelt es bedeutsam wieder, freilich unter dem Gesichtspunkt
eines energisch einseitigen Temperaments. Die Fülle der Gegenschriften ist allein schon
Beweis für die kulturhistorische Bedeutung der Schrift, Im einzelnen enthält sie manchen
feinsinnigen Wink zum Verständnis Luthers, Lessings, Goethes, Schillers und anderer
Fraiienlieblinge. Litterarische Bekenntnisse deutscher Frauen. Leipzig, Amelang. o. J. 120. yIII, 211 S. M. 2,00. —
46) G. Ebers, E. Wort f. d. Märchen: ÜL&M. 32, N. 40. — 47) K. Lasswitz, Seifenblasen. Moderne Märchen.
Hamburg u. Leipzig, Voss. 261 S. M. 4,50. — 48) G. Hirschfeld, Z. Entwickelungsgesch. v. Kunstsammlungen: N&S. 52,
S. 55—76. — 48) Lady Blennerhasset, D. deutsche Mädchen d. Gegenwart: AZgB. N. 259—60. — 50) X A. Herzen,
L'6ducation de la jeunesse allemande: EJE. 10, N. 6. (Nicht erhalten.) — 51) H. Helferich, D.Ideen u. d. Gelehrten: FrB,
1, S. 385—90. — 52) 0. Man tner-Markh of , Aesthetisihe rnterhaltung. (S. o. I, 3 N. 82.) — 53) Rembrandt als Erzieher.
Jaliresberichto für neuere deutsche Litteraturgoschiclito I (D. 4
50 1,5: R. M. Meyer, Kulturgeschichte.
Grössen, oft in unbeabsichtigter Ergänzung von Victor Hehns berühmtem Eingangs-
kapitel zu seinen „Gedanken über Goethe". —
Indem wir nunmehr zur speziellen Kulturgeschichte übergehen, suchen
wir immer unserer Aufgabe, die betreifenden Werke hier lediglich nach ihrer Bedeutung
für die Litteraturgeschichte zu würdigen, treu zu bleiben.
Einen charakteristischen 2ug jedes „Klimas" im litterarhistorischen Sinne liefern
die bevorzugten Tiere und Pflanzen^*), Rose und Nachtigall bilden das Wappen des
Minnesangs ; das edle Ross, der treu eHund und die blaue Blume felilen auf keiner vom
romantischen Burgfrätdein beschrittenen Wiese. Henne am Rhyn hat in den besprochene
Werken (vgl. o. N. 1 und 2) mit Recht ganz besonders auf diese Anzeichen einer be
sonderen Zeitstimmiong geachtet. Die Gegenwart interessiert sich besonders für die
symbolischen Bäume der deutschen Poesie, Linde und Eiche; über Blumen ist be-
zeichnender Weise uns kein Artikel zugegangen. Ebensowenig über Vögel, wohl aber
über den Hund. Das Feste, Stämmige, Praktische wird bevorzugt, das „Romantische"
vermieden. — Sehr hübsch und fleissig scheint das Schriftchen von Lohr^s) zu sein,
welches Referent nur aus Auszügen kennt; es handelt über die Linde in der Mythologie
und Poesie, in Ortsnamen usw. — Nur über die „Lindenpoesie" erstreckt sich das
Programm von Plaumann^ö-ö? ^_ — Rein anekdotisch ist Bayers ^^) „Hundeliebhaberei",
welche auch aus der deutschen Litteratur (z. B. Langbein) und der Geschichte der
deutschen Kleinstaaten Beispiele bringt. —
Zu der Geschichte der Sitten, Eeste und Gebräuche leitet ein Zeitungs-
artikel über die Jagd^ö) über. — Sehr ausführlich ist das Buch von Edelmann ß^) über
das Schützenwesen. Wir sehen diesen charakteristischen Bestandteil des reichsstädtischen
und überhaupt des städtischen Lebens den Gang aller abendländischen Einrichtungen
diirchmachen : erwachsen unter dem Schirm der Kirche diingt es zur Selbständigkeit vor
und wird zuletzt den früheren Beschützern gefährlich; hat doch das Schützenwesen in
dem Kampf der Niederlande gegen ihre Zwingherren seine höchsten Triumphe gefeiert.
Etwas kiu'z ist die Uebersicht über die Entwicklung der Waffen ausgefallen; um so
ausführlicher wird über Schützenfeste und Schützenordnungen, Preise und Schützen-
könige berichtet. Eür den Litterarhistoriker heben wir die Abschnitte über das glück-
hafte Schiff von Zürich und über die Fehde Götzens von Berlichingen mit Köln wegen
eines Schützengeldes hervor. Beigegeben sind fünf Abbildungen des Schiessens zu
Regensburg 1586. — Spezieller erörtern Feste und Bräuche im Elsass und in Kärnthen
E. Herrmann^i) und Stehle^^^^ ^^{q wichtigsten Momente des Lebens bei den Nieder-
lausitzern Gander^^), — Allgemeiner über den Erdkreis sich umschauend behandelt
einen für die Kulturgeschichte schon diu-ch symbolische Beziehungen wichtigen Punkt
ein besonders orientalische Grussformen berücksichtigender Aufsatz 6* ). — Die wichtigste
Form des Volksfestes, den Tanz, besprechen zwei Aufsätze des grundgelehrten B ölte 6^)
und Ammanns^^); letzterer teilt die schon von MüUenhoff erwähnte Beschreibmig des
Schwerttanzes der Messerschmiede zu Nürnberg 1600 mit. Dann lässt er aus der Litteratur
und aus ungedruckten Urkunden weitere Nachträge, auch Musiknoten folgen und zählt
auch ausländische Schwerttänze auf, unter denen der Zejbeks hinter Smyrna dem deutschen
auffallend ähnelt. — Ueber die Feste im Volk und in der Dichtung handeln kleine Auf-
sätze von Tille^'^-ß^) und Wetzel^ö). — Von denModen'^O) erzählt nach gereimten Flug-
blätterndes 16./18. Jh. ein anonymer Zeitungsaufsatz ''i ). — Schultz "2) berichtet über
die Einbürgerung des Tabaks in Deutschland, und eine interessante Mode anderer Art,
die „Studiersucht" vor 100 Jahren, betrifft der Abdruck ''3) eines Artikels aus dem „Preuss.
Volksfreund" 1799, den F. F. Otter, Kandidat des Predigtamts im Elbingschen, einge-
sandt hatte. All diese Aufsätze bringen kleine Züge zur Physiognomie der Zeiten;
selten enthalten sie neues Material, seltener noch neue Gesichtspunkte. —
Noch enger schliessen sich an das „Milieu", die litteraturhistorisch allein wichtige
Seite der Ktdtvirgeschichte, die zahlreichen Lokalstudien an, welche in erfreulich
V. e. Deutschen. Leipzig, Hirschfeld. 309 S. M. 2,00. — 54) XX L- A. J. W. Sloet, De planten in het gcrmaansche volks-
geloof en Tolsltgebrnik. 's Gravenhage, Nyhoff. 98 S. Fl. 1,25. — 55) 0. Lohr, D. Linde e. deutscher Baum. Spandau, Schob.
Vm, 22 S. M. 0,60. |[HannCour. N. 16299.]| (Nicht erhalten.) — 56) E. Plaumann, D. deutsche Lindenpoesie. Progr. d.
kgl. Gymn. zu Danzig. 4«. 47 S. |[Fränkel: ZVK. 2, S. 445.]| (Vgl. o. 1, 3 N. 91.) — 57) X A. Abel, D. dickste Linde
Deutschlands: JllZg. 94, N. 2444. — 58) E. Bayer, Hundeliebhaberei. Hist. Beispiele aus d. Gesch. d. Kynologie: FränkKur.
N. 72 u. 77. — 59) D. Jagd u. ihre Sagen in alter Zeit: FremdenblS. 44, N. 103 u. 115. — 60) A. Edelmann, SchUtzen-
■wesen u. Schützenfeste d. deutschen Städte v. 13. bis z. 18. Jli. München, Pohl. V, 163 S. M. 6,00. — 61) E. Herrmann,
Ueber Lieder u. Brauche bei Hochzeiten in Kärnten: AAnthr. 19, S. 69—72. — 62) B. Stehle, Volkstümliche Feste, Sitten
u. Gebräuche im Elsass 1890: JbGElsLothr. 6, S. 161—80. — 63) C. Gander. D. wichtigsten Momente d. Lebens im Brauch
u. Glauben d. Volkes in d. Niederlausitz: MNLGAÜ. 1, S. 450—513. — 64) V. Gruss u. seinen Formen: ÖMOrient. 15,
N. 8 — 11. — 65) J. Holte, Z. Gesch. d. Tanzes: Alemannia. 18, S. 74 — 93. — 66) J. J. Ammann, Nachtrr. z. Schworttanz:
2DA. 34, S. 178— 210. — 67) A. Tille, Weihnachten bei unseren Klassikern: FelszMeer. 1890/1, S. 294/6. — 68) id., D. deutschen
Frühlingsfeste : Gartenl. N. 12. — 69) W e t z e 1 , Charfreitag in Sage u. Dicht. : NWürzbZg. N. 169. — 70j (III, 1 N, 11.) — 71) Modespott-
bilder aus 3 Jhh.: FränkKur. N. 20. — 72) Schultz, D. Einbürgerung d. Tabaks in Deutschland: Daheim 26, N. 33. —
73) Wgr., V. d. Studiersucht vor 100 Jahren. (Abdruck aus d. Preuss. Volksfreund. 1799, Heft 1.): NorddAZgS. N. 3. — 74) E
1,5: R. M. Meyer, Kulturgeschichte. 51
reicher Fülle aus allen Teilen Deutschlands hervorgehen. Am stärksten jedoch wenden
solche Länder, die an nationalen Grenzen stehen, ihren Blick der Beschreibung ihrer
Vorzeit zuj um an dem Anblick alter gut deutscher Kulturtradition sich zu erfreuen.
Siebenbürgen und die Ostseeprovinzen, Elsass und Deutschböhmen betreiben mit ganz
besonderem Eifer in Zeitschriften imd Vereinen die Lokalgeschichte. Daneben haben
sich immer die alten Reichs- und Hansestädte ausgezeichnet; aber auch das jüngere Berlin
pflegt seine Geschichte mit Enthusiasmus und Ausdauer. Einzelne Geschlechter betonen
lieber die genealogischen Zusammenhänge der Personen als die Kultiu-geschichte ihrer
Stammsitze; trotz ihrer oft sehr festen Verbindung mit bestimmtem Grund und Boden
fülilen sie sich in der idealen Heimat ihres Stammbavimes fester als in der realen ihres
„alten und befestigten Grundbesitzes" wurzeln, während der Städter der Atmosphäre
seines Geburtsortes auf seinen Charakter einen viel stärkeren Einfluss einzuräumen
pflegt als persönlicher Vererbung. —
Ueber grössere Gebiete erstreckt sich ein neuerdings wieder abgedruckter
Reisebericht 74) aus dem 18. Jh. — Ihnen schhessen sich alte und neue Lobsprüche auf
deutsche Städters— 76) ^n, nicht immer gerade das Charakteristische treffend. Zahlreich
sind dann die kulturhistorischen Lokalbilder, wie sie von HeyF'') für Tirol, von
Knittn^) für Steiermark, von Waizer'^^) für Kärnthen geliefert wurden. Anschaulich
und lebensvoll sind des unermüdlichen von Hörmann^O) „Jahreszeiten in den Alpen",
obwohl vielleicht, im Ton mindestens, selbst unter dem Einfluss der Alpenromane und
-dramen stehend, die aber ihrerseits immer noch genug daraus lernen können. — In ganz andere
Regionen fuhrt das Buch von BuchholtzSi). Es beschränkt sich nicht auf die Gegen-
wart, sondern führt in topographischen Ordnungen aus allen Epochen des Oldenburger
Landes Kulturbilder vor, vom höfischen Luxus und vom Klosterleben, vom Aberglauben
und vom Bauernwesen, von Anton Ulrich und Friedrich Wilhelm von Braunschweig.
Es liest sich selir angenehm und ist, wie es einer Festschrift geziemt, ungewöhnlich
hübsch ausgestattet und gedruckt. — Spezieller ist das Schriftchen von C. Günther82)
über Lauenbiu-g.^) —
Lokal und zeitlich beschränkt sind auch die Mitteilungen über einzelne Städte:
über Butzbach 84) im 15. Jh. und über Lippstadt^ö) im 17. und 18. Jh. Die Schwierig-
keiten, welche die gemeinschaftliche Oberhoheit der Staaten Preussen und Lippe mit
sich brachten, der Verfall der alten Stadtregierung und ihre Kämpfe mit dem Staat
werden belegt. — Besonders glücklich in der Schilderung der kulturhistorischen At-
mosphäre ist H. Lang es 86) Beschreibung der Stadt Fürstenfeld im 17. Jh. Die sämt-
lichen Verhältnisse einer kleinen Grenzstadt (Fürstenfeld liegt dicht an der Grenze
Ungarns) werden in übersichtHcher Ordnung glatt erzählt und in Anmerkungen zu
den typischen Erscheinungen Einzelheiten nachgetragen. Lein-reich sind z. B. die An-
gaben über Naturalabgaben zum „Stimmen" höherer Beamten, über das Rechtswesen
(Bestrafung einer Braut wegen Bruch des Ehe Versprechens), über die Landwirtschaft,
über Armen- und Sanitätswesen, und ganz besonders die Beispiele* von Aberglauben
und versuchter Hexerei. — Die hävifigste Form kulturhistorischer Lokalstudien ist indes
die rein topographische. An eine Wanderung durch die Stadt wird die Geschichte der
wichtigsten noch bestehenden oder früher vorhandenen Gebäude und Plätze geknüpft
und auf diese Weise denn allerdings das ,, Milieu" in eigentlichstem Sinne besonders
deutlich uns vor Augen gerückt. Am ausführlichsten ist Kischs^?) monumentales
Werk über Wiens Vorstädte, die Fortsetzung seines schönen Buches über die Wiener
Altstadt. — Ihm vergleichen sich in der Anlage die Basler Stadtbilder von Stock er 88).
Das sehr interessante Buch besclireibt eine ganze Reihe jener alten Patrizierhäuser, in
die Theodor Storm so gern seine Novellen verlegt; es ist reich auch an speziellen
Daten, die den Litterarhistoriker angehen. Wir treffen das grosse Haus der Gengenbach
und das bescheidene Geburtshäuschen Hebels. In Amerbachs Haus „zum Sessel" wohnt
Erasmus ; in Flicks Buchhandlung konzentriert sich zur Zeit Lavaters der litterarische Ver-
kehr Basels, In grosser Zahl beherbergen die Gasthöfe beinihmte Gäste: Schertlin
lOOj. Urteil über d. Schweiz: NZürichZg. N. 99 — 100; (Abdr. e. Stelle aus d. Reisebeschreibung d. Prof. Meiners in Gdttingen. —
Nicht erhalten.) — 75) Neujahrsbl. her. v. d. Stadtbibl. in Zürich auf d. Jahr 1890. Zürich, Höhr. 4". 16 S. m. 14 Lichtdr.-
Tafeln. M. 2,40. (vgl. u. II, 5 N. 23). — 76) H. Frey e, Preislieder deutscher Städte: SchorersFamBl. 11, N. 12. — 77) J. A.
Heyl, Gestalten u. Bilder aus Tirols Drang- u. Sturmperiode. Grösstenteils nach ungedruckten Quellen bearb. Innsbruck
Wagner. VIII, 203 S. M. 2,00. (Nicht erhalten.) — 78) M. Knittl, Kultur-Bilder aus Steiermark. 2. Ausg. Klagonfurt,'
Leon sen. 56 S. M. 0,80. — 79) R. Waizer, Kulturbilder u. Skizzen aus Kärnten. N. F. Klagenfurt, Kleinmayr. V, 147 S.
M. 2,40. — 80) L. V. Hörmann, D. Jahreszeiten in d. Alpen. Bilder aus d. Natur- u. Volksleben m. besond. Berücksichtig.
Tirols. Innsbruck, Wagner. VI, 191 S. M. 2,40. — 81) F. Buchholtz, Aus d. Oldenburger Lande. Bilder u. Skizzen.
Oldenburg, Stalling. V, 319 S. m. Vign. M. 5,00. — 82) C. Günther, Z. Kulturgesch. Lauenburgs im 16. Jh. Progr. Lauenburg.
21 S. M. 0,50. (Nicht erhalten.) — 83) (IV, 1 N. 74). — 84) E. 0 1 1 o , Mitteilung, aus d. städt. Archiv zu Butzbach : QBllHVHessen. S. 132.
(Nicht zugänglich; Bäckerordnung 1476. 1501.) — 85) Hesselbarth, Aus d. Gesch. Lippstadts im 17. u. 18. Jh. Progr. d.
Realgymn. N. 363. Lippstadt. 4". 16 S. — 86) H. Lange, E. steierische Stadt im 17. Jh. Graz, Moser. IV, 140 S. M. 1.60.
— 87) W. Kisch, D. alten Strassen u. Plätze v. Wiens Vorstädten u. ihre bist, interess. Häuser. E. Beitr. z. Kulturgesch.
Wiens. Wien, 0. Frank, gr. 40. 33/6 Heft ä, M. 1,50, Prachtausg. ä M. 2,00. — 88) F. A. Stocker, Basler Stadtbilder.
4*
52 1,5: R- M. Meyer, Kiilturgescliichte.
von Burtenbach und Ulrich von Hütten wohnen in der Goldenen Blume, Erasmus bei
sehier ersten Ankunft im Storchen, wo Oporinus und Paracelsus verkehren; in der
ICrone hält Felix Platter sein Doktormahl, im Wilden Mann machen Farel und Beza
ihrem Groll gegen Erasmus Luft, und in dasselbe Gasthaus ward 1799 Lavater depor-
tiert. Wir lernen den Schauplatz der Volksdramen, den Kornmarkt und das neue
Stadttheater kennen, und auch die fingierte oder wirkliche Bühne von Vorgängen
anderer Natur: englische Novellen spielen in den Drei Königen, ein Schwank des „Roll-
wagenbüchleins" auf dem Fischmarkt; im Weissen Hause trat Cagliostro auf, und auf
der grossen Steinbrücke wird der Verlust Strassburgs dem Minister Louvois gemeldet.
Isak Iselin ist Vorsteher eines Klubs; Andreas RyiF, „der vollendetste Typus des Basler
Kaufmanns seiner Zeit", Verfasser einer Selbstbiographie und eines Reisebüchleins, und
die Bibliothek der Fäsch zeugen für den Geist der Baseler Kaufleiite, ein hübsches
Dialektgedicht für den der städtischen Volkspoesie. Die winzigen und mit Figuren über-
ladenen Bilder sind nicht in gleichem Grad wie der Text zu rühmen. — So viel In- ■
teressantes könnte Ferbers^^) Buch über das alte Düsseldorf selbst dann nicht bieten,
wenn es mehr entliielte als die Nomenklatur der wechselnden Hauseigentümer; uns be-
rühren nur die Namen Jacobi und Heine; erwähnt ist das Haus, in dem Jacobi Goethes
Besuch empfangen haben soll. — Ganz unlitterarisch, doch lebhaft und anschaulich in
der Schilderung ist die Schrift von Bor eher dt^O) über das alte Hamburg. Zwar wird
von volkstümlicher Poesie manche Probe gegeben (ein klassisches Beispiel eines
„Volksdramatikers" neuesten Stils ist der Wirt Man-), auch drei Hamburger Satiriker sind
besprochen, nämlich Dreyer, der Revolutionsdichter Hocker, eine wenig bekannte, aber
nicht uninteressante Persönlichkeit, und der Lokalwitzling Schartau; aber auch liier
verrückt der lokalhistorische Standpunkt den litterarischen Gesichtspunkt vollständig.
— Rees^i) hübsch ausgestattete Wanderungen durch das alte Nürnberg erwähnen nur
ganz im Vorbeigehen den Pegnesischen Orden, Grübel und Hegel; dagegen sucht ein
sehr summarischer Ueberblick^s) Willibald Pirkheimer, Celtis, Lazarus Spengler, Hans
Rosenblüt und Hans Sachs auf ihren historischen Hintergrund zu stellen. ^3) —
Nächst den Städten werden am liebsten geistliche Stiftungen zum Gegen-
stand kulturhistorischer Lokalstudien gemacht. Uns sind deren diesmal nur zwei zu-
gegangen, deren eines eine ganze Reihe von Klöstern in einem Moment, an den Faden
einer Reise gezogen, zeigt, während umgekehrt das andere ein Kloster durch eine Reihe
von Jahren verfolgt. Gabriel Meiers ^4) Abdruck von P, Hauntingers Reisebericht
ist für die Gelehrtengeschichte von Wert durch die Nachrichten über zahlreiche Kloster-
bibliotheken, wie die von Schussenried, Zwiefalten und besonders Weingarten, die Augs-
burger Stadtbibliothek u. a. ; auch für die Kunstgeschichte ist der Geschmack des guten
Benediktiners wie der der von ihm besuchten zahlreichen Prälaten gewiss von sympto-
matischer Bedeutung. Man empfängt bei dem raschen Durchreisen durch diese un-
zähligen prächtig ausgestatteten Prälatensitze aber nicht den Eindruck, als seien sie
irgend noch unter die Herde der gelehrten oder gar der litterarischen Bewegung Süd-
deutsclilands zu rechnen. Immerhin sehen die geistlichen Herren mit Interesse Ifflands
„Verbrechen aus Ehrsucht" in München aufführen. Westenrieder treuen sie leider nicht
an, und mit Abscheu berichtet der Mönch, was er von dem Satiriker Wekhrlin in Nörd-
lingen gehört hat. — Das von SchlechtöS) sorgfältig herausgegebene und diirch gute
Anmerkungen und Register bequem brauchbar gemachte Tagebuch der Priorin des
Eichstätter Klpsters Mariastein bietet für die Geschichte des dreissigj ährigen Elends
manchen brauchbaren Zug, für die Litteraturgescliichte nichts direkt Verwendbares. ^^-^"^ ) —
Endlich erwähne ich hier noch Birlingers^^) Aufsatz über kirchliche Sitte und Sprache
in Wielands Vaterstadt vor der Reformation. ^^^ ) —
In die Kreise des städtischen Adels führt ein Aufsatz M. Herrmann s'^^"),
in welchem die Eltern von Charitas und Willibald Pirkheimer sowie Albrecht von Eyb
eine Rolle spielen. — Den Landadel Oesterreichs stellt in einem typischen Vertreter
Alt» Häuser u. Geschlechter. Mit 4 Bildern in Lichtdruck u. 3 Textillustrr. Basel, Georg. VIT, 351 S. M. 5,20. — 89)
H. Ferber, Hist. Wanderung durch d. alte Stadt Düsseldorf. Her. v. DUsseld. Geschichtsverein. Düsseldorf, Kraus. 188'.».
113 S. M. 2,00. — 90) A. Borcherdt, D. lustige alte Hamburg. Scherze, Sitten u. Gebräuche unserer Väter. Hamburg',
Dörling. 1889. 309 S. M. 4,00. (Die zweite Hälfte war mir noch nicht zugänglich.) — 91) P. J. R6e, Wauderungen durch
d. alte Nürnberg. 2. Aufl. Nürnberg, Schräg. VII, 58 S. M. 1,50. — 92) M. S ch ü s s 1« r , E. Wanderung durch Nürnberg: ÜL&M. (53, N. Ki.
(Ganz oberflächlich.) — 93) (II, 3 N. 21) — 94) Gabriel Meier, Süddeutsche Klöster vor 100 Jahren. Reise-Tagebuch d.
P. Nepomuk Hauntinger OSB. Köln, Bachern. 1889. XV, 114 S. M. 1,80. — 95) Eichstätt im Schwedenkriego.
Tagebuch d. Augustinernonne Clara Staiger, Priorin d. Klosters Mariastein, über d. Kriegsjahre 1631—50. Nach d. Orig.
d. k. b. Hof- u. Staatsbibl. her. u. erl. v. J. Schlecht. Eichstätt, Brönner. 1889. XXVIII, 374 S. mit d. Ansicht Eichstätts
V. .1. 1627. M. 7,00. — 96) X M. Gorges, Beitrr. z. Gesch. d. ehemal. Hochstiftes Paderborn im 17. Jh. unter Diodrich
Adolf V. d. Rech. Phil. Diss. Münster. (Nicht erhalten.) — 97) X J- Kootz, Kirchenvisitationen im siebenbUrg.-deutscbfn
Unterwald. E. Beitr. z. Kirchen- u. Kulturgesch. d. 17. Jh. Progr. MUhlbach. 4«. 328 S. (Nicht erhalten.) — 98) A.
Birlinger, Kirchl. Sitte u. Sprache Biberachs vor d. Reformation: Alemannia. 17, S. 94—112. — 99) X August Schmidt,
Bilder aus d. Berliner Leben in d. 20. u. 30. Jahren dieses Jh.: Bär. 16, N. 11—13. (Bedeutungslos. D. Zs. bietet sonst
mannigfache Belehrung.) — 100) M. Herrmann, Z. fränkischen Sittengesch. d. 15. Jli.: Germania, 35, S. 45—54. —
1,5: R. M. Meyer, Kulturgeschichte. 53
Pro 11101) dar; wir machen auf das Verzeichniss der Bücherei im Schlosse Perg anf-
merksam, wo sich neben Luther auch Guevara, Albrecht von Eyb, Macchiavelli finden.
„Die Greyl der Verwüestung des menschlichen Geschlechts" kaufte der Sammler zu Linz
um sieben Gulden, ixnd die zehn Teile des Buches Teophrasti Paracelsi, durch Job.
Huserum (Basel 1589/90), herausgegeben, um fünf Gulden. Beträchtlich ist des Landedel-
manns humanistische Bibliothek: Sadolet, Sturm, Melanchthon, zahlreiche Klassiker; von
fremden Autoren Petrarca; aber auch deutsche Volksbücher, Hans Sachs, Murner u. a.
feMen nicht. Unter den historischen Büchern finden wir Sleidan und Sebastian Franck,
Siebmachers Wappenbuch und Münsters Kosmographie. 1601 sclilägt der Besitzer den
Wert seiner Bücherei auf 300, 1612 auf 600 Gulden an; dazu kommt die Bibliothek seiner
Frau. Geringer als diese Bücherschätze des Erasmus von Rödem auf Perg sind die des
Wolf von Oedt auf Helfenberg; hier überwiegt die Unterhaltungslitteratur mit Volks-
und Schwankbüchern, Theuerdank, Hans Sachs, Albertinus' „Landstörtzer" vmd Opitzens
Gedichten; daneben zahlreiche historische Flugblätter und, charakteristisch genug, eine
ganze Reihe italienischer Werke, worunter Guarinis „Pastor Fido". —
Endlich seien noch Einzelheiten nachgetragen. Die an sich höchst wert-
vollen Strassbiirger Zmift- und Polizei -Verordnungeni^S)^ deren avisgezeichnete Ausgabe
in die Sorgfalt und Tüchtigkeit des reichsstädtischen Regiments hineinblicken lässt
und deren Stil mit seiner Kraft und Klarheit ebenso erfreulich ist wie ilir gesunder
Sinn, bieten für unsere spezielle Aufgabe nichts. — Nur anhangsweise, weil doch die
Sagen einer Gegend zu den wirklichen Verhältnissen in Beziehung stehen, erwähne ich
eineAnzalil von Schriften und Artikeln über Sagen aus dem Elsass^os), aus 0 esterreich i04-6)
und vom Harz'o?)^ —
Von der lokalen kommen wir zu der ständischen Spezialisierung. Die
nächste Berührung mit dem Stoff der Litteraturgeschichte bietet hier ein Aufsatz über
„Spielgrafen"i08) im Anschluss an W.Hertz' herrliches „Spielmannsbuch" wird das Leben der
Fahrenden und die Einrichtung der Spielgrafen, besonders in Wien, besprochen. —
Aber auch die Hofnarren stehen zur Geschichte der Litteratur in Beziehimg: sind sie
doch in gewissem Sinne Fortsetz er der alten höfischen Spielleute und zugleich für die
Dichtung, wie diese, ein beliebter Gegenstand. Ein mehr durch Rührigkeit als durch
Gründlichkeit auf diesem Gebiete bekannter Forscher, F. W. Ebeling 109), hat „die Kahlen-
berger" abgehandelt. Die ,, geschichtliche Einführung" ist trotz ihres hochfahrenden
Tons schwach. Die Würdigung von Anastasius Grüns „Pfaff von Kahlenberg" ist
höchlich misslungen; Dullers Bearbeitung einer apokryphen Kahlenberger- Anekdote
ist nur erwähnt. Ueber den Text ist hier nicht zu handeln; die Holzschnitte sind ganz
gut. Dem Zweck, anspruchslosen Lesern der Gegenwart das Schwankbuch zu er-
neuern, mag das vortrefflich gedruckte Schriftchen genügen; wissenschaftlichen Wert
vermögen wir ihm nicht zuzusprechen. — Späte Nachfahren des alten Hofnarren wie
KyauiiO) xmd Gundlingin-i^) sind mehrfach behandelt worden; ausser dem Umstand
selbst, dass sie wieder Literesse erregen, ist für unseren Zweck wichtiges hierbei nicht
zu bemerken. — Mit volkstümlicher Improvisation, die wie bei den ,, poetischen" Epi-
grammen der Hofnarren immer noch alte Tradition zeigt, macht ein Aufsatz von
Treichelii3) über Handwerks-Ansprachen bekannt. Es verlohnte wolil, einmal eine
Geschichte der deutschen Stegreifdichtung zu schreiben; man würde wahrscheinlich für
die berühmte Streitfrage nach dem Ursprung der Lyrik, für das Verhältnis zwischen
Dichter, Spielmann und Publikum daraus manches lernen können. — Nur lose grenzen
an unser Gebiet allerlei andere Arbeiten zur sozialen Kulturgeschichte an. Ein Artikel
schildert das Wanderleben dreier esthländischer Maler 1^4 ); ihre Begegnung mit den
Nazarenem in Rom, einen Ueberfall durch Banditen um 1817, Kostüm und Reisewagen
jener Zeit, in anschaulich anmutiger Weise. — Ausser diesem zufälligen Bruchstück einer
unübersehbaren und nur zum kleinsten Teil für die Litteraturgeschichte irgend bedeut-
samen Litteratur sind die Aufsätze über das Leben eines Baseler Kaufmanns 1*5) und
zur Geschichte altnürnbergischen Gesellenwesens"6a) sowie die Satzungen der Görlitzer
101) L. Pröll, E. Blick in d. Hauswesen eines österr. Landedelmanns aus d. ersten Viertel d. 17. Jh. JB. d. Staatsgymn. im
8. Bezirke Wiens 28/9. 1888/9. 47 u. 49 S. — 102) Strassljurger Zunft- u. Polizei-Verordnungen d. 14. u. 15. Jh. ausgew. u.
zusammengestellt V. J.Bruder. Nebst Glossar v. J. Brucker u. G. Wittly. Strasshurg, Trllhner. 1889. XII, 625 S. M. 12,00.
— 103) Bargmann, Elsässer Sagen: JhGElsLothr. 6, S. 131/2. — 104) XX ^r- Franziszi, Sagen aus d. GaiKhale:
NCarinthia. 1, S. 129—31. — 105) F. J. Vonbun. D. Sagen Vorarlbergs. 2. Ausg. M. e. Lebensabrisse Yonbuns v. H. Sander.
Innsbruck, Wagner. X, CVI, 314 S. M. 5,60. (Nicht erhalten.) - 106) (IV, 2 N. 71). — 107) M. E i c hie r , Harz-Sagen. N. 8-18. Harzburg,
Stolle. 160. je M. 0,10. (Nicht erhalten.) - 108) F. S c h i n z e r , Spielgrafen : NFPr. N. 9219. - 109) F. W. E b e 1 i n g , D. Kahlenberger.
Z. Gesch. d. Hofnarren. M. 39 Holzschnn. Berlin, LUstenöder. VIII, 205 S. M. 4,00. | [VossZg. N. 121.] | (Vgl. u. II, 3 N. 15.) - 110) K.
Gander, Wahrheit u. Dichtung aus d. Leben e. Spassvogels vor 200 Jahren (S. u. III, 5 N. 22). — lli) Krauske, D. Litt,
tiber J. P. v. Gundling: Post N. 138. (Referat über e. Vortrag im VGMarkBrandenburg.) — 112) E. Lavisse, Un homme de
lettres ä la cour du roi sergent: Figaro Suppl. N. 7. — 113) A. Troichel, Handwerks-Ansprachen: AltprMschr. 27, S. 642—60.
— 114) Aus d. Wanderjahren dreier esthländ. Maler: BaltMschr. 36, N. 8/9; 37, N. 1/2. — 115) D. Leben e. Baseler Kaufmanns:
Nordwest. 13, N. 1. — 116) B. Schönlank, Z. Gesch. altntlrnberg. Gesellenwesens: JNS. 19, S. 337-95; 588—615. — 117) B.
54 1,5: R. M. Meyer, Kulturgeschichte.
Böttcherinnung 11'') uns zugegangen — lose fliegende Zettel, deren buntscheckige Auf-
zählung wenigstens die Vielseitigkeit des kulturhistorischen Betriebs der Gegenwart illu-
strieren mag. ■ — Zur Bildungsgeschichte Deutschlands führt ein Artikel von Kl ein -
Schmidt 118) zurlick, der die Aufhebung der Universität Helmstedt und die Zerstörung
des Lustscliiosses Salzdahlum schildert; Joh. von Müller steht im Mittelpunkt, eine
beklagenswerte Erscheinung, immer Hoffnungen erregend und täuschend. —
Damit sind wir bei der letzten Verengung kulturhistorischer Studien angelangt:
bei der einzelnen Persönlichkeit als Mittelpunkt eines kulturgeschichtlichen Gemäldes.
Hier kommt die Grundfrage unseres ganzen Referates, die nach der Abhängigkeit der
Persönlichkeit von ihrer Umgebung, am vollsten zum Ausdruck; und für uns ist ja
schliesslich doch die Uebersetzung eines Zeit- oder Ortcharakters in eine lebendige Per-
sönlichkeit das beste, wenn nicht das einzige Mittel, jenen Charakter der Verhältnisse
zu verstehen. Vor allem ist auf die Allgemeine Deutsche Biographie zu verweisen, die
in ihren Bänden 30 — 31119) wieder eine wahre Fundgrube kulturhistorisch interessanter
Bilder ist. Wir zählen hier bloss auf die Artikel über den livländischen Chronisten
Russow (30, S. 15); den berühmten, nach höchster Anerkennung zum Schaifot geführten
österreichischen Feldmarschall Russworm, der auch bei Clir. von Schmid und Hopfen
wegen seiner Thätigkeit in den Kämpfen zur Zeit Max Emanuels eine Rolle spielt
(30, S. 19) ; Rüstow, den Kriegsschriftsteller (30, S. 39) ; Goethes Preund Rochlitz, den
Musikschriftsteller und Vf. des ,, Tagebuchs der Schlacht bei Leipzig" (30, S. 85); Röhr,
den Weimarischen rationalistischen Generalsuperintendenten (30, S. 97) ; den National-
ökonomen Sailer, in dessen Leben modernste Gelehrtennot sich abmalt (30, S. 127);
den Theologen und Spruchsammler Sailer (30, S. 179) ; die graubündische Famüie der
Salis, dabei der Dichter (30, S. 233 f.); K. Sand, Kotzebues Mörder, (30, S. 338); den
lüneburgischen Prälaten Schaper, eine charakteristische Figur aus der Zeit der
streitbaren evangelischen Landestheologen (30, S. 572); Scharnhorst, der so be-
redt die politische Bedeutung der Poesie pries (30, S. 588); Scharrer (30,
S. 601), einen typischer Grosskaufmann und Stadtvater modernsten Gepräges;
Scheffiier, dessen Autobiographie in das Königsberg Kants führt (30, S. 685); Scheibel,
das Haupt der Altlutheraner (30, S. 693) ; endlich Schelhorn, der Autor der „Amoenitates"
(30, S. 756). Band 31 schildert den Theologen Schenkel, eine bezeichnende Gestalt
aus der Zeit des Kampfes um D. Fr. Strauss (31, S. 82); Schick, den Maler (31, S. 161);
den Schinderhannes, den ja schon R. M. Werners „Lyrik und Lyriker" in die Poetik
eingeführt hat (31, S. 281); die Schlagintweits, eine moderne Entdeckerfamilie (31, S. 336);
Schieiden, dessen Leben eine neue Aera in der Geschichte der Zellenlehre bedeutet
(31, S. 417); Graf Sclilick, den Helden von Pius' IL Novelle (31, S. 500); Schloezer
(31, S. 567); Schlüter, den Freund Annettens von Droste (31, S. 607); Schmalz, der die
Demagogenhetze entzündete (31, S. 624). — Von einzeln erschienenen Aufsätzen bio-
graphischer Natur erwähne ich hier die über die Siebenbürger Wolfgang Forsteri^O) und
G. M. G. von Herrmanni2i), sowie Kleinschmidtsi^S) Artikel über Jakob Fugger. Aus
der Biographie Herrmanns sei die Schilderung eines Kindertheaters hervorgehoben. —
Von Briefausgaben mögen die der Briefe Thomas Platters an seinen Sohn Felixi23) und
die der Herzogin Maria Anna Christina von Bayern, Gattin des Dauphins 124), genannt werden ;
letztere sind durch Treuherzigkeit und Orthographie ein bescheidenes aber liebenswürdiges
Gegenstück zu den unschätzbaren Briefen jener anderen süddeutschen Prinzessin in Paris,
der Lise Lotte. —
Wir sind hiermit bei unserem Umgang um die Kultvu'geschichte als Hilfs-
wissenschaft der Litteraturgeschichte wieder zum Ausgang zurückgelangt. Von den
allgemeinsten Grundfragen gingen wir aus und endigen mit der Betrachtung der einzelnen
Persönlichkeit; überall aber suchten wir für Träger und Gegenstände der Litteratur-
geschichte aus ihren historischen Umgebungen Licht zu gewinnen. Ist unser Referat
diesmal nur ein Schatten dessen, was es sein sollte, so beweist es doch vielleicht selbst
so schon in der Herausziehung des realen Elementes, welche Bedeutung gerade dieses
für die Litteratur, die Litteraturgeschichte und die Kultur der Gegenwart beansprucht. —
Je cht, Satzungen d. GOrlitzer BOtteherinnung aus d. 15. Jh. (Z. 60. Vers. d. deutsehen Philoll.) Görlitz, Janike. 4". 12 S. —
118) A. Kleinschmidt, Aus Braunschweigs westfiil. Periode: WJDM. 68, S. 739— 46. — 119) AUgem. deutsche Biographie, her.
n. red. v. R. v. Liliencron u. Fr. X. Wegele. Bd. 30/1. Leipzig, Dunckor & Humblot. 796; 795 S. jeder Bd. M. 14,00. —
120) R. Schuller, Wolfgang Forster. Bistritzer Stadtgesch. aus d. Anf. d. 16. Progr. Schässburg. 4». 41 S. (Nicht erhalten.)
— 121) J. Gross, Georg Michael Gottlieb v. Herrmann u. seine Familie. KronstMdter Kultur- u. Lebensbilder: AVSiebonbllrgLK.
22, S. 93-328. - 122) A. Kleinschmidt, Jakob Fugger: FolszMeer., S. 1591-1607. - 123) Thomas Platters Briefe an
seinen Sohn Felix, her. v. Burckhardt. (S. u. 11,8.) — 124) L. y. Beckh-Widmanns te tter, Briefe d. Herzogin Maria
Anna Christina v. Bayern, vermählte Dauphine v. Frankreich: ZDKG. 1, S. 188—213. —
1,6: K. K ehr b ach, Geschichte des Unterrichtswesens. 55
1,6
Geschichte des Unterrichtswesens.
Karl Kehrbach.
Geschichte der Pädagogik: Gesamtdarstellungen N. 1. — Methodik N. 4. — Einzelne Pädagogen und ihre
Theorien N. 7. — Diesterweg N. 31. — Prinzenerziehung N. 53. — Geschichte der Unterriehtsanst alten: Urkunden-
publikationen: Schulordnungen N. 55. — Matrikeln N. 59. — Darstellungen: Universitäten: Gesamtgeschichte N. 61;
Einzelbeiträge N. 66. — Akademien N. 73. — Gymnasien N. 74. — Volksschulen N. 90. —
Neue Gesamtdarstellungen der Geschichte der Pädagogik liegen nicht
vor; die beiden Werke von Dittes i) und Kehrein 2), deren erstes den evangelischen
Standpunkt vertritt, während das zweite sich an katholische Leser wendet, sind in
neunter verbesserter Auflage erschienen, K.s Buch, das objektiv umfassendere, in neuer
Bearbeitung von J. Kays er. — Zu erwähnen ist die Arbeit von J. Baumann 3), der
jedoch in der „Geschichte der pädagogischen Theorien", dem ersten Teile seiner „Ein-
führung in die Pädagogik", lediglich von praktischen Gesichtspunkten ausgeht. B. verlangt
von dem Lehrer, das er das gegebene Schulwesen seinen tieferen geschichtlichen Gründen
nach verstehen müsse. Dies aber bedinge Kenntnis der pädagogischen Theorien der
Vergangenheit; so wird also hier nur das gegeben, wovon der Vf. auf Grund seiner
Gymnasiallehrerpraxis glaubt, dass es für den Lehrer der höheren Schulen im Beginn
seiner Laufbahn unentbelirlich sei. —
Ueber die Geschichte der Methodik des Religionsunterrichts liegt von evange-
lischer Seite eine Arbeit vor, welche in zwei Hauptteile zerfäUt. Den ersten Teil dieser
Arbeit, die Geschichte des Unterrichts in der biblischen Geschichte, der Katechismus-
lehre und der Bibelkunde, lieferte G. Schumann*), der zunächst über die religiöse
Erziehung des Neuen Testaments, der Kirchenväter und des Mittelalters eingehend han-
delt. Von dem Katechismusunterricht bei Waldensern und Böhmischen Brüdern geht
er dann über zur Darstellung der Religionslehre im Zeitalter der Reformation bis zum
Beginn des 30 j. Krieges; in erster Linie wird der Verdienste Luthers und seiner An-
hänger, sodann aber auch der gleichzeitigen Arbeiten der katholischen und reformierten
Kirche gedacht. Die beiden folgenden Abschnitte, die dem Pietismus und dem Ra-
tionalismus gewidmet sind, beschäftigen sich einerseits mit Comenius, Spener und dem
Herzog Ernst von Gotha, andrerseits mit dem Ursprung des deutschen Rationalismus
und dem Plxilantropinismus ; das Schlusskapitel behandelt die neueste Zeit seit den Be-
freiungskriegen. Sperber befasst sich im zweiten Teile des Buchs mit der Geschichte
der Behandlung des Kirchenliedes, besonders mit Luther: dieser ward recht eigentlich
der Schöpfer des Kirchenliedes für die Volksschule, welche dann auch an den Liedern
Katechese übte und die Verse erklärte. — Bürge 1 ^) verfasste eine Geschichte der Me-
thodik des Religionsunterrichts in katholischen Volksschulen. Er behandelt zunächst
die Methodik der Katechese im kirchlichen Altertum, im Mittelalter, in der Reformations-
zeit und in den folgenden Jhh. Der zweite Teil behandelt den geschichtlichen, der dritte
Teil den praktisch-liturgischen Religionsunterricht. Den einzelnen Paragraphen ist eine
Angabe der Quellen vorgedruckt. — In einem kurzen, aber gediegenen Aufsatze hebt
Langer 6) unter Heranziehung historischen Materials hervor, dass bei dem Streit über die
Organisation des gelehrten Unterrichts schon früh das Utilitätsprinzip, der Grundsatz näm-
lich, „dass das, was auf der Schule gelehrt werde, im späteren Leben direkte Anwendung
finden müsse", sich geltend gemacht habe; L. selbst ist Gegner dieses Prinzips. —
Die Untersuchungen über einzelne Pädagogen und ihre Theorien sind
vielfach gefördert. Aus den Schriften des Erasmus und seinen Briefen, deren voll-
ständige Veröifentlichung freilich erst noch zu erwarten ist, zieht Becher'') die An-
sichten des Erasmus über die früheste Erziehung von Knatsen und Mädchen. Ueber
I) F. Dittes, Gesch. d. Erziehung u. d. Unterrichts. Für deutsche Volksschullehrer. 9. verb. Aufl. Leipzig,
Berlin, Wien, Klinkhardt. VIII, 272 S. M. 2,00. — 2) Kehrein, Ueberblick d. Gesch. d. Erziehung u. d. Unterrichts für
Zöglinge d. Lehrerseminare u. z. Vorbereitung auf d. in d. allgem. Bestimmungen angeordneten Prüfungen. Neu bearb. v.
J. Kayser. 9. Aufl. Paderborn, Schöningh. XVI, 381 S. M. 2,50. — 3) J. Baumann, Einführung in d. Pädagogik. Gesch. d.
pädagog. Theorien. Allgem. Pädagogik (pädagog. Psychologie). Leipzig, Veit & Co. VIT, 120 S. M. 2,00. — 4) G.Schumann
u. E. Sperber, Gesch. d. Religionsunterrichts in d. evang. Volksschule. (= Gesch. d. Methodik d. deutsch. Volksschulunterrichts
her. V. C. Kehr. 2. Aufl. Bd. VI A.) Gotha, Thienemann. 155 S. M. 2,00. — 5) F. W. Bürgel, Gesch. d. Methodik d. Keligions-
unterrichts in d. kathol. Volksschule. (= Gesch. d. Methodik d. deutschen Volksschulunterrichts her. v. C. Kehr. 2. Aufl.
Bd. VI B.) Gotha, Thienemann. X, 305 S. M. 4,00. [[Probst: LHandweiser. N. 517.]|— 6) P. Langer, D. Utüitätsprinzip in d.
Entwicklung d. gelehrten Unterrichts. Progr. d. Gymn. zu Ohrdruf. Jena, Engelhard - Beyher. 40. 15 S. |[Bonghi:
Cultura 19. Okt.; Bender: JBHSchulw. 5, S. I, 9110.]! — ' 7) B. Becher, Ansichten d. Desiderius Erasmus über Er-
56 1,6: K. Kehrhach, Geschichte des TJnterrichtswesens.
die Wichtigkeit des Erzieheramts, über die Notwendigkeit einer Ueberwachung des
ersten (Privat-) Unterrichts, im Hause durch die Eltern, über die Vorzüge des
Einzehuiterrichts im Gegensatze zum Massenunterricht, über die hygienischen Mass-
regehi, die vielfach an Eordenangen der Gegenwart anklingen, über die Ueberbürdung,
die durch die Sorgfalt der Lehrer vermieden werden könne, und über Fürstenerziehung
spricht Erasmus und betont, dass die Erziehung der Mädchen eine schwerere Auf-
gabe sei als die der Knaben. Mit Recht verweist B. auf die Aehnlichkeit, welche zwischen
Erasmus, Locke und den Philanthropinisten herrscht. — Von dem Gesichtspunkte aus-
gehend, einige wichtigere Schriften der für die Gestaltung des deutschen Volksschul-
wesens massgebenden Pädagogen zu bieten, hat Mol dehn ^) eine Auswahl pädagogischer
Arbeiten Luthers zusammengestellt. In verkürzter Eorm druckt er den „Sermon vom
ehelichen Stand" ab, welchem sich das Sclireiben „An die Ratsherren aller Städte
deutschen Landes, dass sie christliche Schulen aufrichten und halten sollen", anschliesst.
Dem „Sermon oder Predigt, dass man solle Kinder zur Schule halten", folgt die „Vor-
rede D. Martini Lutheri" zum „kleinen Catechismus" usw. Aus dem „Passionalbüchlein"
von 1545 ist die Vorrede (über Bilderbücher beim Gebrauch des Religionsunterrichts)
entnommen. M. druckt darauf Luthers Vorrede zu dem jetzt beinahe ganz vergessenen
Buch „Historia Galeatii Capellae" ab, in welchem Luthers Ansicht über den Wert der
Geschichtsschreibung zum Ausdruck kommt. Eine kurze Zusammenstellung der wich-
tigsten Aussprüche Liithers über Erziehung und Unterricht schliesst das Buch. — Rost ^)
bietet in seiner fleissigen Dissertation die Litteratur von und über Bugenhagen, schildert
Bugenhagens Wirkungskreis und Schriften, charakterisiert seine Kirchenordnungen und
ihre Nachbildungen, weiter seine Verdienste um die Reform der Volksschulen und der
höheren Bildungsanstalten; er unterlässt es niclit, die Uebereinstimmungen und Ab-
weichungen hervorzuheben, die sich bei einem Vergleich Bugenhagens mit Luther er-
geben. ■ — Ueber zwei protestantische Schulmänner des 16. und 17. Jh., über Matthias
Schenck und Georg Schedius berichtet Bolteio-ii). Schenk (1517—1571), Schüler
Sturms, Rektor in seiner Vaterstadt Konstanz, sodann in Augsburg, wo er mit Hieronymus
Wolf sich in die Leitung der Schule teilte, schrieb über Schiilreform, gab die Grammatik des
J. Rivius und die „Nomenclatura" des H. Junius heraus, verfasste „Elementa pietatis et
litterarum" und übersetzte, wahrscheinlich zu Schulzwecken, den Terenz in Prosa.
Schedius (1580 — 1650), zunächst Schulmeister in Mähren, sodann Rektor in den mecklen-
biu"gischen Städten Bützow und Güstrow, hinterliess lateinische Schuldramen, in denen
er biblische Stoffe mit grosser Weitschweifigkeit behandelt und bei deren Abfassung
Sturms Schüler H. Junius sein Vorbild gewesen ist. — Kurz charakterisiert Her ding 12)
die pädagogischen Bestrebungen Sturms, der Jesuiten, des Ratichius, Comenius, Lockes,
Arnold Reyhers, A. H. Eranckes und des Pietismus, ohne dabei irgendwelche neuen
Ansichten zu bieten. — Wenn R. Günther ^3) von „pädagogischen Berührungs-
punkten zwischen Locke und Francke handelt, so ist dabei nicht daran zu denken,
dass Locke auf Francke oder Francke auf Locke eingewirkt habe. Unabhängig von
einander, von ganz verschiedenen Weltanschauungen beherrscht, kommen sie doch Irin-
sichtlich der physischen Erziehung, der Zucht und auch in vielen Fragen des Unter-
richts zu ganz gleichen Forderungen. — Aus H.A. Franckes „Oeftentlichem Zeugnis vom
Werk, Wort und Dienste Gottes" (1702) sind uns die pädagogisch wichtigen Pai'tien in
einem modernisierenden Neudruck durch Gänsen^*) zugänglich gemacht, nämlich N. 1:
„Kurzer und einfältiger Unterricht, wie die Kinder zur wahren Gottseligkeit und christ-
lichen Klugheit anzuführen sind", N. 4: „Von der Erziehung der Jugend" (verfasst 1697,8),
femer aus der „Ordnung des Waisenhauses" ein Abschnitt: „Was von den Lehrern zu
beobachten", endlich eine erst später im Archiv des Waisenhauses aufgefundene, zuerst
von Kramer und Vormbaum in den ,, Evangelischen Schulordnungen" publizierte ,, In-
struktion füi" die Präzeptores, was sie bei der Disciphn wohl zu beobachten", die nach
dem Urteil des Herausgebers nicht von Francke stammt, jedoch in seinem Geist verfasst
ist. Die Einleitung stellt das Wichtigste über Franckes Leben, Stiftungen und Lehrart
kurz, aber sehr instruktiv zusammen. — Zum ersten Male vrird eine umfassende Ge-
schichte des Philanthropinismus auf Grund der bis jetzt erschienenen Quellenschriften
und unter Hinzufügung von bisher noch nicht veröifentlichten Aktenstücken zur Ge-
schichte Basedows in dem Werke Pinloches ^^) geboten. Der bisher von den meisten
I
Ziehung und d. ersten Untcrr. d. Kinder. Phil. Diss. Leipzig, Gruinbach. 45 S. — 8» A. Mol dehn, Luthers pKdiig. Schriften
lllr Seminaristen u. Lehrer ausgew. u zus.-gest. Breslau, Hirt. 58 S. M. 0,60. |[DSchulZg. 1891, N. 48; "WürttSWBl. 1891,
N. 4; DLehrerZg. 1891, N. 5 (LB1.).]| — 9) .1. R. Rost, D. pädag. Bedeutung Bugenhagens. Phil. Diss. Leipzig-Reudnitz, M. Hoflf-
mann. 74 S. — 10) J. Bolte, M. Schenck: ADB. 31, S. 56. — II) id., Georg Schedius: ib. 30, S. 663. — 12) W. Herding,
E. Gang durch d. Gesch. d. Pädagogik v Montaigne bis Rousseau. (Einl.) Progr. d. Studionanstalt. Erlangen, Blaesiug. 32 S.
M. 0,80. — 13) R. Günther, Pädag. Berührungspunkte zwischen Locke u. Francke. Phil. Diss. Leipzig, Gnimbach. 35 S. — 14) A. H.
Franckes wichtigste pttdag. Schriften her. v. J. Gänsen. (= Samml. d. bedeutendsten pädag. Schriften aus alter u. neuer Zeit Bd. 3).
Paderbüm, Schöningh. 147 S. M. 1.00. — 15) A. P i n 1 o c h c , La r<5fonue de l'ßducation en Allemagno au 18. sifecle. Basedow et le philan-
1,6: K. Kehrbach, Geschichte des Unterrichtswesens. 57
angenommenen Beeinflussung Basedows durch Rousseau setzt der Vf. Einwirkungen
von Locke, Comenius und de la Chalotais auf Basedow entgegen, eine Hypothese, deren
Bestätigung weiterer Quellennachweise sehr bedürftig ist. So hat G. Schmidt i«) auf
den Einfluss hingewiesen, der von Heyne und dem Neuhumanismus auf Basedow ^'^)
ausgeübt wurde, ehe dieser von Rousseau und Chalotais ausgehen konnte. — Sehr
wichtige Beiträge liefert auch Bosse i^-i^) durch Herausgabe bisher unbekannter Briefe
aus philanti'opischen Kreisen und einen Aufsatz über Hundeiker. — Durch Lötzes20)
Dissertation, die einen Beweis von der fleissigen Durchforschung der zahl- und umfang-
reichen Werke Campes giebt, wird ein umfassender Ueberblick über die pädagogischen
Bestrebungen Campes gewonnen. — Zum ersten Male wird in ausführlicher Weise unter
Hinzuziehung von bisher noch nicht veröffentlichten Materialien von Nitzold 21) Wolkes
Thätigkeit als Erzieher in der Familie Basedows und am Philanthropin dargestellt. Die
Campe behandelnden Abschnitte können als eine Ergänzung der vorher genainiten Arbeit
Lötzes gelten.22) — Schneidawind 23) giebt neben biographischen Nachrichten eine
Darstellung der pädagogischen Bestrebungen Kefers (1768—1802), der durch die von ihm
ohne Mithilfe des Staates oder der Behörden 1793 begründeten bürgerlichen Feiertags-
schule für Handwerksjungen und -gesellen eine Muster- und Mutterschule für die bay-
erischen Fortbildungs-, Gewerbe- und Fachschulen schuf. — Die Publikationen, welche
Salzmann, Kant und Pestalozzi behandeln, sind in dem Berichte über die Didaktik des
18./19. Jh.(IV,6N. 24-31; 21-23; 32-39) besprochen. — Von der grossen durch Kehrbach 24)
besorgten textkritischen Ausgabe der sämthchen Werke Herbarts ist der 5. Band im
Berichtsjahre erschienen, der die Schriften der Jahre 1819 — 1824 umfasst. — Eine neue
erweiterte Auflage von Herbarts pädagogischen Schriften in der Ausgabe von Bartho-
lomaei hat Sallwürk25) erscheinen lassen. Die Texte sind nach den Originalausgaben
und nach Hartensteins und Kehrbachs Gesamtausgaben geprüft worden. In der Bio-
gi'aphie wurden die durch neiiere Veröffentlichungen notwendig gewordenen Zusätze
von S. mit grosser Genauigkeit eingefügt. 26) — Aus dem Nachlasse des bekannten El-
sässer Theologen Bruch ist von einem Anonymus 27) eine Darstellung seiner Lebens-
geschichte und seiner Wirksamkeit gewonnen worden. Die Aufzeichmmgen Bruchs
umfassen seine Thätigkeit von 1821 — 1872 als Akademiker, Prediger, Gymnasiarch,
kirchlicher Administrator und Schriftsteller. — Ueber den Schulmann und Dichter
Moebius, der als Oberschulrat in Gotha starb, hat Schmeisser 28) eine kleine Arbeit
veröffentlicht, welche uns das Leben und den Charakter eines Jugendbildners von kind-
lich frohem Gemüt und voller Begeisterung für seinen Bei-uf in kräftigen Zügen schildert.
— Auch zwei hervorragende Geschichtsschreiber der Pädagogik sind biographisch be-
handelt worden: Karl Adolf Schmid und Karl Schmidt. Schmid (1804 — 1887), dessen
Leben Schott 29) geschildert hat, Rektor in Esslingen, Ulm, Stuttgart, ist der Heraus-
geber der bekannten „Encyklopädie des gesamten Erziehungs- und Unterrichtswesens"
und der noch im Erscheinen begriffenen, von Schmids Sohn weiter geführten „Geschichte
der Erziehung vom Anfang bis auf unsere Zeit". Schmidt (1819 — 1864), über denHoche^o)
berichtet, Schulrat in Gotha, der „antlu-opologische Pädagog", war Anhänger der Phre-
nologie, welche die Wissenschaftlichkeit seines bedeutendsten Werkes, der „Geschichte
der Pädagogik", bedenklich geschädigt hat; ihr Einfluss wird jetzt erst in der von Dittes
und Hannak besorgten Neuauflage beseitigt. —
Besonders reich war im Berichtsjahre die Litteratur über Diester weg, da am
29. Oktober hundert Jahre seit seiner Geburt verflossen waren ; die folgenden Schriften sind
durch dieses Jubiläum veranlasst. Als „Jubiläumsausgabe" ist die 1877 von Langen-
berg^i) auf Veranlassung des Verlagsbuchhändlers Diesterweg, eines Sohnes des Jubi-
lars, veröffentlichte Ausgabe der ausgewählten Schriften aufgelegt worden, ohne dass
thropinisme. Paris, A. Colin & Co. 1889. VIII, 597 S. | [H.Mari ou: RP6dag. N. 4; F. E. P errens: HESS. N. 9; Eh.: LCBl. S. 1446 ;
F. Wintterlin: AZgB.l. Nov.;F.Dittes:Paedagogium 13,8.208—10; E. v. SallwUrk: DBIEU. 1891, N. 1— 2;Th. Ziegler:
DLZ.12, S. 539-41; K. Hartfelder: BPWS. 1891, N. 37.]1 — 16) G. Schmid, J.B.Basedow u. d. Entwicklung seiner pädag.
Ideen. Programm. St. Petersburg. 98 S. — i7) (IV, 6 N. 25). - 18) (IV, 6 N. 27). - 19) Bosse, D. Edukationsrat Dr. J. P.
Hundeiker u. d. Erziehungsanstalt zu Vechelde: ZHarzV. 23, S. 429—72. — 20) C. Lötze, J. H. Campe als Pädagog. E. Beitr
z. Gesch. d. Pädagogik im Zeitalter d. Aufklärung. Phil. Diss. Leipzig-Keudnitz, M. Hoffmann. 57 S. — 21) F. F. N i t zold, Wolke
am Phiianthropin zu Dessau. E. Beitr. z. Gesch. d. Pädagogik im 18. Jh. Leipziger Phil. Diss. Grimma, Bodo. 143 S. — 22) X A.
Trinius, Marienthal. Fr. Froebels erster Kindergarten: MagdeburgZg. N. 231. (Skizze v. Fröbels Leben.) — 23) K. Schneida-
wind, Franz Xaver Kefer: OberbayrA. 46, S. 231—41. — 24) J. F. Herbart, Sämtl. Werke in chronolog. Reihenfolge her. v.
K. Kehrbach. 5. Bd. Langensalza, Beyer. XIV, 434 S. M. 5,00. — 25) X id., Pädagog. Schriften. Mit Herbarts
Biogr. her. v. F. Bartholomaei. Neu bearb. u. mit erläut. Anmerkk. vorsehen v. E. v. S allwUrk. 1. Bd. (= Bibl. pädag.
Klassiker.) Langensalza, Beyer. XII, 428 S. M. 2,50. — 26) X Ernst Wagner, Vollständige Darstellung d. Lehre Herbarts.
(Psychologie, Ethik u. Pädagogik.) Z. Studium für Lehrer u. Freunde d. Pädagogik. Mit d. Bildnisse Herbarts. 5. Aufl. (= D.
Klassiker d. Pädagogik. Bd. 1.) Langensalza, Schulbuchhandlung. VIII, 398 S. M. 4,00. — 27) X J- F. Bruch, Seine
Wirksamkeit in Schule u. Kirche 1821-72. Aus seinem hs. Nachlasse her. v. Th. G. Strassburg, Heitz. VII, 103 S. M. 2,60.
— 28) R. Schmeisser, Dr. Paul Möbius als Schulmann u. Dichter. Jena, Mauke. 16 S. (S.-A. aus d. LZThüringen.) —
29) Th. Schott, Karl Adolf Schmid: ADB. 31, S. 676/9. - 30) R. Hoche, Karl S. Schmidt: ib. S. 770. — 31) E. Langen-
berg, Adolf Diesterwegs ausgew. Schriften. 2. Aufl. 1. u. 2. Bd. Frankfurt a/M., Diesterweg. VIII, 400 S.; IV, 400 S. jeder
58 1,6: K. Kehrbach, Geschichte des Unterrichtswesens.
irgend welche Aenderungen vorgenommen wären. Die ausgewählten Schriften bestehen
in Aufsätzen und Abhandlungen, die D. in dem Zeitraum von 1830 — 1866 in den
„Rheinischen Blättern" und dem „Pädagogischen Jahrbuch" veröifentlicht hat. — Auch
von dem ersten Teile des „Wegweisers", dessen Abfassung in die erste Zeit von Diester-
wegs Wirksamkeit an dem neu errichteten Seminar für Stadtschulen in Berlin fällt
und dessen erste Auflage 1835 herauskam, während die vierte und letzte 1850 erschien,
ist durch Karl Richter^s) eine Jubiläumsausgabe veranstaltet worden. Der „Weg-
weiser" „bezeichnet nicht nur als ein Markstein die Höhe, bis zu welcher sich damals
Theorie und Praxis der Volksschulpädagogik unter den nachwirkenden Ideen Pesta-
lozzis und den einflussreichen Bestrebungen von Männern wie Niemeyer, Schwarz,
Denzel, Harnisch u. a. und nicht an letzter Stelle durch Diesterweg selbst entwickelt
hatten, sondern er bietet auch die sonst in den übrigen Schriften zerstreuten pädago-
gischen Grundsätze und Anschauungen Diesterwegs in einigermassen zusammenfassender
Darstellung". R. bietet den Text letzter Hand, hat ihn aber ergänzt durch Hinzu-
fügung von Stellen aus verschiedenen Schriften Diesterwegs oder durch Hinweis auf
sie; diese Zusätze sind natürlich kenntlich gemacht. In dem Teile, welcher die dem
Lelu-er zum Studium empfohlene Litteratvu" enthält, sind viele Ergänzungen eingetreten :
es ist innerhalb der einzelnen Gebiete die seit dem letzten Erscheinen des Originals
entstandene hervorragendere Litteratur berücksichtigt. Diese Veränderungen sind
bewirkt worden in der Voraussetzung, dass der „Wegweiser" auch jetzt noch, nach
mehr als 40 Jahren, ein mehr als bloss historisches Interesse beanspruchen darf. Den
zweiten Teil beabsichtigt R. in der Weise zu behandeln, dass er zunächst nvir die von
Diesterweg herrülu-enden Abschnitte über die Methodik einzelner Unterrichtsfächer unter
Hinzufügung der entsprechenden Litteratur neu abdrucken lässt, und dann noch alles
das zusammenstellt, „was Diesterweg gelegentlich in seinen übrigen Schriften über den
Betrieb aller anderen Lehrfächer geäussert hat, so dass dann beide Teile zusammen
eine vollständige Pädagogik Diesterwegs bilden würden." — Weniger ausführHch als es
von Richter beabsichtigt ist, hat bereits H. Scherer^s) diese Aufgabe gelöst. Er giebt
in der Hauptsache die pädagogischen Ansichten Diesterwegs in systematischer Anord-
nung und mit Diesterwegs eigenen Worten; dazu treten Erläuterungen. In den Ein-
gangskapiteln wird unter dem nicht zutreffenden Titel „Die geschichtliche Entwick-
lung der deutschen Volksschulpädagogik und Volksschule bis auf Diesterweg" ein kurzer
Abriss einer Geschichte der Pädagogik von Griechenland und Rom beginnend darge-
boten; darauf folgt Diesterwegs Biographie. — Eine vorzügliche Gesamtdarstellung von
Diesterwegs Leben und Wirken hat Karl Richter^*) verfasst. — Seine Bedeutung
für die deutsche Volksschidreform wird in einer gehaltvollen Schrift seines Schülers
L. Rudolph 35) gefeiert, der seiner Darstellung aus seinem persönlichen Verkehr mit
Diesterweg manche interessante bisher unbekannte Einzelheit einflicht, die geeignet
sein dürfte, die vorhandenen Werke über das Leben und Wirken des Meisters zu er-
gänzen. — Solche Ergänzungen bietet auch A. Böhme^^), ein anderer der getreuen
Schüler, in einer wesentlich kleineren Schrift. — Dasselbe Thema, das Rudolph be-
handelte, wird von Andre ae^^) und Wiesels) in Festvorträgen, natürlich in sehr ge-
drängter Kürze, erörtert. — „Diesterweg und die Lehrerbildung" lautete das Thema des
Preisausschreibens der Diesterweg-Stiftung in Berlin. Hinzugefügt war die Bestimmung,
dass die einzureichenden Arbeiten eine „Entwicklung der wissenschaftlichen Ausbildung
des deutschen Volksschullehrerstandes und seiner gesellschaftlichen und staatsbürger-
lichen Stellung" unter besonderer Berücksichtigung der Verdienste Diesterwegs geben
müssten. Von den eingereichten Arbeiten sind die von Kreitz^s) und Wilke*^) mit
dem Preise ausgezeichnet worden. K. hat seine Arbeit in fünf Abschnitte eingeteilt, deren
erster die Entwicklung der Lehrerbildung bis zum Auftreten Pestalozzis und Diester-
Bd. M. 3,00. I [DLehrerZg. N. 8. (LB1.)]| (Vollständig in 4 Bdn.) — 32) A. Diesterweg, Wegweiser z. Bildung für deutsche
Lehrer. 6. durchges., verm. u. in d. Litt, fortgeführte Aufl. Als Jubiläumsausg. zu D.s lOOj. Geburtstage am 29. Okt. 1890
bearb. u. her. v. Karl Richter. Frankfurt a/M., Diesterweg. XXIV, 356 S. M. 3,60. — 33) H. Scherer, A. Diesterwegs
Pädagogik. In System. Anordnung u. z. Einführung in d. Studium d. wissensohaftl. Pädagogik. Mit Porträt u. Faksimile
Diesterwegs. Giessen, Roth. 186 S. M. 2,50. | [DLehrerZg. N. 8. (LB1.)| — 34) Karl Richter, A. Diesterweg. Nach seinem
Leben u. Wirken z. Jubelfeier seines lOOj. Geburtstages. Wien, Piehlers Wwe. VI, 2Ö0 S. M. 3.00. |[LCB1. N. 6; PraktSchulmann
N. 8; DSchulZg. N. 39; FDSchulZg. N. 42; BhSchulmann N. 10; IllZg. N. 2458; ADLZg. N. 938; BLehrerZg. N. 31; Paedagogium
12, N. 12; RepPaedag. 46, N. 2.]| — 35) L. Rudolph, A. Diesterweg d. Reformator d. deutschen Volksschulwesens im 19. Jh.
Festschr. z. Feier seines lOOj. Geburtstages d. 29. Okt. 1890. Berlin, Nicolai. M.Bild. X, 229 S. M. 3,50. | [FDSchulZg. N. 31; R.
Horst: COJRealschulw. N. 8; DLehrerZg. N. 8 (LBl.); DSchulZg. N. 35, WJDM. N. 408; DRs. S. 151; IllZg. N. 2439 ]| —
38) A. Böhme, A. Diesterweg. E. Dankesgabe z. 29. Okt. 1890. Berlin, Gärtner. 40 S. M. 0,80. — 37) C. Andreae, lieber
d. Bedeutung Diesterwegs für d. deutsche Volksschule u. ihre Lehrer. E. Gedächtnisrede geh. in d. 11. pfälz. Kreislehrerversamml.
zu Kaiserslautern am 17. Sept 1890. Kaiserslautern, Tascher. 23 S. M. 0,60. — 38) Fr. Wiese-Schwerin, Diesterweg u.
seine Bedeutung fUr d. Volksschule. Vortr. geh. auf d. Versammlung d. Landos-Lehrer- Vereins zu Stemberg. Wismar, Hinstorff.
31 S. M. 0,40. — 39) W. Kreitz, Diesterweg u. d. Lelirerbildung. E. Gesch. d. deutschen Lehrerbildung mit bes. Berück-
sichtigung Diesterwegs. Mit d. Bilde Diesterwegs. Wittenberg, Herros6. 132 S. M. r,80. |[Polack: DLehrerZg. N. 8 (LB1.>]|
— 40) E. Wilke, Diesterweg u. d. Lehrerbildung. E. Boitr. z. Gesch. d. deutschen Volksschullehrerstandes. Berlin, Weidmann.
1,6: K. Kehrbach, Geschichte des Unterriclitswesens. 59
wegs, deren letzter den Aufschwung der Lehrerbildung seit dem Erlass der „Allgemeinen
Bestimmungen" von 1872 charakterisiert. Die dazwischen liegenden Abschnitte betreifen
Diesterwegs Bestrebungen, Leistungen und Kämpfe für die Lehrerbildung. In W.s
Buch handeln von den sechs Abschnitten zwei (4 und 5) von Diesterweg; das Vorher-
gehende ist historischer Darstellung gewidmet; dabei hebt der V£ noch mit Recht her-
vor, dass urkundliche Nachrichten über Bildung und Stellung der Lehrer in früherer
Zeit bis jetzt nur spärlich vorhanden seien und dass erst dann, wenn die Quellen reich-
licher fliessen, eine vollständige Geschichte des Lehrerstandes geschrieben werden
könnte. Das Thema des Preisausschreibens der Diesterweg-Stiftung behandeln auch
Lüttge^i), Krause42)j Pohlandt^s), Hauffe44)^ von denen nur die fleissige Schrift
Lüttges dem Referenten vorliegt. Der Vf. widmet Diesterweg drei Abschnitte: „Diester-
weg und die Volksschullehrerseminare", „Diesterweg und die Bildungsbestrebungen des
Volksschullehrerstandes", „Diesterweg und die Emanzipationsbestrebungen des Volks-
schullehrerstandes" ; voraus geht wie bei den vorher genannten Arbeiten ein geschicht-
licher Abriss. — Von den zahlreichen Aufsätzen *5-*6), Vorträgen, Gedächtnisreden, Ge-
denkblättern, Feststimmen, die teils in den verschiedenartigsten Zss., teils selbständig
erschienen sind, seien ausser den bereits genannten die Arbeiten von Bartholomäus^?),
F. Richter^S), H. Cassel^o), A. W. Ernstso) und A. Hermann^i) erwähnt. Leider
beherzigen die Jubelschriftsteller zu selten die in der obenerwähnten Schrift Andxeaes
(vgl. N. 37). ausgesprochene verständige Warnung vor kritikloser und oft geheuchelter
Autoritätenverehrung, wie sie sich gegenwärtig an Gedenktagen breit macht. „Auch
das sich-begeistem ist Mode geworden. "52) —
In der Beilage zu dem kurz gefassten Plane der „Monumenta Germaniae Pae-
dagogica" wurde von Kehrbach die Mitteilung gemacht, dass hier auch ein Ge-
biet ziir Bearbeitung gelangen sollte, welches trotz seiner grossen Wichtigkeit für
politische Geschichte wie Kulturgeschichte bis jetzt sehr vernachlässigt ist, nämlich die
Geschichte der Prinzenerziehung. Aus der Menge der auf dieses Gebiet bezüglichen,
noch in den Archiven verborgen liegenden Materiahen ist bis jetzt nur Weniges ver-
öffentlicht. Erst durch die „Monumenta" wird der Geschichte der Prinzen- und Prin-
zessinnenerziehung in den devitschen Fürstenhäusern der ihr gebührende Platz bereitet.
Karl Schmidt^S)^ (^er die Bearbeitung und Herausgabe des urkundlichen Materials zur
Gescliichte der Erziehung und des Unterrichts im wittelsbachischen Regentenhause für
die „Monumenta" übernommen hat, berichtet über einen Teil seines Arbeitsgebietes.
„Von der Mitte des 16. Jh. bis zur Mitte des 18. ist eine fast ununterbrochene Reihe
von Amtsinstruktionen für die mit der Erziehung der Prinzen des genannten Regenten-
hauses betrauten Personen samt Vorschlägen, Gutachten und ähnlichen darauf sich be-
ziehenden Akten erhalten; dazu kommen noch einige ausführliche systematische Dar-
stellungen über Lebensweise und Erziehung weltlicher wie geistlicher Fürsten, welche,
für Mitglieder unseres Regentenhauses selbst angefertigt, höchst wichtige kulturgeschicht-
liche Arbeiten darstellen." „Sobald ein Prinz der Pflege der Frauen entwachsen war,
wurde er der Obhut und Fürsorge eines Hofmeisters als Stellvertreters des Vaters über-
geben. Diese einflussreiche und verantwortliche Stelle bekam in der Regel ein dem an-
gesehenen Adel angehöriger, durch Studien, Reisen und Erfahrungen gebildeter Mann.
Zur Erteilung des Unterrichts, dessen Gegenstände je nach Zeit xmd Umständen ver-
schieden waren, wurde aus dem gelehrten Stande ein Präceptor ausgewählt, der zwar in
allen Stücken der obersten Direktion des Hofmeisters unterworfen, aber doch in ge-
wissen Fällen dessen Stelle zu vertreten und selbständig zu handeln befugt war. Mit
dem Unterricht im Schreiben und Rechnen, sowie in Religion, technischen Fertigkeiten,
Musik usw. wurden besonders hierzu geeignete Persönlichkeiten beauftragt. Ein oder
melu-ere Kämmerer, Kammerdiener und einige untergeordnete Personen vervollständigten
VII, 144 S. M. 2,50. |[LCB1. N. 46; ADLZg. N. 9; DLehrerZg. N. 8 (LBL); Grenzb. N. 25; PädZgB. N. 10.]| — 4t) E. Lüttge,
A. Diesterweg in seiner Bedeutung für d. Hebung d. Volkssohullebrerstandes. E. Beitr. z. Gesch. d. Volksschule d. 19. Jh.
(= Pädag. Sammelmappe: Vortrr., Abhandll. usw. für Erz. u. Unterr. Heft 131/2.) Leipzig, Siegismuud & Volkening. o. J. 144 S.
M. 2,00. — 42) R. Krause. A. Diesterweg u. seine Verdienste um d. Entwicklung d. deutschen Volkssclmllehrerstandes. E.
Gedeukblatt. Borna-Leipzig, Jahnke. 189 S. M. 2,00. [[DLehrerZg. N. 8. (LB1.)]| — 43) M. Pohlandt, Diesterwegs Verdienste
um d. Lehrerbildung. E. Jubiläumsausgabe an d. deutsche Lehrerschaft z. 29. Okt. 1890. Leipzig, Oesterwitz. 99 S.
M. 1,60. I [DLehrerZg. N. 8. (LB1.)]| — 44) 6. Hauffe, Diesterweg u. d. Lehrerbildung. Breslau, Freund. M. 2,50. —
5) XF. Burckhardt.A. Diesterweg : LZg». N. 127/9. — 46) X F. D i 1 1 e s , Z. Gedächtnis A. Diesterwegs. Leipzig, Klinkhardt. 20 S.
M. 0,30. — 47) W. Bartholomäus, A. Diesterweg. Gedächtnisrede auf d. 16. westfäL Lehrertage aus Anlass d. Grundstein-
legung d. Diesterweg -Denkmals in Siegen. (Samml. pädag. Vortrr. her. v. Wilh. Meyer - Markan. Bielefeld, Helmich.
15 S. M. 0,60. [DLehrerZg. N. 8. (LBl.)] | — 48) F. Richter, Zu Diesterwegs Gedächtnis. PKZ. N. 45. — 49) H. Cassol,
Unser Meister Adolf Diesterweg. Feststimme z. 29. Okt. 1890. Hannover, Helwing. 50 S. M. 0,50. | [DLehrerZg. N. 10 (LBL);
HausuSchule. N. 42; FDSchulZg. 1891, N. 4; PLehrerZg. N. 250.] | — 50) A. W. Ernst, D. Vermächtnis Diesterwegs. Ein
Gedenkblatt zu seinem lOOj. Geburtstage am 29. Okt. 1890: MLJA. 59, S. 671/3. — 51) A. Hermann, Z. 100. Geburtstage
A. Diesterwegs. Braunschweig, Bruhn. 8 S. (Festrede in Gedichtform [Sonderabdruck aus d. NBraunschweigSchBl. N. 11].) —
52) X F. Hähnel, Einer für Alle. Lehrerfestspiel z. Diesterweg-Jubiläum. Leipzig, Siegismund & Volkening. 28 S. M. 0,75.
— 53) Karl Schmidt, Ueber d. auf Erziehung d. Prinzen d. bayer. Regentenhauses sich bezieh, Instruktionen: BBG. 26
()0 1,6: K. Kehrbach, Gepchichte des Unterrichtswesens.
den Hofstaat eines Prinzen. Die Oberaufsicht über dieses gesamte Personal war dem
Hofmeister anvertraut." — Georg Müller^^) veröffenthcht zwei wichtige Unterrichts-
pläne für die Erziehung weimarischer Prinzen, einen für Herzog Johann Priedrich IV.
aus dem Jahre 1580 von Justus Ludwig Brysmannus und einen für Herzog Johann aus
demselben Jahre von Wolfgang Monner. Dem Abdruck voraus geht eine erläuternde
Einleitung, in der noch weitere Beiträge zur Prinzenerziehung dargeboten werden. —
Zur Geschichte der Unterrichtsanstalten liegt zunächst eine Reihe wich-
tiger Urkundenpublikationen vor. Koldewey^S) giebt als Portsetzung seiner im
ersten Band der „Monumenta Germaniae Paedagogica" veröffentlichten Schulord-
nungen der Stadt Braunschweig im achten Band die Schulordnungen des Herzogtums
Braunschweig vom Jahre 1248 — 1826. Hinzugefügt sind dieser Ausgabe ein Ueberblick
über die Entwicklung des braunschweigischen Schulwesens ausserhalb der Hauptstadt
des Landes, ferner textkritische und bibliographische Erläuterungen zu den einzelnen
Stücken, Anmerkungen aller Art, ein Verzeichnis der benutzten Litteratur, ein nieder-
deutsclies Glossar land vor allem ein sehr wertvolles Namen- und Sachregister über
beide Bände. — Aus der kursächsischen Kirchenordnung von 1580 giebt Watten-
dorf f^^) die Schul- und Universitätsordnung Kurfürst Augusts von Sachsen heraus.
Nur der die Universitäten betreffende Abschnitt ist dem Original entnommen, das übrige
ist ein Abdruck des Textes, wie ihn Vormbaum in seiner Ausgabe der evangelischen
Schulordnung darbietet. Diese Schulordnung, die gegen 200 Jahre Geltung behielt, ist
„nicht etwa eine ganz willkürliche und plötzliche Anweisung für den Betrieb des Unter-
richts, die Zucht, die Stellung der Lehrer und Vorsteher usw., sondern sie fasste nur
längst Bestehendes in Regeln und Gesetze. Sie beschrieb das, was schon vorhanden
war und machte es bindend für die Zukunft." Aus dem Umstände, dass diese Schul-
ordnung sich eng anschliesst an die des Herzogs Christoph von Württemberg, teilweise
sogar eine einfache Abschrift davon ist, zu schliessen, dass das sächsische Schul-
wesen nach württembergischem Muster umgestaltet werden sollte, ist ein Pehler. Es
waren vielmelir für beide Länder dieselben Vorbedingungen vorhanden. — Als eine
wichtige Ergänzung der von Teutsch herausgegebenen siebenbürgisch-sächsischen Schul-
ordnungen (Mon. Germ. Paed. Bd. VI) ist die von C. Werner^'^) auszugsweise gelieferte
Wiedergabe von Visitationsberichten im Mediascher Kapitel (1765) anzusehen. Auf die
Notwendigkeit der Veröffentlichung solcher Visitationsberichte sei hier hingewiesen.
So wertvoll nämlich die Schulordnungen für die Kenntnis der Schul- und Erziehungs-
verhältnisse eines bestimmten Zeitraumes, Landes oder Ortes auch sind, so wird doch
durch sie ein genaues Bild noch nicht gewonnen: erst aus den Visitationsprotokollen
kann man erkennen, wie weit die Vorschriften zur Ausführung gelangt sind, und durch
sie erhält man dann ein der Wirklichkeit mehr entsprechendes Bild von den Schulverhält-
nissen. — Pachtler 58)^ (Jer noch vor dem Erscheinen seines Werkes verstorben ist,
giebt den dritten Band seiner Ausgabe der Schulordnungen des Jesuitenordens; er ent-
hält die Verordnungen der Generäle der Gesellschaft Jesu für das Studienwesen von
1600 bis gegen 1772 und als Beigabe einige Nachträge zum 1. Bande des Gesamtwerkes.
— Zu den Ausgaben der schon veröffentlichten Matrikelbücher von Erfurt, Heidel-
berg, Rostock, Tübingen, Frankfurt, Marburg sind neuerdings die Matrikeln von Dorpat
und Giessen getreten. Gegenüber den früheren Ausgaben des „Album academicum"
Dorpats (das erste Album erschien 1852, das letzte 1862) weist die vorliegende, die
Hasselblatt und Otto^^) besorgt haben, beachtenswerte Erweiterungen auf. Es werden
in den neuen Matrikeln mitgeteilt: 1) die genauen Geburtsdaten der Immatrikulierten,
soweit sie in der Matrikel oder für die älteste Zeit in sonstigen zuverlässigen Angaben
vorhanden waren, 2) die Jahreszahlen, welche die von jenen bekleideten Lebensstellungen
zeitlich begrenzen, 3) überhaupt Bemerkenswertes in weiterem Rahmen als bisher, wenn-
gleich stets in möglichst knapper Passung, 4) die Todestage. Die Reihenfolge der
Namen ist die chronologische, die vor jedem Namen stehende Ziffer ist die Immatri-
kulationsnummer. Dass bei den Schwierigkeiten der Arbeit Irrtümer, Lücken und Un-
gleichmässigkeiten unterlaufen müssen, ist selbstverständhch. „Wer Verständnis daftir
S. 121—42. — 54) Georg Müller, Zwei Unterrichtsi)lane fUr d. Herzöge Johann Friedrich IV. n. .Johann zu Sachsen -Weimar:
NASächsG. 11, S. 245—6-2. — 55) F. Koldewey, Braunschweigische Schulordnungen v. d. ältesten Zeiten bis z. J. 1828. Mit
Ein!., Anmerkk. n. Glossar. 2. Bd. Schulordnungen d. Herzogtums Braunschweig (mit Ausschluss d. Hauptstadt d. Landes
[1248—182«]). (= Monumenta Germaniae Paedagogica. Bd. 8.) Berlin, Hofmann & Co. CXCV, 810 S. M. 24,00. - 56) D. Schul-
u. Universitätsorduung Kurfürst Augusts v. Sachsen. Aus d. Kursächs. Kirchenordnung v. J. 1580. Mit Einl. u. Anmerkk. her.
V. L. Wattendorf f. (= Samml. d. bedeutendsten padag. Schriften aus alter u. neuer Zeit. Mit Biogrr., Erll. u. erklär.
Anmerkk. her. v. B. Schulz, J. Gänsen, A. Keller. Bd. 7.) Paderborn, SchOningh. VIII, 220 S. M. 1,60. — 57) C. Werner,
D. Schulvisitation im Mediascher Kapitel v. Jahre 1765. E. Beitr. z. Gesch. d. sächs. Volksschule: ASiebenbLK. NF. 23, S. 214-47.
— 58) Ratio Studiorum et Institutiones Scholasticae Societatis Jesu per Germaniam olira vigentes coUectae concinnatao
diiudicatae a G. M. Pachtler, S. J., Vol. III. Ordinationes Generalium et ordo Studiorum generalium ab anno 1600. ad
annum 1772. Accedjt Mappa geographica scholas Assistentiao Germanicae a. 1725. repraesentans. (= Monumenta Germaniae
Paedagogica. Bd. ö.) Berlin, Hofmann & Co. XVIII, 486 S. M. 15,00. — 59) A. Hassolblatt u. G. Otto, Album academicum
I,G: K. Kehrbach, Gescliichte des UnterrichtswesenS. 61
besitzt, was es heisst zu arbeiten mit einem Material von 14,000 Namen, von denen oft
mehr als 50 gleichen Familiennamen angehören, mit Zehntaiisenden von Jahreszahlen,
mit oft unleserlich, oft missverständlich geschriebenen, nicht selten mit anderen Angaben
sich widersprechenden Aufzeichnungen, mit Quellen, an denen Kritik zu üben meist un-
möglich ist — der wird gewiss mit einiger Nachsicht die Fehler und Schwächen be-
urteilen, auch wenn sie ihm im ersten Augenblick unverzeihlich erscheinen." — Die von
Klewitz und Ebeico) gelieferte Ausgabe der Giessener Matrikel umfasst nur die Jahre
1650 bis 1707 : die älteren Matrikelbücher sind verloren. Sie enthält nur Namen und
die Daten der Immatrikulation. —
Die Darstelhmgen der Geschichte der Universitäten werden durch eine
wohlgelungene Darstellung Hartfelders^i) eröffnet. H. behandelt die deutschen Univer-
sitäten am Ausgange des Mittelalters und zieht, während bisher bei der Beurteilung des
wissenschaftlichen und sittlichen Zustandes der deutschen Hochschulen um die Wende
des 15. Jh. die Schriften der damaligen Humanisten massgebend gewesen sind, als
wichtige Ergänzung hierzu die offiziellen Akten der Hochschulen heran. Leider sei es
aber für viele Universitäten schwierig, bei dem Mangel allgemein zugänglichen Akten-
vorrats diese Absicht auszuiühren; von allen Universitäten nehme Leipzig mit seinem
bereits von Zarncke und Stübel veröffentlichten Aktenmateriale die erste Stelle ein.
Um zu zeigen, wie es in Wirklichkeit auf den Universitäten in der angegebenen Zeit
ausgesehen habe, charakterisiert H. zunächst die akademischen Lehrkörper, erwähnt
dabei die sogenannten Absentien, d. h. die oft Jahre andauernde Abwesenheit der Lehrer
von der Universität, spricht über die geringen Besoldungen, über die Faulheit, Unwissen-
heit, über den Hader der Lehrer untereinander, über Nepotismus, Ungerechtigkeit bei
den Prüfungen, über Unsittlichkeit und über Unregelmässigkeit in der Verwaltung, z. B.
schlechte Führung der Dekanatsbücher und Unterlassung der Rechnungsablage. H.
findet, dass es den „Epistolae obscurorum virorum" keineswegs an thatsächlichem Unter-
grund für ihre Charakteristik der Universitätslehrer gefehlt habe ; er gesteht aber zu, dass
es Ausnahmen gegeben habe, und macht solche auch namhaft. Alsdann versucht er eine
Charakteristik der Studenten, indem er über ihr Alter, ihre Kleidung und ihr Waffen-
tragen, über Faulheit, Unwissenheit, Ungehorsam und Ausschweifungen spricht. Darauf
folgen Zusammenstellungen über den Lehrbetrieb, über Stoff des Wissens und Methode
oder Unmethode der Aneignung, sodann über die akademischen Grade und endlich über
das Verhältnis der landesherrlichen Gewalt zu den Hochschulen. — Sattler^^) giebt
unter Beifügung wertvollen urkundlichen Materials eine ausführliche Geschichte der
1810 aufgehobenen Universität zu Salzburg. Nach einem geschichtlichen Ueberblick
über den Versuch der Gründung von Bildungsanstalten vor der Errichtung der Univer-
sität behandelt er die im Jahre 1617 erfolgte Stiftung des Gymnasiums, welches unter
der Leitung von Benediktinern stand und 1622 von Ferdinand IL zur Universität er-
hoben wurde. — Die unter dem Gesamttitel ,,Auf deutschen Hochschiüen" erscheinende
Geschichte deutscher Universitäten hat bis jetzt zwei Veröffentlichungen gebracht: die
Geschichte der Universität Leipzig von Brasch^^^ und die der Ludwig-Maximilians-
Universität zu Ingolstadt, Landshut und München von Haushofer^*). Beide Werke
erheben nicht den Anspruch, streng wissenschaftlich zu sein und auf Quellenstudien zu
beruhen, ihre Absicht ist vielmehr, eine auch dem Laien leicht verständliche Darstellung
von dem Einst und Jetzt beider Universitäten zu geben. H. lehnt sich an Prantls vor-
zügliches Werk; B. schöpft aus Zamckes „Acta rectorum", aus Stübels „Urkundenbuch
der Universität Leipzig von 1409 bis 1555" und benutzt die Monogi'aphien von Gret-
schel, Gersdorf, Marbach, Kreusler, Friedberg u. a. — Geiser^s) hat in übersichtlicher
Darstellung unter Heranziehung des überallhin verstreuten Materials und unter Be-
nutzung der gedruckten Litteratur die Pläne und Bestrebungen charakterisiert, die
innerhalb des Zeitraumes von 1758 bis 1874 hinsichtlich der Gründung einer eidge-
nössischen Hochschule, einer schweizerischen Gesamtuniversität zu Tage traten, aber
an den „Klippen der Engherzigkeit und des Egoismus gescheitert sind". Es stehen sich
jetzt in der Schweiz zwei Bestrebungen gegenüber, die eine geht auf Errichtung selb-
ständiger eidgenössischer Institute, die andere auf Subventionierung der kantonalen
Lehranstalten durch die Eidgenossenschaft. —
Wichtiger als diese Gesamtdarstellungen sind eine Reihe von Einzelbeiträgen
zur Universitätsgeschichte. Einen wertvollen Baustein zur Geschichte der Universität
d. Kaiserl. Universität Dorpat. Dorpat, Maltliiesen. 1889. VIII, 1007 S. M. 14,00. — 60) E. Klewitz u. K. Ebel, D. Giessener
Matrikel: MOberhessGV. NF. 2, S. 1— 48; NF. 3, S. 1—48. — 61) K. Hartfelder, D. Zustand d. deutschen Uoclischulen am Ende
d. Mittelalters: HZ. 28, S. 50—107. — 62) M. Sattler, 0. S. B., KoUektaneen-Bll. z. Gesch. d. ehem. Benediktineruniversität
Salzburg. Kempten, Kösel. 1889—90. VII, 710 S. M. 7,00. — 63) M. B rasch, Gesch. d. Universität Leipzig. (= Auf
deutschen Hochschulen. 2.) München, Verl. d. Akademischen Monatshefte 4". 68 S. M. 2,00. |[C. Herrmann: LZg». 4. Dez.;
M. G. C[onrad]: Gesollschaft S. 1694— G.]| iMit zahlr. Illustrationen.) — 64) M. Haushofer, D. Ludwig-Maxi-
milians-Universität zu Ingolstadt, Laudshut u. München in Vergangenheit u. Gegenwart. (= Auf deutsehen Hochschulen. 1.)
München, Vorl. d. Akad. Mhh. 4". 75 S. M. 2,00. (Mit zahlreichen Illustrr.) — 65) K. Geiser, D. Bestrebungen z. Gründung e.
62 1,6: K. Kehrbach, Geschichte des Unterrichtswesens.
Leipzig liefert Brieger^^) in seinem Verzeichnis der theologischen Promotionen von
1428 bis 1539. Nächst den Statuten dürfte die „Signatura promotorum in theologia"
für die älteste Geschichte der theologischen Fakultät die bedeutsamste Urkunde sein.
„Nur mit ihrer Hilfe vermögen wir uns einigermassen eine Vorstellung zu machen von
der theologischen Fakultät des ersten Jh. der Leipziger Hochschule, vermögen wir ihren
Gliedern, welche uns zum grossen Teil nur hier entgegentreten, nachzugehen. Den
Wert, welchen diese Liste von Promovierten für den Spezialforscher hat, brauche ich
hier nicht darzulegen. So manche bisher unbekannte Persönlichkeit des 15. Jh., so
manche bekannte, wie Joh. Wise und der Dominikaner Joh. Kune, erscheint hier
in urkundhcher Beleuchtung, und ein nicht geringes Interesse gewinnen uns die
Namen ab, welche als Freunde oder Gegner Luthers in die Geschichte der deutschen
Reformation verwebt sind; spärlich, wie es in Leipzig nicht anders sein konnte, die
Zahl der ersteren: ein Casp. Güttel, Joh. Grauman, Georg Heldt und Petrus Mosel-
lanus, der es doch über sich gewinnt, noch 1520 und 23 die Grade eines Baccalaiireus
in der scholastischen Fakultät zu erwerben; und dagegen auf der anderen Seite die
Dungersheim und Rabe, auch Emser und Elgersma, ferner die wenn auch litterarisch
nicht hervortretenden, doch einflussreichen Brüder Heimig, Johannes und Matthaeus,
Arnold Wöstefeldes, endlich die verschieden gerichteten Theologen zvir Zeit des Ueber-
ganges Joh. Sauer, Nicol. Scheubel, Deichsel, Metz, Rudel." — Köstlin^'') giebt
die Fortsetzung seiner in den Osterprogrammen der Universität Halle 1887 und 1888
verzeichneten Promotionen zum Baccalaureus und Magisterium. Umfassen die früheren
Arbeiten die Jahre 1503 — 1537, so reicht das neue Verzeichnis bis zum Jahre 1546;
1547 enthält keine Eintragungen. Im vierten Abschnitt wird ein Verzeichnis der
„Disputationes ordinariae in facultate artium" dargeboten, das bis 1542 reicht. — Sieg-
wart'^^^ bietet den Abdruck eines Teiles der vollständigen Nachschrift des CoUegium
logicum, das der Professor der Philosophie und Medizin Jacob Schegk vom Nov. 1565
bis Nov. 1567 über die erste Analytik des Aristoteles gehalten hat, und liefert hierdurch
einen wichtigen Beitrag nicht nur zur Geschichte der Logik, sondern zur Geschichte
des Unterrichts überhaupt. „Wir haben verhältnismässig selten Gelegenlieit, uns ein
vollkommen anschauliches Bild der Art und Weise zu machen, in der in früheren Zeiten
gelehrt worden ist; wenn auch aus den gedruckten Kompendien der Inhalt dessen, was
zum Vortrage kam, mit Sicherheit entnommen werden kann, so geben sie uns doch keine
Andeutung über die Gewohnheiten der mündlichen Rede, über Ton und Haltung des
Lehrers gegenüber den Zuhörern, über den ganzen Verlauf des Unterrichts im Hörsaal."
Der Zuhörer, dessen Nachschrift S. vorgelegen hat, ist der bekannte Martin Crusius, der
1559 Professor der lateinischen und griechischen Sprache in Tübingen WTu:"de. Er hat
auch mitaufgezeichnet, was gar nicht zum Inhalt der Vorlesung gehörte, Anfangs- und
Scliluss Worte, Aufforderungen zum Nachschreiben (scribite, dictabo), und da er jeder
einzelnen Vorlesung das Datum beifügt, so erhält man auch Nachricht über die Ferien-
verhältnisse. Seine Gewohnheit, das Kollegienheft zur Einzeichnung seiner persönliclien
Erlebnisse zu benutzen, macht dasselbe auch für andere Verhältnisse interessant. —
Loserth^^) berichtet über den ältesten Katalog der Prager Universitätsbibliothek, den
er in der Lobkowitzschen Bibhothek zu Raudnitz in Böhmen aufgefunden hat. Die
Bücher sind in den einzelnen Disziplinen zunächst nach Buchstaben und dann nach Num-
mern geordnet, und zwar enthält der Katalog vier solcher Verzeichnisse oder Abcedarien.
Wahrscheinlich verzeichnet ein jedes der Abcedarien die in einem Bibliotheksraume
untergebrachten Bücher. Da über dem dritten Abcedarium die Uebersclu-ift „Registrum
librarie nacionis Boemorum" erhalten ist, so vermutet L., dass die drei anderen Abce-
darien die Bibliotheken der drei anderen Nationen enthielten. Der Katalog „gestattet
nicht bloss einen sicheren Einblick in die Einrichtung einer derartigen Büchersammlung,
sondern belehrt auch über die Zahl der in ihr enthaltenen Bände und die einzelnen
Schriften überhaupt. Man gewinnt durch ihn einen genauen Ueberblick über die höheren
Bildungsmittel Böhmens in der Zeit der hussitischen Bewegung und sichere Anhalts-
punkte zur Beantwortung der Frage, wieviele der damals noch vorhandenen Schriften
seither verloren gegangen sind. Von einer nicht ganz unbedeutenden Zahl wird man
dies nachzuweisen im stände sein." Auf einzelnen Blättern befinden sich allerlei Auf-
zeichnungen (die ältesten aus dem Anfange, die jüngsten aus dem vorletzten Jahrzehnt
des 15. Jh.): die Namen der Bibliotheksvorstände, die Art, wie diese sich ablösten,
Aufzeichnungen über verloren gegangene Bücher, für die dann andere Bücher in Pfand
eidgenOss. Hochschule 1758—1874. Bern.'Wyss. IV, 200 S. M. 2,00. — 66) Th. Brieger, D. theol. Promotionen auf d.
Universität Leipzig. 1428—1539. Leipzig, Edelmann. 4«. X, 79 S. M. 12,00. | [ThLBl. N. 28 u. 48.]| (S.-A. aus d. Reformations-
prognunm d. Universität Leipzig.) — 67) J. Köstlin, D. Baccalaurei u. Magistri d. Wittenberger philosophischen Fakultät
1638-46 u. d. veröffentlichten Disputationen derselben Jahre aus d. Fakultats-Matrikel veröffentlicht. Halle, Niemeyer,
24 8. — 68) Ch. Sigwart, E. Collegium logicum im 16. Jh. Mitteill. aus e. Hs. d. kgl. Univ.-Bibl. in TBbingen.
Freiburg i. Br., Mohr. 4«. 42 8. M. 2,00. — 69) S. o. 1,4 N. 6. — 70) XX H. Kenssen, D. Stadt Köln als Patronin ihrer
1,6: K. Kehrbach, Geschichte des Uiiterrichtswesens. 63
gegeben werden mussten, Berichte über Schenkungen; auch die Inventarien einzelner
Prager Kirchen sind verzeichnet. ''^^ ''2) —
Die Theresianische Akademie zuWien hat einen Geschiclitsschreiber in J. Schwarz''^)
gefunden. Die Theresianische Stiftung, bald „CoUegium Theresianum" genannt, ward
1746 begründet und von Jesuiten geleitet; sie war für die Kinder höherer Stände be-
stimmt und sollte eine universelle Bildung geben. Im Jahre 1758 ward die Anstalt mit
dem 1749 begründeten Emanuelum vereinigt. Dem Zeitgeiste mussten die Jesuiten einige
Zugeständnisse machen, aber schon 1773 erfolgte die Aufhebung des Jesuitenordens und
die Umwandlung in eine k. k. adelige Akademie. Die Reformen Josephs fanden da-
selbst Eingang, wurden aber durch Leopold 11. grösstenteils vernichtet. Auch Franz II.
Hess es sich angelegen sein, eine Restitution der Theresianischen Akademie durchzuführen ;
von 1797 — 1848 stand die Anstalt unter der Leitung der Piaristen. Seit 1848 machte
sich aber auch hier der Geist einer neuen Zeit bemerkbar, und infolge der schlechten
ökonomischen Zustände begannen neue Reformen. 1850 erfuhr die Anstalt eine voll-
ständige Umwandlung dadurch, dass die Gymnasialordnung eingeführt wurde; die ein-
gehende Darstellung des Vf. fülirt bis ins Jahr 1865. —
Eine ganze Anzahl von Gymnasien legten über ihre meist mehrhundertjährige
Geschichte Naclu"ichten vor, die unter einander nicht geringe Aelmlichkeit haben. „Fast
bei allen ist diese Geschichte eine Leidensgeschichte, ein Auf und Ab, ein oft jäher
Wechsel von Blüte und Verfall. Deutsche Schule, Lateinschule, Gymnasium, ja Uni-
versität und Volksschule, zuweilen ein Aufhören alles Unterrichts für mehrere Jahre,
diesen bunten Wechsel zeigt uns die Geschichte gar manches Gymnasiums." In Arnstadt
gab es bereits im 14. Jh. eine Stadtschule, im Jahre 1538 sollte eine zweite errichtet
werden. 1540 ward im ehemaligen Barfüsserkloster die gräfliche Erziehungsanstalt er-
öffnet, deren Geschichte im 16. und 17. Jh. Kroschel ''^) behandelt, nachdem er bereits
1885 über die Lateinschule zu Arnstadt in der Reformationszeit geschrieben hatte. Der
Vf. giebt eine Zusammenstellung der Abiturienten der Anstalt im 16. und 17. Jh., unter
denen viele zu hohem Ansehen und grosser Berühmtheit gelangten; hervorzuheben
sind hier von Lehrern und Schülern aus dem genannten Zeitraum etwa die Neu-
lateiner Kaspar Bruschius, Matthias Zimmermann und J, Wittich, der Terenzübersetzer
Josua Loner und Valentin Schneider, der zur Zeit der Ausländerei um das verlorene
Deutschtum poetische Klage erhob. — Mit den am Beginn dieses Abschnittes citierten
Worten über die Gymnasialgeschichte im allgemeinen charakterisiert Henke ''^) zugleich
die Schicksale des von ihm behandelten Gymnasiums zu Barmen, die er vorläufig nur
in der Form einer mitteilungsreichen Chronik zu behandeln wagte : der Vf. einer eigent-
lichen Gymnasialgeschichte müsste auf die Schicksale der ganzen Stadt mehr Bezug
nehmen, als das gegenwärtig möglich ist. Ganz eigenartig ist jedenfalls der Umstand,
dass Barmens erste Entwicklung zu einem kräftigeren Gemeinwesen auf eine Schule
zurückgeht: am 31. August 1579 wird nämlich von der Gräfin Maria von Waldeck Bau-
platz und Land für eine Schule gestiftet; um dieses erste öffentliche Gebäude herum
fand der erste geregelte Ausbau statt, durch den aus verstreuten Höfen ein geschlossener
Ort sich bildete. — G. Schulze ''6) giebt eine Gescliichte des französischen Gymnasiums
in Berlin, das 1689 errichtet wurde und zunächst den Söhnen der französischen Einwanderer
als höhere Lehranstalt diente. Der Vf. druckt die „DiscipHna Gymnasii Gallici" ab und
teilt mit, dass das College royal eine Zeitlang aufgehoben, aber 1703 wieder eröffnet
wurde; dann giebt er eine ausführliche Geschichte der Anstalt und fügt neben kurzen
Lehrerbiographien dankenswerte statistische Notizen über Schülerfrequenz, ein vollstän-
diges Lehrerverzeichnis und drei Ansichten der Anstalt in ihrer früheren und jetzigen
Gestalt bei. — Einen geschichtlichen Ueberblick über die Entwicklung des von Sal-
dernschen Realgymnasiums zu Brandenburg a. H. giebt Hochheim''') in der gedruckt
vorliegenden Festrede zur dritten Säkularfeier der Anstalt. Gegründet als Lateinschule
zur Zeit der Reformation, hat die Anstalt erst diu-ch die auf Anregung des Bürger-
meisters Roter, ihres ehemaligen Rektors, geschehene Stiftung der Frau von Saldern
(1589), eine sichere Grundlage gewonnen. Der Zuzug der Schüler war so stark, dass
die Schule in einem Jahre 100 Primaner hatte, die in philosophischen, theologischen
Hochschule. 1. Teil: WZ. 9, S. 344—404. — 71) X W. Wislocki, Ueber Johannes de Kety Waciega. (S. Johannes Cantius
1390—1473.) E. Beitr. z. Gesch. d. Krakauer Univ. 3. T.: AnzAkKrakau. 1890, S. 46|8. — 72) X AI. R. S chmid, D. Wesen
d. Bursehenschaft auf gesch. Grunde u. mit Hilfe vieler Original -Beitrr. für alle Gebildete, insonderheit Eltern, Erzieher,
Gymnasial- u. Universitätslehrer u. Studenten dargest. 2. neubearb. Aufl (4. Ausg.) Jena, Pohl. 226 S. M. 2,40. — 73) J.
Schwarz, Gesch. d k. k. Theresianisehen Akademie v. ihrer Gründung bis z. Kuratorium Sr. Exe. Anton Kitter v. Schmerling
1746—1865 in übersichtlicher Darstellung. Wien, Brzezowsky. 110 S. |[K. Schenkl: ZOG. 42, S. 191.]| (S.-A. aus d. JB. d.
k. k. Theresian. Gymnasiums.) — 74) Kroschel, D. Gräfl. Erziehungsanstalt im Barfüsserkloster zu Arnstadt u. Arnstädter
Abiturienten d. 16. u. 17. Jh. Progr. Arnstadt, Frotscher. 4". 21 S. — 75) 0. Henke, Chronik d. Gymn. zu Barmen. E.
Festschr. z. Feier d. Eijnweihung d. neuen Gymnasialgebäudes u. d. 25j. Bestehens d. Gymn. in seiner jetzig. Gestalt veröffentlicht.
1 T. Gesch. u. Entwicklung d. Schule. Barmen, Klein. 140 S. M. 1,20. — 76) G. Schulze, Bericht über d. Kgl.
Französischen Gymn. in d. J. 1689—1889. Berlin, Haack. 134 S. m. 3 Abbildd. — 77) Hochheim, Bericht über d. 3. Säkular-
64 1,6: K. Kehrbach, öeschichte des Ünterriclitswesens.
und, wie es auf verschiedenen anderen Lateinschulen jener Zeit der Tall war, auch in
juristischen Fächern unterrichtet wurden. Während anderwärts vielfacli über die Dis-
ciplin geklagt wurde, wird über die von einem tüchtigen Philologen, dem auch als lateinischen
Dichter bekannten Rektor Kaspar Prätorius geleitete Schule berichtet, dass die Disciplin
und der Schulgesellen Leben und Wandel vorzüglich war. Die Pest und der 30j. Krieg
brachten Stadt und Schule dem Untergange nahe. Erst der von Halle ausgehende Pie-
tismus erweckte sie zu neuem Leben: freilich war es, eine seltsame Pügung des Schick-
sals, auch wiederum ein Pietist, der die Anstalt rasch herunterbrachte: der von dem
Pädagogium in Halle zum Rektorate berufene Heyn beschäftigte sich mehr mit Juden-
bekehrung, Seelenschlaf und mit der „Beziehung der Kometen zur Sintflut und zum
jüngsten Gerichte", als mit der Verwaltung seiner Schule, so dass die Eltern es für ge-
ratener hielten, ihre Kinder aus der Schule hinwegzunehmen. Die Saldria sollte dann
mit dem Neustädtischen Gymnasium vereinigt werden. Dies führte zu vielen Unzuträg-
lichkeiten, bis 1817 der Saldria wieder volle Selbständigkeit zugesprochen wurde. Aber
erst im J. 1851 erhielt sie die staatliche Anerkennung als Realanstalt. — Suhle''**) giebt
die Fortsetzung seiner früher erschienenen Arbeit zur Geschichte der fürstlichen Schule
zu Dessau und behandelt die Zeit von 1628 — 1695. Nach dem Rektor Pfretzschner
war es besonders Alers, welcher fiu- die Schule Tüchtiges leistete sowohl bezüglich der
„Lectiones" als der Schulgesetze; ein Programm für die öffentliche Prüfung von 1668
hat der Vf. abgedi-uckt. Veröffentlicht sind ferner Verzeichnisse der Sekundaner und
Primaner aus den Jahren 1688/9, mehrere „series lectionum", Schulordnungen, Stunden-
plan für Prima und Sekunda, Tertia und Quarta. Dem Diensteinkommen der Lehrer
ist ein dankenswerter Beitrag gewidmet, an welches sich ein Verzeichnis der Lehrer
von 1628 — 1784 schliesst, wo besonders die von Schickedanz verfassten Programmab-
handlungen aufgeführt werden. — Schütgen'^^) behandelt die Geschichte des Pro-
gymnasiums zu Eupen, welches auf ein 80j. Bestehen zurückblicken kann. 1809 ward
es als Ecole secondaire unter französischer Herrschaft errichtet und erhielt zunächst im
Gebäude des ehemaligen Kapuzinerklosters seinen Sitz. Im Jahre 1815 ward Eupen
preussisch, und damit trat auch eine Besserung der finanziellen Verhältnisse ein. Schon
1817 wurde die Ecole secondaire aufgelöst und eine allgemeine Stadtschule errichtet,
welche im Jahre 1844 zur höheren Stadtschule, 1862 zur höheren Bürgerschule, 1882
zum Realgymnasium und endlich 1886 zum Progymnasium erhoben wurde. Ein Lektions-
plan des 1849/50 erteilten Unterrichts und ein späterer, in welchen noch Griechisch
und Zeicluien eingefügt wurden, ist abgedruckt. ^^^ — Yür Glückstadt wiu"de, wie Det-
lefsen^i) berichtet, 1617 eine Urkunde ausgestellt, welche die Gründung einer Schule
anordnete; doch erst 1629 wird in der Bürgerliste ein Magister genannt. In Glückstadt
hen-schte eine für die damalige Zeit ganz ungewöhnliche Toleranz: so findet man die
Angehörigen verschiedenster Konfessionen für Kirclien- und Schulbau thätig. Erster
Rektor war Andreas Schilling. Bald aber kamen dann doch religiöse Streitigkeiten vor,
und die Schule sank immer tiefer, wozu auch der Rektor Benjamin Stricker nicht wenig
beitrug. D.s Arbeit zeichnet sich durch die Heranziehung reichen urkundlicheii Materials
aus. — Seitz82) veröffentlicht den dritten Teil seiner „Aktenstücke", deren Vorgänger
1888 und 1889 erschienen sind. Mit dem Jahre 1657 beginnend, berichtet er über die
Wiederherstellung der durch den Schwedenkrieg zerstörten Stadt Itzehoe und ihres
Schulgebäudes; einige dazu abgedruckte Schriftstücke umfassen die Jahre 1658 — 60. Die
Schulprogramme inussten dem Rat der Stadt eingesandt werden, ein erhaltenes Bruch-
stück druckt S. vollständig ab: „Catalogus lectionum hoc elapso semestri in tertia Classe
tractatarum jam vero examinandarum". Gegen die Wahl des Rektors Magister Lassenius
hatte sich ein Probst Hudemann an den Rat gewendet, erhielt aber einen kräftigen
Verweis vom König Friedrich III. selbst. Ueber Lassenius berichtet der Vf. nach Pon-
toppidan und giebt einen Neudruck seines Programms vom Jahre 1667.^) — Das vu*-
sprünglich städtische, seit 1889 königliche Gymnasium zu Neustadt in Ob er Schlesien,
dessen kurze Geschichte A. Jung^*) unter Mitteilung von Lehrer- und Abiturientenver-
zeichnissen, Frequenztabellen usw. geschrieben hat, ist aus der 1860 begründeten höheren
Bürgerschule hervorgegangen. — Unter den Stürmen des 30j. Krieges w\irde zu Neu-
stettin (1640) ein Gymnasium gegründet, dessen Geschichte bis zum Jahre 1890 Th. Beyer^)
feier in d. Saldrischen Schale zu Braadeiiburg a, d. H. Progr.-Beil. Brandenburg a/H., Wiosike. 35 S. — 78) H. Suhle,
Beitrr. z. Gesch. d. fürstl. Schule zu Dessau. 2. I'rogr. 1889/90. Dessau, Heiter. 40. 29 S. — 79) E. SchnU tgen, Gesch.
d. höh. Lehranstalt zu Eupen. E. Rückblick auf d. 80j. Vergangenheit d. Schule aus Anlass d. 25j. Jubiläums ihrer staatlichen
Anerkennung. Progr. 1889—90. Eupen, C. J. Mayer. 4». 51 S. — 80) XX F. Grein, D. Entwicklung d. Zustände in Kirche u.
Schule zu Friedberg i. d. W. während d. Reformationszeit. Oiessencr Phil. Diss. Darmstadt, Wittich. 80 S. — 81) D. Detlefsen,
Gesch. d. Kgl. Gyran. zu GlUckstadt. 1. V. d. Gründung d. Stadt im .1. 1(117 bis z. Einsetzung d. Kollegium Scholasticura 1747.
Progr. GlUckstadt, Augustin. 4». 24 S. — 82) K. Seitz, Aktenstücke z. Gesch. d. früh, latein. Schule zu Itzehoe. 3. Progr.
Itzehoe, Pfingsten. III, 64 S. — 83) XX A. Weningor, Z. Gesch. d. Lindauer Schulwesens im 16. Jh. Lindau, Thoma. 4*.
17 S. — 84) A. Jung, Gesch. d. GymnuHiums zu Neustadt O.-S. bis zu seiner Uebernahme auf d. Staat. Progr. Neustadt O.-S.
4«. 6-17 S. — 85) Th. Beyer, Gesch. d. Kgl. Gyran. zu Neustettin während d. J. 1640-1890. Fostsohr. z. Feier d. 250j.
1,6: K. Kohrhacii, (Teschichte des ÜnterrichtswesenS. 65
zum Gegenstand einer Abhandlung gewählt hat. Stifterin des Gymnasiums war die Her-
zogin Hedwig, Gemahlin des Herzogs Ulrich, Tochter des Braunschweiger Herzogs
Heinricli Julius; die interessante Stiftimgsurkunde ist zum Teil abgedruckt. Von den
in der ältesten Zeit benutzten Schulbüchern, die der Vf. zusammenstellt, nennen wir die
Katechismen von Luther und Chytraeus, Melanchthons Grammatik, Cato, Aesop und
Sebastian Heidens „Formulae loquendi". Unter Denso ward 1700 das neue Gymnasial-
gebäude eingeweiht, auch der Lektionsplan ward verändert und neben Latein (19 Stun-
den) werden Theologie (1 St.), Griechisch (2 St.), ,,Poesis vemacula", Logik und Geschichte
(je eine Stunde) in denselben aufgenommen, 1772 erhalten Gymnasium und Stadtschule
die Bezeichnung „Fürstlich-Hedwigsches Gymnasium", und 1791 ward von Lentz ein
neuer Lehrplan entworfen, nach welchem z. B. in Quarta nur 4 Stunden Latein gegeben
wurden. Durch Erbschaft ging die Schule an Brandenburg über. Von 1806 an nahm
die Schiilfrequenz ab, und 1812 wurde das Anstaltsgebäude sogar französisches Lazarett.
1813 wurde die Prima aufgelöst, da die Schüler dieser Klasse dem Rufe des Königs
folgten. Zu den Schülern der Anstalt gehörte unter anderen später oft genannten
Männern 1794 bis 1796 auch der „alte" Wrangel, dessen Bild in der — Untertertia auf-
bewahrt wird. Auch die neue Geschichte der Schule ist von B. sorgsam behandelt. —
Vogeler 86) setzt seine Arbeit über das Archigymnasium zu Soest fort. In dem vor-
liegenden vierten Teil wird die Zeit von 1678 bis 1730 behandelt. Lu Anfang werden
die „Leges quaedam didascaliae nostrae renovatae et auctae anno 1702", der „Catalogus
lectionum" und die „Schulgesetze für das Gymnasium zu Soest, erneuert 1730" abge-
druckt. Wie aus dem „Catalogus" hervorgeht, wurden damals vielfach die verschiedenen
Schriften des Comenius als Lehrmittel benutzt. — Pritsche ^7) giebt in der Geschichte
der 1832 begründeten Friedrich- Wilhelmsschvile zu Stettin eine Zusammenstellung der
Lehrpläne von 1832, 1859 und 1882, Angaben über die eingeführten Lehrbücher, eine
Frequenztabelle, eine Liste der Programmabhandlungen und ein mit biographischen
Notizen ausgestattetes Verzeichnis der Lehrer seit 1840, sowie der Abiturienten seit 1844.
— Im Anschluss an die 1840 erschienene Geschichte des 1540 errichteten Gymnasiums
zu Weilburg behandelt Bernhardt ^8) die Zeit von 1840 — 1890. Bei dem Uebergang
der Anstalt an Preussen 1866 wurden die Lehrpläne einer Aenderung unterworfen, da-
bei aber auch eine strengere Schulzucht eingeführt. Ein Verzeichnis der an der Anstalt
thätig gewesenen und zum Teil noch jetzt thätigen Lehrer, Angaben über Schulgeld, Prüfungs-
ordnungen, Abiturientenlisten und Lehrpläne seit 1840 sind auch hier beigefügt. 89) —
Die Einrichtung von Volksschulen in Schlesien nach der preussischen Besitz-
ergreifung schildert Weig^lt^o). Unter der österreichischen Herrschaft lag das evange-
lische Schulwesen schwer darnieder, die preussische Regierung aber schuf auch hier
Wandel. Leider widersetzte sich, während die Bürgerschaft dem Verlangen der Re-
gierung sehr sympathisch gegenüberstand, diesem Vorhaben die Geistlichkeit, da sie
fürchtete, dass ihr von ihrem Einkommen etwas entzogen und für die Besoldung der
Lehrer verwendet werden könne. So hatte man mit grossen Schwierigkeiten zu kämpfen,
zumal es eine Menge ganz armer Gemeinden gab, welche das Erforderliche mit dem
besten Willen nicht aufbringen konnten; ganz besonders traurig waren die Verhältnisse
in dem stark polnischen Oberschlesien. Selbst in manchen grösseren Städten waren
keine evangelischen Schulen vorhanden. So nahm man denn hauptsächlich zu Kollekten
seine Zuflucht, die aber während des 7j. Krieges eingestellt wurden. Nach dem
Kriege wurde dann in ganz Schlesien die Schulreform wieder aufgenommen, und vor
allem ward streiig darauf gehalten, dass die Kinder Deutsch lernten; Das Latein wurde
ganz aus den oberschlesischen Schulen verbannt und der Hang zum Studium der Theo-
logie bei den Söhnen der geringeren Stände Oberschlesiens möglichst eingedämmt. Der
Minister sagt in einem Reskript, dass „die Kinder besser thäten, nützliche Professionen
zu lernen oder das Gewerbe ihrer Eltern zu treiben als Pfaffen zu werden, zumal durch
die Menge der Kandidaten die Absicht, das Land mehr und mehr zu bevölkern, ver-
fehlet werde". Anerkannt sind die grossen Verdienste, die sich der Abt des Stiftes
von Sagan, Johann Ignaz von Felbiger, um das schlesische Schulwesen erwarb, be-
sonders um die Einrichtung von staatlichen Schullehrerseminaren, durch die zunächst
eine gründliche und dauernde Verbesserung des Schulwesens für ganz Schlesien be-
wirkt werden konnte. — Auch in Oesterreich war man auf die Hebung der Unterrichts-
verhältnisse bedacht. Ueber Joseph IL als Schulreformator schreibt F. Böhm^i) in ge-
Bestehens d. Kgl. Fürstin-Hedwig-Gymn. Neustettin, Hertzberg. 92 S. — 86) E. Vogeler, Gesch. d. Soester Archigyinn.
4. Teil. Progr. Soest, Nasse. 40. 52 S. (Teil 1 erschien 1883.) — 87) H. Fritsche, Gesch. d. Friedrich-Wilhelins-Schule
zu Stettin während d. ersten 50 Jahre ihres Bestehens 1840—90. (= Festschr. z. Feier d. 50j. Jubiläums d. Friedrich-Wilhelms-
schule in Stettin.) Stettin, Dannenberg. 92 S. M. 2,00. — 88) E. Bernhardt, Z. Gesch. d. Gymn. v. Weilburg in d. letzten
Jahren. Festschr. z. Feier d. 350j. Bestehens d. Anst. am 14. Aug. 1890. Progr. 1889—90. Wiesbaden, Kitter. 4". 50 S. —
89) X W. Harms, D. Zerbstcr Mädchenschule nach ihrer Gesch. u. Aufgabe. Eede. Zerbst, Luppe. 20 S. M. 0,40. (Gegründet
1839.) — 90) C. Weigelt, D. Volksschule in Schlesien nach d. preuss. Besitzergreifung: ZVGSchlesien. 24, S. 31—54. —
91) F. Böhm, Kaiser Joseph II. als Keformator d. österr. Volksscfiulwesens. E. Gedenkblatt. Znaim, Fournier & Haberler.
Jahresberichte für neuere deutsche Litteraturgeschichte I (i). 5
66 1,6: K. Kehrbach, Geschichte des Unterrichtswesens.
drängter Kürze. Maria Theresia hatte durch die nach ihr benannte Schulocdnung von
1774 für die Schulreformen Josephs den Boden geebnet. Die ersten 24 Artikel dieser
Schulordnung druckt der Vf. ab. Josephs Streben war, jedermann Gelegenheit zu geben,
seine Kinder etwas lernen zu lassen; darum sorgte er für bestimmte Bezahlung des
Lehrers, Errichtung akatholischer Schulen in Mähren, und besseren Unterricht der weib-
lichen Jugend, die von der vorhergehenden Regierung durchaus nicht genügend berück-
sichtigt war. Auch die Geistlichkeit musste sich der vom Kaiser eingeführten Normalschul-
methode anbequemen ; namentlich aber wandte Joseph sein Augenmerk auf die Anstellung ;
von Kreisschulkommissaren. Neben anderen nutzbringenden Reformen wurde auch die
Errichtung von Industrial- und Arbeitsschulen in Böhmen und Mähren ins Auge gefasst.
Was die Reform des Volksschulwesens in den Einzelheiten betrifft, so wurde bestimmt,
wo Schulen zu errichten seien, welchen Bildungsgang die Lehrer durchzumachen hätten
und wer zur Errichtung von Schulen verpflichtet sei. Mit der Begründung akatholischer
Schulen, in welchen religiöse Duldung das Hauptprinzip sein sollte, wurde der
Schtdzwang eingeführt, auch die israelitische Jugend zum regelmässigen Schulbesuch ge-
zwungen: wo die Juden keine deutschen Schiden hatten, mussten sie ihre Kinder in
christliche Schulen schicken, ohne dass sie ihrer Religion wegen beeinträchtigt wurden.
Die Erziehung der weiblichen Jugend sollte diese für ihren künftigen Beruf vorbereiten.
Neben die Verordnungen über die weltliche Beaufsichtigung der Schulen, über die
Besserstellung des Lehrerstandes, über Vervollkommnung der Methode bei Geistlichen und
Lehrern trat 1782 auch die Verfügung zur Enichtung von Militär-Knaben-Erziehungs-
häusern. *2) Zur Durchführung der Reformen wies Joseph bedeutende Fonds an, nament-
lich das Vermögen der aufgelösten geistlichen Orden. — Einen wichtigen Einblick in
das Volksschiilwesen des 18. Jh. geben die Schriften von Schlez und Rochow, welche
im Neudruck erschienen sind. Die diu-ch diese Hefte eingeleiteten, von Albert
Richter93-94) herausgegebenen „Neudrucke pädagogischer Schriften" bringen in erster
Linie nicht Werke, welche schon in zahlreichen andern Ausgaben zugänglich sind,
sondern Schriften, von denen jetzt sehr selten noch ein Exemplar zu erlangen ist.
Ferner sollen nicht nur sogenannte „pädagogische Meisterwerke" berücksichtigt werden,
sondern auch Schriften, die für die Geschichte der Schule und für die Kulturgeschichte
im allgemeinen als Quellenschriften zu betrachten sind. Das eine der beiden Hefte ent-
hält die eine Hälfte eines grösseren Werkes von Schlez: „Gregorius Schlaghart und
Lorenz Richard oder die Dorfschiüen zu Langenhausen und Traubenheim. Ein Er-
bauungsbuch für Landschullehrer". Was hier geboten wird, ist eine Schilderung, wie
sie auf eine sehr grosse Anzahl von Dorfschvden des 18. Jh, passt, und so hat das
Schriftchen zugleich einen nicht geringen Wert für die Geschichte der Volksschule. In
gewissem Sinne bietet Schlez Selbsterlebtes: die Schilderung des Gregorius Schlaghart
setzt sich zusammen aus einer Menge von Einzelwahrnehmungen, die der Vf. an Schvd-
meistem seiner Zeit gemacht hatte und die hier auf ein einziges Individuum übertragen
wurden. — Rochow, der „märkische Pestalozzi", ging von dem Gedanken aus, dass
die Dorfschulen ein Mittel zur Hebung des Wohlstandes seien, eine Meinung, die ihm
in den Teurungsjahi-en 1771 und 1772 aufging. In diesem Sinne errichtete er Schulen
auf seinen Gütern Rekahn, Krahne und Gettin (vgl. u. IV, 1 N. 30). Wie diese Schulen
beschaffen waren, welche Einrichtungen und Verbesserungen er vornahm, hat er selbst
in dem vorliegenden Buche beschrieben. Rochow entwirft von den herrschenden Zu-
ständen ein trübes Bild, er beklagt vor allem die übergrosse Unwissenheit, die Vorurteile
und den Aberglauben. Mit dem festen Vorsatz, diesen Uebelständen abzuhelfen, schrieb
er den „Versuch eines Schulbuchs für Kinder der Landleute oder zum Gebrauch in
Dorfschulen". Sein Werk fand Anklang, der König selbst, der damals ernstlich den
Wert besserer Landschulen für den Staat erwog, interessierte sich dafür. Es gelang
Rochow, seine Bauern dahin zu bringen, dass sie die von ihm angeordneten Verbesse-
rungen zu würdigen wussten, und mittelbar auch auf die Eltern der Schulkinder wohlthätigen
Einfluss zu üben. Auch die Gemahlin Rochows war für die Schulen thätig, und unter
ihrer Leitung gedieh eine von ihr begründete Industrie - Schide für die weibliche
Jugend, in welcher dem Handarbeitsunterricht sein Platz zugewiesen wurde. Seiner
Schrift hat Rochow Briefe und die Instruktion für die Landschulmeister (1773) beige-
fügt, endlich auch ein „Schuldrama", das aber nur ein Gespräch der dankbaren Schul-
kinder imd eine HtJdigung für die Herrschaft bietet. —
21 8. M. 0,40. — 92) X ö- Zernin, D. frühere Kriegsschule zu Colmar u. ihr Begrllnder Pfeffel: StrassbPost. N. 178. (V. d.
Fabeldichter Pfeffel i. J. 1773 gegründet, e. Anstalt im Sinne d. Philanthropinismus, doch mit militärischen Formen.) — 93)
F. J. Schlez, Gregorius Schlaghart oder d. Dorfschule zu Langenhausen. (= Neudrr. pädag. Schriften her. t. Albert Richter.
Heft 2.) Leipzig, Eichten 80 8. M. 0,80. — 94) F. E. t. Eochow, Gesch. meiner Schulen. (= Neudrr. pädag. Schriften her.
T. A. Richter. Heft 1.) Leipzig, Richter. 72 R. M. 0,80. —
1,7: Rud. Lehmann, Litteratur in der Schule. 67
1,7
Die Litteratur in der Scinule.
Rudolf Lehmann.
Allgemeines und Methodologisches: Allgemeines über die Ziele des Unterrichts N. 1. — Methodik
N.4. — Methodische Erläuterungsschriften N. 6. — Programme N. 8 ; Zeitschriften N. 14; Versammlungsherichte N. 18. — Hilfs-
mittel fUr den Unterricht: Lesebücher und Anthologien N. 23. — Schulausgaben N. 33. — Hilfsmittel für die Präparation
N. 77. — LeittUden für Litteraturgeschichte und Poetik N. 80. —
Der Wandel, der sich in der Gestaltung unseres Schulwesens zur Zeit vollzieht,
macht sich in keinem Lehrfach so entscheidend bemerkbar wie im deutschen Unterricht.
Die Beschäftigung mit deutscher Sprache und Litteratur, die bis vor kurzem
noch als „Nebenfach" hinter dem Studium fremder Sprachen zurückstehen musste, tritt
mehr und mehr in den Mittelpunkt des gesamten erziehenden Unterrichts. Allein diese
veränderte Rangstellung erfordert zugleich grundlegende Aenderungen der Methode und
der Organisation des Unterrichtsfaches. Es muss — und dazu noch ohne erheblich
grösseren Aufwand an Zeit — nach jeder Richtung hin mehr geleistet werden als bis-
her. Da gilt es, Ziele klar und bestimmt abzugrenzen, Methoden zu schärfen, Hilfs-
mittel zu finden: kurz, eine umfassende Anzahl von Aufgaben harrt der Erledigung. Dem
entsprechend regt sich denn auch auf keinem anderen Gebiete der didaktischen Litteratur
ein frischeres Leben als hier, und jedes der letzten Jahre hat eine Anzahl von Arbeiten
gebracht, deren gemeinsames Ziel es ist, der Beschäftigung mit der deutschen Litteratur
den Platz anzuweisen, der ihr in unserer Jugendbildung gebührt, und die Methoden vor-
zuzeichnen, nach denen sie dieser Stellung entsprechend zu gestalten ist. Und wenn,
wie natürlich, manches Verfehlte sich findet, wenn namentlich Versuche nicht ausbleiben,
den neuen Most in alte Schläuche zu giessen und eine Schablone, die dem fremdsprach-
lichen Unterricht mechanisch entnommen ist, dem Deutschen gewaltsam aufzudrücken,
so wird doch niemand, der die Gesamtheit der Leistungen überschaut, sich dem Ein-
druck frischen und freudigen Lebens entziehen können.
V^er wie der Referent den geschilderten Wandel als einen zugleich notwendigen
und wünschenswerten betrachtet, der wird es freudig begrüssen, wenn dieser Bericht au
die Spitze derer, die im Laufe des Jahres für die neue Richtung eingetreten sind, den
Namen Herman Grimms i) stellen kann. Zwei von den „Fünfzehn Essays", die sein
Buch ,,Aus den letzten fünf Jahren" enthält, beschäftigen sich eingehend mit den Fragen
des deutschen Unterrichts. Von hervorragender Bedeutung ist besonders der erste der-
selben: „Die deutsche Schulfrage und unsere deutschen Klassiker." Der Vf. richtet
hier einen Blick auf die bisherigen Zustände. „Wie ist es gekommen", fragt er, „dass
Goethe und die Seinigen nicht die Bildung einer nationalen Litteratur bewirkten, welche
die deutsche Schule nun ebenso beherrscht, wie die französische der klassischen Zei-t
Frankreichs die französische?" Ein Blick auf die Entwicklungsgescliichte des deutschen
Geistes beantwortet diese Frage. Lange Zeit war die Versenkung in die Antike eine
„ideale Kompensation" für das ,, mangelnde Gefühl vom Werte der Gegenwart". „Die Be-
geisterung, die der eigenen nationalen Entwicklung nicht zufliessen durfte, wurde den
Römern und Griechen zu teil." Dieses Verhältnis hat sich geändert. Wir Heutigen ver-
mögen das klassische Altertum nicht mit gleich enthusiastischem Gefühl mehr zu um-
fassen, wie unsere Väter und Vorfahren. Unsere Blicke wenden sich, wenn vom Ver-
gangenen die Rede ist, nicht mehr ausschliesslich auf Italien und Griechenland; die Ge-
schichte des klassischen Altertums erscheint uns nur als eine Epoche unter vielen, die gleich-
massiges Literesse fordern und erregen. Vor allem ist es die Geschichte unserer eigenen
nationalen Entwicklung, die uns in Anspruch nimmt und nehmen muss. „Das Leben,
das wir führen, und das, dessen Bevorstehen wir empfinden, bedingt die Fähigkeit, mit
Gedanken zu wirtschaften, für deren Ausbildung die antike Litteratur genügende Vor-
übung nicht mehr darbietet." Dem entsprechend ist ein Wandel unausbleiblich. „Wir
treiben in der Richtung, dass die deutsche Sprache und Litteratur zu dem endlich
werden wird, von dem alle Lehre ausgeht." Insbesondere erhofft nun G. „vom
breiteren Eintritte Goethes und der Seinigen in unseren höheren Unterricht den
Beginn der Umgestaltung des Schulwesens, zu dem der Weg gesucht wird". Er erwartet
hiervon „keine Verdrängung der klassischen Sprachen, vielmehr die Rückkehr in ein
gesunderes Verhältnis zur alten Welt und ihrer wunderbaren Kultur". „Unsere Jugend
hat bisher von Italien und Griechenland aus Deutschland betrachtet; sie muss von
Deutschland aus Italien und Griechenland neu kennen lernen." — Von geringerem
Belang für den litterarischen Unterricht ist der zweite Essay: „Deutscher Unterricht auf
I) H. Grimin, Aus d. letzten fünf Jahren. Fünfzehn Essays. (= Fünfzehn Essays. Vierte Folge.) Gütersloh,
5*
68 1,7: Rud. Lehmann, Litteratur in der Schule.
deutschen Gymnasien". Der Vf. bekämpft hier in sehr eingehender Polemik einen Angriff,
den der vorige Aufsatz, nachdem er in der Deutschen E-undschau zuerst erschienen war,
von A. Trendelen bürg in der Kölnischen Zeitung erfahren hatte, und er entwickelt an
dieser Polemik den Gedanken, „dass unsere in energischer Portbildung begriffene
Sprache ihre Gesetze in sich trage und dass einheitliche Kodifizierung des Wortgebrauchs
nur ein Notbehelf für unbestimmte Zeit wäre". Zugleich aber lässt sich G. den
sonstigen Angriffen gegenüber, die jener erste Aufsatz erfahren hat, zu mancherlei Ein-
schränkungen und Ab Schwächungen bestimmen, die jeder bedauern wird, der mit dem
dort Dargelegten so freudig einverstanden ist wie der Referent. Dass es im übrigen
auch hier nicht an geistreichen Bemerkungen und treffenden Wendungen fehlt, ist selbst-
verständlich. Besonders bedeutungsvoll ist, was über den Gegensatz gesagt wird, der
sich in Zeiten geistiger Umwälzung zwischen der älteren und der jüngeren Generation
mit Naturnotwendigkeit herausbildet. — Aus einem ganz anderen Gedankenkreise heraus
und in einer Weise, die von der Grimms sehr verschieden ist, tritt 0. Ernst^) in
seinem Buche „Offenes Visier" für die erziehende Bedeutung der deutschen Dichtung
ein. Seine Ideen und sein Stil erscheinen nicht ausgereift, aber von einem jugendlichen
Feuer getragen; seine Denkweise ist unhistorisch, aber einem lebendigen Gefühl der
Gegenwart entsprungen. In dem ersten von zwei populären, sehr kraftvoll geschriebenen
Essays entscheidet er die Präge: „Religion oder Litteratur als Zentrum des Volksschul-
unterrichts?" zu Gunsten der Litteratur und verlangt in der 1. Klasse mindestens 5, in
den beiden folgenden mindestens 4 Litteraturstunden. Der originelle und an sich sym-
pathische Gedanke wird freilich vielfach auf Bedenken stossen, die nicht nur den äusser-
lichen Schwierigkeiten, auch nicht nur der Vorliebe für den Religionsunterricht ent-
stammen. Es würde sich zunächst darum handeln, überhaupt die innere Möglichkeit
seiner Ausführung durch methodische Fingerzeige anschaulich zu machen. Unbedingter
wird man dem zweiten der genannten Aufsätze beistimmen können, der in einer ähn-
lichen, aber allgemeineren Tendenz den Lehrern, „namentlich den Volksschullehrem",
die Mahnung entgegenhält: „Ruft überall ein litterarisches Bedürfnis wach und habt es
zuerst selbst!" — Von ähnlichen Empfindungen und Anschauungen wie Grimm geht
Hildebrand^) in den Worten aus, die er „Zur Einführung der Zeitschrift für den
deutschen Unterricht" geschrieben und in seinem jüngsten Buche aufs neue veröffentlicht
hat. „Einig" — heisst es dort — „sind wir wohl alle darin, dass es sich für uns
Deutsche jetzt darum handelt, ein neues Leben eben als Deutsche zu beginnen." Und
die Aufgabe, die hieraus dem deutschen Unterricht ersteht, bezeichnet er schön und
treffend „als Pflege des Besten, Höchsten und Tiefsten, das sich unser Volk in Sprache
und Litteratur zusammengelebt hat und das von selbst in sich weiter weist auf die
höchsten Ziele hin, die es für den Menschen überhaupt giebt im Leben wie im Geiste."
Als einzelnen Gesichtspunkt hebt H. dann mit Recht hervor, dass der deutsche Unter-
richt das natürliche Band bildet, durch welches die humanistische und die realistische
Richtung unseres Schulwesens auf einheitlicher Grundlage verknüpft werden, „dass in
ihm die eine für ihr Reales das zusammenfassende Ideale zu suchen hat, die andere
aber für ihr Ideales den einzig gegebenen realen Grund und Boden". —
Einen Versuch, dem Unterricht die methodischen Wege zu weisen, auf dem
er solchen Zielen und Aufgaben gerecht w^erden könne, hat Rudolf Lehmann*) in seiner
Monographie „Der deutsche Unterricht" gemacht. Die Tendenz des Buches ist der von
Grimms und Hildebrands Aufsätzen auf das Engste verwandt. „Unsere höhere Schul-
bildung" — heisst es im Vorwort — „muss den idealen Mittelpunkt wieder gewinnen,
den sie früher in dem Studium des klassischen Altertums besass und der ihr heute
fehlt. Diesen Mittelpunkt kann allein die deutsche Litteratur bilden." Das Buch sucht
sich der Reihe anzuschliessen, welche Hieckes „Deutscher Unterricht" begonnen und
Laas' Arbeiten fortgeführt haben. Pur die litterarische Betrachtung unterscheidet der
Vf. drei Stufen des Verständnisses: die unmittelbare oder anschauliche, die historische
und die kritische Auffassung. Im Gegensatz zu denjenigen seiner Vorgänger, welche
das Ziel des höheren Unterrichts allzu einseitig auf die erste dieser drei Stufen be-
schränken wollen, aber mit ebenso entschiedener Wendung gegen diejenige Richtung,
welche in allzuhoch gespanntem Streben die höchsten Arten der Erkenntnis schon dem
Gymnasiasten zugänglich machen will, sieht der Vf. in der Anbahnung des historischen
Verständnisses das eigentliche Ziel des Gymhasialunterrichts. Das anschauliche Ver-
ständnis bildet die Aufgabe für die untere Stufe des Gymnasialkursus und in Ueberein-
stimmung damit für die höhere Bürgerschule. Die Ausbildmig des kritischen Verständ-
nisses bleibt der Universität als ihre eigentümliche Aufgabe überlassen. Es ergiebt sich
Bertelsmann. XXIII, 363 8. M. 0,00. (S. 25-02 ii. S. 03— 105.) — |[J- Rodonberg: DRs. 62, 8.154; 0. Harnack: Trlbb. 65,
S. 244;M. Carridre: AZg.'S. 50; M. Hardon: Nation" 7. S. ;i34.] i -2) 0. Ernst, Offenes Visier. Hamburg, Kloss. VllI,
280 S. M. 2,50. (S. 11— 54 u. S. 55— 84.) — 3) R. Hildobrand, Gesammelte Aufsatze u. Vortrage z. deutschen Philologie u. z.
deutschen Unterricht Leipzig, Toubner. VI, 335 S. M. 8,00. (S. 136—47. [=ZDT7.1. S. 1 ff.]) — 4) B. Lehmann, D.
1,7: E,;id. Lehmann, Litteratur in der Schule. 69
somit eine Zweiteilung nach Ziel und Methoden zunächst für die deutsche Lektüre, und
indem entsprechende Gesichtspunkte für den stilistischen und den grammatikalischen
Unterricht aufgewiesen werden, treten die einzelnen Teile des deutschen Unterrichts
in einen genauen Parallelismus zu einander. Ueberall bildet die mittlere Stufe des Ver-
ständnisses das Endziel des Gymnasialunterrichts, die untere das der höheren Bürger-
schulen und der mittleren Gymnasialklassen. Tür die Lektüre ergiebt sich aus der
Zweiteilung der Ziele ein durchgreifender Unterschied der Methoden. Richtet sich im
unteren Kursus die Thätigkeit vor allem auf die Erfassung des Einzelnen, sowie des
unmittelbar gegebenen, vom Dichter selbst vorgezeichneten Zusammenhanges, so hat die
höhere Erklärungsart auf ein Verständnis der Lektüre nach allgemeinen Gesichtspunkten,
sowie auf ein Verständnis für den historischen Zusammenhang, in welchem die einzelne
Dichtung entstanden ist, hinzuarbeiten. Das ideelle Ergebnis, welches den Schülern
aus einer solchen Behandlung der deutschen Litteratur erwachsen soll, fasst das Buch
folgendermassen zusammen: „Die nationale Kraft eines Kulturvolkes zeigt sich nicht in
der Neigung, fremde Einflüsse abzuwehren, sondern in der Fähigkeit, sich dieselben zu
assimilieren, sie den eigenen Bedürfnissen und Anlagen selbständig und willensstark
anzupassen. Zwei grosse Epochen deutscher Dichtkunst sind es, welche diese Wahr-
heit beweisen. Und der zweiten und grösseren von beiden besonders eigen ist der Ge-
danke, dass das Glück, soweit es für den Einzelnen oder für ein Volk erreichbar ist,
nicht in äusseren Verhältnissen, sondern im geistigen Leben zu suchen und zu finden
sei. Zu diesem Idealismus ihr Volk zu erziehen, war das Ziel, das die grossen Deutschen
des 18, Jahrhunderts über alle persönlichen und sachlichen Verschiedenheiten hinweg zu
einer Gemeinde verband." — Unter den Arbeiten, welche einzelne Teile des Htterarischen
Unterrichts behandeln, verdient das kleine, aber aussergewöhnlich gedankenreiche und
anregende Buch von Goldscheider^) besondere Hervorhebung. Von einem be-
stimmten und selbständigen Gesichtspunkte aus, mit welchem sich übjj-igens die ent-
sprechenden Gedankenzüge des vorhergenannten Buches mannigfach berühren, entwirft
der Vf. den Gang, den dje Erklärung deutscher Schriftwerke in den oberen Klassen zu
nehmen hat. „Da die Erschliessung des Sinnes nicht durch die Unkenntnis der Sprache
gehemmt wird, so ist eine vorläufige Aneignung des Ganzen möglich, auf welche sich die
Besprechung sogleich von Anfang an bezieht. Das Einzelne wird also stets im Ver-
hältnis zum Ganzen betrachtet. Diese Anschauung bildet die Eigentümlichkeit unseres
Faches, in welchem allein sie zur vollen Durchführung zu gelangen vermag. Auf solcher
Grundlage kommt man zum Begriife der Entfaltung eines kunstvoll gestalteten Organismus.
Diese Thätigkeit ist weaentlich ästhetischer Natur; aber sie beschäftigt sich nicht mit
Aufstellung allgemeiner Grundsätze oder mit der Prüfung des Werkes an der Hand
willkürlicher Vorschriften. Sie sucht vielmehr in das innere Wesen desselben einzu-
dringen und die Notwendigkeit seines Baues zu begreifen; sie will das Meisterwerk nicht
meistern, sondern durch aufmerksame und liebevolle Versenkung das Geheimnis seiner
Eigenart ablauschen." ,,Man begiebt sich in die Werkstätte selbst, wo der kunstreiche
Gott die sinnreichen Bilder seines Schildes vollendet; und man versteht sie nun um so
viel besser. Meine Erklärung zielt somit auf eine Entstehungsgescliichte." „Wir bleiben
unserer Erklärung des Begriffes der Aesthetik getreu, wenn wir in dieser Weise darauf
ausgehen, das Einzelne, Besondere, welches uns vorliegt, in immer bedeutendere Zu-
sammenhänge zu rücken. Man erhebt sich von der natürlichen Einheit eines Werkes,
zu der künstlichen mehrerer Werke, die man gleichzeitig betrachtet und deren Verhältnis
durch einen litterarisch geschichtlichen Satz ausgedrückt werden kann. Der Lihalt dieses
Satzes bezieht sich entweder auf die Darstellung einer Persönlichkeit oder auf die Ent-
wicklung geistiger Richtungen. Li diesem geschichtlichen Sinne lesen zu lehren, ist vor
allem auch Gesichtspunkt unserer Schriftbehandlung." Der hauptsächlichste, ja der einzige
wesentliche Einwand, den der Referent gegen G. zu erheben hat, ist, dass er aus-
gesprochenermassen die höchsten Ziele der ästhetischen Betrachtung schon für den
Gymnasialunterricht anstrebt und namentlich auch der kritischen Würdigung gelesener
Werke das Wort redet. Diese Ueberspannung der Lehrziele teilt er noch wesentlich mit
Laas, über den hinaus er sonst doch vielfach zu grösserer Klarheit fortgeschritten ist.
Die natürliche Folge davon ist denn auch, dass er von vornherein darauf verzichten
muss, allen oder auch niu- einem grossen Teile der Schüler wirklich das Verständnis für
diese letzten Ziele des Unterrichts zu eröffnen. „Es muss eben auch in unserem Fache,
wie überall, — dem platonischen Bilde gemäss — viele Stabträger und wenig Begeisterte
geben." Allein wenn wir wirklich der deutschen Lektüre eine herrschende Stellung im
Äüttelpunkte des erziehenden Unterrichts erringen wollen, so werden wir doch auch
Deutsche Unterricht. E. Methodik für höhere Lehranstalten. Berlin, Weidmann. XIII, 394 S. M. 8.00. |[J. Nicklas,
BBG.27, S.241 ; G.Bö tti eher, ZDU. 5, S.705;LCBI. 1891, S. 1164/5.; 0. Erdm ann, ZDPh.24, S.411/9; F. Kern, DLZ. 12, S.1340;
Hengeshach, COJRealschulwesen 19, S. 624 ff.]| — 5) P. Goldscheider, D.Erklärung deutscher Schriftwerke in d. oberen
Klassen höherer Lehranstalten. Grundlinien zu c. Systematik. Berlin, Gärtner. 1889. III, 92 S. M. 1,50. [[Koller,
70 1,7: Rud. Lehmann, Litteratur in der Schule.
dafür sorgen müssen, dass, unbeschadet dessen, was einzelne begabtere Köpfe bei ge-
eigneter Anleitung gewinnen können, die Hauptergebnisse, die der deutsche Unterricht
erzielen will, ein Gemeingut aller strebsamen und nicht allzu unbefähigten Schüler
werden. —
Unter den methodischen Erläuterungswerken verdient der „Wegweiser
durch die klassischen Schuldramen" von Frick^-ßa) die erste Stelle. Wie das Buch
den Höhepunkt des grossen Sammelwerks ,,Aus deutschen Lesebüchern" darstellt, dessen
fünften Band es bildet, so ist es eine der wertvollsten Erscheinungen der Erläuterungs-
litteratur überhaupt, und es möchten wenig andere Unterrichtsfächer pädagogische Werke
aufzuweisen haben, in denen eine solche Masse des Einzelstoffes, wie er hier zusammen-
getragen ist, mit solcher Klarheit und Sicherheit der methodischen Gesichtspunkte ver-
arbeitet ist, wie hier. Die Dreiteilung in Vorbesprechung, eigenthche Darbietxmg und
Rückschau ist durchweg festgehalten, sie entspringt und entspricht der Sache. Im ein-
zelnen aber wirkt es vielfach angenehm, dass der Schematismus der Methode mehr, als
das zum Teil in den früheren Bänden des Gesamtwerkes der Fall war, hinter dem
lebendigen und natürlichen Gang der Betrachtung zurücktritt. Nur zuweilen ist auf die
logische Ordnung der Scenen nach Gruppen usw. zuviel Wert gelegt; komplizierte
Dispositionen können ebensowenig eine Handlung für den Leser anschaulich machen,
wie sie dem Dichter, als er dieselbe entwarf, vorgeschwebt haben. Graphische Verdeut-
lichungen, wie die S. 53 oder gar S. 152, sind verfehlt; in Rubriken lässt sich der In-
halt einer wirklichen Dichtung niemals fassen. Durchaus einverstanden dagegen wird
man mit dem allermeisten von dem sein, was der Vf. in der vorangeschickten methodo-
logischen Einleitung an allgemeinen Grundsätzen aufstellt. NamentUch treifend ist das
S. 10 Gesagte: „Der Gang ist stets ein Gang vom Allgemeinen zum Besonderen, von
einer Gesamtüberschau zur Einzelbetr achtun g, von einer vorläufigen Totalauffassung (Vor-
blick) zu einer eingehenden Betrachtung." Daran schliesst sich die Bestimmung: „Es
kommt darauf an, dem Schüler eine allgemeine Vorstellung von dem inneren Entwick-
lungsgang der einzelnen Dramatiker zu geben, ihm auch zu zeigen, wie diese Dichter
selbst wieder unter sich eine Art Entwicklungsreihe darstellen und wie das sie verbindende
Element der Anteil an der immer vollkommeneren Herausarbeitung des Begriffes des Tra-
gischen ist." Der vorliegende Band behandelt der Reihe nach: Lessings „Philotas", ,,Emilia
Galotti", „Minna V. Barnhelm", „Nathan"; Goethes „Götz", „Egmont", „Ipliigenie", „Tasso",
— also alles, was an Dramen dieser beiden Dichter für die Schule in Betracht kommen
kann. Gegen einzelnes lassen sich Einwendungen erheben: so ist die „EmiHa Galotti"
zwar mit dem grössten Gescliick, vorsichtig und doch ohne Prüderie, behandelt:
dennoch wird gerade diese Darstellung, die nach der Seite des pädagogischen
Taktes gewiss nicht zu übertreffen ist, jeden Unbefangenen in der Ueberzeugung be-
stärken, dass dieser Stoff für eine eingehende Behandlung in der Klasse ein- für allemal
nicht geeignet ist. Der Anlage nach verfehlt — trotz mancher treffenden Einzelheit — ist
die Behandlung des „Nathan". Diese Lektüre empfiehlt E., um im Anschluss an
sie „die Begriffe Humanität, Toleranz, Humanitätsreligion , rehgiöser Kosmopolitismus,
Konfessionalität usw." „im positiven Geiste" kritisch zu behandeln, mit andern Worten,
das Einseitige oder Unberechtigte derselben nachzuweisen. Er kommt denn auch in
dem „Rückblick" zu den entsprechenden Ergebnissen, indem er „die inneren Widersprüche
des Dramas hervorhebt". Auch nach meiner Meinung ist der ,, Nathan" in den Kreis
der Primanerlektüre hineinzuziehen, aber, wie ich bereits an anderem Orte hervor-
gehoben habe, wesentlich unter dem laistorischen Gesichtspunkt, dass dieses Drama der
bedeutendste poetische Ausdruck ist, den die deutsche Aufklärung gefunden hat. Im
übrigen giebt es meines Erachtens sehr weniges in diesem Gedichte, was mit dem christlichen
Glauben, nichts, was mit der christlichen Gesimumg in Widerspruch träte. Ereilich wird
für einen positiv gläubigen Christen zu den allgemeinen Anschauungen, die der Dichter
lehrt, manches, ja vieles liinzuzufügen sein: für solche Ergänzung ist eben die Religions-
stunde da. Der Lehrer aber, der es nicht über sich gewinnen kann, diese Teilung der
Aufgaben anzuerkennen, oder der gar der Gesamtanschauung des „Nathan" so entschieden
negativ gegenübersteht, wie F., lässt das Werk besser ganz unberücksichtigt. — In
eine Kategorie mit dem Frick-Polackschen Erläuterungswerke gehört das Buch von
Lyon''), dessen zunächst erscliienener erster Teil die Klassen Sexta bis Tertia berück-
sichtigt. Auch hier ist der gesamte Lehrstoff unter einheitlichen Gesichtspunkten be-
ZBealschnlwesen 15,8.602/4; Baclimann, ASNS.84, S. 154; Waetzoldt, DLZ. 11, b. 876; Nickla8,BBG.26, 8. 65.]| - 6) 0.
Friek, Aus deutschen Lcsebaclicrn. Epische, lyr. u. dram. Dichtungen erl. fUr d. Oberklassen d. höh. Schulen. 6. Bd. 1. Abt.
(— Wegweiser durch d. klassischen Schuldrnmen I. Lessing, Goethe.) Gera u. Leipzig, Hofmann. 1889. 502 S. M. 5,00. —
6a) XX id. Aus deutschen Le.sebUehern. Epische, lyr. u. dram. Dichtungen erlaut, ftlr d. Oberklassen d. höh. Schulen. 5. Bd.
2. Abt. Lief. 1 u. 2. {= Wegweiser durch d. klassischen Schuldraraen 2. Friodr. Schillers Dramen.) Gera u. Leipzig, Hofmann.
112 8. M. 2,00. (D. beiden Lieit". behandeln d. drei Jugenddramen. Erst wenn d. ganze Bd. abgeschlossen ist, werden wir ihn e.
Besprechung unterziehen.) — 7) O.Lyon, D. LektUre als Grundlage e. einheitl. u. naturgem. Unterrichtes in d. deutschen Spr.,
sowie aU Mittelpunkt nationaler Bildung. Deutsche ProsastUeke u. Gedichte. 1. Teil: Sexta bis Tertia. Leipzig, Teubner.
1,7: Rud. Lehmann, Litteratur in der Schule. 71
handelt und ein festgeschlossener Lehrgang der deutschen Sprache aufgestellt. Die
Besprechungen sind nach Klassenpensen und innerhalb derselben nach Prosa und Poesie
geordnet. Das Schema für die Behandlung ist für alle bisher berücksichtigten Stufen
das gleiche; bei den Prosastücken gliedert es sich in die Rubriken: Einleitung, Sach-
erklärung, Wortschatz, Grammatik und Stil; bei den Gedichten folgen aufeinander: Er-
weckung der Stimmung, Vortrag des Gedichtes, Sacherklärung, ein kurzer Ueberblick
über den Bau des Gedichtes; hierzu kommen später Notizen über den Dichter. Das
fleissige und tüchtige Buch ist von der Kritik vielfach sympathisch aufgenommen und
verdient diese Anerkennung durchaus. Es giebt eine Eülle von sachlichen Belehrungen
und methodischen Anregungen. Der methodische Wert würde vielleicht noch deutlicher
hervortreten, wenn der Vf. sich der Fülle des ihm zu Gebote stehenden Stoffes gegen-
über strengere Beschränkung auferlegt und in die einzelnen Erörterungen weniger
Material hineingearbeitet hätte. Zwar hebt er in der Vorrede ausdrücklich hervor:
„Was in den Erklärungen enthalten ist, soll keineswegs immer den Schülern gegeben
werden. Mein Grundsatz war, in der Erklärung das zu geben, was dem Lehrer gegen-
wärtig sein muss, wenn seine Unterrichtsstunde eine wirklich lebendige Kunstleistung
werden soll." Allein an der Spitze eines Erläuterungswerkes, das für den Lehrer
methodisch vorbildlich sein soll, scheint mir dieser Satz nicht gerechtfertigt. Denn für
ein solches handelt es sich nicht sowohl darum, das Material zur Erklärung zusammen-
zutragen, als dasselbe in methodischer Weise zu sichten. Eben diese Aufgabe ist es ja,
welche die allermeisten Schulausgaben und Erläuterungswerke bisher unerfüllt lassen
und deren Lösung anzustreben das Verdienst von Arbeiten bildet, wie die L.s ist. In
diesem Sinne leidet nun namentlich die hier vorgezeichnete Behandlung von Gedichten
an einem Zuviel. Vor allem vermag ich auf die „Erweckung der Stimmung" nicht an-
nähernd das gleiche Gewicht zu legen wie L. Ich halte es im allgemeinen nicht
für richtig, die Lektüre eines Gedichtes, statt dieselbe zunächst einmal unmittelbar
wirken zu lassen, durch längere Erörterungen einzuleiten, soweit dieselben nicht aus-
schliessHch darauf ausgehen, sachliche Hindernisse des Verständnisses aus dem Wege
zu räumen, und es widerspricht sich doch wohl selbst, wenn z. B. gleich der zuerst be-
sprochenen „Einkehr" Uhlands „zur Erweckung der Stimmung" zwei andere Gedichte
gleichen Umfangs vorausgeschickt werden, für die man mit demselben Rechte wieder
durch andere Verse Stimmung machen könnte; oder wenn zu gleichem Zwecke die
Uhlandsche „Rache" durch eine allgemeine Schilderung „das Pferd" eingeleitet wird.
Ist hier ein Uebermass zweifellos vorhanden, so ist andrerseits um so mehr anzuerkennen,
dass sich L. wenigstens von der Ueberladung seiner Gedichterklärungen mit histo-
rischem Ballast irei hält, an welcher die meisten der vorhandenen Kommentare leiden.
In einer allgemeinen Bemerkung zu seiner Arbeit hebt Lyon'^) mit Recht hervor, dass
die Quellenvergleichung im Unterricht nur dann berechtigt ist, „wenn sie für die Auf-
fassung des Inhalts und der dichterischen Gestaltung Wesentliches beibringt". In der
Behandlung der Prosa treten uns besonders die Bemühungen um die Hebung des Sprach-
sinns und die Erweiterung des Wortschatzes entgegen, durch welche sich der Vf. schon
früher hervorgethan hat.* Hier liegt ein entschiedenes Verdienst des Buches, und es ist
durchaus wünschenswert, dass es gerade nach dieser Richtung hin Einfluss auf den
Unterricht gewinnt. —
Unter den Schulprogrammen, die sich mit der Methodik des deutschen Lektüre-
Unterrichts beschäftigen, tritt nur das von A, G. Meyer^) mit einem selbständigen
Vorschlage hervor. Der Vf. empfiehlt die Lektüre „eines etwas umfassenderen prosaischen
Werkes oder eines Brüchstückes von einiger Ausdehnung und Abrundung" bereits für
die Mittelklassen, in denen man sich bisher mit den kurzen und zum Teil abgerissenen
Abschnitten, welche die Lesebücher darbieten, zu behelfen pflegte. Er macht eine Anzahl
angemessener Vorschläge für eine solche Lektüre und giebt, an Kleists „Michael Kohlhaas"
anknüpfend, Winke für die Methode derselben. Die äusserliche Frage, ob „der Lehrstoff
den Schülern in Einzelheften gereicht werden soll oder ein Lesebuch mit einer be-
schränkten Anzahl prosaischer Stücke von entsprechendem Umfange den Vorzug ver-
dient", beantwortet der Vf. sachgemäss dahin, dass, wenn erst einmal aus der Erfahrung
heraus genug Material zu einem solchen Werke gesammelt und erprobt sein wird, dem
aus demselben zusammengestellten Lesebuche, bis dahin aber der Herausgabe von Einzel-
heften der Vorzug gebührt. — Das Programm von L. Stein ^) verlangt eine ,, chrono-
logisch geordnete, zusammenhängende Behandlung der Hauptepochen der deutschen
Litteratur und der Haupterscheinungen in ihnen auf Grund der früheren, auf der obersten
Stufe noch zu ergänzenden Lektüre der Schüler". Auffallenderweise bezieht sich der
XII, 433 S.M. 5,20. |[Gilow, DLZ. 11, S. 1228/9; ZKealschulwesen 15,S.374.]| (Vgl.ZDU. 4, S. 76.) - 7a) id. E.Wort zu meiner
Schrift „Die Lektüre als Grundlage etc.": ZDU. 4, S. 269. — 8) A. G. Meyer, Deutsche Prosalekt. in d. Mittelklassen höh.
Lehranst. Progr. d. 5. städt. höh. Bürgerschule zu Berlin. Berlin, Gärtner. 4«. 22 S. M. 1,00. — 9) L. Stein, Ueber d.'
Behandl. d. deutschen Litt, in d. oberen Klassen d. Gymn. Progr. d. Kgl. Gymn. an Marzellen zu Köln. Köln, Baehem,
72 1,7: Rud. Lehmann, Litteratur in der Schule.
Vf. zwar wiederholt auf die Schmidsche Encyklopädie, sowie auf Schraders Erziehungs-
und Unterrichtslehre, scheint aber von dem Vorhandensein einer Speziallitteratur über
den deutschen Unterricht keine Ahnung zu haben. Aus ihr ist nur R. v. Räumer ein-
mal angeführt und zwar mit der falschen Angabe: „in seiner Geschichte der Pädagogik".
Es ist daher nicht zu verwundern, dass die Arbeit neben manchem Richtigen und Ver-
ständigen, wie der Befürwortung des mittelhochdeutschen Unterrichts, auch gänzHch
Veraltetes und Ueberwundenes enthält, z. B. die Wendung gegen die verstandesmässige
Zergliederung klassischer Dramen, den Vorschlag, das Lesen mit verteilten Rollen in
den Mittelpunkt des Unterrichts zu stellen usw-i'^^^^). — Die Arbeit von Buchheim ^-^a)
behandelt den Unterricht bis zur Tertia aufwärts. Sie „verfolgt nicht den Zweck, neue
Ratschläge zu erteilen, sondern sie will in erster Linie Rechenschaft darüber geben, wie
und mit welchem Ergebnis solche verwendet werden". Der Vf. schliesst sich wesentlich
an Hildebrand an, insbesondere in dem ersten Abschnitt, der „Lese- und Denkübungen"
überschrieben ist; der zweite, „Vortragsübungen" betitelt, empfiehlt das Chorsprechen
und zieht vielfach Palleskes „Kunst des Vortrags" heran. Verdienstlich ist der Schluss-
abschnitt „Ein paar Mahnworte für den häuslichen Kreis", der Eltern und Erzieher zur
Fürsorge für die Lektüre der heranwachsenden Knaben auffordert und namentlich gemein-
sames Vorlesen im Familienkreise empfiehlt. —
Die Z eit s chriften des Jahres sind nicht gerade ergiebig für unseren Gegenstand.
Selbst die ZDU., der hier die erste Stelle gebührt, enthält zwar eine Fülle sachlich be-
lehrender Abhandlungen und einzelner Bemerkungen, die sich auf die verschiedensten
Litteraturwerke beziehen und deshalb an anderen Stellen der JBL. ihre Würdigung
finden, allein, wenn wir von den Recensionen absehen, nicht eben vieles, was für die
Methodik des litterarischen Unterrichts, die für den vorliegenden Abschnitt der JBL.
allein in Betracht kommt, als unmittelbar förderlich Belang hätte. Von Bedeutung
ist hauptsächlich ein kurzer Aufsatz von Waetzoldt^*). Ein Fachmann, der in doppelter
Hinsicht Autorität ist, spricht hier ein vernichtendes Urteil über den Betrieb der deut-
schen Litteratur an höheren Mädchenschulen aus und begründet es mit der Klarheit und
Schärfe, welche auch für die kleinsten Aeusserungen dieses Autors bezeichnend sind.
„Mehr noch als in höheren Knabenschulen sollte in den Mädchenschulen der deutsche
Unterricht Mittelpunkt und Träger des Gesamtunterrichts sein. Das Beste, was wir den
Mädchen mitgeben können, ist nicht eine mangelhafte Kenntnis fremder Sprachen, sondern
ein Verständnis für das eigene Volk, für seine Arbeit und sein Wesen." Wer es mit
diesem Ziele ernst nimmt, der darf sich nicht scheuen zu sagen, „dass im deutschen
Aufsatz und noch mehr in der sogenannten „Litteratur" die Ziele viel zu hoch gesteckt
werden und dass das Mass des Erreichten in Wirklichkeit recht niedrig liegt". W. tritt
daher, zum Teil in Anschluss an Wychgrams Ausführungen, für eine heilsame Beschrän-
kvmg im grammatikalischen, stilistischen und namentlich litterarischen Unterricht der
Mädchenschule ein. Für die unteren und mittleren Klassen fordert er entsprechende,
ausschliesslich der Einführung in Sage, Dichtung, Geschichte unseres Volkes dienende
Lesebücher; für die oberen Klassen die Lektüre ganzer Dichtungen, aber in strengster
Beschränkung auf das, was den jungen Mädchen wirklich verständlich und zugänglich
ist; er verlangt mit Recht, dass die einzelnen Dichtungen selber durchaus Mittel- und
Ausgangspunkt des Unterrichts bleiben und dass der litterarhistorische und selbst der
biographische Gesichtspunkt einen gestaltenden Einfluss auf den Unterricht niclit gewinne.
— Zum Teil im Gegensatz zu Waetzoldts Anschauungen steht ein Aufsatz von Stiller 1^)^
welcher für die Berücksichtigung des historischen Gesichtspunktes im litterarischen
Unterricht der Mädchenschule eintritt und neben der Klassenlektüre, welche auch nach
seiner Meinung im Mittelpunkte bleibt, die Litteraturgeschichte als selbständigen Zweig
des deutschen Unterrichts behandelt wissen will. Für die Gestaltung dei'selben entwirft
S. einen Lehrgang unter Hinweis auf seinen weiter unten zu nennenden Leitfaden (vgl.
N. 84). — Von den übrigen Artikeln der Zeitschrift kommt ein Aufsatz von Gloel^öj in
Betracht, der die Komposition des „Egmont" unter dem Gesichtspunkt eines Beispiels
für den deutschen Unterricht in Prima behandelt, recht verständig und klar, aber ohne
wesentlich Neues zu bringen. — Aehnlichen Charakters ist ein Aufsatz von Heussner i')
4'. 18 S. — iO) X Adolf Lohmann, Bemerkk. z. Betripb d. deutsclion Unterr. in Prima. .)B. d. kath. Gymn. LeobscliUtz.
4*. XII 8. (Nicht unverständige Zusammenstellung, will nichts Neues beibringenO — II) X J- Bernhardt, Ueber d. deutschen
Unterricht an höheren Lehranstalten. Solingen. 4*. 7 S. (Spricht denselben Verzicht in etwas naiver Form aus.) —
12) X A. Haller, Paedagog. Beitrr.: Einübung d. Vortrags e. Gedichth in d. Klasse. JB. d. Grossherz. Hess. Realsch. Bingen.
4*. 24 S. (Emiifiehlt im Anschluss an Humperdieck u. Parow d. Chorsprechen v. Gedichten [S. llj'i].) — 13) X F- W. Boro wski,
Fragen z. Erklar. d. deutschen Gedichte unserer Kanons. Wissenschaftl. Beil. z. Osterprogr. d. kath. Gymn. üanzig, A. MUller-
8che Hofbuchdrutkerei. 1889/90. 4«. 14 u. 18 S. (Teils selbstverständlich, teils verkehrt.) — 13a) U. Buchheini, Z. deutschen
Unterr. Progr. d. Realgyran. Zittau. 4". 22 8. — 14) St. Waetzoldt, Z. deutschen Unterr. an höh. Madchenschulen.
Zugl. Besprechung d. Programrasclirift: Bemerkk. z. deutschen Unterr. v. J. Wychgram : ZÜU. 4, S. 47— 54. (D. , Bemerkungen"
T. A. Schöne: ib. S. 240/.5 u. W.s Keplik: ib. 8. 245/7 gehen auf Grammatik u. Stilistik.) — 15) 0. Stiller, D. litt.-gescb.
Unterr. an unseren höh. Madchenschulen: ib. 8. 520;4. — 16) 8. u. IV, lle N. 15. — 17) F. Heussner, Goethe»
.1,7: Rud. Lehmann, Litteratur in der Schule. 73
im „Gymnasium", welcher dafür eintritt, aus „Dichtung und Wahrheit" „wenigstens Eine
grössere Partie im Zusammenhang mit den Schülern zu lesen", und die Methode dieser
Lektüre an einer Skizze der Besprechung des dritten Buches vorzeichnet. Der Vf. schlägt
mit Herm. Schillers Pädagogik die ersten fünf Bücher und die Hälfte des sechsten zur
Berücksichtigung vor; doch wird er gewiss nicht der Meinung sein, dass das neunte
und zehnte Buch übergangen werden düi-ften. —
Von Berichten über Versammlungen enthalten die Verhandlungen des
Görlitzer Pliilologentages einen Vortrag Cauers^^)^ welcher für eine wissenschaftliche
Proprädeutik eintritt, die auf der obersten Stufe des Gymnasiums durch Besprechung
der Stücke in einem geeigneten Lesebuche gegeben werden soll; der Vortragende em-
pfiehlt zu diesem Zwecke sein „Deutsches Lesebuch für Prima". — Dieselben Verhand-
lungen brachten einen Vortrag von Rudolf Lehmann i''), in welchem einige Haupt-
gedanken seines oben (N. 4) besprochenen Buches kurz formuliert wurden und welchem
nur die Bedeutung eines vorläufig veröffentlichten Programms für die genannte Ai-beit
zukommt. — Ein Bericht über die 15. Generalversammlung des Vereins von Lehrern
an den höheren Schulen in Hessen-Nassau und Waldeck giebt u. a. ein kurzes Re-
ferat über einen Vortrag Heussners '-O), welcher „bei der Lektüre deutscher Dramen
in der Schule Zeichnungen zur Ergänzung des architektonischen Aufbaus des Dramas"
empfiehlt. Zum Beweis dafür zeigte H. eine von ihm entworfene Skizze des architek-
tonischen Aufbaus von Goethes „Iphigenie" und erläuterte ausiührlich die Bedeutung
der einzelnen Zeichen. Ueber den Wert der Sache lässt sich bei der Kürze des Berichtes
nicht endgültig urteilen; doch kann Referent nicht verschweigen, dass er im all-
gemeinen von derartigen schematisch -graphischen Hilfsmitteln im höheren Unterricht
sehr wenig hält. — Behringers 21) Vortrag in der 16. Generalversammlung des bayeri-
schen Gymnasialleln-ervereins beschäftigt sich wesentlich mit der Methodik des deutschen
Aufsatzes. Er enthält manche für den Nicht-Bayern interessante thatsächliche Angaben;
so findet sich unter den Abituriententhemen, welche das dortige Staatsministerium selbst
bestimmt, das folgende: „Welche eigentümliche Richtungen und Ideen sind in der deut-
schen Dichtung der zweiten klassischen Litteraturperiode wahrzunehmen und in welchen
Werken der hervorragenden Meister treten sie besonders klar zu Tage?" Nach unseren
Begriffen ist eine solche Aufgabe eine ganz unerhörte für einen Abiturienten ; sie würde
sich eher für das Staatsexamen eignen; der Vortragende aber billigt sie. 22) —
Wenden wir uns nun den neu erschienenen Hilfsmitteln für den littera-
rischen Unterricht zu, so können wir xms viel kürzer fassen als bisher. Denn
die meisten unter diesen Arbeiten sind zu einem unmittelbar praktischen Zweck ge-
schrieben und wollen oder können von vornherein nicht den Anspruch erheben, sachlich
oder methodisch Neues zu bringen. Dies gilt in erster Linie von den Lesebüchern
und Anthologien 23-30)^ yoi^ denen eine besondere Hervorhebung nur etwa das „Deut-
sche Lesebuch" von R. u. W. Dietlein und G. Schumann 31-32) verdient, dessen sieben
Teile (sechs sind bisher erschienen) in methodischem Gange den sechs- bis achtklassigen
Volks-, Mittel- und höheren Bürgerschulen dienen sollen. —
Unter den Sohulausgaben sei hier zunächst die „Sammlung Göschen" genannt,
die sich seit Jahren in den höheren Schulen namentlich Süddeutschlands vielfach ein-
., Wahrheit u. Dichtung" in d. Prima d. Gymnasiums: Gymnasium 8, S. 813— 24. — 18) P. C'auer, D. Unterr. in I, e. Ahschluss
u. e. Anfang. (= Verliandll. d 40. Phüologenversamml. zu Görlitz. S. 192—211.) — 19) Rudolf Lehmann: ib. S. 234-41. —
20) F. Heussner, Z. Anschaulichkeit d. Unterr. mit bes. Berücksichtigung v. Goethes Iphigenie: ZGymn. 44, S. 573. (Referat.)
— 21) Behringer, Ueber d. Verwertung d. KlassenlektUre fUr d. deutschen Aufgaben namentl. d. oberen Klassen: BBG».
S. 17—25. — 22) X E. Honke, Z. Behandlung lyr. Gedichte: 1. Schilf lieder v. Lenau; II. „D. zerbrochene Ringlein" von
Eichendorif: Pädagog. Ell. f. Lehrerbildung u. Lehrerbildungsanstalten. 19, S. 26— 49. (Fleissig, aber allzu verstandesmässig u.
breit: viele überflüssige Erklärungen.) — 23) F. Basedow, Germania. 2000 Jahre Vaterland. Gesch. in deutscher Dichtung.
Berlin, Meidinger. XXXV, 430 S. M. 3,00. (D. Grundgedanke ist glücklieh, d. Auswahl z. T. absonderlich; z. B. fehlt Wilden-
bruch.) — 24) C. Boettcher, Ausgew. deutsche Dichtungen z. Auswendiglernen u. Vortragen. FUr höh. Lehranst. als Kanon
her. Leipzig, Teubner. X, 158 S. M. 1,60. (Sorgfältige Auswahl, aus d. Praxis hervorgeg.) — 25) K. Holderraanu,
Mustcrsamml. deutscher Gedichte f. höh. Mädchensch. Als Ergänz, d. „Deutschen Lesebuches" 7. u. 8. Schuljahr her. Mit e.
aiphabet, geordn. Abriss d. Lebensgesch. d. Dichter u. e. kurz. Verslehre. Leipzig, Freytag. VII, 128 S. M. 0,75. — 26) F.
Knauth, 7 Bücher deutscher Dichtungen v. d. ältesten Zeiten bis auf d. Gegenw. Für d. Gebr. in höh. Lehranst. bearb.
(= 7. Aufl. d. „3 Bücher deutscher Dichtt. her. v. G. Bernhardt.) Halle, HeudeL XX, 384 S. M. 2,-50. (Durchgesehen,
berichtigt, vermehrt.) — 27) H. Leineweber, Poet. Blumenlese. Zugl. Grundlagen f. d. Unterr. in d. Poetik u. Litt.-Goseh.
E. Lese- u. Bildungsbuch f. mittl. u. höh. Schulen, insbes. f. Seminare, Präparanden-Anst., Mittelschulen, u. höh. Mädchensch.
2. verb. Aufl. Trier, Lintz. X, 375 S. M. 3,00. — 28) F. Otto, Auswahl deutscher Ged. für höh. Mädchensch. Berlin, Herbig.
178 S. M. 1,20. I [Speyer: ASNS. 85, S. 63.] [ (Mit biograph. Notizen u. e. Entwurf für d. Verteilung auf 7 oder 8 Schuljahre.)
— 29) W. Reuter, Perlen aus d. Schatze deutscher Dichtung. Proben z. Litt.-Kunde, ausgew. u. d. Zeitfolge nach geordnet.
Freiburg i. Br., Herder. VI, 156 S. M. 1,20. (Neue, umgearb. Aufl. e. Teils d. „Litteraturkunde" d. Vf.: v. Opitz bis z. Gegenw.)
— 30) Worbs, Deutsches Lesebuch für d. oberen Klassen höh. Lehranst. 3. Aufl. Anhang: 1. Uebersicht d. Entwicklung
d. deutsi hen Nationallitt. 2 Sprachproben aus d. Althochdeutschen u. Mittelhochdeutsehen. Köln, Du Mont-Schauberg. XIII, 693 S.
Jl. 5,50. (Einige Veränderungen in d. Anordnung u. neue Anmerkungen.) — 31) R. u. W. Dietlein u. G. Schumann, Deutsches
Lesebuch für sechs- u. mohrklass. Schulen. Ausg. in 7 Teilen: T. 1: Erstes Schuljahr. (= Deutsche Fibel für d. vollständig
vereinigten Anschauungs-, Sprach-, Schreib- u. Lese-Unterr. nach d. kombinierten Schreiblese- u. Normalwörter-Methode. Gera,
Hofmann. 96 S. M. 0.40. — 32) id., Deutsches Lesebuch für sechs- u. mehrklass. Schulen. 2. T.: Zweites Schuljahr.
128 S. M. 0,50. — 3. T.: Diittes Schuljahr. 176 S. M. 0,70. — 4. T.: Viertes Schuljahr. 224 S. M. 0,90. — 5. T.: Fünftes
74 1,7: Rud. Lehmann, Litteratur in der Schule. •
gebtirgert hat und diese Verbreitung ihrer äusseren Anlage, dem handlichen Format und
der guten Ausstattung nicht minder als der Gediegenheit ihres Inhaltes verdankt. Die
in diesen! Jahre neu hinzugekommenen Bändchen enthalten, soweit sie in unser Gebiet
einschlagen, ausschliesslich Lessingsche Werke, von denen mehrere bereits in wieder-
holter Auflage erscheinen 33-39). Besonders brauchbar ist die Zusammenstellung des
Bändchens „Fabeln" ^o)^ welches die drei Bücher Fabeln nebst der Lessingschen Vor-
rede und der Einleitung von Goedeke zusammen mit Lessings „Abhandlungen über
die Fabel" vollständig enthält. Sehr glücklich und für den Primanerunterricht von
Wert ist auch die Auswahl von Günther^i), welche neben Lessings „Philotas" Gleimsche
Grenadierlieder, Oden von Gleim, Kleist, Ramler usw. zusammenstellt und dadurch
auf knappem Raum ein Bild der Poesie des 7j. Krieges giebt. — Besonderes Interesse
beansprucht nach Umfang und Gehalt zur Zeit die Wychgramsche Sammlung. Unter den
Lieferungen, dtu-ch welche sie im Laufe der Jahre vermehrt ist, erscheinen die kurzen
Lebensabrisse klassischer Dichter besonders dankenswert; denn bei dem herrschenden
Mangel an wissenschaftlich fundierten und zugleich allgemein verständlich und gut
geschriebenen Dichterbiographien ist der Lehrer in steter Verlegenheit, wenn er
dem Primaner eine Lektüre dieser Art in die Hand geben will. In den vorliegen-
den Lieferungen werden Klopstock und Wieland in einem Bändchen *2)^ sodann
Goethe *3) und endlich Schiller**) behandelt. Klopstocks Leben ist von Heinemann
auf kurzem Raum angemessen und im wesentlichen mit glücklicher Auswahl des in Be-
tracht kommenden Stoffes dargestellt. Doch hätte der Vf., ohne allzu breit zu werden,
den Geistesströmungen, von denen der Dichter ausging oder entscheidend beeinflusst
wurde, etwas eingehendere Berücksichtigung angedeihen lassen können. Weniger
glücklich ist Boxbergers Darstellung vom Leben und Wirken Wielands ausgefallen.
Vor allem ist die Raumverteilung bedenklich: Wielands Entwickelungszeit und nament-
lich sein zweiter Aufenthalt in Biberach werden mit unverhältnismässiger Breite be-
handelt, während sein Weimarer Leben ganz kurz und fast nur in Hinsicht auf die
äusseren Verhältnisse überflogen wird. Weder seine persönliche und litterarische Stellung
noch auch nur sein Verhältnis zu Goethe wird charakterisiert. Es scheinen Rücksichten
auf den pädagogischen Zweck der Sammlung zu sein, die hier bestimmend gewirkt
haben. Allein es wäre doch ein Irrtum zu glauben, dass nur die Entwicklungsjahre
grosser Männer auf jugendliche Leser anregend und vorbildlich wirken können. Gerade
Wieland erscheint in seinen späteren Jahren, z. B. in seinem Verhältnis zu Goethe,
weit anziehender als in irgend einer früheren Zeit, und auch litterarliistorisch würde es
sich gewiss rechtfertigen, den Vf. des „Oberon" nicht kürzer zu behandeln als den der
„Abderiten". Die Gedächtnisrede Goethes wenigstens hätte B. zur Ergänzung seiner
eigenen Darstellung abdrucken sollen. — Durch ähnliche Rücksichten wie Boxberger
scheint auch Lyon veranlasst zu sein, in seiner sonst vortrefflichen Arbeit nur die
Jugendgeschichte Schillers eingehender zu behandeln und von seiner Heirat an alles
Uebrige auf neun Seiten abzumachen. So wird denn nicht einmal die Freundschaft mit
Goethe und die Thätigkeit am Weimarer Theater einigermassen genau besprochen. Da
nun auch der Goethebiograph der Sammlung erklärt, dass er es sich versagen müsse,
„die Geschichte dieser Freundschaft zu erzählen und ihre Bedeutung für die Litteratur
zu würdigen", so ergiebt sich die merkwürdige Thatsache, dass der Schüler die Bio-
graphien Wielands, Goethes und Schillers gelesen und verstanden haben kann, ohne
von der Bedeutung des Weimarer Kreises überhaupt einen Begriff zu bekommen.
Im übrigen ist die L.sche Schillerskizze die anziehendste unter den genannten Bio-
graphien; klar und warm geschrieben wird sie gewiss auf den jugendlichen Leser
ihre Wirkung üben, um so mehr, als sie sich von dem theatralischen Pathos
Palleskes fem hält, dessen Buch L. sonderbarerweise ein klassisches Werk nennt. —
n. sechstes Schuljahr. 264 S. M. 1,00. — 6. T.: Siebentes u. achtes Schuljahr. 344 S. M. 1,25. — 33) X Minna v. Barn-
helm. E. Lustspiel in 5 Aufzügen v. G. E. Lessing. Mit Aninra. v. Tomas check in Graz. 10. Aufl. (33—41 r= Sammlung Gösthen.)
Stuttgart, Göschen. 131 S. M. 0,80. — 34) Lessings Emilia Galotti. Mit Anmm. v. Votsch in Gera. Göschen. 113 S. M. 0,80.
— 35) X 0- E. Lessing, Nathan d. Weise. Mit Anmm. v. Denzel u. Kraz. 5. Aufl. Göschen. 179 S. M. 0,80. — 36) X
G. E. Lossing, Laokoon oder über d. Grenzen d. Malerei u. Poesie. 2. Aufl. Göschen. VIII, 184 S. M. 0,80. (Einleitung v.
Goedeke ; leider beträchtlich schlechter gedruckt als d. anderen Bändchen.) — 37) X G- E. Lessing, Antiquar, u. Epigramm.
Abhandlungen. Mit Anmm. v. Werthor. Göschen. V, 157 S. M. 0,80, (Enthält aus d. „Briefen antiquarischen Inhalts" d.
Vorbericht, N. 1 — 12; „Wie d. Alten d. Tod gebildet"; „lieber d. Epigramm" [1—4].) — 38) X f'- E. Lessing, Litt. Abhandlungen.
Mit Anmm. v. Werther. Göschen. VH, 162 S. M. 0,80. (V. d. „Litteraturbriefen" N. 17, 18, 19, 63 u. 64; aus d. „Drama-
turgie" d. Abhandlungen über „Serairamis", „Zaire", Th. Corneilles „Essex", „Rodogun", „Merope" ; — eine recht geschickte
Zusammenstellung, die fUr d. Unterricht ausreichen kann.) — 39) X Lessings Prosa in Auswahl. Mit Anmm. v. Schaefer.
2. Aufl. Göschen. X, 182 S. M. 0,80. (Auswahl aus d. gesamten Prosa Lessings [Fabeln, Stllcke aus „Laokoon" u. d. „Dramaturgie",
d. „Antigoeze" usw.] etwa fUr höh. Töchterschulen geeignet.) — 40) G. E. Lossing, Fabeln. Nebst Abhandlungen mit dieser
Dichtungsart verwandten Inhalts. Mit Einl. t. Goedeke. 3. Aufl. Göschen. X, 125 S. M. 0,80. — 41) Lessings Philotai u.
d. Poesie d. 7j. Krieges. In Ausw. u. mit Anmm. v. Günther. Göschen. 114 S. M. 0,80. — 42) K. Heinemann, Klopstocks
l,eben n. Werke. R. Boxberger, Wielands Leben u. Werke. Bielefeld u. Leipzig, Velhagen & Klasing. 100 S. M. 0,50. —
43) K. Heinemann, Goethes Leben u. Werke, ebda. 130 S: M. 0,60. — 44) 0. Lyon, Schillers Leben u. Werke, ebda.
1,7; Rud. Lehmann, Litteratur in der Schule.
75
Auch dem Goethebiographen Heinemann darf man nachrühmen, dass er sich der
schwierigen Aufgabe, Goethes Persönlichkeit und Entwicklung der Jugend zugänglich
zu machen, mit Geschick entledigt hat und dass er, obwohl ein näheres Eingehen auf
die einzelnen Dichtungen sich hier nicht gut vermeiden Hess, doch überall nach ange-
messener Beschränkung strebt. — Von den übrigen Bändchen der Sammlung sind
einige 45-48) ihrem Inhalt nach nicht unmittelbar für den Klassenunterricht bestimmt,
enthalten jedoch manche wünschenswerte Förderung der Privatlektüre. Die meisten ^^-ß^)
aber sind Klassikerausgaben, welche in den Kreis der herkömmlichen Klassenlektüre
fallen. Die Sammlungen von Gedichten oder Prosastücken sind angemessen ausgewählt;
eine besondere Hervorhebung verdient die von Löschhorn^ß) gelieferte Zusammen-
stellung kunstgeschichtlicher Aufsätze von Goethe, weil sie dem Unterricht die Möglich-
keit gewährt, dieses Material, das so überaus geeignet, aber nicht jedem Primaner zu-
gänglich ist, unmittelbar heranzuziehen. Wünschenswert wäre, dass bald ein Bändchen
mit Auszügen aus Winckelmanns Werken sich anschlösse. Bei mancherlei Wertunter-
schieden im einzelnen zeichnen sich die Wychgramschen Ausgaben sämtlich diu-ch die
knappe und präzise Beschränkung ihrer Einleitung und der, glücklicherweise ohne Ver-
unzierung des Textes hinten beigefügten, Anmerkungen aus. — Trotzdem eine solche
Beschränkung allein dem Zweck einer Schulausgabe entspricht, kann man sie leider den
wenigsten unter den vorhandenen Klassikerausgaben nachrühmen. Zwar in der Luther-
ausgabe^'') Neubauers^S), deren erstes Bändchen vorliegt, bringt es die Natur der
Sache mit sich, dass die Anmerkungen namentlich sprachlicher Natur sich häufen. —
Die Egmont- Ausgabe von Gast^^) dagegen, der Perthesschen Sammlung angehörig,
geht vielfach über das Angebrachte hinaus, erklärt Fremdwörter wie „Projekt" und
„Motiv", als ob man den „Egmont" mit Quartanern läse, versichert in einer allge-
meinen Anmerkung zu Akt 5, Sc. 1, dass Klärchens Tod ein tragischer Tod sei usw.
Dabei scheint es der unvermeidliche Fluch solcher Kommentare zu sein, dass sie ins
Vage und Verkehrte fallen, sobald sie über das bestimmt begrenzte Gebiet der Wort-
und Sacherklärung hinausgehen. So wird hier Klärchens Ausruf 5,1 „Leise, — dass
wir uns selbst nicht wecken", ganz falsch damit motiviert: sie wolle aus ihren Träumen
nicht geweckt werden, „weil damit ihr Entschluss zu sterben zunichte gemacht werden
könnte"; S. 102 wird Ferdinand für einen JüngUng erklärt, „der ungefähr denselben
Charakter hat wie Klärchen, soweit das bei einem Jüngling und Mädchen der Fall sein
kann" usw. — Das Gesagte gilt auch von Funk es''*') Ausgabe der „Minna von Barn-
helm", die in vierter Auflage vorliegt: „Garderobe — eigentlich Kleiderkammer, hier:
Kleider"; „Frisieren — das Haar kräuseln, aufkämmen." „Hm! (1,11) = Ausdruck der
Ueberraschung" ; (1,2): „Just wird höflicher, da er von dem Gläschen hört" usw. Hin-
zugefügt ist hinter dem Stücke eine grosse Reihe von Fragen, aus denen folgende
herausgegriffen seien: Zu 1,6: „Worin zeigt sich Teilheims grosser Edelmut?" —
„Wodurch tritt Tellheims Edelmut noch deutlicher hervor?" — Zu 2,1: „Wie beweist
sich Franziska gleich hier als eine geschwätzige und heitere Gesellschafterin?" —
„Liwiefem trägt auch das Bündnis zwischen Franziska und dem Wachtmeister die
Bürgschaft des häuslichen Glückes in sich?" Um den Schüler übrigens nicht etwa zu
V, 130 S. M. 0,60. — 45) X D- Oberhof v. Immermann her. v. G. Carel. ebda. VIII, 138 S. M. 0,60. — 46) X D- abenteuer-
liche Simplicissimus d. H. J. C. v. Grimmeishausen im Ausz. her. v. G. Klee. ebda. X, 132 S. M. 0,60. — 47) D. deutsche
Volkslied. Auswahl her. v. A. Matthias, ebda. VI, 142 S. M. 0,75. — 48) X Sebastian Brant u. Johann Fischart her. v.
L. Voigt, ebda. X, 112 S. M. 0,50. — 49) X Zriny. E. Trauerspiel v. Th. Körner her. v. Carel. ebda. XVI, 102 S. M. 0,50.
— 50) XJ- G. Herder. Kleinere Prosaschriften ausgew. u. m. Einl. u. Anm. versehen v. E. Franz. I. ebda. VI, 154 S. M. 0,60.
— 51) X Goethes Gedichte. Auswahl her. v. R. Franz. ebda. XVI, 191 S. m. Bild. M. 0,75. — 52) X Ausgew. Dichtungen v.
Klopstock her. v. K. Heine mann. ebda. VIII, 127 S. M. 0,60. — 53) X Kleinere philosoph. Aufsätze v. Schiller her. y.
J. Imelmann. ebda. IV, 155 S. M. 0,60. — 54) X Schillers Gedichte. Auswahl her. v. H. Löschhorn. ebda. IX, 211 S.
m. Bild. M. 0,80. — £5) X Hamburg. Dramaturgie v. Lessing her. v. 0. Lyon. ebda. VIII, 176 S. M. 0,80. — 56) X Wallen-
stein V. Scliiller. 2 Bändchen her. v. C. Michaelis, ebda. XX, 151; XII, 150 S. je M. 0,60. — 57) X Kleinere Prosaschrifton
T. Goethe her. v. W. Nöldeke. Bd. 1. ebda. XVI, 112 S. M. 0,60. (Briefe aus d. Schweiz. — D. römische Karneval. — Sankt-
Eochusfest zu Bingen. — Novelle.) — 58) X Torquato Tasso v. Goethe her. v. R. Palm. ebda. IX, 108 S. M. 0,50. — 59) X
Auswahl kleinerer Prosasehriften v. Martin Luther, her. v. G. Schöppa. ebda. V, 109 S. M. 0,60. — 60) Lessing, Laokoon.
Mit e. Anliang (Winekelmann u. Goethe über Laokoon) u. e. Abbildung d. Laokoongruppe her. v. A. Thorbecke. ebda. VIII,
104 S. M. 0,50. — 61) X Lessings kleinere prosaische Schriften her. v. F. Violet. Bd. 1. Briefe, d. neueste Litt. betr. ebda.
VIII, 147 S. M. 0,75. — 62) X Lessings kleinere prosaische Schriften her. v. F. Violet. Bd. 2. Abhandll. ttber d. Fabel : „Wie
d. Alten d. Tod gebildet", ebda. X, 126 S. M. 0,75. — 63) X Schiller, Ueber naive u. sentiment. Dichtung her. v F. Violet,
ebda. VIII, 132 S. M. 0,60. — 64) X Prinz Friedrich v. Homburg. E. Schauspiel v. H. v. Kleist her. v. H. Windel, ebda.
XII, 109 S. M 0,50. — 65) X D- Jungfrau v. Orleans. E. romant. Tragödie v. Schiller, her. v. J. Wychgram. ebda. IX, 160 S.
M. 0,60. — 66) Kleinere Schriften z. Kunstgeseh. v. Goethe ausgew. u. her. v. H. Löschhorn. ebda. VIII, 136 S. M. 0,60. —
67) X Vademecum aus Luthers Schriften. Für d. evangelischen Schüler d. oberen Klassen höh. Lehranstalten. 2. Aufl. her.
V. G. Krügern. J. Delius. Gotha, Perthes. XIII, 111 S. M. 1,00. (Trotz genauer Durchsicht nur unwesentliche Veränderungen.
D. Schrift „An d. Ratsherren" ist jetzt ganz gegeben.) — 68) M. Luther, ausgew. v. R. Neubauer. (S. o. 11,6 N. 6. Litt.-hist.
Einl., e. I.ebensabriss bis 1517, [nach Matthesius] Schriften z. Reformationsgeseh. u. ähnl. Wissenschaftl. sorgfältig u. pädagogisch
geschickt.) — 69) Goethes Egmont her. v. E. R. Gast. (= Klass. deutsche Dichtungen mit kurzen Erlttutt. f. Schule u. Hau«.
Her. V. K. H. Keck.) Gotha, Perthes. 103 S. M. 1,20. — 70) Minna v. Barnhelm. E. Lustspiel in 5 Aufz. v. G. E. Lessing.
Mit ausführl. Erläutt. für d. Schulgebr. u. d. Privatstudium her. v. A.Funke. 4. verb. Aufl. (^ Schöninghs Ausgaben deutscher
76 1,7: Eud, Lehmann, Litteratur in der Schule.
einem allzu anstrengenden Nachdenken zu veranlassen, sind die entsprechenden Ant-
worten gleich unter die Fragen gedruckt. ''i) — Die übrigens recht gut ausgestattete
Wiener Schulausgabe des „Oberon" von Swoboda^^) enthüllt dem erstaunten Leser,
dass „Orpheus ein thracischer Sänger war, der durch die Gewalt seines Gesanges" \isw.
Ferner erfälu-t man, dass der Libanon ein Gebirge in Syrien und die Garonne ein Fluss
in Südfrankreich ist, sowie dass unter „Erdentand die Eitelkeit, Nichtigkeit des
menschUchen Lebens zu verstehen sei". S. 96 wird unter dem Texte sogar der Rat er-
teilt, den „Schwur Oberons zu memorieren". Im ganzen scheint es, als sei auch diese
Ausgabe zur Klassenlektüre für Quartaner oder Untertertianer bestimmt, wozu sich das
Gedicht trotz der vorgenommenen Kürzungen bedenklicher Stellen doch wohl kaum
eignen möchte. '3) — Am verhängnisvollsten tritt das geschilderte Verfahren in den
beiden von Lichtenheld^*-^^) besorgten Grillparzerausgaben der Cottaschen Sammlung
hervor, weil hier ein an sich schönes Uniernehmen Gefahr läuft, durch die Verkeln-theit
der Ausführung entwertet und vereitelt zu werden. Den Versuch, Grillparzersclie Dramen
in ihre Schulausgaben deutscher Klassiker einzureihen, hat die Cottasche Buchhandlung
zunächst im Hinblick auf die österreichischen Gymnasien gemacht, denen denn auch in
der That die „besondere Berücksichtigung Grillparzers" durch Ministerialverordnung
vom 14. Januar 1890 (s. ZDU. 4, S. 182) zur Pflicht gemaclit ist. Allein auch für deutsclia
Primaner kann es wenig geeignetere Lektüre geben, als ein Teil der Grillparzersclien
Dramen sie bildet, und wenn es uns die karg bemessene Unterrichtszeit nicht gestattet,
den Dichter eingehender in der Klasse zu berücksichtigen, so kann es sich doch gewiss
empfehlen, einige seiner Werke in den Kreis der gebotenen Privatlektüre aufzunehmen.
Ereilich nicht die „Ahnfrau", die ich für ganz ungeeignet halte; auch „König Ottokar"
liegt mit seiner Verherrlichung des Hauses Habsburg der deutschen Jugend ferner als
der österreichischen. Um so geeigneter aber ist das „Goldene Vliess", und auch „Sappho",
die einzige wüi-dige Nachfolgerin, die Goethes „Iphigenie" gefunden hat, entzieht sich
vielleicht dem Verständnis eines intelligenten Primaners nicht. Diese Werke den
Schülern zugänglich gemacht zu haben, ist ein Verdienst des Herausgebers. Leider
beeinträchtigt er es wieder, indem er durch Zahlen im Text^und eine^fortlaufende Reihe
zudringlichster Eussnoten die Lektüre geradezu ungeniessbar macht. Der Ausdruck ist
hart; aber es giebt keinen anderen, wenn z. B. im „Goldenen Vliess" beständig durch
platte Verdeutlichungen die epigrammatische Wucht der Sprache abgeschwächt, jede
wichtige Stelle unter dem Text noch einmal unterstrichen wird: dem unglücklichen
Primaner wird kein mythologischer Stammbaum geschenkt (vgl. S. 38, Anm. 9), ja, er
wird selbst mit Fragen behelligt, wie die „Zu Darimba haben viele griechische Gott-
heiten beigesteuert. — Welche?" (S. 34.) Noch schlimmer ist es in „König Ottokars
Glück und Ende", wo kein Ort, kein Name genannt werden kann (und es werden viele
genannt), ohne dass dem Dichter unter dem Text nachgerechnet wird, mit welchem
historischen Recht er denselben einführt; wo bei der kleinsten Wendung flugs
unten mitgeteilt wird, wie viel geschichtlich oder erfunden ist. Man hat in der That
oft den Eindruck, als wolle der Herausgeber die Lektüre des Dramas zugleich zum Ein-
pauken der österreichischen Gescliichte verwendet sehen. Selbst das Konzept wird dem
Dichter korrigiert (S. 51,70). — Ich verkenne nicht, dass viele der angeführten Ausgaben
auch ihre Vorzüge haben, dass z. B. gerade die zuletzt genannten sehr sorgfältig ge-
arbeitet sind, allein die ganze hier -geschilderte Methode ist durchweg verfehlt. Gut
ausgestattete Textausgaben, höchstens mit kürzesten, rein sachlichen und sprachlichen
Anmerkungen, nicht unter, sondern hinter dem Text, ohne Unterbrechung desselben durch
Zeichen, das ist es, was die Schule braucht. Für alle diese breitspurigen Kommen-
tare gilt, was A. Jonas ''6) in seiner sehr bedeutsamen Kritik einer solchen Ausgabe sagt:
sie sind „dazu angethan, das zu vernichten, was sie aufbauen sollen; sie beliindern den
ästhetischen Genuss des Kunstwerkes* und legen das eigene Urteil des Schülers lahm.
Wie kann ein Schüler zum Gesamteindruck auch nur einer Scene kommen, wenn er alle
fünf oder sieben Zeilen auf ein Zeichen im Text stösst, dass ihn zwingt, sein Auge auf
die Anmerkungen zu richten? Er wird auf diese Weise in der Auffassung des Zusammen-
hanges unaufhörlich gestört und muss nach dem Lesen der Anmerkung sich bemühen,
die Gedankenreihen des Textes wiederzugewinnen. . . . Der deutsche Unterricht steht
Klassiker mit Kommentar. 5.) Paderborn, Schöningli. 167 S. M. 1,20. | [BB(i. 20, S. 207.] | — 71) Götz v. Berlichingon mit d.
eisernen Hand. E. Scliauspiel. Mit aunfUlirl. Erläutt. für d. Scliulgebr. u. d. Priratstiid. her. v. J. Heuwe.s. Paderborn, Schöningh.
IV, 17.5 S. mit 1 Karte. M. 1,20. |[Naumann: ZGjmn. 44, S. 461; Hellinghaus: Gymnasium 8, 8. 787.]| — 72) Wieiands
Oberon. E. ep. Gedicht. Mit Einleit. u. Anmerkk. her. v. W. Swoboda. (Hölders Klassiker-Ausg. f. d. Schulgebr.) Wien,
Holder. XII, 199 S. Kr. 50. — 73) X Clavigo. E. Trauerspiel v. Goethe her. v. F. Wiedenhofer. (= Graesers Schulausg.
W*S8. Werke her. v. J. Neubauer.) Wien. Graoser. X, 38 S. Kr. 0,50. — 74) König Ottokars GlUck u. Ende. Trauerspiel in
5 Aufz. T. F. Grillparzer. Schulausg. mit Einl. u. Anmm. her. v. A. Lichtonheld. Stuttgart, Cotta. 220 S, M. 1.20. — 75) D.
goldene Vliess. Dramat. Gedicht in 3 Abtt. v. F. Grillparzer her. v. A. Lichtonheld. Stuttgart, Cotta. 226 S. M. 1,40. —
76) A. Jonas, Goethes Tasso her. v. Wiltich: ZGymn. 44, S. 142/6. — 77) W. Böhme, Erläuterungen zu d. Meisterwerkeu
1,7: Riid. Lehmann, Litteratur in der Schule. 77
vor einer Gefahr, vor der Gefahr, durch eine überweise Pädagogik die Lust an unseren
Klassikern in der Jugend zu ertöten." —
Hierher gehört denn auch der Versuch, das System der häuslichen Praepa-
rationen, von dem man jetzt im lateinischen und griechischen Unterricht allmählich
abkommt, auf die deutsche Lektüre anzuwenden. Nach den Erfahrungen des Referenten
würde es freilich schwer halten, die Schüler zu „genügender Durcharbeitung" der Er-
läuterungen von Böhme") zu bewegen. Immerhin ist hier ein Streben nach Knappheit
anzuerkennen, und wenn der Vf. sich wirklich, wie er im Vorwort ankündigt, auf
die Wort- und Sacherklärvmg beschränkt hätte, um auf diese Weise den Schüler „beim
ersten Lesen zu unterstützen", so könnte man das Unternehmen gelten lassen; freilich
würde dann auch jedes einzelne der Bändchen sich um die Hälfte des Umfangs ver-
ringern. — Schlimmer sieht es mit den Erläuterungen zu Schillers ,, Wallenstein" von
M. Evers'^8') ^us, von denen ein Teil erschienen ist, zwei weitere in Aussicht gestellt
werden. In einer Zusammenstellung von 600 nach bestimmten Gesichtspunkten geord-
neten Stellen und. 152 historischen Anmerkungen, mit einem höchst komplizierten und
wenig übersichtlichen Dispositionsapparat (A, ÄA, bbb usw.) wird hier nach einer kurzen
Uebersicht über die Dichtung und ihre geschichtliche Grundlage „die Stoifvertheilung
im Gesamtstück" abgehandelt, während das zweite Bändchen „den Gang der Gesamt-
handlung und. ihren dramatischen Aufbau, d. h. die Charakteristiken, den Ideengehalt
und. die sonstigen Erläuterungen bringen" soll; das alles zugleich für die Zwecke der
Schule, aber auch für das Selbststudium „eines jeden nicht fachmännisch gebildeten
Lesers". Schade um den Eleiss, der hier vergeudet ist. ''^) —
Ein geschickter Lehrer wird unter allen Umständen seinen Unterricht so wenig
wie möglich mit dem Ballast litterarischer Hilfsmittel beschweren, und wo er derselben
nicht entraten kann, wird er stets nach den kürzesten und handlichsten greifen. In
Anerkennung dieser Thatsache bestreben sich auch die sämtlichen systematischen Hilfs-
mittel und Leitfäden für Litteraturgeschichte^o-^^*) und Poetik^^-ss) einer möglichst
gedrängten Kürze. In Mathias Meyers ^^) Arbeit ist der Gedanke einer Anordnung
des litterarischen Pensums für verschiedene Altersstufen an sich nicht unglücklich; doch
würde eine Zweiteilung den Verhältnissen besser entsprechen als die hier beliebte Drei-
teilung, die manche Absonderlichkeit mit sich bringt. So ist im ersten Kursus zwar
Schiller behandelt, aber Goethe gar nicht erwähnt; im dritten ist dafür wieder Schiller
gar nicht, wohl aber Goethe und zwar vor Herder dargestellt. — In ausgesprochenem
Gegensatz zu den übrigen Arbeiten strebt nur das in vierter Auflage erschienene Lehr-
buch von Seinecke-Dieckmann^o^ eine grössere Ausführlichlieit an. Es will „dem
grösseren Publikum, welches nur wenige derartige Werke liest und lesen kann, durch
Lehrbücher wie das vorliegende, viel des Guten und Besten, was über unsere Litteratur
geäussert ist, zugänglich machen". Das Buch gewinnt dadurch an Interesse für weitere
Leserkreise, was es an Brauchbarkeit für die Schule verliert. Denn soviel darf man
mit Sicherheit behaupten: es kann kein Lehrmittel, geben, das zu gleicher Zeit dem
Selbststudium dientq und für einen methodisch geleiteten Schulunterricht wirklich
brauchbar wäre. —
d. deutschen Dichtkunst für d. häusl. Vorher, d. Schüler. 4 Bändchen; 1. Götz v. Berlichingen ; 2. Kleists Prinz v. Homhurg;
3. Minna v. Barnhelm; 4. Schillers Teil. Berlin, Weidmann. 52, 44, 39, 44 S, je M. 0,50. — 78) M. Evers, Schillers Wallen-
stein. 1. Teil. (=:D. deutsehen Klassiker erl. u. gewlirdigt für höh. Lehraustt. sowie z. Selbststudium. 7, Bändchen.) Leipzig,
Bredt. 117 S. M. 1,00. — 79) X 0- SteinbrUck, Präparationen z. Behandlung v. Gedichten. Langensalza, Wendt & Klau-
well. 48 S. M. 0,50. |[Diez: LMorkur. 10, S. 91.]| — 80) G. Engelmann. Hilfsbuch z. Litt.-Kundo. E.Ergänzung zujeda'm
Lesebuche. Leipzig, Peter. 104 S. M. 0,50. (102 Gedichte usw. als „Proben". D. Berechtigung d. 2. Titels wird niclit klar.)
— 81) Werner Hahn, Abriss d. deutschen Litt.-Gesch. f. d. Schulgobr. Berlin, Hertz. IV, 71 S. M. 0,80. (Nach d. Vf.
„Gesch. d. poet. Litt. d. Deutschen".) — 82) E. v. Schmidt, Deutsche Litt.-Gesch. im Auszuge f. russ. Lehranst. u. z.
Selbstunterricht. 2. Aufl. Moskau, Deubner. 95 S. — 83) A. Steger, 34 Lebensbilder aus d. deutschen Litt. E.Lesebuch f. d.
Litt.-Untorricht an gehobenen Knaben- u. Mädchenschulen. Mit 2 Anhangen. Halle, Schroedel. XIV, 492 S. M. 3,00. (Ergebnis
d. Erfahrungen d. Herausgebers in d. 1. Klasse e. Sstufigen BUrgermädchenschulo.) — 84) 0. Stiller, Leitfaden z. Ropetition
d. deutschen Litt.-Gesch. für höh. Mädchenschulen u. Seminarien. Berlin, Oehmigke. 1887—90. 4 Hefte. (60, 94, 80, 91 S.)
M. 3,00. (4 Semesterabteilungen, im Anschluss an d. herrschende Penseneinteilung.) — 85) H. Damm, Leitfaden z. deutschen
Litt.-Gesch. Für d. Schulgebr. bearb. (= 19. Tausend. Venu. Aufl.) Berlin. G. W. F. Müller. 64 S. M. 0,50. — 85 a) XX 0. Lyo.n^
Handbuch d. deutschen Sprache f. höh. Schalen. Stilistik, Poetik u. Litt.-Gesch. 2. venn. u. verb. Aufl. Leipzig, Teubner. IX, 292 S.
— 86) P.Köhler, Poetik, Aufsatzlehre u. Psychol. E. Leitfaden f. Schulen. Unter teilweiser Zugrundleg. d. 5. Aufl. v. H. B. R u m p e 1 1 s
Elementen d. Poetik. Neisse, Graveur. IX, 100 S. M. 2,00. — 87) Ch. F. A. Schuster, Lehrbuch d. Poetik f. liöh. Lehranstt
3. verm. u. verb. Aufl. Halle, Mtihlmann. XVI, 87 S. M. 2,00. |[BLU. S. 511 ] | (D. QuoUenanfUhrungen sind vermehrt.)
— 88) H. Sommert, Grundzüge d. deutschen Poetik f. d. Schul- u. Selbstunterr. 3. verb. Aufl. Wien, Bermann & Altmanh.
IV, 100 S. M. 1,50. (Bes. für d. Österreich. Lehrerbildungsanstalten.) — 89) Mathias Meyer, Einführung in d. deutsche Litt,
Nach method. Grundsätzen in drei Kursen her.. Hamburg, Meissner. 63 S. M. 0,60. — 90) F. Seinecke, Lehrbuch d. Geseh,
d. deutschen Nat.-Litt. Nach d. Tode d. Vf. her. v. W. Dieckmann. 4. Aufl. Hannover, Schmorl u. v. Seefeld Nachf. VIII,'
275 S. M. 3,00. (Sucht d. Anknüpfung an d. Gegenwart.) — •■..•:;
• — ~ ^ej/S'
IL Von der IMitte des 15. bis zuttl An-
fang' des 17. Jahrhunderts.
11,1
Allgemeines.
Max Herrmann und Siegfried Szamatolski.
Allgemeine Geschichte N. 1. — Bibliographisches N. 12. — Wissenschaft und Kunst N. 17. —
Seitdem in der Geschichtswissenschaft neben den Spezialstudien die zusammen-
fassenden Darstellungen sich wieder erheben, seitdem neben der Geschichtsforschung
auch die Geschichtsschreibung überall blüht, sind die Beziehungen zwischen der
allgemeinen Geschichte und der Litteraturgeschichte häufiger und enger und für beide
fixichtbarer geworden. Ueber die Geschichte der deutschen Reformation ist im Berichts-
jahr ein Buch zum Abschluss gekommen, das man alsbald neben Rankes Werk gestellt
hat. Wird hiermit seine Bedeutung geschätzt, so ist doch seine Eigenheit nur durch
den Gegensatz zu Ranke zu kennzeichnen. Die Geschichte der deutschen Reformation
von F. von Bezold^) entstammt einer Richtung der Historiographie, die man von der
überwiegend diplomatischen noch immer nur als die kulturgeschichtliche scheiden kann,
insofern sie neben den politischen Urkunden und Ereignissen auch die socialen und
kulturellen Zustände wie vor allem, um jene zu erleuchten und zu eigenem Zweck,
litterarische Erzeugnisse in den Kreis ihrer Bearbeitung und Darstellung zieht. Be-
sonders für das Zeitalter der Reformation, dessen politische Entwicklung so stark von
geistigen Strömungen beeinflusst wird und dessen Litteratur in so engem Zusammen-
hang mit dem politischen und religiösen Leben steht, ist eine solche Behandlungsweise
geboten. Offen muss hier zugestanden werden, dass Janssens viel umstrittenes Werk
in diesem Betracht fruchtbare Wirkung geübt hat: Janssens Streben, durchaus glücklich
im Prinzip, meist verfehlt in der Ausfiihrung, die Geschichte des deutschen Volkes als
„Zustände des deutschen Volkes" aufzufassen und zu schildern, hat in B. seine Erfüllung
gefunden. Gegenüber all den antijanssenistischen Kritiken, die seiner weiteren Ver-
breitung durch Abgraben der Wurzeln begegnen wollten, bedeutet B.s Werk die erste
Schöpfung, die ihm durch ihr blosses Dasein den Boden abstreiten wird. Natur-
gemäss bestimmte der grosse Plan, dem B.s Werk sich einordnet, ihm engere Grenzen,
innerlich und äusserlich, zumal hinsichtlich einer auch sonst wohl kaum beliebten Schau-
stellung der Belesenheit und Gelehrsamkeit. Aber auch in diesem engen Rahmen hat
B. ein Bild gegeben, dessen grossartige Wirkung die Beschränkung nicht spüren lässt.
Auf dem vierten Teil des Raumes, den etwa Janssens citatenschwere Arbeit braucht,
entwirft B. von dem Zustande Deutschlands am Ausgang des Mittelalters ein Gemälde,
dessen Linien nicht durch einen vorgefassten kirchengeschichtlichen Gesichtspunkt ver-
rückt werden und dessen Farben sich ebenso fem halten von Janssens Hellmalerei wie
von den dunklen Tinten, in denen ultraprotestantische Geschichtsschreibung gemeinig-
lich die vorlutherische Zeit zu malen liebt. Ein in Breite und Tiefe gleich ausgedehntes
Studium der gleichzeitigen Litteratur, der Chroniken und Flugschriften wie der dich-
I) F. T. Bezold, Gesch. d. deutschen Reformation. (=Allgem. Gesch. in Einzeldarstellungen her. v. W. Oncken
III, 1.) Berlin, Grote. 1. Lief. 1886; 2. Lief. 1887; 3. Lief. 1888; 4. n. 6. Lief. 1889; 6. (SchluB8-)Lief. 1890. 883 u. 1 S. mit
Portrr., lUaitrr. n. Beill. M. 22,50. |[a. Winter: JBG. 13, S. 11,79—80; G. Loesche: ThJB. S. 104/5; L. Geiger: ZVLR. 3,
11,1: Herrmann und Szamat61ski, Allgemeines des 15./16. Jahrhunderts.. 79
terischen Hervorbringungen, und auch, hierin einem Programmpunkt der Onckenschen
Sammlung schöne Früchte abgewinnend, der Erzeugnisse bildender Künste wurde, statt
die disiecta membra der KoUectaneen vor dem erstaunten Publikum zu häufen, weise
zur fein durchgearbeiteten Ausführung eines Kulturgemäldes in den Farben der Wirk-
lichkeit ausgenutzt. Und so leuchtet es schon ein, weshalb B.s Werk für den Litterar-
historiker so wichtig ist; trotzdem soll es noch in den Einzelheiten angedeutet werden.
Anhebend mit einer Einleitung über Höhepunkt, Gegner und Verfall der mittelalter-
lichen Hierarchie und einem Abschnitt über „Reich und Staat", der die politische und
wirtschaftliche Umgestaltung Deutschlands, das Städtewesen und den niederen Adel
sowie die Reception des römischen Rechts kurz charakterisiert, giebt B. in einem Ka-
pitel über „die Gesellschaft" die erste bezeichnende Probe seiner eigentümlichen Dar-
stellungsweise. Die städtische Kultiir wird durch reiche Daten über Handel und Ka-
pital, über das zünftige Handwerk und die Bauthätigkeit bestimmt; den derben Lebens-
genuss und die Roheit der Sitten müssen litterarische Zeugnisse eines Hütten, Luther,
Geiler u. a. und die Memoiren des Grafen von Zimmern illustrieren; über die Lage des
Bauernstandes und seine Stellung zum römischen Recht werden Brant, Geiler, Münster
und eine Reihe popvdärer Schriften vernommen; die Verschärfung der sozialen Gegen-
sätze wird im Spiegelbild des Volksliedes und der satirischen Dichtung gezeigt, und
unmittelbar aus der gleiclizeitigen Litteratur hören wir das erste Grollen der Revolution.
Auch in einem mehr politischen Kapitel wie dem über „das Haus Habsburg und die
Reichsreform", das vorwiegend die hervorragenden Eürstenhäuser behandelt und einzelne
Fürstenporträts bringt, so besonders das Maximilians, fein umrissen wie die beigegebene
Silberstiftzeichnung Dürers, klingt durch alle Diplomatie die Stimme des Volkes durch,
um dessen Schicksal verhandelt wird. Die Gestalt des Landsknechts tritt in Reim und
Bild auf. Nirgends überwiegt die Erzählung der Geschehnisse die Schilderung der Zu-
stände. Das nächste Kapitel, das ausdrücklich „kirchliche Zustände", hierarchische
Finanzwirtschaft, Verweltlichung des Klerus, Reformversuche auf kirchlichem Boden,
Ansätze zum Landeskirchentum schildern will, bringt neben einer Fülle von einzelnen
Thatsachen die in der Litteratur der Zeit niedergelegten Anschauungen der Zeit diu-ch
WimpheHng, Brant, einen anonymen „liber moralis", die Memoiren Zimmems und ein-
zelne Satiren ausführlich zur Sprache. Eng hieran schliesst sich der Versuch, den
Boden, das Milieu der aufsteigenden Revolution^- und Reformstrebungen, „die Volks-
religion", darzulegen. Weit verschieden von jeder Art kirchengeschichtlicher Kompendien
sammelt B. das Material zu seiner Darstellung in der populären Litteratur und in der
Kunst: der Luxus der kirchlichen Bauten und Feste, Spiel und Scherz in der Kirche,
Wachstum der Stiftungen, kirchliche Liebesthätigkeit und der Bettel, die Fürsorge für
fremdes und eigenes Seelenheil, die man durch Betbrüderschaften, Ablässe und Reliqmen
anstrebte, die Heiligen Verehrung und die Wallfahrtsepidemien werden an einer langen
Reihe von Daten sowohl als auch in Chroniken, im „liber vagatorum", bei Eberlin von
Günzburg, Konrad Stolle, Trithemius u. a. verfolgt, und all diese einzelnen Züge bleiben
nicht ein Haufen von Citaten, sondern werden zu einem gross und einheitlich wirkenden
Bilde verarbeitet. Charakterisiert die reiche Verwendung gleichzeitiger Litteratiir bereits
Kapitel nicht eigentlich litterarischen Inhalts, so zeigt sich B.s Belesenheit erst recht
in dem Abschnitt über „Reform und Ketzerei". Die Predigt- und Erbauungslitteratur,
die Verbreitung der deutschen Bibel (mit interessantem Ausblick auf vorreformatorische
Censurthätigkeit), die Mystiker und die Brüder des gemeinsamen Lebens, kirchliche
Selbstkritik, Sektenwesen (Begharden, Waldenser und Geissler), Wiklif ^ und _Huss, das
deutsche Taboritentum und die böhmischen Brüder, und endlich, auf eine eigene Ver-
öifentlichung B.s zurückgehend, die Entwicklung der Kaisersage aus der Apokalyptik
des späteren Mittelalters — all das bildet für sich eine litterarische Abhandlung auf
historischer Unterlage. In den ferneren Ausführungen über volkstümlichen Determinis-
mus, Leugnung der Willensfreiheit und der ewigen Verdammnis, über Aberglauben,
Phantastik und Hexenwahn, Magie, Alchymie und Astrologie wird die Darstellung, die
überall die tieferen Zusammenhänge aufzeigt, durch Bilder von Dürer, aus Molitors
Traktat von den bösen Weibern und von einer astrologischen Tafel unterstützt, die
neben der gewaltigen Fülle litterarischen Materials wenigstens entsprechende Spuren in
der Kunst verfolgen lassen. Wie schon ein früheres Kapitel so klingt auch dieses und
zwar in den Versen der Fastnachtspiele des Hans Folz und der Sprüche des Rosenblüt,
die sich zu einer förmlichen Apotheose der Handarbeit erheben, endlich in der angeb-
lichen „Reformation Kaiser Sigismunds" in ein mächtiges Präludium der politisch-so-
cialen und religiösen Revolution aus. Auch hier wird auf die Illustrationen hingewiesen,
die in furchtbar derben Zügen den Ahnungen der Volksphantasie Gestalt verliehen, und
aus einer Sclirift Grünbecks wird ein Holzschnitt reproduziert und erläutert, der die
Prophezeiung der zukünftigen Umwälzung verbildlicht. Die „Vorspiele der Revolution"
behandelt das letzte Kapitel des allgemeinen Abschnitts, die Bauernerhebungen seit dem
80 11,1: Herrmann und Szamatolski, Allgemeines des 15./16. Jahrhunderts.
14, Jh., den Bundschuli, die Aufstände vom Elsass bis nach Ungarn und schliesslich die
Gährung in den Städten. Zum eigentlichen Inhalt des Werkes leitet das Finale über:
'„Aber schon hatte die Nation ihren Helden gefunden. Es war ein deutscher Bettel-
mönch, der es mit dem römischen Papst imd mit dem spanischen Kaiser aufnahm."
Das erste Buch lässt auf ein erstes Kapitel, das mit scharfen Strichen Maximilians Aus-
gang und die Wahl Karls V. in die internationalen Verhältnisse einzeichnet, gleich
wieder ein rein litterarisches Kapitel folgen: „Renaissance und Humanismus." Aber
B. will (schon mit Hinblick auf Geigers besondere Behandlung des Themas in der
Onckenschen Sammlung) hier kein litterarhistorisches Intermezzo geben, sondern die
neue Strömung iii ihrem Zusammenhang mit der Entwicklung der allgemeinen Geschichte
des Zeitalters, als Teil also der allgemeinen Kulturgeschichte auffassen. Hasch, wenn
auch mit reichen Einzellieiten entrollt B. den Werdegang des deutschen Humanismus
aus dem italienischen, seinen Kampf mit dem Scholasticismus um die Schule; die ver-
änderte Stellung des Plato und Aristoteles wird an Beispielen der bildenden Kunst ge-
kennzeichnet, daran schliesst sich die Erfindung des Buchdrucks, das Eindringen des
Hiimanismus an den Universitäten und die Hauptschlacht zwischen den „Poeten" und
ihren Feinden, der Beuchlinsche Streit. Alles wird mit einer ruhigen Unparteilichkeit
betrachtet, die den Paganismus, die Selbstverherrlichung der Poeten und den stets be-
reiten „Tusch der lateinischen Carmina" durchaus nicht zu leugnen strebt. Stellt B.
den Humanismus zuerst im Gegensatz zur kirchlichen Weissen schaft dar, so verfolgt er
ihn weiterhin an einer Unzahl von Beispielen in seinem Verhältnis zur Kunst und
Litteratur des Bürgertums und in seinen Anpassungs versuchen an deutsche Art und
Kunst. Die mit dem Humanismus eng verbundene Gestalt Maximilians, der vollkommener
als irgend einer seiner Gelehrten und Künstler das moderne Ideal der Persönlichkeit
verwirklicht hat, führt zu einem Ueberblick über die moderne Weltanschauung, in der
Christentum und Paganismus, Naturwissenschaft und Phantastik einen seltsamen Bund
eingehen. Auch dies Kapitel schliesst mit einem Üebergang, der äusserlich und inner-
lich von einer hohen Kunst der Geschichtsschreibung zeugt: nicht Reuchlin, sondern
Erasmus ist es, mit dem B. von der Renaissance zur Reformation überleitet. „Erasmus
und die Renaissance des Christentums" bezeichnet er scharf den Abschnitt, in dem er
dessen Theologie aus den italienischen und englischen Grundlagen entwickelt; im Gegen-
satz zu der konzilianten Persönlichkeit wird der Satiriker Erasmus geschildert; über
einer zusammenfassenden Charakteristik seiner biblischen und patristischen Studien wird
seine Stellung als „Eürst der Wissenschaft" nicht vergessen und neben eine Darstellung
seiner Philosophie Christi in ihrer Verbindung von Christentum und Antike ein figurenreiches
Bild seiner W^irkung auf Europa und insbesondere auf Deutschland gestellt. Und so
endet die Schilderung der oberen Strömung des deutschen Geisteslebens ganz anders
als die frühere der Volkslitteratur: „An die Stelle der blutigen Schreckensbilder, wie sie
in der apokalyptischen Litteratur und in den Vorstellungen der Masse herrschten, traten
heitere und glänzende Zukunftsträume von einem Zeitalter der Wissenschaft und Kunst,
der Humanität und Sitteneinfalt, der Grösse Deutschlands und der friedlichen Kirchen-
reform." Eine gleichgestimmte Briefstelle des Erasmus ist es, der B. das Signal der
Revolution, den Thesenanschlag, gegenüberrückt. Einer bewundernden und verständnis-
vollen Darlegung von Luthers Entwicklung bis zum Wormser Reichstag und seinen
grossen Reformationsschriften ist das nächste Kapitel gewidmet, in dem jedoch der Ein-
tritt der „zeitgenössischen Geistesaristokratie", des Humanismus, insbesondere Hütten,
sein Leben und seine Werke, einen breiten Raum einnehmen. Wenn der Luthers und
Huttens persönliche und litterarische Beziehungen betreffende Abschnitt in anderen
Arbeiten des Berichtsjahres (vgl. u. 11,6 und 11,8) überholt erscheint, so muss daran
erinnert werden, dass die bezügliche Lieferung von B.s Werk schon 1887 ausgegeben
wurde. Hinsichtlich der Illustrationen verdient hervorgehoben zu werden, dass man so
viel Lutherbilder kaum sonst an einer Stelle vereinigt finden wird: ausser einem Kupfer-
stich von Hopfer und einer Medaille nicht weniger als fünf Porträts nach Lucas Cra-
nach, zwei Holzschnitte, einen Kupferstich, ein Gemälde und eine Miniatur. Es ist un-
möglich, auch weiterhin an all den litterarischen, geschweige denn den kulturhistorischen
Einzelheiten zu zeigen, wie viel uns diese glänzende historische Arbeit bietet. Zum
grossen Teil wird noch das Kapitel über den „Wormser Reichstag und die ersten Siege
der Reformation" von überwiegend litterarischen Ausführungen eingenommen. Die
öffentliche Meinung, um deren Beachtung, wenn auch nicht Darstellung sich Janssen so
grosse unbestreitbare Verdienste erworben hat, wird in den Flugschriften mit ihren
derb verständlichen Holzschnitten, in der weitschichtigen Dialoglitteratur und den Fast-
nachtspielen, besonders des Nikolaus Manuel, im „Neukarsthans" und bei Eberlin von
Günzburg belauscht; aber auch ein Verfechter altkirchlicher Polemik wie Murner kommt
zu Worte. Luthers Bibelübersetzung wird mit Scherer als „ein vornehmes, unvergäng-
liches Gesetzbuch der Sprache" betrachtet und eingehend gewürdigt. Die Teilnahme
11,1: Herrmann und Szamatolski, Allgemeines des 15./16. Jahrhunderts. 81
des Bürgertums wird dargestellt, vorzüglich in Hans Sachs, und auf der andern Seite
die Abkehr des enttäuschten Humanismus, die in dem grossen „Zweikampf des Odysseus
und Ajas", Erasmus' und Luthers, um die Willensfreiheit gipfelt. Aus den Verhand-
lungen des Nürnberger Reichstages tritt die imponierende Gestalt des als Schriftsteller
noch immer nicht gewürdigten Hans von Schwarzenberg bedeutsam hervor. Die ritter-
lichen Beschützer der Reformation, deren „Anschauung der Welt vom Bergschloss aus"
auf Grund der riugschriftenlitteratur gut gezeichnet ist, werden in Sickingens Erhebung
und Untergang geschildert, und hierbei wird auch Huttens Ausgang mit schöner Wärme
erzählt. Auch das grosse schaurige Bild des Bauernkrieges setzt sich bei B. nicht bloss
aus den einzelnen Aufständen usw. zusammen, sondern zunächst wird der socialrevolu-
tionäre Journalismus, die „grossen Zettel und Büchel mit vielen wunderlichen und öden
Gemälden", und die radikale Predigt in ihren Hauptvertretem, wie etwa Karlstadt,
Münzer, dem Bauer von Wöhrd, der auch im Bild erscheint, u. a. charakterisiert. In
der Entstehung und Herstellung dieser bauernfreundlichen Litteratur in den Städten
sieht B. ein Zeichen der Verbündung von Stadt und Land zum Kampf gegen die Herren.
In einem späteren Kapitel über „die Entstehung des deutschen Protestantismus" geht
uns besonders die Umgestaltung von Kultus und Unterricht an, wobei einerseits Luther
als Kirchenliederdichter und sein Katechismus, andrerseits die „Verschulung" des deut-
schen Humanismus mit dem „praeceptor Germaniae" Melanchthon an der Spitze, be-
handelt wird. Aus 'den nächsten Kapiteln ist das Auftreten Zwingiis und der Wieder-
täufer herauszuheben, an welch letztere B. einige deutsche Freigeister der Reformations-
zeit, Schwenckfeld, Sebastian Eranck und Paracelsus angliedert. Noch einmal, zu Be-
ginn des schmalkaldischen Krieges, wird die öffentliche Meinung beachtet, die sich da-
mals ebenso stürmisch wie in den ersten Zeiten der Reformation, aber bezeichnender-
weise nicht mehr in prosaischen Dialogen, sondern in den trotzigen oder klagenden
Tönen des Liedes und des historischen oder lehrhaften Gedichts ausspricht, und endlich
zum letzten Mal, als sie iliren Widerstand gegen das Interim wiederum in Schrift und
Bild zum Ausdruck brachte. 2) — Bis zu Bezold führt ein Aufsatz G. Winters 3), in dem
die Beziehungen und Unterschiede zwischen Ranke und seinen Nachfolgern in der
Historiographie des Reformationszeitalters *) anschaulich entwickelt werden. W. er-
kennt neben Arbeiten (besonders über die Reichstage), die sich im wesentlichen mit
einer näheren Begründung oder auch hier und da Widerlegung der von Ranke gege-
benen Darstellung beschäftigen, auch eine Richtung, die sich neuen, von Ranke weniger
eingehend berührten Gebieten, besonders der Wirtschafts- und Kirchengeschichte zu-
wendet, und endlich eine letzte Epoche, die als geschichtsschreibende der geschichts-
forschenden gegenübergestellt wird: in ihr überwiegt die kulturhistorische Richtung,
als deren Eingang Janssens Werk in seinen Vorzügen und Schäden gewürdigt wird;
ihm werden in kurzen und klaren Charakteristiken gegenübergestellt das wenig beachtete
treffliche Buch von Karl Fischer über „Deutsches Leben und deutsche Zustände von
der Hohenstaufenzeit bis ins Reformationszeitalter" (1884), Baumgartens grosses Werk
über Karl V. und endlich die Leistung Bezolds; auch Egelhaafs &) Darstellung wird
erwähnt. — Der vierte Band von Janssens 6-'') Werk, der ebenso wie der erste während
des Berichtsjahres in neuer verbesserter Auflage erschienen ist, bietet in seiner Behand-
lung der Jahre 1550 — 80 für die Litteraturgeschichte verhältnismässig am wenigsten,
obwolil hier z. B. Melanchthons Ausgang und der litterarische Kampf für und gegen
die Jesuiten erörtert ist; die Verbesserungen, die sich meist in den Anmerkungen finden,
beschränkeji sich auf ergänzende Heranziehung der seit der ersten Ausgabe erschieneneu
Speziallitteratur. — Die eingehende Kritik, welche vor Jahren M. Lenz an dem gesamten
Janssenschen Geschichtswerk zu üben unternommen (HZ. 50, S. 231 ff.), bemüht sich
jetzt Ellinger ^) für die litterarhistorische Darstellung des sechsten Bandes zu leisten,
die er mit Wolfgang Menzels „Deutscher Dichtung" vergleicht. Zuerst imtersucht er
Janssens litterarhistorische Urteile, dann seine kulturgeschichtlichen Folgerungen. Er
giebt ihm zu, dass das Zeitalter der Reformation einen Höhepunkt in der Entwicklung
der deutschen Dichtung nicht darstelle, erklärt dafür aber seinerseits, dass in der grossen
Epoche des Niedergangs unserer Litteratur (14. — 16. Jh.) die zweite Hälfte des 15. Jh.
den tiefsten Stand bezeichne; die einzige Ausnahme bedeute vielleicht das Volkslied,
das möglicherweise in der zweiten Hälfte des 15. Jh. besonders reich ausgebildet ge-
wesen sei und andrerseits thatsächlich nach 1550 seine Frische und Kraft verliere.
S. 474/6; M. Lenz: DLZ. 13, S. 300/2.| — 2) X G. Ellinger, Z. Gesch. d. deutschen Kef. Nationn. 7, S. 405/8. (AusfUhrl.
Referat über N. 1.) - 3) G. Winter, Neuere Darstellungen d. Zeitalters d. Reformation: VVPK. 27, S. 133-54. — 4) (III,
1 N. 1.) — 5) XX G. Egelhaaf, Deutsche Gesch. im 16. Jh. bis z. Augsburger Religionsfrieden. Bd. 1. (= Bibliothek
deutscher Gesch. her. v. Z wiedineck-SUdenhorst.) Stuttgart, Cotta. VIII, 680 S. mit 1 Karte u. 2 Bildd. 8,00. —
6) J. Janssen, Gesch. d. deutschen Volkes seit d. Ausgange d. Mittelalters. Bd. 4. 13. Aufl. Freiburg, Herder. XXXII,
536 S. M. 5,00. — 7) id., Gesch. d. deutschen Volkes seit d. Ausgang d. Mittelalters. 1. Bd. 15. Aufl. Freiburg, Herder. XLVIII,
671 S. M. 6,00. (Nicht zugänglich.) — 8) G. Ellinger, J. Janssen, Gesch. d. deutschen Volkes: HZ. 65, 8. 141—52. — 9) X
Jahresberichte fUr neuere deutsche Litteraturgeschichte 1(0. 6
82 11,1: Herrmann und Szamat61ski, Allgemeines des 15./1C. Jahrhunderts.
Dagegen stehe der Meistergesang des 16. Jh. entschieden über dem des 15., die stellen-
weise nicht zu leugnende Roheit in der Form der Reformationsflugschriften stamme,
wie anregend angedeutet wird, gerade aus der voraufgegangenen Zeit, die frechen Paro-
dien geistlicher Dinge seien gegenüber dem 15. Jh. im 16. entschieden zurückgegangen;
endlich bestreitet E. ganz entschieden die Berechtigung der Janssenschen Herabsetzung
des Dramas im 16. Jh., ohne sich im einzelnen auf seine Verteidigung einzulassen, und]
zeigt besonders an den Sterzinger Spielen, dass alles, was Janssen am Drama des 16. Jh.
tadelt, bereits im 15. sich findet. Ebenso aber wie den litterarhistorischen Urteilen •
Janssens geht E. seinen Folgerungen hinsichtlich der gesunkenen SittHchkeit des Re-
formationszeitalters zu Leibe, indem er auf die widerwärtigste Frivolität des 15. Jh.
(Fastnachtspiele, H. von Sachsenheim, H. Wittenweiler) aufmerksam macht und bezüg-
lich der Lebensformen Janssen das Recht bestreitet, den Eulenspiegel gegenüber dem
Grobianus herauszustreichen. Trotz dieser Ausführungen aber hat E. doch nicht wohLi
das Recht zu dem Gesamturteil: „Wir haben es hier mit einem belesenen Manne'
zu thuu, der sich wissentlich oder unwissentlich an dem Geist der .Wahrheit vergeht".
Noch immer vielmehr scheint unsO. Lorenz' gelegentlich vorgetragenes Urteil das Treffendste
zu sein, was über Janssen gesagt ist: „Janssen hat den nicht übel gelungenen Versuch
gemacht, unsere sämtlichen Wertbeurteilungen ins Gegenteil verwandeln zu wollen.
Wer nicht im stände ist, sein ganzes Prinzip über den Haufen zu rennen, der wird
ohne Zweifel vergeblich über die Tugenden und Laster der Reformatoren mit ihm
streiten." Auch E.s Eritik beruht in der Hauptsache nur auf Werturteilen, und in
Bezug auf das wichtigste derselben, dass nämhch die Litteratur der zweiten Hälfte des
15. Jh. den tiefsten Stand des Niedergangs bedeute, wird er schwerlich mit allen Litterar-
historikern übereinstimmen; u. a. befindet er sich hier auch im Widerspruch gegen
Scherer, den er doch gewiss nicht des Janssenismus beschuldigt. ^) — Ganz einseitig
und durchaus unbarmherzig gegen die unleugbaren grossen und kleinen Schwächen des
Werkes ist eine Janssenparodie ^o^, deren Witz freilich ihren Umfang nicht rechtfertigt,
die aber doch durch eine Anzahl scherzhafter Ein- und Ausfälle ganz belustigend wirkt;
so wird z. B. in dem Abschnitt „Litteraturgeschichte" „nachgewiesen", dass in F. W. We-
bers Epos „Dreizehnlinden" die schnödesten Beschimpfungen der katholischen Kirche,
in Trümpelmanns und Herrigs Lutherfestspielen die schärfsten Angriffe gegen die Re-
formation enthalten sind. — Ohne an Janssen zustimmend oder bestreitend anzuknüpfen,
hat ein Theologe*^) die beiden geistigen Hauptströmungen des 15. und 16. Jh., Re-
naissance und Reformation, in zwei Artikeln behandelt. In dem ersten charakterisiert
der Vf. wohl im Anschluss an Burckhardt, dessen Namen er freilich ebensowenig nennt
wie seinen eigenen, die erwachende Subjektivität und die Entdeckung der natürlichen
Welt als die kulturumwälzenden Mächte ; er betrachtet sie allerdings nur in ihrem Gegen-,
satz zur Kirche und sieht daher <üe religiöse Gestaltung als die entscheidende an, wo-
bei er denn natürlich wenigstens der Renaissance nicht gerecht werden kann. Während
die Reformation zwischen Christentum und Kirche scheide, lehne die Renaissance beide
zugleich ab; während jene nach sittHcher Wahrheit suche, strebe diese nur nach gei-
stigem Genuss. Die Fülle der genialen Begabung, die sich in Italien in den Dienst der
Renaissance stellte, die neu entdeckte Welt der Antike, die jenem Bedürfnis nach freiem
Schalten der Individualität reiche Nahrung bot und zwar besonders hier in Italien, wo
sie „mit dem Reiz der Romantik bekleidet" war, wirkten sogar so mächtig, dass die
autoritative Kirche sich zu einem Bunde mit den neuen Gewalten herbeiliess ; Savonarola
kämpfte gegen sie vergeblich, weil seine Subjektivität wiederum italienisch - modern
und nicht dvirch das reine Wort Gottes richtig gebunden war. Zur Reformation führten
weder solche Bestrebungen noch der Humanismus, auch nicht in seiner milderen deut-
schen Form, in der Reuchlin und Erasmus als Vorarbeiter Melanchthons ihre philo-
logischen Kenntnisse in den Dienst des Christentums stellten. Die Reformation führt
der Vf. vielmehr auf ein drittes Element, auf die im ausgehenden Mittelalter erwachte
Regung der Gewissen zurück, die in Luther sich dann mit der Neigung zur Subjektivität
und zur natürlichen Welt verband, aber nicht mit der Subjektivität der natürlichen
Begabung, sondern des natürlichen Bedürfnisses, nicht mit der unbedingten, sondern
mit der als berechtigt erwiesenen Freude an der natürlichen Welt. Statt der Un-
beschränktheit, die dem Vf. die Renaissance als eine Revolution erscheinen lässt, ist in
der Reformation das Wort Gottes die Autorität, der sich der von den mittelalterlichen
Mächten frei gewordene Sinn zu seinem Heile unterordnet: das ist die „Freiheit eines
Christenmenschen". —
In zwei Werken wird bibliographisches Material für die Litteraturgeschichte
des hier behandelten Zeitraums vorgelegt.: zunächst, wo man es dem Titel nach kaum
A. Schröter, Deutsche Kunst n. Litt. iRefonnationszeitalters in Jans8enscherBeleuchtung:BLU. S. 530/5. — 10) Dr. Quell oho Id
Falsifizinsky Jesuitowitsch, D. kleine Geschichtsfälscher oder Janssen in d. Westentasche. Barmen, Wiemann. 48 S. m.Bild,
M. 0,50. — II) Benaissance u. Reformation: AELKZ. Nr. 37/8. — 12) H. A. y. Keller, Verzeichnis altdeutscher Handschriften
11,1: Herrmann und Szamatolski, Allgemeines des 15./16. Jahrhunderts. 83
erwartet, in dem von A. von Kelleri^) und Sievers besorgten „Verzeichnis altdeutscher
Handschriften", das auch eine grosse Zahl von Stücken des 15. und 16. Jh. enthält.
Urväter Hausrat wird hier ausgepackt, und die versuchte Modernisierung ist mehr als
mangelhaft ausgefallen: es handelt sich um sehr unsorgfältige und höchst ungleich-
massige Beschreibungen verschiedenartiger Hss., neben fast wertlosen besonders der-
jenigen, denen K. vor Jahrzehnten das Material für seine Publikationen im Stuttgarter
Litterarischen Verein entnahm. Die wichtigeren Stücke sind daher längst von K. ge-
druckt oder sonst beachtet; das gilt auch von der durch S. allein und besonders unzu-
länglich bearbeiteten Nr. 62 (S. 95 — 147), der vielbenutzten Hs. des Nümbergers Valentin
Holl aus der Mitte der zwanziger Jahre des 16. Jh. Wenn man sich freiKch auf
S.s Litteraturnachweise verHesse, könnte man denken, dass hier eine erstaunliche Eülle
neuen Materials der Forschung zugeführt sei; aber gerade diese Litteraturangaben sind
besonders unzureichend, da sie selbst die in Goedekes Grundriss angeführten Stücke
fast nur da mit dem nötigen Hinweis versehen, wo Goedekes Register ohne weiteres
die richtigen Wege weist. Die Beweise für diese Behauptung liefert die eingehende
Besprechung von M. Herrmann, der eine so grosse Zahl von Goedekestellen und Littera-
turangaben aller Art nachzutragen hatte, dass der Benutzer des Verzeichnisses die An-
zeige stets zu Rate ziehen muss, zumal hier der üble Zustand der Textproben an
manchen Stellen gebessert wird und statt der vielfach falschen Mitteilungen der VfF.
über den Aufbewahrungsort der beschriebenen Hss. die richtigen Angaben ermittelt
sind. Unbekannt oder unbeachtet aber ist im ganzen nur allerlei minderwertiges Gut,
das K. bei seinen Textdrucken verschmäht hat. Nach K.s und S.s freilich nicht immer
aufklärenden Hinweisen und mit Heranziehung der Ergänzungen Herrmanns sei es hier
in mehr sachlicher als chronologischer Ordnung zusammengestellt. An neueren Dichter-
namen liefern die Hss. des Verzeichnisses den Morgenrot (Hs. 42, N. 23: ein spruch
von gluck vnd des menschen sinn), den bei Goedeke ungenügend angeführten Schild-
knecht (42,67), Marx Würsung, den wir bisher nur als Augsburger Buchdrucker kannten
(62,44), Peter Poll (62,48), Johannes Prauenscherz (62,58), Paulus Zing von Isny (62,82),
Mattheis Hirtz (aus Augsburg? 62,121), Christoph Bichler von Augsburg (62,150) und
Caspar Portt (105,1); es sind ohne Ausnahme Lieder- und Spruchdichter. Den sonst
bekannten Sprüchen des zumal für politische Zwecke arbeitenden Gelegenheitsdichters
Hans Schneider werden hier vier weitere (62,100. 105. 107. 112) hinzugefügt, und ein
Spruch (62,75) ist neu als Eigentum seines Kollegen Kunz Has erwiesen; endlich er-
scheint Hans Ramminger, von dem man bisher nur eine gereimte Erzählung kannte, als
Vf. eines Spruches (62,50) vom Leben des Kindes im Mutterleibe. Unverhältnismässig über-
wiegt aber die Zahl der anonymen Stücke. Da finden wir sonst nicht belegte geistliche
Lieder, vorzüglich viele zu Ehren Marias (4,2. 21.25; 61,7. 8; 62,88. 117. 133. 169. 178.
196. 203), LiebesUeder (42,71—74. 84. 85. 93; 62,40. 129. 130. 137. 142. 151. 155. 164.
171. 184. 186) und Lieder vermischten Inhalts: ein historisches Lied vom bayerischen
Krieg (62,144), ein humoristisches „vom Kindbetthof" (62,185), das jedenfalls mit Ros-
ners gleichnamigem Spruch sich stofflich deckt, und ein Spottlied auf einen Augsburger
Geistlichen (62,191). Auch unter den verzeichneten Sprüchen scheint manches ander-
weitig nicht bekannt. Die geistlichen (42,53. 54; 62,50. 57. 88. 96) gelten beinahe alle
der Mutter Gottes ; politische Gedichte gehen auf den römischen König und das heilige
Reich (42,107, wo eine schöne Stelle auf den Tod Eberhards von Württemberg sich
findet), auf Karl V. (5,1) und auf die Türken (42,111), ein Lobgedicht preist die Gattin
des Herzogs Ulrich von Württemberg Huttenschen Angedenkens (62,72); Gelegenheits-
gedichte sind durch einen Neujahrswunsch (62,85) und einen Weingruss (62,108) neu
vertreten. Die meisten Sprüche aber sind rein didaktischer Art: sie preisen die Weis-
heit (42,80 = 106), die Gerechtigkeit (62,119), die Ehre (62,60), die Treue (42,43), sie
schelten die Untreue (5,6), die Buhlerei (62,103. 104. 109. 111), die Hoffart der Weiber
(62,110), die schamlose Bettelei (62,86), das Treiben der Kläffer (42,41. 42) und ver-
weisen auf den obersten Richter (62,28). Drei Stücke (5,7; 42,44. 47) lassen sich aus
den Angaben des Verzeichnisses nicht weiter charakterisieren. Allegorische Einkleidung,
Spaziergang und Traum ist vielfach vertreten. Ob ein als „Erzählung" bezeichnetes
Stück (5,7), das den typischen Eingang der Spaziergangsgedichte aufweist, didaktischer
oder epischer Natur ist, lässt sich nicht ausmachen; rein episch aber sind die Sprüche
vom armen Kaufmann (42,64) und vom „pild zu Rom, Welchs pild gemachtt hatt vir-
gilius" (62,106). Aus dem ganz geringwertigen Prosamaterial, das das Verzeichnis bietet,
medizinischen, theologischen, alchy mistischen, juristischen, politischen Stücken, sei der
Hinweis auf eine Tübinger Hs. der pseudowyleschen Boetiusübersetzung (Hs. 21) her-
vorgehoben; aus den Litteraturangaben K.s, die namentlich die durch die Hätzlerin be-
kannten Stücke vergleichend heranziehen, der Hinweis auf die Verwandtschaft einer
her. V. E. Sievers. Tübingen, Laupp. V, 178 S. M. 5,00. |[LCB1.S. 561; K. Kochendörffer: DLZ. 11, S. 1127; K.Burdaeh:
6*
84 11,1: Herrmann und Szamatölski, Allgemeines des 15./16. Jahrhunderts.
Stelle eines anonymen Gedichts (2,56) mit einigen Versen Hans E,osenblüts und die
Bemerkung, dass die in K.s Erzählungen S. 372 gedruckte Geschichte von der toten
Frau (5,3) entschiedene Aehnlichkeit mit Wielands „Henn und Gulpenheh" besitzt,
dessen morgenländisch-französische Quelle freilich durch R. Köhler längst aufgedeckt
ist. — Viel fruchtbringender als diese planlos ausgedehnte Arbeit ist die Ernte, die ein
sorgsamer Arbeiter von einem örtlich und zeitlich enger begrenzten Gebiete geholt hat:
Wölk ans ^8) Bibliograpliie der deutschen Litteratur Böhmens im 16. Jh. Durch metho-
dische Benutzung zahlreicher Bibliotheken und unter gewissenhafter Befolgung der
bibliographischen Regeln ist hier ein ziemlich umfangreiches und zuverlässiges Material
zusammengestellt, das auch der allgemeinen deutschen Litteraturgeschichte zu gute
kommt; die Musikgeschichte hat ebenfalls aus dem Werke zu lernen. Eine ganze An-
zahl von Autorennamen begegnen, die bisher überhaupt unbeachtet zu sein scheinen,
andere, die ohne Grund in Goedekes Grundriss ausgelassen sind. So die protestantischen
Liederdichter Martin Berthold von Zittau (1574), Kaspar Erank, des Mathesius Nach-
folger zu Joachimsthal und Herausgeber seiner Predigten (1565), und Christoph Hos-
mann von Elbogen (1565), femer Hans Zweck, der Autor eines historischen Liedes aus
dem J. 1520, und Georg Spindler, der 1570 ein Türkenlied verfasste. Dann eine ganze
Reihe von Predigern, deren Vorträge gedruckt worden sind: auf katholischer Seite
Georg Biber (1578) und Kaspar Elogius (1577), auch Johannes Zack (Streitschriften
1525); viel zahlreicher natürlich die Protestanten: Michael Celius (1524), Chr. Eischer
(1560), Michael Hauptmann (1572), Chr. Hermann (geb. 1548), Bartolomäus Jerschel
(1595), Lucas Martini (1580), Wolfgang Pacificus (1548), Bruno Quinos (1578) und Eehx
Zimmermann (1578), der auch als Herausgeber von Liedern des Mathesius erscheint.
Vor allem endlich der mit einer grossen Zahl von Arbeiten vertretene Erbauungsschrift-
steller Johannes Avenarius vmd der Bibeldramatiker Mathias Meissner aus Gabel, dessen
Schauspiel von Sodoms Ende und von der Opferung Isaaks 1580 erschien. Dazu kommt
femer eine Anzahl von Hinweisen, durch die das Bild schon bekannter Autoren neue
Züge erhält. Mancherlei -«drd namentlich für die interessante Gestalt des Clemens
Stephani von Buchau beigebracht, der bei Goedeke unter den bayerischen Dramatikern
erscheint, dessen Bedeutung aber nicht sowohl in seinen selbständigen Leistungen wie
in seiner Thätigkeit als Uebersetzer und Redaktor liegt; als Liederdichter treten hier
Benedikt Edelbeck auf, den Goedeke nur als Pritschmeister nannte, und Joh, Hagius
von Redwitz, von dem bisher nur Sjonbola bekannt waren, die übrigens auch durch
bisher unbekannte Stücke, z. B. auf Luther und Melanchthon, vermehrt werden ; allerlei
neue mehr oder minder wichtige Einzelheiten sind für Joh. Pontanus, für G. Eleissner,
den Vf. des „Podagrischen Elusses", und den katholischen Liederdichter Ch. Hecyrus
zu beachten. Besondere Sorgfalt hat der Vf. endlich auf die bibliographische Bear-
beitung der wichtigsten böhmischen Litteraturerzeugnisse verwendet, der Gesangbücher
der böhmischen Brüder und der Werke des J. Mathesius und des N. Hermann, der
aber nicht am 3. März, sondern am 3. Mai 1561 gestorben ist; und da thatsächlich hier
mancher bisher unbekannte Druck verzeichnet ist, so wird man künftig auf diesem Ge-
biete stets W.s Zusammenstellungen zu Rate ziehen müssen; für Mathesius freilich da-
bei auch die Arbeiten von Loesche (vgl. u. 11,7 N. 47 — 49), die teilweise über W.
hinausführen, andrerseits aber auch wieder hinter ihm zurückbleiben. Dankenswert ist
die nebenher gegebene Anregung zu Untersuchungen über einzelne Lieder, als deren
Vf. bald Hermann, bald Mathesius genannt wird. Die Vorreden zu umfänglicheren
Arbeiten der wichtigsten Autoren, Avenariusj Biber, Edelbeck, Fischer, Hagius, der
beiden Hermann, Martini, Mathesius und Stephani, endlich die des Brüdergesang-
buchs vom Jahre 1566 bringt W. vielfach vollständig zum Abdruck, freilich nicht immer
mit diplomatischer Genauigkeit. Auch auf einige bisher unbeachtete anonyme Werke
wird hingewiesen; es sind aber fast ausschliesslich „wahrhaftige neue Zeitungen", und
sie scheinen ohne sonderliches litterarisches Interesse. Wertvoller ist das, was man
für Böhmens Buchdruckergeschichte aus dem Verzeichnis herausholen kann. Die meisten
böhmischen Werke gehen freilich durch Wittenberger, Nürnberger, Leipziger Pressen,
so dass vor dem Jahre 1570 nur ein einziger böhmischer Drucker, G. Wylmschwerer
in Jungbunzlau 1531, erscheint; im letzten Viertel des Jh. aber tauchen in Prag eine
Menge von Eirmen auf: G. Daschitzky, J. Gitensky, W. Marinus, M. Peterle, G. Schwartz,
Th. Schneider, H. Schuman, N. Strauss, J. Tolotzqui und B. Walda, und auch in Eger
sind in den siebziger Jahren zwei Drucker thätig, H. Bürger und M. Mülmarckart, die
zuerst gemeinsam, dann jeder für sich arbeiten. Auch ein Prager Verlagsbuchhändler,
Georg Kadner, wird bekannt, freilich nicht durch einen seiner Verlagsartikel, sondern
CBlBibl. 8, 8. 1—8; A. Leitzmann: LBlGRPh. 12, S. 290; M. Herrmann: ADA. 18, S. 1-21.]| - 13) R. Wolkan, Biblio-
graphie d. deutschen Litt. Böhmens im 16. Jh. (= Böhmens Anteil an d. deutschen Litt. d. 16, Jh. J.) Prag, Haase. VIII, 140 S.
M.4,00. 1 [MVGDB.29, 8.8-9; G.Loesche:ThJB. 10, S. 207; A. Hau ffen: ZOG. 41, S. 693/6; W. Toisch er: DLZ. 12, S. 1784/5;
11,1: Herrmanu und Szamatolski, Allgemeines des 15./16- Jahrhunderts. 85
nur durch eine hs. Widmung vom Jahre 1568. Neben der somit keineswegs ergebnis-
armen bibliographischen Tendenz verfolgt aber W. noch einen anderen Zweck: seine
Arbeit soll für das 16. Jh. die Unwahrheit der oft vorgetragenen tschechischen Behaup-
tung aufzeigen, dass ein eigenes geistiges Leben der Deutschen in Böhmen in der Zeit
nach den Hussitenkriegen sich nicht nachweisen lasse, soll darthun, dass die deutsche
Litteratur Böhmens in dieser Zeit so mannigfaltig ist wie die irgend eines anderen
Gebietes und dass alle Strömungen des Geisteslebens im Jh. der Reformation auch hier
vertreten sind. So glücklich wie als Bibliograph scheint uns der Vf. hier nicht zu sein.
Freilich die Prahlerei der Tschechen kann durch den Hinweis zum Schweigen verwiesen
werden, dass unter sämtlichen von W. ermittelten Drucken nur ein einziger sich be-
findet, der eine Uebersetzung aus dem Tschechischen bietet, und das ist ein litterarisch
belangloser Bericht über eine Türkenschlacht von 1579. Für die Gleichstellung Böhmens
mit einer anderen deutschen Landschaft aber beweist diese Bibliographie kaum etwas.
Gerade den Nachweis des Gegenteils liefert W. für die ersten 20 Jahre des 16. Jh.;
hier hat er, während sein ganzes Verzeichnis 397 Nummern umfasst, nur 6 Stücke zu-
sammentragen können: nämlich einen in Leipzig gedruckten Kalender eines Budweiser
Doktors, eine Anleitung zur Buchführung von dem Leipziger Professor J. Widmann,
der, allerdings in Eger geboren, schon vor 1500 starb, drei Auflagen vom Pestilenzbüch-
lein des Egerer Magister Philipp Kulmacher, von denen nur eine den Druck ort und
zwar Leipzig angiebt, und Veit Neubauers Lied von einer Peuersbrunst zu Brüx 1515.
Die Jahre 1500 — 1519 fallen also für die Litteratur so gut wie ganz aiis, und auch die
nächsten Jahre bis etwa 1540 sind nur durch Heranziehung von nicht hergehörigem
Material dürftig gefüllt. Aber auch für den stattlicheren Rest lassen sich starke Be-
denken nicht verschweigen: es ist sicher kein zulässiges Verfahren, die Vorstellung von
dem Vorhandensein einer umfänglichen böhmischen Litteratur dadurch zu erwecken,
dass man alle irgendwo im deutschen Reiche erschienenen Nachdrucke des Mathesius
und Hermann, mit einer besonderen Nummer versehen, unter die neu von Böhmen aus-
gehenden Produkte als gleichwertig einordnet und dadurch manches Jahr litterarisch
vertreten sein lässt, das thatsächlich ganz oder so gut wie ganz ausfällt; ebensowenig
dürfte es sich empfehlen, die undatierten Drucke auf die höchst zweifelhafte annähernde
Datierung hin („ca. 1520" usw.) mitten unter die sicher in dem betreffenden
Jahre entstandenen Drucke zu stellen. Zu solchen Bedenken zeitlicher Art gesellen
sich noch örtliche: die von W. nachgewiesene Litteratur darf eigentlich nicht als Litte-
ratur Böhmens, sondern nur einiger böhmischen Landschaften in Anspruch genommen
werden ; ja es handelt sich im Grund nur um ein einziges Gebiet, um die Nordwestecke,
neben der die Gegenden von Leipa, Tetschen und Budweis höchstens als Enklaven in
Betracht kommen, und in dieser Nordwestecke wieder beinahe ausschliesslich um die
beiden Punkte Eger und Joachimsthal. In den Bergen von Joachimsthal ist mehr als
die Hälfte aller von W. aufgeführten Nummern zu Hause, und es ist immerhin beachtens-
wert, dass es sich dabei um einen Ort handelt, der durch den lebhaften Bergwerksver-
kehr ausserböhmischen Einflüssen besonders zugänglich war. Ein dritter Umstand end-
lich, der uns die Bedeutung der deutschböhmischen Litteratur des 16. Jh. herabzu-
drücken scheint, ist der, dass zwar thatsächlich, wie W. in der Vorrede hervorhebt,
Pastnachtspiel und Tragödie, bürgerlicher Meistergesang und gelehrte Uebersetzung
klassischer Werke in Böhmen nicht fehlen, dass sie aber mit den Leistungen anderer
Landschaften sich weder an Zahl noch an Bedeutung messen können; thatsächlich hat
hier nur die geistliche Litteratur dem Inhalt und dem Umfang nach eine entschiedene
Bedeutung gewonnen, und wenigstens der Zahl der Stücke nach kann man ihr die
Litteratur der „Zeitungen" an die Seite stellen. Vielleicht liefert hier der letzte Band
des auf drei Bände berechneten, jedenfalls sehr willkommenen W.schen Werkes, der die
litterargeschichtliche Darstellung bringen soll, noch die vermissten thatsächlichen Nach-
weise; immerhin mag man W. auch glauben, dass durch die Gegenreformation und durch
die Schweden viele böhmischen Werke für immer vernichtet worden sind: setzt doch
z. B. der „Index librorum prohibitorum" in seiner 21. Regel fest, dass alle religiöse
Gegenstände behandelnden Schriften aus Böhmen, die von 1414 — 1635 erschienen, zu
beseitigen seien. — Die Geschichte des „Index librorum prohibitorum" hat in einem
Vortrag in der auf Gottsched sich zurückleitenden „Deutschen Gesellschaft" zu Leipzig
P. H. Meyeri4) übersichtlich, jedoch fast durchaus unter Anlehnung an das grundlegende
Werk von Reusch entwickelt, i^-i^) —
Dem Nürnberger Martin Behaim, einem der ältesten und bedeutsamsten Ver-
treter der Kosmographie, der Wissenschaft, die wiederholt im Verlaufe des hier ab-
J. Bolte: JBGPh. 12, S. 201.] | — 14) F. H. Meyer, D. Jndex librorum prohibitorum. Mit bes. Bezugnahme auf Deutschlaud:
Mitteil. d. deutschen Gesellsch. z. Erforsch, vaterl. Spr. u. Altertümer in Leipzig. 8, S. 138—83. — 15) X K. Bechsteiii.
D. letzten Veröffentlichungen d. litt. Vereins: MLJA. 59, S. 281/2. (Ueber Hans Sachs Bd. 17 u. Kaufringers Gedichte.) —
16) XX Kalff, Geschiedenis d. nederlandsche letterkunde in de 16 de eeuw. Bd. 2. Leiden, Brill. fl. 3,75. (Unzugänglich.) —
86 11,1: Herrmann und Szamatolski, Allgemeines des 15./16. Jalirhunderts.
gegrenzten Zeitraums in engere Beziehungen zvu' Litteratur trat, ist durch S. Günther^'')
eine für weitere Kreise bestimmte Behandlung zu teil geworden, die sich durch die
gefällige Darstellung und die gründliche Quellen- und Sachkenntnis des Vf. wie durch
den lehrreichen Bilderschmuck auszeichnet. G. kommt, indem er das Leben seines
Helden erzählt, der als kaufmännischer Agent begann und als portugiesischer Seefahrer
endete, mannigfach über seine Vorgänger, v. Murr, Ghillany u. a., hinaus teils durch
geschickte Verwendung des bekannten, teils durch Herbeischaffung unbekannten archiva-
lischen Materials, das sich übrigens nicht, wie man gemeint, in Portugal, sondern in Nürn-
berg fand. Genau behandelt G. auch die epochemachende Schöpfung Behaims, den
ersten Globus, den die Welt seit den vergessenen Erdkugeln der Griechen sah; er teilt
seine ziemlich ausführlichen Inschriften mit, die einzige Spur einer litterarischen
Leistung Behaims, spricht über die Künstler, die ihn am Werke unterstützten, und die
Quellen, unter denen auch Sir John Mandeville erscheint. Auch für Behaims Lehrer
Regiomontan liefert G. beachtenswerte Bemerkungen, zumal in den Anmerkungen, die
überhaupt viele nützliche Mitteilungen über Kosmographie und Astronomie sowohl
wie über Nürnberger Handelsbeziehungen und Handelsartikel enthalten; unter
den letzteren interessiert hier besonders die aus Italien eingeführte Tinte, über die S. 55
auf Grund einer Stelle der Schrift „Tarifia oder Uncostbüchlein" (Nürnberg 1572) des
genaueren berichtet wird.i^) — Ueber einen Teil der Kunstgeschichte der Zeit, der
schon durch Personalunion mit der Litteratur in engerer Verbindung steht, handelt
Haendcke^ö)^ indem er Nikolaus Manuel Deutsch als Künstler betrachtet. Seine selbst-
gestellte Aufgabe, Manuels künstlerische Entwickelung in wohlbegrenzte Perioden zu
fassen, unter dem Einfluss zunächst von Dürer und Hans Eries, dann von Hans Baidung
und endlich von Holbein, ist nach' dem begründeten Urteile Janitscheks ungelöst und
auch unlösbar: deim das fahrige Wesen des begabten geistvollen Künstlerdilettanten,
der die Anregungen benutzte, woher immer und wann immer sie kamen, lasse sich nicht
auf eine Eormel von zeitlich, auch hinsichtlich ihrer Wirkung, scharf bestimmten Perioden
zurückführen. Der kunsthistorische Eortschritt der Arbeit liegt in der Vermehrung des
Materials gegenüber der letzten Zusammenstellung von Voegelin in Baechtolds Manuel-
werk; charakteristische Proben werden in vorzüglicher Wiedergabe geboten. Beachtens-
wert sind einige Andeutungen H.s, die Einblick in die gemeinsamen Entwickelungs-
motive von Kunstgeschichte und Litteraturgeschichte gewähren, insofern unter dem
Einfluss der Renaissance bei dem Maler und Zeichner Manuel die Natur in Gestalt der
Landschaft und des Weibes zum Durchbruch kommt. — Solche gemeinsamen Strömungen
von Litteratur, Kunst und Wissenschaft durch Beachtung der Grenzgebiete mehr und
mehr ans Licht zu stellen, werden gerade die „allgemeinen" Teile der einzelnen Haupt-
abschnitte in den JBL. berufen sein. —
11,2
Lyrik.
Georg Ellinger.
Geistliclio Lyrik: Gesangbücher N. 1. — Einzelne Lieder N. 6. — Biographien: Rutilius, Sattler, Schalling N. 10.
— Meistergesang: Puscliinanns Meistergesangbuch N. 13. — Biograiihien: Schechner, Schilher, Schleich N. 14. — Weltliche
Lyrik: Volkslied: Ge.samtcharakteristik N. 17. — Einzeluntersuchung N. 19. — Sammlungen N. 23. — Einzelbeiträge: Reine
Volkslieder N. 24; Totentanz N. 32; erzählende Lieder N. 35; geschichtliche Lieder N. 36. — StofFgruppen N. 38. — Unbe-
kannte Ausgaben N. 40. — K u n s t ni ä s s i g e Lieder N. 43. — G o s a m t b e u r t e i 1 u n g N. 46. —
Eine zusammenfassende Darstellung oder auch nur ein Ueberblick über die
geistliche Lyrik ist im Berichtsjahre nicht versucht worden, i) Dagegen sind
zalüreiche Einzelbeiträge zu berücksichtigen. Das älteste evangelische Gesangbuch des
17) S. Günther, Martin Behaim. (= Bayerische Bibliothek her. v. von Roinhardstöttner u. Trau tmann. Bd. 13.) Bamberg,
Buchner. 86 S. M. 1.40. — 18) XX L. Gallois, Les g6ographes allemands de la renaissance. (= Bibliotheque de la
Faeult6 des lettres de Lyon. Tom. 13.) Paris, Lcroux. XX, 266 S. et planchos. — 19) B. Haendcke, Nikolaus Manuel Deutsch
als Künstler. Frauenfeld, Huber. 1889. VIII, 116 S. M. 3,00. [K. Spittelor: BLU. S. 219-20; H. Janitschek: RopKuustw.
13, 8. 483/7.]! -
I) X V. Dorsch, D. deutsche evangel. Kirchenlied auf seinem Segensgauge durch d. Gemeinde. (— Calwer Familien-
n,2: G. Ellinger, Lyrik des 15./16. Jahrhunderts. 87
Königreichs Sachsen, dessen Vf. nach den Untersuchungen von Dibelius, der alle früher
ausgesprochenen Vermutungen zurückweist, sich nicht mit Sicherheit feststellen lässt,
ist durch Buchwald 2) in einem Faksimiledrucke veröffentlicht worden. Das 1525 er-
schienene und nur noch in einem Exemplare erhaltene Buch enthält einundzwanzig
Lieder, unter denen sich dreizehn Luthersche befinden; je eines ist von Wolf Cycloff,
Ambr. Moiban, Elisabeth von Meseritz, Jon. und Mich. Stiefel verfasst; bei zwei Liedern
sind die Vff. nicht zu ermitteln. — Mit dem ältesten Kirchengesangbuch Siebenbürgens
beschäftigt sich T. Schuster 3). Derselbe weist ein Exemplar des bisher verschollenen
Gesangbuches nach, welches Valentin Wagner in der Zeit, während der er Pfarrer in
Kronstadt war (1549 — 57), veranstaltete, und zeigt femer, dass sich dieses Gesangbuch,
welches nicht datiert ist, aber in die Jahre 1553 oder 1554 zu setzen sein wird, ganz
eng an das von Luther veranstaltete, 1545 bei Valentin Bapsts Erben in Leipzig ge-
druckte Gesangbuch anschliesst. Schliesslich giebt er eine Aufzählung der einzelnen
Bestandteile des Buches. — Der Datierung eines Züricher Gesangbuches sind die kurzen
Ausfüllrungen Odingas*) gewidmet. Er stellt fest, dass das von Wackernagel 4,
S. 1123 auf 1560 angesetzte Gesangbuch thatsächlich erst 1580 gedruckt ist. — Auf
ein bisher unbekanntes Heidelberger Gesangbuch von 1583 macht Wolfrum s) auf-
merksam. —
An Mitteilungen einzelner Lieder ist folgendes zu verzeichnen. Bolte^)
teilt aus einer Berliner Hs. des 15. Jh. ein Lied mit, das starke Einflüsse der Mystik
zeigt und in dem der Entschluss ausgesprochen wird, die Kreatur zu verlassen und
Gott anzuhangen. — Aus einer Züricher Hs. des 15. Jh. giebt J. Werner'') eine geist-
liche Parodie des Liedes „Es sass ein Eul und spann". In dem Liede wird das Spinnen
mit dem emsigen Trachten nach der Liebe zu Gott identifiziert; alle Menschen werden
zum Spinnen aufgefordert, dann werden die einzelnen Teile des Spinnrades geistlich-
allegorisch ausgedeutet. — Linke ^) teilt ein wohl spätestens aus dem dritten Viertel
des 16. Jh. stammendes Kirchenlied mit, in dem die Auferstehung des Herrn und sein
beständiges Leben in Gott verteidigt wird. Das Lied stammt aus Thomas Pitsch,
„Cantiones quaedam ecclesiasticae" (1598), ist aber wohl nicht von Pitsch selbst ver-
fasst. — Aus Prätorius' „Musae Sioniae" druckt A. Fischer 9) eine Fassung des Liedes
„In Bethlehem ein Kindelein" ab. —
Kurze Biographien sind folgenden Kirchenliederdichtem gewidmet: Rutilius,
dem Vf. des Kirchenliedes „Ach Gott und Herr wie gross und schwer", über dessen
Leben (1550 — 1618) von Lilien cron^o) kurze Notizen zusammenstellt.' — Ferner Michael
Sattler, dem L. Kellerei) ausführlichere Darstellung zu teü werden Hess. K. verfolgt
seinen Lebenslauf (er starb 1527 als Märtyrer für seine täuferische Ueberzeugung zu
Rothenburg am Neckar), schildert seine Gelehrsamkeit, seine religiösen Anschauungen,
die Reinheit seiner Gesinnung meist aus Zeugnissen der Zeitgenossen. Seine Schriften
werden festgestellt und untersucht; in unseren Zusammenhang gehört er als Vf. des
Liedes „Als Christus mit seiner waren Leer". — Martin Schalling, der Sohn
(1532 — 1608), ist von Linkers) biographisch behandelt worden. Ueber sein nicht immer
ruhiges Leben (er wuMe in der Oberpfalz um seines Luthertums willen von calvinistischer
Seite verfolgt und musste das Land verlassen), seine spätere Rückkehr dorthin, seine
Teilnahme an den Verhandlungen über die Konkordienformel werden ausführliche
Nachrichten gegeben; zuletzt handelt der Vf. über Schallings Lied „Herzlich lieb hab
ich Dich, ö Herr" (zuerst 1571). —
Für die Geschichte des Meistergesanges kommen die ausführlichen Mit-
teilungen in Betracht, welche Bohn^^) über das Meister sängerbuch des Adam
Puschmann macht. Das Meistersängerbuch wird hier, S. 375 — 420, sorgfältig und
genau beschrieben, und die von Puschmann aufgestellten Melodien werden aufgezählt. —
Biographische Behandlung ist durch Roethe^^-i^) drei Meistersängern zu teil
geworden: Jörg Schechner, Nürnberger Meistersänger (um 1544), zunächst religiösen, dann
novellistischen, historischen und Fabel-StoiFen zugewandt, mit starker didaktischer
Tendenz; Jörg Schilher, wahrscheinlich ein Fahrender aus dem östlichen Schwaben, der
in der zweiten Hälfte des 15. Jh. dichtete, den sonst bei den Meistersängern üblichen
bibliothek.) Calw u. Stuttgart, Vereinsbuchhandlung. 324 S. M. 1,50. (Religiöse Erbauuiigsschrift.) — 2) Eyn gesang Buchleyn,
welche man yetzund ynn Kircheu gebrauchen ist. Her. v. G. Buchwald. Zwickau, Zückler. 1889. (Zu Gunsten d. Zwickauer
Gemeindediakonie.) — 3) T. Schuster, D. älteste Kirchengesangbuch Siebenbürgens: AVSiebenbürgLK. 22, S. 26—41. —
4) Th. Odinga, E. unbekanntes Zürcher Gesangbuch: MhMusikG. 22, S. 213/4. — 5) Wolfrum, E. neu aufgefundenes Gesang-
buch: BUHymnol. S. 173/5. — 6) J. Bülte, D. Braut Christi: Alemannia 17, S. 67. — 7) J. Werner, Meditacio noretricum
devotarum et interpretacio instrumentonim earum cum gestibus suis: BUHymnol. S. 154/6. — 8) J. Linke, Wider d. Juden
Unglauben: ib. S. 96/7. — 9) A. Fischer, In Bethlehem e. Kindelein: ib. S. 152/3. — 10) K. v. Liliencrou, Martin Rutilius:
ADB. 30, S. 51. — li) L. Keller, Michael Sattler: ib. S. 410/3. — 12) J. Linke, Martin Schalling d. Sohn: ib. S. 566/9. —
13) E. Bohn, D. musikal. Hss. d. 16. u. 17. Jh. in d. Stadtbibl. zu Breslau. E. Beitr. z. Gesch. d. Musik im 16. u. 17. Jh.
Breslau. Hainauer i. Komm. XVI, 423 S. M. 15,00. — 14) G. Roethe, Jörg Schechner : ADB. 30, S. 653/4. — 15) id., Jörg Schilher :
ib. 31, S. 210. — 16) id., Martin Schleich: ib. S. 397. — 17) J. E. Wackerneil, D. deutsche Volkslied. E. Vortrag, geh. im
88 11,2: G. Ellinger, Lyrik des 15./16. Jahrhunderts.
dunklen Tiefsinn religiöser Grübelei vermeidet, dafür aber in derber Satire allen Ständen zu
Leibe geht; Martin Schleich, Meistersänger aus Schwaben oder dem Elsass, der um die
Wende des 15. und 16. Jh. lebte, Vf. des bekannten Meisterliedes von der Königin,
die ihre Liebhaber nach dem Genuss im Wasser umbringt, bis Albertus Magnus ihren
Ränken ein Ende macht. —
In der weltlichen Lyrik steht das kunstmässige Lied weit hinter dem Volks-
lied zurück. Ueber das Volkslied liegen zwei zusammenfassende Arbeiten vor, die
Vorträge von WackernelP'') und Hauffeni^). Beide gehen darauf aus, eine Gesamt-
charakteristik des deutschen Volksliedes und seiner Entwicklung zu geben. W.
sucht zuerst die Entstehung des Volksliedes zu schildern, d. h. zu zeigen, wie das von
einem Einzelnen gedichtete Lied durch die Ueberlieferung im Volksmunde umgesungen
und dadurch erst wirklich zum Volksliede wird; er berührt die nationalen Unter-
scheidungsmerkmale der nordischen, slavischen, italienischen und griechischen Volks-
lyrik und geht dann zu einer Charakteristik des deutschen Volksliedes über, indem er
die Stilmittel darzustellen sucht, durch welche das Volkslied seine Wirkung ausübt.
Daran schliesst sich eine Skizze der Entwicklung des Volksliedes, eine Aufzählung seiner
Arten und der in ihm behandelten Gegenstände. H. geht von dem Unterschiede
zwischen Kunst- und Volkspoesie aus, zählt ebenfalls die im Volksliede behandelten
Gegenstände auf, worauf er dann die wichtigsten Gattungen des älteren Volksliedes im
einzelnen bespricht. —
Eine genauere Scheidung zwischen dem, was man gemeiniglich neueres Volks-
lied nennt, und dem Volks- und Gesellschaftslied des 15., 16. und 17. Jh. soll eine Unter-
suchung herstellen, die Ellinger^s) geliefert hat. Er bezeichnet als Entstehungs-
epoche des sogenannten neueren Volksliedes die Zeit um den Ausgang des 17. und um den
Beginn des 18. Jh. und sucht nachzuweisen, dass der dem neueren Volksliede eigen-
tümliche, namentlich im Liebesliede erkennbare, aber auch in anderen Gattungen zu
verfolgende Ton sich in dieser Zeit ausgebildet habe und für die spätere Produktion
massgebend geblieben sei. Auch wo ältere Lieder teüs in Fragmenten, teils ihrem
wesentlichen Inhalte nach sich in das neuere Volkslied hinübergerettet hätten, sei ihnen
in der gleichen Zeit eine entscheidende Umbildung zu teil geworden. — Mehr für den
Gewinn, der der Betrachtung der mittelhochdeutschen Lyrik aus einer genauen Er-
forschung des Volksliedes zufliessen könnte, kommen Roethes^o) Erwägungen über
Gruyters Arbeit „Das deutsche Tagelied" in Betracht; doch sei der erneiite Hinweis auf
die Notwendigkeit einer genauen Untersuchung der Einwirkung, die umgekehrt auch
der Minnesang auf das Volkslied ausgeübt hat, hier hervorgehoben. — In einer Be-
sprechung des unbedeutenden Buches von Knortz „Die deutschen Sagen und Märchen"
giebt L. Fränkel^i) gelegentliche Nachweise. — Kleinere Nachträge zu seinen schweize-
rischen Volksliedern bietet L. Tobler22). —
An neuen Sammlungen von Volksliedern ist nur eine zu nennen, die aber
einen sehr wertvollen Beitrag zur Geschichte der Volks- und volkstümlichen Poesie
bietet. Boltes23) Sammlung enthält zweiunddreissig Lieder, die sich ihrer Entstehung
nach über das 15. bis 19. Jh. hin erstrecken ; als Anhang sind noch zwei Spruchgedichte
aus einer, wohl in Nürnberg entstandenen. Münchener Hs. des 15. Jh. mitgeteilt. Die
Lieder, welche, sämtlich bisher unbekannt, Hss. oder älteren Drucken entnommen sind,
charakterisieren vortreiflich das Bauernleben nach seinen verschiedenen Seiten hin, in-
dem sie uns entweder die Leiden und Freuden des Bauern schildern, seine Berülirungen
mit anderen Ständen vergegenwärtigen oder dem naiven Stolz des Bauern auf seinen
Stand, aber auch der Klage über sein Geschick Ausdruck geben. Der Herausgeber hat
sich bei der Auswahl nicht ganz streng an das Volkslied gehalten, sondern gelegentlich
auch volkstümliche Lieder bekannter Vff. gegeben, was aber der Einheitlichkeit des
Buches durchaus nicht schadet. Die Einleitung charakterisiert kurz, aber ausreichend
die Stellung, die der Bauer und das bäuerliche Leben durch die verschiedenen Jhh. hin
innerhalb der deutschen Litteratur einnahmen. Als eine der wertvollsten Gaben des
Buches muss das als Anhang N. 3 mitgeteilte Verzeichnis von gedruckten und unge-
druckten Bauernliedern bezeichnet werden, in welchem namentlich die reichen Samm-
lungen von fliegenden Blättern des 18. und 19. Jh. ausgebeutet sind, welche die Ber-
liner Kgl. BibHothek besitzt. —
An Einzelbeiträgen zur Erkenntnis des Volksliedes kommt folgendes in
deutschen Sprachverein zu Innsbruck am 7. Jan. 1890. (=: Samml. gemeinversländl. wissenschaftl. Vortrr. NF. Heft 106.) Hamburg,
Verlagsanut. u. Druckerei A.-G. 45 S. M. 1,00. — 18) A. Hauffen, Leben u. FUhlen im deutschen Volksliede. (= Samml.
gemeinnfltz. Vortrr. N. 143.) Prag, Haase (Deutscher Verein). 19 S. M. 0,20. — 19) G. Ellinger, Ueber d. Entstehung d.
neueren deutschen Volksliedes. Vortr. geh. in d. Gesellsch. f. deutsche Litt, zu Berlin: DLZ. II, S. 930. (Referat.) — 20) G.
Roethe, De Gruyter, D. Deutsche Tagelied: ADA. 16, S. 75—97. — 21) L. Fränkel, Knortz, D. deutschen Volkslieder u.
Mtrehen: LBlGRPh. 11, S. 11/4. - 22) L. Tobler, Nachtrr. zu d. Schweiz. Volksliedern: AnzSchwG. S. 90/9. - 28) X J-
Holte. D. Bauer im deutschen Liede. 1[L. Geiger: Nation". 7, S. 536: R. Köhler: DLZ. 11, S. 1200/1; Lederer: LMerkur
n,2: G. Ellinger, Lyrik des 15,/16. Jahrhunderts. 89
Betracht. Schönbach ^4) teilt zwei Volkslieder mit, die wohl beide noch aus
dem 15. Jh. stammen. Das erste ist ein Lied von der Martinsgans in vier ungleich-
massig gebauten Strophen, das mit keiner der bekannten Fassungen als Ganzes über-
einstimmt, im einzelnen aber manche Anklänge an dieselben zeigt; wertvollar und
älter ist der zweite Beitrag, ein humoristisches und frisches Lied übar die Armut, am
Anfange des 15., vielleicht sogar noch im 14. Jh. entstanden, da es bereits in einem
von Keller, Fastnachtsspiele, S. 1349 ff. veröffentlichten Spruch benutzt worden ist. —
Eine wichtige Quelle für die Geschichte des Volksliedes erschliesst B ölte 25) in einem
Augsburger Liederbuch vom Jahre 1454. Das Liederbuch, welches aus einer Münchener
Hs. abgedruckt ist, enthält 94 Lieder (gezählt sind 97, doch kehren drei mit ganz ge-
ringen Veränderungen wieder). Es wurde Ende November 1454 in Augsburg durch
einen dort weilenden Fremden geschrieben und war wohl für einen Augsburger Patrizier
bestimmt. Das Liederbuch darf einen so hohen Wert für sich in Anspruch nehmen,
weil nur wenige der darin enthaltenen Lieder anderweitig belegt sind. Die Entstehung
der mitgeteilten Lieder fällt wohl durchweg in den Anfang des 15. Jh.; in der künst-
lichen Form einzelner Gedichte macht sich der Einfiuss des Meistergesanges bemerkbar;
die im Volksliede aus dem Minnesang übernommenen Redewendungen und formelhaften
Ausdrücke treten gerade in dieser Sammlung mit besonderer Stärke auf. Von Autoren
werden genannt: Oswald von Wolkenstein, Hesselloher, Muskatblüt und Güntzburg. Die
meisten Lieder sind erotischen Inhaltes, geistliche Lieder finden sich gar nicht, andere
Gegenstände nur ganz gelegentlich. In der Behandlung der Motive der Liebeslyrik, in
der Art der Schilderung und Charakterisierung der Liebesempfindungen zeigt sich kein
wesentlicher Unterschied zwischen den in der Sammlung enthaltenen Liedern und dem
bereits bekannten Material. Aber für den Reichtum des deutschen Volksliedes im 15. Jh.
legt das Liederbuch aufs neue ein schönes Zeugnis ab. — Eine neue Fassung eines
unvollständig bekannten Liedes giebt ebenfalls Bolte^s). Zu dem Tanz der Messer-
schmiede in Nürnberg, 1600, ist ein Lied verfertigt worden, das J. Petters nach einer
zu Prag befindlichen hs. Chronik in unvollständiger Fassung Anz. f. d. Kunde d. deutschen
Vorzeit 1855, S. 166 abgedruckt hat. B. giebt eine vollständige Recension nach einer
Hs. der Königsberger Universitätsbibliothek, indem er aber den Prager Text zur Besse-
rung benutzt und die wichtigsten Abweiclmngen desselben anführt. — Derselbe Heraus-
geber^'?) druckt aus? einem fliegenden Blatt von 1540 (Kgl. Bibl. in Berlin) ein Lied
wider das Tanzen ab; das aus 12 neunzeiligen Strophen bestehende Gedicht macht auf
die schädlichen Folgen des Tanzen s in sittlicher Beziehung aufmerksam und spricht
eindringliche Warnungen aus. — Sehr verderbt ist das gleichfalls von Bolte-^) nach
einem fliegenden Blatt von 1610 veröffentlichte Volkslied „Der Reiter und die Jungfrau";
es ist ein, wie es scheint, aus drei ursprünglich nicht zusammengehörenden Lieder-
fragmenten zusammengesungenes und daher dunkles und unverständliches Lied. — Ein
sechszeiliges Liedchen gegen eine untreue Geliebte mit origineller Einkleidung entnimmt
Bolte2-^) einer vielleicht von v. d. Hagen angelegten Volksliedersammlung. — Fünf Lieder
nach fliegenden Blättern von 1627 und 1630 druckt Crecelius^o) ab; das erste ist
schon bei Uhland zu finden, das zweite, ein derbes und munteres Schlemmerlied, ist
zweifellos schon im 16. Jh. entstanden (11 achtzeihge Strophen). Aus dem 16. Jh.
stammen offenbar auch die beiden mitgeteilten Liebeslieder, in denen nicht ohne Anmut
die Qual des Scheidens und des Entferntseins von der Geliebten besungen wird. —
Ebenfalls nach einem fhegenden Blatte des beginnenden 17. Jh. (1611) ward von Bir-
linger^i) ein halb episches, halb lyrisches Volkslied mitgeteilt. Nach einem morali-
sierenden Eingange, in welchem über das allgemeine Trinken und Wirtshausleben der
Männer geklagt wird, berichtet das Lied von drei Weibern, welche ins Wirtshaus ge-
gangen sind und dort einundzwanzig Mass Wein getrunken haben. An dieses Faktum
werden nun weitere moralische Betrachtungen angeknüpft. —
Aus dem Beginne des 17. Jh. stammt ein Totentanz (ein Druck von 1627 bei
Well er), den B ölte ^2) nach einem Augsburger Druck von 1650 bekannt macht. Das offenbar
im katholischen Süddeutschland entstandene Gedicht zeichnet sich vor den früheren
Totentänzen durch grössere Lebendigkeit und dramatische Kraft aus. — Einen späteren
Totentanz (um 1700) druckt Bolte33-34) nach einem fliegenden Blatte des 18. Jh. ab. —
Auf der Grenzscheide von Volks- und Kunstpoesie stehen zwei erzählende
Lieder, von Crecelius^s) mitgeteilt. Das erste berichtet in siebenzeiligen Strophen
nach Guarini die Geschichte der verführten und dann ermordeten Alda; die vorliegende
10, S. 238; L. Fränkel: ZVolkskunde 2, S. 445.] | (Vgl. u. 111,2 N. 22.) — 24) A. E. Schönbach, Z. Volkslitt. : VLG. 3,
S. 173/7. - 25) J. Bolte, E. Augsburger Liederbuch v. J. 1454: Alemannia 18, S. 97—127 u. 203—36. - 26) id.. Ein schon
new Liedt von denn Meserer kurtzweillig zu lessen und zu singen: ib. 18, S. 83/6. (In e. Abhandl. z. Gesch. d. Tanzes;
vgl. I, 5 N. 64 f.) — 27) S. N. 26 u. II, 5 N. 3. — 28) S. u. III, 2 N. 13. - 29) J. Bolte, Findlinge: Alemannia. 17, S. 262.
- 30) 8. u. 111,2 N. 9. - 31) S. u. 111,2 N. 8. — 32) S. u. 111,2 N. 15. - 33) S. u. 111,2 N. 16. - 34) (III, 2 N. 17.) -
35) S.u. III, 2 N. 12. — 36) S. u. 111,2 N. 11. — 37) A. Birlinger, Gesch. Lieder aus dem 16./17. Jh.: Alemannia 18,
90 11,2: G. Ellinger, Lyrik des 15./16. Jahrhunderts.
Fassung ist einem fliegenden Blatte von 1629 entnommen, doch ist dies zweifellos nicht
der erste Druck; ein fliegendes Blatt von 1607 erwähnt Weller; aller Wahrscheinlich-
keit nach ist das Lied im 16. Jh. entstanden. Das zweite Lied behandelt die bekannte,
von Hans Sachs dramatisierte Geschichte von Lorenzo und Elisabetha. —
Dem Anfange des 17. Jh. entstammen sämtlich die geschichtlichen Lieder,
deren Kenntnis wir Crecelius und Birlinger verdanken. Höchst wertvolle Beiträge
zur Zeitgeschichte gewähren vier Lieder aus dem Anfange des 17. Jh. (1622), von Cre-
celius^) nach zwei gleichzeitigen fliegenden Blättern veröffentlicht. Das erste drückt
die allgemeine Sehnsucht des Volkes nach besseren wirtschaftlichen Zuständen aus und
teilt eine Vision mit, die einem alten Manne in Preussen zu teil geworden und in der
ihm das baldige Ende der Hungersnot verkündet sei; das zweite warnt vor dem über-
hand nehmenden Luxus und der Hoffart; in dem dritten wird wieder über die Teuerung
und die hohen Preise geklagt, vor allem aber die Unredlichkeit der Verkäufer hervor-
gehoben; das vierte verkündet das baldige Herannahen des jüngsten Gerichtes. — Als
Fortsetzung des oben N. 31 angeführten Liedes bringt Birlinger 3'') einige geschichtliche
Lieder. Das an zweiter Stelle gegebene Lied (1610) schildert die furchtbare Feuersbrunst,
die infolge eines grossen Wetters in vielen Dörfern Badens und Württembergs ent-
standen sei, und fasst diese Heimsuchungen als Strafe Gottes für die Verderbtheit
der Welt auf; das dritte (1620) ist ein Landsknechtslied, in welchem nacheinander ohne
Rücksicht auf das Bekenntnis die zahlreichen Herren und Länder aufgezählt werden,
die des Soldaten bedürfen, so dass dieser überall Unterkunft und Beschäftigung findet;
das vierte (1628) ist ein Gespräch zwischen einem Landsknecht des in Baden
liegenden Kaiserlichen Heeres und einem Schweizer; der Landsknecht stellt den Schwei-
zern einen baldigen Angriff durch den Kaiser in Aussicht; der Schweizer erwidert, dass
sie nach dem Beispiel ihrer Vorfahren ihr Land, ihre Weiber und Kinder zu beschützen
wissen würden. Am Schlüsse kommt ein Ereignis aus dem Aufenthalte in Baden zur
Sprache, wie nämlich eine Dienstmagd, der ein Soldat die Ehre rauben wollte, diesen
mit einem Messer niedergestochen hat. Das fünfte Lied (1635) entwirft ein erschüttern-
des Bild von der in Schwaben und im Allgäu 1635 herrschenden Hungersnot und mahnt
zur Busse. Die Jahreszahlen der fliegenden Blätter, denen die Lieder entnommen sind,
werden bei den einzelnen Stücken angegeben. —
An Monographien über einzelne Stoff gruppen des lyrischen und epischen
Volksliedes liegen zwei kleinere vor; die erste betrifft die Lyrik: B ölte 38) weist die
alte Wendung der deutschen Liebespoesie „Du bist min, ich bin din" an zahlreichen
Stellen des Volksliedes, der geistlichen und dramatischen Poesie, vornehmlich des 16.
und 17. Jh. nach. — Bolte^^) giebt auch eine schätzenswerte Untersuchung zur Ge-
schichte des epischen Volksliedes. Das Lied von der Jungfrau, die sich nach dem
Meister der Blumen, Jesus, oder nach ihrem himmlischen Bräutigam sehnt und der
Jesus nun auch wirklich erscheint, um sie in sein himmlisches Reich mitzunehmen, ist uns
in verschiedenen, inhaltlich zum teil recht von einander abweichenden Fassungen be-
kannt. B, teilt zunächst ein episches Gedicht aus einer in Lizigkofen bei Sigmaringen
geschriebenen, jetzt in Berlin befindlichen Hs. des ausgehenden 15. Jh. mit. Das Gedicht
behandelt den gleichen Stoff' wie die Volkslieder: einzelne ältere Formen zeigen, dass
es beträchtlich früher entstanden ist als die Hs. B. teilt die Fassungen des Liedes in
drei Gruppen: A. In den Liedern dieser Gruppe erscheint die Heldin als Heidin. Li
B ist sie eine Sultanstochter. In den Liedern der Gruppe C dagegen ist die Handlung
auf christliches Gebiet verlegt, nämlich nach Grosswardein ; die Heldin tritt hier als
Tochter des Kommandanten auf. Am nächsten steht der Hs. die Gruppe A, doch hat
auch die Gruppe C noch einen altertümlichen Zug mit der Hs. gemein, der in A fehlt:
die Abneigung der Jungfrau gegen den ihr von den Eltern aufgedrängten weltlichen
Bräutigam. —
Auf eine bis jetzt nicht bekannte Ausgabe des Frankfurter Liederbüchleins
macht Bolte*o) aufmerksam; sie ist 1600 erschienen. B. vergleicht sie mit den Aus-
gaben von 1582 und 1590, verzeichnet die sich ergebenden Varianten und hobt aus der
Ausgabe von 1600 vier der in den beiden anderen Ausgaben nicht enthaltenen Lieder
aus. — In populärer Form sind die aber immerhin beachtenswerten Aufschlüsse
Schützes *'-42) gehalten über die Aj*t, in der auf dem Lande das lebendige Volkslied
durch die Gesangvereine verdrängt und unterdrückt wird; dazu werden noch einige
Nachträge gegeben. —
Auf zwei bisher unbekannte kunstmässige Lieder weist Nagel*^) hin; das
erste handelt über den Brunnen zu Baden und ist von M. Muchheimin aus Uri verfasst
8. 1—16. — 88) 8. n. 111,2 N. 21. — 39) J. Bolte, D. Sultanstochter im Bluinongarten : ZDA. 34, S. 18-31. — 40) id., E.
nnbek. Ausg. d. Frankfurter Liederbüchleins: ib. S. 167/9. — 41) H. Schütze, V. Volksgesang: Kunstw. 3, S. 305,7. (vgl. IV.
2 N. 249.) - 42) id., D. deutsche Volkslied e. Aschenbrödel: ib. 4, S. 66/7. - 48) W. Nagel, Zwei unbekannte Lieder:
n,2: G. Ellinger, Lyrik des 15./16. Jahrhunderts. • 91
(Druck von 1617); das zweite, nach einer St. Gallener Hs., ist ein trockenes Liebeslied
von dem Arzt Jakob Ziegler, geb. 1585. — Von dem ersten der beiden Lieder hat
Tappert**) auch eine Fassung in J. W. Vindlers Gedichten (2. Aufl. 1653) ge-
funden. *5) —
Mehr mit einer Gesamtbeurteilung des Wertes der deutschen Dichtung am
Ende unseres Zeitraums und im Mittelalter, als mit Minnesang und Kirchenlied, wie man
nach dem Titel vermuten sollte, beschäftigt sich ein Aufsatz von Biltz*^), der deshalb
auch an dieser Stelle behandelt wird. Der Vf. sucht zu erweisen, dass die Dichtung
des 17. Jh., insbesondere das Kirchenlied, der mittelalterlichen Poesie, namentlich dem
Minnesang, an absolutem Wert beträchtlich überlegen sei. Die Abhandlung enthält
manche treffende Bemerkung, eine wirkliche Förderung erfährt aber unsere Kenntnis
der darin verglichenen Epochen nicht. —
11,3
Epos.
Philipp Strauch.
Heldensage: Siegfriedslied N. 1. — Höfischer Roman: FUetrer N. 3. — Geschichtliche Dichtung: Schwabenkrieg
N. 5. — Erzählung: Rosenblüt N. 7; H. v. Sachsenheim N. 9. — Legende: Genovefa N. 12; S. Nemo N. 13. — Schwauk-
btlcher: Kalenberger, Peter Leu N. 15; N. Fuchs N. 16. — Reinke de Vos N. 17. — Michael Lindener N. 19. — Fischart
N. 20. — Volksbücher: SchildhUrgerbuch N. 25; Faustsage N. 26. —
Zum Siegfriedslied hat Martin i) einen Beitrag geliefert. Im Besitz der
Eirma Heitz & Mündel in Strassburg befindet sich eine Anzahl von Holzstöcken, welche
grösstenteils zur Herstellung der Bilder in Volksbüchern des 16. Jh. gedient haben.
Eine Auswahl dieser Sammlung ist nun wieder allen zugänglich gemacht ^). Die für
das Siegfriedslied bestimmten, vielleicht nach verschiedenen Vorbildern angefertigten
Holzschnitte konnten schon früher mitgeteilt werden. Die Ausgabe des Siegfriedsliedes,
der sie angehörten, ist möglicherweise die zu Strassburg bei Christian Müllers Erben
1580 erschienene. Die Reihenfolge der 15 Bilder (eigentlich 14, da das eine doppelt
überliefert ist) lässt sich durch den Gang des Liedes feststellen; zur besseren Orien-
tierung hat M. aus der Ausgabe Nürnberg bei G. Wächter die entsprechenden Ueber-
scliriffcen verzeichnet. —
Das Verhältnis von Ulrich Eüetrers „Löwenritter" zu Hartmanns „Iwein"
wurde von Emil Henrici ^) untersucht. Nach Michaeler sollte Eüetrer von Hartmann
unabhängig sein, nach Hambiu-ger der bayerische Dichter ganz mit seinem schwäbischen
Vorgänger übereinstimmen. H. stellt nun fest, dass Eüetrer im „Buch der Abenteuer"
zwar mehrfach Hartmanns „Iwein", daneben aber doch auch eine von Hartmann un-
abhängige Vorlage benutzt hat, welche weder eine der bekannten französischen Hss.,
noch das Mabinogion, vermutlich aber eine diesem ähnliche Geschichte war. — Zu einer
Stelle im Epilog zu Eüetrers „Lohengrin" teilt A. Hartmann *) eine Konjektur Docens
mit. Sie betrifft jene öfter ausgehobenen Verse (vgl. ZDA. 27, S. 283), in denen Eüetrer
zwei bayerische Poeten seiner Zeit nennt und bescheiden erklärt, dass sie ihn selbst
weit überträfen: „Jörg von Eysenhoven ist der aine und Andre Hesenlocher"; für „und
Andre" schlägt Docen vor „der andre" zu lesen, worunter dann Hans Heselloher zu
verstehen wäre. Die naheliegende Konjektur ist aber abzulehnen; warum sollten nicht
wie von Jörg von Eysenhoven so auch Gedichte von Hans HeseUohers Bruder Andreas
verloren sein können? —
Aus einer Münchener Hs. (Cod. lat. Mon. 14053) teilt Golther &) eine bisher
unbekannte Dichtung über den Schwabenkrieg von 1499 mit, die darum Interesse
hat, weil sie von österreichischem Standpunkte aus verfasst ist. Dass die Darstellung
MhMusikG. S. 94/6. — 44) W. Tappert, Zu Baden nnderm heissen Stein: ib. S. 207/9. - 45) (,111,2 N. 1.) — 46) K.Biltz,
Minnesang u. KirchenUed : KreuzZg. N. 283, 285, 287. —
I) E. Martin, Bilder z. Siegfriedslied v. 1580 (?): JbGElsLothr. 6, S. 84-96. — 2) P. Heitz, Originalabdr. v.
Formschneiderarbeiten d. 16. u. 17. Jh. mit erläuterndem Text. Strassburg, Heitz & Mündel. Fol. 73 Taf., XI S. Text. M. 6,00. —
3) Emil Henrici, U. Füetrers Löwenritter: ZDA. 34, S. 170/8. — 4) A. Hartmann, H. HeseUohers Lieder: RomanF. 5,
tJ. 449—518. (Vgl. S. 487/9; zu Neidhart Fuchs in N. 16 vgl. S. 489—94.) — 5) W. Golther, Reimchronik über d.
92 11,3: Ph. Strauch, Epos des 15./16. Jahrhunderts.
sehr parteiisch gefärbt ist, kann nicht Wunder nehmen. Der Vf. scheint hei den Heeren
der Etschleute mitgefochten zu haben, später kam er auf den nordwestlichen Kriegs-
schauplatz nach Konstanz und nahm an kleineren Unternehmungen persönlich teil. Die
tibrigen Vorgänge des Krieges schildert er nach den Berichten anderer und darum
weniger ausführlich und anschaulich. — Durch Golthers Veröffentlichung erhält eine frühere
Vermutung Alfred Sterns <>) willkommene Bestätigung, wie in einem Nachtrag zu jener
Edition konstatiert wird. S. hatte für die ziemlich verwirrte Schilderung, die S. Franck
in seiner „Chronica der Teutschen" unter Berufung auf einen 0 esterreicher, „spötlich"
Heinrich von Bechwind genannt, vom Schwabenkrieg giebt, eine gereimte Zeitung als
Vorlage vermutet: die aufgefundene Reimchronik nun ist die Quelle Francks gewesen.
Franck hat sich enge an seine poetische Vorlage angeschlossen, doch benutzte er eine
Fassung, die vollständiger war als die der Münchener Hs., wie aus zwei Abweichungen
erhellt, die sich als Bereicherungen der Franckschen Version darstellen. —
• Eine Ltigendichtung des Rotschmiedes Hans Rosenblüt ''), der bereits von
Wendeler in seinem Archiv 1, S. 426, Anm. 20 erwähnte, bisher aber ungedruckte
Spruch „Das alles in der Welt gut gehet", hat nun durch Euling ^) eine Veröffent-
lichung erfahren. —
Eine treffliche Charakteristik hat Hermann von Sachsenheim durch Roethe '■•)
erhalten. R. schildert die mit Jakob Pütrich geistesverwandte und doch auch wieder
durch eine tiefe Kluft von ihm getrennte Persönlichkeit als begabten realistischen
Humoristen und volkstümlichen Allegoristen, dessen Art und Kunst bei allem Epigonentum
manchen Zug mit seinem Lieblingsautor Wolfram gemein hat. Seine Dichtungen, die
das Leben der Zeit anschaulich verwerten, durchmessen „in grossen Schritten den
Weg von der frechen Parodie bis zum heiligsten Minneernst" und lassen sich annähernd
zuverlässig chronologisch bestimmen, da, abgesehen von thatsächlichen Angaben und
Beziehungen, der Sachsenheimer sich in seinen Gedanken und originellen Ausdrücken,
Bildern und Vergleichen wiederholt, dazu im Versbau eine eigenartige Technik aus-
gebildet hat. Die älteste seiner uns erhaltenen Dichtungen, die rohe Erzählung von der
Grasmetze, wird auf das darin behandelte Motiv näher imtersucht. Dann folgen der
Zeit nach die „Möhrin", mit der das kurze Lied von Jesus dem Arzte gleichzeitig sein
mag, der „Spiegel", den man bisher aber wohl mit Unrecht für älter als die „Möhrin"
ansah, der „Goldene Tempel" und das „Sclileiertüchlein". Möhrin, Spiegel und Gras-
metze finden sich auch in einer bisher unbenutzten Wernigeroder Hs. vom Jahre 1496
(Förstemann S. 108 f.), die möglicherweise auch noch weitere vom Sachsenheimer verfasste
Dichtungen enthält und jedenfalls näheres Einsehen verdient. Zur Grasmetze vgl. aiich
Bartsch, Beitrr. z. Quellenk. d. altd. Litt. S. 177 f. Uebrigens ist der lange vergeblich gesuchte
Grabstein Hermanns von Sachsenheim in der Stuttgarter Stiftskirche neuerdings wieder
aufgefunden worden (vgl. Slaatsanz. für Württemberg 1886, N. 159). Die zwölfzeilige
Grabschrift auf demselben ist aber nur in den vier Schlusszeilen identisch mit der bisher
gemeiniglich als solche angenommenen; als Todesjahr ist dort 1459 (nicht 1458) verzeichnet.
— „Ein schöner Spruch von dem schönen Schwerdt Tanz, den das Löbliche Handwerck
die Messerschmidt gehalten haben in dem 1600 ten Jahr den 3. Februar]", ein bereits
von Müllenhoff in den Festgaben für Homeyer (1871) erwähntes Gedicht des Hans
Weber von Nürnberg wird von Ammann^o) axxs einer Nürnberger Hs. mitgeteilte^) —
Die Legendenforschung ist durch folgende Beiträge gefördert worden:
Seuffert vermochte in seiner Schrift über die Legende von der Pfalzgräfin Genovefa
keinen äusseren Beweis dafür zu erbringen, dass der Kultus der h. Genovefa in alten
Zeiten in der Nähe von Laach, dem Entstehungsorte der Legende, in Blüte gestanden
habe. John Meier ^2) weist nun aus einer Urkunde vom Mai 1255 die Verehrung der
h. Genovefa in Namedy und Andernach, also in nächster Nähe von Laach nach und
zwar bereits für das erste Viertel des 13. Jh., da wir ein längeres Weüen des Kultus
an jenem Orte anzunehmen haben, ehe der Name zur Flurbezeichnung (es handelt sich
um einen Wald „que communiter sancte Geuovefe Gerenht appellatur") verwandt werden
konnte. Die Vermutung, es möchten der Vf. der Legende oder seine Zeitgenossen, an
die Flurbezeichnung anknüpfend, als ^en Auffindungsort der Genovefa jenen Wald be-
zeichnet haben, ist recht ansprechend, da sie mit dem sonstigen Verfahren des Vf. im
Einklang steht. —
Den Alemannia 16, S. 193 und 17, S. 151 besprochenen lateinischen und deutschen
Fassungen der Legende vom heiligen Niemand fügt Bolte^^) nun noch ein mit den
lateinischen Prosalegenden in engem Zusammenhang stehendes niederländisches Gedicht
des 16. Jh. hinzu. —
Schwabenkrieg: AnzSchwG. NF. 21, S. 11/8. — 6) Alfred Stern, Nachtrag zu d. v. Hrn. Dr. Qolther veröffentlichten Reimchronik
tJber d. Schwabenkrieg: ib. 8. 46/8. — 7) X M. Faber, Hans RosenplUt e. Rotschinied: Germania 35, S. 407-12. — 8)
K. Euling, E. LUgendichtung: ZDPh. 22. S. 317-20. — 9) G. Roethe, H. t. Sachsenheim: ADB. 30, S. 146-52. - 10) S. o.
1,5 N. 65. - II) (11,5 N. 41.) - 12) J. Meier, Z. Entstehungsgesch. d. Genovefa- Legende : VLG. 3, S. 363/5. - 13) J. B ölte.
11,3: Ph. Strauch, Epos des 15./1Ö. Jahrhunderts. 93
Von den Schwankbüchern^*-^*'') in poetischer Form haben der „Pfaffe
von Kaienberg" und „Peter Leu" durch Ebeling^") eine Erneuerung erfahren, die
leider in keiner Weise genügen kann. Obwohl der Herausgeber in der Einleitung
scharf mit der alten Edition v. d. Hagens ins Grericht geht, lässt seine eigene Text-
gestaltung gleichfalls viel zu. wünschen übrig, und es ist auch zu bezweifeln, ob das „grosse,
allgemein gebildete Publikiim" an diesem Neudruck mehr Gefallen finden wird als an
Bobertags Publikation, die nach E. jenem Publikum „ungeniessbar, um nicht zu sagen
degoutant" sein müsse. Auch diese Erneuerung erweckt wieder die alte Klage, dass
diu^ch derartige, die Sprachformen mehrerer Jhh. willkürlich mischende Behandlungen
das grosse Publikum nur abgeschreckt werden kann, das Ansehen unserer Disziplin
aber geschädigt werden muss. Nur die Berufensten dürfen an solche Aufgaben, den
alten Geist in neue Form zu giessen, mit der Hoffnung auf Erfolg herantreten ; zu ihnen
aber gehört ein Autor, der sich berechtigt glaubt, auf die Zunft geringschätzig herab-
blicken zu können, nicht. E.s Verfahren ist im wesentlichen dasselbe wie das oft
getadelte v. d. Hagens. Wie mancher Vers muss auch in seinem Text dem modernen
Leser unverständhch bleiben! vgl. z. B. Kalenb. 3G9, 371, 444, 723, 961 f.; Peter Leu
230, 647. Die Erklärungen unter dem Text sind oft recht ungenau gefasst. Mit des
Herausgebers Sprachkenntnissen ist es übel bestellt (vgl. z. B. K. 391, 442, 728, 749,
841, 849, 1033, 1054, 2030, 2074; P.L. 292, 504, 617, 1165, 1491), beim Kalenberger
hat er gelegentlich Druckfehler seiner Vorlage unverbessert herübergenommen, falls es
sich nicht gar um Lesefehler seinerseits handelt (vgl. K. 371, 391, 424, 434, 451, 589,
2030). Nachprüfung ist unmöglich, da E. für den Kalenberger einen sonst unbekannten
Druck des Jahres 1500 (ohne Ortsangabe) benutzte, der früher im Besitz des Buch-
händlers Werle in Leipzig war, dann aber nach England verkauft worden ist. Diese Ausgabe
nennt den Verfassernamen „Villip FranckFürter czue Wien" auf dem Titel, schliesst
dafür aber mit V. 2156 (Bobertag); er bietet keine Holzschnitte und Kapitelinitialen,
für die jedoch Raum gelassen ist, und hat in dem benutzten Exemplare eine Textlücke
von drei Blättern (V. 495 — 668). Von kritischem Werte, den E. diesem Drucke beilegt,
kann niclit die Rede sein: der Text erweist sich als nicht lu-sprünglich, verglichen mit dem
Hamburger Exemplar (vgl. V. 305—8, 346, 498 f., 583, 637, 667, 771), und teüt die
meisten Lesarten mit der Ausgabe von 1620. Nur im V. 594, der gleichfalls mit der
letzteren übereinstimmt, könnte gegenüber dem Hamburger Exemplar (Bobertag V. 592)
das Reim wort „letzen", aber auch nur dieses, ursprünglich sein („an eurem tische morgen
letzen"?). Vom niederdeutschen und englischen „Kalenberger", von Mantels, Herfoi-ds
und Schröders Aufsätzen, durch die die von Flüchtigkeiten und haltlosen Schlüssen
strotzende Einleitung sich zum Teil von selbst berichtigt, weiss der Vf. nichts, ebenso
wenig von Hartmanns und Bosserts Mitteilungen über den Vf. von „Peter LetP', Acliilles
Jason Widmann, dessen Namen die Heidelberger Matrikel unter dem 31. Mai 1551 ver-
zeichnet (Toepke 1, S. 611). Auch für das letztgenannte Schwankbuch, von dem eine im
kgl. Haus- und Staatsarchiv zu Stuttgart aufbewahrte hs. Chronik von Schwäbisch-Hall
einen Prosaauszug enthält, will E. einen sonst völlig unbekannten Druck von 1500 be-
nutzt haben, über den er sich aber jede weitere Bemerkung erspart hat. Uebrigens
verhält es sich mit diesem mysteriösen Drucke nicht anders als mit dem oben erwähnten
Kalenberger -Exemplar, und E. hätte auch hier besser gethan, nach dem Vorgange
Schades, über dessen Edition er nur Falsches bietet, und Bobertags dem Frankfurter
Druck von c. 1557 — 59 und dessen guten Lesarten zu folgen ; man vgl. in E.s Text V. 37,
45 f., 218, 290, 314, 473, 497, 513 ff., 581, 1375, 1426, 1506. Von störenden Druckfehlern
seien erwähnt: K. 232 Hes „euch"; L. 878 „stoferig", 1451 „bös"; nachP. L. 1116 ist ein
ganzer Vers ausgelassen ; K. 233 ff. zeigen falsche Interpunktion. Zu K. 600 s. Herford,
Studies S. 280 f. Die Ausstattung macht dem Verleger alle Ehre, und man kann nur
bedauern, dass der Inhalt ihrer so wenig würdig ist. —
Dem Inhalte, wenn auch nicht der Form nach gehören die Schwanke des
„Neidhart Fuchs" gleichfalls in unser Gebiet. A. Hartmanni«) ist auf die Quellen,
die im N. Fuchs benutzt sind, eingegangen. Abgesehen von der Verwertung echter
Lieder Neidharts (in N. 23, 24, 28) erweist sich N. 20 als Bearbeitung und Erweiterung
eines Liedes Hesellohers, N. 25 und auch wohl N. 26 haben Oswald von Wolkenstein
zum Vf. (vgl. Beda Weber S. 114 und N. 64), N. 31 sowie das dem Druck angehängte
Gedicht von Frau Ehre kommen auch im Liederbuch der Hätzlerin vor (S. — nicht
N. — 69, N. 91 und N. 28, zu der jedoch ADB. 31, S. 210 zu vergleichen ist). Das
Schwankbuch kann also in der uns vorliegenden Gestalt nicht über das 15. Jh. zurückgehen. —
Die Verfasserfrage des „Reinke de Vos" wird von Hofmeister^') gestreift,
V. heil. Niemand: Alemannia 18, S. 131/4. — 14) X Till Eulenspiegel bearb. u. mit Einl. u. Änm. versehen v. R. Michel. (= Meyers
Volksbücher N. 710/1.) Leipzig u. Wien, Bibliogr. Inst. 112 S. M. 0,20. — 14a) X A. Tille, Eulenspiegels Grab: VLO. 3, S. 501/2.
(D. Hinweis findet sich bereits bei Lappenberg S. 330, vgl. 327,331.) — 15) F.W. Ebeling, D. Kahlenberger. Mit 39 Holzschnn.
BerUn, Lüstenoder. VIE, 207 S. M. 4,00. |[LCB1. S. 866; DDichtung: .8, S. 151 ; Jeep: DLZ. 12, S. 1833/4.] | (Vgl. o. 1,5 N. 104.) -
— 16) S. 0. N. 4. — 17) S. 0. 1, 4 N. 36. — 18) K. E u 1 i ng , Mittelniederdeutsche Gedichte : Gemaniu 35, S. 391/9. — 18a) (1, 4 N. 83.) —
94 11,3: Ph. Strauch, Epos des 15. /IG. Jahrhunderts.
indem er gelegentlicli einer Zusammenstellung der aus Hermann Barckhusens Presse
stammenden Drucke einiges neue urkundliche Material zur Lebensgeschichte des Druckers
beibringt. H. weist aus der Rostocker Matrikel unter dem 4. Mai 1480 „Hermannus
Berkhusen de Warberg" nach, doch findet der Name sich nicht im Verzeichnis der
Promovierten, und es ist daher fraglich, ob der Barckhusen in verschiedenen Schreiben
beigelegte Titel „Mester, Magister" wirklich die akademische Würde bedeutet. Im
Jalire 1500 war Barckhusen bereits Ratssekretär in Rostock, sein Tod fäUt ins Jahr 1528
oder Anfang des Jahres 1529. Ebenda S. 208 f. wird ein Schreiben des Herzogs Heinrich
von Mecklenburg an die Stadt Rostock (1521) mitgeteilt, aus dem sich aufs neue die
Annahme widerlegen lässt, dass Nikolaus Baumann für den Drucker Ludwig Dietz den
„Reinke de Vos" bearbeitet habe. — Eulingi^) bringt für „Reinke de Vos" V. 2695
eine annehmbarere Erklärung als die bislierige. Der Vers „He hadde de seuen vraude
nicht al" kann keine Anspielung auf die sieben Freuden der Maria enthalten, sondern
meint höchst materielle, den geistlichen bewusst nachgebildete Freuden (vgl. Hätzlerin
S. 270; Keller, Erz. aus altd. Hss. S. 665) und ist daher mit „es geht ihm recht
schlecht" zu übersetzen, i^») —
Ueber Michael Lindeners Leben und Schriften ist unsere Kenntnis durch
A. Hart mann 19) bereichert worden, der Kaspar Winzerers litterarischer Thätigkeit
nachgehend, in der Widmung einer bisher unbekannten Schrift Lindeners ein weiteres
Zeugnis für den ersteren fand. Diese Schrift, „Des Kolers Glaube" (o. 0. u. J. Mtinchener
Staatsbibliothek) beklagt die mannigfachen Glaubensspaltungen der Zeit und stellt unter
Vorführung einiger Exempel — eines teils gereimten, teils in Prosa verfassten Gespräches
zwischen dem Teufel und einem Köhler (vgl. Deutsches Wörterbuch 5, S. 1591) und
der Geschichte vom Pfaffen im Kotwege, die auch Pauli erzählt (vgl. Goedeke, Schwanke
des 16. Jh. N. 182) — den Katholizismus als die wahre christliche Kirche hin. Es
ergiebt sich hieraus, dass Lindener seinen Glauben gewechselt haben muss, da er in
den meisten seiner übrigen Schriften unzweifelhaft als Protestant erscheint. H. macht
wahrscheinlich, dass Lindener vor 1550 zum neuen Glauben übertrat. Jedenfalls gehört
der „Köhlerglaube" zu seinen frühesten Werken. In der Widmung stellt Lindener
zwei weitere, noch nicht wieder aufgefundene Werke, die „Bücher der Epigramme" und
eine Schrift über Georg von Erundsberg in Aussicht, in welche er die Tliaten Winzerers
einreihen wollte. Dass die Bücher der Epigi'amme wirklich und zwar in Basel erschienen
sind, erhellt aiis der Vorrede einer anderen, bisher nur gelegentlich von Scherer
(Anfänge des deutschen Prosaromans S. 23) erwähnten lateinischen Arbeit Lindeners
aus dem Jahre 1557, einer Sammlung von Sitten- und Weisheitssprüchen in Distichen,
die dem Augsburger Domprobste Marquard von Stein unter dem Titel „Loci scholasti-
corum egregii" gewidmet ist. Auf einige historische W^erke Lindeners ist H. gleich-
falls eingegangen. Aus der bereits von Wendel er citierten, an Eabeleien reichen
Oettingischen Wappengeschichte (1559) erhalten wir zum ersten Male grössere Proben,
an die sich eine kritische W^ürdigung anschliesst. Dagegen war der neueren Forschung
völlig entgangen die bei Jö eher- Adelung genannte Weifenchronik Lindeners (nicht vor
1558), die sich bei näherer Prüfung im wesentlichen als ein unverschämtes Plagiat von
C. Bruschius ,,Monasteriorum Germaniae Centuria Prima" erweist, daneben den Monachus
Weingartensis, möglicherweise auch solche Quellen benutzt, die jetzt verloren sind.
Schliesslich sei noch bemerkt, dass H. auf Grund der neuen Funde und dessen, was
wir sonst über Lindener wissen, des Schwankdichters Lebensverhältnisse im Zusammen-
hange, insbesondere auch seine Beziehungen zu Bayern, behandelt hat. —
Wenden wir uns zur Fischartforschung, so verdient von den Besprechungen,
die Bessons Studie bisher erfahren, die von Martin^o) hervorgehoben zu werden, da
sie für die Lebensgeschichte Fischarts neues Material auf Grund einer jüngst über das
alte Strassburg erschienenen Schrift sowie einiger M. von Seyboth^i) mitgeteilter
Urkunden beibringt. Darnach wohnte Fischart wahrscheinlich bis 1581, in welchem
Jahre wir ihn in Speier finden, im Hause Nr. 39 der Gewerbslauben, wo sein Vater
Wurzkrämer war. Letzterer muss recht vermögend gewesen sein, da er wenigstens
vier Häuser in Strassburg besass: das an den Gewerbslauben, das im grünen Bruch,
das zum grünen Baum und das am Staden gelegene. Des Vaters grosser Besitz an
Liegenschaften wird doch wohl erst nach längerem Aufenthalt zusammengekommen
sein, und so wird auch hierdurcli wahrscheinlich, dass Fischart wirklich in Strassburg
geboren wurde. Mentzer soll schon Beiname des Vaters gewesen sein. Weihnacht 1589
19) A. Hartmann, Kaspar Winzerer n. eeinLied. Mit Studien zu Michael Lindeners Leben u. Schriften : OberhayrA. 46, S. 1— 50.
(E. zweiter Aufsatz H.s ib. 46, S. 195—217 ^Briefe Winzerers II u. III» bietet nichts Einschlagiges.) — 20) P. Besson, Etüde
8ur Jean Fischart. Thöse de doctorat pr^sent^e i la facultö des lettres de Paris. Paris. 1889. | [LCBl. S. 937; A. Bossert:
RCr.24, S. 89;E. Martin: ADA. 17, S. 52/5.]| — 21) A. Seyboth, D. alte Strassburg v. 13. Jh. bis z. J. 1870. Gesch. Topo-
graphie, nach d. Urkunden u. Chron. bearb. Mit eingedr. Abbildd. u. 44 Tafeln. Strassburg i. E., Heitz. 40. XVI, 331 S.
n,3: Ph. Strauch, Epos des 15./16. Jahrhunderts, 95
lebte rischart noch, 1593 war er aber bereits gestorben; da der Vormund seiner Kinder,
Georg KirchhofFer, der durch seine Frau Barbara Vischerin (entstellt aus Fischartin) zu-
gleich ein Verwandter gewesen zu sein scheint, im Jahre 1590 der Familie die bedeutende
Summe von 100 Pfund vorzuschiessen veranlasst war, so vermutet M. Fischarts Tod in
diesem Jahre (nach dem 17. März, an dem er seinen „Catalogus Catalogorum" abschloss),
womit unsere sonstige Kenntnis im Einklang steht. — Von Arbeiten über Fischartsche
Schriften 22) sind folgende zu erwähnen: Fischarts gereimtem „Eulenspiegel" hat
Hauffen23) eine Untersuchung gewidmet, in der er sein Verhältnis zum Volksbuch in
anschaulicher Weise behandelt. Entgegen der objektiven Darstellungsweise des Volks-
buches hat Fischart sich in seinen Eeimen „mit stark hervortretender Subjektivität
seinem Helden wie ein Lehrmeister seinem Schüler und Schützling" gegenübergestellt,
als Schüler Scheits den Schalksnarren zum Grobianer umgewandelt. Aber damit ist nur
eine Seite der freien Bearbeitung beleuchtet. Schon diese Jugendarbeit zeigt, wie sehr
Fischart seinen Lelu-er an Talent und Wissen, an Welt- und Menschenkenntnis über-
ragt. Fischarts „Eulenspiegel" will kein Unterhaltungsbuch sein, ihm sind die Schwanke
nur das Mittel, um zu erraten, was der erste Vf. mit der Erzählung dieser Eulen-
spiegeleien bezweckt haben möge, welche Moral und Nutzanwendung aus ihnen zu ent-
nehmen sei. Die Art, wie Fischart die Erfurter Ausgabe vom Jahre 1532 bearbeitet
hat, wird von H. im einzelnen durch Beispiele deutHch gemacht. Fischart weiss den
Ausdruck seiner Vorlage mannigfaltiger, den Vortrag lebendiger zu gestalten, ihm stehen
in jedem Augenblick, für jede Situation Bilder und Vergleiche, volkstümHche Redens-
arten und Sprichwörter, Beteurungen und Verwünschungen, historische und geographische
Notizen zu Gebote; nie um Einfälle verlegen, spinnt er eine kurze Andeutung weiter
aus oder er erhöht die Wirkung komischer Situationen durch Aufbieten eigenen Witzes
und Humors. Ganz besonders aber konnte. Fischart bei einem Stoffe, dessen Held aller-
orten und in allen Kreisen sein Unwesen treibt, seiner Neigung zu satirischen Be-
merkungen über die verschiedenen Stände fröhnen; beim Gelehrtenstand, dem er selbst
angehörte, verweilt er mit Behagen und lässt sich namentlich über das Treiben auf den
Universitäten des breiteren aus; auch der Priesterstand ist bei Fischart mehr noch als
im Volksbuche dem Spotte ausgesetzt. Zum Schluss vergleicht H. Fischarts Manier der
U eher arbeitung mit Hans Sachsens Art, Eulenspiegelsche Schwanke di'amatisch zu be-
handeln; eine Parallele mit Hans Sachsens Eulenspiegelschwänken in Spruchform — das
Material ist jüngst durch Ch. Schweitzer, Etüde siu- la vie et les oeuvres de H. Sachs
S. 444 ff. vermehrt worden — würde wohl noch lehrreicher gewesen sein. Ein Neudruck der
Fischartschen Reime erscheint in jeder Beziehung wünschenswert. — Zur Quellenfrage
des „Glückhaften Schiffes" hat Englert24) einen Beitrag beigesteuert. Ein früher
V. d. Hagen, jetzt Dr. G. Schad in Schweinfurt gehörendes Ms. des 16. Jh. enthält eine
Reihe von Schriften, die in willkommener Weise das hs. Material für einige der von
Baechtold in den Mitteilungen der Züricher Antiquarischen Gesellschaft von 1880
edierten Texte bereichern. Es sind 1) „Die Reise nach Strassburg mit dem warmen
Hirs". Von den drei nun vorliegenden Hss. erkennt E. wohl mit Recht der Strass-
burger Hs. die Priorität zu, vermutet aber, dass Fischart, der das Gedicht oft wörtlich
benutzt, aus einer Fassung schöpfte, die für uns durch das Schadsche Ms. repräsentiert
wird. 2) Der bekannte Schmachspruch, der sich in Fischarts „Glückhaftem Schiff"
gedruckt findet. Im allgemeinen stimmt der Schadsche Text mehr mit dem Druck als
mit Baechtolds Text überein, doch fehlen die im Druck nach V. 66 (vielmehr 52)
stehenden 8 Verszeilen, welche eine plumpe Verhöhnung des Protestantismus enthalten,
in Schads wie in Baechtolds Text. 3) Das Gedicht mit dem Titel „Doctor Platter zu
Basel". 4) Eine anonyme Antwort auf den Schmachspruch und das Pritschenlied=
Baechtold S. 123/6, woran sich noch ein kurzer Dialog reiht, den E. mitteilt, da er sich
bei Baechtold nicht findet. Zum Schluss wird auf einen bei Baechtold nicht erwähnten
Bericht von einer im Jahre 1466 unternommenen eintägigen Fahrt von Zürich nach
Strassbiu-g aufmerksam gemacht; vgl. Mone, Quellensammlung der badischen Landes-
geschichte 1, S. 349. —
Unter Fischartschem Einfluss steht auch das Schildbürgerbuch. Mit diesem
hatte sich die Forschung seit v. d. Hagen s Narrenbuch nicht wieder beschäftigt; erst
in jüngster Zeit hat sich dem eigenartigen Werke das Interesse aufs neue zugewandt,
insbesondere ist Jeep 2-'^) um die Lösung des liier gestellten Problems bemüht gewesen.
J. erweist im Gegensatz zur frülieren Annahme die Priorität des „Laienbuches" von 1597
M. 15,00. (Vgl. bes. S. 327: Nachtrag zu S. 60 N. 39.) — 22) X L. Voigt, S. Brant u. J. Pisehart in Auswahl. (r= Sammlung
deutscher Schulausgaben. N. 38.) Bielefeld, Velhagen & Klasing. X, 112 S. M. 0,50. (Enthält v. Fischart d. Glückhafte Schiff, d.
Ermahnung an d. lieben Deutschen u. einige SprUche. Vgl. 1,7 N. 48.) — 23) A. Hauffen, Eischarts „Eulenspiegel Reimens-
weiss": VLG. 3, S. 381—94. — 24) A. Englert, Z. Glttckhaften Schiff Fischarts : Alemannia 18, S. 238—44. — 25) E. Jeep,
H. F. V. Schönberg, d. Vf. d. Schildbürgerbuches u. d. Grillenvertreibers. E. litt. Untersuchung über d. Schildbürgerbueh u. seine
Portsetzungen. WolfenbUttel, Zwissler. XIV, 145 S. u. 1 Bl. M. 3,00. S. 1-96 GOttinger Phil. Diss. |[W. Seelmann: ASNS. 87,
96 11,3: Ph. Str;aiich, Epos des 15./16. Jahrhunderts.
vor dem Scliildbürgerbuch — erst später wurde das „Laleubuch" als Geschichte der
Schildbürger „enthüllt" — , vervollständigt v. d. Hagens Excerpte aus dem Grillenvertreiber
von 1603 und giebt aus anderen Schwanksammlungen Parallelstellen zu dieser Um-
arbeitung und Fortsetzung der Schildbürgergeschichten. Von einem Vf. der „Schildbürger"
kann, wie bereits Goedeke betont hat, genau genommen nicht die Rede sein, höchstens
von einem Kompilator, der die älteren Schwanksammlungen eines Erey, Montanus,
Schumann und Kirchhotf für seine Zwecke ausplünderte ; aber auch da, wo unmittelbare
Quellen einstweilen nicht aufzudecken sind, lässt sich indirekt die Entlehnung fest-
stellen. Als Ganzes betrachtet, verdient das Schildbürgerbuch nicht das Lob, das ihm
bisher, abgesehen von Gervinus, gespendet worden ist. Wohl gelingt dem Kompilator
im Anfang die Verbindung der Geschichten untereinander in ganz treulicher Weise,
aber von Kap. 29 an, von wo ab er seine Gewährsmänner meist wörtlich ausschreibt,
ist alles nur lose aneinander gereiht, ein innerer Zusammenhaiig fehlt. Andrerseits hat
man unbilligerweise die Fortsetzung der Schildbürgergeschichten im Grillenvertreiber II
herabgesetzt, indem man sie kurzweg als schwache Nachahmung des Originals be-
zeichnete, j.s sorgfaltige Vergleichung zeigt vielmehr, dass die Fortsetzung in der V^er-
knüpfung der einzelnen Schwanke untereinander das Vorbild übertrifft, vor allem aber
eine ganz andere Menschenklasse zur Zielscheibe nimmt, jene Menschen nämlich, die,
weil sie sich von Jugend auf für weise halten, deshalb geborene Narren sind, während
die Schildbürger aus übergrosser Weisheit zu Narren werden. Im übrigen lassen beide
Werke die gleichen Mängel (Widersprüche und Wiederholung der Motive) in der
Komposition hervortreten. Mit Geschick verficht J. die, eigentlich schon im Schlusssatz
der Vorrede zum Schildbürgerbuch angedeutete Ansicht, beide Werke hätten einen und
denselben Vf.: der Stil beider Werke, der Schildbürger wie des Grillenvertreibers II,
steht unter dem Einflüsse Fischarts, und auch sonst zeigt die Sclu-eibweise die gleichen
Eigentümlichkeiten, in Anlage und Stoffbehandlung herrscht Uebereinstimmung, beide
endlich setzen einen gelehrten und zwar einen juristisch gebildeten Vf. voraus, dessen
verschiedenen Pseudonymen eine und dieselbe Idee zu Grunde liegt. Doch steht das
Schildbürgerbuch höher an Wert: es ist nicht, wie bisher angenommen, eine einfache
Sammlung der vielfach umlaufenden Schwanke, mit denen sich Orte und Länder neckten,
sondern eine Satire, eine Personalsatire, „die Revanche eines geistreichen Gelehrten
für erlittene Kränkung", der es aber als echter Satiriker verstand, das persönliche
Pamphlet zu einer allgemeinen Spottschrift über Kleinstädterei und Pfahl biu"ger tum
überhaupt zvi erheben. Nur auf diesem Wege konnten die Schildbürger zum Volksbucli
werden. Den Vf. glaubt J. in der Person des Hans Friedrich von Schönberg, Hauptmann
der Festung Wittenberg (gest. 1G14) ermittelt zu haben, der 1603 im „Grillenvertreiber"
unter dem Pseudonym Conradus Agyrta von Bellemont den Schleier der Anonymität ein
wenig lüftete, nachdem er im älteren Laien- und Schildbürgerbuch seinen Namen hinter
dem deutschen ABC und seiner hebräischen Umschreibung in einer Weise verschanzt
hatte, die die Lösung des Rätsels fast ausscliloss. Es kann hier nicht der komplizierte
Gang von J.s Untersuchung im einzelnen entwickelt werden. Ist auch der jugendliche
Vf., der alles beweisen möchte, in seinen Folgerungen gelegentlich zu weit gegangen,
so wird man ihm doch gern das Zeugnis ausstellen, dass er seine Hypothese unter Ver-
wertung einer reichen Belesenheit in der lokalen Litteratur methodisch und scharfsinnig
aufgebaut hat. Die Verfasserfrage lässt sich wohl nur im Zusammenhang mit einer
anderen beantworten, der nämhch, ob die Schildbürger wirklich auf das sächsische Schiida
gemünzt sind. Da j. in seiner Vorbemerkung diese Frage in überzeugender Weise be-
jaht hat, so ist es von vornherein auch wahrscheinKch, dass der Vf. in gleicher, sächsisch-
meissnischer Gegend gelebt hat, jedenfalls muss er mit den meissnischen Verhältnissen
vertraut gewesen sein. Nun bietet aber das Schildbürgerbuch vielfach süddeutschen
Wortschatz, und die Annahme, dieser rühre aus den stark benutzten oberdeutschen
Schwankbüchern her, reicht nicht für alle Fälle aus; andrerseits lässt sich bei dem
von J. vermuteten Vf. ein Aufenthalt in Oberdeutschland nicht nachweisen. Manchem
von dem, was J. zur Erkläining dieser oberdeutschen Idiotismen bei einem mitteldeutschen
Autor im Schlusswort (S. 104 ff.) zu seinen Gunsten anfülirt, kann man zustimmen;
allerdings überträgt er die modernen Verhältnisse mehr als billig auf die Zeit von 1600
und will auch hier zu viel erklären. Dass dem mitteldeutschen Leser durch die ober-
deutschen Ausdrücke nicht selten das Verständnis erschwert werden, ja geradezu ver-
schlossen bleiben musste, dafür hat W. Seelmann in seiner Anzeige ein lehrreiches Beispiel
gegeben. Derselbe Recensent hat auch für das Vorhandensein eines Schildbürgerbuches
im Jahre 1597 (vgl. Jeep S. 1 f.) ein weiteres Zeugnis beigebracht, wodurch Laienbuch
und Schildbürgerbuch in ihrem Erscheinen noch näher aneinander rücken; nach Verlauf
weniger Monate müsste sich unser Autor also für genügend gesichert gehalten haben,
um sein Pamphlet an die richtige Adresse senden zu können. Erklärt etwa die Kürze
der Zeit die wenig sorgfältige Redaktion des Schildbürgerbuchs, verglichen mit dem
'11,3: Ph. Strauch, Epos des 15./16. Jahrhunderts. 97
„Laienbuch"? Die durch J. nevi belebte Schildbürgerfrage wird die Forschung weiter zu
beschäftigen haben, für abschliessend wird der Vf. selbst seine Schrift nicht angesehen
wissen wollen. U. a. ist noch eine Lücke in der Beweisführung auszufüllen; die
Motive der Aenderungen, Zusätze und Auslassungen der verschiedenen Redaktionen des
,, Laienbuchs" müssten im Zusammenhang behandelt werden. J. berührt aus Raummangel
nur einiges; eine Auswahl aber kann nicht genügen, und die wenigsten werden in der
Lage sein, sie sich selbst aus den Originaldrucken zu vervollständigen. Wir brauchen
einen Neudruck vom ,, Laienbuch" mit Angabe der Varianten der ,, Schildbürger" und des
Grillenvertreibers I, sowie auch von der Fortsetzung des letzteren. Die zweite Fort-
setzung, die von demselben Vf. herrührenden „Hummeln" des Jahres 1605, hat J. nur
anhangsweise berücksichtigt und festgestellt, dass sie nicht nur den „Liber Vagatorum",
wie bekannt war, enthalten, sondern zu drei Vierteilen aus einer Prosaauflösung
von Scheits „Grobianus" bestehen , dessen Verse gegen Schluss sogar unverändert
herübergenommen werden. Die Bibliographie erwähnt auch eine bisher unbekannte
Bearbeitung aus den Jahren 1G03 — 3.7, sowie eine auf diese Bearbeitung zurückgehende
jüdisch-deutsche Ausgabe des Schildbürgerbuclies ; ein weiteres Exemplar des ,, Laienbuchs"
von 1597 war im Antiquarischen Katalog N. 144 von Harrassowitz (1888) verzeichnet.
H. Klemm besass einen sonst wohl unbekannten Schildbürger-Druck o. 0. u. J. (ca. 1665,
s. Catalogue ... de la Bibliotheque de feu M. Henri Klemm, Dresden 1889, N. 1233). Als
ältestes Zeugnis der traurigen Berühmtheit Scllildas citiert J. (S. XIII) Zeiller-Merians
„Topographia Superioris Saxoniae" (Frankfurt 1650): in den vom Referenten eingesehenen
Exemplaren fehlen die entscheidenden Stellen im Texte; ein weiteres Nachforschen er-
gab, dass J.s Citat einem Nachdruck der Originalausgabe entnommen sein muss. Sollte
der Holzschnitt vor dem Schildbürgerbuch (Bobertag, Volksbücher des 16. Jh. S. 315)
nicht anderswoher entlehnt sein? —
Mit der Faustsage, soweit sie hierher gehört, beschäftigen sich mehrere
kleinere Beiträge. Geiger-**) schildert für weitere Kreise in knapper, übersichtlicher
Darstellung Faustsage und Favistdichtung vor Goethe, Alb erdin gk ThijmS'') verfolgt
die Geschichte des Faustbuches in der niederländischen Litteratur, Mayerhofer-*^)
stellt kurz zusammen, was wir über den historischen Faust wissen, und weist namentlich
auf die neuesten Fu^de hin; übrigens befasst sich Szamatolskis Mitteilung in der VLG. 2,
S. 156 ff. nicht mit Ulrich, wie M. irrtümlich angiebt, sondern mit Philipp von Hütten.
— Mayerhofer^^) selbst hat ein weiteres Zeugnis für den historischen Faust beigebracht,
wonach Dr. Faustus Philosophus am 12. Febr. 1520 von dem Bamberger Bischof Georg
Schenk von Limburg zehn Gulden für eine ihm gestellte Nativität erhält. — Mit den
Erfurter Kapiteln des Faustbuches von 1589 hat sich Szamatolski^o) beschäftigt. Im
Gegensatz zu Ellingers Hypothese, es habe zur Zeit der Entstehui]g unseres Faustbuches
noch eine zweite und zwar höhere und bessere Fassung der gesamten Faustsage
existiert, aus der, wenn wir von zwei kleinen Trümmern im Faustbuch von 1587 ab-
sehen, nur die Erfurter Kapitel in der Ausgabe von 1589 sich erhalten liätten, bezeiclmet
S. ein ganz bestimmtes litterarisches Erzeugnis als die Quelle, aus der sich der Redaktor
von 1589 die Erfurter Kapitel geholt habe. S. weist nach, dass jenes alte von
Motschmann in seiner „Erfordia literata" citierte Chronicon, dem dieser die mit den
Erfurter Geschichten des Faustbuches übereinstimmende Partie, insbesondere die Geschiclile
von Dr. Klinges Begegniuig mit Faust entnahm, in der Olu'onik des Mag. Zacliarias
Hogel aus der Mitte des 17. Jh. vorliege, die wdeder zusammen mit dem Faustbuch
auf eine gemeinsame ältei-e Quelle, eine Erfurter Stadtchronik des 16. Jh.
zurückgehe. Historische und techniscli - novellistische Verscliiedenheiten sprechen
gegen die Annahme einer Priorität des Faustbuclies ; auch einige sprachliche
Formen, welche sich bei Hogel, nicht aber im Faust buche finden, weisen
auf eine Quelle des 16. Jh. hin. Als diese gemeinsame Quelle macht nmi S.
die derzeit verschollene Erfurter Chronik des Wolf Wambach wahrscheinlich, die ihrer-
seits eine Fortsetzung der „Teutschen Erfurtischen Chronika" des Pfarrers Reichmann
war und von 1542 — 1556 reichte. Sub anno 1556, wo der Tod Dr. Klinges zu berichten
war, wird Wambach die Geschichte jener Begegnung eingeschoben haben. Sein Ge-
währsmann war vermvitlich ein Mitglied der Familie von Dennstedt, in deren Hause
jene Zusammenkunft stattfand. Aus diesem Quellemiacliweis folgert S., dass die Erfurter
Kapitel aus der Sage im engeren Sinne auszuscheiden und in die historischen Zeugnisse
über Faust zu setzen seien. — Aus den ,,Deliciae biblicae oder BibHsche Ergetzlich-
S. 82/5; L. Fränkel: LBGRPh. 13, S. 11/2; S. Singer:DLZ. 13, S. 297/8.]| - 26) L. Geiger, Faustsagen. Faustdichtunj vor
Goethe: WIDM. 67, S. 752—67. — 27) P. Alberdingk Tliijra, De Faustsage iu de NederlaudsAe letteren. Gent, Siffer.
57 S. |[ZVLR. NF. 3, S. 490.]| - 28) J. Mayerhofer, Altes u. Neues v. Dr. Faust: AZg. N. 81. - 29) id., Faust beim
Fürstbischof v. Bamberg: VLG. 3, S. 177/8. — 3U) S. Szamatölski. Ueber d. Erfurter Kapitel d. Faustbuches. Vortrag geh. in
d. Gesellschaft f. deutsche Litt, zu Berlin. Ref. v. R. Lehmann: DLZ. 11, S. 251 VossZg. N. 41. - 31) A. Till e , Anspielungen
Jahresberichte für neuere deutsclio Littcraturgasjhichte J i' ■ 7
98 11,3: Ph. Strauch, Epos des 15./16. Jahrhunclerts.
keiten" vom Januar 1692, lierausgegebeii von Misander (J. S. Adami), teilt Tille^i) zwei
Erwähnungen Fausts mit, die wahrscheinlich direkt dem Faustbuch entnommen sind. —
Zwei weitere Anspielungen auf die Sage bringt Schüddekopf^S), deren eine sich in
einer Ode S. G. Langes an Ramler (1745) findet und auf Eausts Zaubereien Bezug
nimmt; eine andere, ähnlichen Inhalts ^^-aß ), erwähnt Uz in einem Briefe an Gleim
(25. März 1748). —
n,4
D
rama.
J
ohannes Bolte.
Allgemeines N. 1. — Mysterien N. 6. — Fastnaclitspiel N. 10. — Einzelne Dramatiker: Schweiz N. 11; Hessen,
Sachsen (Lutherstöcke) N. 16; Schwaben, Franken (Hans Sachs), Bayern, Württemberg N. 25; Oesterreich N. 37; Niederdeutsch-
. and N. 40. — Musik N. 47. -
Unter den allgemeinen und zusammenfassenden Werken, welche das Drama
unseres Zeitraums behandeln, ist das schon vor vier Jahren erschienene Buch Holsteins
zu nennen wegen der Anzeige W. Seelmanns i), der eingehender als frühere Recen-
senten die Mängel der Sclirift hervorhebt und die Aufgaben der Litteraturgeschichte auf
diesem Gebiete scharf umgrenzt. In Wirklichkeit betrachte Holstein, über die im Titel
gestellte Aufgabe weit hinausgehend, die gesamte dramatische Litteratur des 16. Jh.,
nütze aber seine vortreffHche Gruppierung nach den behandelten Stoffen nicht genügend
aus, da er das Verhältnis von Vorbild und Nachahmung, die Erage der Selbständigkeit
oder Entlehnung selten untersucht, welche gerade hier von grosser Bedeutung ist,
und auch selten auf Fortschritte im Bau der Handlung oder in der Zeichnung der Cha-
raktere aufmerksam macht. Trotzdem verleihe die Vertrautheit des Vf. mit seinem Stoffe
der Arbeit selbständigen Wert. — Einen geistreich und anschaulich geschriebenen Ueber-
blick über den Lebensgang des Schauspiels in Deutschland bis zum Auftreten der eng-
lischen Komödianten liefert uns von Liliencron^); angehängt hat er eine Charak-
teristik der ältesten Verdeutschung von Shakespeares „Hamlet". — Einer selir ergiebigen,
aber nicht ganz leicht zu bewältigenden Aufgabe hat ein Schüler Baechtolds, Reu-
ling 3)j sein erstes Buch gewidmet. Er verfolgt das Auftreten der lustigen Person im
geistlichen Drama des Mittelalters, in den Eastnachtspielen, im schweizerischen Volks-
drama, bei Hans Sachs, den englischen Komödianten und ihren Nachahmern Jakob Ayrer
und Herzog Julius, soll heissen Heinrich Julius, von Braunschweig durch die Zeit des
30j. Krieges bis auf Christian Weise und Stranitzky. Die fleissigen Excerpte
machen die Arbeit nützlich, wenn man auch über die Auswahl luid Anordnung der
Schauspiele nicht immer einer Meinung mit dem Vf. sein wird. Für die Ermittelung
der Quellen einzelner komischer Scenen und Motive, für die Aufdeckung des Zusammen-
hanges mit der Schwanklitteratur und, was von Weilen in seiner inhaltreichen Anzeige
betont, mit der englischen und italienischen Bühne lässt R. seinen Nachfolgern das Meiste
zu thun übrig. Auch bricht er mit seiner Darstellung eigentlich zu kurz ab, da gerade
der von Gottsched geführte Kampf wider den Hanswurst eine ausführlichere Darstellung
gelohnt hätte. — Ueber die umfängliche Materialsammlung v. Reinliardstöttners zur
Einwirkung der plautinischen Lustspiele auf die modernen Litteraturen hat sich das all-
gemeine Urteil in den verflossenen fünf Jahren so ziemlich festgestellt. So sagt uns
auch die ausführliche Anzeige Stiefels*) nichts Neues über ihre Vorzüge und ihre
Schwächen, bringt a^er reichhaltige Nachträge, namentlich aus der itahenischen und
spanischen Dramatik. — Der weitverzweigten Geschichte des Themas vom verlorenen Sohne
auf d. Faustsage; VLG. 3, S. 365/7. — 32) C. Schüddekopf , Anspielungen auf die Faustsago: ib. S. 199-200. — 33) X
Marlowes Werke. Hist.-krit. Ausgabe v. H. Breymann u. A. Wagner. 2. Doctor Faustus her. v. H. Breymann. (= Engl.
Sprach- u. Litteraturdenkmale d. 16., 17. u. 18. Jh. her. v. K. Vollraöller. Bd. 5.) Ulm, Korler. 1889. LV, 197 h!.
M. 4,00. |[J. Zupitza: ASNS. 84, S. 357.]| - 34) X J- Texte, Christophe Mariowe: RDM. 97, S. 892-915. (Berührt auch
Marlowes „Faust".) — 35j X E. A. Paulton, The American Faust. New-York, Beiford & Co. (Parodiert d. Faustsage.) —
I) W. Seelmann, H. Holstein, D. Reformation im Spiegelbilde d. dramatischen Litteratur d. 16. Jh.: ZVLR. 3,
S. 158—61. — 2) R. V. Liliencron, D. deutsche Drama im 16. Jh. u. Prinz Hamlet aus Dänemark: DRs. 17, S. 242—64. —
3) C. Reuling, D. komische Figur in d. wichtigsten deutschen Dramen bis Z.Ende d. 17. Jh. Stuttgart, GiJschen. III, 181 S.
M. 4,00. |[A. V. Weilen: DLZ. 12, S. 1412/3.; J. Minor: LBGRPh. 11, S. 8-9: Creizenach: LCBI. S. 1546; G. Ellinger:
A.'^NS. fe7, S. 278-80; L. Fränkel: P.LU. N. 30.]| (Vgl. u 111,4 N. 32.) — 4) L. Stiefel, K. v. Reinhardstöttner, Plaiitus
11,4: J. Bolte, Drama des 15./16. Jahrhimclerts. 99
ist vor zwei Jahren F. Spengler in besonnener Kritik, aber manche Erage nur knapp
berührend nachgegangen, wofür ihm von Weilen ^) in einer von Nachweisen und Einzel-
untersuchungen strotzenden Anzeige Anerkennung spendet. —
Unter den Arbeiten, die einzelne Richtungen oder Dichter behandeln, nennen wir
zuerst die auf mittelalterliche Mysterien bezüglichen. Gaedertz 6) betrachtet die 1510 in
München gespielte und gedruckte Moralität vom sterbenden Menschen wesentlich von
der bibliographischen Seite ohne Kenntnis der Arbeiten, die Aug. Hartmann und
K. Trautmann früher über das interessante Stück veröffentlicht haben. Die Angabe,
der Vf. habe aus einer 1496 erschienenen „Klag eines sterbenden menschen" geschöpft,
bedarf noch der Begründung. — Die Beziehungen von Schernbergks „Frau Jutta" (1480)
zu der Helmstädter und Stockholmer Fassung des niederdeutschen Theophilusdramas er-
örtert Reicht) in besonnener Weise; er zieht aus mehreren wörtlichen Ueberein-
stimmungen in der Fürbitte der Maria bei Christus den Schluss, dass Schernbergk den
Theophilus kannte. Dass er auch andere Dramen benutzte, wie R. vermutet, lässt sich
sogar beweisen. — Knapp fasst Edw. Schröder**) das sicher Festzustellende über
den Dichter, der demnächst eine kritische Ausgabe erleben soll, zusammen. — Von
einem 1520 zu Gebweiler aufgeführten Passionsspiel berichtet Bolte ^) nach einer elsässi-
schen Chronik. —
Ueber die älteren Fastnachtspiele ist, wenn man eine mir nicht zugängliche
Notiz über das Spiel vom Tanaweschel lo) ausnimmt, nichts erschienen. —
Bei der Aufzählung der einzelnen Dramatikern gewidmeten Arbeiten folge
ich der landschaftlichen Anordnung Goedekes. Für die Schweiz hat Bächtoldn)
eine höchst willkommene Veröffentlichung durch die Stiftung von Schnyder von Warten-
see ins Leben gerufen, indem er mit Hilfe seiner Schüler eine auf drei Bände berechnete
Auswahl der wichtigeren Schweizer Dramen des 16. Jh., denen er in seiner Litteratur-
geschichte wie in der ADB. die eingehendsten Studien gewidmet hat, veranstaltet. Der
erste Band enthält 1) „Der reiche Mann und arme Lazarus" (Zürich 1529), herausgegeben
von Odinga, 2) J. Kolross, „Fünferlei Betrachtnisse" (1532), von demselben Herausgeber,
3) H. Bullinger, „Lucretia" (1533), herausgegeben von Baeehtold, 4) G. Binders Verdeut-
schung von Gnapheus' „Acolastus" (1539), herausgegeben von Bossart, und als Anhang
das zuletzt von Bartsch edierte Fragment des Osterspiels von Muri aus dem 13. Jh., be-
sorgt von Baeehtold. Jedem Stücke geht eine knappe sachkundige Einleitung vorauf;
der Text ist urkundlich getreu wiedergegeben, doch mit moderner Interpunktion und
Verszählung. — In der ADB. hat Baeehtold 12-15^ folgende Schweizer Dichter behandelt:
Jac. Willi. Ritz, Hans von Rute, Hans Salat und Jakob Schertweg. —
Ebenda finden sich kurze Artikel über die Sachsen Georg Schmid und
Matthäus Scharschmid, den Braunschweiger Johann Sanders und den Hessen An-
dreas Säur von Bolte i^-'^). — Von L.Mais Komödie von der Vereinigung göttlicher
Gerechtigkeit und Barmherzigkeit lieferte Theobald Wolf^O) eine überflüssige Inhalts-
angabe, während Martin Rinckhart, der starre Verfechter von Liithers Nachruhm auf der
Bühne, in von Waldb'erg^i) einen verständnisvollen Biographen und in dem Pastor
Trümpelmann22) einen bewundernden Erneuerer gefunden hat. T. hat den 1885 von
Rembe neu herausgegebenen „Indulgentiarius confusus" Rinckharts durch starke Kür-
zungen (der ganze letzte Akt fehlt) und Annähervnig der Sprache an die moderne zu
einer Art Volksdrama, ähnhch dem Lutherfestspiele Herrigs, mnzugestalten versucht.
Der Ueberblick über die Geschichte der Lutherspiele in der Einleitung beschränkt sich
auf einige Citate aus Holsteins oben erwähntem Buche. — Eine geistvolle Charakteristik
der Lutherstücke Rinckharts und Kielmanns giebt Erich Schmidt ^3) in seinem Vor-
trage über den christlichen Ritter, der die Ausgestaltungen dieser durch Erasmus beliebt
gewordenen und durch Dürer künstlerisch verwerteten paulinischen Allegorie in der
Malerei des 16. Jh., in der Polemik der Reformationszeit, in der evangelischen Erbauungs-
litteratur und endlich im Schauspiele bis auf das erste Jubiläum der Reformation ver-
folgt. — Die Lebensumstände des eben genannten Stettiner Professors Heinrich Kielmann,
dessen Verdienst Scherer zuerst betont hat, beleuchtet der sorgsame Wehrmann 24). —
Spätere Bearbeitungen plautinischer Lustspiele. LBGRPh. 10, S. 191/9. — 5) A. v. Weilen, F. Spengler, D. verlorene Sohn im
Drama d. 16. Jh.: ADA. 16, S. 113/9; vgl. C. Hei ne: LBGRPh. 10, S. 9— 11 ; G. Petz : Egyotemes Philologiai KözlOny 14, S. 55/9.
— 6) K. Th. Gaedertz, E. MUnchener Mysterienspiel im J. 1510: MLIA. 59, S. 527/9; 544/6. — 7) A. Reichl, D.Beziehungen
zw. Schernberks „spil von fraw Jutton" u. d. Theophilus. Progr. Arnau. S. 9—23. — 8) Edw. Sehröder, Dietrich Schernbergk:
ADB. 31, S. 120/1. — 9) J. Bolte, Passionsspiel in Gobweiler 1520: Alemannia 17, S. 154. — 10) E. Hau eis, Ueber d.
Influenza (Tanaweschel) : HambCorr. 12. Jan. — II) Schweizerische Schauspiele d. 16. Jh. bearb. durch d. deutsche Seminar d.
Züricher Hochschule unter Leitung v. J. Bächtold. Frauenfeld, Huber. X, 291 S. M. 3,60. |[L. Hirzel: AZg«. N. 172;
R. Genöe: NatZg. N. 294.] | — 12) J. Bächtold, J. W. Ritz: ADB. 30, S. 85. — 13) id., H. v. Rute: ib. S. 39. — 14) id.,
H. Salat: ib. S. 197/9. — 15) id., J. Schertweg: ADB. 31, S. 137. — 16) J. Bolte, Georg Schmid: ib. S. 662/3. — 17) id.,
M. Scharschmidt: ADB. 30, S. 613. — 18) id., J. Sanders: ib. S. 352/3. — 19) id., A. Säur: ib. S. 420. — 20) Theobald
Wolf, E. Sehulkomödie d. 16. Jh.: KBVSiebenbUrgL. 13, S. 51(4. — 21) M. v. Waldberg, M. Rinckhart: ADB. 30, S. 74/ß.
(Vgl. u. III, 2 N. 49.) — 22) M. Rinkarts Lutherfestspiel v. Jahre 1617 (Eislebisch-Mansfeldische Jubel-Comödie) für d. Gegeuw.
verfasst v. A. Trümpelmann. Torgau, Jacob. XXVIII, 93 S. M. 1,50. [[Kummer: BLU. N. 25.]| — 23) S. u. 11,7 N. 37-
— 24) M. Wehrmann, Beitrr. z. porair.ersclien I.ittcraturgesch. IV: Heinrich Kielmann: MUUGPommG. S. 87— 91. — 25) C'h*
7*
100 Il,4: J. Bolte, Drama des 15. /16. JahrlmudertS.
Unter den aus Schwaben, Bayern nnd Franken stammenden Dramatikern
stellen wir billig Hans Sachs voran. Die ausführlichste wissenschaftliche Monographie
über diesen lange Zeit von der eindringenden Forschung zu sehr vernachlässigten Dichter
hat uns ein Franzose, Charles Schweitzer 23)^ Professor an der Pariser Universität,
geliefert. Mit grossem Fleisse hat er das Material dazu auf deutschen Bibliotheken
gesammelt, auch einige ungedruckte Stücke mitgeteilt. Die Behandlung der biogra-
phischen Nachrichten zeigt richtigen Takt und Vorsicht. Die in den Werken des Hans
Sachs verstreuten Bemerkungen über seine Vaterstadt, die Reformation und die poli-
tischen Verhältnisse sind sorgsam zusammengetragen und bisweilen zu anschaulichen
Bildern, wie dem eines Spazierganges durch Alt-Nürnberg, vereinigt. Nach einer Er-
örterung über die moralische Richtung und Bildung des Dichters folgt eine eingehende
Betrachtung seiner Werke, ihrer Vorzüge und Schwächen, wobei freilich die Leistungen
der Zeitgenossen wie der Vorgänger noch gründlicher hätten berücksichtigt werden
sollen. Dass auch sonst noch manche Lücken z. B. in den Quellennachweisen blieben,
die von der Einzelforschung auszufüllen sind, versteht sich von selbst. — Groetze 26-27^^ ^^y
verdiente Herausgeber der Fastnachtspiele und Fortsetzer der Kellerschen Gesamtausgabe,
hat einen knappen, die Resultate der bisherigen Forschungen sachkundig zusammen-
fassenden Artikel in der ADB. veröflPentlicht und ihm ein schmuckes, hübsch illu-
striertes Bändchen folgen lassen, welches auf das biographische Moment den Nach-
druck legt und von den schriftstellerischen Leistungen einige wenige, dem weiteren
Leserkreise besonders interessante heraiisgreift. — Die Arbeit Gr. Schumanns 28) verfolgt
gleich Genee und Armin Stein nur populäre Zwecke. — Ueber den Stand der Forschung
orientiert kurz Drescher 29), der als Mitarbeiter Goetzes sich mit den Meisterliedern
eingehender beschäftigt. — Drescher ^o) betrachtet auch ausführlich das Verhältnis des
Dichters zur dexitschen Heldensage und kommt im Gegensatze zu Tittmann, der in dem
Drama vom hürnen Seufrid einen beachtenswerten Versuch zur Neubelebung der alten
Sage erblickte, zu dem gewiss richtigen Schlüsse, dass Hans Sachs ein recht geringes
Interesse an der deutschen Sage, wie sie im Heldenbiiche codificiert war, nahm und
die Gestalten Siegfrieds, des treuen Eckharts, Laurins und Dietrichs von Bern nur
gelegentlich verwendet. Häutiger noch hat er die langobardische (Alboin und Rosa-
munde) und nordische Sage (Königin Theodolinde) nach den geschichtlichen Chroniken
pofetisch bearbeitet. Einen Dialog zwischen Germania und dem getreuen Eckhart vom
Jahre 1546 teilt D. nach der Hs. des Dichters mit. — Sehr förderlich erweisen sich
die von Michels ^i) im Nürnberger Archive angestellten Forschungen für die Kenntnis
der dramaturgischen Thätigkeit des Hans Sachs. Aus den Ratsprotokollen erfahren wir,
wie oft in den Jahren 1548 — 1576 Fastnachtspiele von ihm aufgeführt wurden. Neben
ihm erscheinen die Namen von Rappolt, Messerer, Jörg Frölich, Ambrosius Oesterreicher.
Ein Gedicht ,,Die 27 Spil" freilich, das M. zuerst auf die vom Dichter selber von 1534
bis 1551 übernommenen Schauspielrollen beziehen zu können glaubte, erwies sich nach-
träglich als eine für einen anderen Nürnberger angefertigte Arbeit. — Eine allgemeiner
gehaltene Betrachtung über den Entwicklungsgang der Nürnberger Meistersängerschule,
die auf Hans Sachs' Veranlassung um 1550 statt der Gesangvorträge dramatische Vor-
stellungen geistlicher und weltlicher Art gepflegt zu haben scheint, knüpfte Michels ^2)
dann in einem besondern Aufsatze an die ermittelten Daten an. — Dem Nachleben des
Hans Sachs im Volksschauspiele gilt ein Aufsatz von Bolte ^■^), der ein schwer zugäng-
liches, 1883 von Weckerlin mitgeteiltes Drama vom Sündenfalle, das noch 1869 im Elsass
gespielt wurde, abdruckt und die Entlehnungen aus der „Tragedia von der Schöpfung"
(1548) und die Gemeinsamkeiten mit anderen Volkssclxauspielen feststellt. — Von an-
deren südwestdeutschen Dramatikern sind durch Bolte ^4) der Franke A. Scharpffenecker,
der Binders „Acolastus" reproduzierte, durch von Weilen 35-36) der Württemberger
J. Schlayss, dessen Josephdrama W. kürzlich genau untersucht hatte, und der Heidel-
berger Thomas Schmid, ein Erneuerer von Wickrams Tobias, behandelt worden. —
Den österreichischen Dramatiker Wolfgang Schmeltzl, Schulmeister zu Wien,
charakterisierte Spengler^'?) mit Bezugnahme auf seine ausführliche Monographie über
ihn. — Zeidler^«) hat einige Nachrichten über Wiener Hoffestlichkeiten zusammen-
Schweitzer, Un poete allemand au 16. siecle. 6tude bur la vie et les oeuvres de Hans Sachs. Paris, Borgor-Levrault. 1887.
XXI, 471 S. M. 11,50. |[E. Martin: ADA. 16, S.111,'3; Creizenach: LCBI. 1889, S. 151; Bolte: DLZ. 11, S. 631 f.; L. F ränkel :
LBGRPh. 10,S. 254/7; A. Chuquot: tiCr. 2:i, S. 371/3.]| (Erst 1889 ausgegeben.) — 26) E. Goetze, Hans Sachs: ADB. .30,
S. 113—27. — 27) id., Hans Sachs. (= Bayerische Bibliothek 19.) Bamberg, Buchner. 76 S. M. 1,40. — 28) ö. Schumann,
Hans Sachs, e. deutscher Handwerker u. Dichter. Nach seinem Leben u. nach seinen Dichtungen fllr d. deutsche Volk dar-
gestellt. Neuwied u. Leipzig, Heuser. 239 S. M. 2,50. — 29) 0. Droscher, Haus Sachs. E. Erinnerung z. 6. Nov.: AZg». N. 307.
— 30) id., Studien zu Hans Sachs L Hans Sachs u. d. Heldensage. Kerlin, Mayer & Müller. VlI, 105 S. (E. Teil d. Aibeit
[39 S.] erschien zuvor als Berliner Dissertation.) — 31) V. Mi ch eis, Z. Gesch. d. Nürnberger Theaters im 16. Jh.: VLG. 3,
8. 28-46. (Nachtr. S. 615.) — 32) id., Hans Sachs u. d. Nürnberger Singschule: VossZg». N. 26/8. — 33) .). Bolte, Ein
elsttssisches Adam- u. Evaspiel: Alemannia 17, S. 121—34. — 34) id., A. Scharpffenecker: ADB. .30, S. 490. — 35) A. v. Weilen,
J Schlayss: ADB. 31, .S. 350. - 36) id., Th. Schmid: ib. S. 693. — 37) F. Spengler, W. Schmeltzl: ib. S. 637/8. — 38) J.
11,4: J. Bolte, Drama des 15./'16. Jahrhunderts. 101
gestellt, darin jedoch nichts für die Geschichte des Dramas in unserer Periode beige-
bracht, während H. F. Wagner^s) eine Reihe dankenswerter Auszüge aus den Salz-
burger Ratsprotokollen seit 1540 liefert, die uns über die auch hier fortdauernde Sitte
der Schulkomödien belehren. —
Avis der niederdeutschen Litteratur sind die beiden bedeutendsten ernsten
Schauspiele nach dem „Verlorenen Sohne" des Burkard Waldis durch neue Ausgaben
allgemein zugänglich gemacht worden: „De düdesche Schlömer" des Holstein er Pfarrers
Johannes Stricker vom Jahre 1584 und der „Isaac" des Rostocker Bergenfahrers Joachim
Schlue aus dem Jahre 1606 (vgl. u. 111,4 N. 1 — 2). Strickers von Bolte^^) herausge-
gebene Moralität ist einer der jüngsten Sprossen aus dem Stamme der Everyman-
Elckerlijckfabel, der 1865 Goedeke eine musterhafte Untersuchung gewidmet hat; der
talentvolle Dichter benutzt den niederrheinischen „Homulus" Genneps und den lateinischen
„Hecastus" des Macropedius, verwertet aber die hier empfangenen Anregungen völlig
selbständig zu einem eindringlichen Sittengemälde des verwilderten holsteinischen Adels.
Eine Biographie des Vf., Quellenuntersuchungen und erläuternde Anmerkungen sind dem
Texte beigegeben. — Besserungsvorschläge zu einzelnen Stellen haben seither
Sprenger^i) und Peters^^'^ geliefert. — Was über die alte Theatergeschichte
Rostocks 1836 in Bärensprungs grösserer Arbeit zusammengetragen war, hat Kopp-
mann'*^) noch einmal sorgsam geprüft und mehrfach durch neue Funde aus dem Rats-
archive ergänzt. — Ebendahin gehört auch K. E. H. Kravises*^) Artikel über den Schul-
meister Christian Schlee, der eich in Rostock um 1605 mit dramatischen Aufführungen be-
schäftigte. '^^) — Aus einem andern Teile des niederdeutschen Sprachgebietes, vom Nieder-
rheine, stammt die von Bolte^ß) behandelte, nur in einer hochdeutschen Umformung
erhaltene Posse „Moorkens Fell" des Dürener Schulmeisters Martin Schmidder, die
den nachmals durch Shakespeare geadelten Schwank von der Zähmung eines bösen
Weibes nach einer niederländischen Vorlage darstellt. —
Die bisher selten, wenigstens nicht im Zusammenhange gewürdigte musika-
lische Seite der Schuldramatik des 16. Jh. hat durch von Liliencron^'?) eine treff-
liche und höchst förderliche Bearbeitung gefunden. Aus 220 lateinischen und deutschen
Stücken hat L. die ChorHeder samt ihren Weisen ausgezogen, 21 der letzteren
mitgeteilt und ihre Bedeutung für die Entwicklung der mehrstimmigen Musik festge-
stellt, in der fortan die Nebenstimmen nicht mehr fugenartig zur Melodie kontrapunk-
tiert, sondern accordisch an die Melodietöne gebunden wurden. — Bei dieser Gelegenheit
hat derselbe Gelehrte 4^) auch eine in der Lutherlitteratur mehrfach angeführte Kom-
position des „Non moriar", die L. Senfl 1530 auf Luthers Verlangen anfertigte, in einem
Chorliede aus Joachim Greffs 1545 erschienenem Lazarusdrama entdeckt und veröffent-
licht. — Nagels*^) Abdruck mehrerer Chorlieder aus Schweizer Dramen derselben
Periode ist durch die umfassende Arbeit v. Liliencrons überholt worden. —
11,5
Didaktik.
Gustav Roethe.
Geistliche Didaktik: Auswahl N. 1. — Dichtungen N. 3. — Prosa N. 7. — Weltliche Didaktik:
Gedichte aus dem 15. Jh. N. 11. — Sprüche und Sprichwörter N. 14. — Satire N. 25. — Kalender, Arzncibllclior, Erdbeben-
littcratur N. 35. — Loosbücher und Kätsel N. 42. — Moralisten N. 44. — Dürer N. 46. — Lorcheimer N. 47. —
An die Spitze meiner Uebersicht stelle ich die geistliche Lehrdichtung
und -prosa, soweit sie nicht in das Gebiet der Reformationslitteratur (vgl. u. 11,7)
Zeidler: lieber Feste u. Wirtschaften am Wiener Hofe wahrend d. 16., 17. u- 18- Jh. E. Skizze: Jb. d. Oesterr. Gesellsch. v.
weiss. Kreuze. (S.-A.) Wien, Brzezowsky. 18 S. — 39) H. F. Wagner, D. Schuldrama in Salzburg: Zs. d. Salzburg. Lehre rver.
(S.-A.) Salzburg, Dieter. 7 S. M. 0,50. |[E. M. Werner: ADA. 17, S. 75/6.] | — 40) Joh. Stricker, De düdesche Schlömer. B.
niederdeutsches Drama (1584). Her. v. J. B o 1 1 e (= Drucke d. VNicderdSpr.) Norden, Soltau. 1889. 76, 236 S. M. 4,00. |[Ph. Strauch;
ADA. 16, S. 329-30; R. Sprenger: LBGRPh. 10, S. 335/6; KorrBlVNiederdSpr. 14, S. 37f.; A. Chuquet: RCr. 24, S. 86/7:
A. Hauffen: DLZ. 12, S. 1643.] — 41) R. Sprenger, Z. Düdeschen Schlömer: JbVNiederdSpr. 15, S. 91/4. — 42) J. Peters.
WehrimDUdeschen Schlömer v. 970 : KorrBlVNiederdSpr. 14, S. 27/8. — 43) Vgl. u. 111,4 N. 19. — 44) K. E. H. Krause, Chr. Sehlee,
ADB. 31, S. 353/4. — 45) X A. v. Weilen, K. Th. Gaedertz, Archivalische Nachrichten über d. Theaterzustände v. Hildesheim.
Lübeck, Lüneburg im 16. u. 17. Jh.: ADA. 16, S. 331 , vgl.C.Heine: ZVLR. 4, S. 401/3.- 46)J.Bolto, M. Schmidder: ADB. 31,
S. 699— 700. — 47) R. v.Liliencron, D. Chorgesänge d. lateinisch-deutschen Schuldramas im 16. Jh.: VMusikW. 6, S. 309—86.
— 48) id., D. Non moriar aus Luthers „schönem Confltemini"; ib. S. 123—32. (Vgl. u. II, 6 N. 19.) — 49) W. Nagel, D. Musik
in d. schweizerischen Dramen d. 16. Jh.: MbMusikg. 22, S. 67— 83. —
102 11,5: G. Roetho, Didaktik de.s 15. l(i. Jalirhunderts.
gehört. Ihr ist der zweite Teil der reichhaltigen Auswahl gewidmet, die F. Vetter i)
von der lehrhaften Litteratur des 14. und 15. Jh. veranstaltet hat. Doch enthält der
tiberwiegend mit mystischer Prosa gefüllte Band nur Woiiigos, das bis in imsere Periode
•herabreicht, und. dies Wenige (u. a. H. v. Sachsenlicinis ...Jesus der Arzt", Proben aus
Geilers ,, Hasen im Pfeffer" und aus einer Predigt „Was schaden tantzen bringt") bietet
in der Regel schon darum kein ernstliches Interesse, weil V. sich fast durchweg begnügt
hat, die Texte älterer Ausgaben einfach abzudrucken, xnid weil weder die kurze Einleitung
noch die dürftigen Anmerkungen bei ihrer poy)ulären Haltung über das Altbekainite
hinausführen. Hingewiesen sei auf den Ausschnitt aus dem Buche Belial, den V.
aus einer Baseler Hs. des Jahres 1453 (vgl. Wackernagel, Die altdeutschen Hss. (h'i-
Baseler Universitätsbibliothek S. ()2 ff'.) mitteilt; die Probe erzählt, wie der rechtskundige
Teufel Belial seine Spoliatiousklage gegen Jesus nach allen Regeln juristischer Kunst bei
Gott Vater anhängig macht. — Auch die Ebstorfer Liederhs., die Edw. Scli i'öder2)
herausgegeben hat, enthält einiges Lehrhafte: neben gereimten mid prosaiscJicn Sprüclioii,
die aiis der Bibel, aus Eberhard von Wampen, auch aus weltlichen Autoren und dem
Volksmunde stammen, namentlich eine fragmentariselie Paraphrase des zweiten Glaubens-
artikels in sechshebigen Reimpaaren, die Christi Schicksale unter dem Bilde der roten
Rose von Nazaret darstellen. —
Die märleinreiche Predigt wider das Tanzen, mit der Vetter (s. o. N. 1) seine
Prosaauswahl abschliesst, trifft wenigstens im Thema zusammen mit einer von B ölte-*)
neu gedruckten Dichtung, einem zwölfstrophigen Liede (gedruckt 1540), das vor der
Raserei des Tanzes als einer Schöpfung des Teufels an der Hand biblischer Beispiele warnt.
— Ein Bruchstück einer niederdeutschen geistlichen Dichtung in Reimpaaren fand
Wäschke*) auf den vier Seiten des Pergamentumschlages einer Zerbster Rechnung
von 1581 ; die sehr schlecht erhaltenen Verse, die übrigens vor 1450 verfasst sein mögen,
enthalten eine christliche Ermahnung in Eorm einer Tempelallegorie, wie Sachsenheim
sie verwendete und wie sie gerade der niederdeiitschen Poesie recht vertraut war. —
Neun niederdeutsche Reimgebete von sehr verschiedener Form (N. 4 in zwei bis drei-
hebigen Versen), die Euling«) aus einer Hs. der Beverinschen Bibliothek zu Hildes-
heim veröffentlicht und die zum kleinen Teil schon in anderer Ueberlieferung bekannt
waren, gelten zumeist Christus; N. 5 ist ein Ablassgebet; N. 7, ein Lied auf Marias
sieben Preuden, veranlasst den Herausgeber zu einem flüchtigen Exkurs über Reinke
de Vos V. 2695 und die typische Anwendung der Siebenzahl; N. 6, ein Gebet an Maria
und an eine lange Reihe weiblicher Heiligen, zeigt hier nicht durchweg gleiche Strophen,
während eine andere, von Mantels (ZVLübG. 2, S. 533) publizierte Fassung lauter
vierzeilige Strophen sichert. Die letzte derselben ist der li. Gertrud gewidmet, an die
auch ein niederdeutsches Gebet in überladenen Vierzeilern gerichtet ist, das Edw.
Schröder^) aus einer Ebstorfer Hs. abdruckt. —
Wertvoller ist die Förderung, die unsere Kenntnis der vorreformatorischen geist-
lichen Prosa der Epoche erfahren hat. Jostes hat es schon 1885 als höchst wahi--
scheinlich erwiesen, dass der treffliche westfälische Prediger Johannes Veghe auch der
Vf. eines bisher nur unvollständig bekannten Traktates über den „Weingarten der Seele"
und einiger ähnlichen Abhandlungen sei. Ludwig Schulze '^) erhebt jetzt die Wahr-
scheinlichkeit fast zur Gewissheit. In einer Berliner Hs. (fol. 549) hat sich dieser „ghees-
telike wyngarde", der das Thema Cant. 7,13 „mane surgamus ad vineas" in 107 Kapiteln
zum Teil sehr innig und rührend, zum Theil etwas gesucht ausdeutet, nicht nur voll-
ständig erhalten, sondern das Datum der Hs., 1486, hilft auch trefflich zur Datierung,
und sie macht uns obendrein eine neue Arbeit offenbar desselben Vf., „Een bloemich
beddiken" 43 Kapitel über Cant. 1,16 „lectulus noster floridus", bekannt. Dass wirklich
Veghe der Autor ist, bestätigen nicht nur inhaltliche und stilistische Momente, soiiilcni
auch die ausdrückliche Notiz der Hs.: „dit boeck heeft een monyck ghedichtet van der
reguleren orden"; der Lebensabriss Veghes und die Quellennachweise, die S. liefert,
bieten im übrigen nichts Neues. — In wie grossem Umfange die Kirche schon vor der
Reformation Gutenbergs Erfindung zur Verbreitung volkstümliclier Erbauungslitteratur
ausnutzte, das erweisen gegenüber protestantischem Vorurteil zwei verdienstliche
Schriftchen von Falk ^\ deren Stärke freilich mehr in ihrer bibliographischen Reich-
haltigkeit als in den Untersucluingcn iil)or Quellen und Verw^andtschaft der behandelten
Bücher beruht. Das gilt n; mcutlicli von der Arbeit über die gedruckten deutschen
I) Lehrhafte Litt. d. 14. u. 15. Jh. 2. Toil. Geistliches. Her. v. F. Vetter. (=r DNL. 12, L'. ^l'iil.) i;,rlin u.
Stuttgart, Spemann. o. J. VIII, 295 S. M. 2,50. - 2) IM w. Scli rüder, D. Ebstorfer LiediMii-^. : .II.VXi.(lrnlS|,r. 1".. S. 1 :;j.
(Darin S. 12 f. Sprüche in Prosa; S. 16 ff. Sprllcli.' m V.i-ru u. i,i Prosa; S. 18 Gebet in Iuiuiimü-.:. ; S. -Jti f. l'aniiilini-- .1.
Glaubensartikel; S. 27 if. Bibl. Zeugnisse v. Lohne d. anU-n \Verk.^) — 3) J. Bolto, E. Lied wider d. 'i'iuizeii : Alemaiiiiia 18,
S. 88-91. — 4) H. Waschke, Mittelniederdeutsches Gedicht: MVAnlmltG. 5,8.603/7. — 5) K. Euling, Mittelniederdeutsche
geistliche Gedichte: Germania 35, S. 391/9. — 6) Edw. Schröder, Gebet in Reimprosa an d. h. Gertrud: JbVNiederdSpr. 15, S. 32.
— 7) Ludwig Schulze, Z. Gesch. d. Brüder v. fjrcniciiisuiiicii Lclicii. :!. IüsIht iinlickiinnte Sclirifti'u d. .loh. Vci^li.-: ZKG.
11, 8. 596—619. - 8) F. Falk, D. deutschen Mr.-,-.Vu,s!cKung..u v. d. :»Iiltc d. 1.".. ,lli. bi^ /.. J. lO^n. Köln, üaciiem. 18H'J.
11,5: G. Roethe, Didaktik des lö./lß. Jahrhunderts. 103
Messauslegungen bis zum Jahre 1525, welche Messdeutungen, -formulare und -andachten
visw. in deiitscher (und niederländischer) Sprache durch Mess-, Gebet- und Andachts-
bücher aller Art, durch Postillen, Seelengärtlein und ähnliche Litteratur verfolgt: ein
Anhang verzeichnet sogar die reformatorischen Schriften über die Messe und gedenkt
einer Messlegende, die im ,, Ritter vom Tiu-n" erzählt wird. Jedenfalls erweist F.,
dass die katholische Kirche nicht daran dachte, der Gemeinde das Verständnis der
lateinischen Messe zu erschweren, dass sie es im Gegenteil zu verbreiten suchte; eine
interessante Ausnahme bilden die eigentlichen Wandlungsworte, die in der ältesten
Aiigsburger Messauslegung ganz, in der Ausgabe Nürnberg 1486 in einem Teil der
Exemplare fehlen, hier walu-scheinlich von der Mainzer geistlichen Censur ausgeschieden.
Ein zwölf weisen Meistern in den Mund gelegter ,, schon lieblich sprach von der heiligen
mess" in Reimpaaren, von dem E. S. 38 ff. aus zwei Drucken o. 0. u. J. Proben giebt,
ist jedenfalls identisch mit dem von Goedeke, Grundriss 1 2, S. 240 aus Cod. germ.
Mon. 4382 angeführten Messspruch. — Den Vorzug, dass ein und dieselbe bildlich dar-
gestellte Scene in guten Faksimiles durch eine Anzahl von Werken verfolgt wird, teilt
die Schrift über die Messauslegungen mit Falks ^-i*^) wissenschaftlich tiefer dringender
imd mehr in sich abgesclilossener Arbeit über die gedruckten deutschen Sterbebüchlein bis
1520. Schon der Kanzler Gerson handelte 1408 im dritten Teile des ,,Opus tripartitum"
unter Benutzung der in Traktaten dieses Inhalts viel verwerteten katechetischen
,,Admonitio Sancti Anselmi" über die Kunst des Sterbens. Sowohl sein ganzes Werk
wie das „dotte biechlin" für sich wurde von Geiler deutsch bearbeitet; Gerson regte
aber auch die älteste lateinische „Ars moriendi" an, die ihren Kern in den gegensätz-
lichen tentationes der fünf Teufel und inspirationes der fünf Engel hat und die nicht
zum wenigsten durch die Bilder (wahrscheinlich des Meisters E S) wirkte. F. verzeichnet
die teils stark gekürzten und möglichst auf die Bilder mit dem unentbehrlichsten Text
beschränkten, teils vollständigen Uebersetzungen dieser ältesten Ai"t (zuerst Leipzig 1493)
und sondert eine auf der Bearbeitung des Cardinal Capranica, „Speculum artis bene
moriendi" (1452) beruhende andere Gruppe deutscher Uebertragungen (Augsburg 1473 und
1476, Landshut 1520) ab. Aber er berührt auch zahlreiche weitere Behandlungen des-
selben Themas, so Emsers gereimte IJebertragung (1517) von des Baptista Mantuanus
Dichtung „De contemptu mortis", die auf Suso zurückgeführte dialogische Klage eines
sündig sterbenden Menschen (gedruckt zuerst Venedig 1483), das Sterbebüchlein von
Staupitz, das ,,Migrale" von Wilhelm Textor (gest. 1512), dessen Lebensabriss er mit-
teilt, die Krankenbüchlein der edlen Sidonia von Sachsen und viele anonyme Schriften,
darunter auch eine poetische Todesbetrachtung (Pforzheim um 1500); leider begnügt er
sich meist mit Titel- und flüchtigen Inhaltsangaben. Nachdem er dann noch die Lehren
über glückseliges Sterben in Moral- und Erlaauungsschriften wie Eybs Sittenspiegel,
Joh. V. Paltz' „Himmlischer Fundgrube", Surgants ,, Manuale curatorum" u. a. aufgesucht
hat, berücksichtigt er in der Beilage auch niederländische Sterbebücher und die deut-
schen Cordiale. —
Den Uebergang zur weltlichen Didaktik mögen die 1521 geschriebenen Hand-
schriften des westphälischen Geistlichen (?) Ebbeke Vincke bilden, über die K. E. H.
Kr au seil) berichtet; ausser anderem, nicht hierher Gehörigem enthalten sie Friedrich
von Hennenbergs „Geistliche Rüstung" in neuer Ueb erlief erung, ferner ein bisher
unbekanntes Gesprächsgedicht Kerchoffs, „Eventure wo de wyssheyt aver de manheyt
claget", und einen Reimspruch über das Thema ,,0 mulier, all der werlde meister", die
übliche Aufzählung der durch Frauen betrogenen grossen Männer. — Eine Lügendichtung
in Reimpaaren, als deren Verfasser sich in der Schlusszeile der Schnepperer nennt, die
aber gewiss nicht von Rosenplüt ist — der Schluss erinnert an Rosners Spruch von
den Handwerken — , gab Eulingi2) aus einer Nürnberger Hs. des 15. Jh. heraus:
ein wunderliches Sammelsurium von den in der mittelalterlichen Lügenpoesie typischen
Motiven: teils verkehrte Welt, teils politische Satire, teils Schlaraffenland, teils Schilderung
einer tadellos tugendhaften Zeit, wie in Muscatplüts 62. Spruch, teils sinnlose Kombi-
nationen ohne Hintergedanken. — Zu den Scherzdichtungen gehört auch ein Quodlibet
des Münchener Cod. germ. 270, 15. Jh.,i3) ein „Geplerr" im Stil der noch heute
bekannten Kinderpredigt, dessen Witz darin besteht, dass kurze harmlose Weisheits-
sprüche, die sonst in einzelnen Reimpaaren auftreten, hier durch Reimbrechung ganz
äusserlich und zusammenhanglos mit einander verknüpft werden. —
Als Verfasser kurzer zwei- oder vierzeiliger Sprüche ist uns neu bekannt
geworden der Pfarrer Bartholomäus Mulich zu Obereichstätt im Dekanat Ingolstadt
55 S. M. 1,20. — 9) id., D. deutsclien Sterbebllchlein v. d. ältesten Zeit d. Buchdruckes bis z. J. 1520 mit 9 Faksimiles. Köln,
Bachern. VIII, 83 S. M. 1,80. — 10) X id., D. älteste Ars moriendi u. ihr Verhältnis z. „Ars moriendi ex variis scripturarum
seutentus", zu „D. löbliche und nutzbarliche BUehlein von dem Sterben", u. z. „Speculum artis bene moriendi" : CBlBibl. 7, S. 308—14.
(Nur e. Kap. aus N. 9.) — II) K. E. H. Krause, Niederdeutsche Hss. IbVNiederdSpr. 16, S. 83/8. — 12) K. Eulin g, E.
Lügendichtung: ZDPh. 22, S. 317—20. — 13) id., E. Quodlibet: ib. S. 312/7. — 14) R. Schmidt, Hs. Eintragungen in e.
104 11,5: G. Roethe, Didaktik des 15./] 6. Jahrhunderts.
(geb. 1419, als Plebaii erwiesen 1473 — 80); in ein Exemplar der „Disticha Catonis", das
er 1477 dem Kloster Rebdorf schenkte und das jetzt im Besitze von E.. Schmidt ^*-i5)
in Zörbig sich befindet, trug er, wie es scheint, für Predigtzwecke, deutsche Reime
ein, die die sämtlichen 56 Prosasprüche des ,,Cato" in Reimpaaren, sowie 5 Disticha
in Vierzeilen, nicht ohne Missverständnisse und leere Plickworte, aber selbständig
wiedergeben. — In niederdeutsche Prosa übertrug der Konrektor der Münsterer
Domschule, Joh. Murmellius, 1513 44 lateinische Proverbia, die er zu Lehrzwecken seiner
„Pappa puerorum" einverleibt hatte ^^); er übertrug sie, ersetzte sie aber nicht etwa durch
deutsche Sprichwörter. — lieber Eucharius Eyering und seine poetische Sprichwörter-
sammlung hat Schaubach 1'^) fördernde Forschungen angestellt, die namentlich das
Lebensbild des Dichters durch archivalisches Material bereichem. Ob er 1518 oder 1520
geboren ist, war nicht festzustellen, wohl aber seine geistliche Laufbahn (18. Dez. 1540
Tonsurista, 3. Juni 1542 Presbyter saecularis) aktenmässig zu belegen; seine Studienzeit
in Leipzig scheint erst hinter seinen Uebertritt zur lutherischen Kirche zu fallen; als
Pfarrer in Streufdorf hat er sich bei Visitationen als unwissend und „in der Lehr
ergerlich" erwiesen: er leugnete z. B. die Notwendigkeit der Erbsünde. Die letzte
Lebenszeit vergälhe dem alten, erblindenden Herrn heftiger Streit mit seinem Adjunkten
Langer; er starb 15. Okt. 1597. Im Verzeichnis seiner Werke fehlen bei Schaubach
die '„Evangelia von den fürnelimsten Pesten durchs ganze Jahr, Gesangs-weise" (Wetzel,
Anal. hymn. I 2, S. 59). Die Arbeit an der Sprichwortsammlung, die erst aus seinem
Nachlass herauskam, scheint Eyering wesentlich in der alphabetischen Folge, die der
Druck zeigt, bis ca. 1593 (schon seit 1552? begann er bei Oslanders Lebzeiten?)
beschäftigt zu liaben: von Agricola, dessen Sprichwörter er und zwar in der Ausgabe
von 1534 benutzte, ist er lange nicht so abhängig, wie gewöhnlich angenommen wird;
unter seinen 905 Abschnitten treffen nur 127 mehr oder weniger mit den entsprechenden
Sprichworterklärungen Agricolas zusammen. Unzulänglich sind S.s metrische Bemerkungen.
— Von den vereinzelten Sprüchen in Reimen und in Prosa, die aus Hss. und
Drucken mitgeteilt wurden ^^-^o^ (vgl. o. N. 2), hebe ich Schönbachs^i) Funde aus
St. Galler, Münchener und namentlich Wiener Manuskripten hervor wegen des Bruch-
stücks eines Spottliedes auf verschiedene Orte (Braunau, Affenheim) und wegen eines
Dutzends Rätselfragen (vgl. u. N. 43) im Stil des Strassburger Rätselbüchleins. —
Ausser Eyering und Sandrub ^2) ist von den Lehrdichtern der Epoche sonst nur Johannes
Stumpf, der Schweizer Chronist, behandelt worden, und zwar in einem Neujahrsblatt
der Züricher Stadt bibliothek bei Gelegenheit einer prächtig ausgestatteten Faksimile-
ausgabe seiner Lobsprüche auf die dreizehn Orte (nach dem sehr seltenen Drucke
Basel 1573)23). Weder die dürren, steif geschichtlich gehaltenen Verse, je 7 Reimpaare
für den Ort (nur für Unterwaiden 8), noch die plump stilisierten Städtebilder, die auf
Stumpfs Chronik zurückgehen, stehen künstlerisch hoch. Etwas stimmungsvoller sind
die umfänglicheren Sprüche zu Ehren der acht alten Orte geraten, die nach einer der
genannten Bibliothek gehörigen Abschrift des Sohnes Joh. Rud. Stumpf vor jener
Ausgabe zum ersten Male mitgeteilt sind; bei Uri, Schwyz und Unterwalden zumal hebt
der sehnsüchtige Rückblick auf die guten alten Zeiten Teils den Ton des patriotischen
Dichters ein wenig. Die Einleitung des Neujahrsblattes bringt ausser bibliographischen
Angaben und einem Verzeichnis anderer Lobsprüche auf Schweizerstädte eine kurze
Biographie und Charakteristik Stumpfs und darin den neuen urkundlichen Nachweis,
dass er sich vor Ostern 1573, 73 Jahre alt, zum vierten Mal und zwar mit der 75jährigen
Agnes Edlibach vermählte und den 6. März 1574 überlebte (er starb wohl 1576). —
Einen Nachtrag giebt Bächtold24): es sind zwei geschäftliche Briefe des Pfarrers
Joh. Meyer aus Stammheim an Stumpf aus den Jahren 1568 — 73 und vor allem eine
Eingabe H. Bullingers „für den Dechan von Stammheii^i, H. Hans Stumpf", 1569 an den
Züricher Rat um Besserung der dürftigen Einkünfte des Dekans gerichtet. —
Reicher sind die Satiriker der Periode bedacht wordenes). Die Sprache
Mumers (vgl. u. 11,7 N. 66 — 8) sucht Lauchert26) darzustellen, vorzugsweise auf Grund von
Strassburger Dinicken: doch trägt die Lautlehre mit ihi'en dürftigen Belegen, die das
Inknn.-Dnitk: Sammler. 12, S. 7, 18, 19, 32, 40/3. (Der Aufsatz bringt nur Proben.) — 15) id.. Nachträgliches zu B. Muliclis
Eintragungen: ib. S. 153. — 16) P. Bahlmann, D. Sprichwörter aus d. Joh. Murmellius „Pappa Puerorum": Germania. 35, S.
400/2. — 17) Schaubach, Eucharius Eyering u. sojne SprichwOrtersammlung. Teil I. Progr. d. Gymn. Georgianum zu Hildburg-
haus^n (Progr. Kr. CöO). Ilildburghauscn, Gadow u. Sohn. 40. 32 S. — l8)XJBolte, Alemannia. 18, S. 118. (Spruch über d.
menschl. Lebensalter ans d. Augsburger Liederbuch von 1454.) — 19) X Ed w. Schröder, Noujahrswunsch aus d. J. 1520:
KBlVNicderdSpr. 14, S. 85. (Roimspruch in e. aus Höxter stammenden Marburger Hs.) — 20) X 0. Terburg-Armi nius, Merk-
würdige Grabinschriften: Hann. Cour. 37, N. 16328, S. 1/2. (Lauter längst bekannte Epitaphien.) — 21) A. E. Schönbach,
Spruche u. Spruchartiges aus Handschriften: VLG. 3, S. 359—63. — 22) X R- Boxborgor, Lazarus Sandrub: ADB. 30, S. 361.
(Ganz wertlos.) — 23) Joh. Stumpfs LobsprUche auf d. dreizehn Orte, nebst e. Beitr. zu seiner Biographie. Neujahrsblatt, her.
T. d. Stadtbibl. in Zürich auf d. Jahr 1890. Zürich, Orell Füssli u. Co. gr. 40. 16 S. u. 14 Bll. M. 2,40. (Einleitung — anonym
— von Bachtold.) — 24) J. Bachtold, Z. Biographie d. Joh. Stumpf: AnzSchwG. 1890, S. 82/4. — 25) X J- Werner,
De Scurris: Alemannia. 18, S. 64. (Kurzer Spottreim auf d. Bettclordcn.) — 26) F. Lauchert, Studien zu Thomas Murner:
11,5: G. Roethe, Didaktik des 15./16. Jahrhnnderts. 105
Gesetzmässige nicht sicher erkennen lassen, einen unbefriedigend zufälligen Charakter,
zumal die Reime nicht gehörig in den Vordergrund gerückt sind, und manches ist
geradezu fehlerhaft (so soll z. B. in „dag" das d aus t entstanden sein, der Genetiv
,,des rechten" zu „das recht" gehören usw.); der syntaktische Abschnitt besteht gar nur
aus ein paar Belegen des Genetivgebrauchs, und das Wörterbuch, das bisher bis
„ernieten" reicht, bringt nur s. v. „buchen" einen Beitrag zur Erklärung; vgl. auch
S. 169 f. iiber ,,landssman schantzman". Weiter stellt L. ganz mechanisch allerlei
Sprichwörter, Priameln, Aberglauben und Anspielungen auf Heldensage und Volksbücher
aus Mumers deutschen Büchern zusammen, ohne den Stoff zu erschöpfen: lediglich
Rosengarten, Kalenberger, Markolf waren dem Mönch geläufig; hätte L. auch die
Zusätze in der zweiten Ausgabe der „Schelmenzunft" berücksichtigt, so hätte er wohl
den Bruder Rausch hinzufügen können. — Fruchtbarer als diese subalterne Stoppelarbeit
erwiesen sich die Quellenstudien von Riess^''). Er weist nach, wie stark Murner sich
selbst ausschrieb, in langen Versreihen wie in einzelnen Versen und Ausdrücken: so
versifiziert er z. B. im Eingang der „Mühle von Schwindelsheim" (V. 35 — 118) das Register
der ,, Narrenbeschwörung" und verwandelt ihr episches 9. Kapitel in die fast dramatische
Scene der ,,Gäuchmatt" (V. 1039 ff.). Diese Stilbeobachtung bestätigt, dass die Zusätze
in der zweiten Auflage der ,, Schelmenzunft" Murners eigenes Werk sind. Eine ganz
eigene Anregung verdankte seine „Narrenbeschwörung" den Holzschnitten des Brantschen
„Narrenschiffs", die bekanntlich in der Murnerschen Dichtung grösstenteils wiederkehren
und trotzdem, wenn nicht schon zur Ueberschrift, so doch zum Inhalt der von Brant
völlig verschiedenen Kapitel Murners passen. Das erklärt sich oft daraus, dass Murner
mit geistreicher Ausnutzung der ungeschickten Holzschnitttechnik ganz andere Dinge aus
den Bildern heraussieht, als darin liegen sollte. Ein weiterer Abschnitt stellt den schon
von Scherer bemerkten Einfluss akademischer „Quaestiones fabulosae", namentlich der
Rede „De fide meretricum" und der „Schelmenzunft" des Barth. Gribus, auf Murner
dar: so ruht auf jener der Kathederesel der „Mühle" und das 9. Kap. der „Narren-
beschwörung", auf dieser der Titel der ,, Schelmenzunft" und die juristischen Artikel der
„Gäuchmatt". Eine Anmerkung beseitigt den von Goedeke im Grundriss 11 2, S. 216 be-
haupteten ersten Druck der „Narrenbeschwörung" (o. 0. u. J.), die R. für älter hält als die
„Schelmenzunft". — Beide Gedichte analysiert ein Essay W. Kaweraus^^), der den engen
Zusammenhang der Predigt mit diesen Satiren stark betont und bei aller Anerkennung
ihres kulturgeschichtlichen Werts und mancher gesunder Gedanken (Spott gegen die
Werkheiligen) gerade aus dieser zersetzenden und schonungslosen pfäffischen Selbst-
kritik ohne jedes positive Ideal die Notwendigkeit der Reformation erschliesst. — Der
saubere Neudruck der „Schelmenzunft", den Matthias^«) besorgt hat, legt natürlich die
von Scherer phototypisch reproduzierte erste Ausgabe zu Grunde, allerdings ein wenig
zu entschlossen ,, Druckfehler" bessernd, giebt aber teils in Lesarten, teils im Texte auch
die Abweichungen und reichlichen Zusätze der zweiten (Strassburger) Ausgabe an, deren
Einführung des verlorenen Sohns Matthias aus Murners Wunsche begreift, seinen geist-
lichen Beruf einmal wieder fühlbarer zu machen : der Holzschnitt, mit dem dies Kapitel
beginnt, stammt freilich gerade aus der leichtfertigen Quaestio des Gribus her. — Der
Biograph des Grobianusübersetzers Kaspar Scheit, Strauch^^^, betont in seiner inhalt-
reichen Skizze, die in mancher Hinsicht über Hauffens Buch hinausführt, besonders
nachdrücklich die Vereinigung humanistisch-antiker und volkstümlicher Elemente. Von
diesem Standpunkt aus verweilt er fast ausführlicher bei der „Lobrede des Meyen", die
Bekanntschaft mit den Neulateinern wie Alciatus und Stroza aufweist, und der
,,Erölichen Heimfart", in der Lucian benutzt ist, als beim „Grobianus." Er vermutet,
dass Scheit Leiter d^ Wormser Gymnasiums war und sich auch in Frankreich und
Italien aufgehalten hat. Die 70 Beigaben, die in der Ausgabe der „Wol gerissnen und
geschnidten Figuren" von 1564 neu hinzugekommen sind, hält er nicht für Scheits
Arbeit. — Für einen etwas älteren Seitentrieb der grobianischen Litteratur, Leonhard
Schertlin, wies Roethe^i) darauf hin, dass die Reden des Trinkers Mystes in seinem
Dialog „Künstlich Trincken" lediglich eine Uebersetzung von Hegendorfers „Encomium
ebrietatis" sind; auch das 16. Kap. von Brants „NarrenschifP" hat Schertlin benutzt, nicht
aber des Obsopoeus „De arte bibendi". — Von Scheits grossem Schüler Fischart ist an
anderer Stelle die Rede (s. o. 11,3 N. 20 — 4). Hier habe ich ausser einem dilettantischen
Aufsatz Deneckes^s)^ der Fischart auf Grund einer grob missverstandenen Stelle in der
Vorrede des „Philosophischen Ehzuchtbüchleins" zum Spraclireiniger machen will, und
ib. S. 139—73, 283/8. — 27) M. Riess, Quellenstudien zu Thomas Murners satir.-didakt. Dichtungen. 1. Teil. Phil. Diss.
Berlin, Schade. 38 S. M, 1,20. (In e. These S. 38 wird Narrenbeschw. 29,19 für „Fortrat" „infortiat" vorgesclilagen.) — 28)
W. Kawerau, Thomas Murners Narrenheschwörung: PrJbb. 65, S. 155—70. — 29) Thomas Murners Schelmenzunft nach d.
beiden ältesten Drucken her. v. E. Matthias. (= Neudr. deutscher Litt.-Werke d. 16. u. 17. Jh. N. 85.) Halle, Niemeyer.
XII, 73 S. M. 0,60. — 30) Ph. Strauch, Kaspar Scheit: ADB. 30, S. 721/9. - 31) Roethe, Leonhard Schertlin: ADB. 31,
S. 131/2. — 32) A. Denecke, Joh. Fischart u. d. deutsche Philosophie: ZADSprachverein. 5, S. 53/5. — 33) Job. Fischarli
106 n,5: G. Roethe, Didaktik des 15./16. Jahrhundertg.
ausser der geschickten und anspruchslosen, für weitere Kreise bestimmten Erneuerung
eines Abschnittes desselben Buches, „Von Ehegebührlichkeiten"33^, die leider durch
Reussners Bild des Frankfurter Juristen Fichard entstellt wird, lediglich einen Aufsatz
Bächtolds^*) über die Quellen zu „Aller Praktik Grossrautter" zu erwähnen, dessen
Ergebnisse mich freilich nicht überzeugen. B. meint, Fischart habe die „Practica Dr.
Johannes Rossschwanz" (1509) benutzt, die einem gleichfalls durch ihn abgedruckten
Fastnachtspiel aus Freiburg in der Schweiz von 1560 zu Grunde liegt; aber er weist
nicht mit Sicherheit nach, dass die Anklänge nicht lediglich auf der lateinischen Ueber-
setzung Henrichmans beruhen sollten, die Fischart ausdrücklich citiert und die schon
Wackernagel heranzog. Und ganz unei'wiesen scheint es mir, dass die Praktik des
Berner Landvoigts Joh. Weiermann (1565) die geraeinsame Quelle für Fischart und Nas
gewesen sein könne, die Wackernagel erschloss: Fischarts Berührungen mit Weiermann
sind mir ganz zweifelhaft und ihm bestenfalls nur durch die Praktik von Nas vermittelt. —
Ein Ausläufer der Praktiklitteratur des 16. Jh., der hundertjährige Kalender,
wurde auf Grund umfänglicher Nachforschungen in Bibliotheken von Berthold-
Schneeberg36) in einem Feuilleton besprochen, das wohl als Vorläufer einer grösseren
Arbeit anzusehen ist. Das Leben des Vf., Mauritius Knauer (geb. 14. März 1613 in
Weissmain, 1649 Abt von Langheim und Dr. theol., gest. 1664), wird nach neuem Ma-
terial dargestellt und vier hs. in Bamberg befindliche Exemplare seines bis 1912 reichen-
den „Calendarium perpetuum" kurz charakterisiert, das erst der Erfurter Arzt Hellwig
bei der ersten (?) Drucklegung 1701 in einen „hundertjährigen Kalender" verkürzte; die
Ausgaben Hellwigs waren mehr im Norden, Drucke, die Knauers Original näher standen,
mehr im Süden zu Hause ; B. kennt bis in die Gegenwart gegen 200 Auflagen und
hebt Eigentümlichkeiten hervor. Knauer, der durch seinen Kalender der Landwirtschaft
dienen wollte, erlangte die Möglichkeit weitreichender Prophezeiungen durch die, wie
er meinte, empirisch bestätigte astrologische Hypothese, dass die Planeten als Jahres-
regenten und Helfer regelmässig abwechselten. — Eine ähnliche Vorstellung von regel-
mässigem Turnus setzen die Prophezeiungen eines ziemlich ungeordneten mittelnieder-
deutschen Arzneibuchs voraus (Hs. in Utrecht), das wohl in den Anfang des 15. Jh.
gehört und wenigstens in seinen lateinischen Vorschriften für die einzelnen Monate dem
Wolfenbüttler Arzneibuch näher steht als dem Gothaer, mit dem es der Herausgeber
Gallee36-38) in Verbindung bringt. Das Werkchen bestimmt den Charakter der Jahre
nach den Wochentagen, mit denen sie beginnen, enthält übrigens auch sonst vielerlei
medizinischen Unsinn: Mittel festzustellen, wer von zwei Eheleuten länger lebt,
Krankheitsprognosen für jeden Tag des Monats usw. — Einen als paracelsischer
Schwärmer berüchtigten medizinischen Schriftsteller des 16. Jh., den Pfarrer Michael
Bapst zu Mohom, erweisen Schubert und Sudhoff^^) in einer Untersuchung, die
nach einer kurzen Biographie seine zahlreichen ärztlichen Bücher nützlich analysiert,
vielmehr als total unkritischen, entsetzlich nüchternen Laien; der gute Pfarrer hat ohne
jede eigene Erfahrung — des Kurpfuschens scheint er sich, auch in seinem Pensionat,
streng enthalten zu haben — aus etwa einem Vierteltausend Büchern Rezepte und ärzt-
liche Lehren, namentUch über Aphrodisiaca, Frauenkrankheiten und Epilepsie, urteilslos
in deutscher Sprache zusammengeschrieben, um sich durch diese im Publikum viel-
benutzten Hausbücher Geld zu verdienen. Grundsätzlicher Anhänger des Paracelsus
oder latrochemiker war er, trotz Zusätzen, die der Herausgeber Tanck seinem letzten
Buche „Juniperetum" eingefügt zu haben scheint, so wenig, dass er in Paracelsus sogar
minder belesen war als in seinen meisten anderen Quellen und sich durchaus zu Galenus
bekannte, nur, da er überhaupt keinen Standpunkt hatte, nicht mit dem heiligen Zorn
gegen Paracelsus, der damals für gesinnungstüchtig galt. — In der Bibliographie Bapst-
scher Schriften, die Schubert und Sudhoff" früher (CBlBibl. 6, S. 537 ff".) gaben, fehlt
sein „Kurtzer vnd warhaff^iger Tractat, Von dem jüngstgehörten erschrecklichen und
brausenden Erdbeben" (Freiberg 1599) *0). — Mit der populären Erdbebenlitteratur des
16. Jh., die immerhin durch ihre thatsächlichen Angaben auch für die Natxirwissenschaft
ein gewisses Interesse hat, beschäftigt sich ein Aufsatz des Münchener Geographen
Günther*!), der sich freilich auf Münchener Schriftchen beschränken will. Er druckt
zunächst eine Reimerei „Von dem Erdpidem Anno etc. jm aylffiten jare beschehen" (1511)
ab, die von Hans Schneiders gleichzeitiger Dichtung verschieden in der Naturerscheinung
D. Philosophisch EhzuchtbUchlein erneuert u. hearb. v. G. Holtey-Weber. (= Bibl. d. Gesamt-Litteratur des In- u.
AuBlandes. N. 364.) Halle, Hendel, o. J. 64 S. M. 0,25. —34) Jakob Bächtold, Quellen zu , Aller Praktik Gross-
mutter": VLG. 3, S. 201-35. — 35) Berth old-Schneeberg, D. hundertjährige Kalender: LZg". N. 43. S. 169-72.
— 36) J. H. Gall6e, Mittelniederdeutsches Arzneibuch: JbVNiederdSpr. 15, S. 105—49. — 37) X id- Eene profetie:
TNederlTL. 9, S. 231. (D. Prophezeihung für d. mit Mittwoch beginnenden Jahre, aus d. N. 36 genannten Schrift ungenau
abgedruckt.) — 38) X ' d. Van den ver tyden des iares : ib. S. 134. (Angabe d. Gothaer Hs. 980, welche Monate zu d. Tier
Jahreszeiten gehören.) — 39) E. Schubert u. K. Sudhoff, Michael Bapst t. Rochlitz, Pfarrer zu Mohorn, e. popul. medizin.
Schriftsteller d. 16. Jh.: NASSchsG. 11, S. 77—116. — 40) W. Schultze, Ergänz, zu d. Aufzählung d. Schriften d. Michael
Bapst V. Rochlitz v. Schubert u. Sudhoff: CBlBibl. 7, S. 493. — 41) S. Günther, MUnchcner Erdbeben- u. Prodigienlitt. in
11,5: G. Roethe, Didaktik des 15./lß. Jahrhunderts. 107
niclit nur die göttliche Strafe sieht, sondern inkonsequent auch eine physische Erklärung
versucht: G.s Gründe, Dichtung und Druck in München unterzubringen, sind nicht
durchschlagend. Es folgen in Text und Anmerkungen ausgiebige Mitteilungen über den
Wiener Vielschreiber Joh. Rasch, der uns bisher fast nur als Komponist bekannt war;
in Thüringen zu Hause, wurde er nach einer geistlichen Episode Bürger in Wien und
Mathem. artium studiosus und lebte namentlich von populär-wissenschaftlicher Schrift-
stellerei, die grossenteils dem Münchener Verleger Adam Berg zu gute kam. Skrupellos
schrieb er z. B. neben einer „Gegenpractic" und einem Kometenbuch, die Kenntnisse
und Urteil beweisen, Kalender und Praktiken, wie sie der Schlendrian den Bedürfnissen
des gläubigen Publikums darbot. Von seinen beiden Traktaten über Erdbeben ist der
erste (1582) nur Kompilation älterer Arbeiten, während der zweite (1591) mit dem ver-
dienstlichen Erdbebenverzeichnis und der Prüfung der Prognostika immerhin einen
wissenschaftlichen Standpunkt einnimmt, der auch ein Jh. später nur von sehr wenigen
wirklich überholt war. —
Mehr zur gesellschaftlichen Kurzweil als zu ernstlicher Prophezeiung sollte
„Eyn lossbuch auss der karten gemacht" dienen, das nach dem einzigen erhaltenen
Exemplar photolithographisch reproduziert worden ist: der Vf. scheint aus Nürnberg,
der Druck um 1500 in Strassburg bei Math. Schürer besorgt zu sein. Besonders in-
teressant ist das Loosbuch dadurch, dass es ein vollständiges deutsches Kartenspiel von
48 Karten (As fehlt, das Banner bedeutet Zehn) in Abbildungen enthält: zu jeder Karte
gehört ein Reimspruch von acht Zeilen, der meist auf das Gedeihen oder Misslingen von
Liebesaffairen hinausläuft: die zutreffende Karte wurde durch die Drehscheibe bestimmt.
Hofmeisters*^) Einleitung wendet sich gegen die einseitige Vorstellung, dass die volks-
tümlichen deutschen Loosbücher auf italienische Arbeiten zurückgehen, während sich
Zusammenhang mit älteren deutschen Hss. erweisen lasse, und giebt eine nicht ganz
vollständige Aufzählung der Loosbücher des 16. Jh., die durch ein gleichfalls nicht er-
schöpfendes Verzeichnis Hayns*^) jetzt ergänzt wird. Hayn aber erstreckt seine Nach-
weise bis zum Jahre 1800 (54 Nrr.), berücksichtigt italienische Loosbücher und Lotto-
litteratur und reiht Tranchierbücher (1620 — 1848, 30 Nrr.) und Komplimentierbücher
(1645 — 1763, 59 Nrr.) an; das alles ist bei ihm nur Anhang einer Übersicht der deutschen
Rätsellitteratur (vgl. o. N. 22) bis zur Gegenwart (über 300 Nrr.), die freilich die deutschen
Rätsel des Mittelalters ganz imzulänglich und die meist dialektischen Sammlungen
aus dem Volksmund fast gar nicht berücksichtigt; dass Schleiermachers Name nicht
begegnet, bestärkt den Zweifel an der Vollständigkeit. —
Von Prosamoralisten wurden behandelt Eustachius Schildo, Kantor in Kirch-
hani, später in Luckau, für dessen „Spielteufel" Roethe'^) stärksten Einfluss des Fried-
richschen „Saufteufels" nachweisen komite, und der fruchtbare Wechmarer Pfarrer Michael
Sachs (1542 — 1618), dessen meist prosaische, zum Teil auch reimweis gefasste Erbauungs-
bücher A. Schumann 45) im Anschluss an einen Lebensabriss aufzählt, während Goedeke
sie gar nicht berücksichtigt. —
Mehr in die technische Litteratur hinein gehört der litterarische Nachlass Albrecht
Dürers, dem Conway*6) ein stattliches, mit Nachbildimgen Dürerscher Handzeichmmgen
aus den Mss. des Britischen Museums reich ausgestattetes Buch gewidmet hat. Der
Vf., der in der gesamten Auffassung Dürers sich durchaiis bis zur Unselbständig-
keit eng an Thausing anschliesst, fügt einer mit Kenntnis und Geschmack geschriebenen
Biographie Dürers, die das Kulturhistorische und Persönliche weit stärker betont als das
Künstlerische, Uebersetzungen der Briefe und Tagebücher Dürers ein; leider sind sie,
wie ein Vergleich zeigt, nach Thausings Erneuerung auch da gearbeitet, wo der Vf.,
wie für das niederländische Tagebuch und für die Briefe an Pirkheimer, eine wissen-
schaftlichere Ausgabe zur Verfügung gehabt hätte. Der eigentliche Wert des Buches
liegt aber in der Ausnutzung der Dürermanuskripte des Britischen Museums, die uns die
beharrliche unermüdliche Detailarbeit des Forschers und Schriftstellers Dürer, der immer
neue Skizzen entwarf und verwarf, ebenso veranschaulicht, wie den grandiosen Plan
einer Kunstencyklopädie , in der seine vollendeten Werke nur die Rolle von Kapiteln
spielen sollten. Was C. nach den Abschriften des Frl. Lina Eckenstein mitteilt, be-
richtigt und ergänzt die früheren Auszüge v. Zahns erheblich (Jahrbücher für Kunst-
wissenschaft 1, S. 1 fi".), zumal da es ihm mehrfach gelungen ist, die zeitliche und inhaltliche
älterer Zeit : JbMünihG. 4, S. 233—66. — 42) Eyn losztuch ausz der karten gemacht Und alleyn durch kurtzweyl erdacht,
wer aher zu glauben sich daran wolt keren Das selbig Hess sich vnrecht leren. Photolithogr. Rcprod. d. einz. bek. Exempl.
im Bes. v. Volckniann u. Jerosch, Antiquariat in Kostock. Mit e. Einl. v. Dr. A. Hofmeister. In 100 num. ExempU. Rostock,
Volckmann u. Jerosch. VIII, 15 S. M. 5,00. — 43) H. Hayn, D. deutsche Rätsellitt. Versuch e. bihliogr. Uehersicht bis
z. Neuzeit. Nebst e. Verz. deutscher Loos-, Tranchier- u. Koniplimentier-Bücher : CBlBibl. 7, S. 516—56. — 44) Roethe,
Eustachius Schildo: ADB. 31, S. 209. — 45) A. Schumann, Michael Sachs: ADB. 30, S. 129—30. (Merkwürdigerweise
ist Sachs' Drama v. heil. Stephanus übersehen.) — 46) W. M. Conway, Literary remains of Albrecht Dürer. With transcripts
roju thp british jnuseum manuscripts and notes upon them by Lina Eckenstein. Cambridge, University Press. 1889. XI, 288
108 11,5: G. Roethe, Didaktik des 15./16. Jahrhunderts.
Zusammengehörigkeit der losen Blätter richtiger zu bestimmen, und v da er mit Wieder-
gabe der beigefügten Zeichiningen nicht kargt. Besonders zu rühmen ist, dass er ausser
der englischen Uebersetzung auch buchstäbliche deutsche Abdrücke gibt, leider nicht
ganz konsequent: so fehlt der deutsche Text der Seiten 243 — 50. —
Schliesslich sei Birlingers^^) Notiz erwähnt, dass auch in Franks „Medizinischer
Polizei" Augustin Lercheimer als Pseudonym des Heidelberger Professors Witekind
erkannt wird.*^) —
11,6
Luther.
Gustav Kawerau.
Ausgaben N. 1. — Neue Funde: Glossen zu Augustinus N. 8. — Traktate, Thesen, Predigten N. 9. —
Werke: Briefe N. 13. - Streitschriften N. 14. — Taufliturgie N. 17. — Lieder N 18. — Thesen N. 20 — Bibelübersetzung
N. 23. — Schriftauslegung N. 29. — Katechismus N. 30. — Verhältnis zu Zeitgenossen und Zeitfragen: Fürsten
N. 33. — Humanisten N. 35. — Annen- und Gesundheitspflege N. 38. — Socialpolitik N. 41. — Bibel und Kirche N. 42. —
Gesamtbeurteilung: Angriffe im allgemeinen N. 4.5. — „Selbstmord" N. 56. — Abwehr N. 70. — Luther und Goethe N. 73. —
Jm Berichtsjahre ist ein neuer Band der Weimarer Ausgabe nicht erschienen;
es ist nur Koldes i) Besprechung des 1888 ausgegebenen 6. Bandes hervorzviheben. In
dieser erweckt das Urteil des Lutherforschers über Knaakes scharfgeschnittene Einleitung
zu der Schrift „An den christlichen Adel" mit ihrer unbarmherzigen Polemik gegen
Kampschultes phantasiereiche Darstellung des Einflusses, den Crotus und Hütten auf
Luthers Entwicklung geübt haben sollten, besonderes Interesse. Kolde erkennt an, dass
hier mit Recht gegen arge Ueberschätzung des Einflusses der Humanisten protestiert ist,
beanstandet aber nicht allein formell den Ton dieser Polemik, zumal gegen einen Ver-
storbenen, sondern sucht auch materiell eine ungeschichtliche Ueberspannung des Gegen-
satzes gegen Kampschulte in Knaakes Beweisführungen nachzuweisen. In der wichtigen
Behauptung, dass Luther die fraglichen Huttenschen Dialoge noch gar nicht zu Gesichte
bekommen, jedenfalls nicht beachtet hatte, als er „an den christlichen Adel" schrieb,
gebe ich Knaake Recht. Aber auch abgesehen von diesem Punkte bietet Koldes An-
zeige, gleich denen zu den früheren Bänden, eine Reihe wertvoller litterar-kritischer Er-
örterungen. — Eine Bemerkimg 0. Erdmanns 2) zu Band 8. der Weimarer Ausgabe hat
das Verdienst, nicht nur auf einen bisher wenig beachteten Rest älteren Sprachgutes in
Luthers Sprache (thete = entete, in der Bedeutung von „nicht vorhanden, nicht
wirksam sein") aufmerksam gemacht, sondern zugleich eine Reihe von kürzeren sprach-
lichen Bemerkungen zu Luther in der ZDPh. eröffiiet zu haben, für welche seitdem
verschiedene Gelehrte Beiträge geliefert haben. — Auch die Erlanger Ausgabe hat 1890
keinen neuen Band erscheinen lassen; doch ist G. Kaweraus ^) Besprechung des zu-
letzt erschienenen Bandes von Luthers Briefwechsel hier zu nennen, die sich angelegen
sein lässt, eine Reihe von Nachträgen und Berichtigungen zu dem von Enders gegebenen
Kommentar zu liefern, z. B. eine Erklärung für den von Enders im Dunkeln gelassenen
Briefschreiber, der sich mit I A M unterzeichnete (= Joh. Antonius Modestus).
— Inzwischen ist zu den deutschen Lutlierausgaben, zunächst wenig bei uns beachtet,
ein grosses amerikanisches Lutherwerk hinzugetreten; anfangs nur als revidierter Neu-
druck Walchs geplant, doch in einzelnen Teilen, besonders in dem 1887 erschienenen,
von Hoppe besorgten Band 22 (Tischreden), als eine selbständige wissenschaftliche
Arbeit zu schätzen. Von Hoppe 4) ist auch der im Berichtsjahre erschienene Band 20.
bearbeitet worden, dem ähnliches Lob gespendet wird wie dem 22. Bande. Uns ist er
bisher noch nicht zu Gesichte gekommen. Buddensieg*"^) hat sich das Verdienst er-
S. — 47) A. Birlinger, Zu Augustin Lercheimer oder Hermann Witekind: Alemannia. 18, S. 282/3. (Bringt audi aus des
Thim. Polus „Neu vermehrtem lustigem Schauplatz" Parallelen zu Lercheimer.) — 48) X f"- X. v. Wegele, Georg RUxner: AI)J$
30, S. 62. (Wertlos.) — •
I) Th. Kolde, Luthers Werke, krit. Gesamtausg. Bd. 6: GGA. I, S. 481/8. — 2) 0. Erdmann, Ueber e. Konjectur
in d. neuen Lutherausg.: ZDPh. 23, S. 41/3. — 3) G. Kawerau, Endors, Luthers Briefwechsel, Bd. 3: ThStK. 63, S. 388— 98.
— ♦) XX M. Luther, Sämtliche Schriften her. v. Dr. J. G. Walch. Aufs neue her. im Auftrag d. Ministeriums d. deutschen
ev.-luth. Synode v. Missouri, Ohio u. andern Staaten. Neue rerid. Stereotyp-Ausg. 20. Bd. Keformations8chrift«n. 2. Abt. :
Dogmatisch - polemische Schriften. B. Wider d. Sakraraentierer u. andere Schwärmer sowie auch wider d. Juden u. Türken.
St. Louis, M. 0., Luth. Concordia-Verlag (Dresden, Naumann). 4". VIII, 70, 2407 S. M. 18,00. |[B(udden8ieg?): ThLBl. 1891,
S. 437.]| (Herausgeber ist Hoppe) — 4a) K. Buddonsieg, E. amerikanisches Lutherwerk: DLZ. 11, S. 824/6. — 5) Luthers
n,6: G. Kaweraxi, Luther. 109
worben, über Anlass, Redaktion und bisherigen Fortgang dieser Missourischen liuther-
ausgabe lehrreichen Bericht zu erstatten. — Wie hier eine zimächst nur praktischem
Bedürfnis dienende Ausgabe doch teilweise wissenschaftlichen Charakter angenommen
hat, so ist das Unternehmen, für das „christliche Haus" eine Auswahl aus Luther zu
veranstalten ^), durch das Bedürfnis, in sprachlicher, geschichtlicher und theologischer
Beziehung dem Leser alles zum Verständnis Erforderliche in Anmerkungen zu sagen,
dahin geführt worden, für einen beträchtlichen Teil der Schriften Luthers einen
Kommentar zu liefern, den selbst der Fachgelehrte in mancher Beziehung willkommen
heissen kann. Auch ein schonend modernisierter Luthertext verlangt noch sprachliche
Erläuterungen in beträchtlicher Menge; manche Werke aber erheischen geradezu einen
fortlaufenden kirchenhistorischen Kommentar. Für lateinische Schriften Liithers, welche
aufgenommen werden sollten, ist hier zum Teil der Versuch einer völlig neuen Ver-
deutsclumg gemacht, so bei der „Captivitas babylonica". Die Behandlung der einzelnen
Schriften ist bei der Verschiedenheit der Herausgeber natürlich nicht ganz einheitlich
ausgefallen; die Einen haben mehr eine Volksausgabe, die Andern mehr eine Pastoren-
ausgabe im Sinn gehabt und demnach den Ton der Anmerkungen niedriger oder
höher gestimmt. — Den Schülern unserer höheren Schulen ist noch nie eine so vor-
treffliche Auswahl aus Luther in so zweclimässiger, den Standpunkt der Schule wahren-
der, aber innerhalb dieser Schranken nach dem Höchsten strebender Ausführung ge-
boten worden, wie jetzt durch R Neubauer 6). Wir müssen im nächsten Band der JBL.
bei Gelegenheit des Schlussheftes darauf zurückkommen. — Der, welcher für Meyers
Volksbücher die Tischreden '') aiiswählte, hat wohl ohne Plan und ohne Ueberlegung
gearbeitet: bald hält er eine Auslese aus den Abschnitten der Aurifaberschen Samm-
lung, bald begnügt er sich, einige Kapitel ganz zu überspringen und dafür andere voll-
ständig abdrucken zu lassen; so auch das von der Ehe; er hat dabei wohl einige Spe-
kulation mit dem Gelüst nach Pikantem getrieben. —
Auch das Jahr 1890 hat udeder mehrere neue Schätze der Lutherforschung
erschlossen. Die Zwickauer Ratsschulbibliothek hat noch nicht aufgehört, imter Buch-
walds ^) sorgfältiger Durchstöberung Neues zu spenden. Was er im Verein mit Beck
diesmal bietet, ist zunächst der Fund von Drucken Augustinscher Schriften (,,Opus-
cula", ,,De trinitate" und „De civitate Dei", sämtlich Likunabeln von 1489), denen Luther
seine Randbemerkungen beigeschrieben hat. Ein Teil der letzteren stammt nachweislich
vom Jahre 1509, aus seinem zweiten Aufenthalt im Erfurter Kloster, ist demnach
von Briefen abgesehen das Aelteste, das wir bislang von Luthers Hand besitzen, und
ein wertvolles Zeugnis dafür, in wie frühe Zeit sein Studium der Theologie Augustins
hinaufreicht. —
Ferner berichtet Buchwald ^) über eine bisher unbekannte Ausgabe des von
Knaake Luther beigelegten, von andern ihm abgesprochenen „Tractatulus de his, qui ad
ecclesias confugiunt", die älter sein muss als Knaakes Ausgabe A von 1517. Die
Varianten teilt B. mit. Der Drucker ist Jakob Köbel in Oppenheim. Offenbar stimmt
dieser Druckort wenig zu Knaakes Annahme. Weiter erhalten wir aus einem Plakat-
druck Thesen einer Cirkulardisputation Luthers über das Verhältnis der Theologie zu
Aristoteles; vielleicht die bei de Wette 1, S. 15 erwähnten? Endlich ein aus Pre-
digten Luthers durch Amsdorf ausgezogenes Gebet, Leipzig 1519 gedruckt, von Spalatin
hs. ins Lateinische übertragen. Von beiden Texten giebt B. einen Abdruck. — Eine
wertvolle Bereicherung bieten die von Kolde^O) aus einem Berliner Ms. mitgeteilten
Wittenberger Disputationsthesen aus den Jahren 1516 — 22; nicht nur dass eine neue
Reihe Lutherscher Thesen (1520, über die Sakramente) dabei ans Licht gekommen ist,
eine Vorstudie zur „Captivitas babylonica", sondern es sind auch besonders aus der
Zeit des Wartburgaufenlhalts Luthers eine Anzahl Thesen aufgefiniden, durch welche
ein Mann wie Joh. Dölsch uns erst eine bekanntere theologische Persönlichkeit wird.
Auch für die Entwicklungsgeschichte Karlstadts ist der Fund von Bedeutung. — Der
Nachtrag, den Brieger !*'«•) dazu geliefert, macht uns mit einem in Wolfenbüttel ge-
fundenen Nachdruck der ältesten, bibliographisch nachgewiesenen, aber seit Riederers
Tagen verschollenen Thesensammlung (1520) und aus dieser mit einer bisher unbekannten
Thesenreihe Karlstadts bekannt. — Die von G. Kawerau^i) in der Lübecker Stadt-
bibliothek gefundenen Thesen de excommunicatione stammen zwar in dieser Gestalt
Werke f. d. christlielie Haus. Her. v. Buchwald, Kawerau, Köstlin, Bade, Schneider u. a.: 2. Bd. Reformatorische
Schriften. 3. u. 4. Bd. Keformatorisehe u. polemische Schriften. (Heft 6—21.) Braunschweig, Schwetschke. 511, 449,
482 S. jedes Heft M. 0,30 (bess. Ausstatt. M. 0,50). |v. Sallmann: BLU. N. 16.]| — 6) M. Luther. Ausgew., erl. u. bearb. v.
E.Neubauer. (= Denkmal, d. älteren deutsclien Litt. her. v. G. Bottich er u. K. Kinzel. III, 2.) Halle, Buchh. d. Waisenhauses.
VIII, 187 S, M. 1,80. (Vgl. 0. I, 7 N. 68.) — 7) M. Luther, Tischreden. Heft 2—4. (= Meyers Volksbücher N. 715/6, 751/3.)
Leipzig, Bibliogr. Institut. 64, 59, 184 S. M. 0,50. — 8) E. Beck u. Buchwald, E. Stück Gesch. d. Zwickauer Ratsschul-
bibliothek u. d neuesten Lutherfundo in derselben: LZg». N. 91/3. — 9) G. Buchwald, Beitrr. zu Luthers Schriften aus d.
Zwickauer Ratsschulbibliothek: ThStK. 63,8.753—62. — 10) Th. Kolde, Wittenberger Disputationsthesen aus d. J. 1516—22.:
ZKG. 11, S. 448—71. — Ta) S. u. 11,7 N. 64. — II) G. Kawerau, Thesen Luthers de excommunicatione. 1518: ib. S. 477/9,
110 11,0: G. Kawerau, Liither,
nicht aus Luthers Feder; aber es ist ein in feindseliger Absicht aus seiner Predigt
Exaudi 1518 gefertigter Auszug, durch dessen Verbreitung man ihm hie und dort, unter
anderem auch bei Kaiser MaximiHan, zu schaden suchte und gegen den sich Luther
dadurch wehren wollte, dass er noch nachträglich (August 1518) jene Predigt als „Sermo
de virtute excommunicationis" herausgab. — Das Material der erhalten gebliebenen
Predigten Luthers hat eine erhebliche Bereicherung erfahren, indem Buchwald 12) in
Cod. 74 der Hamburger Stadtbibliothek ausser etlichen schon anderweitig überlieferten
Predigten eine zusammenhängende, lateinisch geschriebene Predigtreihe vom 1. Advent
1525 bis zum 3. Osterfeiertag 1526 entdeckt und Luther als Vf. erwiesen hat. —
Dem von Enders (Briefwechsel Luthers 3, S. 37), ausgesprochenen Zweifel, ob
Luthers Schreiben an Bugenhagen von 1520 echt sei, hat Köstlin^^) ein Ende gemacht durch
den Nachweis, dass der fr agh che Brief von Bugenhagens, nicht Luthers, Hand auf des
letzteren Traktat „Epistola Lutheriana ad Leonem Decimum" geschrieben steht; da der
Brief aber inhalthch Begleitbrief zur Uebersendung einer Schrift ist und diese Schrift
nvu* jener Traktat sein kann, so kann nur Luther der Vf. des Briefes sein. Die kleine
Veröffentlichung ist nebenbei ein lehrreicher Beitrag zu der Erfahrung, wie unglaublich
unkritische Auskunft man mitunter von gelehrten Leuten erhalten kann. Denn im Nach-
trag muss K. auf Grund zuverlässigerer Kunde so gut wie alles widerrufen, was er
vorher auf eines Greifswalder Fachgelehrten Zeugnis liin Irriges berichtet hatte. —
Enders 1"^) hat damit begonnen, die deutschen zwischen Luther und Hieronymus
Emser gewechselten Streitschriften in billigem Neudruck mit historischer Einleitung
zugänglich zu machen. Zwar sind Luthers Erwiderungen in den Ausgaben seiner Werke
zu finden; aber von den deutschen Schriften des Gegners hat auch Walch in Band 18,
wo er doch so manche Gegenschrift eingerückt hat, tms nichts mitgeteilt. In Heft 1
erhalten wir ausser Luthers kleiner Entgegnung „An den Bock zu Leipzig" die in-
teressante Antwort Emsers auf die Schrift „An den christlichen Adel", eine in vielen
Beziehungen lehrreiche Schrift. Ich erwähne hier nvu*, dass Emser für Luthers berühmte
„3 Mauern", in denen man Htterarische Einflüsse Huttens entdecken wollte, für die
ich selbst dann eine Anknüpftmg in einem Briefe Capitos an Luther nachgewiesen hatte,
eine andere, aber jedenfalls beachtenswerte Herleitung zu nennen weiss: Vergil, Aeneis
VI, 549, wo der Tartarus geschildert wird als eine Stadt „triplici circumdata muro".
Oder ich verweise auf den Abschnitt über die Bettler, wo dem reformatorischen Pro-
gramm: „Abschaffung des Bettels und Einrichtung geordneter Armenpflege" in völliger
Schärfe das mittelalterliche „der Bettel muss bleiben, damit die wohlhabenden Christen
durch Almosen sich den Himmel verdienen können" entgegengestellt wird. Es kaini
nur dringend gewünscht werden, dass uns die Streits chi'iften gegen Luther in möglichster
Vollständigkeit vorgelegt werden; sie sind uns in den verschiedensten Richtungen zum
Verständnis Luthers von tiefgreifender Bedeutung. — C. Pranke i^) bietet einige allgemeine,
zutreffende Bemerkungen über Luther als Satiriker, über die Mannigfaltigkeit von wirk-
samen Darstellungsmitteln, über die Luther verfügt; im übrigen ist die Charakteristik,
die er von einzelnen Streitschriften nach Braunes Neudrucken giebt, ziemlich unbedeutend.
— Kolde lö) hat uns für die Datierung einiger Schriften Luthers von 1526 wertvollen
Aufschluss besonders durch gi-ündliche Durcharbeitung der Korrespondenz Zwingiis
verschafft: Luthers Vorrede zum „Syngramma Suevicum" ist danach zwar schon im
Frühjahr 1526 geschrieben, denn Oekolampad hat von ihr schon am 9. April Kunde;
zur Ausgabe gelangte diese Schrift aber erst Anfang Juli. Der „Sermon wider die
Schwarmgeister" aber erweist sich als eine ohne Luthers Zuthun aus Nachschriften
dreier seiner Predigten vom 28. und 29. März 1526 zusammengestellte Arbeit, die etwa
Michaehs 1526 zur Ausgabe kam. —
In G. Kaweraus^'') fünfter und letzter Studie zu Luthers Taufbüchlein — die
1889 vorausgegangenen vier hatten das Verhältnis der Taufliturgie Luthers zu den
katholischen Ritualien vom Ende des Mittelalters und die Abhängigkeit einer ganzen
Reihe ähnlicher Taufbüchlein in der Landessprache von Luthers Formular untersucht —
ist es unternommen, die Unechtheit der unter Luthers Namen gehenden kvirzen Tauf-
liturgie von 1523 „Wie man recht und verstau diglich einen Christenmenschen taufen
soll" nachzuweisen. —
Ellin geri*^) protestiert gegen Knaakes Versiich, Ende 1527 als Entstehimgszeit
des Liedes „Ein feste Burg" nachzuweisen. Eine eigene positive Ansicht trägt er jedoch
— 12) G. Buchwald, Unbekannte hg. Predigten Luthers anf d. Hamburger Stadtbibliothek: ThStK. 63, S. 341—57. —
13, J. Köstlin, Luthers Schreiben an Bugenhagen v. J. 1.520 u. seine Echtheit: ib. S. 597/8. (Dazu Nachtrag S. 703/4.) —
14) Flugschriften aus d. Reformationszeit 8. Luther u. Emser. Ihre Streitschriften aus d. Jahre 1521, her. v. L. Enders.
Bd. 1. (=Neudrr. deutscher Litt.-Werke d. 16. u. 17. Jh., N. 83/4.) Halle, Nienieyer. VIII, 152 S. M. 1,20. — 15) C. Franke
Luthers Streitschriften: ZDU. 4, S. 524—33. — 16) Th. K olde, Z. Chronologie Luthorscher Schriften im Abendmahlsstreit:
ZKG. 11, S. 472/6. — 17) O. Kawerau, Liturgische Studien zu Luthers TaufbUchlein v. 1523. 5.: ZKWL. 10, ii. 625—43. —
18) G. Ellinger, Z. Frage nach d. Ent^tohnngszeit d. Luthcrliedcs : ZDPh. 22, .«!. 252/.1. — 19) R. v. Lil ioncron, D. Non
11,6: G, Kawerau, Luther. 111
nicht vor. Den scharfsinnigen Indizienbeweis Knaakes für die Existenz eines Witteii-
berger Gesangbuchs von 1528, in welchem das Lied sich bereits befand, erledigt er mit
der Bemerkung, dieser Beweis scheine ihm nicht geglückt. Daneben bemerkt er sehr richtig,
mit ,,Anldängen" an das Lied in Briefen oder Schriften Luthers sei bei der Häufigkeit ihres
Auftretens zu den verschiedensten Zeiten nichts für die Abfassungszeit zu gewinnen, und
weist einen solchen „Anklang" schon in einer Sclirift des Jahres 1519 nach. Zahlreiche,
noch weit bedeutendere Aehnlichkeiten findet man in J. Linkes Buch über dieses Lied
(1886) gesammelt. — Einen interessanten kleinen Eund veröffentlicht von Lilien-
croni^), nämlich den von ihm in Joacliim Greifs Drama ,, Lazarus" entdeckten vier-
stimmigen Satz, den Ludwig Senfl auf Luthers Wunsch zu seinem Lieblingsspruch
„Non moriar" (Psalm 118, 17) 1530 angefertigt hatte, und vergleicht ihn mit der
von Luther selbst im Coburger Schloss damals an die Wand geschriebenen Melodie
dieser Antiphonie; Luthers Wandinschrift wird nach Poachs Schrift über Matth. Ratze-
berger (1559) gegeben. —
Lüde mann 20) stellt die Bedeutung der 95 Thesen in engem Anschluss an
die Schrift von Bratke (Göttingen 1884) dar und beleuchtet darauf die Stellung der
heutigen katholischen Kirche zum Ablasswesen. Die Auffassung des Vf., dass Luther
in den Thesen „aus taktischen Gründen" seine prinzipiell bereits klare und gegensätz-
liche Stellung noch nicht habe hervortreten lassen, halte ich nicht für einen Schlüssel
zum Verständnis der Thesen. Dass der Vf. hier nicht selbständige Studien vorträgt
und mit dem Stande der Forschung nur unvollständig bekannt ist, ersieht man unter
anderem S. 18 aus den verkehrten, durch Knaake längst beseitigten Angaben über das
Datum der Schrift des Prierias und über Luthers Antwort darauf. — Von zwei Arbeiten
in englischer Sprache 21-22) gii^^ mir nur die Titel bekannt; erstere hat es mit der
lateinischen Messe von 1523, letztere offenbar mit dem Sendschreiben „An die Ratsherrn"
(1524) und der Predigt „Dass man die Kinder zur Schule schicken solle" zu thun. —
• lieber Luther als Bibelübersetzer liegen mehrfache wertvolle Beiträge vor.
W. Walther23)j ebenso vertraut mit den mittelalterlichen Bibelübersetzungen wie mit
Luther, hat in einer Frage, welche durch eine so unmethodische Arbeit wie die des
Bonner Theologen Krafft (Bonn 1883) und durch die tendenziöse Ausnutzung ihrer
„Resultate" seitens der ultramontanen Presse gründlich verwirrt worden war, mit
seiner nüchternen methodischen Untersuchung imd überlegenen Stoff beherrschung wieder
freie Bahn gemacht. W. erweist, dass die Briefstelle (Enders 3, S. 271), in der man
Luthers Geständnis seiner Bekanntschaft mit der mittelalterliehen gedruckten Bibel
finden will, dafür nicht beweiskräftig ist. Er zeigt, wie täuschend die Nebenein-
Anderstellung von Proben beider Uebersetzungen, die Luthers Abhängigkeit beweisen
sollen, ist, wenn nicht klar gestellt wird, was denn eigentlich beim Zusammentreffen
zweier Uebersetzungen für die Behauptung beweiskräftig sein kann, dass einer den anderen
ausgeschrieben habe. Er weist nach, dass diese „Uebereinstimmungen" nur an leichtesten
geschichtlichen Stoffen der Bibel bemerkbar sind, dagegen verschwinden, sobald Ueber-
setzungsschwierigkeiten sich einstell-en; sonach hätte Luther immer gerade nur an den
leichten Stellen sich jener Hülfe bedient. Ferner lässt sich zeigen, dass diese Ueber-
einstimmungen zwischen Luther und der mittelalterlichen gedruckten Bibel geringer
sind als zwischen Luther und einer nur hs. erhaltenen, von Luther sicher nicht ge-
kannten andern Bibelversion des Mittelalters. W. macht ferner auf die völlig ver-
schiedenen Prinzipien über Wortstellung und Satzbau bei der mittelalterlichen und der
Lutherschen Uebersetzung aufmerksam: diese verschiedene Methode ist so konsequent auf
beiden Seiten angewandt, dass schon lun ihretwillen Luther mit jener Vorgängerin,
selbst wenn sie ihm zur Hand war, nur ausserordentlich wenig hätte anfangen können.
Freilich hätte er seinen Wortschatz von dort entleihen können. Aber auch dies ist
nicht anzunehmen, da Luther in einer ganzen Reihe von Fällen erst bei der Revision
oder Superrevision seiner Arbeit auf den Ausdruck fällt, den ihm die Vorgängerin dar-
bot. Und selbst das ist höchst unwahrscheinlich, - dass Luther etwa seine Revision mit
Hülfe jener Bibel vorgenommen hätte; denn die Fälle, in denen er den Wortlaut dieser
einsetzt, begegnen uns in den verschiedensten Stadien und Zeitpunkten (von Dezember
1522 — 1545); sollte er immer wieder seine Bibel mit jener verglichen haben, um hie und
da eine Vokabel zu entlehnen? Höchst instruktive zahlreiche Proben erläutern die Be-
weisgründe des Vf. Vortrefflich scheint mir S. 33 geurteilt zu sein: „Nicht mit reinerer
Sprache war Luther geboren, sondern mit dem Genie, welches ein feines Gefühl für die
moriar aus Luthers , schönem Confitemini" : VMusikW. 6, S. 123—32. — 20) E. Lüdemann, D. Bedeutung d. 95 Thesen
Luthers f. Vergangenheit u Gegenwart. (Mit e. Anhang: d. 95 Thesen aus „Luthers Werken für d. christliche Haus".) Braun-
schweig, Sehwetschko. III, 48 S. M. 0,50. — 21) XX A liturgical classic [Luthers Formula of the Mass.] II.: The Lutheran
Church Review. S. 72/9. — 22) XX P- V. N. Painter, Luther on education: including a historical introduction and a
translation of the Reforraer's two most important educational treatises. Philadelphia, Lutheran Pub. Soc. 12". II, 282 S. —
••3) W. Walther, Luthers BibelUhcrsetzung kein Plagiat. Leipzig, Deichert Nachf. III, 47 S. M. 0,80. (Erweiterter
112 11,6: Gr. Kawerau, Luther.
charakteristischen Eigentümlichkeiten der verschiedenen Sprachen und vor allem für ein
klares und wohltönendes Deutsch besass. Dieses Genie aber trat erst in dem Moment
in Thätigkeit, als er ein Bibelübersetzer zu werden beschloss und darum sich die Er-
fordernisse einer guten Uebersetzung klar machte. Daher kommt es, dass ganz plötzlich
[zu viel gesagt!] eine neue Epoche in der Sprache Luthers eintritt." Das Ergebnis der
W.schen Untersuchung wird meines Erachtens auch dadurch nicht erschüttert, dass in
einer dem Vf. unbekannt gebliebenen Tischrede (Hs. des Mathesius Bl. 86**) Luther
seine Uebersetzung „tenebris veteris translationis" gegenüberstellt. Denn den Gregensatz
bilden bei ihm „Germanica translatio" und ,,vetus translatio"; er wird also unter dieser
nicht die mittelalterliche deutsche, sondern die Vulgata verstehen. — Einen recht ver-
dienstlichen Beitrag zur Erkenntnis der Fortarbeit Luthers an seiner Uebersetzimg der
Psalmen hat Keyssner^^) geliefert, der geradezu von dem Versuch einer Nachdichtung
hier reden zu dürfen meint. Ich hebe den Nachweis hervor, wie Luthers nachbessernde
Thätigkeit besonders Anfang und Scliluss der Psalmen ausfeilt, um eine volle und starke
Wirkung zu erzielen, wie sie ferner bestrebt ist, Verba, die nur den allgemeinsten Aus-
druck wiedergeben, durch speziellere, anschaulichere zu ersetzen. Eine Eülle inter-
essanten Details ist hier zusammengetragen zum Erweise, wie sehr Luthers Sprach-
gefühl hier lyrische und rhythmische Beanlagung bekundet. K. steht noch ganz unter
dem Einfluss der oben erwähnten Krafftschen Arbeit über Luthers Abhängigkeit von
der mittelalterlichen deutschen Bibel; aber für den Psalter, den er genauer untersucht
hat, verkündet er: „Hier erscheint Luther völlig selbständig und neuschöpferisch!" —
Burdach^ö) hat in einer Anzeige Gelegenheit genommen, gegen die „protestantische
Legende", dass Luther der Schöpfer der neuhochdeutschen Sprache, „d. h. ihrer gram-
matischen Gestalt" gewesen, zii protestieren. — Welchen Einfluss Luther thatsächlich
auf den Wortschatz unserer Schriftsprache ausgeübt hat, daran mag das oberdeutsche
Glossar erinnern, welches Pietsch^^) aus dem Stuttgarter Exemplar eines Baseler
Druckes des Alten Testamentes (Th. Wolf, 1523) mitteilt und mit wertvollen Erläute-
rungen begleitet. — Wie viel durch die Bibel Luthers in die Volkssprache an Rede-
wendungen und sprichwörtlichem Gut gekommen ist, behandeln einige kleine Artikel
von Sohns, Cremer und Korneck^''); ein hübsches Verzeichnis volkstümlicher Wen-
dungen in Luthers Schriften im allgemeinen, nicht auf die Bibelübersetzung beschränkt,
bietet übrigens auch Neubauer (S. o. N. 6) S. 14 ff. — Ein Vortrag von E. Hauptes)
hebt in anziehender Darstellung und auf Grund einer genauen Orientierung an den
Quellen an Luthers Bibelübersetzung , vor allem die persönliche Leistung hervor und
zwar nicht nur nach Seiten seiner schriftstellerischen Genialität, sondern auch nach
Seiten seines Charakters und der Reife evangelischer Erkenntnis. Nirgends ver-
schwinden unserem Blick die Schatten seines Charakters so völlig wie hier; sein kon-
geniales Verständnis aber gleicht die Mängel der sprachlichen Ausrüstung in solchem
Maasse aus, dass er auch da, wo er falsch übersetzt, avif der Höhe biblischer Gedanken
sich hält. Es giebt genauere Uebersetzungen, aber keine, die als Ganzes so von innen
heraus des Originals mächtig geworden wäre. Im weiteren wird auch die Uebersetzung
als seine gröSste nationale und kirchliche That beleuchtet. —
Mit dem Schriftausleger hat es Grundt^^) zu thun. Da ist treffend die
Herrschaft der allegorischen Schriftavxslegung an den ältesten exegetischen Arbeiten Luthers
konstatiert und ebenso richtig aus späteren Werken, besondei's den Tischreden, Luthers
Bruch mit dieser Methode, seine prinzipielle Absage nachgewiesen. Es fehlt der Arbeit
nur das Interessanteste, das Mittelstück: der Einzelnachweis, wann und wie und unter
welchen Einflüssen jener Umschlag sich vollzieht, sowie die Untersuchung, wie stark
auch noch nach dem Bruch mit der alten Methode die Nachwehen derselben sich be-
merkbar machen. Für diese Fragen bietet der Vf. viel zu wenig; bedürfte es z. B.
nicht der Untersuchung, wie viel Luther thatsächlich, wenn auch uneingestanden, von
Erasmus gelernt hat? —
Den zahlreichen Arbeiten über Luthers kleinen Katechismus für den Ge-
brauch in Schule und Konfirmandenuntenncht kann hier natürlich nicht nachgegangen
werden. Doch verdient A. Ebeling^^) genannt zu werden, nicht allein wegen des,
meines Erachtens viel zu weit gehenden, Versuches, der Schule statt des bisherigen
Textes eine Ueberarbeitung in modernes Schriftdeutsch zu bieten, sondern wegen seiner
Herstellung eines kritischen Textes mit den Varianten zahlreicher Ausgaben des 16. und
17. Jh., die zwar für Gewinnung des Originaltextes der verlorenen editio princeps nichts
Abdraek aus NKZ. 1, S. 369—92.) — 24) G. Keyssner, D. drei Psalterbearbeitungen Luthers v. 1524, 1528 u. 1531. MUnch.
Phil. Diss. Meiningen, Keyssner. 83 S. — 25) K. Burdaeh, AI. Reifferscheid, Marcus Evangelien M. Luthers: DLZ. S. 14.'>9— 61.
— 26) P. Pietsch, E. unbekanntes oberdeutsches Glossar zu Luthers Bibelübersetzung: ZDPh. 22, S. 325—36. — 27) Sohns.
D. Bibel u. d. Volk: ZDU. 4, S. 9—29. (Dazu Ergänzungen u. Berichtigungen v. Korneck, W. Cremer u. .«Ohns, ib. 590/8.)
— 28) E. Haupt, Was wir an Luthers Bibelübersetzung haben u. haben sollen: DEBII. I, S. 1— 13. —29) F. Grundt, Luthers
Verhältnis z. allegorischen Schriftauslegung: ZKWL. 10, S. C17— 25. — 30) A. Eboling, D. Martin Luthers kleiner Katechismus.
ILO: G. Kawerau, Liitlier. 11.^
austragen, aber für die weitere Geschichte und das Verständnis des Textes von Belang
sind. In einer Reihe von Anmerkungen legt E. sein eigenes Wortverständnis in zweifel-
haften Fällen dar. — Wie strittig noch immer dies Textverständnis ist, zeigen die Artikel
von Düsterdieck^i) und Bertheau^2^ über die Worte der Erldärung ziu- vierten Bitte
des Vater Unser: „dass er uns erkennen lasse und mit dancksagung empfahen vnser
teglich brod." Der eine ergänzt als Objekt zu „erkennen" den vorausgegangenen Satz
(„Gott gibt teglich brod") und zu „empfahen" ein ,,wir", versteht also „empfahen" als
1. Pluralis; der andere fasst „empfahen" als Infinitiv, regiert von dem voraufgehenden
„lasse", also Objekt zu beiden Verben „unser teglich brod". Es sei hier nur bemerkt,
dass die alten lateinischen Versionen des Katechismus für D., G. Majors plattdeutsclio
(v. 1531) dagegen für B. Zeugnis geben: „dat he vns vnse dachlike brodt erkennen late
vnde mit dancksegginge entfangen." —
Luthers Verhältnis zu Zeitgenossen und Zeitfragen wird vielfach mit
Erfolg behandelt. Es wäre erfreulich, wenn Maurenbrecher wie unlängst das Kapitel
„Reichstage der Reformationszeit" so jetzt das neue ,, Beziehung der Fürsten zu
Luther" von seinen Schülern in Angriff nehmen liesse. Ueber Friedrich den Weisen vind
über Herzog Georg wäre ja noch besonders viel zu erforschen. J. Beckers^^) Dissertation,
die Maurenbrechers Anregungen ihren Ursprung dankt, untersucht die Beziehungen des
Kurfürsten Johann zu Luther, zunächst bis in die Packschen Händel hinein. Das Material
ist fleissig zusammengetragen, daneben auch manches am Wege Liegende erörtert, z. B.
die richtige Datierung der Gutachten Luthers in den Packschen Wirren. Der wichtigste
Teil der Untersuchung, der Augsburger Reichstag und was damit in Verbindung steht,
wird einer Fortsetzung vorbehalten, ebenso die Zusammenstellung des Ertrags aus
all den Einzeldaten, die bisher hier vereinigt sind. — T seh ackert^'*) hat zu seinem
1889 erschienenen Atifsatz über den Briefwechsel zwischen Herzog Albrecht und Luther
Nachträge gegeben, in denen er eine verlorene Korrespondenz aus dem Sommer 1525
nachweist. Danach wurde Luther in jenen Tagen feierlichst nach Königsberg eingeladen,
\nn an den Beratungen über die preussische Kirchenordnung teilzunehmen ; Luthers aus-
führliche Antwort, unter anderm de ceremoniis instituendis, ist iins leider auch nicht er-
halten. — Diese kleine Publikation steht in Zusammenhang mit den umfassenden imd
erfolgreichen Studien zur preussischen Reformationsgeschichte Tschackerts 35), die Luthers
Beziehungen zum Hochmeister sowie zu den in Preussen thätigen Wortführern der Re-
formation sorgfältig verfolgen, auch z. B. dem Nachdruck und der Verbreitung Lutherscher
Schriften im Ordenslande Aufmerksamkeit schenken. In Bezug auf Datum und Ver-
anlassung der Schrift Luthers „An die Herren Deutschs Ordens" befindet sich jedoch T.
noch auf falscher Fährte, wie ich inzwischen (Weimarer Ausgabe 12, S. 229 f.) meine
nachgewiesen zu haben. Auch er hat, gleich früheren Forschern, sie dreiviertel Jahr zu
früh datiert. — Eine interessante Ergänzung zvi Tschack ert hat inzwischen auch Joachim 3^)
geliefert. Danach beginnen schon im Herbst 1521 die ersten Schritte des Hochmeisters,
mit Luther Beziehungen behufs einer Revision des Ordensbuches und einer Reformation
des Deutschordens anzuknüpfen. —
Eine wertvolle Studie zu der viel verhandelten Frage nach dem Einfluss der
Humanisten auf Luther bietet ReindelP''). Hatte Knaake (vgl. o. N. 1) sich
gegen Kampschulte mit Erfolg gewendet, so zieht R. gegen den in Kampschultes imd
Maurenbrechers Geleisen sich behaglich bewegenden Werckshagen (Luther und Hütten.
Wittenberg 1888) zu Felde. Auch für ihn spitzt sich das Problem schliesslich zu der
Frage zu, ob die Schrift „An den christlichen Adel" von Hütten litterarisch beeinflusst
sei. Er giebt jedoch nicht wie Werckshagen einen Paralleldruck ähnlich klingender
Stellen aus Hütten und Luther, wohl aber eine methodisch angelegte Analyse der Schrift
an den Adel in Bezug auf die ihr zu Grunde liegenden Quellen. Der w^ertvolle Kom-
mentar, den er hier aus der Litteratur der vorangehenden Jahre liefert (S. 71 — 106),
erbringt in der That den Nachweis, dass diese Schrift die Frucht eines ausgedehnten
kirchengeschichtlichen Studiums Luthers ist und dass sie in der Frage der Quellen,
d. h. der stofflichen Abhängigkeit, in keiner Beziehung zu Huttens „Vadiscus" oder
„Inspicientes" steht. Wohl lässt sich seine StofFsamndung leicht noch in mamiigfacher
Richtung vermehren ; ich erinnere zum Beispiel an Maximilians Bemühungen für Kalender-
und Festtagsreform. Aber in der Hauptsache scheint mir seine Thesis so fest begründet
Urtext netst Vorschlägen zu spracliliclien Aenderungen u. Anmerkungen. Hannover, C. Meyer. 53 S. M. 1,20. — 31) F. DUster-
dieck. Sprachliches zu d. lutherischen Erklärung d. vierten Bitte : ThStK. 63, S. 692/6. — 32) Carl Bertheau, Noch einmal
d. Luthersche Erklärung d. vierten Bitte im Vaterunser: ib. 64, S. 161—71. — 33) J. Becker, Kurfllrst Johann v. Sachsen
u. seine Beziehungen zu Luther. 1. 1520 — 28. Phil. Diss. Leipzig, Gräfe. 82S.M. 1,60. — 34) P. Tschackert, Z.Korrespondenz
Martin Luthers: ZKG. 11, S. 620/2. — 35) P. Tschackert, Urkkhuch. z. Reformationsgesch. d. Herzogturas Preussen. 1. Bd.
Einl. 2 Bd. Urkk. 1. Teil 1523—41. (= Publikationen aus d. preuss. Staatsarchiven. Bd. 43 u. 44.) Leipzig, Hirzel. XII, 389 S.
M. 9,00; yill, 436 S. M. 10,00. — 36) Joachim, D. Hochmeisters Albrecht v. Preussen erster Versuch e. Annäherung an
Luther: ZKG. 12, S. 116—22. — 37) W. Keindell, Luther, Crotus u. Hütten. E. quellenmässige Darstellung d. Verhältnisses
Luthers z. Humanismus. Marburg, Ehrhardt. 134 S. M. 2,70. |[Knaake: DLZ. 12, S. 697/9; Szamatölski: ADA. 17,
Jahresherichte fllr neuere deutsche Litteraturgeschichte I(i>. 8
114 11,0: G. Kawerau, Luther.
zu sein, dass sie nicht wiecler entkräftet werden wird. R.s Ausführungen übei Huttens
Beziehungen zu Liither fanden von kompetenter Seite manclien Einspruch; aber in der
Hauptthesis wurds ihm auch hier unbedingt zugestimmt, dass nämlich die verwandten
Bestrebungen beider Männer 1518 — 21 viel weniger aus dem Einfluss des Einen auf
den Anderen, als aus gemeinsamer Beeinflussung durch gleiche Verhältnisse und durch
die Lektüre der gleichen Schriften zu erklären ist. —
Das grosse Werk Uhlhorns^^^ verdient eine Erwähnung in dieser Uebersicht,
da liier Luthers Anschauungen über Nächstenliebe und Almosen, Bettel und Armen-
pflege, sowie die zum Teil unter Luthers Mitwirkung erfolgte Einrichtung der „ge-
meinen Kasten" und Aufrichtung von Armenordnungen im Zusammenhange der Gesamt-
geschichte christlicher Liebesthätigkeit eine sachkundige Darstellung und nüchterne
Wiu"digung gefunden haben. 39) — Hunnius 4'*) zeigt uns Luther in seiner Stellung zu den
Fragen der Gesundheitspflege, Diätetik und Gymnastik sowie in seiner Würdigung
des ärztlichen Berufs. —
Graue "^i) erinnert daran, dass Luther nicht ein socialpolitisches System
aufstellt, wohl aber als Socialethiker au den einzelnen socialen Erscheinungen freimütig
Kritik übt. Auch liier fügen Luthers Ansichten sich nicht zu einem widerspruchslosen
Ganzen, auch hier begegnet der nicht ausgeglichene Gegensatz überkommener und neuer
Gedanken. —
E.ohnert*2) ereifert sich gegen die ,, Geschichtsfälscher", die bei Luther
von einer freieren Stellung zu den Büchern der Bibel reden, als sie die später
entwickelte Lispirationslehre gestattete. Er reiht Citat aus Luther an Citat; aber mit
all diesen Citaten, die in dem Tone gehen, dass „kein Buchstabe in der heiligen Schrift
vergeblich sei", kann er die Thatsache nicht hinwegschaifen, dass derselbe Luther in
einer anderen ansehnlichen Reihe von Stellen von sehr erheblichen Wertuntersclueden
innerhalb der Schrift, von Irrtümern der Propheten und dergleichen mehr redet. Wer
Luther verstehen will, muss eben beide Reihen von Aussagen ins Auge fassen, nicht
die allein, die ihm gerade zusagt. — Zu Luthers Lehre von der Kirche bringt
SenckeH^) nichts Neues und Selbständiges vor, nur Lesefrüchte aus Köstlins Mono-
graphie von 1853 und Thesen, in denen er die an die Spitze gestellte Definition von
„.Kirche" alsbald selber vergisst und daher unklar wird.*^) —
Einen breiten Raum in der Lutherlitteratur des Berichtsjahres hat leider
wieder ultramontane Betriebsamkeit, bezüglich die dadurch hervorgerufene protestantische
Replik eingenommen; es gilt hier weniger der Behandlung einzelner Eragen als der
Gesamtbeurteilung Lutliers. Döllingers *5) Tod wurde dazu benutzt, die von die-
sem längst widerrufene, wie man sagt auch von ihm selbst möglichst aus dem Buch-
handel entfernte ,, Skizze" von 1851 wieder aufzvilegen. — Die einzig mögliche Antwort
darauf war, dass man von Erlangen aus schleunigst mit einer neuen Auflage der ver-
nichtenden Antwort Hofmanns 4^), der einst den Apostel Paulus , genau nach gleichem
Rezept verarbeitet, dem Vf. jener Lutherskizze vor die Augen gehalten hatte, replizierte.
— Dass der Konvertit Evers*'') mit seiner Abschlachtung Luthers fortfahrt, sei hier
wenigstens notiert. Das wird allmählich die teuerste und wertloseste Biograpliie zu-
gleich. — Nirr mit Bedauern kann man von der Fortsetzung reden, die He fei es ver-
dienstvolle Konziliengeschichte für die Reformationszeit durch Hergenröther ^8) ge-
funden hat. Diese Klage gilt durchaus nicht dem Standpunkt, sondern der völlig un-
genügenden Rüstung des Vf. Da hat es Janssen denn doch ein gut Stück ernster mit
seiner Aufgabe genommen. Es geht nicht an, über Luther und sein Werk mitreden zu
wollen, wenn man mit zufällig zusammengeraffter neuerer Litteratur sich aufspielt, aber
daneben nirgends über den heutigen Stand der Forschung wirklich unterrichtet ist. Für
Hergenröther existiert von Köstlin nur die Auflage von 1875; Knaakes Forschungen in
der Weimarer Ausgabe sind für ihn gar nicht vorhanden, die Tetzellitteratur reicht bei
ihm bis 1853 usw. So trägt er längst abgethane Irrtümer (z. B. die Zugehörigkeit
der Protestatio Luthers zu den 95 Thesen, die Identifizierung des Augustinereremiten
J. Paltz mit dem Chorherrn in Neuwerk gleichen Namens, Luthers Rede für den Leitz-
kauer Propst als für das 5. Laterankonzil bestimmt und dgl.) in aller Harmlosigkeit
S. 220/3.] I — 38) G. Uhlhorn, D. christliche Liebesthätiglceit. 3. Bd. Seit d. Reformation. Stuttgart, Gundcrt. VIII, 520 S.
M. 7,00. — 39) XX If- Blind, Luthers monuments and the German Kevohition of 1525: Scottish Review. S. 102—29. —
40) C. Hunnius, Luther im medizinisch-hygieinischen Rahmen: MNEKR. S. 282—97. — 41) G. Graue, Luthers Stellung zu
d. Streitigkeiten über weltlichen Besitz: PKZ. 37, S. 812/8; 840/4. — 42) W. Rohnert, Was lehrt Luther v. d. Inspiration
d. Heil. Schrift? Mit d. Reformators eigenen Aussprüchen dargelegt. Leipzig, Böhme Nachf. 28 S. M. 0,25. — 43) Senckel,
Z. Lehre Luthers v. d. Kirche: EKZ. S. 183/5 u. 201/6. — 44) XX H. E. Jacobs, A study in Luthers eschatolcgy: The
Lutheran Church Review. 8. 232/9. — 45) J. DOUinger, Luther. E. Skizze. [Aus Wetzers n. Weites Kirchenlexikon.] Neuer
Abdr. Freiburg. Herder. 03 S. M. 0,40. — 46) .1. f'li. K. Holiiianu. l'nuhis. e. Döllingersche Skizze. Erwiderung auf D«llingers
Luther.Mkizze. In 2. Aufl. bor. v. T h. Kolde. Leipzig, Doichert Nachf. 39 S. M. 0,t'.0. - 47) G. G. Evers, Martin Lutlier.
Lebens- n. Charakterbild v. ihm selbst gezeichnet in seinen eigenen Schriften u. Korrespondenzen. 13. Heft. Im Genuss d.
Fruchte d. Revolution u. in d. Arbeit z. Rechtfertigung derselben. Mainz, Kirchheim. Bd. (J, 1—368 S. M. 3,45. (Bd. 1-13 M. 33,60.)
II,ß: G, Kaweraii, Luther. 115
wieder vor. Er schreibt ans der von ihm benutzten Litteratur gelehrte Citate dreist
ab, als hätte er die Bücher selber in Händen gehabt, wobei es ihm dann z. B. begegnen
kann, dass er, zwei Citate bei Maurenbrecher verwechselnd, S. 224 dem Erlanger Plitt eine
zweibändige Erasmusbiographie andichtet, aus der er dies und das gelernt haben will!
S. 317 bereichert er die Litteratur mit den „vielen Fhigschriften, die C. Güttel seit 1533
gegen G. Wizel" verfasst haben soll. Eine klassische Probe der Art, wie Janssen hier
ausgenutzt ist, bietet S. 288, wo für den Satz, dass Luther „der blinden Zerstörungswut
voranleuchtete", einfach seine ganze Schrift „Treue Vermahnung zu allen Christen, sich
zu verhüten vor Aufruhr und Empörung" als Beleg zitiert wird. Gelesen wird H. sie
schwerlich haben (citiert er doch Lutherausgaben immer je nach dem Autor, dem er
gerade nachsclireibt), aber schon ihr Titel hätte ihn vor dieser Gedankenlosigkeit
warnen sollen. Wir lernen, dass Luther in seinen Gottesdienstordnungen „unvermerkt . . .
die Konsekration fortliess" (S. 506) und dgl. mehr. Bis 1536 reicht diese „Vorgeschichte
des Tridentiner Konzils"; die Lutherforschung muss bedauern, hier vom Gegner nichts
oder doch nur wenig lernen zu können. Dankenswert ist § 929 mit seinen ausführlichen
Excerpten aus den Censuren der Universitäten Löwen und Paris gegen Luther, wie denn
in der Masse des aufgehäuften Stoffes manches Brauchbare sich findet. Aber je genauer
man der Mache des dicken Buches nachspürt, um so mehr schwindet der Respekt vor
der Wissenschaftlichkeit, die sich hier in zahlreichen Anmerkungen bläht. — G. Ka-
weraus'*9) Scharmützel mit dem Domkapitular ßöhm ^o) diente dem Erweise, dass
Tetzels berüchtigtes Wort vom „Geld im Kasten" nicht eine böswillige Erfindung der Pro-
testanten ist, sondern von katholischen Zeitgenossen überreichlich bezeugt wird. Koldes
Recension brachte eine dankenswerte Vermehrung' der Zeugenreihe. Da R. nicht ein-
gestehen wollte, sich verhauen zu haben, versuchte er die Debatte auf andere Kon-
troverspunkte hinüberzuspielen. — Wieser ^i) macht sich die leicht gewonnene Freude,
Schwankungen und Meinungswechsel, ja Widersprüche in den verschiedensten Fragen
des öffentlichen Lebens bei Luther nachzuweisen. Im übrigen werden die Arbeiten
grösseren Stiles fürs Volk verarbeitet ^2-55^^ -y^j^ß^ (Jer katholischen Tagespresse wird das
nötige Material für Kampfartikel bequem zugerichtet. —
Das Haupteffektstück des Jahres war Majunkes^^) Kraftleistung mit Wieder-
ausgrabung der Lügende von Luthers Selbstmord. Eine ganze Litteratur ^'''-69) ist
darüber hüben und drüben emporgeschossen. Dreimal hat Majunke ^2-69^ seine Mär
vorgetragen, seine Zeugen herausgestrichen, auf Luther in allen Tonarten geschimpft,
die protestantische Lutherforschung verhöhnt: er hat doch nur eine kühle. Ablehnung
bei den Anständigen seiner eigenen Partei gefunden. Das letzte Wort haben wir ihm
in diesem Kampfe gern gelassen; das letzte ist ja nicht immer das beste. Dankenswert
ist in dem ganzen wüsten und alles wissenschaftlichen Ernstes haaren Vorstoss dieses
Herrn allein das Eine, dass er den von den Lutherbiographen bisher übersehenen, weil
nur einer späteren Ausgabe der „Commentaria Joh. Cochlaei" beigegebenen interessanten
feindseligen, aber offenbar aus der Nähe stammenden und darum beachtenswerten Mans-
feldschen Bericht über Luthers Tod hervorgezogen hat. Den Selbstmordroman M.s
kann freilich auch dieser nicht stützen. In dem ganzen Intermezzo war lelirreich und
verdient, notiert zu werden, 1) dass ein Bruchteil der katholischen Presse diesen Rauf-
boldkatholizismus ablehnte und dafür von M. in seiner zweiten Schrift echt demagogisch
angegriffen wurde; 2) dass sich ein Honef^*) fand, der es für angezeigt hielt, Majunke
für den grossen Haufen zu popularisieren und einem noch gröberen Geschmack anzu-
passen, denn für die Begriffe dieses seltsamen Litteraten war Majunke noch viel zu
zart luid anständig gewesen; 3) dass die HPBll. die Gelegenheit benutzten, einem
— 48) S. u. 11,7 N. 1. — 49) G. Kawerau, ,,Sobald d. Geld im Kasten klingt, d. Seele aus d. Fegfeuer springt" E. offener
Brief an Hrn. Domkapitular J. Böhm in Passau. (= Freundschaftl. Streitschriften. N. 20.) Barmen, Wiemann. 22 S. M. 0,20.
|[Bossert: ThLZ. N. 5; Kolde: CliristlWelt. S. 629—31, 646-50.]| — 50) J. B. Röhm, Z. Tetzel-Legende. Offener Brief
an Hrn. Prof. Dr. G. Kawerau in Kiol. Hildesheim, Borgmeyer. 33 S. M. 0,30. |[Bossert: ThLZ. S. 406/9.]| - 51) J. Wieser,
Doppeltes Mass in d. Lehre Luthers: ZKathTh. S. 617—46. — 52) S. Altenrath, Z. Beurt. u. WUrdig. M. Luthers. I.Luthers
Selbstbekenntnisse über sich u. sein Werk. 2. Protestantische Zeugnisse über Luthers Ansehen in Deutschland im ersten
Halbjh. nach seinem Tode. 2. Aufl. (= Frankfurter zeitgemässe Broschüren. NF. Bd. 9, Heft 8.) Frankfurt a. M., Foesser
Nachf. 23 S. M. 0,50. — 53) S. u. II, 7 N. 22. — 54) J. Rebbert, Ignatius v. Loyola u. Martin Luther. Paderborn, Bonifacius-
Druckerei. 12". 64 S. M. 0,20. — 55) D. Segnungen d. Reformation, geschildert v. Dr. M. Luther; in Erinnerung gebracht v. e.
deutschen Patrioten. (= KathoL Flugschriften z. Wehr u. Lehr. N. 4.) Berlin, Germania. 16". M. 0,10. — 56) P. Majunke,
Luthers Lebensende. E. bist. Untersuchung. Mainz, Kupferberg. 80 (101) S. M. 1,20. | [KölnVZg. 1889 v. 21. Dez.; TrierLZg.
V. 2. Jan.; G. Kawerau: MagdebZg. v. 18. Feb.] | (1.-4. [vermehrte] Aufl.) — 57) Th. Kolde, Luthers Selbstmord. E.
Geschichtslüge P. Majunkes, beleuchtet. Leipzig, D ei chert Nachf. 42 S. M. 0,60. |[PKZ. N. 12; Bossert: ThLBl. N. 12 ;
G. Kawerau: ThLZ. N. 9.]| (1. Aufl., desgl. 2. Aufl., 3. verb. u. verm. Aufl. 45 S.) — 58) G. K[awerau], Luthers Lebens-
ende in neuester ultramontaner Beleuchtung. ChristlWelt. S. 197—201; 222/4, 250/5. — 59) G. Kawerau, Luthers Lebensende
in neuester ultramontaner Beleuchtung. Barmen, Klein. 12". 40 S. M. 0,40. (1.— 4. Aufl.) — 80) Dr. Kolde u. d. Schrift
Majunkes über Luthers Tod: HPBll. 106, S. 42-50. — 61) A. Thenn, Zu d. Anzeige über „Kolde, Luthers Selbstmord" in
N. 9 d. ThLZ.: ThLZ. 15, S. 384/5. (Nachtrag dazu G. Kawerau: ib. S. 412.) - 62) P. Majunke, D. bist. Kritik über
Luthers Lebensende. Mainz, Kupferberg. 106 S. M. 1,50. — 63) Th. Kolde, Noch einmal Luthers Selbstmord. Erwiderung
auf Majunkes neueste Schrift. Leipzig, Deichert Nachf. 28 S. M. 0,50. — 64) M. Honef, D. Selbstmord Luthers, geseb.
8*
116 n,ß: Gr. Kawerau, Luther.
Urteil über Majunke vorsiclitig ausweichend, Kolde, der ihm in der Rüstung des
Historikers, aber auch in der Entrüstung eines Menschen, der krumme Wege hasst,
entgegengetreten war, wegen Intoleranz und Störung des konfessionellen Friedens zu
denunzieren, ja die Person des Prinzregenten von Bayern hineinzuziehen; lag doch
diesem eben Koldes Wahl zum Prorektor der Universität Erlangen zur Bestätigung
vor. Ueber die protestantischen Antworten sei nur kurz bemerkt, dass das Quellen-
material am eingehendsten durch KoldeS''-**^) Prüfung gefunden hat, dessen Arbeit die
gelehrte Erwiderung ist. Alle andern Antworten wenden sicli an das grössere Publikum,
teils auf Grund eigener Bekanntschaft mit den Quellen, teils in Abhängigkeit von den
Arbeiten von Kolde und Gr. Kawerau-'>'^-59). Die kleine Schrift des Letztgenannten be-
handelt die Lüge über Luthers Ende als Species einer ganzen Gattung der im 16. Jh.
auf allen Seiten üppig wuchernden tendenziösen Märchen über das Ende kirchlicher
Gegner. W. Walther^^) analysiert unter psychologischen Gesichtspunkten die Berichte
der Augenzeugen über Luthers Sterbestunde, um auf diesem Wege zu zeigen, wie Ma-
junkes Rezept, „verabredeter Bericht, um den Selbstmord zu vertuschen", sich als un-
anwendbar erweist. —
Walther ''0^ liat dem Verein für Reformationsgeschichte ein drittes Heft seiner ver-
dienstlichen Beleuchtung des Gerichtes, das römische Abneigung in diesen letzten
Jahren wieder über Luther gehalten hat, geliefert, um allmählich ein vollständiges Arsenal
der Abwehr gegen alle die landläufigen Entstellungen und Verdrehungen von Luthers
Geschichte, Reden, Absichten, Verhalten bereit zu stellen. Diesmal handelt es sich um
die Vorwüi-fe massloser Selbstüberhebung in der Schätzung seines Berufes, um die un-
lauteren Motive, die den verschiedensten seiner Handlungen untergelegt werden, um die
niedrige, aber auch völHg unzutreffende Deutung, die man seinen häufigen Anfechtungen
gegeben, endlich um den in neuester Zeit so beliebten Vorwurf der Eeigheit und Re-
nommisterei. Auch dieses Heft zeichnet sich durch die rein sachHche Darstellung und
die unerschütterliche Ruhe aus, die W. all den kleinen Bosheiten und Unwahrhaftigkeiten
gegenüber bewahrt, die er auf Schritt und Tritt blosszulegen hat. Dabei ist der Vf. von
grosser Vorsicht und Akribie, so dass er nicht leicht dem Gegner eine willkommene
Blosse bietet. Diese notwendige Verteidigungsarbeit soll weiter fortgesetzt werden.
Leuten, die am Verdächtigen ihre Freude haben, wird freilich auch diu'ch diese Schutz-
wehr das Handwerk nicht gelegt werden. — Mit einem älteren Produkt ultramontaner
Luther-Litteratiu- hat es ein anonymer Aufsatz''^) zu thun, worin Bericht über die unglaub-
lichen Roheiten erstattet ist, die sich ein itahenisches Lutherpamphlet anno 1876 geleistet
hat. — Wenn man uns die Schrift des hessischen Theologen F. Haupt von 1863 — GG über
den „Episkopat der deutschen Reformation" wieder ausgräbt und als höchst zeitgemäss
anpreist'^-), so müssen wir die Kritiklosigkeit solcher Artikelschreiber feststellen ; denn es
handelt sich um ein durch und dm*ch tendenziöses, ohne geschichthchen Sinn gearbeitetes
Buch. Die Männer der „Hammersteinschen Bewegung" schaden der Sache, die sie ver-
treten, selber, wenn sie einen solchen „Anwalt" heraufbeschwören. —
Semler''^) belehrt uns, dass Luther und Goethe zwar ein gemeinsames Ziel,
die sittlich-ideale Erhebung der Menschen, erstreben, aber auf verschiedenem Wege:
Luther „durch den Glauben — für das Jenseits", Goethe „durch das Leben — für das
Leben". Wie misshch solche Schlagworte sind, möge der Vf. daraus ersehen, dass Leute,
die Luthers Anschauungen in Vergleich mit den Idealen des Mittelalters gestellt haben,
sein Werk gerade umgekehrt als „Verwelthchung" des Christentums, als ein Fussfassen
im Diesseits haben bezeichnen können.'*) —
erwiesen. Mttnchen, Liebfrauendruckerei. IG«. 94 S. M. 0,80. — 65) E. BlUmel, Luthers Lebensende. Widerlegung d.
durch d. röm. Priester Majunke hervorgesuchten u. verarbeiteten LUgenberichte. Barmen, Klein. 12. 80 S. M. 0,75. — 66) K.
Sallmann, Luthers angebl. Selbstmord nach P. Mi^unkes GeschichtslUge. Vortr. Kassel, Brunnemann. 16 S. M. 0,50. — 67)
Trora morshausen, Luthers Tod in ultramontaner Beleuchtung. Vortr. Saarbrücken, Hofer. 29 S. M. 0,10. — 68) W. Walther,
Luthers Ende: AELKZ. 23, S. 1121/3, 1149-51. — 69) P. Majunke, E. letztes Wort an d. Luther - Dichter. Nebst neuen
Nachtragen. Mainz, Kupferberg. 52 S. mit Bild. M. 0,75. — 70) W. Walther, Luthers Beruf. (Luther im neueston römischen
Gericht, 3. Heft). (= Schriften d. Vereins f. Reformationsgesch. N. 31.) Halle, Niemeyer. 160 S. M. 1,20. — 71) Z. ultramontanen
Lutherlitt eratur: EKZ. 125, S. 786/8. — 72) E. verschollenes u. doch sehr zeitgemässes Buch: DEKZ. 4, S. 135/6. — 73) Ch.
Semler, D. Weltanschauung Luthers u. Goethes u. ihre Bedeutung fUr unsere Zeit. (= Deutsche Zeit- u. Streit-Fragen. NF.
Heft 63.) Hamburg, Verlagsanstalt u. Druckerei A.-G. 39 S. M. 1,00. — 74) XX J. Sutter, Luther and the cardinal: a historical
and biographical tale of the reformation in Germany. London, Traet Society. 2 sh. 6 d. (Vermutlich Uebertragung v. Armin
Steins hubscher Erzählung.)
11,7: V. Michels, Reformationslitteratu'*. 117
11,7
Reformationslitteratur.
Victor Michels.
Alldem eiueres: Gesamtdarstellungen N. 1. — Unterströmungen N. 9. — Lokal Umgrenztes: Nürnberg,
Wertheim u. a. N. 20. — Preussen N. 34. — Darstellungen unter litterarisclien üosiclitspunkten: Katechismus-
litteratur N. 35. — Der christliche Ritter N. 37. — Einzelne Wortführer: Protestanten: Molanchthon N. 38; Zwingli und
Oekolampadius N. 45; Mathesius N. 47; Bugenhagen N. 50; Rothmann, Andreae u. a. N. 56. — Katholiken: Murner N. 66;
Emser N. 69; Wimpina N. 71; Cochlaeus N. 73. —
Was das Berichtsjahr an wissenschaftlichen Arbeiten gebracht hat, die für die
Kenntnis der litterarischen Bewegung zu Gunsten und Ungunsten der Reformation in
Betracht kommen, geht im allgemeinen mehr von theologischen Gesichtspunkten aus
und findet an dieser Stelle nur insoweit Berücksichtigung, als es auch der litterar-
historischen Forschung dienstbar sein kann. Die Gesamtheit der reformatorischen
Bewegung spiegelt sich in dem 9. Bande von Hefeies Konziliengeschichte aus der
Feder des Kardinals Hergenröther i), der als ein gelehrter und gebildeter Kirchen-
fürst die Reformation wie einen Krankheitsprozess ruhig, wenn aiich nicht immer gerecht
beiu'teilt; für die innern Triebfedern der Bewegung, die Persönlichkeiten des Zeitalters
hat der Vf. so wenig einen Blick wie sein System einen Platz — nicht am wenigsten
zum Nachteil für die Gegner Luthers im Iß. Jh., die, befreit von menschlichen Schwächen
und Leidenschaften, zu Säulen der Kirche versteinert, in einem besonderen Paragraphen
aufgestellt sind und das matte Lob erhalten, dass ihre Thätigkeit „immerhin" aller Ehren
wert sei. Doch wird sich das Buch durch das reichhaltige Material und die beqvieme
Uebersichtlichkeit der Forschung förderlicher erweisen als die protestantischen Lehrbücher
und Leitfäden 2-3). — "Was sonst zu allgemeiner Charakteristik des Reformationszeitall ers
geschrieben ist, hat fadenscheinig -populäre und zum Teil agitatorische Zwecke ^-8). —
Für die Unterströmungen der religiösen Bewegung kommen L. Kellers
Forschungen in Betracht. Sein geistvolles und paradoxes Buch über Staupitz, das zu
einer gänzlich veränderten Auffassung namentlich auch der Nürnberger Verhältnisse zu
zwingen und neben andern auch Hans Sachs zum Sektierer zu stempeln suchte, wirkt
noch in Recensionen nach, die sich im allgemeinen ablehnend verhalten; zu nennen sind
die von Enders 9) und Lemme^o). — Auch die Predigten Staupitzens deren Herausgabe
Aumüller^i) fortsetzt, mit ihrer liebenswürdigen Bildlichkeit, der katholischen Naivetät
des Urteils über heilige Dinge, einem leichten Anflug von Pantheismus sind wenig ge-
eignet, Kellers Urteil zu bestätigen. Nur von interessierter Seite i--i3) hat er auch Bei-
stimmung gefunden mit dem V-ersuch, praktische Konsequenzen zu ziehen. — Ein Un-
genannter in Holland'*) sucht im Geist dieser Forschungen festzustellen, dass Konrad
Grebel bei dem Zwist mit Zwingli (1523) viel mehr konservativ als radikal eine Sonder-
kirche neben der Staatskirche angestrebt habe. — L. Keller'S-ie) selbst setzt seine
Bestrebungen, die Kontinuität der evangelischen Sekten zu erweisen, in mehreren kleinen
Aufsätzen fort: er bringt die interessante Bemerkimg bei, dass das Reichsgesetz vom
23. April 1529 die Wiedertäufer als eine viele Jahrhunderte alte Sekte bezeichnet, und
sieht darin seitens offenherziger Juristen das Eingeständnis einer Thatsache, die nur
schlaue Parteilichkeit der Theologen zu verschleiern suchte. Dass die ersten Wieder-
täufer selbst nirgends ihre Zusammengehörigkeit mit den Waldensern hervorheben,
beruhe darauf, dass „Waldenser" ein Scheltname für Ketzer, Zauberer und Hexenmeister
I) C. J. V. He feie, Konziliengeschichte. Nach d. Quellen hearb. Fortges. v. J. Cardinal Hergenröther. Bd. 9.
Freiburg, Herder. VIII, 972 S. M. 10,00. (Besonders § 843.) - 2) X J- H. Kurtz, Lehrbuch d. Kirchengesch. für
ritud. 11. Aufl. in durchgängig erneuter Bearbeitung. 11,1. Leipzig. Neumann. VIII. 359 S. Tl. 1—4 M. 16,60. — 3) XJ Bücher,
0. Zöckler, Gesch. d. theol. Litt. = Handbuch d. theol. Wissensch. her. v. 0. Zöckler. 1. u. 2. Aufl. Supplementbd. (A): DLZ.
11, S. 121/4. — 4) Weber, Reformation u. sociale Frage. (= Flugschriften d. Evangel. Bundes 47.) Leipzig, Ev. Bund (Braun).
20 S. M. 0,20. — 5) id., Reformation u. sociale Frage. Vortr. geh. bei d. 4. Generalvers. d. Evang. Bundes in Stuttgart am
Mittw. d. 24. Sept. 1890. Leipzig, Ev. Bund (Braun). 22 S. M. 0.20. — 6) id., Rom u. d. sociale Frage. E. Zusammenstellung
V. Thatsachen aus Lehre u. Leben d. Kirche Roms. (= Freundschaftl. Streitschriften. 24.) Barmen, Wiemann. 72 S. M. 0,75.
— 7) Paulus Cassel, Reformation u. Revolution. Vortr. v. 31. Okt. 1890. (=: Samml. wissensch. Abhandl. u. Vortrr. 2.) Berlin,
Rosenhaum & Hart. o. J. 15 S. M. 0,50. — 8) id., Ich u. Ist (Reformation u. Abendmahl). Einige Antithesen z. 31. Okt. 1890.
(= Samml. wissensch. Abhandl. u. Vortrr. 1.) Berlin, Rosenbaura & Hart. o. J. 42 S. M. 0,50. — 9) L. Enders, Keller, Johann
V. Staupitz: ThLZ. 15, S. 632/6. — 10) Leinme, Keller, Johann v. Staupitz u. d. Anfänge d. Reformation: ThStK. 63,
S. 185-94. — II) AumüUer, Predigten v. Staupitz. Fortsetzung: JGGPÖ. 11, S. 113-32. — 12) Lerp, Thesen über d.
Ludwig Kellersche Auffassung d. Reformation. Privatdruck. (Unter d. Titel „E. erfreuliches Zeichen" abgedr. MenonBll. 37, S. 4—5.)
— 13) C. Härder, In Sachen d. Kellerschen Forschungen: MenonBll. 37, S. 113/4. — 14) Z. Beurteilung Konrad Grebels: ib.
S. 1-4. — 15) L. Keller, D. Reichsgesetz gegen d. sog. Wiedertäufer v. 23. April 1529: ib. S. 109—11. — 16) id., Z. Frage
118 11,7: V. Michels, Reformationslitteratur.
gewesen sei, — bei allem Scharfsinn schwerlich überzeugend, i^-is) — Pür die BeurteDung
der Nürnberger Bewegung kommt jetzt auch Koldes Abhandlung zum Prozess des
Johann Denk und der drei gottlosen Maler in Betracht, der dritte seiner noch zu
besprechenden Beiträge zur Kirchengeschichte (vgl. N. 73), der das Bekenntnis Denks, das
Gutachten der Nürnberger Prediger und die Verhörsprotokolle aus den Akten mitteilt
und Kellers Forschungen über Denk in manchen Punkten berichtigt. — Ferner Mummen-
hoff s^^) Artikel über Christoph Scheurl, der das Höfisch -Gewuj^dene im Cliarakter des
Nümbergers schärfer als bisher heraushebt und für seine Darstellung neue Mitteilungen
eines Nachkommen benutzen kami. —
Die letztgenannten Arbeiten leiten zu der lokal umgrenzten Forschung über,
der Herolds^O) Buch über Nürnberg in seinen Gottesdiensten zuzurechnen ist,
das deshalb wenigstens Erwähnung findet, weil hier einiges über reformatorischen Gottes-
dienst und damit auch über die reformatorische Bewegung in der litterarisch so bedeutsamen
Stadt, freilich ziemlich äusserlich, zusammengestellt ist. — Von der Reformation in
"Wertheim liefert in anspruchslosester Form und ohne selbständige Forschung F. Baum-
garten^i) ein hübsches Kulturbildchen: einen Hintergrund für Eberlin von Günzburg. —
Die Vorgänge in Hessen beleuchtet E.ady22) zwar auf Grund der Lenzschen Publikationen,
aber mit einer diirch den Parteistandpunkt verschuldeten Befangenheit und argen
Schnitzern.23) — Was über die Reformation in Strassburg^^)^ Baden 25-26), Sachsen 2^-29),
Brandenburg 30-31), Polen ^2) erschienen ist, hat mehr für Historiker und Theologen Interesse;
beachtenswert ist aber eine Recension G. Kaweraus^^), die auf den Dresdener Wolfgang
Wulfer und seine Schriften gegen Luther aufmerksam macht. —
Die reifste Frucht auf dem ganzen Gebiet ist jedenfalls Tschack er ts^*) Urkunden-
buch zur Reformationsgeschichte Preussens. Für den hier gebotenen Standpunkt
bildet die Wirksamkeit Herzog Albrechts und seines getreuen Georg von Polentz, dem,
wie wir nun erfahren, Erhard von Queiss gleich von Anfang an als energischer Gesiinmngs-
genosse zur Seite steht, nur den lebensvollen Hintergrund, von dem sich die Gestalten
litterarisch bedeutsamer Männer abheben. Poliander und Briessraann erhalten scharf
gezeichnete Porträts; Cosacks Buch überPaul Speratus wird durch die neuen Quellen
nicht nur ergänzt, sondern in vielen Punkten (ökonomische Lage, Verhältnis zum Herzog
u. a.) berichtigt; die „Constitutiones synodales evaiigelicae" werden als Schrift des
Speratus unbedenklich liingestellt. Die Königsberger Zeit des Gnapheus, seine Wirk-
samkeit am Partikular und an der Universität, wird hell beleuchtet: sein Zwist mit dem
intriganten Staphylus und seine Vertreibung als Ketzer im wesentlichen auf Grund
seiner „Antilogia" und, trotz der anderwärts hervortretenden, nicht ganz einwandfreien
Begeisteining des Vf. für das landeskirchliche Luthertum, durchaus zu Gunsten des
Gnapheus. Neue Schlaglichter fallen auf die Thätigkeit des Crotus Rubeanus als
Sekretär des Herzogs. Der eitle. Sabinus wird, gegen Töppens „Gründinig der Universität
Königsberg", in die Linie tüchtiger Kollegen zurückgestellt. Auch über den Königs-
berger Buchdrucker Weinreich und über die Gründung der Königsberger Filiale des
Hans Luft unter Osianders Leitung werden wir orientiert. Verschiedene Register er-
leichtem in dankenswerter Weise die Uebersicht über die Quellen. —
Darstellungen unter litterarischen Gesichtspunkten liegen verhältnis-
mässig wenige vor. Von den verschiedenen Zweigen der Reformationslitteratur ist nur
den katechetischen Schriften durch zusammenhängende Forschxmg von theologischer
Seite Pflege zu teil geworden. G. Kaweraus^-^) Neudruck zweier vorlutherischer
nach d. Ursprung d. Wiedertäufer: ib. S. 117. — 17) X Z. Gesch. d. sog. Wiedertäufer im Bistum Mllnster um d. .J. 1600: ib.
S. 88/9. — 18) X Daniel Sudermann — e. Wiedertäufer: ib. S. 100/1 u. 10.5/6. (Auszug aus Sepp. Kerkhist. Studien.) —
19) Mummenhoff, Christoph Scheurl: ADB. 31, S. 145/54. — 20) M. Herold, Alt-NUrnberg in seinen Gottesdiensten. E.
Beitr. z. Gesch. d. Sitte u. d. Kultus. Gütersloh, Bertelsmann. VII, 333 8. M. 4,80. |[H. A. Köstliii: ThLZ. 16, S. 446 f.
(wann lobend).]| — 21) F. Baumgarten, Wie Wertheim evangelisch wurde. (=i Schriften f. d. deutsche Volk her. v. Verein
.. Refonnationsgeseh. 8.) Halle. Niemeyer. 66 S. |[G. Bessert: ThLZ. 16, S. 45.) — 22) J. B. Kady, D. Reformatoren in
ihrer Beziehung z. Doppelehe d. Landgrafen Philipp. Nach d. in d. „Publikationen aus d. preuss. Staatsarchiven" veröffentl.
Briefwechsel d. Landgrafen ra. Bucer dargest. Frankfurt a/M., Foesser Nachf. IV, 131 S. m. Portr. M. 2,25. — 23) X Schädel,
D. Martyrium Philipps d. Grossmutigen in seiner belgischen Haft. (=: Flugschriften d. Evang. Bundes. 44.) Leipzig. Braun. 15 S.
— 24) E. Stricker, Joh. Calvin als erster Pfarrer d. reform. Gemeinde zu Strassburg. Nach urkundl. Quellen. Strassburg,
Heitz. 66 S. M. 1,20. |[LCB1. S. 1321/2.]| — 25) G. Linder, Simou Sulzor u. sein Anteil an d. Reformation im LanJe Baden,
sowie an d. Unionsbestrebungen. Heidelberg, Winter. IV, 70 K. M. 3,00. |[Egli: ThZSchw. 7, S. 196 (lobend); G. Kawerau:
ThLZ. 16, S. 1.53 f. („schätzenswerte Chronik, keine Biographie im höheren Sinne").]! ~ 26) R. Fester, l). Religinnsmandate
d. Markgrafen Philipp v. Baden 1.522—33: ZKG. 11, S. 307—30. — 27) Könnecke, Z. 3.50j. Refonnationsjubiläum d. Alberti-
nischen Sachsen: KM. 9, S. 167-83. — 28) Georg Mllller, F. H. Baumgärtel, D. kirchl. Zustande Bautzens im 16. u. 17. Jh.
NASächsG. 11, S. 167/8. - 29) id., Dibolius, D. Einführung d. Reformation in Dresden: ib. 8. 167. - 30) (i. Bessert,
Heidemann, D. Reformation in d. Mark Brandenburg: ThLZ. 15, S. 121/3. — 31) P. Tsehackert, Heidijmann, D. Reformation in
d. Mark Brandenburg: ThStK. 63, S. 601—14. (Zu beachten lllr Briessmann.) — 32) J. Sembrzycki, D.Reise d. Vergerius
nach Polen 15.56/7: AltprMschr. 27, S. 513—84. — 33) G. Kawerau, Dibelius, D. EinfUlirun«? d. Reformation in Dresden:
ThLZ. 15, S. 256/7. — 34) P. Tsehackert, Urknndenbnch z. Reformationsgosch. d. Herzogtui'-is Preussen. Bd. I: Einleitung;
Bd. II u. III : Urkunden. (= Publl. aus d. K. Preuss. Staatsarchiven 43/5.) Leipzig, Hirzel. XII, 389 S. M. 9,00; VIII, 436 S. M. 10,00;
373 8. M. 9,00. i[G. Kawerau: DLZ. 12, S. 489-92; B en rat h: AltprMschr. 28, S. 146/9; LCBl. 1891, S. 1456 f.]| (Vgl. o. 11,6
N. 35 u. ZKG. 11, S. 274—306.) - 35) Zwei älteste Katechismen d. Luther. Reformation (v. P. Schultz u. Chr. Hogondorf). Neu her.
v. G. Kawerau. (= Neudrr. deutscher Litt-W. d. 16./17. Jh. N. 92.) Halle, Niemeyer. 1890 (auf d. Umschlag 1891). 60 S.
11,7: V. Michels, Refonnationslitteralur. 119
Kateclusmen, von denen der eine völlig unbekannt war, lässt jetzt in der Einleitung
die älteste Katechismuslitteratur überschauen. — Gooszen-^^) giebt einen Abdruck des
Heidelberger Katechismus in seiner endgültigen Fassung nebst dessen Vorstiifen und
Quellen im Apparat, dazu die ausführliche Entstehungsgeschichte in fünf einleitenden
Kapiteln. Nicht Ursinus und Olevianus allein haben, wie hier dargethan wird, den
Textus receptus ausgearbeitet, sondern die Entstehung ist bei weitem komplizierter, in-
dem Ursinus aus seinem „Catechismus maior" auf Befehl des Kurfürsten Eriedrich den
„Catechismus minor" schuf, Olevianus diesen übersetzte und leise umänderte, der Kurfürst
ihn von neuem verbesserte, endlich ein Heidelberger Konvent ihn nicht unbeträchtlich
modifizierte. Danach ist die erste Ausgabe gedruckt. Die späteren sind durch Ein-
schiebungen erweitert, die den Unterschied von Messe und Abendmahl feststellen.
Litterarische Quellen sind bei den verschiedenen Stadien besonders katechetische Schriften
Bullingers, Leo Judas, Calvins grosser Katechismus, die Londoner Katechismen und
der Emdener. Im übrigen sei auch auf das ausführliche Referat von Kohlschmidt
hingewiesen. —
Unter einem originellen Gesichtspunkte gruppiert Erich Schmidt^'') in einem
Vortrage eine Reihe von Dichtungen des 16. Jh. und reproduziert so ein Ideal der Zeit,
das in Luther Fleisch und Blut gewann, die Eigur des „christlichen Ritters". Nicht
durch die Schärfe der Zeichnung, aber durch die frischeste Earbengebung entsteht ein
wirkungsvolles und bedeutsames Bild. S. geht von Erasmus' „Enchiridion militis
christiani" aus (das übrigens das Thema nicht erst in die Litteratur einführt: vgl. v. d.
Hagens Minnesinger 3, S. 39a; 41a; 49a; Meisterlieder), nimmt mit H. Grimm Einfluss
auf Dürers „Ritter, Tod und Teufel" an, streift rasch Hütten s ritterliche Gestalt und
lässt uns dann die Streitschriften- iind Erbauungslitteratur (Hütten, Luther , Schwarzenberg,
Amandus, Rhegius, Huberinus, Weller, Ringwaldt) mustern. Aus den Kirchenliedern
folgen axif Luthers Kampflied die Dichtungen von Selneccer, Eünkelin, Anomäus, Suder-
mann; alle werden ganz knapp mit ein paar Strichen charakterisiert. Ebenso die
Dramen mit der „Moralite Nouvelle de Mundus Caro et Daemonia" an der Spitze. Eine
schon von Scherer gewürdigte Scene in Kielmanns „Tetzelocramia" wird besonders
heraxisgehoben; Rinckharts Lutherdramen sind mit Recht ungünstiger beiirteilt, als
dies z. B, vom Herausgeber des „Eislebischen christlichen Ritters" geschieht. Sonst
sind Laurimanus, Bresnicer, Dedekind, Rivander, Ebhart, Hirtzwig, Hartmann u. a. bei'ührt. —
Dem Leben imd Wirken der einzelnen Wortführer auf protestantischer Seite hat
im Berichtsjahr allein die theologische Eorschxuig Aufmerksamkeit geschenkt, während
litterarhistorische Studien sich um die Gegner Luthers bemüht haben. Unter den Vor-
kämpfern der Protestanten beschäftigt sich wie gewöhnlich die Forschung neben
Luther besonders mit Melanchthon. Seine „Loci commxmes" hat Kolde*^*^) heraus-
gegeben mit einer klaren Einleitung, die Melanchthous Entwickliuag vom Hvunanisten
zum Reformator verfolgt und die „Loci" aus Obelisken zu Petrus Lombardus heraus-
wachsen lässt, und mit Anmerkungen, welche allenthalben die Beziehungen auf scho-
lastische Doktrinen feststellen. Dass aber die zu Grunde gelegte Ausgabe nicht der
vermeinte Urdruck, sondern em stückweise gefertigter schlechter Nachdruck, inid dass
überhaupt das Philologische des Herausgebers starke Seite nicht ist, zeigt die wichtige
Recension von Knaake^^). — Als selbständigen Denker auf ethischem Gebiet sxicht
Költzsch-'O) Melanchthon hinzustellen, indem er die philosophische und theologische Ethik
scheidet, die „Philosopliiae moralis epitome" und die „Ethicae doctrinae elementa"
analysiert, aber im Gegensatz zu Zellers und Ueberwegs Urteil Melanchthons Be-
deutung als Ethiker wohl überschätzt. — Verscliiedene zum Teil ungedruckte Briefe
Melanchthons, meist an den Zwickauer Rat und Zwickauer Private, sind in einem Aufsatz
Fabians^i) mitgeteilt; in dem Briefwechsel wird unter andern aixch Georg Thym, der
Vf. des „Thedel von Walmoden", mehrfach erwähnt, und Georg Major erscheint unter
den Wittenbergem, die gemeinsam an den Rat schreiben. — Einen eigenhändigen
Empfelüungsbrief (unterzeichnet „Pliilippus Melanthon") veröifentlicht von Heinemann^s)^
gerichtet an alle „honesti viri" (der Herausgeber drückt sich missverständlich aus). —
Distel'^3) bietet nur einen Nachtrag zu einem bereits gedruckten Briefe. — Ungedruckte
Schreiben an Melanchthon dagegen teilt Hartfelder**) mit. Sie enthalten Aussprüche
M. 0.60. (Vgl. jetzt auch ThStK. 64, S. 172/9.) — 36) M. A. Gooszen, De Heidelbergsclie Catechismus. Textus receptus met
toelichtende tek sten. Bijdrage tot de Kennis van zijne wordingsgeschiedenis en van het gerefonneerd protestantisme. Leiden,
Brill. VIII, XIV, 252 S. M. 8,35. | LKohl schraidt: PKZ. 37, S. 650-00; Weiffenbach: ThLZ. 16, S. 195/9.]| — 37) Erich
Schmidt, D. christliche Ritter, e. Ideal d. 16. Jh.: DRs. 64, S. 194—210. — 38) D. Loci communes Ph. Melanchthons. In
ihrer Urgestalt nach G. L. Plitt in 2. Aufl. v. neuem her. u. bearb. v. Th. Kolde. Erlangen u. Leipzig, Deichert. VIII, 279 S.
M.3,50. |[G.Kawerau: DLZ. 11, S. 279-99; F. Nitzsch: ThLZ. 15, S. 239 (lobend).] | — 39) J. K. F. Knaake, D. Loci communes
Philipp Melanchthons in ihrer Urgestalt, her. v. Kolde: ThStK, 64, S. 601-17. — 40) F. Költzsch, Melanchthons
philosophische Ethik: Leipz. Diss. Freiberg, Craz u. Gerlach. IV, 135 S. M. 2,00. — 41) E. Fabian, D. Beziehungen Ph.
Melanchthons z. Stadt Zwickau: NASächsG. 11, S. 47—76. — 42) v. Heinemann, E. Brief Melanchthons. Empfehlungsbrief
Ph. M.s flir Heinrich Eiferen: ZKG. 12,1, S. 213/4. — 43) Th, Distel, Melanchthons Abschrift e. eigenen Briefes an d. Könij
120 11,7: V. Michels, Reformatioiislitleratur.
über die verschiedensten Personen und Dinge von 1531 — 57; die Absender sind Julius
Pflug, Andreas Batizius, Kaspar Hedio, Andreas Tricesius, Sigismund Spalting, Martin
Gelenius, Johannes Aurifaber, Andreas Fabricius, Moritz Heiling, Justus Velsius und
Alexander Alesius. —
Briefe von Zwingli^^) und Oekolampadius finden sich bei Wäschke^ß). —
Loesche^''-^^) setzt die Forschungen zu Mathesius fort: er liefert eine Biblio-
graphie der Predigten mit Inhaltsangabe und kurzer Würdigimg und stellt aus den
Predigten, das Pormale nur zum Schluss kurz berührend, die exegetische Art, die
dogmatischen vmd ethischen Anschauungen des Mathesius zusammen. Er giebt ferner
eine Uebersicht des Briefwechsels, darunter 74 neue Briefe, deren Inhalt in Re-
gestenform mitgeteilt wird: 59 sind darunter von Mathesius an Melanchthon, Eber,
Camerarius (Vater und Sohn), Caspar von Nidbruck, Spalatin, C. Peucer, Camitianus,
Gigas, Heidrich, Prätorius; die übrigen an Mathesius vom Rat von Joachimsthal,
Nidbruck, Melanchthon, Camerarius (Vater), C. Heidrich. (Vgl. o. II, 1 N. 13). —
Zu Bugenhagens Briefwechsel bringt 0. Vogt 5*^) ein paar Nachträge, während
Köstlin^i-&2) in zwei Aufsätzen die Echtheit von Liithers Schreiben an Bugenhagen
aus dem Jahre 1520 zu erweisen sucht: in dem ersten wird auf Gnmd von Angaben
Zöcklers behauptet, die Hand sei Luthers und es Hessen sich die Spitzen der weg-
geschnittenen Buchstaben „M-t-L-th-" am unteren Rande erkennen, im zweiten auf
Grund eigener Einsicht ausgeführt, die Hand sei Bugenhagens und aus dem Weg-
geschnittenen „e s t" herauszulesen.53-54) — Eine gut gemeinte populäre Biographie
Meinhofs^s) enthält nichts Pörderndes. —
Von Arbeiten über die Kleineren ist vornehmlich L. Kellers ^^^ Aufsatz über
Bernhard Rothmann, der zum ersten Mal das Leben des Münsterer Wiedertäufers
zusammenstellt und den inneren Kämpfen des Mannes gerecht wird, geeignet, Interesse
zu erregen. — L. Keller^'') giebt auch von Michael Sattler eine knappe Charakteristik,
bei der zugleich einige der durch seine Hinrichtung hervorgerufenen Schriften namhaft
gemacht werden. Das in Wackernagels Kirchenlied 3, N. 404 abgedruckte Lied spricht
R. ihm zu, N. 520 dagegen ab. — Eine ziemHch eingehende, etwas trocken geschrie-
bene Darstellung der äusseren Lebensgeschichte von Bartholomäus Sastrow liefert Pyl^s).
Hauptquelle ist naturgemäss die Selbstbiographie. s^-^*) — Von Jakob Andrea sind
zwanzig der frühesten Predigten, leicht modernisiert, mit einer biographischen Einleitung
(nach der Selbstbiographie) von Schmoller^s) herausgegeben worden. Sie haben die
lutherische Dogmatik zum Thema; doch zeigen wenigstens die Kinderpredigten hier und
da einen erfreulichen bildlichen Ausdruck.
Unter den schriftstellerisch bedeutenden Katholiken steht Murner im
Mittelpunkt der Forschung (s. auch o. 11,5 N. 26/9). Mit einem kecken Wurf entrollt
W". Kawerau^^) seine Lebensgeschichte bis zu dem Moment, wo der Kampf gegen die
neue Kirche beginnt. Die Charakteristik, für welche Urteile der Gegner mit grosser Vorsicht
benutzt sind, geht auf das Unstäte und Sprunghafte in Wesen und Bildung des Mannes,
der rasch ergreift: Theologie und Rechtswissenschaft, Humanismus und Möncherei, hier
einen Treffer, dort eine Niete, und ebenso schnell abthun will. Erworbenes spielend
mitteilen. Verworfenes mit grober Keule zerschmettern. — Nur äusserlichen Schwung
zeigt im Vergleich mitKaweraus flott geschriebener Skizze die Eiiüeitung Balkes^'') zu
seiner Murner -Ausgabe ; nicht frei von Versehen und Druckfehlern, wichtig durch die
Erwähnung unbekannter Ausgaben, deren Aufbewahrungsort leider in der Regel nicht
angegeben ist. Ungleich ist die Behandlung der Texte („Schelmenzunft", „Narren-
beschwörung", „Von dem grossen lutherischen Narren"), die Orthographie bald verein-
V. Dänemark (25. Jau. 1558) im K. S. Hauptstaatsarclüve : ib. 11, S. 169. — 44) K. Hartfelder, Ungedriickte Briefe au
Melanchthon: ib. 12, S. 187—207. - 45) X J- M. Usteri, Zu Zwiiiglis Elenchus: ZKG. 11, S. 161 '.5. (Gegen «aur ZKG. 10,
S. 330 ff.) — 46) H. Wäschke, Zwei Reformatorenbriefe : MVAnhaltG. 5, S. 602/3. — 47) G. Loescho, D. Predigten d. J.
Mathesius: ThStK. 63, S. 687-749. [[Scheuf fler: ThLBl. 12, S. 297/9.]| - 48) id., Mathesius als Pred'ger: ZPTh. 12,
S. 24-51, 121-46. |[Schouffler: ThLBl. 12, S. 297/9 (lobend).]i — 49) D. Briefwechsel d. Mathesius. Gesammelt u.
erl. V. G. Loesche: JQGPÖ. 11, S. 1—78. — 50) 0. Vogt, Naclitrr. zu Dr. Joh. Bugenhagens Briefwechsel. Stettin. Saunier.
18 S. - 51) S. o. 11,6 N. 13. - 52) S. o. 11,6 N. 13. - 53) X Th. Distel, E. Schreiben d. Witwe Bugenhagens 1563:
ZKG. 11, S. 483/4. — 54) (I, 6 N. 9). — 55) H. Meiuhof, Dr. Pommer Bugenliagen u. sein Wirken. D. deutschen Volke dargest. (=:
Schriften her. V. VRefonnationsgesch. 9.) Halle, Niemeyer. 39 S. j [G. Bessert: ThLZ. 16, S. 46.J | - 56) L. K o 1 1 e r , Bernhard
Rothmann: MennoiiBll. 37, S. 9-10; 13/5; 21/2. (Aus d. ADB. 29, S. 364-70 abgedruckt.) — 57) id., Michael Sattler: ADB.
30, S. 411/3. (Auch in d. MonnonBll. 37. S. 93 f. abgedruckt.) — 58) Pyl, Bartholomäus Sastrow: ib. S. 398—408. — 59) X
.J. Schneider, Martin Schalling: ib. S. 566/9. — 60) X Martin, Oseas Schad (Schadaeus) : ib. S. 495. — 61) X H. Klein-
wächter, Paulus Gericius, deutscher Prediger augsburger Konfession: ZHGPosen. 5, S. 219 — 44. — 62) X Weitbrecht,
Pirckheimer u. Hans Sachs in ihrem Verhältnis %. Reformation: TRs". 10, N. 33/4. (Referat über Roth ^Pirckheimer" u.
W. Kawerau „H. Sachs". — 63) X Tli. Distel, Schreiben Lindemanns an Kurfflrst August zu Sachsen Placius betreffend: ZKG.
11, S. 330/2. — 64) X Th. B rieger, Thesen Karlstadts : ib. S. 479—83. —65) Jacob Andrea, 20 Predigten aus d. J. 1557, 1559 u. 1560
z. 300j. Gedftchtnistag seines Todes, d. 7. Jan. 1890, wieder her. v. Dekan Schmoll er. GlUersloh, Bertelsmann. VIII, 400 8.
M. 5,00.|[G.Kawerau: ThLZ. 16, S. 154 f.] | — 66) W. Kawerau: Thomas Murner u. d. Kirche d. Mittelalters. (= Schriften
d. Vereins f. Keformationsgesch. 30.) Halle, Niemeyer. II, 103 S. M. 1.20. |(EKZ. S. 824; R. Seeberg: ThLBL
12, S. 426/8; G. Bessert: ThLZ. 10, S. 45.]| (S. 64—82 auch in d. PrJbb. 65, S. 155—70 abgedruckt.) — 87) Thomas Murner
11,7: V. Micliols, Eofonnalioiisliiteratur. 121
facht, bald nicht: am schlechtesten ist die „Schelmenzunft" herausgegeben, mit zahlreichen
Druckfehlern des Originals, am besten der „Lutherische Narr" ; hier sind die Holzschnitte
reproduziert, auch ist ein Exemplar der Editio princeps (im Germanischen Museum) mit
anderem Schluss und einem später umgedruckten Blatt herangezogen. — Einen Beilrag
zur letzten, Oberehenheimer Zeit Murners liefert 0. Winckelmann^^) durch Abdruck der
Briefe an den Strassbxu-ger Rat, in denen Murner, doch wohl mehr verzweifelt als
drohend, um Auszahlung seiner einbehaltenen Pension bittet. —
Die Nachrichten über Ems er s Leben stellt Moser^^) in einer Leipziger Disser-
tation sorgsam zusammen mit dem Versuch der Charakterisierung. Im Anhang liefert er
eine ausführliche Bibliographie. — End er s ''*'■) lässt durch einen korrekten Neudruck Emsers
ersten Waffengang mit Luther überschauen. —
Dass Wimpina der Vf. der Tetzel zugeschriebenen Thesen gegen Luther ist,
macht G. Kawerau'^i) durch den Hinweis auf desselben „Anacephalaeosis" (1528) noch
wahrscheinlicher, als es ohnedies war, indem er zugleich eine falsche aber allgemein
verbreitete TJebersetzung der auf das bekannte Ablassverschen bezüglichen These be-
richtigt; diese soll nicht ableugnen, sondeni bestätigen und übertrumpfen („Qui dicit —
non citius quam — errat"; Vulgate: „nicht eher — bis", Kawerau: „nicht noch schneller —
als" 1^^ Anacephalaeosis: „non longe velocius — quam"; gegenüber dem „Sobald das
Geld" USW.T2) _
Für Cochläus endlich bringt Kolde'''') Beiträge, indem er aus einem Brief an
Capito (1521) erkennen lässt, dass Hoffnungen, die jener auf den Mainzer Hof setzte,
zu der plötzlichen Sinnesänderung und Gegnerschaft gegen Luther wenigstens beigetragen
haben. Er weist ferner gegen C. Otto nach, dass Cochläus nicht der Vf. des in seine
Traktate aufgenommenen sogenannten zweiten Breve Adrians an Friedrich den Weisen
sein kann, da dasselbe „Rom 1522" datiert und Cochläus noch im September 1523 in
Frankfurt ist; übrigens geht die Unechtheit des Schriftstücks gleichwohl aus der Un-
vereinbarkeit seines Lihalts mit den auf das zweite Breve bezüglichen Weimarer
Akten hervor. '^'i-'^^) —
11,8
Humanisten und Neulateiner,
Max Herrmann und Siegfried Szamatölski.
Allgemeines: Lokale Gesichtspunkte N. 2; Leben N. 5; Wissenschaft N. 6. — Erasmus N. 20 — Reuchlin N. 21.
- Hütten N. 24. — Lyrik N. 30. — Epos N. 41. - Drama N. 48. - Didaktik N. 55. -
Hat das Berichtsjahr auch keine Gesamtdarstellung der humanistischen und
neulateinischen Litteratur Deutschlands im allgemeinen geliefert, so hat es doch die
Begründung eines Unternehmens gebracht, dessen Ziel es ist, einen Mittelpunkt für die
Beschäftigung mit der lateinischen Litteratur der Renaissancezeit zvi bilden. Die
von Herrmann und Szamatölski i) ins Leben gerufenen „Lateinischen Litteraturdenk-
mäler des 15. und 16. Jahrhunderts" streben der Ankündigung zufolge eine systematisch
vorgehende Erneuerung herv^orragender Werke an, die unter dem Einfluss der Renais-
sance, des Humanismus und der Reformationsbewegung entstanden sind, mögen sie nun
der wissenschaftlichen oder der besonders reich entwickelten schönen Litteratur ange-
hören. Die Texte sollen in kritischer Herstellung, ohne Belastung des Apparats mit
Lesarten sekundärer Fassungen und unter Verzicht auf di« ki'ause Orthographie der
Originale geboten werden, die beigegebenen Einleitungen ausser den erforderlichen
u. Ulrich V. Hütten. Her. v. Dr. Balke. (= DNL. 17.1 u. 17,2.) Stuttgart. Union. LXXXIX, 306 S., 333 S. M. 5,00. — 68) 0.
Win ekel mann, Neue Beitrr. z. Lehensgesch. Murners: ZGORh. NF. 6. S. 121 — 31. — 69) P. Mosen, Hieronyraus Emser,
d. Vorkampfer Roms gegen d. Reformation. Leipz. Diss. Halle, Kaemmerer. 77 S. — 70) Vgl. o. 11,6 N. 14. —
71) Vgl. 0. II. 6 N. 49. [[EKZ.S. 351.]| — 72) XJ- B. Röhm, Z. Tetzel - Legende. (Allgera. Bemerkk. S. o. 11,6 N. 50.) —
73) Th. Kolde, Beitrr. z. Refonnationsgesch : 1. AVie wurde Cochleus z. Gegner Luthers? 2. D. zweite Breve Adrians an
Friedrich d. Weisen v. J. 1522. 3. Z. Prozess d. Johann Denk u. d. „drei gottlosen Maler v. Nürnberg". 4. Nürnberg u. Luther
vor d. Reichstage zu Augsburg 1530. (=; Abdr. aus d. kirchongesch. Studien, S. 197 — 2G3.) Leipzig, Hinrichs. M. 1,20. —
74) X 'l'J'-15rieger, Beitrr. z. Gesch. d. Augsburger Reichstages v. 1530. Archival. Mitteill.: ZKG. 10,8.123—87. (Z. „Confutatio
ponlitica" S. 136—78.) — 75) X M. Koch, E. deutscher Satiriker d. Reformationszeit: MLJA. 59, S. 103/6. (Referat ttber
Jostes, Daniel v. Soest.) —
I) M. Herrmann u. S. Szamatölski. Lateinische Litteraturdenkmäler d. 15. u. 16. Jh. (Berlin, Speyer & Peters)
Berlin, Dru k v. Simion. 4 S. |1.L. Geiger: ZVLR. NF. 3, S. 356,7, 476/8; DLZ. 11, S. 1365; VossZgs. N. 39; RCr. II, 8.239-
122 11,8: Herrmann und Szamatolski, Humanisten und Neulateiner.
textkritischen und bibliographischen Angaben die Entwicklung des Werkes aus seinen
biographischen und litterarischen Bedingungen möglichst unter Verzicht auf die einfache
Biographie des Vf vorführen. Die gi-osse Zahl namhafter Gelehrter, die dem Werke
ihre Mitwirkung zugesagt haben, und mancherlei litterarische Zustimmungen beweisen,
„mit welch freudiger Teilnahme in der Gelehrtenwelt der glückliche Gedanke begrüsst
worden ist, welcher der ganzen Sammlung zu Grunde liegt". — Ferner aber liat das
Berichtsjahr eine ganze Reihe von Beiträgen zu Tage gefördert, welche bestrebt sind,
\iusere Auffassung und unsere Kenntnis der in jener Litteratur zum Ausdruck gekom-
menen geistigen Bewegungen im allgemeinen zu erweitern und zu vertiefen. Zwei
Arbeiten dieser Art gehen von lokalen Gesichtspunkt aus. In einen Mittelpunkt
liumanistischen Lebens versetzt uns ein älterer Artikel Geigers 2), entstanden als ein
Erinnerungsblatt zum Heidelberger Jubiläum und nunmehr in die „Vorträge und Ver-
suclie" des V£ aufgenommen. Er schildert den Humanismus an der Universität Heidel-
berg auf Grund der Arbeiten von Wattenbach, v. Bezold und Hartfelder, ohne über die
somit als Vertreter der älteren Eichtung vorgeführten Humanisten Peter Luder, Rudolf
Agricola und Werner von Themar in der GesamtaufFassung oder im einzelnen neues
beizubringen, auch ohne zu zeigen, warum gerade diese eingehend behandelt und andere
wie Wimpheling und Reuchlin eben nur gestreift werden. Der jüngere Heidelberger
Humanismus wird mit einer aus Classen geschöpften Charakteristik Micylls und einer
Wiederholung der von Geiger in der ADB. zusammengestellten Notizen über Olympia
Morata abgethan; was daran heidelbergisch ist, dürfte wenigstens der hier gegebenen
Dai-stellung schwer zu entnehmen sein. In den Anmerkungen sind einige Zusammen-
stellungen über die Heidelberger Jubiläumslitteratur neu beigesteuert; der schon 1885
in der Zeitschrift für allgemeine Geschichte erschienene Aufsatz Hartfelders über Heidel-
berg und den Humanismus ist weder hier genannt noch für den Text verwertet : obwohl
er ebenfalls nicht aus den Quellen schöpft, giebt er doch ein viel richtiger gruppiertes
Bild des Heidelberger Humanismus im 15. Jh. — Von Heidelberg nach München führt
ein sehr umfangreicher Aufsatz von Reinhardstöttners 3), der Beiträge „zur Ge-
schichte des Humanismus und der Gelehrsamkeit in München unter Albrecht dem
Eünften" verheisst. Thatsächlich hat R. aus Abfällen der von ihm geleiteten ,, Bayerischen
Bibliothek", aus Münchener Archivalien und aus den Schätzen der Münchener Hof-
bibliothek unsere Kenntnis der bayerischen Hofgelehrsamkeit unter Albrecht V. mannig-
fach gefördert, ohne indessen irgend wie zu zeigen, dass und in wie weit diese Hof-
gelehrsamkeit mit dem Humanismus identisch sei, und ohne aus dem Durcheinander des
vorgeführten Materials irgend ein Nacheinander und Nebeneinander der Thatsachen sich
herausheben zu lassen. Die Einzelheiten aber sind so fleissig und so wahllos im Text
und in 646 Anmerkinigen zusammengestapelt, dass es eine schwierige Aufgabe ist, die
von den JBL. vorgeschriebene Analyse vorzunehmen und das Unbekannte vom längst
Bekaimten, das einigermassen Wichtige vom Wertlosen, das zur Sache gehörige von
dem überall mit eingeschobenen Fremden zu scheiden. Es fehlen eigentlich schon
die Beweise dafür, dass Albrecht V. selbst innerlich dem Humanismus ergeben gewesen
sei; aus dem von R. hier zum Teil neu beigebrachten panegyrischen Material
geht — nach Abzug der landläufigen Phrasen — nur hervor, dass man in Albrecht den
Patron der Münchener Bibliothek feierte: aber gerade die von R. beigesteuerten
Beiträge zur Geschichte der Bibliothek zeigen, dass bei ihrer Vermehrung eigentlich
humanistische Principien nicht ziir Anwendung kamen. Der Satz „Er hatte sein Latein
wohl auch dem Donatus zu verdanken" dürfte schwerlich jemanden von Albrechts hu-
manistischer Bildung überzeugen. Ebenso sind in der Umgebung der bayerischen Her-
zöge Humanisten und Nichthumanisten oft recht irreführend durcheinandergeworfen
(was sollen in diesem Zusammenhang Namen wie Andreas von St. Mang, Ulrich Euetrer
und Martin Mayer?), und Licht inid Schatten ist auch bei den Einzelzeichnungen selten
richtig verteilt. Wenn wir aber diese Grundfehler bei Seite lassen, so scheint auch hier
manches in antiquarischer Hinsicht Neue beigebracht, meistens als Erweiterung von
Kobold - Gandersheimers „Bayerischem Gelehrtenlexikon", das R. neben Wiedemanns
Aventinbiographie und Prantls Geschichte der Universität München mit gerechtfertigter
Vorliebe zu Grunde legt. So stehen neben mangelhaften und falschen Angaben, z. B.
liber Hieronymus Ziegler, neben unzureichenden Beurteilungen, z. B. des Martinus Bal-
ticus, auch ein paar brauchbare Ergänzungen in Kleinigkeiten, z. B. zu Castner, Eisen-
mann u. a., und manche beachtenswerte Fingerzeige über Leben inid SchrifteJi bayerischer
Litteraten dieser Zeit, z. B. des Ch. Bruno aus Hyrsheim, des Elegien- und Epigi'ammen-
dichters Georg Vaigel, des Joh. Auerbach, des Joh. Engerd und vornehmlich des Ingol-
Polybiblion59,S. 380; ZGORh. 44, 8. 545 u.U. (d. meisten anderen erst bei d. Besprechung d. ersten Bandes). — 2) L. Geiger, D.
Hainanisuius an d. Universität Heidelberg. (= Vorträge u. Versucbe. Beitrr. z. Litt.-Gesch.). Dresden, Ehlennann. XVI, 318 S.
M. b,W). ]|M. Landau: AZg. 1889, N. 312B.; Hermann: BLU. N. 13; A. Stern: Nation». 7, S. 180 n. a.: s. u. iy,l N. 76.] |
l,!i. 35—43 u. 85J6.) — 3) K. y. BeiuhardstOttner, Z. Gesch. d. Humanismus u. d. Gelehrsamkeit in München unter AI-
11,8: Herrmaiin und Szamatolski, Huinaiiisteii und Neulateiuer. 123
Städter Professors Hannard, dessen hier analysiertes Trauerspiel „Pornius" uns nament-
lich durch einen beigegebenen Traktat „De tragoedia" wichtig ist. Auch die Unterrichts-
geschichte erhält gelegentlich einen Baustein zum Geschenk (die Mitteilungen aus den
Münchener Kammerrechnungen sind freilich grösstenteils auch in R.s „Balticus" ver-
wertet), und für die Greschichte des Schrift- und Buchwesens sind die Notizen über den
Drucker Adam Berg von Bedeutung: mit ihm Hess sich Herzog Albrecht auf buchhänd-
lerische Unternehmungen ein, die sich, um R.s unnachahmliches Bild nicht zu verwischen,
,,wie eine Seeschlange durch die Hof kammerprotokolle durchziehen". Sehr zu bedauern
ist es, dass das Ganze nicht in Buchform erschienen und daher ohne Namen- und Sach-
register geblieben ist, denn immerhin wird künftig jeder, der mit bayerischer Scluift-
stellerei des 16. Jh. zu thun hat, R.s Arbeit als Nachtrag zu Kobold-Gandersheimer in
die Hand nehmen müssen. — Auf eine ältere Arbeit v. Reinhardstöttners gründet sich
Westermayers ^) Artikel über den Münchener Uebersetzer Simon Schaidenreisser, der
zuerst eine deutsche ,, Odyssee" vorlegte; neu ist hier der aus der Vorrede des Markus
Tatius zu seinem verdeutschten Polydorus Vergilius geschöpfte, bisher vermisste Nach-
weis, dass Schaidenreisser 1536 Münchener Stadtschreiber war. —
Eine Gestalt, die uns den Einfluss der neuen Bildvmg auf das deutsche Leben
in mannigfachen Beziehungen deutlich macht, ist Thomas Platter. Seine Selbstbiographie
und seines Sohnes Felix Tagebuch, von Giistav Freytag in den „Bildern aus deutscher
Vergangenheit" als bedeutsame documents humains ihrer Zeiten behandelt, haben ihre
Verfasser zu den intimeren Bekannten jedes Gebildeten gemacht. Insofern darf auch
die von A. Burckhardt ^) veranstaltete Veröffentlichung von Thomas Platters Briefen
an seinen Sohn, wenngleich sie wenig Neues enthalten, ein grösseres Interesse bean-
spruchen. Neues biographisches Material ist aus den Briefen fast gar nicht zu schöpfen,
da sie schon der erste Leser, ihr Empfänger, ausnutzte, indem er ihre Daten in sein
Tagebuch einarbeitete. Aber die Briefe des Mannes, der sich in harten Zeiten vom
Hirtenjungen zum Druckerherrn und Schulmeister hinaufarbeitete, an den Sohn, dessen
reicher Begabung er die Wege zu ebnen bemüht ist, haben neben dem biograpliischen
und historischen auch ein gewisses pädagogisches Interesse. Thomas Platter ist auch
einer von den Vätern, die an den Söhnen verwirklicht sehen möchten, was ihnen selbst
abgegangen. Er, der durch das damalige Schützen- und Bachantenleben um die besten
Jahre seiner Jugend betrogen wurde, sixcht vermittelst dieser Briefe klug und beharrlich
die Lehr- und Wanderjahre (1551 — 57) des jungen Sohnes zur fruchtbaren Grundlage
des ganzen Lebens zu gestalten. Die Briefe erscheinen, da auch die Erzählungen von
Familien-, Stadt- und Reichsangelegenheiten nicht sehr abwechslungsreich und bedeutend
sind, zum grösseren Teil recht eintönig in ihren stets wiederholten Ratschlägen und
Ermahnungen, die nicht gerade einer entlegenen pädagogischeu Provinz entstammen,
sondern von der eigenen Erfahrung und der nächsten Umgebung abgenommen sind.
Immer wieder ermahnt Thomas seinen Sohn, das medizinische Studium an der fran-
zösischen Universität auch auf Pharmacie und Chirurgie auszudehnen, damit der arme
protektionslose Schulmeisterssohn den Kampf mit denen nicht z\i scheuen habe, ,,qui
sibi videbantur esse gross pnurpfen". Stets von neuem wird ihm der Verkehr mit
klugen inid gelehrten Leuten empfohlen, von denen er als Fachmann und Mensch lernen
könne. Auch die Ausbildung in fremden Sprachen und gesellschaftlichen Künsten wird
ihm nahe gelegt. Mit rührenden Klagen und Bitten tönt immer wieder: „vale, si nos
valere vis", und man begi*eift jetzt Felixens Wort im Tagebuch (ed. Boos S. 14.3), dass
er von seinem Vater „sunderlich ... in der frembde aus der mossen geliept und mit
Schriften solches erscheint worden". Neben diesen näheren Zielen, deren Erreichung
mit recht weltlicher Klugheit, zuweilen sogar mit einer gewissen Bauernschlauheit an-
gestrebt wird, sind es Gottesfurcht und Frömmigkeit, die dem Sohn mit stets neu an-
stürmender Dringlichkeit ans Herz gelegt werden: ,,Min Felix, Heb got Lieb ob allen
dingen, so mag dier niemer misselingen". Die ruhigen Ermahnungen steigern sich zu
warnenden Drohungen, als Thomas seinen französischen Pflegesohn, den er von dem
Pflegevater seines Felix übernommen hatte, scheitern sieht. Mit kluger Berechnung be-
schränkt er sich nicht bloss auf Ermalmvuigen, um den, besonders auch von der Mutter,
gefürchteten Einfluss der welschen Weiber zu bekämpfen; er leitet geschickt ein Ver-
löbnis des Sohnes mit einer Jugendfreundin ein, um ihm Heimweh und Liebessehnsucht
zugleich zu erregen. An diesem zarten Bande sucht er seinen Felix zur Heimat zu
leiten, als dieser, unbekümmert um die ängstliche Ungeduld des Vaters, die Entwicklung
des jahrelang Entbehrten endlich mit Augen zu sehen, an seine Studienzeit in Montpellier
noch eine Reise nach Paris schliesst. Der letzte Brief des alten Platter, der nur noch
brecht d. Fünften: JbMUnchG. 4, S. 45—174. — 4) 6. Westermayer, Simon Schaidenreisser: ADB. 30, S. 552/3. — 5) Th.
Platter. Briefe an seinen Sohn Felix, her. v. A. Burckhardt. Basel, Detloff. VI, 106 S. M. 2,50. | [L. Geiger: ZVLR. NF. 3,
S. 2512; id.: AZgB. 1889, K. 2C0; K. Ilartf el der: HZ. NF. 29, S. 549-50; G.Kaufmann: DLZ. 11, S. 1418/9.]] —
124 11,8: Herrmann und Szamatölski, Humanisten und Neulateiner.
lakonisch und fast verzweifelt zur Heimkehr malmt, trägt die Nachschrift: „Vale et veni.
Vola." Die Briefe sind, im Gegensatz zu der rein deutschen Autobiographie, in einem
Gemisch von Deutsch und Latein geschrieben, das schon von Boos, als er die Briefe
für seine Ausgabe von Felixens Tagebuch benutzte, richtig cliarakterisiei't wurde: „So
oft gemütliche häusliche oder innere Angelegenheiten berührt werden, verfällt Thomas aus
einem schulmeisterlichen Latein in treuherziges Deutsch." Der Herausgeber hat sich
auf ein kurzes Vorwort, ein Register und recht karge Anmerkungen beschränkt, in denen
überwiegend Namenerklärungen zu finden sind; der Benutzung der Briefe durch Felix
wird nicht nachgegangen. Das Büchlein ist dem Gymnasium zu Basel zur dritten
Säkularfeier gewidmet. —
Felix Platters Beruf leitet uns hinüber zur Betrachtung der Wissenschaften,
deren Vertreter der neuen Bildung ergeben waren. Einem anderen Arzte der deutschen
Renaissancezeit, Laurentius Scholz von Rosenau, widmet der bekannte Breslauer Bota-
niker Ferdinand Cohn 6) eine warme und lebendige Schilderung. Aiisgehend von
einer Betrachtung der Renaissance als Wiege der Naturwissenschaft legt C. im einzelnen
dar, wie zugleich mit der Kunst der Renaissance die in Italien wiedergeborenen Wissen-
schaften der Anatomie und der Botanik in Schlesien eingezogen seien. Als einen der
würdigsten Vertreter der neuen Gelehrsamkeit, aber auch als einen der liebenswürdigsten
Repräsentanten der neuen gesellschaftlichen Bildung führt C. den sclilesischen Arzt zu-
nächst in seinen Lebensschicksalen vor. Durch eine Geschichte der Kunstgärten und
der Einwanderung der Schmuckpflanzen hindurch gelangen wir zu dem berühmten
Garten Scholzens selber, und zwar durch das Phantasiebild eines jener „floraha
Vratislavensia", Breslauer Bhimenfeste, denen wir hauptsächlich die hier besonders
hervorzuhebenden lateinischen Gedichte auf den Garten verdanken. Der Ton dieser
reiclüich ausgeschöpften panegyrischen Sammlung hat wohl die schöne Wärme der Be-
geisterung für die Leistungen der Renaissance und das Wirken des Mitbürgers und
Kollegen imwillkürlich noch gesteigert. Nebenbei berichtet 0. über die jetzigen
Aufbewahrungsstellen einiger Stücke der Scholzschen Kiinstsammlungen. — Für Medizin
und Botanik besass auch der Berner Theologe Benedict Aretixis (Bendicht Marti) leb-
haftes Interesse; zu der Würdigung des Mannes, die kürzlich J. H. Graf in seiner „Ge-
schichte der Mathematik und der Naturwissenschaft in Bernischen Landen" versucht,
liefert jetzt der Paracelsusforscher Sudhoff '') einen Nachtrag, indem er auf des Aretius
1572 gedruckte, Graf nur dem Namen nach bekannte Veröffentlichung „De Medicamen-
rurum simplicium gradibus" näher eingeht, die einst schon Albrecht v. Haller gar nicht
übel charaktei'isiert hatte. Sie ist im Grunde nichts als das Kollegheft eines Baseler
Studenten, der 1527 bei Paracelsus ^) eine Vorlesung hörte, die jetzt in den fünf ersten
Bücl-ern der paracelsischen Schrift „De gradibus et compositionibus receptorum et na-
tural um" gedruckt vorliegt. Aretius hatte das Heft, wie er in der Vorrede selbst sagt,
von dem späteren Frankfurter Arzie Joh. Stock erhalten, der, als Aretius in Marburg
studierte, sein Stubengenosse gewesen war und es verstanden hatte, den Theologen für
anatomische Studien und botanische Exkursionen zu begeistern; das Vorwort bietet
auch für die Verhältnisse der Universität einige beachtenswerte Notizen. — Minder
wichtig ist ein Nachtrag, den Graf^) selbst herbeigeschafft hat: die ]\Iitteilung eines
inhaltlich recht belanglosen, an S. Castellio gerichteten Briefes des Aretius vom 28. Jan.
1559. — Auf Paracelsus und dazu auf Agrippa kommt auch Carriere ^^) zu sprechen,
indem er kurzen Bericht über neu erschienene Arbeiten abstattet, die über Giordano
Bruno und CampaneUa erschienen sind. — Von noch grösserer Bedeutinig als für solche
Studien auf dem Gebiet der Heilkunst und der Naturkunde war die Wiederbelebung des
klassischen Altertums natürlich für die Geisteswissenschaften. Die Forschung hat sich
im Berichtsjahr zunächst mit zwei Vertretern der Historiographie beschäftigt. In seiner
Biographie des schreibfrohen Nürnbergers Hartmann Schedel fasst Wattenbach ii) die
Ergebnisse einer einst in den „Forschungen zur deutschen Geschichte" von ihm vorge-
legten Arbeit durch einen fast zu sparsamen Auszug zusammen; hinziigekommen sind
nur ein paar Worte über Schedels Historiographie nach Wegele, leider von dort auch
der Fehler, dass der Uebersetzer der Schedeischen Weltchronik Simon Alt statt Georg
Alt genannt wird, und endlich die in jenem älteren Aufsatz ausgefallene Datierung der
Aachener Reise auf 1468; dagegen fehlt der ZVLR. 1, S. 502/3 veröffentlichte Hinweis
auf Schedels Heidelberger Aufenthalt vom Jahre 1479. — Wegele ^2) liefert eine in
populärem Stil geschriebene, aber mit gelehrten Anmerkungen versehene Biographie
6) Ferdinand Cohn, Dr. Laurentius Scholz t. Bosenau, e. Arzt u. Botaniker d. Renaissance: DRs. 62, S. 109—26. —
7) K. Sudhoff: Benedict Aretius: ZVLR. NF. 3, S. 143/5. - 8) X Paracelsus Uberd. ungarischen Aerzte: UngR. 10, S. 19— 21. —
9) .T. H. Graf. Notizen z. Gesch. d. Mathematik und d. Naturwissenschaft in d. Schweiz: MNaturfOBorn. v. J. 1S89 (1800),
8.225;6.|[L. Ooif?er:ZVLB. NF.3,S. 390/1.11 -10) M. Carriöre, Z. Philosophie d. Renaissauce : ZVLR. NF. 3. S. 236—41.—
in W. Wattenbach, Hartmann Schedel: ADB. 30, S. 661/2. — I2> F. X v. Wegele, Arentin. f= Bayerische Bibliothek, her. v.
K. V. Eeinhardstöttner u. K. Trautmann. Bd. 10.) Bamberg, Büchner. 68 S. M. 1,40. [[L. Geiger: ZVLR. NF. 3, S. 391;
11,8: Herrmann und Szamatolski, Humanisten und Neidateiiier. 125
Aventins^^), die sich fast ganz auf die Lebensführimg und die historischen Schriften
ihres Helden beschränkt und auch über diese Punkte nichts wesenthch Neues beibringt,
da sie sich fast ausschliesslich auf die älteren Arbeiten über Aventin stützt und die
noch der Erledigung harrende Aufgabe, eine neue Behandlung auf die nun abgeschlossene
Münchener Ausgabe der Aventinschen Schriften zu gründen, nicht einmal in Angiiff
nimmt. Selbständig ist eigentlich nur der Versuch, für einen durch Horawitz und Hart-
felder veröifentlichten Brief Butzers an Beatus Rhenanus, der für die Aventinbiographie
wichtig ist, eine andere Datierung zu gewinnen: jene haben an 1523/4 gedacht, W. rät
auf 1526. In einer sehr absprechenden Beurteilung giebt M. Herr mann einen kurzen
Ueberblick über die Geschichte der Aventinforschung, verbessert eine grosse Zahl von
Fehlern, die das Büchlein verunzieren, und liefert zum Schluss eine gegen die bisherigen
Darstellungen gerichtete Skizze der letzten Lebensjahre Aventins, die sich hauptsächlich
auf neue Datierungen der zur Verfügung stehenden Quellen gründet, u. a. auch jenes
Butzerbriefs, den H. in längerer Erörterung dem Beginn des Jahres 1529 zuweist.
Aventin hat sich schon vor seiner Verhaftung nach einem anderen Wirkungskreis um-
gesehen, nicht erst, wie man bisher glaubte, nach seiner Freilassung. Von Salzburg
hatte er eine Einladung, an den protestantischen Hof von Wittenberg wollte er gehen,
um hier die Mittel für die Herstellung seines schon 1528 geplanten „Zeitbuchs über
ganz Deutscliland" zu erlangen. Unmittelbar nach seiner Befreiung setzte er seine Be-
mühungen fort, eine neue Heimat zu finden; er verhandelte mit Spalatin, und von
Strassburg aus strebte man, ihn für die neugegründete Schule zu gewinnen. Zur Reife
aber gedieh keiner von diesen Plänen, Aventin blieb bis an sein Ende in Bayern, und
was W. mit der älteren Forschung von späteren Auswandei'ungsplänen erzählt, verweist
H. ins Reich der Fabel. — Die Stellung Aventins in der Gescliichtssclireibung mag man
mit der des Udalricus Zasius in der Rechtswissenschaft vergleichen, der den hervor-
ragendsten Vertreter der vielbekämpften Verbindung der Jurisprudenz mit dem Huma-
nismus darstellt ^4). Neff^^-) setzt sich die Aufgabe, die von Riegger begründete, von
Stintzing und Schreiber fortgesetzte Zasiusforschung an der Hand des alten und des in
neuerer Zeit aufgefundenen Quellenmaterials zu prüfen und zu ergänzen und dem Hu-
manisten Zasius die eingehende Behandlung angedeihen zu lassen, die der Jurist bereits
gefunden. Die im. Berichtsjahr vorgelegten drei Kapitel, Bildung und Lehrthätigkeit,
Verhältnis zum. Humanismus, zur Reformation und zum BauerTikriege behandelnd, bieten
indessen zwar eine wohl lesbare Darstellung, aber eigentlich Neues weder im einzelnen
noch in der Gesamtauffassung des Charakters, dessen besten Seiten, warmer Vaterlands-
liebe, toleranter Religiosität und gründlicher Gelehrsamkeit auch Stintzing schon gerecht
geworden war. So ist die Arbeit zwar nicht ganz unselbständig: N. steigt fast über-
all wieder zu den Quellen hinab und benutzt auch die neu erschienene Litteratur; aber
er thut das eine ausschliesslich an der Hand seiner Vorgänger, das andere nur zur Be-
reicherung der äusseren Illustration und kann daher neue Schätze kaum zu Tage fördern.
Ein paar bisher unbenutzte Zasiana werden für- die Fortsetzung versprochen, hin und
wieder (z. B. S. 29 und 31) i§t für eine alte Hypothese eine neue Begründung beige-
bracht. Leider findet sich im einzelnen mancher bedenkliche Fehler, zumal Unsicherheit
in gelegenthch angeführten Jahreszahlen; S. 19 wird gar Wimphelings „Germania" vom
Jalu-e 1501 mit dem „Epitome rerum Germanicarum" vom Jahre 1505 verwechselt usw. —
Vielseitiger als Zasius war sein jüngerer Kollege an der Freiburger Universität, der
Schweizer Humanist Glarean, der, als Dichter, Philologe und Mathematiker bekannt, be-
sonders der Geographie und der Musikwissenschaft seine schriftstellerische Tliätigkeit
zuwandte. Sein Leben und seine Scluiften hat 0. F. Fritzsche i*^) zum Gegenstand einer
zusammenfassenden Arbeit erwählt. Seit Schreibers grundlegendem Freiburger Programm
war dem Glarean eine umfänglichere Behandlung nur durch Freuler zu teil geworden,
dessen Vorträge jedoch lediglich eine von Lokalpatriotismus, pastoraler Beschaulichkeit
und Trivialgelehrsamkeit unförmig geschwollene Wiederholung der älteren Arbeit bilden.
Die seitdem durch den Fleiss lokalliistorischer Forschung und nun durch die Bemühun-
gen des Vf. selbst gehobenen Materialien begründen die Daseinsberechtigung der neuen
Darstellung. Mit emsiger Benutzung der bezüghchen Litteratur und lebendiger Kritik
seiner Gewährsleute hat somit F. die veraltete Arbeit Schreibers auf den neuesten Stand
der Forschung gebracht; ihm fehlt jedoch eine für den Biographen imentbehrliche Eigen-
schaft: die regestenartige Form, in der die Lebensschicksale und Verhältnisse vorgetragen
werden, entbehrt jeglicher Perspektive. Am stärksten tritt dieser Mangel hervor, wo
er Glarean in seinen Beziehungen zu bedeutenden Zeitgenossen darstellt: statt lebendiger
G. EUingcr: NationB. 7, S. 696 (beide günstig); K. Hartfelder: BPliWS. 10, S. 1601/3.]] - 13) (IV,4 N. 56.) - 14) X R-
Ho che, Johannes Saxonius: ADB. 30, S. 461. (Hamburger Jurist u. Philolog. Fast wörtlich nach Schröders Hamb. Sehrift-
stellerlexikon 6, S. 454 f.) — 15) J. Neff, Udalricus Zasius. E. Boitr. z. Gesch. d. Humanismus am Oberrhein. Progr. d. Gymn.
Freiburg, Lehmann. 4". 35 S. | [L. Geiger: ZVLR. NF. 3, S. 470/3; Salis: CBIRW. 10, S. 10; WSKPh. 11, S. 183/5.]| (Auch
ZGFreiburg. 9, S. 1-39.) — 16) 0. F. Fritz sehe, Glarean. Sein Leben u. seine Schriften. Frauenfeld, Huber. VIII, 136 S. M
126 11,8: Herrmann und Szamatolski, Humanisten und Neulateiner.
Paralleleji eine Reihe biographischer Fragmente. Dieselbe Unfähigkeit des Vf. zur
Biographie höheren Stils zeigt sich in der Behandlung der „Schriften" Glareahs, die,
losgerissen von dem „Leben", in einem besonderen zweiten Abschnitt erscheinen: statt
einer Entwicklungsgeschichte dieser Werke, die auf die Biographie Glareans und auf
die Geschichte der Wissenschaften gleichmässig Rücksicht zu nehmen hätte, muss eine
chronologische Aufzählung der Schriften genügen, die überall im Bibliographischen und
in einfachen Inhaltsangaben stecken bleibt. Gegen diese Arbeit richtet sich ein heftiger
Ausfall Geigers, der sich durch eine kritische Aeusserung F.s, die sachlich durchaus
berechtigt, in der Form allerdings herb war, beleidigt fühlte. G. selbst setzt sich ins
Unrecht, wenn er auf T.s etwas zu dringliche Frage nach der Quelle einer von G. er-
zählten Geschichte nichts anderes zu erwidern hat als: „Ich bedaure, ihm darauf keine
Antwort geben zu können, möchte ihm aber etwas Aehnliches zurufen, wie ich einem
andern kampfbereiten jungen Herrn zugerufen habe". Zu bemerken ist übrigens,
dass es sich gar nicht, wie G. glaubt, um einen jungen Herrn handelt, dass F. vielmehr
Züricher Oberbibliothekar und Universitätsprofessor, im Jahre 1812 geboren und G. so-
mit um volle 36 Jahre überlegen ist. Die Einmischung persönlicher Gefühle, die G.
dem von ihm verkannten Gegner zum Vorwurf macht, hat denn auch wohl ihn selbst ohne
sein Wissen dazu verführt, gegen das Werk F.s nicht nur ruhige und berechtigte Kritik
anzuwenden, sondern dazu noch einige nicht stichhaltige Vorwürfe zu schleudern. So
sind wir im Gegensatz zu G. der Ansicht, dass es für die Entscheidung über die Be-
rechtigung einer neuen zusammenfassenden Darstelhmg ziemlich gleichgültig ist, ob neues
Material zu einer solchen noch ganz ungedruckt oder an verschiedenen Stellen nur dem
.Wortlaut nach veröffentlicht ist. G. kann ferner nicht einsehen, weshalb F. die im
Freiburger Archiv vorhandenen Briefe nicht angesehen hat; es handelt sich aber nur
um Anfragen wegen Besetzung von Lehrer- und Predigerstellen, und für solche kömien
mittelbare, von sachverständiger Seite gewährte Nachrichten wirklich genügen, so lange
es für Archivforschungen nicht ausreichende Staatsunterstützung giebt. Ungerechter nocli
ist G., wenn er F. zum Vorwurf macht, dass er einen imdatierten Brief Glareans an
den doch 1519 gestorbenen Max I. bei der Erzählung der Ereignisse aus den vierziger
und fünfziger Jahren unterbringe ; bei minder hurtiger Lektüre hätte er schon dem Aus-
zuge F.s entnehmen können, dass es sich gar nicht um einen Brief an Max, sondern
um ein Schreiben handelt, in dem nur auf den längst verstorbenen Kaiser Bezug ge-
nommen wird; und sicherlich hätte ihn ein Blick in den durch Chmel gegebenen Ab-
druck darauf geführt, den Empfänger in Ferdinand I. zu sehen und die Abfassung etwa
ins Jahr 1543 zu verlegen. — Neben dem Vf. des „Dodekachordon" mögen hier zwei
harzische Musiktheoretiker erwähnt werden, über die E. Jacobs i'') eine neue zum Teil
auf archivalisches Material gegründete, höchst sorgsame Untersuchung vorlegt. Der eine
ist ein Braunschweiger, Autor Lampadius (gest. 1559), der Vf. eines oft aufgelegten
„Compendium Musices", der auch durch seine schriftstellerische Beteiligung an den re-
ligiösen Kämpfen Anspruch auf unsere Teilnahme hat. Mehr noch haben wir die
Thätigkeit zu beachten, die er als gräflicher Schulmeister zu Wernigerode dem Schul-
drama und dem geistlichen Volksschauspiel zuwandte; J. liefert dazu die neue urkund-
liche Notiz, dass Lampadius am 7. Sept. 1539 „mit den knaben vor beiden grafen Wulf-
gang und Henrichen den latinischen Josepf gespilt und figuriert hat", doch wohl den
„Josephus" des Cornelius Crocus. Seine von J. zum Teil hs. nachgewiesenen Briefe
sind für die Geschichte der neuhochdeutschen Schriftsprache von entschiedener Bedeu-
tung. Minder interessiert uns hier der zweite von J. behandelte Musikschriftsteller, der
Wemigeroder Heinrich Baryphonus (1581 — 1655), der neben seinem musikalischen
Hauptwerk, den „Pleiades" (1615), u. a. auch lateinische und sogar griechische Verse
auf dahingegangene Freunde verfasste. — Streben schon alle diese Männer einer uni-
versalen Bildung zu, so ist der Freiburger Kartliäuserprior, Gregor Reisch, dem das
Berichtsjahr ebenfalls eine neue Darstellung gebracht hat, geradezu Vf. eines encyklo-
pädischen Lehrbuchs, der „Margarita philosophica". Nachdem schon A. von Humboldt
auf seine Bedeutung aufmerksam gemacht und Schreiber, Böcking und Bader ihm be-
sondere Abschnitte ihrer grösseren Arbeiten gewidmet hatten, legt jetzt Hartfelder i^)
eine eigene kleine Monographie vor. Da die dürftigen Nachrichten über Reischs Lebens-
gang nur durch ein paar Notizen aus Basler Chroniken zu vermelu'en waren, so liegt
der Schwerpunkt der Arbeit zimächst ii\ der Gruppierung des Freundeskreises, zu dem
D, Ulsen, Werner v. Themar, Paul Volz, Erasmus, Wimpheling, Ringmannus Philesius,
Beatus Rhenanus, Ulrich Zasius, J. Locher, Otto v. Brunfels, Geiler, J. Otther, Job.
Eck und Konrad Pellicanus gehörten; den meisten dieser Männer widmet H. eine kurze,
auf seine reiche Litteraturkenntnis gegründete Charakteristik. Die Behandlung der
Portr. M. 3,00. |[L. öpigor: ZVLR. NF. 3, S. 395/0; 0. Kaufmann: DLZ. 12, Ü. 422.]| - 17) E. Jacobs, Zw<i lj:ii/,isrlio
Musiktlieoretiker d. 16. u. 17. Jli.: VjsMiisikw. «, S. ',tl-122 - 18) K. llartf«ldpr, D. Karthausorprior Ongor lin-rh, \r d
11,8: Herrmann und Szamatolski, Humanisten und Neulatelner. 127
eigenen litt er arischen Thätigkeit Reischs ist etwas zu kurz geraten; entschädigt werden
wir einigermassen durch eine ausgezeichnete Bibliographie der „Margarita philosophica",
die von 1503 bis 1583 zehnmal aufgelegt wurde. Neun Ausgaben hat H. nach eigener
Einsichtnahme genau beschrieben ; eine zehnte (Strassburg 1508), die er nur nach anderen
Bibliographien unter Hinweis auf französische Provinzialbüchersammlungen kurz notieren
kann, befindet sich auch in Berhn (A 4408). — Der eben genannte Pellicanus steht
auch im Mittelpunkt einer sehr andeutungsreichen Veröffentlichung Geigers i8a)_ Aug
Baseler und Züricher Hss. teilt G. allerhand Nachträge zu seinen ältereren Arbeiten
mit, die der Beschäftigung deutscher Gelehrter mit der hebräischen Sprache gelten:
Auszüge aus meist ganz unbekannten, wenigstens aber noch nicht gedruckten Briefen
Sebastian Münsters an Pellican, an Bonifaz Amerbach und an Vadian, aus einem Brief
Pagius' an Bucer, endlich aus Zuschriften Pellicans an Vadian, Amerbach, W. Musculus
u. a. Handelt es sich auch meist um Hebraica, die uns hier nicht interessieren, so er-
giebt sich doch aus einer Fülle von Andeutungen, wieviel für die Geschichte des Hu-
manismus im allgemeinen aus diesen Hss. zu holen ist: da ist oft die Rede von Münsters
„Kosmographie", die einer Briefstelle zufolge von manchen Städten als Reklamekatalog
betrachtet wurde, sich aber schlecht verkaufte, von Baseler und Strassburger Universitäts-
verhältnissen usw.; dann auch von einer ausführlich beschriebenen Reise Münsters, die
ihn u. a. in die grosse Bibliothek eines Grafen v. Zimmern führte, in dem wir wohl
den Vf. der vielgenannten Chronik sehen dürfen. —
Wir verlassen die Kreise dieser tüchtigen Arbeiter, um uns den genialen
Naturen des hier behandelten Litteraten tums i^) zuzuwenden, die zu gross sind, als dass
sie sich in irgend eine Dispositionsrubrik einzwängen Hessen. Eigentümlich genug hat
sich die Forschung im Berichtsjahre mit Erasmus fast gar nicht beschäftigt. Eine
interessante Aufgabe stellt sich Geiger 20)^ indem er den grössten unter den Humanisten
auf seiner Reise zu den Quellen der neuen Bildung begleitet, auf Grund des Buches
von Nolhac „Erasme en Italic^' eine allgemeine Charakteristik versuchend. G. findet es
der eigenartigen Gelehrtennatur des Erasmus entsprechend, dass auf ihn der Zauber
italienischer Kunst und Natur nicht wie auf andere Humanisten wirken konnte, dass er
vielmehr während seines dreijährigen Aufenthalts Italien niu- wie eine grosse Studier-
stube betrachten musste. Das bei Nolhac zuerst zusammengestellte Material scheint ihm
diese vorgefasste Annahme zu bestätigen; nun sind es aber neben dürftigen gelegent-
lichen Notizen aus späteren Werken im ganzen nur elf Briefe oder Billets, bis auf zwei
Florentiner sämtlich nur aus Oberitalien stammend, die der Beobachtung zu Grunde
liegen ; sie sind ferner zum grossen Teil der Art, dass auch Italienschwärmer, die statt
der lakonischen Ironie des Erasmus etwa die preisende Wortfülle schwärmender Künstler
der Goethezeit besässen, ihren Enthusiasmus nicht anbringen könnten; endlich wird
übersehen , wie Erasmus in einem Briefe sein Bedauern ausspricht, dass ihn die Kriegs-
zeiten verhinderten „ea Italiae parte frui, quae mihi in dies magis ac magis adridet".
Vor allem aber darf man Stellen späterer Briefe, die von des längst Heimgekehrten
melancholischer Sehnsucht nach Rom und Italien deutliches Zeugnis ablegen, nicht mit
ungläubigem Lächeln bei Seite schieben. Ehe also auf Grund neuer Durchforschung
des Materials die Frage nochmals behandelt wird, wird man sich doch G.s Aufstellung
gegenüber das von ihm übergangene, von Nolhac selbst aus seiner Sammlung gewonnene
Urteil gegenwärtig halten müssen : „On peut prendre au serieux ces temoignages souvent
repetes, ces retours melancoliques vers un pays et vers un temps oii Erasme fut heureux.
Jamais le grand humaniste ne s'est senti mieux chez lui qu'en Italic, et peu d'etrangers
ont goüte comme il l'a fait le charme de la vie romaine de la Renaissance. Le voyage . .
. • . . a exerce sur la formation de son esprit et l'achevement de sa personnalite ime
mfluence qui n'a pas ete assez remarquee, croyons-novis, meme par les ecx'ivains qui
ont le mieux parle de lui." —
Für Reuchlins Uebersetzerthätigkeit, von der eine Probe aus der Heidelberger
Zeit Hartfelder in seinem Programm über deutsche Ueb ertragungen a\is dem Heidel-
berger Humanistenkreise gegeben hat, sind aus dem K. Sächsischen Hauptstaatsarchiv
Belege veröffentlicht worden, die in die Zeit von Reuchlins erstem schwäbischen
Aufenthalt führen: Uebersetzungen von Lukians zwölftem Totengespräch und der ersten
olynthischen Rede des Demosthenes, durch die beiden Ueberreichungsschreiben an
Herzog Eberhard von Württemberg auf den 13. Juli bezw. 1. August 1495 datiert. Die
Herausgabe der beiden Uebersetzungen stellt Distelöl) in Aussicht: „zur Zeit verhin-
dern es noch viele Corruptionen im Texte". — Eine Aufzählung der dürftigen Ueber-
Margarita philosophica: ZGORh. 44, S. 170—200. |[L. Geiger: ZVLR. NF. 3, s! 405.]| — I8a) L. Geiger, Z. Gesch. d.
Studiums d. hebräischen Sprache in Deutschland witlirend d. 16 .Jh.: ZGJuden. 4, S. 111— 26. — 19) R. Hoche, J. J. Scaliger:
ADB. 30, S. 4(U>-74. — 20) L. G e ige r, Erasmus in Italien. (= Vortrage u. Versuche; vgl. o. N. 2.) S. 44—50 u. 86. — 21) Th.
Distel, E. Reuchlinübersetzuug aus d. Ende Juli 1485. Lucians XII. Toteugespräeh, auch Nachrichten Über d. Verdeutschung e.
128 11,8: Herrmann und Szamatolski, Humanisten und Neulateiner.
raste von Eeuchlins Gedichten giebt Holstein 22^ und steuert dazu aus der inhaltreichen
Humanistenhandschrift zu Upsala zu dem bereits bekannten Material neben einer Reihe
Varianten auch ganz neue Nummern bei, die auf Tritheim, Heinrich von Bünau und
WimpheHng Bezug haben. — Rück 23) macht darauf aufmerksam, dass die Textgestalt
des „Hanno" in Holsteins Ausgabe der Reuchlinschen Komödien nicht zufriedenstellend
sei, dass das Verhältnis der Hss. in Erfurt und in Upsala der genügenden Klärung noch
antbelu-e, dass die Münchener Hs. immerhin eine genauere Würdigung verdiene; endlich
dürfe die Ausgabe Basel 1498 nicht als editio princeps bezeichnet werden, da ein Druck
Strassburg (Grüninger) 1497 vorhanden und nur augenblicklich nicht auffindbar sei.
Bei aller Anerkennung der litterarischen Nachweise vermisst R. in Holsteins Arbeit
eine genügende ästhetische Abschätzung der Dramen; uns scheint sein eigener Vergleich
der Hennoübertragung Hans Sachsens mit Wielands Lucianübersetzung (beide sind
„eher als eine von einem geistesverwandten Künstler gefertigte Nachschöpfung eines
fremden Originals denn als eine gewöhnliche Uebersetzung zu betrachten") nicht eben
glücklich. —
Umfangreicher ist die Hütten gewidmete Litteratur infolge der Nachwirkungen
des Jubiläums : dieses hat wiederum mehrere Schriften hervorgebracht, die nicht sowohl
eine neue Untersuchung oder einen neuen Beitrag zu bringen beabsichtigen, als vielmehr
unter Benutzung der unerschöpflichen Strauss und Böcking Werke und Thaten ihres
Helden von neuem ins Volk tragen wollen. Mit den grössten Ansprüchen tritt
Votsch24) auf den Plan: er will Hütten nach seinem Leben und seinen Schriften schil-
dern, um dem gebildeten Leser auch ohne Strauss und Böcking eine erschöpfende
Kenntnis zu ermöglichen: die Ausführung dieser hochtrabenden Ankündigung besteht
in einem fast plagiatorischen und dabei nicht einmal fehlerfreien Excerpt aus Strauss
und einer Auswahl aus den Briefen Huttens und der Dunkelmänner, letztere natürlicli
aus Böcking entlehnt; aus eigenem hinzugefügt — bei den Dunkelmännerbriefen jedoch
mit Anlehnung an Binder — sind oberflächliche und verwischende Uebersetzungen der
lateinischen Proben. Dass in dieser Auswahl die Schriften Huttens gar nicht ver-
treten sind, vermisst man um so mehr, als V. in der Darstellung nicht tiefer auf sie
eingeht. — Diesen Mangel vermeidet das bescheidene Schriftchen des Pfarrers Schall 25)^
der in richtiger Würdigung des Bedeutsamen weniger bei den biographischen Daten als
bei der Analyse der Werke verweilt. Nichtsdestoweniger verwendet er die für gewisse
biograpliische Fragen wichtigen neueren DepeschenveröfFentlichungen vom Wormser
Reichstag, die den übrigen Biographen fremd geblieben sind. — Aelteren Datums ist
Geigers 26) Jubiläums?. ufsatz, den er in seiner Sammlung hat neu drucken lassen: er
unterscheidet sich vorLailhaft von den übrigen Huttenarbeiten dadurch, dass er das Bild
des Helden in grösseien Zügen, unter geschmackvoller Zugrundelegung des spils zu Paris,
zu umreissen sucht. — Etwas jünger ist die Schrift, mit der eine angesehene populäre
Sammlung ihren verspäteten Beitrag zum Jubiläum brachte : sie verdient festgenagelt zu
werden wegen des ebenso dreisten, wie lächerlichen Centos, den ihr Vf. 2') sich leistete.
Dabei ist er dem interessanten Thema, das auf dem Titel steht, natürlich in keiner
Weise gerecht geworden. — Ebenso dürftig und unselbständig wie die Arbeit von
Votsch ist die Einleitung, mit der Balke28) seine Auswahl aus Huttens deutschen
Dichtungen versehen hat Eine solche Auswahl gehört zu den erwünschtesten Hervor-
bringungen der weitschichtig3n Huttenlitteratur der letzten Jahre, da die grosse Ausgabe
schwer zugänglich ist. Freilich hat sich B. seine Arbeit ziemlich leicht gemacht, indem
ar statt nach den Originalen nur nach Böckings Text und zwar ohne diese Anleihe be-
sonders zu betonen, folgende Stücke zum Abdruck bringt: „Klage über den Lutherischen
Brand", „Klage und Vermahnung", das Lied, „Vermahnung an die freien Städte" (durch
den Anschluss an Böcking ist der Herausgeber auf die verballhornte zweite Ausgabe
verfallen, vgl. Szamatolski: QF. 67, S. 112 £), die gereimten Vor- und Schlussreden des
„Gesprächbüchleins", den verdeutschten Dialog „Inspicientes", U!id zwei Lieder Leffels
auf Hütten. Der Unterschied von Böcking besteht, abgesehen von. einer regellosen Ver-
gewaltigung der Orthographie und einer beträchtlichen Menge von Druckfehlern, nur
darin, dass B. die Konjekturen seines Vorgängers übernimmt, ohne sie in dieser Eigen-
schaft kenntlich zu machen, und sogar solche, die jener nur in den Anmerkungen ge-
wagt hatte. Die wenigen sachlichen Erläutei-ungen, die neben dem gewohnten Ueber-
demosthenischen Rede: ZVLR. NF. 3, S. 360/1. — 22» H. Holstein, Eeuchlins Gedichte: ib. 128-36. - 23) K. RUck, Hol-
stein, Reuchlins Komödien: BBG. 26, 258—61. — 24) Votsch, Ulrich v. Hütten nach se nein Leben u. seinen Scliriften ge-
schildert. Hannover, Hahn. X, 75 S. M. 1,20. |[S. Szamatölski: ADA. 17, S. 336/7 J | - 25) J. Schall, Ulricli v. Hütten.
E. Lehensbild aus d. Zeit d. Reformation. (=: Schriften f. d. deutsche Volk, her. v. Ver. f. Ref.- Gesch.) Halle, Niemeyer. 59 S.
M. 0,15. — 26) L. Geiger, Ulrich von Hütten. (— Vortrr. u. Versuche [s. o. N 2.] S. 50-63 u. 83). — 27) Christian
Meyer, Ulrich v. Hütten u. Franz v. Sickingen als Vorkamjifer unsernr nationalen Einheit: Samml. gemeinverständl. wissen-
schaftl. Vortrr., her. v. Virchow u. Wattenbach. N. 86. Hamburg, Verlagsanstalt 1889. 44 S. M. 1,00. (D. Plagiat enthüllt
Toa S. Szamatölski: Nation» 9, S 167 8 - 28) b. o. 11.7 N. 67 - 29) S. o. 11,6 .N 37. - 3U) K. llartCelder,
11,8: Herrmaini und k^zamatolslci, Hiinmnisten und Neulateiner. 129
fluss sprachlicher Erklärungen erscheinen, zeugen nicht gerade von tiefem Eindringen
in den Stoff, wenn B. z. B. in der übrigens bereits erledigten Frage nach dem Drucker
des „Gesprächbüchleins" dem Hans Schott einen neuen Rivalen in dem von ihm ge-
schaffenen Anshelm Schott gegenüberstellt, für den der Zuerstgenannte den Vatersnamen,
der thatsächliche Drucker, Thomas Anshelm, den Vornamen hat liefern müssen. Ueber
den sprachlichen Wert der deixtschen Schriften wird nach der alten Schablone geurteilt;
weitere Beachtung verdient dagegen die Bemerkung über den Einfluss der lateinischen
Metrik (vgl. QE. 67, S. 67 f.). — Reindells29) Schrift über Luther, Crotus und Hütten
ist in ihrer Bedeutung für die Auffassung von Luthers Verhältnis zum Humanismus
bereits an dem entsprechenden Platze gewürdigt. Eür die Geschichte des Humanismus
ist hier noch zvmächst herauszuheben, dass R. an die Stelle von Werckshagens Ge-
schichtsspielerei den wohlgelungenen Versuch gesetzt hat, Luthers Einfluss auf Crotus
Rubeanus darzulegen. Besonders aber muss an dieser Stelle betont werden, dass die
Hütten betreffenden Teile nicht gelungen sind, wie Szamatölski in seiner Recension,
die R.s Arbeit sonst in einem Ueberblick über die vorangegangene Forschung warm
anerkennt, unter mehrfacher Bezugnahme auf sein inzwischen erschienenes Buch über
Ulrichs von Hütten deutsche Schriften dargethan hat. Missglückt ist darnach R.s Ver-
such, in Umkehrung der alten Meinung Luthers Einfluss auf Hütten und zwar in dessen
Uebergang zur deutschen Sprache und zum biblischen Stil und in seiner Wendung zu
den Städten nachweisen zu wollen. Verfehlt ist auch die Darstelking von Huttens
Entwicklung zum Revolutionär: sie ist nur an der Hand gerade der deutschen Schriften
vollkommen zu verfolgen ist, die allerdings in der chronologischen Unordnung bei Strauss
inid Böcking bisher nicht ausgenutzt werden konnten. Nach einigen andern Ausstel-
lungen schliesst S. mit dem Hinweis, dass die durch R.s negatives Ergebnis von
neuem angeregte Aufgabe, die EntstehuAgsgeschichte der Schrift an den Adel nicht
mehr mit Rücksicht auf Luthers Beziehungen zum Humanismus zu schreiben, sondern
von ihrer gemeinsamen Grundlage, der nationalen Bewegung des beginnenden 16. Jh.,
auszugehen, bereits vor Jahren eine treffliche Bearbeitung durch 0. Waltz (HZ. 41,
S. 229 ff.) gefunden hat, deren gründliche Beachtung der Wissenschaft manchen Umweg
hätte ersparen können. —
Von diesen Fürsten der "heuen Bildung müssen wir nicht nur in Bezug auf die
Bedeutung, sondern zunächst auch in Bezug auf die Zeit rückwärts gehen, wenn wir
uns nun der eigentlich schönen Litteratur der Humanisten und Neulateiner und zuerst
der Lyrik zuwenden, soweit sie im Berichtsjahr Beachtung gefunden hat. In die Zeit
des Kampfes zwischen dem aufstrebenden Humanismus und dem alten Universitätswesen
führt die von Hartfelder ^o) veröffentlichte Korrespondenz zwischen Konrad Celtis und
dem der neuen Bildungsweise freundlich gesinnten Juristen Sixtus Tucher, aus der
Ingolstädter Zeit des Erzhumanisten: siebzehn Briefe des Celtis nach den vermutlich
originalen Manuskripten der Münchener Universitätsbibliothek und vier Briefe des Tucher
aus einer Klüpfelschen Abschrift der Freiburger Bibliothek. Die ersteren sind undatiert,
fallen jedoch ebenso wie die letzteren in die Jahre 1491 — 1496; genauere Daten können
nur vermutet werden. Die Briefe sind bedeutsam für die freundschaftlichen Beziehungen
der beiden Schreiber, besonders aber für Celtis' Verhältnis zur Universität Ingolstadt;
von verschiedenen Werken des Celtis wird gesprochen, zwei Gedichte erscheinen in
ursprünglicher Gestalt. Der Herausgeber hat eine Fülle von Anmerkungen über die in
den Briefen erwähnten Briefe und Sachen beigesteuert und neben einer allgemeinen
Charakterisierung des Briefwechsels einen Lebenslauf des Sixtus Tucher vorausge-
schickt. — In eine andere Sphäre des Humanismus, in den Münsterer Kreis, gehört
Heinrich Scheve, dessen Gedichte 1519 gedruckt win-den; ihm widmet von Liliencron^i)
eine kurze Skizze, in der die litterarische Charakteristik sehr zu kurz kommt. Der Vf.
schliesst sich durchaus an eine ältere Arbeit von Nordhoff an und ändert nur das dort
einleuchtend berechnete Datum der Geburt Scheves ohne Angabe eines Grundes, indem
er sie von 1494 in die siebziger oder achtziger Jahre des Jh. zurückverlegt. — Ueber
den aus dem Schwärm der lateinischen Lyriker hervorragenden Georg Sabinus handelt
Ellinger^2^, indem er hinsichtlich der Lebensführung und der philosophischen Schrift-
stellerei Töppens eingehender Darstellung folgt; selbständig werden dagegen die Gedichte,
besonders die Elegien des Sabinus charakterisiert; in ausführlichen Analysen werden
mit Recht die vielfach lebenswarmen Liebesgedichte und aus der Reihe der erzählenden
Dichtungen die Türkengedichte besonders hervorgehoben, die freilich über versifizierte
Historiographie auch noch nicht weit hinauskommen. Nur möchte man wünschen, E.
hätte hier und in der kurzen Charakteristik, die er den kleineren Gedichten, namentlich
den Epigrammen, zu teil werden lässt, die Art des Sabinus gegen die Leistungen der
Konrad Celtis u. Sixtus Tücher : ZVLR. NF. 3, S. 331-49. — 31) von L [iliencron] , Heinrich Scheve: ADB. 31, S. 158. -
32) G. Ellinger, Georg Sabinus: ib. 30, S. 107—11. — 33) D. Jacoby, Joh. Sascerides: ib. S. 396/7. — 34) B. Hoche,
Jahresberichte für neuere deutsche Litteraturgeschichte I (i). 9
130 II,H: Herrmann iind Szaniatolski, Hiimanisten und Neulateiner.
verwandten Dichter schärfer abgegrenzt. Ueberraschend Neues scheint der Satz zu
bringen: „Gegen einen Verkleinerer Hussens wendet sich ein Epigramm, und schön wird
von Huss gesagt . . . ." Schlägt man das Gedicht nach, so zeigt sich, dass hier diu-ch
ein Versehen eine Verwechslung zwischen Huss und Hütten vorliegt — Aehnlich wie
um diese Arbeit steht es um D. Jacobys^^^) Artikel über Johannes Sa§cerides. Selb-
ständig ist die Charakteristik, die J. der Poesie seines Helden widmet: er stellt ihn als
einen Horatius christianus dar; die bio- und bibliographischen Angaben J.s sind dagegen
auf Eördams „Kjöbenhavens Universitets Historie" zurückzuführen. Wer Genaueres
wissen will, muss immer noch zu dem dänischen Buche greifen; vor ihm voraus hat
J.s Artikel die Mitteilung einer Stelle aus einem Briefe Melanchthons, auf den bei Rördam
nur verwiesen ist. — Durch eine an Eoban gerichtete Elegie ist der 1580 verstorbene
Gaspar Schetz bekannt; was Hoche^*) über ihn erzählt, ist im wesentlichen eine sehr
sorgfältige Kopie der Notizen des alten Jöcher ohne den geringsten Versuch einer
Kritik; geändert ist eigentlich nur Jöchers Seitenzahl: es muss IV, 157, nicht 257 heissen.
Eine neue Quellenschrift fügt H. freilich hinzu: des Goropius Becanus „Origines Ant-
werpianae" (15G8); die einzige neue Notiz aber, die hier zu holen war, dass nämlich der
holländische Humanist auch nach römischen Münzen graben Hess, hat H. verschmäht. —
Ueber den schlesischen Arzt und Schulmann Ch. Schilling, dessen Leben sich durch die
Reformationskämpfe sehr stürmisch gestaltete, bringt D. Erdmann 35) einige Angaben,
geht aber leider auf Schillings griechische und lateinische Gedichte, die uns hier inter-
essieren, nicht ein; wertvoll sind die Hinweise auf ungedrucktes, z. T. hs. Material in
Breslau und in Hirschberg. — Ein Schlesier von Geburt war auch der Jenenser Professor
Nikolaus Reussner (1545 — 1602), ein Gelegenheitshofdichter von Beruf; kein Wunder,
dass er auch nicht vergessen hat, den kunstfreundlichen Markgrafen Ernst Eriedrich
von Baden-Durlach zu besingen. Die Beziehungen zwischen beiden, schon aus den
Werken des Dichters zu belegen, weist jetzt von Czihak^o) auch aus einem hs. in der
Breslauer Stadtbibliothek bewahrten Stammbuch Reussners nach, das u. a. auch viele'
Eintragungen markgräflicher Hofleute enthält; uns geht hier davon höchstens ein
lateinisches Gedicht des Leibarztes J. Pistorius an, des Begründers der badischen
Geschichte: C. sagt leider nicht, welcher Art die nichtbadischen Einzeichnungen sind.
Die kurze Lebensbeschreibung, die Reussner dxu-ch ihn erhält, ist durch Eisenbarts
schon 1889 in der ADB. erschienenen Artikel im ganzen überholt. — Einen besseren
Biographen als Ho che 37) hätte der auf dem Gebiete der Lyrik thätige Polyhistor
Joh. Sambucus immerhin verdient; H. besclu-änkt sich auf die Benutzung der Von Jöcher
angezogenen älteren Darstellungen, denen er bibliographische Angaben nach Boissard
und das selbständige Urteil hinzufügt, dass Sambucus als Herausgeber lateinischer
und griechischer Texte kein Lob verdiene. Sonst ist Quellenkritik nirgends angewendet,
kenntnisreichere Vorgänger, wie etwa Horanyi und Hamel, sind, weil Jöcher sie nicht
kannte, nicht benutzt; manche Seite der Thätigkeit des Sambucus, z. B. die juristisclie,
wird ganz mit Stillschweigen übergangen, und seine poetische Wirksamkeit wie seine
Epistolographie sind mit der bei H. beliebten Wendung abgethan, dass sie „vergessen"
sei, während doch z. B. die Berliner Bibliothek manche seiner gedruckten Carmina
bewahrt und während aus seiner Korrespondenz mindestens die eifrig gepflegte
mit Camerarius Hervorhebung verdient. — Ueber die poetische Thätigkeit des dem An-
fang des 17. Jh. angehörigen Philologen Joh. Rutgers giebt Hoche^») niu- einen einzigen
Satz allgemeinster Art, der über Jöcher nicht hinausführt und den dort richtig an-
geführten Namen Nikolaus Heinsius fälschlich durch Daniel Heinsius ersetzt. Das Inter-
essanteste an den meisten dieser Artikel scheint uns die Thatsache zu sein, dass der
alte Jöcher immer noch so vielfach fast die einzige Grundlage für die moderne ADB.
bildet. 39-40) —
In der Forschung über die epische Litteratxir ist die ADB. durchaus nicht
mit so vielen Nummern beteiligt. Die bisher vergebens gesuchte lateinische Fassung
einer in der Weltlitteratur wichtig gewordenen Novelle ^i), der Geschichte von Marina
oder vom klugen Prokurator, veröffentlicht nach einer Augsburger Hs. M. Herrmann*^)^
ohne diese Fassung aber geradezu für die ursprüngliche Aufzeichnung zu erklären: er
führt vielmehr eine Anzahl von Punkten an, die die Mögliclikeit der Existenz einer
älteren italienischen Gestalt durchaus offen lassen. Ein Stammbaum, der die Entwick-
lung des Stoffes in der Weltlitteratur veranschaulicht, zeigt indessen, dass für sie die
Grundlage wenigstens zum grössten Teil der lateinische Text gewesen ist. Nach Deutsch-
Gaspar Schetz: ib. 31, S. 141. — 35) D. Erdmann, Christoph Schilling: ib., S. 253/5. — 36) E. t. Czihak, D. Beziehungen
d. Markgrafen Ernst Friedrich v. Baden-Durlach zu d. Humanisten Nikolaus Reussner: ZGORh. 44, S. 249/54. — 37) B. Hochei
.loh. Saniliucus: ADB. 30, H. 307/rt. — 38) id , .loli. Rutgers: ib. H 42/4. —39) X A. Tille: Meniorabilia quaedam Argentorati
obsRrvata: JbUEIisLutbr. «, 8. «2/8. — 40)X '!'''• Vulpinus, Drei lateinische elsUssiscbo Kaisergedichte aus alter Zeit. Ueber-
setzt: ib., S. 1—10. — 41) XX Pius II. (Aeneas Sylvius I'iccolomini), Lukrezia u. Euryalus. E. Liebesgeschichte. Aus d. Lat.
Bbertr. t. K. v Hütten. Leipzig, Laudien. XII, 83 8. M. 1,00. — 42) M. Horrmann, D. lateinische «Marina": VLG. 3,
11,8: Heri'mann und Szamatolski, Humanisten und Neulateiner. 131
land gehören die Bearbeitung durch einen Anonymus des 15. Jh., der nicht, wie Strauch
geglaubt hatte, mit Niklas von Wyle identisch ist, durch Albrecht von Eyb, durch den
Sammler des „Speculum exemplorum", der vielleicht Heinrich Gran liiess, durch Hans
Sachs, der eine Komödie daraus machte, und durch Goethe; die verschiedene Auffassung
und Darstellung seitens aller dieser Autoren wird von H. im einzelnen charakterisiert
und namentlich für Goethe im Gegensatz zu einer älteren Düntzerschen Arbeit nachge-
wiesen, dass nicht der Italiener Malespini, sondern die französische Fassung der „Cent
nouvelles nouvelles" als Grundlage gedient hat. H. zeigt auch, dass Goethe nicht eigentlich
nvir Nacherzähler ist, sondern den Versuch einer ethischen Vertiefung durch eine leise
Aenderung gewagt hat, die man vielleicht nicht als Besserung bezeichnen kann. — Eine
tiefe Kluft liegt zwischen der entzückenden Grazie dieser Novelle und der plumpen
Form, die in den Dichtungen Ludwig Dringenbergs zu Tage tritt. Auch die jetzt von
Schüddekopf43) in einer Londoner Hs. entdeckten Verse, überaus schlechte gereimte
Hexameter, die eine Geschichte vom Narren und Löwen erzählen und auf die Moral
hinauslaufen, dass die Dornen zwar stechen, aber auch schützen können, auch diese
Verse zeigen, dass der Zweifel immer noch berechtigt ist, ob Dringenberg wirklich des
Humanistengeistes einen Hauch verspürt hat. Trotzdem sind wir bei der Spärlichkeit des
Materials aus der Frühzeit des deutschen Humanismus für die Gabe dankbar und zu-
gleich für den durch S. gebotenen Hinweis, dass sie die durch Peter Schott und
Wimpheling schon bekannte Neigung Dringenbergs für knappe Denksprüche und be-
sonders auch für den Austausch zwischen deutschem und lateinischem Gut riiit ihrer
auch in deutschen Reimen formulierten Nutzanwendung bestätigt. — In die Zeit der
deutschen Frührenaissance gehört auch der geheimnisvolle Arigo, der Vf. der deutschen
Dekameronübersetzung. Dass dieser Arigo, wie vor allem J. Grimm und Goedeke
meinten, mit Heinrich Steinhöwel identisch sei, glaubt heutzutage wohl niemand mehr;
trotzdem hat es Wunderlich ^4) unternommen, durch eine syntaktische Untersuchung
sich Gewissheit zu verschaffen. Er thut es, indem er die seit Strauchs Feststellung
(ADA. 14, S. 249 f.) dem Niklas von V7yle endgültig abgesprochene und Steinhöwel
zuerteilte, auf Petrarcas Latein zurückführende deutsche Griseldis unter Heranziehung
anderer Steinhöwelschen Schriften wie Aesop und Apollonius mit der Griseldisübertragung
des deutschen Dekamerons unter Ausblick auf seine übrigen Teile in syntaktischer
Hinsicht vergleicht und die Eigentümlichkeiten der beiden Stilisten in Bezug auf die
syntaktische Verwendung der Pronomina, der Partikeln, der Kasus-, Tempus- und
Modusregeln und der Wortstellung einander gegenüberrückt. Auf die gewiss beachtens-
werten sprachgeschichtlichen Ergebnisse der ausführlichen Zusammenstelhmgen W.s
haben wir hier nicht einzugehen; das litterarhistoHsche Resultat ist natürlich das mit
Recht vorausgesetzte: die Dekameronübersetzung kann unmöglich von Steinhöwel her-
rühren. Eine zeitliche Trennung beider Stilisten hält W. nicht für ratsam; die am
Schluss des ersten Artikels verheissene Untersuchung über die Notwendigkeit einer
örtlichen Scheidung hat er nicht geliefert. Dagegen beginnt und beendet er seine
Arbeit mit einem Versuche, wenigstens der Arbeitsweise des unentdeckten Arigo näher
zu kommen, land das geht natürlich die Litteraturgeschichte an. Er stellt zunächst fest,
dass jener Arigo, aus der Sprecherrolle des Pamphileo fallend, mit den Worten „han
ich Arigo in das wercke machen vnd in teutsche zungenn schreibenn wollen" sich nicht
nur die Uebersetzung, sondern auch die Vorlage zuschreibt. Dagegen wird W.s halb
zweifelnd vorgebrachte Annahme, dass Arigo ähnlich wie der erste französische Deka-
meronübersetzer Laurens du Premierfait nicht nach dem Italienischen, sondern nach
einer eigens für ihn angefertigten lateinischen Zwischenübersetzung gearbeitet habe,
schwerlich Beifall finden; die von W. herausgesuchten Latinismen wird man wolil mit
Strauch dadurch erklären, dass sich der Gedankenprozess des Uebersetzers in den
Fügungen der lateinischen Sprache vollzogen hat. Uebrigens erschüttert W. durch
solche Annahme die Grundlagen seiner syntaktischen Untersuchung, für die er durch-
aus den italienischen Wortlaut herangezogen hat. — Auch von andern Stilisten der
Zeit ist bei Wunderhch zuweilen die Rede, z. B. von Niklas von Wyle, dem sich auch
sonst während des Berichtsjahres einige Veröffentlichungen zuwandten. Joachim-
sohn 4^) bringt aus dem Nürnberger Kreisarchiv die bisher felxlenden Belege für Wyles
Nürnberger Aufenthalt: zwei Briefe des Rates an den bekannten Nikolaus Muffel und
an die Stadt Radolfszell, datiert vom 24. März 1447, in denen von der bevorstehenden
Ankunft des neuen Ratsschreibers gesprochen wird, sodann ein Schreiben an die Stadt
Esslingen vom 13. Dezember desselben Jahres, in dem Wyle die aus Gesundheitsrück-
sichten erbetene Erlaubnis zum Uebertritt in das Esslinger Stadtschreiberamt erhält. —
Geiger 46) hat eine schöne, Niklas von Wyle betreffende Entdeckung gemacht, die er
S. 1-27. — 43) C. Schüddekopf, E. Gedicht Dringenbergs: ZVLR. NF. 3, S. 136/8. — 44) H. Wunderlich, Steinhöwel
u. d. DeTcameron. E. syntaktische Untersuchung : ASNS. 83, S. 167-210.84,8.241-90. —45) P. Joachimsohn, Zu Nikolaus v.
9*
132 II.8: Kerrniann und Szamatölski, Humanisten und Neulafciner.
aber durchaus nicht zugeben will. In einer Hs. der Pariser Nationalbibliothek, Fonds
allem. 238. (Acq. nouv.) in 4°, trat ihm der Name des Niklas von Wyle in der Ueber-
schrift verschiedener Stücke entgegen, z. B. über einem „Tractatus de variis modis
scribendi", einer Uebersetzung „Ob ein wirt gest ladende dank sagen soll seinen
gasten .... zeigt pogius florentinus durch Nie. v. Wyle getützt". An die Verfasser-
schaft des alten Wyle aber mag G. nicht glauben, weil die Stücke Daten des 16. Jh.
(1526, 1529) tragen und weil der Schreiber der Hs. in einem grossen Abschnitt „Hie
inveniuntur quedam acta pretenta de me et aliis rebus tempore meo acta et facta" Er-
lebnisse aus seiner schweizerischen Heimat erzählt, die in die Jahre 1518 bis 1550
fallen. So denkt Gr. an einen jüngeren Schriftsteller desselben Namens. Aber ist denn
der Vf. jener zuerst genannten Werke wirklich mit dem Schreiber der Hs. und Autor
der Memoiren identisch? Der Erzähler nennt seinen Namen nicht, wenigstens sagt Gr.
nichts davon, und so steht der Annahme nichts im Wege, dass er sich jene beiden
Werke seines alten Landsmanns (und vielleicht noch mehr?) in seinen Codex einge-
tragen hat. Zur Gewissheit aber wird die Annahme durch den von G. überselienen
Umstand, dass jene Poggiusverdeutschung thatsächlich mit der längst gedruckten fünften
Translation Wyles identisch ist, und so dürfen wir gewiss in jenem orthographisclien
Traktat die bisher nicht gefundene Quelle zu seiner achtzehnten Deutschung vermuten;
die verwirrenden Daten sind natürlich nur Schreibervermerke. Jedenfalls aber verdient
die Hs. eine nähere Untersuchung. — Endlich noch ein Gang in eine sein- entlegene
Ecke des Berichtsgebietes. Der siebenbürgische Bischof Teutsch *'') stellt aus der bis-
her bekannten Litteratur die Lebensdaten seines Landsmanns Schesaeus gut zusammen,
der von etwa 1536 — 1585 lebte und als lateinischer Dichter und Historiker thätig war,
giebt eine recht lebendige Einführung in sein poetisches Hauptwerk ,.Ruinae Pannoniae",
das er aber wolil in verzeihlichem Lokalpatriotismus überschätzt, und behandelt kurz
die dem Nikolaus Seinecker gewidmete Schrift „Imago boni pastoris" sowie eine
reformationsfreundliche Rede vom Jahre 1580; ohne Grund wird völlig verschwiegen,
dass Schesaeus auch noch andere Werke verfasst hat, deren Liste man bei Seivert an
dem von T. angeführten Orte trifft und unter denen sich u. a. ein Bändchen Epigramme
befindet. —
Wesentlich gefördert wird unsere Kenntnis des humanistischen Dramas durch
eine treffliche Arbeit von Liliencrons '^^), die aufs neue für die von dem Vf. so oft
befürwortete engere Verbindung zwischen Litteratur- und Musikgeschichte eintxitt.
L. ging von der Vermutung aus, dass der musikhistorisch so überaus bedeutsame Ueber-
gang vom Eiguralstil zum homophonischen Gepräge sich wesentHch in den Chorgesängen
des humanistischen Dramas vollzogen haben müsse, das ja wie nichts anderes die Ver-
mittlung zwischen der Schule und dem öffentlichen Leben des ganzen V'^lkes bildete,
und hat, um die Bestätigung zu finden, gegen 220 lateinische Dramen Deutschlands aus-
der Zeit von 1497 bis 1620 durchmustert. Er macht uns zunächst mit den Stationen
seines Vorgehens in einer grossen chronologisch geordneten und mit reichen Notizen
versehenen Liste der von ihm eingesehenen Stücke bekannt und trägt dann die Ergeb-
nisse in zusammenfassender Darstellung vor. Dabei kommt er nicht nur zu dem ge-
wünschten musikgeschichtlichen Residtat, das er an zahlreichen Musikbeilagen erläutert,
sondern er weiss auch dem Litterarhistoriker über die Stellung des Chors im humanisti-
schen Drama die anregendsten Mitteilungen zu machen. Sie beziehen sich auf die Chöre
des deutschen wie des lateinischen Schuldramas ^''), da L. einen Unterschied in der Ent-
wicklung beider Gattungen nicht aufzufinden vermochte. Der Chor ist in den aller-
meisten Fällen dazu bestimmt, die Zwischenakte auszufüllen : das liess sich von
1497 bis 1615 verfolgen; viel seltener sind diejenigen Stücke, in denen sich auch dem
letzten Akte ein Chor anschliesst, und noch seltener die, die ein Chorlied auch als
Ouvertüre bringen. So schliessen sich denn inhaltlich die Gesänge gewöhnlich an die
Ereignisse des voraufgegangenen Aktes an. Ueber die Form der Chöre handelt L. ein-
gehend, über die Verwendung verschiedener antiker Metren im lateinischen, über die
Nachbildung des Hof- und Gesellschaftsliedes im deutschen Drama; deutsclie Chöre in
antiken Massen sind nur spärlich vertreten. Auch auf das Vorkommen blosser Sprech-
chöre und auf die gar nicht seltenen Tanzclu)re wird hingewiesen. Nur 75 von den
220 iintersuchten Stücken enthalten Chortexte; aber in vielen anderen finden sich An-
deutungen, dass es auch ohne besondere Angaben nicht an dem musikalischen Aiisputz
fehlte. Mehr eine Ausnahmestellung nehmen die Fälle ein, wo die Zuscliauer zur Ab-
singung geistlicher Lieder herangezogen werden oder wo mit einer Andeutung darauf,
dass als Schauspielhaus die Kirche gedacht wird. Orgelspiel vorgeschrieben ist. Scharf
Wyle:'ZVLR. 3, 8. 405,'6. - 46) L. Geiger: ib., S. 473/4. (In d. Kubrik: '/.. Litt. d. Renaissance in Deutschland, Frankreich
n Italien.) — 47) G D. Ten tsch , Ch. Schesaeus: AVK. .31, S. 139-40. - 48) S. o 11,4 N. 47. -49) XX H. F. Wagner, D.
Sihuldmraa in Salzburg. Salzburg, Dieter. 7 S. \[ll. M. Werner: ADA. 17, S. 75/76.]| (S.-A. aus d. SalzbLehrerZg. Nicht zu-
II,S: Herrmanii und Szamatolski , Humanisten und Neulateiner. 133
hebt L. die bedeutsame Stellung des schweizerischen Volksdramas heraus. Ursprüng-
lich habe es den Anstoss dazu gegeben, dass das Humanistendrama von der lateinischen
zur deutschen Sprache übergegangen sei (als Vermittler wird besonders Sixt Birk
charakterisiert), und späterhin sei von ihm noch einmal eine folgenreiche Einwirkung
ausgegangen: die Verwendung der Instrumentalmusik, zu der die Schweizer bürgerlichen
Spieler für die Ausschmückung ihrer Aufführungen aus Mangel an chorgesangskundigen
Schulgelehrten greifen mussten, habe sich mit dem Zwischenaktsprinzip der Humanisten-
chöre, diese verdrängend, verschmolzen, und so habe sich unsere heutige Zwischenakts-
musik vorbereitet. Im Gegensatz zu diesen Zusammenhängen zwischen dem schweize-
rischen Volks- und dem Gelehrtendrama wird darauf hingewiesen, dass Hans Sachs ^^) und
seine Nachfolger bis zu Heinrich Julius von Braunschweig auch bei unmittelbarer Nach-
ahmung humanistischer Stücke niemals den Chor oder etwas ihm ähnliches in An-
wendung gebracht haben. Auch jene grosse chronologische Liste, in der zum ersten
Male seit Goedeke wieder ein kenntnisreicher Gelehrter eine Art Gesamtüberblick zu
geben bemüht ist, enthält neben einzelnen Irrtümern (G. Corrarus ist kein deutscher
Dramatiker aus dem Jahre 1538, sondern ein italienischer aus dem 15. Jh.) doch
mancherlei rörderliches, u. a. sogar die freilich mitten unter bekanntem Material
gegebenen Hinweise auf Dramatiker, die Goedeke ganz entgangen sind, wie Placentius
Evangelistes, M. Schmidder, J. Gassarus, 0. Casparius, M. Gravius und auf wichtige
Dramen, die der Vorgänger übersehen hat, wie vor allem auf Georg Rollenhagens
„Tobias". Goedekes Massenhäufung gegenüber ist auch ein gewisser Einteilungsversuch
L.s wertvoll, der freilich recht versteckt gegeben wird: sind auch die Angaben über die
ersten Jahrzehnte des Humanistendramas nicht ausreichend, so scheint uns um so
beachtenswerter der Vorschlag, 1559 mit dem Erscheinen von Zieglers „Abel iustus"
die erste Periode des deutschen Humanistendramas abzuschliessen und die zweite zu
beginnen, deren bedeutendster Dichter dann Erischlin wird. -^ Tritt bei Liliencron der
sonst in den Untersuchungen über das Drama des 16. Jh. so beliebte Gesichtspunkt
der Stoffverfolgung ganz ziirück, so stellt ihn umsomehr Spengler ^i) in den Vorder-
grund, der an eine Besprechung des Programms von Edw. Schröder über Schöpper
eine nützliche Zusammenstellung derjenigen Stücke des 16. und 17. Jh. schliesst, die
von der „Monomachia Davidis et Goliae" handeln. Die Vff. sind ausser Schöpper, dem
Dramatiker, der den Stoff einführte, mehrere Schweizer: V. Boltz, H. v. Rute und ein
Anonymus, ferner J. Teckler, A. Pape, G. Mauritius und J. Goetz; H. Sachs und
M. Holzwart haben die Monomachie in ihre Sauldramen eingeflochten. Boltz und Pape
gehen jedenfalls auf Schöpper zurück, der erstere vielleicht durch Vermittlung des
Schweizer Epikers R. Gwalther, dessen „Monomachia" aber erst noch verglichen werden
muss. Der von S. versuchte Nachweis, dass Schöppers Drama nur eine Nachahmung
der „Judith" Sixt Birks sei, scheint uns noch nicht gesichert. — Ein für die haupt-
sächlich populären Zwecke der „Bayerischen Bibliothek" recht ungeeignetes Material
beutet von Reinhardstöttner ^2) aus, indem er dem Dramatiker und Schulmann
Martinus Balticus eine besondei'e Monographie widmet: denn dieser an sich wackere
und tüchtige Autor ragt doch zu wenig aus der grossen Masse hervor, als dass er auf
allgemeine Beachtung Anspruch machen dürfte, und R.s panegyrischer Ton wird daran
nichts ändern. Nur den Eachmann interessieren seine Lebensschicksale, die in die
letzten sieben Jahrzehnte des 16. Jh. fallen und sich hauptsächlich in München und
Ulm abspinnen, seine pädagogische Thätigkeit, seine Gedichte, unter denen sich eine
an Melanchthon gerichtete Selbstbiographie befindet, und seine im Anschluss an H. Ziegler
verfassten Dramen „Joseph" (lateinisch und deiitsch), „Daniel", „Christogonia" imd
„Senacheribus". Was die Besprechung von Balticus' Leben vuid Schriften Neues bringt,
liess sich nicht feststellen, da K. Trautmanns Aufsätze über den Dichter (MünchNN.
1884, N. 86 und 87) nicht zugänglich waren. Jedenfalls wird man unter solchen Um-
ständen jetzt am besten zu R.s Darstellung greifen; freilich muss man dabei im Auge
behalten, dass, wie M. Herrmanns Besprechung nachweist, eigentlich litterarhistorische
Forschung so gut wie ganz fehlt und dass im einzelnen vieles zu berichtigen ist; so ist
z. B. Balticus spätestens 1531 geboren, und seine älteste dichterische Thätigkeit fällt
vor die Münchener „Poeten"-Zeit. Mancherlei Wertvolles zur Ulmer und Münchener
Schulgeschichte ^enthalten die Anmerkungen, zu denen Trautmann reiche Beiträge ge-
spendet hat. — Des Martinus Balticus Sohn Georg, der dem Vater durch seinen Ueber-
tritt zum Katholizismus viel Kummer bereitete, hat sich ebenfalls als humanistischer
Dichter versucht: Reinhardstöttner^s) teilt ein lateinisches Weihnachtsgedicht von 53
gätiglicb ) — 50) X 0. Crusius, NachträglicLcs z. Comedia Bile u. zu Hans Sachs: Hermes 25, S 469— 71. (Gehört eigentlich
zu 11.3. Gegen Bolte, Hermes 21, S. 314 wird erklart, H. Saclis habe fUr seine epische Bearbeitung nicht e. interpolierten deut-
schen Plutarch, sondern d. ,,Lectiones antiquae" d. ital. Humanisten Caelius Rhodiginus benutzt.) — 51) F. Spengler, Edw.
Schröder, J. Schöpper v. Dortmund: ZOG. 41, S. 442/7. — 52) K. v. Reinhardstöttner, Martinus Balticus, e. Humanisten-
leben aus d. 16. Jh. (= Bayerische Bibl. Bd. 1.) Bamberg, Buchner. 85 S. M. 1,20. |[L. Geiger: ZVLR. NF. 3, S. 249
bis 51; M. Herrniann: ADA. 17, S. 123/5; JBSchulw. 4, S, I9.]| — 53) id., Georg Balticus, d Martinus Sohn :
134 11,8: Herrmann und Szamatolski, Humanisten und Neulateiner.
Distichen im Auszuge mit, das 1591 zu Erfurt gedruckt worden ist. — Bolte^) weist
den Andreas Saurius, den Vf. eines Sodomdramas, 1606 — 9 in Strassburg, später als
Syndikus in Aalen nach, macht auf Elegien und Epigramme aufmerksam, die Saurius
1606 und 1609 veröffentlichte, und giebt eine tüchtige Analyse des genannten Stückes
samt einer Charakteristik der Stellung, die es in der Geschichte des lateinischen Dramas
einnimmt, sowie eine Notiz über die deutschen Bearbeitungen durch Spangenberg
\ind Merck. —
fast alle hier erwähnten Dramen gehören zugleich auch in das Gebiet der
Didaktik, deren Betrachtung wir uns zum Schlüsse zuwenden. Durch und durch
didaktischer Schriftsteller ist Aeneas Sylvius, der, ein Mittler bedeutsamster Art, in sicli
die Kultur seiner Heimat liach Deutschland trug und daher naturgemäss in unsern
Bericht gehört; er ist didaktischer Schriftsteller auch da, wo er, mit der Eachwisseji-
scliaft kokettierend, Zeitgeschichte schreibt. Von demjenigen seiner Werke, in dem diese
Beziehungen den eigensten Aiisdruck fanden, der „Historia Eriderici III.", ist eine
deutsche Uebersetzung durch Ilgen 55) veranstaltet worden. In einer ausführlichen
Einleitung bemüht sich J. in anerkennenswerter Weise über seinen Vorgänger Bayer
hinauszukommen, indem er eine in manchen Punkten gelungene Clxarakteristik der
schriftstellerischen Form des Aeneas Sylvius liefert. Seine Unzuverlässigkeit, seine
Parteilichkeit, seine feuilletonistische Oberflächlichkeit sind gründlich herausgearbeitet;
freilich hätte die eigentlich humanistische Art des Aeneas schärfer betont, die Charak-
teristik nicht an verschiedene Stellen verzettelt und endlich die richtige Nutzanwendung
der gewonnenen Erkenntnis gezogen werden sollen, statt dass in allen entscheidenden
Fällen dem Aeneas eine ganz mechanische Arbeitsweise angedichtet wird. Ueber Titel
und Abfassungszeit macht J. neue, aber nicht haltbare Angaben; hinsichtlich der
Quellenfrage wird eine Wiener Eede von 1452 als Grundlage behauptet, aber nicht be-
wiesen, die schon bekannte Benutzung Ottos von Ereising eingehender dargethan und
dazu neu und übei'zeugend die Entlehnung vieler Stellen aus den Dekaden des Elavio
Biondo gezeigt und nicht übel, wenn auch nicht erschöpfend kritisiert. Gegen O.Lorenz'
Annahme, den zeitgenössischen Partien läge ein Tagebuch des Autors zii Grunde, wird
glücklich polemisiert, ohne dass J. seine Gegenaufstellung, alles sei aus der Erinnerung
aufgeschrieben, zur Evidenz bringen kann. Zu den zwei Redaktionen, die wir bisher
kennen, will J., gestützt auf einen von Cugnoni 1883 entdeckten Codex, die dritte fügen;
es gelingt ihm aber nicht, uns auf Grund der dürftigen Angaben, die ihm zu Gebote
stehen, zu überzeugen. Leider ist auch die deutsche Bearbeitung insofern unkritisch,
als J. mit Ausnahme der gelegentlich von Bayer vorgeschlagenen Verbesserungen keinen
Versuch macht, den ganz unzulänglichen Text der zu Grunde gelegten Ausgabe von
Kollar (1762) auf Grund der Wiener Autogi'aphen zu bessern. Die Uebersetzung selbst
stellt sich einigen Stichproben zvifolge als fliessend, wenn auch nicht als fehlerlos heraus,
in den Noten ist manches Nützliche beigesteuert, z.B. auch Nachweise benutzter Stellen
antiker Autoren. Zu einem von Bayer abweichenden Gesamturteil über das Werk
kommt J. aber nur, indem er eine falsche Stelle (S. 184 f. statt 205 f.) der Bayerschen
Schrift citiert. — Kein Schüler des Aeneas Sylvius, sondern erst als gereifter Mann
mit ihm in Verbindung getreten ist der hervorragendste unter den ältesten devitschen
Humanisten, Albrecht von Eyb. Eybs deutsche Schriften legt in zwei Bänden M. Herr-
mannSe) vor. Der erste enthält das Ehebüchlein und eine umfangreiche Einleitung H.s,
die einerseits die verwickelten textkritisch-bibliographischen Fragen erledigt, andrerseits
sich als ein Beitrag zur Geschichte der Textbehandlung in den ältesten deutschen
Druckereien darstellt. Von den H. bekannt gewordenen zwölf Drucken und fünf Hss.
aus der Zeit von 1472 his 1540 werden zunächst neun Drucke und vier Hss. als
sekundär ausgeschieden; ihr stark verzweigtes Verwandtschaftsverhältnis wird fest-
gestellt und jede einzelne Nummer kurz charakterisiert, um damit die Arbeitsweise
wichtiger alter Offizinen (Bämler, Landsberger, Mancz, S. Otmar, Schobsser, Schöns-
perger, Steiner) zu kennzeichnen. Die übrigen vier Texte, z. T. wieder untereinander
näher verwandt, gehen in genau ermitteltem Verhältnis auf eine nicht erhaltene gemein-
same Vorlage zurück, die die Abschrift des verlorenen Originals ist. Eine kritische
Herstellung des Textes schloss die Sachlage völlig aus, und so giebt H. einen Abdruck
des Kobergerschen Druckes von 1472 oder 73, dazu aber unter Heranziehung der vielen
Hundert lateinischer von Eyb mosaikartig benutzten Quellensätze teils unter dem Text,
JbMünchG. 4, S. 437/8. — 54) J. Holte, Andreas Saurius: ADB. 30, S. 420. — 55) Aeneas Silvius, D. Gesch. Kaiser Fried-
richs III. Hebers, v. Th. Ilgen. 2 Teile (= Geschichtsschreiber d. deutschen Vorzeit. Lief. 85 u. 87.) Leipzig, Dyk. 1889-90.
LX, 285, 340 S. M. 9,00. |[M(ar)kg(ra)f : HZ. 60, S. 555/6.] | — 56) A. v. Eyb, Deutsche Schriften. Her. u. eingel. v. M. Herr -
mann. 1. Bd. : D. Ehebüchlein. 2. Bd. : D. DrameuUbertrag^ngen. Bacchides Meneachnii Philogenia.(=: Schriften z. gerin. Phil., her. v,
M. Eoediger.Bd. 4/5. Berlin, Weidmann. LH, 106 S. M. 6,00; XLIII, 156 S.M. 7,00. | [Bd. I.E. Matthias: ZI)Ph.2», S. 269-71;
S.Waetzoldt: ASNS. 86, S. 311/3; C(reizenach): LCBl. S. 1746; L. Geiger: ZVI<R. NF. 3, S. 393. — Bd. 2: C(reize-
nach): LCBl, lööl, S.4J7;J. BolteiWSKPh. 8, S. 1067. — Bd. 1 u. 2: K. Hartfelder: DLZ. 12, S. 1673/4; A.Ch(uquet);
11,8: Herrmann und Szamatolski, Humanisten \mä Neulateiner. 135
teils in der Einleitung die Abweichungen des Creussnerschen und des G. Zainerschen
Druckes sowie der Nürnberger Hs., solche, die sicher das ursprüngHche besser bewahren,
solche, die eine Entscheidung nicht zulassen, und endlich solche, die für die willkürliche
Behandlung des Textes in den genannten Druckereien von Belang sind. Die Forschungen
über solche Fragen, für die wenigstens in Bezug auf deutsche Texte so gut wie nichts
gethan scheint, sind gewiss nicht ohne Bedeutung. Wenn es bei einer Textbehandlung
auf Grund hs. Ueberlieferung wichtig ist, darauf zu achten, ob verschiedene Schreiber
an der Herstellung der Hs. beteiligt gewesen sind, „warum sollte es nicht empfehlens-
wert sein, bei den ältesten Drucken, deren Anfertigung kaum minder grosser Willkür
des Handwerkers unterliegt, die Verschiedenheit der Setzer in Betracht zu ziehen".
Leider nur verrät sich der Setzer nicht sofort durch die neue Hand: es müssen also in
Lautsj'stem und Orthographie, in Interpunktion, Abkürzungen und Wortabteilungen
Kriterien gesucht werden. H. giebt n\ui eine minutiöse statistische Tabelle über den
Gebrauch von elf verschiedenen Abkürzungen und zwei Satzzeichen auf den 57 Blättern
des Kobergerschen Druckes. TJeber den Wert dieses Verfahrens, das im vorliegenden
Ealle zu einem Ergebnis nicht führt, sondern allgemein methodisch anregen will,
gehen die Urteile auseinander. Um aber auch für den Eybschen Text solche Unter-
suchungen zu ermöglichen, bringt H. schliesslich ein aus einer Eichstätter Hs. ein von
ihm aufgefundenes, von Eyb verfasstes und geschriebenes Rechtsgutachten zum Ab-
druck. — Auch die Einleitung zum zweiten Bande, der die zuerst Augsburg 1511,
36 Jahre nach dem Tode des Vf., als Anhang seines „Spiegels der Sitten" gedruckten
Dramenübertragungen nach Plautus und dem italienischen Neulateiner Ugolino Pisani
enthält, beschäftig-t sich mit textkritisch-bibliograpliischen Dingen, die aber hier rascher
erledigt sind: die Dramen sind nur noch dreimal, zuletzt 1550 als Anhang zu Paulis
„Schimpf und Ernst", wiedergedruckt. Der Stammbaum wird aufgestellt, die beteiligten
Drucker Würsung, Steiner, Jacob werden charakterisiert. Besonders eingehend sind
der „Spiegel der Sitten" und die drei ausser dem Autor an dessen Vollendung
beteiligten Personen behandelt: Eybs Neffe, der Bischof Gabriel von Eichstätt, der mit
Eck und Aventin in litterarischer Verbindung stand, sein Kaplan J. Huff, der sehr un-
geschickt und liederlich die Redaktion des nachgelassenen Ms. besorgte, und der (ungenannte)
Drucker J. Otmar, für dessen Thätigkeit auch hier jene oben beschriebene Abkürzungs-
tabelle geliefert wird. Ferner hat H. auch für die verwickelte Geschichte der
Plautusüberlieferung seit dem Jahre 1429, in der bekanntlich auch Eybs schon von
Ritschi verwertetes Zeugnis eine Rolle spielt, neues Material beigebracht. Eyb besass
schon um 1450 Excerpte aus den neugeliindenen zwölf Komödien, die er wohl in Bo-
logna von den Humanisten Johannes Lamola, Nicolaus Vulpes oder Nicolaus Perotti
empfangen hatte, und er studierte um 1455 drei derselben, „Menaechmi", „Bacchides"
und „Poenulus", genauer bei dem Universitätslehrer Balthasar Rasinus zu Pavia; seine
damals gefertigte Abschrift dieser Stücke mit den Erläuterungen des Rasinus, die er
dann seiner Uebertragung zu Grunde legte, hat H. in der Augsburger Hs. 126 entdeckt.
In den Anmerkungen zu dem Dramentext giebt er aus diesem Codex die vielen Scenen-
argumente und Inhaltsangaben, die Rasinus seinen Schülern diktierte und die Eyb be-
nutzte, und ebenso alle Lesarten, Schollen und Glossen wieder, die auf die Gestaltung
der Eybschen Uebertragung von Einfluss gewesen sind. Endlich aber wird eingehend
die Nachgeschichte betrachtet, die sich auf Hans Sachsens Menaechmenkomödie von
1548 und Martin Glasers Fastnachtspiel von der Philogenia bezieht; das letztgenannte
Stück, über dessen Vf. spärliche archivalische Nachweise gegeben werden, hat als das
erste mehraktige Fastnachtspiel besonderes Anrecht auf unser Interesse. Beiden Stücken
liegt Eybs Prosa zu Grunde, was wenigstens für das Glasersche, bei Goedeke überhaupt
übersehene Stück nicht bemerkt war. H. vergleicht beide Bearbeitungen bis ins einzelne
mit der Vorlage und zeigt, dass bei mancherlei geschickten dramaturgischen Massnahmen
Hans Sachs in seiner Unfähigkeit, die Lebendigkeit des plautinisch-eybschen Dialogs
unverkürzt wiederzugeben, ebensowenig die Urkraft seiner Originale nur entfernt erreicht
wie Martin Glaser in seiner unbeholfenen Treue, die doch nicht davor zurückschreckte,
die beiden packendsten Scenen der Vorlage einfach zu streichen. — Wie wir hier durch
Eyb wieder halb in die Kreise des Dramas zurückgeführt werden, so geschieht es auch
durch den letzten Didaktiker ^T) der diesjähi'igen Reihe, durch den Epigrammatiker Job.
Sapidus. Auf Grund hs. Materials und neuerer gedruckter Arbeiten berichtigt Knods**)
die fehlerhaften Angaben, die sich über das Leben und die Thätigkeit des Elsässer
Schulmanns und Dichters seit Röhrichs Darstellung (Mitteil, aus d. evang. Kirche d.
Elsass 1852) in der Litteratur erhalten haben. Ueber sein Geburtsjahr (1490), seine
Herkunft, seinen Studiengang, der ihn auch nach Paris führte, wird fördernd gehandelt,
namentlich über sehie Tliätigkeit als Leiter der Schlettstädter Stadtschule, an der er
KCr. 25, S. 448-50; JBGPh. 13, S. 271.]| — 57) (11,5 N. 16). — 58) G. Knod, Joh. Sapidus: ADB. 30, S. 369/71. —
1B6 11,8: Herrmann und Szfimatolski, Humanisten und Neulateiner.
dem Humanismus zum Siege verhalf; unter ihm wirkte sogar ein Lehrer des Griechischen,
Melissopolitanus, inid um 1520 stand hier, wo sich ein glänzender Kreis von Humanisten,
unter ihnen vor allem Wimpheling, zusammengefunden hatte, die neue Bildung auf einem
Glanzpunkte ihrer Entfaltung. Ueber Sapidus' Beteiligung an der Reformation erfahren
wir nichts Neues, dagegen wusste man bisher niclit, dass sein 1525 erfolgter Rücktritt
ein unfreiwilliger war und dass er schon 1526 in Strassburg auftauchte; auch ein in
der Zeit der Müsse verfasstes Gedicht, die Züchtigung eines päpstlich gesinnten Flick-
schneiders, ist zwar von Goedeke verzeichnet, aber bisher nicht beachtet. Der Bericht
über den letzten Lebensteil lehnt sich an die bekannte Litteratur, nur der Hinweis auf
eine Rede zur Feier seiner Bestattung (15G1) ist hinzugekommen. Iva ganzen sind un-
sere Kentnisse über das Leben und die pädagogische Thätigkeit des Sapidus durch K.
wesentlich bereichert, dagegen fehlt es so gut wie ganz an einer litterarischen Charak-
teristik des Dichters Sapidus und seiner einzelnen Werke : hier musste eine blosse Auf-
zählung der Ausgaben genügen, welche K. von Epigrammen, Epitaphien, Oden und der
Lazaruskomödie kennt. Dabei kommt einiges Unbeachtete zu Tage, während Bekanntes
verschwiegen wird: so führt K. z.B. eine deutsche Uebersetzung des „Lazarus" von 1565
an, während er die GrefFsche Bearbeitung von 1545 nicht namhaft macht. —
-■-<#
JAHRESBERICHTE
FÜR
NEUERE
DEUTSCHE LITTERATURGESCHICHTE
(JAHR 1890.)
ZWEITER HALBBAND.
III. Vom A.Tifang des 17. bis zur ]Vf itte des
18. Jalirtiunderts.
111,1
Allgemeines.
Alexander Reifferscheid.
Politische und wirtschaftliche Verhältnisse N. 1. — Geistesleben N. 4. — Gesellschaftliche Zustände: Gespräch-
spiele N. 6; die Frauen N. 7. — Poetischer Stil N. 10. —
Die politischen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Zeitraums fanden
ausgiebige Behandlung in mehreren Arbeiten, zunächst in zwei Werken der „Bibliothek
deutscher Geschichte", von denen zur Zeit je der erste Band vorliegt. Der Anlage der
Sammlung entsprechend, bieten sie eine Erzälilung der Begebenheiten und Scliilderung
der Le bensverliältnisse des deutschen Volkes, die für Gescliichtsfreunde, nicht flu* Fach-
gelelirte bestimmt ist und daher nicht in die wissenschaftliclie Einzelforschung eindringen
will. Sie benutzen die gedruckte Litteratvir, verwerten die fremden Forschungen und
suchen sie nach Mögliclikeit durch eigene Untersuchungen in allen Hauptpunkten zu
erweitern, sie beabsichtigen aber nicht, neue Ergebnisse aus noch unbekannten archiva-
lischen Quellen vorzulegen. Ritter i) will eine zusammenfassende Darstellung der
deutschen Geschichte im Zeitalter der Gegenreformation und des 30j. Krieges
geben, die an Fülle und Zuverlässigkeit die bisherigen übertreffen soll. Er fügt sich
nur ungern den einschränkenden Vorschriften der Sammlung, die ihm nicht gestatten,
die Gründe seiner Aufstellungen in eingehenden Anmerkungen darzulegen. Er steht
freilich mit dem einen Eusse noch in der vorigen Periode : der erste Band ist der Zeit von
1555 — 86 gewidmet. Der Schwerpunkt des Werkes liegt aber im Zeitalter des 30j.
Krieges, daher wird es, sobald der zweite Band vorliegt, hier ausfülirlich zu besprechen
sein. Eür den ersten Band genügt eine kurze Inhaltsangabe, aus der die Art der Be-
handlung zu erkennen ist. Das 1. Buch über die Lage Deutschlands in der Mitte des
16. Jh. behandelt die Verfassungsverhältnisse des Reiches, der Fürstentümer und der
Städte, sowie die Religionszustände. Aus dem Inhalte des 2. Buches über das Vor-
dringen der Protestanten und die Wiederherstellung der katholischen Kirche sind be-
sonders die Abschnitte über die Bildung der protestantischen Partei, die Machterweiterung
der Calvinisten, das Trienter Konzil und die Jesuiten hervorzuheben. Das 3. Buch
enthält die Darstellung der Gegenreformation in Deutschland luid der Einwirkung der
französisch-niederländischen Religionskriege, das 4. die des Kampfes um das geistliche
Fürstentum (Köln). Die religiösen und kirchengeschichtlichen Momente finden überall
eine eingehende unparteiische Würdigung. Man sieht sofort, dass es R. nur auf
die geschichtliche Wahrheit ankommt und dass er allein für sie Partei nimmt. —
H. von Zwiedineck-Südenhorst'-) stellt sich die Aufgabe, die deutsche Geschichte
im Zeitraum der Gründung des preussischen Königtums, von 1648 — 1740, darzustellen.
Der erste Band verfolgt die Entwicklung bis zum Tode des grossen Kurfürsten (1688).
Mit bestem Erfolge benutzt Z. die Erzeugnisse der zeitgenössischen Publizistik, die
I) M. Kitter, Deutsche Gesch. im Zeitalter d. Gegenreformation u. d. 30 j. Krieges (1555—1648). I. (1555—1586.)
(=:Bibl. deutscher Gesch.) Stuttgart, J. G. Cotta Nachf. 1889. XV, 646 S. M. 8,00. | [LCBl. S. 1021; AZg». 1891,
N. 43.] I — 2) H. von Zwiedineck-SUden hörst, Deutsche Gesch. im Zeitraum d. Gründung d. preuss. Königtums. I.
Vom westfäl. Frieden his z. Tode d. grossen Kurfürsten. (= Bibl. deutscher Gesch.) Stuttgart, J. G. Cotta Nachf. XII,
1
2 in,l: AI. Reifferscheid, Allgemeines des 17. /IS- Jahrhunderts.
Flugscliriften und Zeitungen, x\m die Strömungen in den politischen Ansichten aufzuweisen
und zum Verständnis der geistigen Beweginig zu führen. Auf das Kulturleben nimmt
er gebührende Rücksicht, sowohl in eingehenden Erörterungen als in gelegentlichen
Bemerkungen, die sich den Ereignissen anschliessen. Er zeigt überall aufriclitige Teil-
nahme für die Geschicke des deiitschen Volkes und hofft zur Verallgemeinerung der
Ueberzeugung beizutragen, dass die Beurteilung der deutschen Politik nicht mehr von
landesüblichen Vorurteilen \ind subjektiven Standpunkten abhänge, sondern dass alle
wahrhaft Deutschgesinnten in diesen Fragen übereinstimmen. Hier kommt vorzugsweise
das 1. Buch über den Zustand des Reiches nach dem westfälischen Eriedensschlusse in
Betracht. Zuerst bespricht Z. die staatsrechtlichen Verhältnisse, die politischen
Theorien von Chemnitz, Pufendorf, Leibniz, Seckendorf. Er weist die Entwicklung des
modernen Staatsbegriifs nach: die grösseren Staaten nahmen sich die Einrichtungen der
wohlgeordneten Städte zum Vorbild. Die allgemeine Wohlfahrt wurde der Hauptzweck
des Staates, die Stände erhielten ihre besondere Stellung zu seiner Gesamtwirtschaft.
Unter Berufung auf den Zweck des Staates bemühten sich die Landesfürsten in allen
Teilen des Reiches, ihren Wirkungskreis zu erweitern und seine verfassungsmässige
Bescliränkung durch die Landstände zu beseitigen. Im folgenden Abschnitt
erörtert Z. die wirtschaftlichen und moralischen Eolgen des 30j. Krieges, in der rich-
tigen Ueberzeugung, dass, bei der unleugbaren Wechselwirkung zwischen socialen Ver-
hältnissen und politischen Ideen, die Darstellung der materiellen Verhältnisse nicht mir
das Verständnis des Kulturlebens erschliesse, sondern auch die Wandlung der politischen
Anschauungen und staatlichen Einrichtungen begreiflicher mache, als das bei einseitiger
Behandlung der politischen Geschichte möglich sei. Eine ausreichende Darstellung der
wirtschaftlichen Folgen des Krieges, auf deren Wichtigkeit Gustav Ereytag schon vor
dreissig Jahren hingewiesen, ist bei dem Mangel fast aller Vorarbeiten zur Zeit noch
nicht zu erwarten. Hier könnten die zahllosen Geschichtsvereine ein reiches Feld für
zielbewusste Thätigkeit finden. Den allgemeinen Wolilstand vor dem Kriege bekundet
die Menge prachtvollen und gediegenen Havisrates aus dem ersten Viertel des 17. Jh.,
der sich in öffentlichen und privaten Sammlungen noch findet. Schon die Zeitgenossen
erkannten die schlimmsten Folgen des Krieges, wie das aus einer Flugschrift „Der Krieg
selbst" vom Jahre 1641 deutlich erhellt. Die masslosen Forderungen der Heerführer
und der Soldaten sogen das Land systematisch aus. Z. zeigt an typischen Details die
unglaubliche Steigerung der Verpflegungskosten und der Kontributionen. Er benutzt
die erhaltenen Visitations- imd Schätzungsberichte, um den Durchschnittsverlust an
Menschen und Gebäuden zu bemessen. Bei dem gänzlichen Mangel an Arbeitskräften
musste in vielen Gegenden Hungersnot ausbrechen, die zum schrecklichsten Kannibalis-
mus führte. Es trat eine Kidturvernichtung ein, wie sie weder vorher noch nachher
vorgekommen. Nur langsam konnte eine Besserung erfolgen. Am frühesten erholte
sich die Landwirtschaft, ihre Erzevignisse erzielten aber bei dem argen Rückgang der
Bevölkerungszahl nur äusserst niedrige Preise. Die Bauern wurden ganz der Willkür
der Grossgrundbesitzer preisgegeben, meistens Abenteurern, die durch den Krieg reich
geworden waren. Alles Gewerbe lag darnieder. Nicht minder das geistige Leben. Von
allen Schulen litt die Volksschule am meisten: da die ordentlich ausgebildeten Schul-
halter fehlten, übernahmen alte Soldaten die Leitung, Bei der allgemeinen Not mussten
Studenten zeitweise Kriegsdienste thun, um zur Fortsetzung ihrer Studien Geld zu er-
werben. Sie verpflanzten so die Roheit des Soldatenwesens ins akademische Leben,
das jetzt immer mehr ausartete. Aber ganz so schlimm, wie Z. will, stand es nicht um
das gesamte geistige Leben der Zeit und besonders nicht um die deutsche Dichtung;
dem Urteile Treitschkes durfte er sich nicht mehr anschliessen. Mit Recht feiert er
Rist und Moscherosch als wahrhaft patriotische Männer, die in ihren Dichtungen ein-
dringend gegen die herrschenden Laster der Zeit auftraten. Er führt mehrere packende
Stellen aus des erstem „Friedewünschendem Deutschland" und aus Pliilanders Gesichten
an. Es waren aber nicht bloss Dichterlinge, wie Z. behauptet, die die schwedischen
Freunde besangen. Männer wie Weckherlin und Moscherosch bemühten sich tun die
Ehre, politische Agenten der Schweden zu werden, was allerdings nur Opitz und
Schuppius gelangt). Am Schlüsse des Abschnittes gedenkt Z. kurz der gewaltsamen
Gegenreformation in den Alpenländern und in Schlesien und konstatiert, dass trotz aller
Missstände das Volk tiberall mit ruhiger Ergebenheit in das harte Geschick sich fügte:
das deutsche Gemüt war frisch und gesinid geblieben. „Mitten in dem gi'össten Un-
glück, von dem die Deutschen betroffen werden konnten . . . ., war auch der Keim neuen
Lebens schon entsprossen, unerkannt und ungeahnt gedieh er iind trotzte in seiner ur-
sprünglichen Rüstigkeit allen Stürmen, die noch über ihn dahin brausen sollten." Aus
dem weiteren Inhalt des ersten Bandes ist noch hervorzuheben der Nachweis (S. 399 ff.),
688S. M.8,00. [LCBl. S. 1564; PrJbb. 66, S. 301/6 (Dangers); MHL. 18, S. 352;5 (F. Hirscli).J| - 3) S. u. III, 5
III, 1 : AI. Reifferscheid, Allgemeines des 17. /18. Jahrhunderts. 3
dass unter dem Eindruck der Sclilacht von Fehrbellin 1675 die deutsche Publizistik
esinen erfreulichen nationalen Aufschwung nahm. — Mit v. Zwiedineck wetteifert in der
Bearbeitung desselben Zeitraumes der deutschen Geschichte Erdmannsdörfer *). Auch
er will nicht Fachleviten, sondern den weiteren Kreisen der Geschichtsfreunde die ge-
sicherten Ergebnisse wissenschaftlicher Forschung in ansprechender Form vorlegen.
Von seinem Werke sind erst einige Abteilungen erschienen, die kein abgeschlossenes
Ganze bilden, sondern nach der Art des ganzen Sammelwerkes mitten in der Darstellung
abbrechen. Trotzdem empfahl es sich aus mehrfachen Gründen, gegen die Grundsätze
der JBL., das der Zeit des Erscheinens nach hierhin Gehörige schon jetzt zu berück-
sichtigen. Das Werk ist in mehrere Bücher geteilt. Im ersten Buche interessiert mis
neben dem dritten Kapitel über Reich inid Reichsstände nach dem Frieden, in dem die
staatsrechtlichen Verhältnisse und die politischen Theorien von Chemnitz vmd Pufendorf
besprochen werden, besonders das vierte über die materiellen und geistigen Zustände
nach dem Kriege. Auch nach E. lässt sich zvir Zeit noch keine erschöpfende Gesamt-
ansicht und noch kein inneres Verständnis von den Zuständen nach dem 30j. Kriege
gewinnen; er hofft, die wirtschaftlich geschichtliche Forschung werde die Lücken mit
der Zeit ausfüllen. Er weist mit Recht darauf hin, dass uns nur über die grenzenlosen
Verwüstungen Nachrichten zu Gebote stehen, während uns fast jede Auskunft fehlt über
die Gegenden, in denen sich verhältnismässig erträgliche Zustände erhalten hatten. Die
Schilderungen äusserster Not verdienen nach seiner Ansicht nicht iinbedingten Glauben,
einerseits wegen des Interesses der Berichterstatter, ihre Lage so trostlos wie möglich
darzustellen, andrerseits wegen der unleugbaren Neigung der Zeit zum Ungeheuerlichen ;
so sei besonders strenge Kritik geboten gegenüber den Berichten von Theologen, die
an drastische Uebertreibimgen gewöhnt gewesen wären. Aber selbst bei diesem Vor-
behalte gesteht E. ein ungeheures Mass nationalen Unglücks vmd Verfalls zu. Er er-
örtert dann die Entvölkerung und die Verarmung besonders der bäuerlichen Elemente,
die am schwersten heimgesucht worden, und die entsetzliche Verschuldung des Grund-
besitzes, avif die bisher nicht genug geachtet wiu-de. Durch Mitteilungen aus einer zeit-
genössischen Flugschrift, einem Gespräche zwischen einem Doktor, einem Edelmann,
einem Biü'ger und einem Bauer, lässt er inis einen Blick thun in die Stimmungen und
Verhältnisse der Zeit. Nach einem kurzen Ueberblick über die städtischen Verhältnisse,
den Rückgang von Handel und Industrie bespricht E. das geistige Leben der Zeit, die
Fremdländerei, das Alamodewesen, die Bestrebungen für Pflege vaterländischen Siinies
xmd i'ür Reinhaltung der Muttersprache, mit Anerkennung des idealen Zuges und des
gesunden Kerns, aber aiich mit gerechtfertigtem Tadel für das Uebertriebene und
Unnatürliche dabei. Er vergleicht dasselbe mit der wunderlichen Deutschtümelei und
dem falschen Enthusiasmus zu Anfang des 19. Jh. Auch in den politischen Flugschriften
der Zeit gewahrt man mit Freuden ein Erstarken der vaterländischen Gesinnung. Ver-
einzelt und erfolglos dachte man damals an eine Einigung imd Versöhnung der ver-
schiedenen Bekenntnisse. Zum Schlüsse des Abschnittes erinnert E. an die beachtens-
werten pädagogischen Reformbestrebvnigen des Ratich und des Comenius und an das
Volksschulgesetz Herzog Ernsts des Frommen von Gotha. Die zweite Hälfte des
17. Jh. verdiene überhaupt den Namen des methodesuchenden Zeitalters. Man dürfe in
gewissem Sinne mit Gervinus von den fördernden Anregungen sprechen, die dem ICriege
ixnd seinen Folgen entsprungen. Dieser Grundgedanke wird von E. wieder aufgenommen
im 4. Kapitel des 3. Buches, welches die inneren Reformbestrebungen in den deutschen
Staaten behandelt. Es hebt an mit dem Satze, das Zeitalter sei erfüllt gewesen von
dem Bewusstsein, dass die Grundlagen des materiellen und des geistigen Lebens einer
Erneuerimg bedürftig seien. In den Jahrzehnten nach dem Kriege sei überall in Deutsch-
land redlich gearbeitet worden, um die Schäden des Krieges zu heilen und neuen Wohl-
stand zu begründen. Zu dem praktischen Bedürfnisse und seiner Befriedigiuig habe
sich die theoretische Einsicht und die wissenschaftliche Erörterung hilfreich gesellt.
Einzelnes wird dann beispielsweise hervorgehoben; besonders gerühmt wfrd der Kur-
fürst Karl Ludwig von der Pfalz, der Mannheim nexi begi-ündete und nach dem Muster
holländischer Gemeinwesen ausstattete, der auch die Universität Heidelberg zu neuem
wissenschaftlichen Leben erweckte und dort in wahrem Freisinn die Gleichberechtigung
der Bekenntnisse durchführte, ferner der um das Volksschulwesen hochverdiente Herzog
Ernst der Fromme von Gotha. Von dem Antritte seiner Regierung an (1640) war der
Herzog darauf bedacht, das zerrüttete Kirchen- und Schulwesen in seinem Lande wieder
herzustellen. In der Ueberzeugung, dass den Erwachsenen ein regelrechter Religions-
unterricht nötiger sei als der Schuljugend, richtete er die „Informationen" ein, regel-
mässige Unterrichtsstunden, in denen die Pfarrer allen Erwachsenen, die noch nicht
N. 13. — 4) B. Erdmannsdörffer, Deutsche Gesch. v. westfäl. Frieden bis z. Regierungsantritt Friedrichs d. Gr.
1648—1740. Mit Portr., lUustr. u. Karten. (= Allgem. Gesch. in Einzeldarst. her. v. Oncken, III, 7. Abt. 14(5, 160, 181.
1*
4 111,1: AI. Reifferscheid, Allgemeines des 17. /18. Jahrhunderts.
j.genug gegründet" waren, Katechismus und Bibel erklärten. Er brachte es dahin, dass
seine Bauern frömmer und gelelirter waren als anderswo die Edelleute. Noch segens-
reicher wirkte er auf dem Gebiete des Schulwesens. Er erHess 1642 eine Schulordnung,
aus der 1648 der berühmte, für die Grescliichte des Volksschulwesens wichtige „Neue
Methodus" wurde, inid führte die Realien zuerst in die Volksschule ein. Das patriar-
chahsche fromme Walten dieses Landesfürsten spiegelt sich wieder in den staats-
wissenschaftlichen Werken V. L. von Seckendorfs, dem „Fürstenstaat" und dem „Christen-
staat", von denen das erste, imter den Augen Emsts des Frommen entstanden, zum all-
gemein gültigen politischen Lehrbuch für das protestantische Deutschland wurde und
bis in die zweite Hälfte des 18. Jh. in fast kanonischem Ansehen bUeb. Von wirklichem
Werte sind die dem Werke E.s beigegebenen zahlreichen wohlgelinigenen Nachbil-
dungen von Porträts, Trachtenbildern, Militärtypen und Elugblättem: sie geben für sich
schon eine klare Vorstellung der geschilderten Zeit. — Aufzeichnungen des sieben-
bürgischen Predigers Matthias Victor (geb. 1622 zu Birthalm, gest. 1680 als Hauptpfarrer
zu Mühlbach) aus den Jahren 1655 — 1664 über die Kriegswirren in Siebenbürgen ver-
öffentlichte von Hannenheim^), Leider hat er nur die Stellen von allgemeiner
landesgeschichtlicher Bedeutung zum Abdruck gebracht und alles auf Privatverhältnisse
bezügliche weggelassen: so fehlt dieser Veröffentlichung gerade das kulturhistorisch
wichtige Detail. Die Aufzeichnungen haben trotz des lokalgeschichtlichen Charakters
(es kommen nur die Kriege der siebenbürgischen Sachsen mit den Türken in Betracht) nun
doch einen allgemeineren Wert. Sie illustrieren die politische Wirtschaft und die Kriegs-
führung der ganzen Zeit. Die Grossen sind niu" in der Bedrückung des Volkes einig;
dm-ch ihren unersättlichen Ehrgeiz führen sie stets aufs neue kriegerische Verwicklungen
herbei, die ihre Unterthanen am schwersten treffen, aber auch ihnen keinen Segen bringen.
Die Soldaten, die das Land schützen sollen, verheeren es ärger als die Feinde und er-
regen durch ihre sodomitischen Laster allgemeine]! Schrecken. Gottesfurcht kennen sie
nicht mehr, mit religiösen Uebungen treiben sie ihren Spott. Man beachte besonders
S. 717, 719, 720 (722 findet sich dieselbe Stelle mit einigen stilistischen Aenderungen;
fast möchte man glauben, dass sich aus der Hs. eine doppelte Fassung der Aufzeich-
nungen, wenigstens einzelner Teile derselben, nachweisen lasse), 723 vmd 716. —
Eine sichere Grundlage für die Geschichte des deutschen Geisteslebens
während des 17. Jh. soll ein Unternehmen Reifferscheids^) bilden, das in mehreren
umfangreichen Bänden eine sorgsam gesichtete Auswahl aus der reichen noch un-
gedruckten hs. Litteratur der Zeit auf Grund planmässiger Durchforschung der Biblio-
theken und Archive Deutschlands und des Auslandes zu geben verspricht. In Betracht
kommen die vielen, teils aus politischen, teils aus socialen Gründen nur im Kreise von
Gesinnungs- und Standesgenossen, bloss hs. verbreiteten deutschen Dichterwerke, wie
z. B. die umfangreichen, auch für die politische Gescliichte der Zeit höchst wertvollen
Dichtungen Daniel Czepkos, deutsche vnid lateinische Gelegenheitsgedichte, welche in
die Studien, die litterarischen Verbindungen, das Privatleben der beteiligten Personen
vollen Einblick gewähren, und vor allem die Briefe hervorragender litterarischer Persön-
lichkeiten, welche die gehaltreichsten Quellen sind, da sie im ganzen Jh. das freie Wort,
die litterarischen und die politischeii Zeitungen, ersetzen. Alle diese Scluiften sollen
aber nur insofern berücksichtigt werden, als sie für die Erkenntnis des Standes und der
Entwicklung des geistigen Lebens in Deutschland während des 17. Jh. von wirklicher
Bedeutung sind. Der erste Band enthält mehr als 900 Briefe, fast alle — bis auf einige
deutsche von Joh, Christian von Brieg, J. M. Moscherosch, M. Opitz, J. Rist, B. Schupp,
G. R. Weckherlin, und einige französische von B. Venator — in lateinischer Sprache;
sie sind zum allergrössten Teile bisher ungedruckt, den Originalhss. oder zuverlässigen
gleichzeitigen Absclu-iften entnommen. Vorzugsweise entstammen sie dem Heidelberg-
Strassburger Kreise, der eigentlichen Geburtsstätte der neuen Litteratur, dessen gei-
stigen Mittelpunkt der pfalzische Geheimrat G. M. Lingelsheim büdet, ein genauer
Kenner der klassischen und der modernen Litteratur, der fast an allem Bedeutenden,
was in der ersten Hälfte des 17. Jh. in politischer, socialer, religiöser und litterarischer
Beziehung geschah, thätigen Anteil genommen, der vertraute Freund von J. Bongars,
J. Casaubonus, P. Melissus, M. Freher, J. J. Scaliger, J. A. Thuanus, H. Grotius,
J. Gruterus, D. Heinsius, der unermüdliche und geniale Förderer von M. Bernegger,
M. Goldast, M. Opitz, Ch. Colerus, R. Robertin, B. Venator, J. Zincgref. Lingelsheim
war, wie sich jetzt mit Sicherheit behaupten lässt, selbst vielfach als Schriftsteller auf-
getreten. 1601 veröffentlichte er seine lateinische Uebersetzung der Abhandlung „De
militia Romana" des Engländers H. Savils (vgl. S. 689), 1612 schrieb er als Tarraeus
Hebius nobüis a Sperga zu Gunsten J. J. Scaligers gegen C. Scioppius die Schmäh-
Berlin, G. Grote. 1888, 89, 90. 4ß4 S. M. 18,00. — 5) J. von Hannenheim, Mattliias Vietors zeitgenössiscbe Auf-
zeitlinungen aus d. 17. Jh.: AVSiebenbL. N. F. 22. S. 088-738. — 6) AI. Kei ffer scheid, Quellen z. Gesch. d. geistigen
Lebens in Deutschland wahrend des 17. Jh. nach Uss. her. u. erl. I. C= Briefe G. M. Lingelsheims, M. Berneggers n. ihrer
111,1: AI. Reifferscheid, Allgemeines des 17. /18. Jahrhunderts. 5
Schrift „Cave canem" (vgl. S. 714), 1620 übernahm er die Verantwortung für die Ver-
öffentlichung des grossen Geschichtswerkes von J. A. Thuantis, um die wirklichen
Herausgeber zu decken (vgl. S. 735). Er war der intellektuelle Urheber der Schriften
des P. Denaisius gegen die Jesuiten und gegen J. Lipsius (vgl. S. 689, 693 ff.), des
„öyllabus autorum irenicorun", der Heidelberger Ausgabe des Apologeticus Grotii.
Er förderte die kirchenpolitischen Arbeiten des H. Grotius, veranlasste die deutsche
Uebersetzting von dessen Schrift „De veritate religionis christianae", ferner die lateinische
der Hauptsclu*iften Galileis durch Bernegger (vgl. S. 1024). All dies that er, um freieren
Anschauungen Bahn zu brechen. Dafür legt auch sein Briefwechsel Zeugnis ab. Niu-
welliges war bisher daraus bekannt. Zur Einführung in das Verständnis der Zeit und
der Bestrebungen der Calvinisten zu Beginn des Jalu-hunderts werden aus gedruckten
Sammlungen einige Briefe Lingelsheims an J. J. Scaliger, J. Bongars und M. Goldast
mitgeteilt. Neu sind die 35 Briefe des H. Grotius an Lingelsheim mit reichen Beiträgen
für die Geschichte der kirchenpolitischen Bewegung in Deutschland und in den Nieder-
landen und des Kulturkampfes in den Niederlanden. Die freien, geklärten religiösen
Ansichten, die Grotius in diesen Briefen vertritt, spricht er am bündigsten aus in dem
bisher ungedruckten „Hymnus ad Christum pro unitate ecclesiae". Ferner enthält dieser
Band der Quellen unter 76 neuen Briefen des J. Gruter 43 an Lingelsheim mit wichtigen
Nachrichten über die Verhältnisse in Heidelberg vor und nach der Belagerung und über
alles, was die Zeit damals bewegte, politische und litterarische Vorkommnisse. Sie
bieten sicheres Material zur Beurteilung Gruters, seiner Lebensverhältnisse, seiner ge-
lelu"ten und populären Arbeiten, seiner Beziehungen zu Freunden und Gegnern. Von
den andern neuen Briefen an Lingelsheim verdienen noch die drei des 0. Giphanius,
die sechs des J. W. Zincgref, die siebzehn des M. Opitz, die fünfzehn des B. Venator
ihrer Reichhaltigkeit wegen besondere Erwähnung. Alle Briefe an Lingelsheim sind
voll Anerkennung für Lingelsheims seltene Selbstlosigkeit und Unermüdlichkeit im
Dienste der höchsten Interessen. Noch grössere Ausbeute gewährt der umfassendere
Briefwechsel Berneggers mit einem ausgedehnten Freundeskreise (vgl. S. 1004 ff,).
Bernegger stand im regsten Briefverkehr mit den bedeutendsten Zeitgenossen, von
denen die meisten ihm nahe befreundet und verpflichtet waren. Die verschiedensten
geistigen Literessen werden behandelt, denn Bernegger war von einer seltenen Viel-
seitigkeit. Er war Mathematiker und Philolog, vertrat an der Universität Strassburg
Geschichte und Beredsamkeit und entfaltete als Gelehrter und als Publizist eine erfolg-
reiche schriftstellerische Thätigkeit. Als Besitzer einer grossen Buchdruckerei hatte
er vielfach Gelegenheit, die Schliche der Buchhändler und Verleger seiner Zeit genau
kennen zu lernen. Als akademischer Lehrer wirkte er äusserst anregend; bedeutende
Männer, die sich später auch um die deutsche Dichtung verdient gemacht, verdankten
ihm ihre Ausbildung und vielfache Anregung, u. a. Ch. Coler, Gh. Cunrad, D. Czepko,
S. Gloner, J. M. Moscherosch, R. Robertin, J. W. Zincgref, Berneggers Briefe geben
zuverlässige Auskunft über das Leben und Treiben an der Universität Strassburg; sie
charakterisieren ebenso die engherzigen Professoren, die nur Einheimische oder Vettern
befördern, keine Auswärtigen und vor allem keine Calvinisten berufen wollten, wie die
betriebsamen Studierenden, die mit Vorliebe die Erträge der gehörten Vorlesungen als
Doktorarbeiten verwerteten. An Zerwürfnissen mit den Strassburger Theologen hat es
dem freisinnigen Bernegger nicht gefelilt, so eifrig er auch als Publizist gegen die
Jesuiten aufgetreten war; aber sein Interesse für die irenischen Bestrebungen auf religiösem
Gebiete war den Orthodoxen zu aufrichtig und zu lebhaft. Dazu kam, dass er auf
Veranlassung Lingelsheims die Hauptschriften Galileis in lateinischer Uebersetzung
verbreitet hatte, was ihm so viel Unannehmlichkeiten bereitete, dass er zuletzt selbst
an den Konsequenzen Galileis irre wurde. Aus patriotischem Interesse für deutsche
Sprache und Poesie war Bernegger ein warmer Verehrer des M. Opitz und seiner Dicht-
art. Die Geschichte der von Zincgref besorgten ersten Ausgabe der Opitzschen Gedichte
lässt sich aus dem Briefwechsel Berneggers und Zincgrefs bis ins einzelne verfolgen.
Ebenso erwünschten Aufschluss geben die Briefe Berneggers und seiner Freunde über die
übrigen Dichtwerke von Opitz und über die Dichtungen von Ch. Coler, Ch. Cunrad,
J. V. Andreae u. a. Eine Reihe kleinerer Kreise, so der von A. von Bibran, von
C. Domavius, von J. H. Boeder, von J. B. Schuppius, von J. Rist u. a., die mit den
Angehörigen des Hauptkreises in Verbindung stehen, erscheinen hier durch Veröffent-
lichung bisher unbekannter und unbenutzter Briefe in neuer wirkungsvoller Beleuchtung.
Ganz besondere Berücksichtigung finden endlich die geistigen Beziehungen Deutschlands
zu Schweden, zu Gustav Adolf und seinem Reichskanzler Oxenstierna. Der erste Band
enthält eine grosse Zahl politischer Briefe von Opitz und Schuppius, die diese als
schwedische Agenten geschrieben, femer Probeberichte von Weckherlin und Moscherosch,
Freunde.) Heilbronn, Gebr. Henninger. 1889. XIX, 1048 S. M. 30,00. |[LCB1. S. 867/8 (G. W[ittko wsk]i); LBlGEPli.
6 111,1: AI. Reifferscheid, Allgemeines des 17./18. Jahrhunderts.
mit denen dieselben sich als Agenten den Schweden empfehlen wollten. Reine Be-
geisterung für die Schweden, besonders für Gustav Adolf, atmen allein die Berichte
J. von Rusdorfs. Lehn-eich sind auch die Briefe von D. Heinsius, dem schwedischen
Hofrat und Reichshistoriographen : trotz vielfach dem Könige und dem Reichskanzler
gegenüber ausgesprochenem Wunsche erhält er kein offizielles Material für die ihm auf-
getragene Geschichte des moskowitischen Krieges; oifenbar erwartete man von ihm keine
objektive, sondern nur eine panegyrische Darstellung. Später reklamierte er ebenso
erfolglos das ihm zugewiesene Gehalt für viele Jahre und die baaren Auslagen für den
verstorbenen schwedischen Gesandten, seinen Schwager J. Rutgers. In einem Anhange
werden Auszüge aus Briefen des Strassburger Schulrektors J. Stvu-m an den Strassburger
Jvu-isten J. Lobbetius aus den Jahren 1579 — 1584 mitgeteilt. Sie geben manchen neuen
Aufschluss mit interessantem Detail über die Konflikte dieses freisinnigen Schulmannes
mit den Orthodoxen in Strassburg. Dem Texte folgen Anmerkungen. Für diese sind
zahllose seltene Drucke des 17. Jh. benutzt und verwertet worden, unter wörtlicher An-
führung besonders entscheidender Stellen, ferner eine Fülle hs. Materials, Briefe und
Gelegenheitsgedichte, von denen die bedeutendsten in den Anmerkungen zur Erklärung
von Textstellen oder zur Charakterisierinig der im Texte genannten Persönlichkeiten ver-
öffentlicht werden. Die Anmerkungen benutzen die Ergebnisse des umfangreichen
Materials für die Biographie und Charakteristik der Briefschreiber und der Briefempfänger;
sie bieten reichhaltige Beiträge für die Biographien z. B. von J. V. Andreae, John Barclay,
C. Barth, J. Bartsch, M. Bartsch, M. Bernegger, A. von Bibran, J. H. Boeder, A. Buchner,
D. Bucretius, Ch. Coler, G. Cothurnius, C. Ciniradus, Ch. Cunradus, D. Czepko, P. Denaisius,
C. Dornavius, M. Preher, J. Preinshemius, G. Galilei, Scipio Gentilis, 0. Giphani\is,
S. Gloner, M. Goldast, D. Gothofredus, H. Grotius, J. Gruterus, A. Gryphius, J. Heben-
streitus, D. Heinsius, N. Heinsius, H. Hirtzwigius, J. Hotomannus, J. Keller, J. Kepler,
C. Kirchner, F. Lingelsheim, G. M. Lingelsheim, J. Lipsius, Z. Lundius, P. Melissus,
J. M. Moscherosch, M. Nüssler, B. W. Nüssler, M. Opitz, Ph. Pareus, A. Pawel, S. Pufendorf,
G. Remus, Q. Reuter, J. Rist, C. Rittersluisius, R. Robertinus, J. Rutgers, C. Salmasius, Andr.
Senftleben, A. Scultetus, Joh. Scultetus, J. J. Scaliger, J. B. Schuppius, G. Scioppius, Alb.
Sebisius, J. Sturmius, J.A.Thuanus, A. Tscherning, B. Venator, M. Virdung, G.R.Weckherlin,
J. W. Zincgref. Vier Inhaltsverzeichnisse am Schlüsse des Bandes lassen die Reich-
haltigkeit des Gebotenen erkennen imd erleichtern die Benutzung des Werkes. — Car-
riere'') bespricht zwei Urteile Giordano Brunos über die Deutschen, um zu zeigen,
wie weit sie uns zur Selbsterkenntnis und zur Mahnung dienen können. G. Bruno, der
die Jahre 1586 — 91 in Deutschland zugebracht, verspottete in seinem „Spaccio della
bestia triomfante" die Deutschen als Trunkenbolde, gewissenlose Streber und Kriecher,
während er sie in einer Rede, die er am Schlüsse seiner Wittenberger Lehrthätigkeit
hielt und deren panegyrischer Charakter nicht zu verkeimen ist, als die eifrigsten Jünger
der Weisheit feierte. Seine Anerkennung der Deutschen gipfelt in dem Ausspruche:
„Göttlich ist der Geist dieses Volkes, das nur in dem nicht hervorragt, woran es keine
Freude findet. Gebe Gott, dass die Deutschen ihre iCraft erkennen und ihren Sinn auf
grosse Dinge richten." —
In die gesellschaftlichen Zustände des 17. Jahrhunderts führt uns
ein Büchlein Hodermanns^). Er schildert vornehme Herren und Damen, die sich
zu Nürnberg in den vierziger Jahren nach der Art Harsdörffers im „Gespräch-
spiel" üben, mit Wendungen und Sätzen aus Harsdörffers „Frauenzimmergespräch-
spielen" so geschickt, dass die Darstellung, trotz einiger Anachronismen, einen einheit-
lichen Charakter erhält und lebhaft jene Art und Zeit vergegenwärtigt. Es sind rechte
Menschen mit gutem luid tüchtigem Willen, die sich in der Schreckenszeit des 30j. Krieges
den Sinn für das Ideale bewahrt haben ; sie unterhalten sich über alles, was Kunst und
Wissenschaft liebliches und erfreuliches enthalten, indem sie so viel wie möglich Gegen-
stand und Form der Behandlung ändern, damit die Teilnehmer keinen Vordruss em-
pfinden. Sie üben sich also in der Kunst der Unterhaltung, sie pflegen aus Liebe zum
Vaterlande in der traurigsten Zeit Deutschlands den Sinn für geistige Interessen und
wissen auch die Frauen dafür zu gewinnen. Dass das Streben dieser Leute, besonders
ihres geistigen Leiters, der den Namen des „Spielenden" als Ehrennamen trug, trotz
aller Spielerei ein ernstes gewesen, zeigt die dem Büchlein beigegebene „Schutzschrift
für Die Teutsche Spracharbeit und Derselben Beflissene", die Harsdörffer 1644 den
Gesprächspielen als Beigabe anfügte. „Es scheint die waare Lieb hier zu der Teutschen
Sprach", heisst es mit Recht am Schlüsse der voraufgeschickten Zuschrift „an den
Hohnecklenden ßücherrichter". Die Schutzschrift handelt von der Wimligkeit und
Wichtigkeit der deutschen Sprache und giebt das Absehen der deutschen Spracharbeit,
der deutschen Philologie jener Zeit kiirz und bündig an. Sie sei eine Friedenskunst,
11, S. 10 (t. d. Roi.p)]l - 7) M. Carriire, Giordano Bruno, Uebcr die Deutschen: DR. 15, S. 320/7. - 8) R. Hoder-
mann, Bilder aus d. deutschen Leben d. 17. Jh. I. E. Tornehme Gesellschaft. (Nach Harsdörffers Gcsiirächsxiielen.) Mit
111,1: AI. Reifferscheid, Allgemeines des 17./18. Jahrhunderts. 7
die wohl „bei so beharrlich rasenden Kriegszeiten" zu unternehmen sei. Man mtisse
die Muttersprache aber auch eifrig studieren, reinigen und ausbilden. Es sei ein Wahn,
dass durch Erhebung des Deutschen das Lateinische fallen werde ; das eine werde vielmehr
durch das andere gefördert. Zum Schluss verteidigt Harsdörifer die deutsche Sprach-
arbeit ihren Feinden gegenüber, besonders gegen die, welche sie für Schulfuchserei halten.
Der Abdruck der Schutzschrift lässt leider die Druckfehler des Originals vmangetastet. —
Eine Charakterschilderung der deutschen Frauen des 17. Jh. versuchte
Steinhausen^) auf Grund von Frauenbriefen, die aus jener Zeit auf uns gekommen
sind. Während in Frankreich die vornehme Frau dvu-ch den Zauber ihrer Persönlich-
keit, durch Anmut imd geistreiches Wesen in den Salons glänzte und allmählich sogar
in litterarischen Dingen den Ton angab, lebten in Deutschland sowohl die adligen wie
die bürgerlichen Fravien ausschliesslich für die Familie und in der Familie ; sie verstanden
sich nicht auf geistreiche Unterhaltung, sondern gaben sich natürlich, wie sie waren.
S. zeigt das in überzeugender Weise an der Hand der erhaltenen Frauenbriefe. Schon
in der Handschrift tritt das Eigenartige derselben hervor. Die Schrift ist aufrecht,
steif, unförmlich, dem entsprechend ist auch der Stil ungeschickt und unbeholfen, be-
wegt sich am liebsten in althergebrachten Formeln, doch überall leuchtet Wahrheit
und Natürlichkeit durch. Die Frauenbriefe stehen im rechten Verhältnis zur weiblichen
Bildung der Zeit. Die Frau blieb in Deutschland aufs Haus beschränkt. Die Erziehung
der Töchter lag in der Hand der Mütter. Diese Abgeschlossenheit war eine Schutzwehr
gegen das Fremde; sie erhielt den deutschen Frauen ihr Gemüt, ihre Frömmigkeit und
Natürlichkeit, ihren Frohsinn und gesunden Mutterwitz. Sie retteten so das Gute durch
die schlimmen Zeiten, bis es im 18. Jh. seine Verwertung finden konnte. Gegen Ende
des 17. Jh. änderte sich indessen der Charakter der Frauen in mehrfacher Beziehung;
ja, schon um die Mitte des Jh. erweiterte sich ihr geistiger Gesichtskreis, sie fingen an
sich lebhaft an der geistigen und litterarischen Bewegung der Zeit zu beteiligen. Sie
nähmen später thätigen Anteil an der deutschen Dichtung und zeigten besonders für
den Pietismus grosse Empfänglichkeit. Ihr Leben gestaltete sich allmählich freier, aber
sie vergassen doch nicht, dass ihr Glück auf dem Hause und der Familie beruhte, i") —
Das Alltagsleben einer deutschen Frau zu Anfang des 18. Jh. beschrßibt bis ins einzelne
Alwin Schultzii) auf Grund des reichhaltigen „Fravienzimmerlexikons" von Amaranthes
(G. W. Corvinvis), unter ausgiebiger Benutzung zeitgenössischer Schriften, besonders
der Werke Abrahams a St. Clara und der satirischen Komödien des Jesuiten Franz
Callenbach. Das Buch tritt als kleine Ferienarbeit auf, die auf wissenschaftliche Be-
deutung keinen Anspruch erheben soll; es leistet aber der Wissenschaft gute Dienste
und giebt ein lebensvolles und lebenswahres Bild der ganzen Zeit und der das ge-
wöhnliche Leben beherrschenden Anschauungen, nicht streng systematisch, sondern
leicht und zwanglos. S. lässt seine Gewährsmänner möglichst ausführlich zu Wort
kommen, was für das Verständnis nur dienlich ist. Manchmal vermisst man freilich
die Angabe, wie weit die offenbar übertreibenden Aeusserungen der Zeitgenossen sich
von der Wahrheit entfernen. S. behandelt den reichen Stoff in folgenden Abschnitten,
die aber meistens mein* enthalten, als was die Ueberschriften in Aussicht stellen:
1. Liebe und Verlöbnis ; 2. Kleider; 3. Die Hochzeit; 4. Haus und Haushaltung; 5. Täg-
liches Leben und Vergnügungen; 6. Geburt eines Kindes, Taufe, Erziehung; 7. Tod,
Begräbnis. Obgleich in allen diesen Abschnitten die abergläubischen Meinungen der
Zeit berücksichtigt sind, kommt noch ein 8. Kapitel: Exkurs über den Aberglauben der
Zeit, das aber nur von Vorzeichen und vom Alpdrücken handelt. Zuletzt bespricht S.
noch mancherlei Einzelheiten, die sich in den früheren Abschnitten nicht recht hatten
unterbringen lassen: die Anstellung der Beamten, die Verschwendung der Frauen, die
Unterschlagungen der Männer, den Hochmut der Beamtenfrauen, die Freuden eines
Hofbeamten, die Verschwendung bei Hofe, Abrahams a S. Clara Urteil über seine Zeit,
den Kampf gegen das französische Wesen, die patriotische Begeisterung für das deutsche
Vaterland in den „Eclipses politico-morales" Callenbachs. Besondere Anerkennung
verdient, dass der Text durch eine grosse Anzahl wohlgelungener Nachbildungen seltener
Trachtenbilder jener Zeit ergänzt und verdeutlicht wird. —
Ueber die Entwicklinig des poetischen Stils dieser Periode liegen keine
umfassenden Untersuchungen vor. Eine Reihe lesenswerter Aufsätze über den Marinis-
mus veröffentlichte Land au. 12) Er geht aus von der Besprechung des zügellosen
Streb ens nach dem Neuen und Ungewohnten in Gestalt und Form, das sich heutzutage
e. Neudruck a. SchutzscLrift f. d. Teutsche Spracharbeit. Paderborn, Schöningh. 81 S. M. 1,20. |[BHJ. S. 494 (Sall-
mann); ZDU. 4, S. 393 (Fränkel); ZDKG. 1, S. 231 (Steinhau sen).] | — 9) G. Steinhausen, D. deutschen Frauen im
17. Jh.: ZDKG. N. F. 1, S. 10 ff. - 10) X F. von Kopp en, Königin Sophie Charlotte u. ihr Hof: Fels z. Meer, S. 765/9.
(Der Hofdichter Besser u. Canitz wird kurz gedacht.) — II) Alw. Schultz, Alltagsleben e. deutschen Frau zu Anf. d. 18. Jh.
Mit 33 Abbild. Leipzig, Hirzel. XV, 278 S. M. 6,00. |[LCB1. 1891, S. 72i3.]i — 12) M. Landau, Z. Gesch. d. Barockstils
in der Litt.: AZg". N. 63, 65, 66, 71, 80, 87. —
8 111,1: AI. Reifferschei d, Allgemeines des 17. /18. Jahrhunderts,
seit einiger Zeit in der schönen Litteratur geltend macht. Das Wesentliche der neuen
Richtung sei nicht die minutiöse Treue in der Darstellung des Wirklichen, auch nicht die
Vorliebe für die Schilderung des Gemeinen, sondern das Revolutionäre, die bew\isste
Opposition gegen den bisher lierrschenden Geschmack. Zum Verständnis der gegen-
wärtigen Bewegung empfehle es sicli, eine ähnliclie frülierer Zeit zu studieren. L. be-
handelt dann eingehend das Leben des Marino, ferner das Eigentümliclie seiner Dicht-
art, seines Stils und seiner Darstellungsweise, wie sie besonders im „Adonis" und in
den lyrischen Gedichten hervortritt. Das Charakteristische sei das Haschen nach
Eifekt, das Ueberwiegen des Aeusserlichen. Hauptzweck des Dichters sei es nach
Marino, Staunen und Verwunderung zu erregen. Dieses Streben schliesse wahre Leiden-
schaft und tieferes Gefühl aus und lasse mithin den Leser kalt. Daher wirkten selbst
die lascivsten Stellen solcher Dichtungen nicht demoralisierend, man merke das Ge-
künstelte und Unwahre und bleibe teilnahmslos. Dabei werde man geblendet durch
den Reichtum der Bilder, die bunte Pracht endloser Beschreibungen und Schilderungen,
die keine klare Vorstellung aufkommen lassen. Ueberdruss erwecke aber nicht das
Uebertriebene und Unnatürliche in den einzelnen Bildern, das Gezwungene in den Ver-
gleichen, das Ueberspannte in den Metaphern, sondern die Massenhaftigkeit und
nutzlose Verschwendung all dieser Stilmittel. Ausführlich bespricht L. darauf den
gewaltigen Einfluss des Marinismus auf die italienische, spanische, französische, englische
und deutsche Dichtung. Vorläufer des deutschen Marinismus sind ihm P. Fleming und
A. Gryphius; Schirmer leitet über zu den Hauptvertretern Chr. Hofman von Hofmans-
waldau und Casper von Lohenstein, während Neukirch schon den Uebergang zur Ana-
kreontik und zum pedantischen Klassizismus bezeichnet, Brockes dem pedantischen
Klassizismus gegenüber das Gute des Marinismus für eine bessere Zeit rettet. —
111,2
Lyrik.
Max Freiherr von Waldberg.
BibliograpBisches N. 1. — Aelteres Volkslied: Fortloben N. 2. — Uebergang in das Kunstlied N. 20. — Kunst-
dichtung der Renaissancelyriker: Opitz N. 26. — Fleming N. 28. — Simon Dach N. 33. — Andreas Tscherning N. 34
— Petrus Mederus N. 35. — J. Eist und Georg Strube N. 3fi. — Georg Greflinger N. 39. — H. H. Scher N. 40. - David
Schirmer N. 41. — W. Scherflfer v. Scherffenstein N. 42. — Ph. v. Zesen N. 43. — J. H. Schein N. 44. — Schwieger N. 45.
— Antike Motive N. 46. - G. W. Sacer N. 47. — Geistliche Lyrik: Christoph Jager N. 48. - M. Rinckliart N. 49. —
Paul Gerhard N. 51 — Friedrich Spee N. 52. — M. Schirmer, J. U. Sebellenbauer, ü. B. Scharff, J. Schaitberger und J. G.
Scharff N. 53. — J. L. v. Caprivi N. 58. — Die zweite schlesische Schule und ihre Gegner: Graf Brandis N. 60.
— Gh. Günther N. 61. — J. S. Scholze (Sperontes) N. 62. — Das Volkslied im 17. und beginnenden 18. Jh.: Jahr-
marktslied N. 63. — Historische Lieder N. 64. — Volkslieder vom Doktor Faust N. 65. —
Für die wissenschaftliche Beschäftigung mit der Lyrik des 17. Jh. zeigt sich
nach den zusammenfassenden Arbeiten der vorangegangenen Jahre wenig Neigung.
Mit vollem Recht! Grössere wissenschaftliche Entdeckungen, die dem von d'er For-
schung festgestellten Bilde der lyrischen Produktion jenes Jh. neue wesentliche Züge
beifügen könnten, sind kaum zu erwarten, und der Stoif ist nach der aesthetischen
Seite nicht erfreulich genug, um geringerer Ergebnisse willen zu erneuter, intensiver
Durchforschung zu locken. Am meisten dürfte die rein bibliographische Seite
ernsterer Bemühung wert sein. Das Ideal der deutschen Bücherkunde, wie es schon
1858 Hoffmann von Fallersleben in seinem bibliographischen Versuch über Opitz an-
gedeutet, hat, wiewohl es von Berufenen, z. B. Schnorr v. Carolsfeld (CBlBibl. 2, S. 500 ff.),
wiederholt angeregt wurde, auch nach dem Erscheinen der zweiten Auflage von
Goedekes „Grundriss", soweit die Lyrik in Betracht kommt, seine Erfüllung nicht
gefunden. Bei dem Umstände, dass die deutsche weltliche Lyrik jener Zeit im wesent-
lichen Gelegenheitsdichtung im schlechteren Sinne des Wortes ist, kann der Wunsch
nach vollständiger Inventarisierung der zahllosen Einzeldrucke, die von der Bibliographie
arg vernachlässigt wurden, nicht dringend genug wiederholt werden. Das treffliche
Verzeichnis der Opitzschen Einzeldrucke von Oesterley (CBlBibl. 2, S. 383 ff.), das
schon vor längerer Zeit erschienen ist, zeigt, wie viel Material noch nicht gebucht ist,
und daher wird ein Versuch wieHayns^) Verzeichnis der deutschen Hochzeitsgedichte,
t) H. Hayn, Bibliotheca Germanorum nuptialis. Verz. y. Einzeldrucken deutscher Hochzeitsged. u. Hochzeits-
scherze in Prosa t. Mitte d. 16. Jh. bis zur Neuzeit. Köln, Fr. Teubner. VI, 90 8. M. 4,00. | [Oscar Moyor: DLZ. 12,
111,2: M. Frhr. v. Waldberg, Lyrik des 17./18. Jahrhunderts. 9
wie wenig vollständig es auch ist, dankbare Aufnahme und hoffentlich auch baldige
Nachfolge für andere Gattungen der Gelegenheitsdichtung finden. Schon in seiner,
allerdings lückenhaften und gelegentlich unfreiwillig scherzhaften, erotischeji Bibliographie
hat H. eine grosse Zahl älterer Hochzeitsgedichte verzeichnet; hier liefert er uns
eine wesentlich bereicherte Uebersicht, die durch Mitteilung der Standorte und Biblio-
thekssignaturen und ein gutes Register sehr brauchbar geworden ist. Die Hochzeits-
dichtimgen bieten oft durch genaue Angaben der Personen und Städtenamen und vieler
persönlicher Umstände wertvolles biographisches Material, was bisher, obwohl bei
manchem Dichter jener Zeit die Quellen der Lebensgeschichte spärlich fliessen, nicht
genügend beachtet wurde. Im ganzen werden 513 Gedichte in alphabetischer Ordnung
verzeichnet, eine Zahl, die leicht durch Nachträge bedeutend vermehrt werden könnte. —
Zu den interessantesten litterarhistorischen Problemen, die sich bei der Be-
schäftigung mit der Lyrik des 17. Jh. aufdrängen, ist die Präge nach dem Fortleben
der älteren Volkslieder in jener Zeit zu rechnen. Während es von der älteren
Forschung geleugnet wurde, ist v. "Waldberg in seinem 1888 erschienenen Buche über die
deutsche Renaissance-Lyrik für die gegenteilige Anschauung eingetreten. Den genaueren
Nachweis für seine Ausführungen erbringt von Waldberg2) nun im Neudruck eines
Liederbuches aus der Mitte des Jh., des „Venusgärtleins". In der Einleitung weist er
auf die Verbreitung dieser Liedersammlung hin, von der ihm drei Exemplare dreier
verschiedener Ausgaben, deren es aber mindestens sechs gegeben haben muss, bekannt
sind ; dann werden für die nach der ältesten Ausgabe (1656) abgedruckten Lieder die
früheren Drucke oder Autoren nachgewiesen. Aus diesem Nachweis ergiebt sich, dass
neben den volkstümlichen Dichtungen der Kunstlyriker wie Opitz, Dach, Greflinger,
Rist, Göring, Albert u. a. auch ältere Volkslieder wie das jüngere Hildebrandslied,
das Lied von den Vitalienbrüdem, „War ich ein wilder Falcke" und viele andere um
die Mitte des 17. Jh. bekannt waren und gesungen wurden. — Ein gleiches Ergebnis
würde die genaue Untersuchung der anderen bekannten Liederbücher jener Zeit, deren
Erhaltung Meusebachs rührendem Sammelfleiss zu danken ist, bieten. Einer dieser
Liedersammlungen hat Meusebach selbst einen für seine Zeit trefflichen hs. Nachweis
der Quellen beigelegt. Häyn^) hat ihn vor Jahren im „Serapeum" (durch einige Druck-
fehler entstellt) weiteren Kreisen zugänglich gemacht; nun bietet er ihn wieder, genauer
mit dem Original kollationiert, als selbständiges Schriftchen. Ob nicht der Abdruck
des nur in einem Exemplare bekannten Liederbuches oder mindestens die Wiedergabe
der Meusebachschen Notizen, aber vermehrt durch Ergänzungen, wünschenswerter wäre,
soll hier nicht erörtert werden. So wie das Verzeichnis vorliegt, bringt es ein Register
der 201 Lieder des „Tugendhaften . . . Zeitvertreibers" und etwa 75 Quellennachweise,
eine Zahl, die mit den jetzigen Hilfsmitteln leicht auf das Doppelte gebracht werden
könnte. — Einzelne Nachweise sind auch schon an verschiedenen Stellen geliefert
worden*— 5). Wie solche Quellennachweise gegeben werden sollen, ist schon früher von
Bolte (JbVNiederdSpr. 13, S. 55 ff.) mit seinen Mitteilungen über die niederdeutschen
Lieder aus dem Liederbuche des Petrus Fabricius, einer aus dem Anfange des 17. Jh.
stammenden Hs., gezeigt worden. Die aus diesem Liederbuche stammenden ober- und
niederdeutschen Reime und Sprüche, apologische Sprichwörter, Priameln, 60 Liebesreime
usw. hat Bolte^) an anderer Stelle veröffentlicht. Die Liebesreime sind besonders
interessant, weil sie zahlreiche Fragmente älterer Volkslieder enthalten, die noch in
späteren Jahrzehnten des 17. Jh. immer wiederkehren. — Bruchstücke von Lieder-
existenzen finden sich auch in der volkstümlichen Lehr-Prosa wieder, so z. B. bei
Abraham a St. Clara Fragmente von Volksliedern, Trinkliedern und Spottversen auf
einzelne Stände; auf Einzelnes hat Laucherf) hingewiesen. — Ein voller Ueber-
blick über das Nachleben der alten Volkslieder wird nicht so bald zu erlangen
sein, da der grösste Teil der fliegenden Blätter und Hss. des 17. Jh. verloren
gegangen oder, wenn vorhanden, in Sammelbänden öffentlicher und privater Biblio-
theken versteckt ist. Um so dankenswerter ist die Veröffentlichung einzelner Volks-
lieder aus solchen Quellen. Birlinger,^) Crecelius^-is) und Bolte^^-is) haben
8. 87/8.]l — 2) Venusgärtlein. E. Liedertuch d. 17. Jh. her. v. M. Freiherrn von Waldherg. (Neudr. deutscher Litt.-
Werke d. 16. u. 17. Jh. N. 86/9. Halle, Niemeyer. XLVI, 220 S. M, 2,40. [[Creizenach: LCBl. S. 1776/7; Wollerner:
LMerkur. 10, S. 369.] | — 3) H. Hayn, Tugendhafter Jungfrauen u. Junggesellen Zeit-Vertreiber. E. Weltliches Lieder-
Büchlein d. 17. Jh. . . . Nachweisungen d. Quellen, aus denen d. 201 Lieder geschöpft sind. Als Beitr. z. Gesch. d. deutsehen
Volksliedes. Köln, Fr. Teuhner. 24 S. M. 1,50. — 4) A. Kaufmann, Christinchen sass im Garten. Volkslied: ZVolkskunde.
2, S. 115/6. — 5) J. Bolte, Z. Alemannia 16, S. 80: Alemannia. 17, S. 272. (Vgl. auch ib. S. 28.) — 6) id.. Aus d.
Liederbuche d. Petrus Fabricius: ib. S. 248 — 61. — 7)F. Lauchert, Volkslieder bei Abraham a. S. Clara: ib. S. 119—21.
— 8) A. Birlinger, Lieder aus d. Anfange d. 17. Jh. 1.: ib. S. 191|2. — 9) W. Crecelius, Trink- u. Liebeslieder aus
d. 17. Jh.: ib. S. 25/9. — 10) id., Geschichtl. Lieder aus d. 17. Jh. 2.: Alemannia 18, S. 1—15. — II) id.. Vier Lieder
über d. Leiden u. Sitten d. Zeit aus d. J. 1622: Alemannia. 17, S. 42—51. — 12) id.. Zwei erzählende Ged. aus d. 16/7. Jh.:
1. Alda. 2. Lorenzo u. Elisabetha: ib. S. 29—42. — 13) J. Bolte, D. Reiter u. d. Jungfrau: ib. S. 261/2. —14) id., Bauren-
Gespräch. Schwäbisch : Alemannia. 18, S. 62/4. — 15) i d., E. Totentanz d. 17. Jh. : i b. S. 65—71. — 16) i d., E. weiterer
Totentanztext: ib. S. 127—31. — 17) id., Zu d. Knaben Wunderhorn :_ i b. S. 72/4. — 18) id., Lieder v. e. fliegenden Blatte:
10 in,2: M. Frhr. v. Waldberg, Lyrik des 17./18. Jahrhunderts.
häufig recht wertvolles Material mitgeteilt, das in seiner Mannigfaltigkeit den ver-
schiedensten litterar- und kulturhistorischen Interessen dienlich sein kann: Lieder aus
dem Anfange des 17. Jh., Trink- und Liebeslieder späterer Jahrzehnte, geschichtliche
Lieder dieser Epoche, solche über Leiden und Sitten der Zeit, erzählende Gedichte, von
denen eines den, schon durch die Uebersetzung Adam Wernhers v. Tliemar in der
deutschen Litteratur bekannten, „Alda"-Stoff behandelt, eine Ballade, ein in schwäbischer
Mundart gehaltenes Bauerngedicht, Totentänze, ein Alamodelied usw. — Sehr lehr-
reich ist das von Bolte lö) veröffentlichte, aus einer auf der Kgl. Bibliothek in Kopenhagen
aufbewahrten Hs. stammende „Trompeterständchen", das dort nach einem fliegenden Blatte
wiedergegeben ist. Es setzt sich in seinen einzelnen Strophen zum Teil aus Fragmenten
und Versen älterer Volkslieder zusammen, führt Hero und Leander, Pyramus und Thisbe
als berühmte Liebespaare auf, mischt also volkstümliche Eorm mit Renaissancemotiven,
— eine Erscheinung, die für das volkstümliche Lied aus dem Ende des 16. Jh. und
das daraus hervorgegange Gesellschaftslied des 17. Jh. fast typisch ist. —
Der allmähliche Uebergang des Volksliedes in das Kunstlied erfolgte
durch Vermittlung der unter dem Einflüsse der volkstümlichen italienischen Musik
stehenden deutschen Komponisten jener Zeit. Für die Entwicklungsgeschichte jener
Lyrik ist daher die Kenntnis der hervorragenden Musiker, die ja meist ihre eigenen Text-
dichter waren, von besonderem Wert. Eine dieser charakteristischen Persönlichkeiten
führt uns Reinhard Kade^o) in einer liebevollen Studie über Christoph Demantius
vor. Er entwirft ein lebendiges Bild des Dichterkomponisten und seiner musikalisch-
poetischen Thätigkeit. In den „Neuen teutschen weltlichen Liedlein" (1595) sind die
Texte nicht auf Demants Rechnung zu setzen, da sich die Liedertexte meist schon in Scan-
dellus' und Regnarts Sammlungen wiederfinden. In seinen „Siebenundsiebzig, neue auss-
erlesene. Liebliche, Zierliche, Polnische und Teutsche Art Tänze . . ." (Nürnberg 1601)
ist er aber zweifellos sein eigener Dichter, wenn auch der von K. unter anderem dafür an-
geführte Beweis, der akrostichische Bau vieler Lieder, nicht von zwingender Beweis-
kraft ist. Auch für die späteren Sammlungen liefert Demantius selbst die Texte, die
allerdings sich gleichfalls zum Teil aus Versen älterer Lieder zusammeii setzen dürften.
Lehrreich ist K.s Hinweis auf „die Ungebundenheit der alten Künstler, mit fremdem
Gut nach freiem Ermessen zu schalten und walten", weil aus der angedeuteten Art des
musikalischen Schaffens sich wichtige Analogien für die Dichtungsweise der damaligen
Poeten ergeben. Am Schlüsse wird auch Christoph Demantius' gleichnamiger Sohn, der
u. a. Vf. einer Sammlung lateinischer, ferner einiger deutscher, im „Teutschen Medusen-
Bächlein" 1646 abgedruckter Gedichte ist, kurz behandelt. — Der Zusammenhang zwischen
älterer Volksdichtung und volkstümlicher Lyrik des 17. Jh. wird auch durch BoltesSi)
Ergänzung zu R. M. Meyers öfter angefochtenem , aber höchst anregendem Aufsatz über
alte deutsche Volksliedchen (ZDA. 29, S. 133 ff.) angedeutet, indem er für die im Minne-
sang des 12. Jh. auftauchende Formel „Du bist min, ich bin din" Parallelen von der
ältesten Zeit bis auf Paul Heyse und Glasbrenner bringt, wobei der direkte Uebergang
aus der Dichtung des 16. in die des 17. Jh. durch die Belege nicht unwahr-
scheinlich wird. — Einige Motive lassen sich auf ihrer Wanderung am besten in
den einzelnen Ständen gewidmeten Liedern verfolgen. So auch in Boltes22) Sammlung
von Bauemliedern, in der er nach der Art, wie Schade, R. Köhler, die Brüder Keil und
Hans Ziegler die Lieder der Handwerker, Bergleute, Studenten und Soldaten gesammelt
haben, nun auch verschiedene Bauernlieder veröffentlicht und in einer knappen, aber in]\alt-
reichen Einleitung die Wandlungen in der Bauerndarstellurg der Volks- und Kunst-
dichtung skizziert. Für die Lyrik des 17. Jh., wo sich die interessante Scheidung zwi-
schen rustikaler und pastoraler Poesie entwickelt, sind die von B. beigebrachten
Lieder sehr bezeichnend. Im Anschluss an seine Auswahl der Bauernlieder giebt er
ein Verzeichnis aller ihm bekannt gewordenen Lieder über den Bauernstand. Es sind
im ganzen 242 Lieder, ihrem Inhalt nach in 16 Unterabteilungen geordnet. In einer
Musikbeilage werden auch einige Weisen gebracht, u. a. das vielgesungene VoigtliiinIcrisclH'
Lied „Geht ihr HöfFUng gehet immer". — Umspannt Boltes Arbeit zeitlich d'w. gaiizo
Lyrik, so zieht sich L. Frank el^^) in einem Aufsatze, in welchem er das Motiv „Um
Städte werben" verfolgt, engere Grenzen. Schon R. Köhler hat das eigenartige
Bild, das die Stadt als die Braut des sie Begehrenden darstellt, in der volkstümlichen
Poesie des 17. Jli. verfolgt (Archiv für Litteraturgeschichte 1, S. 228 ff.). Dem ver-
einzelten Nachtrag in J. M. Wagners Archiv (S. 160) folgt jetzt eine reiche Naclilese
aus der Lyrik des 16. und 17. Jh. Für das letztere kommen besonders die Lieder in
ZVolksltunde. 2, S. 312/4. — 19) id., TrompctersUndchon d. 17. Jh.: JbMUnchG. 4, S. 427,'8. — 20) Reinhard Kade,
Christoph Demant. 1567—1643: VMusikG. 6. S. 469—522. — 21) J. Holte, Du bist min, ich bin din: ZDA. 34, S. 161/3. —
22) id., D. Bauer im deutschen Liede. 32 Lieder d. 15./9. Jh. nebst e. Anh. (= Acta Germanica. Her. v. R. Henning u.
J. Hoffory. 3.) Berlin, Mayer & Mttller. 130 u. IV S. M. 4,00. |[0. Fleischer: VMusikG. 6, S. 416; JBGPh. 12,
8. 135.] I — 23) L. Fränkel, Um Städte werben u. verwantes in d. deutschen dichtung d. 16. u. 17. Jh.. nebst parallelen aus
111,2: M. Frhr. v. Waldberg, Lyrik des 17./18. Jahrhunderts. 11
Betracht, die auf die Belagerung Magdeburgs und auf den Fall Strassburgs Bezug neh-
men, — Im gleichen Sinne, als „deflorierte" Braut wird Strassburg auch in drei Liedern
aus dem Jahre 1681 dargestellt, welche von B ölte und Martin^*) veröffentlicht wurden.
— Wie hier „Argentorat", so bildet am Anfange desselben Jh. der Winterkönig
den Mittelpunkt der politisch-historischen Volkspoesie. Wolkan25)^ der eine Samm-
lung dieser Winterköniglieder ankündigt und aus der Zeit von 1619 — 1621 mehr als
zweihixndert, oft mehrfach aufgelegte Lieder kennt, entwirft nach kleineren Proben ein
Bild, wie der Winterkönig im Liede seiner Zeit dargestellt wurde. —
Für die Kunstdichtung der Renaissancelyriker hat sich gleichfalls selten
eiü tieferes Interesse in der litteraturgeschichtlichen Forschung des Berichtsjahres be-
kundet. Die wissenschaftliche Beschäftigung mit Opitz, die eine Zeit lang sich fast
allzu lebhaft entwickelte, hat, seitdem die Frage nach den Quellen seiner „Poeterey"
erschöpfend gelöst wurde, diesmal weniges zu Tage gefördert. Witkowski^^), dem
wir eine treffliche kommentierte Ausgabe des „Aristarchus" und der „Poeterey" ver-
danken, hat ein imgedrucktes Gedicht des „Boberschwans" mitgeteilt, das aus der
Ktinzelschen Autographensammlung stammt. Es enthält dreiundzwanzig, an einen, wie W.
vermutet, Bremer Freund Opitzens gerichtete lateinische Verse, die viele Anklänge an
antike Muster verraten. Wegen des heiteren Schlusses des ziemlich inhaltsleeren Ge-
dichtes möchte der Herausgeber folgern, dass es der Jugendzeit, vielleicht den Studenten-
jahren, angehöre. — Eine andere Veröffentlichung ist Opitzens Uebersetzung der So-
phokleischen „Antigone" gewidmet. IIeuwes27) giebt in den ersten zwei Kapiteln der
Untersuchung, von der nur der erste Teil vorliegt, eine sehr knappe Uebersicht über
den Entwickelungsgang der deutschen Uebersetzungskunst bis auf Opitz, stellt dessen
Stellung zur klassisclien Philologie, insbesondere zur Uebersetzungskunst, nicht tief ein-
dringend dar, bespricht die Umstände, die den Dichter gerade zur Wahl der „Antigone"
als Uebersetzungsobjekt veranlasst haben mögen und sucht die Hilfsmittel der Ueber-
setzung aufzuweisen. Im dritten Kapitel, das sich mit der speciellen Aufgabe zu be-
schäftigen beginnt, werden nur die allgemeinen Bemerkungen, die sich aus dem Ver-
gleiche der Uebersetzung mit dem Originale ergeben, gebracht und die Betrachtung des
Einzelnen, besonders der Dialoge für den zweiten Teil vorbehalten. —
Axich über Fleming ist wenig Bemerkenswertes erschienen, obgleich die am
2. April erfolgte zweihundertundfünfzigste Wiederkehr seines Todestages zu eingehender
Wiirdigung seiner Bedeutung als Lyriker wohl hätte locken können. Zwei Flemingsche
Stammbuciiblätter, die Bolte-^) bekannt gemacht hat, führen uns nach Livland. Das
eine ist einem seiner Reisegefährten, dem Dolmetscher der nach Persien geschickten
Gesandtschaft, dem Dorpater Johann Arpenbeck, das zweite einem stud. theol. Johannes
Kniper aus Reval gewidmet. — Eine novellistisch gefärbte Schilderung aus Flemings
Liebesleben imd seinen Beziehimgen zu Esabe Niehusen bietet Beck29-!i2). —
Simon Dach ist ein längerer Artikel von Bornhak^^) gewidmet, in welchem
eine Analyse der von Dachs Witwe 1661 zu Königsberg herausgegebenen Sammlung
seiner patriotischen Gelegenheitsgedichte „Churbrandenburgische Rose Adler Löwe Scep-
ter" gegeben wird und zugleich die historischen Ereignisse angemerkt werden, welche
diese Poesien veranlassten. —
Das Leben Andreas Tschernings, des „Schwans auf der Warnen Helikon",
de-m gegenüber Dach sein Singen „rauhes Gansgeschrei" nannte, wird in einem Rostocker
Lokalblatt 34), mit Beziehung auf seine fünfzelmj ährige Wirksamkeit als Professor der
Poesie an der dortigen Universität, gründlicher als man es an solchen Stellen gewöhnt
ist, behandelt. Der Vf. schöpft aus wenig bekannten Quellen — dem „Rostocker Etwas"
von 1742 — erläutert in kurzen Notizen Tschernings Beziehimgen zvi seinen Freunden,
unter denen wir die ersten Namen der Zeit finden, bespricht die einzelnen Werke und
Ausgaben der Gedichte, die er ebenso wie die üblichen Lobeserhebungen der Zeitgenossen
lokalpatriotisch überschätzt. —
Sieben Gedichte eines ehemaligen Rostocker Studenten, der nach der Zeit seines
Rostocker Aufenthaltes zu schliessen wohl ein Studiengenosse Tschernings hätte sein
können, des siebenbürgisch- sächsischen Poeta laureatus Petrus Mederus, die jetzt
veröffentlicht wurden ^5)^ bekunden zwar keine grosse Begabung, zeugen aber für die
Wirkungen deutscher Kunst auch im entlegenen Südosten des Habsburgischen Reiches.
Die Gedichte sind: 1. Pestgesang (1647), 2. Beim Antritt eines geistlichen Amtes
d. 18. u. 19.: ZDPh. 22, S. 336—64. — 24) J. Bolte u. E. Martin, 3 Lieder auf Strassburgs Uebergabe 1681: JbGElsLothr.
6, S. 76— 83. — 25) K. Wolkan, D. Winterkönig im Liede seiner Zeit: ZGW. 2, S. 390—409. — 26) G. Witkowski, E.
ungedrucktes Gedicht v. Martin Opitz: ZVLB. 3, S. 127/8. — 27) S. u. III, 4 N. 8. — 28) J. Bolte, Zwei Stammbucii-
blätter Paul Flemings: ZDA. 34, S. 78—80. — 29) M. Beck, Paul Flemings Eischen: LZg»- N. 105. — 30) X L. Gold-
stein, Paul Flemming z. 250. Wiederkehr seines Todestages: KönigsbHartZg. N. 78. — 31) X L. Franke), Paul Fleming
u. d. Gegenwart. HarabCorr. v. 2. Apr. — 32) XX Kirchner, Vortrag y. Leben u. Dichten v. Paul Fleming, geh. am
25. März 1890 im deutschen Sprachver. zu Stuttg. : SchwäbKron. N. 72. — 33) G. Bornhak, Simon Dach: Bär. 16, S, 342/4
u. 355/6. — 34) Kl., Andreas Tseherning. E. Eostocker Professor u. Dichter d. 17. Jh.: RostockZg. N. 101. — 35) 7 Gedichte
12 ni,2: M. Frhr, v. Waldberg, Lyrik des 17./18. Jahrhunderts.
(1-649), 3. Danksage für erhaltenen Sieg (1655), 4. Gebet für einen Witwer (1655),
5. Danksagung (1656), 6. Gebet für ein krankes Kind (1660) und 7. Hochzeitsgedicht.
Das letzteist der Trauchschen,, Sammlung von Hochzeits- und Leichengedichten" entnommen.
Der ungenannte Heraiisgeber trägt zu allen Gedichten die historischen Nachweise bei,
die litterarische Würdigung überlässt er „berufenen Fachgenossen". In der Einleitung
wird der Lebenslauf des etwa 1606 geborenen, 1678 gestorbenen Dichters gezeichnet.
Mit einem gewissen Nachdruck wird darauf hingewiesen, dass Mederus vom „Pfalz-
grafen" Hadrian von Minsicht 1658 mit dem Lorbeerkranze als Dichter gekrönt wurde. —
Welchen Wert solche Auszeichnungen hatten, erhellt aus Dräsekes^ß) Ab-
handlung über Johann Rist als Pfalzgrafen. Auf Grund der von Otto Prick im JB.
1886 der Bürgerknabenschxile zu Burg bei Magdeburg veröffentlichten Urkunde, mit
welcher Rist als kaiserlicher Hof- und Pfalzgraf dem Rektor der Domschide zu Havel-
berg, Georg Strube, die Würde eines kaiserlichen gekrönten Poeten verlieh, wird ein
Bild der kleinlich-geschäftigen, von materiellen Interessen nicht ganz unbeirrten Thätig-
keit Rists als Dichterkröner entworfen, aus dem zu ersehen ist, wie leicht man damals
zu der Ehre der Krönung gelangen konnte. Diese Mitteilungen bestätigen die Dar-
stellung, die von Waldberg^^) Rist gewidmet hat: seine eigenartige Lebens-
führung und die mit den Jahren zunehmende Reizbarkeit, sein patriarchalisches Wesen
und der gleichzeitig vorhandene, fast kindische Ehrgeiz Avird hier aus den Quellen heraus
gescliildert. Die litterarische Würdigung Rists gipfelt in der Bemerkung, dass seine
unleugbare Begabung an der Vielschreiberei, am Mangel künstlerischer Bildung und an
der wahllosen Abhängigkeit von fremden Mustern scheiterte, —
In Dräsekes^S) Arbeit über Rist werden nähere Mitteilungen über dessen ge-
krönten Schützling Georg Strube gemacht. Für die Geschichte der Lyrik fällt dabei
nicht viel ab, da von Strubes litterarischer Thätigkeit — wenn man sein hier nicht in
Betracht kommendes Epos ausnimmt, — nur kümmerliche Reste erhalten sind: Bnich-
stücke zweier lateinischer Epitaphien, einige Verse im Jederitzer Kirchenbuch und ein
dem Vf. nicht zugängliches, von Küster (Bibl. bist. Brandenburg. S. 487) erwähntes Jubel-
lied über den Sieg des grossen Kurfürsten bei Fehrbellin: „Victoria digna triumpho
Frid. Wilhelme 1675". —
Wie schwer übrigens das gesamte geistige Schaffen eines Dichters des 17. Jh.
zu buchen ist, dafür bietet Georg Greflinger ein treffendes Beispiel. Zu der reichen
Bibliographie, die v. Oettingen im zweiten Abschnitt seiner Monographie gebracht hatte,
konnte C. Walther (ADA. 10, S. 80 if.) in fast erdrückender Fülle eine Naclilese der in
Hamburg entstandenen Gelegenheitsgedichte folgen lassen und ebenso Bolte (ib. 13,
S. 103 ff.) verschiedene in Danzig geschriebene oder durch Danziger Familienbeziehungen
veranlasste Gelegenheitspoesien verzeichnen. Nun hat Neubauer^") eine weitere
Liste von sechsundzwanzig zum Teil neu aufgefundenen, zum Teil ihrer Entstehungszeit
nach genau bestimmten Dichtungen Greflingers mitgeteilt. Daneben berichtigt er
V. Oettingens und Walthers Angaben über Greflingers Zeitschrift, den „Nordischen
Merkiir", indem er durch ein in Cassel aufgefundenes Exemplar der Zeitschrift den Beweis
erbringt, dass sie auch 1665 erscheinen ist. Auch sonst ist der Aufsatz an Mitteilungen
über Greflinger und seine Danziger Beziehungen sehr reich. Nummer 24 der verzeich-
neten Gedichte hat für die Kenntnis der persönlichen Verhältnisse des Vf. besonderen
Wert. In einer Anmerkung wird auch ein Verzeichnis der deutschen Bibliotheken, die
Greflingers Werke besitzen, mit Angabe der einzelnen Werke gebracht. —
Für einen anderen in Hambm-g wirkenden Dichter, Hermann Heinrich Scher,
hat von Waldberg^o) nur kümmerliches biographisches Material beschaffen können.
Für die Geschichte der Lyrik kommt er nur mit den wenigen lyrischen Einlagen in
seiner „Waldkomödie", die auf den Boden der Poesie Rists stehen, und einigen nieder-
deutschen Gedichten, humoristischen Genrebildern von echt niederländischem Realismus,
in Frage. —
Auch die Biographie David Schirmers, die von Waldberg^i) gesclu-ieben,
bietet nur geringes Interesse. Er ist eine jener zahlreichen litterarischen Existenzen
des 17. Jh., deren von Natur aus nicht geringe Begabung durch die trüben Zeit-
verhältnisse erstickt wurde. In einigen Beziehungen bereitet er schon auf die spätere
marinistische Richtung der deutschen Lyrik vor. —
Von grösserer Vielseitigkeit und Bedeutung ist der Schlesier W. Scherffer
von Scherffenstein, die aber in Drechslers Monographie nicht so anschaulich dar-
gestellt wird wie in Erich Schmidts*^) knapper und frischer biographischen Skizze.
d. Petrus Mederus, e. sächsischen Poeta lanreatus d. 17. Jh.: AVSiebenbL. 23, S. 190—214. — 36) J. Dräseke, Johan Bist
als Kaiserl. Hof- u. Pfalzgraf. Progr. Wandsbeck, Realgymn. u. Bealprogymn. 4". XXII S. (Vgl. u. N. 38.) — 37) M.
V. Waldberg, Johann Rist: AHB. 30, S. 79-85. — 38) S. o. N. 36; vgl. u. 111,3 N. 10. — 39) L. Neubauer, Georg Greflinger.
6. Naclilese: AltprMschr. 17. 8. 476-503. — 40) M. t. Waldberg, H. H. Scher t. Jerer: ADB. 31, S. 97/8. — 41) id.,
David Schirmer: ib. 8. 311/2. - 42) Erich Schmidt, W. Soherfter v. Scherffenstein: ib. 8. 116/8. — 43) K. Dissel,
111,2: M. Frhr. v. Waldberg, Lyrik des 17./18. Jahrhunderts. 13
S. fasst am Schhisse das Urteil in die Worte zusammen: „ScherfFer ist da geniessbar,
wo er nicht opitzieret, sondern sein eigen Gesicht, die frischen Züge eines populären
Sclilesiers zeigt. Er hat IndividuaKtät, was wenigen seiner reimenden Zeitgenossen
nachgesagt werden kann." —
Eineder eigenartigsten litterarischenPersönlichkeiten des 17. Jh., Philipp v. Zesen,
harrt noch immer des kundigen und gewandten Biographen, vorläufig ist nur sein Ver-
hältnis zur deutschgesinnten Genossenschaft von Dissel^^) dargestellt worden. — Zesen
ist ebensowenig Opitzianer im engeren Sinne des Wortes wie J. H. Schein, den
Eitner44) behandelt. Der Begriif „Opitzieren" ist überhaupt in seiner Anwendung ver-
schiedenartig zu deuten, bald wird darunter die metrische bald die stilistische Nach-
ahmung Opitzens gemeint. —
Aber auch der inneren Form nach giebt es ein „Opitzieren", z. B. im Verwenden
gewisser E-enaissanceelememte. In diesem Sinne wäre auch Jacob Schwieger ein
Opitzianer. Allerdings geht er auch auf die Antike direkt zurück. So sind ihm für
seine „Geharnschte Venus", seit sie durch Raehses Neudruck bekannter geworden, wieder-^
holt antike Vorbilder nachgewiesen worden, ztdetzt von Puls*^)^ der besonders Parallelen
aus Tibull und Properz verzeichnet. —
Viel Neues bieten die Quellennachweise antiker Motive nicht, da ja die freie
Benutzung antiker Dichtungen luid Motive als ein charakteristisches Kennzeichen jener
Lyrik schon früher erkannt und deutlich genug ausgesprochen wurde. In einzelnen
Fällen ist trotzdem eine solche Untersuchung auch jetzt noch reizvoll, so wenn das
Motiv von dem Honig entwendenden Amor verfolgt wird, dem, als er seiner Mutter
über Bienenstiche klagt, die Antwort zu teil wird, dass er ja auch klein sei und Wun-
den mache. Kade^ß) weist dieses theokritische und pseudo-anakreontische Motiv in der
neuhochdeutschen Lyrik nach. Ein häufiges Vorkommen in der früheren Lyrik hat bereits
V. Waldberg bezeugt. —
Die gleichmässige Ausnützung derselben Motive, die banausische Behandlung
von Stoff und Form in der Lyrik des 17. Jh. hat schon ein Zeitgenosse jener Poeten,
G.W. Sacer, wie von Waldberg*'') ausführt, wahrhaft genial in seiner litter arischen Sa-
tire „Reime dich oder ich fresse dich" gegeisselt. In der Begünstigung erlebter Dich-
tung gegenüber der handwerksmässigen Konversations- und Gelegenheitspoesie seiner
Zeit bekundet er ein fast modenies ästhetisches Empfinden. Die Mitlebenden aber ver-
standen ihn nicht, und Sacer dankt seinen Ruhm seinen geistlichen Liedern, die aber
durch forcierte Kraft und Mangel an Innigkeit weit liinter der geistlichen Lyrik vieler
mitstrebenden Zeitgenossen zurückbleibt. —
Die Geschichte der geistlichen Lyrik des 17. Jh. ist leider bisher von der
Litteraturforschung arg vernachlässigt worden, obgleich gerade hier sich die Dichtung
zu unvergänglichen Leistungen aufgeschwimgen hat. Die Behandlung, die ihr von
Hymnologen zu teil wird, genügt oft nicht den wissenschaftlichen Anforderungen der
modernen Litteraturgeschichte, und wenn irgendwo, so ist hier noch reiche Ernte zu
halten. Es ist daher bedauerlich, dass ein Organ, welches dieser Forschung gewidmet
war, die „Blätter für Hymnologie", gerade im Berichtsjahre eingegangen ist. Wie un-
zureichend auch die litterarhistorische Seite der Beiträge war, so sind sie doch durch
die Mitteilung sonst unbekannter oder schwer zugänglicher Materialien unserer Wissen-
schaft förderlich gewesen. Avis den Artikeln des letzten Jahrganges sei hier mir der
Beitrag A. Fischers^s) erw^ähnt, welcher zu Opitzens bekanntem Lied „Wohl dem, der
weit von hohen Dingen" eine wenig bekannte, geistliche Nachahmung von Christoph
Jäger aus dem Saubertschen Gesangbuche (Nürnberg 1676) nachweist. —
Der Vf. eines der Kemlieder der evangelischen Kirche, das ein protestantisches
Seitenstück zum ambrosianischen Lobgesange bildet, des Liedes „Nun danket alle Gott",
Martin Rinckhart, wird in seiner vielseitigen Wirksamkeit als Dramatiker, Theoretiker
und geistlicher Liederdichter in der biographischen Skizze von Waldbergs*^) gewürdigt
und die Geschichte seines „Tischgebetleins" angedeutet, wie der Poet bescheiden sein
berühmtes Lied nainite. Ausserdem werden durch Gröpler^o^ ^^g einer Autographen-
sammlung einige Verse desselben Dichters veröffentlicht. —
Der geistliche Sänger, den viele neben, einzelne sogar über Luther stellen,
Paul Gerhard, hat in Gerok^'), dem nun auch dahingeschiedenen Dichter, einen be-
geisterten, liebevollen Herausgeber gefunden. Die Ausgabe will, wie G. selbst ein-
gesteht, mehr dem praktisch-erbaulichen als dem litterarhistorischen Bedürfnis dienen,
Philipp V. Zesen u. d. deutscligesinnte Genossenschaft. Hamburger Progr. Hamburg, Herold. 4". 66 S. M. 2,50. (Vgl. u.
III, 5 N. 7.) - 44) E. Eitner, J. H. Schein: ADB. 31, S. 715/8. — 45) A. Puls, Römische Vorbilder f. Schwiegers
„Geharnschte Venus": VLG. 3, S. 236—51. — 46) R. Kade. Amor d. Honigdieb: Gartenl. N. 1. S. 17/8. — 47) M. von
Waldberg, G. W. Sacer: ADB. 30, S: 111/3. — 48) A. Fischer, Wol dem, d. weit v. hohen Dingen. BllHymnol. 7,
S. 23/5. — 49) M. V. Waldberg, Martin Rinckhart: ADB. 30, 74/6. — 50) 0. Gröpler, MGVAnhalt. 5, S. 658. (S. o.
I, 4 N. 11.) — -51) Paulus Gerhardts Geistl. Lieder. Mit Einl. u. Lebensabriss v. K. Gerok. 4 unv. Aufl. Leipzig, C. F.
14 111,2: M. Frhr. v. Waldberg, Lyrik des 17./18. Jahrhunderts.
sie schliesst sich in den Lesarten an die Baclimaniische Ausgabe unter Vergleichung
der Schulzsclien an. Bei der Einteilung des Stoffes scliwebte Wackernagels Anordnung
als Muster vor. Die vorausgeschickte Lebensbeschreibung Gerhards ist nach den be-
kannten Monographien dargestellt; trotzdem wird es auch für den Litteraturhistoriker
nicht ohne Wert sein, einen so feinsinnigen Kermer und Schöpfer geistlicher Poesie
über das leuchtende Vorbild evangelischer Lyrik sich äussern zu hören. —
Auch ein katholischer geistlicher Dichter, Friedrich Spee, hat eine neue
Ausgabe seines Hauptwerkes, der „Trutznachtigall", erhalten. Sie ist, und zwar durch
Pannier^ä^, „sprachlich erneut" worden und daher für wissenschaftliche Zwecke
gänzlich unbrauchbar, —
Eine Reihe geistlicher Dichter, meistens aus der zweiten Hälfte des 17. mid
dem Anfange des 18. Jh., sind in kurzen Lebensabrissen geschildert worden. So
M. Schirmer durch Jonas ^3)^ sodann J. H. Schellenbauer, der Herausgeber eines
anonymen Gesangbuches „Geistl. Herz- und Seelenbereitung" (Zweite Auflage 1688),
worin sein bekanntes Lied „Lebt jemand so wie ich" enthalten ist, durch Schott^*),
ferner G. B. Scharff, der Amtsnachfolger Benjamin Schmolcks und orthodoxer Lieder-
dichter, und Joseph Schaitberger, der u. a. auch ein Salzburger Exulantenlied im
Dialekt: „I bin a armer Exulant" gedichtet hat, durch WagenmannSs-sß). endlich ist
J. G. Scharff, unter dessen zahlreichen geistlichen Liedern „Ich weiss wohl, dass ich
sterben soll" das am häufigsten gesungene war, von Pfitzner^'?) behandelt worden. —
Wohl mehr aus aktuellem als aus wissenschaftlichem Literesse ist Hau-
sigg 58-59) Untersuchung über den gräflich Wernigerodischen Kanzler Julius Leopold
von Caprivi als Kirchenliederdichter hervorgegangen. Zuerst als Zeitschriftenaufsatz er-
schienen, ist die Studie dann erweitert mid in Buchform herausgegeben worden. Li
der Einleitung wird über Caprivis Leben eine kurzgefasste Notiz, ferner eine Charak-
teristik seiner Dichtung nach Kochs Geschichte des Kirchenliedes, eine Mitteilung über
die Gesangsbücher, in denen die achtzehn Caprivischen Lieder gedruckt sind, geboten
und endlich acht dieser Lieder, sowie eine Melodie J. G. Hillers abgedruckt. Die Dich-
tungen verraten nirgends irgendwelche Originalität. Sie stehen unter dem sichtbaren
Einflüsse der Halleschen Pietisten und charakterisieren ihren Vf. als einen Mann von
guten Absichten, aber schwacher Kraft. —
Noch weit weniger rege und ergebnisreich als bei den bisher behandelten litte-
rarischen Richtungen innerhalb der Lyrik des 17. Jh. zeigt sich die Forschung bei der
Dichtung der zweiten schlesischen Schule und ihrer Gegner. Der tirolische
Poet Graf Brandis, dem PichlerßO) eine frisch anmutende Skizze widmet, könnte
nur wegen einzelner Einlagen seiner im Manuskript erhaltener Dramen zu dieser Dichter-
gruppe gezählt werden. Aber die Proben, die geboten werden, sind leider zu spärlich,
um eine klare Vorstellung von der Richtung seines lyrischen Schaffens zu geben. —
Ein Gegner der schlesischen Marinisten, J. Ch. Günther, ist von KadeCi) in
einem fördernden Aufsatze betrachtet worden. Der Vf bringt manches Neue über des
Dichters Beziehungen zu Leipzig. Günther betrat 1717 zum ersten Male das „angenehme
Pleisseathen", und der dortige Aufenthalt bedeutet einen Umschwung in seiner geistigen
Entwicklung. Seine Beziehungen zu J. B. Mencke werden gestreift und in die ver-
worrenen Liebesverhältnisse, die die Datierung der einzelnen Gedichte so erschweren,
einiges Licht gebracht. Es glückt dem Vf., ein Günthersches Gedicht als akrostichisch
gebaut zu erkennen und so den Namen von Günthers „Rosette" als Anna Rosina Langin
zu bestimmen. Die weiteren Ausführungen und Forschungen über die Familie der Langin
und Günthers Verkehr mit ihr stehen auf weniger festem Boden. —
Zu einem in seinem Lebensschicksal und im Dichten verwandten Landsmann
Günthers führt uns wiederum eine Arbeit Kades^^^^ die sich mit Sperontes' „Singende
Muse an der Pleisse" (1738) beschäftigt. Spitta hat früher (VMusikG. 1, S. 38 ff.) in
einer methodisch trefflichen Untersuchung als den Vf. dieser Odensammlung den ver-
bummelten Studenten Johann Sigismund Scholze aus Lobendau bei Liegnitz (geb.
1705, gest. 1750 in Leipzig) festgestellt. Auf Grund der Spittasclien Forschungen
charakterisiert nun K. diese Odensammlung, von der 1740 — 1747 vier Auflagen und
mehrere Reihen erschienen sind, und deutet den Gedankengang an, der auf die Spur
von Scholze als Vf. dieser Sammlungen geführt hat. Scholze prunkt auch mit Be-
ziehungen zu Günther. Seiner „Singenden Muse" wird ein „Anhang aus J. C Günthers
Amelang. XXXVIII, 424 S. M. 3,00. — 52) Trntznachligall v. Friedrich Spoe, erneut v. K. Pannier. (=r Unir.-Bibl.
N. 2596/8.) Leipzig, Reclani. gr. 16». 280 S. M. 0,60. - 53) F. Jonas, Michael Schiriner: ADB. 31, S. 315. -54)Th.
Schott, J. H. Schellenbauer: ADB. 30, S. 762. — 55) Wagenmann, Gottfried Balthasar Scharff: ib. S. 586/7. —
56) id., Joseph Schaitberger: ib. S. 553/5. - 57) Pfitzner, Johann Georg Scharff: ib. S. 688. — 58) F. Ilausig, D. grttfl.
Werningerödische Kanzler Jul. Leop. v. Caprivi als Kirchenliederdichter: EKZ. S. 384—90, 407/8. — 59) i d., D. gräfl. Wernigerödische
Kanzler Jul. Leop. v. Caprivi als Kirchenliederdichter. Berlin, G. Nauck. 29 S. M. 0,50. — 6J) A. Pichler, F. A. Graf
V. Brandis. E. Beitr. z. deutschen Litt.-Gesch.: WienZg. N. 65. — 61) R. Kade, Ch. Günther in Leipzig: Grenzb. 49,
8. 66-74. - 62) id., Sperontes, Singende Muse an d. Pleisse- 1736: LZg». N. 106. — 63) Th. Distel, E. Jahrmarktslied
111,2: M. Frhr. v. Waldberg, Lyrik des 17./18. Jahrhunderts. 15
Gedichten", 16 an der Zahl, beigegeben. Eines seiner Gedichte legt er Günther
bei und parodiert das berühmte „Brüder lasst ims lustig sein". Sonst enthält die Oden-
sammhnig Lieder, die zu bekannten Klavierkompositionen gedichtet sind. Sie besingen
Liebe und Wein und „Pleissathen" in frischen, wenn auch nicht originellen Versen
und lassen Günthers Einfluss nicht verkennen. —
Dass mit dem Emporkommen der Kunstdichtung immer weitere Kreise dem
Volkslied e entzogen werden, ist eine bekannte feststehende Erscheinung. Nur über die
Stärke des Verkistes beim Volksliede ist nicht immer Klarheit vorhanden. Das Volks-
lied wird am Ende des 17. und im beginnenden 18. Jh. immer mehr zu Gunsten
gesungener Kinist-Dichtungen verdrängt, und nur einzelne, liistorisch eingreifende Ereignisse
vermögen das Schwinden der Gattung aufzuhalten. Ganz ausgestorbeii aber ist sie so
wenig wie in der ersten Hälfte des 17. Jh. Schon der Umstand, dass pasquillartige
Gedichte, wie das Jahrmarktslied aus dem J. 1685, welches Distelöl) herausgegeben,
die äussere Form des Volksliedes annehmen, spricht dafür. —
Von den um jene Zeit neuentstandenen Volksliedern sind viele historisch
oder noch besser bezeichnet: soldatisch. Ein häufiges und charakteristisches Kenn-
zeichen der Volkslieder, die dunkle Entstehungsgeschichte, haftet auch einzelnen dieser
Lieder an, und so braiichte es z. B. mancher Nachforschung, bis es Tappert*^) ge-
lungen ist, für das Volkslied vom Prinz Eugen statt der falschen Jahreszahl 1711, die
richtige 1719 als Entstehungsjahr zu ermitteln. —
Die Schwierigkeiten, dem Ursprung einzelner Stücke auf die Spur zvi kommen,
zeigen sich besonders deutlich bei den Volksliedern vom Doctor Faust. Tilleß^-ßö)
hat in einer vimfangreichen Arbeit mit einer wahren Verschwendung von Geduld und
Mühe vier epische und acht lyrische Faustlieder, von denen eins inzwischen wieder
eliminiert werden musste, festgestellt, und mit sehr grosser Mühe, die bedeutenderer
Ergebnisse wert wäre, die Ueberlieferung, Verwandtschaftsverhältnisse, Vorgeschichte,
Strophen- oder Versbau, die einzelnen Drucke vmd die Beziehung der einzelnen Lieder
zu einander und zum Volksschauspiel untersucht. Die peinliche Sorgfalt, die er auch
den kleinsten Aeusserlichkeiten seiner Texte und fliegenden Blätter widmet, ergiebt
manches, was auch losgelöst vom behandelten Stoife bemerkenswert ist. So wenn T.,
um seinen Druck I A zu datieren, eine genaue Untersuchung anstellt, seit wann in
deutschen Drucken als Satzteilzeichen das Komma an Stelle des Schrägstriches ver-
wendet wird. Er findet, dass während die Antiquadrucke, welche anfangs ausser dem
Punkte kein Satzteilzeichen kennen, im 16. Jh. das Komma gebraiichen, es in den
Fraktin-drucken erst 1709 auftritt. 1720 hat dann das Komma den Schrägstrich aus der
gelehrten Litteratur verdrängt, während es in der nicht gelehrten sich bis 1732 erhält.
Dieses Hilfsmittel der Datierung lässt sich — die Richtigkeit der Einzelheiten voraus-
gesetzt — auch auf andere Drucke jener Zeit verwenden, inid verdient daher weiter be-
kannt zu werden. Diese Andacht, die T. solchen Einzelheiten widmet, diese Neigung
zu spinösen Untersuchungen durchzieht das ganze Buch, ohne aber für den behandelten
Stoff viel Förderndes an den Tag zu bringen. Die verzeichneten Volkslieder umspannen
die Zeit vom Beginne des 18. Jh. bis in das unsrige hinein, und es wird aus ihrer Ver-
breitung und Lebensdauer von neuem ersichtlich, dass der gewaltige Stoff, der den
deutschen Geist seit der Reformation beschäftigt, in allen Wandlungen des deutschen
Geisteslebens fortlebt und dass selbst neben dem Goetheschen Faust noch das Bedürfnis
nach volkstümlicher Gestaltung des Stoffes vorhanden war. —
111,3
Epos.
Julius Elias.
Zur Amadis-Litteratur N. 1. — Der Romeo und Julia-Stoff N. 2. — Flugblätter N. 4. — Siraplicius Simplicissimus,
Herzog Anton Ulrich, Sibylla Ursula von Braunschwoig N. 8. — Georg Strube N. 10. —
Nur wenige Forscher haben sich mit der erzählenden Litteratur des Zeitraumes
beschäftigt, der hier in Frage kommt. Eine gut geschriebene Arbeit Gessnersi) be-
handelt eingehend das Leben und Wirken des fahrenden Ritters, wie er im „Amadis"
aus d. J. 1685: VLG. 3, S. 394 8. (Auch als Sonder- Abdr. erschienen mit bes. Paginiorung, S. 1—7, Weimar.) — 64) W.
Tappert, Deutsches Volkslied über Prinz Eugen v. 1719: NBMusikZg. 44, S. 93/4. — 65) A. Tille, D. deutschen Volks-
lieder V. Doktor Faust. Halle, Niemeyer. VIII, 208 S. M. 5,00. | [L. Fränkel: BLU. S. 754; Minor: GGA. S. 1015/6;
JBGPh. 12, S. 134; Creizenach: LCBl. 1891, S. 1083/4; XX S zamatöls ki: ADA. 36, S. 114— 34 (bekämpft Methode u. Er-
gebnis).]! — 66) id., E. episches Volkslied v. Doktor Faust: HambCorr^ N. 34. (Auszug aus d. Buche.)
I) E. G essner, D. Vorbild d. Don Quijote. Festschr. d. Französ. Gymn. Berlin. 47 S. (Sonderabdr.) —
16 ni,3: J. Elias, Epos des 17./18. Jahrhunderts.
seinen Typixs fand. Wenngleich die Schrift durchaus in der spanischen Litteratur-
geschichte wurzelt, so leistet sie doch mittelbar auch dem deutschen Litter aturstudium
insofern Dienste, als ja der „Amadis" bei uns in Uebei-tragungen und Umbildungen bis
tief in das 17. Jh. hinein (1667) gewirkt hat ebenso wie sein satirisches Gegenstück, die
Dichtung des Cervantes, welche 1621 übersetzt herauskam und bis 1734 fünf Ausgaben
erlebte. Während sich G.s Mitteilungen zur Entstehungsgescliichte des spanischen
Ritterromanes wesentlich auf Bartet und Braunfels gründen, ist die sorgfältige Samm-
lung der Motive, aus denen sich das Bild des Amadisritters zusammensetzt, ebenso
selbständig und aufhellend wie die scharfe Gegenüberstellung der entsprechenden Züge
des Don Quijote. Ausser den beiden Grundwerken sind noch andere Quellen heran-
gezogen worden: die Cidromanzen, der „Esplandian", der „Palmerin" und die ritterlichen
Gesetzbücher „Partidas" und „Doctrinal de Caballeros". Man empfängt Belehrung über
Eahnenwacht, Ritterschlag und den Ehrendienst, der den Frauen bei dem bunten Cere-
moniell obliegt. Dann werden Beweggründe und Zwecke der ritterlichen Thatenlust
im einzelnen zergliedert und die Gattungen der Riesen, Ungeheuer und Zauberer ge-
schildert, mit denen der Kämpe es zu thun hat. Der Vf. prüft die notwendigen Eigen-
schaften des Ritters, Kühnheit und Frömmigkeit, auf ihren sittlichen Wert und weist
den Widerspruch auf zwischen dem Gotteskämpfer und dem Raufbold, zwischen dem
Kirchenlaufen und der innerlichen Abkehr von Gott zur Dame des Herzens hin. Die
Skala der Ehren wird aufgestellt: sie gipfeln im „weithin schallenden" Ruhm und der
Anwartschaft auf Fürstenthrone. Der Gefolgschaft des Ritters, im besondern dem
Knappen, dem Kampfe und seiner Entscheidung, zumal dem Duelle, sind besondere
Abschnitte gewidmet. Den häufigen und harten Anstrengungen muss der Körper ge-
wachsen sein, und so vei-breitet sich die Studie über die Stählung des Leibes und die
Art, wie er unempfindlich gemacht wurde gegen Hieb und Stich, um dann überzugehen
auf die Heilung schwerer Wunden — durch Universalmittel und Balsame, deren Be-
reitung oft geheimnisvolle Kräfte erforderte. Die medizinischen Kenntnisse der mittel-
alterlichen Frauen und ihre Fähigkeiten zur Krankenpflege erläutert G. genau; so leitet
er über zu einer ausführlichen Darstellung des Verhältnisses zwischen Dame und Ritter.
Er unterscheidet niedere und hohe Minne; dort gi-obe Sinnlichkeit, hier phantastische
Abgötterei. Wie wenig moralische Mängel bedeuten in dieser Welt der Abenteuer,
wie sehr aber auch die Keuschheit geehrt wird, welche die „Probe" sicher besteht —
das wird unter reichen Beispielen anmutig geschildert. Des Weibes vornehmste Eigen-
schaft ist die Schönheit, auf Herzensgaben wird nicht gesehen. Wer ihr den Ruhm
der höchsten Schönheit versagt, ist des Ritters geschworener Feind. Ihr Anblick macht
den Haudegen schamrot und thränenselig. Vor der Gefahr betet er zu ihr. In der
Treue unwandelbar bis zum Sterben, flieht er die Welt, wenn sich die Geliebte in Wirk-
lichkeit oder nur zur Prüfung von ihm lossagt. —
Ebenfalls die Uebersetzungslitteratur des 17. Jh. berührt ein Aufsatz L. H. Fi-
schers 2). Es wird darin gezeigt, auf welche Art der Romeo und Julia-Stoff von
deutschen Prosaisten aus fremden Vorlagen geschöpft und verbreitet worden. Wohl
war es bekannt, dass Aeschacius Major (Joachim Cäsar) unter den fünf Historien seines
„Glücks vnd Liebeskampff" (1615) die Sage von „Rohmeo und Julieta" erzählt, doch
niemals war die Quelle ausdrücklich bezeichnet worden, obwohl Major in dem Vorwort
selbst bemerkt hat, dass seine Historie „erstlich in Italianischer, hernach in Frantzö-
sischer Sprache verzeichnet gewesen". Auch Bobertag in seiner „Geschichte des Ro-
mans" (2, S. 15/6) nennt den Urtext nicht. Es sind die „Histoires tragiques"
von Pierre Boisteau (Paris 1557), Uebertragungen aus Bandello; die Ausgabe, welche
F. vorlag, ist die von Belle-Forest um zwölf Stücke vermehrte Edition von 1564. ^ ) Als
Probe für Majors Uebersetzungsweise stellt der Vf. die Einleitung des fraiizösischen
Romeo und Julia-Textes und das zugehörige Stück des deutschen Buches zusammen.
Aus einer Vergleichung geht allerdings hervor, dass Major, bei allem Anschluss an
Boisteau, sich im Ausdrucke freie Paraphrasen erlaubt und die ohnehin schon breite
Art des Franzosen noch breiter schlägt. Willkürliche Zusätze fehlen nicht, Uebersetzungs-
fehler und auch sachliche Versehen, die aus dem Originale kritiklos hinübergenommen
werden. Andrerseits aber teilt F. gewisse Stellen mit, die der französischen Fassung
gegenüber wirkliche Verbesserungen bedeuten mid von einer bestimmten dichterischen
Anschauung zeugen. Zur „Historie von Eduard III." trägt F. übrigens die bemerkens-
werte bibliographische Notiz bei, dass Major das Stück schon früher unter dem Titel
„Rationis et adpetitus pugna" lateinisch bearbeitet habe. Eine ganz neue Form der Er-
zählung von Romeo und Julia weist der Vf. in den deutschen „Reflexiones Politico-
Consolatoriae" (1661, S. 31 — 49) des Fuldaer Geheimen Rates Ignaz Wilhelm Schütz
nach. Auch hier ist als ziemlich sicher anzunehmen, dass die Bearbeitung aus Boisteau
2) L. H. Fischer, D. Sage t. Bomeo n. Julia in deutschen Prosadaratellungen d. 17. Jh.: JDShakespeareG. 26, S. 124—31.
— 8) X L. Frankel, Untersuchungen z. Entwicklungsgesch. d. Stoffes v. Romeo u. Julia: ZVLK. 3, S. 171—219. (Vgl.
111,3: J. Elias, Epos des 17./18. Jahrhunderts. 17
geflossen. Der Liebenden Schicksal gilt Schütz als „Beispiel", wie ein scheinbar Glück
sich plötzlich in Unglück verwandeln kann. Kürze ist der notwendige Charakter dieser
Darstellung; verschiedene Motive, die der Novellist behaglich ausmalt, unterdrückt der
moralisierende Schriftsteller. Auf Schütz fusst ein Pseudonymus, J. E. S. Mercurius,
der, um „der Weiber grosse Liebe" zu erweisen, in seiner „Keuscher Liebe Sitten-
Schule" (1671, S. 177 — 207) den gleichen Gregenstand vorträgt. Schon 16G9 war nach
E.s Angabe der Stoff (wohl gleichfalls nach Boisteau) wiederum in einigermassen
veränderter Grestalt vom Dichter des weitberühmten Schäferromanes „Schauplatz der Ver-
liebten" behandelt worden. Die üeberschrift lautet: „Historij der verzweiffeiten Lieb-
habern" (S. 242 — 52). Dementgegen lässt sich nun aber feststellen, dass bereits die Aus-
gabe vom J. 1659 die Erzählung aufweist (S. 243 — 53). Einige Unterschiede von der
französischen Eorm treten hervor, Namensveränderungen, die zum Teil auf kleine
In'tümer zurückgeführt werden, vor allem aber dieser: Lorenzo verabredet mit Julia,
er werde sie avis dem Grabgewölbe nach Modena zu Romeo bringen lassen, während
er bei Bandello-Boisteau dem Mädchen verspricht, er wolle zu B,omeo senden und mit
ihm die Scheintote aus der Gruft tragen, damit nach dem Erwachen der Geliebte sie fort-
führen könne. Da aber der Autor doch schliesslich noch den Lorenzo einen Boten
senden lässt zu Romeo, so ist die Abweichung nicht so schwerwiegend, dass man
auf eine andere Quelle, vielleicht den Luigi da Porto („Hystoria nouellamente ritrouata
di due nobili Amanti", zuerst 1524) schliessen müsste. So vieles Neue die Abhandlung
E.s auch darbietet, so erschöpft sie doch keineswegs den Gegenstand; sie verhält sich
nur andeutend und lässt der kommenden Forschung noch manches zu thun übrig. —
Die Kenntnis der Flugschriften, welche der behandelten Epoche angehören,
ist um ein merkwi'irdiges Stück bereichert worden. Das Blatt (1675 gedruckt, mit
drei Porträts), das man dem „Verein für die Geschichte Berlins" in der Sitzung vom
10. Mai vorgelegt hat^), beschreibt im wesentlichen die Belagerung Rathenows durch
die Schweden, die Entsetzung der Stadt durch den grossen Kurfürsten und die Schlacht
bei Fehrbellin: vier Spalten gereimten Textes gliedern sich in 24 Strophen. Zwar ist
der „Sieger-Muht" zu preisen, doch kann man wünschen, dass endlich die „Glüht des
Krieges erkalten" möge. Das ist der Lihalt des Hauptabschnittes, der die Kämpfe in der
der Mark schildert. Der mittlere Teil behandelt Montecuculis Wiedereroberimg des
Elsass und den Tod Turennes; am Schlüsse steht eine Grabschrift auf den franzö-
sischen General, die dem kriegsgewandten und tapferen Feinde ein gerechtes Lob spendet.
Der Poet lässt sich im übrigen die gute Laune nicht verderben ; er singt: „Auf die Zeitung
schmeckt ein Suff."^— '') —
Grimmeishausens „Simplicius Simplicissimus" ist, in der Bearbeitung von
0. L. B. Wolff , die von 1848 bis 1882 dreimal erschienen, aufs neue herausgegeben
worden^). Der modernisierte Text, der bei aller Freiheit im einzelnen doch den Geist
und die innere Gestaltung des Originales nicht antastet, hat bis auf sehr wenige ortho-
graphische Aenderungen einen wortgetreuen Abdruck erfahren. Titelkupfer und Titel-
blatt sowie die nicht modernisierte Vorrede sind nach der Fassung von 1671
wiedergegeben, die Bobertag in seiner Ausgabe (Kürschner 33) benutzt hat. — Ein Nachtrag
Boltes^) zu den Briefen der Herzogin Elisabeth Charlotte an Sophie von Hamiover
ist überaus charakteristisch für die Wirkung, welche die langgestreckten Romane des
Herzogs Anton Ulrich von Braun schweig auf vorgeschrittene und geistreiche Zeit-
genossen ausübten: die Lektüre der „Römischen Octavia" würde, hintereinander betrieben,
sehr ermüdend sein, meint die aufrichtige Frau in einem Briefe vom 15. Mai 1704, um
freimütig hinzuzusetzen: „ich lese aber nur ein bladt, 3 oder 4, wen ich met verlofft
auf den .... stul morgends und abends sitze, so amusirt's mich." Nicht so derb, doch
auch mit überlegenem Spott schreibt, ebenfalls nach B.s Mitteilung, die Herzogin
Sophie an ihren Bruder Karl Ludwig, den Kurfürsten von der Pfalz : von der „ Aramena"
möchte sie sagen, dass darin der gute Anton Ulrich „avoit mis la Bible en burlesqvie".
Ueber den hs. Nachlass des dichtenden Fürsten giebt B. einige Anhaltspunkte nach
dem Kataloge der Wolfenbüttel er Bibliothek: u. a. befindet sich darunter das erste
Buch eines Romanes „Die vortreffliche Neronia oder der wüthende Nero", ferner zwei
Komödien-Fragmente. Zudem fand er an andrer Stelle eines Unbekannten Schauspiel,
dessen Stoff der „Aramena" entnommen wurde. Von Wichtigkeit ist B.s Mitteilung,
dass auch des Herzogs ältere Schwester, die Prinzessin Sibylla Ursula (1629 — 71),
über Boisteau oder Boaistuau u. seinen Fortsetzer S. 173, l78, 182, 186, 187/8, 190.) — 4) E. Flugblatt aus d. J. 1675 auf d.
Besetzung Rathenows : VossZg. N. 233. (Vereinsbericht.) — 5) X F. Bobertag, Kokoko-Arkadien : Fels z. Meer. 2, S. 903/9.
(D. Vf. charakterisiert d. Schäferdichtung d. 16. u. 17. Jh., erzählt d. Inhalt v. Montemajors „Diana" u. hebt aus Zesens
„Adriatischer Rosemund" d. Episode v. „blauen Wunder" heraus. Vgl. seine Gesch. d. Romans 1, S. 419—57 u. 2, S. 65—75.)
— 6) X id., G. Witkowski, Diedrich v. d. Werder: ZDPh. 22, S. 125. — 7) X F. Jonas, Michael S. Schirmer: ADB. 31,
S. 315. (Enthält über d. Verdentscher u. Bearbeiter d. Aeneis [1668] nichts.) — 8) Grimmeishausens Simplicius Simpli-
cissimus. (=:Bibl. d. Ges.-Litt. N. 439—44.) Halle, Hendel. VIII, 570 S. M. 1,50. — 9) J. Bolte, Z. d. Romanen d.
Jahresberichte fUr neuere deutsche Litteraturgeschichte 1 1«), 2
18 111,3: J. Elias, Epos des 17./18. Jahrhunderts.
sich litterarisch bethätigt habe. Von ihrer Hand giebt es Uebertragungen der „Casandra"
und „Cleopatra" (Teil 4 — 12) von Calprenede, sodann ein Schauspiel in Prosa, „Comedia
von des Glückes Unbeständigkeit" (der fünfte Akt unvollendet; 1649 — 50) und zwei
Sammlungen frommer Lieder „Das geistliche Kleeblatt" (1655) und „Precationes
germanicae" (1647 — 68). —
In der Person Georg Strubes, des von Johann Rist gekrönten Poeten, führt
Dräseke^o) einen neuen Epiker ein. lieber das Leben des vergessenen Mannes hat
er folgendes gesammelt: Strube ist 1640 als der Sohn eines Predigers zu Alvensleben
bei Magdeburg geboren, besuchte die Schulen von Haldensleben, Braunschweig und
Stendal und kam 1660 auf die Helmstädter Universität. 1663 wird er als Konrektor
nach Kyritz berufen, doch noch in demselben Jahre machte man ihn zum Leiter der
Domschule in Havelberg, zugleich erhält er dort und in Jederitz eine Pfarrstelle. Strube
blieb bis 1696, dann ging er nach Werben an der Elbe als Pastor, wo er im Oktober 1702
starb. D. hat sich der Mühe unterzogen, sein Hauptgedicht, das in Hexametern ge-
schriebene „Epos memorabile" (Stendal bei Aug. Günther Bartge 1692) so treu wie möglich
zu übersetzen. Es sind 277 Verse, die sich in drei Abschnitte sondern: Lob der Patrone
und Mitglieder des Domkapitels; Verzeichnis aller Bischöfe von der Gründung des
Stiftes bis zu des Dichters Zeiten; Beschreibung der eigenen Hävislichkeit und Gebet
zu Gott. Es ist die durchschnittsmässige Lateinverselei der Zeit, die sich enkomiastisch
an Gönner und Grosse wendet und das bescheidenste Verdienst zur ruhmreichen That
aufbauscht. Strube hält sich allen Ernstes für einen Dichter und meint, dass die spiess-
bürgerliclien Helden seines Sanges durch ihn zur Unsterblichkeit gelangen werden. Eine
gewisse Kunstfertigkeit spricht sich in der Art aus, wie Strube die Namenfülle der
endlosen Geschichtstabelle in wohlgebaute, glatte Verse bringt. Er ist gelehrt und kennt
alle Schlagwörter der Renaissancepoesie; doch als Geistlichem und überzeugungstreuem
Lutheraner dringt ihm christliche Anschauung in das Schema des antikisierenden Aus-
drucks ein: Jehova und die „pierischen Miisen", der Parnass und Christus werden
vermischt. Es soll nicht verkannt werden, dass durch das breite Pathos hier und
da ein warmer, naiver Ton dringt: mit ansprechendem Humor ergeht Strube sich über
den dünnen Wein der Heimat, und die Schilderung des häuslichen Tisches wirkt drollig
und echt durch eine unbewusste Selbstironie. —
111,4
Drama.
Wilhelm Creizenach.
Biblisches Drama und Totentanz N. 1. — Englische Komödianten und Hamlet in Deutsehland N. 4. — Opitz als
Dramatiker N. 7. — AuiFührungen in Königsberg, Dresden und Bern N. 9. — Christian Reuter N. 16. — Hallmann N. 17. —
Frisch N. 18. — Theatergeschichte einzelner Städte: Rostock und Stuttgart N. 19. — Hamburger Oper N. 21. — Beziehungen
zum Ausland N. 23. — Volksschauspiel Tom Doktor Faust und Puppenkoraödien N. 2C. ~ Komische Figur N. 32. — Ober-
ammergauer Passionsspiel N. 37a. —
Biblisches Drama und Totentanz. Joachim Schlues^) Komödie vom gottes-
fürchtigen und gehorsamen Isaak (1606) hat Freybei^) herausgegeben, nachdem sie früher
bereits von Gaedertz in seiner Monographie über Gabriel Rollenhagen (1881) besprochen
und von E. selber in seinem Buche „Altdeutsches Leben" (1880) in einer hoch-
deutschen Bearbeitung mitgeteilt worden war. Die Lücken in dem Exemplar des alten
Drucks, welches sich in der Universitätsbibliothek zu Rostock befindet, sind nach dem
einzigen Exemplar, das sich sonst noch erhalten hat (in der Stiftsbibliothek zu Linköping
in Schweden), ergänzt. Die Benutzung früherer Isaak-Dramen durch Schlüe hat bereits
Gaedertz nachgewiesen; über die Motive, die in den komischen Scenen verwertet sind,
bringt F. manches neue, zum Teil nach Mitteilungen Boltes. Sein Hauptaugenmerk
hat aber der Herausgeber auf zwei Punkte gerichtet. Zunächst auf das Verhältnis der
hochdeutschen Bestandteile des Stückes zu den niederdeutschen; das Niederdeutsche
findet nämlich bei Schlue nicht bloss in den komischen, sondern auch in den ernsten
Scenen Verwendung. Sodann bespricht E. sehr ausführlich die Verhältnisse des han-
Herz. Anton Ulrich v. Braunachw.: ZVLR. NF. 3, S. 454/6. - 10) Dräseke, Joh. Rist. S. o. III, 2 N. 36 (S. IX-XXII). -
I) X A. Hofmeister, J. Schlue: ADB. 31, S. 00.3/4. la) J. Schlue, Comedia v. d. frommen etc. Jsaak. Her. v. A.
Freybe. Festschr. d. Friedr. Franz-Gymn. in Parchim, Progr. N. 636. Norden, Soltan. 4«. VII, 88, 39 S. |[EKZ. N. 29.] | —
III,4: W. Creizenach, Drama des 17./18. Jahrhunderts. lö
sischen Kontors in Bergen; hier hat Schlue seine Lehrzeit durchgemacht, und dem
Olderman dieses Kontors hat er sein Stück gewidmet. Wir erfahren auch aus dem
Widmungsbrief, dass es unter den jungen Leuten des Kontors Sitte war, „herrliche
Comedien und Tragedien" aufzuführen. — Ueber den Vf. wissen wir nur sehr wenig,
über seine ramilienverhältnisse hat Koppmann 2) zwei urkundliche Notizen auf-
gefunden. 2a) — Einen Totentanz aus dem 17. Jh. teilt B ölte 3) mit, auf Grund eines
Augsburger Drucks, der etwa aus der Mitte des Jh. stammt (Berlin Yd 7854,23). Ein
früherer Druck (Innsbruck 1627) wird in Wellers Annalen verzeichnet, wie B. in
seiner Schlussbemerkung hervorhebt. Die Melodie zu den vierzeiligen Strophen „Im
Thon wie man die Kayserin singt" ist dem Ganzen vorangedruckt. —
Einen Beitrag zur Geschichte der englischen Komödianten in Deutsch-
land liefert Sittard*), der nach der Erzählung Rists, in der „Alleredelsten Belusti-
gung etc.", über eine Aufführung der Komödie vom englischen Königssohn und der
schottischen Königstochter in Hamburg 1625 berichtet. — Pinloche^) behandelt die
Tragödie „Der bestrafte Brudermord" und ihr Verhältnis zu Shakespeare. Seine Unter-
suchung zeugt jedoch von mangelhafter Litteraturkenntnis und ebenso mangelhaftem
Urteil. Der Vf. beschränkt sich im wesentlichen darauf, längst abgethane Irrtümer zu
wiederholen. Er steht noch auf dem Standpunkt, dass der „Bestrafte Brudermord"
nicht auf Shakespeare zurückgehen könne, weil in dem Ealle, dass der deutsche Be-
arbeiter Shakespeares Dichtung vor sich gehabt hätte, es unbegreiflich erscheinen müsste,
dass er sich so viele Schönheiten seines Originals entgehen Hess; ein Argument, das für
solche, welche die Repertoirstücke der Englischen Komödianten kennen, keiner Wider-
legung bedarf. — Sarrazin*^), welcher in seinen Untersuchungen über die Entstehung
von Shakespeares „Hamlet" die Ansicht vertritt, dass die älteste Ausgabe von Shakespeares
Drama (Quarto A 1603) die Bearbeitung eines Dramas von Kyd sei, sucht auch durch
Heranziehung der alten deutschen Hamletbearbeitung Stützpunkte für diese Ansicht zu
gewinnen. Vor allen Dingen sucht er nachzuweisen, dass das Vorspiel von der Nacht
und den Furien nicht etwa zu den Vorspielen aus dem Geisterreich gehöre, wie sie die
wandernden Komödianten in Deutschland auch sonst wiederholt an ihre englischen
Repertoirstücke anfügten. Nach S. soll dies Vorspiel vielmehr aus Kyds Drama
stammen. Er vermutet, dass auch die Scene zwischen Hekate und den Hexen im dritten
Akt des „Macbeth" auf das angeblich Kydsche Vorspiel von der Nacht und den Eurien
zurückgehe. Allerdings giebt er zu, dass sich in dem deutschen Vorspiel Stellen finden,
die zu dem folgenden Drama nicht passen. Diese Diskrepanzen sollen aber nicht etwa
daher kommen, dass die deutschen Schauspieler das Stück von anderswoher nahmen
und an den „Hamlet" anfügten, ähnlich wie sie beispielsweise das Vorspiel eines Dekker-
schen Dramas an ihre Bearbeitung von Marlowes „Eaust" anschlössen. Das Zeugnis der
hauptsächlich hier in Betracht kommenden Stelle, wo die Nacht die Furien auffordert,
sie sollten in die Ehe des Usurpators mit der Königin- Wittwe „Gift mischen und Eifer-
sucht in ihre Herzen", dieses Zeugnis bemüht sich S. durch die Vermutung zu ent-
kräften, dass in Kyds „Hamlet" das Verhältnis zwischen Claudius und Gertrud wohl
etwas anders dargestellt gewesen sei als bei Shakespeare. —
Mit Opitz als Dramatiker beschäftigen sich zwei Abhandlungen. 0. Tauberf)
berichtigt auf Grund archivalischer Nachweise eine früher von ihm gemachte irrige An-
gabe über das Datum der ersten Aufführung der „Daphne" von Opitz und stellt fest,
dass diese erste Aufführung 1627 am 23. April (alten Stils) in Torgau stattfand; zugleich
giebt er ein chronologisches Verzeichnis aller der Festlichkeiten, mit denen die zur
Hochzeit der Kurprinzessin Sophie Eleonore versammelten Herrschaften geehrt wurden.
Darunter waren bekanntlich auch Aufführungen der englischen Komödianten ; doch weiss
auch T. nicht die Titel der betreffenden Stücke mitzuteilen. — Heuwes^) stellt
fest, dass Opitz für seine Uebersetzung der „Antigone" die damals gangbare Turnebussche
Textrezension zu Grunde legte, und zwar in einer Ausgabe, in welcher nach den Grund-
sätzen Ganters die strophische Responsion der Chorgesänge durchgeführt war. Die
Schollen hat Opitz nur wenig benutzt; an einigen Stellen, wo er hier Belehrung über
den Sinn hätte finden können, übersetzt er falsch. Jedenfalls aber zog er die lateinische
Uebersetzung des Wittenberger Professors Winsemius zu Rate. H. giebt auch einige
Andeutungen für die ästhetische Beurteilung der Opitzschen Arbeit. Vor allem weist er
darauf hin, dass Opitz oft vom Gedanken die ursprüngliche poetische Form abstreift,
ihn sich in verstandesmässiger Einfachheit denkt und ihn alsdann in der Uebersetzung
2) S. u. N. 19. — 2a) X A. V. Weilen, Spengler, D. verlorene Sohn im Drama d. 16. Jh.: ADA. 16 S. 119. (Einige neue
Mitteilungen Über Aufführungen d. Dramen v. verlorenen Sohn im 17. Jh.) — 3) J. Bolte, Totentanz a. d. 17. Jh.: Alemannia.
18, S. 65—71. —4) J. Sittard, D. engl. Komödianten in Hamburg: Hamh. Corr. N. 141/2. — 5) A. Pinloche, De Shakes-
pearii Hamleto et germanica tragoedia quae inseribitur „Der bestrafte Brudermord". Thesis facultati Litterarum Parisiensi
proposita. Paris, Colin. 82 S. — 6) G. Sarrazin, D. Entstehung d. Haralet-Tragoedie. II. D. Corambus-Hamlet u. Thomas
Kyd: Anglia. N. F. 1, S. 117—40. — 7) 0. Taubert, 2. Nachtrag z. Gesch. d. Pflege d. Musik in Torgau. Torgau, Jacob. 40.
15 S. M. 0,50. — 8) Heuwes, Beitrr. z. Würdig, d. Opitzschen Uebersetz. d. Sophokleischen Antigone. Gymn.Progr. N. 358.
2*
20 in,4: W. Creizenach, Drama des 17/18, Jahrhunderts.
„mit den eiteln FHttern einer lehr- und lernbaren Rhetorik" ausschmückt. Ferner macht
er für die arienhaft gehaltenen Chorgesänge auf den italienischen Einfluss aufmerksam.
Hoffentlich bleibt H. seinem Vorsatz treu, diese anziehenden Beobachtungen „bei nächster
Gelegenheit" weiter auszuführen, ^a) —
Aufführungen in Königsberg, Dresden undBern. In der Bibliothek der
Petersburger Akademie der Wissenschaften hat B ölte 9) eine Komödie gefunden, die
am 27. Aug. 1G44 in Königsberg bei Gelegenheit der Universitäts-Jubelfeier aufgeführt
und später gedruckt wurde. Es ist eine deutsche Prosa-Uebersetzung von Erischlins
„Hildegardis magna"; der Uebersetzer ist unbekannt, vielleicht ein Königsberger Schul-
mann. Interessanter als die Uebersetzung sind jedoch drei gereimte Zwischenspiele im
Königsberger Dialekt, die B. zum Abdruck bringt. Sie stehen mit der Haupthandlung
in keinem Zusammenhang; alle di'ei behandeln sie Motive, die uns auch sonst in der
Possenlitteratur öfters begegnen: einen Streit zwischen einem Bauer und einem diebischen
Landsknecht, eine bäuerische Liebeswerbung und einen Bagatellprozess vor dem Dorf-
gericht. In der Einleitung weist B. die hier verwerteten komischen Motive auch in
andern gleichzeitigen und früheren Dichtungen nach; die Anmerkungen beschäftigen
sich hauptsächlich mit der Worterklärung, die mancherlei Schwierigkeiten darbietet.
Die Scenen sind ebenso anspruchslos wie lebendig und lustig und haben auch das ver-
diente Interesse erregt, wie die später erschienenen Beiträge zur Wort- und Sach-
erklärung 10-12^ beweisen. — Georg Müller^^) veröffentlicht einen merkwürdigen Bei-
trag zur Geschichte der Jesuitenkomödien und ihrer Verbreitung auch über den prote-
stantischen Teil von Deutschland, wo diese Komödien indes auf den erbittertsten Wider-
stand von Seiten der Geistlichkeit stiessen. Die Streitigkeiten, zu welchen die Aufführung
eines jesuitischen Dramas in der Leipziger Thomasschule 1G62 Anlass gab, sind schon
früher von Wustmann dargestellt worden; jetzt erfahren wir, dass das sächsische Ober-
konsistorium zwei Jahre später in ähnlicher Weise gegen einen Studenten vorging,
der in Dresden eine ins Deutsche übersetzte Jesuitenkomödie zur Aufführung brachte.
Wir erhalten nicht nur eine Schilderung des Verlaufs der Streitigkeiten, sondern auch
eine Inhaltsangabe der Komödie, welche die Erscheinung Christi aiif Erden allegorisch
behandelt. Gott ist der König Dicaeocritus, Christus sein Sohn Zäma, der den von
Voluptas verführten Statthalter Democritus zur Rechenschaft zieht und von diesem zum
Tode verurteilt wird. Ferner giebt uns der Vf. eine Inhaltsübersicht des Gutachtens, in
welchem der Hofprediger Weller die Verstösse der Komödie gegen die reine Lehre nach-
zuweisen sucht. — G. Tob 1er 1*) berichtet über den Berner Schulmann Jakob Anton
Vulpius (gest. 1684), unter dessen Namen ein Schuldrama in Alexandrinern aus dem
Jahre 1663 erhalten ist: „Einfältiges Gespräch zwischen Eugenium, Lucianum, Martialis
und seinem Jungen". Der fleissige Eugenius ist von Martialis aufgefordert worden, mit
ihm in die Welt hinauszuziehen, sein Vetter Lucianus bringt ihn aber davon ab : er könne
in der Heimat noch manches lernen. Ein anderes Drama, „Zweyer Vätter ungleich ge-
reisste Kinder", in achtsilbigen Versen stellt dar, wie es dem Eugenius und Martialis
weiter ergangen. Bei diesem Stück ist der Verfassername nicht überliefert, doch können
wir es unbedenklich gleichfalls dem Vulpius zuschreiben. Hier wird uns eine Unterredung
der beiden Väter vorgeführt. Wir erfahren da, wie Eugenius erst in der Heimat die phi-
losophischen Studien absolvierte und später in Saumur und Leyden — also an den
Sitzen der reformirten Wissenschaft — mit glänzendem Erfolg sich weiter ausbildete.
Martialis dagegen hat sich nach Paris gewendet und ist dort in einem liederlichen Leben
verkommen. Schliesslich kehren die Jünglinge aus der Fremde zurück; Eugenius wird
von seinem Vater freundlich begrüsst, Martialis von dem seinen mit Schimpf und Schande
fortgejagt. Wir haben es also hier mit einer der zahlreichen Komödien vom Studenten-
leben zu thun, und zwar mit der Abart, in welcher ein liederlicher Student und ein
Musterknabe in Kontrastwirkung gegenübergestellt sind, ähnlich wie dies um dieselbe
Zeit Johann Georg Schoch in semer Komödie vom Studentenleben that. Das Vulpiussche
Machwerk ist jedoch durchaus undramatisch, es besteht fast ganz aus lehrhaften
Dialogen, die mehr für die Geschichte der Pädagogik als für die des Dramas von
Interesse sind^^). —
Vier Dramen Reuters bringt Ellingeri^) zum Abdruck, die beiden Lustspiele
von der Frau Schlampampe und die beiden Harlekin- Singspiele. In der Einleitung
Warendorf, Schnell. 40. 21 S. — 8a) (111,2 N. 40). — 9) J. Bolte, 3 Königsberger Zwischenspiele aus dem J. 1644: Altpr.
Mschr. 27, S. 112—40. — 10) J. Sembrzycki, Sprachl. Bemerkgen. zu d. 3 KOnigsb. Zwischenspielen v. 1644. ib. S. 321/5.
— II) J. Bolte, Zu d. Königsb. Zwischenspielen ▼. 1644. ib. S. 349—51. — 12) R. Buchholz, Erklar. u. Emendationen zu
d. 3 Königsb. Zwischenspielen aus d. J. 1644. ib. S. 585-98. — 13) Georg Müller, E. Dresdner Komödienverbot v. J. 1662:
NASachsG. 12, 8. 298-309. — 14) G. Tobler, Zwei bemische Schuldramen d. 17. Jh.: BernerTb. 1890, S. 174-88. —
|[NZUrichOTZtg.N. 33; Sonntagsbl.d. Berner Bund. N. 9 (Hidber).]| — 15) X K. Heine, J.Veiten, d. Begründer d. modernen
Schauspielkunst in Deutschland: FZ. N. 276. 1. Morgenbl. (Feuilleton n. d. Verfassers Disscit. über Y.) — 16) Chr. Reuter,
D. ehrliche Erau nebst Harlequins Hochzeits- u. Kindbetterin-Schmaus. D. ehrlichen Frau Schlampampe Krankheit u. Tod.
Her. V. 0. ElUnger. (= Neudr. deutscher Lilt.-Werke d. 16. u. 17. Jh. No. 90/1.) Halle, Niemeyer. XXII, 142 S. M. 1,20.
111,4: W. Creizenach, Drama des 17./18. Jahrhunderts. 21
untersucht er die schwierige Frage nach dem Verhältnis des gedruckten Kindbetterinnen-
schmauses zum Wiener handschriftlichen Kindtaufenschmaus, den er etwas zu über-
schätzen scheint. Weiterhin beschäftigt er sich mit Reuters Vorbildern und bringt ausser
Bekanntem auch ein paar neue Einzelheiten. Die prinzipielle Einteilung in Entlehnungen
aus dem Volksdrama und solche aus dem Kunstdrama lässt sich indes für die komische
Dichtung jener Zeit kaum durchführen. —
F. Kuntzei'') giebt unter dem Titel „Zur Geschichte vom kranken Königssohne"
Nachträge zu einem früher bereits von ihm veröif entlichten Aufsatze über die verschie-
denen Darstellungen der Geschichte von Stratonica und Antiochus ; in diesen Nachträgen
erzählt er u. a. auch den Inhalt des Hallmannschen Trauer-Freudenspiels „Die merk-
würdige Vaterliebe oder der vor Liebe sterbende Antiochus und die vom Tode errettete
Stratonica". Mit Recht hebt er hervor, dass der Stoff zu einem fünfaktigen Drama un-
geeignet ist und dass die von Hallmann zur Ausfüllung der Lücken herbeigezogene
Nebenhandlung — eine Verschwörung gegen das Leben des Seleucus — mit der Haupt-
begebenheit in keinem Zusammenhang steht. —
Joh. Leonh. Frischs „Unsauberkeit der falschen Dicht- und Reimkunst"
— von L. H. FischeriS) herausgegeben — ist nicht sowohl ein Drama als vielmehr
ein Schulaktus. Das Werk zerfällt in zehn Abhandlungen. In jeder derselben erscheint ein
„Anfänger in der wahren Dicht- und Reimkunst" mit einem „Anführer"; alsdann treten
mehrere Gruppen von Schülern auf, einer produziert sich jedesmal mit einem Gedicht,
dessen Fehlerhaftigkeit alsdann nachgewiesen wird. So wird zuerst ein Gedicht mit
unreinen Reimen vorgetragen, dann eines mit sinnstörenden Enjambements, dann Ge-
dichte mit gehäuften Fremdwörtern, dann eines mit geschmacklos überladenen mytholo-
gischen Anspielungen, dann ein ausgelassenes Soldatenlied, dann das Lied eines „Zeitung-
sängers", dann triviale Lieder im volksmässigen Ton, Leberreime, Rätsel, Bilderreime
(Verse in Gestalt einer Krone, einer Säule, eines Bären, eines Altars, einer Glocke),
dann ein fehlerfreies Gedicht, das aber aus Versen „guter Poeten", nämlich Harsdörffers,
Knorrs, Lohensteins und Hoffmannswaldaus zusammengesetzt ist. Die abschreckenden
Beispiele sind mit gutem Humor abgefasst, die Kritiken sind zum Teil gereimt und
lassen uns in dem Vf. einen tüchtigen und für jene Zeit auch geschmackvollen Schul-
mann erkennen. Die lateinische Einleitungsschrift zu dem Schulaktus ist mitabgedruckt;
es sollte damit der 126. Stiftungstag des Gymnasiums zum Grauen Kloster (22. Nov. 1700)
festlich begangen werden. Wie die Bilderverse vorgetragen worden sein mögen, kann
man sich allerdings schwer vorstellen. Die Einleitung des Herausgebers belehrt uns
über die Person des Vf., die Anmerkungen enthalten reichliche Nachweise über die ver-
schiedenen litterarischen Unsitten, die der V£ verspottet. —
Noch sind zwei Werke z\ir Theatergeschichte einzelner Städte zu er-
wähnen, die manche Aufschlüsse über den liier besprochenen Zeitraum enthalten. Kopp-
manni^) stellt auch für das 17. Jh. die Nacln-ichten über Auffülu-ungen in Rostock
zusammen, wobei die Darstellung Bärensprungs durch einige neue Mitteilungen ergänzt
wird. Zunächst erwähnt er die Studentenaufführungen (1605 „Susanna", 1620 „Jakob
und Joseph" und „Hercules"), alsdann die Auffülu-ungen der wandernden Schauspieler.
Hier wird aus den Akten gezeigt, dass der Rostocker Rat die fremden Komödianten,
die ihm nicht passten, mit grosser Energie zurückwies, auch wenn sie sich der Pro-
tektion hochgestellter Persönlichkeiten erfreuten ; das mussten die enghschen Komödianten
1619 und eine Gesellschaft hochdeutscher Komödianten 1682 erfahren. Nur von einem
Stück, das im Jahre 1650 aufgeführt ward, ist der Titel erhalten: „Vom Krieg zwischen
Spanien und Portugal, vom klugen Narren, mit einem Ballet und lustigen Aufzuge".
Ich vermute, dass damit eine Bearbeitung von Kyds „First part of Jeronymo and spa-
nish Tragedy" gemeint ist. Sehr ausführlich berichtet K. über die Angriffe der Geist-
lichkeit gegen das Theater. Der Prediger Joachim Schröder polemisierte 1642 und 1651
gegen die Aufführung von Komödien des Plautus und Terenz durch die Schüler, ebenso
1650 (1651?) gegen die Berufsschauspieler; er erwähnt in seiner Polemik ein Stück, in
welchem die Geschichte des Actaeon vorkam. 1683 entstand zwischen dem Rat und
der Geistlichkeit ein Streit wegen eines Quacksalbers, der ein Puppenspiel aufführte, in
welchem eine der beliebten Scenen zwischen dem Tod vmd der lustigen Person vor-
gekommen sein muss. — Sittard 20) stellt die Geschichte der Musik und des Theaters
am Stuttgarter Hofe nach archivalischen Quellen dar. Der vorliegende 1. Band ist
hauptsächlich musikgescliichtlichen Inhalts. Hier ist der Vf. offenbar mehr zu Hause
|[LCB1. N. 51 (Creizenach); LMerkur 10, S. 369 ( Wollerner).] 1 — 17) F. Kuntze, Z.Geschichte v. kranken Königssohne:
Grenzb. 49, S. 227—38. — 18) Joh. Leonh. Frisch, Schulspiel v. d. Unsauberkeit d. falschen Dicht- u. Keimkunst
her. T. L. H. Fischer: SVGBerlin, H. 26. Berlin, Mittler & Sohn. XX, 65 S. M. 1,60. | [NatZg. N. 192.] 1 - 19) K. Kopp mann,
Z. Gesch. d. dram. Darstellungen in Rostock im 16. u. 17. Jh.: BGRostock. S. 37-62. (Vgl. o. N. 2.) — 20) J. Sittard,
Z. Gesch. d. Muaik u. d. Theaters am Württemberg. Hofe. 1. Bd. 1458-1733. Stuttgart, Kohlhammer. X, 354 S. M. 5,00.
|[Creizen»ch: LCBl. N. 27; N&S. 64, S. 267; Eitner: MhMubikG. 22, S. 45;7; HambCorr. N. 126; Üesellsohaft
22 111,4: W. Creizenach, Drama des 17./18. Jahrhunderts.
als in der Theatergeschichte, wo er wohl gethan hätte, sich auf Mitteilung des von ihm
neu gefundenen Materials zxi bescliränken. Was er im allgemeinen über die deiitsche
Theatergeschiclite jener Zeit zu sagen weiss, beruht auf sehr mangelhafter Sachkenntnis.
Flir die Vorstellungen der englischen Komödianten in Stuttgart ergeben die Akten
wenig Neues, und dies Wenige ist leider nicht ausführlich mitgeteilt. Um so reichhaltiger
ist die Ausbeute für die Haupt- und Staatsaktionen, von denen sich mehrere in Stutt-
gart hs. erhalten haben. S. teilt die Titel mit, und es wäre erwünscht, wenn jemand
diese Stücke genauer untersuchen wollte. Die Titel lauten: „Die heillose Königin Odo-
mire", „Die bestrickte und wieder erquickte Prinzessin", „Glück und Liebstück" (Liebes-
streit?), offenbar nach Calderons „Lances de amor y de fortuna". Das erste Stück hat
der Pickelhäring Janetzky der Herzogin Magdalena Sibylla dediziert. Ein Titel bringt
uns einen merkwürdigen Beleg dafür, dass auch noch in der Restaurationszeit das eng-
lische Drama auf das Repertoir der Wandertruppen einwirkte; ein „englischer Künstler",
Kaspar Spannagel, übersetzte die „Comoedia genannt der spanische Münch (the spanish
friar, 1681) von Johann Dryden höchstberühmten Poeten." Die musikgeschichtlichen
Teile des Werkes enthalten dankenswerte Mitteilungen über die Operntexte. —
Ferner sind zwei kleine Beiträge ziir Geschichte der hamburgischen Oper
zu erwähnen. Chrysander^i) beschreibt das grosse Modell vom Tempel Jerusalems,
das der Ratsherr Gerhard Schott in Anlehnung an Posteis Oper „Die Verstöhrung
Jerusalems" 1692 mit ungemeinen Kosten (nach heutigem Werte über 100000 Mark)
hatte herstellen lassen. Eine Zeitlang war es in Hamburg im Opernhaus am Gänse-
markt zu sehen, 1725 wurde es in London ausgestellt, wo auch eine Beschreibung mit
Kupferstichen erschienen ist (Exemplar in der Hambtirger Stadtbibliothek). — Die
Musikgesellschaft in Zürich 23) giebt in ihrem Neujahrsblatt eine Uebersicht über die
Gesclüchte der Oper in Deutschland, dazu die Nachbildung des Titelblattes von Keisers
„Hannibal". —
Pur die Geschichte der Beziehungen des deutschen Dramas zum Aus-
land bringt Paludan23) einen interessanten Beitrag. Er erörtert die Präge, inwieweit
Holberg von dem deutschen Drama abhängig sei; es kommen bei seiner Untersuchung
hauptsächlich deutsche Dramen des 17. Jh. in Betracht. Wenn Holberg in seinem
„Jakob von Thybo" einen prahlerischen Soldaten und einen Pedanten gegenüberstellt,
so könnte er die Anregung hierzu durch den „Horribilicribrifax" des Andreas Gryphius
erhalten haben. Pur die Satire gegen die Wochenstubenvisiten in dem Lustspiel „Barsel-
stuen" konnte Holberg nach P.s Ansicht in der „Wochencomödie" des Wigandus Sex-
wochius Bohemus (1662) möglicherweise ein Vorbild finden, ebenso für den „Politischen
Kannegiesser" in dem „Verwirrten Haus Jakob" von Barthold Feind; in beiden Fällen
hätte jedoch Holberg lediglich die Grundidee in den allgemeinsten Zügen aus den deut-
schen Werken entnommen. Dagegen wendet sich Holbergs Satire wiederholt gegen die
deutsche Litteratur, im „Kannegiesser" gegen die Staatsromane und ähnliche Produkte,
im „Ulysses" gegen die Haupt- und Staatsaktionen. Gelegentlich der Besprechung des
„Ulysses" stellt P. zusammen, was sich von Ankündigungszetteln der Haupt- \ind Staats-
aktionsspieler in Dänemark erhalten hat; auch berichtet er über eine Sammlung von
deutschen Dramen aus den Jahren 1625 — 1680 in der Kopenliagener Universitätsbiblio-
thek. In dieser Sammlung befindet sich unter anderm ein „Poetisches Freudenspiel von
des Ulysses Wiederkunft in Ithaken" 1668, das indes nach Inhalt und Stil keine Be-
rührungspunkte mit der Holbergschen Komödie aufweist. — Haek^*) undLooten^s) be-
handeln Vondels Leben und Werke, der eine in einem populären Vortrag, der andere
in einer sorgfältigen und gründlichen Monographie ; der Einfluss Vondels auf das deutsche
Drama findet jedoch bei beiden keine eingehendere Berücksichtigung. —
Engel26) hat den Text des Volksschauspiels vom Doktor Faust, der
bereits in dem ersten Heft seiner deutschen Puppe nkomödien (1874) erschienen ist,
abermals zum Abdruck gebracht und zwei Scenen eingefügt, die sich auf Fausts Vater
beziehen, eine, wie Faust seinen Vater, der ilin warnen will, zur Thür hinausweist, eine
andere, wie er in der Nacht auf dem Friedhof der Leiclie seines Vaters das Herz aus-
reissen will. Was E. über die Herkunft dieser Scenen bemerkt, ist sehr unklar, für die
Scene am Grabe des Vaters hat er vermutlich den Bericht F. L. W. Meyers über die
Faustaufführungen bei der Kurzschen Truppe benutzt. Als Anhang giebt er mehrere
einzelne Scenen; die erste darunter ist aus der Hs. von Schmieders „Faust" entlehnt
8. 1245; Reimann: BLU. N. 44; NWUrzburgZg". N. 24; SchwabMerV. N. 12ö.]| — 21) F. Chrysander, Der Tempel
Salomonl«: HambCorr. N. 87. — 22) D. Gesch. d. Oper in Deutschland: 8. Neigahrsbl. d. allgem. Mnsikgesellsch. in ZUrich.
Zürich, Orell, Fttssli. 40. 25 S. |[NZUrichZg. N. 53.]| — 28) J. Paludan, Holbergs Forhold til det aeldre tyske Drama.
Kopenhagen, Bianco Lunos, Kgl. Hof-Bogtrykkeri. 66 H. (S.-A. aus HTd- 6. R. II.) — 24) D. Haek, Justus van den
Vondel. (= Samml. gemeinTerst. wissenschaftl. Vortrr. NF. Ser. 5. Heft 108.) Hamburg, Verlagsanstalt. 44 S. M. 0,50. —
25) C. Looten, Etudo litt^raire sur le po6te N6«rla..aai8 Vondol. Brüssel, Soci6t6 Beige de Librairie. 1889. 322 8. —
26) Deutsche PuppenkomOdien 9. D, beiden alten deutscben Volksschauspiele v, Dr. Job, Faut>t u. Chr. Wagner usw, her. t.
111,4: W. Creizenach, Drama des 17. /18. Jahrhunderts. ;23
und enthält eine Umarbeitung der Perhcke-Perlacke-Scene, bei den anderen fehlt die
Quellenangabe. Das Volksschauspiel von Cliristoph Wagner, Fausts Famulus, das im
5. Band der Puppenkomödien in unvollständiger Gestalt abgedrxickt war, erscheint hier
„nach verschiedenen Lesarten vervollständigt". — Tille^^-ss^ hat das Volksschauspiel
vom Doktor Faust in einer Fassung publiziert, die 1889 auf dem Sommertheater zu
Plagwitz bei Leipzig aufgeführt wurde. Es ist das insofern interessant, als es sich hier
um eine Darstelhmg mit lebenden Personen handelt, während das Stück ja sonst in
unsrer Zeit auf das Puppentheater beschränkt blieb. Der Text ist offenbar durch Kon-
tamination aus dem Strassbm^ger und Augsburger Puppenspiel entstanden, die Ab-
weichungen bezielien sich zum Teil auf politische Tagesereignisse, sie enthalten nichts,
was auf alte . Tradition zurückwiese. — An einem andern Ort berichtet Tille 29) über ver-
schiedene Fassungen des alten Volksschauspiels, u. a. über die Puppenkomödie, die
Kralik und Winter 1885 herausgaben, und knüpft daran eine Darlegung der historischen
Entwicklung des Stückes. — Kollmann^O) gab eine vorläufige Mitteilung über die von
ihm geplante Ausgabe einer Sammlung von Puppenspielen ^i), die er selber im Verkehr
mit fahrenden Leuten zusammengebracht hat. —
La Reulings32) Monographie über die komische Figur gehört das fünfte
Kapitel (Englische Komödianten) zum Teil, das achte (Dramen aus der Zeit des 30j.
Krieges) vollständig in die Litteraturgeschichte des 17. Jh. Das letztere Kapitel lässt
viele wichtige Erscheinungen unberücksichtigt, die Auswahl der besprochenen Stücke
ist durchaus willkürlich und prinziplos getroffen: Hollonius' „Somnium vitae humanae",
Mitternachts „Politica Dramatica", die Dramen Filidors und Hallmanns, das Volksschau-
spiel vom Doktor Faust; das neunte Kapitel beschäftigt sich mit Weise, das zehnte mit
Stranitzkys „OUa Potrida". Einen wirklichen Ueberblick über die Entwicklung der
komischen Figur kann man aus R.s Darstellung auch schon deshalb nicht gewinnen,
weil er sich begnügt, bei jedem Dichter festzustellen, welche Motive sich bei seinen
deutschen Vorgängern finden: die ausländischen Einflüsse lässt er gänzlich unberück-
sichtigt. Doch auch in dieser Beschränkung zeigt er sich nicht als Meister. Indes
kann es nicht fehlen, dass seine Darstellung für diejenigen, welche die betreffenden Stücke
nicht kennen, manches Interessante bietet. Am besten ist verhältnismässig der Abschnitt
über die „011a Potrida". — Eugen Wolff^^) und R M. Werner^-t) handeln über das Vor-
kommen des Namens Hanswurst vor Stranitzky; beide wiederholen manche bekannte Daten,
doch bringen sie auch einige neue Nachweise; interessant ist Werners Beschreibung
von Hanswurstbildern im Salzburger Museum. — Das Fortleben der lustigen Person
wird unter dem Titel „Zur Naturgeschichte des Clowns" von einem „Signor Salta-
rino"35) behandelt. Seine Angaben über die Narren gestalten der Bühne in früherer
Zeit sind sehr ungenau; dagegen weist er mit offenbarer Sachkenntnis nach, wie die
stehenden komischen Figuren, da sie vom Theater immer mehr verschwanden, im Circus
einen neuen Wirkungskreis gefunden haben. Die Clowntypen, die sich hier entwickelten,
werden verfolgt bis zur letzten Neuerung auf diesem Gebiete, dem dummen Stallmeister
August, „der überall geschäftig zugreift und doch allen andern im Wege ist und selbst
nichts thut". — Für die Wiener Theater Verhältnisse in der Epoche der Herrschaft Hans-
wursts ist ein Dokument^^-sT) yon Wichtigkeit, das „nach einer aus der Zeit des Ori-
ginals stammenden Abschrift" mitgeteilt wird. Es ist dies ein Theaterprivileg, unter-
zeichnet „Wienn den 12. Mart. 728". Im Namen des Kaisers wird zwei Unternehmern,
Francesco Borolini (Borosini) luid Josef Sellier für zwanzig Jaln-e das ausschliessliche
Recht zur Veranstaltung von Komödienaufführungen verliehen. Dafür werden sie aber-
mit hohen Abgaben belastet. Nicht nur haben sie einen monatlichen Beitrag an das
Zuchthaus zu zahlen, sie müssen auch während der ersten drei Jahre ein Drittel des
Reingewinns an das kaiserliche Aerar abliefern; für die folgende Zeit behält sich die
Regierung vor, anstatt des Drittels von der jährlichen Nettoeinnahme ein Sechstel von
der täglichen Bruttoeinnahme, „wie in Frankreich gebräuchig", für sich zu behalten.
Die Art und Weise der Einkassierung und Kontrolle der Einnahmen wird genau ge-
regelt. Ausserdem soll die Witwe des Hanswursts Stranitzky dafür entschädigt werden,
dass sie von dem Privileg zurücktritt, welches ihr eigentlich noch für drei Jahre ge-
bührte. Sie soll in den ersten drei Jahren des neuen Unternehmens jährlich 720 Gulden
K. En gel. Oldenburg u. Leipzig, Schulze. V, 119 S. M. 1,60. |[S. u. 27.] | — 27) Deutsche Puppenkomödien. lO."" Dr. Joh
Faust. Vülksschauspiel v. Flagwitzer Sommertueater, nach d. Bühnenhs. d. Dresslerschen Truppe her. v. A. Tille. Oldenburg
u. Leipzig, Schulze. V, 39 S. M. 0,60. |[B ransewetter: MLJA. N. 39; Fränkel: BLU. N. 48; S zamatölski: ASNS.
88, S. 88/9.] I — 28) X A. Tille, GoetheJh. 11, S. 201/4. (Auszug aus d. Plagwitzer Stück n. Bericht über d. Aufführung.)
29) id., Dr. Faust in Tirol u. Steiermark: NFPr. N. 9359. — 3C) A. Kollmann, Puppenspiele: Grenzb. N. 50. — 31) X Th.
Ebner, D. Puppenspiele u. ihre Gesch.: LeipzTBl. N. 159. — 32) Eeuling, D. komische Figur. S. o. II, 4 N. 3. —
33) Eugen Wolff, R. M. Werner, D. Wiener Hanswurst: ZVLB. 3, S. 241/5. — 34) B. M. Werner, Y. Hanswurst, ib.
S. 368—70. — 35) Signor Saltarino, Z. Naturgesch. d. Clowns: WienFrBl. N. 86. — 36) v. R., E. Theater-Direktions-
wechsel in Wien i. J. 1728: Presse N. 239. — 37) X 0. Tann -Bergler, Studenten als Schauspieler: DeutsehZg. N. 6654.
24 ni,4: W. Creizenach, Drama des 17. '1 8. Jahrhunderts.
erhalten, und zwar soll diese Summe von dem jährlichen Reingewinn jedesmal abgezogen
werden, noch bevor die obenerwähnte Dreiteilung des Reingewinnes stattfindet. —
Die Oberaramergauer Passionsspiele^'») haben im Jahre 1890 eine reiche
Litteratur zu Tage gefördert. Sehr gering ist jedoch die Zahl der Werke, welche auf
die Geschichte dieser Spiele näher eingehen. Für die Entstehiingsgeschichte blieb frei-
lich nach den grundlegenden Untersuchungen Hartmanns (1880) kaum noch etwas zu
thun tibrig; er hat bekanntlich nachgewiesen, dass der älteste Text (von 1662) aiif Kon-
tamination von zwei früheren, aus Augsburg stammenden Passionsspielen beruht. Für die
weitere Gescliichte des Spiels, bis zu der Umarbeitung durch Ottmar Weiss 1815,
hat Trautmann^s) viele interessante neue Thatsachen ans Licht gefördert. In Bezug
auf die Einschiebung einer Reihe von Stellen aus dem Aelblschen Passionsspiel, die im
Jahre 1680 vorgenommen wurde, begnügt sich T. mit ein paar kurzen Andeutungen; er
bemerkt mit Recht, dass durch die Zwiegespräche zwischen der Seele und einem Engel,
die hier neu eingeschoben wurden, schon die Richtung angedeutet ist, nach welcher das
Spiel sich zu entwickeln begann. Ueber die Umgestaltungen, die zwischen 1680 und
1750 vorgenommen wurden, weiss er nichts mitzixteilen, da die Texte aus dieser Zeit in
Oberammergau nicht mehr aufzufinden sind. Ausführlicher bespricht er die Umarbeitung
des Ettaler Benediktiners Ferdinand Rosner (1750), die ihm in einer Hs. der Bibliothek
des Münchener Metropolitankapitels vorlag. Rosner operiert hauptsächlich mit den
Effektmitteln der Jesuitenbühne ; von bleibendem Einfluss auf die spätere Gestaltung der
Oberammergauer Bühne wurde er vor allem durch die Einführung der „Schutzgeister",
welche die „Exhibitionen" aus dem alten Testament erläutern. Der Kampf, den alsdann
die Oberammergauer im Zeitalter der Aufklärvmg mit den Behörden um ihr Passions-
spiel führen mussten, wird auf Grund archivalischer Quellen sehr anschaulich und lehr-
reich geschildert. In Bezug auf die späteren Umarbeitungen durch Knipfelberger, Weiss
und Daisenberger beschränkt sich T. auf kurze Andeutungen. Dagegen bespricht er
ausfülu-lich die Oberammergauer „Mysterienbühne" und vertritt die von manchen mit
Unrecht angezweifelte Thatsache, dass diese Bühne denselben Typus aufweist, wie der
Mustertheaterbau der Renaissance, das teatro olimpico in Vicenza. Er zeigt, wie dieser
Tjrpus durch Vermittlung der Jesuitenbühne seinen Weg auf das Bauerntheater fand. —
Panitza^ö) bespricht auf Grund der Oberammergauer Hs. aus dem 17. Jh. die Rolle des
Teufels im Passionsspiel, zunächst den Teufelsprolog, der aus Aelbls Passionsspiel in
den Text eingeschoben wurde, sodann die Scenen zwischen den Teufeln und Judas und
die Scene von Christi Höllenfahrt Auf eine gründliche Untersuchung der Quellen lässt
er sich nicht ein ; der Teufelsprolog mit der ironischen Aufforderung zur Unaufmerksam-
keit findet sich schon in Wickrams „Tobias" (1551) und in Schlayss' „Joseph" (1593). —
Mehrere Schriftsteller haben die Geschichte des Oberammergauer Spiels 40-49) mj^ Hervor-
hebung einiger Hauptpunkte, jedoch nicht mit gleichmässiger Berücksichtigung alles
Wesentlichen, in anziehender populärer Form dargestellt ^"-53), Eine klare, gründliche,
das gesamte vorhandene Material verwertende litterarhistorische Behandlung des dank-
baren Themas ist leider noch immer nicht vorhanden. Dankenswert ist es, dass dies-
mal der ganze Text^*) durch den Druck bequem zugänglich gemacht wiu-de, während
man früher nur den Text der Gesangsstücke zur Hand hatte und sich für den ge-
sprochenen Text mit den stenographischen Aufzeichnungen Wyls begnügen musste. —
Auch eine Umarbeitung des gesprochenen Prosatextes in Jamben, die der Pfarrer
Daisenberger^ß) (gest. 1883) hs. hinterlassen hat, ist nunmehr im Druck erschienen. — Die
zahlreichen Aufführungsberichte und Touristenwegweiser s^-el)^ so dankenswert sie an
(Aus d. Wiener Theatergescli. d. 16—18. Jh.) — 37a) (1,4 N. 88) — 38) K. Trautmann, Oberamraergau u. sein Passionsspiel.
(=Bayer. Bibl. her. v. Reinhardstö ttner u. Trautmann: Bd. 15.) Bamberg, Buthner. 108 S. M. 1,40. ItLCBl. N. 33;
HPBll. 106, S. 234; AZg. N. 212.] | — 39) O.Panitza, D.Teufel im Oberammergauer Passionsspiel: Gesellschaft. S. 997—1022
— 40) X P- Schien ther, D. Passion in Oberammergau: VossZgS- N. 20. — 41) X J- Elias, D. Oberammergauer Passions-
spiel: Nation». 7, S. 518—20. — 42) X F- Lemmermay er, D. Passionsspiel in Oberammergau: Monatsbände. März 1891.
Teschen, Prochaska. 43) X K. Kiniel, D. Passionsspiel in Oberammergau: ReichsboteS- N. 25/6. — 44) X W. Kawerau,
Kunstgesch. Skizzen. Halle, Niemeyer. 192 S. M. 3,00. (S. 97—151.) — 45) X S. M. Prem, D. Passionsspiel zu Ober-
ammergau: WienZg. N. 127/8. — 46) X Gemming, D. Passionsspiel in Oberammergau: FränkKur. N. 18. — 47) X D-
Passionsspiel in Oberammergau i. J. 1890. D. Gesch. d. Passionsspiels. D. Darstellung d. Passion. Erläut. Ausfuhr. Zahlr.
Illustr. usw. 2. Aufl. München, Schuh & Co. 26 S. M. 0,20. — 48) X F. Lemmermayer, Aus d. Passionsdorfe: WienFrBl.
N. 142. — 49) X Adolf Stern, D. Passionsspiele in Oberammergau nebst Anh.: Wanderung durch die Ostschweiz. 3. Ausg.
Leipzig, Reinboth. 108 S. M. 1,00. — 50) Hyacinth Holland, D. Entwicklung d. deutschen Theaters im Mittelalter u. d.
Passionsspiel in Oberammergau. 2. Aufl. München, MerhofF. 66 S. M. 1,00. — 51) W. Wyl, Maitage in Oberammergau. E.
artist. Pilgerfahrt. Mit d. z. 1. Mal veröfl'entl. Text d. Passionsdramas, 3 Proben aus Dedlers Musik u. d. Bildnissen d. Haupt-
darsteller. 2. Aufl. Zürich, Schmidt. X, 143 u. 135 S. M. 2,00. — 52) F. Gross, Oberaramergauer Passionsbriefe. Neue
Aufl. Leipzig, Elischer. 57 S. M. 1,00.-68) C. A. Regnet, Nach Oberammergau) Wohlunterrichteter Begleiter z. Passions-
spiele, welcher sagt, wie d. Spiel entstand usw., neu bearb. v. A.Enge Im an n. 5. Aufl. München, Ackermann. 16«. 94 S. M. 0,60.
— 54) Oesamttext d. Oberammergauer Passionsspiels v. 1890. Getreuer Wortlaut d. Gesangs- u. Prosa-Textes. MUnchen,
Litterar. Inst. 12*. 143 S. M. 1,40. — £6) J. A. Daisenberger, Text d. Oberammergauer Passionsspiels in poetischer
Umarbeitung. Mit e. Vorwort v. C. t. Brentano. München u. Oberammergau, Korff. VIII. 222 S. M. 1,50. — 56) X Hermann
Roth, Im Passionstheater. E, Führer durciti Passionsspiel. München, Litterar, Inst. 57 S, M, 0,50, — 57) X C, v. Bren-
111,4: W. Creizenach, Drama des 17./18. Jahrhunderts. 25
sich sein mögen, verdienen in iinserm Bericht keine Besprechung. — Die Zeit-
schrift „Oberammergau er Blätter" ^2) jgf, vor allem wegen ihres reichen bildlichen
Schmucks bemerkenswert. Es sind von ihr fünf Nummern mit deutschem, französischem
und englischem Paralleltext erschienen. Unter den Mitarbeitern ist vor allem Sepp zu
erwähnen, der die Passionsspiele schon seit 1850 kennt. Sein Aufsatz „das Passions-
spiel in Oberammergau" zieht sich durch die drei ersten Hefte; S. bemüht sich hier
nachzuweisen, dass die Vertreibung der Wechsler aus dem Tempel im Oberammergauer
Text zu sehr als Hauptursache der Passion in den Vordergrund gestellt wird. — Wyl^^^
widmet dem Darsteller Christi, Joseph Mayr, „als Menschen und Künstler" eine sehr weit-
läufige Besprechung. —
111,5
Didaktik.
Julius Elias.
Religiöse Bestrebungen: Leibniz und Antoinette Bourignon N. 1. — Zinzendorf N. 2. — Sprachgesell-
schaften: Zesen N. 7. — Pegnesischer Blunienorden N. 8. — Satiriker: Moscherosch N. 10. — Lauremherg N. 12. —
Schupp N. 13. — Abraham a St. Clara N. 15. — Streit der drei Brüder N. 19. — Nicotianische Police! N. 20. — Epigramma-
tiker: Grob N. 23. — Wernicke N. 24. — Verschiedenes: Sprichwörter N. 25. — Anekdoten N. 30. — ReisebUcher N. 31. —
Die Kenntnis der religiösen Bestrebungen bereichert Bodemanni) durch
den Abdruck von vier Briefen, die Leibniz überAntoinette Bourignon, die mystische
Religionsstifterin und „Mutter der Gläubigen", geschrieben hat. Die französisch ab-
gefassten Dokumente gehören der Kgl. Bibliothek zu Hannover und liegen nur in den
Konzepten vor. Die beiden ersten Schreiben (1680) sind an einen Herrn von Brayd-
longne gerichtet, der Leibnizens Urteil aufgerufen hatte, das dritte (1681) und das vierte
tragen keine Adresse. Sollte der Empfänger nicht jener Herr de la Barre sein, der,
wie aus dem ersten Brief hervorgeht, wegen der gleichen Erage sich mit Leibniz in
Verbindung gesetzt hatte? Der klare, ruhige Denker hält über die ekstatische Schwär-
merin und prophetische Neuerin Gericht; sie irrte damals Anhänger werbend durch das
nördliche Deutschland. Leibniz ist bestrebt, parteilos die Erscheinung anzuschauen,
doch xniwillkürlich fliessen ihm leichter Spott und feine Ironie in die Feder. Besitze
Antoinette, wie sie vorgiebt, „aussergewöhnliche Gnaden", so können diese nur bestehen
in „Verstand" und „Willen". Viel hat sie geschrieben über die Tugend, doch sie selbst
hat die gleichen Schwächen wie die andern Menschen. Nicht Eine Wahrheit haben
ilu-e Bücher ihm offenbart, die nicht jeder vernunftvolle Mensch auch für sich
finden könnte. Er möchte, sich zu bekehren, herzlich gern etwas von ihr sehen, das
„wir elenden Sünder nicht nachahmen können". Ueber den Charakter der Sektirerin
fallen einige bezeichnende Worte: Eifer inid Thatenlust besitzt sie genug, doch wohl
nicht genug Einsicht und Liebe. Gleichwohl erkennt Leibniz den Kern der Lehre an,
insofern sie darauf zielt, die Menschen aus der Lethargie aufzurütteln; die Heftigkeit
ist aus ihrer impulsiven, temperamentvollen Natur zu erklären. B. legt ferner vier
authentische Schriftstücke vor, welche die letzte Lebenszeit und den von der ost-
friesischen Regierung „ex crimine notariae haereseos" eingezogenen Nachlass der Bourignon
betreifen. —
G. E. von Natzmer^), dem sich die Schätze des Herrenhuter Archives er-
schlossen, bringt hauptsächlich über die frühe Lebens- und Entwicklungsgeschichte
Zinzendorfs neue Aufklärungen in drei Aufsätzen, deren Wirkung freilich durch
tano, Führer z. Oberammergauer Passionsspiel mit Schild, d. Spieltextes. Passau, Abt. 60 S. M. 0,50. — 58) X A. Ach-
teitner, Im Passionsdorfe. München, Scherzer. 48 S. M. 0,50. —59) X'AIban v. Hahn, Nach Oberammergau. Wanderung
z. Passionsspiel. Mit 10 Text-Abbild. Leipzig, Spamer. 90 S. M. 2,00. | [HambCorr. N. 146.]| — 60) X R- Calwer, Prakt.
Führer z. Passionsspiel 1890. München, Administr. d. Oberammerg. Blätter. 12«. 32 S. M. 0,50. — öOXWaltenberger,
D. Passionsspiel in Oberammergau i. J. 1890. Mit d. vollst. Texte d. Chorges., e. bist. Einleitg., ausführl. Beschreibg. d. leb.
Bilder, Beiserouten usw. 2. Aufl. Augsburg, B. Schmid. gr. 160. 72 s. M. 0,80. — 62) Oberammergauer Blätter. Oberammergau
Weekly News, Revue d'Oberammergau. Herausgeber R. Calw er. 5 Hefte. Oberammergau, Gemeindl. koncessionierte Kunst- u.
Verlagsanst. 4". 82 S. Jede N. M. 0,50. — 63) W. Wyl, D. Christus-Mayr. Neue Studien aus Oberammergau. Berlin, Fontane,
lY, 160 S. M. 1,50. —
I) E. Bodemann, Briefe Leibnizens u. offizielle Aktenstücke z. Gesch. d. Antoinette Bourignon: ZKG. 12, S. 362—80.
— 2) G. E. V, Natzmer, Aus d, Jugendzeit Zinzendorfs; ConsMschr, 47, S. 249—63, 482/9, 610/6. — 3) id., V. d. Eltern
26 in,5: J. Elias, Didaktik des 17./18. Jahrhunderts.
eine ungeschickte Disposition des Stoffes abgeschwächt wird. Der junge Student der
Rechte muss Halle und seinen Francke verlassen aixf Wunscli des Vormunds, des Feld-
zeugmeisters Zinzendorf, um in Wittenberg sich weiter zu bilden. Schwer fiel ihm der
Abschied von Halle (8. April 1716 an die Mutter), wo er „dasjenige erlernt, was ihm in
Zeit und Ewigkeit glückselig machen kann". lieber Utrecht begiebt er sich nach Paris
im September 1719 als „studiosus jvu-is, historices et politices". Der Jüngling tritt
in enge Beziehungen zum Cairdinal von Noailles, mit dem er auch weit über den
Pariser Aufenthalt in dauernder Korrespondenz blieb. Um sein Glaubensbekenntnis
befragt, setzt er es ihm in einem französischen Briefe auf, dessen entscheidende Stelle
lautet: ,,L'eglise que l'on professe ä Rome a quitte absolument la foi des apotres . . .
Notre sentiment est toujours fonde: que l'eglise de Jesus Christ ne se renferme point
dans les temples bätis des mains des hommes, mais qu'elle est partout." Zinzendorf
kam an den französischen Hof und ward 1720 durch die Herzogin Elisabeth Charlotte
dem Regenten zugeführt. Sie bewundert seinen festen und bescheidenen Siiui: ,,Hen'
Graf, ich muss Ihm sagen, dass ich wunder Gutes von ihm höre, man spricht. Er kann
die Schrift fast auswendig." Er muss Paris noch im Frühling verlassen, besonders
wegen der Kosten. Auf dem Nürnberger Gute seiner Tante, der Gräfin von Polheim,
verliebt er sich in die hübsche Base Juliane. Das Mädchen erwiedert diese Liebe und
würde sich für ihn entschieden haben, wenn ihre Hand nicht schon dem Bruder gehört
hätte. Zinzendorf reisst sich los und eilt zu den Seinigen. Von seinen Verwandten lässt
er sich zum Staatsbeamten machen, weil er den „Beruf des Gehorsams" fühlt, doch er
setzt sich zuvor mit seiner Grossmutter, Henriette von Gersdorff, auseinander. Gegen
seinen Willen geht er in den Dienst, weil er glaubt, dass ,,im Lande ein grösserer
Segen auf ihn warte". Doch der Himmel hat es für jetzt anders gewollt, und so wird er
sich der neuen Sache ,, ernstlich und munter annehmen". Dann folgt ein Bekenntnis,
das in seine Seele leuchtet: „Ich kann nach der wenigen Einsicht in die oeconomie
Gottes anders nicht schliessen, als dass es in der That wahr sei, dass Gott mich Un-
würdigen zu einem Werkzeug und Mitarbeiter an seiner Philadelphischen Gemeine er-
sehen habe." In einer Reihe von Briefen und Billets (Jan. 1719 bis Sept. 1722) giebt
Carl Dubislav, Zinzendorfs Stiefbruder, mit kindlicher Zärtlichkeit seiner Bewunderung
für den fertigen Mann Ausdruck, in dem er ein leuchtendes Vorbild sieht.
Er beteiligt sich an Zinzendorfs Uebertragung von Arnds „Wahrem Christentum" und
sendet ihm allerlei Aufsätze, Reden und Gedichte als Zeugnisse seines Fleisses. —
Zinzendorfs Mutter 3) scliildert in ihren Aufzeichnungen ihre peinliche Lage nach dem
Tode des ersten Mannes und ihre Anstrengungen, für sich und ihren Kleinen das
Väterliche zu retten. Es war eine ruhige, ernste Neigung, die sie mit dem General
V. Natzmer zusammenfülu*te. Natzmer nimmt sich des Knaben an und lässt ihn auf
seine Kosten erziehen, doch mit dem idealen Teile der Ausbildung will er nichts zu
schaffen haben. Der Musterbrief einer grossgesinnten, frommen Mutter ist das um-
fassende Ermahnungsschreiben (16. Dez. 1721), worin die Generalin die Heiratspläne
ihres Sohnes nach allen Richtungen hin erwägt. Die Komposition des Schriftstückes
ist geradezu künstlerisch, der Ausdruck zeigt wahrhaft poetische Wendungen. Sie
möchte den Sohn in strengste Selbstprüfung leiten, xmd dauert sein Entschluss über
Stunde und Tag, so wird auch sie mit der Einwilligung nicht zögern. Unter dem
9. Mai 1722 antwortet Zinzendorf: seine Wahl, Erdmuth Gräfin Reuss, steht fest; er
will aus den Herzenswirrungen der letzten Jahre herauskommen. In den grossen finan-
ziellen Schwierigkeiten der Familie während der späteren Zeit beweist er der Mutter
ein hochhei'ziges Entgegenkommen 4). Am 18. Juni 1739 schreibt er: „Wie ich meiner
unsiclitbaren Mutter Jerusalem, die da droben ist, unsichtbar ergeben bin, so will ichs
an der sichtbaren, der auch auf mancherlei Art sauer worden bin, beweisen." Ueber
seine Missionsreisen und die Entwickelung der Kolonie giebt die Korrespondenz be-
deutsame Kimde.ö-'') —
Mit aer Geschichte der Sprachgesellschaften hängt die Arbeit Dissels'')
zusammen, welche eine abschliessende Monographie über Zesen vorbereiten soll. Zur
Hauptaufgabe hat sich der Vf. gemacht, für die Lebensbeschreibung die sichersten Grund-
lagen zu gewinnen. M. Gebhards Studie (1888) gewährt ein unvollkommenes Bild, weil
die Hss. der Hamburger Stadtbibliothek nicht benutzt wurden und auch der gedruckte
Stoff dem Vf. keineswegs vollständig ersclilossen war. D. nun verzichtet im grossen
Zinzendorfs: ConsMschr. 46, S. 1272—82 u. 47, S. 30/7. — 4) id., Zinzendorf im Verhältnis zu seiner Mutter: ConsMschr. 47,
S. 142—64. — 5) X H. Reuter, Graf Zinzendorf u. d. Gründung d. BrUdorRemoinde: ZKG. 12, S. 1—20. (Vf. bestimmt d.
geschio.htlichen Bedingungen, aus denen Zinzendorfs Schöpfung erwuchs.) — 6) X S. Eck, Zinzendorf u. seine Nachwirkung
in d. Gegenwart. Nebst e. Anhang: D. soziale Krisis u. d. evang. Kirche. Leipzig, Grunow. VllI, 104 S. M. 2,00. (Sonderabdr.
aus Bd. 4 d. , Christi. Welt". Vf. sucht vorhandene Forschungen u. Anschauungen zu popularisieren, zumal nach Ritschi, Titzen
11. B. Becker. Er giebt reichliche AuszUge aus d. Werken Zinzendorfs.) — 7) K. Dissel, Philipp v. Zesen u. d. Deutsch-
tfesinnte Genossenschaft. Progr. d. Wilhelmsgymn. Hamburg, Herold. 40. 66 S. M, 2,50. UHambCorrB. N. 16; ZADSprV. 5.
111,5: J. Elias, Didaktik des 17./18. Jahrhunderts. 27
und ganzen auf eine ästhetische und kritische Würdigung; darüber aber lässt er keinen
Zweifel, dass sein künftiges Buch sich als eine massvolle Rechtfertigungsschrift geben
wird. Das Wort „Zesen" soll erst vom Dichter aus dem ramiliennamen Caesius ge-
prägt worden sein. Auf der Lateinschule in Halle weilit Rektor Gueintz den Knaben
in seine gelehrten Beschäftigungen ein, indem er u. a. ihm eine orthographische Studie
zur Abschrift übergiebt. Es steht jetzt fest, dass Zesen während des Sommersemesters 1641 in
Leipzig studiert hat, nachdem er spätestens im März Wittenberg verlassen. Den Magister-
grad hat er erworben, nicht usurpiert, in Leipzig oder in Wittenberg. Seine An-
kunft in Hamburg fällt bestimmt in den Oktober 1641 ; dort findet er in dem Wittenberger
Theologen Hülsemann, dem Vertrauten seines Vaters, einen Führer. Ln Jan, 1642
hält er sich zeitweilig zu Reinbeck auf Die nächste Zeit bringt die Annäherung an
Rist. Zwei Schreiben, welche D. zum ersten Male veröffentlicht, widerlegen die Ver-
mutung, es sei gleich am Anfang zu einem Bruch gekommen. Der Pastor bittet am
4. April 1642 unter freundschaftlichen Ausdrücken, ihm eine Druckprobe seiner „Galathea"
zu besorgen, die bei Jacob Rebenlein herauskommen sollte, und die „Ausfertigung" des
Werkes zu überwachen. Auch der zweite Brief (24. Aug. 1644) zeigt noch Wendungen
der Ergebenheit. Im Sommer 1642 durfte Zesen seine früheren Beziehungen zu der
Schlesierin D. E. v. Rosenthal erneuern, mit der ihn übrigens, wie D, gegen Gebhard
nachweist, keineswegs ein Herzensband einte. Die „Rosenwälder" sind wohl im Nachhall
jener gemeinsam verlebten Sommertage entstanden. Es folgt die erste holländische Reise,
von der Zesen spätestens im April 1643 nach Hamburg zurückgekelu-t ist. Als Quelle
für den zweiten niederländischen Aufenthalt (vom Ende Juli ab) benutzt D. sehr ge-
schickt die „Adriatische Rosemimd", indem er in „Markholds" Erscheinung die Dichtung
von der Wahrheit zu scheiden sucht. So gelingt es ihm, Gebhards Anschauung zu
widerlegen, Rosemund sei mit dem Fräulein von Rosenthal identisch; er findet,
dass Zesens Flamme eine Venetianerin Florentine Dorothee gewesen sein muss, die er
durch die Braut eines Freundes „Adelmund" (namens Anne Margarete Ludwiche) in
Amsterdam kennen lernte. Dass an eine Heirat gedacht wurde, ist nicht unwahrscheinlich.
Jedenfalls deckt D. zwei Motive auf, die sich auf pekuniäre und religiöse Hindernisse
beziehen können. Florentines früher Tod hat das Verhältniss, das zwei bis drei Jahre
dauerte, gegen 1645 jäh beendet. Im Verlauf der Darstellung legtD. einen Brief Dietrichs
von dem Werder vom 14. Mai 1649 vor, der in die Zeit führt, da Zesens Konflikt mit
dem Oberhaupte der „Fruchtbringenden Gesellschaft" begann. Werder hat die neue
Ausgabe des „Deutschen Helikon" gelesen, welche Fürst Ludwig ihm zur Begutachtung
übersandt, und verweist nun auf sein Urteil ; er fügt einige Verse über das Buch hinzu,
die Zesen ihm „aufgetragen". Bei Rists Polemik verweilt D. geraume Zeit unter ent-
schiedener Parteinahme ftii' Zesen; er führt gegen Th. Hansen aus, dass Rist schon 1647
im „Friedewünschenden Deutschland", und niclit erst 1653, Galle verspritzt habe. Zum
Lebensunterhalt Zesens tragen, ausser dem Lohn für eine ausgedehnte Gelegenheits-
poesie und den Geschenken, väterliche Unterstützungen bei (bis 1667). Bis Mitte 1655 lebte
er aufs neue in Amsterdam, vertraut mit den einflussreichsten Männern. Er nimmt
sogar einen städtischen Auftrag nach Anhalt mit. Ende 1655 trifft man ihn wieder
in Holland. Ein Brief des Adam Olearius an Zesen (23. Juli 1656) trägt noch
den Bestimmungsort Amsterdam. Nach Rists Tode (1667) hebt für Zesen eine neue
Zeit ruheloser Wanderschaft an; im Dezember ist er in Hamburg (vgl. Hochzeitsgedicht
für Joh. Naumann). Der Mai 1668 bringt das 25jährige Stiftungsfest des Rosen-
ordens. D. zieht aus den Hamburgischen ungedruckten „Ehrengedichten vom Jahre 1668"
(25. Dez.) die erste Erwähnung von Zesens Pfalzgrafenwürde hervor, die dem Dichter
kurz vor oder kurz nach dem Stiftungsfeste übertragen wurde. D. stellt weiter fest,
dass 1676 — 79 Zesen seinen bestimmten Wohnsitz in Hamburg hatte. Im Mai 1677 be-
grüsst ihn nach einer Reise in die Heimat die Genossenschaft feierlichst mit einem
lateinischen Poem; am 8. Okt. überrascht ihn der Senat mit einem Gebinde Rheinwein,
wofür Zesen ein „Lobschallendes Ruhm- und Reim-geschenke" zurückgiebt, das bei D.
8. 65 gedruckt ist. 1678 singt N. Jungius ihn in einem dreizehnstrophigen Gedichte
an. Ein „Reiselied" von M. Steinfass berichtet 1679, dass Zesen im Aufbruche nach
Holland begriffen sei. 1683 sucht er Hamburg auf, wo er bis zu seinem Ende verbleibt.
Von seiner Todessehnsucht giebt ein Leichengedicht (8. Okt. 1688) Kunde, und am
Geburtstag 1689 bewillkommnet ihn der Rosenorden zum letzten Male mit einem offiziellen
Glückwunsch. Eine „Lyram querulam" widmete ihm P. G. Krüsike. Die Entwickelung
der „Deutschgesinnten Genossenschaft" bringt ein neues Mitgliederverzeichnis vor Augen,
das D. zusammengestellt und mit den Jahreszahlen der Aufnahme versehen hat. Die
Vergleichung mit Goedekes Liste (vgl. Grundriss 3 2, S. 16 — 18) ergab ein Mehr von
21 Teilnehmern, die D. nach Peiskers Tabelle und nach Gelegenheitsgedichten bestimmt.
Auch in Bezug auf Namen und Beinamen wird Goedeke vielfach berichtigt. Zu dem
Konventikel der drei Freunde traten 1644 elf, 1645 einundzwanzig, 1646 — 47 je drei,
28 in,5: J. Elias, Didaktik des 17./18. Jahrhunderts.
1648 einer, 1648 — 53 zwei, 1654 zwölf, 1667 — 69 achtzehn neue Mitglieder. Als seinen
Nachfolger im Vorsitz empfahl Zesen Heinrich Gabler aus Frankfurt. Das Grundgesetz
erschien zwar erst 1669, doch schon 1644 war ein Entwurf vorhanden. D. macht einen
Brief Harsdörffers v.om 23. Dez. 1644 bekannt, der gleich nach der Aufnahme geschrieben
ist: das neue Mitglied erlaubt sich Ratschläge zum inneren und äusseren Betriebe des
Unternehmens und empfiehlt u. a. Claj, Moscherosch, Betulius als Kandidaten. —
Der „Pegnesische Blumenorden" giebt seit der 2(X)j. Jubelfeier (1844)
wieder das erste Lebenszeichen von sich. Die Publikation ^ ) gilt dem Andenken des
1888 verstorbenen Präsidenten Heinrich Heerwagen. Die neun hier zusammengefassten
Vorlesungen Heerwagens (1861 — 72) erstrecken sich über die mannigfachsten Gebiete des
Wissens und zeigen den Vf. als gewandten Rhetor. Das Buch wird mit einer Lebens-
skizze Heerwagens eingeleitet und mit einem Verzeichnis aller Vorträge des Blumen-
ordens von 1863 bis 1889 beschlossen.^) —
Die bedeutenden Satiriker der Epoche sind nur in Einzelstudien behandelt
worden. Elias i^) steuert eine Erklärung des Namens Moscherosch bei, die er von
seinem Lehrer Konrad Hofmann empfangen hat. Die Hauptform zerlegt sich in „Mosen"
(^-= Monsenor, Herr) und rosch (= ruix, Abkürzung von Rodrigo). Das ganze Wort be-
deutet also „Herr Rodrigo". ii) —
Laurembergs Scherzgedichte hat Sprenger^^j ujj^ einer dänischen Ueber-
setzung verglichen, die gleich nach dem Erscheinen des Originals angefertigt und jetzt
von J. Paludan in Kopenhagen neu herausgegeben wurde. Dabei hat sich unmittelbar und
mittelbar für die Gestaltung des Textes wie für die Erklärung des Ausdruckes mancher-
lei ergeben. —
Der urkundliche Stoff, den 1882 Bindewald der Biographie Schupps zufülirte,
wird jetzt aus Darmstädter Arcliiven durch Nebel '3) vermehrt. Den Nachrichten über
Studienreisen und Lehrthätigkeit schliessen sich nun Briefe an, die über Schupps
Aufenthalt in Braubach und seine Thätigkeit beim Eriedenskongress in Münster die ge-
wünschte Aufklärung gewälu-en; die Dokumente reichen vom 7. Apr. 1648 bis zum
2. Febr. 1649, berühren aber auch mittelbar die voraufgehende Zeit. Leider zeigt N.
zwar redliche Begeisterung für Schupp und anerkennensw^erten Spüreifer, jedocli über
die Pflichten eines wissenschaftlichen Herausgebers ist er sich nicht überall klar ge-
worden. Der geringste Teil der Briefe ist wörtlich, die Masse wird nm- in indirekter Rede
wiedergegeben. Es fehlen jegliche Anmerkungen, welche die kleinlichen, in der Ferne kaum
übersehbaren staatsrechtlichen Erörterungen aufhellend begleiten sollten. Auch die Datie-
rung ist nicht immer zuverlässig: das Hauptstück N. 12 ist nicht am 3. Okt., sondern zweifel-
los am 3. Nov. geschrieben. Landgraf Johann, einer Darmstädter Nebenlinie angehörig, hatte
Schupp von Marburg nach Braubach zwar als Prediger berufen, doch den vielseitigen welter-
fahrenen Theologen auch in anderen Aufgaben verwendet. Als Schupp zumFriedenskongress
fuhr, hatte er sich wohl schon vorgenommen, in sein Braubacher Amt nicht wiederzukehren:
Verleumdungen und Hetzereien, deren Art und Ursache nicht aufgedeckt werden, ver-
bitterten ihm das Leben (Brief 3 und 4), nicht minder „Untreu und Undiscretion" seiner
Geschwister, denen gegenüber er sich als „Joseph in Egypten" fülilte (Br. 18). Auch
suchte er nach besseren Lebensbedingungen; rät er doch selbst dem Fürsten, aus Spar-
samkeitsrücksichten seine Stelle aufzuheben. Von Münster aus liess sich damals Carriere
machen. Schupp unterhält die hei^orragendsten Verbindungen, die freilich weniger
seine untergeordnete politische Sache als der Zauber seiner humorvollen, klaren Persön-
lichkeit und sein geistlicher Beruf ihm verschafft haben. Seine diplomatische Sendung
war nicht leicht, denn die Darmstädter Linien befanden sich bei den Friedensverhand-
lungen als erklärte Anhänger des Kaisers nicht im Vorteile. Schupp schwenkt ziel-
bewusst zu den tonangebenden Schweden ab und gewinnt sich nach und nach ihr völliges
Vertrauen. Er besorgt den Oxenstiema Vater und Sohn, den Salvius und Beren-
clow aushilfsweise den Gottesdienst und erteilt ihnen das Abendmahl (Br. 8). Die
Dokumente voni 3. und 28. Nov. gehören zum edelsten, was die Brieflitteratur des 17. Jh.
hervorgebracht hat. Landgraf Johann hatte sich in das gefahrliche Unternehmen ein-
gelassen, seinem regierenden Bruder Georg 11., in dessen Diensten ja auch Schupp
einst gestanden, das ius primogeniturae insofern streitig zu machen, als er nachträgliche
Ansprüche auf die väterliche Erbschaft erhob und auch sonst reichlichere „Deputate"
S. 166.] I (S. 0. III, 2 N. 43.) — 8) Altes u. Neues aus d. PeRnesisclien Blumenorden. D. Erinnerung an Dr. Hoinr. Heerwagen
geweiht. Nürnberg, Schräg. 1889. IV. 271 S. |[HambCorr». N. 5; AZg". N. 46.] | (Vgl. Autorenregister unt«r „Heerwagen"). —
9) X 0. Seh webe 1, D. Geschlecht d. Carp/ow: NorddAZg". N. 3. (Charakteristik d. Gelehrtenfamilie bis auf Johann
Benedikt II., geb. 1720, gest. 1803.) — 10) J. Elias, Konrad Hofmann: Nation». 8, S. 122. — II) X A-Ia-mode-Kehraus. Z.
Geburtstag d. Elsässers J. M. Moscherosch gewidmet v. e. deutschen u. deutschgesinnt«n Elsässer: StrassbPost N. 61. (AuszUge
ans d. „Kehrans" mit patriotischen Seitenhieben auf gegenwärtige Zustände.) — 12) R. Sprenger, Zu Joh. Laurembergs
Scherzgedichten: JbVNiederdSpr. 15, S. 84—91. — 13) W. Nebel, Briefwechsel J. B. Schupps mit d. Landgrafen
Johann v. Hessen zu Branbacb aus d. Zeit seiner Beteiligung an d. FriedensTerhandlungen zu Osnabrück u. UUuster
ni,5: J. Elias, Didaktik des 17./18. Jahrhunderts. 29
sich zu erwirken vorhatte. Wohl bringt Schupp viele begründete Einwände gegen den
politischen und juristischen Teil der Angelegenheit vor, doch im allgemeinen sucht er
den Bruderstreit vom staatsrechtlichen auf das moralische Gebiet liinüber zu ziehen.
Er wendet sich an des Grafen Empfindung und Gewissen mit feuriger Beredsamkeit,
als bibelfester Lutheraner, Philosoph und überlegener Weltmann, der sich auf die
Menschen versteht. Als Wurzel des Wagnisses erkennt er die Unthätigkeit des Grafen.
Er giebt ihm landwirtschaftliche und merkantile Ratschläge: er möge seinen Wein
bauen, Viehzucht treiben, Fischereien anlegen, die Wildbahnen hüten, Brauereien er-
richten und Rentämter organisieren. Ein guter Knecht und „Kaufmannsdiener" ist
besser als ein doctor iuris, der seinen Brotgeber in Prozesse hetzt. Er empfiehlt dem
Grafen ferner, seine „Waffen" gegen Pension andern Ländern zu verpflichten und sich
selbst nach einer lohnenden Administration umzusehen, z. B. in Ostfriesland, wo der
Regent im Sterben liegt (Br. 15). Der Landgraf ehrte die freie Sprache seines Geist-
lichen und empfiehlt ihn sogar in einem Briefe an den Hamburger Rat als Seelsorger
(Br. 14). Wie Schupp berichtet, bewarben sich damals Bremen, Augsburg und Osna-
brück um ihn, doch er zieht als praktischer Mann Hamburg vor: „Wegen Education
meiner Kinder, und anderer Kommoditäten halber deuchte mich, es sei ein Pastorat zu
Hamburg besser, als anderswo ein grosser Titel" (Br. 18). — Erscheint in diesen neuen
Schriftstücken der praktische Politiker, so würdigt ein Beitrag Bischoffs'*) zum ersten
Male die politische Theorie Schupps, und eben darin liegt das Fördernde des Buches,
das ausserdem eine Lebensskizze und Kapitel über den Schulreformator und Prediger
umfasst, doch über Bloch, Bindewald, Vial, Oelze, Baur nicht hinausgelangt und auch
philologisch nicht unanfechtbar ist. Der Vf entwickelt die beiden Flugschriften des
Hamburger Pfarrers „Ein holländisch Pratgen" und „Ambrosii Mellilambii Sendschreiben
an einen vornehmen Cavallier". Beide Stücke beschäftigen sich mit dem scliwedisch-
polnischen Krieg und sind vom April bis Juni 1657 entstanden. Der Dialog gilt dem
Nebenkriege, den Dänemark gegen Schweden vorbereitete. Schupp wünscht diesen
Kampf aus der Welt zu schaffen; eine persönliche Zusammenkunft der beiden Könige
könne vieles ändern; doch die „Staatsraison" säet Zwietracht zwischen zwei Völkern,
die mit einander im Frieden leben sollten. Wenn sie zusammenhielten, so würden sie
stark genug sein, „den Türeken auss gantz Thracia zu jagen." Denn, soll Krieg in
der Welt sein, so wende er sich gegen die Barbarei der meineidigen Russen und des
Orientes. Den Kernpunkt der zweiten Abhandlung bildet gleichfalls die Russen- vnid
Türkenfrage, in der B. den Schupp mit Recht als einen Propheten charakterisiert.
Schupp nimmt Stellung gegen Polen, doch er ist für die Fehler Schwedens auch keines-
wegs blind. Er mahnt eindringlich zum Frieden und wendet sich scharf gegen die Erb-
feinde europäischer Sitte und Kultur. Dann könnten auch die Jesuiten zeigen, „ob's
ihnen wirklich Ernst damit sei, die Religion fortzupflanzen". Die Wirkung dieser Schriften
war für den Augenblick berechnet, Schupps grösstes politisches Werk dagegen, ,,Salomo
ein Regentenspiegel", ist als ein litterarisches Besitztum für immer gedacht. B. giebt
eine klare und genaue Analyse des Werkes, wie er auch im übrigen sich weit mehr
berichtend als beurteilend verhält. Er liefert eine Geschichte der Fürstenspiegel und
erörtert den geistigen Zusammenhang zwischen dem „Salomo", Seckendorfs ,, Fürsten-
staat" und der ,, Biblischen Polizey" des Dietrich von Reinkingk, der Schupps Schwieger-
vater war. Wie Seckendorff seinen Herzog Ernst von Gotha im Auge hatte, so dachte
Schupp im Stillen an den Landgrafen Johann, als er die staatsrechtlichen und national-
ökonomischen Anschauungen der Bibel ins moderne Leben zu übertragen begann. —
Ein zeitgenössisches Zeugniss für die Wirkungen, die Abraham a Sancta
Clara als Kanzelredner ausübte, hat R. M. Werner^^) gefunden in Fassmanns Spott-
schrift auf Gundling „Der Gelelirte Narr" (1729). Der Autor besucht 1711 in Wien mit
anderen Lutheranern die Predigten Abrahams, „weil wir" (so heisst es) „gemeiniglich
so viel zu Ohren fasseten, dass wir hernach die gantze Woche durch darüber lachen
kunten". Fassmann giebt Scherze zum besten, die ihm hi den freimütigen Improvisationen
des Paters besonders gefielen, und kennzeichnet launig die heftige, bewegliche Vortragsart
des Augustiners. — Dreiundvierzig Nummern von Abrahams „Etwas für Alle" i^) (I.Buch 1699)
sind neu gedruckt worden, doch die Auswahl erfolgte offenbar nicht nach der Original-
ausgabe, sondern nach der Halleschen Edition von 1785, die Johann Christian Hendel
veranstaltet hatte. Die antikatholischen Anmerkungen dieses Druckes hat der Heraus-
geber teilweise und nach Entfernung aller tendenziösen Spitzen benutzt. Hier und da
fallen stilistische und orthographische Aenderungen auf. i''-''*) —
i. J. 1648: MOberhessGV. 2, S. 49—94. — 14) Th. Bischoff, J. B. Schupp. Beitrr. zu seiner Würdigung. Nürnberg,
Ballhorn. 218 S. M. 2,40. |[Th. Ziegler: DLZ. 11, S. 1614/5; LCBl. S. 1484/5; H. Rinn: HambCorrB. N. ll.]|
— 15) R. M. Werner, Abraham a. St. Clara als Kanzelredner: VLG. 3, S. 608—11. — 16) Abraham a St. Clara, Etwas fUr
Alle. (=Bibl. d. Gesamt-Litt. N. 3767.) Halle, Hendel. XV, 194 S. M. 0,50. — 17) X *'■ Laucher t, Priameln bei Abraham
a St. Clara: Alemannia. 18, S. 173/7. (Unfruchtbare Sammelarbeit.) - 18) X id.. Zu Alemannia 16, 232: ib. S. 288. - 19) L.
30 in,5: J. Elias, Didaktik des 17./18. Jahrhunderts.
Den „Streit der drei lasterhaften Brüder" betrifft ein Artikel L. Eränkels^^),
welche eine Studie Szamatolskis erweitern soll, doch Neues eigentlich nicht beizubringen
vermag. Szamatölski hatte Sebastian Francks Bearbeitung der „Declamatio Philippi
Beroaldi de tribus fratibus ebrioso, scortatore et lusore" als die Quelle eines Fastnachts-
spieles von Hans Sachs nachgewiesen und eine neue Form des „Streites" im 17. Jh. zum
ersten Male erwähnt: den „Lustigen Prozess dreyer Adelicher Brüder" (1655). F. findet
zu dieser späten Umarbeitung einen Nachdruck aus dem Jahre 1669, den „Blasius
Multibibus" seinem „Jus potandi, Oder Zech Recht" angehängt hat. Dazu sammelt F.
nun verschiedene Nachweise über das Fortleben des Motives der drei Laster aus
der zweiten Hälfte des 17. und dem Beginne des 18. Jh. Während F. durch die
Art, wie er das „Jus potandi" mit dem „Prozess" verknüpft, der Anschauung Vorschub
leistet, als brauche die Ausgabe von 1655 nicht die früheste zu sein, weil ja auch vom
„Zeclirecht" frühere Ausgaben existierten, hat Szamatolski seinerseits mit einer wohl-
begründeten Entgegnung dieser Hypothese den Boden entzogen. —
Ein satirisches Kuriosum aus dem Jahre 1719, dem freilich ein besonderer
litterarischer Wert nicht innewohnt, die „Nicotianische Policey oder Tobacks-
Ordnung"20) ist aufs neue herausgegeben worden. Li der äusseren Form erscheint die
kleine Schrift als das Statut eines Raucherklubs; sie verbindet mit dem Spott über un-
vernünftigen Genuss eine Technik der Kunst, die Pfeife regelrecht zu schmauchen. Als
Quelle lässt sich die Schwank- und Anekdotensammlung „Recueil von allerhand Col-
lectaneis und Historien auch Moral- Curieux-C'ritic luid lustigen Satyrischen Einfällen" usw.
(Elftes Hundert 1719, S. 70 — 88) nachweisen. Vorher hatte der „Recueil" bereits eine
Verspottung der Jagdlust, den „ Hirschfänger orden", gebracht, die sich auf dem gleichen
System aufbaut. 21-22 ) _
Den Epigrammatisten Johann Grob (1643 — 97) entreisst Zschokke23) der
unverdienten Vergessenheit. Dem Vf. standen neben manchem unbekannten Druck-
material die hs. Quellen des Stiftsarchives und der Bibliothek zu St. Gallen und der
Kirchen- wie der Stadtverwaltungen zu Oberglatt und Herisau zu Gebote. Für Grobs
Leben hat die Untersuchung einzelne neue Ergebnisse geliefert, nicht minder für die
Genealogie der angesehenen Familie. Johannes wurde am 6. Sept. 1643 zu Enzenschwyl
geboren. Sein Bildungsgang war unvollkommen; nahezu drei Jahre hat er „in Dresden
ein rotes Kleid getragen als junger Hofsoldat", wie es im neu vorgelegten Vierzeiler heisst.
Von seinem „dapffern und mannhaften" Verhalten giebt das beigefügte Zeugnis Kunde.
Bereits 1666 liegt Grob eine kleine Gedichtsammlung, die Frucht von Mussestunden, vor.
Am 22. Mai 1670 erhält er, an des abdankenden Vaters Stelle, das Ehrenamt eines
Landeskommissärs; doch bald erfolgte die Uebersiedelung der Familie nach Herisau
(Ende 1674) aus Gründen religiöser Reibereien, über die Z. sehr anschaulich nach den
Akten berichtet. Die Toggenburger Erfahrungen klingen in einigen bitteren Epigrammen
wieder. Am 5. Februar 1678 verliert Johannes den Vater, am 18. Juli 1680 ver-
mählt er sich mit Katharina Ziegler aus Gais. Li seiner neuen Heimat nimmt er die
ehrenvollste Stellung ein: die Mission an den Kaiserhof bezeugt es, deren national-
ökonomischen Anlass, Ausführung und Erfolg der Vf. genau schildert. Den Adel, auf
den er niemals irgendwelches Gewicht gelegt, empfing Grob weder infolge seiner
politischen für Oesterreich wirkenden Schriften, noch wegen einiger Huldigungspoeme,
sondern für die ganze Gedichtsammlung. Li der Familie traf den wackeren Mann
mancherlei Missgeschick. Bestimmte Nachrichten über sein frühes, gottergebenes Ende,
über seine Bestattung und Hinterlassenschaft sowie über die Schicksale seiner Nach-
kommen (der letzte Sprössling stirbt um 1838) beschliessen den Abriss. Die Be-
schreibung der Ausgaben erweist, dass Grob selbst noch die Sammlung von 1700 vor-
bereitet hat. Die litterarischen Belege Z.s beseitigen den letzten Zweifel an der Identität
Grobs mit „Reinhold von Freientahl". Nach den Aufzeichnungen des Herisauer Land-
ammanns Neff hat Grob 19 Gelegenheitsgedichte geschrieben, von denen leider nur
die Titel überliefert werden. Dagegen Hessen sich aus den ungedruckten Vorlesungen
des Pfarrers J. M. Fels von St. Gallen, welchem der hs. Nachlass des Dichters noch
vorgelegen hat, sechs verschollene Stücke ziehen, im ganzen 72 Verse (vier in französischer
Sprache), Epigrammatisches und ein grösseres darstellendes Gedicht über das Abenteuer
dreier Damen, die „vom Platzregen überfallen werden". Dem Inventarium kann man
ferner entnehmen, dass eine „Copie des 1. Theils von Talei Rhetorik in lateinischer
Fränkel, D. Fabel v. Streite d. drei lasterhaften Brüder im 17. Jh.: ZVoUtskunde. 2, S. 289-93. (Entgegnung v. Szamatolski,
Germania 37, S. 110/4: Im Streit um d. Streit d. drei BiUder.) — 20) Erneuerte Nicotianische Policey oder Tobacks-Ordnung.
Allen u. jeden Liebhabern u. Zunftgenossen d. edlen Toback-Schmauchs zu sonderlichem Besten in Druck gegeben v. Blasius
Fumarius Edler Herr v. Rauchhausen. Schmauchburg 1719. Köln, Fr. Teubner. 17 S. M. 1,00. — 21) X P- Zimmermann,
Jacobus S. Sackmann: ADB. 30, S. 160; 1. (Vf. bespricht d. Popularität d. derben u. naiv-komischen Seelsorgers.) — 22) X K.
Gander, Wahrheit u. Dichtung aus d. Leben e. Spassvogels vor 200 Jahren: NorddAZg". N. 18. (Scherze aus d. Leben d.
Freiberrn v. Kyau nach bekannten Quellen.) — 28) E. Zschokke. D. Toggenburger Epigrammatiker Johannes Grob. Diss.
m,5: J. Elias, Didaktik des 17./18. Jahrhunderts. 31
Sprache" und eine Wörter- und Phrasensammking nach Salkist vorhanden waren; auch
wird von anderer Seite als ungedrucktes Werk eine „Satyre de l'Argyrophilie" genannt.
Uebrigens hat sich Z. für eine neue Ausgabe der Gedichte, die seit 1700 nicht
wieder in ihrer Gesamtheit aufgelegt worden, schon die erforderliche kritische
Grundlage bereitet. In künstlerischer Hinsicht stellt er den Epigrammatisten
über den Lyriker und Lateindichter. Er verkennt nicht die Beschränkung,
die dem strebsamen, doch keineswegs hervorragend begnadeten Mann die Enge der
Lebensverhältnisse auferlegten. Von den unmittelbaren litterarischen Einwirkungen,
welche dieser späte Opitzianer erfuhr, weiss man nichts. Die Untersuchung und Dar-
stellung der epigrammatischen Motive geht im allgemeinen nicht tief: über die beson-
deren ostschweizerischen Zustände, die Grob vielfach den Stoff lieferten, erfährt man
nur ein kurzes Wort der Charakteristik. Die Lieder gewähren hier und dort Einblick
in des Poeten Gemütsleben, das, allen Leidenschaften fern, ernst, sittlich und religiös
gestaltet war. Auch Grob huldigte der üblichen Gelegenheitsdichtung, doch nicht so
ausgiebig wie seine litterarischen Zeitgenossen. Hinsichtlich der Form findet Z. in den
Epigrammen eine gewisse Gebundenheit (Alexandriner und achtfüssiger Trochäus), in den
Liedern dagegen eine auffallende Mannigfaltigkeit der Versmasse. Im Ausdrucke, der
übrigens von alemannischen Elementen durchsetzt ist, zeigt sich Schlichtheit gegenüber
dem Bombast der tonangebenden Litteratur. Als politischer Schriftsteller hat Grob
sich um das Vaterland redlich verdient gemacht: der „Eydgenösische Auffwecker"
rüttelte die Stammesgenossen in ihrer politischen Nachgiebigkeit gegen Frankreich auf,
das durch Geld, Werbungen und Umtriebe die Schweiz um ihre Freiheit bringen
wollte. Die Gegen-, Verteidigungs- und Erläuterungsschriften, welche Grobs patrio-
tisches Unternehmen hervonief, werden zum ersten Male vollständig aufgeführt und
ausreichend gekennzeichnet. —
Zwölf Briefe, welche Ch. Wer nick es Leben und Thätigkeit in Paris angehen,
veröffentlicht Elias^-i). Die Originale, Abschriften von Wernickes Hand, liegen im
Kopenhagener Geheimarchiv unter den Depeschen, die er mit seiner Regierung wechselte.
Im Zusammenhange mit den „Relationen" stellt E. das freundschaftliche Verhältnis dar,
das zwischen der klugen, witzreichen Fürstin und ihrem gewandten, satirisch begabten
Landsmanne sich herausgebildet hatte. Im allgemeinen sind die Dokumente recht
selten, welche Elisabeth in unmittelbarem politischen Verkehre mit fremden Gesandten
zeigen, und auch aus diesem Grunde ist der Korrespondenz einiger Wert beizumessen. —
Unter den hervorragenden Sammlungen von Sprichwörtern aus dem 17. Jh.
hatte Christoph Lehmanns „Florilegium politicum"25) schon lange eine Auffrischung ver-
dient, wie sie Lessing ins Auge fasste und Hoffmann v. Fallersleben andeutete. Der
„Blumengarten", der schon 1879 von „einem Liebhaber deutscher Sprache und Weis-
heit" (vgl. Lessing, Lachmann 1839, 9, S. 666 und 670 ff.) „ausgejätet, aufgeharkt und
umzäumt" worden war, hat eine zweite (Titel-) Auflage mit veränderter Einleitung und
vermehrt um ein „drittes Beet sententiae et observationes" erfahren. Der Vf hat seiner
geschmackvollen und sorgfältigen Auswahl die letzte und umfassendste Ausgabe des
17. Jh. zu Grunde gelegt, ohne jedoch auf Modernisierungen zu verzichten. 26) — Ver-
einzelte Sprüche erneuert Birlinger^''— 28) nach fhegenden Blättern der Jahre 1610 und
1621. Mehr das „Bahrrecht" als „ius talionis" berührt das Motiv von der litthauischen
Kindesmörderin. In dem anderen Stück wird gegen das „böse Geld," das gleich Ratten
und Mäusen, Flöhen und Läusen der „Teufel in die Welt führt", als Radikalkur „Auf-
hängen und Verbrennen" empfohlen. — Hodermann^^) zieht aus dem „Grossen Schau-
platz" des Harsdörffer (1656) ein populäres Spottverschen auf die Abstammung des
Zipperleins, als dessen Vater, Mutter und Hebamme Bacchus, Venus und Ira erkannt
werden. Diese gebundene Form des Gedankens soll auch Rist für sein „Aller Edelstes
Nass der Gantzen Welt" vorgelegen haben. —
Eine Sammlung von Anekdoten teilt Bächtold^o) aus einer Hs. mit, die fast
ein halbes Tausend „Schimpf und Glimpfreden" zumeist ostschweizerischer Herkunft
enthält. In dem Sammler wird ein Thurgauer oder Züricher Pfarrer vermutet. Es sind
grösstenteils Spottgeschichten, satiTische Ausfälle und Wortspiele, gelehrte wie volks-
mässige; vieles scheint aus der Gegenwart für die Gegenwart entstanden zu sein. Un-
ZUricli. IV, 70 S. — 24) J. Elias, Briefwechsel zwischen Elisabeth Charlotte v. Orleans u. Christian Wernicke. ("Romanische
Forschungen 5 Bd.: Festschrift Konrad Hofmann z. 70. Geburtstage gew. v. seinen Schülern, S. 285—98.) — 25) Altdeutsche
Reime u. Sprüche. Ausw. v. Weisheit u. Witz aus Christoph Lehmanns Florilegium politieum. (Lübeck 1630). Her. v. e. Lieb-
haber alter deutscher Sprache u. Weisheit. 2. verm. Aufl. Berlin, Duncker. 160. VII, 201 S. M. 3,00. — 26) X P- Pumpe,
Spruchweisheit u. Volkshumor: ConsMschr. 47, S. 1080/7. (E. sehr ausführliche Besprechung u. Charakteristik v. N. 25: D. Vf.
bringt zu einzelnen Motiven entsprechende süddeutsche Formen bei u. versucht, allerdings ganz unzulängliche, Erklärungen d.
Sprache zu geben; d. derben Stücken gegenüber verfährt er zimperlich.) — 27) XA. Birlinger, Alte gute Weisheit: Alemannia.
18, S. 15/6. (Wertlose Lesefrüchte.) — 28) id., Erinnerung an ius talionis. E. Spruch v. d. Falsch- u. LeichtmUnzern: ib. S. 52-
29) R. Hodermann, D. Eltern d. Podagras: Grenzb. 49, S. 136/7. — 30) E. Mundvoll kurzweiliger Schimpf- u. Glimpf-
reden. Observiert anno 1651/2. Her. t. J. Bächtold. Für Reinhold Köhler z. 24. Juni 1890 gedr. Fraueufeld, J. Hubers
32 111,5: J. Elias, Didaktik des 17./18. Jahrhunderts.
bedenklich giebt der Anekdotenmann die bedenklichsten Dinge, zumal Ehestandsscherze,
zum besten. Wirtshauslauferei, Studentengrobheit, die Prüderie der Sittenbehörden,
Aberglauben hechelt er kräftig durch. Eine Erzählung wie die vom Kuhhirten und
Bürgermeister, die mit Ramlers „Junker und Bauer" eng verwandt ist, zeigt, dass die
vollständige Erschliessung dieses schweizerischen Anekdotenkorpus der einschlägigen
Quellenforschung nur förderlich werden kann. —
Zur frühesten Litteratur der deutschen Reisehandbücher giebt C. Walther^i)
einen merkwürdigen Beitrag, indem er über die zweite Ausgabe eines für den praktischen
Gebrauch bestimmten, jetzt sehr selten gewordenen Wegweisers „Von zehn Hauptreisen
aus der Stadt Hamburg" auszugsweise berichtet, der zweifellos den vielseitigen Gref-
linger zum Urheber hat. Als weitgereister Mann beschreibt Greflinger die günstigsten
Fahrgelegenheiten nach Venedig, Genf, Kopenhagen, Stockholm, Danzig, Berlin-Breslau;
für Wien und die grossen Städte der Niederlande werden verschiedene Routen an-
gegeben. Zu eigenen reichen Erfahrungen zieht Greflinger sorgsam bei befreundeten
Reisenden und in den Postkontors Informationen ein. Er charakterisiert die Städte,
hebt aus ihrer Vergangenheit das Wesentliche hervor, äussert sich über Wirtshäuser
und Verpflegung, über die Natur der Landschaften, die Beschaffenheit der Heeresstrassen
und die gangbaren Geldsorten. W. druckt den lokalgeschichtlich grundlegenden
Exkurs über Hambiu-g, der von warmer Begeisterung eingegeben ist, wörtlich ab. An
das Ende setzt Greflinger einen Hymnus über den gesegneten, unvergleichlichen Eib-
strom und einen Achtzeiler zum Preise Hamburgs. W. findet die Gedichte bereits in
zwei gleichzeitigen Ausgaben von der „Lustigen Gesellschaft" (1660) des Pseudonymen
Joh. Petrus de Memel (wahrscheinlich der Colonellschreiber und Protokollist Gottfried
Schultze) und berichtet über Zeit und Anlass ihrer Entstehung. Die Mss. der beiden
Gelegenheitspoeme liegen in der Hamburger Stadtbibliothek. Die Verse gehen auf ein
lateinisches Epigramm des Professors Johann Huswedel zurück, der seinerseits Sanna-
zars berühmtes Lob der Stadt Venedig nachahmte. Das italienische Original hatte
schon Opitz und hat später Wernicke und E. W. Happel (Relat. curiosae 1687, 3,
S. 720) zur Uebertragung gereizt, ^s— 34') —
Druckerei. 16 S. (Nicht im Handel.) — 31) C. Walther, Georg Greflingers Hamburgisches Reisehandbuch u. Beschreibung v.
Hamburg i. J. 1674: ZVHambG. 9, 8. 122-49. Hamburg, Druck v. LUtcke & Wulff. 28 S. (Sonderabdr.) - 32) X „Närrische
Weisheit u. weise Narrheit": NFPr. N. 9130. (AuszUge aus d. also betitelten Werke d. Chemikers u. Volkswirtes Joh. Joachim
Becher, e. Sammlung v. Erfindungen u. Recepten, die 1682 z. ersten Male herauskam. Auf e. frllhe Art v. Telephon u. Phonograph
wird aufmerksam gemacht.) — 33) X F. Katzel, Joh. Jak. Saar: ADB. 30, S. 106/7. (Vf. charakterisiert S.s Beisebeschreibung
Über Ostindien.) — 34) X id., Hieronymus S. Scheidt: ib. S. 712. (Vf. beleuchtet S.s Palästinafahrt u. sein Reisewerk.) --
— T^^^^
IV. Von der IMitte des 18. Jahrhunderts
bis zur Geg-en^^^art.
IV,1
Allgemeines.
Gustav Roethe.
Allgemeines: LitteraturgescWchte N. 1. — Moderne Belletristik N. 4. — Anthologien N. 8. — Politische Ge-
schichte N. 10. — Gesclüchte geistiger Strömungen: Allgeraeines N. 15; NationalgefUhl N. 22; Philosojjhie N. 27; Religiöses
N. 32. — Einzeldarstellung und Einzelforschung: Methodische Bemerkungen N. 34. — Gesammelte Aufsätze N. 39.
— Quellen: Autographen und Handschriften N. 44; Briefwechsel N. 49; Selhsthiographien N. 56. — Lokale Litteratur-
geschichte : Oesterreich und Wien N. 64 ; Süddeutsehland und Schweiz N. 67 ; Norddeutschland N. 71 ; Berlin N. 77 , Juden
N. 80. — Zeitungen: Allgemeines N. 85; Biographien von Publizisten N. 90. — Friedrich der Grosse N. 96. — Beziehungen
zu fremden Litteraturen : Antike N. 108; Franzosen N. 109; Engländer N. 123; Dänen N. 128; Ungarn N. 129. —
Der altbewährte und noch immer geflissentHch wiederholte Vorwurf, dass die
deutsche Litteraturgeschichte eigensinnig bei Goethes Tode Halt mache und für
die weitere Entwicklung unserer Litteratur vornehm die Augen verschliesse, hat, wenn
er je berechtigt war, längst jeden Sinn verloren. Heutzutage sündigt sie zuweilen
schon nach der entgegengesetzten Seite hin. Die unwissenschaftliche und in ihrer Ein-
seitigkeit wenig erfreuliche Sucht, überall ausschliesslich nach den angeblichen Bedürf-
nissen der Gegenwart zu fragen, macht sich auch darin fühlbar, dass jedem dichterischen
Homunculus mit unbedächtiger Schnelle sein Plätzchen in der Litteraturgeschichte an-
gewiesen und dass gerade die Dichtung seit Goethes Tode mit einer innerlich kaum
gerechtfertigten Ausführlichkeit gepflegt wird. So hat uns das vergangene Jahr keine
zusammenfassende Darstellung der Litteratur des 18. Jh. gebracht, das sonst mit Recht
das Lieblingsgebiet litterarliis torischer Arbeit war und ist, wohl aber mehrere Bücher
über die Geschichte der Dichtung unseres Säkulums. In jeder Hinsicht voran steht
der vierte Band des grossen Werkes von Julian Schmidt i), der die Zeit von 1797
bis 1814 behandelt; in den Vordergrund stellt er die ältere und jüngere Romantik:
Schiller und selbst Goethe ragen zwar als imponierende Gestalten, aber doch nicht
eigentlich beherrschend, ja fast nur episodenhaft herein. Der Band entspricht seinem
Inlialte nach der zweiten Hälfte des ersten Bandes von S.s „Geschichte der deutschen
Litteratur seit Lessings Tod" ; doch nur Anklänge in den Analysen erinnern wörtlich
an das ältere Werk. Die frühere, etwas nachlässige Art der Anordntmg hat einer sehr
viel übersichtlicheren und besser gegliederten Einteilung Platz gemacht, die nicht nur
sachliche, sondern auch zeitliche Zusammengehörigkeit gut veranschaulicht; die Dar-
stellung, der Hayms treftliches Werk über die romantische Schule ausgiebig zu gute
kam, ist präciser und viel knapper geworden, zuweilen schrumpft sie geradezu zum ver-
bindenden Text zusammen für die zahllosen Citate aus Werken und Briefen der Schrift-
steller, die den grössten Teil des Buches bilden. Diese wesentlich citierende Dar-
stellungsweise dringt mit ihrer forcierten Objektivität nie in den Kern, aber sie ist
nicht übel angebracht gegenüber dem launisch, selbst krankhaft Persönlichen der Roman-
tiker; sie versagt bei reifen, über die Augen blicksstimmung erhabenen Kunstwerken,
wie „Wallenstein" und „Eaust", dessen ersten Teil S. auifallend unrichtig beurteilt, da
er sich dabei bereits von den Gedanken des zweiten bestimmen lässt: auch das Ver-
ständnis der Hegeischen Phänomenologie wird ihm durch diese Dichtung erleichtert. —
I) Julian Schmidt, Gesch. d. deutschen Litt. v. Leibniz bis auf unsere Zeit. 4. Bd. 1797—1814. Berlin, Hertz.
Jahresberichte für neuere deutsehe Litteraturgeschichte I (-). 3
B4 IV,1: Gr. Roethe, Allgemeines des 18. /19. Jahrhunderts.
Die Missachtung des Chronologischen ist sonst Schmidts Fehler nicht; um so fühlbarer
macht sie sich in dem wissenschaftlich nur sehr leichtwiegenden Buche von Heinze
und Goette-), das von Goethes Tode bis auf die Gegenwart führt, aber in der aus-
führlichen Einleitung bis an den Anfang des Jh. zurückschaut. Gerade in der ver-
wirrenden Fülle der Erscheinungen, die diese Periode aufweist, bei dem engen Zu-
sammenhange der modernen Dichtung mit dem politischen Leben, bei dem Mangel
leitender Persöidichkeiten und der Rapidität unserer geistigen Entwicklung war es doppelt
geboten, die zeitliche Folge fest im Auge zu behalten: eine Gruppierung, die z. B,
Kretzer und Bleibtreu lange vor Gottfried Keller behandelt, richtet sich selbst. H. und
G. sind in der Einteilung durchweg nicht eben glücklich: das Streben, um jeden Preis
grössere Gruppen zu bilden, lässt sie Zusammengehöriges auseinander reissen, Disparates
vereinigen, zumal sie jeden Dichter möglichst nur einmal besprechen. Wie schief, wenn
Wilhelm Müller unter die „Dichter der staatlichen Wiedergeburt" gerät, Börne unter
den „Humoristen" zwischen Jean Paul und Hebel steht, weit getrennt von Heine, wenn
Knapp zu den „Nachklängen der schwäbischen Dichtung", Gerok dagegen zu den
„Dichtern der strengen Kunstform" gesclilagen wird! Die Abteilungen „Dichter der
freien Kunötform" und „Dichter der strengen Kunstform" arten, dehnbar und nichts-
sagend, wie ihr Titel ist, zumal bei der jüngeren Generation in wüste, ungeordnete
Kataloge aus; eine lange Reihe der obskursten sächsischen Lokalgrössen wird uns mit
wärmstem Lobe vorgeführt, Raimund und Nestroy suchte ich vergebens. Geschichtlicher
Blick für die Entwicklung, für das geistig oder technisch Bedeutende fehlt den Vff.
ebenso wie die Gabe der Charakteristik: man lese die jammervollen Abschnitte
über Grillparzer, Mörike, E. T. A. Hoffmann, Anastasius Grün, Gottfried Keller! Tiecks
Dichtung war nach H. und G. anfangs „von unbefangener Frische", Hauif hat auf sie
meteorartig blendend gewirkt, Annette Droste ist die grösste Dichterin aller Zeiten und
Völker, Stifter der Schöpfer der Novelle „im heutigen Sinne", Harts „Wollen ist riesen-
haft, und sein Können bleibt nicht liinter diesem zurück". Dies und andere phrasenhaft
thörichte Urteile werden begreiflich, wenn man sich z, B. aus dem über „Lucinde" Be-
merkten überzeugt, dass H. und G. harmlos über Werke schreiben, die sie nie gelesen
haben: hätten sie uns statt der fast 600 Dichter, die sie mit ihren gleichgültigen Ur-
teilen versehen aufzählen, lieber mit gesunder Auswahl ein Viertel vorgeführt, diese
aber wirklich studiert! — Vermissen wir hier jeden gegründeten Standpunkt, so lässt
sich der feste Standpiuikt Lindemanns 3) bekanntier Litteraturgescliichte freilich nicht
absprechen, deren dritte Abteilung, das 19. Jh. umfassend, in der sechsten Auflage von
Seeber neu bearbeitet wurde. Unstreitig sind der Vf wie der Bearbeiter ernster zu
nehmen als Heinze und Goette. Freihch, sie stehen auf streng katholischem Stand-
punkt, und es ist komisch, wenn sie deshalb verlotterte Konvertiten zu Heroen unserer
Litteratur glauben aufbauschen zu müssen, es ist unwürdig und ärgerlich, wenn S, z. B.
Baumgartners bewusst entstellenden Urteilen über Goethe gelegentlich Raum gewährt. Aber
seine eigenen Bemerkungen sind meist massvoll, er opponiert sogar gelegentlich gegen
Heisssporne wie Brunn er ; es fehlt ihm nicht an Belesenheit; sein Katholizismus ist zwar
humanistischen Idealen unbillig abhold, aber nirgends undeutsch, und ich bin weit ent-
fernt, dem religiösen Gesichtspunkt in der Litteraturgeschichte die Berechtigung ganz
absprechen zu wollen; der Mut ehrlicher Meinung ist zudem selten völlig unfruchtbar.
Auch hier wäre straffere Rücksicht auf die Chronologie wünschenswert, auch hier
werden viel zu viel unbedeutende Dichternamen gehäuft (auffallend zahlreich sind die
Frauen vertreten), während z. B. Gottfried Keller und Otto Ludwig mit zwei Zeilen
abgethan, K. F. Meyer, Seidel u. a. gar nicht erwähnt sind. Entschieden nützlich ist die
eingehende und Hebevolle Erörterung der katholischen Dichtung und des modernen
protestantischen Kirchenlieds, die in den landläufigen Litteraturgeschichten mit ungerecht-
fertigter Gleichgültigkeit abgethan wird. Hier liegt die Stärke des Buches, — nur
sollten Geschmacklosigkeiten vermieden werden, wie die, dass Helles „Jesus Messias"
Klopstocks Vorzüge besitze ohne seine Schwächen u. a. m. Mit besonderer Vorliebe
sind femer von S. die österreichischen Dichter besprochen, unter die nur der Kronprinz
Rudolf nicht gehörte; auch hier ergänzt er die gewöhnlichen Bücher: allerdings macht
es gegen sein Urteil misstrauisch, dass er Dichter wie Grillparzer und Hebbel, Raimund
und Gilm gar so kühl bespricht oder gar nachdi'uckslos in der Masse untergehen lässt.
Ganz ungenügend ist der Abschnitt über die Philosophen; in der trockenen Aufzählung
der Uebersetzer steht Swoboda, der talentvolle Dichter des deutschen Textes der
Königinhofer Handschrift, mit Unrecht. —
VIII, 474 S. M. 8,00. |[WIDM. 68 S. 287; A. Scliröter: BUI. S. 356/7; SchlesZg. N. 205.]| - 2) P. Heinze u.
R. Goette, Gesch. d. deutschen Litt. v. Goethes Tode bis z. Gegenwart. Mit e. Einl. Hber d. deutsche Litt. v. 1800-32.
Mit 10 Bildnissen u. Namenszeichnungen deutscher Dichter. Dresden-Striesen, Heinze. VI, 460 S. M. 6,00. |[Manitius:
AZ». N. 117 (unverstandig lobend); LCBl. S. 482/3; Hauffen: DLZ. S. 672/3.]| — 3|W. Linde mann, Gesch. der deutschiii Lift.
6. Aufl. 3. Abt. (Schlu.ss.) y. Anfang d. 19. Jh. bi« /.Gegenwart, bearb. v. J. Seeber. Freiburg, Herder. 1889. XU, 741-H7ti S.
IV,1: G. Roethe, Allgemeines des 18. /19. Jahrhunderts, 35
Trotz der scharfen Kritik lütramontaner Litteraturgeschichte, mit der er ein-
setzt, huldigt Vorberg*) mindestens derselben engherzigen Einseitigkeit, wenn er die
moderne Belletristik, zumal den Roman, auf ihre Stellung zum positiven Christen-
tum hin durchmustert. Das möchte gehen, wenn ihn nur pädagogische Erwägungen
leiteten. Aber „klassisch ist, was bleibt" und „kein Dichter behauptet sich in der
Liebe des Volkes, der sich gegen die Religion versündigt". So läuft es auf eine
Klassizitätsprobe heraus, vor der Goethes „Ewiger Jude" ebenso schlecht bestehen
würde, wie der Isolde Kurz „Weltkritik". Das hindert ja nicht, dass gewisse Gruppen,
wie der biblische Geschichts-, der christliche Familienroman leidlich zutreffend zusammen-
gefasst und beurteilt werden; die Einzelcharakteristik leidet regelmässig unter V.s engem
Gesichtskreis: wie könnte er sonst Fontane der „Stine" wegen mit Bleibtreu und
Alberti in einem Atem nennen, wie könnte er sonst den „Grünen Heinrich" mit dem
Stichwort „öde, rationalistische Manier" abthun wollen? — Auch sonst hat die neueste
Dichtung mancherlei zusammenfassende Besprechungen^—'') erfahren, die aber, auch ganz
abgesehen von blossen Parteipamphleten, gar zu sehr des geschichtlichen Blicks tmd
Interesses, des sicliern theoretischen Standpunkts entbeln-en, um in den Rahmen dieser
Berichte zu fallen. —
Die Ergänzung litterarliistorischer Darstelhingen für ein weiteres Publikum
durch eine daran angelehnte Auswahl von Proben ist wohl motiviert. So will die in
zweiter Ausgabe erschienene reichhaltige Anthologie von Hellinghaus**) das Werk
Lindemanns (vgl. N. 3) ergänzen, und sie teilt demgemäss seine katholische Richtung.
H. beschränkt sich auf solche abgeschlossenen Gedichte, die der christlichen Schule und
Familie unbedenkKch vorgelegt werden können; trotzdem war es schwerlich richtig oder
gar nötig, A. W. Schlegel vorwiegend durch Legenden zu vertreten, bei Mörike „das ver-
lassene Mägdlein", bei Platen die Oden, z. B. das „Bessere Teil", bei Scheffel die
Rodensteiner Lieder ganz fehlen zu lassen, von Immermann, Sallet, Gottfried Keller,
Gilm, Fontane gar keine Proben zu bringen, während doch Dichter erheblich niederen
Ranges, wie Muth, Lmse Hensel, Bone, Guido Görres, Schlüter, Grimme ausgiebig be-
rücksichtigt sind. — Die Auswahl des Deutsch -Franzosen Adler-Mesnard'-* ), die in
neuer Bearbeitung erschien, war ihrer Zeit gewiss ein nützliches Hilfsmittel und
teüt die Schwächen des Hellinghausschen Buches nicht: sie ist zwar sehr viel knapper,
zumal sie auch Prosastücke bringt, aber die Proben sind unbefangen und mit Takt ge-
wählt. Doch war das Buch, das sich an Heinrichs „Histoire de la litterature allemande"
anschloss, leider daneben auch ein eigenes, von den abenteuerlichsten Fehlern wimmelndes
litterarhistorisches Resume brachte, längst veraltet, und der Neubearbeitei', ein unge-
nannter Professeur de l'Academie de Paris, hat sich seine Aufgabe empörend leicht ge-
macht; soviel ich sehe, hat er lediglich ein paar Zeilen hinzugefügt, die mehr noch von
Unwissenheit, als von nationaler Befangenheit zeugen. Ich verdenke es ihm nicht, wenn
ihm die deutsche Litteratur aus der zweiten Hälfte des Jh. nicht sonderlichen Eindruck
macht: aber lediglich die Kriegslyrik von 1870/71 zu erwähnen („vme meute formidable
de poetes de tout pelage a rempli l'Allemagne de ses aboiements") und Freytag, Heyse,
Hebbel, Reuter, Schopenhauer, Ludwig, Keller, K. F. Meyer, Fontane, Wildenbruch u. a.
in Einleitung und Proben nicht mit einem Wort zu berühren, das erklärt sich nur aus
vollkommner Unkenntnis; mit Redwitz und Vamhagen zu schliessen, geht heiitzutage
doch nicht mehr an. —
In der grossen schweren Kunst, mit sicherem Blick das Wesentliche vom Un-
bedeutenden zu sondern, mit sicherer Hand die Grundlinien der Entwickelung fest und
doch künstlerisch befriedigend zu ziehen, mit sicher begründetem Urteil das Schöne und
Verheissungsvolle über das Hässliche und Unfruchtbare zu erheben, hat diesmal ein
Vertreter der politischen Geschichte die Litterarhistoriker vom Fach, die wir eben
M. 2,00. — 4) M. Vorberg, E. Streifzug durch d. moderne Belletristik. Gotha, Perthes. 54 S. M. 0,80. — 5) X Anton
Schmid, D. deutsche Litt, in d. Klemme. E. litt. Randglosse. Weimar, Weissbach. VIII, 45 S. M. 1,00. (D. burschikose
Schriftchen wünscht d. Deutschen e. National-, d. h. Idealrealisten ; es bespricht d. jUngstdeutsche Litt., unter der es Wildeu-
bruch, Voss, d. Harts, Holz, Fitger, Kirchbach, Conrad, Kretzer allzu hoffnungsvoll behandelt, Bleibtreu verspottet; d. krankhafte
Vorliebe für d. Geschlechtliche wird mit Recht bedauert.) — 6) X E. litt. Reise durch Deutschland. (= Neue litt. Volkshefte.
9. Litt.-Briefe an e. deutschen Marineoffizier in üstafrika.) Berlin, Eckstein Nachf. 32 S. M. 0,50. (Gesunde Charakteristik
einiger moderner Dramen u. Romane; vor allem über Sudermanns „Ehre", d. Arbeiten v. Holz-Schlaf, Kretzers „Bergpredigt",
Spielhagens „Neuen Pharao'', Hoffmanns „Iwan".) — 7j X E. Berliner Theaterreise. (;= Neue litt. Volkshefte. 8. Litt.-Briefe
an e. deutschen Marineoffizier in Ostafrika. Berlin, Eckstein Nachf. 32 S. M. 0,50. (Verständige Bemerkungen über neuere
Berliner Theaterereignisse, z. B. über Hauptmanns „Vor Sonnenaufgang", Wildenbruchs „Generalfeldoberst"; im Anhang sind
einige jUngstdeutsche Albernheiten über Goethe zusammengestellt.) — 8) 0. Hellinghaus, Deutsche Poesie v. d. Romantikern
bis auf d. Gegenwart. Proben z. Litt.-Gesch. ausgew. unter bes. Berücksichtigung v. Lindemanns Litteraturgesch. 2. Aus-,
gäbe. I'reiburg, Herder, o. J. XII, 463 S, W. 2,00. — 9) M. Adler-Mesnard, La Littörature Allemande au XIX. Siecle
Morceaux choisis des meilleurs Poetes et Prosateurs de cette ^pocjue, pr6c6d6s d'un resume de l'histoire de cette litt6rature,
de notices biographiques et bibliographiques, accompagn^s de notes explicatives et d'un traitö de prosodie allemande. Recueil
en un volume continu^ jusqu'ä nos jours et annot^ par un professeur de l'acad^mie de Paris, agr^gö de Tuniversite. Paris
3*
36 IV,1: G. Roethe, Allgemeines des 18./19. Jahrlmnderts.
kennenlernten, weit geschlagen. Treitschkes^O) knappe Darstellung des künstlerischen
und wissenschaftlichen Lebens in Deutschland zwischen 1830 ■ und 1840, zumal seine
Schilderung des Jiuigen Deutschlands im 7. Kapitel, ist ein Meisterstück des Forschers
wie des Schriftstellers, an dem ich nicht bemäkeln mag, dass die Beleuchtung
zuweilen gar zu grell gerät. In dem gewaltigen Bilde Goethes, der in dem zweiten
Teile des „Faust" die nie ganz verwirklichte, aber ewig sich verwirklichende Idee ge-
staltet, den ein mächtiges Zukunftsgefühl über die kleinlichen Tagesinteressen hoch
hinaushebt, spiegelt sich der anspruchsvoll nüchterne, beschränkt diesseitige Rationalismus
der französierenden Liberalen in seiner ganzen Plattheit und Armseligkeit. TVefflich
werden Bettina und Rahel kontrastiert, Heine und Börne, deren Judentum T. stark betont,
werden in ihrem Pariser Verfall geschildert, sehr lehrreich stellt er dar, wie das Junge
Deutscldand lediglich norddeutsches Gewächs ist, in Süddeutschland gar keinen Anklang
fand, wie ungerecht das liberale Geschrei über die angebliche Denunziation Menzels
war, dessen Stellung zu den Juden Geiger ^i) durch ein Citat aus seiner Litteratur-
geschichte beleuchtet. Vortrefflich werden Mörike und Immermann von T. gewürdigt,
vortrefflich die Entwicklung der historischen Wissenschaften (Ranke, Schlosser, Dahl-
mann, W. v. Humboldt, J. Grimm) verfolgt, höchst anschaulich wird die Spaltung des
Hegeltums in eine Rechte und Linke erzählt. Auch ausserhalb dieses ausschliesslich
litterarischen Kapitels berührt T. allenthalben unser Gebiet: in den Verfassungskämpfen
der Kleinstaaten treten so manche litterarische Grössen hervor; Niebuhrs Charakterbild
wird uns nahe gebracht, die Polendichterei und die zweifelhafte Poesie des Unbedingten
in das Licht verdriesslicher Komik gerückt, die Katastrophe in Göttingen in Verlauf
und Folgen eingehend erörtert. Die starke reife Männlichkeit des Urteils, das künst-
lerische Feingefühl des Verständnisses giebt den litterarischen Abschnitten des T.schen
Geschichtswerkes einen bleibenden Wert, der ausser Verhältniss steht zu ihrer geflissent-
lichen Knappheit und den nur befangene Parteiverblendung verkennen kann. — Auch
die populäre und kurze „Geschichte Deutschlands" von Volz^^)^ die T.s politischem
Standpunkt nahesteht, nur konservativer und zur Schönfärberei geneigt ist, berücksichtigt
Kultur- und Litteraturverhältnisse durchweg, nicht nur in ihrem sechsten, einer ge-
drängten Ueberschau über Litteratur vind Kunst gewidmeten Buche. Ohne auf diese
schnell orientierende, aber in Anordnung, Auswahl und Urteil nicht einwandfreie kurze
Uebersicht einzugehen, weise ich auf die an andrer Stelle vorgetragene Ansicht hin, die
Schicksalstragödie sei ein Ergebnis der Metternichschen Reaktionspolitik; wenn V. die
politische Lyrik von Prutz, Freiligrath, Hoffmann dem Jungen Deutschland und Herwegh
als erheblich harmloser und freudiger gegenüberstellt, so ist das kaum zu verstehen. —
Flüchtig nur wird das litterarische Leben berührt in Wilhelm Müllers ^3^ verbreitetem
und flott im Sinne des süddeutschen Liberalismus gesclu'iebenen Geschichtsbuch, in dem
mir nur die Behauptung auffiel, die Agende Friedrich Wilhelms III. sei entstanden unter
demEinfluss der Romantik. — - Auch Biedermanns**) Erzählung des Vierteljahrhunderts
von 1815/40, von seinen „Dreissig Jahren deutscher Geschichte" durch den Mangel eigener
Erfahrungen wesentlich unterschieden, geht auf litterarische Fragen über das Allbekannte
hinaus nicht ein. —
Steht in den zuletzt besprochenen Werken die politische Geschichte als das
eigentliche Thema planmässig im Vordergrund, so lag die Aufgabe anders fürSchmidt-
Weissenfels i5)j wenn er die Geschichte der geistigen Strömungen im all-
gemeinen, der ideellen, nationalen und Kultxirentwickelung unseres Jh. sckreiben
wollte. Sein gemässigt demokratischer Standpunkt macht sich viel stärker als in
einzelnen bestimmten Aeusserungen darin fühlbar, dass er viel zu wenig in seiner ge-
schichtlichen Bedeutung zu schätzen weiss, was ihm als Kaviar fürs Volk erscliienen
sein mag, dass er über dem Lärm der Tagesfragen die leiseren und tieferen Regungen
des geistigen Wachstums überhört. Dieser Anschauung ist Goethe und Hegel minder
wichtig als Männer wie Ludwig Feuerbach und Strauss. So wird die Litteratur durcli-
weg unverhältnissmässig karg bedacht: S. erörtert kurz die Stellung der deutschen
Dichtung zu Napoleon, ihre Bedeutung für die nationale Erhebung der Freiheitskriege,
beleuchtet das internationale Zusammenklingen der romantischen Strömungen in Frank-
Delavigne. 1889. 12«. XCII, 575 S. [[Gegenwart S. 351.]| — 10) H. v. T rei tschke, Deutsche Gesell, im 19. Jli.
4. Teil. Bis z. Tode König Friedrich Wilhelms III. 1. u. 2. Aufl. (= Staatengesch. d. neuesten Zeit. 27. Bd.) Lrip/.it;, Hirzel.
1889. VIII, 753 S. M. 10,00. — II) L. G(eiger), Wolfgang Menzel über d. Juden in d. deutschen Litt.: ZGJudeii. 4, S. 97/8.
(I>. V. Geiger ausgehobene Stelle bedauert d. unwürdige Lage d. Juden, denen Heines u. Börnes Benehmen nur ticliade.) —
I2i B. Volz, Gesch. Deutschlands im 19. Jh. v. Lüneviller Frieden bis z. Tode Kaiser Wilhelms I. Leipzig, Spamer. 1891.
VIll, «22 8. M. 0,00. |[Wilhelm MUller: BLU. S. 668/9.] | (Erschien in sechs einzelnen Abt. schon 1890.) —
13) Wilhelm HUUer, Politische Gesch. d. Neuesten Zeit 1816 — 90 mit bes. Berücksichtigung Deutschlands. 4 verb. u. verm.
Aufl. Stuttgart, Neff. XXIV, 676 S. M. 0.00. — W) K. Biederm ann, 1815—40. 25 Jahre deutscher Geschichte. V. Wiener
Kongress bis z. Thronwechsel in Preussen. E. Ergänzung nach rückwärts zu d. Vf. ,30 Jahren deutscher Gesch. 1840—70"
Bd. 1. Breslau, Schottländer. YIII. 846 S. M. 3,50. | [Bauingarten: AZ».; Walther Schnitze: BLU. S. 187/8;
KZ. N. 1; C. R.: TglBs». N. 9; SchwäbKron. N. 15; VossZg. N. 93; .ScIiI.s/l'. N l'H'; <•. Ue. : LZ». N. 9.) (S. 144. 161 e.
interessante Bemerkung Über d. Verbreitung d. „Deutschen Blatter'.) - I5i S . I, n 1 1 \V eissenfel s, 1). 19. Jh. Gesch.
IV,1: Gr- Roethe, Allgemeines des 18./19. Jahrhiiiiflerfs. 37
reich, Deutschland und England, wobei er unbegreiflicher Weise Frankreich zeitlich den
Vortritt lässt, und verweilt bei dem modernen Realismiis, als dessen poetische Vertreter
in Deutschland aber nwv Gutzkow und Freytag flüchtig gestreift werden. S.s Werk
steht an geschichtspsychologischer Vertiefung jedenfalls erheblich ziirück hinter dem
verwandten Versuche Dubocs „Hundert Jahre Zeitgeist in Deutschland", das freilich
nach Bergiö) den Zeitgeist gleichfalls als Geist der Massen fasst und, allzusehr von
Feuerbach beherrscht, der Entwicklung über Stirner zu Schopenhauer nicht gerecht wird:
auch Silesius*'') erörtert in kritischer Anlehnung an Duboc den Fortgang von Feuer-
bachs realistischem Idealismus über Schopenhaiiers Pessimismus zum ethischen Materia-
lismus, der des Bankerottes sicher nur nach stärkster Genusserregung ringt; davon
sollen — Wagners Musikdramen zeugen! Ebenso sieht Lady Blennerhasset ^^ ) in
diesen ein Ergebnis des Einflusses, den die unreif übertriebenen materialistischen Kon-
sequenzen aus Darwins Lehre auf die moderne Kunst geübt habe: ihr sonst gesunder
und gut geschriebener Aufsatz über zeitgenössische Gedankenströmungen berücksichtigt
deutsche Litteratur wenig; nur Max Müller wird bei Gelegenheit des Buddhismus ge-
streift und auf eine französisch dichtende Deutsche, Luise Ackermann, liingewiesen, aus
deren Versen der theoretische Pessimismus spreche. — Als litterarische Epidemien mit
allen obligaten Krankheitserscheinungen beleuchtet ein geistreicher Essay Goldbaums i^)
den pessimistisch-naturalistischen Herdentrieb, der hinter Ibsen und Zola herlaufen lässt,
wie den durch Shakespeare verschuldeten „Sturm und Drang", die durch Goethe
inokiilierte Empfindsamkeit und den in Byron gipfelnden Weltschmerz vergangener Tage. —
Diesen insbesondere begleitet Breitinger^o) von der axißna des Mönchslebens mid
Shakespeares „Hamlet" bis zu Rene und Childe Harold; den Ausdruck „Weltschmerz"
hat zuerst Julian Schmidt im heute üblichen Sinne gebraucht, in Anlehniuig freilich an
eine vergleichbare Anwendung Heines. In wie hohem Grade die geistigen Interessen,
der ästhetische Geschmack modischen Wandlungen unterworfen sind, denen sich niemand
so leicht entzieht, das erläutert Volbehr^i) an Urteilen Reisender über Nürnberg von
1735 bis in die Mitte unseres Jh. hinein. —
Von diesem Gesetze ewigen Wandels ist auch das Nationalgefühl nicht aus-
genommen: während es in diesem Jh. nahezu die mächtigste Triebfeder der politischen
Entwicklung ward, sah das vorige Jh. mit weltbürgerlichem Stolze auf Bestrebimgen
herab, die mehr dem Vaterlande als der Menschheit galten. Die imgemein interessante
Entwickelung des nationalen Bewusstsein imd Stolzes in Deutschland seit 1700 hat uns
nun ein Franzose, Levy-Bruhl 22-23)^ ohne tiefdringende Forschung, auch nicht er-
schöpfend, aber klar, verständlich und leidlich luibefangen geschrieben: schade nur,
dass er — der Grund ist leicht zu erraten — schon beim Jahre 1848 abbricht. Er geht
nicht überall auf die Quellen zurück; aber er gesteht das ehrlich, wo er es unterlässt,
und er hat gute Hilfsmittel zu Rate gezogen: nur für die Goethe gewidmete Betrachtung
reichte Mezieres nicht aus, und der Abschnitt fällt bedauerlich ins Wasser, Der Franzose
macht sich selten störend fühlbar: die äussere Politik Friedrichs des Grossen verstellt
er freilich nicht, und die halb naiv verwunderte, halb spöttische Art, mit der er berichtet,
der Deutsche glaube, der Geist seiner Sprache tauge nicht zur Lüge, mit der er die
deutsche Loyalität aus einer mystischen Ueberzeugung von der Identität des Rechts und
des Erfolges erklärt, \'errät doch den Ausländer. Dahin gehört es wohl auch, wenn er
parallel dem sich steigernden Nationalgefühl einen wachsenden Franzosenhass bei inis
beobachten will, der uns, abgesehen von Momenten der Leidenschaft, stets fern lag und
hoffentlich liegt, und wenn er gleichgültige Dinge wie Mauvülons „Lettres fran^aises et
germaniques" dafür mit verantwortlich macht. Doch das greift nicht tief: im allgemeinen
darf L. nachgesagt werden, dass er das Wachstum der nationalen Idee in Deutschland
mit der unverhohlenen Sympathie verfolgt, die dem Angehörigen einer Nation von altem
starkem Staatsbewusstsein wohl ansteht. Die Hauptpunkte sind scharf und richtig dar-
gestellt, und zumal die vom 18. Jh. handelnden Partien sind auch einem deutschen
Publikum zu empfehlen, dem für die Geschichte unserer Einheitsbestrebungen in späterer
Zeit freilich tiefer eindringende Bücher zu Gebote stehen. L. beginnt mit einer Schilderung
des Patrioten Leibniz, dem es nicht nur auf Wertschätzung der Muttersprache, auf
Gründung einer deutschen Akademie ankam, sondern der Deutschland gerne die Religions-
einheit und allen alten Reichsbesitz, zumal das teure Strassburg, zurück verschafft hätte,
seiner ideellen, nationalen u. Kulturentwicklung. Berlin, Lüstenöder. VIII, 477 S. M. 8,00. — 16) L. Borg, 100 Jahre deutscher
Zeitgeist: LittBll. 1, S. 22/6. — 17) Silesius, 100 Jahre Zeitgeist: MLJA. 59, S. 365/9, 374/7. — 18) Lady Blennerhassct ,
Zeitgenössische Gedaukenströraungen : DRs. 63, S. 223— 33, 364—77. — 19) W. Goldhaura, Litt. Epidemien : NFPr. N. 9172/3. —
20) H. Breitingor, Neues Über d. aiten Weltschmerz 1884. (= Breitingers „Studien u. Wandertage". Frauenfeld, Huber.
XXXVI, 327 S. M. 3,00. S. 246—62.) — 21) Th. Volbehr, Z. Gesch. d. Geschmackswaudlungen in Deutschland: AZ. N. 189.
— 22) L. L6vy-Bruhl, L'Allemagne dcpuis Leibniz. Essai sur le döveloppement de la conscience nationale en Allemagne
1700—1848. Paris. Hachette. 18». IV, 491 S. Frcs. 3,50. |[Silesius: MLJA. S. 447:'lCB1. S. 1088-91; Jauet: JSav. Sept.;
AnnELScPoI. N. 3.]| — 23) id., L'Allemagne litteraire et Napol6on I.: BPL. 45, S. 462/5. (= Liv. III. cap. 1 d. unter N. 22
38 IV,1: Gr. Roethe, Allgemeines des 18./19. Jahrhunderts.
während Wolf, dessen Einfluss doch wohl tiberschätzt wird, und Gottsched lediglich
auf das Ansehen deutscher Wissenschaft und Litteratur eiferstichtig sind; auch Thomasius
und die moralischen Wochenschriften werden beachtet. Nicht Triedrichs des Grossen
fast Hegeische Staatsomnipotenz, wohl aber die Thaten des 7j. Krieges steigern das
Natioualgefühl, doch auch nur in Preussen: selbst Lessing, der Dichter der „Minna",
will kein Patriot sein, sieht im Staat ein notwendiges Uebel. Erst Herder, der bewusste
Weltbürger, kommt doch durch seine Liebe zur Volkspoesie und durch sein tiefes Ver-
ständnis für die Ideale des deutschen Geistes, der sich ihm geradezu zu einem Charakter-
bilde verdichtet, unwillkürlich zu einer so hohen Würdigung deutscher Eigenart, dass
der Kosmopolitismus davor nicht bestehen kann : wenn Herder auch meint, des Deutschen
Weltaufgabe sei, sich für die Menschheit zu opfern, so glaubt er damit im Grunde doch
an die Notwendigkeit seiner Existenz. L.s zweiter Teil behandelt die deutsche Presse
vor und während der französischen Revolution, wesentlich nach Wencks Zusammen-
stellungen, beachtet aber zu wenig die Briefwechsel der Zeit, die für ein Stimirinnp;s-
bild dieser Art ungleich ergiebiger wären; besser gelungen ist die Darstellung Kants.
der die Macht des nationalitätslosen Rationalismus durch seine Kritik an der Vernuiifr
schwächt und das kraftvolle sittliche Pflichtgefühl der Befreiungskriege vorbereitet. In
Fichte, der zugleich der Mann der reinen Spekulation wie der entschlossenen That ist,
vollzieht sich vorbildlich der Umschwung vom Kosmopoliten zum energischen Patrioten.
Aus dem dritten Abschnitt, der mit der Romantik imd der Gründung der Berliner
Universität beginnt, hebe ich hervor die Auszüge aus Görres, der Preussens künftige
Rolle ahnt, die Darstellung der Hegeischen Staatslehre, die Bemerkungen über Heine,
der nicht Nationen, nur Parteien kenne; das Junge Deutschland wird mit Recht gering
geschätzt; ein letztes Kapitel beschäftigt sich vorzugsweise mit der Professorenpolitik:
Gervinus' Litteraturgeschichte heisst da ein Pamphlet in fünf Bänden, das beweisen soll,
die Zeit der Litteratur sei vorbei, die der Aktion (gegen Frankreich!) sei gekommen;
sympathischer gerät Dahlmanns Gestalt; dass ein organischer Abschluss fehlt, liegt an
der sachlich unbegründeten und von Schultheiss^*) mit Recht getadelten Zeitgrenze, die
sich L, gesteckt hat. Wenn Faguet^s) bezweifelt, dass Kant und Goethe in jenen
Zusammenhang gehören, da die Litteratur das Nationalgefühl nicht schaffe, sondern nur
wiederspiegle, so irrt er durchaus; mehr Recht hat er leider mit der Klage, dass das
Deutschland des entwickelten Nationalgefühls seine alte geistige Stärke, seine idealen
Aufgaben gar so schmählich vergessen habe. — Für die Zeit von 1807 bis 1814 ergänzt
Goette^*') Levy-Bruhls Arbeit durch eine Zusammenstellung von Aeusserungen deutscher
Schriftsteller und Zeitungen über die staatliche und innerliche Wiederherstellung des
zertrümmerten Reichs; charakteristisch genug tritt die Sehnsucht nach dem guten Alten,
selbst nach dem habsburgischen Kaiser stärker hervor als der ernste Gedanke an Neu-
bildungen; ja, es giebt Publizisten, die auch Frankreich die für Deutschland so segens-
reiche Rückbildung in Völkerschaftsstaaten anraten; machtvoll ragen über alles Andre
Fichtes Reden empor, in denen ihm die Deutschen als ein heiliges Urvolk von welt-
historischer Mission sich darstellen. —
Diese Auffassung wurzelt tief in Fichtes Philosophie der Geschichte, die jetzt
im 5. Kapitel des ausgezeichneten Buches von Festerä'?) „Rousseau ixnd die deutsche
Geschichtsphilosophio" eingehend entwickelt worden ist. Der Titel weist auf eine
Schwäche des Werkes hin: F. betont allzu geflissentlich die Beziehungen der deutschen
Philosophie zu Rousseau, mit dem sie schon von Fichte an nur noch durch sehr lose
Fäden verknüpft ist. Sehen wir von diesem Kompositionsfehler ab, der sich wohl aus
der Entstehungsgeschichte erklärt, so dürfen F.s lichtvolle Entwickhnig und anschau-
liche Darstellung rückhaltlos gerühmt werden: dass ihm Schellings unruhige Produk-
tivität und Friedrich Schlegels aphoristischer Dilettantismus minder gelingen, als Hcrdoi-,
Kant, Schiller, Fichte, das liegt in der Natur der Sache. Seine Grundlage schafit sich
F. durch eine Entwicklung der zu verschiedenen Zeiten sehr verschiedenen gescliiclits
philosophischen Ansichten Rousseaus: der des historischen Sinns im Grunde l>rtre
Philosoph geht zwar aus von leidenschaftlicher Rücksehnsucht nach der naiven Unschuld
des Naturzustandes, aber er arbeitet sich doch an der Hand seiner Lehre von der
menschlichen Perfektibilität durch zu dem Ideale eines sittlichen Staates, der in ge-
schichtlicher Entwicklung sich ausbilden und die Vorzüge der Natur mit der ent-
wickelten Intelligenz und Moral vereinen soll. Während die Bildinigsphilister der Auf-
klärung, unter denen namentlich Moses Mendelssohn Rousseau gegenüber in fast be-
lustigende Trivialität verfallt, entschiedene Stellung zu ihm nicht gewinnen, hat Lessing
erwähnten BucIir.) — 24) G. Schul tli eiss, E. franz. Buch IUmt il. Knt« i(l<liiiit,' <1. deutschen Nationalbewusstseiiis: Gpkp"w.
38, S. 280/1. — 25) t. Faguet, Psychologie d'un penple. L'All.iin.'ii.. .Ir|,uis I.nhiiiz: BPL. 45, 8.781/4. —26) K. (ioette,
DentBcher Volksgeist in d. Jahren 1807— 14 u. seine politische KoU>> : TglUs. S. 12 :i; 15/7; 49—51. — 27) R. Fester. Rousseau
u. d. deutsche Oeschichtsphilosophie. E. Beitr. z. Gesch. d. deutschen lflp;ilisniiis. Stuttgart, Göschen. X, 340 S. M. 5,50.
|[Gegenw. 8. 364; M. K.: NatZg. N. 640 u, 646; MahrenhoUz: ASNS, 8(i. S. 112 u. ZFranzSL. 13, S. 74/B; Borinski:
IV,1: Gr. Roethe, Allgemeines des 18./19. Jahrhunderts. 39
Rousseaus Gedanken über den Wert geschichtlicher Bewegung wenigstens für die
Religion in der „Erziehung des Menschengeschlechts" fortgebildet. Das streng historische
Denken wendet sich gegen den Genfer Philosophen weniger in Moser und Iselin als in
Herder. Hübsch zeigt F., wie Herder gerade in der früheren Periode, für die seine
Beschäftigung mit Rousseau gesichert ist, sich schnell und entschieden von seinem Ein-
flüsse löst, wie sich dagegen in der grandiosen Erucht seiner Reife, in den „Ideen"
Rousseaus Perfektibilität überrraschend geltend macht; zwar interessiert den Indivi-
dualisten viel mehr das einzelne Volk, der einzelne Mensch als die Menschheit und der
Staat, aber er glaubt doch an die Entwicklung der Gattung und an das vernünftige
Glück des Einzelnen durch die Gattung. Durch Kant wird Rousseaus moralischer
Idealismus eine Macht; auch den Staatsgedanken weiss er, freilich rationalistisch aus
der Erziehung für den Staat zur Erziehung durch den Staat gemodelt, sich anzueignen.
Aber ihm ist der Mensch von Natur böse und kann nur durch völliges Ausleben in der
Gattung zu dem höchsten Ziel und Gut, der Identität von Glück und Tugend, gelangen.
Dass die Weltgeschichte, deren Bedeutung Rousseau unterschätzt, für die er aber
objektivste Sachlichkeit in Eorschung und Darstellung mit Recht fordert, das einzige
Mittel sei, das Individuum in die Gattung überzuführen, indem wir uns durch sie mit
der Vergangenheit zusammenfassen, diese geschichtsphilosophisch einschneidende An-
schauung schwebt Herder und, wiederum rationalistisch ernüchtert, auch Kant vor; zur
vollen Klarheit gelangt sie durch Scliiller. Der Staat als Endziel der Entwicklung liegt
ihm fem: die ethische Erziehung Kants ersetzt und ergänzt er durch die ästhetische
und hat damit sogar auf Kant einen gewissen Einfluss geübt. Zwischen dem roh
physischen und erhaben ethischen Leben des Menschen muss die ästhetische Periode
liegen: die Freude an der Schönlieit macht gleichgiltig gegen die plumpe Realität und
giebt eben dadurch Macht über die Aussenwelt. So liegt alles Heil, mittelbar auch
das moralische, in der Kunst; der ideale Grieche wird, freilich nur für die konstruierte
Uebergangszeit, die aber unwillkürlich Selbstzweck wird, der Typus des idealen Menschen.
Mit dieser Wertschätzung der Kunst, der höchsten Kulturblüte, ist in dem gereiften
Schiller der denkbar stärkste Gegensatz zu Rousseau erreicht, dessen Einfluss auf den
jungen Schiller Kvmo Fischers Buch „Schillers Jugend- und Wanderjahre" eingehender
entwickelt hat, als F. das thut. Fichte lernt von Rousseau zwar die sittliche Natur
des Staats, aber er vermissf in ihm die Energie der That, macht ihm zum Vorwurf,
dass er durch Denkfehler den Idealzustand der Zukunft zum Urzustand gestempelt hat.
Neben und vor der politischen Erziehung braucht der Mensch die philosophische, die
die Aufgabe der Gelehrten ist. Apriorisch konstruiert Fichte fünf weltgeschichtliche
Epochen vom einfachen Vernunftinstinkt bis zur freien Herrschaft der Vernunft; die
erziehende Kraft fällt je einem Normalvolk zu: das der neueren Geschichte sind die
Deutschen. Schön erweist F., wie in diese rein spekulativen Epochen doch thatsächliclie
geschichtliche Eindrücke hineinspielen. Die hyperspartanische Staatserziehung, die
Fichte unter Einwirkung der Fremdherrschaft wünscht, ist ebenso ein Ergebnis des
Systems wie der schweren Zeit. Auch Schelling glaubt an den Fortschritt zur Vernunft,
die im Sündenfall zuerst die Unschuld abzulösen begann; ein zweiter Sündenfall war
der Untergang der Natur, die der Grieche repräsentierte, im Christentum. Die Identität
von Notwendigkeit und Freiheit, von Natur und Geschichte enthüllt sich in der Ge-
schichte, aber nur in der ganzen und abgeschlossenen; wir müssen also glauben. Schade,
dass F. versäumt hat, die Identitätslehre durch Adam Müllers Lehre vom Gegensatz zu
ergänzen. Friedrich Schlegel, dem der Katholizismus schliesslich wird was Schopenhauer
der Wille, erkennt für die Philosophie nur Ein Werden an, dessen Wissenschaft eben die
Geschichte ist. Fichtes zwei Urvölker, die Wilden und die Normalen, kehren bei
Schlegel in den atheistischen Kainiten und den religiösen Sethiten wieder, Sah er an-
fangs nur bei den Griechen organische Entwicklung, wie er sie einzig von Goethe
wieder erhoffte, so wird ihm später das Mittelalter die gelobte Zeit der Gesinnung,
vor der die Meinimgen der Neuzeit nicht Stich halten. Durch die Einheit von Staat
und Kirche soll die Menschheit wieder zu einem Individuum werden, in die durch den
Sündenfall verlorene Freiheit zurückkehren. Von der unwillkürlichen Rousseauvariation,
zu der es hier ein absolutistischer Tendenzphilosoph bringt, führt F. über Schopen-
hauer, Herbart und Krause (Menschheitsbund, vier Hauptlebensalter) zu W. v. Humboldt,
der im Gegenteil eine möglichst individuelle Ausbildung fordert, die der Staat nur er-
leichtern, nie nivellieren darf; in starker geschichtlich -philologischer Begabung betont
er, wie dem Menschen in jeder Periode „nur Ein Funken seines Wesens hell und
leuchtend schimmere", wie also eine wahre Erweiterung unseres Daseins „auf historischem
Wege nur durch Anschauen gewesenen Daseins möglich sei", und gelangt so zum Plane
vergleichender Anthropologie. Femer führt F. uns zu Hegel 28), dem Staat, Geschichte
AZ», 1891. N. 284; LCBl. 1892, S. 110/1; Herr: RCr. 26, S. 32/5.]i — 28) X L- Büchner. Fremdes u. Eigenes aus d. geistigen
40 IV,1: Ct. Roethe, Allgenieiiips des 18./19. Jahrhunderts.
und Vernunft sich aufs nächste verknüpfen und dei- das Organische des Staates stärker
herausarbeitet als einer seiner Vorgänger, freilich auch er gleich Fichte bei seinen
Konstruktionen inibewusst geleitet durch thatsächliche politische Erfahrungen. Ein An-
hang über die Ideen des ewigen Friedens bei Kant luid Herder schliesst F.s sehr lehr-
reiches Buch, dessen geschlossenen Inhalt keine knappe Analyse auch nur andeuten kann
und dessen Kenntnis auch der Litterarhistoriker nicht entraten darf: wie die grossen
Probleme der Erziehung und der idealen Ziele des Menschengeschlechts mit der Frage
nach den höchsten Aufgaben der Kunst auf weite Strecken zusammenfallen, so ist ihre
Geschichte eng und oft unlöslich verbunden. — In ähnlicliem Sinne kommt auch
Wundts^^) Centennarbetrachtung über den Zusammenhang der Philosophie mit der
Zeitgeschichte dem Verständnis unserer Litteratur zu gute: geistvoll entwickelt W. die
Verwandtschaft zwischen Kants Ethik und dem Staate Friedrichs des Grossen, zwischen
Fichtes Ich -Philosophie in ihren Wandlungen und dem Umschwung der napoleonischen
Weltherrschaft, zwischen Hegels Staatslehre und der Restauration, zwischen Feuerbachs
Menschengöttlichkeit und den revolutionären Bestrebungen des Jungen Deutschlands,
zwischen Schopenhauers Pessimismus und dem politischen Rückschlag nach 1848. —
Gute Wirkungen der Aufklärungsepoche veranschaulicht Jahncke'^*') in seiner Dar-
stellung der segensreichen Thätigkeit des Freundes Gellerts, des Freiherrn F. E. v. Rochow,
der auf seinem Gute Rekahn unter Friedrichs II. und des Ministers Zedlitz Zustimmung
die Landschulen besserte und auch durch eigene Lehr- und Lesebücher an ihrer Hebinig
mitarbeitete; die krankhaften Ausschreitungen, die die Ueberschätzung der Aufklärerei
mit sich bringt, illustriert Ludwig s^i) Aufsatz über den Tempel der Vernunft in Strass-
burg, der mit einer aus Eulogius Schneiders „Argos" entnommenen Korrespondenz des
Strassburger Mtinsterturms mit dem Freiburger anhebt. —
Aber aiich die pathologischen Folgen der entgegengesetzten Geistesrichtung
wurden geschildert und zwar in einer Arbeit Finslers32) über die zum Teil grauen-
vollen Erscheinungen religiösen Wahnsinns, die sich in den zehner und zwanziger
Jahren unseres Jh. in dem sonst so nüchternen Volke der Schweiz abspielten; sie ge-
hören hierher, weil Frau v, Krüdener, die Sibylle der heiligen Allianz, die intellektuelle
Urheberin dieser Störungen war. — Nippolds^S) milde und fleissige, leider doch etwas
enge und unanschauliche „Geschichte des Protestantismus seit den Befreiungskriegen"
weiss der engen Verquickung der Theologie mit dem gesammten geistigen und
litterarischen Leben unserer Zeit nicht ganz gerecht zu werden: Schleiermachers
Wirkung auf seine Zeit wird dargestellt, Novalis ein überraschend starker Einfluss
auf ihn und Rothe zugeschrieben (S. 102 ff.), ein kiirzer, nicht eben kritischer Ueber-
blick gegeben über die Anregungen, welche der Theologie aus der Poesie erwuchsen:
Arndt, Hey und Geibel treten dabei stark hervor. Fördernder scheint mir die an Strauss,
Feuerbach und Stinier geübte Kritik und die begeisterte, eingehende Schildennig
Rothes und Binisens, die beide auch mit der Dichtung empfangend und selbstschaffencl
eine bemerkenswerte Fühlung hatten. —
Während die bisher besprochenen Arbeiten überwiegend der zusammenfassenden
Wiedergabe längerer geistiger Entwickelungsreihen gelten, hat auch die Einzeldar-
stellung und Einzelforschung in der Litteratur des 18. und 19. Jh. nicht gefeiert,
wie zumal die folgenden Abschnitte zeigen werden. Ich stelle hier einige methodische
Bemerkungen voran. Geiger34-35) erteilt in einer Uebersicht über zahlreiche neuere
Schriften „Zur deutschen Litteraturgeschichte des 18. Jh." den verständigen Rat, bei
der Publikation von Briefwechseln strenge Auswahl zu üben oder sich auf Mitteilung
des Wichtigsten zu beschränken, damit wir nicht durch die Fülle interesselosen Materials
erdrückt Ueberblick \md Lust verlieren. Andrerseits betont R. M. Werner,^^) ^ig,
notwendig es sei, auch die Dichter zweiten imd niedereren Ranges zu bearbeiten, weil
sich nur so die Einwirkung der Klassiker auf ihre Zeit studieren lasse: wenigstens als
ein Programm dieser Aufgabe schätzt er Fischers Heftchen über „Klassicismus und
Romantik" in Schwaben. — Die ursprüngliche Bedeutung dieser beiden vielgebrauchten,
aber nicht immer unzweideutigen litterarhistorischen Stichworte erörtert eine Wortstudie
von Breitinger37)j der „classicus" im heutigen Sinne zuerst bei dem französischen
Leben d. Gegenwart. 2. Aufl. Leipzig, Spohr. 397 S. M. 7,00. (Tragt S. 34 fl". in steigernder Zustimmung zu Fouelier de Careil
Über Hegel, Kaut, Scliopenbauer usw. Dinge vor, die nur d. geistlosen u. bo.scbrankten Materialismus d. Vf., aber nicht unsere
Philosophen charakterisieren.) — 29) W. W u n d t , Ueber d. Zusammenhang d. Philosophie mit d. Zeitgoseh. E. Centennarbetrachtung.
Rektoratsrede gehalten 31. Okt. 1889 in Leipzig: DKs. 62,8.25-44. - 30) H. Jahncke, Rekahn. E. Brennpunkt d. geistigen
Aufklärung vor 100 .lahren: Bftr. 16. S. 498/9, 510/2, 522/4, 534/7. - 31) H. Ludwig, D. Tempel d. Vernunft in Strassburg:
LZ". N. 73, S. 289—92. — 32) G. Finsler, D. religiöse Erweckung d. 10" u. 20" Jahre unseres Jh. in d. deutschon Schweiz:
ZörcherTb. N. F. 13, S. 90—129. — 33) F. Nippold, Gesch. d. Protestautismus seit d. deutschen Befreiungskriege. 1. Buch:
Gesch. d. deut.scbeu Theol. (:::: Handbuch d. neuesten Kirchongesch. 3. umgearb. Aufl. III, 1. Abt.) Berlin, Wiegandt u. Schotte.
XII, 623 S. M. 9,00. — 34) L. Geiger, Z. deutschen Litt.-Gosch. d. 18. Jh.: AZ». N. 239-40, 248/9, 257/8. - 35) X H.
Wölfflin, Z. Kichtigstellung: AZ". N. 262. (Berichtigung zu Geigers in N. 34 enthaltenem Referat llber W.s „(iessner".) —
36) R. M. Werner, H. Fischer, Klassizismus u. Romantik in Schwaben zu Anfang unseres Jh.: DLZ. 11, S. 919—20. —
37) H. Breitinger, Klassisch u. Romantisch. E. Wortstudie 1886. (= Breitingers „Studien u. Wandertage" — s. o. N. 20 —
IV J : G. Roethe, Allgemeines des 18./19. Jahrhunderts. 41
Humanisten Biidaeus findet; was er über „romantisch" bemerkt, ist freilich durch Hirzels
Aufsatz (ADA. 15, S. 223) gründlich überholt. — Anknüpfend an den alten, neuerdings
wieder lebhafter geführten Streit, in wie weit Goethe der Dichter des „Heidenrösleins"
sei, berührt Minor'^*^) auch andere Eigentumsfragen, die sich um Werke Goethes, Schillers
(„Gesetzgebung des Lykiu-g" von Nast) und Halms (Enk v. d. Burg, Bacherl) drehen. —
In Sammelbänden vereinigte Aufsätze werden nach dem Plane der JBL. an
ihre Stellen verteilt und einzeln besprochen. So bleibt es mir nur übrig, auf einige
Sammlungen hinzuweisen, die zu einer eingehenderen Besprechimg keinen Anlass geben,
weil sie lediglich ältere Arbeiten zusammenfassen oder gar zu wertlos sind. Dieser
zweite Grimd lässt mich hier Lau es 3») unerlaubt stümperhaftes Machwerk schnell ab-
thun, das in plumpem Stil und mit stumpfer Charakteristik allerlei allbekannten bio-
graphischen und litterarhistorischen Kram über Bodmer und Gottsched, die Bremer
Beiträger, die Halleschen und Göttinger Dichter, über Klopstock, Wieland, Lessing und
Herder verständnislos ausgewählt vorträgt: für welches Publikum, weiss man nicht. —
Auf einer andern Stufe steht es immerhin, wenn Pröhle^O) eine Reihe von Aufsätzen
zusammendruckt, die früher in der Sonntagsbeilage der Vossischen Zeitung oder an
anderen dem Pachmann nicht bequem zugänglichen Orten erschienen waren. Meist be-
ziehen sie sich auf Goethe; P. schildert seine Harzreisen mit Lokaldetails, glaubt z. B.
in den Anlagen von Harbke das Urbild des Gartens der „Wahlverwantschaften" wieder-
zufinden; er erzählt Goethes Beziehungen zu Berlin, wobei er den poetischen Kreis von
Schmidt -Werneuchen streift; er berichtet über die Lebensvei'hältnisse von Personen,
denen Goethe näher stand (Minna Herzlieb, St. Schütze, Pfeil) und über die erste
(Braunschweiger) Faustaufführung von 1829; daneben reiht er diesen nützlichen Materialien
auch ein paar haltlose Kombinationen an, durch er die Goethes „Iphigenie" mit dem
„Wintermärchen", den fallenden Zeiger im zweiten Teil des „Paust" mit der Uhr von
Sanssouci, das Pamilienidyll in „Hermann und Dorothea" mit dem Idyll von Paretz in
Verbindiuig bringt; andere Bemerkungen über die geschichtlichen Grundlagen der
Goetheschen Epopöe sind stichhaltiger. Von den Schiller betreffenden Aufsätzen be-
handelt der erste, der auch bei seinem ersten Erscheinen nichts Neues bot, die Jugend
Schillers kurz und dürftig; der dritte ergänzt Fuldas Buch über Charlotte von Lengefeld
durch ein paar uninteressante Notizen über Schillers zweiten Sohn Ernst; der mittlere
weist Anklänge der „Räuber" an Pfeils „Lucie Woodvil" und an ein Lied auf Stralsiuider
Räuber nach. Für den älteren Körner wird sein Briefwechsel mit Gleim verwertet, für
Karl Philipp Moritzens Beziehinigen zu Heinitz und seine Bemühungen um Aufnahme
in die Berliner Akademie der Künste und der Wissenschaften werden die Urkunden
des Preussischen Staatsarchives herangezogen. Bürgers Balladendichtung scheint P. den
echten Ton der Volksballade nicht zu treffen; als Quellen der „Lenore" gelten ihm eine
Ballade in der Art der durch Schröer aus Gottschee mitgeteilten \md eine norddeutsche
Sage, nicht aber das unechte (Bürger nachgedichtete) Lied im „ Wunderhorn " ; ein paar
flüchtige Notizen über Bürgers Leben knüpfen an P.s ältere Biographie an. Den Schluss
bilden Briefe Knesebecks an Gleim über die Feldzüge von 1792/98, die eine Art Seiten-
stück zu Goethes Kriegsschriften bilden sollen; in den Anmerkungen^ die zum Teil
andre Artikel des Vf. excerpieren oder abdrucken, findet u. a. eine ausführliche Lebens-
beschreibuiig E.Th. Langers, des Nachfolgers Lessings in Wolfenbüttel, ihren Platz. Schrift-
stellerisches Verdienst besitzen alle diese Aufsätze nicht; auch das seiner Zeit neue
Material, das grösstenteils dem Gleimarchiv entnommen war, betrifft selten wesentliche
litterarhistorische Fragen ; so wäre eine strengere Sichtung, Kürzungen und Auslassungen,
um so notwendiger gewesen, als es sich doch eben lediglich um den Wiederabdruck
längst bekannter Arbeiten handelt. — Aehnliche Bedenken dürfen vor Carrieres^i )
„Lebensbildern", in denen der greise Denker eine Reihe älterer und auch schon anderswo
publizierter biographischer Skizzen zusammenstellt, mit Fug hier verstummen. Spiegelt
sich doch in allen eine tüchtige, in sich geschlossene Persönlichkeit und Weltanschauung,
besitzen sie doch alle mehr oder weniger Kunstform, die vor schnellstem Veralten
schützt, gewinnen sie doch streckenweise durch die persönlichen Lebensberührungen
des Vf. mit seinen Helden einen Vorzug an Frische, den auch die matten Farben der
Charakteristik, die etwas zerflossene Art der Darstellung, wie sie C. liebt, nicht be-
seitigen. Während der 1871 gehaltene Vortrag „Deutsche Geisteshelden im Elsass"
S. 239—45.) — 38) J. Minor, D. Autorscliaftsfrage bei Goethe u. neueren Dichtern. Aus d. Vortrage v. Prof. J. Minor, d.
18. Febr. 1800: ChrWGoetheV. 5, S. 9—11. - 39) M. Laue, D. hallesche Kreis. Bodmer-Gottsched. Bremer Beitrage. Klop-
stock u. seine Anhänger. Hainbund u. Wieland, Lessing, Herder. Langensalza, Schulbuchhandlung. III, 136 S. M. 1,20. —
40) H. Pröhle, Abhandlungen Über Goethe, Schiller, Bürger u. einige ihrer Freunde. Mit Knesebecks Briefen an Gleim als
Seitenstück zu Goethes „Campagne in Frankreich". Potsdam, Stein. 1889. XII, 264 S. M. 3,00, ![LCP.l. S. 1140; ChrWGoetheV.
5. S. 19— 20.]| — 41) M. Carriere, Lehensbilder. Leipzig, Brockhaus. VIII, 470 S. M. 9,00. |[v. Basedow. BLU. 1889,
S. 728-30; MünchNN. 1889, N. 601; v. Hartmarun: Gogenw. 36, S. 359-60; LCBl. S. 550; Grenzb. 49, S. 47; PrJhb. 66,
S. 211; WJDM. 68. S. 8.54; Marcks: DLZ. 11, S. 1724/7; Bormann: AZ». N. 231.]| (Ausser d. im Text erwähnten bringt d.
Buch Biographien Gromwells, Cornelius', H. J. Fichtes, Ulricis, Joh. Hubers, d. missglückten Scherz „Wer ist d. Faustdichter",
42 IV,1: Gr. Roethe, Allgemeines des 18./19. Jahrhunderts.
schon seiner inhaltlichen Unzulänglichkeit wegen den Druck nicht verdient hätte, besitzt
das Lebensbild Bettinas, wenigstens soweit es ihrer späteren Zeit gilt, noch heute seinen
Wert; Herman Grimm*^) hat, durch den Neudruck der Skizze angeregt, zwei von
Goethe an Bettina geschickte Sonette (I. tind VII. in der Sammlung der Sonette) aus
der Originalhs. in Bettinas Nachlass buchstäblich abgedruckt und besprochen. Er hebt
mit Recht weiterhin Carrieres Aufsatz über die Freundschaft zwischen „Liebig und
Platen" rühmend hervor, der uns den spröden edlen Dichter menschlich näher bringt,
als das meiste in der leider recht unerquicklichen Platenlitteratxir. Essays über
Börne, Freiligrath, Melchior Mayr, der namentlich als Philosoph geschildert wird, vor
allem eine treffliche Würdigung Geibels bilden den übrigen uns hier interessierenden
Inhalt des Bandes, der uns darum nicht unwert erscheinen soll, weil sein milder, auch
wohl vager Idealismus von dem geistreichen Litterarhistoriker der Mode*^) ebenso alt-
modisch absticht, wie von den nach Pröhles Weise vorzüglich im neuen Material, in
neuen „Thatsachen" schwelgenden Philologen. —
Die Publikation massenhaften unverarbeiteten Materials wird hoffentlich ent-
behrlicher werden, wenn das endlich greifbarer gewordene Streben zur Gründung von
Litteraturarchiven, wie das Goethe -Schiller -Archiv allmählich eines werden wird, von
Erfolg gekrönt sein sollte. Dann wird es hoffentlich nicht so leicht wieder vorkommen,
dass eine als litterarhistorische Quelle eminent wichtige Sammlung von Autographen
und Hss. in alle Winde verweht wird, wie das nach dem Berichte Weissteins*'*-*'')
noch auf der Auktion vom 27/8. Febr. 1890 mit W. v. Maltzahns kostbaren Hand-
•schriftenschätzen gegangen ist. Der Buchhändler Albert Cohn*'') hat den Auktions-
katalog mit Beschreibungen, Proben des Inhalts, ja selbst Facsimiles so dankenswert
ausgestattet, dass er auch zur wissenschaftlichen Orientierung brauchbare Fingerzeige
giebt: schade nur, dass Gedrucktes, Ungedrucktes, bisher völlig Unbekanntes nur ganz
unregelmässig gekennzeichnet wird. Aus der Fülle des Interessanten, das der Katalog
anführt, seien hervorgehoben mehrere inhaltreiche Briefe Gellerts, ein Schreiben
Kants an Fritz Jacobi (30. Aug. 1789), zahlreiche Briefe Zimmermanns (1776 — 1785)
mit verdriesslichen Urteilen über Goethe, der wichtige Briefwechsel Lessings mit Jacobi
(in der Auktion zerstreut, ein Brief Lessings für 776 M.), Briefe Nicolais (26 an der
Zahl), Wielands (106), Lavaters (90, meist auf den Druck der „Physiognomischen
Fragmente" bezüglich) an den Verleger Reich, sogar ein Manuskript Wielands über das
„merkantilische Verhältnis" zwischen Schriftsteller und Verleger; die Originalhs. der
Shakespearerede Goethes (für 2060 M. verkauft), das „Concerto dramatico", zwei Feder-
zeichnungen Goethes, die aber nichts mit ,.Faust" zu schaffen haben, wie 0. meint;
Liebesbriefe der Corona Schröter an Einsiedel; Briefe Schillers an Crusiiis, Jacobi,
Knebel; ungedruckte Briefe Hegels; selbstgeschriebene Gedichte Chamissos; Briefe Heines
an die Weidmannsche Buchhandlung mit dem Bleistiftportrait des Dichters von Johannots
Hand; das Album eines KarlssChttlers (um 1780); vor allem ein grosser Stoss wiclitiger
Manuskripte von Lenz, die zum Glück ungeteilt für 5100 M. an die Berliner Kgl.
Bibliothek tibergegangen sind. — Von einer andern, freilich nicht entfernt vergleichbaren
Autographensajnmlung, der Schuelerschen in Karlsruhe, berichtet Lamey*'') in wort-
kargem Register ohne Andeutung des Inhalts: die an K. L. Reinhold, Johanna Schopen-
hauer, Schueler u. a, gerichteten Briefe stammen z. B. von Arndt, Baggesen, Castelli,
Fichte, Goethe (5), Herder, Iffland, Knebel, Elise v. d. Recke, Reinhold, Riemer,
F. L. Schröder, Tieck, Tiedge, Villers, Voss, Wieland (3), P. A. Wolff, Caroline
V. Wolzogen her. — Ein in Prag befindlicher Briefband *8) aus der Korrespondenz des Prager
Theaterdirektors J. N. Stiepanek enthält ausser Kleinigkeiten (z. B. von K. E. Ebert)
nicht uninteressante Regisseurbemerkungen, die Raimund für die „Gefesselte Phantasie"
luid den „Alpenkönig" einsendet; auch hier tritt bei dem ehrgeizigen Dichter jene
bekannte ungerechtfertigte Schwäche für seine ernsten Leistungen hervor. —
Was 1890 aus Briefwechseln der Oeffentlichkeit mitgeteilt wurde, findet bei
den einzelnen Korrespondenten Erwähnung; hier niu* einige Varia, die sich der Ein-
ordnung an besonderer Stelle entzogen. Der Benediktiner P. Placidus Amon (geh 10.
Dez. 1700, gest. 16. Jan. 1759) in Melk, zuletzt in Traiskirchen, besass ein überaiis
reges Interesse für deutsche Sprache und Litteratur (plante er doch ein deutsches
e. Friedeiisbrief an Renan ii. Erinnerungen au« Carrieres Wirken an d. MUnchener KunstaVadcmie.) — 42) H. Grimm, Moriz
Carri^re: DRs. 62. S. 478—80. — 43) X ö. Brandes, Anastasius QrHn, Herwegh, Dingelstedt u. Ludwig Feuerbach: FZp.
N. .303/4. (Abdr. d. 26. Kap. v. Brandes „.Tungem Deutschland"; der Radikalismus d. Vf. ist besonders in der Ueberschfttzung
Feuerbachs fühlbar.) — 44) O. Weisstein, W. v. Maltzahns Naclilass: Sammler 11, S. 444— 51. (Skizziert hilbsch Maltzahns
r.eben n. Liebhabereien u. teilt einige d. auf d. Auktion erzielten Preise mit. Dazu «ei d. Notiz aus d. NZilricliZg. N. 106
gestellt, dass e. Brief Lavaters an Reich in d. Besitz d. Zllrcher Stadtbibl. Überging.) — 45) X K. W. Whistling, W. v. Malt-
zahns Ooethe- u. Schiller-Hss. unter d. Hammer: LeipzigTBI. 6. Mürz. (Lediglich Notizen aus N. 46 mit Angabe auffallender
Anktiongpreise.) — 46) Albert C o h n , Katalog e. Autographen- Sammlung aus d. Besitze d. Herren W. von Maltzahn usw.
(S. o. 1,4 N. 12; vgl. auch IV, 11« N. 4.) — 47) Laniey, D. Schuelersche Antographensammlung. (S. o. 1,4 N. 10.) —
48) E. interessanter Hss. -Bd.: Bohemia". 24. Apr. — 49) R. Schachinger, D.'Bemllhungen d. Benediktiners P. Placidus Amon
rV,l: G. Roethe: Allgemeines des 18./19. Jahrhunderts. 43
Wörterbuch), das ihn zu umfassender Korrespondenz nicht nur mit allerlei Kloster-
und Stiftsbibliotheken, sondern auch mit auswärtigen, selbst norddeutschen Gelehrten
(z. B. J. G. Wächter) veranlasste. In seinen Briefen, die Schachinger*^) herausgab,
paart sich rührende Bescheidenheit mit ehrlichstem Patriotismus: beides tritt hervor in
den Briefen an seinen gleichstrebenden jüngeren geistlichen Freund Graser, namentlich
aber in den Briefen an Gottsched, dem er wie Graser eine fast kritiklose Hochschätzung
weiht. Amons Briefwechsel mit Gottsched war Danzel nicht entgangen, aber für ihn
minder ergiebig, da ihm Gottscheds Antworten fehlten; sie bringen u. a. die scharfe
Ablehnung eines Bekehrungsversuchs, den der gute Pater ungeschickt genug anstellte,
um die Seele des verehrten Mannes zu retten. — Ein paar flotte hallesche Studenten-
briefe, die Unruh^O) abdruckt, führen uns auf Bahi'dts Weinberg, berichten von seiner
Verhaftung und von einer Vorlesung über Wielands „Oberon" und machen uns bei
einer Reise des Schreibers zu Zeugen einer begeistert aufgenommenen Schillerschen
Vorlesung und einer Herderschen Traurede. — Eine satura aller möglichen Briefe aus
dem Nachlasse von J. H. Voss schüttet Eugen Wolffß^) über uns aus, unter denen
ich den albernen Brief K. G. Lessings an Boie gern vermisst hätte; hervor hebe ich
einen Brief Millers an Voss vom 17. Aug. 1775, in dem er Wagner als Vf. für
„Prometheiis, Deukalion und seine Recensenten" nennt, was R. M. Werner durch
einen Brief Gülchers an Nicolai vom 27. Dez. 1775 bestätigt; einen Brief Bürgers an
Voss (7. Nov. 1776), nach dem er, über Stolbergs Absicht einer Homerübersetzung ver-
driesslich, seinen eigenen Plan am liebsten aufgäbe, um ein lang beabsichtigtes grösseres
episches Volksgedicht zu vollenden; eine Reihe von Briefen Ernestinens an ihren Sohn
Abraham Voss, die von der burschenschaftlichen Bewegung 1817, von Jean Pauls
entzückt aufgenommenem Besuch, von Voss' Schrift gegen Stolberg, seinem Verhältnis
zu Goethe mancherlei Bemerkenswertes melden. Auch den Anfang einer burschikosen
Ballade Höltys „Leander und Hero" teilt W. aus derselben Fundgrube mit, sowie
Lesarten aus Originalhss. des Höltyschen „Befreiten Sklaven" und des „Hexenliedes",
die überraschend genug uns wenigstens in einem Falle die hohe Wahrscheinlichkeit
gewähren, dass älteste Höltysche Fassung war, was Halm für Ueberarbeitung Vossens
ansehen musste; diese Entdeckung könnte immerhin Konsequenzen haben. — Höchst
erquicklich wirken die Briefe Victor Hehns, dieses durchaixs gesunden und selbständigen
Kernmenschen, dem ich kaum Besseres nachzurühmen weiss, als dass er die wahren
Bedürfnisse seiner Zeit gerade darum so gut verstand, weil er sich erlaubte unmodern
zu sein und zu fühlen. Die Darstelhmgen''*--''-*), zu denen sein Tod Anlass gab, lehren
ihn uns kennen in der Liebe zu seinem Leitstern Goethe, in der Bewunderung der Alten,
deren Studium ihm für alle menschliche Bildung so sehr die unerlässliche Vorbedingung
ist, dass er aus ihrer Vernachlässigung die russische Kulturtünche ableitet, der nun wohl
auch wir langsam aber sicher, von der Schulreform getragen, entgegentreiben. Hehns
Briefe an seinen nahen Freund Wichmann^S), von diesem in überraschender Unbefangen-
heit alsbald und ungekürzt herausgegeben, sind voll von bedeutenden, herzerfreuenden
Urteilen, die freilich nie für die Oeffentlichkeit gedacht oft im behaglichen Hausgewand,
zuweilen in kräftig greller Beleuchtinig und ungerechter Einseitigkeit auftreten: Geplauder
vom langweiligen Berlin zum Lande seiner Sehnsucht, Rom, hinüber gesandt; uns
interessieren hier zumal die Bemerkungen über Goethes Verhältnis zu Hegel (S. 128),
dann zerstreute Worte über Herman Grimm, Ranke, Scherer, Julian Schmidt, die freilich
viel zu sehr Eingebungen des Augenblicks sind, als dass sie für uns nicht mehr den
Sprechenden denn die Besprochenen charakterisierten. —
Das ist das gute Recht der Selbstbiographieen-'^''— 5''), an denen das Jahr be-
sonders fruchtbarwar. Ich will daher an manchem sonderbaren Urteil, das Spi elhagen^''^) in
seinem Buche „Finder und Erfinder" zum besten giebt, z. B. über Immermanns „Oberhof",
über G. Freytag, gegen den er durchavis ungerecht ist aus Parteinahme für Gutzkow
und leider auch aus andern Gründen, nicht weiter Kritik üben. Der Vergleich des
S. sehen Werks mit „Dichtung und Wahrheit" drängt sich unwillkürlich, z. B. bei S.s
um d. deutsche Sprache u. Litt: StMBCO. 10, S. 1-68. — 50) Th. Unruh, Studentenbriofe aus Halle v. .1. 1789. E. Säkular-
Erinnerung: NorddAZgS. N. 7. — 51) Eugen Wolff, Eutiner Findlinge: VLG. S. S. 541—55. (Ausser d. oben erwähnten e.
Brief Lavaters an Hellwag, März 1777. «her d. Wert d. Physiognomik; e. Brief A. W. Schlegels an H. Voss jun. v. 2. Okt. 1807
Über V.s Uebersetzung v. „Lear" u. , Othello"; e. Dank Oehlensclilägers. 26. Juli 1810, an Voss jun. fUr Hilfe bei seiner Selbst-
Ubersetzung.) — 52) (i. Ellinger, Viktor Hehn: Nation". 7, S. 654/7. (Giebt e. liehe- u. verständnisvolle Analyse d. Haupt-
werke Hehns u. wttrdigt seine Individualität gerecht.) — 53) L. Geiger, Victor Hehn. E. Gedenkblatt: AZg". N. 73. (Berück-
sichtigt namentlich Hehns Verhältnis zu u. seine Arbeiten Über Goethe.) — 54) -y-, Victor Hehn: ib. N. 84. (Hauptsächlich tiber
Hehns Lebensschicksale u. über seine Schätzung d. klass. Altertums.) — 55) Briefe Victor Hohns r. 1876 bis zu seinem Tode
23. März 1890 an seinen Freund H. Wichmann. Stuttgart, Cotta. IV, 203 S. M. 3,00. — 56) X I-'- Michaelis, Selbstbiographie
d. Andreas Hintzel: KBlVSiebenbLK. 13, S. 98—102. (Aus d. „Stammbuch" e. in Duisburg u. Helmstädt studierenden Sieben-
blirger Theologen; unbedeutend.) — 57) X R- K-. Aus d. Denkwürdigkeiten e. tapferen deutschen Frau : SchlesZg. N. 43, 49, .58. (Aus-
züge aus d. bekannten Reise- u. Kriegsschilderung d. Freifrau Friederike v. Kiedesel, die 1776 ihrem Manne nach Nordamerika
folgte, wo er d. braunschweigischen Hilfstruppen befehligte; kaum hergehörig.) — 58) F. Spielhagen, Finder u. Erfinder.
44 IV,1: G. Roethe: Allgemeines des 18./10. Jalirhnnderts.
Spinozastudien, und sehr zur Ungunst des Modernen auf. Wie arm, farh- und interesselos
erscheint S.s Milieu; wie nüchtern fasst er es auf; seihst die Revolutionstage machen
nur zum kleinen Teil eine Ausnahme; wie schädigt er sich durch eine mattherzige
Diskretion, zu der der Selhstbiograph kaum mehr das Recht hat; wie ist Goethes köst-
liches Werk zugleich typischer und individueller; \ind wie unendlich vor allem überragt
es den jüngeren Dichter durch geschichtliche Selbsterkenntnis, durch historischen Blick !
Dass es S. an diesem fehlt, ist der Grundfehler des Buches: er würde uns die platte
Bekämpfung des Heroenktilts wohl geschenkt haben, wenn er für die treibenden Kräfte
der Geschichte mehr Verständnis besässe. Aber er dringt selbst in die litterarischen Vor-
aussetzungen seiner eigenen Dichtung so wenig ein, dass er sich über eine Kritik lustig
macht, die offenliegende, natürlich ihm unbewusste, mittelbare oder unmittelbare Zusammen-
hänge aufdeckt. Das Werk schliesst schon beim Erscheinen der „Problematischen Naturen"
und giebt einige fragmentarische Fingerzeige für das Verständnis dieser und seiner
früheren Arbeiten, vor allem „Clara Vere". Die zahlreichen ästhetischen Exkurse des
Werks gehören trotz einer gewissen, fast jugendlichen Naivität zu den besseren Partien :
da spricht er über Humoristen und Naturalisten, über den Humor, über Realismiis und
Idealismus, über den Essay, vor allem übt er eine ausführliche, aber leicht zu wider-
legende Kritik an Schillers Schrift „lieber naive inid sentimentalische Dichtung". Dazu
einige hü})sche Porträtstudien, die Bilder des Schulfreundes A. Mecklenburg, der Studien-
genossen Schurz, Strodtmann, von dem wir ein sonderbares Revolutionsdrama kennen
lernen, des Redakteiirs Eichholtz; weiter einige gelegentliche Notizen über Freiligrath,
Gutzkow, A. V. Sternberg, und der dem Litterarhistoriker wertvolle Inhalt der Bände
ist erschöpft. — Erheblich unergiebiger noch ist freilich der erste Band von Dalins''^)
„Erinnerungen", da er in ermüdender Länge nur bis an das Ende der Schuljahre führt
imd sich wesentlich damit beschäftigt, den Zusammejihang zwischen den Ritterspielen
der Flegeljahre und den Ritterromanen und -dramen des Mannes vor uns auszubreiten.
Mehr als die Proben und Mitteilungen von allerlei Jugenddichtung berührt uns liier die
kurze Notiz über Dramenvorlesungen, die Ernst v. Schenk, Laube, Gutzkow u. a. vor
dem Vater Regisseur gehalten haben. — Einen ganz andern Charakter tragen die Memoiren
Bodenstedts und Wehls, denen es beiden nicht in erster Linie darauf ankommt, das
eigene Werden zu schildern, die vielmehr das Denkwürdige, das sie um sich sehen, in
den Vordergrund ihrer anspruchsloseren Berichte stellen. So führt uns Bodenstedt*^o~)
von München, wo er Göires auf dem Katheder, Fallmerayer durch nahen Verkehr kennen
lernt und sich von Dr. Kolb, dem Redakteur der Allgemeinen Zeitung, Heines Begabung
und Lust zu einer Münchener Professur entwickeln lässt, nach Escheberg, a\if das Schloss
des aus Geibels Biographie wohl bekannten Barons von Malsburg und weiter nach
Italien (1847 f.); hier trifft er auf der Reise W. Alexis und G. v. Putlitz und zu Venedig
in sonderbar imponierender politischer Rolle den unfruchtbaren Jungdeutschen Heinricli
Stieglitz. Als Redakteur des „Lloyd" nach Triest und dann nach Wien übergesiedelt,
erlebt B. in unmittelbarster Nähe die Schrecken der Oktoberrevolution: in ihren Graus
mischen sich Berührungen mit dem Philosophen Stirner, dem Sprachforscher Schleicher,
mit Berthold Auerbach, der einen dramatischen „Andreas Hofer" plant, und endlich mit
dem pe.ssirnistischen Dichter Hieronj'^mus Lorm; gastliche Häuser Berlins durchstreift
der Schlussabschnitt des Bandes. — Formloser, halb Tagebuch, halb Briefsammhuig,
aber stofflich reichhaltiger als alle die besprochenen Werke stellen sich Wehls*'!)
Aufzeichnungen „Zeit und Menschen" dar. Sie reichen von 1863 — 84; da sie aber
überall da zurückschauend Halt machen, wo der Tod einer interessanten Persönlichkeit
gemeldet wird, mit der W. irgendwie in Berührung gekommen ist, über die er etwas
zu sagen hat, da sie dann auch wohl auf lange Strecken durch Briefe des Gestorbenen
unterbrochen werden, so führt das Werk gerade mit seinem wertvollsten Inhalt in eine
erheblich früliere Zeit zurück. Die litterarischen Anekdoten, die befangenen politischen
Urteile, die W. auftischt, geben dem Buche seine Existenzberechtigung nicht, auch nicht
das fast chauvinistische Schelten auf die Vorliebe der Deutschen für ausländische
Dichtung, ein Schelten, das man dem wenig erfolgreichen Autor zu Gute halten mag,
auch nicht die allerdings erbaulichen Erfahrungen, die W., der Nicht-Schwabe, als
Stuttgarter Intendant selbst mit Männern wie Vischer auszukosten hatte. Besser aber
steht es mit den zahlreichen Porträtstudien nach dem Leben, die den Kern des Werkes
ErinneronKen aus meinem Leben. 2 Bde. Leipzig, Staackmann. XII, 404 u. XI, 447 S. M. 10,00. — 59) Felix Dahn,
Erinneninxen. 1. Buch. Bis z. Universität (1834—50). 3. Aufl. Mit d. Bildnis d. Vf. Leipzig. Breitkopf & Härtel. 322 S. M. .5,00.
— 60) F. BodenKtedt, Erinnerungen aus meinem Leben. Berlin, Allg. Verein f. deutsche Litteratur. IV. 3(i8 S. M. B,00.
IIF. Walther: BLTI. S. .552/3; TglBsi:. N. 148; NWIlrzburgZg. N. 302; DeutsehZg. N. 6640; VossZg. N. 297; AZg. N. lo«;
NatZg. N. 345; I)ida»k. N. 108; HainbCorr. N. 258; KönigsbHZ. N. 15|7.]| — 61) F. Wehl, Zeit u. Menschen. Tagehuch-
Aufzeichnungen ans d. .laliren von 1863 bis 1884. 2 Bde. Altona. Reher. 188». III, 3.32 u. 315 S. .Teder Bd. M. .H,60.
(Ausser d. im Text erwahnf/en L'rtoilo Wehls u. Dawisons über Kleists „HerinHnnscIilBoht", Notizen über Tiecks „Vogelscheuche",
die K^KP'i Theodor Hell gemllnzt war, Über Lessings u. Schillers Bemühungen fllr e. Nationaltheater, Heineanokdoten u. a.) —
1V,1: G. Roethe: Allgemeines des 18./19. Jahrhunderts. 45
aiismachen: der gebildete Litterat, der zudem stets in regen Beziehungen zum Theater
lebte, hat wirklich viel bemerkenswerte Leute kennen gelernt und ihre Persönlichkeiten
gut aiifgefasst, während freilich die litterarische Charakteristik weichlich imd unsicher
gerät, dazu in unverständlicher Abhängigkeit von E,. Gottschall sich bewegt. Ich weise
hier hin auf die Bemerkungen über Otto Ludwig, dem W., die Krankheitshemmungen
allzu stark betonend, nicht gerecht wird, auf das Bild Julius Mosens, der namentlich
auch als Dramatiker geschildert wird, auf die warme und interessante Würdigung des
Lyrikers Prutz („Aus goldnen Tagen") und des Dichters der „Heroldsrufe", Geibel;
Laube wird wegen seiner Vorliebe für das französische Theater getadelt, Kinkel unbe-
greiflich überschätzt, Dingelstedt zu misstrauisch beurteilt; Klara Mundt (d. i. Luise
Mühlbach), die Tiecks „Rothkäppchen" in ihrem Hause zur Aufführung bringt, kommt
besonders schlecht fort, doch wird W. hier durch seine kritiklose Wertschätzung Varn-
hagens immerhin mitbestimmt; auch von Grillparzer, „dem Mörike des Dramas", von
L. Pfau, Gerstäcker, Hoffmann v. Pallersleben, Grün, Freiligrath, Beck, K. v, Holtei,
Mosenthal, Charlotte Stieglitz, dem Botaniker und Dichter Schleiden, von Auerbach,
Edmund Höfer, den Schauspielern Marr, Emil Devrient, C. A. Görner, dem Kritiker
Uhde bekommen wir Skizzen; immer wieder führen W. seine Erinnerungen zu Gutzkow
hin, dessen Gestalt auch hier massgebender hervortritt, als wir es ohnedem annehmen
möchten; seine Herzensbeziehungen zu Therese von Bacheracht hat W. aus nächster
Nähe kennen gelernt, sein „Dionysius Longinus" ist ihm der „furchtbare Wehschrei
eines rasenden Aias", sein polemisches Verhältnis zu Preytag beurteilt auch W. allzusehr
von Gutzkows Standpvmkt. Durch reichliche, meist lesenswerte Briefmitteilungen werden
die Schilderungen Moritz Hartmanns, von dem W. ein Urteil über Mörike wiedergiebt,
Glasbrenners, Brachvogels (die Briefe gelten meist den dramaturgischen Arbeiten),
Dawisons u. a. illustriert; besonders lange Briefreihen kommen von zwei Prauen, von
Charlotte Birch- Pfeiffer und von Ludmüla Assing, zum Abdruck, zu denen beiden W.
in freundschaftlichem Verhältnis stand. Die Briefe der Birch berichten über ihre Theater-
erfolge, über ihren bekannten Zank mit Auerbach aus Anlass von „Dorf und Stadt",
über das Berliner Repertoir, die Litendantur Hülsens; ungleich interessanter als die
Herzensergüsse der guten Prau, der man nicht glaubt, wenn sie einmal Memoiren aus
giftgetränkter Peder verheisst, sind die Briefe Ludmillas, die wohl auch W.s viel zu
günstiges Urteil über den charakterlosen Varnhagen bestimmt hat; das Geplauder
dieser Briefe berührt z. B. Gottfried Kellers „Grünen Hehiricli", den Romancier
Sternberg in seiner Berliner Geselligkeit, namentlich und wiederholt in fesselnder
Detailmalerei die ewig junge Bettina, deren naive Lebensfrische im Alter uns um so
deutlicher sich aufdrängt, je weniger Verständnis Ludmilla für sie besitzt. — Die Jugend-
erinnerungen des Preiburger Stadtpfarrers Hansjakob^^), wohlthuende Bilder aus dem
Kindertreiben eines weltentlegenen süddeutschen Gebirgsstädtchen, deren gemütlich
warmem Ton die zuweilen etwas schwerfällige Schreibweise des Vf. eben so wenig
.schadet wie seine ausgesprochen katholische Gesinnung, halten sich doch so geflissentlich
in der engen Sphäre eines fast dörflichen Kleinlebens, dass sie sich mit unsern Interessen
kaum irgendwie berühren ; nur auf ein paar Dreikönigslieder, auf ein Rudolfslied und auf
etwas veraltete Kinderlitteratin-, wie Volksbücher, Gottbüchlein u. ä. kommt H. mit Liebe zu
sprechen. — Dass ein Weimarer Stadtkind uns mehr zu erzählen hat, als der Haslacher
Bäckersohn, ist selbstverständlich. Schwabes^ä) ^^Harmlose Geschichten" stehen Hans-
jakob schriftstellerisch unzweifelhaft nach, bringen auch allerlei unbedeutenden Klatsch
und gleichgiltige Anekdoten. Aber der Mann hat in der Schule von Böttiger Schillersche
Balladen vor dem Druck vorlesen hören, hat in Wielands und Herders Hause mit
ihren Kindern gespielt, und seiner Mutter hat Goethe einmal ein Gedicht einstudiert.
So blättert man das bescheidene Büchlein gerne und dankbar durch: dem Epigonen-
geschlecht thut's doch wohl, von vergangener grosser Zeit zu hören, imd wenn es das
Kleine und Aeusserliche ist. Der Goethe geweihte Abschnitt erläutert an zahlreichen,
meist bekannten. Geschichtchen das Wort des Bergbeamten Mahr: „0, er war die
Liebe selbst", ein Thema, das heute zum Glück nicht mein- so umstritten ist, wie noch
vor Jcurzem. Ueber Schillers Totenfeier wiederholt S. kurz eigene frühere Mitteilungen ;
über Karl Augusts derbe Einfachheit, über den sonderbaren Prinzipienreiter Riedel, den
Erzieher der Prinzen, über Napoleon in Weimar, über Reinhold und Luden in Jena
kramt er allerlei Quisquilien aus, die kein Interesse hätten, wenn sie nicht auf die
grosse Zeit, in das alte grosse Weimar zurückwiesen. —
Was dieser litterarischen Grossstadt und ihrer klassischen Epoche gilt, hat
unter allen Umständen ein mehr als örtliches Interesse, während litterarische Einzel-
arbeiten über die Litteratur selbst von Wien und Berlin bis in den Anfang unsers Jh.
62) H. Hansjakob, Aus meiner Jugendzeit. 2. verb. u. erweiterte Aufl. Heidelberg, Weiss. VIII, 287 S. M. 3,20, gebd. 4,00. —
63) J.Schwabe, Harmlose Oescliichten. Erinnerungen e. alten Weimaraners. Frankfud a. M., Diesterweg. IV, 215 S. M. 2,40.
46 IV,1: G. Roethe, Allgemeines des 18./19. Jahrhunderts.
sich über den Charakter der Lokalgeschichte kaum herausheben. Sie führen zmiächst
nach Oesterreich. iHiX) war es hundert Jahre her, dass Joseph IL starb, ein Ereignis,
das seiner Zeit merkwürdig wenig Erregung liervorrief, wenigstens nach den Journal-
stimmen und Briefen zu urteilen, die üuglia**^) zusammenstellt und unter denen
Wielands „Teutscher Merkur", Schlözers „Ötaatsanzeigen", Boies „Neues deutsches
Museum", Männer wie Jacobi, (i. Eorster, J. v. Müller vertreten sind, Ueber die Zeiten
der krassen Aufklärung war man 1790 doch so weit hera\is, dass man das systematische
Denken und Verfahren dieses aufgeklärten Despotismus als willkürlich und künstlich
empfand. Wie selbständig und bewusst im System der Kaiser oft über die Köpfe der
Hofkanzlei hinweg entschied, lehren wieder Gr. Wolfs t^^) „Joseiina", Mitteilungen aus
den Akten der Josephinischen Regierung: sie lehren zugleich, wie abgeneigt im Grunde
Joseph trotz aller Toleranz wirklicher Religionsfreiheit, wie entschieden fromm er war
und wie schnöde er über Dichter und Gelehrte dachte: er gab sehr strenge Censur-
vorscliriften ; Sonnenfels wird z. B. angewiesen, das Extemporieren der Wiener Schau-
spieler im Theater zu überwachen und zu verhindern. Dass es zwei Decennien
später in Wien mit den Censurverhältnissen nicht besser stand, zeigt uns Wertheimer"*» j
im zweiten Bande seiner sonst rein politischen „Geschichte Oesterreichs und Ungarns
im ersten Jahrzehnt des 19. Jh.": der enge und finstere Geist der Wiener Censur von 1807,
die an der „Recensurierung" noch dazu das Mittel besass, selbst ein bereits durchgelassenes
Werk nachträglich zu fassen, erschwerte, belustigend genug, sogar dem bestens an-
geschriebenen Renegaten F. Schlegel seine Vorlesungen und gestattete den Ovid nur
in castigierten Ausgaben ; den Ungarn, bei denen deutsches Theater und deutsche Litte-
ratur wenigstens in Pest unbestritten herrschte, wurde der sonst beliebte Besuch Jenas
verboten, weil der Atheist Fichte dort lehre usw. Unter diesen Umständen spielten
Dichter und Gelehrte in Oesterreich nicht entfernt die Rolle bei der Erhebung gegen
Napoleon wie später in Preussen: nur Collins „Wehrmannslieder", die selbst in den
Theatern gesungen wurden, treten hervor. —
Andere Arbeiten betreiFen Süddeutschland und die Schweiz. Den
Münchener Staatsmann J. H. v. Schenk, den Freund Jacobis und Mitarbeiter sehies
„Woldemar", der Bayern gern, aber ohne Napoleons Diktatur, zum modernen Staat
umgeschatfen hätte, schildert kurz Hei gel **''), die litterarischen V^erhältnisse Basels,
das sich in den siebziger Jahren des vorigen Jh. unter Sprengs, Iselins und Sarasins
Einfluss von den französischen Frivolitäten zu ernsterer deutscher Litteratur bekehrte,
skizzierte Wieland^s). — Von neuerer schwäbischer Dialektdichtung in Prosa gab
Flaischlen**^) eine hübsche, mit Inhaltsangaben und Proben reich ausgestattete Zu-
sammenstellung, der er ein paar allgemeine Bemerkungen über mundartliche Litteratur
beifügte: es bedürfe für sie keiner philologisch konsequenten Durchführung einer ganz
bestimmten Mundart; in ihr müsse das kulturhistorische Element besonders stark sich
geltend machen; dass Humor und Satire überwiege, sei begreiflich, schliesse aber den
Ernst nicht aus. Li den Prosafarcen S. Sailers findet F. nur Witz und Derbheit, keine
gemütliche Versenkung in die Volksart. Diese besitzt dagegen vollkommen G. F. Wagner,
der sehi- wertvolle und lebenswahre dramatische Satiren auf bäuerliche Selbstverwaltung
geschafien hat; in ihnen erörtert er die grosse Frage „Ist das Volk mündig?". Joh. Neil' len,
der „Vetter aus Schwaben", brachte zu seinen satirischen Skizzen aus dem Bauerleben
oft gute Beobachtung, nie aber künstlerische Gestaltungskraft mit; voll Verständnis
für die Bedürlhisse der Bauern hält Dreisler seine „Dorfpredigten", die, gemütvoll und
fein, doch den Charakter echter Volkstümlichkeit tragen ; den Schluss bilden F. Th. Vischer
mit sehiem Scherze „Nicht I a", in dem ein unanfechtbares Honoratiorenschwäbisch
gesprochen wird, und die etwas eintönigen Novellisten K. und R. Weitbrecht. — In
die Tage der zweiten französischen Herrschaft hi Mainz führt uns Bockenheimers''0)
umfassendes Werk, das freilich nur von Lähmung des Zeitungsw^esens, des Buchhandels,
des Theaters (S. 114 ff".), von thörichter Centralisierung des Schulwesens (S. 290),
von wertlosen Spottstücken auf Geistliche (S. 241) zu berichten hat und höchstens noch
beiläufig mit der Biographie des charakterlosen politischen Schriftstellers A. G. F. Rebmann
(S. 240 ü'.) hierher gehört. —
Nach Norddeutschland leitet die mit hübschen Bilderchen geschmückte,
begeisterte Schilderung Jenas des alten Burschenschafters Kein'), der in Jena
[[Gegenwart S. 349; FZg. N. 293.] | — 64) E. Guglia, D. Thronwechsel v. 1790 u. d. öffentliche Meinung in Deutsch-
land: AZ". N. 54/5.]i — 65) G. Wolf, Joseiina. Wien, Holder. IV, 128 S. M. 2,40. |[M(arcus) L(andau): AZ. N, HIB;
Th. Tupetz: HZ. 68, S. 137.]| — 66) E. Wertheimer: Gesch. Oesterreichs u. Ungarns im 1. Jahrzehnt d. 19. Jh. Bd. 2:
V. Pressburg bis Schönbrunn. Leipzig, Duncker & Humblot. XXH, 441 S. M. 10,00, cpl. M. 18,00. |[Th. Tupetz: HZ. 68,
S. 143/4. — 67) Heigel, J. H. Ritter v. Schenk: ADB. 31, S. 47/9. — 68) C. Wieland, Einiges aus d. Leben zu Basel
wkhrend d. 18. Jh.: BaselerJb. S. 170/218. (Ueber Basler Zeitungen S. 198; J. J. Spreng gegen allzulange Predigten S. 209.) —
69) C. Flaischlen, «euere schwäbische Dialektdichtung. Prosa: LBSW. S. 81— 97, 137—44. - 70) K. G. Bockenheimer,
Gesch. d. SUdt Mainz wahrend d. zweiten französischen Herrsehalt (1798— 1Ö14J. Mainz, Kiipforberg. VIll, 44t5 S. mit Plan u.
2 Hlustr.-Tafeln. M. 6,50. - 71) R.Keil, Jena. Z. 75j. Burschenschaftsjubiläum : FelszMeer. 1890/1. S. 9— 19. — 72) R.
IV,1: Ct. Koetlie, Allgemeines des 18./19. Jahrhunderts. 47
einen Hort akademischer und geistiger Freiheit feiert und diesen Ruhmestitel schon durch
ein Gediclit von 1763 belegt; unter den Lehrern der Blütezeit wird K. L. Reinhold als
Begründer der Bedeutung Jenas gerühmt; das Lob Jenas wird auch iuBriefenA.v. Humboldts
und Arndts an den Vf. gesungen; über die Wohnungen berühmter Jenenser, vor allem
Schillers, bringt K. nur das Bekannte. — In einer ganz ähnlich angelegten Skizze Euthis
gedenkt Hell wag '^2) des regen geistigen Verkelu's, der zu den Tagen von Stolberg und
Voss das Städtchen berühi'te, und schildert, durch Abbildungen unterstützt, die Häuser
der hervorragenden Eutiner sowie das Prinzenholz, den • Schauplatz der „Luise". —
Ueber Oldenburg "'S ) und Halle -Magdeburg ''4 ) führt uns der Weg weiter nach
Berlin ''5), dem einzigen Ort, dessen Lokalforschung im Jalu-e 1890 der Litteratur-
geschichte etwas reicheren Ertrag gebracht hat. Dem hübschen, kurz zusammenfassenden
Bilde, das Geiger'^'ß) von dem Berlin des Jahres 1788 entwirft, hätte ich freilich eine
minder freundliche Beleuchtung der Berliner Aiifklärung gewünscht, als sie namentlich
in dem Abschnitt über das Religionsedikt und die dadurch veranlassten Scliriften (von
Würzer, Schulze; Bahrdts dramatische Satire) sich fühlbar macht. G. schaut nach allen
Seiten iim, lässt uns einen Blick in die harmlosen Zeitungen thun, teilt ims gleichzeitige
Beschreibungen des Berliner Lebens mit (eine sehr feindlich gehaltene Ch. v. Stolbergs),
begleitet den Berliner in seine Assembleen (Montags- und Mittwochsgesellschaft), be-
gleitet ihn in seine Vergnügungen, namentlich also ins Theater, von dessen Durch-
schnittskost er Proben giebt: er belegt dabei die lehrreich laue Aufnahme, die man
Schiller und Goethe in dieser Metropole der Aufklärung gewährte. — Wie sich das
Bild der Hauptstadt dem Volke darstellte, lehrt die kleine Sammlung von allerlei Liedern
auf und über Berlin, die Bolte'''') aus Einzeldrucken der Meusebachschen Bibliothek
zusammenbrachte, uns aber leider in usum delphini bis auf acht Nummern verkürzte:
die Lieder reichen von 1790 bis 1840; G.s Aufsatz findet namentlich Ergänzung in den
wundersamen Schilderungen der Berliner Landpartien (7) und des Stralauer Eischzugs (8j,
deren bunter sachlicher Inhalt für den geringen poetischen Wert entschädigt; in dieser
Hinsicht stehen höher die Abschiedslieder, zumal „0 Berlin, ich muss dich lassen" (3),
das freilich auch jeder andern Stadt gelten könnte, während N. 4 „Von dir muss ich
scheiden, prächtiges Berlin" das prononcierte Lokalkolorit trägt. N. 5 „Unter den Akazien
wandeln gern die Grazien" gehört nicht eigentlich her, da es F. H. Bothe zum Vf. hat. —
Nicht auf volkstümliche Dichtung beschränkt sich das hübsche Berliner Gedichtbuch,
das uns Geigers'''^) bewährter Sammelfleiss für die Zeit von 1763 — 1806 darbietet.'^)
Wenn ich es auch bedaure, dass G. charakteristische Gedichte (wie die von Schmidt-
Werneuchen u. a.) lediglich darum vollständig ausschliesst, weil sie bereits anderweitig
neu gedruckt sind, so ist, dank zumal der Göritz-Lübeckschen Sammlung und dem vxm-
sichtigen Spürsiini des Herausgebers, das Bild noch immer reich und rund genug aus-
gefallen, das sich uns von der Berliner Poesie jener Tage hier aufrollt. Der Geist
Friedrichs des Grossen herrscht noch bis zuletzt mit überraschender Kraft; erst die
Katastrophe von 1806 hat da auch litterarisch Wandel geschaffen. Der Ton schwankt
zwischen leerem Pathos, stumpf witzelnder Satire und einem sehr platten Humor: ob-
gleich die besten Berliner Dichter der Periode vertreten sind, namentlich Moritz, Spalding,
Gedicke, Göckingk, Held, der Reimprediger N. Baumgarten, K. G. v. Raumer, Müchler,
F. Schlegel, C. L. v. Klenke, Raufseysen, Burmann, Jenisch, Cranz, J. F. Reichardt,
Bernhardi u. a., von Nicht-Berlinern Conz, Pfeffel, Gleim, Tiedge, so steht doch das
poetische Niveau dieser Gedichte erschreckend, fast anachronistisch tief: ein paar Strophen
von Moritz bilden neben einigen anspruchslosen anonymen Scherzen das einzig Erträgliche ;
die Berliner Aufklärung ist eben nichts weniger als poetisch oder auch nur geistvoll.
Um so reicher ist der kultur- und lokalhistorische Wert der Sammlung, deren einzelne
Stücke der kundige Herausgeber in der Vorrede mit gut orientierenden Bemerkungen
begleitet: in sie hat er auch einige, für den Text nicht geeignete Strophen (z. B. auf
Madame Schuwitz) aufgenommen. Er beginnt mit „Königsliedern ": auch Friedrichs
des Grossen Nachfolger werden immer im stillen Hinblick oder unter ausdrücklichem
Hinweis auf den grossen Vorfahren gefeiert: sein Geist, den Rückert bald auf die Wetter
der Freiheitsschlachten herniederschauen Hess, muss hier (N. 6) eine Revue Friedrich
Hell wag, Bilder aus Eutin mit Originalzeichnungen, ÜL&M. 64, S. 787/9. — 73) X A. Sehwartz, D. litt. -gesellige Verein
in Oldenburg. Denkschr. z. 50j. Stiftungsfeste. Oldenburg u. Leipzig, SchulzescLe Hofbuehhandluug. 1889. 68 S. M. 0,60.
(Gesch. d. v. Stahr uiitbegrlindeten Vereins; S. 13 e. B'estgruss v. J. Mosen z. Schillerfeier 1859.) — 74) X A. Chuquet,
Kulturbilder aus d. Zeit der Aufklärung: ECr. 24, 1, S. 34/5. (Kurze Inhaltsangaben v. Kaweraus Büchern „Aus Magdeburgs Ver-
gangenheit" u. „Aus Halles Litteraturleben"). — 75) X Dr. E. K.: Aus Berlin in d. 40er u. 50er Jahren : TglRs». S. 14/5, 17/8.
(Excerpte aus d. auf Berlin bezügl. Partien v. Wehls „Zeit u. Menschen", vgl. N. 61.) — 76) L. Geiger, Berlin vor 100 .Jahren.
Vortr. gehalten 6. Dez. 1888 im Verein d. jungen Kaufleute Berlins. (= Vorträge u. Versuche. S. 153—92. Dresden, Ehlermanu.
318 S. M. 5,00. |[D. Jacoby: DLZ. 10, S. 1801 ; K. E. Franzos: DDichtung. 8, S. 1 ; A. Chuquet: RCr. 24, 1, S. 474.]|)
— 77) J. Bolte, Berlin in d. Volksdichtung: MVOBerlin». S. 77—82. — 78) Berliner Gedichte 1763—1806 gesammelt u. her.
V. L.Geiger. (= Berliner Neudrr. 2. Serie, Bd. 3.) Berlin, Gebr. Paetel. LVI, 197 S. M. 6,00. |[L. Fränkel, BLU. S 516/7;
N&S. 55, S. 151; NPreussZg. N. 273.] | — 79) X — rt— , Berliner Poesie vor 100 Jahren: TglKs''. S. 485/7. (AustUhrl. Referat
48 IV, 1: G. Roethe, Allgemeines des 18./19. Jahrhunderts.
Wilhelms III. bewundern ; merkwürdig, wie ahnungslos friedenssicher noch ein poetischer
Glückwunsch zu Königs Geburtstag am 3. Aug. 1806 klingt (N. 9). Die „Zeitgedichte"
beginjien mit Friedensliedern (N. 1011) am Schluss des 7j. Krieges; der Befreiungs-
kampf Amerikas hat die Berliner nicht sonderlich aufgeregt, ihm gilt nur ein Sang,
noch dazu eines Nichtberliners (N. 13). Und die französische Revolution hat in den
loyalen Berlinern so ausnahmslos das Gefühl der Treue und des Unterthanenglücks er-
weckt, dass G. ein in Biesters „Berlinische Monatsschrift" aufgenommenes Gedicht
Pfeifeis (N. 14) abdrucken mussj um nur eine sympatliische Stimme zu Gehör zu bringen ;
der gegen die „Freiheitstrunkenbolde" sonst angeschlagene Ton lässt oft (N. 18 — 20) an
Derbheit nichts zu wünschen. Ein schwülstiges Gedicht F. Schlegels (N. 25) ruft zum
Anfang des Jh. in des Geistes heiigen Krieg; eine „Trost" betitelte Ode (N. 27) atmet
das volle Unbehagen und dumpfe Angstgefühl, das vor dem Geschick von 1806 Berlin
doch stärker beherrscht haben muss, als man vielfach annimmt. Die „Berliner Land-
schaft" würdigen Gedichte auf den Weidendamm, den Tiergarten (N. 28/9; Wilmsen)
u. a., die nur in ihrem pompös aufbauschenden Pathos doch den rechten Ton für solche
bescheidenen Reize verfehlen. Besonders reichhaltig ist der der „Gesellschaft" gewidmete
Abschnitt. In einem ganz netten, gesucht naiven Lied (N. 37) beschreibt Annchen von
Wensikendorf Berlins Wunder, wie sie sich dem Landmädchen darstellen; eine Satire
„Berlin" von Jenisch (N. 34) schilt auf den Schmutz der Strassen, giebt Anekdoten zum
besten, schildert, ebenso wie die „Litaney für Berlin" (N. 35), die socialen Zustände
als sehr korrumpiert, läuft aber doch in volltöniges Lob der grossen Männer Berlins
aus. Ein Abschnitt aus der „Welt im Argen" (N. 36) verhöhnt die Knaben, denen
A. W. Schlegel und Fichte den Kopf verdreht hätten. Allerlei Devisen, Reimchroniken
u. a. (N. 37 — 40) lehren uns die Personen von Stande, die Gelehrten des Montagklubs usw.,
in meist recht langweiligen und charakterlosen Versen kennen. Wie fürchterlich die Auf-
klärer im Gesangbuch von 1780 alte schöne Kirchenlieder zugerichtet haben, wird durch
Proben veranschaulicht (N. 43). Der Kaffee und Tabak, das Euphon, das Schauspielhaus
und die Luftschiffahrt, die Kuhpocken und andere „Wunderdinge unserer Tage" bilden
die Themata für weitere ernst- und scherzhafte Tagesgedichte (N. 46 — 54). Unter den
„Gedichten auf einzelne Personen" sei ausser den üblichen Trauer- und Gratulations-
oden ein satirisches Poem erwähnt, das Quintus Icilius und andere dem Beelzebub in
die Klauen fallen lässt, ferner rühmende und satirische Gedichte auf den Schauspiel-
direktor Döbbelin (N. 60), seine Tochter (N. 59), auf Fleck (N. 73), Susanne Mecour
(N. 65), die Sängerin Angelika Romberg (N. 74), ja auf Bürgers Elise (N. 78), die die
Theaterleidenschaft der Berliner kennzeichnen, hinter der selbst die Begeisterung für
Friedrichs Generale zurücktritt; Lessings italienische Reise veranlasste ein überwarmes
Epigramm (N. 56), sein Tod eine Ode von Moritz (N. 61); Glucks Tod wird beklagt
(N. G6), der Mutter Karschin widmet die Tochter ein Gedicht, wert von der Mutter
selbst geleistet zu sein (N. 69); J. v. Müller wird noch 1806 ob seiner Teutonischen
Tugend gefeiert (N. 77); mit Recht schliesst G. die Reihe durch eine Trauerode auf
Friedrich Nicolai (N. 79). Von Goethe und Schiller ist hier bezeichnenderweise nirgends
die Rede. — Eine Ode Göckingks auf Marcus Herz (N. 75) deutet, wie die preisende Er-
wähnung, die Herz und Friedländer in Jenischs „Satyre" finden, auf die aufsteigende
Rolle der Berliner Juden hin, mit deren Geschichte sich Geiger^") auch sonst mehrfach
beschäftigt hat. Namentlich in zwei Sammlungen von Kleinigkeiten 81-82) trägt er Lese-
früchte und Notizen aller Art zur Geschichte der Juden in Berlin bei. Aus der Menge
unerheblicher Einzelheiten seien heravisgegriffen die poetischen Huldigungen s-^), din-cli
die die Judenschaft dem Königshause ihre Loyalität erwies, darunter Uebersetzungen
aus dem Hebräischen ohne alle poetische Form; Schriften über den bekannten Mendels-
sohn-Lavaterschen Streit; die anspruchsvolle Empfindlichkeit, mit der sich der jüdisclie
Kritiker Herz im „freimütigen Kaffeegespräch" über die edle, aber komische Bühnen-
figur des Juden Pinkus in Stephanies „Abgedankten Offizieren" beklagt; Notizen über
jüdische Gelehrte in biographischen Werken der Zeit; eine Recension der durch Goethe
berühmten „Gedichte von einem pohlnischen Juden" in den Berliner „Mannigfaltigkeiten",
luid anderes der Art. Den späteren grossen Aufschwung, den das jüdische Element in
der guten Berliner Gesellschaft nahm, berührt nur von ferne ehie Lebensskizze des
Kunstsammlers Moritz Robert-tornow **), eines Bruders der Rahel, der, zum Teil in
Varnhagens Begleitung, nach Italien gereist ist und dort den Grund zu seiner Kunst-
liebhaberei gelegt hat. —
Über N. 78.) — 80) X L- Geiger, Briefe v. Lazarus Bendavid an J. J. Bellermann: ZO.Iuden. 4, S. 75—86. (Unbedeutend;
beleuchtet d. Verkehr, d. Bellermann mit jüdischen Gelehrten unterhielt, u. fragt nach, wo wohl d. Naehlass v. Marcus u. Henriette
Herz u. a. geblieben sein könne.) — 81) id., Kleine Beitrr. z. Gesch. d. Juden in Berlin (1700— 1817): ib. S. 29— 65. |[ROr. 24, S. 59.]|
— 82) id., Mitteilungen aus Berliner Zeitungen, Zeitschriften u. BrochUren (1741—1830): ib. S. 289— 300. — 83) id., Empfang d.
Prinzessin (späteren Königin) Louise durch d. Berliner Judenschaft: ib. S. 370/72. (Darin wertlose Gedichte D. Friedländers.) —
84) W. Kobert-t.irniiw, Ferdinand Robert-tornow, d. Sammler u. d. Seinigen. E. Bcitr. z. Gesch. I'.mlins: DRs. 65, S. 428—4«. —
IV, 1: Gr. Roethe, Allgemeines des ]8./l^. Jahrhunderts. 49
Die Zeitungen 85-86^ ^^(j Wochenschriften, die in Berlin spät und anfangs
unbedevitend auftraten, werden von Geiger ^7) in ihrer allegorisierenden und morali-
sierenden Lehrhaftigkeit („Das moralische Fernglas", „Der Weltbürger") kurz und flott
charakterisiert. — Den Inhalt, den Zeitschriften vor 100 Jahren hatten, erörtert eine
Plauderei Gviglias s^), die von der Gründung eines Journallesezimmers in Frankfurt a. M.
1788 ausgeht, an einzelnen Beispielen, dem „Joiirnal von und für Deutschland", dem
„Deutschen Museum", dem „Deiitschen Merkur" ; uns fällt auf, dass weder die französische
Revohition noch auch unsere Klassiker in diesen Blättern auch nur entfernt die Be-
vorzugung finden, die wir erwarten möchten. — Der Entwicklung des Zeitungswesens
in einem einzelnen Orte, in Luzern, widmet Albisser ^9) eine nützliche Studie: er
begleitet es von Hautts „Lucernerischer Dienstags-Zeitung", die der bayerische Erb-
folgekrieg 1743 hervorrief und die reich war an Rätseln in Gedichtform, bis zu den
Zeitungen der Helvetik, unter deren Regime das gut unterrichtete und von Pestalozzi
gilt redigierte, aber unpopuläre offizielle „Volksblatt" und der von Zschokke in sehr
glücklich volkstümlichem Tone geschriebene „Schweizerbote" entstanden; die etwas
jüngere „Helvetische Zeitung" brachte 1799 ein lateinisches Gedicht von Denis auf die
Schlacht bei Abukir. —
Unter den biographischen Abrissen, die P\iblizisten90-92 j (j^r Epoche ge-
widmet worden sind, hebe ich hervor Pröhles ^3) Biographie des betriebsamen Heraus-
gebers und höchst untergeordneten Kritikers Schmid (des Giessener Schmid), die un-
verhältnismässig ausführlich seine Jugend behandelt, dagegen sein Verhältnis zur Firma
Dodsley, die auffallenden Uebereinstimmungen seines Leipziger Musenalmanachs mit dem
Göttinger nur eben streift; von Biedermanns^*) Lebensskizze des Vielschreibers und
Musikschriftstellers Rochlitz, des Begründers der „Allgemeinen musikalischen Zeitung",
dessen Beziehungen zu Goethe berührt werden; Schlossars^^) gerechte Charakteristik
des widerwärtig geschmacklosen Witzbolds und heinisch sentimentalen Lyrikers Saphir,
dessen kulturhistorisch interessante Erfolge eben nur den niederen Stand der damaligen
österreichischen Bildung kennzeichnen; vor allem aber die eingehende treffliche Würdi-
gung, die Frensdorff^ö) dem Göttinger Historiker A. W. Schlözer zu teil werden Hess.
Seine „Staatsanzeigen" bildeten geradezu eine von ausgezeichneten Korrespondenzen
bediente, höchst verbreitete und einflussreiche Zeitung, die als der ersten eine sich auf
Leitung imd Verwertung der öffentlichen Meinung verstand. Schlözer war ein harter,
trotziger Mann, wie das ja auch in seinen Streitigkeiten mit Herder und Kästner her-
vortrat, ohne jedes Verständnis für Kunst und schöne Wissenschaft, von einer geradezu
feindseligen Abneigung gegen das Griechentum; doch war es ungerecht, wenn Goethe,
der ihn nach Julian Schmidt im Schuhu der „Vögel" gemeint hätte, seine Zeitung
die Unternelimung eines schlechten Menschen schilt; das Urteil erklärt sich nur daher,
dass es eben noch aus der ersten Kindheit der politischen Zeitungen herstammt. —
Dass die Zeitung eine Macht sein könne, erkannte der Realist Friedrich der
Grosse mit seinem scharfen Thatsachenblick sehr schnell, und entschlossen ward er
selbst zum Zeitimgsschreiber. Scheele 9'^) hat im Anschluss an Droysen eindringend
den Anteil untersucht, den der König an den „Lettres d'un officier prussien", den in
seinem Auftrag in die Presse lancierten Berichten vom Kriegsschauplatz, genommen
hat; von den Briefen über den ersten schlesischen Krieg nimmt er ausser den schon
von Droysen bemerkten noch die Briefe 17 und 18 für Friedrich in Anspruch; auch aus
dem zweiten schlesischen Krieg heraus war der König an mindestens 22 lettres be-
teiligt oder ihr Vf. Die Briefe, die die Briefform übrigens nicht streng festhalten, haben
die allsgesprochene Absicht, die durch österreichische Lügen irregeführte öffentliche
Meinung Europas zu berichtigen. Diese Absicht bringt eine gewisse Färbung mit sich:
so zeigen auch die Berichte aus den ernsten Tagen des ersten Krieges nie Kopfhängerei,
vielmehr ein forciertes Sicherheitsgefühl, wie es Friedrich damals in Wahrheit schwer-
lich besessen haben wird. Um mehr aber als eine leise Abtönung der Stimmung ent-
fernt sich diese relation modeste von der Wahrheit nicht, nie also von der Wahrheit
der Thatsachen, in bemerkenswertem Unterschied von der Technik der Gegenpartei.
Von der „Histoire de mon temps" unterscheiden sich die Briefe als ergänzende historische
Quelle dadurch, dass sie, ihrem Zweck entsprechend, mehr das Detail des Augenblicks,
85) X K. R. V. Görner, D. sechste Grossmaclit: DeutscheZg. 15. Apr. (Kurzer Bericht Über e. Vortrag, den G. über d. Entwicklung
d. Zeitungswesens speziell in Oesterreich geh. hat.) — 86) X K. E. Klopfer, Aus d. Reiche d. siebenten Grossmacht. Plauderei.
Didask. S. 590/1. — 87) L. Geiger, D. ältesten Berliner Wochenschriften. (= Vorträge u. Versuche. S. 88—94.) — 88) E.
Guglia, Was vor 100 Jahren in deutschen Zss. stand: FZg. N. 298 — 89) (Albisser), Z. Gesch. d. luzernischen Zeitungs-
wesens: Wöchentl. Unterhaltungen. Beil. z. LuzernTBl. N. 16—22. — 90) X R- Boxberger, J. D. Sander: ADB. 30, S. 350.
(War Mitherausgeber v. Kotzebues , Freimütigem".) — 91) X Carstens, G. B. v. Schirach: ib. 31, S. 307/8. - 92) X K-
Ho che, A. H. F. Schlichtegroll: ib. S. 484/7. (Betont mehr Schlichtegrolls eigentliche Gelehrtenthätigkeit als d. „Necrolog",
durch d. er hierher gehört.) — 93) H. Pro hie, Chr. H. Schmid: ib. S. 650/5. — 94) W. v. Biedermann, J. F. Rochlitz: ib.
30, S. 85-91. — 95) A. Schlossar, M. G. Saphir: ib. S. 364/9. — 96) F. Frensdorff, A. L. Schlözer: ib. 31, S. 567—600.
— 97) G. Scheele, D. „Lettres d'un Officier Prussien" Friedrichs d. Grossen. Strassburger Diss. Strassburg, Trübner.
Jahresberichte fllr neuere deutsche Litteraturgeschichte I (S), 4
50 1V,1: Gr. Hoethe, Allgemeines des 18./19. Jahrhunderts.
mehr l'histoire des hussards berücksichtigen. — Das schöne Werk, das Koser^s)
unserem grossen Könige widmet, verweilt in seinem ersten Halbband fast ausschliesslich
bei der politischen Geschichte : nur kurz wird S. 8 ff. Triedrichs leider französierender
Reform der Berliner Akademie, S. 34 und 53 der Anfänge seiner Freundschaft mit
Voltaire gedacht: die späteren Abschnitte werden auch für unser engeres Interesse
mehr ergeben, ^^j — Ein lebenswahres Kulturbild aus der guten adligen Gesellschaft
der Zeit entwerfen die Memoiren C. W. v. Hülsens aus seiner Junkerzeit im 7j. Krieg und
vor allem seine äusserst lebendigen und flotten Briefe an seine Braut, die uns Helene
von Hülsen^oo) zugänglich gemacht hat: liebenswürdiger, wenn auch etwas steif-galanter
Humor paart sich da mit strengem Ehr- und Pflichtgefühl; litter arisches Interesse fehlt
freilich, auch die eingelegten Verse sind meist oder nur landläufige Citate; der grosse
König steht dominierend im Hintergrund, aber doch nur in seiner Soldatengrösse. — Die
Vielseitigkeit seiner Schriftstellerei beleuchtet Merkensioi)^ ohne die Grenzen seines
Aufklärerhorizonts herauszuftililen, in der kiu-zen und flüchtigen Einleitung zu einer ganz
kleinen, nur populären Auswahl von Lichtstrahlen (noch dazu übersetzten) aus Eriedrichs
Werken: irgend welchen wissenschaftlichen Interesses entbehrt diese Auslese schon
darum, weil sie gar nicht den königlichen Denker selbst charakterisieren will, sondern
lediglich Gedanken Eriedrichs zusammensucht, die ihn noch als Zeugen für Probleme
des modernen Lebens erscheinen lassen; in der Schlussabteilung finden auch ein paar
Citate aus der Schrift „De la litterature allemande" ihren Platz. — Das unvermeidliche
Thema „Eriedrich der Grosse und die deutsche Litteratur" ^^2) ]-ia^ j^^^u auch im ver-
gangenen Jahre wieder seinen Bearbeiter gefunden, freilich ohne dabei irgend welche
Eörderung zu erfahren, Bergers^^a^ akademische Antrittsrede liest sich ganz hübsch
und enthält manche glückliche Wendung; irgend einen neuen Gesichtspunkt, auch nur
irgend eine neu verwertete Thatsache konnte ich niclit entdecken; höchstens der Hin-
weis auf Friedrichs Bedeutung für die Geschichtsschreibung, die er als Schüler Voltaires
kulturhistorisch fasste, lag nicht gleich auf der abgetretensten Heerstrasse. — Gohr^o*)
behandelt mit populär panegyrischer Rhetorik einen einzelnen Abschnitt jenes Themas,
indem er eine Parallele zwischen dem philosophischen Helden Friedrich und dem helden-
haften Philosophen Lessing mit Hervorkehrung ihrer Richtung auf Selbsterkenntnis,
Selbstthätigkeit, Selbstvervollkommnung vorträgt; die tönenden Worte verbergen doch
nicht, wie wenig scharf G., der nur aus den nächstliegenden Quellen schöpft, die philo-
sophischen Gedanken seiner Helden gefasst hat. — Eriedrichs Beziehungen zur franzö-
sischen Litteratur, speziell zu Voltaire, haben sogar mehr als Eine Feder beschäftigt.
Wychgramios) leitet die Zuneigung des Königs zum Französischen aus seinem schrift-
stellerischen Schaifenstrieb ab, den er, unfähig, sich einen ästhetisch befriedigenden
deutschen Stil neu zu schaffen, nur in der geprägten Eleganz der französischen Sprache
befriedigen konnte; er verfolgt weiter des Königs Verhältnis zu Voltaire, das nach
starken Schwankungen und Stössen in den kühleren, aber behaglichen Briefwechsel des
Alters auslief; Eriedrich missachtete den Menschen, der aufrichtig bewunderte Denker
und Schriftsteller war ihm unentbehrlich. — Ein Wandervortrag Geigers^^^) erklärt
diese Unentbehrlichkeit aus dem geistigen Boden der Aufklärung, in der sie beide
wurzeln und die sie um so sicherer zusammenführt, je mehr sie in ein jüngeres Geschlecht
hineinragen; er hebt aus dem Briefwechsel Eriedrichs mit Voltaire i^'^) Proben der über-
legenen Kritik und historischen Einsicht des Franzosen heraus; er charakterisiert die
eminente Subjektivität des Schriftstellers Friedrich, der nur von sich redet; zu dem
längst Bekannten, was meist auch Wychgram über Voltaires Sünden in Berlin mitteilt,
fügt er die auch nicht neue und sehr unsichere Vermutung, dass der eitle Franzose
daran dachte, des Königs Schwager durch die Prinzess Ulrike zu werden. —
So viel für Friedrich Frankreichs Litteratur bedeutete, seinen Deutschen wünschte
er doch eine bessere Kost, die Griechen; es ist neuerdings wiederholt betont worden,
wie grosser Anteil dem König, dessen Lebensanschauung viel mehr Antikes als Französisches
hatte, an der humanistischen Begründung der deutschen Schulbildung gebührt, an der
kurzsichtige Epigonen jetzt allenthalben so eifrig rütteln. Die Bedeutung der antiken
1889. 79 S. M. 2,00. — 98) R. Koser, König Friedrich d. Grosse. (=Bibl. deutscher Gesch. her. v. H. v. Zwiedineck-
SUdenhorst. Lief. 45/8.) Stuttgart, Cotta. 293 S. M. 4,00. |[B . . r: NFPr. N. 9280a; NatZg. N. 137; HambCorr«. N. 10.]| -
99) X C. Osthaus, Modem German Literature. Aus d. Staat Friedrichs d. Grossen v. G. Freytag, ed. by Herman Hager
Ph. D. (Lips.), Boston, Heath & Co.: MLN. 5, S. 301/3. (D. Anz. geht nur auf d. Einrichtung d. Ausgabe fllr Schulzwecke ein.)
— 100) Helene v.HUlsen, Unter Friedrich d. Grossen. Aus d. Memoiren d. Aeltervaters. 1752—73. Berlin, Gebr. Pätel. 207 S.
M. 4,00. — 101) H. Merkens, Aus d. Werken Friedrichs d. Grossen. (= Meyers Volksbücher N. 796/7.) Leipzig u. Wien^
Bibiiogr. Institut, o. J. 88 S. M. 0,20. — 102) X L- Hölscher, B. Suphan, Friedrich d. Grossen Schrift über d. deutsche
Litt.: ASNS. 84, S. 153/4. (EUhmende Inhaltsaugabe.) — 103) A.E. Berger, Friedrich d. Grosse u. d. deutsche Litt. Akadem.
Antrittsrede. Bonn, Strauss. 38 S. M. 1,00. |[BLU. S. 447; ML JA. 59, S. 472; Schirlitz: LMerkur. 10, S. 272; Geiger:
AZ. N. 305».] I — 104) R. Gohr, Lessing u. Friedrich d. Grosse. E. Parallele. (Vortr. z. 56. Stiftungsfeste d. Danziger Lehrer-
vereins.): Paedagogium. 12, S. 681—94. — 105) J. Wychgram, Friedrich d. Grosse u. Voltaire: Fels/.Meer. 1889/90. S. 1206—30.
— 106) L. Geiger, Voltaire u. Friedrich d. Grosse. (= Vortrr. u. Versuche [s. o. N. 76]. S. 102—31.) — 107) XA. Kressner,
Correspondance de Fr<id«irie le Grand avec Voltaire her. t. 0. Hoffmann: Franco - Gallia. 7, S. 35. (Unbedeutende Anzeige.)
IV,1: Cr. Roethe: Allgemeines des 18./19. Jahrhunderts. 51
Dichtixng für unsere moderne Litteratur wurde wenigstens in einem Beispiele dargelegt :
Beheim - Schwarzbach^os) stellt nach unerlaubt ixnzidänglichen Bemerkungen über
Homer im deutschen Mittelalter allerlei Einwirkungen der homerischen Epen auf die
Poesie des 18. und 19. Jh. zusammen: den hohen Wert der Vossschen Uebersetzung,
neben der Bürgers Versuche zvirücktreten, illustriert er durch einen Vergleich mit Popes
Homer; er zeigt den homerischen Geist in „Hermann und Dorothea", homerische Züge
in Schillers Montgomeryscene auf (alles altbekannt); bespricht die „Nausikaa" ohne aus-
reichende Litteratu^rkenntnis, die „Achilleis" ohne sicheren Geschmack und schliesst, und
das ist der beachtenswerteste Teil des Aufsätzchens, mit dem frappanten Nachweis, dass
Freytags „Ingo" wesentlich eine germanische Umdichtung homerischer Motive ist. —
Dass Deutschland in seinen Beziehungen zur französischen Litteratur bei
weitem nicht nur der empfangende Teil wari09-ii0) (vgl. auch N. 27), hat Süpfles^)
inhaltreiches Buch über die Geschichte des deutschen Kultureinflusses auf Frankreich
mit einer überraschenden Fülle von Thatsachen belegt. Der 1890 erschienene letzte Halb-
band setzt mit Louis Philipp ein. Er führt uns zunächst in eine Flutzeit deutscher
Einwirkungen. Guizot ging beim deutschen Schulwesen in die Schule ; Didots griechische
Klassiker besorgten fast nur Deutsche; die deutsche Fremdenkolonie in Paris war an
Zahl und geistiger Bedeutung stark (A. v. Humboldt, die Schlegel). Börne und Heine
mit ilu-en ungerechten Urteilen über das Vaterland, mit ihrer fast blinden Verehrung
für Frankreich schädigten die gesunden geistigen Beziehungen der beiden Länder mehr
als sie nützten; das gilt zumal von Heine; Börne, der die Vorzüge der Franzosen als
mehr „weiblich" erkennt, ringt sich aus wahren Wutanfallen doch manchmal zu einem
gewissen Verständnis für die männlichere genial schöpferische deutsche Art durch und
bemüht sich, auch den Franzosen die Augen dafür zu öffnen (zumal in der „Balance,
revue allemande et fran9aise"); aber er blieb stets ohne Wirkung. Die politische Ver-
stimmung von 1840 geht schnell vorüber, zumal bei den liberalen Wortführern in
Deutschland; avif Frankreich übt Kant einen wachsenden Einfluss; die Junghegelianer
wie Rüge träumen von einem Bund deutscher Philosophie mit französischer Freiheit;
doch bestehen die diesem Zwecke geweihten „Deutsch -französischen Jahrbücher" (1844)
nicht lange. Die Elsässer spielen als Vermittler deutscher Art in Frankreich nur eine
sehr schüchterne Rolle; S. rühmt Willm, den Geschichtsschreiber der deutschen Philosophie,
und Matter, der den Franzosen eine Rundschau über unser gesamtes geistiges Leben
zu gewähren sucht. Viel stärker als die deutsche Poesie, von der seit 1830 lediglich
die Lyrik beachtet wird (ühland; Zedlitz' „Nächtliche Heerschau"; Heines Lyrik erst
spät), gewinnt die Musik Macht über die Franzosen. Die wachsende Entfremdimg der
beiden Völker, die mit Napoleon III. beginnt, schädigt die wissenschaftlichen Beziehungen
wenig; 1858 wird die ,, Revue germanique" (jetzt ,, Revue moderne"), um dieselbe Zeit
die ,, Revue critique" begründet, die beide noch heute bestehen; ausser Kant gewinnt
aiich Hegel (durch Vera u. a.) Boden, während die Extravaganzen der Junghegelianer,
der seichte Aufklärungsfanatismus Büchners auf verdienten Widerstand stossen. Die
grossen Errungenschaften der deutschen Sprachforschung, Philologie, Pädagogik, Natur-
wissenschaft knüpfen wissenschaftliche Bande, die auch die stärkere Probe von 1870
bestanden haben. Dagegen verlor die deutsche Dichtung seit dem zweiten Kaiserreich
immer mehr an Einfluss, wenn Buchon auch Hebel überträgt und Dumas Iffland und
Kotzebue zu benutzen weiss; auch der deutsche Roman wurde trotz einer Würdigimg
Ren6 - Taillandiers kaum beachtet: nur Auerbachs „Dorfgeschichten", die von Erckmann-
Chatrian, Töpffer, Buchon nachgeahmt werden, ging es besser, und deutsche Kinder-
imd Volksbücher fanden überraschenden Eingang. Seit dem Kriege hat dann auch
Schopenhauer Liebhaber gefunden; dass unsere neueste Litteratur für Frankreich be-
deutungslos blieb, brauchte S. nicht aus politischen Gründen abzuleiten; denn nie haben
die poetischen Schöpfungen Deutschlands, die es verdienten, sorgfältigere Pflege gefunden
als in der jüngsten Generation französischer Litterarhistoriker. In seinem Schlusskapitel
spricht S., ähnlich wie Carriere^iä)^ den heissen Wunsch aus, Frankreich und Deutsch-
land möchten sich wieder zu engerem Zusammenwirken im Kampfe gegen die Barbarei
an einander schliessen: da stimme ich gewiss von Herzen ein; aber wenn sich die Wage
des Vergleichs zwischen den beiden Völkerindividualitäten bei S. noch immer auf die
deutsche Seite neigt, weil wir die Vertreter der Idealität, weil wir an sittlichem Ernst,
- 108) M. Beheim- Schwarzbach, Homer in d. deutschen Litt.: PrJbb. 66, S. 610-33. - 109) X R- Mahrenholtz, A.
Ehrhard, Moliere en AUemagne, ASNS. 84, S. 216/7. (Ehrhard entdeckt nach M. manche Uebereinstimmungen deutscher Dichter
d. 18. Jh. mit Moliere, schädigt sein Buch aber durch Chauvinismus u. ungenügende Kenntnisse.) — 110) X id., Moliere in
Deutschland : Franco-Gallia. 7, S. 65|8. (Giebt an d. Hand d. Ehrhardschen Buches e. Skizze d. Moliere-Einflusses auf Deutschland,
den M. für überwunden hält; bemerkenswert, dass d. Romantiker v. Moliere wenig wissen wollen, d. Junge Deutschland sich
ihm zuneigt; Moliöres Einwirkung schwächte sich ab, sowie d. Bewusstsein d. nationalen Gegensatzes sich verschärfte.) —
IM) Th. SUpfle, Gesch. d. deutschen Kultureinflusses auf Frankreich mit bes. Berücksichtigung d. litt. Einwirkung. 11,2. Gotha,
Thienemann. X, 166 S.M. 3,60. |[C'h. J.: RCr. 24,2 S. 456— 61 (ausführliche, lobende Inhaltsübersicht) ; 0. Knauer: ZFranzSL. 13,
S. 167— 77.] I — 112) M. Carriöre, Deutschland SU. Frankreichs geraeinsame Kulturaufgaben. (= Lebensbilder S. 122—38 [s. N. 41].)
4*
52 1V,1: Gr. Roetho, Allgemeines des 18./19. Jahrhunderts.
an Tiefe des Denkens und Fühlens den Nachbarn jenseits der Vogesen überlegen seien,
so wünschte ich freudiger auch da mich anschliessen zu können: wo ist das Deutschland
geblieben, von dem S. spricht, als lebten wir noch mitten inne? — Eine bequeme Ueber-
sicht über neuere französische Ausgaben und Uebersetzungen deutscher Werke ermöglicht
Laportes'i^) ,, Bibliographie contemporaine". Der 7. Bd., der von Hatin bis Hugo reicht
und fast zur Hälfte mit einer Biographie Victor Hugos erfüllt ist, bringt kurze Notizen
auch über Hegel, Heine, dessen Geistesverwandtschaft mit Voltaire richtig bestritten
wird, über Herder, „le messie du grand dogme de la fraternite humaine et de la soli-
darite sociale", endlich über Hoffmann, „le genie le plus original, le plus passionne,
mais le plus bizarre de notre epoque". — Nachdem die geistreiche Französin, die ihren
siegreichen Landsleuten die Augen zu öffiien suchte über die geistige Ueberlegenheit
der armen Besiegten, kürzlich in Lady Blennerhassett eine gelehrte und umständliche
deutsche Biographin gefunden hat, deren Buch jetzt auch ins Französische übertragen
ist^'4), hat SorePiSj ein knappes, aber recht lesenswertes biographisches Denkmal
folgen lassen, das freilich mehr auf Darstellung als auf Forschung Gewicht legt und
aiaf jeder Seite verrät, wie viel mehr sein Vf. politische und historische als litterarische
Zusammenhänge begreift. So gerät ihm vortrefflich z. B. das Bild des Salons, den Frau
von Stael während der Revolution in Paris unterhält; ihr Verhältnis zu Deutschland ist
ihrem neuesten Biographen kaum mehr als eine sonderbare Kuriosität, und er unterlässt
nicht, seinen Landsleuten zur Beruhigung zu versichern, dass seine Heldin stets die
Rheingrenze verlangt habe und dass das heutige Deutschland viel mehr dem Bilde
ähnele, das Frau v. Stael damals von Frankreich entwirft, als ihrem Deutschland. Für
die philosophischen Neigungen ihres Lieblingslandes besitzt sie keinen Schlüssel, aber
sie unterscheidet sicher Goethes „poesie de la nature" (naive Dichtvmg) von der „poesie
de l'äme", die sonst in Deutschland herrsche. Dass S. die Faustauffassung der geist-
vollen Frau billigen kann, erweist mir wieder, wie fremd er unserem Geistesleben gegen-
über steht und wie flüchtig er das eigentlich Aesthetische und Litterarische an seinem
Thema abgemacht hat; so wird denn auch der Einfluss des Buches ,,De l'Allemagne"
auf Nodier, Hugo, Musset u. a. nur kurzweg übers Knie gebrochen, und auch die übrigen
Werke der Stael werden weder als werdende noch als fertige analysiert ^iß). — Diesen
Mangel ersetzt für die Romane ein hübscher Aufsatz von Brunetiere i'^), der ihre
eigenartige Bedeutung darin sieht, dass hier eine feinfühlige Frau der guten Gesellschaft
diese Gesellschaft ehrlich und mit instinktiver Sicherheit zu schildern unternimmt. —
Das biographische Material vermehren jetzt durch eine Veröffentlichung Breitingers ^'8)
Mitteilungen aus den mehr als hundert Briefen der Stael an einen Freund ihres Hauses,
an den Züricher Jacob Heinrich Meister, die von Dez. 1793 bis Febr. 1817 reichen.
Anfangs handelt es sich meist um Versuche, für ihre alten Pariser Freunde (Narbonne,
Montmorency u. a.) ein verborgenes Asyl in der Schweiz zu finden ; später treten neben
dem überwiegenden politischen Lihalt auch allerlei Notizen auf, die uns hier näher an-
gehen. Ihr Buch „Vom Einfluss der Leidenschaften" möchte sie schon Okt. 1796 an
Wieland und Goethe senden; als dieser ihr den „Wilhelm Meister" schickt, kann sie,
des Deutschen unkundig, das Buch nicht verstehen, giebt sich mit einer thörichten
Sudelei Constants zufrieden und beauftragt Meister mit dem obligaten Dankbrief
Dass er beider Sprachen mächtig, bewundert sie erst recht, als sie selbst mit dem
deutschen Studium Ernst macht, und betraut ihn wiederholt mit Bücherkäufen, später
mit der Besorgung eines deutschen Erziehers für ihre Kinder; als ein solcher in der
Person A. W. Schlegels gefunden, taucht auch er zuweilen in diesen Briefen mit einem
Bonmot oder einem litterarischen Plane auf; von ihren Reisen in Deutschland ist nicht
weiter die Rede. — Der Adressat jener Briefe, H. Meister, darf übrigens selbst zu den
Vermittlern deutschen und französischen Geistes zählen: er war, wie eine gewandte
Plauderei Breitingers i^^) berichtet, lange ein thätiger Mitarbeiter Melchior Grimms und
gehörte seiner ganzen geistigen Richtung nach zu den französischen Moralisten des
iS. Jh.; aber er schrieb auch in deutscher Sprache vier Predigten und einen satirisch-
politischen Dialog zwischen Frankreich und der Schweiz. Wie mit Frau v. Stael war
er auch mit Julie Bondeli befreundet. Als 1768 sein freisinniges Schriftchen „De
— 113) A. Lap orte, Bibliographie contemporaire. Hist. litt, du 19. siecle, manuel critique et raisonnd de livres, rares, curieux et
singuliers, d'^ditions romantiques, d'ouvrages tirös k petit nombre, de röimpressions d'auteurs anciens etc., depuis 1800 jusqu'ä
nos jours; avec l'iodication du prix d'apr^s les catalogues de ventes et de libraires. 7. Paris, Bouillon. 8". 316 S. Fr. 10,00.
— 114) Lady Blennerhassett, Mme. de Staßl et son toinps, trad. de TÄUemand, par A. Dietricli. 3 vol. Paris, West-
hausser. |[BrunetiÄre: RDM. 99, S. 682; Ph. Gille: Figaro. N. 148.]| - 115) A. Sorel, Mme. de Stael. (= Le.s
grauds Äcriyains franjais.) Paris, Hachette. 16". 216 S. u. 1 Portr. Fr. 2,00. |[Eli.: LCBl. S. irjlS; Nation». 8, S. 94; AZ.
N. 329»; A. Filon: EPL. 46, S. 285/6. (Eleganter, der Heldin sehr abhold gehaltener Essay.) — 116) X Tarsus, A propos d'un
livre sur Mme. de StaBl : .RPL. 46, S. 317|8. (Betont aus Anlass d. Sorelschen Buches, dass es nur auf d. Persönlichkeit d. Frau
ankomme; ihre Werke seien nur d. Ausdruck d. weiblichen Unbefriedigtheit.) — 117) F. Brunetit-re, Les romans de Mme. de
8ta8l: RDM. 99, 8. 682—97. — 118) H. Breitinger, D. Briefe d. Frau v. StaBl an J. H. Meister: ZUrclifirTb. N. F. 13, S. 1.30-51.
— 119) id., Heinrich Meister, d. Mitarbeiter Melchior Grimms (1885) (= Studien u. Wandertage. S. 71 — 108. .S.o. N. 20,
IV,1: G. Roethe, Allgemeines des 18./19. Jahrhunderts. 53
l'origine des principes rehgieiix" ilnn in Zürich einen Prozess auf den Hals zog, spielte
dort von litterarischen Würdenträgern Lavater eine recht zweifelhafte, Bodmer eine sehr
verständige Rolle. — Ein anderer Freund der Trau von Stael, auch Dorothea Schlözer
herzlich ergeben, Charles de Villers, dem M. Kohn'20) einen sympathischen Artikel
gewidmet hat, verfasste für Napoleon einen Abriss der Kantischen Lehre, wirkte während
der Occupation mit leidenschaftlichem Eifer für die Erhaltung der deutschen Universitäten,
die man in Fachschulen verwandeln wollte, und lehrte an giner derselben, in Göttingen,
mit Hingebung, bis ihn zu Steins Entrüstung Professorenintriguen vertrieben ; er glaubte
stets an den endlichen Sieg seiner zweiten Heimat, da der deutsche Geist stärker sei
als der französische: die Deutschen sind ihm die wahren Griechen, d. h. etwa in
Eichteschem Sinne das erziehende „Normalvolk" des neueren Europa. — Eine Episode
aus dem Wirken des hochgestellten Deutschfranzosen K. F. Reinhard, seine unerquickliche
Gesandtschaftszeit in der Schweiz 1800/1 erzählt Lang 121); so herzlich und hoffnungsvoll
ihn Lavater begrüsst, von dem mehrere Briefe mitgeteilt werden, so wenig vermag
Reinhard das unerträgliche Aussaugesystem seiner Regierung abzustellen, und er scheitert
zumal an dem Misstrauen der helvetischen Parteien, zwischen denen er vermitteln will.
Zu Usteri knüpft er litterarische Beziehungen, mit seinem Landsmann Cotta liest er
auf der Petersinsel im Bieler See Schillers „Wallenstein". Die Bewunderung für die
deutsche Litteratur webt zwischen dem französischen Staatsmann und seiner alten Heimat
neue festere Bande, als sie die Geburt geschaffen. Und diese Bewunderung konzentriert
sich in der grenzenlosen Verehrung für Goethe, der Reinhard schliesslich wie ein litte-
rarisclier princier, ein Dictator gleich Napoleon erscheint. Seine von Lang 122^ an
anderer Stelle veröffentlichten Briefe an den Kanzler Müller und Wessenberg, die von
1823 bis 1836 reichen, zeigen den Grad dieser Hingabe: Reinhard ist für jede Zeile
Goethes dankbar, nur weil sie ihm das Recht giebt, die Korrespondenz mit ihm seiner-
seits fortzuführen; sogar die Farbenlehre scheint ihm eins der genialsten Werke Goethes,
während er über den zweiten Teil des „Faust" ein freilich zweifelndes Urteil vorträgt,
das kaum zutreffend genannt werden kann; als er die Nachricht von Goethes Tode
erhält, ruft er: „Triste oui, pour moi que Goethe avait adopte depuis 25 ans, . . . mais
pour lui . ., c'est le commencement de son apotheose! car il etait aussi bon qu'il
etait grand; tout en lui etait devenu harmonie." —
Ein Vergleich zwischen Rousseau und Byron, der uns von den Franzosen zu
den Engländern hinüberleiten mag, kommt der deutschen Litteraturgeschichte mehr
zu gute, als sein V£ 0. Schmidt^^a) es wohl selbst spl\rt, da er sich der Seitenblicke
auf Deutschland so streng enthält, dass er (S. 22) neben den Wanderern Rousseau und
Byron 124) nicht einmal des grössern Wanderers Goethe gedenkt. Der Wert der Parallele,
die sich eindringend über einen reichen Stoff erstreckt, aber freilich allzu oft in
pedantische Details und gleichgiltige Allgemeinheiten gerät, liegt für uns darin, dass
sie in vielen Punkten geradezu die ganze Zeit mit charakterisiert, die durch jene beiden
Namen umfasst wird. — Eine zusammenhängende Uebersicht über den Einfiuss der
englischen Litteratur auf das Deutschland des 18. Jh. versucht Seidenstickeri25); ich
hätte nur gewünscht, dass die von arger Unkenntnis zeugenden Rückblicke auf die
englisch-deutschen Litteraturbeziehungen vor 1700 fortgeblieben wären; nicht einmal
Herfords treffliches Buch scheint S. bekannt zu sein; der Name Weckherlin z. B. kommt
tiberhaupt nicht vor. Ueber das 18. Jh. ist S. immerhin besser orientiert, ohne dass
seine flüchtige Skizze unsere Kenntnisse irgendwie ei'weiterte; nur ist es doch arg, dass
der Göttinger Dichter nicht mit einer Silbe gedacht wird. Sonst sind die wichtigsten
Thatsachen übersichtlich und in richtiger Beleuchtung verzeichnet, von Addison-Gottscheds
„Cato" bis auf die philosophische Litteratur, die sich an Berkeley, Hume und Shaftes-
bury anschloss; mit Recht wundert sich S. über die starke Wirkung Popes und Swifts,
über die Beachtung Butlers, der für Deutschland im Grunde kaum ein Interesse bieten
konnte, und er bedauert, dass dagegen Johnson fast unbemerkt geblieben sei. Im Vorder-
grunde stehen wie billig ausser Shakespeare und Milton vor allem Thompson und Young,
Defoe, Richardson, Sterne vnid Goldsmith, Lillo, Ossian und Percys „Reliques"; das
jüngere englische Drama wird dagegen wohl zu beiläufig erwähnt (Lessing!). Ein kurzer
Anhang berücksichtigt den Einfiuss der Deutschen auf England, der, durch Vorurteile
erschwert, lange nur auf dem Gebiete der geistlichen Poesie und Prosa, sowie in Ueber-
|[Mähly: Gegenw. S. 335; NZürichZg. N. 117.]!) — 120) Maximilian Kohn, E. geistiger Vermittler zwischen
Deutschland u. Frankreich: Deutschland. S. 376,7. — 121) W. Lang, K. Fr. Reinhard als Gesandter in d. Schweiz (1800/1):
HZ. 65, S. 385—414. — |?2) id., Briefe v. Keinliard an Kanzler Müller; als Anhang: Auszüge v. Reinhard an Wessenberg
GoetheJb. 11. S. 42—63. — 123) Otto Schmidt. Rousseau u. Byron, E. Beitr. z. vgl. Litt.Gesch. d. Revolutionszeitalters. Oppeln,
Franck. IV. 183 S. M. 3,00. |[R. Mahrenholtz: ZFranzSL. 11, S. 149—53; L. Fränkel: BLU. S. 574/5.]| - 124) X C.
Flai schien, Lord Byron in Deutschland: CBlBiW. 7, S. 455—73. (Vgl. 1,4 N. 89; biWiogr. Verz. aller deutschen Byron-
übersetzungen: die gesamten Werke haben 11, „Manfred" ausserdem 22, „HaraW 17, „Don Juan" 11 usw. Uebertragungen erlebt.)
r- l?5) 0. Beidensticker, The relatioji of english to german literature in the 18. Century: Poet-lore. 2, S. 57—70, 169—85.
54 IV, 1: G. Roethe, Allgemeines des 18./ 19. Jahrhunderts.
Setzungen historischer Werke (Mascov, Flitter) sich äusserte; von andern Dichtern fand
zuerst Gessner Boden; über das langsame Eindringen Goethes und Schillers sind wir
sonst besser untemchtet, als wir es hier werden; notiert sei W. Taylors Urteil über
Kotzebue, der ihm „the gi-eatest dramatic genius since Shakespeare" scheint. Ein
Schlusswort sieht den Unterschied der beiden Litteraturen und den Schlüssel zu ihrem
Verhältnis im 18. Jh. darin, dass die englische Litteratur damals reif entwickelt, minder
kosmopolitisch, stärker der Erosa zugeneigt war und in London einen Mittelpunkt besass,
wie er Deutschland glücklicherweise bis heute fehlt. — Einzelne Kapitel dieses
Gesamtbildes sind dann auch für sich behandelt worden. Die unfruchtbare und unselb-
ständige Arbeit Jennys 1^6) über Miltons „Verlorenes Paradies" in der deutschen Litteratur
des 18. Jh. charakterisiert zunächst die Miltonübersetzungen von Haake, die er gar
nicht selbst kennt, von G. v. Berge und von Brockes mehr mit den Urteilen anderer
als durch eigene Darstellung, verfährt ähnlich mit Bodmers Prosaübertragung, stellt,
auch wieder wesentlich an der Hand bekannter Citate, Miltons Einfluss auf die
schweizerische Theorie dar, bringt endlich die Entstehungsgeschichte des Bodmerschen
„Noah", der anfangs mehr von Milton, später mehr von IQopstock Earben und Motive
nimmt, und weist auf den Zusammenhang des Hallerschen Lehrgedichts „Vom Ursprung
des Uebels" mit Milton hin. Ein letztes Kapitel handelt endlich von Klopstocks
„Messias"; der ursprüngliche Entwurf in Prosa wird aus Bodmers Miltonprosa erklärt;
sonst bietet der lange Abschnitt nicht den geringsten eigenen Gedanken, und der Ver-
gleich der beiden Dichtungen ist sogar so oberflächlich ausgeführt, dass er hinter dem,
was wir längst wissen, nur zurückbleibt. — Auch E. Walthers ^^7^ Arbeit über Shakespeares
Einfluss auf unsere Stürmer und Dränger zeigt nicht den leisesten Ansatz zu eigener
Untersuchung, die gewiss noch immer ergiebig wäre, wenn man ernstlich an einer be-
stimmten Stelle einsetzte, sondern begnügt sich damit, bekannte Aussprüche, alier-
bekannteste Anklänge durch ein verbindendes Gerede, das nirgends den Besitz genügender
Kenntnisse verrät, zu einem trivialen Brei zusammenzurühren ; ich weiss wirklich nicht,
wem eigentlich durch den Druck solcher Arbeiten gedient ist, die nicht einmal durch
den Reiz der Darstellung ein Spürchen Existenzberechtigung bekommen und sich über
das Niveau des Primaneraufsatzes höchstens durch ihren Umfang erheben. Nur der
Schlussabschnitt, der über die Bedeutung Shakespeares für die deutsche Tagesbühne
und Schauspielkunst handelt, berührt einen Gesichtspunkt, der nicht geradezu zu den
unvermeidlichen gehört: aber um Neues zu schauen, reichen auch da W.s Eleiss und
Scharfblick nicht aus. — In den Hauptetappen (Gerstenberg, Lessing, Herder, Goethe,
Lenz) berührt er sich mit dem Vortrage, den Suphan^^s) zum. 25. Jahrestage der
deutschen Shakespearegesellschaft gehalten hat. Aber wie anders wirkt dies Zeichen
auf mich ein! Nach einleitender Charakteristik des Wielandschen Shakespeare und
der Gerstenbergschen Erkenntnis von Shakespeares überlegener Kunst führt er uns
zurück zu den „Shakespearegesellschaften" jener Zeit, dem Kreise in Strassburg (Herder,
Goethe, Lenz) und dem in Göttingen (Bürger, Schlegel) und gelangt namentlich
durch Herders und Lenzens Betrachtungen über die Rolle, die das Schicksal in Shake-
speares Dramen spielt, zu dem bedauernden Zugeständnis, dass wir Modernen zwar im
Einzelwissen unendlich, im Allgemeinverständnis aber sehr wenig oder garnicht über
jene ersten deutschen Shakespearefreunde hinausgekommen sind. —
Eür die Bekanntschaft Deutschlands mit der Litteratur der Dänen sorgte in der
zweiten Hälfte des vorigen Jh. der Dichter und Uebersetzer Christ. Lävin Sander aus
Itzehoe, von dessen Schaffen Brummer 129) eine kvuze Uebersicht gab. —
Ueber die Beziehungen des Ungarn Petöfi zur deutschen Dichtung hat
Glücksmann^^) einen Vortrag gehalten, der nach den mir einzig zugänglichen kurzen
Referaten den persönlichen Einfluss K. Becks, den litterarischen Schillers, Heines,
Lenaus nachwies und betonte, dass das Deutsche für Petöfi erst das Französische und
Englische vermitteln musste. —
— 126) G. Jenny, Miltons ,, Verlornes Paradies" in d. deutschen Litt. d. 18. Jh. Leipz. Diss. St. Gallen, Zollikofer. fl9 S.
M. 1,60. itA. Köster: ADA. 17, S. 259-60; AI. Koch: ZVLR. 4, S. 120; L. Fränkel: BLU. 1892, S. 26.]| (Im Anhange
Anszttge aus Benkowitz' Beurteilung des „Messias" u. 2 Briefe Bodmers an Gotter [1776/7], dem er eigene Dramen Übersendet,
z. Ausgabe Veldekes nach der gothaischen Hs. rät u. e. paar Worte über Stolbergs u. BUrgers Wettstreit im L'ebersetzen
Homers schreibt.) — 127) E. Walther, D. Einfluss Shakespeares auf d. Sturm- u. Drangperiode unserer Litt, im 18. Jh. JB. d.
techn. Staatslehranstalten. Chemnitz, Pickenhahn & Sohn. 4«. 28 S. M. 1,60. — 128) B. Suphan, Shakespeare im Anbruch
d. klass. Zeit unserer Litt. Einleitender Vortr. z. 25. Jahrestage d. deutschen Shakespeare-Gesellschaft: JbDShakespG. 25,
S. 1-20. — 129) F. Brummer, C.L.Sander: ADB. 30, S. 347/8. - 130) H. Glücksmann, A. Petölis deutsche Beziehungen.
Vortr. am 3. März im Wissenschaft!. Klub in Wien geh.: NFPr. N. 9170. (Referat.) —
IV,2: R. M. Werner, Lyrik des 18./19. Jahrhunderts. 55
IV,2
Lyrik.
R. M. Werner.
Anakreontik N. 1. — Uz N. 4. — Gleira N. 5. — Ewald N. 7. — Chr. E. v. Kleist N. 8. — Karsch N. 12. —
G. D. Hartmann N. 16. — Bernold N. 17. — Claudius N. 20. — Bürger N. 30. — Schubart N. 40. — Matthisson N. 48. —
Sammlungen N. 53. — Hebel N. 57. — Körner, Sohenkciidorf, Arndt, Folien N. 61. — Keruer N. 76. — Mörike N. 80. —
CUamisso N. 91. - Gaudy N. 97. — RUckert N. 99. — Platen N. 125. — Schack N. 126. — Freiligrath N. 128. — Lenau N. 136.
— Grillparzer N. 141. — Zedlitz N. 143. — Anastasius Grün N. 150. — Leitner N. 156. — Frankl N. 163. — Feuehtersleben N. 168.
— J. Mauthner N. 170. — Wickenburg N. 172. — Tiroler Diihtung N. 173. — Gilm N. 179. — Pichler N. 182. — Droste-
HUlshofF N. 184. — Spitta N. 190. — Gerok N. 199. — Hoffmann v. Fallersleben N. 208. — Schneckeuburger N. 215a. —
Cornelius N. 216. — Scheffel N. 217. — A. Stöber N. 220. — F. Th. Vischer N. 223. — Richard Leander N. 224. — Greif N. 227.
— Klaus. Groth N. 229. — Lingg, Träger, Liliencron N. 231. — Volkslied N. 235. —
Die litterarhistorische Beschäftigung mit der Lyrik ist durch allerlei Zufälle
bedingt; irgend ein äusserer Anlass, z. B. ein Jubiläum, ruft eine Menge von Schriften
über einen einzigen Dichter hervor, während er vielleicht durch viele Jahre von der
Forschung vollständig vernachlässigt v^orden war. Ein zusammenfassender Bericht über
die Lyrik seit der Mitte des 18. Jh. sieht sich der Unmöglichkeit gegenüber, einiger-
massen systematisch zu verfahren, umsomehr, da die einzelnen grossen Lyriker noch
eine besondere Behandlung erfahi-en; es bleibt nichts übrig, als dem chronologischen
Verlaufe der Geschichte zu folgen und die Einzelheiten auch einzeln zu erwähnen. —
Mehr im Zusammenliange hat nur Witkowski^-^) dargestellt, welche Versuche in Deutsch-
land gemacht wurden, die Anakreontik sich anzueignen; indem W. die Dichter von
Weckherlin bis Hudemann überblickt, zeigt er, dass sie alle nur die Form, nicht das
Innerliche, den Geist der Anakreontik herübemahmen, Hudemann aber den Uebergang
zu einem besseren Erfassen des Altertums beweist. Im einzelnen deckt der Vf. manche
Nachahmung Anakreons auf und nimmt auch Rücksicht auf die französische Litteratur,
wobei er eine kurze, aber sehr gelungene Charakteristik der poesie fugitive entwirft.
Treffend ist seine Meinung, dass Brockes wegen seiner malenden Manier unter die Vor-
läufer der Anakreontik zu rechnen sei. Der Aufsatz führt uns bis zum Jahre 1732. —
Fast unmittelbar daran schliesst sich eine Betrachtung, die Sauer 3) seiner
Ausgabe von Uz voranschickt. Er erwähnt Gottscheds „Versuch einer Uebersetzung
Anakreons in reimlose Verse" vom Jahre 17334), streift dann die Anakreonübersetzung
von Götz und Uz (1746), die in einem späteren Hefte neu gedruckt werden soll, und
behandelt hierauf die Gedichte nach den verschiedenen echten Ausgaben. Mit Benutzung
ungedruckten Materials stellt er die Streitigkeiten dar, die Uz zu bestehen hatte, be-
sonders ausführlich den interessanten Streit mit Wieland und den Schweizern, in dem es
sich um Stellung und Bedeutung der Anakreontik handelte. Er beginnt mit dem pöbel-
haften Angriff in Bodmers „Clio" 1751, grollt dann eine Zeit lang in den Privatbriefen,
bis ihn Wielands „Schreiben von der Würde und Bestimmung eines schönen Geistes"
(1752) zum Ausbruch bringt, das Uz vielleicht erst durch die Ausgabe in den „Frag-
menten" (1754) vermehrt durch den „Auszug aus einem Schreiben" kennen lernte und durch
eine Epistel an Hofrat Christ erwiderte (1754). Uz hält im Anfange zurück trotz
Wielands Sticheleien und Ausfällen, dann aber wird er durch die bekannte Vorrede
an den Hofprediger Sack (1757) so entrüstet, dass er ein schon früher entworfenes
„Schreiben*^ drucken Hess (1757); da kam ihm Succurs von Nicolai und Lessing. S. kann
das Fragment einer Erwiderung mitteilen, das Wieland hs. hinterliess, ferner eine
unterdrückte ,, Nachricht an den Leser" aus der „Sammlung einiger prosaischer Schriften"
(1758), deren Ausgabe von Bodmer verhindert wurde, weil sie geradezu Abbitte leistete.
Künzli fuhr eigens aus Winterthur nach Zürich, um Wieland zur Zurücknahme der
bereits gedruckten „Nachricht" zu veranlassen, was auch gelang. Noch einige Zuckungen,
und dann wird dieser Streit von allen Seiten beigelegt. Unbedeutender ist der Streit
mit Dusch, der darum auch kürzer abgethan wird. S. wirft noch einen Blick auf die
letzte Thätigkeit des Dichters und bringt dann den Text der poetischen Werke in der
Anordnung der Ausgabe von 1768, aber nach den ersten echten Drucken und mit den
Lesarten sämtlicher echten Drucke und der Hss. S. folgt also im wesentlichen dem
I) G. Witkowski, D. Vorlaufer d. anakreontiscUen Dichtung in Deutschland: ZVLR. NF. 3, S. 1-23. — 2)Xid.,
D. Vorläufer d. anakreontischen Dichtung in Deutschland u. F. v. Hagedorn. Habilitationsschrift. Leipzig, Brückner & Nieraann.
1889. 43 S. — 3) Sämtliche Poetische Werke v. J. P. Uz her. v. A. Sauer. (= DLD. 33/8.) Stuttgart, Göschen. CIX, 422 S.
M. 5,60. [[Schröter: BLU. S. 595.]| — 4) X J- Ch. Gottsched, Cantata, abgesungen z. Begehung d. 300j. Gedächtnisses d.
Erfindung d, Buphdruckerkuust in Lei^zi^ am Tage Joh»nnis d, Täufers . . , A, D, 1740: LZgS. N. 143. (Vgl. o. 1,4 N. 24.
56 1V,2: R. M. Werner, Lyrik des 18./10. Jahrlmnderts.
Prinzip, das Elster im Neudruck des Heineschen „Buchs der Lieder" (DLD. 27) durch-
führte, und zwar mit vollem Recht, da Uz nicht durch die letzte, sondern die erste
schwer zugängliche Gestalt seiner Gedichte wirkte. Vieles Material konnte S. den
Schätzen der Gleimstiftung in Halberstadt entnehmen. —
Wie Siebs'^) auf der Görlitzer Philologenversammlung mitteilte, befindet sich
eine Abschrift von Gedichten Gleims auf der Breslau er Stadtbibliothek; Briefe von
Gleim an Ramler besitzt nach Erdmanns ^) Mitteilung Dr. Wilhelm in Breslau, dessen
Sammlung noch Briefe von Klopstock, Maler Hempel, Joh. Chr. Schmidt, Sucro, Gessner,
Mendelssohn, Ebert enthält. —
Ellinger') hat die Gedichte Ewalds neu drucken lassen und sich dabei an
die älteste Ausgabe vom Jahre 1755 gehalten, weil sie überaus selten ist; beigegeben
hat er die Zusätze der Ausgabe von 1757 und die in Briefen erhaltenen Gedichte, so
dass nun ein Ueberblick über die Thätigkeit des Dichters zu gewinnen ist. In der Ein-
leitung charakterisiert der Vf. Ewald kurz, aber gewiss richtig. Die Veränderungen,
die Ewald unter Mithilfe seiner Freunde Kleist, Nicolai, Ramler vornahm, sind nicht
mitgeteilt, die Ausgabe will keine kritische sein. —
Ein von Sauer erst nach Abschluss seiner Ausgabe aufgefundenes anakreontisches
Gedicht von Christian Ewald von Kleist hat Witkowski^) mitgeteilt, andere
grössere wie kleinere Nachträge stellte Sauer^) zusammen; daraus ergiebt sich vor
allem eine nähere Kenntnis der ersten Ramlerschen Bearbeitung von Kleists „Ertihling";
wir erfahren, dass Ramler das Gedicht schon 1746 im ersten Entwurf durch Gleim
kennen lernte und im Jahre 1749 als Korrektor bestellt wurde. Von der ersten „Tyran-
nisierung" haben wir keine Probe, wohl aber von der nächsten „Unbarmherzigkeit"
(V. 74 — 137); erst im Oktober lernte Kleist diese Passung kennen und entschloss sich
nun, sein Original herauszugeben, ohne jedoch Ramler entfremdet zu werden. Die uns
erhaltenen drei Bruchstücke der Ramlerschen Verarbeitung bestätigen S.s Ansichten,
die er in seiner Untersuchung (1880) begründet hatte, auf das erfreulichste. S. unter-
richtet an ein paar instruktiven Stellen über die mannigfachen Schicksale des Textes.
Einen Plan zur Einteilung der Werke hat Kleist in einem Briefe vom 26. Januar 1759
an Ramler entworfen, den S. abdruckt; Ramler wich von dem Plan ab. Es folgen Briefe,
welche die Entfremdung zwischen Gleim und Ramler anbahnen. Zwei Briefe Kleists
an Gessner haben sich auch gefunden. Interessanter sind die Mitteilungen über die
Beziehungen zwischen Kleist und Clpdius, die gleichfalls mit Briefen Kleists geschmückt
sind. Einzelheiten klären die kleinen Nachträge und Verbesserungen (zu seiner Kleist-
ausgabe) auf.^o) — Auf Grund eines fehlerhaften Abdrucks zweier Briefe aus „Im neuen
Reich", ohne Kenntnis von Sauers Ausgabe, sucht Korse helt^^) Kleists Beziehungen
zu Zittau darzulegen. —
Geig er 12) hat eine unbedeutende Skizze der Karschin^^) gewidmet; er bringt
einige Proben ihrer Talen tlosigkeit und hebt als Themen ihrer Poesie, so weit diese
nicht zu bestimmten Gelegenheiten thätig war, Religion, Liebe, Vaterland hervor. —
Zwei Wiegenbändei" für den späteren König Friedrich Wilhelm III. i*) und für den Prinzen
Friedrich von Anhalt -Dessau^^), von derKarschin mit Gedichten versehen, geben Belege
des preussischen Patriotismus der Dichterin und ihrer Gewandtheit im Versifizieren ;
beide Gedichte stammen aus dem Jahre 1770. Winkel unterrichtet bei der Gelegenheit
über die Sitte solcher Vivat- oder Geburtsbänder. —
Unter die Barden führt uns Lang^^), indem er uns mit G. D. Hart mann
(Telynhard) näher bekannt macht. Er benutzt reiches hs. Material zu einem Lebens-
bild, das sich zu einem Zeitbild erweitert; besonders das Eintreten Schwabens in die
neue litterarische Bewegung, die Schwierigkeiten, mit denen einzelne Dichter zu kämpfen
hatten, z. B. Huber und Gemmingen, die Verhältnisse des Stiftes, Fabers Einfluss, die
Thätigkeit Duttenhofers, J. Chr. Schwabs, Guoths und Thills bereiten auf Hartmanns
Erscheinung vor. Wir erhalten dann eine Entwicklung dieses uni-uhigen Geistes und
seiner Schriftstellerei ; die Beziehungen, die er zumal mit der Schweiz anknüpft, werden
durch die Briefe an Bodmer, Lavater usw. erläutert, seine Schweizer Freunde, dann aber
auch Goethe, Wieland, Sulzer, vor allem Elise von der Recke, werden von Hartmann
anlässlich seiner Reisen geschildert. L. lässt den rastlosen, nach Geltung und
litterarischem Ruhm strebenden Dichter, der etwas Rücksichtsloses, Offenes hat, vor uns
— 5) ZDPh. 22, S. 459. — 6) ib. S. 459. — 7) G. Ellinger, Johann Joachim Ewalds Sinn-Gediihte. Abdr. d. ersten
Ausgabe y. 1755. (=Berlin. Neudrr. Zweite Serie. Bd. 4.) Berlin, Gebr. Paetel. XXIII, 52 S. M. 2,50. — 8) G. Witkowski.
E. Gedicht E. t. Kleists [Filinde]: VI>G. 3, S. 25l;4. — 9) A. Sauer, Neue Mitteilungen über E. v. Kleist: ib. S. 2.54-9.'S. —
10) X L- Bob6, E. V. Kleist in danischen Diensten: ib. S. 295/7. — II) G. Korscheit, Zwei in Zittau geschriebene Briefe
E. Ch. V. Kleists: NLausitzMag. 65,2. — 12) L. Geiger, D. deutsche Sappho. (= Vorträge u. Versuche. S. 94—102. S. o.
IV, 1 N. 76.) — 13) X Walther Schwarz, E. frisches Grab unter d. alten: Keithsbote N. 7». (Betr. d. Grttber d. Karschiu,
Ramlers, Zelters, Job. Uhr. Frischs, L. v. Kankes u. a.) — 14) Kleine Mitteilungen: Bar. 16, S. 431. — 15) G. G. Winkel,
Wiegenband fUr d. kleineu Prinzen Friedrich v. Anhalt-Dessau: ib. S, 454/5. — 16) W. Lang, G. D. llartiuann. E. Lebepsbil<J
IV,2: R. M. Werner, Lyrik des 18./19. Jahrhunderts. 57
lebendig werden; wie er anfangs Goethes Gegner, zum Schluss durch ,, Werthers Leiden"
besiegt sein leidenschaftlichster Verteidiger wird, wie seine Entwickelung grosse Aehn-
lichkeit mit der Herders zeigt, das stellt L., ohne zum einseitigen Lobredner Hartmanns
zu werden, anschaulich dar. Hat auch Hartmann nicht nachhaltig in die Litteratur ein-
gegriffen, hat ihn sein frühzeitiger Tod verhindert, seine Plane auszuführen, L. hat es
trotzdem verstanden, sein Heft zu einem nach vielen Seiten hin fruchtbringenden zu
machen. Eine Würdigung Bodmers darf daran nicht achtlos vorübergehen, am meisten
Gewinn zieht freilich die schwäbische Litteraturgeschichte. In den Versen Hartmanns
fühlt L. einmal sogar einen Vorklang Hölderlinscher Dichtung. —
Einem Schweizer Barden widmet Götzinger^'') eingehende Betrachtung, dem
am 9. August 1765 zu Walenstadt geborenen Franz Joseph Benedict Bernold.
lieber seine Jugend wissen wir wenig; 1777 kam er nach Kloster Salem in die
Grammatik, den Eintritt hat er selbst anmutig geschildert. Vier Jahre blieb er in
Salem, von P, Ignaz Vogel von Hechingen, selbst einem Dichter, dichterisch gefördert
und besonders auf Denis „Sammlung deutscher Gedichte" gewiesen. Bernold setzte
sein Studium zu Freiburg im Uechtland fort, wo ihn hauptsächlich Geliert, Hagedorn,
Kleist, Haller, Uz, Ramler und Rabener beschäftigten und auf die Natur achten lehrten.
In Besan9on, wohin er dann gebracht win-de, traten ihm die französischen Dichter nahe.
Nach einer schweren Erkrankung und einer ihm unangenehmen Werbung, der er sich
entzog, lebte er noch eine Zeit in Freiburg, musste jedoch nach dem Tode des Vaters
(1785) als einziger überlebender Sohn das Geschäft tibernehmen, einen Speditionshandel,
einen Gasthof und eine grössere Oekonomie; zugleich wurde er als Landeshauptmann
von Sargans der Nachfolger seines Vaters; zwei Jahre später wurde er auch Schultheiss
von Walenstadt. 1790 heiratete er Maria Ursula Bernold (1767 — 1842), mit der er am
19, April 1840 die goldene Hochzeit feierte. Er setzte seine litterarische Bildung fort
und machte sich mit der Geschichte vertraut, schwelgte in Freundschaften und sehnte
sich wohl nur anfangs ins Klosterleben zurtick. Sein Hang zur Einsamkeit, seine
Neigung zum Naturgenuss, durch Rivas schöne Umgebung stets neu belebt, sein reines
Herz, seine stete Beschäftigung mit den Dichtern, auch sein Verkehr regten ihn poetisch
an, doch blieb er zeitlebens ein Nachahmer. ,, Keine Spur von volksttimlicher Sprach-
bildung, Auffassung, Temperament! Horaz, Klopstock sind seine Meister, er zieht
Bardenkostüm an und wird der erste und letzte Barde von Riva." 1797 dichtet er
seine „Telliade", die „Revolution" der Eidgenossenschaft, in Hexametern, sie blieb
ungedruckt, nur einzelne lyrische Gedichte erschienen im „Schweizerischen Museum"
imd im „Erzähler"; auch eine beabsichtigte Sammlung, die 1819 Huber & Co. in
St. Gallen verlegen wollte, kam nicht zu stände, obwohl sie im Manuskript vollendet
war. Grosse Verdienste erwarb sich Bernold in seinen amtlichen Stellungen, worüber
G. ausführlicher unterrichtet als über seine poetische Thätigkeit. Mannigfaltige Schick-
sale, die Bernold in einer hs. Selbstbiographie schlicht aber ergreifend erzählt, brachten
die wechselnden Zeitläufte mit sich; aber er konnte manchen Plan verwirklicht, manche
Frucht gereift sehen. Ruhig und beglückt starb er am 4. Mai 1841. Es war natürlich,
dass die litterarischen Richtungen Deutschlands nicht spurlos an Bernold vorübergingen,
doch konnte er sich ihnen nur insoweit anschliessen, als sie zu dem früheren, vorklassischen
Charakter seiner Jugendneigungen stimmten; Hölty^*^), Salis und Matthissoni^) vor allem
scheinen nach Klopstock Einfluss auf ihn gewonnen zu haben, dagegen blieb ihm das
Verständnis für die volkstümliche Bewegung der Stürmer und Dränger verschlossen.
Für Claudius muss er aber Sympathien gehegt haben (vgl. S. 31). —
Zum 150. Jahrestage von Clavidius' Geburt erschienen mancherlei Festartikel
meist populärer Art20-23). — Hervorzuheben ist die Charakteristik durch R. Prölss24)j
die einer Biographie eingeflochten ist. — Mit zierlicher Hand zeichnete Marie
Sydow-5j hauptsächlich das Familienleben des Dichters, das ja auch in seiner Lyrik
eine so grosse Rolle spielte. Den Zauber seiner Lieder sieht S. mit Recht in der Ein-
fachheit und Treue des Selbsterlebten. — Erler2«) vergleicht Claudius mit Hebel, indem
er sie kontrastiert, die herzlich lachende, im Grunde jedoch ernste, auf das Höhere ge-
richtete Natur Claudius' und das lebenslustige, zu allerhand Streichen geneigte Gemüt
Hebels, der aber seinen Gedichten und Geschichten gewöhnlich eine ernste Betrachtung
aus d. Sturm- u. Drangzeit. (=; Von u. aus Sehwaben. Heft 7.) Stuttgart, Kohlhammer. VII, 132 S. M. 1,50. — 17) E. Götzinger»
Statthalter Bernold v. Walenstadt d. Barde v. Riva. Mit 4 Illustrationen v. J. Stauffacher. Her. v. Hist. Verein in St. Gallen.
St. Gallen, Huber & Comp. (E. Pehr.) 4ß. 66 S. M. 2,00. - 18) X »• Sprenger, Zu Höltys ,D. Feuer im Walde": ZDU. 4,
S. 879—80. (V. Gold.smiths ,The Deserted Village" beeinflusst.) — 19) X A. L(ammers), Salis u. Matthisson: Nordwest 13,
S. 698/9. (Kurze Notiz nach Frey bei Kürschner.) — 20) X M. Claudius: HambCorr. 15. Aug. — 21) X Adolf Wilhelm,
M. Claudius: Gegenw. 38, S. 165|6. — 22) X L- Salomon, Z. 150. Geburtstage d. Wandsbecker Boten: IllZg. N. 2459. —
23) X W. Röseler, D. Wandsbecker Bote. Z. 150. Geburtstage v. M. Claudius am 15. Aug. 1890: BerlTBl». N. 32, S. 262/4.
— 24) R. l'rölss, M. Claudius, auch Asuius, d. Wandsbecker Bote genannt. Zu dessen 150. Jahrestag: LZg"*. N. 97,
S. 385|7. — 25) Marie Sydow, Aus d. Hanse d. Wandsbecker Boten (M. Claudius): VossZgS. N. 32/5. — 26) Erler, Zwei
58 rV,2: R. M. Werner, Lyrik des 18./19. Jahrhunderts.
hinzufügte. Beide sind bibelgläubig, fromm, keine strengen Dogmatiker; aber während
Claudius immer gläubiger wird und die christliche Heilslehre zu erfassen sucht, ist
Hebel laxer. Ihre politische Stellung ist ähnlich, ihr Sinn für die Natur gleich, ihre
Vorliebe für Stand und Leben der Landleute rege, Li der Poesie Hebels findet E.
mehr Phantasiethätigkeit, in der Claudius' eine tiefere und ernstere Auffassvmg. — Eine
Analyse von Claudius' Jugendsammlung „Tändeleyen und Erzählungen" mit einigen
Proben gab ein Anonymus 2'), indem er zugleich auf einige litterarische Zusammenhänge
mit Gerstenberg und Kleist aufmerksam macht. — Allzu begeistert urteilt Th einer t -
Mickley28) über Claudius' Lyrik, wenn er sie wegen ihrer kernigen Gesundheit, ihres
liebenswürdigen Humors und ihrer reizenden Schalkhaftigkeit der ganzen neueren deutschen
Lyrik — Goethe und Vereinzeltes von Bürger ausgenommen — überordnen möchte.
Die Auswahl aus Claudius' Werken entspricht ihrem populären Zwecke. — Einem
Freunde des Dichters, dem Konsul Schönborn widmete Suck^O) aus Anlass des Claudius-
jubiläums eine Skizze, die nur Bekanntes wiederholt. —
lieber Bürger hat Pröhle'^^") zwei höchst konfuse Aufsätze veröffentlicht, im
ersten seine Verdienste um die Erforschung der Btirgerbiographie ins richtige Licht
gesetzt und von einer preussischen Dichterschule gefabelt, die sich nach 1789 wieder
um Gleim geschart haben soll; zu ihr rechnet er Klopstock, Jean Paul, Voss, Herder
und Wieland. Er spricht den österreichischen Litterarhistorikeni das Verständnis für
diese Thatsachen ab; ich glaube, es wird auch anderen fehlen. Die Bedeutung Preussens
für den Avifschwung der deutschen Litteratur hat Goethe hervorgehoben, und dass sich
Scherer nicht dagegen verschlossen hat, zeigt seine Litteraturgeschichte ; Scherer war
aber bekanntlich ein Oesterreicher. P. sucht nun, noch unklarer, Bürger für diese er-
weiterte preussische Dichterschule in Anspruch zu nehmen. Ebenso unklar handelt
der zweite Aufsatz über die „Lenore"; man weiss nicht, ob der Vf. seine Ausführungen
ernst meint; nach ihm müssen wir uns Lenore als eine „Hallesche Bürgerstochter, etwa
in der Vorstadt Glaucha" denken. — Zur „Lenore" weist Jostes^i) aus dem Munde einer
alten Hausmagd zu Glandorf bei Osnabrück die Verse nach: „Wat schint de manne
helle, Wat riet de dauden snelle, Leefken, grüwwelt di auk?" J. hörte sie noch 1869,
inid als er sich im Anfang der 80er Jahre bei der Alten nach der Fortsetzung erkundigte,
erwiderte sie, das gehe nicht weiter, sei auch kein Lied, sondern ein „Vertellsel", eine
Prosaerzählung. „Snelle" soll ein dem dortigen Dialekte nicht eigentümliches Wort sein. —
Auch aus Volksmund hat Grudzinski^s) einen Beitrag zur Lenorenlitteratur aufzeichnen
können, es gelang ihm nämlich, ein polnisches Volkslied „Helene" zu entdecken, das
in Stoff und Ausführung grosse Uebereinstimmung mit Bürgers Gedicht zeigt. Er teilt
es im Original und in einer getreuen Uebersetzung mit, ohne jedoch die Frage zu ver-
folgen, ob das polnische Gedicht nicht etwa indirekt aus Bürgers Ballade geflossen sei;
die Aehnhchkeiten in den Worten sind zu gross, als dass wir daran zweifeln könnten.
Dafür hat G. das polnische Volksmärchen betrachtet und ausser den schon bekannten
noch zwei von ihm entdeckte Fassungen, beide aus Bochnia, in Uebertragung vorgelegt
und alle mit einander verglichen ; daraus ergiebt sich nun der Unterschied zwischen der
neuen polnischen, angeblich dem Volke gehörenden Ballade und dem polnischen Märchen.
Dann wird das Bekanntwerden des Bürgerschen Gedichtes in Polen hübsch dargestellt und
zum Schlüsse nicht ganz glücklich Mickiewicz' „Flucht" über Bürgers „Lenore" erhoben.
Jedenfalls fördert G.s Arbeit unsere Kenntnis und darf bei Untersuchungen über den
Lenorenstoff, die vielleicht doch noch einmal zu einem abschliessenden Resultate ge-
bracht werden dürften, keineswegs übersehen werden. — Eine Würdigung der Bürgerschen
Einladungsschrift „Ueber Anweisung zur deutschen Sprache und Schreibart auf
Universitäten" versuchte Sahr^^), indem er die Aufmerksamkeit auf Bürgers Prosa und
die Richtigkeit seiner theoretischen Ansichten lenkt. — Aus Anlass der Grisebachschen34)
Jubelausgabe liatHerman Grimm in kurzen Strichen Bürger xuiA Schiller kontrastiert
und auf den Wert einer Auswahl für das grössere Publikum, wie einer kritischen Aus-
gabe für den Litterarhistoriker hingewiesen; Anerkennung hat auch Bonet-Maury^-'')
gefunden. — Einen wichtigen Beitrag konnte Sauer^ß) veröffentlichen, dem vom Besitzer
des Goeckingkschen Familien archivs die vorhandenen Bürgerbriefe zugänglich gemacht
wurden; es sind 64, dazu 4 von Btirgers erster Frau und 9 von Goeckingk, so
Volksdichter u. Volksschriftsteller um d. Wende unseres Jh. : DEBU. 15, S. 692—711. — 27) H. K., M. Claudius' Jugendgedichte:
HamhCorrB. N. 19. — 28) Matthias Claudius, Ausgew. Werke. Neu her. u. erl. v. Theinert-Mickley. (=: Meyers
Volksbücher N. 681/3.) Leipzig, Bibliograph. Institut, o. J. 1&>. 176 S. M. 0,30. — 29) J. H. Suck, E. Jugendfreund d.
„Wandsbecker Boten": HambCorr«. N. 22. - 30) H. Pröhle, G. A. Bürger: NatZg. N. 25«, 273. — 31) F. Jos t es,
Zn Bürgers Lenore: KorrBlVNiederdSpr. 14, S. 75. — 32) S. Grudzinski, Leonore in Polen. (= Sprawozdanie dyrekcyi c. k.
Gimnazynm w Bochni za rok szkolny 1890.) Progr. S. 1—37. Bochnia, Fundusz nauk. — 33) Sahr, Bürger als Lehrer d.
deutschen Sprache. Vortrag. Referat : DresdAnz. N.66. — 34) Bürgers sanimtl. Gedichte her. v. E. Grisebach. 2 Bde. Berlin, Grote,
188». M. 3,00. |[H. Grimm: üRs. 62, S. 396/7; HambCorrB. N. l.]| — 35) G. Bonet-Maury, G. A. Bürger et les origines
anglaises de la Ballade litt^raire en AUemagne. Paris, Hachette et Cie. 1889. | [H.Grimm: DKs. 62, S. 397; Chuquot: RCr. N. 1;
tCBl. N. 29; Melusine N. 2; Wespy: BVV. N. 41; öpecUtor 65, S. 051; Ac. 38, S. 602; Atb, 2, S. 254.] | - 36) A. Sa«er,
IV,2: R. M. Werner, Lyrik des 18./19. Jahrhunderts. 59
dass auch die Biographie des letzteren durch die Publikation gefördert wird. S. er-
kennt drei Perioden der Freundschaft zwischen beiden Männern: in der ersten,
April 1775 bis März 1778, überwiegen die litterarischen, in der zweiten, Mai 1778 bis
Juli 1784, die Herzensangelegenheiten, während in der letzten, Juli 1788 bis Juli 1793,
die politischen Ereignisse im Vordergrund stehen. Während der ersten wird viel über
den Plan verhandelt, eine Verlagsbuchhandlung mit Druckerei zu errichten; S. hat den
Plan nicht ganz richtig gedeutet. Eine Entfremdung tritt ein durch Bürgers Ueber-
nahme des Göttinger Musenalmanachs, einige Briefe von Voss an Goeckingk (4. Oct. 1776.
2. Dez. 1777. 26. März 1778. 13. Mai 1778) hat S. gleichfalls mitgeteilt. Am wichtigsten ist
aus der zweiten Periode Bürgers Brief vom 12. Nov. 1779 über sein Verhältnis zu Molly
mit einem längeren Citat aus einem Schreiben an Molly selbst; das Geständnis Goeckingks,
dass er in ähnlichen Herzenswirren lebe, hat sich leider auch jetzt nicht gefunden.37) —
Die ausführliche Betrachtung der mit Bürger befi-eundeten Dichterin Philippine Gatterer,
verheirateten Engelhard, beendete M. von Nathusius^^), indem er den Schluss ihres
Lebens und Wirkens von 1780 — 1831 schildert; Briefe von Gustav Schwab, Therese
Huber, La Roche und Elise von der Recke^^) werden abgedruckt, der Beziehungen zu
Herrn von Münchhausen, dem Frevmde Seumes, und zu den Brüdern Grimm wird ge-
dacht. Wir bekommen das Bild einer herzensguten, originellen, geschwätzigen Dame,
die sich gern über die kleinstädtischen Vorurteile von Kassel hinwegsetzte, Dilettanten-
theater und musikahsche Produktionen leitete, neugierig und überaus wohlthätig war.
Von ihren Dichtungen ist weniger die Rede, sie fanden schon in den vorausgegangenen
Aufsätzen Berücksichtigung. —
Von einem anderen Stürmer und Dränger wurde aus Anlass der bevorstehenden
100. Wiederkehr seines Todestages wieder mehr gesprochen, von Schub art.^o) Eine
bisher vmbeachtete Notiz über Schubarts Befreiung vom Hohenasperg zog Kürschner*^)
ans Licht, indem er sich auf Dr. Morvell als Gewährsmann beruft. Darnach soll im
Mai 1787 die Prinzessin Sophie Christiane von Hohenlohe-Ligelfingen mit ihrem Bruder
Eriedrich Ludwig vom Herzog Karl gastlich aufgenommen worden sein ; bei einem Besuche
von Hohenheim interessierte sich die Prinzessin besonders für die Bibliothek, in der sie
ein Buch Schubarts fand; ohne die Anwesenheit des Herzogs zu bedenken, soll sie laut
geäussert haben: „Da sind ja auch die vortrefflichen Gedichte des unglücklichen Schubart,
den der hässliche Herzog Karl schon so lange mit der Einkerkerung martert! Ist's nicht
abscheulich, solchen Geist derart zu quälen, derart zu unterdrücken? Wie mag's dem
Aermsten in seiner engen Gruft zu Mute sein, wo er nicht einmal den Himmel erblicken
kann!" Erst am nächsten Tage habe Herzog Karl erwidert: „Eure Gnaden interessieren
sich für Schubart. So darf ich wohl hoffen, dass die Nachricht, er sei seit heute
Morgen frei, Ihnen nicht unangenehm sein wird." Diese merkwürdige Anekdote müsste
noch auf ihre Quelle geprüft werden. Einer Verbindung Schubarts mit dem originellen,
musikalisch gebildeten Ochsenwirt Christoph Rheinek in Memmingen wurde gedacht*^),
eine kurze Biographie des Hutmachers und Dichters Städele gegeben 43), ein humoristisches
Billet Schubarts vom 3. Dez. 1789 an Forstmeister Hörner in Sulzbach veröffentlicht -4),
endlich zu seinem „Eluch des Vatermörders "^s) eine Geschichte aus dem Anfang des
18. Jh. beigebracht, die sich in Prankreich wirklich zugetragen hat, aus der „Gazette
litteraire de l'Europe" (Juni 1766) übersetzt durch den Satiriker H. E. Lasius in der
Beilage der „Rostockischen Nachrichten" 1769, Stück 37 und 38.46-47) _
Aus dem hs. erhaltenen Tagebuche und verschiedenen Briefen Matthissons
ergänzte und korrigierte Ho saus 48) die „Erinnerungen" des Dichters und die Biographie
Dörings. Das Tagebuch umfasst die Jahre ] 777— 1800; aber nur die Jahre 1786—1794
gewähren reiche Ausbeute, es gelingt daraus, manche Thatsache der „Erinnerungen" ihres
Aufputzes zu entkleiden, manche richtig einzuordnen. H. giebt nur Einzelnes, weil er
eine Publikation des Tagebuches für zweckmässig hält. Als „Adelaide" macht H. das
jüngere Fräulein Ribaupierre wahrscheinHch, das Matthisson 1788 in Rolle am Genfer-
see kennen lernte; mit dem Mädchen sah er Voltaires Adelaide. Näheres erfahren wir
über Matthissons erste Ehe mit Luise von Glafey; 9. Sept. 1793 zu Zürich getraut,
Hessen sie sich schon 1798 gerichtlich scheiden. Von allen übrigen Liebesverhältnissen
des Dichters ist nur das mit Annette von Glafey behandelt. H. weist nach, dass
Aus d. Briefwechsel zw. Bürger u. Goeckingk: VLG. 3, S. 62—113; 416-76. — 37) XX H. Jellinghaus, J. A. KlOntrup :
KorrBlVNiederdSpr. 14, S. 50. — 38) Martin v. Nathusius, E. deutsche Dichterin vor 100 Jahren (M. Ph. Engelhard geb.
Gatterer): ConsMschr. 47, S. 238-48; 382-91. (Vgl. auch d. Bde. 45 u. 46.) - 39) X Anna Lohn-Siegel, Aus d.
Lehen Elisas v. d. Recke: NorddAZg. N. 86, 88, 90. - 40) X Alois L ... , D. 10 j. Gefangenschaft Schubarts auf d. Hohen-
asperg (1777—87): BohemiaB. N. 162. — 41) J. KUrschner, E. litt.-hist. Berichtigung: Signale aus d. litt. Welt. S. 3857/8. —
42) P. B., Schubart u. Christof Rheinek : SchwäbKron. N. 98. - 43) Schubart u. Städele : ib. N. 115. - 44) E. Brief Schubarts :
TUbingUnterhaltBL N. 94. — 45) Kl., Schubarts Fluch d. Vatermörders u. seine Quelle: RostockZg. N. 79. — 46) X Zu
Schubarts Ode auf Abhts Tod: ZDS. 3, S. 160—2. — 47) X R- Sprenger, Zu Voss' Luise I, 425-50: ZDU.
4, S. 160. (Verweist ausser auf Schubarts „D. rechte Glaub" [R. Köhler] noch auf Schubarts „Märchen" [Hauff S. 343.])
— 48) W. Ho saus, Nachträge zu Matthissons Leben: MVAnhaltG. 5, S. 348—77, 444—56, 530-81, 659—85. —
60 IV,2: R. M. Werner, Lyrik des 18./10. Jahrhunderts.
Matthisson wirklich in den erblichen Adelsstand erhoben wurde. An seinen Poesien
vennisst H. tiefere Wahrheit, Ursprünglichkeit, Kraft und Wärme, trotzdem teilt er
einige ungedruckte Gedichte mit und ein paar schon gedruckte, die er richtiger zu
datieren und besser zu deuten vermag. Aus Matthissons Album bekommen wir einige
Eintragungen, von Klamer Schmidt (8. 9. 1783), von Goeckingk (13. 9. 83), Claudius
(5. 4. 85), Klopstock (14. 4. 85 und 15. 4. 94), Voss (5. 6. 85), Gerstenberg (5. 6. 85),
Lavater (Juni 86 und 15. 8. 87), Jung-Stilling (1787), Gessner (23. 8. 87), Pestalozzi
(1. 9. 87), Bürger, Gleim (21. 4. 94), Kästner (21. 2. 94), den Stolbergs, Schiller (26. 5. 94),
Wieland (24. 5. 94), Herder (25. 5. 94), Reichard (3. 2. 1809), Tiedge, Clodius, Goethe
(zwei Strophen aus dem Gedicht „Wirkung in die Ferne": „den 4. Januar 1808", „zur
freundlichen Erinnerung des 18. Aprils 1815. Weimar"), Neuffer, Gustav Schwab (18. 8. 22),
Wilhelm Müller (21. 5. 26), Usteri (1819) mit einer sehr feinen Tuschzeichnung; ich
habe nur diejenigen hervorgehoben, deren Eintrag H. angiebt.^^-^^) —
Einen glücklichen Gedanken führte Geiger^») durch, indem er aus mindestens
60 verschiedenen Quellen eine Sammlung unbekannterer Gedichte gab, die eine Vor-
stellung von Berlin inid Berliner Stimmung während der Aufklärungszeit zu geben ver-
mögen. Die Sammlung verfolgt kulturhistorische, nicht ästhetische Zwecke, wirft aber
zugleich auf die Durchschnittsvorliebe und Durchschnittsbegabung von Berlin Licht. — Er-
gänzend kommt der Abdruck mehrerer Berliner Volkslieder (1790 — 1840) hinzu, den Bolte^^)
besorgt hat. ^5-) — Einen wesentlich anderen Charakter zeigt die Sammlung von Belling^*»),
die eigentlich eine Biograpliie der Königin Luise aus dem Munde von Dichtern älterer und
neuerer Zeit vorträgt; die Gedichte sind chronologisch geordnet, aber nicht nach dem Datum
ihres Entstehens, sondern nach der Reihenfolge der Ereignisse, auf die sie sich beziehen.
Die Auswahl ist eine sehr geschickte, zudem verzeichnet ein Anhang auch die nicht
abgedruckten, dem Herausgeber bekannt gewordenen Gedichte, so dass auch der
Eorscher die Sammlung benutzen muss; leider fehlt ein alphabetisches Register. —
Der Parallele zwischen Claudius und Hebel wurde schon (s. o. N. 23)
gedacht; aus zufälligen Anlässen wurde HebeP^-ss) mehrmals behandelt. Dem Geburts-
hause Hebels hat Stocker^s) eine seiner interessanten lokalhistorischen Studien gewidmet;
daraus erfahren wir, dass erst nach dem Jahre 1860 das jetzt mit einer Tafel geschmückte
Haus als die Geburtsstätte des Dichters festgestellt wurde durch eine Tradition, die auf
Hebel selbst zurtickgeht. S. erzählt die Geschichte dieses Hauses seit dem 16. Jh.
und deckt dabei die Thatsachen auf, welche gegen die Hebeltradition sprechen. Auch
erfahren wir einiges über Hebels Eltern, besonders über ihre „Herrschaft", den Major
Johann Jakob Iselin. Das Buch bringt u. a. auch ein drolliges Dialektgedicht „Basler Leckerli"
von dem Basler Volksdichter Th. Meyer-Merian. 60) Hebels Volkstümlichkeit fehlte noch
der Zug zum Patriotischen, das erst durch die Schicksale Deutschlands zur Zeit der
napoleonischen Kriege zu mächtiger Flamme angefacht wurde und zur LjTik der Be-
Ireiungskriege führte. —
Hier müssen wir in erster Linie Theodor Körners gedenken. Seine Werke
hat Adolf Stern^i) unter Benutzung des Dresdener Körner-Museums mit einer allge-
meinen biographischen Einleitung elegant herausgegeben. Jeder einzelnen Publikation
des Dichters sind besondere Einleitungen vorausgeschickt, in denen S. über Entstehung,
Druck, Aufnahme, wie über die litterarischen Voraussetzungen unterrichtet. Die Texte
sind nach der Ausgabe von Körners Vaters gegeben, die Lesarten der vorhandenen Hss.
unter dem Texte mitgeteilt. Die bekannten Gedichte sind in der ursprünglichen Reihen-
folge abgedruckt, in der „Nachlese" sind die späteren Publikationen ausgenutzt, und den
Schluss bilden sieben bisher ungedruckte Gedichte. Im zweiten Teile folgen die Rätsel,
die lyrischen Spiele und Scherze, die epischen Fragmente, die Erzählungen, nebst den
von Karoline Pichler aufgezeichneten und dem Aufruf „An das Volk der Sachsen",
endlich die dramatischen Werke; der Teil endet mit „Zriny"62)j dessen dramatischen
49) X Usteri: TglRs. N. 130. (Notiz.) — £0) X R- Hecht, E. Anekdot« Schopenhauers: Gegeiiw. 37, S. 63. (D. Gesch-
mit d. Goldstück an d. Mittagstafel, d. schon v. Keinhold Köhler aus Matthisson nachgewiesen wurde.) — 51) X V. Bh., E
Stammbuch aus d. Zopfzeit: Bär. lö, S. 210/1, 222/3. (Nur für d. Zeitgeschmack [1780] interessant.) — 52) X Jagdlied e.
Verliebtan v. 1790: Dida»k. N. 10. (D. Liebende kontrastiert seine jetzigen Liebhabereien mit seiner Minna u. sehnt d. Hochzeits-
t*g herbei: ,Du wirst als Häsin mich erfreu'n. Und ich Dein treuer Hase sein!") — 53) S. o. IV, 1 N. 78. — 54) S. o. IV, I
N. 77. I [Geiger: Nation". 7, S. 680; Deutschi. 2, S. 72.] | — 55) X J- Holte, Lieder v. e. fliegenden Blatte: ZVolkskunde.
2, S. 312/4. (Um 1800 gedruckt, Berl. Kgl. Bibl. : Pfingstbitte, Danksagung.) — 56) E. Helling, D. Königin Luise in d.
Dichtung. E. Sammlung aus d. in älterer u. neuer Zeit verf. Dichtungen ausgew. u. her. Zweite rerb. Aufl. Mit e. Porträt . . .
nach e. Relief v. A. Bettkober (1798 nach d. Natur modelliert). (= Vaterl. Ehrenbücher. Bd. 3.) Berlin, Brachvogel. XIX, 211 S.
M. 3,00. |[Con8M8chr. 47, S. 886; HambCorr". N. 10; Reichsbote N. 85; Post N. 87; Reichsanz. N. 82; VossZg. N. 209.]| —
57) X Z. Geburtstage Hebels: BadLandesZg. N. 108. (Kurze Biographie u. Würdigung.) — 58) X J- P- Hebel, Allemannische
Gedichte fUr Freunde ländl. Natur u. Sitten. Ins Hochd. tlbertr. v. R. Rein ick. Leipzig, Fock. 12. VIII, 168 S. M. 1,.50.
(Geschenklitt.) — 59) S. o. I, 5 N. 85. — 60) X Hebels BUste angebr. au d. Schulhause in d. Leopoldstr. zu Karlsruhe:
BadLandesZg. N. 59. (Notiz Über Abbruch d. Hebelhauses in Basel, DeutschZg. N. 6499; NatZg. N. 88; HambCorr. N. 68.] |
— 61) Th. Körners Werke her v. Adolf Stern. 2 Teile. (3 Bde.): Deutsche Nat.-Litt. her. v.KUrschner 1.52, 153. Bd. 1. II.
Stuttgart, Union. XXXII, 383 S. M. 2,50; 443, 404 S. M. 6,00. — 62) X K- Sprenger, Zu Körners Zriny II (5) 327: ZDU. 4,
y. J(J1. (Statt: Auf „eignem Zaum" möchte er „auf eignen' lesen; die Parallele [Clw-ou. d. dt.sch6n Städte 2, S. 47, 10] beweibt
IV,2: R. M. Werner, Lyrik des 18./19. Jahrhunderts. 61
Kern der Herausgeber im „Aufeinanderprallen einer glänzenden, welterobernden, bis hierher
immer glücklichen Kriegsmacht und des schlichten, von vaterländischem Gefühl und
ernstem Pflichtpathos getragenen Heldentums", erkennt. — Hat Sterns Ausgabe den
Charakter der Kürschnerschen Sammlung gewahrt, so begnügt sich die Cottasche*'-'^) mit
einem billigen Textabdrucke ohne jegliche Zuthat. — Latendorf^*) ist unermüdlich
bemüht, die Quellen der Körn ersehen Lebensgeschichte kritisch zu sichten; so hat er
unter Benutzung ungedruckten oder doch unbekannten Materials vor allem die letzten
Lebenstage des Dichters behandelt und nachgewiesen, dass Körner das Schwertlied
schon am 24. August zu Kirch-Jesar gedichtet habe; dann werden einige Tehler in
Försters Nachrichten über Körners Bestattung aufgedeckt, schliesslich vuiter Abdruck
einer Reihe von Briefen der Körnerschen Eltern die Schicksale der Körnergruft in
Wöbbelin geschildert. Das Heft zeichnet sich durch warme Begeisterung und ein
starkes Pathos der Darstellung aus. — Besonders schlecht zu sprechen ist Latendorf^^)
auf Körners Kampfgenossen Förster, dem er direkte Fälschungen vorwirft; Förster habe
wissentlich, um als ein treuer, in Leben und Tod bewährter Freund des Dichters
in der Erinnerung der Nachwelt fortzuleben, Briefe und Aktenstücke vmtergeschoben
oder geändert. So wird der Brief vom 25. Jan. 1813 mit Rücksicht auf einen Brief
Körners vom 27., den Förster gekannt haben müsste, verworfen; falsch müsse der Brief
vom 10. Febr., ebenso der vom 20. Febr. sein; Goethes Waffensegen vom 12. April 1813
sei Fälschung; der Brief vom 18. April 1813 aus Leipzig mit angeblicher Einlage des
Kriegsliedes „Männer und Buben" könne nicht von Körner herrühren. L. kommt zu
dem Resultate, ,,dass man Alles, wofür Förster allein als Gewährsmann eintritt, in
Zweifel zu ziehen berechtigt sei und nach inneren und äusseren Kriterien gewissen-
haft prüfen müsse!" — Von der Einsegiumg der Lützower in Rogau, der Körner sein
Lied „Wir treten hier in Gottes Haus" widmete, werden wir diu-ch den aktenmässigen
Bericht des Magistrates zu Zobten an den Magistrat zu Schweidnitz unterrichtet®*'); an-
schaulich ist in diesem amtlichen Schriftstücke der erhabene Moment und was darauf
folgte, dargestellt. — Ueber eine Erwerbung des Körner-Mviseums, unbekannte Gedichte,
Lustspiele, Opern, Bruchstücken, Entwürfe u. dgl., ferner erste Niederschriften schon
bekannter Dichtungen, findet sich eine Notiz®''-™). — Mit Rücksicht auf Köniers Erzählung
sei erwähnt, dass im Sterberegister des Kirchenbuches zu Sondershausen, Jahrgang 1667,
steht:''!) „Hanns Heiling, welchem, naclidem er das Bötticher Handwergk gelernnt und
auff der Wanderschafft gewesen, von einer Weiber-Person ein phyltron, das ist ein
Liebetrank gegeben, ist aber dadurch seiner Vernunfft und Verstandes beraubet worden,
dass er vom Handwergk ablassen müssen, ist den Leuten mit seinem Thun verdriesslich
gewesen, ist in der Kriegsunruhe endlich von Ehrich hierher kommen, hat sich auff' dem
Schlossberg bei den Knechten im Reisigenstall lange aufgehalten, denen er mit seinen
Diensten an die Hand gangen, bis er alt und grau worden, ist den 18. Juny gestorben
und auff dem Kirchhoff zum heiligen Geist begraben worden." — Eine andere Sage,
die Kömer behandelt hat, die vom kühnen Springer Harras, sucht Schurtz'2^ unter
Herbeiziehung ähnlicher Sagen als einen Nachklang der slavischen Menschenopfer an
den Wassergott zu erklären; er unterscheidet zwei Gruppen dieser Sagen, jene mit
tragischem und jene mit glücklichem Ausgang; in der zweiten sieht er die Milderung
des ursprünglichen Menschenopfers, bei der es dem Zufall überlassen wurde, ob der
Todesgeweihte gerettet wurde oder nicht; das belegt S. aus verschiedenen Rechtsge-
bräuchen. Zusammenhang mit der Sonnwendfeier ist ihm wahrscheinlich. — Einem anderen
Freiheitssänger, Max von Schenkendorf, wurde zu Tilsit ein Denkmal errichtet, ein
Werk des Bildliauers Martin Engelke in Dresden; aus Anlass der Enthüllung am
21. Sept. erschienen zahlreiche Festartikel ''3) in die mitunter auch eine Charakteristik
des Dichters eingewebt ist. — Von der Auswahl der Gedichte Arndts erschien ein neuer
Abdruck''*) in würdiger Ausstattung. — Karl Follens wurde anlässlich der 50. Wieder-
kehr seines Todestages (13. Febr. 1840) ehrend gedachf^). —
Von Justinus Kern er''®) bekamen wir ein originelles, bisher unbekanntes
Werk''''), dessen Herausgeber sich nicht genannt hat. Die „Kleksographien" entstammen
nichts.) - 63) Körners sämtl. Werke in 4 Bänden. (= VolksbiW. Bd. 13-20. Stuttgart, Cotta Nachf. 120. 211, 211, 252, 191 S.
M. 2.00. — 64) F. Latendorf, Th. Körner in Mecklenburg. Progr. N. 638. Schwerin, Fridericianum. 4«. 36 S. | [RostockZg.
N. 161, 16.3.] I — 65) id., F. Försters Körner -Fälschungen: Gegenw. 38, S. 198-200. — 66) D. feierliche Einsegnung
d. preuss. Freikorps d. Ltitzower in d. Kirche zu Kogau in Schlesien : Didask. N. 35. (Vgl. TglBs. N. 30 aus d. „B;ir".) —
67) Sammler. 12, S. 153. — 68) X TglRs. N. 145. („Gehet vor d. Schlacht" u. d. Wiener C'ensur.) — 69) X Französ. Ueber -
Setzung d. Körnerschen Liedes v. LUtzows wilder Jagd in d. Revue du Cercle Militaire: HajnbCorr. 20. Jan. (Notiz. Str. I „in
dUstern Reihn" wird: „Le long du Rhin sombre".) — 70) X Körner Französisch: TglRs. N. 18. (vgl. Post N. 18.) — 71) Hans
Heiling: Didask. N. 17. S. 68. (Aus d. Thtlr. Zg. „D. Deutsche".) — 72) H. Sehurtz, Ritter Harras u. seinesgleichen:
LZgB. N. 45. — 73) D. Enthüllung d. Schenkendorf-Denkmals in Tilsit: Nordwest N. 39. Gartenlaube N. 47. Bohemia N. 158.
— 74) Ernst Mor. Arndt, Gedichte. Ausw. Berlin, Weidmann. 1889. VIII, 279 S. gebd. M. 4,00. — 75) VossZg. N. 73;
RostockZg. N. 77; WeserZg. N. 15510; Didaskalia N. 40. — 76) XX M.Laue, D. schwäbische Dichterkreis in chronologischer
Ordnung. Langensalza, Schulbuchhandlg. 46 S. M. 0,50. — 77) Justinus Kerner, Kleksographien. Mit Illustr. uach d.
Vorlagen d. Vf. Stuttgart, Leipzig, Berlin, Wien, üeuische Verlagsanstalt, o. J. VII, 78 S. M. 3,00. |[Ge;,'enw. 38, S. 364.] | —
62 IV,2: R. M. Werner, Lyrik des 18./19. Jahrhunderts.
einem Zufall: der Dichter, dessen Augenlicht immer schwächer wurde, machte häufig
„Klekse" auf dem Papier, d\xrch dessen Zusammenfalten symmetiische Figuren ent-
standen. Nach einiger Zeit wurde das Spiel etwas ernsthafter geti'ieben, und Kerner
erläuterte die leicht veränderten Zeichnungen mit kurzen improvisierten Versen. Etwas
Mystisches mischt sich auch in diese Scherze, es erscheint ihm bemerkenswert, dass die
Bilder ,,sehi* oft den Typus längst vergangener Zeiten aus der Kindheit alter Völker
tragen, wie z. B. Götzenbilder, Urnen, Mumien usw."; besonders Gerippe, Teufel u. dgl.
hat er mit seinen leichten Versen begleitet, die ganz dem Charakter seiner übrigen
Poesien entsprechen. Kemer''^) hatte sehr viel Sinn für das Ungewöhnliche, darum ist es
auch, als wenn das Ungewöhnliche ihn geradezu aufsuchte. Bekannt ist seine Vorliebe
für die Maultrommel, die er selbst spielte; Palm'^^) erzählt nun, wie Kemer dadvu'ch
auf den späteren Maultrommelvirtuosen Karl Eulenstein bestimmend gewirkt hat; Kerner
war es dann auch, welcher dem jungen Manne behilflich war, dessen Leben sich erst
nach furchtbaren Entbehrungen und schwerem Hungern freundlich gestaltete. —
Die bedeutendste Förderung erfuhr unsere Kenntnis Mörikes durch die Mit-
teilung des Briefwechsels mit Schwind, die Bächtold**o-8i^ zuerst in einer Zeitschrift und
dann selbständig gab. Zwar hat B. mehr den Maler als den Dichter zu Wort kommen
lassen, gegenüber etwa 37 Briefen Schwinds stehen nur 7 Briefe Mörikes; aber trotz-
dem ist das liebenswürdige Buch mit seinem schönen Bilderschmuck eine Bereicherung
unserer Litteratur. Die beiden Männer verband eine grosse Wesensähnlichkeit, gleiches
Interesse und gleiche Vorliebe, gemeinsame Freundschaft z. B. zu Lachner, zu Vischer.
Schwind erscheint burschikoser, Mörike ernster, aber der Grundzug ihrer Natur ist ge-
sättigte Heiterkeit des Gemütes; Schwind ist beweglicher, rascher, reiselustig und unter-
nehmend, Mörike zäher, schwerfälliger, sesshafter. In Schwinds Briefen wirbelt alles
durcheinander, er wiederholt sich öfter; so kehrt der Grillparzersche Ausdruck „lange
Sachen beginnen" dreimal wieder, er streut drollige Anekdoten ein, versucht sich auch
wohl in „klassischem" Latein, schimpft gegen die Kritiker und die Buchhändler und
spart derbe Flüche nicht. Mörike greift seltener zur Feder; aber wenn er es Ihut, dann
erscheinen so warme, anerkennende Briefe, wie z. B. N. 11 über Schwinds Zeichnungen
zu Mörike. Jedenfalls ist es eine Freude, zwei Menschen zu finden, die sich so ganz ver-
stehen und so rein bewundern. — Von diesen Briefen gilt, was K. Weitbrecht^^) über
Mörikes Lyrik sagte, wir kommen „in die geweihte Stille", wenn wir Mörike suchen.
Er sieht in Mörikes Poesie den Prüfstein,, „ob einem das Geheimnis der lyrisclien
Dichtung aufgegangen sei oder nicht." Er vergleicht ihn mit Goethe, denn ,, kindliche
Einfalt und männlicher Ernst, heimelige Enge und mächtige Weite, höchste Vertiefung
und graziöse Leichtigkeit verbinden sich bei Mörike in so . massvoll abgeklärter Weise
mit einer so vollendeten und eigenartigen lyrischen Ausdrucksform", dass sich Mörike
eben nur mit Goethe vergleichen lasse ; als gemeinsam hebt W. hervor die einfache, gross-
ai-tige dichterische Wahrhaftigkeit, die Naturnotwendigkeit der Schöpfungen, die Energie
des inneren Schauens. — Mehr die epischen Werke charakterisiert Lemmermayer^^)
in einem hübschen Femlleton. — Ein allerliebstes Gedicht Mörikes an Gräfin Fernanda
v. Pappenheim hat Elias^) dem Merkbüchlein der Gräfin entnehmen dürfen und dabei
die Freundinnen der Schwaben und Lenaus, die genannte Gräfin, ihre Cousine Agnes von
Grossmann und deren Schwester Emma Freiin von Suckow, als Schriftstellerin E. Niendorf,
in ihrer ganzen Liebenswürdigkeit gezeichnet. Wir erhalten ausserdem ein Stammbuch-
blatt Lenaus, eine Improvisation von Hermann Kvirz (1840), einen bisher ungedruckten
Brief Kemers (1841) und werden eingeführt in den Kreis, der in München die Gräfin
umgab und verehrte. Mörikes Gedicht ist eine Epistel mit der Erzählung eines Traums
und bezieht sich auf das Beisammensein mit den Damen in Weinsberg. — Wie
ein Lied Mörikes zum Volkslied umgestaltet wird („Das verlassene Mägdlein"), zeigte
Schönbach85)86). _
Den Schwaben dürfen wir den norddeutschen Dichter s'-so) Chamisso anreihen.
Von Chamissos Familie erfahren wir aus der Anfrage einer portugiesischen Dame^i)
78) X K- Uöber, D. Weibortreu: FZg. N. 212. (D. Kuine b. Weinsberg. D. Sage bei deutschen Dichtern u. deren Besuche.)
— 79) A. Palm, Aus d. Leben e. Maultrommlers. [Karl Eulenstein]: Gartenlaube. N. 18. — 80) J. Baechtold, Briefwech.sel
zw. M. V. Schwind u. E. MOrike : ZKK. NF. 1, S. 101 ff., 58 ff., 211 ff. — 81) id., Briefwechsel zw. M. v. Schwind
u. E. Mörike. Leipzig, Litt. Jahresber. Artur Seemann. 108 S. M. 2,00. | [Bienemann: BLU. N. 16; Koch: DWBl. N. 19;
LUbke: AZg». N. 127; LCBl. S. 1341; Weiske: LeipzTBl. N. 138; Speidel: NFPr. N. 9263; ConsMsehr. 47, S. 774; SehwttbKron.
N. 62; Sonntagsbl. d. Bund. N. 12; NZUrchZg. N. 78.]| — 82) K. Weitbrecht, MOrike als Lyriker. Vortrag geh. am 3. Febr.
im Lesezirkel Hottingen: NZUrchZg. N. 38. (Referat.) — 83) F. Lern mermay er, 1). Pfarrer v. Cleversulzbach: NatZg. N. 296.
- 84) .1. Elias, E. ungedrucktes Gedicht E. Mörikes: VossZg. N. 43. — 85) Vgl. o. 1,3 N. 37. — 86) Ungedrucktes yon
W. Waiblinger: Ueber Mörike (2. Apr. 1822). Ueber Uhland (30. Mai 1822). Mitg. v. V. P. Hubl: DDiclitung. 8, S. 50 ff. —
87) X Kopischs Grab auf d. Friedhofe d. Dreifaltigkeitskirche in Berlin: VossZg. N. 69. (Aufforderung z. Erneuerung.) —
88) XB. Sprenger, Kopischs Gedicht ,D. Bärenschlacht" : ZDU. 4, S. 160. — 89) X 0. Glöde, Kopischs Barenschlacht: ib.
S. 274/6. — 80) X H. Kohrs, Jochen NUssler: ib. S. 276. N. 88—90 wollen „zeigt, dass ihr nicht vom Nussbaum .seid" aus d.
ud. Volkssprache erklären; vgl. NUssler bei Reuter: e. laugsanier, unent-schiedenor Mensch. — 91) I». Abstauiiiiuiig Chamissos:
IV,2: R. M. Werner, Lyrik des 18./19. Jahrhunderts. 63
in Porto beim Oberbürgermeister der Stadt Berlin, dass die Wiege derer von Chamisso
nicht Frankreich, sondern Portugal gewesen sein dürfte, Mitglieder der Pamihe Chamisso
leben noch gegenwärtig in Portugal. — Geiger92-93)^ der sich schon durch einen Neudruck
um Chamisso verdient machte, hat aus der Spenerschen Zeitung von 1804 „Angebinde
an Seimars Nase" mitgeteilt, die er nach einem Briefe Chamissos diesem zuschreibt; es
sind Nachahmungen von Haugs bekannten Hyperbeln auf des Herrn Wohls grosse Nase,
wie auch Vischers^*) Spässe, die aus seinem Nachlasse erschienen. — Von Ausgaben
Chamissos^ö) wurde nur eine populäre publiziert. ^^^ —
Hier ist wohl auch der Ort, Oaudys zu gedenken, dessen Todestag (5. Febr. 1890)
nicht vergessen wurde. G. Kohn^'') hat ihm ein besonderes Heft gewidmet, das mehr durch
den Ort seines Erscheinens als durch seinen Wert Erwähnung verdient. Es zeichnet
sich durch eine Begeisterung aus, die sich in Superlativen ergeht und mehr über den
Sachen schwebt, als in sie einzudringen. Zu einer Charakteristik ist nicht einmal der
Ansatz vorhanden; aber die politischen und litterarischen Zustände, aus denen Gaudy
herauswächst, seine Beziehung zu Chamisso, seine anfängliche Abhängigkeit von Heine
sind dargestellt. Besonders rühmt K. das Verständnis Gaudys für polnisches Wesen. 9^) —
Eine Flut von Aufsätzen rief die Enthüllung des Denkmals hervor, dasRückert
in Schweinfurt 9ö) errichtet wurde. Während der Festtage erschien in Schweinfiu't eine
eigene Zeitung loo)^ geschmückt mit den Bildern des Denkmals, des Geburtshauses, des
Sterbehauses in Neusess, Riickerts selbst im Alter und in der Jugend, endlich seiner
Braut. Die Fest-Zeitung enthält Gedichte von W. Pregerioi), W. J. Sattler, von Lingg,
Karl Zettel, E. Rittershaus, Schenz, Dusmann, A. Baldi, Joh. Haussleiter, P, Müller,
Gotthold Kreyenberg, Joh. Lichtenebert und 0. Steinel, ein lateinisches von Alb. Bischot
und den Festprolog von F. Dahni02), Ein Aufsatz von Steinel behandelt „Friedrich
Rückert und die Rückertstadt" ; er beginnt mit einem heiteren Spruche Rückerts über
seine Vaterstadt und seinen Geburtstag, giebt dann eine kurze Schilderung des ehemaligen
Schweinfurt, erzählt darauf kvu^z die Biographie des Dichters, entwirft eine mehr polemische
Charakteristik und schliesst mit einer Beschreibung des Denkmals, dessen „Geschichte"
wir in einem anderen Aufsatze erfahren 103). S. entwickelt auch den Plan zu einem
Rückertmuseum und Rückertzimmer in Schweinfurt. Die weiteren Nummern bringen
Nachrichten vom Verlaufe des Festes, Reden und Zuschriften, aber auch „Unveröffent-
hchte Gedichte" von Rückert, die seine Tochter Marie beigesteuert hat; „Aus dem Still-
leben eines deutschen Dichters (Neusess)", enthält hauptsächlich Verschen an Rückerts
Frau, die „Poetischen Uebersetzungen" schöpfen aus dem Talmud, dem Indischen, Persischen,
Afghanischen und Arabischen, es sind nur kurze Sprüche. — Vom Denkmali04^ handelt ein
anderer interessanter Aufsatz des schon genannten Steinel ^os), indem er einzelnes aus
den Briefen mitteilt, die von Dichtern auf die Anfrage wegen Errichtung eines Rückert-
standbildes erwidert wurden; Berthold Auerbach beteiligte sich am lebhaftesten an dem
zu erlassenden Aufruf zu Beiträgen, auch Georg Ebers, Emanuel Geibel, Scheffel, Emil
Brachvogel suchten den ersten Entwurf zu verbessern; besonders charakteristisch ist
Brachvogels Polemik gegen die Zuerkennung des Prädikates „Klassiker" an Rückert.
Auch aus Zuschriften Geroks, Dahns, Gottschalls, Dingelstedts und Freytags sind ein
paar charakteristische Stellen ausgehoben, so dass wir eine Ehrung Rückerts durch die
besten deutschen Dichter vor uns haben. — Der unermüdliche Rückertforscher C. Beyer '06)
hat der Stadt Schweinfurt zu den Festtagen eine Jubiläumsschrift gewidmet, die mit
zahlreichen Illustrationen geschmückt ist. Ihm ist Rückert „der letzte Klassiker unserer
Tage"; man könnte fragen, ob mit diesem Zusatz ein geringerer Grad der Klassizität
gemeint sei, aber S. 44 ff", erhält man die Antwort, dass auf dem deutschen Parnasse
das Dreigestirn Scliiller-Goethe-Rückert glänze, Rückerts müsse neben Goethe und Schiller
als des letzten Klassikers gedacht werden. Die Hauptbestandteile des Rückertschen
Wesens nennt B.: „Weisheit, gute Sitte, Humanität, Toleranz, inneren Frieden" (S. 22).
VossZg. N. 40; MünchNN. N. 50. — 92) L. Geiger, Musenalmanach auf d. Jahr 1806. Her. v. L. A. v. Chamisso u. K. A. Varn-
hagen. (= Berliner Neudrucke. II, 1.) Berlin, Gebr. Paetel. 1889. XXXII, 122 S. M. 4,00. — 93) id., Scherze Chamissos: Z VLB. NF. 3,
S. 138 — 40. — 94) F. Th. Vischer, D. hohe Epigrammenlied auf Herrn Schlocks rote Nase: DDichtung. 9, S. 18, 45, 65, 95,
124, 145, 170. (Es sind 50 Epigramme.) — 95) X Ad. v. Chamisso, Ausgew. Gedichte. Leipzig, Fock. 12". IV, 304 S. M. 2,00.
(Geschenklitt.) — 96) X W. Scharleraann, Z. Verständnis v. W. Müllers „Glockenguss v. Breslau": PädBlJ. 19, S. 493/4,
(Wenig glückliche Erklärung v. ,Und was d. Tod versprochen, das bricht d. Leben nicht".) — 97) Gotthilf Koh n , Franz
Frhr. Gaudy als Mensch u. Dichter. E. Gedenkblatt zu seiner 50 j. Todesfeier gewidmet. Mit Porträt. Nicht fUr d. Buchhandel
bestimmt. Sambor, Selbstverlag. 19 S. — 98) X Franz Frhr. v. Gaudy: VossZg. N. 59. — 99) X Alt-Schweinfurtisches u. F.
RUckert. Nach Erinnerungen U.Aufzeichnungen d. weil. Dr. S.: Sammler (AugsburgAbendzg".) N. 119—22. — 100) K. Keppel
u. 0. Steinel, FestZg. z. Feier d. Enthüllung d. Rückert -Denkmals am 18., 19. u. 20. Okt. 4 Nummern. Schweinfurt, Reichardt.
4«. (vgl. FZg. N. 291.) — 101) X W. Preger, Friedrich Rückert. Z. 19. Oktober 1890: Daheim. 27, S. 118 IT. —
102) X F- Dahn, Festsprueh bei Enthüllung d. Denkmales F. Rückerts in Schweinfurt: AZgß. N. 291. (PKZ. N. 44.) —
103) 0. Steinel, D. Rückertdenkmal in Schweinfurt: Gartenlaube S. 739 ff. - 104) X AZg. N. 260, 291; IllZg. N. 2468:
ÜL&M. 65, N. 3 (d. letzten drei v. 0. Steinel); FZg. N. 290 (C. Beyer); FränkKur. N. 92, 114; FrankfJourn. N. 175. —
105) 0. Steinel, D.Urteil d. litt. Grössen Deutsehlands über d. Rückertdenkmal: Didask. S. 936: 939—40. (NFPr. N. 9385.)
— 106) C. Beyer, F. RUckert. E. Lebens- u. Dichterbild. Festschr. z. Enthüllungsfeier d. Rückert-Denknials zu Schweinfurt.
G4 IV,2: R. M. Werner, Lyrik des 18./10. Jahrhunderts.
Er scheidet Perioden imWii'ken Rückerts: 1807 — 12 die erotische, 1812 — 17 die politisch-
patriotische, 1817 — 18 die romantische, von da ab die westöstHche Lyrik; die gelehrten
Studien von 1820 — 26 führen zur orientalischen Epik, in den 30er Jahren die westöstliche
Didaktik, anfangs der 40er Jahre die Dramatik und zum Schluss die Natur- und Haus-
lyrik (S. 24), Es wird nun die Lyrik nach Stoifgebieten betrachtet, nach dem Gefühl
für das Vaterland, die Heimat, das Idyllische, die Natur, Religion, die Liebe, und
Rückerts Poesie geschildert. Den Schluss bilden einige Facsimile, so eines Briefes vom
20. Febr. 1823 an Carl Weichselbaumer, und eines Gedichtfragments (1842). — Gegen
Beyers Uebertreibung sticht angenehm die warme, aber sachlich ruhige Dai'stellung
Rückerts durch Muncker^ov) ab, die von Schäfleri<*8) im Zusammenhange mit mehreren
neueren Rückertpublikationen besprochen und in einigen Punkten ergänzt wurde. M.
weist Rückert die Stelle an, die ihm innerhalb des Bestrebens gebührt, eine Weltlitteratur
zu schaffen, und so bewundert er bei ihm weniger die eigenartige Neuheit seiner Ge-
danken oder die imponierende Grösse und individuelle Kraft seiner Empfindungen, als
den universellen Reichtum an Formen, Weisen und Farben, die Unerschöpflichkeit des
dichterischen Ausdrucks, die ihn immer und immer wieder zum Singen drängte. Kurz
und übersichtlich erzählt er Rückerts äussere Lebensschicksale, indem er zugleich einzelne
wissenschaftliche Arbeiten, die Habilitationsschrift^^-*) ausreichend charakterisiert. Ihm
erscheinen als Grundeigenschaften in Rückerts menschlichem Wesen „Einfachheit und
Biederkeit". Er betont Rückerts Frömmigkeit, die eine Zeitlang zu mystischem Pantheis-
mus neigte, seinen Eklektizismus auf dem Gebiete der Philosophie, der aus jedem Systeme
das praktisch Brauchbare nahm, seine Humanität und seine Vaterlandsliebe, die aber nie
zu einem eigentlichen Anteil an Politik führte. Zuerst ist dann vom Uebersetzer die
Rede, wobei M. sehr husch die Methode des Rückertschen Verdeutschens darstellt ; nicht
wie Beyer den Inhalt, sondern naturgemäss das deutsche Gewand, das Rückert den
fremden Dichtungen lieh, fasst er ins Auge; dieser Teil des M.schen Heftes verdient
besondere Beachtung. M. ist nicht blind gegen die Schwächen Rückerts, hebt seine
gewaltsamen Bildungen, undeutschen Konstruktionen hervor, macht auf Mängel der
eigenen epischen und besonders der dramatischen Versuche Rückerts aufmerksam, ohne
deshalb die ästhetische Kritik nur negativ werden zu lassen oder die litterarhistorische
Einreihung zu versäumen. Er schliesst Rückert auch in der Lyrik an die Romantik an,
indem er Gewinn und Nachteil ihres Einflusses erwägt und die Unterschiede der Rückertschen
Poesie von der romantischen darlegt. Die einzelnen Seiten der LjTik Rückerts werden
geschildert, wobei M. zu dem Resultate gelangt, dass der Dichter nicht wie Goethe, wie
in gewissem Grade noch Heine neue Reiche des Empfindens erschloss, trotzdem aber
auf verschiedene Dichter der nachfolgenden Zeit befruchtend wirkte. Im Anhange teilt
auch M. neben einem facsimilierten Geschäftsbriefe mehrere bisher ungedruckte Gedichte
Rückerts aus dem unerschöpflichen Nachlasse mit. Jedenfalls gehört sein Heft zu den
erfreulichsten Erscheinungen der Rückertlitteratur. — Einen Beitrag zur Biographie
Rückerts konnte von Mor-Sunnegg ^^o) aus ungedruckten Briefen des Dichters spenden, er
schöpft aus dem Nachlasse des bekannten Orientalisten Hammer-Purgstall und stellt
eine Publikation seiner erhaltenen Memoiren, wenigstens gekürzt, in Aussicht. Er er-
zählt das Leben beider Männer, bis sie sich zu Wien im Jahre 1818 fanden, wobei
Rückert von Hammer lernt. Fünf Briefe vom 20. Dez. 1823 bis 28. Okt. 1826 handeln
über die Bemühungen um die Erlanger Lehrkanzel ; jener vom 20. Jan. 1827 giebt Bericht
über die ersten Erfahrungen des neuen Professors. — Von den Briefen Rückerts an
seinen Verleger Reich, von denen bisher schon mehrere gedruckt waren, erhalten wir
drei weitere i"), die hauptsächlich über die „Weisheit des Bramahnen" handeln, aber
auch über die Uebersetzung des Koran, die schon Ostern 1837 erscheinen sollte, jedoch
erst 1888 wirklich erschien. Interessant ist die Entrüstung, mit der Rückert das Ge-
rücht zurückweist, dass er als Nachfolger eines der sieben exilierten Göttinger an diese Uni-
versität berufen worden sei; er nennt die Nachricht eine seinem Namen „öffentlich an-
gethane Schmach". — Ein Brief an Lazarus ^12) aus dem Jahre 1863 behandelt das
Nirwana und enthält zwei Improvisationen Rückerts. — Die zwei Briefe Rückerts an
S.Heller in Prag, die Kohut^^"'^) mitteilt, sind längst gedruckt, obwohl dies K. ver-
schweigt; sie finden sich sorgfältiger als bei ihm in H. J. Landaus „Neuem deutschen
Hausschatz für Freunde der Künste und Wissenschaften (Supplement)", Prag 1869,
S. 239 ff. K. ist ein Vielschreiber ärgster Sorte und durchaus unzuverlässig. — Ein
Zweite Anfl. Stuttgart, SUdd. Verlagsinst. 52 S. M. 1,60. |[BUchner: AZg". N. 308.] | - 107) F. Muncker, F. Rllckert.
Zeichnungen v. 0. E. Lau. (= Bayer. Bibl. 1. Serie 14. Bd.) Bamberg, Buchner. 79 S. M. 1,40. — 108) J. Sehäfler, Z.
RUckert-Litteratur: AZg». N. 226. — 109) X «• Suphan, E. ungednickter Brief v. F. RUckert an Goethe: VLO. 3, S. 378.
(Jena, 9. Mai 1811, mit d. Habilitationsschrift.) — 110) E. v. Mor-Sunnegg, F. RUckert über seine Berufung nach Erlangen
(Aus noch ungedruckten Briefen d. Dichters): DeutschZg. N. 6760/1. (Auch als S.-A. Wien, Bergmann & Comp. 23 S. erschienen.)
— III) Ungedruckte Briefe v. RUckert: Düichtung. 8, S. 94/7. — 112) Brief v. F. RUckert an Lazarus: BerlTBl. N. .528. (Abge-
druckt aus AZgJudent.) - 113) A. Kohut, S. Heller u. F. Rllckert: Bohcmia N. 81. — 114) F. KUckcrt an sninc Verehrer
1V,2: R. M. Werner, Lyrik des i8./19. Jahrhundertsj 66
„Verschen" des 75jährigen Rückert an Dorni^*) dankt für eine Petersburger Gratulations-
adresse, ii^-^l*^) — Eine Reihe von Publikationen aus Rückerts Naclüass, soweit er sich
auf der Berliner Kgl. Bibliothek befindet, ging von Bayeri^'^-ii^) aus, der auch Rückerts
Firdusiübersetzung zuerst herausgab. Nach Chodzkos „Specimens of the populär poetry
of Persia etc." (London 1842) übertrug Rückert mehrere Volkslieder, so Mazendera-
nische, Gilanische und Tälische, meist kurze Vierzeiler ganz im Stile der Schnadahüpfeln;
diese tjebertragungen dürften bald nach dem Erscheinen des englischen Buches verfasst
sein. — Aus Hafis' Diwan, den Rückert bearbeitete, teilt Bayer ii9-i20) ein Gedicht mit, in-
dem er zum Vergleiche Hammers und Rosenzweigs Uebertragungen herbeizieht; aus
Nisamis „Sieben Schönheiten" die Rätsel der Turandot, übersetzt wohl Ende der
vierziger Jahre. — Einen Spruch des Tagebuches über die Stellung des Dichters zur
Partei gegen Ereiligraths bekannte Verse hat SteineP^i) dargeboten. — Von den
grösseren Gaben des Nachlasses erfuhr besonders das ,, Poetische Tagebuch" durch
Kern 122) eine fruchtbare Besprechung; er geht aus vom Unterschiede zwischen Rückert
und Platen, den schon ihre Tagebücher darstellen, verbessert hierauf einige Fehler der
Publikation 123)^ zeichnet den allgemeinen Charakter der Sammlung und erläutert dann
an einzelnen Beispielen Rückerts Art zu arbeiten. Die Themen der Tagebuchgedichte
sind angegeben: Naturbilder, Philosophisches, Religiöses, moralische Sentenzen; neben
Eigenem stehen Uebersetzungen und Nachbildungen, dann Urteile über Litteratur-
werke. Besonders rühmt K. die Gedichte Rückerts über das Verhältnis zu seiner Frau,
die Stimmungen vor und nach ihrem Tode, sowie die Stimmungen vor seinem eigenen
Ende. Zum Schlüsse spricht K. die Meinung aus, die Rückertschen Gedichte dürfte
man in einer einzelne Strophen tilgenden und nur das Beste berücksichtigenden Aus-
wahl dem Publikum mundgerecht machen. K. bemäntelt ebenfalls die Schwächen
Rückerts nicht, glaubt aber, ihm sei noch nicht sein Recht geworden, denn seine Lyrik
könne doch am besten zu der Goethes gestellt werden und habe vor dieser sogar eines
voraus: die Darstellung edler reiner Häuslichkeit. ^24) —
Ueber Platen liegt ausser gelegentlichen Aeusserungen nur ein Essay des
Amerikaners Gildersleeve ^25^ yqj.^ (Jer als Bonner Student 1852 durch Emil Hübner
mit dem deutschen Dichter bekannt gemacht wurde und nun in der Erinnerung an die
schönen Tage am Rhein, in Heisterbach und im Siebengebirge schwelgend seine Lands-
leute mit Platen unterhält. Er weiss, dass Platen auch in seinem eigenen Vaterlande niemals
populär werden kann, trotzdem empfindet er es als eine durch den englischen Geschmack
bedingte Vernachlässigung, dass Amerika so ganz achtlos an dem deutschen Grafen
vorübergehe. Auch er nennt Rückert männlicher als Platen, ausgestattet mit gefälligerer
Sprachbeherrschung, unmittelbarer, tiefer; aber er giebt ihm trotzdem das Prädikat eines
„klassischen Satirikers" und rühmt als seine Gaben durchdringenden Verstand, wunder-
volle Sprachgewandtheit, ernste Liebe zur Kunst; als ein „Macher" enttäusche er, nicht
durch eine einzige grosse Konzeption habe er die Welt bereichert, nur durch seine An-
griffe auf eine ephemere Erscheinung, die Scliicksalstragödie, sei er bemerkenswert. G.
charakterisiert nun Platens Aristophanische Komödien liebevoll und legt einzelne Stellen
in sehr gelungener Uebersetzung vor. Die Ijrrischen Gedichte mit antiker Form em-
pfiehlt er seinen Landsleuten zum Studium, ohne näher auf sie einzugehen. —
An Rückert und Platen dürfen wir den Grafen Schack anschliessen, der noch
unter uns weilt und unermüdlich neue Gaben darbringt, aber von Hallingi26) doch
schon für die Schule bearbeitet wurde. H. giebt eine kurze Biographie, dann eine Aus-
walil von 67 Gedichten nach Inhalt und Form geordnet, endlich Erläuterungen, die
nicht bloss Sprache, Rhythmus, Bau usw., sondern auch den Inhalt beachten und
aus Schacks übrigen Werken, zumal seinen selbstbiographischen, Aufschlüsse für die
Gedichte gewinnen. 127) —
Auch Freiligrath 128-131) dürfen wir hier erwähnen, zu dessen „Trompete von
Gravelotte" die Biographie des Generals von Bredowi32) eine Erklänmg giebt. i^^'i^^) ^ —
in Petersburg: MLJA. 59, S. 663/4. — 115) X F- KUckert. Mit Portr.: Grüss Gott. N. 3. (Populär.) — 116) G., F. Rückert;
Gartenlaube S. 730/1. — 117) (IV, 3 N. 83.) — 118) E. Bayer, Nordpersische Volkslieder übersetzt v. F. Rückert
Aus d. Nachlasse d. Dichters : MLJA. 59, S. 85/8, 106/9. — 119) i d., E. Hafisnummer übersetzt v. F. Rückert. Aus d. Nachlass :
ib. S. 293/5. — 120) id., D. Rätsel d. Turandot in symbolischer Fassung aus F. Rückerts Nachlass z. Feier d. Denkmals-Ent-
hüllung mitgeteilt: ib. S. 699—701. — 121) 0. Steinel, E. politischer Spruch Rückerts: DDichtung. 9, S. 158. — 122) F. Kern,
Rückerts Poetisches Tagebuch: VossZgS. N. 20. |[vgl. DLZ. S. 607.] | — 123) X Druckfehler in e. Spruch Rückerts: ZDS. 4,
S. 7-8. („Sprüche Abu Bekers" N. 1 soll V. 4 reiner Endreim hergestellt werden; RUckeit aber scheint Assonanzen beabsichtigt
zu haben.) — 124) X L- P-> Z. 90. Wiederkehr v. G. F. Daumers Geburtstag: AZg». N. 34(54). — 125) B. L. Gildersleeve,
Platens Poems. (= Essays and Studies Educational and Literary S. 399— 450.) Baltimore, Murray. 4". | [Nation». 50, S. 457.]| —
126) Gedichte d. Grafen A. F. v. Schack. Für Schule u. Haus ausgew. u. erl. v. K. Halli^ng. Dresden, Ehlerraann. XVI, 204 S.
M. 1,30. — 127) X W. Immermann, E. moderner Dichter: DeutschZg. N. 6472. (Schack wird nicht reaktionär, sondern
modern genannt u. das bei den' einzelnen Werken durchgeführt.) — 128) X F- FreiligrEth, Sämtl. Dichtungen. Mit Bio-
graphie. 5. (unveränd. Stereotyp-) Aufl. 6 Bde. Stuttgart, Göschen. XLVllI, 231; IX, 330; V 239; VI, 297; VI, 272; IV, 255
S. M. 10,00. — 129) X id.. E. Pathengedicht: FZg. N. 99; daraus: LZg. N. 81; TglRs. N. 84; NPPr. N.9208 usw. (An Adeline
Rittershaus März 1872, schon gedruckt. Ges. Dichtungen 2, S. 307, vgl. TglRs. N. 86.) — 130) X id., Nachgelassenes
(Mazeppa, D. Eggesterstein). Stuttgart, Göschen. YllI, 80 S. M. 3,00. | [DR. 15, 1, S. 122.] | — 131) M. C a r r i 6 r e , Ferdinand Freiligrath.
Jaliresberichte für neuere deutsche Litteraturgeschichto I <n. 5
m IV,2: R. M. Werner, Lyrik des 18./19. Jahrhunderts.
Von den österreichischen Lyrikern wurde besonders Lenau behandelt; eine
populäre Schilderung dui'ch Wechsler ^^e^ mit kurzer Biographie und dem Versuch
einer Charakteristik enthält eine geschickte Kontrastierung Lenaus mit Heine sowie
mit Leopardi; merkwürdig genug führt W. die Wirkung von Wilhelm Busch dafür
an, dass wir einzelne Verse Lenaus nicht mehr ernst zu nehmen vermöchten. —
Pröhlei37^ bemühte sich ohne Erfolg, Lenau i^ö) ganz für Schwaben zu beanspruchen;
ebenso missglückt der Nachweis, dass Lenau in der „Haideschenke" „Mein Neujahrs-
lied" von Claudius, im „Gespenst" Heine, im „Postillon" Uhland nachgeahmt und
benutzt habe. — A. Bock^^g^ stellte aus den Briefen Lenaus und den Erinnerungen
seiner Ereunde sein Interesse an der Musik und sein Verhältnis zu den Musikern dar;
sowohl Lenaus eigenes Spiel wie sein Urteil über Musik, über Geigenbau wird charak-
terisiert, und im Verhältnis zu Beethovens neunter Symphonie wird er Grillparzer gegen-
übergestellt. Merkwürdig ist der Schluss des Aufsatzes, nach dem es scheinen könnte,
als sei Lenau 1844 gestorben; Erankls „Erinnerungen" hat sich B. entgehen lassen, ob-
wohl sie einen charakteristischen Abschnitt über Musik enthalten. — Erankl^^O) hat
die beiden Besuche Lenaus in Gmunden 1829 und 1831, die Verbrüderung Lenaus und
Schleifers auf dem Kirchhofe beschrieben, hauptsächlich aber das Andenken Mattliias
Schleifers geehrt; eine hübsche Anekdote aus dessen Jugend, seme Audienz bei Kaiser
Joseph, wird erzälilt. —
Drei unbekannte Jugendgedichte Grill parz er s hat Glossy i*^) aus dem Nach-
lasse veröifentHcht, das erste vom 27. Apr. 180G führt den Titel „Der Abend"; seiner ge-
denkt Grillparzer in der Selbstbiographie. ,,Das Mädchen im Erühling" vom 13. Aug. 1807
ist ein Selbstgespräch einer Fünfzehnjährigen im Erühling, die allgemeine Lust und ihr
inneres Sehnen nach einem fühlenden Herzen stehen einander gegenüber; das letzte ,,An
Altmütter" scherzt über des Ereundes chemische Beschäftigung und gedenkt des Spar-
takus. Ein Gedicht von zwei Strophen: „Hoch auf schwindhchen Stegen", wurde aus
dem Besitz von J. Watzenauer gedruckt ^*2). —
Gerhard 143^ erzählt Süchtig das Leben Zedlitz'; Nagele 1*4) giebt die
Charakteristik dazu, indem er die Eoi'mschönheit der Gedichte lobt, ihnen aber den
kühnen Schwung Grüns, die tiefe Innigkeit Lenaus und die Originalität abspricht; er
lehnt ihn an die Romantiker an und preist vor allem die Soldatenlieder. — Weltner^*^)
dagegen fühlt sich nicht nur diu-ch die ebenso einfache als edle Sprache ZedHtz', sondern
auch durch die OriginaHtät der Gedanken und die wohlthuende echte Wärme der Be-
geisterung für alles Gute und Schöne gefesselt. — Einen Eestvortrag zur Erinnerung an
Zedlitz' hundertsten Geburtstag hielt Mahrenholtz i*^) im Dresdner Litterarischen
Verein; in ansprechender Weise zeichnet er den liistorischen Hintergrund, um so füi"
den Dichter Verständnis zu gewinnen; wohlthuend ist die ruhige, von jeder Uebertreibung
freie Darstellung, die dem Dichter gerecht wird, auch wo seine Bestrebungen nicht mit
Sympatliie begleitet werden können. Besonders hebt M. hervor, wie glücklich Zedhtz
in den „Totenkränzen" Mass zu halten verstand. — Zwei Briefe des Dichters an Hammer-
Pui'gstall hat Mor-Sunnegg 1'^'^) bekannt gemacht; sie stammen von einer Reise her, die
Zedlitz 1830 unternahm, und haben doppeltes Interesse, persönhches und pohtisches,
denn sie handeln zum Teil über König Ludwig von Bayern i^^j^ j^^i dem Zedhtz eine
lange Audienz hatte; besonders die Censiir, das Urteil der Zeitungen, österreicliische
Verhältnisse, aber auch die „Totenkräiize" wurden besprochen. Zedhtz giebt eine be-
geisterte Sclülderung des Königs, voll Spitzen gegen die Zustände in Oesterreich. Auch
Schenks wii'd gedacht; dann erfährt noch die bildende Kunst hebevolle Wüi'diguhg:
Zedlitz ist erstaunt über das rege Leben, das er auf diesem Gebiete in München fand.
Das Theater hat ihn sehr enttäuscht; er hätte Intendant werden können, weim er es
gewollt hätte. Seine Bemerkungen, oft recht derb, aber sehr gewandt, sind charakte-
ristisch für die damaligen Bestrebungen in Oesterreich und atmen Hass gegen das
Pfaffen- und das Spitzeltum. Gerade unter diesem und der leidigen Censur hatten die
(= Lobonsbildor. S. 371—402. S. o. IV, 1 N. 41) — 132) Adalbert v. Brodow: Didask. N. 58, S. 231/2. (Aus d. Frankfurt
OderZg.) — 133) X F- v. Bodenstedt in Wien 1848: FremdonBl. N. 107. — 134) X 0. T., Aus F. Bodonstedts Leben: From-
ienBl. N. 158. — 135) X H. PröLlo, Adolf Scliults: ADB. 31, S. 702|3. (Wupportlialer Dichter, angeregt durcli Kreilit;-
rath. Nur Biogr., keine Cliarakteristik.) — 136) E. Wechsler, N. Lenau. E. litt. Studio: WJDM. (\S, S. C7fi— 92. — '37) H.
Pröhle, N. Lenau: NatZg. N. 365.— 138) N. Lenau, Ausgew. Gedichte: ü.-Ö.National-Bibl. N. 91. Keichenberg i/B., Weichclt.
64 S. M. 0,20. (üeschickte Auswahl mit kurzer biograph. Einl.) — 139) A. Bock, Lenaus Verhältnis z. Musik: AZg. N. 244. —
140) L. A. Frankl, Gmundener Erinnerungen (Lenau u. Mathias Schleifer): NFPr. N. 9329. — 141) C. Glossy, Ungodruckte
Jugendgedichte F. Grillparzers. Separatabdr.: Jb d. östorr. Ges. y. weissen Kreuze, o. 0. u. J. 4 S. (vgl. Bohemia N. 108.)
— 142) F. Grillparzer, E. Gedicht: NFPr. N. 9108; vgL WeserZg. N. 15469. — 143) C. Gerhard, J. Ch. Frhr. v. Zedlitz. Z. d.
Dichters 100. Geburtstage : WienZg.- N. 49. — 144) A. Nagele, Zedlitz: WienZg. N. 49. — 145) A. J. Weltner, J. Chr.
Frhr. v. Zedlitz: FremdenBl. N. 58. — 146) R. Mahrenholtz, J. Ch. r. Zedlitz: AZg". N. 39 (33). (Vgl. Post N. 58;
DeutschZg. N. 6623, 6626; HannCour. N. 16295; SchlesZg. N. 148; F. Gross: NWienTagbl. 28. Febr.; Kunstw. 3, S. n.]| —
147) E. T. Mor-Sunnegg, J, Chr. Frhr. v. Zedlitz Über König Ludwig v. Bayern. 2. ungedr. Sendschreiben : AZg". N. 141/2
(118/9). — 148) XE. Gedicht v. König Ludwig L in deutscher u. engL Sprache: MUnchenerKunst. 2, S. 102. (D. Gedicht mit d.
Ueberschrift : ,So war's, so ist's", behandelt d. Aufschwung d. deutschen Geistes in Bayern; Übersetzt v. Dr. C. Bayer.]|
TV, '2: E.*M. Werner, Lyrik des 18./19. Jahrhunderts. 67
österreichischen Dichter schwer zu leiden. Zedütz thut die Aeusserung, „dass schrift-
stellerische Arbeiten, die in der übrigen gebildeten Welt mit Achtung genannt werden,
im eigenen Vaterlande, dem sie zunächst angehören, wie Contrebande-Waren ein-
geschmuggelt oder mühsam durch ewige Kämpfe gegen eselhafte Censoren freigefochten
werden müssen". In allen Biographien der österreichischen Poeten aus dem Vormärz
bildet diese Censur den schwarzen Punkt, i^^) —
Anastasius Grün^soj wurde besonders von K. PrölP^i-^^^) behandelt; mit grosser
Kraft und überzeugtem Tone bespricht er vor allem die poUtische Bedeutung des Mannes,
mit Blicken auf die politischen und nationalen Schwierigkeiten in Oesterreich; er macht
darauf aufmerksam, dass Grün der erste Preiheitsdichter sei, dem später so viele folgten,
das sei ein Beweis, „dass damals Oesterreich noch geistige Impulse zu geben fähig war".
Auch Grüns parlamentarische Thätigkeit wird vollauf gewürdigt. — ■ Frankl i^) brachte
Aufschluss über die Beziehungen Grüns zu Erzherzog Johann, druckte Grüns Aufruf an
die Slovenen vom 28. Apr. 1848 ab und seine Spi'üche für das Grazer Erzherzog-Johann-
Denkmal, ausser den zwei gewählten noch sieben andere. — Leitner i^s) gab noch kiu'z
vor seinem Tode Kunde von seinem intimen Verkehr mit Grün, der im Jalire 1827 be-
gann; mit dem Schauspieler E-ettich wurden die Dramen Shakespeares unter Verteilung
der Rollen gelesen; eng schloss sich Grün an Pellner, wie er überhaupt gerne mit
älteren Genossen verkehrte. Ein von L. pubhzierter Brief Grüns an ihn (1830) erzählt
von den Schwierigkeiten, die schon bei den ,, Blättern der Liebe" von der Censur er-
hoben wurden; auch von den Censurgeschichten beim Erscheinen der ,, Spaziergänge"
und von der Einführung des Namens „Graz" für „Graz", zu der Grün die unschuldige
Ursache war, giebt L. hübschen Bericht. Ausführhch verweilt L. bei Grüns letzter
Ehrung und seinem Tod. —
Leitner selbst hat die für ihn vorbereitete Peier seines 90. Gebiirtstages nicht
mehr erlebt, obwohl er noch bis km-z vor seinem Tod durch einzelne Gedichte seine
merkwürdige geistige Prische bewiesen hatte, mochte er uns Erzherzog Johann auf dem
Totenbette vorführen i^ß) oder „Am Meere" ^S'^) nach der Heimat ausblicken, die hinieden
niemand fand, oder sich nach den Bergen sehnen, von denen, kommts zum Sterben,
kurz der Weg empor wird sein^^^). — Nach Leitners Tod erschienen in den Zeitungen
allerlei Nekrologe ^^^-^60)^ auch der schöne Pestartikel Schönbachs i^^) zum 90. Geburtstage
wurde nun ein Nachruf. S. würdigt Leitners persönliche Verdienste um die schöne Steier-
mark, seine wissenschaftlichen Arbeiten, rühmt an seinen Novellen den schlichten Vortrag
und die einfachen Mittel, die uns auch in den besten Arbeiten Grillparzers, Halms, Goethes,
Tiecks, Kleists, Kellers und C. P. Meyers begegnen, wendet sich hierauf dem wichtigsten
Gebiete der Leitnerschen Poesie, der Ballade zu, um die Walil düsterer Stoffe als charak-
teristisch für das damalige Oesterreich, die Begeisterung für das idealisierte Mittelalter
als bezeichnend für die spätere Romantik nachzuweisen. Eigentümlich für Leitners
Behandlung ist die Kürze, die Höhepunkt und Ende der Ballade zusammenfallen lässt.
S. erkennt hierin Uhlands Einfluss. Die Walil der Strophenformen verrät feinen Künstler-
sinn, die wenigen Legenden zeigen den Ton des Goetheschen „Hufeisen", gedämpfte
Schalkhaftigkeit; ein gewisser trockener Humor kommt besonders in den moderne Stoffe
behandelnden Balladen zur Geltung. So stellt S. den Dichter als einen kraftvollen öst-
lichen Spross der schwäbischen Romantik auch in der eigentlichen Lyrik dar, bezeichnet
auch hier seine Lieblingsthemen und seine behagliche, unmoderne, aber reizvolle Weise;
er bemerkt, welchen Portschritt Leitner in den einzelnen Sammlungen verrate und be-
wundert die unverwüstliche Lebenskraft, muss aber in einer Nachschrift stimmungsvoll
des Leichenzuges gedenken. Da S. von den Novellen vorzügHch den „Meister Kunbert"
hervorgehoben hatte, wurde dieses Stück neugedruckt iö2)_ —
Rüstig wie Leitner, dabei immerfort litterarisch mit Erfolg thätig, erlebte
L. A. Prankl seinen 80. Geburtstag; zwar behauptet auch er, nur das Alter sei ihm
geblieben 163^, aber eine kurze selbstbiographische Skizze ^ß^) beweist doch, dass ihn auch
der Lebensmut nicht verlassen hat; dem Titel der Zeitschrift entsprechend schildert
Prankl seine weiten Reisen über Land und Meer, berührt kurz seine Dichtungen, ver-
— 149) X M. G. Saphir, Album ernster u. heiterer Deklamationsgedichte. (= Universal-Bibl. N. 2651/3.) Leipzig, Eeclam. o. J.
324 S. M. 0,60. (Auswahl aus d. Dichtungen für Akademien, nur d. beste enthaltend, aber grässlich veraltet.) — 150) X A. Grün,
Ausgew. Gedichte. (= D.-8. National-Bibl. 71/2.) Reichenberg i/B., Weichelt. 88 S. M. 0,40. (Kurze Biographie, dann Auswahl
aus Grüns Lyrik.) — !5I) K. Pröll, E. Freiheitsdichter d. Deutschon Oesterreichs: VossZgS. N. 6-7. (Erweitert u. mit N. 152
zusammengearbeitet in N. 153.) — 152) id., Graf A. A. v. Auersperg (Anastasius Grün) als österreichischer Parlamentarier: DWBl. 3,
S. 68— 71. — 153) id., Anastasius Grün. E. österr. Vorkämpfer d. alldeutschen Gedankens. (^Deutsch-nationale Feldzüge * * *.)
Berlin, Lüstenöder. 34 S. M. 0,40. |[MLJA. 59, S. 728.] | — 154) L. A. Frankl, Erinnerungen an Anton Grafen Auersperg:
NFPr. N. 9206. — 155) K. 6. v. Leitner, Z. Biographie A. Grüns (Ungedr. Nachlass): DDichtung. 8, S. 220/4. — 156) id.,
D. Hahnenjagd: Dioskuren 19, S. 190/1. — 157) id.. Am Meere: DDichtung. 8, S. 39. — 158) id., Gedichte. Ungedr. Nachl.
mit Portr. : ib. S. 205/8. (Acht, aus älterer u. neuerer Zeit, ohne neue Seiten seines Wesens zu enthüllen.) — 159) H. Gras-
berger,K. G. v. Leitner: DeutschZg. N. 6637 u. 6638. — 160) K. G. v. Leitner: Kunstw. 3, S. 307. — I6i) A. E. Schönbach,
K. G. V. Leitner: DDichtung. 8, S. 224/8. — 162) K. G. v. Leitner, Meister Kunbert: ib. 8,8.239-43. — 163) L. A. Frankl,
Beichte [Sonett] ÜL&M. 63, S. 374. — 164) id.. Aus meinem Leben: ib. S. 366/7. — 165) X Bernh. Stern, Z. 80. Geburtstage
5*
68 1V,2: R. M. Werner, Lyrik des 18./19. Jahrhunderts.
weilt länger bei seinein humanitären Wirken und verheisst eine Reihe von Veröffentlichungen:
Grüns und Lenaus Nachlass und seine Memoiren. Von den Eestartikeln über Frankli'^^-i^ß)
sei nur jener Hevesis^^^) hervorgehoben, weil er ein sehr anschauliches Bild von
Frankls Heim entwirft und die zahlreichen Erinnerungen vorführt, die Frankls Wohnung
schmücken. —
K. Werneri<58) würdigt Feuchtersieben als Lyriker und entwickelt aus den
Lebensverhältnissen des Dichters, dass die Sinnsprüche und poetischen Aphorismen be-
sonders hervorstechen müssten, doch finden sich auch Lieder und Stimmungsbilder; charak-
teristisch für Feuchtersieben ist seine milde Resignation in die unabänderlichen, nach
ewigen Gesetzen sich richtenden Fügungen des Menschenschicksals; er hat sie errungen
durch die Erfahrungen und durch seine Bildung. Seine strengen Anforderungen an sich
selbst, seine Zweifel an seiner poetischen Begabung sind dargethan, und durch Aus-
sprüche von Grillparzer, Hebbel wie durch Proben wird gezeigt, dass Feuchtersieben
zwar nicht die höcliste Poesie, aber im Gegensatze zur Zeitlitteratur auch Poesie erreicht
habe. Die Skizze macht auf den fast vergessenen Dichter wieder aufmerksam und
berücksichtigt auch den Menschen, i^^^ —
Mit einem hochtalentierten Lyriker, der niemals vor das Publikum getreten war,
mit dem am 15. Februar 1830 zu Prag geborenen Joseph Mauthner machte uns
Franzos^'^o-i'?!) bekannt; er musste jedoch bald darauf berichten, dass sich der Dichter
am 24. April erschossen habe. — Einen warmen Nachruf hat Allram ^''2) der kürzlich ver-
storbenen Dichterin Wickenburg-Almasy gewidmet und dabei aus ungedruckten
Quellen geschöpft. Gräfin Wickenburg verbrachte die letzten Jahre ihres Lebens in
Tirol, dessen Sangeslust immer rege war. —
Leider werden die litterarhistorischen Arbeiten über Tiroler Dichtung meist
in Lokalblättern versteckt, von denen man sich ausserhalb Tirols keine Nachricht ver-
shcafien kann. Eine kurze Andeutung der Tiroler Litteraturentwickelung verband
Pichler^''^) mit einer Charakteristik des Grafen Brandis, eines Dramatikers aus dem
17. Jh. — Nicht viel weiter ausgeführt hat Premi''*) diese Entwich elung dargestellt,
da er das gegenwärtige litterarische TVeiben in Tirol schilderte und dem Lyriker Hans
von Vintler herzliche Worte ins Grab nachrief. — Von den Tiroler Schnadahüpfeln
geben Greinz und Kapferer^''^) eine sehr willkommene neue Sammlung, der sich
von Hörmanns^'^ö) zierHche Sammlung einer anderen volkstümlichen Form anschliesst.
— Eine Auswahl aus der Tiroler Lyrik, ungescliickt geordnet, aber willkommen, hat
Grein z'''') veranstaltet und in einer Einleitung nicht immer geschmackvoll über die
Entwicklung orientiert ; bei dem Mangel an anderen Arbeiten wird man auf sie Rücksicht
nehmen müssen trotz ihrer Fehler und Einseitigkeiten, die in Tirol böses Blut machten,
worüber uns Prem^''^) des näheren unterrichtete. —
In weiteren Kreisen ist vor allem der hochbegabte Lyriker Hermann von
Gilm bekannt geworden, dem Winder^^^^ eine „ernste Betrachtung" gewidmet hat
Der erste Teil beweist, dass wenigstens in Tirol eine objektive Würdigung des Menschen
Gilm durch den Streit einander befehdender Parteien gegenwärtig noch ausgeschlossen
ist, dass man den Verhältnissen zu nahe steht, um vollständig ruliig zwischen der
menschlichen und der dichterischen Stellung Gilms zu unterscheiden. Man legt auf die
Frage, ob Gilm ein bekehrter Liberaler geworden sei, einen Nachdruck, der um so unbe-
greiflicher ist, als diese Frage für seine Dichtung garnicht in Betracht kommt. Doch
muss hervorgehoben werden, dass W. aus dem Wirrsal herauszugelangen sucht, obgleich
auch bei ihm die Aufregung des Kampfes, den Arnold von der Passer erregt hat, noch
nachzittert. Der zweite Teil gilt Gilms Dichtungen, an denen besonders die Natiu--
beseelung als Grundzug gerühmt wird. W. nennt Gilm glücklich einen Dichter des
Augenblicks und der Laune ; er tadelt die vielfachen Unvollkommenheiten, das mangelnde
Mass, macht auf die fremden Einflüsse (Schiller, Heine, Freiligrath, Rückert) aufmerk-
sam, kann aber Gilms Gedichte doch mit den VolksHedern zusammenstellen. Die Grund-
linien von Gilms Bild hat W. gewiss richtig gezogen; schade, dass ein „Nachtrag" die
unerquickHche Polemik gegen den kaum ernst zu nehmenden Arnold von der Passer
vor ein grösseres Publikum zerrt, als sie verdient. Es ist so widerHch, dass das Schling-
L. A. Franklb: IllZg. N. 2432. — 166) X I [vgl. FränkKur. N. 75; DeutschZg. N. 6501, 6503; K. v. Thaler: NFPr. N. 9138.]|
— I67j L. H[eve8ji, L. A. Frankl (zu Boinom achtzigsten Geburtstag) : FromdenBl. N. 32. — 168) Karl Werner, Feuchters-
lebeu als Dichter. Z. Erinnerung an seinen Todestag: WienZg. N. 210. — 169) X F- Wolf, Kleinero Schriften. Zusammen-
gest. V. E. Stengel. Marburg, Elwert. XV, 312 S. M. 9,00. |[E. Stengel: BFDH. NF. 6, S. 465 fF.; AZg". N. 110 (92).] |
(Darin Gedichte aus d. Jahren 1817— 21.) — 170) K. E. Franzos, Z. Jubiläum e. Unbekannten [Joseph Mauthner] : DDichtung.
7, S. 247—51. — 171) i d., ib. 8, S. 152. — 172) J. A 11 rara , E. deutsche Dichterin (Wilhelraine Gräfin Wickenburg-Almasy): DeutschZg.
N. 6534. — 173) Vgl. 0. UI,2 N. 60. — 174) S. M. Prem, D. litt. Tirol: NorddAZg. N. 386. - 175) Tiroler Schnadahüpfeln.
2. Folge. Gesamm. u. her. v. R. H. Greinz u. J. A. Kapferer. Leipzig, Liobeskind. 24". VIII, 141 S. M. 1,00, — 176) L.
V. llörmann, Grabsehritten u. Marterten, | LL. Frey tag: MLJA. 59, S. 1889.]| (Vgl. o. 1,5 N. 32.) — 177) LiederfrUhling
au» Tirol. Her. v. U. H. Greinz. Leipzig, Haessel. 1889. XII, 230 S. M. 3,00. |[R. M. Werner: DLZ. 12, S. 1655/6.]| —
178) S. M. Prem, Schriften V. Greinz ÖUK. 8, S. 169—75. - 179) E. Winder, H. v. Gilm, seine Gedichte u. Einfuhr, in d.
Litt. (Nach e. im deutschen Sprachyerelne in Innsbruck geh. Vortrage.) Abdr. aus BoteTyrolVorarlb. Innsbruck, Wagner. 1889.
IV,2: K. M. Werner, Lyrik des 18. 19. Jahrhunderts. 69
gewächs der kleinlichen Berichtigungen das Standbild des Dichters zu umwuchern droht. —
Ein ungenannter Verehrer ^^o^ Gilms konnte neben einigen poetischen EHeinigkeiten einen
Brief des Dichters vom 25. Mai 1863 an seine Gattin mitteilen, worin die Beichte
Gilms vom 24. Mai etwas anders dargestellt wird, als bei Winder S. 26 f ; auffallend ist
nur der witzelnde Ton dieses Schreibens. — Von einer französischen Würdigung
Gilms 181^^ Robinet de Clerys ,,Un poete tyrolien" erfahren wir Näheres, sie ist mit
guten IJebersetzungen geziert; Clery hält das Gilmsche Geschlecht für spanischer
Abkunft. —
Adolph Pichler, dessen Platz neben Gilm nicht bestritten ist, hat in einem
schönen Bande 1^2) Neues und Altes vereinigt und dargethan, dass ihm das Alter nichts
anzuliaben vermochte; wir finden neben den erzählenden Gedichten ,,Pra Serafico", der um
ein schönes Lied vermehrt wurde, ,, Sankt Aloysi" und dem prächtigen ,, Zaggier Franz"
einen Schwank „Kätchen", einen Liederkranz, ferner die lyrischen Dichtungen „In der
Weise des H. Holbein", ,, Dante zu Ravenna", endlich eine groteske Satire „Ecke.
Ein Faschingsmärchen". — Eine Würdigung Pichlers gab E,. M. Werner^^^), der auch
den Unterschied zwischen Gilm und Pichler in eine Formel zu bringen suchte. „Gilm
ist anmutiger, Pichler ernster, jener spricht an, dieser packt, in den Versen des Einen
klingt es, in denen des Anderen braust und donnert es. Könnten wir in Gilm ein ver-
sprengtes Mitglied der schwäbischen Romantik sehen, so erkennen wir in Pichler, wie
er sich selbst gerne nennt, einen alten Heiden .... Was bei Gilm eine glückliche
Gabe, ist bei Pichler das Resultat ernster Ai'beit." W. hebt den Einfluss der Antike auf
Pichler wie seine tiefe Religiosität hervor. —
Mit Pichler zusammenstellen könnte man Annette von Droste-Hülshoff^s*)^
deren Gabe, die Natur zu beseelen, L. . Jacoby^^^) hervorhebt; er erzählt kurz das Leben
der Dichterin, rühmt die formelle Seite ihrer Sprache, ohne jedoch die Schwächen der
Form, besonders ihre Achtlosigkeit in betreff des Hiatus zu tibersehen. Die Kunst
Annettes in der Zeichnung des Seelenlebens wird mehr nur gestreift, dafür erfährt die
Balladendichtung durch genaue Analyse des ,, Geierpfiffs" bedeutsamere Beachtung. „Das
Hereinragen der Natur in ihre Schöpftingen, das in Erscheinung und Klang aufs glück-
lichste abgelauschte Weben und Walten der Natur" erscheint J. als die wichtigste Eigen-
schaft der Dichterin; sie ist ihm die Dichterin Deutschlands schlechthin. In manchen
Behauptungen geht J. zu weit, so z. B. was die angebliche Sparsamkeit mit Adjektiven
betrifft, deren sich Droste gegenüber Lenau erfreue; er selbst citiert den „Geierpfiff',
dessen vierte Strophe von Adjektiven wimmelt; solche Beobachtungen dürfen nicht zu
scharf genommen werden. J. ist ein begeisterter, aber durchaus nicht unkritischer Ver-
ehrer der Dichterin. Der Anhang enthält eine englische Uebersetzung des Gedichtes
„Der Knabe im Moor", von A. M. Clarke; wozu, weiss man nicht. — Mehr bei den
epischen und dramatischen Werken als bei der Lyrik verweilt K ei t er i^s^ und verweist
für die Epik auf Scott und Byron; die Biographie wird im Anschluss an Hüffer und
Kreiten gegeben. — Leben und Dichten Annettes sucht ein Anonymus i^'') im Zusammen-
hange darzustellen; zwar liefert er nur eine Skizze, die aber liebevoll entworfen und
meist sehr gescliickt ausgeführt ist, er nimmt Stellung gegen Kreiten und hebt hervor,
dass der Droste Religiosität fern sei von dem Geiste, den Kreiten darin finden wollte : auch
der Protestant könne diesen Liedern nachfühlen. Alle Werke der Dichterin werden an
ihrem Orte erwähnt, und auch ihrer wichtigen Verbindungen mit Schlüter und Levin
Schücking ist charakteristisch gedacht. Mit geschickter Hand sind einzelne Proben heraus-
gehoben. — Landois^ss^ versuchte „den Nachweis zu erbringen, dass Annette von
Droste eine Kennerin der Natur gewesen ist, die sich unter den Dichtern an Goethes
Seite stellen darf; eine Naturforscherin, wie sie jedenfalls die Welt vorher und nach ihr
sinniger und begabter nicht gekannt hat". Die Gedichte werden durchgenommen und
die Verse zusammengestellt, in denen sich Annette der Natiir in Bildern bedient; L.
findet alles ausgezeichnet und merkt nicht einmal, dass die Dichterin doch mitunter zu
weit geht, wenn sie natTxrhistorische Kenntnisse unvermittelt zu Bildern benutzt, die
nicht an sich verständlich sind. Vielleicht hätte L, auch besser sagen sollen, die Dich-
terin erweise sich in ilu-en Gedichten als Naturbeobachterin. Die Arbeit ist allzu
schematisch ausgefallen. • — Speziell Drostes Vorliebe für die Tiere betrachtete der nun
66 S. M. 0,60. — 180) Z. Charakteristik H. v. Gilms: DDicMung. 8, S. 295/7. — 181) H. Gilm in französischer Beleuchtung:
Prosse N. 51. (Vgl. Januarheft d. Grande Revue.) — • 182) A. Pichler, Neue Marksteine. Erzählende Dichtungen. Leipzig,
Lieheskind. VIII, 254 S. M. 4,00. | [K. v. Thaler: NFPr. N.9272.]| — 183) R.M. Werner, A. Pichler: NatZg. N. 149 u. 152.—
184) X H. Hüffer, A. v. Droste-Hülshoff u. ihre Werke. Vornehmlich nach d. litt. Nachlass u. ungedruekten Briefen d.
Dichterin. Zweite Aufl. mit 4 bildl. Beill. u. 2 Schriftproben. Gotha, Perthes. XIX, 368 S. M. 9,00. (Titelauflage, nur vermehrt
um e. Jugendportr. d. Dichterin u. d. Schriftproben.) — 185) L. Jacoby, A. v. Droste-HUlshoff, Deutschlands Dichterin.
Vortrag geh. im deutschen Sprachverein zu Mailand. Hamburg, Actien- GeseUsch. 74 S. M. 1,20. |[M. Groeben: BLU.
S. 275/6; NorddAZg. N. 79; Koch: LMerkur. 10, S. 137.]| — 186) H. Keiter, A. v. Droste-Hülshoff, Deutschlands grösste
Dichterin. E. Lebensbild. (= Frankfurter zeitgemässe Broschüren. NP. XI, 2, S. 33 — 71.) Frankfurt a/M. u. Luzem, A. Fösser
39 S. M. 0,50. — 187) M. L., A. v. Droste-Hülshoff: PrJbb. 66, S. 439-60. — 188) H. Landois, A. Fr. v. Droste-
70 IV,2: R. M. Werner, Lyrik des 18. /19. Jahrhunderts.
schon verstorbene Dichter Dorer^^^), wobei besonders „Das Hospiz auf dem grossen
St. Bernhard" mit der Quelle verglichen wird. —
Von Spittas Hauptsammlung „Psalter und Harfe" werden immer neue, zum Teil
sehr schön ausgestattete ^^o) Ausgaben verbreitet ^^^-ö') ; besondere Betrachtung verdient
aber nur eine, weil L. Spitta^^^) sie mit einer umfangreichen Einleitung versehen hat,
um K. K. Münkels Lebensbild zu ergänzen. Die Anordnung ist nicht sehr glücklich und
macht Wiederholungen fortwährend notwendig. Es wird zuerst das Jugendleben des
Dichters behandelt, dann in einem zweiten Kapitel die „Dichterische Entwicklung",
hierauf „Amt und Haus bis zum Lebensabend"; um nun das Zusammengehörige nicht
auseinander zu reissen, erhalten wir die Biographie eigentlich doppelt, ausführlicher und
kürzer. Der Vf. benutzt reiches hs. Material, giebt uns Kunde von den Jugendversuchen
des Dichters, den „Jugendblüten", den Dramen und Epen, leider ohne Charakteristik, meist
niu" aufzählend: so werden bloss die Titel abgeschrieben, was recht wenig aufschlussreich
ist. Ueber Spittas älteren Bruder Heinrich und seine Dichtungen wird gehandelt, auch
über Spittas treuen Freund Adolf Peters, dessen Leben dann erst später erzählt ist.
Aus Briefen dieses Peters werden interessante Stellen über Heine und ein wunderbares
Gedicht Spittas auf Heine mitgeteilt. Der Vf. spricht von der weltlichen Lyrik des
Dichters, dann von der grossen Wendung während seiner Hofmeisterjahre zu Lüne, endlich
von der geisthchen Lyrik, bezeichnet den Unterschied zwischen der ersten und der
zweiten Sammlung, stellt den buchhändlerischen Erfolg dar, giebt eine Liste der
ersten rühmenden Recensionen und wendet sich dann im letzten Kapitel der Seelsorger-
thätigkeit Spittas zu. Es ist sehr zu bedauern, dass der Vf. aus dem reichen ihm zur
Verfügung stehenden ungedruckten Material nur ein einziges Lied in seine Ausgabe auf-
genommen und auch in seiner Einleitung nur so wenig Proben verwendet hat; besonders von
den weltlichen Liedern Spittas hätten wir gern mehr gehört. Dagegen muss die Be-
reicherung gerühmt werden, welche das Lahaltsverzeichnis erfuhr: die Entstehungsdaten
sind, soweit sie aus den Hss. festzustellen waren, jedem Gedichte beigeschrieben. —
Geroks Tod war der Anlass, dass eine Reihe von Arbeiten das Andenken an
diesen Geistesverwandten Spittas festhielten; seine Sammlungen erfreuen sich ähnlicher
Beliebtheit wie jene Spittas, es genügt das Verzeichnis der neuen Auf lagen i99-20i), — Ein
Tübinger Schüler Geroks, MosappSOä)^ entwarf in einem erweiterten Vortrag stimmungs-
voll, freilich zum Teil im Anschluss an Geroks „Jugenderinnerungen", ein Lebensbild,
wobei sowohl der Prediger als der Dichter eine kurze, aber ausreichende Würdigung
erfährt; die einzelnen Sammlungen werden mit Geschick nach ihrem Grundcharakter
gezeichnet und durch einzelne Proben illustriert. Das Ganze vsdll nicht etwa eine ab-
schliessende Monographie, eher ein Nachruf, gehalten am kaum geschlossenen Grabe,
sein. Für die letzten Tage Geroks verweist M. auf einen mir nicht zugänglichen Aufsatz
von Geroks Sohn in der „Christlichen Welt" (N. 6). — Ein hübsches Bild des
Dichters zeichnet J. Weitbrecht^os); als Grundzug erscheint ihm „charaktervolle Milde
und Friedfertigkeit", der Zusammenhang mit Schiller, Uhland, Schwab, Geibel und, be-
sonders in den freien Rhythmen und reimlosen Strophen, mit Heine wird dargelegt, an den
„Palmblättem" die poetische Gestaltungskraft, Herausschälung des ewigen Walirheits-
gehaltes aus der Wirklichkeitsmasse, die innige Glaub enseinf alt gerühmt, als Schranke
des dichterischen Könnens die geringe Fähigkeit hervorgehoben, das Gewaltige und Er-
schütternde darzustellen; besser gelingt das Liebliche, Freundliche, Sanfte, besser als
das rein lyrische Stimmungsbild die breite epische Sclailderung. „Blumen und Sterne"
zeigen eine Erweiterung, das geistliche Lied genügt dem Dichter nicht mehr, „Der letzte
Strauss" ist dann der Wirklichkeit des Lebens noch viel freier zugewandt 204-207 ). —
Hülshoif als Naturforscherin. Padertorn, Scliöningli. 67 S. M. 1,00. |[BiindS. N. 28.] | — 189) E. Dorer, Z. Andenken an e.
Menschenfreund u. an d. Dichterin A. t. Droste-Hülshoff: Bunds. N. 29. (Aus d. Dresdner Zs. „Tier- u. Menschenfreund"). —
190) X C. J. Ph. Spitta, Psalter u. Harfe. 2 Samrall. christl. Lieder z. häusl. Erbauung. 55. Aufl. Neue Jubelausg. m. 24 VoUbildd.
neu geordn. nach d. Vaterunser mit Einl. u. Biogr. Spittas v. J. Sturm. Bremen, Heinsius. 4". VII, 176 S. M. 15,00,
(Einfache Volksausgabe: ebda. XH, 264 S. M. 1,80. Taschenausgabe: ebda. 16". XIII, 256 S. M. 1,00.] | — 191) id., Psalter u.
Harfe .... M. 1 Titelbild Leipzig, Cavael. 126 u. 76 S. M. 1,50. |[LZgB. N. 40.] | — 192) X id., Psalter u. Harfe 1. SammL
Leipzig, Fock. 120. IV, 108 S. M. 1,20. — 193-4) X id., Psalter u. Harfe. Mit 9 Kompositionen v. Prof. Pfannenschmidt in Lichtdruck,
2 Bde. Dresden, Brandner. 12«. IV, 155; IV, 92 S. M. 3,50. |[KrcuzZg. N. 127.] | (In 1 Bd. wohlfeile Ausg. mit Titelbild ebda-
120. IV, 155; IV, 92 s. M. 2,00; Volksausgabe: 2. Aufl. ebda. 160. IV, 155 u. 92 S. M. 1,50.) — 195) X id., Psalter u. Harfe.
VoUständige Ausg. beider Teile. Berlin, Jolowicz. 200 S. M. 2,00. — 196) X id., Psalter u. Harfe. Halle, Gesenius. VIII, 216 S.
M. 1,60. — 197) X id., Psalter n. Harfe. Mit 4 Vollbildern in Lichtdr. v. K. E. Kepler. Vollst. Ausg. beider Teile. Stuttgart,
Qreiner & Pfeiffer. 160. VUI, 258 S. M 3,00. — 198) id., Psalter u. Harfe. Mit e. Einl. v. L. Spitta. (Bibl. theol. Klass.
ausgew.u. her. v. evang. Theoll. 25.) Gotha, Perthes. CXXXVI, 195 S. M. 2,40. |[ConsMschr. 47, S. 772.] | — 199) X K. Gerok,
Blumen n. Sterne. Vermischte Gedichte. 14. Aufl. Stuttgart, Greiner & Pfeiffer. 120. XII, 495 S. M. 5,50. — 200) X id., Unter
d. Abendstern. Gedichte. Mit 4 Lichtdr. -Bildern v. R. E. Kepler u. d. Portr. d. Vf. 6. Aufl. Stuttgart, Greiner & Pfeiffer.
VII, 181 S. M. 6,50. — 201) X id., Jugenderinnerungen. 4. Aufl. Bielefeld, Velhagen u. Klasing. XII, 378 S. M. 5,00. — 202) H.
Mosapp, K. Gerok. E. Bild seines Lebens u. Wirkens. Mit d. Bildnis Geroks In Lichtdruck. Stuttgart, Greiner & Pfeiffer.
160. V, 84 8. M. 1,00. — 203) J. Weitbrecht, Z. Gedächtnis K. Geroks: ConsMschr. 47, S. 392-402. — 204) X Th. E.,
K. Gerok (mit Bild): ÜL&M. 63, S. 363/4. — 205) X R. S[tark], K. v. Gerok: MNEKE. 46, S. 40/1, (Kurzer Nekrolog.) —
206) X L. Salomon, K. Gerok: IllZg. N. 2430. — 207) X K. Gerok: Kunstw. 3, N. 7-8. — 208) H. Gerstenberg,
IV,2: R. M. Werner, Lyrik des 18./19. Jahrhunderts. 71
Hoffmann von Fallersleben fand in Gerstenberg^os) einen eifrigen
Forscher; dieser hat nach der Pormel seines Wesens gesucht und findet sie in der Be-
zeichnung: „der Deutsche"; er zeigt, dass sich Hoffmann als Patriot in allen Verhält-
nissen gleich gebUeben sei und dass man Unrecht thue, ihn einen Republikaner zu
nennen. G. betrachtet hauptsächlich die patriotische und die politische Lyrik Hoff-
manns und unterscheidet die politisch-satirische Dichtung aus dem Vormärz, die sich
dann in die später weniger gedeihende Satirendichtung und in die vaterländische Zeit-
dichtung (nach 1848) spaltet. Seine Kenntnisse schöpft G. aus einem reichen, zum Teil
ungedruckten Material; er veröffentlicht einige sehr interessante Proben aus dem Nach-
lasse, um Hoffmann wieder bekannter zu machen und auf eine Gesamtausgabe vorzu-
bereiten. Von ihr liegt ein Band vor, in dem Gerstenberg 209) als Herausgeber Rechen-
schaft über Plan und Quellen ablegt; er schliesst die wissenschaftlichen Arbeiten und
den Briefwechsel aus und stellt die verschiedenen Gedichtsammlungen in Auswahl, ver-
mehrt um die hs. des Nachlasses, ferner einen Auszug der sechsbändigen Selbstbio-
graphie „Mein Leben" und eine Portfiihrung der Biographie auf Grund der Tagebücher
in Aussicht. Die Reihenfolge wird sein: lyrische, politisch-satirische und Zeitgedichte,
Gelegenheitsgedichte, besonders Trinksprüche, Epigramme und Sprüche, endlich dialek-
tische Dichtungen und Uebersetzungen. Die Ausgabe will keine streng kritische sein,
d. h. es wird der Apparat nicht ganz mitgeteilt, wohl aber das gesamte hs. und ge-
druckte Material nachverglichen; der Anhang bringt wichtigere Lesarten. Der Grund-
satz ist mit Recht befolgt, die endgültige, vom V£ hergestellte Passung abzudrucken,
aber die Entstehungsdaten anzugeben. Hoffmann hatte selbst eine Ausgabe letzter Hand
vorbereitet, der Plan ist beibehalten, die Lieder nach den vier Gruppen Dichter-, Liebes-,
Kinder- und Volksleben zu ordnen; dagegen ist die von Hoffmann beabsichtigte Reihen-
folge nach dem Alphabet durch eine chronologische, freilich nicht ganz streng festge-
haltene ersetzt. Nun erst wird ein Ueberblick über die Entwicklung des Dichters be-
quem ermöglicht sein, und G. verdient den allgemeinen Dank für die Absicht, uns die
prächtige Gestalt des alten Kämpen mit dem Kinderherzen und der Männerleidenschaft
wieder nahe zu bringen. 210-213^ — Aus der Pappenheimschen Autographen- Sammlung
(vgl. o. N. 84) hat Elias 21*) einen Trinkspruch mitgeteilt, den Hoffmann am 18. Okt.
1861 bei einem Mahle der Offiziere der Höxterschen Garnison ausbrachte mit dem
Schlussverse: „Der König als deutscher Kaiser soll leben!" 2i*a-2i5) —
Mit Benutzung von Tagebüchern des Dichters erzählte der treffliche Lang die
Lebensgeschichte Max Schneckenburgers2i5a^, des so lange unbekannten Dichters der
„Wacht am Rhein", bekanntlich eines geborenen Schwaben. Die Tagebücher reichen von
Schneckenburgers Eintritt in Bern (1834) bis zu seinem Tode und lassen erkennen, dass
in dem Dichter schon sehr früh der lebhafteste Patriotismus rege war; bereits am
2. Aug. 1835 schreibt er seine Hoffnung auf ein geeintes Deutschland ins Tagebuch,
damals war er 16 Jahre alt. Und ein Jahr später erwählt er als Leib- und Kemspruch:
,, Deutsch". Auch in seiner ersten Gedichtsammlung, „Die ersten Versuche in Poesie und
Prosa", die 1837 in Bern unter dem Pseudonym Max Heimthal erschienen, zeichnen sich
die vaterländischen Gesänge am meisten durch Schwung aus; L. giebt einige Proben
aus diesem von Schneckenburger selbst zurückgezogenen und verbrannten Hefte, dann
die Tagebuchnotizen, die sich auf das Jahr 1840 beziehen. Aus den politischen Verhält-
nissen dieser Zeit ist das Lied hervorgewachsen, das Schneckenburger die Unsterb-
lichkeit erwarb. Die ganze kernige Prische, die Schneckenbtirger in so hohem Grade
eigen war, hat L. auch in seinem schönen Aufsatze festzuhalten verstanden; man liest
mit innigem Anteil und steigendem Interesse bis zum Schlüsse und bedauert, nicht noch
reichere Spenden aus den köstlichen Tagebüchern zu erhalten. Auch die bekannten
Thatsachen, das plötzliche Berühmtwerden des Dichters, die Enthüllung seines Namens,
weiss L. spannend vorzutragen. Ein überaus lesenswerter Beitrag. —
Ein Verdienst um einen anderen, lange verkannten Künstler hat Adolf St er n2i6)
sich erworben, indem er zum ersten Male die Gedichte von Peter Cornelius sammelte
und mit einer tiefempfundenen biographisch-litterarischen Skizze begleitete; er hat acht-
zehn Jalire mit dem Dichter in Verbindung gestanden und Briefe gewechselt, einige
Hoifmann v. Fallersleben u. sein deutsches Vaterland. Berlin, Fontane. 82 S. M. 1,00. \\ß&S. 55, S. 286.] | — 209) Hoffmanns v. Fallers-
ieben, GesammelteWerkeher.v.H. Gerstenberg. Bd. 1. Lyrische Gedichte. Mit d. Bildn. d. Dichters, gestochen v. Weger. Berlin,
Fontane. XX, 406 S. M. 3,00.— 210) X Hoiftnann v. Pallerslebeu : HambNachr». N. 51/2. — 211) X K. Th. Gaedertz, Hoffinann
V. Fallersleben auf Helgoland: HambNachr». N. 28; vgl. Bär 11, S. 147. — 212) X Hoffmann v. Fallersieben: HambNachrS.
N. 51/2. — 213) X Hoffmann v. Fallersleben, D. Jahreszeiten. Vier Kindergesangsfeste mit verbindender Deklamation.
Komp. V. F. H. Reiser. Op. 33. N. 1. D. Frühling. Leipzig, Siegismund & Volkening. o. J. 40. 23 S. M. 3,50. (Sehr anmutige
Komposition.) — 214) J. Elias, E. prophetisches Wort Hoffmanns v. Fallersleben: VpssZg. N. 185. (Darnach SchlesZg. N. 282;
HambCorr. N. 282.) — 214a) XX K. Th. Gaedertz, [Original-Eingesandt]: Wann wurde E. Geihel geboren?: HambCorr. v.
18. Nov. — 215) X M. Carriöre, E. Geibel. (= Lebensbilder [s. o. IT, 1 N. 41] S. 403-28.) — 215a) W. Lang, Max
Schneckenburger. (= Von u. aus Schwaben. Gesch. Biogr. Litt. 6, S. 1—38. Stuttgart, Kohlhammer. M. 1,50.) — 216) P.
Cornelius, Gedichte. Eingel. v, Adolf Stern. Mit e. Bilde d. Dichters nach e. Zeichnung v. F. Preller d. Ä. (her. v.
72 . TV,2: E. M. Werner, Lyrik rl.s IH./IO. Jalirhunderts.
Stellen von Cornelius' Episteln teilt er mit. S. erkennt in Cornelius einen Gelegen-
heitsdichter echter Art, einen Virtuosen der Form, der aber stets warmer, unmittelbarer
Empfindung oder geistvoller Laune Ausdruck leiht , einen Mann voll von harmlosem
Uebermut, feinem Humor und schlichtem Tiefsinn, der trotz trüber Erlebnisse sich die
männliche Lust am Guten bewahrt hat. Man kann zwar nicht verkennen, dass die
Formbeherrschung den Dichter mitunter zu Kunststücken verführt, sie sind aber so
humoristisch, dass wir sie uns gern gefallen lassen, und unter seinen Liedern sind
wahre Perlen, die es vollauf verdienten, zu einer schönen Schnur zusammengereiht zu
werden. Die Grundsätze der Anordnung innerhalb der einzelnen Gruppen sind nicht
zu erkennen, zumal sie S. selbst auch nicht dargelegt hat. —
Einen wahren Gegensatz zur Formvollendung des Cornelius, die vielleicht seiner
Wirkung hinderlich sein wird, bildet die saloppe Weise Scheffels, der trotzdem so
volkstümlich wurde ^i^); eines seiner beliebtesten Lieder, den „Enderle von Ketsch"
hat Huffschmid2i8^ mil; einer interessanten Quellenuntersuchung bedacht, die auch für
Zeillers Werk manchen schätzenswerten bibliographischen Aufschluss gewährt; Zeiller
beruft sich flir die Sage vom Enderle auf einen Heidelberger Professor, und H. macht
nun wahrscheinlich, dass Christoph Jungnitz Zeillers Quelle gewesen sei. H. weist
nach, dass Zeillers Angaben mit den historischen Thatsachen von Ott Heinrichs
Pilgerfahrt nicht übereinstimmen, dass es einen Diener Meggenhäuser allerdings gab,
dass aber die Sage schon dreihundert Jahre früher in drei Kapiteln des „Dialogus mira-
culorum" des Caesarius Heisterbacensis erscheint, verknüpft mit Kolmar am Oberrhein,
Lechenich und Flittard am Niederrhein; nicht auf gelehrtem Wege, sondern durch die
mündliche Sage dürfte dem Gewährsmanne Zeillers die Veränderung des Zuges, ver-
bunden mit Enderle von Ketsch, zugekommen sein.^i^) —
Auch einiger kürzlich verstorbener Dichter wurde pietätvoll gedacht. So hat
August Stöber einen ungenannten Darsteller gefunden 220)^ (ier sich auf Stöbers Nach-
lass, seine „Papiere, Briefe und Aufzeichnungen" stützen konnte, er vermag daher Martins
Nekrolog zu ergänzen und die schwer zugängliche Schrift Ehrismanns wenigstens zum Teil
zu ersetzen. Wir erhalten eine „gedrängte Schilderung des Lebens und Wirkens", aus
seinen „Memorabilia Vitae", die nur bis 1826 fortgesetzt wurden, eine hübsche Stelle über
Hebel, den Stöber 1819 kennen lernte; doch bricht die Skizze mit Stöbers Eintritt in
Buchsweiler ab. — Aus dem Nachlasse Eduard Schweppenhäusers hat B-athgeber^si)
melu-ere bei heiteren und ernsten Anlässen entstandene Gedichte Stöbers veröffent-
licht, die durch ihren leichten Volkston sich einschmeicheln. 222) —
Lingg223) betrachtete die Eigenart der Vischerschen Lyrik, erkannte üeber-
einstimmung mit Rückert in der Foraibeherrschung, mit Mörike im Humor, doch sei
Vischers Humor derber. L. sieht in der Gedankendichtung die eigentliche Aufgabe der
modernen Poesie und spricht hohe Anerkennung für Vischer aus. —
Richard Leander224) wurde in verschiedenen Nachrufen gewürdigt, dabeihat
Franzos225) einige sehr bezeichnende Stellen aus seinen Briefen herausgehoben und
besonders die „Troubadour-Lieder" analysiert. — Rogge226) hat eine schlichte, jedoch
ergreifende Schilderung des Gelehrten, des Dichters und des Menschen entworfen. —
Ist so unser Bericht bis ziu- Gegenwart fortgeschritten, so wäre es ungerecht,
bei den Gräbern Halt zu machen und dadiirch den Vorwurf Lyon 8 227) zu verdienen,
die moderne Litteraturgeschichte sei einseitig nur auf die Vergangenheit gerichtet. Aber
allerdings ist es hier schwer möglich, die Grenzen festzustellen, innerhalb derer man
bleiben kann, denn die meisten Arbeiten über lebende Lyriker sind eben keine litterar-
historischen; selten wird die einzelne Erscheinung in das Gesamtbild der Litteraturent-
wicklung eingereiht, die Recensionen, Betrachtungen, Essays, Studien usw. befassen sich
kritisch, lobend oder tadelnd mit einzelnen Sammlungen, einzelnen Autoren und haben
einen blos ephemeren Wert. Das Heft L.s über Greif bildet eine Ausnahme, indem es
die Stellung und Bedeutung des Dichters nach allen Seiten zu erkennen sucht, freilich
aber auch einen Beleg dafür, wie schwer es ist, dem Lebenden gegenüber die nötige
Objektivität zu wahren; unwillkürlich wird L. polemisch, panegyrisch und dadurch sub-
jektiv. Er bekämpft nicht nur die Litteratiu-geschichte, sondern auch das moderne Publi-
kum, er möchte Stimmung machen für den von ihm verehrten Dichter, und so steht
sein eigenes Individuum von Anfang an im Vordergrunde. Er beklagt den Mangel eines
Allg. Dtschen Musikveroin.) Leipzig, Kahnt. L, 283 S. M. 3,00. — 217) X J- V. v. Scheffel, Gedichte aus d. Nachlass.
4. Aufl. Stuttgart, Bonz. VII, 163 S. M. 3,00. — 218) M. Huffschmid, D. Endcrle v. Ketsch: ZGORh. 44, S. 201— 11.
— 219) X E. Autograph Scheffels: Didask. N. 17, S. 68. (Faksimile e. Gedichtes „Becherwoihe zu Eduard Witters Jubiläum. Ostern
1878", e. Scherz mit durchgehendem Reim auf Witter.) — 220) R., A. Stöbers Leben u. Wirken. E. Beitr. z. elsUss. Kulturgesch.
d. 19. Jh.: AZg». N. 289 (244), 293 (247). — 221) J. Rathgeber, Einige ungedruckte Gedichte v. A. Stöber: JbGElsLothr. 6,
8. 108, vgl. 113 ff. — 222) X A. B[irlinger], MSnzi u. Bethi. Im Dialekt v. KUssnacht, Kanton Schwytz (1811): Alemannia
17, 8. 238. — 223) H. Lingg, F. Th. Vischer als Lyriker: DDichtung. 7, S. 173/5. — 224) R. Leander, D. Schmied v.
Gretna-Green : ib. 8. 129—80. — 225) [Franzos], R. Leander: ib. 8. 147/8. — 228) B. Rogge, R. v. Volkmann. (Mit
Porlrat}: Daheim 26, S. 212/6. — 227) 0. Lyon, Martin Greif als Lyriker u. Dramatiker. Leipzig, Teubner. 1889. 53 S.
TV,2: R. M. Werner, Lyrik des 18./19. Jnhrluinderfp. 73
Centruins für Dichtung und Kunst, wie es in den Universitäten für die Wissenschaften
besteht, und hat auch einen Plan für ein Solches Centrum fertig. Nach L. erinnert
Greif an Walther von der Vogelweide, seine religiöse Dichtung biete Klopstocks Em-
finden übersetzt in Goethes Sprache, seine Naturauffassung möchte L. „plastisch-rundend."
nennen, seine Liebeslyrik sei von hehrer Reine wie die Klopstocks, von plastischer
Anschaulichkeit wie die Goethes, von tiefer Innigkeit wie die des Volkslieds, seine Ge-
dichte seien echte, wahre Lieder; das Alltägliche zu erhöhen, zu vergeistigen, das uns
täglich umgebende volle Menschenleben unter einem höheren Lichte zu klarer Vollen-
dvmg vor unserm geistigen Auge zu erheben: diese höchsten und wichtigsten Aufgaben
der Kunst verstehe Greif zu erfüllen. Wie L. mit diesen Ausein andersetz vmgen die
theoretischen Erwägungen des zweiten, die Dramen behandelnden, Aufsatzes in Einklang
bringt, das wird nicht leicht zu erraten sein. Gewiss hat Greif eine so warmherzige
Zeichnung verdient, es wäre nur zu wünschen, dass auch anderen Dichtem gleiche Liebe
z\i teil würde. Fördert uns aber etwa ein Aufsatz, wie der über Vierordt^^s) mit
seinen wohlmeinenden Phrasen? —
Was wir an Klaus Groth besitzen, das wissen wir alle; was er für Holland
bedeutet, das erfuhren wir wieder durch Hansen -29) ; aber auch in England bringt man
dem „Quickborn" volles Verständnis entgegen, wie der überaus anmutige Essay Her-
fords ^30) beweist: hier wird Grotlis Bedeutung im Vergleiche mit Burns und Barnes
festgestellt und betont, dass Groth nicht nur beides, sondern auch noch Walter Scott
für Holstein sei ; trefflich werden einzelne Gedichte analysiert, und eine allerliebste Wen-
dung findet sich : auch Groth sei einer von den Poeten, die verstünden, was die Vögel
sprechen, und, meint H., „wenn Groth den skeptischen Leser vielleicht nicht über-
zeugt, dass sie sprechen, so lässt er ihn nicht im Zweifel, dass Platt — das ausdrucks-
volle, familiäre, einschmeichelnde Platt Groths — ihre Sprache wäre, wenn sie sprächen".
Ueberall verrät H. Vertrautheit mit dem intimen Reiz des „Quickborn", aber auch mit
dem Dichter, von dem er z. B. einen an ihn gerichteten Brief citiert. Dass der aus-
gezeichnete Darsteller der litterarischen Beziehungen Englands und Deutschlands im
16. Jh. ein genauer Kenner der deutschen Litteratur ist, braucht nicht erst her-
vorgehoben zu werden. Einmal jedoch streift er die Einführung der Kinder in die Litteratur,
setzt sie aber erst ins 19. Jh., entgegen den historischen Thatsachen. —
Jubilare wie Li ngg 231-232^ un(j Träger 233) haben ihr Teil Ruhm erhalten,
Liliencron234) wurde zum Symbolik er gestempelt. Der Zufall hat solche Artikel her-
vorgerufen, nur der Zufall bringt sie zur Kenntnis des rückblickenden Betrachters ; leidet
ist es für diesmal unmöglich, auch nur des Wichtigsten habhaft zu werden, damit möge
das Abgerissene des Berichtes entschuldigt werden. —
Die Geschichte des bekannten Volksliedes „Lebe, liebe, trinke, lärme" hat
Wustmann 235-236) durch den Nachweis aufgehellt, dass es einer Uebersetzung Eberts
aus Athenaeus entstammt, die wieder auf de la Nauze zurückgeht; auch mit der Melodie
hat W. sich beschäftigt und sie bezeichnet als möglicherweise vom Volksmund selbst
nach verschiedenen Mustern gebildet. — Vom Volksliede 237-241) spricht in sehr ver-
ständiger Weise ein ungenannter Sammler 242) j er weist darairf hin, dass es sich gegen-
wärtig nach Seite der Form und des Lihaltes verändert, regelmässiger im Bau, in den
Versformen wird, die alten Adjektiva fortwirft, aber auch die alten Themen vergisst;
mit der fortschreitenden Kultur werden Vorstellungen, die das Volkslied ehedem benutzte,
zerstört, die neue Nahrung wird aus Sensationsnachrichten geschöpft. Das Volkslied
fange an sentimental zu werden; wie das Volk sich ein Gedicht von Zedlitz mundgerecht
machte, wird angedeutet; allerlei Einflüsse sind wenigstens in Schlesien thätig, den
TJmbildungsprozess zu beschleunigen. Aber der Recensent des Aufsatzes macht auf-
merksam, das Volk nehme die Blüte des Kunstliedes auf, und so werde sich vielleicht
wieder eine volkstümliche Lyrik bilden; die Grenzen zwischen beiden sind eben überaus
schwer zu ziehen. Vieles wird noch Volkslied genannt, was sich nicht recht dem Be-
M. 0,75. (S.-A. aus d. ZDU.) — 2281 K. H., E. Lyriker d. Neuzeit [H. Vierordt]: AZg». N. 4 (3). — 229) W. II. M[ielck],
C. J, Hansen, Klaus Groth en zijn leven en streven als Dichter, Taalkamper, Menscli etc. KBlVNiederdSpr. 14, S. 68 — 70. —
229a) X G. A. Erdmann, Klaus Groth u. seine Bedeutung f. d. plattdeutsche Dichtung: Pädagogium 12, S. 39—46. —
229b) X 0. Henckel, Klaus Groth u. Fritz Reuter: ib. S. 243/4. — 230). C. H. Herford, The Father of Low
Gorman Pootry: Macmillans Magazine 61, S. 196—204. — 231) X St., H. Lingg: FremdenBl. 22. Jan.
(Festartikel.) — 232) X Zu H. Linggs 70. Geburtstage: lUZg. N. 2429. (vgl. Kunstw. 3, N. 7.) — 233) X
W. Goldbaum, A. Traegor (zu seinem sechzigsten Geburtstage): NFPr. N. 9267. — 234) X A. Biese, E. „realistischer*
Lyriker (Detlev Frhr. v. Liliencron. Gedichte. Leipzig, Friedrich. 1889.): NFPr. N. 9300. — 235) G. Wustmann, E. altes
Gosellschaf tslied : Grenzb. 49, S. 477/9. — 236) id.. Nochmals lebe, liebe!: ib. S. 624/5. — 237) X L- Erk, Deutscher Lieder-
hort. Ausw. d. vorzüglichsten deutschen Volkslieder aus d. Vorzeit u. d. Gegenw. mit ihren eigent. Melodien. (Titelausg.)
Leipzig, Breitkopf & Härtel. XVIII, 416 S. M. 10,00. (Aus anderem Verlag erworben; neue Ausgabe in mehreren Banden
erseheint nächstens.) — 238) XX J- Gabler, Geistl. Volkslieder. 714 religiöse Lieder mit 387 Melodien, ges. in d. DiOeese
St. Polten, rev. u. her. 2. Aufl. d. Neuen geistl. Nachtigall. Regensburg, Verl.-Anst. XIV, 572 S. M. 4,00. — 239) X G.Ellinger,
D. Volkslied in Tyrol: Nation», 8, S. 200/1 (Vgl. N. 175-77.) — 240) X A. Schröer, Percys Reliques of ancient english
poetry. I. Hälfte. (=Engl. Sprach- u. Litt.-Denkm. VI.) Ulm, Kerler. 1889. V, 525 S. M. 8,00. |[L. Fränkel: BLU. S. 574;
Zupitza: ASNS. 84, S. 359.] | — 241) X Marienverehrung im nhd. Liede: DKatholik. 3. Folge. 1, N. 5. — 242) mk., V.
74 IV,2: K. M. Werner, Lyrik des 18./19. Jahrhunderts.
griffe fügen will; so hat Obs er 2*3) zwei historische „Volkslieder" aus dem Karlsruher
Generallandesarchiv veröffentlicht, die kaum mehr als volkstümlich sind; sie zeigen die
Torrn des Hahnengeschreis und stammen beide aus dem Jahre 1743; das eine behandelt
den B-ückzug der Franzosen vor der pragmatischen Armee im Sommer des genannten
Jahres, das andere den Sieg Georgs H. von England am 27. Juni bei Dettingen; auf
ähnliche schon bekannte Lieder ist hingewiesen. — Nichts Volkstümliches hat ein Na-
poleonslied in achtzeiligen reimlosen Strophen 244). — Aus dem deutsch-französischen
Kriege besitzen wir Volkslieder, die nun M. Beheim-Schwarzbach 245) durch solche aus
der Provinz Posen vermehrt; aus einer Sammlung von ungefähr 300 Liedern greift er
jene heraus, die besonders auf das fünfte Korps zielen und seine Kriegsthaten begleiten:
auch sie sind volkstümlich. — Aus Volks- und Kunstliedern setzte E. R. Freytag 246) einen
Kranz für den sächsischen Kronprinzen Albert zusammen und teilte dabei einige un-
gedruckte volkstümliche Dichtungen, auch aus dem Jahre 1870, mit 247-248). — Schütz e249)
spricht gegen die ländlichen Liedertafeln, weil sie die natürliche Kunstbethätigung eines
naiven Volksempfindens nicht nur nicht fördern, sondern geradezu hemmen. Unverständ-
liches, Fremdes vermitteln und den freien zweistimmigen Volksgesang durch den „kunst-
mässigen" Vortrag töten. Auch S. kennt den Reiz des mehrstimmigen Gesanges, meint
aber: „Unserem Volke im grossen, dem Landvolke wie dem Stadtvolke im allgemeinen,
ist solcher Gesang für sein Fühlen ein fremdes, unnatürliches Gewand im Vergleicli
zur Art und Kraft seiner Ausdrucksfähigkeit." — Eine kiirze Geschichte der Liedertafeln
erzählt Baut z 250) j zwar wirft er einen flüchtigen Rückblick aiif den älteren Volksgesang,
datiert aber die ganze Bewegung des mehrstimmigen Männergesanges, der a capella vor-
getragen wurde, von der Entstehung der Berliner Liedertafel; sie ist hervorgewachsen
aus Deutschlands trübster Zeit, als nach dem Frieden von Tilsit der preussische Hof in
Memel residierte und der ton- und taktfeste Gesang nissischer Soldaten auf den König
und den zufällig anwesenden Dichter Wilhelm Bornemann den tiefsten Eindruck machte.
So entstand in Berlin bald darauf die Zeltersche Liedertafel, an der Goethe so lebhaften
Anteil nahm; rasch folgten in anderen deutschen Städten Gründungen ähnlicher Art. 1819
WTirde die zweite Berliner, 1826 die Frankiurter Liedertafel gestiftet. Eine parallele
Bewegung ging von der Schweiz aus, wo sich Hans Georg Nägeli die Pflege des mehr-
stimmigen Gesangs angelegen sein Hess und 1812 den Züricher Stadtsängerverein zu
stände brachte. Entgegen der aristokratischen Einrichtung der Berliner Liedertafel
stellten sich diese Gesangvereine auf demokratischen Boden, so dass schon 1825 die
Sänger aus 18 Appenzeller Gemeinden zu einem Sängerfeste auszogen und bereits im
Oktober 1836 bei einem grossen kantonalen Feste in Zürich mehr als 500 Sänger unter
Nägelis Leitung wirkten. Diesen Anregungen Nägelis entstammen zahlreiche „Lieder-
kränze", wie sie sich nannten, zumeist in Süddeutschland, freilich nicht so rasch wie
in der Schweiz; doch wurde schon 1827 in Plochingen ein Sängerfest mit 200 Sängern,
1838 ein deutsches Sängerfest mit mehr denn 700 Sängern in Frankfurt gefeiert; sieben
Jahre später vereinigte das offiziell als das erste bezeichnete deutsche Sängerfest in
Würzbvirg 1700 Sänger. In Wien kam es wegen des Polizeidrucks erst 1843 zur Grün-
dung des „Männergesangvereines", doch breitete sich jetzt auch in Oesterreich diese
Vereinsthätigkeit schnell aus. Von 1848 an fühlt man die Wirkung der politischen Er-
eignisse allenthalben in den Männergesangvereinen, trotzdem vollzieht sich, unaufhaltsam
die Bewegung in immer weiteren Kreisen. B. betrachtet dann S. 20 ff. die „musi-
kalische Entwicklung des Männergesanges" und die einzelnen Komponisten; wichtiger
für uns ist aber der Abschnitt „Das Volks- und Vaterlandslied" (S. 34 ff. und S. 60 ff),
wo einmal Silcher, die Bedeutung von Beckers „Rheinlied", ferner aber Wilhelms „Wacht
am Rhein", zum ersten Mal am 6. Juli 1854 in Krefeld gesungen, „Heil Dir im Sieger-
kranz" und „Deutschland, Deutschland über alles" gewürdigt werden. Auch des „deut-
schen Liedes" ist nicht vergessen, obwohl die grosse politische Tragweite der Männer-
gesangvereine so gut wie gar nicht berücksichtigt wurde. Leider ist auch des Studenten-
liedes mit keinem Worte gedacht. B. verkennt manche Gefahren des Liedertafelwesens
keineswegs; auf die Frage, wie es das eigentliche Volkslied beeinflusse, geht er aber
nicht ein. —
schlesischen Volkslied: SchlesZg. N. 157/8. |[Kunstw. 3, S. 179 f.]| — 243) K. Obser, Hist. Volkslieder aus d. österr. ErMoIpe-
kriege: Germania 35, S. 181—85. — 244) E. deutsches Napoleons-Lied aus d. Jalire 1813: HZ. 63, S. 456/7. — 245) M.
Beheitn-Schwarzbach, D. fünfte Armeekorps im hist. Volkslied d. Krieges 1870/1. o. 0. u. J. 24 S. — 246) E. B. Freytag,
Kronprinz Albert in d. deutschen Dichtung: LZg. N. 91. — 247) X J- Proelss, Fremdenbuchpoesie: AZg. N. 192. (E. humo-
risfische Betrachtung d. Fremdenbücher alter u. neuer Zeit mit einigen Nachweisen fllr Scheffel.) — 248) X Charfreitag
in Sage u. Dichtung: NWUrzburgZg. N. 169. — 249) H. Schütze, V. Volksgesang : Kunstw. 3, S. 305/7. - 250) J. Bautz,
Gesch. d. deutsehen Männergesanges in übersichtlicher Darstellung. Frankfurt a/M., Steyl & Thomas. VII, 80 S. M. 1,50. —
IV,3: 0. r. Walzel, Epos des 18./19. Jahrhunderts. 75
IV,3
Epos.
Oscar F, Walzel.
Allgemeine Darstellungen N. 1. — Geliert N. 7. — Klinger N. 9. — Schlenkert N. 12; — Bürger N. 13. — Heinse
N. 17. — Voss N. 21. — Meyern N. 27. — Jean Paul N. 28. — H. v. Kleist N. 40. — Schilling N. 48. — E. T. A. Hoffmann
N, 49. —Hegner N. 53. - Ch.v.Schmid N. 62. — Hauff N. 66. — Folien N. 76. — EUckert N. 83. — Gotthelf, Auerbach, Schirges
N. 88. — Ferdinand Schmidt N. 92. — Holtei N. 94. — Scheffel N. 96. — Keller N. 99. — Scherr N 103. — Meissner N. 104. —
Schlichtkrull, Wildermuth N. 109. — Reuter N. 112. — Schirmer N. 120. — Hamerling, Heller N. 121. — Winterfeld, Schind-
ler N. 130. — Scheurlin, H. t. Schmid N. 132. — Schack N. 134. — Heyse, Ebner-Eschenbach, Foatane N. 135. —
Zwei allgemeine Darstellungen des deutschen Romans im 19. Jh. sind im
Berichtsjahre hervorgetreten; beide haben in ihrer Methode mit den Tendenzen der
neueren Litterarhistorik nichts gemein. Mielke i) und Rehorn 2) sind eifrige Roman-
leser, nicht Tachleute; sie entbehren der sicheren Grundlagen litterarhistorischer
Schulung, durch welche sie vor groben Irrtümern bewalu-t geblieben wären. Beide
verurteilen die willkürliche Konstruktion eines Begriifes des Romans. Vorurteilsloser,
objektiver ist M. R. möchte sichere Kriterien für eine Theorie des Romans finden,
geht indess von engherzigen Anschauungen über Litteratur und Kunst aus und ist ins-
besondere ein Gegner der letzten Entwicklungsphasen, welche der deutsche Roman unter
dem Einflüsse des von ihm verurteilten Zolaismus durchmacht; er kommt diu-ch sein
Vorurteil zu dem merkwürdigen Ergebnis, im historischen Roman den Stolz und die
Hoffnung der deutschen Litteratur zu sehen. R., wie M., ist von der hohen Bedeutung
des Romans für die Geschichte der Litteratur überzeugt. M. sucht den Stoff zu er-
schöpfen, während R. nur den Bildungsroman der Gutzkow und Laube, den sich daran
schliessenden Frauenroman der Mitte des Jh., dann den historischen, den „modernen
Zeitroman" Freytags, Spielhagens, Auerbachs, endlich den neueren Heyses, Lindaus,
Jordans herausgreift. Dennoch erhebt sich M.s Buch nicht über eine beschreibende,
ordnende, oft unglücklich disponierende Charakteristik, während R. für historische
Fragen eine glücklichere Hand hat. Der Zusammenhang mit den Zeitströmungen ist
bei R. eindringlicher und erfolgreicher erörtert; ich verweise besonders auf die Be-
sprechung des Einflusses, den die durch Strauss' „Alten und neuen Glauben" vertretene
Weltanschauung auf den Roman genommen hat. Ganz wertlos sind die Kapitel beider
Bücher, die dem Romane vor 1800 gewidmet sind; R., der mit dem „Ruodlieb" ein-
setzt, giebt nur Excerpte aus Scherers Litteraturgeschichte ; über Goethe sagen beide
nichts Neues, der Romantik werden sie nicht gerecht. Die verdienstvollsten Partieen
betreffen den Roman von 1848 — 80; auch bei M. kommen C. F. Meyer, die Ebner-
Eschenbach zu kurz, insbesondere aber die Neuesten. Wesentlich neue Gedanken
bringen M. und R. zur Charakteristik der einzelnen Vertreter nicht heran; auch R.s
eingehende Analysen Ebersscher und Dahnscher Werke sind lediglich besonnene Zu-
sammenfassungen längst bekannter Urteile. Nicht einmal die auch von M. bemerkte
Aehnlichkeit Fouquescher und Dahnscher Schriftstellerei findet bei R. Erwähnung.
Beide ziehen den englischen und französischen Roman viel zu wenig in Betracht; Scott,
Dickens, Sue und Zola genügen nicht allein; man fälscht die Geschichte, wenn man
dem deutschen Roman eine selbständige, von fremdländischen Einflüssen freie Entwick-
lung zuschreibt. Manches hat schon Julian Schmidt besser klargestellt. Dennoch bleibt
M. das Verdienst des ersten Versuchs, in eine wirre Fülle von Erscheinungen Ordnung
gebracht zu haben; freilich hat er Meissner wegen des schwebenden Streites ausge-
lassen und erwähnt Anzengrubers Dorfroman überhaupt nicht. R.s historische Gesichts-
punkte werden dem Forscher vor der Hand unentbehrlich bleiben. — Eine Zusammen-
stellung modemer Erzähler findet sich auch in Keiters^) Buch, allerdings nur als eine
Reihe von Einzelcharakteristiken, die lediglich durch das Glaubensbekenntnis der Autoren
zusammengehalten sind. Wenn K. auch die Aesthetik der Religion unterordnet, denkt
er doch über den Roman freisinniger als mancher Aesthetiker; bis zu einer Würdigung
des Naturalismus ist er allerdings nicht vorgedrungen, andrerseits aber bekennt er vor-
urteilslos, dass der katholische Roman sich zu enge Grenzen ziehe. Seine Charak-
teristiken sind schwäclilich: neben eine kurze Lebensgeschichte der Vff. und die Inhalts-
I) H. Mielke, D. deutsche Roman d. 19. Jh. Brannschweig, Schwetschke. VIII, 351 S. M, 4,00. |[0. Harnack:
PrJhb. 16, S. 207; W. Bölsche: FrB. 1, S. 777; Groeben: BLU. S. 554 (mit Ausstellungen); Harden: Nation». 8, S. 26;
Deutschland 2, S. 84; ConsMschr. 47, S. 1001; KZg. N. 174; Post N. 175.]| — 2) K. Rehorn, D. deutsche Roman. Gesch.
Rückblicke u. krit. Streiflichter. Köln, Ahn. VIII, 274 S. M. 4,00. ([Groeben: BLU. S. 277; ConsMschr. 47, S. 664.]| —
7n IV,3: O. F. Walze], Epos des 18./19. Jahrhunderts.
angaben der Werke treten einige kritische Bemerkungen im Stile der Recensionen in
den Tageszeitungen. Wenn zuweilen eine feine Bemerkung unterläuft, so verletzt noch
häufiger ein vorschnell aburteilendes Wort; mit Ausnahme der Gräfin Hahn -Hahn und
Stifters gehören die behandelten Dichter durchaus den jüngsten Jalu-zehnten an. —
Lediglich kulturhistorisch interessant ist eine von protestantischer Seite *) unternommene
engherzige Polemik gegen Auerbach, Spielhagen, Heyse, Keller, Ebers, Dahn, Taylor,
welche die Genannten im Gegensatz zu der christlichen Weltanschauung findet und sie
des Pantheismus beschuldigt (vgl. IV, 1 N. 4). — Im Zusammenhang wurden die
Ktinstlerromane 5) Heinses, Tiecks u. a. betrachtet. 6) —
Auch im einzelnen hat man sich mit der epischen Dichtung des 18. Jh. weit
weniger beschäftigt als mit den erzählenden Werken unseres Jh. Anknüpfend an das
in Gellerts^*) Erzählung „Der grüne Esel" (1746) erwähnte Wiegenlied vom schwarzen
Schaf teilt Sprenger '') eine ihm bekannte Fassung mit und bittet um Mitteilung
anderer. ^) —
Mit mehr als gewöhnlichem Fleisse hat Pfeiffer ^) die Quellen von Klingers
Eaustroman zusammengetragen. Anlehnungen an die dämonische Litteratur (Milton,
Klopstock, Cranzs „Gallerie der Teufel"), an die Eaustlitteratur (Volksbuch, Volksdrama,
Lessing, Weidmann, Maler Müller, Goethe), dann an die Behandlungen faustischer Pro-
bleme durch Wieland und Miller werden aufgedeckt, und diese Nachweise zusammen mit
historischen Anspielungen, philosophischen Erörterungen und stilistischen Momenten
sollen den Beweis erbringen, dass Klingers „Faust" in seinen Hauptpartien vor 1780
entworfen worden ist und im Jahre 1790 lediglich eine rasche stilistische Redaktion
erfahren hat. Ziu- Gewissheit hat P. seine These nicht erhoben: freilich zeigt sein
Material, dass Klingers Roman aus Stimmungen und aus Werken erwachsen ist, die
vor 1780 fallen, aber der Nachweis der Unmöglichkeit einer späteren Konzeption ist zu
wenig herausgearbeitet. Wenn Klingers Roman überhaupt ursprünglich als Drama ge-
plant war, so sei er, meint P., schon im ersten Stadium zum Roman umgebildet worden.
Auch für diese Frage fehlt ein sicheres kritisches Ergebnis. Aus einer Vergleichung
der Ausgaben von 1791, 1794, 1815 schliesst P. auf einen konsequenten Fortschritt zur
Reife. Im ganzen ist die stilistische Verarbeitung dem reichen Materiale nicht gerecht
geworden, lo-ii^ —
Schlenkert wird von Brummer i^") nach dem „Nekrolog" geschildert. —
Mit einer sehr wertvollen Einleitung hat Grisebach^^) einen Neudruck des
Bürgerschen „Münchhausen" (Ausgabe letzter Hand von 1788) ausgestattet. Er bringt
den Nachweis, dass Raspes englischer „Münchhausen" von 1786, dessen Editio princeps
G. zum ersten Male beschreiben konnte, lediglich Uebersetzung der im „Vademecum für
lustige Leute" (Berlin 1781. 8, S. 92—102; 9, S. 76—79) abgedruckten „M-h-s-nschen
Geschichten" ist; erst von der zweiten englischen Ausgabe ab finden sich Zusätze, deren
dem vu"sprünglichen „Münchhausen" völlig fernstehende QueUen nachgewiesen werden.
Bürger hat seinerseits Zusätze gemacht, die ein Drittel des Buches auf seine Rechnung
bringen. Raspe ist also nur als Uebersetzer zu betrachten. Lichtenbergs geringer Anteil
an dem Bürgerschen Buche wird in mannigfachem Gegensatze zu Ellissen festzusetzen
versucht. Die Urquellen, dann die Nachahmungen, weitere bibliographische Daten über
das deutsche und englische Buch und die Uebersetzungen werden zuletzt mitgeteilt i^).
— Aeltere, unrichtige Vorstellungen werden vertreten von zwei populären Artikeln 15-16)
über Raspe. —
Diu-ch G. Adler 1'') wird zum ersten Male von juristischer Seite auf die socia-
listischen Tendenzen von Heinses ^8) „Ardinghello" aufmerksam gemacht; Qiielle sei Plato,
das Ganze aber eine absichtliche Utopie, die in der Betonung der Erziehungsmomente ihr
Hauptziel sehe. — Behaghel i^) weist die in den „Schäfererzählungen" (S. 6) abgedruckte
3) H. Keiter, Katholische Erzähler d. neuesten Zeit. Litt.-hist. Studien. 2. verb. u. bed. verm. Aufl. Paderborn, Schöningh.
396 S. M. 3,60. — 4) D. moderne Roman u. d. christliche Weltanschauung: AELKZ. N. 3-7. — 5) T. V.: Künstlerromane u.
Kunstgeschichte: HambNaehrS. 16. u. 23. März. — 6) XA.Kohu t. Berühmte deutsche Humoristen in d. Gegonw.: Volk sZgS. N. 6-8-
— 6a) X E. unbekanntes Gelleit-Deukmal: FrankfJ.N. 44. (In Hadersdorf bei Wien 1789 v. Laudon, d. Freund u. Verehrer Gellerts,
errichtet). — 7) R. Sprenger, Zu e. Erzählung Gellerts: ZDU. 4, S. 87. — 8) X M. Claudius, Humoristische Schriften. In
Auswahl her. v. J. Riffert. Mit Einl.: M. Claudius als Volksschriftsteller. Leipzig, Fock. VI, 159 S. M. 0,50. — 9) G. J.
Pfeiffer, Klingers Faust. E. litt.-hist. Untersuchung. Nach d. Tode d. Vf. her. v. B. Seuffert. Würzburg, Hertz. 165 S.
M. 4,50. (Vgl. Bernay 8' Reklamation: VI.G. 3, S. 508.) - 10) X v- V.*", D. Hausball. Erzählung aus d. J. 1781. (= Deutsch -Ost.
Nat.-Bibl. 72.) Reichenberg, Weichelt. 23 S. M. 0,20. — II) X K. A. KortUm, D. Jobsiado. (= Bibl. d. Ges.-Litt. 427-30.)
Halle, Hendel. 338 S.M. 1,00.-12) F. Brumme r, F. Ch. Schlenkert : ADB. 31, S. 464. — 13) G.A.Bürger, Abenteuer d. Freyhorrn
V. Münchhausen. Mit e. Einl. v. E. Grisebach. (=:Koll. Spemann. 292.) Stuttgart, Union. LXII, 127 S. M. 1,00. — 14) X
D. Freiherrn v. Münchhhausen Abenteuer. Zuerst gesammelt u. englisch her. v. R. E. Raspe, übers, u. hie und da erweitert v.
G. A. Bürger. Neudruck d. 11. Originalausg. d. deutschen Boarbeit. mit 16 Federzeichnungen v. Hosemann. Göttingen, Dietorieh.
120. XVL 158 S. M. 1,20. — 15) H. Becker jr., D. Abenteuer d. Froiherrn v. Münchhausen u. ihr Vf. R. E. Raspe: Mnemosyne
S. 59—60, 63/4. — 16) W. Becker, D. Abenteuer d. Freiherrn v. Münchhausen und ihr Vf. R. E. Raspe, PfXlzCour. Familienbll.
N. 23. — 17) G. Adler, E. deutscher kommunistischer Romancier d. 18. Jh. (W. Heinse): Zeitgenosse 1, S. 41/3. — 18) Pe-
trons Gastmahl d. Trimalohio. Nach W. Heinses Uebersetzung m. Einl. u. Erl. her. v. M. Oberbreyer. (Univ.-Bibl. N. 2616.)
Leipzig, Reclam. 76 S. M. 0,20. — 19) 0. Behaghel, Zu Heinse: VLG. 3, S. 186-91. — 20) X W. Braeker], D. arme
TV,3: 0. F. Walzel, Epos des 18./19. Jahrhunderts. 77
„Eilfertige Schäferin" Rost zu, wie schon Koberstein 4^,8. 155 Anm. 3 für die „Schäfer-
stunde" Eosts Autorschaft bestimmt hatte. Einige Belege der Unzuverlässigkeit folgen,
die der Laubesche Text der „Schäfererzählungen" und des „Ardinghello" aufweist. —
Bekannt gemacht wird^i), dass die Eutiner Gymnasialbibliothek unbenutztes
Material zur Geschichte der Eamilie Voss 22-24^ in Briefen von Ernestine Voss an ihren
Sohn Abraham besitze. 25-26^ —
Biograpliische Notizen über den Vf. von „Dya-Na-Sore" fasst Teuffenbach^'')
zu einem Panegyrikus Meyerns zusammen. —
Nerrlich28) veröffentlicht ungedruckte Aphorismen Jean Pauls 29-30)^ yon
denen er die einen durch den verstorbenen Hofrat Ernst Förster in München erhalten
hat, während andere in der Rollwenzelei aufbewahrt sind; weiter teilt Nerrlich^i) einen
Brief an S. A. Mahlmann vom 5. Okt. 1801 mit, der Kanne in den Himmel hebt, und
einen an F. H. Jacobi vom 3. Sept. 1817, der einen Magnetiseur dringend empfiehlt. Ein
Faksimile des Briefes an Kaiser Alexander von Russland vom 9. Febr. 1815 in Sachen
seiner Frankfurter Pension wird durch Franzos ^2) nach dem in seinem Besitze befind-
lichen Originale geboten. — Nerrlichs Buch^^) hat mehrfach Anlass gegeben, Jean
Pauls Bedeutung für die Gegenwart zu erörtern. Ebers 3*), der ihn mit den Barock-
bauten des 18. Jh. vergleicht (er nennt den Dresdener Zwinger), findet seine Sinnsprüche
noch heute zeitgemäss. — Gleicher Ansicht ist Gottschall ^5)^ der Jean Paul aus der
Stelle eines modernen Frauenlob durch Geibel und Heyse verdrängt glaubt und der
gegen Ger^^nus' Missurteil protestiert. — Eindringlich untersucht Pröhle^*"), warum
JeanPaul heute unlesbar geworden ist: das Goethesche Schönheitsideal habe ihn verdrängt. —
Rieh. Köhlers-^'?) schwächlicher, schlecht stiHsierter Aufsatz will an wenigen Aperpus
Jean Pauls der Gegenwart die Notwendigkeit einer Abkehr vom Materialismus docieren.
— Versucht wurde der Nachweises), Wilhelm Raabe habe erfüllt, was Jean Paul eigent-
lich sein sollte; er sei männlich, wo Jean Paul unreif, jünglinghaft erscheine. ^9) —
R. M. Werner 40) stellt die mutmasslichen Quellen von Kleists „Marquise
von 0 . . . ." zusammen, ohne die Entstehung der Dichtung aus dem ihm vorliegenden
Material darzulegen. Neben die von 0. Brahm angezogene Anekdote Montaignes
stellt er als mindestens gleich wichtig „Eros oder Wörterbuch über die Physiologie"
(Berlin 1823, 1, S. 322 £) mit einer aus Pitaval übernommenen Erzählung. Die von
Bülow erwähnte Erzählung der Frau v. Gomez glaubt er nicht in ihrem Buche „Les
journees amüsantes" zu finden, das eine ähnliche Geschichte nach Cervantes erzählt,
sondern in ihren „Cent nouvelles nouvelles" (A la Haye 19, S. 184 ff.), wo thatsächlich auf-
fallende Uebereinstimmung sich findet. Ferner steht die von Muncker (AZg. 1884, S. 153)
beigebrachte Erzählung von KaroHne v.Ludecus. Wenn Kleist von einer „wahren Begeben-
heit" in „Norden" spreche, so verweist W. auf Otto Ludwig an Tieck (Holtei 2, S. 281 f.).
Sicher gekannt hat Kleist Tiecks „William Lovell" (Schriften 7, S. 154 ff.); in Zschokkes
„Tantchen Rosmarin" vermutet W. eine etwa auf Pitaval beruhende Konkurrenzerzäh-
lung und denkt an die Entstehungsgeschichte des „Zerbrochenen Krugs". Wenig Ueber-
einstimmung findet er mit der von Zolling (Gegenwart 1884, S. 283 f.) mitgeteilten ko-
mischen Erzählung. Mit Muncker erinnert er noch an GoetheJB. 5, S. 60 und verweist
zuletzt auf Hieronymus Cardanus „De rerum varietate" lib. 16. cap. 93. — Erich
Schmidt*^) giebt für die „Heilige Caecilie" die Varianten des ersten Druckes („Abend-
blätter" N. 15—17, November 1810, Bl. 40—42, S. 155—164) gegenüber dem 2. Teil der
„Erzählungen" (1811). — Sprenger ^2) verbessert im „Michael Kohlhaas "*3-45^ den Druck-
Mann im Tockenburg. Her. v. Ed. Bülow. Neue Ausg. (= Univ.-Bibl. 2601/2.) Leipzig, Reclam. 235 S. M. 0,40. — 21) ZDPh.
22, S. 459. — 22) X A. Baldi, Voss, Luise her. v. E. Bindel: BBG. 26, S. 207. — 23) X Homers Odyssee v. J. H. Voss.
Schulausg. bearb. v. K. Holdermann. 2. Aufl. (=i Meisterwerke d. deutschen Litt. f. höh. Lehranst. her. v. K. Holdermann
n. A. Sevin. 3.) Berlin, Reuther. 163 S. m. e. Bild. M. 1,00. — 24) X Vergils Aeneis v. J. H. Voss. Mit e. Verzeichnis d.
Eigennamen. Neu bearb. u. durchgeseh. Ausg. (= Bibl. d. Ges.-Litt. 432/4). Halle, Hendel. 280 S. M. 0,75. — 25) X Cli- A.
Vulpius, Rinaldo Rinaldinis Räuber- u. Liebesabenteuer. Roman. Neu bearb. u. her. v. J. F. Gildenmeister. Berlin, Schmidt.
224 S. M. 3.00. — 26) X E. Walleurodt. Z. 150. Geburtstag: Post N. 58. — 27) A. Frhr. v. Teuffenbach, W. v. Meyern,
k. k. Hauptmann u. Schriftsteller: Dioskuren. 19, S. 53/8. — 28) J. P. Richter, Aphorismen. Ungedr. Nachlass her. v. P. Nerrlich:
DDichtung. 8, S. 54/8; 9, S. 29. (Auszugsweise: Bund N. 116; NStettinZg. N. 186; PestL. N. 112".; Didask. N. 96.) — 29) X
Jean Paul nach d. 1811 v. F.Meyer gemalten Oelbild : ib. 8, S. 53. — 30) X J- P- R'chter, Flegeljahre. E.Biographie. (= BibliotUek
d. Ges.-Litt. 379-82.) Halle, Hendel. VIII, 427 S. M. 1,00. — 31) id., 2 Briefe mitget. v. P. Nerrlich: DDichtung. 8, S. 70/1.
— 32) id., Brief an Kaiser Alexander v. Eussland [her. v. K. E. Franzos]: ib. S. 56/7. (Abgodr. Didask. N. 96.) — 33) X P-
Nerrlich, Jean Paul u. seine Werke |[0. Härtung: DDichtung. 8, S. 71/6 („abschliessende Arbeit"); st.: Deutschland,
S. 283 f. („fleissige, materialreiche, aber nicht litt.-hist. Biographie; unpopulär); P. M(irsch): HambNachr^. v. 2. März.] | — 34) G.
Ebers, Was uns Jean Paul noch sein kann: AZg". N. 55/6. — 35) R. v. Gottschall, Jean Paul u, d. Gegenwart: UZ. 1,
S. 38-47. (Auch Transatlantic V. 15. Febr.) — 36) H. Pröhle,Jean Paul: WJDM. 68, S. 849-53. — 37) Rieh. Köhler, Ueber d.
Bedeutung Jean Pauls für d. Paedagogik d. Gegenwart: Paedagogium 12, S. 297 — 307. — 38) Bemerkk. über moderne Realisten
4. Wilhelm Raabe: KZgS. N. 26. — 39) X K. Werner, Jean Paul: WienZg. N. 125. — 40) R. M. Werner, Kleists Novelle
„D. Marquise v. 0 . . . . " : VLG. 3, S. 483—500. — 41) Erich Schmidt, Kleists „Heilige Cäcilie" in urspröngl. Gestalt: ib.
5. 191/5. — 42) R. Sprenger, Zu Kleists Michael Kohlhaas: ZDU. 4, S. 378/9. — 43) X D- Sanders, Sprachl. Bemerkk.
zu H. V. Kleists „M. Kohlhaas": ZDS. 3, S. 389—94; 436—41. (Stilist. Notizen.) — 44) X id., Zu H. v. Kleists Erzählung
,D. Erdbeben in Chili": ib. S. 404. (Stilist. Notizen.) — 45) H. v. Kleist, E. T. A. HofFmaun, W. Hauff, J. v. Eichendorff,
Klassische Novellen her. mit Einl. u. Erl. v. 0. Hellinghaus. Münster, Aschendorff. 160. VIII, 136 S., VIII, 86 S., VII, 119 S.,
78 IV,3: 0. F. Walzel, Epos des 18./! 9. Jahrhunderts.
fehler aller Ausgaben „herrlichen" für „herzlichen" (ZoUing 4, S, 132, 27) sowie die Irr-
tümer Zolliugs „ihn" für „ihm" (ib. S. 93, 4) und „der Jagdjunker" für „den" (ib.
S. 137, 32). «-«) _
Boxberger^s) giebt die bekannten Daten über Schilling und stellt sich in der
Autorschaftsfrage des Gedichtes „Im Oktober 1788" (Schillers „Thalia" 1790, S. 95)
auf die Seite Goedekes (vgl. Körnerbriefe 12, S. 314), —
Eine interessante und belehrende Studie über E. T. A. Hoff mann veröffent-
licht Ellinger^ö). Er charakterisiert in ihm den treuen Beobachter, der mit Bewusst-
sein nur das scliildert, was er geschaut hat; als typischer Eall seiner Studien der
Aussenwelt erscheint „Des Vetters Eckfenster". Dasselbe Streben führt ihn zu den
zahlreichen Selbstschilderungen (Rat Krespel, Gerichtsrat Drosselmeier, Meister Abraham,
Kreisler), wie denn E. auch eine lange Reihe erlebter Motive aus Hoffmanns Dichtungen
zusanamenträgt. Selbst die Darstellung des Geisterreiches gründe sich bei ihm auf
Beobachtung; er habe geglaubt, Doppelgänger zu sehen. Seine Wirkung beruhe auf
dem Kontrast seiner plastischen Schilderungen und der spukhaften Vorgänge seiner
Schöpfungen, die ihrerseits einen im romantischen Sinne gegen das Philistertum ge-
führten Kampf bedeuteten. Als Quellen Hoifinannscher Dichtungen werden genannt:
Kleist, insbesondere die „Marquise v. 0 . . . ." („Gelübde"), Lewis „The Monk" („Elixire"),
Schillers „Geisterseher" („Datura fastuosa", Schluss), „Räuber" („Die Räuber", „Das
Majorat"), Cazottes „Diable amoureux" („Elementargeist"), Goethes „Neue Melusine"
(Meister Abraham), Chamissos „Schlemihl", Tiecks „Phantasus" (für die Rahmen-
erzählungen). Wirkungen Hoffinanns findet E. bei Gottfr. Keller und Storm, in Heines „Atta
Troll" („Kater Murr"), in Lortzings „Waffenschmied" („Meister Martin") und in Marschners
„Vampyr" („Serapions-ßrüder" 4, S. 181). Auf E.s zahlreiche feinsinnige Bemerkungen
über Hoffmanns Erzählertechnik kann hier nur hingewiesen werden. ^"-52^ —
Ulrich Hegners Briefwechsel mit D. Hess wurde nach einer sorgfältigen Ab-
schrift der Briefe Hegners, deren Originale die Stadtbibliothek zu Winterthur aufbe-
wahrt, und nach den Originalen der im Besitze der Eamilie Burkhardt-Hess befindlichen
Briefe von Hess in stark beschnittener Ausgabe durch Pestalozzi 53) zu Tage gefördert.
Die Korrespondenz dreht sich im wesentlichen um Privatangelegenheiten. Die Ent-
stehung von Hess' Ausgabe des Usterischen Nachlasses (Berlin 1831) lässt sich über-
blicken. Goethe taucht zuweilen auf; ihn bringt Heinrich Meyer nahe ; den Goetheschen
Briefpublikationen schenkt Hegner besonderes Augenmerk, wie er sie ja selbst durch sein
Lavaterbuch bereichert hat; auch Uhland wird genannt. Der Malerei wird lebhafte
Aufmerksamkeit gewidmet, es erscheinen besonders die Namen Boisseree, Tischbein und
Holbein, über den Hegner (Berlin 1827) gesclirieben hat. Unzulänglich sind die An-
merkungen des Herausgebers, dankenswert ist die Mitteilung einiger Citate aus Hegners
Tagebuch. ■ — Sorgfältig erörtert Geilfuss^*) die Entstehungsgeschichte von Hegners
Roman „Salys Revolutionstage" ^5), Vorgelegt werden Kombinationen über die nicht
erhaltene älteste Gestalt „Jery", die nur J. G. Müller zu Gesicht bekommen hat und
deren Titel wegen Goethes „Jery und Bätely" aufgegeben wurde, ferner Mitteilungen
über die zweite, hs. erhaltene Fassung von 1807, welche mit der dritten gedruckten ver-
glichen wird; einige charakteristische Notizen über die damalige von Napoleon beein-
flusste Züricher Censur sind beigefügt. 5^-^') —
In knapper Zusammenfassung der biographischen Daten giebt Binder^^) einen
glücklichen Versuch, Christoph von Schmid63-64) als Menschen und Dichter zu
würdigen. Die Technik und der pädagogische Zweck seiner Erzählungen wird kurz
dargelegt. B. erbUckt in Schmid einen kathohschen Geistlichen, der in den Anschauun-
IV, 124 S., VIII, 116 S. M. 1,20. — 46) X A. v. Chatnisso, Peter Schlemihl. Notes par Halbwachs. Paris, Quantin Picard,
Kaan. 128 8. avec portr. — 47) X 'd-. Peter Schlemihl. Edited hy S. Primer. Boston, Heath. — 48) R. Boxberger,
F. G. Schilling: ADB. 31, S. 256. — 49) G. Ellinger, Z. Charakteristik E. T. A. HolTmanns: DDichtung. 7, S. 242/6, 287/9.
— 50) X H. Brand icke, Z. Charakteristik d. Dichters E. Th. Hoffmann: Bär. 16, S. 464. (Verbess. u. vervollst. Abdr. d. v.
Z. Funk „Erinn. aus meinem Leben" 1, S. 160 f. mitget. Briefes an Kunz. Mit Hoffmanns Selbstporträt.) — 51) G. Engel, Z.
Gedächtnis d. SerapionsbrOder: BerlTBl. N. 284. |[Vgl.: DReichsanz. N. 129; SchwäbMork. N. 127 ; HannCour. N. 16459; VossZg.
N. 185.] |(D. Anbringung e. Gedenktafel fUr H. u. fUrL. Dovrient in Lutters Weinstube.) — 52) X E. T. A. Hoffmann, D. goldene
Topf: (=Bibl. d. Ges.-Litt. 421.) Halle, Hendel. 85 S. M. 0,25. — 53) F. 0. Pestalozzi, David Hess u. Ulrich Hegner.
Mitteill. aus ihrem Briefwechsel. 1812—39: ZIlrchTb. NF. 13, S. 152—95. (Abschluss d. ib. 12, S. 1-96 gemachten Mittoill.) —
54) G. Oeilfus, U. Hegners Schrift „Salys Revolutionstage" : NZIlrchZg. N. 16/8, 20. — 55) X U. Hegner, Salys Revolutions-
tage. E. Schweizer Erzählg. aus d. J. 1797: Bund N. 31, 33 f.. 36/8, 41 f., 44 f., 48—52, 55 f., 58 f., 02/6, 68-73, 76-80, 83/5.
(vgl. Bund N. 52 :E. Anmerkung zu Hegners Roman.) — 56) X H- Zschokke, Ausgew. Schriften. Neue Orig.-Ausg. 4 Bde. (=Aaran,
Sauerländer. IV, 84, 79, 144, 73 S. M. 2,80. — 57) X id. D. Goldrascherdorf (= Meyers Volksbb. 701/2). Leipzig, Bibl. Inst. 140 S.
M. 0,20. — 58) X id., D. Goldmacherdorf. Gekürzt u. z. Gebrauch in Fortbildungsschulen einger. v. Fritz Jonas. (= Volks-
schriften. Neu her. v. Fritz Jonas. 2. Heft. Berlin, Oehmigke. 123 S. M. 0,40. — 59) X id., D. tote Gast. (= Famihen-
BUcherschatz. Heft 1.) UTglRs. N. 60.] | — 60) X id., D. Walpurgisnacht. Krieger. Abenteuer e. Friedfertigen. Es ist sehr
möglich. 3 ErzähU. (= Univ.-Bibl, N. 2595.) Leipzig, Reclam. 106 S. M. 0,20. — 61) X D- Sanders, Abgerissene Bemerkk.
z. 4. Bd. v. Zschokkes Bayerischer Gesch.: ZDS. 3, S. 332/5. (Stilist. Notizen.) — 62) Binder, Ch. v. Schmid: ADB. 31,
8. 667/9. — 69) X Aus Ch. v. Schmids Werken: D. Hopfenblüten. D. Ostereier. (=Bibl. d. Ges.-Litt. 406.) Halle, Hendel.
100 8. M. 0,26, — 64) X id., Rosa v. Tannenburg Erzählung. (= Bibl. d. Ges.-Litt. 419.) Halle, Hendel. 114 S. M. 0,26. -
IV,3: 0. F. Walzel, Epos des 18./19. Jahrhunderts. 79
gen seiner Kirche lebt, dabei aber in mildester Gesinnung jeglichem konfessionellen
Eifertxmi vom Grunde seines Hei'zens abhold ist und insbesondere eine konfessionelle
Tendenz in seinen Schriften nicht verfolgt. — Madschid Pascha^^), Leiter des „Bvu-eau
de la Presse etrangere" bei der Hohen Pforte, hat 190 Erzählungen Chr. v. Schmids ins
Türkische übertragen und, um den Anforderungen seines Publikums gerecht zu werden,
jeder Erzählung eine Moral in Versen angefügt. Der seltene Erfolg des anspruchslosen
Schwaben wm-de von der Presse allgemein mit Genugthuung begrüsst. —
Wenn auch Breuls^^) Ausgabe von Hauffs 67-74) Novelle „Das Bild des
Kaisers" zunächst nur für englische Leser bestimmt ist, so erläutern die Anmei'kungen
doch manche heute auch uns nicht mehr ganz klare Stelle. '75-'75c) —
Als Züricher Verleger kommt der Epiker A. A. L. Folien in Fröbels'^)
Autobiographie zur Geltung, deren Notizen über die beiden Humboldts, Bettina, Auer-
bach, Börne, Chamisso, Heine, Schelling, Schwab 77-78^^ Uhland wenig Förderliches er-
zählen. 79-82) _
Aus ßückerts Nachlass wurde nach der auf der Kgl. Bibliothek zu Berlin
aufbewahrten Hs. Firdusis „Schahname" von E. Bayer^^) herausgegeben. Quellen des
Abdrucks waren: die in einem Teil zum Drucke vorbereitete Hs., dann Randnotizen
Pückerts zur Ausgabe von Molil und ein Konvolut von Bemerkungen verschiedenster
Art. Das Epos „Rostem und Suhrab" hat sich nicht gefunden. Die Bearbeitung setzt
sehr früh ein; denn bereits 1835 sclu-eibt Puckert von ihr, er habe sie „schon längst"
in Angriff genommen. Die eigentliche Uebersetzerthätigkeit gehört aber frühestens den
vierziger Jahren an, da sie nach Macans Ausgaben gefertigt wurde. Ein Teil der Arbeit
fand sich am Rande von Schacks Uebertragung (1855). ^4-87) —
F. Vetters^s) ^^usgabe von Gotthelfs^^) ^^uii der Pächter" schliesst sich an
die vorausgegangene von „Uli der Knecht" an und zeigt dieselbe praktisch sehr glück-
liche Einrichtung. Worterklärungen, Wortregister und Lesarten geben ihr einen unbe-
streitbaren Wert. — Zvir Biographie Auerbachs liefert Franzos^o) kleine Beiträge in
Auszügen von Briefen an F., die 1877 einsetzen. — Brümmer^i) erweitert den Artikel
seines Lexikons über Schirges, den Erzähler niedersächsischer Dorfgescliichten, durch
einige Zusätze aus H. Zeises Buch „Aus dem Leben und den Erinnerungen eines nord-
deutschen Poeten" (Altona 1888). —
Pröhle^s) giebt ein Charakterbild des Jugendschriftstellers Ferdinand
Schmidt; als Erzähler beliebter als Dielitz und von grösserer sittlicher Wirkung
als Nieritz und Franz Hoffmann habe er nicht die unergründliche Gemütstiefe
65) Madschid Pascha, Jberistani nam-i diger, Alemandjeden muterdjem Yuz doksane hjkyaye. |[LZg. N. 79 (auch HamhCorr.
N. 249); KZg. N. 112; Bohemia. N. 116; RostockZg. N. 205; TglKs. N. 96; NatZg. N. 237; SammlerA, N. 49; FZg. N. 115.]| —
66) W. Hauff, D. Bild d. Kaisers. Ed. by K. Breul. Cambridge. 1889. |[A. L. Ripley: MLN. 5, S. 299.]| — 67) X id.,
Sämtl. Werke in 6 Bdd. Bd. 1-2. (= Cottasche Volksbibl. Bd. 9, 19) Stuttgart, Cotta. 12". 224 S. m. Bild, 211 S. je M. 0,50.
— 68) X id., Ausgew. Werk& Her. mit Eiiil. u. Erll. v. 0. Hellinghaus. (Märchen. D. Bild d. Kaisers. Phantasien
im Bromer Ratskeller.) Münster, Aschendorff. VIII, 440; VII, 119; XI, 67 S. je M. 1,20. — 69) X id., Gedichte u. Märchen.
19. Aufl. Stuttgart, Kieger. 480 S. M. 2,40. — 70) X id., Lichtenstein. Leipzig, Fock. 120. 395 S. M. 2,40. — 71) X id..
Lichtenstein. Livres 1 et 2. Texte allemand, publiö avee une carte, des notices, des notes et un r6sum6 de la 3. partie par
M. R. Müller. Paris, Hachette. 16". XVI, 432 S. — 72) X id., Phantasien im Bremer Ealskeller. Bremen, Heinsius. 120.
111 S. M. 1,50, geb. m. Goldschn. — 73) X id., Fantastic Adventures in the Bremen Rathskeller translated from the German by
Mary Nolte. Bremen, Nössler. VIII, 64 S. M. 1,40. (With a description of the Bremer Rathskeller.) — 74) X id., D. Bettlerin
V. Pont des Arts. Leipzig, Fock. 16". 148 S. M. 1,00 geb. — 75) X L. Aurbacher, Ges. grössere Erzählungen. Aus d.
Nachl. u. d. Schriften d. Autors m. e. Vorw. her. v. J. Sarreiter. 2. Ausg. Mit d. Bildnis Aurbachers. Freiburg i. Br., Herder.
V, 223 S. M. 1,00. |[Weitbrecht, BLU. S. 454.] | — 75a) X E. Koch (ps. E. Helmer), Prinz Rosa Stramin. 5. Aufl. Mit e.
Geleitswort [v. Karl Altmüller]. Kassel, Wigand. XII, 155 S. M. 2.00. i [DRs. 63, S. 318.]| - 75b) X id., Prinz Rosa Stramin.
Her. u. eingel. v. F. Brummer. (= Univ.-Bibl. 2664.) Leipzig, Reclam. 128 S. M. 0,20. (Mit ausführl. Biogr.) — 75c) X Hey, Aus-
gew. Fabeln mit 20 Buntdrucken nach Kontouron v. F. M. Elias mit eingedr. Text. Würzen, Kriesler. 4". M. 2,50. — 76) J. Fröbel,
E. Lebenslauf. Aufzeichnungen u. Bekenntnisse. Stuttgart, Cotta. IV, 598 S. M. 10,00. -- 77) X G- Schwab, D. schönsten
Sagen d. klass. Altertums nach seinen Dichtern u. Erzählern. Reutlingen, Ensslin & Laiblin. 191 S. mit 6 Bildern. M. 3,00. —
78) X id., D. deutschen Volksbücher. 2. Fortunat u. seine Söhne. (= Bibl. d. Ges.-Litt.. 372.) Halle, Hendel. 102 S. M. 0,25.
— 79) X F- V. Gaudy, Humoristische Schriften. In Ausw. mit kurzer Biogr. her. v. J. Riffert. Mit e. Einl: Was ist Humor?
Leipzig, Fock. 184 S. M. 0,50. — 80) X F. Frhr. v. Gaudy. Z. 50 j. Todestag: VossZg. N. 59. - 81) X A. Freiin v. Droste-
Hülshoff, Bilder aus Westfalen. Bei uns zu Lande auf d. Lande. (= Meyers Volksbücher. 691.) Leipzig, Bibl. Inst. 60 S. M. 0,10.
— 82) X F. Brummer, S, W. Schiessler: ADB. 31, S. 187/8. (Nach d. Artikel in B.s Lexikon u. nach Wurzbach.) — 83) F.
Rückert, Firdosis Königsbueh (Schahname) Uebers. Aus d. Nachlass her. v. E. A. Bayer. Sage 1 — 13. Berlin, G. Reimer. LVI,
439 S. M. 8,00. |[0. Harnack: PrJbb. 65, S. 599; Schroeter: BLU. N. 28 (ablehnend); L. Ch. Stern: MLJA. 59, S. 664;
ULZ. 11, S. 1550/1 (sehr anerkennend).] | — 84) X M. Vermehren, „Tubal", e. Episode aus Lenaus Savonarola: Saat auf
Hoffnung (Missionsbl.) 27, S. 113—25. (Schönherrs Gemälde „D. Wanderers Ziel" durch Lenaus „Savonarola" veranlasst.) —
85) X N. Lenau, Epische Dichtungen. (= Deutsch-Ost. Nat.-Bibl. her. v. H. Weichelt. 92.) Wien, Weichelt.. 64 S. M. 0,20.
— 86) X E. Mörike, Ges. Schriften. Bd. 2. Erzählungen; 2. Aufl. Bd. 3. 4 Maler Nolten. Roman. 3. Uberarb. Aufl. Stuttgart,
Göschen. 426, VII, 348, 302 S. M. 12,00. — [N&S. 52, S. 131 (empfehlend); DR. 15, 1, S. 122; Lemmermayer: NatZg. N. 296;
NZUrchZg. N. 15.] | — 87) X id., Mozart auf d. Reise nach Prag. Novelle. 3. Aufl. Stuttgart, Göschen. 12«. 105 S. M. 2,50-
|[ Grünig: LMerkur. 10, S. 383.] | — 88) J. Gotthelf (A. Bitzius), Uli d. Pächter. Mit Worterklärr. her. v. F. Vetter. (= Univ.-
Bibl. 2672/5.) Leipzig, Reclam. 528 S. M. 0,80. — 89) X J. Gotthelf, D. Erdbeerimareili ; Elsie, d. seltsame Magd ;
D. Grossvaters Sonntag. Her. v. R. Weber. (= Schweiz. Nat.-Bibl. 26—7). Aarau, Sauerländer. VII, 158 S.
M. 1,00. — 90) K. E. Franzos, Aus Briefen B. Auerbachs: ZGJuden. 4, S. 385—91. — 91) F. Brummer, G. Schirges: ADB.
31, S. 309—10. — 92) H. Pro hie, Ferd. Schmidt: ib. S. 719-21. (z. T. nach Artikeln d. VossZg. v. 30. Juli u. 2/3. Aug.) —
80 IV,3: 0. F. Walzel, Epos des 18./19. Jahrhunderts.
Pestalozzis, nicht die erhabene Einfalt Chr. v. Schmids, nicht die Kenntnisse Löhrs
besessen. ö3) —
Zum Teile Notizen der „Vierzig Jahre" benutzend, stellt Saltarino^*) erlebte
Grundlagen von Holt eis „Vagabunden" zusammen. Die Kunstreitertruppen, mit denen
Holtei zusammengekommen ist, werden verzeichnet und biographische Notizen ohne Be-
lang angefügt. ^^) —
Eine sehr ausführliche Darlegung der biographischen Daten von Scheffels
Leben bietet J. Braun ^**). Eigene Anschauung und Verwertung entlegener Zeitungs-
litteratur machen seinen Artikel wertvoll. — Von kathoUscher Seite, durch Stöckle^''),
wurde Scheifels „Ekkehard" mit Webers „Dreizehnlinden" verglichen. —
Eine wertvolle Zusammenstellung charakteristischer Züge Gottfried Kellers
giebt C. E. Meyer ^9). Aus eigenster Kenntnis schildert er, wie das ethische Gewicht von
Kellers Charakter ihn zum Schutzgeist seiner Heimat macht; manches für Kellers künst-
lerische Ansichten wichtige Wort wird aus Gesprächen mit ihm angeführt: seine Ab-
neigung gegen ästhetische Erörterungen, seine geringe Achtung vor historischen Romanen,
sein bewusster Realismus. SchHesslich erzählt M. von dramatischen Plänen Kellers. —
In Charakteristiken Kellers versuchten sich A. Frey i^o) ^xi^ Neckerioi); p. betont Kellers
Vorliebe für kleine Verhältnisse, kleine Leute und weist darauf hin, dass Keller dem
Guten immer zum Siege verhilft; N. vertieft sich in die Frage, wie Keller Dichtung
und Wahrheit mische, etwa im „Grünen Heinrich". — Alfred Stern ^02) führt eine Reilie
interessanter biographischer Daten aus dem Leben Kellers vor. Ueber die er-
lebten Motive des „Grünen Heinrich", dessen zweite Fassung er über die erste stellt,
spricht er sich zurückhaltend aus. Der Maler Habersaat dürfte sein Urbild in Kellers
Lehrer finden. Citate aus Briefen Kellers an Hettner und an S. illustrieren die
Folgezeit von 1850 ab. Besonders der Berliner Aufenthalt in der ersten Hälfte der fünf-
ziger Jahre erhält durch sie eine helle Beleuchtung, der Züricher Zeit wird eine knappere
Würdigung zu teil. Das Missverhältnis, in dem Anfang und Schluss des „Martin Salan-
der" stehen, findet nach S, seine Begründung in der Thatsache, dass Keller den Ab-
druck in der ,, Deutschen Rundschau" begonnen hat, ehe er den Roman zum Abschlüsse
gebracht hatte. Eine Fortsetzung hätte nachtragen sollen, was die äusseren Umstände
in dem Romane selbst mitzuteilen nicht gestattet hatten. —
Mähly 103) hatte Scherrs Leben in der Einleitung zu den posthumen ,, Letzten
Gängen" von 1887 (S. 217 — 64) beschrieben. An diese Würdigung Scherrs schliesst sich
die kurzgefasste Biographie an, die M. jetzt bietet. Hervorzuheben ist das angefügte
Verzeichnis von Scherrs Buchschriften. —
Die unerquickliche Debatte über Meissner ging als Erbstück vom Jahre 1889
, auf das Jahr 1890 über. Wie zu erwarten stand, hat Robert Byr-Bayers Broschüre
„Alfred Meissners Antwort" eine RepHk Hedrichs^o*) angeregt. Sie stellt den Sach-
verhalt um nichts klarer, bringt wenige neue Dokumente bei, die nur mittelbar mit der
Hauptfrage zusammenhängen. — Die Majorität nimmt nach wiö vor für Meissner Partei,
so K. Braun^OB) xmä Lemmermayer ^"6). — Pamphletistisch gehalten, dabei unendlich
breit ist Heinrichs i^'') einseitige Apologie Meissners, die für alle Fehler ihres Klienten
blind ist. — Dagegen hat Franzos^os) jxüt kühlem Urteile eine im wesentlichen ob-
jektive Darstellung der Streitfrage geliefert, deren Breite man verzeiht, da er ja das
letzte Wort gespiochen zu haben scheint. —
Nach Mitteilungen der Familie erzählt Häckermann i09) das Leben Alinens
von Schlichtkrull und giebt ein Verzeichnis ihrer Schi-iften. 11°) — Ein anziehendes
Buch von Willms und W^ildermuth m) schildert die ehrwürdige Persönlichkeit Ottilie
Wildermuths; schon durch ihre Beziehungen zu J. Kerner, E. Höfer, Hemsen erhält
die Biographie einen wesentlichen Wert; sie ist aus autobiographischen Notizen Ottiliens,
aus Familienbriefen, dann insbesondere aus Briefen von Schelling, Kerner, Stifter, Boden-
stedt zusammengestellt. —
93) X B- Boxberger, Ch. F. Scherenborg: ib. S. 98/9. (Nach Orelli u. Fontane.) — 94) Saltarino, Holtei u. d. Kunst-
reiter: AZg. N. 274. — 95) X F- Gerstäcker, Ausgew. Werke. 2. Volks- u. Familien-Ausg. Neu durchges. u. her. v. D. Theden.
Lief. 40—104. Jena, Cost«uoble, etwa je 6 Bogen je M. 0,30. — 96) J. Braun, J. V. v. Scheffel: ADB. 30, S. 777-91. —
97) J. Stöckle, F. W. Webers Dreizehnlinden u. J. V. v. Scheffels Ekkehard. E. Parallele. (= Frankf. zeitgem. Broschüren.
NF. 9.) Frankfurt a/M., FOsser. 40 S. M. 0,50. — 98) X Nemo, Gustav Freitag u. seine Gegner: Gegenw. 39, S. 3/5.
(Energische Verteidigung d. Schrift ,D. Kronprinz u. d. deutsche Kaiserkrone".) — 99) C. F. Meyer, Erinnerungen an Gottfried
Keller: DDichtung. 9, S. 23/5. — 100) A. Frey, Gottfried Keller. Nekrolog: ib. S. 25,9. - 101) M. Necker, Gottfried Keller
(Seine Werke): DeutschZg. N. 6673. - 102) Alfred Stern, Gottfried Keller. Nekrolog: AZgB. N. 244. - 103) S. o. 1,2 N. 20.
— 104) F. Hedrich, Alfred Meissner-Franz Hedrich. Replik. Leipzig, Danz. 55 S. M. 1,00. — 105) K. Braun, Hcdrich contra
Meissner: VVPK. 108, S. 155—67. — 106) F. L emniermayer , E. modernes NachtstUck d. deutsehen Litt. : UZ. 1,S. 547— 56.
— 107) P. W. Heinrich, „Für" u. „Wider" Alfred Meissner. Klarstellung d. Verhältnisses zw. A. Meissner u. F. Hedrich.
Berlin, Sauernheimer. 294 S. M. 3,00. — r08) K. E. Franzos, A. Meissner-F. Hedrich. 2—6: DDichtung. 7, 8. 141/7; 196-203;
221/8; 271/6; 290—300. Bd. 8, S. 146—51. — 109) HSckermann, Aline v. Schlichtkrull: ADB. 31, S. 489-91. - 110) X B- N.
Zachariae, Fanny Lewald: L4K. S. 399 — 410. — III) Ottilie Wildennuths Loben. Nach ihren eig. Aufzeichnungen zus.-gest.
IV,3: 0. F. Walzel, Epos des 18./ 19. Jahrhunderts. 81
Rastlos trägt Gaedertz ns) Materialien zur Kenntnis Fritz Reuters zusammen.
Freilich läuft manches unter, was eigentlich nur die allerengste Gemeinde der Reuter-
enthusiasten interessieren kann. In seinem neuesten Reuterbuche tritt der Dichter liinter
seine Freunde zurück. Aus Reuters Studentenleben und aus der Zeit der Festungshaft
werden einige unwesentUche Details beigebracht. Die Gestalt der Dichterin Anmariek
Schult (Pseudonym für Wuthenow), deren Gedichte Reuter herausgab, wird durch
seine Briefe an ihren Gatten näher gebracht. Reuters Beziehungen zu den Kultur-
historikern Mecklenbtu-gs, zu Franz und Ernst Boll, treten in vielfachen, von 1857 bis
zu seinem Lebensende reichenden Briefen zu Tage. Reuters vielfache Besuche bei
seinem Freunde Fritz Peters auf Gut Thalberg (ihm sind die „Läuschen und Rimels"
gewidmet) werden in breiter anekdotenhafter Schilderung vorgetragen; eine Fülle dort
entstandener harmloser Jvilklappreime und eine Auswahl von Eintragungen bekannterer
Namen aus Reuters Hausbuch sind beigegeben. Endlich werden die Beziehungen
des Tiroler Bildhauers Afinger, eines Schülers von Rauch, zu E. M. Arndt und zu Reuter
aufgehellt. Reuter erscheint immer liebenswürdig; seine geistige Bedeutung tritt in
G.s Mitteilungen weniger stark hervor. — Nebenbei hat Gaedertz^i^^) auch Scherzgedichte
Reuters und Briefe an den Medizinalrat Brückner (1863) und an Dr. Michael Liebmann
veröffentlicht. — Mitgeteilt wurden auch die schon von Wilbrandt benutzten Briefe
Reuters an den obengenannten Fritz PetersH*). Drei sind aus Thalberg an den abwesenden
Gutsherrn gesendet und berichten über die zui'ückgebliebenen Familienglieder (1847 und
1849). Vier vom Jahre 1847 (unter ihnen einer an Frau Peters) schildern die Wasser-
heilanstalt Stuer und die auch von Wilbrandt erwähnte Wasserkur Reuters, sind also
als Quellen für die Beschreibungen der „Waterkunst" in „Stromtid" zu betrachten.
Ein Brief aus Treptow vom Jahre 1851 zeigt den Uebergang von der landwirtschaft-
lichen Thätigkeit zum dichterischen Schaffen. Li die Jahre 1858 bis 1865 fallen sechs
Briefe mit gelegentlichen unwesentlichen Notizen über dichterische Arbeiten. Vier
Eisenacher Briefe von 1866 und 1867 erzählen von Reuters Hausbau. Fünf Briefe von
1ÖG9 — 73^ unter ihnen zwei 1870 an Peters' Söhne nach Frankreich gerichtete bilden den
Abschluss. Auch in diesen Briefen kommt nur der Mensch Reuter zur Geltung, ii-'^-ns)
— Der „Reuter- Almanach" 119) stellt für jeden Tag des Jahres Reutersche Sprüche zu-
sammen. —
Brümmeri20) erweitert den Artikel Wurzbachs über den Tendenzroman-
schreiber Schirmer durch belanglose liss. Mitteilungen, deren wichtigste die ist, dass
Schirmer von Karl Töpfer zum Schauspieler ausgebildet wurde. —
Hamerlingi2i-i22^ sendete den umfassenden autobiographischen Mitteilungen
des Vorjahres einiges Material nach, das zur Erhellung seiner Frühzeit dienen soll.
Seine Ferienerlebnisse in der Heimat während der Sommer 1851 und 1852 werden er-
zählt, Tagebuchblätter der Jahre 1853 und 1854 künden Herzensaffairen. Nach zurück-
behaltenen stenographischen Aufzeichnungen giebt er ferner seine Briefe an Marie
Mösner (Graz 1862) und Antoniette Julius (Triest 1865). — Durchsein Ableben wurden
einige kleinere Veröffentlichungen 123-126^ veranlasst; sie schildern weiteren Kreisen auf
Grund seiner Biographie das Leben des Dichters, nehmen indess zu einer Charakteristik
seiner Schöpfungen keinen ernsten Anlauf. Insbesondere ist Lemmermay ers^^ß) Auf-
satz ein rückhaltsloser Panegyrikus. — Interessantes Material zur Entstehungsgeschichte
des „Ahasver" und des „Königs von Sion" findet sich in den Briefen an Möseris'?)^ die
auch manches bemerkenswerte litterarische Urteil bringen; leider ist der Briefwechsel
mit M. nur in den Jahren 1865 — 70 lebhaft geführt worden. — Einige Hamerlingsche
Inedita bringt Allrami^S) bei: aus der Schulzeit in Zwettl ein Festgedicht vom 21. Sept.
1845 zur Sekundiz des P. Ambros Haslinger, dann ein Gedicht, das die Gefühle dieses
u. ergänzt v. ihren Töchtern A. Willms u. A. Wildermuth. Stuttgart, Union. IV, 415 S. M. 5,00. — 112) K. Th. Gaedertz,
Fritz Reuter-Studien. Wismar, HinstorflF. VII, 268 S. M. 3,00. | [K. Sallmann: BLU. S. 318.]| - 113) id., Ungedr. Dichtungen
u. Briefe Fritz Reuters: N&S. 63, S. 319—33. — 114) F. Reuter, Ungedr. Briefe: Gartenlaube. S. 95/6, 109—12, 156/9, 186/7,
206/8. — 115) X A. Wilhrandt, Friedrich Hölderlin. Fritz Reuter. Zwei Biographien. (= Föhrende Geister her. v. A. Bettel -
heim. 2.) Dresden, Ehlermann. IV, 146 S. M. 2,00. (Neudrr. t. „Hölderlin, D. Dichter d. Pantheismus" [Riehls HTB. 1871,
5. Folge 1, S, 371] = A. Wilbrandt, „Gespräche u. Monologe". [Stuttgart 1889] S. 71—114; dann d. Einl. zu Fritz Reuters
„Nachgelassenen Schriften" = „Gespräche u. Monologe" S. 195—302.) — 116) X F. Reuter, Sämtl. Werke. 4, 5, 8—11. Wismar,
HinstorfF. 304, VII, 350, 340, 324, 374, 222 S. jeder Bd. M. 3,00. — 117) X id., Sämtl. Werke. Volksausgabe in 7 Bänden.
5. u. 6. Aufl. Wismar, HinstorfF. XXXII, 370; 442; IV, 438; III, 436; III, 448; III, 396; III, 442 S. M. 21,00. (D. einzelnen
Werke auch besonders.) — 118) X id.. Lauschen u. Rimels. 5. Aufl. Wismar, Hinstorff. 178, 165 S. je M. 2,00. — 119) [A. Lewin],
Reuter-Almanach. Mit e. Vorw. v. G. Schalk. Düsseldorf, Bagel. 16». 209 S. m. Bild. M. 2,00 geb. — 120) F. BrUmmer,
A. Schirmer: ADB. 31, S. 310/1. — 121) B. Hamerling, Stationen meiner Lebenspilgerschaft. Hamburg, Verl.-Anst. u. Druckerei
A.-G. 1889. V, 447 S. M. 6,00. — 122) id., Lehrjahre d. Liebe. Tagebuchbll. u. Briefe. Hamburg, Verl.-Anst. u. Druck. A.-G.
288 S. M. 5,00. — 123) K. E. Kleinert, R. Hamerling. E. Dichter d. Schönheit. (= Samml. gemeinverst. wissensch. Vorträge.
NF. N. 89.) Hamburg, Verl.-Anst. u. Druck. A.-G. 1889. 63 S. M. 1,00. — 124) A. Polzer, R. Hamerling. Sein Wesen
u. Wirken, d. deutschen Volke geschild. Hamburg, Verl.-Anst. u. Druck. A.-G. VIII, 108 S. M. 3,00. — 125) J oseph Allram,
Z. Sterbetage Hamerlings : DeutschZg. N. 6659. (D. Hamerlingliäuser.) — 126) F. Lemmermayer, B. Hamerling: DWorte. 10,
S. 397—410. — 127) A. Moser, Meine Beziehungen zu R. Hamerling u. dessen Briefe an mich. Berlin, Lüstenöder. VIII, 70 S.
M. 1,20. — 128) J. Allram, Aus d. Heimat Hamerlings. D. Manen d. Dichters gewidmete Bilder aus d. Waldviertel. Wien,
Jahresberichte für neuere deutsche Litteraturgeschichte Ii2). 6
82 IV,3: 0. F. Walzel, Epos des 18./19. Jahrhunderts.
Festtages schildert. Ein Brief an A. vom 10 Mai 1889, einer an den Bürgermeister von
Kirchberg (14. Nov. 1874) und ein Gedicht an die Waldviertier Sänger in Raabs vom
Jahre 1887 illustrieren Hamerlings Beziehungen zu seiner engeren Heimat. Ein dort
zu errichtendes Denkmal ^^Sa) und die daran sich knüpfende Kontroverse erörtert Hamer-
lings Brief an die Redaktion einer ungenannten Berliner Zeitung vom 8. Okt. 1887.
Hamerlings Leichenfeier wird ausfülirlich beschrieben. — Einen anderen österreichischen
Ahasverdichter, Heller, schildert, anknüpfend an Scherrs Urteil, eine Charakteristik ^ 29^,
die den Menschen anziehender als den Dichter erscheinen lässt. Der Gedankeninhalt
habe immer die Form bei Heller erdrückt, gesteht der Biograph ein; als Künstler wird
Heller mit Kaulbach verglichen. —
Zupitza^^o) bringt den gelungenen Nachweis, Winterfelds „Elephant" sei
eine fast sklavische Kopie eines Lustspiels von Oliver Goldsmith. — Boxberg er i^i) schreibt
für die ADB. über Schindler den Artikel in Brummers Lexikon aus; natlirlich hat
Schindler nicht Gedichte Schlossers, sondern Schossers herausgegeben. —
Hollands 1^2-133^ Artikel über Scheurlin und Hermann von Schmid geben
ansprechende, lebendige Bilder der beiden Münchener Dichter, die beide sichtlich
aus persönlicher Bekanntschaft gescliildert werden. Zerstreute Notizen, entlegene jour-
nalistische Aeusserungen finden in beiden Lebensabrissen eine glückliche Verwertung.
Im Urteile über Scheurlin schliesst sich H. an Heiin-ich Kurz an. —
Schack^s*) veröffentlicht seine Uebertragungen von Dschamis „Medschnun
und Leila", von J. B. Almeida-Garretts „Camoens" und von Kalidasas „Raghuvansa". —
Heyse wurde gelegentlich seines sechzigsten Geburtstags diirch einen fein-
sinnigen Artikel Fuldas ^3^) gefeiert; F. findet das Hauptmotiv Heysescher Dichtung
in dem Konflikte zwischen den Forderungen der Gesellschaft und den individuellen An-
sprüchen des Einzelnen, der in einer geläuterten Natur zur Heldenthat führt. Heyse
habe mit Vorliebe die Frau zum Träger jenes Konflikts gemacht. — Zum sechzigsten
Geburtstage der Ebner-Eschenbach hat A. von Weilen ^^g) eine kurze Charakteristik
der Dichterin geliefert. — Fontanes siebzigster Geburtstag endlich hat eine reiche
Litteratur gezeitigt. Besonderes Gewicht legen die Festartikel 137-140^ natürlich auf den
Fontane des letzten Decenniums und seine naturalistischen Romane: ihr „Wirklichkeits-
sinn" wird in freudiger Zustimmung hervorgehoben. —
IV,4
Drama.
Alexander von Weilen.
Geschichte des Dramas: Gottsched und seine Zeit: J. E. Schlegel N. 1; Hamburgische Dramatiker N. 6. — Stunn
und Drang: Gemraingen N. 8; Leisewitz N. 10; Gotter N. 12; Lenz N. 14; FI. F. Möller und Schink N. 15. — Shakespeare
in Deutschland N. 17. — Heinrich von Kleist N. 22. — Immermann, Grabbe, Schenk, Pocci, J. v. Voss, Rochlitz, Kotzebue N. 43.
— Neuere Zeit: Dingelstedt, Schauffert, Rüge, Ludwig, Wehl, Putlitz u. a. N. 68.— Oesterreichische Dramatiker: Wiener Volks-
bühne, Hensler N. 34; Raimund, Nestroy N. 97; Schreyvogel, Halm u. a. N. 108; Grillparzor N. 111; Hebbel N. 130; Bauernfeld,
Anzengruber N. 135. — Musikalisches Drama N. 139. — Puppenspiel und Volksschauspiel N. 143. — Theatergeschichte: Allge-
meines N. 151; Schröder, Ackermann, P. L. W. Meyer N. 166; Hamburg N. 170; Mannheim N. 173; Köln N. 174; Berlin N. 175;
MOnchen N. 184; Wien usw. N. 191. — Dramaturgisches N. 203. —
Die Geschichte des Dramas i) setzt an dieser Stelle bei Gottsched
und seiner Zeit ein. Das Interesse für den lange missachteten J. E. Schlegel
nimmt stetig zu. Ein wesentlicher Fortschritt gegen die Arbeit Eugen Wolffs
Hartleben. 84 S. mit 4 Abb. u. 1 Faksimile. M. 1,40. — 128a) X Erich Schmidt, D. Hamerlingdenkmal : Deutschland 1, S. 157/9
(vgl. 252). |[K. V. Thaler: Gegen w. 36, N. 52. u. a.]| —129) Dr.J.B., Seligmann Heller: FremdenBl. N. 20. - 130) J. Zupitza,
0. Goldsmiths Lustspiel „She stoops to conquer" als Quelle zu A. v. Winterfelds kora. Roman ,D. Elephant" : ASNS, 85 S. 39—44. —
131) R. Boxberger, A. J. Schindler (Julius v. d. Traun): ADB. 31, S. 290/1. — 132) Hyacinth Holland, G. Scheurlin:
ib. S. 156/8. - 133) id., H. v. Schmid: ib. S. 664-70. — 134) A. F. Graf v. Schack, Orient u. Occidont. 1-3. Stuttgart,
Cotta. XVII, 206; XVI, 172; VI, 167 S. jeder Bd. M. 3,00. — 135) L. Fulda, P. Heyse: ÜL&M.63, N. 26. — 136) A. v. Weilen,
Marie Ebner-Eschenbach: ib. N. 50. — 137) G. E. Barthel, Th. Fontane. Zu seinem 70. Geburtstage : QuollwDH. 14, S. 216-20,
(giebt auch ausfuhrliche Lebensdaten). — 138) Th. Fontane: Kunstw. .3, S. 100/1. — 139) M. Harden, Fontane: Nationß.
7, 8. 89-92. - 140) Th. Fontane : ÜL&M. 63, N. 14. -
I) X Histoire de la littörature dramatique depais ses origines jusqu'ä uos jours. Paris, Colin. ISfi. XI, 434 S. —
IV,4: A. V. Weilen, Drama des 18./19. Jahrhunders. 83
ist die Studie von Ren t seh 2-3). Der erste Teil zeigt in zahlreichen Belegen,
wie sich Schlegel von vornherein eine gewisse Unabhängigkeit gegen Gottsched zu
wahren wusste, auch wenn er in seinem Dienste schrieb; die Verbindung mit Dresden
und Hamburg, die litterarischen Einwirkungen der Führer Liscow und Hagedorn voll-
ziehen die Entfremdung, wovon die Briefe Schlegels an Gottsched und Bodmer, zwischen
denen sich Schlegel ähnlich wie Lessing parteilos zu halten sucht, sowie besonders die
nachgelassene Schrift „Gedanken zur Aufrahme des dänischen Theaters" Zeugnis geben.
Gottsched selbst hat diese innerhche Abwendung lange nicht bemerkt, dann aber den
Nebenbuhler totgeschwiegen. Im zweiten Teil werden die Tragödien mit starker Be-
rücksichtigung ihrer Beziehungen zu Gottscheds Theorie und Praxis untersucht, ihr
Verhältnis zu Etn-ipides, Vergil, sowie zu den Quellen im „Canut" u. a. besprochen.
Der dritte Teil charakterisiert Schlegels Metrik und Sprache : er hat sich von Gottscheds
steifem metaphorischen Stil nicht losgemacht, jedoch mit Feingefühl eine Reihe pöbel-
hafter Wendungen gemieden; zum Blankvers ist er zu spät übergegangen, um sich der
Neuerung erfreuen zu können. — In der ADB. hat von Antonie wicz *) über ihn gehandelt:
Die „Geschwister in Taurien" verarbeiten Elemente des französischen und griechischen
Dramas zu einem Bühnenstück; der schöne humanistische Schluss ist gewiss spätere
Umarbeitung. Seine „Dido" lehnt sich an das französische Stück von Lefranc de Pom-
pignan und vielleicht noch an Metastasios „Didone abbandonata" an. Der „Hermann" er-
sclieint dem Vf. überschätzt. Der Einfluss Shakespeares lässt sich im Fragment „Der
Gärtnerkönig", im „Canut" („Richard III.") verspüren. In seinen Komödien streiten
sich Moliere, Holberg und Marivaux, doch erfährt „Die stumme Schönheit" besondere
Hervorhebung. Sein ganzes Wirken charakterisiert eine tiefe Kluft zwischen Vorsätzen
und That. —
In die Zeit Gottscheds^) gehört auch der Gegenstand einer Studie Heit-
müllers 6): Hamburgische Dramatiker, die in der Li tteraturge schichte mehr ge-
nannt als gekannt sind. Aehnlich dem Diktator Leipzigs steht F. G. Behrmann (1704
bis 28. Nov. 1756) da, der auch mit der Neuberin und Schönemann für die Aufführung
seiner „Horazier" 1733 und seines „Timoleon" 1735 in Verbindung trat. Ebenfalls für
die Neuberin arbeitet Peter Stüven, dessen Leben ganz dunkel geblieben ist; er ist der
Uebersetzer der ,,Alzire", welche den Anlass zur ersten Entfremdung zwischen Gott-
sched und der Neuberin gab. Seine Uebersetzung wird mit der der Frau Gottsched '')
verglichen. Den Gegensatz zum akademischen Drama bildet Borkensteins viel-
genannter „Bookesbeutel". Das Wort bedeutet soviel wie ,, Schlendrian". Das spezifisch
hamburgische Stück fand einen Fortsetzer in Uhlich, eine Nachahmung in Königs
„Dresdener Schlendrian" u. a. — Ein Hamburger Autor, der für die Operette von einiger
Bedeutung war, ist Daniel Schiebeier. Erich Schmidt^) zeigt, wie er nach anakreon-
tischen Anfängen ein Libretto ,,Basilio und Quiteria" auf Grund des Cervantes lieferte,
später auch den Einfluss Metastasios erfuhr. Besonders bekannt wurde ,,Lisuart und
Dariolette"; der Stoff stammt aus Chaucer* —
Von Einfluss auf den ,, Sturm und Drang" war das bürgerliche Schauspiel
Gemmingen s. Flaischlens^) Arbeit hat ebenso wie die Heitmüllers wesentlich bio-
graphischen Wert. Otto Heinrich Frhr. von Gemmingen ist am 5. Nov. 1755 zu Heidel-
berg geboren, studierte zu Mannheim, lebte in München und Wien und starb als
badischer Geheimrat am 15. März 1836. Aus seiner „Mannheimer Dramaturgie" sowie
aus seinen Wiener Zeitschriften werden, leider nicht besonders glückliche, Auszüge
gegeben. ,, Sydney und Silly" (1777) wird ihm abgesprochen und der Wiener Drama-
tiker Frhr. von Gugler als Vf. genannt. Zwischen einem Stücke von Brandes
und Gemmingens ,, Erbschaft" findet F. gegen Erich Schmidts Vermutung keinen Zu-
sammenhang. Zur Stofifgeschichte des „Deutschen Hausvaters" werden Diderot und
seine Nachahmer Schröder und Kotzebue, auch die Nachfolger wie Soden und Brandes
erwähnt. Den Motiven im Sturm und Drang wird recht mangelhaft nachgegangen. —
Zu Leisewitzens „Julius von Tarent" sind nach Werners Ausgabe von Schüdde-
kopfio) und Leitzmann^i) textliche Emendationen und Datierungsversuche einzelner
Scenen beigebracht worden. — Ein Versuch, die französische Tragödie zu retten, ist
2) J. Eentsch, J. E. Schlegel als Trauerspieldicliter mit bes. BerttcksicMigung seines Verhältnisses zu Gottsched. Leipzig,
Beyer. III, 119 S. M. 1,50. | [L. Fränkel: BLU. S. 471/2; W. Creizenach: LCBl. S. 1712; A. Sauer: DLZ. 12,1128/9.]; —
3) X Eugen Wolff u. J. Eentsch, Erwiderung u. Antwort d. Recensenten: AUA. 16, S. 140/4. (In Sachen J. E. Schlegel.)
— 4) J. V. Antonie wicz, J. E. Schlegel: ADB. 31, S. 378— 84. — 5)XJulius Meyer, Vaterland. Erinnerungen. D. Reichs-
freiherren V. Crailsheim: AZg^. N. 9. (Erwähnt Cronegks Mutter.) — 6) F. HeitmUUer, Hamburgische Dramatiker z. Zeit
Gottscheds u. ihre Beziehungen zu ihm. E. Beitr. z. Gesch. d. Theaters u. Dramas im 18. Jh. Phil. Diss. Jena. 101 S. —
7) XM. Wünsche, Frau Gottsched: ZWeiblBildung. 18, S. 403/9. — 8) Erich Schmidt, Daniel Schiebeier : ADB. 31, S. 176/8.
— 9) C. Flaischlen, 0. H. v. Gemmingen. Mit e. Vorstudie über Diderot als Dramatiker. „Le pere de famille" — „D. deutsche
Hausvater". Beitr. zu e. Gesch. d. bürgerlichen Schauspiels. Stuttgart, Göschen. VI, 163 S. M. 4,00. [[Minor: ADA. 17, S. 177.]|
— 10) C. Schüddekopf, Leisewitz, Julius von Tarent her. v. R. M. Werner: DLZ. 11, S. 986. — II) A. Leitzmann, Zur
Entstehungsgesch. d. Julius v. Tarent: VLG. 3, S. 195/9. — 12) X B- Suphan, Nachspiel zu Gotters Vasthi. Goethes Stanzen
6*
84 IV,4: A. v. Weilen, Drama des 18./19. Jahrhunderts.
Gotters 12) „Merope", 1773 erschienen, 1788 umgearbeitet. Schlösser i^] legt dar, dass
das Stück wichtig ist durch die Verwendung des fünffüssigen Jambus, der in der zweiten
Ausgabe ein Fortschreiten der Regelmässigkeit aufweist. S. giebt eine Quellenunter-
suchung des Stoifes, mit Berücksichtigung der Lessingschen Aeusserungen in der
„Hamburgischen Dramatiu-gie" und zeigt die Zusammensetzung des Gotterschen Stückes
aus Voltaire und MaiFei. Die zweite Fassung weist energische Eingriffe in die Moti-
vierung auf, wobei zumeist Maffei, gelegentlich auch Voltaire, neu benutzt werden. Das
Stück scheint für die Seilersche Truppe geschrieben, anfangs Oktober 1773 ist es
vollendet und wird am 24. Oktober zum ersten Mal in Weimar gespielt, mit grossem
Erfolge, ohne sich jedoch auf der Bühne erhalten zu können. —
Die Sprache in J. M. R. Lenzens Dramen untersucht Pfütze i*). Auf Shake-
speare und das Volkslied weisen die zahlreichen starken Elisionen hin, die in Verbal-
formen schon bei Wieland und Lessing ihr Vorbild haben. Volkstümlich sind auch die
Vermeidung des Umlauts, der Gebrauch von ,,Dii]gs" und ,, Zeugs", ursprünglichen Geni-
tiven als Nominativen, die Diminutiva mit -chen usw. Bei Lenz wie bei den andern
Genies wird die Abwerfung des ge- in gangen, worden usw. fast Regel. Mit dem älteren
Sprachgebrauch gemein hat Lenz die Deklination der lateinischen Worte (Evangelio,
Kreditores), die Zufügung des -n und -ens an Eigennamen (Cäsarn, Europens) luid ver-
schiedene kleinere Eigentümlichkeiten der Konjugation, des Vokalismus und Kon-
sonantismus. P. betrachtet die Syntax: charakteristisch ist die Vorliebe für Geni-
tivkonstruktionen, das Fehlen des Artikels, oder wieder das „ein" vor Zalilbestimmungeu.
In den Präpositionen zeigt sich manches Livländische. Wo für wenn ist Stil des vori-
gen Jahrhunderts. Die Anrede ist noch häufig Er, Sie, Ihr, das relative so erscheint
gelegenthch, sehr häufig steht welches für heutiges was. Im Stil begegnen unzälüige
Anakoluthien, nicht so stark wie bei Klinger, Ellipsen, Aposiopesen, das Personalpro-
nomen wird, wie gelegentlich bei Shakespeare, oft fortgelassen, das im „Werther"
beliebte bedeutungslose all und so schiebt auch Lenz gern ein. Wiederholung einzelner
Worte, die besonders im Ausruf mehr auf Shakespeare als auf Lessing zurückzuführen
ist, sowie ganzer Sätze und Korrigieren überschreitet bei Lenz, der nicht eigentlich
rhetorisch wirken will, das Gebräuchliche nicht allzu häufig. Flüche wie Kerl, Hunds-
fott, Fratze, krepieren, Laus, Luder, sowie eine Reihe von Ausdrücken, die rohe Kraft-
bethätigung atmen, sind ebenso Stil des Sturms und Drangs wie die empfindsamen
Wendungen, die aber der Art Lenzens weniger behagen. Aus dem Livländischen nimmt
er allesfort, gewittern, Eitervater, sich erlustigen, einewege; strassburgisch ist halt und
gelt; biblische Einflüsse sind deutlich erkennbar (Otterngezüchte, Das sey ferne usw.).
Aus der heutigen Schriftsprache verschwunden sind viele Wortbildungen auf -ung, Ver-
bindungen mit thun, das Kompositum geruhig. Bedeutungsänderung hat Platz gegriffen
in Anmerkung = Bemerkung, Ausschweifung = Ueberspanntheit (beides auch bei Les-
sing) u. ä. Lenz eigentümlich ist weh werden = ohnmächtig werden. Unendlich reich
ist Lenz in Fremdworten. Eigen sind ihm auch sprachhche Neubildungen, wie busch-
scheu, göttlich-nachlässig, tagdieben, überhörig, verlüderlichen, kreuzbezeichnet; inter-
jektionsartig verwendet er denk doch und mag's. —
Ein Sprösshng des Sturms und Drangs, in dem sich neue Ideen mit ge-
wöhnlicher Theaterpraxis merkwürdig dtu-chkreuzen , ist H. F. Möller. Man
lernt aus der wenig aufschlussreichen Schrift von Schröters i^) die schwer zugäng-
lichen Stücke in Analysen kennen; die litterarischen Motive werden niir sehr flüchtig
untersucht. — Ein interessanter Gegner der Genies, Schink, wird von Brummer ^ß)
in einer der Wichtigkeit speziell für die Theatergeschichte wenig entsprechenden
Weise behandelt. —
An dem Ruhme, Shakespeare in Deutschland i'-^^) eingeführt zu haben,
gebührt Hamburg ein wesentlicher Anteil, den Merschberger i^) hübsch dargestellt
hat. Schröder war nicht der erste, der den „Hamlet" nach Deutschland brachte. Aber
die Wiener Aufführung machte kein Glück, und so begann eigentlich Schröder mit dem
Jalu-e 1776 die Einbürgerung Shakespeares. M. giebt einen Ueberblick der Aufführungen
und Darsteller Shakespearescher Dramen bis 1798. Die erste Aufführung des „Hamlet"
(5. Sept. 1776) brachte das Stück in fünf Aufzügen, im November kam in einem sechsten
Aufzug die Totengräbersceue und mit ihr zugleich Laertes in das Stück. Schröder
B. 24. Oktober 1800 einleitend: GoetheJb. 11, S. 20/4. — 13) R. Schlösser, Z. Gesch. u. Kritik v. F. W. Gotters Merope.
Leipzig, Fock. IV, 142 S. M.2,00. | [W. Crei zenach: LCßl. 1891, S.428/9.]| — 14) C. Pfütze, D.Sprache in J. M. R. Lenzens
Dramen. Leipziger Phil. Diss. Braunschweig, Westermann. 74 S. M. 2,00. (Auch ASNS. 85, S. 129—203.) — 15) M. v. Schröter,
Heinr. Ferd. Möller. E. Schauspieldichter d. 18. Jh. Rostocker Pliil. Diss. Berlin, KUhn. 47 S. i [AZg. N. 299.] i — 16) F.»
Brummer, J. F. Schink: ADB. 31, S. 298. — 17) (IV, 1 N. 127.) — 18) X C.W. E. Brauns, D. Schrödersclie Bearbeitung d.
Hamlet u. e. vermutlich in ihr enthaltenes Fragment Lessings. Breslau, Freund. 35 S. M. 1,00. | [Härtung: DDichtuiig. 8,
S. 298; L. FrÄnkel: BLU. N. 52; L. Geiger: AZg. N. 189; Schirlitz: LMerkur. 10, S. 281.]| (MissglUckter Vorsuch.) —
19) Merschberger, D. Anfinge Shakespeares auf d. Hamburger BOhne. Progr. d. Hamb. Realgymn. d. Johanneums. Hamburg,
IV,4: A. V. Weilen, Drama des 18./19. Jahrhunderts. 85
Hess in einer neuen Bearbeitung, die vom 20. Febr. 1778 ab Grundlage blieb, diese
Scene wieder weg. Brockmanns und Schröders Darstellung der Titelrolle werden nach
einem zeitgenössischen Berichte verglichen. An der Bearbeitung des ,, König Lear"
(17. Juli 1778) hatte Unzer Anteil; die Züge der Haupt- und Staatsaktion, die Devrient
aus „Hamlet" hervorhebt, finden sich in keiner der beiden Ausgaben (1776 und 1778).
Schröder lässt Scenen, wie die Unterredung mit den Schauspielern, die Kirchhofsscene
mit dem Kampfe zwischen Hamlet und Laertes ganz ausfallen, Fortinbras' Auftreten,
Hamlets Reise nach England fehlen, Rosenkranz und Güldenstern sind eine Person ge-
worden, Hamlet bleibt am Leben. Seine Gestalt ist ganz schattenhaft, dagegen tritt der
König mein- in den Vordergrund, und die Königin wird, wie bei Heufeld, Mitschuldige.
Die Sprache wird durchgängig Prosa und zwar sehr ntichterne. Im „König Lear" lässt
Schröder Cordelien am Leben; die grosse Expositionsscene, die Teilung des Reichs, ist
in eine Erzählung Kents umgewandelt. „Heinrich IV." musste energisch zusammenge-
strichen werden, der Prinz ist ganz in den Mittelpunkt gerückt. Ueberall nähert sich
die Sprache dem englischen Familienstück. Im Anhang werden die heftigen Angriffe
Wittenbergs gegen Shakespeare und Schröder abgedruckt. — D. Jacoby ^o) teilt die
verschiedenen Fassungen des Hamlet-Monologs in Mendelssohns Uebersetzung mit und
hebt den Einfluss des Dramas auf Ewald V. Kleist hervor. Auf Voltaire ist keine Rücksicht
genommen. — Der Mannheimer Theaterleiter Freiherr von Dalberg verfasste 1789 eine
Bühnenbearbeitung des ,,Timon von Athen", dieKilian^i) vollständig herausgiebt. Ein
Vorgänger war der als Bearbeiter des ,, Macbeth" bekannte Prager Schauspieler Fischer.
Dalbergs Werk ist ganz in Prosa, er schliesst mit dem Gastmahle den vierten Akt, so
dass für den Wald nur ein Akt bleibt. Ganz neu ist, dass Timon im dritten Akte den
Sempronius erschlägt und vor Gericht gestellt wird; Alcibiades verteidigt ihn, Timon
wird zum Tod verurteilt, Alcibiades wird verbannt. Nun ergreift Timon das Wort für
sich, spricht von seinen Reichtümern und lädt die Senatoren zur Mahlzeit ein. Dalberg
wollte offenbar die schiefe Stellung des Alcibiades klären und die Senatsscene mit dem
Stücke fester verknüpfen; nur hat er damit Timon schuldig gemacht und dem Senat
eine ganz erbärmliche Rolle zugeteilt. Zum Schluss des Stückes erscheint Alcibiades
mit seinem Heere, dadurch fällt die Gesandtschaft der Athener. Eine gelungene Scene
der Diener, die Timons Verhältnisse exponiert, eröffnet das Stück. Timandra wird zur
Geliebten Timons, und ihre Figur geht stark in das sentimentale Rührstück über, dem
auch die Verflachung in Timons und des verfeinerten Apemantus Gestalten entspricht.
Gespielt wurde das Stück am 22. März 1789. Dalberg schreibt den Misserfolg der Dar-
stellung zu. —
Von Heinrich von Kleist 22-23) sind zwei neue Briefe 24-25) ans Tageslicht ge-
treten, der eine (5. April 1800) an Buchhändler Walther handelt von dem Projekte
einer Fortsetzung des „Phoebus", der andere an CoUin (Gotha, 28. Jan. 1810)
erwähnt die Zusendung der ,, Hermannsschlacht" und fragt nach der Aufführung des
,,Käthchen" in Wien, die auch im März stattfand. Aus einer Mitteilung Wilhelmin ens
von Zenge geht hervor, dass sie viele Briefe Kleists verbrannt hatte. Sie erwähnt
auch eine Jugendarbeit Kleists „Ariadne auf Naxos". — Zu einer Reihe von Stellen
in Kleists Werken sind Emendationsversuche gemacht worden, die oft nur eine gleich-
massigere Behandlung des Metrums, häufig ohne eigentliche Berechtigung anstreben.
Sprenger 26-27) erklärt den Ausdruck im ,, Zerbrochenen Krug": ,,Und ihr das Heu
auch flog als wie gemaust" mit der bei Schmeller nachgewiesenen Bedeutung ,, leicht
fertig" und bessert im ,, Guiscard" „vor seinem blassen Hemde sich verneigen" in
„blossen" (?). Zum „Prinzen von Homburg" „Der kühne Schwimmer" zieht er „Macbeth"
herbei. Vergleiche aber „Götz": ,, Braver Schwimmer!" 28) — Den Motivierungen im
,, Prinzen von Homburg" sucht Roetteken29) nachzugehen: dass der Prinz in der
ersten Scene nicht durch das Gespräch erweckt wird, erklärt der somnambule Zustand,
doch bleibt in den Worten: „Weck ihn mit deinem Zirpen nur nicht auf" ein Wider-
spruch. Der Gi-und der Zerstreutheit des Prinzen 30) Hegt darin, dass er den Plan der
Schlacht nicht kennen durfte. — Die poetische Gestalt des Prinzen hat, wie
Jungfer 31) zeigt, von dem historischen einbeinigen General fast nichts erhalten. Prinz
Herold. 40. 44 S. i[L.Fränkel: BLU. N. 42; W-d. : HambCorrH. N. 11.1| (Auch JbDSliakesG. 25, S. 205— 72.) - 20) D. Jacoby.D.
Hamlot-Monolog III, 1 u. Lessings Freunde Mendelssohn u. Kleist : VossZgS. 1889, N 18. (Auch JbDShakesG. 25, S. 113—23.) — 21) E.
Kilian, D. Dalbergsche Bühnenbearh. d. Timon v. Athen. Nach d. hs. Soufflierbuche d. Mannheimer Theaterarchivs: JbDShakesG.
25, S. 24—77. — 22) X H. v. Kleist, Käthchcn v. Heilbronn oder d. Feuerprobe . . . illustr. v. A. Zick. Berlin, Goldschmidt.
40. V, 90 S. geb. M. 20,00. | [DRs. 65, S. 477.] ] — 23) X A. L . . ., D. Selbstmord H. v. Kleists u. seiner Todesgeföhrtin : BohemiaB.
N. 11. — 24) Wolfgang Schmidt, Von u. Über H. v. Kleist. Z. 24. Juni 1890 in Druck gegeben. Berlin, Erich & Wally Schmidt.
4 S. [[Schient her: YossZgS. N. 26.] | — 25) T h. Zolling, Ungedrucktes v. H. v. Kleist: Gegenw. S. 166/8. (D. Mitteilung
identisch mit N. 24.) — 26) X R- Sprenger, Zu Kleists Zerbrochenem Krug: ZDU. 4, S. 88. — 27) id., Zu H. v. Kleists
Dramen: ib. S. 451—80. — 28) X R- Kade, Z. Textkritik d. Prinzen v. Homburg: ib. S. 1/9. — 29) H. Rötteken, Bemerkk.
•z. Prinzen v. Homburg: ib. S. 441—50. — 30) X F- Seiler, D. Behandlung d. sittlichen Probleme in Schillers Kampf mit d.
Drachen, d. Erzählnng bei Livius VIII, 7, Kleists Prinzen v. Homburg u. Sophokles Antigene. Progr. d. Christiansgymnasiums
zu Eisenberg. Leipzig, Fock. 4". 25 S. |[B ecker: ZGymn. 44, S. 695.]| — 31) J. Jungfer .D. Prinz v. Homburg. Nach arohi-
86 1V,4: A. v*. Weilen, Drama des 18./ 19. Jahrhunderts.
Friedrich von Hessen-Homburg, geboren 1633, leistete zunächst schwedische Kriegs-
dienste, vermählte sich 1661 mit einer Gräfin Brahe, die den Jahren nach seine Gross-
mutter hätte sein können; mit ihrem Gelde erwarb er grosse Güter in Norddeutsch-
land für die er segensreich wirkte. 1670 heiratete er in zweiter Ehe Luise
Elisabeth von Kurland, eine Schwestertochter Friedrich Wilhelms, wodurch er in
innige Verbindung mit Brandenburg trat. Er führte auch sofort ein Kavallerie-
regiment gegen Frankreich. Seine Reizbarkeit Hess ihn bald Intriguen und die Ungnade
des Fürsten argwöhnen, so dass er 1675 auf dem Sprunge war, die Armee ganz zu
verlassen. Nur der persönlichen Intervention des Kurfürsten gelang es, den Prinzen
festzuhalten. Bei Fehrbellin führte er die Avantgarde, und sein Eingreifen entschied
den Tag. Dass sein Angriff der Ordre des Kurfürsten widersprach, ist eine Legende, die
Friedrich der Grosse in die Litteratur einführte. Die ebenso unhistorische Versöhnungs-
scene wurde auch wiederholt bildlich dargestellt; so fand ein Gemälde Kretschmars
grossen Beifall auf der Berliner Ausstellung 1800 und wirkte wohl für Kleist anregend,
ebenso wie ein Aufsatz des Majors von Götze im Offizierslesebuch 1793. Doch fülu*te
die Schlacht thatsächlich eine Verstimmung zwischen dem Kurfürsten und Friedrich herbei,
wohl weil der Erfolg der Schlacht den grossen Erwartungen nicht entsprach. Wieder
kam eine Versöhnung zu stände, und der Prinz machte eine Reihe von Feldzügen mit,
worauf er sich von 1681 ab bis zu seinem Tode 1708 ganz der Verwaltung seines
Ländchens widmete. — Das Datum der ersten Dresdener Aufführung der „Hermanns-
schlacht" ist von G. Klee 32) mit dem 1. Jan. 1861 sichergestellt. Bearbeiter war Fedor
Wehl. — Eine neue Bühneneinrichtung des „Käthchen von Heilbronn" von Siegen ^3)
verquickt höchst unglücklich die Fassung des „Phoebus" mit der späteren, erweitert
nach dem Muster Wehls die Figur des Jakob Pech und schliesst mit ganz unkl eistischen
Versen.34) — Du Prel35) bespricht das somnambule Element mit Hinweis auf Gmelin,
ohne auf Schubart Rücksicht zunehmen. — „Robert Guiscard" hat in Rössler36) einen
Nachdichter gefunden. 1802 dürften im Anschluss an die Funksche Erzälilung und
unter Einfluss des ,, Wallenstein" die ersten Scenen entstanden sein, die aber jedenfalls
vernichtet wurden. Was wir besitzen, entstand zwischen den Jahren 1805 und 1808.
Guiscard stirbt im ersten Akte, und der tote Guiscard ist Held der Tragödie. Li der
vorliegenden Gestalt entstammt das Drama dem Eindrucke der „Braut von Messina".
Alles ist bei Kleist in das Gegenteil des Vorbildes gewendet bis auf die ungeratenen
Prinzen. Dieser zweite „Guiscard" wurde unter dem Drucke äusserer Hindernisse
nicht vollendet. Auf Grundlage dieser Gedanken und mit Zuhilfenahme einer neuen
bedeutsam eingreifenden weiblichen Figur baut der Vf. ein von Erich Schmidt mit Recht
als eine Vereinigung vonWissenschaft undDiehtung bezeichnetes Scenarium auf. — Gelegent-
liche Hinweise auf Kleist gibt Wetz 37), der in seinem „Shakespeare" S. 99 Kleists Abscheu
vor der Reflexion betont und ihm unter den deutschen Dichtern die grösste Meister-
schaft im Affekte zuspricht.38-42) —
Zu der Ausgabe Immer manns 43-47) durch M.Koch hat Walzel^S) eine kleine
Studie über das „Trauerspiel in Tirol" sowie einen Brief an Halm über die ,,Griseldis"
beigesteuert. — Ein Brief, den Koch im Faksimile giebt, ist nach Pröhle49) an H. A.
Niemeyer gerichtet und bezieht sich auf die Geburt von Immermanns Tochter (Frau
Geffcken), die dem Frl. Charlotte Guticke, der späteren Frau Max Duncker, angezeigt werden
soll. Der Titel „Der im Irrgarten der Metrik herumtaumelnde Cavalier" ist nach
Schnabels „Der im Irrgarten der Liebe herumtaumelnde Cavalier" gebildet. In den
„Epigonen" finden sich viele persönliche Beziehungen, besonders zur Familie Nathusius.
Auf den „Münchhausen" hat Müllers „SiegMed von Lindenberg" Einfluss. — Immer-
manns Genosse Grabbe hat eine sonderbare Gesellschaft in Beer und Schenk durch
Bobertags^o) Ausgabe erhalten. — Korn^i) hat eine nach Kilians Besprechung
valischen u. a. Quellen. Berlin, Brachvogel & Ranft. VI, 147 S. M. 2,40. | [ ReichsboteS. N. 41; Widmann: Nation». 7, S. 790;
HamhNachrS. N. 32; Brode: DLZ. 12, S. 20/l.]| - 32) X G. Klee, Zu Kleists HennannssclilacLt: ZDU. 4, S. 379. - 33) H.
V. Kleist, D. Käthchen v. Heilbronn oder d. Feuerprobe. Dram. Märchen. Z. 1. Male auf Grund d. ursprllngl. Plans neu f. BUhne
u. Haus bearb. v. K. Siegen. Leipzig, Beyer. V, 79 S. M. 1,00. |[Kilian: AZg. N. 256; Grenzb. 49. 3. S. 523; Deutschi.
2, S.44; Harnack: PrJbb. 66, S.533; LCBl. S. 1712/3; Woenig: LMerkur. 10, S. 375;Erich Schmidt:DLZ. 12, S.66;7.]|-
34) X C. Reinthaler, D. Käthchen v. Heilbronn, Rom. Oper in 4 Akten frei nach H. v. Kleists gleichnamigem Schauspiel. Oesp.
Berl. Oper 23. März 1890. — 35) C. du Frei, Käthchen v. Heilbronn als Somnambule: AZg. N. 320. — 36) C. ROssIer.
H. V. Kleists unvollendete Tragödie Robert Guiscard: PrJbb. 65, S. 485—513. (Erich Schmidts Kritik über d. Vortrag:
DLZ. 11, S. 71.) - 37) Vgl. 0. 1,1 N. 5. — 38) Vgl. WeserZg. N. 15495; SchwäbKron. N. 28. (Artikel z. Todestage.) -
39i X Th. Kömer, D. grüne Domino. (= Meyers Volksbücher N. 700.) Leipzig, Bibl. Inst. 30 S. M. 0,10. — 40) X id.,
Sämtliche Werke in 4 Bdd. Bd. 1. (= Cottasche Volksbibliothek Bd. 12.) Stuttgart, Cotta. 211 S. M. 0,50. — 41) X J. Win-
kovrski, Zriny tragedja w. B aktach Teodora Körnera przekead miarowy hzech ostahrich aktöw. Progr. d. poln. Staatsgymn.
zu Rzeszöw. 49 S. (Metr. Uebersetzung d. 3 letzten Akte.) - 42) (IV, 2 N. 62.) — 43) X 0. Moser, D. Mordnacht im
„Goldenen Siebe": LeipzTBl. N. 40. (Stoff d. ,24. Februar"; Bericht v. 1618, bereits v. Hoffmann v. Fallersleben herangezogen.)
— 44) X R. Hessen, Elisa v. Lützow: VossZgS. N. 47. — 45) X A. Wilhelm, K. L. Immennann. Z. 50j. Todestage d.
Dichters: MLJA. 59, S. 537-40. — 46) X W. Härder, D. Meininger: AZg. N. 236. (Vergleich mit Immermann.) — 47) X
J Minor, Fellner, Gesch. e. deutschen Musterbühne: DLZ. 11, S. 168. — 48) 0. F. Walzel, Immermanns Werke her. v. M. Koch:
AZg. N. 337. — 49) H. PrOhle, K. Immermann: NatZg. N. 525. — 50) Ch. D. Grabbe, M. Beer u. E. v. Schenk. Her. v. F.
B obertag. (= DNL. N. 161.) M. 2,50. — 51) Ch. D. Grabbe, Marius u. Sulla. Hist.-dram. Bilder in 5 Tln., fortges. v. E. Korn-
I
IV,4: A. V. Weilen, Drama des 18./19. Jahrhunderts. 87
nicht sehr glückliche Bühnenbearbeitung von „Marius und Sulla" geliefert. — Bei dieser
Gelegenheit sei nebenher erwähnt, dass die Schi-ift von Mix 52) über Caesartragödien
die deutschen Bearbeitungen unberücksichtigt lässt. — Grabbes ,,Don Juan" regte den
spanischen Faustdichter Zorilla an 53), — Beers Beziehungen zu Immermann werden in
den von Manz^^) publizierten, litterarisch nicht sehr bedeutungsvollen Auszügen der
Korrespondenz zwischen Beer und Schenk erwähnt. —
Mit rühmenswerther Objektivität hat Elias ^5) die übertriebene Huldigung zu-
rückgewiesen, die der Dichter Schenk zu seinen Lebzeiten erfahren. Ungedruckt blieb
sein Drama „Adolf von Nassau". Seine grosse Produktion ermangelt jeder Charakte-
ristik und Ursprünglichkeit, die schlechten Verse strotzen von Schwulst, auch von
Kriecherei sind besonders die vielen Gelegenheitsstücke nicht freizusprechen. Die
Einflüsse Scliillers und Shakespeares treten überall zu Tage. Er ist der entartete Sohn
der Romantik. — Der bayerische Geschichtschreiber Aventin wurde 1819 anonym und
1825 von F. v. Caspar auf die Bühne gebracht ^6), — Eine der liebenswürdigsten
Figuren der künstlerischen und dichterischen Romantik tritt uns in Franz Graf Pocci
entgegen, den H. Holland^'') als das Idealbild des feinsinnigen Dilettanten zu schildern
weiss. Sein im besten Sinne des Wortes kindlich spielendes Talent, das ihn durch
drei Künste, Dichtung, Zeichnung und Musik geleitet, tritt auch in seinen Dramen
zu Tage, die, oft für das Puppentheater geschrieben, im Sinne Brentanos und Tiecks
der satirischen und märchenhaften Züge nicht ermangeln. In seinem „Kasperl-Theater"
(1845, 1873) hat er einen Münchener Typus geschaffen. Ein Volksstück versucht er
1855 im „Gevatter Tod", aufgebaut auf ein Grimmsches Märchen; in einer Reihe von
Totentänzen lässt er diese alte halbdramatische Form wieder aufleben. — Für einen, im
Gegensatz zu Pocci, recht widerlichen Vielschreiber, J. von Voss, hat Ellinger^s) eine
Uebersicht der zahllosen Dramen und Romane geliefert, die besonders die politischen
und lokalen Motive charakterisiert. So wertlos sein „Faust" an und für sich ist, so
ist doch ein recht selten gewordenes Stück der Faustlitteratur durch den Neudruck
wieder zugänglich geworden, ebenso wie der „Faust" Klingemanns nunmehr in einer
billigen Ausgabe vorliegt ^s-so). — J. T. Rochlitz, durch von Biedermann ^i) behandelt,
hat als Dramatiker die Förderung Goethes erfahren, der mehrfach Stücke von ihm in
Weimar zur Aufführung brachte. Er hat auch den Versuch gemacht, die „Antigone"
der deutschen Bühne zuzuführen. — Mit Kotzebue beschäftigt sich Frankreich ganz
auffallend 62-67). _
In die neuere Zeit führen Beiträge zu Dingelstedts Münchener
Bilderbogen von J. Proelss ^8). Sie enthalten Briefe Gutzkows ^9), die sich meist um die
Aufführbarkeit seiner Stücke im Münchener Hoftheater drehen und viele Bemerkungen
über ihn als Dramatiker bringen. Gelegentliche Hiebe auf den Gutzkow missgünstigen
Wiener Theaterleiter Laube, den „Schreyvogel in partibus", sind charakteristisch. —
Die Geschichte des jungen Schauspielers, die Dingelstedt in „Aus dem Totenkranz zu
München" erzählt, ist in ihren angeblichen historischen Motiven mitgeteilt worden von
Grans'^^) in einem sonst nur Theaterschnurren und einen höchst unbedeutenden Auf-
satz über Garrick enthaltenden Büchlein, ''i) — Ein kurzes Glück als Dramatiker war
H. A. Schauffert beschieden, von dem H. Holland ''2) eine Reihe unaufgeführter Stücke
verzeichnet. In Wien hatte nur sein Preislustspiel Erfolg, „1683" fiel durch, und der
in Berlin mit Beifall aufgenommene ,, Vater Brahm" wurde verboten. Er hat Gefühl
für das Dramatische, bleibt jedoch ganz an der Oberfläche. — Durchaus in München
wurzelt der Humorist M. Schleich ''3)^ (Jer nach einer äusserlich effektvollen Prosa-
Berlin, Conrad. 12". 116 S. M. 1,50. |[E. Kilian: AZgB. N. 303.] | (Ergänzung u. Bühnenbearbeitung.) — 52) G. Mix, Z.
Gesch. d. Cäsartragödien. Progr. Friedeberg. 4". 16 S. — 53) 0. Schädel, E. Beitr. z. Don Juan-Litt. Progr. d. Gymn.
Bensheim, Beyer. 4fi. 20 S. — 54) G. Manz, Aus Michael Beers ungedr. Korrespondenz. E. Beitr. z. Biographie d. Dichters:
AZg. N. 310. — 55) J. Elias, E. v. Schenk: ADB. 31, S. 37-44. - 56) K. v. Keinhardstö ttner, Bayerns Geschichts-
schreiber Aventin als Bühnengestalt: AZg. N. 167. — 57) H. Holland, Franz Graf Pocci. E. Dichter- u. Künstlerleben. Mit
26 Bildern. (= Bayerische Bibliothek.) Bamberg, Büchner. 86 S. M 1,40. |[HPB11. 105, S. 161 ; FränkKur. 23.]| — 58) J. t. Voss, Faust.
Trauerspiel mit Gesang u. Tanz her. v. 6. Ellinger. (= Berliner Neudrucke Ser. II. Bd. 2.) Berlin, Gebr. Paetel. XXXVI, 85 S.
M. 3,00. |[L. Franke 1: BLU. N. 48; NatZg. N. 234.] | — 59) A. Klingemann, Faust. Trauerspiel. (= Universalbibl. N. 2609.)
Leipzig, Reclam. 88 S. M. 0,20. — 60) X E- Sprenger, Zu Klingemanns Faust V, 7: ZDU. 4, S. 87. (Erörtert sprachlich
„Wer wollte Mücken saugen".) — 61) W. v. Biedermann, J. F. Rochlitz: ADB. 30, S. 85—91. — 62) X A. v. Kotzebue, D.
merkwürdigste Jahr meines Lebens. (=r Bibl. d. Gesamtlitt. N. 402/4.) Halle, Hendel. 234 S. M. 0,75. — 63) id., D. beiden
Klingsborg. Lustspiel in 4 Akten. (Bibl. d. Gesamt-Litt. N. 431.) Halle, Hendel. 76 S. M. 0,25. — 64) id., La petite ville
allemande avec notices biographiques et litt^raires et accompagnöe de notes en fran9ais par E. Lombard. Nouvelle ödition.
Paris, Belin. 120. ym, 205 S. | [RCr. N. 3.]| — 65) X id., La petite ville allemande. Ed. nouv. accompagnöe d'une notice sur
l'auteur, de notes explicatives .... par B. Hildt. 2e. 6dit. Paris, Delagrave. 12". X, 181 S. — 66) X id., La petite ville
allemande et extraits de Misanthropie et repentir et de l'Epigramme. Texte allemand, publik avec une notice, un argument
asalytique et des notes par M. Bailly. Paris, Hachette. 16«. XXIV, 187 S. — 67) X id., D. deutschen Kleinstädter (la petite
ville allemande) avec des notices biographiques et litt6raires; une analyse et des notes par E. Lorion. Paris, Garnier freies.
120. XIV, 118 S. — 68) J. Proelss, Zu Dingelstedts Mttnchener Bilderbogen: AZg». N. 73/4, 91, 129, 130. — 69) X A. Lohn-
Siegel, Einiges über Frauengestalten aus C. Gutzkows Dramen: LZg^. N. 39. — 70) H. Grans, Genrebilder aus d. Schauspieler-
leben. Leipzig, Spamer. III, 126. S. M. 1,50. — 71) (IV, 14 N. 53.) — 72) H. Holland, H. A. Schauffert: ADB. 30, S. 634/7.
— 73) id., M. Schleich: ib. 31, S. 397—402. — 74) S. o. IV,3 N. 133. — 75) C. Braun, Kaiserin Augusta u. Arnold Rüge:
88 IV,4: A. v. Weilen, Drama des 18,/19. Jahrhunderts.
tragödie „Nero" eine Reihe liandlungsarmer Volksschauspiele schrieb, ebenso wie
Hermann von Schmid, dessen eigentliche Bedeutung in der bayerischen Dorfgeschichte
ruht, die er mit Geschick und Erfolg auf die Bühne zu verpflanzen wusste. Sein
Biograph, Holla nd'4), nennt auch einen Jugendplan wie „Catilina", wenig beachtete Ver-
suche wie „Camoens" und „Bretislaw"; erst 1849 zündete endlich sein „Strassburg". —
Zwei verschollene Dramen A. Ruges, „Schill" und „Oedipus", macht C. Braun 'i^) aus
Ruges „Memorabilien" namhaft. — Der Gedenktag Otto Ludwigs '^% das Hinscheiden von
Wehl'"'-''^) und Putlitz ''9-80^ haben zahlreiche, nicht immer auffindbare, noch weniger
aber immer bemerkenswerte Artikel im Gefolge gehabt, aus denen niu" die sorgfältige
biographische Studie Fellners über Putlitz hervorgehoben sei. 81-85) — Yon deutschen
Dramatikern erschienen verschiedene Dramen in Textabdrücken 86-89)^ Freytags „Journa-
listen" wurden in englischer Schulausgabe gegeben 90-92) ^ Lenaus „Faust" ist von
Nannarelli ^3) gut ins Italienische tibersetzt worden. —
Es darf wohl als höchst erfreulich bezeichnet werden, dass der wissenschaft-
lichen Behandlung der österreichischen Dramatiker in den JBL. ein eigener Ab-
schnitt zugewandt werden kann. Noch harrt die Geschichte der Wiener Volksbühne
berufsmässiger erschöpfender Durchforschung; eine hübsche Vorstudie hat Z eidler 94)
gegeben. Er behandelt in grossen Umrissen die Parodie, wie sie besonders auf der
Leopoldstädter Bühne zur Zeit Raimunds und Nestroys blühte. Textlich ein buntes
stegreifartiges Quodlibet, gewinnt sie erst Leben durch Schauspieler wie Schuster,
Hasenhut, Korntheuer, Raimund, die Krones, Nestroy usw. Der Liebling des alten
Marinellitheaters ist Kasperl-Laroche, für den Hensler seine Ritterparodien sclu-ieb.
Ernste Stücke des Hoftlieaters wurden travestiert; so erschien eine ,, Johanna Dalk",
eine „Kathi von Hollabrunn", ein „Hamlet, Prinz von Tandelmarkt". Die bedeutendsten
Lieferanten sind Perinet und Meisl, später Bäuerle, Gleich, Castelli. Und wie der
Geschmack des Publikums zustimmte, zeigen deutlich die charakteristischen ,,Eipeldauer
Briefe", die sich über A. W. Schlegels Vorlesungen krank lachen wollen, in denen er
den „Schecksbir" mit dem ,, Stephansturm" vergleicht. ,, Heiraten oder nicht heiraten,
das ist die Frage", rief der Wiener Hamlet, dem besonders Raimunds Darstellung zum
Siege verhalf. Auch die grosse Oper entging ihrem Schicksal nicht: Perinet hat eine
Reihe von Parodien, an der Spitze ,,Alceste", verfasst. Meisl pflegt, Ofienbach vorarbeitend,
die mythologische Karikatur. Durch die geniale Gallmeyer gewann die absterbende
Form neues Leben. — Der genannte Hensler heisst eigentlich Albert Friedrich
Henseler, ist am 2. Febr. 1759 zu Vaihingen als Sohn eines Physikus geboren, wurde
1779 Magister und studierte wohl schwerlich in Tübingen, wie bisher angenommen
wvirde 95). — Eine vortreffliche Biographie Schikaneders hat uns Säuerte) beschert,
die auch zahlreiche seiner ungedruckten Stücke nennt. Seine dramatischen Anfänge
bewegen sich ganz im Fahrwasser des bürgerlichen Dramas, des Sturm- und Drang-
stückes, so „Die Raubvögel", „Laster kömmt an den Tag", „Der Grandprofos". Eine
andere Gruppe bilden die Zauberopern, die berühmteste die ,, Zauberflöte", zu der er
wahrscheinlich durch Henslers „Caspar der Vogelhändler" und Perinets „Fagottist"
angeregt wurde, auch Motive aus „Lulu" von Liebeskind wirken mit. Wie weit der
Wiener Dramatiker Gieseke an der Arbeit beteiligt war, lässt sich heute nicht mehr
feststellen. Von Schikaneders Lokalstücken wurden „Der Tiroler Wastl" und „Die Fiaker
in Wien" besonders beliebt. Er ist nicht ohne Begabung, doch arbeitet er höchst
schleuderhaft und schematisch, seine Stücke sehen sich alle sehr ähnlich. —
Raimunds hundertster Geburtstag gab Anlass zu verschiedenen Artikeln 9"^) ;
neu zu Tage getreten ist ein Brief an Antonie Wagner (ein zweiter von Necker^S)
mitgeteilter Brief steht bereits in der Gesamtausgabe) und eine Skizze zur „Ge-
fesselten Phantasie", nach der der Harfher ursprünglich eine kleinere Rolle zu spielen
I
VVPK. 107, 8. 85/9. - 76) Grenzt. N. 9-10; Gegenw. 37, N. 21. - 77) X ('• Hochberg, F. Wehl : Gogenw. 37, N. 21. —
78) X W. Bormann, F. Wehl: AZg. N. 64, 74/5. - 79) X W. Härder, G. zu Putlitz: ib. N. 252, vgl. 294. - 80) R.
Fellner, G. zu Putlitz: VossZgS. N. 463. 465. (AusfUhrl. Biographie.) — 81) X R- Boxberger, Christ. Schier: ADB. 31,
S. 184. — 82) X A. L'Arronge, Herrn. Salingr6: ib. 30, S. 232. — 83) X F- BrUmmer, Carl Schall: ib. S. 557. — C4) X
id., S.W. Schiessler: ib. 31, S. 187. — 85) S. o. IV, 3 N. 48. — 86) X E. Goibel, Brunhild. E. Tragödie aus d. Nibelungen sage.
5. Aufl. Stuttgart, Cotta. 163 S. M. 3,50. — 87) X S. H. Mosentlial, Deborah. Volkssohauspiel in 4 Akten. 6. Aufl. Press-
burg, Heckenast. 82 S. M. 1,20. — 88) X R- Benedix, Volkstheater. Ausgew. grössere Lustspiele. Bd. 5. 2. Aufl. Leipzig,
Weber. 75 S. M. 1,00. - 89) 6. Freytag, Dram. Werke. 5. Aufl. 2 Bde. Leipzig, Hirzel. V, 380 S., V, 327 S. M. 8,00. —
90) X id., D. Journalisten ed. with an introduction and notes by R. Hochdörffer. Boston, Schoenhof. 12". 153 S.
ItM. Poll: MLN. 5 S. 246/8.] | — 91) X id., D. Journalisten ed. with introduction and notes by Calvin Thomas. New-York,
Hol! & Comp. 12«. 134 8. — 92) X id., D. Journalisten. Edited with an English commentary by W. D. Toy. Boston, Heath
& Co. 1889. 120. 160 S. - 93) N. Lenau, Fausto. Traduzione di Fabio Nannarelli. Milano, Hoepli. 250 S. |[Schroeter,
BLU. N. 28; Hoepfer: MLJA. 59, N. 32.] | — 94) J. Zeidler, D. Parodie auf d. Wiener Volksbühne am Ende d. 18. Jh. u. zu
Beginne d. 19. Jh.: WienSUb. S. 368—84. — 95) J. H., W. L. Weckherlin u. Albert Fr. Henseler: LBSW. N. 18. - 96) A.
Sauer, E. J. Schikaneder: ADB. 31, S. 196-200. — 97) X R. Loewenfeld: BerlTBl. v. 1. Juni; AZg. N. 151; W.
Paetow: Dentschl. 1, S. 588 n. VossZgs. N. 22; Kienzl: Post N. 227; Müller - Guttenbrunn: Didaskal. N. 126;
Lemmerroayer: NatZg. N. 310; E. Frey: DBühnengen. 19, S. 232/4, 241/4. — 98) M. Necker, Raimund-Reliquien: Grenzb.
IV,4: A. V. Weilen, Drama des 18./19. Jahrhunderts. 89
scheint. — Andere, nicht litterarische Briefe veröffentlicht Glossy^ö) mit Nachrichten
über die Familie Raimund und Gleich, loo^ — Gegen die Erwerbung der Eaimund-
Manuskripte durch die Stadtbibliothek polemisierte in ungerechtfertigter Weise
der Wiener'Antiquar Einsleioi), — Aus einem Gespräch zwischen Raimund, Lenau und
Straube 1^2) geht der Plan eines Dramas ,,Die Nacht auf dem Himalaya" hervor, der
durch eine Doppelfigur, die Seele und Leib getrennt vorstellen soll, Aehnlichkeit mit
dem ,, Alpenkönig und Menschenfeind" hat. Lenau nennt die Idee eine Tollheit und
fügt hinzu: ,,Li fünfzig Jahren giebt es keine Theater mehr." — Mit dem „Alpenkönig"
steht Raimund in der Tradition des alten Stoffes vom Menschenhasser, den M. Landaui03)
durch die Weltlitteratur verfolgt. Aus Lucian schöpft Bojardo, der den Hass motiviert,
Delisle bringt die Kur, der englische ,,Timon" führt das weibliche Element ein, Moliere
versetzt ihn in eine andere Sphäre. Shakespeares Quellen sind Plutarch und das ältere
englische Stück. Schillers Fragment, Kotzebue werden erwähnt. Raimund kennt
Shakespeare und Meisls ,,Esel des Timon", den er auch nennt. — Raimund als Schau-
spieler erhält Beleuchtung durch die von Eellneri04) zusammengestellten Berliner
Kritiken, die sein Gastspiel (1832) mit den lobendsten Aeusserungen begleiten, wenn
sie auch manchmal sein Spiel allzuberechnet finden. Diese Nachrichten ergänzen und
korrigieren die unfreundlichen Berichte Holteis. Besonderen Beifall fand die „Gefesselte
Phantasie", die in Wien ziemlich abgefallen war. — Von Nestroy 105) igt das Testament
veröffentlicht worden 106) j einige seiner Trauerspiele sind verloren gegangen. Nestroys
Werke sind zum grössten Teile ungedruckt geblieben. Um so dankenswerter ist die
auf zwölf Bände berechnete Gesamtausgabe durch Chiavacci und Ganghofer lO'^),
von der im Berichtsjahr fünf Bände in Lieferungen erschienen sind. Den Heraus-
gebern ist der litterarische Nachlass von Nestroys Erben überwiesen worden; sie haben
jede kritische und erläuternde Beigabe als belastend vermieden. Nicht immer war der
ursprüngliche Text in den skizzenhaften Entwürfen Nestroys und den durch Theater-
tradition entstellten Souffleurbüchern festzustellen, so dass die Auswahl dem Verständnis
der Herausgeber überlassen bleiben musste. In dem Verzeichnisse der Stücke finden
sich einige irrtümlich als ungedruckt bezeichnet, wie z. B. gleich das an erster Stelle
veröffentliche „Zu ebener Erde und im ersten Stocke". Ein abschliessendes Urteil
wird erst nach Vollendung der Ausgabe möglich sein, die in ihrem letzten Bande auch
eine Biographie Nestroys bringen soll. —
Die Tagebücher Schreyvogels, von Glossy aufgefunden 108)^ werden hoffent-
lich bald der Oeffentlichkeit zugeführt werden, — Besondere Beachtung verdient der Brief-
wechsel Michael Enks von der Burg und Friedrich Halms^o^), den Schachinger HO)
aus der sehr schwer leserlichen Hs. der k. k. Hofbibliothek mit erläuternden Anmer-
kungen mitgeteilt hat; Lesarten und Konjecturen giebt die Recension R. M. Werners.
Der Briefwechsel geht von den Jahren 1833 bis zu Enks Tod 1843. Die Briefe Enks,
an Zahl die Halms weit überragend, zeigen seine energisch beratende Thätigkeit als
echte, die Produktion fördernde Kritik und beweisen, dass die vielfach behauptete Mit-
arbeiterschaft Enks an Halms Dramen eine Fabel ist. Enk hält Halm mit fester Hand
bei der Stange und konzentriert seine leicht abspringende Arbeitslust. So entstehen
jjGriseldis", ,,Der Adept", ,,Camoens" u. a. Auch über Halms spanische Studien sowie
seine Cymbelinebearbeitung erhalten wir neue Aufschlüsse. Ueber Deinhardstein fallen
harte Worte, Lenau wird von Enk die Kraft abgesprochen, die Masse der Gefülils-
poesie mit Klarheit zu gestalten. —
Grillparzer "1-119) gebührt natürlich der Ehrenplatz, der ihm aiich durch die
Gründung der Grillparzer- Gesellschaft feierlich zugesprochen ist 120-I2i~)_ gie wird durch ihr
Jahrbuch ein Mittelpunkt der Forschung werden und hoffentlich auch die wahrhaft wissen-
2, S. 267—79. — 99) C. Glossy, F. Raimund: NFPr. N. 9255. — 100) X E. Brief F. Raimunds: MBU. Organ d. ver. Breslauer
Dichterschule. 16, N. 6. — 101) A. Einsle, D. Original-Mss. Raimunds: Sammler. 12, S. 117/8. |[vgl. DBUlinengen. N. 28.]| —
102) E. Stlindehen mit Raimund u. Lenau: Presse. N. 140. (Aueh abgedr. Didask. N. 149.) — 103) M.Landau, D. Menschen-
hass auf d. Bühne: AZg. N. 146/7, 152. — 104) R. Fellner, Raimund in Berlin (Z. lOOj. Geburtstag): Nation». 7, S. 516/8.
— 105) L. Rosner, Nestroyana: WienTP.l. N. 334. (Theater-Anekdoten.) — 106) A. L., Am Grabe Nestroys: ib. N. 259. —
107) J. Nestroy, Ges. Werke her. v. V. Chiavacci u. L. Ganghofer. Stuttgart, Bonz. 10 Lieff. je M. 0,75. | [R. M. Werner:
DLZ. 11,8.1173; Kummer: BLU. N. 38; AZg. N. 138.] | — 108) D. Tagebücher Schreyvogels: AZgß. N. 57. |[vgl. Didask. N. 53.] |
— 109) F. Münch-Bellinghausen (Halm), D. Adept. Trauerspiel. (= Deutsch-österr. National- Bibl. N. 77/8.) Reiehenberg i. B.,
Weichelt. 67 S. M. 0,40. — 110) B. Schachinger, Briefwechsel zw. M. Enk v. d. Burg u. E. Frhr. v. Münch-Bellinghauseu
(F. Halm). Wien, Holder. VIII, 223 S. M. 6,00. |[NFPr. N. 9258; R, M.Werner: DLZ. 12, S. 784/6; Walther: BLU. N. 39.]| —
III) F. Grillparzer, SSmtl. Werke. Neue Ausg. in 40 Lieif. 16Bdd. Stuttgart, Colta. 20,00 M. — 112) A. Reissenberger, Grill-
parzer, D. Ahnfrau her. v. Lichtenheld: ZDU. 4, S. 179. (Vgl. o. 1,7 N. 74/5.) — 113) X A. Kohut, Grillparzer u. Beethoven:
Bohemia». N. 168. — 114) X Kathi Fröhlich, Grillparzers ewige Braut: HlZg. N. 2476. (Mit Bild.) - 115) X J- Z eidler,
D. Elemente v. F. Grillparzers Weltanschauung u. dichterischer Eigenart: WienZg. N. 16f8. — 116) \¥. Meissncr-Diemeri
Auguste V. Littrow-Bischoff: NFPr. N. 9279. — 117) X D. Grillparzer-Zimmer im bist. Museum d. Stadt Wien: ZBK. NF. 2,
S. 7—11. — 118) X Grillparzer u. Kaiserin Augusta: NFPr. N. 9116. — 119) X E. Kilian, Z. bevorstehenden Säkularfeier v.
Grillparzers Geburtstag: DBühnengen. 19, S. 377/9. — 120) A. Hauffen, D. Gründung d. Grillparzer-Gesellschaft in Wien
DLZ. 11, S. 251/2. 1 [Vgl. BLU. N. 2; DeutschZg. N. 6489; FremdenBl. N. 21.] | — 121) E. Reich, Was will d. GriOparzer-Geeellsohaft ?
90 IV,4: A. V. Weilen, Drama des 18.yl9. Jahrhunderts.
schaftliche erheblich fördern. — Ein Joseph Grillparzer ist 1780 in Wien festge-
stellt worden ^22^. — In einem Voi'trage hat Glossy^^s) die Lehrer Grillparzers charak-
terisiert. — Ein Brief von der griechischen Reise an Sztankovits, der mit Holtei in
Verbindung stand, ist nun zu Tage getreten. 124-125) — Die bevorstehende Säkularfeier
der Geburt Grillparzers hat ihre Schatten in zwei grösseren Biographien vorausge-
worfen, die spekulativem Buchhändlergeiste ihre Entstehung verdanken. Es ist zu
bedauern, dass ein Mann wie Mahrenholtz 126-128) sich auf eine oberflächliche, ohne in-
timere Kenntnis der österreichischen Litteratur geschriebene, nur die landläufigsten Quellen
berücksichtigende Arbeit eingelassen hat. Schreyvogel, Laube und andere für Grillparzer
so wichtige Persönlichkeiten werden fast gar nicht charakterisiert, die Schicksalstragödie
wird in Bausch und Bogen verworfen, der Zusammenhang mit der Wiener Volksbühne
im „Traum ein Leben" und, was noch wenig bemerkt wurde, in „Weh dem, der lügt",
eigentlich nur einer Hypostase der typischen Hanswurstkomödie, ist nicht recht herausge-
arbeitet, das Wesen der Esther nicht erfasst. Um späteren Irrtümern vorzubeugen, sei
hier bemerkt, dass der Nachlass Grillparzers sich nicht, wie S. 149 gesagt wird, in der
Holbibliothek, sondern in der Wiener Stadtbibliothek befindet. — Schatten aber im
vollsten Sinne des Wortes ist die hyperultramontane Biographie Traberts 129)^ ein Mach-
werk, vor dem nachdrücklich gewarnt werden muss. Sämtliche poetischen Produktionen
Grillparzers werden nur vom Standpunkte seines dem Vf. zweifelhaften Katholizismus
beurteilt, sein- Bildungsgang aus ungenügender religiöser Jugenderziehung begründet
und verdammt. Dazu kommen viele schriftstellerische Geschmacklosigkeiten, so z. B.
ist der Abschnitt, der Grillparzers bibliothekarische Laufbahn schildert, „Der Bibliotheks-
trottel" überschrieben. —
Hebbel 130), dem man seinen Platz bei den Oesterreichern lassen möge, ist
mehrfach in Parallele mit Jbsen gestellt worden 131-132). Berg hebt die Gemeinsamkeit
in psychischen Paradoxen, sexuellen Problemen und in der Forderung weiblicher
Selbständigkeit hervor. „Rhodope" und „Nora", „Trauerspiel in Sicilien" und ,, Stützen
der Gesellschaft" dienen als Beispiele. Bei beiden Dichtern zieht sich die Exposition
oft fast durch das ganze Drama. — Ein Brief Hebbels an Julius Glaser vom 28. August
1852 ist von Len.tneri33) bekannt gemacht worden. — Die JBL. bieten leider nicht
Raum genug, um die ausserordentliche Gabe, die E. Bamberg 134) mit der Veröffent-
lichung des Hebbelschen Briefwechsels dem deutschen Volke dargebracht, auch nur
andeutend zu würdigen. Der vorliegende erste Band bietet die Jugendbriefe mit
manchen unbekannten, stark heinesierenden Gedichten, die grosse Masse der intimen
und besonders charakteristischen Briefe an Elise Lensing und an Bamberg. Kürzerer
brieflicher Verkehr entsteht mit Tieck, Uhland, der Schauspielerin Crelinger (wichtig
für die Auffassung der „Judith"), Oehlenschläger, Ed. Duller, Robert Schumann,
Hammer-Purgstall, Rene-Tallandier, Kühne, Goltz, Jordan, Gervinus, Heine. Hebbels
Briefe stammen aus Wesselburen, Hamburg, Heidelberg, München, Kopenhagen, Paris,
Rom, Neapel, Wien. Zwiegespräche, wie der HerausgelDer sie nennt, sind diese Briefe
wohl nicht, sie sind Monologe, gleich den Tagebüchern, welche sie in vielfacher Beziehung
ergänzen. So erhalten wir erst hier ausführliche Nachrichten über Hebbels Schritte
beim dänischen Hofe, sehen tiefer in die merkwürdige schmerzhafte und zugleich
egoistische Erregung beim Tode des Kindes; der dort wortkarg behandelte italienische
Aufenthalt kommt erst hier zu stärkerer Geltung. An anregenden, man möchte sagen,
aufreizenden Ideen fehlt es nicht: es irrlichtert immer wie in den Tagebüchern, die
reine erwärmende Elamme des ausreifenden Gedankens leuchtet selten auf. —
Bauernfelds Persönliclikeit ist durch den Tod wieder in den Vordergrund ge-
treten, und persönlichen Erinnerungen entstammen viele der unzähligen Nekrologe 135);
in einem Büchlein hat ein Ereund, B. Stern 136)^ manche anekdotenhaften Züge aus
Bauernfelds Leben mitgeteilt, so ein kleines Gespräch mit Schreyvogel; für Schubert
hat Bauernfeld einen Text „Der Graf von Gleichen" geschrieben. 137) — Anzengrubers
MUA. 59, 8. 718-21. |[Vgl. A. E. Schünbach: WienZg. N. 11.] | - 122) G. W., Joseph Grillparzer: AZg. N. 328. - 123) K.
Glossy, Vortr. über Grillparzer: NFPr. N. 9193. |[Vgl. FremdenBl. N. 86; DoutschZg. N. 6554.] | — 124) Dörman n -Bieder-
mann, Z. «iographie Grillparzers: NFPr. N. 9232. (Vgl. Minor: ib. N. 9233.) - 125) (I, 3 N. 18 | [M. Carriöre: AZg. N. 36.] |
u. 19.) — 128) R. Mahrenholtz, F. Grillparzer. Sein Leben u. Schaffen. Mit Portr. u. Faksimile. Leipzig, Renger. VI, 199 S.
M. 4,50. - 127) X id., F. Grillparzer Über d. französische Litt.: ZFSL. 12, S. 291—301. - 128) X id., F. Grillparzer n. d.
spanische Drama: ASNS. 86, S. 369—82. — 129) A. Trabert, F. Grillparzer. E. Bild seines Lebens u. Dichtens. Wien, Drescher.
XII, 375 S. M. lUustrr. Fl. 2,80. |[A. Landesberg: WienTBl. N. 255.] | - 130) X L- Hartmann, Hebbels Nibelungen:
DresdZg. N. 96. — 131) L. Berg, Hebbel u. Ibsen: Gegenw. 37, S. 212|5. — 132) K. Werner, Hebbel u. Ibson: WienZg.
N. 185/9. — 133) F. Lentner, J. Glaser u. F. Hebbel: NFPr. N. 9201. - 134) F. Hebbel, Briefwechsel mit Freunden u.
berühmten Zeitgenossen. Mit e. Vorwort her. v. F. Bamberg. Bd. k. Berlin, Grote. XIV, 460 S. M. 12,00. |[L emra erraaye r:
FremdenBl. N. 344/5; W.: AZg. N. 313/4. Königsberg: NFPr. N. 9450/l.]| - 135) X 0. Brahm: FrB. 1. S. 752:
M. Kent: Nation». 7, S. 693; H. Kienzl: Öegenw. 37, N. 33; Ginzel: Grenzb. 49, 3, S. 453; F. Gross: Gartenl. N. 35;;
L. Salomon: JUZg. N. 2459; L. v. Sa cher-Maso ch: MDichtung. 1, S. 568; R. v. Gottschall: UZ. 2, S. 376:
a. Schlesinger: NFPr. N. 9326; Speidel: ib. N. 9333; E. Granichstädten: Presse N. 219; A. E. Schönbach
WienZg. N. 203/4. — 138) B. Stern: Bauernfeld. E. Dichterportrat mit persönl, Erinnerungen. 1—3. Aufl. Leipzig, Litt. Anst
IV,4: A. V. Weilen, Drama des 18./19. Jahrhunderts. 91
Tode folgte schnell eine nach seinem eigenen Plane eingerichtete Gesamtausgabe in zehn
Bänden; ihr schickt Bettelheira 138) eine kurze biographische Studie voraus, die durch
seine im zweiten Band der JBL. zu besprechende grosse Studie wesentlich erweitert
wird. Hier charakterisiert B. die einzelnen Werke, aus denen er von Anzengruber
selbst verworfene ausgeschieden, und nennt einige dramatische Jugendarbeiten des
schauspielerischen Anfangers. Mit Sorgfalt sucht er der Vererbung des Talentes nach-
zugehen, indem er den Vater Johann Anzengruber, dem er schon früher eine kleine
Abhandlung gewidmet hatte, in seinen dramatischen Versuchen kennzeichnet. Die
Dramen umfassen Bd. 6 bis 10 der Ausgabe. Unbekannt war bisher das Fragment einer
Tragödie „Bertha von Frankreich". —
Auch die Greschichte des musikalischen Dramas ist im Berichtsjahr gefördert
worden. Nachahmung verdient das Beispiel C. F. Wittmanns ^39)^ der den Text von
Webers ,,Euryanthe" sorgfältig revidiert und mit ausführlicher Einleitung versehen vor-
gelegt hat. Der Stoff stammt aus der französischen Erzälüung: „Histoire de Gerard
de Nevers et de la belle Euryanthe", die F. Schlegel veröffentlichte und die Chezy
selbst in einer verkürzten Uebertragung drucken Hess. Den Grundplan entwarf Weber
selbst. Für das Mal an Euryanthes Körper musste das Ringmotiv eintreten. Neunmal
wurden durchgreifende Aenderungen im Text vorgenommen. Es wäre zu wünschen, dass
auch andere unserer oft recht zersungenen Opernbücher einer kritischen Behandlung
teilhaftig würden. — Für die deutsche Oper bedeutiingsvoll war Antonio Salieri, dessen
Lebensbild Dietzi40) gegeben hat. Er dankt seine Ausbildung Wien, speziell Florian
Gassmann. Von seinen deutschen Opern sind „Die Rauchfangkehrer" (1781) und ,,Die
Neger" (1804) zu nennen. I4i-142) _
Ein Puppenspiel „Faustina, das Kind der Hölle", das mit einem Plane
Schillers in Zusammenhang steht, wird nach einer Weimarer Hs., welche gegen die
durch Tieck mitgeteilte Fassung ärmer imd ungeschickter erscheint, von Ellinger i'*^)
analysiert. 144-145) — pie Bauerntheater Süddeutschlands und Oesterreichs hängen in reli-
giösen Volksschauspielen mit Oberammergau zusammen, eine Reihe besonders beliebter
Ritterstücke geht auf Clu". H. Schmids Erzählungen zurück. Am 2. Febr. 1876 wurde, wie
von Gumppenberg 146-147) mitteilt, ,,WilhelmTell" in Grossweil an der Rochel unter freiem
Himmel gespielt. — Lechleitner 148) versucht mit Verwertung alter Motive tirolisch-
patriotische Volksschauspiele; aus dem Pradler Bauerntheater entlehnt er einige echte
Grundzüge für die halb-parodistische Ritterkomödie „Die Schlangenburg auf Falken-
stein". — Ein alter Kärntnerbrauch, das Ueberführen des Brautkastens, wird dargestellt
in einem von Franziszi 149) mitgeteilten, mehr dialogischen als dramatischen Spiele,
einem Gespräche zwischen den Ueberbringern und der Grenzwache, welche die Waren
nicht passieren lassen will, mit eingefügtem Hanswurst. — Die Luther-Festpiele be-
handelt Geneei50)j mit besonderer Berücksichtigung des Herrigschen. —
Auf dem Gebiete der Theatergeschichte macht sich im allgemeinen
Klatsch und Anekdote ungebührlich breit. Die Wissenschaft hat mit diesen Produkten
nichts zu thun, wenn auch einige Züge der Charakteristik der Schauspieler zu gute
kommen mögen 151-157), Hier seien auch einige, bekannte biographische Daten von Sängern
und Sängerinnen bietende, Artikel der ADB. verzeichnet 1^8-164), — Eine ganz oberfläch-
liche, aus Briefen zusammengestoppelte Arbeit über die berühmtesten deutschen Sou-
bretten des 19. Jh. liefert Kohuti^^). S. 14 tauchen die schon zum Ueberdruss zurück-
gewiesenen falschen Briefe Raimunds über Therese Krones wieder auf. —
152 S. M. 2,00. — 137) X K. Werner: Bauernfelds Alkibiades : WienZg. N. 241.— 138) L. Anzengruber, Ges. Werke. 10 Bde.
Stuttgart, Cotta. M. 35,00. ][AZg. N. 348; Erich Schmidt: DLZ. 12, S. 347— 5.3.]| (D. Dramen auch einzeln.) — 139) Euryanthe.
Bora. Oper in 3 Aufz. v. H. v. Chezy, Musik v. C. M. v. Weher. Vollst, Buch, her. v. C. F. Wittmann (= Universal- Bibl.
N. 2677 [Opernbücher Bd. 10].) Leipzig, Keclam. 68 S. M. 0,20. - 140) D i e t z , Ant. Salieri : ADB. 30, S. 226-31. —
141) X Ti- P-i Handlung u. Dichtung d. Bühnenwerke E. Wagners, nach ihren Grundlagen in Sage u. Gesch. dargest. (in 10 Heften).
Berlin, Trowitzsch. Jedes Heft M- 0,50. — 142) X R- Torehi, Ricardo Wagner. Studio critico. Bologna, Zarichelli. 610 S.
L. 10. - 143) G. Ellinger, D.Braut d. Hölle: ZDPh. 23, S. 286-90. - 144) (.111,4 N. 26/7. j[v. Weilen: DLZ. 1891, N. 10.]1)
— 145) X A. Tille, Doctor Faust in Tirol u. Steiermark: NFPr. N. 9359. — 146) 0. Frhr. v. Gumppenberg, D. Bauern-
theater in Südbayern u. Tirol: ZDeutschösterreichAlpenV. 20, S. 136—59. — 147) X H. v. Gumppenberg, D. süddeutschen
Bauernspiele: AZg. N. 283. — 148) F. Lechleitner, Tiroler Bauernspiele. (= Deutscher Bucherschatz. Bd. 6.) Eisenaeh.
Bacmeister. 217 S. M. 2,00. [[HambCorr». N. 9.] | — 149) F. Franziszi, D. Valisführen. E. dramatischer Schwank. Nach e.
alten Hs. mitget.: NCarinthia. 1, S. 181-91. — 150) R. Genöe, Volksbühne u. Volkstümliches: AZg. N. 85. — 151) (111,4 N. 35.)
— 152) X Z. Erinnerung an Wilhelmine Schröder-Devrient: DBühnengen. 19, N. 5. — 153) X Sotzmann, Aus d. hs. Auf-
zeichnungen e. alten preussischen Beamten : FBPG. 3, S. 625. |[DLZ. 11, S. 177/8.]] — 154) X Saltarino, Holtei u. d. Kunst-
reiter. (S. 0. IV, 3 N. 94.) — 155) XX Aus Tilsits Vergangenheit. 2. Ausg. Bd. 1—3. Tilsit, Lohauss. 1888-90. V, 224; III, 308;
IV, 244 S. M. 5,00. |[Lohmeyer: HZ. 64, S. 505.]| (Bd. 2 enthält: D. Theater in Tilsit bis 1845.) — 156) X E. Leipziger Theater-
kritik V. 1784. Aus d. LeipzigTBl.abgedr. TglRs^-". N. 26; WesZg. N. 15496; Didask. N. 27; MünchenNN. N. 54. — 157) A.Kohut,
D. Komiker F. Beckmann. Heitere Züge aus seinem Leben u. Schaffen: Sonntagsbl. N. 294/5. — 158) Schletterer, Luigia
u. Marie Sandrini: ADB. 30, S. 359—90. (Sängerinnen.) — 159) H. Welti, Agnese Schehest: ib. S. 651/3. — 160) Schletterer,
Nanette Schechner: ib. S. 654—61. (Sängerin.) — 161) H. Welti, Margarethe Schick: ib. 31, S. 167. (Sängerin.) — 162) H.
Holland, F. Schimon: ib. S. 272. (Sänger.) - 163) H. A. Lier, Friederike Schirmer: ib. S. 785. - 164) H. Welti, A. Schmalz:
ib. S. 621. (Sängerin.) — 165) A. Kohut, D. grössten u. berühmtesten deutschen Soubretten d. 19. Jh. Düsseldorf, Bagel.
92 rV,4: A. v. Weilen, Drama des 18. 19. Jahrhunderts.
Mit desto grösserer Freude wendet man sich der wertvollsten Monographie zu,
welche in neuerer Zeit der deutschen Theatergeschichte beschert wurde. Es ist das die
gross angelegte Biographie Y. L. Schröders von Litzmann 166). Der vorliegende erste
Band fühi-t bis zum Jahre 1767. Daher tritt die Persönlichkeit des Helden weniger in
den Vordergi-und als die Gestalten des Stiefvaters Ackermann und der Mutter. Die
Familiengeschichte, besonders die Persönlichkeit von Scliröders Vater, dem Berliner
Organisten, wird durch Dokumente neu beleuchtet. Pur Schönemann, bei dem Prau
Schröder beginnt, sind Briefe an Gottsched äusserst charakteristisch. Das Repertoir
wird überall genau studiert. Ueber die ersten Jugendtage Schröders berichten einige
Briefe der Mutter. Die Danziger Unternehmung Ackermanns besprechen ausführliche
zeitgenössische Kritiken. Während der junge Friedrich Ludwig die strenge Zucht des
Königsberger Kollegiums erfährt, befindet sich die Truppe auf Wanderzügen, welche
das zweite Buch ausführlich schildert. Besonders die Schweizer Campagne wird auf
Grundlage liss. Berichte und des nvir teilweise veröffentlichten Tagebuches der Karoline
Schulze-Kummerfeld, das auch die Konflikte in der Truppe sorgfältig bucht, jetzt erst
vollständig geklärt. Der Wielandforschung kommt die Darstellung des Einflusses zu
gute, welchen die Gesellschaft auf die Ausgestaltung der „Johanna Gray" nahm. Das
dritte Buch behandelt die Hamburger Zeit, die Ackermann durch Intriguen, besonders
von Seiten der Hensel verleidet wurde. Diese kvu-zen Angaben sollen die Bedeutung
des Werkes, das überall auf starkem litterarischen Unterbau, so besonders für Hamburg,
arbeitet, nicht erschöpfen; rühmend sei noch der geschmackvollen Darstellung ge-
dacht, iß"^) — In Zürich wurde Ackermann, wie uns durch Nigglii68) berichtet wird,
die Bedingung gestellt, dass ein Viertel der Einnahme jeder Vorstellung dem Armen-
hause zufalle und niemand Thee oder Tabak ins Theater mitbringen dürfe. Ein
französischer Brief Isac Iselins spricht sich sehr günstig über die Truppe aus. — Auch
Schröders Biograph, F. L. W. Meyer, hat seine kleine Biographie diu-ch C. Zimmer-
mann 169) erhalten. Als Geburtsdatum ist jetzt der 26. Jan. 1758 festgestellt. Li Göt-
tingen wurde Meyer befreundet mit Bürger, dessen Einfluss auch in seiner Dichtung
stark hervortritt. Später, nachdem in Wien die enge Verbindung mit Schröder begründet
worden war, wandte er sich Herder zu und verachtete Bürgers Roheit. Seine ins
Massenhafte ausartende Produktion, die sich in Zeitungsschreiberei verlor, macht keinen
erfreulichen Eindruck. Doch bedeutet seine Teilnahme an den Göttinger Gelehrten
Anzeigen einen Fortschritt hinsichtlich der Charakteristik, der besonders in seinen Auf-
sehen erregenden Recensionen über Alxingers „Doolin von Mainz" und Heinses „Ardin-
ghello" zu Tage tritt. Der ihm zugeschriebene Roman „Fiormona" wird ihm von Z. ab-
gesprochen. Seine dramatischen Arbeiten, von denen die Bearbeitung des „Cymbeline"
und die mit Schröder zusammen verfasste „Heirat durch ein Wochenblatt" hervorzuheben
sind, werden ihrer Bedeutung entsprechend rasch abgefertigt. Es fehlt ihm an Ernst
und Tiefe: „zerfalu-enes Litteratentum". —
Eine spätere Zeit des Hamburger Theaters (1801 — 1806), die Direktion Herz-
feld, lassen F. Sterns i'^O) Mitteilungen aus Costenobles Tagebüchern überschauen, welche
den von Glossy veröffentlichten Wiener Memoiren vorangehen und die älteren Nach-
richten F. L. Schmidts ergänzen, den Schienther i'^l-i'^S) glücklich gegen Uhdes sehr
theoretische Vorwürfe wegen seiner Nachgiebigkeit verteidigt. Madame Stollmers, die
spätere Sophie Schröder, erscheint in ihren ersten, meist soubrettenhaften Anfangen, sie
kommt gegen Frau Herzfeld, deren Bevorzugung manchen Theater- und Coulissenskandal
provocierte, im Tragischen nicht recht auf; der gewissenhafte Beobachter erkennt aber
bereits das ganz einzige Talent dieser „Mischung von Genie und Gemeinheit". Zahl-
reiche Erstaufführungen Schillerscher Dramen finden statt, so 1802 „Die Räuber" in
einem wunderlichen Kostümgemisch, 1805 „Wallensteins I^ager", das Schröder ein
„Guckkastenstück" nennt, und „Die Piccolomini", in drei Akte zusammengezogen. Das
Repertoir weist viele Holbergsche Stücke auf. Vor dem Künstler IfFland empfindet
Costenoble tiefe Beschämung, während der alte Schröder ihn ablehnt und auch eine
persönliche Huldigung des Kunstgenossen nur kalt erwidert. Kotzebues „Deutsche
Kleinstädter" werden bei der Premiere ausgepfiffen, auch Molieres „Geiziger", den
Schröder selbst dem strebsamen Schauspieler vorliest, gefällt nicht. —
203 S. M. 3,00. — 166) B. Litzmann, F. L. Schröder. E. Beitr. z. deutschen Litt.- u. Theatergesch. Bd. 1. Hamburg n.
Leipzig, Voss. XVI, 351 S. M. 8,00. | [S i 1 1 a r d : HambCorr. N. 560, 563 ; A. v. W e i 1 e n : DLZ. 11, S. 1095/6 ; M. K o c h , Aus d. deutschen
Theatergesch. : DWBl. 3, S. 338-340; W. Crei zenach: LCBl. S. 1713/4;A. Chuquet: ECr. N. 50; L. Goigor: AZg. N. 285.]|
— 167) X E. d. merkwürdigsten Schauspieler: PfälzCourF. N. 79. (Handelt v. Conrad Ackermann.) — 168) A. Niggli, Die
Ackermannschen Komödianten in d. Schweiz (1757—60). E. Beitr. z. Theater- u. Kulturgesch. d. 18. Jh. : NZUrchZg N. 37—42.
— 169) C. Zimm^ermann, F. L. W. Meyer. Sein Leben u. seine schriftstellerische Wirksamkeit. E. Beitr. z. Litt.-Gesch. d.
18. u. 19. Jh. Phil. Diss. Halle, Karras. 48 S. — 170) Aus Costenobles Memoiren. Bll. aus d. Hamburger Theatergesch. her.
T. Friedrich Stern: HambCorr. N. 337, 341, 344, 359, 362, 374, 377, 382, 404, 407, 413, 419, 422. — 171) F. Schienther,
F. L. Schmidt: ADB. 31, S. 721/6. — 172) X J-. F. L. Schmidt, D. Sturm v. Magdeburg. E. Stück Magdeburger Theatergesch.
IV,4: A. V. Weilen, Drama des 18./19. Jahrhunderts. 93
Die nunmehr von Martersteig i'^3) vollständig mitgeteilten Protokolle des
Mannheimer Theaters unter Dalbergs Leitung gehen fast nur in Nachrichten über
Coulissenstreitigkeiten und in einigen theoretischen Vorträgen aus dem Kreise der
Schauspielerakademie über das Bekannte hinaus; die Anmerkungen sind nicht er-
schöpfend. —
Interessant sind genaue Daten über das Kölner Theater, die Merlo^''^) ans
Licht gezogen hat. 1699 und 1700 erscheinen daselbst die badischen Komödianten,
1711 die Wittwe Velthem, 1715 die polnisch-sächsischen Komödianten unter Leitung
von Ferd. Beck, 1720 Joh. Heinr. Prunius, 1732 L. A. Denner, 1736 Hessen-Casselsche
Komödianten, die den „Aemilius Papinianus" spielen, 1746 Eckenberg und eine Reihe
von italienischen Führern, 1757 Döbbelin. 1768 kam Kurz mit seiner Hütte aus Frank-
furt, seine Gesellschaft bestand aus 16 Personen, worunter Brockmann und Frau, Berg-
obzoomer, Mme. Lang u. a. Sein Repertoir vereint Lessing und Weisse mit echten
Bernardoniaden. Es folgen Truppen von Sebastiani, Abt, Abel und Seyler. Joh. Böhm,
in dessen Truppe Herr und Frau Stephanie stehen, spielt am 13. Jan. 1782 einen
„Johann Faust", in dem der Teufel den Faust nicht holt. 1787 verkracht Grrossmann
vollständig, 1792 — 93 erscheint Friedrich Koberwein, 1815 — 16 Friedrich Scliirmer, 1822
Ringelhardt mit Wilh. Kunst und Albert Lortzing. Unter Direktor Spielberger wirkt
Roderich Benedix als Dramaturg. —
Li Berlin 1'75-180) -wird 1734, wie C. Krebs i^l) erzählt, das Publikum ausdrück-
lich gewarnt, Schauspielern Greld zu leihen. Das Döbbelinsche deutsche Singspiel wird
von Friedrich Wilhelm IL sehr unterstützt. Das Publikum benahm sich im Theater
sehr ungeniert und begegnete selbst berühmten Schauspielern mit Roheit. Der Zustand
der Kritik wird durch Auszüge aus Berliner Zeitungen und seltenen Schriften von
Crantz und Seyfried, der besonders eingehend über Schröder und Fleck spricht,
illustriert. — Zwei beliebte, heute vergessene Schauspieler, die beiden Grern, behandelt
Katti82)j (Jer Vater, Georg, hatte 1772 in Mannheim als Kirchensänger delDutiert und
wurde 1800 in Berlin als Bassist verpflichtet. Sein Sohn Albert studierte Baufach, Iffland
ermunterte ihn zum Theater, und so wurde er 1808 für komische Rollen am Berliner
Hoftheater engagiert. Der Vater starb 1830, der Sohn 1869. — Der Nachlass Dessoirs^^s)
enthält eine Reihe begeisterter Briefe Berthold Auerbachs, dem 1864 bei seinem Lear
,, ganze Weltgegenden der Seele neu aufgegangen". Er bespricht auch ein Drama
Arthur Müllers, „Am Sarge eines Kaisers", wohlwollend und unterwirft seinen roman-
tischen Versuch „Der Wahrspruch" dem Urteil des Schauspielers. Erwähnenswert ist
ein Brief Emil Devrients über das Münchener Mustergastspiel 1854; in demselben Jahre
verhandelt Dessoir mit Laube über ein Engagement am Hof burgtheater ; auch die Bircli-
Pfeiffer, Putlitz, Ad. Wilbrandt, Brachvogel, Paul Heyse erscheinen unter den Korre-
spondenten. Dessoir selbst warnt in einem Briefe einen Anfänger nachdrücklich vor
der Bühnencarriere und interpretiert gelegentlich die Worte MacdujfFs: „Er hat keine
Kinder". — Es war ein glücklicher Gedanlte von B. Köhler I83a^, eine Reihe der besten
Figurinen des „Deutschen Theaters" zu Berlin in farbigen Reproduktionen vorzulegen.
Der vorHegende hübsch ausgestattete erste Band enthält: Götz, Räuber, Lear, Prinz
von Homburg, Generalfeldobrist, Jüdin von Toledo. Das Werk soll zunächst prak-
tischen Zwecken dienen, aber auch knappe historische Erläuterungen sind jedem Stücke
vorangeschickt. —
In München 184-186) ist der Versuch gemacht worden, eine vereinfachte Bühne
für grosse Historien aufzubauen, die besonders den vielen Verwandlungen eines ,,Götz von
Berlichingen" wesentlich zu gute kam. Man hat sie nicht ganz richtig als Shakespeare-Bühne
bezeichnet, sie entspricht eher in ihrem festen Vordergrunde mit wandelbarer Hinter-
bühne dem älteren deutschen Theater. Einer derartigen Reform wird bereits in den
Vorschlägen vorgearbeitet, welche Goethe, A. W. Schlegel, Tieck, Immermann, Herder,
Ulrici u. a. gemacht haben. Tieck hat seine Forderungen besonders in der Novelle
„Der junge Tischlermeister" praktisch unterstützt durch einen genauen Inscenierungs-
plan des „Götz", und Immermann bearbeitete in denselben Intentionen Shakespeares
„Was ihr wollt", wozu Tiecks Novelle ebenfalls eine Skizze lieferte. 187-190) —
MagdebZg. N. 231. — 173) M. Martersteig, D. Protokolle d. Mannheimer Nationaltheaters unter Dalberg aus d. J. 1781/9.
Mannheim, Bensheimer. XIX, 469 S. M. 10,00. |[Bulthaupt: WeserZg. N. 15480; Kilian: AZg. 1889, N. 352; Minor: DLZ. 11,
N.42;DR. 15,18.379; LCBl. S. 1298/9; VossZgS. N. i, Wehl: BLU. N. 2; Held: WienTBl. N. 9.] | — 174) J. J. Merlo, Zur
Gesch. d. Kölner Theaters im 18. u. 19. Jh. : AnnHVNiederrh. 50, S. 145—219. — 175) X v- H., D. Künstlerfamilie Devrient :
KielZg. N. 13, 701. — 176) X B- Löwenfeld, Sehmelka: ADB. 31, S. 634/6. — 177) X M. Rahe, Ludwig Devrient: Bar 16,
S. 399-402. - 178) X P- Sehlenther, Rösicke: ADB. 30, S. 96. - 179) X id., J. F. Rüthling: ih. S. 50. - 180) X
A. Schmidt, Bilder aus d. Berliner Leben in d. zwanziger Jahren unseres Jh. Theater u. Musik: Bar. 17, S. 156/8. — 181) C.
Krebs, Berliner Musikleben vor 100 Jahren: VossZgS. n. 441, 453, 465, 477. — 182) F. Katt, Berliner Schauspieler 2. Gern,
Vater u. Sohn. E. Bl. aus d. Berliner Theatergesch.: Bar, 16. S. 200/1. — 183) Ludwig Dessoir u. seine Freunde: DR. 15,
2, S. 314-26, 355—65, 171/8, 334 — 44. — 183a) B. Köhler, Trachtenbilder für d. Bühne gezeichnet u. beschrieben.
1 Jahrgang. M. 4,00. — 184) X E. v. Destouehes, Aus Münchens Chronik vor 50 Jahren: AZg. N. 4. (Theater 1840.) —
185) X M. Bernstein, B. Rüthling: ADH. 30, S. 49. — 186) X J- Elias, Friedr. u. Franoisca Schenk: ib. 31, S. 44/6. —
94 IV,4: A. v. Weilen, Drama des 18./19. Jahrhunderts.
Flir das Wiener Theater 191-196) kommt besonders die Arbeit Zeidlers (vgl. o.
N. 94) in Betracht. — Das in seinen Funktionen noch immer nicht ganz klare Spiel-
grafenamt weist Schnür er 19"^) als erblich in der Familie des Grafen Brenner nach;
1782 wurde es gänzlich aufgehoben. — Bei Gelegenheit der Wiederaufführung des
Schenkschen „Dorfbarbier" macht Hanslicki^S) auf das noch 1795 gespielte Lustspiel
aufmerksam. — Eine Studentenvorstellung gab A. Weiss 1^9) Anlass zu einem historischen
RückbHck, der auch die Darstellungen der Jesuiten streift. — Für österreichische
Theaterverhältnisse wertvoll ist die von Teuber200) veröffentlichte Korrespondenz des
Prager Direktors Stiepanek. Raimund übersendet ihm die „Gefesselte Phantasie", die
er nicht umarbeiten will: „Das Stück ist zu gut für die Leopoldstädter Blihne". Er
giebt Vorschriften für die Liscenierung des „Alpenkönig", besonders der Köhlerscene,
und trägt dem Darsteller des Alpenkönig streng auf, als Doppelgänger Rappelkopf nicht
zu kopieren. Auch einer der seltenen Autographen der Therese Krones, die ein Stück
einschickt, findet sich in der Sammlung. Das bisher mit 1820 angegebene Geburtsdatum
der Sängerin Wildauer wird durch einen Brief der Sophie Müller, die sie 1829 zum
Engagement empfiehlt, als falsch erkennbar. — Das ungarische Theater feierte sein
lOOj. Jubiläum20i-202), Das Repertoir der Frühzeit weist zahlreiche Stücke von Hafner
und Gebier auf —
Bergers203) dramaturgische Vorträge haben in einem Jahre zwei Auflagen
erlebt. Sie enthalten glänzende Analysen des Grillparzerschen Esther-Fragments, das
auf der Basis von Mitteilungen Frau von Littrows mit schärfster Konsequenz weiter-
gedacht wird, der „Jüdin von Toledo", des ,,Gyges", mit vorzüglicher Charakterisierung
des psychologisch-sexuellen Momentes bei Hebbel, und des ,, Hamlet"; wo der Vf. die
Stimmung Opheliens poetisch erfasst und die Expositionsscene in ihren feinsten Motiven
entwickelt. Die allgemeinen ästhethischen und litterarischen Urteile reizen zum Wider-
spruch : in einer Polemik gegen Scherer wird eine gesetzgebende Aesthetik nicht nur für
möglich, sondern sogar subjektiv fiir nötig gehalten, und speziell der Theaterdirektor
zum Höllenrichter berufen; die historische Begründung und Erfassung erscheint, freilich
nicht immer konsequent, zur Seite gedrückt. Geradezu falsch ist ein Satz wie „Das
Drama gedeiht in einer Dämmerung zwischen Mittelalter und Neuzeit" (S. 17). Die
Darstellung leidet öfter an Manieriertheit, besonders in der ersten Partie über Lyrik. —
Bultliaupts204) bewährte Dramaturgie der Klassiker hat eine Fortsetzung erfahren,
die als Dramaturgie des Schauspiels Grillparzer, Hebbel, Ludwig, Gutzkow und Laube
umfasst. Bei Grillparzers „Ahnfrau" wird die Frage der Schicksalstragödie hübsch er-
örtert; eine stärkere Erkenntnis des österreichischen Elementes hätte diese Studie liebe-
voller gestaltet. Bei Hebbels „Nibelungen" wird auch der vergessene Raupach heran-
gezogen; der Lidividualität Hebbels wird Berger gerechter. Gegen einzelne halbver-
schollene Stücke Gutzkows und Laubes rückt der immer anregende und belehrende Vf.
mit allzu schwerem Geschütz ins Feld. — Die Bedeutung des Zwischenvorhangs für
das Drama zeigt K. Heinemann 205). Mit ihm hängt die Technik der Aktschlüsse zu-
sammen. Deutlich ist dies bei Lessing zu bemerken, der wie die Franzosen, die den
Vorhang nicht fallen Hessen, alle Personen zum Aktschluss von der Bühne entfernt
und zu Anfang des neuen Aktes das Kommen meist begründet. 1766 ist der Zwischen -
Vorhang in Deutschland bekannt, doch die „Hambrn-gische Dramaturgie" setzt noch die
ältere Form der Darstellung voraus. Goethe arbeitet in den „Mitschuldigen" noch ohne
Zwischenvorhang, „Goetz" schliest schon gelegentlich bei voller Scene, aber ohne innere
Notwendigkeit, die erst im „Egmont" deutlich hervortritt. Schiller stellt gleich bewusst
Bilder. — Die heutige Strömung im Drama bezeichnet Schienther 206) als Kampf zweier
Generationen, wie er in dem Gegensatze von Lessings ,,Emilia" und Goethes „Goetz" sich
abgespielt hatte. Kleist war es, der den natürlichen Menschen suchte. Die Bühne hat
ein Recht auf Verbrechen und Krankheit, sie soll nicht zerstreuen, sondern sammeln. —
Ein Wort für Theaterschulen legt ein Anonymus 207) ein, der vom Schauspieler vor
allem Studium der Charaktere fordert. — Z\u- Technik der Schauspielkunst hat
187) X J- Savits, D. Shakespearo-Bühne in München: Neuer Theater-Almanach. Berlin. S. 1—14. |[Lllbke: Altes u. Neues,
S. 513-22, auch N&S.; Bormann: UZ. 2, S. 51.] | (Vgl. Perfalls Mitteilungen März 1889 u. 19. März 1890, abgedr.
MUnchNN. N. 142.) — 188) X »■ Assmus, V. d. neueiugerichteten MUnchener Schaubühne: Kunstw. 3, N. 15. — 189) X
W. Bormann, D. Münchener Schauspielreform: UZ. 2, S. 51—65. |[AZg. N. 223, vgl. 294.]| — 190) E. Kilian, Tieck u.
Immermann als Vorläufer d. MUnchener Bühnenreform: AZg». N. 219, 221. |[Vgl. v. Perfall: AZg. N. 241.] | — 191) X A. v.
Weilen, Julie Rettich: ADB. 30, S. 71/2. — 192) X id., Carl Rettich: ib. S. 72. — 193) X Diez, Ign. Saal: ib. S. 770. —
194) XP. Schient her, Johanna Saeco: ib. S. 111. — 195) X B- Sternfeld, E. Scaria : ib. S. 476. - 196) X P- Sohlen th er,
H. Schmidt: ib. 31, S. 732. - 197) F. Schnürer, Spielgrafen: NFPr. N. 9219. - 198) E. Hanslick, D. Dorfbarbier r. Schenk:
ib. N. 9862. — 199) A. Weiss, Wiener Studententheater: ib. N. 9186. — 200) 0. Teuber, Vergilbte Blatter. Aus einer
Autographensammlung: FremdenBl N. 94. (Vgl. IV, 1 N. 48.) — 201) D. Jubiläum d. ungarischen Schauspielkunst: AZg.
N. 296. — 202) X H. Väli, Gesch. d. Theaters iu Arad: UngR. 10, S. 496/8. — 203) Vgl. o. 1,3 N. 32. l[H(eves)i:
FremdenBl. N. 328; Necker: Grenzb. 49,3, S. 15; id., DeutschZg. N. 6647; Gross,: Gegenw. N. 41: J. Deckel: BLU.
N. 44.]| - 204) Vgl. 0. 1,3 N. 34b. |[AZgB. 1889, N. 328; Haj-nack: PrJbb. 64, 8.738; Gegenw. 36, N. 50; Loebner:*BLU.
1889,N.7.]| - 205) S. 0. 1, 3 N. 54. — 206) P. Schlouthor, Sterbende u. werdende BUhuonpoosio: Deutschl. 1, S 423/6, 442/3
IV,4: A. V. Weilen, Drama des 18./19. Jahrhunderts. 95
P. Lindau 208) von Coquelins „L'art et le Comedien" ausgehend einen Beitrag geliefert,
der Coquelins praktische Winke auf liistorischer Grundlage erläutert. L. zieht Ricco-
boni und den mit Unrecht vergessenen J. J. Engel vielfach heran. Die unbedingte Unter-
würfigkeit des Schauspielers gegen den Dichter wird ebensowenig ausnahmelos aner-
kannt wie die von Coquelin als Axiom aufgestellte Behauptung, der Darsteller dürfe
sich nie von der Dichtung fortreissen lassen. Als zwei Individualitäten, die in dieser
Hinsicht den vollkommensten Gfegensatz bilden, werden Salvini und Doering hingestellt. —
1V,5
Theatergeschichte.
Paul Schienther und Heinrich Welti.
[Im vorliegenden Bande unter IV,4 N. 151 — 208 durch A. v. Weilen behandelt].
IV,6
Didaktik.
Eugen Kühnemann.
Zeit des Eationalismus : Haller N. 1; Mendelssohn N. 2; Kampf für die Juden N. 13; Abbt N. 15; Nicolai und
Gerstenberg N. 16; Westenrieder N. 18; Kreuz N. 20. —Pädagogik: Kant N. 21; Philantropinisinus: Basedow, Salzmann N. 24;
Pestalozzi N. 32. — Uebergangszeit: Forster N. 40; Lichtenberg N. 44; Moritz N. 49; F. L.W. Meyer N. 51. — Die neue
deutsche Bildung: Kant und Schiller N. 52; F. A.Wolf N. 54; W. v. Humboldt N. 55; Joh. v. MUUer N. 59. — Bewegungen
unseres Jahrhunderts: Geschichtsphilosophie N. 61; Politik: König, Kolb N. 73. —
Die Forschung hat sich im Berichtsjahre fast allen Teilen des Gebietes mit
einer grösseren Anzahl von Arbeiten zugewandt. Die Zeit des Rationalismus und ihi-
Uebergang zu freieren neueren Anschauungen wird durch Arbeiten, durch neue Doku-
mente erhellt, der Philanthropinismus, Pestalozzis grosse Gestalt von verschiedenen
Seiten beleuchtet. Wir streifen die Offenbarungen der grossen klassischen Epoche,
weilen bei Wilhelm von Humboldt, folgen dem Einfluss der deutschen Philosoptue auf
die Wissenschaften und selbst auf leitende Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens
und blicken endlich in die geistigen Gährungen, die der Gründung des neuen Deutsch-
lands vorausgingen.
Beim Eingang in die Zeit des Rationalismus tritt uns zunächst Haller als
Forscher entgegen. Ein an ihn gerichteter Brief von Chr. Mylius (26. Sept. 1752), den
Geiger 1) mitteilt, berichtet über die Notwendigkeit und über die Aussichten, Geld zu
einer Reise nach Amerika zusammenzubringen, die er im Auftrage einer von Haller
geleiteten Gesellschaft machen sollte. —
In das Herz des Rationalismus führt die Litteratur über Mendelssohn. Es
war bisher nicht beachtet, wird aber, wie D. Jacoby 2) bemerkt hat, durch Feders
Selbstbiographie („Feders Leben, Natur und Grundsätze" 1825) bezeugt, dass Mendelssohn
wie mit den meisten deutschen Denkern seiner Zeit, auch mit diesem Philosophen in
persönlichen Beziehungen gestanden hat. Ihr Verkehr gestaltete sich bei der ersten
Begegnung in Pjo-mont im Jahre 1773 oder 1774 sogar zu grosser Innigkeit; dann
sahen sie sich noch einmal in Berlin. — Mendelssohns Thätigkeit für seine Glaubens-
genossen wird durch Nachforschungen D. Jacobys 3) genauer bestimmt. Er stellt gegen
eine frühere Vermutung fest, dass die Abhandlung „Von der Unkörperlichkeit der
— 207) M. D[essoir], Z. Psychologie d. Schauspielkunst: NatZg. S. 644. (Auszug Kunstw. 3, S. 309— II.) — 208) P.
Lindau, Ueber d. Kunst d. Schauspielers: N&S. 53, S. 93—121. —
I) L. Geiger, E. Brief v. Chr. Mylius an Haller: VLG. 3, S. 367—73. — 2) D. Jacoby, Mendelssohn u. Feder:
ZG.ruden. 4, S. 369—70. — 3) id., Z. Mendelssolm-Litt.: ib. S. 366/8. — 4) L. Geiger, E. unbeachteter Brief Mendelssohns:
96 IV,6: E. Kühnemann, Didaktik des 18./19. Jahrhunderts.
menschlichen Seele" nicht ursprünglich in hebräischer Sprache geschrieben war, dass
aber ein Auszug aus dem „Phädon" und eine Abhandlung „Ueber das Kommerz zwischen
Seele und Körper" von Mendelssohn hebräisch vei'fasst und dann von andern ins
Deutsche übersetzt sind. Das Vertrauen, das Mendelssohn unter seinen Glaubensgenossen
als Berater besass, erhellt deutlich aus einem unbeachteten, von Geiger 4) veröffent-
lichten Briefe an David Friedländer , der ihn in Geldangelegenheiten um seinen
Rat angegangen. — Mendelssohns Beschäftigung mit Shakespeare, die zweifellos durch
Lessing angeregt war, wird uns von D. Jacoby^) in die Erinnerung zurückgerufen. In
seiner Abhandlung „Betrachtungen über das Erhabene und das Naive in den schönen
Wissenschaften" findet sich eine Uebersetzung des berühmten Monologs des Hamlet in
Blankversen (1757), die Mendelssohn bei späteren Abdrücken der Abhandlung mehrfach
verbesserte. Er fügte dann noch ein Stück des Monologs am Ende des zweiten Auf-
zugs und aus dem dritten die Prosascene zwischen Hamlet und Güldenstern hinzu.
Ferner will J. in dem „Grablied" und im „Geburtslied" Ewalds von Kleist Nachwir-
kungen der Hamletlektüre erkennen. — Vervollständigen liier einige kleine Züge das
bekannte Bild des Philosophen, so gab die Enthüllung seines Denkmals in Dessau 6)
mannichfachen Anlass, seine "Wirksamkeit im Ganzen und in einzelnen Teilen aufs neue
zu vergegenwärtigen. '^) Von den Zeitgenossen als Charakter hochgeachtet, als philo-
sophischer Schriftsteller der „Klassiker der rationalen Psychologie", trug er durch seine
Darstellung deutsche Philosophie in alle Schichten der Gesellschaft. Mächtig wirkend
in der Zeit und in seinem Volk, doch von der fortschreitenden Wissenschaft erdrückt,
Reformator des Judentums, das er zur Teilnahme an der deutschen Kultur führen wollte :
so steht Moses Mendelssohn vor uns, so verstehen wir ihn als Gewissensrat des deut-
schen Volkes, wie nur Geliert es vor ihm gewesen. In dieser Weise belebt uns
S. Bach 8) seine Züge. — In ähnlichen Gedanken bewegt sich, nicht eben Neues bringend,
aber knapp und durchsichtig in der Zusammenfassung des Bekannten, Lassons 9) Fest-
rede. Wir sehen Mendelssohn in heroischem Kampf, unter unsäglichen Entbehrungen
sich emporarbeiten aus dem Druck des Zurückgesetzen Stammes und der deutschen
Bildung zustreben. So reiht er sich unter die Männer, die in der Zeit Friedrichs des
Einzigen die spätere Erhebung Deutschlands geistig vorbereiteten. Er richtete sich als
Meister der deutschen Schrift und des Gedankens auf die Ideen, die nach der Denk-
weise seiner Zeit das sittliche Leben veredeln und erleuchten: Gott, Freiheit, Tugend,
Unsterblichkeit. Wohl schritten Lessing, Kant, Goethe über ihn hinaus, doch arbeitete
er Kant vor eben in dem, was das Eigenartige der deutschen Kultur ist, in der theore-
tischen Begründung der Aesthetik. Sein ganzes Leben war ein Kampf für Ausgleichung
der Stammesgegensätze in einer gemeinschaftlichen deutschen Bildung. lO) Freilich be-
findet sich die jüdische Reformgemeinde, als deren Sprecher M. LevinH) erscheint, in
vielfachem Gegensatz zu Mendelssohns Lehren 12). —
Mendelssohn blieb schon zu Lebzeiten in seinem Kampf für die Juden nicht
ohne Bundesgenossen (vgl. auch IV,1 N. 80 — 84). In den Fortgang der Bewegung
wird uns durch Rickerti^) ein wertvoller Einblick eröffnet. Er stellt zunächst fest,
dass ein in der „Antisemitischen Korrespondenz" (7. Dezember 1890) abgedrucktes Gut-
achten vom Jahre 1791 „Ueber die bürgerliche Verbesserung der Juden" nicht, wie
dort behauptet wird, von Theodor von Hippel, dem Verfasser des Aufrufs „An mein
Volk", sondern von dessen Oheim, dem Humoristen, stammt, und teilt hierauf die wirk-
liche Ansicht Th. von Hippels nach dem Manuskript einer Denkschrift vom Jahre 1842
mit, betitelt: „Vorwärts oder Rückwärts in der Judenemanzipation?" Hippel verlangt
darin für die Juden die volle bürgerliche Gleichberechtigung, die Gleichstellung in allen
Ständen und Berufsarten. — Geigerin) teilt uns zehn Briefe von Dohm an Nicolai
mit, unter denen der erste vom 11. Mai 1781 nur abschriftlich mit der irrigen Jahres-
zahl 1787 erhalten ist, während der letzte das Datum des 1. Nov. 1783 trägt: sie haben
sämtlich auf Dohms Schrift „Ueber die bürgerliche Verbesserung der Juden" Bezug,
zunächst auf den Druck, dann auf das Honorar der ersten und zweiten Auflage, vor
allem aber auf Recensionen. G. klärt in kurzen Bemerkungen besonders über die vor-
kommenden Schriftsteller auf, man erhält durch kleine Mitteilungen aus einigen Re-
censionen und dem Berichte über die Art, wie Entgegnungen zu stände kamen, einen
Eindruck, in welcher Weise das Buch Dohms die verschiedenen Kreise beschäftigt hat.
4
ib. S. 301/2. — 5) D. Jacoby. D. Hamlet-Monolog 111,1 u. Lessings Freunde Mendelssohn u. Kleist. (S. o. IV, 4 N. 120.) —
6) X D- Enthüllung d. Denkmals fUr Moses Mendelssohn: VossZg. N. 279. (Vgl. auch ÜL&M. N. 44; NFPr. N. 9274f5; AZg.
N. 174; NatZg. N. 354 u. a.) — 7) X (Referat Über e. Vortrag d. Pastor Dr. Weiss im Protestantenverein über Mendels-
sohn: WeserZg. N. 15488.) — 8) S. Bach, E. Mendelssohn-Denkmal: Nation». 7, S. 646—50. — 9) A. Lassen, Rede
t. Enthüllung d. Denkmals für Moses Mendelssohn in Dessau am 18. Juni 1890 : NatZg. N. 353. (Vgl. Populär-wissensch. MbH.
z. Belehrung über d. Judentum 10, N. 9.) — 10) X Moses Mendelssohn: VossZg. N. 273. (Feiert ihn als Juden, d. d. Juden d
Weg in d. deutsche Kultur gebahnt.) — II) M. Levin, E. Nachwort z. Mendelssohn-Feier: VossZg«. N. 28. — 2) X !'•
Speidel, D. Mendelssohns: NFPr. N. 9284. — 13) H. Rickert, Th. v. Hippel Ober d. Juden: Nation». 8, S. 182/3. — 14) L.
IV,6: E. Kühnemann, Didaktik des 18./19. Jahrhunderts. 97
Zum Schluss druckt G. eine längere Erwiderung Dohms auf Einwürfe ab, die ein Leser
der Besprechung seines Buchs in den Büschingschen Nachrichten (1781, St. 40 und 42)
am 20. Okt. 1781 brieflich gegen Schlözer geäussert hatte. Brief und Antwort
finden sich in Schlözers „Briefwechsel meist politischen und historischen Inhalts" (G-öt-
tingen 1782, 10, S. 250/6; S. 279 — 83); als „Liedita" waren sie also nicht wohl zu be-
zeichnen. Die Erwiderung erledigt rtiliig and klar die Einwürfe des Lesers und lässt
dabei einige Gedanken des Buches noch einmal hervortreten. —
KnappiS) erzählt uns in schlichter und trockener Weise das Leben Thomas
Abbts. Er bespricht sodann das Verhältnis des Schriftstellers zu seinem schwäbischen
Heimatlande und erklärt, warum sich Abbt in diesem nicht wohl fühlen konnte. Mit
wenigen Worten charakterisiert K. am Schluss die beiden Hauptwerke seines Schrift-
stellers „Vom Tode für das Vaterland" (1761) und „Vom Verdienste" (1765), aus denen
er einige schöne Stellen heraushebt. Als Hauptmangel tadelt er den philosophischen
Schematismus des Wolfianers, der Alles, auch das Selbstverständliche, beweisen will. —
Nicht als Buchhändler, sondern als wichtige Persönlichkeit der Litteratur er-
scheint Nicolai in seinem Briefwechsel mit Gerstenberg, den R. M. Werneriß) mit-
teilt. Sechs Briefe Gerstenbergs, eine Antwort Nicolais eröffnen uns den Einblick in das
Verhältnis der beiden Männer und zugleich in das Gähren der sich neu gestaltenden
Litteratur, Der erste Brief ist vom 2. Aug. 1766, der letzte vom 6. Aug. 1768 datiert.
Gerstenberg als Freund Klopstocks tritt der Berliner Schule, Nicolai, Lessing, Mendels-
sohn entgegen. Er verteidigt das Genie und seine Freiheit gegen Nicolais Vorurteile
über Stil und Form. Ja, er warnt die Nicolaische Schule, nicht in eine Fortsetzung
der Gottschedischen auszuarten. Stil, Metrum (auch die Metrik der Alten) und Musik
werden eingehend und in stetem Hinblick auf künftige Produktion durchgesprochen,
die freien Silbenmasse, die Hymnen im letzten Gesang des „Messias" gerechtfertigt.
Flüchtig tauchen die „Fragmente zu den Litteraturbriefen", also Herders „Fragmente",
a\if. Endlich schickt Gerstenberg einen Vorbericht, den er für die Fortsetzung der
,, Briefe über Merkwürdigkeiten der Litteratur" geschrieben, und bittet Nicolai, davon
Gebrauch zu machen, falls er die ,, Briefe" bespreche. Er erklärt darin, dass die Brief-
steller als bestimmte Personen, als einzelne Charaktere auftreten, jeder mit einem be-
sonderen Ton der Denkungsart, oft auch des Ausdrucks, jeder in einer eigentümlichen
Sphäre der Erkenntnisse und der Schreibart. Also sind ihre Urteile nicht schlechter-
dings Urteile des Vf., sie wollen mehr zur Aufinerksamkeit anregen als bestimmte Lehren
vermitteln. — Die Energie und Geradheit Gerstenbergs, eine Folge des entschiedenen
Bewusstseins, mit dem er seine Stellung in der Litteratur, seine litterarischen Ansichten
vertritt, äussert sich schroff in seinem Verhältnis zu dem weichlichen J. G. Jacobi, das
von Weilen 1"^) behandelt. Die Konzepte zweier Briefe Gerstenbergs an Jacobi lassen
uns Beginn und Ende ihrer Freundschaft erkennen. In dem ersten, undatierten, nimmt
Gerstenberg, glücklich über Jacobis Liebe, dessen ihm brieflich angetragene Freundschaft
an. Dann aber wandte er sich von Jacobis Richtung ab und besprach dessen „Winter-
reise" und „Abschied von Amor" spöttisch in der Hamburger Neuen Zeitung 1770. Darob
grosse Aufregung Jacobis, der schliesslich an Gerstenberg schreibt, in dem zweiten
Brief aber eine herbe Abweisung erfährt. Die persönliche Beziehung der beiden Dichter
war durch Gleim vermittelt. So finden wir hier noch einen losen Zusammenhang mit
dem Berliner Kreise der Litteratur. Die Gedankenrichtung, die in Mendelssohn und
Nicolai mächtig war, griff aber weit über ihren engeren Wirkungskreis hinaus. —
Von den Männern, die im Sinne der Aufklärung in Bayern thätig waren, hat
Westenried er in von Kluck höhn i^) einen sorgfältigen und geschmackvollen Biographen
gefunden. K.s Schrift stützt sich auf die genaue Kenntnis der Werke Westenrieders
sowie sonstiger dokumentarischer Materialien und gewährt so das erste, wissenschaftlich
zusammenfassende Bild von dem Leben, der litterarischen Persönlichkeit und dem
Wirken des verdienstvollen bayerischen Schriftstellers. Dieses Bild erweitert sich oft
zu einer kulturgeschichtlichen Darstellung der bayerischen Verhältnisse überhaupt von
etwa 1750 bis 1830, besonders der geistigen Besti-ebungen während der Regierung Karl
Theodors. Das Hauptgewicht fällt dabei auf den Autor, der im besten Siim aufklärend
für Hebung der Bildung in Bayern und für Begründung der bayerischen Geschichts-
forschung wirkte. Die schönwissenschaftliche Thätigkeit Westenrieders konnte in diesem
Rahmen nur kurz erwähnt, nicht einmal eigentlich charakterisiert werden. — Den er-
wünschten, ergänzenden Nachtrag zu Kluckhohns Buch giebt M. Koch 19), indem er
Geiger, Aus Briefen Dohms an Nicolai: ZGJuden. 4, S. 75—91. — I5j Knapp, Z. Erinnerung an Thomas Ahbt: LBSW.
S. 185—92, 207—14. — 16) R. M. Werner, Gerstenbergs Briefe an Nicolai nebst e. Antwort Nicolais: ZDPh. 23,8.43-67. -
17) A. V. Weilen, Gerstenberg u. J. G. Jacobi: VLG. 3, S. 178—83. — 18) A. v. Kluckhohn, Ueber Lorenz v. Westenrieders
Leben u. Schriften. (=: Bayerische Bibl. her. v. K. v. Reinhardstött n er u. K. Trautmann, Bd. 12.) Bamberg, Buchner.
V, 93 S. M. 1,40. — 19) M. Koch, Ueber Lorenz v. Westenrieders schönwissensehaftliche Thätigkeit: JbMünchG. 4, S. 15—44.
Jahresberichte für neuere deutsche Litteraturgeschichte !(')• 7
98 IV,0: E. Kühne mann, Didaktik des 18./19. Jahrhunderts.
Westenrieders Wirksamkeit auf dem Gebiete unserer schönen Litteratur ausführlich und
durchweg gründlich betrachtet. —
Selbständig und eigenartig bringt das geistige Ringen der Zeit in seinen Dich-
tungen der Freiherr von Creuz zum Ausdruck. Eine verdienstliche Dissertation von
C. Hartmann20) giebt über ihn weitaus die vollständigste Belehrung, die wir bisher
besitzen. Schon den Stand des Vaters stellt H. zuerst richtig fest: er war nicht, wie
J. J. Moser behauptet, ein Goldmacher aus unbekanntem Vaterland, den Karl VI. in
den Freihemistand erhoben, sondern J. Chr. Würth von Mackau Freiherr von Creuz
und Herr zu AVürtli, Angehöriger des alten böhmischen Freiherrngeschlechts von Creuz.
Ferner wird uns die amtliche Thätigkeit des Dichters von H. vorgeführt. Er stellt die
Dokumente mit grosser Sorgfalt zusammen, druckt sie z, T. unter dem Text ab. Wir
erhalten danach einen Eindruck von Creuz' Staatsthätigkeit in den trostlosen, kleinlich
engen Verhältnissen Deutschlands, von der sinnlosen V^ergeudung der Menschenkraft.
Für die weitere geistige Welt wird Creuz ausgezeichnet, indem er zum ausserordent-
lichen Mitglied der Akademien zu Berlin, Mannheim, München ernannt wird; der
Hauptteil seines Lebens aber besteht in der einsamen Gedankenarbeit, in wissenschaft-
licher, philosophischer, poetischer Thätigkeit. Die Uebersicht der sämtlichen Werke
von Creuz bringt gegen Mel^sels Schriftstellerlexikon nichts Neues, doch sind sie von H.
stoiflich und chronologisch geordnet, und zweckdienlich führt er unter dem Text
die Besprechungen in der „Allgemeinen deutschen Bibliothek" an. Der zweite Abschnitt
der Arbeit behandelt Creuz' Dichtungen, zunächst die Oden und Lieder, deren Lihalt
mit vielfachen Citaten angegeben, deren Charakter bestimmt wird. Die Abhängigkeit
von Young und Haller wird betont und nachgewiesen. In seinen Briefen erscheint
Creuz selbständig als Kritiker und als Philosoph. Weder mit Herders erregter anspielungs-
reicher Sprache noch mit Leasings kräftigem Deutsch ist er einverstanden. Aber auch
das Französische will er nicht überschätzt wissen. Als Philosoph verwirft er den Opti-
mismus und vertritt den Gedanken eines Stufenreichs der Geister, das sich bis zu den
körperlosen erhebt und das wir in einer Seelenwanderung durchlaufen. „Seneca", „Die
Gräber", der „Versuch vom Menschen", die „Lucrezischen Gedanken" werden nach ein-
ander behandelt, die Gedichte wiederum unter Anführung zahlreicher Citate. Die
Eigenart der Didaktik, die bald mehr gedankenmässig, bald stimmungsmächtig ist, wird
erörtert. Parallelen beweisen die Selbständigkeit im „Versuch vom Menschen" gegen
Pope, in den „Lucrezischen Gedanken" gegen Lucrez. Es ist eine eingehende, philo-
logisch sorgfältige Arbeit, der es an einem weiteren Blick für die grossen Richtungen
der Litteratur nicht fehlt und die von wirklicher Liebe für ihren Gegenstand beseelt ist. —
Das Nachdenken über Menschenwert und -beruf, welches im vorigen Jh. so
sehr das geistige Interesse beherrschte, führt naturgemäss zu einem Aufschwünge der
Bestrebungen auf dem Gebiete der Paedagogik. Unser Material erlaubt uns, diese in
ziemlicher Vollständigkeit zu übersehen; zur Ergänzung ist der Bericht 1,6 (besonders
N. 15 — 51) heranzuziehen. Kants2i) „Pädagogik", erst 1803 nach des Meisters Heften
von Rink herausgegeben, spiegelt mannigfache Geistesrichtungen des Jh. und der eigenen
Entwicklung Kants wieder. Schon ihre Einteilung bietet Schwierigkeiten. Eine Arbeit
Burgers 22) sucht aus den z. T. scheinbar widersprechenden Angaben der Einleitung
und der Abhandlung selbst die von Kant wirklich durchgeführte Einteilung der Er-
ziehungsfaktoren darzulegen und weist in einem, zweiten Teil das Unzureichende der
bisherigen Einteilungsversuche von Strümpell, Richter, Willmann, Vogt, Hollenbach
nach. — Für pädagogische Kreise ist Kant bearbeitet worden von G. Fröhlich und
F. Koerner23). Zwei Aufsätze K.s über Kants Leben und Kants Stellung und Einfluss
auf die Bildung seiner Zeit bilden die Einleitung. Es sind konfuse, mit Anekdotenkram
überladene Kompilationen ohne inneren Wert. Auch Fs. Einführung in Kants
philosophische Leliren genügt für ihren Zweck nicht. Hierauf folgen von K. mitgeteilte
Proben aus Kants philosophischen Schriften: A) „Von dem schlechterdings notwendigen
Dasein Gottes" aus: „Der einzig möghche Beweisgrund zu einer Demonstration des Da-
seins Gottes" (1763). B) „Was heisst, sich im Denken orientieren?" (1786). Hier sind
die Bemerkungen Kants über den Streit Mendelssohns, Jacobis usw., die das Wort
„orientieren" erst einführen, mit einem gewissen Recht fortgelassen. Aber auch an
rein willkürlichen Aenderungen fehlt es nicht. Beispielsweise ist eine am Schluss ge-
kürzte Anmerkung in den Text verarbeitet, wodurch denn in der Folge sehr gewagte
Korrekturen nötig werden. Die Erwartungen aber, die man nach diesen Proben liin-
— 20) C. Hartmann, Fr. C. C. Frhr. v. Crenz u. seine Dichtungen. Leipziger Phil. Diss. Heidelberg, Hörniug. 88 S. —
21) X W. Dilthey, Kants Aufsatz über Kastner u. sein Anteil an e. Recension t. Johann Schultz in d. Jenaer Litt.-Zeitung:
AGrhilos. 3, S. 275—81. (D. Recension ist gegen d. Hallenser Prof. Eberhard gerichtet. 1). Anteil Kants wird nach
Briefen u. Billeten erschlossen.) — 22) A. Burger, Systematische Gliederung d. Pädagogik Kants u. Kritik d. bisher versuchten
Gliederung derselben. E. Beitr. z. Gesch. d. Pädagogik. Leipzig, Fock. 40 S. M. 1,00. |[LMerkur. S. 359; Th. Z(iegler):DLZ.
12, S. 110.] - 23) Immanuel Kant. Pearb. v. G. Fr«hlich u. F. Koerner.(— D. Klassiker d. Pädagogik. Bd. 11.) Langensalza,
IV,6: E. Kühiiemann, Didaktik des 18./19. Jahrhunderts. 99
sichtlich der Nachlässigkeit der Herausgeber hegen musste, werden im nächsten Ab-
schnitt C) weit übertroifen, der „Aus der Kritik der Urteilskraft (mit Kürzungen)"
überschrieben ist. Thatsächlich ist das ein ungeschickt, stellenweise ohiie jedes Ver-
ständnis für den Fortschritt und Zusammenhang der Gedanken gemachtes Exzerpt.
Nicht einmal die Ueberschriften sind richtig. Unter a) „Analytik des Erhabenen" folgen
fünf Abschnitte nicht aus der „Analytik des Erhabenen", sondern aus der „Deduktion der
ästhetischen Urteilskraft" (§ 43 — 51). Unter b) „Vom Erhabenen überhaupt" kommen dann
allerdings einige Stücke der „Analytik des Erhabenen", hierauf aber wiederum kleine Teile
der ,. Deduktion" und darunter unglaublicherweise dieselben Abschnitte, welche bereits oben
unter a) den Lesern geboten wurden, niu' in einem noch viel schlechteren, kürzeren und ver-
ständnisloseren Auszug. Leichtsinniger dürfte die populäre Ausgabenmacherei selten gehand-
habt sein. Unter c) werden, gleichfalls willkürlich zurechtgestutzt, die §§ 82 — 84 der
„Kritik der teleologischen Urteilskraft" gegeben. Ueber die folgenden Abteilungen,
welche die Pädagogik mit einigen Zugaben, ferner ausgewählte Kapitel aus der Anthro-
pologie enthalten (sie sind von F. bearbeitet), ist nur zu sagen, dass sie getreu sind,
aber wie die obigen wenig Sinn für den Zusammenhang der eigentHchen Kantschen
Philosophie mit dem Problem der Pädagogik verraten. —
Kants praktisches Interesse in der Pädagogik wandte sich dem Philanthro-
pinismus zu. Auch dessen Begründer imd Beförderer bieten sich unserer Betrachtung
dar. Der lOOj. Todestag Basedows hat die Erinnerung an ihn belebt^^). In etwas
trockener Darstellung, aber in vollständigem Ueberblick vergegenwärtigt uns
L. H. Fischer 25) Basedows freudlose Jugend, die unter der Tyrannei seines Vaters in
Hamburg verstrich, sein autodidaktisches Studium in Leipzig, seine pädagogische Lehr-
zeit während der Hauslehrerschaft in Holstein. Polemische Schriftstellerei auf theo-
logischem Gebiete macht sein Leben unruhig, verleidet ihm seine Stellungen und richtet
ihn um so mehr auf die Gründung einer eigenen Anstalt, die nach rastloser agitatorischer,
schriftstellerischer, kaufmännischer Thätigkeit im Jahre 1774 als „Philanthropin" zu
Dessau ins Leben tritt. Die Misshelligkeiten seiner heftigen Natur mit Lehrern und
Publikum lösen ihn von seinem eigenen Werk; ein schneller Tod in der neu gewählten
Heimat, in Magdeburg, macht seinem Wirken ein Ende. Den Inhalt seiner Lehrbücher
giebt F. gut und kxu-z wieder. 26) — Wir sehen in das ganze rege pädagogische Treiben,
welches im Gefolge des Basedowschen Bestrebens weite Kreise bewegte, wenn wir uns
einer von B o s s e 27) veröö'entlichten Sammlung von Briefen philanthropisch gesinnter
Männer zuwenden, Sie stammen aus der Korrespondenz des 1809 verstorbenen Profes-
sors der Theologie H. Henke zu Helmstedt und sind in der Wolfenbüttler Bibliothek
aufbewalu-t. Henke wohnte während einer Pfingstreise in den Tagen vom 13. bis zum
16. Mai 1776 dem berühmten Examen im Philanthropin zu Dessau bei und wurde da-
durch für den Philanthropinismus begeistert. B. giebt in der Einleitung eine Lebens-
beschreibung Henkes, die zugleich erwähnt, wie dieser mit den philanthropischen
Korrespondenten in Berührung gekommen ist. Die Briefe erstrecken sich über die Zeit
von 1776 bis 1800 und betreifen meist Erziehungsfragen und litterarische Interessen
pädagogischen und kirchlichen Inhalts. Je ein Brief Salzmanns (7. Aug. 1798) und
Basedows (5. Juni 1768) an unbekannte Adressaten, ein Brief Hundeikers an Frau Edu-
kationsrat Campe (9. März 1799) schliessen sich an. — Salzmann setzte Basedows
Werk segensreich fort. Binder 28) erzählt uns sein Leben mit Angabe seiner Schriften,
geht auf das „Ameisenbüchlein" (1806) ein und genauer auf Salzmanns Erziehungsplan
,,Noch etwas über Erziehung nebst Ankündigung einer Erziehungsanstalt" (1784), wie
auch schon K. Schmidt in der „Geschichte der Pädagogik" (3, S. 625 flp.) gethan. —
Salzmanns Schriften werden uns in zwei Sammlungen vermittelt: zunächst durch Ernst
Wagner 29) in den „Klassikern der Pädagogik"; von den zwei Bänden bringt der erste
nach einer einfachen und schlichten Lebensbeschreibung, die grösstenteils aus Bruch-
stücken einer von Salzmann niedergeschriebenen Biographie besteht, „Das Ameisenbüch-
lein", „Noch etwas über die Erziehung nebst Ankündigung einer Erziehungsanstalt",
„Ueber die wirksamsten Mittel, Kindern Religion beizubringen"; der zweite enthält das
„Krebsbüchlein" und „Konrad Kiefer". Sodann in der „Sammlung der bedeutendsten
pädagogischen Schriften", für die Wimmer 30) die Herausgabe des „Krebsbüchleins"
nach der vierten Originalausgabe mit Streichung von fünf, Kürzung von vier Mitteln
und einigen unbedeutenden Aenderungen besorgt hat. Die Einleitung zu diesem Bande
Schulbuchhandlnng. XVI, 402 S. M. 4,30.-24) X D- Z- Erinnerung an J. B. Basedow: Post N. 201. — 25) L. H. Fischer,
J. B. Basedow, gest. d. 25. Juli 1790: VossZgS. N. 29-80. (S. auch üerlTBI. N. 371 ; HambCorr. N. 517/8; NatZg. N. 423; AZg.
N. 204".) — 26) (1,6 N. 16.) — 27) F. Bosse, Aus philanthropischen Kreisen. 22 ungedruckte Briefe v. Basedow, R.Z.Becker,
Herzog Karl Wilhelm Ferdinand v. Braunschweig, Campe, Hundeiker, Chr. L. Lenz. Mangelsdorf, F. v. Rochow, Salzmann, Trapp
u. Wolke: PädBll. 19, S. 450-69. - 28) Binder, C. G. Salzmann: ADB. 30, S. 293/7. - 29) C. G. Salzmann. Pädag. Schriften
f. Lehrer u. Erzieher her. v. Ernst Wagner. (= D. Klassiker d. Pädagogik Bd. 3 u. 4. 2. Aufl. Langensalza, Schulbuchhdlg.
223 u. 294 S. M. 5,10. — 30) Salzmanns KrebsbUchlein bearb. v. Wimmers. Felix Molmann bearb. v. J. Pieper. (= Samml.
100 IV,6: E. Kühnemann, Didaktik des 18./19, Jahrhunderts.
unterrichtet sehr klar über die Voraussetzungen der Thätigkeit Salzmanns: wir sehen
den Philanthropinismus aus dem Naturalismus des 18. Jh. hervorgehen. Derselbe Band
enthält, von Pieper 30) bearbeitet, Auszüge pädagogischer Lelu-en und Grundsätze aus
dem Tagebuch von Pelix Molmann, einem Lehrer in Rosenau, mit einer unzureichenden
Einleitung, die kaum über die Jahreszahlen orientiert. 31) —
Während der Philanthropinismus seine Triumphe feierte, begann aus den
iu*sprünglicheren Quellen einer genialen Natur Pestalozzi seine pädagogische Reform. 3'-^)
Die Litteratur des Berichtsjahres giebt einen glänzenden Beweis von dem noch fort-
dauernden Interesse an seinem Leben und an seiner Wirksamkeit. Die bekannte Bio-
graphie von Roger de Guimps 33) (zuerst 1843, dann vervollständigt 1874) ist ins
Englische übersetzt. Die Besprechung im Athenäum hebt besonders die unprak-
tischen Seiten der Natur Pestalozzis hervor, die ilm zu MissgrifFen verleiteten. — Eine
neue ausführliche Studie über Pestalozzis Leben verdanken wir J. Guillaume 3^). Der
Vf. hält sich streng an die Aufgabe der „Etüde biographique". Die Chronologie ist
seine höchste Meisterin. Nach ihr ist alles in den Abschnitten geordnet, aller Stoif
mit ihrer Hülfe zurechtgelegt. Die Zeitereignisse treten in die Betrachtung ein, sofern
sie für die Lebensbeschreibung Pestalozzis von Wichtigkeit sind. Selbst Pestalozzis
Arbeiten und Methoden werden fast niu" als biographisches Material angefülu*t und
besprochen, kaum in litterarischem oder in pädagogischem Interesse. Aber alles, was
zur Biographie in strengem Sinne gehört, ist herangezogen. Pur fast alle Menschen,
mit denen sich Pestalozzi inniger berüln-t, ist eine biographische Notiz zur Stelle. Es
ist eine im Grunde sehr vollständige und sehr sorgfältige grosse Sammlung und Siclitung
des vorhandenen Stoifes auf Grund umfassender Benutzung der neueren Litteratur,
Morf, Zehnder-Stadtlin, Hunziker usw. Darum kann das Neue hier kaum erwähnt
werden, da es sich nicht in neuen Anschauungen niederschlägt, sondern in stofflichen
Einzelheiten, besteht. Der erste Teil behandelt Kindheit und Jugend Pestalozzis,
Gründung und Ruin des Instituts zu Neuhof, die schriftstellerische Thätigkeit bis zum
Jahre 1798; der zweite die helvetische Revolution imd den Aufenthalt in Stanz, Burg-
dorf (die „Methode"), Münchenbuchsee und die Gründung des Instituts zu Herten; der
dritte die drei Perioden des Instituts von Iferten und die beiden letzten Lebensjahre
Pestalozzis. Von hohem Wert ist der Anhang, der bibliograpliische Aufklärung über
die Quellen des Buches giebt. — Das Anfängskapitel des dritten Teils bespricht unter
anderm die Ausdehnung der Lehre Pestalozzis über die Länder Europas. Hierzu liefert
eine Arbeit von Naville^S) einen Beitrag, den Guillaume bereits benutzt hat
(S. 238 ff.). Der Philosoph Maine de Biran wendet sich 1807, damals Sousprefet in
Bergerar, am 1. August, an Stapfer, den Minister der Künste und Wissenschaften in der
helvetischen Republik, mit dem Ersuchen, eine bereits vor drei Wochen an Pestalozzi
in Iferten gerichtete Bitte diesem in Erinnerung zu rufen und zu unterstützen. Er hat
ihn nämlich um einen Elementarlehrer aus der Zahl seiner Schüler gebeten, der andere
Lehrer für die verschiedenen Gemeinden seines Arrondissements bilden soll. Pestalozzi
bemerkt in seiner Antwort, dass seine Prinzipien nicht nur den Unterricht, sondern auch
die Erziehung umfassen und in dieser die ganze Entwicklung des Menschen bis ins
Jünglingsalter in gleichem Geiste leiten wollen. 1822 besucht Maine Pestalozzi in
Iferten; er findet das Institut im Todeskampf. 36) — In der Einleitung einer neuen Aus-
gabe des pädagogischen Hauptwerks von Pestalozzi hat K. Riedel 37) einen wert-
vollen Beitrag zur Erkenntnis des Mannes veröffentlicht. Vor allem dankenswert ist die
Darstellung der socialen, politischen und Bildungsverhältnisse der Schweiz in Pestalozzis
Jugend, am Anfang und am Schluss die Erörterung über die Entwicklung der Gedanken
und Methode des Pädagogen. Das Werk „Wie Gertrud ihre Kinder lehrt" ist nach
der ersten Ausgabe abgedruckt. Die wichtigen Varianten der zweiten (Teil 5 der Cotta-
schen Gesamtausgabe von 1820) sind in Anmerkungen am Schluss des Buches ange-
fügt, in denen auch Belehrung über Mitarbeiter und Freunde Pestalozzis, Erläuterung
örtlicher und zeitlicher Verhältnisse usw. zu finden ist. — Die centralen Begriffe der
pädagogischen Psychologie Pestalozzis sind gleichzeitig in zwei Arbeiten dargestellt.
Hähner 38) vergleicht die Lehre von Natur und Naturgemässheit bei Comenius und
Pestalozzi. Er prüft die Definitionen der Natur und die Auffassung dieses Begriffs in
objektivem und subjektivem Sinne; daran schliesst sich die Erörterung der Frage nach
I
d. bedeutendsten pädagog. Schriften aus alter u. neuer Zeit. Bd. 6.) Paderborn, ächtSningh. 156 u. 64 S. M. 1,20. — 31) X
c. G. Salzmann. Auserlesene Gespräche d. Boten aus Thüringen her. y. Jonas : Nation^. 7, S. 602. — 32) X D- Pestalozzi-
Denkmal in Yvcrdon: Bar. 16, S. 549-60. (Mit Abbildung. S. auch FelszMeer. 1, S. 89; FZg. N. 170; Bund N. 172, 181, 186;
HambCorr. N. 463.) — 33) De Guimps, Life of Pestalozzi. Translated by Kussel. London, Sonnenschein. |[Ath. S. 671.]|
(Nicht zugänglich,) — 34) J. Guillaume, Pestalozzi, Etüde biographique. Paris, Hachette. 453 S. | [Bunds. N. 28.] | — 35) E.
Naville, Pestalozzi, Stapfer et Maine de Biran: BURS. 46, S. 86-100. — 36) X E. Denkschreiben v. H. Pestalozzi an e.
Täufling. (Iforten an meinem 76. Geburtstage, d. 12. Jänner 1822.): NZUrchZg. N. 72. — 37) J. H. Pestalozzi, Wie Gertrud
ihre Kinder lehrt. Mit o. Einl, : J. H. Pestalozzis Leben, Werke u. Grundsätze. Einl. n. Komm. v. K. Riedel. 2. Aufl. Wien u.
Leipzig, Pioliler. 199 S. M. 2,00. — 38) H. Ilähnor, Natur u. Naturgemässheit bei Comenius u. Pestalozzi. Leipziger Phil.
IV,6: E. Kühne mann, Didaktik des 18./19. Jahrhunderts. 101
dem specifisch Menschlichen und nach dem Angeborenen. Dann wird das Verhältnis
zwischen Natur und Erziehung festgestellt: die richtige Erziehung baut auf die Natur
und verfahrt wie die Natur. Mit grosser Kenntnis der Schriften verfolgt H. die Begriffe
durch ialle Fassungen; die Beziehung wie die Verschiedenheit der beiderseitigen
Lehren tritt hervor. Vor allem hemmt bei Comenius das theologische Element die
freie Entfaltung der Gedanken, während Pestalozzi bei ähnHchen Voraussetzungen zu
fruchtbareren Anschauungen kommt; denn er glaubt unbedingt an die Entwicklung
der Menschennatur zu immer grösserer Vollkommenheit. — W. Bauer 39) will die zer-
streuten psychologischen Bemerkungen Pestalozzis im Zusammenhang darstellen. Er
thut es in schwerfälliger und ungelenker, breiter und oft phrasenhafter Rede; doch ist
anzuerkennen, dass er die Psychologie Pestalozzis im Zusammenhang übersichtlich zur
Anschauung i)ringt. Die sinnliche Natur des Menschen soll nach Pestalozzi der höheren,
eigentlich menschlichen unterworfen werden. Diese höhere Natur äussert sich in sitt-
licher, intellektueller und physischer (oder Kunst-) Kraft. Jede strebt nach ihrer Ent-
faltung, und das höchste, letzte Ziel bleibt die harmonische Bildung des Herzens, des
Geistes und der Kunstfähigkeit bei Unterordnung der Ansprüche der geistigen und
physischen Anlagen miter die höheren der von Glauben und Liebe ausgehenden Sitt-
lichkeit und Religiosität. —
Wir verlassen hiermit die Bemühungen der Schule in dieser Zeit und wenden
uns dem geistigen Leben einer Uebergangszeit zu, das teilweise noch mit dem Ratio-
nalismus zusammenhängend doch in mancherlei neuen Ansätzen sich regte. Vergegen-
wärtigen wir uns mit R. M. Meyer ^O) an drei Lieblingsbüchem unserer Grossväter ge-
wissermassen den mittleren Durchschnitt der Bildung in den besseren Kreisen des Volkes.
Da erweiterten Georg Försters „Ansichten vom Nieden'hein" (1790) die Anschauung
durch ihre ethnologische Physiognomik, die Augenblicksphotographien von Völkern und
Menschen, die meisterhafte Besclireibung von Bildern. Es entsprach der sich regenden
Gesinnung liberaler Humanität, wenn Forster die Politik als Kunst auffasste, die Natur
in der Kultur suchte, die Volksindividualität vor allem verfocht. Noch aber wirkte auch
Engels „Philosoph für die Welt" (1775 ff.) 4i) nach mit seiner behaglichen Durchschnitts-
weisheit, seiner Anpreisung eines mittleren bürgerHchen Glücks, seiner ruhigen Heiterkeit
und humanen Gesinnung. Ein Menschenalter später ist „Die Molkenkur" von Ulrich
Hegner (1812) ein beliebtes Buch, das gegen die neuesten Moden der Zeit bereits im
Sinne Goethes opponiert. Noch widmet man der Erziehung sein erstes Interesse,
aber im Glauben an die Natur als den besten aller Lehrer, im Vertrauen auf den dunklen
Drang, der den guten Menschen zum Rechten führt. — Hiermit umspannen wir die
Zeit der grössten geistigen Bewegung Deutschlands. Sie wird uns im Berichtsjahr
nicht gerade in den grössten, aber doch in bedeutenden Gestalten mannigfach erhellt.
Georg Forsters 42) Leben zieht in einer Reihe von Briefen an den Berliner Buchhändler
Johann Karl Philipp Spener, die im einzelnen diirch Briefe des Vaters Reinhold Forster
vielfach ergänzt und erläutert werden, an uns vorüber. Die Briefe sind Leitz-
mann43) von dem Besitzer, Herrn W. Künzel in Leipzig, zur Verfügung gestellt. Sie
reichen von 1775 bis 1791, veröffentlicht sind sie bis jetzt allerdings nur bis 1784. Die
ersten sind kurz nach Forsters Rückkelir von der Reise um die Welt in London, die
meisten in Kassel geschrieben. Das Leben Forsters wird uns in ihnen mit grosser Voll-
ständigkeit vergegenwärtigt. In London bekundet er ein reges Verlangen nach der
schönen deutschen Litteratur; Krankheit und Missmut halten ihn nieder. Dann folgen
seine Irrfahrten in Deutschland, bis er die Stelle des Professors der Naturkunde in
Cassel erhält. Nun dreht sich der Hauptteil der Briefe um Bücher und eigene Arbeiten,
besonders Uebersetzungen. Geldnot, Missmut, Krankheit hören in der ganzen Zeit
nicht auf. Dabei quält ihn die Sorge für seine Familie, für den Vater, der stellenlos,
von der englischen Regierung im Stich gelassen, in London weilt. Leise wird das
schwierige Verhältnis angedeutet, in dem er zu seinem Vater steht. Später beschäftigt
ihn nach anfänglicher Abneigung mehr und mehr der Gedanke, sich zu verheiraten,
wobei er Speners Ratschläge hört und erwägt. Endlich ergeht an ihn der Ruf nach
Wilna. Der Ton ist oft der eines Unglücklichen, doch stets gefasst und edel, milde
und entgegenkommend gegen den Freund. Auf Forsters persönliche und wissenschaft-
liche Beziehungen, auf das kleinliche Leben in Cassel, das gelehrte Treiben fällt manch
klärendes Licht. Gelegentlich werden auch politische Dinge gestreift. —
Neben Forster trug sein Freund Lichtenberg das naturwissenschaftliche
Diss. Cliemnitz, Lamprecht. 87 S. M. 1,20. — 39) W. Bauer, D. psycholog. Grundanschauungen Pestalozzis. Phil.
Diss. Jena, Frommannsche Buchdruckerei. 1889. 47 S. M. 1,00. — 40) R. M. Meyer, Drei LieblingsbUcher unserer
GrossTäter: VossZgS. n. 46, 49, 50. -^ 41) Aus alten BUchern. Proben rabbinischer Weisheit: Didask. N. 98. (Aus J. J. Engels
„Philosoph für d. Welt". Nach d. Ausgabe d. Schriften v. 1801.) — 42) X C. Escher-Ott, Aus d. Reisetagebüchern e. alten
ZUrcher«*. Vortr., geh. in d. antiquar. Gesellsch.: ZllrcherTb. NF. 18, S. 196—222. (D. junge Reisende Joh. Landolt besuchte
1782/6 u. a. d. Philanthropin in Dessau, Forster, Joh. Müller. Doch nichts Neues.) — 43) A. Leitzmann, Beitrr. z. Kenntnis
102 IV,6: E. Kühnemanii, Didaktik des 18./19. Jahrhunderts.
Interesse in weitere Kreise. ReicheH*) hat ihn uns als Naturforscher liebevoll charak-
terisiert. *9) Er preist die naturwissenschaftlichen Anlagen Lichtenbergs und stellt die
verhältnismässig geringen positiven Ergebnisse seines Forschens zusammen. Weiterhin
hebt er Lichtenbergs Verdienst als Volksschriftsteller hervor, der den Eifer für Natur-
wissenschaften in weitesten Kreisen vielleicht erst geweckt habe, um dann durch Citate
aus seinen Schriften die Grundzüge seiner Denker- und Eorschergesinnung zu beleuchten:
den Sinn für das Wesentliche und die Abneigung gegen trockenes Rubrizieren, den
bestimmten Glauben an die Schrankenlosigkeit des Fortgangs der Erfahrung neben der
Erkenntnis ihrer Begrenztheit, das entschiedene Eintreten für die induktive Methode
verbunden mit weiser Benutzung der Hypothesen und vorsichtiger Empfehlung der
Phantasie als der Schöpferin wissenschaftlicher Zusammenhänge. —
Mit dem Weimarer Kreise in direkte Berührung bringt uns K. Ph. Moritz. 45-48)
Dessoir49) hat seiner Aesthetik eine genaue Untersuchung gewidmet ^4). Er erwähnt
zunächst die untereinander verwandten ästhetischen Hauptlehren Shaftesburys, Winckel-
manns, Herders als diejenigen, mit denen Moritz' Auffassung die meisten Berührungs-
punkte hat. Dann werden mit grossem Eleiss die Ansichten auch der geringeren
Aesthetiker vor Moritz über das Verhältnis des Kunstwerks zur Natvu-, Wesen und Zweck
des Kunstwerks, Geschmack und Eorm zusammengestellt. Moritz' persönliche Stellung
zu den grossen Bewegungen seiner Zeit wird bestimmt: unstet schwankend zwischen
den Richtungen führt er von der Sturm- und Drangperiode hinüber zu den Anfängen
der Romantik und verbindet den wesentlichen Inhalt der Aufklärung mit den reifenden
Formen des Klassizismus. Tiefer noch in die Geheimnisse seiner Persönlichkeit führt
uns eine lebendige Schilderung seiner excentrisch genialen Natur, wie sie in dem regel-
losen Verlauf seines Lebens sich offenbart. Hierauf werden zum ersten Male die ästhe-
tischen Lehren Moritz' aus der Gesamtheit seiner Schriften vollständig zusammenge-
stellt und in drei Rubriken geordnet: 1) Entstehung, 2) Wesen (Zweck), 3) Genuss
des Schönen. Unter 2) werden auch die Ausführungen über die einzelnen Künste auf-
gereiht. Die sorgfältige Uebersicht ergiebt auch den inneren Zusammenhang der Ge-
danken und hebt die Punkte deutlich heraus, in denen Moritz über die früheren
Aesthetiker hinaussclu-itt. Das Ergebnis wird durch eine knappe Zusammenstellung der
Hauptgedanken am Schluss anschaulich hervorgehoben, und ein Versuch, diese Haupt-
gedanken aus Moritz' Stellung zu den Bewegungen der Zeit abzuleiten, endet die Arbeit.
Gegen diesen letzten, etwas stark schematisierenden Absatz dürfte allerdings eine
zweifelnde Verwahrung recht am Platze sein. Die sehr tüchtige Arbeit erwirbt sich
das entscliiedene Verdienst, Moritz' ästhetische Gedanken zum ersten Mal umfassend
und übersichtlich darzustellen. Die historischen Abschnitte sind etwas spröde nach Art
einer naturwissenschaftlichen Gedankenstatistik gehalten und verfehlen auch zuweilen
den Sinn der nicht im Zusammenhang citierten Stellen. Der Teil über Moritz' Persön-
lichkeit zeugt von Verständnis für die psychologische Ableitung der Lehren aus der
Individualität des Denkers. — In einer zweiten Arbeit über dasselbe Thema versucht
Dessoir^) den kulturhistorischen Hintergrund zu vertiefen, stellt noch einmal die Haupt-
gedanken der Moritzschen Aesthetik dar, bespricht die Berührungspunkte mit der
klassischen Aesthetik und schliesst mit Betrachtungen über den Nutzen der Lehren
auch für unsere Zeit. Diese zweite Arbeit ist etwas trübe und wenig abgeklärt. —
Minder eigenartig und bedeutend, doch charakteristisch für die mittlere und
niedere litterarische Bewegung in den grossen Jahren der deutschen Literatur bietet
sich J. L. W. Meyer der Betrachtung dar. Ihm ist durch C. Zimmermann 51)
zum ersten Mal eine eingehende Untersuchung zu teil geworden. Schon den Geburts-
tag Meyers hat Z. zuerst richtig festgestellt: es ist nicht der 28. Jan. 1759, sondern
der 26. Jan. 1758. Z. giebt zunächst einen Ueberblick über das Leben bis zum Jahre 1721,
in dem die innigen Beziehungen zu Bürger und zu Caroline Michaelis (Böhmer) neu
hervortreten. Er bespricht dann seine Schriftstellerei, erkennt in seinen Gedichten das
Vorbild Bürgers und findet ihn glücklicher in Nachdichtungen nach spanischen und
italienischen Originalen, besonders nach Volksliedern als in seinen eigenen trockenen
und unbedeutenden Produkten. Auch der älteren deutschen Litteratur, Fleming und
den Minnesängern, wandte sich Meyer zu. Seine Thätigkeit als Recensent in den
„Göttinger Anzeigen von gelehrten Sachen" (seit dem Frühjalu- 1785) bedeutet den
I
G. Forsters aus wngedrnckten Quellen: ASNS. 84, S. 369—404; 86, 129—226. — 44) E. Reichel , G. Chr. Lichtenberg als Natur-
forscher. E. Versuch: HambNachr». N. 5. — 45) X J- C. Lavater, Worte d. Herzens für Freunde d. Liebe u. d. Glaubens her.
V. Chr. Hufeland; neu her. u. m. e. Einl. vers. y. A. Kofahl. Leipzig, Fock. 12. XVI, 110 S. M. 1,20. — 46) X H. DUntzer,
Zu Ehren v. J. H. Merck: ÜL&M. 26, S. 523/6. (Verteidigt Merck sehr lebhaft, bes. gegen Herder [Briefe an Hamann].) - 47) X
Anna Löhn-Siegel, Aus d. Leben Elisas v. d. Recke: NorddAZg. N. 86, 88, 90. — 48) X F. v. Hohenhausen. Elisa
V. d. Recke u. Graf Cagliostro, e. gesch. Darstellung: Bär. 16, S. 409—11; 421/3; 433/6; 445/7. (E. ungeschicktes Gemisch v.
ovell. Erzählung u. bist. Notizen.) — 49) M. Dessoir, K. Ph. Moritz als Aesthetiker. Berlin, C. Duncker. 1889. III, 57 S.
UM. 1,00. |[Diez: LMerkur. 10, S. 81; vgl. auch 1,3 N. 7.]| — 50) id., K. Ph. Moritz. E. Beitr. z. Gesch. d. deutschon Aesthetik:
AZg. N 242, 245. - 51) 8. o. IV, 4 N. 169. - 62) S. o. 1, 3 N. 14a. — 63) X Friedrichs d. Grossen Urteil über d. Wert d.
IV,6: E. Kühneman n, Didaktik des 18./ 19. Jahrhunderts. 103
Foi-tschritt von dem bis dahin geübten einfachen Referat zu sachlicher Beurteilung und
Hervorhebung der charakteristischen Eigenheiten der Werke, besonders in den be-
kannten Besprechungen von Goethes Werken und von Heinses „Ardinghello". Ein
fernerer Abschnitt bespricht Meyers Aufenthalt in BerHn und seine journalistische
Thätigkeit 1791 — 1796. Er schreibt Romane meist nach fremdem Muster, für das ober-
flächlichste Unterhaltungsbedürfnis, und Recensionen der seichtesten Art. 1795 be-
gründet ier mit Rambach eine eigene Zeitschrift „Berlinisches Archiv der Zeit und
ihres Geschmackes". Eür die ersten Aufsätze „Flüchtiger Anblick der deutschen
Litteratur" wxirde er von Goethe in dem Horenaufsatze „Litterarischer Sansculottismus"
gezüchtigt. Die zweite Hälfte seines Lebens (1797 — 1840) verbrachte der Schriftsteller
in Bramstedt. Hier verfasste er gemeinsam mit seinem Freunde, dem grossen Schau-
spieler Schröder, eine Geschichte der Freimaurerei, ferner eine Anzahl Theaterstücke,
meist Bearbeitungen fremder Muster und endlich seine bekannte Biographie Schröders.
Der noch von Kürschner in der ADB. als wahrscheinlich bezeichneten Ansicht, Meyer
habe uns eine Selbstbiographie Schröders vorenthalten und in seine Darstellung ver-
webt, tritt Z. energisch entgegen; er behauptet, Meyer habe von Schröders Hand selbst
nur ein Entwurf über seine Jugendgeschichte vorgelegen. Verdienstlich ist es, dass Z.
genaue Verzeichnisse von Meyers Werken giebt: S. 25 und S. 33/34 die lyrischen Ge-
dichte, die gar nicht oder nur überarbeitet in den „Spielen des Verstandes und Witzes"
(1792) enthalten sind, S. 31/2 die Romane, S. 40/1 die Theaterstücke. —
Wir treten in die grosse und innerlichste Arbeit dieser Zeit der neuen
deutschen Bildung, in die Gedankenarbeit Kants und Schillers ein. Eine Abhand-
lung R. Philippsons 52) bespricht die Lehren Kants, Schillers und Herbarts über die
ästhetische Erziehung. Sie zerfällt in drei Abschnitte. Jeder ist einem der drei Denker
gewidmet und erörtert dessen Ansichten über die Bedeutung des Schönen für die Er-
ziehung im Sittlichen und Wahren. Der erste Abschnitt stellt die Aeusserungen Kants
über diesen Zusammenhang vollständiger zusammen, als bisher geschehen; der zweite
weist vielfach die Beziehungspunkte Scliiller sehen und Herbartschen Denkens nach. Von
besonderem Wert ist im dritten Abschnitt der Nachweis direkter Abhängigkeit Herbart-
scher Gedanken von Schillerschen Ideen, z. T. durch Vermittlung Fichtes, besonders
in der früheren Phase des Herbartschen Denkens. Es schliesst sich daran ein Aus-
blick auf die Ansichten der reifen Zeit Herbarts, besonders auf die Bedeutung, die er
in ihnen den klassischen Dichtwerken für die Erziehung beimisst. S. 19 wundert sich
der Vf., dass noch niemand daran Anstoss genommen, wie Schiller in der Lehre von
der Freiheit als moralischer Kraft, ohne es zu wissen, gegen eine der Grundlehren
Kants verstösst. Dies ist bereits vor P. in Kühnemanns Buche „Die Kantischen
Studien Schillers und die Komposition des Wallenstein" (Marburg 1889. S. 16/8, 38
u. ö.) betont. —
Li Bestrebungen dieser Art wurde die neue Bildung begründet, die aus ihrer
eigenen Kraft heraus das klassische Altertum tiefer verstand als irgend eine frühere
Zeit. Hatte wenig früher noch Friedrich der Grosse die französische Litteratur in
allen Gebieten derjenigen der Alten gleichgesetzt oder vorgezogen ^^), so erschloss nun
Fr. A. Wolf neben andern in kritischer Forschung das wahre klassische Altertum.
Mitteilungen, die W. Peters^*) aus Wolfs Briefwechsel mit K. A. Böttiger liefert (er
erstreckt sich über die Jahre 1793 bis 1824 mit 34 Briefen Wolfs und 42 Böttigers),
belehren uns über die äussere Geschichte der „Prolegomena" und ihre Beurteilung
durch die hervorragenden Männer jener Zeit. —
W. von Humboldt war berufen, für die neue Bildung in öffentlicher Stellung
zu wirken. Zwei amtliche Schriftstücke 55) seiner Hand zeigen uns, mit welchem Ernst
er sich seiner Aufgabe hingab. Das erste ein Schreiben an Altenstein (Königsberg,
20. Juli 1809) bezieht sich auf die Gründung der Universität Berlin, widerlegt einige
Einwürfe, die der übrigens dem Plan geneigte Finanzminister Altenstein gegen Hum-
boldts Vorschlag erhoben, und fügt zugleich einen Kostenanschlag bei. Das zweite an
Hardenberg (22. Juni 1810) ist im Moment des Rücktritts Humboldts von der Leitung
des preussischen Unterrichtswesens geschrieben. Es sucht für dessen fernere Ausge-
staltung die nötigen Geldmittel zu erwirken und weist auf den Nutzen hin, den eben
eine solche Verwendung des Geldes dem preussischen Staate in der Hebung des mora-
lischen Ansehens in Deutschland und dem Auslande bringen würde. — Humboldts zu-
gänglichstes Werk erweitert noch immer seinen Leserkreis 56-57^. Es hat jetzt einen
Interpreten gefunden, der Geist und Anmut, psychologischen Scharfblick mit künst-
franz. Litt, im Vergl. z. röm. u. griech.: PädA. 32, S. 123/6. (Vgl. o. IV, 1 N. 101/7.) — 54) W. Peters, Z. Gesch. d. Wolfschen
Prolegomena zu Homer. Mitteilungen aus ungedruckten Briefen v. F. A. Wolf an K. A. BOttiger. Beil. z. Progr. d. Kaiser-
Priedrich - Gymn. Frankfurt a. M. — £5) C. Varrentrapp, Zwei Sehreiben Wilhelm v. Humholdts an Altenstein u.
Hardenberg 1809 u. 1810: HZ. 65, S. 277—84 — 56) W. v. Humboldt, Briefe an e. Freundin. 12. Aufl. Mit e. Faksim., neuem
Vorwort u. Sach- u. Namenregister. Leipzig, Brockhaus XLIV, 513 S. M. 4,50. — 57) X Zu Wilhelm v. Humboldts „Briefen an
104 IV,6: E. Kühne mann, Didaktik des 18./19. Jahrhunderts.
lerischer Darstellungskraft in seltener Weise verbindet, Cherbuliez 58) hat Wilhelm von
Humboldt und seiner Freundin Charlotte Diede einen seiner wundervollen Essays ge-
widmet. Er zeichnet die grosse Erscheinung des Diplomaten und des Gelehrten und
leitet die Eigenart des seltenen Freundschaftsverhältnisses aus den Persönlichkeiten der
Beteiligten ab. Die Menschen und ihre Stellung im deutschen Leben, ihr Seelenzustand
und ihr Verkehr — das alles ist mit der feinsten Feder hingezeichnet. Die Forschung
empfängt hier nichts materiell Neues. Aber die stillen Briefe verwandeln sich diesem
fein und tief gebildeten Ktinstlergeiste wieder in Worte lebender Menschen, und es er-
öffnet sich der Ausblick auf ein Ziel der Wissenschaft: in künstlerischem Leben das
Bild der Geistesgeschichte vor uns erstehen zu lassen. —
War Humboldt in Preussens schwerer Zeit für die Erhebung des Deutschtums
thätig, so bietet Johannes von Müllers Benehmen das traurige Bild haltlosen
Schwankens unter dem Sturm der Ereignisse. Seine Briefe an Morgenstern, die
Cordt 59) herausgegeben hat, verraten das nur zu deutlich. Es sind acht Stücke (Berlin,
26. Sept. 1805 bis Cassel, 9. Jan. 1809). Sie ergehen sich in Versicherungen innigster,
fast überschwenglicher Zuneigung; ein fernerer grosser Teil wird durch Besprechung
der Morgen sternschen litterarischen Arbeiten eingenommen. Am 16. Dez. 1805 deutet
Müller an, dass er wohl in Russland angestellt werden möchte. Alles Hess sich gut an,
aber zuletzt zerschlug sich die Sache doch. In diesem Dezember 1805 kann Müller die
Schmach von West und Süd nicht mit ansehen, kann sich nicht vor „Attila Bonaparte"
beugen — lieber nach Kasan, noch Irkuzk! Noch am 24. Febr. 1806 spricht er heftig
über das Werk des „Ahrimans der Menschheit", der in der Universaltyrannei alles
Eigentümliche verwischen, alle Nationalität vertilgen will. Aber am 19. Sept. 1807
schreibt er entzückt, wie human der „Fürst des Zeitalters" mit ihm gesprochen, und
bewundert den „unerhörten Reichtum seiner Ideen". Während man ihn in Preussen
zu halten, an die neu zu errichtende Landesuniversität Bei'lin zu binden sucht, hält er
sich zugleich die Aussicht offen, nach Tübingen als Professor zu kommen, und geht
schliesslich nach Cassel als Minister-Staatssekretär des Königs von Westphalen. — Der
Herausgeber unterrichtet in kurzen Anmerkungen besonders über die vorkommenden
Personen. In der Einleitung macht er Angaben über Karl Morgenstern, über die An-
knüpfung des Briefwechsels, über Morgensterns Thätigkeit für Müllers Berufung nach Russ-
land, über Müllers Haltung während der traurigen Jahre Preussens. Ferner giebt er eine
erwünschte Chronologie des gesamten Müller-Morgen sternschen Briefwechsels. 60) —
Von den reichen Bewegungen unseres Jahrhunderts berühren wir nur
einige Zweige. Aber ob wir bei den beispiellosen Einwirkungen deutscher Philosophie
auf die Wissenschaften verweilen, ob wir ihre Bedeutung im Leben an einem hervor-
stechenden Beispiel ahnen, ja ob wir selbst in die poHtischen Tageskämpfe bis über die
Mitte des Jh. einen flüchtigen BHck werfen, überall bemerken wir die Anknüpfung an
die grosse Entwicklung des deutschen Geisteslebens im vorigen Zeitraum. Unmittelbar
aus ihr erwächst das Denken Hegels, dessen Geschichtsphilosophie in einer ver-
dienstlichen Arbeit erörtert wird. Eine Untersuchung über die historische Skepsis des
17. und 18. Jh., wie sie Voltz^i) versucht, könnte dazu eine gute Einführung geben.
Aber es wird auf den wenigen Seiten der Arbeit nur über den skeptischen Geist Beau-
forts und Fontenelles an einzelnen Stellen gehandelt; das einzige Ziel dieser Männer
sei gewesen, die Unsicherheit der Ueberlieferung nachzuweisen. Diese Periode erkläre
sich aus dem Gegensatz zu der vorhergehenden mittelalterlichen des blinden Autoritäts-
glaubens; die reine Skepsis wiederum schlug mit Niebuhr um in die konstruierend auf-
bauende Kritik, welche mit künstlerischem Sinn durch Analyse der Quellen ein Bild ge-
staltet und der wir es verdanken, dass unser 19. Jh. das historische Jh. heissen kann.
Doch finden wir auch bei Beaufort und besonders bei Bayle Ansätze dieser tieferen
Auffassung der Geschichte, die jedoch bei der vorwiegenden skeptischen Stimmung
nicht zur Entwicklung kommen. Wie man sieht, steht der Vf. selbst noch allzusehr
unter dem Einfluss der Hegeischen Worte, denn so sicher es eine fortgehende Ent-
wicklung des historischen Sinns vom Mittelalter bis ins 19. Jh. giebt, so gewiss ist
diese mit der Redensart vom Umschlagen der Begriffe nicht ergründet, und die spär-
lichen Anführungen einiger Stellen können nicht für eine Erledigung dieses wichtigen
Problems gelten. — Die reichhaltige Arbeit P. Barths 62) bespricht nach einem kurzen
Abschnitt über Hegels Methode ilu-e Anwendung auf den Begriff der Geschichte.
Hierauf gelten einzelne Kapitel der allgemeinen Geschichtsphilosophie bei Hegels
Schülern, der religionsgeschichtlichen und der kunstgeschichtlichen Entwicklung und
e. Freundin" (11. Aufl. 1883): ZDS. 4, S. 257— 62; 305/9; 345/9; 461/6. (Einzelne sprachliche Bemerkk.) — 58) V. Cherhuliez,
Profils Etrangers, Paris, Hachette. 1889. .356 S. (S. 67—88: 4. Guillaume de Humboldt et Charlotte Diode.) — 59) B. Cordt,
Joh. V. Müllers Briefe an K. Morgenstern: AltprMschr. 28, S. 3—35. — 60) XX K. F. Kaindl, Uober e. Beschwörungsbuch
aus d. Anf. d. 19. Jh.: Archiv. 3, N. 13. — 61) H. Voltz, Ueber d. bist. Skepsis d. 17. u. 18. Jh. in Frankreich u. über ihre
Bedeutung fUr d. fortschreitende Entwicklung d. bist. Kritik. Progr. d. Ober-Realschule. Köln. 40. 10 S. — 62) P. Barth,
D. Geschichtsphilosophie Hegels u. d. Hegelianer bis auf Marx u. Hartmann. Leipziger Habilitationbschrift. Leipzig, Reisland.
IV,6: E. Kühnemann, Didaktik des 18./19. Jahrluniderts. 105
der geschichtlichen Entwicklung der Philosophie nach Hegel und den Hegelianern.
Ein letztes Kapitel fasst die Ergebnisse zusammen. In diesem Ueberblick ziehen Gans
und Lassalle, K. Marx und E. v. Hartmaini als Geschichtsphilosophen, Bruno Bauer und
E. V. Hartmann als Religionsphilosophen, endlich Rüge, Vischer und Erdmann an uns
vorüber. Dabei sind fast überall die modernen, die neuesten Entwicklungen berührt.
Gedrängte Kürze ist des Vf. grösste Tugend. Eür die Kritik führt er ein umfassendes
Wissen auf philosophischem, sociologischem, juristischem, verfassungsgeschichtlichem,
nationalökonomischem, ästhetischem und theologischem Gebiet ins Feld, und er kritisiert
stets, indem er die Thatsachen der philosophischen Konstruktion entgegenstellt. Eine
wahre Kritik würde freilich die innere Entstehung der wissenschaftlichen Standpunkte
darlegen, nach diesen treibenden Motiven ihre Bedeutung ermessen; erst so würde sich
der wirkliche innere Zusammenhang der Standpunkte ergeben. Doch begründet dieser
Mangel der spezifisch philosophischen Betrachtungsweise kaum einen Vorwurf gegen B.,
denn sie gehört bekanntlich heutzutage zu den allerseltensten, zu den fast verlorenen
Gaben. — Hegels Ereund, Gegner und Nebenbuhler Schelling tritt uns menschlich be-
deutend entgegen in seinem von Trost und Leist^^) vorgelegten Briefwechsel mit
König Max II. von Bayern. Er lässt uns einen tiefen Blick thun in das schöne Ver-
hältnis der beiden Männer und zeugt von der einzigen Bedeutung, die man damals noch,
wenigstens in gewissen Kreisen, der Philosophie für das Leben beimass. —
Aus dem politischen Kampfesgewühl 64-'^2) tauchen zwei Gestalten auf:
Heinrich König, der, wie L. Eränkel'^3) erzählt, in den dreissiger und vierziger
Jahren in Hessen am politischen Leben teilnahm, und der vortreffliche Gustav Kolb,
der 1826 bis 1866 Redakteur der „Allgemeinen Zeitung" war; sein Leben schildert an-
spruchslos und fesselnd W. Lang 74). An Kolb haben wir ein lebendiges Bild, fast
ein Symbol von dem litterarischen und politischen Treiben in süddeutschen liberalen
Kreisen vor dem entscheidenden Kampf. Wir sehen Kolb in Tübingen als Burschen-
schafter, dann 1821 als Berichterstatter bei dem Aufstand in Piemont, hierauf als Mit-
glied eines politischen Geheimbundes mit vagen Zielen, der nur von patriotischer Be-
geisterung lebte. Zwei Jahre weilt er als Gefangener auf dem Hohenasperg, um dann
1826 in die Leitung der „Allgemeinen Zeitung" einzutreten, die, entsprungen aus dem
kosmopolitischen Geist des 18. Jh., bei positiver Teilnahme für die deutschen Interessen
eine unparteiische leidenschaftslose Betrachtung der grossen Bewegung der Gegenwart
im politischen und geistigen Leben erstrebte. Sie ward für die Deutschen in der
Heimat und im Auslande ein geistiger Mittelpunkt, von den Regierungen viel, doch
vergeblich umschmeichelt, oft gelobt, oft verfolgt. Durch Jahrzehnte war Kolbs Haus
ein Vereinigungspunkt geistiger Grössen. Wir begrüssen die Mitarbeiter und persön-
lichen Bekannten, wir hören von ihnen vielfache charakteristische Urteile der Aner-
kennung über Kolb. Heine, Er. List, Dingelstedt, Levin Schücking, Laube treten nach
einander hervor, von den weniger bedeutenden zu schweigen. Immer mehr nehmen
die deutschen Angelegenheiten den Mittelpunkt ein. Aber, fast ein tragisches Schick-
sal, die Zeitung, die ihren Schwerpunkt in Süddeutschland und Oesterreich ''S-''^) hat, ver-
liert an Bedeuttnig, als die Erage „Gross- oder Kleindeutsch?" brennend, die Zukunft
Deutsclilands also, die dem wackern Patrioten so sehr am Herzen lag, endgültig ent-
schieden wird. So vergegenwärtigt ihr Geschick den verworrenen Gang der neuen
deutschen Geschichte und bietet zugleich eine Gewähr für die Mannigfaltigkeit und
Fülle des deutschen Lebens. —
148 S. M. 3,00. — 63) König Maximilian II. v. Bayern u. Schelling. Briefwechsel her. v. L. Trost u. F. Leist. Stuttgart,
Cotta. y, 284 S. M. 6,00. | [M. Kronenberg: Nation". 7, S. 785 ; Ettmay r: AZg. N. 188»; Groeben: BLU. N. 40; O.Harnack:
PrJbb. 66, S. 436; Gegenw. 37, S. 334; HambCorrB. N. 29; E. KUhnemann: VossZgS. 1891, N. 15.]| — 64) X K. A. Varn-
hagon V. Ense, Graf Matthias v. d. Schulenburg. E. Lebensbild: (= Bibl. d. Gesamt-Litt. N. 366.) Halle, Hendel. 78 S. M. 0,25.
(= Biogr. Denkmale 1^, [1845], S. 119—256.) — 65) X id-> Fürst Leopold v. Anhalt-Dessau. (= Univers.-Bibl N. 2656/7). Leipzig.
Keclaui. W. 185 S. M. 0,40. (= Biogr. Denkmale 22, S. 123—380.) — 66) X Alex. Pucskö, D. satyrisch-humoristische Poesie
in Krain während d. Befreiungskriege: MMusVKrain. 3, S. 216—26. (Nicht deutsche, sondern slovenische Dichtung.) — 67) X
Turnvater Jahn u. d. deutsch-österr. Allianz: DeutschZg. N. 6555; vgl. NFPr. N. 9198. (Schriftstück v. J. 1849 im Besitz d.
Oldenburger Turnerbundes.) — 68) X F. L. Jahn, Deutsches Volkstum her. u. eingel. v. F. Brummer: (= üniv.-Bibl.
N. 2639—40). Leipzig, Eeelam. 160. 202 S. 0,40. (Vollständiger Abdruck, d. nur d. meisten v. d. zahlreichen Verweisungen
Jahns auf seine Quellenschriften auslässt; hinzugefügt sind erklärende Anmm.) — 69) X id.. Ausgew. Werke d. deutschen
Turnern zugeeignet v. H. Hoffmeister. Berlin, Lenz. 221 S. M. 4,00. — 70) X H Zschokke, Familien-Andachtsbuch z.
Gebr. bei häusl. Erbauung. Zusammengez. aus d. , Stunden der Andacht". 4. Aufl. Aarau, Sauerländer. XII, 608 S. M. 4,20. —
71) X id.. Stunden d. Andacht z. Beförderung wahren Christentums u. häuslicher Gottesverehrung. 8 Bde. Neue revid. Ausg.
Gera, Griesbaeh. VIII, 296, 263, 277, 262, 286, 281, 288, 330 S. M. 12,00. - 72) X G. F., D. Satiriker auf d. Throne: PestLloyd.
N. 202. (Betrifft Ludwig I. v. Bayern.') — 73) L. Fränkel, E. vergessener deutscher Publizist. Z. 100. Wiederkehr v.
Heinrich Königs Geburtstag: AZg N. 146». — 74) W. Lang, Gustav Kolb. (= Von u. aus Schwaben. 6. [S o. IV, 2 N. 215a]
S. 86—134.) — 75) X M. G. Saphir, Album geselliger Thorheiten. (=: Meyers Volksbücher. N. 720.) Leipzig, Bibl Ii..-:t. 160,
66 S. M. 0,10. (= Ausgew. Schriften (1870i 2*, S. 137-222.) - 76) id., Genrebilder. Jokoses u. Sentimentales. (= Meyers
Volksbücher N. 717.) Leipzig, Bibl. Inst. 16». 62 S. M. 0,10. (= Ausgew, Schriften S*, S. 16:i— 235; 6*. S. 7-17.) — 77) X
id„ Humoristische Vorlesungen. (= Meyers Volksbücher N. 718/9.) Leipzig, Bibl. Inst, 160. 103 S. M. 0,20. (= Ausgew. Schriften
4<, S. 161—253; 5*, S. 7—51.) — 78) X id., Humoristische Vorlesungen. 3. Bändchen (= Univ.- Bibl. N. 2603.) Leipzig, Reolam.
160. 111 s. M. 0,20. - 79) (IV, 1 N. 95.) -
106 IV,7: F. Muncker, Klopstock.
IV,7
Klopstock.
Franz Muncker.
Biograpliie N. 1. — Verhältnis zur Musik N. 6. — Odeupoosie N, 7. —
Für die Vermehrung unserer Kenntnis von Klopstocks Leben und Dichtungen
lieferte die Htterargeschichtliche Forschung des Berichtsjahres nur eine geringe Aus-
beute. Die Beiträge zur Biographie des Dichters bringen, soweit sie wissenschaftlich
nicht ganz wertlos sind i), besonders Ergänzungen zu Munckers Buch über Klopstock
oder genauere Ausführungen einzelner daselbst kürzer behandelten Partien. So beson-
ders ein Vortrag von Tschirsch 2) über Klopstocks Stellung zu Friedrich dem Grossen ;
der Hauptgewinn der Arbeit dürfte in dem richtig erbrachten Nachweise einer von
Muncker bereits flüchtig angedeuteten Thatsache liegen, dass nämlich auch die ,, Gelehrten-
republik" (erster Morgen des letzten Landtages) einen unmittelbaren Angriff des
Dichters auf den französisch schreibenden König enthält, einen Angriff, den frühere
Forscher irrtümlich auf Wieland gedeutet haben. — An Munckers Buch knüpft ferner
ein dankenswerter Aufsatz L. Fränkels 3) an, der eine Auswähl verschiedener Bücher
und Abhandlungen aufzählt, die für die Biographie Klopstocks in Betracht kommen,
lieber die wissenschaftliche Bedeutimg und Brauchbarkeit mancher der hier genannten
Arbeiten mag man freilich anderer Meinung sein als F., und diese Erkenntnis ihrer
Geringwertigkeit war auch der Hauptgrund für Muncker gewesen, obwohl er die meisten
Nummern kannte, sie in seiner Biographie nicht zu verzeichnen, zumal er es dort von
vornherein nicht auf eine vollständige Bibliographie abgesehen hatte. — V^on Klopstocks
Verhältnis zur französischen Revolution und den Oden, die es beleuchten, handelt ein
populär geschriebener Aufsatz 4)^ der gut gemeint ist, aber kaum etwas Neues enthält. —
Auch aus W. Kaweraus 5) novellistischer Skizze ,,Der Messias in Magdeburg" lernt
der wissenschaftliche Forscher nichts Neues; aber er wird es dem Vf. danken, dass er,
gestützt auf die genaueste Kenntnis der litterarischen Verhältnisse in Magdeburg, in
einer einfachen, hübsch erzählten Geschichte ein Bild des dortigen Lebens von 17G3
entwirft, als Friedrich IL und Klopstock zugleich in der Stadt weilten, ein Bild, das
auch heute noch übereifrige Klopstockianer ebenso wie vorlaute Verspötter der Klop-
stockschen Dichtung nicht ohne Nutzen betrachten mögen. —
Am wertvollsten erscheinen unter den in der letzten Zeit vorgelegten Arbeiten
Kollers^) Studien über Klopstocks Verhältnis zur Musik und zu zeitgenössischen
Musikern. Ein gut gewähltes und im Ganzen richtig bearbeitetes Thema. K. weist die
Schranken von Klopstocks musikalischem Wissen verständig nach, zeigt, wie der Dichter,
der die Musik eben nur vom Standpunkte des Dichters aus betrachtete, die Vokalmusik
gegenüber der Instrumentalmusik, bei welch letzterer sich auch seine technische Un-
kenntnis bedenklicher offenbarte, übermässig schätzte und wie er überhaupt erst vei'hält-
nismässig spät durch seinen freundschaftlichen Verkehr mit Gerstenberg, mit Philipp
Emanuel Bach und besonders mit Gluck zu einer gründlicheren und ausgedehnteren
Kenntnis musikalischer Werke gelangte. Kleine Unrichtigkeiten im einzelnen, die zum
Teil aus der kritischen Ausgabe der Oden von Muncker und Pawel berichtigt werden
können, thun dem Wert des ganzen Schriftchens keinen erheblichen Eintrag. Gelegent-
lich scheint K. die Form gegenüber dem Gehalte eines Kunstwerkes zu überschätzen.
Zu diesem ästhetischen Bedenken mag sich ein historisches gesellen: vielleicht sollte
auch der Einfluss Klopstocks auf den Umschwung in der deutschen Liederkomposition
(durch Gluck) bedeutsamer hervorgehoben sein. —
Ueber die Odenpoesie erschienen zwei kleinere Aufsätze : im ersten giebtEdw.
Schröder'^) eine blosse Notiz über die in der oben genannten kritischen Ausgabe
(2, S. 185) zum ersten Mal mitgeteilte plattdeutsche Umdichtung des „Vaterlandsliedes";
der andere enthält besonders sprachlich interessante Bemerkungen über die Ode „Für
den König". H. Schrader^) sucht hier im Einverständnis mit D. Sanders den Versen
I) X K- W. Geissler, Klopstocks Cidli. E. biogr. Skizze: ConsMschr. 47, 828—35. (Gut gemeint, aber olino
jede Spur v. wirkl. Kenntnis d. Werke, d. Briefe u. d. Lebens Klopstocks oder seiner Gattin. — 2) Tschirsch, Klopstocks
Stellung zu Friedrich d. Grossen. Vortrag geh. in d. Sitzung d. Vereins f. Gesch. d. Mark Brandenburg, am 12 Nov. 1890 (Referat
DLZ. 11, S. 1776; Post N. 817). — 3) L. Fränkel, Bibliogr. Glossen z. Klopstockbiographie. (Mit bes. Rücksicht auf d. Schule):
ZDU. 4, S. 497—501. — 4) By., Klop.stock u. d, franz. Revolution: HambCorr". N. 2a. — 5) W. Kawerau, D. Messias in
Magdeburg. E. Gesch. aus d. 18. Jh : WJDM. 67, S. 469—83. — 6) 0. Koller, Klopstockstudien. 1 Klopstock als musi-
kalischer Aesthetiker. 2. Klopstocks Beziehungen zu zeitgenöss. Musikern. (S.-A. aus d. JB. d. Landes-Oberrealschule zu
Kremsier 1889.) Kremsier, Selbstverlag. 1889. 55 S. M. 1,00. | [F. Muncker: VMusikW. 6, S. 144/9.] | — 7) Edw. Schröder, Ein
niederdeutsches Gedicht v. Klopstock: KBlVNiederdSpr. 14, S. 74/5. — 8) H. Schrader, Zu e. Stelle in Klopstocks Oden.
IV,7: F. Muncker, Klopstock. 107
23 — 24 der Ode „Für den König" eine neue Erklärung zu geben, die der gewöhnlichen,
auf Gruber zurückgehenden Deutung schnurstracks zuwiderläuft. Der in der That
rätselhafte Imperativ „Stirb!" wäre darnach als Ausruf des „nach Lorbeern wiehernden"
Eroberers zu fassen und „Donnerer" auf eben diesen Eroberer, nicht auf Gott zu be-
ziehen. Dieser Erklärung steht mannigfach die Interpunktion im Wege; vollständig be-
friedigt sie auch dem Sinne nach nicht. Die Stelle gehört zu den schwierigsten der
ganzen Odenpoesie Klopstocks. Vielleicht ist „Stirb!" als empörter Zuruf des zürnenden
Dichters an den Eroberer zu fassen und statt einer Verwünschung gesetzt; „Donnerer"
ginge auch in diesem Fall auf den „schäumenden Helden". — Ein Vortrag des ver-
storbenen Nürnberger Studienrektors Heerwageh^) der unter anderem Klopstocks Ode
„Der Kamin" mit einigen einleitenden Bemerkungen reproduziert, mag zu der Zeit und
an dem Orte, wo er gehalten wurde (am 17. März 1869 im „Pegnesischen Blumenorden"
zu Nürnberg), von unzweifelhaftem Werte gewesen sein, verdiente aber jetzt in keiner
Weise einen neuen Abdruck. —
IV,8
Wieland.
Franz Muncker.
Neue Funde: Gedichte N. 1; Autocharakteristik N. 2; Briefe N. 5. — Ausgaben N. 12. — Forschung: Geron N. 16;
Nachlass des Diogenes N. 17. —
Unser Studium Wielands ist noch immer und, wie es scheint, noch auf ge-
raume Zeit, erschwert durch den Mangel einer historisch-kritischen Ausgabe, deren wir
gerade bei diesem Dichter vor allem bedürften. Auch die längst versprochene Biographie
B. SeulFerts, die voraussichtlich in mehr als einer Hinsicht einen neuen Grund zu
unserer Erkenntnis Wielands legen wird, lässt noch immer auf sich warten. Dankbar
verzeichnen wir inzwischen die mannigfachen kleineren Beiträge, besonders die Mitteilung
neuer Funde, die Jahr für Jahr unser Wissen von Wieland und seinen Werken im
einzelnen mehren. Die bedeutendsten unter ihnen aus dem Berichtsjahre verdanken wir
Seu'ffert i). In einem hauptsächlich dem Andenken Wielands gewidmeten Hefte der
DDichtung teilte er zunächst zwei bisher unbekannte Gedichte des ältesten Weimarer
Meisters mit: das eine in Hans-Sachsischen Versen und im leichtesten Plauderton, wie
ihn Wieland etwa seit den „Komischen Erzählungen" pflegte, zum Neujahr 1784 an die
Herzogin-Mutter Anna Amalia gerichtet, das zweite in spanischen Trochäen, der
Prinzessin Karoline von Sachsen-Weimar wohl kurz vor ihrer Vermählung gewidmet,
beides Gelegenheitsstücke, aber als solche ganz vortrefflich, das erste anmutig, geistreich-
schalkhaft, das zweite liebenswürdig-innig gehalten. —
Ganz besonders interessant ist eine am gleichen Orte von Seuffert 2) abge-
druckte Auto Charakteristik Wielands von 1757. Sie wurde unter dem unmittel-
baren Eindruck des Streites mit Uz niedergeschrieben, als Wieland von Mendelssohn,
Lessing und andern namhaften Schriftstellern verdiente Vorw^ürfe für seine litterarische
Unduldsamkeit einerntete, wie wir jetzt nach der ausführlichen und überaus gründlichen,
vielfach aus hs. Quellen schöpfenden Einleitung Sauers^) zu seiner kritischen Aus-
gabe der poetischen Wei^ke von Uz Schritt für Schritt verfolgen können. In der Auto-
charakteristik sucht Wieland sich besonders mit der Erklärung zu rechtfertigen, dass
er niemals auch nur durch eine Zeile beleidigen wollte, aber zum Schutz der Wahrheit
zuweilen Dinge schreiben musste, die für Beleidigung aufgenommen wurden. Schon
Geiger 4)j der über die Veröffentlichungen Seufferts zusammenfassend berichtet, bemerkt
indess dazu richtig, dass Wieland, indem er sich seiner Haut wehren wollte, Angriff
und Verteidigung leicht verwechselte. So wendet sich denn auch die Autocharakteristik
unmittelbar nach jenen friedlich klingenden Worten grob genug gegen „die Herren
Utze, die Bibliothecaires der Schönen Wissenschaften, die Nicolai, die Verfasser der
Aesthetischen Nüsse und Bodmeriaden" als gegen Leute, „die ihr niedriges Hertz und
(Mit e. Nachwort d. Herausgebers) E. dunkle Dichterstelle: ZDS. 3, S. 395/8.— 9) H. Heerwagen, Drei Gedichte v. Horaz,
Opitz u Klopstock (= Altes u. Neues a d. Pegnes. Blumenorden [S. o. 111,5 N. 8] S. 167—92.) —
I) B. Seuffert, Gedichte v. Wieland (aus seinem ungedruckten Nachlass mitget.): DDichtung. 8, S. 254/6. —
2) id. E. Auto Charakteristik Wielands: ib. S. 270/1. - 3) S. o. 1V,2 N. 3. - 4) L. G[eiger], Wiolandiana: AZg». N. 216. -
108 IV,8: F. Muncker, Wieland.
die elenden Triebfedern ihrer Handlungen so wenig verbergen können". Anfschluss-
roich ist in dem Aufsatze sonst namentlich das Urteil, das Wieland damals über die
ersten sechs Jahre seiner litterarischen Vielthätigkeit fällte. —
Seuffert^) veröffentlichte ferner genau nach dem Wortlaute der Hss. vier
Briefe Wielands, einen an Klopstock (1753), der bereits die Verstimmung zeigt, in
welche sich der ehemalige schwärmerische Verehrer des „Messias" gegen dessen Vf.
durch Bodmers Groll hatte fortreissen lassen; einen zweiten an Bodmer (1. Okt. 1760)
über Biberacher Erlebnisse und Verhältnisse, in dem die Worte des Schreibers kaum
überall buchstäblich genau genommen werden dürfen, wenigstens soweit aus ihnen die
absolute Unantastbarkeit von Wielands eigener Handlungsweise erhellen soll; einen
dritten an Böttiger (21. Dez. 1806) über die Uebersetzung der Briefe Ciceros, vornehm-
lich aufschlussreich für die Sorgfalt, mit der Wieland auch hieran arbeitete; endlich
ein teilweise durch Faksimile nachgebildetes Schreiben an den Buchhändler Reich
(10, Aug. 1760), der den Verlag der „Poetischen Schriften" zuerst übernehmen sollte. —
Diesen Mitteilungen reiht sich vor allem ein französischer Brief Wielands an Knebel
vom 24. Dez. 1774 an, den Gaedertz 6) mit andern, zum Teil recht bedeutenden
Briefen von und an Knebel zuerst veröffentlicht und den sogleich darauf von Knebel-
Do ebe ritz '^) in seinem dankenswerten Lebensbilde Knebels entsprechend verwertet
hat. Es ist das Anwortschreiben des Dichters auf die begeisterte Schilderung, die ihm
Knebel nach seinem ersten Besuche bei Goethe von dem neuen Freunde gemacht
hatte. In Wielands Worten klingt noch der Groll nach über Goethes Satire auf seine
„Alceste" und über dessen entschuldigenden Brief, den der Gekränkte nur für eine
neue Verhöhnung angesehen hatte. Gleichmässig jetzt angegriffen von den Anhängern
Klopstocks und von den Kraftgenies, deren Leistungen er gern hätte Gerechtigkeit
widerfahren lassen, erklärte er, nunmehr vollständig und für immer auf die Freund-
schaft aller dieser jungen Schriftsteller verzichten zu wollen. — Ziemlich der gleichen
Zeit gehören zwei von Suphan^) herausgegebene Briefe Karl Augusts an Wieland
an (23. Juli 1772 und 29. Dez. 1774), die ältesten bis jetzt bekannten Schreiben des
Fürsten, für dessen frühzeitig sich bekundende eigenartig bedeutsame Natur sie be-
sonders interessant sind. Sie zeigen fem er, wie innig der Prinz gleich von Anfang an
sein Verhältnis zu Wieland auffasste, wie offen er später auch Herzenssachen ihm vor-
legte, wie unumwunden er ihm sein Urteil über Fremde, über Goethe, Klopstock u. a.
mitteilte, — Die Briefe stammen aus dem Nachlasse Reinholds, dessen reichhaltige
Korrespondenz mit Wieland, von R. Keil 9) bereits 1885 veröffentlicht, nunmehr eine
neue Titelausgabe erlebt hat, und sind zu Anfang des Jahres 1890 mit allen Papieren
Reinholds von dessen Enkel, dem Geheimen Justizrat Reinhold in Weimar, dem Goethe-
Schiller- Archiv daselbst geschenkt worden lO). Dieses wiu-de so durch etwa 200 Briefe
von Wieland, ferner durch zahlreiche Briefe von Karl August, Anna Amalia, Schiller,
Kant, Fichte, Jean Paul u. a. bereichert. — Dem Archiv wurden ferner von einer
mit der Familie Wieland verwandten Dame, Frl. Marie Emminghaus, Hss. und
Briefe von und an Wieland zugewendet, darunter eine grössere Anzahl von Briefen
Anna Amalias aus der Zeit, als Wieland noch Prinzenerzieher wari^). —
Von den grösseren Werken Wielands wurde die „Geschichte der Abderiten"
als Schlussband der von Muncker 12) eingeleiteten Ausgabe Wielandscher Schriften in
der „Cottaschen Bibliothek der Weltlitteratiir" wiedergedruckt. — Vom „Oberon" erschien
eine neue Titelausgabe mit den bekannten Gabriel Maxschen Bildern 13). —
In der Forschung über Wieland ist ausser einigen Aufsätzen, die nur Be-
richte über frühere Arbeiten enthalten 14) oder bei sonst selbständigem Charakter den
deutschen Dichter nur flüchtig streifen 15), besonders eine Untersuchung von Ransohoff 16)
über „Geron" zu verzeichnen. Der Vf behandelt darin erschöpfend das Verhältnis
des deutschen Gedichtes zu seiner Quelle, dem Auszuge Tressans aus dem französischen
Ritterroman „Gyron le courtois", und weist namentlich die mitunter wörtlichen Ent-
lehnungen Wielands aus seiner Vorlage sowie die sprachlichen Veränderungen des
deutschen Textes in der Ausgabe der gesammelten Werke Wielands nach. Eine zu-
sammenhängende Untersuchung der archaistischen deutschen Formen, die gerade im
5)B. Seuff er t, Ungedruckte Briefe Wielands (an Klopstock, Bodmer, Böttiger u. Reich): DDielitung 8, 271/5. — 6) K. Th. Gae-
dertz, Ungedruckte Briefe v. u. an K. L. v. Knebel aus d. J. 1772-1832: DK. 15,4, S. 219—35, 349—61. (Brief Wielands
S. 220/3.) — 7) H. V. Knebel-Doeberitz, K. L. v. Knebel. [S. u. IV.llb N. 110.] (Bes. S. 24) — 8) B. Suphan, Aus
Carl Augusts Frtthzeit. 2 Briefe an Wieland: VLG. 3, S. 611/5. — 9) R. Keil, Aus klassischer Zeit. Wieland u. Reiiihold.
Orig.mitteill. als Beitr. z. Gesch. d. deutschen Geisteslebens im 18. Jh. Neue Ausg. Leipzig, Friedrich, o. J. VIII, 368 8.
M. 6,00. — 10) Vgl. LCBl. S. 164; RCr. 29, S. 119—20 usw. — 11) Vgl. HambCorr. v. 14. Jan. — 12) Wielands ges. Werke
in 6 Bdd., Mit e. Einl. v. F. Muncker. Bd. 6. (= Cottasche Bibl. d. Weltlitt. Bd. 183.) Stuttgart, Cotta 312 S, M. 1,00. —
13) C. M. Wieland, Oberon. E. romant. Heldengedicht in 12 Gesängen. lUustr. v. Gabriel Max u. Gustav Closs. Stuttgart, Göschen,
o. J. 317 S. M. 4,00. — 14) L. F. 0[fterdinger], Wielands Berufung nach Weimar: SchwäbKron. S. 961. (Ausfuhrt. Referat
über d. Arbeit v. SeufFert, VLG. 1, S. 341—455.) — 15) J. K. Riedl, Huon de Bordeaux in Gesch. u. Dichtung: ZVLR. NF. 3,
S. 71—126. (Ueber Wieland nur d. Schluss S. 124/6, ohne über M. Koch, D. Quellenverhältnis v. Wielands Oberon, irgend-
wie hinauszukommen.) — |6) G. Ransohoff, Untersuchungen über Wielands „Geron": VLG. 3, S. 530—41. — 17) A. Mager,
IV,8: F. Muncker, Wieland. 109
„Geron" sehr stark hervortreten, lehnt er vorläufig ausdrücklich ab. Die Frage nach der
Stellung des Gedichts in Wielands eigener litterarischer und menschlicher Entwicklung
hat er kaum berührt. —
Mager 1'^) stellt die Aehnlichkeiten zwischen Sternes Romanen und Wielands
„Nachlass des Diogenes" zusammen. Eine willkommene, wenn auch nicht immer ge-
schickt gegliederte Arbeit. Die Motive, die Wieland von Sterne entlehnte, sind, so
weit sie Einzelheiten in der Handlung seines Werkes bestimmen, weder zahlreich noch
bedeutend; auch die Charakteristik des Wielandschen „Diogenes" steht nur im allge-
meinen unter dem Einfluss der Lektüre Sternes. Hier schöpft Wieland doch meistens,
was M. wenigstens hätte andeuten sollen, aus seinem eigenen Wesen, seiner eigenen
Phantasie, Empfindimg, Lebensanschauung und Erfahrung. Aber die Tendenzen, die
er verfolgt, sind denen, für die Sterne eintritt, verwandt. Unmittelbar auf den engli-
schen Humoristen deutet jedoch die Sprache Wielands im „Diogenes"; die Belege für
gewisse stilistische Eigentümliclikeiten der beiden Schriftsteller (Figur der Häufung
von meist asyndetisch an einander gereihten Haupt- oder Zeitwörtern oder kleinen
Sätzen zum Zwecke genauerer logischer Bestimmung oder Subdivision; Vorliebe für
Apostrophen; Unterdrückung sittlich anstössiger Ausdrücke) bilden den interessantesten
Teil des Aufsatzes. Nur sollte M., wie im ganzen, so auch hier, methodischer und
systematischer von umfassender Einzeluntersuchung ausgehen und neben dem end-
gültigen Text der Wielandschen Schrift auch den Wortlaut ihrer früheren Ausgaben
sorgfältig in Betracht ziehen, um zu noch reicheren und bestimmteren Ergebnissen zu
gelangen. —
1V,9
Lessing.
Erich Schmidt.
[Der Bericht über die Erscheinungen des Jahres 1890 wird im zweiten Bande nachgeliefert.)
IV,10
Herder.
Ernst Naumann.
Biographisches N. 1. — Geistesleben: Humanitätsprinzip N. 3; Verhältnis zum Schulwesen N. 5; gennanistische
Studien N. 6. — Werke: Predigt N. 9; neue Funde .N. 10. —
Biographisches ist wenig zu melden. Aus Mehrungen verlautet, dass die
Nachkommen Herders das Geburtshaus i) des Dichters zu erwerben beabsichtigen. Nach
erfolgter Wiederherstellung soll das Haus der Stadtgemeinde überwiesen werden, wenn
sie seine weitere Unterhaltung übernimmt und eine würdige Benutzung anordnet. —
In Bezug auf Herders Verhältnis zu Hamann weist Rud. Lehmann 2) auf die per-
sönliche Innigkeit ihrer langandauernden Freundschaft hin, die Herder so oft Anlass
bot zu rückhaltlosem, vertrautem Aussprechen über Personen und Ereignisse, dass sich
Herders Lebensschicksale in ihrem Briefwechsel getreu widerspiegeln. —
Eifriger war die Beschäftigung mit dem Geistesleben Herders im besonderen.
Herders Humanitätsprinzip ist von Vesterling 3) eingehend behandelt worden.
Der Vf. verfolgt den Begriff der Humanität in seinem Entstehen, seiner Entwicklung
Wielands „Nachlass des Diogenes von Sinope" u. d. englische Vorbild. Abhandl. z. 20. JB. d. k. k. Staats - Oberrealschule.
Marburg i. St. S. 1-15. —
I) DEeiehsanz. N. 118. (Nach d. DanzZg.) — 2) Bud. Lehmann, Herder u. Hamann: PrJbh. 65, S. 266—72. —
3) H. Vesterling, Herders Humanitätsprinzip. Hallenser Phil. Diss. Berlin, Kummer. 54 S. — 4) X ö. Hauff e, Herder in
110 IVjlO: E. Naumann, Herder.
und seiner verschiedenartigen Ausgestaltung durch die Gesamtreihe von Herders Schriften.
Die Anfange zeigen sich bereits in den ersten Studien unter Kant; während des Auf-
enthaltes in Bückeburg tritt das Christentum zunächst in spinozistischer Färbung in den
Humanitätsbegriff ein; für die Weimarer Zeit hat V. besonders die „Ideen" 4) als eine
Geschichte des menschlichen Verstandes und Universalgeschichte der Bildung zu er-
läutern. Der Begriff der Humanität beruht in ihnen auf der Vorstellung einer mensch-
lichen Glückseligkeit und zwar bei ganzen Völkern wie beim einzelnen Menschen; ihre
Grundlage bildet die natürliche Organisation zu Vernunft und Billigkeit. In den
christlichen Schriften wandelt sich das Bekenntnis zur Religion eines Weltheilands in
das Bekenntnis zur Religion des Stifters menschlicher Glückseligkeit; das innerste Be-
wusstsein und das Gewissen wird der einzig wahre Tempel der Menschenreligion. Durch-
dringender Verstand und vollendete Güte als habituelle Eigenschaften des neuen geisti-
gen Menschen machen nach den Auseinandersetzungen des Vf. das Wesen des Herder-
schen Humanitätsbegriffes aus. Die objektive und universale Seite der Humanität bilden
Vernunft und Billigkeit, die in der Form umfassender Gemeinschaftsbildung ihren ange-
messensten Ausdruck finden; die subjektive ist das Gefühl der menschlichen Natur in
ihrer Stärke und Schwäche, nicht ohne Thätigkeit und Einsicht. Objektiv kann die
Humanität nur erreicht werden, wenn jeder in sich das Persönlichkeitsideal verwirklicht.
Die Zweiteilung des materialen Prinzips, Vernunft und Billigkeit, lässt sich zurückführen
auf Herders psychologische Unterscheidung eines Erkenntnis- und eines Begehrungs Ver-
mögens. Sein Verdienst liegt in der Aufstellung des Formalprinzips, welches in dem
Persönlichkeits- und Gemeinschaftsideal zum Ausdruck kommt; denn das letztere als
Ideal der Zukunft und als formgebender Endzweck des Menschengeschlechts kann seine
Verwirklichung erst am Ende der Geschichte finden und stellt insofern das Humanitäts-
prinzip auf ethische Grundlage. Die individualistische Ethik vertieft Herder in seiner
Auffassung des Individuums, die in dem Satze gipfelt, dass wir nicht Mensch gewesen
sind, bevor wir zu Ende gelebt haben. Die ästhetisch-künstlerische Bildung ist eine
Folge, nicht eine Voraussetzung der Humanität, die Ethik bildet ihren Kern,
die Religion als eine Sache des innersten Gewissens ist notwendig mit ihr verbunden
als eine Religion innerhalb der Grenzen der reinen Humanität; diese ist für Herder das
Christentum. —
In allgemeinen Umrissen erhalten wir von J. Boehme^) ein Bild von Herders
Verhältnis zum Schulwesen seiner Zeit, an dessen Entwicklung er dauernd Anteil
zu nehmen berufen war. Er suchte den Ansprüchen der realistischen wie der gym-
nasialen Bildung gerecht zu werden, verlangte aber genaue Kenntnis der Grammatik
Einer Sprache als Philosophie der Sprache, ja als Logik und Philosophie der mensch-
lichen Vernunft. Wie er nach diesen Gesichtspunkten das Weimarer Gymnasium ge-
staltete, legte Naumann in seiner Anzeige der B. sehen Schi'iffc dar. —
Die Anregungen, welche Wilhelm Grimm aus Herders germanistischen
Studien entnahm, behandelt Steigt). Durch die Neigung für das Volkstümliche waren
■ beide, obwohl sie sich persönlich nicht kennen gelernt, eng verbunden. Seine Beschäf-
tigung mit den altdänischen Heldenliedern führte W. Grimm wiederholt auf Herder zu-
rück; bei dem Liede „Die Elfenhöh" kam Grimm sogar in die Lage, seine Uebertragung
mit der Herderschen vergleichen zu müssen. Auch für die Bearbeitung der Lieder der
alten Edda, für Untersuchung und Beurteilung der englischen Volkslieder hatte Herder
den Weg bereitet; in ihrer Forschung nach Mythologien und Kindermärchen traten die
Brüder Grimm in Herders Fussstapfen. Wilhelm trifft auch in seiner Vorliebe für den
„Cid" mit ihm zusammen; freilich ahnte er ebenso wenig wie Lachmann, dass Herder nur
aus abgeleiteter Quelle übersetzte. — Herders Auszüge aus der Edda benutzt Suphan'^)
zu Berichtigung der widersinnigen Lesart „Zauberose" im fünften Briefe des „Auszuges
aus einem Briefwechsel über Ossian usw." in „Zauberase". —
Wie alle Werke^) Herders haben auch seine Predigten vor der Drucklegung
mannigfache Umgestaltung erfahren. Für die vielbesprochene „Predigt am Dankfest wegen
des Erbprinzen Geburt" hat Jacobsen^) unter Veröffentlichung des ersten Entwurfs
die Abänderungen nachgewiesen, die Herder auf Goethes Bemerkungen hin vorgenommen.
Die schroffen Ausführungen über den schwachen Fürsten, über den schädlichen Einfluss
von Gelehrsamkeit und Kunstkenntnis auf die Regierungsthätigkeit wurden in der ge-
druckten Rede gemildert, mehrfache Erwähnungen des Herzogs nachträglich einge-
schoben. —
seinen Ideen z. Phil. d. Gesch. d, Menschheit. Borna-Leipzig, Jahnke. 127 S. M. 1,50. (Auszug aus Herder.) — 6) J. Boehme,
Herder u. d. Gymnasium. E. Stück aus d. Kampfe d. realist. u. liumanist. Bildung am Ende d. vor. Jh. Hamburg, Herold.
III, 65 8. M. 1,50. |[P. Cauer: BPWS. S. 1601 ; E.Naumann: ZGyran. 1891, S. 561/3; Hang: BLU. N. 26.]| — 6) K.Steig,
Wilhelm Grimm u. Herder: VLG. 3, S. 573—98.-7) B. Suphan, Zu d. Blattern „V. deutscher Art u. Kunst": ib. S. 503/5. —
8) X Herders Ansgew. Werke in 6 Bdn. Mit e. biogr.-litt.-hist. Einl. v. J. Lautenbacher. Bd. 4—6. (= Cottasche Bibl. d.
Weltlitt. 187,'9.) Stuttgart, Cotta. 285, 252, 280 S. jeder Bd. M. 1,00 — 9) A. .Tacobsen, Wandlungen e. Herderschen
IV,10: E. Naumann, Herder. 111
Durch zwei neue Funde ist die Masse von Herders Schriften vermehrt.
Seuffert^O) veröffentlicht eine von ihm im Nachlasse Wielands entdeckte Paramythie
„Die Bitte der Grazien", Herders Glückwunsch zu Wielands siebzigstem Geburts-
tage. — Preseniusii) fand in Matthissons „Erinnerungen" ein „Fragment über die
beste Leitung eines jungen Genies zu den Schätzen der Poesie", welches Matthisson in
Mainz im Herbst 1786 von J. v. Müller hs. zum Geschenk erhalten hatte. Inhalt und
Schreibart ist erfüllt von Herderschem Geiste, im einzelnen finden sich in Herders
Schriften die schlagendsten Parallelen ; es ist verfasst zwischen 1776 und 1786 und zwar,
wie F. mit Bestimmtheit annimmt, von Herder. Dagegen wurde aber von anderer
Seite geltend gemacht, dass das Schriftstück den Charakter eines Cento aus Herders
Schriften trage und daher nicht notwendigerweise von ihm herzurühren brauche. —
IV,U
Goethe.
a. Allgemeines.
Ludwig Geiger.
Goethe: Stellung in der Weltlitteratur und im geistigen Leben unserer Zeit N. 1. — Verhältnis zur Philosophie
und Pädagogik N. 11; zur Bibel N. 18; zu den Juden N. 22; zur Politik N. 24; zur Renaissance N. 26; zur bildenden Kunst
und zu Künstlern (Goothebildnisse) N. 27; zur Musik N. 40; zum Ausland N. 44. — Goethewissenschaft und Goethe-
verehrung: Ausland N. 50. — Goethegesellschaft (Archiv, Museum, Goethehaus) N. 55. — Sammelwerke N. 66. — Ausgaben
N. 73. — Denkmale, Feste usw. N. 81. — Kompositionen N. 92. —
Goethes Stellung in der Litteratur ist eine unvergleichliche. Er strebt aus
dem Rahmen der eigentlich deutschen Litteratur heraus der zu begründenden Welt-
litteratur zu. Lmerhalb der deutschen aber ist er nicht in ein einzelnes Gebiet zu
bannen. Wie nichts Menschliches ihm fremd ist, so erscheint ihm jedes litterarische
Feld, jedes Wissensgebiet vertraut, in manchen Zweigen der Kunst tritt er als Kenner
auf und, was bei ihm unvermeidlich mit der Kennerschaft zusammenhängt, als Förderer
und Erweiterer. Daher ist es billig, dass bei der Besprechung der ihm gewidmeten
Arbeiten zuerst von seiner Stellung zur Allgemeinheit und von seinem Verhältnis zur
Wissenschaft und Kunst die Rede ist. Goethes Stellung in der Weltlitteratur wäre
ein der Besprechung würdiger Gegenstand. Die Aufsätze, die ihn behandeln wollen, wie
ein Essay des Grafen Seh ackl), oder zu behandeln scheinen, wie ein Artikel von Münz 2),
sind weit entfernt davon, ihn zu erschöpfen, ja geben nicht einmal die richtige Stellung
der Frage. — Ueberhaupt sind derartige allgemeine Arbeiten, die mit Vorliebe Goethes
Bedeutung für die eine oder die andere Seite des geistigen Lebens unserer Zeit er-
örtern, nicht selten ungefüge Sammlungen von Phrasen und paradoxen Anschauungen 3 ),
dazu bestimmt, auf die Menge einen Eindruck zu machen, aber nicht im stände, wissen-
schaftliche Förderung hervorzurufen. Bisweilen dienen sie dazu, Philosophen, wie
Brunnhofe r4) und Glogau^), und Naturwissenschaftlern, wie H. von Basedow^),
ilire Lieblingsmeinungen zu stützen, oder sie werden auch von Theologen und
Politikern, diesmal sind es Linde'^) und Bewer^), sei es zum Ausdruck ihres Eifers
gegen den Heiden Goethe oder zu Klopffechtereien gegen politische Gegner gebraucht,
Predigt: ZPTh. 12, S. 212—24. — 10) B. Seuffert, D. Bitte d. Grazien. E. Paramythie. Am 5. Sept. 1803. Z. 24 Juni 1890
begrUssen Reinhold Köhler vier Grazer Freunde. 7. S. Graz, Styria. (Nicht im Buchhandel.) — II) A. Fresenius,
£. unbek. Herdersches Fragment: „Ueber d. beste Leitung e. jungen Genies zu d. Schätzen d. Poesie," Vortr. geh. in d. Ges.
f. deutsche Litt, zu Berlin. Referat: DLZ. 11, S. 439 (vgl. VossZg. N. 91); dabei auch Bericht Über d. mündl. Kritik v.
0. Ho ff mann u. a. —
I) A. F. Graf V. Schack, Goethe u. d. Weltlitt (= Pandora. Vermischte Schriften. Stuttgart, Deutsche Verlags-
anst. VI, 491 S. M. 6,00. |[AZg. 1889, N. 351; ConsMschr. 46, S. 1342; DR. 14,4 S. 379; Ko ch: LMerkur. 9, S. 397; Schröter:
BLU. N. 10; Harnack: PrJbb. 66, S. 309; N&S. 55, S. 429; Erich Schmidt: DLZ. N. 52.]| S. 3/9. (Vgl. noch
S. 299 f. 303 [Lyrik].) — 2) B. Münz, Z. Idee d. Weltlitt.: DeutschZg. N. 6546. (Besprechung v. Karpeles, Goethe in Polen.)
— 3) S. 0. 1,5 N. 53. — 4) H. Brunnhofer, Goethes Bildkraft im Lichte d. ethnologischen Sprach- u. Mythenvergleichung.
Neue Goetheschriften N. 1.) Leipzig, Rauert & Rocco. 57 S. M. 1,50. — 5) G. Glogau, lieber Goethe. Studie Z.Entwicklung
d. deutschen Geistes: ZPhilos. 97, S. 1—24. — 6) H. v. Basedow, D. Einfluss d. Naturwissenschaft auf d. Litt. u. deren
112 rV,lla.: L. Geiger, Goethe: Allgemeines.
die durch ihi-e hervorragende Stellung oder ihre grosse geistige Bedeutung den kleinen
Kämpfer gereizt haben. Nützlicher ist es, wenn solch allgemeine Betrachtungen, solange
sie des eigentlich wissenschaftHchen Wertes entbehren, zu praktischen Vorschlägen
führen, z. B. einer Feier von Goethes Geburtstag d\irch Bücherverteilungen, Auiführungen,
Deklamationen, für die Geiger^) eintrat, oder wenn, wie es durch von Loeperio) ge-
schah, in feierlicher Testesstimmung eine gedankenvolle Parallele gezogen wird zwischen
der Stätte, wo Goethe den grössten Teil seines Lebens zubrachte, und dem Orte, der
als Hauptstadt des Deutschen Reichs in erster Linie dazu berufen ist, auf grosse natio-
nale Ziele hinzuarbeiten. —
Eine solche Betrachtungsweise deutet das Verhältnis an, in dem Goethe zu der
allgemeinen geistigen Entwicklung steht. Goethe war kein Schöpfer eines neuen selb-
ständigen philosophischen Systems. Aber die ethischen Probleme beschäftigten ihn
so oft und so lange, dass eine Zusammenstellung seiner diesen Problemen gewidmeten
Auseinandersetzungen mehrfach versucht worden ist. Das Ergebnis, zu dem MelzerU)
kommt, bleibt freilich, dass Goethe zeitlebens ein Suchender blieb, birgt aber, worauf
Sem 1er 12) aufmerksam macht, den tröstlichen Satz in sich, dass er den anderen gleich
ihm Suchenden, nicht den Fachleuten, ein erwünschter Führer sein mag 13-15), — Einem
Zweige der Philosophie, der Pädagogik, wandte Goethe, der auch gern den praktischen
Erzieher spielte 16), seine besondere Aufmerksamkeit zu. Es war ein glücklicher Gedanke,
im Hinblicke auf die Bestrebungen und Kämpfe der Gegenwart die „Sprüche" zusammen-
zustellen und zu betrachten, in denen Goethe die Beschäftigung der Jugend mit den
alten Sprachen als nützlich, ja notwendig erklärte. — Wenn in der ebengenannten Ab-
handlung ein jüngerer Philosoph Goethe zur Seite gestellt wird, so wird in einer andern
fleissigen Untersuchung, die Schneegei"^) vorlegt, das Verhältnis Goethes zu einem
seiner Vorgänger und zwar einem, dem er am meisten verdankt, Spinoza, erörtert. An
Suphans glückliche und grundlegende Darstellung anknüpfend geht S. systematisch vor
und zeigt die einzelnen Uebereinstimmungen und Abweichungen auf, vor allem
in der Auffassung der Unpersönlichkeit der Gottheit. Für den Litterarhistoriker sind
philosophisch technische Ausdrücke störend, wie: „den Pantheismus Spinozas wird man
einen ideal - logischen, den Herder - Goetheschen Pantheismus einen real - dynamischen
nennen dlirfen". Er wird sich auch gegen das Vertrauen wehren müssen, das Falks
Zeugnis entgegengebracht wird, und einem zufälligen Zusammentreffen Eckermanns mit
jenem andern Weimarer Berichterstatter keinen sonderlichen Wert beilegen. —
Mit so selbständiger Forschung Goethe den alten Glaubensurkunden entgegen-
trat, so behielt er doch zur Bibel bis in sein hohes Alter jenes persönliche Verhältnis,
das er bereits in früher Jugend geknüpft hatte. Wie biblische Anklänge in seiner
Sprache fortwirken, hatte einer der geistreichsten Goetheforscher vor Jahren dargethan.
An einen kleinen Nachtrag des Theologen Hauff 18) schliesst sich nun eine fieissige
ZusammensteUung Henk eis 1^-20) an, die die Wahl biblischer Stoffe, Motive, Probleme
auseinandersetzt, hauptsächlich aber bemüht ist, die in den einzelnen Dichtungen, Briefen,
Tagebüchern, Gesprächen vorkommenden Sentenzen des alten und neuen Testaments,
nach den Büchern beider geordnet, aufzuzählen2i). —
Schon durch das Studium der Bibel empfing Goethe Veranlassung, sich mit
Schicksal und Zustand der Juden zu beschäftigen. Was er über sie dachte, wie er
mit Vertretern und Vertreterinnen aus diesem Stamme verkehrte, hat Geiger^^) aus-
führlich dargelegt. Es ist schade, dass diese Ausführungen, die allerdings ursprünglich
in einer den litterarischen Fachgenossen wenig zugänglichen Zeitsclu-ift, im ersten bis
dritten Bande der ZGJuden, abgedruckt waren, einem neuen Bearbeiter desselben
Kunstprincip. I. Goethe u. Schiller u. ihre Zeit: KritJbb. 1,2 S. 27—33. — 7) J. Linde, Goethe u. d. Kreuz. Goethe u. d.
Schwarzen: Vaterland. N. 60, 63. — 8) M. Bewer, Bismarck, Moltke u. Goethe. E. kritische Abrechnung mit Dr. G. Brandes.
Düsseldorf, Bagel. 58 S. M. 1,00. |[Grenzb. 49, 2, S. 528; HambCorr. N. 352; Deutschland 1, S. 592; Müller: BLU. N. 49;
KreuzZg. N. 227; StrassbPost. N. 1541; TglRs. N. 130; Post N. 150; Bohemia". N. 138; AZg. N. 234«.] i (Bezieht sich auf
G. Brandes, Generalfeldmarschall Graf v. Moltke, krit. beleuchtet, deutsch v. E. Jonas.) — 9) L. Geiger, Zu Goethes Geburtstag.
AZg". N. 238. — 10) G. V. Loeper, Berlin u. Weimar. Vortr. geh. in d. General-Versammlung d. Goethe-Gesellsch. zu Weimar
31. Mai 1890: DRs. 64, S. 30/9. — II) E. Melzer, Goethes ethische Ansichten. E. Beitr. z. Gesch d. Philosophie unserer
Dichterheroen. Neisse, Graveur. VII, 44 S. M. 0,50. |[Grenzb. 49,3, S. 382; Traub: LMerkur. 10, 8. 256.]i (S.-A. aus d.
25. Bericht d. Neisser wiss. GsBellsch. Philomathie.) — 12) Ch. Semter, D. Weltanschauung Luthers u. Goethes u. ihre
Bedeutung für unsere Zeit: (= Zeit- u. Streitfragen. NF. H. 63.) Hamburg, Verlagsanstalt. (S. o. 11,6 N. 73.) — 13) X E. W.,
Goethes Weltanschauung u. ihre Bedeutung für unsere Zeit: AZg". N. 97. (Analyse d. Semlerschen Arbeit.) — 14) X Goethes
ethische Ansichten: PKZ. N. 39. — 15) X L. Habicht, Goethe als Erzieher: DHausfrauenZg. N. 1/2. — 16) Goethe u.
Schopenhauer über d. sog. Schulfrage: AZg". N. 271. — 17) G. Schneege. Goethes Verhältnis zu Spinoza u. seine philosoph.
Weltanschauung: PhilosMh. 27, S. 385—409; 513—27. — 18) G. Hauff, Bemerkk. zu Victor Hehns Aufsatz „Goethe u. d.
Sprache d. Bibel" : GoetheJb. 11, S. 176/9. — 19) H. Henkel, D. biblische Bilder- u. Sentenzenschatz in Goethes Schriftan :
NJbbPhPad. 8. 174-86; 248—58. — 20) id., Goethe u. d. Bibel. Leipzig, v. Biedermann. III, 84 S. M. 2,00. |LCB1. N. 38;
Grenzb. 49, 4, S. 78.]| — 21) X E. Karpeles, Goethe als Bibelforscher. E. Vortr. (= Qemeinverst. Schriften z. Erkenntnis d
Vergangenheit n. Gegenw.) Berlin, Engel. SOS. M. 0,50. |[6eiger: MLJA. 59, S. 207 ; KreuzZg. N. 79.] | (Bes. gegen Gtethes Auf-
satz , Israel in d. Wüste*.)— 22) L. Geiger, Goethe u. d. .Juden. (r= Vortrage u. Versuche [s. o. IV, 1 N. 76] S. 215—81.) — .
IV,lla: L. (jreiger, Groethe: Allgemeines. Ilii
Gegenstandes, Babad^s)^ nicht bekanntwurden, und noch mehr schade, dass diese neue
Bearbeitung mit überflüssigen polemischen Zuthaten versehen ist. —
Goethes geringe Neigung für die Juden erklärt sich nicht aus seinen poli-
tischen Anschauungen, aus stark ausgeprägter deutsch-nationaler Gesinnung. Er war,
wie dies in ruhigem Ton von K. J. Schröer2't) sowohl gegen die, die Goethe gern
zum Chauvinisten, als gegen die, die ihn zum Vaterlandslosen stempeln wollen, ausein-
andergesetzt worden ist, weder Höfling noch Volksfeind. Vielmehr bewahrte er auch
den Höchsten gegenüber seine Maimeswürde, verlangte nach Freiheit des Individuums
und der Gesamtheit, freilich im Gegensatz zu allem Revolutionären. Er war nicht ein-
seitig national, sondern human und bestrebt, von diesem Humanismus aus auch die
nationale Erage^S) zu lösen. —
Von solcher Gesinnung getragen musste Goethe sich aus der Gegenwart zur
Vergangenheit flüchten und gerade zu denjenigen Zeiten, die die Humanitätsgedanken
am deutlichsten ausgeprägt haben: zum Altertum und zur Renaissance. Seine Stellung
dem ersteren gegenüber, oft dargestellt, ist gerade in dem Berichtsjahre nicht neu be-
handelt worden. Ein Aufsatz Geigers^ß) über Goethes Verhältnis zur Renaissance
dagegen, zu den italienischen und deutschen Dichtern jener Tage, zu den Kunstbe-
strebungen, der Ideen- und Empfindungsweise dieser angeregten Zeit ist in des Vf.
„Vorträgen und Versuchen" neu vorgelegt. —
Unter den bildenden Künsten, die er besonders in Italien bewunderte, war
Zeichnen ihm die vertrauteste. Zwei seiner Silhouetten, nämlich die des Syndikus
Treuter und seiner Gattin, sind neuerdings durch 0. Harnack^^) erwähnt und gewürdigt
worden. — Die Sehnsucht nach ItalienSS)^ die ihn niemals verliess, hatte ihre erste An-
regung durch die italienischen Prospekte erhalten, die der Vater besass; es ist als ein
glücklicher Umstand auf Grund einer Mitteilung von J. Proelss29) zu erwähnen, dass
diese wiedergefunden worden sind. — Goethes Beziehungen zu Italien hörten nicht auf,
nachdem er den klassischen Boden verlassen. Eine wundervolle Gabe ist die durch
0. Harnack^O) gebotene Mitteilung der Briefe, die Goethe nach Italien schiieb und
aus Italien empfing. Künstler und Gelehrte sind die Korrespondenten, in den Briefen
wird Künstlerisches und Persönliches erörtert. Die Anregungen, die Goethe gab, er-
scheinen fast ebenso merkwürdig wie die, die er empfing; die Begeisterung, die er
durch seine Erscheinung, sein Gespräch und Wirken erregte, kommt wiederum in der
glühenden Sehnsucht zum Ausdnick, die bei seinem Scheiden nach ihm laut wurde. —
Denn das ist das Eigenartige auch Künstlern gegenüber, dass aus einem Austausch
von Kunstansichten, geschäftlichen Beziehungen wie Gewährung von Medaillen oder
Bilderbestellung sich eine persönliche Intimität entwickelte. Am wenigsten ist dies,
wie sich aus einer von Gaedertz^i) gelieferten kleinen Schrift ergiebt, bei dem Maler
Kolbe der Eall, der, ein Prämiierter der Weimarer Ausstellung, um die Wende des Jh.
durch Pariser Berichte sich dem Meister in empfehlende Erinnerung brachte und noch
zwei Jahrzehnte später mehrfach sein Bild schuf. Klarer lässt es sich bei der von
Schram32) behandelten Angelika Kauffmann erkennen, die Goethe eine rechte Freundin
wurde, den innigsten Anteil an seinen Geschicken nahm, seine Werke verständnisvoll
auifasste, sich ihm für viele Anregungen dankbar verpflichtet fühlte und lange nach dem
persönlichen Zusammensein den gewaltigen Eindruck festhielt, den sie von dem Dichter,
dem Kunstbegabten, dem bezaubernden Menschen erhalten hatte. — Das bedeutsamste
Verhältnis zu einem Künstler ist das zu Rauch. Eggers^s) hat sich das Verdienst er-
worben, zu den früher von ihm veröffentlichten Briefen Goethes die inhaltreichen und
enthusiastischen Briefe Rauchs, manche interessanten Schriftstücke aus den beiderseitigen
Kreisen und wichtige Kunstbeilagen hinzugefügt und dadurch dieses menschlich-schöne,
erhebende Verhältnis klargelegt zu haben. — In dem Rauch - Goetheschen Briefwechsel
spielt der „wackere Schweizer" Heinrich Meyer eine wichtige Rolle. Dieser schwache
Künstler und grosse Kunstgelehrte hat, mit Benutzung seines reichen Nachlasses, eine
Würdigung durch 0. Harnack^^) erfahren, die, wie es scheint, dazu beitragen wird,
dass man mit der traditionellen Belächelung Meyers bricht. — Auch von bildlichen
23) J. Babad, Pro- u. Antisemitisches in schön u. streng wissenschaftlicher Litt.: S.-A. d. OestrWs. Wien, Oesterr. Wochenschr.
53 S. 1[L. Geiger: ZGJuden. 5, S. 113/4.]| — 24) K. J. Schröer, Goethes Stellung z. Politik, z. Nation u. z. Gegenwart.
(= Binl. zu Goethes Werken, Dramen 6. Bd. [DNL.]) : ChrWGoetheV. 5, S. 43/4, 47/8, 53. — 25) X Goethes nationales
Empfinden: HambNaehr^. N. 14. (Mit Hinweis auf v. Biedermann, Goethes Gespräche.) — 26) L. Geiger, Goethe u. d. Renaissance.
(= Vortrage u. Versuche [s.o. IV, IN. 76] S. 281—318). — 27) 0. Harnack, Zwei Bildnisse v. Goethes Hand: GoetheJb 11,
8. 193/4. — 28) X P. Th., Goethe in Italien: LZg«. N. 86. — 29) J. Proelss , Kennst Du das Land: AZg. N. 85. —
30) 0. Harnack, Z. Nachgesch. d. ital. Reise. Goethes Briefwechsel mit Freunden u. Kunstgenossen in Italien 1788 — 90. Mit
vier Lichtdrr. (= Schriften d. Goethe-Ges. her. v. B. Suphan. Bd. 5.) Weimar, Goethe-Gesellschaft. XXXII, 259 S. (Nicht
im Handel.) — 3l) K. Th. Gaedertz, Goethe u. d. Maler Kolhe. Bremen, C. E. Müller. 42 S. M. 2,50. [[Gegenw. N. 7;
L. Geiger, MLJA. 59, S. 206; W. v. Oe ttingen: DLZ. 11, S. 599; LCBl. S. 631/2 ; Kunstchron. NF. 1, S. 321.]| — 32) W. Schräm,
D. Malerin Angelika Kauffmann. E. Lebensbild nach d. Quellen bearb. u. durch 15 Briefe von u. an Angelika beleuchtet-
BrUnn, Rohrer. III, 64 S. mit Bild. M. 1,50. — 33) K. Eggers, Rauch u. Goethe. Urk. Mitteill. Mit 6 Lichtdrucktafeln.
Berlin, Fontane. XIV, 251 S. M. 4,00. |[L. Geiger: Nation». N. 39; H. DUntzer: Gegenw. N. 34; W. LUbke: AZg». N. 44.]l
Jahresberichte ftlr neuere deutsche Litteraturgeschichte 1 '- , O
114 IVjlla: L. Geiger, Croethe: Allgemeines.
Darstellungen Goethes, die neu aufgefunden oder neu in den Handel gebracht sind,
war im Berichtsjahr die Rede. Die von Schadow 1816 angefertigte Bildnismaske ^5)^ ein
1810 von Kügelgen gemaltes, aus Zelters Nachlass stammendes Porträt 36) , ein in
Wien verkäufliches Bild 37), die vom Leipziger Museum angekaufte, im Sommer 1820
von ßauch vollendete Goethebüste 38), die sogenannte „Atempo-Büste", wurden besprochen.
— Die hierdurch und durch frühere Veröffentlichungen ersv'eckte Aufmerksamkeit gab zu
Servaes'39) feinsinniger Würdigung Rauchs als Goethebildner Veranlassung. —
Weniger denn auf dem Gebiete der bildenden Kunst sprach Goethe auf dem:
der Musik 40) als ein Wissender. Interessante Briefe einzelner, Goethe besonders nahe-
stehender Musiker sind im Berichtsjahre nicht veröffentlicht worden. Nur die Be-
ziehungen zu Beethoven, schon früher dargelegt, werden von Trimm el^i) aufs neue
ausführlich geschildert42-43). —
Die Weltstellung Goethes wird ausser durch diese Beziehungen zu Wissen-
schaften und Künsten durch seine Verbindung mit Vertretern des Auslandes dargelegt.
Was zunächst die Anregungen betrifft, so ist Italien 44) bereits genannt (vgl. o. N.
28 — 30). Aber mehr als Italien war Englands Litteratur auf Goethe von Einfluss, oder
richtiger der Schriftsteller Englands: Shakespeare. Schöne Worte über Goethes und
Shakespeares Grösse sind von einem Engländer, Blackie45), gesprochen. — Eine gute
Zusammenstellung meist bekannter Dinge bis zum Abschluss von Goethes erster Periode
(1775) findet sich in einer Dissertation von B. Wagener 46-47), — Nicht als Empfangen-
der, sondern als Spendender tritt Goethe den östlichen Ländern gegenüber. Gar mannig-
fach traten, wie Meisner 48) G. Karpeles nacherzählt, Polen bei ihm ein, erzählten
später von den Besuchen bei ihm und eröffneten seinen Werken ein neues Land. — In
Russland, von dessen Beziehungen zu Goethe 0. Harnack49) berichtet, dichtete
Alexander Puschkin eine Eaustscene; ihm ist, wie vermutet wurde, das Gedichtchen
„Goethes Eeder an **" gewidmet; N. Borchardt, der 1828 viel für die Würdigung
Goethes in Russland that, erhielt von dem Gefeierten ein freundliches Schreiben. —
Auch die Betrachtung der Fortschritte, welche die Goethewissenschaft und
die Goetheverehrung als solche gemacht haben, darf den Blick auf dem Auslande
ruhen lassen. In weit höherem Grade als früher steht Goethe gegenwärtig im Aus-
land im Mittelpunkt des litterarischen Interesses. Zeugnis davon legen die zahlreichen
Uebersetzungen seiner Werke im Osten, Süden und Westen E\iropas, auch in Amerika
ab. Erfreulich ist es festzustellen, dass in Spanien und Italien die litterarische Forschung
sich namenthch dem „Faust" zuzuwenden beginnt. Eine noch erfreulichere Thatsache
ist das Erscheinen von Ausgaben deutscher Texte mit trefflichen kritischen und litterar-
geschichtlichen Beigaben besonders in Frankreich. Das Erfreulichste aber war (leider
muss schon von einem Vergangenen gesprochen werden) das Bestehen einer enghschen
Goethegesellschaft 50) j die in Versammlungen und besonderen Publikationen für das
Studium Goethes thätig war. 51-54) —
Der kurzlebigen englischen mag die nun bald sechs Jahre bestehende, in
erfreulichem Aufschwung begriffene deutsche Goethe-Gesellschaft 55) angereiht werden.
Von einer ihrer Publikationen ist schon die Rede gewesen (vgl. o. N. 30). Eine Pflicht
der Pietät ist es, einer Verblichenen, der von Franz Liszt begründeten Goethe -Stiftung zu
gedenken56), die freilich wesentlich aRdere Ziele, Stellung künstlerischer Preisaufgaben
verfolgte. Die fünfte Generalversammlung der Goethe-Gesellschaft, die in Weimar am
31. Mai 1890 stattfand, wurde häufig beschrieben 57) und gab Anlass zu mancherlei Be-
trachtungen 58). Die Festrede V. Loepers wurde schon angeführt (vgl. o. N. 10);
Suphans59) Bericht über das,.fjoethe- und Schiller-Archiv that dar, dass nicht
— 34) 0. Harnack, Goethe u. Heinrich Moyer: PrJbb. 64, S. 629—43. — 35) VossZg. N. 330, 333. — 36) E. vortreffliches
PortrUtv. Goethe: NatZg. N. 296. (Vgl. WeserZg. N. 16610; FrankfJ. N. 389.) — 37) E. Goethe-Bild verkäuflich: ChrWGoetheV.
6, S. 20. — 38) D. Bauchsche «oethebüste: LZg. N. 88. (Vgl. FrankfJ. N. 291; KZg. N. 110; NatZg. N. 270.) — 39) F. Servaes,
Bauch als Goethebilduer: VcssZgS. n. 16. — 40) X J- W. v. Wasiliewski, Goethes Verhältnis z. Musik: ■WEsDramKLM.
11, S. 233/4. (Abdruck aus d. BLehrerZg.; Auszug aus e. vor Jahren erschienenen Vortrag.) — 41) Th. Frimmel, Neue
Beethoveniaua. Neue Ausg. mit 2 ungedr. Briefen Beethovens an Goethe. Wien, Gerold. VIII, 370 mit 6 Abhildd. M. 10,00.
(S. 335—57.) — 42) X Zwei ungedruckte Briefe Beethovens an Goethe: HanibMusikZg. 3, N. 17. (Jedenfalls Neudruck d.
Briefe aus N. 41.) - 43) X Beethoven u. Goethe: HauszHaus. 3, N. 40. — 44) 0. Bulle, Goethe e l'Italia: NAnt. 26,
S. 612-36. - 45) J. Stuart Blaekie, Ueber Goethe u. Shakespeare: BerlTBl. N. 285. - 46) S. u. FV, lle N. 5. - 47) X H.
TUrck, U. psychologische Problem in d. Hamlettragödie. Leipzig-Beudnitz, Hoffmann. 84 S. M. 1,50. (Berülirt Goethes Auf-
fassung Hamlets in „Wilhelm Meister".) — 48) Meisner, Goethes Beziehungen zu Polen u. sein Einfluss auf d. polnische Litt.:
ZHGPosen. 5, S. 339—42. — 49) 0. Harnack, Goethes Beziehungen zu russischen Schriftstellern: ZVLR. NF. 3, S. 269-74.
— 50) Publications of the Goethe-Society. 1886(8: GoetheJb. 11, S. 230/1. — 51) X Jahres-Versammlung d. englischen Goethe-
Gesellschaft: HanuCour. N. 16460. — 52) Manchester Goethe society: Ac. N. 922, 935, 940, 943. — 53) X E. Dowden,
Goethe: Chambers Encyclopacdia. 5. (Unzugänglich.) — 54) X H. Chotzncr, E. moderne englische Stimme über Goethe
in seinem vorgerückten Alter: MLJA. 59, S. 245/7. (Ganz unbedeutend.) — 55) Goethe-Gesellschaft: Meyers Konversations-
lexikon. 17, S. 390. — 56) Liszts Bemühungen f. e. Goethe-Stiftung: DBs. 64, S. 102/4. — 57) D. 5. Jahresversamml. d. Goethe-
Gesellschaft in Weimar (od. »hnl. Titel): DLZ. 11, S. 961; ClirWGoetheV. 5, S. 26; LZg. N. 124; P. Schienther: VossZg.
N. 219; AZg. N. 153; StrassbPost. N. 152; E. Straeter: Post N. 148; SchlesZg. N. 379; FrankfJ. N. 400; KatZg. N. 315;
J. Elias: MUnchNN. K. 251/2, 254. — 58) X E. Straeter, Goethetage in Weimar: StrassbPost. N. 163. (Behandelt auch
, Forschung u. Krlliiierei. Aus d. Leben lUr d. Leben".) — 59) B. Suphan, Aus d. Goethe- u. Schiller-Archiv. Bf rieht d.
I
IVjlla: L. Geiger, Goeihe: Allgemeines. II5
bloss aus der Weimarer Bibliothek alle auf die Goethezeit bezüglichen Schriftstücke
dem Archiv überwiesen, sondern dass durch Geschenk und Kauf ausserordentlich viele
Briefe und Manuskripte der klassischen Periode nach Weimar gelangt sind, die zusammen
mit den bereits vorhandenen Beständen die Verwirklichung eines grossen nationalen
Litteraturarchivs uns nahe rücken. 60) — Auch das Goethe-National-Museum in
Weimar fand in einem Italiener, Zumbinißi), seinen begeisterten, kundigen Schilderer,
der freilich naturgemäss die Italien betreffenden Schätze mit besonderer Vorliebe erwähnt.
Wiederholt nahm Ruland^^)^ (3er Direktor der Sammlung, Gelegenheit, die neuen Er-
werbungen und kleinen Ausstellungen anzuzeigen, durch welche die reichen Schätze
vermehrt und leichter zugänglich gemacht werden. — Auch das Frankfurter Goethe-
haus empfing wichtige Bereicherungen; die Versuche, die Goethe-Zimmer möglichst dem
Zustande anzunähern, in dem sie während Goethes Knabenzeit sich befanden, die Biblio-
thek des Herrn Rats wieder zusammenzubringen, werden erfolgreich fortgesetzt 6^); ein
witziger Aprilscherz 6^) von dem Funde der Korrespondenz Goethes mit der ersten Frank-
furter Jugendgeliebten setzte, wenn er auch auf manchen Ungläubigen stiess^^), viele Federn
in Bewegung. —
Von Sammelwerken ist zunächst das von Geiger 66) herausgegebene Goethe-
Jahrbuch zu nennen, das, zum elften Male, in etwas schmächtigerem Umfang als
sonst erschienen, in seiner alten Einrichtung verblieben ist. Es ist mit bildlichem
Schmuck versehen und zwar den Bildern Goethes, seiner Frau und seines Sohnes, 1811
von F. Raabe gemalt. Es enthält: Neue Mitteilungen, nämlich sechs Nummern aus
dem Goethe- und Schiller-ATchiv, Dramatisches, Lyrisches, Briefe von und an Goethe,
sodann Schriftstücke, die an andern Orten bewahrt werden und zwar Briefe von und an
Goethe und einzelnes von Goethes Eltern, im ganzen 60 Nummern; vier grössere Abhand-
lungen und elf Miscellen, die sich auf Goethes Leben und Werke im einzelnen beziehen ;
dazu Nachträge und Berichtigungen zu früheren Bänden, weiter eine Chronik der Goethe-
Ereignisse, (Denkmäler, Feste, dramatische Aufführungen, Universitätsvorlesungen) und
endlich eine ausführliche Goethe-Bibliographie, wesentlich der Litteratur des Jahres
1889 gewidmet, welche durch einen Bericht der Redaktoren der Weimarer Ausgabe ein-
geleitet wird. — In einem Anhang wird der Jahresbericht der Goethe-Gesellschaft
nebst ihrem vollständigen Mitgliederverzeichnis beigefügt. — Weniger umfassend ist
die von K. J. Schröer^'^) herausgegebene Chronik des Wiener Goethe- Vereins, deren
vierter Band wie seine Vorgänger ausser Vereinsberichten und Mitteilungen über das
geplante Wiener Goethe - Denkmal den Wiederabdruck älterer populärer Aufsätze,
einzelne ungedruckte Stücke und kritische Untersuchungen enthält. — Manche Aufsätze
der genannten Sammelwerke erregten Bedenken. Daher hielten einige Kritiker, wie 0.
BrahmßS). es für geboten, Weherufe auszustossen über die Irrwege, in welche die
Goethe-Forschung geraten sei, indem sie namentlich eine Mitteilung des GoetheJb. als
Muster hinstellten, wie es nicht gemacht werden sollte. ^9) — Andere ^-'^2) meinten über-
haupt, die Aufgabe unserer Zeit bestehe in andern Dingen, als in der stets erneuten
Beschäftigung mit Goethe, wobei es gleichfalls an Seitenhieben gegen „die litterarische
Götzendienerei unserer Klassiker - Byzantiner und Waschzettel - Litteraturprofessoren"
nicht fehlt. —
Gegenüber solchen Angriffen schreiten die ernsthaften Arbeiter ruhig ihres
Weges fort. Ihre wichtigste Pflicht besteht darin, eine authentische Ausgabe des
Goetheschen Lebenswerkes zu schaffen. Sie ist bekanntlich 1887 unter Zugrundelegung
der reichen Schätze des Goethe- und Schill er- Archivs begonnen worden; sie wurde
auch in dem Berichtsjahr eifrig gefördert ''3). Die Benutzung des ungeheuren hs. Materials
5. Generalversammlung d. Goethe - Gesellschaft erstattet: WeimZg. v. 4. Juni. — 60) X R- Steiner, Was Weimars
Goethe-Archiv uns ist, auf Grund persönlicher Erfahrung: ChrWGoetheV. 5, S. 2. — 61) B. Zumbini, II Museo Goethiano
Nazionale in Weimar. Memoria letta aH'Accademia di archeologia, lettere e belle arti : AAALA. 14, S. 193—209. —
62) C. Buland, Aus d. Goethe-National-Museum: WeimZg. 16. Juli, 28. Aug., 26. Nov. (Tgl. Post N. 193, 236;
Sammler 12, S. 104. — 63) Bericht d. Goethehaus-Kommission an d. Hauptversamm). über ihre Thätigkeit während d. Ver-
waltungsj. 1888/89: BFDH. NF. 6, S. 150/4. — 64) Fund im Goethehause: FZg. N. 91. 93. 130. — 65) Bohemia N. 93;
HambCorr. N. 236; NFrP. N. 9199. — 66) GoetheJb. Mit d. fünften JB. d. Goethe-Gesellschaft her. v. L. Geiger.Bd.il. Litter.
Anstalt, Frankfurt a. M. X, 279 u. 82 S. M. 10,00. — 67) ChrWGoetheV. her. v. K. J. Schröer. Bd. 4. Wien. lUustr. Wiener
Extrablatt. 54 S. M. 4,00. [[Harnack: PrJbb. 65, S. 703; DDichtung 8, S. 179; Buch ner: BLU. N. 32; Fränkel: Deutsch-
land 1, S. 655, 761, 788; Chuquet: RCr. N.29; VossZgS. N. 25; Wulckow: BerlTBl. N. 269.] | — 68)0. Brahm, Goethe-Philo-
logie: FrB. 1, 637—40. (Richtet sich besonders gegen Zarnckes Erläuterungen über Goethes Notizbuch v. seiner schlesischen
Eeise 1790. — 69) X M. Kalbeck, D.Waschfrau d. Litt. E. schüchterner Beitr. z. Goetheforschung: Bunds. N. 25. (Nicht
zugänglich.) - 70) Goethe u. noch immer kein Ende. (= Neue litt. Volkshefte. Heft 5) Berlin, Eckstein. 1889. 36 S. M. 0,50.
(Erklärt d. Naturalisten für Goethefeinde.)— 71) Nochmals in Sachen: „Goethe u. noch immer kein Ende": Kunstw. 3, 89—90.
(Citiert Stellen d. Naturalisten gegen Goethe.) — 72) M. G. Conrad, Nochmals in Sachen „Goethe u. immer kein Ende":
ib. S. 109. (Verteidigt sich gegen d. Vorwurf d. Goethefeindschaft.) — 73) Goethes Werke. Her. im Auftrage d. Gross-
herzogin V.Sachsen. I.Abt., Bd. 3 (Gedichte, her. v. G. v. Loeper); 28 (Dichtung und Wahrheit III, her. v. J. Bächtold);
43, 44 (Benvenuto Cellini, her. v. W. v. Oettingen); 2. Abt., Bd. 1, 2 (Z. Farbenlehre, didakt. u. polem. Teil, her. v. S. Ka-
lischer); 4. Abt., Bd. 6 (Briefe Juli 1782 bis Dez. 1784, her. v. E. v. d. Hellen), Bd. 8 (Briefe 1786 bis Juni 1788, her. v.
Erich Schmidt). Weimar, Böhlau.X, 448 S. M. 3,50 (4,60); III, 376 S. M. 2,80 (3,80); XII, 410 S.M. 3,25 (4,40); XI, 428 S. M. 3,40
(4,50); XL, 399 S. M. 4,40 (5,50) ; IX, 318 S. M. 3,40 (4,20); XIX, 477 S. M. 5,00 (6,25) X, 434 S. M. 4,50 (5,60). (Die einzelnen
llf) IV,lla: L. G ei gel-, Goethe: Allgemeines.
und die Mitteilung des Ungedruckten (früherer Ansätze, Paralipomena, absichtlich ge-
sirichener Stücke) bildet eine kennzeichnende Unterscheidung dieser Ausgabe von allen
frühereu. Eine andere ebenso wichtige besteht in der Aufnahme der Briefe und Tage-
bücher, Die ersteren, bisher nur in einzelnen Korrespondenzen geboten, treten hier,
vermehrt mit manchen neuen, in überraschender Fülle auf Die letzteren waren bisher,
kleine Bruchstücke abgerechnet, ganz ungedruckt. Tagebücher und Briefe erhalten in
der neuen Ausgabe mit gutem Recht erklärende Anmerkungen, während solche bei
den eigentlichen Werken ausgeschlossen sind. — Daneben werden neue Ausgaben ge-
liefert, die wissenschaftliche Zwecke verfolgen: im Berichtsjahr haben Düntzer'^4) und
R. Steiner "ß) für die „Deutsche Nationalliteratur" gearbeitet; ältere, bewährte, bis zur
Vollendung der Weimarer Ausgabe der Forschung höchst dienliche Editionen '^6) werden
neu aufgelegt und Schulausgaben '''^ ■'^8) oder blosse Neudrucke des Textes ''9-80) geboten,
bei denen man freilich über Art der Anordnung und Auswahl mit den Herausgebern
rechten könnte. —
Auch Denkmale, Gedenkstätten, Goethefeste regten zur Besprechung
an. Eine Erinnerung an die Eeier von Goethes 100. Geburtstag in Cassel brachte
0. Braunol) mit einem schon vergessenen Gedicht hervor; Reden A. v. Goethes und
E. V. Schillers bei der Einweihung der gemeinsamen Grabstätte der Dichterheroen wurden
durch Schwabens) gedruckt, die Carlsbader Goethebüste beschrieben 83)^ die durch eine
Ueberschwemmvmg Schaden gelitten hatte. Auch von geplanten Denkmalen, in New-
York84), auf dem Kammerbühl bei Eger^S)^ war die Rede. Die lebhafteste JDiskussion
wurde aber durch das Wiener Denkmal angeregt: der Platz, das Aussehen, die ver-
schiedenen vorgelegten Entwürfe gaben zu wiederholten Erörterungen 86-91) Anlass. • —
Zum Schluss mag darauf hingewiesen werden, dass Goethes Lieder, die den
Sangesfreudigen stets ebenso erfreulich waren wie den Liebhabern echter Poesie, noch
immer neu komponiert werden. Wenn auch die Betrachtung der Musikstücke ausser-
halb des Rahmens dieser Uebersicht liegt, so ma^ doch auf einen jüngeren Musiker hinge-
deutet werden, dessen Kompositionen wiederholt warmes Lob empfangen haben92-93). —
b. Leben.
Ludwig Geiger.
Vorbemerkung. — Autobiographisches: Dichtung und Wahrheit N. 1. — Canipague in Frankreich N. 14. —
Tagebücher N. 15. — Priefe N. 18. — Biographie: Gesamtdarstellungen N. 35. — Biographische Einzelheiten N. 38. —
Familie N. 62 — Frauen N. 84. — Beziehungen zu Zeitgenossen N. 91. —
Eine wissenschaftliche, erschöpfende Biographie, die den jüngst erschienenen
Lebensbeschreibungen Klopstocks, Lessings, Schillers an die Seite zu stellen wäre,
fehlt für Goethe noch immer. Sie kann erst versucht werden, wenn die Schätze des
Weimarer Goethe-Schiller-Archivs in grösserem Umfange als bisher veröffentlicht und
ausgebeutet sind. G. von Loeper, der mit der Lösung dieser schweren aber lohnenden
Aufgabe betraut war, ist nicht mehr. Er wäre auch gewiss der Würdigste und Fähigste
Bände werden in d. betr. Abteilungen besprochen.) — 74) Goethes Werke, her. v. H. DUntzer, Teil 13/6 (Werther, Wahlver-
wandtschafton, kleine Novellen, Meisters Lehr- u. Wanderjahre) (=DNL. Bd. 93/6.) Berlin u. Stuttgart, Union. XXI, 418 S.
II, 276 S.; XXVII, 274 u. 382 S.; XXXIV, 446. Jeder Bd. M. 2,60. — 75) Goethes Werke. T. 36, her. v. R. Steiner. Natur-
wissensch. Schriften. Bd. 3. (= DNL. Bd. 116.) Berlin u. Stuttgart, Union. XXXII, 540 S. M. 2,50. - 76) J. W. v. Goethes
Werke. Her. v. W. Frhr. v.Biederraann, H Düntzer, G. v. Loeper u. F. Strehlke.27 Teile iu 16 Bde. Berlin, Dümmler. XIV,
418 S.; XVIII, 494 S. ; XVI, 552 S.; XLVII, 397 S.; 316. 216. 304. 464. 322. 599. 432. 384 S.; LXIV, 174 S.; LXXX, 272 S.;
134. 254. 351. 600. 420. 259. 200. 215. 204. 112 S.; VI, 574 S.; 222. 292 S.; XVI, 360 u. 112 S. M. 30,00. — 77) S o. 1,7 N. 43,
51, 57, 58, 66. — 78) S. o. 1,7 N. 69, 71, 73; vgl. 76. - 79) Goethes Werke, her. v. Adolf Stern. Leipzig. Grunow. 764,
607, 504, 624, 521, 670. 713, 527, 654, 696 S. M. 30,00. — 80) Goethes ausgewählte Werke. Bd. 2—5. (= Cottasche Volks-
bibliothek. Bd. 12, 2:i, 25, 27.) Stuttgart, Cotta. 12«. 208; 260; 200; 298 8. jeder Bd. M. 0,50. — 81) 0. Braun, E. Erinne-
rung an G.s lOOj. Jubelfeier 1849: AZg. N. 238. — 82) J. Schwabe, E. vergessenes Monument: DR. 15, 362—7. — 83) Die
GoethobUste in Carlsbad: ChrWGoetheV. 6, S. 50. — 84) VossZg. N. 31. — 85) X A. John, E. Goethedenkm. im
Egerlande: NordböhmTouristenZg. 6, S. 22/4. — 86) X E. Goethedenkraal in Wien : Grenzb. 49, S. 43/5. — 87) X Ent-
wurf zu e. Goethe-Denkmal: ZBK. NF. 1, S. 267. - 88) X D. Goethe-Denkmal-Entwürfe in Wien: ChrWGoetheV. 5,
S. 15, 20, 21/2, 25, 27, 33. —.89) X L- Blume, Was fUr e. Goethe? E. Wort z. Denkmalfrage in Wien: NWienAbendbl.
24. März. (D. reife Mann, etwa der t. 50 Jahren, inltsse dargestellt werden.) — 90) X K. v. Vincenti, D.Wiener Denkmal-
Skizzen: AZg. N. 120. (Rechnet in erster Linie auf Wegers Entwurf.) — 91) D. Wiener Goethe-Denkmal betr.: H. Gras-
berger: DeutschZg. N. 6481. 6640 (vgl. auch 6533, 6.530, 6658, 6.565, 6670, 6576, 6630. 6647); K. J. Schröer: NFrPr. N. 9172,
9175, 9208,9, 9215, 9217, 9293; PestUojd N. 85; L. n(eves)i: FremdenBl. N. 69; AZg. N. 70, 103, 115; FZg. N. 71. —
92) A. Höfler, Goethe-Qebänge v. H.Wolf: ChrWGoetheV. 5, 6. 16. — 93) F. Kau ff mann. H. Wolf und seine Goethe-
Lieder: AZg. N. 324». -
IV,llb: L. Geiger, Goethes Leben. 117
gewesen, an dieser Stelle über die Versuche zu berichten, die zur Darstellung von
Goethes Leben und zur Aufhellung seiner Beziehungen zu Zeitgenossen gemacht
werden: an seiner Stelle ergreife ich hier das Wort. — ■
Unter den autobiographischen Werken Goethes steht „Dichtung und
Wahrheit" obenan. Diese klassische Selbstbiographie, durch Bächtold und von
Loeper i) herausgegeben, liegt jetzt vollständig in vier Bänden der grossen Weimarer
Ausgabe vor; von ihnen allen hier zu reden mag gestattet sein, obgleich nur einer dem
Berichtsjahr angehört. Die Bereicherungen, die das Werk in dieser neuen Gestalt er-
fahren hat, beziehen sich nicht auf den Text, der im wesentlichen dem der „Ausgabe
letzter Hand" entspricht, sondern auf zahllose, in den „Lesarten" wiedei'gegebene
Zusätze, Fragmente, Schemata, Ausarbeitungen, die ursprünglich von Goethe zur Auf-
nahme bestimmt, doch aus irgendwelchem Grunde hernach ausgeschlossen wurden.
Solche Stücke sind im 1. Band ein grösserer Abschnitt „Ritter Degrieux undManon
Lescot", ein Auszug aus dem berühmten Prevostschen Roman, ursprünglich dazu aus-
ersehen, die Liebesepisode mit dem Frankfurter Gretchen abzuschliessen. Im 2. Bande
längere, anders gehaltene Fassungen über Rabener, über poetische Studien in Leipzig,
über den Strassburger Münster. Im 3. Bande: ein Fragebogen, historische Daten be-
treifend, an Vulpius, nebst dessen Antworten, ein Zettel Riemers mit Verdeutschungen
mancher Fremdwörter, übrigens von Goethe nicht genehmigt; zwei Entwürfe zu Vor-
reden, deren einer den ersten drei Bänden vorausgestellt werden sollte, für die eine
unmittelbare Fortsetzung nicht geplant war: ein durchgeführter Vergleich zwischen der
Entwicklung des Menschen und der Metamorphose der Pflanzen. Das Hauptstück des
4. Bandes ist die „Aristeia der Mutter", die freilich denen, die auf eine Würdigung der
Frau Rat durch Goethe selbst lüstern sind, eine arge Enttäuschung bereiten wird, da es
sich hier nur um die bekannten Aufzeichnungen Bettinens handelt (durchaus in der
Form, wie sie im „Briefwechsel Goethes mit einem Kinde" steht), denen Goethe eine
kurze Vorbemerkung vorangestellt hat. — Hinter einer derartigen Publikation treten
alle übrigen zurück. Doch ist mit Anerkennung eine von einem Franzosen, Kont^),
herrührende Auswahl zu nennen, weil sie, bei aller Berücksichtigung des für franzö-
sische Leser Interessanten gründliche Benutzung deutscher Arbeiten bekundet.^-*) — Dass
man aus miss verständlicher Auffassung einer Stelle in Goethes Autobiographie einem Platz im
Lahnthal beim Kloster Arnstein den Namen ,, Goethepunkt" gegeben, ist richtig gezeigt
worden *''). — Abschnitte aus „Dichtung und Wahrheit" bilden gewiss eine wohlgeeignete
Schullektüre ^). — Sanders' 6) Versuch, die Sprache dieses Werks zu meistern, mag
hier nur angedeutet werden, weil über diese Versuche überhaupt ein kräftiges Wörtlein
bei Gelegenheit der „Wahlverwandtschaften" zu sagen ist. Hier sei nur vermerkt,
dass es mir gänzlich unstatthaft erscheint, bei dem Abdruck des Goetheschen Textes
alle vorkommenden Fremdwörter durch deutsche zu vertauschen, ganz abgesehen davon,
dass diese deutschen Wörter oft den Goetheschen Ausdrücken garnicht entsprechen. —
„Dichtung und Wahrheit" galt und gilt als die reinste Darstellung von Goethes innerer
Entwicklung und äusseren Schicksalen. Eines der grossen Verdienste G. v. Loepers
besteht darin, die geschichtliche Treue dieser köstlichen Autobiographie selbst in kleinen
Aeusserlichkeiten durch seinen Kommentar nachgewiesen zu haben. Einige Bemerkungen
hat von Loeper'^) über den bei der lothringischen Reise erwähnten „Kohlenphilo-
sophen" Stauf oder Staudt und über den „Ludwigsritter", den französischen Obersten
von Cronhjelm, noch im Berichtsjahr gebracht. — Gegen diesen ehrenden Autoritäts-
glauben erhob sich in neuerer Zeit ein Sturmlauf. Düntzer begann im ersten Bande
des Goethe Jb. den Kampf, Froitzheim 8)^ ein um die Strassburger Lokalgeschichte
wohlverdienter Forscher, setzte ihn fort. Seine Ausstellungen gipfelten darin, dass
„Dichtung und Wahrheit" eine Tendenzschrift sei. Zu diesem Zwecke wandte er sich
besonders dem längere Zeit in Strassburg weilenden H. L. Wagner zu und meinte
nachgewiesen zu haben, dass erstens die diesem durch Goethe zugeschriebene Farce
,, Prometheus, Deukalion und seine Recensenten" nicht von ihm, sondern von Goethe
herrühre, dass zweitens Wagners ,, Kindesmörderin" nicht, wie Goethe behauptete, ein
Plagiat seiner Grethchentragödie sei. Doch der erste der beiden Versuche ist misslungen,
weil er nur auf unkontrollierbaren Klatschereien eines Herrn von Bretschneider beruht;
von dem letzteren ist nur so viel wahr — so darf ich wohl meine in einer Anzeige
der F. sehen Schrift niedergelegte Darlegung berichtigen — dass Wagner für Einzelheiten
I) Goethes Werke. Her. im Auftr. d. Grossherzogin Sophie v. Sachsen. Bd. 28. Weimar. Böhlau. IV, 376 S. M. 2,80
(3,80). — 2) J. Kont, Goethe, Dichtung u. Wahrheit. Poesie et Vöritö (Extraits). Avec une introduction et des notes. Paris,
Garnier. XX, 175 S. — 3) X Goethes Autohiography. Books 1—11. 2 vols. Knickerbocker Kuggets. New-York, Putnams.
[[NYCritic. 13, >S. 179.] | — 4) X Goethe, Aus meinem Lehen. Dichtung u. Wahrheit. 4 Teile. (= Meyers Volksbb. 669—80.)
4a) V. d lieblichen Lahn: KZg. N. 144. — 5) S. o. I, 7 N. 17. — 6) D. Sanders, E. Bruchstück aus d. 10. Buche v. Goethes
„Walirheit u. Dichtung": ZDS. 4, S. 1/5, 49—53, 89—93. — 7) G. v. Loeper, Zu Dichtung u. Wahrheit: GoetheJb. II,
S. 174/6. — 8) J. Froitzheim, Goethe u. H. L. Wagner. E. Wort d. Kritik an unsere Goetheforscher. (= ELVKElsLothr.
118 IVjllb: L. Geiger, Goethes Loben.
seines Dramas auch Strassburger Lokalereignisse benutzt hat. Ausserdem wollte F.
durch drei Momente Goethes Un Wahrhaftigkeit erwiesen haben. — Alle drei wusste
Kochendörffer 9) zu entkräften. K. trat erstens für die Darstellung der bei den Durch-
zug der Marie Antoinette vorgeführten Gobelins ein, indem er gerade die Lebendigkeit
und die feine psychologische Entwicklung, die dem nüchternen Forscher den Bericht
verdächtig erscheinen Hess, als Beweise echter Wahrhaftigkeit geltend machte. Er
stellte zweitens die Zeugnisse, wonach Goethes Dissertation von der Strassburger
juristischen Fakultät zurückgewiesen worden, als wenig glaubhafte Berichte eines
ausserhalb jener Fakultät stehenden Mediziners hin, und wies drittens nach, dass
zwischen den Aeusserungen Goethes, Lenz habe 1771 in einer Strassburger litterarischen
Gesellschaft seine ,, Anmerkungen über das deutsche Theater" vorgelesen, und der
andern, Lenz habe Goethe 1773 die ihm bis dahin unbekannten Anmerkungen zu-
geschickt, kein Widerspruch vorhanden sei. Denn jene Vorlesung fand in einer Gesell-
schaft statt, in der Goethe im Sommer 1771 nicht Mitglied, Lenz nur Gast war; „Salz-
mannsche" dürfe diese Gesellschaft nicht wegen des bekannten Aktuars, sondern
wegen seines Vetters Friedrich Rudolf Salzmann genannt werden. Des Angegriffenen
Erwiderung ^O) bot sachlich nichts Neues, und so konnte des Angi-eifers Replik ii), die
durch V. Loepers Zuwendung einzelnes neue Material brachte, den alten Satz siegreich
behaupten, „dass künftigen Angriffen auf Goethes Wahrheitsliebe der Weg verlegt ist".
Besser wäre es jedenfalls, wenn Froitzheim 12-13) ausschliesslich in seinen dankens-
werten Notizen zur Strassburger Lokalgeschichte in Goethes Zeit fortführe. Was
er über Goethes Genossen Meyer v. Lindau sagt, ist dankbar anzunehmen. Joh. Meyer
geb. 1743, Mediziner und Musiker, mit v. Bretschneider und J. L. Blessig befreundet,
seit 1780 in England, dort als Arzt thätig, lebte noch 1816. —
Unter den durch Goethe zum Druck beförderten autobiographischen Werken
ist die „Campagne in Frankreich" neu erschienen. Die Ausgabe, von Bessoni^)
besorgt, mag hervorgehoben werden, weil sie die in Frankreich gegenwärtig lebendige
Beschäftigung mit Goethe bekundet, inhaltlich bietet sie im Vergleich zu Chuquet nicht
viel, abgesehen davon dass sie das Sprachliche mehr hervorhebt, zahlreichere Uebersetzungs-
proben giebt. Durch eine Karte des Kriegsschauplatzes von 1792, ferner durch aus-
führliche Inhaltsangaben vor den einzelnen Abschnitten ist für Herstellung eines leichten
Verständnisses gesorgt. —
Von den bei Goethes Lebzeiten nicht gedruckten autobiographischen Quellen
sind die Tagebücher 15) die ausführlichsten, die auf Grund der Weimarer Ausgabe
von 0. Harnacki6) und Geiger i"^) charakterisiert wurden. Von 1794 bis 1832 in un-
unterbrochener Reihe, aus der früheren Zeit nur für die ersten sechs Weimarer Jahre und
die italienische Reise erhalten, bilden sie die vornehmste Quelle für Goethes Leben.
Im Alter werden sie immer ausführlicher. Schriftstellerischen Wert beanspruchen sie
niemals. Sie sind chronikalische Aufzeichnungen, die dem Schriftsteller zur Erinnerung
dienen oder zu Anhaltspunkten für seine Biographie werden sollten. Sie vermerken
die abgesendeten Briefe, die erhaltenen Besuche, die gelesenen Bücher, geben Notizen
über die Arbeiten; auf Reisen erweitem sie sich zu ausführlicheren Mitteilungen.
Da werden Anekdoten erzählt , Aphorismen notiert , Unterhaltungen analysiert.
Gelegentlich finden sich kurze Hinweise auf Politik, Religion, Häusliches, Persönliches.
Doch eigentliche Bekenntnisse darf man nirgends erwarten. Für die Kenntnis von
der Entstehung einzelner Gedichte, von dem Fortschritt der Arbeit an grösseren
Werken sind die Tagebücher unschätzbar, —
Den Tagebüchern an Wichtigkeit als Lebensdokumente gleichstehend sind die
Briefe. Wie billig stellen wir auch hier die grosse Weimarer Ausgabe voran. Der
6. und 8. Briefband I8)j jener durch von der Hellen, dieser durch Erich Schmidt
herausgegeben, imponieren durch die Fülle des hier zusammengetragenen Materials für
die Jahre 1782 — 84, 1786 — 88. Handschriftliches ist verhältnismässig wenig geboten.
Die Hauptvorzüge der Sammlung sind: Vollständigkeit, Reinheit des Textes, streng
chronologische Anordnung, zu deren Herstellung genaue Untersuchungen vorgenommen
sind. Die Anmerkungen bieten im Gegensatze zu den früheren Bänden erwünschte
Erläuterungen und Aufklärungen über erwähnte Personen und Dinge. — Daneben
schreitet die Publikation anderer Briefe fort. Dass bei diesen Unbedeutendes, Geschäft-
Heft 10.) Strassburg, Heitz. 1889. 68 S. M. 1,50. | [L. Geiger: GoetheJb. 11, S. 264/5.]| — 9) K. Kochen dörffer, Goethes
Glaubwürdigkeit in Dichtung u. Wahrheit: PrJbb. 66, S. 539—63. — 10) J. Froi tzheim, Erwiderung: ib. 67, S. 315/6. —
II) K. Kochendörffer, Replik: ib. S. 316—21. — 12) J. Froitzheim, Zu Goethes Dichtung u. Wahrheit: StrassbPost.
N. 332. — 13) id., Nachtr. zu Meyer v. Lindau, Goethes Tisc-hgenossen in Strassburg: ib. N. 18. (1891.) — 14) Goethe,
Campagne in Frankreich, Campagne de France. Edition nouyello par P. Besson; avec une introduction, un commentaire et
une carte. Paris, Garnier. XXXlII, 180 S. — 15) Goethes Werke. Im Auftr. d. Grossherzogin Sophie v. Sachsen. 3. Abt.:
Tagebücher 3. Bd. 1801/8. Weimar, Böhlau. 1889. VI, 453 S. M. 4,60 (5,80). — 16) 0. Harnack, Goethes Tagebücher: PrJbb.
66, S. 164-64. (Würdigung d. 3 ersten Blinde.) — 17) L. Geiger, Goethes Tagebücher 3. Band: AZgB. N. 76. — 18) Goethes
Werke. Im Auftr. d. Grossherzogin Sophie v. Sachsen her. 4. Abt. triefe 6. u. 8 Band: 1. Juli 1782 bis 31. Dez. 1784; Aug. 1786
IV,llb: L. Geiger, Goethes Leben. 119
Hohes mit unterläuft, versteht sich von selb&t; die Berechtigung, auch solche Schrift-
stücke zu veröffentlichen, müsste nur für die Unverständigen erwiesen werdenl Der
Briefwechsel zwischen Goethe und von Diez (1815 — 16), von Siegfried i^) dargeboten,
bietet nicht uninteressante Belehrungen über Goethes Interesse für die orientalischen
Studien. — Das GoetheJb. enthält ferner aus der Zeit von 1776—1831 eine ganze
Sammlung einzelner Briefe 20)^ an der eine Reihe von Herausgebern beteiligt ist: drei
Briefe von Goethe an Unbekannte, einen an Einsiedel, elf an Frau v. Eybenberg, vier
an Fr. H. Frommann, drei an August von Goethe, einen an die Jenaische Bibliothek, einen
an Karl August, einen an Kirms, fünf an Simon und Leopold v. Lämel, zwei an Herrn
und Frau Sander, zehn an E. Weiler, je einen an Schiller, Charlotte v. Schiller, G.Schüler,
Spiegel, W. v. Wolzogen; sodann (1775 — 1829) je einen Brief an Goethe von Batsch,
J. G. Lenz, Graf zu Münster, Quetelet, H. C Pausner, Schiller und zwei Briefe
Lavaters. Unter diesen Schriftstücken sind von hoher Bedeutung die Briefe an August
V. Goethe, V. 25. — 29. Jan. 1830; m.anche der übrigen enthalten schalkhaft-liebenswürdige
Bemerkungen, wie die Ablehnung der Gevatterschaft an den Buchhändler Sander; der
Brief an Schiller (April 1800) beweist aufs neue, wie dringend dieser um die Arbeit
am „Faust" bemüht war; und die köstliche Bemei-kung an Einsiedel (1776) verdient
Hervorhebung: „eure neuen Weine hass ich wie die neue Litteratur." Die Briefe Lava-
ters an Goethe (1775 und 1781) sind für die gemeinschaftliche Arbeit beider an der
Physiognomik und für das persönliche Verhältnis sehr wichtig. — Von den einzelnen
Briefen, die ausserdem noch in dem Berichtsjahr bekannt wurden, sind erwähnenswert
einige von Lambel^i) zugänglich gemachte an Reuss, naturwissenschaftlichen Inhalts,
an G. Cattaneo, den freundlichen Führer Karl Augusts in Italien 2^), ein amtliches Schreiben
an Baumeister Klein, dasPollak23) gedruckt hat. — Die Korrespondenz mit Friederike
Unzelmann, in die uns Franzos24) blicken lässt, ist wichtig, weil sie die zärtliche Teil-
nahme Goethes für die Schauspielerin und die warme Begeisterung dieser für den
Dichter bekundet. 25-30) — Ein von Suphan 3i) veröffentlichter Brief Räckerts an Goethe
ist interessant durch den bescheidenen Ton des jungen Docenten, der seine Habilita-
tionsschrift überreicht. — Sprachliche Bemerkungen von Sanders -^2) zu den Briefen ent-
sprechen den früher gekennzeichneten zu den Werken, sind aber um so bedenklicher, als
sie sich auf einen Text beziehen, dem keinerlei Autorität innewohnt. — R. M. Werner 33)
wies darauf hin, dass in dem Brief an Frau von Stein vom 19. Mai 1776 ,,Erdkülin"
für „Erdtulin" zu lesen sei. — Leitzmann3'i) zeigte, das der am 14. August 1780 gegen
Frau V. Stein erwähnte Gast Leisewitz sei. —
Tagebücher und Briefe werden ausser den eigentlichen Werken für den künftigen
Biographen die vornehmste Quelle sein. Neben Wiederholung älterer Biographien 35)
sind noch neue Gesamtdarstellungen36) erschienen, von denen die des Franzosen
Firmery37) wegen ihrer verständigen Würdigung des Dichters, ihres gesunden
Urteils über die Hauptwerke hervorzuheben ist. —
Biographische Einzelheiten, die mannigfach behandelt sind, mögen hier
der chronologischen Folge nach aufgeführt werden. Die Zustände Frankfurts in der
Jugendzeit Goethes sind von Dechent3B) anmutig geschildert worden. Umfang und Aus-
sehen der Stadt, kirchliches, sociales Leben, Wissenschaften, Künste, Theater, nicht ohne
feuilletonistisches Beiwerk, aber rnit verständiger Benutzung der Quellen. — Dechent39),
wies auch nach, dass während Fresenius die Taufe Goethes vollzog, der alte J. G. Schmidt
(geb. 1694) bei seiner Konfirmation thätig war. — Von. den Kunstbestrebungen des da-
maligen Frankfurt handelt ein sehr lehrreicher Aufsatz von Valentin^O) über die durch
bis Juni 1788. Weimar, Böhlau. XIX, 477 S. M. 5,00 (6,25) ; X, 434 S. M. 4,50 (5,50). — 19) C. Siegfried, Briefwechsel
zw. Goethe u. v. Diez: GoetheJb. 11, S. 24—42. — 20) 49 Briefe von, 9 an Goethe, ein Brief von Goethes Eltern u. ein Brief von
Frau Rat. Mitget. v. CA. H. Burkhardt, J. Elias, H. Frommann, L. Geiger, L. Hirzel, F. Laraey, B. Litzmann,
H. Rollet, M. Schubart, G. Weisstein: ib. S. 71—122. — 21) H. Lambel, Zu Goethes naturwissenschaftlicher Kor-
respondenz: 2 Briefe an F. A. Reuss (= Goethe-Reliquien aus Böhmen 3.): MVGDeutsehBöhm. 28, S. 363/8. — 22) (Vgl. I, 4
N. 12; IV, 1 N. 46.) — 23) L. Pollak, E. bisher unbek. amtl. Brief Goethes. Prag (im Juni). 4 S. — 24) K. E. Franzos,
Aus Goethes Briefwechsel mit Friederike Unzelmann: DDichtung. 9, S. 29—32: 97—102; 152/7. — 25) X Ueber e. bisher nu^
teilweise bekannten Brief Goethes an Karl August u. Bruchstücke e. Briefwechsels zw. Friedrich Wilhelm IV. u. de la Motte in
Privatbesitz zu Stettin: ZDPh. 22, S. 459, — 26) X E. Claar, Goethe als Theaterdirektor: FZg. v. 29—30. Juni. (Abdruck
bekannter Briefe an Kirms u. a.) — 27) X Goethe als Theaterdirektor: ÜBUhnengen. 29, S. 54/5. (Wiederholung d. 1. Teils
V. N. 26.) — 28) X Goethe als Gründer: FZg. N. 222. (Abdr. d. längst bekannten Briefes v. 15. März 1784 an Ernst 11. v. Gotha.)
— 29) X A. Evers, Aus d. Franzosenzeit: MagdebZg. v. 6. Juli. (Goethes Brief an Villers v. 2. Nov. 1806 mit willkürlichen
Aenderungen abgedr.) — 30) X G- Weisstein, Verlorene Briefe Goethes: GoetheJb. 11, S. 167—70. (Erwähnt aus seltenen
Büchern Briefe an Unbekannte u. an K. v. Moser, v. WarnsdorflP, Menken, Fr. Jacobs.) — 31) B. Suphan, E. ungedruckter
Brief v. F. Rückert an Goethe: VLG. 3, S. 378—80. — 32) D. Sanders, Einige Bemerkk. zu Goethes Briefen her. v. H. DöringJ:
ZDS. 4, S. 10/2, 280/2. — 33) R. M. Werner, E. Kommentar zu Goethe aus d. 16. Jh.: Grenzb. 49, S. 41/3. — 34) A. Leitz-
mann. Zu Goethes Briefen an Frau v. Stein: VLG. 3, S. 505. — 35) G. H. Lewes, Life of Goethe. 4. edition. London,
Smitt Eider & Cie. 594 S. — 36) X M. Laue, Schiller u. Goethe. Ilir Leben u. ihre vorzüglichsten Werke. Langensalza,
Schulbuchhandlung. III, 1:^6 S. M. 1,00. — .36a) S. o. L7 N. 43. — 37) Firmery, Goethe. Un vol. orn6 de nombreuses
reproductions. (= Nouv. coU. des classiques populaires.) Paris, Lecene Oudin. 236 S. — 38) H. Dechent, Frankfurt in
Goethes Jugendzeit: Didask. N. 52, 54, 55, 57. S. 206 f., 215 f., 219 f., 226. — 39) id., D. Seelsorger d. Goethcschen
Familie: GoetheJb. 11,8.159—64. — 40) V. Valentin, E. Frankfurter Kunstakademie im 18. Jh. (^ Kunst.' Künstler u.'
120 IV,llb: L. Geiger, Goethes Leben.
Cöntgen schon 1767 geplante Akademie, die 1779 ins Leben trat, mannigfache Unter-
stützung fand, eine gewisse Thätigkeit ausübte, 1799 jedoch einging. — Ueber zwei für
Goethes Jugendzeit bedeutsame Persönlichkeiten wird Bemerkenswertes mitgeteilt^ fünf Briefe
von und an Thoranc, den Königslieutenant (1760 — 1784), gab Pallmann^i). — Einzelnes,
was den rrankfurter Aufenthalt betrüFt, enthalten die von A. Dietz^S) veröffentlichten
unbekannten biographischen Notizen über den Hausfreund Eat Schneider (1712 — 1786). —
Gelegentlich des Abbruchs des „Silbernen Bären" in Leipzig, des alten Breitkopfschen
Hauses, wurde an Goethes Verkehr in diesem Hause durch Düntzer^S) erinnert. — Das
Leipziger Theater während Goethes Studienzeit hat M. Herrmann44) nach den „Unterhal-
tungen" und „Wöchentlichen Nachrichten" charakterisiert(Repertoir, Schauspieler, Mitteilung
eines an Madll. Schulze gerichteten, gewiss aus dem Goetheschen Kreise herrührenden
Gedichts). — Die anziehende Zeit von Sesenheim (nicht Sessenheim, wie Hildebrand^ß)
betont) findet nach wie vor ihreDarsteller^?), — Der Frankfurter Anwalt interessiert lebhaft 48)^
und auch der Aufenthalt am E-eichskammergericht fand seine erneute Beschreibung 49). —
Der Reise nach der Schweiz schenkt HerzfelderSO) fortgesetzt seine Aufmerksamkeit.
Herzfelder^i) i^at auch das zusammengestellt, was über Goethes Berührung mit Bayern
zu sagen ist. — Die wenigen Tage, die Goethe in Berlin zubrachte, gaben Geiger^^)
zu einer Erinnerung und zu dem Hinweise Veranlassung, wie Goethe von Berlin aus
angegriffen und gewürdigt, gesucht und gefeiert wurde. — Nach Thüringen führt Burk-
hardt^S)^ der uns über Weimars Theaterdichter und Honorare belehrt. Das Maximum
(Schillers „Teil") betrug 150 Thaler, das Minimum, für Umarbeitungen, % — 1 Thaler;
Prologe usw. brachten dem Dichter 3 Thaler. — Die Beschreibung einzelner thüringischer
Orte, Jena54)j Paulinenzelle 55)^ bietet Gelegenheit, von Goethes Aufenthalt zu reden. — Einer
der wenigen Badeaufenthalte Goethes in der ersten Weimarer Zeit, in Carlsbad 1785, ist von
Suphan^) in liebenswürdigster Weise geschildert; die Beziehungen zu der Familie des
Grafen Brühl, die in dieser Gesellschaft entstandenen Scherze, Gelegenheitsgedichte, Lie-
der, die Feier eines Geburtstages, alles das wird nach bisher ganz unbekanntem Material
erzählt, ß'^) — Im Gegensatz zu dieser anmutigen, frischen Erzählung stehen die gar zu
minutiösen Angaben aus einem von Zarncke^S) mitgeteilten Tagebuch der schle-
sischen Reise (1790), die allzu kleinlichen Anmerkungen über Post-Trinkgelder, Wegstun-
den und Wirtshausrechnungen haben mit Recht grosses Bedenken hervorgerufen (vgl. o.
IV, IIa N. 68). 59) — Die italienische Reise, die diesem kurzen schlesischen Aufenthalt
voranging, hat keine neue Schilderung erhalten ; nur der Name der „schönen Mailänderin",
Maddalena Riggi, wurde durch Adolf Stern^O) bekannt, der auch ihr Lebensschicksal
kurz erörtert. ■ — Ein Bericht über Goethes letzte Lebenstage, ein Brief eines Dr. Weissen-
born, der sich damals in Weimar aufhielt, (28. März 1832) ist von Do wden^i) gedruckt
worden: er enthält viele Details über Lektüre, letzte Worte an die Schwiegertochter,
letzte Verse an Gräfin Vandreuil, meist schon Bekanntes bestätigend. —
Besprochen wurde Goethes Familie, der man den Baumeister Eosander von
Goethe nicht zurechnen darf^^). — Ein paar Armenlegate seitens der Grossmutter
und des Vaters Goethes werden von A. Dietz^^^ zusammengestellt. — Des Vaters
Doktordissertation und ihre Widmung an den Reichshofrat v. Senckenberg gab zu einer
interessanten Mitteilung Anlass^*), — Die kösthchen Briefe der Frau Rat, die 1889 er-
schienen waren, wurden nach allen Seiten beleuchtet65-72)^ einzelne Eigenschaften, so
Kunstwerke [Vgl. o. 1,3 N. lOö] S. 133—46.) — 41) H. Pallmann, Einiges über d. Königslieutenant: BFDH. NF. 6, S. 299—313.
— 42) A. Dietz, D. Goethesche Hausfreund Bat Schneider: ib. S. 314/6. — 42a) X Hallberg, La premifere jeunesse de
Goethe; son s6jour ä Leipzig d'apres sa correspondance : MAToulouse. 9 s6r. tom. 2, S. 107—26. (Vf. kennt nicht d. 1886
veröffentl. Leipziger Briefe!) — 43) H. DUntzer, D. Breitkopfsche Haus z. silbernen Büren in Leipzig: ÜL&M. N. 37.
(Notizen Über d. Abbruch: Post N. 87; AZg. N. 88; NatZg. N. 193; SchwäbMerk. N. 74.) — 44) M. Herrmann, Leipziger
Theater während Goethes Studentenzeit: GoethcJb. 11, S. 186—93. (Vgl. u. IV, lle N. 3a.) — 45) R. Hildebrand,
S«senheim, nicht Sessenheim: ZDU. 4, S. 237/9. — 46) X F. Vi ölet, Goethe in Sesenheim: NMh. 4, H. 7. — 46a) X
Hermann Ludwig [von Jan], Strassburg. V. d. alten u. d. jungen Hochschule. (= BurschenschiiftlHU. N. 6.) (Iietr. auch
Goethe.) — 47) X J- E- ▼• Grotthuss: Daheim 26, S. 308-11. — 48) X Goethe als Rechtsanwalt: Fromdenbl. N. 246.
(Ursprünglich in d. TglKs. Auch abgedr. : Sammler N. 105.) — 49) Aus d Stadt d. Reichskammergerichts: Grenzb. 49, 2,
a. 369—374 — 50) J. Herzfelder: MfinchNN. N. 196. (Vgl. e. frühere Arbeit: AZg. 1889, N. 244".) — 51) id., Goethe u.
Bayern: Bayerland. S. 250/2. 255/7, 269—72. — 52) L. Geiger, Goethe u. Berlin: AZg». N. 155/6, 161. — 58) C A. H. Burk-
hardt. Dichter u. Dichterhonorare am Weimarer Hoftheater während Goethes Leitung: VLG. 3, S. 476— 83. — 54) XR-Ke'l.
Jena: FelszMeer. S. 9—16. (Einschlägiges.) — 55) X D. Klosterruine Paulinzelle. 2. umgearb. u. verm. Aufl. (3. Goethe u.
Schiller in Paulinzelle.) Rudolstadt, Möller. |[G. Oertel: LZg. N. 117.]| - 56) B. Suphan, Karlsbad 1785: GoetheJb. 11,
S. 123—34. — 57) X G. Karpeles, Goethe in Karlsbad. E. litt.-hist. Plauderei: BerlinNN. N. 273. — 58) F. Zarncko, Zu
Goethes schlesischer Reise 1790: GoetheJb. 11, S. 164—70. — 59) X Maxim. Schlesinger, Goethe in Breslau: Monatsbll.
Organ d. Breslauer Dichterschule. Bd. 16. — 60) Adolf Stern, Goethes Mailänderin: Grenzb. 49, 4, S. 581/3. — 61) E
Dowden, Account of the last days of Goethe with an unprinted lotter of Dr. Weisseuborn, Weimar 28. März 1832: FortnB.
S. 338 f. — 62) Bosander v. Goethe, d. angebliche Grossvater Goethes: HambCorr. 9. Juli. (Bezieht sich auf e. Notiz v. 5. Juli
aus Gotlauds „AUehanda" Über Goethes Herkunft.) — 63) A. Dietz, Legate u. Aehnliches aus d. Familie Goethe: BFDH. NF. 6,
S. 73/4. — 64) Goethes Vater: ChrWGoetheV. 6, S. 46/7. — 65) X R- Beeh stein, Briefe v. Goethes Mutter: RostockZg.
N. 239, 245, 249. — 66) X M. Carriere, Goethes Mutter: AZg". N. 2. — 67) X L. Geiger, Briefe d. Frau Rat: Nation».
7, S. 222/4. — 68) X K. Heinemann, Neue Briefe v. Goethes Mutter: Grenzb. 49,1, S. 28—39. — 69) X *'• M(authner),
Frau Rat Goethe: Deutschland. 1, S. 189-91. — 70) X W. Paetow, Frau Rat: VossZgS. N. 31. — 71) X R- M. Werner,
Neues t. Frau Aja: NatZg. N. 43, 47. — 72) X R- Wulckow, Goethes Mutter: Ber.TBl. v. 8. Jan. — 73) A. Biese, D.
IV.llb: L. Geiger, Goethes Leben. 121
der Humor von Biese ''^) und das Religiöse von De eben f^^), eingebend betrachtet; der in
ihnen vorkommende Ausdruck „hochbeinige Zeiten" als „erbärmliche Zeiten" von S an-
der s'^ö) erklärt. — Goethes Sohn, dessen 60. Todestag und 100. Gebin-tstag in das
Berichtsjahr fallen, wurden von Grensichen'^6) und von G. Karpeles'''^) schonende
Charakteristiken gewidmet. — Liebevolle Erinnerung diktierte ein paar Aufsätze von
Schnittger''9) und von Littrow-Bischoff^O) über Goethes Schwiegertochter und
Enkelin; weniger liebevoll wurde z. B. von Münz^i) Goethes Enkel Wolfgang be-
handelt ^2); auch eine Notiz über einen jüngst verstorbenen Grossneffen Goethes, wohl
den letzten Verwandten von seiner Seite, wurde verbreitet^). —
Zu allen Zeiten haben die Mädchen und Erauen, zu denen Goethe Neigvmg
fülilte, das Interesse lebhaft erregt. Neues lässt sich nicht viel darüber sagen, aber
man wird nicht müde, das Alte zu wiederholen. So spricht über Käthchen Schönkopf
Haarhaus^4), der nicht einmal die Leipziger Briefe Goethes erwähnt, Rod^s) über Char-
lotte Buff, LeyserSß) über Lili, Konicki^'?) über Minna Herzlieb (werden sich unsere
Biographen nicht das schauderhafte „Minchen" abgewöhnen?), auch Marianne von Willemer
wird nicht vergessenes), — Briefe von Friederike Oeser und Corona Schröter, die frei-
lich mit Goethe nichts zu thun haben, sind durch Geiger89-90) wieder abgedruckt. —
Unter den Zeitgenossen, die mit Goethe in Beziehungen lebten, stehen
Mitglieder des Weimarischen Eürstenhauses obenan. Auch in der alphabetischen
Reihenfolge, die wir in dem folgenden kleinen Abschnitte beobachten, nehmen sie die
erste Stelle ein. Die Briefe der Begleiterin und Hofdame der Herzogin -Mutter Anna
Amalia, des Erävileins von Göchhausen, aus denen Seuffert^^) schöpft, haben zwar
nicht direkt mit Goethe zu schaffen, aber sie bekunden aufs neue den gewaltigen Eindiaick,
den Goethes Elucht nach Italien auf die Weimarer Kreise hervorgerufen hatte, und
geben ein sehr hübsches Bild von der geistigen und gemütlichen Atmosphäre, in der,
durch Goethes Einfluss angeregt, die Weimarer Damen lebten. — Etwas mehr hat
Goethe selbst mit den durch Hirzel^^) vorgelegten Briefen zu thun, die Karl August
an K. E. Sinner 1780 und 1781 richtete, da sich diese fast ausschliesslich auf die in
Bern befindlichen über Herzog Bernhard handelnden Papiere beziehen, die Goethe be-
arbeiten wollte. — In einem anderen, von Suphan^^) veröffentlichten Briefe des Herzogs
an Wieland (29. Dez. 1774) wird die erste Bekanntschaft mit Goethe und dessen „hohe
Achtung" für- Wieland erwähnt. — Ein im J. 1890 verstorbenes Mitglied des Weimarischen
Eürstenhauses, die deutsche Kaiserin Augusta, stand in ilu-en Jiagendjahren mit Goethe
in Beziehung. Ihrer ist bei ihrem Tode vielfach gedacht, sowohl in 0. Schraders93a)
Büchlein, das einstweilen bis zum Erscheinen eines gross geplanten geschichtlichen
W^erkes ihr allgemeines Bild festzuhalten bestimmt ist, als in einem Aufsatz Wahl es 9^)^
der auf Grund benutzter und unbenutzter Urkunden das Verhältnis der Fürstin zu Goethe
und ihre Stimmung nach seinem Tode darzustellen bemüht ist^ß). — Die Taufe der
Kaiserin und ihre ersten Lebenstage 9"^), ihr Erscheinen bei Goethe mit ihrem Bräutigam,
dem späteren Kaiser Wilhelm L, wurden in Wort und Bild festgehalten; aus den
Briefen der Charlotte von Schiller und anderer Weimaraner Persönlichkeiten manches ^o-iOO)
von der Jugendzeit der Fürstin beigebracht 101-102). — Persönliche und litterarische Be-
ziehungen Goethes zu vielen Männern und einigen Fi-auen sind neuerdings auseinander-
gesetzt worden. Die von Domeniko Batacchi herrüluxnden „Galanten Novellen" las
Humor in Frau Ajas Briefen: HarabCorr. N. 10. — 74) H. Dechent, D. Bild d. Frau Rat Goethe nach ihrem neuestens horaus-
geg.benen Briefwechsel: DEBIL S. 622-81. — 75) Daniel Sanders, „Hochbeinig": ZDS. 3, S. 2-15/7. — 76) 0. F.
Gensichen, August v. Goethe. E. Gedenkblatt zu seinem 100. Geburtstag: SchororFamBl. 10, S. 809 — 12. — 77) G. Karpeles,
August V. Goethe. E. Gedcn'iblatt z. 28. August: Zeitgeist v. 25. Aug. — 78) X August v. Goethe: BerlBörsenCour. v. 28. Aug.
— 79) Doris Schnitt ger, Weimarisches in Schleswig: HainbCorr. N. 12. (Handelt Ober Ottilie v. Goethe u. Ulrike v. Pogwisch.)
— 80) Auguste V. Li ttrow- Bischof , Erinnerungtn au d. Familie v. Goethe: DHausfrauenZg. S. 276/7; 345/6. —
81) X B. Münz, D. Fluch e. grosseu Namens: UZ. 2, S. 558-62. — 82l X Wolf Goethe: DeutschZg. N. 6648. — 83) X
Goethes Grossneffe: FZg. N. 84. (Auch in viele andere Zgg. Übergegangen. i — 84) .T. R. Haarhaus, Goethes Verhältnis zu
Käthchen Schönkopf: LZg». N. 125. — 85) X E- Rod, Goethe et ses amours de jeunesse: Charlotte Buff: RFamille
d. 1. Januar. — 86) X J- A. Le y ser, Liilis Grab, eine Reiseerinnerung: PfälzMuseum. — 87) X A. Konicki, Miuchen
Herzlieb, d. Geliebte Goethes. Anlässlich ihres 26 j. Tode.stages : KönigsbHZg. N. 159. — 88) FZg. N. 190. (Kopie d. Bilder
Mariannens u. ihres Mannes für d. Frankfurter Goethehaus.) ^ 89) L. Geiger, Aus Briefen d. Friederike Oeser. (= Vorträge
u. Versuche. [S. o. IV. 1 N. 76.] S. 199—215.) — 90) id., Drei Briefe d. Corona Schröter: ib. S. 198/9. — 91) B. Seuffert,
D. Herzogin Anna Amalia Reise nach Italien: PrJbb. 65, S. 535—65. — 92) L. Hirzel, Briefe d. Herzogs Karl August an
K. Fr. Siuner in Bern: VLG. 3, S. 113—28. — 93) B. Suphan, Aus Karl Augusts Frllhzeit. Zwei Briefe an Wieland. (S.o.
IV, 8 N. 8.) — 93a) X K. Heinemann, Neues über Karl August v. Sachson-Weimar: NMh. Heft 8. (Unzugänglich.) — 94) X
0. Seh rader, Augusta, Herzogin zu Sachsen, d. erste deutsche Kaiserin. Ztlge u. Bilder aus ihrem Leben u. Charakter nach
mehrfach ungedr. Quellen. Weimar, Böhlau. 92 S. M. 1,50. (Bietet Einschlägiges ) — 95) J. Wähle, Kaiserin Augusta u.
Goethe: Deutschland 1,8.289-90.-96) Goethe u. d. Kaiserin Augusta: DRs. 62, S. 307—310. — 97) X Erinnerungen an d.
ersten Lebenstage u. d. Taufe d. Kaiserin Augusta: Post N. 11. (Nach d. HannCour.) — 98) X B. Rogge, Augusta, deutsche
Kaiserin u. Königin v. Preussen: Daheim N. 17. (S. 260 e. Bild: Prinz Wilhelm u. Prinzessin Augusta bei Goethe im
J. 1829.) — 99) X Erinnerungen an d. Kaiserin Augusta: TglRs. N. 7. — 100) X Aus d. Jugendzeit d. Kaiserin Augusta:
BerlBörsenCour. N. 7. (Aehnl. Artikel, z. T. Abdruck unter Benutzung v. N. 99 u. 100: Didask. N. 8, 9; DresdJ. v. 9. Jan.;
LZg. N. 16; SehwäbMerk. N. 9; StrassbPost N. 9.) — |Q|) X G. Karpeles. Kaiserin Augusta. E. Gedenkblatt: FelszMeer.
S. 1909. — 102) X 0. Schwebe!, Kaiserin Augusta: Bär. 16, S. 196/8, 207/9, 219—21, 231 f. (Nur am Anfang einzelnes
122 rV,llb: L. Geiger, Goethes Leben.,
Goethe, wie Reinhold Köhlerio^) hervorhebt, wiederholt mit Wohlgefallen. — Der
innigen Zuneigung des Dichters und Theaterleiters zu der Schauspielerin Chr. A. L. Becker
wurde bei der Auffindung ihres Grabes gedachtio^). — Ein Amerikaner, Jos. Green
Cogswell, der sich für deutsche Litteratur lebhaft interessierte, besxichte nach
K. Fr an ck es 1^-106) Bericht 1817 Goethe, verwandelte seine Abneigung gegen dessen
Person in warme Begeisterung und erhielt 1819 für die amerikanische Universität Cam-
bridge eine Büchersendung Goethes mit einigen Zeilenl07). — Der Tod einer Enkelin
der Charlotte Kestner gab Leblancio^^ zu einem Hinweis auf Goethes Wertherzeit
Veranlassmig. — Wichtiger wäre Mauerhof si09) Darstellung von Goethes Verhältnis
zu Kleist, wenn es dem Vf. nicht gefallen hätte, in einseitiger Bewunderung Kleists
und seiner wahren Nachfolger, der Jüngstdeutschen, zu schwelgen und Goethes Kühle
gegen Kleists Dramen als Ausfluss des Neides zu bezeichnen, den der Olympier gegen
den jüngeren Nebenbuhler gehegt habe. — Den geringen Beziehungen zu Kleist gegen-
über steht K. L. V. Knebel als derjenige da, der Goethe während seiner ganzen schrift-
stellerischen Laufbahn bald verständnisvoll und aufmunternd, bald höhnisch verkleinernd
begleitete. Die engen persönlichen und litterarischen Beziehungen sind in einer treuen
Biographie durch von Knebel-DoeberitzHO) ganz gut, aber ohne wesentliches neues
Material dargestellt, die Charakteristik des Helden erscheint mir zu paneg^o-isch. —
Gelegentliche Hinweise erfuhren Luden und Mendelssohn m-i^-) in ihren Beziehungen
zu Goethe; sein Freund Merck wurde gegen ungerechte Verunglimpfungen von
Düntzer^i^) zu Ehren gebracht. — Auf die jüngst verstorbene, als Mädchen in
Goethes Hause vielgeliebte Jenny von Pappenheim wurde kurz hingewiesen ii4). — J){q
gelegentlichen Beziehungen Goethes zu Abt B,eitenberger, einerseits persönlicher Art,
andrerseits naturwissenschaftlichen Fragen geweiht, wurden von Prem^''') breit behan-
delt. — In Boxbergers^iß) und Martins^'''') Biographien der beiden Salzmann, inLands-
bergs^i^) Lebensbeschreibung Savignys, in dem Artikel, den JungH^) der Familie
Schlosser widmete, wurde auch Goethes gedacht. — Gottfried Schadows Gegenschrift
gegen Goethe, den naturalistischen Standpunkte gegenüber dem idealistischen vertretend,
wurde bei ihrem Neudruck von Gurlitt'^o^ und Dobbert'^i^ gewürdigt. — Endlich
wurden von A. Bocki22) (Jje Beziehungen Goethes zu dem Giessener Professor J. B.
Wilbrand dargestellt, einem der Wenigen, die zu seinen naturwissenschaftlichen Partei-
gängern gehörten, unter Abdruck bekannter Goethescher Briefe und eines unbekannten
sehr schönen und inhaltvollen Schreibens, das Wilbrand am 15. Aug. 1820 an Goethe
gerichtet hat. —
e. Lyrik.
Otto Pniower.
Ausgaben N. 1. — Neue Funde: An das Klavier N. 3. — Ghasel auf den Eilfer N. 4. — Vierzeiler fUr Rosine
Stadel N. 5. — Strassbnrger Zeit: Sesenheim N. 8. — Heidenröslein N. 11. — Frankfurter Zeit: Mädchens Held N. 15.
— An Schwager Kronos N. 16. — Herbstgefühl N. 19. — Weimarer Zeit: Ilmenau N. 21. — Zueignung N. 21a. — Die
Braut von Korinth N. 22. — Sehnsucht N. 23. — Sonette N. 24. — Schweizerlied N. 25. — West-östlicher Divan N. 27. —
Zwischen beiden Welten N. 30. —
Die litterarische Thätigkeit auf dem Gebiete der Goetheschen Lyrik ist in An-
betracht der grossen Produktion, deren die Goethephilologie sich bekanntlich überhaupt
erfreut, für das Jahr 1890 kaum als sehr lebhaft zu bezeichnen. Allem voran miiss
der durch von Loeper^) besorgte dritte Band der Weimarer Ausgabe genannt werden.
Hierhergehörige.) — 103) Reinh. Köhler, Goethe u. d. italienische Dichter Domenico Batacchi: BVGWLeipzig. S. 72'8. —
104) Auffindung d. Grabes d. Chr. A. L. Becker geb. Neumann (Euphrosyne): AZg. N. 141. (Vgl. KZg. N. 136.) — 105) Kuno
Francke, Goethe and Cogswell: Harvard Monthly. S. 132 fF. — 106) id., Goethe u. Cogswell: Nation». 7, N. 614/5. (Deutsche
IJebersetzung v. N. 105.?) — 107) X Goethes gift of books to Harvard College, with letter; and Cogswells Visits to Goethe
in 1817/9: Nation^v. 50, S. 416. — 108) X E. Leblanc, Madame Charles Kestner: Figaro N. 15. (Vgl. FZg. N. 16. — Die
Dame war 84 J. alt, d. Schwiegermutter Floquets u. d. Grossmutter d. Mad. Ferry.) — 109) E. Mauerhof, Goethe u. Heinrich
V. Kleist: Gesellschaft 6, S. 516 — 44. — 110) H. v. K nebel-Doeberi tz , K. L. v. Knebel. E. Lebensbild mit e. Bildnis.
Weimar, Böhlau. X, 183 S. M. 4,00. |[L. Geiger: MUnchNN. N. 26.]| (Vgl. o. IV,8 N. 7.) — III) E. Gespräch Lndens mit
Goethe: DRomanZg. 27, N. 30. — 112) Wintcrfeld, Mendelssohn u. Goethe: Salon. Heft 8. — 113) H. Düntzer, Zn Ehren
V. J. H. Merck (S. o. IV, 6 N. 46). — 114) Haronin .Jenny v. Gustedt geb. v. Pappenheim: Post N. 194. — 115) S. M. Prem,
Goethe u. Abt Beitenberger: NFPr. N. 9211. — 116) R. Boxberger, F. R. Salzmann: ADB. .SO, .S. 299. — 117) E. Martin,
J. D. Salzmann: ib. S. 300. — 118) E. Landsberg, F. K. v. Savigny (s. u. IV, 13 N. 21). — 119) R. .lung, P. H. u. J. G. Schlosser:
ib. S. 541/7. — 120) C. Gurlitt, 6. Schadow als Impressionist: MLJA. 69, S. 42.5/7. — 121) E. Dobbert, J. FriedlUnder,
G. Schadow: NatZg. N. 489. - 122) Alfred Bock, Goethe u. Prof. Wilbrand: FZg. N. 240. -
I) Goethes Werke, Her. im Auftr. d. Grossherzogin .Sophie v. Sachsen. 3. Bd. (Gedichte 3. Teil.) Weimar, Böhlau.
IV, 11c: 0. Pniower, Goethes Lyrik. 123
Er entspricht inhaltlich dem dritten Bande der x4.usgabe letzter Hand. Das Neue, das
er bringt, besteht ausser in der Sichei'ung des Textes vornehmlich in der chronologischen
Fixierung einzelner Gedichte, die teils durch die Einsicht in Goethes Tagebücher, teils
durch die Datierung aufgefundener Hss. gewonnen wurde. Eine Reihe früherer An-
nahmen sind so bestätigt, andere berichtigt worden. — Eine Sammlung der lyrischen
Gedichte Goethes liegt uns in einer Auswahl von französischer Seite vor, Herausgeber
ist L. Schmitt 2). Dürftige Anmerkungen begleiten den Text. Eine kurze Vorrede
über Goethes Leben und über seine lyrische Poesie geht voran. Sie ist nicht frei von
belustigenden Irrtümern. So lässt der Herausgeber am Hofe Weimars neben Wieland
und Musaeus auch Sterne und Goldsmith weilen. Irgend etwas Neues oder Tieferes erfährt
man nicht. —
Wir schliessen hieran Nachrichten über neue Eunde, mag es sich nun \im
Gedichte handeln, die Goethe nur zugeschrieben werden, oder um solche, die ihn wirk-
lich zum Vf haben. Ein möglicherweise von Goethe herrührendes Gedicht veröffentlicht
Suphan 3). Im Arnimschen Eamilienarchiv fand sich bei den dort erhaltenen Kopien
der Briefe Goethes an Sophie La Roche die Abschrift eines Liedes, die zusammen mit
den Kopien zweier Goethescher Gedichte („Wanderers Sturmlied" und ,,Des Mädchens
Held") und der „Güldenen Worte Salomons, Königs von Israel und Juda" (Goethes
Werke, Hempel 3, S. 213 &.) überliefert ist. Jeder von den drei Halbbogen, die diese
Stücke umfassen, ist mit dem Namen „Göthe" bezeichnet. Dieser Umstand und die
Nachbarschaft der wirklich Goetheschen Schöpfungen sind die einzigen Momente, die für
die Verfasserschaft des Dichters sprechen. Das Gedicht selbst, eine aus drei Strophen be-
stehende gefühlvolle, thränenreiche, im Schmerz schwelgende Apostrophe an das Klavier,
lässt nur in Einzelheiten den Meister durchblicken. Der Schluss: „Wenn dein mächtiges
Entzücken — Tief in meine Seele dringt, — 0 so dank' in nassen Blicken — Dir mein
Herz, das dich besingt", — mit seiner kühnen Personifikation des besungenen Gegen-
standes könnte Goethesch sein, wie denn auch in „Erwin und Elmire" im Lied Elmirens
(DJG. 3, S. 511) der Ausdruck „nassen BHcken", wie hier im Reim auf „Entzücken",
erscheint. Der Herausgeber erklärt nachträgHch Siegmund von Seckendorff für den Vf.
Doch giebt er Gründe für seine Vermutung nicht an. —
Das schönste Ergebnis der Thätigkeit auf unserem Gebiete bildet für das Berichts-
jahr die Veröffentlichung einer älteren Gestalt des Ghasels auf den Elfer (Weimarer
Ausgabe 6, S. 302, Hempel 4, S. 178). Und die Herausgabe des köstlichen Eundes durch
Burdach *), die ihm gewidmete Erörterung entsprechen ganz und gar dem Werte der
Urkunde. B. sucht eine genaue Datierung des Liedes fast bis auf die Stunde zu ge-
winnen. Es ist, wie er ausführt, am Abend des 9. Okt. 1815 auf einem längeren Spazier-
gange gedichtet und darnach in der Gaststube zum Hirschen in Meiningen nieder-
geschrieben. Mag nun B. der Beweis dafür gelungen sein oder nicht, auf jeden Fall
kann man nicht genug loben, welche Fülle von Momenten er für seine Ansicht aufzu-
bringen versucht, wie er sich bemüht, uns ein genaues Bild von dem inneren Zustand
des Dichters an dem Abend zu geben, um uns gleichsam zu dem Glauben zu zwingen, dass
aus dieser Stimmung eine dichterische Schöpfung und zwar eben diese hat hervorgehen
müssen. Feinsinnig vergleicht B. dann die geniale Improvisation mit „Wanderers
Sturmlied", und zuletzt weist er ihr ■wie dem ganzen Divan, in dessen Kreis das Gedicht
gehört, die Stellung an, die beide in der Entwicklung Goethes, einnehmen. B. steht
nicht an, die beiden Rheinreisen des Dichters 1814 und 1815 in ähnlichem Sinne epoche-
machend zu nennen wie die italienische Reise. Er zeigt, wie für Goethe mit dem
Friedensschluss des Jahres 1814 die qualvolle Zeit des politischen Druckes vorüber ist,
wie er sich belebt, verjüngt und sogleich eine freiHch lange vorbereitete Wandlung
seiner dichterischen Existenz damit verbindet. Die ausschliessliche Hingabe an den
Klassizismus weicht einer den verschiedensten Stilformen zugewandten Auffassung.
Das Distichon als Mass der gnomischen Poesie macht den alten deutschen Reimpaaren
Platz. Die allen einheimischen wie fremden Dichtungsformen geöffneten Interessen der
Jugend erwachen wieder und Goethe lenkt in Pfade ein, die er einst mit seinem Jugend-
lehrer Herder wandelte. Es ist hier nicht möglich, das Bild nachzuzeichnen, das B.
von dem auferstandenen Goethe in glänzenden Zügen entwirft, und diese wenigen An-
deutungen müssen genügen, um zu zeigen, in welch grossen Zusammenhang das Gedicht
von seinem Herausgeber gerückt wird. —
Für die Entstehung des „West- östlichen Divan", so wie er uns heute vor-
liegt, war der Aufenthalt Goethes bei Willemers bekanntlich von entscheidender
Bedeutung. Darauf weist Burdach in seinem Kommentar mit Nachdruck hin. Ein
bisher ungedruckter von Gaedertz &) veröffentlichter Vierzeiler Goethes führt uns
X, 448 S. M. 3,50. — 2) Classiques allemands. Poösies lyriques de Goethe. Avee notes et notices par L. Schmitt. Paris,
Delagrave. 1889. 52 S. — 3) B. Suphan, E. mit Goethes Namen üherliefertes unhek. Gedieht: GoetheJb. 11, S. 19—20; dazu
Vorrede S. IV. — 4) K. Burdach, Goethes Ghasel auf d. Eilfer: ih. S. 3—18. — 5) K. Th. Gaedertz, E. ungedruekter Vers
124 IV,llc: 0. Pniower, Goethes Lyrik.
nun gerade in den Willemerschen Kreis. Rosine Stadel, Tochter des Geheimen
Rats Willemer aus seiner ersten Ehe, erhielt von Goethe am 5. Mai 181B einen Ring
mit sieben Steinen, die so ausgewählt waren, dass die Anfangsbuchstaben ihrer Namen
Rosinens Kosenamen Rosette bildeten. Der Gabe war ein Vers beigefügt, den Strehlke
(Goethes Briefe 2, S. 238) noch vermisste. Dieser Vers ist es nun, den G. in der
Partheyschen Autographensammlung der Kgl. Bibliothek zu Berlin aufgefunden hat und
veröffentlicht. — Ein zehnzeiliges Gedicht gegen das Hutabnehmen beim Grüssen, das
schon V. Loeper (Hempel 3, S. 396) publiziert und als ungoethesch zurückgewiesen hat,
machte die Riinde durch unsere Zeitungen ^). Einen auch nur einigermassen wahr-
scheinlichen Beweis für Goethes Avitorschaft hat auch diese neue Vorlegung nicht
gezeitigt. Die Verse selbst treten für die Annahme nicht gerade ein. Schon der an
Schillers „Würde der Erauen" anknüpfende Eingang des Gedichts: „Ehret die Frauen"
erscheint uns ungoethesch. '^) —
Bei der Uebersicht über die Einzellitteratur stossen wir gleich im Beginn auf
die Epoche, die während des Berichtsjahres im Vordergrund der Behandlung stand, auf die
Strassburger Zeit. Die Sesenheimer Episode und was sich daran knüpft auf der
einen, die Heidenrösleinfrage auf der anderen Seite fanden wiederholte Behandlung.
Martin ^) erweitert in einem Aufsatz, in dem er auch die Litteratur, die das Sesen-
heimer Idyll schon hervorgerufen hat, chronologisch kurz verzeichnet, die Charakteristik
der historischen Eriederike mit Hilfe neuer kleiner Zeugnisse. Er weist dann darauf
hin, dass die Scene im ,, Werther", wo der Held Lotten aus dem Ossian vorliest und von
der Gewalt der Gefühle hingerissen ihr zu Füssen stürzt, wohl das Abbild eines Erlebnisses
mit Friederiken sei. Von Lenz giebt er eine Charakteristik und einen kurzen Lebens-
abriss. An diese Ausführungen knüpft M. einen Bericht, wie der Hügel, auf dem die
Laube Friederikenruh gestanden hat, erworben wurde, wie die Anlagen auf ihm zu
Stande kamen und wie im Sommer 1880 die neue Friederikenruhe eingeweiht wurde.
Ein hübsches Festspiel, das zum 15. Juli 1888 gedichtet wurde, dem Tage, an dem die
Strassbvu-ger Germanisten nach dem alljährlich beobachteten Brauche den Goethe-Hügel
aufsuchten, beschliesst den Aufsatz. — Mit dem Problem, welche von den im allge-
meinen Goethe zugeschriebenen Sesenheimer Liedern ihm angehören und welche
Lenz zum Vf. haben, beschäftigte sich ein Vortrag, den Bielschowsky 9) in der Berliner
„Gesellschaft fiu- Deutsche Litteratur" hielt. — Von einem einzelnen Gedicht: „Ach, bist
Du fort?" (DJG. 1, S. 264) zeigt Weinhold i«), dass Lenz und nicht Goethe der Vf.
sei. Die Entstehimg des Gedichtes setzt W. zwischen den 3. und 15. Juni 1772. —
Mehrfach behandelt wurde die Frage, die das „Heidenröslein" der Forschung
immer -wdeder vorlegt. Zuerst erörterte Hildebrand^i) das Verhältnis der Fassungen
des Liedes, Avie sie uns einerseits Herder in den „Blättern von deutscher Art und Kunst"
und in seinen Volksliedern, dann Goethe in seinen Gedichten (zuerst 1789) bietet. Schon
die Bemerkungen, die Herder an jenen beiden Stellen macht, an denen er das
Lied piibliziert, sprechen nach H.s Ansicht dagegen, dass er es von Goethe erhalten
habe. Auch philologisch betrachtet erweise sich der Herdersche Text als der ältere.
Endlich sei die Verschiedenheit im Schlüsse der Fassungen bei Herder und bei Goethe
eine solche, dass die Aenderung nicht Herder, sondern nur Goethe zugeschrieben werden
könne. So sei Goethe hier in bildlose Deutlichkeit verfallen, während die Herdersche
Fassung das Bild bis zum letzten Augenblick festhalte. Diese letzte Behauptung wird
ka\un jemand richtig finden. Wir meinen, dass Goethe, so sehr er auch den tieferen
Sinn der Allegorie diu*chblicken lässt, dennoch mehr im Bilde bleibt als Herder, in dessen
Fassung es vom Knaben heisst: „er vergass darnach beim Genuss das Leiden", wo mit
dem Worte „Genuss" die Allegorie völlig durchbrochen ist. Zuletzt charakterisiert H.
das von Paiil von der Aelst in seinem Liederbuch (1602) mitgeteilte Lied, das den Kehrreim
„Rösslein auff der Heyden" zeigt und das Goethe nach der allgemeinen Annahme in
Strassburg kennen lernte. Nach H. sei es kein eigenthches VolksHed, sondern ein
städtisches Lied mit poetischen Formen, die aus dem echten Volkslied entlehnt sind.
H.s Ergebnis ist, dass das „Heidenröslein" nicht von Goethe verfasst, sondern ein Volks-
lied sei, das er sich auf Grund einiger Aenderungen, die eigentlich Verschlechterungen
seien, angeeignet habe. — Dieser Auffassung tritt Dunger ^2) sehr entschieden entgegen.
Auch er prüft die Aenderungen, die die Goethesche Fassung gegenüber der Herderschen
aufweist, im einzelnen und sucht ihre Motive ausfindig zu machen, wobei er Hildebrands
Vorliebe für die ältere mit Geschick als unbegründet nachweist. Diese Aenderungen
aber sind alles in allem genommen so geringfügiger Art, dass Goethe, wenn sein Anteil
V. Goethe: SchorerFamBl. 11. S. 399. — 6) NFPr. N. 9130; 9131; 9132. (Ausserdem in e. FHlle anderer Zeitungen, z. B.
TglRs. N. 23.) — 7) (IV, IIb N. 44.) — 8) E. Martin, I). Goethe-Hö(?el bei Sesenheim: JbGElsLotbr. 6, S. 97—107.
— 9)A. Bielschovsky, DLZ. 11, S. 1698 9. (Bericht v. A. Fr.; d. Vortrag ist inzwischen als Abhandlung im 12. Bd.
d. GoethcJl). erschienen, u. so sei seine Besprechung auf Bd. 2 d. JBL. aufgespart.) — 10) K. Weinhold, (Joethe oder
I.onz?: ChrWGoethoV. 4. .S. 18- 19. - II) K. Hildebrand, Z. Heidenröslein: ZDU. 4, S. 147-52. - 12) H. Uunger, Ü-
lV,llc: 0. Pniower, Goethes Lyrik. 125
an dem Gedicht sich auf sie beschränkte, dies nie und nimmer als sein eigenes in die
Werke hätte aufnehmen können. Da das aber nun einmal geschehen sei, so komme
man notwendig zu dem Schkisse, dass das „Heidenröslein" überhaupt kein Volkslied sei
(wofür noch einige positive Gründe beigebracht sind), sondern im wesentlichen ein von
Goethe verfasstes Gedicht, von dem Herder an den beiden Orten die ältere Fassung bietet,
Goethe in der Sammlung seiner Gedichte eine spätere mitteilt. Nun zeigt aber das
„Heidenröslein" allerdings unverkennbaren Zusammenhang mit dem von Aelst mitgeteilten
Liede sowie mit einer älteren im Jahre 1586 in Nürnberg gedruckten Strophe. Auch
darauf geht D. ein, indem er meint, dass Goethe ein altes Volkslied mit demselben
Kehrn^eim immerliin noch im Volksmunde angetroffen haben könne, wenn das auch nicht
eben wahrscheinlich sei. Am nächsten liege die Annahme, dass Goethe es in einem
alten Liederbuche in Strassburg kennen gelernt habe. Vielleicht sei er von Herder da-
mals geradezu auf Aelsts Liederbuch aufmerksam gemacht worden. Zwei Lieder seiner
Sammlung entnahm Herder jenem Aelst. Die Bemerkung Herders im ersten Abdruck:
„ich siippliere diese Reihe nur aus dem Gedächtnis", und der Umstand, dass er es da
„ein älteres deutsches Lied" nennt, ferner im zweiten Abdruck sagt: „es stamme aus der
mündHchen Sage", alles das weiss D. mit seiner Auffassung gut in Einklang zu bringen.
Goethe, meint er, der vom Volkslied angeregt sein Gedicht verfasste, habe es Herder
mündlich und nachher wohl auch schriftlich als ein älteres Volkslied mitgeteilt, woraus
sich dessen Bemerkungen erklären. Zum Schluss geht D. auf eine Ansicht Minor s^^)
ein, die dieser in einem bis jetzt allerdings nur im Referat vorliegenden Vortrage ge-
äussert hat. Darnach meint M. „Die Blüte. Ein Kinderlied", ein Gedicht, das von
Herder in einer hs. Sammlung lyrischer Gedichte, im sogenannten silbernen Buch auf-
gezeichnet sei, habe Goethe zum Vf. und stelle die ältere Gestalt des „Heidenrösleins"
dar. Gegen diese Auffassxnig erklärt sich D. mit Recht aufs entschiedenste und
betont, dass „Die Blüte" eine spätere ümdichtung des Goetheschen Liedes sei. Auch
Redlichs Annahme, dass das „Heidenröslein" Goethes eine Ümdichtung des Herderschen
KinderHedes, der „Blüte", sei, weist er als unstatthaft zurück, ebenso auch die, dass,
wie Redhch glaubt, in den verlorenen Blättern des Herderschen Ossian- Aufsatzes statt des
„Heidenröslein" eben „Die Blüte" gestanden habe. Denn dies hätte von Herder weder
als ein „älteres deutsches Volkslied" bezeichnet werden können, noch hätte er von
einem „kindischen Ritomell" sprechen können, da der „Blüte" der Kehrreim fehle.
Man wird D.s klaren und verständigen Ausführungen nur beipflichten können. Doch
scheint das Problem auch jetzt noch nicht erledigt. Das Aelstsche Lied bietet nur den
Kehrreim „Rösslein auf der Heyden", während Goethe singt: „Röslein, Röslein, Röslein
rot, Röslein auf der Heiden". Dies rot Röslein bietet nun die Nürnberger Strophe im
zweiten Vers („rot röslein auf der Heiden"), wofür sie hingegen wieder keinen Kehrreim
hat. Darnach, muss man annehmen, hat Goethe, der auf das echt volksmässige Attribut
kaum von selbst gekommen sein dürfte und auch den Kehrreim schwerlich selbst ge-
funden hat, entweder beide Gedichte gekannt oder ein drittes uns unbekanntes, das wie
die Nürnberger Strophe das „rot Röslein" bot und zugleich den Kehrreim, Im
letzten PaU müssen wir vorläufig darauf verzichten, das wahre Verhältnis Goethes
zu seiner Vorlage zu ermitteln. — Ein Aufsatz von Moleschott^^) über dasselbe
Thema geht an die Präge mit dem beneidenswerten Glück, das nur dem Laien
gegönnt ist, keine Ahnung von den Schwierigkeiten zu haben, die hier den Porscher
erwarten. Mit naivster Unkenntnis der elementaren Litteratur liefert er eine schwärme-
rische Würdigung dessen, was die allen bekannte spätere Passung gegenüber der von
Herder mitgeteilten ist. —
Kaum weniger Rätsel giebt das Gedicht „Mädchens Held" auf, das jedenfalls
der Frankfurter Zeit entstammt („So ist der Held, der mir gefällt" D JG. 2, S. 37 f. Weimarer
Ausgabe 4, S. 361 f.). Witkowski*^) sucht dafür eine andere Datierung zu gewinnen,
als sie Seufifert in der ZDA, 26, S. 263 aufgestellt hat. Zu dem Zweck giebt er eine klare
Auseinandersetzung der Pastor- Amor- Affaire, die sich daraus entwickelte, dass J.B.Michaelis
sich im Jahre 1771 in einem kleinen „Pastor -Amor" betitelten und die Absolution
parodierenden Gedichte ziemlich unverhüllte Anspielungen auf den Probst Spalding in
Berlin zu schulden kommen Hess. Er nahm ihn aufs Korn, weil Spalding gegen eine
von Gleim ohne sein Wissen unternommene Publikation seiner einstigen Korrespondenz
mit ihm in einer Erklärung lebhaft protestiert und darin seine jugendliche Liebe und
Preundschaftständelei unverhohlen und mit mannhafter Selbstkritik preisgegeben hatte.
Das Michaelissche Gedicht erregte mit seiner Verspottung eines Sakraments vielfache
Entrüstung, und selbst Wieland machte gegen die Blasphemie in einer vernichtenden
Heidenrösein e. Goethesehes Gedicht: ib. S. E38 ff. — 13) .1. Minor, D. Autorscliaftsfrage bei Goothe u. neueren Diclitern :
Clu-WGoetheV. 4, S. 8-11. (Vgl. o. IV, 1 N. 38.) - |4) J. Moleschott, Goethes Heidenröslein: ib. S. 30/8. - 15) G.
Witkowski, So ist d. Held, der mir gefällt: VLG. 3, S. 509-30. — 16) B. Hildebrand, Goethe e. grosser Nehiner
126 IV,llc: 0. Puiower, Goethes Lyrik.
Recension der Erfurter Gelehrten -Zeitung Front. Diese Recension soll nun Goethe
nach W. den unmittelbaren Anlass zu seinem Gedichte gegeben haben, und daraus
erkläre sich die Citierung Wielands in der letzten Strophe des Liedes. Das Lied würde
darnach dem Herbst 1771 zuzuweisen sein, während es Seuifert etwa ein Jahr später
verfasst sein lässt. Man muss W. vor allem entgegen halten, dass der Charakter der
Recension mit seiner Vermutung wenig im Einklang steht. Sie wendet sich ganz per-
sönHch gegen Michaelis, seine ungebülu-liche Spottsucht und das freventliche Spiel, das er mit
der Freundschaft Gleims und Jacobis treibe. Von einer Kriegserklärung gegen die Ana-
kreontik überhaupt, gegen die weichliche Ali dieser Poesie ist in ihr nicht entfernt die
Rede. Wie sollte Goethe also aus ihr Anregung zu seinem Gedicht geschöpft, wie
sollte sie ihn bewogen haben, Wieland gleichsam als seinen Schutzpatron anzurufen?
Goethe hatte, wie wir meinen, im Herbst 1771 wenig Veranlassung, in Wieland einen
Helfer gegen eine schwächliche Poesie zu suchen, und die Recension in der Erfurter
Gelehrten - Zeitung, so wie sie beschaffen ist, war schwerlich im stände, ihn in seine
Arme zu treiben. Ich glaube mit Seuifert, was W. zu bekämpfen sucht, dass
Goethe in ihm seine Verurteilung der Anakreontiker „parodisch mit anakreontischen
Mitteln vorgetragen habe." —
Für das Gedicht „An Schwager Kronos" macht Hildebrandiß) geltend,
dass es in seiner älteren, zuerst von Suphan ZDPh. 7, S. 212 veröffentlichten Gestalt
Einfluss eines Gedichtes von Michael Denis auf Gellerts Tod (Dez. 1769) verrate.
— Doch zeigt Ringelingi'^), dass beiden Dichtern, Denis wie Goethe, dieselbe Stelle
aus Jesaia 14,9 vorschwebte, und Hildebrand^s) bekennt selbst, „einen bösen Bock
geschossen zu haben". —
Das kurze Gedicht „Herbstgefühl" wird von Corvinusi^) sehr eingehend
analysiert und zwar so, dass er die Intentionen des Dichters fein entwickelt und den
seelischen wie lyrischen Gehalt des Gedichtes erschöpfend behandelt; nur freilich in einer
etwas abstrakten Betrachtungsweise, deren Ueberwuchern besonders in der Partie, die
die Diktion des Liedes bespricht, zu Tage tritt. Der Vf. müht sich hier ab, die Sprache,
deren Originalität ihm nicht entgangen ist, psychologisch -analytisch zu charakterisieren,
aber Wendungen, in denen sie drastisch zum Ausdruck kommt wie „der Sonne Scheide-
bhck", „fruchtende Fülle", „Voll schwellende Thräuen", die erklärt er nicht. Gerade das
aber wäre wünschenswert gewesen ; sie sind ein charakteristischer Beleg für die sprachliche
Kühnheit des jungen Goethe. Hübsch und aufschlussreich ist eine eingeschobene kurze
Kontrastierung der Goetheschen und Heineschen Lyrik. Besonders gefallen hat uns
die leider selbst in wissenschaftlichen Zss. noch immer nötige Abwehr des Vorwurfs,
dass der Aesthetiker dem Dichter Gedankengänge zuzumuten pflege, die ihm, als er schuf,
fem gelegen hätten, dass er also gewöhnlich künstlich hineininterpretiere. Gut hebt
C. hervor, dass der Forscher, der sich um die Entstehung einer dichterischen Schöpfung
bemühe, allerdings oft Vorgänge zu konstatieren habe, die dem Bewusstsein des Dichters
selbst verborgen blieben, trotzdem aber beim Produzieren im Spiele waren. Und in der
That wäre es, wie uns scheint, beschämend genug für die Fortschritte der Litteratur-
geschichte, wenn wir nicht, wie ferne wir auch dem Ziele der Erkenntnis sind, wenigstens
so weit wären, dass wir über die Entstehung eines Kunstwerks in vielen Punkten besser
sollten Auskunft geben können als sein Urheber selbst. —
Zu lyrischen Erzeugnissen 20) der Weimarer Zeit führt ein Aufsatz von Blume^i);
er soll wahrscheinlich machen, dass mit den Versen 69 — 76 des Gedichtes „Ilmenau" nicht
Seckendorff, wie man allgemein annimmt, sondern Knebel gemeint ist. B. stützt diese Ansicht
durch einen Hinweis auf die Sammlung kleiner Gedichte, die Knebel später (1815) in
Leipzig bei Göschen gesammelt herausgab, worin eine Reihe von Hymnen sich befindet,
auf die die V. 73 — 76 gegebene Charakteristik zu passen scheint. Doch wu'd man die
Begründung kaum ausreichend finden. Nur das „monoton" im V. 76 erklärt so sich
gut, indem wie B. bemerkt, diese Hymnen sämtlich in Hexametern abgefasst sind. Ist
aber V. 69 — 76 des Gedichtes Knebel gemeint, so müsse die alte Ansicht fallen, die
auch schon v. Loeper Hempel 2, S. 308 widerlegt, dass er nämlich V. 59 — 68 dargestellt
sei. In einem zweiten Abschnitt, in dem die V. 112 — 119 zur Sprache kommen, be-
handelt B. hauptsächlich die V. 116 — 117. Er bezieht sie nicht auf die Schwierigkeiten,
die Goethe anfangs am Weimarer Hofe fand: von den Erlebnissen in Weimar sei erst
V. 120 ff. die Rede, nach seiner Ansicht spiele Goethe hier vielmehr auf LiU an.
Die Verse sollen bedeuten: er sei nicht weltklug, vorsichtig genug gewesen und habe
durch sein ungestüm -leidenschaftliches Wesen, das der gesellschaftlichen Schranken
nicht achtete, die Liebe des Mädchens eingebüsst. Man kann dieser Auffassving wohl
beistimmen. —
ZDU. 4, S. 351/3. - 17) W. Ringeling: ib. S. 486/6. — 18) R. Hildebrand: ib. S. 547. - 19) H. Corvinns, Herbst-
(refUhl, Gedicht v. Goethe: ZGymn. 44, S. 309—19. — 20) Teufel, Versuch e. rhythm. Uebersetzung v. Goethes Grenzen
d. Menschheit: KBIGRW. 37, S. 319-20. (Wohlgelungen.) — 21) L. Blume, Zu Goethes Gedicht Ilmenau: ChrWGoetheV. 4,
IV,llc: 0. Pniower, Goethes Lyrik. 127
Hildebrand2ia) sucht den Einfluss von Pyras^ Gedicht „Tempel der wahren
Dichtkunst" auf Goethes „Zueignung", den schon Waniek in seiner Schrift über Pyra
(S. 175 ff.) behauptet hat, nocli sicherer zu erweisen, indem er von der beiden Gedichten
gemeinsamen, sicherlich ungewöhnlichen Wendung: „Das Zeug schwoll in tausend
Palten auf" IdcI Pyra, „er (der Sclileier) schwoll in tausend Falten" bei Goethe ausgeht.
Und von da rückwärts betrachtend findet er noch andere Aehnlichkeiten zwischen den
beiden Gedichten, die auf die Einwirkung des älteren Dichters auf Goethe zurückzu-
führen sind. —
Aehnlich wie hier Hildebrand für die „Zueignung" sucht Brandeis^s) für die
„Braut von Korinth" den Einfluss einer fremden dichterischen Schöpfung darzulegen.
Nur werden hier zwei Produkte von grösster Verschiedenheit in einen Zusammenhang
gerückt, während sich dort schon im Grundmotiv der Gedichte Verwandtschaft und
Aehnlichkeit geltend macht. Nachdem B. das Quellenverhältnis der Ballade flüchtig
gestreift und darauf aufmerksam gemacht hat, dass, was man auch als Quelle des Dichters
annehme, Goethe jedenfalls die Verlegung des Stoffes in die christlich - heidnische Zeit selb-
ständig angehöre, unternimmt er den Nachweis dafür, dass gerade die in dieser Verpflanzung
liegende Vertiefung des Motivs litterarischer Anregung entsprungen sei. Er hebt die
Bedeutung hervor, die das Institut des Coelibats in der Litteratur des 18. Jh. einnehme
und zeigt, wie sehr der Typus der unglücklichen Nonne eine Lieblingsfigur in der Poesie
dieser Zeit gewesen sei. Ausgegangen sei der Kampf gegen das Gelübdewesen von
Prankreich. Zu den Werken, die dieser Sphäre entstammen, gehört auch Diderots
Roman „La Beligieuse". Eine Uebersetzung dieses Werkes plante Scliiller im Jahre
1795 für die Hören, und er wandte sich deshalb an Goethe. JDie Sache zerschlug sich
aber für diese Zeitschrift. Doch erschien 1797, in demselben Jahr, in dem Goethes
Ballade entstand, eine deutsche Uebersetzung von Cramer. B. skizziert kurz Tendenz
und Lihalt des Komans und bemerkt, wie der Gedanke der Verse 164 — 167 des Gedichtes
in Diderot vorklingt. Dazu trete Uebereinstimmung in Einzelheiten. Die Verhältnisse
im elterlichen Hause der Braut sind bei Goethe andere als bei Phlegon. Sie sind aber
denen ähnlich, die in Diderots Roman herrschen. Auch das über die Braut verhängte
eigene „Gericht" (v. 163), wonach sie aus dem Grabe ausgetrieben wird, „noch zu suchen
das vermisste Gut", dieses Motiv des vampyrischen Pluches soll Goethe nach B. von
Diderot eingegeben sein. Die Stellen, an denen der Pranzose die Zerrüttungen des
weiblichen Organismus schildert, die eine Folge des aufgezwungenen Coelibats seien,
hätten es Goethe nahe gebracht. Es folgen einige unklare Bemerkungen über das
vampyrische Wesen des Gedichts, wonach „das Gericht" der beleidigten Götter die
elementaren Störungen jener menschlichen Triebe symbolisieren, welche kranker „Wahn"
und ein „falsch Gelübd" gegen alle Natur in Fesseln halten. Was der Vf. beweisen
wollte, dass die Ballade auf einem direkten Einfluss des Diderotschen Werkes be-
ruhe, hat er tmserer Meinung nach nicht gezeigt. Es wäre an sich, da das Erscheinen
der Uebersetzung des Romans und die Entstehung des Gedichtes so nahe zusammen
liegen, sehr gut möglich, dass wir in der Lektüre des französischen Werkes einen der
Impulse zur dichterischen Produktion zu erblicken haben; aber der Beweis dafür müsste
viel schärfer geführt sein, als es von B. geschehen ist. —
Geiger^ä) macht eine eigenhändige Abschrift oder die Urschrift der „Sehn-
sucht" bekannt; sie weicht orthographisch vielfach von den Drucken ab und an einer
Stelle auch im Wortlaut von der Ausgabe letzter Hand. Die Differenz muss hier an-
gemerkt werden, weil sich zeigt, dass die Weimarer Ausgabe in der Herstellung des
Textes durch sklavische Anlehnung an die Ausgabe letzter Hand einen Fehler begangen
hat. V. 4 liest die Hs. nämlich nicht „ans", sondern „aus", was der Sinn unbedingt
erfordert. Der erste Druck im Taschenbuch auf 1804, die Ausgaben von 1806 und 1815
zeigen sämtlich gleichfalls „aus" und erst in die Ausgabe letzter Hand hat sich „ans"
vermutlich als Druckfehler eingeschlichen. —
Zu zwei Goetheschen Sonetten teilt Herman Grimm^*) interessante Varianten
aus Bettinas Papieren mit. Sie besass die Originalhs. der Sonette 1 und 7, die sie auch
in dem Briefwechsel mit einem Kinde als an sie gerichtete ausgab, wozu sie in diesem
Falle berechtigt war. Wir lassen die Abweichungen vom Weimarer Text hier folgen,
weil sie dort im Variantenapparat nicht verzeichnet sind. Sonett 1, V. 4 zum V. 5 Doch
stürzt sich Oreas mit einem Male V. 6 folgen V. 7 Herab zur Flut, Behagen usw.
Der Text ist also fast identisch mit H^^. Sonett 7, V. 3 Bei solcher Trennung herb-
empfundenem V. 6 Solang ichs deutlich, sah usw. V. 10 Fiel mir's zxirück.
V. 11 zeigt ,,mein" auf Rasur und lässt das s in Verlornes als später zugesetzt er-
scheinen. Daraus schliesst G., wohl etwas zu schnell, auf eine ursprüngliche Fasstmg ,,die
S. 23/4. — 21a) S. 0. N. 16. — 22) A. Brand eis, D. Braut v. Korinth u. Diderots Koman La Böligieuse: ChrWGoetheV. 4, S. 50/3,
- 23)L.Qeiger,Z. Gedicht Sehnsucht : GoetheJb. 11, S. 172/3. — 24) Herraan Grimm, Moritz Carricro: DEs. 62, S. 471/2. -
128 IV,llc: 0. Pili o wer, Groethea Lyrik.
Verlorne" oder „dich Verlorne", wonach Bettina als die erste Empfängerin erscheint,
als diejenige, an die das Gedicht überhaupt gerichtet ist. —
Wie Grimm von zwei Sonetten, so machte von Loeper^s) vom Schweizer-
lied (Weimarer Ausgabe 1, 153) eine ältere, interessante Gestalt bekannt. Die Hs., in der
sie uns überliefert ist, ist von Friedrich Schlosser, Goethes Verwandten, geschrieben
und befindet sich in der Sammlung des Freiherm von Bernus auf Stift Neub\u-g bei
Heidelberg. Die Fassung unterscheidet sich von der herkömmlichen nicht nur in den
dialektischen Formen, sondern stellenweise auch im Wortlaut. Ebenso ist bei gleicher
Stropheneinteilung die Gruppierung der Verse eine andere. — In einer kleinen Notiz
liefert zum Schweizerlied auch Sprenger^ß) einen Beitrag, indem er auf J. B. Trenkle
„Die allemannische Dichtung seit J. P. Hebel" (Tauberbischofsheim 1881) aufmerksam
macht, wo auf S. 3 das Lied für den blinden Volksdichter Alois Glutz aus Solothum
in Anspruch genommen wird. Dieser Behauptung gegenüber macht S. geltend, dass
Glutz sich wohl ein altes Volkslied angeeignet habe. —
Aufmerksamkeit fand auch der „West-östliche Divan". Ausser der erwähnten
älteren Gestalt des Ghasels auf den Eilfer liegt uns eine ganz ausgezeichnete englische Ueber-
setzung der Sammlung von E-ogers^'?) vor, mit sparsamen, aber guten Anmerkungen. 28) —
Endlich weist A. Koches) auf die Quelle hin, aus der Goethe die in den Noten zum
Divan veröffentlichte Totenklage des Häuptlings (Weimarer Ausgabe 7, S. 11 ff.
Hempel 4, S. 233 ff.) geschöpft hat. Es ist, wie schon v. Loeper (Hempel a. a. 0.)
bemerkt, die Dissertation von Prof. Frey tag, die in Göttingen 1814 erschien und deren
Titel Baur in der ZDMG. 10, S. 96 f. verzeichnet. Eine Vergleichung einzelner Stellen
mit der Freytagschen Uebersetzung sowie die Uebereinstimmung in den Namen
(Strophe 25, 2) machen es, wie K. zeigt, unzweifelhaft, dass sie und keine andere Goethe
vorgelegen hat. In der That hat Goethe (vgl. Düntzers Erläuterungen zum Divan S. 86)
das Freytagsche Buch am 2. März 1816 aus der Weimarer Bibliothek entliehen. —
Einen hübschen Ausweg aus dem Dilemma, in das uns Goethes „Zwischen
beiden Welten" (Weim. Ausg. 3, S. 45) setzt, weiss Hildebrand^o)^ der in diesem
Bericht so oft genannte, zu finden. Man hat dieses Gedicht bald für ein Jugendwerk
gehalten, bald in die Zeit gesetzt, da es zuerst gedruckt erschien: 1820 (in „Kunst
und Altertum"). H. macht es nun wahrscheinlich, dass es bis auf die drei letzten
Verse den achtziger Jahren angehört, dass der Schluss hingegen erst 1820 zugesetzt
wurde. Und in der That versteht man erst so die Diclitung ganz. Zum Titel des Ge-
dichtes bemerkt H., dass sein Gedanke im Grunde ein Herderscher sei. —
d. Epos.
Ludwig Geiger.
Epen in Versen: Reineke Fuchs N. 1. — Achilleis N. 3. — Hermann und Dorothea N. 4. — Prosaerzählung:
Werther N. 16. — Kleinere Erzählungen N. 21. — Romano: Allgemeines N. 22; Wahlverwandtacliaften N. 23; Wilhelm
Meister N. 25. —
Unter Goethes Epen in Versen hat „Reineke Fuchs", das ja am wenigsten
sein Eigentum ist, im Berichtsjahre kaum Beachtung gefunden i-2). —
Grössere Aufmerksamkeit wurde der „Achilleis" zu teil, deren Fragment, wie
wir wissen, aus den Schätzen des Goethe- und Schiller- Archivs wichtige Bereicherungen
erfahren wird. F. Kern 3) zeigt in einer sorgfältigen Analyse des Epos, als dessen drei
Teile V. 1 — 60, 61 — 3.53, 354 — 651, und zwar der zweite Teü als retardierend, die Er-
zählung nicht weiterführend, hingestellt werden, dass die „Achilleis" nicht Fortsetzung
der Ilias, sondern eine, was Handlung und Stimmung des Helden betrifft, selbständige
Darstellung der Wünsche und Geschicke des Achilles nach Hektors Tode ist. Wenn
ich auch mit der sehr hohen Schätzung des Epos nicht völlig einverstanden bin, so
stimme ich mit K. in der Verwerfung mancher unberechtigten Düntzerschen Einwände
überein. —
25) G. V. Loeper, Schweizcrlied: GoetheJb. 11, S. 171/2. — 26) R. Sprenger, Zu Goethes Schweizerlied: ZDU. 4, S. 380. —
27) A. Rogers, Goethes Reineke Fox, West-east^-rn Divan and Achilleis. (s. n. IV, lld N. 1.) S. 194—339. — 28)
(IV, IIb N. 19.) - 29) A. Koch, Z. westOstlichen Divan : ib. S 173/4. — 30) R. Hildebrand, Zu Goethes Gedicht Zwischen
beiden Welten: ZDU. 4, S. 146/7. -
I) Goethes Reineke Fox, West-eastem Divan and Achilleis, translated in the original metres by A. Rogers.
London. Hell. XIV, 370 S. |[Sation'<T. 50, S. 394; Ac. 38. S. 66; Ath. 2, S. 815.] | (Mit kurzer Einleitung n. Anmerkungen.) —
2) L Jenikego, Polnische Utbcrsetzuuir v. Goethe» Gedichten. iVgl. d. Bibliogr. d. Goethe-Litt. f. 1890, S. 54.) — 3) K. Kern,
IVjlld: L. Geiger, Goethes Epos. 129
Das am meisten herausgegebene ^-4»)^ behandelte, übersetzte der poetischen Epen
ist „Hermann und Dorothea". Drei Uebertragungen, meist ältere französische 5-7),
aber auch eine czechische *^ ) und eine polnisches) sind gedruckt worden; eine früher
gedruckte italienische wurde von Nardelli^) als zu wörtlich und fehlerhaft getadelt.
Ein Zeugnis dafür, wie dringend das Bedürfnis nach Erklärungen oder kommentierten
Ausgaben des deutschen Textes ist, mag in dem Erscheinen der sechsten Auflage von
Düntzersio) Erläuterungen gesehen werden, die neben dem Vorzug des Autors,
eminenter Beherrschung des Stoffs, auch seine Kleinlichkeitskrämerei und sein Beharren
auf falschen Lieblingsmeinungen aufweist. — Ein Textabdruck mit englischen Anmer-
kungen von W. Wagner und Cartmell^i) ist kaum als neue Arbeit zu bezeichnen. —
Eine mit französischen Noten von Girot^^) ausgestattete Ausgabe, der eine Ein-
leitung Mezieres und der bekannte Aufsatz von H. Schreyer (Goethe Jb. 10, S. 196 — 211)
vorangestellt sind, zeigt eine tüchtige Belesenheit in der neueren deutschen Litteratiir,
verständiges Urteil und gute Winke zur Erklärung und pädagogischen Verwertung der
Einzelheiten. — Es mag nützlich sein, den Schülern bei der Charakteristik der Haupt-
personen des Gedichts Goethes Darstellungskunst, seine Welt- und Menschenkenntnis
und die eingestreuten Weisheitslehren klar zumachen; aber ich vermag nicht einzusehen,
warum derartige Darlegungen, wie sie Semleri^) bietet, gedruckt werden. — Noch weniger
erspriesslich scheinen mir Wasserziehers'^) Eragen nach dem Alter von Hermann,
Dorothea und dem Pfarrer. Ob ersterer ■v\'irklich 19, die zweite 23, der dritte 30 Jahre
ist, dürfte ausser dem Fragesteller wenige bekümmern, und seine Vorwürfe, die beiden
letzteren „reden über Dinge, von welchen sie keine Erfahrung haben und haben können",
wird die Bedeutung des Gedichts wenig anfechten. — Auch damit ist nicht viel ge-
wonnen, wenn Th. Werther'») in dem „Städtchen", dem Schauplatz des Gedichtes, Buchs-
weiler im Elsass sieht, während als die Urbilder des Wirts und der Wii'tin Herr und
Frau Rat, von denen der erstere aber auch manches für den Apotheker geliefert hat,
mit vielen alten und einigen neuen Gründen in Anspruch genommen werden und
Hermann auf Goethe, Dorothea wenigstens in einzelnen Zügen auf Friederike ge-
deutet wird. —
Goethes Prosa-Erzählungen werden gleichfalls mannigfach bearbeitet und
nachgeahmtes). Auch für „Die Leiden des jungen Werther" hat Semler^'^) von einer
besonderen Weltanschauung gesprochen. — Ueber den jungen Jerusalem, dessen Schick-
sale Goethe vorschwebten, hat Eugen Wolff^^) ansprechend gehandelt, indem er zu-
gleich zu weit gehend die Möglichkeit einer Selbstschilderung Goethes in dem Romane
ablehnte und den Titel Werther, „der sich zu hoch, zu wert schätzt", gewiss falsch
erklärte. — Die grosse Einwirkung dieses Romans auf die deutsche und auswärtige
Litteratur war vielfach erörtert; insbesondere konnte Zschech^^) nun endgültig fest-
stellen, dass Ugo Foscolo bei seinen „Letzten Briefen des Jacopo Ortis" Goethes Werk
von Anfang an vermutlich nur in französischen Bearbeitungen, gekannt habe. — ■ Von
einer neuen Ausgabe des „Werther", die Düntzer20) vorlegte, lässt sich nicht viel
Rühmliches sagen. Die Anmerkungen geben in aufdringlichster Weise Textvarianten,
die fast nichts als Verewigung von Setzerwillkür sind; die Einleitung, in der D. ganz
gegen seine Gewohnheit auf Peter und Maximiliane Brentano hinweist, obwohl nicht er
dieses ungleiche Paar unter den Urbildern zuerst genannt, lässt die Geschichte der
Fortwirkung des „Werther" völlig vermissen und geht auf die zweite Bearbeitung gar
nicht ein. —
Weit besser sind die zwei Einleitungen zii den gleichfalls von Düntzer (vgl. o.
N. 20) in einem Bande zusammengestellten kleineren Erzählungen Goethes. Störend
wirken nur immer die Verweisungen auf die „Erläuterungen" desselben Autors: man kann
Goethes Achilleis u. d. letzte Gesang d. Ilias : VossZgs. N. 2—3. — 4) Goethes Hermann u. Dorothea. Mit 8 Bildern in Kupferdr.
nach d. Orig. -Oelgemälden v. A. Frhr. v. Raniberg u. Randzeichnungen v. L. v. Krämer. Berlin, Grote. Luxus -Ausg. Fol.
V, 68 S. geb. m. Goldschn. M. 25,00. — 4a) Goethe, Hermann u. Dorothea. 2. durcligesehene Aufl. v. H. Leineweber.
Trier, Stephanus. — 5) Goethe, Hermann et Üoroth6e, poeme. Traduetion franyaise par Bitaubö. Paris, D61alain.
XX, 95 S. — 6) Goethe, Hermann et Dorothöe. Edit. annotöe par J. N. Wagner. Paris, Poussielgue. IV, 119 S. — 7) Goethe,
Hermanno et Dorothöe. Traduetion franyaise avec le texte allemänd et des notes par B. L6vy. Paris, Hachette. IV, 187 S. —
8) Goethe, Hennan a Dorota, epos idylickö. Prelozil J. Jungmann. 4. Aufl. Prag, Kober. — 9) G. Nardelli, L. Virbio,
Ermanno e Dorotea. Versione metrica: RiCrLJ. 6, N. 1. — 10) H. DUntzer, Goethes Hermann u. Dorothea. 6. neu durchges.
Aufl. (= Erläutt. zu d. deutsehen Klassikern. 1. Bdchen.) Leipzig, Wartig. 120. VIT, 168 S. M. 1,00. — II) X Goethes Hermann
and Dorothea with an introduction and notes by W. Wagner. New edition revised by J. W. Cartmell M. A., Fellow and
Autor of Christ's College, Cambridge. Edited for the syndics of the university press. Pitt Press Series. Cambridge,
University press. XXII, 202 S. (D. Anmerkungen beginnen auf 8. 87.) — 12) Goethe und Dorothea. Texte allemänd aveo une
introduction et des notes par A. Girot. Paris, Delagrave. XLIII, 148 S. — I3i S. u. IV, llf N. 7. — 14) E. Wasserzieher,
Z. Zeitrechnung in Goethes Hermann u. Dorothea: bFDH. NF. 6, S. 499— 508. — 15) Th. Werther, D. Eutstehung v. Goethes
Hermann u. Dorothea. Progr. d. Grossherzog. Gymn. Eutin, Struves Druckerei. 4". 24 S. — 16) X Oskar Klein, Schmerz-
liche Wonnen. Roman. Elberfeld, Selbstverlag. 135 S. (Behandelt d. Wertherproblem.) — 17) Ch. Semler,
D. Weltanschauung Goethes in d. Leiden d. jungen Werther: ZDU. 3, Erg.-H. — 18) Eugen Wolff, D. Leiden d. jungen
Werther in Leben u. Dichtung: BFDH. NF. 6, S. 10—27. — 19) F. Zschech, Ugo Foscolos Ortis u. Goethes Werther.
Auf Grund d. neuesten ital. VeröiFentll. : ZVLR. NF. 3, S. 46—70. (Handelt hauptsächlich über Foseolo u. sein Werk.) —
Jahresberichte für neuere deutsche Litteraturgeschichte 1 12), ^
130 IV,lld: L. Geiger, Goethes Epos.
von dem Käufer und Leser eines Buches bilKgerweise nicht verlangen, dass er sich
auch ein zweites anschafft. Ferner hat man hier wie bei jedem Werke D.s die peinliche
Empfindung, schon einmal Gelesenes, nur in etwas anderer Form, wiederzuerhalten.
Am besten geraten ist die grosse Einleitung zu den „Untei'haltungen deutscher Ausge-
wanderten", wo die Darlegung der Entstehung, die ruhige Entwicklung der von Ver-
schiedenen ausgesprochenen Erklärungen wohlthuend absticht gegen die beständigen
Nörgeleien gegen Schiller sowie gegen einzelne Äusserungen Goethes; nachzutragen ist
jetzt M. Herrmanns^i) Quellennachweis für die Novelle vom klugen Prokurator. In
der Einleitung zu den „Guten Weibern" hätte Seuiferts Erklärung der einzelnen Paare
nach Mitgliedern der Weimarer Gesellschaft nicht so kurzer Hand abgewiesen werden
sollen. Bei der Ausgabe vom „Hausball" ist die in den Anmerkungen erfolgte Mit-
teilung der Hauptabweieliungen von der durch Sauer entdeckten Wiener Original-
erzählung recht dankenswert. —
Die grösseren Romane haben eine geistreiche Würdigung ihrer allgemeinen
Bedeutung seitens eines Franzosen, Ehrhardt22)j gefunden. Er stellt in ihnen per-
sönliches, fremdes Element und encyklopädischen Charakter fest. Letzteres scheint mir
sowohl im Ausdruck als in der Ausführung nicht zutreffend, weder die Anordnung der
Komposition bewiesen, noch die Beeinflussung durch Stendhal. Dagegen ist der Aus-
führung beizustimmen, dass die ßomane mancherlei über Goethes innere Entwicklung,
Erlebnisse, äussere Geschicke enthalten, sowie fruchtbare Folgen fleissiger Lektüre auf-
weisen : Goldsmith, Shakespeare ebenso wie Klopstock, Wieland und die lehrhaften
Romane jener Zeit kommen besonders in Betracht. —
Unter den Romanen haben die „Wahlverwandtschaften" zu kleinen 23) und
grossen Ausstellungen Anlass gegeben. Die letzteren, von einem Altmeister deutscher
Sprachwissenschaft, von San der 8^4)^ ausgehend, betreffen ein Gebiet, in dem ich mich
gern des Urteils enthalte; nur meine ich das Recht zu haben, zwei Punkte hervorzu-
heben, erstens nämlich, dass S. bisweilen dadurch Unzutreffendes behauptet, dass er
seinen Bemerkungen eine Ausgabe zu Grunde legt, deren Druckfehler und Willkürlich-
keiten längst verbessert sind, zweitens dadui'ch, dass er zu sehr den Schulmeister spielt.
Solch Verhalten aber mag Lehrlingen gegenüber, das Wort im weitesten Sinne,
gehandhabt, von Nutzen sein. Meistern gegenüber ist es überflüssig. Denn nur der
Schriftsteller, nicht aber der Sprachkluge, und läsen ihn selbst vier Zehntausende, bildet
und gestaltet die Sprache. —
Eine Stelle des „Wilhelm Meister" hat zu einer mehr geistreichen als richtigen
Deutung Graf es 25) geführt. Das „Prachtkästchen" (Kästchen mit Steinen) ist ein Pracht-
büchlein und zwar Dante. Zu dem Gestein d. h. zu Dante hat Wilhelm d. h. Goethe
wie sein Sohn Felix d. h. seine Dichterseele seit einer Reise über das Gebirge d. h.
seit seiner italienischen Reise eine gewaltige Zuneigung und wird darin von Montan
d, h. Herder unterstützt. Der „Schlüssel" zu dem Kästchen ist das dem neuen Dichter
immer mehr aufgehende Verständnis Dantes. Goethes Studium Dantes wird sehr ernst
behandelt; wenn aber die Schilderung (Buch 1, K. 12), wie Wilhelm das Prachtkästchen
bei einem Antiquitätenpfandleiher deponiert, erklärt wird, er stelle den Dante unter
seine Bücher, so erinnert das an Louviersche Faustdeutungen. 26-28) —
Die einzige neue Ausgabe der „Wahlverwandtschaften" und des „Wilhelm
Meister" kann nach dem, was über die Editionen Düntzers29) schon gesagt worden
ist, kurz abgemacht werden. Umso kürzer als über diese Romane der geschäftige
Kommentator sich schon zweimal in seinen „Erläuterungen" und in der Hempelschen
Ausgabe hatte vernehmen lassen. Da selbst er nicht unerschöpflich ist, so muss er
sich vielfach wiederholen. Bemerkenswert sind nur die in den Anmerkungen gegebenen
Zusätze der anders lautenden Stellen früherei Ausgaben und Bearbeitungen,
sowie die den Einleitungen zu gute gekommene fleissige und glückliche Benutzung
der seither erschienenen Tagebücher und Briefe Goethes. —
20) S. 0. IV, IIa N. 74. — 21) S. o. 11,8 N. 42. — 22) A. Ehrliardt, Les romans de Goethe. Clennont-Ferrand, Louis.
17 S. i [L. G eiger: Gegenw. N. 40.] j — 23) Bund N. 54. ("Goethes Wahlverwandschaften; Philippika gegen d. Bild v. rothen
Faden.) — 24) D. Sanders, Sprachl. Anmerkk. zu d. 1. u. 2. Teil v. Goethes Wahlverwandtschaften: ZDS. 4, S. 465—71.
— 25) B. Gräfe, Briefe über Goethe u. Dante: ConsMschr. 47, S. 1040/9. — 26) X H. W. Otto, D. Gaukler in Goethes
Wilhelm Meister: AZg. N. 211. — 27) Goethe, Wilhelm Meister. Translated hy Carlyle. 2 vols. With introduction hy Prof.
Dowden. London, Nntt. — 28) Goethe, Wilhelm Meister. Translated by Carlyle. New edition. Chicago, Mc. Chery. —
29) S. 0. IV, IIa N. 74; vgl. o. N. 20. -
IVjlle: Erich Schmidt, Goethes Drama. 131
e. Drama.
Erich Schmidt.
Ausgaben N. 1. — Laune des Verliebten N. 2. — Menteur N. 3. — Shakespeare N. 4. — Götz von Berlichingen
N. 6. — Clavigo N. 13. — Hanswursts Hochzeit N. 14. — Stella N. 14b. — Egmont N. 15. — Iphigenie in Delphi und Nausikaa
N. 17. — Iphigenie in Tauris N. 18. — Tasse N. 28. — Opern, Grosskopbta, Natürliche Tochter, Pandora N. 29a. — Ueber-
setzungen und Gelegenheitsstucke N. 31a. — Faust: Allgemeines N. 32; ürfaust N. 41; Fragment N. 43; erster Teil N. 45;
zweiter Teil N. 54. —
Die Weimarer Ausgabe hat 1890 keinen Dramenband gebracht, sondern nur
durch ihr wachsendes Briefkorpus und die zum ersten Mal veröffentlichten Tagebücher
teils geläufiges Erläuterungsmaterial bequemer dargeboten, teils neue chronologische
Winke gegeben, die hier im einzelnen so wenig wiederholt werden können als die alt-
bekannten, nun durch W. v. Biedermann zusammengetragenen Belege aus ,, Gesprächen"
(7, S. 226 ist Kozmians Bericht über Goethes mündlichen Entwurf eines Kasimir-Dramas
erneuert). K. J. Schröer^) hat seine Ausgabe der Dramen abgeschlossen. —
„Die Laune des Verliebten" entwickelt Rötteken^) auf Grund der Briefe
an Cornelie so: von der Frankfurter ,, Amine" blieb nur der Name für ein neues von
Cornelie kritisiertes, von Goethe selbst zu matt befundenes Schäferspiel (Eebruar 1767),
das die Grundlage des in völliger Umarbeitung (März 1767 — April 1768) zu doppeltem
Umfang gediehenen Stückes wurde. —
Das bei Hirzel übergangene, von Lichtenstein (GoetheJb. 3, S. 338) mit Goethes
Studentenerfahrungen kombinierte und für 1765 angesetzte Bruchstück aus Comeilles
„Menteur" 1,1 (Schröer S. 4 — 12; Sommer 1766?) untersucht Fried wagn er 3): Goethe,
durch historische Betrachtung von Molieres Vorgängern in der Charakterkomödie auf den
„Lügner" geführt, habe das Stück sehr wahrscheinlich schon in Frankfurt gesehen, dann
in Voltaires Ausgabe gelesen und (im Sommer 1766 ?) gewandt und frei, mit eigenen
Reflexionen, doch ohne sich dem albernen Dorant ähnlich zu fühlen, und mit Leipziger
Anklängen, nach Anschaulichkeit strebend, leider verbreiternd, zu übersetzen begonnen.
Das Verhältnis des „Menteur" zu Alarcon und Lope wird skizziert, die Geschichte
Comeilles in Deutschland unselbständig gemustert, das Frankfurter Repertoir nach
E. Mentzel in eine Tabelle gebracht. Die Vergleichung will erschöpfen. — M. Herr-
mann 3») verlegt die Arbeit in den Mai 1768 wegeii der Aufführung einer gleichnamigen
Komödie Goldonis „II bugiardo" von 1750. —
Die Originalreinschrift „Zum Schäkespearstag" wurde in der Maltzahnschen
Auktion*) von A. Posonyi in Wien erworben, eine Kollation ergab die grosse Zu-
verlässigkeit des Bemaysschen Abdrucks im „Jungen Goethe"; Bahrdts eigenhändige
Abschrift des „Prologs" kam unter den Hammer^^.). — Ueber Goethes jugendliches
Shakespearestudium bietet Wagener^), trotz seiner Schlussbemerkung gegen Suphans
Vortrag von 1889, an neuem nur etwa die Verknüpfung der Phädon-Notizen mit
Strassburger Hamlet-Lektüre, für den „Cäsar" nichts über v. d. Hellen hinaus, zum
„Götz" nur Henses und besonders Sauers Beobachtungen mit einer Warnung vor Motiv-
jagd, die statt angeregter Begeisterung Nachahmung annehme; die Uneinheitlichkeit,
ausser in einer Hauptperson, sei Schuld der Herderschen Lehre. —
Mit dem „Götz" sind interessante neue Bühnenversuche angestellt worden.
Wir berücksichtigen das Theater, soweit es sich um erste Aufführungen, Neubelebungen,
ungewöhnliche Liscenierungen, ausländische Experimente handelt. Die Misslichkeit des
Zwischenvorhangs bewog den Münchener Intendanten von Perfall 6), nach einem Aufsatze
R. Genees von 1887 und H. v. Wolzogens gleichzeitigem Hinweis auf Schinkels Plan einer
neuen Bühneneinrichtung (BayreuthBll. 10, S. 65 ff.), mit dem Obermaschinenmeister
Lautenschläger ans Werk zu gehen und 1889 die Vermeidung des Prospektwechsels mit
fallendem Vorhang innerhalb der Akte an Shakespeare zu erproben; daher der un-
passende Name „Shakespeare-Bühne" (vgl. o. IV,4 N. 187 — 190). 1890 kam diese Einrichtung,
I) Goethes Werke. Elfter Teil. 1. u. 2. Abteilung. Dramen 6. Band. Her. v. K. J. Schröer. (= Deutsche
Nationallitteratur. 92. Bd.) Stuttgart, Union. 564 S. je M. 2,50. — 2) H. Roetteken, Goethes Amine n. Laune d. Ver-
liebten: YLG. 3, S. 184/6. — 3) M. Friedwagner, Goethe als Corneille-Uebersetzer. E. Beitr. z. Gesch. d. französischen
Dramas in Deutschland. Aus d. d. JB. Staatsoberrealschule in Währing. Wien, Selbstverlag (Gerold). 40 S — 3a) S. o. IV,
IIb N. 44 (S. 192). — 4) S. o. 1, 4 N. 12 u. IV,1 N. 46. — 4a) Verz. d. v. Dr. M. WUstemann in München hinterl. Auto-
graphen-Sammlung, welche am 24. Nov. 1890 versteigert werden soll. Leipzig, List u. Francke. 98 S. — 5) B. Wagener,
Shakespeares Einfluss auf Goethe in Leben u. Dichtung. 1. Teil. Phil. Diss. Halle, Niemeyer. 54 S. — 6) K. v. Perfall,
D. Einriebt, d. neuen Schauspielbtihne d. Münchener Hoftheaters. Götz von Berlichingen mit d. eisernen Hand, Schau-
spiel in 6 Aufz. V. Goethe. Unter Zugrundelegung d. J. Bächtoldschen Werkes: „Goethes Götz von Berlichingen in
dreifacher Gestalt", für d. neue Schauspielbuhne d. Münchener Hoftheaters einger. Mit 5 Tafeln u. 5 Grundr. v. C.
lä^ iVjlle: Erich Schmidt, Goethes Drama.
mit einer dritten Dekorationsgasse, dem „Götz" zu gute, bei nur 28 Verwandlungen: man be-
diente sich der Mittelbühne ohne Prospekt, wo der Schauplatz zweifellos ist, deckte gelegent-
lich den stabilen architektonischen Vorbau mit Laubranken , verfügte nach Bedarf über die
ganze oder die halbe Mittelbühne und konnte selbst inmitten derselben, sich auf weniger Per-
sonen zusammenziehenden, Scene hinter geschlossener Gardine scenischen Wandel vor-
bereiten, indem das gedeckte Orchester, zu dem einige Stufen herabführen, als leere
Vorbühne dient. Letzteres wird mehrfach angefochten. Die Vorstellung dauerte anfangs
4Vj Stunden, wurde aber noch gekürzt. Auch die Sprachreinigung verschwand wieder,
und hie und da wurde der „Götz" von 1773 (B) mehr im Ausdruck bevorzugt. Kon-
taminiert sind wesentlich B und C, die Theaterbearbeitung Goethes, auch mit Rück-
sicht auf A („Geschichte Gottfriedens") : Akt 1 und 2 mehr nach B, die zweite Hälfte
mehr nach C (Selbitz, der Hauptmann, Adelheids und Franzens Masken- und Namen-
scene, der Abschied, Adelheids letzte Nachtscene nach B und nach C, wo Dingelstedt
kühn in A zurückgriif, während hier der Vehmspruch hinterdrein in der Luft schwebt) ;
starke Verkürzungen, geschickte Verzahnungen, sanftes Verschweigen mancher Dinge
dem Klerus zu Liebe, aber nicht zimpferlich; immerhin ist das Jugendstück in dem
Amalgam recht zahm geworden. Muncker fordert den „Götz" von 1773. — Kilian^a)
verteidigt den dramaturgischen Zwang, die straffere, kompaktere Gestalt C zu benutzen,
erklärt sich aber gegen die Scene der Kaufleute samt Götzens Monolog und will dafür
die weggefallene Bauernhochzeit, vermisst die Jaxthäuser Scene zwischen Heilbronn und
dem Bauernkrieg und empfiehlt für Akt 5 (Exposition aus B) die Metzlerscene
aus A mit Aenderungen, wie er denn nach einer anerkennenden, aber auch zweifelnden
Kritik der Aufführung in Anhängen einen eigenen Entwurf macht. — Kilian '' ) hat auch
über Martersteigs mehr als fünfstündige Aufführung in Mannheim (Dezember 1889),
welche die Einrichtung von 1804 fast völlig mit kleinen Aenderungen im 2. Akt brachte,
berichtet. — Die „Geschichte Gottfriedens" versuchte Otto Devrient^) am 30. September
für die Bühne, zunächst des Kgl. Schauspielhauses in Berlin, zu erobern, mit einigen
Ersatzstellen oder Brücken aus B (z. B. für 5,7 Adelheid und Eranz), und C, und besonders
ziim ersten Mal die ungeheure Metzlersche Nachtscene toben zu lassen, aber von der
vielfach strafferen und dramatischeren Fassung 1773 zu Gunsten der naturalistischen
Zerfahrenheit des Ur-Götz abzustehen, der eine Teilung der Bühne für zahlreiche Scenen,
links Bamberg, rechts Jaxthausen, bei verdeckter Halbbühne steuern, sollte. Dies „Guck-
kasten "-System ist von der Tageskritik fast einmütig verspottet worden; wir fanden es
immerhin vorteilhafter als den Zwischenvorhang oder die kahle Münchener Vorbühne,
die Darstellung allerdings in den meisten Rollen mittelmässig, aber das Experiment trotz
unserer grösseren Achtung für B planvoller und anziehender, als die Recensenten zu-
gestehen. Den unglücklichen Einfall, die Vehme hinter dem Vorhang beraten zu lassen,
gab der Dramaturg rasch wieder auf. Die „Geschichte Gottfriedens" verschwand bald
von den Brettern, — Seliger^) zeigt, wie der Regisseur Franz Grüner 1809 B für das
Theater an der Wien bearbeitete: ohne Kaiser und Bruder Martin, mit einem Herzog
von Franken statt des Bischofs, stark streichend, behutsam gegen die Censur, sprung-
haft, einiges Aeusserliche einschaltend. — Dass Götz 1,3 die aus der „Lebensbeschrei-
bung" 10) übernommene Erzählung von den fünf Wölfen und der Herde für ein gutes
Omen hält, bezieht Bender i^), ohne Grimms Mythologie zu berücksichtigen, auf das
Helmkleinod des Götzschen Wappens: einen Wolf mit einem Lamm im Rachen. —
Die Kritik im „Journal encyclopedique" 1774 IV 3, S. 562 übersetzt Braun 12); das Stück
heisst ein treues Sittenbild, alles sei interessant und talentvoll, aber barbarisch. —
„Clavigo". Offenbar ohne Kenntnis der Beaumarchaisbücher von Lomenie und
ßettelheim (vgl. auch Larroumets, Goethe nicht berührenden, Aufsatz „Beaumarchais,
L'homme et l'oeuvre" RDM. 98, S. 547—75), bietet Soffe^s) unter Altbekanntem
ein paar lose Bemerkungen über Lessingsche Dialogtechnik und eine ganz flüchtig an-
gedeutete Parallele zwischen Clavigo-Beaumarchais und Goldsmiths Paar George-Thorn-
hill. — Einzuschalten wäre Goncourts Aufzeichnung vom 21. März 1875 (Journal des
Goncourt 5, S. 197 f.) : „Chez Flaubert, Tourgueneff" nous [auch A. Daudet] traduit le Pro-
methee et nous analyse le Satyre: deux ceuvres de la jeunesse de Goethe, deux ima-
ginations de la plus haute envolee. Dans cette traduction, oü T. cherche k nous donner
la jeune vie du monde naissant, palpitante dans les phrases, je suis frappe de la fami-
liarite, en meme temps que de la hardiesse de l'expression. Les grandes, les originales
Lautenschläger. München, Bassermann. 4». 94 S. M.2,00 \[/U:AZg. N. 84; Muncker: ib. N. 89.] | — 6a) E. Kilian, Goethes
Götz u. d. neu eingerichtete MUnchener Bühne. München, Kellerer. 62 S. M. 1,00. — 7) id., E. Aufführung d. Götz von
Berlichingen nach d. Heidelberger Hs: AZg". N. 9. — 8) 0. Devrient, Gesch. Gottfriedens von Berlichingen mit d. eisernen
Hand, dramatisiert v. J. W. Goethe. In 5 Aufz. mit Benutzung auch d. spateren Lesarten eingerichtet. Leipzig, Breitkopf
u. Härtcl. 12«. 104 S. M. 1,00. — 9) P. Seliger, E. alte EUhnenbearbeitung d. Götz: Gegenwart N. 36. — 10) X K. Über-
horst, Götz von Berlichingen nach seiner Selbstbiographie u. Urkunden dargestellt: DBUhncngen. N. 36. u. 38.
(Abdruck einiger Parallelstellen.) — II) F. Bender, Zu Goethes Götz von Berlichingen: ZUU. 4, S. 370/1. —
12) J. VN'. Braun: Deutschland. N. 27. (In der Rubrik „Kleine Kritik".) — 13) E. Soff6, Die erlebten u. litterarischen Grund-
IV,lle: Erich Schmidt, Goethes Drama. 133
CBUvres, dans quelque langue qu'elles existent, n'ont jamais ete ecrites en style acade-
mique." —
„Hanswursts Hochzeit". In dem fingierten „Catalogus von den raresten
Büchern und Manuscriptis" (Frankfurt u. Leipzig 1720, S. 27) weist Eichleri^) den Titel
„Kilian Brustflecks Critique über die zerrissenen Nabelbinden" nach, luid er erinnert an
Lindners Mitteilung, dass in Matthesons ,,Pregio dell' Ignoranza oder die Bassgeige"
ein Musikpoet Don Quinto Talso als K. B. auftrete. — Zur Hilfe an Lavaters „Abra-
ham" vgl. die Auiforderung vom 1. Sept. 17751*''). —
Den ersten ,,Stella"-Schluss rühmt F. Schlegen*^). —
„Egmont". Einen Vortrag über Egmont'^) und Oranien in der Geschichte hat
Maurenbrecher 1^*) am 21. März 1890 im Wiener Goetheverein gehalten. — Goethes
Drama erschien wiederholt auf der Bühne des Pariser Odeon als „Le Comte Egmont,
drame historique en 12 tableaux, par Goethe, adapte par M. Adolphe Aderer", worüber
viele Berichte erstattet worden sind^*^). Die Bearbeitung hat die Volksscenen, die man
trotzdem „fades" fand, sehr gekürzt, manches verschoben, die beiden letzten Akte zu-
sammengezogen. Die Ausstattvmg war glänzend, Beethovens Musik wurde gespielt. Den
Haupterfolg hatte die Albascene und Klärchens Ende, dagegen missfiel der sehr reducierte
Brackenburg, Oranien langweilte das Publikum, Klärchen erschien ohne mädchenhafte
Poesie, Egmont als moderner Elegant. Die Journale zeigten ein kühles Wohlwollen;
so will Sarcey dies Stück ansehen wie ein Deutscher den „Cinna": Goethe sei ein
„magnifique rhetoricien", ein „profond penseur", aber in seinem Leben kein Theatermensch,
was Sarcey nachträglich mit blosser Berufung auf Mezieres erhärtet, ohne selbst irgend
welche Vertrautheit zu zeigen, während Vi tu wenigstens das Stück an die Verhältnisse
um 1789 anzuknüpfen sucht ^^a). —
„Iphigenie in Delphi". Düntzer^'') bekämpft die „so irrigen wie anspruchs-
vollen Ansichten", namentlich Scherers, sehr weitläufig, bekräftigt vieles von ihm „längst"
Festgestellte, beleuchtet gegen Kuno Fischer die italienische Umgestaltung der Scene 4, 4
der taurischen Iphigenie und zerschneidet die von demselben Forscher zwischen cl<er
taurischen und der delpliischen gesponnenen Verbindungsfäden sowie das Gewebe einer
„Trilogie", um dann, Welckers aber nicht Vahlens gedenkend, nochmals die Ueber-
lieferung in Hygins 122. fabula darzulegen. Goethes Plan in der „Italienischen Reise"
sei späte Nachschöpfüng ohne Gewähr; 1786 ein Dolch — das ist ganz richtig — , keine
Axt (Kresphontes) anzunehmen; eine Rekonstruktion für fünf Akte unmöglich, wobei
auf einige Hauptgesichtspunkte Scherers, wie die Stimmung Iphigeniens bei der Ankunft,
nicht genug Wert gelegt wird. Nach Zwischensätzen über den „Ewigen Juden" be-
handelt D. die „Nausikaa" mit beständiger Rücksicht auf Suphans neuen Text
(Bd. 10, 1889), guten Konjekturen, aber auch gefährlichen Besserungen (z. T. mit
Riemer), bedenklichen Deutungen (wie: man habe zu lesen „Die Schönen. Gefangen",
Ulysses erkläre sich überhaupt von Frauenschönheit gefesselt) und scharfer Chronologie:
vages Motiv in Giredo; erst in Sizilien ein Trauerspiel ,,Arete" (der Name aus Ver-
wechslung mit der Mutter, nicht aus euphonischem Grund), das unter fortlaufender Po-
lemik gegen Scherer skizziert wird (1. Akt am Meer, 2. — 5. ohne Scenenwechsel in der
Königshalle); dann nach Erwerb des Homer und Odysseestudium Ausführung der „Nau-
sikaa" 1, 1 — 1, 3 in den beiden letzten Palermitaner Tagen; Abbruch der Reinschrift in
Neapel. Endlich wird der Plan von Taormina als völlig undramatische Nachschöpfung
aus der Redaktion der „Italienischen Reise" sehr schroff abgelehnt. —
„Iphigenie in Tauris". Die Ausgabe von Schmitt'^) giebt den deutschen Text
mit französischen Fussnoten, deren paraphrastische Manier, planloses Herausgreifen von
Varianten, geborgte Urteile wertlos sind und traurig gegen Chuquets und Lichtenbergers
Arbeiten abfallen, wie auch die hastige Einleitung über die Gestalten („bien mo-
dernes sous leur enveloppe grecque") und den bedauerlichen Wegfall des edlen Wett-
streites der Freunde usw. gar keinen Gewinn bringt. — Hasenclever ^o) findet, in-
dem er die Erlösung des in Sünde verlorenen Menschen, seine Versöhnung mit Gott,
die hohe Stellung der Frau, die Entsühnung durch eine andere reinere Person als -ein
göttliches Wundergeschenk für christlich anspricht, Goethes Stück deshalb „unwillkür-
lich" „durch und durch christlich"; „Alle menschlichen Gebrechen" usw. klinge „zu-
erst etwas oberflächlich". — HalatschkaSO) bietet Sammlungen unter den Haupt-
. Goethes Clavigo. Progr. BrUnn, Staats - Oberrealscliule. 1890/91. 16 S. — 14) F. Eichler, Kilian Brust-
fleck: CBlBibl. 7, S. 166. — 14a) Neue Briefe an Goethe: GoetheJb. 11, S. 105—20. (S. 106.) — 14b) Fr. Schlegels Briefe
an seinen Bruder August Wilhelm. Her. v. Walzel. (S. 155. — S. u. IV, 13 N. 5.) — 15) X H. GI06I, D. dram. Handlung
V. Goethes Egmont. E. deutsche Stunde in d. Prima: ZDU. 4, S. 54—62. (S. 0. I, 7 N. 16.) — 15a) ChrWGoetheV. 6, S. 16.
(Notiz.) — 16) |[z. B. F. Sarcey: Temps 10. Februar. N. 10505 u. 10512; Vi tu: Figaro 8. Februar. N. 39; W. S[inger]:
NFPr. 1890, 13. Februar N. 9150.] | — 16a) X Goethe, Wybor pisra eo przektadzie L. Jenikego. Warschau, Lcwontal.
(Polnische Übersetzungen, u.a. v. Egmont, Iphigenie, Tasso.) — 17) H. Düntzer, Goethes Iphigenie in Delphi u. Nausikaa:
ZDU.4, S. 305—38. — 18) Goethe, Iphigönie en Tauride. Nouv. Edition par L. Schmitt. Paris, Delagrave. IV, 102 S. —
19) Hasenclever, Goethes Iphigenie, e. christliche Dichtung: DEBll. 15, S. 434—51. — 20) R. Halatschka, Versuch
134 IVjlle: Erich Schmidt, Goethes Drama.
rubriken „Verba" (1. Lexikalisches, 2. Flexion), „Substantiva" (Wortbildung, Lautliches
Vj S., Flexion), „Adjektiva", „Zur Casuslehre", „Einzelnes", noch ohne Kenntnis der
1889 im 10. Bande der Weimarer Ausgabe ausgebeuteten italienischen Handschrift, schon
deshalb unzvdänglich; doch ist überhaupt -sdeles in der „Iphigenie" übersehen oder
äusserlich behandelt, die Belesenheit in Goethe ist dürftig, anderes Material wird nur rein
zufäUig herangezogen, luid wesentlich sind Adelung und Grimm, Lehmann und Burdach
excerpiert; es fehlt auch an den nötigen historischen Kenntnissen, und die Sammlungen,
die etliche böse Schnitzer aufweisen, sind zwar nicht unnütz, doch niu- mit Vorsicht zu
gebrauchen. — Zu V. 226 fi*. „zufrieden war' ich" ergreifen E-eichel^i), nochmals
Sprenger22), Wartenberg23), Molin^*) das Wort, seltsamer Weise ohne Rücksicht auf
die ältere Lesart. Reich el nimmt endhch den 1. Vers für sich mit starker Betonung
„mein Volk" und wünscht statt des, vielfach missverstandenen, Kolons ein Punktum
oder Semikolon, was Sprenger nicht nötig findet; Wartenberg und Molin entwickeln die
Symmetrie zwischen Iphigeniens Wünschen und der Antwort des Thoas. — Sanders^s)
zieht zum Verständnis der V. 315 ff. das Selbstgespräch des Polymetis im ,,Elpenor" 2, 1
„Wir fühlen uns Gesellen" usw. heran. — Das „unwillig" V. 636 will Sprenger^ß) nicht
gleich Waetzoldt als „invitus" fassen, sondern verweist auf Aen. 12, 951 „vitaque cum
gemitu fugit indignata [Schwab: „unwdllig"] sub umbras", — Derselbe 27) erklärt das „ver-
hüllt" V. 899 aus Suetons „Vita Caesaris": „toga caput obvolvit" und Shakespeare 5, 3. —
„Tasso"28). Auf 66 Seiten giebtK. Fischer^s*) die Entstehungsgeschichte von den
ersten Keimen bis zur völligen Erneuerung in und nach Italien, mit einigen falschen
Briefdaten. Die alte Dichtung war pathologisch, erst die neue ist künstlerisch. Die
alte enthielt halbprosaisch 1,1 — 3 und 2,1 — 2, wohl auch 2,3, worin Tassos Haft herbei-
geführt wurde. F. leugnet für A jeden Antonio, sogar einen Vertreter X, was
entschieden zu bestreiten ist, wenn auch Antonio ein „dichterisches Sammelprodukt"
genannt werden darf und, was F. übersieht, noch in der einen Weimarer Hs.
Battista (Pigna) heisst. Tassos Zeitalter wird beleuchtet, Ferrara geschildert, die Poesie
Tassos, auch „Aminta" (wie schon W. Schlegel gethan) und Lyiik für Goethe verwertet,
ein Ausblick auf Byron und Leopardi eröffnet. Unerwähnt bleibt Goldonis Drama.
Drei Charakterbilder der Feinde nach Serassi: Giambattista Pigna, Guarini, Antonio
Montecatino. Die Leonoren. Die Tassolegende: Manso (Brusoni, Muratori). i)ie Frage,
was Goethe gekannt habe, führt von Koppe bis zu Serassi. F., Heinses Iris-Roman
(1776) allzuschroff" als Quelle ablehnend, bezeichnet als Gewährsmann für A den Manso,
dem gegenüber Goethe ein Freundschaftsverhältnis seiner zwei, nicht drei, Leonoren und
eine Neigimg der Sanvitale erfand; dazu kam die Umarmung, das von Goethe vertiefte
Delirium des Piatonismus, nach Muratori: Goethe kannte den 10. Band der ,,Opere di T. T."
von 1739 (die Hauptstellen sind übrigens bei Serassi wörtlich citiert, was zu beachten
wäre). In der Analyse S. 178 ff", komponiert F. kvn-z „Die Fabel", entwickelt den
fünfaktigen Bau und will zeigen, dass man es von Haus aus mit einem schlichtenden
„Schauspiel", keiner Tragödie zu thun habe. Er schildert Tassos Welt: Renaissance
ohne die unheimlichen Gewalten der historischen, Idylle und Geniekultus, ästhetische
Gesittung und Freiheit, Charaktergegensätze. S. 213 ff. Charakterbilder: Alfonso der
Fürst mit fürstlichem Humor; die Prinzessin lebend in Klarheit, Lauterkeit, Leiden,
Entsagung, Stille, nach der Genesung auf Grund alter Eindrücke ein dauerndes Seelen-
band hoffend, aber nicht ohne Schuld an Tassos notwendiger Entfernung, alles platonisch
bis auf den einen Raptus des Dichters; die Sanvitale Vertreterin der Gentilezza der
grossen Welt. F. erblickt mit Recht ihr Hauptmodell in der Gräfin Werthern,
während er sonst kaum derartige Beobachtungen anstellt und einmal scharf gegen den
Hinweis auf Lenz protestiert. Für Antonio, der kein Poesiefeind, sondern ein Gegenbild
der Zuchtlosigkeit des Menschen Tasso sei, wird eine „Antinomie" behauptet: alte
Gegnerschaft in den drei letzten, neue Bekanntschaft in den zwei ersten Akten, und aus der
langsamen Entstehung des Stückes begründet. F. betont nach dem Zusammenprall
Antonios und Tassos ein Missverhältnis von Schuld vnä Strafe. Er geht, auch polemisch,
auf zahlreiche einzelne Stellen ein. Tassos schmerzliches Weltgefühl usw. treibt nicht
zu tragischer Vernichtung, „nur die beiden letzten Scenen lassen Raum zur Befürchtung",
er wird errettet, geheilt und soll als Künstler alles bemeistern. — Düntzer29) nimmt,
meist polemische, Rücksicht auf die seit seiner 3. Auflage (1882) erschienenen Schriften
e. sprachl. Komment, zn Goethes Iphigenie auf hist. Grundlage. Halle, Niemeyer. 67 S. M. 1,60. — 21) K. Reichel, Zu
Goethes Iphigenie 1,3: ZDU. 4, S. Ö6/6. — 22) R. Sprenger, Nochmals Iphigenie I, 3,226: ib. S. 163. — 23) W.
Wartenberg: ib. S. 165. — 24) J. Molin, Noch e. Scherflein zu Goethes Iphigenie I, 3: ib. S. 165. — 25) D.Sanders,
Zu e. stelle in Goethes Iphigenie I, 3: ZDS.4, S. 328.-26) R. Sprenger, Goethes Iphigenie II, 1,72: ZDÜ.4, S. 371/2. -
27) id., Zu Goethes Iphigenie II, 2,331 (102): ib. S. 373|4. — 28) X D- Sanders, Einige Bemerk, zu d. 1. Auftr. im
2. Aufz. T. Goethes Tasso: ZDS. 4, S. 372/3. — 28a) Kuno Fischer, Goethes Tasso. (= Goethe-Schriften v. Kuno Fischer
1. Reihe 3, H. 153-605.) Heidelberg, Winter. 353 S. M. 6,00. |[Meyer von Waldcck: AZg». N. 165 f.; Buchner:
BLU.N.28; E. Schmidt: DLZ. 18V1, N.16.J| - 29) H.Düntzer, Erläuterungen zu d. deuschen Klassikern 17. Bandchen.
IVjlle: Erich Schmidt, Goethes Drama. 135
von Kern (so gegen dessen Auffassung der Hofsphäre), Scholl und besonders K. Fischer
(namentlich in den Entstehungsdaten und der „Antinomie"), bestreitet den Einfluss der
„edlen" Gräfin Werthern auf die Sanvitale, seinerseits an die kleine Schardt und Emilie
von Werther erinnernd, wie er für Alfonso das Vorbild Karl Augusts, für Tasso zwar
nicht Lenz, aber Plessing, Knebel, sogar Kraft berücksichtigt. Die Einzelerklärung
wendet sich mehrfach gegen Schröer und dessen Textrecension. Aus der Weimarer
Ausgabe werden Varianten der Hs. mitgeteilt. Die Skizze 10,429 wird als V. 997 ff. nach-
gewiesen und verbessert, ebenda „Ergreifen des Moments" auf 4,4 bezogen. V. 100 soll
„ihn" nur Druckfehler B statt „sie" sein (?), ebenso 2402 „Auch" statt „Ach", 3342
„sie" statt „die", 2450 sei Komma nach „beglückt" widersinnig, 2894 fehle die Variante
„Er" S (wie H ?), 3014 sei „Gnaden" Druckfehler A. Brief Nr. 1050 gehöre nicht in
den November 1780, sondern gleich Nr. 1047 (März 1789, nicht November 1780) in das
erste Frühjahr nach der italienischen Reise. —
Opern. ,, Scherz, List und Rache": zu den Kompositionen Naumanns kleine
Mitteilungen Suphans^s») aus Seifersdorf; zu „Circe" ein kleiner Nachtrag 29b^ aus den
Berliner „Annalen des Theaters" 1797: Weimarer Aufführung von „Circe, Oper aus
dem Italienischen, von Goethe, Musik von Anfossi". — Den „Grosskophta" findet
F. Schlegel „matt"^») (an Wilhelm S. 43). — Zur „Natürlichen Tochter" hat
Oekander^Oa) (Hausmann) in freier Benutzung der Notizen des „Altmeisters" ein Folge-
stück verfasst, das auch ohne Goethes „schemenhaftes" Drama verständlich sein soll.
Eine Ilias post Homerum wird von uns nur ausnahmsweise besprochen. — Belling^i)
erstreckt seine metrischen Studien auf die „Pandora", mit langen, in eine Analyse des
Stückes gewobenen Citaten, Verweisen auf Westphal-Rossbach, Ansätzen zur inneren
Motivierung der jeweiligen Masse, also behenderer für Elpore, serbischer Trochäen usw.
für Epimeleia, und dem Gesamturteil, die Nachbildung griechischer Rhj^thmen sei,
wenn auch nicht so \delgestaltig, „im ganzen wohl gelungen" und habe jene in
trochäischem Formenreichtum übertroffen. —
Uebersetzungen und Gelegenheitsstücke. Der oben erwähnte Schluss-
band K. J. Schröers^'*) enthält den ,,Menteur", „Mahomet", „Tancred", dann „Paläophron
und Neoterpe", die übrigen Gelegenheitsstücke, aber in der 10. Gruppe ausser kleinen
Theaterscenen (Eröffnungschor „Romeo und Juhe"), Theaterreden und Maskenzügen
auch die „Anekdote zu den Freuden des jungen Werthers" und das „Trauerspiel
in der Christenheit", dies ohne jede Untersuchung, da die Weimarer Ausgabe abzu-
warten sei. Bei den „Maskenzügen" ziemlich enger Anschluss an v. Loeper und Düntzer. Die
neue Ausbeute ist überhaupt nicht gross. Das Vorwort verbreitet sich über Goethes
Deutschheit, Nationalität und Humanität, enthusiastisch, ohne die Einschränkungen
Scherers oder Treitschkes, persönliche Bekenntnisse im „Epimenides" läugnend („wer
ist 1813 erwacht?"), und in der besonderen Einleitung, die den Inhalt nacherzählt und die
Hauptperson mit Epimetheus vergleicht, sagt S. nur, G. habe „den Aufschwung des
Publikums zum Symbol eines Ideals" für zu einfach gehalten, die Aufführung aber seine
glückliche Lösung der Aufgabe bewährt: „Goethe tritt in den Gesängen des „Epimenides"
ganz in die Reihe der Sänger des Befreiungskrieges und überbietet sie an Kraft und
Gedankentiefe." Die Texte folgen C; mehrmals heisst es: „verglichen mit Loepers Aus-
gabe". Die Recension ist an manchen Stellen eine eklektisch unsichere, die Mitteilung
von Varianten hat etwas Zufälliges, indem Wichtiges fehlt, Aeusserliches wie „Chatulle"
und „Schatulle" wiederholt wird. So sind auch zu den Dramen Voltaires Verse des
Originals beliebig herausgegriffen, ohne Stiluntersuchung (H. Grimm, jetzt eingehend
Köster), ohne Ausdeutung des Wortes Carolinens, Goethe setze den Voltaire in Musik
wie Mozart den Schikaneder, sondern beim „Tancred" heisst es kurz: „treu" oder „weicht
ab" oder „neue Verse". Für das Sprachliche wird Schröers Faust-Ausgabe am fleissigsten
angeführt. Sopirs Tod soll an Cäsar und Brutus erinnern; er hat aber bekanntlich sein
unmittelbares Vorbild im „George Barnwell". In der Tancredarbeit erblickt S.
den Keim zur „Braut von Messina". Der Titel „Paläophron und Neoterpe" ist von
F. Schlegel geprägt, wie seine Briefe an Wilhelm 3ii)) nun lehren; über die „Stolze
Vasthi" sind Suphans^^^) Bemerkungen zu vergleichen. „Was wir bringen" II (Halle)
nennt Schröer „höchst anziehend im ganzen. Zu sichten, was von Goethe, was von
Riemer ist, wagen wir nicht". Im einzelnen wird manche kleine Erläuterung oder
Parallele beigebracht. Willkommen ist das Bild zu „Paläophron und Neoterpe" (Zeitung
für die elegante Welt), sowie zwei Ansichten zu den Maskenzügen 1810 (Journal des
Luxus und der Moden). —
4. neu durchges. u. verm. Aufl. Leipzig, Wartig. 12". 192 S. M. 1,00. — 29a) B. Suphan, Karlsbad 1785: GoetheJb.
11, S. 123—34. (S. 131.) - 29b) F.Jonas: ib. S. 194. — 30) Vgl. N. 14b. — 30a) G. Oekander, Eugenie.
Tragödie im Anschluss an Goethes Drama ,Die natürliche Tochter". Leipzig, Elischer. X, 150 S. M. 8,00. —
31) E. Belli ng, D. Versmasse in Goethes Pandora. Progr. Bromberg. S. 11—17. — 31a) S. o. N. 14b. — 31b) S. 447;
vgl. N. I4b. — 3lc) B. Suphan, Nachspiel zu Gotters Vasthi: GoetheJb. 11, S. 20/4. — 32) Faust, E. Tragödie v. Goethe.
136 IVjlle: Erich Schmidt, Gocihcs Dmina.
„Faust". Die Reclam-Ausgabe 32) ist nun vollständig, sauber gedruckt, ohne
Rücksicht auf die Weimarer, der 1889 Krabbes zierlicher Stuttgarter Druck einige
runde Paralipomena (Rubrik „Aus dem Nachlass") entlehnte. — Seiner ausgezeichneten
dänischen Uebersetzung3-a-i>), die 1889 fertig vorlag, hat Hans en^S) einen orientierenden
Aufsatz über den Urfaust, die Forschungen Fischers und Scherers (kein Streit um einen
Prosafaust mehr!), die Weimarer Funde nachgeschickt, „Abkündigung" und „Ab-
schied" deutsch mitgeteilt, den Bericht Goethes über den Jugendplan des 2. Teiles über-
setzt.— Der czechischen TJebersetzung von Vlcek wirft ein Kritiker 34) zu grosse Freiheit
vor. — Nur der „Faust-Litteratur" ist ein Katalog Baers^'») gewidmet; jener der Malt-
zahnschen Auktion bei A. Cohn^^») bot u.a. zwei Federzeichnungen Goethes, die viel-
leicht mit der Faustdichtung irgendwie zusammenhängen. — Düntzers^^) Vorrede feiert
„Zur Jahrhundertfeier von Goethes Faust (1790)" die mehr als ftinfzigj ährige Thätigkeit
des Kommentators und bezeichnet die übersichtliche Mitteilung der wichtigen Varianten U
als Hauptvorzug seiner neuen Auflage. Belesen ist er der Litteratur gefolgt, der For-
schung mehr polemisch, manchmal nur kurz verneinend. An alten Lieblingen wie der
Konjektur „Geniess es, um es zu besitzen", oder dem „Fidelen" hält er ebenso fest wie
an der Lesart „Lied" (nicht „Leid") ; in IJ nimmt er manche Schreibfehler an, gelit
aber auf höhere Kritik nach dem Plan dieser populären Erläuterungen wenig ein und
lässt die ParaUpomena, auch die Satanscene usw., bei Seite. — Kreyssigs ^'J) Kommentar
hat in F. Kern einen liebe- und verständnisvollen Bearbeiter gefunden, der streichend und
ändernd eingreift, ohne seine abweichenden Ansichten durchzudrücken, aber in zwanglosen
Einschaltungen über den Bestand des Urfaust orientiert, den Gedankengang im ersten Monolog
vcm Wissen zur Sehnsucht nach Teilnahme an dem schöpferischen Leben der Natur darlegt,
später zu „Wald und Höhle" den Erdgeist richtig als früheren Stellvertreter Gottes
ansieht, die Fragmentverse nach der Lücke an die Stimmung der Erdgeistscene anknüpft
und die Lust, Mephisto in die Welt zu folgen, begründet, in einer neuen Analyse von
„Wald und Höhle" Gretchens Fall nach der 1. Gartenscene annimmt und endlich in
einer Reihe von eigenen Anmerkungen sowohl Einzelheiten als grössere Gedanken-
zusammenhänge erläutert: „Prometheus" ein Bruchstück, „trockener Schleicher" Gegensatz
zum Enthusiasten, „ich mehr als Cherub" aus der „cherubinischen" Weisheit der Mystik
bis Scheffler zu erklären, die vier Verse „Was du ererbt" zusammenhanglos, der
Gedankengang bei der Logosübersetzung aus Heraklit verständlich, die Prologverse
„das Werdende — dauernden Gedanken" auch mit dem Gedicht „Den Absoluten" ver-
wandt, „Wie ich beharre" = sobald, der Hinweis auf Gretchen im 4. Akt des 2. Teiles
sehr wichtig (hinanziehend), die Trimeter des 3. überschätzt, und dass Faust sich griechischer
Kunst nicht nähere wunderlich, die „Schuld" unter den grauen Weibern noch unerklärt,
,, Verweile doch" kein Verlust der Wette; Vorschläge zu anderer Interpunktion gegen
die weimarischen Prinzipien, aber z. B. das Verständnis befördernd V. 2345 „ver-
schwunden, .... ausgefunden". Pniower, in seiner sehr anerkennenden Recension
K.s, knüpft gleichzeitig an Kuno Fischers „Erklärungsarten" von 1889 Anmerkungen
über stilgeschichtliche Probleme und meint, Ü widerlege an sich die Annahme eines
Prosafaust nicht; die Urhandschrift habe aus abgesonderten Lagen bestanden. — Julian
Schmidts37») Darstellung 4, S. 144 flf. ist umgearbeitet, genetischer, mit bewusster Rücksicht
auf die Philosophie. — Louviers^S) Methodologie gehört nicht in einen wissenschaft-
lichen Jahresbericht, sondern nach Bedlam, trotz seinen drei Werkzeugen Geschichte,
Philosophie, Logik, das „Geheimbuch im strengsten Sinne von A bis Z" zu enträtseln
und die „Sphinx" reden zu lassen. — Geniessbarer ist immerhin Curtos'^ö) polemisch
vorgetragene Evolutionstheorie, so wenig sie als eine Vergewaltigung der Poesie über-
zeugen und uns den Mephistopheles nicht für einen Teufel, sondern einen Teil der
Gotteseinheit, die auflösende Kraft im Ewig-Einen, erklären kann. — Ein 1879 in
Schleswig gehaltener Vortrag Petersens^O) (gest. 1887) stellt zunächst Faust, den Titanen
aus metaphysischer Sehnsucht, und den Philister Wagner gegenüber, um dann aus
Fausts titanischen Egoismus seine tief packende Tragik zu entwickeln, Hamlets, Manfreds
Weltschmerz zu vergleichen, die Lösung des Schuldproblems aber nur zu streifen, mit
dem Wunsch, es hätte beim „Her zu mir!" des 1. Teiles sein Bewenden gehabt, während
er den 2. Teil verwirft. Das zweite Stück kennzeichnet Ibsens „Brand" als Titanen
Zweiter Teil. Leipzig, Keclam. 208 S. M. 0.20. — 32a) X Goethe, Faust. A Dramatic Poem Transl. by A. Hayward. II.
London, Bell & Sons. 282 S. — 32b) X Goethe, Faust. Transl. by Anna Swanwick. New -York, A. L. Burt.
— 33) P. Hansen, Urtextenie til Goethes Faust. Nogle Träk at Faust forskningens nyeste Hist.: L&K. 3,
8. 308—26, 561—89. — 34) E. W., J. W. Goethe. Faust. Tragödie. Kozmerem originalu prezozil Frant. Vlcek: Bohemia
N. 145b. — 35) J. Baer & Co., Antiquarischer Anzeiger N. 402. Frankfurt a/M., Baer. 16 S. — 35a) S. o. N. 12.
— 36) H. DUntzer, Goethes Faust. Erster Teil erläutert. 5. Aufl. (= Erlaut, zu d. deutschen Klass. 19.) Leipzig, Wartig.
218 S. M. 2,00. — 37) F. Kreyssig, Vorlesungen über Goethes Faust. Zweite Aufl. neu her. t. F. Kern. Berlin, Stricker.
271 S. M. 4,00. ([Pniower, DLZ. 11,N.43; 0. Harnack, PrJbb. 64, S. 740.]| - 37a) Vgl. o. IV, 1 N. 1.-38) F. A. Leu vier,
D. neue Rationelle Methode d. Faust-Forschung u. d. alte u. d. nrue Mephisto. Zwei Vortrage. Hamburg, GrUning. 35 S.
M. 0,80. — 39) H. CuVto, I>. Figur d. Mephisto im üoetheschen Faust. Turin, Koux. 114 S. M. 2,00. — 40) J. Petersen,
n^lle: Erich Schmidt, Goetlies Drama. 137
nicht des Wissens, sondern des Wollens, Titanen des Talars, des Christentums.
Der Vf. selbst erscheint als christgläubiger, lebhaft empfindender, beredt kon-
struierender Mann, —
Urfaust. Die stilistische Umgestaltung von U im Fragment 1790 legt Raiz^i)
sorgsam nach guten Rubriken dar mit Ausschluss dessen, was nicht Redaktion, sondern
Umschöpfung ist : Verschmelzung von Alt und Neu, Milderung, Verstärkung, Theatralisches
(Zeit, Ort, minder individuelles Kolorit, nichts Unsichtbares) ; sprachlich : schriftdeutsche
Regelung, Hebung, Präcisierung, aber gelegentlich auch Schmälerung der Bildlichkeit,
Schwund von Sturm.- und Drangelementen, Kakophonien, wirren oder zu kantigen Satzge-
bilden, ausgleichende Periodisierung; einiges von Goethe selbst nicht mehr recht verstanden;
Sentenziöses ; Metrisches; Wandlungen der Form auf Kosten des Inhalts; keine strenge
Redaktion; wo im vollständigen „Faust" Formen auftreten, die S zumeist gegenüber U
beseitigte, sei die Annahme früher Herkunft erlaubt. — Die Zwiespältigkeit der Schüler-
scene, wie sie aus Redaktionsnähten der Wiederholung („doch müsst ihr", „doch vorerst"),
aus formaler Verschiedenheit erhelle und eine derbe Partie von 1772, eine feinere von
1775 ergebe, erörterte Pniower^'») in der „Gesellschaft für deutsche Litteratur". — An
Pfeiffers ^2) schon 1887 in dem Dissertationsdruck S. 71 ff. vorgetragene, 1890 neu
erschienene Kombination zwischen Klingers lang vorbereitetem Roman und Goethes
Jugenddichtung sei hier nur erinnert. —
Fragment. Zur Säkularfeier besprach Pniower^s) das grosse Bruchstück mit
einer für unzünftige Kreise bestimmten Musterung der Forschungen und Ergebnisse seit
Scherer. — Sträter**) entdeckte, dass Wagner den von Faust überwundenen Standpunkt
darstelle und Mephistopheles dem Faust gegenüberstehe wie Sancho Pansa dem Don
Quixote, der objektive Humorist. —
Erster Teil. Zur ästhetischen Würdigung des Gretchen trägt Eitners*^)
citaten- und blumenreiche Deklamation gar nichts bei; dagegen erläutert Benda*^)
Valentins Fluch ausgezeichnet durch eine Frankfurter Polizeiordnung vom 15. Jahr-
hundert (die Dirnen sollen „keine güldener ketten tragen", „in der Kirche in keinem
stule steen") und vermutet, dass Goethes Vater Orths ,, Ausführliche Abhandlung von
den berühmten zwoen Reichsmessen" usw. 1765 (S. 517) gleich anschaffte; die Goethe-
hauskommission bemerkt dazu (Berichte 1891, S. 163), das Buch sei weder in des Rats
noch in Goethes Bibliothek nachzuweisen, auch Orths „Anmerkungen" zur Frankfurter
Reformation nicht (2. Forts. 1744, S. 485 dieselbe Polizeiverordnung noch ausführlicher);
aber Goethe citiere die „Anmerkungen" im 2. Buche von „Dichtung und Wahrheit"
(Weimar. Ausg. 26, S. 117). — In dem Vers „Wie ich beharre bin ich Knecht" wollte
Sprenger'*'')^ seiner eigenen früheren Deutung zuwider „bin ich Knecht" konditional
nehmen und vor „bin" Semikolon setzen; dagegen stellte Pauls en-^^) das einzig Richtige
(wie = sowie, sobald) mit ein paar Worten fest; ausführlicher vertraten dasselbe Bender^^)
und Feist^o^, endlich Sprenger^i) selbst. — Die Hauptbedeutung der „Hexenküche"
möchte ein Anonymus S-) in dem höllischen Kampfmittel der Betäubung erkennen; kein
tieferer Sinn in dem tollen Reimklingklang, nur Anspielung auf die Trinität und einige
Brocken von Vernunft im Spiel mit der Weltkugel, in der Aufforderung, eine Krone
aus Schweiss und Blut zu leimen; Hinweis avif ,, Macbeth" 4, 1. — Zöllners Musik preist,
seine dichterische Behandlung von Goethes 1. Teil tadelt Noduagel^^^). —
Zweiter Teil. Reinhard ^4) teilt dem Kanzler Müller am 24. Mai 1833 sein
Befremden über die mystificierende Symbolik mit, der 1. Akt schöpfe fast wörtlich aus
„damaligen satj^rischen Schriften", der griechische Hexensabbath habe mehr archäo-
logischen als philosophischen Wert, dann stelle sich der Naturforscher über den Dichter,
der Schluss verneine den I.Teil...; im August begehrt er einen Schlüssel zu den
„Müttern" und dankt am 6. August 1834 für Riemers Belehrung über die „Deae Matres" :
man müsse „entsetzlich gelehrt" sein. — 2. Akt. V. 7667 fand Sprenger^S) in Schröers
2. Ausgabe den Druckfehler „Raub", hielt ohne weiteres Umsehen v. Loepers Lesart
„Raiibt" für blosse Konjektur und emendierte „Missgestaltetei [für Missgestaltete] Be-
gierde Raub des Reihers edle Zierde" mit Ellipse von „ist". — 3. Akt. Am 24. No-
vember 1800 meldet F. Schlegel ^i») dem Bruder, von Goethe sei „ein gewaltiges
Faust u. Brand. Hamlet. Zwei Vorträge. Gotha, Perthes. VII, 64 S. M. 1,20. (Her. v. Emil WolfF.) — 41) A. Raiz,
Goethes Faustredaktion 1790: VLG. 3, 32.3-59. — 41a) Referat: DLZ. 11, S. 794. — 42) G. J. Pfeiffer, Klingers Faust
(.S'. 0. IV, 3 N. 9.) — 43) 0. Pniower, E. littcrarisches Juhiläum : DWBl. N. 23. — 44) E. Sträter, D. Faust v.
1790 — e. humoristisches Kunstwerk: Post N. 231. — 45) G. Eitner, Aus: Goethes Frauengestalten (Prohe aus
e. grösseren, noch nicht veröffentlichten Arheit). Görl. Festschr. Görlitz, Jaenicke. 4". 23 S. — 46) A. Benda, Z. Valen-
tinsscene: GoetheJb. 11, S. 170/1. — 47) R. Sprenger, Zu Goethes Faust. 1. Teil, V. 1356 ff.: ZDU. 4, S. 372/3. — 48)
F. Paulsen, Zu Zeitschrift 4, S. 372 ff.: ib. S. 483. — 49) F. Bender, Zu Goethes Faust, 1. Teil, V. 1356 ff.: ib. 8.
4fc3. — 50) S. Feist, Zu Goethes Faust I. V. 1356 flg.: ib. S. 484. — 51) R. Sprenger: ib. S. 484/5. — 52) Einiges
über d. Hexenküche in Goethes Faust: LZg". N. 129. — 53) E. 0. Nodnagel , Faust, e. Musikdrama v. Heinrich Zöllner:
Deutschland N. 34. — 54) Briefe v. Reinhard an Kanzler Müller. Her. v. L. Geiger: GoetheJb. 11, S. 42—57. (S. 51/3.)
— 55) K. Sprenger, Goethes Faust 11,3048 (Schröerj. Die Kraniche des Ibjkus:ZDU. 4, S. 372.-56) Herman Grimm,
138 IV,lle: Erich Schmidt, Goethes Drama.
griechisches Trauerspiel" „in Trimetern und chorähnlichen Chören" zu erwarten, dessen
Sujet er nicht wisse. — Helena in der Weltlitteratur würdigt H. Grimm^ß) von Homer
auf Goethe ausblickend: „seltsames Experiment", kein mechanisches Eingreifen Aphro-
dites, „göttliche Unbefangenheit". — 4. Akt, Das „endlich vorgeschritten" möclite
Sprenger 57) nicht aus Luthers Bibel Luk. 1, 39 erklären, sondern aus Hans Sachs
„Die starck gewonheit" 1544 „rösch und endlich". — 5. Akt. Die mystischen Schluss-
partien analysierte mit theologischen Wendungen, unkatholisch die „Gnade" betonend,
ein Ungenannteres). — Die Aufführungen des von L'Arronge im September 1889 zuerst
dargebotenen Trümmerwerkes „Fausts Tod" im Deutschen Theater zu Berlin wurden
häufig fortgesetzt und von Erich Schmidt^^) kurz charakterisiert. — Seine Bilder zu
beiden Teilen legte der Maler H. Junker am 18. Dezember 1889 im Frankfurter Hoch-
stift 6^) vor und erläuterte sie. —
f. Didaktik.
Otto Harnack.
Philosophie N. 1. — Bibel und Luther N. 6 — Ethische Ansichten N. 9. — Sprtlohe in Prosa N. 12. — Litteratur
und Kunstbetrachtung N. 14. — Naturforschung' N. 19. —
Goethe als didaktischer Schriftsteller erfährt immer neue Betrachtung, aber
nur selten eine solche, welche die Wissenschaft fördert. Oft sind es nur populäre
Darstellungen allbekannter Züge oder vage Allgemeinheiten, die geboten werden; auch
das Material, aus dem geschöpft wird, ist meist sehr beschränkt, und einige wenige
Sätze, besonders aus der Korrespondenz des ersten Weimarer Jahrzehnts werden immer
von neuem ausgebeutet. An methodischen wissenschaftlichen Untersuchungen über das
Verhältnis Goethes zu einzelnen Philosophen oder wissenschaftlichen Spezialforscheru
fehlt es noch fast ganz. Nur das Thema „Goethe und Spinoza" wird immer aufs neue
erörtert, als ob die gewaltige philosophische Bewegung Deutschlands, die Goethe mit-
erlebte, auf ihn nicht entscheidend gewirkt hätte; „Goethe und Kant", „Goethe und
Schelling", „Goethe und Hegel" sind dagegen höchst wichtige Themata, die noch der
Bearbeitung harren. Und auch wenn man die älteren Einwirkungen, die Goethe erfuhr,
betrachtet, bleibt noch vieles zu erledigen; sein Verhältnis zu Leibnizens Monadenlehre
ist von hohem Interesse, und auch der Einfluss der lutherischen Ueberlieferungen, wenn
auch in letzter Zeit mehr beachtet, ist noch nicht endgültig festgestellt. Ohne in einem
dieser einzelnen Punkte unsere Einsicht unmittelbar zu fördern, zeichnet sich Glogaus i)
Vortrag doch durch geistreiche Auffassung der Individualität Goethes und durch leb-
hafte Darstellungsweise aus. Eine gewisse Unbestimmtheit des Ausdruckes beeinträchtigt
hier und da die Schärfe des Gedankens. — Bestimmt und scharf umrissen sind die
wenigen Sätze, die in Aufzeichnungen Rankes 2) erst jetzt uns bekanntgeworden sind.
Entgegen dem landläufigen Worte von dem „Heiden" Goethe, meint R. ausdi-ücklich,
Goethe sei hierin nicht mit Winckelmann zu vergleichen. „Goethe hat eine Abweichung
von dem protestantischen Element, von dem er auf seine Weise ausgegangen ist, nach
dem Allgemeingültigen und Klassischen; aber es ist immer mit lauter Modernem und
Modernstem vermengt." Eine andere Gedankenreihe schliesst sich an den Satz: „Goethes
spätere Sachen leiden, wie mir scheint, sämtlich daran, dass sie die Litteratur als
Litteratur, als selbständig gemacht und zu machen ins Auge fassen." In den „Wahl-
verwandtschaften" findet R. „die reine Anwendung der Naturgesetze" auf geistige Vor-
gänge verletzend. — Gleichfalls nur vorübergehend behandelt Max Müller 3) in seinen
Vorlesungen tiber „Natürliche Religion" Goethes Standpunkt. Er betont die in den
„Wanderjahren" gegebene Bestimmung der Ehrfurcht als der religiösen Empfindung und
der dreifältigen Form, in der diese erscheint. — Goethes Verhältnis zu Spinoza unter-
sucht Schneege^), Obgleich er darin schon viele Vorgänger hat, so gelingt es seiner
sorgfaltigen Arbeit doch, manches schärfer zu bestimmen. Besonders die Abgrenzung
Homer. Ilia«. Erster bis neunter Gesang. Berlin, Hertz. 288 S. M. 6,00. (S. 82—105. Die Stelle schon DRS
63, 8. 235.) - 57) R. Sprenger, Goethes Faust, 2. Teil. 4. Akt, V. 29: ZDÜ. 4, S. 88. - 58) D. Schlnssscene y.
Goethes Faust 2. Teil: LZg»- N. 155. - 59) E. Schmidt: GoetheJb. 11, S. 198/9. (In der Rubrik Chronik.) -
80) BFDH.S. 165-61. -
I) S. 0. IV,lla N. 5. — 2) L. von Ranke, Z. eigenen Lebensgesch. her. v. A. Dove. (= Samtliche Werke.
Bd. 53/7.) Leipzig, Duncker & Humblot. XII, 731 S. M. 9,00. - 3)MaxMUller, Natürliche Religion. Gifford-Vorlesungen,
Übersetzt v. E. Schneider. Leipzig, Engelmann XX, 587 S. - 4) S. o. IV,lla N. 17. — 5) R. Fester, Rousseau u. d.
IV,llf: 0. Harnack, Goethes Didaktik. , 139
der Anschauungen Goethes und Spinozas geschieht mit Deutlichkeit, uud es wird
schliesslich die wesentliche Verscliiedenheit betont, die sich aus Goethes eigentümlicher,
rliirch Kants Kriticismus gesteigerter „metaphysischer Resignation" ergab. Auf sein
Verhältnis zu Kant geht S. noch weiter ein, indem er die Bedeutung, welche die Teleo-
logie der „Kritik der Urteilskraft" für Goethe gewann, untersucht. Er stellt es hierbei
als wahrscheinlich hin, dass dieser die von Kant bloss als subjektiv-gültig bezeichnete
teleologische Betrachtung in sich zu einer objektiv-gültigen umgebildet habe, — eine
Frage, die noch weitere Untersuchung verdient. — Goethes Persönlichkeit nach einer
bestimmten Richtung ihres Wirkens hat Fester 5) in seinem geschichtsphilosophischen
Werke besprochen. Er führt aus, dass Goethe durch sein „gegenständliches Denken"
die Nation zur historischen Auffassung erzogen habe, dass schon W. v. Humboldt in seinem
Aufsatz über die Aufgabe des Geschichtsschreibers Goethes Individualität vor Augen
gehabt, dass durch Ranke die Geschichtsschreibung die durch Goethe vorbereitete und
ermöglichte Vollendimg erreicht habe. —
Unter den Sclu-iften, die Goethes Stellung zu bestimmten anderen geistigen
Mächten behandeln, ist sorgfältig und verdienstvoll die Arbeit Henckels^) über Goethe
und die Bibel. Der Vf. nimmt Beziehung aiif seine früliere Schrift „Das Goethesche
Gleichnis" und auf Hehns Untersuchung „Goethe und die Sprache der Bibel". Er findet
mit Recht, dass letzterer im Suchen nach Parallelen mitunter zu weit gegangen. Auf
einen allgemeinen Ueberblick (S. 1 — 16) lässt H. eine fortlaufende Stellensammlung
folgen, die nach den biblischen Büchern geordnet ist und alle Perioden von Goethes
Schaffen gleichmässig berücksichtigt. Besonders häufig findet sich das erste Buch Mose,
sowie die Evangelien des Matthäus, Lukas, Johannes erwähnt. '^) — Das Verhältnis
Goethes zu liuther hat Semler 8) übersichtlich dargestellt, jedoch mehr einen lebendigen
Vergleich der Persönlichkeiten und der praktischen Lebensauflfassung als, wie der Titel
erwarten lässt, eine systematische und scharfe Abwägung der philosophischen Grund-
anschauungen gegeben. —
Goethes ethische Ansichten hatMelzer^) behandelt, indem er die betreffen-
den Abschnitte des Harnackschen Buches „Goethe in der Epoche seiner Vollendung",
oftmals selbst in der Reihenfolge der Citate, reproduziert hat. Insoweit auch Goethes
Gottesbegriflf hierbei in Frage kommt, polemisiert er gegen die dort aufgestellte Be-
hauptung, dass neben der pantheisiischen bei Goethe auch eine theistische Gedanken-
reihe sich finde, und will statt dessen einen unklaren „Semitheismus" annehmen. —
Semler 10) hat die „Weltanschauung" Goethes in „Hermann und Dorothea" darzustellen
versucht, hat aber diese, wie mir scheint, unlösbare Aufgabe trotz verständnisvollen
Eindringens in die Dichtung nicht lösen können; allenfalls könnte man es eine „Lebens-
anschauung" nennen, was S. in der Dichtung ausgesprochen findet: „Der lebendig
begabte Geist, sich in praktischer Absicht ans Allernächste haltend, ist das Vorzüglichste
auf Erden." 11) —
Ueber die hauptsächliche Quelle, die uns Goethes Denken und Glauben erschliesst,
die Sprüche in Prosa, hat von L oep er 12) gehandelt und seiner früheren bahnbrechen-
den Erklärungsarbeit wichtige Ergänzungen hinzugefügt. Sie stammen teils aus den
Tagebüchern Riemers, teils aus Goethes eigenem Nachlass. In dem letzteren ist be-
sonders ein Notizbuch bemerkenswert, in das Goethe von 1805 bis 1811 und von 1822
bis 1829 vielerlei Sprüche eintrug. Das Büchlein befindet sich im Goethe-Schiller- Archiv,
während andere gleichfalls für die Entstehung der Sprüche wichtige Aufzeichnungen in
den Nachlass Varnhagens und aus diesem in die Berliner Königliche Bibliothek ge-
kommen sind. Die Aufschlüsse beziehen sich teils auf die Herkunft „angeeigneter",
teils auf die Entstehungszeit eigener Sprüche, sind aber da am interessantesten, wo man
aus einer abgerissenen Wortfolge, dem Aiisdruck des ursprünglichen Gedankenblitzes, den
geklärten und abgerundeten Gedankeninhalt des Spruches sich gestalten sieht. — Ueber
einen einzelnen Spruch (nach v. Loepers Zählung N. 747) handelt Sanders 13), indem er
eine überzeugende Textverbesserung vorschlägt. —
Unter den einzelnen Gebieten von Goethes didaktischer Thätigkeit nennen wir
zuerst die Litteraturbetrachtung. 14) Speyer i») hat in einem Aufsatz über Man-
zonis „Graf von Carmagnola" Goethes so hoch anerkennendes ürteü ausführlich analysiert
und ferner auf die sich daran anschliessenden „Osservazioni sul giudizio di Goethe"
deutsche GeschicMsphilosophie. S. 306/8. (S. o. IV,1 N. 27.) — 6) S. o. IV, IIa N. 20. — 7) E. Karpeles, Goethe als Bibel-
forscher. (S. o. IV.lla N. 21. Zurückweisung V. Goethes Beurteilung d. Persönlichkeit u. Geschichte Moses'.) — 8) Chr. Semler,
D. Weltanschauung Luthers u. Goethes u. ihre Bedeutung für unsere Zeit. (S. o. 11,6 N. 73 u. IV.lla N. 12.) — 9) S. o. IV,lla
N. 11. — 10) Ch. Semler, D.Weltanschauung Goethes in Hermann u. Dorothea: ZDU. 4, S. 138— 44. — 11) X L.Habicht,
Goethe als Erzieher. (S. o. IV, IIa N. 15. Nicht pädagogischen, sondern allgemeinen Inhalts. Populäre, aber TerständnisvoUe u.
anregende Darstellung.) — 12) G. v. Loeper, Zu Goethes Sprüchen in Prosa: Goethe Jb. 11, S. 135—44. — 13) D. Sanders,
Zu e. Spruch Goethes: ZDS. 4, S. 1C3|4. — |4) S, o, IV.Ua N 6. — 15) 0. Speyer, Manzonis Graf v, Carmagnola u. seine
140 IV,llf: 0. Harnack, Goethes Didaktik.
von N. Tommaseo (1828) hingewiesen, welche im ganzen mit diesem Urteil überein-
stimmen, aber sich gegen Goethes Auffassung von dem Verhältnis zwischen Geschichte
und Poesie aussprechen. — pjtwas reicher ist die Ausbeute in Bezug auf Goethes Betrach -
tung der bildenden Kunst. Zu der schwierigen Frage der Abgrenzung von Goethes
und Heinrich Meyers Autorschaft in den Schriften der Weimarischen Kunstfreunde
wurde durch 0. Harnack ^6) einiges Material beigebracht. Das wichtigste ist ein Ent-
wurf von Meyers Hand zu Goethes Abhandlung über das Abendmahl Leonardo da Vincis.
— Auf dieselbe Abhandlung nimmt ein neuveröffentHchter Brief i'^) Goethes an G. (Jattaneo
Bezug. — Sowohl Litteratur als Kunstbeurteilung Goethes berücksichtigt der neue
Band von Julian Schmidts 'S) grossem Werk. Es wird gezeigt, wie Goethe fast zur
gleichen Zeit durch die Recensionen von Hebels und Voss' Gedichten den Realismus,
durch das Winckelmannbuch den Idealismus verständnisvoll begünstigte. Die Spruch-
dichtung wird fast nvu- durch Citate charakterisiert. —
Sehr zahlreich sind die Arbeiten über Goethes Naturforschung; aber nur
wenige sind von Wert. Soweit sie bloss Darstellung geben, bringen sie kaum neues
und werden zudem durch die Weimarer Publikationen überholt; soweit sie Kritik geben,
leiden sie häufig daran, Goethes Arbeit nicht nach den ihr zu Grunde liegenden Voraus-
setzungen, sondern nach modernen Theorien zu beurteilen. Auch die Präge, inwieweit
Goethe thatsächlich den Portscluitt der Wissenschaft gefördert, wird öfters besprochen
und sehr verschieden beantwortet. Einen extremen abweisenden Standpunkt nimmt
Potonie ^^) ein, der auch von Goethes anerkanntester Leistung, der „Metamorphose der
Pflanzen" urteilt, „dass Goethe der Entwicklung der Morphologie durch den Einfluss,
den seine unklaren Anschauungen ausgeübt haben, wesentlich geschadet hat und dass
diese Disciplin leider noch heute unter dem Druck dieses Einflusses leidet". Uebrigens
ist Voreingenommenheit gegen Goethes Arbeitsweise in dem Aufsatz nicht zu verkennen. —
Ganz im Gegenteil rühmt Büsgen20) in einem bezüglichen popularisier-enden Vortrag
die ungemeine Klarheit der Metamorphosenlehre Goethes. Mit Entschiedenheit behauptet
er, dass Goethes Lehren von Entstehung und Umbildung nicht im Sinne der modernen
Descendenztheorie zu verstehen seien. — Auf die mineralogischen Arbeiten nehmen zwei
von Lambel^i) neu veröffentlichte Briefe Goethes Bezug. — Die „Farbenlehre" endlicli,
die so lange Zeit als zweifellos irrig und verfehlt gegolten, findet in neuester Zeit
wieder mehr Berücksichtigung, ja Zustimmung. E. Grosse 22), der eine lebhafte und
instinxktive populäre Darstellung gegeben hat, hält die Hauptfrage noch für unentschieden.
— Mit grosser Entschiedenheit aber ist Steiner 23) für Goethes Theorie eingetreten.
S.s Arbeiten sind unstreitig die wichtigsten, welche in den letzten Jahren Goethes
wissenschaftlicher Thätigkeit gewidmet wiirden; sie zeichnen sich durch gleichmässige
philosophische, ästhetische und naturwissenschaftliche Gediegenheit und Selbständigkeit
aus, werden aber durch die mehr affirmative als historisch forschende Geistesrichtung
des Gelehrten an manchen Punkten nicht günstig beeinflusst. S. hat eine ausgeprägte
philosophische Anschauung, welche mit der Goetheschen sehr viel Berührung hat und
ihm daher das Verständnis von Goethes Porschungsweise leicht erschliesst. Dass sie
aber mit Goethes Anschauung geradezu identisch sei, wie er anzunehmen scheint, davon
habe ich mich nicht überzeugen können. Li der ausführlichen Einleitung S.s reden der
erste, dritte und fünfte Abschnitt überhaupt nicht von Goethe; nach dem ganzen Zu-
sammenhang aber muss man annehmen, dass der Vf., indem er sein System entwickelt,
auch das Goethesche zu entwickehi meint. Der zweite, vierte und sechste Abschnitt
sind speziell der „Farbenlehre" gewidmet, und sehr richtig stellt S. den Ausgangspunkt
Goethes fest, der in dem blossen sinnlichen Phänomen liegt. Goethe wollte nicht
fragen, wie entstehen die Phänomene „Licht" und ,.Farbe"; denn diese „Entstehung"
liegt ausserhalb der sinnlichen Wahrnehmung; er wollte nvu" die „Beziehung" von Licht
und Farbe feststellen, den ganzen Komplex von Erscheinungen, den beide darbieten, in
Beobachtung und Erklärung umfassen. Daher erschien ihm Newtons Fragestellung
schon verfehlt. Goethe geht aus von dem Subjekt, von dem mensclilichen Auge,
schreitet von da zur Erscheinung, der Farbe, dann zum farbigen Körper vor inid kehrt
dann wieder zum Subjekt zurück. Die Differenz mit Newton wurde ferner dadurch
verschärft, dass sie mit dem Worte „Licht" einen verschiedenen Begriff verbanden. Newton
hat bekanntlich das empirisch wahrzunehmende Sonnenlicht im Sinne, Goethe aber eine
Abstraktion, das Licht als einfaches „Urphänomen". Der Gedanke, dass dieses Licht
aus Farben zusammengesetzt sei, war ihm widersinnig, weil ihm das Phänomen über-
Kritiker: ASN8. 84, 8. 419—38. — 16) 0. Harnack, NoHzen aus d. Nachlass Heinrich Meyers: VLG. 3, S. 373/7. — 17) S.o.
1,4 N. 12. — rS) J. Schmidt, Gesch. d. deutschen Litt. v. Lessing bis auf unsere Zeit. 4, 241 fF., 265 f. (S. o. IV.l N. 1 ; vgl
n, 1V,13 N. 1.) — 19) H. Potoniö, D.botanische Morphologie u. Goethe: NaturwissWs. N. 6. — 20) M. BUsgen, Ueber
Goethes bot«nische Studien: GoethcJh. 11, 'S. 145—58. — 21) S. o. IV.llb N. 21. — 22) E. Grosse, Goethe u. d. Newtonianer:
NMh. «, Heft 1. - 23) S. o. IV.ll a N. 75. -
IV,llf: 0. Harnack, Goethes Didaktik. 141
haupt das letzte, schlechthin einfache, nicht weiter zu erklärende war, und in der That-
sache, dass das Sonnenlicht unter bestimmten Bedingungen sich in Farben spalten lässt,
sah er keinen Beweis dafür, dass das Liclit überhaupt von Farben gebildet werde.
Die Selbständigkeit und relative Berechtigung von Goethes Theorie hat S. selir klar
und überzeugend erwiesen; er geht noch weiter, und behauptet ihren dauernden posi-
tiven wissenschaftlichen Wert, — ein Problem, das ausserhalb des Kreises unserer Be-
sprechung liegt. —
1V,12
Schiller.
Albert Köster.
Biographisches: Vollständige Biographien N. 1. — Einzelbeiträge: Jugendzeit N. 5.; Mannheimer Jahre N. 7;
Aufenthalt in Jena N. 9; Verkehr mit Zeitgenossen N. 30. — Briefwechsel N. 37. • — Werke: Gesamtausgaben N. 47. —
Prosaschriften : Recensionen, historische, philosophische Abhandlungen N. 52. — Gedichte: Allgemeines N. 60; Einzelnes: Don
Juan und Rosamunde, Gang nach dem Eisenhammer, Lied von der Glocke, (Guckkastonmann,) Hero und Leander, Kampf mit
dem Drachen, (Auf J. S. Kerner,) Künstler, Orpheus, Spaziergang N. 68. — Dramen: Räuber N. 87; Fiesco N. 93; Kabale
und Liebe N. 96; Don Carlos N. 99; Wallenstein N. 106; Jungfrau von Orleans N. 114; Teil N. 131; Uebersetzungen und
Entwürfe: Martinuzzi, Demetrius, Braut der Hölle N. 142. — Verschiedenes N. 155. —
Selten hat ein Jahr der Schillerforschung so reiche Ausbeute gewährt wie das
Berichtsjahr. Die wichtigste Erscheinung bildeten die ersten beiden Bände von Minors^)
lange vorbereiteter Biographie. Diese Bände, welche die Hälfte des vollständigen
Werkes darstellen und zusammen 1220 Seiten umfassen, sind der Frühzeit des Dichters
bis zum Abschluss des „Don Carlos" gewidmet; die Weiterentwicklung Schillers, die
Geschichte der sämtlichen Werke aus der Periode der Reife wird der Vf. in zwei weiteren
Bänden darbieten. Man mag diese Einteilung auffällig finden; M. selbst hat sie an
anderer Stelle, in seiner Besprechung von Litzmanns Schröder-Biographie (ADA. 17,
S. 233), verteidigt. Denn offenbar sind die dort geäusserten Grundsätze zugleich pro
domo gesprochen: „Jede schüchterne Kundgebung des Kindes oder des Jünglings, die
auf eine Stellungnahme zu den umgebenden Personen und Verhältnissen hinweist, ver-
dient Berücksichtigung, während in den späteren Jahren eine flüchtige Begegnung oder
ein beiläufiges Urteil ganz ohne Bedeutung ist." Es wäre kleinlich, hier, wo der Raum
zur Besprechung nur eng abgesteckt ist, an Einzelheiten von Minors Buche zu nörgeln
oder nur Einzelheiten zu loben. Eine allgemeine Charakteristik wird einer so gross
angelegten Darstellung am ehesten gerecht. M. war offenbar von vornherein bemüht,
ein Ganzes zu schaffen. Er lässt darum schon bei Besprechung von Schillers Jugendwerken
gelegentlich Motive anklingen, die erst in den späteren Bänden wieder aufgenommen
und ausgeführt werden; sein Blick schweift gern über die Gesamtheit seines Stoffes.
Trotz dieser unverkennbaren Absicht aber wird das fertige Werk nicht einheitlich
wirken; denn der Vf. selbst hat das unmöglich gemacht. Ihm lag daran, über jedes
der Hauptwerke Scliillers eine in sich abgeschlossene Studie vorzulegen, und er hat des-
halb die biograpliischen Kapitel des Buches von den litterarhistorischen getrennt, um
dadurch Raum in Fülle zu gewinnen, jedes grössere Werk, ja gelegentlich jedes einzelne
Gedicht einerseits aus sich selbst zu erläutern, andrerseits im grossen Zusammenhang
der allgemeinen Litteraturgeschichte zu zeigen. Diese litterarhistorischen Abschnitte
sollen später bei der Besprechung der einzelnen Werke gewürdigt werden; hier halten
wir uns vorläufig an die biographischen Kapitel. M. beginnt seine Darstellung zwar
nicht mit einem Lapidarsatz wie Otto Brahm, doch auch bei ihm steht Schillers Vater
als ein ehrenfester Wächter an der Schwelle. Besonders die schriftstellerische Thätigkeit
Johann Kaspar Schillers wird ins Auge gefasst, daneben aber auch der Mutter mehr
Einfluss auf den jungen Schiller zugestanden, als frühere Forscher haben finden
wollen. Wenn es freilich M. im Eingangskapitel noch nicht ganz gelingen will, das
I) J. Minor, Schiller. Sein Leben u. seine Werke. 1. Bd.: Sehwähische Heimatjahre. 2. Bd.: Pfälzische u. sächsische
Wanderjahre. Berlin, Weidmann. III, 591 u. 629 S. M. 16,00. |[W. Creizenach: LCBl. S. 363/5; N&S. 53, S. 137; DR. 15,2,
S. 127; 0. Harnack: PrJbb. 65, S. 699 u. 66, S. 650; Unbescheid: ZDU. 4,8.282; Groeben: BLU. N. 27 u. 51 ; Seliger:
NatZg. N. 226; Francke: MLN. 5, S.289; Veyssier: RCr. N. 52 ; Hauffen: ZOG. 41, S. 781 ; HambNachr. N. 41 ; SehlesZg.
N. 63; Ehrlich: Presse N. 59; Zimmermann: WienZg. N. 112; ChristlWelt. S. 90 (unter d. Titel: „Rückkehr zu Schiller
V. E. W. M.-); F. Vetter: Bunds. N. 3; BohemiaB. N. 25; TglRs". N. 9; SchwäbKron. N. 45; M. Koch: BFDH. NF. 6,
142 IV, 12: A. Kost er, Schiller.
Eltempaar uns anschaulich vors Auge zu rücken, so holt er (2, S. 128) das Versäumte
nach, indem er die beiden Alten in Parallele setzt zu Musikus Miller und Frau. Von
dem Eltenihause aus richtet M. den Blick auf Schwaben hinaus und sclaildert Land und
Leute, freilich nicht nach eigenen Eindrücken, sondern so, wie es dem NichtSchwaben
sich aus Büchern, zum Teil aus solcher Litteratur darstellt, die der Tag verschlang.
Er lauscht der Journalistik jener Zeit ab, wie weit die Teilnahme Schwabens an littera-
rischen Bestrebungen ging, und zeigt, wie ehrgeizige Nacheiferung und Einseitigkeit sich
die Wage hielten. So schafft er sich den Hintergrund für die Jugendgeschichte Schillers.
Man müsste nun eine Unzahl von Einzelheiten ausschütten, wollte man hier im Sinne
der JBL. das „Neue" kennzeichnen. Das Neue liegt vornehmlich in der Allseitigkeit
der Betrachtung. Die Ludwigsburger Schulzeit ist sehr breit vorgetragen, und den
Vorwurf der Breite muss man auch der Darstellung des Unterrichtswesens in der Militär-
akademie machen. Sonst erfreut gerade die Schilderung des Treibens in dieser Anstalt
durch die Unbefangenheit des Vf. Vorsicht und ein feiner historischer Sinn zeichnen
ihn aus. Deshalb kann er auch dem Herzog Karl und seiner Franziska gerecht werden
und selbst die servilen Huldigungsgedichte des jungen Schüler entschuldigen. Von
sonstigen Werken dieser allerfrühesten Periode des Dichters sind die unreifen philo-
sophischen und medizinischen Abhandlungen mit fast monographischer Breite behandelt.
Mit Recht ist die „Theosophie des Julius" schon diesen ersten philosophischen Arbeiten
angereiht; sie ist offenbar später nur leicht überarbeitet worden. Ob das Gedicht „Auf
die Ankunft des Grafen von Ealkenstein" wirklich von Schiller herrührt, wird sich wohl
nie sicher erweisen lassen. Einen frischeren Ton schlägt M. an, wenn er auf das Stutt-
garter Leben zu sprechen kommt. Frauen treten endlich in Schillers Leben ein, und
M. bemülit sich, uns Wilhelmine Andrea („Minna") näher zu führen. Sie bleibt dennoch
für uns ein blosser Name. Interessant ist der Abschnitt über Schillers joui'nalistische
Thätigkeit, zu dem M. die Vorarbeiten bereits in der VLG. 2, S. 346 — 94 veröffentlicht
hatte. Ob bei den bald eintretenden Differenzen zwischen dem Herzog und seinem
Regimentsmedikus wirklich nur der nächste Anlass von Bedeutung war und ob nicht
vielleicht, wie Weltrich vermutet, ältere Misshelligkeiten vorlagen, ist immer noch in
Erwägung zu ziehen. Zweifelsohne hat aber M. die Stimmung Schillers vor und nach
der Flucht richtig dargestellt: selbstbewusste, energische Haltung und keinerlei nach-
hinkende Reue. In den folgenden Abschnitten rächt sich M.s Darstellungsweise zeit-
weilig. Durch die gleichmässige Breite, welche selbst Nebendinge in den Vordergrund
treten lässt und nie der „perspektivischen Behandlung" Raum giebt, hat das Bauer-
bacher Idyll an intimem Reiz verloren, wenn auch Einzelheiten, z. B. die Charak-
teristik Reinwalds, sein- gut gelungen sind. Den Höhepunkt hat M. erst erreicht in dem
grossen Kapitel „Theaterdichter und Litterat". Was hier an Kritik der Quellen geleistet
wird, ist mustergültig. Die allgemeinen Zustände Mannheims, Bürger und Schauspieler,
das ganze Theatertreiben ist in dramatischer Belebung dargestellt. Vor allem hebt sich
Ifflands intrigante Persönlichkeit heraus. Man gewinnt unmittelbar den Eindruck, wie
die widerwärtigen Kabalen Schiller zusetzen, wie Gewicht sich an Gewicht hängt, bis
seine Stellung unleidlich und die Reise nach Leipzig die einzige Möglichkeit einer Be-
freiung wird. Auf dieser Höhe der Darstellungskunst hat sich M. in der Schilderung
der Uebergangszeit in Sachsen nicht gehalten, wie man denn häufig das erwärmende
Behagen am Erzählen bei ihm vermisst. Am wohlsten scheint sich der Autor überall
dort zu fühlen, wo selbst in den biographischen Kapiteln der Litterarhistoriker das
Wort ergreifen darf. Sehr feinsinnige Beobachtungen sind durch die verschiedenen
Abschnitte hin verteilt über den Einfluss, den litterarische Vorbilder auf Schillers junge
Künstlerindividualität gewannen; freilich wird sie nur ein sehr aufmerksamer Leser alle
vereinen können. Hall er und Schubart treten früh zurück. Klopstock herrscht anfangs
allein, giebt aber bald das Scepter an Wieland ab. Und während es auch diesem leise
entsinkt, nimmt allmählich Lessing die Führung an sich, dem sich nun Schiller mit
stets erneutem Eifer zu nähern sucht. Doch nicht den Grossen nur, auch den Schrift-
stellern geringeren Grades widmet M. seine Aufmerksamkeit. Sorgsam sichtet er in den
biographischen Kapiteln, wieviel von der jungen deutschen Litteratur und der Anregung
des Auslands bis in die Einsamkeit der Mihtärakademie vordrang. Nur zertrümmert er
leider die Ergebnisse dieses vorsichtig abwägenden Verfahrens wieder in dem Kapitel
über die „Anthologie". Bei der Ueberfülle litterarhistorischer Analogien, mit denen
hier jedes einzelne Gedicht bedacht wird, verwischt sich für den Leser die Grenze, wo
die speziellen Anregungen für Schiller aufhören und nur noch allgemeine Traditionen
der ganzen Epoche nachzuweisen sind. UnmögHch hatte der junge Schiller eine solche
Belesenheit, wie sie M. hier an den Tag legt; denselben Einwand möchte man oft auch
bei der Lektüre der Kapitel erheben, die von Schillers Dramen handeln. Gelegentlich
weiss M. in kräftigem Pathos zu reden. Oft aber tritt uns der ernste Gelehrte kühl
entgegen, nicht nur in den Anmerkungen, die sich in reicher Anzahl jedem Bande an-
IV,12: A. Köster, Schiller. 143
reihen. Sie geben Einblick in die Arbeitsgänge des Vf., ergänzen die litterarischen
Beziehungen der im Text besprochenen Werke, bringen kleine Berichtigungen und
kritische Erörterungen über strittige Einzelheiten, besonders ausführlich zur „Anthologie"
und dem „Wirtembergischen ßepertorium". Manche dieser Anmerkungen, die nur Belege
für des Autors Belesenheit sind (z. B. 2, S. 596 über die Konradindichtungen, deren
Zahl sich ebenso gut auch verdoppeln Hesse), dürften ohne Schaden fehlen. Im ganzen
sind sie aber eine reiche Eundgrube; denn M., der selbstverständlich stets auf die
Quellen prüfend zurückgegangen ist, hat es nicht verschmäht, die ungeheure Zahl der
oft nur hinderlichen „Vorarbeiten" zu citieren. — Unbekanntes Urkundenmaterial wird
ein,Schillerbiogi-aph heutigen Tages natürlich nur noch spärlich entdecken; das Wenige,
was Minor 2) besonders im Schiller - Archiv auffand (es war damals noch Eigentum der
Freiherren von Gleichen-Russwurm), hat er nicht in die Anmerkungen vergraben, sondern
zu einer kleinen Publikation vereinigt. Die einzelnen, hier veröffentlichten Dokumente
reihen wir später an den geeigneten Stellen ein und schicken hier nur voraus, dass M.
S. 129 ff", ein Inhaltsverzeichnis des von ihm geordneten Schiller- Archivs und S. 114 ff".
Mitteilungen über einzelne Hss., bezw. hs. durchkorrigierte Druckwerke und Kopien giebt
(„Phädra", „Iphigenie in Aulis", „Semele", „Melancholie. An Laura", „Elegie"). — Von
weiteren, neu erschienenen Schillerbiographien ^-3a~) sei die von Hermann Eischer ■*) her-
vorgehoben. Wie bei dem Bearbeiter des Palleskeschen Werkes vorauszusetzen war,
hat er in dem verhältnismässig knapp bemessenen Räume, den die ADB. zur Verfügung
stellt, Vortreffliches geleistet, erschöpfende Zusammenstellung der biographischen Daten
mit kurzen Analysen und wohlmotiviertem Urteil über die einzelnen Werke vereint.
Nur die Entstehungsgeschichte des „Don Carlos" hätte eingehender und tiefer behandelt
werden können. —
Von Einzelbeiträgen zur Lebensgeschichte Schillers sind zunächst einige
Dokumente zu erwähnen, die des Dichters Jugendzeit neu beleuchten. Minor 5) ver-
öffentlicht: a) S. 1 ff", einen Bericht von Cliristopliine ReinAvald, der zwar noch nie in
ganzer Ausdehnung gedruckt, aber schon von Streicher, Karoline von Wolzogen, Boas
und Otto Brahm benutzt worden war. Er ergänzt die beiden bekannten Aufzeichnungen
Christoplainens (Briefwechsel mit Christophine S. 337 ff. und Archiv für Litteraturge-
schichte 1, S. 452 ff.), b) S. 7 ff", die wichtigsten Stellen aus dem Briefe Charlottens
an Körner vom Jahre 1810, der bislang nur bruchstückweise bekannt gemacht war.
Rührend spricht Lotte aus eigener Erinnerung über Schillers Eltern und über sein erstes
Zusammentreffen mit Goethe. Ueber den „Vetter" weiss sie nur unklare Gerüchte bei-
zubringen; hier tritt ergänzend ein: c) S. 10 f. ein Brief Christophinens an Lotte vom
30. Juli 1815, der bisher lückenhaft in den „Beziehungen" S. 345 f. vorlag, d) S. 17 ff.
giebt M. Auszüge aus Censurlisten, welche neues Licht auf Scliillers Sprachkenntnisse
und sein Ungeschick zu körperlichen Uebungen werfen. Sie stammen aus der Militär-
akademie und gehören vermutlich dem Jahre 1778 an. — „Militärakademie", so hiess
die Anstalt bis zum Dezember 1781; erst von da ab führt sie den Namen „Karlsschule".
Hierauf weist J. W. Braun ^) noch einmal nachdrücklich hin. —
Auch für die Mannheimer Jahre hat uns Minor '^) einige Dokumente mit-
geteilt. Sein Verdienst ist es, auf die interessanten Memoiren des Dänen K. L. Rahbeck
wieder hingewiesen zu haben, aus denen er S. 29 ff. die wichtigsten Stellen abdruckt.
Sie machen den Eindruck grosser Glaubwürdigkeit und geben zwischen den Zeilen An-
deutungen über das Verhältnis Ifflands zu Schiller, die M. in seiner Darstellung aus-
genutzt hat. Ein paar weitere Mitteilungen über Schillers Mannheimer Aufenthalt,
S. 57 ff. ein Brief von der schwatzhaften Lmse Pistorius und S. 12 ein Bericht, den
Schwan avxs später Erinnerung im Jahre 1811 niederschrieb, sind mit grösster Vorsicht
aufzunehmen. — Die wichtigste Quelle für diese ganze Epoche würden die von Marter-
steig 8) veröffentUchten Protokolle des Churfürstlichen Hoftheater- Ausschusses sein, wenn
nicht leider die ganze Ausgabe so unübersichtlich und kritiklos angefertigt wäre. M.
hat lediglich einen Abdruck veranstaltet ohne jede Handhabe zur Kontrolle der einzelnen
Angaben. Wenn wir also von der grösseren Vollständigkeit absehen, führt uns das
Buch nicht über Koffka hinaus. —
Unter den späteren Abschnitten von Schillers Leben ^-n) wurde der Aufent-
S. 547; A. Köster: HZ. NF. 31, S. 94.]| — 2) id., Aus d. Schiller-Archiv. Ungedrucktes u. Unbekanntes zu Schillers Leben
u. Schriften. Weimar, Böhlau. XII, 131 S. M. 2,00. |[D. Jacoby: VossZgS. N. 5; Groeben: BLU. N. 27; LCBl. S. 1037;
Bund N. 51; B. Münz: DeutschZg. N. 6740: M. Koch: BFDH. NF. 6, S. 654.] | — 3) X M. Laue, Schiller u. Goethe,
ihr Leben u. ihre vorzüglichsten Werke. Langensalza, Schulbuchhandlung. III, 136 S. M. 1,00. — 3a) (I, 7 N. 44.) — 4) H.
Fischer, J. Ch. Friedrich Schiller: ADB. 31, S. 215—45. — 5) S. o. N. 2. — 6) J. W. Braun, SchiUer — kein Karls-
schüler: SaaleZg. N. 107. — 7) S. o. N. 2. — 8) S. o. IV, 4 N. 173. — 9) X P- Th.: Schillers erster Aufenthalt in Volkstadt
u. Rudolstadt (Mai bis Nov. 1788): LZgB. N. 47. (Ohne Einblick in Schillers u. Lettens Seele.) — 10) X 0. Brahm, Schillers
u. Goethes erste Begegnungen: Deutschland. 2, S. 81 ff., 101 ff. (N. 10, 11 u. 15 sind Bruchstücke aus d. zweiten 1892
erscheinenden Bande d. Schillerbiographie d. Vf.) — II) X »^m Schillers Eintritt in Weimar: FZg. N. 44/5. (S. o. N. 10.) —
144 IV,12: A. Köster, Schiller.
halt in Jena 12) besonders oft behandelt. Erwähnt sei vor allen Dingen die Jubiläuras-
schrift, die von B. Litzmann ^3) im Verein mit mehreren seiner Schüler zwar schon im
vergangenen Jahre herausgegeben worden, aber 1890 in verdienter zweiter Auflage er-
schienen ist. Alles, was mit dem äusseren Lebensgang des Dichters in Verbindung
steht, ist an der Hand der Briefe zuverlässig und übersichtlich zusammengestellt und
besonders willkommen der durch Grundriss und Aufrisse erläuterte Aufsatz L.s über die
Scliillerhäuser, die Schrammei, das Gartenhaus von 1793, das Haus am Markt, das
Griesbachsche Haus und das Gartenhaus an der Leutra. — Von dem zuletzt genannten
oder richtiger von dem Garten redet ein ungedruckter Brief Goethes an Heinrich Meyer
vom 1. Aug. 1809, den R. Keil i*) mitgeteilt hat. — Selbstverständlich hat die lOOj. Wieder-
kehr von Scliillers Hochzeitstag eine Flut von Festartikeln 15-26) gebraclit, die aber weder
durch ihren Inhalt noch durch ihre Form irgend welchen Anspruch auf wissenschaft-
liche Beachtung machen dürfen; erstaunliche Unkenntnis verbirgt sich gewöhnlich hinter
Phrasen. Selbstständig, wenn auch gänzlich voreingenommen und konfus, urteilt nur
B.Kraft 27), wenn er bei Schillers Schritt in die Ehe Körner zeitweilig als bösen Dämon
im Wege stehen sieht. Ein burlesker Einfall übrigens, Schiller als Vorbild für Hage-
stolze hinzustellen. — Sonst hat uns der 22. Eebr. 1890 noch eine kleine Schrift des
Pfarrers W. Ackermann 28) beschert, deren Text bescheiden und unselbständig ist,
die aber durch gute Abbildungen der Kirche von Wenigenjena erfreut. — Eine kleine
Korrektur zu Eielitz, Schiller und Lotte 2, S. 217 steuert Leitzmann29) bei. —
Zu einer hübschen kleinen Eestpublikation zu Ehren ihres Seniors haben die
Familien Schwenke ^o) und Schomburg einige bisher unbekannte Schilleriana zusammen-
gefasst, die wir an die Spitze derjenigen Arbeiten stellen, die uns über Schillers Ver-
kehr mit Zeitgenossen unterrichten. Besonders auf den Verkehr zwischen Wilhelm
von Wolzogen und Schiller fällt einiges neue Licht: S. 11 ff. lesen wir Tagebuchnotizen
aus der frühesten Zeit ihrer Bekanntschaft; der erste Eindruck der „Räuber" auf ein
junges Gemüt spricht sich aus, das für uns verlorene Leichengedicht auf Wildmeister
wird „sehr schön, freilich etwas frei" gefunden. S. 16 if. geben uns Briefe, welche
Wolzogen 1803/4 aus Russland an seine Gattin schrieb, interessante Zeugnisse für die
Wertschätzung Schillerscher Dichtungen am russischen Hofe, einiges Detail zu der Ar-
beit am „Demetrius" sowie Mitteilungen über den alternden Klinger. — Ein unbedeu-
tendes, bei Gelegenheit des ersten Anknüpfens Sclnllers mit Erau von Kalb^i-:^) ent-
standenes Gedicht teilt Minores) S. 25 f. mit. — Feinsinnig und gedankenklar ent-
wickelt 0. Harnack34) Körners Mitarbeit an Schillers Schriften; nur lässt er leider
Anfang und Ende dieses Einflusses unberücksichtigt und bespricht daher auch nicht die
Bedeutung Körners für die Herausgabe von Schillers Werken. 35) — Zwei Briefe zur
Geschichte der Schwestern Lengefeld wollen wir gleich hier anreihen; beide hat
Minor 36) bekannt gemacht. Der erste (S. 65) ist inhaltlich unbedeutend, er beweist
nur, dass die Herzogin Luise aiich als Grossherzogin in familiärem Verkehr mit Lotte
blieb. Der andere jedoch (S. 59 £) ist von hohem Literesse: das einzige Zeugnis aus
dem Verkehr zwischen Karoline und Beulwitz vor ihrer Vermählung, und zwar des
Mannes Antwort auf einen Korb, den er schon 1779 von ihr erhalten hatte. Und diesen
Mann heiratete sie fünf Jahre später! Die widerspruchsvolle Frau wird mit jeder neuen
Nachricht, die wir über sie erhalten, rätselhafter zugleich und fesselnder. — ■
12) X Eduard Grosse, Thüringens Hochschule: ÜL&M. 64, S. 911/3. (Behandelt vorübergehend in Wort u. Bild Schillers
Jenenser Aufenthalt.) — 13) B. Litzniann, Schiller in Jena. 2. unv. Aufl. Mit 4 Abbild, u. e. Grundriss. .lona, Maucke.
VIII, 13ti S. M. 1,80. [[Kaberlin: MUA. 59, S. 141; A. Chuquet: RCr. N. 8; Unhescheid: ZDU. 4, S. 285; S. Auerbach :
DLZ. 11, S. 1275; M. Koch: BFDH. NF. 6, S. 116.] | — 14) K.Keil, Jena. Zum 75j. Burschonschaftsjub.: FelszMeer.
1890/1(8. 0.1 V,l N. 71). — 15) XO.B rahm, Schiller u. Lotte. E. Jahrhundert-Erinnerung: N&S. 52, S. 306-33. (D. Aufsatz ist
natürlich v. d. Urteil oben im Text ausgenommen. Vgl. o. N. 10.) — 16) X W. Kampf, Schiller u. d. Schwestern Lengefeld-
Nach d. Briefwechsel dargest. Berlin, Liebmann. 21 S. M. 0,50. — 17) X W. Ackermann, Schillers Trauung. £. Sakular-
erinnerung. (Mit Illu.strr. u. e. Faks.): SchorerFamBl. S. 125/7. — 18) X E. B. Kraft, Z. lOOj. Ehejubiläum Schillers: DresdZg.
N. 49. — 19) X Eduard Grosse, U. Hochzeit unseres volkstumlichsten Dichters (Z. lOOj. Gedenktage d. Hochzeit Schillers):
Daheim. Bd. 26. — 20) X A. SUtterlin, Zu Schillers lOOj. Hochzeitstage. E. Gedenkblatt z. 22. Februar: StrassbPost.
N. 63. — 21) X B. Wasserzieher, Charlotte v. Lengefeld. E. GedenkbL z. lOOj. Wiederkehr v. .Scliill. rs llocbzeitstago
(22. Febr. 1790): AZgB. n. 45. — 22) X C. Zepka, Charlotte v. Lengefeld. Z. Jahrhundertfeier iluvi V( riiiühlung mit
Schiller: NatZg. N. 111. — 23) X Schillers Hochzeitstag: HannCour. N. 16286. — 24) X A. Miessler, Schiller u. Lotte.
E. Gedenkbl. z. lOOj. Hochzeitstage: Presse. N. 50. (= VolksZg. N. 42 u. Didask. N. 153.) — 25) X —PA., Z. lOOj. Gedenktag
d. Trauung v. Schiller u. Lotte: KreuzZg. N. 85. (Aufruf z. Besten d. Kirchleins zu Wenigenjena als Demonstration gegen d.
„Freie Bühne".) — 26) X J- W. Braun, Schillers lOOj. Hochzeitstag: TglRsi^. N. 45. — 27) B. Kraft, Schillers Ehegeschäft.
Auch eine Säknlarbetrachtung: Gesellschaft. S. 86—103. — 28) W. Ackermann, Schiller u. Lotte. E. Gesch. ihrer Liebe.
Z. lOOj. Gedenktage ihrer Trauung in d. Kirche zu Wenigenjena am 22. Febr. 1790 lierausg. Jena, Maucke. 42 S. mit 6 Abbildd.
M. 0,50. KWohlfarth: PKZ. N. 13; BerlTBl. N. 97.]| - 29) A. Leitzmann, Zu „Schiller u. Lotte": VL6. 3, S. 506. -
30) P. Schwenke, Kleine Beitrr. z. Schillerlitt. (= Festgruss Hrn. Geh. Staatsrat Dr. jur. Julius Schomburg in Weimar ihrem
lieben u. verehrten Senior z. Feier seines 50j. Dr. -Jubiläums am 20. Juni 1890 dargebr. v. d. Familien Schomburg [Eisenach]
u. Schwenke [Göttingen].) Weimar, Hof-Buchdrnckerei. 25 S. — 31) X P. Kühn, Schillers Verhältnis zu Charlotte v. Kalb:
LZg". N. 92. — 32) X Bildnisse d. Familie v. Kalb: HambCorr. N. 134. (10 Originalportrr. v. Mitgliedern d. Familie v. Kalb
im Besitz d. Dr. Eydam in Braunschweig. Vgl. MagdebZg. N. 92.) — 33) S. o. N. 2. — 34) 0. Harnack, KtSrners kritische
Mitarbeit an Schillers Werken: PrJbb. 65, S. 391—409. (Referat d. Vortr.: VossZg. N. 91 u. DLZ. 11, S. 438.) — 35) X H.
Meynert, Mozart n. Dora: Diosknren. 19, S. :W-46. ^Berührt kurz auch Schiller» Verhältnis zu Dora .Stock.) — 36^ S. o. N. 2.
IV,12: A. Küster, Schiller. 145
Von Jahr zu Jahr macht sich das Bedürfnis und der Wunsch lebhafter geltend,
den gesamten Schillerschen Briefwechsel 37-38) revidiert und gesammelt zu sehen.
Boxberger39) hatte seit Jahren eine Ausgabe geplant und hat noch kurz vor seinem
Tode einige Gesichtspunkte für dieses Unternehmen aufgestellt. — Minor 40) befürwortet
in der mehrfach citierten Piiblikation S. 40 ff. vor allen Dingen eine Neubearbeitung des
Familienbriefwechsels. Inzwischen ist ja nun eine Ausgabe von Fritz Jonas ins Leben
getreten. Die Ausbeute an neuen Schillerbriefen war gerade im Berichtsjahr recht be-
deutend. Drei Briefe von Schillers Vater, welche M. S. 44 if. publiziert, seien zuerst
erwähnt: vom 13. Febr. 1784, 18. März 1784, 12. Jan. 1785. Der mittlere war bislang
garnicht, die beiden anderen höchst ungenügend und verkürzt bekannt. Es sind Briefe
eines liebevollen und bekümmerten Vaters, der den ungewissen Plänen des Sohnes stets
den sicheren Broterwerb entgegenhält; und zwischen Ermahnungen unä Entwürfen steigt
wieder und wieder die leidige Schadische und Hollische Schuld auf. — Vor der wohl-
feilen Ausgabe des Briefwechsels mit Dalberg^i) ist nur zu warnen. Zur Herstellung
des Textes sind nicht einmal die Aufsätze von M. Bernays in der AZg. 1887 berück-
sichtigt, geschweige die Originale verglichen worden. — Vier Billets von Karoline von
Beulwitz vmd eins von Schiller, die der Volkstädter Zeit angehören und von Schwenke 42)
mitgeteilt wurden, sind inhaltlich ohne Belang. — Dagegen ist von lebhaftem Interesse
das bei Minores) S. 61 f. gedruckte erste Schreiben (Fragment) des Grafen Sehimmel-
mann an Schiller, das den Dichter auf dem Gebiet der spekulativen Philosophie mit
Freuden begrüsst und von der hohen Verehrung des Grafen für den „neuen Orpheus"
Zeugnis ablegt. Dieser Brief war Urlichs unbekannt geblieben und ist mit Sicherheit
in das Jahr 1793 zu setzen, spätestens auf den 23. August. — Die bei C. C. T. Litzmann44)
wieder abgedruckten Briefe Schillers an Hölderlin vom 24. Nov. 1796 und 24(?). Aug.
1799 mussten, da die Originale nicht nachzuweisen sind, nach dem Schwabschen Text
wiederholt werden, ebenso die Briefe Hölderlins an Schiller: Ostern 1794, 4. Sept. 1795,
24. JuH 1796, 20. Nov. 1796, 20. Juni 1797 und 5. Juli 1799. Dagegen sind Hölderlins
Briefe vom 23. JuH 1795, Aug. 1797, 30. Juni 1798, Sept. 1799 und 2. Juni 1801 mit
den Originalen verglichen worden. — Ein von Elias 45) neu aufgefundener Brief an
Cotta betriift die Herausgabe des „Teil" als Neujahrsgeschenk auf 1805. — Endlich
teilt Boxberger46) folgende ungedruckte Schillerbriefe mit: 1) 26. Nov. 1784 an Gleim:
Bitte um Beiträge zur „Thalia"; 2) 17. Mai 1795 an Herder: Dank für die „Terpsichore",
welche Körner recensieren soll; Bitte um Beiträge zu den „Hören" und zum Musen-
almanach; Urteile über Voss' „Luise" und Wolfs Homer-Theorie; 3) 22. Jan. 1800 an
Crusius: über Meyers Zeichnung für die Ausgabe der Schillerschen Gedichte von 1800;
4) 11. Mai 1801 an Mad. Unzelmann: Repertoirnotizen; 5) 12. Dez. 1801 an Prof.
Starck: Gesundheitszustand der Schillerschen Familie; 6) 28. Juni 1801 an Herzfeld in
Hamburg: über die „Jungfrau von Orleans"; 7) 23. Dez. 1804 an Göschen: über die
Herausgabe von Goethes „Rameaus Neffe". —
Unter den Gesamtausgaben von Schillers Werken 47-50) darf sich die in der
„Deutschen Nationallitteratur" unter Leitung von Boxberger und Birlinger ^i) er-
schienene und im Jahre 1890 abgeschlossene ergänzend neben die historisch - kritische
Ausgabe von Goedeke stellen. Sie befleissigt sich nicht der gleichen Vollständigkeit
wie ihre Vorgängerin, hat sie aber in manchen Teilen dennoch übertroffen. Der Nach-
lass ist hier bedeutend besser ediert als bei Goedeke; und in der Ausgabe der Gedichte
ist man von dem einseitigen und doch nicht durchführbaren Grundsatz der chronolo-
gischen Reihenfolge zurückgekehrt zu der Anordnung, welche Schiller selbst aufgestellt
hat. Im Anhang werden dann die ausgeschiedenen Gedichte und die älteren Fassungen
einiger umgearbeiteten Gredichte nachgetragen. Soweit die Herausgabe in den Händen
Boxbergers lag, ist sie sehr gut gelungen; der knappen aktenmässigen und datenreichen
Uebersicht über Schillers Leben reihen sich vorzüghche Spezialeinleitungen zu den ein-
zelnen Werken an. Die Anmerkungen wenden sich, wie das im Plan des ganzen Unter-
nehmens liegt, im wesentlichen an das grössere Publikum, weniger an die Gelehrten.
Leider sind die zuletzt erschienenen, von Birlinger besorgten Teile der älteren Partien
— 37) X Versteigerung V. 5 Briefen Schillers in London: AZg. N. 186. (Notiz.) — 38) X J. W. Brann, Sehiller-Autograplien :
TglRsU. N. 91. (Gesch. d. Schiller -Körnerschen Briefwechsels mit Ahdr. d. letzten Billets v. Schiller an Körner.l — 39) K.
Boxberger, Ungedruckte Briefe Schillers. Mit e. Einl. Uher einige Gesichtspunkte für e. neue Ausg. v. Schillers Briefen:
WJDM. 34, S. 129—39. — 40) S. o. N. 2. — 41) F. v. Schillers Briefe an d. Frhrn. H. v. Dalberg in d. J. 1781/5. E. Beitr. zu
Schillers Lehens- u. Bildungsgeseh. (= Bibl. d. Ges. -Litt. N. 435.) Halle, Hendel. 51 S. M. 0,25. — 42) S. o. N. 30. —
43) S. o. N. 2.-44) C. C. T. Litzmann, F. Hölderlins Leben. In Briefen von u. an Hölderlin. Berlin, Hertz. (Vgl. u. IV, 13
N. 30). - 45) J. Elias, E. Brief Schillers an Cotta: VLG. 3, S. 606/8. - 46) S. o. N. 39. - 47) X Schillers sämtliche
Werke in 12 Bdn. Bd. 4, 5, 8, 9, 10, 11. (= Cottasche Volksbibl., Bd. 6, 8, 14, 16, 18, 20.) Stuttgart, Cotta. 12°. 216, 228,
298, 328, 316, 264 S. jeder Bd. M. 0,50. — 48) X id., Sämtliche Werke in 12 Bdn. mit Portr. Stuttgart, Cotta. 12". 280, 292
259. 216, 228, 252, 223, 298, 328, 316, 264, 332 S. geb. in 6 Bdn. M. 6,00. — 49) X id., Sämtliche Werke. Nach d. vorzüglichsten
Quellen revid. Ausg. Nebst e. Biogr. d. Dichters. Neu her. v. R. Boxberger u. W. v. Maltzahn. 13 Tle. in 6 Bdn. Berlin,
DUmmler. XCVI, 640, 253, 336, 244, 344, 177, 224, 199, 132, 196, 163, 175, 196 S. M. 10,00. — 50) X id., Sämtll. Werke.
Her. T. F. A. Krais. 5 Bde. Leipzig, Grunow. XII, 623, 592, 692, 646, 556 S. M. 15,00. — 51) id., Werke, her. v. E. Boxberger
Jahresberichte für neuere deutsche Littoraturgeschichte 1(2). lÜ
146 IV,12: A. Köster, Schiller.
durchaus unwürdig. Ein Blick in die Anmerkungen zum „Wallenstein" und die Ein-
leitung zum „Teil" wird dieses Urteil hinreichend bestätigen. —
Zu den bisher bekannten Prosaschriften ^2) müssen wir in Zukunft zwei bedeut-
same Recensionen aus der Jugendzeit hinzufügen, welche Minor 53) als Schillers
Eigentum erkannt und S. 69 if. veröffentlicht hat. Sie sind gegen Stäudlin, den Rivalen
in der Dichtkunst und der Liebe, gerichtet. — "Während die historischen Schriften 54-55)
selten zum Gegenstand eingehender Prüfung gemacht werden, rufen die philosophischen
Abhandlungen 66) alljährlich neue Untersuchungen hervor. Besonders gern wird immer
wieder das Verhältnis Schillers zu Kant ins Auge gefasst. Greil57) betont nach-
drücklich die Selbständigkeit von Schillers Denken; er stellt damit zwar ein heilsames
Gegengewicht gegen Kühnemanns allzu einseitige Auffassung hin, hält sich aber seiner-
seits nicht von Uebertreibungen fern. — R. Philippson^^) nimmt eine vermittelnde Stellung
ein und empfiehlt sich ganz besonders durch die Klarheit seines Vortrags. In der
Methode bezeichnen Geil wie P. einen Rückschritt gegen Kühnemann. — Ergänzt werden
beide durch eine Schrift von ritger^^^, der ohne erschöpfen zu wollen und ohne ge-
lehrte Prätensionen sein Thema angreift. Es ist höchst erfreulich und lehrreich, einmal
einen bildenden Künstler über Schülers Verhältnis zur bildenden Kunst sich äussern zu
hören; klar genug tritt es zu Tage, wie unreif Schillers Ansichten auf diesem Gebiet
noch in der Mannheimer Zeit waren und wieviel er in der Periode der philosophischen
Studien und später durch den Umgang mit Goethe gelernt hat. —
Im allgemeinen halten sich die populären Ausgaben *^o-63j ^q^ Schillerschen
Gedichte 6*) an die Auswahl und Gruppierung der Körnerschen Redaktion. Dagegen
hat, wie schon erwähnt ist, Boxberger (vgl. N. 51) endlich wieder die Anordnung des
Dichters selbst eingeführt. Und mit vollem Recht tritt Kettner ^ß) für die Beibehaltung
dieser Reihenfolge ein, wie sie die Ausgabe von 1804/5 zeigt. Auch sie hat ihre
Schwächen ; denn Schiller vereinigte die schönsten Perlen seiner Lyrik sorglos im ersten
Bande seiner Sammlung und behielt für den zweiten nicht so reiches und vielseitiges
Material übrig, dass er nicht manchmal in der Anordnung Sprünge machen und Will-
kürlichkeit walten lassen musste. Der erste Band aber zeigt jedenfalls einen wohl-
erwogenen künstlerischen Plan, und diesen hat K. mit feinem Verständnis erläutert. —
Wie unter den Prosaschriften die phüosopliischen Abhandlungen, so findet unter Schillers
Gedichten die philosophische Lyrik^*^) in der Forschung am meisten Berücksichtigung.
Die Schrift von Neide 6"^), die sich die lohnende Aufgabe stellt, Humboldts Einfluss auf
Schillers lyrische Produktion abzugrenzen, krankt, abgesehen von ihrer Breite, an dem
schlimmen methodischen Grundfehler, dass die Scliillerschen Gedichte nicht konsequent
in der Eorm citiert werden, in der sie Humboldt vorlagen, sondern in der späteren Um-
arbeitung, auf die er keinen direkten Einfluss mehi- hatte. —
Ueber einzelne Gedichte Scliillers 68-''i) haben wir dankenswerte Belehrinig
erhalten: Minor ''2) sichtet und ergänzt S. 102 ff. die in der liistorisch-kri tischen Aus-
gabe 11, S. 216 ff. und 16, S. 354 f. durcheinander geratenen Fragmente zu den Balladen
„Don Juan" und „Rosamunde". — Als Stoffquelle für den „Gang nach dem Eisen-
hammer" gilt allgemein eine Novelle aus den „Contemporaines" von Retif de la Bre-
tonne. Ein Anonymus ''3) glaubt diese Ansicht widerlegen zu können und weist auf
einen alten Württembergischen Kalender von 1689 hin, der in der That die Erzählung
enthält und den nun Schiller benutzt haben soll. Aber die Begründung, Schiller stamme
u. A. Birlinger. 5. Bd. 1. AM. (Wallenstein her. v. Birlinger) u. 6. Bd. S. 97—288 (Deutsche Nat.-Litt. her. v. J. Kürschner,
Lieff. 569, 571, 574, 588, 690, 591). Stuttgart, Spemann. XVI, 349 S. u. 12 Druckbogen, jede Lief. M. 0,50. — 52) X C. A.
Bach he im, Schillers prosa, consisting of selections from Schillers prose works with Engl. not. and an introd. (= Deutsche
Prosa, vol. 1.) London, Low & Cie. |[Ath. N. 3280.] | - 53) S. o. N. 2. - 54) X F- v. Schiller, Gesch. d. 30j. Krieges. Mit
Portr. (= Bibl. d. Ges.-Litt. N. 367/9.) Halle, Hendel. 359 S. M. 0,75. — 55) X id., Histoire de la guerre de 30 ans. Nouv.
^d., publice avecdes notices, des arguments analytiques et des notes en fran^ais par H. Schmidt et Th. LecJaire. Paris, Hachette.
16«. XVI, 483 S. — 56) X id., Vom Erhabenen. E. ErgUnzg. zu d. gangbaren Schiller-Ausgaben. Mit e. Einleitung v.
S. Saenger. (= Univ.-Bibl. N. 2731.) Leipzig, Reclam. 12". 74 S. M. 0,20. — 57) G. Geil, System v. Schillers Ethik nach
d. Dichters philosophischen Abhh. zus.-gest. Strassburg, Heitz. 34 S. M. 1,00. |[M. Koch: BFDH. NF. 6, S. 659.] | —
68) S. 0. 1,3 N. 148; vgl. IV, 6 N. 52.] | — 59) A. Eitler, Schillers Verhältnis z. bildenden Kunst: KunstUZ. 2, S. 22/8. (Vgl.
AZg. N. 74.) — 60) X Schillers Ged. für d. Frauenwelt ausgewählt y. Clara Braun. Diamant-Ausg. lUustr. v. G. E. Kepler.
Stuttgart, Greiner & Pfeiffer. IG». XXXII, 280 S. M. 3,50. - 61) X Gedichte v. F. v. Schiller. Stuttgart, Neff. 544 S. Mit
Illustrr. M. 7,00; ohne Illustrr. M. 2,00. (Abgesehen v. d. Bildern, e. gut ausgestattete, zuverlässige Ausg.) — 62) X 1"-
Schmitt, Po^sies lyriques de Schiller. Avee notes et notices. 3. 6dit. Paris, Delagrave. 12". VIII, 52 S. (Auswahl v. 18 d.
populärsten Gedd.) — 63) X K. SzAss, J. Vargha, F. Värö, Schiller Költemönyei, her. v. d. Kisfaludy-Gesellschaft. | [PestLl.
N. 54.] (Uebertragg. e. Anzahl Schillerscher Gedd. ins Ungarische.) — 64) X H. DUntzer, Schillers lyrische Gedichte erl.
D. Gedd. d. 3. Periode. 3. Aufl. Leipzig, Wartig. 12«. — 65) G. Kettner, D. Anordnung d. Schillerschen Gedd.: VLG. 3,
S. 128—73. — 66) X F. Rehorn, Schiller u. d. griech. Poesie (im Anschluss an d. Briefwechsel Schillers mit W. v. Humboldt):
BFDH. NF. 6, S. 493—8. — 67) S. Neide, W. v. Humboldt als Richter u. Ratgeber bei Schillers lyrischen Gedichten 1. Progr.
d. Gymn. Landsberg a/W. 4». 26 S. — 68) X H. Ganz, D. Lied an d. Freude u. d. 9. Symphonie: PestLl. N. 14. —
60) X K. Rehorn, /. Feier v. Schillers Geburtstag. 1). Ideal u. d. Leben: BFDH. NF. 7, S. 47*— 59*. (Festrede.) — 70) X
Th. Martin, Schillers „Unüberwindliche Flotte" ins Engl, übers. Blackwoods Magazine. — 71) X E. Niemeyer, Ein Kusu
nahm dM l«tzte Leben von der Lippe (zu d. „Göttern Griechenlands"): ZDU. 4, S. 618. — 72) S. o. N. 2.-73) A., Zu Schillers
„Gang nach d. Eisenhammer": LBSW. S. 108/9. — 74) \V. Masing. E. katalanische» Lied v. d. Glocke: UZ. 1, S. 240/9. —
1V,12: A. iCüster, Schiller. 147
ebenso wie der alte Kalender aus Württemberg, ist doch gar zu schwach. Als eine
bisher unbekannte Fassung des bekannten und beliebten Stoffes mag man den Bericht
dankbar hinnehmen. — Ebenso wird jeder Freund Schillerscher Dichtung mit Interesse
ein von Masing''^) entdecktes Gegenstück zu Schillers „Lied von der Grlocke" be-
grüssen. Es ist ein katalonisches Gedicht, „Die Ave-Maria-Glocke" von Victor Balaguer,
das auch in der deutschen Uebersetzung sehr ausdi-ucksvoll erscheint. Aber, wie er-
wähnt, nur ein zufälliges Pendant ist es; Beziehungen zwischen den beiden Gedichten
liegen nicht vor. — Auf die Heimstätte des „Liedes von der Glocke" hat sich in dieser
Zeit der Schiller- Jubiläen wieder der BHck gerichtet ''5); die Mayersche Glockengiesserei
in Rudolstadt, die Stätte der ersten Anregung zu dem Gedicht, wurde am 3. April 1890
mit einer Gedächtnistafel geschmückt. — Protest muss man wohl gegen die Bereicherung
erheben, die F. Jonas '^ß) den Schillerschen Gedichten durch den Spruch „Der Guck-
kasten-Mann, zum neuen Jalu-e 1798" geben wollte. Es mag sein, dass ein Berliner
Versifex den Spruch auf Speners Wunsch nach Schillers „Spiel des Lebens" gemacht
hat. — M. H. Jellinek77) hat sich in seiner Studie über „Hero und Leander" ein
Thema gestellt, dem seine Belesenheit nicht gewachsen war. Was er bringt, ist richtig,
aber unvollständig; uns beschäftigen hier nur die Partien, welche der deutschen Litte-
ratur gewidmet sind. Die Hans Sachsischen Dichtungen sind inzwischen eingehender
durch Drescher behandelt. Die weitere Darstellung (Barth, Hohenberg, Alxinger, Wie-
land, Schiebeier, Hölty) ist ausreichend, wenn sich auch für jedes Jh. allein in der
deutschen Litteratur Nachträge bringen lassen. Vielleicht das Beste in dem ganzen
Buch ist der Abschnitt über die Schillersche Romanze, für die mit Erfolg die Encyclo-
pädie von Krünitz als Quelle nachgewiesen wird, ohne dass doch der Vf. die Annahme
einer Benutzung des Musäus widerlegen könnte. Die Anleihen, welche später Bussel
in seinem Trauerspiel „Hero und Leandros" bei Schiller gemacht hat, verzeichnet J.
im Anhang seines Buches. In der Behandlung des Grillparzerschen Dramas kommt er
nicht wesentlich über Scherer und Sauer hinaus. '7^) — Dem „Kampf mit dem Drachen"
will Seiler'^ö) eine neue Deutung unterlegen: dass nämlich nicht der Meister, sondern
der Ritter das höhere Prinzip vertrete und dass nicht der Ritter seine Anschauung über
das Gebot, sondern der Meister seine Anschauung über den Jüngling ändere. Die
Deutung ist mindestens ganz unschillerisch. — Das unter Schillers Namen gehende
Jugendgedicht auf J. S. Kerner (hist.-krit. Ausg. 15, 1, S. 418) ist nach Minor «O)
S. 66 Armbmster zuzuschreiben. — Eine der wichtigsten Monographien des Jahres ist
die Studie über ,,Die Künstler" von Emil Grosse^i). Das für das Verständnis von
Schillers Geistesleben hochwichtige Gedicht ist von dem Dichter oft umgearbeitet, ver-
kürzt und wieder erweitert worden, ohne dass dabei die mannigfachen Uebergänge von
einem Teil zum andern recht ausgeglichen worden wären. Nichtsdestoweniger erkennt
und betont G. mit Recht die Einheitlichkeit des Gedankeninhalts. Die Erläuterung des
Werkes befriedigt durchaus. Dagegen führt die Entstehungsgescliichte, die der Vf.
vorträgt, noch nicht ans Ziel. Der Einfluss beratender Freunde, die Art des frag-
mentarischen Arbeitens, ja auch die Bedeutung dieses grossen Bekenntnisses für
Schillers Entwicklung kann überzeugender nachgewiesen werden. — Einen bisher unbe-
kannten, höchst dramatischen Balladenentwurf, der wohl aus der zweiten Hälfte der
neunziger Jahre stammt, „Orpheus in der Unterwelt", hat Schwenke ^2) g, 9 ff.
publiziert. — Minores) S. 115 ff. hat sehr lehrreiche Varianten zu der älteren Fassung
des „Spaziergangs" aus Schillers Handexemplar der „Hören" mitgeteilt. Sie zeigen
Humboldts Einfluss auf Schillers Metrik. —
Viel Gutes ist für die Geschichte und die ästhetische Würdigung von Schillers
Dramen 84-86) gethan worden. Die vier monographischen Aufsätze über des Dichters
Jugenddramen, welche Minor ^7) in sein Schillerwerk eingelegt hat, dienen nicht nur ihrem
nächsten Zweck, sondern ergänzen auch nach mannigfachen Richtungen hin unser bis-
heriges Wissen vom Drama und Theater jener Zeit überhaupt. Wenn hier die einzelnen
75) A. S., D. Heimstätte v. Schillers Glocke. Mit lUustrr.: ÜL&M. 64, S. 994. (Notiz gleichen Inhalts: KZg. N. 95; SchlesZg.
N. 249; HambCorr. N. 216; SchwäbMerk. N. 81; StrassbPost N. 97; MagdebZg. N. 178; KreuzZg. N. 163; VossZg. N. 163;
WeserZg. N. 15 563; BadLZg. N 83; FZg. N. 96.) — 76) „Eiher unserer besseren Dichter": VossZg. N. 41. (Auch: HannCour.
N. 16263; IlambCorr. N. 104; MagdebZg. N. 71, Fremdenbl. N. 44; vgl. DLZ. 11, S. 250; Ath. N. 3247.) — 77) M. H. Jellinek,
D. Sage V. Hero u. Leander in d. Dichtung. Berlin, Speyer & Peters. V, 92 S. M. 3,00. [[Nation». 8, S. 32; C. Flaisehlen:
LittMerk. 10, S. 351; S. Reinach: RCr. II, S. 418 (mit Nachträgen).]] — 78^ X J- Elias, Notiz Über e. Variante d. ErzShlg.
V. Hero u. Leander, am Chiemsee in Bayern lokalisiert: VossZg. N. 351. — 79) F. Seiler, D. Behandlung d. sittl. Problems
in Schillers „Kampf mit d. Drachen" , d. Erzählung bei Liv. VIII, 7, Kleists „Prinz v. Homburg" u. Sophokles „Antigene".
Programm d. Gymnasiums Eisenberg, Kaltenbach. 40. 25 S. (Vgl. o. IV, 4 N. 30). - 80) S. o. N. 2. - 81) Emil
Grosse, D. Künstler v. Schiller 1789. Berlin, Weidmann. IX, 120 S. M. 2,40. | [Unbeschei d: ZDU. 4, S. 289; LCBl. S. 1181.]|
— 82) S. 0. N. 30. — 83) S. o. N. 2. — 84) X M. Koch, Festvortr. z. Feier d. Sehillertages u. d. vor 30 Jahren beim
Schillerjubiläum 1859 erfolgten Gründung d. Hochstiftes: BFDH. NF. 6, S. 29*— 51*. (Bestimmt Schillers Stellung in d. Gesch.
d. deutschen Dramas.) — 85) X H. Bulthaupt. E. franz. SchillerUbersetzung: WeserZg. N. 15540. (lieber d. ausgezeichnete
Uebersetzung d. Schillerschen Versdramen v. Theodore Braun.) — 86) X L. Hartmann, D. Schiller-Cyklus in Dresden:
DBühnenßs. N. 1. — 87) S. o. N. 1. — 88; Ö. o. N. 2. (S. 22.) — 89) H. Ottmann, D. Verhältnis d. „Räuber" zu d. späteren
10*
UH IV,12: A. Köster, Schiller.
Aufsätze kurz beurteilt werden sollen, so sei vorausgeschickt, dass die allgemeinen
Merkmale, die bei der Abhandlung über die „Räuber" auffallen, sich bei den übrigen
Dramen gleichfalls finden und deshalb nicht wiederholt werden. Der Litterarhistoriker
redet in diesen Aufsätzen, nicht der Biograph. Nicht aus der Seele des Dichters lässt
der Vf. langsam die Dichtungen aufkeimen und dann als etwas mehr Zufälliges die
äussere Anregung befruchtend in das Leben fallen. Nein, umgekehrt: zu Anfang wird
die Quellenuntersuchung geführt, der sich die äussere Entstehungsgeschichte anschliesst ;
und dann erst wird, zum Teil rekapitulierend aus den biographischen Abschnitten, die
Rubrik „Erlebtes" als eine Episode in die Betrachtung eingereiht. So nimmt M. bei
den „Räubern" den Ausgang von Schubarts Erzählung, zerlegt dann das Stück in seine
Hauptmotive, Vatermord, Brudermord, Räuberwesen, und führt eine Geschichte jedes
einzelnen Motives vor. Euer wäre Beschränkung ratsam gewesen, auch auf Kosten der
Vollständigkeit; denn man verliert die ,, Räuber" zeitweise gänzlich aus den Augen und
wird über die Grenzen einer Schillerbiographie weit hinausgeführt. Vortrefflich ist die
Erkläi-ung der Anlage des Stückes im ganzen und in seinen Teilen. Karl Moor steht
mit Recht im Mittelpunkt der Betrachtung als die Eigur, an der Scliillers Hauptinteresse
haftete. Eranz ist durchweg so sehr als Kontrastfigirr aufgefasst, dass sich hieraus
manche Uebertreibungen der Charakteristik ableiten lassen. Eür kleine Einwände ist
hier kein Raum. Die bühnentechnischen Vorzüge der „Räuber" sind vielleicht etwas
überschätzt, und mancher wohl niu- unbewusst glückliche Griff wird als bewusste Absicht
gedeutet. Allzustrenge theoretische Erwägungen darf man auch bei der Umarbeitung
des Stückes nicht voraussetzen; Schiller war damals noch kein berechnender Dramaturg,
sondern ein naiver Experimentator, der auch den zuversichtlich geäusserten Ratschlägen
anderer gern sein Ohr lieh. Deshalb hat ihn auch Timmes Kritik, wie M. richtig
betont, beeinflusst. Die glänzenden Eigenschaften des Dialogs in den „Räubern" hat
M. deshalb so gerecht beurteilt, weil er bei der Kritik ebenso wie Scliiller selbst bei
der Abfassung sich stets die lebendige Deklamation auf der Bühne vergegenwärtigte. —
Dass Schiller das Motto der zweiten Raub er- Ausgabe „In tirannos" missbilligt habe,
macht eine von Minores) mitgeteilte Kundgebung glaubhaft. — Die Bemerkung
Berthold Auerbachs, dass in der Kosinsky-Episode schon die Keime zu „Kabale und
Liebe" liegen, sucht Ottmann^^) durch zahlreiche Parallelstellen zu stützen. Vernunft
wird Unsinn, wenn man eine gesunde Anregung dermassen übertreibt. ^^-92^ —
In dem Eiesco-Kapitel tritt Minores) häufiger als bei den „Räubern" urteilend,
nicht kühl referierend auf. Hier, wo nicht gar zu viele litterarische Traditionen sich
zwischen den Dichter und seinen Stoff drängen, ist auch die Entstehungsgeschichte ein-
facher und überzeugender vorgetragen. Die widerstreitenden Rücksichten, die Schiller
veranlassten, den Gesamtplan und besonders die Katastrophe mehrmals zu ändern, sind
sehr anschaulich dargelegt. Auch ist von den „Räubern" zum „Fiesco" eine feste Brücke
geschlagen durch die geistvoll durchgeführte Parallele zwischen den beiden erhabenen
Verbrechern Karl Moor und Eiesco. Eür Einzelheiten, z. B. für die Charakteristik
mehrerer Personen bleibt freilich noch manches zu thun. 9*) — Einen Anfang dazu macht
Kettner 95V indem er die Bedeutung des Mohren für das Drama zur Diskussion bringt.
Er sieht die Mohrenscenen der ersten Akte als lose eingefügte Interpolationen an,
während Minor hier, wie in den Scenen des Hofmarschalls von Kalb in „Kabale und
Liebe", die geniale Führung der Handlung bewundert und kleine Inkongruenzen als
Folgen „perspektivischer Behandlung" der Zeitrechnung entschuldigt. —
Die Entstehungsgeschichte von „Kabale und Liebe" ^ö-^'') übersichtlich zu
erzählen, ist ausserordentlich schwer. Denn Schiller hatte ursprünglich nur die Absicht,
ein zugkräftiges Theaterstück zu schreiben, und ist deshalb unbedenklich den Spuren
vieler bühnenkundigen Vorgänger gefolgt. Ein Litterarhistoriker kann demgemäss den
Massstab für den Wert von Schillers Leistung erst durch die Vergleichung aller ver-
wandten Dramen gewinnen, gerät aber dabei leicht in die Gefahr, durch ein Zuviel des
Details die Anschaulichkeit zu gefährden. An diese KUppe ist auch Minores) mehrfach
angerannt. Der Leser erhält kein Bild, wenn ihm ein seitenlanger Katalog von Theater-
stücken zugemutet wird, in denen Standesunterschiede behandelt werden. Sehr scharf-
Dramen Schillers, zunächst zu , Kabale u. Liebe". Festschrift d. Kgl. Gymnasium zu Weilburg zu seiner 350j. Jubelfeier am
14. Aug. 1890 gewidmet v. Lehrerkollegium d. Landwirtschaftsschule zu Weilburg. Leipzig. 40. S. 25—30. — 90) X
A. Weiss, Wiener Studenten-Theater: NFPr. N. 9186. (Giebt in Verbindung mit d. Anzeige e. Aufführung v. Schillers
, Räubern" seitens d. Studenten im Wiener Carltheat«r e. Ueberblick über Schulkomödien u. akademische Aufführungen in Wien.
Vgl. auch AZg. N. 85 u. o. IV, 4 N. 199.) — 91) X E. Krause, Bericht über e. Auffuhrung v. Schillers „Räubern" in Königs-
berg i/Pr. mit Mitterwurzer als Franz: KönigsbergHZg. N. 7. — 92) X Bericht über d. hergebrachte Aufführung d. „Räuber"
unter Mitwirkung d. Jenaer Studenten, Weimar 5. Febr. 1890: ib. N. 35. — 93) S. o. N. 1. — 94) X F. Servaes, D. .Julia-
Episode in Schillers „Fiesco". Vortr. geh. in d. Gesellsch. f. deutsche Litt, in Berlin: DLZ. II, S. 608. (Referat; vgl. VossZg.
N. 14.3.) — 95) G. Kettner, D. Mohr in Schillers „Fiesko": VLG. 3, S. 556—73. — 96) X E- Müller, Schillers Kabale u.
Liebe: KBIGRW. 37, S. 381—403. — 97) X M. Kant, Schillers „Kabale u. Liebe" am Berliner Theater:
Nution". 8, S. 107. (M. Kent =r M. Uarden.) — 98) S.o. N. 1. — 99) X E. Schiller, Don Carlos, Infant v. Spanien. E. .Irain.
IV,12: A. Köster, Sclüller. 149
sinnig hat M. dagegen den Sinn der Umarbeitung von „Kabale und Liebe" erkannt
und dargelegt, wie Bauerbacher Erlebnisse mitwirkten, um aus dem Trauerspiel der
Liebe ein Trauerspiel der Eifersucht zu machen. Dadurch erklären sich am besten die
mancherlei Widersprüche, die sich zwischen den beiden ersten und den drei letzten
Akten finden. —
Die Entstehungsgeschichte des „Don Carlos" 9«-io3) hatte bereits E. Elster über-
sichtlich dargestellt, ohne jedoch das Werden und Wachsen des Stückes mit den Lebens-
umständen des Dichters eng genug in Verbindung zu bringen. Li diesem Punkte ergänzt
a\ich Minor 104) seinen Vorgänger nicht hinreichend. Dagegen hat er auf S. 546 seines
zweiten Bandes einen entscheidenden Schritt über ihn hinaus gethan. Schade, dass die
Bedeutung dieses Schrittes in der Darstellung nicht recht klar wird. Bei konsequenterer
Durchführung hätte sich das Carlos-Drama in seiner zweiten Entwicklungsphase im
wesentlichen als eine Tragödie zwischen Vater und Sohn darstellen müssen. Die dritte
Entwicklungsphase hat M. besonders genau behandelt. Ausgehend von der grossen
Unterredung zwischen Philipp IL und Posa definiert er den „Don Carlos" letzter
Passung als ein Drama der Fürstenerziehung. — Auch die Textgeschichte des Stückes
ist durch ein paar Punde bereichert worden. Minor ^^s) veröffentlicht eine interessante
Ueberarbeitung der ersten Scenen des jetzigen dritten Aufzugs sowie den nachgedichteten
Monolog Posas mit Varianten nach Schillers eigener Handschrift bezw. nach authen-
tischen Kopien. —
Ueber die in der „Deutschen Nationallitteratur" gebotene Ausgabe des „Wallen -
stein" 106-111) igt bereits oben (N. 51) das Nötige gesagt worden. Von gleicher Be-
schaffenheit wie die dort gegebenen Anmerkungen sind auch Birlingers n^) selbständig
erschienene Miscellen. — Die neue Auflage von DüntzersH^) Wallenstein-Erläuterung
zeigt, dass der Vf. nach wie vor in allen Einzelkenntnissen auf der Höhe der Forschung
bleibt. Einer ausreichenden Würdigung des Kunstwerks im Ganzen steht die nüchterne
Auffassung des Erklärers im Wege. —
Während das Interesse für ,, Maria Stuart" Ii4-ii5) im Berichtsjahre nur gering
war, blühte eine um so reichere Litteratur über die ,, Jungfrau von Orleans" aufuß-n^).
In Frankreich schwanken noch immer die Meinungen ii9-i22)^ ob man Johanna zur welt-
lichen Schutzpatronin Frankreichs oder zur Heiligen machen soll. Wildes Revanclie-
geschrei dringt dabei bisweilen zu uns herüber. 123) Aber der Streit hat auch sein Gutes.
Gegenüber der Blindheit oder Verblendung mancher ultramontanen Schriftsteller muss
die unbefangene Kritik immer wieder das Wort ergreifen. Und eins der wichtigsten
Abwehrmittel ist der Quellennachweis für althergebrachte Irrtümer und Vorurteile. Aus
diesem Grunde geht man durch die Jhli. hindurch den Wandlungen nach, welche die
Beurteilung der Johanna Darc erlebt hat. Und dabei ist manche Dichtung einfluss-
reicher gewesen als die historische Darstellung; auch Schillers romantische Tragödie
nimmt einen wichtigen Platz in der Geschichte der öffentlichen Meinung über die Jung-
frau von Orleans ein. Seine Auffassung von Johannas Wesen ist oft derjenigen Shake-
speares gegenübergestellt. Auch Wetz 124) hebt diesen Gegensatz („Shakespeare" S.
81/5, 104/5) hervor, doch nur, um die verschiedenartigen Mittel der Charakteristik bei
Gedicht. Mit Einl. u. Anmm. her. v. W. Swohoda. (=Hölders Klassiker -Ausgaben ftlr d. Schulgebraueh. Heft 21 u. 22.)
Wien, Holder. XIV, 213 S. Jedes Heft M. 0,50. — 100) X W. Maurenbrecher, Don Carlos in Gesch. u. Dichtung. Vortr.
geh. in d. Verein d. Litt.-Freunde zu Wien: NFPr. N. 9186. (Kurzes Referat.) — 101) X H. Bulthanpt, „Don Carlos" auf
d. Bremer Stadttheater: VVeserZg. N. 15483, auch BostockZg. N. 43. (Marquis Posa soll ftirderhin nicht mehr auf seinem
Mantel d. achtstrahlige Kreuz, d. Abzeichen e. katholischen Ritterordens, tragen, weil sonst d. Frage d. Königs „Ihr seid ein
Protestant?" sinnlos sei.) — 102) X M. Kent, Don Carlos auf d. [Berliner] HofbUhne: Nation». 7, S. 554/6. — 103) X Notiz
über d. beabsichtigte Aufführung d. „Don Carlos" im Odeon-Theater in Paris: TglRsu. N. 30. — 104) S. o. N. 1. — 105) S. o.
N. 2. (S. 92 ff.) — 106) X Schillers Wallenstein. E. dramat. Gedicht. Stuttgart, Krabbe. 16". 412 S. M. 3,00 geb. — 107) X Notiz über
d. Anachronismus v. Blitzableiter, Piccolomini v. 234 f.: LZg». N. 131. (Birlinger meint in seiner Ausgabe [s. o. N. 51], Schiller
habe an d. elektrischen Telegraphen gedacht!) — 108) X Bericht über d. Aufführung d. „Wallenstein" im Berliner Theater.
5. April 1890: KreuzZg. N. 162; Reichsb. N. 88; H. Hart: TglRs. N. 82; NatZg. N. 202. — 109) X Ausführl. Besprechung e.
Aufführung d. „Wallenstein" im neuen deutsehen Theater in Prag: Bohemia». N. 49, 51. — MO) Adolf Sonnenthal als Wallen-
stein: HarabCorr. N. 228. — III) X E. russischer Kritiker über Schillers „Wallenstein": Post N. 118. (Uebersetzung e. Stelle
aus e. Theaterkritik in d. Nowosti Deja über d. Aufführung d. Stückes in Moskau; vgl. BLU. N. 23.) — 112) A. Birlinger,
Zu Schillers Wallenstein: Alemannia 18, S. 187—91. — 113) H. Düntzer, Schillers Wallenstein. Erläutert. 5. neu durchges.
Aufl. (=Erläutt. zu d. Deutsehen Klassikern. 3. Abt.: Erli. zu Schillers Werken. 17. 18. Wallenstein.) Leipzig, Wartig. 349 S.
M. 2,00. — 114) X M. Sehmerl, D. Bau v. Schillers Maria Stuart: ZDU. 4, S. 43 ff. — 115) X F- Schiller, Marie Stuart, texte
allemand, preeödö d'une analyse littöraire de Mme. de Staßl et publiö avec des notes explicatives par Th. Fix. Nouvolle Edition.
Paris, Hachette. 12. X, 212 S. — 116) X Bericht über e. Aufführung v. F. Budharts Konzert-Ouvertüre zu Schillers „Jungfrau
V. Orleans" in Neuwied 20. März 1890: KZg. N. 96. — 117) X Di"- Seh., D. Jungfrau v. Orleans bei Schiller u. bei Shakespeare:
WeserZg. N. 15567. — 118) X E. Müller, Ueber d. Verheiratung d. Jungfrau v. Orleans: KBIGRW. 37, S. 479-86. —
119) X A. Sorel, La prise de Jeanne d'Arc devant Compiegne et l'histoire des sieges de la meme ville sous Charles VI et
Charles VII d'apres des documents in^dits. Avec vues et plans. Paris, Picard. XII, 383 S. Fr. 10,00. — 120) X !'• Kaufmann,
Zerstörung e. Legende: HambCorr. v. 14. Jan. — 121) X D. Jungfrau v. Orleans, D. Ende e. Legende: SchorcrFamBl. 11, N. 9.
— 122) X A. France, Vie litteraire vol. 2. Paris, Calman Lövy. (Enthält e. Aufsatz: Jeanne d'Arc et la poesie. [vgl. Figaro
N. 85.]) — 123) X H. Welschinger, Jeanne d'Arc dans l'histoire et dans la poösie. Vortr. v. 16. März 1890 in d. Sooi6t6
des ^tudes historiques. Aniiens. 31 S, — 124) S. o, 1,1 N. 5. — 125) Le Comte de Puymaigre, Jeanne d'Arc au th6atre
150 IV,12: A. Köster, Schiller.
beiden Dichtern zu zeigen. — Nur mit der dramatischen Litteratur über die Jungfrau
beschäftigt sich der Graf Puymaigre ^25)j er weist besonders gründlich den Einfluss
von Sclüllers Tragödie auf die neueren französischen Bearbeitungen desselben StofTes
nach. — Das gesamte historische und litterarhistorische Material sucht Mahrenholzi26-i27^
zu bewältigen und ansprechend für die Darstellung zu verwerten. Auf Schillers Drama
kommt er nur vorübergehend (S. 157 — 60) zu sprechen; aber sein unbefangenes Urteil
wird gleichermassen dem Historiker Schiller und dem Patrioten wie dem Dichter gerecht.
Gerade diese höheren Gesichtspunkte vermisst man in fast allen Publikationen der
letzten Jahre über die „Jungfrau von Orleans". — Kritisch ziisammengefasst wird diese
ganze Litteratur bei Beckhaus 128) ^md Ullsperger 129)^ ohne dass die eigenen An-
sichten dieser Vff. uns wesentlich fördern. — Eine sehr anerkennenswerte Ausgabe des
Stückes für englische Leser veranstaltete Buchheim ^^O). —
In die Vorarbeiten zum „Teil" l^^-^^g) führen uns zwei kleine Publikationen
bei Schwenckei^o) g. 3 £f. und Minor ^^i^g. 110 f. ein. Sie beweisen beide, dass
tu-sprünglich Gessler eine weit ausgedehntere Rolle spielen sollte, als er jetzt
inne hat. —
Die Litteratur zu den Ueberseizungen 1*2-146) ^nd Entwürfen i^'^-^^S) war
gering. Den Brief, in welchem Carl August seinen Plan einer Martinuzzi-Tragödie,
die er von Schiller wünschte, darlegt, aber gleichzeitig wieder verwirft, hat Minor '49)
S. 105 ff. ans Licht gezogen. — Unter den Ergänzungen des Demetrius -Fragmentes i^**)
(vgl. N. 30) behauptet die von Laube 151-152) nach wie vor die erste Stelle. — Eine bis-
her unbekannte Scene des „Demetrius" legt Minor 153) S. 117 ff. vor. Sollte er mit der
auffälligen Vermutung recht haben, dass Charlotte die Vf. dieser Scene sei, so würden wir hier
einen Beweis ihrer Pietät, aber nimmermehr ihres Talentes besitzen. Gewichtigere
Gründe aber sprechen dafür, dass Schiller selbst in einer Zeit der Krankheit diese
Bruchstücke diktiert und später verworfen hat. — Die Quellenfrage zu Schillers „Braut
der Hölle" ist noch immer unbeantwortet, weil der Text des Spieles, auf das Goethe
(vgl. Brief an Schiller 1. Aug. 1800) durch Tieck geführt war, nicht bekannt ist.
Jetzt weist Ellingeri54) auf ein nur sehr entfernt verwandtes Puppenspiel hin, das
er hs. in der Grossherzoglichen Bibliothek zu Weimar gefunden hat und nun im Aus-
zug mitteilt: „Faustina, das Kind der Hölle. Posse in einem Aufzug, aus den Zeiten
der Kreuzzüge". —
Damit ist die Schillerlitteratur des Jahres 1890 erschöpft; denn alle die ver-
schiedenen kleinen Anzeigen und Becensionen zu buchen, kann nicht Aufgabe der
1439—1890. Paris, Savine. II, 115 S. |[RCr. N. 28; LittMerk. 10, S. 264; R. Mahrenholtz: ASNS. 85, S. 447.]| —
126") X R- Mahrenholtz, Unberufene Verbesserer v. Schillers „Jungfrau v. Orleans": MLJA. 59, S. 7.53/4. (Lässt d. durch
Schiller beeinflussten Johanna-Dramen Kevue passieren.) — I27f id., Jeanne Darc in Gesch., Legende, Dichtung auf Grund
neuerer Forschung dargest. Leipzig, Renger. IV, 174 S. mit e. Kärtchen. M. 4,00. | [BLU. N. 30; Pfister: RCr. N. 8i/3;
Sarrazin: LittMerk. 10, S. 417; FrankfJ. N. 330.]| (Vgl. ASNS. 84, S. 336.) — 128) H. Beckhaus, Zu Schillers Jungfrau
V. Orleans. Progr. d. Gymn. Ostrowo. 40. 27 S. — 129) F. Ullsperger,D. schwarze Ritter in Schillers , Jungfrau v. Orleans"
9. JB. d. K. K. Staats-Obergymn. in Prag-Veustadt. Prag, Selbstverlag d. Gymn. 31 S. — 130) Schillers Jungfrau v. Orleans
■with an historical and critical introduction etc. by C. A. Buchheim. Oxford, Clarendon Press. LVI, 272 S. ([Lawrence:
MLN. 5, S. 8; Ac. 38, S. 172; Ath. N. 3280.] | — 131) X id., Wilhelm Teil. E. Schauspiel. lUustr v. F. Schwörer. (Enth. 6 Heliogrr.,
2 Typogravv. u. 50 Holzschnn.) Mtlnchen, Stroefer. 40. 102 S. geb. mit Goldschn. M. 15,00. — 132) X id., Wilhelm Teil.
Schauspiel. Schulausg. Mit e. Karte her. v. L. Sevin. (= Meisterwerke d. deutschen Litt, in neuer Ausw. u. Bearbeitung fUr
höh. Lehranstt., her. v. K. Holdermann u. L. Sevin. 2. Bdchn.) Berlin, Reuther. 119 S. M. 0,60. - 133) X id., Wilhelm
Teil. Schauspiel. Edited with introduction, English notes, maps etc. by K. Breul. Cambridge, üniversity Press. LXXl, 267 S.
|[Ath. S. 434 u. 472; Imelmann: ASNS. 84, S. 66.]| (Empfiehlt sich fllr Schulzwecke durch d. gute Zusammenfassung d.
Erläuterungsmaterials.) — 134) X 'd., Wilhelm Teil. Texte alleraand, publik avec une introduction, une analyse littc^rnir.' et ilrs
notes gramraaticales, historiques et göographiques par Th. Fix. Paris, Hachette. 12". XXIV, 239 S. — 135) X 'd-. i'iiill;iuiiii'
Teil, trag6die. Edition classique, pr6c6d6e d'une notice littöraire par E. Hallberg. Paris, Delalain freros. XX, l^() S. —
136) X id., Guillaume Teil pr6c6d6 d'une notice biographique par Ph. Chasles et aecompagnö de notes historiques, "jiMifiraphiiiuos
et grammaticales par H. A. Birmann. Paris, Garnier freres. 12". XII, 142 S. et carte — 137) X R- v. Gottscliall. Die
Leipziger Neuinscenierung v. Schillers „Teil": LeipzTBl. N. 65. (Vgl. LZg. N. 53.) — 138) X Ankündigung d. 100. AutniJinini,'
„Teil" am Wiener Burgtheater: NFPr. N. 9179. — 139) X Notiz über d. Plan, im Juli 1891 z. 600. Gründungsfeier d. schwri/.. Kid-
genoss. „Teil" bei KUsnacht im Freien aufzuführen: Bohemia N. 81. (vgl. SchwäbMerk. N. 70.) — 140) S. o. N. 30. — 141)
S. 0. N. 2. — 142) X Scenen a. d. „Phönizierinnen" d. Euripides in Schillers Uebertragung am Berliner Theater: M. llarde n , Go-
genw. 8. 173; Nation». 7, S. 339; Deutschland 1, S. 411 ; TglRsi. N. 56. (S. auch FZg. N. 69 : d. Aufführung im Berliner Theater war
nichtdieerste, das Stück ist schon etwa 18 Jahre früher in Frankfurt a. M. mit Barnay als Eteokles zu Schillers Geburtstag ge-
geben.) — 143) XX B- Schmidtmayer, Schillers Iphigenie in Aulis u. ihr Verhältnis z. gleichnamigen Drama d. Euripides.
19. Progr. d. deutschen Gymn. Budweis. (Erst e. Bruchteil d. Arbeit ist erschienen.) — 144) X Bericht über e. Neu-AiiiViiliniiiL;
V. Gozzi-Schillers „Turandot" im Kgl. Schauspielhaus zu Berlin, 31. Dez. 1889: K. Frenzel: NatZg. N. 2; Hart: TglKs' . 'S. ■2:
VossZg. N. 1; A. Rosenberg: Post N. 2. — 145) X Schiller, Oncle et neveu, comödie publiöe et auuotöe par A. i'oy.
3. «dition. Paris, Delagrave. 120, 65 S. — 146) X id., Der Neffe als Onkel. Edited by Raddatz. Boston, AUyn and Bacon.
|[Wilaon: MLN. 5, S. 89.]| — 147) K. W. Geissler, Schillers dramatische Entwüife. E. Blick in d. Werkstatt d. Dichters:
LZgB. N. 136, 8. 537—40. (Strotzt v. Fehlern.) — 148) X Aufführung d. Tragödie „Die Maltheser" mit teilweiser freier Be-
nutzung d. Schillerschen Entwurfes von H. Bulthaupt in Hannover: HannCour. N. 16348. (Vgl. WeserZg. N. 15.556.) — 149) S.o.
N. 2. — 150) X Timär Päl, Schiller Demotriusa: Egyet^mes Philologiai Közlöny. (Vgl. PestLl. N. 76.) — 151) X H. Laube,
Demetrius. Hist. Trauerspiel in 5 Akten. Mit Benutzung d. Schillerschen Fragments bis z. Verwandlung im 2. Akte. 3. Aufl.
Dramatische Werke. Volksausg. 11. Band. Leipzig, Weber. 1?4 8. M. 1.00. — 152) X K''l>erlint D- Laubesche „Demetrin.«i":MLJA.
69, S. 38-42. — 153) S. o. N. 2. - 154) G. Ellinger, D. Braut d. Hölle: ZDl'h. 23, S. 286. (vgl. o. IV, 4 N. 143.) - 155) M
IV,12: A. Köster, Schiller. 151
JBL. sein. Als Vorläufer vmserer eigenen Ueberscliau seien zwei Aufsätze von M.
Koch 155) genannt, welche sehr instruktiv über die wichtigsten Erscheinungen in der
Schillerlitteratur der letzten Jahre berichten. — Von sonstigen Besprechungen älterer
Werke findet in den Anmerkungen nur eine beschränkte Anzahl Platz 156-169) j besonders
hervorgehoben sei die ausführliche Kritik Kettners i''0) über Elsters „Don Carlos". —
Ein paar Schriften, welche oben nicht bequem einzuordnen waren, mögen hier ihren
Platz finden 171 -175)^ nebst etlichen Anekdoten und Notizen i'^ß-i^?), wie sie alljährHch
durch die Tagesblätter laufen und das Interesse für unseren volkstümlichsten Dichter
wachhalten. —
IV,13
Romantik,
Oscar F. Walzel.
Allgemeines N. 1. — Aeltere Romantik: ScLlegelscher Kxeis: Friedrich Schlegel N. 5; August Wilhelm
Schlegel N. 10; Sehelling N. 13; Caroline Schlegel, Dorothea Schlegel und Philipp Veit N. 15. — Savigny N. 20. — Tieck
N. 22. — Schleiermacher N. 25. — Hölderlin N. 30. — Jüngere Romantik: Heidelberger Kreis: Arnim N. 32; Brentano
N. 40; Zimmer N. 42. — Schwaben: Uhland N. 43; Waiblinger N. 48. — Norddeutsche: Ernst Schulze N. 52; Charlotte Stieglitz
N. 59; Eichendorif N. 64. — Schlippenbach N. 69. —
Eine neue allgemeine Darstellung der Romantik wird durch Julian Schmidt i)
geboten; mit der ihm eigentümlichen Leichtigkeit hat er das im zweiten, zum Teil auch
im ersten Bande seiner ,, Geschichte der deutschen Litteratur seit Lessings Tod" (5. Aufl.
1866) enthaltene Citatenmaterial ganz neu disponiert und ein Gesamtbild der deutschen
Litteratur zur Zeit der Romantik gewährt. Allerdings hat eine erschöpfende Ausnützung
des Materiales und der Eorsclmngen, die seit 1866 zu Tage getreten waren, nicht statt-
gefunden. Gleichwohl begegnen neueingefügte Citate aus den Briefen E. Schlegels an
seinen Bruder nach Haym, dann aus den Briefen des Hardenbergs chen Kreises nach
Raich; ein Kapitel über Caroline dankt der Publikation von Waitz seinen Ursprung (S. 5);
die Berliner Vorlesungen Wilhelms und mit ihnen die Calderonübersetzung wurden
einbezogen (S. 171). Bei der Behandlung Hölderlins wird (S. 275) die Erage neu auf-
geworfen, ob er eine problematische Natur gewesen sei oder ob er vielmehr bloss das
geistige Klima nicht gefunden habe, dessen seine zarte Organisation bedurfte. Im
ganzen fördert indessen die Neubearbeitung unsere Kenntnisse nicht wesentlich, wenn
Koch, Neuere Schiller-Litt. : BFDH. NF. 6. S. 74—126, 547—74. — 156) X L- Fränkel, Beckhaus, Schillers Macbeth. 1889:
BLU. N. 52. — 157) X G. Kettner. Bellerniann, Schillers Dramen 1: ZDPh. 23, S. 487. — 158) X J- Minor, Bellermaun,
Schillers Dramen 1: DLZ. 11, S. 342,'3. — 159) X 0. H[arnack], Bellermann, Schillers Dramen 1: PrJbb. 65, S. 702. —
160) X E. Elster, Brahm, Schiller 1: LBGRPh. 11, S. 101. - 161) X G. Kettner, Cless, D. Künstler: ZDPh. 23, S. 490. —
162) X L. Bauer, DUntzers Erll. zu Schillers lyrischen Gedichten u. z. Braut von Messina: BBG. 26, S. 560/1. —
163) X A. Jung, Geil, Schillers Ethik: PhilosMh. 26, S. 366. — 164) X A. Baldi, Goldschmidt, Schillers Weltanschauung
u. d. Bibel: BBG. 26, S. 208. — 165) X H. Bulthaupt, Kühnemann, Schillers Kantische Studien: WeserZg. N. 15594. —
166) X F- Munoker, Philippi, Schillers lyrische Gedankendichtung: BBG. 26, S. 563. — 167) X W. Creizenaeh, Weltrich,
Schiller. 2. Lief.: LCBl. S. 363/5. — 168) X G. Portig, Werder, Wallenstein : BLU. N. 1. -169) X F- Muncker, Zimmer-
mann, Versuch e. Schillerschen Aesthetik: BBG. 26, S. 562. — 170) G. Kettner, Elster, Entstehungsgeseh. d. Don Carlos:
ZDPh. 23, S. 481/6. — 171) X L- Rudolph, Schiller-Lexikon. Erläuterndes Wörterbuch zu Schillers Dichterwerken unter
Mitwirkung von K. Goldbeck bearbeitet. 2. Ausg. 2 Bde. Berlin, Nicolai. XVIII, 560 u. 603 S. M. 6,00. (Ist nur Titel-
autlage.) — 172) X L. Berg, Z. Psychologie Schillers oder Idealismus u. Pessimismus: Zeitgenosse. S. 59—61. (D. Vf. ent-
deckt in Schillers Geistesentwicklung immer grössere Annäherung an Ibsen.) — 173) X A. Wechsler, Lichtstrahlen aus
Schillers Werken. Leipzig, Opetz. 190 S. M. 1,00. (Alphabetische Ordnung d. landläufigen Citate z. tägl. Gebrauch. Vgl.
LittMerk. 10, S. 400.) — 174) X L. Bahlsen, Ueber d. Gründe d. Popularität Schillers. E. Vortr.: COIRealschulw. 17,
S. 657—68. — 175) X B. Köhler, Trachtenbilder flir d. Bühne, gezeichnet u. beschrieben. 1. Jahrg. 2. Lief.: Die Räuber,
e. Schauspiel v. F. Schiller. Berlin, Pasch. 40. M. 4,00. (Vgl. o. IV,4 N. 183a.) — 176) X E. Anzeige Schillers (d. bekannte
Notiz in d. Gothaischen Gelehrten Zeitungen über d. Buhnenbearbeitung d. „Fiesco", datiert 12. Okt. 1783): Didask. N. 5. —
177) X Laura: LBSW. S. 224. (E. Gedicht v. d. hochedlen Fräulein Laura, das in H. Kurz' Roman „Schillers Heimatjahre*
auftritt.) — 178) X Feier d. 50j. Bestehens d. Leipziger Schiller-Voreins: AZg. N. 315. — 179) E. Engelmaun, Gedicht z.
Schillerfest in Stuttgart 11. Mai 1890: MagdebZg. N. 242. — 180) X Schiller als Reiter (aus N. 2): Didask. N. 98. S. 392.
(Auch: MUnchNN. N. 190; MagdebZg. N. 213; LZg. N. 96; HannCour. N. 16390; RostockZg. N. 213.) — 181) X F. Schiller an
d. Influenza erkrankt: BadLZg. N. 1. (Aus e. Brief an Dalberg 1782.) — 182) X D- Honorare Schillers, welche er für d. Auf-
führung seiner Werke an d. Beriiner Hofbühne erhielt: HannCour. N. 16206. (Aus d. TglRs.) — 183) X Notiz über d. d.
Schillerhause in Marbach am 9. Mai vermachten Bilder d. Schillerschen Familie: KönigsbergHZg. N. 114. (Auch FZg. N. 132;
SchlesZg. N. 333; TglRs. N. 111 usw.) — 184) X Wenn man Schiller salutiert: NFPr. N. 9295. (Schiller = Schillerdenkmal in
Wien.) — 185) X Notizen über d. Verbleib zweier Schiller-Reliquien (e. Petschafts u. e. Spiegels): MUnchNN. N. 25 u. 56. —
186) X Notiz, betreffend d. Fürsorge für d. Goethe-Schiller-Denkmal u. Schillers erste Begräbnisstätte in Weimar: SchwäbMerk.
N. 87. (Vgl. FZg. N. 102.) — 187) X F. Freudenberg, D. arme Schiller!: BLU. N. 1. (VgL Bund». N. 2; NZürchZg. N. 53. -
I) S. 0, IV, 1 N. 1. — 2) S. 0, IV, 1 N. 14. - 3) H. Conrad, Carlyle über deutsche Romantiker: DWBl. 3, S, 21/4.
152 IV, 13: 0. F. Walzel, Romantik.
auch dem Buche nach wie vor der Ruhm bleibt, die übersichtHchste Darstellung der
ganzen älteren und eines guten Stückes der jüngeren Romantik zu sein. 2) — H. Con-
rads 3) Zusammenstellung Carlylescher Urteile über Tieck, Fouque, E. T. A. Hoffmann
wh-d durch die Zugabe eigener Fehlurteile nicht förderlicher. — Interessant ist Percys *)
Nachweis, dass das Wort „romantic" sich schon 1654 bei John Evelyn findet. —
Für die Zeit der älteren Romantik stand während des Berichtsjahres der
Schlegelsche Kreis im Vordergrunde des Interesses. Die von Walzel ^) veranstaltete
umfangreiche Ausgabe der Briefe Friedrich Schlegels an seinen Bruder August
W^ilhelm überlieferte endlich dem allgemeinen Gebrauche ein Material, das vor zwanzig
Jaliren für Haym und Dilthey die Hauptquelle ihrer Arbeiten über die älteren Roman-
tiker gewesen war. Da auch Waitz in seiner „CaroHne" einzelne Bruchstücke der ge-
genannten Briefe mitgeteilt hatte, entbehrt die Veröffentlichung für die Jahre 1791 — 1803
des Interesses völliger Neuheit. Wenn auch gelegentlich einige bisher nicht gegebene
Hinweise möghch waren , z. B. auf W. Schlegels Uebersetzung einer politischen Bro-
schüre Rendorps (S. 71 Anm. 1), seine Amsterdamer Abhandlung über Euphonie (S. 160
Anm. 1), F. Schlegels erste Recension (S. 46 Anm. 2), so beweist doch im ganzen die
Veröffentlichung der Briefe aus der genannten Periode nur die grosse Genauigkeit, mit
der Haym und Dilthey das Material verwertet haben. Immerhin bleibt der Vorteil, dass
liier einzelnen zersplitterten Notizen gegenüber ein Gesamtbild der Korrespondenz vor-
gelegt wird, umsomehr dem Buche gewahrt, als Haym zum grössten Teile nur in den
Nachträgen seines Werkes die genannten Schriftstücke hat benützen können. Für die
Jahre 1803 — 11 haben sich keine Briefe finden lassen. Dagegen zieht sich durch
die Zeit von 1811 — 28 ohne grössere Lücken eine Brieffolge, die zum ersten Male diese
Periode von F. Schlegels Leben im Zusammenhange übersehen lässt; führt ja doch
Raichs „Dorothea von Schlegel" nur bis 1816. F. Schlegels Thätigkeit am Frankfurter
Bundestag (1815 — 18), seine unter Metternichs Aegide durchgeführte italienische Reise tritt
zum ersten Male in helleres Licht. In den letzten Jahren seines Lebens, die theolo-
gischen Zwecken gewidmet sind, erkalten allmählich die Beziehungen zu dem Bruder;
sichtlich hält F. Schlegel ihm gegenüber mit seinen Absichten hinter dem Berge. Die
letzten Briefe sind Dokumente des vollständigen Bruches. Von W. Schlegels Antworten
sind nur sechs (S. 487 f. 652 f. 656 ff. 660 f.) und auch diese nur in Abschriften erhalten:
Dorothea hatte auf seinen Wunsch nach Friedrichs Tode verbrannt, was sie von seinen
Briefen in Händen liatte. — Das hier vorgelegte Material hat sofort zu neuen Studien
Anlass gegeben. Levy-Bruhls 6) geistreicher Essay über die Schlegel und über den
Kreis L. Tiecks ist reich an fesselnden und anregenden Werturteilen, ohne indessen die
historische Erkenntnis der Romantik wesentlich zu fördern. Die Formeln, auf welche
Tieck („docilite trop mobile, accent de sincerite precieuse") und Wackenroder („sincerite
profonde") zurückgeführt werden, nützen wenig; dass F. Schlegel ein „pedant" genannt
wird, lässt sich reclitfertigen. Die „Lucinde" durch die „maladresse plastique" der
Deutschen, wie sie in der bildenden Kunst der Zeit erscheint, zu erklären, ist ein Fehl-
griff. — Ebenso wie Levy - Brühl verwertet auch Fester'') die neue Ausgabe der
Schlegelbriefe in seinem Kapitel über F. Schlegel (S. 188 — 211); seine Darlegung berück-
sichtigt zum ersten Male die Geschichtsphilosophie F. Schlegels in ihrem ganzen Umfange,
wähi-end bisher von protestantischer Seite nur die historisch-philosophischen Tlieorien
bis zu den Pariser Vorlesungen, von katholischer Seite nur die Vorlesungen von 1828
zur Untersuchung herangezogen worden waren. F. s Ergebnisse sind: Schlegel übernimmt
von Herder die beiden Ideen, jedes Volk habe ein Maximum seiner Kultur und jedes
Klima habe eine eigene Grösse und Schönheit, und erhebt sie zu seinen Hauptthesen.
Dennoch vergisst er bald, was er Herder zu danken hat, und unterschätzt dessen Be-
deutung. Vor gleicher Undankbarkeit gegen Rousseau bewahren ihn Kant und Fichte.
Herder und Rousseau drängen ihn zu dem Plane einer Philosophie der Geschichte, der
schliesslich in der Recension von Condorcets „Esquisse" und in dem „Versuche über
den Republikanismus" zu Tage tritt, in einigen Fragmenten (Athenäum-Fgm. 80, 216,
222, 227, 322, 426; speziell über Rousseau 196, 450. Lyceum-Fgm. 111) anklingt. Für
Schlegel hat weder Herder noch Kant den Beweis der Perfektibilität des Menschen-
geschlechtes erbracht; er selbst glaubt an sie, verzichtet indessen vorläufig darauf, nach
einem Beweise zu suchen. Nur in der Poesie der Griechen findet er jene organische
Entwicklung, die zur Aufstellung historischer Gesetze leiten kann. In den Pariser Vor-
lesungen von 1804 nimmt er zu Rousseau ausdrücklich Stellung. Rousseaus Paradoxien
seien empirische Vorurteile. Die empirische Ansicht sehe im Menschen ein reines Sinnen -
— 4) Th. 8. Percy: ZVLR. NF. 3, S. 491. — 5) Friedrich Schlegels Briefe an seinen Bruder August Wilhelm her. v. 0. F.
Walzel. Berlin, Speyer & Peters. XXVI, 680 8. M. 18,00. |[0. Pniower: VossZg. 1889, N. 50; H. Fallcenheim: Natione.
8, 8. 60,76; L. Geiger: Gegenw. N. 1; E. Straten Post N. 15; W. Creizenach: LCBl. N. 12; K. Fronzel: NatZg,
N. 417; A. Chuquet: RCr. N. 52.11 — 6) L. L6vy-Bruhl, Les premiers romantiquos allemands: RDM. 101, S. 120—47. —
7) 8. 0. IV, 1 N. 27. — 8j X Kuno Fischer, Gesch. d. neueren Philosophie. Neue Ges.-Ausg. Bd. 5. Heidelberg, Winter.
IV,13: 0. F. Walzel, Romantik. l^KK ^^"^
weseu, und der rein sinnliche Naturmensch sei gewiss der unverdorbenste. In den
Pariser Vorlesungen schreitet F. Schlegel auch zu historischen Gesetzen vor. Er weist
der Pliilosophie als erste Aufgabe die Ergründung der Gesetze von Natur und Welt zu,
er will also die Philosopliie in Geschichte umwandeln; die Geschichte aber lehrt ihn
aus dem übernatürlichen Anfange aller Dinge auf ein übernatürliches Ende schliessen.
Den "Weg zu diesem Ende werde die Menschheit finden, wenn sie zu einem Individuum
werde. Dieses Ziel zu erreichen müsse Staat und Kirche zur völligen Einheit werden.
In diesen Sätzen klingt, wie F. S. 203 andeutet, manches an ältere Aufstellungen
Schlegels an. Noch immer fordert er neben dem katholischen Glauben und
neben einem gründlichen Studium der Geschichte eine poetische und idealistische
Begeisterung. Nach 1808 stellt er dem heidnisch-poetischen den hellsehenden christ-
lichen Katholizismus gegenüber. Grundgedanke der neuen Geschiclitsphilosophie von
1828 ist der schon 1804 vorgetragene Satz, Naturbestimmung des Menschen sei Rück-
kehr zur verlorenen Freiheit. Dieser Zustand der verlorenen Freiheit ist indessen nicht
der Rousseausche Naturzustand, vielmehr kennzeichnet sich letzterer schon als Verwilderung
und Ausartung. Die Befreiung erfolge in zwei Momenten, deren erstes, die Einsetzung
des Christentums, schon eingetreten sei, während das zweite, die göttliche Erlösung, be-
vorstehe. Während also Schlegel jetzt in das Stadium eines „alles zerreissenden Dua-
lismus" tritt, wie Schelling behauptete, ergeben sich doch wiederum seine Thesen nur
als katholisierende Umformungen der meist durch Schiller und Fichte veranlassten Jugend-
ideen. Nur überträgt Schlegel auf das vor- und nachghibellinische Mittelalter, was
Schiller vom Gegensatz des naiven Altertums und des sentimentalen modernen Menschen
vorbringt. Als politische Konsequenz der Theorie erscheint die Idee der heiligen Allianz.
Zum Schlüsse warnt F. davor, Schlegels Aufstellungen mit denen Bossuets zu ver-
wechseln, und erinnert an ihre Verwandtschaft mit denen K. L. v. Hallers. Zu wenig
berücksichtigt F. die Griechenaixfsätze der Jugendzeit, garnicht die Fichterecension der
Heidelbergischen Jahrbücher. Fichte^) selbst wird in einem eigenen Kapitel (S. 113 — 58)
behandelt, ebenso Schelling (S. 159 — 87). Die Beziehungen zu Schiller treten in beiden
Fällen stärker hervor als die zur Romantik; selbst bei Schelling, der ausdrücklich als
Philosoph der Romantik gefasst wird, kommt nicht zu Tage, was er der Romantik und
was die Romantik ihm verdankt. Ein besonderer Abschnitt (S. 281/7) behandelt die
„positive Philosophie" des alten Schelling. — Aus F. Schlegels Wiener Zeit stammt
ein undatierter Brief an Gräfin O'Donell geb. Gaisruck, geschrieben anlässlich der Ueber-
reichung seiner Vorlesungen über neviere Geschichte an die Kaiserin Maria Ludovica.
R. M. Werner ^) hat dem Brief Notizen über W. Schlegels Wiener Erfolge nach Mit-
teilungen Bretschneiders an Nicolai angefügt, sowie eine Reihe von Briefen Adam Müllers
an die Grafen Moriz und Heinrich O'Donell aus den Jahren 1814 — 27; in ihnen finden
sich interessante Urteile über die Augsburger Allgemeine Zeitung, über juristisches
Studium in Oesterreich, über Montesquieu und Adam Smith. —
Für August Wilhelm Schlegel beschränkt sich Muncker lo) nicht auf einen
Auszug aus den Darstellungen Hayms und Minors. Er hat manche Notiz verwertet,
die von den Genannten niclit aufgenommen war. Neue Gesichtspunkte wurden aber
nicht beigebracht; insbesondere wäre eine stärkere Betonung von Carolinens Bedeutung
für W. Schlegel zu wünschen gewesen. Der wesentlichste Vorzug des Artikels be-
steht in der relativ vollständigen Zusammenstelhmg der biogi'aphischen und bibliogra-
phischen Daten. Kleine Unklarheiten laufen zuweilen uiiter; so hätte sich über die
„Betrachtungen über Metrik" nach Walzeis oben (vgl. N. 5) behandelten Schlegelbriefen
S. 160 n. 1 leicht Präciseres sagen lassen. — Guglia^), der ebenfalls die Schlegelbriefe
benutzt hat, giebt dankenswerte Analysen der wenig beachteten Schriften W. Schlegels
„Sur le Systeme Continental" und „Betrachtungen über die Politik der dänischen Regie-
rung", ohne das Thema der politischen Thätigkeit der Brüder zu erschöpfen. — Den
alten W. Schlegel betreffen die von F. X. Kraus^^) herangezogenen Angaben von Anna
Jameson, die ihn aus persönlichem Umgang schildert und von ihm die Aeusserung be-
richtet, er sei das Urbild des Prinzen von Castel forte in der „Corinna". —
Schellings ^3) Leben hat durch JodP*^ eine neue Behandlung erfahren; sie
schiebt das biographische Moment in den Vordergrund. Seiner Gattin Caroline wird
besondere Beachtung zu teil. J. betont ausdrücklich das „Herzensbedrängnis" zwischen
Caroline und ihrer Tochter Auguste Böhmer; er findet in Carolinens Briefen Nachklänge
der beglückten Münchener Zeit. Den ideellen Beziehungen Schellings zur Romantik
gegenüber verhält sich J. negativ. „In den mannigfaltigsten Wendungen", so erklärt er.
XXVni, 840 S. M. 18,00. (J. G. Fichte u. seine Vorganger.) — 9) R. M. Werner, Aus d. Wiener Lager d. Romantik. Mit
ungedr. Briefen: ÖUR. 8, S. 283-95. — 10) F. Muncker, A. W. v. Schlegel: ADB. 31, S. 354—68. — il) E. Guglia,
D. Brllder Schlegel während d Befreiungskriege: AZg''. N. 128/9. — 12) F. X. Kraus, Frauenarbeit in d. Archaeologie :
URs. 62, S. 390. — 13) X K. Fischer, Gesch. d. neueren Philosophie. Neue Ges.-Ausg. Bd. 2. Heidelberg, Winter. XXIII,
975 S. M. 10,00. (F. W.J. Schelling.)— 14) F. Jo dl, F.W. J. Schelling: ADB. 31, S. 6— 27. -15) F. Muncker, D. C. A. Schelling:
IM IV,13: 0. F. Walzel, Romantik.
„werden verwandte Gedanken von dem ganzen Kreise ausgesprochen, in dem Schelling
heimisch war, von F. Schlegel, von Hölderlin, von Hardenberg: es ist unmöglich, in
diesem intimen geistigen Wechselleben über Nehmen und Geben genau Buch zu führen."
Dagegen weist J. ausdrücklich auf Schellings Gegensatz zu F. Schlegel, Baader und
Görres hin, der sich in ihm trotz allem Interesse für Mystik und Magie in den zwanziger
Jahren kundthut. —
Der Artikel, den Muncker^^) Caroline Schlegeli*'-^'') gewidmet hat, dankens-
wert als erste bequeme Zusammenstellung ihrer litterarischen Arbeiten, berücksichtigt
zu wenig ihren Einfluss auf das Zustandekommen des deutschen Shakespeare. — Für
Dorothea Schlegel hat Muncker i^) gleichfalls zum ersten Male eine Uebersicht über
ihr Leben und ihre gesamte litterarische Thätigkeit geboten. Man hat für beide Frauen
bisher die Daten sich selbst zusammensuchen müssen. — Nach Raichs „Dorothea" stellt
Valentin 19) die Jugend Philipp Veits, des jüngeren Stiefsohnes von F. Schlegel, dar.
Ueber seine spätere Künstlerlaufbahn in Rom und Frankfurt giebt V. gute Auskunft.
Er betont, dass Veits Rücktritt von der Leitung des Städelschen Instituts in Frankfurt
nicht durch konfessionelle, sondern durch künstlerische Ursachen veranlasst war. Nicht
der Gegenstand, sondern die Form von K. F. Lessings „Huss", der gegen seinen Willen an-
geschafft wurde, veranlasste ihn zur Niederlegung seines Amtes. —
Einige interessante Notizen über den Jenenser Kreis der Romantiker aus den
Jahren 1799 und 1800, also aus der Zeit des Streites um den Fichteschen Atheismus
und des Konfliktes zwischen den Romantikern und der Allgemeinen Litteraturzeitung,
finden sich in der, mit fast übergrossem Notizenmateriale überhäuften, Ausgabe von 17
aus einem reichen Briefschatze durch A. Stoll^o) ausgewählten Scln-eiben Savignj^s
an Friedrich und Leonhard Creuzer; auch aus diesen Schriftstücken hatte wie aus deii
oben (N. 5) besprochenen Sclilegelbriefen Haym (PrJbb. 9, S. 478 ff.) zuerst Mitteilungen
gemacht. Savigny beurteilt als kühler Beobachter Jean Paul, Wieland, Goethe; aus dem
romantischen Lager beide Schlegel (S. 27 eine Notiz über Gottft-. Hermanns ungünstige
Ansicht über F. Schlegels philologische Arbeiten), Caroline, Schelling, Ficlite. S. glaubt
(S. 35 Anm. 183) die Quelle des ,, mathematischen Punktes" in Brentanos „Gustav
Wasa" (S. 129 ff. in Minors Ausgabe) gefunden zu liaben. Amalie v. Imhof wird er-
wähnt. Im übrigen bringen die Briefe nichts Neues zur Geschichte der jüngeren Ro-
mantik bei; deshalb sind sie auch an dieser Stelle zu erwähnen gewesen. — Dass
Savigny selbst nur durch freundschaftliche Beziehungen, nicht als Mensch und Gelehrter
mit der jüngeren Romantik zusammenhänge, sucht Landsberg 2i) zu erweisen: er sei
kein katholischer Romantiker, sondern Klassiker nach Bildung, Gesinnung, Empfindung,
Schreibart, Denkart und als Klassiker Goethes Ebenbild. L.s Würdigung des Juristen
Savigny bringt keine neuen Gesichtspunkte über Savignys Zusammenhang mit den histo-
rischen Tendenzen seiner Zeitgenossen, bietet indessen dem Litterarhistoriker bequeme
Anhaltspunkte für den stilistischen und formalen Fortschritt, den Savignys Schriften
bezeichnen. —
Die Theatergeschichte von Tiecks ,,Genoveva" erfährt durch einige Notizen
über Friedrich Wilhelms IV. dramatische Experimente eine neue Beleuchtung. Wie
Dingelstedt durch diese Bemühungen des Romantikers auf dem Throne Preussens zu
einer Travestie des Tieckschen Dramas veranlasst worden ist, erzählt J. Rodenberg^S)
an gleicher Stelle. 23-24) _
Wie einst Haym vor dem Abschlüsse seines Herderbuches in der ADB. eine
gedrängte und doch umfassende Darstellung von Herders Leben und Wirken gegeben
hatte, ebenso greift Diltheys^s) monumentaler Artikel über Schleiermacher seiner
im vollendeten biographischen Darstellung vor: eine hochbedeutsame Arbeit, an der kein
Litterarhistoriker vorübergehen darf, die auch nach der Vollendung des Schleiermacher-
werkes zu rascher und doch eindringlicher Orientierung unschätzbar bleiben wird. D.
giebt zunächst einen knappen Auszug aus dem 1. Bande seines Buches und eröffnet die
neue Periode von Schleiermachers Leben (1802) mit einer Erörterung seiner Platoüber-
setzung. Zu ihr war er durch F. Schlegel gedrängt worden; der lässige Anteil des
Freundes hat nicht wenig zur Lockerung des Verhältnisses beigetragen. Die Trennung
von ihm führt zur Trennung von der Romantik; Schleiermacher geht zur wissenschaft-
lichen Theologie über. Für D. ergab sich deshalb die Aufgabe, auch Schleiermachers
ib. 8. 3-6. (= Caroline Schlegel.) — 16) X A. Sidgwiek, Caroline Schlegel and her friends. London, Unwin. 1889. 255 S.
7 g. 6 d. IfSpeciator 1890, S. 64.]| — 17) X A. Birlinger, Schwaben in d. Briefen d. Caroline: Alemannia 18, S. 191/2.
(Citate aus Waitz' , Caroline".) — 18) F. Muncker, Dorothea Schlegel: ADB. 31, S. 372/6. — 19) V.Valentin, Ueber Kunst,
Künstler u. Kunstwerke. [(S.o. 1,3 N. 100.)] S. 147— 71. — 20) A. Stell, F. K. v. Savignys sächsische Studienreise. 1799 u. 1800.
Progr. d. Kgl. Frie richsgymn. zu Cassel. 4«. 42 S. — 21) E. Lands berg, Fr. K. v. Savigny: ADB. 30, S. 425—52. —
22l S. u. IV, 14 N. 53. — 23) X L. Tieck, D. Lebens Ueberfluss. E. Novelle. {= Meyers Volksbb. N. 692.) Leipzig. Bibl. Inst.
60 S. M. 0,10. — 24) X D- Sanders, Zu L. Tiecks Novelle ,D. Geheimnisvolle" (Dresden 1823): ZDS. 3, S. 273/7. (Stibst.
N'otizen.) — 25jW. Dilthey, F. D. E. Schleiermacher: ADB. 31, S. 422— 57. — 26)H. Binn, Schleiermacber n. seine romantischen
IV,13: 0. F. Walzel, Romantik. 155
wissenschaftlich-theologische Arbeiten zu analysieren, und dieser Aufgabe ist der tiber-
wiegende Teil des Artikels gewidmet. Von der Romantik und von Schleiermachers Be-
ziehungen zu ihr war nichts Neues mehr zu erzählen. — Rinn^ß) beschränkt sich darauf,
altbekannte Briefstellen und oft wiederholte Notizen über das Verhältnis Schleiermachers
zu den Romantikern aufzuwärmen. — Beifall gefunden hat neuerdings Ritschis 27) Ver-
such nachzuweisen, dass Schleiermachers mit dem Christentume nicht vereinbare
Aeusserungen nicht von seinem, sondern vom Standpunkte eines „Verächters" der
Religion gedacht sind. 28-29) —
Wenn Hölderlin überhaupt als Seitentrieb der Romantik zu fassen ist, so
bietet doch sein Briefwechsel, den C. C. T. Litzmann ^o) zum ersten Male zu einem
Corpus vereint hat, keine Bereicherung unserer Kenntnisse romantischer Bestrebungen.
Der Herausgeber hat 143 bisher unbekannte Briefe beigesteuert, 39 mehr oder minder
vollständig bekannte nach der Urschrift abgedruckt. Leider ist diese ausserordentliche,
nur dem emsigsten Sammelfleisse mögliche Vermehrung des bisher bekannten Materiales
zum überwiegenden Teile den Jugendjahren des Hyperiondichters zu gute gekommen,
und hier nehmen wiederum recht gehaltlose Familienbriefe einen grossen Raum ein.
Ein wertvolles Geschenk ist der Briefwechsel mit Luise Nast und mit ihrem Bruder
Immanuel: Hölderlins erste Liebesregungen lassen sich genau verfolgen. Ge-
legentlich stellt sich auch eine litterarliistorisch interessante Notiz ein, wie deren in
neuen Briefen an Neuffer mehrere begegnen. Schmerzlich vermisst man wesentliche
neue Quellen für das Verhältnis zu Schiller; dennoch erhellt allenthalben, wie wichtig
Schiller für Hölderlins Entwicklung war. lieber Schelling finden sich einige neue No-
tizen (S. 127, 284, 447, vgl. S. 525 f ). Einen ausführlichen Kommentar hat L. nicht
beigegeben; manche Anspielung ist unerklärt geblieben. Dagegen hat er den sieben
einzelnen Abteilungen des Briefwechsels umfangreiche biographische Einleitungen voran-
gestellt und ausführlich über die Zeit der geistigen Umnachtung Hölderlins gehandelt:
seine Vorbemerkungen bilden zusammen die umfangreichste und eindringlichste der
Hölderhnbiographien ; sie beschäftigen sich auch mit der Entstehungsgeschichte der
Hölderlinschen Dichtungen und ergänzen L.s ältere Aufsätze. Eine litterarhistorische
Würdigung freilich wurde nicht geboten. Die Biographie indessen ist eine um so wich-
tigere Ergänzung des Briefwechsels, als Hölderlin mit der ihm eigenen Keuschheit des
Gefühls den Namen seiner Diotima, Susette Gontard, nur zweimal ganz beiläufig nennt
(S. 385, 462). — Wilbrandt^\) hat seine schon zweimal gedruckte Hölderlinbiographie
ein drittes Mal unverändert in neuem Gewände vorgelegt. —
In die jüngere Romantik führt ein am 12. Dezember 1867 zu populären
Zwecken in Berlin gehaltener Vortrag Scherers 32) über Arnim. S. sucht Arnims
Wirken auf die Formel zu bringen, er habe nicht nur dem Gebildeten die Poesie des
Volkes, sondern auch dem Volke die Poesie der Gebildeten zuführen wollen. Zwar werden
auf diesem Wege die redaktionellen Ausschreitungen der Herausgeber des ,,Wunder-
liorns" gerechtfertigt, allein Arnims ganze Lebensarbeit schränkt sich zugleich auf eine
popularisierende Modernisierung älterer Ueb erlief erung ein. Innerhalb dieser Aufgabe
aber habe er den Brüdern Grimm die Piiblikation im Volke mündlich lebender Er-
zählungen abgetreten, den Tieck und Görres die Volksbüclier, anderen die Erzählungen
des 13. Jh.; er selbst habe sich die Erzälilungen des 15. bis 17. Jh. vorbehalten. Den
echten Volkston der Grimm habe Arnim nicht getroffen, weil sein Stil spröde ist, weil er
nicht die für Spukgestalten des Volksaberglaubens notwendige märchenhafte Atmosphäre
zu schaffen versteht, weil er keiner Kunstregel folgend nur den Eingebungen der Phan-
tasie gehorcht. — Wie Arnim die Erzählungen des 15. bis 17. Jli. verwertet hat, zeigt
für den „Wintergarten" Reichl^S). Die Ergebnisse seiner Arbeit sind: Kellers Ver-
mutung (Stuttgarter Litterarischer Verein 57, S. 368), dass die im ersten Winterabend mit-
geteilte „Liebesgeschichte des Kanzlers Schlick und der schönen Sienerin" auf Niklas
von Wyles Translation ,,Euryalus und Lucretia" zurückzuführen sei, hat R., was freilich
keine sehr schwierige Aufgabe war, zur völligen Gewissheit erhoben. Arnim hat stark
gekürzt, mythologische und geschichtliche Anspielungen gestrichen und auch einige das
moderne Gefühl verletzende Einzelheiten beseitigt; den Schluss dagegen hat er unver-
ändert gelassen. „Das wiedergefundene Paradies" des zweiten Winterabends vergleicht
Freunde. (= Samml. gemeinverständl. wiss. Vorträge. NF. Serie 5. Heft 111.) Hamburg, Verlagsanst. u. Druckerei A.-G. 30 S.
M. 0.60. — 27) 0. Kitschl, Schleiermachers Stellung z. Christentum in seinen Reden über d. Religion. Gotha, Perthes. 1888.
VII, 107 S. M. 2,40. |[H-r: LCBl. N. 13 (sehr anerltennend u. in d. Hauptsache zustimmend).] | — 28) X K. Steffenson,
Gesamm. .Aufsätze mit e. Vorw. v. R. Eucken. Basel, Detloff. VIII, 232 S. M. 5,00. (S. 292 D. wissensch. Bedeutung Schleier-
machers. [1868].) — 29) X F. D. E. Schleiermacher. Monologen. E. Neujahrsgabe. (== Bibl. d. Ges. -Litt. N. 370.) Halle, Hendel.
64 S. M. 0,25. — 30) C. C. T. Litzmann. Friedrich Hölderlins Leben. In Briefen von u. an Hölderlin. Berlin, Hertz. X, 684 S.
M. 10,00. |[K. Fischer: AZg. N. 274/5; HambCorrB. N. 33.] | (Mit e. Bilde d. Diotima nach e. Relief v. Ohmaeht.) — 31) X
A. Wilbrandt, Friedrich Hölderlin. Fritz Reuter. (S. o. IV, 3 N. 115.) — 32) W. Scherer, Achim v. Arnim. E. Vortr. aus
d. Nachlasse: DRs. 65, S. 44—63. — 33) A. Reichl, Ueber d. Benutzung älterer deutscher Litt. -Werke in L. A. v. Arnims
^Wintergarten". 2. T. 9. JB. über d. k. k. Staats-Obergymn. Arnau. 1889—90. S. 1-8. (Fortsetzung d. 8. JB. 1888/9.) —
156 IV,13: 0. F. Walzel, Eomautik.
R. Satz für Satz mit der „Insel Felsenburg", ohne zu einer charakteristischen Zusammen-
fassung seiner Beobachtungen zu gelangen. Den eingeschalteten „Amtsbericht von dem
Tode des Generals Grafen Schaifgotsch" kann er nicht belegen. Die „Altdeutschen
Landsleute" im dritten Abend sind nach R.s Ansicht der Zimmerschen Chronik entnommen
(Ausgabe von Barack, Stuttg. Litt. Ver. 93, S. 107 — 116); die Namen stimmen nicht
ganz: so erscheint bei Arnim Andelon für Andelow, Ponazari fürBonaziri. R. stellt starke
Zugeständnisse an moderne Sentimentalität fest und zieht Halms „Griseldis" zum Ver-
gleich heran. Arnim bietet ferner eine Reihe positiver Angaben, insbesondere von
Zahlen, die in der Zimmerschen Chronik fehlen. Die Erzählung des vierten Abends
„Der Krieg" ergiebt sich als eine mit freier Stoffdisposition vorgenommene Umarbeitung
des ,, Sechsten Gesichts" von Moscherosch, in welche (Werke 5, S. 180 — 185) Teile
aus Grimmeishausens- „Springinsfeld" (Stuttg. Litt. Ver. 3, S. 31 — 47) eingefügt sind.
Der Scliluss ist frei erfunden und liuldigt dem Prinzip poetischer Gereclitigkeit. Den
Autor der Eingangsverse vermutet R. in Zincgreff. „Die drei Erznarren" des sechsten
Winterabends weisen starke sprachliche Abweichungen von dem gleichnamigen Romane
Ch. Weises auf; insbesondere sind die Fremdwörter beseitigt. Die eingelegten Partien
aus „Schelmuffsky" opfern manche Derblieit auf und bilden eine Auswahl aus dem
Buche Ch. Reuters mit Zuthaten, deren Quelle R. in der „Lisel Felsenburg" vermutet.
Der Schluss Weises, die Beschreibung der Narren, fehlt, wie denn Arnim überhaupt
das Narrenproblem nicht mit dem Ernste Weises behandelt. Die Quelle der Erzählung
des siebenten Winterabends nennt Arnim selbst in Abraham v. Frankenberg; sie war
R. nicht zugänglich. — Für das Lied „Hört zu, ein neuer Pantalon" im „Wunderhorn"
(2, S. 559) teilt Bolte^*) die Lesarten einer unbekannten Fassung nach einem Drucke
von 1536 (Berlin Yd 7854, 32) mit. 35-39) —
Sehr glücklich weist Geiger ^o) den Autor einer enthusiastischen Recension
der ersten Berliner Aufführung von Beethovens „Fidelio" in Brentano *i) nach
(Spenersche Zeitung 11. Okt. 1815); ihre Chiffre ,,C. B." und ihre Uebereinstimmnngen
mit einem (ib. d. 19. Okt. 1815) mitgeteilten Gedichte Brentanos „An Frau Milder-
Hauptmann" erheben die Vermutung über allen Zweifel; über die Beziehungen Beethovens
und Brentanos sind einige Daten hinzugefügt. —
In die für den Kreis der Heidelberger Romantik wichtigen, im Vorjahre schlecht
herausgegebenen Briefe an Zimmer sucht Walzel *2) Ordnung zu bringen; insbesondere
werden Datierung und hier und da auch Erläuterung der Briefe versucht, die Görres
an den genannten Verleger gerichtet hat. —
Unter den schwäbischen Romantikern wird U hl and s Protestantismus von R.
Weitbrecht 43^ gßgen die Behauptungen katholischer Litteraten, insbesondere gegen F. W.
Grimme (Frankfurter zeitgemässe Broschüren 7, 7: 1887) und G. Stöckle^) verteidigt.
Gewiss hat W. Recht, wenn er sich gegen die leidige Art ultramontaner Publizisten
wendet, erzprotestantische Schi^ftsteller wie Schiller, Uhland oder Geibel ins katholische
Lager hinüberziehen zu wollen. Leider ist der Stil seiner Polemik ebenso schlecht, wie
ihre Tendenz gut ist. — Eine ganz unbedeutende Skizze Uhlands hat Neubürger **»)
in seine Sammlung aufgenommen, nicht Ein neuer Gedanke, nicht Eine interessantere
Betrachtung begegnet in dieser mehr dem Menschen als dem Dichter geltenden Zeich-
nung. — D üntz er s 45) Erläuterungen zu Uhlands Balladen und Romanzen zeigen in der
Neuauflage wenig Veränderungen, keine Verbesserungen; in bekannter Gewohnheit führti
er meist polemisierend die neuere Litteratur ein (so etwa S. 341 gegen R. M. Werner,
ADA. 14, S. 171); wenn er dagegen L. Fränkels Notizenauf häufung (ASNS. 80, S. 34 ff.)
bedeutend nennt, wird ihm ausser Fränkel wohl niemand beistimmen. — Ergänzt werden
Düntzers Erläuterungen durch Sprengers 4^') Erklärung einiger Uhlandscher Wendungen
in den Balladen „Graf Eberhard der Rauschebart", ,,Der Schenk von Limburg", „König
Karls Heerfahrt"; Lyon hat S.s Erklärungen kritisiert. 47) —
34) S. 0. 111,2 N. 17. — 35) X L- A. v. Arnim, Trost Einsamkeit. Her. v. F. Pfaff. Zweite [Titel-] Ausg. Freiburg, Mohr.
XCVI, 412 S. mit 10 Abbildd. M. 2,00. — 36) X Bettina v. Arnim, Goethes Briefwechsel mit e. Kinde. Seinem Denkmal.
4. Aufl. her. v. H. Grimm. Berlin, Hertz. XXXll, 546 S. M. 6.00. (Neudruck.) — 37) X id., Goethes Briefwechsel mit e.
Kinde. Seinem Denkmal. Mit e. Einl. v. F. Brümmor. (= Univ.-Bibl. N. 2691/5.) Leipzijr, Reclam. 583 S. m. Abb. M. 1,00. —
38) X id., D. GUnderode. Ausg. v. 1S40. Berlin, Hertz. 442 S. M. 4,00. | [Deutschland 2, S. 135; HarabNachrB. N, 43.] | (Neu-
druck.) — 39) X Emil Wolff, V. d. Sybille: HambCorr. v. 7., 9. u. 10. Dec. (Knllpft an 38 an. D. Sybille ist d. GUnderode.)
— 40) L. Geiger, Clemens Brentano u. L. Beethoven: AZg. N. 331b. _ 41) x Gl. Brentano, Gockel, llinkol u. Gackeleia.
E. Märchen. (= Familienbibl. Serie 5. N. 9— 10.) Einsiedeln. Benziger. 238 S. ni. 1 Bild. M. 0.60. — 42) 0. F. Walzel,
H. W. L. Zimmer, Johann Georg Zimmer u. d. Romantiker: ZOG. S. 629—34. (vgl. ib. S. 1156.) — 43) K. Weitbrecht, D.
katholische L. Uhland: DEBll. 15, S. 774-80. — 44) G. Stoeckle, L. Uhland u. d. Wallfahrten: Katholische Bewegung.
5. 419. — 44a) E. Neu bUrger, Uhlands Leben u. Charakter (1787— 1862). (= Edle Menschen u. Thaten. Frankfurt a/M.,
Mahlau. 1889. VIII, 332 S. M. 4,20.) |[Gegenw. 38, S. .350; Schranka: BLU. S. 248.]| (D. Buch behandelt u. a. auch Pestalozzis
Lisbeth u. Salomon Heine.) — 45) H. DUntzor, Uhlands Balladen u. Romanzen. Erläutert. 2. neubearb. Aufl. (= ErlHutt. zu
d. deutschen KlMsikem. 7 Abt.) Leipzig, Wartig. YIII, 351 S. M. 2,00. |[Sohroeter: BLU. N. 31; KZg. N. 173.]| - 46) R.
Sprenger, ZDU, 4, 8. 271/2, 375/7. — 47) X R. H. (in Karlsruhe), Uhlandscho Klänge (z. 9. MHrz): StrassbPost N. 75.
IV,13: 0. F. Walzel, Eomantik. 157
Ein angedrucktes Gedicht W. Waiblingers, 1829 auf Capri geschaffen, wird
von Hubl*8-*9) mitgeteilt; dieser giebt aus Briefen, die Waiblinger 1827 aus
ItaHen an seinen Vater richtete, Aeusserungen, die des Dichters Beziehungen zu Platen
feststellen; zuletzt spendet H. Aphorismen aus Waiblingers Tagebuch (1821 f.) über
Schiller und Goethe, Aeusserungen über beide aus einem Briefe vom 5. März 1821, über
Mörike (Brief vom 2. April 1822), über Uhland (Brief vom 30. Mai 1822), dann einen
Monolog aus einem ungedruckten Schauspiele „Liebe und Hass". —
Unter den norddeutschen ^o-5i^ Spätromantikern hat Ernst Schulze 52)
besondere Beachtung gefunden. Weiter fortgesetzt wiu-den die durch Franzos 53-57j
gebotenen Mitteilungen des Vorjahres (DDichtung 7, S. 50 und 97), die es sich
zum Ziele setzen, Schulzes Wandlung vom schwärmerischen Jüngling zum genuss-
frohen Schüler Wielands zu erklären, den Gegensatz begreiflich zu machen, der zwischen
seiner sittenreinen Lebensführung und seinem Streben bestand, anderen frivol zu er-
scheinen. Die von Marggraff nur zum Teile und mit Aenderungen publizierten Briefe"*^)
an Bülow (16. Apr. 1811), Bergmann (15. Febr., 9. März, 5. Jioli 1810), dann einige jetzt
vollständig abgedruckte Tagebuchnotizen der Zeit enthüllen in Schulze einen eitlen,
selbstgefälligen platonischen Liebhaber. Seine Beziehungen zu Sophie von Witzendorff
und Adelheid in Plessburg, kommen zu endgültiger Aulklärung. Weitaus anziehender
ist Schulzes letztes Tagebuchblatt, eine Episode seines letzten Lebensjahres. Er
beschreibt den plötzlichen Tod einer jugendlichen Freundin; das Ganze, plastisch dar-
gestellt, liesst sich wie eine reizvolle I^ovelle. Mitgeteilt hat F. endlich eine bisher
ungedruckte, am 4. Febr. 1817 begonnene „Elegie", das letzte vollendete Werk des
Dichters; in ergreifenden Worten fleht er schon voll Todesahnung um seine Ge-
liebte, wühlt er in der schmerzlichen Vorstellung, dass sie einem anderen angehören
könne, klagt er über sein Leben. Ein melancholischer Schwanengesang, der zum
Schönsten gehört, was wir von Ernst Schulze besitzen. —
Geisslerö9) sucht zu erweisen, dass von Treitschke ^o) den hohen Motiven des
Selbstmordes der Charlotte Stieglitz ''i) nicht gerecht geworden ist. — Im Gegensatz
zu dieser Apologie der phantastischen Selbstmörderin will Mauthner^s) mittelst der
neuedierten Briefe von Stieglitz an Gustav Kühne ß-^) darthun, Charlotte sei nur durch
das Zeugnis ihres Gatten, „des Narren", und durch das des „Lügners" Mundt zu einer
berühmten Frau geworden; er weist ferner daraufhin, dass die Berliner Zeitungen jener
Tage erklärt hätten, Charlotte habe ihre Kinderlosigkeit nicht ertragen können. —
Li der Seltenheit Eichendor ff scher 64-60 j Preundesbriefe sieht K r e i t e n 6'? j den Wert
der von ihm veröffentlichten Briefe des Dichters an seinen Schützling Lebrecht Dreves;
sie reichen von 1848 — 53 und beschäftigen sich vorzüglich mit der durch Eichendorff
eingeführten Gedichtsammlung des Adi'essaten (Berlin 1849), der nach K. nicht als
Schüler Eichendorffs zu betrachten ist. Aus den Briefen erhellt, dass Eichendorffs ur-
sprünglich als Drama gedachtes Prosamärchen „Libertas", das erst nach dem Tode des
Dichters veröffentlicht wurde, schon am 1. Aug. 1849 fertig war; ferner bieten die
Briefe Daten zu seiner Uebersetzung Calderonscher Autos, zu seinem „Julian" und zu
seiner Darstellung des deutschen Romans. Seinem Gegensatz zu Adolf Scholl, Ludwig
Rellstab, Häring wird Ausdruck gegeben. Eichendorff" ist nicht erst im Juli, sondern
schon im Mai 1849 nach Dresden gekommen. Das letzte Schreiben enthält das in
Böttigers „Album für 1858" abgedruckte Gedicht „Einem Pathen zum ersten Geburts-
tage"; gerichtet ist es an ein Kind von Dreves. Die Briefe von Gentzs Schüler, dem
Hofrat Jarcke, vier an der Zahl, kommen für die Geschichte der Romantik nicht in
Betracht. Sie fallen in die Zeit unmittelbar nach der Wiener Revolution von 1848
und schildern Jarckes heikle Lage nach dem Sturze Metternichs. — Lyon68) erläutei'te
(Gedicht auf d. Ausfall d. ReicLstagswalilen 1890.) — 48) W. Waiblinger, Lied aus Italien: DDichtung. 7, S. 241. —
49) V. P. Hubl, Ungedrucktes v. W. Waiblinger: ib. 8, S. 47—50. — 50) X Fouquö, Undine. E. Erzählung. Edited with an
introduction, notes and vocabulary by Hans C. G. v. Jagemann. New-York, Henry Holt & Co. X, 220 S. | [H. Schmidt-
Wartenberg: MLN. 5, S. 98f.]| — 51) X Undine. Eomantische Zauberoper. Dichtung u. Musik v. A. Lortzing. VoUständ.
Buch. Durchgearb. y. C. F. Wittmann (= Univ.-Bibl. 2626.) Leipzig, Reclam.99 S. M. 0,20. — 52) X E. Schulze, D. bezauberte
Rose. E. Gedicht in 3 Gesängen. (= Meyers Volksbb. N. 772.) Leipzig, Bibl. Inst. 71 S. M. 0,10. — 53) K. E. Frauzos,
E. Schulze in Göttingen. Nach ungedruckten Quellen 3—4.: DDichtung. 7, S. 170/3, 193/5. (Vgl. auch Umschlag zu Bd. 8,
Heft 9 [1. Aug. 1890].) — 54) id., Thekla. Aus Ernst Schulzes Tagebüchern: ib. 8, S. 198—203. — 55) id., Ernst Schulze.
Elegie (Ungedr. Nachlass): ib. S. 279—82. — 56) id., D. Dichter d. bezauberten Rose. Ernst Schulzes Selbstbiographie: FZg.
N. 219, 224, 231. — 57) X id.. Aus Briefen von u. an Ernst Schulze: ZGJuden. 4, S. 378 — 84. (Zusammenstellung einzelner
Schulzeseher Urteile über Juden.) — 58) X D- Sanders, Zu Briefen v. Ernst Schulze: ZDS. 3, S. 378. (Stilist. Bemerkk. zu
DDichtung. 6, S. 552.) - 59) G. Geissler, Ch. Stieglitz u. H. v. Treitschke: AZg. N. 320». — 60) S. o. IV, 1 N. 10. —
61) Vgl. u. IV, 14 N. 1. — 62) F. M[authner], Neues über Charlotte Stieglitz: Deutschland. S. 282/3. — 63) S. u. IV, 14 N. 50.
64) X J. Frhr. v. Eichendorff, Aus d. Leben e. Taugenichts. Novelle. Mit 39 Heliogravüren nach Originalen v. Ph. Grot Johann
u. E. Kanoldt. 2. Aufl. Leipzig, Amelang. 4". 87 S. M. 20,00. — 65) X id., Aus d. Leben e. Taugenichts. Novelle. Leipzig,
Knaur. 160. 127 S. M. 1,20. — 66) X id., Gedichte. Für d. Frauenwelt ausgew. v. Clara Braun. Diainant-Ausg. Illustr. v.
R. E. Kepler. Stuttgart, Greiner & Pfeiffer. 16". XXXI, 290 S. M. 3,50. 67j Ungfldr. Briefe v. J. v. Eichendorff u. K. E. Jarcke
an L. Dreves v. W. Kroiteu: StML. 38, S. 69—83, 309—24. — 68) 0. Lyon, D. Jäger Abschied. Gedicht y. J. y. Eichen-
158 IV,13: 0. F. Walze], Romantik.
EichendorfFs Gedicht „Der Jäger Abschied" zwar nur für die Schule, hat aber durch
das Heranziehen anderer Gedichte Eichendorffs das Verständnis überhaupt gefördert. —
Angeschlossen sei an diese Norddeutschen der isolierte kurländische Romantiker
Schlippenbach, dessen Biogi-apliie Diederichs 69) nach dem reichen von Bilterling
in den „Zeitgenossen" (1830 111,1 : 7, S. 51—70) zusammengetragenen Material ge-
schrieben hat. —
IV,14
Das junge Deutschland.
Ernst Elster.
Allgemeines N. 1. — Heine: Gesaratcharakteristik N. 6: Sarkasraus, Verhältnis zur Religion N. 10;
Verskunst N. 13. — Leben: Einzelnes N. 14; Briefe N. 25; Verhältnis zu Spitta, zu den schwäbischen Dichtern N. 27. —
Werke: Ausgaben N. 29; Uebersetzüngen N. 37 ; Untersuchungen (Heimkehr, Im wunderschönen Monat Mai, ßimiiii) N 41. —
Börne N. 45. — Gutzkow N. 49. — Kühne N. 50. — Dingelstedt N. 53. —
Die bedeutendste Erscheinung über das junge Deutschland im allge-
meinen, die während des Jahres 1890 hervorgetreten, ist der 6. Band von
G. Brandes' i) „Hauptströmungen". Das grosse eigenartige, freilich auch etwas ein-
seitige Werk des Vf. ist damit zum Abschluss gelangt. 30 Kapitel, künstlerisch aufge-
baut, vergegenwärtigen die wichtigsten Epochen des jungen Deutschland von ihren An-
fängen bis zur Revolution von 1848. Die Beziehungen der öffentlichen Verhältnisse
zur Litteratur werden stets in den Vordergrund gerückt: das Buch beginnt mit einer
Schilderung der politischen Zustände und mündet in eine solche aus. Im Anfang
werden bekannte Thatsachen des politischen Lebens hübsch erzählt, allerdings mit einer
Verteilung von Licht und Schatten, die nicht jedem gerecht erscheinen wird. Das
2. Kapitel, „Wissenschaft und Reaktion", beleuchtet die Billigung der bestehenden Ver-
hältnisse durch die Hegeische Philosophie, die Vereinigung dieser rücksclirittlichen
Richtung mit der übertriebenen Goetheverehrung, ferner die Abzweigung der roman-
tischen Reaktion aus gewissen Elementen der Bewegung von 1813. Dem gegenüber
macht sich die oppositionelle Grundstimmung bei Chamisso, Platen, der Burschenschaft
usw. geltend (Kap. 3), und durch die Juli-Revolution (Kap. 4) werden alsbald die
Jungen und die Gereiften, die B. in Börne und Heine sehen will, in lebhafteste Be-
wegung versetzt. Im 5. Kapitel wird Byrons Einfluss charakterisiert, die Wirkung
seines starken Unabhängigkeitsgefühls auf Wilhelm Müller, Heine, Börne u. a. zu
schildern versucht. Aber B3rrons Wesen ist nicht genug erläutert: die äusserliche That-
sache seiner Wirkung wird erzählt, nicht aber der geistige Gehalt seines Einflusses,
nicht die Wendung, die er bringt, noch die Bereicherung, die er bedeutet. Nach einem
Ueberblick über den Wert der jungdeutschen Litteratur (Kap. 6), in der nur Heine von
bleibender Bedeutung sei, wird in den Kapiteln 7 — 10 eine ausführliche Charakteristik
Börnes gegeben. Als Hauptpunkte werden hervorgehoben seine Abneigung gegen Goethe,
seine Beeinflussung durch die jüdischen Verhältnisse, seine Abhängigkeit von Jean Paul.
Treffend wird seine Geistesart geschildert: durch und dtxrch nur JournaHst, ward er
leicht und schnell von den Tagesereignissen ergriffen, sah alle Dinge durch seine politische
Brille an und war nie fähig, ein grosses Ganzes zu schildern. Sein radikaler Liberalis-
mus offenbart sich in dem einseitigen Urteile über Schillers „Teil". Treu aber hält er
immer und überall an seiner Ereiheitsgesinnung fest, er bewahrt sie gegenüber einem
verlockenden Anerbieten Mettemichs: er ist ein Charakter. Seine Abneigung gegen
Goethe erklärt sich weniger aus dem notorischen Mangel an Kunstsinn als aixs der
Beschränktheit seines politischen Eifers. Börnes Liebesverhältnisse zu Henriette Herz
und zu Frau Wohl, namentlich das letztere, das sein Denken und Fühlen so stark be-
stimmte, werden in fesselnder Darstellung gut vorgetragen; die pohtische Leidenschaft
der Pariser Briefe erfahrt unparteiische Beurteilung. Börne war kein Staatsmann, sondern
ein Schwärmer; wie reich ihm aber die Gunst der Zeitgenossen zugewendet war, zeigte
das Hambacher Fest. Dem Christentum hatte er sich aus Ueberzeugung zugeneigt.
Börnes Urteil über Heine lässt B. in milderem Lichte erscheinen, als gerecht ist: schon
dorif. Für d. Schule erl. u. bebandelt: ZDÜ. 4, S. 76-83. (Vgl. R. Sprenger ib. 378.) — 69) Diederiehs, Ulrich v. Schlippen -
bacb: AÜB. 31, S. 522/5. —
I) ti. Branden, D. Litt. d. 19. Jh. in ihren Uauptstrdmungeu. 6. Bd. D. junge Deutschland. Leipzig, Veit. V,
IV, 14: E. Elster, Das junge Deutschland. 159
vor der Veröffentlichung der „Eranzösischen Zustände" lauerte Borne mit Missgunst dem
liberalen Gesinnungsgenossen auf, wie gehässige Briefstellen aus dem Jahre 1831 be-
weisen. Die Kapitel 11 — 17, der wichtigste Teil des Buches, handeln über Heine. Die
Stellung, die unsere Zeit diesem gegenüber einnimmt, wird angemessen beleuchtet. Nach
einem IJeberblick über die politische Konstellation der Rheinlande wird Heines Napoleon-
kultus besprochen; die „Grenadiere" werden mit Berangers „Souvenirs du peuple" in
Parallele gesetzt und treffend gewürdigt. Heines politische Gesinnung wird als eine
Mischung aus revolutionären und aristokratischen Elementen geschildert : er war ein Ver-
elu-er führender Geister und des Cäsarismus; er liasste die Mittelmässigkeit, die geist-
lose Masse und ein Dasein ohne den Schmuck der Kunst. Diese Schilderung giebt eine
Erklärung für den Napoleonkultus, aber keine Rechtfertigung für Heines politisches
Schwanken: sein „Transagieren" im Jahre 1828 und 1837, seine Schwenkung gegenüber
dem Napoleonismus in den „Briefen über die französische Bühne" usw., diese Schwächen
hätten stärker betont werden müssen, ß, bahnt die Erklärung zu einem Verständnis
der politischen Bestrebungen Heines an, gelangt aber nicht zum Ziele. Der nächste
Abschnitt (Kap. 12) bringt biographische Angaben. Die irrige Bemerkung, dass Heine
1813 sich zum Ereiwilligendienst im deutschen Heer gemeldet habe, ist von Elster bereits
widerlegt worden; ebenso sind die S. 139 erwähnten zahlreichen poetischen Namen
für Amalie nicht zutreffend: „Molly" findet sich nur in Briefen, „Zuleima" in einem
Rollengedicht, „Evelina" und „Ottilie" beziehen sich auf Therese. Im übrigen ist das
Biographische bis zum Abschluss der Studienjahre gut und knapp vorgetragen. Die
hierauf folgende Charakteristik des „Buches der Lieder" wird unter häufiger Anlehnung
an die Arbeiten von Bölsche, Kirchi)ach und Elster gegeben; alle Hauptpunkte werden
deutlich hervorgehoben; nur kommt das Moment der Entwicklung des Dichters, nament-
lich der Fortschritt in der Handhabung der dichterischen Ausdrucksmittel, in B.s Dar-
stellung nicht genügend zur Geltung, Manche Effekte der hier und da unwahren, über-
triebenen und unanschaulichen Poesien Heines werden nach Kirchbachs Vorgange ver-
urteilt. B.s älterer Vergleich von Heine und Rembrandt, die beide durch grelle Licht-
effekte wirkten, wird wiederholt. Die Wahrheit der Erzählung und der Gestalten lässt
nach B. öfter zu wünschen übrig; dagegen weiss er aber auch viele Vorzüge rühmend
hervorzuheben; so preist er besonders ,,Die wilde Jagd" im „Atta Troll". Im „Winter-
märchen" findet sich stets dieselbe Vermischung von Alltäglichkeit und Vision,
schwärmerischem Pathos und parodistischem Witz, und immer wieder Rembrandtsche
Beleuchtung. Das nächste Kapitel (15.) weist auf die Abhängigkeit Heines von seinen
Vorgängern, namentlich von Goethe, hin. Treffend wird dabei die ausserordentliche
Gedrängtheit von Heines poetischem Stile im Gegensatz zu Wilhelm Müller hervorge-
hoben, der sonst einige Wirkung auf ihn gehabt hat; die Einwirkung Brentanos wird
dagegen wie bei Grisebach überschätzt: die ,, Romanzen vom Rosenkranze", auf die
der letztere besonders hingewiesen hatte, sind erst 1853 erschienen, haben also nur auf
die Gedichte aus Heines drei letzten Lebensjahren („Bimini") Einfluss üben können.
Der Gegensatz zu Goethe ist gut vorgetragen: bei Heine findet sich keine Vertiefung in
das Gefühl, sondern nur ein knapp zugespitzter Ausdruck des Gefühlten ; bei ihm kommt
nicht die geistige Bedeutung und innere Fülle der Liebe zum Wort, die bei Goethe
z. B. in den innigen Versen an Erau von Stein („Warum gabst du uns die tiefen
Blicke") zu herzergreifendem Avisdruck gelangt; bei Heine findet sich stets eine grelle
Verkoppelung von Liebe und Tod; im Ausdruck reiner Liebessehnsucht sind beide
ebenbürtig, doch Heine stellt Kontraste dar, während Goethe die Widersprüche des
Lebens versöhnlich überwindet. Gut wird Heines innere Beziehung zu Aristophanes
auseinandergesetzt: er ahmt dessen Eoraien nicht nach, steht ihm aber geistig nahe wie kein
anderer durch den Witz, die Kühnheit und die Schamlosigkeit seiner Angriffe; dabei
haben jedoch Heines politische Ideen eine andere Richtung als die des Griechen: er
ficht für den Fortschritt, Aristophanes für den Rückschritt. Heines Prosa wird kurz
beiseite geschoben: sie sei von geringerer Bedeutung; es wird nur erwähnt, er habe Byrons
Schlachtschwert aufgenommen. Dann wird seine letzte Lebenszeit, sein Verhältnis zu
der Mouche und dessen durchgeistigter, hinreissender Charakter treffend geschildert. —
Bei der „Parteinahme in der Poesie", über die das treffliche 18. Kapitel handelt, komme
es, so sagt B., darauf an, welche Stellung man zu der Zukunft nehme, welchen Zielen
man zustrebe; hierbei wird allerdings ein ganz illusorischer Gegensatz von Partei und
Vaterland konstruiert, und die Partei wii'd als die höhere Instanz bezeichnet. Auch an
dieser Stelle ist die geschichtliche Entwicklung von Heines Anschauungen nicht genügend
ins Licht gestellt, und insofern bedarf das sonst anregende Kapitel einer sorgfältigen
Revision. Nach einer kurzen Besprechung Immermanns, die treffend und anziehend aus-
gefallen ist (Kap. 19), wird die Hegeische Philosophie (Kap. 20) in grossen Zügen ge-
würdigt, wobei zum Schluss ein Hinweis auf die Möglichkeit der später von den Schülern
Hegels wirklich gezogenen radikalen Folgerungen in Bezug auf Staat, Kirche, Ehe und
160 IV,14: E. Elster, Das junge Deutschland.
Eigentum gegeben wird. Dass auch Bismarcks Staatsidee und Massenorganisation mit
Hegels Gedanken in innerer Beziehung stehen, wird freilich nicht erwähnt. Die Hegeische
Abneigung gegen den Individualismus, sein epochemachender Historismus, seine Be-
tonung des Gresamtwillens, findet bei B. offenbar kein volles Verständnis. Wienbarg,
der dem jungen Deutschland den Namen gegeben, wird ohne viel Sympathie kurz ab-
gethan, während er doch die Fruchtbarmachung der Litteratur für das Leben in besonders
nachdrücklicher Weise gepredigt hatte. Gutzkows Anfänge bis zur „Wally" werden
gerecht und sachgemäss geschildert; seine plumpen Uebertreibungen erscheinen in deut-
licher Beleuchtung. Hierauf wird eine Erzählung von Menzels bekannten Denunziationen
wie bei anderen vorgebracht, des Vaterlandsretters bornierte, phrasenhaft-unehrliche
Biedermann erei ins rechte Licht gestellt; die Eingriffe des Bundestags werden gebührend
verurteilt. Wie Gutzkow, Laube, Mundt u. a. sich gegenüber dem Bundestagsverbote
verliielten, berichtet das nächste Kapitel (22.) Mit Entschiedenheit lehnt sich Heine auf,
am männlichsten aber benimmt sich Gutzkow, der charaktervoll schwere Leiden der Auf-
opferung seiner Ueberzeugung vorzieht. Aus dieser Stimmung ging „Der Sadducäer
von Amsterdam" hervor, der später im ,,Uriel Acosta" dramatisiert wurde. Die sympto-
matische Bedeutung des Stückes wird treffend gezeichnet, während die anderen drama-
tischen Arbeiten Gutzkows entsprechend abgefertigt werden. „Zopf und Schwert" wird
wegen seines nationalen Gehaltes gerühmt; wenn B. es aber dem ,, Prinzen von Hombiu-g"
an die Seite stellt, so ist das des Lobes zu viel. Die litterarische Bedeutung der Be-
handlung eines historischen Stoffes im Lustspiel findet bei B. keine besondere Aner-
kennung. Endhch kommt der „Königslieutenant" mit dem Theaterfrätzchen des jungen
Goethe viel zu gut weg. Die treffende Charakteristik von Laube setzt mit einem vollen
Akkord ein: Laube war ein Mann mit einer Eülle ,,Zweiterhandgedanken ohne Tiefe".
Auf die Erzählung der persönlichen Schicksale folgt eine gute Erklärung der littera-
rischen Abstammung Laubes von Heine und Heinse: die ,, Reisenovellen" sind an die
„Reisebilder", das , junge Europa" im ersten Teil an den „Ardinghello" angelehnt; der
zweite und dritte Teil des Werkes, sodann die „Monaldeschi", „Struensee", die „Karls-
schüler" werden ohne tiefer führende Bemerkungen kurz besprochen. Mundt erhält eine
etwas drastische Charakteristik, in der es z. B. heisst, dass seine Ausfälle nur die gefahr-
losen Stösse eines wildgewordenen Hammels gewesen seien; seine „Madonna" wird aus-
führlich behandelt, die „Geschichte der Litteratur der Gegenwart" gerülimt, doch nimmt
B. an Einseitigkeiten und Formlosigkeit des Werkes Anstoss. Es folgt eine kurze
Würdigung von Kühne, Marggraff' und Alexander Jung; Tiecks Angriffe im „Wasser-
menschen" werden als eine schwache Karikatur zurückgewiesen. Mit grossem Anteil
sind die Gestalten der drei Frauen Rahel, Bettina und Charlotte Stieglitz (vgl. o. IV, 13
N. 59, 60, 62) gezeichnet. Raheis grossartige vielseitige Anempfindung, ihre Duldsamkeit
und Vorurteilslosigkeit springt deutlich hervor; sie sieht wie Goethe im Menschen ein
Naturprodukt. Ihr sensitives und leidenschaftliches Wesen fühlt sich durch das Bewusst-
sein ilirer jüdischen Abkunft bedrückt; sie selbst aber ist ohne Mitgefühl für ihre Stammes-
genossen; ihre Lebensumstände, ihre wissenschaftlichen Studien, ilire hingebende Ver-
ehrung für Goethe, ihr Wahrheitsstreben, ihre sibyllinische Unklarheit, ihre unkünst-
lerische Sclu-eibweise — alles ist schön und treffend erzählt. Bei Bettina wird der
Gegensatz ihrer Goethe verehi-ung gegenüber derjenigen Raheis gut gewürdigt. Auch
sie ist, wie Rahel, von politischen Ideen tiefbewegt, aber ihre Bemühungen, bei Hofe
ein geneigtes Ohr zu finden, zerstören nur die günstige Stellung, die sie hier besass.
Charlotte Stieglitzens trauriges Schicksal wird breit dargestellt, nicht ohne jene
Ueberschätzung der typischen Bedeutung ihres peinlichen Todes, die durch
die liberale Legende aufgekommen war. Die allen Dreien gemeinsame Un-
ruhe, infolge ewiger Selbstbetrachtung, übertriebener Genieverherrlichung und
Originahtätssucht ist mit bedeutenden Ansätzen von socialem und politischem Ver-
ständnis verbunden. Alle drei aber begreifen nicht den Wert ernster Arbeit; es fehlt
ihnen Sammlung, Klärung und zweckvolles Streben. Das nächste Kapitel berichtet über
die Wandlungen in Preussen seit der Thronbesteigung Friedrich Wilhelms IV.:
der Umschwung nach der ursprünglichen Begeisterung wird im einzelnen durch die
Klarlegung der Wirkung deutlich erwiesen, welche verschiedene Regierungsmassregeln
hervorbrachten. Der unreife vormärzliche Liberalismus findet in der Verherrlichung
Herweghs, „der eisernen Lerche", seltsamen Ausdruck ; „die vier Fragen" des Di'. Jacoby
und sein Prozess sind von allgemeiner Bedeutung; der König befreundet sich mit dem
Zaren, die Reaktion blüht, die politische Konstellation ist traui'ig. In dieser Zeit gelangt
die neutrale Litterattu- noch einmal zu grösserem Ansehen, A. v. Humboldt, Tieck,
Fouqu6, Rückert, Scherenberg, der Fürst Pückler - Muskau, Freihgrath u. a. werden
flüchtig an unseren Augen vorübergeführt. Die politische Gährung nimmt inzwischen
zu (Kap. 25) und die oppositionelle Lyrik blüht immer mächtiger hervor. Anastasius
Grün, Georg Herwegh, dessen unpatriotisches späteres Verhalten merkwürdigerweise
IV,14: E. Elster, Das juiige Deutschland. 161
keine Verurteilung erfälu't, Dingelstedt, Freiligratli, sie alle werden in knappen
Zügen gut geschildert; Dingelstedt legt bald das politische Kampfschwert beiseite, um
auf den Brettern, welche die Welt bedeuten, glücklichere Schlachten zu schlagen. Mit
grosser Begeisterung wird Feuerbach behandelt: seine charaktervolle Lebensführung,
der Grundgedanke seiner Philosophie, dass das religiöse Problem ein psychologisches
sei, dass alles, was der Mensch über Gott sage, doch nur nach Menschenmasse gemessen
sei: das wird schön und mit Wärme vorgetragen. Von dem Fortschritte der revo-
lutionären Poesie melden die nächsten Kapitel (27/8). Freiligrath sagt seinen exotischen
Kunststücken Valet und singt grossartige Revolutionslieder. Prutz giebt in seiner
politischen ,, Wochenstube" ein bedeutsames Zeitbild. Nach kurzen Worten über
Friedrich von Sallet und Alfred Meissner, dessen trauriges Ende durch die gediegene
Jugendpoesie ausgeglichen werde, giebt uns B. ein breites Charakterbild Moritz Hart-
manns, dessen tiefe mutige Freiheitsbegeisterung und charaktervolle Tüchtigkeit er mit
Anteil würdigt. Es folgt die Revolution (Kap. 29), ergreifende Sturmlieder erschallen
von allen Seiten; in diesem Zusammenhange ist übrigens (S. 441) die Nadowessische
Totenklage als ein Gedicht Goethes bezeichnet. Ausführlich und packend wird die Be-
wegung in Wien, dann die in Berlin geschildert, und mit gespannter Teilnahme ver-
folgen wir die weitere Entwicklung, den Ausgang. Dabei wird immer die Parallele zur
Litteratur stark betont; Freiligrath und Hartmann ziehen als die Grössten voran. Ein
Rückblick des letzten Kapitels (30.) mündet aus in eine Rechtfertigung des Gesamt-
planes, nach dem B. sein sechsbändiges Werk gearbeitet hat. — Die Streitschrift, welche
Nerrlich 2) gegen Treitschke veröfientlicht hat, giebt eine bis ins einzelne gehende
schroffe Kritik der Darlegungen, die der berühmte Historiker über das junge Deutsch-
land in seiner „Geschichte des 19. Jh." '^) geboten hat. Zweifellos waren bei Treitschke
etliche Unrichtigkeiten, Einseitigkeiten und Uebertreibungen zu finden, die eine Zurück-
weisung erforderten. N. aber geht in einem so scharfen rücksichtslosen und beleidigenden
Tone gegen den hochverdienten Mann vor, dass er sich um ein gut Teil seiner Wirkung
gebracht hat; Treitschke einen der konfusesten Köpfe zu nennen, ihm Unwissenheit und
Oberflächliclikeit vorzuwerfen, von einer Thersitesnatur dieses Gelehrten zu sprechen,
etliche Teile seiner Darstellung mit Pfuirufen zu beantworten und dergleichen mehr:
das ist ein Ton, den wir nicht mehr würdig nennen können. Wir geben sachlich dem
Vf. oft Recht: die Anordnung in Treitschkes Darstellung ist nicht glücklich; Börne und
Heine werden mit antisemitischem Vorurteil besprochen; die Citate Treitschkes sind oft
ungenau; Dinge, die nicht zusammengehören, vereinigt er an einigen Stellen dergestalt,
dass sie einen Sinn hervorrufen, der von dem betreffenden Autor ursprünglich nicht be-
absichtigt war. Diese und andere Punkte hebt N. mit advokatorischem Eifer hervor.
Aber er bleibt auch nicht frei von ganz einseitigen Urteilen; so z. B. hat er für
die meisterhafte Schilderung, die Treitschke von dem Wirken des alten Goethe bietet,
gar kein Verständnis. Des Gegners edler Patriotismus und sein feines ästhetisches
Gefühl bleiben bei N. ganz unbeachtet. Treitschke war einseitig, N. ist gehässig und
schroff. — Das Berichtsjahr brachte auch bereits die ersten Vorarbeiten von J. Prölss"^"^)
ausführlichen Studien über das junge Deutschland; sie werden später in grösserem Zu-
sammenhange gewürdigt werden.
Die kritischen und litterarhistorischen Arbeiten über Heine enthalten einiges Be-
achtenswerte zur Gesamtcharakteristik. Ein englisches Urteil ist, soweit Chotzners 6)
Bericht erkennen lässt, zwar sehr lobend, aber keineswegs bedeutend ausgefallen. ') —
L. Berg^) richtet ein scharfes Wort gegen die einseitigen Verurteiler Heines (Goedeke,
Menzel, Treitschke, Hehn, Kirchbach, Sandvoss), die von antisemitischen Regungen ge-
leitet überhaupt nicht den Willen hätten, die Eigenart des Dichters zu begreifen; aber
auch die Biographen vermöchten der proteusartigen Gestalt meist nicht gerecht zu
werden; die Beurteilung Heines leide durch den üblichen Vergleich mit Goethe. Nicht
der sentimental-romantische Heine sei für die Gegenwart mehr lebendig, sondern der
Neuerer, der Zerstörer und Empörer, der wie Kleist von dem herrschenden Zeitge-
schmack ziu-ückgewiesen worden sei; das Urteil der Vergangenheit habe die Schätzung
seines Wertes ungünstig beeinflusst. — Das stets parteiische Zeitungsgerede über die Denk-
malfrage 9) kann mit blosser Erwähnung abgethan werden. — Ueber Heines Sarkasmus
462S. M. 8,60. |[A. Dresdner: Moderne 1,N. 4; W. Bölsehe: FrB. 1, S. 1177/81. — 2) P. Nerrlich, Herr v. Treitselike u. d.
junge Deutschland. 1./-2. Aufl. Berlin, Rosenbaum & Hart. 84 S. M. 1,00. | [Post N. 148; Grenzh. 49, 2, S. 523. R. Hessen:
DWBl. 3, S. 399; Deutschland 1, S. 666; Bohemia». N. 145; Bund N. 171.]] (Erschien im Berichtsjahr auch noch in 3. Aufl.) —
3) S. 0. 1V,1 N. 10. — 4) XX J- Proelss, D. Frauen u. d. junge DeutscWand: FelszMeer. 1. 1890/1. S. 24—30, 161/9. —
5) XX id., D. Oottasche Buchhandlung u. d. junge Deutschland. Nach Originalbriefen v. Börne, Heine, Gutzkow, Kolh, Laube,
Menzel, Joh. Fr. u. Georg v. Cotta: AZg. N. 181, 186/7, 198, 200/1, 212, 214/6, 261, 263/4». - 6) Chotzner, E. modernes
englisches Urteil über H. Heine: MLIA. 59, S. 100/2.— 7) X Havelock Ellis, The new spirit. New-York, Scribner & Wel-
ford. (Nicht zugänglich.) — 8) L. Berg, H. Heine u. unsere Zeit. E. litt.-hist. Skizze: Deutschland 1, S. 505/8. — 9) Ueber d.
Heine - Denkmal schrieben z. B.: BerlTBl. N. 285; tJL&M. S. 896; NZUrchZg. N. 169; NatZg. N. 330; DeutschZg. N. 6628;
.Tahresberichte fUr neuere deutsche Litteraturgeschichte 1 1.2). 1 1
162 IV, 14 : E. Elster, Das junge Deutschland.
handelt eine verworrene Schrift von A. Appara tu s i^). Neben diesem dürftigen Tertianer-
exerzitium nimmt sich A. Ch. Kalischers ^J) Schrift über Heines Verhältnis zur
Religion günstig aus; befriedigend ist diese Arbeit allerdings auch keineswegs. Immer-
hin sind hier mit grossem Eleiss zahlreiche Stellen aus Heines Werken zusammenge-
tragen, in denen der Dichter sich über Gott, Unsterblichkeit, Seelenwanderung, Wesen der
Seele, über Moses, Christus, Dreieinigkeitsglauben, Marienkultus, Katholizismus,
Protestantismus, Staatsreligion, über hervorragende religiöse Denker, wie Luther, Spinoza,
Mendelssohn, Lessing, ferner über sein Verhältnis zu den Juden, über seine spätere
religiöse Umkehr usw. ausspricht. Aber diese fleissige Zusammenstellung entbehrt der
gründlichen Verarbeitung, und der Vf. hat auch die Hauptforderung, die man an ihn
stellen muss, dass er nämlich die religiöse Entwicklung des Dichters zeichne, nur un-
vollkommen erfüllt. 12) —
Ueber Heines Verskunst verdanken wir Rem er i^) einen guten Essay. Schon
seine 1889 erschienene Dissertation über die freien Rhythmen der „Nordseebilder" Hess
die gesunden Anschauungen des Vf. erkennen; in der neuen Arbeit hebt er hervor,
dass Heines Rhythmik mehr als die Rhythmik anderer Dichter- den Bann der Opitzschen
Schablone und der antikisierenden Metrik durchbrochen habe und sich am entschiedensten
dem altgermaiiischen accentuierenden Verse nähere. So zeige sich Heine im Versbau
als einer der deutschesten Dichter; Form und Inhalt seien überdies in schönste Harmonie
gebracht worden, die Form hebe den Inhalt. R.s Anschauungen verdienen allen Beifall,
doch hätte er nicht übersehen sollen, dass namentlich bei dem späteren Heine die freie
Form schon gelegentlich in Formlosigkeit übergeht, dass das richtige Prinzip nicht
immer tadellos durchgeführt worden ist. Auch hätte erwähnt werden müssen, dass
Wilhelm Müller auf Heines Verskunst stark gewirkt hat. Dass das Wort: „In der Be-
schränkung zeigt sich erst der Meister", von Schiller herrühre, hätte dem Vf. nicht ent-
schlüpfen dürfen. —
L. Beers^*) Artikel über die Tragödie in Heines Leben hebt in nicht immer
abgeklärter Gedankenfassung die qualvolle Bitternis der Lebensumstände des Dichters
hervor, ohne aber alle fraglichen Thatsachen, wie z. B. des Dichters Liebe zu Therese,
zu bemerken. — Von Arbeiten, die auf einzelne Lebens- und Entwicklungsepochen
des Dichters Licht werfen i^), erwähne ich zunächst ein durch G. Karpel es i*^) Mitteilung
bekannt gewordenes Kapitel aus den Memoiren von Heines Bruder, Maximilian Heine,
der in leichtem Stil Unbedeutendes, anderweit bereits Berichtetes vorträgt und sich hier
ebenso wie in den „Erinnerungen an Heinrich Heine" als ein unselbständiger und eitler
Patron erweist. — Ob ein undatierter Separatabdruck eines Artikels von A. WedelP'^)
über Heines Stammbaum müttei'licherseits 1890 erschienen ist, weiss ich nicht: ich habe
ihn in diesem Jahre erhalten und möchte dies wichtige Schriftstück hier nicht uner-
wähnt lassen. Ein glücklicher Fund und eifrige Bemühungen haben es dem Vf. ermög-
licht, Heines Geschlecht bis ins 9. Glied mütterlicherseits zu verfolgen. Eine falsche
Angabe von Karpeles über Heines Grossvater mütterlicherseits wird auf diese Weise
berichtigt. — Unter den sonstigen Arbeiten, die alle ziemlich wertloses) sind, mögen
einige Artikel, die bei Gelegenheit des 90. Geburtstages von Charlotte Embden, des
Dichters Schwester, erschienen sindi9-22)^ sowie Notizen über Heines Arzt. Dr. Wert-
heim 23), und den Maler E. B. Kietz 24), genannt sein. —
Von bisher unbekannten Briefen Heines sind keine eigentlich hervorragenden
Stücke zu Tage getreten. Am bemerkenswertesten ist ein Schreiben an Mignet^s) vom
17. Januar 1849, wo sich Heine mit bekanntem Sarkasmus über die politischen Ver-
hältnisse Deutschlands äussert. Dort herrsche bereits der Kommunismus, man sei zu
völliger Gleichheit des Vermögens gelangt, da niemand mehr etwas besitze; auch be-
richtet er über seine religiöse Umkehr in derselben Weise wie an anderen Stellen. —
Ein Brief an Kertbeny26) enthält einen Dank für die von dem Adressaten übersandte
Petöfi-Üebersetzung. —
Recht beachtenswert sind einige Stellen aus der Einleitung L. Spittas^'-) zu
der neuen Ausgabe von Philipp Spittas „Psalter und Harfe". Hier werden interessante
FZg. N. 164; KielZg. N. 13725. — 10) A. Apparatus, Uel)or d. Sarkasmus H. Hoiiies. LoobschUtz, Sclmurpfeil. 26 S. —
II) A. Oh. Kalißcher, H. Heines Verhältnis z. Religion. Dresden, Oelilmann. 72S.M. 1,60. — 12) X 'i'he influence of the BiWe
on the poetry of Heine. Transl. from the Frcnch of G. Valbert by Virginia 6. Sully: Queries Magazine. S. 346 f. (Nicht
zugänglich.) — 13) P. Remer, Z. Verskunst H. Heines: NeueZeit 8, S. 170—84. — 14) L. Beer, D. Tragödie in Heines Leben:
Nation». 7, 8. 694, 708, 723. — 15) X F. WOnig, ü. junge Heine: LoipzTBI. v. 3. Jan. — 16) Maximilian Heine, Memoiren,
her. T. G. Karpeles (,D. soziale Berlin d. 20er Jahre"): Zeitgeist N. 9. — 17) A. Wedeil, H. Heines Stammbaum mütter-
licherseits. (W. war Rabbiner d. Synagogenbezirks Düsseldorf.)— 18) X [E. Heine-Anekdote]: Didask. N. 131. — 19) X G- Kar-
peles, D. Lottchen: Gartenl. N.42. — 20) X Gust. Schubert, Charlotte Embden, H." Heines Schwester: IllZg. 95, N.2468. —
21) X Z. 90. Geburtstag d. Schwester H. Heines (Frau Charlotte Embden in Hamburg): HambCorr. N. 737. — 22) X E. Inter-
view mit d. Schwester H. Heines: FremdenBl. N. 272.-23) X D""- Wertheim u. H. Heine: LZg. N. 81. (Aehnliehes in mikIit.mi
Blattern.) — 24) X SchwabMerk. v. 17. Juni. (Bericht über E. B. Kietz [gest. 31. 5. 90], v. d. e. treffliches Porträt Heines h(>niihrt.) —
25) H. Heine, Brief an Mignet v, 17. Jan. 1849: TglRs^. N. 146. (üebors. aus Fran9ois Mignet par Edouard Petit. Paris,
Didier, 1889.) - 26) E. lirief H. Heine.s an Kcrtbeny (v. 15. 8. 1849): MLIA. 59, S. 373/4. — 27) S. o. IV,2 N. 198. —
IV,14: E. Elster, Das junge Deutschland. 163
teilen aus Briefen von Adolf Peters an Spitta angeführt, die das Verhältnis Heines
zu Spitta beleuchten. Es wird erwähnt, dass die beiden Dichter trotz bereits damals
gefühlten starken Gegensatzes sich mit Achtung gegenübergetreten seien, und es wird
ein eigenartiges Gedicht Spittas zur Charakteristik der Heineschen Dichtung abge-
druckt. — Ueber Heines Streit mit den schwäbischen Dichtern bringt Eranzos 28)
in einem breit ausgeführten Artikel auf Grund ungedruckten Materials einiges Neue vor.
Sein Gesamturteil über das dickköpfig-thörichte Benehmen der Schwaben ist sehr
treffend. . Leider sind dem Vf. aber einige thatsächliche Irrtümer durchgelaufen ; so z. B.
ist die verschärfte Fassung der Strophe über die Schwaben in dem „Tannhäuser-Gedicht"
erst 1844 erschienen und die erste minder scharfe Form auch erst 1837, während F.
sogar für die zweite Fassung einen noch früheren Termin ansetzt: das Frühjahr 1836.
Auch ist der Ausdruck „Mitschüler" von Heine nachweislich gebraucht worden (5, S. 351),
während F. behauptet, dass er sich gar nicht in Heines Buch finde, „weder in jenem
Kapitel noch anderswo". —
Unter den neuen Ausgaben, die von Heines Werken im Berichtsjahre er-
scliienen, sei zunächst die von Elster 29) erwähnt, deren 7. und letzter Band im August
herauskam. Er enthält die Schrift über Börne in iirsprünglicher Gestalt; denn die
Aenderungen, die Heine geplant hatte, waren von ihm selbst nicht mehr ausgeführt
worden. Ferner ist liier die Nachlese in Prosa abgedruckt, worunter sich auch die
Memoiren befinden. Wie in den früheren Bänden, hat E. auch in dem letzten durch
Einleitungen, Anmerkungen und ausführliche Verzeichnisse der Lesarten kritischen An-
forderungen zu entsprechen versucht. Diesem letzten Bande wurde auch eine Biographie
Heines aus E.s Feder beigegeben, in der er über die Lebensumstände einige Ergebnisse
eigener Forschung zum erstenmal verwertet hat. E. war bemüht, Heines Schaffen im
Zusammenhange der Zeitereignisse zu schildern und das Moment der Entwicklung
seines künstlerischen Vermögens zu betonen. Die unerfreulichen Erscheinungen in
Heines Charakter werden oft durch die unglücklichen Lebensumstände des Dichters
erklärt und entschuldigt. — Im übrigen sind einige Ausgaben des „Buches der Lieder"
zu verzeichnen. Die bei Grote erschienene Diamantausgab e^o) bringt den üblichen ent-
stellten Text der Strodtmannschen Bearbeitung mit Einschiebseln, die Heine selbst be-
seitigt hatte. — Die Ausgabe von Klara Braunol) bezeichnet sich selbst als eine für
die Frauenwelt ausgewählte, entwaffnet aber damit die Kritik nicht völlig. Viele Ge-
dichte, die in das „Buch der Lieder" nicht hinein gehören, sind mit aufgenommen;
dabei ist die Auswahl ungeschickt, die Anordnung verschoben; die Bilder sind ziemlich
schlecht. — Gut ist dagegen die bei Knaur erschienene Ausgabe 3^)^ die, wie Stich-
proben ergeben, nach der Elsterschen gedruckt ist.33-33a) — Die illustrierte Bergidylle '^^)
der „Harzreise" benutzt den dritten Abschnitt des Heineschen Gedichtes zu ganz ge-
fälliger, aber nicht charakteristischer Illustration. — Hierzu kommen einige englische
Ausgaben, zunächst von Heines „Harzreise". Buchheim 3^), der Herausgeber von
„Heines Prosa", lässt die bedenklichen Stellen weg, nimmt andrerseits von Heine aus-
gemerzte wieder auf, z. B. S. 30 und 52, benutzt in seinen Anmerkungen, die im ganzen
befriedigend orientieren, auch Quellen, deren Anführung er nicht für erforderlich hält;
auf S. 84 wird behauptet, „Lüder" sei bei den Göttinger Studenten ein beliebter Name
für Hunde gewesen: in Wahrheit aber war Lüder ein Kommilitone Heines, der in den
siebziger Jahren als General-Auditeiir des 10. Armeekorps in Hannover gestorben ist. —
Die bei Holt & Comp, erschienene Ausgabe der „Harzreise" ^6) ist, wie die von Buch-
heim, für englische Schulen bestimmt; auch sie giebt einen kurzen Lebensabriss und
eine Karte vom Harz; die Anmerkungen sind im ganzen ordentlich hergestellt, beruhen
aber ausschliesslich auf den Leistungen der Vorgänger. Falsch ist die Bemerkung
(S. 92), dass mit der gegen Ende angeredeten „Agnes" Amalie Heine gemeint sei. —
Von Uebersetzungen waren uns die griechische ^7) des „Buches der Lieder"
eben so wenig wie die französische ^8) der „Heimkehr" zugänglich; die Einleitung zu
der letzteren von M. Prevost^^) bietet ein wüstes Durcheinander falsch gedeuteter
28) K. E. Franzos, Heiue u. d. Schwaben. Mit ungedr. Briefen Cliaraissos, Heines u. Schwabs: PZg. N. 144, 149, 155. —
29) H. Heine, Sumtl. Werke. Mit Einleit., erläut. Anmerk. U.Verzeichnissen sämtl. Lesarten, her. v. E. Elster. 7. (Schluss-)Bd.
Leipzig, Bibl. Inst. 122,656 8. M. 2,25. |[DRs. 65, S. 320; A. Sauer: DLZ. 12, S. 757/8; C(reiz enach): LCßl. 1891,
S. 215/6; FZg. N. 351; KreuzZg. v. 4. Sept.] | — 30) id.. Buch d. Lieder. Diamant-Ausg. Mit 12 Kupferdrr. nach Zeichnungen
von P. Orot Johann, lierlin, Grote, 1889. 16«. 270 S. geb. M. 4,00. — 31) id.. Buch d. Lieder. Für d. Frauenwelt ausgew. v.
Klara Braun. Illustr. v. R. E. Kepler. 4. Aufl. Stuttgart, Greiner & Pfeiffer, 1889. 16«. XVI, 286 S. geb. M. 3,50. - 32) id..
Buch d. Lieder. Leipzig, Knaur. 223 S. m. 1 Portr. M. 1,80. — 33) X id.. Buch d. Lieder. Min.-Ausg. Leipzig. Fock. 12».
XII, 296 S. geb. M. 1,50. — 33 a) X id-> Buch d. Lieder. Berlin, Warschauer. 12«. IX, 210 S. M. 1,00. — 34) id., Berg-Idylle.
München, Stroefer. gr. 12". 8 S. mit färb. lUustrr. Cart. M. 0,60. — 35) id., Harzreise. With a life of Heine, a descriptive
Sketch of the Harz and an index. Second revised edition. Witli English notes by C. A. Buch he im. Oxford, Clarendon Press.
XXV, 134 S. — 36) id., D. Harzreise. Edited with introduction and notes. New- York, Holt. XIII, 97 S. [[H. S enger: MLN. 5,
S. 307/9.]|— 37) X id-, Buch d. Lieder, ins Neugriechische übersetzt v. A. Vlachos. (Unzugänglich.)— 38) id., D. Heimkehr
(Le Ketour). Traduciion en vers de M. J. Daniaux,Pr6face de M. Marcel Prövost. Paris, Lemerre. |[Didask. N. 253 (H. Heine
in franz. Gewände).] | — 39) M. Prövost, Le premier amour de Henri Heine. Am61ie Heine: EPL. 45, I. S. 496—501. —
11*
164 IV,14: E. Eisner, Das junge Deutschland.
Stellen und haarsträubender Kombinationen von einem fast durchweg schlecht unter-
richteten Manne. — Dagegen ist eine englische Uebersetzung der Erzählungen und Dramen
von M<=Lintock40) hohen Lobes wert, wenn auch die Auswahl ziemlich befremdlich
ist. Das Buch enthält den „Rabbi von Bacharach", den ,,Almansor", den „William
Ratcliff" und einige grössere Romanzen Heines. Die Uebersetzung der Dramen bietet
eine zum Teil etwas gedrängtere Wiedergabe von Heines Versen; die ersten sieben
Zeilen des „Ratcliff" giebtMcL. durch fünf wieder; durch eine Anzahl Enjambements ver-
leiht er nicht selten dem Verse gefälligeren Eluss. Das etwas süssliche Lied aus
„Almansor": „Güldne Sternlein schaiien nieder" gewinnt in der englischen Form ganz
entschieden; die Romanze „Das Sklavenscliiif" ist ausgezeichnet übersetzt: während
Heine nur die zweite und vierte Zeile auf einander reimen lässt, verbindet der Engländer
auch die erste und dritte Zeile durch solchen Schmuck; kleine Zusätze, die er sich
erlaubt, sind wohl gelungen. Die knappe Einleitung enthält freilich manche Irrtümer:
der „Rabbi von Bacharach" ist keinesfalls bereits 1819 begonnen worden; der „Ratcliff"
ist 1875 in Italien und 1888 in Frankfurt a. M. aufgeführt worden. —
Wenige Untersuchungen nur sind den Werken Heines gewidmet worden.
Eine sehr verdienstliche Abhandlung hat Seuffert^i) über die „Heimkehr" veröffent-
licht. Er hat erkannt, dass dieser Gedicht-Cyklus, dessen eigentliche Anordnung bis
dahin nicht durchschaut worden war, eine kunstvolle Gruppierung von acht Abteilungen
aufweist, die von einander durch sogenannte Rollengedichte deutlich abgehoben sind.
Die erste und letzte Gruppe dienen als Einleitung und Schluss, die zweite und siebente
erzählen von niederer Minne, die dritte und sechste von zweifacher unerwiederter hoher
Minne; die dritte Gruppe bezieht sich auf Amalie, die vierte und sechste auf Therese,
die Lieder gelten solchen Erlebnissen, die in die Zeit vom Mai 1823 bis zum Sommer
1824 fallen. Die Einsicht in Heines künstlerisches Schaffen ist durch diese Arbeit ge-
fördert worden. — „Im wunderschönen Monat Mai" wurde von R. M. Werner ^2)
auf Hagedom nach Ranchin zurückgeführt. — Zu dem Gedicht „Bimini" hat
D. S ander s43) einige unbedeutende sprachliche Anmerkungen geliefert, bei denen ilim
das Missgeschick begegnet ist, dass er zwei Druckfehler der ganz unzuverlässigen Volks-
ausgabe von Heines Werken (Hambiirg 1876, 12 Bände) gelehrt erklärt, nämlich
,,krischten" statt des in guten Heineausgaben stehenden „kreischten", und „gemannt"
statt „bemannt". 44) —
Aus Börnes Nachlass sind neuerdings recht interessante Schriftstücke zu
Tage gekommen. Zunächst einige Jugendarbeiten über jüdische Dinge, die Schnapper-
Arndt 4^) veröffentlicht hat. Die erste derselben: „Die Juden in Frankfurt am Main",
geschrieben Ostern 1807, ist eine harmlose Plauderei, nicht ohne witzige Pointen: der
in der Welt herumgekommene Schriftsteller belächelt rituelle Vorurteile und ängstHches
Benehmen seiner Stammesgenossen, lässt aber gleichzeitig gemütvollen Anteil an ilu-em
Thun und Treiben erkennen. Der zweite Artikel giebt abgerissene philosophische Be-
trachtungen über das Verhältnis zwischen Juden und Christen. Weitaus am wichtigsten
ist der dritte Aufsatz, der in ausführlicher Darstellung über die 1808 unter dem Fürsten-
Primas Karl Theodor von Dalberg veröffentlichte neue „Stättigkeits- und Schutzordnung
für die Judenschaft in Frankftirt am Main" handelt. Diese brachte den Juden starke
Enttäuschung, da sie trotz einiger Milderungen doch viele Bestimmungen der alten
Stättigkeit von 1616 erneuerte. Börne beurteilt alle Einzelheiten dieses neuen Gesetzes
mit Ingrimm und bittrer Satire; er lässt schon hier sein charaktervolles Eintreten für
Menschenwürde und Freiheit, durch das er später so mächtig wirkte, in deutlichem
Lichte erkennen. Formell ist die Arbeit nicht einwvirfsfrei, es fehlt die letzte Redaktion ;
der Schluss ist verloren gegangen. Warum sie nach der Abfassung nicht erschienen,
entzieht sich unserer Kenntnis ; vermutlich riet des Vaters vorsichtige Bedenklichkeit von
der Veröffentlichung ab. S., von dem die Schrift jetzt veröffentlicht ist, hat sie mit einer
guten Einleitung und erläuternden Anmerkungen versehen. — Franzos*^) hat uns durch
den interessanten Fund eines Gedichtes von Börne überrascht; in Anlehnung an dessen
Mitteilung giebt er von Börnes Verhältnis zu den Frauen, d. h. zu Henriette Herz vuid
Jeannette Wohl eine anziehende Charakteristik. Das am 15. Mai 1828 (nicht 28. Mai,
wie F. Seite 54b irrig schreibt) verfasste Gedicht bezieht sich allerdings auf keine
dieser beiden Frauen; die stark sinnliche Leidenschaft, die daraus spricht, ist einer un-
bekannten Schönen zugewendet. Es ist in poetischer Beziehung ohne jeden Wert, ja es
40) Heine ae novelist and dramatist, being a selection from bis longer works. In English by R. M'Lintock. London, Roper &
Drowley. Xm, 268 S. — 41) B. Souffert, Heines Heimkehr: VLG. 3, S. 589—601. - 42) R. M. Werner, Lyrik u. Lyriker
[8. o. 1,3 N. 36] S. 202/3. (Vgl. auch B. Litzmann, Schröder [s. o. IV, 4 N. 166] S. 257; A. t. Weilen: DLZ. 11, S. 1096, u.
F. Härder: ZVLR. 3, S. 365/7.) — 43) [D. Sanders], Zu Heines Gedicht Bimini: ZDS. 4, S. 74/5. —44) X D- Wallfahrt nach
Kevelaer: FZg. N. 68. (Katholische Bedenken gegen d. Aufführung d Komposition v. Humperdink.)— 45) Jugendarbeiten L.Börnes
Über jüdische Dinge, her. v. G. Schnapper-Arndt: ZGJuden 2, S. 375-60; 4, S. 201-74. — 46) K. E. Franzos, Börne u. die
IV,14: E. Elster, Das junge Deutschland. 1^H|P 165
bekundet Börnes dichterische Unfähigkeit in hohem Grade; aber als biographisches Be-
kenntnis und als ganz vereinzelte Leistung des ehrenwerten Volkstribunen verdient es
Anteil und Beachtung. — Ein angeblicli ungedruckter Brief Börnes an seinen Vater,
vom 14. Juli 1807, der durch verschiedene Blätter wanderte*''), ergab sich bald als
längst bekanntes Schriftstück. — Ein in Sanders' 48) Zeitschrift erschienener Artikel
über Börnes Besprechung von Thiers' „Geschichte der französischen Staatsumwälzung"
begnügte sich mit der Aufdeckung eines Druckversehens und einiger Sprachfehler; als
Vorschlag zur Besserung des einen wird die ungeheuerliche Leistung geboten: „Der
Lieblingsheld des sich hierin als echten Schauspiele jeder Art leidenschaftlich liebenden
Pariser zeigenden Verfassers ist Mirabeau." Und das nennt sich Zeitschrift für deutsche
Sprache! —
Ueber Gutzkow liegt nur eine kleine Arbeit von Festeres) vor, in der die
Jugendschrift „Zur Philosophie der Geschichte" einer genaueren Würdigung unterzogen
wird. Nach einer knappen Darlegung über die Entwicklung der religiösen und philo-
sophischen Ideen des jungen Gutzkow geht der Vf. auf die thörichten Anschauungen
der „Wally" ein und berichtet, wie während der vierwöchigen Haft, die Gutzkow in-
folge dieser Veröffentlichung erdulden musste, die neue Schrift, die „Philosophie der
Geschichte", in ihm aufkeimte. Sich anlehnend an Kants Buch über den Frieden und
Eousseaus Auszug aus St. Pierres Traktat über den ewigen Frieden entwickelte Gutzkow
Ideen, die als ein Abglanz von der Gegenüberstellung der alten und neuen Zeit im
„Nero" erscheinen und, wenn auch von keiner absoluten Bedeutung, so doch für die
Entwicklungsgeschichte des Dichters bemerkenswert sind. In dem Satz: „Das Leben
ist kein Genuss, sondern eine Aufgabe" zeigt sich ein Zug männHcher Entsagung; ins-
besondere aber begegnet uns hier die Ausführung des Gedankens, dass die Geschichte
den epischen Parallelismus verschiedener Entwicklungsstufen des Geistes aufweise.
Hieraus entnahm Gutzkow dann die Forderung des „Nebeneinander", die er in seinen
beiden grossen Romanen praktisch bedeutungsvoll bethätigte, während er dieselbe Theorie
zu seinem Schaden auch in den Dramen der vierziger Jahre befolgte, bis er im „Uriel
Acosta" und in „Zopf und Schwert" statt dessen das „drastische Nacheinander" bevor-
zugte. Gutzkows Schrift, über die F. verständig und lehrreich berichtet, ist als Vor-
läuferin der grossen Romane von Wert. —
Wichtige Schriftstücke sind aus Gustav Kühnes Nachlass von E. Pierson^)
veröffentlicht worden. Die liebenswürdige, edle Persönlichkeit eines tüchtigen, stark zur
Reflexion neigenden Epigonen tritt uns in den Bekenntnissen dieses nur halb „jung-
deutschen" Schriftstellers entgegen, und wir erfahren manches, was unsere Kenntnis
erweitert. Besonders interessant ist die aus Hundts Briefen gewonnene Aufklärung
über dessen tiefe und reine Liebe zu Charlotte Stieglitz: hier wird mitgeteilt, dass der
Selbstmord der feinsinnigen Frau keineswegs nur aus heroischer Rücksicht auf ihren
Mann erfolgt sei, sondern ebenso sehr aus Rücksicht auf sie selbst, die den Geständ-
nissen Hundts gegenüber nicht kalt blieb. So ist die längst durchschaute Legende von
dem typisch-bedeutungsvollen Opfertod vollends erschüttert; persönlichste Hotive lagen
der künstlich aufgebauschten That mit zu Grunde^i). Interessant sind auch die Dar-
legungen über die Verfolgungen, die Hundt 1835 und 36 (leider sind die genaueren
Briefdaten nicht angegeben) in Berlin erduldete. Vom vierten Kapitel an tritt Kühnes
eigene Person in den Vordergrund. Sein Briefwechsel mit Fanny Tarnow und Frau A-H.
in Leipzig zeigt uns viel liebenswürdige Reflexion, viel redselig-wohlstilisierte Herzens-
ergüsse eines braven, aber nicht viel Verstandesenergie verratenden, etwas weiblichen
Hannes. Daneben finden sich rousseauisierende Kraftäusserungeu des abenteuerlich
umherschweifenden Fürsten Schwarzenberg, des Sohns des Feldmarschalls. Die tiefsten
Einblicke gewährt das fünfte, „Liebesfrühling" betitelte Kapitel, in dem wir des Dichters
Herzensregungen von dem ersten bangen Erwarten bis zur seligsten Erfüllung verfolgen
können: es enthält Briefe an die früher genannten Frauen, an Ottilie von Goethe und
an die Braut. Das nächste Kapitel „Des Dichters Ehestand" giebt Berichte über Kühnes
litterarische Arbeiten, eingehende kritische Erörterungen, Aufklärung über persönliche
Beziehungen und Hinweise auf das politische Leben, zumal das Jahr 1848, enthält aber
einige Partien, die entbehrlich gewesen wären und nichts von sehr tiefer Bedeutung.
Im siebenten Kapitel „Die Dresden-Hosterwitzer Epoche" ist am interessantesten der
Nekrolog auf Ottilie v. Goethe, mit der Kühne befreundet war und der er hier ein
Frauen: DDichtung 9, S.49— 55. — 47) E. Brief Börnes an seinen Vater: FZg. N. 36/7 (u. anderwärts: Presse 7.2. 90). (Nach-
weis, dass früher bereits gedruckt [u. a. in d. WOrleinschen Ausg. v. Börnes Ges. Schrr., 1880] im FrankfJoum. N. 97.) —
48) [D. Sanders], Zu e. Aufsatze v.Börne: ZDS. 4, S. 249/50. — 49) E. Fester, E. vergessene Geschiehtsphilosophie. Zur
Gesch. d. jungen Deutschlands : (= Samml. gemeiuverst.wissenschaftl.Vortrr. NF. 5. Serie. Heft 98.)Hamburg,Verl.-Anst. 38 S. M. 0,80.
— 50) E. Pierson, Gustav Klihne, sein Lehensbild u. Briefwechsel mit Zeitgenossen. Mit e. Vorwort v. W. Kirchhach. Dres-
den u. Leipzig, Pierson, o. J. XV, 311 mit Portr. M. 4,00. |[NationB. 7, S. 450; N&S. 55, S. 148; AZg. N. 38».; Post N. 39;
BohemiaB. N. 60; KZg. N. 65;^Tgms«. N. 62.] | — 51) Vgl. o. IV,13 N. 59-62. — 52) Empfundenes u. Gedachtes. Lose Blätter
166 IV,14: E. Elster, Das junge Deutschland.
schönes Ehrendenkmal errichtet hat. Ein Anhang, „Gedankenspähne" betitelt, enthält
Reflexionen über Pessimismus, Materialismus, religiöse Fragen (Wunder, Unsterblichkeits-
glaube), über Liebe, Frauen und Vermischtes. Immer wieder der anziehend edle Kopf,
aber ohne tiefdringende Schärfe. — Dasselbe gilt von einer selbständigen Sammlung
der ebenfalls von E. Pierson ^2) vorgelegten Lebensbetrachtungen Kühnes, die sich
auf weite Gebiete von Kunst und Leben erstreckt. Nach zutreffenden und liebens-
würdigen Bemerkungen über die Erauen werden wenig hervorragende Gedanken über
Plastik und Architektur, ausführliche über die Dichtkunst vorgetragen: ein langer
litterarhistorischer Exkurs über die Entstehung des Dramas bei den verschiedenen
Völkern enthält Veraltetes mit Zutreffendem vermischt, im ganzen aber wenig Selbstän-
diges. Das Kapitel über Musik ist sehr schwach; in der ,,Aesthetik" treffen wir einige
bedenkhche Definitionen an, so z. B. über den Unterschied von Genie und Talent und
über das Wesen des Komischen. Li den „Betrachtungen über Religion und Philosophie"
wird gegen naturwissenschaftliche Irrtümer, die jetzt als überwunden gelten können,
polemisiert und über das Wesen Gottes, Unsterblichkeit usw. manch feingefühltes Wort
vorgebracht. In dem Abschnitt „Zur deutschen Religionsphilosophie" finden wir eine
ruhige, aber nicht sehr tiefe Auseinandersetzung mit Strauss und Eeuerbach, und
schhesslich folgt ,, Vermischtes" ohne Wert. Im ganzen beobachten wir mein* Angeeig-
netes als Eigenes in diesen Betrachtungen, aber sie zeugen von einem feinfühligen
Herzen und vielseitig gebildetem Kopfe, denen wir Achtung zollen, wenn auch ein ge-
wisses idealistisches juste milieu gelegentlich etwas beschwerlich wird. —
Die bereits 1889 begonnenen hochinteressanten Veröffentlichungen über
Dingelstedt hat J. Rodenberg^^^ im Berichtsjahre fortgeführt und beendigt. Ihm stand
hierbei der gesamte litterarische Nachlass zur Verfügung, ferner Dingelstedts Briefe an
seinen Vater, die Freunde Friedrich Oetker, G. A. Vogel u. a. R. wollte keine eigent-
liche Biographie liefern, aber doch mehr als blosse Nachträge zu dem, was er in seinen
„Heimatklängen" (Berlin 1882) über Dingelstedt gesagt hatte. In der That bietet er
sehr reiche Gaben, denn jener Nachlass war aussergewöhnlich gross, da Dingelstedt
im Drang der zeitraubenden Berufsgeschäfte zahlreiche dichterische Arbeiten unfertig
liegen Hess. Die im Berichtsjahr veröffentlichten Abschnitte umfassen Dingelstedts
vierzig letzte Lebensjahre, die Zeit von 1841 — 81. Zunächst „Der kosmopolitische
Nachtwächter und Geheime Hofrat". Briefe und Gedichte, die während des Aufenthaltes
in Paris, London und Wien geschrieben sind, lassen die ausserordentliche Frische des.
mutig durch die Welt eilenden Dichters deutlich erkennen. In Stuttgart (1843 — 51) erfolgt
der Umschwung. Der „Nachtwächter" wird Bibliothekar des Königs und dichtender Hof-
beamter. R. stellt dies ,,Transigieren" in mildem Lichte dar, doch er hat für Dingel-
stedts Charakter offenbar das rechte Wort der Würdigung gefunden: er beschönigt
nichts, aber er hütet sich vor einseitiger Schärfe, und er hebt die liebenswürdigen
Eigenschaften Dingelstedts, seine Freundestreue, die Liebe für den Vater, die Gattin,
die Kinder wohlwollend hervor. Von den Liedern, die der Dichter der jungen Gattin
gewidmet hatte, teilt R. eine Anzahl ungedruckter, z. T. poetisch wertvoller mit, femer
zärtliche Verse für die Kinder aus späterer Zeit. Aber bei all diesen sympathischen
Zügen des Dichters bleibt doch ein Bruch in seinem Leben unverkennbar; dies zeigt
sich insbesondere in der Nichtvollendung etlicher Werke, von denen bedeutende Bruch-
stücke vorhanden sind. Namentlich versprach der Roman „Sieben Jahre", der in Kassel zur
Zeit des „Königs Luschtik" spielt, ein hervorragendes Werk zu werden. R. teilt
fesselnde Fragmente mit, gesteht aber, dass über Fortsetzung und Schluss nur allgemeine
Andeutungen zu machen seien. Dagegen gelang dem Dichter die Ausführung des tüch-
tigen Trauerspiels „Das Haus des Oldenbarneveldt", während zahlreiche andere dramatische
Pläne, über die R. genauer berichtet, unvollendet blieben. Dingelstedt verfolgte dabei
das eigentümliche Verfahren, mit befreundeten Schriftstellern wie Ed. Devrient und
Hackländer über einzelne Schwierigkeiten, die ihm aufstiessen, schriftlich zu verhandeln:
seine Fragen und ihre Antworten, oft nur abgerissene Notizen, liegen der Hs. jener
Fragmente bei. Der letzte Abschnitt, „Der Theaterintendant und Freiherr", behandelt
die drei Epochen von München, Weimar und Wien. Die Münchener Zeit war für
Dingelstedt in vieler Hinsicht die glücklichste: hier wirkte er mit Erfolg und ver-
lebte in dem dichterischen Kreise des Königs Max anregende Jahre, bis ihn schmäh-
liche Ränke der Ultramontanen 1857 zu Falle brachten. Als ihm der hochsinnige Franz
Liszt hierauf einen neuen Wirkungskreis in Weimar zu vermitteln bereit war, zauderte
Dingelstedt anfänglich, ob er sich noch einmal binden oder vielmehr der inneren Stimme
ans G. Kühnes Scliriften. Seinen Freunden gewidmet. Her. v E. Pierson. Dresden n. Leipzig, Pierson, o. J. VIII, 262 S.
M.2,00. — 53) Franz Dingelstedt. Blätter aus seinem Nachlasse mit Randliemerkungen v. J. Eodenherg: DRs. 62, S. 114—26,
423-63; 63, S. 90-108, 290-304; 64, S. 90—108, 211—36, 378—96. (Auszug aus d. ersten Artikel ahgedr. FremdenBl. v.
3. Jan.; unterz.: — h— ).
IV, 14: E. Elster, Das junge Deutschland. 167
folgen solle, die die Bethätigung seines dichterischen Talentes verlangte. Er wandelte
die bequeme Strasse, die unmittelbare Ehren bot, trat 1857 — 67 in den Mittelpunkt der
Weimarischen Geistesaristokratie, schrieb für Liszts Neu -Weimar -Verein anziehende,
von R. zuerst mitgeteilte Festgedichte, trug gleich anfangs durch seinen „Erntekranz"
vind einen ebenfalls hier zuerst veröffentlichten Prolog zur Verherrlichung der Eeier bei,
die bei der Enthüllung des Goethe-Schiller-Standbilds xmd bei der Grundsteinlegung
des Karl-August-Denkmals am 3. und 4. September begangen wurde. Von Weimar aus
ging Dingelstedt nach Berlin, wo er am 22. März 1861, am Geburtstag des Königs, im
Viktoriatheater die berühmte Aufführung des „Wintermärchens" veranstaltete. Dem
Stück ward ein bedeutender Prolog Dingelstedts, voll weitschauenden Verständnisses
für den neuen Königlichen Herrn, vorausgeschickt, und zum ersten Male begeisterte
hier die Zuschauer ein neuer Stern der Schauspielkunst: Charlotte Wolter. R. wider-
legt den alten Bericht, dass Dingelstedt Eranz Liszt aus Weimar verdrängt habe: wenn
sich auch die Unterordnung Liszts unter den Intendanten Dingelstedt auf die Dauer
als unhaltbar erwies, so war doch von einem Bruch der alten Freundschaft beider
Männer nicht die Rede. Die letzte Epoche, die Wiener (1867 — 81), war vor allem durch
die erfolgreiche Aufführung der Königsdramen ausgezeichnet. Von eigenen dichterischen
Arbeiten ist an erster Stelle ein ungedrucktes, für Liszt verfasstes Oratorium „Stanis-
laus" zu nennen, das aber von diesem als für die Komposition unbrauchbar zurückge-
wiesen wurde. Mit Berichten über Lebensereignisse, besonders auch über erneute Be-
ziehungen zu Friedrich Oetker, führt R. die Arbeit zu Ende. Er hat das umfangreiche
Material schön gesichtet und geordnet, sein Urteü ist klar und gerecht, und die oft
sehr spannende, trotz mancher Ungunst des Stoffes niemals ermüdende Darstellung zeugt
von der zielbewussten Sicherheit des vielbewährten und erprobten Schriftstellers. —
--wvwvw^
Autorenregister.
Abel, A. I 5 : 57.
Achelis, Th. 13: 46.
Achleitner, A. III 4 : 58.
Ackennann, F. A. 14: 88,
- W. IV 12 : 17, 28.
Adam, P. I 4 : 106.
Adler, G. IV 3 : 17.
Mesnard, M. IV 1 : 9.
Alberti, C. I 3 : 84, 124.
Albisser. IV 1 : 89.
Albrecht, P. 13:117.
AUram, J. IV 2 : 172; 3 : 125, 128.
Altenrath, S. II 6 : 52.
AltmUller, K. IV 3 : 75 a.
AmmaDn, J. J. 15: 66. II 3 : 10.
Andreae, C. I 6 : 37.
Antoniewicz, J. v. IV 4 : 4.
Apparatus, A. IV 14 : 10.
Anninius s. Terburg-Arminius.
Assmus, R. IV 4 : 188.
Auerbach, S. IV 12 : 13.
AumüUer. II 7 : 11.
Babad, I. IV IIa: 23.
Baeh, S. I 3 : 126. IV 6 : 8.
Baehmanu. 17:5.
Backhaus, W. E. 13: 18.
Bächtold, J. II 4 : 1, 12/5; 5 : 24, 24a,
34.1115:30. IV 2 : 80/1; IIa : 73.
Baer, J. IV lle : 35.
Bahlmann, P. 14: 50, 85. II 5 : 16;
8 : 57.
Bahr, H. I 3 : 62, 133/4.
Bahlseu, L. IV 12 : 174.
Bailly, M. IV 4 : 66.
Baldensperger, F. 15: 39.
Baldi, A. IV 3:22; 12: 164.
Balke, G. II 7 : 67 ; 8 : 28.
Bamberg, F. IV 4 : 134.
Bargmann. I 5 : 103.
Barta, F. 13: 24.
Barth, P. FV 6 : 62.
Barthel, G. E. IV 3 : 137/8.
Bartholomaei, F. 16: 25.
Bartholomäus, W. I 6 : 47.
Basch, V. I 2 : 16.
Basedow, F. I 7 : 23.
Basedow, H. v. 13: 61. IV 1 : 41 ;
IIa: 6; llf : 14.
Bauer, Erwin. I 3 : 128.
- Jak. I 3 : 66.
- L. IV 12 : 162.
- W. IV 6 : 39.
Baumanu, J. 16:3.
Baumgarten, F. II 7 : 21.
- H. IV 1 : 14.
Bautz, J. IV 2 : 250.
Bayer, C. IV 2 : 148.
- E. I 5 : 68.
— , — rV 2 : 118-20.
- E. A. IV 3 : 83.
Becher, R. 16: 7.
Bechstein, L. I 1 : 14.
- R. II 1 : 15. IV IIb : 66.
Beck, E. II 6 : 8.
- M. III 2 : 29.
Becker, H. jr. IV 3 : 15.
- J. II 6 : 33.
- Th. IV 4 : 30.
Becker, W. IV 3 : 16.
Beckh-Widmannstetter, L. t. I 5 : 124.
Backhaus, H. IV 12 : 128.
Beckmann, G. 14: 66.
Beer, L. IV 14 : 14.
- R. I 4 : 61.
Behaghel, 0. IV 3 : 19.
Beheim-Schwarzbach, M. IV 1 : 108;
2 : 245.
Behringer. I 7 : 21.
Belling, E. IV 2:56; lle : 31.
Benda, A. IV lle : 46.
Bender, H. 16: 6. IV lle : 11, 49.
Benrath, K. II 7 : 34.
Berg, L.. 13: 125. IV 1 : 16; 4 : 131 ;
12: 172; 14: 8.
Berger, A. Frhr v. I 3 : 32. IV 4 : 203.
- A. E. IV 1 : 103.
Bergler s. Tann-Bergler.
Bernhardt, E. I 6 : 88.
- G. I 7 : 26.
- J. 17: 11.
Bernoni, D. 14: 39.
Bernstein, M. IV 4 : 185.
Bertheau, C. II 6 : 32.
Berthold-Schneeberg. II 5 : 35.
Bertz, E. I 3 : 18, 90, 113.
Bessou, P. n 3 : 20. IV IIb : 14.
Bettelheim, A. 13: 129. IV 3 : 115.
Bewer, M. IV IIa : 8.
Beyer, C. IV 2 : 104, 106.
- Th. 16 : 86.
Bezold, F. V. II 1 : 1.
Biedermann s. Dörmann-Biedermann.
- K. IV 1 : 14.
- W. V, IV 1 : 94; 4 : 61; IIa: 76.
Bielschowsky, A. IV 11c : 9.
Bienemann, F. IV 2 : 81.
Biese, A. 13: 36, 88, 90, 94/6, 105.
IV 2:234; IIb: 73.
Biltz, K. I 3 : 53. II 2 : 46.
Binder, Subrektor. IV 3 : 62; 6 : 28.
Birliuger, A. I 5 : 10, 20, 98. II 2 : 31,
37; 5:20, 47. III 2 : 8; 5 : 27/8.
IV 2 : 222; 12 : 51, 107, 112; 13 : 17.
Birmann, H. IV 12 : 136.
Biachoff s. v. Littrow-BischofF.
- Th. III 5 : 14.
Bitaub6. IV lld : 6.
Blackie, J. Stuart. IV IIa : 45.
Bleibtreu, K. 13: 45.
Blennerhassett, Lady Charlotte. I 5 :
49. IV 1 : 18, 114.
Blind, K. II 6 : 39.
Blume, L. IV IIa : 89; 11c : 21.
BlUmel, E. II 6 : 66.
Bobö, L. IV 2 : 10.
Bobertag, F. III 3 : 5/6. IV 4 : 50.
Bock, A. IV 2:139; Hb : 122.
70.
1; 14:1.
Bockenheimer, K. G.
IV 1
Bodemann, E. III 5 :
1.
Bodenstedt, F. IV 1
:60.
Böhm, F. 16: 91.
Böhme, A. I 6 : 36.
- J. IV 10 : 5.
- W. I 7 : 77.
Bölsche, W. I 3 : 57.
IV 3
Boettcher, C. 17: 24.
Bötticher, G. 17:4.
II 6
Bohn, E. II 2 : 13.
Bolte, J. I 5 : 66; 6 : 10/1. II 1 ; 13;
2 : 6, 23, 25/9, 32/4, 38-40; 3: 13;
4 : 9, 16/9, 25, 33/4, 40, 46; 5:3, 18;
8 : 64, 66. III 2 : 5-6, 13/9, 21/2, 24,
28; 3:9; 4 : 3, 9, 11. IV 1: 77;
2 : 64/5.
Bonet-Maury, G. FV 2 : 35.
Bonghi. 16:6.
Borchardt, A. I 5 : 90.
Borinski, K. 13: 28. IV 1 : 27.
Bormann, W. IV 1 : 41; 4 : 78,187, 189.
Bornhak, G. III 2 ; 33.
Borowski, F. W. 17: 13.
Bosse, F. 16: 18/9. IV 6 : 27.
Bessert, A. II 3 : 20.
— G. II 6 : 49, 50, 67 ; 7 : 21, 30, 55,
66.
Boxberger, R. I 4 : 103; 7 : 42. U 5 :
23. IV 1 : 90; 3 : 48, 93, 131
4 : 81, 85; Hb : 116; 12 : 39, 46, 49
51.
Braeker, U. FV 3 : 20.
Brahm, 0. IV 4 : 135; IIa : 68; 12 :
10/1, 15.
Brandeis, A. IV lic : 22.
Brandenstein, A. v. 15 : 14.
Brandes, G. IV 1 : 43 ; 14 : 1.
Brasch, M. I 6 : 63.
Braun, C. IV 4 : 76.
— Clara. IV 12 : 60; 13 : 66; 14 : 31.
— J. 14: 40/4. IV 3 : 90.
— J. W. IV lle : 12; 12 : 6, 26, 38.
— K. IV 3 : 105.
— 0. IV IIa : 81.
— Theodore. IV 12 : 86.
Brauns, C. W. E. IV 4 : 18.
Brausewetter, E. 13: 34b. III 4 : 27
Breitinger, H. I 3 : 144. IV 1 : 20, 37
118/9.
Brendicke, H. IV 3 : 50.
Brentano, C. t. KI 4 : 56, 57.
Breul, K. IV 3 : 66; 12 : 133.
Breymann, H. II 3 : 33.
Brieger, A. 13: 139.
— Th. 16: 66. II 6 : 10a; 7 : 64, 74.
Brodbeck, A. I 1 : 12.
Brode, R. IV 4 : 31.
Bruch, J. F. 16: 27.
Bruchmann, K. I 3 : 89.
Brucker, J. I 5 : 102.
Bruder, J. I 5 : 102.
BrUmmer, F. IV 1 : 129; 3 : 12, 75b,
82, 91, 120; 4 : 16, 83/4; 6 : 68;
13 : 37.
Brühl s. Lövy-Bruhl.
Brunetiere, F. I 3 : 58. IV 1 : 114, 117.
Brunnhofer, H. IV IIa: 4.
Buchheim, CA. IV 12 : 52, 130; 14 : 35.
— R. 17: 13a.
Buchholtz, A. I 4 : 38.
— F. I 5 : 81.
Buchholz, R. III 4 : 12.
Büchner, W. IV IIa : 67 ; lle : 28a.
Buchwald, G. II 2 : 2; 6 : 5, 8, 9, 12.
Buddensieg, R. II 6 : 4, 4a.
Büchner, A. IV 2 : 106.
~ L. IV 1 : 28.
BUeler, Q. I 4 : 79.
Autorenregister.
169
Bülow, Ed. lY 3 : 20.
Bürge], F. W. 16:5.
Bttsgen, M. IV llf : 20.
Bulle, 0. IV IIa : 44.
Bulthaupt, H. 13: 34b. IV 4 : 173;
12 : 85, 101, 148, 165.
Burekhardt, A. 15: 123. II 8 : 5.
- F. I 6 : 45.
Burdach, K. II 1 : 12 ; 6 : 25. IV
11c: 4.
Burger, A. IV 6 : 22.
- K. 14: 106.
Burkhardt, C. A. H. IV IIb : 20, 53.
Busch, K. I 4 : 49.
Calwer, R. III 4 : 60, 62.
Carel, G. I 7 : 45, 49.
Carriere, M. I 3 : 18, 36, 123; 7: 1.
II 8: 10. III 1:7. IV 1:41, 112;
2: 131, 215; IIb: 66.
Carstens, C. IV 1 : 91.
Cartmell, J. W. IV lld: 11.
Cassel, H. 16: 49.
— P. II 7 : 7, 8.
Castendyck, W. 14: 71.
Cauer, P. I 7 : 18. IV 10 : 5.
Chasles, Ph. IV 12 : 136.
Cherbuliez, V. IV 6 : 58.
Chiavaeci, V. IV 4 : 107.
Chotzner, H. IV IIa : 54; 14 : 6.
Chrysander, F. III 4 : 21.
Chuquet, A. II 4 : 25, 40; 8 : 56. IV
1 : 74; 2: 35; 4: 166; IIa: 67; 12:13;
13:5.
Claar, E. IV IIb: 26.
Closs, G. IV 8 : 13.
Cohen, Hermann. I 3 : 12.
Cohn, Alb. 14:12. IV 1 : 46; IIb : 22;
lle:4, 35a; llf: 17.
Cohn, Ferdinand. II 8 : 6.
Conrad, H. IV 13 : 3.
— M. G. I 6:63. IV IIa: 72.
Conway, W. M. II 6 : 46.
Cordt, B. IV 6 : 59.
Corvinus, H. IV 11 o: 19.
CreeeUus, W. II 2 : 30, 35/6. III 2 :
9-12.
Creizenach, W. II 4 : 3, 25; 8 : 56.
III 2:2, 65; 4 : 16. IV 4 : 2, 13,
166; 12:1, 167; 13:5; 14:29.
Cremer, W. II 6 : 27.
Crusius, 0. II 8 : 50.
Curto, H. IV lle:39.
Czihak, E. v. II 8 : 36.
Dahn, F. IV 1 : 59;2 : 102.
Daisenberger, J. A. III 4 : 55.
Damm, H. I 7 : 85.
Dangers. III 1 : 2.
Daniaux, M. J. IV 14 : 38.
Dechent, H. IV IIb : 38/9, 74.
Deckel, J. I 3 : 32. IV 4 : 203.
De Guimp, E. IV 6 : 33.
Delius, J. 17: 67.
Denecke, A. II 5 : 32.
Denzel. I 7 : 35.
Dessoir, M. IV 6 : 49, 50.
Destouches, E. v. IV 4 : 184.
Detlefsen, D. I 6 : 81.
Devrient, 0. IV lle : 8.
Dickmann. H. I 5 : 27.
Dieckmann, W. I 7 : 90.
Diederichs, H. IV 13 : 69.
Diemer, s. Meissner-Diemer.
Dietlein, R. u. W. 17: 31/2.
Dietz, A. IV IIb : 42, 63.
— M. IV 4 : 140.
Diez, M. I 7 : 79. IV 4 : 193.
Dilthey, W. I 3 : 17. IV 6 : 21;
13 : 25.
Dissel, K. III 2 : 43; 5:7.
Distel, Th. I 4 : 47. U 7 : 43, 53, 63;
8:21. 1112:63.
Dittes, F. I 6 : 1, 15, 46.
Dobbert, E. IV IIb: 121.
Doeberitz, s. v. Knebel-Doeberitz.
Döllinger, J. II 6 : 45.
Döring. A. I 1 : 5 ; 3 : 60.
Dörmann-Biedermann, F IV 4 : 124.
Derer, E. IV 2 : 189.
Dorsch, P. II 2 : 1.
Dove, A. IV llf :2.
Dowden, E. IV IIa: 53; IIb: 61;
lld: 27.
DrUseke, J. III 2 : 36; 3 : 10.
Drescher, C. II 4 : 29-30.
Dresdner, A. I 3 : 98. IV 14 : 1.
DUntzer, H. IV 6 : 46; IIa : 33, 74,
76; IIb: 43, 113; lld : 10, 20, 29;
11 e : 17, 29, 36; 12 : 64, 113; 13 : 45.
Dttsterdieck, F. II 6 : 31.
Dunger, H. IV 11c: 12.
Du Frei, C. IV 4 : 55.
üziatzko. K. I 4 : 25. 31, 51.
Ebel, K. I 6 : 60.
Ebeling, A. II 6 : 30.
- V.yf. 15: 109. II 3 : 15.
Eber, C. 15: 35.
Ebers, G. I 2 : 22; 5 : 46. IV 3 : 34.
Ebner, Th. III 4 : 31.
Eck, S. III 5 : 6.
Edelmann, A. 15: 60.
Edler, 0. I 3 : 10.
Egelhaaf, G. II 1 : 5.
Eggers, K. IV IIa : 33.
Egli, E. II 7 : 25.
Ehrhardt, A. IV lld : 22.
Ehrlich. IV 12 : 1.
Eichler, F. IV lle : 14.
- M. 15: 107.
Einsle, A. IV 4 : 101.
Eisenhart, Staatsrat v. 12:2.
Eitner, G. IV lle : 45.
- R. III 2 : 44; 4 : 20.
Elias, J. III 4 : 41; 5 : 10, 24. IV
2 : 84, 214; 4 : 55, 186; IIa : 57;
IIb : 20; 12 : 45, 78.
- J. M. IV 3 : 75c,
Ellinger, G. I 1 : 11; 3 : 36. II 1 : 2,
8; 2 : 19; 4 : 3; 6 : 18; 8 : 12,
32. lU 4 : 16. IV 1 : 52; 2 : 7,
239; 3 : 49; 4 : 58, 143; 12 : 154.
EUis, Havelock. IV 14 : 7.
Elster, E. IV 12 : 160.
Enders, L. U 6 : 14; 7 : 9, 70.
Engel, G. IV 3 : 51.
- K. III 4 : 26.
Engelmann, A. III 4 : 53.
- E. IV 12 : 179.
- G. I 7 : 80.
Englert, A. II 3 : 24.
Erdmann, D. n 8 : 35.
- K. 13: 75/6, 78/9.
- 0. I 7 : 4. II 6 : 2. IV 2 : 6.
Erdmannsdörffer, B. III 1 : 4.
Erler. IV 2 : 26.
Ernst, A. W. 16: 50.
- 0. 13: 112/4; 7 : 2.
Eseher-Ott, C. IV 6 : 42.
Ettmayr, C. IV 6 : 63.
Eucken, R. IV 13 : 28.
Euling, K. n 3 : 8, 18; 5 : 5, 12/3.
Evers, A. IV IIb : 29.
- G. G. II 6 : 47.
- M. 17: 78.
Eyssenhardt, F. 15:9.
Faber, M. II 3 : 7.
Fabian, E. II 7 : 41.
Faguet, B. IV 1 : 25.
Falck, R. I 5 : 38.
Falk, F. II 5 : 8-10.
Falkenheim, H. I 3 : 11. IV 13 : 5.
Feist, S. IV lle: 50.
Fellner, R. IV 4 : 80, 104.
Ferber, H. 15: 89.
Fesler, R. II 7:26. IV 1:27; llf: 5;
13 : 7; 14 : 49.
Filon, A. IV 1 : 115.
Finsler, G. IV 1 : 32.
Finnery. IV IIb : 37.
Fischer, A. II 2 : 9. III 2 : 48.
— H. IV 12 : 4.
— Kuno. IV lle : 28a; 13 : 8, 13, 30.
— L. H. I 3 : 1 III 3 : 2; 4: 18.
IV 6 : 25.
Fitger, A. IV 12 : 59.
Fix, Th. IV 12 : 115, 134.
Flaischlen, C. I 1 : 11; 4 : 89. IV 1 :
69, 124; 4:9; 12: 77.
Fleischer, 0. III 2 : 22.
Fränkel, Alb. I 2 : 22.
— L. I 1 : 5; 3 : 93; 4 : 45,
83; 5 : 56. II 2 : 21, 23; 3 : 18,
25; 4: 3, 25. III 1 : 8; 2 : 1, 23, 31,
65; 3:3; 4:27;; 6: 19. IV 1:78,
123, 126; 2 : 240; 4 : 2, 18/9, 58;
6:73; 7:3; IIa: 67; 12 : 156.
France, A. IV 12 : 122.
Franeke. IV 12 : 1.
— Kuno. IV IIb : 105/6.
Francus, J. 14: 87.
Franke, C. I 3 : 55. II 6 : 15.
Frankl, L. A. IV 2 : 140, 154, 163/4.
Franz, R. I 7 : 50(1. IV IIa : 77.
Franziszi, Fr. I 5 : 104. IV 4 : 149.
Franzos, K. E. IV 1 : 87; 2 : 170, 225;
3:32, 90, 108; IIb: 24; 13:53/7;
14 : 28, 46.
Frapan, Ilse. I 3 : 23.
Frensdorff, F. IV 1 : 96.
Frenzel, K. IV 12 : 144; 13 : 5.
Fresenius, A. IV 10 : 11.
Freudenberg, F. IV 12 : 187.
Frey, A. IV 3 : 100.
— E. IV 4: 97.
Freybe, A. III 4 : 1 a.
Freye, H. I 5 : 76.
Freytag, E. Rr IV 2 : 246.
— G. I 3 : 34.
— L. IV 2 : 176.
Friok, 0. 17:6, 6a.
Fried, A. I 3 : 120.
Friedwagner, M. IV lle : 3.
Pritsche, H. I 6 : 87.
Fritzsche, 0. F. II 8 : 16.
Froebel, J. IV 3 : 76.
Fröhlich, G. IV 6 : 23.
Froitzheim, J. IV IIb : 8, 10, ]2;3.
Frommann, H. IV Hb : 20.
Frommel, W. I 1 : 13.
Fuchs, Reinhold. I 3 : 92.
Fürst, R. I 3 : 19.
Fulda, L. IV 3 : 135.
Funke, A. I 7 : 70.
Gabler, J. IV 2 : 238.
Gaedertz, K. Th. II: 14. II 4 : 6. IV
2 : 211, 214a; 3 : 112/3; 8:6;
IIa: 31; llc:5.
GaUe6, J. H. II 5 : 36/8.
Gallois, L. II 1 : 18.
Gander, C. 15:63, 110. 1115:22.
Ganghofer, L. IV 4 : 107.
Gänsen, J. I 6 : 14, 56.
Ganz, H. IV 12 : 68.
Gast, E. R. 17: 69. IV IIa : 78.
Gebier, H. I 4 : 68.
Geiger, L. I 2:15; 5:16. II 1 : 1;
2:23; 3:26; 8: 1,2, 5, 9, 12, 15/6,
1, 18, 18a, 20, 26, 46, 52, 56. IV
1 • 11, 34, 53, 76, 78, 80,3, 87, 103,
106; 2:13, 53/4, 92/3; 4:18,166;
6-1 4, 14; 8:4; IIa : 9, 22/3,26,
31, 33, 66; IIb : 8, 17, 20, 52, 67,89
-90, 110; 11c : 23; lld : 22; lle : 54;
13 : 5, 40.
Geil, G. IV 12 : 57.
Geilfus, G. IV 3 : 54.
Geiser, K. I 6 : 65.
170
Autorenregister.
Goissler, G. IV 13 : 59.
- K. W. IV 7 : 1 ; 12 : 147.
Gemming. III 4 : 46.
Gen6o, R. II 4:11. IV 4 : 150.
Geusiehon, 0. F. IV IIb: 76.
Gerhard, C. IV 2: 143.
Qerok, K. III 2 : 51.
Gerstenberg, H. IV 2 : 208/9.
Gess, F. I 4 : 95, 97, 99.
Gessner, E. UI 3 : 1.
Giesing, F. I 3 : 29.
Gildenmeister, J. F. IV .'J : 25.
Gildersleeve, B. L. I 3 : 64. IV 2: 125.
Gille, Ph. IV 1 : 114.
Gilow, P. 17:7.
Ginzel. IV 4 : 135.
Girot, A. IV lld : 12.
Glöde, 0. IV 2 : 89.
Gloel, H. I 7: 16. IV lle : 15.
Glogau, G. 13:16. IV IIa : 5; llf : 1.
Glossy, C. IV 2 : 141 ; 4 : 99, 123.
GlUcksmann, H. IV 1 : 130.
Görner, K. R. t. IV 1 : 85.
Goette, R. IV 1 : 2, 26.
Goetze, E. U 4 : 26/7.
Götzinger, E. IV 2 : 17.
Gohr, R. IV 1 : 104.
Goldbaura, W. IV 1 : 19; 2 : 233.
Goldbeck, K. IV 12 : 171.
Goldmann, K. I 3 : 121.
Goldseheider, P. 17: 5.
Goldstein, L. m 2 : 30.
Golther, W. II 3 : 5.
Goosen, M. A. II 7 : 36.
Gorges, M. 16: 96.
Gottlieb, Th. 14: 5.
Gottschall, R. v. IV 3: 35; 4 : 135;
12 : 137.
Gräfe, B. IV lld: 25.
Gräsel, A. 14: 53.
Graf, J. H. U 8 : 9.
Graniclistädten, E. IV 4 : 135.
Grans, H. IV 4 : 70.
Grasberger, H. IV 2 : 159; IIa : 91.
Graue, G. II 6 : 41.
Grein, F. 16: 80.
Greiner, H. 14: 73.
Greinz, R. H. I 3 : 50. IV 2 : 175, 177.
Grimm, H. 17:1. IV 1 : 42; 2 : 34/5;
11c: 24; lle : 56; 13:36/8.
Grisebach, E. IV 2 : 34; 3 : 13.
Griswold, W. M. 14 : 80.
Groeben, M. IV 2 : 185; 3 : 1, 2; 6 : 63;
12 : 1/2.
Gröpler, W. 14:11, 65/6. m 2 : 50.
Gross, F. III 4 : 52. IV 2 : 146; 4 : 135,
203.
- J. 15: 121.
Grosse, Ed. 1 4 : 27. IV llf : 22 ; 12 : 12
19.
- Emil. IV 12:81.
Groth, E. 11:3.
Grottewitz s. K. Pfütze.
Grotthuss, J. V. IV IIb : 47.
Gruchot, H. 14: 37.
Grucker, E. 13: 5.
Grudzinski, S. IV 2 : 32.
GrUn, A. IV 2 : 150.
GrUnig. IV 3 : 87.
Grundt, F. U 6 : 29. "
Günther, C. 16: b2.
- 0. I 7 : 41.
- K. 16: 13.
- S. II 1: 17; 3: 11; 5:41.
Guglia, E. IV 1 : 04, 88; 13 : 11.
Cuillaurae, J. IV 6 : 34.
Gumppenberg, C. Frhr. v. IV 4 : 146.
- H. Frhr. v. IV 4 : 147.
Gurlitt, C. IV IIb : 120.
Gutbier, Luise. I 5 : 40.
Guttonbrunn s. MüUer-Guttenbrunn.
Haarhaus, J. R. IV IIb : 84.
Habicht, L. IV IIa : 15; llf : 11.
Häberlin, C. I 4 : 64.
Häokermann. IV 3 : 109.
Hähnol, F. I 6 : 52.
Hälinor, H. IV 6 : 38.
Haek, D. III 4 : 24.
Haendcke, B. II 1 : 19.
Hager, H. IV 1 : 87.
Hahn, A. v. III 4 : 59.
- W. I 7 : 81.
Halatschka, R. IV lle : 20.
Halbwaehs. IV 3 : 46.
Hallbcrg, E. IV IIb : 42a; 12 : 135.
Haller, A. I 7 : 12.
Hallior, E. I 3 : 26/7.
Halling, K. IV 2 : 126.
Hamerling, R. IV 3 : 121/2.
Hannenhoim, J. v. III 1 : 5.
Hansen, P. IV lle : 33.
Hansjakob, H. IV 1 : 62.
Hanslick, E. IV 4 : 198.
Haussen, Ola. I 3 : 1-27.
Harden, M. I 3 : 130; 7 : 1. IV 3 : 1,
140; 4 : 1:^5; 12 : 97, 102, 142.
Härder, C. II 7 : 13.
- F. IV 14 : 42.
- W. IV 4 : 46, 79.
Harless, W. I 2 ; 18.
Hanns, W. I 6 : 89.
Harnack, 0. I 3 : 18, 90; 4 : 38; 7 : 1.
IV 3 : 1, 83; 4 : 33, 204; 6 : 63;
IIa : 1, 27, 30, 34, 49, 07; IIb : 16;
lle : 37; llf : 16; 12 : 1, 34, 159.
Hart, H. IV 12 : 108, 144.
- J. 13: 141.
Hartfelder, K. I 6 : 15, 61. H 7 : 44;
8 : 5, 12, 18, 30, 56.
Hartmann, A. 11 3 : 4, 16, 19.
- C. IV 6 : 20.
- E. T. IV 1 : 41.
- L. IV 4 ; 130; 12 : 86.
Härtung, E. G. IV 4 : 18.
- 0. IV 3 : 33.
Hasenclerer, A. IV lle : 19.
Hasselblatt, A. I 6 : 59.
Haueis, E. II 4 : 10.
Hauff, G. IV IIa : 18.
Hauffe, G. I 6 : 44. IV 10 : 4.
Hauffen, A. I 2 : 16. U 1 13; 2 : 18;
3 : 23; 4 : 40. IV 1 : 2; 4 : 120;
12 : 1.
Haug, E. IV 10 : 5.
Haupt, E. n 6 : 28.
Haushofer, M. 16: 6*.
Hausig, F. III 2 : 58/9.
Hayn, H. I 4 : 81. II 2 : 45; 5 : 43.
III 2 : 1, 3.
Hayward, A. IV lle : 32a.
Hecht, R. IV 2 : 50.
Hedlor, A. I 2 : 4.
Hedrieh, F. IV 3 : 104.
Hoerwagen, H. III 5:8. IV 7 : 9.
Hefele, C. J. v. H 6 : 48; 7 : 1.
Heigel, K. Th. IV 1 : 67.
Iloimann, F. I 4 : 58.
Hoine, C. II 4 : 5, 45. III 4 : 15.
Heinomann, K. I 3 : 54; 7 : 42/3, 52.
IV 4 : 205; IIa : 77; IIb : 36a, 68,
93a.
- 0. y. 14:7, 25, 60. II 7 : 42.
Heinrieh, P. W. IV 3 : 107.
Heinze, P. IV 1 : 2.
Heinzel, R. 12:5.
Heitmüller, F. IV 4 : 6.
Heitz, P. II 3 : 2.
Hellinghaus, 0. 17: 71. IV 1 : 8;
3 : 46, C8.
Held, L. IV 4 : 173.
Helferich, H. I 5 : 51.
Hellen, E. v. d. IV IIa: 73.
Hellwag, R. IV 1 : 72,
Hengesbach. 17:4.
Henke, 0. I 0 : 75.
Henkel, H. IV IIa: 19- 20; llf : 6.
Henne am Bhyn, 0. 15: 1—4.
Henrici, E. II 3 : 3.
Herding, W. I 6 : 12.
Herford, C. H. IV 2 : 230.
Hergenröther, J. II 7 : 1,
Hermann, A. I 3 : 134; 6 : 51. II
8 : 2.
Herold, M. II 7 : 20.
Herrmaun, C. 16: 63.
— E. 1 5 : 61.
— M. 15: 100. II 1 : 12; 8: 1, 42,
52, 56. IV IIb: 44 ;llc: 7; lld: 21.
Herzen, A. 15: 50.
Herzfelder, J. IV IIb : 50/1.
Herzog, A. I 3 : 104.
Hesselbarth. I 5 : 85.
Hessen, R. IV 4: 44; 14 : 2.
Heussler, H. I 3 : 87.
Heussner, F. I 7 : 17, 20. IV IIb : 5.
Heuwes, J. 17:71. lU 2 : 27; 4 : 8.
IV IIa : 78.
Hevesi, L. IV 2 : 167; 4 : 203; IIa : 91
Heyl, J. A. 15: 77.
Hidber, K. III 4 : 14.
Hildebrand, R. I 7:3. IV IIb : 45
11c : 11, 16, 18, 21a, 30.
Hildt, E. IV 4 : 65.
Hirsch, F. III 1 : 2.
Hirschfeld, G. I 6 : 48.
Hirth, G. 15:6.
Hirzel, L. II 4 : 11. IV IIb : 20, 92.
Hochberg, C. IV 4 : 77.
Hochdörffer, B. IV 4 : 90.
Hoche, R. I 6 : 30. II 8 : 14, 19, 34,
37/8. IV 1 : 92.
Hochheim. I 6 : 77.
Hodermann, R. III 1 : 8; 5 : 29.
Höber, K. IV 2 : 78.
Höfior, A. IV IIa : 92.
Hölscher, L. IV 1 : 102.
Hoepfer. IV 4 : 93.
Hörmann, L. v. 15: 31/2, 80. IV.
2 : 176.
Hofor s. Neumann-Hofer.
Hoffmann, 0. IV 10 : 11.
Hoffmoister, H. IV 6 : 69.
Hofmann, J. Ch. K. II 6 : 46.
Hofmeister, A. 14: 36. II 3: 17;
5 : 42. III 4 :1.
Hoheuhauson, Frau v. IV G : 48.
Holdermann, K. I 7:25. IV 3:23;
12 : 132.
Holland, H. III 4 : 50. IV 3 : 112, 132;
4 : 57, 72/4, 162.
Holstein, H. II 8 : 22.
Holtey-Wober, G. II 5 : 33.
Honef, M. II 6 : 64.
Honke, E. I 7 : 22.
Horst, R. 16: 35.
Hosaus, W. IV 2 : 48.
Hubl, V. P. IV 13 : 49.
Hüffer, H. IV 2 : 184.
Hülsen, Helene v. IV 1 : 100.
Huemer. C. I 3 : 31.
Huffschmid, M. IV 2 : 218.
Humperdinek. IV 14 : 44.
Hunnius, C. II 6 : 40.
Hütten, K. v. II 8 : 41.
Ilgen, P. I 4 : 69.
— Th. HS : 55.
Imelmann, J. 17: 53. IV 12 : 133.
Immermann, W. IV 2 : 127.
Irmisch, L. 14: 17.
Jacobs, E. II 8: 17.
— H. E. II 6 : 44.
Jacobsen, A. IV 10 : 9.
Jacoby, D. II 8 : 33. IV 1 : 87 ; 4 : 20;
6 :2, 3, 5; 12:2.
— L. IV 2 : 185.
Jagemann, H. C. G. v. IV 13 : 50.
Jahn, U. I 6 : 22.
Jahncke, H. IV 1 : 30.
Jan, T. 8. Ludwig, Hermann.
Autorenregister.
171
Janet. IV 1 : 22.
Janitschek, H. 13: 100. II 1 : 19.
Janssen, J. II 1 : 6—7.
Jecht, R. I 6: 117.
Jeep, E. 11 3 : 25.
Jellinek, M. H. IV 12 : 77.
Jellinghaus, H. IV 2 : 37.
Jenikego, L. IV lld : 2; lle : 16a.
Jenny, G. IV 1 : 126.
Jerusalem, W. I 3 : 119.
Joachim, E. 11 6 : 36.
Joachirasohn, P. II 8 : 45.
Jodl, r. IV 13 : 14.
John, A. IV IIa : 85.
Jonas, A. 17: 76. IV IIa: 78.
— F. III 2: 53; 3: 7. IV 3 : 58; 6 :
31; lle :29b.
Jostes, F. IV 2 : 31.
Jttlicher, A. II 7 : 3.
Jung, A. I 6 : 84. IV 12 : 163.
— K. IV IIb : 119.
Junge, A. 14:3.
Jungfer, J. IV 4 : 31.
Jungmann, J. IV lld : 8.
Junker, H. IV lle : 60.
Kaberlin. I 3 : 50, 83. IV 12 : 13, 152.
Kade, R. III 2 : 20, 46, 61/2. IV 4 : 28.
Kämpf, W. IV 12 : 16.
Kaindl, K. F. IV 6 : 60.
Kalbeck, M. IV IIa : 69.
KalfF. II 1 : 16.
Kaliseher, A. Ch. IV 14 : 11.
- S. IV IIa : 73.
Kanoldt, E. IV 13 : 64.
Kapferer, J. A. IV 2 : 175.
Karpeles, E. IV IIa: 21; llf:7.
- G. IV IIb : 57, 77, 101; 14 : 16, 19.
Kastner, W. A. 13: 63.
Katt, F. IV 4 : 182.
Kauffmann, E. IV IIa : 93.
- F. I 5 : 13.
Kaufmann, A. III 2:4.
- G. II 8 : 5, 16.
- R. IV 12 : 120.
Kawerau, G. U 6 : 3, 5, 11, 17, 49,
56/9, 61; 7 : 25, 33, 35, 38, 65, 71.
- V^f. II 5 : 28 ; 7 : 66. HI 4 : 44.
IV 7:5.
Kayser, J. I 6 : 2.
Keck, K. H. 17: 69.
Kehr, C. I 4 : 1 ; 6 : 4-5.
Kehrbach, K. I 6 : 24.
Kehrein. 16:2.
Keil, K. IV 1 : 71; 8 : 9; IIb : 54;
12 : 14.
Keiter, H. IV 2 : 186; 3 : 3.
Keller, A. I 6 : 56.
- H. A. V. n 1 : 12.
- L. II 2 : 11 ; 7 : 15/6, 56/7.
Kemke, J. I 4 : 30.
Kent s. M. Harden.
Keppol, K. IV 2 : 100.
Kern, F. 17:4. IV 2 : 122; lld : 3;
lle : 37.
Kettner, G. IV 12 : 65, 95, 157, 161, 170.
Keussen, H. I 6 : 70.
Keysser, A. I 4 ! 62.
Keyssner, G. II 6 : 24.
Kienzl, H. IV 4 : 97, 135.
Kilian, E. I 3 : 18. IV 4 : 21, 33, 51,
119, 173, 190; lle : 6a.
Kinzel, K. II 6 : 6. III 4 : 43.
Kirchbaeh, W. IV 14 : 50.
Kirehhoff, A. 1 4 48, 86, 90/4, 98.
Kirchner. III 2 : 32.
Kisch, W. I 5 : 87.
Klaar, A. 1 3 : 18.
Klee, G. I 7 : 46. IV 4 : 32.
Klein, 0. 13: 86. IV lld : 16.
Kleiner!, G. 13: 143.
- K. E. IV 3 : 123.
Kleinschmidt, A. I 5 : 118, 122.
Kleinstiick, G. 14: 63.
Kleinwächter, H. II 7 : 61.
Klewitz, E. I 6 : 60.
Klopfer, K. E. IV 1 : 86.
Kluckhohn, A. v. IV 6 ^ 18.
Knaake, J. K. F. 14: 34. II 6 : 35;
7 : 39.
Knapp, J. IV 6 : 15.
Knauer, 0. IV 1 : 111.
- V. I 3 : 18.
Knauth, F. I 7 : 26.
Knebel - Doeberitz, H. v. IV 8 : 7 ;
IIb : 110.
Knittl, M. I 5 : 74.
Knod, 6. 11 8 : 58.
Knoop, 0. 15: 17, 34.
Koboll, L. V. 14:2.
Koch, A. I 4: 102. IV 11c: 29.
- M. I 3 : 60; 5 : 16. II 7 : 75. IV
1 : 126; 2: 185; 4: 166; 6:19; 8:15;
lla:l; 12: 1-2, 13, 57, 84, 155.
Kochendörffer, K. 14:5, 53. II 1 :
12. IV IIb : 9, 11.
Köhler, B. IV 4 : 183a; 12 : 175.
- F. I 3:43; 7 : 86.
- Reinh. II 2 : 23. IV IIb : 103.
- Rieh. IV 3 : 37.
Költzsch, F. II 7 : 40.
Königsberg, A. IV 4 : 134.
Könnecke, G. II 7 : 27.
Koppen, F. v. m 1 : 10.
Körner, F. IV 6 : 23.
Köster, A. IV 1 : 126; 12: 1.
Köstlin, H. A. II 7 : 20.
- J. I 6:67. II 6:5, 13; 7 : 51/2
Kofahl, A. IV 6 : 45.
Kohlschmidt. II 7 : 36.
Kohn, Gotthilf. IV 2 : 97.
- M. IV 1 : 120.
Kohrs, H. IV 2 : 90.
Kohut, A. IV 2:113; 3:6; 4:113,
165.
Kolde, Th. U 6 : 1, 10, 16, 49, 57, 63;
7 : 38, 73.
Koldewey, F. I 6 : 55.
Koller, 0. IV 7 : 6.
- Th. 17:5.
Kollmann, A. III 4 : 30.
Konieki, A. IV IIb : 87.
Kont, J. IV IIb : 2.
Kootz, .7. 15: 97.
Koppmann, K. III 4 : 2, 19, 43.
Korn, E. IV 4 : 51.
Korneck. II 6 : 27.
Korscheit, G. IV 2 : 11.
Koser, R. IV 1 : 98.
Kotelmann, R. 15:8.
Kraft, B. IV 12 : 18, 27.
Krais, F. A. IV 12 : 50.
Kramer, L. v. IV lld : 4.
Krassuig, J. 13: 70.
Kraus, F. X. IV 13 : 12.
Krause, E. IV 12 : 91.
- K. E. H. I 2: 13. II 4 : 44; 5 : 11.
- R. I 6 : 42.
Krauske. I 5 : 111.
Krauss, F. S. I. 5 : 15.
Kraz. I 7 :35.
Krebs, C. IV 4 : 181.
Kreiteu, W. IV 13 : 67.
Kreitz, W. I 6 : 39.
Kremer, A. Freiherr v. 15: 7.
Kressner, A. IV 1 : 107.
Kroyssig. IV lle : 37.
Kronenberg, M. I 3 : 11. IV 0 : 63.
Kroschel. I 6 : 74.
Krüger, G. I 7 : 67.
Kühn, P. IV 12 : 31.
Kühnemann, E. IV 6 : 63.
Kueke, E. I 3 : 18.
Kürschner, J. IV 2 : 41 ; 12 : 51.
Kummer, K. F. II 4 : 22. IV 4 : 107.
Kuntze, F. III 4 : 17.
Kurtz, J. H. II 7 : 2.
Lambol, H. IV Üb: 20; llf : 21.
Lamey, F. 14:10. IV 1 : 47; IIb : 20.
Lammers, A. IV 2 : 19.
Landau, M. II 8 : 2. III 1 : 12. IV
1 : 65; 4 : 103.
Landauer, G. 13: 51.
Landesberg, A. IV 4 : 129.
Landois, H. IV 2 : 188.
Landsberg, E. IV IIb : 118; 13:21.
- G. I 3 : 74.
Lang, W. 13: 22. IV 1 : 121/2;.
2 : 16, 21.5a; 6 : 74.
Lange, H. 15: 86.
Langenberg, E. I 6 : 31.
Langer, P. 16:6.
Langlois, Ch. V. 14:1.
Laporte, A. IV 1 : 113.
L'Arronge, A. IV 4 : 82.
Lassen, A. 13: 101. IV 6:9.
Lasswitz, K. I 3 : 80; 5 : 47.
Latendorf, F. IV 2 : 64/5.
Lauchert, F. II 5 : 26. III 2: 7; 5 17/8,
Laue, M. IV 1:39; 2:76; IIb : 36;
12 : 3.
Lauenstein, A. 13: 137.
Lautenbacher, J. v. IV 10 : 8.
Lavisse, E. 15: 112.
Lawrence. IV 12 : 130.
Leander, R. IV 2 : 224.
Leblanc, E. IV IIb : 108,
Lechleituer, F. IV 4 : 148.
Leclaire, Th. IV 12 : 55.
Lederer, S. II 2 : 23.
Lehmann, A. I 7 : 10.
- R. 17:4, 19. IV 10 : 2.
Leineweber, H. 17: 27. IV lld : 4a.
Leist, F. IV 6 : 63.
Leitner, K. G. v. IV 2 : 155(8, 162.
Leitschuh, F. I 4 : 19.
Leitzmann, A. II 1 : 12. IV 4:11;
6 :43; IIb: 34; 12:29.
Leixner, 0. v. 13: 140.
Lemcke, C. I 3 : 25.
Lemme, L. II 7 : 10.
Lemmermayer, F. I 1 : 4; 3 : 115/6
III 4 : 42, 48. IV 2 : 83 ; 3 : 86, 106
126; 4:97, 134.
Lentner, F. IV 4 : 133.
Lerp. II 7 : 12.
Levin, M. IV 6 : 11.
L6vy, B. IV lld: 7.
L6ry-Bruhl, L. IV 1 : 22/3; 13 : 6.
Lewes, G. H. IV IIb : 35.
Lewin, A. IV 3 : 119.
Leser, M. v. 12: 8/9a.
Leyser, J. A. IV Hb : 86.
Lichtenhold, A. I 7 : 74/5.
Liebrecht, F. I 5 : 18.
Lies, H. A. IV 4 : 163.
LUiencron, R. v. 15: 119. II 2 : 10;
4 : 2, 47/8 ; 6 : 19 ; 8 : 31, 48.
Lindau, P. IV 4 : 208.
Linde, J. IV IIa : 7.
Lindemann, W. IV 1 : 3, 8.
Linder, G. II 7 : 25.
Lingg, H. IV 2 : 22/3.
Linke, J. II 2 : 8, 12.
Lipps, Th. 13: 35/6, 68/9.
Littrow-Bischoff, A. v. IV IIb: 80.
Litzmann, B. IV 4:106; IIb : 20;
12: 13; 14:42.
- C. C. T. IV 12:44; 13 : .30.
Loebner, H. IV 4 : 204.
LOhn-Siegel, A. IV 2:39; 4:69; 6:47.
Loeper, G. v. IV IIa : 10, 73, 76;
IIb: 7; lle: 25; llf: 12.
Loesche, G. II 1:1, 13; 7 : 47/9.
Löschhom, H. 17: 54, 66. IV IIa : 77.
Lötze, C. I 6 : 20.
LOwenfeld, R. IV 4 : 97, 176.
Lohmeyer, K. H. IV 4 : 155.
Lohr, 0. I 5 : 55.
Lombard, E. IV 4 : 64.
Looten, C. III 4 : 25.
172
Autorenregister.
Lorion, B. IV 4 : 67.
Loserth, J. I 4 : 6 ; 6 : 69.
Louvier, F. A. IV lle : 38.
Ludwig, H. IV 1 : 31 ; IIb : 46a.
LUbke, W. IV 2 : 81 ; 4 : 187 ; IIa: 33.
Lttdemann, E. II 6 : 20.
Lüttge, E. I 6 : 41.
Lyon,0. 1 1: 16; 7 : 7-7a, 44, 55, 85a;
IV 2:227; 12:3a; 13:68.
Machule, P. 11:6.
Madschid Pascha. IV 3 : 65.
Mahly, J. I 2 : 20. IV 1 : 119; 3 : 103
Mager, A. IV 8 : 17.
Mahrenholtz, R. IV 1 : 27, 109 — 10,
123; 2: 146; 4: 126/8; 12: 125/7.
Majunke, P. II 6 : 56, 62, 69.
Maltzahn, W. v. IV 12 : 49.
Manitius. IV 1 : 2.
Manz, G. IV 4 : 54.
Marbach, H. I 3 : 77.
Marcks, E. IV 1 : 41.
Mariou, H. 16: 15.
Markgraf. II 8 : 55.
Markhof s. Mautner-Markhof.
Marquardt, H. 14: 70.
Martersteig, M. IV 4 : 173; 12 : 8.
Martin, E. I 2 : 3. II 3 : 1, 20 ; 4 : 25 ;
7 :60. III 2 : 24. IV IIb : 117; 11c: 8.
— Th. IV 12 : 70.
Maschke, R. 13: 106.
Masing, W. IV 12 : 74.
Masoch s. Sacher-Masoch.
Massonius, M. 13: 13.
Matthias, A. I 7 : 47.
— E. II 5 : 29 ; 8 : 56.
— Th. 13: 67.
Mauerhof, E. 13: 49. IV IIb : 109.
Maureubrecher, W. IV 12 : 100.
Maury s. Bonet-Maury.
Mauthner, F. IV IIb : 69; 13 : 62.
Mautner- Markhof, 0. I 3 : 82 ; 5 : 52.
Mayerhofer, J. II 3 : 28/9.
McLintoek, R. IV 14 : 40.
Mederus, P. III 2 : 35.
Mehring, S. I 3 : 40.
Meier, Gabriel. I 5 : 94.
— J. II 3 : 12.
Meinhof, H. II 7 : 55.
Meisner. IV IIa : 48.
Meissner-Diemer, F. IV 4 : 116.
Mekler, S. 13: 31,
Melzer, E. IV IIa: 11; llf :9.
Merkens, H. IV 1 : 101.
Merlo, J. J. IV 4 : 174.
Merschberger. IV 4 : 19.
Mesnard s. Adler-Mesnard.
Meyer, A. G. 17:8.
— Christian. II 8 : 27.
— Conr. F. IV 3 : 39.
— F. Herrn. I 4 : 96, 100/1. II 1 : 14.
— Julius. IV 4 : 5.
— Mathias. I 7 : 89.
— Oscar. I 4 : 53, 81.
— R. M. 13: 36, 88. IV 6 : 40.
— T. G. 14:5.
Meyer-Markau, W. 16: 47.
Meyer ron Waldeck, F. IV lle :28a.
Meynert, H. IV 12 : 35.
Michaelis, C. I 7 : 66.
— L. IV 1 : 56.
Michel, R. II 3 : 14.
Michels, V. II 4 : 31/2.
Mickley-Thoinert. IV 2 : 28.
Mielck, W. H. IV 2 : 229.
Mielke, H. IV 3 : 1.
Miessler, A. IV 12 : 24.
Minor, J.^ II 4 : 3. III 2 : 65. IV 1 : 38;
4:9, 47, 124/5,173; 11c: 13; 12:1
-2, 5, 7, 33, 36, 40, 43, 53, 72, 80,
83, 87/8, 93, 98, 104/5, 141, 149,
153, 158.
Mirsch, P. IV 3 : 33.
Mix, G. IV 4 : 52.
Moser, A. IV 3 : 127.
Moldehn, A. 16:8.
Moleschott, J. IV 11c : 14.
Molin, J. IV lle : 24.
Morgenstern, 0. 14: 67.
Mor-Sunnegg, E. v. IV 2 : 110, 147.
Mosapp, H. IV 2 : 202.
Mosen, P. II 7 : 69.
Moser, 0. IV 4 : 43.
MUhlhausen. 12:7.
Müller, E. IV 12 : 96, 118.
- Georg. I 6 : 54. II 7 : 28/9. III
4: 13.
- Hans. I 3 : 65.
- Max. IV llf :3.
- M. R. IV 3 : 71.
- Wilhelm. 12:5.
. IV 1 : 12/3; IIa: 3.
MUUer-Guttenbrunn, A. IV 4 : 97.
MUnz, B. IV IIa: 2; IIb: 81; 12:2.
Mummenhoff, E. II 7 : 19.
Muncker, F. IV 2:107; 7:6; 8:12;
lle : 6; 12 : 166, 169; 13 : 10, 15, 18.
Nagel, W. II 2:43; 4:49.
Nagele, A. IV 2 : 144. .
Nanarelli, F. IV 4 : 93.
Nardelli, G. IV lld : 9.
Nathusins, M. v. IV 2 : 38.
Natzmer, G. E. v. III 5:2-4.
Naumann, E. I 7 : 71; IV 10 : 5.
NaviUe, E. IV 6 : 35.
Nebel, W. III 5 : 13.
Necker, M. I 3 : 18. IV 3 : 101 ; 4 : 98,
203.
Neff, J. II 8 : 15.
Neide, S. IV 12 : 67.
Nemo. IV 3 : 98.
Nerrlich, P. IV 3 : 28, 31, 33 ; 14 : 2.
Neubauer, J. 17: 73.
- L. III 2 : 39.
- R. I 7 : 68. II 6 : 6.
Neubürger, E. IV 13 : 44a.
Neumann-Hofer, 0. 13: 132, 138.
Nick, P. 14:9.
Nicklas, J. I 7 : 4—5.
Nicolai, W. I 3 : 14.
Niemeyer, E. IV 12 : 71.
Niggli, A. IV 4 : 168.
Nippold, F. rV 1 : 33.
Nitsch, F. II 7 : 38.
Nitzold, F. F. I 6 : 21.
Nodnagel, E. 0. IV lle : 53.
Nöldeke, W. I 7 : 57. IV IIa : 77.
Nolhac, P. de. 14: 39.
Nolte, Mary. IV 3 : 73.
Nonnemann, F. 15:6.
Oberbreyer, M. IV 3 : 18.
Obser, K. IV 2 : 243.
Odinga, Th. II 2 : 4.
G. Oekander, G. IV lle : 30a.
Oertel, G. IV IIb : 55.
Oettingen, W. V. IV IIa: 31, 73.
Offermann, F. I 3 : 102.
Ofterdinger, L. F. IV 8 : 14.
Osthaus, C. IV 1 : 99.
Ott s. Escher-Ott.
Ottmann, H. IV 12 : 89.
Otto, E. I 5 : 84.
- F. I 2 : 6a; 7 : 28.
- G. I 6 : 59.
- H. W. IV lld : 26.
Pachtler, G. M. 16: 58.
Paetow, W. IV 4:97; IIb : 70.
Painter, F. V. N. II 6 : 22.
Päl, Timär. IV 12 : 150.
PaUmann, H. IV IIb : 41.
Palm, A. IV 2 : 79.
- R. I, 7 : 58. IV IIa : 77.
Paludan, J. III 4 : 23.
Panitza, 0. UI 4 : 39.
Panuier, K. III 2 : 52.
Pascal, Dr. s. Leo Berg.
Paulsen, F. IV lle : 48.
Paulton, E. A. II 3 : 35.
Peetz, P. 14: 4.
Percy, Th. S. IV 13 : 4.
Porfall, K. V. IV 4 : 190.; lle : 6.
Perlbach, M. 14:5.
Perrens, F. E. 16: 15.
Pestalozzi, F. 0. IV 3 : 53.
Peters, J. II 4 : 42.
- W. IV 6 : 54.
Petersen, J. IV lle : 40.
Petz, G. II 4 : 5.
Pey, A. IV 12 : 145.
Pfaff, F. IV 13 : 35.
Pfeiffer, G. J. IV 3 : 9; lle : 42.
Pflster, H. IV 12 : 127.
Pfitzner, E. III 2 : 57.
Pfütze, C. I 3 : 103, 131, 135/7. IV 4 : 14.
Philippson, Rob. I 3 : 14a. IV 0 : 52;
12:58.
Pichler, A. 13: 36. III 2 : 60. IV
2 : 173, 182.
Pieper, J. IV 6 : 30.
Piersou, E. IV 13 : 63; 14 : 50, 52.
Pietsch, P. II 6 : 26.
Pilo. 13:71.
Pinloche, A. 16: 15. III 4 : 5.
Plaumann, E. I 3 : 91 ; 5 : 56.
Plöhn, R. I 3 : 36.
Puiower, 0. 11:2. IV lle : 37, 41a,
43; 13 : 6.
Pohlandt, M. I 6 : 43.
Polack, F. R. 16: 39.
Poll, M. IV 4 : 90.
Pollak, L. IV IIb : 23.
Polzer, A. IV 3 : 124.
Portig, G. 13: 27, 36, 72, 81, 122,
140. IV 12 : 168.
Potoni6, H. IV llf: 19.
Preger, W. IV 2 : 101.
Prem, S. M. III 4 : 45. IV 2 : 174,
178; IIb: 115.
Pr6vost, M. IV 14 : 38/9.
Primer, ü. IV 3 : 47.
Probst, H. 16:5.
Prochäzka, R. Frh, I 3 : 39.
Pröhle, H. 12:12. IV 1 : 40, 93 ;
2 : 30, 135, 137 ; 3 : 36, 92; 4 : 49.
PröU, K. IV 2 : 161/3.
- L. 15: 101.
Proelss, J. IV 2 : 247 ; 4 : 68; IIa : 29;
14 : 4—5.
- R. IV 2 : 24.
Pröscholdt, L. 11:5.
Prosch, F. 13: 44.
Prou, M. 14:1.
Pumpe, P. III 6 : 26.
Pucskö, A. IV 6 : 66.
Puls, A. UI 2 : 45.
Puymaigre, Le Comte de. IV 12 : 125
Pyl, Th. II 7 : 58.
Quarck, M. IV 14 : 45.
Quellobold usw. II 1 : 10.
Raab, R. 13: 107.
Rabe, M. IV 4 : 177.
Raddatz. IV 12 : 146.
Rade, P. M. II 6 : 5.
Rady, J. B. II 0 : 53; 7 : 22.
Raiz, A. IV lle: 41.
Ranke, L. v. IV llf: 2.
Ransohoff, G. IV 8 : 16.
Rathgeber, J. I 5 : 36. IV 2 : 221.
Ratzel, F. III 5 : 33/4.
Rau, A. I 3 : 85.
Rebbert, J. II 6 : 54.
R6e, P. I 4: 15; 5:91.
Regnet, C. A. III 4 : 53.
Rehberg, K. I 3 : 38.
Rehorn, F. IV 12 : 66.
- K. IV 3: 2; 12:69.
R«ich, E. 13:6, 18. IV 4 : 121, 125.
Autorenregister.
173
^'Keiehel, E. I 3 : 142. IV 6 : 44.
— R. IV lle : 21.
Keichl, A. II 4 : 7. IV 13 : 33.
Reifferscheid, AI. III 1 : 6.
Reimann, H. III 4 : 20.
Reinach, S. IV 12 : 77.
Reindell, W. II 6 : 37; 8:29.
Reinhardstöttner, K. v. II 8:3, 12/3,
52. IV 4: 56/7; 6: 18.
Reinick, R. IV 2 : 58.
Reinthaler, C. IV 4 : 34.
Eeissenberger, A. IV 4 : 112.
Remer, P. IV 14 : 13.
Renn, B. 14: 78.
Rentsch, J. IV 4 : 2-3.
Requin. I 4 : 31.
Reuling, C. II 4 : 3. III 4 : .^2.
Reuter, H. III 5 : 5.
— W. I 7 : 29.
Rieardou. I 3 : 73.
Richter, A. I 5:25; 6:93/4.
— F. I 6 : 48.
— Karl. I 6 : 32, 34.
— P. E. 14: 54.
Rickert, H. IV 6 : 13.
Riedel, K. IV 6 : 37.
Riedl, J. K. IV 8 : 15.
Ries.s, M. II 5 : 27.
Riffert, J. IV 3 : 8, 79.
Ringeling, W. IV 11c: 17.
Rinn, H. III 5: 14. IV 13: 26.
Ripley, A. L. IV 3 : 66.
Ritscbl, 0. IV 13: 27.
Ritter, M. II 1 : 3. III 1:1.
Robert. 13:8.
Robert-tornow, W. IV 1 : 84.
Rod, E. IV IIb: 85.
Rodenberg, J. 17:1. IV 4:71; 13:
22; 14: 53.
Roediger, M. I 1 : 11. II 8:56.
Röhm, J. B. II 6:50; 7:72.
Röhr, J. 13: 20.
Röhricht, R. 14: 84.
Röseler, W. IV 2 : 23.
Rössler, C. I 2 : 21. IV 4 : 36.
Roethe, G. II 2:14/6, 20; 3:9; 5:
31, 44.
Röttecken, H. IV 4 : 29; lle : 2.
Rogers, A. IV lle: 27; lld: 1.
Rogge, B. IV 2:226; IIb: 98.
— C. I 5: 21.
Rohnert, W. II 6 : 42.
Rollet, H. IV IIb : 20.
Ropp, G. Frhr. v. d. III 1 : 6.
Roquette, 0. 15: 43.
Rosenberg, A. IV 12 : 144.
Rosner, L. IV 4 : 105.
Rost, J. R. 16:9. II 7 : 54.
Roth, H. III 4 : 54.
Rucktäschel, Th. 13: 9.
Rudolph, L. 16: 35. IV 12 : 171.
Rück, K. II 8 : 23.
RUdigor, 0. 14: 104.
Ruepprecht, C. 14: 57.
Ruland, C. IV IIa: 62.
Rumpelt, H. B. I 3: 43; 7: 86.
Rüssel. IV 6 : 33.
Sacher-Masoch, L. v. IV 4 : 135.
Saenger, S. IV 12 : 56.
Sahr. IV 2 : 33.
Salis. II 8 : 15.
Sallmann, K. II 6 : 5, 66. III 1 : 8.
IV 3 : 112.
SallwUrk, E. v. 16: 15, 25.
Salomon, L. IV 2 : 22, 206; 4 : 135.
Saltarino, Signor. III 4 : 35. IV 3 : 94;
4 : 151, 154.
Sander, H. I 5 : 105.
Sanders, D. I 5 : 28 ; 2 : 14. IV 3 : 43/4,
61; 6 : 57; Hb : 6, 32, 75; lld: 24;
lle: 25, 28; llf : 13; 13:24, 58;
14 : 43, 48.
Sarcey, P, IV lle : 16.
Sarrazin, G. III 4 : 6.
— J. IV 12 : 127.
Sarreiter, J. IV 3 : 75.
Sattler, M. I 6 : 62.
Sauer, A. I 1 : 18. IV 2 : 3, 9, 36 ;
4:2, 96 ; 8:3; 14 : 29.
Savits, .T. IV 4 : 187.
Srhachinger, R. IV 1 : 49; 4 : 110.
Schack, Graf v. I 3 : 99. IV 3 : 134 ;
lla:l.
Schädel. II 7 : 23.
— 0. IV 4 : 53.
Schaefer, .1. W. I 7 : 39.
Schäfler, J. IV 2 : 108.
Schalk, G. IV 3 : 119.
Schall, J. II 8 : 25.
Scharlemann, W. IV 2 : 96.
Sehaubaeh. II 5 : 17.
Schaurer, T. IV 4 : 197.
Scheele, G. IV 1 : 97.
Schenkl, K. I 6 : 73.
Scherer, H. I 6 : 33.
— W. IV 13 : 32.
Scheuffler, II 7 : 47/8.
Schilling, M. I 1 : 10
Schinzer, F 15: 108.
Schirlitz, G. IV 1 : 103 ; 4 : 18.
Schlecht, J. I 5 : 95.
Schienther, P. III 4 : 40. IV 4 : 24,
171, 178/9, 194, 196, 206; IIa: 57.
Schlesinger, M. IV IIb : 59.
— S. IV 4 : 133,
Schletterer, H. M. IV 4 : 158, 160.
Schlösser, R. IV 4 : 13.
Schlossar, A. IV 1 : 95; 6 : 79.
Schmeisser, R. 16: 28.
Schmerl, M. IV 12: 114.
Schmid, AI. R. I 6 : 72.
— Anton. IV 1 : 5.
— G. I 6 : 16. IV 6 : 26.
Schmidkunz, H. 13: 87.
Schmidt, Aug. I 5 : 99. IV 4 : 180.
— Erich. I 3: 117. II 4: 23; 7 : 37.
III 2 : 42. IV 3 : 41, 128a ; 4 : 8, 24,
33,36, 138; IIa: 1, 73; lle : 28a, 59.
— E. V. 17: 82.
— H. IV 12 : 55.
— Joh. I 2 : 19.
— Julian. IV 1 : 1 ; lle : 37a; llf : 18.
— Karl. I 6 : 53.
— Lothar. I 3 : 62.
— Otto. IV 1 : 123.
— P. 0. 13: 59.
— Reinh. II 5 : 14/5.
Schmidtmayer, R. IV 12 : 143.
Schmidt- VS^artenberg, H. IV 13 : 50.
Schmidt-ViTeissenfels, Ed. IV 1 : 15.
Schmitt, L. IV 11c : 2; lle : 18;
12 : 62.
Schmoller, Dekan. II 7 : 65.
Schuapper-Arndt, G. IV 14 : 45.
Schneeberg s. Berthold-Schneeberg.
Schneege, G. IV IIa : 17 ; llf : 4.
Schneidawind, A. 16: 23.
Schneider. E. IV llf: 3.
— J. II 7 : 59.
— K. Th. II 6 : 5.
Schnittger, Doris. IV IIb : 79.
Schnorrenberg, J. 14: 52.
Schnütgen, Em. I 6 : 79.
Schönbach, A. E. I 3 : 37 ; 5 : 26, 44.
II 2 : 24; 5:22. IV 2 : 85, 161;
4 : 121, 135.
Schöne, A. I 7 : 14.
Schönlank, B. I 5 : 116.
Schöppe, G. I 7 : 59.
Schott, Th. 16: 29. III 2 : 54.
Schrader, H. IV 7 : 8.
— 0. IV IIb : 94.
Schräm, W. IV IIa: 32.
Scliranka, E. M. IV 13 : 44a.
Schröder, Edw. I 2 : 10/1, 17. II 4 : 8;
5 : 2, 6, 19. IV 7 : 7.
Schröer, A. 11:5. IV 2 : 240.
— K.J. IV IIa: 24, 67, 91; lle : I,
31a, 55.
Schroeter, A. I 1 : 11 ; 3 : 99. II 1 : 9.
IV 1 : 1; 2:3; 3: 83:4: 93; IIa: 1;
13 : 45.
— M. V. IV 4 : 15.
Schubart, M. IV IIb : 20.
Schubert, E. II 5 : 39.
— Gust. IV 14 : 20.
Schttddekopf, C. II 3 : 32; 8 : 43.
IV 4 : 10.
Schttssler, M. I 5 : 92.
Schttttelkopf, B. I 5 : 33.
Schütze, H. II 2 : 41/2. IV 2 : 249.
Schuller, I 5 : 120.
Schultheiss, G. IV 1 : 24.
Schultz. I 5 : 72.
— Alwin. III 1:11.
Schultze, Fritz. 13:6.
— W. IV 1 : 14.
— Walther. II 5 : 40.
Schulz, B. 16: 56.
Schulze, E. IV 13 : 52.
— G. I 6 : 76.
— Ludwig. II 5 : 7.
Schumann, A. II 5 : 45.
— G. I 6:4; 7 : 31|2. II 4:28.
Schurtz, H. IV 2 : 72.
Schuster, A. I 4 : 20.
— Ch. F. A. 17: 87.
— T. II 2 : 3.
Schwabe, J. IV 1 : 63; IIa : 82.
Schwartz, A. IV 1 : 73.
— K. I 2 : 6a.
Schwarz, J. I 6 : 73.
— Walther. IV 2 : 12.
Schwarzbach s. Beheim-Sehwarzbach.
Schwebe!, 0. III 5 : 9. IV IIb : 102.
Schweitzer, Ch. II 4 : 25.
Schwenke, P. IV 12 : 30, 42, 82, 140.
Schwörer, F. IV 12 : 131,
Seeber, J. IV 1 : 3.
Seeberg, R. II 7 : 66.
Seelmann, W. II 3:25; 4: 1.
Seidensticker, 0. IV 1 : 125.
Seiler, F. IV 4 : 30 ; 12 : 79.
Seinecke, F. I 7 : 90.
Seitz, K. I 6 : 82.
Seliger, P. IV lle: 9; 12 : 1.
Sembrzycki, J. II 7 : 32. III 4 : 10.
Semler, Ch. II 6 : 73. IV IIa: 12;
lld: 13, 17; llf :8, 10.
Senckel, E. II 6 : 43.
Senger, H. IV 14 : 36.
Servaes, F. I 3 : 32. IV IIa : 39;
12 : 94.
Seuifert, B. 13:4. IV 3: 9; 8:1-2,
5; 10: 10; IIb : 91 ; 14 : 41.
Sevin, A. IV 3 : 23.
— L. IV 12 : 132.
Soyboth, A. II 3 : 21.
Seydlitz, W. v. II: 15.
Sidgwick, A. IV 13 : 16.
Siegel s. Lohn-Siegel.
Siegen, K. IV 4 : 33.
Siegfried, C. IV IIb : 19; 11c : 28.
Sievers, E. II 1 : 12.
S ig wart, Chr. I 6 : 68.
Singer, W. IV lle : 16.
Sittard, J. III 4 : 4, 20. IV 4 : 166.
Sloet, L. A. J. W. 15: 54.
Socin, A. 12:1.
Sohns. I 5 : 30. II 6 : 27.
Soir6, E. IV lle : 13.
Sommert, H. I 7 : 88.
Sorel, A. IV 1 : 115; 12:119.
Sotzmann. IV 4 : 153.
Speidel, A. IV 2 : 81 ; 4 : 135; 6 : 12.
Spengler, F. II 4 : 37 ; 8 : 51.
Sperber, E. 16:4.
Speyer, 0. I 7 : 28; IV llf: 15.
Spielhagen, F. I 3 : 98. IV 1 : 58.
Spieser, J. 15: 37.
Spitta, L. IV 2 : 198; 14 : 27.
174
Autorenregister.
.Spittclor, K. I a : 97, 108. II 1 : 19.
Sprenger, R. II 4 : 40/1. III 5 : 12.
IV 2: 18, 47, 62, 88; 3:7, 42;
4:26/7, 42, 60; 11c: 26; lle : 22,26.
47, 51, 55, 57 ; 13 : 46, 68.
Stark, R. IV 2 : 205.
Steffen, W. 14: 72.
SteffenLagen, E. 14:5, 53.
Steger, A. I 7 : 83.
Stehle, B. I 5 : 62.
Steiff, K. 14: 33.
Steig, R. IV 10 : 6.
Stein, L. 17:9.-
Steinbrück, 0. I 7 : 79.
Steine], 0. IV 2 : 100, 103/5, 121.
Steiner, R. IV IIa : 60, 75; ll'f : 23.
Steinhausen, G. lU 1 : 8—9.
Steinmeyer, E. 12:5.
Stengel, E. IV 2 : 169.
Stern, Ad. 11:8. II 8 : 2. III 4 : 49.
IV 2:61,216; IIa: 79; IIb : 60.
— Alfr. II 3 : 6. IV 3 : 102.
— B. IV 2: 165; 4: 136.
— F. IV 4 : 170.
— L. Clir. IV 2: 117; 3:83.
Sternfeld, R. IV 4 : 195.
Stiefel, L. II 4 : 4.
Stiller, 0. I 7 : 16, 84.
Stocker, F. A. 15: 88. IV 2 : 59.
Stoeckle, G. IV 13 : 44.
— J. IV 3 : 97.
Stoll, A. IV 13 : 20.
Straeter, E. IV IIa: 57/8; lle: 44;
13:5.
Strauch, Ph. I 1 : 17. II 4 : 40; 5 : 30.
Strehlke, F. IV IIa : 76.
Stricker, E. II 7 : 24.
Suck, J. H. IV 2 : 29.
Sudhoff, K. II 5 : 39; 8 : 7.
Sttdenhorst s. v. Z wiedinoek-SUdenhorst.
SUpfle, Th. IV 1 : 111.
SUtterlin, A. IV 12 : 20.
Suhle, H. I 6 : 79.
SuUy, Virginia G. IV 14 : 12.
Sunuegg s. Mor-Sunnegg.
Suphan, B. IV 1 : 102, 128; 2:109;
4: 12; 8:8; 10 : 7 ; IIa : 30, 59;
IIb: 31, 56, 93; 11c: 3; lle : 29a,
31c.
Sutter, J. II 6 : 74.
Sydow, Marie. IV 2 : 25.
Swanwick, Anna. IV lle : 32b.
Swoboda, W. I 7 : 72. IV 12 : 99.
Szamatölski, S. II 3 : 30; 6 : 35; 8 : 1,
24, 27, 29. III 4:27; 5 : 19.
Szäss, K. IV 12 : 63.
Taun-Bergler, 0. UI 4 : 37.
Tappert, W. II 2 : 44. III 2 : 64.
Taubert, 0. III 4 : 7.
Terburg-Anninius, G. I 5 : 29. II 5 : 21.
Teuber, 0. IV 4 : 200.
Teufel. IV 11c: 20.
Teuffenbach, A. Frh. v. IV 3 : 27.
Teutsch, Q. D. II 8 : 47.
Texte, J. II 3 : 34
Thaler, K. v. IV 2 : 166, 182.
Theden, D. IV 3 : 95.
Thenn, A. II 6 : 61.
Thierry-Poux, 0. 14: 32.
Thijm, Alberdingk P. II 3 : 27.
Thora, H. I 3 : 56.
Thomas, C. IV 4 : 91.
Thorbecke, A. I 7 : 60.
Tille, A. I 5 : 24, 67/8. II 3 : 14a, 31 ;
8 : 39. m 2 : 65/6; 4 : 27/9. IV
4 : H5.
Tübler, G. III 4 : 14.
— L. II 2 : 22.
Toischer, W. II 1 : 13.
Tomascheck. I 7 : 33.
Toschi, R. IV 4 : 142.
Toy, W. D. IV 4 : 92.
Trabert, A. IV 4 : 129.
Traub, Th. IV IIa: 11.
Trautmann, K. II 8 : 12, 52/3. III 4 :
38. IV 4:57; 6: 18.
Treichel, A. 15: 113.
Treitschke, H. v. IV 1 : 10; 13 : 60;
14:3.
Trinius, A. I 4:28, 46; 6: 22.
Trommershaugen. II 6 : 07.
Trost, L. IV 6:63.
TrUmpelmann, A. II 4 : 22.
Tschackert, P. II 6 : 34/5 ; 7 : 31, 34.
Tschirsch. IV 7 : 2.
TUrck, H. I 3 : 47. IV IIa : 47.
Tupetz, Th. IV 1 : 65/6.
Ueberhorst, K. IV lle: 10.
Uhlhorn, G. II 6 : 38.
UUsperger, F. IV 12 : 129.
Ulrich, A. I 4 : 64.
Uubescheid. IV 12 : 1, 13, 81.
Unruh, Th. IV 1 : 50.
Unseld, W. I 5 : 19.
Ursus. IV 1 : 116.
Usteri, J. M. II 7 : 45.
Valbert, G. IV 14 : 12.
Valentin, V. I 3 : 36, 100, 109-11. IV
IIb : 40; 13: 19.
Vä,li, B. IV 4:202.
Vallat. I 5:11.
Vargha, J. IV 12 : 63.
Vilrö, F. IV 12 : 63.
Varrentrapp, C. IV 6 : 55.
■Vermehren, M. IV 3 : 84.
Vesterling, H. IV 10 : 3.
Vetter, F. II 5 : 1. IV 3 : 88; 12 : 1.
Veyssier. IV 12 : 1.
Vilmar, A. F. C. II: 8.
Vincenti, K. v. IV IIa : 90.
Violet, F. I 7 : 01/3. IV IIb : 46.
Virchow, R. II 8 : 27.
Vischer, F. T. IV 2 : 94.
Vitu, A. IV lle : 16.
Vlachos, A. IV 14 : 37.
Vleek, F. IV 116:34.
Vogel, E. 14:8.
Vogeler, E. 16: 86.
Vogt, 0. II 7 : 60.
Voigt, L. I 7 : 48. II 3 : 22.
Volbehr, Th. IV 1 : 21.
Volkelt, Joh. I 3 : 118.
Volkmann, L. 13: 30.
Voltz, H. IV 6 : 61.
Volz, B. IV 1 : 12.
Vonbun, F. J. 15 : 106.
Vorberg, M. IV 1 : 4.
Votsch, W. 17: 34. II 8 : 24.
Vulpiuus, Th. II 8 : 40.
Vulpius, Ch. A. IV 3 : 25.
Wackernell, J. E. II 2 : 17.
Wäschke, H. II 5:4; 7 : 46.
Waetzoldt, St. 17: 5, 14. II 8 : 56.
Wagener, B. IV IIa : 46 ; lle : 5.
Wagenmann. III 2 : 55/6.
Wagner, E. I 6 : 26. IV 6 : 29.
- H. F. II 4:39; 8:49.
- J. N. IV lld:6.
- W. IV lld: 11.
Wähle, J. IV IIb : 95.
Waiblinger, W. IV 2 : 86 ; 13 : 48.
Waizer, R. I 5 : 79.
Wald, C. 15: 42.
•Waldberg, M. Frhr. t. 13:2-3, II
4 : 21. III 2 : 2, 37, 40/1, 47, 49.
WaldmUller, R. I 3 : 36.
Waldner, F. 1 4 : 35.
Waltenborger, A. III 4 : 61.
Walther, C. III 5 : 31.
- E. IV 1 : 127; 4: 17.
- F. IV 1:60; 4: 110.
- W. II 6 : 23, 68, 70.
Walzol, 0. F. IV 4 : 48; lle : Hb,
30, 31b; 13 : 5, 42.
Warteuberg s. Schmidt-Wartenberg.
- W. IV lle : 23.
Wasiliewski, J. W. v. IV IIa : 40.
Wasserzieher, E. IV lld : 14; 12 : 21.
Wattonbach, W. II 8: 11, 27.
Wattendorff, L. I 6 : 56.
Weber s. G. Holtei-Weber.
- L. II 7 : 4-6.
- R. IV 3 : 89.
Wechsler, A. IV 12 : 173.
- E. IV 2 : 136.
Wedeil, A. IV 14 : 17.
Wegele, F. X. v. 15: 119. II 5 : 48;
8: 12.
Wehl, F. IV 1 : Ol; 4: 173.
Wehlo, J. H. 14: 107.
Wehrmann, M. II 4 : 24.
Weichelt, H. IV 3 : 85.
Weiffenbaeh, W. II 7 : 36.
Weigelt, C. I 6 : 90.
Weihe, E. 14: 59.
Weilen, A. v. II 4 : 3, 5, 36/6, 45.
III 4 : 2a. IV 3 : 136; 4 : 144, 166,
191/2; 6: 17; 14:42.
Weinhold, K. IV 11c : 10.
Weiske, H. IV 2 : 81.
Weiss, Pastor. IV 6 : 7.
- A. IV 4 : 199 ; 12 : 90.
- K. 11:9.
Weissenfeis s. Ed. Schmidt-Weissenfels.
Weisstein, G. I 4:12. IV 1 : 44 ; 1 Ib : 20,
30.
Weitbrecht, J. IV 2 : 203.
- K. IV 2 : 82.
- R. II 7:62. IV 3:75; 13 : 43.
Welschingor, H. IV 12 : 123.
Welti, H. IV 4 : 159, 161, 104.
Weltner, A. J. IV 2 : 145.
Weuck, W. I 5 : 12.
Weninger, A. 16: 83.
Wenzelburger, Th. 14: 26.
Werner, C. 16: 57.
- J. U 2 : 7 ; 5 : 2.5.
- K. IV 2 : 168; 3 : 39; 4 : 132, 137.
- R. M. 13: 18, 34/6, 42, 50. 88.
114:39; 8:49. III 4:34; 6:15; IV.
1 : 36; 2: 177, 183; 3:40; 4: 107,
110; 6 : 16; IIb : 33, 71; 13 : 9;
14 : 42.
Wernicke, A. I 3 : 72.
Wertheimer, E. IV 1 : 66.
Werther, Th. IV lld : 16.
- W. 17: 37/8.
Wespy, L. IV 2 : 35.
Westermayer, G. II 8 : 4.
Wetz, W. I 1:6; 3:48. IV 4:37;
12: 124.
Wetzel. I 5 : 69.
- A. I 4 : 38.
Whistling, K. W. IV 1 : 45.
Wiehert, R. v. 13: 72.
Wichmann, H. IV 1 : 55.
Widmann, J. V. IV 4 : 31.
Widmannstetter s. Beckh-Widmann-
stetter.
Wiedenhofer, F. 17: 73. IV IIa : 78.
Wieland, C. IV 1 : 68.
Wiese, F. I 6 : 38.
Wieser, J. II 6 : 51.
Wilbrandt, A. IV 3 : 115; 13: 31.
Wildennuth, A. IV 3: 111.
Wilhelm, Ad. IV 2 : 21 ; 4 : 45.
Wilke, E. I 6 : 40.
Willms, A. IV 3: 111.
Wilmanns, W. I 3 : 36.
Wilson. IV 12 : 146.
Wimmers, P. IV 6 : 30.
Winckelmann, 0. II 7 : 68.
Windel, H. I 7 : 64.
Winder, E. IV 2 : 179.
Winkel, G. G. IV 2 : 15.
Winkowski, T. IV 4 : 41.
Autorenregister.
175
Winter, li. II 1 : 1, 3.
Winterfeld. IV 111) : 112.
Wintherlin, F. 16: 15.
Witkowski, G. III 1 : 6; 2:26. IV
2: 1/2. 8; 11c: 15.
Wittly, G. I 5 : 102.
Wittmann. C. F. IV
Wlislocki, H. V. 15:
Wölfflin, H. IV 1 : 35.
Wönig, F. IV 4: 33; 14: 15.
Wohlfarth. IV 12 : 28.
Wolf, F. IV 2 : 169.
— G. IV 1 : 65,
— Th. II 4 : 20:
Wolff, E. I 3 : 33 52.
— Eugen. I 1 : 1 ; 3 :
IV 1 : 51; 4: 3; lld ;
4: 139; 13:51.
38a; 0 : 71.
IV 13 : 3&.
60. in 4:
:18.
Wolfruin. II 2:5.
Wolkan, R. II 1 : 13 ; III 2 : 25.
WoUorner, S. III 2 : 2 ; 4 : 16.
Worbs, 0. I 7 : 30.
Wraugel, E. 13: 21.
Wunsche, M. IV 4 : 7.
Wulckow, R. IV IIa : 67; IIb : 72.
Wunderlich, H. 11 8 : 44.
Wundt, W. IV 1 : 29.
Wustmann, G. IV 2 : 235/6.
Wychgram, J. 1 7 : 65. IV 1 : 105.
W^l, W. III 4 : 51, 63.
Wyss, A. 14: 25, 29.
Zachariae, R. N. IV 3 : 110.
Zarncke, F. IV IIb : 58.
Zeidler, J. II 4 : 38. IV 4 : 94, 115.
Zoiika, C. IV 12 : 22.
Zernin, G. 16: 92.
Zick, A. IV 4 : 22.
Ziegler, Hans. I 5 : 45a.
— Th. I 3: 12; 6: 15. III 5: 14.
Zimmer, H. 11:7.
Zimmermann, Curt. IV 4 : 109; 6 : 51.
— Gustav. I 3 : 15.
— P. III 5 : 21.
— R. IV 12: 1.
Zolling, Tli. IV 4 : 25.
Zschech, F. IV lld : 19.
Zschokke, E. III 5 : 23.
Zurabini, 15. IV IIa : 61.
Zupitza, J. II 3 : 3:i. IV 2 : 240; 3 : 1.30.
Zwiedineck-SUdenhorst, H. v. III 1 : 2.
IV 1 : 98.
Sachregister.
Aalen. II 8 : 54.
Abbt, Th. IV G : 15.
Abcedarien. I 6 : 69.
Aberglauben. I 5:1-2. 11 1 : 1 ; 5 : 26.
Ablass. II 1 : 1 ; 5 : 5.
Ablassbriefe. I 4 : 29 ; 30zeiliger 4 : 51
Ablassbulle v. 12. Dec. 1479. I 4 : 52.
Abraham a S. Clar.i. III 1 : 11 ; 2 : 7 ;
5 : 15/8.
Absentien. I 6 : 61.
Ackermann, C. IV 4 : 160/8.
— L. IV 1 : 18.
Adami, J. S. (Misander.) II 3 : 31,
Addison, J. IV 1 : 12.5.
Adel, Niederer Deutschland.s. II 1 : 1.
Adelung, J. Ch. IV lle : 20.
Aderer, A. IV lle : 16.
Aelbl. III 4 : 38.
Aelst, P. V. d. IV 11c : 11/3.
Aeneas Sylvins. I 5 : 119. II 8 : 55.
Aeschacius Major. III 3 : 2.
Aesop. I 6 : 85.
Aosthetik. I 1 : 5; 3 : 51.
— Geschichte der. I 3 : 1—24.
Aesthetisches Gefalleu. I 3 : ^2
Aesthetik uud Grammatik. I 3 : 64/7-
— u. Naturwissenschaft, 13:57, 61/3.
Aesthetische Erziehung. I 3 : 15. IV
I : 27 ; 6 : 52.
Affenheim. II 5 : 21.
Agricola, H. 0. 14: 35.
— J. II 5 : 17.
— R. I 1 : 11. 11 8 : 2'
Agrippa von Nettesheim, H. C. 118:10.
Agyrta von Bellemont. II 3 : 25.
Akademie, Berliner. IV 1 : O**.
Alamodewesen und Dichtung dagegen
II 2 : 34. III 2; 5 : 11.
Alarcon, P. A. de. IV lle : 3.
Albert, H. III 2 : 2.
Albertinus, A. I 5 : 101.
Albrecht, Herzog von Preussen. II
6 : 34/6; 7:34,
— V. von Bayern-München. II 8 : 3.
Alciatus, A. II 5 : 30.
Alchymie. II 1 : 1, 12.
Alda III 2 : 12.
Alesius, A. II 7 : 44.
Alexander I v. Russland. IV 3 : 32.
Alexandriner. III 5 : 23.
Alexis s. Häring, W.
Allegorisch. I 3 : 109.
Allegorische Dichtung. 11 1 : 12 ; 5:4.
Allgemein-Menschliches. I 3 : 103
Allgemeine Zeitung (Augsburg) IV13 : 9.
Almasy s. Wickenburg-Almasy.
Ahneida-Garrett, J. B. IV 3 : 134.
Alpen. I 5 : 31/2, 80.
Alt, Georg (Simon). II 8 : 11.
— Th. I :^ : 69.
Alltagsleben im 18. Jh. III 1 : 11.
Altenburg, M. 14:9.
Altenstoin, K. Frh. v. IV 6 : 55.
Alxinger, J B. v. IV 4 : 169; 12 : 77.
Amadis-Littoratur. III 3 : 1.
Araandus, G. II 7 : 37.
Amerbach. I 5 : 88.
Amerika. IV IIb : 105/7; 1 : 78.
Amon, P. IV 1 : 49.
Anakreontik. IV 2 : 1 — 15; 11c : 15.
Anatomie. II 8 : 5—7.
Andernach. II 3 : 12.
Andrea, J. II 7 : 65.
— J. V. III 1 : 6.
— Wilhelmine. IV 12 : 1.
Andreas v. St. Mang. II 8 : 3.
Auekdotensammlungen. III 5 : 20, 30.
Anfossi. IV lle : 29b.
Angenehme, das. I 3 : 14, 69.
Anhalt. III 5 : 7.
Anmerkungen, Stellung der. 11:1.
Anna Amalie, Herzogin v. Sachsen-Wei-
mar. IV 8: 1, lOfl; IIb : 91.
Anna Christina v. Bayern. 15: 124.
Anonyme Gedichte d. 15/6. Jh. II 1 : 12.
Anomilus. II 7 : 37.
Anthologie. IV 1 : 8—9
Anthropomorphismus. I 3 : 90.
Antigene. III 2 : 27.
Antike Litteratur. III 2 : 45/6. IV
1 : 52, 107; 6 : 54; 13 : 7.
Anton Ulrich v. Brannschweig. I 5:81;
III 3 : 9.
Anzengruber, J. IV 4 : 138.
— L. 15: 31/2. IV 3 : 1 ; 4 : 138.
Aphorismen. IV 3 : 28, 34/5.
Aramena (Schauspiel). III 3 : 9.
Archenholtz, J. W. v. 15: 12.
Archive in: Freiburg. II 8 : 16; Mün-
chen. II 8 : 3; Nürnberg. II 4 : 31.
Rostock. II 4 : 43 ; Weimar (Goetho-
und Schiller-). IV 8 : 10/1; IIa :
59 — 00, 66, 73; Hb : 1; lld : 3;
llf : 12; 12 : 1-2.
Aretius, B. II 8 : 7, 9.
Arigo. II 8 : 44.
Aristophanes. IV 14 : 1.
Aristoteles. 13:6, 25, 28, 60; 0 : 03.
II 1 : 1.
Armbruster. IV 2 : 80.
Armenpflege. II 6 : 38.
Arnd, J. III 5 : 2.
Arndt, E. M. IV 1 : 33, 47, 71 ; 2: 74;
3 : 112.
Arnim, Elisabeth v. IV 1 : 10, 41/2,
61; 3 : 76; IIb : 1; 11c : 24; 14:1.
— Familie v. IV 11c : 3.
— L. A. V. IV 13 : 32/4.
Arnstein (Kloster). IV Hb : 4a.
Ars raoriendi s. SterbebUchlein.
Arzneibücher. II 6 : 30/9.
Assing, Ludmilla. IV 1 : 61.
Association. I 3 : 20, 68, 90.
Astrologie. II 1 : 1.
Aue, Hartmann v. s. Hartmann.
Auerbach, B. 15: :35 7. IV 1 : 60/1,
111; 2 : 105; 3 : 2, 4, 7G, 90;
4 : 183; 12 : 89.
— J. II 8 : 3.
Auorsperg, Graf A. A. v. (A. Grün).
I 5 : 109. IV 1 : 61; 2 : 144, 151/5.
Auffuhrung des Dramas. I 3 : 32.
Aufklärung IV 1 : 27, 30/1, 64, 76,
100; 2 : 53.
Augsburg. 14 : 3:3, 40/1; 5 : 94 ;
6 : 10/1. II 1 : 12.
August d. J., Herzog v. Braunschweig.
14:7.
— V. Sachsen. I 6 : 56.
— komische Figur. III 4 : 86.
Augusta, Kaiserin v. Deutschland. IV
IIb : 94—102.
Augustinus. II 0 : 8.
Aurifaber. II 7 : 44.
Autocharakteristik. IV 8 : 2, 4.
Autographon. I 4 : 10/4. IV 1 : 44/8.
— s. auch Handschriften.
Autorschaftsfragen. IV 11c : 13.
Avenarius, J. II 1 : 1.3.
Aventin, J. II 8 : 12, 56. IV 4 : 56.
Avignon. I 4 : 31.
Ayrer, J. II 4 : 3.
— M. 14: 20.
176
Sachregister.
Baader, F. v. IV 13 : 14.
Bacli, Ph. E. IV 7 : 6.
Bacheracht, Therese v. IV 1 : 61.
Bacberl, F, IV 1 : 38.
Baden. II. 2 : 43.
Bader. II 8 : 18.
Baechtold, J. II 3 : 24.
Bämler, J. II 8 : 56.
Bärensprung, H. W. II 4 : 43.
III 4 : 19.
Baggeseu, Jens. IV 1 : 47.
Bahrdt, K. F. 14: 38, 96 ; 5 : 12.
IV 1 : 50, 76; lle : 4.
Bahrrecht. III 5 : 28.
Balaguer, V, IV 12 : 74.
Balduiig, H. II 1 : 19.
Balladendichtung. IV 2 : 161, 185.
Balticus, ö. II 8 : 52.
— M. II 8 : 3, 52.
Bamberg. I 4 : 19-20.
— F. IV, 4 : 134.
Bandello. III 3 : 2.
Bapst, M. II 5 : 39—40.
I^arckhusen, H. I 4 : 36. II 3 : 17.
Barclay, J. III 1 : 6.
Bardendichtuug. IV 2 : 16/7.
Barre, de la. III 5 : 1.
Bartet. III 3 : 1.
Barth, C. III 1 : «.
— K. IV 12 : 77.
Bartsch, J. III 1 : 6.
— K. II 3 : 9; 4 : 11.
— M. III 1 : 6.
Baryphonus, H. II 8 : 17.
Basedow, J. lt. I (J : 15, 17, 21. IV
6 : 24/7.
Basel. I 5 : 88, 115, 123. II 3 : 19.
IV 1 : 68.
Basilius, S. I 4 : 51.
Batacchi, Domeniko. IV Hb : 103.
Batizius, A. II 7 : 44.
Batsch, Prof. IV IIb : 20.
Bäuerle, C. IV 4 : 94.
Bauer, B. IV 6 : 62.
Bauer, der, im deutschen Liede.
II 2 : 23.
Bauerbach. IV 12 : 1, 98.
Bauernfeld, E. v. IV 4 : 135/6.
Bauerngespräch. III 2 : 14.
Bauernkriege. II 1 : 1.
Bauernlieder. II 2 : 23. III 2 : 22.
Bauerntheater. IV 4 : 146/8.
BauiLann, N. II 3 : 17.
Baunibach, B. 15: 45a.
Baumgart, H. I 3 : 28.
Baumgarten, Ä. 6. 13:11.
— H. n 1 : 2.
— N. rv 1 : 78.
Baumgartuer. IV 1 : 3.
Baur, D. I 4 : 35.
— H. I 4 : 35.
Bauten, deutsche im 15/16. Jh. II 1 : 1.
Bayer (Byr), R. IV 3 : 104.
— T. II 8 : 55.
Bayern. I 6 : 23. II 3 : 19. IV
IIb : 50/1.
Bayle. IV 6 : 61.
Beatus Rhenanus II 8 : 18.
Beaufort. IV 6 : 61.
Bechwind, H. v . II 3 : 6.
Beck, F. IV 4 : 174.
— K. IV 1 : 61, 130.
Becker, B. III 5 : 6.
— Christiane A. L. IV IIb : 104.
— R. Z. IV 6 : 27.
Beckmann, F. IV 4 : 157.
Beer, M. IV 4 : 60, 54.
Beethoven, L. v. IV IIa : 41/3;
13 : 40.
Befreiungskriege. IV 1 : 15, 22; 2 :
00-75; lle :31a; 14 : 1.
Begharden. II 1 : 1.
Behaim, M. II 1 : 17.
Behrmann, F. IV 4 6.
Belial, Buch. 11 5 : 1.
BeUe-Forest. III 3 : 2.
Bellermann, J. J. IV 1 : 80.
Belletristik. IV 1 : 4-7.
Bendavid, L. IV 1 : 80.
Benecke, G. F. 12:5.
Benedix, B, IV 4 : 88, 174.
Benkowitz. IV 1 : 126.
Böranger, P. J. de. IV 14 : 1.
Berenclow. III 5 : 13.
Berg, A. II 5 : 41; 8 : 3.
Berge, E. G. v. IV I : 126.
Bergen. III 4 : 1.
Bergmann, J. I 8 : 69. IV 13 : 53.
Bergobzoomer. IV 4 : 174.
Berkeley. IV 1 : 125.
Berkhusen, II. s. Barckhusen
Berlin. lU 4 : 18; 5 : 31. IV 1 : 40,
60,77/9,87; 2:53; IIa : 10; llb:52;
Bern. III 4 : 14.
Bernays, J. I 3 : 28.
- M. IV lle : 4; 12 : 41.
Bernburg. I 4 : 58.
Bernegger. M. III 1 : 6.
Bernhard, Herzog v. Weimar. IV IIb : 92.
Bemhardi, A. F. IV 1 : 78.
Bernold, Fr. J. B. IV 2 : 17.
Beroaldus, Ph. III 5 : 19.
Berthold, M. II 1 : 13
Beschwörungsbueh. IV 6 : 60.
Betbruderschaften. II 1 : 1.
Bettel u. Bettelorden. II 1 : 1, 12;
II 5 : 25.
Bettelheim, A. IV lle : 13.
Bettina s. Arnim, Elisabetli v.
Betulius s. Birk und Birken.
Benlwitz, Caroline v. s. Lengefeld.
- Herr v. IV 12 : 36.
Beyer, C. 13: 42.
Beyle, M. H. IV lld : 22.
Bezold, F. V. II 1 : 2; 8 : 2.
Bibel. I 4 : 18-20, 25. III 5 : 14.
IV IIa: 18—21; llf : 6-7.
Bibelübersetzung. II 1 : 1; 6 : 23/8.
Biber, G. II 1 : 13.
Biberach. I 5 : 98. IV 8 : 5.
Bibliothek der schönen Wissenschaften.
IV 8 : 2.
Bibliotheken. I 4 : 53-74; in Anhalt
I 4 : 58; Berlin IV 1 : 78; llf: 12
Bernburg I 4 : 58; Göttingen 12:5
Köln I 4 : 62; München II 8 : 3
Olmütz I 4 : 61 ; Raudnitz I 6 : 69
Prag I 6 : 69; Weimar IV 12 : 154
WolfenbUttel I 4 : 59; Zerbst I 4 : 58.
Bibliographie. I 4 : 75—89.
Bibran, A. v. III 1 : 6.
Bichler, Ch. II 1 : 12.
Biedermann, W. v. IV IIa : 25; lle : 1.
Binder, G. II 4 : 11, 34.
- W. II 8 : 24.
Biondo, F. II 8 : 55.
Birch-Pfeiffer, Charlotte. IV 1 : 61 ;
4 : 183.
Birk, Sixt. II 8 : 48, 51.
Birken, S. v. III 5 : 7.
Bismarck, 0. Fürst v. 15: 53. IV
IIa : 8; 14 : 1.
Blado. I 4 : 39.
Bleibtreu, K. IV 1 : 5.
Blennerhasset, Lady. IV 1 : 114.
Blessig, J. L. IV Hb : 13.
Blockbücher. I 4 : 21.
Boas, E. IV 12 : 5.
Bobertag, F. III 3 : 2.
Bode, J. J. Ch. 15: 12.
Bodenstedt, F. M. v. IV 1 : 60; 3 : 111.
Bodmer, J. J. 13:4. IV 1 : 39, 119,
126; 2 : 3, 16. IV 4 : 2; 8 : 2, 5.
Böcking, E. II 8 : 18, 24, 28.
Böcler, J. A. III 1 : 6.
Böhm, J. IV 4 : 174.
Böhmen. I 6 : 69. II 1 : 13.
Böhmer, Auguste. IV 13 : 14.
Bölsche, W. IV 14 : 1.
Börne, L. IV 1 : 2, 10/1, 41, 111 ;
3 : 76; 14 : 1, 2, 29, 45/8.
Börnes Vater. IV 14 : 46/7.
BoethiusUbersetzung. II 1 : 12.
Böttiger, K. A. IV 1 : 63 ; 6 : 53 ; 8 : 5.
Boie, n. Chr I 5 : 12. IV 1 : 51, 64.
Boissard. II 8 : 27.
Boisseröe, S. IV 3 : 53.
Boisteau, P. III 3 : 2.
Bojardo. IV 4 : 103.
Boltz, V. II 8 : 51.
Bondeli, Julie. IV 1 : 119.
Bone, H. IV 1 : 8.
Boner, U. I 4 : 20.
Bongars, J. III 1 : 6.
F.ongart, H. I 4 : 21.
Boos, H. II 8 : 5
Borchardt, N. IV Ha : 49.
Borinski, K. 13:3.
Borkenstein, F. IV 4 : 6.
Bornemann, W, IV 2 : 250.
Borosini, F. III 4 : 35.
Bossuet, J, B. IV 13 : 7.
Botanik. II 8 : 5—7. IV Hb : 1 ;
llf : 20.
Bothe, F. H. IV 1 : 77.
Bourignon, Antoinette. III 5 : 1.
Boxberger, B. IV 12 : 64.
Brachvogel, A. E. IV 1 : 61 ; 2 : 105 ;
4 : 183.
Brahm, 0. IV 3 : 40; 12 : 1, 5.
Braitmaier, F. 13: 4.
Brandes, G. IV Ha : 8,
— J. C. IV 4 : 9.
Brandis, Graf. III 2 : 60. IV 2 : 173.
Brant, S. I 1 : 11; 7 : 48. II 1 : 1 ;
6 : 27, 31.
Braubach. HI 5 : 13.
Braun, Th. IV 12 : 85.
Braunau. II 5 : 22.
Braunfels, L. III 3 : 1.
Braunsberg. I 4 : 37.
Braunsehweig. 14: 17.
Braydlongne, de. III 5 : 1.
Breitinger, J. J. 13:4.
Breitkopf, J. H. IV Hb : 43.
Bremer Beiträge. IV 1 : 39.
Brentano, C. IV 4 : 57 ; 13 : 20, 40;
14 : 1.
— Maximiliane. IV lld : 20.
— P. IV lld : 20.
Breslau. I 4 : 43. III 5 : 31. IV
Hb : 59.
Bresnicer, A. II 7 : 37.
Bretonne s. Rötif de la Bretonne.
Bretschneider, H. G. v. IV Hb : 8, 13;
13 : 9.
Brenner, Grafen. IV 4 : 197.
Briefwechsel. I 1 : 1; 3 : 4. III 1 :
6; 5 : 1/7; 13 : 24. IV 1 : 34,
46—55, 61; 3 : 31, 53, 90, 111/4,
122, 127.
— s. auch Handschriften.
Briessmann, J. II 7 : 31, 34.
Brion, Friederike. IV 11c: 8; lld : 15.
Brockes, H. III 1 : 12. IV 1 : 126;
2 : 1—2.
Brockmann, J. F. H. IV 4 : 19, 174.
Bruch. I 6 : 27.
Brüder, Böhmische. II 1 : 1, 13.
Brüder v. gemeinsamen Leben. II 1:1;
5 : 7.
— Streit der drei lasterhaften. III
5 : 19.
Brühl, Graf. IV Hb : 56.
Brüx. II 1 : 13.
Brunfels, 0. v. II 8 : 18.
Brunner, S. IV 1 : 3.
Bruno, Ch. II 8 : 3.
— G. II 8 : 10. m 1 : 7.
Bruschius, C. 16: 74. II 3 : 19.
Brusoni. IV lle : 28 ä.
Brysmannus, J. L. I 6 : 54,
Sachreffister.
177
Buchdrama. I 3 : 32.
Buchdruck. I 4 : 15-31. II 1 : 1;
8 : 66. III 2 : 65.
— in Augsburg I 4 : 33, 40/1;
Avignon I 4 : 31 ; Bamherg I
4 : 20; Böhmen II 1 : 13; Brauns-
berg I 4 : 37; Breslau I 4 : 43;
Frankreich 14: 32 ; Freisingen I
4 : 42; Görlitz I 4 : 43; Hessen
I 4 : 22; Innsbruck I 4 : 35 ; Jung-
bunzlau II 1 : 13 ; Köln I 4 : 21 ;
Königsberg I 4 : 23. II 7 : 34;
Konstanz I 4 : 42; Leipzig I 4 : 24 ;
München I 4 : 41 ; Klirnberg II
1 : 13; Paris I 4 : 32; Prag II
1 : 13; Reutlingen I 4 : 33; Riga
I 4 : 38; Rostock I 4 : 36; Stras.s-
burg I 4 : 18, 31 ; Stuttgart I 4 : 33 ;
Tirol I 4 : 35 ; Tübingen I 4 : 33 ;
Ulm I 4 : 42; Wittenberg II 1 : 13.
Bucheinband. I 4 : 105/6.
Bucherzählung. I 3 : 32.
Buchhandel. I 4 : 38, 90—104. II
1 : 13.
Buchhandlungsdeputierte. I 4 : 96.
Buchhandlung der Gelehrten. I 4 : 96.
Buchlyrik. I 3 : 32,
Buchner, A. III 1 : 6.
Buchon, M. IV 1 : 111.
Buchsweiler. IV lld : 15.
Buchwesen. 14. II 8 : 3.
Buckle, Th. 15:1.
Bucretius, D. III 1 : 6.
Budaus, G. IV 1 : 37.
BudweLs. II 1 : 13.
Bücher, Beste. I 6 : 43/5.
Büchner, L. IV 1 : 111.
BUIow, E. V. IV 3 : 40; 13 : 53.
Bünau, H. v. II 8 : 22.
Bürger, Elise. IV 1 : 78.
— G. A. I 6 : 12. IV 1 : 40, 51,
108, 126, 128; 2 : 28, 30/8, 48; 2 : 13;
4 : 169; 6 : 51.
— H. (Drucker) II 1 : 13.
BUssel. IV 12 : 77.
BUtzüw. I 6 : 10/1.
Buff, Charlotte. IV IIb : 85.
Bugenhagen, J. 16:9. II 6 : 13 ;
7 : 50/5.
BuUinger, H. II ■) : 11 ; 5 : 24a; 7 : 36.
Bulthaupt, H. IV 12 : 148.
Bundestag, Frankfurter. IV 13 : 5.
Bundschuh. II 1 : 1.
Bunsen, C. K. J. v. IV 1 : 33.
Burdach, K. IV lle : 20.
Burg, V. d. s. Enk v. d. Burg.
Burschenschaft. IV 1 : 51; 14 : 1.
Butler. IV 1 : 125.
Butzbach. I 5 : 84.
Butzer, M. II 8 : 12.
Byr s. Bayer, R.
Byron, Lord G. I 4 : 89. IV 1 : 123/4 ;
lle : 28a, 40; 14 : 1.
*) Caesar, Joachim s. Aesehacius Major.
Caesartragödien. IV 4 : 52.
Calvinismus. II 7 : 36. III 1 : 6.
Callenbach, F. III 1 : 11.
Calderon, P. III 4 : 20. IV 13 : 1, 67.
Cambridge (Amerika). IV IIb : 107.
Camerarius, J. II 7 : 49; 8 : 37.
Campanella, Th. II 8 : 10.
Campe, J. H. I 5 : 12; 6 : 20, 22. IV
6 : 27.
— Frau Edukationsrat. IV 6 : 27.
Cancellarius. I 4 : 30.
Capranica, Cardinal. II 5 : 9.
Caprivi, J. L. v. III 2 : 58/9.
Cardanus, H. IV 3 : 40.
Carlsbad. IV IIa : 83; IIb : 5G/7.
Carlyle, J. IV 13 : 3.
•) S. auch K.
Jahresberichte für neuere deutsche
C'arpzow (Geschlecht). 111 5 : 9.
Castner, G. II 8 : 3.
Castelli, F. IV 1 : 47; 4 : 91.
CastelUo, S. II 8 : 9.
CasseL IV IIa : 81.
Caspar, F. v. IV 4 : 56.
Casparius, C. II 8 : 48.
Casaubonus, J. III 1 : 6.
Cato. I 6 : 85. II 5 : 14/5.
Cattaneo, G. IV IIb : 22; llf : 17.
Cavo canera. III 1 : 6.
Cazotte. IV 3 : 49.
Celius, M. II 1 : 13.
Cellini, Benvenuto. IV IIa : 73.
Celtis, C. I 5 : 92. II 8 : 30.
Censur. I 4 : 95. II 1 : 1; 5 : 8. IV
I : 65/6; 2 : 148 50; 3 : 54.
Cervantes, M. III 3 : 1. IV 3 : 40;
4 : 8; lle : 44.
Chamisso, A. v. IV 1 : 46; 2 : 87-97;
3 : 49, 76; 14 : 1.
Charaktere, gute u. schlechte. 13:6.
Cliatrian s. Erckraann-Cluitriau
Chaucer, G. IV 4 : 8.
Chemnitz, B. Ph. v III 1 : 2, 4.
Cherbuliez, V. IV 6 : 58.
ClK^zy, Helmine v. IV 4 : 139
Chorlieder. II 4 : 47/9; 8 : 48.
Christ, Hofrat. IV 2 : 3.
Christian von Brieg. III 1 : 6.
Christoph v. Württemberg. I 6 : 56.
Chroniken: II 1:1; Erfurter II 3 : 30;
Koelhoft'sche I 4 : 25; v. Schwäbisch-
Hall II 3 : 15; Weifische II 3 : 19;
Zimmersche IV 13 ; 33; s. auch II
3 : 5-6.
Chuquet, A. IV IIb : 14; lle : 18.
Chyträus, D. I 6 : 85.
Cicero, M. IV 8 : 5.
(.'ichiu, V. 14: 60.
Cid-Romanzen. III 3 : 1.
Clajus, J. III 5 : 7.
Clara a St. s. Abraham a St. Clara.
Classen. II 8 ': 2.
Claudius, M. IV 2 : 17, 20/9, 48, 137.
Clodius, Ch. A. IV 2 : 9, 48.
Cochlaeus, J. II 6 : 56; 7 : 73.
Coolibat. IV 11c : 22.
Cöutgen. IV IIb : 40.
Cogswell, J. G. IV IIb : 105/7.
Costenoble, C. L. IV 4 : 170.
Colerus, Chr. III 1 : 6.
Collin, J. V. IV 1 : 66; 4 : 24/5.
Comenius, A. I 4 : 3; 6 : 12, 15, 86.
III 1:4. IV 6 : 38.
Condoreet. IV 13 : 7.
Conrad, M. G. IV 1 : 5.
Constant, B. IV 1 : 118.
Constitutiones synodales evangelicae.
II 7 : 34.
Conz, K. Ph. IV 1 : 78.
Coquelin. IV 4 : 208.
Corneille, P. IV lle : 3.
Cornelius, P. v. IV 1 : 41; 2 : 216.
Corrarus, G. II 8 : 48.
Corvinus, J. s. W. Raabo.
Cothurnius, G. III 1 : 6.
Cotta, J. F. IV 1 : 121; 12 : 45.
Crailsheim, Frhrn. v. IV 4 : 5.
Gramer, K. F. IV 11c : 22.
Cranach, L. I 4 : 34. II 1 : 1.
Crantz, A. IV 4 : 181.
— M. I 4 : 32.
Cranz, A. F. 15: 12. IV 3 : 9.
— Kriegsrat. IV 1 : 78.
CroceUns, W. I 2 : 18.
Creizenach, W. IV 14 : 29.
Crelinger, Auguste. IV 4 : 134.
Croussner, F. II 8 : 56.
Creuz, F. C. C. Frhr. v. IV 6 : 20.
Creuzer, B. IV 13 : 20.
— Fr. IV 13 : 20.
Crocus, C. II 8 : 17.
Cronegk, J. F. Frhr. v. IV 4 : 5.
Litteraturgeschichte 1 12.'.
Cronhjelni, Frhr. v. IV IIb : 7.
Crotus, Rubcauus J. 11 6 : 1; 7 : 34.
Crusius. IV 1 : 46; 12 : 46.
— M. I 6 : 68.
Cugnoni. II 8 : 55.
Cunradus, C. III 1 : 6.
— Chr. III 1 : 6.
Cyeloff, W. II 2 : 2.
Czepco, D. III 1 : 6.
Dach, S. III 2 : 2, 33.
Daktylus. I 3 : 39-40.
Dänemark. III 4 : 24; 5 : 14, 24;
IV 1 : 128.
Dahlmann, F. C. IV 1 : 10, 22.
Dahn, F. IV 1 : 58; 2 : lUO, 105;
3 : 1—2, 4.
Dalberg, H. Frh. v. IV 4 : 20, 173:
12 : 41, 181.
- K. Th. V., Fürst-Primas. IV 14 : 45.
Daisenberger, Ä. III 4 : 55.
Dante. IV lld : 25.
Danzel, Th. W. IV 1 : 49.
Danzig. III 2 : 39; 5 : 31.
Darc, Johanna. IV 12 : 116—30.
Daschitzky, G. II 1 : 13.
David und Goliath. II 8 : 51.
Dawison, B. IV 1 : 61.
Deduktive Poetik. I 3 : 25— 39b.
Defoe, D. IV 1 : 125.
Deichsel. I 6 : 66.
Deinhardstein, M. IV 4 : 110.
De la Chalotais. I 6 : 15, 17.
De la Motte s. Fouiiuö, F.
Delisle, J. IV 4 : 103.
Demantius, Ch. 14: 8. III 2 : 20.
— Ch. d. j. III 2 : 20.
Denis, M. IV 1 : 89; 2 : 17; 11c : 16/8.
Denaisius, P. III 1 : 6.
Denk, J. II 7 : 73.
Donnstedt, v. II 3 : 30.
Denner, L. A. IV 4 : 174.
Denso. I 6 : 85.
Denzel. I 6 : 32.
Descendenztheorie. I 1:3. IV Hb : 1 ;
llf : 20.
Devrient, Ed. IV 4 : 19; 14 : 53.
— Emil. IV 1 : 61; 4 : 183.
— Familie. IV 4 : 175.
— L. IV 4 : 177.
— s. auch SehrOdor-Devrieiit.
Dossoir, L. IV 4 : 183.
Deutsche Blätter. IV 1 : 14.
Deutsches Museum, IV 1 : 88.
Deutschgesinute Genossenschaft
' III 5 : 7.
Deutschtümelei. III 1 : 4.
Dialektdichtung. IV 1 : 69.
Dialog. I 3 : 16.
— s. auch Gespräche.
Dibelius. II 2 : 2.
Dichter, seine Arbeit. 11:1.
Dichterisches Schaifcn. I 3 : 36, 88-99.
Dichterschule, preussische. IV 2 : 30.
Dickens. Ch. IV 3 : 1, 2.
Didaktik. II 5; 8 : 55/8. III 5 IV 6; llf.
Diderot, D. I 1 : 5. IV 4 : 9; 11c : 22.
Didot, F, IV 1 : 111.
Diede, Charlotte. IV 6 : 58.
Diesterweg, A. 16: 31—52.
Dietz, L. I 4 : 36. II 3 : 17.
Diez, F. Ch. v. IV IIb : 19.
Dilettantismus. I 5 : 40.
Dilthey, W. IV 13 : 5, 25.
Diminutiva. 13:3.
Dingelstedt, F. IV 1 : 61 ; 2 : 105;
4 : 68; 6 : 74; 13 : 22; 14 : 1, 53.
Dissertationen. I 4 : 75.
Döbbelin, K. Th. IV 1 : 78; 4 : 174, 181.
Docen, B. J. II 3 : 4.
Doctrinal de Caballeros. III 3 : 1.
Dodsley. 12:5. IV 1 : 93.
Dölsch, J. II 6 : 10.
Döring, H. IV IIb : 32.
12
17H
Sachregister.
Dooriiig, Th. JV 4 : 208.
Dohin. IV 6 : 14.
Donatus. II 8 : 3.
Don Juan. IV 4 : 5:5.
Don Quijotc. III 3 : 1.
Dornavius, C. III 1 : <5.
Dostojewski. F. M. I 3 : 120.
Drach, F. 14: 52.
Drama. II 1:8; II 4. Ill 4. IV 4; lle.
— biblisches. II 1 : 13.
— Neulateinisches. II 8 : 48—54.
Dramatik. I 3 : 25, 36, 69.
Dramatiker, Braunsehwciger. II 4 : 18;
Fränkische II 4 : 25—34; Hessische
II 4 : 19; Holsteiner II 4 : 40;
Niederdeutsche II 4 : 40/6; Oesler-
reichische II 4 : 37/9; Poramersche
II 4 : 23/4; Sächsische II 4 : 16/7,
21 f3; Schweizer U 4 : 3, 11/5, 49;
WUrttemberger II 4 : 35.
Dramatische Charaktere. 1 3 : 42, 46/9.
Dramaturgie. IV 4 : 203.
Dreikönigslieder. IV 1 : 62.
Dreisler. IV 1 : 69.
Dresden. III 4 : 13; 5 : 23.
Dreves, L. IV 13 : 07.
Dreyer. I 5 : 90.
Dringenberg, L. II 8 : 43.
Drosto-Hülshoff, Annette v. I 5 : 119.
IV 1 :2; 2 : 184,9.
Droysen, J. G. IV 1 : 67.
Dryden, J. III 4 : 20.
Dschami. IV 3 : 134.
Du bist min, ich bin diu. II 2 : 38.
lU 2 : 21.
Duboc, J. IV 1 : 15/7.
Du Bos, Abbö. I 5 : 52.
Düntzer, H. II 8 : 42. IV lld : 3;
lle : 31a.
Düren. II 4 : 46.
DUror, A. II 1 : 1, 19; 5 : 46; 7:37.
Düsseldorf. I 5 : 89.
DuUor, E. I 5 : 109. IV 4 : 134.
Dumas, A., Aeltore. IV 1 : 111.
Dungersheim, I 6 : 66.
Dusch, J. J. IV 2 : 3.
Duttenhofer. IV 2 : 16.
Eber, P. II 7 : 49.
Eberhard v. W^ürttemberg. II 1:12;
8: 21.
— J. A. IV 6 : 21.
Eberlin, J. II 1 : 1; 7 : 21.
Ebers, G. IV 2 : 105; 3 : 2, 4.
Ebert, J. A. IV 2 : 6.
— K. E. IV I : 48.
Ebhardt. II 7 : 37.
Ebner-Eschonbach, M. V. IV 3:1, 136.
Eccard, J. 12:4.
Eck, Joh. II 8 : 18, 56.
Eckenberg, J. K. IV 4 : 174.
Eckonstein, Lina. II 6 : 46.
Eekennann, J. P. IV IIa: 17.
Edda. IV 10 : 7.
Edelbeck, B. II 1 : 13.
Edlibacb, Agnes. II 5 : 24.
Eger. II 1 : 13.
Eggestoin, H. 14: 18.
Egmont, Graf. IV lle : 15a.
Ehrhard, A. IV 1 : 109-10.
Eichendorff, J. v. I 2 : 22. IV 13 : 64/8.
Eichholtz. IV 1 : 58.
EichstUtl. I 5 : 95.
Einfachheit. 13:6.
Einheit der Zeit. 13:6.
Einsiedel, F. H. v. I 4 : 12; 5 : 12. IV
1 : 46 ; Hb : 20.
Eisenhart. II 8 : 36.
Eisenmann II 8:3.
Ekkehard. 15:5.
Elbe. 1115:31.
Elbogen. II 1 : 13.
Elckerlijck. II 4 : 40.
Elgersma. I 6 : 66.
Elisabeth Charlotte v. Orleans. III 3:9;
5 : 2, 24.
Ellinger, G. II 3 : 30.
Ellissen. IV 3 : 13.
Elogius, K. II 1 : 13.
Elsass. I 5:35/7, 103. IV 1 : 111.
Elster, E. IV 12 : 103, 170 ; 14 : 1, 33.
Erabden, Charlotte van. IV 14 : 20/2,
Empfindsamkeit. IV 1 : 19.
Emser. H. IC: 76. II 5:9; 6: 14;
7 : 69-70.
Encyklopädio der Littoraturgesehichte
11:1.
Engel. J. J. IV 6 : 40/1.
Engfrd, J. II 8 : 3.
England. IV 1 : 15, 122/7; IIa: 45/7,
50/4.
Enk V. d. Burg, M. L. IV 1 : 38 ; 4 : 109.
Ense 8. Varnhagen v. Ense.
Entladung. I 3 : 60.
Eobanus Hessus. II 8 : 34.
Epigramm. II 5 : 23/4.
Epik. I 3 : 25, 36, 60. IV 14 : 49.
Epistolae obscurorum vironi:n. I 6 : 61.
Epos. II 5; 8:41/7. III 5. IV 6; lld.
Erasmus, D. I 1 : II : 4 : 39; 5 : 88;
6: 7. II 1 : 1, 11; 7 : 37; 8: 18, 20.
Erbauungslitteratur. II 1:1; 5 : 45 ;
7 : 37
Erckmann-Chatriir, IV 1 : HI.
Erdbebenlitteritur. II 5 : 40/1.
Erdmann, J. E. IV 6 : 62.
Erfurt. II 3 : 30.
- Hans V. s. Haus v. Erfurt.
Erh» ene, das. I 3 : 11, 14, 59.
Eringer, G. 14: 20.
Ernährung. 15:8.
Ernst der Fromme v. Gotha. III 1 : 4;
5: 14.
- II. V. Gotha. IV IIb: 28.
- Friedrich V. Baden-Durlach. II 8:36
E S, Meister. II 5 : 9.
Eschenbach, Wolfram v. s. Wolfram.
Eschstruth, Nataly v. 15: 45a.
Esplandian. III 3:1.
Essay. IV 1 : 58.
Esslingen. I 6 : 29. II 8 : 45.
Esthland. I 5 : 114.
Ethnographie. 11:5.
Ewald, J. J. IV 2 : 7.
Eugen, Prinz. III 2 : 64.
Eulenspiegel. I 1 : 11. II 1 : 8; 3 : 14,
14a, 23.
Euripides. I 3 : 103. IV 4 : 4.
Eutin. IV 1 : 72.
Evelyn, J. IV 13 : 4.
Everyman. II 4 : 40.
Evolution. I 3 : 57—61, 119.
Extemporieren d. Schauspieler. IV 1 :65.
Eyb, A. V. 15:100. II 5:9; 8 :42, 56.
- G. II 8 : 56.
Eybenberg, Frau v. IV IIb : 20.
Eyring, E. II 5: 17.
Eysenhoven, J. 11 3 : 4.
Fabricius, A. II 7 : 44.
- J. A. 14:3.
- P. III 2 : 6.
Faber, J. G. IV 2 : 16.
Fallersleben, Holfmann v. s. H. Hoff-
mann.
Fallmerayer, J. Ph. IV 1 : CO.
Falschmünzer. III 5 : 28.
Familienroman, christlicher. IV 1:4.
Fassmann, D. III 5 : 15.
Fastnachtsi)iele. II 1 : 1, 8, 13; 4 : 3,
10, 31; 5 : 34.
Faust, Faustsage und Faustdichtung.
II 3 : 26-35. III 2 : 65/6; 4 :
26/9, 32. IV 3 : 9; 4 : 145, 174. (S.
auch Goethe, Elingemann, Lessing,
.T. V. Voss.)
Faustina, das Kind der Hölle. IV 4 :
143; 12 : 154.
Fochuor, Th. I 3 : 20. 57, 90.
Feder, .1. G. H. IV 6 : 2.
Fohrbelliu. III 3:4. IV 4 : 31.
Feind, B. III 4 : 23.
Felbiger, J. L v. I 6 : 90.
Fels, J. M. III 5 : 23.
Ferber, A. I 4 : 36.
Ferdinand I. II 8 : 16.
- II. 16: 62.
- Erzlierzog v. Oesterreich. 1 4 : 35.
Fernglas, das moralische. IV 1 : 87.
Ferry, Mme. IV IIb : 108.
Feste. I 5 : 68-70.
Feuchtersleben, E. Frhr. v. IV 2 : 1C8.
Feuerbach, L. IV 1 : l.-i'7. 29, 33, 43;
14 : 1, 52.
Feuilleton. 13: 115.
Feyerabend, S. 14: 93.
Fichard, J. II 5 : 33.
Fichte! H. J. IV 1 : 41.
- .L G. IV 1 : 22, 26/7, 29, 47,
CC, 78, 120; 6 : 52; 8 : 10; 13 : 7, 20.
Fielitz, W. IV 12 : 29.
Figulus, W. 14:8.
Filidor. III 4 : 32.
Finkelthausen, L. I 4 : 92.
Fischart, J. I 5 : 60; 7 : 48. II 3
20/5; 5 : 32/4.
Fischer, Ch. II 1 : 13.
- F. J. IV 4 : 20.
- Karl. II 1 : 2.
- Kuno. 11:6. IV 1 : 27; lle :
17, 29, 33, 37.
Fitger, A. IV 1 : 5.
Flach, M. I 4 : 18.
Flock, C. IV 4 : 181.
Fleissner, G. II 1 : 13.
Fleming, P. 13:3. III 1 : 12; 2 :
28-:i2. IV C : 51.
Fletcher, J. 12:5.
Floquot. IV IIb : 108.
Flugschriften. II 1 : 1, 8. III 1 : 2-4;
3 : 2; 5 : 14, 28.
Förster, E. IV 3 : 28.
- F. IV 2 : 65.
Folien. A. A. L. IV 3 : 76.
- K. IV 2 : 75.
Folz, H. I 1 : 11. II 1 : 1.
FonUne, Th. IV 1 : 4; 3 : 137-41.
Fontenelle. IV 6 : 61.
Form. I 8 : 15, 20, 69, 109.
Forster, G. I 5 : 12. IV 1 : 64; 6:42/3.
- R. IV 6 : 42.
- W. 15: 120.
Foscolo, U. IV lld : 19.
Foucher de Careil. IV 1 : 28.
Fou(iu6, F. de la Motto. IV 3 : 1;
13 : 3; 14 : 1.
Fränkel, L. IV 13 : 45.
Franck, K. II 1 : 13.
- M. 14:8.
- S. 15: 101. II 3: 6; 5 : 47. III
5 : 19.
Francko, A. H. 1 6 : 12. III 5 : 2.
- .1. 14: 94.
Franjois, Luise v. 15: 45a.
Frankeuberg, Abr. v. IV 13 : 33.
Frankfurt a. M. 14: 90. IV 1 : 88;
lla:63/4; IIb : 1,38,40,48; 11c: 46.
Frankfurter, Ph. II 3 : 15.
Frankl, L. A. IV 2 : 163/7.
Frankreich. Ill 5 : 23. IV 1 : 15, 27,
1U5, 108-21; IIa : 50; IIb : 14, 37;
12 : 119-23, 125.
Franzosenhass. IV 1 : 22.
Franz II. v. Oesterreich. I 6 : 73.
Frauen. I 1 : 13. III 1 : 9. IV 1 : 3.
Frauonscherz, J. II 1 : 12.
Freher, M. III 1 : 6.
Freie Bühne. IV, 12 : 25.
Freiheitskriege s. Befreiungskriegs.
Freiligrath, F. IV 1 : 12, 58. 61 ; 2 :
128-35; 14 : 1.
Freinshemius, J. 111 1 : 6.
Sachregister.
179
Freisiugen. I 4 : 42.
Fromdwörterbekämpfuiig. 12:6.
Fresenius, J. Th. IV Hb : 30.
Freulor, B. II 8 : 16.
Frey. J. II 3 : 25.
FreyT)e, A. III 4 : 1.
Freytag, G. I 3 : 32; 5 : 5. II 8 : 5.
IV 1 : 16, 58, 61, 99, 108; 2 : 105;
3 : 2; 4 : 89-92.
— G. W. F. IV 11c : 29.
Friburger, M. I 4 : 32.
Friede, ewiger. IV 1 : 27.
Friedländer, D. IV 1 : 78, 83.
— J. IV IIb : 121.
Friedrieb der Grosso. IV 1 : 22, 29.
30, 78, 96—106; 6 : 53; 7 : 2, 5.
— Prinz V. Homburg. IV 4 : 31.
— III. V. d. Pfalz. II 7 : 36.
— d. Weise v. Sachsen. II 7 : 73.
Friedrich Wilhelm ni. IV 1 : 13.
IV. IV IIb : 25; 13 : 22; 14 : 1.
Friedrich, D. 14:8.
— M. II 5 : 44.
Fries, H. II 1 : 19.
Frisehlin, N. II 8 : 48. III 4 : 9.
FrOlich, J. I 4 : 18.
II 4 : 31.
Fromraann, Fr. H. IV IIb : 20.
Froschauer, H. 14: 41.
Fruchtbarer Moment. I 3 : 76.
Fruchtbringende Gesellschaft. III 5 : 7.
Frundsberg, G. v. II 3 : 19.
Flinkelin. II 7 : 37.
Ftirstenerziehung. 16:7, 53/4. IV
13 : 104.
FUrstenfeld. I 5 : 86.
FUrstengruft. IV Ha : 82.
Fürstenspiegel. III 5 : 14.
Fuetrer, V. I 1 : 11. II 3 : 3-4; 8 : 3.
Fugger, J. 15: 121.
Fugitive, Poesie. IV 2 : 1—2.
Fulda, K. IV 1 : 40.
Funk. IV 4 : 36.
Fust, J. I 4 : 25, 51.
Gabel (Böhmon). II 1 : 13.
Gabler, H. III 5 : 7.
Gaodortz, K. Th. III 4 : 1.
Galeatius Capella. 16:8.
Galenus. II 5 : 39.
Galilei, G. III : 6.
Gallmeyer, Josefine. IV 4 : 94.
Gang nach dem Eisenhammer (Erzäh-
lung). IV 12 : 73.
Ganz, E. IV 6 : 62.
Garrick, E. IV 4 : 71.
Garve, Chr. I 5 : 12.
Gassarns, J. II 8 : 48.
Gassmann, Fl. IV 4 : 140.
Gatterer, J. Ch. 14: 3.
— Philippine. IV 2 : 38.
Gaudf, F. V. IV 2 : 97/8.
Gebete. II 5:5.
Gebhard, M. III 5 : 7.
Gebier, C. Th. IV 4 : 201.
Gebweiler. II 4 : 9.
Gedike, F. IV 1 : 78.
Geffcken, Frau. IV 4 : 49.
Gegenreformation. III 1 : 1—2.
Geibel, E. IV 1 : 33, 41, 60/1 ; 2 : 105,
202; 3 :35; 4:86; 13:43.
Geiger, L. II 1 : 1.
Geiler v. Kaisersberg, ,J. I 1:11. II
I : 1; 5:1, 9; 8:18.
G ei ssler. II 1:1.
Geistliche Lehrdichtung des 15./6. Jh.
II 5: 1-6.
— Lehrprosa d. 15./6, Jh. II 5:1-2
7—10.
— Lieder. II 2 : 6-9. III 2 : 48-58;
3: 9.
— Litteratur. II 1 : 13.
Gelegenheitspoesie. I 3:3. 1116:7,23.
üelenius, M. II 7 : 44.
Geliert, Chr. F. 14: 12. IV 1 : 30, 46;
2 : 17; 3:7.
Gemmingen, 0. H. Frh. v. IV 2 : 16;
4:9.
Gen6e, B.. IV lle:6.
Genf. III 5 : 31.
Gongenbach, P I 5 : 88.
Genie. I 3 : 81/87.
Gennep, J. van. II 4 : 40.
Genovefa. II 3:12.
Gentilis, Scipio. III 1 : 0.
Gentz, F. V. 15: 12.
Georg IL v.Hesson-Darmstadt. 111 5: 13.
— Schenk v. Limburg, Hischof v.
Bamberg. II 3 : 29.
Geographie. II 1 : 18.
G6rard de Nevers et la belle Euryanthe.
IV 4 : 1.39.
Gerechtigkeit, poetische. I 3 : 32/4, 69.
Gerhard, P. III 2 : 51.
Gering, U. I 4 : 32.
Gerte, H. 14:8.
Gern, A. IV 4 : 182.
— G. IV 4 : 182.
Gernrode. I 4 : 58.
Gerock, K. IV 1 : 2; 2 : 105, 199-297.
GersdorfF, Henriette von. III 5 : 2.
Gerson, J. II 5 : 9.
Gerstäcker, F. IV 1 : 61.
Gerstenberg, H. W. v. IV 1 : 128; 2 : 27,
48; 6: 16; 7:6.
Gertrud, Heilige. II 5:5.
Gervinus, G. G. I 1 : 3; 3 : 3. IV
1 : 22; 3: 35; 4 : 134.
Gesangbücher. II 1:13; 2:5. Berlin
IV 1 : 48; Heidelberg II 2 : 5;
Sachsen II 2 : 2; Siebenbürgen
II 2:3; Zürich II 2 : 4.
Geschichte. II 1 : 1-11 ; IV 1 : 10/4,
27.
Geschichtliche Dichtung. II 1:1, 12/3;
2 :36/7; 3: 5—6. III 2 : 10.
Geschichtsphilosophie. IV 1:27; 6:61/2;
llf :5.
Geschichtsschreibung. IV llf: 5.
Geschmack. I 3 : 11, 100.
Geschmackvoll. I 3: 100/1.
Gespräche und Gesprächlittoratur des
16. Jh. II 1 : 1; 3: 19; 5: 11; 1111:8.
Gessner, S. IV 1 : 35, 125; 2 : 6, 9,48,
Gesundheitspflege. II 6 : 40.
Gettin. I 6 : 94.
Gewissensregung. II 1 : 11.
Ghillany. II 1 : 17.
Gieseke, K. L. IV 4 : 96.
Gigas, J. II 7 : 49.
Gilm, H. V. IV 1 : 3; 2: 179-181/2.
Giphanius, 0. III 1 : 6.
Giteusky, J. II 1 : 13.
Glareanus, H. II 8 : 16.
Glasbrenner, R. IV 1 : 61.
Glaser, J. IV 4 : 133.
— M. II 8 : 56.
Gleich, A. IV 4: 94, 100.
Gleichen-Russwurm, Frhr. v. IV 12 : 1.
Gleira, J. W. L. I 5: 12; 7 : 41. IV
1 : 40, 78 ; 2 : 3, 5-6, 9, 30, 48 ; 6 : 17;
llc : 15; 12:46.
Globus. II 1 : 17.
Glockengiesserei, Mayers. IV 12 : 75.
Gloner, S. HI 1 : 6.
Glutz, A. IV llc : 26.
Gluck, F. W. V. IV 1 : 78 ; 7 : C.
Gmelin, J. IV 4 : 35.
Gnapheus, G. II 4 : 11, 34; 7 : 34.
Göchhausen, Luise v. IV Hb : 91.
Göckingk, G. v. 15: 12. IV 1 : 78.
2 : 36/7, 48.
Goedeke, K. 11:2. 11 3: 25; 5:27;
8 : 44, 48, 56, 58. III 5:7. IV 12 : 51 ;
14:8.
Göring, Ch. III 2 : 2.
Görlitz. I 4 : 43; 5 : 117.
Görner, C. A. IV 1 : 61,
Görres, G. IV 1 : 8.
— J. IV 1 : 22, 60; 13 : 32,42.
Göschen, G. J. IV 12 : 46.
Goethe, A. v. IV IIa : 82 ; IIb : 20, 76/8.
— Catharina Elisabeth. IV IIa : 66;
IIb : 1, 20, 65-76.
— Cornelia (G.s Grossmutler). IV
IIb : 63; lle : 2.
— E. IV IIb: 62.
— Joh. Caspar. IV Ha: 66; llb:20,
63/4; lld : 15.
— J. W. V. IV 11.— II: 5, 12;
3 : 101, 104, 115; 4 : 10; 5 : .53. 89;
7 : 43. II 6 : 73. IV 1 : 1. 3, 7
10, 15, 19, 22, 25, 27, 38, 40, 46(7,
51/2, 5.'-), 58, 63, 76, 78, 8.3, 94, 96.
115, 118, 121, 122, 123/4, 125, 128;
2 : 82, 107, 188, 227, 250; 3:36, 53;
6 : 9, 40, 51; 8 : 8; 10 : 9 ; 12 : 5,
14, 59, 154; 13:20/1,49; 14:1—2.
- Lyrik. IV llc. - I 7 : 51. IV
2 : 28; 4 : 12; Ha : 66, 73; Harz-
reise. IV 1 : 40. Heidenröslein.
IV 1 : 38. Sonette. IV 1 : 42.
Waffensegen. IV 2 : 65. Wirkung
in d. Ferne. IV 2 : 48.
— Epos. IV lld. - IV 3 : 1-2; Achil-
leis. IV 1 : 108. Hermann u. Dorothea.
IV 1 : 40, 108; llf : 10. Melusine.
IV 3: 49. Novelle. I 7:57; Novellen.
IV Ha : 74. Römischer Karneval. 1
7 : 57. St. Rochus-Fest. I 7 : 57.
Unterhaltungen deutscher Ausgewan-
derten. II 8 : 42. Werther. IV 2 : 16 ;4 : 14;
Ha: 74; llc : 8. Wilhelm Meister. IV
1 : 118; Ha : 74. Wahlverwandt-
schaften. IV 1:40; Ha: 74; Hb : 6;
llf : 2.
— Drama. IV lle. — IVlla:66. Cla-
vigo. I 7 : 73. Concerto dramatico.
I 4:12. IV 1 : 46. Egmont. I 7 : 6,69.
IV 2 : 205. Erwin und Elmire. IV
llc : 3. Faust. I 3 : 76. IV 1 : 1,
10, 40, 46, 115, 122; 3 : 9; IIb : 8.
Götter, Helden u. Wieland. IV 8 : 6—7.
Götz. 17:6, 71, 77. IV 4 : 28,
183a, 205|6. Jphigenie. I 7 : 6,20.
IV 1 : 40. Jery u. Bätely. IV 3 : 54.
Mitschuldigen. IV 4 : 205. Nau-
sikaa. IV 1 : 108. Tasso. 17:6,
58, 76. Vögel. IV 1 : 96.
— Briefe aus der Schweiz. I 7 : 57.
Dichtung u. Wahrheit. I 7 : 17. IV
1 : 58; Ha : 73. Farbenlehre. IV
1 : 122; Ha : 73. Gnomisches. IV
llc: 4. Kunstgeschichtliches. I 7:66.
Rameau. IV 12 : 46. Sausculottis-
mus. IV 6 : 51. Shakespeareredo.
I 4 : 12. IV 1 : 46.
— Ottilie V. IV Hb: 79-80; 14:50.
— Wolf V. IV Hb : 81/2.
— Ausstellungen. IV IIa : 62.
— Jahrbuch. IV Ha : 66:
— Museum. IV Ha : 61.
— Stiftung. IV Ha : 56.
Göttingen. I 4 : 16. IV 1 : 120.
Göttinger Dichter. IV 1 : 39, 125.
Göttinger Sieben. IV 1 : 10.
Goetz, J. II 8 : 51.
— J. N. IV 2 : 3.
— V. Sletstadt, N. I 4 : 21.
— Major. IV 4 : 31.
Goldast, W. III 1 : 6.
Goldoni. IV lle : 3a, 28a.
Goldsmith, 0. I 3 : 143. IV 1 : 125;
3 : 1.30; lld : 22; lle : 13.
Goltz, B. IV 4 : 134.
Goraez, Frau v. IV 3 : 40.
Goncourt. IV lle : 13.
Gontard, Susette. IV 13 : 30.
Goropius Becanus. II 8 : 34.
Gosche, R. I 2 : 22.
Gotha. I 6 : 28, 30.
Gothofredus, D. III 1 : 6.
12*
180
Sacliromster.
Gottor, F. W. IV 1 : 126; 4 : 12|3;
lle : 3lc.
Gottschall, K. v. IV 2 : 105.
Gottsched, .1. C. I 3 : 4; 4 : 12. 11
1 : 14. IV 1: 22, 39, 49, 125; 2:3,
4; 4 : 1, 2, 6, 6, 106.
— Luise Adelgunde Victorino. 11:13.
IV 4 : 6-7.
Grabbe, Chr. D. IV 4 : 50|1, 53.
Grabschrifteu. I 5 : 32. II 5 : 21. IV
2 : 176.
Graf, J. H. II 8 : 7.
Gramann (Grauniann) s. Poliander.
Gran, H. 11 8 : 42.
Graser. IV 1 : 49.
GraubUndten. I 5 : 119.
Gravina, G. V. 13:6.
Gravius, M. II 8 : 43.
Grebel, K. II 7 : 14.
Greff, Joach. II 4 : 48; 6 : 19; 8 : 58.
Greflinger, G. III 2 : 2, 39; 5 : 31.
Greif, M. IV 2 : 227.
Greift'euberg, Katharina v. II: 13.
Greyff, M. I 4 : 33.
Gribus, B. II 5 : 27, 29.
Griechisch. II 8 : 58.
Griechentum. IV 1 : 27, 96, 108.
Griesbach, J. J. IV 12 : 13.
Grillenvertreiber. II 3 : 25.
Grillparzer, F. 13: 18j9, 32 ; 7 : 74|5.
IV 1 : 3, 61; 2 : 141J2, 161; 4 : 111
—29, 183a, 203|4; 12 : 77.
- J. IV 4 : 122.
Grimm, H. IV 1 : 55; lle : 31a.
— J. 12: 4— 9a. II 8 : 44. IV 1 : 10;
lle : 11.
— Brüder. IV 2 : 38; 4 : 57; 10 : 6;
lle : 20; 13 : 32.
— M. IV 1 : 119.
— W. 12: 5-8. IV 10 : 6.
Grimme, F. W. IV 13 : 43.
Grimmelshausen, H. J. Ch. v. 17: 46.
III 3:8. IV 13 : 33.
Grisebach, E. IV 14 : 1.
Grob, J. III 5 : 23.
Grobianus. II 1 : 8.
Gröber, G. 11:5.
Grossmann, W. IV 4 : 174.
Groth, K. IV 2 : 229-30.
Grotius,' H. III 1 : 6.
Groot, G. I 1 : 11.
GrUbel. I 5 : 88.
Grlln, A. s. Auersperg, Graf v.
Grönbeck, V. II 1 : 1.
Grüner, F. IV lle : 9.
Grüninger, J. I 4 : 18.
Gnissformen. I 5 : 64.
Gruterus, J. III 1 : 6.
Gruytor, W. de. II 2 : 20.
Gryphius, A. III 1 : 6, 12; 4 : 23.
Guarini. I 5 : 101. II 2 : 35.
Guckkastenmann. IV 12 : 76.
Gülcher. IV 1 : 61.
Günther, J. Ch. III 2 : 61|2.
GUntzburg. II 2 : 25.
GUnzburg, Eborlin v. s. Eberlin.
Güstrow. I 6 : 10/1.
GUttel, C. I 6 : 66. II 6 : 48.
Guevara I 5 : lül.
Gngler, J. Frhr. v. IV 4 : 9.
Guimp, R. de. IV 6 : 33.
Guizot, F. P. G. IV 1 : 111.
Guldenschaiff, J. I 4 : 21.
Gundling, N. H. I 4 : 3; 5 : 111/2;
m 5 : 15.
Guoth. IV 2 : 16.
Gustav Adolf t. Schweden. III 1 : 0.
Gustodt, Jenny v. s. Pappenheim.
Gutenberg, J. I 4 : 25, 29, 31.
Guticke, Charlotte. IV 4 : 49.
Gutzkow, K. IV 1 : 15, 68|9, 61;
3 : 2; 4 : 68, 204; 14 : 1, 49.
Gwalther, B. II 8 : 61.
Gjron le courtoi». IV 8 : 16,
Haake. IV 1 : 126.
Habsburger. II 1 : 1.
Ilatkländer, F. W. IV 14 : 53.
llnring, W. IV 1 : (iO; 13 : G7.
Hässlich. 1 3 : «8.
Hätzlerin, Clara. I 1 : 11. II 1 : 12;
3 : 16.
Hafner, Pli. IV 4 : 201.
Hagedorn, Fr. v. IV 4 : 2.
Hagen, F. H. v. d. 12: 4—5. II
3 : 1.5, 2".
Hagius, J. II 1 : 13.
Hahn-Huhn, Ida v. IV 3 : 3.
Halden, J. Chr. 14:8.
llakenbcrgei-, A. 14:8.
Halem, G. A. v. 15: 12.
Halle. IV 1 : 74.
Haller, A. v. II 8 : 7. IV 1 : 126;
2 : 17; 6 : 1, 20; 12 : 1.
- K. L. V. IV 13 : 7.
Hallmann, J. Ch. III 4 : 7, 32.
Halm. F. s. MUnch - Bellingliauseu.
- K. IV 1 : 51.
Hamann, J. G. IV 10 : 2.
Hambacher Fest. IV 14 : 1.
Hamburg. I 5 : 90. III 4 : 4, 21/2;
5 : 7, 13, 31. IV 4:6, 19, 168;
12 : 46.
Hamburger, P. II 3 : 3.
Hamel. II 8 : 37.
Hamerling, P. IV 3 : 121/8.
Hammann, E. 14: 24.
Hammer-Pnrgbtall, F. v. IV 2 : 110, 147 ;
4 : 134.
Hansen, Th. III 5 : 7.
Handel, Deutscher des 15/6. Jh. II
1 : 1, 17.
Handschriften in: Augsburg II 8 : 42,
56; Bamberg II 5 : 35; Basel II
8 : 18a; Berlin II 2 : 6, 39; 6 : 10;
IV 3 : 83 ; Breslau II 8 : 35j6; Darm-
stadt III 5:13; Dessau I 4:11
Ebstorf II 5 : 2, 6 ; Erfurt II 8 : 23
Eutin IV 3 : 21; Freiburg II 8 : 30
St. Gallen II 2 : 43 ; 5 : 32. III 5 : 23
Gotha II 5 : 36, 38; Hamburg
II 6 : 12; III 5 : 7, 31; Hannover
III 5 : 1 ; Herisau III 5 : 23; Herren-
hut III 5:2/4; Hildeshoim II 5 : 5;
Hirschberg II 8 : 35; Karlsruhe I
4 : 10. IV 1 : 47; Königsberg II
2 : 26 ; Kopenhagen III 2 : 19 ; 5 : 23 ;
Krakau I 4 : 30; London II 5 : 46;
8 : 43; Lübeck II 6 : 11; Marburg
II 5 : 19; München I 4 : 2. II 2 : 25;
3:5; 5 : 13, 22; 8 : 23, 30. III
4 : 38; Stift Neuburg (bei Heidelberg)
IV 11c : 25; Nürnberg II 1 : 12, 17;
2 : 23; 3 : 10; 5: 12; 8 : 45; Ober-
glatt III 5 : 23; Olmütz I 4 : 61;
Paris II 8 : 46; Prag 14:6. IV
1 : 48; Rostock II 5 : 11; Schwein-
furt II 3 : 24 ; Seifersdorf IV 1 le : 29a ;
Strassburg II 3 : 24; Stuttgart II
3 : 15. III 4 : 20; Tübingen II
I : 12; Upsala II 8:22/3; Utrecht
II 5 : 36/7; Weimar IV 4 : 143;
W^ernigerode II 3 : 9 ; W^ien II 5 : 22.
III 4: 16. IV 4: 110, 126; Wolfeu-
bUttel 14:7. II 5 : 36. III 3 : 9.
IV 6 : 27 ; Zerbst II 5 : 4 ; Zörbig
II 5 : 14/5; Zürich II 5 : 24 ; 8 : 18a.
IV 1 : 41 ; Zwickau II 6 : 8.
Handschriftenkatalogo. I 4 : 5 — 9.
Handwerk, Deutsches. II 1 : 1.
Handwerks-Ansprachen. I 5 : 113.
Hannard. II 8 : 3.
Hans V. Erfurt. I 4 : 33.
Hansa. III 4 : 1.
Hanswurst. II 4 : 3. III 4 : 32/6.
Happel, E. W. III 6 : 31.
Harbke. IV 1 : 40.
Hardenberg, F. v. (Novalis) IV I : 33;
13 : 1. 14.
Hardenberg, K. A. v. IV r, : 55.
Härder, F. IV 14 : 42.
Hariiack, 0. IV llf : '.i.
Harnisch. Ch. W. 1 G : 32.
— O.-S. 14:8.
Harras, der kühne Springer. IV 2 : 72.
Harssdörfer, G. Ph. 13:3; 4:3.
III 1 : 8; 5 : 7, 29.
Hart, Brüder. IV 1 : 2, 6.
Hartfeldor, K. II 8 : 2.
Hartknoch, J. F. 14: .58.
Hartlib, .S. 14: 3.
Hartlieb, J. I 4 : 40. II 5 : 27.
Hartmann v. Aue. II 3 : 3.
— Andreas. II 7 : 37.
— August. III 4 : 38.
— E. V. 13: 68. IV 6 : 62.
— G. D. IV 2 : 16.
— M. IV 1 : 61; 14 : 1.
Harvard-College. IV IIb : 107.
Harz. I 5 : 107. IV 14 : 26.
Has, K. II 1 : 12.
Hasenhut, A. IV 4 : 94.
Hassler, H. L. 14:8.
Hauff, W. IV 1 : 2, 89; 3 : 67—74.
Hauffen, A. II 5 : 30.
Haug, J. Ch. F. IV 2 : 93..
Hauntingcr. I 5 : 94.
Haupt- u. Staatsaktionen. III 4 : 20, 23.
Hauptmann, G. IV 1 : 7.
— M. II 1 : 13.
Haussttann, V. 14:8.
HaussprUche. I 5 : 31.
Haut- u. Haarpflege. 15:8.
Havelberg. III 3 : 10.
Haym, R. IV 1 : 1 ; 13 : 1, 5, 10, 20.
Hebbel, F. I 3 : 49, 125. IV I : 3 ;
4 : 130/4, 203/4.
Hebel, J. P. 15: 88. IV 1 : 111;
2 : 26, 53-60, 220; llf : 18.
Hebenstreitus, J. III 1 : 6.
Hebräisch. II 8 : 18a.
Hecyrus, Ch. II 1 : 13.
Hedio, K. II 7 : 44.
Hedwig, Herzogin v. Pommern. I 6 : 85.
Hoerwagen, H. III 5 : 8.
Hegel, G. W. F. 13: 6, 22, 26; 5 : 88.
IV 1 : 1, 15, 22, 27/9, 46, 55, 111
113; 6 : 62; llf : 1; 14: 1.
Hegelianer. FV 1 : 10; 6 : 62.
Hegendorffer, Ch. II 5 : 31.
Hegner, U. IV 3 : 53(4; 6 : 40.
Hehn, V. IV 1 : 52/5; IIa : 18; 14 : 8.
Heidelberg. II 3 : 15 ; 4 : 30. Ul 1 : 6.
Heiden, S. I 6 : 85.
Heidrich, C. II 7 : 49.
Heiligenverehrung. II 1 : 1.
Helling, H. IV 2 : 71.
— M. II 7 : 44.
Heimthal, Max s. Schneckenburger, M.
Heine, Amalie. IV 14 : 1, 36.
— H. I 5 : 89. IV 1 : 2, 10/1, 20,
22, 46, 00, 61, 111, 113, 130; 2 : 3,
97, 107, 137, 198, 202; 8 : 49, 70;
4 : 134; 0:74; 11c : 19; 14: 1 — 14.
— Therose. IV 14 : 1, 30.
Heinitz, Minister v. IV 1 : 40.
Heinrich v. Mecklenburg. II 3 : 17.
Heinrich Julius v. Braunschweig. 1
6 : 85. II 4 : 3; 8 : 48.
Heinrich, G. A. IV 1 : 9.
Heinse, W. IV 3 : 5, 17/9; 4 : lo9;
6 : 51; lle : 28a; 14 : 1.
Heinsius, D. III 1 : 0.
— N. II 8 : 38. III I : 6.
Held, H. V. IV I : 78.
Heldengedicht d. 17. Jh. III 3 : 10.
Heldensage. II 3 : 1-2; 4:30; 5:36.
Heldt, G. 16: 66.
Helena. IV lle : 56.
Heliandforschung. 12:4.
Hell, Th. IV 1 : 61.
Holle, Fr. W. IV 1 : 3.
Hellen, E. v. d. IV lle : 5.
Sachreffister.
181
Heller, S. IV 3 : 129.
Hollwag, Ch. F. IV 1 : 51.
Hellwig, Ch. II 5 : 35.
Helmasperger. I 4 : 29.
Helmbold, L. 14:8.
Helmstedt. I 5 : 118.
Hempel, Maler. IV 2 : 6.
Hemsen. IV 3 : 111.
Hendel, J. Ch. III 5 : 16.
Henke, H. IV 6 : 27.
Hennenberg, F. v. II 5 : 11.
Henneqnin, E. II: 3.
Henning, J. 16: 66.
- M. 16: 66.
Ilense, K. 0. F. IV lle : 5.
Hensler, F. (Ileuseler) IV 4 : 94/6.
Ilenrichmann, J. 11 5 : 34.
Hensel, Luise. IV 1 : 8.
— Sophie. IV 4 : 166.
Heraklit. IV lle : 37.
Herford, Ch. H. II 3 : 15.
Herbart, J. F. 16: 24/6. IV 1 : 27 ;
6 : 52.
Herder, J. G. v. IV 10. — I 1 : 5:
4 : 12, 38 ; 5 : 12. IV 1 : 22, 39, 47,
6.3, 96, 11.3, 128; 2 : 16, 30, 48; 4 : 169,
187; 6 : 20, 49; IIa : 17; lle : 30;
lld : 25; lle : 5; 13 : 7; Fragmente
IV 6 : 16; Ideen IV 1 : 27; Lyrik
IV 11c : 12/3; Predigten IV 1 : 50;
Prosaschriften I 7 : 50; Shakespeare
IV I : 128; Terpsichore IV 12 : 46.
Herisau. III 5 : 23.
Hermann v. Sachsenheim s. Sachsen-
heim.
— Ch. II 1 : 13.
— D. I 4 : 38.
- G. IV 13 : 20.
- N. II 1 : 13.
Hermes. I 5 : 12.
Hero und Leander. III 2 : 19. IV
12 : 77/8.
Herrenhut. III 5 : 2— G.
Herrig, H. II 1 : 10. IV 4 : 150.
Herrmann, G. M. G. v. 15: 121.
Herwegh, G. VI 1 : 12; 14 : 1.
Herz, Henriette. IV 14 : 1, 46; 1:80.
- M. IV 1 : 78, 80, 83.
Ilerzfeld, C. IV 4 : 170.
— Schauspieler. IV 12 : 46.
Herzlieb, Minna. IV 1 : 40; IIb : 87.
Hesenloher, A. II 3 : 4; 2 : 25.
- H. II 3 : 4, 16.
Hess, D. IV 3 : 53.
Hessen -Darmstadt. III 5 : 13.
Hettner, H. 11:3. IV 3 : 102.
Heufeld, F. IV 4 : 19.
Heune, J. s. Gigas.
Hexenwesen. I 5 : 86. II 1 : 1.
Hey, J. W. IV 1 : 33.
Heyn. I 6 : 77.
Heyne, Ch. G. I 6 : 16.
Heyse, P. 15: 45a. IV 3 : 2, 4, 85,
135; 4 : 183.
Hiatus. I 3 : 39—40. IV 2 : 185.
Hiecke, R. 17:4.
Hierarchie. II 1 : 1.
Hildobrand, R. I 7 : 13a.
Hildebrandslied, das jUngere. III 2 : 2.
Hintzel, A. IV 1 : 56.
Hippel, Th. G. v. 13: 143. IV 0 : 13.
HirsehfUugerorden. III 5 : 20.
Hirth, 6. I 1 : 14.
Ilirtz, M. II 1 : 12.
Hirtzwigius, H. II 7 : 37. III 1 : 6.
Hirzel, C. IV 1 : 37.
— S. 12:8.
Historiographie. II 8 : 11/2.
Historische Dichtung s. Geschichtliche
Dichtung.
Historisches Lustspiel. IV 14 : 1.
Hoehzeitsgedichte. I 4 : 81. III 2 : 1,
35.
Hocker. I 5 : 90.
Höfer, E. IV 1 : 61; 3 : 111.
Hölderlin, Fr. IV 2 : 16; 13 : 1, 14,
30/1 ; 12 : 44.
Hölty, L. H. Ch. IV 1 : 51 ; 2 : 17/8;
12 : 77.
Hoernen, A. ther. I 4 : 21.
— P. ther. I 4 : 21.
HofPmann, E. T. A. IV 1 : 113; 3 : 49;
13 : 3.
— Hans. IV 1 : 6.
— V. Fallersleben, H. III 5 : 25. IV
1 : 12, 61; 2 : 208-15; 4 : 43.
Hofmann, K. III 5 : 10.
— V. Hofmanswaldau, Chr. III 1 : 12.
Hofnarren. I 5 : 109—12.
Hogel, Z. II 3 : 30.
Holie Lied. 11 5:7.
Hohenborg. IV 12 : 77.
Hohenhausen, Elise v. 15: 45a.
Hohenheim, Franziska v. IV 12 : 1.
Holbein, H. II 1 : 19. IV 3 : 53.
Holberg, L. IV 4 : 4, 170.
HoH, V. II 1 : 12.
Hol'.e. IV 12 : 40.
HoUonbach. IV 6 : 22.
Hollonius, L. III 4 : 32.
Holstein, H. II 4 : 1, 22; 8 : 23.
Holtei, K. V. IV 1 : 61; 3 : 94. IV
4 : 104, 124/5, 154.
Holz, A. IV 1 : 5-6.
Holzschnitte. II 5 : 27, 29.
Holzwart, M. II 8 : 51.
Holzstöoke. II 3:1—2.
Homburg, Prinz v. s. Friedrich.
Homer. 13:6, 103. IV 1 : 51, 108,
126; lld : 3; lle : 56.
Honorare. IV IIb : 53; 12 : 182.
Hopfen, H. I 5 : 119.
Hopf er. II 1 : 1.
Horanyi. II 8 : 37.
Horaz. IV 7 : 9.
Hören (Zeitschrift). IV 12 : 46, 83.
Hosmann, Ch. II 1 : 1;^.
Hotomannus, J. III 1 : 6.
Huber, J. IV 1 : 41.
— M. IV 2 : 16.
— Therese. IV 2 : 38.
Huberinus, C. II 7 : 37.
Hudemann, M. IV 2 : 1—2.
HUisemann, J. III 5 : 7.
Hülsen, B. v. IV 1 : 61.
— W. V. IV 1 : 100.
HUlshoff s. Droste, Annette v.
Huff, J. II 8 : 56.
Hugo, V. IV 1 : 113, 115.
Hummeln. II 3 : 25.
Humanismus. I 1 : 11; 6 : 61. II
1 : 1, 11; 8. IV 1 :52, 108; IIa: 24.
— Heidelberg II 8 : 2.
— München II 8 : 3.
Humanität. IV 10 : 3—4.
Humboldt, A. v. IV 1 : 71, 111; 3:76;
14 : 1.
— W. V. IV 1 : 10, 27; 3 : 76;
6 : 55/8; llf : 5; 12 : 66/7, 83.
Hume, D. IV 1 : 125
Humor. I 3 : 143/4. IV 1 : 58; IIb : 73.
Hundeiker. I 6 : 18/9. IV 6 : 27.
Hundeliobhaherei. I 5 : 58.
Hunziker. IV 6 : 14.
Hupfuff, M. I 4 : 18.
Huss, J. II 1 : 1 ; 8 : 32.
Husschin s. Oecolampadius.
Huswedel, J. III 5 : 81.
Hütten, Ph. V. 11 3 : 28.
— U. V. I 5:88. II 1: 1; 0 : 1, 14,
37; 7 : 37; 8 : 24/9, 32.
Hygin. IV lle : 17.
Ibsen, H. IV 4 : 131/2; lle : 40.
Icilius, Quintus. IV I : 78.
Idealisieren. I -3 : 101,
Idealismus. 13 :4,101, 118, 120. IV 1:58.
Idee einer Dichtung. 11:2.
Iffland, A. W. 15: 12, 94. IV 1 : 47,
111; 4 : 170, 182; 12 : 1, 7.
Ikonographie. I 1 : 14/5.
Imhof, Amalie v. IV 13 : 20.
Immermann, K. I 7 : 45. IV 1 : 10, 58;
4 : 44/9, 54, 190; 14 : 1.
Index librorum prohibitorum. II 1 : 13/4.
Induktive Poetik. I 3 : 35—50, 08.
Inkunabeln. I 4 : 49—52.
Inschriften. 1 5 : 32.
Inzingkofen. II 2 : 39.
Iselin, J. IV 1 : 27, 68; 4 : 168.
Isuy. II 1 : 12.
Italien. II 4 : 4; 8 : 20. IV IIa : 28
—30, 44; IIb ; 15/7, 60, 91.
Jacob, C. II 8 : 56.
Jacobi, F. H. I 4 : 12; 5 : 80. IV
1 : 46, 64, 67 ; 3 : 31 ; 6 : 23.
— J. G. IV 6 : 17.
Jacobs, F. IV IIb : 30.
Jäger, Ch. III 2 : 48.
— J. s. Crotus Rubeanus.
Jagd. I 5 : 59. III 5 : 20.
Jahn, L. IV 6 : 67/9.
— 0. 11:2.
Jahresberichte über deutsche Litteratiir
geschichte. I 1 : 16/8.
Jahrmarktslied. III 2 : 63.
Jakoby, J. IV 14 : 1.
Jamespn, Anna. IV 13 : 12.
Janetzky. III 4 : 21.
Janssen, J. II 1 : 1—2, 8-10; 0:48.
Jarcke, K. E. IV 13 : 67.
Jean Paul s. Richter, J. P. F.
Jena. IV IIb : 20, 54; 12 : 12—29, 92.
Jenson, N. I 4 : 29.
Jenisch, D. IV 1 : 78.
Jerschel, B. II 1 : 13.
Jesuiten. I 6 : 12, 73. II 1 : 6. III
1 : 6; 5 : 14.
Theater. III 4:13,38. IV 4:199.
Jerusalem, K. W. IV lld : 18.
Joachimsthal. II 1 : 13; 7 : 49.
Jöcher, C. G. II 8 : 34, 37/8.
Johnson, S. IV 1 : 125.
Johann, Landgraf von Hessen-Braubach.
III 5 : 13/4.
— Kurfürst von Sachsen. II 6 : 33.
— von Sachsen-Weimar. I 6 : 54.
— Johann Friedrich IV. von Sachsen-
Weimar. I 6 : 54.
Jokai, M. 15: 46.
Jonas, E. IV IIa : 8.
— F. IV 12 : 40.
— J. II 2 : 2.
Jordan, W. IV 3 : 2; 4 : 134.
Joseph II. 16: 73, 91. IV 1 : 64/5.
Josephdrama. II 4 : .35.
Journal von n. für Deutschland. IV
1 : 88.
Journalistik. IV 1 : 85/9; 12 : 1.
Judä, L. II 7 : 36.
Juden. IV 1 : 11, 80/4; 6 : 3—4,
11, 13/4; IIa : 22/3; 14 : 1, 45.
JUngstdeutsche. IV IIb : 109.
Jung, A. IV 14 : 1.
Stilling, J. H. IV 2 : 48.
Junges Deutschland. IV 1 : 10, 12, 22,
29, 110; IV 14.
Jungius, N. III 5 : 7.
Junghegelianer. IV 1 : 111.
Junius, H. I 6 : 10/1.
Juristisches. II 1 : 12; 5 : 1.
Jus potandi. III 6 : 19; talionis III
5 : 28.
*) Kachelofen, K. I 4 : 95.
Kadner, G. II 1 : 13.
Kärnthen. I 6 : 33, 79.
Kästner, A. G. 15: 12. IV 1 : 96
2 : 48; 6 : 21.
Kaisersage. II 1 : 1.
*) S. auch C.
182
Sachregister.
Kaisersberg, J. Geiler v. s. Geiler.
Kalb, Charlotte t. IV 12 : 31/3.
- Familie t. IV 12 : 32.
Kaienberg, Pfaflf v. I 1 : 11; 5 : 109.
11 3 : 15; 5 : 26.
Kalendorlitterotur. II 1 : 13; 5 : 35.
IV 12 : 73.
Kalidasa. IV 3 : 134.
KaramerbUhl. IV IIa : 85.
Kampsohulte, F. W. II 6 : 1.
Kanne, .1. A. IV 3 : 31.
Kant. J. I 3 : 11/4, 16, 126; 4 : 38;
5 : 119. IV 1 : 22, 25, 27/9,
46, 111, 120; 6 : 9, 21/3, 52;
8 : 10; 10 : 3; llf : 1, 4; 12 : 56;
13 : 7; 14 : 49.
Kanzelberedtsatnkeit I 5:8. III
5 : 15, 21.
Karl V. II 1 : 1-2, 12.
- Herzog v. Württemberg. IV 12 : 1.
Karl August v. Sachsen-Weimar. IV 1 :
63; 8 : 8, 10; IIb : 20, 22, 25, 92/3a;
12 : 149.
Karl Ludwig, Kurfürst vou der Pfalz
III 1 : 4; 3 : 9.
Karl Wilhelm Ferdinand von Bnuin-
schweig. IV 6 : 27.
Karlsschule s. Schulen (.''olitude).
Karlstadt, A. II 1 : 1.
Karoline, Prinzessin v. Sachsen-Weimar.
IV 8 : 1.
Karpeles, 6. IV IIa : 2, 48; 14 : 17.
Karsch, A. L. II: 13. IV 1 : 78;
2 : 12/5.
Kartenspiel. II 5 : 42.
Kaspar v. d. Eon. I 1 : 11.
Katechismen. II 6 : 30/2; 7 : 35/6.
Katharsis. I 3 : 28.
Katholizismus. I 5 : 45. IV 1 : 3, 8 ; 3 : 3.
Kauffmann, Angelika. IV IIa : 32.
Kaufmann, Erzählung r. armen.
II 1 : 12.
Kaufringer, H. 11 1 : 15.
Kawerau, W. IV 1 : 74.
Kefer, F. X. 16: 23.
Keiser, K. III 4 : 22.
Keller, A. v. II 4 : 26. IV 13 : 33.
- G. I 5 : 46. IV 1 : 3-4, 61 ;
2 : 161; 3 : 4, 49, 99-102.
- J. III 1 : 6.
Kempis, Th. a. I 4 : 21.
Kepler, J. III 1 : 6.
KerchofF. II 5 : 11.
Kern, F. IV lle : 29.
Kemcr. J. IV 2 : 76/9, 84; 3 : 111.
Kertbeny, K. M. IV 14 : 26.
Kestner, Charlotte. IV IIb : 108.
Kielmann, H. II 4 : 23/4; 7 : »7.
Kietz, E. B. IV 14 : 24.
Kindbetthof, Lied v. II 1 : 12.
Kinderlitteratur. IV 1 : 62, 111.
Kindesmörderin. III 5 : 28.
Kinderpredigt. II 5 : 13.
Kinkel, G. IV 1 : 61
Kirchbach, W. IV 1 : 5; 14 : 1, 8,
Kirchengfschichte. II 1:2; 7. III 1:6.
Kirchenlied. II 2 : 46; 7 : 37, 67.
IV 1 : 3.
Kirchenliederdichter. II 1 : 13; -dich-
terinnen. I 1 : 13.
Kirchhain. II 5 : 44.
Kirchhoff, H. W. II 8 : 25.
Kirchhoffer, G. II 8 : 20/1.
Kirchner, C. III 1 : 0.
Kinug, F. IV IIb : 20, 26.
Klaffer, Spruch gegen die. II 1 : 12.
Klamer Schmidt 8. Schmidt, Klamer.
.Klar" und «fein" andeutech. I 2 : 5.
Klassizismus 13:6. IV 1 : 4, 36/7;
2 : 105.
Kleidung. 15:8.
Klein, Baurevisor. IV Hb : 23.
Kloist, Chr. R. v. I 7 : 41. IV 2 : 7,
H -11, 27; 4 : 20; 0 : 6.
Kleist, n. V. I 3 : 125; 7 : 8, 64, 77. IV 1 :
61; 3 : 40/2, 49; 4 : 22-42, 94,
183a, 206; IIb : 109; 12 : 79;
14 : 1, 8.
Kleksographie IV 2 : 77.
Klomm, H. II 3 : 25.
Klenke, C. L. v. IV 1 : 78.
Klingemann, A. v. IV 4 : 59-60.
Klinger, F. M. v. I 4 : 38. IV 3 : 9;
4 : 14; lle : 42; 12 : 30.
Klopstock, F. G. IV 7. — I 5 : 12;
7 : 42. IV 1 : 39; 2 : 6, 30, 48;
6 : 16; 8: 5-6, 8; lld: 22; 12 : 1.
Dichtungen. I 7 : 62; Messias IV
1 : 126; 3 : 9. Oden IV 2 : 17, 227
- Meta. IV 7 : 1.
Knaake, C. II 6 : 1, 9, 18, 37.
Knapp, A. IV 1 : 2.
Knauer, M. II 5 : 35.
Knebel, K. L. v. I 5 : 12. IV 1 : 46
47; 8 r 6-7; IIb : 110; lle : 29.
Knesebeck, K. F. v. d. IV 1 : 40.
Knigge, A. Frhr. v. I 4 : 38; 5 : 12.
Knoblauch. J. I 4 : 18.
Knoblochtzer, H. I 4 : 18.
Koberger, A. II 8 : 56.
Koberstein, A. IV 3 : 19.
Koberwein, Fr. IV 4 : 174.
Kobold-Gandersheimer. 11 8 : 3.
Koch, M. IV 8 : 15.
Kochend« rffer, K. I 4 : 12.
Köhler, Reiuh. III 5 : 3".
Koelhoff, J. I 4 : 21, 49.
Köln. I 4 : 21; 5 : 60.
König, H. IV 6 : 73.
— J.-U. IV 4 : 6.
Königsberg. I 4 : 23; 5 : 119. II 7 :
34. III 4 : 9-12.
Körner, Ch. G. I 6 : 12. IV 1 : 40;
12 : 5, 27, 34/8, 46, 64.
— Th. 17: 49. IV 2 : 61-72;
4 : 39-41.
Köster, A. IV lle : 81a.
Köstlin, K. I 3 : 69.
Koffka. IV 12 : 8.
Kolb, G. IV 6 : 74.
Kolbe, Maler. IV IIa : 31.
Kollar. II 8 : 55.
Kolross, J. II 4 : 11.
Komisches Gedicht. I 3 : 39—40.
Komische, Das. I 3 : 59.
Komödianten, Badische. IV, 4 : 174;
Englische I 1:11. 114 : 2-8. III 4:
4, 7, 19, 20; Hessen-Casselsehe IV
4 : 174; Polnisch -Sächsische IV
4 : 174.
KomplimentierbUcher. II 6 : 43.
Konstanz. I 4 : 42; 6 : 10/1.
Konradindichtungen. IV 12 : 1.
Konversationspoesie. 13:3.
Kopenhagen. III 4 : 23; 5 : Sl.
Koppe. IV lle : 28a.
Korntheuer, J. IV 4 : 94.
Kotzebue, A. v. I 5 : 12. IV 1 : 111,
125; 4 : 9, 62/7, 103, 170.
Kosmographie. II 1 : 17.
Kostüm. IV 4 : 183a; 12 : 101.
Kozmian. IV lle : 1.
Kraft. IV lle : 29.
- W. II 6 : 23/4.
Kraftgenies. IV 8 : 6.
Krahne. I 6 : 94.
Krain. IV 6 : 66.
Kralik, B. III 4 : 29.
Krause, C. Chr. F. IV 1 : 27.
Kretschmar, W. IV 4 : 31.
Kretzer, M. IV 1 : 5—6.
Kritik. I 1 : 1, 3.
Krieg, SOjahr. III 1 : 2, 4.
Kriegslyrik von 1870. IV 1 : 9.
Krones, Therese. IV 4 : 94, 165, 200.
KrUdener, Juliane v. IV 1 : 32.
KrUnitz* Encyklopaedie. IV 12 : 77.
Kügülgen, G. v. IV IIa : 36.
Kühne, A. IV 4 : 134.
- G. IV 13 : 62/3; 14 : 1, 50, 52.
Kühnemann, E. IV 6 : 52 ; 12 : 57/8.
Künstlerromane. IV 3 : 5.
Künzli. IV 2 : 3.
Kürschner, J. IV 6 : 51.
Kulmacher, Ph. II 1 : 13.
Kulturgeschichte. 11:1, 3—6; 5.
Kulturkampf, niederl. III 1 : 6.
Kulturkreise. 15:2.
Kummerfeld s. Schulze - Kumraerfold.
Kune, J. I 6 : 66.
Kunst, Wesen der. I 3 : 15.
- bildende. I 1 : 5; 5 : 48 II 1 :
1, 17, 19; IV IIa: 27-34; llf: 16/8;
12 : 59.
Kunst, W. IV 4 : 174.
Kunstgärten. II 8 : 6.
Kunstgriffe. I 3 : 42.
Kunstlyrik. I 3 : 36/7.
Kunstschöne, das. 13: 14, 25, 90.
Kuriosa. III 5 : 20.
Kurz, H. IV 2 : 84; 12 : 177.
- Isolde. IV 1 : 4.
- J. V. IV 4 : 174.
Kurzsche Truppe. III 4 : 26.
Kyau, F. W. Frhr. v. I 5 : 110. III
5 : 22.
Kyd, T. III 4 : 6, 19.
Laach. II 3 : 12.
Laas, E. I 7 : 4—5.
La Calprenede. III 3 : 9.
Lachmann, K. I 1 : 2; 2 : 5.
Lämel, L. v. IV Hb : 20.
- S. V. IV IIb : 20.
Lahn. IV IIb : 4a.
Laienbuch. II 3 : 25.
Lamotte. 11:5.
Lampadius, A. II 8 : 17.
Lamola, J. II 8 : 56.
Landadel. I 5 : 101.
Landesmann, H. (H. Lorm). IV 1 : 00.
Landen, J. 14: 21.
Landsberger, M. II 8 : 56.
Landsknechte. II 1 : 1.
Langbehn. I 5 : 54.
Langbein, A. F. E. 15: 58.
Lange, E. G. II 3 : 32.
Langer, E. Th. IV 1 : 40.
- J. II 5 : 17.
Langheim. II 5 : 35.
Lassenius. I 6 : 82.
Lasso, 0. di. 14: 8.
Laroche, C. IV 4 : 94.
- Sophie V. IV 2 : 38; 11c : 3.
L'Arronge, A. IV lle : 59.
Larroumet. IV lle : 13.
Lasius, H. F. IV 2 : 46/7.
Lassalle, F. IV 6 : 62.
Lateindiehter. III 3 : 10; 5 : 23.
Laube, H. IV 1 : 59, 61; 3:2, 19;
4 : 68, 126, 183, 204; 6 : 74; 14 : 1.'
Lauenburg. I 5 : 82.
Lauremberg, H W. III 5 : 12.
Laurimanus, C. II 7 : 37.
Laut. I 3 : 25.
Lautenschlägor, K. IV lle : 6.
Lavater, J. C. I 4 : 12; 5 : 88. IV
1 : 44, 46, 51, 81/3, 119, 121 ; 2 : 16,
48; 3:53; 6:45; Hb: 20; He : 14a.
Leander, R. s. Volkmann.
Lebensalter. II 5 : 18.
Löffel, C. II 8 : 28.
Lefranc de Pompignan. IV 4 : 4.
Legende. II 3 : 12/3.
Lohmann, Aug. IV lle : 20.
- Cb. III 5 : 25/6.
Leibniz, G. W. v. III 1 : 2; 5 : 1. IV.
1 : 22; llf : 1.
Loipa. 11 1 : 13.
Leipzig. I 4 : 90/4; Hb : 1, 12.i, 1 :
12 : 1.
Leisewitz. .1. A. IV 4 : 10/1 ; Hb : 34.
Sachregister.
Leitner, K. G. R. v. IV 2 : 156-62.
Lengefeld, Karoline v. IV 12 : 36, 42.
Lessing, G. E. [IV 9.] — I 3 : 49,
126; 4 : 12, 60; 5: 53. III 5:25. IV
1 : 22, 39, 46, 61, 78, 104, 128; 2:3;
4 : 2, 14, 18, 20, 174, 205; 6 : 5, 9,
16, 20; 8 : 2; llo : 13; 12 : 1.
— Drama: Emilia Galotti 17:6,
34. IV 4 : 206. Faust IV 3 : 9.
Minna 17:6, 33, 70, 77. Nathan
17:6, 35. Philotas 17:6, 41.
— Abhandlung über d. Fabel. I 7 : 62-
Anti-Goeze I 7 : 39. Briefe anti-
quarischen Inhalts I 7 : 37. Drama-
turgie I 7 : 38/9, 55. IV 4: 12, 205.
Erziehung des Menschengeschlechts
IV 1 : 27. Fabeln. I 7 : 39—40.
Laokoon I 3 : 76, 111; 7 : 36, 39
00. Litteraturbriefe I 7 : 38, 61.
Ueber d. Epigramm I 7 : 37. Wie
d. Alten d. Tod gebildet I 7 : 37, 62.
— K. Fr. IV 13 : 19.
— K. G. IV 1 : 51.
Lenau, N. s. Niempsch v. Strehlenau.
Lenore-Dichtung. IV 1:40; 2:30/2.
Lenz, Chr. L. IV 6 : 27.
— J. G. IV IIb : 20.
— J. M. R. I 4 : 12. IV 1 : 46, 128;
4:14; IIb: 9; lle:9-10; lle : 29.
Lensing, Elise. IV 4 : 134.
Leonardo da Vinci. IV llf : 10.
Loopardi, G. IV lle : 28a.
Leopold II. V. Oesterreich. I 0 : 73.
— Fürst von Anhalt-Dessau. IV
0 : 65.
Lercheimer, A. II 5 : 47.
Lermolieff, J. 11:3.
Lettres d'un officier prussien. IV 1 : 97.
Leu, Peter. II 3 : 15.
Lewis. IV 3 : 49.
Lexikographen. I 2 : 11/4.
Liber vagatorura. II 1 : 1 ; 3 : 25.
Liberalismus, süddeutscher. IV 6 : 74.
Lichtenberg, G. Ch. IV 3 : 13; 6 : 44.
Lichtenberger. IV lle : 18.
Lichtenstein, F. IV lle : 3.
Liebesdichtung. II 1 : 12. III 2:6, 9.
IV 14 : 1.
Liebeskind, E. IV 4 : 96.
Liebesthätigkeit, kirchliche. II 1 : 1.
Liebig. IV 1 : 41/2.
Liederbücher. 14:8. II 1 : 12. III
2 : 2-3. Augsburger II 2 : 25. (1454)
II 5 : 18. Frankfurter (1600) II
2 : 40.
Liedertafel. IV 2 : 249—50.
Ligator. I 4 : 30.
Lili s. Elisabeth Schönemann.
Lilieneron, D. v. IV 2 : 234.
Lille, G. IV 1 : 125; lle : 31a.
Lindau, P. IV 3 : 2.
Lindemann, J. IV 1 : 8.
Lindener, M. II 3 : 19.
Lindenpoesie. I 3 : 91 ; 5 : 55/7.
Lindnor. IV lle : 14.
Lingelsheim, F. III 1 : 6.
— G. M. III 1 : 6.
Lingg, H. IV 2 : 100, 231/2.
Linke, J. II 6 : 18.
Lippstadt. I 5 : 85.
Lipsius, J. III 1:6.-
Liscow, Chr. L. IV 4 : 2.
List, F. IV 6 : 74.
Liszt, F. IV IIa : 56; 14 : 53.
Litteraturarchive. IV 1 : 44; IIa : 59.
Litteraturgeschichte I 1. IV 1
2 : 227.
— als Strom. I 1 : 11.
— in Tabellen. I 1 : 12.
— und Kunstgeschichte. II 1 :
— und Musikgeschichte. II 1 :
Littrow, Auguste v. IV 4 : 203.
Litzmann, B. IV 14 : 42.
Livius, T. IV 4 : 30.
1-3;
19.
48.
Lobbetius, J. III 1 : 6.
Locher, J. II 8 : 18.
Locke, J. 16:7, 12, 15.
Loeper, G. v. IV IIb: 11; lle :31a, 55.
Lohenstein, C. v. III 1 : 12.
Lokale Gesichtspunkte. I 5 : 74—83.
11 8 : 2-4. IV 1 : 64-84.
Lombardus, P. s. Petrus Lombardus.
Lombroso. 0. I 3 : 84.
Lomönie, L. L. de. IV lle : 13.
Loner, J. I 6 : 74.
Loosbüeher. II 5 : 42/3.
Lope 8. Vega.
Lorenz, 0. II 1 : 8; 8 : 55.
Lorenzo und Elisabetha. II 2 : 35. III
2 : 12.
Lorm, H. s. H. Landesraann.
Lortzing, A. IV 3 : 49; 4 : 174.
Lotze, H. I 3 : 20.
Luckau. II 5 : 44.
Lucianua. II 5 : 30. IV 4 : 103.
Lucrez. IV 6 : 20.
Ludecus, Karoline v. IV 3 : 40.
Luden, H. IV 1 : 63; IIb : 111.
Luder, P. II 8 : 2.
Ludwig, Fürst zu Anhalt-KOthen. III
5 : 7.
— König V. Bayern. IV 2 : 147/8.
— 0. I 3 : 49. IV 1 : 3, 61 ; 3 : 40;
4 : 76, 204.
Ludwigsburg. IV 12 : 1.
Lüder, W. IV 14 : 35.
LUgendichtung. II 5 : 12.
Lüneburg. 15: 119.
Lütkemann, P. I 4 : 8.
LUtzow, Elisa v. IV 4 : 24.
Lützower. IV 2 : 66.
Luft, H. II 7 : 34.
Luise, Königin v. Preussen. IV 2 : 56.
— Herzogin v. Sachsen- Weimar. IV
12 : 36.
Lundius, Z. III 1 : 6.
Luther. M. II 6. — 15: 53, 101 ;
7 : 68. II 1 : 1, 11. II 7 : 37, 51/2,
70/1. IV IIa : 12; llf : 8. An d.
Ratsherren. I 7 : 67. Katechismus.
16:8. Bibel. I 4 : 93. II 1 : 1.
IV lle : 57. Lieder. II 2:2; 4 : 48;
7 : 37. Prosaschriften, kleinere. I
7 : 59. Serraou v. ehelichen Stand.
16:8. Streitschriften. II 7 : 37, 70.
Lutherbilder. II 1 : 1.
Lutherdichtungen. II 1 : 13; 4 : 21/3;
7 : 37. IV 4 : 150.
Luzern. IV 1 : 89.
Lyrik. I 3 : 25. 36, 38—40. II 2; 8 : 30-40.
m 2; 5 : 23-102. IV 2.
Macchiavelli, N. 15: 101.
Mache, die. I 3 : 32.
Macropedius, G. II 4 : 40.
Märchen. I 5 : 46/7.
Maffei, A. IV 4 : 13.
Magdalena Sibylla v. Württemberg. III
4 : 20.
Magdeburg. I 4 : 94. III 2 : 2.3. IV
1 : 74; 7 : 5.
Magie. 15:9. II 1 : 1.
Mahlmann, S. A. IV 3 : 31.
Mai, L. II 4 : 20
Maine de Biran, F. P. G. IV 6 : 35.
Mailand. IV IIb : 60.
Mainz. II 5 : 8. IV 1 : 70.
Major, G. II 7 : 41.
Malerei und Dichtung. I 3 : 42.
Malespini. II 8 : 42.
Malsburg, E. v. IV 1 : 60.
Maltzahn, W. v. IV 1 : 44/6;
lle : 4, 34.
Mancz, C. II 8 : 56.
Mandeville, Sir J. II 1 : 17.
Mangelsdorf IV 6 : 27.
Mannheim. IV 12 : 1, 7—8, 59.
Mansfeld. II 6 : 02.
IKJ
Manso. IV lle : 28a.
Mantuanus, B. II 5 : 9.
Manuel, N. N. II 1 : 1, 19.
Manutius, A. 14: 39.
Manzoni, A. IV llf : 1.5.
Maria Ludovica, Kaiserin. IV 13 : 9.
Maria Theresia. I 6 : 91.
Marbach. IV 12 : 183.
Marburg. I 4 : 22.
Marggraff, H. IV 13 : 53; 14 : 1.
Maria von Wald'eck. I 6 : 75.
Mariastein. I 5 : 95.
Marie Antoinette. IV IIb : 9.
Mariendichtungen. II 1 : 12; 5 : 5.
Marina. II 8 : 42.
Marinus, W. II 1 : 13.
Marinismus. 13:6. III 1 : 12.
Marivaux, J. IV 4 : 4.
Markolf II 5 : 20.
Marr, H. IV 1 : Gl.
Marschner, H. IV 3 : 49.
Marschalk, N. 14: 36.
Martersteig, M. IV lle : 7.
Martini, L. II 1 : Vi.
Martinsgans. II, 2 : 24.
Matrikelbüeher. I 6 : 59—00.
Marx, K. IV 6 : 62.
Mascov, G. IV 1 : 125.
Massinger, Ph. 12:5.
Materialismus. IV 1 : 17/8.
Mathesius. J. II 1 : 13; 7 : 47.'9.
Matthisson, F. v. IV 2 : 17, 19, 48;
10 : 11.
Matter, J. IV 1 : 111.
Mattheson. IV lOe : 14.
Maurenbrecher, W. II 6 ; 33.
Mauritius, G. II 8 : 51.
Mauthner, J. IV 2 : 170/1.
Mauvillon, J. I 5 : 12. IV 1 : 22.
Maximilian I, Kaiser. II 1 : 1; 8 : 16.
— IL von Bayern. IV 0 : 63; 14 : 53.
Mayer, Martin. II 8 : 3.
Mayr, J. III 4 : 63.
Mecklenburg, A. IV 1 : 58.
Mecour, Susanne. IV 1 : 78.
Mederus, P. III 2 : 3.5.
Medizinisches. II 1 : 12; 5 : 3j— 41;
8 : 5.
Meerpoesie. I 3 : 92.
Meier, G. F. I 3 : 4.
Meisl, C. IV 4 : 94, 103.
Meissen. II 3 : 25.
Meissner, A. IV 3 : 1, 104/3; 14 : 1.
— M. II 1 : 13.
Meister, J. H. IV 1 : 118/9.
Meistergesang. II 1 : 8, 13; 2:13,25;
4 : 32.
Melanchthon, Ph. I 5 : 101; 6 : 85.
11 1 : 1, 6, 11; 7 : 38-44, 49; 8 : 33,
52.
— Dichtung auf II 1 : 13.
Melissopolitanus. II 8 : 58.
Melissus, P. I 1 : 11. III 1 : 6.
Mencke, J. B. III 2 : 61.
Mendelssohn, M. 13:4. IV 1 : 27,
81/3; 2 : 6; 4 : 20; 6 : 2-12, 16,
23; 8 : 2; IIb : 112.
Mengegefühl. I 3 : 32.
Menken, J. H. IV IIb : 30.
Menschenhass. IV 4 : 103.
Mentel, J. I 4 : 18.
Mentzel, E. IV lle : 3.
Menzel, W. II 1 : 8. IV 1 : 10;
14 : 1, 8.
Merck, J. H. IV 6 : 46; IIb : 113.
— J. K. II 8 : 54.
Mercurius, J. F. S. III 3 : 2.
Mercur, Nordischer. III 2 : 39.
— der deutsche. IV 1 : 64, 88.
Merian s. Meyer-Merian, Th.
Merope. IV 4 : 12/3.
Meseritz, Elisabeth v. II 2 : 2.
Messauslegungen. II 5 : 8.
Mossorer. II 4 : 31.
l84
Sachregistei*.
Messerschmiede, Tanz der. II 2 : 26.
Motaphoriscbes. I 3 : 88 - 90.
Metastasio, P. 13:6. IV 4 : 4, 8.
Methodisches. I 1:1-5; 3:4, 35,
57. IV 1 : 34/8; Uc : 19.
Methodik d. Unterrichts. 16:5.
Methodus, der neue. III I : 4.
Metrik. I 3 : 39—40. II 5 : 17 ; 8 : 28,
48. — Eyering. II 5 : 17. Goethe
IV lle : 81, 41. Gotter IV 4 : 13.
Grob III 5 : 2=3. Heine IV 14 : 13.
Hütten n 8 : 28. H. v. Kleist IV
4 : 26. J. E. Schlegel IV 4 : 2.
Metternich, Cl. Fürst. IV 13 : 5, 67;
14 : 1.
Metz (Theologe). I 6 : 66.
Meusebach, K. 6. Frhr. v. I 2 : 6a.
III 2 : 3.
Meyer, C. F. IV 2 : 161; 3 : 1.
— F. L. W. III 4 : 26. IV 4 : 169 ;
6 : 51.
— H. IV 3 : 53; IIa : 34; llf : 16;
12 : 14. 46.
— J. II 5 : 24a.
— V. Lindau, J. IV IIb : 13.
Merian, Th. IV 2 : 60.
Meyern, W. v. IV 3 : 27.
Meyr, M. IV 1 : 41.
Mezieres. IV 1 : 22.
Michaeler, K. J. II 3 : 3.
Michaelis, Caroline. IV 6 : 51.
— J. B. IV 11c : 15.
Michaelis-BrUder. I 4 : 36.
Mickiewicz, A. IV 2 : 32.
Micyllus. J. II 8 : 2.
Milder-Hauptmann, Anna Pauline. IV
13 : 40.
Milieu. I 1 : 3; 5.
Miller, J. M. IV 1 : 51 ; 3 : 9.
Milton, J. IV 1 : 126/6; 3 : 9.
Mimik. I 3 : 32.
Mineralogie. IV llf : 21.
Miniaturmalerei, 14:2.
Minnesang. II 2 : 20; 7 : 37.
Minor, J. IV 13 : 10.
Mirabilia nrbis Romae. I 4 : 41.
Misander s. Adami, J. S.
Mittelalter, Ausgang des. II 1 : 1.
Mitternacht, J. S. lU 4 : 32.
Mode. I 3 : 100; 5 : 71.
Modestus, J. A. II 6 : 3.
Moebius, P. H. A. 16: 28.
Möllemann, St. 14: 36.
Möller, H. F. IV 4 : 15.
Wörike, E. I 3 : 37 ; 5 : 38a. IV
1 : 8, 10, 61; 2 : 80,6; 13 : 49.
Moser, A. IV 3 : 127.
— J. IV 1 : 27.
Mohom. II 5 : 39.
Mohrungen. IV 10 : 1.
Moiban, A. II 2 : 2.
Moli6re, J. P. IV 1 : 109—10; 4:4,
103, 170; lle : 3,
Molitor, U. II 1 : 1.
MoUyn, N. 14: 38.
Molmann, F. IV 6 : 30.
Moltke, H. V. IV IIa : 8.
Monachus Weingartensis. II 3 : 19.
Mona, F. J. II 3 : 24.
Monner, W. 16: 54.
Monolog. I 3 : 36.
Montaigne, M. E. de. IV 3 : 40.
Montagüklub in Üeilin. IV 1 : 76, 78.
Montanas, M. II 3 : 25.
Montccuculi, R. Graf v. III 3 : 4.
Montemajor, J. de. III 3 : 5.
Montesquieu, Ch. de. IV 13 : 9.
Monumenta Oerraaniae Paedagogica. I
6 : 53.
Moral und Acsthetik. I 3 : 11.
Moralitat. II 4 : 6, 40; 7 : 37.
Moraltheologie. III 5 : 13.
Morata, Olympia. I 1 : 13. II 8 : 2.
Morf, H. IV 6 : 34.
Morgenrot. II 1 : 12.
Morgenstern, K. IV 6 : 59.
Morhof, D. G. 14:3.
Moritz, K. Ph, 13: 126. IV 1 : 40.
78; 6 : 49, 60.
Mosclierosch. J. M. III 1:2, 3, 6 ;
5 : 7, 10, 11. IV 13 : 33.
Mosellanus, P. I 6 : 66.
Mosen, J. IV 1 : 61, 73.
Mosenthal, S. H. IV 1 : 61; 4 : 87.
Moser, K. v. I 5 : 12. IV IIb : 30.
Motive. 11:2.
Motschmann, J. II 3 : 30.
Mozart, W. A. IV lle : 31a.
Muchheimin, M. 11 2 : 43.
MUchler, K. IV 1 : 7S.
MUhlbach, Luise. IV 1 : 61.
MUllenhoff, K. II 3 : 10.
Müller, A. IV 1 : 27; 4 : 183; 13 : 9.
— Friedr., Maler. IV 3 : 9.
— Friedr. v., Kanzler. IV 1 : 122;
lle : 64.
— J. (in Bamberg). I 4 : 20.
— J. V. 15: 12, 118. IV 1 : 64, 78;
(i : 59; 10 : 11.
— .1. G. IV 3 : 54; 4 : 49.
— M. IV 1 : 18.
— Sophie. IV 4 : 200.
— W. IV 1 : 2; 2 : 48; 14 : 1, 13.
Mülmarckart, M. II 1 : 13.
MUnch-BoUingbausen, F. v. IV 1 : 38;
2 : 101 ; 4 : 48, 109-10; 13 : 33.
München. I 4 : 41 ; 5 : 94. II 6 : 41 ;
8 : 52. IV 1 : 60, 67 ; 4 : 70, 73.
— -Nienburg. I 4 : 58.
Münchhausen. IV 3 : 13.
Münster i. W. II 8 : 31. III 5 : 13.
— S. 15: 101. II 1 : 1; 8 : 18a.
— Georg, Graf zu. IV IIb : 20.
MUnzer, Th. II 1 : 1.
Muffel, N. II 8 : 45.
Mulicb, B. II 5 : 14/5.
Muneker, F. IV 3 : 40; 7 : 2—3, 6—7.
Mundt, Clara. IV 1 : 61.
— Th. IV 14 : 1,50.
Muratori, L. A. IV lle : 28a.
Musaeus. IV 12 : 77.
Musik. II 1 : 13; 4: 47/9; 8 : 48. IV
7:6; IIa : 40/3, 92/3.
Muskatblüt. II 2 : 25; 5 : 12.
Musset, A. V. IV 1 : 115.
Murner, Th. I 4 : 18; 5 : 101. II
1 : 1; 5 : 26/9; 7 : 6Ö/8.
Murmellius, J. II 5 : 16.
Murr, Ch. G. v. II 1 : 17.
Muth, F. A. IV 1 : 8.
Mylius, Ch. IV 6 : 1.
Mysterien. II 4 : 6—9.
Mystik. II 1 : 1; 5 : 1.
Mythologie. I 5 : 14, 23/4.
Nachahmungstheorie. 13:6, 26, 69.
Nageli, G. IV 2 : 250.
Namedy. II 3 : 12.
Napoleon I. IV 1 : 63; 3 : 54; 6 : 59;
14 : 1.
Nast, J. IV 1 : 38; 13 : 80.
— Luise. IV 13 : 30.
Nasus, J. II 5 : 34.
Nationalcharakter. 11:5.
NationalgefUhl. IV 1 : 22/6.
Natürlichkeit. 13:6.
Natur, Darstellung dor. II 1 : 19.
Naturalismus. I 3 : 32, 101, 118-44.
IV 1 : 58; 6 : 30; IIa : 70/2.
Naturschöne, Das. I 3 : 14, 25/7, 90.
Naturvölker. 15:1.
Naturwissenscliaft. I 1 : 2, 5; IV 6 :
44; IIa: 6; IIb: 115, 122; llf: 19-23.
Nathiisius, Familie. IV 4 : 49.
Natzmer, D. G. v. UI 5 : 3.
Naumann, J. III 5 : 7.
— J. G. IV lle : 29a.
Neapel. 13:6.
Neff. III 5 : 23.
Nefflen, J. IV 1 : 69.
Noidhart v. Reuenthal. II 3 : 16.
— Fuchs. II 3 : 16.
Nemo, S. II 3 : 13.
Nepotismus. I 6 : 61.
Nero. III 3 : 9.
Nestroy, J. IV 4 : 94, 105/7.
Neubauer, V. II 1 : 13.
Neuber, Caroline. IV 4 : 6.
Neuffer, Ch. L. IV 2 : 48.
— Gr. H. IV 13 : 30.
Neuhumanismus I 6 : 16.
NeujahrswUusche. II 1 : 12; 5 : 19.
Neukarsthans. II 1 : 1.
Neukirch, B. I 1 : 11. III 1 : 12.
Neusidler, H. 14:8.
Neu-Weimar (Verein). IV 14 : 53.
New-York. IV IIa : 84.
Newton, J. IV llf : 23.
Nicolai, Fr. I 3 : 4. IV 1 : 46, 51,
78; 2 : 3, 7; 6 : 14, 16; 8:2; 13: 9.
Nicotiauische Policey. III 5 : 20.
Nidbruck, C. v. II 7 : 49.
Niebuhr, B. G. IV 1 : 10; 6 : 61.
Niederdeutsches. II 5:2, 4—6, 16.
III 2 : 6, 40; 4 : 1. IV 2 : 230;
7 : 7 ; s. auch Dramatiker.
Niederländische Litteratur. II 1 : 16.
Niemand, Heil. II 3 : 13.
Niomeyer, A. H. I 6 : 32. IV 4 : 49.
Niempsch v. Strehlenau, N. (Lenau).
I 7 : 22. IV 1 : 130; 2 : 84, 136-40,
144; 4 : 93, 102, 110.
Niondorf, Emma. IV 2 : 84.
Noailles, Cardinal von. III 5 : 2.
Nodier, J. Ch. E. IV 1 : 115.
Nördlingen. I 5 : 94.
Nolhac, P. de. II 8 : 20.
Nordau, M. I 3 : 59.
Nordhoff. II 8 : 31.
Novalis s. F. v. Hardenberg.
Nürnberg. I 4 : 15; 5 : 66, 92. II
1 : 17; 4 : 25; ö : 42; 7 : 19, 20,
73. IV 1 : 21.
Nürnberger Reichstag. II 1 : 1.
Nüsslor, B. W. III 1 : 6.
— M. III 1 : 6.
Nützlichkeit d. Poesie. 13:6.
Oberammergau s. Passionsspiolo.
Obereichstätt. II 5 : 14.
Ochsenkhun, S. 14:8.
O'Donell, H. Graf. IV 13 : 9.
— M. Graf. IV 13 : 9.
Oecolarapadius, J. 11 6 : 16; 7 : 46.
Oehlenschläger, A. IV 4 : 134.
Oeser, Friederike. IV IIb : 89.
Oesterreich. I 5 : 101, 104/5; 6 : 96.
III 4 : 29. IV 1 : 64,6, 95.
Oesterreichische Dichter. IV 1 : 3; 2:
136—72.
Oesterreicher, A. II 4 : 31.
Oetker, F. IV 14 : 53.
OettingiseheWappengeschichle.il 3: 19.
Oldenburg. I 5 : 81. IV 1 : 73.
Olearius, A. III 5 : 7.
Olevianus, C. II 7 : 36.
Olpe, P. V. I 4 : 21, 49.
Onomatopoisch. I 3 : 39—40.
Operntexte. III 4 : 20. IV 4 : 139—42.
Opitz, M. I 3 : 3; 5 : 101. III 1 :
3, 6; 2:2, 26 7, 48; 4 : 7, 8; 5 :
31. IV 7 : 9; 14 : 13.
Opitzieren. III 2 : 43/4.
Opitzianismns. III 5 : 23.
Oporinus, J. I 5 : 88.
Orient. IV IIb : 19.
Orientfrage. III 5 : 14.
Orleans, Jungfrau v. s. Darc.
Orth, .1. P. IV lle : 46.
Osiander, A. II 6 : 17; 7 : :,4.
Osnabrück. III 5 : 13.
Ossinn. IV 1 : 125.
Sachregister.
185
Osterspiel. II 4 : 11.
Oswald T. Wolkenstein s. Wolkenstoin.
Otmar, J. I 4 : 33. II 8 : 56.
— S. II 8 : 56.
Otter, F. F. 15: 73.
Otther, J. II 8 : 18.
Otto von Freising. II 8 : 55.
Oxenstieriia, A. Graf v. III 5 : 13.
— J. Graf V. III 5 : 13.
4. IV
4.
9.
IV IIb : 114.
I 5 : 88, 101.
7-8, 10.
II 5 : 2.
Pacificus, M. II 1 : 13.
Paedagogik. I 6 : 1—3. III 1
3 : 37; 6 : 21-39; IIa : 16.
Paläographie. I 4 : 1—2.
Palleske, E. I 7 : 13a. IV 12
Palinerin. III 3 : 1.
Paltz, J. V. II 5 : 9; 6 : 48.
Paludan, J. III 5 : 12.
Pantheismus. IV IIa : 17; llf
Papirista. I 4 : 30.
Pape, A. II 8 : 51.
Papponheim, Jenny v.
Paracelsus, P. A. Th
II 1 : 1 ; 5 : 39 ; 8 ;
Paraphrase, geistliche.
Pareus, Ph. III 1 : 6.
Parganieuista. I 4 : 30.
Paris. 1 4 : 32. II 8 : 5, 58. IV 1 : 10, 115.
Parodie. II 1 : 8. IV 4 : 94.
Parteipoesie. IV 14 : 1.
Partidas. III 3 : 1.
Passionalbüchlein. 16:8.
Passiousspiele: II 4:9; Augsburger
III 4 : 38 ; Oberaramergauer I 4 : 88.
III 4 : 38-63. IV 4 : 146.
Patriotismus. III 1 : 2, 4. IV 2
Pauli, J. I 8 : 56. II 3 : 19.
Paulinenzelle. IV IIb : 54.
Paul, Jean, s. Richter, J. P. F.
Paulus Paulirinus. I 4 : 30.
Pausner, H. 0. IV IIb : 20.
Pawel, A. ni 1 : 6.
— J. IV 7 : 6-7.
Peck, D. I 4 : 24.
Peguitzschäfer. I 5 :
Peisker, J. III 5 : 7.
Pellieanus, K. II 8 :
Peroy „Reliques". IV 1
Perfektibilitat. IV 1 : 27
Perinet, J. IV 4 : 94, 96
Pernecker, H. 14: 20.
Perotti, N. 11 8 : 56.
Perrault. 11:5.
Pestalozzi, J. H. 16
IV 1 : 89; 2 : 48; 6
14/5.
92. III 5 : 8.
18, 18a.
125.
6 : 23, 32, 39.
32/9.
Pestalozzianismus. IV 6 : 34, 35.
; 13.
198; 14 : 27.
130; 14 : 26.
101.
J. s. Schultzc, Gott-
Peterle, M. II 1
Peters, A. IV 2
PetOfi, A. IV 1
Petrarca, F. I 5
Petrus de JJerael
fried.
Petrus Lombardus. II 7 : 38.
Petzensteiner, H. 14: 20.
Pfalzgrafenwürde. III 3 : 10; 5 : 7.
Pfau, L. IV 1 : 61.
Pfeffel, G. K. IV 1 : 78.
Pfeiffer, Charlotte s. Birch-Pfeiffor.
Pfeil, J. G. B. IV 1 : 40.
Pfeyl, J. I 4 : 20.
Pfister, A. I 4 : 19, 20, 25.
Pflanzen. I 5 : 53/7.
Pflug, J. II 7 : 44.
Pfretzschner, Rektor. I 6 : 78.
Phantasie. I 3 : 4, 6, 11, 87/8, 118, 120.
Philanthropinismus. 16:7, 15 — 22.
IV 6 : 24/8.
Philipp V. Orleans, Regent. III 5 : 2.
Philologie: I 1 : 1—6; deutsche I 2.
IV 10 : 6; klassische 11:2".
Philosophie. 11:6. IV 1 : 3, 27—31,
111; 6 : 63; IIa : 11/2; llf : 1-5.
Physiologie der Lyrik. I 3 : 36.
Piaristen. I 6 : 73.
5.
12. II 4:4;
Pichler, A. IV 2 : 182/3.
Pietismus. I 6 : 12.
Pilgerreiseu. I 4 : 84.
Pirkheimer, Charitas. I 5 : 100.
- W. I 5 : 92, 100. II 5 : 46.
Pistorius, J. II 8 : 36.
- Luise. IV 12 : 7.
Pius II. s. Aeneas Sylvius.
Pitaval. IV 3 : 40.
Placentius Evangelistes. II 3 : 48.
Plagiat. I 3 : 117.
Plagwitz. III 4 : 27.
Platen, A. v. IV 1:8, 41/2; 2: 125;
13 : 49.
Plato. II 1 : 1.
Platter, F. I 5 : 88. II 8
- Th. 15: 123. II 8 :
Plautus, M. Accius. I 4
8 : 56. III 4 : 19.
Plavius, J. 13:3.
Plessiug. IV lle : 29.
Plufaireh. IV 4 : 103.
Poach, A. II 6 : 19.
Pocci, F. Graf. IV 4 : 57.
Podagra. III 5 : 29.
Pogwiseh, Ulrike v. IV IIb : 79.
Poetik. I 3 : 25, 36, 42/5.
Polen. III 5 : 14. IV IIa : 48.
Polenlieder. IV 1 : 10.
Polheim, Juliane v. III 5 : 2.
Poliander, J. I 6 : 66. II 7 : 34.
Politik. I 1 : 5; 2 : 6. II 1 : 1, 12.
III 1 : 1-5; 5 : 13/4, 23/4. IV 1 :
22, 27, 29; 6: 73:4; IIa : 24/5.
Politische Gedichte. II 1 : 12.
Politor. I 4 : 30.
Poll, P. II 1 : 12.
Polmann, J. 14: 24.
Polus, Th. II 5 : 47.
Pommern. I 5 : 34.
Pompignau s. Lefrauc de Pompignan.
Pontanus, J. II 1 : 13.
Pope, A. IV 1 : 108, 125; 6 : 20.
Porto, L. da. III 3 : 2.
Portt, C. II 1 : 12.
Portugal. II 1 : 17.
Posonyi, A. IV lle : 4.
Postel, Chr. H. III 4 : 21.
Postillen. II 5 : 8.
Pradl. IV .4 : 148.
Praöl, J. I 4 : 21.
Prätorius. II 7 : 49.
- K. I 6 : 77.
- M. 14:8.
Prag. I 4 : 31 ; 6 : 69.
Prager, W. IV 2 : 100/1.
Praktiken. II 5 : 34/8, 41.
Prantl.K. v. 16:4. II 8 : 3.
Predigtlitteratur des 15./16. Jahrhun-
derts. II 1:1, 13; 5 : 28; 7 : 11,
47i8, 65.
Premierfait, Laureus du. II 8 : 44.
Preus.fen, Reformation in. II 7 : 34.
Prövost, A. F. (l'Abbö). IV IIb : 1.
Priaraeln. II 5 : 26. III 2 : 0; 5 : 17.
Prostitution. 15:8.
Proudfort-ßegg. I 3 : 68.
PrUss, J. I 4 : 18.
Prunius, J. H. IV 4 : 174.
Prutz, R. IV 1 : 12, 61; 14 : 1.
Psychiatrie. 11:5.
Psychologie. 1 1 : 1, 3; 3 : 35/6, 60, 69, 83.
Publicistik. III 1:2. IV 1 : 26, 90/5.
Publikum. 11:1.
PUckler-Muskau, Fürst v. IV 14 : 1.
Püterich, J. I 1 : 11.
PUtter, J. St. IV 1 : 125.
Pufendorf, S. III 1 : 2, 4, 6.
Purgstall s. Itammer-rurgstall.
Purismus. 13:3.
Puschmann, A. I 1 : 11. II 2 : 13.
Puschkin, A. IV IIa : 49.
Puppeuspiele. III 4 : 19, 26—31. IV
4 : 57, 143/5.
Putlitz, G. V. IV 1 : 60; 4 : 79-81,
183.
Pyni, J. J. IV 11c : 21a.
Pyramus und Thisbe. III 2 : 19.
Quaestiones fabulosae. II 5 : 27.
Quarck, M. IV 14 : 45.
Queiss, E. v. II 7 : 34.
Quentel, H. I 4 : 21.
Quetelet, L. A. J. IV IIb : 20.
Quinoä, B. II 1 : 1.3.
Quodlibet. II 5 : 13.
Raabe, F. IV IIa : 66.
— W. IV 3 : 38.
Rahel s. Varnhagen v. Ense.
Rabe. I 6 : 66.
Rabener, G. W. IV 2 : 17 ; IIb : 1.
Raciue, J. I 3 : 101.
Radolfszell. II 8 : 4.5.
Ratsei. I 4:82; 5 : 31/2. II 5:23,43.
Rahbeck, K. L. IV 12 : 7.
Raich, J. M. IV 13 : 1.
Raimund, F. IV 1 : 3, 48; 4 : 94,
97 — 104, 165, 200.
Rambaeh, F. E. IV 6 : 51.
Ramler, K. W. I 7 : 41. III 5 : 30.
IV 2 : 6, 7, 9.
Ramminger, H. II 1 : 12.
Ramsay, CA. 14: 3.
Ranke, L. v. II 1 : 1, 2. IV 1 : 10,
55; llf : 5.
Rappolt, L. 11 4 : 31.
Rasch, J. II 5 : 41.
Raselius, A. 14:8.
Rasinus, B. II 8 : 56.
Raspe, E. IV 3 : 13.
Rat, Frau s. Goethe, Catharina Elisabeth.
Rathenow, Belagerung von. III 3 : 4.
Ratichius, Vf. l 6 : 12. III 1 : 4.
Rationalismus. IV 6 : 1 — 20.
Ratzeberger, M. II 6 : 19.
Rauch, D. Ch. IV IIa : 33, 38/9.
Raufseysen IV 1 : 78.
Raumer, F. v. 13: 28.
— K. G. V. IV 1 : 78.
Raupach, E. IV 4 : 204.
Rausch, Bruder. II 5 : 26.
Reaktion, romantische. IV 14 : 1.
Realien. 15:8.
Realismus. 13:4, 19, 89, 101, 118.
IV 1 : 15, 58.
Rebenlein, J. III 5 : 7.
Rebmann, A. G. F. IV 1 : 70.
Recht, Römisches: Reception. II 1 : 1
Rechtswissenschaft. II 8 : 13.
Recke, Elise v. d. IV 1 : 47 ; 2 : 16,
38/9; 6 : 47/8.
Redensarten. I 5 : 25.
Reformation. II 1 : 1, 2, 8, 11 ; 4 : 1,
23, 25; 7 : 1—18.
Reformation, sogenannte Kaiser Sigis-
munds. II 1 : 1.
Reformationslitteratur. II 7.
Reformversucho, kirchliche vor der
Reformation. II 1 : 1.
Regel, Die. 13:4.
Regensburg. I 5 : 60.
Begiumontanus, J. II 1 : 17.
Regius s. Rhegius.
Reich, E. I 3 : 69.
— P. E. 14: 96. IV 1 : 46; 8 : 5.
Reichard, H. A. 0. IV 2. : AH.
Reichardt, J. Fr. IV 1 : 78.
Reichel, J. G. IV 8 : 2.
Reiche Mann, Der. (Drama.) II 4 : 11.
Reichraann. II 3 : 30.
Reichskammergerii'ht. IV Hb : 49.
Reichsreform unter Max I. II 1 : 1.
Reimbrechung. II 5 : 13.
Reimchronik über den Schwabe nkring.
II 3 : 5—6.
Reimreinheit. I 3 : .39-40.
18G
Sachregister.
Beineke Fuchs, I 4 : 8). 113 : 17/8;
5 : 5.
Reinhard, K. F. Grafv. IV 1 : 121/2;
lle : 54.
Reinhold, K. L. IV 1 : 47, 63, 71;
8 : 9, 10.
Reinhold v. Freientahl s. Grob, .1.
Reinkingk, D. v. III 5 : 14.
Reinwald, (-'hrifitophine. IV 12 : 5.
- W. F. H IV 12 : 1.
Reisch, G. II 8 : 18.
Reisehandbucher. III 5 : 31.
Reiselieder. III 5 : 7.
Reitenberger, Abt. IV IIb : 115.
Reiter und Jungfrau. II 2 : 28. III
2 : 13.
Reiz. I 3 : 14.
Reizschwelle. I 3 : 59.
Rekahn. I 6 : 94. IV 1 : 30.
Religiöses. IV 1 : 27, 32/3; IIb : 74.
Religionsedikt. IV 1 : 76.
Reliquien. II 1 : 1.
RellsUb, L. IV 13 : 67.
Rembrandt, H. I 5 : 53. IV 14 : 1.
Remus, G. III 1 : 6.
Renaissance. II 8.- II 1 : 1, 11, 18/9.
IV IIa : 26.
Reniheu, L. v. I 4 : 21.
Roiidorp, J. IV 13 : 6.
Reue-Taillaudier. VI 1 : 111.
R6tif de la Bretonne. IV 12 : 73.
Rettich, C. IV 4 : 192.
- Julie. IV 4 : 191.
Reuchlin, J. II 1 : 1, 11 ; 8 : 2, 21/3.
Reuss, Erdmuth Gräfin. III 5 : 3.
- F. A. IV IIb : 21.
Reussner, N. II 8 : 36.
Reuter, Ch. lU 4 : 16. IV 13 : 33.
- F. IV 3 : 112/9.
- Q. III 1 : 6.
Reutlingen. I 4 : 33.
Revolution. I 5 : 12. IV 1 : 22, 78;
7 : 4.
Revolutionäre Poesie. IV 14 : 1.
Revue gennanlque. IV 1 : 111.
Rejher, A. I 6 : 12.
Rhegius, U. II 7 : 37.
Rhein. IV 11c : 3.
Rheinlande. IV 14 : 1.
Rhetorik. I 3 : 64.
Rhythmus. I 3 : 39, 40, 57, 76.
Rhodiginus, C'aelius. II 8 : 50.
Richardsou, S. IV 1 : 125.
Richter, A. IV 6 : 22.
- J. IV, 4 : 94.
- J. P. F. iJean Paul). I 2 : 6a;
8 : 143; 4 : 12; IV 1 : 51 ; 2 : 30;
3 ; 28-39; 8 : 10; 13 : 20; 14 : 1.
Riedel (in Weimar). IV 1 : 63.
Riedesel, Friederike v. IV 1 : 57.
Riegger. II 8 : 15.
Riemer, F. W. IV 1 : 47 ; IIb : 1;
lle : 31e, 64; llf : 12.
Riga. I 4 : 38.
Riggi, Haddalena. IV IIb : 60.
Riuckhard, M. I 4 : 24. II 4 : 21/3;
7 : 37. 111 2 : 49—50.
Ringelhardt, E. IV 4 : 174.
Ringmannus Philesius. II 8 : 18.
Ringwaldt, B. II 7 : 37.
Rist, J. 13:3. III 1 : 2, 6 ; 2 : 2,
36/7, 40; 3 : 10; 6 : 7, 29.
Ritschi, A. II 8 : 56. III 5 : 6.
Ritter, christlicher II 4 : 23 ; 7 : 37 ;
fahrender 111 3 : 1.
Ritterdrama. IV 4 : 148.
RitUrshaus, E. IV 2 : 100.
Rittershusius, C. III 1 : 6.
Ritz, J. W. II 4 : 12.
Ritzsch, G. I 4 : 24.
Rlvander, Z. II 7 : 87.
Ririus, J. I 6 : 10/1.
Robert- tornow, M. IV 1 : 84.
RoLertiu, H. III 1 : 6.
Rochlitz, J. F. I 5 : 119. IV 1 : 94;
4 : 61.
Rochow, F. E. V. 16: 94. IV 1 : 30;
6 : 27.
Rodrigo. III 5 : 10.
Röhr, J. F. 15: 119.
Röhrich. II 8 : 58.
Ron, Kaspar v. d. s. Kaspar.
Rördara. II 8 : 33.
Rösicke. IV 4 : 178.
Rogiano. 13:6
Rollengediclite. IV 14 : 41.
Rollenhagen, G. II 8 : 48.
Rom. 13:6.
Roman. IV 3. III 3 : 8(9. IV lld : 22 ;
biblischer IV 1:4; deutscher IV
1 : 111; historischer IV 3:2;
höfischer II 3 : 3-4; Theorie IV
3 : 1—2.
Romantik. IV 13.— 11:5. IV 1 : 1,
13, 15, 22,37, 110; 4:55, 57; 13:4.
Romberg, Angelika. IV 1 : 78.
Romeo und Julia-Stoff. III 3 : 2—3.
Rosegger, P. K. 15: 31/2.
Rosenblüt, H. I 5 : 92. II 1 : 1, 12;
3 : 7-8; 5 : 12.
Rosengarten. II 5 : 26.
Rosenorden s. Deutsfhgesinnte Ge-
nossenschaft.
Rosenthal, Dorothea Eleonore v. III
5 : 7.
Rosner, F. III 4 : 38.
- H. II 1 : 12; 5 : 12.
Rossbach, A. IV lle : 31.
Rossscliwanz, J. II 5 : 34.
Rost, J. Ch. IV 3 : 19.
Rostock. I 4 : 36. II 3 : 17. III
4 : 19.
Roter. I 6 : 77.
Rothe, R. IV 1 : 33.
Rothmann, B. II 7 : 56.
Rousseau, J. J. I 3 : 11 ; 6 : 15, 17.
IV 1 : 27, 123 ; 13 : 7 ; 14 : 49.
Rubeanus s. Crotus.
Rudel (Theolog). I 6 : 66.
Rudhart, F. IV 12 : 116.
Rudolf, Kronprinz v. Oesterreich. IV
1 • 3.
Rudolfslied. IV 1 : 62.
Rudolstadt. IV 12 : 75.
RUckert, Fr. IV 2 : 99—124; 3 : 83;
IIb : 31; 14 : 1.
RUstow, W. I 5 : 119.
Rute, H. V. II 4 : 13 ; 8 : 52.
RUthling, B. IV 4 : 185.
- J. F. IV 4 : 179.
RUxner, G. II 5 : 48.
Rug^, A. IV 1 : 111; 4 : 75; 6 : 62.
Ruodlieb. IV 3 : 2.
Rusdorf, J. r. III 1 : 6.
Russland. IV IIa : 49; 12 : 30, 111.
Russow, B. I 5 : 119.
Russworm. I 5 : 119.
Russwurm s. Gleichen-Russwunn.
Rutgers, J. II 8 : 38. III 1 : 6.
RÜtilius, M. II 2 : 10.
Ryff, A. I 5 : 88. II 5 : 38.
Saal, J. IV 4 : 193.
Sabinus, G. II 7 : 34; 8 : 32.
Sacco, Johanna. 4 : 194.
Sacer, G. W. 13:3. III 2 : 47.
Sachs, H. 13: 3; 5 : 92, 101. II
1 : 1,.15; 2 : 86; 3 : 23; 4:3, 25
— 33; 7 : 9; 8:23, 48, 50/1, 50. III
5 : 19. IV 8 : 1; lle : 57; 12 : 77.
- M. II 6 : 45.
.Sachsen. IV 12 : 1.
Sachsenheim, H. r. I 1:11. II 1 : 8;
3 : 9; 5 : 1,4.
Sack, F. S. G. IV 2 : 3.
Sackmann, J. S. III 5 : 21.
Sadoleto, J. I 6 : 101.
Sagan. I 6 : 90.
Saint-Pierre, B. de. IV 14 : 49.
Sailer. 15: 119.
— J. M. I 5 : 119.
- S. IV 1 : 69:
Salat, H. II 4 : 14.
Saldern, Frau v. 16: 77.
Salieri, A. IV 4 : 140.
Salzdahlum. I 5 : 118.
Salingrd, H. IV 4 : 82.
Salis-Seewis, J. G. Fr. v. IV 2 : 17.
- Familie v. I 5 : 119.
Sallet, F. v. IV 14 : 1.
Sallustius, r. III 5 : 23.
Salmasius, C. III 1 : 6.
Salvini, T. IV 4 : 208.
Salvius. III 5 : 13.
Salzmann, Ch. 6. I 6 : 23. IV 6 : 27 -30.
- F. R. IV IIb : 9, 116.
- J. D. IV IIb : 9, 117.
Sambucus, J. II 8 : 37.
Sand, K. I 5 : 119.
Sander, Ch. L. IV 1 : 129.
- J. D. IV 1:90; IIb : 20.
- J. II 4 : 18.
Sanders, D. I 2 : 14.
Saudrini, Maria u. Luigia. IV 4 : 158.
Sandrub, S. II 5 : 23.
Sandvoss (Xantippus). IV 14 : 8.
Saphir, M. 6. IV 1 : 95; 6 : 7r./9.
Sapidus, J. II 8 : 58.
Sarasin. IV I : (W.
Sartorius, P. 14:8.
Sasoerides, J. II 8 : 33.
Sastrow, B. II 7 : 58.
.«^atireu. 11:3. II 1 : 1 ; 5 : 25-34.
III 5 : 10—22. IV 6 : 72.
Satirische, das. I 3 : 143.
Sattler, M. II 2 : 11; 7 : 57.
- W. J. IV 2 : 100.
Satzton. I 3 : 39-40.
Sauer, A. IV lld: 20; lle : 5; 12:77;
14 : 29.
- J. I 6 : 66.
Säur, A. II 4 : 19; 8 : 54.
Savigny, F. K. v. IV 13 : 20/1;
IIb : 118.
Savils, H. III 1 : 6.
Savonarola, H. II 1 : 11.
Saxonius, J. II 8 : 1 1.
Sayve, L. 14: 8.
Sealiger, J. J. II 8 : 19. III 1 : 6.
Siaudelli, A. 14:8.
Scaria, E. IV 4 : 195.
Schack, A. F. Graf v. IV 2 : 126/7.
Schade. IV 12 : 40.
- 0. II 3 : 15.
Schadow, G. IV IIa : 35; IIb : 120/1
Schardt, Fr. v. IV lle : 29.
Schäferdichtung. III 3 : 6. IV 3 : 19.
Schaeffler, .). 14: 42.
Schaidenreisser, S. II 8 : 4.
Schaitberger, J. III 2 : 56.
Schall, C. IV 4 : 83.
Sehalling, M. der Sohn. II 2 : 12.
Schambaeh, G. S. 12: 12.
Schaper, Prälat. I 5 : 119.
Schapff, G. 14: 40.
Scharff, G. B. III 2 : 65.
- J. G. III 2 : 57.
Scharffenberg, C. 14: 43.
Scharnhorst, G. J. D. v. 1 r, : lly.
Scharpffenecker, A. 11 4 : M.
Scharrer. 1 5 : 119.
Scharschmid, M. II 4 : 17.
Schartau. I 5 : 90.
Sehasler, M. 13: 68,
Schauberg, G. A. 14: 44.
Schauer, H. I 4 : 41.
Schaufert, H. A. IV 4 : 72.
Schauplatz der Vorliebten. III 3 : 2.
Schauspielkunst. IV 4 : 207/8.
Schobest, Agnese. IV 4 : 158.
Schechner, J. II 2 : 14.
- Nanette. IV 4 : 160.
Sachregister.
187
Schedel, H. II 8 : 11.
Sehedius, G. I 6 : 10/1.
Scheffel, J. V. v. IV 1 : 8; 2 : 105,
217/9; 3 : 96/7.
Scheffler, J. IV lle : 37.
Scheffner. I 5 : 119.
Schegk, J. I 6 : 68.
Scheibe!, J. G. 15 : 119.
Sehein, J. H. 14:8. III 2 : 44.
Seheit, C. II 3 : 25; 5 : 30.
Schelhorn, J. G. 15: 119.
Schellenhauer, J. H. III 2 : 54.
Scheller, K. Fr. A. I 2 : 11.
Öchelling, Caroline s. Schlegel.
— F.W. J. V. IV 1 : 27; 3 : 76, 111;
6 : 63; llf : 1; 13:7, 1314, 20, 30.
Schenck, M. I 6 : 10/1.
Schenk, E. v. IV 1 : 59; 4 : 50, 55.
— F. u. Francisca. IV 4 : 185.
— J. H. V. IV 1 : 67.
Schenk v. Limburg s. Georg S. v. L.
Schenkel, D. 15: 119.
.^chenkendorf, M. v. IV 2 : 73.
Scher, H. H. III 2 : 40.
Scherer, J. 12:4.
— W. I 1 : 1, 2, 11; 2 : 15/6;
3 : .32, 69. n 1 : 1 ; 3 : 19. IV 1 : 55;
2 : 30; 4: 203; lle : 17, 31a, 33, 43;
12 : 77.
Schernhergk, Th. II 4 : 7, 8.
Scherenberg, L. F. IV 14 : 1.
Scherffer v. Scherffenstein, W. III 2 : 42.
Scherr, J. I 2 : 20. IV 3 : 103.
Schertlin, L. II 5 : 31.
— S. V. Burtenbach. I 5 : 88.
Schertweg, J. II 4 : 15.
Seherz, J. G. 12:3.
Schesaeus, Ch. II 8 : 47.
Sehetz, G. II 8 : 34.
Seheubel, N. I 6 : 66.
Seheurl, Ch. II 7 : 19.
Scheurlin, G. IV 3 : 132.
Scheve, H. II 8 : 31.
Schick, G. I 5 : 119.
— Margarethe. IV 4 : 161.
Schickedanz. I 6 : 78.
Schieksalstragödie. IV 1 : 12; 4 : 43,
126, 204.
Schiebeier, D. IV 4 : 8; 12 : 77.
Schier, Ch. IV 4 : 81.
Schiessler, S. W. IV 4 : 84.
Schikaneder, E. J. IV 4: 96; lle : 31a.
Schiida. II 3 : 25.
Schildbürger. II 3 : 25.
Schilher, J. II 2 : 15.
Schildkneeht. II 1 : 12.
Schildo, E. II 5 : 44.
Schiller, Charlotte v. IV Hb : 20, 99;
12 : 5, 9, 15—29, 36, 153.
— Elisabetha Dorothea. IV 12 : 1,6.
— Ernst V. IV 1 : 40 IIa : 82.
Schiller F. v. IV 12.— II: 5, 15;
3 : 14a, 15, 8213, 115, 126; 4 : 12;
5: 12, 46a, 63; 7 : 44. IV 1 : 1, 27,
38, 40, 46, 50, 61, 63, 71, 76, 78,
125, 130; 2 : 34, 48, 203; 4 : 66, 205;
6 : 62; 8 : 10; IIb : 20, 36; 13 : 7,
30, 43, 49.
— Lyrik. I 7 : 54. Kampf mit dem
Drachen. IV 4 : 80. W^ürde der
Frauen. IV 11c : 6.
— Epos: Geisterseher. IV 3 : 49.
— Drama: Braut v. Messina. IV 4 : 30;
lle : 31a. Jungfrau. I 7 : 65. IV
1 : 108; 4 : 94. Menschenfeind. IV
4 : 103. Räuber. IV 1 : 40; 3 : 49;
4 : 170, 183a. Teil. I 7 : 77. IV
4 : 146; Hb : 53; 14 : 1. Wallen-
stein. I 7 : 56, 78. IV 1 : 1, 121;
4 : 36, 170.
— Gesetzgebung des Lykurg. IV
1 : 38. Prosaschrifteu. I 7 : 63.
Ueber naive u. sentimentale Dichtung.
I 7 : 63. IV 1 : 58.
6.
163.
7.
91.
118,
: 1,
1,6,
- Zeitschriften: Hören. IV lle : 22.
Musenalmanach. IV 12 : 46. Thalia.
IV 3 : 48.
- J. K. IV 12 : 1, 6, 40.
- K. Ch. 12: 13.
- Vetter. IV J2 : 5.
Schilling, A. I 6 : 80.
- Ch. II 8 : 36.
- G. IV 3 : 48.
Schilter, J. 12:2.
Schimmelmann, Graf E. v. IV 12 : 43.
Schimon, F. IV 4 : 162.
Schimpf- und Glimpfreden. III 5 : .30.
Schinderhannes. 16: 119.
Schindler, J. IV 3 : 131.
Sehink, J. F. IV 4 : 15.
Schinkel, K. F. IV lle :
Schirges. IV 3 : 91.
Schirmer, A. IV 3 : 120.
- D. III I : 12.
- Fr. IV 4 : 174.
- Friederike. IV 4
- M. III 2 : 63; 3
Schiraeh, G. B. IV 1
Schlaf, J. IV 1 : 6.
Schlagin tweit, Familie v. 15: 119,
Schlayss, J. II 4 : 36. III 4 : 39.
Schlee, Chr. II 4 : 44.
Schlegel, A. W. IV 1 : 8, 51, 7
128; 4 : 94, 187; lle : 28a ; 1
6, 6, 9—12, 16, 20.
- Brüder. IV 1 : 111.
- Caroline. IV lle : 31a; 13
9, 14 1 7, 20.
- Dorothea. IV 13 : 5, 1819.
- F. IV 1 : 2, 27, 66, 78; 4 : 139;
lle : 14b, 30, 31b; 13 : 1, 6-7, 9,
11, 14, 19. 20, 26.
- J. A. 14: 12.
- J. E. IV 4 : 2—4.
Schleich, M. II 2 : 16. IV 4 : 73.
Schleicher, A. I 2 : 19. IV 1 : 60.
Schieiden, M. J. I 5 : 119. IV 1 : 61.
Schleiermacher, Fr. II 6 : 43. IV
1 : 33 ; 13 : 2619.
Schleifer, M. IV 2 : 140.
Schlenkert, F. Ch. IV 3 : 12.
Schlesien. IV IIb : 58.
Schlesisehe Schule, zweite und ihre
Gegner. III 2 : 60|2.
Schleswig. IV IIb : 79.
Schlez, F. J. 16: 93.
Schlichtegroll, A. H. F. IV 1
Sehliehtkrull, Aline v. IV 3 :
Schlick, Graf. I 6 : 119.
Sehlippenbaeh, U. Frh. IV 13
Schlosser, F. A. IV 1 : 10; 11c : 25.
- J. G. 16: 12.
- P. H. IV IIb : 119.
Schlözer, A. L. IV 1 : 64, 96; 6 : 14.
- Dorothea. IV 1 : 120.
Schlue, J. II 4': 40.
Schlüter, Ch. B. I 5 : 119. IV 1 : 8.
Schmalz. I 5 : 119.
- A. IV 4 : 164.
Schmalkaldischer Krieg. II 1 : 1.
Schmelka, A. IV 4 : 176.
Schmeller, A. 12:4, 10.
Schmeltzl, W. II 4 : 37.
Sehmid, Bernhard. 14:8.
- Ch. V. 15: 119. IV 1 : 93; 3 :
63 '4; 4 : 146.
4 : 16.
IV 4 : 74.
I 6 : 29.
I 5 : 31/2.
, M. II 4
: 92.
109.
69.
II
— G
— H. V.
— K. A.
— L. V.
Schmidder,
Schmidt, Erich. I 1
— F. IV 3 : 92.
— F. L IV
— H. IV 4
— .Julian. I
3 : 1-2.
— Karl. I 6
8 : 48.
IV 4 : 9, 36.
4 : 171/2.
196.
2 : 21. IV 1 : 20, 55;
: 30.
Schmidt, J. Chr. IV 2 : 6.
- J. G. IV Hb : 39.
- Th. II 4 : 36.
- Klamer, E. K. IV 2 : 48.
Wemeuehen, F. W. A. IV 1 : 40.
Schmieder, H. III 4 : 26.
Schnabel, L. IV 4 : 49 ; 13 : 33.
Schnadahüpfel. IV 2 : 175.
Schneckenburger, M. IV 2 : 215a.
Schneefallgedichte. I 3 : 36.
Schneider, E IV 1 : 31.
— H. II 1 : 12; 5 : 41.
- J. K. IV IIb : 42.
- Th. II 1 : 13.
- V. I 6 : 74.
Schnepperer. II 5 : 12.
Sehnyder von Wartensoe. II 4 : 11.
Sehobsser, H. II 8 : 56.
Schoch, J. G. III 4 : 14.
Schock, P. II 8 : 43.
Schöffer, P. I 4 : 51/2.
SehöU, A. IV lle : 29; 13 : 67.
Schönaieh, Ch. 0. v. IV 8 : 2.
SehOnborg, H. F. v. II 3 : 25.
Schönborn, C. IV 2 : 29.
Schöne, das. I 3 : 11, 14, 20, 59, 68
—81, 83.
Schöneraann, Elisabeth. IV IIb : 86.
— J. F. IV 4 : 6, 166.
Schönkopf, Käthchen. IV Hb : 81.
Sehön<perger, H. II 8 : 56.
Schöpper, J. II 8 : 51.
Scholastieismus. II 1 : 1.
Scholz V. Rosenau, L. II 8 : 6.
Seholze, J. S. 111 2 : 62.
Sehomburg, Familie. IV 12 : 30.
Schopenhauer, A. I 3 : 6. IV 1 : 16/7.
27/9, 111.
— Johanna. IV 1 : 47.
Schosser. IV 3 : 131.
Schott, G. III 4 : 21.
Schottel, J. G. I 3 : 3.
Schreiber, H. II 8 : 15/6, 18.
Schreyer, H. IV lld : 12.
Sehreyvogel, C. (West) IV 4 : 108,
126, 136.
Schriftsprache. 11:11. II 8 : 17.
Schriftwesen. I 4.
Schröder, Edw. II 8 : 48.
— F. L. IV 1 : 47; 4:9, 18/9,
166, 169—70, 181; 6 : 51.
— J. III 4 : 19.
— Sophie. IV 4 : 170.
— Sophie Charlotte. IV 4 : 166.
— -Devrient, Wilhelmine. IV 4 : 152.
Schröer, K. J. IV lle : 29, 55.
Sehröter, Corona. I 4 : 12. IV 1 : 46;
Hb : 90.
Schubart, Ch. F. D. 1^5 : 12. IV 2 : 40/7 ;
11 : 1, 87.
- F. X. IV 4 : 35.
Schubert, F. IV 4 : 137.
SchUeking, L. IV 6 : 74.
Schüler, G. s. Sabinus.
- G. IV Hb : 20.
Sehuoler. IV 1 : 47.
Schttrer, M. II 5 : 42.
Schütz, J. W. III 3 : 2.
Schütze, St. IV 1 : 40.
SchUtzonwesen. I 5 : 60.
Schuldrama. II 4 : 39, 44/8; 8 : 48;
Bern III 4 : 14; Salzburg II 8 : 49;
Wien IV 12 : 90
Schulactus (Berlin) III 4 : 18.
Schulausgaben. 17.- IV 12 : 54, 99,
132; Englische IV 12 : 52, 130, 133,
146; Französische IV 12 : 55, 62,
115. 134/6, 145
Schuld und Sühne. I 3 : 32, 34, Hl.
Schulen (Akademien, Gymnasien, Uni-
versitäten usw.) : I 6. — Arnstadt I
6 : 74; Barmen I 6 : 75; Ba.sol II
8 : 18a; Bayern I 6 : 23; Berlin I
6 : 76: Böhmen I 6 : 91; Bologna
188
Sacliregister.
11 8 : 56; Brandenburg a. H. 16:
77; Braunschweig I 6 : 65; Dessau
(Philanthropin) I 6 : 21, 78. IV 6 :
25, 27, 42; Eupen I 6 : 79; Glück-
stadt I 6 : 81 ; Halle I 6 : 67 ;
Heidelberg II 8 : 2; Iferten IV 6 :
34; Ingolstadt I 6 : 64. II 8 : 30;
Jena IV 1 : 60, 71; Königsberg II
7 : 34; Landshut I 6 : 64; Leipzig
I f> : 61, 63. II 1 : 13; 5 : 17;
Mahren 16:91; Marburg II 8 : 7 ;
Montpellier II 8 : 5; München I
6 : 64. II 8 : 8, 52 ; Münster II 5 :
16; Neuhof IV 6 : 34 ; Neustadt (0.-
Schl.)I 6 : 84; Neustettiu I 6 : 85;
Oesterreieh I 6 : 91 ; Pavia II 8 : 56 ;
Sachsen I 6 : 56; Salzburg 16: 62;
Schlesien I 6 : 90; Schlettstadt II
8 : 58; Schweiz I 6 : 65 ; Soest I
6 : 86; Solitude IV 1 : 46; 12 : 1,
5-6; Stettin I 6 : 87; Strassburg II
8 : 18a. III 1:6; Tübingen I 6
68; Ulm II 8 : 52; Weilburg I 6 : 88
Weimar IV 10 : 5; Wien I 6 : 73
Worms II 5 : 30.
Schulenburg, Graf Matthias v. d. IV
6 : 64.
Scliulorduungen. Jesuitische I 6 : 58;
siebenbUrgisch-sächsische I 6 : 67.
Schulprogramme I 4 : 76.
Schultz, Johannes 14:8.
Schnitze, G. III 5 : 31.
Schult, Anmariek (Wuthenow). IV
3 : 112.
Schulwesen. 16. II 1 : 1. III 1 : 4.
IV 10 : 5 ; s. auch Volksschulwesen.
Schulz (Berliuer Aufklärer). IV 1:76.
Schulze, E. IV 13 : 52/7.
- -Kummerfeld, Caroline. IV 4 : 166 ;
IV IIb : 44.
Scturaan, H. II 1 : 13.
Schumann, R. IV 4 : 134.
- V. II 3 : 25.
Schupp, J. B. III 1 : 3, 6 ; 5 : 13/4.
Schurz, K. IV 1 : 58.
Schussenried. I 5 : 94
Schuster, F. IV 4 : 94.
Schuwitz, M. IV 1 : 78.
Schwab, G. IV 2:38, 48, 202; 3:77|8;
12 : 44.
- J. Chr. IV 2 : 16.
Schwabische Dichtung. IV 1 : 69 ; 2 : 16;
12 : 1 ; 14 : 28.
SchwSbisch-Hall. II 3 : 15.
Schwan, C. F. IV 12 : 7.
Schwankbücher. I 5 : 101. II 3 : 1416.
Schwartz, G. II 1 : 13.
Schwarz, F. H. Ch. 16: 32.
- Sibylla. 1 1 : 13.
Schwarzonberg, J. v. II 1 : 1 ; 7 : 37.
- L. J. F. Fürst V. IV 14 : 50.
Schweden. III 1 : 6 ; 5 : 13|4.
Schwedisch-polnischer Krieg. III 5 : 14.
Schweisthal, M. I 3 : 68.
Schweitzer, Ch. II 3 : 23.
Schweiz. III 5 : 23, 25. IV 1 : 32, 68,
89, 126; IIb : 50.
Schweizer, die. IV 2 : 3, 16.
Schwenckfeld, K. v. II 1 : 1.
Schwieger, J. III 2 : 45.
Scioppius, C. III 1 : 6.
Scott, W. 12:5. IV 3 : 1-2.
Scriptor. I 4 : 30.
Scultetua, A. III 1 : 6,
- J. III 1 : 6.
Scurris, De. II 6 : 25.
Sebastian!, F. IV 4 : 174.
Sebisias, A. III 1 : 6.
Seckeudorf, V. L. v. III 1 : 2, 4 ; 5 : 14.
- S. T. IV Uc : 3, 21.
Seebcr, J. IV 1 : 3.
Beelengirtlein. II 5 : 7—8.
Seidl, A. I 3 : 17.
Seiler, A. IV 4 : 13, 174.
Sektenwesen. II 1 : 1 ; 9, 10, 12|8.
III 5 : 1-6.
Selbstbiographien. IV 1 : 66—63;
IIb : 1-14.
Seiden, Camilla. IV 14 : 1.
Seiner, J. III 4 : 35.
Selneccer, N. 11 7 : 37; 8: 47.
Senckeuberg, H. Ch. Frh. v. IV 1 Ib : 64.
Senfl, L. II 4 : 48; 6 : 19.
Senftleben, A. III 1 : f>.
Sensenschmidt, J. 14: 20.
Sentenzen. III 5 : 27.
Sepp, J. N. III 4 : 62.
Serassi. IV Ile : 28a.
Servaes, F. 13:4.
Sesonheim. IV IIb: 45/7; 11c : 8-9.
Seuffert, 15. II 3 : 12. IV 8 : 14;
11c : 15; lld : 20.
Sexuelles. I 3 : 125.
Sexwochius, Wigaudus P.ohemus. III
4 : 24.
Seyfried, J. v. IV 4 : 181.
Shaftesbury, A. A. C. v. 13: 0. IV
1 : 126 ; 6 : 49.
Shakespeare, W. I 1 : 5; 3 : 46, 101,
103. II 4 : 2, 46. III 4 : 5, 6. IV
1 : 40, 1-25, 127/8; 4 : 4, 14, 17—21, 28,
94, 103, 119, 169, 183, 183a, 187-90,
203; 6 : 5; IIa : 45/7; lld : 22;
llo : 27, 40, 52; 12 : 117, 124; 13 :
15; 14 : 53.
Sbakespearebühne. IV 4 : 187—90; llo : 6.
Sibylla Ursula, Prinzessin von Brauu-
schweig. III 3 : 9.
Siekingen, F. v. II 1 : 1.
Sidonle v. Sachsen. II 5 : 9.
Sieben Freuden. II 3 : 18.
Sibmacher, J. 15: 101.
Siegfriedslied. II 3 : 1—2.
Silesius, Angelas, s. Scheffler.
Simplicius Simplicissimus. III 3 : 8.
Sinner, K. F. IV IIb : 92.
Sittengeschichte s. Kulturgeschichte.
Skepsis, Historische. IV 6 : 61.
Sleidanus, J. 15: 101.
Smith, A. IV 13 : 9.
Soeialismus (im Roman). IV 3 : 17.
Socialpolitik. III 1 : 2.
Soden, J. Frhr. v. IV 4 : 9.
Somnambulismus. IV 4 : 30, 35.
Sonnenfels, J. v. IV 1 : 65.
Sophie V. Hannover. III 3 : 9.
— Grossherzogin von Sachsen. IV
IIa : 73; IIb : 15, 18.
Sophie Eleonore. III 4 : 7.
Sophokles. I 3 : 103. III 4:8. IV
4 : 30, 61; 12 : 79.
Soubretten. IV 4 : 165.
Spalatinus, G. II 8 : 12.
Spalding, G. L. IV 1 : 78.
— J. J. IV 11c : 15.
Spalting, S. II 7 : 44.
Spangenberg, W. II 8 : 54.
Spanien. II 4 : 4. III 3 : 1.
Spannagel. III 4 : 20.
Spaziergangsmotiv. II 1 : 12.
Speculariator. I 4 : 30.
Spee, F. I 1 : 11. III 2 : 52.
Speior. I 4 : 52. II 3 : 21.
Spener, J. K. Ph. IV 6 : 42; 12 : 76.
Spengler, L. I 5 : 92.
Speratus, P. II 7 : 34.
Sperontos. III 2 : 62.
Spiegel. IV Hb : 20.
Spiel und Gegenspiel. I 3 : 31.
Spielberger. IV 4 : 174.
Spielgrafen. I 5 : 108. IV 4 : 197.
Spielhagen, F. IV 1 : 6, 58; 3 : 2, 4.
Spindler, G. H 1 : 13.
Spinoza, B. IV IIa : 17; llf : 1, 4.
Spitta, C. J. Ph. IV 2 : 190/8.
— H. IV 2 : 198.
Spittler, L. Th. Frhr. v. 15: 12,
Sporor, H. I 4 : 20.
Spottlicder. II l : 12. III 2 : 7
Sprache (Stil): Bibel. IV 4 : 14; llf:6;
Fischart. II 5 : 32; Goethe. IV
llo : 19; lld : 2l; Ue : 20, 41;
J Grimm. 12:6; W. v. Humboldt.
IV 6 : 57. H. v. Kleist. IV 4: 26/8;
Lenz IV 4 : 14; Munier II 5 : 26;
J. E. Schlegel. IV 4 : 2; Steinhöwel.
II 8 : 44.
Sprachwissansehaft 11:1, 5—6.
Sprachgesellschaften. III 5 : 7—8,
Spreng, J. J. IV 1 : 68.
Sprichwörter. II 5 : 17, 26; 6 : 27. III
2 : 6 ; 5 : 25/6.
Sprüche, I 5 : 2:i;8. II 1 : 12; 3 : 10.
19; 5 : 2, II, 14—22, 24/5, 42. III
5 : 28.
Staatsrecht III 5 : 13.
Staden, J. 14:8.
Stadiin s. Zehnder-S.
Städcl, Rosine. IV Ile : 5.
Städele, Ch. IV 2 : 43.
Städelsches Institut. IV 13 : 19.
Städtewesen. II 1 : 1.
Stael, Anne Louise Gorvaise de. IV 1 :
114-20; 13 : 12.
Staudlin, G. F. IV 12 : 53.
Stahr A. IV 1 : 73.
Stammhoira. II 5 : 24a.
Stapfer, Ph. A. IV 6 : 35.
Staphylus, F. II 7 : 34.
Starck, Prof. IV 12 : 46.
Stauf. IV Hb : 7.
Staupitz, .L V. 5 : 9; 7 : 9—11
Stegreifdichtung I 5 : 113.
Steiermark. I 5 : 78
Stein, Charlotte v. IV IIb : 33/4; 14 : 1.
— H. V. 13: 0.
— Marquard v. II 3 : 19.
Steiner, H. II 8 : 56.
Steinfass, M. III 5 : 7.
Steinhöwel, H. I 1 : 11. II 8 : 44.
Stendhal s. Beyle.
Stenographie. I 4 : 3—4.
Stephani, C. II 1 : 13.
— J. 14:8.
Stephanie, G. d. jUng. IV 1 : 83.
— J. G. u. Frau. IV 4 : 174.
Stern, A. IV 3 : 102.
Sterbebüchlein. II 5 : 9, 10.
Sterbenden Menschen, Moralitilt vom.
II 4 : 6.
Sterne, L. I :i : 143. IV 1 : 125; 8:17.
Sterzinger Spiele. II 1 : 8.
Stettin. 11 4 : 24.
Stiefel, M. II 2 : 2.
Stieglitz, Charlotte. IV 1 : 61 ; 13 : 50
-62; 14 : 1, 60.
— H. IV 1 : 60; 13:62.
Stieler, K. I 5 : 31/2.
Stiepanek, E. IV 4 : 200.
Stifter, A. IV 1 : 2; 3 : 3, 111.
Stifter, geistliehe. I 5 : 94/5.
Stil. I 3 : 101/2, 104/9, 11 IV 13 : 21 ;
14 : 1. S. auch Sprache.
Stilvoll. I 3 : 101.
Stintzing, J. A. R. v. II 8 : 15.
Stiruer, M. IV 1 : 16. 3:t, 60.
Stock, Dora. IV 12 : :!5.
— J. II 8 : 7.
Sto.kholm. III 5 : 31
Stöber, A. IV 2 : 220/1.
Stoflfvergloichung. 11:5.
Stolberg, Brüder IV 2 : 48.
— Ch. Graf zu IV I : 76.
— F. L. Graf zu. I 5 : 12. IV
I : 51, 72, 126.
Stolle, K. II 1 : 1.
Stollmcrs, Sophie, s Sehröder, Sophie.
Storm, Th. I 5 : 8i. IV 3 : 49.
Stranitzky, J. A. II 4 : 3. III 4 : 32/5.
Stransky. I 3 : 68.
Strassburg. I 4 : 18, 31, 75; 5 : 102.
II 3 : 20/1, 24; 8 : 39, .'>4, 58. III
Sachregist^
189
1:6; 2 : 24. IV IIb : 1, 8—13,
4Ga; 11c : 8, 14.
Straube, W. IV 4 : 102.
Straucli, P. II 8 : 42, 44.
Strauss, D. F. II 8 : 24. IV 1 : 15,
33; 3 : 2; 14 : 52.
— N. II 1 : 13.
Streicher, A. IV 12 : 5.
Streitschriften. 11:3. II 7 : 37.
Streufdorf. II 5 : 17.
Stricker, B. I 6 : 81.
— J. II 4 : 40/2.
Strodtinann, A. IV 1 : 58; 14 : 30.
Strophe. I 3 : 25.
Stroza, C. II 5 : 30.
Strube, G. III 2 : 38 ; 3 : 10.
Strümpell, L. IV 6 : 22.
Studiersucht. I 5 : 73.
Stüven, P. IV 4 : 6.
Sturm, J. III 1 : 6. 15: 101.
- J. V. 16: 10/2.
Sturm u. Drang. IV 1 : 19, 127; 2 :
17, 40; 4 : 9-16.
Studeiitenleben, Comödie vom. III
4 : 14.
Studeuteuthoater. III 4 : 19. IV
4 : 199.
Stumpf, J. II 5 : 24/4a.
Stuttgart. I 4 : 33; 6 : 29. III 4 :
20. IV 12 : 1.
Sucre, Ch. J. IV 2 : 6.
Sudermann, D. II 7 : 37.
- H. IV 1 : 61.
Sue, E. IV 3 : 1, 2.
Sueton. IV llo : 27.
Sultanstochter im Bluineugarten. II
2 : 39.
Sulzer, Th. IV 2 : 16.
Suphan, B. IV lle : 5, 17, 31c.
Surgant, J. II 5 : 9.
Suso, H. II 5 : 9.
Swift, J. I 3 : 143. IV 1 : 125.
Swoboda. IV 1 : 3.
Syllabus autorum irenicorum. III 1 : 6.
Symbol. I 3 : 14, C9, 109.
Symbola. II 1 : 13.
Syntax. II 8 : 44.
Szamatölski, S. II 3 : 28; 8 : 28.
III 5 : 19.
Sztaukovitz, S. IV 4 : 124/5.
Tabak. I 5 : 72. III 5 : 20.
Taboritou. II 1 : 1.
Tacitus, P. 15:5.
Tagebücher, 11:1.
Taillaudier s. Renö-Taillandier.
Taine, H. I 1 : 1 ; 5 : 1.
Tanaweschel. II 4 : 10.
Tanz. I 5 : 66/7. 112:26; 3 : 10;
5 : 1, 3. III 2 : 26/7.
Tarifla v. J. 1572. II 1 : 17.
Tarnow, Fanny. IV 14 : 50.
Tarraeus llebius nob. a Sperga s. G. M
Lingelshoim.
Tatius, Markus. II 8 : 4.
Tauck, J. II 5 : 39.
Tauler, J. I 4 : 95.
Taylor, G. IV 3 : 4.
— W. IV 1 : 125.
Technik der Dichtkunst. I 3 : 25.
Teckler, J. II 8 : 51.
Teilsage. I 1 : 11. II 5 : 24. IV IIb : 53.
Tendenziös. I 3 : 112/3.
Teientius, P. IH 4 : 19.
Tetschen. II 1 : 13.
Tetzel, J. II 6 : 49; 7 : 71.
Teuerdank. I 5 : 101.
Teufel, der. II 5 : 3, 44. III 4 : 39.
Textkritik. II 8 : 56. III 5 : 12.
Textor, SV. II 5 : 9.
Thalia s. Schiller.
Theater. I 5 : 40/2. II 8 : 48. IV
4 : 151-200; Hb :53; lle : 29b,
In Berlin. IV 1 : 61, 76; 4 : 34,
104, 175-83; Dan-iig. IV 4 : 166;
Dresden. IV 4 : 32; Hamburg. IV
4 : 6, 19, 168, 170/2 ; Köln IV 4 : 174;
Leipzig. IV 4: 156; IIb: 44; Magde-
burg. IV 4 : 172; Mannheim. IV
4 : 9, 21, 173; 12 : 1, 8; München.
IV 4: 57, 68, 183-90; Nürn-
berg. II 4 : 31/2; Prag. IV 4 : 20;
Rostock. II 4 : 43 j 4; Salzburg. II
4 : 39; Schweiz IV 4:166|8; Tilsit.
IV 4 : 155; Torgau. III 4 : 7. Un-
garn IV 4 : 201 1 2; Vicenza III 4 : 38;
Weimar IV 4 : 13, 61; Wien III
4 : 35, 94-138. 141, 183, 191-202;
lle : 9; Württemberg. III 4 : 20;
Zürich. IV 4 : 168.
Thausing, M. II 5 : 46.
Tliomar, A. Werner v. s. Werner.
Theologisches. II 1 : 1, 12. III 1 : 6.
IV 1 : 33.
Tlieophilus. II 4 : 7.
Tlieuerdank s. Tcuerdank.
Thiers, L. A. de. IV 14 : 48.
'1 hiersch, F. 12: 5.
Thill. IV 2 : 16.
Thrmasius, Ch. IV 1 : 2J.
Thompson, J. IV 1 : 125.
Thoranc, Graf (Thorano) IV IIb : 41.
Tbuanus, J. A. III 1 : 6.
TliUmmel, M. A. v. 13: 143.
Thüringen. IV IIb : 53.
Thym, G. II 7 : 41.
Tieck, L. IV 1 : 2, 47, 61 ; 3 : 5, 40,
49; 4 : 57, 134, 143, 190; 12 : 154;
13 : 3, 6, 22/4. 32; 14 : 1.
Tiedge, Ch. A. I 5 : 12. IV 1 : 47, 78;
2 : 48.
'lierepos. II 3 : 17/8.
Tiere. I 5 : 53.
Tietzen, H. III 5 : 6.
Timme, Ch. F. IV 12 : 87.
Timon. IV 4 : 103.
Tinte. II 1 : 17.
Tischbein, H. IV 3 : 53,
Tittmann, J. 11 4 : 30.
Titurel. I 4 : 18.
Töpfer, K. IV 3 : 120.
TöpfFer, R. IV 1 : 111.
Toppen. II 8 : 32.
Toggenburg. III 5 : 23.
Toleranz. I 6 : 81.
Tolotzqui N. II 1 : 13.
Tolstoi, L. I 3 : 120; 5 : 67.
Tomaschek, K. 13: 15.
Tommaseo, N. IV llf : 1-5.
Torressani, A. 14: 39.
Totentänze. II. 2 : 32/3. III 2 : 15/6;
4:3. IV 4 : 57.
Trachtenbilder. III 1 : 4, 11.
Träger, A. IV 2 : 233.
Tragödie. 13:6, 32, 50, 90, 111. II
1 : 13; 8 : 3.
Tranchierbücher. II 5 : 43.
Transsumptor. I 4 : 30.
Trapp, E. Ch. IV 6 : 27.
Traummotiv. II 1 : 12.
Trautmann, K. II 8 : 52.
— M. 13: 69.
Troitscbke, H. v. IV lle :31a; 13: CO;
14 : 1, 8.
Trendelenburg, A. 17 1.
Trenkle, J. B. IV 11c : 26.
Tressan, Graf. IV 8 : 16.
Treuter. IV IIa : 27.
Tricesius, A. ' II 7 : 44.
Trinklieder. III 2 : 7, 9.
Tritbemius, J. II 1 : 1; 8 : 22.
Tscherning, A. I 3 : 3. III 1:6; 2 : 34.
'1 sehechisehe Litteratur II 1 : 13.
Trochäus, achtfüssiger. III 5 : 23.
Trompeterständchen. III 2 : 19.
TrUmpelmann, A. II 1 : 10.
Tücher, Sixtus. II 8 : 30.
Tübingen. I 4 : .33.
Türkenfurcbt. III 5 : 14.
TUrkengedicht. II 1 : 12.
Turenno, Henri Vieomte de. III 3 : 4.
Turgenjew, J. IV lle : 13.
Turn, Kitter vom. II 5 : 8.
Turnebus, A. III 4 : 8.
Typus. I 3 : 104, 109, 118/9, 12i.
Tyrol. I 5 : 77. IV 2 : 173-82.
Uebersetzungen, deutsche. II 1 : 13.
5 : 14/6. III 2 : 27. 3 : 1—2, 9; 4 :
19-20. IV 1 : 3; Aesop II 8 : 44
Apollonius II 8 : 44; Corneillo IV
lle : 3; Dekameron II 8 : 44; De-
mosthenes 11 8 : 21 ; Griseldis II 8 :
44; Homer II 8 : 4; Lucian -11 8 :
21, 23; U. Pisani II 8 : 56; Plautus
11 8 : 56; Poggius II 8 : 46; Reuch-
lins Henno II 8 : 23; Sapidus' La-
zarus II 8 : 58.
Uhde, H. IV 1 : 61; 4 : 171.
Uhlaud, L. 17:7. IV 1 : 111; 2 :
137, 161, 202; 3 : 53, 76; 4 : 134;
13 : 43|7, 49.
Ulilich, G. IV 4 : 6.
Ulm. I 4 : 42; 6 : 29. II 8 : 52.
Ulrich, Herzog v. Pommern. 1 6 : 85.
— V. Württemberg. II 1 : 12.
Ulriei, H. IV 1 : 41; 4 : 187.
Ulseu, D. II 8 : 18.
Unckel, B. v. 14: 21.
Ungarn. IV 1 : 66, 129; 12 : 63.
Ungern-Sternberg, A. v. IV 1 : 58, 61.
Universitäten s. Schulen.
Universitätsangelegenheiten. I 1:5;
4 : 75. IV 1 : 120; IIa : 66.
Unordnung, Künstliche. 13:6.
Unsittlichkoit. 15:8.
Unterhaltungen (Zeitschrift). IV IIb: 44.
Unterricht, deutscher. I 7 : 1—17.
Unterrichtsanstalten s. Schulen.
Unzelmann, Friederike. IV IIb : 24;
12 : 46.
Unzer, L. A. IV 4 : 19.
Urform der Poesie. I 3 : 60.
Urlichs, L. IV 12 : 43.
Ursinus, Z. II 7 : 36.
Usteri, J. M. IV 1 : 121; 2 : 48; 3 : 53.
Utilitätsprinzip. 16:6.
Uz, J. P. II 3 : 32. IV 2 : 3, 4—17;
8 : 2-3.
Vahlen, J. IV lle : 17.
Vaigel, G. II 8 : 3.
Varnhagen von Rnse, Friederike (Rahel).
IV 1 : 10, 84; 14 : 1.
— K. A. IV 1 : 61, 84; 6 : 64; llf : 12.
Vaudreuil, Gräfin v. IV IIb : 61.
Vega, Lope de. IV Uc : 3.
Veghe, J. II 5 : 7.
Veit, G. IV 13 : 19.
Veldeke, H v. IV 1 : 126.
Velsius, J. 11 7 : 44.
Veiten, J. III 4 : 15.
Veithera, Anna Elisabeth. IV 4 : 174.
Venedig. III 5 : 31.
Venusgärtlein. III 2 : 2.
Vt^ra, A. IV 1 : 111.
Vererbungstheorie. 11:1.
Vergleichende Litteraturgeschichte. I
1 : 5.
Verlorener Sohn. II 4 : 5. III 4 : 2a.
Venator, B. III 1 : 6.
Vernunft, Tempel der, in Strassburg.
IV 1 : 31.
Vers. I 3 : 25, 100, 142.
Versfuss. I 3 : 25.
Verstand. 13:4.
Viehoff, H. 13: 42, 69.
Vierordt, H. IV 2 : 228.
Villers, Ch. de. IV 1 : 47, 120; IIb : 29.
Vinci s. Leonardo da V.
190
Vincke, E. II 5 : 11.
Vindler, .7. W. II 2 : 44.
Vintlor, H. v. IV 2 : 174.
Virbio, L. IV lld : t».
Virdung, M. III 1 : 6.
Virgilius, Zauberer. II 1 : 12.
Vischer, F. 13: 22, 26/7. IV 1 :
60, 69; 2 : 80/1, 94, 223; 6 : 62.
Visclierin (Fischartin ?), Barbara. II
8 : 20|1.
Visitationsberichte. I 6 : 57.
Vital, M. I 4 : 31.
VitalienbrUder. III 2 : 2.
Vlcek, F. IV lle : 34.
Vogel, Ign. IV 2 : 17.
Voigtländer, G. III 2 : 22.
Volkmann, R. v. (R. Leander). IV 2 :
224/6.
Volksbücher. I 4 : 18, 33; 5 : 101.
II 3 : 14, 14a, 25-35; 5 : 26. IV
13 : 32.
Volksepigramraatik. I 5 : 29.
Volksetymologie. I 5 : 30.
Volkskunde. I 5 : 15—38.
Volkslieder. I 3 : 36/7; 7 : 47. II
1 : 1, 8; 2 : 17-42. lU 2 : 2-19,
20/2, 63/5. IV 2; 32. 54,85/6, 175/6,
235-49; 4: 14; 11c: 11/3, 26; 13:34.
Volk-smarcheu. IV 2 : 32; 13 : 32.
Volkspädagogik. I 5 : 39—55.
Volksschulwesen. 16:8, 32, 35, 90/4.
III 1 : 4.
Volksstucke. II 4 : 33. IV 4 : 57,
74, 94, 126, 146/9.
Volkswitz. I 5 : 30.
Volkstädt. IV 12 : 42.
Voltaire, F. M. A. de. IV 1 : 98, 103,
105/7; 2 : 48; 4 : 6, 19; lle : 31a.
Volz, P. II 8 : 18.
Voudel, J. V. d. III 4 : 25,6.
Vormbaum. I 6 : 56.
Voss, A. IV 1 : 51 ; 3 : 21.
— Ernestine. IV 1 : 51; 3 : 21.
— J. H. I 5 : 12. IV 1 : 47, 51, 72,
108; 2 : 30, 36, 48; 3 : 22/4; llf :
18; 12 : 46.
— H. jnn. IV 1 : 51,
— Julius V. IV 4 : 58.
— R. IV 1 : 5.
Vulpes, N. II 8 : 56.
Vulpius, (Jh. A. IV IIb : 1.
— J. A. III 4 : 14.
Wächter, J. G. IV 1 : 49.
Wackenrodcr, H. IV 13 : 6.
Wackernagel, W. II 5 : 34.
Waetzoldt, St. IV lle : 20.
Wagonseil, J. Ch. 14: 3.
Wagner, Antonie. IV 4 : 97.
— G. F. IV 1 : 69.
— H. L. IV 1 : 51; IIb : 8.
— B. IV 4 : 141/2.
— V. II 2 : 3.
— Fausts Famulus. III 4 : 27.
Waiblinger, W. IV 13 : 48/9.
Waitz, G. IV 13 : 1, 5.
Wahrheit, poetische. I 3 : 114.
Walda, ß. II 1 : 13.
Waldenser. II 1 : 1 ; 7 : 17/8.
Waldis, B. II 4 : 40.
Waldvogel, P. I 4 : 31.
Wallfahrten. II 1 : 1.
Wambach, W. II 3 : 30.
Wampen, E. v. II 5 : 2.
Wandertruppen. IV 4 : 174.
Waniek, G. IV llo : 21a.
Warberg. 11 3 : 17.
Warburg. I 4 : 36.
WarnBdorff, t. IV IIb: 80.
Wartenseo s. Schnyder v. Wartensee.
Wattenbaeh, W. II 8 : 2.
Weber, C. M. v. IV 4 : 139.
— F. W. II 1 : 10. IV 3 : 97.
— H. II 3 : 10.
Sacliregister.
Wochmar. II 5 : 45.
Weckherlin, 6. B. III 1 : 2, 6. IV 2 :
1—2.
Wogele, F. X. v. II 8 : 11.
Wehl, F. IV 1 : Ol, 75; 4 : 32/3,
77/8.
Weidmann, P. IV 3 : 9.
Weidmannsdie Buchhandlung, IV 1 : 46.
Weiennann, J. II 5 : 34.
Weilen, A. v. IV 14 : 42.
Weimar. I 6 : 54. IV 1 : 63; 6 : 45/9;
IIa : 10, 55, 57/8, 66; IIb : 15/7,
53, 91 ; 12 : 92, 154, 186.
Weingarton. I 5 : 94.
Weingruss. II 1 : 12.
Weinreich. II 7 : 34.
Weise, Ch. II 4:3. III 4 : 32. IV
13 : 33.
Weiss, 0. III 4 : 38.
Weisse, C. F. IV 4 : 174.
Weissenborn, W. IV IIb : 61.
Weitbrecht, K. u. R. IV 1 : 69.
Wekhrlin, W. L. 15: 94.
Weieker, F. G. IV llo : 17.
Weller, E. III 4 : 3. IV IIb : 20.
— H. II 7 : 37.
— J. III 4 : 13.
Weltanschauung, Moderne. II 1 : 1.
Weltbürger. IV 1 : 87.
Weltlitteratur. 11:1. IV IIa :1 -2.
Weltschmerz. IV 1 : 19-20.
Weltrich, R. IV 12 : 1.
Wendeler, C. I 2 : 6a. II 3 : 7, 19.
Wenigenjena. IV 12 : 25, 28.
Werben, um Städte. III 2 : 23.
Werckshagen, C, II 6 : 37; 8 : 29.
Werden, M. v. I 4 : 21.
Werder, D. t. d. I 4:8. III 3 : 6 ; 6: 7.
Weraher. 12:5.
Wernicko, Ch. III 5 : 24, 31.
Werner, A. v. Themar. II 8:2, 18.
III 2 : 12.
— B. M. IV 1 : 51 ; 4 : 10 ; 13 : 45.
— Z. IV 4 : 43.
Werthoim. II 7 : 21.
Wertheim, Dr. med. IV 14 : 23.
Werther, Emilie v. IV lle : 29.
Werthern, Gräfin Jeanette Luise v. IV
lle : 28a, 79.
Werlherzeit. IV IIb : 108.
Werturteile in der Geschichte. II 1:8.
Wessenberg, J. H. v. IV 1 : 122.
West, C. s. Sehreyvogel.
Westenrieder, L. v. IV 6 : 18.
Westfalen. II 5 : 7.
Westphal, R. IV lle : 31.
Wetzlar. IV IIb : 49.
Wickenburg-Almasy, Wilhelraine Gräfin
V. IV 2 : 172.
Wickram, G. I 1 : 11. II 4 : 36. III
4 : 38.
— J. I 5 : 88.
Widmann, A. J. II 3 : 15.
Wicdemann, Th. II 8 : 3.
Wiedertäufer. II 1 : 1 ; 7 : 15/8, 56/7.
Wiogenbänder. IV 2 : 14/5.
Wiegenlied. IV 3 : 7.
Wieland, Ch. M. v. IV 8. - I 3:4;
4 : 12 ; 5 : 12, 99 ; 7 : 42. IV 1 : 39,
46'7, 63,118; 2:16,30,48; 3:9;
7:2; 10 : 10; IIb : 93; 11c : 15;
lld : 22; 12 : 1, 77; 13 : 20, 53.
Henn u. Gulpenheh II 1 : 12; Johanna
Gray IV 4 : 166; Lucian II 8 : 23;
Oberen I 7 : 72. IV 1 : 50; Shake-
speare IV 1 : 128; Teutscher Merkur
IV 1 : 64 ; Wurde u. Bestimmung e.
schönen Geistes IV 2 : 3.
Wien. I 5 : 87. II 3 : 15; 4 : .38;
5 : 41. IV 1 : 60, 66; IIa : 67,
86-91 ; 12 : 90.
Wienbarg, L. IV 14 : 1.
Wiener Jahrbücher der Litteratur. I
2 : 5,
Wiklif, J. II 1 : 1.
Wilbrandt, J. B. IV IIb : 122.
— A. IV 3 : 114; 4 : 183.
Wridauor, Mathilde. IV 4 : 200.
Wildonbruch, E. v. IV 1 : 5, 7;
4 : 183a.
Wildermuth, Ottilie. IV 3 : 111.
Wilhelm I., Deutscher Kaiser. IV
IIb : 98; 14 : 53.
— V. Oranien. IV lle : 15a.
Willemer, Marianne v. IV IIb : 88;
lle : 4-5.
Willensfreiheit, Leugnung der. II 1 : 1.
Willra, J. IV 1 : 111.
Willmann, 0. IV 6 : 22.
Wilmscr, Fr. E. IV 1 : 78.
Wimpheling, J. II 1 : 1. II 8 : 2, 18,
22, 43, 58.
Wimpina, C. II 7 : 71.
Winckelmann, J. J. IV 6 : 49; llf: 2
18.
Winsemius, V. III 4 : 8.
Winter, J. III 4 : 29.
Winterfeld, A. v. IV 3 : 130.
Winterköniglieder. III 2 : 25.
Winters v. Homberg, K. 14: 21.
Winzerer, K. II 3 : 19.
Wirtembergisches Eepertorium. IV
12 : 1.
Wirtschaftsgeschichte. II 1 : 1—2. III
1 : 1-5.
Wise, J. I 6 : 66.
Witekind, H. II 5 : 47.
Wittelsbaeher. I 6 : 53.
Wittenberg. II 3 : 25.
Wittenberg, A. IV 4 : 19.
Wittenweiler, H. II 1 : 8.
Wittich, J. I 6 : 74.
— W. I 7 : 76.
Witzendorff, Sophie v. IV 13 : .53.
Witzige, das. I 3 : 143.
Wizel, G. II 6 : 48.
Wochenschriften, moralische. IV 1 : 22,
87.
Wöchentliche Nachrichten. IV IIb : 44.
Wöhrd, der Bauer von. II 1 : 1.
Wörterbuch, Bayrisches. I 2 : 10.
— Deutsches. I 2 : 7—8.
Wohl, Jeanette. IV 14 : 1, 46.
Wolf, F. A. rv 6 : 54 ; 12 : 46.
— Hier. I 6 : 10/1.
— Hugo. IV IIa : 92/3.
Wolff, Ch. V. IV 1 : 22.
— J. I 5 : 45a.
— 0. L. B. III 3 : 8.
— P. A. IV 1 : 47.
Wolfram von Eschenbach. 1 4 : 18.
Wolke, Ch. H. I 6 : 21. IV 6 : 27.
Wolkenstein, 0. v. II 2 : 25; 3 : 16.
Wolter, Charlotte. IV 14 : 53.
Wolzogen, H. v. IV lle : 6.
— Karoline v. IV 1 : 49; 12 : 5.
— W. V. IV IIb : 20; 12 : 30.
Wormser Beichstag. II 1 : 1.
Wostefeldes, A. I 6 : 66.
Wrangel, F. H. E. Graf v. I 6 : 85.
WUrsung, M. II 1 : 12 ; 8 : 56.
Württembergisches Bepertorium, s
Wirtembergisches Bepertorium.
WUrzer, H. IV 1 : 76.
Wüstemann, M. IV lle : 4a.
Wulfer, W. II 7 : 33.
Wunderhorn, Des Knaben. III 2 : 17.
IV 13 : 32, 34.
Wustmann, G. III 4 : 13.
Wychgram, J. I 7 : 14.
Wyle, N. V. II: 11. II 8 : 42,
44/6. IV 13 : 33.
Wyss, A. I 4 : 25.
Xantippus s. Sandvoss.
Young, E. IV 1 : 125; 6 : 20,
Sachregister.
191
Tack, J. II 1 : 13.
Zahn, A. v. II 5 : 46.
Zarncke, F. I 6 : 63.
Zasius, IT. II 8 : 13, 18.
Zauberopeni. IV 4 : 96.
Zechrecht s. Jus potandi.
Zedlitz, J. Ch. Frhr. v. IV 1 : 111;
2: 143—50.
- K. A. Frhr. r. IV 1 : 30.
Zeitungen. I 4 : 86/7. II 1 : 13. IV
1 : 63, 85/9, 96.
Zehnder-Stadtlin. IV 6 : 34.
Zeitgedichte. III 2 : 11.
Zeitgeschmack. 11:3.
Zeitvertreiber, Tugendhafter III 2 : 3—5
Zell, U. I 4 : 21.
Zelter, H. IV Ha : 36.
Zenge, Wilhelmine v. IV 4 : 24/5.
Zerbst. I 4 : 58.
Zettel, K. IV 2 : 100.
Zesen, Ph. y. 13:3. 111 2 : 43;
3 : 5; 5 : 7.
Ziegler, A. v. II: 11.
- H. II 8 : 3, 48, 52.
— J. II 2 : 43.
Zimmer, Joh. H. G. IV 13 : 42.
Zimmermann, F. II 1 : 13.
- J. G. I 4 : 12; 5 : 12. IV 1 : 46.
— M. I 6 : 74.
Zimmern, Graf v. II I : 1 ; 8 : 18a.
IV 3 : 33.
Zigeuner. I 5 : 38a.
Zincgreff, W. J. III 1 : 6. IV 13 : 33.
Zing, P. II 1 : 12.
Zinzendorf, Charlotte Justine, v. III
5 : 3-6.
- K. 1). V. III 5 : 2.
- N. L. y. III 5 : 2-6.
Zittau. II 1 : 13.
Zöllner, H. IV lle : 5.-?.
Zola, E. I 3 : 118-20. IV 3 : 1-2.
ZoUing, Th. IV 3 : 40/2.
Zorilla. IV 4 : 53.
Zschokke, H. IV 1 : 89; 3 : 40 ; 6 : 70/1.
Zürich. I 5 : 60. II 3 : 24.
ZUrichzee, C. y. I. 4 : 21.
Zukunft der Litteratur. I 3 : 132-44.
Zweck, H. II I : 13.
Zwickau. II 7 : 41.
Z wiefalten. I 5 : 94.
Zwischenakt. II 8 : 48.
Zwischenaktsmusik. 118:48. IV 4: 205.
Zwingli, U. II 1 : 1. II 6 : 16; 7 : 14,
45/6.
Abt, Eud. - Passau. III 4 : 57.
Ackermann, Th. - München. III 4 : 53.
Ahn, Alb. - Köln. IV 3 : 2.
Albert, Jos. - München. 14:2.
Albrechts Selbstverl. - Hamburg. I
3 : 117.
Alcan, F(51ix - Paris. I 3 : 76.
AUyn & Bacon - Boston. IV 12 : 146.
Amelangs Verlag, C. F. - Leipzig. I
5 : 45a. III 2 : 51. IV 13 : 64.
Anstalt, Litterar. - Frankfurt a. Main.
I 3 : 100, 109-11. rV Hb : 40;
13 : 19.
Aschendorffscho Buchh. - Münster i. W.
IV 3 : 45, 68.
Asher & Co. - Berlin. I 4 : 25, 75/6.
Augustin - Glückstadt. I 6 : 81.
Bachern, J. P. - Köln. I 5 : 94; 7 : 9.
II 5 : 8, 9; 7 : 54.
Batmeister, J. - Eisenach. IV 4 : 148.
Baedeker, J. - Leipzig. 11:9.
Bär & Co. - Frankfurt a/M. IV lle : 35.
BaerensprungscheHofbuchdr.-Schwerin.
I 4 : 36.
Bagel, Felix - Düsseldorf. IV 3 : 119;
4 : 165; Ha : 8.
Ballhorn, C. - Nürnberg. III 5 : 14.
Bassermann, Friedr. - München. IV
lle : 6.
Beiford & Cie. - New-York. II 3 : 35.
Belin - Paris. IV 4 : 64.
Bell & Sons- London. IV 11c: 27;
lld : 1; lle : 32a.
Benshcimer Verl., J. - Mannheim. IV
4 : 173; 12 : 8.
Bonziger & Co. - Einsiedeln. IV 13 : 41.
Berger -Levrault & Co. - Paris-Nancy.
I 2 : 16. II 4 : 25.
Berman & Altmann - "Wien. I 7 : 88.
Bertelsmann, C. - Gütersloh. 12:6;
7:1. II 7 : 20, 65.
Beyer, Paul - Leipzig. IV 4 : 2, 32.
— & Söhne, H. - Langensalza. I
6 : 24/5.
Biedermann, F. W. v. - Leipzig. IV
IIa : 20.
Verlegerregister*)
Blaesings Universitiltsbuohh., Th. - Er-
langen. I 6 : 12.
Bode - Grimma. I 6 : 21.
Böhlau, Herrn. -Weimar. IV IIa : 73;
IIb : 1, 15, 18, 94, 110; 11c : 1;
12 : 2, 5, 7, 40, 43, 53, 72, 80, 83, 88,
105, 141, 153.
Böhme Nachfolger, A., jetzt E. Ungleieh-
Leipzig. II 6 : 42.
Bonifacius - Druckerei - Paderborn. II
6 : 54.
Bonz & Co. - Stuttgart. IV 2 : 217;
4 : 107.
Borgmeyer, Franz-Hildesheim. II 6 : 50 ;
7 : 72.
Bouillon, Emile -Paris. IV 1 : 113.
Brachvogel & Kauft - Berlin. IV 2 : 56 ;
4 : 31.
Brandner, Otto -Dresden. IV 2 : 193/4.
Bredt, Ernst - Leipzig. I 7 : 78.
Breitkopf & Härtel - Leipzig. IV 1 : CO ;
2 : 237 ; lle : 8.
Brill, J. C. -Leiden. II 1 : 16; 7 : 36.
Brockhaus, F. A. - Leipzig. IV 1 : 41,
112; 6 : 56.
Brönnersche Buchh. - Eichstätt. I 5 : 95.
Bruhn, Harald - Braunschweig. I 6 : 51.
Brunnemann, K. - Cassel. II 6 : 66.
Bruns' Verl. J. C. C. - Minden i. W.
I 3 : 115/6.
Brzezowsky - Wien. I 6 : 73. II 4 : 38.
Buchh. d. Ev. Bundes - Leipzig. II
7 : 4-5, 23.
— d. Waisenhauses - Halle. II 6 : 6.
Buchner Verlag, C. C. - Bamberg. II
1 : 17; 4 : 27; 8: 12, 52. III 4 : 38.
IV 2 : 107 : 4 : 57 ; 6 : 18.
Burt. A. L. - New-York. IV lle : 32b.
Cavael, F.-Leipzig. IV 2 : 191.
Clarendon Press - Oxford. IV 12 : 130;
14 ': 35.
Claussner, Rob. - Leipzig - Eeudnitz.
I 3 : 56.
Cohn, A.- Berlin. I 4 : 12. IV 1 : 46;
IIb : 22; lle : 4; Ilf : 17.
Colin & Cie., A. - Paris. I 6 : 15. III
4:4. IV : 4 : 1.
Conrads Buchh., C. F. - Berlin. IV 4 : 51
Costenoble, Herrn. -Jena. IV 3 : 95.
Cottasche Buchh. Nachfolger, J. G. -
Stuttgart. I 7 : 74/5. II 1 : 4/5.
III 1 : 1/2. IV 1 : 55, 98; 2 : 63
3 : 67, 76, 134; 4 : 40, 86, 111, 138
6 : 63; 8 : 12; 10 : 8; IIa : 80
12 : 47/8.
Dannenberg. H. - Stettin. I 6 : 87.
Danz, Alex. - Leipzig. IV 3 : 104.
Deichert Nachfolger, A. - Leipzig. II
6 : 23, 57, 63; 7 : 38.
D61alain freres - Paris. IV lld : 5
12 : 135.
Delagrave - Paris. IV 4 : 65; 11c : 2;
lld : 12; lle : 18; 12 : 62, 145.
Delavigne - Paris. IV 1 : 9.
Detloffs Buchh., C.-Basel jetzt Reich, R.
IV 13 : 28.
Deubner, A. - Moskau. I 7 : 82.
Deuticke, Franz - Wien. I 3 : 120.
Dieksche Buchh. - Leipzig. II 8 : 55.
Didier - Paris. IV 14 : 25.
Diesterweg, M.-Frankfurt a/M. I 6 : 31/2.
IV 1 : 63.
Dieter, Heinr. - Salzburg. II 4 : 39;
8 : 49.
Doerlings antiqu. Buchh., F. - Hamburg.
I 5 : 90.
Drescher & Co. -Wien. IV 4 : 129.
Dümmlers Vorlagsbuchh., F. - Berlin.
1 3 : 12. IV IIa : 76; 12 : 49.
DUrselen, H. - Wiesbaden. I 3 : 140.
Du Mont-Schaubergsche Buchh. - Köln.
I 4 : 21, 62; 7 : 30.
Duncker, Alex. - Beriin. III 5 : 25.
- Cari - Beriin. IV 6 : 49.
— & Humblot - Leipzig. I 5 : 119.
IV 1 : 66; Ilf : 2.
Eckstein Naehf., R. - Beriin. I 3 : 121 ;
5:5. IV 1 : 6/7; IIa : 70.
Edelmann, A. - Leipzig. I 6 : 66.
Ehlermann, L.-Dresden. II 8:2, 20, 26.
IV 1 : 76, 87, 106 ; 2 : 12, 126 ; 3 : 115 ;
IIa : 22, 26; IIb : 89; 13 : 31.
*) Von der G. J. Göschen'schen Verlagsbuchhandlung in Stuttgart hergestellt.
192
Verlegerregi.ster.
Ehrliardta Uiiiv.-Budili. - Marburg. I
4 : 22. II C : 37; 8 : 29.
EliÄoher Nac.lif., B. - Leipzig. III 4 : 52.
IV Ue : 30a.
Elwertgche Verlh., N. G. - Marburg.
11:8. IV 2 : HS9.
Engol, H. - Berlin. IV IIa : 2J ; llf : 7.
EngelniHnn. W. - Leipzig. IV llf : 3.
Eiike. Ferd. - Stuttgart. I 3 : 27.
Ensslin & Laiblin-Koutlingcn. IV 3 : 77.
Fock, <i. -Leipzig. I 3 : 13, 31. 66'
90 IV 2 : 68, 95, 192 ; 3 : 8, 70, 74.
79; 4 : 13, 30; 6 : 22, 45; 12 : 79;
14 : 33.
Foessor Nach f., M. - Frankfurt a. M.
II 6 : 52/3; 7 : 22. IV 2 : 186;
3 : 97.
Fontane & Co., F. - Berlin. III 4 : 63.
IV 2 : 208/9; IIa : 33.
Fournier & Haberler- Znaira. I 6 : 91.
Francks Buclih., E.-Oppeln. IV 1 : 123.
Franks Naclif., O.-Wien. I 5 : 87.
Freunds Verlag, L. - Breslau. I 6 : 44.
IV 4 : 18.
Freytag, G. -Leipzig. I 7 : 25.
Friedrich, Willi. - Leipzig. I 3 : 45, 124.
IV 2 : 234; 8 : 9.
Froramannsche Buchdr.- Jena. IV 6: 39.
Frotscher, Emil - Arnstadt. I 6 : 74.
Gadow & Sohn, F. W. - Hildburgliausen.
II 5 : 17.
Gärtner, R. - Berlin. I 1 : 10 ; 6 : 36 ;
7 : 5, 8.
Garnier freres - Paris. IV 4 : 67 ;
IIb : 2, 13; 12 : 136.
Georg, H.- Basel. I 5 : 88.
Germania, A.-G. - Berlin. II 6 : 55.
Gerolds Sohn, C. - Wien. IV IIa : 41;
lle : 3.
Gesenius, Herrn. - Halle a. S. IV 2 : 196.
Göschen, G. J. - Stuttgart. I 1 : 11 ;
3 : 23; 6 : 13; 7 : 33— 41. II 4 : 3.
IV 1 : 27; 2:3, 128; 3: 86/7; 4:9;
8 : 3, 13; llf : 6; 13 : 7.
Goldschmidt, Alb. - Berlin. IV 4 : 22.
Graefe, Emil - Leipzig. II 6 : 33.
Graesor, Carl, - Wien. I 7 : 73. IV
IIa : 78.
Graveurs Verl., J. - Neisse. I 3 : 43;
7 : 86. IV IIa : 11; llf ; 9.
Greiner & Pfeiffer - Stuttgart. IV 2 :
197, 199, 200, 202; 12 : 60; 13 : 66;
14 : 31.
Griesbachs Verl., C. B. - Gera. IV
6 : 71.
Grotcsche Verlagsbuchh., G. - Beriin.
11 1 : 1. III 1:4. IV 2 : 34; 4 :
134; lld : 4; 14 : 30.
OrUning, Herrn. - Hamburg. IV lle : 38.
Grumbach - Leipzig. 16:7, 13.
Grunow, F. W. - Leipzig. I 5 : 12.
Ill 5:6. IV IIa : 79; 12 : 50.
Guercke, P. - .lauer. I 3 : 30.
Guudort, D. - Stuttgart. II 6 : 38.
Haack, A. - Berlin. I 3 : 88; 5 : 16;
6 : 76.
Haaso Verlag, A. -Prag. II 1 : 13;
2 : 18.
Ilachetto & Co. - Paris 13 : 8, 68;
4 : 32. IV 1 : 22/3, 115; 2 : 36;
8 : 71; 4 : 66; 6 : .34, 58; lld: 7;
12 : 66, 116, 134
HaesBöl, H. -Leipzig. IV 2 : 177.
Hahnsche Buchh. - Hannover. II 8 : 24.
Hainaner, Jul. - Breslau. II 2 : 13.
Harrassowitz, 0. - Leipzig. 14:5.
Hartleben, A. -Wien. I 4 : 107. IV
3 : 128.
Hartnngsche Veriagsdruckerei - Königs-
berg L/Pr. I 4 : 23.
Heath&Co. - Büstou. IV 1:99; 3:47;
4 : 92.
Heckenasts Nachf, Gust. - Pressburg.
IV 4 : 87.
Hedeler, G. - Leipzig. I 4 : bi.
Heinsius Nachf, M. - Bremen. I 5:41;
IV 2 : 190 ; 3 : 72.
HeinzesVerl., Paul - Dresden - Striesen.
IV 1 : 2.
Heitz, J. H. Ed. - Strassbnrg i./E. I
4: 77; 5 : 39, 93; 6:27. II 3 : 2, 21 ;
7:24. IV IIb: 8; 12 : 67.
Helmichs Verlag, A. - Bielefeld. I 0 : 47.
Helwingsche Verlagsbuchh. - Hannover.
I 6 : 49.
Hendel, O.-Halle a/S. I 3 : 22 ; 7 : 26.
II 5 : 33. III 3 : 8; 5 : 16. IV
3 : 11, 24, 30, 52, 63/4, 78; 4:62,
63; 6 : 64; 12 : 41, 5t; 13 : 29
Henninger, Gebr., jetzt 0. R Roisland -
Leipzig. III 1 : 6.
Herbig, F. A. - Berlin. I 7 : 28
Herdersche Verlagsh. - Freiburg i. B.
1 7 : 29; II 1 : 6/7; 6 : 48; 7:1.
IV 1 : 3, 8; 3 : 75.
Heroldsche Buchh. - Hamburg. III
2 : 43; 5 : 7. IV 4 : 19; 10 : 5.
Herros^s Vorlag, R. - Wittenberg. I
6 : 39.
Hertz, Georg - Würzburg. IV 3 : 9;
lle : 42.
— Wilh. - Berlin I 7 : 81. IV 1 : 1 ;
lle : 37a, 56; llf : 18; 12 : 44;
13 : 1, 30, 36, 38.
Herzberg - Neustettin. I 6 : 86.
Heusers Verlag - Neuwied. II 4 : 28.
Hinrichssche Buchh , J. C. - Leipzig.
II 7 : 73.
Hinstorffs Verlag, C. - Danzig. 15:1.
— sehe Hofbuchh.-Wismar. I 6 : 38.
IV 3 : 112, 116/8.
Hirschfeld, C. L. - Leipzig. .1 3 : 77;
5 : 53. IV IIa : 3.
Hirt, Ferd. - Breslau. 16:8.
Hirths Kunstverlag, G. - München.
15:6.
Hirzel, S. - Leipzig. I 3 : 3-la. II 6 : 35;
7 : 34. III 1:11. IV 1: 10; 4:89;
13 : 60; 14 : 3, 51.
Höhr, S. - Zürich. I 5 : 76.
Hoeldcr, Alfred. - Wien. I 7 : 72 ; IV
I : 65; 4 : 110; 12 : 99.
Hoepli, U. - Mailand. I 4 : 39 IV 4 : 93.
Hörning, J. - Heidelberg. IV 6 : 20.
Hofer - Saarbrücken. II 6 : 67.
Holfmann, Max - Leipzig - Reudnitz. I
3:47; 6:9, 20. II 7:54. IV IIa: 47.
Hofmann, Th. - Gera. 17:6, 6a, 31.
— & Cie., A - Beriin. I 6 : 55, 58.
Holt & Co. - New- York. IV 4 : 91;
13 : 50; 14 : 36.
Huber, J. - Frauenfeld. I 3 : 144; 4 : 79.
II 1 : 19; 4 : 11; 8 : 16. III 5 : 30.
IV 1 : 20, 37, 119.
— & Co. - St. Gallon. IV 2 : 17.
Hübscher, C. - Bamberg. I 4 : 19.
Jacob, Friedr. - Torgau. II 4 : 22. III
4 : 7.
Jaenecke, Gebr. - HanuoTer. I 4 : 64.
Jahnke, A. - Borna. I 6 : 42. IV 10 : 4.
Janike - Görlitz. I 5 : 117.
Jnstitut, Bibliogr. - Leipzig. II 2 : 14 ;
6:7. IV 1 : 101 ; 2 : 28 ; 3 : 57,
81; 4 :39;6 : 75/7; IIb : 4; 13 : 23,
62; 14 : 29.
— Litt. Dr. M. Huttier - München.
III 4 : 64, 56.
Jolowiez, Nordd. Verl. - Inst. - Berlin.
IV 2 : 195.
Kahnt Nachf., C. F. -Leipzig. IV 2 : 216.
Kaemmerer & Co., C. A. - Halle a/S.
II 7 : 69.
Karras' Vori., Ehrh.- Halle a/S. IV 4 :
169; 6 : 51.
Kellerer's Hofbuchh. , Max - Mlinchcii.
IV lle : 6a.
Kerlor, Heinrich - Ulm. II 3 : 33. IV
2 : 240.
Keyssncr-Meiningen. II 6 : 24.
Kiesler, C. - Würzen. IV 3 : 75c.
Kirchheim, Franz - Mainz. II 6 : 47.
Klein, Hugo - Barmen. I 6 : 75. II
6 : 59, 65.
Kleinmayor, Ferd. v. - Klagenfurt. I 5 : 79.
Klinkhardt, Jul. - Leipzig. I 6 : 1, 40.
KIoss, C. -Hambuig. 13 : 113; 7 : 2.
Knaur, Th. - Leipzig. IV 13 : 65 ; 14 : 32.
Kober, J. L. - Prag. IV lld : 8.
Körner, Gust. - Leipzig. 1 3 : 39.
Kösel'sche Buchh., J. - Kempten. I 6 : 62.
Kohlhamraer, W. - Stuttgart. I 3 : 22
III 4 : 20; IV 2 : 16, 215a; 6 : 74.
Konogen, C. - Wien. I 3 : 32. IV
4 : 203.
Korff, Heinr. - München. III 4 : 55.
Krabbe, Cari - Stuttgart. IV 12 : 106.
Krämer Verlag, G. - Hamburg. I 6 : 15.
Kraus, C. - Düsseldorf. I 5 : 89.
Krumm, Herrn. - Remscheid. I 4 : 72.
Kuhn, Reinh. - Beriin. IV 4 : 15.
Kupferberg, Florian - Mainz. II 6 : 56,
62. 69. IV 1 : 70.
Laudien, G. - Leipzig. II 8 : 41.
Lauppsche Buchh., H. - Tübingen. II
I : 12.
Lemerre - Paris. IV 14 : 38.
Lenz, G. F. - Berlin. IV 6 : 69.
Leon senior, Joh. - Klagenfurt. 15: 78.
Leroux - Paris. II 1 : 18.
Leuschner u. Lubensky - Graz. I
5 : 44.
Lewontal - Warschau. IV llo : 16a.
Lieboskind, G. A. -Leipzig. 1 5 : yl,
32. IV 2 : 175, 182.
Liebfrauendruckerei-MUnchen. II 6 : 64.
Liebmann, Otto - Berlin. IV 12 : 16.
Lintzscho Buchh., Fr. - Trier. I 7 : 27.
Lipsius & Tischer - Kiel. 1 1:1;
3 : 60.
List & Francko - Leipzig. I 4 : 14.
IV lle : 4a.
Louis - Clermont - Forrand. IV lld : 22.
Low & Co. - London. IV 12 : 52.
Lucas, Sam. - Elberfold. I 4 : 71.
Lüstenöder, H. - Beriin. I 2 : 14;
3 : 128; 5 : 109. II 3 : 15. IV 1 :
15; 2 : 153; 3 : 127.
Lung, Ad. - Esslingen. I 1 : 12.
Lunos, B. - Kopenhagen. LH 4 : 23.
Luppos Hofbuchh., E. - Zerbst. I 6 : 89,
Lutheran Publ. Soc. - Philadolpliia.
II 6 : 22.
Mahlau & Waldschmidt - Frankfurt a. M.
IV 13 : 44a.
Malthiesen - Dorpat. I 6 : 59.
Manz'scho k. k. Hof-Verl.- u. Univ.-
Buchh. - Wien. I 3 : 18. IV 4 : 125.
Maukes Verlag, Fr. - Jena. 1 6 : 28.
IV 12 : 13.
Mayer, C. J. - Eupen. I 6 : 79.
— & Müller - Beriin. I 5 : 22. II
2 : 23; 4 : 30. III 2 : 22.
Mc. Cherry - Chicago. IV lld : 28.
Meidinger, Herrn. - Berlin. I 5 : 38 ;
7 : 23.
Meissners Verlag, Otto - Hamburg. I
7 : 89.
Merhoffs Veriag, C. - München. III 4 : 50.
Meyer, Carl - Hannover. II 6 : 30.
Mittler* Sohn, E. S. - Beriin. 1114:18.
Mohr, J. C. B. - Freiburg i. B. I 6 : 68 ;
IV 13 : 35.
Mosersche Buchh. TJ. - Graz. I 5 : 86.
Verlegerregister.
193
Mühlmanns Verlag, Rieh. - Halle. I
7 : 87.
MUUersehe Buchh. - Eudolstadt. IV
11h : 55.
Mttller, C. E. -Bremen. IV IIa : 31.
— G. W. F. - Berlin. I 7 : 85.
Murray - Baltimore. I 3 : 64. IV 2 : 125.
Nassesche üuohdnu-kerei - Soest. I
6 : 86.
Nauck, G. - Berlin. III 2 : 59.
Naumann, Heinr. J. - Dresden. II 6:4.
Neff, P. - Stuttgart. IV 1 : 13 ; 12 : 61.
Neumanus Verlag, Aug. - Leipzig. II
7 : 2.
Nicolaische Verlagsbuchh. - Berlin. I
6 : 35. IV 12 : 171.
Niemeyer, M. - Halle a. S. I 4 : 74;
6 : 67. II 5 : 29; 6 : 14, 70; 7:21,
35, 55, 66; 8 : 25. III 2 : 2, 65;
4 : 16, 44. IV IIa : 46; lle : 5, 20.
Nijhoff, M. - Gravenhagen. I 5 : 54.
Nössler, Max. - Bremen. IV 3 : 73.
Nutt, Dav. - London. IV lld : 27.
Oehlmann, Ferd. - Dresden. IV 14 : 11.
Oehmigkes Verlag, L. - Berlin. I 5 : 40 ;
7 : 84. IV 3 : 58.
Oesterwitz Nachf., Herrn. - Leipzig. I
6 : 43.
Opetz, Wilh. - Leipzig. IV 12 : 173.
Orell FUssli & Cie., jetzt Artist. Institut
Orell FUssli-Zürich. II 5 : 23. III 4 : 22.
Pasch, Max - Berlin. IV 12 : 175.
Paetel, Gebr. - Berlin. IV 1 : 78, 100;
2 : 7, 53, 92; 4 : 58.
Pätzsche Buchdr., G. - Naumburg. I
4 : 66.
Perthes, F. A.- Gotha. I 7 : 67, 69.
IV 1 : 4; 2 : 184, 198; Ha : 78;
lle : 40; 13 : 27; 14 : 27.
Peters Verlag, Ed. - Leipzig. I 7 : 80.
Pfeifersche Buchh. - Halle a. S. 13:
72, 87.
PfeilstUcker, Fr. - Berlin. I 5 : 43.
Picard, A. -Paris. 14:1, 31. IV
12 : 119.
Pichlers Wwe., A. u. Sohn -Wien. I
6 : 34. IV 6 : 37.
Piersons Verl. - Dresden. I 3 : 50.
IV 13 : 63; 14 : 50, 52.
Pohls Verlag, Ed. - München. I 5 : 60.
i'ohle, Herrn. - .Jena. I 6 : 72.
I'oussielgue -Paris. IV lld : 6.
Irochaeka, C. - Teschen. m 4 : 42.
l'utnam - New-York. IV Hb : 3.
Quantins - Paris. I 5 : 11.
Rauert & Kocco - Leipzig. IV IIa: 4.
Kawsche Buchh., J. Ph. - Nürnberg.
I 4 : 15.
Keclam jr., Ph. - Leipzig. IH 2 : 52.
IV 2 : 149; 3 : 18, 20, 60, 75b, 88;
4: 59, 139; 6 : 65, 68, 78; lle : 32;
12 : 56; 13 : 37, 51.
Reher, A. C. - Altona. IV 1 : 61.
Reimer, G. - Berlin. IV 3 : 83.
Reinboth, F. -Leipzig. III 4 : 49.
Reiss, P. - Worms. 11:5; 3 : 48.
IV 12 : 124.
Reisland, 0. R. -Leipzig. IV 6 : 62.
Reissner, C. - Leipzig. I 1 : 16;
3 : 137.
Reiter - Dessau. 16:78.
Rengersche Buchh. - Leipzig. IV 4 ;
126; 12 : 127.
Reuthers Verlagsbuchh., H. - Berlin. I
4 : 84. IV 3 : 22; 12 : 132.
Richter, Rieh. -Leipzig. I 5 : 25; 6 : 93/4.
Riegersche Verlh. - Stuttgart. IV 3 : 69.
Ritter - Wiesbaden. I 6 : 88.
Robolsky, J. H. - Leipzig. 14:3.
Rohrer, Rud. M. - BrUnn. IV IIa : 32.
Rosenbaum & Hart - Berlin. II 7 : 7,
8. IV 14 : 2.
Rossberg'sche Buchh.-Leipzig. I 1 : 6/7.
Roth, Emil - Giessen. I 6 : 33.
Roux- Turin. IV lle : 39.
Sallis'scher Verl. - Berlin. I 3 : 125
Sauerländer, H. R. - Aarau. IV 3 : 56,
89; 6 : 70.
Sauniers Buchh. - Stettin. II 7 : 50.
Savine - Paris. IV 12 : 125.
Schade - Berlin. 11 5 : 27.
Scherzer, E. -München. III 4 : 58.
Schles. Buchdr , Kunst- u Verl.-Anst.,
vorm. S. Sehottländer, Breslau. IV
1 : 14; 13 : 2.
Schmid'sche Buchh , B. - Augsburg. III
4 : 61.
Schmidts Verl., Herrn. -Berlin. IV 3 : 25.
— C'aes. - Zürich. . III 4 : 51.
Schmorl u. v. Seefeld Nachf. - Hannover.
I 7 : 90.
Schnurpfeil, G. - Leobschütz. IV 14 : 10.
Schob - Spandau. I 6 : 55.
Schoenhof, C. -Bostnn. IV 4 : 90.
Schöniugh, Ferd. - Paderborn. 16:2,
14, 56; 7 : 70/1. III 1:8, IV 2: 188;
3 : 3; 6 : 30; IIa : 78.
Schrags Verlag, J. L. - Nürnberg. I
5 : 91. III 5 : 8.
Schroedels Verlag, Herrn. - Halle a. S.
1 7 : 83.
Schuh & Co., G. - München. III 4 : 47.
Schulbuchh. - Braunschweig. I 4 : 17'
Langensalza. I 6 : 26. IV 1 : 39;
2 : 76; 6 : 23, 29; IIb : 36; 12 : 3.
Schulzesche Hofbuchh. - Oldenburg. I
3 : 34b. III 4 : 26/7. IV 1 : 73 ; 4 : 204.
.'^chwetsehke & Sohn, C. A. - Braun-
schweig. II 6 : 5, 20. IV 3 : 1.
Scribner & Welford - New-York. IV 14:7.
Seemann, Artur. - Leipzig. IV 2 : 81.
- E. A.- Leipzig. I 3 : 25; 4 : 105.
Siegisraund & Volkening - Leipzig. I
6 : 41, 52. IV 2 : 213.
Siffer - Gent. II 3 : 27.
Smitt, Eider & Co. - London. IV IIb : 35.
Soci6t6 Beige de Librairie - BrUssel.
III 4 : 25.
Soltaus Verlag, D. - Norden. II 4 : 40.
III 4:1.
Sonnenschein - London. IV 6 : 3.3.
Spamer, 0. - Leipzig. III 4 : 59. IV
1 : 12; 4 : 70.
Speraann, Wilh. - Berlin. II 5 : 1.
Speyer & Peters - Berlin. I 3 : 11. II
8:1. IV lle : 14b, 30, 31a, 31b ;
12 : 76; 13 : 5.
Spohr, Max - Leipzig. IV 1 : 28.
Staackmaun, L. - Leipzig. I 3 : 98. IV
1 : 58.
Stallings Verlag, G. - Oldenburg. I 5 : 81.
Stauffer, Th. - Leipzig I 5 : 42.
Stein, Aug. - Potsdam. I 3 : 53. IV 1 : 40.
Stephanus, Heinr. - Trier. IV lld : 4a.
Steyl & Thomas - Frankfurt a. 31. IV
2 : 250.
Stolle, jetzt Woldag, H. - Harzburg. I
5 : 107.
Strauss, E. - Bonn. IV 1 : 103.
Stricker, R. = Nicolaische Verl.-Buchh. -
Berlin. IV lle : 37.
Stroefers Kunstverl,, Th. - München.
IV 12 : 131; 14 : 34.
Stürtz, H. - Würzburg. 12:8.
Stuks, Sigm. - Teschen. I 4 : 79a.
Styria - Graz. IV 10 : 10.
Tascher, J. J. - Kaiserslautern. I 6 : 37.
Tempsky, F.-Prag u. Wien. I 3 : 6; 5 : 7.
Teubner, B. G. - Leipzig. I 3 : 15, 29;
7 : 3, 7, 24, 85a. IV 2 : 227.
- Franz -Köln a. Rh. 14: 81. III
2 : 1, 3; 5 : 20.
Thienemann, E. F. - Gotha. I 6 : 4—5.
IV 1 : 111.
Thoraa - Lindau. I 6 : 83.
Thomannsche Buchh., Jos. - Landshut.
1 4 : 78.
Tract Society -London. II 6 : 74.
Trowitzsch & Sohn - Berlin. IV 4 : 141.
TrUbner, K. J.- Strassburg i. E. 15:
102. IV 1 : 97.
Union - Stuttgart. II 7 : 67 ; 8 : 28
IV 2 : 61; 3 : 13, 111; IIa: 74/5
lld:20,29; lle:l; llf:23; 12:51.
University Press - Cambridge. II 5 :
46. IV lld : 11; 12 : 133.
Unwin- London. IV 13 : 16.
Vandenhoeek & Ruprecht - Göttiugen.
12:5.
Veit & Cie. - Leipzig. 16:3. IV 13 :
61; 14 : 1, 51.
Velhagen & Klasing - Bielefeld. I 7 :
42—66. n 3 : 22. IV 2 : 201; IIa :
77; IIb : 36a; 12 : 3a.
Verein für deutsehe Litteratur, AUgem.
Berlin. 15:2. IV 1 : oO.
Vereinsbuchh. - Calw u. Stuttgart. II
2 : 1.
Verlag d. Akadem. Monatshefte - Mün-
chen. I 6 : 63/4.
Verlags - Anstalt, Deutsche - Stuttgart.
I 3 : 99. IV 2 : 77; IIa : 1.
— u. Druckerei, A.-G. - Hamburg. 1
5 : 9, 38a. II 2 : 17; 6 : 73; 8 : 27.
III 4 : 24. IV 3 : 121, 122/4; IIa :
12; llf : 8; 13 : 26; 14 : 49.
— f. Kunst u. Wissenseh. - München.
1 1 : 15.
— vorm. G. J. Manz - Regensburg.
IV 2 : 238.
Verlags-Institut, Südd. - Stuttgart.
2 : 106.
Verlags-Magazin - Zürich. I 3 : 134.
Volkmann & Jerosch - Rostock. U
5 : 42.
Voss, L. -Hamburg. I 3 : 35/6; 5 : 8,
47. IV 4 : 166; 14 : 42.
Wagnersche Univ.- Buchh. - Innsbruck.
1 5 : 77, 80, 105. IV 2 : 179.
Warschauer, A. - Berlin. IV 14 : 33a.
Wartigs Verl., Ed. -Leipzig. IV lld :
10; lle : 29, 36; 12 : 64, 113; 13:45.
Weber, J. J. - Leipzig. I 4 : 52. IV
4 : 88; 12 : 150.
Weichelts. Dr. Herm., Verl. - Reichen-
berg i. B. IV 2 : 150; 3 : 10, 85;
4 : 109.
Weidraannscho Buchh. - Berlin. I 6 :
40; 7 : 4, 77. II 8 : 56. IV 2: 74;
12 : 1, 81, 87, 93, 98, 101.
Weiss, Georg - Heidelberg. IV 1 : 62.
Weissbach, Herm. - Weimar. IV 1 : 5.
Wendt & Klauwell-Langensalza. I 7 : 79.
Westermann, G. - Braunschweig. IV
4 : 14.
Westhausser, Louis - Paris. IV 1 : 114.
Wiegandt & Schotte - Berlin. IV 1 : 33.
Wiemann, B. D. - Barmen. II 1 : 10;
6 : 49; 7 : 6.
Wiesike, J. - Brandenburg a. H, 16: 77.
Wigand, G. - Leipzig. I 1 : 14.
— Verl., Georg H. - Cassel. IV 3 : 75a.
Winters Univ.- Buchh. - Heidelberg. II
7 : 25. IV llo : 28a; 13 : 8, 13.
Wittichsche Hofbuchdruckerei, L. C. -
Darmstadt. I 6 : 80.
Wyss, K. J. - Bern. I 6 : 65.
Zarichelli - Bologna. IV 4 : 142.
Ziegenhirt, C. - Leipzig. I 5 : 3—4.
ZUcklers Verlagsh., R. - Zwickau. II
2 : 2.
Zwissler, Jul. - Wolfenbüttol. 14:7,
8. II 3 : 25.
13
Siglenregister.
a) Siglen für einzelne Zeitschriften.
AAALA. Atti dellar. Accademia di Archeologia,
Lettere e belle Arti
Ac. The Academy
ADA. Anzeiger d. Zeitschrift für deutsches
Alterthum
ADB. Allgemeine Deutsche Biographie
AELKZ. Allgemeine Evangelisch-Lutli. Kir-
chen-Zoitung
ADLZg. Allgemeine Deutsche Lehrerzeitung
AltprMschr. Altpreussische Monatsschrift
AnnELScPol. Annales de l'^cole libre des
Sciences politiques
AnzSchwG-. Anzeiger für Schweiz. Geschichte
ASNS. Archiv für d. Studium der neueren
Sprachen
Ath. The Athenaeum
AZgt*. Beilage d. Allgemeinen Zeitung
BBG. Blätter für d. Bayrische Gymnasial-
schulwesen
BFDH. Berichte d. Freien Deutschen Hoch-
stifts
BLU. Blätter für Litterarische Unterhaltung
BP "WS. Berliner Philologische Wochenschrift
BIIRS. Bibliotheque Universelle et Eevue
Suisse
CBlBibl. Centralblatt für Bibliothekswesen
DBIEU. Deutsche Blätter für Erziehung u.
Unterricht
DEBll. Deutsch-Evangelische Blätter
Didask. Didaskalia (Beiblatt z. Frankfurter
Journal)
DEKZ. Deutsche Evang.-Kirchenzeitung
DLD. Deutsche Litteraturdenkmale
DLZ. Deutsche Litteraturzeitung
DNL. Deutsche Nationallitteratur
Dß. Deutsche Revue
DRs. Deutsche Rundschau
DWBl. Deutsches Wochenblatt
EKZ. Evangelische Kirchen-Zeitung
FBPG. Forschungen z. Brandenburgischen
u. Preussischen Geschichte
FrB. Freie Bühne für modernes Leben
FZg. Frankfurter Zeitung
GGA. Göttingische Gelehrte Anzeigen
HPBll. Historisch-Politische Blätter
HTB. Historisches Taschenbuch
HTD. Historisk Tidsskrift (Dansk)
HZ. Historische Zeitschrift (v. Sybel)
IllZg. Illustrirte Zeitung
JSav. Journal des Savants
JBG. Jahresberichte d. Geschichtswissen-
schaft
JBGPh. Jahresbericht über Germanische
Philologie
JBL. Jahresberichte für neuere deutsche Lit-
terat Urgeschichte
JGGPÖ. Jahrbuch d. Gesellschaft für Ge-
schiclite d. Protestantismus in Oesterreich
JNS. Jahrbücher für Nationalökonomie und
Statistik
KBIGRW. Korrespondenzblatt für d. Go
lehrten- u. Realschulen Württembergs
KM. Kirchliche Monatsschrift
KunstUZ. D. Kunst unserer Zeit
KZ. Kölnische Zeitung
LBlGRPh. Litteraturblatt für Germanische
u. Romanische Philologie
LBSW. Litterarische Beilage d. Staatsan-
zeigers für Württemberg
LCBI. Litterarisches Centralblatt
L&K. Literatur og Ki'itik
LZgB. Wissenschaftliche Beilage d. Leipziger]
Zeitung
MD. Moderne Dichtung
MHL. Mitteilungen aus d. Historischen Litrj
teratur
MIÖG. Mitteilungen d. Instituts für Ostern
reichisch« Geschichtsforschung
MLIA. Magazin für Litteratur d. In- unc
Auslandes
MLN. Modern Language Notes
MNLGAU. Mitteilungen d. Niederlausitzer "
Gesellschaft für Anthropologie u. Urge-
schichte
MNEKR. Mitteilungen u. Nachrichten für d.
Evangelische Kirche in Russland
MVGDB. Mitteilvingen d. Vereins für Ge-
schichte d. Deutschen in Böhmen
Nation^. Nation (Berlin)
NationNY. Nation (New- York)
NFPr. Neue Freie Presse
NKZ. Neue Kirchliche Zeitschrift
N«feS. Nord u. Süd
ÖUR. Österreichisch-Ungarische Revue
PKZ. Protestantische Kirchenzeitung
PrJbb. Preussische Jahrbücher
QF. Quellen u. Forschungen z. Sprach- u.
Culturgeschichte d. germanischen Völker
RCr. Revue Critique d'histoire et de littö-
rature
RDM. Revue des Deux Mondes
RepKunstw. Repertorium der Kunstwissen-
schaft
RESS. Revue de l'Enseignement Secondaire
et Sup^rieure
RH. Revue Historique
RiCrLI. Rivista Critica della Letteratura
Italiana
RIE. Revue Internationale de l'Enseignement
RPL. Revue Politique et Littöraire
SchwäbKron. Schwäbische Kronik (Beiblatt
•A. Schwäbischen Merkur)
Sammler'*. D. Sammler (Berlin)
Sammler*. D. Sammler (Tägliche Beilage d.
Augsburger Abendzeitung)
StMBCO. Studien u. Mitteilungen aus d.
Benediktiner- u. d. Cistercienser Orden
StML. Stimmen aus Maria Laach
TglRsi^. Unterhaltungsbeilage d. Täglichen
Rundschau (Berlin)
ThJB. Theologischer Jahresbericht.
ThLBl. Theologisches Litteraturblatt
Siglenregister.
195
I
TKLZ. Theologische Litteraturzeitung
ThStK. Theologische Studien u. Kritiken
ThZSchw. Theologische Zeitschrift aus der
Schweiz
ÜL&M. Über Land u. Meer
UZ. Unsere Zeit
WPK. Vierteljahrsschrift für Volks Wirtschaft,
Politik u. Kulturgeschichte
VLGr. Vierteljahrschrift f Litteraturgeschichte
WIDM. Westermanns Illustrirte Deutsche
Monatshefte
WSKPh. Wochenschrift für Klassische Phi-
lologie
WZ. Westdeutsche Zeitschrift für Geschichte
u. Kunst.
Z ADSprV. Zeitschrift d. AllgemeinenDevitschen
Sprachvereins
ZBK. Zeitschrift für Bildende Kunst
ZDA. Zeitschrift für Deutsches Altovthum
ZDKG. Zeitschrift für Deutsche Kultur-
geschichte
ZDMG. Zeitschrift d. Deutschen Morgen-
ländischen Gesellschaft
ZDPh. Zeitschrift für Deutsche Philologie
ZDS. Zeitschrift für Deutsche Sprache
ZDU. Zeitschrift für d. Deutschen Unterricht
Zeitgeist. Der Zeitgeist (Montagsbeilage zum
Berliner Tageblatt)
ZFSL. Zeitschrift für Fj-anzösische Sprache
u. Litteratur
ZGORh. Zeitschrift für d. Geschichte d. Ober-
rheins
ZGW. Zeitschrift für Geschichtswissenschaft
ZKG. Zeitschrift für Kirchengeschichte
ZKWL. Zeitschrift für Kirchliche Wissen-
schaft u. kirchliches Leben
ZOG. Zeitschrift für d. Österreichischen Gym-
nasien
ZPTh. Zeitschrift für Praktische Theologie
ZVK. Zeitschrift für Volkskunde
Z^rLR. Zeitschrift für Vergleichende Littera-
turgeschichte u. Renaissance-Litteratur
ZVPsS. Zeitschrift für Völkerpsychologie u.
Sprachwissenschaft
b) Abkürzung zur Bezeichnung der übrigen Zeitscliriften.
A. Archiv, Archives, Arkiv. — AbhAk. Ab-
handlungen d. Akademie (d. Wissenschaften.'
— Alm. Almanach. — Ann. Annalen, An-
nales. — Ant. Antiquarisch. — Anz. An-
zeiger. — AV. Altertums verein.
B. Beiträge. — BBl. Börsenblatt. — Bblgr.
Bibliographie. — BG. Beiträge z. Geschichte.
BETV. Bericht d. Historischen Vereins. —
Bibl. Bibliothek. — BK. Beiträge z. Kunde.—
Bl., BH. Blatt, Blätter. — BLVA. Berichte
d. Landesvereins für Altertumskunde. —
BVGW. Berichte über d. Verhandlungen d.
Gesellschaft d. Wissenschaften. — BVL.
Blätter d. Vereins für Landeskunde.
CBl. Centralbiatt. — Chr. Chronik. — Cr.
Critique. — CGI. Centralorgan für d. In-
teressen.
D. Deutsch.
E. Erdkunde.
F. Forschungen.
G. Geschichte. — GBL, GBll. Geschichtsblatt,
Geschichtsblätter. — Ges. Gesellschaft. —
GV. Geschichtsverein.
H. Historisch, Histoire, Historique etc. —
HG. Historische Gesellschaft. — HT. Hi-
storisk Tidsskrift. — HV. Historischer
Verein.
I. Institut. — It. Italia, Italiano.
J. Journal. — JB. Jahresbericht, Jahresbe-
richte. — Jb. Jahrbuch. — Jbb. Jahrbücher. —
JbHV. Jahrbuch d. Historischen Vereins. —
JbVG. Jahrbuch d. Vereins für Geschichte.
KBl. Korrespondenzblatt. — KBIVL. Korres-
pondenzblatt d. Vereins f. Landeskunde. —
KG. Kirchengeschichte. — KunstG. Kunst-
geschichte.
L. Litteratur, Litterarisch usw. — LB. Littera-
turbericht. — LBl. Litteraturblatt. — LK.
Landeskunde.
M. Mitteilungen. — MA. (MAlich.) Mittelalter
(-lieh.). — Mag. Magazin. — MBL, MBU.
Monatsblatt, Monatsblätter. — MGG. Mit-
teilungen d. Gesellschaft für Geschichte. —
Mh. Monatshefte. — Mschr. Monatsschrift. —
Mus. Museum. — MusV. Musealveveln. —
MVG. Mitteilungen d. Vereins für Geschichte.
N. Neu, Nouveau, Nuovo etc. — NF. Neue
Folge. — Njbl., Njbll. Neujahrsblatt, Neu-
jahrsblätter. — NN. Neueste Nachrichten.
Ö. Österreich, Österreichisch.
P. Preussisch. — Ph. Philologie. — Philos.
Philosophie. — Pr. Presse.
O. Quartalschrift.
R. Revue. — Rep. Repertorium. — Rh. Rhein,
Rheinisch. — Ri. Rivista. — Rs. Rundschau.
13*
196
Siglenregister.
SB. Sitzungsbericht . Sitzungsberichte. —
SBAk. Sitzungsberichte d. Akademie (d.
Wissenschaften). - Sbnbg. Siebenbürgen. —
SchlH. Schleswig - Holstein - Lauenburg. —
Schw. Schweiz, Schweizerisch. — Spr.
Sprache, Sprachforschung. — SVG. Schriften
d. Vereins f. Geschichte.
TBL Tageblatt (Tag-
Tb. Taschenbuch,
blatt).
Vjs. Vierteljahrsschrift.
WBl. Wochenblatt.
2. Zeitschrift. — Zg. Zeitung. — ZGG. Zeit-
schrift d. Gesellschaft für Geschichte. —
ZHV. Zeitschrift d. Historischen Vereins.
Beispiele für Verbindungen:
JbMünchG. Jahrbuch für Münchener Ge-
schichte.
BVGWLeipzig. Berichte über d. Verhand-
lungen d. Gesellschaft d. Wissen-
schaften in Leipzig.
UngR. Ungarische Revue.
MVAnhaltG. Mitteilungen d. Vereins für An-
haltische Geschichte u. Altertums-
kunde.
MhMusikG. Monatshefte für Musikgeschichte.
SVGBerlin. Schriften d. Vereins für d. Ge-
schichte Berlins.
NASächsG. Neues Archiv für Sächsische Ge-
schichte.
ZVHambG. Zeitschrift d. Vereins für Ham-
burgische Geschichte — usw.
Bemerkungen für den Gebrauch.
An dieser Stelle sei zunächst das „Handbuch zu Litteraturberichten" von J. Jastrow
(Berlin, Gärtner 1891) rühmend genannt, dem die technische Einrichtung sich im wesent-
lichen anschliesst.
1) Die Disposition ist jedem einzelnen Abschnitte vorangedruckt und im Text,
auf den allein sie sich bezieht, durch Absätze und Sperrung der Stichwörter kenntlich.
2) Die Stellung der Anmerkungsziffer vor oder hinter dem Punkt am Ende
eines Satzes charakterisiert die nähere odar fernere Zugehörigkeit des unten angeführten
Buches zum Text.
3) Neben den Werken des Berichtsjahres sind nur in Ausnahmefällen Schriften
des unmittelbar vorhergegangenen Jahres besprochen. Die Litteratur der auf das Berichts-
jahr folgenden Zeit blieb durchweg ausgeschlossen, ausser wo es sich um Recensionen der
1890 erschienenen Arbeiten handelt. Als Jahreszahl ist zu jeder in den Anmerkungen
citierten Schrift die des Berichtsjahres (für Bd. 1 also 1890) hinzuzudenken, insofern eine
andere nicht ausdrücklich genannt ist. Wo bei Lieferungswerken, Zeitschriften usw. Lie-
ferungstitel und Bandtitel verschiedene Jahreszahlen tragen, ist der letztere als massgebend
betrachtet worden.
4) Die Bedeutung der Zeichen in den Anmerkungen ist folgende:
X Hier sei dem Titel nach angeführt
XX Hier sei angeführt unter Vorbehalt genauerer Besprechung im
nächsten Jahrgang.
(II, 4 N. 13) Hier ist ein Bericht ausgefallen zu Gunsten von II, 4 N. 13.
|[ ]| schliesst das Verzeichnis der Recensionen ein.
5) Ein Verzeichnis der zur Abkürzung von Zeitschriften- und Zeitungs-
titeln verwendeten Siglen findet sich S. 194 — 196. Ausserdem sind folgende Abkürzungen
angewendet: Hs., Hss. = Handschrift, Handschriften; hs. = handsclu-iftlich; Ms., Mss. =
Manuskript, Manuskripte ; Vf. = Verfasser; Jh., Jhh. = Jahrhundert, Jahrhunderte.
6) Das Autorenregister verzeichnet nur die Verfasser der besprochenen Arbeiten,
zu denen auch die Recensionen gerechnet v/erden. Die Art der angeführten Werke wird
durch die Kapitelzahl einigermassen gekennzeichnet.
7) Für das Sachregister sei angemerkt, dass die einzelnen Werke von Goethe,
Herder, Klopstock, Lessing, Luther, Schiller, Wieland nur für diejenigen Stellen heraus-
gehoben werden, die nicht durch die Dispositionen der speciellen Berichte zu finden sind.
Ferner beachte man überall Zusammenstellungen wie Bibliotheken, Drama, Schulen, Sprache.
8) Die Zahlen der Register sind aus folgenden Beispielen zu verstehen:
II 3 : 4 = n, 3 N. 4. — II 3 : 4-5 = II, 3 N. 4—5. — II 3 : 4; ö : 7 = H, 3 N. 4; H, 6 N. 7.
9) Die Verfasser von selbständigen Werken wie auch namentlich von Dissertationen,
Programmen, Festreden usw. sowie von Zeitschriften- Aufsätzen werden dringend ersucht, ein
Exemplar an die JBL. einzusenden od6r die Einsendung seitens ihres Verlegers zu veranlassen.
Bei Abhandlungen, die an entlegenen Stellen veröfi'entlicht sind, wäre die Redaktion schon für
den blossen Hinweis (vielleicht mit kurzer Angabe des Inhalts) dem Autor zu Dank verpflichtet.
10) Die Adresse der Redaktion findet sich am Schlüsse der Vorrede, die der Ver-
lagshandlung auf dem Titelblatt, die der einzelnen Mitarbeiter im Inhaltsverzeichnis.
I
lOsI
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2231
J2$
Bd.i
Jahresberichte für neuere
deutsche Literatur-
geschichte
PLEASE DO NOT REMOVE
CARDS OR SLIPS FROM THIS POCKET
UNIVERSITY OF TORONTO LIBRARY
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