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Full text of "Jahreshefte des Vereins f©r vaterl©Þndische Naturkunde in W©rttemberg"

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MUSEUM   OF  COMPARATIVE  ZOOLOGY. 


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JAHRESHEFTE 


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Vereins  für  vaterländische  Naturkunde 


Württemberg. 


Herausgegeben  von  dessen  Redaktionskommission 

Prof.  Dr.  C.  Hell,  Prof.  Dr.  0.  Kirchner,  Prof.  Dr.  K.  Lampert, 
Prof.  Dr.  Fr.  Nies,  Prof.  Dr.  A.  Schmidt. 


EINUNDFÜNFZIGSTER   JAHRGANG. 


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Stuttgart. 

E.  Schweizerbart'sche  Verlagshandlung  iE.  Koch). 


JAHRESHEFTE 


des 


Vereins  für  vaterländische  Naturkunde 


Württemberg. 


Herausgegeben  von  dessen  Redaktionskommission 

Prof.  Dr.  C.  Hell,  Prof.  Dr.  0.  Kirchner,  Prof.  Dr.  K.  Lampert, 
Prof.  Dr.  Fr.  Nies,  Prof.  Dr.  Aug.  Schmidt. 


EINUNDFÜNFZIGSTER  JAHRGANG. 


^  Stuttgart. 


E.  Schweizerbart'sche  Verlagshandlung  (E.  Koch). 
1895. 


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K.  Hofbuchdruckerei  Zu  Guttenberg  (Carl  Grüninger)  in  Stuttgart. 


Inhalt. 


I.  Angelegenheiten  des  Vereins. 

Bericht  über  die  ueimundvierzigste  Generalversammlung  und  das  50jäbrig-e  Jubi- 
läum vom  29.  und  30.  Juni  1894  in  Stuttgart.  Von  Prof.  Dr.  K.  Lam- 
pert.  S.  I. 

Rückblick  auf  die  Geschichte  und  die  Thätigkeit  des  Vereins.  Festvortrag, 
gehalten  von  Prof.  Dr.  Kirchner  in  Hohenheim.  S.  VIII. 

Rechenschaftsbericht  für  das  Jahr  1893—1894.  S.  XXIV. 

Zuwachsverzeichnisse  der  Sammlungen  des  Vereins: 

A.  Zoologische  Sammlung.  S.  XXV. 

B.  Botanische  Sammlung.  S.  XXXI. 

C.  Mineralogisch-Palaeontologische  Sammlung.  S.  XXXIII. 

D.  Vereinsbibliothek.  S.  XXXVI. 
Rechnungsabschluss  für  das  Jahr  1893—1894.  S.  XLV. 
Wahl  der  Beamten  und  des  Versammlungsorts.  S.  XLIX. 

Vorträge  bei  der  Generalversammlung. 

Lampert,  Prof.  Dr.  Kurt:  Die  Tierwelt  Württembergs.   Eine  zoogeographische 

Skizze.  S.  LV. 
Leuze,  Prof.  Dr.  Alfred:  Die  Kohlengrube  in  Mittelbronn.  S.  LXX. 
Engel,  Pfarrer  Dr.:  Über  Pseudoschmarotzer  aixf  unseren  Petrefakten.  S.  LXXXI. 

Sitzungsberichte. 

Wissenschaftliche  Abende  des  Vereins  in  Stuttgart. 

Sitzung  vom  14.  Juni  1894.  Kirchner.  Prof.  Dr.:  Über  eine  botanische  Pfingst- 
tour  nach  dem  insubrischen  Seengebiete  der  Schweiz.  S.  CIV.  —  Fr  aas, 
Prof.  Dr.  Eberhard :  Über  eine  Pfingstexkursion  nach  dem  östlichen  Ungarn. 

s.  cv. 

Sitzung  vom  11.  Oktober  1894.  Schmidt,  Prof.  Dr.  A. :  Mechanismus  der  Ge- 
witterstürme. S.  CVI.  —  Fr  aas,  Prof.  Dr.  Eberhard:  Über  den  Verlauf 
des  VI.  internationalen  Geologenkongresses  in  Zürich.  S.  CVII. 


IV  luhalt. 

Sitzung  vom  8.  November  1894.  Buchner,  Dr.  0.:  Über  Symbiose.  S.  CVII. 
—  V  0  s  s  e  1  e  r ,  Dr.  J. :  Über  Bau  und  Funktion  der  Dünndarmschleimhaut. 
S.  CVIII. 

Sitzung  vom  13.  Dezember  1894.  Mack,  Prof.  Dr.:  Über  doppelte  Brechung 
elektrischer  Strahlen.  S.  CX.  —  Müller,  Dr.  Ernst:  Über  das  Wieder- 
wachsen (Regeneration)  von  Körperteilen.  S.  CX. 

Sitzung  vom  10.  Januar  1895.  Krimmel,  Prof.  Dr.:  Die  hohe  Karlsschule  und 
die  Naturwissenschaften.  S.  CXI. 

Sitzung  vom  14.  Februar  1895.  D  e  b  a  c  h ,  H. :  Über  die  Goldfunde  im  Huanoco 
(Chile).  S.  CXIII.  —  Hedinger,  Medizinalrat  Dr. :  Geologische  Unter- 
suchung von  Feuersteinen  und  Feuersteinartefakten.  S.  CXV. 

Sitzung  vom  14.  März  1895.  Sussdorf,  Prof.  Dr.:  Über  die  Vielzehigkeit 
wenigzehiger  Tiere  (Polydaktylie).  S.  CXV. 

S  c  h  w  a  r  z  w  ä  1  d  e  r  Z  w  e  i  g  V  e  r  e  i  n. 

Versammlung  zu  Tübingen  am  2.  Februar  1894.  G  r  ü  t  z  n  e  r ,  Prof  Dr. :  Mikro- 
skopische Querschnitte  durch  die  Netzhaut  zweier  Frösche ;  —  Über  Farben- 
mischung ;  —  Über  die  Zusammensetzung  der  Vokale.  S.  CXVI.  —  F  r  a  a  s, 
Prof.  Dr.  E. :  Über  einen  neuen  Saurier ,  Dakosaurus ,  aus  dem  Weissen 
Jura  C-  S.  CXVII.  —  Zimmermann,  Privatdozent  Dr.:  Über  das  Ver- 
halten des  Kernkörperchens  bei  der  Zellteilung.  S.  CXVIII.  —  Wurm, 
Hofrat  Dr.:  Über  die  Trüffel.  S.  CXVIII.  —  Fickert,  Dr.,  zeigt  eine 
lebende  ägyptische  Springmaus.  S.  CXIX.  —  Wurm,  Dr.:  Über  Partheno- 
genese. S.  CXIX.  —  Pompeckj  ,  Dr. :  Über  die  Haftapparate  der  Cephalo- 
poden.  S.  CXIX.  —  Fickert,  Dr.:  Über  den  Bau  und  die  Fortpflanzungs- 
weise der  Myxosporidien.  S.  CXIX.  —  Eimer,  Prof.  Dr. :  Über  das  Gesetz  der 
Ausgleichung  (Kompensation)  und  Goethe  als  vergleichenden  Anatomen. 
S.  CXIX. 

Versammlung  zu  Tübingen  am  21.  Dezember  1894.  Wurm,  Hofrat  Dr.:  Über 
die  Herkunft  der  Säuerlinge.  S.  CXXIII.  —  Grützner,  Prof  Dr.:  Über  den 
Sehpurpur  des  Froschauges.  S.  CXXIV.  —  Fickert,  Dr.:  Über  die  Be- 
dingungen für  die  geographische  Verbreitung  der  Tiere.  S.  CXXIV.  — 
Wülfing,  Privatdozent  Dr.,  zeigt  eine  tabellarische  Anordnung  der 
Krystallformen  vor.  S.  CXXIV.  —  Keller,  Apotheker:  Über  den  Eiu- 
fluss  von  Kälte  &\\i  die  Tiere.  S.  CXXV.  —  Fr  aas,  Prof  Dr.  E. :  Über 
Pithecanthropus  erectus.  S.  CXXV.  —  Hesse,  Dr. :  Über  das  Nerven-  und 
Gefässsystem  der  Regenwürmer.  S.  CXXVI. 

Ober  schwäbischer  Zweig  verein. 

Sitzung  in  Aulendorf  am  2.  Februar  1894.  Lampert,  Prof  Dr.:  Die  niedere 
Tierwelt  der  oberschwäbischen  Seen.  S.  CXXVI.  —  Koenig- Wart- 
hausen, Dr.  Freih.  v. :  Über  die  Sumpfschildkröte.  S.  CXXVI.  —  Frank, 
Oberförster :  Über  einen  neuesten  vorgeschichtlichen  Kiipferfund  aus  Ober- 
schwaben. S.  CXXVII. 

Sitzung  vom  18.  Oktober  1894  (Generalversammlung).  Zeppelin,  Dr.  Graf 
Max  V. :  Über  Jagderlebnisse  in  Nordamerika.  S.  CXXIX.  —  Probst, 
Pfarrer  Dr. :  Mitteilungen  über  das  Verhalten  einiger  montanen  Pflanzen 
während  des  trockenen  Sommers  1893.  S.  CXXXI.  —  F  r  a  a  s ,  Prof.  Dr.  E. : 
Über  die  geologische  Scenerie  der  Alpen.  S.  CXXXI. 


Inhalt.  V 

Sitzung  in  Anlendorf  am  13.  Dezember  1894.  Kreuser,  Direktor  Dr.:  Über  Bau 
und  Funktionen  des  Centralnervensystems  der  Wirbeltiere.  S.  CXXXIII. 
—  Z  0 1 1  e  r ,  Oberreallehrer :  Über  die  Pflanzen-  und  TierAvelt  des  Alts- 
hauser  Altweihers.  S.  CXXXIV.  —  Mönig,  Kaplan:  Über  Oedicuemus 
crepitans.  S.  CXXXV.  —  Waldraff.  Domänendirektor:  Über  einen  Rakel- 
hahn. S.  CXXXV. 

II.  Abhandlungen. 

Branco,  Prof.  Dr.  W. :  Schwabens  125  Vulkanembrj^onen  und  deren  tufferfüllte 
Ausbruchsröhren;  das  grösste  Maargebiet  der  Erde.    Teil  II,  III.  S.  1. 

Probst,  Pfarrer  Dr. :  Über  die  Versteinerungen  der  Meeresraolasse  in  Ober- 
schwaben. S.  370. 

T  s  c  h  e  r  n  i  n  g ,  F.  A. :  Über  das  Verschwinden  einiger  grösserer  Raubvogelarten 
aus  der  Fauna  Württembergs.  S.  359. 

Walde,  Lehrer :  Beiträge  zur  Moosflora  des  mittleren  und  südlichen  württem- 
bergischen Schwarzwaldgebiets.  S.  375. 

Wülfing,  Dr.  E.  A. :  Verbreitung  und  Wert  der  in  Sammlungen  aufbewahrten 
Meteoriten.  S.  338. 

Erdbeben-Kommission. 

Jahresbericht  für  die  Zeit  vom  1.  März  1894  bis  1.  März  1895.  S.  386. 


Angelegenheiten  des  Vereins. 


Bericht  über  die  neuimndvierzigste  Geiieralversanimlnng 
und  das  50 jäliri^e  Jnbiläimi  des  Vereins  ^ 

abgehalten  in  Stuttgart  am   29.  und  30.  Juni  1894. 

Von  Professor  Dr.  K.  Larapert. 

Fünfzig  Jahre  waren  im  Sommer  1894  seit  der  Gründung  des 
Vereins  für  vaterländische  Naturkunde  vergangen,  und  wie  beim 
25jährigen  Jubiläum  war  auch  für  das  50jährige  Gedenkfest  die 
Hauptstadt  als  Versammlungsort  gewählt  worden.  Da  der  24.  Juni 
auf  einen  Sonntag  fiel,  musste  vom  gewohnten  Johannistag  ab- 
gegangen werden,  und  es  wurde  für  die  Versammlung  der  Tag  Peter 
und  Paul,  der  29.  Juni,  festgesetzt. 

Die  Feier  wurde  am  vorhergehenden  Abend  durch  eine  ge- 
sellige Vereinigung  im  Hotel  Royal,  wobei  der  H.  Vorstand,  Berg- 
ratsdirektor Dr.  V.  Baur,  den  Anwesenden  den  Willkommsgruss 
bot,  würdig  eingeleitet.  Nicht  nur  zahlreiche  Stuttgarter  Mitglieder 
hatten  sich  eingefunden ,  sondern  aucrh  von  auswärts  waren  schon 
viele  Freunde  gekommen,  und  es  war  schon  am  Vorabend  des  Festes 
eine  stattliche  Zahl,  die  sich  hier  an  langer  Tafel  zusammenfand. 

Für  die  Tagung  der  Generalversammlung  am  folgenden  Tage 
war  in  entgegenkommendster  Weise  von  der  Direktion  der  K.  Tech- 
nischen Hochschule  die  Aula  dieser  Anstalt  überlassen  und  mit 
Genehmigung  des  K.  Hofmarschallamts  von  Herrn  Hofgarteninspektor 
Eh  mann  in  ebenso  künstlerischer  wie  geschmackvoller  Weise  mit 
Blattpflanzen  geschmückt  worden.    Altem  Brauche  gemäss  war  auch 

'  Dass  die  Zahl  der  stattgehabten  Generalversammlungen  nicht  mit  der 
Zahl  der  Vereinsjahre  zusammenfällt,  erklärt  sich  aus  dem  Wegfall  der  General- 
versammlung im  Jahre  1848. 

Jalireshefte  d.  Vereins  f.  vaterl.  Naturkunde  in  Württ.  1896.  a 


~   II   — 

dieses  Mal  mit  der  Versammlung  eine  Ausstellung  naturwissenschaft- 
licher Gegenstände  verbunden  worden ;  beim  ersten  Anblick  erschien 
dieselbe  vielleicht  klein,  aber  wer  näher  zusah,  erkannte  sofort  den 
Wert  dieser  Ausstellung,  der  um  so  höher  anzuschlagen  war,  als 
ein  grosser  Teil  der  ausgestellten  Gegenstände  eine  „Jubiläumsgabe" 
ihrer  Besitzer  darstellte  und  es  sich  dabei  mehrfach  sogar  um 
Originalstücke  zu  Publikationen  in  den  Jahresheften  des  Vereins 
handelte.  Wir  glauben  es  gern,  wenn  Pfarrer  Dr.  Engel  im  späteren 
Verlaufe  des  Tages  scherzhaft  klagte: 

Seht  Euch  einmal  an  den  Tisch 
Mit  den  Jubelgabenschmerzeu : 
Solch  ein  Saurier  und  Fisch, 
Solch  ein  Seestern  ging  vom  Herzen; 
Doch  es  ging  und  ist  jetzt  da, 
Darum  heisst's  pro  patria. 

Im  Folgenden  möchten  wir  nur  eine  gedrungene  Schilderung 
dieser  Ausstellung  und  ihrer  hauptsächlichsten  Stücke  geben. 

Von  Pfarrer  Dr.  Probst  waren  als  Geschenk  eingelaufen  die 
Originale  der  Tertiärflora  von  Heggbach  und  eine  reiche  Kollektion 
von  Haifischzähnen  aus  dem  Tertiär,  die  der  unermüdliche  Forscher 
während  einer  langen  Reihe  von  Jahren  gesammelt  hat.  Buchhändler 
Ed.  Koch  in  Stuttgart  hatte  das  Originalstück  von  Ichthyosaurus 
numismalis  gespendet  und  zugleich  aus  seiner  reichen  Sammlung  eine 
Suite  schwäbischer  Echinodermen  ausgestellt,  die  nur  aus  lauter  Pracht- 
stücken bestand.  Im  gleichen  Jahresheft,  in  welchem  Ichthyosaurus 
numismalis  beschrieben  ist  (Jahrgang  1892),  ist  auch  eine  Ästerias- 
Platte  aus  Braun  Jura  ß  abgebildet,  die  mit  zu  den  schönsten  Stücken 
gehört;  durch  das  grosse  Entgegenkommen  ihres  Besitzers,  Dr. 
Wenz  in  Donzdorf,  ist  anlässlich  des  Jubiläums  auch  dieses  Stück 
als  Geschenk  in  den  Besitz  des  Vereins  gelangt.  Ihm  reiht  sich 
würdig  an  ein  Geschenk  von  Herrn  Hauff  in  Holzmaden,  der  Kopf 
eines  Hybodus,  mit  dessen  Abgabe  an  den  Verein  der  Besitzer  sich 
eines  Unikums  beraubt  hat.  Es  dürfte  schwer  sein,  zu  entscheiden, 
welchen  Stücken  der  Preis  zuzuerkennen  war;  überall  zeigte  sich 
das  gleiche  Bestreben,  die  Sammlung  des  Vereins  zu  bereichern. 
Von  Dr.  C.  Beck  hatte  der  Verein  zum  Geschenk  erhalten  das  Original 
von  Ämm,  ParMnsoni  coronatus,  von  E.  Schwarzkopf  Mineralien 
und  Versteinerungen  aus  dem  Muschelkalk,  von  Dr.  Wolf  fing  eine 
seltene  Koralle,  von  Hildenbrand  tertiäre  Balaniden  auf  einem 
Jurakiesel  sitzend,  von  Apotheker  Blezinger  einen  Prachtschädel 


—   III   — 

von  Nothosaurus ,  von  Oberförster  Holland  ein  Oberkieferstück 
von  JDakosaurus  maximus  und  andere  Versteinerungen ,  besonders 
auch  Korallen ;  Pfarrer  Gussmann  hatte  ein  Riesenexemplar  von 
Amm.  Amaltheus  gigas,  von  Amin,  spiraüssimus  und  arenatus  gespendet, 
Lehrer  Zwiesel  e  Ammonites  Schilleri.  Von  Pfarrer  Engel  und  Lehrer 
Wittlinger  stammte  eine  Reihe  krankhaft  veränderter  Ammoniten, 
scherzhaft  als  Ammonitenspital  bekannt,  die  Originalstücke  zu  Pfarrer 
Engel's  Publikation  in  der  Leopoldina  enthaltend;  Lehrer  Geyer 
hatte  zum  Vergleich  deformierte  Exemplare  von  Helix  beigefügt. 
Einen  eigenen  Kasten  hatte  ein  prächtiges  Geschenk  von  Kaufmann 
Kraus s  in  Ravensburg  beansprucht,  nämlich  eine  grosse  Anzahl 
erratischer  Kiesel,  die  auf  einer  Seite  angeschliffen  sind  und  so  einen 
sehr  hübschen  Anblick  gewähren ;  ihnen  war  eine  Photographie  der 
Ravensburger  Kiesgrube  beigefügt.  —  Auch  der  zoologische  Kasten 
enthielt  eine  Anzahl  ebenso  wertvoller  wie  interessanter  Geschenke. 
Aus  der  reichen  Sammlung  des  verstorbenen  eifrigen  Vereinsmitgliedes 
Graf  Georg  v.  Sehe  1er,  die  derselbe  dem  Verein  überwiesen,  war 
eine  grosse  und  interessante  Suite  Bändervarietäten  der  gewöhnlichen 
Schnecken  Helix  hortensis  und  nemoralis  ausgestellt.  Verlagshändler 
Dr.  Julius  Ho  ff  mann  hatte  seine  ganze,  sehr  umfangreiche  Eier- 
sammlung dem  Verein  zum  Geschenk  gemacht;  von  ihr  waren  nur 
zwei  bemerkenswerte  Gruppen  ausgestellt,  nämlich  eine  Sammlung 
von  Gelegen  des  Dorndrehers,  die  die  mannigfachen  Farbenvarietäten 
der  Eier  dieses  Vogels  zeigen ,  und  eine  Reihe  von  Gelegen  ver- 
schiedener Vögel  mit  dem  Ei  des  Kuckucks.  Ein  sehr  unscheinbar 
aussehendes ,  in  der  Mitte  des  Kastens  stehendes  kleines  Kästchen, 
thatsächlich  aber  eine  Perle  der  Ausstellung,  hatte  Sanitätsrat 
Dr.  Steudel  gestiftet:  eine  Sammlung  von  32  Kleinschmetterlingen; 
tadellos  ausgespannt  mag  diese  Miniatursammlung  manchem  Be- 
schauer einen  ganz  neuen  Begriff  von  dem  Formenreichtum  der  ver- 
hassten  „Motten"  gegeben  haben  und  ihn  ebenso  die  Farbenpracht 
dieser  winzigen  Schmetterlinge,  wie  die  Geschicklichkeit  ihres  Be- 
arbeiters haben  bewundern  lassen.  Dr.  Steudel  hatte  ausserdem 
noch  eine  Reihe  Kästen  aus  seiner  Kleinschmetterlingssammlung  zur 
Ausstellung  gebracht.  Gleich  unscheinbar  mag  manchem  die  Samm- 
lung der  Mollusken  aus  der  Tiefenzone  europäischer  Seen  erschienen 
sein,  die  der  bekannte  Molluskenkenner  Gl  essin  als  Jubiläumsgabe 
eingesandt  hatte ;  sie  enthält  aber  Seltenheiten  ersten  Ranges,  denn 
nur  in  weniger  Sammler  Besitz  befinden  sich  diese  aus  den  Tiefen 
unserer   grossen  Seen   stammenden    winzigen  Molluskenformen.     Im 


—     IV     — 

Kasten  der  zoologischen  Geschenke  fanden  sich  ferner  noch  eine 
seltene  Abart  des  Kaisermantel,  von  Forstmeister  Probst  in  Kirch- 
heim gestiftet ,  und  ein  Saufuss  mit  5  Zehen ,  welche  seltene  Ab- 
normität der  Verein  dem  königlichen  Hofjagdamt  verdankt.  Einen 
prachtvollen  Eindruck  gewährten  zwei  grosse  Insektensammlungen, 
die  von  hiesigen  Sammlern  ausgestellt  waren :  ein  Beweis ,  mit 
welchem  Eifer  oft  von  Privaten  bestimmte  Gruppen  gesammelt 
werden,  so  dass  Specialsammlungen  zu  stände  kommen,  wie  sie 
kaum  eine  Staatssammlung  aufzuweisen  hat.  Die  eine  Sammlung 
enthielt  exotische  Schmetterlinge,  ausgestellt  von  Postrevisor  Käst; 
die  Exemplare  wetteifern  in  tadelloser  Erhaltung  und  Seltenheit  und 
entzücken  durch  ihre  Farbenpracht;  würdig  zur  Seite  stand  eine 
Sammlung  exotischer  Käfer  von  Dekorateur  Scheiffele,  in  welcher 
besonders  die  Goliathiden  nicht  nur  durch  ihre  Grösse,  sondern  vor 
allem  durch  ihre  reiche  Vollständigkeit  auffallen,  aber  auch  andere 
Gruppen  in  glänzenden  Suiten  vertreten  sind. 

Auch  an  einer  kleinen  Sammlung  lebender  Württemberger 
Reptilien  fehlte  es  nicht,  und  besondere  Aufmerksamkeit  erregte 
auch  die  in  kleinerem  Massstabe  illustrierte  Seidenraupenzucht  von 
Apotheker  Schrader  in  Feuerbach,  dessen  Erfolge  in  der  Fütte- 
rung der  Seidenraupen  mit  Schwarzwurz  an  Stelle  der  Blätter  des 
Maulbeerbaumes  viel  Aufsehen  erregt  haben.  Die  Botanik  war  her- 
vorragend vertreten  durch  eine  grosse  Sammlung  von  Hutpilzen, 
nach  Herpell's  Verfahren  von  Dr.  Michalowski  präpariert.  Die 
Sammlung,  im  Besitz  der  Akademie  Hohenheim  befindlich,  wird  bei 
jedem  das  grösste  Interesse  erregt  haben,  welcher  weiss,  mit  welchen 
Schwierigkeiten  der  Botaniker  in  der  Konservierung  der  Pilze  zu 
kämpfen  hat.  Als  Gruss  aus  dem  Oberland  war  von  Hofrat  Finckh, 
in  Biberach  eine  lebende  Wasseraloe  eingesandt  worden.  So  waren 
alle  Naturreiche  in  der  kleinen  Ausstellung  würdig  vertreten. 

Zur  Besichtigung  der  Ausstellung  sowohl,  wie  zur  Festversamm- 
lung hatten  sich  die  Mitglieder  sehr  zahlreich  eingefunden,  so  dass 
die  Präsenzliste  etwa  165  zählte.  Auch  Se.  Hoheit  Prinz  Herr  mann 
von  Sachsen-Weimar,  der  Staatsminister  Dr.  v.  Sarwey,  Prä- 
sident Dr.  V.  S  i  1  c  h  e  r  gaben  dem  Verein  die  Ehre ,  an  seinem 
Festtage  teilzunehmen. 

Um  10  Uhr  wurde  die  Versammlung  durch  den  IL  Vorstand 
Direktor  Dr.  v.  Baur  mit  folgender  Ansprache  eröffnet: 

Meine  Herren !  Ihr  bisheriger  Vorstand ,  Herr  Direktor  Dr. 
0.  V.  Fraas,    hat  zugleich  mit  seiner  Pensionierung  auch  die  Vor- 


—     V     — 

standschaft  unseres  Vereins  niedergelegt.  Wir  sind  uns  alle  wohl- 
bewusst,  welchen  Dank  wir  ihm  schuldig  sind,  ihm,  dem  eigentlichen 
Begründer  unserer  vom  In-  und  Ausland  bewunderten  unvergleich- 
lichen Sammlung,  es  ist  die  volle  Arbeit  eines  Menschenlebens,  die 
Arbeit  eines  für  seine  Wissenschaft  begeisterten  Mannes ! 

Ihr  Ausschuss  schlägt  Ihnen  daher  vor,  den  Herrn  Direktor 
Dr.  0.  V.  Fr  aas  zum  Ehrenmitglied  unseres  Vereins  zu  ernennen. 
Ich  bitte  Sie,  zum  Zeichen  Ihres  Einverständnisses  und  Ihres  Dankes 
zugleich  sich  von  den  Sitzen  zu  erheben.     (Geschieht.) 

Unser  Verein  wurde  begründet  im  Sommer  1844.  Wir  ver- 
binden daher  mit  der  heutigen  Generalversammlung  die  Feier  des 
50jährigen  Bestehens  des  Vereins  und  haben  Sie  mit  Rücksicht 
hierauf  die  Vaterstadt  des  Vereins  zum  Versammlungsort  gewählt. 
Dies  verschafft  Ihrem  Ausschusse  die  erwünschte  Gelegenheit,  auch 
den  auswärtigen  Mitgliedern  die  naturhistorischen  und  die  litterari- 
schen Schätze  des  Vereins  zu  zeigen ,  wozu  wir  Sie  auf  morgen 
eingeladen  haben.  Ich  freue  mich  daher,  dass  Sie  sich  so  zahlreich 
eingefunden  haben  und  heisse  Sie  im  Namen  Ihres  Ausschusses 
herzlich  willkommen;  ich  begrüsse  insbesondere  unsere  hohen  und 
verehrten  Gäste ,  die  Vertreter  der  K.  Staatsregierung ,  der  Stadt, 
der  gelehrten  Institute  und  Vereine. 

Ein  Verein ,  der ,  von  kloinen  Anfängen  ausgehend ,  durch  die 
rührige  Thätigkeit  seiner  Mitglieder,  wie  seine  Schriften,  seine  Samm- 
lungen, seine  Mitgliederzahl  zeigt,  es  zu  einem  solchen  Umfange  und  zu 
solcher  Bedeutung  gebracht  hat,  darf  freudig  und  hoffnungsvoll  dem 
zweiten  halben  Jahrhundert  seines  Bestehens  entgegensehen. 

Der   heutige    Tag   ist    aber   insbesondere   auch   dem    ehrenden 
Gedächtnis  der  Begründer  des  Vereins   und   der  vielen   nicht   mehr 
'  unter   uns   befindlichen   Mitglieder  gewidmet,    welche   mit    der   Be- 
geisterung  für   die   Wissenschaft    an    den    umfangreichen   Aufgaben 
des  Vereins  mitgearbeitet  haben. 

Mit  besonderem  Danke  aber  erinnern  wir  uns  heute  der  För- 
derung unserer  Bestrebungen  durch  die  K.  Staatsregierung  und  die 
Huld  dreier  hochsinniger  Landesfürsten,  der  hohen  Protektoren  des 
Vereins,  Ihrer  Majestäten  des  verewigten  Königs  Wilhelm  L,  des  ver- 
ewigten Königs  Karl,  sowie  bis  auf  den  heutigen  Tag,  des  derzeiti- 
gen hohen  Protektors  Sr.  Majestät  des  Königs  Wilhelm  II. 

Ich  schliesse  mit  dem  Wunsche,  dass  Sie  auch  von  dem 
heutigen  Feste  einen  erneuten  Impuls  zur  ferneren  Durchforschung 
unseres  Vaterlandes  hinwegnehmen  mögen. 


—     VI     — 

Es  ergriff  sodann  der  Schriftführer  des  Vereins  Professor 
Dr.  Lampert  das  Wort  zur  Mitteilung,  dass  er  Gelegenheit  ge- 
nommen habe,  Sr.  Excellenz  dem  Herrn  Kabinets-Chef  Geheimrat 
Freiherrn  Dr.  v.  Griesinger  den  Jubiläumsband  der  Jahreshefte 
des  Vereins  zu  überreichen  mit  der  Bitte ,  denselben  Sr.  Majestät 
dem  König ,  dem  allerhöchsten  Protektor  des  Vereins ,  gütigst  vor- 
legen zu  wollen ;  daraufhin  ist  folgendes  Schreiben  an  den  Schrift- 
führer eingelaufen : 

Kabinet 
S.  M.   des  Königs 
von  Württemberg. 

Euer  Hochwohlgeboren 
beehre  ich  mich  unter  Bezugnahme  auf  unsere  heutige  Unter- 
redung ergebenst  mitzuteilen ,  dass  ich  nicht  verfehlt  habe, 
Seiner  Königlichen  Majestät  den  mir  übergebenen  50.  Jahrgang 
der  Jahreshefte  des  Vereins  für  vaterländische  Naturkunde  in 
Württemberg  zu  unterbreiten  und  die  Anzeige  von  dem  bevor- 
stehenden 50jährigen  Jubiläum  des  Vereins  zur  Allerhöchsten 
Kenntnis  zu  bringen.  Seine  Majestät  haben  den  Band  mit 
lebhaftem  Interesse  entgegengenommen  und  lassen  dem  Verein 
zum  voraus  Allerhöchst  Ihre  wärmsten  Glückwünsche  zu  der 
Jubiläumsfeier  aussprechen. 

Indem  ich  Euer  Hochwohlgeboren  ersuchen  darf,  hiervon 
auch  den  übrigen  Beteiligten  Kenntnis  geben  zu  wollen,  ergreife 
ich  diesen  Anlass  zur  erneuten  Versicherung  meiner  vorzüg- 
lichen Hochachtung. 

Stuttgart,  den  23.  Juni  1894. 

Der  Kabinets-Chef 
Griesinger. 
Seiner  Hochwohlgeboren 
dem  Herrn  Professor  Dr.  K.  Lampert 
hier. 

Nach  Verlesung  dieses  königlichen  Grusses  ergriff  Se.  Excellenz 
der  Herr  Staatsminister  des  Kirchen-  und  Schulwesens  Dr.  v.  Sarwey 
das  Wort: 

Als  Vertreter  des  Ministeriums  des  Kirchen-  und  Schulwesens 
beehre  er  sich,  den  Verein  zu  seiner  heutigen  Feier  zu  beglück- 
wünschen. Mit  voller  Befriedigung  und  voller  Genugthuung  könne 
der  Verein  auf  seine  bisherige  Thätigkeit  zurückblicken.  Die  Jahres- 
hefte, von  denen  kürzlich  wieder  ein  stattlicher  Band  voll  der  wert- 


—     YIl     — 

vollsten  Beiträge  vorgelegt  worden,  seien,  wie  die  Sammlung  des 
Vereins,  ein  beredtes  Zeugnis  für  die  Erfolge  und  die  Ergebnisse 
der  Wirksamkeit  des  Vereins.  Er  spreche  mit  besonderer  Genug- 
thuung  den  Dank  des  Ministeriums  des  Kirchen-  und  Schulwesens 
dem  Vereine  aus  für  die  Bereicherung  der  Staatssammlungen  durch 
den  Verein.  Er  schliesse  mit  dem  aufrichtigen  Wunsche,  dass  der 
Verein  seine  Thätigkeit  bis  in  die  fernsten  Jahre  zu  Ehren  und 
zum  Nutzen  unseres  Vaterlandes  fortsetzen  möge. 

Die  Versammlung  begrüsste  mit  lebhaftem  Beifall  die  Worte 
des  Herrn  Ministers,  die  der  Vorsitzende  sofort  dankend  erwiderte, 
zugleich  dem  Wunsch  Ausdruck  verleihend,  dass  die  Verbindung 
zwischen  den  Staatssammlungen  und  den  Sammlungen  des  Vereins 
eine  recht  dauernde  sein  möge. 

Sodann  ergreift  Prof.  Dr.  L  a  m  p  e  r  t  das  Wort,  um  eine  Reihe 
an  die  Adresse  des  Vereins  eingegangener  Glückwünsche  der  Ver- 
sammlung bekannt  zu  geben.  Von  Schlcss  Lichtenstein  aus  hatte 
Se.  Durchl.  Herzog  Wilhelm  von  Urach  telegraphisch  seine 
besten  Wünsche  übermittelt;  Se.  Durchl.  Fürst  Karl  von  Urach, 
zu  seinem  Leidwesen  durch  Erkrankung  am  persönlichen  Erscheinen 
verhindert ,  beglückwünschte  brieflich  den  Verein ,  dem  er  stets 
regstes  Interesse  entgegenbringe,  und  erinnerte  zugleich  daran,  wie  eng 
mit  der  Geschichte  des  Vereins  der  Namen  seines  Vaters,  des  Grafen 
Wilhelm  von  Württemberg,  verbunden  sei.  Die  Universität 
Tübingen  sandte  durch  ein  Schreiben  ihres  derzeitigen  Rektors, 
Prof.  Dr.  Lothar  v.  Meyer,  die  Akademie  Hohenheim  in  gleicher 
Weise  durch  Direktor  v.  Vossler  ihre  Glückwünsche.  In  einem 
längeren  Schreiben  gratulierte  das  K.  Statistische  Landesamt;  in 
warmen  Worten  der  Anerkennung  wies  der  Vorstand  dieser  staat- 
lichen Anstalt,  Ministerialrat  v.  Zell  er,  darauf  hin,  dass  das  Sta- 
tistische Landesamt  für  die  ihm  aufgegebene  Landeskunde  dem  Verein, 
welcher  die  Erforschung  der  natürlichen  Verhältnisse  des  Landes 
sich  zum  nächsten  Zweck  gesetzt  hat,  die  wertvollste  Anregung 
und  Unterstützung  zu  danken  habe  und  betonte  die  Beteiligung  her- 
vorragender Mitglieder  des  Vereins  an  den  Beschreibungen  des 
Königreichs  wie  der  einzelnen  Oberämter  und  besonders  an  dem 
grundlegenden  Werke  des  geognostischen  Specialatlas  und  seiner 
Begleitworte. 

Auch  von  verwandten  Vereinen  Württembergs  wurde  des  Ehren- 
tages des  Vereins  nicht  vergessen,  in  einem  Begrüssungsschreiben 
des  Württembergischen  Altertums-Vereins  wies  dessen  II.  Vorstand, 


—     VIII     — 

Prof.  Dr.  J.  Hartmann,  darauf  hin,  dass  fast  gleichzeitig  vor  einem 
halben  Jahrhundert  der  Württembergische  Altertums-Verein  und  der 
Verein  für  vaterländische  Naturkunde  gegründet  worden  seien,  beide 
mit  der  Absicht,  die  Kunde  des  Heimatlandes  zu  fördern  und  zu 
verbreiten ;  wie  bei  beiden  Vereinen  vielfach  dieselben  unvergess- 
lichen  Landsleute  hervorragend  thätig  gewesen  seien ,  so  hat  sich 
eine  freundschaftliche  Verbindung  und  ein  erspriessliches  Zusammen- 
wirken erhalten  bis  auf  den  heutigen  Tag;  dem  Wunsche  der  Fort- 
dauer dieser  Beziehungen  auch  für  die  Zukunft  verleiht  der  Altertums- 
Verein  am  Jubeltag  des  Brudervereins  Ausdruck.  Die  beiden  Zweig- 
vereine des  Vereins  gedachten  des  Festtages  des  Hauptvereins  in 
Zuschriften  ihrer  Vorstände ;  im  Namen  des  oberschwäbischen  Zweig- 
vereins hatte  Freiherr  Dr.  Richard  v.  Koenig-Warthausen 
gratuliert,  im  Namen  des  Schw^arzwaldzweigvereins  Prof.  Eimer  in 
Tübingen  ein  Begrüssungstelegramm  geschickt. 

Nach  Verlesung  dieser  Glückwünsche  ergriff  Prof.  Dr,  Nies 
von  Hohenheim  das  Wort,  um  persönlich  im  Namen  des  Ober- 
rheinischen Geologenvereins  zu  gratulieren  und  als  Jubiläums- 
gabe dessen  Publikationen  zu  überreichen;  im  Namen  des  Würt- 
tembergischen Anthropologischen  Vereins  sprach  Prof.  Dr. 
Eberhard  Fraas,  und  Prof.  Nägele  von  Tübingen  übermittelte  den 
Glückwunsch  des  Schwäbischen  Albvereins,  der  zugleich  in  der 
Juli-Nummer  seines  Organs,  den  „Blättern  des  Schwäbischen  Alb- 
vereins", dem  Vereine  zu  seinem  Jubiläum  einen  hübschen  poetischen 
Festgruss,  verfasst  von  Pfarrer  Dr.  Engel,  widmete. 

Hiermit  war  die  Reihe  der  Gratulationen  beendet  und  der 
Vorsitzende  erteilte  das  Wort  Prof.  Dr.  Kirchner  von  Hohenheim 
zu  dem  folgenden  Festvortrag : 

Rückblick  auf  die  Geschichte  und  die  Thätigkeit  des 

Vereins. 

Hochansehnliche  Festversammlung ! 
Am  heutigen  Jubeltage  unseres  Vereins  einen  Rückblick  auf 
seine  Geschichte  zu  werfen  und  in  dankbarer  Erinnerung  der  Männer 
zu  gedenken,  welche  den  Verein  ins  Leben  riefen,  sowie  auch  derer, 
die  später  seine  Ziele  und  Zwecke  gefördert  haben,  das  ist  recht 
und  billig  —  es  ist  eine  selbstverständliche,  unsere  erste  Pflicht; 
und  wenn  mir  vom  Vereinsausschuss  der  ehrenvolle  Auftrag  zu  teil 
geworden  ist ,  hier  in  einem  kurzen  Überblick  vor  Ihnen ,  meine 
hochverehrten  Anwesenden,  die  wichtigsten  und  folgereichsten  Züge 


—     IX     — 

aus  dem  Leben  und  Wirken  unseres  Vereins  zu  entrollen,  so  glaube 
ich  diesem  Auftrage  am  besten  genügen  zu  können,  wenn  ich  es 
unternehme,  auf  Grund  des  Werdens  und  Gedeihens  des  Vereins 
den  Beweis  zu  erbringen,  dass  hier  in  Württemberg,  in  dem  Lande, 
auf  dessen  Stamm  das  bekannte  Wort  vom  Volke  der  Dichter  und 
Denker  vorzugsweise  passt,  auch  das  besondere  naturwissenschaft- 
liche Denken  nicht  fremd  geblieben  ist,  dass  die  Pflege  der  Natur- 
wissenschaften hier  eine  gute  und  feste  Stätte  gefunden  hat. 

Nicht  als  ob  dies  erst  seit  Gründung  unseres  Vereins  und 
lediglich  im  Schosse  desselben  der  Fall  wärel  Beweisen  doch  die 
Namen  eines  Johannes  Kepler,  eines  Leonhard  Fuchs  und 
Johann  Bauhin,  eines  Rudolf  Jakob  Camer arius,  Josef 
Gärtner  und  Jakob  Gottlieb  Kölreuter,  dass  in  der  glück- 
lichen Ausstattung  des  schwäbischen  Stammes  auch  die  naturwissen- 
schaftliche Seite  keineswegs  stiefmütterlich  bedacht  worden  ist. 
Aber  ein  schon  längst  erwünschter  Sammelpunkt  für  naturwissen- 
schaftliche Bestrebungen  war  in  dem  Verein  gefunden  worden. 

Die  Versuche,  einen  naturwissenschaftlichen  Verein  in  Schwaben 
zu  begründen,  datieren  bereits  vom  Beginn  unseres  Jahrhunderts. 
Im  Jahre  1804  kam  eine  Vereinigung  von  württembergischen  und 
badischen  Ärzten  und  Naturforschern  zu  stände,  welche  auch  eine 
Zeitschrift  herausgab,  deren  Inhalt  Mitteilungen  aus  der  praktischen 
Medizin  und  aus  dem  Gebiete  der  Naturkunde,  besonders  der  vater- 
ländischen, bildeten.  Sie  führte  den  Titel :  „Denkschriften  der  vater- 
ländischen Gesellschaft  der  Ärzte  und  Naturforscher  Schwabens", 
gedieh  aber  nur  bis  zu  einem  Bande,  welcher  1805  in  Tübingen 
erschienen  ist.  Zehn  Jahre  nach  diesem,  wohl  an  der  Ungunst  der 
Zeiten  gescheiterten  Unternehmen  wurde  gleichwohl  ein  ähnliches 
versucht  von  Autenrieth  und  Bohnenberger,  in  Gestalt  der 
Herausgabe  der  „Tübinger  Blätter  für  Natur-  und  Heilkunde";  allein 
auch  diese  erlebten  nur  ihren  dritten  Jahrgang,  Auch  ein  dritter 
Vorstoss  nach  dem  gleichen  Ziele ,  darin  bestehend ,  dass  im  Jahre 
1826  sich  eine  Gesellschaft  zur  Herausgabe  einer  zwanglosen  Schrift : 
„Naturwissenschaftliche  Abhandlungen"  verband,  hatte  keinen  besseren 
Erfolg,  denn  die  Abhandlungen  gingen  mit  dem  zweiten  Bande  ein. 

Trotz  dieser  wenig  ermutigenden  Erfahrungen  kam  aber  der 
an  sich  glückliche  Gedanke  nicht  mehr  zur  Ruhe  und  wurde  endlich 
durch  die  Begründung  unseres  Vereins  verwirklicht.  Der  Boden  der 
Landeshauptstadt  sollte  den  ausgestreuten  Samen  zum  Keimen  und 
Wachsen  bringen;  zum  Leben  gerufen  wurde  er  durch  einen  zufälligen, 


—     X     — 

glücklichen  Umstand.  Bei  einem  Besuche  nämlich,  welchen  der  in 
Capstadt  ansässig  gewordene  Freiherr  v.  Ludwig  seinem  alten 
Vaterlande  abstattete,  fanden  sich  Jünger  und  Freunde  der  Natur- 
wissenschaften zu  einem  Abschiedsmahle  in  Stuttgart  zusammen. 
„Man  fand,"  —  so  schildert  Plieninger  den  weiteren  Verlauf  — 
„dass  man  zusammenpasse,  dass  diese  Vereinigung  des  Fortsetzens 
wert  sei,  und  man  setzte  seitdem  die  Zusammenkünfte  an  bestimmten 
Tagen  ebenso  ungezwungen,  und  stets  an  gedeckter  Tafel,  wie  die 
erste,  wenn  auch  in  frugalerer  Weise,  fort."  Die  Seele  dieser  Ver- 
einigungen war  Prof.  Theodor  Plieninger,  ein  Naturforscher 
im  älteren  Sinne  dieses  Wortes,  ein  Mann  von  einer  Vielseitigkeit, 
die  wir  heute  nur  noch  zu  bewundem,  aber  nicht  mehr  zu  erreichen 
im  stände  sind;  er  ist  geboren  zu  Stuttgart  im  Jahre  1795,  gehörte 
dem  Vereine  bis  1856  an  und  starb  1879. 

Zu  Beginn  des  Jahres  1844  wurden  die  ersten  Schritte  zur 
Gründung  unseres  Vereins  gethan,  organische  Bestimmungen  ent- 
worfen, die  Freunde  der  Naturwissenschaften  im  Lande  zum  Beitritt 
eingeladen,  und  am  26.  August  1844  konstituierte  sich  in  Stuttgart 
der  Verein  für  vaterländische  Naturkunde  in  Württemberg.  Durch 
Abstimmung  der  ersten  35  Mitgheder  wurde  zum  ersten  Vorstand 
des  Vereins  Graf  Wilhelm  von  Württemberg,  zum  zweiten 
Vorstand  Prof.  Dr.  Wilhelm  v.  Rapp  in  Tübingen  gewählt.  Nicht 
zum  wenigsten  dürfte  es  diesen  beiden  Männern  zu  danken  sein, 
dass  der  junge  Verein  alsbald  seine  tüchtige  Lebenskraft  erwies  und 
schon  im  Laufe  des  ersten  Jahres  seines  Bestehens  auf  346  Mit- 
glieder anwuchs. 

Graf  Wilhelm  von  Württemberg  entstammt  der  Linie 
des  württembergischen  Fürstenhauses ,  deren  Begründer  sein  Vater, 
Herzog  Wilhelm,  ein  Bruder  des  Königs  Friedrich,  war;  er 
ist  am  6.  Juli  1810  geboren  und  als  Freund  der  Künste  und  Wissen- 
schaften bekannt,  derselbe,  welcher  seit  1839  das  Schloss  Lichten- 
stein neu  erstehen  Hess.  Unser  Verein  verdankt  ihm  mannigfache 
Anregung  und  Förderung,  seinem  Einfluss  und  Ansehen  zahlreiche 
wertvolle  Beziehungen  und  Vergünstigungen  von  selten  der  Staats- 
regierung. Regelmässig  präsidierte  er  den  Jahresversammlungen 
des  Vereins  bis  zum  Jahre  1854,  in  welchem  er  die  Vorstandschaft 
niederlegte.  Im  Jahre  1867  wurde  er  zum  Herzog  von  Urach  er- 
hoben und  starb  am  17.  Juli  1869  auf  dem  Lichtenstein.  Wir  haben 
die  Ehre,  seine  beiden  Söhne  heute  zu  den  Mitgliedern  unseres 
Vereins  zählen  zu  dürfen. 


—     XI     — 

Wilhelm  Rapp  war  1794  in  Stuttgart  geboren,  seit  1819 
ausserordentlicher,  seit  1828  ordentlicher  Professor  für  Anatomie, 
Physiologie  und  Zoologie  an  der  Landesuniversität;  von  1854  an 
war  er  bis  zu  seinem,  am  11.  November  1868  erfolgten  Tode  erster 
Vorstand  des  Vereins. 

Zugleich  mit  der  Konstituierung  des  letzteren  wurde  ein  Aus- 
schuss  gewählt,  am  12.  September  1844  erhielt  der  Verein  die  nach- 
gesuchte königliche  Bestätigung,  und  hat  nun  in  den  50  Jahren, 
welche  seit  jener  Zeit  verflossen  sind ,  im  Sinne  seiner  Gründer  in 
stetiger,  treuer  Thätigkeit  fortgewirkt  und  mit  seinen  bescheidenen 
Mitteln  durch  zielbewusstes  Streben  unter  trefflicher  Leitung  rühm- 
liche Erfolge  errungen,  die  Erforschung  der  natürlichen  Verhältnisse 
des  Landes  gefördert,  die  früher  vereinzelten  Kräfte  zu  gemeinsamem 
Schaffen  vereinigt  und  angeregt;  nicht  minder  ist  es  ihm  gelungen, 
wie  es  in  den  Statuten  als  ein  Zweck  des  Vereines  vorgesehen  war, 
den  Sinn  für  Naturkunde  überhaupt,  und  insbesondere  für  die  vater- 
ländische Naturkunde,  unter  allen  Klassen  der  Gesellschaft  rege  zu 
machen  und  zu  verbreiten ;  ganz  besonders  erfolgreich  aber  waren 
seine  Bestrebungen,  eine  Sammlung  der  heimischen  Naturprodukte 
anzulegen  und  der  allgemeinen  Kenntnisnahme  zugänglich  zu  machen. 
Wie  viel  nach  allen  diesen  Richtungen  seit  der  Gründung  des  Ver- 
eins, und  nicht  zum  wenigsten  in  demselben  und  durch  ihn  geschehen 
ist,  das  lehrt  am  besten  ein  Vergleich  mit  dem  Zustande  der  vater- 
ländischen Naturkunde  in  Württemberg,  wie  er  von  Plieninger 
im  1.  Bande  unserer  Jahreshefte  übersichtlich  geschildert  worden  ist. 

Von  den  346  Mitgliedern  aus  dem  ersten  Vereinsjahre  sind, 
soweit  ich  das  feststellen  konnte,  noch  vier  bis  heute  am  Leben 
und  treue  Vereinsgenossen  geblieben ;  es  sind  dies  die  Herren :  Ober- 
amtsarzt a.  D.  Dr.  Bengel  in  Tübingen,  Oberamtsarzt  a.  D.  Dr. 
Albrecht  Härlin  in  Stuttgart,  Kommerzienrat  Karl  Jobst  in 
Stuttgart  und  Dr.  R  ü  h  1  e  in  Cannstatt. 

Als  erstes  Ehrenmitglied  des  Vereins  wurde  Se.  Hoheit  der 
Herzog  Paul  Wilhelm  von  Württemberg  erwählt,  bekannt 
durch  seine  grossen  naturwissenschaftlichen  Reisen  nach  Nord-, 
Mittel-  und  Südamerika,  den  oberen  Nilländern,  Ostasien  und 
Australien.  Herzog  Paul  Wilhelm  ist  als  Sohn  des  Herzogs 
Eugen  am  25.  Juni  1797  geboren  und  residierte  im  Schlosse  zu 
Mergentheim ,  dem  alten  Sitze  des  Deutschordensmeisters ,  wo  die 
weiten  Räume  die  Aufstellung  der  grossen  Naturaliensammlungen 
gestatteten,  die  sich  noch  jetzt  dort  befinden.    Der  Herzog  präsidierte 


—     XII     — 

der  dritten  Generalversammlung  des  Vereins  in  Heilbronn  im  Jahre 
1847  und  ist  am  25.  November  1860  in  Mergentheim  gestorben. 
Gleichzeitig  mit  ihm  wurde  der  früher  erwähnte  Freiherr  v.  Ludwig 
in  Capstadt,  geboren  1784  zu  Sulz  a.  N.,  gestorben  am  27.  Dezember 
1847,  wegen  seinen  grossartigen  Schenkungen  an  die  naturwissen- 
schaftlichen Sammlungen  unseres  Landes,  zum  Ehrenmitgliede  ernannt. 

Die  äussere  Geschichte  unseres  Vereins  hat  sich  während  der 
50  Jahre  seines  Bestehens  in  ruhiger  Fortentwickelung  abgespielt. 
Am  19.  März  1846  nahm  König  Wilhelm  I.  das  Protektorat  an, 
welches  nach  seinem  Tode  auch  von  König  Karl  und  dann  von 
des  jetzt  regierenden  Königs  Majestät  in  Gnaden  wieder  übernommen 
worden  ist. 

Am  8.  Oktober  1851  gelang  es  dem  Verein,  nach  vielfachen 
Bemühungen  und  Eingaben,  die  Rechte  einer  juristischen  Person  zu 
erwerben. 

Die  Stelle  eines  ersten  Vorstandes  bekleidete  nach  dem  Tode 
von  Prof.  Rapp  Hugo  v.  Mohl,  geboren  am  8.  April  1805,  bis 
zu  seinem  am  31.  März  1872  erfolgten  Tode;  nach  ihm  der  den 
meisten  von  uns  noch  in  lebhafter  persönlicher  Erinnerung  stehende, 
hochverdiente  und  allen  Vereinsmitgliedern  unvergessliche  Ferdinand 
Krauss  von  1872  an  bis  zu  seinem  Tode  am  15.  September  1890; 
und  endlich  bis  heute  Direktor  Oskar  v.  Fraas,  welcher  auch 
bereits  seit  1846  unserem  Vereine  angehört. 

Die  Anzahl  der  ordentlichen  Mitglieder  hielt  sich  längere  Zeit 
hindurch  ungefähr  auf  der  anfänglichen  Höhe,  sie  fiel  sogar  in  den 
Jahren  1853 — 55  bis  auf  wenig  über  300;  dann  erfolgte  ein  lang- 
sames Ansteigen,  bis  im  Jahre  1863  die  Zahl  402  erreicht  wird, 
die  bis  1874  auf  454  steigt.  Nun  aber  macht  sich  —  hauptsäch- 
lich infolge  des  Entstehens  der  beiden  sogleich  zu  nennenden  Zweig- 
vereine, deren  Mitglieder  gleichzeitig  dem  Hauptverein  beitraten  — 
eine  schnelle  Zunahme  bemerklich:  1875  sind  es  527,  1876:  639, 
1877:  694,  1878:  723  Mitglieder,  und  dieses  Wachstum  hält  an, 
bis  im  Jahre  1886  die  überhaupt  höchste  Zahl  803  erscheint.  Von 
da  an  tritt  leider  ein  langsamer,  aber  stetiger  Rückgang  ein,  so  dass 
jetzt  die  Mitgliederzahl  nur  681  beträgt:  ein  Zeichen,  dass  es  dem 
Vereine  an  jungem  Nachwuchs  gebricht  und  die  Lücken,  welche 
der  Tod  in  den  Mitgliederbestand  reisst,  nicht  mehr  genügend  aus- 
gefüllt werden. 

In  einem  gewissen  Zusammenhange  mit  dem  Anwachsen  der 
Mitgliederzahl  um  die  Mitte  der  siebziger  Jahre  steht  die  Gründung 


—     XIII     — 

von  zwei  Tochtervereinen,  die  einen  sehr  wesentlichen  und  günstigen 
Einfluss  auf  die  Fortentwickelung  des  Gesamtvereins  ausgeübt  hat. 
Es  bildete  sich  nämlich  im  Mai  1874  aus  dem  schon  seit  einigen 
Jahren  bestehenden  sogenannten  „Molasseklub"  der  „Oberschwäbische 
Zweigverein  für  vaterländische  Naturkunde"  mit  anfangs  über 
50  Mitgliedern,  welcher  jetzt  noch  unter  der  trefflichen  Leitung  des 
Freiherrn  Koenig-Warthausen  blüht;  und  am  29.  Juni  1875 
erblickte  der  Schwarzwälder  Zweigverein  das  Licht  der  Welt,  be- 
gründet mit  44  Mitgliedern  durch  Dr.  Schüz  in  Calw,  jetzt  unter 
der  Vorstandschaft  von  Prof.  Eimer  in  Tübingen. 

Die  Erreichung  der  Ziele  des  Vereins  wurde  nach  verschiedenen 
Richtungen  hin  und  durch  verschiedene  Mittel  angestrebt.  Die  wissen- 
schaftlichen Leistungen  der  Mitglieder  sollten  in  einer  Vereinsschrift 
niedergelegt,  der  persönliche  Verkehr  durch  eine  jährliche  General- 
versammlung, sowie  durch  Zusammenkünfte  in  Stuttgart  gepflegt 
werden,  bei  denen  Vorträge  und  Mitteilungen  wissenschaftlicher  Art 
erfolgten.  Von  Sammlungen  wurde  zuerst  der  Grund  zu  einer 
Bibliothek  gelegt,  schon  frühzeitig  ging  man  auch  daran,  eine  Samm- 
lung vaterländischer  Naturprodukte  zu  begründen. 

Die  Vereinsschrift  ist  Ihnen  allen  bekannt;  es  sind  unsere 
Jahreshefte,  von  denen  vor  kurzem  der  50.,  zu  Ehren  des  Jubiläums 
besonders  stattliche  Band  erschienen  ist.  Die  Herausgabe  derselben 
war  von  Anfang  an  einer  Redaktionskommission  anvertraut,  in  deren 
Mitgliedern  die  verschiedenen  Richtungen  der  Naturforschung  inner- 
halb des  Vereins  vertreten  waren;  die  erste  Kommission  bestand 
aus  Hugo  V.  Mohl,  Plieninger,  Fehling,  Wolfgang  Menzel 
und  Ferdinand  Krauss,  und  führte  in  dieser  Zusammensetzung 
die  Geschäfte  bis  1858,  wo  Fr  aas  an  die  Stelle  von  Plieninger 
trat.  Wolfgang  Menzel,  der  wohl  als  litterarischer  Beirat  fungiert 
haben  mag,  wurde  1863  durch  Prof.  Zech  ersetzt.  Wir  haben 
allen  Grund,  auf  diese  Vereinspublikationen  stolz  zu  sein,  die  sich 
in  der  Reihe  der  wissenschaftlichen  Zeitschriften  eine  ehrenvolle 
Stelle  errungen  haben  und  in  denen  eine  Fülle  von  wertvollen  und 
weit  über  die  Grenzen  Württembergs  hinaus  gewürdigten  Arbeiten 
niedergelegt  ist.  Ohne  erhebliche  Unterbrechungen  erschienen  regel- 
mässig die  Jahreshefte ,  anfänglich  3  Hefte  in  jedem  Jahre ;  seit 
1880  wird  alljährlich  ein  Band  auf  ein  Mal  herausgegeben.  Der 
Aufwand  für  diese  Veröffentlichungen  beträgt  bis  jetzt  im  ganzen 
die  für  die  bescheidenen  Mittel  des  Vereins  beträchtliche  Summe 
von  mehr  als  87  000  <Ji ;    in   den  50  Bänden   sind   gegen   800  Ab- 


—     XIV     — 

handlungen  und  Aufsätze,  die  zahlreichen  kürzeren  Mitteilungen 
ungerechnet,  enthalten  und  236  Tafeln  sind  den  Arbeiten  beigegeben. 
Dem  Gegenstand  derselben  nach  nehmen  die  beschreibenden  Natur- 
wissenschaften in  den  Jahresheften  den  breitesten  Raum  ein ,  und 
unter  ihnen  wiederum  die  Abhandlungen  geologischen,  palaeontolo- 
gischen  und  mineralogischen  Inhaltes,  besonders  wenn  man  dieser 
Gruppe  auch  Praehistorik  und  Höhlenforschung,  sowie  die  Arbeiten 
der  im  Jahre  1886  vom  Vereine  eingesetzten  Erdbeben-Kommission 
zuzählt.  Alsdann  wird  diese  Abteilung  durch  293  Abhandlungen  oder 
37  7o  allsr  Publikationen  repräsentiert.  Darauf  folgt  die  Zoologie, 
welche  durch  237  Abhandlungen,  =  30  7oi  vertreten  ist,  auf  die 
Botanik  entfallen  124  Abhandlungen,  =  1573  Voj  ^s  folgt  die  Physik 
mit  Einschluss  der  Meteorologie  mit  81  Abhandlungen,  =  IOV4  7o5 
und  die  Chemie  mit  41,  =:  5,2  "/o-  Eine  kleine  Anzahl  von  Auf- 
sätzen lässt  sich  unter  die  ebengenannten  Rubriken  nicht  recht  ein- 
reihen ;  unter  ihnen  beansprucht  ein  gewisses  Interesse  ein  im  Jahre 
1847  auf  der  Jahresversammlung  in  Heilbronn  gehaltener  Vortrag 
des  Oberamtsarztes  Justinus  Kern  er:  Über  die  aussergewöhn- 
lichen  Erscheinungen,  welche  an  bestimmten  Orten  und  Häusern 
haften.  Mit  Beziehung  auf  diesen  Vortrag  machte  während  des 
Festessens  Herzog  Paul  Wilhelm  einen  scherzhaften  Angriff  auf 
die  Naturforschung  im  Geisterreich,  den  Justinus  Kerner  sofort 
mit  folgenden  Versen  erwiderte : 

Euch  dankt  gerührt  der  abergläub'sche  Dichter, 
Dass  Ihr  ihm  schneidet  keine  Spottgesichter. 
Möcht'  Euer  Forschen  bald  dahin  gelangen, 
Die  Geister  in  Mausfallen  ihm  zu  fangen! 

Nicht  nur  räumlich  nehmen  Geologie  und  die  damit  zusammen- 
hängenden Fächer  eine  bevorzugte  Stelking  in  den  Vereins -Publi- 
kationen ein,  sondern  auch  mit  Bezug  auf  ihren  Inhalt  gilt  dasselbe. 
Und  das  ist  auch  leicht  erklärlich.  Ist  doch  unser  Württemberger 
Land  gerade  in  geologischer  und  palaeontologischer  Hinsicht  hoch- 
interessant, und  wenn  hierin  schon  eine  Erklärung  dafür  liegt,  dass 
naturwissenschaftliche  Neigungen  sich  vorzugsweise  diesem  Felde 
zuwenden,  so  wurde  zudem  noch  auf  demselben  Gebiete  durch  eine 
Reihe  bedeutender  Männer  eine  grosse  Anregung  für  alle  Freunde 
der  Naturwissenschaften  ausgeübt. 

Die  ältere  Schule  ist  in  unseren  Jahresheften  durch  Graf 
Mandelsloh  und  Alberti  repräsentiert;  Altmeister  Quenstedt 
erscheint    schon    im    ersten    Bande    mit    einem    Vortrage    über    die 


—     XV     — 

Hoffnung  auf  Kohlen  in  Württemberg  —  eine  Frage,  die  sich  nach 
Art  der  Seeschlange  durch  die  Jahreshefte  hinzieht  und  ihren  end- 
gültigen Abschluss  erst  um  die  Zeit  von  Quenstedt's  Tod  ge- 
funden hat. 

In  den  älteren  Jahrgängen  der  Zeitschrift  hat  Plieninger 
seine  palaeontologischen  Funde  veröffentlicht,  unter  denen  die  Ent- 
deckung von  Resten  des  ältesten  Säugetieres  der  Erde,  Microlestes 
antiquus^  bei  Degerloch  eine  hervorragende  Stellung  einnimmt.  Mit 
Plieninger  gleichalterig  sind  Kur r  und  Eser,  ersterer  eines  der 
thätigsten  unter  den  früheren  Vereinsmitgliedern,  der  auch  über 
zahlreiche  geologische  und  palaeontologische  Untersuchungen  be- 
richtet hat.  Im  zweiten  Bande  unserer  Vereinsschrift  tritt  der 
Stadtvicar  Fr  aas  von  Balingen  auf  mit  einem  Aufsatze:  Die  Thone 
des  unteren  Lias  ß;  seitdem  steht  sein  Name  in  allen  Bänden  der 
Jahreshefte  verzeichnet:  über  eine  grosse  Anzahl  seiner  epoche- 
machenden Forschungen  hat  er  in  ihnen  berichtet.  Hier  möge  nur 
erinnert  sein  an  den  Versuch  einer  Vergleichung  des  schwäbischen 
Jura  mit  dem  französischen  und  englischen,  worin  Fr  aas  über 
Schwaben  und  über  seinen  Lehrer  Quenstedt  hinaus  seinen 
Forscherblick  vergleichend  über  weitere  Gebiete  gerichtet  hat.  Es 
sei  ferner  gedacht  seiner  geologischen  Durchforschung  der  württem- 
bergischen Eisenbahnlinien,  wobei  er  später  von  seinem  Sohne  unter- 
stützt und  vertreten  wurde;  der  mit  Oberförster  Frank  zusammen 
ausgeführten  Erforschung  der  Funde  an  der  Schussenquelle ;  des 
Aetosaurus  ferratus,  jener  einzigartigen  Stuttgarter  Vogelechse,  deren 
Beschreibung  der  Universität  Tübingen  zu  ihrem  Jubiläum  gewidmet 
wurde ;  endlich,  um  nur  dies  noch  aus  dem  reichen  Schatze  heraus- 
zugreifen, seiner  später  ebenfalls  mit  Eberhard  Fraas  zusammen 
betriebenen  Höhlenforschungen,  die  dann  auch  von  Hedin ger  fort- 
gesetzt worden  sind.  Die  von  Fraas  angebahnte  Vergleichung  des 
schwäbischen  Jura  mit  den  entsprechenden  Formationen  anderer 
Länder  wurde  dann  durch  die  bahnbrechenden  Arbeiten  von  Oppel 
weiter  durchgeführt.  Rühmend  müssen  hervorgehoben  werden  die 
Arbeiten  von  Deffner  über  die  geologischen  Verhältnisse  Württem- 
bergs ,  an  welche  sich  die  an  neuen  Beobachtungen  reichen  Unter- 
suchungen von  Baur,  unserem  jetzigen  zweiten  Vorstand,  anschliessen. 
Über  den  engeren  Kreis  Württembergs  hinaus  fanden  die  eingehenden 
Arbeiten  von  Probst,  besonders  diejenigen  über  fossile  Haifischreste, 
Beachtung;  von  den  Untersuchungen  Engel's  sind  in  den  Jahres- 
heften unter  anderem  die  über  die  Facies  des  Weissen  Jura  nieder- 


XVI 


gelegt;  Konrad  Miller  behandelte  das  Tertiär  und,  ebenso  wie 
auch  Bach  und  Prof.  Steudel,  die  diluvialen  Bildungen  Ober- 
schwabens. Auch  die  Lehrer  an  den  württembergischen  Hochschulen, 
Eck,  Nies  und  Branco,  haben  manche  ihrer  Untersuchungs- 
ergebnisse unseren  Jahresheften  zu  gute  kommen  lassen,  der  letzt- 
genannte hat  uns  soeben  mit  einer  Monographie  der  Vulkanembryonen 
Schwabens  beschenkt.  Von  den  jüngeren  Arbeitern  auf  dem  Gebiete 
der  Palaeontologie  seien  noch  Eberhard  Fr  aas  und  Pompeckj 
genannt,  welche  noch  im  letzten  Bande  Zeugnisse  der  schönen  Re- 
sultate ihrer  Forschungen  niedergelegt  haben.  Ein  Verzeichnis  der 
Mineralien  Württembergs  ist  schon  im  25.  Bande  der  Jahreshefte 
von  Gotthilf  Werner  gegeben  worden,  und  jetzt  ist  auf  dem 
Gebiete  der  Mineralogie  insbesondere  noch  Leuze  mit  Erfolg  thätig. 
Die  zoologischen  Arbeiten,  welche  in  unserer  Vereinsschrift 
enthalten  sind,  beschäftigen  sich  zu  einem  grossen  Teile  mit  der 
Erforschung  der  Fauna  von  Württemberg.  Allgemeine  Beiträge  hierzu 
lieferten  Ferdinand  Krauss,  Leydig,  Fickert  und  Freiherr 
Richard  Koenig-W  arthausen,  letzterer  durch  die  Abfassung 
der  regelmässigen  naturwissenschaftlichen  Jahresberichte  besonders 
verdient.  Die  Säugetiere  im  besonderen  behandelten:  Landbeck, 
V.  Jäger,  Georg  v.  Martens,  Generalarzt  v.  Klein,  Krauss, 
Freiherr  Koenig-Warthausen;  daran  mögen  die  anthropologischen 
Arbeiten  von  v.  Holder  und  Gross  angeschlossen  sein.  Die 
württembergischen  Fische  wurden  studiert  durch :  Albert  Günther, 
Rapp,  Krauss  und  Klunzinger;  die  Vögel  durch:  Landbeck, 
Georg  v.  Martens,  Krauss,  Calwer,  Finckh,  Freiherr 
Koenig-Warthausen,  Julius  Hoffmann;  die  Reptilien  durch: 
Plieninger,  Wolterstorff,  Ernst  Zeller.  Über  die  Mollusken 
besitzen  wir  mehrere  Untersuchungen  und  Zusammenstellungen,  die 
älteste  von  Graf  Seckendorf,  dann  folgen  Eduard  v.  Martens, 
Clessin,  Weinland,  Geyer  und  Buchner.  Eine  Abteilung 
der  Kruster,  die  Copepoden,  ist  von  Voss el er  bearbeitet,  die  Gruppe 
der  Milben  von  v.  Hering  und  H  aller,  eine  Abteilung  der  Neu- 
ropteren  von  Hüeber,  der  sich  dann  dem  Studium  der  Hemipteren 
mit  Erfolg  widmete.  Einzelne  Orthopteren  wurden  durch  Kissling 
und  durch  Ernst  Hofmann  untersucht,  einzelne  Hymenopteren 
durch  Lampert.  Eine  Zusammenstellung  der  württembergischen 
Käfer  wurde  von  Keller  geliefert;  einzelne  Beiträge  zur  Kenntnis 
derselben  Abteilung  gab  Nördlinger.  Die  Lepidopteren  sind  sehr 
eingehend    studiert    und    bearbeitet     durch    Julius    Hoffmann, 


XVII     — 


Ernst  Hofmann,  Keller,  W.  Stendal  nnd  0.  Seyffer.     Die 
Rädertiere    waren    Gegenstand    des    Studiums    von    Bartsch    und 
Bilfinger,    und   mit   den  Bryozoen  beschäftigte  sich  der  leider  so 
früh  verstorbene  Graf  Scheler.    Neben  diesen  die  württembergische 
Fauna   behandelnden    Arbeiten    sind    noch    eine    Reihe    solcher   von 
allgemeinerer  Bedeutung  zu  nennen,  die  gleichfalls  in  den  Jahresheften 
veröffentlicht  worden  sind.     Dahin  gehören:  Eduard  v.  Martens' 
Untersuchungen    über    die  Verbreitung    der   europäischen   Land-  und 
Süsswasser-Gasteropoden;  die  Arbeiten  von  Klein  über  die  Anatomie 
von  Lepidosiren  annedens  und  über  die  Osteologie  der  Fische,    be- 
sonders der  Knochenfische;  v.  Hering's  Übersicht  der  Eingeweide- 
würmer und  Hautparasiten   und    seine    Beiträge   zur  Entwickelungs- 
geschichte    einiger    Eingeweidewürmer;    Ernst  Hofmann's  Werk 
über   die   Isoporien    der   europäischen  Tagfalter   und  Eimer 's  Mit- 
teilungen   über   die  Zeichnung  der  Reptihen,  Vögel  und  Säugetiere. 
Die    Botanik    war    hinsichthch    der    vaterländischen    Flora   bei 
Begründung   unseres   Vereins   insofern   gegenüber    den    anderen   be- 
schreibenden Naturwissenschaften  in  einer  begünstigten  Lage,  als  die 
erste  Auflage  der  trefPhchen  Flora  von  Württemberg  von  Schub  1er 
und  Martens    damals    bereits  vorlag,    und   also    das   Studium    der 
emheimischen    höheren   Pflanzen   zu    einem    —    allerdings    nur    vor- 
läufigen  —    Abschluss   gelangt   war.     Aber    mit    der   Kenntnis   der 
Kryptogamen    sah   es    noch   so  schlimm  aus,    dass   in   die    Statuten 
des  Vereins  ausdrücklich  der  Satz  aufgenommen  wurde,  es  sei  haupt- 
sächlich die  Erforschung  der  inländischen,  noch  sehr  wenig  bekannten 
kryptogamischen    Gewächse   zu   fördern,    —    eine    Aufgabe    freilich, 
deren   Schwierigkeiten   man   damals    noch    nicht    übersehen    konnte' 
und    die    auch   heute   noch    nicht  völlig   gelöst  ist.  —  Mitteilungen 
über  die    einheimische  Flora   bilden    den    Hauptbestandteil    der  Ver- 
öffentlichungen   in    den  Jahresheften    aus  dem  Gebiete  der  Botanik, 
und  sogleich  im  ersten  Jahrgang   überrascht   uns   Hugo  v.  Mo  hl,' 
als  Stern  erster  Grösse  auf  dem  Gebiete  der  Pflanzenanatomie  und 
Physiologie   allbekannt   und    berühmt,    mit    einem   Inhalts-   und   ge- 
dankenreichen Aufsatz  über  die  Flora  von  Württemberg,  nebst  einer 
Aufzählung  aller  ihm  bekannten  Arten  von  Blütenpflanzen  des  Landes. 
Zur  Phanerogamenflora  von  Wüi-ttemberg  wurden   immer  reichliche 
Beiträge  und  Nachträge  geliefert,  sei  es  durch  die  Schilderung  der 
Vegetationsverhältnisse  einzelner  Bezirke,  oder  sei  es  durch  Bekannt- 
gabe neuer  Funde.    Von  den  zahlreichen  Männern,  welche  in  dieser 
Weise  an    der  Vervollständigung   unserer   Kenntnisse    über   die    ein- 

Jahreshefte  d.  Vereins  f.  vater].  Naturkunde  in  Württ.  1895.  h 


XVIII 


heimischen  Blütenpflanzen  mitgearbeitet  haben,  seien  hier  genannt: 
Georg  V.  Härtens,    Wilibald  Lechler,    Kurr,    Fleischer, 
Engel,  Finckh,  Schüz,  Ducke,  Oeffinger,  Ziegele,  Herter, 
Scheuerle,    Reuss    und    Gradmann.     Die    Gefässkryptogamen 
erfuhren  Bearbeitungen  durch  Georg  v.  Martens  und  Mülberger; 
ersterer   hat   auch    eine    Zusammenstellung    der    württembergischen 
Armleuchtergewächse    gegeben,    und    von    ihm    und   Hegelmaier 
sind  die  Moose  bearbeitet  worden,     unsere  Kenntnis    der   württem- 
bergischen Thallophyten  ist  noch  immer  nicht  befriedigend,  und  auf 
diesem  Gebiete  dehnt  sich  für  jüngere  Kräfte  noch  ein  weites  Feld 
dankenswerter  Thätigkeit  aus.    Auf  die  Pilze  beziehen  sich  Arbeiten 
von    Hegelmaier    und    Veesenmayer,     neuerdings     auch     von 
Eich  1er  und  mir;  die  Flechten  sind  von  Koch   und  von  Rieb  er 
in  Angriff  genommen  worden,  die  Algen  von  Fleischer,  Eulen- 
stein,   Sautermeister,    Gustav  Zeller   und   mir.    —   Ausser 
diesen  Beiträgen  zur  einheimischen  Flora    enthalten  die  Jahreshefte 
noch    manche   wertvolle  Aufsätze    botanischen  Inhalts    von  weiterer 
Geltung.    So  hat  z.  B.  Karl  Friedrich  Gärtner  (geboren  1772, 
gestorben  1850)    auf  der   dritten  Jahresversammlung   einen   Bericht 
über  die  Fortsetzung  seiner  berühmten  Versuche   über   die  Bastard- 
bildung im  Pflanzenreiche  gegeben;  Christian  Ferdinand  Hoch- 
stetter,    die    Seele    des    Esslinger    botanischen   Reisevereins,    eine 
treffliche  Abhandlung  über  den  Aufbau  der  Graspflanze  veröffentlicht, 
und    sein    wissenschaftlicher    Genosse    Ernst  Gottlieb   Steudel 
einen  sehr  interessanten  Vortrag  über  die  mutmassliche  Anzahl  aller 
auf   der   Erde   vorhandenen    Pflanzenarten    gehalten.      Auch    Hugo 
V.  Mohl   hat    den  Vereinsschriften   noch    manche    Mitteilungen    zu- 
kommen   lassen,    ebenso  Hegelmaier  und  Mohl's  Nachfolger   in 
Tübingen,  Hofmeister  und  Seh  wendener,  auch  Karl  Goebel. 
jetzt  in  München. 

Wenn  nun  die  in  den  Jahresheften  enthaltenen  Arbeiten 
physikahschen  und  chemischen  Inhaltes  auch  an  Menge  etwas  zu- 
rücktreten, so  darf  man  dies  doch  keineswegs  von  ihrem  Werte 
behaupten.  Das  Gebiet  der  Physik  im  engeren  Sinne  behandeln 
zahlreiche  Untersuchungen  von  Zech,  Reusch  und  August 
Schmidt,  sowie  von  Dietrich  und  Dahlmann;  auf  dem  Felde 
der  Geodäsie  bewegen  sich  die  Veröffentlichungen  des  kürzHch  ver- 
storbenen Prof.  C.  W.  V.  Baur;  über  Gegenstände  aus  der  Me- 
teorologie handeln  Plieninger,  Gaupp,  Schoder  und  Heck. 
Der    erstere   insbesondere  veröffentlichte   in    den    10   ersten  Bänden 


—     XIX     — 

der  Vereinsschrift  die  jährlichen  Ergebnisse  der  meteorologischen 
und  phänologischen  Beobachtungen  in  Württemberg,  die  manchmal 
mehr  als  den  dritten  Teil  eines  ganzen  Bandes  einnehmen;  im 
Jahre  1856  erfolgte  aus  seiner  Feder  eine  Darstellung  der  Ergeb- 
nisse 30  jähriger  meteorologischer  und  klimatischer  Beobachtungen  in 
Württemberg.  Später  wurden  Plieninger's  meteorologische  Jahres- 
berichte nicht  mehr  in  unserer  Yereinsschrift  veröffentlicht,  sondern 
vom  königlichen   statistischen  Landesamt   besonders   herausgegeben. 

Die  Publikationen  auf  dem  Gebiete  der  Chemie  endlich  haben 
vielfach  wiederum  vaterländische  Verhältnisse  zum  Gegenstand.  Dies 
gilt  weniger  von  den  älteren,  wertvollen  Arbeiten  von  Schlossberger. 
die  mannigfache  Gegenstände  behandeln,  als  namentlich  von  einer 
Reihe  späterer  Untersuchungen.  So  die  zahlreichen  chemischen 
Analysen  württembergischer  Mineralquellen  und  anderer  Brunnen, 
welche  Fehling,  zuletzt  in  Gemeinschaft  mit  Hell,  ausführte, 
ferner  die  Analysen  desselben  von  den  württembergischen  Soolen, 
Steinsalzen  u.  s.  w. ;  auf  demselben  Gebiete  bewegen  sich  die 
Untersuchungen  von  Ducke,  Sigwart,  0.  Krauss  und  Peine. 
Von  sonstigen  chemischen  Abhandlungen  erfreuen  sich  eines  beson- 
deren Ansehens  diejenigen  von  Emil  v.  Wolff  über  die  wichtigeren 
Gesteine  Württembergs,  deren  Verwitterungsprodukte  und  die  daraus 
entstandenen  Ackererden.  Über  den  Bernstein  lieferte  B  ronner 
wertvolle  Untersuchungen ;  über  die  Zusammensetzung  württembergi- 
scher und  fremder  Weine,  ferner  über  die  Zusammensetzung  des 
Neckarwassers  veröffentlichte  Klinger  praktisch  verwertbare  Aufsätze. 

Im  Hinblick  auf  diesen  reichen  und  mannigfachen  Inhalt  unserer 
Jahreshefte  sind  wir  wohl  berechtigt,  uns  des  bisher  Erreichten  zu 
erfreuen  und  in  diesen  Publikationen  den  Schwerpunkt  der  Wirk- 
samkeit des  Vereins  zu  erblicken.  Den  Schwerpunkt  —  aber  durch- 
aus nicht  das  alleinige  Feld  seines  Wirkens.  Denn  was  statuten- 
mässig  vorgesehen  war,  das  trat  auch  sehr  bald  in  die  Wirklichkeit, 
nämlich  die  Anlegung  einer  Bibliothek  und  die  Begründung  vater- 
ländischer naturwissenschaftlicher  Sammlungen. 

Der  Grund  zu  einer  Bibliothek  wurde  gleich  im  ersten  Jahre 
des  Bestehens  des  Vereins  gelegt,  freilich  in  sehr  bescheidenem 
Umfange ,  denn  am  Ende  dieses  ersten  Jahres  waren  im  ganzen 
10  Werke  vorhanden.  Der  spätere  reichliche  Zuwachs  wird  den 
Schenkungen  von  Mitgliedern  und  anderen  Gönnern  des  Vereins 
verdankt,  namentlich  aber  dem  Austausch  unserer  Jahreshefte  gegen 
die    Veröffenthchungen    anderer    gelehrten    Gesellschaften    in    allen 


-     XX     — 

Weltteilen.  Kraus s  insbesondere  Hess  sich  die  Pflege  dieser  Be- 
ziehungen sehr  angelegen  sein,  und  ihm  ist  es  vornehmlich  zu  danken, 
wenn  die  Vereinsbibliothek  jetzt  einen  so  beneidenswerten  Reichtum 
an  naturwissenschafthchen  Gesellschaftsschriften  besitzt.  Im  Jahre 
1865  stand  unser  Verein  mit  72  anderen  im  Schriftenaustausch,  und  es 
waren  im  ganzen  121  Vereinspublikationen  vorhanden,  davon  58  in 
deutscher,  63  in  fremden  Sprachen.  Dazu  kamen  noch  461  ander- 
weitige naturwissenschafthche  Werke  verschiedenen  ümfangs.  Im  Jahre 
1880  hat  sich  der  Schriftenaustausch  auf  122  Gesellschaften  aus- 
gedehnt, die  Bibliothek  umfasst  3107  Bände  solcher  Zeitschriften, 
ferner  von  anderen  Werken  1272  Bände,  114  Karten  und  360  Disser- 
tationen. Die  letzte  Zusammenstellung  endhch  vom  Jahre  1891 
führt  229  Gesellschaftsschriften  an  und  einen  entsprechend  reichen 
Zuwachs  hat  auch  der  übrige  Teil  der  Bibliothek  erfahren ;  die  Zahl 
der  Bände  wurde  nicht  festgestellt.  Unter  den  Schenkungen  für 
die  Vereinsbibliothek  sind  folgende  durch  ihren  Umfang  besonders 
bemerkenswert : 

Die  Sammlung  von  Schriften  über  Bäder  und  Heilquellen  von 
Dr.  Zell  er  in  Nagold,  94  Hefte  umfassend. 

Die  vorzugsweise  entomologische  Bibliothek  des  Staatsrates 
V.  Roser,  293  Bände  und  Hefte. 

Der  naturwissenschaftliche  Teil  der  Bibliothek  des  Ober- 
medizinalrats V.  Hering,  94  Bände. 

Die  Bibliothek  des  Oberstudienrates  v.  Plieninger,  226 
Bände  und  198  Hefte. 

Eine  grosse  Anzahl  von  Abhandlungen  aus  der  Bibliothek  des 
Direktors  v.  Krauss. 

Bezüglich  der  Einrichtung  einer  Sammlung  württembergischer 
Naturalien  wurde  im  Jahre  1849  vom  Ausschuss  und  später  auch 
von  der  Generalversammlung  ein  wichtiger  Beschluss  gefasst,  welcher 
die  Anlage  einer  solchen  Sammlung  anordnete.  Eine  sehr  günstige 
Gelegenheit,  einen  Grundstock  zu  einer  derartigen  Sammlung  und 
zugleich  auch  ein  zur  Aufstellung  geeignetes  Lokal  zu  erwerben, 
bot  sich  bald  nachher  dar.  Die  Centralstelle  des  landwirtschaftlichen 
Vereins  zeigte  sich  nämhch  geneigt,  ihre  in  einem  Staatsgebäude 
hinter  der  Tierarzneischule  aufgestellten  Sammlungen  von  vater- 
ländischen Naturalien,  welche  seit  1818  zusammengebracht  worden 
waren  und  von  Prof.  Plieninger  verwaltet  wurden,  dem  Verein 
zur  Benützung  und  Verwaltung  zu  übergeben.  Die  beiderseitigen 
Verhandlungen   führten    am  29.  Juli  1850   zu    einem  befriedigenden 


—     XXI     — 

Abschluss  und  die  Sammlungen  wurden  nach  vorgenommener  Sichtung 
und  Ausscheidung  des  nicht  Geeigneten  vom  Verein  übernommen 
und  dem  Pubhkum  zugänglich  gemacht.  Teils  wegen  der  etwas 
entfernten  Lage  des  Sammlungslokales,  teils  wegen  des  raschen 
Wachstumes  der  Sammlung  selbst  stellte  sich  später  die  Notwendig- 
keit eines  Umzuges  in  passendere  Räumlichkeiten  heraus,  und  diese 
Übersiedelung  wurde  dadurch  ermöglicht,  dass  auf  fortgesetztes, 
eifrigstes  Betreiben  von  Ferdinand  Krauss  eine  grosse  vater- 
ländische Naturaliensammlung  in  dem  neuerbauten  Flügel  des 
K.  Naturalienkabinets  aufgestellt  wurde.  Am  20.  November  1863 
genehmigte  das  Ministerium  des  Innern  die  Übergabe  der  dem  Verein 
anvertrauten  Sammlungen  der  Centralstelle  an  das  Naturalienkabinet, 
und  das  Ministerium  des  Kirchen-  und  Schulwesens  gestattete  dem 
Verein,  seine  eigenen  Sammlungen  mit  den  Staatssammlungen  ver- 
einigt in  dem  neuen  Flügel  aufzustellen.  Hierher  siedelten  im  Herbst 
1865  die  Sammlungen  der  Gesellschaft  über  und  sind  hier  durch 
besondere  Etiketten  kenntlich  gemacht. 

Es  ist  vor  dieser  hochansehnlichen  Versammlung,  welcher 
unsere  Vereinssammlungen  bereits  bekannt  sind,  oder  der  doch 
morgen  Gelegenheit  geboten  ist,  sie  in  Augenschein  zu  nehmen, 
unnötig,  darüber  Näheres  zu  berichten ;  sie  stellen  einen  Schatz  dar, 
welcher  durch  unablässige  Neuerwerbungen  und  freigebige  Schenkungen 
zu  einer  Eeichhaltigkeit  herangediehen  ist,  die  ihn  zusammen  mit 
seiner  zweckmässigen  Aufstellung  zu  einem  Muster  für  ähnliche 
Institute  gemacht  hat,  welches  von  keiner  anderen  Lokalsammlung 
übertroffen,  nur  von  sehr  wenigen  erreicht  werden  dürfte. 

Füge  ich  noch  hinzu,  dass  zu  diesem  wissenschaftlichen  Be- 
sitze unseres  Vereins  sich  auch  noch  eine  durch  die  Fürsorge  von 
Krauss  zu  stände  gekommene  Ansammlung  eines  Vereinsvermögens 
von  etwa  21  000  tM.  gesellt,  so  wird  man  unsere  Situation  beneidens- 
wert finden  müssen. 

Es  ist  nun  schliesslich  noch  darauf  hinzuweisen,  dass  der  Verein 
auch  die  Anbahnung  eines  näheren  persönhchen  Verkehrs  zwischen 
seinen  Mitghedern  bezweckt,  und  dass  zu  dem  Ende  Versammlungen 
und  zwanglose  Vereinigungen  schon  seit  der  Gründung  des  Vereins 
vorgesehen  worden  sind.  Eine  alljährlich  wiederkehrende  Haupt- 
versammlung, welche  abwechselnd  an  verschiedenen  Orten  Württem- 
bergs abgehalten  wird,  dient  zur  Erledigung  der  geschäftlichen  An- 
gelegenheiten und  giebt  den  Vereinsmitgliedern  Gelegenheit,  sich 
kennen  zu  lernen,  sich  wiederzusehen,  Beobachtungen  und  Meinungen 


—     XXII     — 

einander  mitzuteilen,  und  sie  im  gegenseitigen  Austausch  der  An- 
sichten zu  prüfen  und  zu  klären.  Anfänglich  war  als  Zeitpunkt  für 
die  Hauptversammlung  der  1.  Mai  festgesetzt  worden,  aber  da  der 
Wonnemonat  oft  ein  sehr  unfreundliches  Gesicht  macht,  so  litt  unter 
seiner  Ungunst  der  Besuch  der  Versammlungen.  Im  Jahre  1852 
wurde  deshalb  der  Termin  für  dieselben  auf  den  24.  Juni,  den 
Johannistag,  verlegt,  und  so  ist  es  im  wesentlichen  bis  heute  ge- 
blieben. Alljährlich  wurde  diese  Versammlung  abgehalten  mit  Aus- 
nahme des  Jahres  1848,  wo  sie  der  politischen  Ereignisse  wegen 
ausfiel,  und  i.  J.  1866  konnte  sie  erst  am  4.  Oktober  stattfinden. 
Diese  Hauptversammlungen  mit  ihren  Vorträgen  und  kleinen  Aus- 
stellungen haben  immer  ungemein  anregend  gewirkt,  und  auch  zur 
Erhöhung  deq  Mitgliederstandes  viel  beigetragen. 

Dasselbe  gilt  auch  von  den  wissenschaftlichen  Zusammenkünften, 
welche  schon  von  der  Begründung  des  Vereins  an  in  den  Winter- 
monaten in  Stuttgart  abgehalten  wurden,  um  den  Mitgliedern  Ge- 
legenheit zu  verschaffen,  ihre  eigenen  Beobachtungen  mitzuteilen 
oder  Berichte  über  interessante  Entdeckungen  und  Forschungen  zu 
geben.  Mit  der  Zeit  wurden  diese  Vorträge  auch  den  Damen  der 
Mitglieder  teilweise  zugänglich  gemacht,  bis  sie  endlich  ganz  und 
gar  den  Charakter  populärer  naturwissenschaftlicher  Vorträge  an- 
nahmen ,  und  in  dieser  Form  viele  Jahre  hindurch ,  bis  1890 ,  die 
Mitglieder  und  ihre  Damen  zu  einem  dankbaren  Zukörerkreis  ver- 
einigten. Inzwischen  hatte  man  aber  wiederum  auf  die  ältere  Ge- 
pflogenheit zurückgegriffen  und  die  ursprünglichen  wissenschaftlichen 
Vereinsabende  wieder  eingerichtet;  sie  werden  seit  November  1885 
wieder  in  Stuttgart  abgehalten  und  finden  jetzt  regelmässig  einmal 
monatlich  mit  Ausnahme  der  Sommermonate  statt.  Über  die  Vor- 
träge, welche  bei  diesen  wissenschaftlichen  Abenden  gehalten  werden, 
erscheint  ein  kurzer  Bericht  in  unserer  Vereinszeitschrift,  ebenso 
wie  auch  über  die  Verhandlungen  des  Oberschwäbischen  und  des 
Schwarzwälder  Zweigvereins. 

So ,  wie  ich  es  hier  zu  skizzieren  versucht  habe ,  steht  heute 
unser  Verein  für  vaterländische  Naturkunde  da.  Am  Ende  unseres 
Rückblickes  dürfen  wir  unserer  Freude  und  Befriedigung  Ausdruck 
geben  über  das,  was  der  Verein  erreicht  hat,  über  das,  was  er,  seinen 
Kräften  angemessen,  zum  Nutzen  des  Vaterlandes  gewirkt  hat.  Sein 
bisheriger  Erfolg  giebt  uns  eine  Bürgschaft  dafür ,  dass  seine  Be- 
strebungen auch  in  Zukunft  keine  nutzlosen  sein  werden.  Und  wie 
könnten  wir  auch  diese  Zuversicht  nicht  haben !    Sind  wir  doch  der 


—     XXIII     — 

Überzeugung,  dass  die  Beschäftigung  mit  der  Natur  und  ihren  Pro- 
dukten, die  Erkenntnis  der  Naturgesetze,  die  Beobachtung  des 
Werdens  und  Vergehens  der  Organismen  nicht  nur  für  dieses  Jahr- 
hundert, das  einer  seiner  grössten  Söhne  das  naturwissenschafthche 
Jahrhundert  genannt  hat,  Aufgabe  und  Streben  zahh-eicher  Geister 
ist,  sondern  dass  Freude  an  der  Natur,  Studium  der  Naturgegenstände 
und  Vertiefung  naturwissenschafthcher  Erkenntnis  allezeit  bestehen 
werden ,  solange  es  eine  Natur  und  den  sinnenden  Geist  des  Men- 
schen giebt,  der,  er  mag  wollen  oder  nicht,  von  der  Natur  nicht 
loskommt.  Aus  der  Unnatur  einer  überlebten  Civilisation  flüchtet 
sich  der  in  den  sichersten  Hafen,  der  den  Busen  der  Natur  aufsucht; 
sie  spendet  ihm  Ruhe  und  Frieden  in  unserer  hastigen  und  über- 
reizten Zeit,  sie  beut  ihm  Freuden  und  Genüsse,  die  nicht  mit  Gold 
aufzuwiegen  sind  —  Genüsse  und  Freuden  ohne  den  Umweg  des 
Gelderwerbs,  jedem  zugänglich,  der  sich  der  Naturforschung  oder 
auch  nur  der  Naturliebe  hingiebt.  Darum  hoffen  wir  zuversichtlich, 
dass  neue  Kräfte  immer  wieder  im  Laufe  der  Zeiten  auch  unserem 
bescheidenen  Vereine  erstehen,  dass  sie  sein  Wachsen,  Gedeihen  und 
Blühen  auch  in  Zukunft  sichern  werden. 

Nachdem  der  Vorsitzende  dem  Redner  für  den   mit    lebhaftem 
Beifall   aufgenommenen   Vortrag   gedankt   hatte,    hielt   den   zweiten 
Vortrag  Prof.  Dr.  Branco  in  Tübingen  über  das  Thema: 
Über  die  vulkanischen  Erscheinungen  in  Württemberg. 

Der  Redner  gab  in  diesem  fesselnden  Vortrag  einen  Auszug 
seiner  grossen,  im  letzten  und  im  vorliegenden  Band  dieser  Jahres- 
hefte publizierten  Arbeit  „Schwabens  125  Vulkanembryonen  und 
deren  tufferfüllte  Ausbruchsröhren;  das  grösste  Maargebiet  der  Erde". 
Indem  wir  auf  diese  umfangreiche  Pubhkation  verweisen,  kann  von 
einem  Referat  Abstand  genommen  werden. 

Als    dritter    Redner    der    Festversammlung    sprach    Prof.    Dr. 
Lampe rt  über  das  Thema: 
Württembergs  Tierwelt,  eine  zoogeographische  Skizze. 

(Der  Vortrag  findet  sich  im  vorliegenden  Jahresheft  abgedruckt.) 

Nach  diesem  Vortrag  trat  eine  Mittagspause  ein,  die  von  den 
meisten  der  Anwesenden  dazu  benützt  wurde ,  im  Restaurant  Dier- 
lamm  einen  Frühschoppen  einzunehmen. 

Um  2  Uhr  wurden  die  Verhandlungen  wieder  aufgenommen. 
Der  Vorsitzende  machte  zunächst  die  Mitteilung,  dass  vom  K.  Hof- 
lager in  Friedrichshafen  folgendes  Telegramm  eingelaufen  sei: 


—     XXIV     - 

Seine  Königliche  Majestät  lassen  den  unter  Allerhöchst  Ihrem 
Protektorat  stehenden  Verein  für  vaterländische  Naturkunde 
zur  heutigen  Feier  seines  50jährigen  Bestehens  aufrichtig  be- 
glückwünschen und  demselben  unter  gnädigster  Anerkennung 
seines  verdienstvollen  Wirkens  und  unter  der  Versicherung 
Allerhöchst  Ihrer  fortdauernden  warmen  Teilnahme  an  seinen 
Bestrebungen  auch  fernerhin  das  beste  Gredeihen,  dem  heutigen 
Feste  aber  einen  frohen  und  schönen  Verlauf  wünschen. 
Auf  Allerhöchsten  Befehl: 

G  r  i  e  s  i  n  g  e  r. 

Die  Festversammlung  beschloss  sofort  die  Absendung  des  fol- 
genden Danktelegrammes : 

Der  Verein  für  vaterländische  Naturkunde  gedenkt  bei  dem 
heutigen  Feste  in  tiefster  Ehrfurcht  der  Allerhöchsten  Fürsorge 
seines  Hohen  Protektors  und  erstattet,  freudig  bewegt  durch 
die  dem  Verein  AUergnädigst  übersandten  Glückwünsche  zum 
heutigen  Feste,  seinen  unterthänigsten  Dank. 

Der  Vorstand: 
Baur. 

Der  weitere  Verlauf  der  Nachmittagssitzung  war  zunächst  der 
Erledigung  geschäftlicher  Angelegenheiten  gewidmet.  Der  Schrift- 
führer Prof.  Dr.  Lampert  trug  den  Rechenschaftsbericht  des  ab- 
gelaufenen Vereinsjahres  vor.  Er  genügt  zunächst  der  angenehmen 
Pflicht,  allen  denen  zu  danken,  die  auch  im  vergangenen  Jahr  die 
Sammlung  und  die  Bibliothek  des  Vereins  durch  ihre  wertvollen 
Zuwendungen  bereichert  haben  und  verliest  die  Namen  der  Geber. 
(Die  ausführlichen  Zuwachsverzeichnisse  für  die  Sammlung  und  die 
Bibliothek  finden  sich  im  vorliegenden  Jahresheft  veröffentlicht.)  Die 
Vereinsbibliothek  hat  im  vergangenen  Jahr  eine  grössere  Schenkung 
erhalten  aus  dem  Nachlass  des  verstorbenen  Grafen  Georg  v.  Scheler; 
ausserdem  hat  der  Verein  durch  Tauschverbindungen,  deren  Zahl 
gegenwärtig  188  beträgt,  eine  weitere  grosse  Anzahl  wissenschaft- 
licher Publikationen  erhalten,  so  dass  im  ganzen  der  Zuwachs 
im  vergangenen  Jahre  auf  etwa  500  Bände  zu  veranschlagen  ist. 
Es  ist,  wie  der  Redner  hervorhebt,  dieser  Besitzstand  des  Ver- 
eins an  Schriften,  die  oft  auf  den  grössten  Bibliotheken  nicht  zu 
erhalten  sind,  den  Mitgliedern  des  Vereins  viel  zu  wenig  bekannt. 
Auf  den  Mitgliederstand  des  Vereins  übergehend,  erwähnt  der  Redner, 
wie    auch   im    vergangenen  Jahre    der   Tod   viele    und   schmerzliche 


—     XXV     — 

Lücken  gerissen;  so  hat  der  Verein  u.  a.  auch  zwei  Ausschuss- 
mitgheder,  Prof.  C.  W.  v.  Baur  und  Apotheker  Reihlen,  durch 
den  Tod  verloren  und  beklagt  in  dem  unerwartet  rasch  in  jugend- 
lichem Alter  verstorbenen  Grafen  Georg  v.  Scheler  den  Verlust 
eines  der  eifrigsten  jüngeren  Vereinsmitglieder.  Wenn  trotzdem  in 
diesem  Jahre  der  Verein  mit  einem  Mehr  von  Mitgliedern  gegenüber 
dem  vorigen  Jahre  abschhesst,  so  verdanken  wir  dies  dem  Bestreben 
der  Mitglieder,  neue  Kräfte  heranzuziehen.  Das  Jahresheft  konnte 
seines  stattlichen  ümfangs  wegen  in  diesem  Jahre  erst  später  als 
sonst  zur  Ausgabe  gelangen  und  aus  diesem  Grunde  war  es  auch 
nicht  möglich,  den  Rechnungsabschluss  bis  zum  Jahrestag  fertig- 
zustellen. Auf  Vorschlag  des  Redners  wird  dem  Antrag  des  Aus- 
schusses gemäss  Dr.  C.  Beck  ermächtigt,  dem  Schatzmeister  Ent- 
lastung zu  erteilen. 

Zuwaehs-Verzeiehnisse  der  Sammlungen  des  Vereins. 
A.  Zoologische  Sammlung. 

(Konservator:  Prof.  Dr.  K.  Lampert.) 

Als    Geschenke: 

I.  Säugetiere. 

Ein  Rehgeweih  (,, Kümmerer") ;  der  Bock  wurde  erlegt  Dezember  1884 
bei  Langenau,  Distrikt  Bollhardt,  Abteilung  Judenplätzle  am 
Hungerbrunnenthal. 

Linke  Stange  fehlt  samt  Rosenstock,  jedenfalls  durch  einen  Kugel- 
schuss  abgeschossen ;  rechte  Stange  nur  noch  in  Form  eines  nach 
innen  gedrückten,  knotigen  und  wulstigen  Knopfes  mit  Rose  vor- 
handen, 4,5  cm  hoch  bei  einem  Durchmesser  von  2,9  cm  (ober- 
halb der  Rose  gemessen).  Diese  Bildung  dürfte  folgendermassen 
zu  erklären  sein:  der  Schuss,  welcher  die  linke  Stange  mitnahm, 
erfolgte  wahrscheinlich  im  Januar  1884,  als  das  Geweih  noch 
weich  und  im  Bast  war,  so  dass  beim  Sturz  des  Tieres  die  rechte 
Stange  kurz  über  der  Rose  abbrach  und  zugleich  der  Stummel 
nach  innen  gedrückt  wurde ;  dieser  Stummel  wurde  in  normaler 
Weise  gefegt  und  getragen,  was  die  schöne  Bräunung  desselben 
beweist.  Als  der  Bock  im  Dezember  1884  erlegt  worden,  hatten 
zwar  die  anderen  Böcke  längst  abgeworfen ,  aber  auch  bei  dem 
vorliegenden  Stück  scheint  die  Abstossung  zu  beginnen,  wie  eine 
Einschnürung  am  rechten  Rosenstock  annehmen  lässt;  dass  das 
Abwerfen  sich  verzögerte,  lässt  sich  aus  der  ca.  ^U  Jahr  vorher 
erfolgten  Verwundung  leicht  erklären, 

von  Herrn  Oberförster  Bürger  in  Langenau; 

Mus  rattus  L.,  Skelett,  von  Sersheim,  OA.  Vaihingen  (1874  gefangen), 
von  Herrn  Dr.  Hopf  in  Plochingen. 


~     XXVI     — 

II.  Vögel. 

Aquila  chrysaetos  Pall.,  Steinadler  S,  geschossen  von  Forstwächter  Berner 
November  1892  bei  Eutingen,  OA.  Horb. 

Es  ist  dies  unseres  Wissens  aus  neuerer  Zeit  der  erste  sichere 
Nachweis  des  gelegentlichen  Vorkommens  des  Steinadlers  in 
Württemberg.  Die  Sammlung  des  Vereins  besitzt  ein  Exemplar 
dieses  Adlers  angeblich  aus  der  Gegend  von  Ulm ,  doch  steht 
diese  Angabe  nicht  fest  und  fehlt  auch  jegliche  Zeitangabe ;  das 
Stück  stammt  noch  aus  der  Sammlung  der  K.  Centralstelle,  welche 
1850  mit  der  Vereinssammlung  verschmolzen  wurde.  Möglicher- 
weise findet  sich  noch  das  eine  oder  andere  Exemplar  in  Privat- 
sammlungen besonders  Oberschwabens.  Der  Steinadler  zählt  heute 
zu  den  seltenen  Irrgästen  der  Württemberger  Vogelfauna;  noch 
im  Anfang  des  Jahrhunderts  erschien  er  nach  den  Angaben  von 
C.  L.  Landbeck  (Systematische  Aufzählung  der  Vögel  Württem- 
bergs 1834)  zwar  auch  nur  gelegentlich,  aber  entschieden  häufiger, 
und  dass  er  in  noch  früherer  Zeit  der  schwäbischen  Vogelwelt 
als  ständiges  Glied  zugehörte,  weist  v.  Tscherning  in  vorliegen- 
dem Jahreshefte  in  einem  grösseren  Aufsatz  nach, 

von  Herrn  Graf  Schenk  v.  Stauffenberg,    erblicher  Reichsrat  der 

Krone  Bayern ; 

Poäiceps  cristatus  Lath.,  Haubensteissfuss,  Gelege  mit  4  Eiern,  Olzreuter 
See,   9.  Mai   1894, 

von  Herrn  Oberförster  Frank  in  Schussenried ; 

Lanius  minor  Gm.,  grauer  Würger,  Eier,  Pflugfelden  bei  Ludwigsburg, 
von  Herrn  Prof.  Rettich  in  Stuttgart; 

Totanus  fuscus  Leist.,  dunkler  Wasserläufer  6,  Liebeisberg,  OA.  Calw, 
15.  Mai   1894. 

Diese  Art  ist  für  Württemberg  ein  immerhin  nicht  häufiger 
Zugvogel,  der  besonders  auf  dem  Herbststrich  gesehen  wird.  Bis- 
her liegen  Beobachtungen  vor  aus  Oberschwaben  und  von  Bodels- 
hausen ;  für  den  Schwarzwald  ist  sein  Vorkommen  neu.  Die 
Vereinssammlung  besass  bis  jetzt  ein  Exemplar  ($  juv.)  vom 
Schmiechener  See  (cf.  Jahreshefte  Bd.  48.  1892.  p.  267), 
von  Herrn  Hofrat  Dr.  Wurm  in  Teinach ; 

Emheriza  citrindla  L.,  Goldammer,  c?  var. ,  Beihingen  a.  N.,  OA.  Lud- 
wigsburg,  24.  Januar   1895. 

Die  Varietät  ist  charakterisiert  durch  Vorherrschen  des  Gelb. 
Der  Kopf  ist  einfarbig  intensiv  gelb ;  besonders  bemerkenswert 
ist  das  Auftreten  von  Gelb  an  den  Flügeln ;  in  beiden  Flügeln 
sind  die  Deckfedern  und  zwei,  resp.  drei  Federn  der  Armschwingen 
von  gleicher  Färbung  wie  bei  dem  Kanarienvogel:  die  Innen- 
fahne ist  weiss ,  die  Aussenfahne  gelb ;  am  rechten  Flügel  zeigt 
auch  eine  Feder  der  Handschwinge  diese  Färbung.  Rücken  und 
Schulter  mit  vereinzelten  gelben  Federn  untermischt,  Schwanz 
normal, 

von  Herrn  Lehrer  Wilh.   Mezger  in  Beihingen; 


—     XXVll     — 

ButiciUa  tithys  Bechst.,  Hausrotschwanz,  Nest  mit  2  Eiern,  Stuttgart, 

von  Herrn  Prof.  Bernecker  in  Stuttgart ; 
dasselbe.     Verlassenes  Nest  mit  5  Eiern,  Maisenhälden  bei  Möckmühl, 

von  Fräulein  A.  Fischer  in  Stuttgart ; 
MotaciUa  alba  L.,  Bachstelze,  Nest  mit  3  Eiern,  Stuttgart,  Güterbahnhof, 
21.  Juni   1893, 

von  Herrn  Präparator  Jäger  in  Stuttgart; 
Parus  caudatus  L.,  Schwanzmeise,  Nest,  Stuttgart, 

von  Herrn  Tiermaler  Friedr.  Specht  in  Stuttgart. 

III.  Fische. 

Coregonus  fera  Jdr.  var.  maxima  Klz.  ,  Kropf-  oder  Tiefefelchen  (nicht 
=  Kilchen),  3  Stück,  Bodensee, 

Coregonus  fera  Jue.  var.  major  Klz.,  Sandfelchen  (Laichzeit  1. — 15.  Nov.), 
5  Stück  und   1   Skelett,  Bodensee, 

Coregonus  fera  Jur.  var.  minor  Klz.,  Weiss-  oder  Silberfelchen,  Tiefe- 
felchen (Laichzeit  15. — 30.  Nov.),  5  Stück  und  1  Skelett,  Bodensee. 
Es  sind  dies  Originalexemplare ,  in  deren  Untersuchung  Prof. 
Dr.  Klunzinger  bei  seinen  Studien  über  die  schwierige  Artbegren- 
zung des  Sandfelchen  zu  der  Aufstellung  der  oben  genannten  drei 
Varietäten  gelangt  ist, 

von  Herrn  Prof.  Dr.  Klunzinger  in  Stuttgart. 

IV.  Mollusken. 

Eine  Sammlung  von  Land-  und  Süsswassermollusken ,  100  Species  in 
zahlreichen  Exemplaren  aus  allen  Gegenden  Württembergs.  Her- 
vorzuheben sind  Helix  monodon  F:ßR.  von  Denkendorf  und  drei 
Varietäten  von  Helix  pomafia  L.,  nämlich  var.  turrita,  var.  sini- 
strorsa,  var.  scalariformis, 

von  Herrn  Assistent  Dr.  0.  Buchner  in  Stuttgart; 
Sphaerium  corneum  Müll.  ,    Planorhis  marginatus  Müll.  ,    lAmnaea  auri- 
cularia  Drp.  ,  Bithyma  teniacidata  Müll.  ,    Schmiech    bei  Ehingen, 
Hdix  pomatia  L.  var.  Albino, 

von  Herrn  Prof.  S  p  o  r  e  r  in  Ulm  ; 
Pupa  arenacea  Drp.,  Eselsburg  im  Brenzthal, 

von  Herrn  Sanitätsrat  Dr.   Steudel  in  Stuttgart; 
Pisiditim  Foreli  Cless.,  Bodensee,   25  m  Tiefe, 

„  demissum  Cless.,  Bodensee,  28 — 50  m  Tiefe,  nebst  weiteren 
10  Arten  Tiefsee-Mollusken  aus  anderen  subalpinen  Seen,  als 
Jubiläumsgabe  gestiftet, 

von  Herrn  Bahnverwalter  Clessin  in  Ochsenfurt. 

V.  Bryozoen. 

Cristatdla  mucedo  Cuv.,  Altwasser  bei  Ulm,  Oktober  1894,  neuer  Fundort, 

von  den  Herren  Prof.   Sporer  und  Prof.   Dr.  Lampert; 
Fredericella  siätana  Gerv. ,    Aalkistensee   bei  Maulbronn,    August  1894, 
von  den  Herren  Prof.  Dr.  Lampert,  Dr.  Vo sseler  und  H.  Fischer. 


-      XXVIII     — 

VI.  Arthropoden. 
A.  Insecta. 

Apis  melUfica  L.,  Honigbiene.     Waben  mit  vielen  Entwickelungsstadien, 
verschiedenen    Pollensorten,    Arbeiter-,    Drohnen-,    Königinzellen 
(16  auf  einem   kleinen  Wabenstück    eng  beieinander),    Stuttgart, 
von  Herrn  Kaufmann  Leyrer  in  Stuttgart; 

Xf/locopa  violacea  L.,  Imago,  Puppe  und  das  für  die  Sammlung  neue 
Nest  aus  einem  Ast  vom  Apfelbaum,   Stuttgart, 

von  Herrn  Adolf  Ber necker  in  Stuttgart ; 

Xt/locopa  violacea  L.,  2  St.,   Stuttgart, 

von  Herrn  Oberreallehrer  Friz  in  Untertürkheim; 

ein  grosses  Ameisennest  aus  einer  Schwarzpappel,  Monrepos, 
von  Herrn  Verwalter  Kreuz  in  Monrepos; 

Cerambyx  heros  Scop.  in  einem  Frassstück  (Eiche), 
von  Herrn  K  o  h  s  e  r  in  Stuttgart ; 

Donacien  vom  Olzreuter  See, 

von  Herrn  Oberförster  Frank  in  Schussenried  ; 

Donacien  und  deren  Entwickelung  (Puppe,  Kokon,  Käfer),   Federsee, 
von  den  Herren  Prof.  L  a  m  p  e  r  t  und  Graf  v.   S  c  h  e  1  e  r ; 

Ichneumoniden  in  8  Stück  und  ca.  4  Species  und  1  Sirex;  erstere 
z.  T.   Parasiten  aus  einer  Anzahl  von 

Cecidomyen  aus  Fichtenzapfen  und  Astgallen  der  Lärche,  Stuttgart, 

Coleopteren  darunter:  Parpuricenus  Köhleri  Fab.  und  3  Lytta  vesicatoria  L. 
(Heidenheim), 

Dipteren  aus  Agrotis  tritici  L., 

Eier  von  Fieris  napl  L.  und  Psyche  unicolor  Hufn.,  neu  für  die  Samm- 
lung, 

Lepidopteren  ca.  50  Stück  in  36  Arten,  darunter  24  Mikros,  ausserdem 
als  Jubiläumsgabe  eine  reizende  Kollektion  von  38  der  kleinsten 
Mikrolepidopteren  in  14  Species  in  einem  Kästchen  von  der 
Grösse  einer  schwedischen  Zündholzschachtel  aufgestellt  und  be- 
stimmt, vorwiegend  aus  Stuttgart, 

von  Herrn  Sanitätsrat  Dr.  Steudel  in  Stuttgart; 

Coleopteren  aus  dem  Dachswald  bei  Heslach,  Vaihingen  a.  F.,  Kolbach- 
thal bei  Liebenzell, 

Rhynchoten,  Dipteren,  Larven,  Puppen  verschiedener  Insekten,  ebendaher, 

jTac/wwa-Larven ,  16  St.,  welche  eine  erwachsene  Raupe  von  DeilepMla 
elpenor  L.   total  ausgefressen  haben  (Tübingen), 

Phryganeenpuppen  und  Gehäuse ;  solche  von  Glossosoma  sp.  einen  Stein 
ganz  überdeckend,  Kolbach  bei  Liebenzell, 

Tenthredinen  nebst  Kokons,   Stuttgart, 

Oxypterum  pallidum  Leach  mit  Larve,  neu  für  die  Sammlung, 

Procnistes  coriaceus  L.  eine  Arionta  arhustorum  L.  mit  kalkarmem  Ge- 
häuse verzehrend,  Ernstmühl, 

Eier  von  Gastrop.  querciis  L., 

von  Herrn  Dr.  V  o  s  s  e  1  e  r  in  Stuttgart ; 
Hypocampa  milhauseri  F.,  Kokons, 


—     XXIX     — 

Boletöbia  fuliginaria  L.,  Kokons  hängend, 

von  Herrn  Xylograph  Jäger  in  Stuttgart; 
Cecidomya  Poae  Bosc,  Gallen  an  Poa  nemorae  L., 

von  Herrn  Prof.  Dr.   Klunzinger  in  Stuttgart; 
zahlreiche  Lepidopteren  (ca.   80  Stück    in   50  Arten) ,    tadellose  Exem- 
plare,  darunter  eine  eigenartige  Aberration  von  Vayiessa  antiopa  L., 
ferner  Kokons,  Puppen,   Schmetterlinge  von  Heterogenes  limacodes 

HUFN., 

Coleopteren   15   Stück  in  9  Arten, 

Orthopteren   5   Stück  in  2  Arten,   eine  Lihellula, 

von  Herrn  Kaufmann  Bub  eck  in  Stuttgart; 
Argynnis  Lathonia  L.,  Aberration  mit  blassem  linkem  Vorder-  und  rech- 
tem Hinterflügel, 

von  Herrn  Schlossermeister  Binder  in  Stuttgart; 
Polyommatus    virgaureae   Ol.  ,    Aberration    mit    blassem    Fleck    auf   dem 

rechten  Vorder-  und  Hinterflügel,  Böblinger  Wald, 
6  Lepidopteren, 

von  Herrn  Postrevisor  Käst  in  Stuttgart; 
Coleopteren  von  der  Alb, 
Diptere  von  Neckarrems, 

verschiedene  Arthropoden ,    meist  Insekten ,   an  Klebhirse  {Sefaria  verti- 
cillata  P.   Bauv.)  angeklebt  und    so    gestorben,    Neckarweihingen, 
Machilis,  Hoheneck, 

von  Herrn  H.  Fischer  in  Stuttgart ; 
eine  sehr  schöne  Kollektion  von  ca.   80  Lepidopteren  in  über  50  Arten, 
darunter  Epinephele  Janira  L.   S  mit  hellen  Hinterflügeln,  Würt- 
temberg, 

von  Herrn  Kaufmann  Losch  in  Stuttgart; 
14  Melitaeen  und  Argynnis,  darunter  eine  Argynnis  paphia  L.  mit 
dunkeln  nur  wenig  Zeichnung  aufweisenden  Flügeln.  Diese  inter- 
essante Varietät  zeigt  auch  auf  der  Unterseite  abweichende  Fär- 
bung und  ist  erst  nach  genauer  Betrachtung  als  zu  der  gen.  Art 
gehörig  zu  erkennen,  Weissenau, 

von  Herrn  Oberförster  Probst  in  Kirchheim ; 
Uydrophylus  picetcs,    ganz   junge  Larven    dieses   um    Stuttgart    seltenen 
Wasserkäfers,  Stuttgart  beim  Rosenstein, 

von  Herrn  Oberlehrer  Schlenker  in  Cannstatt; 
verschiedene  Lepidopteren, 

von  Herrn  Verlagsbuchhändler  Bleil  in  Stuttgart; 
Coleopteren,  Dipteren,   4   Arten  in   5  Exemplaren,  Wanzen, 

von  Herrn  Oberreallehrer  Rieb  er  in  Ludwigsburg; 
Cryptorhynchns  Lapathi  L.,  Frassstücke  von  Erlen  mit  Larven  und  Käfern 
(verheerendes  Auftreten), 
von  Herrn  Kaufmann  Herm.   Ostertag  in   Stuttgart; 
Cryptorhynchus  Lapathi  L.,  Frassstücke  von  Birken,  unter  denen  dieser 
Rüssler  im  vergangenen  Jahre  ebenfalls   ungeheure  Verwüstungen 
anrichtete,  Hürbel, 
von  Herrn  Oberförster  Schwendtner  in   Ochsenhausen; 


—     XXX     - 

Machilis  sp.,  Stuttgart, 

von  Herrn  Lehrer  Lutz  in  Stuttgart; 
Odonaten   15  Stück  in  9  Arten,  Orthopteren  {Pachi/tilus)  vom  schwarzen 
Grat, 

von  Herrn  Assistent  Kopp  in  Biberach; 
Osnioderma  eremita  Scop.,  Stuttgart, 

von  Herrn  Präparator  Kerz  in  Stuttgart; 
GryUus  domesticus  L.,  Stuttgart, 

von  Herrn  Kustos  E  i  c  h  1  e  r  in  Stuttgart. 

B.  Arachniden. 

Verschiedene  Araneen  vom  Dachswald  bei  Heslach    und  Ernstmühl   bei 
Calw, 

von  Herrn  Dr.  Vosseier  in  Stuttgart ; 
Epeira  diademata  Cl., 

„        marmorea  var.  pyramidata  Cl.,  Neckarweihingen, 
Tegenaria  sp.,  Stuttgart, 

von  Herrn  H.  Fischer  iu  Stuttgart; 
Meta  Merianae  Scop.,  Vaihingen, 

von  Herrn  Lehrer  Stettner  in  Vaihingen  : 
ZiUa  calopliylla  und  andere  Spinnen, 

von  Herrn  Lehrer  Lutz  in  Stuttgart; 
Epeira  sp., 

von  Herrn  Präparator  Kerz  in  Stuttgart. 

C.  Crustaceen. 

Gammants,  Äsellus,  Nagold  bei  Liebenzell, 
Niphargus,  Tübingen, 

von  Herrn  Dr.  V  o  s  s  e  1  e  r  in  Stuttgart ; 
Copepoden  {Oyclops,  Diaptomus,  CanfJiocamptus),  darunter  neu  für  Würt- 
temberg : 
Cyclops  phalerahis  Koch,  Heidenheim, 
„        vernalis  Fisch.,  Cannstatt, 
.   „        oithonoides  Sars.,  Aalkistensee  bei  Maulbronn, 
von  den  Herren  Prof.  Dr.  Lampert,  H.  Fischer  und  Dr.  Vosseier 

in  Stuttgart. 

0.  Myriopoden. 

Polydesmus  sp.,  Welzheimer  Wald, 

von  Herrn  Dr.  Vosseier  in  Stuttgart. 

VII.  Spongien. 

Als  Geschenke: 

Ephydatia  Mülleri  Liebere.,   Brenz  bei  Heidenheim,   2.  Sept.  1893.    Sehr 
grosse  klumpenförmige  Exemplare, 

von  Herrn  Oberförster  Holland  in  Heimerdingen; 
Ephydatia  fluviatüis  L.,   Schreckensee,   7.  Nov.    1894, 

von  Herrn  Oberreallehrer  Zoll  er  in  Rottweil; 


—     XXXI     — 

Ephydatia  fluviatüis  L.,  Altwasser  bei  Ulm, 

von  Herrn  Prof.   S  p  o  r  e  r  in  Ulm. 

VIII.  Mikrofauna. 

Als  Geschenke: 
Aus  Gewässern  bei  Denkendorf,  Hirsau,  Liebenzell,  Hall  und  aus    dem 
Bodensee, 

von  Herrn  Dr.   Vosseier  in  Stuttgart ; 
aus  verschiedenen  Gewässern  bei  Altshausen  und  aus  dem  Schreckensee: 
zu   16  verschiedenen  Malen,   die  sich  auf  6  Monate  verteilen,  ge- 
sammelt, 

von  Herrn  Oberreallehrer  Zoll  er  in  Rottweil; 
aus  dem  Olzreuter  See,  in  drei  verschiedenen  Monaten  gesammelt, 

von  Herrn  Oberförster  Frank  in  Schussenried ; 
aus  dem  Obersee  bei  Kisslegg,  Altwassern  bei  Ehingen  a.  D.  und  Ulm  a.  D., 

von  Herrn  Prof.   S  p  o  r  e  r  in  Ulm  ; 
aus  Torfmooren  bei  Langenau, 

von  Herrn  Oberförster  Bürger  in  Langenau; 
aus  einer  Anzahl  von  Gewässern  in  der  Umgebung  Stuttgarts, 
von  Herrn  H.   Fischer  in  Stuttgart. 

B.  Botanische  Sammlung'. 

(Konservator:  Kustos  J.  Eichler.) 
Als  Geschenke: 
Sisymbrium  pannonicum  Jacq.    1   Exemplar  i.  J.   1889    hinter    dem  Pro- 
viantamt in  Ulm  gefunden ;   seither  nicht  mehr  beobachtet, 
Silene  dichotoma  Ehrh.    (in  Südeuropa    einheimisch).     Auf   einem  Klee- 
acker bei  Langenau   1893.     Diese  Art  wurde  auch  früher    schon 
von    Her t er    bei    Hummertsried    und    vom  Einsender  i.  J.    1890 
an  der  Donaubastion  bei  Ulm  gefunden,  von  wo  sie  jedoch  wieder 
verschwunden  ist, 
Aster  parviflonis  Nees,   1893  im  Festungsgraben  beim  Stuttgarter  Thor 

in  Ulm, 
Sfenadis  hellidiflora  A.  Be.,  Nersingen  bei  Ulm, 
Centaurea  soIsUtialis  L.,  Friedrichsau  bei  Ulm, 
Mimulus  luteus  L.,   1892  ebenda, 
Hierochloa  odorata  Whlbg.,    1893  im  Örlinger  Thal  bei  Ulm, 

von  Herrn  Reallehrer  Haug  in  Ulm; 
Anthemis  tinctoria  L.,  Ober-Haugstett,  OA.  Calw, 
Collomia  grandiflora  Dougl.,  Teinach, 

von  Herrn  Lehrer  Hermann  in  Neu-Bulach ; 
Arabis  pauciflora  Gakcke,   am  Tafelberg  bei  Althengstett,   OA.   Calw, 
Beseda  lutea  L.,   am  Otterbrunnerberg  bei  Hirsau, 
Polypodium  Dryopteris  L.,  Hirsau, 
Asplenium  viride  Hudson,  Ober-Kollbach, 
,,  septentrionale  Swaetz,  Zavelstein, 

von  Herrn  Oberförster  Koch  in  Hirsau; 


-      XXXII     — 

Ärtemisia  annua  L.,  in  Sibirien  einheimisch ;  wurde  seit  einigen  Jahren 

auf  Schutt  an  der  Donau  in  der  Friedrichsau  bei  Ulm  beobachtet, 

Matricaria    discoidea  DC. ,    in    Ostasien    und    Westamerika    einheimisch; 

wurde  seit  einigen  Jahren  an  mehreren   Stellen  in  und   um  Ulm, 

besonders  in  der  Nähe  der  Bahnhöfe  beobachtet, 

Carex  teretiuscula  Goobenough,  im  Arnegg-Ried  bei  Ulm, 

von  Herrn  Prof.  Mahl  er  in  Ulm; 
Corydcäis  soUda  Smith,  aus  dem  Eutinger  Thal,  OA.  Horb, 
von  Herrn  Forstreferendär  Probst  in  Horb ; 
25  Arten  Phanerogamen  und  Kryptogamen  hauptsächlich  vom  Heuberg, 
darunter : 

Asperula  tinctoria  L.,  Wehingen-Böttingen, 
Scorzonera  huniüis  L.,  Bubsheim-Gosheim, 
Hieracium  bupleuroides  Gmelin,  Beuron, 
Salix  licida  Wahlenberg,  Böttingen-Gosheim, 
,,      amlilgua  Ehbhart,  Deilingen, 
;,      aurita  L.,  Frittlingen-Neufra, 
„      purpurea  X  aurita,  Frittlingen, 
„      caprea  X  purpurea,  Frittlingen-Neufra, 
von  Herrn  Lehrer  Scheuerle  in  Frittlingen; 
Fraxinus  excelsior  var.  monophylla  Desfontaines,  aus  dem  Kirrbachthal 
zwischen  Klein-Sachsenheim  und  Rechentshofen, 

von  Herrn  Lehrer  G.  Stettner  in  Vaihingen  a.  E. ; 
Bhizomorpha  suhcorticalis  Pebsoon, 

von  Herrn  Forstrat  Pfizenmayer  in  Blaubeuren; 
1   Sammlung  von  Flechten  aus  dem  Schwarzwald : 

Cornictüaria  aculeata  ß  coelocaula  Flotow,  Neu-Bulach, 
Sphaerophorus  coralloides  Pebsoon,  Wildbad, 
Stida  scrobiculata  Scopoli,  Neuweiler,  OA.  Calw, 

„      Ptümonaria  (L.)  Schaeker,  Breitenberg,  OA.  Calw, 
Sticüna  süvatica  (L.)  Ntlander,  Bulach, 
Peltigera  venosa  (L.)  Hoffmann,  Bulach, 
IJmhilicaria  pustulata  Hoffmann,  Bulach, 

Aspicilia  calcarea  (L.)  Koerbeb,    auf  Juniperus-Rinde ,    Bulach, 
Baeomyces  roseus  Pebsoon,  Bulach, 
Synediöblastus  flacddus  (Ach.)  Koebber,  Bulach, 
von  Herrn  Lehrer  Jul.  Hermann  in  Neu-Bulach; 
1   Sammlung    von   28   Arten  Desmidia.ceen    aus    dem    Ebnisee    und    von 
Schwenningen  a.  N.  in  30  mikroskopischen  Präparaten,  darunter  13 
(durch  Sperrdruck  bezeichnete)  für  Württemberg  neue  Arten : 

Hyalotheca  dissüiens  Be^bisson,  Desmidium  quadrangulatum 
Ralfs,  aus  dem  Ebnisee ;  Penium  Digitus  ^^'eb.,  Schwenningen; 
Penium  lamellosum  Br^ib.  ,  Navicula  BrSb.  ,  margaritaceum  BbSib., 
Closterium  Lumüa  Eheenbebg ,  striolatum  Ehrb.  ,  attenuatum 
Ehrb.  ,  didymotocum  Corda  ,  aus  dem  Ebnisee ;  Gl.  rostratum 
Ehrb.,  Schwenningen;  Pleurotaenium  spec,  Tetmemorus  granulatus 
Ralfs,  Xanthidium  cristaium  Br^ib.  ,  Euastrum  oblongum 
Ralfs  ,    aus    dem  Ebnisee ,    die    letzte    auch    von    Schwenningen ; 


-     XXXIII     - 


EitastrumBideltaEAi.y^,  «nsa^e^m  Ralfs,  verrucosumEnv.^.,  aus 
dem  Ebnisee;  Micrasterias  Crux  melitensis  Ehrb.  ,  Schwenningen  • 
denUculata  Bb^b.,  Ebnisee;  rotata  Ralfs,  Ebnisee  und  Schwen- 
ningen;pa2;.ZZz/era  Ralfs,  truncataB^t^.,  Ebnisee;  Cosmarium 
leaa^ÄZT  Tli  ^^^^"'"^""^  E^^^- '  Sehwenningen;  ^^.as^.,,^ 
sp  er  sunt  Ralfs,  Ebnisee, 

von  Herrn  Apotheker  Sattler  in  Cannstatt. 

C.  Mineralogisch-Palaeontologische  Sammlung. 

(Konservator:   Prof.  Dr.   Eb.   Fr  aas.) 

Als  Geschenke: 
a)  Mineralien: 
Kalkspatdruse,  Allmendingen, 

.    o.  r  ^^^  ^^^"^"^  ^^-   ^-   ^eube  in  Ulm; 

4  Stufen  ged.   Silber  aus  der  Grube  Sophia  bei  Wittichen 
von  Frau  Regierungsrat  Kies  er  in  Stuttgart;' 
Arragonit-  und  Kalkspatdruse,  Kleinsachsenheim 

von  Herrn  Oberlehrer  Fritz  in  Untertürkheim; 
bj  Gesteine: 
Vervollständigung  der  Zusammenstellung  angeschliffener  erratischer  Kiesel 
12' Stück      "^'''  ''°''  Ravensburg  (siehe  vorigen  Jahrgang  S.  XIV) 

90  R       u  ^°"  ^™  Kaufmann  F.   Kr  aus  s  in  Ravensburg; 
20  Basalte  und  Basalttuffe  der  schwäbischen  Alb 

von  Herrn  Prof.  Dr.  E.  Fr  aas  in  Stuttgart. 

c)  Petrefakten: 
24  Stück  Ammonites  Murchisonae,  Braun- Jura,   Gosheim 

von  Herrn  Lehrer  Scheuerle  in  Frittling'en; 
■i  Ammomtes  radians,  Lias,  Wasseralfingen, 
1  „  TJlmensis,  Weiss-Jura,  Bolheim 

Balcosaurus  maximi^    prachtvolles  Kieferstück,  Weiss-Jura,  Heidenheim 
Sphaerodus-ZB^xn^,  Weiss-Jura,   Schnaitheim  "«nneim, 

Maclimiosaurus  sp.,  Weiss-Jura,  Schnaitheim 

grosse  Suite  verkieselter  Korallen,   Weiss-Jura,  Nattheimer  Forst 
Ischodus  avüa  {CMmaera),  Ober-  und  Unterkiefer,  Weiss-Jura,  Schnaiiheim 
Pecten  subspmosus,  Weiss-Jura,  Sontheim,  ^cnnaitüeim, 

von  Herrn  Oberförster  Holland  in  Heimerdingen- 
Zusammenstellung   der    miocänen  Flora    von  Heggbach    mit  4ö   Species 

ZJ-u'         '''"^"'  ^''  ^'"^S^"^^^  ^^   d«"  Abbildungen    und 
Beschreibungen  m  unseren  Jahresheften  Jahrg.    1883  u     1884 
Zusammenste  lung    der    tertiären    Haifischzähne    und    Cetaceenreste    lus 
der  Meeresmolasse  von  Baltringen  mit  35  Species  und  200  Stück 

^0°  Herrn  Pfarrer  Dr.   Probst  in  Essendorf; 
IrocJiothenum  cyamoides,  Miocän,  Steinheim 
Leuciscns,  Miocän,  Steinheim,  ' 

von  Herrn  Pharion  in  Steinheim  am  Aalb.  • 

Jahreshefts  d.  Vereins  f.  vaterl.  Naturkunde  in  Württ.   1895.  ' 


—     XXXIV     — 

Simosaurus  (Wirbel),  Muschelkalk,  Vaihingen  a.  d.  E., 

von  Herrn  Lehrer  Stettner  in  Vaihingen  a.  d.  Ü.; 
Pentacrinus  Sigmaringensis  (Kelch),  Weiss-Jura,  Bachagel, 
4  Ämmonites  rumpens,  Lias,  Faxenfeld,  i^    ,    •  d     v,       i 

50  oligocäne  Schnecken  mit  9  Species  aus  einer  Juraspalte  bei  Bachagel, 

von  Herrn  Lehrer  Wagner  in  Sachsenhausen  bei  Giengen; 
grosse  Suite    chilenischer  Juraversteinerungen    mit   über  200  Stuck    in 

50   Species, 

von  Herrn  Dr.  W.  Mörike  in  Freiburg  i.  Br.; 
4  Strohüites  Sigmaringensis,  Tertiär,  Engelswies, 
2  Eyotherium  Meissneri,  Tertiär,  Engelswies, 
1  Diadema  subangulare,  Weiss-Jura,  Nollhaus  bei  Sigmaringen, 
1   Ämmonites  planula,   Weiss-Jura,  Röthhard  bei  Wasseralfingen, 
von  Herrn  Geh.  Kommerzienrat  F.  A.  Krupp  m  Essen; 
Campylognathus  ZitteU  Plien.,  ein  prachtvoll  erhaltener  neuer  Flugsauner 
aus  dem  Posidonienschiefer    von  Holzmaden,    Original   zu  Palae- 
ontographica  Bd.   41,  n   tt  r» 

von  Herrn  Geh.   Kommerzienrat  F.  A.  Krupp  in  Essen  und  Herrn  Dr. 

F.  Plieninger  in  München; 
aathropht/llum  reüculakm,  Schilfsandstein,  Stuttgart, 

von  Herrn  Werkmeister  Gaugier  in  Stuttgart; 
6   Ammoniten  aus  dem  russischen  Jura  von  Moskau, 
55  Fossile  in   17   Species  aus  dem  Krakauer  Weiss-Jura  ,     .„^^ 

Ichthyosaurus  numismalis,  Lias,  Kirchheim,  Original  zu  den  Jahresh.  l«y^, 
Wurzelstock  von  Apiocrinus,  Weiss-Jura,  Sontheim  a.  Br., 

von  Herrn  Buchhändler  E.  Koch  in  Stuttgart; 
Glyphaea  n.  sp.,  Weiss-Jura,  Honau, 
Ämmonites  Schilleri,   Weiss-Jura,  Reutlinger  Alb, 
deltafalcatus,  Braun-Jura,  Eningen, 
von  Herrn  Lehrer  Zwiesel  e  in  Reutlingen; 
2  Nothosaurus-}i?i\sv}ivhe\,  Muschelkalk,   Crailsheim, 

von  Herrn  Oberreallehrer  Kutscher  in  Crailsheim; 
Spiriferina  fragüis,  Muschelkalk,  Fellenberg, 
Ostrea  muUicostata,  Muschelkalk,  Fellenberg, 
Ämmonites  Scipionianus,  Lias,   Ohmenhausen, 

acanthicus  (Riesenexemplar),  Weiss-Jura,  Münsingen, 
Material    der  Ausgrabungen    in    der    Charlottenhöhle    bei    Hurben,    be- 
stehend  aus : 

50  Skeletteilen  von   Ursus  prisciis, 
70  „  „         ;;       spelaeus, 

4  ,,  ,,     Felis  spelaea, 

3  ,,  ,,     Bos  priscus, 

6  ,,  ,,     Equus  fossilis, 

3  ^^  ,,     Bhinoceros  tichorhinus, 

von  Herrn  Prof.   Dr.  E.  Fr  aas  in  Stuttgart; 
4  Zähne  und  Kieferstücke  von  DaJcosaurus,  Weiss-Jura,  Schnaitheim, 
1   Kieferstück  von  Sphaerodus,   Weiss-Jura,  Schnaitheim, 
von  Herrn  Dr.   Weinberg  in  Stuttgart; 


—     XXXV     — 

Ammonites  acanthicus,  Weiss-Jura,  Allmendingen, 

von  Herrn  Dr.  G.  Leube  in  Ulm; 
Trigonia  navis,  Braun- Jura,  Donzdorf, 
Ammonites  Hauffianus,  Weiss-Jura,  Kuchalp, 
„  Strmichianns,  Weiss-Jura,  Bosler, 

Nautilus  aratus,  Lias,  Eislingen, 

Asterias  prisca,    Braun-Jura,    Donzdorf,    Prachtstück    und    Original    zu 
Jahreshefte   1892, 

von  Herrn  Dr.   Wenz  in  Donzdorf; 
Spiriferina  fragilis,  Muschelkalk,  Braunsbach, 

von  Herrn  Lehrer  Botsch  in  Braunsbach  bei  Hall; 
Mhinoceros  tichorhinus  (Unterkiefer),  Löss,  Waiblingen, 

von  Herrn  Fabrikant  Hess  in  Waiblingen ; 
Ammonitenknollen  aus  Lias  ö  von  Banz, 
Ammonites  ßexnosus  mit  Aptyclms  von  Solnhofen, 

von  Frau  Regierungsrat  K  i  e  s  e  r  in  Stuttgart ; 
Ammonites  arenatus,  Braun-Jura,  Eningen, 

„  amaltheus  gigas  (Riesenexemplar),  Lias,  Hechingen, 

„  spiratisshnus  (Riesenexemplar),  Lias,  Endingen, 

von  Herrn  Pfarrer  Gussmann  in  Eningen ; 
Schädel  von  Hyhodus  reticulatus  (Unikum),  Lias,  Holzmaden, 

von  Herrn  B.  Hauff  in  Holzmaden; 
£mifs  Haslachensis,  Tertiär,  Haslach, 

von  Herrn  Präsident  v.   S  c  h  1  i  e  r  h  o  1  z  in  Stuttgart ; 
Suite  kranker  Ammoniten,   Originale  zu  Leopoldina  und  zwar: 
Ammonites  natrix,  Lias,  Kirchheim, 
„  longidomns,  Lias,   Gmünd, 

;,  amaltheus,  Lias,  Salach, 

„  colubrinus,  Weiss-Jura,  Immendingen, 

von  Herrn  Pfarrer  Dr.  Engel  in  Eislingen; 
Helix  pomatia,  Neckarthailfingen,  krank,   Original, 

von  Herrn  Lehrer  Geyer  in  Neckarthailfingen; 
Ammonites  Parkinsoni  coronatus,  Braun-Jura,  Beuren,  Original  zu  Qüen- 
stedt's  Ammoniten  Taf.   74   Fig.   24, 

von  Herrn  Dr.  C.  Beck  in  Stuttgart ; 
Latusastraea  alveolaris,  Weiss-Jura,  Nattheim, 

von  Herrn  Dr.   Wölffing  in  Stuttgart; 
Baianus  tintinabulum,  Tertiär,  Dischingen, 

von  Herrn  C.  Hildenbrandt  in  Ohmenhausen ; 
-Placodus  gigas,  Wellengebirge,  Dornhan, 

von  Herrn  Prof.  Miller  in  Stuttgart ; 
Peuce  im  Gyps,  Asperg, 

Trigonodus  Sandhcrgeri,  Muschelkalk,  Markgröningen, 
Myoplwria  laevigata,  Hoheneck, 

von  Herrn  E.  Schwarzkopf  in  Asperg; 
Schädel  von  Nothosaurus  Andriani,  Muschelkalk  von  Crailsheim, 
von  Herrn  Apotheker  Blezinger  in  Crailsheim. 


—     XXXVl     - 

D.  Die  Vereinsbibliothek 

hat  folgenden  von  Kustos  J.  E  i  c  h  1  e  r  verzeichneten  Zuwachs  erfahren  : 

a.  Durch  Geschenke: 
Geognostische  Specialkarte  von  Württemberg :  Atlasblatt  Freudenstadt, 
revidiert  1893  von  Dr.  E.  Fraas;  Begleitworte  dazu  von  Dr. 
E.  Fraas  1894. 
Geognostische  Frofilierung  der  Württembergischen  Eisenbahnlinien : 
VIII.  Fraas,  E. ,  Die  Eisenbahnlinie  von  Reutlingen  nach  Mün- 
singen.   1893. 

Vom  K.   statistischen  Landesamt. 
Congres    international    de    Zoologie.      2ieme    Session    ä    Moscou    1892. 

II.  partie.  Moscou  1893. 
Congres  internationaux  d'Anthropologie  et  d'Archeologie  prehistorique 
et  de  Zoologie  ä  Moscou  1892:  Materiaux  reunis  par  le  comite 
d'organisation  des  congres  concernant  les  expeditions  scientifiques, 
les  excursions  et  les  rapports  sur  les  questions  touchant  les 
congres.  (2  Teile.)  Moscou   1893. 

Congres  international   de  Zoologie. 
Engel,    Dr.,    Über    kranke    Ammonitenformen    im    schwäbischen  Jura. 
(Sep.-Abdr.   aus  Nova  Acta  der  Kais.  Leop.-Carol.  Akad.   d.  Naturf. 
Bd.   61.)  Halle   1894. 

Vom  Herrn  Verfasser. 
Wi  nslow,  A.,  A  preliminary  report  on  the  coal  deposits  of  Missouri 

Jefferson  city   1891. 
Nason,  F.  L. ,  A  report  on  the  iron  ores   of  Missouri.    Ebenda  1892. 
Schweitzer,    P. ,     A    report    on    the    mineral    waters    of    Missouri. 
Ebenda   1892. 

Von  Herrn  Privatier  Diefenbach,  Stuttgart. 
Tor  ossi,  Prof.   G.  B. ,  L'embrione  del  Boa  constrictor.    1893. 

Vom  Herrn  Verfasser. 
„Aus  der  Heimat."     Eine  naturwissenschaftliche  Zeitschrift.    Organ  des 
Lehrervereins    für    Naturkunde.      Herausgeg.    von    K.    G.    Lutz. 
Jahrg.   2—6,   7.  No.   1—3   (1889  —  1894). 

Von  Herrn  Lehrer  K.  G.  Lutz,  Stuttgart. 
Bronn,    Klassen    und    Ordnungen    des    Thierreiches.      5.    Bd.  IL   Abt. 
(Gliederfüssler).  Lief.   35—40;  6.  Bd.  V.Abt.  (Säugethiere).  Lief. 
40—41. 
Leuckart,  R. ,  Die  Parasiten  des  Menschen.     Bd.   I.  Lief.   5   (1894). 

Von  der  Winter 'sehen  Verlagsbuchhandlung,  Leipzig. 
Heck,    Dr.    Karl,    Die    Hagelstatistik    Württembergs    nach    amtlichen 

Quellen  bearbeitet.     Kirchheim   1889. 
—  Die  Hagelverhältnisse  Württembergs  von   1828 — 1890. 

Vom  Herrn  Verfasser. 
Uli  mann,  Dr.  Martin,  Kalk  und  Mergel:  Anleitung  für  den  praktischen 
Landwirt    zur    Hebung    der    Bodenkultur     durch    Kalkdüngung. 
Berlin   1893. 

Von  der  Deutschen  Landwirtschafts-Gesellschaft. 


—     XXXVII     — 

Brauns,  Dr.  R. ,  Mineralogie.     (Sammlung  Göschen  Bd.  IV.) 

Von  der  G.  J.  Göschen '  sehen  Verlagsbuchhandlung,  Stuttgart. 

Knüttel,    S. ,    Bericht  über    die    vulkanischen  Ereignisse    im    engeren 

Sinne  während  des  Jahres   1892.      (Sep.-Abdr.)     Wien   1893. 

Vom  Herrn  Verfasser. 

Benckiser,  Dr.  A.,  Über  das  Vorkommen  von  indirekter  Kernteilung 

im  Corpus  luteum.     (Sep.-Abdr.) 
Blochmann,    Dr.  F.,    Über    eine    neue    Haematococcus-Art.     Heidel- 
berg  1886.  8^ 

—  Über  die  Entwickelung  von  Neritina  fluviatilis  Müll.    Leipzig   1881. 
Dalitzsch,  M.,  Beiträge  zur  Kenntnis  der  Blattanatomie  der  Aroideen 
Cassel   1886. 

Mich  eis on,    Dr.    P. ,    Zur    Histologie    der    Vater-Pacinischen    Körper- 
chen.  1869. 

Von  Herrn  Dr.   Weinberg,  Stuttgart. 

Behrens,     W. ,     Leitfaden     der     botanischen     Mikroskopie.      Braun- 
schweig 1890. 
Tabellen  zum  Gebrauch  bei  mikroskopischen  Arbeiten.  Ebenda  1887. 

Böhm,  A.  und  Oppel,  A. ,  Taschenbuch  der  mikroskopischen  Technik 
München   1890. 

Borggreve,  Prof.  Dr.  B.,  Die  Vogelschutzfrage.    1878. 

Comte,  M.  A.,  Musee  d'histoire  naturelle.      Paris   1854. 

Duj ardin,  M.,  Nouveau  manuel  complet  de  l'observateur  au  micro- 
scope.     Paris   1842. 

V.  Fischer,  J. ,    Das  Terrarium,  seine  Bepflanzung  und  Bevölkerung 
Frankfurt  a.  M.    1884. 

Graeffe,  Dr.  E. ,  Das  Süsswasseraquarium.     Hamburg   1881. 

V.  Kiese  Wetter,    H.  und  Reibisch,    Th.,    Der  Naturaliensammler. 
Leipzig   1881.  8°. 

Klasing,    Otto,    Das  Buch  der  Sammlungen.     3.  Aufl.    Bielefeld  und 

Leipzig   1878. 
Langer,    Dr.,    Das  Aquarium  und    seine  Bewohner    als  Zimmer-    und 

Gartenschmuck.     Berlin   1877. 
Martin,  Ph.  L. ,  Die  Praxis  der  Naturgeschichte.     T.  L  Taxidermie; 

T.  II.  Dermoplastik  und  Museologie.    2.  Aufl.    (Mit  Atlas.)    Weimar 

1876—1881. 
Naturwissenschaften,    Die    gesammten ,    bearbeitet    von    Dippel, 

Gottlieb,  Koppe,  Lottner,  Mädler,  Masius,  Moll,  Nauck,  Nögge- 

rath,    Quenstedt,  v.  Russdorf.    3   Bde.    Essen   1857—1859. 
Rossmässler,  E.  A. ,  Das  Süsswasseraquarium.    4.  Aufl.  Leipzig  1880. 
Tschudi,  F.  de,  Des  alpes.     Berne   1859. 
AI  tum,    Dr.    B.,    Unsere     Spechte     und    ihre    forstliche    Bedeutung. 

Berlin   1878.  ^ 

Blasius,    J.    H. ,    Naturgeschichte    der  Säugethiere  Deutschlands    und 

der  angrenzenden  Länder  von  Mitteleuropa.  Braunschweig  1857 
Brehm's  Thierleben,  gr.  Ausg.  2.  Aufl.  10  Bde.  Leipzig  1876  —  1884." 
Die  de  rieh,  Dr.  F. ,  Die  geographische  Verbreitung  der  echten  Raben 

(Corvinae).    Mit  3  Karten.    1889. 


—     XXXVlll     - 

V.  Homeyer,  E.  F.,  Die  Spechte  und  ihr  Wert  in  forstlicher  Be- 
ziehung.'2.  Aufl.     Frankfurt  a.   M.   1879. 

—  Die  Wanderungen  der  Vögel.     Leipzig   1881 

Kafka,  Jos.,  Die  Süsswasserbryozoen  Böhmens.   (Sep.-Abdr.)  l^rag  lö»/- 
Koch'Fr.,  Die  Schlangen  Württembergs.     Stuttgart  1862. 
Marshall,  Dr.  W. ,  Die  Spechte  (Pici).     Leipzig   1889. 

—  Die  Tiefsee  und  ihr  Leben.     Leipzig   1888. 

V    Martens,  K,  Über  die  Molluskenfauna  Württembergs.   18^^- 

v'  Martens     G.,  Die  Bänder  der  Hain-  und  Gartenschnecke.   18b5. 

Ornithologische  Gesellschaft,  Allgemeine  Deutsche,  zu 
Berlin.  S.  und  XL  Jahresbericht  des  Ausschusses  für  Beobachtungs- 
stationen der  Vögel  Deutschlands.      1885/1886.  ,  ^     /  , 

Reichenow,  Dr.  A. ,  Systematisches  Verzeichnis  der  Vögel  Deutsch- 
lands. ,         ,   ,  j 

V.  Riesenthal,  0.,  Die  Raubvögel  Deutschlands  und  des  angrenzenden 

Mitteleuropas.     (Mit  Atlas.)     Cassel   1876. 

—  Die  Kennzeichen  unserer  Raubvögel.    1886. 

Calwer    C.  G.,  Käferbuch.   4.  Aufl.  Herausgeg.  von  Prof.  Dr.  G.  Jager. 

H of mann,  Dr.  0.,  Über  die  Honigbiene.     Regensburg   1888. 

Möbius,  Dr.  K.,  Die  Nester  der  geselligen  Wespen.    Hamburg  ^1856. 

Hoff  mann     Dr.  J.,  Der  Schmetterlingssammler.     Stuttgart  1877. 

Gutekunst,  K.,  Botanik  mit  besonderer  Berücksichtigung  der  wurttem- 
bergischen  Flora.     Heilbronn   1874.  t    •     •     iq7o 

Hallier,  Ernst,  Katechismus  der  allgemeinen  Botanik.    Leipzig  1879. 

Hansen,  Dr.  A.,  Die  Ernährung  der  Pflanzen.     Leipzig   1885. 

Henkel,  Dr.  J.  B.  und  Hochstetter,  W. ,  Synopsis  der  Nadel- 
hölzer.    Stuttgart   1865.  „.     ,,      v  i 

V.  Martens,  G.  und  Kemmler,  C.  A.,  Flora  von  Württemberg  und 
Hohenzollern.   3.  Aufl.      Stuttgart   1882. 

Klöbisch,    R.    L.,     Deutsche    Waldbäume    und    ihre     Physiognomie. 

Leipzig   1857.  ,      ,     ,        -nr  ^A 

Nördlinger,  Anatomische  Merkmale  der  wichtigsten  deutschen  Wald- 

und  Gartenholzarten.      Stuttgart   1881. 
Prantl,  Dr.  K.,  Lehrbuch  der  Botanik.    4.   Aufl.     Leipzig   1881. 
Gutekunst,  K.,  Geognosie  und  Mineralogie  Württembergs,    d.  Aufl. 

Heilbronn   1884. 
Quenstedt,  Fr.  Aug.,  Klar  und  Wahr.     Tübingen   18/2. 
—  Fünf  Profiltafeln  zu  Muschelkalk,  Keuper,  Lias,  Brauner  und  Weisser 

Jura.     Tübingen. 
Berghaus'  Physikalischer  Atlas.      3.   Ausg.      Gotha   1892. 
Geognostische    Specialkarte    von    Württemberg:    Begleitworte    zu    den 
Blättern  Gmünd,  Stuttgart,  Tübingen.  ^       ,.    .        m 

Bögner,  J.,  Das  Erdbeben  und  seine  Erscheinungen.    Frankfurt  a.  m. 

1847. 
Falb,  Rudolf,  Von  den  Umwälzungen  im  Weltall.     Wien   1801. 
Klein     Dr.  H.  J.,  Allgemeine  Witterungskunde.     Leipzig  188-. 
Lehmann,  Paul,  Die  Erde  und  der  Mond.     Leipzig   1884 
Mohn,  H.,  Grundzüge  der  Meteorologie.    3.  Aufl.     Berlin   18öo. 


—     XXXIX     — 

Roscoe,  H.  E.  und  Schorl  emm  er ,  C,  Kurzes  Lehrbuch  der  Chemie. 

7.  Aufl.     Braunschweig   1882. 
Trappe,  A.,  Schul-Physik.    9.  Aufl.     Breslau   1882. 
Valentiner,   Prof.  Dr.  W.,  Die  Kometen  und  Meteore. 
Nester  und  Eier  der  Vögel.     2.  Aufl.     Stuttgart   1865. 

Von  Herrn  Generalmajor  Graf  S.  v.   Scheler,    Stuttgart,   aus 
dem  Nachlasse   seines  f  Sohnes,    des  Grafen  G.  v.   Scheler, 
Wildbad. 
Katalog    der  Ausstellung    beim  X.  Deutschen   Geographentag    zu  Stutt- 
gart.  1893. 
Regelmann,   C,  Abriss  einer  Geschichte  der  württembergischen  Topo- 
graphie und  nähere  Angaben  über  die  Schickhart '  sehe  Landes- 
aufnahme Württembergs.     Stuttgart  1893. 

—  Gewässer-  und  Höhenkarte  des  Königreichs  Württemberg    im  Mass- 

stab   1  :  600  000.     Herausgeg.  vom  K.   statist.  Landesamt. 

—  Geognostische    Übersichtskarte     des    Königreichs    Württemberg    im 

Massstab    1  :  600  000.      Herausgeg.    vom    K.    statist.    Landesamt. 
Von  Herrn  Inspektor  C.  Regel  mann,   Stuttgart. 
Blanchard,  Dr.  R.,   Courtes  notices  sur  les  Hirudinees.    Paris  1892. 

Vom  Herrn  Verfasser. 
Schmidt,  A.,  Die  ewige  Nacht  und  das  ewige  Licht.    1894. 

Vom  Herrn  Verfasser. 
Benecke,    E.  W.  und  B  ü  c  k  i  n  g  ,  H. ,  Calceola  sandalina  im  oberen 
Breuschthal.   1893. 

Von  den  Herren  Verfassern. 
Berger,  E.,  Les  plantes  potageres  et  la  culture  maraichere.   Paris  1893. 
Dagiucourt,  Annuaire  geologique  universel.     Jahrg.  II  u.  III.    1886 

n.   1887. 
Böhm,  G. ,    Ein  Beitrag  zur  Kenntnis    der  Kreide    in    den  Venetianer 

Alpen.     Freiburg  1892. 
Kilian,  W.,  Le  gisement  tithonique  de  Fuente  de  los  Frailes. 

—  Etudes  paleontologiques  sur   les    terrains    secondaires    et    tertiaires 

de  l'Andalousie.     Paris   1889. 
Profile    zu    den    Exkursionen    der    Deutschen    geologischen    Gesellschaft 
im  Anschluss  an  die  Versammlung  in  Strassburg  i.  E.  im  August 
1892.     Strassburg   1892. 

Von  Herrn  Verlagsbuchhändler  E.  Koch,   Stuttgart. 
Berichte    über    die    15. — 25.    Versammlung    des    Oberrheinischen    geo- 
logischen Vereins.      1882—1892. 

Vom  Oberrheinischen  geologischen  Verein. 
Verschiedene  ältere  Jahrgänge  dieser  Jahreshefte. 

Von    den  Herren   Mechanikus    Lufft   und    Verlagsbuchhändler 

E.  Koch,     Stuttgart,     Prof.    Holder,     Rottweil,     Freiherr 

F.  von  Gaisberg-Schöckingen,  Schöckingen. 

b.  Durch  Kauf: 

Stettiner  entomologische  Zeitung.  Jahrg.  52  (1891).  H.  1—3;  Jahrg.  54 
(1893). 


—     XL     - 

Andre,  E.,  Species  des  Hymenopteres  d'Europe  etd'Algerie.  Lief.  41 — 44. 
Proceedings  of  the  zoological  society  of  London.    1891.  p.  II. 
Annales  de  la  societe    entomologique    de  France.     Jahrg.    1890 — 1893 

u.   1894,    1. 
Bibliotheca  zoologica  (Taschenberg).      II,   9 — 11. 

c.  Durch  Austausch  unserer  Jahres  hefte. 

(Der  Verein  stand  während  des  Vereinsjahres  mit  188  wissenschaftlichen  Vereinen 
und  Akademien  im  Schriftenaustausch.) 

American  association  for  the  advancement  of  science: 
Proceedings  of  the  41   meeting  held  at  Rochester.    1892. 

Amiens.  Societe  Linneenue  du  nord  de  la  France:  Bulletins  XL 
No.  235  —  258,  —  Memoires.  Vol.  VIIL 

Amsterdam.    K.   Akademie  van  wetenschappen :    Jaarboek  vor  1892. 

—  Verhandelingen  (Natuurkunde).  1.  sectie  deel  I.  No.  1 — 8; 
2.  sectie  deel  I.  No.  1 — 10,  deel  II.  No.  1.  —  Verslagen  der 
Zittingen  (Natuurkunde).  Jaar  1892/93.  —  Verslagen  en  Mede- 
delingen  (Natuurkunde),   3  reeks  deel  IX. 

Augsburg.    Naturw.  Verein  für  Schwaben  und  Neuburg:   31.  Bericht 

für   1894. 
Badischer  botanischer  Verein  (Freiburg):   Mitteilungen.  No.  51 — 109. 
Baltimore.     Johns  Hopkins  üniversity :    Studies  from  the  biological 

laboratory.  Vol.   V,   2 — 4, 
Bamberg.     Naturforschender  Verein:   Berichte,  Bd.    16. 
Basel.     Naturforschende  Gesellschaft:   Verhandl.  Bd.  IX,   3. 
Bayerisches  K.  Oberbergamt  (München) :   Geognostische  Jahreshefte. 

5.  Jahrg.   1892. 
Belgique.     Aeademie    R.    des    sciences    etc.:    Bulletins.    T.    22 — 24. 

—  Annuaires   58  u.   59. 

Bengal.      Asiatic    society    of  Bengal  (Calcutta) :    Journal.   Vol.   60    u. 

61.  —  Proceedings.  Jahrg.    1891   u.   1892. 
Bergen 's  Museum:   Aarbog  for   1892. 
Berlin.     K.  Akademie  der  Wissenschaften:    Mathemat.  Abhandlungen 

a.  d.  Jahre   1892.  —  Physikal.  Abhandlungen  a.  d.  Jahre  1892. 

—  Sitzungsberichte   1893. 

—  Entomologischer  Verein  :   Berliner  entomolog.  Zeitschr.   Bd.  38. 

—  K.  preuss.  geolog.  Landesanstalt:  Jahrbuch   1891   u.    1892. 

—  Gesellschaft    naturforschender    Freunde:    Sitzungsber.    Jahrg.    1892. 
Bern.     Naturforschende    Gesellschaft:    Mitteilungen    a.  d.  Jahre   1892 

u.    1893. 

Bologna.  R.  Accad.  d.  science  dell'  Istituto  di  Bologna:  Memorie. 
Ser.   5.   T.  IL  fasc,    1—4, 

Bonn.  Naturhistorischer  Verein  d.  preuss.  Rheinlande  etc.:  Verhand- 
lungen. Jahrg,   50, 

Bordeaux.  Soc.  des  sciences  physiques  et  naturelles:  Memoires  4  ser, 
T,  I  u.  III,   1.  —   Observations  pluviometriques   1891/92. 

Boston.  American  Academy  of  arts  and  sciences :  Memoirs.  T.  XII, 
1.   —  Proceedings.   T.  XXVII. 


—     XLI     - 

Boston.     Society  of  natural  history :   Memoirs.   Vol.  IV,    11.   —  Pro- 

ceedings.  Vol.  XXVI,   1.   —  Occasional  papers  IV. 
Braunschweig.     Verein  für  Naturwissenschaft :  Jahresbericht  7. 
Bremen.     Naturwissenschaftlicher    Verein:    Abhandlungen.    Bd.    XIII. 

—  Buchen  au,  Fr.,  Über  Einheitlichkeit  der  botanischen  Kunst- 
ausdrücke  und  Abkürzungen.      Bremen   1893.  8*^. 

Brunn.     Naturforschender   Verein:    Verhandlungen.    Bd.    31.    —   Ber. 

d.  meteorolog.  Komm.  Bd.  XI. 
California.    Academy  of  sciences  (San  Francisco):  Memoirs.  Vol.  II,  3. 

—  Proceedings.   Vol.  III,   2.   —  Occasional  papers  III  u.  IV, 
Cambridge.     Museum  of   comparative   zoology    at  Harvard  College: 

Annual  report  for  1892/93.  —  Bulletins  Vol.  XVI,   13,  14;  XXIV, 
4—7;  XXV,   1  —  6.  —  Memoirs  XIV,   3. 
Canada.     Canadian  Institute   (Toronto):  Annual  reports.  No.  6  u.   7. 

—  Transactions.  No.  6  u.   7. 

—  Geological    and    natural    history    survey    (Ottawa).     Annual    report. 

Vol.  V,  1,  2.  —  Catalogue  of  the  section  I  of  the  Museum.  —  Cata- 
logue  of  a  stratigraphical  collection  for  the  Columbian  exposition. 

—  R.   Society  (Ottawa) :  Proc.   and  Trans.  Vol.  X. 
Cassel.     Verein  für  Naturkunde:  Bericht  39  für   1892/93. 
Christiania.     Archiv   for  Mathematik    og  Naturvidenskab.  Bd.  XVI. 

—  Norske  Nordhavs  Expedition.  Bd.  XXII.   Zoologie. 
Cincinnati.    Soc.  of  nat.  history:  Journal.  Vol.  XV,  3,  4;  XVI,   1  —  3. 
Darmstadt.     Verein  für  Erdkunde.     Notizblatt.  4.  F.  H.   14. 
Davenport.     Academy  of  natural    sciences:    Proceedings.  Vol.  II,   2 

u.  V,  2. 
Deutsche  geologische  Gesellschaft:  Zeitschrift.  Bd.  44.  H.  4;  Bd.  45. 

H.   1—3. 
Dijon.     Acad.  des  sciences  etc.:   Memoirs.   4  ser.  T.   III. 
Dorpat.     Naturforscher-Gesellschaft:    Sitzungsberichte.  Bd.  X,   1.  — 

Meteorolog.  Beob.   1892. 
Dresden.     Naturwissenschaftliche  Gesellschaft  Isis:    Sitzungsber.  und 

Abhandl.  Jahrg.   1891,   2  Sem.;   Jahrg.   1892,   2  Sem. 
Dublin.    Royal  Dublin  Society:  Proceedings.  Vol.  VII,   5;  VIII,   1,   2. 

—  Transactions.  Vol.  IV,   14;  V,    1—4. 

Edinburgh.      R.    Society:     Proceedings.     Vol.    19.    —    Transactions. 

Vol.  XXXVII,   1,   2. 
France.      Societe    geologique  (Paris):    Bulletins.  T.  XX,   6 — 8;  XXI, 

1—7;  XXII,  1  —  3.  Comptes  rendus.  T.  XXI,  12— 18;  XXII,  1  —  12. 

—  Societe  zoologique  (Paris) :  Bulletins.  Vol.  XVIII,   1 — 7. 

Frankfurt  a.  M.  Senckenbergische  naturforschende  Gesellschaft :  Be- 
richt von  1893.  —  Boettger,  0.,  Katalog  der  Reptiliensamm- 
lung im  Museum  d.  S.  u.  G.  I.  Teil. 

Freiburg  i.  Br.  Naturforschende  Gesellschaft:  Berichte.  Bd.  VII  u.  VIII. 
Geneve.  Soc.  de  physique  et  d'histoire  naturelle:  Memoires.  T.  XXXI,  2. 
Genova.  Museo  civico  di  storia  naturale:  Annali.  ser.  2.  Vol.  XIII. 
Gi essen.  Oberhessische  Gesellschaft  für  Natur-  und  Heilkunde:  Be- 
richte. Bd.   29.    , 


—     XLII     — 

Glasgow.     Natural  history  society:  Proc.   and  Trans.  Vol.   III,   3. 

Graubünden.  Naturforschende  Gesellschaft  (Chur) :  Jahresbericht. 
Jahrg.   36. 

Greifswald.  Naturw.  Verein  von  Neu- Vorpommern  und  Rügen:  Mit- 
teilungen, Jahrg.   25. 

Halifax.    Nova  Scotian  Institute  of  Science:  Proc.  and  Trans.  Vol.  I,  2. 

Halle.     Verein  für  Erdkunde:  Mitteilungen.  Jahrg.   1893. 

—  Kais.    Leopoldinisch-Carolinische    Deutsche    Akademie    der    Natur- 

forscher: Leopoldina.  Vol.  XXIX,   5—24;  XXX,   1—2,   5—10. 

—  Naturw.  Verein  für  Sachsen  und  Thüringen :    Zeitschrift   für  Natur- 

wissenschaften. Bd.   65,  H.   6  u.  Bd.   66. 
Hamburg.     Naturw.  Verein:   Verhandlungen.   3.   F.  Bd.  I. 

—  Wissenschaftliche  Anstalten:  Jahrbuch  X  mit  Beiheft  1. 
Hannover.     Naturhistorischer  Verein:  Jahresberichte  42  u.   43. 
Harlem.     Societe    hollandaise    des     sciences :     Archives    neerlandaises 

des  sciences  exactes  et  naturelles.   T.   27  u.   28,    1. 
Helsingfors.     Societas   pro    fauna    et    flora  Fennica :    Acta.    Vol.  V, 

1—2;  VIII.   —  Meddelanden.  H.    17  u.    18. 
Hermannstadt.      Siebenbürgischer    Verein    für  [Naturwissenschaften : 

Verhandlungen  und  Mitteilungen.  Jahrg.  42. 
Italia.     R.   comitato  geologico  (Roma):  Bollettino,   anno  XXIII. 

—  Societä    entomologica    (Firenze) :    Bollettino,    anno   25    trim.   2 — 4, 

anno  26  trim.    1. 

Königsberg.  Physikalisch-ökonomische  Gesellschaft :  Schriften.  Jahr- 
gang 33. 

Landshut.     Botanischer  Verein:    13,  Bericht. 

Lausanne.  Societe  Vaudoise  des  sciences  naturelles:  Bulletins.  111 
—  114. 

Leiden.  Nederlandsche  Dierkundige  Vereeniging :  Tijdschrift,  Ser.  2. 
Deel  IV.  Aflever.   1,  2. 

Liege.  Societe  geologique  de  Belgique :  Annales.  T.  XVIII,  3;  XIX,  4; 
XX,   1,   2. 

Linz.     Museum  Francisco-Carolinum :  Bericht  51. 

—  Verein  für  Naturkunde  in  Österreich  ob  Enns :  Jahresbericht  No,  21 

u.   22. 
London.     Geological  Society:   Quarterly  Journal.  No.   195 — 198. 

—  Linnean    Society:    Journal,   a)  Botany.   No.   202 — 204;  b)  Zoology. 

No.    152—154. 

—  Zoological  Society:   Proceedings  for  1893  u.  1894.  H.  1.   —  Trans- 

actions.  Vol.  XIII,   6—8. 
Lund.     Universitas  Lundensis:  Acta,  T.   28  u.   29. 
Luxemburg.     Institut  R.  grand-ducal:   Publications.  T.   20  u,   22, 

—  Verein  Luxemburger  Naturfreunde  „Fauna":  Fauna.  1893.  No,  4 — 6. 

1894.  No.   1—3. 
Lyon.    Academie  des  sciences:  Memoires,   a)  classe  des  sciences.  T.  30 
u.  31 ;  b)  classe  des  lettres,  T.  27  u,  28  ;  c)  sciences  et  lettres. 
3  ser.  T.   1. 

—  Museum  d'histoire  naturelle :  Archives.  T.  V. 


—     XLIII     — 

Lyon.     Societe  d'agriculture :  Annales.   6   ser.   T.   2  —  5. 

Magdeburg.  Naturwissenschaftlicher  Verein:  Jahresbericht.  Jahr- 
gang  1892. 

Marburg.  Ges.  zur  Beförderung  der  gesamten  Naturw. :  Sitzungs- 
berichte.   1891,   1892,   1893. 

Mecklenburg.  Verein  der  Freunde  der  Naturgeschichte  (Rostockj : 
Archiv.  Jahrg.   46  u.   47.  t       xr  ^       i 

Mexico.      Sociedad    Mexicana    de    historia    natural:    La    Naturaleza. 

Moskau!    Socike  imperiale  des  naturalistes :  Bulletins.  1893  u.  1894.  1- 
Napoli      R    Accad.  delle  scienze  fisiche  e  mat. :   Atti.   Ser  2.  Vol.  V. 

—  Rendiconti.   Ser.   2.  Vol.  VII,   6-12;  VIII,    1-5. 

—  Zoologische  Station:   Mitteilungen.  X,   4;  XI,   1,   2. 
Nassauischer     Verein     für     Naturkunde    (Wiesbaden):     Jahrbucher. 

Jahrg.   46.  .  . 

Nederlandsch  Indie.    Natuurkundige  Vereeniging  i.  N.  I.  (Batavia): 

Natuurkundige  Tijdschrift.  Deel  LH. 
NeuchäteL     Societe   des    sciences   naturelles:    Bulletins.  T.   17— -U. 
New  South  Wales.     Linnean    Society    of  N.  S.  W.   (Sydney):    Pro- 

ceedings.   2.  Ser.  Vol.  VII  u.  VIII,   1. 

—  R.   Society:  Journals  and  Proceedings.  Vol.   27. 

New  York  Academy  of  sciences:  Annais.  Vol.  VII,  1 — 5;  VIII,  1      3. 

—  Transactions.   Vol.  XII. 

New  Zealand,  Colonial  Museum   (Wellington):   Annual  report  27. 

—  N.  Z.  Institute  (Wellington):  Trans,  and  Proc.  Vol.  XXV. 
Normandie.      Societe    Linneenne    (Caen):    Bulletins.   Ser.   4.  Vol.  VI. 
„Notarisia."     Jahrg.    1893.  No.  2,  3,  5,  6;  Jahrg.   1894.  No.  1  u.  2. 
Nürnberg.     Naturhist.   Gesellschaft:  Jahresber.  u.  Abh.  Bd.  X,   1. 
Padova.      Societä  Veneto-Trentina  di  scienze  naturale:    Atti.  Ser.   2. 

Vol.  I,   2.  —  Bulletino.  Vol.  V,   3,  4. 
Philadelphia.   Academy  of  natural  sciences:  Proceedings.  Jahrg.  1892. 
No.   3;  Jahrg.   1893.  No.   1   u.   2. 

—  American   philosophical   society:    Proceedings.  Vol.   31.  No.   140  u. 

141.   —  Transactions.  Vol.   17.  No.   3;  Vol.    18.  No.   1. 

—  Wagner  Free  Institute:  Transactions.  Vol.  III,  2. 

Pisa.     Societa  Toscana  di  scienze  naturali:  Atti,  a)  Memorie.  Vol.  1- 

^    13-   _  b)  Processi  verbali.  Vol.   8   al  fine  u.  Vol.   9. 
Prag.     Naturhist.  Verein  Lotos :    „Lotos."   N.  F.  Bd.   14. 
Rheinpfalz.     Naturw.    Verein    „Pollichia"   (Dürkheim) :    Mitteilungen. 

No.      5     U.     6.  TC!         A  Q 

Roma.    Accademia  Pontificia  dei  nuovi  Lincei:  Atti.  Jahrg.  46.  No.  4—8. 

—  R.  Accademia  dei  Lincei:  Atti.  Ser.  5.  Rendiconti.  Vol.  II,  1.  Fase.  8 

—12;  Vol.  II,   2;  Vol.  III,    1.   Fase.   1—4. 
Santiago.    Deutscher  wissenschaftlicher  Verein:  Verhandlungen.  Bd.  11, 

5     6. 
St.  Gallische  naturwissenschaftl.  Gesellschaft:  Bericht  über  1891/92. 
St.  Petersburg.     Comite    geologique :    Bulletins.    Vol.  XI,   5  —  10  u. 

Suppl.;  Vol.  XII,   1,  2.  —  Memoires.   Vol.  IX,   2;  X,  2;  Xll,  2. 


—     XLIV     — 

St.  Petersburg.  Physikalisches  Central-Observatorium :  Repertorium 
für  Meteorologie.  Bd.    16.   —  Annalen.  Jahrg.    1892. 

Schlesische  Gesellschaft  für  vaterländische  Kultur:  Jahresbericht  70. 

Schleswig-Holstein.  Naturwissenschaftlicher  Verein  für  Schleswig- 
Holstein  (Kiel):   Schriften.  Bd.  X,    1. 

Schweiz.  Allgemeine  Schweizer  Gesellschaft  für  die  gesamten  Natur- 
wissenschaften (Bern):  Neue  Denkschriften.   Bd.   33.  H.    1. 

—  Schweizerische  botanische  Gesellschaft  (Zürich) :  Berichte.  H.  2  u.  4. 

—  Schweizerische   naturforschende  Gesellschaft  (Bern) :    Verhandlungen 

der  76.  Jahresversammlung.  —  Beiträge  zur  geologischen  Karte  der 
Schweiz.  Lief.  VII.  2.  Suppl.  mit  Blatt  XI,  2.  Ausg. ;  Lief.  XXI  u.  XXII. 

—  Schweizerische  geologische  Gesellschaft  (Bern):    Eclogae    geologicae 

Helvetiae.  Vol.  IV,   1. 

—  Schweizerische    entomologische  Gesellschaft:    Mitteilungen.   Vol.  IX 

1—3. 

Steiermark.     Naturw.   Verein  (Graz):   Mitteilungen.  Jahrg.    1892. 

Stockholm.  K.  Svenska  Vetenskaps  Akademie:  Handlingar.  Bd.  22 
—24.  —  Bihänge.  Bd.  14—18.  —  Ofversigt.  Jahrg.  46—50.  — 
Meteorolog.  Jaktagelser.  Bd.  27 — 31.  —  Lefnadsteckninger.  Bd.  III, 
1-  —  Accessionskataloge  der  K.  Schwedischen  Bibliotheken.   1 — 7. 

—  Ährling,   Linnee's  Briefwechsel. 
Stuttgarter  ärztlicher  Verein:  Jahresbericht.  Jahrg.   21. 

Tokio.    College  of  science,  imperial  university,  Japan:  Journal.  Vol.  V, 

4;  VI,   2,   3.   —  Calendar  for   1892/93. 
Torino.     R.   Accademia  delle  scienze :  Atti.  Vol.   28.   No.  9  —  15;   29. 

No.   1  — 10.   —   Osservazioni  meteor.    1893. 
Trieste.     Societä  Adriatica  di  scienze  naturali:  Bollettino.   Vol.  XV. 
Tromsö  Museum:  Aarsberetning  for  1890  u.  1891.  —  Aarshefter.  Vol.  15. 
Tübingen.     K.   Universitätsbibliothek:    Universitätsschriften    a.    d.   J. 

1892/93  u.   11   Dissertationen  der  naturw.   Fakultät. 
Ungarische    geologische  Gesellschaft  (Budapest):    Földtani    Közlöny. 

Bd.  XXIII,   9  —  12;  Bd.  XXIV,    1  —  5. 

—  K.   geologische    Anstalt:    Jahresbericht    für    1891.    —    Mitteilungen 

a.   d.  Jahrb.  Bd.  X,   4,   5. 

—  Karpathen-Verein  (Iglö) :  Jahrbuch  XX. 

Upsala.     Regia  Societas  scientiarum :  Nova  acta.  Ser.  3.   Vol.  XV,  1. 
Washington.      Smithsonian  Institution:  Annual  report  of  the   board 

of   regents    for    1890/91.    —    Annual    report    of    the    bureau    of 

Ethnology.  No.  8  u.  9.  —  Bulletins  of  the  U.  S.  National  Museum. 

No.   39  u.   40.    —    Proceedings    of   the   U.  S.  National    Museum. 

Vol.  XIV.    —   Smithsonian    contributions  to  knowledge.  No.  842. 

—  Smithsonian    miscellaneous    collections    664,   665,   843,  844. 
Vol.  36.  —  Pilling,  J.  C:   Bibliography  of  Chinookan  languages. 

—  Id. :  Bibliography  of  Salishan  languages. 

—  U.  S.  Department  of  Agriculture :  Bulletins.  No.  3  u.  4.  —  N.  American 

Fauna  No.   7. 

—  U.  S.  geological  survey:  Annual  report.  Vol.  XI.  —  Bulletins.  No.82— 86, 

90—96.  —  Monographs.  Vol.  17,  18,  20.  —  Mineral  resources  1891. 


—     XLV     — 

Wernigerode.     Naturwissenschaftlicher  Verein  des  Harzes:   Schriften. 

Jahrg.  VIII. 
Westfälischer  Provinzial-Verein  für  Wissenschaft  und  Kunst  (Münster): 

Jahresberichte   20,   21. 
Wien.     Kaiserl.  Akademie  der  Wissenschaften,   math.-naturw.  Klasse: 

Sitzungsberichte.    Bd.    101:    I,    7—10;    II,    6—10;    III,    6—10. 

Bd.  102:  I,   1—7;  II,   1—7;  III,   1—7.  —  Register.  No.  13  zu 

Bd.   97—100. 

—  K.  K.    geologische    Reichsanstalt:    Abhandlungen.    Bd.    VI,    2;    XV, 

4—6;    XVII,   1—3.   —  Jahrbuch   42.    No.   3,  4;    43.   No.    1—4. 
—  Verhandlungen.    1893.  No.   6—18;    1894.  No.    1—4. 

—  K.  K.  naturhistorisches   Hofmuseum:    Annalen.    VIII,   1 — 4;  IX,   1. 

—  K.  K.  zoologisch-botanische    Gesellschaft:    Verhandlungen.    Bd.   43. 

—  Verein  zur  Verbreitung  naturw.   Kenntnisse:    Schriften.  Bd.  32,   33. 
Württemberg.     K.   statistisches  Landesamt:    Württ.  Jahrbücher   für 

Statistik  und  Landeskunde.  Jahrg.   1893.   —   Deutsches  Meteorol. 
Jahrbuch:  Württemberg.    Jahrg.    1892. 

—  Schwarzwaldverein  (Stuttgart) :  „Aus  dem  Schwarzwald."  Jahrg.  1893. 

No.  1 — 8.   —  Karten.  No.  I — V.   —  Näher,  Panorama  von  der 

Teufelsmühle  bei  Herrenalb. 
Würzburg.     Physikalisch-medizinische  Gesellschaft:   Sitzungsberichte. 

Jahrg.    1892,    1893.  —  Verhandlungen.  Bd.   26,   27. 
Zürich.     Naturforschende  Gesellschaft:  Vierteljahresschrift.  Jahrg.   38, 

39.  No.    1.  —  Neujahrsblatt  auf  das  Jahr   1894. 

Der    vom   Kassier    des  Vereins,    Buchhändler  Ed.  Koch,    später 
festgestellte  und  von  Dr.   C.  Beck  geprüfte 

Rechiiungs-Abschluss 

für  das  Vereinsjahr  1893/94  stellt  sich  folgendermassen : 

Einnahmen: 

Kassenbestand   am  30.  Juni   1893 124  M.  86  Pf. 

Verkaufte  Kapitalien  nebst  Kursgewinn 4680     „  12     „ 

Zinsen  aus  den   Kapitalien 807     „  58     „ 

Mitgliederbeiträge 3615„  — 

—  ;•      9227  M.   56  Pf. 
Ausgaben  : 

1.  Vermehrung  der  Sammlung  .        209  M.   84  Pf. 

2.  Buchdrucker- und  Buchbinder- 
kosten           7864     „     48     „ 

3.  Schreibmaterialien,  Kopialien 

etc 377  „  81  „ 

4.  Gehalte,  Saalmiete,   Inserate  524  „  91  „ 

5.  Zweigvereine    und    Erdbeben- 
kommission      122  „  56  „ 

6.  Steuern  und  Bankierkosten  .  58  „  55  „ 

9158     „     15     „ 


—     XLVI     — 

Einnahmen 9227  M.   56  Pf. 

Ausgaben 9158     „     15     „ 

Es  erscheint  somit  am  Schlüsse   des  Rechnungsjahres 
ein  Kassenvorrat  von   —    •      69  M.   41   Pf. 

Vermögensberechnung. 

Am  30.  Juni    1893    betrugen    die  Kapitalien    nach 

dem  Nennwert 21  214  M.   29  Pf. 

hiervon  verkauft 4  400    „        -     „ 

15  814  M.  29  Pf. 

Kassenvorrat  des  Rechners  am  30.  Juni   1893  .     .  69    „  41    „ 

15  883   M.  70  Pf. 

das  Vermögen  des  Vereins  betrug  am  30.  Juni  1893      20  339     „  15     „ 

dasselbe  beträgt  den  30.  Juni   1894 15  883     „  70     „ 


somit  Abnahme  gegen  das  Vorjahr 
—  ■•      4455  M.   45  Pf. 


Aktien 


Im    Vereinsjahr    1893 — 94    war    die    Zahl    der    Mitglieder 

681   mit .684 

Hierzu  die  61   neu  eingetretenen  Mitglieder,    nämlich 

die  Herren: 

Oestreicher,  Realamtsverweser  in  Kirchheim  u.  T. 

Lechler,   Oberförster  in  Neuffen. 

Fröhner,  Oberförster  in  Göppingen. 

Hölzle,   A.,  Apotheker  in  Kirchheim  u.  T. 

V.  Alberti,  Bergamtsreferendär  in  Freiberg  i.  S. 

Zech,  J.,  Hilfslehrer  in  Stuttgart. 

Bub  eck,  Ad.,  Kaufmann  in  Stuttgart. 

Jäger,  Eugen,  Xylograph  in  Stuttgart. 

Käst,   Christ.,  Postrevisor  in  Stuttgart. 

Junker,  Dr.   in  Urach. 

Hauff,  Bernhard  in  Holzmaden, 

Köstlin,  A. ,  Landwirtschaftsinspektor  in  Ulm. 

Clausnitzer,  Regierungsrat  in  Stuttgart. 

Rümelin,   Emil,   Oberbürgermeister  in  Stuttgart. 

N  achtig  al,  Dr.  med.  in  Stuttgart. 

Reihlen,  Herrn.,  Apotheker  in  Stuttgart. 

Stähle,  Karl,  Fabrikant  in  Stuttgart. 

E  n  t  r  e  s  s  ,  Professor  in  Ludwigsburg. 

S Chips,   Kaspar,  Vikar  in  Abtsgemünd, 

Rauscher,  F.,  Professor  in  Stuttgart. 

Herzog  Wilhelm  von  Urach,  Durchlaucht. 

Sieber,  Eugen,  Vikar  in  Esslingen. 

Vaihinger,  G.,  Reallehrer  in  Esslingen. 

Herzog  Albrecht  von  Württemberg,   K.  Hoheit. 


—     XLVIl     — 

Aktiea 
Übertrag     .      .     684 

Burckhardt,  Paul,  Architekt  in  Stuttgart. 

Schweitzer,   Gottlob,   Werkmeister  in  Stuttgart. 

Kost,  Landwirtschaftsinspektor  in  Ravensburg. 

V.  Ditterich,  Apotheker  in  Möhringen. 

Reihlen,  Max,  Dr.   med.  in  Stuttgart. 

Dorn,  Lieutenant  im  Inf.-Regt.  Kaiser  Friedrich  in  Stuttgart. 

Fürst,  Ed.,  Stud.  rer.  nat.  in  Tübingen. 

Hesse,  Dr.,  Assistent  des  zool.  Instituts  in  Tübingen. 

Sautermeister,  Pfarrer  in  Schörzingen. 

Nägele,  Erwin,  Verlagsbuchhändler  in  Stuttgart. 

V.   Pückler-Limburg,  Felix,  Graf  in  Stuttgart. 

Kees,  Karl,  Kaufmann  in  Waldsee. 

Hermann,  Julius,  Lehrer  in  Murr  b.  Marbach. 

V.   Plato,  Freiherr,  Oberjägermeister,  Excellenz. 

Adelmann    von    Adelmannsfelden,     Gustav,     Graf, 

K.   Kammerherr. 
St  eilt  er,   Kurt,   Geheimer  Justizrat  in  Stuttgart. 
V.  Wangenheim,   Freiherr,  Lieutenant  in  Stuttgart. 
Meyer,  Ludwig,  Dr.   in  Stuttgart. 
Gmelin,  Bernhard,  Dr.  in  Fratte  b.  Salerno. 
Obermüller,  Professor  in  Stuttgart. 
Abt,  Julius,  Apotheker  in  Untertürkheim. 
Stüber,  Albert,  Kaufmann  in  Stuttgart. 
D istler,  Dr.  med.  in  Stuttgart. 
Paulus,  E.,  Dr.,  Oberstudienrat  in  Stuttgart. 
Gross,  B.,  Assistenzarzt  in  Schussenried. 
Böckeier,  Anton,   Professorats-Verweser  in  Geislingen. 
Schuler,  Pfarrer  in  Ernsbach. 
Roth,  Karl,  Ingenieur  in  Cannstatt. 
Degen,  Hauptmann  z.  D.  in  Leonberg. 
Zell  er,   Oberamtsarzt  in  Ludwigsburg. 
Bosch,  Rob.,  Elektrotechniker  in  Stuttgart. 
Hammer,   Friedrich,  Dr.   med.  in  Stuttgart. 
Offner,  KoUaborator  in  Wildbad. 
Schwarz,  Albert,  Bankier  in  Stuttgart. 
Bauer,  Stadtpfarrer  in  Neuhausen. 
Zell  er.  Albert,  Dr.  Professor  in  Stuttgart. 
Stuttgart,  Katholischer  Leseverein. 


61 


745 
Hiervon  ab  die  29   ausgetretenen,  und  zwar  die  Herren: 

Kieser,  Regierungsrat  in  Stuttgart. 
Wiedemann,  Apotheker  in  Biberach. 
Köstlin,   Director  in  Heilbronn. 
Schwenningen,  Verschönerungsverein. 


—     XLVIII     — 

Aktien 
Übertrag     ,     ,     745 
Rödelheimer,  Oberamtsarzt  in  Laupheim. 
Höschele,   Oberamtmann  in  Biberach. 
Neuschier,  Dr.   med.  in  Stuttgart. 
Jeggle,  Apotheker  in  Geislingen. 
El  wert,  Regierungsrat  in  Tübingen. 
Fuchs,  Gustav  in  Heilbronn. 
Krau  SS,  Revieramtsassistent  in  Pfalzgrafenweiler. 
Wendelstein,   Oberförster  in  Kisslegg. 
V.  Watt  er,  Baurat  in  Stuttgart. 
Knorr,  Karl  in  Heilbronn. 
Stalin,   Eugen  in  Calw. 
Bück,  Dr.  med.  in  Schussenried. 
Tritschler,  Forstrat  in  Kirchheim  u.   T. 
Kretschmar,  Apotheker  in  Ober-Kirchheira. 
Hegelmaie r,  Dr.,   Oberstabsarzt  in  Strassburg. 
Schneider,   Professor  in  Ellwangen. 
Bauer,  Moritz,  Professor  in  Stuttgart. 
König,  Realamtskandidat  in  Tübingen. 
Vollmer,  Revieramtsassistent  in  Stuttgart. 
Calw,  Lehrerverein  für  Naturkunde. 
Schabel,   Stadtschultheiss  in  Buchau. 
Veiel,  Apotheker  in  Ravensburg. 
Benz,  Geh.  Hofrat  in  Wildbald. 
Kutter,  Fabrikant  in  Höll. 
Schlichter,  Dr.  in  London 29 

und  die   17  gestorbenen  Mitglieder: 

Scheler,   Georg,   Graf,  Revieramtsassistent  in  Wildbad. 

Reihlen,   Moritz,  Apotheker  in  Stuttgart. 

Schmidt,  Ferd.,  Kommerzienrat  in  Stuttgart. 

Springer,  Chr.,  Kommerzienrat  in  Isny. 

Steiner,  Leop.,  Sanitätsrat  in  Stuttgart. 

Bernhard,  Professor  in  Hall. 

Stotz,  Albert,  Kommerzienrat  in  Stuttgart. 

Maier-Köstlin,  Friedr.,  Kaufmann  in  Stuttgart. 

Häberle,   Wilh.,  Professor  in  Stuttgart. 

Widmann,  E.,  Kanzleirat  in  Stuttgart. 

Rümelin,  Herrn.,  Kaufmann  in  Stuttgart. 

v.  Baur,  Professor  in  Stuttgart. 

Blezinger,  Kommerzienrat  in  Stuttgart. 

vom  Holtz,   Max,   Freiherr  in  Stuttgart. 

Rühle,  Dr.  med.  in  Cannstatt. 

Leutze,   Oberamtstierarzt  in  Calw. 

Bauer,  Apotheker  in  Ravensburg 17 

46 


—     XLIX     — 

nach    deren    Abzug    die  Mitgliederzahl    am    Ende    des   Rechnungsjahres 

beträgt 696  mit 699  Aktien 

gegenüber  dem  Vorjahre     ....     681     .,       684        „ 

mithin  mehr        15  Mitglieder  mit  15  Aktien. 

Es  wird  sodann  zur 

Wahl  der  Beamten 

geschritten.  Aus  der  Mitte  der  Versammlung  werden  als  erster  Vorstand 
vorgeschlagen  die  Herren  Bergratsdirektor  Dr.  v.  Baur  und  Dr.  Nies, 
Professor  an  der  Akademie  Hohenheim ;  der  Schriftführer ,  welcher 
provisorisch  den  Vorsitz  übernimmt,  lässt  über  beide  Vorschläge  durch 
Abgabe  von  Stimmzetteln  abstimmen ;  die  Zählung  ergiebt  für  Prof. 
Dr.  Nies  42,  für  Direktor  Dr.  v.  Baur  33  Stimmen.  Prof.  Dr.  Nies 
ergreift  sodann  das  Wort,  um  die  sehr  bestimmte  Erklärung  abzugeben, 
dass  er  von  einer  beabsichtigten  Aufstellung  seiner  Person  für  die 
Wahl  des  ersten  Vorsitzenden  nichts  gewusst  habe ,  und  dass  er  die 
auf  ihn  gefallene  Wahl  unbedingt  ablehnen  müsse.  Der  Schriftführer 
stellt  sodann, an  Direktor  Dr.  v.  Baur  die  Frage,  ob  nach  Ablehnung  von 
Prof.  Nies  er  bereit  sei,  die  Wahl  anzunehmen.  Direktor  v.  Baur 
erklärt  sich  bereit;  da  aus  der  Versammlung  kein  Widerspruch  erhoben 
wird,  ist  für  das  Vereinsjahr   1894/95  gewählt  als 

erster  Vorstand 

Bergratsdirektor  Dr.  v.   Baur. 

Auf  Vorschlag  aus  der  Versammlung  wird  durch  Zuruf  gewählt  als 

zweiter  Vorstand 

Professor  Dr.   Kurt  Lamper t. 

Von  den  statutengemäss  ausscheidenden  Ausschussmitgliedern 
wurden  sämtliche  wiedergewählt ;  an  Stelle  des  verstorbenen  Ausschuss- 
mitgliedes Prof.  C.  W.  V.  Baur  wurde  Prof.  Dr.  Branco  in  Tübingen 
in  den  Ausschuss  berufen.  Es  setzt  sich  somit  der  Ausschuss  folgender- 
massen  zusammen : 

Neugewählte  Hälfte  (Ausschussmitglieder  bis   24.  Juni  1896): 

Dr.  F.  Ammermüller  von  Stuttgart, 
Prof.  Dr.  Branco  von  Tübingen, 
Präsident  v.  Dorr  er  von  Stuttgart, 
Prof.  Dr.   Eimer  von  Tübingen, 
Senatspräsident  v.  Hufnagel  von  Stuttgart, 
Prof.  Dr.  A.   Schmidt  von  Stuttgart, 
Prof.  Dr.   S  i  g  e  1  von   Stuttgart. 

Im  Ausschuss  bleiben  zurück  (Ausschussmitglieder  bis 
24.  Juni   1895): 

Bergratsdirektor  Dr.  v.   Baur  von  Stuttgart, 
Prof.  Dr.  Bronn  er  von  Stuttgart, 

Jahreshefte  d.  Vereins  f.  vaterl.  Naturkunde  in  Württ.  1895.  (l 


Prof.  Dr.  C.  Hell   von  Stuttgart, 

Prof.  Dr.  0.  Kirchner  von  Hohenheim, 

Dr.  Klinger  von  Stuttgart, 

Prof.  Dr.  K.  Lampert  von  Stuttgart, 

Prof.   Dr.  Leuze  von  Stuttgart, 

Sanitätsrat  Dr.   Steudel  von  Stuttgart. 
Delegierter    des    oberschwäbischen  Zweigvereins  ist 

Pfarrer  Dr.  Probst  in  Unteressendorf. 
Vom  Ausschuss  wurden  später  gemäss  §  14  und  §  13  der  Statuten 
weitere  Wahlen  vorgenommen. 

Zur  Verstärkung  des  Ausschusses  wurden  wiederum    gewählt    die 

Herren : 

Kustos  J.  Eichler  von  Stuttgart, 

Prof.  Dr.  Eberh.  Fr  aas  von  Stuttgart, 

Buchhändler  E.  Koch  von  Stuttgart, 

Prof.   Dr.  Nies  von  Hohenheim, 

Prof.  Dr.   Ottmar  Schmidt  von  Stuttgart. 

Als  Sekretäre  wurden  gewählt: 
Prof.  Dr.  A.   Schmidt, 
Prof.  Dr.  Eberh.  Fr  aas. 

Als  Kassier: 

Buchhändler  E.   Koch. 
Als  Bibliothekar: 

Kustos  J.   Eichler. 

Wahl  des  Versammlungsortes. 
Für  die  Tagung    der  Generalversammlung   im  Jahre  1895   lag 
eine  Einladung  nach  Ravensburg  vor,  welche  von  den  Anwesen- 
den mit  Dank  angenommen  wurde. 

Zum  Schluss  dieser  geschäftlichen  Angelegenheiten  machte 
sodann  Prof.  Dr.  Lampert  die  Mitteilung,  dass  am  folgenden  Tag 
für  den  Vormittag  der  Besuch  der  Vereinssammlungen  im  K.  Natura- 
lienkabinet  auf  dem  Programm  stehe;  zugleich  lade  Prof.  Dr.  C.  Hell 
zur  Besichtigung  des  chemischen  Laboratoriums  der  K.  Technischen 
Hochschule  ein;  als  Vereinigungspunkt  zum  Frühschoppen  sei  der 
Garten  des  Hotel  Royal  vorgesehen.  Für  Nachmittag  sei  eine  geo- 
logische Excursion  nach  Zuffenhausen  mit  Abfahrt  um  2  Uhr  geplant. 

Nach  Erledigung  der  geschäftlichen  Mitteilungen  wurden  die 
Vorträge  wieder  aufgenommen.     Zuerst  sprach 


—    LI     — 

Prof.    Dr.    L e u z e    über :     Die    Mineralien    des    oberen 
Keupers  von  Mittelbronn. 

(Der  Vortrag  findet  sich  im  Wortlaut  im  vorliegenden  Jahres- 
heft  wiedergegeben.) 

Als  weiterer  Redner  sprach 

Prof.    Dr.    Eberhard    Fraas    über:    Die    schwäbischen 
Höhlen  und  ihre  Bewohner. 

Der  Redner  führte  ungefähr  Folgendes  aus:  Höhlen  und  Höhlen- 
forschung bilden  jederzeit  ein  Thema,    das   für   den    Laien   wie   für 
den  Gelehrten  nahezu  gleich  grosses  Interesse  hat.     Einerseits  reizt 
es   die   Phantasie,    in   das   geheimnisvolle  Dunkel    einer  Höhle    und 
damit  gleichsam   in  das  Innere  des  Berges  einzudringen,    die   jung- 
fräuliche Schönheit   der  Stalaktiten   und    sonstiger   Naturgebilde    zu 
bewundern   und    eine,    bisher   dem    menschlichen    Auge'  verborgene 
"Welt  aufzuschliessen ;  anderseits  bieten  dem  Forscher  die  Grabungen 
in  dem  Untergrunde  Gelegenheit,    Studien   über   die    Bewohner    der 
Höhlen  aus  längst  vergangenen  Zeiten  zu  machen.    In  Württemberg, 
vor  allem  in  dem  Kalkgebirge  der  schwäbischen  Alb  giebt  es  Höhlen 
die  Hülle  und  Fülle,  bald  kleine  Grotten,  bald  viele  hundert  Meter 
lange    offene    Klüfte    und    Spalten ;    ein    grosser   Teil   dieser   Höhlen 
ist  wissenschaftlich  untersucht  und  die  reiche  Ausbeute  an  Knochen 
und  Zähnen   bildet   eine   Zierde   unserer  vaterländischen  Sammlung. 
Bei  dem  reichlichen  Material,    das   untersucht  worden    ist,    fällt    es 
nicht  schwer,  sich  ein  klares  Bild  der  einstigen  Höhlenbewohner  zu 
machen.     Wir   werden   zurückversetzt    in   ferne   Zeiten,    lange    vor 
allen  schriftlichen  oder  sonstigen  historischen  Beweisen  des  mensch- 
lichen Daseins,    in   eine    Zeit,    die   sich    durch  Klima   und  Tierwelt 
so  weit  von  der  jetzigen  unterscheidet,  dass  wir  sie  als  eine  andere 
geologische    Periode,    das   Diluvium    oder   die    Eiszeit,    bezeichnen. 
Von  den  Höhen  der  Alpen  her  drangen  damals  die  Gletscher  durch 
ganz  Oberschwaben  bis  zur  Donau  vor,   und   dementsprechend  mag 
auch  das  Klima  der  Alb  und  des  Unterlandes    rauh  und  frostig  ge- 
wesen sein.    Eine  andere  Tierwelt  als  heute  bevölkerte  die  nordischen 
Tundren   und  Steppen   am    Rande    der    oberschwäbischen  Gletscher, 
sowie  die  Wald-,    Sumpf-  und  Wiesenlandschaften  der  Alb  und  des 
Unterlandes.     Die   Ausgrabungen   in    den    Höhlen   lassen    uns    leicht 
zwei  Typen  der  Höhlenfauna  unterscheiden.    Höhlen,  wie  der  Hohlen- 
fels ,  die  Charlottenhöhle ,  der  Hohlenstein  und  die  Erpfinger  Höhle 
waren    Bärenschlupfe ,    in    denen    diese    Raubtiere    des  Waldes   fast 
einzig  und  allein  hausten ;    sie  wurden  geboren ,  lebten  und  starben 

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in  den  Höhlen,  aber  ihren  Frass  verzehrten  sie  ausserhalb  der  Höhle. 
Die  Folge  davon  ist,  dass  derartige  Bärenhöhlen  Hunderte,  ja 
Tausende  von  Bärenknochen  aus  allen  Altersstadien,  aber  nahezu 
keine  anderen  Tierreste  enthalten.  Ganz  anders  ist  das -Material 
aus  den  von  Hyänen  bewohnten  Höhlen,  deren  beste  Beispiele  die 
Ofnet  im  Ries  und  die  Irpfelhöhle  bei  Giengen  sind;  hier  finden 
sich  in  buntem  Gemenge,  zusammen  mit  den  Knochen  der  Hyänen, 
die  angenagten  und  zerbissenen  Reste  fast  der  ganzen  damaligen 
Tierwelt,  denn  die  Hyäne  hebte  es,  ihre  Beute  ins  Innere  der  Höhle 
zu  schleppen,  um  sie  dort  in  Ruhe  zu  zernagen.  Dort  finden  wir 
die  Vertreter  der  Wald-  und  Weidefauna,  den  Auerochsen,  Bison, 
Hirsch,  Wildschwein  und  Raubtiere,  wie  Bär,  Wolf,  und  selbst  Spuren 
des  Höhlenlöwen  einerseits,  Mammut,  Nashorn,  das  wilde  Pferd 
und  den  Esel,  das  Rentier,  den  Riesenhirsch  anderseits.  Manche 
Höhlen  freihch,  wie  der  Bockstein  im  Lonethal  und  das  Heppenloch 
bei  Gutenberg  stellen  dem  Forscher  ausserordentliche  Schwierigkeiten 
entgegen,  da  sie  nicht  eine  einheitUche,  sondern  eine  sowohl  den 
Bewohnern  wie  den  Zeitaltern  nach  gemischte  Fauna  beherbergen. 
Wohl  das  grösste  Interesse  unter  den  Funden  nehmen  die  Spuren 
menschlicher  Thätigkeit  ein,  die  zum  grössten  Teil  aus  roh  ge- 
schlagenen Feuersteinsplittern  bestehen.  Diese  wurden  in  nahezu 
allen  schwäbischen  Höhlen,  vermischt  mit  den  Knochen  diluvialer 
Säugetiere,  gefunden,  so  dass  es  keinem  Zweifel  mehr  unterliegen 
kann,  dass  der  Mensch  schon  in  die  Zeit  des  Mammut  und  Nas- 
horn zurückreicht,  wo  er  im  Kampf  mit  jenen  gewaltigen  Bewohnern 
des  Landes  und  im  Besitz  der  denkbar  unvollkommensten  Waffen 
ein  mühevolles  aber  siegreiches  Jägerleben  führte. 

Als  letzter  Redner  hielt  Pfarrer  Dr.  Engel  einen  Vortrag  über: 
Die  Pseudoschmarotzer  auf  unseren  Petrefakten. 

(Der  Vortrag  findet  sich  im  vorliegenden  Heft  abgedruckt.) 

Die  Reihe  der  Vorträge  ist  hiermit  erschöpft.  Der  Vorsitzende, 
Direktor  Dr.  v.  Baur,  spricht  allen  denen,  die  sich  um  die  Fest- 
feier verdient  gemacht,  den  Dank  des  Vereins  aus,  insbesondere 
dem  Direktorium  der  K.  Technischen  Hochschule  für  Überlassung  des 
Saales,  Herrn  Hofgarteninspektor  Ehmann  für  Dekoration  desselben 
und  allen  den  Herren,  die  durch  bereitwilhge  Überlassung  ihrer 
Schätze  sich  am  Zustandekommen  der  Ausstellung  beteiligt  haben. 
Hierauf  schloss  der  Vorsitzende  die  Festversammlung. 

Nur  kurze  Zeit  war  noch  bis  zum  Beginn  des  im  Stadtgarten 
stattfindenden    Festessens,    an    welchem    etwa    120    Personen    teil- 


—     LIII     — 

nahmen.  Den  eisten  Toast  brachte  der  Vorstand,  Direktor  v.  Baur, 
auf  Se.  Majestät  den  König  aus,  indem  er  den  Wunsch  aus- 
sprach, der  Verein  möge,  in  alle  Zukunft  wachsend  und  gedeihend, 
sich  der  Huld  des  allerhöchsten  Protektors  stets  wert  machen.  Be- 
geistert klangen  die  Hochrufe  auf  Se.  Majestät.  Der  II.  Vorstand, 
Prof.  Dr.  Lampert,  gedachte  pietätsvoll  des  um  den  Verein  hoch- 
verdienten langjährigen  Vorstandes  Direktor  Dr.  v.  Kraus s  und 
liess  den  letzten  Vorstand,  Direktor  Dr.  v.  Fraas,  hochleben.  In 
humoristischen  Worten  feierte  sodann  Prof.  Dr.  Branco  von  Tü- 
bingen die  Damen,  die  Perlen  des  Lebens.  Bürgerausschussmitglied 
Prof.  H.  Cranz  begrüsste  den  Verein  als  einziger  anwesender  Ver- 
treter der  bürgerlichen  Kollegien  zu  seinem  Feste.  Mit  besonderer 
Freude  wurde  Pfarrer  Dr.  Engel  als  Redner  begrüsst,  der,  altem 
Brauche  treu ,  die  Anwesenden  mit  einem  Gedicht  erfreute ,  aus 
welchem  wir  am  Anfang  unseres  Berichts  einige  Zeilen  citiert  haben. 
Den  Schluss  der  Trinksprüche  machte  Prof.  Dr.  A.  Schmidt  mit 
einem  Toast  auf  Prof.  Dr.  Lampert  und  Buchhändler  E.  Koch, 
denen  manche  Vorbereitung  des  Festes  obgelegen.  Prof.  Dr.  Lampert 
brachte  sodann  noch  einige,  im  Laufe  des  Nachmittags  eingelaufene 
Telegramme  zur  Verlesung,  darunter  auch  einen  Gruss  der  zu  gleicher 
Stunde  in  Freudenstadt  tagenden  Württembergischen  Ärzteversamm- 
lung, welcher  sofort  unter  lebhafter  Zustimmung  ein  telegraphischer 
Gegengruss  gesandt  wurde.  In  gemütlichem  Beisammensein  ver- 
brachte die  Mehrzahl  der  Mitglieder  den  schönen  Sommerabend  unter 
den  Bäumen  des  Stadtgartens. 

Am  folgenden  Tag,  Samstag  den  30.  Juni,  versammelten  sich 
die  noch  anwesenden  auswärtigen  Mitglieder  und  Festgäste  vor- 
mittags 9  Uhr  im  K.  Naturalienkabinet  zur  Besichtigung  der  Samm- 
lungen des  Vereins.  In  den  unteren  Räumen  mit  der  geologischen 
Sammlung  machte  Prof.  Dr.  Eberhard  Fraas  den  Führer,  während 
gleichzeitig  Prof.  Dr.  Lampert  die  Gäste  durch  die  zoologische 
Abteilung  in  den  oberen  Sälen  führte.  Nach  mehrstündigem  Auf- 
enthalt inmitten  der  grossartigen  Schätze  des  Vereins  und  des  Staats 
wurde  ein  Frühstück  im  Garten  des  Hotel  Royal  eingenommen ,  an 
welchem  noch  etwa  50  Gäste  teilnahmen,  welche  sich  auch  an  der 
für  den  Nachmittag  anberaumten  geologischen  Exkursion  be- 
teiligten. Um  1  Uhr  50  Min.  erfolgte  der  Aufbruch  nach  Zuffen- 
hausen.  Trotz  Sonnenbrand  und  Strassenstaub  wurde  kühn  nach 
dem  interessanten  Muschelkalksteinbruch  der  dortigen  Ziegelei  mar- 
schiert, wo  Prof.  Dr.  Fraas    den  geologischen  Aufbau  der  Gegend 


—     LIV     — 

erläuterte.  Insbesondere  wies  er  auf  die  ausserordentlich  starken 
Verwerfungen  der  Schichten  hin,  welche  hier  zu  sehen  sind,  die 
zusammenhängen  mit  dem  Einbruch  der  Schichten  von  Stuttgart 
und  der  Filder  gegenüber  denjenigen  des  Schurwalds  und  des  unteren 
Neckarthals.  Dem  Studium  dieser  interessanten  Verwerfungen  galt 
vor  allem  der  Besuch  des  neu  erstellten  Richtstollens,  der  durch 
das  nordöstliche  Ende  des  Burgholzes  durchgetrieben  ist  und  in 
welchem  die  Schichtenverwerfung  so  stark  zum  Ausdruck  kommt, 
dass  man  buchstäbhch  mit  einem  Schritte  aus  den  Schichten  des 
Muschelkalkes  in  die  des  mittleren  Keupers  hinübertreten  kann; 
ein  Profil,  wie  es  nur  selten  in  solcher  Klarheit  aufgeschlossen  ist. 
Auf  der  Trace  der  zukünftigen  Bahnlinie  der  Entlastungsbahn  führte 
die  Exkursion  nach  Münster  weiter  und  von  dort  über  die  neue 
Bahnbrücke,  wo  nochmals  interessante  Aufschlüsse  über  die  An- 
schwemmungen des  Neckars  zu  beobachten  waren,  nach  dem  Kur- 
saal in  Cannstatt.  Die  Ankunft  hier  erfolgte  um  5  Uhr.  Nach 
3  stündigem  Marsche  wurde  in  den  schattigen  Anlagen  bei  der  guten 
Musik  der  Kurkapelle  eine  lange  Rast  gehalten,  die  zugleich  dem 
Abschiede  galt,  welchen  alte  und  neue  Freunde  von  einander  nahmen. 
Mit  besonderer  Dankbarkeit  und  Verehrung  geschah  dies  bei  dem  an- 
wesenden, scheidenden  bisherigen  I.  Vorstand,  Direktor.  Dr.  v.  Fraas. 


Vorträge  bei  der  Generalversammlung. 


I. 
Die  Tierwelt  Württembergs. 

Eine  zoogeographische  Skizze. 
Von  Prof.  Dr.  Kurt  Lampert. 

Hochverehrte  Festversammlung ! 

In  §  5  der  Statuten,  die  der  Verein  vor  50  Jahren  bei  seiner 
Gründung  sich  gab,  ist  als  eines  der  Hauptziele  des  Vereins  an- 
geführt: die  Erforschung  der  vaterländischen  Fauna.  Mit  welch 
bedeutendem  Erfolg  der  Verein  an  die  Lösung  dieser  Aufgabe  heran- 
ging, zeigt  Ihnen  unsere  Vereinssammlung;  sie  war  das  Lieblingskind 
unseres  langjährigen  hochverdienten  Vorstandes,  Direktor  Dr.  v.  Krauss, 
der  unermüdlich  für  ihre  Ergänzung  thätig  war  und  überall  im  Verein 
freundliche  Unterstützung  fand;  auch  in  den  „Jahresheften"  spiegelt 
sich  diese  zoologische  Thätigkeit  des  Vereins  in  mannigfachen  Publika- 
tionen wieder.  Wenn  ich  trotzdem  ein  scheinbar  so  vielfach  be- 
handeltes Thema,  die  Tierwelt  Württembergs,  zum  Vortrag  gewählt 
habe,  so  trage  ich  einerseits  hiermit  einer  mir  persönlich  besonders 
sympathischen  Richtung  der  Zoologie  Rechnung,  welche  sich  das 
Studium  der  Verbreitung  der  Lebewelt  und  speciell  die  eingehende 
Erforschung  der  Heimat  zur  Aufgabe  stellt,  anderseits  leitet  mich 
der  Gedanke,  Ihnen  zu  zeigen,  dass  trotz  öOjähriger  Thätigkeit  dem 
Verein  noch  manche  Arbeit  auf  diesem  Gebiet  aufbewahrt  Wieb. 

Die  Zoogeographie  begnügt  sich  nicht,  die  Tierwelt  eines  be- 
stimmten Gebietes  zu  inventarisieren,  einfach  das  Vorkommen  der 
einzelnen  Arten  zu  konstatieren.  Sie  ist  bestrebt,  die  Existenz- 
bedingungen der  Tiere,  ihre  Abhängigkeit  von  der  umgebenden  Natur 


-     LVI     — 

und  unter  sich  zu  erkennen,  um  hierbei  einen  Fingerzeig  zur  Er- 
klärung des  Vorkommens  zu  gewinnen;  sie  geht  zurück  in  die  Ver- 
gangenheit, um  mit  ihrer  Hilfe  die  Gegenwart  zu  verstehen ;  in  dem 
bunten  Mosaikbild,  welches  die  Fauna  eines  jeden  Landes  heutzutage 
bietet,  prüft  sie  jedes  einzelne  Steinchen. 

Zahlreich  sind  die  Faktoren,  welche  die  Verbreitung  der  Tier- 
welt bestimmen. 

Der  palaeontologische  Befund  liefert  manch  wertvollen  Hinweis 
für  die  Erklärung  der  Verbreitung  der  heutigen  Fauna ;  Wechsel  des 
Klimas  und  Veränderungen  der  Pflanzendecke  haben  Veränderungen 
der  Tierwelt  zum  Gefolge ;  die  Konfiguration  des  Bodens,  der  Wechsel 
von  Hügel  und  Flachland  sind  von  nicht  minderem  Einfluss  wie  die 
Natur  der  Gesteine ;  Wasserarmut  oder  Wasserreichtum  eines  Ge- 
biets verleihen  diesem  auch  einen  verschiedenen  faunistischen  Cha- 
rakter; Flussthäler  bilden  die  Strassen,  längs  deren  naturgemäss  die 
Wanderung  der  Tierwelt  sich  vollzieht  und  breite  Ströme  können 
ein  unüberwindliches  Verbreitungshindernis  werden.  Zu  diesen  in 
der  Natur  selbst  liegenden  Einflüssen  auf  die  Verbreitung  der  Tiere 
gesellt  sich  der  mächtige  Einfluss,  den  der  Mensch  direkt  und  in- 
direkt ausübt;  was  ihm  von  der  heimischen  Tierwelt  feindlich  ent- 
gegentritt, sucht  er  zu  vernichten,  was  ihm  unter  den  freilebenden 
Tieren  Vorteil  verschafft,  fällt  ihm  ebenfalls  zum  Opfer.  Ungleich 
bedeutender  aber  sind  die  Veränderungen  der  Fauna,  die  er  indirekt 
verursacht;  die  Kultivierung  eines  Landes,  die  Verwandlung  von 
Wald  in  Feld,  von  Moor  und  Bruch  in  Kulturland,  die  Korrektion 
der  Flüsse,  kurz,  die  ganze  Kulturthätigkeit  des  Herrn  der  Erde,  sie 
schneidet  aufs  tiefste  ein  in   die   natürliche  Verbreitung   der  Fauna. 

Viel  wirkt  auf  diese  Weise  zusammen ,  um  das  faunistische 
Bild  eines  Landes  als  ein  stetig  v/echselndes  erscheinen  zu  lassen. 
Dem  Laien  fällt  es  wohl  besonders  auf,  wenn  einmal  eine  bisher 
fremde  Tierart  urplötzlich ,  wie  bei  einer  feindlichen  Invasion ,  in 
Scharen  erscheint,  um  freilich  fast  stets  wieder  spurlos  zu  ver- 
schwinden ;  viel  bedeutender  aber  sind  die  Veränderungen ,  die  sich 
allmähhch  vollziehen,  die  im  langsamen  Wechsel  der  Zeit  den  fau- 
nistischen Charakter  eines  Landes  ganz  wesentlich  umzugestalten 
vermögen. 

Gerade  Württemberg  erscheint  mir  besonders  geeignet  für  zoo- 
geographische Studien.  Das  düstere  Waldgebirge  des  Schwarzwalds, 
dem  Urgebirge  und  Buntsandstein  zur  Unterlage  dienen,  das  Hoch- 
plateau der  Alb  mit  seinen  waldgeschmückten,    höhlen  durchzogenen 


—     LVII     — 

Steilabhängen,  das  unter  intensiver  Kultur  stehende  Unterland,  und 
endlich  Oberschwaben  mit  seiner  eigenartigen,  dem  Besucher  nur 
langsam,  dann  aber  mit  Macht  sich  erschliessenden  Schönheit,  wel- 
ches die  Erinnerung  jener  gewaltigen  als  Eiszeit  zusammengefassten 
Vergletscherungen  wachhält,  sind  wohl  sicher  vielfach  als  natürliche 
zoogeographische  Gebiete  anzusehen  und  selbst  die  ausgesprochen 
alpine  Region  sendet  am  schwarzen  Grat  bei  Isny  einen  Ausläufer 
herein.  Dazu  kommen  die  hydrographischen  Verhältnisse ;  zum  Fluss- 
gebiet der  beiden  grössten  deutschen  Ströme,  des  Rheins  sowie  der 
Donau  gehörig,  hat  Württemberg  zugleich  Antheil  am  grössten 
deutschen  See  und  besitzt  im  wasserreichen  Oberschwaben  eine  Fülle 
stehender  Gewässer  grösseren  oder  kleineren  Umfangs. 

Ich  bin  mir  freilich  wohl  bewusst,  dass  ich  meine  Aufgabe, 
Württembergs  Tierwelt  unter  diesen  Gesichtspunkten  zu  schildern, 
nur  sehr  unvollkommen  erfüllen  kann;  es  kann  sich  nur  um  eine 
Skizze  handeln,  um  den  Grundriss  gleichsam  eines  später  auszufüh- 
renden Gebäudes,  und  ich  fürchte,  dass  das  Negative  das  Positive 
überwiegt,  denn  allzu  spärlich  fliessen  für  Beantwortung  mancher 
Fragen  die  Quellen,  und  so  gut  im  allgemeinen  die  heimische  Tier- 
welt durchforscht  erscheint,  so  fehlen  anderseits  nicht  grosse  Lücken, 
selbst  in  einzelnen  Gruppen  der  Säugetiere,  z.  B.  der  Nager,  In- 
sektenfresser und  Fledermäuse. 

Wir  wenden  uns  zunächst  an  die  Schwesterwissenschaft,  die 
Palaeontologie ,  mit  der  Bitte  um  Aufschluss  über  die  Tierwelt  in 
früherer  Zeit.  Ich  kann  mich  hier  kurz  fassen;  Collega  Fraas  wird 
Ihnen  in  unserer  heutigen  Zusammenkunft  ein  Bild  geben  von  der 
Fauna  des  Landes  zu  jener  Zeit,  aus  welcher  uns  das  erste  Auf- 
treten des  Menschen  in  Schwaben  durch  glückliche  Funde  beglaubigt 
ist.  Die  charakteristischen  Tiere  jener  Zeit  sind  verschwunden, 
Höhlenbären  und  Hyänen  ebenso  wie  Mammut,  Rentier,  Wildesel 
und  viele  andere ;  den  Zoologen  interessiert  besonders  die  Frage,  ob 
nicht  aus  jenen  mehrfachen  Gletschervorstösson  und  ihren  Zwischen- 
perioden, die  wir  als  Eiszeiten  bezeichnen,  die  eine  oder  andere  Art 
der  damaligen  Tierwelt  sich  bis  in  die  Jetztzeit  gerettet  hat.  Die 
Fauna  Oberschwabens,  wo  allein  in  Württemberg  eine  solche  Eiszeit 
stattfand,  müsste  solche  „Relikte"  enthalten.  Unter  den  heutigen 
Säugetieren  wenigstens  sehen  wir  uns  umsonst  nach  solchen  Über- 
bleibseln um,  nur  ein  Schneehase,  der  sich  1853  aus  seinem  alpinen 
Zufluchtsort  nach  Oberschwaben  verirrt  hat  und  bei  Biberach  erlegt 
wurde,    erinnert   an    die    Glacialzeit,    zu    welcher    diese    Art    einen 


—     LVIII     — 

charakteristischen  Bestandteil  der  Fauna  ausmachte.  Viel  eher  und 
mit  einer  gewissen  Sicherheit  dürfen  wir  erwarten,  unter  der  niederen 
Fauna  des  Wassers  solche  Relikte  zu  finden,  denn  in  den  vielen 
Wasserbecken  und  manchem  schwer  zugänglichen  Moor  haben  sich 
bis  heute  Verhältnisse  ähnhch  denen  am  Ausgang  der  Eiszeit  am 
besten  erhalten;  unter  den  niederen  Krebsen  wird  z.  B.  die  schöne 
durchsichtige  Leptodora  hyalina  Llljb.,  die  in  den  grösseren  Wasser- 
becken Oberschwabens  nicht  vergebens  gesucht  wird,  von  manchen 
Seiten  als  Relikt  betrachtet,  striktere  Beweise  aber  versprechen  die 
bis  jetzt  leider  noch  sehr  vernachlässigten  Würmer. 

Die  Erwähnung  des  Wasserreichtums  Oberschwabens  führt  uns 
zu  einem  kurzen  Hinweis  auf  die  Bedeutung  der  hydrographischen 
Verhältnisse  für  die  Fauna  des  Landes.  Die  Zugehörigkeit  zu  zwei 
verschiedenen  Strorasystemen  bedingt  a  priori  eine  verschiedene 
Fischfauna;  so  finden  wir  z.  B.  im  Neckar,  um  nur  einige  Arten 
hervorzuheben,  den  Aal,  den  Maifisch,  das  Flussneunauge,  gelegent- 
lich auch  den  Lachs,  die  der  Donau  wenigstens  ursprünglich  fehlen, 
während  wir  als  charakteristisch  für  letzteren  Fluss  u.  a.  den  Rotfisch 
oder  Huchen,  den  Frauenfisch  (Leuciscus  virgo  Heck.)  und  den  Schill 
oder  Zander  anführen  können ;  der  grösste  der  schwäbischen  Binnen- 
seen ,  der  Bodensee ,  ist  ausgezeichnet  durch  das  Vorkommen  treft- 
licher  Salmoniden,  die  als  Felchen  bekannt  sind,  und  mit  einer  Reihe 
anderer  oberschwäbischer  Seen  teilt  er  sich  in  den  Besitz  des  auch 
dem  Donaugebiet  zukommenden  grössten  deutschen  Süsswasserfisches, 
des  Weller.  Freilich  haben  die  ursprünglichen  Verhältnisse  in  der 
Verbreitung  der  Fische  durch  die  erfolgreichen  Bestrebungen  der 
Fischereivereine  vielfache  Veränderungen  erlitten  und  erinnere  ich 
hier  nur  an  die  Einsetzung  des  Aals  in  zahlreiche,  zum  Donaugebiet 
gehörige  Wasserläufe.  Die  vielen  Wasserbecken  Oberschwabens  sind 
zugleich  die  Ursache,  dass  wir  hier  vielen  Sumpfvögeln  und  Wasser- 
vögeln begegnen,    die   daselbst  willkommene  Nistgelegenheit  finden. 

Fragen  wir  bei  der  weiteren  Beurteilung  der  natürlichen  Verhält- 
nisse Württembergs  und  ihrer  Bedeutung  für  die  Verbreitung  der  Tier- 
welt zunächst  nach  der  Rolle,  welche  den  einzelnen  geologischen  For- 
mationen zukommt,  so  werden  wir  am  besten  zum  näheren  Studium  eine 
Tierordnung  heranziehen,  die  in  möghchster  Abhängigkeit  vom  Boden 
lebt.  Ganz  von  selbst  bieten  sich  uns  für  diesen  Fall  die  Schnecken  an. 
Für  ihre  Verbreitung  erscheint  die  Natur  des  Untergrundes,  auf  dem  sie 
leben,  wenn  auch  natürlich  nicht  als  der  einzige,  aber  doch  als  der 
massgebendste  Faktor   und    die  geognostischen  Grenzen  des  Landes 


-     LIX     - 

decken  sich  vielfach  mit  den  Verbreitungsgrenzen  der  verschiedenen 
Mollusken.  Ich  brauche  hier  nicht  auf  Einzelheiten  einzugehen,  sondern 
kann  mich  kurz  fassen  und  auf  einen  Hinweis  beschränken,  denn  in 
dem  Jubiläumsband  unserer  „Jahreshefte"  finden  Sie  speciell  über 
dieses  Kapitel  eine  treffliche  Arbeit  von  unserem  eifrigen  Mitglied, 
Herrn  Lehrer  Geyer  in  Neckarthailfingen.  Als  charakteristisch  für 
den  Einfluss  der  geologischen  Verhältnisse  auf  die  Verbreitung  der 
Mollusken  erinnere  ich  nur  an  Schwarzvvald  und  Alb.  Im  feuchten 
kühlen  Schwarzwald,  dessen  Unterlage  Urgebirge  und  Buntsandstein 
bilden ,  finden  sich  besonders  Formen ,  welche  keine  oder  nur  eine 
dünne  Schale  besitzen,  zu  deren  Aufbau  sie  daher  nur  wenig  Kalk 
benötigen ;  die  Alb  dagegen  ist  ein  wahres  Eldorado  für  die  schalen- 
tragenden und  dickschaligen  Mollusken  und  die  Abhängigkeit  vom 
Kalkgebirge  geht  so  weit,  dass  wir  viele  Arten  kennen,  welche 
„kalkstet"  sind,  d.  h.  nur  auf  Kalkgestein  sich  finden.  Diese  Vor- 
liebe für  bestimmte  Formationen  finden  wir  auch  noch  in  anderen 
Klassen  des  Tierreichs;  so  würde  sicher  ein  genaues  Studium  der 
bisher  leider  bei  uns  noch  völlig  vernachlässigten  Spinnen  auch  in 
dieser  Beziehung  manch  interessantes  Resultat  gewähren. 

Von  den  geologischen  Verhältnissen  des  Landes  vielfach  ab- 
hängig ist  die  Pflanzendecke  desselben  und  welche  Bedeutung  diese 
für  die  Verteilung  der  Tierwelt  beansprucht,  ist  bekannt.  Der  Wald 
beherbergt  ebenso  seine  eigene  Tierwelt ,  wie  das  offene  Land  mit 
seinen  Getreidefeldern  und  Wiesen;  die  dürftige  Heide  weist  nicht 
minder  ihre  charakteristischen  Formen  auf,  wie  die  vegetationslosen 
Felsenabhänge  und  Schutthalden.  In  vielen  Fällen  geht  aber  das 
Abhängigkeitsverhältnis  zwischen  Fauna  und  Flora  des  Landes  so 
weit,  dass  die  Verbreitung  einer  Tierart  von  dem  Vorkommen  einer 
Pflanze  abhängig  ist,  wie  dies  speciell  von  den  Insekten  gilt.  So 
findet  sich  die  Raupe  des  Schwärmers  Deilephila  Hippopheiis  nur 
am  Sanddorn  {Hipjwphae  rhamnoides  L.) ,  welcher  in  Württemberg 
nur  im  angeschwemmten  Gebiet  der  Hier  vorkommt  und  auch  der 
Schmetterling  ist  nur  von  dort  bekannt. 

Wenn  wir  die  Urographie  des  Landes,  seine  Gliederung  in 
Flachland  und  Hügelland  betrachten,  werden  wir  uns  zunächst  der 
Bedeutung  erinnern,  die  die  Verschiedenheit  der  Höhenlage  für  die 
Verbreitung  vieler  Tiere  beansprucht;  gewaltig  verschieden  ist  die 
Alpen-  —  die  Hochgebirgsfauna  —  von  der  Tierwelt,  die  ein  paar 
hundert  Meter  tiefer  zu  ihren  Füssen  lebt.  In  Württemberg  freilich 
treff'en  wir  nur  an  einem  beschränkten  Punkt,  dem  schon  erwähnten 


—     LX     — 

schwarzen  Grat  bei  Isny,  Vertreter  der  wahren  alpinen  Fauna ;  hier 
finden  wir  den  schwarzen  Alpensalamander,  das  Tattermännchen  der 
Alpenbewohner  (Salamandra  atra  Laur.)  und  von  Insekten  können 
wir  Argynnis  Poles  Schiff  und  Colias  Phicomene  Esp.  als  alpine 
Formen  nennen.  Aber  auch  bei  minder  hohen  Erhebungen  macht 
sich  der  Einfluss  der  Höhenlage  geltend;  wenn  wir  z.  B.  unseren 
prächtigen  Apollo  auf  die  Berge  der  Alb  beschränkt  sehen,  so  dürfen 
wir  annehmen ,  dass  er  gleich  seinen  Verwandten ,  die  sämtlich  als 
subalpin  bezeichnet  werden  können,  nur  in  dieser  Höhe  die  er- 
wünschten klimatischen  Existenzbedingungen  findet,  denn  die  Futter- 
pflanze seiner  Raupe,  das  weisse  Sedum,  kommt  ebenso  wie  auf  der 
Alb,  auch  im  Unterland,  überall,  wo  Muschelkalk  ansteht,  vor, 
während  der  Schmetterling  hier  unbekannt  ist. 

Abgesehen  von  den  Höhenunterschieden  und  den  dadurch  be- 
dingten klimatischen  Verschiedenheiten  kommt  die  Geographie  eines 
Landes  auch  anderweitig  für  das  Studium  der  Tierverbreitung  ganz 
wesentlich  in  Betracht;  besonders  ist  es  der  Verlauf  der  Flussthäler, 
die  Richtung  der  Höhenzüge,  die  bei  der  Frage  nach  der  Herkunft 
einzelner  Tierarten  eine  besondere  Rolle  spielen,  wobei  natürlich 
zugleich  die  sonstige  Verbreitung  der  betreffenden  Arten  zu  berück- 
sichtigen ist.  Auch  hierfür  werden  wir  als  Beispiel  am  besten  eine 
Gruppe  herausgreifen,  die  in  bedeutendem  Mass  vom  Boden  abhängig 
ist,  die  sich  einer  möglichst  geringen  Beachtung  durch  den  Menschen 
erfreut,  so  dass  durch  ihn  ihre  Verbreitung  nicht  beeinflusst  wird 
und  die  zugleich  durch  geringe  Artenzahl  die  Untersuchung  erleichtert. 
Eine  solche  Gruppe  sind  die  Amphibien  und  wiederum  beziehe  ich 
mich  hier  auf  eine  in  den  „Jahresheften"  erschienene  Arbeit,  in 
welcher  Wolterstorff  in  eingehender  Weise  die  Verbreitung  von 
Württembergs  Amphibien  erörtert  hat. 

Schwaben  besitzt  13  Arten  Amphibien:  die  beiden  gewöhnlichen 
Frösche,  den  Laubfrosch,  drei  Krötenarten,  eine  Unke,  zwei  Erd-  und 
vier  Wassersalamander.  Die  beiden  Frösche  (Bana  esculenta  L.  und 
temporaria  Aüt.),  der  Laubfrosch  {Hyla  viridis  L.)  und  die  gemeine 
Kröte  {Bufo  vidgaris  Laur.)  sind  sehr  weit  verbreitet  und  bieten 
kein  besonderes  Interesse;  letzteres  kommt  schon  in  höherem  Grade 
der  Wechselkröte  {Bufo  variabilis  Fall.  =  viridis  Laur.)  und  der 
Kreuzkröte  (Bufo  calamita  Laur.)  zu,  die  zwar  beide  in  Württemberg 
sich  überall  finden ,  von  denen  aber  die  erstere  eine  östliche ,  die 
letztere  eine  westhche  Form  ist,  die  beide  bei  ihrer  allmählichen 
Ausbreitung  in  Deutschland  auch  hier  zusammengestossen  sind ;  die 


—     LXI     — 

Unke  Württembergs  ist  die  in  ganz  Süddeutschland  heimische  gelb- 
bauchige Unke  (Bombinator  pachypus  Bonap.)  ,  die  im  Flachland 
Norddeutschlands  durch  eine  verwandte  rotbauchige  Art  ersetzt  wird. 
Das  Verbreitungsgebiet  der  gelbbauchigen  Unke  erstreckt  sich  über 
Holland,  Belgien,  Frankreich,  Schweiz,  Mittel-  und  Süddeutschland, 
Italien,  Dahnatien,  Österreich-Ungarn,  Böhmen.  In  Deutschland  kommt 
die  gelbbauchige  Unke  nur  in  Hügel-  und  Bergland  vor,  weshalb 
sie  WoLTERSTORFF  zweckmässig  als  Bergunke  bezeichnet  hat;  sie 
geht  nördlich  bis  Thüringen  und  wird  dann  von  der  das  ebene  Land 
bevorzugenden  rotbauchigen  Unke  abgelöst.  Für  das  Studium  der 
schwäbischen  Frösche  und  Kröten  von  Interesse  ist  ferner,  dass  in 
Württemberg  drei  sonst  in  Süddeutschland  sich  findende  Arten  fehlen, 
nämlich  der  Moorfrosch  {Rana  arvalis  Nils.)  ,  die  Knoblauchkröte 
(Pelohates  ftiscus  Wagl.)  und  die  Geburtshelferkröte  [Alytes  obstetri- 
cans  Wagl.).  Der  Moorfrosch  ist  eine  östliche  Form ,  die  anderen 
beiden  kommen  dem  Westen  zu.  Der  Moorfrosch  geht  westlich  bis 
zum  Rhein  und  diesem  Strom  entlang  ist  er  in  südlicher  Wanderung 
bis  nach  Basel  und  zugleich  Main  und  Pegnitz  aufwärts  bis  Erlangen 
und  Würzburg  vorgedrungen,  in  Württemberg  jedoch  fehlt  er; 
WoLTERSTORFF  sieht  hierfür,  wie  für  das  Fehlen  der  Knoblauchkröte, 
die  ebenfalls  den  Flüssen  entlang  bis  Basel  und  Würzburg  vor- 
gedrungen ist,  den  Grund  darin,  dass  die  beiden  Formen  nach- 
gewiesenermassen  das  Flachland  bevorzugen  und  dass  sie  daher  bei 
einer  etwaigen  Einwanderung  vom  Rheinthal  in  das  Neckarthal  in 
dem  Hügelland  des  unteren  Neckarlaufes  die  ihnen  zusagenden 
Existenzbedingungen  nicht  fanden.  Auffallend  ist  dagegen  das  Fehlen 
der  Geburtshelferkröte  in  Württemberg,  da  sie  auch  hügeliges  Land 
bevorzugt ;  sie  kommt  Portugal,  Spanien,  Frankreich,  Norditalien  und 
der  Schweiz  zu,  war  in  Deutschland  bis  vor  wenigen  Jahren  nur 
aus  dem  Rheingebiet  nachgewiesen ,  ist  jetzt  aber  auch  aus  dem 
Thüringer  Wald  und  dem  Harz  bekannt,  welche  Gegenden  als  ihre 
östlichsten  Verbreitungsgrenzen  erscheinen.  Die  Annahme,  dass  diese 
Kröte  vielleicht  doch  noch  bei  uns  entdeckt  wird,  liegt  nach  diesen 
letzteren  Funden  nahe  und  ist  um  so  weniger  zurückzuweisen,  als 
eine  ebenfalls  westliche  Form  unter  den  Wassersalamandern,  der 
Schweizermolch,  welcher  die  Vorliebe  für  Berg-  und  Hügelland  mit 
der  Geburtshelferkröte  teilt,  in  Württemberg  nicht  selten  ist.  Der 
Schweizermolch  {Triton  helveticus  Razoüm)  ist  beheimatet  in  Portugal, 
Spanien,  Frankreich,  England,  Schweiz  und  Belgien ;  für  Deutschland 
ist  er  also  ein  westlicher  Einwanderer,  der  „durch  die  Gebirgslücke 


—     LXII     — 

zwischen  Jura  und  Vogesen  ins  Rheinthal  gelangte"  (Leydig)  ,  und 
sich  von  da  weiter  verbreitete ;  als  östlichste  Punkte  seines  Vor- 
kommens sind  bis  jetzt  nachgewiesen  die  Algäuer  Alpen,  das  Nord- 
westende des  Thüringer  Waldes  und  der  Harz.  In  Württemberg  ist 
dieser  zierliche  Wassersalamander  an  geeigneten  Orten  häufig. 

Von  den  beiden  Erdmolchen  ist  der  gefleckte  Salamander 
{Salamandra  maculosa  Laür.)  weit  verbreitet;  des  Vorkommens  des 
alpinen  schwarzen  Salamander  bei  Isny  wurde  bereits  gedacht. 

Ich  glaubte ,  gerade  die  Amphibien  etwas  ausführlicher  be- 
handeln zu  dürfen ,  um  an  einem  Beispiel  die  Art  und  Weise  zoo- 
geographischen Studiums  zu  erläutern,  bei  welchem  unter  Umständen 
auch  das  Fehlen  einzelner  Arten  in  Erwägung  zu  ziehen  ist.  Um 
eine  Vollständigkeit  zu  erzielen,  wäre  es  unsere  Aufgabe,  in  gleicher 
Weise  auch  in  den  übrigen  Klassen  und  Ordnungen  unsere  heimische 
Fauna  zu  analysiren ,  nach  Ausscheidung  der  AUerweltsbürger  die 
östlichen,  westlichen,  südlichen,  nördlichen  Formen  zu  unterscheiden 
und  zu  erforschen ,  auf  welchem  Weg  sie  wohl  nach  Württemberg 
gelangt  sind  und  wie  sie  sich  innerhalb  des  Landes  verbreiten ;  es 
wären  hierbei  zunächst  alle  diejenigen  Tiere  ausser  acht  zu  lassen, 
deren  Verbreitung  direkt  oder  indirekt  mit  dem  Menschen  zusammen- 
hängt. Eine  derartige  eingehende  Behandlung  jedoch  würde  den 
Rahmen  eines  Vortrages  weit  überschreiten ;  sie  mag  vielleicht  einer 
späteren  grösseren  Publikation  vorbehalten  sein ,  an  dieser  Stelle 
möchte  ich  nur  noch  das  eine  oder  andere  Beispiel  aus  anderen 
Klassen  herausgreifen. 

Sie  alle  kennen  aus  der  Ordnung  der  Nager  unsere  Ratte ;  so 
allgemein  bekannt,  gefürchtet  und  gehasst  sie  heute  ist,  so  ist  es 
eine  relativ  erst  kurze  Zeit,  seit  sie,  von  Osten  kommend,  bei  uns 
eingedrungen  ist.  Genaue  Angaben  über  ihr  Erscheinen  in  Württem- 
berg liegen  mir  bis  jetzt  nicht  vor,  aber  wenn  wir  uns  erinnern, 
dass  sie  erst  1727  die  Wolga  überschwimmend  in  Europa  eingerückt 
ist,  um  sich  von  da  allerdings  rasch  nach  Westen  zu  verbreiten, 
dass  sie  aber  erst  seit  Anfang  des  Jahrhunderts  in  der  Schweiz 
heimisch  ist,  so  dürfte  ihr  Bürgerbrief  für  die  schwäbische  Fauna 
wenig  mehr  als  hundert  Jahre  alt  sein.  Überall,  wo  sie  hinkam, 
vertrieb  sie  ihre  Verwandte,  die  Hausratte,  und  so  sehen  wir  heute 
auch  in  Württemberg  die  letztere  fast  vollständig  verschwunden; 
wenn  es  auch  irrtümlich  sein  mag,  sie  bereits  als  völlig  ausgerottet 
anzunehmen,  so  ist  sie  heute  sicher  eine  grosse  Seltenheit  geworden, 
die  nur   noch   an   entlegeneren  einzelnen  Orten  sich   findet.     Schon 


—     LXIII     — 

vor  50  Jahren  war  sie  in  Stuttgart  so  selten  geworden,  dass  Krauss 
sich  viele  Jahre  vergebens  bemühen  konnte,  eines  Stückes  habhaft 
zu  werden,  bis  in  einer  schönen  Nacht  in  den  fünfziger  Jahren  ein 
stattliches  Männchen  der  gesuchten  Art  in  seinem  Schlafzimmer 
erschien,  um  sich  selbst  der  Wissenschaft  auszuliefern.  Das  in  der 
Vereinssaramlung  aufbewahrte  Tier  ist  eines  der  letzten  aus  Stutt- 
gart bekannt  gewordenen  Exemplare. 

Die  Ordnung  der  Reptilien  liefert  für  die  spontane ,  ohne  Zu- 
thun  des  Menschen  erfolgende  Einwanderung  einer  Art  ein  treffendes 
Beispiel  in  der  Mauereidechse  (Lacerta  muralis  Laür.),  die,  vom 
Eheinthal  kommend,  sich  in  verschiedenen  Flussthälern  Schwabens 
verbreitet  hat ;  wir  kennen  sie  nicht  nur  aus  Thälern,  die  unmittel- 
bar in  das  Rheinthal  einmünden,  wie  den  Thälern  des  Neckars,  der 
Pfinz,  der  Alb,  der  Murg,  der  Einzig  etc.,  sondern  auch  aus  Seiten- 
thälern  dieser  Flüsse,  z.  B.  dem  Jagstthal ,  dem  Kocherthal,  dem 
Enzthal,  den  Thälern  der  Glems,  der  Wurm,  der  Nagold  u.  a.,  wo 
sie  überall,  sich  dem  Verlauf  des  Thaies  anschliessend,  mehr  oder 
weniger  weit  flussaufwärts  sich  verbreitet  hat. 

Unter  den  Insekten  sind  es  naturgemäss  dem  Menschen  wider- 
liche oder  lästige  Tiere ,  deren  Erscheinen  dem  Menschen  wenig 
Freude  macht  und  die  deshalb  in  Bälde  auffallen  und  beobachtet 
w'erden,  während  vielleicht  manch  seltenes  Insekt  bereits  viele  Jahre 
seinen  Verbreitungsbezirk  bis  zu  uns  ausgedehnt  haben  kann,  ehe 
es  einem  kundigen  Entomologen  in  die  Hände  fällt.  Zu  den  Ein- 
wanderern lästiger  Sorte  gehört  die  unangehme  Abortsfliege,  TeicJio- 
mifza  fusca  Morcq.,  die,  vom  Westen  her  erscheinend,  seit  einer 
Reihe  von  Jahren  sich  auch  in  Stuttgart  heimisch  gemacht  hat. 

Manches  Beispiel  für  solche  Einwanderungen  aus  älterer  und 
neuerer  Zeit  wäre  noch  anzuführen,  wir  wollen  jedoch  hier  nur  noch 
der  Tiere  gedenken,  die  nur  als  Gäste  unser  Land  besuchen,  der 
Zugvögel.  Für  sie  bilden  ebenfalls  die  Thäler  die  natürhchen  Wander- 
strassen, längs  welcher  sie  ziehen,  sei  es,  dass  sie  auf  der  Reise 
nach  dem  wärmeren  Süden  ohne  Rast  oder  nur  mit  kurzem  Auf- 
enthalt unser  Land  passieren,  oder  dass  sie  in  diesem  selbst  die  ge- 
wünschten Winterquartiere  finden.  Auch  diese  Wandergäste  stellen 
einen  wesentlichen  Teil  der  heimischen  Fauna  dar,  und  die  Zeit  ihres 
Kommens  und  Gehens,  die  Zahl,  in  welcher  sie  erscheinen,  besondere 
Abweichungen  von  den  gewöhnlichen  Verhältnissen,  sind  alles  Momente, 
auf  welche  der  aufmerksame  Beobachter  der  Tierwelt  zu  achten  hat. 

Neben  diesen  regelmässigen,   zeitweiUgen   Besuchern   gelangen 


—     LXIV     - 

auch  öfters  der  einheimischen  Tierwelt  fremde  Arten  zu  uns,  die 
ein  besonderes  tiergeographisches  Interesse  beanspruchen,  weil  sie 
zwar  nicht  regelmässig  jedes  Jahr  erscheinen,  aber  doch  von  Zeit 
zu  Zeit  und  dann,  wenigstens  bei  den  Vögeln,  stets  in  grösserer 
Anzahl,  so  dass  wir  nicht  von  einem  Zufall  sprechen  können.  Haupt- 
sächlich sind  es  Wintergäste,  die  ein  strengerer  Winter  weiter  als 
sonst  nach  Süden  treibt,  und  Ihnen  allen  ist  hierfür  der  Bergfink 
bekannt ,  der  oft  in  grösserer  Anzahl  sich  einstellt.  In  um- 
gekehrter Weise  führt  ein  warmer  Sommer  mit  gewisser  Regel- 
mässigkeit der  heimischen  Fauna  fremde  Insekten  zu,  wie  beispiels- 
weise den  südlichen  Oleanderschwärmer  und  vor  allen  den  Toten- 
kopfschmetterling.  Wiederholen  sich,  wie  dies  beim  Bergfinken  der 
Fall  ist,  derartige  Besuche  öfter,  so  ist  die  Möglichkeit  nicht  aus- 
geschlossen, dass  hie  und  da  ein  Pärchen  zurückbleibt  und  auf  diese 
Weise  der  Vogel  sein  Wohngebiet  vergrössert. 

Hier  wäre  auch  der  sogen.  „Irrgäste"  zu  gedenken,  Tiere, 
welche  durch  einen  eigenartigen  Zufall  (doch  ist  auch  hier  Ver- 
schleppung durch  die  Menschen  auszuschliessen)  in  ein  ihnen  völlig 
fremdes  Faunengebiet  verschlagen  werden.  Vom  zoogeographischen 
Standpunkt  aus  sind  sie  im  allgemeinen  mehr  als  Kuriositäten  zu 
betrachten,  wenngleich  in  einzelnen  seltenen  Fällen  ihr  Auftreten 
beachtenswerte  Winke  zu  liefern  vermag.  Auch  für  Württemberg 
kann  ich  Ihnen  einige  eklatante  Fälle  von  Irrgästen  aufführen :  so 
trieb  sich  im  Jahre  1859  im  oberen  Lauterthal  etwa  ein  Vierteljahr 
lang  eine  Gemse  herum,  bis  sie  am  22.  September  genannten  Jahres 
erlegt  wurde.  Von  den  Vögeln  sind  wohl  die  seltensten  aus  Württem- 
berg bekannten  Irrgäste  ein  Papageitaucher  {Fratercula  arctica  Briss.), 
der  sich  (1846)  von  seiner  hochnordischen  Heimat  bis  Thamm  bei 
Ludwigsburg  verflogen  hatte ,  und  ein  grauer  Tauchersturmvogel 
(Pufßnus  Kuhlii  Boie),  welche  Art  im  Mittelmeer  heimisch  ist  und 
von  der  ein  Exemplar  1891  bei  Stuttgart  gefangen  wurde.  Wenn 
wir  noch  des  Fanges  einer  Wanderheuschrecke  auf  dem  Bahnhof 
in  Ulm  Erwähnung  thun,  so  haben  wir  es  auch  bei  diesem  Insekt 
glücklicherweise  nur  mit  einem  Irrgast  zu  thun. 

Wir  haben  bisher  nur  diejenigen  Faktoren  der  Verbreitung  der 
Tierwelt  im  Auge  gehabt,  die  in  der  Natur  des  Landes  selbst  ge- 
geben sind  und  einen  der  wichtigsten  ausser  acht  gelassen :  den 
Menschen  und  seine  Kulturthätigkeit.  Direkt  und  indirekt,  oft  auch 
ohne  es  zu  wollen  und  zu  wissen,  spielt  er  eine  bedeutsame  Rolle 
für  die  Tierwelt  des  Landes. 


—     LXV     - 

Der  direkten  Verfolgung  durch  den  Menschen  ist  es  zuzuschrei- 
ben, dass  die  grösseren  in  Europa  ursprünglich  heimischen  Raubtiere 
heute  aus  ganz  Deutschland  fast  gänzlich,  aus  Württemberg  aber 
vollständig  verschwunden  sind.  Der  Bär  verschwindet  bereits  1585 
aus  der  schwäbischen  Fauna,  der  letzte  Wolf,  der  übrigens  wohl 
aus  Lothringen  herübergewechselt  war,  wurde  1847  bei  Cleebronn 
getötet,  der  letzte  Luchs  1846  erlegt;  von  Raubvögeln  ist  der  Stein- 
adler aus  Schwaben  verschwunden ;  auch  Wildkatze  und  von  den 
Raubvögeln  der  Uhu  vermögen  sich  nur  noch  in  schwer  zugänglichen 
Zufluchtsorten  zu  halten  und  gehen  ihrer  sicheren  Ausrottung  ent- 
gegen. Jagdtiere,  besonders  Hochwild  und  Rehwild,  schützen  nur 
das  Gesetz  und  die  Regelung  des  Jagdwesens  vor  Vernichtung,  oder 
es  ist  ihr  Vorkommen  nur  noch  auf  geschlossene  Wildparke  be- 
schränkt ;  letzteres  gilt  für  Württemberg  z.  B.  vom  Schwarzwild, 
welches  des  Wildschadens  wegen  vor  mehreren  Jahren  abgeschossen 
wurde  und  auf  freier  Wildbahn  höchstens  noch  als  Wechselwild,  von 
den  Vogesen  oder  dem  Spessart  herkommend,  angetroffen  wird. 

Weit  tiefer  aber  als  dieses  direkte  Vorgehen  des  Menschen 
gegen  einzelne  Tierarten  greifen  die  Veränderungen  ein,  welche  die 
Urbarmachung  von  Waldland  oder  auch  nur  die  Verwandlung  des 
ursprünglichen  Urwaldes  in  den  Kulturforst,  die  Kultivierung  öder 
Strecken,  die  Gewinnung  von  Ackerland  aus  Moor  und  Bruch,  die 
rationelle  Bewirtschaftung  jeglichen  Grund  und  Bodens,  die  sorg- 
same Ausnützung  jedes  Fleckchens  Landes  mit  sich  bringen.  Vor- 
schriftsmässig  durchforstete  Wälder,  schön  geradlinig  korrigierte 
Flüsse  sind  unzweifelhaft  nationalökonomische  Errungenschaften,  aber 
für  zahllose  Tiere  bedeuten  sie  die  Vernichtung  ihrer  Existenzbedin- 
gungen; sie  wandern  aus  aus  Gegenden,  in  denen  ihnen  die  Kultur 
kein  Heim  mehr  gewährt;  als  „Kulturflüchter",  wie  Marshall's  glück- 
lich gewählter  Ausdruck  lautet,  suchen  sie  neue  Wohnplätze  auf, 
entfernt  vom  Einfiuss  des  Menschen,  und  vermögen  sie  solche  nicht 
mehr  zu  finden,  so  gehen  sie  zu  Grunde,  sie  sterben  aus.  Für 
Württemberg  ist  der  Biber  eines  der  bekanntesten  Beispiele  der 
Kulturflüchter ;  im  Oberland  war  ihm  reichlich  Gelegenheit  gegeben, 
seine  Kunstbauten  aufzuführen,  Städtenamen  geben  Zeugnis  von  seiner 
weiten  Verbreitung;  bald  aber  war  für  ihn  und  seine  umfangreichen 
Ansiedelungen  kein  Platz  mehr,  direkte  Verfolgung  trug  das  ihrige  bei 
und  mit  der  Mitte  dieses  Jahrhunderts  ist  der  Biber  aus  der  Fauna 
Württembergs  zu  streichen.  Aber  auch  noch  unter  unseren  Augen 
vollzieht  sich  die  Zurückdrängung  einer  grossen  Anzahl  von  Tieren. 

Jahreshefte  d.  Vereins  f.  vaterl.  Naturkunde  in  Württ.    1895.  6 


—     LXVI     — 

Die  "Vögel  leiden  besonders  unter  den  veränderten  Verhältnissen ;  mit 
der  Vernichtung  der  Hecken  an  den  Rainen,  der  Ausmerzung  hohl 
gewordener  Bäume  in  den  Wäldern  ist  vielen  Vögeln,  und  leider 
besonders  den  Insektenfressern,  die  Gelegenheit  zum  Nestbau  ge- 
nommen; Heckennister  und  Höhlenbrüter  gehen  immer  mehr  zurück, 
wie  Ihnen  z.  B.  Nachtigall  und  Hohltaube  zeigen. 

Die  Korrektion  der  Flüsse,  die  sich  im  Interesse  der  Ufer- 
gebiete als  dringend  notwendig  erweist,  schädigt  unleugbar  in 
hohem  Masse  den  Fischbestand  der  Gewässer.  Ruhige ,  pflanzen- 
durchwachsene Buchten  und  Altwasser,  wie  sie  jeder  grössere  Fluss 
naturgemäss  in  seinem  Laufe  bildet,  sind  beliebte  Laichplätze  und 
bieten  der  heranwachsenden  jungen  Brut  einen  gesicherten  und 
schützenden  Aufenthaltsort,  der  ihr  zugleich  in  seiner  reichen  Mikro- 
fauna  und  -flora  Nahrung  in  Überfluss  liefert;  der  offene  Fluss 
dagegen,  zwischen  dessen  scharfmarkierten  Ufern  die  Wassermasse 
oft  in  verheerender  Gewalt  dahinbraust,  reisst  Eier  und  junge  Tiere 
in  seinem  Lauf  ins  Verderben.  Wir  brauchen  kaum  noch  an  die  Ver- 
unreinigung der  Gewässer  durch  Fabrikabläufe  zu  denken,  um  die 
Überzeugung  zu  gewinnen,  dass  die  Verminderung  des  Fischstandes 
der  Kulturthätigkeit  des  Menschen  zuzuschreiben  ist ;  unter  Aufwand 
beträchtlicher  Mittel  ist  man  neuerdings  in  anerkennenswerter  Weise 
bestrebt,  den  Fischstand  wieder  zu  heben  und  so  den  wider  Willen 
angerichteten  Schaden  wieder  gut  zu  machen. 

Aber  der  Mensch  greift  nicht  nur  störend,  hemmend  und 
schädigend  in  die  Verbreitung  der  Tierwelt  ein,  sondern  für  viele 
Arten  erweist  sich  seine  Thätigkeit  nützlich  und  fördernd.  Der 
Mensch  ist  der  Schöpfer  der  modernen  Fauna  seines  Wohnsitzes ; 
sie  schliesst  sich  zum  Teil  ihm  direkt  an  und  begleitet  ihn ,  wie 
z.  B.  Stubenfliege  und  Hausmaus  auf  seiner  Wanderung  rings  um 
den  Erdball,  oder  sie  findet  wenigstens  durch  ihn  ihre  Existenz- 
bedingungen. So  ist ,  als  Deutschland  im  Laufe  der  Jahrhunderte 
durch  menschliche  Thätigkeit  aus  einem  an  Sümpfen  reichen  Wald- 
land grösstenteils  ein  Acker-  und  Wiesenland  wurde,  an  Stelle 
einer  an  Waldtieren  und  Sumpfvögeln  überreichen  Fauna  allmählich 
in  überwiegendem  Masse  eine  Fauna  des  offenen  Landes  getreten. 
Besonders  von  Vögeln  sind  im  Laufe  der  Zeit  hauptsächlich  von 
Osten  her  manche  jetzt  bei  uns  häufige  Arten  eingewandert,  z.  B. 
Ammern  und  Lerchen,  und  als  einen  Beweis,  dass  diese  Einwanderung 
auch  heute  noch  unter  unseren  Augen  sich  vollzieht,  mag  Ihnen 
die  Haubenlerche   {Galerida  cristata)    gelten.     Sie   alle   kennen   das 


-     LXVII     - 

hübsche  Vögelchen,  das  besonders  vor  einigen  Jahren  in  den  Strassen 
der  Stadt  sehr  häufig  zu  sehen  war;  aber  neu  ist  Ihnen  vielleicht, 
dass  dieser  Vogel  erst  seit  Anfang  des  Jahrhunderts  in  Deutschland 
bekannt  ist.  Ursprünglich  ein  Bewohner  der  asiatischen  Steppen, 
ist  er  von.  Osten  her  zu  uns  gekommen,  und  zwar  nachgewiesener- 
massen  besonders  den  Landstrassen  entlang  gewandert,  die,  wie 
Marshall  richtig  hervorhebt,  in  ihrem  ausgesprochen  öden  Charakter 
den  Vogel  an  seine  heimischen  Steppen  in  China  und  der  Mongolei 
erinnern  mögen.  Das  wenig  scheue ,  durch  seine  sonderbare  Kopf- 
bedeckung auch  dem  gemeinen  Mann  auffallende  Vögelchen  erschien 
zuerst  als  seltener,  dann  häufiger  Wintervogel  und  ist  jetzt  über 
weite  Teile  Deutschlands  hin  als  Stand-  und  Brutvogel  bekannt, 
und  Marshall  irrt,  wenn  er  in  seinem  schönen  Vortrag  „Deutsch- 
lands Vogelwelt  im  Wechsel  der  Zeiten"  die  Vermutung  ausspricht, 
dass  der  Vogel  südlich  einer  von  Metz  bis  in  die  Leipziger  Gegend 
gezogenen  Linie  nistend  nicht  gefunden  werde.  Für  Bayern  ist  die 
allmähliche  Verbreitung  der  Haubenlerche  genau  bekannt;  1814 
brütete  sie  erstmals  bei  Nürnberg,  1850  bei  Ansbach,  1854  erschien 
sie  bei  Augsburg  als  seltener  Wintergast,  um  1873  zum  ersten  Male 
daselbst  zu  brüten.  Aus  Württemberg  liegen  mir  leider  derartig 
genaue  Angaben  nicht  vor;  G.  v.  Martens  führt  in  seiner  Schrift 
„Württembergs  Fauna"  1830  die  Haubenlerche  schon  auf,  ohne 
irgendwelche  Bemerkung  beizufügen.  Landbeck  schreibt  in  seiner 
„Systematischen  Aufzählung  der  Vögel  Württembergs"  (1834)  von 
ihr,  dass  in  der  Gegend  von  Tübingen  einige  geschossen  wurden 
und  dass  sie  bei  Mössingen  schon  gebrütet  hat,  sonst  aber  ziemlich 
selten  sei.  Sicher  hat  sie  auch  in  Württemberg  erst  allmählich 
sich  weiterverbreitet,  und  es  sind  erst  14  Jahre,  seit  bei  Stuttgart 
zum  ersten  Male  das  Brüten  eines  Paares  nachgewiesen  wurde, 
welches  in  einem  Kleeacker  an  der  Eugensplatte  sein  Nest  ge- 
baut hatte. 

Ein  noch  näherliegendes  Beispiel  für  die  Verbreitung  eines 
Vogels  im  Anschluss  an  menschliche  Kultur  mag  der  Sperling  sein ; 
er  ist  der  echte  Vogel  des  Getreidebaues,  erst  allmählich  ist  er 
auch  in  waldige  Distrikte  vorgedrungen;  er  folgt  hier  den  Bahnen  und 
Strassen ;  auf  Bahnhöfen ,  wo  viel  Getreide  verladen  wird ,  vor  den 
grossen  Dorfwirtshäusern ,  bei  welchen  reger  Fuhrwerksverkehr 
herrscht ,  da  finden  wir  unsern  Freund  Spatz  gewiss ,  selbst  wenn 
er  sonst  im  Ort  und  in  der  Gegend  seltener  ist  als  sonstwo;  die 
Anhänghchkeit ,    die    er    dem  Menschen  gegenüber  beweist,   können 


—     LXVIII     — 

wir  auch  in  nächster  Nähe  Stuttgarts  sehen ;  noch  vor  wenig  Jahren 
war  der  Sperhng  auf  der  Gänsheide  nicht  häufig  und  heute  bieten 
Dutzenden  seiner  Art  die  neuentstandenen  Häuser  willkommene 
Nistgelegenheit. 

Für  die  Thatsache,  dass  auch  manche  Insekten  erst  in  neuerer 
Zeit  bei  uns  eingewandert  sind,  bieten  ein  wenig  erfreuliches  Bei- 
spiel Schnakenarten,  ebenfalls  Gäste  aus  dem  Osten,  welche,  wie 
mir  mitgeteilt  wird,  erst  seit  einigen  Decennien  aus  Ungarn  nach 
Schwaben  gelangt  sind   und   sich  leider  hier  völlig  heimisch  fühlen. 

Selbstverständlich  ist,  dass  viele  Tiere  nicht  aktiv  wandern, 
sondern  passiv  durch  den  Warentransport  verschleppt  werden. 
Die  sogenannten  Schwaben  {Periplaneta  orientalis  L.),  die  Bettwanze, 
die  Reblaus  und  anderes  lästige  und  schädliche  Ungeziefer  verdanken 
wir  dem  internationalen  Verkehr  in  älterer  und  neuerer  Zeit  und 
das  neueste  auf  dem  Verkehrsweg  ebenfalls  von  Osten  her  zu  uns 
gelangte  Insekt  ist  ein  kleines  braunes  Käferchen,  Niptus  hololeucus 
genannt,  das  Ihnen,  verehrliche  Anwesende,  sicher  während  der 
letzten  Jahre  in  Ihren  Wohnungen  schon  öfters  aufgefallen  ist. 
Selbst  Mollusken  können  auf  diese  Weise  verschleppt  werden;  so 
wurde  vor  einigen  Jahren  an  Weinbergsmauern  bei  Stuttgart  in  der 
Lage  „Kriegsberg"  die  im  Süden  Europas  beheimatete  Schnecke 
Clausilia  itata  v.  Mart.  gefunden,  die  jedenfalls  mit  der  Einfuhr 
italienischer  Reben  dahingelangt  ist;  mit  der  Ausrottung  des  Wein- 
bergs, in  dem  sie  sich  fand,  scheint  sie  wieder  verschwunden.  Eine 
Muschel  dagegen,  die  vielgenannte  Dreissena  polyniorpha  Fall.,  die 
ebenfalls  mit  Hilfe  des  Menschen  nach  Deutschland  gelangt  ist, 
hat  sich  hier  völlig  heimisch  gemacht.  Eine  Bewohnerin  des  Ka- 
spischen  und  Schwarzen  Meeres  und  aus  Flüssen  im  vorigen  Jahr- 
hundert nur  aus  der  Wolga  bekannt,  ist  sie  durch  den  Schiffsverkehr, 
indem  sie  sich  am  Schiffe  festsetzt,  in  alle  grösseren  Flüsse  Deutsch- 
lands gelangt,  von  wo  sie  auch  in  kleineren  Flüssen  und  selbst 
Seen  sich  verbreitet ;  teils  mag  dies  durch  die  erst  vor  kurzem  ent- 
deckte freischwimmende  Larvenform  geschehen,  teils  mittels  passiver 
Wanderung  ohne  menschliche  Hilfe.  So  besitzt  die  Vereinssammlung 
ein  Exemplar  einer  Teichmuschel,  auf  welchem  eine  Gruppe  Dreissena 
aufsitzt.  Dieser  Fund  stammt  aus  dem  Hafenbassin  in  Heilbronn, 
dem  einzigen  Platz,  aus  welchem  in  Württemberg  bis  jetzt  diese 
Miesmuschelart  bekannt  geworden  ist. 

Nicht  selten  auch  führt  der  Mensch  absichtlich  in  sein  Wohn- 
gebiet  eine    fremde   Tierart    ein ,    die   sich    dann    daselbst   heimisch 


—     LXIX     - 

macht.  So  ist  anzunehmen,  dass  die  Schnecke  Helix  aspersa  Müll. 
bei  Überhngen  am  Bodensee  von  den  Römern  eingeführt  wurde  und 
sich  seit  dieser  Zeit  daselbst  erhalten  hat,  und  wenn  wir  die  in  Nord- 
europa heimische,  im  südlichen  Deutschland  aber  fehlende  grosse 
Tellerschnecke  {Planorbis  corneus  L.)  heute  an  einigen  Orten  Württem- 
bergs antreffen,  so  wissen  wir  in  diesem  Fall  glücklicherweise  sicher, 
dass  sie  durch  eifrige  Konchyologen  daselbst  eingesetzt  worden  ist. 
Der  zoogeographischen  Wissenschaft  geschieht  freilich  durch  solche 
Acclimatisationsversuche  ein  geringer  Dienst,  denn  wenn  eine  der- 
artige „Faunenfälschung"  nicht  an  richtiger  Stelle  bekannt  gegeben 
und  hier  festgelegt  wird,  so  kann  sie  nur  verwirrend  und  störend 
wirken. 

Durch  die  Vermittelung  der  Menschen  gelangen  auch  manch- 
mal Tiere  zu  uns,  die  sich  aus  weiter  Ferne  her  verirren  und  die 
wir  den  obenerwähnten  Irrgästen  an  die  Seite  stellen  können. 
Campecheholz  und  andere  tropische  Nutzhölzer  waren  häufig  schon 
der  Transportweg  für  Vogelspinnen,  Tausendfüsse  und  selbst  Schlangen 
aus  Südamerika ,  und  erst  unlängst  erwies  sich  in  Stuttgart  ein 
Klavier  als  eine  Herberge  lebender  Termiten,  Bei  derartigen  Fremd- 
lingen ist  natürlich  eine  Acclimatisation  bei  uns  ausgeschlossen  und 
sie  haben  für  das  Studium  der  Tierverbreitung  den  gleichen  Wert 
wie  ein  entflogener  Papagei. 

Ich  habe,  hochverehrte  Versammlung,  unter  Heranziehung  von 
Beispielen ,  welche  der  Tierwelt  Schwabens  entnommen  sind ,  ver- 
sucht, die  Hauptmomente  zu  charakterisieren,  die  bei  dem  Studium 
der  Verbreitung  der  Tiere  ins  Auge  zu  fassen  sind.  Der  Unvoll- 
kommenheit  meiner  Ausführungen  bin  ich  mir  wohl  bewusst,  aber 
vielleicht  darf  ich  trotzdem  hoffen,  dass  Sie  aus  denselben  die  Über- 
zeugung gewonnen  haben,  wie  wichtig  und  wertvoll  es  ist,  auch 
die  scheinbar  wohlbekannten  Erscheinungen  im  Tierreich  zu  ver- 
folgen und  ständig  im  Auge  zu  behalten ,  denn  keine  Beobachtung 
ist  zu  unbedeutend,  wenn  es  gilt,  ein  richtiges  und  vollkommenes, 
auch  im  Detail  ausgeführtes  Gesamtbild  der  uns  umgebenden  Tier- 
welt in  ihrer  ständigen  Bewegung  zu  erhalten. 


-     LXX     - 

IL 
Die  Kohlengrube  von  Mittelbronn. 

Von  Prof.  Dr.  Alfred  Leuze  in  Stuttgart. 

Quellen:  v.  Alberti,  Beiträge  zu  einer  Monographie  des  Bunt- 
sandsteins u.  s.  w.  S.  150;  QuENSTEDT,  Geolog.  Ausflüge  1864,  S.  122; 
derselbe ,  Atlasblatt  Gmünd  S.  13,  21 ;  Fräas,  Nutzbare  Mineralien 
Württembergs  S.  33;  vom  Verfasser,  Der  Markasit  von  Mittelbronn, 
Bericht  über  die  XXVII.  Vers,  des  Oberrhein,  geolog.  Vereins  zu 
Landau  am  29.  März  1894. 

Dem  Nordfusse  der  schwäbischen  Alb  ist  ein  welliges  Hügel- 
land vorgelagert,  das  der  Hauptsache  nach  dem  Keuper  angehört, 
oben  aber  häufig  noch  eine  jurassische  Decke  trägt.  Früher  mag 
es  dem  Jura  ganz  angehört  haben,  nun  aber,  da  der  Steilrand  der 
schwäbischen  Alb  nach  Süden  zurückgewichen  ist,  blieben  nur  die 
Keuperhügel  und  Ebenen,  wie  die  Fildern,  zurück,  die  oben  noch 
Liasbedeckung  zeigen.  Die  Flüsse  und  Bäche  haben  tiefe  Furchen 
in  diese  Landschaft  gezogen,  so  dass  nur  wenige  grössere  Ebenen 
oder  Plateaus  übrig  blieben,  im  übrigen  aber  schluchtenreiche  Wald- 
gebiete sich  bildeten,  die  nun  eben  durch  die  grösseren  Flussläufe 
in  einzelne  Hügelzüge  und  Ebenen  zerfallen ;  so  liegen  jenseits  des 
Neckars  der  Schönbuch  und  die  Fildern,  jenseits  der  Fils  der  Schur- 
wald ,  jenseits  der  Rems  der  Welzheimer  Wald ,  jenseits  der  Jagst 
die  Liasrücken  von  Ellwangen  und  Ellenberg. 

Mittelbronn,  dessen  Kohlengrube  neuerdings  wieder  von 
sich  reden  machte ,  hegt  im  Welzheimer  Wald ,  einem  waldreichen 
Hügelland,  das  in  einzelne  „Höhen"  zerfällt,  d.  h.  langgezogene, 
bald  schmälere,  bald  breitere  Bergrücken,  die  als  Reste  eines  Ge- 
birges oder  einer  Hochebene  übrig  blieben.  Solche  Höhen  sind : 
im  Westen  die  Welzheimer  Höhe  (Welzheimer  Wald  im  engeren 
Sinne  genannt),  dann  die  Steinenberger ,  weiter  die  Linthaler  und 
im  Osten  die  Fricken hofer  Höhe,  Letztere  zeigt  den  Charakter 
dieser  Höhen  ganz  besonders  deutlich :  sie  beginnt  mit  breiter  Basis 
nördlich  von  der  Lein ,  zieht  sich  von  Südosten  nach  Nordwesten 
und  endigt  in  dem  schmalen  Landrücken  von  Frickenhofen  nur  etwa 
7  km  südhch  von  Gaildorf.  Nach  allen  Seiten  entsendet  sie  Aus- 
läufer, Vorsprünge,  Landzungen,  zwischen  welchen  steile  Schluchten 
eingeschnitten  sind,  da  und  dort  verengt  sie  sich  isthmisch,  und  so 
namentlich  bei  Mittelbronn,  von  wo  nach  Osten  unmittelbar  aus  den 


—     LXXl     — 

Knollenmergeln  des  alten  Bergwerks  der  Veitenbach  (nach  Qüenstedt 
„kleiner  Wimbach")  entspringt,  der  mit  dem  Wimbach  vereinigt 
zum  Kocher  fliesst ;  nach  der  Westseite  zu  sammeln  sich  die  Wasser 
des  Aimerbachs,  der  zur  Roth  fliesst,  einem  Zuflüsse  der  Lein.  Auch 
die  Frickenhofer  Höhe  ist,  wie  die  parallel  ziehenden  Bergrücken, 
im  Norden  am  höchsten  (564  m  nahe  bei  Rothaar),  sie  bietet  daher 
dort  z.  B.  auf  der  Hohentann  die  herrlichste  Albaussicht  vom  Nipf 
bis  zum  Rossberg,  und  fällt  gegen  Süden  (Tierhaupten  499,  Göggin- 
gen  493,  Leinweiler  470  m).  Man  würde  aber  sehr  irren,  wenn 
man  deshalb  die  höheren  Horizonte  der  Liasdecke  im  Norden  suchen 
wollte ;  im  Gegenteil,  während  bei  Frickenhofen  in  einer  Meereshöhe 
von  555  m  der  Liassandstein  von  Alpha  liegt,  trefl'en  wir  bei  Göggin- 
gen  mit  493  m  die  Numisnialis-Mergel  und  bei  Leinweiler  mit  470  m 
den  Amaltheenthon.  Damit  ist  auch  auf  diesen  Bergrücken  das 
Einfallen  der  Juraschichten  von  Norden  nach  Süden,  genauer  von 
Nordwesten  nach  Südosten  angedeutet. 

Was  nun  dem  Geologen  und  Mineralogen  diese  Frickenhofer 
Höhe  besonders  interessant  macht,  das  ist  eben  die  genannte  Kohlen- 
grube, die  nun  schon  seit  3  Jahrhunderten  immer  wieder  zu  ver- 
geblichen Versuchen  Anlass  gab.  Sie  ist  schon  länger  bekannt  als 
die  Gaildorfer  Lettenkohle,  welche  erst  1760  genannt  wird^.  Schon 
im  Jahr  1596  lässt  Herzog  Friedeich  L  bei  Mittelbronn  ein  Bergwerk 
eröfi'nen,  um  Kohlen  für  seine  Schwefel-  und  Alaunhütte  zu  Fricken- 
hofen zu  gewinnen.  Wahrscheinlich  war  es  immer  die  gleiche  Stelle, 
die  wir  unten  zu  nennen  haben  werden,  an  der  gegraben  wurde, 
wiewohl  auch  an  der  Strasse  von  Frickenhofen  nach  Mittelbronn 
am  Westabhang  des  Bergrückens  solche  Löcher  sich  vorfinden  sollen. 
Die  Kohle  soll  gut  gewesen  sein,  aber  die  Holzpreise  standen  damals 
niedrig.  Ausserdem  kam  der  Herzog  über  das  Bergregal  mit  den 
dort  begüterten  Schenken  von  Limpurg  in  Streit,  so  dass  er  Welz- 
heim,  das  sie  von  ihm  zu  Lehen  hatten,  und  Schnaith  mit  bewaff- 
neter Hand  einnehmen  liess.  Der  Herzog  Hess  das  Bergwerk  bald 
wieder  einstellen.  Einen  zweiten  Versuch  machte  eine  Gewerkschaft 
1784,  welche  Kohlen,  Schwefelkies  und  Achat  förderte.  Li  den 
Jahren  1832  bis  1834  gewann  die  chemische  Fabrik  von  Ödendorf 
Vitriol-  und  Schieferkohle  für  ihre  Zwecke.  Die  neueren  Nach- 
grabungen wurden  von  Bürgern  aus  Mittelbronn  selbst  unternommen, 
so  1855  bis  1858.    Man  stiess  in  geringer  Tiefe  auf  ein  reichhaltiges 


'  Qüenstedt,   Begleitw.  zu  Atlasblatt  Hall.  S.  39. 


—     LXXII     — 

Nest,  und  die  Kohle,  welche  nach  Wasseralfingen  und  Königsbronn 
geliefert  wurde ,  soll  den  Unternehmern  schönen  Gewinn  gebracht 
haben.  Es  stellten  sich  aber  schlagende  Wetter  ein  und  die  Arbeiter 
kamen  mehrere  Mal  in  Lebensgefahr.  Den  letzten  Versuch  machten 
von  Oktober  1891  bis  Februar  1892  die  Nachkommen  eben  jener 
früheren  Unternehmer,  welche  ihren  Stammbaum  auf  einen  sächsi- 
schen Bergmann  zurückführen  und  von  diesem  die  Neigung  zu 
bergmännischen  Unternehmungen  geerbt  zu  haben  scheinen,  nämlich 
die  Strassenbauunternehmer  Mangold.  Von  der  Frickenhofer  Höhe 
biegt  an  der  Stelle,  wo  Mittelbronn  liegt,  der  Gebirgsrand  in  scharfem 
Winkel  nach  Osten  um  und  endigt  draussen  im  „Hörnle".  Eben 
am  Ursprung  der  dadurch  gebildeten  Bucht  liegt  die  Stelle,  an  der 
zuletzt  gegraben  wurde.  Man  trieb  etwa  15  m  unterhalb  der  Berges- 
höhe einen  Schacht  15  bis  18  m  tief  nieder  und  stiess  dabei,  wie 
es  scheint,  auf  den  Rand  eines  schon  ausgebeuteten  Kohlennestes. 
Um  die  Gase  und  das  Wasser  abzuleiten ,  wollte  man  unten  am 
Bergeshang  einen  Stollen  ins  Innere  gegen  den  Schacht  zu  treiben, 
dessen  Ausführung  aber  nach  9  m  an  der  Härte  der  Feuersteine 
scheiterte.  Ebenso  wollte  man  vom  Grund  des  Schachtes  aus 
Stollen  treiben,  um  weitere  Kohle  zu  suchen,  stiess  aber  auf  Feuer- 
steinbrocken von  100  bis  150  cbdm  Inhalt,  welche  den  besten  Werk- 
zeugen widerstanden.  Man  förderte  so  bloss  etwa  3000  kg  Kohle, 
welche  von  den  Schmieden  und  Schlossern  in  der  Nähe  gern  ge- 
kauft wurden,  weil  sie  eine  bedeutende  Hitze  gaben.  Da  das  Unter- 
nehmen nur  Schaden  brachte,  so  nahm  man  die  Verschalung  und 
die  Spriessbalken  wieder  heraus,  und  infolgedessen  ist  der  Schacht 
wieder  eingestürzt  ^ 

Zu  bedauern  ist,  dass  auch  diese  neueren  Bohrungen  nicht 
von  bergmännisch  geschulten  Arbeitern  ausgeführt  wurden,  es  fehlt 
daher  auch  ein  genaues  Profil  der  durchteuften  Schichten,  man 
ist  eben  auf  mangelhafte  Angaben  angewiesen ,  und  daraus  lassen 
sich  folgende  Schlüsse  ziehen.  Einmal  kann  über  die  Zagehörigkeit 
der  Mittelbronner  Kohle  zum  Keuper  kein  Zweifel  bestehen.  Den 
Aufbau  der  Frickenhofer  Höhe  erkennt  man  am  besten,  wenn  man, 
von  Gaildorf  herkommend,  die  Höhe  ersteigt.  Bei  Gaildorf  und 
Unterroth,  wo  die  Roth  mit  dem  Kocher  sich  vereinigt,   stehen  die 


'  Die  genaueren  Mitteilungen  über  dieses  letzte  Unternehmen  verdanke 
ich  dem  Herrn  Held,  Schullehrer  in  Mittelbrunn ,  und  seinem  Amtsvorgänger, 
Herrn  Keitel,  jetzt  in  Stuttgart,  sowie  Herrn  Oberinspektor  Wundt;  es  sei 
diesen  Herren  auch  an  dieser  Stelle  mein  Dank  ausgesprochen. 


—     LXXIII     — 

Gipsmergel  an;  bei  dem  Weiler  Schönberg,  wo  der  Aufstieg  beginnt, 
schneidet  die  Strasse  in  die  bunten  Mergel  ein  über  dem  Schilf- 
sandstein, der  hinten  im  Thal  des  Steigerbachs  ansteht.  Die  Strasse 
windet  sich  in  herrlichem  Tannenwald  durch  diese  Mergel  in  die 
Höhe  zum  Stubensandstein ,  auf  dessen  Höhe  sie  dann  eben  sich 
fortsetzt.  Vor  Rothaar  kommt  noch  ein  Mal  eine  Steigung ,  und 
dann  schneidet  die  Strasse  tief  ein  in  mehligen  obersten  Stuben- 
sandstein und  trifft  den  Horizont  der  Knollenmergel  unterhalb  des 
schon  genannten  Aussichtspunkts  Hohentann.  Diese  Mergel  sind  in 
der  Regel  stark  verrutscht,  schliessen  aber  feste  Bänke  von  Sand- 
stein ein.  Oben  bei  der  Hohen  Tanne  liegen  auch  Sandsteine,  die 
aber  dem  Lias  a  zugehören,  nach  dünnen  Tafeln  abgesondert,  daher 
vom  Volk  „Buchstein"  genannt.  Dieser  Liassandstein  ist  an  der 
nördlichen  Landzunge  der  Frickenhofer  Höhe  wenig  mächtig,  nimmt 
aber  gegen  Süden  immer  mehr  zu.  Von  dieser  Stelle  liegt  Mittel- 
bronn nur  zwei  starke  Kilometer  entfernt ,  so  dass  man  dort  auf 
ähnliche  Verhältnisse  schliessen  darf.  Danach  und  nach  den  An- 
gaben der  Bohrleute  ergäbe  sich  folgendes  Profil  von  der  Liasdecke 
bis  zur  Sohle  der  unteren  Kohle : 

oben  gelber  bis  gelblich -grauer  Buchstein, 

dazwischen  oder  darüber  vielleicht  dünne  Flöze  von  Gry- 
phitenkalk, 

darunter  dunkelblaue  Mergel, 
Grenze  zwischen  Lias  und  Keuper  nicht  zu  erkennen, 

feinkörnige  Sandsteine  in  Bänken  von  0,8  bis  1  m  abgelagert, 

oberes  Kohlenlager  0,3  m  mächtig:  ein  bituminöser  Mergel- 
schiefer mit  Knollen  von  Schwefelkies,  Bleiglanz,  blauem  und 
schwarzem  Hornstein, 

10  bis  12  m  Sandstein  und  Mergel, 

Sandstein-Breccie  mit  Hornstein,  worin  Schwefelkies ,  Blei- 
glanz, Zinkblende,  Markasit,  Gold,  samt  den  Verwitterungs- 
erzeugnissen dieser  Erze, 

unteres  Kohlenlager  bis  zu  2  m  mächtig,  eine  schwarze 
Schieferkohle  mit  eingelagerter  Glanzkohle. 

Meistens  wurden  die  Bohrungen  nur  an  der  Berglehne  vor- 
genommen, und  keineswegs  von  der  Hochfläche  aus.  Dadurch  waren 
sie  bedeutend  erleichtert,  und  daraus  erklärt  es  sich,  dass  man  1855 
in  geringer  Tiefe  auf  die  Kohle  stiess ,  obwohl  damals  das  untere 
Kohlenlager  angebohrt  wurde,  was  sich  schon  daraus   ergiebt,    dass 


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—     LXXIV     — 

man  viele  Kohlen  fand.  Auch  die  letzte  Schürfung  setzte  unter- 
halb der  oberen  Kohle  an,  und  man  traf  folgende  Schichten: 

lehmiger  Boden, 

weiss -grauer  Sandstein, 

dunkelblaue  Mergel  mit  Thonsteinen  abwechselnd, 

Kieselknollen  mit  Schwefelkies  u.  s.  w., 

Kohlen. 

Das  wären  also  die  Schichten  zwischen  der  oberen  und  der 
unteren  Kohle. 

Nach  diesem  Profil  kann  kein  Zweifel  übrig  bleiben  darüber, 
dass  die  Kohle  den  Knollenmergeln  angehört,  sie  liegt  nicht  im 
Buchstein ,  der  darüber  liegt ,  aber  auch  nicht  im  Stubensandstein, 
der  am  Bach  unterhalb  der  Grube  ansteht. 

Von  Versteinerungen  findet  sich  oder  fand  sich  nicht 
viel,  was  zur  sicheren  Bestimmung  des  Horizontes  hätte  beitragen 
können.  In  den  Kohlen  finden  sich  Abdrücke  von  Pflanzen,  Fisch- 
schuppen und  Flossen,  und  aus  den  Sandsteinbänken  fand  sich  der 
Abdruck  eines  Peden  (ob  cloacinus?),  das  nicht  wohl  dem  Buch- 
stein entstammen  kann,  da  dieser  bei  der  letzten  Grabung  nicht 
angeschnitten  wurde.  Die  Knollenmergel  des  Keupers  enthalten 
ja  auch  sonst  Spuren  von  Steinkohlen  und  haben  auch  an  anderen 
Orten  zu  Versuchen  gereizt,  so  1784  bei  Tübingen,  1813  bei  Hart- 
hausen, 1814  beim  Einsiedel,  1821 — 24  bei  Spiegelberg.  Es  ist 
aber  nicht  zu  verkennen,  dass  sie  bei  Mittelbronn  ganz  anders  be- 
schaffen sind  als  z.  B.  bei  Kaltenthal,  es  herrschen  darin  Sand- 
steinbänke vor,  und  besonders  charakteristisch  ist  die  Ausscheidung 
der  Feuersteine  und  Hornsteine,  die  sich  wieder  zeigt  am  Bühl 
zwischen  Kohnhalden  und  Dexelhof\  ebenso  am  Kälberrain  unter- 
halb Waldstetten,  wo  der  Berg  heute  noch  „Feuersteinberg"  heisst, 
endlich  nördUch  von  Wüstenroth  ^  zusammen  mit  Knochen  von 
Zancloäon.  Diese  harten,  unauflöslichen  Quarze  widerstehen  der 
Verwitterung,  und  man  wird  daher  nicht  fehl  gehen,  wenn  man 
solche  „Kieselberge"  im  Osten  von  Gaildorf,  im  Westen  von  Oden- 
dorf  beim  Weiler  Spöck  und  bei  Frankenberg  als  die  Überreste 
von  ausgewaschenen  Knollenmergeln  erklärt. 

Was  nun  die  Kohlenlager  betrifft,  so  sind  es  keine  Flöze, 
sondern  Nester.    Es  scheint  aber,  dass  das  obere  Lager  eine  grössere 


'  Vergl.  Atlasblatt  Hall.  S.  32. 
^  Atlasblatt  Löwenstein. 


—     LXXV     — 

Ausdehnung  hat  als  das  untere ,  wenigstens  wurde  „das  obere  auf 
mehrere  hundert  Fuss  durch  Versuchsbaue  nachgewiesen,  die  untere 
Kohle  wurde  bei  einem  200  Fuss  entfernten  Versuchsschacht  nicht 
mehr  getroffen"  \  Indessen  wurde  die  Mächtigkeit  der  oberen 
Kohle  nur  im  Betrag  von  einem  Fuss  gefunden,  und  wenn  sie  auch 
mehrere  hundert  Fuss  sich  ausdehnen  sollte ,  so  darf  man  nicht 
ausser  acht  lassen,  dass  der  Bergrücken  eben  bei  Mittelbronn  sehr 
schmal  ist,  somit  ist  dieses  Lager  durchaus  nicht  abbaufähig.  Eher 
könnte  das  vom  unteren  Lager  gesagt  werden,  aber  dasselbe  wurde 
bis  jetzt  bloss  in  einzelnen  Nestern  angestochen,  daher  ist  es  eben- 
falls nicht  abbauwürdig,  denn  es  ist  reine  Glückssache,  ob  man 
eben  auf  ein  solches  Nest  stosst.  Man  findet  nun  zweierlei  Arten 
von  Kohle:  eine  erdige  mit  glänzend  schwarzem  Striche,  welche 
mit  heller  Flamme  brennt  und  stark  russt,  und  eine  schöne  Glanz- 
kohle, ebenfalls  von  glänzend  schwarzem  Striche,  die  in  der  Flamme 
nur  glüht,  also  mager  ist.  Aber  die  Kohle  ist  selten  rein,  nicht 
nur  zeigt  sie  häufig  leichten  Anflug  von  H  a  a  r  s  a  1  z  (Halotrichit)  und 
ist  durchzogen  von  schmalen  Adern  von  Schwerspat,  sondern  sie 
enthält  häufig  sehr  viel  Schwefelkies,  weswegen  sie  auch  von 
der  Vitriolfabrik  benützt  werden  konnte.  Umgeben  sind  diese  Kohlen- 
nester von  Brandschiefern,  worin  man  die  obengenannten 
Pflanzenabdrücke,  Fischschuppen,  Flossenabdrücke  findet.  Manche 
Höhlungen  scheinen  von  Zähnen  hervorgebracht  zu  sein;  hübsch 
sind  kleine  Knöchelchen,  die  sich  an  den  Enden  stark  ausbreiten 
und  an  welchen  wohl  Brustflossenstacheln  eingelenkt  waren,  wie 
sie  QuENSTEDT  von  Acanthvdes  aus  den  Steinkohlen  von  Lebach 
abbildete 

Von  Interesse  sind  weiter  die  kieseligen  Absonderungen, 
die  schon  oben  genannt  wurden,  sie  sind  kryptokrystallinisch,  stehen 
im  allgemeinen  in  der  Mitte  zwischen  Feuerstein  und  Hornstein, 
streifen  aber  häufig  an  Jaspis,  blauen  Chalcedon,  ja  sogar  Achat 
hin.  Es  finden  sich  alle  Farben:  schwarz,  grau,  blau,  rot,  grün, 
weiss  —  mit  ihren  verschiedenen  Abtönungen.  Am  besten  sieht 
man  diese,  wenn  man  sich  ganz  feine  Splitter  und  Scheiben  ab- 
schlägt, was  leicht  gelingt.  Legt  man  dieselben  in  das  Polarisations- 
instrument, so  hellen  sie  das  verfinsterte  Gesichtsfeld  auf.  Sieht 
man  durch  diese  dünnen  Scheiben ,  so  erscheinen  sie  häufig  ge- 
zeichnet wie  Moosachat.     Danach  begreifen  wir,  dass  um  1784  ein 

'  Beschreibung  des  Oberamts  Gaildorf.  1852.  S.  22. 
-  Handb.  der  Petrefaktenk.  Taf.  18.  2  s. 


—     LXXVI     — 

Jahr  oder  darüber  von  diesem  „Achat"  gefördert  wurde.  Diese 
Kiesel  bilden  nun  eine  förmliche  Breccie  mit  Stücken  bis  zu  6  Centner 
schwer,  kein  Wunder,  wenn  die  nicht  bergmännisch  ausgerüsteten 
Mittelbronner  vor  ihnen  den  Rückzug  antraten.  Zum  Teil  findet 
man  diese  Kieselabsonderung  auch  körnig  und  aus  der  gleichen 
Masse  bestehend ,  wie  die  grossen  Stücke  und  offenbar  aus  der 
Zertrümmerung  der  grossen  Stücke  hervorgegangen.  Diese  Kiesel, 
welche  häufig  schön  marmoriert  auftreten  und  in  keiner  Weise  auf 
frühere  Holzsubstanz  hinweisen ,  sind  aber  nun  von  besonderem 
Interesse  wegen  ihres  Einschlusses  von  Minerahen.  Da  findet  man, 
was  ja  zu  erwarten  ist,  kleine  Drusen  mit  wasserklaren  Berg- 
krystallen  oder  mit  traubigem  Chalcedon,  Schnüre  von  Schwer- 
spat und  vor  allem  Erze:  einmal  geschwefelte  Erze,  wie  Schwefelkies, 
Markasit ,  Blende ,  Bleiglanz,  weiter  Gold ;  dann  von  Verwitterungs- 
produkten die  Sulfate  Schwerspat,  Aluminit,  Haarsalz,  Coquimbit, 
Misy  und  von  Karbonaten  Galmei. 

Der  Schwefelkies  herrscht  bei  weitem  vor  und  kann  nicht 
übersehen  werden.  Er  findet  sich  in  der  Steinkohle,  in  den  Kiesel- 
knollen und  auf  Sand.stein,  und  ist  so  reich  an  Formen,  wie  sonst 
nirgends  mehr  in  Schwaben.  Am  häufigsten  zeigt  er  den  Kubooktaeder 
0  .  oüOoo  mit  glänzenden  Würfelflächen  bis  zu  15  mm  in  der  Achse, 
so  in  der  Kohle   und  auf  den  Kieselknollen.     Dann   den   Pyritoeder 

mit    Würfel    und    Oktaeder    — ö—  .  cjoOoo  .  0,    so   auf   einem  dünnen 

Sandsteinbänkchen.  Das  ist  ein  sicheres  Vorkommen  von  Pyritoeder 
in  unseren  Formationen;  was  man  sonst  darüber  liest,  beruht 
meistens  auf  Verwechselung  mit  Kubooktaedern.  Drittens  sitzen 
in  Drusen  des  Feuersteins  gar  zierliche  Oktaeder  mit  Abstumpfungen 

durch  den  Pyritoeder  lohne  Zweifel  ^p),  ab  und  zu  mit  Würfel- 
fläche. Was  daran  auffällt,  ist  die  Einkerbung  der  Kante  an  allen 
diesen  Oktaedern.  Man  wäre  fast  versucht,  darin  Zwillinge  des 
Tetraeders  zu  sehen,  wenn  der  Schwefelkies,  so  wie  Antimonnickel- 
glanz, neben  der  pyritoedrischen  die  tetraedrische  Hemiedrie  zeigen 
würde,  so  aber  muss  man  —  und  dafür  spricht  auch  die  Beschaffen- 
heit der  Oktaederecken  —  an  ein  stärkeres  Wachstum  der  Flächen 
denken,  hinter  dem  die  Kanten  zurückblieben.  Die  Einkerbung  der 
Kanten  zeigt  die  Abstumpfung  der  Oktaederkante  durch  einen  Triakis- 
oktaeder,  wahrscheinlich  20.     Demnach   lautet   diese  Kombination: 

0.^.20.ooOoo. 


—     LXXVII     — 

An  einem  Kryställchen  —  die  Schwefelkiese  in  diesen  Drusen 
sind  sehr  klein  —  ist  auch  die  Kombinationskante  zwischen  Würfel 
und  Oktaeder  durch  eine  Fläche  abgestumpft,  das  ist  ein  Ikositetraeder 
mOm.  Leider  entziehen  sich  diese  kleinen  Krystalle,  die  zudem 
nicht  so  sehr  häufig  sind,  einer  genauen  Messung,  wiewohl  über 
den  Charakter  der  Flächen  nach  dem  Zonenverhältnis  kein  Zweifel 
bestehen  kann.  Ausserdem  kommt  der  Kies  auch  noch  derb  und 
faserig  vor. 

Der  Kies  zeigt  immer  die  Farben  zwischen  messinggelb  und 
speisgelb.  Nun  findet  man  aber  in  und  auf  den  Kieseln  auch  als 
zarten  Überzug  in  geringer  Menge  Gold,  das  sich  durch  seine 
Farbe  verrät.  Allerdings  zeigt  auch  da  und  dort  der  Schwefelkies 
goldgelbe  Farbe,  allein  die  Härte  ist  entscheidend,  das  gefundene 
Metall  ist  sehr  weich  und  dehnbar,  so  dass  auch  ohne  chemische 
Analyse  —  dazu  reichte  die  geringe  Menge  nicht  aus  —  das  Vor- 
handensein des  edlen  Metalls  sich  feststellen  lässt.  Das  Zerschlagen 
der  harten  Kiesel  ist  keine  leichte  Arbeit,  trotzdem  habe  ich  etwa 
27  cbdm  zerklopft  und  fand  darin  etwa  1  bis  2  g  Gold ,  woraus 
sich  ein  Gehalt  an  Gold  von  Yss  7oo  ergeben  würde,  wenn  man  davon 
absieht,  ob  der  Schwefelkies  auch  goldhaltig  ist.  Damit  würde  ein 
Abbau  nicht  auf  die  Kosten  kommen ,  denn  in  Transvaal  bauen  sie 
bei  Gegenwart  von  anderen  Erzen  noch  bei  ^l^^  %o  ^^-  Ausserdem 
ist  ja  die  Ausdehnung  des  Lagers  dieser  Kiesel  noch  nicht  sicher 
nachgewiesen.  Da  von  den  Kieseln  keine  Dünnschliffe  hergestellt 
wurden,  so  lässt  sich  auch  nicht  sagen,  ob  dieselben  das  edle  Metall 
vielleicht  in  mikroskopischer  Form  einschliessen.  Der  Zweck  dieser 
Abhandlung  soll  aber  keineswegs  darin  liegen,  zu  weiteren  erfolg- 
losen Grabungen  zu  veranlassen.  Der  Wert  der  Mittelbronner  Kohlen- 
grube liegt  für  uns  lediglich  in  der  Ausbeute  für  die  Mineralogie 
Schwabens.  Und  da  sind  weiter  die  dort  vorkommenden  Markasite^ 
zu  nennen,  die  bei  früheren  Beschreibungen  der  Grube  ebenfalls 
nicht  genannt  sind.  Und  doch  fanden  sie  sich  1892  in  solcher 
Menge  vor,  dass  sie  nicht  übersehen  werden  können.  Es  ist  die 
Kombination  der  Flächen: 

ooP  .  Poü  .  Apoo  .  OP 
M        1  r        P 


'  Verf.  hat  diese  Markasite  schon  im  Ber.  über  d.  XXVII.  Vers,  des 
Oberrhein,  zu  Landau  beschrieben ,  wiederholt  aber  hier  diese  Beschreibung  mit 
Zusätzen,  da  sie  zur  vaterländischen  Landeskunde  beitragen  kann. 


-     LXXVIII     — 

nur  tritt  diese  Kombination  immer  in  Zwillings-  oder  Viellingsbildung 
auf,  und  zwar  nach  ooP,  ganz  wie  in  der  böhmischen  Braunkohle 
von  Littmitz  und  Altsattel.  Der  Habitus  ist  meistens  pyramidal,  und 
deswegen  waren  auch  früher  Verwechselungen  mit  dem  Kubooktaeder 
möglich,  doch  treten  auch  tafelige  Formen  nach  OP  auf.  Durch 
die  Zwillingsverwachsung  entstehen  nun  jene  spiessigen  Gestalten, 
die  man  mit  Speerkies  bezeichnet.  Die  Zwillingslinie  teilt  OP  in 
zwei  Felder  von  verschiedener  Streifung,  folgt  dann  der  scheinbaren 
Pyramidenkante ,  genauer  der  Kombinationskante  von  1  und  1^  bis 
zur  Mittelecke,  wo  die  Flächen  M  und  M,  sich  mehr  oder  weniger 
andeuten   und   geht   nach   unten.     Selten   zeigt   sich   auch  g   (Poo), 

wofür  ja  bei  dieser  Zwillingsbildung  wenig  Platz  bleibt.  Die  Krystalle 
sind  zum  Teil  noch  schön  frisch,  mit  glänzenden  Flächen,  speisgelb 
bis  grau,  doch  sind  viele  auch  schon  von  Verwitterungsrinden  be- 
deckt. Zwillinge  sind  nicht  gerade  häufig,  doch  finden  sich  solche 
auch  vor,  häufiger  sind  Drillinge  und  Vierlinge.  Man  hat  schein- 
bare Oktaide ,  gebildet  durch  1^ ,  lg ,  I3 ,  I4 ,  oben  OP.  Aber  diese 
Endfläche  zeigt  nicht  den  lebhaften  Glanz  der  Würfelfläche  des 
Kubooktaeders ,  sondern  es  erscheinen  darauf  jene  Zwillingslinien 
und  die  Streifungen  parallel  der  Kombinationskante  mit  1.  Und 
wenn  je  OP  fehlt,  so  sieht  man  an  den  Mittelecken  oder  Seiten- 
kanten da  und  dort  die  Flächen  M^ ,  Mg  u.  s.  f.  auftreten.  Diese 
Vierlinge  kommen  in  schönen  einzelnen  Stücken  vor,  häufiger  aber 
in  den  bekannten  kugeligen  Gruppen,  welche  eben  die  Spitzen  der 
Speere  nach  allen  Seiten  entsenden.  Man  findet  diese  Gruppen 
auf  den  Hornsteinen,  aber  auch  in  den  Kohlen  und  Brandschiefern. 
Da  nun  Markasit  und  Schwefelkiese  zugleich  vor- 
kommen, so  findet  man  sie  auch  zusammen  auf  der  gleichen 
Stufe:  auf  einem  Sandsteintäf eichen  aus  der  schon  mehr  genannten 

dünnen  Bank   sitzen  zunächst   Schwefelkiese    (— ö"  •  ooOoo  .  Ol  und 

darauf  die  Speerkiese,  wie  es  scheint,  als  jüngere  Bildung,  während 
umgekehrt  Schwefelkiese  auf  Speerkiesen  nicht  gefunden  wurden. 
Auf  einem  dieser  Kiesknollen  sitzt  nun  eine  doppelte  Zwillings- 
bildung von  seltener  Form.  Man  denke  sich  einen  der  oben- 
genannten Zwillinge  von  Markasit  nach  coP,  aber  die  links  und 
rechts  begrenzenden  Prismenflächen  M  und  Mj  einander  so  genähert, 
dass  der  Zwilling  eine  dünne  aufrechte  Tafel  bildet:  oben  OP,  rechts 
und  links  die  breit  entwickelten  Tafelflächen  von  M  und  M^,  vorne 
die  Spitze  des  Speers  und  die  ganze  Tafel  durch  die  Zwillingsebene 


—     LXXIX     — 

von  oben  nach  vorne  und  unten  halbiert.  Zu  dieser  ersten  Tafel, 
welche  an  sich  schon  ein  Zwilling  ist,  füge  man  etwa  um  90°  gedreht 
eine  zweite  ganz  gleich  geformte,  so  dass  beide  vorne  die  Spitze 
gemeinsam  haben.  Nun  hat  man  eine  kreuzförmige  Durchdringung 
zweier  Zwillinge.  Die  vier  Gradendflächen  OP  bilden,  wenn  man 
sie  fortgesetzt  denkt,  nahezu  eine  quadratische  Säule :  in  der  That 
aber  befinden  sich  zwischen  zwei  aufeinanderfolgenden  Endflächen 
rechtwinklige  Einschnitte ,  in  denen  OP  des  einen  Zwillings  mit 
ccP  des  zweiten  einzuspiegeln  scheint.  Was  ist  nun  die  Zwillings- 
ebene  für  diese  zweite  Zwillingsstellung?  Beide  Zwillinge  haben  Pc» 
gemeinsam  —  dieselben  spiegeln  in  der  That  ein  —  und  liegen 
umgekehrt.  Wenn  man  nämlich  das  Anlegegoniometer  anlegt,  so 
findet  man,  dass  zwei  aufeinanderfolgende  Endflächen  nicht  genau 
90°  bilden,  sondern  etwa  97 — 98°.  Denkt  man  sich  nun  Poo  (1) 
als  Zwillingsebene  und  die  Endfläche  OP,  welche  mit  1  130°  10' 
einschliesst ,  nach  der  andern  Seite  symmetrisch  zu  1  gelegt  und 
parallel  verschoben,  so  hat  man  OP  des  zweiten  Zwillings ,  und  der 
Winkel,  den  nun  die  aufeinanderfolgenden  Endflächen  miteinander 
bilden,  beträgt  99°  40',  was  mit  der  Messung  ja  ziemlich  überein- 
stimmt; auf  der  andern  Seite  ist  der  Winkel  der  Endflächen  dann 
80°  20'.  Nun  finde  ich  allerdings  Poo  in  der  Litteratur  nicht  als 
Zwillingsebene  genannt,  und  so  bleibt  obige  Deutung  der  inter- 
essanten Bildung  zunächst  dahingestellt,  weil  bei  dem  nicht  mehr 
frischen  Zustand  der  Krystalle  von  scharfen  Messungen  nicht  die 
Kede  sein  kann.  Damit  wäre  der  Markasit  nun  für  dieses  kleine 
Kohlenlager  in  den  roten  Knollenmergeln  des  Keupers  nachgewiesen ; 
ausserdem  erwähnt  Qüenstedt  ^  eine  einzige  Stufe,  die  er  im  Weissen 
Jura  fand.  Werner's  Vermutung'^,  dass  dieser  Kies  vielleicht  in 
den  kohlenführenden  Schichten  der  Lettenkohle,  des  Keupers  und 
Lias  vorkomme,  hat  sich  nun  bestätigt. 

Nach  den  Kiesen  ist  von  Erzen  am  häufigsten  Zinkblende, 
sie  findet  sich  zusammen  mit  den  Kiesen  in  den  Hornsteinen.  Sie 
verrät  sich  durch  den  hohen  Glanz  ihres  Blätterbruchs,  sobald  man 
die  Kiesel  zerschlägt,  ihre  Farbe  ist  rötlich,  gelblich-braun  bis  schwärz- 
lich. In  kleinen  Drusen  findet  man  lebhaft  glänzende  Oktaeder, 
sonst  aber  durchzieht  sie  das  Gestein  in  kleinen  krystallinischen 
Massen.     Es  dürfte  kaum  eine  Stelle  in  unserem  Flözgebirge  geben, 

1  Handb.  d.  Mineral.  S.  818. 

2  Diese  Jahresh.  25.  Jahrg.  S.  133. 


—     LXXX     — 

wo  soviel  Blende  beisammen  gefunden  wird.  Die  Funde  im  Muschel- 
kalk bei  Crailsheim  sind  leider  immer  vereinzelt,  mehr  findet  sich 
noch  im  Amaltheenthon  und  im  Lias  s  \ 

Seltener  ist  Bleiglanz,  welcher  sich  in  kleinen  spätigen 
Einsprengungen  vorfindet,  ihn  erwähnt  schon  v.  Alberti. 

Wo  die  sulfidischen  Erze  in  solcher  Masse  die  Kohlen ,  die 
Kiesel  und  Sandsteine  durchsetzen,  da  kann  es  nicht  an  Verwitterungs- 
produkten fehlen.  Voran  stehen  die  Sulfate:  Schwerspat  durch- 
setzt in  weissen  Adern  die  Kohlen  und  in  Schnüren  die  Hornsteine ; 
Gips  ist  in  schmalen  tafeligen  Kryställchen  den  Kohlenschiefern 
eingelagert.  Die  Höhlungen  der  Feuersteine  sind  mit  einem  schnee- 
weissen,  feinmehligen  Mineral  erfüllt,  dasselbe  löst  sich  in  Salpeter- 
säure auf,  man  erhält  auf  Zusatz  von  K  0  H  einen  weissen  gallertigen 
Niederschlag,  der  sich  im  Überschuss  wieder  löst,  nach  Neutralisation 
durch  CIH  auf  Zusatz  von  NH3  aber  wieder  niederfällt.  Vor  dem 
Lötrohr  färbt  sich  die  Probe  mit  Co  (N  03)2  blau.  Danach  ist  das 
weisse  Pulver  Aluminit,  der  auch  schon  bei  Friedrichshall  in  der 
Lettenkohle  gefunden  wurde.  Weitere  Sulfate  entstehen  auf  dem 
verwitternden  Schwefelkies,  nämlich  ein  schwefelgelbes  Pulver,  das 
sich  in  Wasser  nicht  löst,  es  scheint  zum  Misy  gestellt  werden 
zu  müssen,  und  graulich-weisser  Anflug,  wie  er  auch  auf  Kiesen  in 
unseren  Sammlungen  sich  bildet,  nämlich  Eisenvitriol.  Der  An- 
flug von  feinen  haarförmigen  Krystallen  in  zierlichen  Gruppen  auf 
der  Kohle,  nämlich  das  Haarsalz,  wurde  oben  schon  genannt. 

Auffallend  ist  das  Fehlen  der  Karbonate  bis  auf  ein  einziges, 
nämhch  Galmei.  Man  findet  ein  stänglichtes  braun-graues  Mineral, 
das  angeschlagen  Rhomboederbruch  mit  schwachem  Perlmutterglanz 
zeigt  und  schon  in  kalter  CIH  braust.  Vor  dem  Lötrohr  erkennt 
man  leicht  das  Zinksalz,  so  dass  kein  Zweifel  mehr  über  dieses 
Mineral  besteht.  Wie  viel  von  Galmei  vorkam,  kann  ich  nur  ver- 
muten ;  in  der  Sammlung  von  Kiesen,  die  ein  Schüler  von  mir  dort 
im  Sommer  1892  anlegte  und  welche  eine  gewöhnliche  Cigarrenkiste 
füllte,  fanden  sich  zwei  bis  drei  walnussgrosse  Stücke,  und  in  den 
im  Hornstein  befindlichen  Drusen  findet  man  auch  nicht  viel  von 
dem  Karbonat. 

Stellen  wir  also  die  Mineralien  aus  der  Kohlengrube  von  Mittel- 
bronn zusammen,  so  finden  sich  dort  folgende  Mineralien  : 

von  Kohlen :  eine  erdige  bituminöse  Kohle  und  magere  Glanzkohle ; 


1  Vergl.  fliese  Jahresh.  1889.  S.  49. 


—     LXXXI     — 

von  Metallen :  Gold  in  kleiner  Menge ; 

von  Sulfiden:  Schwefelkies,  Markasit,  Blende,  Bleiglanz; 

von  Sulfaten :  Schwerspat ,  Gips ,  Aluminit ,  Haarsalz ,  Misy, 
Eisenvitriol ; 

von  Karbonaten :  Galmei. 

Und  wie  haben  wir  uns  die  Entstehung  dieser  Kohlenlager 
samt  den  begleitenden  Erzen  zu  denken?  Es  war  eine  Bucht  des 
Keupermeeres ,  an  dem  Gestade  haben  die  Wasser  da  und  dort 
beträchtliche  Holzmassen  angeschwemmt,  aber  ohne  Zusammenhang 
untereinander,  sie  wurden  eingebettet  in  Thone  und  Sande;  aus 
warmen  alkalischen  Wassern  hat  sich  die  Masse  der  Hornsteine 
ausgeschieden  und  die  Pflanzenreste  bedeckt.  Durch  den  Vorgang 
der  Verwesung,  die  bei  den  Pflanzen  und  Tieren  ganz  oder  teilweise 
vor  sich  ging,  wurden  dann  die  Sulfide,  welche  Kohle  und  Kiesel 
imprägnierten,  aus  den  in  Wasser  gelösten  Sulfaten  durch  Reduktion 
dargestellt.  Dass  dabei  Gold  infolge  der  Einwirkung  von  Eisen- 
vitriol sich  ausschied,  kann  uns  nicht  wundern.  Darauf  dürfte 
überhaupt  die  Vergesellschaftung  von  Gold  und  Schwefelkies  beruhen. 
Späterhin  verwitterten  wieder  diese  Erze  infolge  der  Einwirkung  der 
Atmosphärilien  zu  Sulfaten  und  Karbonaten.  Letztere  sind  schwach 
vertreten ,  einmal  weil  bei  Kieselabsätzen  aus  Wassern  Karbonate 
überhaupt  zu  fehlen  pflegen,  und  dann  weil  bei  Verwitterung  von 
Sulfiden    die  Bildung  von  Sulfaten  von  selbst  gegeben  ist. 

So  haben  wir  an  der  Kohlengrube  von  Mittelbronn  zwar  keine 
Grube,  die  irgendwie  Aussicht  auf  erfolgreichen  technischen  Betrieb 
gewähren  könnte,  aber  einen  Fundort,  der  dem  Mineralogen  mancherlei 
Mineralien  darbietet,  die  er  sonst  überhaupt  nicht,  oder  wenigstens 
nicht  in  diesen  Formen  in  Schwaben  wiederfindet.  Eben  darum, 
meine  hochverehrten  Herren ,  hielt  ich  es  für  angezeigt ,  auch  die 
neueste,  wenn  auch  erfolglose  Schürfung  auf  Kohlen  hier  in  unserer 
Versammlung  zu  besprechen. 


m. 
Ueber  Pseudosehmarotzer  auf  unseren  Petrefakten. 

Von  Pfarrer  Dr.  Engel  iu  Eislingen. 

Wohl  jeder  Petrefaktensammler  hat  unter  seinen  Vorräten  eine 
Anzahl  von  Stücken,  auf  denen  allerlei  fremdes  Getier  sitzt,  das 
mitversteinert  ist,  und  also  ohne  Zweifel  auch  mit  dem  betreffenden 

Jahreshefte  d.  Vereins  f.  raterl.  Naturkunde   in  Württ.  1896.  f 


—     LXXXII     — 

Wirt,  auf  dessen  Schale  es  sich  angesiedelt,  gleichzeitig  gelebt  hat. 
Derartige  Exemplare  sind,  namentlich  in  unserem  Jura,  so  häufig, 
dass  sie  jedem  auffallen  müssen,  der  seine  Muscheln  auch  nur  mit 
einiger  Aufmerksamkeit  betrachtet.  Und  dabei  treten  ihm  dann 
natürlich  auch  eine  ganze  Anzahl  von  Fragen  entgegen,  die  er  beim 
Anblick  solcher  Dinge  gern  beantwortet  haben  möchte ,  über  das 
Wo  und  Wann  des  Lebens  dieser  Sekundärfauna,  über  die  Art  und 
Weise,  wie  sie,  namentlich  wenn  sie  auf  Steinkernen  sitzt,  auf  ihren 
jetzigen  Platz  gekommen,  wie  und  warum  sie  uns  erhalten  geblieben 
u.  dergl.  Wir  wollen  versuchen ,  in  gegenwärtiger  Skizze ,  die  ja 
freilich  keinen  Anspruch  auf  Vollständigkeit  macht,  die  w^ichtigsten 
dieser  Fragen  zu  beantworten,  und  hoffen,  manchem  Sammler  einen 
Gefallen  damit  zu  erweisen,  obgleich  es  sich  um  anscheinende  Kleinig- 
keiten handelt,  wie  man  denn  doch  wohl  „Schmarotzer"  kaum  anders 
wird  bezeichnen  können. 

Wir  haben  übrigens  absichtlich  gerade  diesen  Namen  vermieden 
und  in  der  Überschrift  das  Wort  „Pseudoschmarotzer"  gebraucht. 
Und  nur  von  solchen  gedenken  wir  auch  zu  reden,  schon  aus  dem 
einfachen  Grund,  weil  wirkliche  Parasiten,  die  ja  nur  in  den  Weich- 
teilen ihrer  Wirte  leben  und  von  deren  Körpersubstanz  sich  nähren, 
fossil  uns  so  weni^  erhalten  bleiben  konnten  als  jene  Weichteile 
selbst.  Wir  zweifeln  zwar  nicht  daran,  dass  auch  schon  in  früheren 
Perioden  der  Erde  deren  Lebewelt  von  allerlei  fremdem  Schmarotzer- 
zeug heimgesucht  gewesen  ist,  dass  z.  B.  nicht  bloss  die  alten  Saurier 
und  Säuger,  sondern  auch  die  Ammoniten-  und  Belemnitentiere  unter 
dem  verschiedensten  „Ungeziefer"  zu  leiden  hatten,  das  sich  in  seine 
Haut  einbohrte  oder  von  seinem  Fleisch  zehrte,  wie  wir  dies  noch 
jetzt  in  der  gesamten  Tierwelt  finden ;  aber  Spuren  von  dessen  Dasein 
sind  uns  nicht  erhalten  und  können  der  Natur  der  Sache  gemäss 
nicht  erhalten  sein. 

Es  kann  sich  somit  für  uns  nur  um  solche  Tiere  handeln,  die 
auf  den  Hartteilen  ihrer  Wirte  gesessen  und  selbst  ein  mehr  oder 
weniger  hartes  Körperskelett  gehabt  haben ,  das  dann  versteinern 
konnte.  Da  aber  solche  Tiere  nicht  eigentlich  parasitisch  leben, 
sondern  die  Schalen  ihrer  Wirte  nur  als  zufälhge  Unterlage  und 
Stützpunkt  benützen,  können  wir  sie  auch  keine  Schmarotzer  heissen, 
bleiben  vielmehr  bei  der  Bezeichnung   „Pseudoschmarotzer". 

Damit  ist  uns  zugleich  der  Fingerzeig  gegeben,  welchen  Gruppen 
und  Kreisen  der  Lebewelt  diese  Pseudoschmarotzer  angehören  werden 
und  angehören  müssen,  soweit  wir  sie  fossil  finden:  es  müssen  mit 


—     LXXXIII     — 

Schalen  versehene  M e e r e s bewohner  gewesen  sem,  die,  sei's 
zeitlebens,  sei's  nur  in  bestimmten  Stadien  ihrer  Entwickelung  ein 
sessiles  Dasein  führten.  Alle  andern  sind  eo  ipso  ausgeschlossen, 
denn  sie  konnten  sich  nicht  versteinert  erhalten.  Ausgeschlossen 
ist  damit  z.  B.  auch  jene  Ophiure  (Äspidura  scutellata  Br.),  welche 
in  so  merkwürdiger  Weise  im  oberen  Muschelkalk  von  Crailsheim 
vorkommt.  Sie  sitzt  nämlich  dort  stets  auf  dem  Steinkern  einer 
Myophorie  (Myophoria  laevigata  Schl.),  so  zwar,  dass  die  Bauchseite, 
auf  der  das  Tier  kroch,  nach  oben  gekehrt  ist.  Die  eigentümliche  Um- 
wandelung  des  Skeletts  in  Täfelchen  von  Kalkspatskalenoedern  geht 
uns  hier  nichts  an,  vielmehr  interessiert  uns  nur  die  Art  ihres  Vor- 
kommens, sofern  wir  daraus  einen  Schluss  ziehen  können  auf  das 
lebende  Tier  und  seine  Beziehung  zu  der  Muschelschale.  Prof.  Dr. 
Eb.  Fraas,  der  die  Sache  beschrieben,  giebt  darüber  die  offenbar 
einzig  mögliche  und  ganz  richtige  Erklärung  ab  ^ ,  dass  der  lebende 
Schlangenstern  unter  die  auf  dem  Meeresboden  hohl  liegende  Klappe 
<einer  Myophorie,  deren  Bewohner  längst  tot  war,  gekrochen,  dort 
aber  durch  irgendwelche  störende  Einflüsse ,  wahrscheinlich  durch 
Verschlammung,  abgestorben  und  in  der  Lage  erhalten  geblieben 
sei,  die  er  bei  seinem  Tod  hatte.  So  ward  er  in  den  Schlamm, 
den  wir  jetzt  als  Steinkern  vor  uns  haben,  mit  der  Kückenseite 
eingedrückt  und  zeigt  uns  die  Bauchseite,  mit  der  er  einst  auf  der 
Innenwand  der  Muschel  sass,  deren  Schale  aber  im  Laufe  der  Zeit 
zerstört  wurde.  Der  Häufigkeit  des  Vorkommens  nach  müssen  in 
jenem  Muschelkalkmeer  eine  Masse  derartiger  Ophiuren  gelebt  haben ; 
uns  aber  sind  nur  diejenigen  Exemplare  erhalten  geblieben,  die  zu- 
fällig seiner  Zeit  einen  Schlupfwinkel  unter  einer  Muschelschale 
suchten  und  fanden.  Alle  andern,  frei  im  Meer  schwimmenden,  sind 
zu  Grunde  gegangen;  denn  noch  nie  wurde  an  jener  Lokalität  das 
Tier  in  anderer  als  der  eben  beschriebenen  Lage  angetroffen.  Aus 
dem  Gesagten  geht  aber  deutlich  hervor,  dass  es  sich  hier  weder 
um  einen  Schmarotzer  noch  auch  nur  um  einen  Pseudoschmarotzer 
handeln  kann,  da  die  lebende  Ophiure  nicht  auf  der  Muschelschale 
festsass,  sondern  dieselbe  nur  zeitweise  als  Bergungsort  benutzte. 
Auch  unsere  lebenden  Ophiuren  sind  ja  keine  sessilen  Tiere,  haben 
aber  heute  noch  die  Gewohnheit,  in  Hohlräume  zu  kriechen,  und 
zwar  oft  in  ganzen  Familien. 

Wenn  aber  auch  auf  diese  Weise  eine  Anzahl  von  scheinbaren 


'  N.  Jahrbuch  für  Min.  etc.  1888.  Bd.  I.  S.  171  u.  172. 


—     LXXXIV     — 

Pseudoschmarotzern  hier  ausgeschieden  werden  muss,  so  bleiben 
deren  immer  noch  genug  für  unsere  Besprechung  übrig,  und  zwar 
aus  den  verschiedensten  Klassen  des  Tierreichs.  Gehen  wir  dieselben 
in  der  Reihenfolge  von  unten  nach  oben  durch,  so  wären  etwa  die 
folgenden  zu  nennen ,  mit  dem  wiederholten  Beifügen  jedoch ,  dass 
unsere  Aufzählung  keineswegs  Anspruch  auf  Vollständigkeit  machen 
will,  schon  darum  nicht,  weil  wir  uns  fast  ausschliesslich  auf  die 
Vorkommnisse  im  Jura  beschränken.     Wir  nennen  aus  dem  Kreis 

1.  der  Coelenteraten:  Korallen  und  Schwämme.  Letztere 
betreffend,  so  findet  man  fast  in  allen  Schwammlagern  Spongiten 
auf  tierischer  Unterlage  .sitzen,  sei  es  nun,  dass  die  Brut  auf  den 
Muttertieren  oder  aber  auf  Korallenstöcken,  Austernschalen  u.  dergl. 
aufgewachsen  ist.  Am  bezeichnendsten  in  dieser  Beziehung  ist 
vielleicht  Spongites  mammülatus  Qu.  aus  Braun- Jura  d  (Jura  S.  458. 
Taf.  59.  8),  den  wir  bis  jetzt  stets  nur  auf  Austernschalen  gefunden 
haben,  die  er  rindenartig  überzieht.  Sammelt  man  aber  erst  in  den 
Schwammfeldern  des  Weissen  Jura,  sei's  in  den  unteren  und  mittleren 
Horizonten  der  Balinger  (Lochen-)  Gegend,  sei's  in  den  oberen  (Natt- 
heimer)  Schichten,  wo  Schwämme  und  Korallen  zusammen  vorkommen, 
so  trifft  man  dutzendmal  insbesondere  kleine  Exemplare  von  Spongiten 
{Scyphia ,  Astrostomella  etc.) ,  die  auf  grösseren  oder  auch  auf 
Muscheln  und  Korallen  schmarotzend  sitzen. 

Was  nun  die  letzteren  angeht,  so  erscheint  es  allerdings  bei 
den  meisten  derselben  unthunlich,  von  Pseudoparasitismus  zu  reden. 
Denn  wenn  auch  hier  die  jungen  auf  den  Stöcken  der  alten  sitzen^ 
so  dass  eine  Generation  aus  der  andern  aufsprosst,  so  ist  dies  nicht 
als  Schmarotzertum  zu  bezeichnen ,  sondern  hier  wie  bei  den 
Schwämmen  die  ganz  gewöhnliche  Art  der  Fortpflanzung.  Wenn 
wir  aber  so  häufig,  namentlich  in  den  Nattheimer  Schichten,  alle 
möglichen  Arten  und  Gattungen  von  Korallen  auf-  und  übereinander- 
sitzend  finden,  so  glauben  wir  kaum,  dass  dieselben  schon  während 
des  Lebens  in  dieser  Weise  beisammen  waren.  Wir  möchten  dieses 
Vorkommen  vielmehr  so  erklären ,  dass  die  Riffe  durch  Brandung, 
Wind  und  Wellen  teilweise  zerstört  und  abgerissene  Stöcke  von 
allen  möglichen  Korallenarten  in  den  Meerschlamm  gebettet  wurden. 
So  finden  wir  jetzt  in  den  „wilden  Portländern"  Anthophyllen  und 
Oculinen,  Lithodendren  und  Astraeen  bunt  durcheinander  gewürfelt, 
zusammen  mit  den  andern  einstigen  Bewohnern  des  Riffs,  Schnecken 
und  Muscheln,  Cidariten  und  Terebrateln,  in  einen  Brei  gebettet 
vor ,  und  es  ist  nur  Täuschung ,  wenn  wir  meinen ,   das  eine  Stück 


—     LXXXV     — 

sei  auf  dem  andern  lebend  gesessen,  da  sie  vielmehr  alle  erst  nach 
dem  Tode  durch  äussere  mechanische  Einwirkung  in  ihre  jetzige 
Lage  gebracht  wurden. 

Dagegen  erwähnen  wir  eine  Einzelkoralle ,  die  wir  bis  jetzt 
fast  nur  auf  der  Schale  oder  vielmehr  dem  Steinkern  eines  Ammoniten 
sitzend  getroffen  haben :  es  ist  der  erst  neuerdings  entdeckte  Cyclo- 
lites  amaUhei  mihi  (diese  Jahreshefte  1890.  S.  48  u.  1891.  S.  34. 
Taf.  3  Fig.  1  u.  2),  der  meist  auf  Ammonites  striatus  Rein,  oder 
lineatus  Schl.  im  mittleren  Lias  d  sich  findet.  Aus  diesem  Lager 
stammt  auch  ein  Pseudoschmarotzer,  der  zu  dem  Kreis  der 

2.  Echinodermen  zu  zählen  ist,  wenn  auch  noch  darüber 
gestritten  werden  mag,  welchen  der  3  Gruppen,  Echiniden,  Asteriden 
oder  Crinoiden,  man  ihn  zufügen  solle.  Am  nächsten  läge  es  wohl, 
ihn  bei  den  letztgenannten  unterzubringen,  da  dieser  Gruppe  meist 
sessile  Tiere  angehören,  während  die  Vertreter  der  Echiniden  und 
Asteriden  höchstens  in  gewissen  Entwickelungsstadien  ihres  Lebens 
an  einen  bestimmten  Platz  gebunden ,  sonst  aber  durchaus  vagil 
sind.  Wir  meinen  Cotylederma  lineati  Qu.  (Quenst.,  Petref. -Kunde. 
I.  Aufl.  S.  631.  Taf.  55,  44,  u.  Jura  S.  161.  Taf.  16,  13),  das  man 
meist  ebenfalls  auf  den  vorhin  genannten  beiden  Ammoniten  aus 
dem  mittleren  Lias  aufsitzend  trifft,  das  uns  aber  auch  schon  im 
Lias  u  auf  Amm.  jurensis  Ziet.  ,  und  zwar  hier  wie  dort  auf  dem 
Steinkern  haftend,  begegnet  ist.  Nach  Qüenstedt  „hat  es  ohne 
Zweifel  bei  den  Echinodermen  seine  Stelle". 

Viel  häufiger  finden  sich  verschiedene,  mit  Sicherheit  der  Gruppe 
der  Crinoiden  zuzuweisende  Gattungen  von  Echinodermen  als  Pseudo- 
schmarotzer auf  unseren  Versteinerungen,  wir  nennen  in  erster  Linie 
die  Apiocriniten  und  Eugeniacriniten.  Schon  im  Lias  I^ 
trifft  man  oft  genug  auf  Steinkernen  von  Ammoniten  aufgewachsene 
Wurzeln  von  Crinoiden,  ohne  dass  es  jedoch  möglich  wäre,  genauer 
anzugeben ,  was  für  einer  Gattung  das  Tier  angehört  hat.  Noch 
mehr  begegnen  uns  solche  Dinge  in  den  Schwammschichten  der 
Lochen  sowie  im  Nattheimer  Korallenhorizont.  So  besitzen  wir  von 
ersterem  Platz  Terebrateln  und  Spongiten,  auf  denen  das  Wurzel- 
stück eines  Eugeniacrinites  caryophyllatus  Gf.  und  niitans  Gf.  auf- 
gewachsen ist ;  in  Bolheim  aber  kommen  unter  den  vielen  dortigen 
Stielgliedern  von  Apiocriniten  {Apiocrinus  mespiliformis  Sohl,  und 
Milleri  Schl.)  auch  Wurzelstücke  vor,  die  hin  und  wieder  auf  einer 
Muschel  aufzusitzen  scheinen.  Die  meisten  derselben  liegen  aller- 
dings   dem    Aussehen    nach    frei    im    Stein ,    so    dass   wir   vermuten 


—     LXXXVI     — 

dürfen,  diese  Tiere  haben,  ähnlich  wie  die  Encriniten  des  Muschel- 
kalks und  die  Pentacriniten  des  Lias  sich  im  Meerschlamm  mit  ihren 
Wurzeln  festgehalten,  ohne  dass  sie  einer  harten  Unterlage  bedurften. 

Ganz  absehen  aber  können  wir  von  den  Echiniden  und  Ästenden, 
da  beide  Gruppen,  wie  gesagt,  keine  eigentlich  sessilen  Arten  ent- 
halten. Denn  wenn  man  auch  hin  und  wieder  lebende  Seeigel 
trifft,  die  sich  in  Steine  Löcher  gebohrt  haben  und  dort  zeitweise 
pholadenartig  hausen,  so  ist  uns  doch  fossil  nichts  Derartiges  bekamit 
geworden.  Jene  Ophiuren  aber ,  die  man ,  wie  oben  erwähnt ,  in 
Schalen  von  Muscheln  findet,  sind  nur  in  dieselben  hineingekrochen, 
haben  sich  aber  nicht  auf  ihnen  häuslich  und  für  immer  nieder- 
gelassen. Weder  hier  noch  dort  kann  man  also  von  (Pseudo-) 
Schmarotzern  reden.  Um  so  häufiger  aber  treten  diese  auf  im 
Kreis  der 

3.  Würmer,  natürlich  nur  derjenigen,  die  sich  im  Leben 
Kalkröhren  bauen,  welch  letztere  allein  sich  erhalten  konnten.  Man 
fasst .  sie  alle  unter  dem  Genusnamen  ,,Serpula"  zusammen,  und 
es  wird  kaum  eine  Formation  geben,  in  der  nicht  fossile  Serpula- 
Arten  sich  fänden.  Manchmal  kommen  sie  sogar  in  solcher  Menge 
vor,  dass  sich  förmliche  „Serpulitenkalke"  in  ganzen  Bänken  ge- 
bildet haben ,  die  aus  nichts  anderem  bestehen ,  als  den  Röhren 
solcher  Meerwürmer.  Wie  aber  in  den  heutigen,  so  haben  schon 
in  den  früheren  Meeren  diese  Tiere  ihr  Gehäuse  gern  auf  Muschel- 
und  Schneckenschalen  gebaut,  die  sie  freilich  nur  als  zufällige  Unter- 
lage benützen,  so  gut  wie  anderwärts,  Holz  oder  Steine.  Kann  man 
doch  fast  kaum  eine  Austern-  oder  Pec^ew-Schale  aufheben,  auf  der 
nicht  Serpula-  oder  Balamis -¥i'a,gmente  aufsässen,  und  es  ist  kein 
Zweifel,  dass  diese  (Pseudo-)Schmarotzer  auf  dem  Gehäus  ihrer 
Wirte  schon  zu  einer  Zeit  sich  angesiedelt  haben,  als  letztere  noch 
lebten.  Es  scheint  auch  einer  solchen  Muschel  in  keiner  Weise 
Eintrag  dadurch  zu  geschehen  oder  die  Lebensentwickelung  des 
Tieres  im  geringsten  beeinträchtigt  zu  werden,  dass  die  Aussenseite 
seiner  Schale  sich  mit  allerhand  fremdartigem  Tierzeug  bedeckt; 
werden  doch  z.  B.  im  Main  Anodonten  gefangen,  deren  Schalen, 
soweit  sie  über  dem  Wasserspiegel  hervorragten,  über  und  über  mit 
Dreissena  polymorpha  L.  bedeckt  sind,  ohne  dass  der  Wirt  durch  diesen 
Ballast,  den  er  mit  herumschleppen  muss,  irgendwie  belästigt  er- 
scheint. Wie  es  aber  in  unseren  jetzigen  Gewässern  und  bei  deren 
Bewohnern  zugeht,  so  ist's  sicherlich  auch  schon  in  den  Meeren 
der  Vorzeit  gewesen.     Kein  Wunder  daher,  dass  uns  überall  Serpein 


—     LXXXVII     — 

begegnen ,  die  auf  Muschelschalen  und  Ammonitengehäusen ,  auf 
Schwämmen  und  Korallen,  selbst  auf  Cidaritenstacheln  aufgewachsen 
erscheinen.  Am  häufigsten  begegnen  uns  diese  Dinge  im  Lias,  im 
mittleren  Braunen,  sowie  in  den  Schwamm-  und  Korallenzonen  des 
unteren  und  oberen  Weissen  Jura.  Schon  die  Steinkerne  von  An- 
gulaten  im  Lias  a,  sowie  die  Kieskerne  der  Ammoniten  des  Lias  ß 
und  y  haben  derartiges  Schmarotzerzeug  auf  sich  sitzen.  Ganz 
besonders  massenhaft  aber  erscheint  es  in  den  Jwrewsis-Kalken  des 
Lias  L'.  Hier  kann  man  kaum  ein  Bruchstück  von  Ämm.  jurensis 
ZiET. ,  insignis  Schübl.  ,  radians  Rein.  ,  von  Nautilus  jurensis  Qu. 
u.  dergl.  auflesen ,  auf  dem  nicht  eine  ganze  Anzahl  von  Serpein 
Sassen.  Ebenso  ist's  im  mittleren  Braunen  Jura,  wo  die  Steinkerne  von 
Amin,  coronatus  Ziel,  die  so  häufig  vorkommenden  Schalen  von 
Austern  (Ostraea pectiniformis  Qu.,  eduliformis  Qu.  und  cristagalU  Qu.), 
sowie  die  Schalen  der  grossen  Belemniten  {Belem.  giganteus  Qu.)  fast 
durchweg  damit  bedeckt  sind.  Wir  haben  (^ogar  einen  Stachel  von 
Cidarifes  praenobilis  (maximus)  Qu.  aus  dieser  Schichte  gesehen,  der 
auf  seiner  ganzen  Länge  mit  Serpein  überzogen  war,  und  zweifels- 
ohne hatten  sich  diese  hier  eingenistet,  solange  der  Seeigel  noch 
lebte.  Wieder  sehr  zahlreich  endlich  erscheint  dieses  Zeug,  sobald 
uns  Schwämme  und  Korallen  begegnen:  in  grosser  Menge  sitzen 
Serpein  aller  Art  sowohl  auf  den  Spongiten  der  Lochengegend  als 
auf  den  Korallen  und  Schwämmen  der  Nattheimer  Schichten.  Das- 
selbe ist  aber  natürlich  auch  bei  Petrefakten  der  vor-  wie  der  nach- 
.jurasischen  Zeit  zu  beobachten.  Die  wichtigsten  und  bekanntesten 
Arten  unserer  Jura-Serpeln  sind  etwa  folgende:  Serpula  glohiceps  (^m.., 
gordialis  Gf.,  tricristata  Gf.  (Lias);  Serp.  flaccida  Gf.,  gordiaUs  Schl., 
Umax  Gf.,  grandis  Gf.,  lumhrkalis  Schl.,  socialis  Gf.,  tetragona  Sow., 
torquata  Qu. ,  tricarinata  Gf.  (Brauner  Jura) ;  Serp.  cingidata  Gf., 
delphinula  Gf.,  Argoviensis  Lor.,  Deshayesii  Gf.,  planorhiformis  Gf., 
proUfera  Gf. ,  suhriigulosa  Qu.,  troclileata  Gf.,  Ilium  Gf.;  medusida 
Etall. ,  fiagellum  Gf.,  pannosa  Qu.,  spiralis  Gf. ,  quadristriata  Gf. 
(Weisser  Jura). 

Mit  den  Serpein  zusammen  kommt  dann  so  ziemlich  an  den- 
selben Plätzen  und  unter  denselben  Verhältnissen  eine  weitere  Tier- 
gruppe vor,  die  wir  gleich  jenen  zu  den  richtigen  Pseudoschmarotzern 
zählen  dürfen:  es  sind  die  Bryozoen  (Mooskorallen),  die  noch 
immer  keine  feste  Stelle  im  zoologischen  System  erlangt  haben  und 
daher  vielleicht  am  einfachsten  hier  dem  „Kreis  der  Würmer"  bei- 
gefügt werden  mögen. 


—     LXXXVIII     - 

Wie  in  unseren  heutigen ,  so  bedeckten  diese  Tierchen  schon 
in  den  alten  Meeren  alle  festen  Körper,  die  sie  im  Wasser  fanden, 
Steine  und  Holz ,  Muschel-  und  Schneckenschalen ,  kolonienweise 
wie  mit  einer  Rinde  sie  überkrustend.  Verhältnismässig  wenige  von 
ihnen  leben  und  lebten  ohne  Unterlage  im  Schlamm  oder  freien 
Ocean.  Was  unsere  Juraschichten  betrifft ,  so  gehen  fast  überall 
darin  Serpein  und  Bryozoen  zusammen  und  wir  finden  also  auch 
die  letzteren  hauptsächlich  im  obersten  Lias,  im  mittleren  Braunjura 
und  in  den  Schwamm-  und  Korallenschichten  des  Weissen  vertreten, 
ein  deutlicher  Fingerzeig,  dass  hier  stets  dieselben  Lebensbedingungen 
und  Wasserverhältnisse  wiederkehrten  (wahrscheinlich  Strand-  und 
Flachseebildungen).  Als  die  häufigsten  Bryozoenarten  aus  dem 
schwäbischen  Jura  führen  wir  auf; 

BuUopora  jurensls  Qu.,  Diastopora  {Berenicea  Mich.)  liasica  Qi]., 
im  Lias  4; 

Berenicea  {Diastopora  Qu.)  microstoma  Mich.,  diluviana  Mich. 
{Aulopora  Gf.),  Ceriopora  (jlobosa  Mich.,  Gellepora  orhiculata  Qu., 
Diastopora  compressa  Gf.  {CoUapora  Qu.),  Terquemi  Haime,  Hetero- 
pora  ramosa  Mich.,  Proboscina  Jaquoti  Haime,  Spiropora  elegans  Lam., 
Stromatopora  dichotoma  Lam.  {Alecto  Gf.),  Entallophora  {MiUepora  Qu.) 
straminea  Phil.,  im  Braunen  Jura  y  und  J; 

Alecto  dichotoma,  var.  grandis  und  intermedia  Qu.,  Biälopora 
rostrata  Qu.,  Cellepora  orhiculata  var.  major  Qu.,  Ceriopora  clavata 
Gf.,  compacta  Qu.,  striata  Qu.,  radiciformis  Gf.,  Conodictyum  striatum 
Qu.,   Tetrapora  suevica  Qu.,  im  unteren  Weissjura  (Lochenschichten); 

Alecto  corallina  d'Orb.,  dichotoma  Lam.,  Cellepora  orhiculata 
silicea  Qu.,  Ceriopora  angulosa  Qu.,  radiata  Gf.,  Chactctes  polyporus 
Qu. ,  Conodictyum  hursiforme  Qu. ,  im  oberen  Weissjura  (Korallen- 
schichten von  Nattheim). 

Dabei  wäre  nur  noch  die  Frage,  ob  Chaetetes  polyporus  wirk- 
lich als  Bryozoenstock  zu  verzollen  sei,  der  andere  Stücke  übei- 
krustete.  Auch  dürften  die  einen  und  andern  der  aufgeführten  Arten 
frei  im  Meer  oder  Meerschlamm  gelebt  haben,  z.  B.  MiUepora 
straminea  Qu. ,  vielleicht  auch  Heteropora  ramosa  Mich.  Bei  dem 
seltsamen  Conodictyum  dürfte  überhaupt  noch  nicht  entschieden  sein, 
wohin  es  zoologisch  gehört.  Auf  fremden  Körpern  aufgewachsen 
haben  wir  es  jedenfalls  noch  nie  gefunden. 

Immerhin  wird  so  viel  richtig  sein,  dass  wir  die  meisten  unserer 
fossilen  Bryozoen  als  Pseudoschmarotzer  aufführen  dürfen.  Haben 
sie  doch  meist  eine  Versteinerung  zur  Unterlage,    gleichgültig,  ob"s 


-     LXXXIX     -- 

eine  Muschel  oder  ein  Belemnit,  ein  Schwamm  oder  eine  Koralle  ist. 
Ein  weiteres,  und  zwar  ziemlich  zahlreiches  Kontingent  zu  denselben 
stellt  sodann  der  Kreis  der 

4.  Mollusken,  Weichtiere,  und  zwar  aus  den  beiden 
Gruppen  der  Brachiopoden  und  Pelekypoden  (Lamellibranchier), 
während  von  den  beiden  andern  Gruppen,  Gasteropoden  und  Cephalo- 
poden ,  uns  keine  schmarotzenden  Arten  bekannt  sind.  Natürlich, 
denn  die  Tiere  der  beiden  letztgenannten  Klassen  kriechen  oder 
schwimmen  samt  und  sonders,  wogegen  aus  den  beiden  ersteren 
eine  ziemliche  Anzahl,  sei's  zeitlebens ,  sei's  wenigstens  etliche  Zeit 
hindurch,  ein  sessiles  Dasein  führt. 

Was  zunächst  die  Brachiopoden  betrifft ,  so  könnte  man 
schliesslich  fast  alle  Gattungen  dieser  Gruppe  hierher  ziehen,  ins- 
besondere die  Hauptvertreter,  Terebrateln,  Rhynchonellen  und  Spiri- 
feren,  sofern  bei  all  diesen  das  Tier  in  der  Regel  zeitlebens  irgendwo 
festsitzt,  mit  seinem  Byssus  meist  an  Felsen  sich  heftend.  So  gut 
es  nun  einen  Stein  als  Anhaftungsstelle  benützt,  ebenso  gut  könnte 
dies  auch  mit  einer  Muschel  geschehen,  wenigstens  deren  toter 
Schale,  die  unbeweglich  an  ihrem  Platz  liegen  bleibt.  Allein  von 
einem  Schmarotzer-  oder  auch  nur  PseudoSchmarotzertum  kann  hier 
doch  eigentlich  nicht  die  Rede  sein,  da  diese  Tiere  wohl  kaum  auf 
dem  Gehäuse  eines  andern ,  noch  lebenden  Tieres  sich  ansetzen, 
so  wenig  als  bei  den  Patellen ,  die  ausserdem  auch  willküi'lich  ihre 
Ansatzstelle  wechseln  können,  und  noch  weniger  als  bei  den  Dreissenen, 
die  wohl  auf  Schalen  lebender  Muscheln  sich  niederlassen,  aber 
ebenfalls  ohne  Zweifel  die  Fähigkeit  besitzen,  ihre  Stelle  zu  ändern. 
Für  unseren  Zweck  kommen  vielmehr  aus  dieser  Gruppe  nur  einige 
minder  bedeutende  Gattungen  in  Betracht,  die  zumal  in  den  fossilen 
Schichten  nirgends  eine  grosse  Rolle  spielen ,  so  insbesondere  das 
Genus  Crania,  Orhicula  und  etwa  Thecidea,  Von  letzterer 
finden  wir  im  Jura  noch  kaum  etwas,  von  den  beiden  ersteren  hier 
und  da  ein  Schälchen ,  das  irgendwo  aufsitzt.  So  haftet  Crania 
porosa  Gf.  (Qüenst.,  Jura.  Taf.  81.  93)  stets  auf  Spongiten  der 
Lochenschichten,  während  man  von  Crania  suevica  Gf.  (Qüenst., 
Jura.  Taf.  81.  91  u.  92)  meist  nur  die  freien  Oberschalen  findet. 
Daneben  kommen  dann  freilich  wieder  thecideenartige  Formen  vor, 
wie  schon  da  und  dort  im  Braunen  Jura  und  sogar  im  Lias.  Wir 
erinnern  an  die  Dingerchen,  die  Quenstedt  auf  einer  Pleurotomaria 
des  Lias  1.'  und  wieder  auf  der  Schale  einer  Ostraea  cristagalli  Qu. 
des  Braun  d  neben  Bryozoen  aufsitzen  fand  und  im  Jura    (Taf.  41. 


—    xc    - 

27.  28  u.  Taf.  58.  28)  abbildet.  Ähnliche  Kleinigkeiten  sitzen  hin 
und  wieder  auf  den  Tellerschwämmen  der  Lochengegend  (Quen- 
STEDT,  Jura.  S.  640),  aber  wer  wagt  es,  all  dieses  Zeug  richtig  zu 
stellen? 

Klarer  liegt  die  Sache  bei  Orbicula,  von  deren  Geschlecht 
0.  papyracea  Qu.  (Jura.  Taf.  36.  20  u.  21)  die  bekannteste  ist. 
Leider  findet  man  nur  die  Oberschale  und  kennt  also  die  Unterlage 
nicht,  an  welche  sich  das  Tier  angeheftet  hatte.  Doch  kommt  schon  in 
Lias  d  eine  ganz  kleine  Form  vor  (Quenstedt,  Jura.  Taf.  36.  19), 
welche  auf  Bhynchonella  amalthei  Qu.  aufsitzt.  Ebenso  zeigen  sich 
diese  Dinge  im  Braunen  a,  wo  man  nicht  nur  die  zarteste  Brut 
von  Orbicula  auf  der  weissen  Schale  von  Ammonites  opalinus  Rein. 
(QüENST.,  Jura.  Taf.  44,  6),  sondern  auch  grössere  Exemplare,  na- 
mentlich auf  Gervillia  pernoides  Buch  haftend,  antrifft  (Qüenst.,  Jura. 
Taf.  45.  2).  Eine  ganz  ähnliche  Form  fanden  wir  einmal  auch  noch 
im  Weissen  Jura  /,  auf  dem  Steinkern  eines  Kragenplanulaten 
{Amm.  polyplocus  Rein.)  sitzen.  Bekanntlich  gehen  ja  freilich  Orbi- 
culaceen  noch  in  den  Muschelkalk  zurück  und  sind  seitdem  nicht 
mehr  verschwunden. 

Nur  beiläufig  wollen  wir  hier  noch  die  eigentümHchen  „Ringe" 
erwähnen,  die  man  öfters  auf  den  verdrückten  Schalen  der  grossen 
Ammoniten  des  Posidonienschiefers,  insbesondere  Amm.  heterophyllus 
Qu.  und  ßmhriatus  Ziet.  sitzen  findet  (Qüenst.,  Jura.  Taf.  36.  4  u.  6) 
und  die  Quenstedt  für  Knorpelringe  glaubt  ansehen  zu  sollen,  welche 
den  Saugwarzen  der  Cephalopoden  zur  Stütze  dienen.  Da  abei- 
deren  Deutung  noch  umstritten  und  nur  so  viel  gewiss  ist,  dass 
man  es  hier  nicht  mit  aufsitzenden  Schmarotzern  zu  than  haben 
wird,  wie  etwa  bei  Cotylederma,  so  gehen  wir  weiter  zu  den 

Pelekypoden  oder  eigentlichen  (zweischaligen)  Muscheln, 
die  ein  ziemliches  Kontingent  zu  unseren  Pseudoschmarotzern  liefern. 
Giebt  es  doch  hier  eine  ganze  Anzahl  von  Formen,  die  zeitlebens 
sessil  bleiben,  so  namentlich  die  umfangreiche  Gattung  Ostraea  und 
ihre  Verwandten  {Gryphaca,  Exogyra  etc.).  Auch  zur  Spondylus- 
Gruppe  gehörende  Bivalven,  wie  Plicatida,  Hinnites  und  Spoudylus 
selbst  können  wir  hierher  ziehen ;  denn  fast  in  allen  Formationen 
begegnen  wir  ihren  Schalen,  wie  sie  auf  irgend  einer  Unterlage, 
häufig  auch  auf  dem  Gehäus  eines  andern  Weichtieres  sitzen. 

Die  Hauptrolle  spielen  natürhch  die  Austern.  Schon  im 
Muschelkalk  treten  die  beiden  häufigsten,  Ostraea  sessüis  Sohl,  und 
spondyloides  Sohl.,  in  dieser  Weise  auf,  erstere  namentlich  als  Brut 


—     XCI     — 

zu  Dutzenden  auf  den  glatten  Pec^ew-Formen  oder  grossen  Austern 
aufgewachsen.  Im  Lias  sind  die  Ostraeen  durch  ihre  Verwandten, 
die  Gryphaeen,  verdrängt,  die  man  allerdings  nur  selten  auf  einer 
fremden  Schale  aufgewachsen  sieht.  Um  so  häufiger  ist  dies  bei 
Plicatula  der  Fall,  insbesondere  bei  der  im  mittleren  Lias  gemeinen 
Plicatula  spinosa  Qu.,  die  wir  auf  Ammoniten  und  Belemniten ,  auf 
Pecten  und  Nautilus  aufsitzend  finden.  Die  Unterschale  nimmt  dann 
oft  genug  das  Gepräge  ihrer  Unterlage  an,  wie  Qüenstedt  (Jura. 
Taf.  23.  6)  ein  solches  Exemplar  abbildet,  das  auf  einem  Atmn. 
nmaUheus  Qu.  gelegen  war.  Dasselbe  kommt  bei  den  Austern  des 
mittleren  Braunen  Jura  vor,  so  bei  der  kleinen  Ostraea  Knorrii  Voltz 
aus  den  Parkinsonbänken  (Braun  e),  wobei  Stücke  mit  dem  Bild 
des  Ämm.  Parhinsoni  Sow.,  wie  es  Qüenstedt  (Petref. -Kunde.  I.  Aufl. 
Taf.  40.  21)  zeichnet,  nicht  einmal  selten  sind;  nicht  minder  auch 
bei  den  grossen  Austern,  die  im  Coronatenhorizont  förmliche  Bänke 
bilden.  Unter  den  drei  hier  herrschenden  Hauptformen,  die  Qüenstedt 
edtiliformis ,  pediniformis  und  cristagalli  heisst,  schmiegen  sich 
namentlich  die  beiden  ersten  oft  in  merkwürdiger  Weise  an  ihre 
Unterlage  an.  Wir  haben  z.  B.  Stücke,  die  das  Bild  eines  Amm. 
coronatus  Schl.  darstellen,  weil  die  Auster  auf  einem  solchen  ge- 
sessen war.  Auch  die  Austern  des  Weissen  Jura  trifft  man  oft  auf 
fremden  Schalen,  so  die  durch  den  ganzen  Weissen  durchgehende 
Ostraea  gregaria  Sow. ,  die  ihr  nahestehende  hastellata ,  richtiger 
rastellata  Schl.  aus  den  Nattheimer  Schichten,  desgleichen  die  glatte 
0.  Bomeri  Qu.  ,  namentlich  im  Stadium  der  Brut.  Solche  kleinen 
Dinge,  wie  sie  Qüenstedt  (Jura.  Taf.  77.  23)  abbildet,  können  leicht 
mit  Anomia  oder  Placuna  verwechselt  werden,  dünnschaligen,  auster- 
artigen Muscheln,  welche  dieselbe  Lebensweise  führen  und  dann 
und  wann  auf  fremden  Tierresten  sitzend  in  unserem  Jura  angetroffen 
werden.  Dünnschalig  ist  auch  Exogyra  spiralis  Qu.  ,  aus  Weiss 
Jura  £  und  C ,  wo  wir  sie  schon  manchmal  auf  fremden  Körpern 
schmarotzend  gefunden  haben. 

Am  häufigsten  aber  begegnet  man  im  Weissen  Jura  einer 
kleinen  Schale ,  die  bald  auf  Bivalven ,  bald  auf  Ammonitenstein- 
kernen,  auf  Schwämmen  und  Terebrateln  schmarotzt.  Es  ist  das 
von  Qüenstedt  (Jura.  Taf.  81.  88 — 90)  unter  dem  Namen  Spondylus 
pygmaeus  abgebildete  Müschelchen,  dem  wir  aber  auch  das  eine 
der  beiden  Taf.  78.  5  gezeichneten  Stücke,  nämlich  dasjenige  links, 
zuzählen  möchten.  Genau  so  sehen  nämlich  die  in  Schwamm-  und 
Korallenlagern   viel  vorkommenden  Dingerchen    aus   und   sitzen    auf 


-     XCII     - 

ihrer  Unterlage  etwa  wie  das  im  Jura  Taf.  78.  10  abgebildete,  auf 
einer  Isoarca  Lochensis  Qu.  haftende  Stück. 

Ganz  besonders  möchten  wir  aber  bei  Aufzählung  der  Conchi- 
feren  noch  auf  die  B Ohrmuscheln  aufmerksam  machen,  eigen- 
tümliche Geschöpfe,  die  nicht  bloss  in  Holz  und  Stein,  sondern  recht 
häufig  auch  in  die  Schalen  anderer  Tiere  ihre  Wohnung  eingraben. 
Nur,  glauben  wir,  geschieht  dies  erst  dann,  wenn  das  betreffende 
Tier  gestorben  und  seine  Schale  von  den  Wellen  an  den  Strand 
getrieben  ist.  Auch  sie  können  wir  daher  nur  als  Pseudoschmarotzer 
bezeichnen.  Fossil  kommen  sie  durch  den  ganzen  Jura,  ja  wohl 
schon  in  älteren  Formationen  vor,  ganz  besonders  häufig  aber  sind 
ihre  Reste  in  den  marinen  Bildungen  des  Tertiärs.  Birnförmige, 
senkrechte  Löcher  bohrt  die  Gattung  Fistulana.  So  hat  deshalb 
QüENSTEDT  ausgefüllte  Röhren  genannt,  wie  sie  in  der  Kalkbank  des 
Lias  /i,  aber  auch  ganz  ähnlich  schon  im  Arieten-  und  Angulaten- 
lager  des  Lias  a  vorkommen  (Quenst.,  Jura.  Taf.  12.  12) ;  doch  haben 
wir  sie  hier  nur  in  Mergelknauer ,  nie  in  irgend  eine  Muschelschale 
eingebohrt  gefunden.  Dies  wird  anders  bei  den  Pholaden  des  mittle- 
ren Braunen  Jura,  die  nicht  bloss  das  Gestein,  sondern  auch  etwa  zur 
Verfügung  stehende  Hartgebilde  von  Tieren  für  ihre  Zwecke  be- 
nützen. Wir  denken  hier  hauptsächlich  an  die  Sowerhyi-  und 
Cavonaten-Schichten.  In  jenen,  hart  auf  der  Grenze  von  Braun  ßly^ 
findet  man  alle  Anzeichen  einer  Uferbildung:  gerollte  Gesteine,  die 
wieder  zusammengebacken  sind,  abgeriebene  Schalen  von  Muscheln 
u.  dergl. ,  häufig  genug  von  Pholadenlöchern  durchbohrt.  Ahnlich 
ist  es  im  mittleren  Braun  d,  wo  die  grossen,  abgeriebenen  Bruchstücke 
des  Belemnites  giganteus  Qu.,  sowie  die  dicken  Schalen  der  Ostraeen. 
namentlich  der  Ostr.  eduliformis  Qu. ,  oft  voll  von  Bohrlöchern 
stecken.  Sehr  bezeichnend  und  für  gewisse  Schlussfolgerungen,  wie 
uns  dünkt,  wichtig  dabei  ist  aber,  dass  man  diese  Löcher  nie  in 
den  grossen  Stücken  des  Ammonites  coronatus  Sohl,  findet,  dessen 
Steinkerne  doch  auch,  wie  die  Austernschalen  mit  Bryozoen  und 
Serpeln  überdeckt  sind.  Wir  folgern  daraus,  dass  die  Ammoniten 
eine  viel  dünnere  Schale  hatten  als  z.  B.  die  Ostraeen,  so  dass  es 
bei  jenen  für  eine  Fholas  gar  nicht  möglich  war,  sich  einzubohren, 
aber  auch,«  dass  die  Ammonitenschale  zu  der  Zeit,  als  die  Bohr- 
muschel lebte,  noch  nicht  mit  Schlamm  ausgefüllt  und  zum  Stein- 
kern geworden  war. 

Auch  der  Weisse  Jura  beherbergt  ähnliche  Muscheln ;  wenigstens 
findet  man  die  Korallenstöcke  der  Nattheimer  Schichten    öfters  von 


—     XCIII     — 

Bohrmuscheln  durchlöchert ,  daran  man ,  was  sonst  bei  fossilen 
recht  selten  ist,  auch  noch  die  beiden  Schalen  der  Muschel  erkennt. 
QüENSTEDT  nennt  dieselben ,  offenbar  mit  Anlehnung  an  den  be- 
rühmten „Steinbohrer"  des  Mittelmeers,  der  auch  wohl  in  Korallen- 
stöcke sich  eingräbt,  Lithodomus  süiceus  und  bildet  sie  im  Jura 
(Taf.  93.  2.  3)  ganz  gut  ab. 

In  der  Molasse  dagegen  treffen  wir  nur  leere  oder  mit 
Schlamm  ausgefüllte  Löcher,  auch  wohl  die  birnförmigen  Steinkerne 
der  Ausfüllung  allein,  ohne  eine  Spur  von  Schale,  und  auch  kaum 
jemals  in  eine  Muschelschale,  sondern  lediglich  ins  Ufergestein  ein- 
gebohrt, allerdings  manchmal  in  ungeheurer  Menge.  So  ist  bei 
Heldenfingen  die  ganze  Wand  eines  Steinbruchs  im  Marraorkalk 
(Weisser  Jura  s)  von  grossen  birnförmigen  Löchern,  eins  ans  andere 
gereiht,  durchsetzt,  wie  denn  überhaupt  am  ganzen  Donaurand  von 
Ulm  bis  Stotzingen  dieses  „Bohrwurmpflaster"  nachgewiesen  werden 
kann.  Die  bohrenden  Tiere  lebten  im  Miocänmeer,  das  damals  den 
Jura  zum  Ufer  hatte ,  scheinen  aber  anderen  Gattungen  angehört 
zu  haben ,  als  diejenigen ,  welche  wir  vorhin  aus  dem  mittleren 
Braunen  Jura  erwähnt  haben.  Denn  hier  in  diesen  Tertiärschichten 
finden  wir  nirgends  z.  B.  eine  Auster  angebohrt,  obwohl  Arten  von 
letzteren,  wie  Ostraea  longirostris  Lam.,  vorkommen,  deren  Schalen- 
dicke ganz  wohl  für  solche  Schmarotzer  und  ihre  Arbeiten  genügen- 
den Spielraum  gegeben  hätte. 

Sehen  wir  uns  endlich  noch  im  Kreis  der 

5.  Arthropoden  um,  dem  letzten,  der  uns  solche,  auch  fossil 
erhaltene  Pseudoschmarotzer  liefert,  so  kommen  hier  nur  die 
Crustaceen  in  Betracht  und  von  diesen  wieder  nur  diejenigen 
Arten  von  Krebsen,  die  zeitlebens  sessil  bleiben,  die  Lepadinen 
und  Balaniden  (Entenmuscheln  und  Meereicheln).  Beides  sind 
richtige  Pseudoschmarotzer;  denn  sie  heften  sich  nicht  bloss  an  Holz 
und  Stein,  sondern  oft  genug  auch  an  Muschelschalen  u.  dergl.  an. 
Doch  kommen  sie  eigentlich  erst  im  Tertiär  zur  Geltung,  und  auch 
hier  ist  es  fast  einzig  die  Gattung  Baianus,  die  uns  interessiert. 
Es  ist  indes  schwer,  besondere  Arten  festzustellen,  trotz  der  un- 
geheuren Zahl  und  Mannigfaltigkeit,  in  welcher  die  Individuen  z.  B. 
überall  in  der  marinen  Molasse  Oberschwabens  vorkommen :  gross 
und  klein,  gebändert  und  einfarbig,  vollständig  und  in  Bruchstücken. 
Sie  sitzen  oft  in  Massen  auf  Schalen  der  grossen  Ostraea  longirostris 
Lam.  ,  ebenso  häufig  aber  auch  auf  Kalkgeröll ,  das  offenbar  lange 
am   Meeresstrand   hin  und   her  geschoben   ward ,    und    gleichen    der 


—     XCIV     - 

gemeinsten  lebenden  Species  (Bai.  tiniinabuhim  L.)  so  sehr ,  dass 
man  kaum  Unterschiede  zu  machen  wagt. 

Damit  wären  die  Tierkreise  erschöpft,  in  welchen  und  aus 
welchen  uns  Arten  begegnen ,  die  als  Schmarotzer  oder  wenigstens 
Pseudoschmarotzer  die  Hartteile  anderer  Tiere  benützen,  um  sich 
darauf  anzusiedeln,  und  wir  fragen  zunächst  weiter,  in  welchen 
Formationen  diese  Erscheinung  wohl  zu  beobachten  ist.  Nun 
liegt  es  ja  freilich  in  der  Natur  der  Sache,  dass  diese  uneigentliche 
Art  von  Symbiose ,  wenn  wir  uns  so  ausdrücken  dürfen ,  überall 
vorkommen  kann  und  vorkommen  wird ,  wo  wir  es  mit  Meeres- 
bildungen zu  thun  haben,  in  deren  Schlamm  Schalen  der  oben- 
genannten Tiergeschlechter  abgelagert  worden  sind.  Das  aber  ist 
thatsächlich  in  allen  Sedimentschichten  der  Fall,  die  wir  auf  Erden 
treffen.  Die  bekanntesten  jener  Schmarotzer  wenigstens,  Austern 
und  Serpein,  wird  man  überall  finden ,  vom  Silur  bis  zur  heutigen 
marinen  Lebewelt.  Dennoch  ist  es  bezeichnend,  dass  die  Häufigkeit 
des  Vorkommens  solcher  Dinge  in  den  verschiedenen  Formationen 
oder  Formationsgliedern  sehr  verschieden  ist.  Bleiben  wir  unserem 
Programm  gemäss  beim  Jura  und  zwar  beim  schwäbischen  Jura 
stehen,  so  treffen  wir  darin  Schichten,  die  fast  gar  keine,  und  dann 
wieder   solche,    die    eine    Masse    dieser    Pseudoschmarotzer    liefern. 

Letzteres  kommt,  wie  schon  oben  bemerkt,  namentlich  im  ober- 
sten Lias,  im  mittleren  Braunen  Jura  und  in  den  Schwamm-  und  Ko- 
rallenschichten des  Weissen  vor.  Kann  man  doch  fast  kein  Bruchstück 
eines  Amm.  jurensis  Ziet.  ,  radians  Rein.,  insignis  Ziet.  aufnehmen, 
darauf  nicht  eine  Serpula  oder  Bryozoe  sässe.  Dasselbe  ist  der 
Fall  bei  den  drei  grossen  Austern  des  Braun  Jura  d,  den  Stein- 
kernen des  Amnion,  coronatus  Sohl,  und  dem  grossen  Belcmnües 
giganteus  Qu.  aus  dieser  Schichte,  ebenso  bei  den  Korallen  und 
Ammoniten  aus  Braun  Jura  y.  Wer  aber  in  der  Lochengegend 
oder  im  Nattheimer  Horizont  sammelt,  bekommt  ebenfalls  Stücke 
genug  in  die  Hand,  an  welchen  er  derartige  Beobachtungen  machen 
kann.  Wir  werden  wohl  den  Schluss  daraus  ziehen  dürfen ,  dass 
wir  es  in  den  genannten  Bänken  hauptsächhch  mit  Strand-  oder 
Flachseebildungen  zu  thun  haben,  während  in  denjenigen  Lagern, 
wo  dieses  Schmarotzerzeug  fehlt,  dereinst  mehr  oder  weniger 
Tiefsee  geherrscht  haben  mag.  Von  hohem  Interesse  ist  in  dieser 
Beziehung,  was  neuerdings  die  Wissenschaft  über  die  Verteilung 
der  Lebewesen  in  unseren  heutigen  Meeren  erkundet  und  was  na- 
mentlich Johannes  Walther  in  seiner  Einleitung  in  die  Geologie  als 


—    xcv    ~ 

historische  Wissenschaft  (I.  Teil:  Bionomie  des  Meeres.  Jena  1893) 
so  trefflich  zusammengefasst  hat.  Dort  erfahren  wir,  dass  Schwämme 
und  Korallen  in  verhältnismässig  geringer  Tiefe  leben,  dass  die  mit 
ihnen  zusammen  vorkommende  und  vielfach  von  ihnen  sich  nährende 
Fauna  auf  ganz  bestimmte  Tierkreise  und  Gruppen  sich  beschränkt, 
dass  Nautilus  Pompilius  L.  nicht  im  offenen  Weltmeer  schwimmt, 
sondern  an  Korallenstöcken  und  auf  dem  Boden  der  Flachsee  umher- 
kriecht, aber  auf  ein  verhältnismässig  kleines  Seegebiet  beschränkt 
ist,  wogegen  seine  Schalen,  weil  sie  nach  dem  Tode  des  Tieres 
von  selbst  zur  Oberfläche  auftreiben,  nach  allen  Küsten  des  Indischen 
und  Stillen  Oceans  verfrachtet  und  daher  auch  überall  gefunden 
werden  u.  dergl.  Wenn  wir  nach  dieser  Analogie  uns  das  Leben 
der  einstigen  Ammoniten  rekonstruieren,  so  erklärt  sich  uns  manches, 
was  bisher  fast  rätselhaft  erschien,  namenthch  bezüghch  der  vertikal 
so  geringen,  horizontal  dagegen  so  ungeheuren  Verbreitung  von 
Schalen  derselben  Species  in  unseren  Formationen.  Wurden  die 
leeren  Gehäuse  irgendwo  ans  Ufer  gespült,  ob  auch  vielleicht  Hunderte 
von  Meilen  von  dem  Ort  entfernt,  wo  das  Tier  selbst  gelebt  hatte, 
so  bedeckten  sich  dieselben  gar  bald  mit  Crinoideen-  und  Austern- 
brut, mit  Serpein  und  Bryozoen,  die  ja  alle  noch  heute  Küsten- 
bewohner sind.  Auf  solche  Uferbildungen  weisen  aber  namentlich 
auch  die  Gerolle  hin,  die  wir  im  mittleren  Braunen  Jura,  die  Pholaden- 
löcher,  die  wir  im  Lias  ß,  und  die  abgerollten  Belemniten,  die  wir 
manchmal  im  Lias  ;  finden.  Wo  aber  Korallen  und  Schwämme 
herrschen,  da  fehlt's  in  unseren  heutigen  Meeren  ebenfalls  nicht  an 
dem  genannten  Schmarotzervolk,  und  zwar  heftet  es  sich  dann  dort 
meist  den  Schalen  der  noch  lebenden  Tiere  an.  Und  auf  solche  Lo- 
kalitäten werden  wir  fast  überall  da  hingewiesen,  wo  wir  in  unserem 
Jura  die  meisten  der  genannten  Pseudoschmarotzer  treffen. 

Noch  wichtiger  aber  als  der  Ort  erscheint  uns  die  Art  ihres 
Vorkommens,  d.  h.  wir  fragen  nicht  sowohl,  in  welchen  Schichten, 
sondern  insbesondere  in  welcher  Weise  wir  dieses  Zeug  auf  seiner 
Unterlage  aufsitzend  finden.  Und  dabei  kommt,  wenigstens  wo  es 
sich  um  Gehäuse  handelt,  die  als  Polster  benützt  werden,  stets  das 
doppelte  in  Betracht,  dass  wir  unsere  Schmarotzer  ebensogut  auf 
der  Schale  wie  auf  dem  Steinkern  treffen;  ja  thatsächlich  ist 
letzteres  weit  häufiger  der  Fall  als  ersteres.  Kommen  ja  doch 
wenigstens  die  Ammoniten  unseres  Jura  nur  ausnahmsweise  noch 
mit  Schale,  in  der  weitaus  grösseren  Mehrzahl  dagegen  als  blosse 
Stein-   oder   Kieskerne    aus    dem   Lager.     Im  Weissen  z.  B.    gehört 


—     XCVI     — 

ein  beschälter  Ammonit  oder  Nautilus  zu  den  allergrössten  Selten- 
heiten; am  ehesten  finden  sich  noch  solche  im  unteren  Braunen 
{Opalinus-  und  Murchisonae-Zone),  auch  wohl  unter  den  Arieten  und 
Angulaten  (Lias  a)  und  fast  durchweg  im  Posidonienschiefer  (Lias  e). 
Aber  in  denjenigen  Schichten  gerade ,  in  welchen  wir  am  meisten 
solche  Schmarotzer  finden,  ist  die  Steinkernbildung  der  Cephalopoden- 
schalen  fast  ausschliessliche  Regel.  So  sitzen  z.  B.  die  Austern, 
Bryozoen  und  Serpein  auf  den  Ammoniten  der  Jurensis-  und  Coro- 
naten-Schichten  stets  auf  Stein-,  diejenigen  aus  dem  mittleren  Lias 
(Lias  /?,  y  und  d)  auf  Kieskernen,  die  oft  vollständig  davon  bedeckt 
sind.  Unter  andern  haben  wir  z.  B.  einen  Ämm.  Turneri  Sow. 
aus  Lias  ß  von  Göppingen,  dessen  schöner  Kieskern  gar  nicht  zum 
Vorschein  kommt:  so  sehr  ist  er  über  und  über  von  Serpein  um- 
krustet.  Doch  besitzen  wir  auch  eine  ziemliche  Anzahl  von  Stücken, 
bei  denen  entweder  die  vollen  Schalen  oder  wenigstens  noch 
Fetzen  davon  vorhanden  sind,  darauf  dann  die  Schmarotzer  haften, 
ja  manchmal  scheint  gerade  an  dem  Platz,  wo  eine  Serpula  oder 
Auster  sich  niedergelassen  hat,  ein  Stückchen  Ammonitenschale 
noch  geblieben  zu  sein,  während  sie  überall  sonst  weggeführt  wurde. 
So  hat  Pfarrer  Gussmann  in  Eningen  in  seiner  Sammlung  einen 
Amm.  angulatus  depressus  Qu.  von  Balingen  mit  Schale,  auf 
welcher  Austern  sitzen ,  desgleichen  einen  Ämm.  latisulcatus  Qu. 
aus  dem  dortigen  Arietenkalk  mit  Schale  und  aufsitzenden  Gryphaeen. 
Dasselbe  trifft  man  öfters  bei  Amm.  obtusus  Sow.  und  stellaris  Sow. 
aus  dem  Betakalk  (Lias  ß).  Diese  Ammoniten  haben  nämlich  un- 
verhältnismässig dicke  Schalen,  während  sonst  die  meisten  Ammons- 
hörner  dünnschalig  gewesen  zu  sein  scheinen.  So  blieben  dort 
manchmal  noch  Schalenreste  erhalten  und  auf  denselben  sitzt  dann 
hin  und  wieder  eine  Serpula  oder  Ostraea.  Von  der  Orhicula-Bmt, 
die  auf  Schalen  des  Amm.  opalinus  Rein,  vorkommt,  haben  wir 
oben  schon  gesprochen.  Ebenso  zeigen  in  der  Balinger  Gegend 
(Schörzingen)  und  an  der  Wutach  (Aselfingen)  die  Ammoniten  des 
Braunen  Jura  ß  noch  manchmal  die  Schale,  auf  der  dann  (bei  Amm. 
Murchisonae  Sow.  und  discus  Qu.)  Austern  und  Serpein  haften. 

Ist  bei  den  Ammoniten  auch  die  Wohnkammer  noch  erhalten, 
so  kommt  es  hin  und  wieder  vor,  dass  solche  Schmarotzer  auch  auf 
deren  Innenseite  gesessen  sein  müssen;  ganz  natürlich,  denn  die 
Schale  lag  offen  am  Strand  und  so  konnten  Serpein  und  Austern 
in  den  weiten  Hohlraum  gar  leicht  hineinkommen.  Besonders  hübsch 
kann   man   dies   bei  den  Ammoniten  im  Posidonienschiefer  (Lias  e) 


-     XCVII     - 

beobachten,  die  zwar  völlig  verdrückte,  aber  stets  wohlerhaltene 
Schalen  zeigen.  Ich  besitze  z.  B.  ein  Stück  Wohnkammer  eines 
Falciferen  (Ämm.  Lythensis  Buch)  von  dort,  in  welchem  neben  dem 
Aptychus  eine  Auster  sitzt,  über  die  deutlich  die  Sichelrippen  her- 
laufen, zum  Beweis,  dass  die  Muschel  innen  an  der  Schale  gesessen 
hatte.  Und  bei  Herrn  Pfarrer  Güssmann  in  Eningen  sah  ich  die 
Wohnkammer  eines  grossen  Ämm.  opalinus  Rein.,  freilich  nur  als 
Steinkern ,  auf  dem  aber  vertiefte  Gänge  von  Serpein  eingegraben 
erscheinen,  offenbar  herrührend  von  der  Wurmröhre ,  die  erhaben 
auf  der  Innenseite  der  Schale  gesessen  hatte,  als  diese  noch  intakt 
war.  Auch  die  Steinkernfüllung  der  Wohnkammer  eines  Ämm. 
Sowerbyi  Mill.  aus  Braunem  Jura  y  zeigt  in  ganz  derselben  Weise 
Spuren  von  Austern  und  Serpein,  die  also  ebenfalls  auf  der  Innenseite 
der  Ammonitenschale  gesessen  sein  müssen,  und  zwar  in  diesem  Fall 
zweifellos,  nachdem  das  Tier  gestorben  und  herausgefault,  aber  noch 
ehe    sein  Wohnraum   mit   Schlamm    oder    Sand    gefüllt   war. 

Sehr  bezeichnend  ist  es,  dass  man  dies  nur  an  den  Wohn- 
kammern beobachtet;  die  Luft  kämm  er  n  sind  stets  nur  auf 
der  Aussenseite  mit  Schmarotzern  bedeckt,  wiederum 
natürlich,  weil  dieselben  durch  eine  Kalkwand  abgeschnürt  und 
daher  dem  Schmarotzervolk  gar  nicht  zugänglich  waren.  Ahnlich 
verhält  sich's  mit  Plicatula.  Diese  Muschel  finden  wir  bald  auf 
Stein-  und  Kieskernen  (so  Plicatula  spinosa  Qu.  auf  Ammoniten  des 
Lias  y  und  (J),  bald  auf  den  Schalen  von  Cephalopoden  aufsitzen, 
und  zwar  meist  auf  der  Aussenseite,  dann  aber  auch  hier  gleicher- 
massen  auf  Wohn-  wie  auf  Luftkammern.  Auch  an  Belemniten  oder 
Peden  haften  sie  öfters,  dann  aber  natürlich  stets  an  der  Schale. 
Denn  die  Pectiniten  des  Lias  kommen  überhaupt  nicht  als  Stein- 
kerne vor,  die  Belemniten  aber  haben  wir  als  harte,  innere  Knochen 
eines  Cephalopoden  zu  betrachten,  die,  wenn  das  Fleisch  des  Tieres 
verwest  war ,  ganz  so  am  Ufer  liegen  blieben ,  wie  wir  sie  noch 
heute  im  Lager  finden.  Von  einer  Steinkernbildung  kann  also  hier 
überhaupt  nicht  die  Rede  sein ;  die  Schmarotzer  liessen  sich  viel- 
mehr auf  den  Belemnitenkegel  nieder,  wie  anderswo  auf  einen  Stein 
oder  eine  Ammoniten-  und  Austerschale.  So  treffen  wir  im  Braunen 
Jura  d  die  gleichen  Setyiila- Arten  auf  Bdemnifes  giganteiis  Qu.,  auf 
den  drei  grossen  Austern ,  sowie  auf  Ämm.  coronatus  Schl.  sitzen, 
wobei  letzterer  als  Steinkern,  erstere  beiden  aber  als  Schalen  er- 
scheinen. 

Anders  ist's  mit  den  Pho laden   aus    dieser   Schichte.     Diese 

Jahreshefte  d.  Vereins  f.  vaterl.  Naturkunde  in  Württ.    1895.  g 


—     XCYIII     — 

kommen  überhaupt  auf  Ammoniten  nicht  vor,  auch  nicht  auf  den 
Steinkernen  der  grossen  Coronaten,  wohl  zum  deutlichen  Beweis, 
dass  diese  Ammonitenschalen  zu  der  Zeit,  als  die  Bohrwürmer 
lebten,  noch  gar  nicht  zu  Steinkernen  geworden ,  ja  wahrscheinlich 
auch  nicht  einmal  mit  Schlamm  gefüllt  waren.  Die  Schale  aber, 
die  am  Ufer  gelegen  sein  mochte,  war  zu  dünn,  als  dass  eine  Bohr- 
rauschel  sich  hätte  darin  ihre  Behausung  bauen  können.  Sehr  gut 
ging  dies  aber  bei  den  dicken  Austernschalen,  sowie  bei  den  mächtigen 
Belemnitenkegeln,  die  denn  auch  oft  vollständig  von  Löchern  durch- 
bohrt sind,  gerade  wie  in  der  Son'erbj/i-BKnk  (unterer  Brauner 
Jura  y)  die  Kalkgerölle ,  denen  man  dort  vielfach  begegnet ,  oder 
wie  im  unteren  Lias  die  Thonknauer,  die  daselbst  von  Fistulanen 
durchlöchert  sind. 

Das  wirft  denn  auch  einiges  Licht  auf  die  Ansiedelung  und 
Lebensweise  dieser  Pseudoschmarotzer,  und  giebt  insbesondere  einen 
Fingerzeig  darüber,  wie  wir  uns  das  Vorkommen  derselben 
auf  Steinkernen  zu  erklären  haben.  Wann  und  solange  wir 
das  Zeug  auf  den  Schalen  unserer  Muscheln,  auf  Cidaritenstacheln 
oder  Belemnitenstücken  sitzend  finden ,  hat  ja  die  Deutung  nicht 
die  mindeste  Schwierigkeit.  Die  Analogie  unserer  heutigen  Meere 
erklärt  alles,  da  wir  darin  hundertmal  denselben  Erscheinungen  be- 
gegnen. Kann  man  doch  fast  kein  Schneckenhaus  und  keine  Muschel- 
schale in  die  Hand  nehmen,  darauf  nicht  Schmarotzer  sässen,  und 
zwar  meist  denselben  Formen  angehörig,  wie  bei  unseren  Versteine- 
rungen :  Serpein  und  Austern ,  Schwämme  und  Bryozoen  bedecken 
sie  oft  völlig.  Dabei  ist  es  ziemlich  nebensächlich,  ob  der  betreffende 
Herbergsvater  noch  lebt,  oder  ob  seine  tote  Schale  längst  in  der 
Tiefe  des  Meeres  begraben  oder  an  irgend  ein  Ufer  gespült  ward. 
In  dem  einen  wie  in  dem  andern  Fall  benützen  jene  Schmarotzer 
die  Schalen  als  günstige  Unterlage ,  wo  immer  sie  dieselben  finden. 
Das  lebende  Tier  wird  allem  nach  so  wenig  durch  solche  fremde 
Gäste  belästigt,  die  sich  auf  dem  Dach  seines  Hauses  angesiedelt 
haben,  als  die  Anodonten,  welche  aufgepappte  lebende  Dreissenen 
mit  sich  herumschleppen.  In  manchen  Fällen  dürfte  die  Sache  sogar 
als  eine  Art  Symbiose  aufgefasst  werden ,  wie  bei  den  Einsiedler- 
krebsen ,  die  gern  eine  Qualle  auf  ihr  Schneckenhaus  setzen ,  bei 
gewissen  Muscheln,  die,  wie  Pinna,  Modiola  und  Mytilus ,  einen 
Krebs  zwischen  ihren  Mantelfalten  als  „Pinnenwächter"  wohnen 
lassen,  endlich  bei  Schnecken,  deren  Gehäuse  vollständig  mit 
Schwammfilz  überzogen  und  dadurch  vor  seinen  Feinden  mehr  oder 


—     XCIX     — 

weniger  geschützt  ist.  Wie  in  dieser  Hinsicht  in  der  heutigen 
Lebewelt,  namentlich  derjenigen  des  Meeres,  eine  ganze  Menge  zum 
Teil  höchst  eigentümlicher  symbiotischer  Verhältnisse  beobachtet 
werden,  wobei  zwei  ganz  fremde  Geschöpfe  aus  praktischen  Gründen, 
sei's  um  die  Nahrung  leichter  zu  erlangen,  sei's  um  sich  vor  drohenden 
Gefahren  besser  zu  schützen,  einen  Bund  fürs  Leben,  wie  es  scheint, 
miteinander  zu  schliessen  pflegen,  so  mag's  ja  wohl  schon  in  den 
alten  Meeren  gewesen  sein ,  und  das  eine  und  andere  Vorkommnis 
auch  bei  unseren  Pseudoschmarotzern  darf  vielleicht  darauf  zurück- 
geführt werden.  Keinenfalls  z.  B.  zweifeln  wir  daran,  dass  eine 
Menge  jener  fossilen  Serpein  auf  Cidaritenstacheln,  Korallenstöcken, 
Muschel-  und  Schneckenschalen  noch  zu  Lebzeiten  von  deren  Be- 
wohnern sich  wird  niedergelassen  haben.  Austern  dagegen  und 
Brachiopoden ,  die  zeitlebens  an  derselben  Stelle  bleiben,  werden 
schon  damals  tote  Gehäuse  vorgezogen  haben.  Wenn  wir  aber 
derartiges  Volk  auf  Belemniten  sitzend  finden,  so  kann  ohnedem 
kein  Zweifel  darüber  sein,  dass  das  Belemnitentier  längst  gestorben 
und  sein  Fleisch  verwest  war,  vollends  aber,  wenn  die  Schmarotzer 
auf  Steinkernen  ihr  Dasein  führten. 

Und  doch  möchten  wir  gerade  bei  den  Stein-  und  Kies- 
kernen unserer  Cephalopoden ,  wenn  wir  Serpein  u.  dergl.  darauf 
antreffen ,  das  Gegenteil  behaupten ,  wenigstens  mit  Bestimmtheit 
erklären,  dass  diese  fremden  Ansiedler  sich  auf  der  einstigen 
Schale,  keineswegs  aber  auf  dem  Steinkern  festgesetzt  haben. 

Die  Erklärung  gerade  dieses  Vorkommens  macht  ja  freilich 
einige  Schwierigkeit.  Man  hat  die  Wahl  unter  drei  Möglich- 
keiten, wie  man  sich"s  denken  soll,  und  keine  von  allen  dreien 
will  einem  recht  einleuchten.  Entweder  müsste  man  annehmen, 
dass  die  Schmarotzer  zu  einer  ganz  andern  Zeit  und  in  einem  ganz 
andern  Meer  gelebt  haben  als  das  Ammonitentier ,  nämlich  viel 
später ,  nachdem  die  Schale  des  letzteren  mit  Schlamm  ausgefüllt, 
der  Schlamm  zu  Stein  geworden  und  die  Schale  chemisch  oder 
mechanisch  wieder  weggeführt  worden  wäre,  so  zwar,  dass  etwa, 
wenn  wir  auf  dem  Steinkern  eines  Liasammoniten  eine  Serpula 
linden,  diese  im  Meer  des  Braunen  oder  Weissen  Jura  gelebt  hätte. 
Oder  aber  könnte  man  sich  den  Prozess  der  Steinkernbildung  als 
einen  sehr  raschen  denken ,  wie  es  ja  auch  heute  noch  vorkommt, 
dass  an  gewissen  Meeresküsten  schon  nach  etlichen  Jahrzehnten 
die  Muschelschalen  „versteinern".  In  diesem  Fall  wäre  also  die 
Schale  des  gestorbenen  Ammonitentiers  vielleicht  weit  her  ans  Ufer 


geworfen  worden,  hätte  sich  hier  mit  Schlamm,  Sand  oder  Schwefel- 
eisen gefüllt  und  dann  sofort,  nachdem  dieser  erhärtet  war,  durch 
irgendwelche  Einwirkungen  wieder  aufgelöst.  Dann  erst  wären  die 
Schmarotzer  gekommen,  die  sich  auf  dem  nunmehrigen  Steinkern 
ansiedelten,  aber  als  Bewohner  desselben  Meeres,  in  welchem  auch, 
nur  etwas  früher  und  vielleicht  an  anderer  Stelle  der  Ammonit  ge- 
lebt. Endlich  aber  liegt  eine  dritte  Möglichkeit  vor,  und  so  man- 
ches vielleicht  für  die  erste  oder  zweite  Erklärungsweise  sprechen 
möchte ,  so  ist ,  wie  oben  schon  angedeutet ,  diese  dritte  unseres 
Erachtens  die  einzig  richtige:  wir  nehmen  an,  dass  die  Schmarotzer 
stets  auf  der  Schale  des  betreffenden  Wirtes,  nie  auf 
seinem  Steinkern  gesessen  sind,  einerlei,  ob  das  Schaltier 
zu  dieser  Zeit  noch  lebte  oder  schon  zu  Grunde  gegangen  war, 
also  jedenfalls  in  demselben  Meer,  in  welchem  auch  der  Ammonit 
lebte,  und  wenn  auch  vielleicht  örtlich,  so  doch  zeitUch  nicht  weit 
von  ihm  entfernt.  Wenn  wir  sie  trotzdem  jetzt,  und  zwar  so 
häufig ,  auf  Stein-  oder  Kieskernen  haftend  erbhcken ,  so  müsste 
eben  später  die  Ammonitenschale  aufgelöst  und  weggeführt  worden 
sein,  ohne  dass  die  darauf  sitzende  Auster  oder  Serpula  Schaden 
genommen  hätte.  Letztere  wäre  einfach  an  ihrer  Anhaftstelle  sitzen 
geblieben,  auch  nachdem  sozusagen  unter  ihr  weg  die  Schale  des 
Ammoniten  verschwunden. 

Und  dies  ist  in  der  That  unsere  Meinung,  wofür  wir 
folgende  Gründe  anführen.  Zum  ersten  scheint  uns  der  Prozess  der 
Steinkernbildung  für  die  Regel  durchaus  nicht  so  rasch  vor  sich  gehen 
zu  können ,  dass  zeitgenössische  Schmarotzer  eines  Ammoniten  auf 
dessen  Steinkern  sich  niederlassen  konnten.  Oder  wie  sollte  es  möglich 
sein,  dass  innerhalb  weniger  Jahrzehnte  die  Kammern  eines  Schnecken- 
hauses sich  mit  Schlamm  füllten,  dieser  Schlamm  dann  zu  Stein  er- 
härtet und  noch  das  Gehäuse  durch  irgendwelche  Vorgänge,  die  doch 
selbst  wieder  geraume  Zeit  brauchen,  weggeführt  würde?  Zum 
zweiten  finden  wir  überall  in  unseren  Schichten,  dass  dieselben 
Schmarotzer,  die  mit  dem  Ammoniten  im  gleichen  Meer  zusammen- 
gelebt, auch  auf  seinem  Steinkern  sich  niedergelassen  haben.  Es 
sind  z.  B.  die  nämlichen  Arten  von  Bryozoen  oder  Serpein, 
die  auf  dem  Steinkern  eines  Amm.  coronatua  Schl.  wie  auf  den 
mit  ihm  im  gleichen  Lager  liegenden  Ostraeen  oder  Belemniten 
sitzen.  Bei  den  letzteren  aber  ist  es  ja  doch  das  allernatürlichste, 
anzunehmen,  dass  die  Schmarotzer  sich  da  angeheftet  haben,  wo 
wir  sie  heute  finden,   und   zwar  zu  einer  Zeit,    da   der   betreffende 


—     CI    — 

Gastwirt  (die  Auster)  noch  lebte,  oder  wenigstens  noch  nicht  lang 
vorher  gestorben  war  und  seine  Hartteile  (Kegel  des  Belemnites 
giganteus  Qu.)  auf  dem  Meeresboden  zurückgelassen  hatte.  Zu 
gleicher  Zeit  und  an  demselben  Ort  mit  ihnen  zusammen  lagen 
auch  die  Schalen  des  Ämm.  coronatus  Schl. ,  und  dieselben 
Schmarotzer  nisteten  sich  auf  ihnen  ein.  Da  aber  die  Ammoniten- 
schale  viel  dünner  war  als  diejenige  einer  Auster,  so  ging  sie  auch 
viel  leichter  zu  Grunde.  Das  dicke  Ostraeengehäuse  oder  Belemniten- 
stück  blieb  unversehrt  bis  auf  unsere  Tage ,  während  wir  von  den 
Ammoniten  jetzt  in  der  Regel  nur  mehr  die  Steinkerne  haben. 
Diese  aber  konnten  damals,  als  die  Schmarotzer  lebten,  noch  nicht 
gebildet  gewesen  sein,  sonst  hätten  sich  auch  Pholaden  in  sie  ein- 
gebohrt, so  gut  wie  in  die  danebenliegenden  dickschaligen  Austern; 
die  Schmarotzer  hefteten  sich  also  hier  wie  dort  auf  die  Schalen  an. 

Hin  und  wieder  —  und  dies  ist  ein  weiterer  Grund  für  unsere 
obige  Behauptung  —  bemerken  wir  nun  aber,  dass  in  der  That 
der  Schmarotzer  auf  einem  Stück  Schale  sitzt,  auch  wenn  der  ganze 
Ammonit  um  ihn  her  zum  Steinkern  geworden  ist.  Wir  sahen  z.  B. 
Exemplare  von  Ämm.  macrocephalus  Schl.  ,  die  noch  da  und  dort 
mit  Schalenfetzen  bedeckt  waren,  und  dieselben  Serpein  sassen 
teils  auf  diesen,  teils  nicht  weit  davon  auf  den  Loben, 
also  dem  Steinkern  des  Ammoniten.  Oder  auch  kamen  uns  Stücke 
in  die  Hand,  wo  gerade  und  nur  unter  der  schmarotzenden  Auster 
noch  ein  Fetzen  von  der  Ammonitenschale  erhalten ,  der  ganze 
übrige  Ammonit  aber  zum  Steinkern  geworden  war.  Man  könnte 
sich  fragen,  weshalb,  wenn  die  Ammonitenschale  weggeführt  wurde, 
dies  nicht  gleichzeitig  auch  mit  der  Schale  des  aufsitzenden 
Schmarotzers  geschehen  sei,  die  ja  aus  dem  nämlichen  Stoff,  d.  h. 
kohlensaurem  Kalk  bestand,  ebenso,  wie  eine  Auster  oder  Serpula, 
die  also  ursprünglich  auf  der  Schale  des  Ammoniten  sass,  auf  dessen 
Steinkern  gelangt  sei,  was  wir  ja  thatsächlich  jetzt  oft  genug  finden. 

Was  letzteres  betrifft,  so  erklären  wir  uns  dies  so:  die  Schale 
des  Schmarotzers  war  mit  derjenigen  des  Ammoniten,  die  ihr  zur 
Unterlage  diente,  so  fest  verwachsen,  dass  dadurch  letztere,  gleichsam 
in  ihrer  Dicke  verdoppelt  und  verdreifacht,  ebensowenig  aufgelöst 
oder  weggeführt  werden  konnte  wie  die  Schale  z.  B.  einer  Ostraea 
eduliformis  Qu.  und  ähnliche.  Die  zwei  Schalen  aber,  ohnedem 
aus  demselben  Stoff  bestehend,  sind  so  sehr  eine  Masse  geworden, 
dass  wir  jetzt  nur  noch  in  Ausnahmsfällen  beide  unterscheiden  und 
sagen   können :    hier   ist   noch   ein  Stückchen  Ammonitenschale  und 


—     CII     — 

dort  fängt  das  Gehäuse  der  aufsitzenden  Serpula  oder  Ostraea  an. 
Dies  giebt  dann  zugleich  Antwort  auf  die  erste  aufgeworfene  Frage, 
weshalb  nämlich  beim  Auflösungsprozess  nicht  die  Schale  des  auf- 
sitzenden Schmarotzertiers  samt  derjenigen  seiner  Unterlage  weg- 
geführt worden  sei.  Wir  vermuten,  aus  dem  Grunde  nicht,  weil 
die  durch  Zusammenwachsen  beider  so  bedeutend  vergrösserte  Kalk- 
masse der  Auflösung  viel  mehr  Widerstand  leisten  konnte ,  als  die 
dünne  Schale  des  Ammoniten  allein.  Ausserdem  kommt  hier  in 
Betracht,  dass  zwar  beide  Schalen,  diejenige  des  Ammoniten  wie 
diejenige  der  aufsitzenden  Auster  aus  dem  nämlichen  Stoff,  d.  h., 
wie  wir  oben  sagten ,  aus  kohlensaurem  Kalk  bestehen.  Dennoch 
ist  dieser  Stoff  bei  beiden  nicht  einerlei,  sondern  von  verschiedenen 
Strukturverhältnissen:  das  eine  Mal  besteht  nämlich  jener  kohlensaure 
Kalk  aus  Kalkspat,  das  andere  Mal  aus  Aragonit,  und  diese  beiden 
lösen  sich  nicht  in  derselben  Weise  auf,  sondern  bei  dem  einen 
geht  die  Zersetzung  weit  rascher  als  beim  andern  vor  sich.  Dies  ist  denn 
auch  wohl  der  Hauptgrund,  weshalb  die  eine  Schale  erhalten  blieb 
(die  der  Auster),  die  andere  zu  Grunde  ging  (die  des  Ammoniten). 
Wir  kommen  also  zu  dem  Resultat  und  bleiben  dabei,  dass 
die  sogenannten  Pseudoschmarotzer  samt  und  sonders 
gleichzeitig  und  in  den  gleichen  Meeren  mit  den  Tieren 
gelebt  haben,  auf  denen  wir  sie  jetzt  treffen,  und  dass 
sie  auf  deren  Schalen  gesessen  seien,  das  eine  Mal  wohl  noch 
zu  Lebzeiten  des  Ammoniten,  häufiger  wahrscheinlich,  nachdem 
letzterer  gestorben  und  sein  Gehäus  an  den  Strand  geworfen  war, 
also  auch  in  diesem  Fall  nicht  allzulang  nach  seinem  Tode,  wenn 
auch  vielleicht  weit  weg  von  dem  Ort,  da  er  sein  Dasein  geführt 
hatte.  Der  Steinkern ,  auf  dem  wir  sie  jetzt  so  vielfach  haften 
sehen,  hat  sich  erst  viel  später  und  ohne  Zweifel  in  sehr  langsamem 
Prozess  gebildet,  indem  bald  durch  mechanische  Gewalt,  meist  aber 
wohl  auf  chemischem  Wege  die  Schale  aufgelöst  und  weggeführt 
wurde.  Den  Grund,  weshalb  dies  bei  den  Ammoniten  fast  immer, 
bei  den  Austern  und  Belemniten  aber  nicht  geschah,  haben  wir 
oben  schon  damit  angegeben,  dass  wir  darauf  hinwiesen,  die  Schale 
des  Ammoniten  müsse  verhältnismässig  dünn  gewesen  sein.  Dies 
wird  bestätigt  durch  die  hin  und  wieder,  z.  B.  im  Posidonienschiefer 
noch  erhaltenen  Reste ,  die  papierdünn  erscheinen.  Mag  auch  hier 
der  Druck  mitgewirkt  und  mögen  einzelne  Ammoniten  vielleicht 
Schalen  von  6 — 10  mm  Dicke  gehabt  haben  (bei  Ämm.  stellaris 
Sow.    sind   uns    oft   noch   derartige  Fetzen  erhalten) ;    in   der   Regel 


—    cm    — 

wird  die  Schalenstärke  jener  alten  Cephalopoden  ungefähr  die  gleiche 
gewesen  sein ,  wie  die  der  noch  jetzt  lebenden ,  insbesondere  des 
Nautilus  Pompilius  L.  Eine  derartige  Schale  ist  aber  selbstver- 
ständlich nicht  dick  genug,  um  Pholaden  die  Möglichkeit  zu  ge- 
währen ,  ihre  Löcher  einzubohren ,  und  doch  wieder  so  stark ,  dass 
sie  lang  genug  halten  konnte,  um  den  in  ihren  Hohlräumen  abgelager- 
ten Schlamm  erhärten  zu  lassen,   bevor  sie  selbst  zu  Grunde   ging. 

Wenn  sich  aber  Schmarotzer  darauf  finden,  so  ist  das  ein  deut- 
liches Zeichen,  dass  die  Schalen  zu  der  Zeit,  als  jene  lebten, 
am  Ufer  eines  Meeres  oder  jedenfalls  in  einer  Flachsee 
lagen,  da  Pholaden  und  Austern,  Serpein  und  Bryozoen  keine  Tiefsee- 
bewohner sind.  Wenn  wir  aber  wohl  mit  Piecht  vermuten  dürfen, 
dass  die  genannten  Schmarotzer  vielfach  auf  den  Ammonitenschalen 
gesessen  sind,  während  der  Ammonit  oder  Nautilus  noch  lebte,  so 
würde  dadurch  bestätigt,  was  der  früher  genannte  Professor  Johannes 
Walther  über  die  Lebensweise  unserer  heutigen  Nautilus-Yiexo^  be- 
richtet, nämlich  dass  dieselben  keine  Hochsee-  sondern  Riffbewohner 
seien,  auch  für  gewöhnlich  nicht  auf  der  Oberfläche  schwimmen, 
sondern  wie  Schnecken  auf  dem  Grund  oder  an  den  Felsen  umher- 
kriechen. 

So  giebt  uns  die  nähere  Betrachtung  auch  solcher  Geschöpfe, 
die  wie  unsere  Pseudoschmarotzer  in  der  Fossilwelt  eine  höchst 
untergeordnete  Rolle  zu  spielen  scheinen,  dennoch  Gelegenheit,  durch 
Kombination  und  Schlussfolgerung  uns  einen  Einblick  zu  verschaffen 
auch  in  die  Lebensweise  jener  beschälten  Cephalopoden ,  die  im 
einstigen  Jurameer  unbestritten  obenan  gestanden  sind,  wie  noch 
heute  ihre  Reste  für  diese  Formation  als  weitaus  wichtigste  Leit- 
muscheln gelten ,  deren  Leben  und  Treiben  aber  noch  immer  so 
ausserordentlich  unbekannt  und  so  viel  umstritten  ist:  wir  meinen 
unsere  Lieblinge,  die  jurasischen  Ammoniten. 


Sitzungsberichte. 


Wissenschaftliche  Abende  des  Vereins  in  Stuttgart. 

Sitzung-  vom   14.   Juni   1894. 

Die  Sitzung  eröffnete  der  Vorsitzende  Prof.  Dr.  Kirchner  mit  dem 
Hinweis  auf  den  am  29.  d.  M.  in  Stuttgart  stattfindenden  50.  Jalirestag 
des  Vereins ;  das  nähere  Programm  des  Festes  wird  veröffentlicht  werden. 

Als  erster  Redner  sprach  sodann  Prof.  Dr.  Kirchner  über  eine 
botanische  P  f  i  n  g  s  t-t  o  u  r. 

Dieselbe  galt  dem  insubrischen  Seengebiete  der  Schweiz,  insbesondere 
den  Ufern  des  Lago  maggiore  und  des  Luganersees  und  war  veranlasst 
durch  eine  Einladung  von  Prof.  Scheötek  in  Zürich,  der  mit  seinen 
Schülern  diese  Gegend  zum  Ziel  einer  botanischen  Exkursion  ersehen 
hatte ;  der  Redner ,  der  dieser  Einladung  folgend  mit  einer  Anzahl 
Studenten  von  Hohenheim  sich  dieser  Tour  anschloss,  konnte  nicht 
rühmend  genug  die  treffliche  Vorbereitung  der  Reise  hervorheben,  welche 
den  Teilnehmern  gestattete,  in  kurzer  Zeit  den  botanischen  Charakter 
dieses  bevorzugten  Landes  kennen  zu  lernen.  Verschiedene  Faktoren 
wirken  zusammen,  diesen  Landesstrich  als  den  botanisch  merkwürdigsten 
Europas,  vielleicht  der  Welt  erscheinen  zu  lassen;  das  insubrische  Ge- 
biet ist  klimatisch  ganz  besonders  begünstigt,  die  Temperatur  ist  nicht 
eigentlich  mediterran  (mittlere  Jahreswärme  von  Bellinzona  12,5,  von 
Nizza  15,6),  aber  die  mittleren  Winter-  und  Sommertemperaturen  sind 
hoch  (Bellinzona  im  Winter  -|-  3,1  ,  Sommer  -f-  21,7)  und  namentlich 
sind  die  Minima  des  Winters  nur  gering  (Bellinzona  —  6,8,  Locarno  — 4). 
Es  herrscht  ein  herrlicher  Reichtum  von  Feuchtigkeit  (Bellinzona  180  mm) 
und  zugleich  eine  solche  Verteilung  derselben,  dass  doch  sonnenarme, 
bedeckte  Tage  nicht  häufig  sind ;  die  Folge  sind  eine  auffallende  Üppig- 
keit der  Bewaldung,  eine  tauige  Frische  der  ganzen  Vegetation.  Hierzu 
kommt  die  Spalierwirkung  des  steilen  südlichen  Alpenabfalles,  welcher 
die  nördlichen  und  nordwestlichen  Winde  abhält  und  eine  kräftige  In- 
solation bewirkt  und  in  den  Seen  macht  sich  deren  Einfluss  geltend, 
indem  sie  die  Temperatur  durch  Zurückwerfen  der  Sonnenstrahlen  er- 
höhen und  durch  ihre  Verdunstung  die  Ufer  vor  starker  Ausstrahlung 
und  dadurch  gegen  Fröste  schützen.     Nimmt  man  zu  all   diesen    klima- 


-    cv   — 

tischen  Vorzügen  das  einzig  schöne  Relief  der  Gegend,  die  wundervolle 
Klarheit  und  Schönheit  der  Luft,  so  erscheint  das  insubrische  Gebiet 
als  eines  der  privilegiertesten  Europas.  In  lebhafter  farbenprächtiger 
Darstellung  schildert  Redner  die  Fülle  der  Eindrücke  der  Exkursion; 
ähren  Anfang  nahm  diese  bei  Sordola,  ihre  Glanzpunkte  waren  der  Be- 
such von  Isola  bella  und  Isola  madre  mit  ihrer  subtropischen  Vegetation : 
Südeuropa,  Afrika,  Asien,  Nord-  und  Südamerika  wie  Australien  haben 
sich  vereint,  mit  ihren  pflanzlichen  Schätzen  die  Inseln  zu  schmücken 
und  das  Klima  gestattet  ihnen  allen,  hier  in  voller  Üppigkeit  sich 
heimisch  zu  machen.  Eingehend  schildert  Redner  die  botanischen  Speciali- 
täten,  die  der  Fachmann  hier  wie  auf  der  ganzen  Tour  zu  finden  Ge- 
legenheit hat,  und  betont  besonders  wie  eigentümlich  das  Hineinspielen 
der  von  den  Bergen  herabgestiegenen  alpinen  Flora  in  diese  südliche 
Pflanzenwelt  während  der  ganzen  Reise  wirkte;  an  einer  Mauer  ver- 
wildert die  mexikanische  Agave  und  unweit  davon  die  Alpenrose  blühend; 
dieses  eine  Beispiel  ist  bezeichnend  für  den  botanischen  Charakter  dieses 
Gebietes.  Da  selbst  auf  den  borromeischen  Inseln  das  Botanisieren  den 
Teilnehmern  der  Exkursion  gestattet  war,  so  hatten  dieselben  reichlich 
Gelegenheit,  ein  interessantes  Herbar  sich  anzulegen,  welches  der  Redner 
nebst  einer  grossen  Anzahl  Photographien  und  anderen  Reiseerinnerungen, 
wie  z.  B.  Rosenkränze  aus  den  Früchten  der  Eucalj'pten  oder  der 
Wassernuss  zur  Besichtigung  aufgelegt  hatte. 

Es  war  ein  interessantes  Gegenstück,  auch  im  zweiten,  von  Prof. 
Dr.  Eberhard  Fraas  gehaltenen  Vortrag  einen  Bericht  über  eine 
Pfingstexkursion  zu  vernehmen,  aber  mit  einem  ganz  anderen  Ziel,  näm- 
lich dem  östlichen  Ungarn.  18 — 20  Tage  brauchten  vor  bald 
200  Jahren  (1716)  die  Boten  von  Stuttgart  bis  zu  den  östlichen  Grenzen 
Ungarns,  wo  sich  damals  das  tapfere  Regiment  Alt-Württemberg  mit 
den  Türken  in  blutigen  Schlachten  herumschlug,  und  heutzutage  macht 
man  ohne  Beschwerden  in  den  mit  allem  Komfort  ausgestatteten  Wagen 
der  Expresszüge  eine  Pfingstreise  an  jene  Grenzen  europäischer  Kultur. 
In  kurzen  Zügen  schildert  der  Redner  die  Eindrücke  auf  der  24stündigen 
Fahrt  nach  Grosswardein  und  das  Gebiet  zwischen  der  schwarzen  und 
schnellen  Koros,  wo  er  eine  geologische  Untersuchung  für  einen  unserer 
württembergischen  Grossindustriellen  vorzunehmen  hatte.  Grossartig  sind 
namentlich  die  Bilder  der  in  frischen  Frühjahrsfarben  stehenden  Puszta 
mit  ihren  endlosen  Feldern  und  Weiden,  auf  denen  sich  zahllose  Herden 
von  langgehörnten  Ochsen,  zierlichen  Pferden,  langbehaarten  Schweinen 
und  Schafen  tummeln.  Die  waldreiche ,  bergige  Landschaft  der  Herr- 
schaft Lumkazprie,  wo  unser  schwäbischer  Geologe  meist  zu  Pferd  seine 
Untersuchungen  machte,  zeigen  ein  Gemisch  von  Landschaftsbildern  Ober- 
schwabens, der  Alb  und  des  Schwarzwaldes,  ganz  entsprechend  den  geo- 
logischen Formationen,  welche  teils  aus  Tertiär  mit  Moränenüberlagerung, 
teils  aus  Jurakalk  oder  aus  Buntsandstein  und  Urgebirge  bestehen. 
Besonderen  Reiz  bildeten  die  Schilderungen  von  dem  Leben  und  Treiben 
der  dortigen  Bevölkerung ,  der  Walachen ,  die  in  geradezu  rührender 
Bedürfnislosigkeit,  aber  auch  in  kaum  glaublicher  Unbildung  ein  kummer- 
haftes Dasein  fristen. 


—     CVI     — 

Zum  Schluss  der  Versammlung  ladet  der  Vorsitzende  ein ,  altem 
Brauche  gemäss  am  2.  Donnerstag  des  Juli  sich  in  Hohenheim  zu  ver- 
sammeln, welchem  Vorschlag  die  Anwesenden  freudig  zustimmten. 


Sitzung  vom   11.  Oktober   1894. 

Mit  dieser  Sitzung  nahmen  die  Zusammenkünfte  des  Winterhalb- 
jahrs  1894/95  wiederum  ihren  Anfang. 

Der  seitherige  Vorsitzende,  Prof.  Dr.  Kibcihnek  (Hohenheim),  er- 
füllte zunächst  eine  Pflicht  der  Pietät,  indem  er  in  warmen  Worten 
der  Erinnerung  des  raschen  Hinganges  des  Privatier  Knüttel  gedachte, 
der  stets  den  wissenschaftlichen  Bestrebungen  des  Vereins  reges  Interesse 
entgegengebracht  und  als  Mitglied  der  Erdbebenkommission  an  deren 
Arbeiten  thätigen  Anteil  genommen  hat.  Der  Redner  konnte  zugleich 
die  Mitteilung  machen,  dass  seine  Witwe  zum  ehrenden  Gedächtnis  ihres 
Mannes  dem  Vereine  eine  Stiftung  zu  überweisen  die  Güte  gehabt  habe. 

Die  darauf  folgende  Wahl  des  Vorsitzenden  für  das  begonnene 
Vortragsjahr  ergab  die  Wahl  von  Prof.  Dr.  Sussdoef  zum  ersten,  von 
Prof.  Dr.  Leuze  zum  zweiten  Vorsitzenden;  Schriftführer  blieb  Prof. 
Dr.  Lampert. 

Den  ersten  Vortrag  des  Abends  hielt  Prof.  Dr.  A.  Schmidt 
über  das  Thema:  Mechanismus  der  Gewitterstürme. 

Die  meteorologische  Wissenschaft  verdankt  einen  ihrer  grüssten 
Fortschritte  dem  im  Jahre  1872  erschienenen  Werke  von  Prof.  Reye  in 
Strassburg:  ..Die  Wirbelstürme,  Tornados  und  Wettersäulen."  Obgleich 
Reye  ausdrücklich  von  den  von  ihm  wissenschaftlich  behandelten  Wirbel- 
stürmen eine  zweite  Art  von  Stürmen  unterschieden  hatte,  die  an  den 
norddeutschen  Küsten  häufiger  und  gefährlicher  auftreten,  als  jene,  so 
hat  doch  das  epochemachende  Buch  von  Reye  die  Wirkung  gehabt,  dass 
bis  lieute  wenigstens  unter  den  Laien  die  einseitige  Vorstellung  verbreitet 
ist,  als  ob  womöglich  alle  Gewitterstürme,  jedenfalls  die  heftigen  orkan- 
artigen Umwälzungen  der  Luft  als  Wirbel  mit  mehr  oder  weniger 
vertikaler  Axe  aufzufassen  waren.  Die  Meteorologen  aber  zweifeln  nicht 
mehr  daran,  dass  zum  Unterschied  von  den  nordamerikanischen  Tornados 
die  meisten  und  gefährlichsten  unserer  europäischen  Gewitter  sogenannte 
Gewitterböen  sind,  bei  welchen  die  Richtung  des  Sturms  keine  andere 
ist,  als  die  der  fortschreitenden  Vorwärtsbewegung  der  Gewitterwolke. 
An  der  Hand  von  schematischen  Skizzen  aus  einer  Programmabhandlung 
von  Dr.  Clemens  Hess  in  Frauenfeld :  ,,  Die  Hagelschläge  der  Schweiz 
in  den  Jahren  1883  —  91  und  Theorie  der  Entwicklung  und  des  Ver- 
laufs der  Hagelwetter"  erläuterte  der  Vortragende,  dass  der  Gewitter- 
sturm als  eine  mehr  oder  weniger  langgezogene  Welle  aufgefasst  werden 
könne,  welche  über  die  Erde  hinziehe  und  dabei  einen  labilen  Gleich- 
gewichtszustand der  Lagerung  der  Luftschichten  vor  ihr  in  einen  stabilen 
hinter  ihr  umwandle.  Die  Energie  der  verschwundenen  Wärme  der 
Luft  und  des  kondensierten  Wasserdampfes  hat  schliesslich  zur  Auf- 
lockerung und  Erwärmung  höherer  Luftschichten  gedient  und  kehrt  durch 


-     CVII     — 

den  Vorgang  der  selbstthätigen  Mischung  der  Luft  infolge  der  Wärme- 
bewegung der  kleinsten  Teilchen,  deren  Geschwindigkeit  von  oben  nach 
unten  wächst,  wieder  zu  den  unteren  Atmosphärenschichten  zurück. 

Den  zweiten  Vortrag  hielt  Prof.  Dr.  Eberh.  Fr  aas,  in  dem  er 
über  den  Verlauf  des  VI.  internationalen  Greologenkongresses 
in  Zürich  berichtete. 

Die  alle  3  Jahre  tagenden  internationalen  Geologenkongresse  sind 
"VVanderversammlungen  im  weitesten  Sinn,  denn  sie  tagen  ihrem  Charakter 
entsprechend  in  allen  möglichen  Reichen  der  Erde ;  Paris,  Bologna,  Berlin, 
London,  Philadelphia,  Zürich  und  das  nächste  Mal  Petersburg  sind  die 
bis  jetzt  gewählten  Versammlungsorte,  an  denen  die  Geologen  der  ganzen 
Welt  zusammenströmen,  zunächst  um  über  einzelne  strittige  internationale 
Fragen,  die  sich  meist  um  einheitliche  Farbendarstellungen  und  Bezeich- 
nungen auf  den  geologischen  Karten  drehen,  zu  verhandeln,  hauptsächlich 
aber  um  sich  gegenseitig  kennen  zu  lernen,  und  um  unter  kundiger 
Führung  Exkursionen  in  der  weiteren  Umgebung  des  Versammlungsortes 
zu  machen.  Die  Schweizer  Kollegen  hatten  es  so  eingeteilt,  dass  8  Tage 
vor  dem  Kongress  auf  Exkursionen  in  dem  Juragebirge  und  10  Tage 
nach  den  Sitzungen  auf  Exkursionen  in  den  Alpen  verwendet  wurden. 
Bei  der  grossen  Beteiligung  musste  man  sich  natürlich  in  einzelne  Sektionen 
trennen,  deren  jede  einem  der  lokalkundigen  Geologen  unterstellt  wurde. 
Der  Eedner,  der  zusammen  mit  einigen  württembergischen  Freunden  der 
Geologie  erst  im  Aargauer  Jura  bei  glühender  Hitze  und  nachher  im 
Berner  Oberland  bei  Regen  und  Schnee  Steine  klopfend  herumgezogen, 
erzählt  nun  von  den  hochinteressanten  geologischen  Problemen,  welche 
die  durch  Schub  und  Druck  zusammengestauchten  und  durcheinander- 
gepressten  Schichten  bieten.  In  der  Zeit  zwischen  den  beiden  Exkursionen 
tagte  vom  29.  August  bis  2.  September  der  Kongress  in  Zürich,  wo  in 
den  Sitzungen  des  Interessanten  genug  und  übergenug  geboten  wurde, 
waren  doch  nahezu  alle  wissenschaftlichen  Grössen  der  AVeit  dort  ver- 
treten, um  in  Vorträgen  und  durch  Auslagen  von  Karten  u.  dergl.  den 
Stand  der  geologischen  Untersuchungen  in  den  einzelnen  Ländern  zu 
kennzeichnen. 


Sitzung  vom  8.  November   1894. 

Den  ersten  Vortrag  hielt  Dr.  0.  Bu  ebner,  Assistent  am 
K.  Naturalienkabinet,  über  Symbiose. 

Redner  wies  in  der  Einleitung  darauf  hin ,  dass  die  Organismen 
schon  in  ihrer  Gesamtheit  betrachtet,  als  die  beiden  grossen  Reiche  der 
Lebewesen  in  physiologisch  gesetzmässigem  mutualistischem  Verhältnis 
zu  einander  stehen  durch  ihre  komplementären  Lebensfunktionen ,  und 
ging  dann  auf  die  verschiedenartigen  Modifikationen  in  dem  Genossen- 
schaftsleben der  Organismen  ein,  wobei  uns  zunächst  das  auf  gegen- 
seitiger Nutzleistung  beruhende  Zusammenleben  der  Organismen  als  nor- 
male Form  der  Symbiose ,  die  auch  als  Mutualismus  bezeichnet  wird, 
entgegentritt.     Redner  betonte    dabei ,    dass    man   zweierlei  Formen  der 


—     CVIII     — 

Symbiose  zu  unterscheiden  habe,  nämlich  die  Symbiose  gleichartiger  und 
ungleichartiger  Organismen,  und  dass  sich  aus  diesen  beiden  Formen 
weitere  sehr  charakteristisch  zum  Ausdruck  kommende  Modifikationen  in 
den  Beziehungen  der  Lebewesen  ableiten  lassen,  indem  nämlich  die 
Symbiose  gleichartiger  Organismen  zur  Vielgestaltigkeit  hinsichtlich  der 
einzelnen  Individuen,  zum  Polymorphismus,  führt,  wobei  sich  die  einzelnen 
Gesellschaftsglieder  morphologisch  und  physiologisch  als  Organe  für  be- 
stimmte Funktionen  repräsentieren,  während  die  Symbiose  ungleichartiger 
Organismen  in  die  Tischgemeinschaft,  den  Kommensalismus  übergeht, 
wobei  der  Nutzen  nur  noch  ein  einseitiger  ist,  und  schliesslich  in  das 
echte  Schmarotzertum,  den  Parasitismus,  ausartet,  die  Erscheinung,  dass 
ein  Tier  ausschliesslich  auf  Kosten  seines  Nächsten  teils  auf,  meist  aber 
in  dem  Leibe  desselben  lebt.  Polymorphismus  einerseits,  Kommensalismus 
anderseits  sind  demnach  nach  der  Auffassung  des  Redners  als  keine 
besonderen  Modifikationen  im  Grenossenschaftsverhältnis  der  Lebewesen, 
sondern  einfach  als  Ausartungsstadien  der  normalen  mutualistischen 
Symbiose  zu  betrachten,  aus  der  sie  sich  stufenweise  ableiten  lassen. 
Der  Vortragende  erläuterte  sodann  die  verschiedenartigen  symbiotischen 
Beziehungen  an  den  prägnantesten  Beispielen  in  der  Natur ,  aus  denen 
das  Leben  der  Herdentiere  und  staatenbildenden  Insekten,  die  der  Redner 
ebenfalls  in  den  Begriff  der  Symbiose  hereinzieht,  die  polymorphen  Stöcke 
der  Röhrenquallen,  das  Verhältnis  des  Einsiedlerkrebses  mit  der  Mantel- 
aktinie,  die  gegenseitige  Anpassung  von  Pflanzen  und  Insekten  und  die 
interessante  Algensymbiose  mit  Protozoen  und  Cölenteraten  besonders 
hervorgehoben  wurden. 

Den  zweiten  Vortrag  hielt  Dr.  J.  Vo sseler  über  Bau  und 
Funktion  der  D  ü  n  n  d  a  r  m  s  c  h  1  e  i  m  h  a  u  t. 

Einleitend  behandelte  Redner  die  verschiedenen  Gewebelagen,  aus 
denen  die  Darmwandung  sich  zusammensetzt.  Von  innen  nach  aussen 
folgen  aufeinander:  1.  die  Schleimhaut,  2.  eine  doppelte  Lage  von 
Muskeln  und  endlich  die  bindegewebige  Umhüllung  des  Darms.  Die 
Schleimhaut  — •  abermals  von  innen  nach  aussen  gerechnet  —  lässt 
zunächst  eine  einfache  Schicht  hoher  Cylinderzellen  —  das  Cylinder- 
epithel  —  erkennen,  welches  einer  lockeren  von  Muskeln,  Nerven  und 
Blutgefässen  durchzogenen  Bindegewebeschichte  aufsitzt.  In  dieser  Schichte 
sind  zahlreiche  Drüsen,  die  sogen.  Darmdrüsen  eingebettet,  welche  eng 
beisammenliegend  an  die  Muskellage  angrenzen.  Die  innere  Muskelschichte 
besteht  bei  allen  Wirbeltieren  aus  Ring-,  die  äussere  aus  Längsmuskeln. 
Beide  Schichten  bewirken  die  Wanderung  des  Speisebreies  durch  den 
Darm  vermittelst  sogen,    „peristaltischer"   Bewegungen. 

Von  innen  gesehen  gleicht  die  Schleimhaut  einem  Pelz,  was  seine 
Erklärung  in  zahlreichen  kleinen,  eng  aneinander  gepressten  Erhöhungen, 
den  Zotten,  findet.  Die  Oberfläche  wird  durch  die  Zotten  um  das  2  3  fache 
vergrössert.  Der  Darm  der  Reptilien,  Amphibien  und  Fische  besitzt  an 
Stelle  der  Zotten  einfache  leistenförmige  Erhebungen,  welche  teils  parallel 
der  Längsrichtung  des  Darmes  verlaufen,  teils  unregelmässige  engere 
oder  weitere  Netze  bilden. 


—     CIX     - 

Die  Schleimhaut  mit  ihren  Zotten  nimmt  die  für  die  Erhaltung- 
des  tierischen  Organismus  nötigen,  durch  den  Prozess  der  Verdauung 
zur  Assimilation  vorbereiteten  Nährstoffe  aus  dem  Darmlumen  auf  und 
führt  sie  auf  vorgezeichneten  Wegen  —  den  Chylusgefässen  —  dem 
Blutkreislauf  und  damit  den  Organen  zu.  Die  Nährstoffe  müssen  hierbei 
naturgemäss  durch  die  innerste  Schichte  der  Schleimhaut,  durch  das 
Cylinderepithel,  hindiirchtreten.  Bei  Flüssigkeiten,  gelösten  Salzen  und 
Fetten  geschieht  dies  nach  Art  der  Diffusionsvorgänge.  Die  Epithel- 
schichte verhält  sich  aber  hierbei  nicht  wie  eine  tote  tierische  Membran, 
sondern  weist  elektive  Eigenschaften  auf.  Sehr  schwer  zu  erklären  ist 
die  Art  und  Weise,  wie  solche  Substanzen  aufgenommen  werden,  welche 
nicht  diffundieren  können,  wie  ungelöste  Fette  und  Peptone.  Man  nimmt 
an,  dass  dieselben  rein  mechanisch  von  den  weissen  Blutkörperchen 
(Lymphzellen)  durch  das  Epithel  hindurch  in  das  Innere  der  Zotten 
transportiert  werden.  Diese  weissen  Blutkörperchen  vermögen  selbständig 
zu  kriechen  und  durch  Gewebe  hindurchzuwandern,  ausserdem  aber  sich 
mit  Stoffen  zu  beladen  und  dieselben  wieder  abzugeben.  Im  Darm  nun 
kommen  dieselben  in  unzähligen  Mengen  vor  und  können  leicht  beob- 
achtet werden,  wie  sie  von  den  eben  erwähnten  Eigenschaften  Gebrauch 
machen.  Der  Weg  durch  das  Epithel  ist  aber  ein  langsamer  und 
schwieriger,  mag  nun  die  Wanderung  durch  die  Zellen  selbst  hindurch 
oder  zwischen  den  seitlichen  Grenzflächen  derselben  stattfinden.  Aus 
verschiedenen  mechanischen  Gründen,  welche  vom  Vortragenden  eingehend 
erörtert  wurden,  lässt  sich  schliessen,  dass  besonders  die  Rückkehr  durch 
das  Epithel  für  die  weissen  Blutkörperchen,  welche  im  Darmlumen  mit 
Nährstoffen  sich  beladen  haben,  mit  vielen  Schwierigkeiten  verknüpft 
sein  muss,  wenn  nicht  besondere  Vorrichtungen  hierfür  vorhanden  sind. 
Als  solche  dürften  vielleicht  erweiterbare  Öffnungen  im  Epithel  anzu- 
sehen sein,  welche  der  Vortragende  an  Spitzen  der  Zotten  der  Säuge- 
tiere und  Vögel,  sowie  auf  den  leistenförmigen  Erhebungen  des  Dünn- 
darms der  übrigen  Wirbeltiere  gefunden  hat.  Diese  Öffnungen  sind 
an  jeder  Zotte  eine,  sehr  selten  etwas  seitwärts  davon  noch  eine  zweite 
vorhanden  und  stehen  mit  einem  kleinen  kappenförmigen  Holilraum  in 
Verbindung,  der  unterhalb  des  Epithels  über  dem  Zottenkörper  liegt.  In 
diesem  Hohlraum  trifft  man,  wie  auch  in  der  Lücke  des  Epithels,  stets 
weisse  Blutkörperchen  an.  Bei  der  Mangelhaftigkeit  unserer  Kenntnisse 
über  die  Resorptionsvorgänge  ist  es  natürlich  nicht  ausgeschlossen,  dass 
die  erwähnten  Öffnungen  auch  in  anderer  Weise  wirken.  So  könnten 
dieselben  möglicherweise  zur  direkten  Aufnahme  vorbereiteter  Nährstoffe 
dienen,  vielleicht  auch  (wenigstens  bei  pathologischen  Zuständen)  finden 
durch  dieselben  Absonderungen  aus  der  Darmwaud  ins  Darmlumen  (etwa 
aus  den  Chylusgefässen)  statt.  Wenn  aber  auch  über  den  physiologischen 
Wert  dieser  Einrichtung  zur  Zeit  nichts  Bestimmtes  angegeben  werden 
kann,  so  ist  doch  der  mitgeteilte  histologische  Befund,  für  dessen  Richtig- 
keit zahlreiche  Beweise  erbracht  werden  konnten,  für  die  Physiologie 
des  Darms  von  grossem  Interesse  und  wohl  wert,  dass  die  Physio- 
logen auf  experimentellem  Wege  eine  Deutung  desselben  zu  erreichen 
suchen. 


—    ex    - 

An  der  sehr  lebhaften  und  andauernden  Erörterung  über  diesen 
Gegenstand  nahmen  Prof.  Sussdokf,  Prof.  Gmelin  und  Dr.  Fabee  regen 
Anteil. 


Sitzung  vom   13.   Dezember   1894. 

Den  ersten  Vortrag  hielt  Prof.  Dr.  Mack  von  Hohenheim  über 
doppelte  Brechung  elektrischer  Strahlen. 

Das  Thema  ist  dem  Grenzgebiet  zwischen  Optik  und  Elektricitäts- 
lehre  entnommen,  in  dem  die  beiden  Disziplinen  sich  berühren  und  in- 
einander übergreifen.  Die  Kenntnis  der  in  dieses  Grenzgebiet  fallenden 
Erscheinungen  ist  eine  verhältnismässig  neue;  eine  der  ersten  Entdeckungen 
war  die  von  Fakaday  nachgewiesene  Drehung  der  Polarisationsebene  des 
Lichts  unter  dem  Einfluss  elektromagnetischer  Kräfte.  Wenn  heutzutage 
von  Beziehungen  zwischen  Licht  und  Elektricität  die  Rede  ist,  so  denkt 
auch  der  Laie  in  erster  Linie  an  Heinkich  Hektz,  der  am  Anfang  dieses 
Jahres  der  Wissenschaft  durch  einen  viel  zu  frühen  Tod  entrissen  wurde. 
Heetz  war  der  erste,  dem  es  gelang,  elektrische  Strahlen  zu  erzeugen, 
von  denen  er  nachwies,  dass  sie  denselben  Gesetzen  der  Zurückwerfung, 
Brechung  etc.  gehorchen,  wie  die  Lichtstrahlen.  Er  konnte  aus  seinen 
Versuchen  folgern,  dass  alles  Licht,  von  welcher  Lichtquelle  es  auch 
herrühren  mag,  nichts  anderes  ist,  als  eine  elektrische  Erscheinung.  Die 
Versuche  von  Heetz  erstreckten  sich  ausser  Zurückwerfung  und  Brechung 
auch  auf  Interferenz  und  Polarisation  elektrischer  Strahlen ;  sie  wurden 
von  zahlreichen  anderen  Forschern  fortgeführt  und  erweitert.  Der  Vor- 
tragende berichtete  nun  über  Experimente,  die  er  selbst  angestellt  hat, 
um  auch  Erscheinungen  der  Doppelbrechung  an  elektrischen  Strahlen 
nachzuweisen.  Die  Hauptschwierigkeit  lag  in  der  Ermittelung  eines 
geeigneten  Materials,  das  diese  Erscheinungen  zeigt.  Die  Untersuchungs- 
methode verlangt,  dass  dieses  Material  in  grossen  Stücken  zur  Verfügung 
steht.  Der  Vortragende  fand ,  dass  eine  Substanz ,  die  zum  Nachweis 
doppelter  Brechung  an  elektrischen  Strahlen  sehr  geeignet  sich  erweist, 
das  Holz  ist;  die  Versuche  wurden  mit  Tannen-,  Eichen-  und  Buchen- 
holz ausgeführt.  Wie  das  dunkle  Gesichtsfeld,  das  zwei  in  gekreuzter 
Stellung  befindliche  NicoL'sche  Prismen  darbieten,  durch  eine  doppel- 
brechende Krystallplatte  aufgehellt  wird,  die  man  in  geeigneter  Stellung 
zwischen  die  Prismen  einschaltet,  so  wird  die  Funkenstrecke  eines  Heetz "- 
sehen  Hohlspiegels,  der  in  gekreuzter  Stellung  einem  zweiten,  den  elek- 
trischen Strahl  aussendenden  Hohlspiegel  gegenübersteht,  aufgehellt,  falls 
eine  den  Fasern  parallel  geschnittene  Holzplatte  in  geeigneter  Stellung 
in  den  Weg  des  Strahls  gebracht  wird.  Dieser  Versuch  beweist,  dass 
im  Holz  doppelte  Brechung  der  elektrischen  Strahlen  stattfindet.  Den 
Platten  wurden  bei  den  Versuchen  Dicken  bis  zu  70  cm  gegeben. 

Den  zweiten  Vortrag  hielt  Dr.  Ernst  Müller  über  das  Wieder- 
wachsen (Regeneration)  vonKörperteilen. 

Der  Redner  erinnerte  zunächst  daran,  dass  die  Thätigkeit  der 
Regeneration  durch  das  ganze  Tierreich  verbreitet  ist,   und   ging  unter 


—     CXI     — 

Anführung  zahlreicher  Beispiele  die  einzelnen  Klassen  darauf  hin  durch. 
Bei  den  niederen  Tieren  ist  die  Regeneration  weit  mehr  ausgebildet,  als 
l3ei  höheren:  während  bei  jenen  ganze  Körperteile,  wenn  sie  verloren 
gegangen  sind,  wieder  erzeugt  werden,  reicht  die  Regenerationskraft  bei 
den  Säugetieren  nur  hin,  um  Lücken,  die  durch  Verwundung  u.  dergl. 
in  den  Geweben  entstanden  sind,  wieder  auszubessern.  Bei  der  Regene- 
ration bilden  sich  die  neuen  Gewebe  immer  aus  dem  Reste  der  alten ; 
€s  bildet  also  Epithel  wieder  Epithel,  Knochen  wieder  Knochen.  ]\[uskel 
wieder  Muskel  u.  s.  w.  Der  Redner  bespricht  sodann  eingehend  die 
anatomischen  Vorgänge,  die  sich  bei  der  Wiedererzeugung  dieser  einzelnen 
Gewebe  abspielen.  Als  Beispiel  für  die  Art  der  Regeneration  von  ganzen 
Körperteilen  wird  vom  Vortragenden  die  erste  Entwickelung  und  die 
Regeneration  der  Beine  und  Schwänze  von  Molchen  ausführlicher  ab- 
gehandelt. 

Der  eingehende  Vortrag  gab  besonders  Prof.  Klunzinger  zu  einigen 
anschliessenden  Bemerkungen  Veranlassung  und  wurde  durch  zahlreiche 
mikroskopische  Präparate  erläutert. 


Sitzung  vom   10.  Januar   1895. 

Den  Vortrag  des  Abends  hielt  Prof.  Dr.  Krimmel  (Cannstatt) 
über:  Die  hohe  Karls  schule  und  die  Naturwissenschaften. 

„Die  hohe  Karlsschule  hat  die  Ehre,  den  grössten  deutschen  Dichter 
zu  ihren  Schülern  zuzählen,  mit  ihrem  Ruf  bezahlt."  Mit  diesen  treffen- 
den Worten  kennzeichnete  der  Redner  die  unbestreitbare  Thatsache,  dass 
wohl  jeder  Deutscher,  beeinflusst  von  Schillerbiographien  und  ihrem 
landläufigen  absprechenden  Urteil  über  die  Karlsschule,  sich  ein  wenig 
schmeichelhaftes  Urteil  über  die  Schöpfung  des  Herzogs  Kakl  Eugen 
hildet.  Wie  wenig  gerechtfertigt  dasselbe  ist,  wies  der  Redner  in  einem 
vielfach  mit  Citaten  von  Briefen  ehemaliger  Karlsschüler  durchflochtenen 
Vortrag  in  glanzvoller  Weise  nach.  Einleitend  schilderte  Redner  den 
historischen  Werdegang  dieser  originellen  Schöpfung:  1770  Gründung 
der  „militärischen  Pflanzschule"  auf  der  Solitude;  1773  Erweiterung 
zur  „Herzoglichen  Militärakademie"  und  Verschmelzung  mit  der  „Academie 
des  arts"  und  Errichtung  der  „Kameralistischen  Abteilung";  1774  Hinzu- 
fügung einer  „juristischen  Abteilung",  1775  Übersiedelung  nach  Stuttgart 
und  Erweiterung  durch  eine  „medizinische  Abteilung'",  1779  Hinzufügung 
einer  Abteilung  für  „Handlungs Wissenschaft"  und  später  einer  „philo- 
sophischen Abteilung"  und  1781  Erhebung  zur  Universität  durch  Kaiser 
Joseph  IL,  womit  ein  Lieblingswunsch  des  Herzogs  erfüllt  wurde.  Die 
neue  Universität  enthielt  somit  alle  Fakultäten  mit  Ausnahme  der  theo- 
logischen; für  die  damalige  Zeit  besonders  hervorzuheben  ist  neben  der 
heraerkenswerten  Universalität  der  Anstalt  die  Pflege,  welche  Mathematik, 
Naturwissenschaften  und  Sprachen  daselbst  fanden:  dies  springt  besonders 
in  die  Augen  bei  einem  Vergleich  des  Lehrplans  mit  anderen  höheren 
Lehranstalten  in  jener  Zeit.  Der  Nachweis  des  Einflusses  der  Karls- 
schule auf  die  Naturwissenschaften  war  die  besondere  Aufgabe  des  Redners. 


—     CXII    — 

Wohlbekannte  Namen  trafen  das  Ohr  des  Hörers  bei  Erwähnung  der 
Lehrer  der  Medizin  und  Naturwissenschaften.  Cheistiax  Stokk  hatte 
zuerst  den  Unterricht  in  den  Naturwissenschaften  zu  erteilen,  bald  aber 
wurden  alle  Fächer  immer  mehr  specialisiert  und  die  Zahl  der  Lehrer 
in  den  einzelnen  Fakultäten  entspricht  in  kurzem  der  entsprechenden 
Zahl  an  der  Landesuniversität  Tübingen.  Che.  Kone.  Klein  doziert 
Anatomie  und  Chirurgie ,  Moestatt  Osteologie ,  Kiecke  Gynäkologie, 
Che.  f.  Jägee  gerichtliche  Medizin,  Theodoe  Plieningee  Physiologie 
und  Geschichte  der  Medizin;  für  Zoologie  finden  wir  K.  H.  Köstlin, 
für  Botanik  Joh.  S.  Keenee,  für  Mineralogie  Wiedbnmann,  Chemie 
lehrt  Eeuss,  Physik  Rappold,  und  es  trägt  sogar  ein  eigener  Lehrer 
(J.  F.  Geoos)  Elektricität  vor.  Mit  den  Namen  der  Lehrer  wetteifern 
die  der  Schüler  der  hohen  Karlsschule;  eine  auffallend  grosse  Anzahl 
tüchtiger  Männer  aller  Berufszweige  ist  aus  der  Karlsschule  hervor- 
gegangen. Aus  der  grossen  Zahl  gedenkt  der  Eedner  eingehender  der 
zwei  grössten  Naturforscher  der  Karlsschule :  Kael  Feiedeich  Kielmeyer 
aus  Bebenhausen  und  Geobg  Cüviee  aus  Mömpelgard.  Es  ist  nicht 
eben  leicht,  sich  ein  klares  Bild  von  dem  vielgerühmten  Wirken  Kiel- 
meyee's  zu  gestalten,  den  Alex.  Humboldt  in  der  Widmung  seiner 
„Beobachtungen  aus  der  Zoologie  und  vergleichenden  Anatomie"  (1806) 
den  „ersten  Physiologen  Deutschlands"  nennt.  Eine  seiner  wenigen 
Publikationen,  die  einzige  zoologische,  wurde  vom  Redner  analysiert; 
sie  handelt  von  dem  Verhältnis  der  organischen  Kräfte  in  dem  Reich 
der  Organismen  und  zeigt,  wie  gewisse  Kräfte,  z.  B.  die  Sensibilität, 
in  absteigender  Reihe  abnehmen,  während  andere,  wie  Irritabilität  in 
derselben  Ordnung  zunehmen.  Das  Beobachtungsmaterial  hierfür  ist  recht 
dürftig,  um  so  merkwürdiger  aber  der  kühne  Schluss,  den  Kielmeyee 
zieht,  dass  die  physiologischen  Erscheinungen  in  der  aufsteigenden  Reihe 
der  Organismen  sich  nach  denselben  Gesetzen  ändern,  nach  denen  sie 
dies  thun  bei  den  einzelnen  Eutwickelungsstadien  der  höheren  Tiere  mit 
Einschluss  des  Menschen;  hieraus  aber  könne  man  folgern,  dass  die 
Reihe  der  Gattungen  auf  dieselbe  Weise  sich  gebildet  habe,  wie  heute 
noch  das  einzelne  Individuum.  Wenn  wir  diese  Schlussfolgerung  lesen, 
mutet  es  uns  an  wie  eine  Formulierung  des  biogenetischen  Grundgesetzes! 
Das  vergleichend-anatomische  Beobachtungsmaterial  freilich,  das  diesen 
genialen  Ideen  Kielmeyee's  nach  vielen  Jahren  wohl  zur  Stütze  dienen 
und  zum  allmählichen  Durchbruch  verhelfen  sollte,  hat  ein  anderer 
grösserer  Karlsschüler  geliefert :  Geoeg  Cuviee.  Dem  Kameralfach  sich 
widmend,  trieb  Cuviee  jedoch  mit  Vorliebe  Naturwissenschaften,  und  die 
erste  wissenschaftliche  Erwähnung  Cuviee's  als  Sammler  findet  sich  in 
der  Vorrede  zu  Keenek's  „Flora  Stuttgardiensis"  von  1786.  Die  öfters 
gehörte  Behauptung,  dass  Cuviee  ein  Schüler  Kielmeyee's  gewesen  sei, 
ist  irrtümlich ;  als  Kielmeyee  nach  vorübergehendem  w^eiterem  Studium 
in  Göttingen  an  die  Karlsschule  als  Lehrer  zurückkehrte,  hatte  Cuviee 
die  Anstalt  bereits  verlassen  und  eine  Hauslehrerstelle  in  der  Normandie 
angenommen.  Er  blieb  aber  noch  lange  in  brieflichem  Verkehr  mit 
seinen  zurückgelassenen  Freunden,  und  diese  Briefe  sind  von  gleichem 
Interesse  für  die  Beurteilung  des  grossen  Forschers  wie  der  Karlsschule. 


—   cxm   — 

Wie  ein  Mahnruf  in  unsere  Tage  klingt  es,  wenn  er  an  seinen  Freund 
Pfaff,  den  späteren  Professor  in  Kiel,  schreibt,  er  könne  sich  mit  den 
metaphysischen  Vorstellungen  über  die  Entwickelung  und  Anpassung  der 
Organismen  (wie  sie  Kielmeyek  vortrug)  nicht  befreunden  und  hoffe, 
auf  dem  langsamen  Gang  (der  Beobachtung  und  des  vergleichenden 
Studiums)  vielleicht  sicherer  zum  Ziel  zu  kommen.  Gleich  wichtig  sind 
die  Briefe  Cuvier's  in  Verbindung  mit  deren  anderer  Karlsschüler,  die, 
wohin  sie  auch  das  Schicksal  verschlug,  zu  den  Zierden  ihres  Standes 
gehörten,  für  die  Beurteilung  des  Geistes,  der  in  dieser  Anstalt  herrschte. 
Einem  Feuergeist,  wie  Schiller,  waren  wohl  die  gezogenen  Schranken 
zu  eng,  aber  das  hätte  wahrscheinlich  von  jeder  Anstalt  gegolten,  und 
w^as  an  Zopf  und  Pedanterie  auch  an  der  Karlsschule  sich  fand,  ist 
nicht  ihr,  sondern  der  Zeit  auf  Eechnung  zu  setzen.  Einzigartig  aber 
ist  an  der  Karlsschule,  ganz  abgesehen  von  den  grossen  materiellen  Vor- 
teilen der  kostenfreien  Heranbildung  vom  jugendlichen  Alter  bis  zum 
Eintritt  ins  bürgerliche  Leben ,  der  Geist,  der  sich  infolge  der  Organi- 
sation ihrer  Schüler  entwickelte.  Das  Zusammenwohnen  aller  (über  300) 
Schüler  bedingte  ein  gegenseitiges  Durchdringen  der  verschiedensten 
Wissenszweige  und  eine  dadurch  hervorgerufene  aussergewöhnliche  Uni- 
versalität. Die  Weite  der  Gedanken  wie  der  umfassende  Blick ,  ver- 
bunden mit  scharfem  logischem  Denken,  war  ein  hervorragender  Charakter- 
zug aller  echten  Karlsschüler.  Vor  jetzt  101  Jahren  wurde  diese  be- 
deutsame Schöpfung  danklos  zertrümmert,  die  Naturwissenschaften  aber 
dürfen  heute  noch  mit  Dank  der  Pflege  gedenken,  die  sie  vor  einem 
Jahrhundert  daselbst  gefunden. 

Der  Vortrag,  welcher  wohl  bei  einem  jeden  Zuhörer  mehr  oder 
weniger  seine  bisherige  Ansicht  über  die  hohe  Karlsschule  modifiziert 
hat,  war  illustriert  durch  Auflegung  verschiedener  Werke  von  Karls- 
schülern, darunter  Werke  grösster  Seltenheit,  wie  Kernee's  Hortus 
sempervirens ,  welche  von  der  K.  Hofbibliothek  und  der  K.  Staats- 
bibliothek in  entgegenkommender  Weise  zur  Ansicht  überlassen  worden 
waren. 


Sitzung  vom   14.  Februar  1895. 

Den  ersten  Vortrag  hielt  Herr  H.  Debach  über  die  Goldfunde 
im  Huanoco  (Chile),  indem  er  auf  Grund  seiner  eigenen  mehrjährigen 
Thätigkeit  daselbst  über  Produktion  und  Verarbeiten  der  dortigen  Gold- 
erze berichtete.  Der  Huanoco  liegt  2854  m  über  dem  Meere,  im  Innern 
der  vegetationslosen  und  wasserlosen  Wüste  Atacama  auf  einem  wellen- 
förmigen Hochland ;  relativ  kaum  200  m  hoch  hebt  er  sich  aus  seiner 
eintönig  graubraunen  Umgebung  nur  durch  seine  trapezartig  abgegrenzte 
Form  hervor;  wie  ungünstig  seine  unwirtliche  Lage  trotz  Anschluss  an 
die  Eisenbahn  nach  Taltal  für  ein  industrielles  Unternehmen  ist,  tritt 
tagtäglich  beim  Beschaffen  von  Rohmaterialien,  z.  B.  Kohlen,  Lebens- 
mittel, Wasser  etc.  zu  Tage.  Ln  Jahre  1885  wurde  das  Grold  im  Huanoco 
durch  Zufall  entdeckt,  und  binnen  Jahresfrist  schon  liatte  sich  auf  dem 
eine  halbe  Meile  vom  Huanoco  entfernten  Wasserplatz  eine  Bevölkerung 

Jahreshefte  d.  Vereins  f.  vaterl.  Naturkunde  in  Württ.  1895.  ll 


-      CXIV     — 

von  2000  Seelen  niedergelassen,  von  denen  sich  freilich  die  Hälfte  nach 
dem  Verfliegen  des  ersten  Goldrausches  wieder  verlief.  Redner  gab 
zunächst  eine  Schilderung  des  Mineros,  der  zwar  ein  fleissiger,  intelligenter 
und  genügsamer  Arbeiter  ist,  leider  aber  keinen  Sinn  für  Ehrlichkeit, 
Sparsamkeit  und  Häuslichkeit  hat,  und  seinen  hart  erworbenen  Monats- 
verdienst in  ein  paar  Tagen  verjubelt;  da  es  ferner  schwer  ist,  für 
Aufschlussarbeiten  überhaupt  Leute  zu  bekommen,  und  ein  Ersatz  für 
davongelaufene  Arbeiter  mit  Zeitverlust  verbunden  ist,  so  stellen  sich 
den  industriellen  Unternehmungen  Schwierigkeiten  mancher  Art  entgegen; 
hierzu  kommt,  dass  dem  Huanoco  von  Anfang  an  die  Beteiligung  des 
Grosskapitals  fehlt,  so  dass  sich  das  Terrain  in  eine  Unzahl  von  über 
500  verschiedenen  kleinen  Minenbesitzern  verteilt.  Zur  Besprechung  des 
Huanoco  als  Mineral  übergehend,  bemerkt  der  Redner,  dass  die  Annahme, 
der  Reichtum  sowohl  als  die  Masse  der  Erze  vermehre  sich  mit  zu- 
nehmender Tiefe,  sich  als  trügerisch  erwiesen  hat;  dagegen  hat  es  eine 
rationellere  Bearbeitung  dahin  gebracht,  dass  arme  Erze  in  grösserer 
Menge  als  früher  explodiert  und  verarbeitet  werden.  Die  monatliche 
Produktion  dürfte  sich  augenblicklich  auf  30  —  40  000  metrische  Centner 
belaufen,  die  einen  Durchschnittsgehalt  von  3,5,  im  höchsten  Fall  5^°°/iooo 
fein  zeigen.  Sehr  störend  für  den  Abbau  der  Goldminen  ist,  dass  das 
gute  Erz  nesterartig  im  Qnarztrachyt  eingelagert  ist  und  diese  ungünstige 
Lagerung  nicht  den  geringsten  Schluss  auf  die  Möglichkeit  der  Auffindung 
von  Erzgängen  zulässt,  so  dass  man  lediglich  auf  gut  Glück  arbeiten 
muss.  Den  sehr  einfachen  Bau  der  Gruben  besprechend,  schildert  der 
Redner  sodann  die  Feststellung  des  Feingehaltes  der  Gesteinsprobe  und 
die  Gewinnung  des  Goldes ;  die  primitivste  Form  der  Goldprobe  ist 
folgende:  10  g  feingeriebenes  Gestein  wird  in  einem  Stück  Büffel- 
horn  mit  Wasser  vermittelst  einer  schüttelnden  Bewegung  der  Hand  aus- 
gewaschen, wobei  das  eventuell  enthaltene  Gold  in  Gestalt  eines  aus 
feinen  Schüppchen  bestehenden  Fadens  am  Boden  des  Gefässes  zurück- 
bleibt ;  je  nach  der  Stärke  des  Fadens  wird  nun  der  Goldgehalt  beurteilt, 
und  bei  einiger  Uebung  kann  es  so  weit  gebracht  werden,  dass  Erze 
bis  zu  30^°*'/iooo  Teile  fein  auf  Viooooo  Teil  genau  abgeschätzt  werden 
können.  Der  Redner  führte  das  interessante  Experiment  mehrfach  am 
Schluss  des  Vortrages  aus.  Die  anschaulichen  mit  lebhaftem  Beifall 
aufgenommenen  Darlegungen  wurden,  illustriert  durch  eine  Reihe  prächtiger 
Handstücke,  die  zum  Teil  das  Gold  in  feinen  Punktaten  und  Schuppen 
zeigten,  zum  Teil  aber  auch  äusserlich  keine  Spur  ihres  Reichtums  an 
diesem  Edelmetall  verrieten. 

Prof.  Dr.  E.  Fr  aas  ergriff  sodann  das  Wort,  um  vom  Standpunkte 
des  Mineralogen  aus  noch  einige  Angaben  über  die  vorliegenden  Gesteins- 
proben zu  machen.  Er  hob  zum  Teil  nach  Angaben  von  Dr.  Mörike 
besonders  hervor,  dass  die  Träger  der  Golderze  im  Huanoco  Quarztrachyte 
sind,  während  die  benachbarten  basischen  Eruptivgesteine  (Melaphyre) 
keine  Spur  von  Gold  enthalten  sollen,  und  erörterte  in  der  Demonstration 
der  vorliegenden  Handstücke  die  verschiedenen  Veränderungen,  die  der 
Trachyt  durch  vulkanische  Nachwirkungen  und  spätere  Einflüsse  er- 
litten. 


—   cxv    — 

Den  zweiten  Vortrag  hielt  Medizinalrat  Dr.  Hedinge r  über 
g'eologische  Untersuchung  von  Feuersteinen  und  Feuer - 
Steinartefakten. 

Der  Eedner  erörterte  besonders  die  Metamorphose  des  kohlensauren 
in  kieselsauren  Kalk,  welche  er  bei  unseren  jurassischen  Feuersteinen 
im  Gregensatz  zu  den  nordischen  Kreidefeuersteinen  fand,  die  aus  mehr 
oder  weniger  dunkel  gefärbtem  Quarz  bestehen ,  während  bei  unseren 
jurassischen  ein  verhältnismässig  sehr  hoher  Prozentsatz  von  kohlen- 
saurem Kalk,  namentlich  in  der  Einde,  enthalten  ist.  Der  Vortragende 
belegte  diese  Ansicht  mit  einer  grossen  Anzahl  von  Handstticken,  Schnitten 
und  Schliffen  aus  einheimischen  und  auswärtigen  Gebirgen  und  Fund- 
stätten, besonders  aus  dem  Sarcathal  bei  Arco  in  Südtirol,  wo  man  die 
Metamorphose  in  allen  Formen,  Stufen  und  Übergängen  und  das  Ein- 
dringen der  Kieselsäure  in  die  Schichtfugen,  Klüfte  und  Spalten  der 
Gesteine  genau  verfolgen  kann.  Es  trat  dieser  Vorgang  meist  im  Gefolge 
der  gebirgsbildenden  dynamischen  Bewegungen  auf,  sowie  in  tektonischen 
Störungen  und  wirkte  modifizierend  auf  den  Gesteinbildungsprozess  der 
Sedimente  ein.  Diese  Art  der  Verkieselung,  welche  Redner  Jahre  hin- 
durch auch  bei  den  Feuersteinartefakten  seiner  Ausgrabungen  in  heimischen 
Höhlen,  wie  im  Karst  und  Südtirol  besonders  ausgeprägt  fand,  würde 
also  eine  andere  Entstehung  unserer  Feuersteine  voraussetzen,  als  die 
der  nordischen  Kreidefeuersteine,  welche  nach  wie  vor  als  Tiefseebildungen 
anzusehen  sind  —  die  Kieselsäure  findet  sich  dabei  in  den  verschiedensten 
Formen,  wie  Quarz,  Chalcedon,  Achat,  Jaspis,  Halbopal,  Kieseltuff  u.  s.  w. 
Durch  das  angedeutete  Verhalten  der  in  unserem  Jura  sich  findenden 
Feuersteine  erklärt  sich  auch  der  Unterschied  des  Aussehens  und  Gefühles 
vom  nordischen,  so  dass  man  jetzt  annehmen  kann,  die  prähistorischen 
Feuersteinartefakte  unserer  südlichen  Fundstätten  stammen  alle  aus 
unseren  jurassischen  Gebirgen,  speciell  dem  Randen,  nicht  aus  dem 
Norden,  wie  man  bis  jetzt  glaubte.  Eine  grössere  Anzahl  von  meist  selbst 
gefundenen  einheimischen    und    ausländischen  Artefakten  erläuterte  dies. 


Sitzung  vom   14.  März   1895. 

Prof.  Dr.  Sussdorf  sprach  „Über  die  Vielzehigkeit  wenig- 
zehiger  Tiere  (Polydaktylie)". 

Der  Redner  entwickelte  zunächst  die  Art  der  Veranlagung  der 
Hand  und  des  Fusses ,  wie  sie  das  höhere  Wirbeltier  von  dem  Fische, 
dessen  Brust-  und  Bauchflossen  den  Gliedmassen  jenes  homologe  Teile 
sind,  als  eine  vielstrahlige  Bildung  übernommen  hat.  Die  Herabminderung 
der  Vielzahl  der  Flossenstrahlen  auf  die  Fünfzahl  der  Handstrahlen  tritt 
als  beständige  Erscheinung  erst  bei  den  Amphibien  hervor,  während  bei 
den  Zwischengliedern  noch  Inkonstanz  in  der  Strahleuzahl  besteht.  Die 
Fünfzahl  hat  sich  durch  die  ganze  Reihe  der  höheren  Wirbeltiere  als 
ursprüngliches  Besitztum  offenbar  lange  Zeit  erhalten.  Erst  allmählich 
ist  es  bei  einzelnen  Gruppen  derselben  durch  die  Anpassung  an  äussere 
Bedingungen  zur  Reduktion  der  Strahlenzahl  in  Hand  und  Fuss  gekommen, 

h* 


—     CXYI     — 

die  bei  den  verschiedenen  Reihen  verschieden  weit  vorgeschritten  ist. 
Bei  den  Säugern  ist  in  denjenigen  der  Paar-  und  Unpaarzeher  die  Zahl 
der  Strahlen  auf  4,  3,  2  und  1  zurückgegangen.  Aber  auch  die  wenigst-, 
nämlich  einzehigen  Pferde  stammen  von  Fünfzehern  ab;  die  palaeonto- 
logischen  Funde  bieten  eine  Serie  von  mindestens  30  Zwischenstufen 
zwischen  dem  Stammvater  der  Equiden,  dem  EoMppus,  und  unserem 
heutigen  Pferde,  von  denen  etwa  13  der  Tertiär-  und  17  der  Quartär- 
zeit angehören;  die  Pfahlbauern  besassen  bereits  ein  mit  dem  jetzigen 
Equus  cahallus  harmonierendes  Pferd,  welches  als  Haustier  gezüchtet 
wurde.  Auch  die  Artiodaktylen  gestatten  in  der  Reihe  ihrer  Vorfahren 
die  Zurückverfolgung  ihrer  Hand  auf  eine  gleichmässigere  Einrichtung 
der  Strahlen  derselben  nach  Zahl  und  Massenentfaltung  von  deren  Einzel- 
gliedern. Auf  die  originäre  Veranlagung  der  oligodaktylen  Tiere  als 
Fünfzeher  (von  der  Siebenzahl  der  Anlage,  die  für  den  Menschen  viel- 
fach beliebt  wird,  soll  hier  wegen  der  Unentschiedenheit  der  Frage 
abgesehen  werden)  weisen  auch  in  der  Jetztzeit  noch  zahlreiche  Vor- 
kommnisse hin,  wie  sie  z.  B.  als  Hirschpferde,  3-  oder  4zehige  Rinder, 
özehige  Schweine  gelegentlich  zur  Schau  gestellt  werden,  oder  wie  sie 
in  der  Litteratur  überliefert  sind  (Cäsars  und  auch  Alexanders  d.  Gr. 
Leibpferde  sollen  Mehrzeher  gewesen  sein).  Aber  nicht  jede  Überzahl 
von  Zehen  darf  als  ein  Rückschlag  auf  die  Urahnen  der  Oligodaktylen 
gedeutet  werden.  Vielmehr  ist  eine  strenge  Grenze  zwischen  der  ata- 
vistischen Polydaktylie  als  theromorpher  Varietät  und  der  pathologischen 
Hyperdaktylie  als  krankhafter  Missbildung  durch  Sprossung  oder  Spaltung 
der  an  sich  wenigeren  Strahlen  zu  ziehen.  Redner  erläutert  und  be- 
gründet schliesslich  die  für  die  Zuweisung  des  gegebenen  Einzelfalles 
zu  der  einen  oder  anderen  Form  der  Polydaktylie  massgebenden  Kriterien 
und  illustriert  dieselben  an  der  Hand  einer  grossen  Anzahl  von  Prä- 
paraten aus  dem  pathologisch-anatomischen  und  anatomischen  Institut 
der  K.  tierärztlichen  Hochschule  und  aus  dem  K.  Naturalienkabinet, 
von  denen  er  nur  eines  der  vom  Pferd,  7  oder  8  der  vom  Schwein, 
und  etwa  3  der  vom  Rind  stammenden  Präparate  als  wirklich  polydaktyl 
im  Sinne  der  theromorphen  Varietät  bezeichnet. 


Schwarzwälder  Zweigverein. 

Versammlung  zu  Tübingen  am  2.  Februar   1894. 

Die  Versammlung  fand  im  Hörsaale  des  Zoologischen  Instituts  statt. 

Prof.  Dr.  Eimer  (Tübingen)  als  Vorsitzender  begrüsste  die  zahl- 
reich erschienenen  Mitglieder.     Darauf  eröffnete 

Prof.  Dr.  Grützner  (Tübingen)  die  Reihe  der  Vortragenden, 
indem  er  einige  Mitteilungen  aus  verschiedenen  Gebieten  der  Physiologie 
machte.  Zunächst  besprach  und  zeigte  er  die  mikroskopischen  Quer- 
schnitte durch  die  Netzhaut  zweier  Frösche,  von  denen  der  eine  bei 
gewöhnlichem  Tageslicht,  der  andere  im  Dunkeln  gehalten  war:  bei 
dem  ersteren  breitet  sich  das  Pigment  des  Augenhintergrundes  über  die 


-     CXVIl     - 

Stäbchen  und  Zapfen  aus ,  während  es  bei  letzterem  ganz  zusammen- 
gezog-en  unter  diesen  liegt.  Weiter  sprach  derselbe  über  Farben- 
mischung: wir  müssen  zweierlei  Arten  der  Farbenmischung  unter- 
scheiden ,  solche  durch  Subtraktion  und  solche  durch  Addition.  Das 
Wesen  der  ersteren  besteht  darin,  dass  bei  zwei  übereinandergelegten 
durchscheinenden  Farbentönen,  der  eine  gewisse,  von  dem  anderen  aus- 
gehende Farbstrahlen  nicht  durchlässt,  sondern  absorbiert;  die  Farben- 
mischung durch  Addition  entsteht  dadurch,  dass  zwei  Farben  in  so 
rascher  Aufeinanderfolge  unserem  Auge  dargeboten  werden,  dass  dasselbe 
die  beiden  Reize  nicht  gesondert,  sondern  nur  als  einen  einzigen  (die 
Mischfarbe)  auffasst.  Die  erstere  Art  der  Farbenmischung  wenden  die 
Maler  an;  die  andere  haben  wir  z.  B.  dann,  wenn  wir  durch  schnelles 
Kotieren  einer  Scheibe  zwei  darauf  aufgetragene  Farben  in  raschem 
Wechsel  am  Auge  vorbeiführen.  Die  Farben,  welche  wir  gewöhnlich 
wahrnehmen ,  sind  fast  nie  reine ,  meist  gemischte ,  wie  durch  spektro- 
skopische Untersuchung  gezeigt  werden  kann.  Durch  Vorführung  zahl- 
reicher Versuche  erläuterte  der  Redner  das  Gesagte.  Schliesslich  sprach 
derselbe  über  die  Zusammensetzung  der  Vokale:  Der  Vokalklang 
ist  cliarakterisiert  durch  eine  Reihe  einzelner  Töne,  unter  denen  ein 
für  jeden  Vokal  konstanter  Eigenton  besonders  hervortritt.  Dieser  Ton 
ist  der  Mundton,  d.  h.  der  Ton,  auf  den  die  Mundhöhle  beim  Sprechen 
des  betreffenden  Vokals  abgestimmt  ist.  So  ist  der  Mund  bei  der 
Aussprache  des  dumpfen  ä  auf  das  eingestrichene  ä  abgestimmt ;  dies 
lässt  sich  schön  dadurch  beweisen,  dass  eine  angeschlagene  Stimmgabel, 
die  diesen  Ton  giebt,  wie  durch  einen  Resonator  verstärkt  wird,  wenn 
sie  vor  den  zum  Sprechen  des  ä  gestellten  Mund  gehalten  wird. 
Helmholtz  setzte  die  Vokale  durch  Erzeugung  der  einzelnen  in  sie 
eingehenden  Töne  zusammen;  man  kann  dieselben  auch  auflösen,  indem 
man  einen  Teilklang  durch  Interferenz  herausnimmt;  nimmt  man  auf 
die  vom  Redner  näher  beschriebene  Weise  den  betreffenden  „Mundton" 
heraus ,  so  verliert  der  Vokal  seinen  charakteristischen  Klang,  er  ver- 
schwindet als  solcher. 

Darauf  sprach  Prof.  Dr.  E.  Fr  aas  (Stuttgart)  über  einen  im  vorigen 
Jahre  gefundenen  neuen  Saurier  aus  dem  Weissen  Jura  C,  der  aus  dem 
Portlandkalke  des  Brenzthales  stammt.  Von  dem  Tiere,  Balosaurus, 
waren  bisher  nur  Zähne  und  ein  Kieferrudiment  bekannt;  jetzt  ist  durch 
diesen  glücklichen  Fund  nahezu  das  ganze  Skelett  ans  Licht  gebracht. 
Infolge  der  Unzulänglichkeit  der  früheren  Fimde  hatte  man  den  Dako- 
saurus  früher  bald  zu  den  Dinosauriern,  oder  auch  zu  den  Plesiosauriern, 
bald  zu  den  Krokodiliern  gestellt,  ohne  sichere  Gewähr  für  die  eine 
oder  die  andere  Ansicht.  Die  letztere  Annahme  wurde  durch  die  Auf- 
findung des  Skeletts  bestätigt.  Dakosaurus  ist  ausgezeichnet  durch  die 
Grösse  des  Schädels  mit  fürchterlichem  Gebiss  und  durch  das  Fehlen 
des  den  Krokodiliern  eigenen  Hauptpanzers.  Die  Krokodilier,  deren 
Anfänge  in  den  Keuper  zurückreichen  (Belodon,  Actosaurus),  gliedern 
sich  schon  in  der  Jurazeit  in  die  zwei  Gruppen,  der  langschnauzigen 
(z.  B.  Gavial)  und  der  kurzschnauzigen  (z.  B.  Nilkrokodil).  Zwischen 
diesen    beiden    steht    noch    ein    dritter    Zweig    des    Krokodilierstammes, 


—     CXVIII    — 

die  Metriorhf/ncJius-F ormen ,  und  zu  diesen  gehört  unser  Bakosaurus^ 
Bakosaurus  zeigt  eine  ganz  ausgesprochene  Anpassung  an  das  Leben 
im  Wasser,  und  wie  alle  seine  in  dieser  Weise  angepassten  Verwandten 
(Ichthyosaurier,  Plesiosaurier,  Mosasaurier),  ist  auch  er,  wohl  gerade  da- 
durch, zu  Grunde  gegangen.  Diese  Anpassung  zeigt  sich  in  dem  Fehlen 
des  Panzers,  in  dem  Missverhältnis  zwischen  dem  riesigen  Schädel  und 
dem  übrigen  Körper,  in  der  Rückbildung  des  Kreuzbeines  und  der  Ver- 
kümmerung des  Beckens,  die  beide  für  das  Tragen  des  Körpers  auf 
dem  Lande  viel  stärker  entwickelt  sein  müssten ;  die  hintere  Extremität, 
die  zum  Rudern  diente,  ist  im  Vergleich  zur  vorderen  sehr  gross. 

Privatdozent  Dr.  Zimmermann  (Tübingen)  berichtet  über  das 
Verhalten  des  Kernkörperchens  bei  der  Zellteilung.  Die 
färbbaren  Elemente  des  Zellkernes  bestehen  aus  verschiedenen  Substanzen, 
die  sich  gewissen  Anilinfarbstoffen  gegenüber  ungleich  verhalten  und 
mit  Rücksicht  darauf  als  cyanophil  und  erythrophil  unterschieden  werden. 
Das  erstere ,  welches  auch  schlechthin  als  Chromatin  bezeichnet  wird, 
liegt  in  dem  ruhenden  Kerne  als  vielfach  verästeltes  Netzwerk  oder  als 
verschlungener  Faden.  Schickt  sich  aber  die  Zelle  und  ihr  Kern  zur 
Teilung  an,  so  zerfällt  das  Chromatin  in  gleichlange  Fadenstücke;  die- 
selben spalten  sich  der  Länge  nach,  und  diese  Hälften  werden  nach 
entgegengesetzten  Seiten  auseinandergezogen,  um  in  die  beiden  Tochter- 
kerne einzugehen;  jeder  Tochterkern  bekommt  also  die  Hälfte  eines 
jeden  Fadenstückes  des  Mutterkernes.  An  der  Zellteilung  nehmen  auch 
die  ausserhalb  des  Kernes  liegenden  Attraktionssphären  oder  Central- 
körper  teil,  die  dabei  auseinanderrücken  und  achromatische  Fadensysteme 
mit  sich  nach  entgegengesetzten  Seiten  auseinanderziehen.  Von  der 
erythrophilen  Substanz,  den  Kernkörperchen ,  glaubte  man,  dass  sie  bei 
der  Teilung  verschwinden.  Redner  beobachtete  jedoch,  dass  auf  den 
ersten  Stufen  der  Kernteilung  das  Kernkörperchen  in  lauter  kleine 
Stücke  zerfällt,  die  aus  dem  Kerne  in  das  umliegende  Zellplasma  aus- 
wandern ;  ein  Teil  dieser  Stücke  tritt  in  die  eine  Tochterzelle  über,  der 
andere  in  die  zweite,  und  nach  vollendeter  Teilung  wandern  dieselben 
weiter  in  die  Tochterkerne  ein  und  verschmelzen  in  denselben  zu  Kern- 
körperchen. Damit  ist  zugleich  der  Beweis  erbracht,  dass  bei  der 
Kernteilung  die  Kernmembran  schwindet  und  eine  scharfe  Sonderung 
des  Kernes  gegen  das  Zellplasma  aufhört. 

Badearzt  Hofrat  Dr.  Wurm  (Teinach)  spricht  über  die  Trüffel, 
deren  edelste  Sorten  in  Deutschland  nur  im  Elsass  und  den  badischen 
Rheinlanden  vorkommen ;  doch  sind  eine  ganze  Anzahl  immerhin  brauch- 
barer Sorten  auch  über  das  übrige  Deutschland  verbreitet,  und  es  ist  zu 
bedauern,  dass  bis  jetzt  noch  keine  planmässige  Ausnutzung  derselben  an- 
gebahnt ist,  die  gewiss  gute  Erträge  liefern  würde.  Redner  geht  dann  auf 
die  Beziehungen  ein,  welche  zwischen  dem  Trüffelpilz  und  den  Wurzeln 
gewisser  Laubholzarten  bestehen,  und  berührt  die  HESSE'sche  Hypothese, 
die  Trüffel  seien  keine  Pflanzen,  sondern  symbiotische  Lebensgenossen- 
schaften von  Spaltpilzen  mit  gewissen  Geisseiinfusorien,  hebt  aber  hervor, 
dass  der  Beweis  hierfür  noch  zu  erbringen  sei  und  die  von  Hesse  in 
Aussicht  gestellten  Zuchtversuche  abgewartet  werden  müssten.    Bei  der 


—     CXIX     — 

sich  anschliessenden  Diskussion  erklärte  Dr.  Zi:\imekmaj;n  ,  dass  diese 
Hypothese  vollkommen  der  thatsächlichen  Grundlagen  entbehre ;  es  folgten 
Erörterungen  über  die  interessanten  symbiotischen  Beziehungen  zwischen 
Blutenpflanzen  (z.  B.  Haselnüsse,  manche  Coniferen)  und  gewissen  niederen 
Pilzarten,  die  sich  an  den  Wurzeln  jener  ansiedeln;  die  Pflanzen  sind 
bezüglich  ihrer  Nahrungsaufnahme  auf  diese  Pilze  angewiesen  und  können 
deshalb  beim  Verpflanzen  nicht  gedeihen,  wenn  nicht  Erde  von  ihrem 
alten  Standorte  und  mit  dieser  die  Pilzkeime  zugleich  mitgenommen 
wird,  eine  Erfahrung,  welche  in  der  Praxis  schon  lange  gemacht  wurde. 
Ähnliche  Verhältnisse  bieten  die  Bakterioiden-Knöllchen  an  den  Wurzeln 
vieler  Schmetterlingsblütler  (Klee,  Lupinen),  welche  besonders  stickstoff- 
haltige Xahrungsstofie  zuführen ;  damit  hängt  wohl  auch  die  Gepflogen- 
heit zusammen,  den  Boden  für  Reben  durch  vorherigen  Anbau  von  Klee 
vorzubereiten. 

Dr.  Fickert  (Tübingen)  zeigt  eine  lebende  ägyptische  Springmaus 
vor  und  macht  auf  die  Eigenschaften  dieser  Tiere  aufmerksam.  Die 
Springmäuse  lassen  sich  in  der  Gefangenschaft   mit  Leichtigkeit  halten. 

Dr.  Wurm  (Teinach)  regt  die  Frage  an,  ob  nicht  die  Parthenogenese, 
d.  h.  die  Zeugung  von  Jungen  aus  unbefruchteten  Eiern,  noch  manchen 
dunkeln  Punkt  biete  und  ob  sie  wirklich  hinreichend  verbürgt  sei.  Bei 
der  Besprechung  wird  festgestellt,  dass  durch  einwandsfreie  Versuche 
bei  den  Bienen  unzweifelhaft  sichergestellt  sei,  dass  die  Drohnen  aus 
unbefruchteten  Eiern  entstehen.  (Einsperren  der  Königin  vor  der  Be- 
fruchtung und  dadurch  bedingte  Drohnenbrütigkeit.) 

Dr.  Pompeckj  (Tübingen)  bespricht  die  Haftapparate,  durch 
die  sich  gehäusetragende  Cephalopoden  in  ihren  Gehäusen  festhalten, 
insbesondere  den  Schalenmuskel  von  Xautilus;  er  stellt  fest,  dass  auch 
für  die  Ammoniten  solche  Schalenmuskeln  angenommen  werden  müssen, 
und  dass  an  einem  von  Oppel  gefundenen  Stück  sich  Eindrücke  rinden, 
die  gar  keine  andere  Erklärung  zulassen. 

Dr.  Fickert  (Tübingen)  spricht  über  den  Bau  und  die  Fort- 
pflanzungsweise der  Myxosporidien.  Diese  sind  einzellige  niederste  Tier- 
formen, die  in  den  Kiemenfädchen,  Muskeln,  der  Leber,  den  Nieren  und 
anderen  Teilen  von  Fischen  schmarotzen  und  durch  massenhaftes 
Auftreten  Seuchen  verursachen.  Eine  solche  Seuche  richtete  in  den 
80 er  Jahren  unter  den  Fischen  der  Mosel  grosse  Verheerungen  an; 
gegenwärtig  sind  die  Neckarfische  zahlreich  von  solchen  Schmarotzern 
befallen.  Die  Myxosporidien  sind  mikroskopisch  kleine  Tiere  von  plas- 
matischem,  bisweilen  formveränderlichem  Köi'per  und  pflanzen  sich,  ähn- 
lich wie  die  Gregarinen,  durch  Sporen  fort;  diese  Sporen  zeichnen  sich 
dadurch  aus,  dass  an  dem  einen  Ende  derselben  2  Bläschen  liegen,  in 
dem  ein  Faden  aufgerollt  ist;  der  Faden  kann  herausgestülpt  werden, 
wie  die  Nesselfäden  bei  den  Quallen,  und  dient  zur  Anheftung  der 
Sporen  an  den  Fischen,  in  welche  dann  die  sich  entwickelnden  Tiere 
eindringen.  —  Als  bestes  Mittel  gegen  die  Seuche  empfielilt  Redner 
das  Herausfangen  und  Verbrennen  der  befallenen  Fische. 

Hierauf  folgte  ein  längerer,  sehr  fesselnder  Vortrag  von  Prof. 
Dr.  Eimer  (Tübingen)  über  das  Gesetz  der  Ausgleichung  (Kom- 


—    cxx    - 

pensation)  und  Goethe  als  vergleichenden  Anatomen.  Es 
ist  unrichtig",  alle  Abänderungen  im  Bau  der  Lebewesen  auf  den  damit 
verbundenen  Nutzen  zurückführen  zu  wollen,  wie  dies  Darwin  tlmt; 
denn  eine  n  e  u  auftretende  Eigenschaft  kann  in  den  ersten  Stufen  ihres 
Entstehens  unmöglich  Nutzen  bringen;  sie  rauss  erst  bis  zu  einem  ge- 
wissen Grade  ausgebildet  sein,  erst  dann  kann  sie  nützen  und  der  natür- 
lichen Auslese  unterliegen.  Die  Entstehung  der  Abänderungen  wird 
also  durch  das  Nützlichkeitsprinzip  nicht  erklärt,  und  ausserdem  zieht 
Darwin  hier  den  Zufall  zur  Erklärung  herbei.  Wie  soll  aber  gerade 
hier  der  Zutall  herrschen,  während  uns  sonst  überall  in  der  Natur  die 
strengste  Gesetzmässigkeit  entgegentritt !  Dass  auch  das  Abändern  der 
Tiere  nach  gewissen  Gesetzen  vor  sich  geht,  hat  Redner  schon  wieder- 
holt eingehend  nachgewiesen^:  jeder  tierische  Organismus  kann  eben 
infolge  seines  ganzen  Aufbaues  nur  nach  ganz  bestimmten  Richtungen 
hin  abändern.  Die  Ursachen  dieses  Abänderns  zu  erforschen,  ist  eines 
der  höchsten  Ziele  der  Wissenschaft. 

Von  der  grössten  Bedeutung  für  das  Entstehen  neuer  Eigenschaften 
ist  die  Wechselbezüglichkeit  oder  Korrelation,  nämlich  die 
Erscheinung ,  dass  durch  das  Auftreten  einer  Abänderung  eine  grössere 
oder  kleinere  Anzahl  anderer  bedingt  wird,  so  dass  eine  Neubildung  viele 
weitere  im  Gefolge  hat.  Das  ganze  Bild  des  betroffenen  Organismus 
kann  durch  solche  „kaleidoskopische  Umbildung"  geändert  werden:  es 
ist  auf  diese  Weise  eine  sprungweise  Entwickelung  möglich.  Weismann 
jedoch  betont  dem  gegenüber  noch  schärfer  als  Darwin,  dass  es  keine 
Eigenschaft  im  tierischen  Organismus  giebt,  die  nicht  nützlich  sei;  er 
lehrt,  dass  alle  Abänderung  auf  zufälligen  Veränderungen  im  Ei  beruhe, 
dass  aber  Eigenschaften,  die  im  Leben  des  Individuums  erst  erworben 
sind,  nicht  vererbt  werden.  Die  weiteren  Folgerungen  dieses  After- 
darwinismus führen  Weismann  natürlich  auch  zum  Ableugnen  der  Korre- 
lation :  jede  Eigenschaft  soll  für  sich  abändern.  So  macht  die  abstrakte 
Spekulation  blind  gegen  die  augenfälligsten  Thatsachen;  nur  einseitige 
Betrachtung  kann  zu  solchen  Anschauungen  führen ,  und  nur  Ijlinder 
Wortglaube  kann  ihnen  Beifall  schenken. 

Überall  im  Tierreiche  bieten  sich  Beispiele  dafür,  dass  Umbil- 
dungen in  einem  Organe  durch  die  Thätigkeit  desselben  ver- 
anlasst werden.  Besonders  dankbar  in  dieser  Beziehung  ist  das  Studium 
des  Knochengerüstes  der  Wirbeltiere.  Man  betrachte  nur  die  starke 
Ausbildung  des  Brustbeinkamms  bei  gutfliegenden  Vögeln  im  Vergleich 
zu  dessen  Fehlen  bei  Laufvögeln ;  man  sehe  die  Muskelgräten  am  Arme 
von  Tieren,  die  mit  diesem  Körperteile  anstrengende  Arbeit  zu  ver- 
richten haben,  wie  der  Maulwurf,  das  Riesengürteltier  und  die  Turm- 
schwalbe; man  erwäge  die  Verstärkung  der  mittleren,  die  Rückbildung 
der  äusseren  Zehen  und  Mittelfussknochen  bei  den  Tieren,  die  auf 
schnelle  Bewegung  über  harten  Boden  hin  angewiesen  sind,  wie  Pferde 


'  Vevgl.  insbesondere:  G.  H.  TU.  Eimer,  Das  Variieren  der  Mauereidechse. 
Berlin,  Nicolai  und  Arch.  f.  Naturgesch.  1881;  Die  Entstehung  der  Arten  auf 
Grund  von  Vererben  erworbener  Eigenschaften  etc.  I.  Jena,  G.  Fischer.  1888.  und: 
Die  Artbilduuo-  und  Verwandtschaft  bei  den  Schmetterlingen.  I.  Ebenda.  1889. 


—     CXXI     — 

lind  Wiederkäuer.  Überall  die  gleiche  Wirkung-  der  Thätigkeit!  Das- 
selbe lehrt  ein  Blick  auf  die  wunderbare  Umbildung,  welche  die  vordere 
Extremität  des  Pinguins  erfahren  hat:  ihrem  Bau  nach  ursprünglich 
zum  Fliegen  bestimmt,  ist  sie  unter  Abplattung  der  Knochen  zu  einem 
festgefügten  Ruder  geworden ;  durch  die  gegenteilige  Ursache  aber  ist 
der  Lauf,  da  ihn  das  Tier  zum  Gehen  nicht  mehr  gebraucht,  auf  eine 
frühere  Stufe  der  Ausbildung  zurückgesunken:  er  ist  wieder  Mittelfuss 
geworden  und  wird  seiner  ganzen  Länge  nach  aufgesetzt.  Was  kann 
es  anders  sein,  als  wiederum  die  Thätigkeit  der  Kau-  und  Hinterhaupts- 
muskeln,  was  die  gewaltigen  Knochengräten  am  Schädel  der  Menschen- 
affen hervorgerufen  hat,  und  die  gleiche  Wirkung,  verbunden  mit  anderen 
Missgestaltungen  des  Schädels,  ist,  im  Zusammenhang  mit  andauerndem 
Kauen  bei  der  Mästung,  bei  den  Schweinerassen  (Lincoln,  Yorkshirei 
eingetreten  und  zur  beständigen  Rasseneigentümlichkeit  geworden.  Nur 
dem  aufrechten  Gang  des  Menschen  kann  man  es  zuschreiben,  dass  sein 
Skelett  so  sehr  abweicht  von  dem  seiner  nächsten  Verwandten ,  der 
anthropoiden  Affen,  durch  die  Stärke  der  Hintergliedmassen,  durch  das 
enge  Verwachsen  der  Kreuzbeinwirbel,  durch  die  Festigkeit  des  Beckens 
und  die  überwiegende  Ausljildung  der  grossen  Zehe,  während  die  weniger 
benutzten  Vorderarmknochen  schwach  geworden  sind  u.   a. 

Wenn  sich  nun  einzelne  Skeletteile  infolge  anhaltender  Thätigkeit 
bedeutend  vergrössern,  so  geschieht  dies  gewöhnlich  aaf  Kosten  benach- 
barter anderer,  welche  dafür  zurückgebildet  werden.  Wo  infolge  über- 
wiegenden Gebrauches  die  Gliedmassen  starke  Ausbildung  aufweisen  und 
das  Kreuzbein  kräftig  wird,  da  verkürzt  sich  die  Rumpfwirbelsäule  in 
auffallender  Weise,  wo  jedoch  umgekehrt  die  Gliedmassen  kleiner  werden 
lind  schwinden,  da  vermehrt  sich  die  Zahl  der  Rumpfwirbel :  Frosch  und 
Kröte  sind  fast  ganz  Gliedmassen  geworden,  Schlangen  und  Blindschleichen 
fast  ganz  Wirbelsäule.  Auch  bei  den  Vögeln  wird  die  Gesamtgestaltung 
des  Skeletts  beherrscht  durch  die  mächtige  Entwickelung  der  Gliedmassen: 
man  sehe  das  kräftige  Becken,  die  Festigkeit  des  Brustkorbes,  die  Höhe 
des  Brustbeinkamms  neben  der  Verkürzung  der  Rumpfwirbelsäule  und 
der  Rückbildung  des  Schwanzes.  Überall  kommt  neben  der  Wirkung 
der  Thätigkeit  der  Verbrauch  und  das  Freiwerden  von  Baumaterial  als 
massgebende  Ursache  der  Umbildung  ins  Spiel,  überall  machen  sich  die 
Folgen  der  Umänderung  eines  einzelnen  Teiles  bemerkbar  bis  in  die 
fernsten  Gebiete  des  gesamten  Körpers.  Solche  Verknüpfung  von  stär- 
kerer Ausbildung  gewisser  Organe  mit  Rückbildung  anderer  auf  Grund 
der  Verteilung  des  dem  Organismus  mitgegebenen  Stoffes  beruht  auf 
dem  Gesetz  der  Ausgleichung,  der  Kompensation  oder  des 
Gleichgewichts.  Mit  diesem  Gesetz  hat  sich  Goethe  lebhaft  be- 
schäftigt. Dasselbe  wurde  theoretisch  schon  von  Geoffroy  Saint 
HiLAiBE  ausgesprochen  („loi  de  balancement").  Mit  ihm  sagt  Guethe, 
dass  der  tierische  Körper  mit  den  ihm  zu  Gebote  stehenden  Mitteln 
ökonomisch  wirtschaftet,  dass  er  ein  festes  Haushaltungsgeld  hat  und 
an  einem  Ende  ersparen  muss ,  was  er  am  andern  mehr  verwendet. 
Goethe  führt  auch  einige  bezügliche  Thatsachen  an,  wie  eben  das 
Skelett  vom  Frosch  und  Schlange,  wo  die  Knochenmasse  einerseits  mit 


—     CXXII     — 

auf  die  Ausbildung  der  Beine ,  anderseits  auf  die  der  Wirbelsäule 
verwendet  wurde,  dann  Schienbein  und  Wadenbein  in  Beziehung  auf 
gegenseitiges  Stärkeverhältnis.  Aber  man  hat  Goethe's  Ausführungen 
und  dem  ganzen  Gesetz,  indem  man  dasselbe  für  eine  naturphilosophische 
Spekulation  hielt,  jede  ernstere  Beachtung  lange  Zeit  hindurch  versagt 
und  würdigt  das  letztere  auch  heute  nicht  entfernt  seiner  Bedeutung 
gemäss  oder  stellt  gar  Theorien  auf,  welche  dasselbe  vollkommen  aus- 
scliliessen  müssen  (Afterdarwinismus).  Redner  führt  unter  Hinweis  auf 
das  Wirbeltierskelett  aus,  welch  grosse  massgebende  Bedeutung  die 
Ausgleichung  für  die  ganze  Gestaltung  des  Skeletts  hat,  im  Zusammen- 
hang mit  der  Vererbung  durch  Thätigkeit  erworbener  Eigenschaften,  wie 
insbesondere  die  Ausbildung  der  Hintergliedmassen  wieder  diejenigen  vom 
Becken  und  Kreuzbein  und  der  Wirbelsäule  beeinflusst  u.  s.  w.  Derselbe 
wird  seine  Beweisführung  in  einer  besonderen  Arbeit  über  das  Skelett 
demnächst  bekannt  geben,  eine  Beweisführung  zugleich  zu  gunsten  des 
grossen  Naturforscherblickes  von  Goethe,  im  Gegensatze  zu  engem  Ge- 
sichtskreis in  neuerer  Zeit ,  welcher  das  Ganze  nicht  mehr  sieht ,  nur 
den  einzelnen  Teil  für  sich,  ohne  Zusammenhang  mit  dem  Ganzen. 

Für  Goethe,  den  scharfen  Beobachter  und  nicht  minder  scharfen 
Denker,  war  der  Gedanke  des  Zusammenhangs,  der  Einheit  in  der  Natur 
die  Grundlage  aller  Naturanschauung:  er  suchte  die  Mannigfaltigkeit 
der  Formen  auf  Einheiten  zurückzuführen  —  das  führte  ihn  zum  Studium 
der  vergleichenden  Anatomie  —  und  umgekehrt  vermochte  er,  ganz  im 
Sinne  dieser  Wissenschaft,  das  Einzelne  nur  in  Beziehung  zum  Ganzen 
zu  betrachten.  So  entstand  seine  Metamorphose  der  Pflanzen  zunächst 
aus  dem  Bedürfnis  nach  einem  natürlichen ,  auf  das  Gemeinsame  ge- 
gründeten System  im  Gegensatze  zu  dem  künstlichen  LiNufi's,  welches 
nicht  Einheiten,  sondern  Verschiedenheiten  zu  Grunde  legt;  so  sucht 
Goethe  auch  nach  einem  ursprünglichen  Tiertypus.  Die  Einsicht  von 
der  Gleichartigkeit  der  menschlichen  Organisation  mit  derjenigen  der 
übrigen  Säugetiere  führte  ihn  zur  Entdeckung  des  Zwischenkiefers,  die 
Forderung  einer  einheitlichen  Durchbildung  der  Wirbelsäule  Hess  in 
ihm  den  Gedanken  der  Wirbeltheorie  des  Schädels  zur  Eeife  kommen: 
wie  er  die  Blüte  aus  veränderten  Blättern  zusammengesetzt  fand,  so 
vermutete  er  die  Zusammensetzung  des  Schädels  aus  Wirbeln  —  was 
das  Blatt  für  die  Pflanze  war ,  das  erschien  ihm  der  Wirbel  für  das 
Wirbeltier,  ein  Grundteil  des  Körpers. 

Dieser  Gedanke  von  der  Einheitlichkeit  aller  Formen  schloss  auch 
den  anderen  in  sich,  dass  die  Arten  nicht  getrennt  geschaffen  sind, 
sondern  sich  durch  allmähliche  Umbildung  auseinander  entwickelt 
haben.  In  den  Erfolgen  auf  diesem  Wege,  wie  in  der  Entdeckung  des 
Zwischenkiefers,  sah  Goethe  selbst  seine  schönsten  Errungenschaften.  Bei 
der  Betrachtung  des  Zwischenkiefers  kommt  er  auch  auf  die  Umbildung 
desselben  durch  Thätigkeit  zu  sprechen.  Eedner  hat  diesen  Punkt  einer 
eingehenden  Untersuchung  unterworfen  und  dabei  gefunden,  dass  der 
Zwischenkiefer  gross  und  in  den  Oberkiefer  fest  eingefügt,  häutig  sogar 
ganz  mit  ihm  verwachsen  ist  bei  Tieren,  welche  Schneidezähne  besitzen 
und  diese  kräftig  gebrauchen ,    wie    bei    den   nagenden  Tieren    aus    den 


—     CXXIII     — 

verschiedensten  Familien  (Wombat,  Chiromys,  Stachelschwein) ;  dagegen 
fand  er  eine  schwache  Ausbildung  und  lose  Verbindung  bei  allen  solchen, 
denen  die  Schneidezähne  fehlen  oder  wo  sie  nur  schwach  sind. 

Nur  durch  eingehende  Studien,  jahrelange  Beobachtungen,  eifrige 
Vertiefung  selbst  in  die  geringsten  Einzelheiten  konnte  Goethe  seine 
Erfolge  als  Naturforscher  ei-ringen,  wie  er  denn  die  Knochenlehre  bis 
ins  kleinste  studiert  hat.  Seine  naturwissenschaftlichen  Studien  aber, 
die  immer  getragen  wurden  von  dem  richtigen  und  der  Wissenschaft 
und  Forschung  allein  würdigen  Gedanken  des  gesetzmässigen  inneren 
Zusammenhangs  aller  Naturerscheinungen,  waren  es  auch,  die  ihm  zu 
seiner  hochbedeutsamen  Lebensauffassung  verhalfen.  Den  Naturphilosophen 
Goethe  bewahrte  gerade  dies  tiefe  Eingehen  auf  die  Thatsachen  vor 
den  bodenlosen  Gedankenverirrungen,  wie  sie  die  zeitgenössischen  Natur- 
philosophen lieferten  und  wie  sie  heute  infolge  von  Nichtberücksichtigung 
der  Thatsachen  von  neuem  sich  breit  machen.  Die  Naturstudien  aber 
und  die  daraus  entstandene  Lebensauffassung  befruchteten  nach  seiner 
eigenen  Aussage  wiederum  seine  Dichtung.  So  erscheint  Goethe's  ge- 
samte Geistesarbeit  als  ein  Triumph  der  Naturwissenschaft. 


Versammlung  zu  Tübingen  am  2L  Dezember  1894. 

Prof.  Eimer  eröffnet  die  Versammlung,  indem  er  die  zahlreich 
erschienenen  Mitglieder  willkommen  heisst.  Darauf  spricht  Hofrat 
Dr.  Wurm  (Teinach)  über  die  Herkunft  der  Säuerlinge.  Als 
Säuerlinge  sind  solche  Quellwasser  zu  bezeichnen ,  welche  sehr  viele 
freie  Kohlensäure  enthalten;  sie  sind  meist  kalt  und  stammen  dann  aus 
geringen  Tiefen ;  bisweilen  aber  sind  sie  heiss  (Thermen)  und  kommen 
aus  tieferen  Schichten  der  Erdoberfläche.  Das  Wasser  dieser  Quellen 
ist  offenbar  meteorischen  Ursprungs.  Woher  aber  stammt  die  Kohlen- 
säure? Die  aus  dem  Erdinnern  hervorkommende  Kohlensäure  ist  nicht 
immer  in  Wasser  gelöst ;  sie  kann  auch  trocken  ausströmen ,  so  bei 
Teinach,  Horb,  in  der  Eifel,  in  der  Hundsgrotte  bei  Neapel.  Dass  sie 
aktiver  vulkanischer  Thätigkeit  ihren  Ursprung  verdankt,  ist  wohl  nur 
für  wenige  Orte  anzunehmen;  alle  Kohlensäure  auf  solche  zurückzuführen, 
ist  eine  einseitige  Theorie.  Ursprünglich  freilich  stammt  die  Kohlen- 
säure von  ausgedehnten  vulkanischen  Vorgängen,  und  ist  dann  teils  zu 
organischen  Verbindungen  umgewandelt,  teils  hat  sie  sich  mit  Calcium, 
Magnesium  und  anderen  zu  kohlensauren  Salzen  vereinigt.  In  den 
meisten  Fällen  nun  stammt  die  freie  Kohlensäure  unserer  Säuerlinge 
aus  der  Zersetzung  solcher  Salze,  vor  allem  der  Carbonate  des  Calciums 
und  Magnesiums ,  welche  als  Kalksteine  oder  Dolomite  einen  grossen 
Teil  der  Erdrinde  aufbauen.  Diese  Zersetzung  geschieht  nicht  durch 
die  Hitze  vulkanischer  Feuer,  sondern  durch  Säuren,  deren  Art  ver- 
schieden sein  kann:  teils  ist  es  Salzsäure,  die  früherer  vulkanischer 
Thätigkeit  ihren  Ursprung  verdankt,  teils  Schwefelsäure,  die  sich  durch 
Oxydation  des  Schwefeleisens  bildet,  in  den  meisten  Fällen  aber  wohl 
Kieselsäure,    die    aus    der  Zersetzung    kieselsäurehaltiger  Gesteine,    vor 


—     CXXIV     — 

allem  der  Urgesteine,  Gneisse  und  Sandsteine  hervorgeht.  Redner  zeigte 
an  Schichtenprofilen  verschiedener  säuerlingreicher  Gegenden,  dass  dort 
Kalksteine  und  Dolomite  von  solchen  Gesteinen  überlagert  sind,  so  dass 
die  mit  Kieselsäure  beladenen  Sickerwässer  aus  ihnen  Kohlensäure  frei- 
machen können.  So  erklärt  sich  auch  die  Armut  Schwedens  an  Säuer- 
lingen durch  die  Seltenheit  von  Kalklagern.  Die  Verdrängung  der 
Kohlensäure  durch  Kieselsäure  zeigt  sich  in  der  Verkieselung  der 
Kalkgehäuse  von  Tieren  (z.  B.  Schnecken,  Korallen),  wie  man  sie  unter 
anderem  im  Nattheimer  Kalk  findet. 

In  der  Besprechung  sagt  Prof.  Dr.  E.  Fr  aas  (Stuttgart),  dass 
er  die  grosse  Rolle  der  Kieselsäure  beim  Freimachen  der  Kohlensäure 
zugebe,  dass  aber  eine  Schwierigkeit  dieser  Erklärung  in  der  ausser- 
ordentlich geringen  Löslichkeit  der  anorganischen  Kieselsäure  liege ; 
organisch  gebildete  Kieselsäure  (in  Radiolariengehäusen ,  in  Pflanzen) 
sei  weit  leichter  löslich.  Bei  den  Verkieselungen  aus  dem  Nattheimer 
Kalk  handle  es  sich  um  die  Verdrängung  nicht  der  Kohlensäure,  sondern 
des  kohlensauren  Kalkes  durch  Kieselsäure. 

Hierauf  zeigt  Prof.  G  r  ü  t  z  n  e  r  (Tübingen)  an  mehreren  Präparaten 
den  Sehpurpur  des  Froschauges ,  der  durch  die  Einwirkung  des  Lichtes 
verblasst. 

Dr.  F  i  c  k  e  r  t  (Tübingen)  spricht  darauf  über  die  Bedingungen 
für  die  geographische  Verbreitung  der  Tiere.  Tierleben 
ist  nur  an  solchen  Orten  möglich,  wo  Pflanzenwuchs  ist;  das  gilt 
auch  für  das  Vorkommen  der  Fleischfresser  und  Parasiten,  da  deren 
Nährtiere  vom  Pflanzenwuchs  abhängig  sind.  Diejenigen  Pflanzen- 
fresser, welche  in  der  Auswahl  ihrer  Nahrung  am  wenigsten  wäh- 
lerisch sind,  haben  die  weiteste  Verbreitung  (Huftiere,  besonders 
Hirsche;  Schweinearten).  Vegetationslose  Gebiete  bilden  Verbreitungs- 
grenzen (Sahara) ;  Allesfresser  verbreiten  sich  leicht  (Wanderratte) ;  das 
Vorkommen  der  Raubtiere  wird  von  dem  der  Pflanzenfresser  bestimmt. 
Tiere,  die  auf  specialisierte  Nahrung  angewiesen  sind,  haben  beschränktere 
Verbreitungsgebiete.  —  Nächst  der  Nahrung  bedingt  das  Klima  das 
Vorkommen  der  Tiere,  und  so  ändert  sich  die  Fauna  mit  den  Breiten- 
graden. Viele  Landtiere  sind  von  Feuchtigkeit  abhängig  (Amphibien, 
Schnecken,  Landblutegel),  fehlen  daher  in  trockenen  Gegenden.  In 
gleicher  Weise  wie  die  geographische  Breite  ruft  auch  verschiedene 
Höhe  über  dem  Meeresspiegel  Faunenunterschiede  hervor  (Alpen-  und 
Polarhase,  Alpen-  und  Polarschneehuhn).  —  Die  Verbreitungsmittel  sind 
teils  aktive,  teils  passive.  Aktiv  ist  das  Flugvermögen  der  Vögel  und 
Insekten ,  passiv  die  Verschleppung  durch  andere  Tiere ,  durch  Treib- 
holz u.  a.  —  Von  beträchtlichem  Einflüsse  auf  die  Faunengestaltung 
ist  die  Anwesenheit  des  Menschen.  Dieser  rottet  Raubtiere  (Bär,  Wolf, 
Luchs  bei  uns)  und  manche  Jagdtiere  (Elen,  Biber  bei  uns)  aus,  andere 
verdrängt  er  durch  Beeinflussung  des  Vegetationscharakters  der  Gegend. 
Dagegen  führt  er  auch  neue  Formen  ein,  mit  oder  ohne  Willen  (Haustiere, 
Wanderratte,  Sperlinge).  —  Die  inneren  Gründe,  welche  die  Verbreitung 
der  Tiere  in  manchen  Gegenden  befördern  oder  hemmen,  sind  uns  noch 
verborgen ;  ihre  Erforschung  ist  die  höchste  Aufgabe  der  Tiergeographie. 


—    cxxv    — 

Privatdozent  Dr.  Wülfing-  (Tübingen)  zeigte  eine  tabellarische 
Anordnung  der  Kry stallformen  vor,  in  welcher  die  verschiedenen  hemi- 
edrischen  und  die  tetartoedrischen  Formen  übersichtlich  in  Parallele  zu 
den  holoedrischen  Grundformen  gestellt  sind;  hierdurch  wird  ein  leichter 
Überblick  über  die  Mannigfaltigkeit  der  Gestalten  erreicht.  Von  den 
32  theoretisch  sich  ergebenden  Formen  sind  bereits  29  an  Mineralien 
bekannt. 

Apotheker  Keller  (Tübingen)  machte  Mitteilungen  über  den  Ein- 
fluss  von  Kälte  auf  die  Tiere ;  eingedeckelte  Schnecken  kann  man  einer 
Kälte  von  —  120°  aussetzen,  ohne  sie  dadurch  zu  töten;  Fische  vertragen 
nur  bis  — 20°,  Frösche  bis  — 28°,  Blindschleichen  bis  — 25°.  Eier 
können  noch  höhere  Kältegrade  als  ausgebildete  Tiere  ohne  Schaden 
ertragen.  Hieran  schloss  sich  eine  längere  Erörterung  über  die  Latenz- 
zustände  des  Lebens. 

Hofrat  Dr.  Wurm  (Teinach)  zeigte  die  Abbildung  eines  hennen- 
fedrigen  Auerhahns  vor. 

Prof.  Dr.  E.  Fr  aas  (Stuttgart)  besprach  einen  palaeontologischen 
Fund  aus  dem  unteren  Diluvium  von  Java ;  es  sind  Skelettreste  eines  Tieres, 
das  die  Mitte  hält  zwischen  Mensch  und  Aifen  und  das  von  Dubois  als 
Pitheconthropus  erectus  bezeichnet  worden  ist.  Die  Reste  bestehen  aus 
einer  Schädelkapsel,  einem  Zahn  und  einem  Oberschenkelknochen.  Der 
Schädel  und  der  Zahn  schliessen  sich  in  der  Form  denen  des  in  Java 
einheimischen  Gibbon  an ;  der  Oberschenkel  ist  bei  weitem  das  wichtigste 
Fundstück;  denn  aus  der  Gestaltung  seiner  unteren  Gelenkfläche  kann 
man  mit  Sicherheit  auf  den  aufrechten  Gang  des  Tieres  schliessen. 
Auch  in  diluvialen  Ablagerungen  Europas  hat  man  zu  wiederholten 
Malen  Funde  gemacht,  die  als  Urmenschen  gedeutet  werden  könnten, 
besonders  Schädel.  Der  erste  derartige  Schädel  (aus  dem  Neanderthal) 
wurde  zwar  von  VIrchow  für  recent  und  seine  merkwürdige  Bildung 
als  „Blödsinnigentypus"  erklärt;  doch  weitere  Schädel  von  den  ver- 
schiedensten Fundorten  zeigten  denselben  Bau,  so  dass  sich  immer  mehr 
der  Gedanke  aufdrängt,  dass  man  es  vielleicht  doch  mit  Schädeln  von 
sehr  alten,  niedrigstehenden  Eassen  zu  thim  hat;  ihnen  schliesst  sich 
der  Schädel  von  Pithecanthropus  an.  Dubois  glaubt,  dass  gerade  in 
Java  und  auf  den  Sundainseln  die  Urheimat  des  Menschengeschlechts 
zu  suchen  sei. 

Im  Anschluss  hieran  bespricht  Prof.  Dr.  Eimer  (Tübingen)  die 
Skelette  der  menschenähnlichen  Aifen  und  des  Menschen,  und  zeigt 
an  ihnen ,  wie  ein  Knochen  in  seiner  Gestaltung  einmal  von  der 
ihm  obliegenden  Arbeitsleistung  und  dann  von  der  Ausbildung  der 
übrigen  Skeletteile  abhängig  sei,  wie  man  also  von  der  Form  eines 
Knochens  auf  seine  Verwendung  und  auf  die  Form  der  anderen  Knochen 
rückschliessen  könne,  auf  Grund  des  auf  der  vorigen  Versammlung  von 
ihm  behandelten  Gesetzes  der  Ausgleichung.  Die  jetzt  lebenden 
anthropomorphen  Affen  können  nicht  Vorfahren  des  Menschen  sein;  dem 
widerspricht  die  Bildung  ihres  Schädels  mit  den  starken  Knochengräten; 
jedoch  ist  der  Schädel  junger  Aft'en  dem  des  Mensclien  weit  ähnlicher, 
und  daraus  muss  man  auf  einen  gemeinsamen  Ursprung  schliessen. 


-     CXXVI     — 

Zum  Schluss  sprach  Dr.  Hesse  (Tübingen)  über  das  Nerven-  und 
Gefässsystem  der  Regenwürmer  und  erläuterte  dasselbe  durch  mikro- 
skopische Präparate. 


Oberschwäbischer  Zweigverein. 

Sitzung   in  Aulendorf  am  2.  Februar  1894. 

Der  Vorsitzende  Dr.  Freih.  v.  Koenig- Warthausen  eröffnet 
die  Sitzung  mit  Begrüssung  der  sehr  zahlreich  erschienenen  Anwesenden 
und  weist  zugleich  darauf  hin,  wie  in  den  letzten  Jahren  manche 
widrige  Verhältnisse ,  besonders  Krankheit  zahlreicher  Mitglieder ,  die 
Veranlassung  gaben,  dass  die  Sitzungen  nicht  mit  der  wünschenswerten 
ßegelmässigkeit  stattlinden  konnten.  Den  ersten  Vortrag  hielt  Prof.  Dr. 
Lamp er t (Stuttgart,  K.  Naturalienkabinet)  über  dasThema:  „Die  niedere 
Tierwelt  der  oberschwäbischen  Seen."  In  Form  der  Schilderung 
einer  zoologischen  Exkursion  skizziert  der  Vortragende  zunächst  die 
Fülle  der  niederen  Tierwelt,  wie  wir  sie  in  pflanzenbewachsenen  kleineren 
Wasserbecken  oder  in  den  üferzonen  grösserer  Seen  antreffen.  Die 
verschiedensten  Tierklassen  beteiligen  sich  an  der  Zusammensetzung 
dieser  üferfauna :  Mollusken ,  Insekten  und  ihre  Larven ,  Spinnentiere, 
Kruster,  Rädertiere,  Würmer,  Moostiere,  Schwämme,  Hydrozoen,  Protozoen. 
Als  ein  charakteristisches  Geschöpf  oberschwäbischer  Seen  greift  Redner 
die  Wasserspinne,  Argijroncto,  heraus,  um  sodann  etwas  eingehender  an 
der  Hand  von  im  grossen  Massstab  vorgeführten  Zeichnungen,  sowie 
Spiritusexemplaren  und  mikroskopischen  Präparaten  die  Moostiere  und 
Schwämme  zu  besprechen.  Auf  die  Tierwelt  des  freien  Wassers  grösserer 
und  namentlich  tieferer  Seebecken  übergehend,  schildert  Redner  zunächst 
die  Zusammensetzung  dieses  Planktons,  dessen  wesentliche  Bestandteile 
Kruster,  Rädertiere  und  Protozoen  bilden ;  er  skizzierte  die  der  pelagischen 
gemeinsam  zukommenden  Charaktere  und  erwähnt  unter  Angabe  einiger 
Zahlenbeispiele  die  Resultate ,  zu  welchen  man  bei  der  quantitativen 
Berechnung  dieser  als  Fischnahrung  so  wichtigen  Tiere  gelangt  ist. 
Als  Beispiele  pelagischer  Kruster  von  besonders  interessanter  Form  und 
Lebensweise  erwähnt  Prof.  Dr.  Lamp  er t  Bz/fhofrephes  und  Leptodora, 
welch  erstere  in  Württemberg  nur  im  Bodensee  vorkommt,  während  Lep- 
todora vom  Redner  auch  in  einigen  anderen  oberschwäbischen  Seen 
aufgefunden  wurde.  Der  Vortragende  schliesst  mit  einem  Hinweis  auf 
das  Interesse  derartiger  Untersuchungen  und  mit  dankenden  Worten 
für  die  Unterstützung,  die  ihm  bereits  von  mehreren  Herren  in  Ober- 
schwaben zu  teil  geworden  ist. 

Der  Vorsitzende  Dr.  Freih.  v.  Koenig -Warthausen  knüpft 
an  den  Dank  für  den  Vortrag  Bemerkungen  an  über  das  etwaige  Vor- 
kommen der  Sumpfschildkröte;  wenn  auch  hie  und  da  Exemplare  in 
Oberschwaben  gefunden  würden ,  so  müsse  man  in  der  Beurteilung 
solcher  Funde  sehr  vorsichtig  sein,  da  es  sich  leicht  um  aus  der  Ge- 
fangenschaft entkommene  Tiere  handeln  könne.  Für  frühere  Zeit  aber 
ist  das  Autochthonentum  dieser  Art  auch  für  Oberschwaben  nachgewiesen, 


—     CXXVII     — 

Tincl  Redner  hat  die  Freude  gehabt,  im  Sommer  1893  aus  dem  Bal- 
triuger  Torfried  Reste  eines  grossen  Exemplares  zu  erhalten:  der  Fund 
wurde  zur  Erläuterung  vorgezeigt. 

Prof.  Dr.  L  a  m  p  e  r  t  bemerkt  hierzu ,  er  hege  noch  immer  die 
Hoffnung,  dass  an  recht  abgelegenen  Orten  lebende  Exemplare  sich 
linden,  bei  denen  der  Verdacht,  Gefangeuschaftsflüchtlinge  zu  sein,  hin- 
wegfalle. In  Preussen  (Odergebiet),  wo  die  Art  jetzt  ebenfalls  seltener 
geworden ,  seien  früher  die  Schalen  zu  häuslichen  Zwecken ,  namentlich 
um  das  Getreide  zu  schöpfen,  verwendet  worden. 

Oberförster  Frank  von  Schussenried  spricht  hierauf  über  „einen 
neuesten  vorgeschichtlichen  Kupferfund  aus  Oberschwaben". 
In  den  letzten  50 — 60  Jahren  wurden  im  Torfmoor  in  Kleinwinnaden 
im  ganzen  nur  4  Bronzefunde  gemacht;  der  erste  befindet  sich  in  der 
Staatssammlung  in  Stuttgart  und  soll  ein  Halsring  aus  reinem  Kupfer 
sein;  der  zweite,  ein  Armschmuck  aus  6  zusammengenieteten  Bronze- 
platten, ist  ebenfalls  nach  Stuttgart  gekommen.  Im  Jahre  1882  wurden 
dort  Thonscherben  gefunden,  welche  jedenfalls  auch  der  Bronzezeit  an- 
gehören, und  im  Jahre  1889  ein  Dolch  in  antiker  echter  Bronze 
(90  Teile  Kupfer,  10  Teile  Zinn),  der  durch  Putzen  vom  Finder  leider 
seiner  Patina  beraubt  wurde.  (Scherben  und  Dolch  werden  nebst  einer 
Nadel  vorgezeigt.)  Der  neueste  Fund  von  dort,  der  zur  Besichtigung 
mitgebracht  wurde,  ist  ein  für  Württemberg  in  seiner  Art  einziger  Depot- 
fand, ausgezeichnet  durch  bei  uns  noch  nie  vorgekommene  Scheibenspiralen 
(in  einem  Fall  2  Stück  zur  Ausbesserung  aufeinandergelötet) ,  die  als 
Brautschmuck  gelten,  aber  auch  aneinandergelötet  z.  B.  als  Armschmuck 
dienen  konnten;  zahlreiche  Cyliuderspiralen ,  teils  einzeln,  teils  an  ein 
Armband  aufgereiht,  werden  von  Helbing  für  Lockenhalter,  von  Freih. 
V.  Tkoeltsch  für  prähistorisches  Geld,  von  anderen  für  Fingerringe  ge- 
halten. „Tutuli"  aus  laubdünnem  gewalztem  und  zuckerhutförmig  ge- 
stanztem Kupferblech  mögen,  auf  Stoff  aufgenäht,  ebenfalls  als  Schmuck 
gelten.  Redner  denkt  sich  die  Sache  so ,  dass  etwa  ein  Händler  vom 
oder  zum  Weg  nach  einer  der  oberschwäbischen  Bronzewerkstätten 
(z.  B.  Zipplingen  am  Bodensee)  seine  Vorräte  hier  eingebüsst  habe. 
Die  durch  Prof.  Dr.  Hkll  in  Stuttgart  vorgenommene  qualitative  Analyse 
ergab  97,72  "/„  Kupfer,  1,02  ^j^  Silber,  0,85  7(,  Antimon,  0,11  7^  Nickel, 
0,20  °/(^  Arsen,  Spuren  von  Eisen  und  Phosphor,  aber  nicht  die  geringste 
Beimischung  von  Zinn.  Eine  ähnliche  Zusammensetzung  zeigten  die 
Kupferfunde  von  Hissarlik.  Man  hat  es  also  mit  einem  reinen 
Kupferfund,  vielleicht  dem  ersten  aus  Württemberg,  zu  thun.  Dass 
er  der  der  jüngeren  Steinperiode  sich  anschliessenden  Kupferzeit,  falls 
es  überhaupt  eine  solche  giebt,  angehört,  dagegen  spricht  die  angewendete 
Technik,  welche  auf  die  jüngere  Bronzezeit  (1400 — 800  v.  Chr.)  hin- 
weist; die  Gegenstände  mögen  also  ums  Jahr  1000  vor  unserer  Zeit- 
rechnung angefertigt  sein  und  das  Fehlen  der  doch  üblichen  Beimischung 
von  Zinn  lässt  sich  damit  erklären,  dass  der  betreffenden  Werkstätte 
solches  zufällig  nicht  zur  Hand  war.  Bemerkenswert  ist  endlich,  dass 
sämtliche  Funde  des  Torfmoors  in  Kleinwinnaden  niclit  im  Innern, 
sondern  am  Rande  ausgehoben  worden  sind. 


—     CXXVIII     — 

Freili.  v.  Koenig,  welcher  dem  Vortragenden  den  Dank  der  An- 
wesenden ausspricht,  möchte  in  dem  Fund  weniger  das  Depot  eines 
H.ändlers,  welcher  doch  wohl  eher  in  der  Bronzezeit  auch  einige  Bronzen 
mit  sich  geführt  haben  dürfte,  als  vielmehr  den  gesamten,  auch  im 
Material  zusammengehörigen  Schmuck  einer  vornehmen  Frau  sehen,  da 
die  Zahl  der  Stücke  nicht  zu  gross  ist,  um  auf  ein  Mal  von  derselben 
Person  getragen  zu  werden.  Derselbe  legt  im  Anschluss  an  den  Vortrag 
die  wenigen  Bronzen  seiner  Sammlung  vor:  3  „Kelte"  verschiedenartigster 
Form  von  Liebenau  (Tettnang)  1863  von  Dr.  Golther  erhalten, 
von  Arnach  (Waldsee)  1881  von  Dr.  Probst  geschenkt,  von  Ober- 
holzheim  (Laupheim)  geschenkt  von  Dr.  Fischer;  letzterer  sehr  gross, 
beilförmig  und  von  den  Findern  arg  misshandelt ,  wurde  vor  einigen 
Jahren  im  Innern  eines  Hauses  ausgegraben,  angeblich  in  einer  mit 
Eichenholz  umgebenen  Grablege,  die  sofort  wieder  zugeworfen  wurde; 
ferner  eine  1880  bei  Warthausen  beim  Wiesenwässern  in  einem 
Graben  der  Eiss  gefundene  Lanzenspitze  von  goldgelber ,  rostfreier 
Bronze  und  eine  31  cm  lange,  schön  ornamentierte  Nadel,  gefunden 
1893  im  F  edersee-Eied. 

Vorsitzender  machte  ferner  noch  einige  ornithologische  Bemerkungen: 
Am  Pfingstmontag  (22.  Mai)  1893  wurde  von  Büchsenmacher  Eamminger 
in  Ulm  ein  Eosenstaar  (Pastor  roseus  Temm.  h.)  bei  Steinberg  (Laup- 
heim) geschossen,  der  mit  3  Kameraden  auf  einem  Baum  an  der  Land- 
strasse gesessen  hatte ;  das  Exemplar  kam  nach  Bayern  in  die  Samm- 
lung des  Grafen  A.  v.  Mirbach-Geldern  und  ist  dies  für  Württemberg 
der  einzige  Erlegungsfall  ausser  jenem  im  Mai  1875  bei  Waldsee  vor- 
gekommenen. Über  die  in  diesem  Winter,  besonders  im  Dezember  vor- 
gekommenen Leinfinken  (Fringilla  linaria  L.,  Linaria  rubra  Gessn.) 
wird  bemerkt,  dass  sie  keine  derartige  Seltenheit  seien,  wie  man  hierorts 
überall  anzunehmen  scheint ;  allerdings  kommen  sie  aus  ihrer  nordischen 
Heimat  oft  nur  nach  langen  Zwischenräumen ,  dann  aber  öfters  in 
enormen  Scharen;  die  ersten  Schwärme  fielen  in  unserer  bayrischen 
Nachbarschaft  Ende  November  auf,  im  Oberamt  Biberach  waren  sie 
zeitweise  gemein  und  kamen  auch  in  den  Schlossgarten  von  Warthausen. 


Sitzung  vom   18.  Oktober   1894   (Generalversammlung). 

Der  Vorsitzende,  Dr.  Freih.  E.  v.  Koenig-Warthausen,  eröfl:net 
die  Versammlung  mit  Begrüssung  der  Anwesenden,  besonders  der  beiden 
aus  Stuttgart  gekommenen  Herren,  Prof.  Dr.  Eb.  Fbaas  und  Hofmarschall 
Dr.  Max  Graf  v.  Zeppelin.  Nachdem  sodann  vom  Vorsitzenden  Eech- 
nung  gestellt  worden  ist,  erfolgt  die  Neuwahl  des  Vorstandes.  Es 
werden  die  seitherigen  Vorstandsmitglieder  wiedergewählt:  Dr.  Freih. 
E.  V.  Koenig-Warthausen  als  Vorsitzender,  Hofrat  Dr.  Finckh  als  Schrift- 
führer, Pfarrer  Dr.  Probst,  Oberförster  Frank  und  Forstmeister  Probst, 
jetzt  in  Kirchheim  u.  T. ;  für  den  ehemaligen  Direktor  der  Staatsanstalt 
Schussenried,  Dr.  Ast,  wird  dessen  Nachfolger,  Dr.  Kreuser  in  den 
Vorstand  gewählt. 


—     CXXIX     - 

Dr.  Leube  bringt  Grüsse  des  naturwissenschaftlicli-matlieiuatischeii 
Vereins  in  Ulm  und  dessen  Einladung,  alljährlich  eine  der  Versamm- 
lungen dort  abzuhalten.  Der  Vorsitzende  anerkennt  mit  grösstem  Dank 
dieses  freundliche,  besonders  für  unseren  Verein  erspriessliche  Anerbieten, 
giebt  die  Frage  zur  Erwägung,  aber  auch  zu  bedenken,  dass  der  Schwer- 
punkt für  die  Frequenz  unserer  Zusammenkünfte  mehr  ..allgäuwärts", 
d.  h.  auf  der  Eisenbahnlinie  südlich  von  Aulendorf  liege,  also  unseren 
zahlreichsten  und  treuesten  Teilnehmern  die  Gelegenheit  für  den  Besuch 
der  Versammlungen  leicht  erschwert  werden  könnte,  da  Ulm  schon  nahe 
an  unserer  Bezirksgrenze  liegt.  Dr.  Leube  erwiderte  hierauf,  es  handle 
sich  nur  um  einen  Versuch,  auch  seien  Ulm  näher  gelegene  Orte  (Ehingen, 
Blaubeuren,  Langenau  u.  s.  w.)  zu  berücksichtigen.  Auf  Anregung  von 
Dr.  Fraas  wurde  das  uns  gewJfhrte  Entgegenkommen  mit  Dank  acceptiert 
und  beschlossen,  in  Zukunft  wieder  —  wie  früher  —  vier  Versammlungen, 
—  davon  die  eine  in  Ulm  —  abzuhalten.  Es  sollen  nun  die  beiden 
nächsten  in  Aulendorf,  nachher  aber  eine  weitere  in  Ulm  abgehalten  werden. 

Es  wird  nun  auf  die  Tagesordnung,  soweit  sie  Vorträge  betrifft, 
übergegangen. 

Dr.  Graf  Max  v.  Zeppelin  sprach  über  „Jagder leb nisse 
in  Nordamerika". 

Der  Eedner  hat  vor  einem  Jahr  mit  einer  Gesellschaft  von  sieben 
Herren,  unter  Leitung  eines  Münchener  Malers ,  eine  halbjährige  Reise 
in  die  Vereinigten  Staaten  von  Nordamerika  gemacht  und  dabei  nicht 
nur  die  Weltausstellung  in  Chicago  und  alle  interessanten  Punkte  der 
Union  von  New  York  bis  San  Francisco  besucht,  sondern  auch  längere 
Zeit  in  den  Urwäldern  des  amerikanischen  Westens  gejagt.  Dies  ge- 
schah zuerst  in  den  Küstengebirgen  des  Stillen  Oceans  im  Staate  Oregon, 
wo  aber  von  der  ganzen  Gesellschaft  während  eines  achttägigen  Jagd- 
ausfluges nur  zwei  Wapitispiesser  und  ein  virginischer  Hirsch  erlegt 
wurden,  obwohl  die  Gegend  als  eines  der  besten  Jagdgebiete  der  Union 
gilt.  Der  Wapiti,  das  häufigste  Jagdtier,  gleicht  unserem  Damhirsch, 
wird  aber  von  den  amerikanischen  Jägern  Elch  genannt ,  während  der 
eigentliche  Elch  bei  ihnen  Mustier  heisst.  Von  Wölfen,  Luchsen  und 
Bären  wurden  nur  Spuren  entdeckt;  dagegen  sahen  die  Jäger  eine  Masse 
Kolibris,  welche  jene  Urwälder  durch  ihr  lebhaftes  Wesen  in  anmutiger 
Weise  beleben.  Die  Jagdgesellschaft  besuchte  sodann  den  Yellowstone- 
park  im  Staate  Wyoming,  der  bekanntlich  seit  22  Jahren  von  der^  Unions- 
regierung zum  „Nationalpark'"  erklärt  ist.  Derselbe  ist  zwei-  bis  dreimal 
so  gross  als  Württemberg  und  noch  unbewohnt.  Er  beherbergt  eine  un- 
erschöpfliche Masse  von  Wild,  u.  a.  mindestens  25  000  Stück  Wapiti. 
Zum  Schutze  dieses  reichen  Wildstandes  sind  eigene  Wächter  aufgestellt, 
die  dem  da  und  dort  angebrachten  Verbote  „No  shooting!"  Achtung 
verschaffen  sollen.  Die  Gewehre  der  durchreisenden  Jäger  werden  mit 
einem  Siegel  versehen,  das  erst  beim  Verlassen  des  Parks  wieder  ab- 
genommen werden  darf.  Dessenungeachtet  vermehrt  sich  das  Wild  nicht 
so  sehr,  als  man  glauben  könnte;  es  verlässt  in  den  schneereichen 
Wintern  den  Park  aus  Mangel  an  Nahrung  und  fällt  in  den  angrenzenden 
Thälern  den  Trappern   und  Jägern    zur  Beute.     Im  Nationalpark  findet 

Jahreshefte  d.  Vereins  f.  vaterl.  Naturkunde  in  Württ.   1895.  { 


—    cxxx    — 

sich  auch  die  letzte  Büffelherde  der  Union,  etwa  200  Stück.  Sonst  hat 
man  sie  ja  überall  in  der  unsinnigsten  Weise  ausgerottet ;  in  einem 
einzigen  Winter  hat  man  einmal  allein  etwa  1 50  000  Stück  getötet.  Die 
Seen  und  Flüsse  des  Nationalparks  wimmeln  von  allerlei  Fischen,  be- 
sonders auch  von  Forellen,  die  bis  zu  10  Pfd.  schwer  werden  und  für 
den  Europäer  eine  schätzbare  Bereicherung  der  Küche  bilden;  denn  das 
Fleisch  ist  in  Amerika  schlechter  als  irgendwo  in  der  Welt.  Auch  Bären 
sind  vorhanden  und  müssen  geschont  werden,  wenigstens  der  schwarze 
und  der  braune  Bär.  Was  den  bösartigen,  starken  und  bis  zu  18  Centner 
schweren  Grrislibären  betrifft,  der  den  Menschen  stets  ohne  weiteres  an- 
greift, so  kommt  derselbe  nur  noch  selten  vor.  Von  dem  Nationalpark 
aus  unternahm  die  Jagdgesellschaft  eine  fünfwöchentliche  Hochwildjagd- 
partie in  das  Felsengebirge  südlich  vom  Yellowstone-Fluss.  Die  Abfahrt 
erfolgte  unter  der  Leitung  von  vier  Führern  am  16.  Sept.  v.  J.  Die 
nötigen  Reit-  und  Jagdpferde  konnten  billig  (ä,  100  Mk.)  gekauft  werden; 
dieselben  hatten  auch  die  Zelt-  und  Lagereinrichtungen  und  Proviant  für 
fünf  Wochen  zu  tragen.  Die  Reise  wurde  dadurch  sehr  erschwert,  dass 
die  vorhandenen  Karten  sehr  ungenau,  ja  oft  geradezu  falsch  sind;  breite 
Flüsse  und  hohe  Gebirgsstöcke  haben  noch  gar  keine  Namen.  Am 
Ende  des  Nationalparks,  wo  ein  durch  einen  Deutschen  besetzter  Militär- 
posten stand,  wurden  die  Siegel  von  den  Grewehren  abgenommen  und  die 
Jagd  konnte  beginnen.  Zuerst  fand  man  Antilopen,  konnte  sie  jedoch 
nicht  erreichen.  Stachelschweine  und  Stinktiere  mit  ihrem  fürchterlichen, 
unausrottbaren  Geruch  wurden  angetroffen;  auch  ein  Puma  oder  ameri- 
kanischer Jaguar  wurde  aufgestöbert,  aber  nicht  erreicht.  Am  26.  Sep- 
tember erreichte  die  Gesellschaft  einen  grösseren  Fluss,  an  dem  sie  in 
einer  Höhe  von  2000  m  über  dem  Meer  ihre  Zelte  aufschlug.  Bald 
stellte  sich  mit  der  Kälte  auch  reichlicher  Schnee  ein,  der  jedoch  die 
Jagd  begünstigte.  Den  Hauptgegenstand  der  letzteren  bildeten  die 
Wapiti  und  Elche,  die  noch  so  wenig  scheu  sind,  dass  weder  der  Lärm 
der  Stimmen ,  noch  das  Rollen  der  Steine ,  noch  auch  der  Knall  der 
Flinten  von  ihnen  beachtet  wird.  Am  Abend  kam  hin  und  wieder  ein 
amerikanischer  Jäger  oder  Trapper  zu  Besuch ;  einmal  sassen  vier  solcher 
Gäste  mit  um  das  Lagerfeuer  und  erzählten  mit  mehr  oder  weniger 
Jägerlatein  ihre  unterhaltenden  Jagderlebnisse.  Darunter  war  auch  ein 
84  Jahre  alter,  aber  noch  rüstiger  Indianer,  ein  bescheidener,  gemüt- 
licher Mann,  der  schon  sehr  viel  erlebt  hat,  jährlich  durchschnittlich 
allein  58  Biber  schiesst  und  sieben  Sprachen  spricht.  Von  den  zahl- 
reich erlegten  Wapitihirschen  wurden  nur  die  Geweihe  abgenommen, 
da  das  Fleisch  der  älteren  Stücke  ungeniessbar  ist.  Als  die  Gesellschaft 
am  14.  Oktober  wieder  aufbrach,  hatte  sie  unter  ihren  Jagdtrophäen 
13  Vierzehnender,  12  Zwölfender  u.  s.  w.  Zu  ihrer  Fortschaffung  mussten 
bis  zur  nächsten  Eisenbahnstation  noch  drei  weitere  Pferde  gemietet 
werden,  so  dass  sich  zuletzt  eine  stattliche  Karawane  ergab ,  die  einen 
Weg  von  2.30  km  zurückzulegen  und  das  Felsengebirge  in  einer  Höhe 
von  1 2  000  Fuss  über  dem  Meer  zu  ersteigen  hatte.  Am  siebenten  Tag 
war  die  Landstrasse  des  Yellowstoneparks  wieder  erreicht  und  damit 
die  Berührung  mit  der  Kultur  gewonnen. 


—     CXXXI     — 

Nach  dem  machte  Pfarrer  Kämmerer  Dr.  Probst  „Mitteilungen 
über  das  Verhalten  einiger  montanen  Pflanzen  während 
des  trockenen  Sommers  1893".  Unter  montanen  Pflanzen  versteht 
Redner  solche,  welche  unterhalb  der  alpinen  und  subalpinen  Region  in 
der  Höhe  von  800 — 1100  m  über  dem  Meer  vorkommen.  Beim  Berg- 
farn, Aspidhmi  montanum,  beobachtete  er  im  Frühling  des  vorigen  Jahres 
eine  Verzögerung  in  der  Entwickelung ,  dann  erfolgte  am  24.  Mai  ein 
kräftiger  Regen,  der  die  Entfaltung  der  „Pollen"  beschleunigte,  aber 
trotzdem  wurden  die  Wedel  erheblich  kürzer  als  sonst  und  erreichten 
die  in  unserer  Gregend  bis  zu  1  m  gehende  Höhe  lange  nicht.  Vom 
einblütigen  Wintergrün,  Pipöla  uniflora  L. ,  kannte  Probst  eine  Gesell- 
schaft von  20 — 30  Stöcken,  die  aber  im  heissen  August  des  Jahres  1892 
auf  wenige  Pflanzen  zurückging;  im  Jahre  1893  zeigten  sich  nur  noch 
zwei,  1894  nur  noch  eine  einzige  Blüte ;  die  Pflanze  hat  also  unter  der 
vorjährigen  Trockenheit  so  sehr  gelitten,  dass  sie  sich  kaum  mehr  er- 
liolen  wird.  Anders  verhielt  sich  die  Bergwohlverlei,  Arnica  montana  L., 
die  noch  in  keinem  Sommer  so  üppig  blühte  wie  1893;  während  ge- 
wöhnlich nur  eine  Gipfelblume  hierorts  vorkommt,  zeigten  sich  im  vorigen 
Jahr  Pflanzen  mit  fünf,  ja  bis  neun  Blüten.  Der  Regen  vom  24.  Mai, 
der  für  das  ganze  Oberland  von  Bedeutung  war,  kam  für  die  in  der 
Regel  Ende  Mai  blühende  Pyrola  offenbar  zu  spät,  für  Antica  aber, 
deren  Blütezeit  in  den  Juni  fällt,  noch  gerade  recht. 

Dr.  Probst  sprach ,  liieran  anschliessend ,  über  ein  von  ihm  am 
15.  April  V.  J.  zwischen  10  und  11  Ulir  vormittags  beobachtetes 
-System  von  Sonnen  ringen".  Bei  völlig  unbewölktem  Himmel 
zeigte  sich  um  die  Sonne  ein  farbiger  regenbogenartiger  Ring,  ein  zweiter 
von  demselben  Umfang,  aber  farblos,  berührte  die  Sonne  und  nach 
Westen  und  Osten  zeigten  sich  gefärbte  Ringfragmente ;  beim  Hauptring 
war  das  Rot  innen,  das  Blau  aussen,  bei  den  Bruchstücken  umgekehrt. 

Freih,  Dr.  v.  Koenig  glaubt,  dass  das  blütenüppigere  Gedeihen  der 
Arnica  montana  im  heissen  Jahrgang  dadurch  zu  erklären  sei,  dass  die  in 
den  tieferen  Lagen  der  Alpen  häufige  Pflanze  überhaupt  trockene  und 
sonnige  Lagen  liebt,  also  die  Bedingungen  für  ihr  Gedeihen  diesmal 
ganz  besonders  gefunden  habe.  —  Im  Schlossgartenwäldchen  zu  Wart- 
hausen, das  im  allgemeinen  trocken  ist,  sei  während  der  letzten  regneri- 
schen Jahre  an  schattiger  Stelle  die  sonst  hier  nur  in  feuchten  Schluchten 
vorkommende  grossblütige  Balsamiue,  Impatiens noU  me  tangereL.,  in  dichtem 
Wuclis  erschienen ;  der  vorige  dürre  Sommer  habe  die  Kolonie  frühzeitig 
vertrocknen  machen  und  heuer,  1894,  seien  nur  noch  einige  verküm- 
merte Stöcke  dagewesen ;  es  werde  also  hier  gerade  wie  mit  der  Pyrola 
in  Essendorf  gehen. 

Dr.  Leube  hat  die  Beobachtung  gemacht,  dass  Euphrasia  officinalislj . 
heuer  weitaus  früher  blühte  als  sonst. 

Hierauf  sprach  Prof.  Dr.  Eberhard  Fr  aas  „Über  die  geo- 
logische Scenerie  der  Alpen". 

Die  Alpen  sind  in  ilirem  jetzigen  Zustand  das  Endergebnis  von 
gewaltigen  Störungen  in  der  Erdrinde;  sie  sind,  wie  man  auch  schon 
gesagt  hat,    die  durch  seitliche  Pressungen  und  Auftreibungen  entstan- 


—     CXXXII     — 

denen  Runzeln  im  Antlitz  der  Erdkugel.  Für  den  Geologen  ist  nichts 
so  interessant  als  die  Bilder  aus  der  geologischen  Entwickeluugsgeschichte 
der  Alpen,  wie  sie  sich  ergeben  aus  dem  bunten  Gemenge  der  Gesteine 
und  aus  der  oft  höchst  eigentümlichen  Aufeinanderfolge  der  Formationen. 
Die  Untersuchung  der  einzelnen  Schichten  und  ihrer  jeweiligen  Ver- 
steinerungen ergiebt,  dass  man  es  bald  mit  Urgebirge,  bald  mit  solchen 
Gebilden  zu  thun  hat,  die  sich  nur  im  Meer  abgelagert  haben  können, 
dass  hier  früher  eine  Küste,  dort  ein  See  gewesen  u.  s.  w.  Den  aller- 
ersten Anfang  der  Ablagerungen  bilden  die  krystallinischen  Schiefer, 
die  sich  in  der  Gegend  der  jetzigen  Centralalpen  in  grossen  Massen 
finden.  In  welchen  Zeiträumen  und  wie  sich  diese  gebildet,  lässt  sich 
nicht  sagen;  nur  über  die  neueren  Bildungen  lässt  sich  durch  die  Leit- 
fossile ein  klares  Bild  gewinnen.  Zur  Silurzeit  gab  es  jedenfalls  noch 
keine  Alpen,  da  damals  das  ganze  Gebiet  noch  vom  Meer  bedeckt  war, 
über  das  sich  erst  zur  Devonzeit  ein  breiter,  flacher  Rücken  erhob. 
Damals  muss  es  auch  nördlich  vom  heutigen  Alpengebiet  ein  Gebirge 
gegeben  haben,  das  von  den  Geologen  das  „vindelicische  Gebirge"  genannt 
wird  und  sich  von  Böhmen  bis  zum  Schwarzwald  erstreckte ,  von  dem 
aber  keine  Spur  mehr  vorhanden  ist.  Auf  die  Devonzeit  folgt  die  Car- 
bonzeit, in  der  sich  die  Steinkohlen,  das  Anschwemmungsprodukt  der 
gewaltigen  Farnwälder  der  Urzeit,  bildeten.  Erst  am  Ende  der  Carbon- 
zeit beginnt  die  eigentliche  Bildung  der  Alpen.  Durch  Störungen  im 
Erdinnern  und  Schrumpfungen  in  der  Erdkruste  wurden  Pressungen  und 
damit  eine  Emportreibuug  der  vorhandenen  Schichten  erzeugt.  Die  Alpen 
bildeten  damals  ein  enorm  hohes  Kettengebirge ,  das  einen  vielleicht 
prächtigeren  Anblick  bot  als  jetzt.  Das  Gestein  wurde  zertrümmert 
und  die  Tagwässer  bemächtigten  sich  des  Schuttes  und  schwemmten  ihn 
zusammen;  daraus  entstand  der  Verrucano,  der  sich  wie  ein  breiter 
Gürtel  um  die  damaligen  Alpen  legte,  und  in  dem  wir  das  Trümmer- 
material der  ersten  Erhebung  zu  erblicken  haben.  Im  Osten  waren  die 
Alpen  vom  Ocean  umsäumt,  und  im  Süden  entstanden  in  der  Nähe  des 
Meeres  Vulkane.  Die  Alpen  waren  damals  das  gewaltigste  Eruptiv- 
gebiet der  Erde ;  die  Beweise  dafür  erblicken  wir  in  den  Porphyr- 
gesteinen der  Südalpen,  von  denen  die  bekanntesten  die  des  Bozener 
Gebiets  sind.  Nun  trat  eine  Ruhepause  ein,  während  der  sich  durch 
die  Thätigkeit  des  schwemmenden  Wassers  Thon-  und  Sandsteinschichten 
bildeten.  Im  Westen  der  Alpen  war  Land,  im  Osten  der  Ocean.  Zu 
dieser  Zeit  wurde  auch  das  „vindelicische  Gebirge"  zertrümmert  und 
lieferte  Material,  um  die  Tiefen  des  Meeres  auszufüllen.  In  der  mitt- 
leren Kreidezeit  fand  abermals  eine  gewaltige  Erhebung  der  Alpen  und 
zwar  besonders  im  Osten  statt.  Schon  damals  bildeten  sich  die  grossen 
Thäler  der  Ostalpen,  das  Inn-,  Salza-,  Drauthal  u.  s.  w.  Zu  jener 
Zeit  mochten  die  Alpen  ein  Bild  gewähren,  wie  das  heutige  Norwegen: 
in  die  Thäler  drangen  Fjorde  ein  und  zernagten  das  Gestein.  Das 
„vindelicische  Gebirge"  fällt  der  Erosion  anheim  und  sein  Zertrümme- 
rungsprodukt, der  Flysch,  lagert  sich  im  Norden  der  Alpenkette  an. 
Dann  drang  das  Meer  von  Osten  her  weiter  vor,  und  im  Westen  be- 
gannen  neue  Störungen,    woraus  Unmassen    von  Schutt  und  Trümmern, 


—     CXXXIII     — 

die  Molasse ,  entstanden.  Diese  Aufstauchiing  zur  Tertiärzeit  ist  die 
letzte  gewaltige  Erhebung  im  Alpengebiete.  Nun  begann  die  Gletscher- 
zeit und  damit  diejenige  grossartige  Zertrümmerung  der  Alpen,  die  bis 
in  unsere  Zeit  hereinreicht,  und  wodurch  die  Alpen  ihre  jetzige  Form 
erhielten. 

Allen  drei  Vortragenden  wurde  ungeteilter  Beifall  zu  teil.  Wäh- 
rend des  letzten  Vortrags  Hess  Hofgärtner  Schupp  von  Wolfegg  eine 
Zusammenstellung  schöner,  meist  wissenschaftlich  bestimmter  Käfer  von 
Bogamoyo  kursieren,  wie  auch  Dr.  Graf  von  Zeppelin  zahlreiche  Photo- 
graphien in  Umlauf  gesetzt  und  Landkarten  vorgelegt  hatte. 


Sitzung  in  Aulendorf  am   13.  Dezember   1894. 

In  seinen  Begrüssungsworten  teilte  der  Vorsitzende  Dr.  Freiherr 
v.  Koenig- Warthausen  mit,  dass  der  Gesamtvorstand  die  beiden  um 
den  Verein  verdienten  Herren  Prof.  Dr.  Lampert  und  Prof.  Dr.  Eberh. 
Feaas    in    Stuttgart    zu    korrespondierenden    Mitgliedern    ernannt    habe. 

Hierauf  hielt  Direktor  Dr.  Kreuser  von  Schussenried  den  ersten 
Vortrag  über  „Bau  und  Funktionen  des  Centralnerven- 
systems  der  Wirbeltiere".  Empfindung  und  Bewegung  bedürfen 
bekanntlich  der  Vermittlung  nervöser  Organe,  die  sich  schon  bei  den 
niederen  Tieren  finden,  aber  eine  weitere  Entwickelung  und  ein  Central- 
system  nur  bei  den  höheren  Tieren  erlangt  haben  und  zwar  in  der 
Wirbelsäule ,  an  deren  Spitze  sich  die  Gehirnmasse  gebildet  hat.  Bei 
den  wirbellosen  Tieren  sehen  wir  nur  die  Gangliennerven,  die  sich  in 
unmittelbarer  Nachbarschaft  des  Verdauungsapparates  finden.  Unter  den 
höheren  Tieren  ist  nur  eine  Fischart  bekannt,  die  ohne  Gehirn  ist.  Der 
Redner  behandelte  nun  die  Entwickelung  des  Rückenmarks  und  Gehirns 
in  eingehendster  Weise  vom  ersten  Anfang  durch  die  verschiedenen 
Stuten  des  Wachstums  hindurch.  Das  ausgebildete  Rückenmark  ist  ein 
Strang,  der  aus  zwei  symmetrischen  Hälften  besteht  und  durch  einen 
Centralkanal  vereinigt  ist.  Beim  Gehirn  ist  zu  unterscheiden  zwischen 
Klein-,  Gross-,  Zwischen-,  Vor-  und  Hinterhirn.  Die  davon  ausgehenden 
Nervenstränge  vermitteln  die  Verbindung  mit  den  Sinnesorganen.  Die 
einzelnen  Wirbeltierklassen  werden  nun  mit  Bezug  auf  die  Ausbildung 
der  einzelnen  Gehirnabteilungen  besprochen,  und  zur  Veranschaulichung 
werden  die  Gehirne  einzelner  Vertreter  dieser  Klassen  voi'gezeigt  und 
herumgereicht.  Bei  den  Säugetieren  und  besonders  beim  Menschen  über- 
wiegt die  Ausbildung  des  Grosshirns  und  des  Hemisphärenmantels.  Wegen 
der  eigentümlichen  Gänge  und  Windungen,  die  an  der  Oberfläche  des- 
selben sichtbar  sind,  hat  ein  alter  Naturforscher  das  menschliehe  Gehirn 
mit  einer  „Schüssel  Maccaroni"  verglichen;  erst  später  brachte  man 
Ordnung  in  dieses  Chaos.  Das  Gehirn  des  Menschen  besteht  aus  einer 
grauen  und  weissen  Masse,  deren  Querschnitte  sehr  interessante  Bilder 
geben,  die  erst  in  den  letzten  10  Jahren  genauer  studiert  worden  sind 
und  ergeben  haben,  dass  auch  der  innere  Ausbau  nach  einem  einheit- 
lichen Plan  geschehen  ist.     Die  Nervenzellen  enthalten,  wie  alle  Zellen, 


—     CXXXIV     — 

einen  Kern  und  das  Protoplasma,  und  ausserdem  gewisse  Fortsätze  und 
Fasern.  Nur  der  Nervenzelle  kommen  die  vitalen  Funktionen  zu;  die 
Nervenfasern  dienen  zur  Vermittelung  der  äusseren  Eindrücke,  die  durch 
sie  in  einen  Bewegungsvorgang,  die  Eeflexbewegung,  umgesetzt  werden. 
Dadurch  ist  das  Tier  im  stände,  sein  Leben  automatisch,  d.  h.  ohne  Hin- 
zutreten des  Bewusstseins ,  zu  erhalten.  Man  hat  einzelne  Vorgänge, 
Empfindungen  u.  s.  w.  an  bestimmten  Teilen  des  Grosshirns  oder  seiner 
Kinde  lokalisieren  wollen;  aber  diese  Versuche  sind  ebensowenig  zuver- 
lässig wie  die  Behauptungen  der  GALL'schen  Phrenologie  betr.  der  ein- 
zelnen „Organe",  Dagegen  weiss  man,  dass  das  Erinnerungsvermögen 
eine  Eigenschaft  aller  Nervenzellen  ist.  Das  Grosshirn  des  Menschen 
überrascht  nicht  nur  durch  seine  Masse,  sondern  auch  durch  die  Mannig- 
faltigkeit und  Feinheit  seines  Aufbaus.  Über  die  funktionelle  Bedeutung 
seiner  einzelnen  Teile  für  die  Begabung  eines  Menschen  oder  seine  Seelen- 
und  Verstandesthätigkeit  herrscht  noch  manche  Unklarheit.  Es  sind  in 
dieser  Beziehung  noch  viele  Beobachtungen  anzustellen;  doch  hat  die 
Wissenschaft  in  der  letzten  Zeit  aucli  in  diesem  Punkt  Fortschritte 
aufzuweisen. 

Die  Versammlung  spendete  dem  eingehenden  interessanten  Vortrag 
reichen  Beifall. 

Hierauf  ergriff  Oberreallehrer  Zoll  er  von  Altshausen  das  Wort 
zu  seinem  Vortrag  über  die  „Pflanzen-  und  Tierwelt  des  Alts- 
hauser  Altweihers".  Veranlasst  durch  einen  Vortrag ,  den  Prof. 
Dr.  Lampert  von  Stuttgart  bei  einer  der  letzten  naturkundlichen  Ver- 
sammlungen in  Aulendorf  gehalten  hat,  ist  der  Redner  daran  gegangen, 
im  letzten  Jahr  die  Flora  und  Fauna  eines  Weihers  bei  Altshausen  zu 
untersuchen,  und  die  Ergebnisse  seiner  Forschung  teilte  er  nun,  nachdem 
er  seine  Funde  den  Stuttgarter  Sammlungen  übersandt  hatte,  der  Ver- 
sammlung mit.  Der  Altshauser  Weiher  liegt  in  einer  Moränenmuhr  bei 
Altshausen  \\m\  wurde  durch  Anlegung  eines  Dammes  künstlich  zur  Er- 
zielung des  klösterlichen  Fischbedarfs  geschaffen;  wann  dies  geschehen, 
weiss  man  nicht  mehr.  Ursprünglich  l^/g  km  lang  und  ^U  km  breit, 
ist  er  jetzt  nur  noch  etwa  50  Morgen  gross  und  geht  sichtlich  seinem 
Ende  entgegen.  Die  „schwimmenden  Inseln",  die  im  Winter  auf  den 
Grund  sinken,  im  Frühling  wieder  steigen  und  dann  vom  Wind  im  See 
herumgetrieben  werden  oder  auch  festwachsen,  vermindern  die  Wasser- 
fläche mehr  und  mehr.  Von  dem  Damm  aus,  an  den  noch  vor  20  Jahren 
die  Wellen  schlugen,  erstreckt  sich  jetzt  das  feste  Land  30  m  weit  in 
den  Weiher  hinein.  Die  Tiefe  des  Wassers  beträgt  1^/^ — 3  m;  den 
Boden  des  Weihers  bildet  eine  Sumpfschicht  von  l^/g  m  Dicke.  Auf 
und  in  diesem  Weiher  hat  der  Eedner  im  letzten  Sommer  täglich  ge- 
fangen und  gesammelt,  was  er  bekommen  konnte.  Die  Aufschlüsse,  die 
er  dadurch  über  die  Pflanzen-  und  Tierwelt  dieses  eng  begrenzten  Ge- 
bietes erhielt,  sind  so  interessant  und  mannigfaltig,  dass  sie  zu  weiterer 
Forschung  antreiben.  In  botanischer  Hinsiclit  mag  erwähnt  werden, 
dass  der  Weiher  im  Frülijahr  ganz  von  Fieberklee-  und  Simsenarten 
umsäumt  ist.  Dazwischen  blühen  Lysimachien,  Solaneen,  Potamogeton 
natans  (das  schon  am   12.  Juni  in  voller  Blüte  stand,  während  es  sonst 


—    cxxxv   — 

später  ist),  Potam.  crispus,  Pofam.  lucens,  verschiedene  Hahnenfussarten, 
Sparganemn  rmnosum,  der  grosse  und  kleine  Igelskolben,  Epilohium  parvi- 
foliiim,  Potamogeton  perfoUatus,  Galium  palustre,  Mentha  aquatica  u.  s.  w. 
Eigentümlich  ist,  dass  die  Lemna-kvlQw  ganz  fehlen;  dagegen  gedeihen 
andere  Pflanzen  zu  üppiger  Höhe ;  Bumex  maximus  wird  z.  B.  über  2  m 
hoch;  der  Wasserschierling  umsäumt  den  See  bis  zu  1,80  m  Höhe.  Die 
Nymphäen  bedecken  schon  im  Juli  die  ganze  freie  Wasserfläche  und 
tragen  wesentlich  zur  Versumpfung  des  Weihers  bei.  Was  dife  Tierwelt 
des  Sees  betriift,  so  ist  er  zunächst  reich  an  Fischen;  man  findet  z.  B 
Hechte,  Barschen,  Braxen,  Rotaugen,  Karpfen  etc.  Noch  vor  vier  Jahren 
wurde  ein  1,80  m  langer  und  68  Pfund  schwerer  Weller  gefangen. 
Von  niederen  Lebewesen  flnden  sich  verschiedene  Käferarten ,  Wasser- 
wanzen und  Wasserspinnen,  Flohkrebse,  Cj^klopiden,  Wasserasseln, 
Würmer,  Schwämme  u.  s.  w. 

Der  Vorsitzende  dankte  dem  Redner  für  seinen  interessanten  Vor- 
trag und  gab  noch  einige  ornithologische  Ergänzungen  zur  Beschreibung 
des  Altshauser  Altweihers. 

Hierauf  wurde  von  Kaplan  Mönig-Saulgau  ein  vor  einigen  Tagen 
bei  Engenweiler  erlegter  und  ausgestopfter  Oedicnemics  crejntans,  Euro- 
päischer Triel  oder  Dickfuss,  vorgezeigt  und  beschrieben.  Dieser  Vogel 
hat  die  Grösse  einer  Taube,  ist  aber  schlanker  und  hat  besonders  längere, 
in  der  Mitte  verdickte  Füsse.  Er  gehört  zu  den  Regenpfeifern  und 
bildet  die  kleinste  von  9  hierzu  gehörigen  Arten.  In  Süd-  und  Südost- 
europa, auch  in  Westasien  und  Nordafrika  ist  er  ziemlich  verbreitet, 
kommt  jedoch  in  Deutschland  selten  vor.  Wenn  er  als  Zugvogel  in  der 
Mitte  März  bei  uns  eintrifft,  so  lässt  er  einen  Schrei  hören,  der  wie 
„triel"  lautet,  daher  sein  Name.  Im  Oktober  und  November  geht  er 
wieder  nach  Süden.  Sein  Lieblingsaufenthalt  sind  sandige  Flächen; 
daher  kommt  er  in  Deutschland  nur  im  Nordosten  und  in  Südbayern 
vor.  während  er  in  Württemberg  sehr  selten  ist.  Seine  Nahrung  besteht 
in  Insekten,  auch  wohl  Fröschen.  Das  Weibchen  legt  von  April  bis 
Juni  2 — 3  olivenbraun  gezeichnete  Eier.  Der  Vorsitzende  ergänzt  diese 
Beschreibung  durch  die  Mitteilung,  dass  der  Triel  sich  von  den  übrigen 
Regenpfeiferarten  dadurch  unterscheidet ,  dass  er  stets  nur  zwei  kurz- 
"bauchig-ovale  Eier  lege,  und  dass  er  in  Württemberg  nur  bei  Tannheim 
an  der  liier  gebrütet  habe. 

Den  letzten  Vortrag  hielt  Domänendirektor  Waldraff  von  Wurzach 
über  einen  vor  8  Tagen  im  Wurzacher  Ried  geschossenen,  vollständig- 
ausgewachsenen  Rakelhahn.  Nach  Linne  galt  der  Rakelhahn  für  eine 
besondere  Art  von  Waldhuhn;  erst  Hofrat  Dr.  Meyek  von  Dresden 
brachte  Klarheit  in  die  Rakelhahnfrage,  nachdem  Kronprinz  Rudolf  von 
Österreich  die  Anregung  dazu  gegeben.  Nach  Meyer  giebt  es  viele 
Bastarde  zwischen  den  verschiedenen  Hühnerarten.  Das  Rakelwild  kann 
nur  da  vorkommen,  wo  Birkwild  und  Auerwild  zu  gleicher  Zeit  balzen, 
also  nicht  in  den  Alpen,  wohl  aber  in  Schweden  und  Russland,  wo  die 
Balzzeit  beider  Arten  zusammenfällt.  Die  Kreuzung  zwischen  Auerhahn 
und  Birkhenne  ergiebt  eine  grössere  Art  als  die  zwischen  Birkhahn  und 
Auerhenne;    die  letztere  Art  kommt  aber  häuflger  vor.     Im  Wurzacher 


—     CXXXVI     — 

Kied  giebt  es  seit  einigen  Jahren  mehrere  Auerhennen,  wodurch  sich 
das  Vorkommen  des  Birkwildes  erklärt.  Der  erlegte  Eakelhahn  zeigt 
den  Birkhahntypus,  war  vollkommen  entwickelt,  lebhaft  gefärbt  und  hatte 
besonders  eine  prachtvoll  violette  Brust.  Während  die  zwei  früher  er- 
legten Exemplare  in  die  Küche  wanderten,  ziert  das  letzte  die  Sammlung 
S.  M.  des  Königs. 

Nachdem  der  Vorsitzende  noch  über  die  Untersuchungen  bezüglich 
der  Bastardierung  der  Vogelarten  gesprochen,  führte  Oberförster  Frank 
von  Schussenried,  anknüpfend  an  den  Vortrag  von  Oberreallehrer  Zoller, 
die  Erfahrungen  an,  die  er  seit  25  Jahren  als  Fischzüchter  gemacht. 
Von  lOOUO  in  den  Olzreuter  See  eingesetzten  jungen  Aalen  wurden  nur 
2 — 300  durch  die  Fischreusen  gefangen ;  die  übrigen  schienen  ver- 
schwunden zu  sein.  Von  den  eingesetzten  Zandern  ist  keine  Spur  mehr 
vorhanden. 

Nachdem  der  Vorsitzende  noch  sämtlichen  Rednern  im  Namen  der 
Versammlung  für  ihre  Vorträge  gedankt  und  den  Termin  der  nächsten 
Zusammenkunft  bekannt  gegeben  hatte,  schloss  er  die  Versammlung. 


II.  Abhandlungen. 


Schwabens  125  Vulkan-Embryonen  und  deren  tuff- 
erfüllte Ausbruehsröhren ;    das  grösste  Maargebiet 

der  Erde. 

Von  Prof.  Dr.  "W.  Branco  in  Tübingen. 

Teil  II. 

Die   Beschaffenheit  und  Entstehung  der  Tuffe   und  Basalte, 

sowie  die  Erosionsreihe  der  Maare  des  Gebietes  von  Urach. 

Aligemeines  über  Tuffe  und  Maare. 

Die  Beschaffenheit  der  Basalte  und  der  vulkanischen  Tuffe 
des  Gebietes  von  Urach. 

1.  Die  Basalte.     Melilitli-,  Neplielin-,  Feldspatbasalte. 

2.  Die  Tixffe.  Breccien-Strnktur  derselben  durch  zahllose  Einsprengunge  der 
durchbrochenen  Gesteinsmassen.  Chondritische  Struktur  der  eigentlich  vul- 
kanischen Bestandteile.  Massige  Beschaffenheit.  Untergeordnete  Schichtung. 
Diese  ist  teils  subaquatisch ,  teils  subaerisch.  Entstehung  dieser  Schichtung. 
Absonderungserscheinungen.  Die  Einschlüsse  von  Fremdgesteinen  in  den  Tuffen : 
ihre  Gestalt ;  ihre  Arten :  Schichtgesteine  und  altkrystalline  Gesteine ;  Tufi- 
stücke  anderer  Art  im  Tuffe;  Kohle?;  Mineralien.  Magnetisches  Verhalten 
des  Tuffes.  Festigkeit  des  Tuffes;  spätere  Entstehung  derselben.  Der  Schutt- 
mantel der  Tuff  berge ;  seine  Entstehungs  weise. 

Beziehungen  des  Tuffes  zur  Kultur:  Wasserhaltende  Eigenschaft;  Acker- 
und  Waldboden.     Technische  Verwendung. 

1.  Die  Basalte. 

Hinsichtlich  ihrer  mineralogischen  Beschaffenheit  sind  die  Ba- 
salte unseres  Gebietes  von  Urach  zunächst  in  einigen  Vorkommen 
durch  Zirkel  ^   untersucht   worden :    Basalt   von  Urach ,    Eisenrüttel, 


'  Untersuchungen  über  die  mikroskopische  Zusammensetzung   der  Basalt- 
gesteine.    Bonn  1870.  S.  172. 

Jahreshefte  d.  Vereins  f.  vaterl.  Natarkunde  in  Württ.   1896.  1 


Neuhausen  bei  Urach  und  vom  Sassberge  bei  Dettingen  unter  Urach. 
Bei  dieser  Bezeichnung  ergiebt  sich  einige  Schwierigkeit.  Unter 
Neuhausen  bei  Urach  wird  der  Basalt  nördhch  vom  Hof  buhl  No.  106 
gemeint  sein.  Dagegen  giebt  es  zwei  Dettingen  in  unserem  vul- 
kanischen Gebiete.  Eines  nahe  jenem  Neuhausen  (Blatt  Urach), 
das  andere  nördlich  von  Owen  (Blatt  Kirchheim  u.  T.).  Bei  keinem 
dieser  beiden  Dettingen  aber  findet  sich  Basalt,  bei  keinem  derselben 
liegt  ein  Berg,  welcher  Sassberg  genannt  würde. 

Dann  hat  Möhl  andere  Vorkommen  unseres  Gebietes  im 
Jahre  1874  untersucht^;  es  sind  das  die  folgenden:  Dietenbühl 
No.  36;  Sternberg  No.  37;  Grabenstetten  No.  126  und  zwar  von  der 
Zeige  Egelstein,  also  dasselbe  Gestein,  welches  Endriss  jetzt  (s.  später) 
als  Feldspatbasalt  erklärt  hat;  Zittelstadt  No.  125 ;  Buckleter  No.  127; 
Jusi  No.  55;  Neuhauser  Weinberg  No.  106?;  Hohenbohl  No.  86; 
Kraftrain  No.  76. 

Alle  diese  Basalte  wurden  von  den  genannten  beiden  Autoren 
als  Nephelinbasalte  beschrieben. 

Im  Jahre  1883  veröffentlichte  aber  Stelzner  eine  Arbeit  über 
Melilith  und  die  Mehlithbasalte ^.  Er  zeigte,  dass  der  von  jenen 
noch  nicht  untersuchte  Basalt  vom  Bolle  bei  Owen  No.  49  ein 
Melihthbasalt  sei.  Gleiches  wies  er  dann  aus  den  ZiRKEL'schen  Dünn- 
schliffen, welche  dieser  ihm  zur  Verfügung  gestellt  hatte,  für  die 
von  Zirkel  beschriebenen,  oben  genannten  beiden  Vorkommen  nach. 
Ebenso  ergab  sich  für  die  von  Möhl  untersuchten  Basalte  vom  Hohen- 
bohl und  Neuhauser  Weinberg,  dass  ihr  vermeintlicher  Nephelin  ein 
farbloser  Melilith  sei,  und  dass  auch  die  übrigen  bei  Möhl  genannten 
Vorkommen   ihrer   Beschreibung    nach   Melilithbasalte    sein   müssen. 

In  seiner  mikroskopischen  Physiographie  der  massigen  Gesteine^ 
hat  dann  Rosenbüsch  die  als  Melihthbasalt  erkannten  Basaltvorkommen 
unseres  Gebietes  aufgezählt. 

Dass  nun  aber  nicht  alle  Basalte  unseres  Gebietes  gleicher  Art 
sind,  bewies  ebenfalls  Stelzner*,  indem  er  den  Basalt  vom  Eisen- 
rüttel  (s.  1894  S.  979)  für  einen  nicht  nur  Melilith-,  sondern  auch 
Perowskit-freien  Nephelinbasalt  erkannte. 


1  Diese  Jabresh.  Bd.  XXX.  1874.  S.  238  und  Neues  Jahrbuch  f.  Min.,  Geol. 
u.  Pal.  1874.  S.  926.  Taf.  11  fig.  9  a. 

^  Neues  Jahrbuch  f.  Min. ,  Geol.  u.  Pal.  Beil.-Bd.  IL  1883.  S.  383 ,  384, 
399,  400. 

3  S.  807.  Aufl.  2.  Stuttgart  1887. 

*  Ebenda  S.  401. 


-     3     — 

Später  hat  E.  Fraas  das  Vorkommen  am  Gaisbühl  (No.  122) 
gleichfalls  als  emen  Nephelinbasalt  beschrieben  ^. 

Nun  kommt  Endriss  in  neuester  Zeit  für  das,  der  Zeige  ^  Egel- 
stein bei  Grabenstetten  No.  126  entstammende ,  durch  Möhl  als 
Nephelinbasalt  hingestellte  Gestein  zu  dem  Ergebnis,  dass  dasselbe 
ein  Feldspatbasalt  sei^.  Das  wäre  der  einzige  in  unserem  Gebiete 
als  Feldspatbasalt  erkannte.  In  den  beiden  Dünnschliffen,  welche 
ich  von  dem  Basalte  in  der  Zeige  Egelstein  und  dem  an  der  Strasse 
nach  Urach  No.  126  habe  anfertigen  lassen,  vermag  ich  jedoch  nur 
Melilith  und  keinen  Feldspat  zu  finden. 

So  würde  sich  also  die  bemerkenswerte  Thatsache 
ergeben,  dass  —  nach  den  Beobachtungen  jener  Forscher 
—  unser  an  festen  Basalten  immerhin  armes  Maar- 
gebiet nicht  weniger  als  drei  verschiedene  Arten  von 
Basalte  besässe:  vorwiegend  Melilith-,  untergeordnet 
aber  auch  Nephelin-  und  Feldspatbasalte. 

Zu  den  Feldspatbasalten  würde  gehören  nach  Endriss 
der  Gang  bei  Grabenstetten  No.  126. 

Als  Nephelinbasalte  sind  nur  zwei  Vorkommen  bestimmt 
worden:  am  Eisenrüttel  No.  38  und  am  Gaisberg  No.  122. 

Ob  dann  alle  übrigen  Gesteine  Melilithbasalte  sind,  oder 
ob  unter  diesen  doch  noch  einzelne  zu  einer  jener  beiden  Abteilungen 
gehören,  muss  späterer  Untersuchung  vorbehalten  bleiben. 

2.  Die  Tuffe. 
Das  Gefüge.  Das  Gefüge  der  in  der  Gruppe  von  Urach  auf- 
tretenden vulkanischen  Tuffe  ist  infolge  zahlloser  Einschlüsse  eckiger, 
dem  Tuffe  fremder  Gesteinsstücke  durchweg  dasjenige  einer  Breccie. 
Ich  würde  daher  folgerichtig  stets  von  einer  Tuffbreccie  sprechen 
müssen.  Handelte  es  sich  nun  in  dieser  Arbeit  allein  um  die  Be- 
schreibung des  Tuffes,  so  würde  ich  das  auch  gethan  haben.  Allein 
viel  wesentlicher  als  die  Beschaffenheit  des  Tuffes  ist  seine  Lagerung 
in  Gangform  und  seine  Beziehung  zu  einstigen  Maaren ;  um  diese 
handelt  es  sich  in  dem  grössten  Teile  der  vorliegenden  Arbeit.  An 
Stelle  der  unendlich  oft  wiederkehrenden  Ausdrücke  „Tuffgang,  tuf- 
fige Füllmasse ,  Tuffsäule ,  Tuffberg"  ,  würde  ich  somit  die  unschön 
klingenden  Bezeichnungen  „Tuffbrecciengang,  tuffbreccige  Füllmasse" 


'  Diese  Jahresh.  1893.  S.  8.  Anm. 
^  Zeige  ist  ein  Ausdruck  für  Flur. 

^  Bericht  über  die  26.  Versammlung  des  Oberrhein,  geolog.  Vereins.  1893.  6S. 

1* 


u.  s.  w.  angewendet  haben  müssen;  oder  ich  wäre  zu  der  steten 
schleppenden  Ausdrucksweise  „  Gang-Tuff breccie"  u.  s.  w.  gezwungen 
worden.  In  diesen  Umständen  Hegt  die  Erklärung  dafür,  dass  ich 
von  unseren  Tuffbreccien  stets  nur  als  Tuff  spreche. 

Man  darf  mir  nicht  entgegenhalten,  dass  ja  Lecocq  z.  B.  bei 
seiner  Beschreibung  der  Tuffe  von  Central-Frankreich  ^  von  „breches" 
spreche.  In  dieser  Arbeit  handelt  es  sich  eben  nicht  um  gang- 
förmige Lagerung  und  die  mit  einer  solchen  verknüpften  Ausdrücke. 

Auch  die  von  Mügge  neuerdings  vorgeschlagene  Bezeichnung 
„Tuffit"  würde  nicht  für  den  vorliegenden  Fall  passen.  Derselbe 
sagt^:  „Eine  einheitliche  Bezeichnung  für  Tuffmassen,  welche  mit 
gewöhnlichen  Sedimenten  gemischt  sind ,  fehlt  bisher ,  ebenso  für 
metamorphe  (nicht  kontaktmetamorphe)  Mischgesteine  derart;  ich 
schlage  vor,  erstere  „Tuffite",  letztere  „Tuffoide"  zu  nennen."  Es 
handelt  sich  indessen  hier  um  jene  palaeozoischen,  als  Lenneporphyre 
bezeichneten  Vulkantuffe ,  welche  in  Form  von  Asche  in  das  Meer 
fielen  und  sich  erst  auf  dessen  Boden  mit  den  Sedimenten  desselben 
mischten ;  nicht  aber  um  Tuffe,  welche,  wie  die  unserigen,  gleich  bei 
dem  Ausbruche  mit  den  Stücken  der  durchbrochenen  Sediment- 
gesteine gemischt  wurden.  Die  von  Mügge  für  erstere  vorgeschlagene 
Bezeichnungsweise  „Tuffite"  durfte  daher  nicht  auf  letztere  angewendet 
werden. 

Ebensowenig  aber  war  es  trotz  gewisser  Ähnlichkeit  statthaft, 
den  Namen  „Peperin"  zu  wählen,  da  man  mit  diesem  Ausdrucke 
Gesteine  anderer  Entstehungsweise  bezeichnet. 

Die  vulkanischen  Tuffe  derGruppe  von  Urach  er- 
halten also  durch  die  Beimengung  zahlloser,  meist 
eckiger  Fremdgesteine  fast  stets  eine  Breccienstruktur; 
stets  ist,  wenn  ich  von  unseren  Tuffen  spreche,  aus 
obengenannten  Gründen  eine  Tuffbreccie  zu  verstehen. 
Zwar  kommen  hier  und  da  einmal  kleine  Partien  vor,  welche  aus 
fast  reiner  vulkanischer  Asche  bestehen.  Aber  das  ist  verschwindende 
Ausnahme.  So  gut  wie  immer  ist  der  Asche  auch  zerschmettertes 
fremdes  Gestein  beigemengt,  welches  die  durchbrochenen  Schichten 
geliefert  haben.  Teils  ist  dasselbe  zu  kleinen  Stückchen  zertrümmert, 
teils  besteht   es  aus  grösseren  Fetzen   und  Blöcken,    welche  bis  zu 

^  Les  epoques  geologiques  de  l'Auvergne. 

*  Untersuchungen  über  die  „Lenneporphyre"  in  Westfalen  und  den  an- 
grenzenden Gebieten.  Neues  Jahrbuch  f.  Min.,  Geol.  u.  Pal.  Beil.-Bd.  VIII.  Heft  3. 
1893.  S.  707. 


—    5     — 

bedeutender  Grösse  anschwellen  können.  Die  gewaltig  grossen  Blöcke 
finden  sich  fast  immer  nur  oben  auf  dem  Gipfel  oder  auf  den  Flanken 
unserer  Tuffberge.  Tief  im  Tuffe  drinnen  stecken  meist  nur  mittlere 
und  kleine  Stücke.  Bei  den  nö-rdlichst  gelegenen  Tuffmassen,  welche 
aus  Lias  zu  Tage  treten,  fehlen  die  Riesenblöcke  fast  immer,  weil 
sie  wohl  bereits  entfernt  sind ;  auch  die  mittleren  sind  dort  im  Tuffe 
seltener,  er  führt  vorwiegend  nur  kleinere  Stücke;  vielleicht  weil 
wir  uns  hier  in  grosser  Tiefe  unter  der  damaligen  Erdoberfläche 
befinden. 

Diese  Breccienstruktur ,  so  kennzeichnend  sie  auch  für  unsere 
Tuffe  ist,  kann  jedoch  keineswegs  als  etwas  nur  unserem  Gebiete 
Zukommendes  betrachtet  werden.  Wir  finden  sie  vielmehr  bei  manchen 
Tuffen  anderer  Gebiete  ebenfalls ;  im  besonderen  auch  bei  denen, 
welche  man  in  Italien  als  Peperine  bezeichnet  (s.  später  „Die  Ver- 
gleichung  unserer  Tuffe  mit  denen  anderer  Gebiete").  Ja,  gerade 
diese  letzteren  stimmen  mit  den  unserigen  auch  noch  darin  überein, 
dass  die  Breccienstruktur  in  gleicher  Weise  durch  eingesprengte 
Stücke  weissen  Kalkes  bedingt  wird.  So  sehr  aber  auch  hierdurch 
eine  Ähnlichkeit  mit  unseren  Tuffen  hervorgerufen  wird,  so  habe  ich 
doch  nie  gesehen  oder  aus  der  Litteratur  entnehmen  können,  dass 
diese  egkigen  Bruchstücke  von  Fremdgesteinen,  abgesehen  davon, 
dass  sie  im  Tuffe  eingebettet  liegen,  ausserdem  noch  ganz  allein  für 
sich  und  unvermischt  eine  mantelförmige  Hülle  rings  um  die  Tuff- 
breccie  bilden.  Durch  diesen  Schuttmantel  sind  unsere  Tuffberge, 
wie  mir  scheint,  gegenüber  allen  anderen  bisher  bekannten  aus- 
gezeichnet; wir  werden  denselben  und  seine  Entstehung  später  be- 
trachten. 

Das  Auftreten  grosser  Massen  des  Nebengesteines  ist  übrigens 
nicht  nur  auf  vulkanische  Tuffe  bezüglich  unsere  Tuffgänge  beschränkt, 
auch  in  Erzgängen  ist  dasselbe  eine  sehr  gewöhnliche  Erscheinung. 
Ganz  wie  dort,  so  finden  sie  sich  auch  hier  bald  in  kleineren,  bald  in 
grösseren  Stücken.  Ganz  wie  dort,  so  schwellen  sie  auch  hier  zu  oft 
kolossalen  Blöcken  und  Schollen  an,  welche  noch  die  ursprüngliche 
Schichtung,  wenn  auch  in  veränderter,  aufgerichteter  oder  über- 
kippter  Lagerung,  erkennen  lassen.  Ganz  wie  dort  stammen  die- 
selben auch  hier  zum  Teil  von  den  zunächst  angrenzenden  Wänden 
der  Gangspalten,  zum  Teil  aus  höherem  Niveau,  aus  welchem  sie  in 
der  Spalte  mehr  oder  weniger  tief  hinabgestürzt  sind.  Darin  aber 
zeigt  sich  ein  schwerwiegender  Unterschied,  dass  wir  in  unseren 
Tuffgängen  auch  zahllose  Bruchstücke  solchen  Nebengesteines  finden. 


-     6     — 

welche,  aus  tieferen  Horizonten  herrührend,  in  die  Höhe  befördert 
wurden,  während  das  bei  den  Erzgängen  natürhch  niemals  der  Fall 
sein  kann,  da  es  sich  hier  nicht  um  eine  eruptive  Thätigkeit  handelt. 

Während  so  das  Gefüge  unserer  Tuffe  durch  die  zahl- 
losen eckigen  Fremdgesteine  dasjenige  einer  Breccie 
wird,  besitzt  die  eigentliche  vulkanische  Masse  der- 
selben aber  ganz  vorwiegend  eine  chondritis che  Struk- 
tur. Bei  der  Explosion  der  Gase  wurde  der  in  grosser  Tiefe  der  Aus- 
bruchsröhre verharrende,  basaltische  Schmelzfluss  zerstiebt.  Hierbei 
rundeten  sich  die  Teilchen  zu  kleinen  Kügelchen  ab,  welche  zwischen 
geringer  Grösse  und  derjenigen  von  Erbsen  schwanken,  jedoch  der 
Regel  nach  weit  unter  der  Grösse  letzterer  bleiben. 

Im  Jahre  1875  hat  Anger  ^  bereits  den  Tuff  des  Karpfenbühl 
von  Urach,  von  Owen  und  der  Gutenberger  Steige  mikroskopisch 
untersucht,  aber  noch  als  Feldspatbasalt-Tuff  beschrieben. 

Dann  hat  im  Jahre  1879  Penck^  in  seiner  Arbeit  „über  Pala- 
gonit-  und  Basalttuffe"  ebenfalls  mehrere  Tuffe  unseres  vulkanischen 
Gebietes  mikroskopisch  untersucht.  Es  sind  das  die  Vorkommen 
von  Owen,  Dettingen  bei  Urach  und  Karpfenbühl.  Dem  Stande  der 
damaligen  Anschauung  gemäss  beschreibt  er  die  Lapilli  derselben  noch 
als  zu  den  Nephelinbasalten  gehörig.  Aber  Rosenbusch  ^  hebt  hervor, 
dass  man  bei  der  Schilderung  mancher  Nepheline  an  Melilith  denken 
möchte,  was  wohl  auch  der  Fall  ist. 

Endlich  führt  Endriss^  an,  dass  nach  seinen  Untersuchungen 
ein  Teil  der  Tuffe  zum  Melilith,  ein  anderer  zum  Nephelinbasalt  ge- 
höre. Zu  den  ersteren  rechnet  er  die  Tuffe  von  Aichelberg,  Lim- 
burg, Randeck,  Diepoldsburg,  Schopfloch,  Hochbohl,  Bolle  bei  Owen, 
Jusi,  Dettinger  Weinberg.  Dagegen  als  Nephelinbasalt-Tuff  erkannte 
er  denjenigen  des  Rangenbergle. 

Ich  sagte,  dass  bei  unseren  Tuffen  die  chondritische  Struktur 
ganz  allgemein  verbreitet  ist.  Unter  dem  Mikroskop  zeigt  sich,  dass 
die  zahlreichen  kleinen  Basaltkügelchen  und  Stückchen  durch  ein 
Cement  von  Kalkspat  verkittet  sind.  Dieses  Bindemittel,  welches 
sich  aus  der  Zersetzung  der  dem  Tuffe  so  massenhaft  beigemengten 


1  Tschermak's  Mineralog.  Mitteilungen.  1875.  S.  169. 

2  Zeitschrift  d.  Deutschen  geolog.  Ges.  Bd.  XXXI.  1879.  S.  540. 

2  Mikroskopische  Physiographie  der  massigen  Gesteine.  2.  Aufl.  Stuttgart 
1887.  S.  810. 

*  Zeitschr.  d.  deutschen  geolog.  Ges.  1889.  Bd.  XLI.  S.  103  und  S.  116 
Aum.  2. 


Weiss- Jurakalke  herschreibt,  zeigt  Aggregat-Polarisation.  Ausser 
dem  Melilith  bezw.  auch  Nephelin  treten  dieselben  Mineralien  auf, 
welche  sich  in  den  Basalten  finden.  Zahlreiche  Magnetite  und  Olivin, 
letztere  in  allen  Zersetzungsstadien,  selten  Augit,  Hornblende,  Biotit. 
Sodann  hat  Penck  aber  auch  die  Anwesenheit  von  Perowskit  und 
in  manchen  der  Kügelchen  von  Glas  nachgewiesen. 

Ausser  den  zahllosen  kleinen  Kügelchen  kommen  jedoch  auch 
noch  grössere  Kugeln ,  bis  zum  Umfange  einer  Walnuss  vor.  Bis- 
weilen bestehen  diese  letzteren  wesentlich  aus  Olivin,  welcher  jedoch 
bereits  in  serpentinige  Masse  übergegangen  ist. 

Aber  auch  im  Innern  der  kleinen  Kügelchen  findet  sich  häufig 
ein  Olivinkern ,  welcher  hier  noch  frisch ,  dort  in  eine  rötliche ,  da 
bereits  in  eine  grünliche  Masse  verwandelt  ist. 

In  vielen  Fällen  ist  der  Tuff  durchtränkt  mit  weisser  kalkiger 
bezw.  zeolithischer  Substanz ,  welche  die  Zwischenräume  zwischen 
den  Kügelchen  und  den  grösseren  Stücken  von  Fremdgesteinen  aus- 
füllt. Bei  solcher  Beschaffenheit  tritt  dann  das  chondritische  Gefüge 
um  so  deutlicher  hervor,  indem  sich  nun  die  dunklen  Kugeln  von 
der  hellen  Zwischenmasse  scharf  abheben.  Da  unter  den  Fremd- 
gesteinen die  kleineren  Kalkstücke  des  Weiss-Jura  durch  die  Hitze 
dunkel  gebrannt  und  die  kleinsten  derselben  dann  ebenfalls  nicht 
selten  rundlich  abgerieben  sind,  so  kann  man  sie  bei  flüchtigem  Zu- 
sehen mit  den  echten  vulkanischen  Chondren  verwechseln. 

Bisweilen  ist  die  ganze  vulkanische  Masse  des  Tuffes,  also  ab- 
gesehen von  den  Fremdgesteinen,  in  ein  dunkelgrünes,  dichtaus- 
sehendes ,  serpentiniges  Gestein  verwandelt.  Hier  hat  offenbar  ein 
besonders  starker  Auswurf  von  Olivin  stattgefunden.  Bei  geeigneter 
Verwitterung  lässt  sich  aber  auch  bei  solcher  Beschaffenheit  noch 
das  chondritische  Gefüge  erkennen.  Dieselbe  Struktur  zeigen  auch 
viele  Tuffe  des  Hegaus.  Dieselben  führen  ebenfalls  zahlreiche  kleine 
Lapilli  von  Melilithbasalt,  welche  in  ihrem  Gefüge  an  die  Chondren 
der  Meteorite  erinnern  ^ 

Ausser  den  vorher  erwähnten  walnussgrossen  Kugeln,  welche 
einen  serpentinigen  Kern  besitzen,  finden  sich  hier  und  da  auch 
etwas  grössere  rundliche  Basaltstücke  mit  grossen  Hornblende-  und 
Glimmer-Krystallen ;  so  z.  B.  am  Bützlesberg  No.  68. 

Dagegen  ist  ganz  besonders  hervorzuheben  das  Fehlen  grösserer 

^  Cushing  und  W einsehe uk:  Zur  genauen  Kenntnis  der  Phonolithe 
des  Hegaus.  Mineralog.  und  petrograph.  Mitteilungen  von  Tschermak  1893. 
Bd.  XIII.  S.  18—38,  170. 


Basaltstücke  in  den  Tuffen.  Es  giebt  ja  in  anderen  Gebieten  Gänge, 
welche  mit  Reibungsbreccien  bezw.  Konglomeraten  von  Besalt  er- 
füllt sind,  welche  also  aus  einem  Haufwerke  von  Basaltstücken  be- 
stehen. Derartiges  kommt  in  unserem  Gebiete  nicht  vor.  Es  handelt 
sich  hier  überall  nur  um  fein  zerstiebten  Schmelzfluss,  welcher  letztere 
in  der  Röhre  offenbar  in  so  grosser  Tiefe  verblieb,  dass  es  zu  einer 
Ausfüllung  derselben  mit  Reibungsbreccien  des  Basaltes  gar  nicht 
kommen  konnte.  Da,  wo  man  im  Tuffe  einmal  grössere  Basaltkugeln 
oder  Stücke  findet,  kann  man  sicher  sein,  dass  sie  nicht  von  Aus- 
würflingen herrühren,  sondern  die  in  Stücke  zerfallene  Apophyse 
eines  im  Tuffe  aufsetzenden  Basaltganges  sind. 

Schwarze  Gläser  haben  sich  im  Randecker  Maar  No.  39,  sowie 
in  mehreren  Stücken  am  Florian  No.  101  und  dem  Bettenhard 
No.  96  gefunden.  Das  sind  jedoch  höchst  wahrscheinlich  keine  vul- 
kanischen ,  sondern  menschliche  Erzeugnisse ,  welche  dorthin  ver- 
schleppt wurden. 

Im  Gegensatze  zu  diesen  chondritischen  Tuffen  kommen  auch 
ganz  fehikörnige  Aschentuffe  vor;  so  z.  B.  am  S.- Abhänge  des 
Aichelberges  No.  75.     Doch  sind  das  seltenere  Erscheinungen. 

Die  Farbe  des  Tuffes  ist  im  frischen  Zustande  eine  dunkel- 
graue bis  blaue.  Bei  der  Verwitterung  geht  dieselbe  in  das  Gelb- 
liche über.     Doch  kommt  auch  grüne  Färbung  vor. 

Massigen  ndgeschichteteLagerung.  Durch  die  eckigen 
fremden  Beimengungen  erhalten  also  unsere  Tuffe  eine  Breccien- 
struktur.  Im  grossen  und  ganzen  ist  diese  Tuffbreccie  massig, 
ungeschichtet,  wenn  sie  auch  bisweilen  Absonderungserschei- 
nungen zeigt,  welche  kugelschalig  oder  etwas  schichtenähnlich  sind. 
In  Sonderfällen  kommt  aber  auch  geschichteter  Tuff  vor.  Das 
Niveau,  in  welchem  diese  Tuffschichten  auftreten,  kann  ein  sehr 
verschiedenes  sein.  Fast  immer  finden  sie  sich,  da  wo  sie  überhaupt 
erscheinen,  im  obersten  Horizonte  der  Tuffsäule;  und  dann  werden 
sie  wohl  meist  subaquatisch  gebildet  worden  sein,  indem  der  Maar- 
kessel sich  in  einen  See  verwandelte.  Das  Randecker  Maar  No.  39 
bietet  uns  den  Schlüssel  für  diese  Frage.  Dort  haben  wir  folgendes 
Profil  von  oben  nach  unten: 

Tertiäre  Süsswasserschichten. 

Geschichteter  Tuff  wenig  mächtig. 

Massiger  Tuff,  den  ganzen  Kanal  in  die  Tiefe  hinab  füllend. 

Hier  ist  die  Sache  zweifellos. 

Ebenso  zweifellos  ist  sie  beim  Maar,    S.  von  Hengen  No.  15, 


—     9     - 

wo  sich  versteinerte  Schnecken  im  Tuffe  fanden,  wenn  dieser  auch 
selbst  keine  deuthche  Schichtung  zeigte. 

Vermuthch  gleicher  Entstehung  ist  die  Schichtung  bei  der 
Diepoldsburg  No.  40 ,  bei  der  Limburg  No.  77 ,  wo  jedoch  der  ge- 
schichtete Tuff  nur  aus  verstürzten  Stücken  bekannt  ist,  an  der 
Wittlinger  Steige  No.  63,  oben  am  Jusiberg  No.  55,  bei  Erkenbrechts- 
weiler  No.  31  und  Grafenberg  No.  108 ,  an  welchen  beiden  Orten 
Deffner  Schichtung  beobachtete  * ;  auch  bei  dem  Maar  No.  59  an 
der  Steige  Urach- Böhringen  wird  es  sich  so  verhalten,  dort  liegen 
die  Schichten  im  Niveau  des  Weiss-Jura  y. 

In  allen  diesen  Fällen  liegt  der  Tuff,  oder  lag  doch  einst  das 
jetzt  abgestürzte  Stück  desselben,  wie  beim  Eandecker  Maar  im 
obersten  Horizonte  der  Tuffsäule. 

Aber  wir  finden  in  ganz  seltenen  Fällen  auch  in  tiefen  Hori- 
zonten des  den  Kanal  füllenden  Tuffes  eine  Schichtung  und  dann 
ist  sie  sicher  subaerisch.  So  am  Jusi  No.  55  unten  im  Bruche 
östlich  von  Kappishäuser-Vorderweiler.  Wenn  man  den  gewaltigen 
Durchmesser  des  Kanales  bedenkt,  in  welchem  beim  Jusi  der  Tuff 
sich  ablagerte ,  so  wird  man  es  sehr  gut  für  möglich  halten ,  dass 
sich  hier  an  einzelnen  Stellen  der  Tuff  beim  Niederfallen  aus  der 
Luft  in  Schichten  absetzte.  Von  Wasserwirkung  kann  hier  unten 
in  der  Tiefe  der  Röhre  jedenfalls  keine  Rede  sein. 

Ebenso  macht  die  am  Aichelberg  No.  75 ,  an  dem  S.-Ende 
des  Berges  bemerkbare  leise  Schichtung  den  Eindruck  subaerischer 
Entstehung.  Wenn  sie  auch  am  Berge  selbst  nicht  sehr  tief  liegt,  so 
muss  man  erwägen ,  dass  man  sich  im  Niveau  des  Braun-Jura  a 
befindet.  Ergänzt  man  sich  daher  in  Gedanken  die  jetzt  so  weit 
abgetragene  Tuffsäule  bis  hinauf  in  den  Weiss-Jura  d  und  e,  so 
leuchtet  ein ,  dass  man  sich  hier  sogar  in  noch  tieferem  Niveau 
der  Säule  befindet  als  beim  Jusi,  wo  jene  fraglichen  Schichten  im 
Niveau  des  obersten  Ober  Braun-Jura  liegen.  Dass  diese  Auffassung 
der  Schichtung  als  einer  subaerischen  das  Richtige  trifft,  wird  da- 
durch erwiesen,  dass  ich  bei  einem  in  jüngster  Zeit  stattgefundenen, 
abermaligen  Besuche  an  der  bezeichneten  Stelle  schon  keine  Schich- 
tung mehr  erkennen  konnte.  Die  betreffende  Masse  war  abgestürzt 
und  hinter  derselben  kam  nun  ungeschichteter  Tuff  zum  Vorschein. 

Genau  das  Gleiche  gilt  von  den  zarten  Schichten  am  Georgen- 
berg 121,    welche   an  dem  heutigen  Tuffberge  zwar  ziemlich    hoch. 


^  Beg'leitvvorte  zu  Blatt  Kirchheiin.  S.  28  u.  30. 


-     10     — 

aber  an  der  Tuffsäule  doch  fast  ebenso  tief  wie  dort,  im  Niveau 
des  Braun-Jura  ß  liegen. 

Auch  vom  Karpfenbühl  No.  65  behauptet  Schübler,  dass  er 
deutliche,  nach  N.  fallende  Schichtung  zeige  \  Das  beruht  aber 
auf  einer  Verwechselung  von  Absonderungserscheinungen 
mit  echter  Schichtung.  Solche  Absonderungserscheinungen  kommen 
häufig  bei  festen  Eruptivgesteinen  vor  und  können  oft  einer  Schich- 
tung ziemlich  ähnlich  sehen.  Wir  finden  sie  bei  unseren  Tuffen 
nicht  selten.  Stets  sind  sie  aber  leicht  von  Schichtung  durch  die 
ungleichmässige  Dicke,  überhaupt  unregelmässige  Gestalt  der  schein- 
baren Schichten  gekennzeichnet ;  vor  allem  jedoch  dadurch,  dass  diese 
ganz  steil,  ungefähr  im  Sinne  des  jedesmaligen  Bergabhanges,  einfällt. 

So  fand  ich  also  unter  etwa  120  Tuff  gangen  eine 
Wasser-Schichtung  nur  in  9  Fällen.  Dazu  kommen 
noch  einige  weitere,  in  welchen  zwar  keine  Schich- 
tung, dafür  aber  Versteinerungen  beobachtet  wurden. 
Das  ist  sehr  wenig.  Indessen  wahrscheinlich  ist  sie 
viel  häufiger  vorhanden,  jedoch  unter  dem  Schutt- 
mantel von  Weiss-Jura-Stücken  verborgen.  Ich  habe 
sicher  nicht  alle  vorhandenen  Spuren  derselben  ge- 
funden. Sicher  aber  ist  sie  früher  viel  häufiger  vor- 
handen gewesen.  Es  werden  gewiss  zahlreiche  un- 
serer Maarkessel  Wasserbecken  gebildet  haben.  Aber 
im  ganzen  Vor  lande  der  Alb  sind  die  53  Tuffsäulen  meist 
schon  mindestens  bis  in  das  Niveau  des  Unter en  Braun- 
Jura  hinab  abgetragen.  Mit  ihrem  oberen  Teile  ist 
daher  auch  das  geschichtete  oberste  Ende  der  Tuff- 
säule längst  verschwunden,  welches  einst  im  Niveau 
des  Weiss-Jura  ß,  y  oder  d  gelegen  hat.  Nur  in  Ausnahme- 
fällen also  werden  wir  hier  noch  ein  Stück  geschichteten  Tuffes 
erwarten  können,  welches  der  Zerstörung  entrann.  Solche  Aus- 
nahmefälle aber  giebt  es ;  und  durch  diese  wird  auch  für  das  heutige 
Vorland  der  Alb  bewiesen,  dass  diese  Tuffsäulen  einst  oben  auf  der 
damahgen  Alb  in  Maarkessel  aushefen.  Oben  auf  der  Alb  fehlen 
heute  in  den  38  Maaren  fast  durchweg  die  Aufschlüsse,  sonst 
würden  wir  hier  gewiss  die  dort  vorhandene  Schichtung  sehen. 
Wo  irgendwelche  Aufschlüsse  sind,  finden  wir  sie  daher  hier:  So 
am  Randecker  Maar  No.  39,  am  Maar  S.  von  Hengen  No.  15.    Auch 


*  Württembergische  Jahrbücher   von  Memrainger.   Stuttgart  1824.  S.  165. 


—   11   — 

am  Steilabfalle  der  Alb  findet  sich  mehrfach  Schichtung,  d.  h.  also 
da,  wo  die  Alb-Maare  angeschnitten  sind,  so  bei  den  obengenannten 
No.  63,  31,  59.  So  selten  daher  jetzt  Schichtung  im  oberen 
Niveau  uns  erer  Tuffsäulen  zu  sehen  ist,  so  häufig  wird 
sie  doch  ursprünglich  vorhanden  gewesen  sein. 

Absonderungserscheinungen.  Ich  habe  bereits  gesagt, 
dass  ziemlich  häufig  bankartige  Absonderungserscheinungen  auf- 
treten, bei  welchen  das  Fallen  meist  steil  nach  allen  Seiten  im  Sinne 
des  Bergabhanges  stattfindet.  Aber  auch  kugelförmige  Absonderung 
findet  sich  hier  und  da ,  wenngleich  nie  in  der  Weise  vollkommen, 
wie  das  bei  festen  Eruptivgesteinen  der  Fall  sein  kann.  Bemerkens- 
wert ist,  dass  auch  in  den  Tuffbreccien  der  Auvergne  sich  beides 
beobachten  lässt. 

Ganz  dieselbe  mantelförmige  Absonderungserscheinung  zeigt 
sich  auch  bei  den  Tuffgängen  im  südlichen  Schottland  ^.  Das  was 
ich  hier  als  Absonderung  bezeichne,  erklärt  Geikie  dort  für  subaerische 
Schichtung.  Dieser  Unterschied  der  Auffassung  wird  wesentlich  im 
Namen  liegen.  Die  Absonderung  muss  einen  Grund  haben  und  dieser 
wird  im  folgenden  zu  suchen  sein.  Bei  der  Ausfüllung  der  Röhre 
mit  Tuff  wurde  letzterer  emporgeschleudert  und  bildete  dann  beim 
Niederfallen  im  Innern  der  Röhre  einen  Kegel,  welcher  durch  immer 
neu  sich  herabsenkende  Massen  in  ungefähr  mantelförmigen  Hüllen 
sich  vergrösserte.  Das  gab  die  erste  Veranlassung  zur  Entstehung 
der  steil,  im  Sinne  des  jetzigen  Bergabhanges  fallenden,  unregel- 
mässigen, schichtenähnlichen  Absonderung.  Durch  allmähliches  Sich- 
setzen der  ganzen  Masse  trat  sie  dann  schärfer  hervor.  Wie  man 
sieht,  ist  eine  derartige  Absonderung  nur  dem  Grade  nach  von  deut- 
licher, subaerischer  Schichtung  unterschieden. 

Die  Einschlüsse  von  Fremdgesteinen  im  Tuffe 
haben  schon  frühzeitig  die  Aufmerksamkeit  der  Forscher  auf  sich  ge- 
zogen. Bereits  1834  auf  der  12.  Versammlung  deutscher  Naturforscher 
und  Arzte  legte  Kürr  vulkanische  Gesteine  aus  dem  Ries,  Hegau  und 
dem  Nordabhange  der  Alb  vor,  die,  wie  er  sagte,  „durch  ihre  Ein- 
schlüsse merkwürdig  sind"  ^.  Wir  wollen  dieselben  hinsichtlich  ihrer 
Gestalt  und  ihrer  Art  nacheinander  betrachten. 

Die  Gestalt  der  Fremdgesteine  des  Tuffes  ist  eine  ver- 

^  s.  den  späteren  Abschnitt  „Vergleichung  ....  Gangförmig  gelagerte  Tuffe 
an  anderen  Orten  der  Erde". 

^  Medizin.  KorrespondcDzbl.  des  Württ.  ärztlichen  Vereins.  Bd.  IV.  1834. 

S.  77. 


—     12     — 

schiedene.  Entweder  sind  sie  ganz  scharfeckig  und  kantig,  und  das 
findet  bei  der  so  erdrückenden  Mehrzahl  aller  statt,  dass  man  sagen 
kann,  es  sei  die  Regel.  Oder  aber,  und  das  kommt  nur  bei  gewissen 
derselben  vor ,  sie  sind  mehr  abgerundet ,  aber  doch  nur  insoweit, 
als  das  bei  mehr-  und  vielfachem  Ausgeworfemverden  und  Zurück- 
fallen in  den  Schlund  und  der  dadurch  bedingten  Reibung  eintreten 
kann.  Nie  sind  diese  Stücke  der  Fremdgesteine  so  rund  gerollt  wie 
die  Flussgerölle  ^.  Nie  sind  sie  derartig  glattgeschliffen  und  geschrammt 
wie  die  durch  Gletscher  verfrachteten  Geschiebe  es  sein  können. 

Wenn  man  die  verschiedenen  Arten  dieser  Einschlüsse  hinsicht- 
lich ihrer  Gestalt  miteinander  vergleicht,  so  fällt  auf,  dass  die  den 
geologisch  jüngeren  Schichten  angehörigen  Gesteinsstücke  —  be- 
sonders also  diejenigen  der  Juraformation  —  eckig  und  kantig  sind. 
Die  geologisch  älteren  mehr  gerundet,  wie  die  Granite.  Es  ist  das 
sehr  erklärlich;  denn  letztere  hatten  einen  viel  längeren  Weg  im 
Ausbruchskanale  zurückzulegen  als  erstere.  Indessen  ist  das  Ver- 
halten der  Granite  ein  so  verschiedenes,  dass  ich  hier  Deffner 
citieien  möchte^. 

„Das  Vorkommen  des  Granits  findet  stets  in  einzelnen  Stücken 
statt,  meist  in  der  Grösse  einer  Faust,  seltener  bis  zu  Kopfgrösse. 
Der  umfangreichste  bis  jetzt  vorgekommene  Klotz,  nunmehr  der  vater- 
ländischen Sammlung  einverleibt,  wiegt  7  Centner  und  stammt  vom 
Floriansberg.  Die  Stücke  sind  selten  scharfkantig,  sondern  abgerundet, 
und  zwar  oft  nur,  wie  im  Rohen  vorgearbeitet,  oft  aber  vollständig 
glatt  wie  Bachgerölle.  Viele  von  ihnen  zeigen  konzentrisch  schalige 
Absonderung  in  zwei  und  drei  übereinanderliegenden  Schalen.  Dass 
dies  keine  ursprüngliche  Bildung,  sondern  die  Wirkung  einer  nach 
vollendeter  Abrundung  thätigen  Ursache,  wahrscheinlich  der  Ver- 
witterung ist,  geht  aus  der  mit  der  äusseren  Geschiebeform  immer 
parallelen  Lage  der  Schalen  auf  das  überzeugendste  hervor.  Am 
auffallendsten  aber  sind  die  kantigen  glattgeschliffenen  und  glatt- 
gedrückten polyedrischen  Formen ,  bei  denen  man  zuweilen  nach- 
weisen kann,  dass  das  Stück  zuerst  abgerundet  wurde  und  dann  erst 
seine  Facetten  erhielt.  Man  trifft  derartige  Formen,  welche  beinahe 
die  Regelmässigkeit  von  Krystallen  zeigen,  bis  zu  solchen,  bei  welchen 
nur  eine  Seite  eben  geschliffen ,  die  andere  noch  kugelförmig  ab- 
gerundet ist.    Ja,  es  kommen  Stücke  mit  einwärts  gerichteten  Ecken 

^  Nur  am  Hofbühl  bei  Metziugen  fanden  sich  wirklich  im  Wasser  gerollte 
Kalksteine  (s.  1894  S.  918). 

2  Diese  Jahresh.  1873.  S.  123. 


-     13     — 

oder  anderen  Vertiefungen  vor,  deren  konkave  Flächen  gleichfalls 
geglättet  sind. 

Fragt  man  sich,  auf  welche  Weise  solche  Gestaltungen  ent- 
stehen konnten,  so  ist  zunächst  sicher,  dass  eine  Abrollung  durch 
fliessendes  Wasser  nicht  stattgefunden  haben  kann,  da  dieses  keine 
Facetten  zu  bilden  im  stände  ist.  Auch  sämtliche  Gletscherkundige, 
denen  die  Stücke  vorlagen,  sind  der  Ansicht,  dass  solche  Formen 
unter  den  heutigen  Gletscherprodukten  nirgends  zu  finden  seien. 
Um  die  untrügbare  stattgehabte  Stellung  und  Bewegung  der  Stücke 
zu  erklären ,  bleibt  daher  nur  der  eine  Weg ,  von  unten  durch  den 
Kraterkanal  herauf,  übrig.  Hiernach  wären  diese  Granite  nicht  von 
aussen  und  von  fremder  Lagerstätte  in  die  Tuffe  geführt,  sondern  an 
Ort  und  Stelle  entstanden,  indem  sie  durch  die  vulkanische  Thätigkeit 
in  der  Tiefe  losgebrochen  und  mit  den  übrigen  Eruptionsprodukten 
ans  Licht  gefördert  wurden.  Bei  dem  tausendfältigen  Spiel  des 
Emporschleuderns  und  Zurückfallens  oder  des  langsamen  Empor- 
gepresstwerdens  in  der  Umhüllung  einer  Tuffausfüllung  des  Krater- 
kanals werden  sich  die  harten  Gesteine  abgerollt  und  zu  jenen  ge- 
schiebeähnlichen Formen  abgeglättet  haben  ^ 

Die  polyedrischen,  geschliffenen,  facettierten  Gerolle  aber  lassen 
sich  wohl  nach  dieser  Weise  nicht  erklären.  Bei  näherer  Unter- 
suchung findet  man ,  dass  alle  diese  facettierten  Gerolle  in  zwei 
Klassen,  die  eine  mit  glatter  deutlich  geschliffener  Oberfläche,  die 
andere  zwar  auch  mit  geebneter,  aber  rauherer,  wie  Kokos  die  Haut 
leicht  ritzender  Aussenseite  zu  trennen  sind.  Während  das  Gestein 
der  ersten ,  glattgeschliffenen  Klasse  im  Innern  keine  Veränderung 
zeigt,  hat  das  der  zweiten  immer  eine  deutliche  schwächere  oder 
stärkere  Metamorphose  erlitten,  und  zwar  eine  Metamorphose,  welche 
durch  Einwirkung  einer  sehr  hohen  Temperatur  auf  das  Gestein  ver- 
ursacht ist.  Dasselbe  zeigt  poröses  zackiges  Gefüge,  der  Feldspat 
öfters  Sanidinglanz,  die  Kontaktstellen  des  Glimmers  mit  dem  Feld- 
spat sind  häufig  blasig  aufgebläht  und  einzelne  Stücke  zeigen  die 
Kanten  durch  glasglänzendes  Email  abgerundet.  Viele  sind  auch  mit 
einer  schwarzen  blasigschlackigen  dünnen  Haut  überzogen.  Letztere 
verwittert  zwar  ziemlich  leicht  und  geht  in  einen  schwarzen  erdigen 


*  Wenn  Deffner  hier  auch  klar  eine  Entstehung  der  Tuffe  an  Ort  und 
Stelle  annimmt,  so  spricht  er  doch  an  anderer  Stelle  von  einer  Mitwirkung  des 
Eises  hei  der  Bildung  unserer  Tuffberge  und  lässt  es  an  dritter  Stelle  unent- 
schieden, oh  Eis  oder  etwa  eine  grosse  Wasserflut  mitgewirkt  hahen.  S.  darüber 
später:  „Die  Entstehung  der  Tuffe." 


—     14     — 

Überzug  über,  der  aber  meist  an  irgend  einer  Stelle  noch  die  ursprüng- 
liche Glasur  erkennen  lässt.  Die  äussere  Form  all  dieser  Stücke 
lässt  nun  deutlich  erkennen,  dass  sie  in  einem  durch  hohe  Temperatur 
etwas  verweichten  Zustande  einem  starken  seitlichen  Drucke  aus- 
gesetzt waren,  der  sie  in  die  Formen  ihrer  Umhüllung  presste  und 
so  jene  kantigen  ebenflächigen  Stücke  mit  Hohlecken  und  rauher 
Oberfläche  hervorbrachte,  die  wir  jetzt  in  den  Tuff"en  des  Metzinger 
Weinbergs  eingebettet  finden. 

Die  andere  glatte  Klasse  der  facettierten  GeröUe  dagegen  zeigt 
keinerlei  Veränderung  in  der  Substanz  des  Gesteins  und  der  An- 
schliff der  Facetten  ist  bei  ihnen  auf  rein  mechanischem  Wege  zu 
erklären.  Entweder  konnten  die  Stücke  dadurch  abgeschliffen  werden, 
dass  sie,  in  die  Tuffmassen  der  Kraterausfüllung  eingebettet,  mit 
diesen  im  Kraterkanal  auf-  und  abstiegen  und  sich  hierbei  an  einem 
härteren  Gestein  abrieben ,  bis  sie  endlich  einmal  umkanteten  und 
eine  neue  Seite  zum  Abreiben  darboten.  Oder  konnten  sich  auch 
die  Stücke  in  den  Kraterwandungen  festklemmen  und  hier  durch  die 
vorbeipassierenden  Auswürflinge  in  gewissen  Richtungen  glatt  ge- 
schliffen werden,  bis  sie  durch  einen  grösseren  Stoss  gedreht  und 
endlich  ans  Tageslicht  gefördert  wurden."     Soweit  Deffner. 

Man  darf  sich  nun  aber  nicht  etwa  vorstellen,  dass  zahlreiche 
solcher  mit  Flächen  versehenen  Granite  vorkommen.  Ganz  im  Gegen- 
teil, sie  sind  so  selten,  dass  man  wohl  sagen  kann,  die  Granite  sind 
der  Regel  nach  gerundet-eckig  oder  rundlich. 

Die  Zahl  der  Fremdgesteine  ist  eine  überaus  grosse.  Am 
häufigsten  sind  entschieden  diejenigen  des  Weissen-Jura.  Man  darf 
aber  nicht  vergessen,  dass  diese  auch  infolge  ihrer  hellen  Farbe  dem 
Auge  gegenüber  am  aufdringlichsten  wirken,  so  dass  dann  ihre  Zahl 
noch  grösser  im  Verhältnis  zu  derjenigen  der  anderen  erscheint,  als 
sie  das  ohnedies  schon  ist.  Gerade  diese  Weiss- Jurakalke  geben 
unseren  Tuffen  das  Scheckige,  Marmorierte,  indem  ihre  eckigen  Stücke 
hell  aus  der  grauen  bis  schwärzlichen  Farbe  des  Tuffes  hervorleuchten. 

In  zweiter  Linie  hinsichtlich  der  Zahl  kommen  wohl  die  Stücke 
des  Braun-Jura,  demnächst  diejenigen  des  Lias.  Alle  anderen  Schicht- 
gesteine sind  viel  seltener.  Am  häufigsten  fallen  noch  die  roten 
Keuperthone  auf.  Aber  ich  wähle  diesen  Ausdruck  absichtlich,  weil 
wieder  die  rote  Farbe,  weil  so  auffällig,  sich  vordrängt  und  uns 
täuscht.  Dagegen  ragen  die  altkrystallinen  Massengesteine,  an  man- 
chen Punkten  wenigstens,  wieder  an  Zahl  hervor. 

Wir  können   also  ganz    allgemein  sagen:     Die  Verhältnis- 


—     15     — 

zahl  der  Fremdgesteine  hängt  ab  von  ihrem  Alter  und 
ihrerHärte.  Die  geologisch  j  üngsten  ,  zuoberst  liegen- 
den Weiss- Juras  chichten  sind  am  häufigsten  vertreten. 
Die  geologisch  ältesten,  am  tiefsten  liegenden  Stücke 
des  Rotliegenden  und  Buntsandsteines  am  seltensten. 
Das  ist  sehr  erklärlich:  der  weitere  Weg,  den  sie  beim  Ausbruch 
zurückzulegen  hatten,  endete  für  dieselben  meist  mit  völligem  Zerrieben- 
werden. Doch  mag  geringere?  Mächtigkeit  auch  mitwirken.  Die 
allerältesten,  altkry stallinen  Gesteine,  wie  die  Gra- 
nite, sind  dagegen  an  manchen  Orten  wieder  häufiger, 
weil  sie  so  sehr  viel  härter  sind  alsjene,  also  sich  besser  er- 
halten konnten.  Auch  hier  aber  mag  die  grosse  Mächtigkeit  der  durch- 
bohrten Gesteinsreihe  mit  in  Frage  kommen.  Trotz  ihrer  Härte 
sind  die  Granite  am  meisten  abgerundet,  weil  sie  den 
weitesten  Weg  zurückzulegen  hatten,  wie  wir  das  oben 
sehen. 

Die  Arten  der  Fremdgesteine  in  den  Tuffen  sind  von 
besonderem  Interesse  für  uns,  weil  sie  uns  Kunde  geben  von  dem 
Vorhandensein  oder  Fehlen  der  betreffenden  Schichten  in  der  Tiefe 
unseres  vulkanischen  Gebietes. 

Über  die  dem  Jura  angehörigen  dieser  Fremdgesteine  ist  bei 
Absehen  von  der  Metamorphose,  welche  ein  Teil  derselben  erlitten 
hat,  nichts  zu  sagen.  Sie  gehören  eben,  wie  durch  Gesteinsbeschaffen- 
heit und  Versteinerungen  bewiesen  wird,  der  durchbrochenen,  wohl- 
bekannten Juraformation  an. 

Ebensowenig  können  die  harten  Sandsteine  desKeupers  ver- 
kannt werden,  unter  welchen  wohl  der  Stubensandstein  am  verhältnis- 
mässig häufigsten  erscheint.  Auch  rote  Keuperthone  treten  bisweilen, 
wie  am  Aichelberg  No.  74  und  am  Götzenbrühl  No.  87,  in  grossen 
Fetzen  auf;  sonst  auch  in  kleineren  Stücken. 

Alle  tieferen  Schichten  aber,  mit  Ausnahme  der  altkrystallinen 
Gesteine,  sind  viel  seltener  und  oft  schwer  zu  deuten.  Was  zunächst 
den  Muschelkalk  anbetrifft,  so  findet  sich  dieser  bemerkenswerter- 
weise nur  an  zwei  Punkten,  an  der  Sulzhalde  No.  117  und  im  Kräuter- 
buckel No.  116.  Beide  Stellen  befinden  sich  nahe  von  Raid- 
wangen,  d.  h.  nahe  dem  Neckar;  sie  gehören  also  den  nördHchsten 
unserer  Tuffe  an.  Dass  diese  beiden  Punkte  zweifellosen  Muschel- 
kalk gehefert  haben,  weil  derselbe  hier  wie  dort  auch  erbohrt  wurde, 
ist  an  betreffender  Stelle  erwähnt  worden.  Von  einer  weiteren 
Orthchkeit    führt    ihn    zwar    noch    ein    älterer    Autor,    ich    denke 


—     16     — 

Schwarz  \  auf,  allein  das  ist  mir  fraglich.  Wir  finden  nämlich 
Muschelkalk  -  ähnliche  Gesteine  sehr  vielfach:  rauchgraue,  dichte 
Kalke,  die  jedoch  dem  durch  die  Hitze  umgewandelten  Weissjura 
angehören^,  das  mag  auch  Schwarz  getäuscht  haben.  Man  darf  nun 
wohl  annehmen ,  dass  ein  so  festes  Gestein ,  wie  der  Muschelkalk, 
wenn  es  unter  unserem  Jura  im  vulkanischen  Gebiete  anstände ,  auch 
bei  den  Ausbrüchen  mit  ausgeworfen  sein  würde ;  ebensogut ,  wie 
das  bei  den  altkrystallinen  Gesteinen  der  Fall  ist.  Wenn  diese  Über- 
legung, wie  ich  meine,  das  Richtige  trifft,  so  würde  man  schliessen 
dürfen,  dass  der  Muschelkalk,  welcher  ja  weiter  nach  N.  zu  Tage 
ausstreicht,  gegen  S.  nur  noch  im  nördlichsten  Teile  unseres  vulka- 
nischen Gebietes  in  der  Tiefe  ansteht;  weiter  nach  S.  hin  dagegen 
fehlt.  Übereinstimmend  damit  wäre  dann  das  Verhalten  im  Ries,  wo  ja 
auch  der  Muschelkalk  unter  den  Auswürflingen ,  also  in  der  Tiefe, 
gänzlich  fehlt. 

Buntsandstein  und  Rotliegendes  scheinen  sicher  vorhanden  zu 
sein,  aber  sie  sind  selten.  Dem  Buntsandstein  gehören  kleine 
rote  Sandsteinstücke  an.  Dem  Rotliegenden  kann  ein  arkose- 
artiges  Gesteinsstück  zugerechnet  werden,  aber  ich  bin  mir  dessen 
keineswegs  sicher.  Da  jedoch  Deffner  unter  den  von  ihm  gemachten 
Erfunden  Buntsandstein  und  Rotliegendes  mehrfach  und  ohne  zweifeln- 
den Zusatz  aufführt,  so  dürfen  wir  wohl  als  sicher  annehmen,  dass 
diese  Schichten  wirklich  in  der  Tiefe  anstehen. 

Ausführlicher  müssen  wir  die  Reihe  der  altkrystallinen 
Gesteine,  welche  aus  grösster  Tiefe  emporgerissen  wurden,  be- 
trachten: Granitische  und  Gneisse,  während  die  Glieder  der  Glimmer-  ? 
und  Thonschiefergruppe  hier  wie  im  Ries  fehlen. 

Hornblende-Gesteine  gehören  zu  den  grössten Seltenheiten. 
Deffner^  erwähnt  ein  Stück  Diorit  vom  Aichelberg  bei  Boll  No.  74. 
Vom  Rangenbergle  bei  Eningen  No.  120  citiert  er  einen  hornblende- 
haltigen  Granit,  bei  welchem  jedoch  dies  Material  nachträglich  erst 
durch  Umwandlung  aus  dem  schwarzen  Glimmer  hervorgegangen 
sein  soll. 

Die  Granite  sind  im  Gegensatze  zu  den  hornblendehaltigen 
Gesteinen  ganz  allgemein  verbreitet.    Damit  ist  freilich  nicht  gesagt, 


^  Ich  kann  leider  das  von  mir  ausgeschriebene  Citat  nicht  mehr  finden, 
denke  aber,  dass  ich  diese  Bemerkung  bei  Schwarz  gelesen  habe  in:  Reine 
natürliche  Geographie  von  Württemberg.  1832.  Stuttgart,  bei  Ebner. 

"^  s.  unter  metamorphe  Umvirandlungen. 

^  Begleitworte  zu  Blatt  Kirchheim  u.  T.     S.  69.  Nachträge. 


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dass  sie  an  jedem  Tuffpunkte  häufig  sind.  Im  Gegenteil,  sie  wurden 
an  einzelnen  derselben  noch  gar  nicht  gefunden,  an  anderen  nur 
vereinzelt.  Massenhaft  dagegen  lassen  sie  sich  sammeln  nur  an 
wenigen  Stellen :  Am  Höslensbühl,  im  Humpfenthale  S.  von  Nürtingen 
No.  118;  am  Florian  NO.  von  Metzingen  No.  101;  am  Rangenbergle 
N.  von  Eningen  No.  120;  am  Grafenberg  NO.  von  Metzingen 
No.  108. 

Bemerkenswerterweise  liegen  diese  Punkte,  wie  schon  Deffner 
bemerkt,  ziemlich  auf  einem  ungefähr  SSW.  nach  NNO.  streichenden 
schmalen  Streifen,  in  und  neben  welchem  zu  gleicher  Zeit  auch  eine 
auffallend  starke  Zusammenscharung  von  Ausbruchspunkten  statt- 
findet. Indessen  findet  sich  doch  auch  an  wohl  allen  anderen  Punkten 
granitisches  Gestein;  und  ich  habe  hier  wie  vorher  absichtlich  von 
Finden  und  Sammeln,  nicht  von  Vorkommen,  gesprochen.  Ersteres 
hängt  eben  ganz  von  dem  jeweiligen  künstlichen  und  natürlichen 
Aufschlüsse  ab.  Es  mag  ein  Tuffgang  in  dem  gegenwärtig  von  der 
Erdoberfläche  bewirkten  Anschnitte  zufällig  gar  keine  oder  seltene 
Granite  darbieten,  während  sie  doch  einige  Meter  höher  oder  tiefer 
in  derselben  Tuffsäule  vielleicht  zahlreich  vorkamen  bezw.  vorkom- 
men werden.  Wir  können  nicht  erwarten,  dass  eine  mehr  als  600  m 
lange  senkrechte  Tuffsäule  überall  dieselbe  Durchschnittszusammen- 
setzung  besitzen  wird.  Das  allgemeine  Vorkommen  der  Granite 
aber  mivss  betont  werden.  Bei  sorgsamem  Suchen  finden  sich, 
mindestens  einzelne  Stöcke,  gewiss  an  allen  Orten. 

Was  nun  die  Art  der  gefundenen  Granite  anbelangt,  so  hat 
Deffner  dieselben  zum  Gegenstande  einer  besonderen  Untersuchung 
gemacht,  welche  in  dieser  Zeitschrift  veröffentlicht  worden  ist  ^ 

Das  gemeinsame  Merkmal  aller  ist  der  durchgängige  Gehalt 
an  Pinit,  dessen  Umwandlung  in  Glimmer  sich  deutlich  verfolgen 
lässt.  Innerhalb  dieser  allgemeinen  charakterisierten  Gruppe  unter- 
scheidet nun  Deffner  die  folgenden  Arten,  welche  ich  hier  mit  seinen 
Worten  wiedergeben  möchte.  Es  ist  das  von  Wichtigkeit  darum, 
weil  derartige  Gesteine,  wie  Deffner  feststellte,  weder  im  Schwarz- 
wald noch  in  den  Alpen  auftreten. 

„1)  Dunkelgraue  Granite  und  Gneisse  mit  schwarzem,  röt- 
lich schimmerndem  häufigem  Glimmer,  sehr  wenig  Pinit,  weissem 
Orthoklas,  einem  weissen  klinotomen  Feldspat  und  weissen  Quarz- 
körnern.   Hauptfundort:  Rangenbergle   bei  Eningen,  Höslensbühl  bei 


>  Diese  Jahresh.  1873.  Bd.  XXIX.  S.  121—130. 

Jahreshefte  d.  Vereine  f.  vaterl.  Naturkunde   in  Württ.  1896. 


—     18     — 

Nürtingen,  seltener  am  Florian.  Durch  Abnahme  des  Glimmergehalts 
und  feineres  Korn  findet  der  Übergang  zu  hellgrauem  Weissstein 
statt,  der  sich  durch  grosse  Härte  und  deshalb  schöne  Geröllformen 
auszeichnet.     Hauptvorkommen  am  Florian. 

2)  Ein  zweiter  allmähhcher  Übergang  endigt  in  einem  beinahe 
glimmerfreien  sehr  pinitreichen  Gestein  mit  weissem  Orthoklas  und 
Quarz  und  seltenem  weissem  klinotomem  Feldspat.  Diese  Bestand- 
teile sind  bei  körniger  Struktur  zu  einem  weiss  und  grün  gefleckten 
Gestein  verbunden.  Durch  eine  der  parallelen  sich  nähernden  An- 
ordnung der  Bestandteile  erhält  es  eine  zu  schieferigen  sich  neigende 
Textur  und  denkt  man  sich  den  Pinit  in  Glimmer  umgewandelt,  so 
erhält  man  den  Übergang  von  der  körnigen  Granit-  in  die  faserige 
Gneissstruktur.  Das  nur  weiss  und  grün  gefleckte  Pinitgestein  bildet 
unter  sämtlichen  Eruptivgesteinen  dieser  Art  einen  klar  ausgesproche- 
nen Typus,  den  man  einstweilen  bis  zu  genauer  Feststellung  der 
Bestandteile  als  weissen  Pinitgneiss  bezeichnen  könnte.  Charak- 
teristisch für  denselben  ist  das  häufige  accessorische  Auftreten  von 
Graphit  in  kleinen  Schuppen. 

3)  In  die  Konstitution  dieses  Gesteins  tritt  bald  ein  hochroter 
klinotomer  Feldspat,  der  auch  im  Ries  in  ähnlichen  tertiären  Graniten 
auftritt  und  hier  eine  hervorragende  Rolle  spielt.  Und  wenn  die 
Mengen  des  roten  Feldspats  und  des  weissen  Orthoklases  und  Quarzes 
mit  dem  Pinit  das  Gleichgewicht  halten,  so  bekommt  man  bei  gröbe- 
rem Korn  ein  buntscheckiges  Gestein  in  Weiss,  Grün  und  Rot.  Bei 
feinerem  Korn  aber  nimmt  es  einen  täuschend  eklogitähnlichen  grttn- 
roten  Schimmer  an.  Es  ist  ein  so  typisch  ausgesprochenes  Gestein, 
das  sich  von  den  übrigen  Graniten  so  wesentlich  unterscheidet,  dass 
das  Bedürfnis,  es  benennen  zu  können,  nicht  abzuweisen  ist.  Man 
könnte  es  nach  einem  seiner  Fundorte  vorläufig  und  bis  zu  weiterer 
Untersuchung  Florianit  nennen.  Am  schönsten  und  häufigsten 
findet  es  sich  übrigens  auf  dem  Grafenberg  und  dem  Geigersbühl 
und  fehlt  an  keinem  granitführenden  Punkte  zwischen  Rangenberg 
und  Höslensbühl  gänzlich. 

4)  Eine  weitere  Abänderung  entsteht,  wenn  aus  dem  weiss- 
gefleckten,  sowie  aus  den  rotscheckigen  Pinitgraniten  No.  2  und 
No.  3  der  Quarz  und  Orthoklas  ausscheiden.  Es  bleibt  dann  ein 
sehr  basisches  Gestein  übrig,  das  nur  aus  Pinit  und  einem  klino- 
tomen  Feldspat  besteht,  und  in  einem  Fall  grün  und  weiss,  im  ande- 
ren grün  und  rot  gefleckt  erscheint.  Beide  finden  sich  auf  dem 
Grafenberg  und  dem  Geigersbühl,    das  rote  mehr  auf  ersterem,  das 


—     19     — 

weisse  mehr  auf  letzterem.  Ganz  ähnlich  zusammengesetzte  Gesteine, 
welche  nur  statt  des  Pinits  sein  Äquivalent  an  Glimmer  enthalten, 
sind  durch  Delesse  als  Kersanton  aus  der  Bretagne  näher  bekannt 
geworden.  Man  kann  hiernach  dieses  Gestein  als  Pinitkersanton 
bezeichnen.  Von  dem  weissen  Pinitkersanton  finden  sich  Stücke, 
welche  sich  äusserlich  von  dem  Kersanton  von  Brest  kaum  unter- 
scheiden lassen.  Für  den  roten  Pinitkersanton  des  Grafenbergs 
scheint  aber  bis  jetzt  ein  analoges  Glimmergestein  zu  fehlen. 

5)  Wieder  eine  andere  Art  entsteht  aus  dem  grüngefleckten 
Pinitgranit  No.  2 ,  wenn  der  Pinit  zurücktritt.  Je  mehr  dies  der 
Fall  ist,  desto  feiner  verteilt  werden  die  Pinitteilchen ,  welche  sich 
deshalb  zusammenhanglos ,  grossenteils  in  weissen  Kaliglimmer  ver- 
wandeln konnten.  Das  vollkommen  weisse,  aus  Orthoklas,  Quarz 
und  Kaliglimmer  bestehende  Gestein  ist  ein  vollkommener  Pegmatit 
im  Sinne  Delesse's,  der  nur  noch  kleine  Stellen  noch  nicht  voll- 
kommen umgewandelten  Pinits  enthält.  Vorkommen:  Geigersbühl. 

6)  Endlich  findet  sich  auf  dem  Grafenberg  und  dem  Geigers- 
bühl echter  Granu lit.  Der  Glimmer  des  Pegmatits  ist  verschwunden 
und  es  bleibt  ein  rein  weisses,  oft  Schiefertextur  annehmendes  Gestein, 
in  welchem  der  Quarz  sich  deutlich  in  parallel  liegenden  Lamellen 
absondert.  Accessorisch  tritt  eine  grosse  Zahl  kleiner  blassroter 
Granaten  auf.  Auch  auf  dem  Sternberg  findet  sich  Granulit,  aber 
dunkelgrau,  von  feinstem  Korn,  wie  der  von  Penig  in  Sachsen." 

Qüenstedt  ^  erwähnt,  dass  er  auf  dem  Basalte  des  Eisenrüttel 
No.  38  eine  Gneissscholle  gefunden  habe,  und  dass  dasselbe  sich 
auch  auf  den  Feldern  südöstlich  vom  Übersberge,  westlich  Würtingen 
liege.  Ob  verschleppt,  das  wage  er  nicht  zu  entscheiden.  Das  Ge- 
stein, welches  in  der  Tübinger  Sammlung  liegt,  ist  ein  grauer  Gneiss. 
Es  zeigt  weissen  Feldspat,  schwarzfin  Glimmer  und  kleine  rote 
Granaten.  Ebenso  fand  sich  Gneiss  im  Tuffe  des  Maars  von  Feld- 
stetten  No.  5,  wie  Qüenstedt^  berichtet.  Ferner  spricht  Deffner 
über  graue  Pinitgneisse  unter  No.  1  der  auf  S.  17  dieser  Arbeit 
aufgeführten  Gesteine.  Auch  im  Rangenbergle  No.  120  und  an  anderen 
Orten  kommt  er  vor,  doch  ist  er  weit  seltener  als  der  Granit. 

Auch  Glimmerschiefer  fehlt  nicht  gänzlich,  wenn  er  auch 
sehr  selten  ist.  Deffner  erwähnt  ihn  nicht.  Quenstedt  aber  führt 
ihn  aus  dem  Tuffe  des  Maars  von  Feldstetten  No.  5  auf.    Ich  habe 


'  Begleitworte  zu  Blatt  Urach.  S.  12. 

*  Begleitworte  zu  Blatt  Blaubeuren.  S.  19. 

2* 


—     20     — 

ein  Stück  bei  dem  Tuffgange  SO.  von  Böttingen  No.  3  gefunden. 
Da  dasselbe  jedoch  in  einem  Steinhaufen  am  Wege  lag,  so  ist  der 
Erfund  mit  Misstrauen  zu  betrachten,  v/enngleich  offenbar  die  Steine 
des  Haufens  von  dem  benachbarten  Felde  abgelesen  waren  und,  weil 
verändert,  sicher  zum  Teil  aus  dem  Tuffe  stammten. 

Einschlüsse  von  Tuffstücken  im  Tuffe.  Eine  eigen- 
artige Erscheinung ,  welche  uns  in  wenigen  Fällen  begegnet ,  liegt 
darin,  dass  sich  in  dem  Tuffe  nicht  nur  zahllose  Bruchstücke  der 
durchbrochenen  Jura-  u.  s.  w.  Gesteine  finden,  sondern  auch  solche 
eines  anderen  Tuffes.  Eine  solche  Erscheinung  ist  nicht  so  einfach 
zu  erklären  wie  das  Vorkommen  von  Stücken  der  durchbrochenen 
Granite  und  Sedimentschichten.  Diese  bedingen  nur  eine  einmalige 
Ausbruchszeit ,  die  Tuffeinschlüsse  aber ,  wenigstens  teilweise ,  eine 
zweimalige,  lassen  jedoch  auch  eine  andere  Erklärungsweise  zu. 
Es  muss  daher   die  Untersuchung   in  jedem  Einzelfalle   entscheiden. 

Auf  die  einfachste  Weise  kann  ein  Einschluss  von  Tuffstücken 
im  Tuffe  zu  stände  kommen  durch  Verrutschung.  Das  ist  offenbar  der 
Fall  bei  der  Limburg  No.  77,  s.  1894  S.  857.  Dort  finden  wir  nämlich 
in  massigem  Tuffe  Einschlüsse  von  Stücken  geschichteten  Tuffes. 
Dieser  letztere  entstammt  offenbar  dem  Kopfe  des  saiger  stehenden 
Tuffganges.  Der  Kopf  bildete  den  Boden  des  in  einen  See  ver- 
wandelten Maarkessels.  Auf  diesem  Boden  setzte  sich  geschichteter 
Tuff  ab.  Bei  der  Herausarbeitung  der  Tuffsäule  aus  dem  Körper 
der  Alb  und  bei  dem  allmählichen  Niedrigerwerden  des  so  entstan- 
denen Tuffberges  rutschten  Stücke  des  geschichteten,  oben  liegenden 
Tuffes  an  den  Flanken  des  Berges  in  ein  tieferes  Niveau,  in  welchem 
die  Säule  nur  aus  massigem  Tuffe  besteht.  Hier  wurden  sie  in 
Abrutschmassen  dieses  letzteren  oder  aber  des  Schuttmantels  ein- 
gebettet. 

Bei  der  Limburg  lässt  sich  diese  Erscheinung  jedenfalls  viel 
ungezwungener  auf  die  obige  Weise  erklären,  als  durch  die  Annahme, 
dass  durch  einen  in  jüngerer  Zeit  erfolgten  zweiten  Ausbruch  Stücke 
des  geschichteten  Tuffes  in  massigen  hineingerieten. 

Zweifellos  ebenso  nur  von  oben  herabgestürzt  ist  der  bemerkens- 
werte rote  Tuffblock  mit  tertiären  Schnecken,  welcher  im  Maar 
S.  von  Hengen  No.  15  unten  im  Niveau  des  massigen  Tuffes  ge- 
funden wurde. 

Höchlt  wahrscheinlich  ganz  dasselbe  gilt  von  dem  geschichteten 
Tuffe,  welcher  am  Maar  bei  der  Diepoldsburg  No.  40  unten  in  der 
Schlucht  im  Niveau  des  ungeschichteten  Tuffes  liegt. 


—     21     - 

Möglicherweise  auf  gleiche  Art  zu  erklären  sind  die  Stücke 
geschichteten  Tuffes,  welche  am  Maar  an  der  Wittlinger  Steige 
No.  63  im  ungeschichteten  auftreten. 

Auch  im  Randecker  Maar  No.  39  findet  sich  im  Wasserriss 
an  der  W.-Seite  (bei  No.  11  der  Fig.  11  1894)  geschichteter  Tuff 
im  Niveau  des  ungeschichteten.  Oben  darüber  liegt  deutlich  der 
Tuff  in  Schichten ,  und  wenn  auch  das  grosse ,  am  Abhänge  dort 
aufgeschlossene  geschichtete  Stück  nicht  den  Eindruck  des  Ab- 
gerutschten macht,  so  wird  doch  die  Sache  kaum  anders  zu  erklären 
sein.  Wir  befinden  uns  dort  am  Rande  des  Maarkessels  mit  seinem 
steilen  Gehänge,  von  welchem  alles,  was  demselben  auflagert,  natür- 
lich dem  Mittelpunkte  des  Kessels  zustrebt. 

Anders  und  schwieriger  liegen  dagegen  die  Dinge  in  den  nun 
zu  besprechenden  Fällen ,  welche  w^ir  der  Reihe  nach  betrachten 
müssen. 

An  dem  oben  bereits  erwähnten  Maar  bei  der  Diepoldsburg 
No.  40  finden  wir  ausserdem  noch  umgekehrt  im  geschichteten, 
oberen  Tuffe  Einschlüsse  des  unteren,  massigen.  An  der  den  Tuff- 
gang durchschneidenden  Steige  haben  wir  das  folgende  Profil: 

oben:     gelblicher    geschichteter    Tuff,    mit    etwa    25"    in    das 
Innere  des  Maares  hineinfallend.     Eingeschlossen  finden 
sich  grosse,    nicht   gerollte  Stücke    des   unterlagernden 
grünen  Tuffes. 
unten :    grünlicher  massiger  Tuff. 

Zuvörderst  würde  man  sich  über  die  Natur  der  Schichtung 
klar  werden  müssen.  Allein  es  lässt  sich  leider  an  dieser  Stelle 
nicht  völlig  sicher  entscheiden,  ob  dieselbe  in  einem,  den  Boden  des 
Maarkessels  erfüllenden  Wasserbecken  entstanden  ist  oder  ob  sie 
durch  Herabfallen  aus  der  Luft  gebildet  wurde,  ob  sie  also  sub- 
aquatisch  oder  subaerisch  ist. 

Bei  subaerischer  Entstehung  derselben  werden  wir  wohl  zu 
der  Annahme  zw^eier,  zu  verschiedenen  Zeiten  erfolgter  Ausbrüche 
gedrängt.  Zuerst  erfüllte  sich  der  Ausbruchskanal  mit  massigem 
Tuffe.  Dann,  aber  erst  als  dieser  bereits  verfestigt  war,  also  längere 
Zeit  nachher,  fand  ein  zweiter  kleiner  Ausbruch  statt,  bei  welchem 
nun  oben  auf  dieser  ungeschichteten  Masse  sich  beim  Herabfallen 
aus  der  Luft  der  Tuff'  in  Schichten  absetzte.  Hierbei  wurden  Stücke 
des  durchbrochenen  massigen  Tuffes  ebenfalls  mit  ausgeworfen  und 
kamen  so  in  die  Schichten.  Wegen  der  Länge  der  Zeit,  welche 
wohl  zwischen  beiden  Ausbrüchen   verstrichen   sein   musste,    gefällt 


—     22     — 

mir  diese  Erklärung  nicht  recht.  Es  handelt  sich  ja  bei  unseren 
Maaren  nur  um  ein  kurzes  Eintagsleben  des  Vulkanismus.  Auch  ist 
es  an  sich  wahrscheinlicher,  dass  die  Schichtung  des  Tuffes,  wie 
beim  Randecker  Maar  No.  39,  eine  subaquatische  ist. 

Wenn  nun  dies  der  Fall  wäre,  dann  gäbe  es  wohl  nur  die 
folgende  Erklärung:  der  ursprünglich  ausgeworfene  massige  Tuff  er- 
füllte nicht  nur  die  Röhre,  sondern  lag  auch  auf  den  inneren  Abhängen 
des  Maarkessels.  Dort  verfestigte  er  sich.  Später,  als  der  Kessel 
zum  Maarsee  geworden  war,  rutschten  Stücke  dieses  verfestigten 
Tuffes  von  dem  Gehänge  ab  und  kamen  so  in  die  Schichten  hinein. 

Dass  der  Kessel  sich  nicht  sofort  nach  dem  Aufhören  des 
Ausbruches  in  ein  Wasserbecken  verwandelt  haben  kann,  ist  klar. 
Der  lose ,  den  Kanal  erfüllende  Tuff  musste  sich  erst  cementieren, 
um  einen  wasserdichten  Boden  des  Sees  bilden  zu  können.  So  lange, 
bis  er  cementiert  war ,  musste  das  Wasser  wie  durch  ein  Sieb  in 
die  Tiefe  laufen.  In  derselben  Zeit  aber,  in  welcher  der  die  Röhre 
erfüllende  Tuff  zu  festem  Gestein  wurde,  konnte  es  auch  der  auf 
den  inneren  Abhängen  liegende  werden,  wenigstens  zum  Teil.  Das 
was  lose  blieb  oder  verwitterte,  wurde  allmählich  in  den  See  hinab- 
gespült und  bildete  dort  Schichten.  Das  was  fest  blieb,  rutschte 
in  Stücken  hinab  und  wurde  von  den  Schichten  eingeschlossen. 

Die  Annahme,  dass  sich  nur  einzelne  Partien  des  Tuffes  auf 
dem  inneren  Gehänge  verfestigten,  hat  nichts  Unnatürliches.  Auch 
in  Sauden  finden  wir  auf  solche  Weise  durch  Quellen  verfestigte 
Stellen,  die  zum  Teil  so  fest  sind,  dass  sie  zu  Mühlsteinquarzen 
gebrochen  werden,  während  das  Übrige  loser  Sand  bleibt.  Die  Zapfen 
im  tertiären  Fohsande  Oberschwabens,  die  Lössmännchen,  die  festen 
Stellen  im  weichen  Löss  sind  auf  gleiche  Weise  entstanden  und  von 
loser  Masse  umgeben  geblieben.  Ob  das  aber  hier  die  richtige  Er- 
klärung ist,  wer  will  das  sagen? 

Wiederum  anders  liegen  die  Dinge  beim  Götzenbrühl  No.  87. 
Dort  findet  sich  dunkler,  fester  Tuff"  in  Stücken  im  loseren,  helleren. 
Beide  sind  massig.  Der  dunkle  steht  im  Innern  des  Hügels  nahe 
dem  Basalt  an  und  scheint  durch  Kontaktwirkung  fest  und  dunkel 
geworden  zu  sein.  Der  helle  liegt  aussen  herum.  Hier  werden  wir 
zu  der  Annahme  zweier  zeitlich  verschiedenen  Ausbrüche  gedrängt. 
Es  braucht  hier  jedoch  nur  eine  ganz  kurze  Spanne  Zeit  zwischen 
beiden  zu  liegen.  Mit  dem  ersten  Ausbruche  stieg  zugleich  auch 
der  Basalt  empor  und  verfestigte  im  Kontakte  an  einer  Stelle  den 
Tuff.     Bei  dem   zweiten  wurden   von    diesem   hart  und    dunkel    »e- 


—     23     — 

wordenen  Tuffe  Stücke  losgerissen  und  in  den  weichen  loseren  ein- 
gebettet. 

Ganz  ebenso  werden  wir  die  Verhältnisse  bei  dem  benachbarten 
Hohenbohl  No.  86  erklären  können ,  da  sich  dort  auch  ein  Basalt- 
gang findet.  Dort  hegen  ebenfalls  Stücke  blaugrauen,  festen  Tuffes 
in  hellerem,  weicherem. 

Unter  den  im  ganzen  rund  120  Tu  ff  gangen  finden 
wir  also  nur  bei  einer  verschwindend  kleinen  Minder- 
zahl, sieben,  die  Erscheinung,  dass  sich  im  Tuffe  Ein- 
schlüsse von  Tuffstücken  anderer  Art  zeigen. 

Wie  bei  Besprechung  der  Absonderungserscheinungen  (S.  11), 
so  ist  auch  hier  hervorzuheben ,  dass  bei  den  mit  den  unserigen  so 
gleichartigen  vulkanischen  Bildungen  Süd-Schottlands  ebenfalls  Stücke 
älteren  Tuffes  als  Einschlüsse  in  dem,  die  Röhre  erfüllenden  jüngeren 
Tuffe  erscheinen  ^. 

Schliesslich  haben  wir  unter  den  Einschlüssen  auch  noch  an- 
geblicher Stücke  von  Kohle  zu  gedenken.  Ich  habe  nie  Derartiges 
gefunden,  auch  Deffner  und  Qüenstedt  berichten  nie  über  solche 
Erfunde.  Aber  Schübler  ^  erwähnt  aus  dem  Tuffe  des  Karpfenbühl 
„Bruchstücke  von  glänzender  Pechkohle".  Da  er  des  schlackigen 
Magneteisens  nicht  Erwähnung  thut ,  so  könnte  man  meinen ,  dass 
er  vielleicht  dieses  mit  seinen  glänzenden  Bruchflächen  für  glänzende 
Pechkohle  gehalten  habe.  Dieselben  Bruchstücke  von  „glänzender 
Pechkohle,  welche  man  als  Seltenheit  in  der  übrigen  Masse  ein- 
gewachsen findet"  will  Schübler  auch  im  Tuff  des  Jusi  gefunden 
haben  ^. 

Auch  Hehl"^  führt  Pechkohle  aus  dem  Basalttuff  auf,  jedoch 
ohne  nähere  Angabe  des  Fundortes.  Da  von  Hehl  ausserdem  Magnet- 
eisen genannt  wird,  so  scheint  hier  eine  Verwechselung  mit  diesem 
ausgeschlossen.  Ob  er  aber  die  Kohle  selbst  gesehen  hat  oder  etwa 
nach  Schübler  berichtet,  das  vermag  ich  nicht  zu  erkennen  ''. 


^  s.  den  späteren  Abschnitt:  „Vergleichung  ....  Gangförmig  gelagerte  Tuife 
an  anderen  Orten  der  Erde." 

^  Der  Karpfenbühl  bei  Dettingeu  unter  Urach ,  ein  Basalttufffelsen  mit 
magnetischer  Polarität.  Württembergische  Jahrbücher  von  Memminger.  Stutt- 
gart 1824.  S.  163—170. 

3  Ebenda.  S.  369. 

*  Die  geognostischen  Verhältnif<se  Württembergs.     Stuttgart  1850.  S.  12. 

*  Es  sei  anhangsweise  noch  zweier  anderer  derartiger  Angaben  gedacht, 
welche  sich  jedoch  wohl  nicht  auf  Funde  im  Tuff  beziehen  dürften. 

Chr.  F r.  S a 1 1 1  e r  (Topographische  Geschichte  des  Herzogthum's  Würtem- 


-     24     — 

An  und  für  sich  ist  es  sehr  wohl  denkbar,  dass  bei  einem 
Ausbruche  ein  Baumstamm  in  den  die  Röhre  erfüllenden  Tuff  ge- 
raten sein  könnte.  Namentlich  in  den  Fällen,  in  welchen,  wie  die 
Einschlüsse  von  geschichtetem  Tuffe  in  ungeschichtetem  verraten 
(S.  20) ,  zwei  zeithch  von  einander  zu  unterscheidende  Ausbrüche 
aus  derselben  Röhre  stattfanden.  Hier  konnte  in  dem  ursprünglichen 
Maarkessel  sich  bereits  eine  Vegetation  gebildet  haben,  welche  bei 
dem  zweiten  Ausbruche  im  Tuffe  eingebettet  wurde.  In  den,  den 
unserigen  so  gleichartigen  Bildungen  des  südlichen  Schottlands  ist 
das  sogar  eine  sehr  häufige  Erscheinung  ^.  Bei  uns  aber  fehlt  dieselbe 
entweder  ganz  oder  tritt  doch  nur  als  äusserste  Ausnahme  auf. 

Die  Mineralien,  welche  in  unseren  Tuffen  vorkommen,  bilden 
nur  eine  kleine  Reihe:  Magnesiaglimmer,  Hornblende,  seltener  Augit, 
Olivin,  schlackiges  Magneteisen.  Dazu  sekundär  gebildete  Kalkspat- 
krystalle  und  zeolithische  Substanz.  Die  Kalkspate  kommen  besonders 
bemerkenswert  im  Bolle  bei  Owen  vor,  von  wo  Ledze  sie  beschrieb ". 

Als  ein  sehr  seltenes  Mineral  ist  der  Zirkon  zu  erwähnen,  welches 
Deffner  im  Tuffe  bei  der  Teckburg  No.  34  fand  ^.  Hehl  ^  giebt  auch 
Quarz  an,  jedoch  ohne  nähere  Bezeichnung  eines  Fundortes.  Dieser 
Quarz  stammte  vielleicht  von  zerfallenen  Granitstücken  her.  Bemerkens- 
wert ist  es,  dass  im  südlichen  Schottland  (s.  die  vorvorige  Anm.) 
Quarz  ein  in  den  Tuffgängen  ziemlich  häufig  auftretendes  Mineral  ist. 

Ein  polarer  Magnetismus  kommt  sowohl  bei  unseren  Tuffen 
als  auch  Basalten  vor.  An  einem  Stücke  Basalttuff  des  Karpfen- 
bühl No.  65  bei  Dettingen  hat  Schübler  mehrfache  Pole  beobachtet 
und  nachgewiesen,  dass  sich  an  der  südlichen  Kante  des  Berges 
die  Magnetnadel  vöUig  umkehrte^. 

berg.  Stuttgard.  1784.  S.  387)  sagt,  dass  man  unter  dem  Teker-Berg  (auf  welchem 
die  Tek-Burg  steht)  Gagat  treffe.  Hier  handelt  es  sich  anscheinend  um  Oberen 
Braun-Jura. 

Sodann  thut  W.  H.  Korn  in  seiner  Geographie  Württembergs  bei  Be- 
schreibung der  Umgegend  von  Reutlingen  den  Ausspruch :  „Der  Kugelberg  (s.  sub 
No.  30  der  Schuttmassen)  hat  Spuren  von  Steinkohlen,  welche  bisher  bloss  darum 
noch  nicht  gesucht  worden  sind,  weil  kein  Holzmangel  war."  (Geographie  und 
Statistik  Wirtembergs.  Theil  I.  1787;  Theil  II.  1804.  S.  388.) 

^  s.  später  „Vergleichung  ....  Gangförmig  gelagerte  Tuffe  an  anderen 
Orten  der  Erde". 

-'  Diese  Jahresh.  1880.  Jahrg.  36.  S.  74—85  und  1882.  Jahrg.  38.  S.  95  pp. 

^  Begleitworte  zu  Blatt  Kirchheim  u.  T.  S.  33. 

*  Die   geognostischen  Verhältnisse  Württembergs.     Stuttgart  1850.  S.  12. 

^  Memminger,  Jahrbücher  der  Vaterlandskunde  Württembergs.  1824.  S.  163 
— 170  und  Leonhard,  Zeitschr.  f.  Mineralogie.  1825.  Bd.  I.  S.  154—155. 


—     25     — 

Ausser  Schübler  hat  auch  ganz  kurz  Schwarz  ^  darüber  be- 
richtet, er  sagt  das  Folgende : 

„Sehr  merkwürdig  ist  die  magnetische  Polarität,  welche  diese 
Basaltbildung  an  einigen  Punkten  zeigt,  nämlich  am  Calverbühl 
ganz  ausgezeichnet  (sein  südlicher  Abhang  hat  nördhche  Polarität), 
und  auch  bei  Linsenhofen."  Das  ist  wohl  Schübler  entnommen. 
Letzterer  beschreibt  diese  Erscheinung  in  der  folgenden  Weise : 
„Schon  bei  meinem  ersten  Besuch  dieser  Gegend  bemerkte  ich,  dass 
die  meisten  Stücke  dieses  Basaltkonglomerats  die  Magnetnadel  an- 
zogen, bei  weiterer  Prüfung  fand  ich,  dass  auch  einzelne  der  mit- 
genommenen Stücke  polarisch  auf  die  Magnetnadel  wirkten.  Bei 
einem  folgenden  Besuch  dieser  Gegend  bemühte  ich  mich,  die  Stelle 
zu  finden,  wo  dieser  polarisch  magnetische  Basalttuff  zu  Tage  aus- 
geht, und  untersuchte  zu  diesem  Zweck  den  ganzen  Umfang  des 
Berges ;  ich  fand  bei  näherem  Nachsuchen  in  der  Mitte  des  gegen 
Süden  gekehrten  Abhangs  des  Berges  eine  Stelle,  wo  sich  die  Magnet- 
nadel völlig  umkehrte ;  die  im  ruhigen  Zustand  gegen  Süden  sehende 
Spitze  der  Magnetnadel  kehrte  sich  immer  mehr  von  der  gewöhn- 
lichen Richtung  ab,  je  mehr  ich  mich  einigen  hervorstehenden  Felsen 
dieser  Seite  des  Berges  näherte,  und  blieb  zuletzt  an  der  südlichen 
Kante  einiger  Felsen  in  völlig  umgekehrter  Richtung  gegen  Norden 
gekehrt  stehen;  die  Hauptmasse  dieser  Felsen  des  südlichen  Ab- 
hanges hat  daher  nördliche  Polarität.  —  Werden  an  dieser  Stelle 
des  Berges  Stücke  abgeschlagen,  so  zeigt  jedes  einzelne  Stück  mag- 
netische Polarität,  während  Bruchstücke  von  anderen  Stellen  des 
Berges  gewöhnlich  zwar  gleichfalls  auf  die  Magnetnadel  etwas  wirken, 
ohne  jedoch  Polarität  zu  besitzen.  Die  einzelnen  Stücke  der  eben 
erwähnten  Felsen  zeigen  gewöhnlich  an  der  einen  Hälfte  Nordpole, 
an  der  anderen  Südpole ,  wobei  sich  jedoch  diese  Verteilung  der 
entgegengesetzten  Pole  nicht  gerade  nach  der  Längenrichtung  der 
einzelnen  Stücke  richtet;  platte,  schieferige  Stücke  zeigen  oft  auf 
ihrer  nach  oben  gekehrten  Seite  nördhche,  auf  ihrer  nach  unten 
liegenden  Seite  südliche  Polarität ;  die  meisten  Stücke  besitzen  mehrere 
Nord-  und  Südpole  zugleich,  die  oft  in  Ansehung  der  Intensität,  mit 
der  sie  auf  die  Magnetnadel  wirken,  sehr  verschieden  sind.  Oft  be- 
sitzen Stücke ,  deren  Oberfläche  durch  langes  Liegen  an  der  Luft 
schon  sehr  durch  Verwitterung  gelitten  hat  und  die  von  einem  sehr 
unscheinbaren    Aussehen   sind,    gerade    sehr   starke    Polarität.     Zer- 

^  Eeine  natürliche  Geographie  von  Württemberg.  1832.  Stuttgart  bei 
Ebner.  S.  150. 


—     26     — 

schlägt  man  die  einzelnen  Stücke  in  kleinere ,  so  erhält  man  an 
jedem  wiederum  wenigstens  zwei  entgegengesetzte  Pole ;  diese  Zer- 
teilung  lässt  sich  bis  zur  Grösse  der  Bruchstückchen  von  einigen 
Kubiklinien  fortsetzen,  ohne  dass  dadurch  die  magnetische  Polarität 
verloren  ginge ,  ob  sie  gleich  bei  den  kleineren  Stücken  immer 
schwächer  wird.  —  Schlägt  man  von  diesen  Felsen  grössere  Stücke 
ab,  von  Ya — ^  Schuh  Länge  und  Breite,  und  prüft  die  magnetische 
Polarität  aller  hervorragenden  Ecken  an  der  freischwebenden  Magnet- 
nadel, so  zeigen  sich  in  der  Stellung  der  Pole  gegen  einander  und 
der  verschiedenen  Stärke  derselben  viele  Verschiedenheiten ,  ohne 
dass  sich  eine  bestimmte  Ordnung  bemerken  lässt;  von  einzelnen 
Stellen  wird  der  Nordpol  nur  mit  geringer  Kraft  zurückgestossen, 
während  andere  Stellen  den  Südpol  stark  zurückstossen  (starke  süd- 
liche Polarität  besitzen) ,  ohne  deswegen  den  Nordpol  der  Nadel  in 
entsprechender  Stärke  anzuziehen ;  andere  Stellen  zeigen  das  Zurück- 
stossen und  Anziehen  in  entsprechender  Stärke,  als  Seltenheit  finden 
sich  auch  einzelne  Stellen,  welche  sowohl  den  Nordpol  als  auch  den 
Südpol  der  Nadel  anziehen ,  während  auch  zuweilen  andere  Stellen 
ohne  alle  Wirkung  auf  die  Magnetnadel  sind.  Es  erklären  sich  diese 
Erscheinungen  aus  der  verschiedenartigen  Zusammensetzung  dieser 
Gebirgsart,  deren  Gemengteile  zugleich  eine  sehr  verschiedene  Grösse 
besitzen,  und  sich  in  ihrer  Wirkung  auf  die  Magnetnadel  bald  stören, 
bald  unterstützen ;  die  eingewachsenen  Bruchstücke  von  Kalk,  welche 
rein  herausgeschlagen  gar  keine  Wirkung  auf  die  Magnetnadel  be- 
sitzen ,  wechseln  in  ihrer  Grösse  von  einigen  Kubiklinien  bis  zur 
Grösse  von  mehreren  Kubikzollen  und  selbst  ganzen  Kubikschuhen. 

Diejenigen  Stücke  dieser  Gebirgsart,  welche  nur  schwache 
Polarität  besitzen,  äussern  auf  feine  Eisenfeile  noch  keine  Anziehung, 
diejenigen,  welche  jedoch  starke  Polarität  besitzen  und  die  Magnet- 
nadel schon  in  der  Entfernung  von  1  —  IV2  Zoll  anziehen,  äussern 
auch  auf  feine  Eisenfeile  Anziehung;  bei  Berührung  mit  derselben 
hängen  sich  diese  an  einzelnen  Stellen  in  Form  eines  feinen  Barts 
an,  sie  verhalten  sich  daher  als  wirkliche,  natürliche  Magnete ;  wird 
die  Gebirgsart  pulverisiert,  so  erhält  man  ein  graues  Pulver,  welches 
sich  an  künstliche  Magnete  gleichfalls  in  Form  eines  wolligen  Barts 
anlegt.  Das  specifische  Gewicht  der  polarmagnetischen  Stücke  ist 
geringer  als  das  des  Basalts,  es  wechselt  meist  zwischen  2,4 — 2,6 
und  2,7,  wenn  das  Gewicht  des  Wassers  =  1  gesetzt  wird." 

Weder  Quenstedt  noch  mir  gelang  es,  die  Stelle  wieder  zu 
finden,    an  welcher  sich  die  Magnetnadel   umkehrt.     Es   muss    dort 


—  .27     — 

wohl  zufällig  an  einer  nun  bereits  abgetragenen  kleinen  Stelle  sehr 
viel  Magneteisen  im  Tuffe  gelegen  haben.  Das  kann  ja  leicht  vor- 
kommen \ 

Leuze  erwähnt  ein  Tuffstück  aus  dem  Basalt  von  Urach, 
welches  nicht  weniger  als  3  positive    und   3  negative  Pole    zeigte  ^. 

Die  Festigkeit  des  Tuffes.  Alle  die  obengenannten  Gesteins- 
stücke sind  mit  den  feinen  Aschenteilen  nun  zu  einer  mehr  oder 
weniger  festen  Masse  zusammengebacken.  Im  Innern  der  Tuffgänge 
ist  dieselbe  wohl  stets  sehr  fest;  daher  widerstehen  auch  die  Tuffe 
besser  der  Verwitterung  als  der  Jura  und  ragen  als  Säulen  und  Nadeln, 
Konradsfels  No.  47 ,  Ulmereberstetten  No.  61 ,  oder  als  Kegelberge 
aus  ihrer  Umgebung  auf^.  Ausserlich  aber  pflegt  der  Tuff  zu  einer 
losen  Masse  zu  zerfallen.  Offenbar  erlangt  er  damit  nur  die  Be- 
schaffenheit wieder,  welche  er  ursprünglich  bei  seiner  Entstehung 
gehabt  hat. 

Die  Entstehung  der  Festigkeit  des  Tuffes.  Zweifel- 
los ist  die  frühere  Beschaffenheit  unserer  Tuffe  hinsichtlich  ihrer 
Festigkeit  eine  andere  gewesen  als  ihre  heutige. 

Unsere  Tuffe  wurden  ausgeworfen  in  Gestalt  loser  Aschen  und 
zerschmetterter  Gesteinsmassen.  Sie  waren  ursprünglich  locker.  Jetzt 
sind  sie  steinhart  und  zerfallen  nur  durch  Verwitterung  an  ihrer 
Oberfläche  wieder  zu  einer  lockeren  Masse.  Sie  können  mithin  diese 
Härte  nur  durch  spätere  Umwandlungen  erlangt  haben. 

Auf  welche  Weise,  das  wollen  wir  nun  untersuchen. 

Es  wäre  sehr  voreilig,  wenn  man  die  Härte  unserer  Tuffe  als 
Beweis  einer  ursprünglich  wässerigen  Entstehungsweise  ansehen 
wollte.  Sei  es,  dass  sie  als  Schlammtuff  gebildet  wären,  sei  es, 
dass  sie  in  einem  Wasser  sich  abgesetzt  hätten.  Auf  der  einen  Seite 
giebt  uns  die  lockere  Beschaffenheit  mancher  zweifellos  im  Wasser 
abgesetzter  Schichtgesteine  den  Anhalt  dafür,  dass  Bildung  durch 
Absatz  aus  Wasser  nicht  notwendig  eine  spätere  Festigkeit  des  Ge- 
steines im  Gefolge  haben  muss.  Eine  solche  weiche  Beschaffenheit 
zeigt  sich  ja  nicht  nur  bei  manchen  sandigen ,    thonigen  und  selbst 


^  Breislak  (Physische  und  lithologische  Reisen  durch  Campanien  etc. 
Ins  Deutsche  übertragen  von  Ambros  Reuss.  Leipzig  1802.  Teil  I.  S.  17) 
erwähnt  einen  Tuff  von  Segni,  „welcher  mit  einer  so  starken  magnetischen  Polarität 
begabt  ist,  dass  sie  sich  schon  in  der  Entfernung  von  6  Zollen  äussert." 

2  Schwäbischer  Merkur  1886.  S.  779. 

^  Man  unterschätze  aber  hierbei  nicht  die  Wirkung  des  Schuttmantels 
(s.  später  „Die  Erosionsreihe  der  Maare  und  ihrer  Tuifgänge"). 


-     28     — 

kalkhaltigen  Gesteinen  jüngeren  Alters,  sondern  unter  Umständen 
auch  bei  sehr  alten ,  wie  z.  B.  dem  weichen  Thone  des  Cambrium 
von  Petersburg.  Ani  der  anderen  Seite  aber  liefern  uns  auch  in 
manchen  Gegenden  gewisse  harte  vulkanische  Tuffe  von  subaerischer 
Entstehung  den  Beweis,  dass  auch  ohne  Absatz  im  Wasser  bei  der 
Entstehung  ein  loses  Gestein  sich  später  verfestigen  kann.  So  weist 
Dathe  ^  nach,  dass  die,  wegen  ihrer  festen  Beschaffenheit  früher  für 
ein  massiges  Gestein  gehaltenen  Konglomeratporphyre  von  Waiden- 
burg in  Schlesien,  in  Wirklichkeit  nichts  anderes  als  einstige  Tuffe 
seien,  welche  ursprünglich  in  loser  Form  als  Asche,  Sand,  Lapilli 
und  Bomben  herausgeblasen  wurden.  Dass  sich  dieselben  im  Wasser 
abgesetzt  hätten,  ist  wohl  nicht  die  Ansicht  Dathe's,  da  er  derselben 
sonst  Ausdruck  gegeben  haben  würde.  Auch  die  Schichtung  dieser 
Porphyrtuffe,  wie  überhaupt  aller  Tuffe,  braucht  nicht  notwendig  ein 
Beweis  für  subaquatische  Bildung  derselben  zu  sein  (s.  S.  9). 

Wenn  nun  auch  die  feste  Beschaffenheit,  welche  unser  Tuff' 
an  vielen  Stellen  besitzt,  nicht  zu  der  Annahme  zu  führen  braucht, 
dass  Wasser  ursprünglich  bei  ihrer  Bildung  mitgewirkt  habe ,  so 
werden  wir  diese  Festigkeit  dennoch,  wie  anfangs  bereits  angedeutet, 
nur  durch  Einwirkung  von  Wasser  erklären  können.  Aber  erst  durch 
eine  spätere  Einwirkung  desselben. 

Für  die  grosse  Festigkeit  eines  Tuffes  wie  irgend  eines  Se- 
dimentärgesteines dürfte  überhaupt  die  ursprüngliche  Mitwirkung 
des  Wassers  bei  seiner  Bildung  von  geringerem  Werte  sein.  Sei  es, 
dass  vulkanische  Aschen  als  durchwässerter  Schlammtuff  den  Krater 
verlassen,  sei  es ,  dass  sie  als  trockene  Masse  in  ein  Wasserbecken 
fallen  —  stets  wird  das  Wasser  ursprünglich  höchstens  den  Erfolg 
haben  können,  dass  die  Teilchen  sich  fester  aneinander  lagern,  indem 
die  Zwischenräume  zwischen  den  grösseren  Teilchen  durch  kleinere 
ausgefüllt  werden.  Damit  aber  ist  zuvörderst  nur  ein  sehr  geringes 
Mass  von  Festigkeit  erzielt.  Bei  einem  Schlammtuffstrome  wird 
dieses  Wasser  sogar  bald  ganz  verdampfen. 

Erst  die  spätere  chemische  Wirkung  des  den  Tuff  dauernd 
durchtränkenden  Wassers  kann  eine  stärkere  Verfestigung  herbei- 
führen ,  indem  es  einerseits  Stoffe  löst ,  anderseits  gelöste  wieder 
abscheidet,  welche  nun  ein  Cement  bilden.  Für  diese  spätere  Wirkung 
aber  ist  es  ziemlich  gleichgültig,    ob    auch  bereits  ursprünglich,  bei 


^  Geologische  Beschreibung   von  Salzbruun.     Abhaudl.  K.  Preuss.   geolog. 
Landesanstalt.  Berlin  1892.  S.  14.3. 


—     29     — 

der  ersten  Ablagerung  des  Tuffes,  Wasser  vorhanden  war  oder  nicht. 
Fehlt  dieses  spätere  dauernde  Wasser,  so  wird  der  Tuff  nie  sehr  fest 
werden ;  stellt  es  sich  ein,  so  wird  das  geschehen  können. 

Ein  wenig  allerdings  wird  auch  das  ursprüngliche  Wasser  dem 
späteren  vorzuarbeiten  vermögen.  Nehmen  wir  eine  lose,  trockene, 
also  subaerische  vulkanische  Aschenablagerung  an.  Diese  verhält 
sich  zunächst  dem  Regenwasser  gegenüber  wie  ein  Sandboden.  Je 
nach  der  gröberen  oder  feineren  Korngrösse  wird  sie  das  atmo- 
sphärische Wasser  mehr  oder  weniger  schnell  hindurchfliessen  lassen, 
und  nur  ganz  feinkörnige  Tuffe  werden  von  Anfang  an  eine  stärkere 
wasserhaltende  Kraft  besitzen,  denn  diese  hängt  von  der  Korngrösse 
ab.  Erst  indem  das  die  Masse  durchtränkende  Wasser  mehr  und 
mehr  die  feinsten  Teilchen  des  Tuffes  in  die  Zwischenräume  der 
grösseren  spült,  wird  die  wasserhaltende  Kraft  des  Gesteines  all- 
mählich sich  heben.  Diese  Arbeit  kann  nun  allerdings  bei  ursprünglich 
wässeriger  Entstehung  des  Tuffes  gleich  von  diesem  ersten  Bildungs- 
wasser geleistet  werden.  Aber  man  sieht,  die  ganze  Wirkung  des 
letzteren  beschränkt  sich  hier  darauf,  die  an  sich  zu  lockere,  Wasser 
durchlassende  Asche  gleich  in  einem  solchen  physikalischen  Zustande 
abzulagern,  dass  sie  wasserhaltender  wird. 

So  hat  also  Tuff  von  ursprünglich  wässeriger  Entstehung,  d.  h. 
subaerischer  Schlammtuff  (s.  später)  und  subaquatischer  Tuff,  in  dieser 
Hinsicht  nur  einen  gewissen  Vorsprung  gegenüber  dem  trocken  ab- 
gelagerten. Das  ist  aber  auch  alles.  Wirkliche  Festigkeit 
kann  ein  Tuff  in  jedem  Falle  nur  durch  chemische  Ein- 
wirkung später  hinzutretenden  Wassers  erlangen.  Die 
bisweilen  bedeutende  Festigkeit  unserer  Tuffe  der 
Gruppe  von  Urach  liefert  daher  gar  keinen  Anhalts- 
punkt für  die  Annahme,  dass  dieselben  in  Gestalt 
durchwässerter  Massen  entstanden  sein  müssten. 

Das  hat  aber  natürlich  nicht  nur  Gültigkeit  für  unsere,  son- 
dern für  alle  vulkanischen  Tuffe,  wie  überhaupt  für  alle  im  Wasser 
gebildeten  Gesteine.  Erst  allmähliche  Einwirkung  von  Wasser  cemen- 
tiert  dieselben ;  gleichviel ,  ob  dieses  Wasser  durch  dauerndes  Ver- 
bleiben der  Sinkstoffe  unter  dem  Wasserspiegel  oder,  nach  Trocken- 
legung, durch  atmosphärische  Niederschläge  herbeigeschafft  wird. 
Bei  Sedimentgesteinen  kann  dann  der  Druck  auflastender  Massen 
noch  verstärkend  einwirken. 

Wir  haben  gesehen,  dass  die  Wirkung  des  Wassers  nicht  nur 
auf  subaquatischen ,   sondern  auch  auf  subaerischen  Tuff  eine  zwie- 


—     30     - 

fache,  zeitlich  getrennte  ist :  erst  macht  das  Wasser  die  allzu  durch- 
lassende Ablagerung  undurchlassender,  und  dann  beginnt  in  stär- 
kerem Masse  die  chemische  Arbeit  des  Wassers.  Es  lässt  sich  auf 
diese  W^eise  die  auffallende  Thatsache  erklären,  dass  in  einer  schein- 
bar ursprünglich  ganz  gleichartig  gewesenen  Ablagerung  subaerischer, 
vulkanischer  Tuffe,  sich  später  einzelne  feste  Schichten  in  der  übrigen 
lose  gebliebenen  Masse  gebildet  haben ;  oder  aber,  dass  in  der  später 
festgewordenen  Hauptmasse  einzelne  lose  Schichten  verblieben  sind. 
Derartiges  erzeugt  in  dem  Beobachter  die  Vorstellung,  dass  hier  eine 
durch  ursprüngliche  Ablagerung  unter  Wasser  entstandene  Schichtung 
vorliege;  während  man  doch  in  Wirklichkeit  nur  einen  subaerisch 
gebildeten  Tuff  vor  sich  hat,  dessen  schwache,  durch  den  allmählichen 
Absatz  aus  der  Luft  erfolgte  Schichtung  erst  nachträglich  mehr  in 
die  Augen  fallend  geworden  ist.  Die  Korngrösse  der  auf  einen  be- 
stimmten Punkt  niederfallenden,  vulkanischen,  losen  Massen  hängt 
zwar  im  allgemeinen  von  der  Entfernung  des  betreffenden  Punktes 
von  der  Ausbruchsstelle  ab.  Allein  je  nach  der  Heftigkeit  der  auf- 
einander folgenden  Explosionen  und  je  nach  der  Richtung  und  Stärke 
des  Windes  kann  auf  einer  und  derselben  Stelle  über  die  bisherigen 
feineren  Aschenmassen  auch  einmal  gröberes  Material  ausgebreitet 
werden.  Während  erstere,  weil  wasserhaltender,  sich  dann  allmäh- 
lich zu  einem  festeren  Gestein  verfestigen,  bleibt  letzteres  eine  losere 
Zwischenschicht.  Umgekehrt  kann  aber  auch  über  etwas  weniger  fein- 
körnige Aschenmassen  einmal  sehr  feine  Asche  ausgebreitet  werden. 
Diese  letztere  wird  dann  von  den,  die  Ablagerung  später  durch- 
tränkenden meteorischen  Wassern  in  die  nächsttiefere  Schicht  der 
gröberen  Masse  hinabgespült,  füllt  hier  die  Zwischenräume  zwischen 
den  gröberen  Körnern  aus  und  macht  die  betreffende  Schicht  auf 
solche  Weise  mehr  und  mehr  wasserhaltend.  Jetzt  kann  sich  in 
dieser  die  chemische  Wirkung  des  Wassers  gut  bethätigen,  es  wird 
in  ihr  Cement  ausgeschieden,  sie  wird  fest,  wogegen  die  unter- 
lagernden und  später  übergelagerten  weniger  feinen  Massen  durch- 
lassend und  damit  loser  verbleiben.  Wiederholen  sich  diese  Vor- 
gänge, so  haben  wir  im  ersteren  Falle  lose  Zwischenschichten  in 
einer  festeren  Tuffmasse ;  im  letzteren  aber  feste  Zwischenschichten 
in  einer  loseren.  Beide  Fälle  treffen  wir  auch  in  unseren  Tuffen, 
denn  nicht  stets  sind  dieselben  fest. 

So  braucht  also  das  Auftreten  festerer  Schichten 
im  weicheren  Tuffe  und  umgekehrt  durchaus  nicht 
notwendig   einen  Absatz  der  Massen  im  Wasser  zu   be- 


-     31     - 

weisen;  es  kann  vielmehr  auch  allein  durch  spätere 
Einwirkung  von  Wasser  hervorgerufen  sein. 

Dass  die  Korngrösse  des  Tuffes  nun  auch  wirklich  eine  solche 
Rolle  spielt,  geht  aus  den  folgenden  Thatsachen  hervor. 

Die  wasserhaltende  Kraft  irgend  eines  Bodens,  oder  irgend  einer 
in  der  Tiefe  liegenden  Schicht  hängt  ab  von  der  Grösse  der  Boden- 
oder Gesteinsteilchen.  Je  grösser  diese  sind,  desto  grösser  sind  die 
Hohlräume  zwischen  den  Teilchen,  desto  schneller  also  sinkt  das 
Wasser  durch  die  betreffende  Schicht  hindurch.  Je  feinkörniger  diese 
ist,  desto  zahlreicher  werden  die  feinen  Haarröhrchen  in  derselben, 
desto  länger  also  hält  sie  das  Wasser  fest. 

Aber  nicht  nur  ein  Festhalten  des  von  oben  her  einsickernden 
Wassers  findet  statt,  sondern  auch  ein  Aufsaugen  der  in  der  nächst- 
tieferen Schicht  befindlichen  Feuchtigkeit.  Eine  grobkörnige  Schicht 
hat  diese  Fähigkeit,  das  Wasser  aus  der  Tiefe  in  die  Höhe  zu  heben, 
nur  in  geringem  Masse.  Einer  feinkörnigen  dagegen  kommt  es  in 
hohem  Masse  zu.  Sehr  klar  wird  das  veranschaulicht  durch  die 
Versuche,  welche  v.  Klenze  angestellt  hat^  Er  füllte  Quarzsand 
von  verschiedener  Korngrösse  in  1  m  hohe  Glasröhren,  welche  unten 
mit  einem  Siebe  verschlossen  waren.  Mit  diesem  Ende  wurden  sie 
in  Wasser  gestellt  und  nun  beobachtet,  binnen  welcher  Zeit  und  bis 
zu  welcher  Höhe  das  Wasser  in  den  verschiedenen  Sauden  aufgesaugt 
wurde.     Es  ergab  sich  hier  das  Folgende : 

Durchmesser  der        Höhe  der  Hebung  des  Wassers  in 

26  Tagen 


Sandkörnch 

en 

4  Tagen 

9  Tagen 

4       mm 

— 

3,8  cm 

2,50     „ 

— 

7,4    „ 

0,74     „ 

— 

11,4    „ 

0,30     „ 

41,5  cm 

Staubfein 

96,0    „ 

— 

48,5  cm 

In  dem  staubartig  feinen  Sande  war  das  Wasser  also  nach  vier 
Tagen  bereits  fast  1  m  hoch  aufgestiegen!  So  vereinigen  sich  also 
in  einer  sehr  feinkörnigen  Schicht  die  das  Wasser  festhaltende  Kraft 
mit  der  das  Wasser  aus  tieferen  Schichten  immer  wieder  aufsaugenden. 

Denkt  man  sich  nun  ein  System  übereinanderliegender  Schichten, 
in  unserem  Sonderfalle  von  vulkanischen  Aschen-  und  Lapillischichten, 
welche  verschiedene  Korngrösse  besitzen,  so  werden  in  diesem  Systeme 
die  feinkörnigeren  Schichten  stets  in  höherem  Grade  durchfeuchtet 
sein  als   die  grobkörnigeren.     Da   es  sich  hierbei   stets   um  Wasser 


»  Vergl.  Württemberg.  Wochenblatt  f.  Landwirtschaft.  1886.  No.  31. 


—     32     - 

handelt,  in  welchem  Stoffe  gelöst  sind,  so  wird  in  den  feinkörnigeren 
Schichten,  durch  gegenseitige  Einwirkung  der  Lösungen  aufeinander, 
eine  stärkere  Ausfüllung  gelöster  Stoffe  sich  vollziehen  als  in  den 
grobkörnigeren.  Es  wird  also  in  den  ersteren  eine  stärkere  und 
schnellere  Bildung  von  Cement  erfolgen  als  in  den  letzteren. 

In  einem  Schichtensysteme,  welches  ursprünglich  nur  aus  losem 
Materiale  bestand,  kann  daher  nach  einem  gewissen  Zeiträume  ein 
Teil  der  Schichten,  die  feinkörnigeren,  fest  geworden  sein,  während 
der  andere,  die  grobkörnigeren,  lose  blieb. 

Dass  unsere  Tuffe  tiefgreifenden  Veränderungen  ausgesetzt  ge- 
wesen sein  müssen,  liegt  auf  der  Hand.  Gegenwärtig  bilden  auf 
der  so  wasserarmen  Hochfläche  der  Alb  gerade  die  mit  Tuff  er- 
füllten Ausbruchskanäle  die  wasserhaltenden  Stellen,  d.  h.  sie  lassen 
das  Wasser  nicht  hindurch.  Früher  war  das  Umgekehrte  der  Fall: 
In  den  mit  losen  Massen  erfüllten  Ausbruchsröhren  versank  das 
Wasser,  ähnlich  wie  heute  in  den  Erdfällen,  nur  sehr  viel  langsamer 
wegen  ihrer  Tufffüllung.  Ungemein  lange  Zeiten  hindurch  sind  daher 
diese  Tuffcylinder  mit  Wasser  durchtränkt  gewesen.  Die  Tuffmasse 
selbst  aber  bestand  nicht  aus  einem  festen,  daher  schwer  angreifbaren 
Gesteine,  sondern  aus  zahllosen  Aschenteilchen  in  feinster  Verteilung 
und  aus  zahllosen,  zum  grossen  Teile  kleinen  Bruchstücken  ver- 
schiedenster fremdartiger  Gesteine.  Gegenüber  dem  so  fein  verteilten 
Stoffe  hatte  die  lösende  Eigenschaft  des  Wassers  leichtes  Spiel.  Das 
aber  um  so  mehr,  als  im  Anfange  durch  die  aufgestiegenen  und  wohl 
noch  einige  Zeit  nachher  aufsteigenden  Gase  das  Wasser  eine  stark 
saure  Beschaffenheit  erlangen  musste,  und  als  ja  zahllose,  leicht  lösbare 
Kalkstücke  im  Tuffe  verteilt  waren,  deren  Lösung  wiederum  das  Wasser 
zum  Austausche  mit  anderen  gelösten  Stoffen  befähigte.  Bricht  sich 
nun  mehr  und  mehr  die  Überzeugung  Bahn,  dass  nicht  nur  viele  Eruptiv- 
gesteine hohen  Alters,  sondern  auch  häufig  bereits  solche  tertiären 
Alters  starke  Veränderungen  erlitten  haben  bis  sie  zu  demjenigen 
wurden,  was  sie  augenblicklich  sind\  so  wird  das,  was  man  bei  so 
festen  widerstandsfähigen  Gesteinen  nachgewiesen  hat ,  um  so  viel 
mehr  und  schneller  sich  bei  losen  Auswurfsmassen  vollziehen  müssen. 
In  erster  Linie  muss  natürlich  der  leichtlösliche  Kalk  eine  Rolle  ge- 
spielt haben,  indem  er  sich  löste  und  dann  wieder  ausschied.  Dem- 
nächst haben  sich  zeolithische  Substanzen  ausgeschieden,  von  welchen 
die  Zwischenräume  des  Tuffes  sehr  oft  erfüllt  sind. 


*  A.  Sauer,  Porpliyrstudien.   Mitteil,  der  Grossh.  Badischen  geologischeu 
Landesanstalt  n.  Bd.  XXII.  1893.  S.  802  pp. 


—     83     — 

Der  Schuttmantel  unserer  Tuffberge  bildet  eine  ganz  eigen- 
artige Erscheinung.  Man  denke  sich  im  Vorlande  der  Alb  zahlreiche 
aus  Lias-  oder  Braun-Jura-Gebiet  hervorragende  kegelförmige  Tuff- 
berge, und  fast  jeden  derselben  bedeckt  mit  einer  Kappe  von  Weiss- 
Juraschutt  oder  umgeben  von  einem  Mantel  aus  solchem. 

Sehr  anschaulich  schildert  uns  Quenstedt^  diese  merkwürdigen 
Verhältnisse,  indem  er  ungefähr  folgendes  ausführt:  Schauen  wir 
von  der  auf  dem  Nordrande  der  Alb  liegenden  Ruine  Neuffen  aus 
—  sie  liegt  2300  Fuss  hoch  auf  Weissem  Jura  —  nach  Norden,  so  er- 
blicken wir  als  fernsten  Tuffpunkt  den  Geigersbühl,  nordöstlich  von 
Gross-Bettlingen,  Auf  dem  Gipfel  desselben  liegen  unmittelbar  auf 
Braun-Jura  a  grosse  Blöcke  von  Weiss-Jura  y  mit  Rhynchonella  lacii- 
nosa,  obgleich  sein  Gipfel  doch  1100  Fuss  tiefer  liegt,  als  diese 
Schichten  hier  oben,  wo  wir  uns  befinden,  anstehen.  Mehr  der  Alb 
genähert,  sehen  wir  dieselbe  Erscheinung  wieder  am  Grafenberg; 
nur  dass  der  mit  den  mächtigen  Weiss-Jurablöcken  gekrönte  Tuff 
hier  auf  oberem  Braun-Jura  a  und  auf  ß  aufliegt  und  etwa  150  Fuss 
höher  aufsteigt  als  am  Geigersbühl.  Noch  weiter  südlich,  abermals 
näher  der  Alb  zu,  ragt  der  Tuffkegel  des  Floriansberges  bereits  aus 
Braunem  Jura  ß  und  /  auf.  Seine  Kappe  von  Kalkblöcken  liegt 
schon  400  Fuss  höher  als  diejenige  des  Geigersbühl.  Endlich  ge- 
langen wir,  abermals  der  Alb  mehr  genähert,  zum  Jusiberge,  dessen 
Tuffmasse  sich  auf  Braunem  Jura  c  und  'Q  aufbaut.  Hier  liegen  auf 
dem  Rücken  desselben  die  Kalkblöcke  bereits  um  890  Fuss  höher 
als  auf  dem  Geigersbühl.  „Warum  müssen  nur  alle  unsere  Tuff- 
berge diese  Kappe  von  Weiss-Jurablöcken  tragen,  die  anderen  Berge 
aber  nicht?" 

Wir  wollen  nun  diesen  Schuttmantel  etwas  eingehender  kenn- 
zeichnen. Wie  ein  Kuchen  durch  einen  Überguss  von  Zucker,  so 
sind  unsere  Tuffberge  durch  einen  Überguss  von  Weiss-Juraschutt 
verhüllt  und  mantelförmig  umgeben.  Oben  auf  dem  Gipfel  bildet  er 
eine  mächtige  Kappe,  aus  welcher  riesige  Blöcke  und  Gebirgsfetzen 
herausschauen ;  ringsum  auf  den  Flanken  breitet  er  sich  in  gleicher 
Weise  aus.  So  kann  er  den  Tuff  gänzlich  unseren  Blicken  entziehen. 
Meist  aber  ist  dieser  Mantel  wenigstens  an  einzelnen  Stellen  dünn  und 
fadenscheinig  geworden,  so  dass  der  Tuff  nun  durch  denselben  hin- 
durchschimmert oder  wie  durch  ein  Loch  im  Mantel  herausschaut. 
Oder  letzterer  ist  bereits  von  einer  Flanke  ganz  abgespült,  so  dass 


1  Neues  Jahrbuch  f.  Min.,  Geol.  u.  Pal.  1842.  S.  308. 

Jahreahefte  d.  Vereins  f.  vaterL  Naturkuode  in  Württ.  1895. 


-     34     — 

an  dieser  der  Tuff  völlig  freigelegt  zu  Tage  tritt.  Oder  dies  ist  gar 
an  mehreren  Flanken  des  Berges  der  Fall,  so  dass  nur  noch  der 
Gipfel  mit  einer  Kappe  bedeckt  ist.  Oder  es  ist  endlich  auch  diese 
bereits  entfernt  und  der  Tuff  tritt  nun  ganz  unverhüllt  ans  Tages- 
licht.    Immer  aber  ist  er  wohl  sicher  einst  vorhanden  gewesen. 

Untersuchen  wir  diesen  Schuttmantel ,  so  finden  wir ,  dass  er 
vorwiegend  aus  den  harten  Kalken  des  Weiss- Jura  besteht ;  besonders 
sind  /?,  d  und  s  vertreten.  Aber  es  finden  sich  auch  die  thonigen 
a-  und  /-Schichten.  Teils  sind  es  kleine  Stücke,  teils  ganz  riesige  Fetzen 
und  Blöcke.  Zu  solcher  Grösse  können  diese  anschwellen,  dass  es 
Gebirgsteile  sind,  die  man  für  anstehend  halten  möchte ;  aber  das  ist 
unmöglich,  denn  sie  befinden  sich  stets  in  einem  tieferen  Niveau, 
als  ihnen  im  anstehenden  Zustande  zukommt;  dazu  sind  sie  häufig 
stark  geneigt  oder  auf  dem  Kopfe  stehend.  So  gross  und  massen- 
haft liegen  sie  beisammen,  dass  Steinbruchsbetrieb  in  ihnen  eröffnet 
wird.  Alle  diese  verschiedenen  Schichten  liegen  häufig  bunt  durch- 
einander gewürfelt  und  bilden  oft  eine  ganz  fest  gepackte  Masse 
von  ansehnlicher  Dicke. 

Besonders  im  letzteren  Falle  macht  dieser  Schutthaufen  durch 
seine  feste  Packung  den  Eindruck,  als  wenn  er  ein  Gebilde  von 
Gletschern,  eine  Grundmoräne  sei.  Aber  das  ist  ganz  unmöglich. 
Weder  Glättung  noch  Schrammung  zeigt  sich ;  und  welcher  Gletscher 
sollte  wohl,  einem  vernunftbegabten  Wesen  gleich,  seine  Moräne 
immer  nur  mantelförmig  um  Tuff  berge  gebreitet  haben?  Auch  durch 
Wasser  angeschwemmt  kann  die  Schuttmasse  nicht  sein ;  wir  würden 
hier  ganz  dieselbe  Frage  thun  könnend  Die  Blöcke  sind  auch  z.  T. 
viel  zu  gross  für  letztere  Annahme.  Vor  allem  aber  spricht  gegen 
beides  noch  ein  weiterer  bemerkenswerter  Umstand : 

Unsere  Tuffberge  bestehen  in  der  Regel  nicht  von  oben  bis 
unten  aus  vulkanischem  Gestein.  Vielmehr  ist  der  Sockel  des  Berges, 
oft  weit  bis  über  die  Hälfte  der  Höhe  hinauf,  aus  Sedimentärgestein, 
meist  Braun-Jura ,  doch  auch  Lias ,  aufgebaut ;  und  erst  der  Gipfel 
besteht  aus  Tuff.  Stets  ist  dann  der  aus  Weiss-Juraschutt  gebildete 
Mantel  auf  den  letzteren  beschränkt;  er  umhüllt  also  nicht  zugleich 
auch  den  Jura-Sockel  des  Berges;  höchstens  ist  er  auf  dessen  obersten 
Teil  etwas  herabgerutscht. 

Diese  stete  Verbindung  des  Tuffes,  und  immer  nur  allein  des 
Tuffes,  mit  dem  Schuttraantel,  muss  notgedrungen  in  dem  Beobachter 


1  Vergl.  später  den  Abschnitt:  „Die  Entstehung  der  Tuffe." 


—     35     - 

die  Vorstellung  erwecken,  dass  beide  in  dem  Verhältnisse  von  Ur- 
sache und  Wirkung  zu  einander  stehen;  und  leicht  wird  man  die 
Lösung  gefunden  zu  haben  glauben  in  dem  folgenden  Gedankengange : 
Der  Mantel  ist  nur  entstanden  durch  eine  allmähliche  Anreicherung 
der  im  Tuffe  steckenden  Weiss- Jurabrocken.  Der  feinkörnige  eigent- 
liche Tuff  wurde  im  Laufe  langer  Zeit  von  der  Oberfläche  abgespült 
und  die  groben  Einschlüsse  von  Weiss-Jura  blieben  liegen,  bis  sie 
zuletzt  eine  völlig  tufffreie  Decke  auf  dem  Tuffe  bildeten. 

So  einfach  und  darum  überzeugend  diese  Ansicht  ist,  so  erweist 
sie  sich  doch  als  unhaltbar.  Im  Tuffe  liegen  ja  nicht  nur  Weiss- 
Jurastücke ,  sondern  auch  zahllose  von  Braun-Jura.  Warum  sind 
denn  diese  nicht  auch  liegen  geblieben  und  haben  sich  angereichert? 
Warum  ist  der  Mantel  immer  nur  hellfarbig  von  den  Kalken  des 
Weissen  Jura,  und  nicht  auch  dunkel  von  den  Gesteinen  des  Braunen? 
Im  Tuffe  liegen  ferner  auch  sehr  viele  durch  die  Hitze  dunkel  rauch- 
grau oder  rot  gewordene  Weiss-Jura-Kalke.  Warum  findet  man 
diese,  besonders  die  dunklen,  fast  nie  im  Schuttmantel?  Freilich 
liegen  hier  und  da  auch  Stücke  von  Bohnerzthon  im  Mantel. 
Aber  diese  reden  zu  uns  nur  dieselbe  Sprache;  denn  das  Bohnerz 
steckt  ja  in  den  Spalten  des  Weiss-Jura,  gehört  also  in  diesem  ge- 
wissen Sinne  zu  ihm.  Allerdings  auch,  und  das  könnte  abermals 
irre  führen,  finden  sich  dann  und  wann  andere  Gesteinsstücke  in 
dem  Mantel,  wie  z.  B.  roter  Keuper-Thon,  ein  Stück  Tuff  und  der- 
gleichen. Aber  diese  Stücke  gehören  dann  wohl  nicht  zu  dem  ur- 
sprünglichen Mantel,  sondern  sie  sind  durch  das  allmähliche  Abrutschen 
desselben  in  ein  immer  tieferes  Niveau,  und  so  erst  später  aus  dem 
Tuffe  in  denselben  gelangt. 

Sehen  wir  daher  von  solchen  Vorkommnissen  ab,  so  bleibt  zu 
Kecht  bestehen  als  Kennzeichen  des  Mantels,  dass  er  aus  Weis- Jurafetzen 
besteht.  Ist  nun  diese  merkwürdige  Thatsache  nicht  durch  An- 
reicherung zu  erklären,  so  wird  man  sie  ebensowenig  durch  die  An- 
nahme aufhellen  können,  dass  bei  dem  Ausbruche  der  Weiss-Jura 
als  die  oberste  Lage  des  durchbrochenen  Schichtgebirges  hoch- 
geschleudert worden  und  dann  auf  den  Tuff  herabgestürzt  sei.  Aus 
diesen  hochgeschleuderten  Massen  stammen  die  im  Tuffe  sitzenden 
Stücke,  aber  nicht  die  des  Mantels.  Einmal  müssten,  wie  wir  sahen, 
in  diesem  Falle  doch  sehr  viel  mehr  und  der  Regel  nach  andere 
Gesteine,  die  ebenfalls  ausgeblasen  wurden,  in  diesen  Weiss- Jura- 
Schutt  gelangt  sein.  Zweitens  aber  könnte  diese  Masse  dann  nur  eine 
Kappe  oben  auf  dem  Kopfe  des  saiger  stehenden  Tuffganges  bilden  ; 

3* 


-     36     — 

nicht  auch  denselben  später,  wenn  er  z.  B.  im  Braun- Juragebiete 
einen  Kegel  bildet,  ringsum  auf  den  Flanken  mantelfömig  umgeben. 
Endlich  müsste  durch  den  Sturz  aus  der  Luft  alles  zerschmettert 
sein,  während  sich  meist  ganz  feste,  unversehrte  Blöcke  finden. 

So  bleibt  denn  als  Lösung  dieses  Rätsels  nur  die  folgende: 
Zur  Zeit  der  Ausbrüche  dehnte  sich  die  Alb  mindestens  noch  über 
das  ganze  Vorland  der  Alb  aus,  auf  welchem  wir  heute  Tuffe  finden. 
Also  bis  in  die  Nähe  von  Stuttgart.  Dieser  Körper  der  Alb  wurde  von 
Ausbruchskanälen  durchbohrt,  die  sich  mit  den  geschilderten  Tuff- 
breccien  anfüllten.  Mehr  und  mehr  wurde  die  Alb  durch  senkrecht 
von  oben  nach  unten  gehende  Schnitte  abgetragen  (s.  1894  S.  524), 
so  dass  ihr  NW.-Rand  gegen  S.  zurückwich.  Die  harten  widerstands- 
fähigeren Tuffgänge  wurden  auf  solche  Weise  mehr  und  mehr  aus  ihrer 
Umhüllung,  dem  Nebengestein,  in  welchem  sie  aufsetzen,  herausgear- 
beitet. Nun  stelle  man  sich  den  Zeitpunkt  vor,  in  welchem  die 
Abschälung  des  Nebengesteines,  also  des  Weissen  Jura,  der  uns  hier 
allein  beschäftigt,  so  weit  vorangeschritten  war,  wie  wir  das  bei 
den  am  Steilabfall  der  Alb  angeschnittenen  Maaren,  bezw.  Tuffgängen 
derselben  sehen.  Ich  will  als  Beispiel  auf  die  beiden  Maare  bei  der 
Diepoldsburg  No.  40  und  dem  Engelhof  No.  41  verweisen;  Fig.  13 
1894  S.  744.  Die  nach  aussen  gelegene  Kalkwand  wird  ent- 
fernt, der  Tuff  hier  freigelegt,  die  nach  innen,  albwärts  gelegenen 
Teile  bleiben  noch  stehen.  Damit  beginnt  eine  Thalbildung  sich 
zu  vollziehen  und  aller  Kalkschutt  der  abbröckelnden  Wände  wird 
in  das  Thal,  d.  h.  auf  den  Tuff  hinabgespült  oder  fällt  von  selbst 
in  gewaltigen  Fetzen  hinab.  Dort  liegt  er  auf  dem  Kopfe  der  Tuff- 
säule. Dieselbe  wird  im  Laufe  der  Zeiten  auch  an  der  inneren, 
nach  der  Alb  zu  gelegenen  Seite  von  dieser  getrennt,  indem  der 
Steilabfall  der  Alb  zurückweicht  (s.  1894  S.  554).  Endlich  ist  der 
Kopf  des  Tuffganges  ringsherum  freigelegt;  aber  er  ist  bedeckt  von 
jener  Schuttmasse  aus  Weiss- Jura-Kalk,  welche  auf  ihn  hinabgestürzt 
und  gespült  ist.  Bings  um  den  harten,  zudem  durch  die  harte 
Kalk-Kappe  geschützten  Tuffgang  werden  die  thonigen  Braun-Jura- 
Schichten  weggefressen.  Es  entsteht  ein  Berg,  dessen  Sockel  durch 
Braun- Jura-Thon,  dessen  Gipfel  durch  den  kalkbedeckten  Tuff  ge- 
bildet wird. 

Aber  auch  die  Tuffsäule  verfällt  der  Abtragung,  wird  daher 
mehr  und  mehr  erniedrigt,  wobei  sie  sich  zum  kegelförmigen  Berge 
zuspitzt  und  zugleich  sich  jenen  Mantel  von  Weiss-Juraschutt  erwirbt. 
Im  selben  Masse  aber,  als  sich  die  Höhe  des  Tuffkegels  infolge  der 


—     37     — 

Abtragung  erniedrigte,  sank  auch  seine  Schuttdecke  in  immer  tieferes 
Niveau  hinab.  Dadurch  kamen  die  Fetzen  des  Weiss-Jura  vollends 
in  unregelmässige  Reihenfolge,  wurden  bisweilen  zerkleinert,  rutschten 
durcheinander,  senkten  sich,  so  dass  zusammenhängende  Schichten- 
fetzen, die  ursprünghch  wagerecht  anstanden,  jetzt  auf  dem  Kopfe 
stehen.  Auf  solche  Weise  entstand  die  Weiss-JurahüUe ,  welche 
unsere  Tuffe  als  Kappe  auf  dem  Gipfel  und  als  Mantel  auf  den 
Flanken  umhüllt.  Ein  wirres  Durcheinander  musste  sich  häufig 
ergeben. 

Die  Probe,  ob  diese  Darstellung  wirklich  das  Richtige  trifft, 
lässt  sich  leicht  machen.  Der  Schuttmantel  ist,  wie  gesagt,  nicht 
bei  allen  unseren  Tuffgängen  vorhanden.  Er  tritt  vielmehr  in  allen 
Stadien  der  Vollkommenheit  auf.  Hier  ist  er  ringsum  entwickelt, 
so  dass  er  den  Tuff  ganz  oder  fast  ganz  verhüllt;  dort  fehlt  er  an 
einer  Flanke  des  vulkanischen  Kegels,  da  fehlt  er  auf  allen  Flanken 
und  zeigt  sich  nur  als  Kappe  oben  auf  dem  Gipfel  desselben;  an 
anderen  Stellen  fehlt  selbst  letztere,  so  dass  gar  kein  Schuttmantel 
vorhanden  ist. 

Woher  kommt  dieses  unregelmässige  Verhalten?  Ich  meine  aus 
zwei  Gründen :  Einmal  mögen  die  letzten  Reste  des  Weiss-Jura,  als 
sie  rings  von  dem  Tuffgange  abgeschält  wurden,  in  manchen  Fällen 
sich  wenig  nach  innen,  also  auf  den  Tuff  gesenkt  haben,  sondern 
fast  nur  nach  aussen  abgestürzt  sein.  In  diesem  Falle  lag  natürlich 
von  Anfang  an  nur  wenig  Schutt  auf  dem  Tuffe.  Zweitens  aber  und 
vor  allem  unterlag  schliesslich  auch  der  Schuttmantel  der  Abtragung. 
Jene  oben  unterschiedenen  Stadien  der  Vollkommenheit  sind  daher 
zum  Teil  nur  Stadien  seiner  Abtragung.  Daher  fehlt  er  denn  auch 
vorwiegend  gerade  den  am  meisten  nach  N.  gelegenen  Tuffgängen, 
welche  bereits  aus  dem  Lias  herausschauen,  also  schon  am  längsten 
der  Abtragung  ausgesetzt  sind  ^. 

Nun  die  Probe  :  Wenn  der  Schuttmantel  aus  einer  Anreiche- 
rung der  im  Tuffe  selbst  liegenden  Weiss-Jurabrocken  hervorgegangen 
wäre,  müsste  er  sich  ausnahmslos  auf  allen  unseren  Tuffgängen  finden, 
denn  alle  enthalten  Weiss-Jurabrocken.    Das  ist  nicht  der  Fall.    Er 


*  Übrigens  sind  hier,  in  dem  meist  aus  thonigen  Schichten  bestehenden 
Vorlande  der  Alb  die  harten  Weiss-Jurasteine  wohl  vielfach  schon  seit  Jahr- 
hunderten auch  künstlich  entfernt  worden.  Teils  weil  sie  dem  Ackerbau  hinder- 
lich waren ,  teils  weil  man  sie  zur  Strassenbeschotterung  verwendete :  Genau 
derselbe  Grund,  welcher  im  diluvialen,  mit  erratischen  Gesteinsstücken  übersätem 
Gelände  diese  Blöcke  allmählich  verschwinden  macht. 


—     38     - 

müsste  sich  ferner  unaufhörlich  aufs  neue  bilden,  da  ja  die  Tuff- 
gänge stetig  abgetragen  werden.  Davon  sieht  man  nichts.  Er  dürfte 
drittens  nicht  so  häufig  aus  so  gewaltigen  Weiss-Jurafetzen  bestehen; 
denn  diese  finden  sich  nur  ganz  ausnahmsweise  im  anstehenden  Tuff 
selbst.  Er  müsste  viertens  gerade  bei  den  am  meisten  gegen  N. 
liegenden ,  also  am  stärksten ,  weil  am  längsten  abgetragenen  Tief- 
punkten, allmählich  dicker  geworden  sein,  als  bei  den  südlicher  ge- 
legenen; denn  bei  ersteren  hätte  ja  die  Anreicherung  bereits  viel 
längere  Zeit  gewährt.  Gerade  umgekehrt  fehlt  er  in  der  Regel  gänz- 
lich bei  den  am  meisten  nördhch  vorgeschobenen  Tuffmassen.  End- 
lich aber  müsste  sich  bei  allen  Tuffablagerungen  der  Erde,  welche 
eine  durch  beigemengte  Fremdgesteine  hervorgerufene  Breccienstruk- 
tur  besitzen,  allmählich  durch  Verwitterung,  Abspülung  der  feinen 
Teile  und  Anreicherung  der  groben,  eine  solche  Schuttdecke  heraus- 
gebildet haben,  welche  sie  verhüllt.  Namentlich  bei  den  Peperinen 
Italiens,  deren  Brecciennatur  ja  in  gleicher  Weise  vielfach  durch 
beigemengte  weisse  Kalksteine  hervorgerufen  wird,  müsste  sich  eine 
Schuttdecke  gebildet  haben,  welche  ganz  derjenigen  unserer  Tuffe 
gleicht.  Ich  habe  aber  nichts  Derartiges  beobachtet,  obgleich  ich 
gerade  ein  derartiges  Vulkangebiet  mit  Kalkstein  -  Peperinen  kar- 
tiert habeV 

Ich  will  durchaus  nicht  bestreiten,  dass  auch  eine  Anreicherung 
der  Kalkstücke,  durch  Abspülung  des  Tuffes,  stattfinden  kann  und 
dass  dann  eine  geringe  Beimischung  dieser  Kalkstücke  zu  denen  des 
Mantels  erfolgen  mag  —  aber  das  Gewicht  der  oben  angeführten 
Gründe  scheint  mir  so  erdrückend,  dass  gewiss  eine  solche  Ent- 
stehung des  Schuttmantels  durch  Anreicherung  vollständig  in  den 
Hintergrund  treten  muss  gegenüber  derjenigen  durch  Abtragung 
der  Alb. 

Man  denke  auch  nicht,  die  Lösung  etwa  in  der  folgenden  Weise 
finden  zu  können:  In  der  Eifel  haben  wir  gleichfalls  Tufifbreccien, 
welche  ganz  wie  bei  uns  zahlreiche  Bruchstücke  der  durchbrochenen 
Schichten  enthalten.  Nun  können  letztere  dort  weniger  oder  mehr 
zahlreich  sein ;  ja  sie  können  sich  so  steigern ,  dass  man  vom  Tuffe 
kaum  etwas  sieht  und  „leicht  eine  Täuschung  eintreten  und  der  Tuff 
verkannt   werden"    kann^.     Diese  Erscheinung   darf  nicht  etwa  mit 


^  Die  Vulkane  des  Hemikerlandes  bei  Frosinone  in  Mittelitalien.  Neues 
Jahrbuch  f.  Min.,  Geol.  u.  Pal.  1877.  S.  561—590.  Tafel  VII. 

'  H.  V.  Dechen,  Geognostischer  Führer  zu  der  Vulkaureihe  der  Vorder- 
Eifel.    Bonn  1861.  S.  252—253,  30  pp. 


—     39     - 

unserem  Schuttmantel  verwechselt  werden.  Dort  in  der  Eifel  hat 
man  eine  vulkanische  Tuffbreccie,  welche  fast  nur  aus  zerschmettertem 
durchbrochenem  Gesteine  besteht.  Hier  bei  Urach  liegt  eine  Hülle, 
bestehend  aus  z.  T.  riesigen  Weiss- Jura-Blöcken  und  feinerem  Schutte 
oben  auf  der  Tuffbreccie. 

Ist  meine  Erklärung  von  der  Entstehung  des  Schuttmantels 
unserer  Tuffgänge  die  richtige,  so  muss  sie,  wie  gesagt,  am  Steil- 
abfalle der  Alb  die  Probe  bestehen.  Dort  haben  wir  ja  Tuffgänge, 
deren  Herausschälung  aus  der  Alb  soeben  beginnt.  Wie  steht  es 
dort  in  dieser  Beziehung? 

Wir  schauen  die  steile  Nadel  des  Conradsfelsens  No.  47  an, 
welche  senkrecht  aus  dem  Steilabfalle  der  Alb  herauswächst.  Auf 
allen  Seiten  steht  sie  frei.  Kein  Kalkschuttmantel  liegt  auf  der- 
selben. Folglich,  so  wird  man  schliessen,  hat  jene  Erklärung  die 
Probe  nicht  bestanden ;  sie  ist  gänzlich  verfehlt  und  der  Schuttmantel 
entsteht  nur  durch  Anreicherung. 

Aber  das  ist  ein  Trugschluss.  Natürlich  kann  auf  einer  so 
widerstandsfähigen  Masse,  wie  diejenige  des  Conradsfelsens  es  sein 
muss,  welche  daher  bei  der  Erosion  als  senkrechte  Nadel  emporragt, 
kein  Kalkschutt  liegen  bleiben.  Wenigstens  nicht,  solange  der  Tuff 
fortfährt,  nadelbildend  zu  bleiben.  Aber  das  sind  vereinzelte  Aus- 
nahmen. Sehen  wir  die  anderen  Maare  und  Tuffgänge  am  Steil- 
abfalle der  Alb  an:  dort  ist  es  anders,  bei  diesen  besteht  unsere 
Erklärung  die  Probe. 

Wir  wollen  als  Beispiel  den  zweiten  Gang  bezw.  Maar  an  der 
Gutenberger  Steige  No.  43  betrachten.  An  der  SW.-Seite  ist  er  frei- 
gelegt; von  dort  aus  treten  wir  in  das  Innere  desselben  ein.  Mit 
den  drei  anderen  Seiten  sitzt  er  noch  in  der  Alb  drinnen.  Ringsum 
steigt  auf  diesen  drei  Seiten  der  senkrechte ,  weite  Ausbruchskanal 
in  die  Höhe.  Seine  Tufffüllung  ist  tief  ausgefurcht,  daher  vorzüglich 
aufgeschlossen.  Wir  steigen  von  dieser  Tiefe  aus  auf  dem  Tuff- 
gehänge in  die  Höhe.  Sowie  wir  uns  dem  Kontakte  desselben  mit  den 
Wänden  des  Kanales  nähern,  verschwindet  der  Tuff  unter  der  Decke 
von  Weiss  -  Juraschutt.  Wo,  an  welcher  Seite  wir  auch  aufsteigen 
mögen,  überall  dasselbe  Bild.     Fig.  17;  1894  S.  755. 

Genau  das  Gleiche  aber  finden  wir,  wenn  wir  die  Maare,  bezw. 
ihre  Tuffgänge,  vom  Engelhof  No.  41  und  der  Diepoldsburg  No.  40 
untersuchen.  Wir  wollen  diesmal  den  umgekehrten  Weg  machen, 
von  oben  her,  von  der  Hochfläche  aus  in  diese  Ausbruchskanäle 
hinabsteigen.     Hier   ist  der  Gang  in  beiden  Fällen  an  der  W.-Seite 


—     40     - 

freigelegt;  an  den  drei  anderen  Seiten  sitzt  er  noch  in  der  Alb. 
Fig.  13;  1894  S.  744. 

Schon,  dass  wir  überhaupt  von  der  Albseite  aus  in  diese  senk- 
rechten Kanäle  hinabsteigen  können,  in  deren  Tiefe  der  Tuff"  an- 
steht —  freilich  ist  das  nur  an  einigen  Orten  möglich  —  dient  als  Be- 
weis dafür,  dass  sich  hier  Weiss-Juraschuttmassen  an  die  senkrechte 
Wand  gelegt  haben ,  welche  von  dieser  abgebröckelt  sind.  Das  ist 
ja  auch  nicht  anders  zu  erwarten.  Wir  steigen  auf  diesen  Schutt- 
massen steil  bergab.  Endlich  in  gewisser  Tiefe,  bald  eher,  bald 
später,  treffen  wir  auf  Tuff.  Auch  hier  also  dasselbe  Bild  wie  vor- 
her; die  Kontaktlinie  zwischen  Tuff  und  der  Wand  des  Ausbruchs- 
kanales  ist  durch  Schuttmassen  von  Weiss-Jura  verschleiert. 

Es  sei  genug  an  diesen  Beispielen.  Sie  zeigen  uns,  dass  unsere 
Erklärung  das  Richtige  getroffen  hat :  Der  Schuttmantel  rührt  von 
dem  Zusammenbruche  der  den  Tuff  zunächst  umgebenden  Weiss-Jura- 
schichten  her,  nicht  aber  von  einer  Anreicherung  der  im  Tuffe 
liegenden  Kalkstücke. 

Dieser  Schuttmantel  spielt  nun  eine  grosse  Rolle  für  die  Tuffe. 
Er  liegt  als  Kappe  oben  auf  den  Tuffbergen,  er  umhüllt  sie  als 
Mantel :  Er  schützt  sie  also  durch  seine  Härte  gegen  die  Atmo- 
sphärilien. Er  wirkt,  wie  ein  bei  nassem  Wetter  aufgespannter 
Regenschirm  für  seinen  Träger  wirkt.  Nun  rechne  man  hinzu,  dass 
diese  harten  kegelförmigen  Schuttmassen  auf  dem  meist  weichen, 
thonigen  Lias-  und  Braun-Juragelände  erscheinen.  Diesem  gegenüber 
sind  sie  steinhart :  So  müssen  die  an  sich  schon  harten  Tuffmassen 
notwendig  noch  umsomehr  als  Berge  emporragen. 

Es  folgt  mithin  aus  obiger  D  arlegung,  dass  der  für 
unsere  Tuffgänge  so  ausserordentlich  kennzeichnende 
Schuttmantel  aus  Weiss- Juragesteinen,  diese  „rätsel- 
hafte" Bildung,  entstanden  ist,  weder  durch  bei  dem 
Ausbruche  emporgeschleuderte  und  zerschmetterte 
Weiss- Juraschichten,  noch  durch  Anreicherung  der  im 
Tuffe  enthaltenen  Kalkstücke,  noch  durch  Anschwem- 
mung von  Seiten  des  Wassers  oder  Eises.  Er  verdankt 
vielmehr  seine  Entstehung  wesentlich  nur  der  Ab- 
tragung der  Alb,  indem  die  dem  Tuffgang  zunächst 
liegenden  Teile  der  Schichten  bei  der  Abtragung  der 
Alb  zunächst  in  den  Kanal  hinab  auf  den  Tuff  fielen. 
Dort  häuften  sie  sich  allmählich  an  und  bildeten  eine 
Kappe  auf  demselben.   War  der  Gang  dann  ganz  heraus- 


—     41     — 

geschält,  so  bildete  er  sich  zum  spitzen  Kegel  und 
die  Schuttkappe  zum  Schuttmantel  um.  Durch  diesen 
war  er  vor  weiter  er  Abtragung  mehr  geschützt  als  der 
umgebende  thonige  Braun-Jura  und  Lias.  Daher  bildete 
der  mit  ihm  versehene  Tuff  im  Vorlande  der  Alb  Hügel. 
Natürlich  wird  diese  Hügelbildung  unterstützt  einerseits  durch 
die  eigene  Härte  des  Tuffes,  andererseits  durch  die  weiche  Be- 
schaffenheit der  Jura-  und  Lias-Schichten.  Denn  diese  Hügel  be- 
stehen ja,  wie  früher  dargelegt  (vergl.  z.  B.  Fig.  70;  1894  S.  887), 
nicht  etwa  nur  aus  Tuff,  sondern  ganz  wesentlich  auch  aus  Jura- 
Schichten.  Letztere  bilden  meist  den  Sockel  des  Berges,  der  Tuff 
nur  den  Gipfel.  Die  Bergbildung  ist  also  ganz  wesentlich  auch  auf 
die  in  den  weichen  Jurathonen  leicht  vor  sich  gehende  Erosion 
zurückzuführen. 

DieBeziehungen  unserer  vulkanischen  Tuffe  zur  Kultur. 

Die  erste  dieser  Beziehungen,  die  wassersammeln  de  Ei  gen- 
schaft der  Tuffe,  ist  eine  hervorragend  wichtige.  Unten  im  Vor- 
lande der  Alb,  welche  aus  den  meist  thonigen  Schichten  des  Lias 
und  Braun-Jura  besteht ,  hat  diese  Eigenschaft  der  Tuffe  keinerlei 
Bedeutung.  Von  höchstem  Werte  dagegen  ist  dieselbe  oben  auf 
der  wasserarmen  Hochfläche  der  Alb.  Der  Weiss-Jura  besitzt  zwar 
auch  thonige  Schichten,  a  und  /,  manchmal  "Q.  Aber  diese  weichen 
Massen  haben  bei  der  wagerechten  Lagerung  nicht  die  Fähig- 
keit, auf  weitere  Entfernung  hin  Oberfläche  zu  bilden.  Eine  solche 
kommt  nur  den  harten  Schichten  /?,  d,  e,  z.  T.  c,  zu.  Diese  harten 
Schichten  aber  sind  im  Wasser  löslich.  Letzteres  hat  sich  daher 
auf  unserer  Hochfläche,  ebenso  wie  auf  jeder  anderen  kalkigen  Hoch- 
ebene, zahlreiche  Kanäle  und  Höhlen  durch  die  harten  Kalke  hindurch- 
gefressen, die  sich  an  der  Oberfläche  oft  durch  Trichter  oder  Erdfälle 
kennzeichnen.  Auf  diesen  stürzt  das  Regenwasser,  sowie  es  gefallen 
ist,  in  die  Tiefe,  um  erst  von  den  undurchlassenden  a-  und  /-Schichten 
aufgehalten  zu  werden,  auf  ihnen  entlang  zu  fliessen  und  dann  an 
irgend  einer  Stelle  in  Form  starker  Quellen  zu  Tage  zu  treten. 

Die  Hochfläche  der  Alb  ist  daher  hinsichthch  des  Wassers 
wesentlich  nur  auf  die  meist  dünne  Lehmschicht  angewiesen,  welche 
aus  der  Zersetzung  der  Kalke  hervorgegangen  ist,  indem  deren  kohlen- 
saurer Kalk  fortgeführt  wurde ,  während  die  winzige  Beimengung 
von  Thon,  weil  unlöslich,  sich  anreicherte.  Ist  diese  Lehmdecke 
dünn,    so  hilft  sie  für  die  Bildung  von  Quellen  gar  nichts.     Ist  sie 


—     42     — 

mächtiger,  so  rinnt  in  den  Brunnen,  welche  in  diesem  Lehm  stehen, 
wenigstens  so  viel  Wasser  zusammen,  dass  bescheidene  Ansprüche 
an  Stillung  des  Durstes  und  an  Reinlichkeit  befriedigt  werden  können. 
Im  Sommer  freilich  versiegen  diese  Brunnen  auch  oft  ganz.  Von 
weiter  Entfernung  her,  aus  der  Tiefe  der  Thäler  herauf,  muss  das 
Wasser  geholt  werden. 

Daher  sieht  man  oft  auf  der  Alb,  dass  von  den  Dächern  der  Ge- 
bäude rings  um  das  ganze  Haus  Blechrinnen  und  Röhren  verlaufen, 
welche  die  auf  das  Dach  fallenden  Niederschläge  in  das  an  einer 
Hausecke  gegrabene  Loch  leiten.  In  diesem  „Brunnen"  sammelt 
sich  eine  Flüssigkeit  an ,  die  zeitweise  dick ,  braun,  entsetzlich  ist. 
Und  doch  wird  dieselbe  von  dem,  an  solchen  Alborten  erzogenen 
Vieh  dem  klaren  Wasser  vorgezogen.  Die  Macht  der  Gewohnheit 
und  die  Liebe  zum  Pikanten! 

Durch  das  grossartige  Unternehmen  der  „Alb Wasserversorgung" 
hat  die  Württembergische  Regierung  diesem  Übelstande  abgeholfen. 
Die  Triebkraft  der  am  Grunde  der  Thäler  zu  Tage  tretenden  Wasser- 
massen wird  benutzt  um  einen  Theil  der  letzteren  wieder  zurück 
auf  die  Hochfläche  der  Alb  zu  heben.  Dort  fliesst  das  Wasser  in 
grosse  Sammelbecken  und  wird  von  diesen  aus  in  die  Dörfer  ge- 
leitet. So  hat  auch  hier  die  Kunst  gegenwärtig  den  Menschen  un- 
abhängig von  der  Natur  gemacht. 

Noch  vor  kurzem  aber  bestand  die  Albwasserversorgung  nicht. 
Da  ergab  sich  denn  die  Einwirkung  der  Tuffe  auf  die  Wasser- 
verhältnisse in  der  folgenden  Weise :  Da ,  wo  im  Bereiche  unseres 
vulkanischen  Gebietes  auf  der  Hochfläche  der  Alb  keine  Tuffe  lagen, 
da  sah  man,  und  sieht  man  noch,  in  den  Dörfern  überall  die  oben 
geschilderten  Dachbrunnen  und  die  Blechröhren.  Da  aber,  wo  Tuff 
vorhanden  war,  hatte  und  hat  man  Quellbrunnen  und  im  Dorfe 
grosse  Teiche,  sog.  „Hülben".  So  kann  man,  sowie  man  ein  Dorf 
betritt,  an  den  Brunnen  bereits  erkennen,  ob  Tuff  vorhanden  ist 
oder  nicht.  Erklärlicherweise  hat  der  Mensch  mit  Vorliebe  diese 
wasserreichen  Orte  aufgesucht.  Die  Karte  zeigt,  wie  die  grösste 
Zahl  der  Tuffflecke  oben  auf  der  Alb  mit  Dörfern  besetzt  ist.  So 
gut  ist  obiges  Kennzeichen,  dass,  wenn  ein  Teil  eines  Dorfes  Dach- 
brunnen hat,  der  andere  Teil  aber  Quellbrunnen  und  „Hüiben",  man 
sicher  sein  kann,  dass  letzterer  auf  Tuff  steht,  ersterer  noch  auf 
Juraboden. 

Diese  wassersammelnde  Kraft  unserer  Tuffe  ist  also  Jahrtausende 
hindurch  für  Menschen  und  vielleicht  das  Hundertfache  dieses  Zeit- 


—     43     — 

raumes  bereits  für  die  wilden  Tiere  von  der  segensreichsten  Bedeu- 
tung gewesen.  Denn  schon  in  tertiärer  Zeit  muss  die  Alb  wasserarm 
gewesen  sein,  müssen  sich  auf  dem  Tuffe  die  "Wasser  gesammelt 
und  Seen  in  den  Maarkesseln  gebildet  haben.  Indem  einst  aber 
die  Alb  sich  viel  weiter  nach  N.  hin  ausdehnte  war  unser  vulkani- 
sches Gebiet  auf  derselben  nicht  nur  von  etwa  125  senkrechten 
Ausbruchsröhren  durchsetzt,  sondern  ein  grosser  Teil  derselben  wird 
auch  in  seinem  obersten  Ende  zeitweise  einen  See  beherbergt  haben. 
Bis  in  die  Gegend  von  Stuttgart  hin  ein  mit  vielleicht 
hundert  kleinen,  mehr  oder  weniger  runden  Maarseen 
besetztes  Gebiet.  Das  Auftreten  geschichteter  Tuffe,  hier  und 
dort,  macht  das  sehr  wahrscheinlich. 

Natürhch  hat  der  Tuff  durch  diese  seine  Eigenschaft  auch 
Veranlassung  zur  Bildung  von  Torfmooren  gegeben ,  wie  das  bei 
Ochsenwang,  Maar  No.  35,  der  Fall  ist. 

Diese  wasserhaltende  Kraft  ist  übrigens  nicht  nur  unseren 
Tuffen  eigen.  Beispielsweise  ist  es  auch  auf  Island  in  dem,  infolge 
seiner  Zerspaltung,  sehr  durchlassenden  vulkanischen  Gebiete  der 
(Palagonit-)  Tuff,  dessen  Schichten  wasserführend  sind  ^. 

Ursprünglich  ist  diese  wasserhaltende  Kraft  dem  Tuffe  wohl 
nicht  eigen  gewesen;  er  kann  sie  erst  erlangt  haben  infolge  seiner 
Umbildung  zu  einem  festen  Gesteine  (S.  27). 

Wir  wollen  nun  die  Beziehungen  unserer  Tuffe  zum  Acker- 
boden betrachten.  So  fest  und  wasserhaltend  der  Tuff  auch  ist, 
er  zerfällt  doch  an  der  Erdoberfläche  meist  zu  einem  losen,  schüttigen, 
trockenen,  dunkelgefärbten  Ackerboden.  Daher  graben  denn  auch 
die  Füchse  ihre  Baue  im  Tuff  und  nicht  im  Juragestein.  Der  Tuff 
erlangt  also  beim  Zerfallen  und  Verwittern  wieder  dieselbe  Beschaffen- 
heit, welche  er  anfänghch  bei  seiner  Erzeugung  besessen  hatte. 
Dass  ein  solcher  Boden  nicht  sehr  hoch  geschätzt  sein  kann ,  trotz 
des  Gehaltes  an  wichtigen  Aschenbestandteilen,  das  liegt  auf  der 
Hand.  Die  schlechten  physikalischen  Eigenschaften  drücken  den 
Wert  der  chemischen  herab. 

Aber  zur  Verbesserung  anderer  Böden  verwendet  man  diese 
chemischen  Eigenschaften  gern.  Wo  es  nur  angeht,  werden  unsere 
Tuffe  zum  „Mergeln"  der  Weinberge  benutzt.  Aber  eine  bemerkens- 
werte Thatsache  ist  es,  dass  man  sie  zwar  zum  Überdüngen  derselben 


*  Sartori  US    von  Walters  hausen,    Physisch-geographische    Skizze 
von  Island.     „Göttingrer  Studien."  1847.  S.  124. 


—     44     - 

verwendet,  dass  jedoch  der  Weinbau  den  Tuffboden  selbst  in  der 
Regel  flieht. 

Sehr  häufig  bestehen  unsere  vulkanischen  Buhle  und  Berge 
nicht  ganz  aus  vulkanischem  Gesteine.  Sondern  dieses  bildet  nur 
die  Kuppe  des  Berges,  während  der  Sockel  desselben  aus  Jurathon 
besteht.  So  finden  wir  es  am  Metzinger  Weinberg,  am  Hofbühl, 
Florian  und  zahlreichen  anderen.  Fast  stets  ist  dann  nur  der  untere, 
aus  Braun-Jurathon  bestehende  Teil  des  Berges  mit  Reben  bepflanzt. 
Mit  dem  Beginne  des  Tuffes  aber  hören  diese  sofort  auf  und  nur 
geringes  Übergreifen  auf  Tuffboden  findet  statt.  Man  kann  daher 
schon  von  weitem  die  Grenze  zwischen  Tuff  und  Jurathon  erkennen. 
Trotz  des  Reichtums  an  Pflanzennährstoffen,  welcher  diesen  Tuffen 
innewohnen  muss,  hält  man  sie  also  offenbar  in  der  Regel  nicht 
zum  Weinbau  für  geeignet.  Nur  vereinzelt  trifft  man  Rebengärten 
auf  Tuffboden.  So  an  der  Sulzburg  No.  48,  am  Lichtenstein  No.  71, 
Dachsbühl  bei  Weilheim  No.  78,  Nabel  bei  Bissingen  No.  81,  Grafen- 
berg No.  108. 

Nun  schreibt  „Das  Königreich  Württemberg"^:  „Die  vulkani- 
schen Böden  am  Fusse  der  Alb  liefern  ....  in  manchen  Jahren  nach 
Quantität  und  Qualität  geradezu  staunenswerte  Resultate ;  bis  zu 
15  hl  pro  Hektar  und  Weine  von  vorzüglicher  Güte."  Ist  das  der 
Fall,  dann  muss  man  sich  wundern,  warum  in  der  Regel  der  Wein- 
bau den  Tuffboden  vermeidet.  Er  müsste  denselben  doch  im  Gegen- 
teil gerade  aufsuchen,  anstatt  sich  meist  nur  an  den  jurassischen 
Fuss  der  Vulkanberge  zu  klammern.  Bezieht  daher  das  Citierte 
sich  etwa  auch,  oder  gar  mehr,  auf  den  Jurasockel  der  dortigen 
Berge  denn  auf  den  Tuffanteil  derselben? 

Zwei  bemerkenswerte  Fälle  möchte  ich  hervorheben,  in  welchen 
die  Reben  zwar  auf  Tuff  stehen,  aber  doch  sozusagen  auf  Jura- 
boden wachsen.  Diese  eigentümlichen  Verhältnisse  gaben  nämlich 
Veranlassung  zu  Schwierigkeiten  in  der  Deutung  derselben.  Das 
ist  vor  allem  am  Häldele,  NO.  von  Kohlberg,  No.  98  der  Fall.  Ein 
kegelförmiger  Berg  von  echt  typischer  Vulkangestalt.  Schon  von 
weitem  sieht  man  ihm  seine  vulkanische  Entstehung  an.  Trotzdem 
ist  er  bis  zum  Gipfel  mit  Reben  bepflanzt.  Wenn  man  aber  zu  dem 
Berge  kommt,  sieht  man,  dass  der  ganze  Kegel  Jurathonboden  be- 
sitzt.   Hier  und  da  nur  zeigt  sich  ein  kleines  Fleckchen  von  Tuff;  das 


^  Herausgegeben  vom  statistisch-topographischen  Bureau.    Stuttgart  1884. 
Bd.  IL  S.  510. 


—    45    — 

ist  aber  natürlich  mit  Vorsicht  aufzunehmen,  denn  da  der  Tuff  zum 
Überdüngen  der  Juraböden  benützt  wird,  so  findet  man  leicht  Stücke 
desselben  auf  solchem  Thonboden.  Und  trotzdem  besteht  der  ganze 
Berg  aus  anstehendem  Tuffe,  wie  durch  sorgsame  Untersuchung 
und  Graben  wie  Bohren  sich  feststellen  Hess.  Aber  über  den  Tuff 
gebreitet  eine  Krume  von  Jurathonboden  in  l^'g,  2  und  3  und  mehr 
Fuss  Mächtigkeit !  Offenbar  das  Ergebnis  jahrhundertelanger  Arbeit, 
wie  sie  sich  nur  auf  dem  kostbaren  Rebenboden,  nicht  aber  auf 
Acker  lohnen  kann.  Auch  der  Florian  No.  101  zeigt  da,  wo  der 
Tuffgang  an  seiner  SW.-Flanke  hinabzieht,  denselben  ebenso  durch 
Jurathonboden  völlig  unkenntlich  gemacht  und  versteckt,  so  dass 
niemand  sein  Dasein  ahnen  kann. 

Ähnlich  liegen  die  Dinge  am  Gaisbühl,  SW.  von  Reutlingen, 
No.  122.  Hier  ist  gleichfalls  auf  dem  Acker  Jurathonboden.  Daher 
giebt  die  geologische  Karte  von  Württemberg  irrtümlich  auch  hier, 
ganz  wie  am  Florian  No.  101 ,  zwei  Tuffflecke  an ,  welche  durch 
anstehenden  Braun- Jura  a  getrennt  sind.  Aber  genaue  Untersuchung 
zeigt,  dass  hier  wie  da  je  nur  ein  einziges  grösseres  Tuffvorkommen 
auftritt,  dass  der  vermeintliche  anstehende  Jura  nur  eine  dicke  Decke 
über  dem  Tuff  bildet.  Aber  in  diesem  Falle  nicht  durch  Menschen- 
hand ausgebreitet,  sondern  durch  die  Natur  von  den  südlich  an- 
grenzenden Höhen  abgeschwemmt.  Genau  ebenso  liegen  die  Dinge 
auf  den  Hengstäckern,  S.  von  Kleinbettlingen.  Der  dortige  Tuff 
No.  112  liegt  in  einer  Ebene  mit  dem  Braun- Jura  a,  ist  aber  durch 
den  von  0.  her  herabgeschwemmten  Verwitterungslehm  so  verdeckt, 
dass  nur  einzelne  kleine  Kalkstückchen  in  demselben  das  Dasein 
des  vulkanischen  Gesteines  andeuteten,  welches  denn  auch  erbohrt 
wurde. 

Auch  als  W  a  1  d  b  o  d  e  n  ist  der  Tuff  dem  Jura  nicht  ebenbürtig. 
Die  herrlichen  Buchenwaldungen,  welche  nicht  nur  die  Alb  und  ihre 
Abhänge,  sondern  auch  an  manchen  Orten  das  Vorland  derselben 
decken  —  sie  verschwinden  sofort  sowie  Tuffgebiet  sich  zeigt  und 
räumen  hier  den  Tannen  das  Feld. 

So  steht  der  vulkanische  Tuff  unseres  Gebietes  im 
innigsten  Zusammenhang  mit  der  Kultur.  Schon  von 
weitem  erkennt  man  sein  Dasein  an  dem  Vorhanden- 
sein der  Dachbrunnen,  an  der  düsteren  Farbe  der  Tannen- 
waldung, meist  auch  an  dem  jähen  Aufhören  der  Reb  en- 
gärten. 

Technische  Verwendung.    Die  Härte  des  Tuffes  ist  eine 


—     46     — 

recht  verschiedene  und  damit  aucli  seine  Brauchbarkeit  als  Stein. 
In  der  Umgegend  von  Owen  findet  man  die  am  Götzenbrühl  No.  87 
gewonnene  feste  Art  des  Tuffes  sogar  hier  und  da  einmal  zu  Chaus- 
seesteinen verwendet.  Der  Tuff  aus  dem  Maar  an  der  Wittlinger 
Steige  No.  63  lieferte  Markungssteine.  Aber  derartige  Verwendung 
ist  ganz  verschwindend,  da  der  Tuff  doch  nicht  hart  genug  ist. 

Dagegen  hat  Schübler  \  nach  dem  Vorbilde  italienischer  und 
rheinischer  Verhältnisse,  mit  dem  Basalttuff  aus  dem  Faitelthal  bei 
Urach  Versuche  angestellt,  ob  derselbe  nicht,  ähnlich  dem  Puzzolan- 
und  dem  Trasstuff,  als  hydraulischer  Mörtel  zu  verwenden  sei. 
Bei  einer  Vermischung  des  pulverisierten  Basalttuffes  mit  der  gleichen 
Menge  gelöschten  Kalkes  ergab  sich  in  der  That  ein  Mörtel,  welcher 
unter  Wasser  immer  fester  wurde.  Infolgedessen  wurde  dann  vom 
Oberwasserbaudirektor  am  Ende  der  zwanziger  Jahre  bei  Metzingen 
eine  Mühle  zum  Mahlen  des  Basaltes  erbaut^.  Da  sich  nun  durch 
Glühen  von  Thon  in  Verbindung  mit  Kalk  gleichfalls  hydraulischer 
Mörtel  erzeugen  lässt,  so  folgerte  Schübler,  dass  der  Basalttuff  ein- 
mal glühend  gewesen  sein  müsse.  Aus  dem  chemischen  Verhalten 
also  dieses  Tuffes  (sowie  des  gepulverten  Phonolithes  vom  Hohen- 
twiel)  schloss  Schübler  darauf,  dass  unsere  Tuffe  und  Basalte  „vul- 
kanische, auf  irgend  eine  Art  durchs  Feuer  veränderte  Bildungen  sind"  ^ 

Eine  Verwendung  des  Tuffes  nach  solcher  Richtung  hin  ist 
wohl  nicht  weiter  verfolgt  worden.  Die  zahlreichen  Cementmergel  der 
Juraformation  in  unserem  Lande  machen  Derartiges  auch  überflüssig. 

Wohl  aber  stellt  man  jetzt  Versuche  an,  den  Tuff  als  künst- 
liches Düngemittel  zu  verarbeiten.  Die  an  Kalksteinen  armen, 
also  an  eigentlicher  Tuffmasse  reichen  Partien  werden  zu  Pulver 
gemahlen  und  sollen  so  als  Steinmehldüngung  dienen.  Leider  sind 
unsere  Tuffe,  wie  es  scheint,  fast  durchgehends  nicht  aus  feldspat- 
haltigem  Magma  hervorgegangen,  sondern  aus  melilithhaltigem.  Sie 
werden  daher,  eine  Analyse  liegt  mir  nicht  vor,  viel  weniger  Kali 
enthalten,  als  im  ersteren  Falle  möglich  wäre.    Immerhin  aber  müssen 

'  Jahrbuch  der  Chemie  wnä  Physik.  Bd.  XIX.  1827.  S.  140—148.  Ferner 
Korrespondenzhlatt  der  Württ.  landwirtschaftlichen  Vereine.  1825.  Bd.  VII. 
S.  279-283. 

2  Jahrbuch  f.  Min.,  Geol,  u.  Pal.  v.  Leonhard.  1830.  Jahrg.  1.  S.  79. 

^  Dagegen  hatte  bereits  1823  Oberbergrat  Selb  den  Versuch  gemacht  „aus 
ihren  Lagerungsverhältnissen  und  ihrer  Stellung  gegen  die  übrigen  Gebirgs- 
formationen"  Beweise  für  die  vulkanische  Herkunft  der  Basaltberge  Schwabens, 
allerdings  nur  des  Hegaus ,  zu  gewinnen.  (Leouhard's  Mineralog.  Taschenbuch. 
1823.  S.  3-54.) 


-     47     — 

sie ,  wie  jedes  Eruptivgestein ,  Phosphorsäure  führen.  Der  Erfolg 
wird  von  dem  Preise  abhängen,  zu  welchem  man  das  Gesteinspulver 
liefern  kann. 

Die  Kontaktmetamorphose  der  Tuffe  und  Basalte  des  Ge- 
bietes von  Urach. 

Umwandlungen  der  in   den  Tuffen  und  den  Basalten   eingeschlossenen  Fremd- 
gesteine.    Umwandlungen  des  Nebengesteines  am  Salbande  der  Tuffe. 

Die  Umwandlungen  der  im  Tuffe  eingeschlossenen 
Gesteinsstücke. 

Unter  den  im  Tuffe  eingeschlossenen  und  veränderten  Fremd- 
gesteinen liefern  die  Weiss- Jura  -  K  a  1  k  e  den  grössten  Prozentsatz. 
Je  nach  ihrer  Beschaffenheit  sind  diese  dunkel  rauchgrau  oder  rot 
gebrannt.  Wir  wollen  zunächst  die  dunkel  gewordenen  betrachten. 
Ausserlich  sind  auch  diese  häufig  weiss.  Sowie  man  sie  aber  zer- 
schlägt, sieht  man ,  dass  das  nur  eine  dünne  weisse  Verwitterungs- 
rinde ist,  welche  sich  nachträglich  bildete.  Diese  dunklen  Kalke 
boten  hinsichthch  ihrer  Bestimmung  gewisse  Schwierigkeiten  dar. 
In  Schwaben  straft  der  Weisse  Jura  seinen  Namen  nicht,  wie  an 
vielen  anderen  Orten  der  Erde,  Lügen.  Er  besteht  wirklich  aus 
weissen  oder  doch  hellen  Kalken. 

Ich  musste  daher,  angesichts  dieser  zahlreichen  dunklen  Kalk- 
stücke, anfänglich  ihre  Zugehörigkeit  zu  dieser  Formation  bezwei- 
feln. Ich  dachte  an  Lias  oder  rauchgraue  Muschelkalke.  Durch 
die  Erfunde  von  Belemniten  wurde  zunächst  die  Möglichkeit,  dass 
letzterer  vorliegen  könne,  ausgeschlossen.  Eigenartig  war  es  hierbei, 
dass  diese  durch  die  Hitze  dunkel-rauchgrau  gewordenen  Kalke  Be- 
lemniten führen,  deren  Inneres  gerade  umgekehrt  eine  schneeweisse 
Farbe  und  krystalline  Beschaffenheit  erlangt  haben.  Sie  sind  also 
in  weissen  körnigen  Kalk  verwandelt,  wodurch  natürlich  ihre  Struktur 
mehr  oder  weniger  verwischt  wurde.  Eine  gleiche  Beobachtung  ver- 
öffentlichte Kraus.  Er  fand  im  Tuff  des  Kraftrains  einen  Selcmnites 
semihastatus  ^  welcher  ebenfalls  schneeweiss  und  krystallinisch  kör- 
nig war^ 

Durch  das  Auffinden  canaliculater  Belemniten  und  perisphincter 
Ammoniten  musste  dann  weiter  auch  jeder  Gedanke  an  gewisse 
rauchgraue  Liaskalke  aufgegeben  werden.    Man  hatte  also  zweifellos 


Diese  Jaliresh.  1880.  S.  76. 


—     48     - 

Weiss-Jura  vor  sich,  dessen  helle  Farbe  bei  unzähligen  Stücken  in 
eine  dunkle  verwandelt  ist. 

Es  ist  immerhin  eine  auffällige  Thatsache,  dass  diese  hellen 
Kalke  durch  die  Einwirkung  der  Wärme  nicht  noch  heller,  sondern 
dunkel  geworden  sind ,  und  dass  Kalk  und  Belemniten  sich  gerade 
entgegengesetzt  verhalten,  indem  sich  der  Kalk  dunkel,  die  Belem- 
niten aber  schneeweiss  gebrannt  haben. 

Die  Erklärung  liegt  offenbar  in  der  Höhe  der  Temperatur.  Die 
Veränderung  der  Farbe  von  Gesteinen,  welchen  organische  Substanz 
beigemengt  ist,  muss  eine  entgegengesetzte  sein,  je  nachdem  die 
Temperatur  eine  höhere  oder  niedrigere  ist.  Hohe  Temperatur  wird 
einen  Kalkstein  mit  organischer  Beimengung  entfärben,  indem  letztere 
verbrennt.  Weniger  hohe  Temperatur  dagegen  muss,  wie  Gümbel 
hervorhob,  ihn  dunkler  färben,  indem  eine  Verkohlung  der  fein  ver- 
teilten organischen  Substanz  emtritt.  Durch  die  nur  massige  Höhe 
der  Temperatur  des  Tuffes  erklärt  es  sich  also ,  dass  wir  hier  so 
zahllose  dunkle  Weiss-Jurakalke  vor  uns  haben.  Wenn  nun  dem 
gegenüber  die  Belemniten,  in  welchen  sich  ja  ursprünglich  ebenfalls 
organische  Substanz  befindet,  weiss  gebrannt  sind,  so  mag  sich  das 
dadurch  erklären,  dass  sich  in  diesen  nur  sehr  wenig  organische 
Substanz  noch  befand.  Hat  etwa  auch  die  soviel  lockerere  Struktur 
hierbei  mitgewirkt?  Diese  Fälle  von  Dunkelfärbung  heller  Weiss- 
Jurakalke  stehen  nun  aber  nicht  etwa  vereinzelt  nur  in  unserem 
vulkanischen  Gebiete  da.  Vielmehr  finden  wir  völlig  Gleiches  in  den 
vulkanischen  Tuffen  des  Ries  bei  Nördlingen.  Gümbel^  sagt  darüber 
das  Folgende:  „Eine  andere  auffallende  Erscheinung,  welcher  wir  .... 
bei  vielen  Jurakalken  der  Riesgegend  namentlich  da  begegnen ,  wo 
sie  mit  vulkanischen  Tuffen  unmittelbar  in  Berührung  kommen  oder 
brockenweise  in  denselben  eingeschlossen  sind,  macht  sich  durch 
eine  dunkle,  aschgraue,  oft  an  das  Schwarze  grenzende  Färbung  .... 
geltend  ....  Dieselbe  findet  ihre  Erklärung  in  dem  Umstände,  dass 
solche  (ursprünglich  hellen)  Gesteine  infolge  der  vulkanischen  Vor- 
gänge in  der  Riesgegend  massig  erhitzt  worden  sind,  wodurch  die  in 
jedem  Kalk  eingfeschlossenen  organischen  Beimengungen  verkohlten." 

Gümbel  hat  diese  Thatsache  experimentell  bestätigt^  und  ich 
habe  mich  gleichfalls  zu  vergewissern  versucht,  ob  sich  etwa  mit 
Hilfe  des  Experimentes  nachweisen  Hesse,  welcher  der  kalkigen  Weiss- 


^  Atlasblatt  Nördlingen  der  geognostischen  Karte  von  Bayern.  S.  11  u.  12. 
2  Ebenda  S.  12  Anra. 


—     49     — 

Jurastufen  der  im  Tuffe  liegende,  dunkel  gefärbte  Kalk  angehören 
möge.  Herr  Kollege  L.  v.  Mayer  war  so  liebenswürdig,  im  chemi- 
schen Laboratorium  diesen  Versuch  anzustellen.  Die  Kalkstücke  wur- 
den hierbei  in  einen  Platintiegel  gethan,  ein  konstanter  Strom  von 
Kohlensäure  durch  denselben  geleitet,  um  den  Sauerstoff  der  Luft 
fernzuhalten  und  dann  erhitzt.  Bei  einer  Erwärmung  auf  nur  etwa 
300°  C.  war  eine  Veränderung  der  Farbe  der  Kalke  wenig  merkbar. 
Bei  ungefähr  600*^  C.  aber  hatte  sich  die  Farbe  bereits  binnen  einer 
halben  Stunde  vollständig  verändert,  und  zwar  nicht  nur  an  der 
Oberfläche  der  Stücke,  sondern  auch,  wie  sich  beim  Zerschlagen 
derselben  zeigte,    in   gleichmässiger  Weise    bis   ins  Innerste   hinein. 

Ich  hatte  hellen  /J-Kalk  und  etwas  dunkleren  a-Kalk  genom- 
men ,  letzterer  mit  einigen  kleinen ,  punktförmigen  Flecken  von  in 
Brauneisenstein  verwandeltem  Schwefelkies.  Meine  Erwartung  ging 
dahin,  dass  das  von  Natur  dunklere  a-Gestein  am  dunkelsten  werden 
würde.  Dem  war  aber  nicht  so.  Vielmehr  erhielt  der  ganz  helle 
/S-Kalk  durch  und  durch  eine  dunkle  Farbe ,  so  dass  er  in  diesem 
Zustande  ganz  auffallend  den  zahlreichen  Kalkstücken  glich,  welche 
in  unseren  Tuffen  eingebacken  sind.  Der  etwas  dunklere  a-Kalk 
dagegen  wurde  zwar  auch  dunkler,  aber  doch  nicht  im  selben  Masse. 
Auch  erhielt  er  zugleich  eine  ausgesprochene  rötliche  Färbung,  welche 
offenbar  dadurch  entstand,  dass  das  fein  verteilte  Eisenoxydhydrat 
sich  in  der  Hitze  zu  Eisenoxyd  umwandelte. 

Das  war  von  Wichtigkeit,  denn  als  zweite  Thatsache  ist  in  Bezug 
auf  die  Metamorphose  der  Einsprengunge  hervorzuheben,  dass  ausser 
den  zahllosen  dunkel  gefärbten  Kalkstücken  auch  nicht  wenige  rot- 
gefärbte erscheinen.  Die  Stärke  dieser  Rötung  ist  eine  verschiedene, 
bald  dunkler,  bald  heller,  bald  nur  ein  rosiger  Schimmer.  Namentlich 
zeigt  sich  diese  Umwandlung  an  den  leicht  kenntlichen  J-Kalken. 

Nicht  nur  im  Laboratoriumsversuch  lässt  sich  diese  Färbung 
der  Kalksteine  durch  höhere  Temperaturen  nachahmen.  Herr  A.  Hauff 
aus  Holzmaden  teilte  mir  freundlichst  mit,  dass  er  beim  Brennen 
der  Kalksteine  des  Weissen  Jura  vom  Aichelberg  im  Kalkofen  gleich- 
falls wiederholt  eine  verschiedenartige  Färbung  je  nach  dem  Hitze- 
grade beobachtet  habe\ 


^  Es  mag  hier  auch  die  weitere  Beohachtung  des  genannten  Herrn  Platz 
finden,  dass  die  Kalksteine  aus  Lias  «  bereits  hei  weit  geringerer  Temperatur 
im  Kalkofen  gargebrannt  werden,  als  diejenigen  aus  Lias  f,  und  von  diesen  letzteren 
hatten  wieder  die  tiefer  liegenden,  also  dem  s  nähern,  eine  geringere  Temperatur 
nötig,  als  die  höheren. 

Jabreahefte  d.  Vereins  f.  vaterl.  Naturkunde  in  Württ,  1895.  4 


-     50     - 

Es  ist  bemerkenswert,  dass  auch  Kalksteine  aus  der  Kreide 
Süditaliens  sich  ähnlich  verhalten,  wie  ich  einer  freundlichen  Mit- 
teilung des  Herrn  Kollegen  Deecke  in  Greifswald  entnehme.  Derselbe 
hatte  Gelegenheit,  die  Rudistenkalke  jener  Gegenden  in  dieser 
Beziehung  zu  beobachten.  Dieselben  sind,  wie  viele  unseres  Weissen 
Jura,  hell  und  erwecken  daher  gleichfalls  den  Anschein,  als  ob  sie 
recht  arm  an  organischen  Substanzen  seien.  Zu  zwei  wiederholten 
Malen  hatte  der  genannte  Herr  Gelegenheit,  einen  missratenen  Brand, 
welcher  daher  vor  der  Zeit  ausgelöscht  und  aus  dem  Ofen  heraus- 
geworfen wurde,  zu  sehen.  Hierbei  zeigte  sich,  dass  die  hellen 
Kalke  nur  aussen  weiss  geworden  waren,  im  Inneren  dagegen  viel 
dunklere,  zum  Teil  tief  graue  bis  schwarze  Farbe  angenommen 
hatten,  ,,so  dass  man  kaum  glauben  konnte,  dass  es  dieselben  weissen 
Kalke  seien,  welche  im  benachbarten  Bruche  anstanden.  Der  Besitzer 
des  Bruches  erzählte  gleichzeitig,  dass  überhaupt  alle  von  ihm  ver- 
arbeiteten dortigen  Kalke  sich  beim  Brennen  anfänglich  im  Innern 
schwarz  färbten,  und  dass  sie  erst  bei  längerer  Einwirkung  der 
Hitze  vollkommen  weiss  würden,  nachdem  sie  aussen  Risse  und 
Spalten  bekommen  hätten". 

Aber  auch  bezüglich  des  Unterschiedes,  welchen  die  Versteine- 
rungen und  der  sie  einschliessende  Weiss-Jurakalk  in  unseren  Tuffen 
erkennen  lassen,  teilte  mir  Herr  Kollege  Deecke  eine  analoge  Beob- 
achtung aus  jenen  beiden  Bränden  mit.  Die  eingeschlossenen 
Hippuriten  waren  auch  dort  bereits  kalciniert  und  weiss  geworden, 
während  die  halbgebrannten  Kalke,  in  welchen  diese  Versteinerungen 
lagen,  erst  dunkel  gefärbt  waren.  Die  beiden  Punkte ,  an  welchen 
diese  Beobachtungen  gemacht  wurden,  waren  Pimonte  unweit  Castel 
Ammare  und  St.  Arsenio  im  Valle  di  Diano. 

Nicht  minder  erwähnt  der  genannte  Herr  in  seinem  Schreiben 
einzelne  Kalkauswürflinge  des  Monte  Somma,  welche  aussen  in  weissen 
Marmor  verwandelt  waren,  innen  aber  ziemlich  dunkle  Farbe  besassen. 
Dass  dieselben  dem  hellen  Appeninenkalk  entstammen,  wird  durch 
ihre  organischen  Einschlüsse  bewiesen.  Auch  hier  also  hat  die 
vulkanische  Hitze  dasselbe  bewirkt,  was  wir  bei  den  Kalken  unserer 
Tuffe  beobachten. 

So  sehen  wir  also,  dass  an  anderen  vulkanischen  Orten  durch 
Tuffe  bezw.  Wärme  dieselbe  Metamorphose  ausgeübt  wird,  wie  in  unse- 
rem vulkanischen  Gebiete ;  dass  sich  die  dunkle  und  rote  Färbung 
der  Kalke  im  kleinen  durch  den  Laboratoriumsversuch  nachahmen  lässt ; 
dass  sich,   wenigstens    die  dunkle,  auch  im  grossen,    beim  Brennen 


—    51     - 

in  dem  Kalkofen  erzeugen  kann.  Wir  dürfen  daher  aus  dieser 
Metamorphose  in  unseren  Tuffen  schliessen,  dass  die  letzteren  noch 
im  heissen  Zustande  längere  Zeit  verharrt  sind ;  wie  das  nur  bei 
ihrem  sofortigen  Zurückfallen  in  den  Ausbruchskanal  und  dem  Ver- 
bleiben in  demselben  erklärlich  ist. 

Wenn  daher  Deffner^  sagt,  die  rote  und  schwarze  Färbung 
unserer  weissen  Jurakalke  sei  durch  heisse  Gase ,  nicht  aber  durch 
die  Hitze  Wirkung  des  Tuffes  hervorgerufen,  „um  so  weniger,  als  es 
nicht  gelingen  will,  diese  Färbung  durch  Erhitzung  künstlich  zu 
erzeugen"  —  so  hat  dieser  letztere  Schluss,  weil  irrtümlich,  keine 
Beweiskraft.  Gewiss  werden  auch  heisse  Gase  den  Ausbruchs- 
röhren entstiegen  sein ;  aber  der  aus  der  Tiefe  stammende  und 
sogleich  wieder  in  der  Tiefe  eingebettete  Tuff  wird  ebenfalls  Wärme 
gehabt  und  lange  behalten  haben. 

Eine  weitere  Art  der  Umwandlung  unserer  Kalkstücke  besteht 
darin,  dass  dieselben  öfters  krystallinisch  oder  auch  bisweilen 
sehr  hart,  daher  klingend  geworden  sind. 

Mit  diesen  Umwandlungen  der  Farbe  und  des  Gefüges  hat  es 
aber  sein  Bewenden,  denn  schon  früher  hat  Nies  durch  chemische  und 
mikroskopische  Untersuchung  an  den  im  Tuffe  eingeschlossenen 
Kalkstücken  dargethan,  dass  sie  trotz  ihres  oft  veränderten  Aus- 
sehens ,  doch  innerlich  nicht  oder  nur  wenig  umgewandelt  sind. 
Stärker  dagegen  Hess  sich  eine  solche  umwandelnde  Hitzewirkung 
bei  den  seltenen  Kalkstücken  beobachten,  welche  als  Einschlüsse 
im  Basalt  auftreten  ^.  Deffner  ^  sagt  zwar  von  den  Kalken  am 
Salbande  des  oberen  Tuffganges  an  der  Gutenberger  Steige :  „Zunächst 
am  Salband  sind  dieselben  schwarz  gefärbt  und  weit  thonreicher 
geworden,  indem  sie  einen  namhaften  Teil  ihres  Kalkgehaltes 
verloren  haben."  Indessen  müsste  das  doch  durch  eine  Analyse 
belegt  sein ,  bevor  es  als  sicher  angenommen  werden  könnte. 
Ansehen  kann  man  diesem  Kalksteine  nicht  den  Prozentgehalt  an 
Thon.  Auch  verliert  er  durch  hohe  Temperatur  nicht  Kalk,  sondern 
nur  Kohlensäure.  Der  Kalkgehalt  könnte  daher  nur  durch  spätere 
Einwirkung  von  Wasser  vermindert  werden,  was  man  dann  aber 
nicht  der  Kontaktwirkung  des  Tuffes  zuschreiben  dürfte. 

Der   Sandstein   des    Braun- Jura   ß   ist   gleichfalls,    wie    ein 

'  Begleitworte  zu  Blatt  Kirchheim.  S.  21. 

^  Tageblatt   der   48.  Versammluug   Deutscher  Naturforscher   u.   Äi'zte    iu 
Graz.  1875.  S.  57. 

^  Begleitworte  zu  Blatt  Kirchheim  u.  T.  No.  28.  S.  33. 

4* 


—     52     — 

Teil  der  Kalke,  durch  die  Hitzewirkung  des  TufFes  rotgebrannt. 
Am  Lichtenstein  No.  71  z.  B.  liegt  eine  Kappe  von  Weiss -Jura- 
Schutt  auf  dem  Tuffe.  Hier  finden  sich  Kalkstücke,  welche  durch 
die  Hitze  so  hart  gebrannt  sind,  dass  sie  beim  Zerschlagen  so  hell 
wie  Phonolith  klingen.  An  der  O.-Seite  des  Lichtensteins  dagegen^ 
dort  wo  dieser  sich  an  das  aus  Braun -Jura  ß  bestehende  Thal- 
gehänge lehnt,  finden  sich  Stücke  eines  rotgefärbten  Sandsteines, 
welche  nichts  anderes  sind ,  als  durch  die  Hitze  veränderter  Sand- 
stein des  Braun -Jura  /?,  welcher  dicht  daneben  ansteht.  Hier  ist 
das  im  Gestein  vorhandene  Eisenoxydhydrat  durch  die  hohe  Temperatur 
in  Eisenoxyd  verwandelt  worden. 

Ganz  dieselbe  Beobachtung  kann  man  in  der  Eifel  machen. 
Dort  sind  die  devonischen  Schiefer  und  Sandsteine,  welche  sich  in 
den  von  den  Maaren  ausgeworfenen  Tuffen  finden,  häufig  rotgebrannt. 
Doch  ist  die  Wärmewirkung  hier  vielleicht  eine  etwas  lebhaftere 
gewesen,  da  sich  nicht  selten  Sandsteinstücke  mit  einem  verglasten 
Überzuge  finden,  was  in  den  Tuffen  der  üracher  Gruppe  selten 
der  Fall  ist. 

Solche  verglasten  Stücke  von  Sandstein  in  unseren  Tuffen  wie 
sie  in  der  Eifel  vorkommen,  habe  ich  gar  nicht  gefunden.  Aus  dem 
Tuffe  des  Metzinger  Weinberges  No.  102  führt  Deffner  aber  das 
Folgende  an:  „Rotliegendes  und  Bunter  Sandstein  sind  häufig 
zusammengesintert,  sogar  oft  blasig  und  gehen  in  manchen 
Stücken  in  reinen  Trachyt  über." 

Bemerkenswert  ist  es,  dass  die  in  den  Tuffen  eingeschlossenen 
Granite  bisweilen  weit  stärker  verwandelt  sind  als 
jene  Kalke  und  Sandsteine.  Offenbar,  weil  dieselben  einer 
stärkeren  Temperatur  ausgesetzt  waren  als  jene.  Zwar  liegen  jetzt 
beide  gleichmässig  im  Tuffe.  Aber  die  Granite  sind  aus  grosser 
Tiefe  heraufgeholt  und  haben  die  hohen  Temperaturgrade,  welche 
der  dort  befindliche  basaltische  Schmelzfluss  ausstrahlte,  erlitten. 
Wenn  sie  daher  verändert  wurden,  so  geschah  das  bereits  in  grosser 
Tiefe.  Jene  Weiss-Jurakalke  und  Braun -Jura -Sandsteine  dagegen 
gehören  dem  oberen  Ende  der  Ausbruchsröhre  an,  bis  in  welches 
nur  selten  der  Basalt,  und  dann  auch  nur  in  dünnen  Apophysen 
emporgedrungen  ist. 

Deffner  berichtet  über  diese  Veränderungen  an  Graniten,  dass 
„alle  Übergänge  vom  kaum  gefritteten,  noch  deutlich  bestimmbaren 
Granit  bis  zum  vollständig  blasigen  Bimsstein -Trachyt  hinüber 
gesammelt  werden".  —  „Der  Übergang   findet  in    der  Weise   statt, 


—    53     — 

dass  zuerst  die  Kontaktstellen  des  Pinit  (Glimmers)  mit  dem  Feld- 
spat sich  aufblähen,  sodann  der  Pinit- (Glimmer-)Gehalt  voll- 
ständig verschwindet,  und  an  seine  Stelle  ein  blasiges  Glas  von 
grüngelber  Farbe  tritt.  Bei  weitergehender  Einwirkung  wird  auch 
der  Feldspat  darin  aufgelöst,  so  dass  nur  noch  der  Quarz  ungelöst 
zurückbleibt,  und  man  vollkommene  Quarztrachyte  erhält,  bis  auch 
er  in  seltenen  Fällen  verschwindet,  und  man  den  reinen  porösen 
Trachyt  vor  sich  hat.  Ganz  ähnliche  Umwandlung  erleiden  auch 
die  sedimentären  feldspathaltigen  Gesteine  des  Eotliegenden  und 
Bunten  Sandsteines.  Sehr  bemerkenswert  sind  dagegen  die  gänzlich 
von  den  übrigen  abweichenden  Pyromorphosen  des  grauschwarzen 
Gneissgranites  No.  1,  welche  sich  bis  jetzt  nur  auf  dem  Rangenbergle 
und  dem  Höslinsbühl  gefunden  haben ,  und  eine  Umwandlung  des 
schwarzen  Glimmers  in  basaltische  Hornblende  erkennen  lassen." 

Die  Umwandlungen  der  im  Basalt  eingeschlossenen 
Gesteins  stücke. 

Über  die  Umwandlungen  der  im  Basalte  emgeschlossenen  Ge- 
steinsstücke lässt  sich  viel  weniger  sagen,  da  dieselben  sehr  selten 
sind.  Doch  ist  die  Umwandlung  erklärlicherweise  hier  eine  stärkere 
als  im  Tuffe.  Deffner  führt  vom  Jusi  eingeschlossene  Feldspatgesteine 
auf,  welche  stark  verändert  waren.  „Hin  und  wieder  zeigen  sich  im 
Basalt  dunklere  Partien  von  Thaler-  bis  Faustgrösse,  mit  einem 
bröckeligen,  schwammig  aufgeblähten  trachytischen  Kern,  in  dem 
sich  noch  unveränderte  Quarzkörner  und  an  den  Kanten  rund  ge- 
schmolzene Feldspatkrystalle  erkennen  lassen.  Letztere  sind  an  der 
Grenze  zum  Basalt  häufig  bis  zur  Kugelform  abgerundet  und  liegen 
in  einem  grüngelben  emailartigen  Glase,  das  gegen  das  Innere  dieser 
Einschlüsse  in  eine  gelbhch  graue,  sehr  stark  aufgeblähte  Masse 
übergeht." 

Auch  die  Kalkstücke  sind  im  Basalt  stärker  verwandelt  als 
im  Tuffe.  Am  Jusi  beobachtete  Deffner  solche  Stücke,  welche  der 
Basalt  aus  dem  benachbarten  Tuff  herausgerissen  hatte.    „Dieselben 

sind fest  mit  dem  Basalt  verschmolzen  und  zeigen  oft  ohne  eine 

sichere  Grenze  beider  Gesteine  einen  von  aussen  nach  innen  wirken- 
den Schmelzungs-  und  Auflösungsprozess  des  Kalks  in  dem  Basalt- 
fluss.  Während  das  Innere  des  Kalkbrockens  noch  mit  Säure  braust, 
ist  dies  an  den  Aussenseiten  nicht  mehr  der  Fall,  wo  ein  immer 
dunkler  werdendes  Graublau  den  Übergang  in  den  schwarzblauen 
Basalt  anzeigt." 


—     54     — 

Die   Umwandlungen    des    Nebengesteins    am    Salbande 

der  Tuffgänge. 

Kontaktwirkungen  am  Salbande  von  Tuffgängen  zeigen  sich 
im  Gebiete  des  Lias  und  Braun -Jura  nur  ausnahmsweise.  Am 
Scheuerlesbach  No.  123  ist  der  mergelige  Kalk  des  Mittel-Lias  schwarz 
gebrannt,  die  in  ihm  enthaltenen  Belemniten  dagegen  weiss  und  in 
Marmor  verwandelt,  genau  wie  bei  den  im  Tuffe  eingeschlossenen 
Weiss-Jura-Stücken.  An  der  Sonnenhalde  No.  72  ist  der  Untere 
Braun-Jura  im  Kontakte  wohl  etwas  verändert ;  aber  das  wird  mehr 
die  Folge  der  hier  versickernden  Wasser  sein,  als  diejenige  der  hohen 
Temperatur  des  Tuffes. 

Anders  ist  es  im  Weiss-Jura.  Dessen  Kalke  zeigen  häufiger 
eine  Kontakt-Metamorphose  am  Salbande ;  und  zwar  ist  die  durch 
den  Tuff  erzeugte  ganz  übereinstimmend  mit  der  durch  Basalt  hervor- 
gerufenen. Der  mächtige  Basaltgang  des  Eisenrüttel  No.  38  und  der 
nur  6  Fuss  mächtige  bei  Grabenstetten  No.  126  haben  den  weissen 
Kalk  schwarz  gebrannt.  Bei  Grabenstetten  dringt  dies  V2  Fuss  tief 
in  den  Kalk  ein.     Am  Eisenrüttel  lässt  sich  kein  Mass  angeben. 

Ganz  dasselbe  haben  die  Tuffe  gethan,  und  zwar  ist  bemerkens- 
werterweise hier  bisweilen  die  Umwandlung  tiefer  in  den  Weiss-Jura 
eingedrungen.  Diese  Übereinstimmung  in  der  Wirkung  von 
Basalt  und  Tuff  spricht  gewiss  gegen  die  von  Deffner^ 
geäusserte  Ansicht,  dass  der  Metamorphismus  in  unse- 
rem Gebiete  nicht  durch  die  hohe  Temperatur  der  Tuffe, 
sondern  durch  aufsteigende  Gase  hervorgerufen  sei. 
Es  werden  heisse  und  saure  Gase  aufgestiegen  sein, 
gewiss.  Aber  die  übereinstimmende  Metamorphose  am 
Salband  und  an  den  eingeschlossenen  Gesteinsstücken 
können  wir  mit  Kecht  auf  die  Temperatur  des  Tuffes 
zurückführen. 

Derartige  Umwandlungen  am  Salbande  von  Tuffgängen  finden 
sich  z.  B.  beim  vierten  Gang  bezw.  Maar  an  der  Gutenberger  Steige 
No.  45.  Hier  ist  der  Kalk  an  dem  einen  Salbande  nur  wenig  ver- 
ändert ;  es  zeigen  sich  nur  einzelne  rote  Flecken  bis  auf  10  Schritte 
in  den  Kalk  hinein.  Am  anderen,  westlich  gelegenen  Salbande  da- 
gegen ist  der  d'-Kalk  auf  V2 — 1  Fuss  dunkel  rauchgrau  geworden. 
Ebenso  zeigt  sich  bei  dem  zweiten  Gange  an  der  Gutenberger  Steige 


*  Begleitworte  zu  Blatt  Khchheiin.  S.  21. 


-     55     — 

No.  43  an  der  einen  Seite  desselben  dunkle  Färbung  des  /J-Kalkes 
auf  •^/2  Fuss  hin. 

Wenn  das  nur  an  einer  Seite  beobachtet  wird,  so  ist  damit 
aber  nicht  gesagt,  dass  die  Umwandlung  nicht  auch  an  der  anderen 
auftritt.  Man  bedenke,  dass  unsere  Tuffgänge  rundlichen  Querschnitt 
haben,  also  die  Tuffsäule  im  Kreise  oder  Oval  sozusagen  von  einer 
Kalkröhre  umgeben  ist.  Diese  letztere  braucht  ja  nun  nicht  gerade 
an  allen  Stellen  in  gleicher  Weise  verändert  zu  sein.  Ein  zufälliger 
Umstand,  eine  an  die  betreffende  Stelle  hingefallene  grössere  Partie 
kälteren  Tuffes  oder  einige  grosse  im  Tuffe  steckende  Kalkblöcke 
können  die  Hitze  des  Tuffes  von  der  Kalkröhre  an  einer  Stelle  ab- 
gelenkt haben.  Dass  dem  wirklich  so  ist,  beweist  der  oben  er- 
wähnte vierte  Gang  No.  45,  Oben,  wo  er  von  der  Gutenbergsteige 
angeschnitten  wird,  zeigt  er,  wenn  man  ihn  ansieht,  links  am  Sal- 
bande  nur  rote  Flecken,  rechts  Schwärzung.  Steigt  man  dann  aber  am 
Abhänge  hinab,  den  Anschnitt  des  Ganges  verfolgend,  so  finden  wir 
hier  gerade  auf  dem  linken  Salbande  Schwärzung.  Ebenso,  wenn 
wir  aufwärts  steigend  in  das  Innere  des  Kessels  eindringen  und  dort 
links  an  der  Kesselwand  den  Kontakt  aufsuchen. 

Weiter  als  in  den  genannten  Fällen  erstreckt  sich  diese 
Schwärzung  des  Weiss-Jurakalkes  am  Salbande  einiger  anderer  Tuff- 
gänge. Das  ist  der  Fall  bei  dem  Gange  im  Eisachthal  No.  58,  wo 
das  Kontaktmetamorphband  einige  Schritte  breit  wird,  übrigens 
auch  nur  an  einem  Salbande  bemerkbar  ist.  Vor  allem  bei  den 
westlichen  der  zwei  Gänge  in  der  Zittelstadt  No.  60;  hier  zeigt 
sich  im  Strassengraben  bis  auf  10  Schritt  Entfernung  die  Schwärzung 
des  Weiss-Jurakalkes. 

Die  Umwandlungen  am  Salbande  der  Basaltgänge. 
Bereits  im  Vorhergehenden  habe  ich  angeführt,  dass  die  Basalt- 
gänge dem  We iss-Jurakalke  im  Salbande  ganz  dieselbe  rauch- 
graue  Färbung  verleihen,  wie  die  Tuffgänge.  Ich  that  das,  um 
hervorheben  zu  können ,  dass  bisweilen  letztere  in  dieser  Hinsicht 
stärker  gewirkt  haben  als  erstere.  Auch  von  anderen  Orten  kennen 
wir  diese  Art  der  Wirkung  des  Basaltes  auf  den  Kalk.  So  berichtet 
z.  B.  Delesse^  über  dahingehende  Beobachtungen  Leonhard's  in  der 
Auvergne ,  nach  welchen  Kalksteine  in  Berührung  mit  Basalt  zwar 
oft  weiss,  zuweilen  aber  auch  grün  oder  graulich  gefärbt  wurden, 
namentlich  wenn  sie  thonig  waren. 

1  Neues  Jahrbuch  f.  Min.,  Geol.  u.  Pal.  1858.  8.  387. 


—     56     — 

Die  Basalte  haben  aber  mannigfachere  Wirkungen  am  Salbande 
erzeugt  als  die  Tuffgänge.  Einmal  haben  sie  auch  diese  letzteren  ver- 
ändern können  und  zweitens  haben  sie  durch  höhere  Temperatur 
gewirkt.  Letztere  zeigt  sich,  wie  schon  im  Vorigen  gesagt,  in  der 
Thatsache,  dass  die  Granite  stärkere  Umwandlungen  erlitten,  als  die 
anderen  jüngeren  Einschlüsse. 

So  sehen  wir,  dass  die  Braun-Jurathone  wie  die  Tuffe  ge- 
härtet werden.  Ersteres  zeigt  sich  z.  B.  bei  dem  Gange  im  Buckr 
leter,  NW.  von  Urach,  No.  127,  vp^o  der  Obere  Braun- Jura  im  Kon- 
takte gehärtet  ist.  Letzteres  sehen  wir  an  sehr  vielen  Stellen.  Zu- 
gleich hat  dann  der  Tuff  häufig  auch  seine  Farbe  verändert,  ist  meist 
dunkler  geworden,  bisweilen  auch  heller,  wie  beim  Bolle  bei  Owen 
No.  49.  Endlich  hat  derselbe  auch  schieferige  Struktur  angenom- 
men, indem  er  parallel  der  Kontaktfläche  schiefert.  Das  alles  zeigt 
sich  z.  B.  am  Hohenbohl  No.  86  und  dem  Götzenbrühl  No.  87,  beide 
nahe  Owen.  Sodann  am  Jusi  No.  55.  Am  Hohenbohl  No.  86  ist, 
wie  Deffner  beobachten  konnte,  eine  Partie  Tuff  zwischen  zwei 
Basaltlappen  eingeschlossen  worden  und  „zu  einer  rotbraunen,  zackig 
schwammigen  lavaartigen  Masse  aufgebläht,  welche  ebenso  zäh  als 
hart  jede  Ähnlichkeit  mit  dem  ursprünglichen  Tuff  verloren  hat." 

Die  Beweise  für  die  gangförmige  Lagerung  aller  Tuff- 
vorkommen  im  Gebiete  von  Urach. 

Erläuterung  der  Verhältnisse.  Beweise :  Augenschein  bei  einer  Anzahl  der 
am  Steilabfalle  der  Alb  angeschnittenen  Gänge.  Basaltgänge  in  den  Tuff- 
massen aufsetzend.  Schräger  Anschnitt  der  Tuffmassen  im  Vorlaude  der  Alb. 
Niedersetzen  der  Tuffmassen  bis  in  die  heutigen  Thalsohlen.  Kontaktmetamor- 
phose, welche  die  Tuffe  auf  das  Nebengestein  ausübten.  Bohrung  in  ganz 
zweifelhaften  Fällen.  Analogiebeweis.  Fernere  Gründe,  welche  gegen  die 
Möglichkeit  sprechen,  dass  ein  Teil  der  Tuffmasseu  nur  aufgelagert  sein  könnte. 

Das  Eigenartigste  und  Merkwürdigste  in  unserem  vulkanischen 
Gebiete  sind  die  Lagerungsverhältnisse  der  Tuffe.  Um  das  zu  ver- 
anschaulichen, sei  noch  einmal  in  Kürze  dargelegt,  warum  dem  so  ist. 

Die  von  den  Vulkanen  der  Erde  zu  Tage  geförderten  Massen 
gliedern  sich  hinsichtlich  ihrer  Festigkeit  in  zwei  grosse  Gruppen : 
Einmal  die  aus  dem  Schmelzfluss  erstarrten  festen  Laven;  zweitens 
die  aus  der  Zerschmetterung  des  Schmelzflusses  hervorgegangenen 
losen  Aschen  u.  s.  w.,  welche  entstehen,  wenn  die  in  dem  feurigen 
Brei  absorbierten  Gase  nahe  der  Oberfläche  desselben  explodieren. 
So  wird  infolge    der   einen  Ausbruch  in  der  Regel  begleitenden  un- 


—     57     — 

aufhörlichen  Explosionen  weithin  das  Gelände  mit  losen  Massen  — 
Bomben,  Lapilli,  Aschen,  also  Tuff  —  überschüttet.  Es  findet  mit- 
hin eine  Auflagerung  derselben  auf  den  die  Umgebung  des  Vulkans 
bildenden  Gesteinen  und  auf  den  ausgeflossenen  Laven  statt.  Erlischt 
der  Ausbruch,  so  erstarren  die  aus  der  Tiefe  in  dem  Eruptionskanal 
aufgestiegenen  Schmelzmassen  in  dem  Kanal  zu  einer  festen  Lava- 
säule, welche  in  die  Tiefe  hinabsetzt  und  im  Schmelzherde  wurzelt. 
In  gleicher  Weise  erstarren  sie  in  den  Spalten ,  welche  von  dem 
Kanäle  aus  nach  allen  Richtungen  hin  in  der  Erdrinde,  namentlich 
aber  in  den  ausgeworfenen  losen  Massen  aufreissend,  von  ihnen  er- 
füllt wurden. 

Festes  Lavagestein  also  ist  es,  welches  in  den  bisher  erforschten 
Vulkanen  der  Erde  der  Regel  nach  als  Ausfüllungsmasse  der  Spalten 
und  der  in  die  Tiefe  hinabsetzenden  Kanäle  auftritt,  und  lose  Tuff- 
massen sind  es,  welche  wir  oben  aufgelagert  an  der  Oberfläche  finden. 
Nur  in  wenigen  Ausnahmefällen  kennt  man  bisher  Tuffe,  welche  in 
Gangform  auftretend 

Nun  tritt  uns  hier  in  unserem  Gebiete  von  Urach  die  gewaltige 
Zahl  von  mehr  als  120  vereinzelten  Tuffmassen  entgegen,  welche, 
wie  die  Untersuchung  lehrt,  sämtlich  diese  ganz  ungewöhnliche  gang- 
förmige Lagerung  besitzen.  Welche  zudem  bis  in  5  und  800  m  Tiefe 
hinab  sich  in  dieser  selben  Lagerungsform  verfolgen  lassen.  Welche 
endlich  z.  T.  in  verhältnismässig  so  engen  Röhren  liegen,  dass  man 
schwer  begreifen  kann,  wie  sie  in  dieselben  hineingelangt  sind. 

So  schwer  ist  das  zu  verstehen,  dass  für  den,  welcher  diese 
Dinge  zu  bearbeiten  unternahm ,  die  Notwendigkeit  sich  ergab ,  für 
jeden  einzelnen  der  Punkte ,  an  welchen  Tuffe  in  unserem  Gebiete 
auftreten ,  genau  die  Lagerungsverhältnisse  zu  untersuchen.  Am 
Steilabfalle  der  Alb  freilich,  an  welchem  die  saigeren  Gänge  bis- 
weilen vorzüglich  angeschnitten  sind,  lehrt  der  Augenschein  in  sol- 
chen selteneren  Fällen  sofort  ihre  Gangnatur.  In  zahlreichen  Fällen 
ist  das  aber  auch  hier  nicht  einmal  ohne  weiteres  zu  erkennen ;  und 
vollends  schwierig  wird  das  im  hügeligen  Vorlande  der  Alb,  in  wel- 
chem viele  vereinzelte  Tuffmassen  liegen ,  bald  Berge ,  bald  kaum 
bemerkbare  Erhöhungen  bildend,  denen  jeder  Geolog  eine  Gang- 
natur von  vornherein  absprechen  möchte.  Harmlos,  wie  ganz  normal 
auf  Lias  und  Braun- Jura  oben  aufgelagerte  Massen ,    erscheinen    sie 


^  Wir  werden  dieselben  später  betrachten  s.  „Vergleichung  ....  Gang- 
förmig gelagerte  Tuffe  an  anderen  Orten  der  Erde". 


—     58     — 

jedem.  Hier  bedurfte  es  überall  eingehender  Untersuchung,  denn 
nur  auf  solche  Weise  liess  sich  für  jeden  Einzelfall  die  Frage  ent- 
scheiden, ob  wirklich  hier  der  aus  dem  Braun-Jura  oder  Lias  heraus- 
schauende Kopf  eines  senkrecht  stehenden  Tuffganges  vorliegt  oder 
nur  der  Erosionsrest  einer  einst  ausgedehnten,  jenen  Sediment- 
schichten aufgelagerten  Tuffdecke  oder  der  Aschenkegel  eines  echten 
Vulkanes.  Wenn  diese  Gänge  die  Ausfüllung  langhinstreichender, 
schmaler  Spalten  wären,  so  würde  man  durch  den  geradlinigen  Ver- 
lauf der  Tuffmassen  an  der  Erdoberfläche  sofort  den  Beweis  erhalten, 
dass  es  sich  um  Gänge  handelt.  Aber  das  ist  nicht  der  Fall.  Fast 
stets  haben  diese  tufferfüllten  Ausbruchskanäle  einen  rundlichen  Quer- 
schnitt. Der  Tuffgang  bildet  daher  nicht  eine  senkrecht  stehende 
lange,  schmale  Platte ,  sondern  eine  senkrechte  runde  Säule ,  deren 
Kopf  an  der  Erdoberfläche  einen  Tufffleck  von  rundlichem  Umrisse 
erzeugt.  Entweder  ragt  derselbe  als  Berg  oder  Erhöhung  über  seine 
Umgebung  hervor  oder  er  ist,  in  selteneren  Fällen,  ganz  eingeebnet. 
Eine  derartige  Bildung  aber  gleicht  vollkommen  derjenigen,  welche 
entstehen  kann,  wenn  eine  aufgelagerte,  grosse  Tuffdecke  durch 
Erosion  in  eine  Anzahl  vereinzelter  Berge  zerschnitten  ist.  Dazu 
gesellen  sich  dann  andere  Fälle,  in  welchen  die  Tuffmasse  ganz  den 
Eindruck  hervorruft,  als  sei  sie  an  einen  aus  Braun-Jura  oder  Lias 
bestehenden  Bergabhang  angeschwemmt,  also  angelagert  worden. 
Stets  musste  im  Auge  behalten  werden ,  dass  ja  —  wie  das  z.  B. 
in  Mittelschottland  der  Fall  ist  —  leicht  möglicherweise  nur  in  einem 
Teile  dieser  Tuffvorkommen  wirklich  die  Köpfe  von  Gängen,  dass 
aber  in  einem  anderen  Teile  lediglich  auf-  und  angelagerter  Tuff 
vorliegen  könnte ;  sei  es ,  dass  derselbe  an  Ort  und  Stelle  durch 
einen  subaerischen  Vulkanausbruch  aufgeschüttet,  sei  es,  dass  er 
durch  Wasser  oder  Eis  angeschwemmt  worden  wäre. 

Es  ist  in  der  Beschreibung  des  vulkanischen  Gebietes  von  Urach 
ja  in  jedem  einzelnen  der  zahlreichen  Fälle  gesagt  worden,  durch 
welche  Gründe  hier  erstens  die  gangförmige  Lagerung  überhaupt 
und  zweitens  die  Entstehung  des  Tuffes  an  Ort  und  Stelle  sich  be- 
weisen lässt.  Ich  will  daher  jetzt  ein  Gesamtbild  dieser 
Gründe  geben,  auf  welche  der  Nachweis  der  Gangnatur 
unserer  Tuffe  und  ihrer  Entstehung  an  Ort  und  Stelle 
sich  stützt. 

L  Bei  den  am  Steilabfalle  der  Alb  angeschnittenen  Gängen 
genügt  selbstverständlich  der  Augenschein,  um  die  Gangnatur  der 
Tuffe  zu  erkennen.    Indessen  ist  damit,  dass  man  hier  einen  saigeren 


-     59     - 

Tuffgang  mehr  oder  weniger  senkrecht  angeschnitten  sieht,  immer 
noch  nicht  erwiesen,  dass  die,  den  betreffenden  Kanal  füllende  Tuff- 
masse auch  wirklich  in  demselben  zum  Ausbruche  gelangt  ist.  Sie 
könnte  ja  an  anderer  Stelle  oben  auf  der  Alb  entstanden  und  dann 
von  oben  her  in  die  Röhre  hinabgespült  worden  sein.  Freilich  sehen 
wir,  dass  eine  solche  Verfrachtung  der  Tuffe  weder  durch  Eis  noch 
durch  Wasser  vor  sich  gegangen  sein  kann.  Indessen  ist  es  doch 
von  Wert,  dass  wir  noch  in  anderer  Weise  Gewissheit  darüber  er- 
langen können,  dass  der  Tuff  auch  wirklich  in  der  Röhre  selbst  zum 
Ausbruch  gelangte.  Das  geschieht  nun  dadurch,  dass  in  dem  grossen 
Tuffgange  wiederum  ein  kleiner  Basaltgang  aufsetzt.  Letzterer  ist 
gewiss  ein  unanfechtbarer  Beweis  dafür,  dass  wirklich  aus  dieser 
Röhre  ein  Ausbruch  erfolgte,  welcher  dann  nicht  nur  den  Basalt, 
sondern  auch  den  Tuff  lieferte.  Allerdings  kennen  wir  bisher  unter 
den  am  Steilabfalle  der  Alb  senkrecht  angeschnittenen  Tuffgängen 
erst  zwei,  welche  gleichzeitig  auch  Basalt  beherbergen.  Es  sind 
das  der  in  die  Tiefe  setzende  Gang  des  Randecker  Maares  No.  39 
und  derjenige  des  vierten  Ganges  des  Maares  No.  45  oben  an  der 
Gutenberger  Steige.  Vielleicht  könnte  man  hier  noch  drittens  auch 
das  Maar  mit  dem  Hofbrunnen  No.  20  nennen,  welches  zwar  oben 
auf  der  Alb,  aber  doch  nahe  am  Steilabfalle  liegt.  Senkrecht  an- 
geschnitten ist  der  Tuffgang  desselben  aber  nicht. 

IL  Bei  allen  im  V  o  r  1  a  n  d  e  d  e  r  A 1  b  auftretenden  Tuffmassen 
liegen  die  Dinge  weniger  einfach. 

1.  Ein  Teil  derselben,  10  an  der  Zahl,  ist  gleichfalls  durch 
das  Aufsetzen  von  Basaltgängen  in  den  Tuffmassen  gekennzeichnet. 
Nun  könnten  letztere,  wenn  ihre  Lagerungsverhältnisse  nicht  die 
Gangnatur  verraten,  sehr  wohl  immer  noch  Erosionsreste  einer  einst 
über  die  weite  Gegend  ausgebreitet  gewesenen  Tuffdecke  sein.  In 
diese  Decke  könnte  dann  hier  und  da  der  Basalt  von  unten  her 
eingedrungen  sein.  Das  wäre  an  sich  sehr  gut  möglich.  Aber  ein 
völlig  unwahrscheinliches  Zusammentreffen  würde  es  doch  sein,  wenn 
bei  der,  bis  auf  diese  Punkte  völHg  spurlosen  Abtragung  der  Tuff- 
decke gerade  immer  an  den  Stellen  der  Tuff  liegen  und  erhalten 
geblieben  wäre,  an  welchen  zufällig  in  der  Tiefe  ein  kleiner  Basalt- 
gang steckt.  Es  müsste  dann  doch  wenigstens  an  einigen  dieser 
Stellen  auch  einmal  der  Tuff  vom  Basalte  abgewaschen  sein,  so  dass 
nun  der  Basaltgang  allein  aus  dem  Lias  oder  Braun-Jura  hervor- 
schaute. Das  findet  indessen  auch  nicht  an  einer  einzigen  Stelle 
unseres  Gebietes  statt.    Nur  oben  im  Weiss- Jura,  meist  auf  der  Alb, 


—     60     — 

finden  sich  6  andere ,  unter  den  10  nicht  mitgerechnete ,  Basalt- 
gänge ohne  Tuff^.  Aber  hier  oben  auf  der  Alb  wird  niemand  das 
einstige  Dasein  einer  Tuffdecke  annehmen  können.  Andernfalls  müss- 
ten  jetzt  dort,  nach  dem  Wegwaschen  der  Decke,  alle  Maarkessel 
bis  an  den  Rand  mit  Tuff  erfüllt  sein.  Das  ist  aber  durchaus  nicht 
der  Fall. 

Die  10  Tuffmassen  im  Vorlande  der  Alb,  deren  Gangnatur  sich 
auf  solche  Weise  verrät ,  sind  die  folgenden :  Hohenbohl  No.  86 ; 
Götzenbrühl  No.  87;  Kraftrain  No.  76;  Sulzburg-Berg  No.  48;  BöUe 
bei  Owen  No.  49;  Jusi  No.  55;  Bettenhard  bei  Linsenhofen  No.  96; 
am  Authmuthbache  No.  100;  am  Hofwald  No.  106;  Gaisbühl  No.  1221 

2.  Ein  anderer  Teil  der  im  Vorlande  gelegenen  Tuffmassen  ge- 
währt, ganz  wie  am  Steilabfalle,  einfach  durch  die  seine  Lagerung 
verratenden  Aufschlüsse  die  sichere  Überzeugung,  dass  wirklich  Gang- 
bildungen vorliegen.  Wenn  man  z.  B.  an  der  Sonnenhalde  No.  72 
sieht,  wie  der  Tuff  oben  am  Waldaufschlusse  senkrecht  neben  dem 
Unteren  Braun- Jurathon  hinabsetzt,  so  kann  an  eine  Anlagerung  des 
Tuffes  an  den  Thon  nicht  mehr  gedacht  werden. 

3.  Auf  den  ersten  Blick  etwas  weniger  klar  springt  die  Gang- 
natur in  die  Augen  bei  Vorkommen,  wie  sie  uns  z.  B.  bei  dem 
Lichtenstein  No.  71  entgegentritt.  Dieser  setzt  im  Unteren  Braun- 
Jura  auf.  Wir  haben  hier  nicht  mehr  wie  dort,  einen  senkrechten 
Aufschluss,  sondern  nur  den  schrägen  Abhang  eines  mit  Feldern  be- 
deckten Berges.  Aber  vom  Gipfel  bis  zum  Fusse  desselben  zieht 
sich  ein  breiter  Streifen  Tuffbodens  hinab,  welcher  rechts  und  links 
von  Thonboden  des  Braun-Jura  flankiert  wird :  Deutlichster  Beweis, 
dass  wir  hier  einen  saigeren  Tuffgang,  im  Unteren  Braun-Jura  auf- 
setzend, vor  uns  haben,  welcher  durch  den  Bergabhang  schräg  von 
oben-hinten  nach  unten-vorn  durchschnitten  wird. 

Ein  mehr  oder  weniger  ähnliches  Verhalten  zeigen  besonders 
die  Vorkommen  am  S.-Abhange  des  Aichelberg  No.  75 ;  Egelsberg 
No.  79 ;  an  der  Steige  von  Bissingen  nach  Ochsenwang  No.  82 ; 
Alte  Reuter  No.  50;  NW.-Ende  des  Metzinger  Weinberges  No.  102; 
Dachsbühl  No.  104;  Schaf buckel  No.  119;  Gaisbühl  No.  122. 


^  Nämlich  vier  oben  auf  der  Alb  uud  zwei  in  Albthäleru.  Eigentlich  sind 
es  nur  fünf,  denn  der  im  Buckleter  No.  127  hat  auch  ein  wenig  Tuff. 

^  Die  oben  genannten  Gänge  No.  48,  49,  55  sind  zwar  als  am  Steilabfalle 
der  Alb  liegend  beschrieben.  Da  sie  aber  auf  voriger  Seite  nicht  unter  I  mit 
aufgeführt  werden  konnten,  weil  nicht  senkrecht  angeschnitten,  so  nenne  ich 
sie  hier. 


-     61     — 

4)  Einen  weiteren  Beweis  für  die  Gangnatur  müssen  wir  in 
dem  Niedersetzen  der  Tuffmassen  bis  in  die  heutigen  Thalsohlen 
erblicken.  Ganz  besonders  auch  dann,  wenn  diese  Thäler  keine  wage- 
rechte Sohle  besitzen,  sondern  nur  erst  als  Keil  oder  Kerbe  ein- 
schneiden. Die  folgende  Überlegung  wird  das  erklären :  Die  Aus- 
brüche der  Tuffe  sind  in  mittelmiocäner  Zeit  erfolgt ;  zu  dieser  können 
unmöglich  die  Thäler  in  den  weichen  Jura-  und  Lias-Thonen  bereits 
bis  zu  ihrer  heutigen  Tiefe  ausgefurcht  gewesen  sein.  Wenn  nun 
trotzdem  der  Tuff  sich  an  den  Gehängen  von  der  Höhe  bis  auf  die 
heutigen  Thalsohlen  hinabzieht,  so  muss  er  notwendig  als  Gang 
die  betreffenden  Schichten  durchsetzen.  Wäre  er  nämlich  zur  Zeit 
seines  Ausbruches  auf  die  damahge  Thalsohle  aufgelagert  worden 
—  durch  einen  subaerischen  Ausbruch  aufgeschüttet  oder  durch 
Wasser  von  anderer  Stelle  her  angeschwemmt  —  so  könnte  er 
heute,  nachdem  sich  das  Thal  so  sehr  vertieft  hat,  nur  noch  hoch 
oben  über  der  jetzigen  Thalsohle  am  Gehänge  erscheinen.  Freilich 
könnte  man  entgegnen,  dass  er  allmählich  am  Gehänge  hinabgespült 
worden  sei.  Das  müsste  indessen  doch  in  anderer  Weise  geschehen, 
als  es  der  Fall  ist:  Wenn  es  sich  z.  B.  um  einen  freistehenden, 
regelmässig  kegelförmigen  Berg  handelt,  wie  der  Egelsberg  No.  79, 
Fig.  57,  so  müsste  der  Tuff  von  dessen  Gipfel  aus  auf  allen  Flanken 
hinabgerieselt  sein,  denn  alle  sind  ja  gleich  gestaltet,  nicht  aber 
nur  auf  einer  Flanke  in  einem  verhältnismässig  schmalen  Streifen 
bis  auf  die  heutige  Thalsohle  hinab. 

Ganz  dieselbe  Überlegung  gilt  bei  der  Annahme ,  dass  der  zu 
mittelmiocäner  Zeit  ausgeworfene  Tuff  etwa  erst  in  diluvialer  Periode 
durch  Wasser  oder  Eis  in  die  Thäler  verfrachtet  und  dort  an  die 
Gehänge  angelagert  sei.  Zwar  ist  es  ja,  wie  wir  sahen,  wahr- 
scheinlich, dass  Hauptthäler,  wie  der  Neckar,  in  diluvialer  Zeit 
bereits  ebenso  tief  waren  wie  heute.  Aber  nun  und  nimmer  gilt 
das  von  den  zahlreichen  kleinen  Nebenthälern,  welche  oben  auf  der 
Braun -Jura-  oder  Lias- Fläche  in  die  weichen,  meist  thonigen 
Schichten  derselben  eingegraben  sind.  Diese  sind  sicher  in  ihrer 
heutigen  Tiefe  das  Erzeugnis  jüngerer  Zeiten  und  noch  in  fort- 
währender Vertiefung  begriffen. 

Ganz  besonders  wieder  gilt  das  von  den  Thälern,  gleichviel 
ob  sie  im  Vorlande  oder  am  Steilabfalle  der  Alb  liegen,  welche 
noch  gar  keine  wagerechte  Thalsohle  besitzen,  sondern  sich  als 
keilförmige  Kerbe  in  das  Gelände  einschneiden  (Fig.  40).  Setzt 
hier    der    Tuffstreifen ,    rechts    und    links    von    Juraboden    flankiert, 


No. 

62 

No. 

64 

No. 

71 

No. 

89: 

No. 

97 

—     62     — 

bis   auf   die  Sohle   hinab,    so   muss    er   ganz  sicher  gangförmig  ge- 
lagert sein. 

Solch  Hinabsetzen  bis  in  die  Thalsohlen  —  teils  mit  wage- 
rechtem Alluvialboden,  teils  mit  kerbeförmigem  Boden  —  findet  sich 
z.  B.  in  den  folgenden  Fällen:  S.  von  Hengen  No.  15;  Jusiberg  am 
Kohlberger  Arm  No.  55;  im  Elsach-Thale  No.  58;  am  Mohrenteich 
No.  59 ;  im  Zittelstadt-Thale,  westlicher  Gang  No.  60  und  östlicher 
an  der  Wittlinger  Steige  No.  63 ;  im  Riedheimer  Thal 
Bürzlen-Berg  No.  68;  Kugelbergle  No.  69;  Lichtenstein 
Kraftrain  No.  76;  Egelsberg  No.  79;  S.-Abhang  des  Käppele 
Kräuterbühl  No.  92 ;  Bettenhard  No.  96 ;  Burrisbuckel 
am  Authmuthbache  No.  100;  Authmuthbölle  No.  115; 
Sulzhalde  No.  117;  Höslensbühl  No.  118;  Schaf buckel  No.  119; 
Scheuerlesbach  No.  123;  Scharnhausen  No.  124. 

Man  sieht,  es  ist  eine  sehr  stattliche  Reihe  von  TufPgängen, 
bei  welchen  sich  das  Hinabsetzen  bis  in  die  heutige  Thalsohle 
beobachten  lässt. 

5)  Ein  fernerer  Beweis  für  die  Gangnatur  der  Tuffmassen 
liegt  in  ihrer  Kontaktmetamorphose.  Wenn  kalter  Tuff  in  vorhandene 
Spalten  oder  Kanäle  von  oben  her  hinabgespült  wird,  so  kann  er 
unmöglich  die  aus  hellem  Jurakalk  bestehenden  Wände  der  letzteren 
rot  oder  dunkelrauchgrau  machen.  Solche  Kontaktmetamorphose 
sehen  wir  aber  am  Salband  in  einer  ganzen  Reihe  von  Fällen,  meist 
Vg  bis  1  Fuss,  bisweilen  selbst  mehrere  Fuss  tief  eindringend.  Der 
Tuff  muss  also  heiss  gewesen  sein,  d.  h.  aus  diesem  Kanäle  aus- 
geworfen und  auch  noch  im  heissen  Zustande,  also  sofort,  in  den- 
selben zurückgefallen  sein.  Derartige  Beweise  finden  sich  an  den 
folgenden  Orten:  Zweiter  und  vierter  Gang  an  der  Gutenberger 
Steige  No.  43  und  45;  W.-Gang  im  Zittelstadt-Thale  No.  60;  im 
Elsach-Thale  No.  58.  Bei  diesen  vieren  im  Weiss -Jura.  Sodann 
am  Scheuerlesbache  No.  123  im  Mittel -Lias.  Man  sieht,  die  Zahl 
dieser  Gänge  ist  keine  grosse.  Aber  den  thonigen  Schichten  des 
Lias  und  Braun- Jura  gegenüber  war  natürlich  die  Hitze  des  Tuffes 
machtlos.  Hier  konnte  nur  Basalt  mit  seiner  höheren  Temperatur 
wirken. 

6)  In  einer  Anzahl  von  Fällen  war  keines  der  im  Vorher- 
gehenden besprochenen  Merkmale  vorhanden  oder  doch  genügend 
klar  ausgebildet,  um  mit  Sicherheit  die  Frage  zu  entscheiden,  ob 
ein  Gang  oder  nur  eine  aufgelagerte  Masse  vorliege.  In  diesen 
Fällen   konnte   nur   durch    eine  Bohrung   (s.  1894  S.  505)    Klarheit 


—     63     — 

erlangt  werden.  Die  Bohrungen  wurden  an  den  unten  aufgezählten 
Punkten  veranstaltet.  Sie  führten  so  gut  wie  ausnahmslos  zu  dem 
Ergebnisse,  dass  keine  Auflagerung,  sondern  gangförmige  Lagerung 
des  Tuffes  vorliege  ^  Erwägt  man  nun,  dass  die  Punkte,  an  welchen 
dieses  auf  solche  Weise  nachgewiesen  wurde,  gerade  zu  den  zweifel- 
haftesten unseres  Gebietes  gehören,  welche  man  am  ehesten  für 
aufgelagerte  Erosionsreste  einer  einst  auf  dem  Braun-Jura  und  Lias 
ausgebreitet  gewesenen  Tuffdecke  ansehen  möchte,  so  wird  durch 
den  Erfolg  der  Bohrungen  gerade  bei  diesen  Punkten  die  sichere 
Gewähr  gegeben,  dass  alle  unsere  Tuffmassen  wirklich  Gänge  sein 
müssen. 

Die  Punkte,  an  welchen  dies  durch  Bohren  nachgewiesen 
wurde,  sind  die  folgenden  14 :  Jusiberg  No.  55 ;  Egelsberg  No.  79 ; 
Käppele  bei  Dettingen  No.  88 ;  Bolle  bei  Reudern,  0.-  und  W.-Punkt 
No.  90  und  91;  Kräuterbühl  im  Tiefenbachthal  No.  92;  Burrisbuckel 
bei  Frickenhausen  No.  97 ;  Grafenberg  NW.-Punkt  No.  109 ;  Grafen- 
berg SO.-Punkt  No.  111;  Hengstäcker  bei  Klein-Bettlingen  No.  112; 
N.  von  Gross  -  Bettlingen  No.  114;  Kräuterbuckel  bei  Raidwangen 
No.  116;  Sulzhalde  No.   117;  Scharnhausen  No.   124. 

7)  Der  letzte  Beweis,  welchen  ich,  wenn  er  auch  sehr  schwach 
ist,  anführen  will,  wird  durch  die  Analogie  geführt.  Alle  Tuffmassen 
besitzen  durchaus  gleiche  Beschaffenheit.  Bei  der  erdrückenden 
Mehrzahl  lassen  sich  die  Gangnatur  und  die  Entstehung  an  Ort  und 
Stelle  beweisen.  Folglich  wird  das  auch  bei  den  wenigen  einzelnen 
der  Fall  sein,  bei  welchen  sich  dieser  Beweis  nicht  führen  lässt. 

Wenn  ich  nun  im  Vorhergehenden  die  Beweise  aufgeführt 
habe ,  durch  welche  sich  die  gangförmige  Lagerung  unserer  Tuff- 
massen darthun  lässt,  so  möchte  ich  doch  im  Folgenden  auch  noch 
die  Gründe  anführen,  welche  direkt  gegen  die  Möglichkeit  sprechen, 
dass  ausser  den  Gängen  auch  noch  aufgelagerte  Tuffmassen  vor- 
handen sein  könnten.  Ich  glaube  dabei  am  klarsten,  wenn  auch 
umständhchsten  zu  verfahren,  wenn  ich  den  Leser  denselben  Weg 
der  Zweifel   und   Gedanken   führe,  welchen  ich   draussen   im  Felde 


^  Nur  am  St.  Theodor  No.  54  kam  es  zu  keinem  entscheidenden  Ergeb- 
nisse. Das  dortige  einzige  Bohrloch  wurde  auf  einer  ungünstigen  Stelle  an- 
gesetzt, unter  welcher  dann  natürlich  Oberer  Brauu-Jurathon  erbohrt  wurde. 
Die  Lage  und  Gestaltung  dieses  Bühls  stimmen  jedoch  derart  mit  derjenigen 
anderer  überein,  welche,  wie  das  Bolle  bei  Owen,  zweifellose  Gänge  bilden,  dass 
ich  auch  bei  dem  St.  Theodor  ohne  weitere  Bohrung  sicher  von  der  Gangnatur 
desselben  überzeugt  bin. 


—     64     - 

angesichts  jener  stummen  Tuffberge  zurücklegen  musste.  Denn  ich 
glaube  damit  nur  dieselben  Zweifel  und  Gedanken  auszusprechen, 
welche  in  jedem  anderen  Beobachter  aufsteigen  mussten,  falls  sich 
derselbe  nicht  von  vornherein  gefangen  nehmen  lassen  wollte  von 
der,  doch  erst  zu  beweisenden  Anschauung,  dass  alle  unsere  Tuff- 
massen notwendig  Gänge  bilden  müssten.  Einer  so  absonderlichen 
Erscheinung  gegenüber  wie  dieser  hat  aber  der  Beobachter  geradezu 
die  Pflicht  za  zweifeln,  solange  er  das  nur  vermag;  und  das  gilt 
in  um  so  höherem  Masse,  als  ^  in  dem  so  gleich  gearteten  vulkanischen 
Gebiete  von  Central  -  Schottland  neben  den  Tuffgängen  auch  zahl- 
reiche nur  oben  aufgelagerte  Tuffmassen  auftreten,  welche  z,  Th.  in 
genau  derselben  Weise  als  kegelförmige  Berge  aufragen  wie  die 
gangförmig  gelagerten  dortigen  Tuffe. 

Die  Vorstellung,  dass  ein  Teil  unserer  Tuffmassen,  wie  Quenstedt 
und  MöHL  (s.  das  Geschichtliche)  aussprachen,  keineswegs  in  Form  von 
Gängen  aufträte  und  keineswegs  selbständige  Ausbruchspunkte  bildete, 
muss  besonders  in  der  weiteren  Umgebung  des  Püesen  unter  unseren 
Tuffbergen,  des  Jusi  No.  55,  Nahrung  erhalten.  Ich  will  daher  an 
diesem  besonderen  Falle  zeigen,  auf  welche  Gründe  sich  solche 
Vorstellung  stützen  und  warum  sie  doch  nicht  aufrecht  erhalten 
werden  könnte,  selbst  wenn  keine  Beweise  vom  Gegenteil  vorlägen. 

Auf  diesem  Teile  unseres  Gebietes  haben  wir  eine  ganz  be- 
sonders grosse  Zahl  vulkanischer  Punkte.  Dieselben  gliedern  sich 
nach  ihrer  Lage  in  vier  Gruppen.  Die  erste  umfasst  die  drei  Punkte 
bei  Kohlberg  No.  98,  99,  100.  Diese  liegen  nördlich,  nahe  dem 
Jusi  und  sind  sämtlich  klein.  Die  zweite  Gruppe  besteht  aus  den 
sechs  Vorkommen  östlich  von  Metzingen  No.  101 ,  102,  103,  104, 
105,  106;  dieselbe  liegt  im  W.  des  Jusi  und  umfasst  zum  Teil  weit 
ansehnlichere  Vorkommen.  Die  dritte  Gruppe,  nordwesthch  vom 
Jusi  gelegen,  enthält  die  vier  bei  Grafenberg  auftretenden  Tuffmassen 
No.  108,  109,  110,  111.  Zu  der  vierten  Gruppe  gehören  vier  bezw. 
fünf  Punkte  im  N.  von  Grossbettlingen  No.  113,  114,  115,  116,  117. 

Diese  zahlreichen  Vorkommen  von  Tuff  werden  sämthch  be- 
herrscht von  der  gewaltigen  Masse  des  Jusi  No.  55.  Unwillkürlich 
drängt  sich  dem  Beobachter  zunächst  der  Gedanke  auf,  dass,  wenn 
nicht  alle,  so  doch  ein  Teil  dieser  kleinen,  den  Jusiberg  umgebenden 
Tuffmassen  zu  letzteren  in  einem  Abhängigkeitsverhältnisse  stehen 
möchten. 

1  s.  später:  „Vergleichung  ....  Gangförmig  gelagerte  Tuffe  an  anderen 
Orten  der  Erde." 


—     65     — 

Die  Stärke,  mit  welcher  sich  diese  Vorstellung  zur  Geltung 
bringt,  hängt  wiederum  (s.  1894  S.  678)  von  dem  Wege  ab,  welchen 
der  Untersuchende  eingeschlagen  hat.  Aber  selbst  wer  den  von  uns  in 
dieser  Arbeit  zurückgelegten  Weg  auch  draussen  in  der  Natur  ge- 
wandelt ist,  also  oben  auf  der  Alb  begann,  dann  die  am  Steilabfalle 
auftretenden  Gänge  untersuchte  und  nun  erst  den  im  Vorlande  be- 
findhchen  Massen  sich  zuwendet,  wird  hier  dem  Gedanken  Raum 
geben,  dass  ein  Teil  dieser  Massen  vom  Jusi  ausgeschleudert  sein 
könnte;  oder  dass  ausser  diesem  noch  einige  weitere  Ausbruchs- 
centren vorhanden  seien,  von  welchem  die  anderen  ausgeworfen  wären. 

Vollends  aber  wird  derjenige  eine  solche  Vorstellung  gewinnen 
und  sorgfältig  abwägen,  der  —  wie  ich  das  bei  der  Untersuchung 
absichtlich  that,  um  nicht  mit  der  vorgefassten  Meinung  dieselbe 
zu  beginnen,  alle  Tuffmassen  müssten  Gänge  sein  —  der  zufälHg 
den  umgekehrten  Weg  einschlägt  und,  bei  der  Gruppe  von  Gross- 
bettlingen  beginnend,  alle  diese  den  Jusi  umgebenden  Vorkommen 
zuerst  untersucht.  Einem  solchen  Beobachter  wird  sich  bei  jedem 
neuen  Tuffpunkte,  den  er  hier  kennen  lernt,  immer  wieder  der  Ge- 
danke aufdrängen,  dass  diese  Vorkommen  nicht  selbständig,  sondern 
durch  den  Jusi  erzeugt  worden  seien.  Immer  aufs  neue  wird  in 
seiner  Vorstellung  die  folgende  Reihe  von  Gedanken  entstehen: 

„Der  Jusi  ist  ein  richtiger,  subaerisch  aufgeschütteter  Vulkan 
wesen.  Zu  der  Zeit,  in  welcher  der  Jusi  seinen  Ausbruch  hatte,  war 
das  hier  in  Rede  stehende  Gebiet,  mindestens  zwischen  Erms  und 
Steinach,  bereits  der  Alb  beraubt,  also  der  unter  dieser  liegende 
Braun-Jura  bezw.  Lias  bereits  freigelegt.  Diese  bildeten  ein  hügeliges 
Gelände.  Dieses  Gebiet  wurde  nun  vom  Jusi  aus  mit  seinen  Aschen- 
massen überschüttet,  welche  eine  mehr  oder  weniger  zusammen- 
hängende Decke  im  N.  und  W.  desselben  bildeten.  Spätere  Erosion 
zerschnitt  dieselbe,  entfernte  den  grösseren  Teil  und  liess  nur  eine 
Anzahl  getrennter  Tuffmassen  als  Erosionsreste  zurück.  Diese  mussten 
jetzt  natürlich  vorwiegend  auf  den  heutigen  Bergkuppen  liegen  ge- 
bheben sein,  denn  in  den  dazwischen  eingeschnittenen  Thälern  war 
ja  die  Tuffdecke  bereits  weggewaschen.  In  der  That  liegen  auch 
diese  Tuffpunkte  wesentlich  auf  dem  Gipfel  von  Braun-Jura-  bezw. 
Liashöhen. " 

Als  ich  so  zuerst  auf  dem  Gipfel  des  Kräuterbuckel  bei  Raid- 
wangen  No.  116  den  kaum  eine  Erhöhung  bildenden  Tuff  sah,  drängte 
sich  sofort  die  Vorstellung  auf,  dass  der  letztere  einst  mit  demjenigen 
des  AuthmuthböUe  No.  115  und  der  Sulzhalde  No.  117  in  Zusammen- 

Jahreshefte  d.  Vereins   .  yaterl,  Naturkunde  in  Württ.  1895.  n 


—     66     — 

hang  gestanden  habe  und  nur  durch  die  spätere  Thalbildung  von 
demselben  getrennt  worden  sei.  Die  gleiche  Vorstellung  bildete  sich 
gegenüber  den  vier  so  nahe  beieinander  gelegenen  Punkten  des 
Grafenberges  No.  108,  109,  110,  111.  Vor  allem  aber  schienen  der 
Tuff  auf  dem  Gipfel  des  Weinberg-Berges  bei  Metzingen  No.  102  und 
derjenige  auf  dem  gleichhohen  gegenüberliegenden  Hofbühl  No.  103 
ebenso  ein-  wie  aufdringliche  Beweise  für  jene  Auffassung.  Gerade 
hier  war  die  Oberflächengestaltung  wie  geschaffen  zu  der  Annahme, 
dass  zur  Zeit  des  Ausbruches  diese  beiden  Braun- Juraberge  noch 
zusammenhingen ;  dass  sich  auf  dieser  ihrer  Plattform  eine  Tuffdecke 
ablagerte,  und  dass  diese  endlich  durch  die,  beide  Berge  jetzt  tren- 
nende Thalbildung  grösstenteils  entfernt  und  in  diese  beiden  Gipfel- 
reste zerschnitten  wurde. 

Hatte  ich  nun  zuerst  daran  gedacht,  der  gewaltige  Jusi  könne 
als  regelrechter  Vulkan  das  alleinige  Ausbruchscentrum  für  diese 
vielen  Tuffpunkte  sein,  so  ergab  sich  mir  bald  die  veränderte  Vor- 
stellung, dass  unmöglich  alle  diese  Tuffmassen  vom  Jusi  herrühren 
könnten;  sondern  dass  wenigstens  mehrere  Ausbruchscentren  vor- 
handen seien,  deren  jedes  in  der  geschilderten  Weise  die  um  dasselbe 
liegenden  kleineren  durch  Aufschüttung  die  Tuffflecke  erzeugt  habe. 
Der  Grund,  welcher  zu  dieser  veränderten  Auffassung  hindrängte,  war 
der,  dass  in  jeder  der  obengenannten  vier  Gruppen  ein,  bezw.  auch 
einige  Vorkommen  durch  riesige  Weiss- Jurablöcke  ausgezeichnet  sind, 
während  bei  den  anderen  der  betreffenden  Gruppe  nur  kleinere  Stücke 
dieses  Gesteines  auftreten.  Als  solche  Centra  schienen  sich  zu  er- 
geben: Das  Authmuthbölle  No.  115  für  die  Vorkommen  vom  Kräuter- 
buckel No.  116  und  der  Sulzhalde  No.  117.  Der  Geigersbühl  No.  113 
für  das  ihm  nördhch  vorgelagerte  Vorkommen  No.  114.  Der  Grafen- 
berg No.  108  für  die  drei  ihn  umgebenden  Tuffmassen :  No.  109, 
110,  111.  Der  Jusi  No.  55  für  diejenigen  bei  Kohlberg  No.  98,  99, 
100.  Der  Florian  No.  101  und  Metzinger  Weinberg  No.  102  für  die 
zwischen  ihnen  liegenden  kleineren  Massen  No.  104  und  105. 

So  gewaltige  Weiss-Jurafetzen,  wie  wir  sie  an  den  genannten 
Orten  finden,  konnten  nämlich  unmöghch  vom  Jusi  aus  auf  so  weite 
Entfernung  durch  die  Luft  geschleudert  worden  sein ;  denn  sie  liegen 
auf  dem  Florian  No.  101  2  km,  dem  Metzinger  Weinberg  No.  102 
und  dem  Grafenberg  No.  108  3  km,  dem  Geigersbühl  bei  Grossbett- 
lingen  No.  113  gar  5  km  weit  vom  Jusi  entfernt.  Das  Vorhanden- 
sein so  gewaltiger  Blöcke  deutete  daher  mit  Notwendigkeit  darauf 
hin,  dass  an  den  betreffenden  Örthchkeiten  selbständige  Ausbruchs- 


—     67     — 

centren  vorlägen.  Umgekehrt  aber  deutete  das  Fehlen  grosser  Blöcke 
bei  den,  diesen  Centren  benachbarten  Punkten  wieder  darauf  hin, 
dass  diese  von  jenen  aus  erzeugt  worden  seien. 

So  war  also  in  meiner  Vorstellung  der  Jusi  sehr  bald  von  der 
Höhe  der  alles  beherrschenden  Rolle  herabgesunken  und  nur  an 
die  Stelle  des  einen ,  gewaltigen ,  war  eine  Mehrzahl  kleinerer  Aus- 
bruchsorte geschoben.  Damit  war  aber  bereits  die  Anschauungs- 
weise durchlöchert,  welche  von  Erosionsresten  einer  einstigen,  auf 
Braun-Jura  und  Lias  abgelagerten  Tuffdecke  ausging.  Musste  ich 
nämlich ,  um  der  riesigen  Weiss- Jurablöcke  willen ,  jenen  kleineren 
Punkten  die  Selbständigkeit  als  Ausbruchscentren  zuerkennen,  so 
war  ich  auch  gezwungen,  zuzugeben,  dass  sich  an  diesen  Punkten 
zur  Zeit  des  Ausbruches  noch  die  Alb  befand.  Woher  sollten  denn 
sonst  diese  grossen  Blöcke  auf  den  kleineren  Ausbruchscentren  ge- 
kommen sein. 

Während  also  meine  ganze  Anschauungsweise  ursprünglich  nur 
auf  die  Annahme  gegründet  werden  konnte,  dass  zur  Zeit  des  Aus- 
bruches in  diesem  ganzen  Gebiete  nördlich  des  Jusi  bereits  die  Alb 
entfernt  und  der  Braun-Jura  und  Lias  freigelegt  gewesen  seien,  so 
wurde  ich  nun  gezwungen ,  mir  zuzugestehen ,  dass  mindestens  an 
den  Orten  jener  fünf  Ausbruchscentren  noch  die  Alb  vorhanden  ge- 
wesen sein  musste.  Unmöglich  konnte  man  nun  aber  an  fünf  ver- 
einzelte Erosionsreste  der  Alb  denken,  welche  sich  gleich  Inseln  aus 
dem  sie  rings  umgebenden  Braun-Jura-  und  Liasgebiete  erhoben 
hätten.  Denn  wie  wäre  der  Vulkanismus  dazu  gekommen,  gerade 
nur  diese  Inselstellen  zum  Ausbruche  aufzusuchen;  an  welchen  er 
zudem  noch  die  ganze  Dicke  der  Alb  durchbohren  musste,  während 
dicht  daneben  das  von  Weiss- Jura  bereits  befreite  Braun- Jura-  und 
Liasgebiet  einen  viel  kürzeren  Durchweg  gestattet  hätte?  Man 
sehe  nur  die  Karte  daraufhin  an.  Wie  sollte  z.  B.  an  Stelle  des 
heutigen  Grafenberges  noch  eine  Albinsel  gewesen  sein;  an  Stelle 
der  beiden ,  ihm  nördlich  ganz  dicht  vorliegenden  Tuffpunkte  aber 
schon  Gelände  des  Unteren  Braun-Jura.  Das  war  unmöglich.  Meine 
Annahme  führte  zu  widersinnigen  Folgerungen. 

Blicken  wir  zurück:  Es  ergab  sich,  dass  notwendig 
ausser  dem  Jusi  mindestens  noch  mehrere,  fünf  andere 
Ausbruchscentren  angenommen  werden  mussten.  Als 
diese  ausbrachen,  musste  hier  die  Alb  gewesen  sein. 
Diese  fünf  Stellen  liegen  aber  über  das  ganze  Gebiet 
zerstreut.      Unmöglich    können     das    fünf    vereinzelte, 

5* 


-     68     - 

inselförmige  Albberge  gewesen  sein.  Folglich  muss 
zur  Zeit  des  Ausbruches  die  Alb  noch  dieses  ganze  Ge- 
bietüberzogen haben;  Braun-Jura  und  Lias  waren  also 
dort  noch  nicht  freigelegt.  Es  kann  mithin  von  einer 
auf  letzteren  ausgebreitet  gewesenen  Tuffdecke^  deren 
Erosionsreste  uns  heute  vorl  ägen ,  gar  keine  Rede  sein. 
Diese  heute  auf  Braun-Jura  und  Lias  gelegenen  Tuff- 
punkte müssen  daher  sämtlich,  ohne  Ausnahme  selb- 
ständige Ausbruchsstellen  sein,  deren  Eruptionen  sich 
einst  oben  auf  der  Alb  ereigneten.  Der  Umstand,  dass 
einige  der  Punkte  grosse  W  eiss- Jurablöcke  besitzen, 
andere  nur  kleine,  ist  also  ein  ganz  zufälliger,  teils 
durch  das  Hinabstürzen  in  den  Ausbruchskanal,  teils 
durch  die  Erosion,  durch  das  Vorhandensein  oder 
Fehlen  des  Schuttmantels  bedingter. 

Gegen  die  Annahme,  dass  unsere  Tuff  berge  im  Vorlande  der 
Alb,  wenigstens  zum  Teil,  durch  subaerische  Ausbrüche  aufgeschüttete 
Berge ,  also  echte  Vulkankegel  sein  könnten ,  spricht  endlich  auch 
das  Auftreten  des  Schuttmantels  aus  Weiss -Jurastücken,  welcher 
viele  derselben  umgiebt.  Diese  Berge  bestehen  nämlich  zum  grossen 
Teile  keineswegs  aus  Tuff  allein;  sondern  der  Sockel  des  Berges  ist 
aus  Braun-Jura  aufgebaut,  der  Gipfel  aus  Tuff.  Nur  dieser  Gipfel, 
soweit  er  aus  Tuff  besteht,  ist  nun  mit  einem  solchen  Schuttmantel 
umgeben,  nicht  aber  auch  der  Braun-Jurasockel. 

Nun  denke  man  sich  auf  einem  Braun-Juraberge  einen  vulka- 
nischen Ausbruch  stattfindend.  Es  wird  ein  Aschenkegel  aufgeschüttet. 
Wie  soll  dieser  zu  dem  Schuttmantel  aus  Weiss- Jurastücken  kommen? 
Wenn  aber  doch,  warum  dann  schlug  sich  der  Mantel  nicht  auch  um 
den  Jurasockel  herum?  Wann  soll  das  geschehen  sein?  Diese  Fragen 
können  keine  Beantwortung  finden,  solange  man  die  Entstehung  unserer 
Tuffberge  auf  die  subaerische  Aufschüttung  richtiger  Vulkankegel 
zurückführen  will.  Nur  dann  ist  die  Entstehung  eines  solchen  Schutt- 
mantels möglich,  wenn  Maarkessel  vorhanden  waren,  in  denen  er 
sich  zunächst  sammeln  konnte ;  wenn  diese  Maarkessel  im  Weiss- 
Jura  ausgesprengt  waren ;  wenn  sich  an  dieselben  nach  abwärts  tuff- 
erfüllte Kanäle  schlössen,  welche  durch  die  Denudation  aus  den  ein- 
schhessenden  Weiss-Juraschichten  herausgearbeitet  wurden. 

Während  auf  solche  Weise  sich  mir  die  Frage  theoretisch  ent- 
schied, führte  zu  gleicher  Zeit  die  Untersuchung  der  Lagerungsver- 
hältnisse,   und   in  dennoch  zweifelhaften  Fällen   später  das  Bohren, 


—    69     - 

zu  ganz  denselben  Ergebnissen,  dass  in  allen  diesen  mehr  als  125  Tuif- 
punkten  selbständige  Ausbruchsstellen  zu  sehen  seien,  dass  zur  Zeit 
der  Eruptionen  die  Alb  noch  das  ganze  Gebiet  zwischen  Ernas  und 
Steinach  überzog. 

Genau  dieselbe  Überlegung,  welche  uns  über  letzteres  Gebiet 
Klarheit  verschaffte ,  gilt  aber  natürlich  auch  von  dem  gesamten 
Landstriche  im  Vorlande  der  Alb,  über  welchen  unsere  vulkanischen 
Tuffe  verstreut  sind. 

Die  Entstehungsweise  der,  die  röhrenförmigen  Kanäle  füllen- 
den Tuffmassen  des  Gebietes  von  Urach. 

Anschauimgen  von  Schübler,  Quenstedt,  Deffner.  Prüfung  der  Fragen:  Sind 
unsere  Tuffe  unter  Mitwirkung  von  Eis  entstanden  ?  Sind  sie  unter  derjenigen 
von  Wasser  im  fliessenden  Zustande  entstanden?  Sind  sie  als  Schlammtuffe 
entstanden?  Oder  als  sogenannte  Schlammlava?  Welcher  Abteilung  von  Tuffen 
gehören  diejenigen  der  Gruppe  von  Urach  also  an? 

Vor  uns  liegt  die  Thatsache,  dass  in  dem  Gebiete  von  Urach 
auf  verhältnismässig  kleinem  Räume  die  überaus  grosse  Zahl  von 
etwa  120  röhrenförmigen  Kanälen  mit  einer  vulkanischen  Tuffbreccie 
erfüllt  ist,  deren  Eigenschaften  auf  S.  1  u.  f.  dargelegt  worden  sind. 

Sodann  die  Thatsache,  dass  diese  Füllung  in  den  Kanälen  sich 
bis  in  eine  Tiefe  von  etwa  5  bis  800  m  hinab  verfolgen  lässt,  wahr- 
scheinlich aber  noch  tiefer  hinabreicht. 

Drittens  die  Thatsache,  dass  diese  Kanäle  z.  T.  einen  verhältnis- 
mässig recht  geringen  Querschnitt  besitzen. 

Fest  steht  ferner,  dass  wir  bisher  auf  Erden  nur  eine  geradezu 
winzige  Zahl  solcher  Fälle  kennen  (s.  später),  in  welchen  vulkanische 
Ausbruchskanäle  oder  Spalten  mit  einer  gleich  gearteten  Tuffmasse 
erfüllt  sind ;  dass  dagegen  so  gut  wie  überall  auf  Erden  die  bisher 
bekannten  vulkanischen  Ausbruchskanäle  oder  Spalten  durch  festes 
Eruptivgestein,  Lava,  Basalt  u.  s.  w.,  ausgefüllt  werden. 

Dieser  ganz  auffallende ,  merkwürdige  Gegensatz  unseres  Ge- 
bietes zu  so  gut  wie  allen  bisher  bekannten  der  ganzen  übrigen 
Erde  fordert  eine  sorgfältige  Prüfung  der  Art  und  Weise,  in  welcher 
unsere  Tuffbreccien  in  diese  z.  T.  so  engen  Kanäle  und  bis  in  so 
grosse  Tiefe  hinab  gekommen  sind. 

Stehen  wir  hier  bei  jedem  dieser  120  Kanäle  und  Spalten  vor 
einem  selbständigen  Ausbruchspunkte,  aus  welchem  die  Tuffmasse 
ausgeworfen,  in  welchen  sie  aber  auch  wieder  zurückgefallen  ist? 
Selbst  wenn   der  Durchmesser   der  Röhre    ein   so   kleiner   ist,    dass 


—     70     — 

man  nicht  recht  begreift,  wie  bei  dem  Vorgange  des  Ausblasens  den- 
noch die  Röhre  sich  anfüllen  konnte?  Ist  daher  diese  tuffige  Füllmasse 
etwa  erst  später  in  die  Röhren  gelangt?  Sei  es  hinabgeschwemmt 
durch  Regengüsse  oder  durch  eine  grössere  Wasserflut ;  sei  es  hinab- 
geschoben durch  Gletscher ,  welche  sich  über  unser  Gebiet  fort- 
bewegten ? 

Auch  früher  bereits  haben  diese  „rätselhaften"  Erscheinungen 
in  unserem  Gebiete   jene  Fragen  und  ihre  Beantwortung   angeregt : 

Schübler  ^  hebt  bei  Besprechung  des  Tuffes  an  der  Räuber- 
steige hervor,  derselbe  erwecke  den  Eindruck,  als  sei  er  durch  eine 
vom  oberen  Teile  des  Berges  ausgehende  „Strömung"  hier  abgesetzt 
worden.     Er  denkt  sich  also  wohl  Wasser  als  Ursache. 

Mit  scharfem  Blicke  hat  schon  1842  Quenstedt,  das  schwer  zu 
Erklärende  dieser  Tuffbildungen  hervorhebend,  darauf  hingewiesen^, 
dass  diese  grossen  Kalkblöcke  auf  den  Gipfeln  der  Tuffberge  nicht 
durch  Gletscher  dorthin  gebracht  sein  können.  „Lägen  diese  Kalk- 
blöcke auch  in  den  Thälern  und  nicht  bloss  auf  den  Tuffgipfeln, 
kämen  sie  nicht  so  gesetzlich  immer  nur  mit  dem  Tuff  zusammen 
vor,  so  würde  ich,  der  ich  vielleicht  zuletzt  an  die  Gletscher  in 
Deutschland  glaube,  zu  diesem  verzweifelten  Erklärungsmittel  die 
letzte  Zuflucht  nehmen.  Allein  schon  das  Vorkommen  der  Kalk- 
blöcke mit  Tuffen,  und  zwar  so,  dass  keines  ohne  das  andere  be- 
stehen kann,  erlaubt  keine  Erklärung  durch  Gletscher." 

Mehr  als  40  Jahre  später  —  freilich  war  dieser  Zeitraum  Unter- 
suchungen ganz  fernliegender  Art  gewidmet  —  steht  Quenstedt  noch 
vor  demselben  Rätsel  und  sagt  von  unseren  Tuffen^:  „Ihre  Bildung 
genügend  zu  erklären,  macht  eigentümliche  Schwierigkeiten."  über 
die  Granite  in  den  Tuffen  äussert  er  sich:  „Einige  wollen  sie  für 
losgesprengte  Stücke  aus  dem  Erdinnern  halten,  doch  scheint  dem 
die  geschiebeartige  Natur  zu  widersprechen"  (S.  88).  Hinsichtlich 
der  Weiss- Jurablöcke  auf  und  in  den  Tuffen  kommt  er  (S.  89)  zu 
dem  Ergebnisse :  „Entweder  müssen  sie  die  Reste  weggeschwemmter 
Gebirge  oder  von  aussen  hingeschoben  sein.  Von  grossartigen  Weg- 
schwemmungen hört  man  zwar  viel  reden,  aber  der  strikte  Beweis 
kann  nicht  recht  geführt  werden"  ....  „Schiebende  Kräfte,  sei  es 
Wasser  oder  Eis,    scheinen  mitgewirkt  zu  haben."     Auch  warnt   er 


^  Württembergische  Jahrbücher  vou  Memminger.  1824.  S.  374. 
2  Neues  Jahrbuch  f.  Min.,  Geol.  u.  Pal.  1842.  S.  309. 
■''  Geologische  Ausflüge  in  Schwaben.     Ausgabe  2.  S.  85. 


—     71     — 

(S.  89)  vor  der  Auffassung,  „als  läge  unter  jedem  (Tuff)  Buckel  ein 
Ausbruchsloch. " 

Deffner  ^  hat  im  Jahre  1870  die  Hilfe  von  Gletschern  für  die 
Entstehung  unserer  Tuff breccien  in  Anspruch  genommen.  Er  schreibt : 
„Den  Nachweis,  dass  auch  dort  alle  Erscheinungen  dafür  sprechen, 
dass  Gletscher  die  vulkanischen  Auswürflinge  (des  Gebietes  von 
Urach)  mit  dem  anderen  Gesteinsschutt  zusammengeschoben  und  in 
jenen  sonst  unerklärlichen  Schutthügeln  angehäuft  haben  ....  muss 
ich  mir  für  einen  anderen  Ort  vorbehalten."  Diesen  Nachweis  hat 
Deffner  nicht  geliefert,  er  hat  im  Gegenteil  im  Jahre  1872  die  ent- 
gegengesetzte Ansicht  geäussert,  dass  keine  Gletscher  mit  im  Spiele 
gewesen  sein  könnten^:  „Kein  Gletscherkundiger  kennt  solche  For- 
men aus  Moränen,  und  die  Annahme  dieser  causa  movens  behufs 
der  Erklärung  dieser  Erscheinung  ist  schon  dadurch  ein  für  allemal 
ausgeschlossen.  Ebensowenig  aber  kennt  man  solche  Formen  bei  Fluss- 
geröllen,  und  es  bleibt  nur  der  eine  Weg  für  die  unleugbar  stattgehabte 
Bewegung  übrig,  nämhch  der  von  unten  herauf  durch  den  Krater. 

Diese  Worte  haben  indessen  nur  Bezug  auf  diejenigen  Granite, 
an  welchen,  offenbar  beim  Emporgeschleudertwerden ,  Flächen  an- 
geschhffen  wurden.  Dass  Deffner  auf  der  anderen  Seite  doch  auch 
wieder  an  eine  Wasserflut  gedacht  hat,  geht  aus  dem  hervor,  was 
er  5  Seiten  später  ^  über  die  Weiss- Juramassen  der  Tuffe  sagt.  Dort 
äussert  er  sich  in  der  folgenden  Weise:  „Welcher  Natur  das  de- 
nudierende  Agens  war,  ob  lediglich  die  Atmosphärilien  mit  Regen, 
Frost  und  Verwitterung  oder  ob  Gletscher  oder  besondere  grosse 
Fluten  mitgewirkt  haben,  entzieht  sich  noch  jeder  sicheren  Bestim- 
mung. Die  Fortführung  so  grosser  Massen  harter  Kalke  spricht  in- 
dessen für  die  Beihilfe  der  letzteren,  für  welche  ausserdem  auch 
noch  positive  Anhaltspunkte  vorhanden  sind. 

Die  zusammenliegenden  Reste  von  jetzt  lebenden  Tieren,  welche 
in  den  Schuttmassen  der  Limburg  aufgedeckt  worden  sind,  die  mit 
Tuff  und  Bohnerzbreccie  zusammengewickelten  Ballen  und  Streifen 
echten  Diluviallehms  am  Grafenberg  und  die  an  gleichem  Orte  auf- 
tretenden diluvialen  Schuttmassen  aus  Lehm  und  Weiss-Juradetritus, 
in  welchen  sich  abermals  das  Geweih  des  lebenden  Hirsches  vor- 
fand, sind  so  viele  Anzeichen  der  energischen  Mitwirkung  der  Lehm- 


^  Der  Buchberg  bei  Bopfingen.     Diese  Jahresh.  1870.  S.  133  u.  Anm. 
^  Begleitworte  zur  geognostiscben  Specialkarte  von  Württemberg  Atlas- 
blatt Kirchheim.  S.  35. 

^  Ebenda  S.  40  unten  u.  41. 


—     72     — 

flut,  dass  hieran  Zweifel  wohl  nicht  mehr  möglich  sind.  Alles  weitere 
darüber  ist  aber  im  Dunkel  begraben  und  wartet  weiterer  Aufschlüsse. 
Vielleicht  sind  die  vereinzelt  vorkommenden  Reste  der  sogenannten 
Schuttbreccien  die  letzten  diluvialen  Spuren  des  einst  weit  ins  Land 
hinausragenden  Weissen  Juragebirges.  Sie  verdienen  als  letzter 
Schlüssel  zur  Lösung  jener  Rätsel  jedenfalls  unsere  volle  Beachtung." 

Gewiss  wird  man,  gegenüber  solchen  Aussprüchen,  es  nur  für 
gerechtfertigt  halten,  dass  ich  diese  Fragen  so  gründhch  wie  nur 
irgend  möglich  prüfe  und  dass  ich  alle  Möglichkeiten  abwäge,  auch 
wenn  das  unter  Umständen  weitschweifig  ist  und  überflüssig  er- 
scheinen sollte. 

Mehr  wie  einmal  ist  mir  selbst  bei  der  Untersuchung  unserer 
merkwürdigen  Tuffbreccien ,  unserer  gewaltigen  Schuttmassen  aus 
Weiss-Jura  und  der  durch  diese  wie  jene  gebildeten  Berge  im  Vor- 
lande der  Alb,  der  Gedanke  vor  die  Seele  getreten,  ob  hier  nicht 
doch  das  Werk  von  Gletschern  sich  verrate. 

Wer  an  dem  Berge  des  Götzenbrühl  No.  87  in  dem  langen, 
16  m  tiefen  Einschnitte  an  den  senkrechten  Wänden  desselben  jenes 
bunte  Durcheinander  von  feinem  Tuff,  von  riesigen  Gesteinsblöcken 
und  zahllosen  kleinen  Stücken  staunend  betrachtet  —  der  wird  sich 
wohl  einmal  die  Frage  stellen,  ob  er  sich  nicht  einer  Moränenbildung 
gegenüber  befinde  oder  ob  er  wirklich  im  Innern  der  Füllmasse  eines 
vulkanischen  Ausbruchskanales  stehe,  welche  jetzt  des  Kanales, 
seiner  Wände  also,  völlig  beraubt  ist. 

Wer  am  Florianberge  No.  101 ,  am  Gehänge  des  Hurapfen- 
bachthales  No.  118  oder  am  Rangenbergle  No.  120  die  massenhaften 
Granitstücke  sammelt,  wer  namentlich  am  ersteren  Berge  auch  den 
feineren  Grus  dieser  altkrystallinen  Gesteine  sieht  —  der  wird  wieder- 
um den  Blick  nach  S.  oder  SW.  richten,  um  zu  ermessen,  ob  nicht 
von  den  Alpen  oder  vom  Schwarzwald  her  ein  Gletscher  diese  Massen 
gebracht  habe,  welche  hier  das  Bild  norddeutscher  oder  gewisser 
alpiner  Moränen  vor  seinen  Augen  auftauchen  lassen. 

Wer  dann  auf  der  anderen  Seite  sich  der,  unseren  Tuffen  in 
gewisser  Weise  so  ähnlichen  Peperine  Itahens  erinnert,  welche  nach 
verbreiteter  Ansicht  Schlammtuffe  sein  sollen  —  der  wird  sich  wieder- 
um der  Frage  nicht  entziehen  können,  ob  etwa  das  Wasser  in  irgend 
einer  Weise  eine  Rolle  bei  der  Bildung  unserer  merkwürdigen  Tuff- 
breccien gespielt  habe. 

Wir  wollen  zuerst  die  eine,  dann  die  andere  dieser  Fragen 
beantworten. 


—     73     — 

Sind  unsere  Tuffbreccien  mit  Hilfe  von  Gletschern  gebildet? 

Zuvörderst  wird  auch  von  einem  Anhänger  einer  solchen  Eis- 
hypothese zugestanden  werden  müssen,  dass  unsere  Tuff  berge  in 
derjenigen  Form,  in  welcher  sie  uns  heute  entgegentreten,  unmöglich 
vom  Eise  abgelagert  sein  können.  Das  Eis  lagert  seine  Moränen 
nicht  in  Gestalt  vereinzelt  liegender,  kegelförmiger  Buhle  ab.  Es 
bilden  vielmehr  seine  Oberflächenmoränen  langgestreckte,  mehr  oder 
weniger  gerade,  seine  Stirnmoränen  dagegen  mehr  oder  weniger 
halbkreisförmige,  wallartige  Züge,  während  seine  Grundmoräne  eine 
ausgedehnte  Decke  darstellt.  Die  heutigen  vereinzelt  gelegenen, 
kegelförmigen  Buhle  könnten  also  höchstens  schwache  Erosionsreste 
einer  oder  mehrerer  dieser  verschiedenen  Moränenarten  sein,  welche 
in  ihrem  grössten  Teile  bereits  völlig  abgetragen  sein  müssten. 

Wäre  das  der  Fall,  was  ja  an  sich  gut  denkbar  ist,  so  müsste 
sich  aus  der  Anordnung  dieser  Erosionsreste  der  einstige  Verlauf 
der  ganzen  Moränen  erkennen  lassen.  Man  versuche  nun  einmal 
mit  Hilfe  der  beiliegenden  Karte  unsere  Tuffvorkommen  in  wallartige, 
gerade  oder  halbkreisförmige  Linien  zu  ordnen.  Natürlich  wird  man 
120  regellos  auf  einer  Karte  verteilte  Punkte  stets  in  ganz  beliebigen 
Linien  gruppieren  können.  Aber  ein  deutliches  Bild  von  Oberflächen- 
oder Stirnmoränen  wird  man  doch  vergeblich  aus  der  Verteilung 
unserer  Vulkanpunkte  zu  erkennen  versuchen.  Es  bliebe  mithin  nur 
übrig,  in  letzteren  die  Erosionsreste  einer  einstigen  über  jenes  Gebiet 
ausgebreiteten  Grundmoräne  zu  sehen. 

Nun  gehen  in  dem  S. -Teile  des  benachbarten  Schwarzwaldes 
die  Spuren  einer  einstigen  allgemeinen,  zusammenhängenden  Eis- 
bedeckung von  den  höchsten  Höhen  an  nur  bis  zu  800  m  über  dem 
Meere  hinab.  Unterhalb  dieser  800  m-Grenze  dagegen  haben  sich 
nur  einzelne  zungenartige  Gletscher  in  die  grösseren  Thäler,  und 
auch  nur  nach  der  Rheinseite,  bis  zu  350  und  250  m  Meereshöhe, 
hinabgezogen  \  Unser  Vulkangebiet  aber  liegt  im  Vorlande  der  Alb 
in  ungefähr  400  m  Meereshöhe.  S.  1894  S.  571:  „War  die  Alb 
einst  vergletschert?" 

Man  wird  daher  unmöglich  erwarten  dürfen,  dass  unser  Gebiet 
von  einer  zusammenhängenden,  inlandeisartigen  Eisdecke  in  so  ge- 
ringer Meereshöhe  bedeckt  gewesen  wäre,  während  doch  eine  solche 
im  benachbarten  Schwarzwalde  nur  bis  zu  800  m  Meereshöhe  hinab- 


'  Steinmann,  Die  Moränen  am  Ausgange  des  Wehratliales.  Bericht  über 
die  25.  Versammlung  des  Oberrheinischen  geologischen  Vereins  zu  Basel.  Sonder- 
abdruck. S.  4. 


—     74     — 

gereicht  hat.  Es  könnte  sich  daher,  wenn  überhaupt,  bei  uns  im 
Vorlande  der  Alb  ebenfalls  nur  um  vereinzelte  Gletscherzungen  han- 
deln, welche  von  der  Alb  herniederhingen.  Diese  aber  konnten  keine 
zusammenhängende  Decke  einer  Grundmoräne  über  ein  so  aus- 
gedehntes Gebiet  von  über  20  |    [Meilen  Grösse  ausbreiten. 

Indessen  einmal  angenommen,  es  lägen  uns  trotz  alledem  in 
den  vulkanischen  Massen  Reste  einstiger  Moränen  vor.  Dann  wird 
man  mit  Recht  verlangen  dürfen,  auch  in  den  übrigen  Teilen  des 
Vorlandes  der  Alb  Moränen  oder  doch  deren  Reste  zu  finden.  Un- 
möglich würde  man  doch  annehmen  dürfen,  dass  gerade  nur  da  und 
genau  nur  soweit  vulkanische  Tuffe  vorhanden  waren,  Gletscher  von 
der  Alb  herniedergegangen  wären;  an  allen  übrigen  Stellen  aber  nicht. 

So  spricht  bereits  eine  ganz  allgemeine  Überlegung  gegen  die 
Möglichkeit,  dass  unsere  Tuffbreccien  mit  Hilfe  von  Gletschern  ge- 
bildet sein  könnten.  Doch  wir  wollen  weiter  in  das  Besondere 
eingehen. 

Nehmen  wir  eine  Mitwirkung  des  Eises  bei  der  Entstehung 
unserer  Tuffbreccien  an,  so  giebt  es  zwei  mögliche  Voraussetzungen, 
um  uns  das  seltsame  Gemisch  von  Tuff  mit  Sedimentärgesteinen 
aller  Art,  sowie  Graniten  und  Gneissen,  zu  erklären :  Entweder  gaben 
die  Vulkane  nur  den  Tuff,  der  Gletscher  aber  brachte  von  fern  her 
jene  fremden  Gesteine.  Oder  die  Vulkane  förderten  sogleich  das 
ganze  Gemisch  der  beiderseitigen  Gemengteile  und  der  Gletscher 
schob  dasselbe  dann  in  die  Kanäle  und  Spalten  hinab.  Wir  wollen 
beide  Möglichkeiten  prüfen. 

Die  erste  Möglichkeit  ist  also  die,  dass  von  den  Vulkanen  nur 
Asche  an  die  Erdoberfläche  befördert  wurde.  Dass  dagegen  der 
Gletscher  eine  aus  jenen  Schichtgesteinen,  Graniten  und  Gneissen, 
bestehende  Grundmoräne  von  fern  her  herbeibrachte,  im  vulkanischen 
Gebiete  angekommen,  dieselbe  mit  der  Asche  durchknetete,  ver- 
mengte und  nun  das  Ganze  unter  sich  in  die  Spalten  hineinpresste. 
An  und  für  sich  gar  nicht  unmöglich. 

Fassen  wir  hierbei  der  Einfachheit  wegen  nur  einmal  diejenigen 
unserer  Tuffe  ins  Auge,  welche  aufs  deutlichste  sichtbar  in  den  die 
Alb  durchbohrenden  Kanälen  oder  Röhren  liegen ;  also  nicht  die 
heute  im  Vorlande  der  Alb  befindlichen.  Der  Gletscher,  welcher 
diese  Kanäle  gefüllt  haben  soll,  schob  sich  notwendig  oben  über  die 
Hochfläche  der  Alb  dahin.  Nun  finden  sich  aber  in  der  Füllmasse 
dieser  Kanäle  dem  Tuffe  beigemengt  nicht  nur  Brocken  der  Oberen 
Weiss-Juraschichten,  sondern  auch  solche  des  Untersten  Weiss-Jura, 


—  To- 
des Braunen  Jura  und  des  Lias.  Wie  soll  denn  aber  ein  oben  auf 
der  Hochfläche  der  Alb,  auf  Weissem  Jura  d,  s  und  C  dahingleitender 
Gletscher  solche  Gesteinsstücke  letzterer  Art  in  seine  Moräne  auf- 
genommen haben?  Gesteine,  welche  Schichten  angehören,  die  hun- 
derte, tausend,  zweitausend  Fuss  tief  unter  dieser  Hochfläche  liegen? 
Wohl  könnte  jemand  von  dem  Granit  und  Gneiss,  dem  Rotliegenden, 
Buntsandstein  und  Keuper,  welche  sich  den  Tuffen  beigemengt  finden, 
behaupten  wollen,  dass  der  Gletscher  sie  den  Schwarzwaldgebieten 
entführt  und  bis  in  unsere  Gegenden  über  die  Alb  hinweg  verfrachtet 
habe.  Aber  nun  und  nimmer  kann  er  das  von  jenen  Gesteinen  der 
tieferen  Juraschichten  geltend  machen,  denn  diese  stehen  dort  oben 
nirgends  an ,  können  daher  nur  vom  Vulkan  aus  der  Tiefe  herauf- 
geholt sein. 

Wir  müssen  also  diese  erstere  Annahme  als  ganz  haltlos  ver- 
werfen ;  denn  unmöglich  wird  man ,  um  sie  dennoch  zu  halten ,  sie 
durch  die  weitere  Hypothese  stützen  wollen ,  der  Gletscher  habe 
vom  Schwarzwaldgebiete  her  nur  den  Granit,  Gneiss,  Rotliegendes, 
Buntsandstein  und  Keuper  herbeigebracht;  dazu  den  Oberen  Weiss- 
Jura  von  beliebigen  Orten  der  von  ihm  überzogenen  Alb.  Die  Vul- 
kane dagegen  hätten  neben  der  Asche  nur  den  Lias,  den  Braunen 
und  den  Unteren  Weissen  Jura  ausgeworfen,  nicht  aber  auch  jene 
anderen  Gesteinsarten.   Das  ist  offenbar  eine  ganz  unsinnige  Annahme. 

Kann  also  der  Gletscher  die  dem  Tuffe  beigemengten,  ihm 
fremden  Gesteinsarten,  mindestens  zum  Theil,  gar  nicht  selbst  her- 
beigeschafft haben,  so  folgt  auch  noch  aus  einem  anderen  bemerkens- 
werten Umstände  die  Thatsache,  dass  der  Gletscher  unmöglich  von 
den  Schwarzwaldgebieten  hergekommen  sein  kann.  Es  fehlt  nämlich 
unter  den  dem  Tuffe  beigemengten  fremden  Gesteinsarten  (fast)  stets 
das  eine,  der  Muschelkalk  (s.  1894  S.  567). 

Gerade  dieses  Gestein  aber  würde  ein  von  dort  her  kommender 
Gletscher  massenhaft  in  unser  Gebiet  verfrachtet  haben,  da  es  im  W. 
so  vielfach  ansteht.  Das  Fehlen  des  Muschelkalkes,  sowie  das  Vor- 
handensein von  Lias,  Braun-Jura  und  Unterem  Weiss- Jura  in  unseren 
Tuffen  beweisen  mithin  unwiderleglich,  dass  die  fremden  Bestand- 
teile unserer  Tuffe  nicht  durch  Gletscher  herbeigeführt  sein  können, 
sondern  sämtlich  durch  die  Ausbrüche  aus  der  Tiefe  heraufgeschleu- 
dert sein  müssen.  Li  der  Tiefe  fehlt  eben  der  Muschelkalk  in  dieser 
Gegend;  daher  fehlt  er  auch  in  den  Tuffen. 

Dass  aber  der  Gletscher  etwa  von  S.  her  aus  den  Alpen  ge- 
kommen sein  könnte,  ist  von  vornherein  unmöglich,   denn  es  fehlen 


—     76     — 

in  den  Tuffen  alpine  Gesteine.  Zwar  könnte  man  bei  dem  Hinblick 
auf  die  vielen  Granite  ja  an  eine  alpine  Abstammung  denken.  In- 
dessen hat  Deffner  bereits  festgestellt,  dass  dem  nicht  so  ist.  Deff- 
NER  führt  nämlich  zunächst  aus,  dass  der  Pinitgehalt  aller  granitischen 
Gesteine  in  den  Tuffen  auf  ein  gemeinschaftliches  Ursprungsgebiet 
hinweist.  Dasselbe  kann  nur  gesucht  werden :  entweder  in  der  Tiefe 
unter  unserem  vulkanischen  Gebiete,  oder  im  Schwarzwald,  oder  in 
den  Alpen.  Deffner  fährt  nun  fort^:  „Was  die  Gesteine  des  ersteren, 
also  des  Schwarzwaldes,  anbelangt,  so  besteht  mit  ihnen  höchstens 
in  einem  einzigen,  dem  unter  No.  1  (S.  17  u.  18  dieser  Arbeit)  auf- 
geführten grauen  Gneiss  eine  Verwandtschaft,  alle  übrigen  Gesteine 
fehlen  dort  durchaus.  Und  bezüglich  der  Abstammung  aus  den  Alpen 
hat  Herr  B.  Studer  in  Bern,  dem  eine  möglichst  vollständige  Samm- 
lung dieser  Gesteine  vorlag,  ausgesprochen,  dass  er  und  seine  Freunde 
kein  einziges  der  Stücke  für  unbedingt  alpin  anerkennen  möchten, 
dass  aber  viele  darunter  entschieden  nicht  alpinen  Ursprungs  seien, 
wie  auch  der  allgemeine  Typus  der  Musterstücke  hiergegen  spreche. 
Wir  erhalten  demnach  auch  von  Seite  der  mineralogischen  Kon- 
stitution dieser  Granitgerölle  die  Bestätigung  ihrer  autochthonen  Bil- 
dung, welche  wiederum  nicht  anders  gedacht  werden  kann,  als  dass 
die  Stücke  dem  Grunde  des  Kraterkanals  entstammen  und  durch 
die  vulkanische  Eruption  an  ihre  heutige  Lagerstelle  gebracht  wurden. " 

Wer  also  den  Gletschern  eine  Rolle  bei  der  Entstehung  unserer 
Tuffgänge  zuschreiben  will,  der  darf  hierbei  doch  nur  von  der  zweiten 
der  oben  als  möglich  angedeuteten  Voraussetzungen  ausgehen.  Nach 
dieser  haben  die  Vulkane,  indem  sie  den  Gneiss  und  Granit,  das 
Rotliegende,  den  Buntsandstein,  Keuper,  Lias,  Braunen  und  Weissen 
Jura  durchbrachen,  deren  Bruchstücke  zusammen  mit  der  Asche 
ausgeworfen.  Sie  haben  also  unsere  Tuffbreccien  gleich  in  der  Be- 
schaffenheit geliefert,  in  welcher  sie  uns  heute  vorliegen.  Eine 
andere  Annahme  ist,  wie  wir  sahen,  nicht  statthaft.  Die  Thätigkeit 
des  Gletschers  würde  daher  nur  darin  bestanden  haben,  diese  von 
den  Vulkanen  ausgeworfenen  Tuffbreccien  wieder  in  die  Spalten 
hineinzuschieben. 

Da  es  schwer  zu  verstehen  ist,  dass  die  ausgeworfene  Tuff- 
breccie  gleich  bei  dem  Ausbruche  wieder  von  selbst  in  die  zum  Teil 
schmalen  Kanäle  und  bis  zu  mehr  als  500  m  Tiefe  hinabgefallen 
sein  soll,  so  mag  man  ja  einen  Augenblick  an  eine  solche  Thätigkeit  des 


1  Diese  Jahresh.  Bd.  XXIX.  1873.  S.  129. 


—     77     — 

Eises  denken.  Aber  sofort  stossen  wir  im  weiteren  Verfolge  derselben 
auf  Ungeheuerlichkeiten.  Man  stelle  sich  nur  vor :  In  miocäner  Zeit 
erfolgten  die  Ausbrüche.  Erst  in,  vielleicht  schon  jungpliocäner, 
sicher  aber  in  diluvialer  Zeit  kamen  überhaupt  Gletscher.  Während 
des  ganzen  dazwischenliegenden  Zeitraumes  also  wären  die  Röhren 
oder  Kanäle  weit  klaffend  offen  geblieben,  bis  sie  endlich  vom  Gletscher 
angefüllt  wurden!  Zu  einer  so  absonderlichen  Vorstellung  würden 
wir  auf  diesem  Wege  gedrängt.  Das  Wasser  würde  sicher  die 
Kanäle  längst  mit  Schutt  angefüllt  haben. 

Doch  wir  müssen  diesen  Weg  noch  weiter  verfolgen.  Wo  lag 
denn  das  Material  dieser  Tuffbreccien ,  als  es  ausgeworfen  war, 
bevor  es  also  der  Gletscher  ergriff?  Lag  es  dicht  neben  den 
Kanälen,  welche  es  jetzt  erfüllt,  war  es  also  aus  diesen  heraus- 
geworfen worden?  Oder  lag  es  wenigstens  zum  Teil  fernab  davon 
auf  der  Alb  an  anderen  Orten,  an  welchen  es  aus  der  Tiefe  herauf- 
befördert worden  war? 

Die  letztere  Frage  muss  entschieden  verneint  werden.  Denn 
wären  an  anderen  Orten  auf  der  Alb  vulkanische  Ausbrüche,  und 
noch  dazu  in  so  grossem  Masse  erfolgt,  deren  herausgeschleuderte 
Tuffbreccien  dann  vom  Gletscher  weiter  befördert  und  in  die  Kanäle 
unseres  Gebietes  hineingepresst  wurden,  so  müsste  man  jene  anderen 
Orte  vulkanischer  Thätigkeit  doch  auch  heute  noch  oben  auf  der 
Hochfläche  der  Alb  erkennen  können.  Nirgends  aber  sind  sie  zu 
finden ,  weil  sie  eben  niemals  vorhanden  gewesen  sind.  Wodurch 
sollten  denn  auch  in  unserem  Gebiete  so  zahlreiche,  die  Alb  durch- 
bohrende Kanäle  sich  geöffnet  haben,  wenn  gar  nicht  aus  ihnen  hier, 
sondern  an  anderen  Orten  durch  andere  Kanäle  Vulkanausbrüche 
stattgefunden  hätten? 

Man  sieht,  dass  notgedrungen  aus  ganz  denselben 
Kanälen,  welche  heute  von  den  Tuffbreccien  erfüllt 
sind,  auch  damals  die  letzteren  herausgeschleudert 
worden  sein  müssen.  Der  Gletscher  hätte  also  nichts  weiter 
zu  thun  gehabt,  als  den  neben  einem  jeden  dieser  Kanäle  liegenden 
Haufen  wieder  in  diesen  hineinzuschieben! 

Warum  aber  sollte  man  für  eine  solche  Thätigkeit  Gletscher 
überhaupt  in  Bewegung  setzen  wollen?  Es  ist  sicher  doch  sehr 
viel  einfacher,  daher  wahrscheinlicher,  anzunehmen,  dass  der  Tuff 
entweder  nach  Vollendung  des  Ausbruches  durch  Wasser  wieder  in 
die  Kanäle  hineingespült  wurde,  oder  dass  er  gleich  während  des  vul- 
kanischen Ausbruches  in  denselben  sich  ansammelte  und  sie  so  erfüllte. 


—     78     — 

Bevor  wir  indessen  diese  beiden  Möglichkeiten  prüfen,  müssen 
wir  noch  weitere  Gründe  anführen,  welche  gleichfalls  die  Frage  einer 
Mitwirkung  des  Eises  bei  der  Bildung  unserer  Tuffbreccien  mit  Ent- 
schiedenheit verneinen. 

Man  stelle  sich  vor,  dass  aus  einem  die  Erdrinde  durchbohren- 
den Kanäle  ein  Aschenausbruch  erfolgt,  dessen  lose  Massen  sich  nun 
rings  um  die  Mündung  des  ersteren  anhäufen,  gleichviel,  ob  nur  in 
Form  eines  Ringwalles,  wie  bei  den  Maaren,  oder  ob  in  Gesalt  eines 
sich  als  Berg  erhebenden  Aschenkegels.  Nun  kommt  ein  Gletscher 
und  schiebt  diese  losen  Massen  wieder  in  den  Ausbruchskanal  hinein. 
Von  welcher  Seite  er  auch  herkomme,  stets  wird  er  doch  nur  etwas 
mehr  als  ungefähr  den  vierten  Teil  des  Ausgeworfenen  in  den  Kanal 
hineinbringen  können;  denn  indem  der  Gletscher  über  die  Kanal- 
öffnung hinweggleitet,  wird  alles,  was  seitlich  und  hinter  der  letz- 
teren liegt,  ja  weiter  fortgeschoben  und  kommt  nicht  hinein.  Es  könnte 
also  durch  Gletscher  keiner  der  Kanäle  bis  nahe  an  die  Hochfläche 
der  Alb  mit  Tuffbreccien  angefüllt  sein,  sondern  nur  die  tiefsten 
Teile  der  Schlote  dürften  Tuff  enthalten. 

Das  ist  aber  nicht  der  Fall ;  die  Röhren  sind  ziemlich  weit  bis 
oben  hin  angefüllt.  Das  beweisen  uns  das  Randecker  Maar,  die 
übrigen  Maare  auf  der  Alb  und  die  am  Steilabfalle  derselben  an- 
geschnittenen Kanäle. 

Nun  wird  man  entgegnen  können,  bereits  durch  den  Ausbruch 
selbst  seien  sie  zum  grössten  Teile  angefüllt  worden;  und  nur  das 
oberste  Viertel  ihrer  Länge  wäre  dann  vom  Gletscher  noch  zu- 
geschüttet worden.  Das  ist  indessen  kaum  zulässig;  denn  wenn 
man  überhaupt  zugiebt,  dass  der  Kanal  schon  während  des  Aus- 
bruches sich  bis  zu  drei  Vierteln  seines  Inhaltes  mit  Tuff  erfüllen 
kann,  so  wird  man  ihm  auch  das  letzte  Viertel  zutrauen  dürfen  und 
für  dieses  nicht  erst  die  Hilfe  des  Gletschers  in  Anspruch  zu 
nehmen  brauchen. 

Ein  weiterer  Grund,  welcher  gegen  die  Mitwirkung  von  Gletschern 
spricht,  liegt  in  der  grossen  Ausdehnung  des  Gebietes,  über  welches 
unsere  vulkanischen  Punkte  zerstreut  sind.  Dasselbe  hat  von  dem 
südlichsten  Vorkommen,  Apfelstetten ,  bis  zum  nördlichsten,  Scharn- 
hausen ,  eine  Länge  von  45  km ;  und  vom  östlichsten,  Aichelberg, 
bis  zum  westlichsten,  Gaisbühl,  eine  solche  von  37  km.  Der  Gletscher 
müsste  also,  gleichviel,  von  welcher  Richtung  er  gekommen  wäre, 
eine  mindeste  Breite  von  37 — 45  km  gehabt  haben. 

Sodann  spricht  gegen  die  Annahme,  dass  unsere  Tuffbreccien 


—     79     - 

Grundmoränen  sein  könnten,  die  bisweilen  ganz  gewaltige  Mächtig- 
keit derselben,  bezw.  der  aus  ihnen  gebildeten  Berge.  Die  Tuffmasse 
des  Jusiberges  z.  B.  erhebt  sich  bis  zu  etwa  150  ra  über  die  juras- 
sische Umgebung  an  seinem  Fusse.  Während  die  gewaltigen  Inland- 
eismassen, welche  von  Skandinavien  aus  das  Gebiet  der  heutigen 
norddeutschen  Tiefebene  überzogen,  auf  dieser  nur  Grundmoränen  zu- 
rückliessen,  welche  bei  den  mehrfachen  Vergletscherungen  zusammen 
nur  etwa  eine  Gesamtmächtigkeit  bis  zu  100  m  erlangten,  müssten 
die  doch  unendlich  viel  kleineren,  angenommenen  Gletscher  der 
schwäbischen  Alb  eine  Grundmoräne  von  150  m  Dicke  erzeugt  haben ! 
Eine  ganz  unglaubliche  Annahme. 

Weiter  lässt  sich  gegen  eine  Grundmoräne  der  schwerwiegende 
Einwurf  geltend  machen,  dass  dann  die  zahllosen  Einschlüsse  von 
Fremdgesteinen  an  Ecken  und  Kanten  gerundet,  dass  sie  poliert,  dass 
sie  geschrammt  sein  müssten.  Das  ist  aber  auch  nicht  bei  einem 
einzigen  Stücke  der  Fall.  Es  müssten  auch  ferner  die  zahlreichen 
weichen  Bruchstücke,  Braun-Jura  und  Bohnerz-Thone,  unter  der  Last 
des  Gletschers  zu  feinem  Schlamm  zerrieben  worden  sein.  Statt 
dessen  sind  diese  weichen  Gesteinsstücke  häufig  wohl  erhalten 
und  eckig. 

Es  bliebe  mithin  nur  die  Möglichkeit,  dass  unsere  Tuffbreccien 
in  Form  einer  Oberflächen-  oder  einer  Stirnmoräne  vorwärts  ge- 
schoben sein  könnten.  Hier  bleiben,  namentlich  bei  der  ersteren  Art 
der  Verfrachtung,  die  Gesteinsstücke  unverletzt.  Allein  wie  soll  sich 
eine  Oberflächenmoräne  aus  Tuffbreccien  bestehend  bilden  können, 
wenn  nicht  vorher  Thäler  bestanden,  deren  Gehänge  mit  Tuffbreccie 
bedeckt  waren.  Thäler,  in  welchen  dann  der  Gletscher  thalabwärts 
zog,  so  dass  jene  auf  seinen  Rücken  fallen  konnten.  Selbst  wenn 
die  Alb  und  ihr  Vorland  bis  hin  in  die  Gegenden  von  Stuttgart  ver- 
gletschert gewesen  wären,  wo  hätten  dann  diese  notwendig  voraus- 
zusetzenden Berge  gestanden?  Und,  da  unser  vulkanisches  Gebiet 
eine  Breite  von  SW.  nach  NO.  von  37  km  besitzt,  wo  wäre  ein  so 
breites,  rechts  und  links  von  jenen  Bergen  begleitetes  Thal  gewesen? 

Also  weder  Grand-  noch  Oberflächenmoräne !  Dann  werden 
wir  auf  die  Stirnmoräne  als  letzte  Zuflucht  zurückgedrängt.  Von 
Apfelstetten  No.  22  im  S.  bis  in  die  Gegenden  von  Scharnhausen 
No.  124  auf  einer  45  km  langen  Strecke  hätte  der  Gletscher  diese 
Stirnmoräne  vor  sich  hergeschoben  haben  müssen.  Bei  so  weitem 
Wege  würden  sicher  die  weichen ,  thonigen  Gesteine  zu  Schlamm 
oder  Pulver  zerdrückt  werden.  Es  ergiebt  sich  also  dieselbe  Schwierig- 


—     80     — 

keit  wie  gegenüber  der  Grundmoräne.  Zudem  ständen  wir  dann  vor 
der  Annahme,  dass  der  Gletscher  eine  37  km  breite  Stirnmoräne 
von  den  Höhen  des  rechten  Neckarufers  aus  in  das  Neckarthal  hinab 
und  am  linken  steilen  Gehänge  wieder  140  m  bergauf  geschoben 
haben  müsste ;  denn  das  Neckarthal  bestand  in  diluvialer  Zeit  be- 
reits, wie  das  in  dem  Abschnitte  „Sind  die  ältesten  Flussablagerungen 
des  Neckars  in  unserem  Gebiete  pliocänen  Alters?"  dargelegt  wurde; 
s.  1894  S.  594. 

Aus  obigen  Ausführungen  ergiebt  sich  folglich  mit 
zweifelloser  Sicherheit,  dass  Gletscher  in  keinerlei 
Weise  bei  der  Bildung  unserer  Tuffbreccien  mitbeteiligt 
gewesen  sein  können. 

Sind  unsere  Tuffbreccien  mit  Hilfe  von  fliessendem  Wasser  gebildet? 

Sind  wir  auf  solche  Weise  zu  der  sicheren  Überzeugung  ge- 
langt, dass  unsere  Tuffbreccien  ohne  Mitwirkung  von  Gletschern 
gebildet  wurden,  so  werden  wir  zweitens  zu  prüfen  haben,  ob  etwa 
das  Wasser  bei  der  Entstehung  derselben  eine  Kolle  gespielt  haben 
könnte.  Auch  hier  haben  wir  in  ganz  analoger  Weise  die  beiden 
Möglichkeiten :  Entweder  förderten  die  Vulkane  nur  den  Tuff  zu 
Tage,  während  das  Wasser  jene  fremden  Gesteinsarten  von  fern  her 
brachte,  wie  das  ja  von  Deffner,  und  bezüghch  der  altkrystallinen 
Gesteine  auch  von  Qüenstedt,  angenommen  wurde  ^.  Oder  die 
Vulkane  förderten  sogleich  das  ganze  Gemisch  der  beiderseitigen 
Gemengteile.  Wir  werden  uns  hier  jedoch  sehr  viel  kürzer  fassen 
können,  weil  unsere  Überlegung  eine  ähnliche  wie  vorher  sein  wird. 

Wiederum  lassen  wir  zunächst  die  heute  im  Vorlande  der 
Alb  auftretenden  Tuffmassen  ausser  acht  und  betrachten  nur  die- 
jenigen, welche  klar  vor  unseren  Augen  in  den  die  Alb  und  ihren 
Steilabfall  durchbohrenden  Kanälen  und  Spalten  liegen,  welche  also 
oben  auf  der  Hochfläche  noch  jetzt  münden  oder  ersichtlich  gemündet 
haben  müssen. 

Wie  dort  das  Eis,  so  muss  also  hier  das  Wasser  oben  über  die 
Alb  dahingeflossen  sein.  Dort  oben  kann  es  aber  unmöglich  die 
doch  dem  Tuffe  beigemengten  Gesteinsstücke,  soweit  sie  dem  Braun- 


'  "Wenn  auch  Qüenstedt  diesen  Vorgang  nicht  mit  den  ohigen  Worten 
zergliedert,  vielmehr  nur  allgemein  von  einer  Flut  spricht,  so  ist  das  Auftreten 
der  Granite,  welche  nach  ihm  nicht  ausgeworfen,  sondern  durch  das  Wasser 
herheigerollt  wurden,  nach  ihm  doch  nur  so  zu  erklären,  denn  Granite  stehen 
nur  fern  von  unserem  vulkanischen  Gebiete  zu  Tage  an. 


—     81     — 

Jura  und  dem  Lias  angehören,  mitgeführt  haben,  denn  diese  stehen 
nur  tief  unten  im  Fusse  der  Alb  an.  Nur  die  anderen  dem  Tuffe 
an  sich  fremden  Gesteinsarten  könnte  es  von  den  Schwarzwaldgegen- 
den und  der  Albhochfläche  entnommen  haben. 

Spricht  also  das  Auftreten  von  Braun-Jura  und 
Lias  im  Tuffe  gegen  ein  Herbeischaffen  überhaupt  aller 
fremden  Gesteinsarten  durch  das  Wasser,  so  beweist, 
wie  dort,  auch  das  (fast)  steteFehlen  des  Muschelkalkes 
in  unseren  Tuffen,  dass  kein  aus  den  Schwarzwald- 
gegenden herkommendes  Wasser  das  Transportmittel 
gewesen  sein  kann.  Von  der  anderen  möglichen  Gegend, 
den  Alpen,  könnte  aber  weder  der  Gletscher  noch  das 
Wasser  hergekommen  sein;  denn  die  altkrystallinen 
Gesteine  der  Tuffe  stimmen,  wie  wir  sahen,  nicht  mit 
alpinen  oder  schwarzwäldischen  überein. 

Doch  noch  weitere  Gründe  sprechen  gegen  eine  solche  An- 
nahme. Zunächst  die  Gestalt  der  Fremdgesteine  in  den  Tuffen. 
Wäre  nämlich  der  Tuff  durch  Wasser  von  anderer  Stelle  her  an  seine 
jetzigen  Lagerungsorte  verfrachtet  worden,  so  müssten  sich  die 
Spuren  der  Wasserwirkung  nach  mehrfacher  Richtung  hin  an  dem- 
selben erkennen  lassen : 

Es  müssten  erstens  die  zahllosen  Bruchstücke  von  Fremd- 
gesteinen gerollt  sein.  Auch  gegenüber  dem  Einwurfe ,  dass  der 
Transport  dieser  Massen  kein  lange  andauernder  gewesen  sei,  würde 
doch  erwartet  werden  müssen,  dass  wenigstens  ein  Teil  derselben, 
wenigstens  die  weicheren  von  ihnen,  mindestens  Spuren  beginnender 
Abrollung  zeigten.  Das  ist  jedoch  nirgends  der  Fall.  Im  Gegen- 
teil. Etwas  gerundet  sind  gerade  nur  die  ganz  harten,  die  Granite. 
Aber  diese  erlangten  solche  Eigenschaft  wie  wir  sahen  auf  andere 
Weise  (s.  S.  13). 

Sodann  wäre  zu  erwarten,  dass  die  zahlreichen  überaus  weichen 
thonigen  Gesteine  des  Jura  und  Keuper,  sogar  bei  nur  kurzer  Ver- 
frachtung, aufgelöst  und  von  den  harten  Massen  zerrieben  worden 
wären.  Gerade  im  Gegenteil  zeigen  sich  diese  Fetzen  weicher  Ge- 
steine aber  ganz  fest,  eckig  und  kantig. 

Drittens  würden  diese  Massen ,  selbst  bei  kurzem  Transporte, 
einem  Aufbereitungsprozesse  unterworfen  worden  sein.  Es  müsste 
Schichtung  vorherrschen ;  die  grossen  schweren  Stücke  müssten 
meist  zu  unterst  liegen;  die  zerriebenen  thonigen  Gesteine  müssten 
thonige  Schichten  geliefert  haben ,    welche  sich  in  Wechsellagerung 

Jahreshefte  d.  Vereins  f.  vaterl.  Naturkunde  in  Wlirtt.    1895.  6 


—     82     — 

mit  den  feineren  Tuffen  und  den  gröberen  und  gröbsten  Stücken 
der  Sedimentgesteine  befänden.  Auch  das  ist  nicht  der  Fall:  Eine 
Schichtung  fehlt  im  allgemeinen ;  thonige  Zwischenschichten  sind  nicht 
vorhanden :  die  grösseren  Weiss-Jurastücke  liegen,  anstatt  zu  unterst, 
durch  die  ganze  Masse  beliebig  zerstreut.  Die  riesigen  Blöcke  aber 
liegen  vollends  fest  und  ganz  oben  auf  dem  Tuffe.  Unmöglich  könnte 
selbst  das  wildeste  Wasser  diese  grossen  Stücke  anders  als  auf 
seinem  Boden  fortgerollt  haben.  Es  befinden  sich  aber  ausser  diesen 
gerade  oben  auf  den  Kuppen  der  Tuffberge  so  gewaltige  Weiss-Jura- 
schoUen,  dass  solche  selbst  durch  die  wildesten  Albwasser  überhaupt 
nicht  von  der  Stelle  bewegt  werden  könnten,  während  sie  doch  jetzt 
meilenweit  von  der  Alb  entfernt  liegen. 

Freilich,  hier  und  da  tritt  vereinzelt  Schichtung  auf.  Aber  es 
lässt  sich  zeigen,  dass  dieselbe  wesentlich  nur  in  den  oberen  Horizonten 
erscheint,  wo  sie  entstehen  konnte,  wenn  das  betreffende  Maar  sich 
nach  Aufhören  der  Ausbruchsthätigkeit  in  einen  kleinen  Süsswasser- 
see  verwandelte  (s,  S.  8).  Wo  sie  aber  in  tieferen  Horizonten  auf- 
tritt, da  ist  sie  sicher  subaerischer  Entstehung. 

In  vierter  Linie  würden  überhaupt  in  jetziger  Zeit  so  grosse 
Wassermassen  gar  nicht  vorhanden  sein.  Wir  müssten  daher  schon 
auf  diluviale  Zeiten  zurückgreifen,  oder  besser  gesagt,  auf  Zeiten, 
in  welchen  sich  der  Betreffende  so  gewaltige  Wassermassen  zur 
Verfügung  gestellt  denkt.  Es  sind  nämlich  diese  Tuffe  über  ein 
Gebiet  von  20  |  [Meilen  verbreitet.  In  diesem  liegen  sie  nun  teils 
hoch  oben  auf  der  Hochfläche,  teils  am  Abhänge  derselben,  teils 
tief  unten  fast  auf  der  Thalsohle.  Ein  solches  Auftreten  in  den 
verschiedensten  Höhenlagen  und  auf  so  grossem  Gebiete  hat  aber  — 
wenn  es  durch  Wasser  hervorgerufen  sein  soll  —  gleichzeitig  zwei 
verschiedene  Dinge  zur  Voraussetzung: 

Einmal  müsste  in  der  betreffenden  Zeit  die  Oberflächengestaltung, 
also  auch  die  Thalbildung,  bereits  ebenso  weit  vorangeschritten  ge- 
wesen sein  wie  heute,  denn  sonst  könnte  der  Tuff  nicht  auch  unten 
in  den  Thalsohlen  vorkommen,  sondern  allein  oben  in  grösserer 
Höhe.  Wäre  dem  so,  dann  könnte  diese  Zeit  gar  nicht  weit  hinter 
uns  liegen.  Der  Tuff  hätte  also  dann  seit  seiner  Entstehung  in 
tertiärer  Zeit  an  seinem  —  gänzlich  unbekannten  und  unauffindbaren 
—  gewaltigen  Ausbruchsorte  oben  auf  der  Alb  unberührt  gelegen 
haben  müssen  und  erst  in  jüngst  vergangener  Zeit  könnte  er  in  das 
Vorland  hinabgeschwemmt  worden  sein. 

Die  zweite  Voraussetzung  aber   ist   die,    dass    der  Tuff   durch 


—     83     — 

das  Wasser  über  dieses  ganze  grosse  Gebiet  ausgebreitet  worden 
sein  muss.  Nicht  durch  einzelne  Flüsse  und  Bäche,  sondern  durch 
eine  grosse  Flut,  welche  Höhen  und  Thäler  desselben  allgemein 
überschwemmte.  Da  der  Niveauunterschied  der  verschiedenen  Tuff- 
vorkommen aber  bis  zu  500  und  mehr  Meter  beträgt,  so  würde  diese 
Flut   eine   mindestens    ebensogrosse   Tiefe   besessen   haben   müssen. 

Diese  zweite  Voraussetzung  widerspricht  aber  der  ersteren; 
denn  in  jüngstvergangener  Zeit  haben  wir  sicher  eine  solche  Flut 
nicht  gehabt.  Sie  könnte  sich  höchstens  in  diluvialer  Zeit  ereignet 
haben.  In  dieser  aber  ist  die  Oberflächengestaltung  noch  nicht  so 
gewesen  wie  heute.  Mithin  kann  auch  aus  diesem  Grunde  der  Tuff 
nicht  durch  Wasser  verfrachtet  worden  sein. 

Aber  angenommen,  er  wäre  doch  durch  eine  solche  diluviale 
Flut  abgelagert  worden.  In  diesem  Falle  hätte  dieselbe  sich  über 
ein  Gebiet  von  mehr  als  20  |  [Meilen  erstreckt  und  eine  Tiefe  bis 
zu  430  m  besessen  haben  müssen.  Mit  anderen  Worten,  es  wäre 
ein  grosser  See  in  jener  Gegend  gewesen.  Wo  waren  dann  aber 
die  Ufer  dieses  tiefen  Sees?  Dieselben  müssten  doch  rings  herum 
430  m  hoch  gewesen  sein,  nicht  nur  im  S.  Nun  ist  aber  das  vul- 
kanische Gebiet  keineswegs  von  hohen  Rändern  umgeben,  welche  als 
Ufer  hätten  dienen  können.  Die  letzteren  würden  also  in  viel  weiterer 
Entfernung  gelegen  haben  müssen  und  wir  würden  auf  solche  Weise 
zu  der  Annahme  eines  Süsswassersees  von  riesigem  Umfange  ge- 
drängt. Müsste  man  aber  in  diesem  Falle  nicht  erwarten,  auch  noch 
andere  Spuren  der  Ablagerungen  dieses  gewaltigen  Wasserbeckens 
zu  finden,  welche  gleichalterig  mit  seinen  vulkanischen  Tuffen  wären? 
Wo  sind  diese?  Müsste  man  nicht  ferner  erwarten,  dass  diluviale 
Lehm-  und  Geröllschichten  mit  diesen  Tuffen  wechsellagerten,  dass 
diluviale  GeröUe  dem  Tuffe  eingebettet  wären?  Würden  nicht  auch 
diluviale  Tierreste  in  den  Tuffen  begraben  liegen  müssen? 

Wie  solche  durch  Mitwirkung  des  Wassers  zur  Ablagerung  ge- 
langten Tuffe  sich  verhalten,  das  zeigen  z.  B.  die  Trachyttuffe  des 
Siebengebirges.  Dieselben  sind  nicht  nur  geschichtet,  sondern  ent- 
halten auch  häufig  Gerolle  von  weissem  Quarz,  Stücke  und  Blöcke 
von  Braunkohlenquarzit  und  vor  allem  Blattabdrücke  *. 

Auch   die   basaltischen  Tuffe    des  Vicentinischen  Tertiärs   sind 


^  G.  Maugold,  Über  die  Altersfolge  der  vulkanischen  Gesteine  und 
der  Ablagerungen  des  Braunkohlengebirges  im  Siebengebirge.  Inaug. -Diss. 
Kiel  1888.  S.  15. 

6* 


—     84     — 

nach  Oppenheim  so  im  Wasser  abgesetzt  \  Gleichwie  in  unseren 
Tuffen,  so  spielt  auch  dort  der  Kalk  die  Hauptrolle,  nur  dass  er  nicht, 
wie  bei  uns,  wesentlich  dem  Oberen  Jura,  sondern  der  Kreide,  und 
nur  untergeordnet  dem  Jura  und  Eocän,  entstammt.  In  gleicher 
Weise,  wie  bei  uns,  finden  sich  auch  altkry stalline  Gesteine  in  den 
vulkanischen  Massen.  Aber  diese  wie  jene  sind,  wie  Oppenheim  her- 
vorhebt, gerollt,  beweisen  also  den  Einfluss  des  Wassers  bei  der  Bil- 
dung der  Tuffe  ^. 

Nichts  von  allen  diesen  Erwartungen  findet  sich  bei  uns  be- 
stätigt. Unsere  Tuffe  sind  reine  Tuffmassen,  ganz  frei  von  solcher 
sedimentären  Beimengung,  wie  sie  durch  eine  Lehmflut  erzeugt  wor- 
den wäre.  Allerdings  giebt  Deffner  an,  dass  „fossile"  Hirschreste 
und  diluvialer  Lehm  im  Tuffe  gefunden  worden  seien.  Er  stellt 
ausdrücklich  als  notwendig  hin  ^,  dass  dies  „bei  der  genetischen  Er- 
klärung nicht  unbeachtet  bleiben"  dürfe.  Ich  muss  also  darauf  Bezug 
nehmen.  Die  von  Deffner  angeführten  Reste  gehören  nach  ihm  zu 
Cervus  elaphus,  C.  capreolus,  Bos  und  Capra. 

Ich  möchte  nun  zunächst  betonen,  dass  die  von  Deffner  ge- 
nannten Hirschreste  unter  den  121  Tuffgängen  überhaupt  nur  bei 
der  Limburg  No.  77  und  dem  Grafenberg  No.  108  gefunden  worden 
sind.  Ob  die  Reste  diluvialen  oder  alluvialen  Alters  sind,  ist  hierbei 
zunächst  ganz  gleichgültig ;  denn  Hirsche  können  ebensogut  zu  dilu- 


*P.  Oppenheim,  Über  das  Auftreten  heterogener  Geschiebe  in  den 
basaltischen  Tuffen  des  vicentinischen  Tertiärs.  Zeitschr.  d.  deutschen  geolog. 
Ges.  1890.  Bd.  XLII.  372—375. 

*  Oppenheim  spricht  zwar  stets  von  „Geschieben",  mit  welchem  Aus- 
druck die  durch  Eis  fortgeschobenen  Gesteinsmassen  bezeichnet  werden ;  er  meint 
aber  „Gerolle" ,  d.  h.  vom  Wasser  fortgerollte  Stücke.  Dass  diese  krystallinen 
Gesteine  dort  nicht  metamorphosiert  sind,  scheint  mir  freilich  kein  Beweis  zu 
sein  gegen  Schuster's  Ansicht,  welcher  meint,  sie  seien  aus  der  Tiefe  mit  empor- 
gerissen. Auch  die  altkrystallinen  Gesteine  unserer  Tuffe ,  die  sicher  aus  der 
Tiefe  heraufgefördert  sind,  zeigen  ganz  überwiegend  keine  Metamorphose.  Ebenso- 
wenig darf  das  „Abgerundete"  dieser  altkrystallinen  Gesteine  im  Vicentinischen 
als  zweifelloser  Beweis  für  ihre  einstige  Verfrachtung  durch  Wasser  gelten,  denn 
auch  in  unserem  Gebiete  zeigen  sie  —  im  Gegensatz  zu  den  stets  eckigen  Kalken  — 
eine  ungefähre  Abrundung.  Die  grössere  Tiefe,  aus  welcher  sie  stammen,  also 
der  längere  Weg,  welchen  sie  mitten  durch  die  emporgerissenen  Aschenmassen 
zurücklegten ,  vermögen  solche  Gestaltung  zu  erklären.  Entscheidend  dagegen 
wäre  eine  ausgesprochene  Rollung  (S.  12  dieser  Arbeit).  Ich  habe  indessen  jene 
vicentinischen  Stücke  nicht  gesehen,  kann  also  keineswegs  die  Frage  ent- 
scheiden wollen. 

3  Beffleitworte  zu  Blatt  Kirchheim  u.  T.  S.  28. 


—    85    — 

vialer  wie  zu  alluvialer  Zeit  oben  auf  der  damaligen  Alb  gelebt 
haben  und  ihre  Knochen  können  ebensogut  früher  wie  später  direkt 
in  den  Maarkessel  oder  aber  erst  in  eine  Spalte  der  Alb  geschwemmt 
und  dann  beim  Abbruche  der  Alb  zusammen  mit  diluvialem  Lehm 
in  den  Weiss- Juraschutt  gelangt  sein,  welcher  auf  den  Tuff  zu  liegen 
kam.  Nun  beachte  man  nur  den  Vorgang  der  Abtragung  bei  den 
hart  am  Albrande  gelegenen  Maaren,  deren  Tuffgänge  bereits  an 
einer  Seite  senkrecht  angeschnitten  sind,  z.  B.  bei  Erkenbrechts- 
weiler  No.  31,  bei  der  Diepoldsburg  und  dem  Engelhof  No.  40  und  41. 
Man  sehe,  wie  sich  hier  tiefe  Thäler  in  dem  Tuffe  ausfurchen,  wie 
von  oben  her  der  Tuff  und  der  Weiss-Juraschutt,  also  auch  even- 
tuelle Knochen  in  ihm,  hinab  in  diese  Thäler  rutschen.  Man  sehe, 
wie  hierbei  die  geschichteten  Tuffe  von  oben  her  hinab  auf  den  un- 
geschichteten fallen;  wie  das  alles  bei  weitergehender  Abtragung 
allmählich  in  ein  immer  tieferes  Niveau  gelangt.  Bei  der  Limburg 
No.  77  und  dem  Grafenberg  haben  sich  diese  Massen  auf  solche 
Weise  bereits  in  dasjenige  des  Mittleren  und  Unteren  Braun-Jura 
gesenkt.  Wen  kann  es  da  wundern,  wenn  in  den  äusseren  Lagen  des 
Tuffberges  alle  solche  Dinge  und  auch  Knochen  durcheinander  liegen. 

Zum  Überflusse  sind  aber  diese  von  Deffner  gesammelten  Kno- 
chen nach  freundhcher  Mitteilung  des  Herrn  Prof.  E.  Fraas  durchaus 
recent  und  gar  nicht  fossil,  wie  Deffner  glaubte. 

Aus  zahlreichen  Gründen  ersehen  wir  also  auch 
hier,  dass  das  Wasser  in  Form  von  Flüssen,  Seen  oder 
einer  grossen  Flut  unmöglich  an  der  Bildung  unserer 
Tuffbreccien  und  ihrer  S  chuttmäntel  b  eteiligt  gewesen 
sein  kann.  Aber  in  anderer  Weise  könnte  möghcherweise  doch 
das  Wasser  an  der  Bildung  mitgewirkt  haben.  Unsere  Tuffbreccien 
gleichen  manchen  anderen,  welche  man  als  Schlammtuffe  bezeichnet. 
Wir  werden  uns  daher  der  Prüfung  dieser  Frage  zuzuwenden  haben. 

Sind  unsere  Tuffe  bei  Urach  in  Gestalt  von  Schlammtuffen  entstanden? 

Wir  werden  später  die  verschiedenartige  Entstehungs weise  und 
die  Beschaffenheit  der  Schlammtuffe  ^  betrachten. 

Vergleichen  wir  an  der  Hand  des  dort  gewonnenen  Bildes  unsere 
Tuffmassen  der  Gruppe  von  Urach  mit  derartigen  Schlammtuffströmen, 


'  Also  nicht  der  sog.  Schlammlaven,  welche  mit  vulkanischer  Thätigkeit 
nichts  zu  thun  haben,  sondern  der  echten  vulkanischen  Schlammtuffe.  S.  den 
späteren  Abschnitt:  „Die  verschiedenen  Arten  vulkanischer  Tuffe." 


—     86     — 

so  zeigt  sich  keinerlei  Übereinstimmung.  In  unseren  Tuffen  sind 
noch  niemals,  wie  dort,  Reste  von  Tieren  gefunden  worden,  welche 
zur  Zeit  ihrer  Entstehung  gelebt  hätten,  welche  also  Zeitgenossen 
jener  Vulkanausbrüche  gewesen  wären.  Allerdings  finden  sich  bis- 
weilen in  den  obersten  Schichten  der  Tuffgänge,  d.  i.  auf  dem  Boden 
der  Maare  Versteinerungen  (s.  „Das  Alter  der  Tuffe").  Allein  diese 
liegen  entweder  in  Süsswasserschichten,  welche  den  Tuff  bedecken, 
oder  sie  finden  sich  doch  nur  in  den  obersten,  geschichteten,  jedenfalls 
später  zusammengeschwemmten  Tuffmassen,  welche  sich  nach  Auf- 
hören der  vulkanischen  Thätigkeit  in  den  nun  die  Maare  erfüllenden 
Wasserbecken  absetzten.  Dieselbe  Überlegung  aber  gilt  auch  bezüg- 
üch  der  pflanzlichen  Reste,  welche  man  namentlich  in  dem  Maar 
von  Randeck  gefunden  hat.  Nie  haben  sich  zeitgenössische  Lebe- 
wesen in  tieferen  Horizonten  unserer  Tuffe  gefunden. 

Ein  fernerer  Unterschied  zwischen  den  Schlammtuffen  und 
unseren  Uracher  Bildungen  liegt  darin ,  dass  letztere  an  keinem 
Orte  in  Gestalt  eines  Stromes  geflossen  sind,  bezüghch  auftreten. 
Drittens  ist  zu  betonen,  dass  unsere  Tuffe  durch  ihre  hohe 
Temperatur  ausserordentlich  häufig  verändernd  auf  ihre  Einschlüsse 
und  in  verschiedenen  Fällen  auch  auf  ihr  Nebengestein  eingewirkt 
haben,  während  das  bei  jenen  Schlammtuffströmen  zum  mindesten 
von  niemand  berichtet  vdrd,  jedenfalls  auch  ganz  unmöghch  ist. 

Wir  werden  mithin  die  Entstehung  unserer  Tuffmassen  nicht 
auf  solche  Schlammtuffströme  zurückführen  dürfen,  wie  wir  sie  z.  B, 
von  Island,  Java  und  Südamerika  kennen.  Wir  werden  das  nicht 
thun  dürfen,  wenn  auch  das  Massige,  Ungeschichtete,  Breccienartige 
unserer  Tuffe  den  Anschein  erweckt,  dass  hier  derartige,  einst  breiig 
gewesene  Tuffmassen  vorliegen.  Es  ist  daher  die  Annahme  unzulässig, 
dass  die  heutige  Ausfüllungsmasse  unserer  zahlreichen  Maare  und 
Röhren  der  Gruppe  von  Urach  etwa  dadurch  in  diese  Hohlräume 
hinein  gelangt  sein  könnte,  dass  an  einer  oder  einigen  Ausbruchs- 
stellen entstandene  Schlammtuffströme  sich  von  oben  her  in  diese 
Hohlräume  ergossen  hätten,  dieselben  so  allmählich  anfüllend. 

Noch  viel  weniger  aber  wird  man  die  ganz  unwahrscheinliche 
Annahme  machen  dürfen,  dass  bei  den  so  überaus  häufigen,  die 
stattliche  Zahl  von  127  erreichenden  Röhren  und  Maaren  unseres 
Gebietes  an  jeder  einzelnen  Stelle  aus  der  Tiefe  herauf  der  Aus- 
bruch einer  durchwässerten  Asche,  eines  Schlammtuffes  erfolgt  sei. 
Wohin  sollte  auf  einem  so  ausgedehnten  Gebiete  und  an  so  vielen 
Stellen  Wasser   aus    der   Tiefe   heraufgekommen   sein?     Die    Unter- 


—     87     — 

suchungen  der  Schlammtuffströme  haben  im  Gegenteil  gelehrt,  dass 
noch  niemals  Wasser  im  flüssigen  Zustande  aus  der  Tiefe  auch  nur 
eines  Yulkanes  zu  Tage  gefördert  wurde.  Stets  war  es  meteorisches 
Wasser,  welches  die  breiige  Beschaffenheit  erzeugte. 

Da  nun  weiter,  wie  wir  in  demselben  Abschnitte  sehen  werden, 
der  Peperin  wohl  ebenfalls  ein  Schlammtuff , ist,  so  werden  wir  auch 
durchaus  davon  Abstand  nehmen  müssen,  unsere  Tuffe  der  Gruppe 
von  Urach  etwa  als  Peperine  zu  bezeichnen. 

Sind  unsere  Tuffe  als  Schlammlava  entstanden? 

Ich  habe  in  dem  späteren  Abschnitte  „Die  verschiedenen  Arten 
von  Tuffen"  (s.  Anm.  auf  vor.  Seite)  die  sogenannte  „Schlammlava" 
besprochen.  Diese  kommt  gleich  im  durchwässerten  Zustande  von 
unten  herauf.  Aber  niemand  wird  ernstlich  daran  denken,  unsere  Tuffe 
für  Schlammlaven  erklären  zu  wollen.  Denn  das  sind  nur  pseudo- 
vulkanische Bildungen,  aus  thonigen  und  sandigen  Schichten  hervor- 
gegangen, welche  vom  Wasser  zu  Schlamm  umgewandelt  wurden. 
Die  treibende  Kraft  liegt  hier  in  kalten  oder  höchstens  etwas  warmen 
Gasen  von  Kohlenwasserstoff  oder  auch  Kohlensäure.  Nun  giebt  es 
freilich  eine  Art  von  Schlammlava,  ich  habe  sie  gleichfalls  erwähnt, 
welche  zwar  pseudovulkanisch  ist,  aber  doch  echte  vulkanische  Tuffe 
liefert;  weil  nämlich  hier  an  Stelle  jener  Sande  und  Thone  ganz  aus- 
nahmsweise einmal  echt  vulkanischer  Tuff  ansteht,  welcher  nun  durch 
jene  pseudovulkanischen  wässerigen  Ausbrüche  zu  Schlamm  um- 
gearbeitet wird.  Aber  auch  eine  solche  Bildung  kann  hier  nicht 
vorliegen,  weil  die  Voraussetzung  einer  solchen  früher  dagewesenen 
Tuffdecke  fehlt. 

Nun  könnte  man  ja  freilich  schhessen  und  fragen:  Wenn  bei 
diesen  pseudovulkanischen  Schlammlaven  Wasser  aus  der  Tiefe  herauf- 
kommt, warum  soll  das  nicht  auch  bei  echt  vulkanischen  Schlamm- 
tuffen geschehen?  Der  Schluss  wäre  ein  falscher:  Bei  jenen  pseudo- 
vulkanischen Bildungen  kommt  das  Wasser  aus  verhältnismässig 
geringer  Tiefe,  ist  auch  z.  T.  Oberflächen-,  also  Regenwasser,  welches 
sich  in  dem  kleinen  Pseudokrater  angesammelt  hat.  Wie  aber  sollte 
es  bei  echten  vulkanischen  Ausbrüchen  aus  der  Tiefe  heraufkommen? 
Entweder  müsste  es  dem  Schmelzflusse,  welcher  ja  Wasserdampf 
enthält,  in  so  ungeheuren  Mengen  beigemischt  sein,  dass  der  zu  Asche 
zerstiebte  Schmelzfluss  gleich  als  wasserdünne  Aschenmasse  aus- 
geworfen würde.     Ein  ungeheuerlicher  Gedanke. 

Oder  es  müsste  in  Gestalt  von  Quellwasser  aus  was.'.arführenden 


-     88     — 

Schichten  in  den  Kanal  hineinlaufen.  Wie  soll  man  sich  vorstellen, 
dass  auf  unserem  20  |  [Meilen  grossen  Gebiete ,  das  in  jedem  der 
121  jetzt  tufferfüllten  Kanäle  stattgefunden  hätte?  Also  ebenfalls 
eine  Annahme,  welche  man  fallen  lassen  muss. 

Nicht  umsonst  berichten  alle  Beobachter  von  Schlammtuffen 
ganz  ausdrücklich,  dass  c[as  Wasser  nie  aus  der  Tiefe  heraufgekommen 
sei.  Es  ist  das  offenbar  bei  echt  vulkanischen  Ausbrüchen  nicht 
möglich. 

Welcher   Abteilung  von    Tuffen   gehören    diejenigen    der   Gruppe    von 

Urach  also  an? 

Wir  haben  gesehen ,  dass  unsere  Tuffe  weder  mit  Hilfe  von 
Eis  noch  von  fliessendem  Wasser  gebildet  sein  können.  Es  ist  also 
die  Abteilung  der  (s.  später)  Transporttuffe  im  allgemeinen 
entschieden  ausgeschlossen.  Ein  allerkleinster  Teil  unserer  Tuffe 
jedoch  ist  hierher  zu  stellen.  Es  sind  das  diejenigen  der  geschichteten 
Tuffe,  welche  auf  dem  Boden  der  Maarkessel  liegen,  oder  welche 
nach  der  Zerstörung  letzterer  und  Freilegung  des  Kopfes  der  Tuft- 
gänge  auf  dem  Gipfel  der  nun  herausgearbeiteten  Tuffsäulen  erscheinen. 
Diese  Schichten  sind,  wie  wir  z.  B.  bei  Betrachtung  des  Randecker 
Maares  No.  39  sahen,  auf  dem  Boden  der  Maarseen  abgelagert 
worden.  Das  Material  dazu  ist  offenbar  geliefert  worden  durch 
Abspülung  des  Tuffes,  welcher  auf  den  inneren  Abhängen  des  Maar- 
kessels lag. 

Aber  auch  von  diesen  seltenen  obersten  Tuffschichten  könnte 
immerhin  auch  ein  Teil  rein  subaerischer  Entstehung  sein,  also 
einen  Trockentuff  bilden.  Insofern,  als  nach  Erfüllung  des  Aus- 
bruchskanales  mit  Tuff,  die  zuletzt,  also  im  obersten  Ende  des 
Kanales  niederfallenden  Auswurfsmassen,  in  subaerischer  Schichtung 
sich  absetzten.  Die  auf  dem  Gipfel  des  Jusi  hegenden  Schichten 
No.  55  könnten  möglicherweise  doch  solcher  Entstehung  sein.  Sie 
sind  nämlich  so  bedeutend  mächtig,  dass  die  Ablagerung  in  einem 
Maarsee  mir  nicht  recht  einleuchten  will.  Ihre  Festigkeit  ist  für  die 
Annahme  einer  solchen  subaerischen  Entstehung  kein  Hindernis,  denn 
diese  ist  etwas  erst  später  Gewordenes  ^  Sowohl  die  im  Wasser 
abgelagerten  als  auch  die  Trockentuffe  müssen  ihre  Festigkeit  wesent- 
lich erst  später  erwerben.  Thun  sie  das  nicht,  so  bleiben  diese  wie 
jene  locker. 

'  s.  S.  27. 


—     89     — 

Zweifellos  sind  diejenigen  Tuffschichten ,  welche  wir  am  Jusi 
No.  55  in  tieferer  Lage  mehrfach  finden,  subaerischer  Entstehung, 
gehören  also  den  Trockentuffen  ebenso  an,  wie  auch  die  ganze  übrige 
Masse  der,  die  Ausbruchskanäle  füllenden  Tuffe.  Es  klingt  freilich 
sehr  wenig  wahrscheinlich,  dass  derselbe  zum  Teil  enge  Kanal,  aus 
welchem  die  vulkanischen  losen  Massen  trocken  ausgeworfen  wurden, 
sich  zu  gleicher  Zeit  mit  diesen  angefüllt  haben  soll.  Man  möchte 
meinen,  dass  das  höchstens  in  so  weiten  Kanälen  wie  diejenigen  des 
Jusi  No.  55  überhaupt  möglich  gewesen  wäre ;  dass  dagegen  in 
so  engen  Kanälen,  wie  wir  sie  vielfach  finden ,  während  des  Aus- 
bruches gar  nicht  Raum  gewesen  wäre  für  eine  Ablagerung  des  Tuffes. 
Bei  dem  gewaltsamen  Ausblasen  der  Tuffmassen  musste,  so  sollte  man 
meinen,  hier  der  ganze  Kanal  freigefegt  werden.  Und  doch  können 
wir  uns  den  Vorgang  nicht  anders  vorstellen.  Wegen  dieser  Unglaub- 
würdigkeit  des  letzteren  musste  eben  die  Frage,  ob  Wasser  oder  Eis 
mit  im  Spiele  gewesen  wären,  ob  etwa  Schlammtuffe  vorlägen,  in 
einer  Weise  ausführlich  behandelt  werden,  welche  dem  Leser  als 
überflüssig  erschienen  sein  mag.  Aber  wenn  das  nicht  vorher  doch  ge- 
schehen wäre,  wenn  ich  nicht  mit  aller  Sicherheit  darauf  verweisen 
könnte,  dass  jene  drei  Möglichkeiten  völlig  ausgeschlossen  sind,  so  würde 
der  Leser  jetzt  sofort  sagen:  „Ehe  man  so  Unwahrscheinliches  an- 
nimmt, dass  in  einer  engen  Röhre  Asche  herausgeblasen  wird,  während 
sich  die  Röhre  zugleich  mit  Asche  erfüllt,  scheint  es  geratener,  an  eine 
jener  drei  Möglichkeiten  zu  denken."  Und  doch  giebt  es  offenbar  keine 
andere  Lösung ;  unsere  Tuffe  sind  demnach  Trockentuffe.  Sebastian  Wisse 
hat  am  Sangay  in  Südamerika  ^  genaue  Beobachtungen  über  die 
Häufigkeit  der  Auswürfe  und  das  Verhalten  der  losen  Auswurfsmassen 
angestellt.  Diese  letzteren  bestanden  aus  Asche,  Lapilli  und  Schlacken, 
also  Steinen.  Von  den  letzteren  betont  er  die  kugelige  Form,  welche  ja 
auch  den  Graniten  der  Tuffe  bei  Urach  oftmals  eigen  ist,  und  sagt :  „Sie 
fallen  meist  wieder  in  den  Krater  zurück. "  Auch  Junghuhn  ^  berichtet 
von  dem  Ausbruche  des  Gunung-Lamongan :  „Die  meisten  dieser 
emporgeschleuderten  Massen  fallen  jedoch  wieder  in  den  Schlund 
zurück. " 

Es  ergiebt  sich  mithin  aus  den  vorhergehenden 
Betrachtungen,  so  unglaubhaftig  das  auch  klingen  mag, 
dass  der  die  Ausbruchsröhren  des  Gebietes  von  Urach 
erfüllende   Tuff,    trotz    des   zum   Teil   geringen    Durch- 

1  Wie  A.  V.  Humboldt,  Kosmos.  Bd.  IV.  S.  320  pp.  mitteilt. 

2  Java.  Bd.  U.  S.  761. 


—     90     — 

messers  derselben ,  nicht  etwa  n  achträglich  auf  irgend 
eine  Weise  in  dieselben  hinein  gespült  oder  geschoben 
ist.  Sondern  dass  er  die  Röhre  bereits  während  der 
Ausbrüche  angefüllt  haben  muss;  so  dass  nur  ein  ganz 
enger  Kanal  für  diese  offen  blieb,  welcher  sich  dann, 
nach  Aufhören  der  Thätigkeit,  durch  Abrutschen  der 
losen  Massen  füllte.  In  Mittelschottland,  wo  wir  ganz  dieselben 
Erscheinungen  haben,  ist  offenbar  der  Vorgang  ganz  derselbe  ge- 
wesen \  wenn  auch  Geikie  auf  denselben  nicht  weiter  eingeht.  Dort 
giebt  es  aber  tufferfüllte  Röhren,  welche  am  Durchmesser  sogar  noch 
hinter  den  engsten  der  unserigen  zurückbleiben. 

Die  Deutung  aller  ^  vulkanischen  Bildungen  in  der  Gruppe 
von  Urach  als  ehemalige  Maare. 

Sind  unsere  Ti^ifvorkommen  auf  der  Alb  wirklich  ehemalige  Maare  und  die  Tuff- 
gänge am  Steilabfall  und  im  Vorlande  wirklich  die  in  die  Tiefe  führenden 
Ausbruchskanäle  ehemaliger,  längst  abgetragener  Maare?  Vervollständigung 
des  Maarbegriffes.  Gründe,  welche  dagegen  sprechen,  dass  sich  in  unserem 
Gebiete  einst  Aschenkegel  über  der  Erdoberfläche  erhoben. 

Stehen  unsere  tufffreien  Basaltvorkommen  ^  ebenfalls  in  denselben  Beziehungen 
zu  ehemaligen  Maaren  wie  die  Tuffe?  Eiseniüttel,  Sternberg,  Dintenbühl. 
Unterschied  gegenüber  den  Tuffmaaren.    Grabenstetten,  Zittelstadt,  Buckleter. 

Die  Deutung  unserer  Tuffvorkommen  in  ihrer  Bezieliung  zu  ehemaligen 

IVIaaren. 

Unter  den  vulkanischen  Bildungen  der  Gruppe  von  Urach  pflegte 
man  bisher  ganz  allein  das  Maar  von  Randeck  No.  39  als  ein 
Maar  zu  bezeichnen.  Ich  habe  nun  in  dieser  Arbeit  alle  übrigen 
auf  der  Hochfläche  der  Alb  gelegenen  Tuffvorkommen  ebenfalls  als 
Maare  hingestellt.  Ich  habe  aber  auch  die  am  Steilabfalle  der  Alb 
und  die  im  Yorlande  derselben  auftretenden  Tuffgänge  mit  einstigen 
Maaren  in  Verbindung  gebracht?     Ist  das  statthaft? 

Aus  dem  Abschnitte  „Die  Denudationsreihe  der  Maare"  geht  un- 
widerleglich hervor,  dass  eine  solche  Auffassung  die  richtige  ist. 
Unsere  Tuffgänge  sind  nur  die  in  die  Tiefe  führenden  tufferfüllten 
Kanäle  einstiger  Maare,  wir  können  sie  daher  mit  Recht  „als  Maar- 
Tuffgänge"  von   anderen  tufferfüllten  Spalten  unterscheiden. 


^  s.  später  den  Abschnitt:    „Vergleichung  der  vulkanischen  Verhältnisse.^ 
^  Mit  Ausnahme  einiger   weniger  spalten  förmiger  Gänge,   wie  z.  B. 
No.  126  W.  von  Grabenstetten. 
^  s.  vorige  Anm. 


—     91     — 

Wenn  das  nun  richtig  ist,  woher  kommt  es  nun,  dass  nicht  schon 
längst  eine  solche  Auffassung  unserer  vulkanischen  Vorkommen  Platz 
ge-griffen  hat  ?  Dass  nicht  schon  längst  unsere  Gruppe  von  Urach  als 
das  grösste  und  interessanteste  bisher  als  solches  erkannte  Maar- 
gebiet der  ganzen  Erde  bekannt  ist ;  grösser  an  Zahl ,  reicher  an 
Aufschlüssen  als  alle  anderen  bisher  bekannten  zusammen  genom- 
men ;  das  einzige  auf  Erden,  in  welchem  man  bisher  gleichzeitig  zu 
erkennen  vermag,  nicht  nur  den  obersten  Teil,  den  Kessel,  sondern 
auch  die  in  die  Tiefe  führenden  Kanäle  und  ihre  merkwürdige  Er- 
füllung mit  Tuff  kennt ;  warum  hat  man  dieses  nicht  in  solcher  Weise 
erfasst?  Erstens  weil  unsere  Maare  nicht  genau  solche  Gestalt  be- 
sitzen ,  wie  man  sie  bisher  als  eine  typische  betrachtete,  indem  sie 
bereits  stark  gealtert  sind,  daher  ihre  ursprüngliche  Gestalt  mehr 
oder  weniger  verwischt  ist.  Zweitens  weil  die  überwiegend  grösste 
Zahl  unserer  Maare  spurlos  mit  der  Alb  verschwunden  ist.  Wir  wollen 
das  etwas  näher  erläutern,  indem  wir  unsere  Maare  der  Gruppe  von 
Urach  kurz  mit  denjenigen  der  Eifel  vergleichen.  Hierbei  ergiebt 
sich  das  Folgende : 

Der  Umriss  der  Eifler  Maare  ist  sehr  häufig  nicht  kreisrund, 
sondern  oval;  also  ganz  wie  in  unserem  Gebiete.  Die  Gestalt  der 
Maare  in  der  Eifel  ist  vorherrschend  eine  trichterförmige;  in  der 
Gruppe  von  Urach  eine  kesseiförmige. 

Die  Tiefe  dieser  Trichter  bezw.  Kessel  erreicht  in  der  Eifel 
weit  grössere  Beträge  als  in  unserem  Gebiete. 

Der  Durchmesser  der  Trichter  bezw.  Kessel  schwankt  hier  wie 
dort  in  sehr  weiten  Grenzen ;  einzelne  Maare  der  Gruppe  von  Urach 
sind  aber  grösser  als  die  grössten  der  Eifel,  das  Meerfelder  Maar,  selbst 
als  der  Laacher  See. 

Die  Maare  unseres  Gebietes  entbehren  ausnahmslos  des  Kranzes 
von  Tuff  und  anderer,  krystallisierter  vulkanischer  Auswürflinge,  von 
welchem  wenigstens  ein  Teil  jener  umgeben  ist;  sei  es,  dass  diese 
Auswurfsmassen  auf  der  Eifel  einen  richtigen  erhöhten  Kingwall  um 
den  Trichter  bilden,  sei  es,  dass  sie  nur  auf  dem  inneren  Abhänge 
des  Trichters  liegen.     Letzteres  findet  sich  allerdings  auch  bei  uns. 

Des  weiteren  findet  sich  in  den  Maaren  der  Alb  nirgends  mehr 
ein  den  Boden  bedeckendes  Gewässer,  wie  es  des  öfteren  auf  der 
Eifel  der  Fall  ist.  Vielmehr  liegen  bisweilen  in  der  Tiefe  der  Alb 
—  Maare,  wie  auch  oft  in  der  Eifel,  eine  Acker-  und  Wiesenfläche ; 
oder  aber,  und  zwar  in  vielen  Fällen,  ein  Dorf. 

Endlich  finden  wir  auf  dem  Boden  der  Alb-Maare,  wenn  auch 


•      —     92     — 

bisweilen  von  Süsswassergebilden  verdeckt,  vulkanischen  Tuff;  und 
dann  diesen  Tuff  hinabsetzend  in  die  Tiefe,  also  die  Röhre  erfüllend, 
auf  welcher  er  einst  ausgeworfen  wurde.  Wogegen  Derartiges  bei 
den  Maaren  der  Eifel  unbekannt,  höchst  wahrscheinlich  aber  genau 
ebenso  vorhanden  ist. 

Diese  Unterschiede  zwischen  den  Alb-  und  den  Eifel-Maaren  sind 
also  ganz  unwesentlicher  Natur.  Aber  sie  haben  doch  zur  Folge,  dass 
erstere  nicht  in  demselben  Masse  den  typischen  Maar-Charakter 
zeigen  wie  letztere.  Man  möchte  vielleicht  meinen ,  das  komme 
lediglich  daher,  dass  die  Maare  der  Eifel  schon  seit  langem  bekannt, 
untersucht  und  beschrieben  worden  sind. 

So  müssten  natürlich  die  Eigenschaften  derselben  den  Vorrang 
haben  und  als  typische  hingestellt  werden. 

So  unbestreitbar  das  auf  der  einen  Seite  der  Fall  ist,  so  liegt 
der  Grund  doch  noch  tiefer.  Die  Maare  der  Eifel  sind  wirk- 
lich typischer  als  diejenigen  unseres  Gebietes,  aber 
wesentlich  nur  deshalb,  weil  sie  meist  geologisch 
jünger,  mithin  besser  erhalten  sind  als  die  unseren.  Auf 
der  Eifel  entstanden  diese  Bildungen  in  quartärer  ^  Zeit,  auf  der  Alb 
bereits  in  mittelmiocäner.  So  hat  sich  bei  unseren  Maaren  das  Typische 
bereits  verwischt:  Die  Höhe  des  Maarrandes  ist  erniedrigt  durch 
Abtragung,  so  dass  sie  jetzt  weniger  tief  erscheinen.  Der  Rand  ist 
an  einer,  bisweilen  gar  zwei  Stellen  durchsägt  von  einem  Wasser- 
risse. Hier  und  da  ist  der  erhöht  gewesene  Rand  sogar  schon  völlig 
abgetragen  und  verschwunden,  so  dass  nun  der  ursprünglich  tiefste 
Punkt  des  Maares  mit  der  umgebenden  Fläche  fast  in  einer  Ebene 
liegt,  d.  h.  es  ist  keine  Vertiefung  mehr  zu  erkennen.  An  allen 
Albmaaren  ist  ferner  der,  früher  vermutlich  auch  einmal  vorhan- 
den gewesene  Kranz   von   vulkanischer  Auswurfsmasse    längst   fort- 


^  Die  Angaben  über  dieses  Alter  lassen  einen  gewissen  Spielraum,  v.  Dechen 
(Vulkane  der  Vorder-Eifel  S.  213,  224,  246)  sagt,  die  Bildung  der  Maare  in  der 
Eifel  begann  in  mittelmiocäner  Epoche  und  dauerte  in  spätere  Zeiten  hinein  fort. 
Pohlig  sagt,  die  vulkanische  Thätigkeit  in  dem  Laacherseegebiet  fällt  der  Haupt- 
sache nach  in  diejenige  Zeit,  in  welcher  das  Siebengebirgische  Centrum  seine 
Eruptionen  beschloss,  —  in  die  mitteldiluviale  Interglacialperiode.  (Zeitschr.  d. 
deutsch,  geol.  Ges.  ßd.  43.  S.  824  u.  826.)  Die  vulkanischen  Ausbrüche  in  der 
Vorder-Eifel  fallen  der  Hauptsache  nach  in  dieselbe  Zeit,  wie  diejenigen  des 
Laacherseegebietes,  also  auch  in  die  diluviale.  Dagegen  haben  die  Ausbrüche  in 
der  hohen  Eifel  zum  grösseren  Teile  ziemlich  gleichzeitig  mit  denen  des  Sieben- 
gebirges stattgefunden,  nämlich  zu  tertiärer  Zeit.  Nur  die  Bildung  der  phono- 
lithischen  Massen  dürfte  der  diluvialen  Epoche  angehören. 


—     93     — 

gewaschen,  und  zwar  zum  grossen  Teile  in  die  Tiefe  des  Maares 
hinabgespült;  wie  er  ja  auch  bereits  bei  gewissen  Eifeler  Maaren 
fehlt.  Auch  von  den  inneren  Abhängen  der  Trichter  ist  der  sie  einst 
bedeckende  Tuff  meist  längst  in  die  Tiefe  hinabgespült;  wie  das 
gleichfalls  in  der  Eifel  schon  an  manchen  Stellen  begonnen  hat. 

Übrigens  sind  die  Maare  der  Eifel  keineswegs  alle  typisch  er- 
halten. Von  den  26  der  Vordereifel  sind  nur  6  noch  rings  ge- 
schlossen. 11  haben  ein  Abflussthal.  Bei  5  anderen  bestehen  ein 
Abfluss-  und  ein  Zuflussthal.  Bei  5  weiteren  ist  die  ümwallung  nur 
noch  teilweise  erhalten.     Also  ganz  wie  bei  uns! 

Haben  auf  solche  Weise  die  Maare  der  Alb  den  eigenartigen, 
typischen  Anblick,  welcher  diesen  Gebilden  zukommt,  bereits  zum 
Teil  verloren,  so  ist  ihnen  auf  der  anderen  Seite  durch  die  Erosion 
auch  wieder  ein  Gewinn  erwachsen,  welcher  sie  nicht  nur  vor  den 
Maaren  der  Eifel,  sondern  vor  allen  anderen  bisher  bekannten  Maaren 
der  Erde  auszeichnet:  Die  Erosion  hat  die  in  die  Tiefe  führenden, 
tufferfüllten  Kanäle  freigelegt,  welche  offenbar  eine  allgemeine,  bis- 
her nur  unbekannte  Eigenschaft  aller  Maare  sind. 

Ein  Maar  ist  nach  der  bisherigen  Erklärung  eine  trichterförmige 
Vertiefung,  ein  Explosionskrater.  Dieser  setzt  aber  natürhch  irgend 
einen  Ausbruchsweg  der  explodierenden  Gase  voraus.  W^ie  dieser 
beschaffen  ist,  wusste  man  bisher  nicht.  Ob  das  ein  rundlicher 
Kanal  oder  ein  spaltenförmig  schmaler  Schlitz  ist  oder  ob  die  Erd- 
rinde hier  nur  zertrümmert  ist,  so  dass  gar  kein  fest  umgrenzter 
Hohlraum  vorliegt;  ob  also  nur  zertrümmertes,  aber  sonst  in  situ 
gebliebenes  Durchbruchsgestein  den  Weg  der  Gase  kennzeichnet  oder 
ob  derselbe  mit  Tuffbreccie  oder  gar  mit  Basalt  erfüllt  ist  —  das 
war  unbekannt. 

In  unserem  Gebiete  von  Urach  lernen  wir  127  solcher  Durch- 
bruchskanäle von  Explosionskratern,  also  von  Maaren,  kennen.  Wir 
sehen  nun  aber  oben  auf  der  Alb,  bei  zweifellosen,  gut  erhaltenen 
Maaren,  durchaus  keine  ausgesprochenen  Trichterbildungen,  sondern 
vielmehr  Kessel  auftreten ;  d.  h.  wir  haben  hier  Ausbruchskanäle, 
deren  oberes  Ende  nicht,  wie  man  bisher  als  typisch  annahm,  sich 
stark  trompetenförmig  erweitert,  sondern  in  höherem  Grade  denselben 
Durchmesser  behält,  wie  in  der  Tiefe ;  also  Kanäle  mit  senkrechten 
Wänden,  welche  sich  bei  der  Mündung  gar  nicht  oder  doch  nicht 
so  stark  und  plötzlich  erweitern ,  sondern  diese  Erweiterung  aus 
grösserer  Tiefe,  also  viel  allmählicher  bilden.  S.  später:  „Die  Ge- 
stalt der  Maarkanäle." 


—     94     - 

Da  nun  unsere  Bildungen  der  Gruppe  von  Urach  aber  echte 
Explosionskratere,  mithin  Maare  sind,  so  folgt,  dass  erstens  scharfe 
Trichterbildung  nicht  notwendig  zum  Begriffe  eines  Maares  gehört, 
dass  aber  umgekehrt  das  Vorhandensein  eines  Kanales  von  rund- 
lichem oder  ovalem  Querschnitte  notwendig  zu  diesem  Begriffe  ge- 
hört. Wir  müssen  also  eine  Vervollständigung  des  Maarbegriffes  in 
der  folgenden  Weise  vornehmen: 

EinMaar  besteht  aus  einem,  wohl  meistmit  Tuff\ 
selten  mit  festem  Eruptivgestein^  erfüllten  Ausbruchs- 
kanale  rundlichen  oder  ovalen  Querschnittes,  dessen 
oberes  Ende  entweder  stark  erweitert,  trichterförmig 
ist,  oder  aber  wenig  erweitert,  also  kesseiförmig  ist, 
oder  endlich  gar  keine  Erweiterung  besitzt.  Damit 
aber  sind  wir  bei  einer  einfachen  Röhre  angelangt.  Ob 
diese  dann  ganz  bis  an  den  Rand  hin  mit  Tuff  bezw. 
Basalt  erfüllt  wurde  oder  ob  der  oberste  Teil  der  Röhre 
leer  blieb,  so  dass  hier  eine  Kessel-  bezw.  Trichter- 
bildung in  die  Erdoberfläche  eingesenkt  erscheint, 
das  ist  nebensächlich,  weil  zufällig;  denn  die  Tiefe 
eines  Kessels  ist  etwas  ganz  Relatives.  Ist  das  aber 
der  Fall,  dann  giebt  es  gar  keinen  Unterschied  mehr 
zwischen  einem  Maare  und  einem  Tuff-  (oder  Basalt-) 
erfüllten  Gange  rundlichen  Querschnittes,  soweit  diese 
Füllmasse  von  Anfang  an  in  der  Erdrinde  verblieb, 
nicht  aber  als  Berg  über  derselben  aufgeschüttet 
wurde.  Es  giebt  dann  Maare  mit  Trichter,  solche  mit 
Kessel,  endlich  auch  solche  ohne  Trichter  oder  Kessel. 
Dagegen  beginnt  der  Begriff  des  echten  Vulkanberges 
sofort  dann,  wenn  der  Tuff  bezw.  Basalt  eine  Auf- 
schüttung auf  der  Erdoberfläche  bildet.  Wird  ein  solcher 
Berg  dann  abgetragen,  dann  erscheint  in  der  Mitte  seiner  Grund- 
fläche ganz  derselbe  Tuff-  oder  Basaltgang  rundhchen  Querschnittes 
wie  dort;  und  es  lässt  sich  nun  gar  nicht  mehr  entscheiden,  ob  wir 
die  Röhre  eines  ehemaligen  Maares  oder  eines  früheren  kleinen 
Vulkanberges  vor  uns  haben. 

Möglich  wäre  es,  dass  in  unserem  Gebiete  Grabenstetten  No.  11 


^  D.  h.  mit  Tuffbreccie,  bestehend  aus  vulkanischer  Asche  und  zerschmetter- 
tem durchbrochenem  Gesteine.     S.  „Die  Beschaffenheit  unserer  Tuffe"  S.  1. 

2  Dies  ist  bereits  ein  etwas  höheres  Entwickelungsstadium  des  Vulkanes. 
S.  später  „Über  Maare  im  allgemeinen". 


—     95     — 

und  Hülben  No.  12  derartige,  von  Anfang  an  kessellose  Maare,  also 
bis  an  den  Rand  erfüllte  Röhren  waren.  Da  nämlich  in  Graben- 
stetten  der  Tuff  in  einer  Ebene  mit  der  höchsten  Weiss-Juraschicht, 
C,  liegt,  so  kann  der  Kessel  unmöglich  sehr  tief  gewesen  sein,  denn  c 
war  auch  damals  schon  die  oberste  Schicht  der  Alb. 

Man  wird  die  Ansicht,  dass  alle  unsere  Tuffgänge  mit  Maar- 
kesseln in  Verbindung  gestanden  haben,  vielleicht  bestreiten  und 
meinen  wollen,  anstatt  der  Maarkessel  hätten  sich  an  vielen  Stellen 
Aschenkegel  über  den  Tuffgängen  erhoben.  Also  richtige ,  auf  der 
Erdoberfläche  aufgeschüttete  Vulkanberge,  aber  noch  ohne  Lava- 
ströme, mithin  ein  bereits  etwas  über  den  Maarzustand  hinaus  fort- 
geschrittenes Ent  wickelungsstadium . 

Ich  habe  an  anderer  Stelle  auseinandergesetzt,  dass  der  in  die 
Tiefe  führende  Ausbruchskanal  eines  solchen  Aschenberges  ganz  ebenso 
mit  Tuff  erfüllt  sein  wird,  wie  derjenige  eines  Maares;  denn  zu- 
sammenhängender Schmelzfluss  ist  ja  dem  Berge  nicht  entströmt, 
es  ist  daher  bis  zu  einem  gewissen  Grade  wahrscheinlich,  dass  der- 
selbe auch  nicht  die  oberen  Teile  des  Ausbruchskanales  erfüllt  hat, 
sondern  in  der  Tiefe  geblieben  ist.  Bevor  ich  unser  vulkanisches 
Gebiet  so  genau  kennen  gelernt  hatte ,  wie  das  jetzt  der  Fall  ist, 
hatte  ich  mir  gleichfalls  die  Vorstellung  gebildet,  dass  sich  über 
den  Tuffgängen  einst  Aschenberge  erhoben  hätten.  Indessen  der 
Gründe,  welche  gegen  solche  Auffassung  sprechen,  sind  die  folgenden : 

An  einer  ganzen  Anzahl  von  Stellen  haben  wir  oben  auf  der 
Alb  noch  heute  entweder  ziemlich  wohl  erhaltene  oder  doch  in  ihren 
Überresten  deutlich  erkennbare  Maarkessel.  Unsere  vulkanischen 
Erscheinungen  sind  aber  nicht  nur  höchst  eigenartig,  sondern  auch 
durchaus  einheitlicher  Natur.  Überall  genau  dieselbe  Beschaffenheit 
der  Tuffbreccien,  überall  genau  dieselbe  Lagerungsweise  der  letzteren 
in  Form  von  Gängen  rundlichen  Querschnittes.  Nirgends  auch  nur 
eine  einzige  oben  aufgelagerte  Tuffmasse,  trotz  der  so  sehr  grossen 
Zahl  von  Tuffpunkten.  Bei  so  völhger  Einheitlichkeit  wird  es  daher 
überaus  wahrscheinlich,  dass  auch  in  diesem  fraglichen  Punkte  Ein- 
•heitlichkeit  geherrscht  hat.  Sehen  wir  also  noch  heute  bei  einer 
grossen  Zahl  von  Tuffpunkten  Maarkessel ,  wenn  auch  mehr  oder 
weniger  im  Zustande  von  Ruinen,  so  wird  es  von  vornherein  wahr- 
scheinlich, dass  auch  an  allen  Stellen  solche  Kessel  vorhanden 
gewesen  sein  werden. 

An  einigen  anderen  Stellen  sodann ,  an  welchen  letztere  auf 
der  Alb  nicht  mehr  vorhanden,  abrasiert  sind,  an  welchen  also  der 


—     96     — 

Tuffgang  jetzt  zu  ebener  Erde  mündet,  finden  sich  doch  Reste  von 
Versteinerungen,  welche  zweifellos  darthun,  dass  hier  einst  ein  See, 
also  auch  ein  Maarkessel,  vorhanden  war.  Selbst  nämlich  das  Vor- 
kommen von  tertiären  Land  Schnecken,  wie  Helix,  in  den  obersten 
Schichten  eines  solchen,  jetzt  zu  ebener  Erde  mündenden  Tuffganges 
bew^eist  unwiderleglich,  dass  sich  hier  niemals  ein  Tuffberg  über 
dieser  Stelle  erhoben  haben  kann.  Denn  wie  sollten  in  das  damalige 
Innere  eines  solchen  Berges  Landschnecken  gekommen  sein;  an  die- 
jenige Stelle,  an  welcher  die  Tuffröhre  oben  mündet  und  der,  rings 
um  deren  Mündung  aufgeschüttete  Tuffberg  mit  grösserer  Grund- 
fläche als  diese  beginnt?  Selbst  das  Vorkommen  von  tertiären  Land- 
schnecken und  Säugetieren  in  oder  auf  dem  Tuffe  thut  uns  mithin 
das  ehemalige  Vorhandensein  einer  Vertiefung,  eines  Maares  dar, 
auf  deren  Boden  jene  Tuffröhre  mündete  ^. 

Drittens:  Endlich  aber  finden  wir  nirgends  auf  der  Alb  auch 
nur  einen  winzigen  Überrest  eines  ehemaligen  Vulkanberges.  Nirgends 
bilden  unsere  Tuffmassen  auf  der  Alb  Erhöhungen,  überall  liegen  sie 
nur  in  vertieften  oder  ebenen  Stellen.  Nun  ist  der  Tuff  recht  hart; 
er  ist  sehr  wohl  im  stände  Berge  zu  bilden.  Das  sehen  wir  ja  im 
Vorlande  der  Alb,  in  welchem  er  sich  bei  der  Erosion  fast  überall 
die  Gestalt  von  Erhöhungen  gegenüber  den  anderen  Gesteinen, 
welche  er  durchsetzt,  zu  erringen  wusste.  Auch  am  Steilabfalle  der 
Alb,  im  Weiss- Juragebiete ,  ragt  er,  aber  auch  nur  infolge  späterer 
Herausarbeitung ,  nicht  selten  schroff'  empor :  Konradsfels  No.  47, 
Ulmereberstetten  No.  61,  Buckleter  No.  57,  Karpfenbühl  No.  65, 
Bürzlenberg  No.  68,  Kugelbergle  No.  69,  Burgstein  No.  70.  Warum 
also  bildet  er  nicht  an  einer  einzigen  Stelle  oben  auf  der  Alb  heute 
eine  Erhöhung?  Weil  er  niemals  eine  solche  gebildet  hat,  das  ist 
die  einzige  befriedigende  Erklärung. 

Nur  bei  der  Teckburg  No.  34  Fig.  8  bildet  der  Tuff  einen 
kleinen  Buckel.  Es  ist  aber  zweifellos,  dass  er  diese  Gestalt  nur 
dadurch  erlangt  hat ,  dass  auf  dem  schmalen  Grate ,  auf  welchem 
dieser  Gang  auftritt,  zu  beiden  Seiten  des  letzteren  die  ihn  ein- 
schliessenden  Weiss-Jurakalke  abbröckelten  und  in  die  Tiefe  stürzten, 
so  dass  der  Kopf  des  Ganges  nun  etwas  erhöht  herausschaut.  Ganz 
hinfällig  wäre  auch  die  Ansicht,  dass  ja  der  Basalt  des  Dintenbühl 
No.  36  und  Sternberg  No.  37  oben  auf  der  Alb  als  Berge  empor- 
ragten.   Nicht  der  Basalt  bildet  dort  einen  Berg,  sondern  der  Weiss- 


*  Über  die  Versteineruusen  s.  „Das  Alter  der  Tuffe". 


—     97     — 

Jurakalk,  in  welchem  der  Basalt  aufsetzt,  thut  das ;  und  diese  beiden 
Berge  sind  nichts  anderes  als  Erosionsreste  der  einst  höher  gewesenen 
kalkigen  Hochfläche.  Dieselbe  Überlegung  aber  gilt  vom  Basalte 
des  Eisenrüttel  No.  38,  welcher  nur  an  der  SO. -Seite  darum  als 
kleine  Erhöhung  aufragt,  weil  an  dieser  Seite  durch  breite  Thal- 
bildung der  ihn  einschliessende  Kalk  entfernt  wurde. 

Wir  sehen  also,  dass  heute  oben  auf  der  Hochfläche  nicht  ein- 
mal der  Basalt  Berge  oder  auch  nur  Reste  ursprünghcher  Berge 
bildet,  geschweige  denn  der  Tuff.  Das  aber  ist  sicher  ebenfalls  ein 
Beweis  dafür,  dass  das  auch  ursprünglich  nicht  der  Fall  gewesen 
ist.  Allerdings  könnte  man  einwerfen,  dass  der  Tuff  ursprünglich 
nicht  so  hart  gewesen  ist,  sondern  eine  losere  Masse  bildete,  daher 
die  etwa  aus  ihm  gebildeten  Berge  leichter  durch  die  abtragenden 
Kräfte  beseitigt  werden  konnten.  Dem  gegenüber  möchte  ich  auf 
die  Tuffmassen  des  Hegau  verweisen  (s.  1894  S.  674  und  669  ^).  Dort 
wird  ungefähr  dieselbe  Regenmenge  ^  fallen  wie  in  der  Gegend  von 
Urach.  Trotzdem  sind  dort  mächtige  Tuffmassen  und  Tuffberge 
erhalten  geblieben.  Warum  also  nicht  auch  auf  der  Alb  ?  Wiederum 
kann  die  Antwort  nur  lauten  :  „Weil  auf  der  Alb  niemals  aufgeschüttete 
Tuffberge  vorhanden  gewesen  sind." 

Man  sieht  also,  dass  von  allen  Einwürfen,  welche  meiner  An- 
sicht von  der  Maarnatur  gemacht  werden  könnten,  höchstens  der 
übrig  bleiben  könnte,  dass  hier  und  da  ein  ganz  kleiner,  daher  jetzt 
völlig  beseitigter  Tuffhügel  vorhanden  gewesen  sein  mag.  Diese 
Behauptung  kann  ich  nicht  widerlegen.  Ich  habe  mir  natürlich  selbst 
diesen  Einwurf  gemacht,  halte  ihn  aber  nicht  für  sehr  einleuchtend. 
Offenbar  handelt  es  sich  bei  unseren  Ausbrüchen  nur  um  eine  kurze 
Explosion.  So  kurz,  dass  nirgends  ein  Lavastrom  (s.  1894  S.  990) 
ausgeflossen  ist,  obgleich  doch  an  mehr  als  130  Punkten  Ausbruchs- 
versuche stattfanden,  also  überreichliche  Gelegenheit  dazu  vorhanden 
gewesen  wäre.  So  kurz,  dass  unter  dieser  gewaltigen  Zahl  von 
Ausbruchsstellen  nur  einige  wenige  sind,  an  welchen  der  Schmelz- 
fluss  die  Zeit  fand,  bis  nahe  an  die  Oberfläche  der  Alb  zu  steigen; 
in  allen  übrigen  Fällen  blieb  er  unten  in  der  Tiefe  (s.  später).  Wir 
haben  also,  und  darin  liegt  eben  das  so  überaus  Eigenartige  unseres 
Gebietes,  trotz  der  ganz  gewaltigen  Zahl  von  Ausbruchsstellen  in 
unserem    Gebiete,    doch   überall   nur    ein    kurzes   Eintagsleben    des 

'  Welche  allerdings  etwas  jünger  sind  als  diejenigen  bei  Urach. 

-  Über  die  Wichtigkeit  derselben  bei  der  Abtragung  s.  1894  S.  543  pp. 

Jahreshefte  d.  Vereins  f.  vaterl.  Naturkunde  in  Württ.  189B.  7 


—     98     — 

Vulkanismus.  Unter  solchen  Umständen  aber  ist  es  von  vornherein 
ganz  unwahrscheinlich,  dass  es  zur  Aufschüttung  von  selbst  nur 
kleinen  Aschenbergen  gekommen  ist. 

So  wird  es  im  höchsten  Masse  wahrsch  einlich,  dass 
oben  auf  der  Alb  keine  aufgeschütteten  Aschenberge, 
sondern  nur  Maarkessel  vorhanden  waren.  Was  aber 
von  diesem  noch  stehengebliebenen  Teile  der  Alb  gilt, 
das  wird  wahrscheinlich  auch  von  dem  bereits  abgetra- 
genen Teile  derselben,  also  von  den  Tuffgängen  im 
heutigen  Vorlande  der  Alb,  gelten.  In  um  so  höherem 
Grade,  als  auch  hier  —  wenn  auch  ganz  vereinzelt, 
weil  ja  die  oberen  Teile  der  Tuffsäulen  abgetragen 
sind  —  Stücke'  von  im  Wasser  geschichtetem  Tuffe 
sich  finden. 

Die  Deutung   der  Basaltmassen   unseres  Gebietes   in   ihrer  Beziehung 
zu  ehemaligen  Maaren. 

Wohl  ist  seiner  Zeit  bereits  kurz  bei  der  Beschreibung  der 
drei  Basaltmassen  No.  36,  37,  38  gesagt  worden,  warum  man  dieselben 
notwendig  als  Maare  betrachten  muss.  Es  erscheint  aber  doch  nötig, 
dies  hier  in  ausführlicherer  Weise  noch  zu  begründen. 

Wir  haben  gesehen,  dass  alle  unsere  Tuffvorkommen  in  Form 
senkrechter  Gänge  von  meist  rundhchem  oder  ovalem  Querschnitte 
auftreten,  dass  alle  diese  Gänge  ehemals  zu  Maaren  in  Beziehung 
standen;  dass  die  betreffenden  Ausbruchskanäle  also  an  der  Erd- 
oberfläche in  Form  von  tiefen  bis  ganz  flachen  Maarkesseln  mündeten, 
welche  z.  T.  noch  vorhanden,  z.  T.  aber  längst  abgetragen  sind. 

Ausser  diesen  121  Tuffgängen  treten  aber  in  unserem  Gebiete 
noch  18  bezw.  22  Basaltgänge  (s.  die  Anmerkung)  auf.  Der  grössere 
Teil  derselben,  nämhch  12,  setzt  in  den  obengenannten  Tuffgängen 
auf,  tritt  aber  dort  an  Masse  gegenüber  derjenigen  des  Tuffes  weit 
zurück.  Durch  seine  Verbindung  mit  den  Tuffgängen  ist  natürlich 
der  Zusammenhang  dieser  12  Basaltgänge  mit  ehemahgen  Maaren 
zweifellos  erwiesen. 

Es  bleiben  jedoch  noch  6  weitere  Basaltmassen,  welche  nicht 
in  Tuffgängen  aufsetzen,  sondern  allein  für  sich,  ohne  Tuff  erscheinend 
Hierher  gehören  die  vier  auf  der  Hochfläche  der  Alb,  südlich  von 
Urach  auftretenden  Basaltmassen  des  Eisenrüttel  No.  38,  Sternberg 

1  Über  diese  Stücke  s.  S.  20—23. 

2  Nur  der  Gang  im  Buckleter  No.  127  wird  von  ein  wenig  Tuff  begleitet. 


—    99     — 

No.  37,  Dintenbühl  No.  36,  sowie  der  lange,  schmale,  plattenförmige 
Gang  bei  Grabenstätten  No.  126.  Zwei  weitere  Massen  finden  sich 
in  zwei  in  diese  Hochfläche  einschneidenden  Thälern  nahe  bei  der  Stadt 
Urach:  Im  Ermsthale  am  Buckleter  No.  127  und  No.  125  in  dem 
Zittelstadtthale  ^.  Bei  diesen  Basaltmassen  gilt  es  nun  ebenfalls 
die  Frage  zu  entscheiden,  ob  sie  in  Beziehungen  zu  Maaren  stehen 
bezw.  standen  oder  nicht. 

Ich  beginne  mit  der  Besprechung  der  grössten  Basaltmasse 
unseres  Gebietes,  derjenigen  des  Eisenrüttel  No.  38,  welche  an  der 
Erdoberfläche  einen  Flächenraum  von  7 — 8  ha  einnimmt.  Auf  der 
NW.-  bis  SW.-Seite  steckt  diese  Masse,  wie  wir  1894  S.  982  sahen, 
noch  ganz  im  Weiss-Jura  e  drinnen.  Auf  den  anderen  Seiten  ist 
letzterer  bereits  etwas  abgeschält  worden,  so  dass  hier  Weiss-Jura- 
Berge  den  Basalt  in  einiger,  aber  geringer  Entfernung  umgeben. 

Wie  haben  wir  dieses  Vorkommen  aufzufassen?  Man  könnte 
zunächst  daran  denken ,  dass  sich  einst  hier  ein  echter  Vulkanberg 
auf  der  Alb  aufgebaut  hätte  mit  einem  Aschenkegel  und  dem  Krater 
an  der  Spitze  desselben.  Nach  dessen  Zerstörung  wäre  nun  der 
innere  basaltische  Kern  herausgeschält  und  freigelegt  worden,  wie 
wir  das  an  vielen  Orten  sehen.  Man  könnte  aber  auch  sich  vor- 
stellen, dass  an  dieser  Stelle  der  Alb,  wie  an  so  vielen  anderen 
derselben,  ein  einfacher  Explosionskrater,  ein  Maar  vorhanden  war. 
Der  Kessel  desselben  wäre  abgetragen,  wie  ebenfalls  so  häufig  in 
unserem  Gebiete  der  Fall ,  und  der  mit  Basalt  erfüllte  Ausbruchs- 
kanal steckte  nun  seinen  Kopf  an  der  Erdoberfläche  heraus.  End- 
lich könnte  dieses  Vorkommen  ein  einfacher  Basaltgang  sein,  welcher 
nie  mit  einem  Maare  in  Verbindung  stand.  Was  ist  das  Richtige 
oder  doch  Wahrscheinlichere? 

Nichts  deutet  darauf  hin,  dass  sich  an  der  Stelle  des  Eisen- 
rüttel einst  ein  richtiger  Vulkankegel  erhoben  hat.  Nicht  die  leiseste 
Spur  eines  solchen  hat  sich  erhalten.  Nun  sind  freilich  auch  an 
vielen  anderen  Orten  der  Erde  solche  Vulkanberge  spurlos  ver- 
schwunden. Aber  es  ist  dann  der  im  Innern  derselben  steckende 
feste  Kern  in  Gestalt  eines  Basalt-,  Trachyt-  oder  Phonolithkegels 
herausgearbeitet  worden ,  welcher  sich  nun  über  das  umgebende 
Gelände  erhebt  und  mit  einem  dünnen,  stielförmigen  Gange  in  der 
Tiefe  wurzelt.  Ein  solcher  Kern  liegt  hier  aber  durchaus  nicht 
vor.    Unser  Basalt  steckt  vielmehr  noch  von  der  NW.-  bis  zur  SW.- 


^  Vier  andere  Basaltgäuge  siud  fraglich. 

7* 


—     100    — 

Seite  ganz  im  Weiss-Jura  drinnen,  er  erhebt  sich  hier  nicht  im 
mindesten  über  die  Hochfläche,  und  nur  an  der  SO.- Seite  ragt  er 
als  kleine  Kuppe  hervor,  weil  hier  der  ihn  hoch  überragende  Kranz 
von  Weiss-Jura  durch  Thalbildung  abgetragen  und  unterbrochen  ist. 
Es  ist  also  ein  einfacher  Basaltgang,  und  die  Annahme,  dass  hier 
einst  ein  echter  "Vulkanberg  auf  die  Alb  aufgesetzt  gewesen  wäre,  ent- 
behrt jeglicher  Stütze,  daher  werden  wir  sie  verwerfen  müssen. 

Nun  bleiben  zw^ei  verschiedene  Möglichkeiten  übrig :  Unser 
Gang  ist  entweder  die  einfache  Ausfüllung  einer  Spalte,  oder  er  ist 
der  in  die  Tiefe  hinabsetzende  basalterfüllte  Ausbruchskanal  eines 
einstigen  Maarkessels.  Betrachten  wir  den  ümriss  unserer  Basalt- 
masse, so  ergiebt  sich  ein  ungefähres  Oval.  Unserem  Gange  liegt 
mithin  keine  langgestreckte  Spalte  zu  Grunde,  wie  das  z.  B.  bei 
dem  Basaltgange  bei  Grabenstetten  No.  126  und  an  zahlreichen  Orten 
der  Erde  der  Fall  ist.  Vielmehr  haben  wir  einen  Ausbruchskanal 
ungefähr  rundlichen  Querschnittes  vor  uns.  Derartige  Kanäle  aber 
sind  für  unser  Maargebiet  ausserordentlich  kennzeichnend,  wir  finden 
sie  hier  in  mehr  als  hundertfacher  Wiederholung,  und  es  ist  mehr  als 
wahrscheinlich,  dass  sie  alle  einst  mit  Maaren  in  Verbindung  standen. 

Wir  werden  daher  am  ungezwungensten  unseren  Gang  am 
Eisenrüttel  erklären  können  durch  die  Annahme,  dass  derselbe  eben- 
falls einst  zu  einem  Maare  in  Beziehung  stand.  Die  Kesselwand 
des  letzteren  ist  an  der  NW.-  bis  zur  SW.-Seite,  sowie  im  SO.  durch 
Thalbildung,  abrasiert,  wie  das  ja  so  vielfach  bei  uns  der  Fall  ist; 
der  in  die  Tiefe  hinabführende  Gang  ist  übrig  geblieben.  Nun  ist 
freilich  der  letztere  hier  mit  Basalt  erfüllt,  während  die  Füllmasse 
in  unserem  Gebiete  fast  immer  aus  Tuff  besteht.  Allein  das  kann 
unmöglich  ein  Grund  gegen  die  obige  Annahme  sein,  denn  das  ist 
etwas  Nebensächliches.  Sehen  wir  ja  doch  in  einer  freilich  nicht 
grossen  Zahl  von  Fällen,  dass  in  unseren  Tuffgängen  wiederum 
Basaltgänge  aufsetzen.  Letztere  müssen  natürlich  nach  der  Tiefe 
hin  immer  dicker  werden  und  zuletzt  den  Tuff  ganz  verdrängen, 
so  dass  dort  die  Füllmasse  in  der  Tiefe  nur  aus  festem  Gestein  be- 
steht, ganz  wie  das  hier  bis  zur  Oberfläche  hin  der  Fall  ist.  Warum 
soll  nicht  auch  einmal  der  Basalt  höher  hinaufgestiegen  sein  und 
die  Röhre  bis  auf  den  Grund  des  Maarkessels  hin  erfüllt  haben? 

Eine  solche  Annahme  aber  scheint  mir  zur  Gewissheit  zu 
werden,  wenn  wir  unsere  Blicke  auf  zwei  benachbarte  Basaltmassen 
werfen ;  diejenige  des  Sternbergs  No.  37  und  des  Dintenbühl  No.  36. 
Dort  finden  wir  das  in  Wirklichkeit,    was    wir   hier    nur    annehmen 


—     101     — 

konnten,  nämlich  kesseiförmige  Bildungen,  wenn  auch  nicht  mehr 
ringsum  erhalten.  Wie  wir  bei  unseren  übrigen  Maaren  alle  Ab- 
tragungsstadien vom  fast  vollkommen  erhaltenen  Kessel  bis  zum 
völlig  abrasierten  Schritt  für  Schritt  verfolgen  können,  so  haben 
wir  auch  hier  eine  solche  Reihe.  Entsprechend  der  kleinen  Zahl 
der  Basaltvorkommen  ist  sie  natürlich  nur  klein.     Sie  lautet: 

Dintenbülil  mit  vorzüglich  erhaltenem  Maarkessel,  nur  die  W.- 
und  NW.-Wand  fehlt. 

Sternberg  mit  ebensogut  erhaltenem,  nur  die  W.-Wand  ist 
durchbrochen  und  der  Kessel  bereits  sehr  flach. 

Eisenrüttel  mit  viel  stärker  abgetragenem  Kessel,  so  dass  der 
den  Ausbruchskanal  füllende  Basalt  z.  T.  schon  aus  ebenem  Boden 
herausschaut.  Man  mag  sich  gegen  eine  solche  Vorstellung  sträuben, 
wie  ich  das  gethan  habe.  Wenn  man  aber  logischer  Schlussfolgerung 
sich  nicht  widersetzen  und  die  Erosionsreihe  unserer  Maare  nicht 
verkennen  will,  dann  wird  man  zu  solchem  Schlüsse  gedrängt. 

QuENSTEDT  erklärt  nun  freilich  die  kesseiförmigen  Bildungen 
am  Sternberg  und  Dintenbühl  für  Kratere,  er  sieht  also  in  diesen 
Vorkommen  echte  Vulkane.  Aber  der  Krater  eines  solchen  liegt  an 
der  Spitze  oder  auf  den  Flanken  des  kegelförmigen  Berges,  welchen 
letztern  die  Natur  aus  vulkanischem  Materiale  sich  selbst  auf  die 
Erdoberfläche  aufgeschüttet  hat.  Davon  ist  hier  jedoch  gar  keine 
Rede.  Zwar  sehen  wir  auch  hier  Berge ;  aber  dieselben  bestehen 
aus  Kalk,  sie  sind  also  nur  durch  die  Erosion  aus  der  Hochfläche 
herausgenagte  Höhen.  Wir  haben  mithin  am  Sternberg  und  Dintenbühl 
einfache  Löcher,  welche  in  die  aus  Weiss- Jura  s  bestehende  Erd- 
oberfläche gesprengt  sind,  also  zweifellose  Explosionskratere,  Maare, 
embryonale  Kratere. 

Es  ist  daher  auch  die  Annahme,  dass  etwa  über  dem  Stern- 
berg No.  37  und  Dintenbühl  No.  36  früher  einmal  ein  echter  Vulkan- 
kegel aufgetürmt  gewesen  sein  könnte,  durchaus  hinfällig.  Man 
denke  sich  das  einmal;  stelle  sich  dann  vor,  dass  derselbe  gänzlich 
abgetragen  worden  wäre.  Dann  würden  wir  hier  eine  ebene  Erd- 
oberfläche haben,  nicht  aber  eine  so  sauber  reingehaltene  Kessel- 
bildung, welche  beim  Dintenbühl  noch  eine  ganz  ansehnliche  Tiefe 
besitzt. 

Aus  allen  diesen  Gründen  folgt  mithin,  dass  die 
drei  auf  der  Hochfläche  der  Alb  gelegenen  basaltischen 
Vorkommen  des  Dintenbühl  No.  36,  Sternberg  No.  37 
und  Eisenrüttel  No.  38  ebenfalls  als  Maare  zu  betrachten 


—     102     — 

sind,  deren  Ausbruchskanäle  mit  Basalt  anstatt  mit 
Tuff  erfüllt  wurden. 

Und  doch  macht  sich  ein  auffallender  Unterschied  zwischen 
der  grossen  Schar  unserer  anderen  Maare  und  diesen  dreien  geltend. 
Fassen  wir  alle  anderen  unserer  Maare  ins  Auge:  Indem  ihre  Aus- 
bruchskanäle durch  die  Erdrinde  gebohrt  wurden,  musste  diese 
letztere  aus  dem  Kanäle  herausgeblasen  werden.  Im  zerschmetterten 
Zustande  finden  wir  sie  in  den  Tuffen  wieder,  welche  diese  Kanäle 
füllen.  Warum  finden  wir  sie  nicht  auch  in  den  Basalten  wieder, 
welche  am  Sternberg,  Dintenbühl  und  Eisenrüttel  die  Kanäle  füllen  ? 
Zwar  einzelne  Kalkstücke  zeigen  sich  hier  und  da  eingeschlossen  in 
unseren  Basalten.  Aber  was  will  das  sagen  gegenüber  der  ungeheuren 
Menge  zerschmetterten  durchbrochenen  Gesteines  in  unseren  Tuffen. 

Woher  dieser  Unterschied  ?  Eine  Antwort  liegt  nahe :  In  allen 
übrigen  Fällen  waren  grosse  Gasmassen  im  Spiel.  Die  zahllosen 
Explosionen  derselben  bohrten  nicht  nur  den  Kanal,  sondern  ver- 
hinderten auch  die  Basaltlava  als  Ganzes  in  die  Höhe  zu  steigen, 
indem  sie  die  jeweiligen  oberen  Schichten  derselben  unaufhörlich 
zerschmetterten.  Daher  hier  die  Tuffbildung.  In  jenen  drei  Fällen 
des  Sternberg,  Eisenrüttel  und  Dintenbühl  dagegen  war  ein  minde- 
res Mass  explodierender  Gase  in  Thätigkeit.  Daher  hier  gar  keine 
Aschenbildung,  sondern  ungehindertes  Aufsteigen  des  Schmelzflusses. 
Denn  an  Verschiedenheiten  des  letzteren  kann  das  nicht  liegen; 
dieser  ist  in  den  Tuffen  derselbe  basaltische  wie  in  den  Basalten. 
Diese  Erklärung  leuchtet  ein;  aber  der  Kanal  musste  doch  erst  ge- 
bohrt werden  und  das  war  nur  mit  Hilfe  explodierender  Gase  mög- 
lich ,  wie  bei  Besprechung  der  Entstehung  unserer  Ausbruchskanäle 
gezeigt  wird.  Die  Frage  bleibt  daher  immer  noch:  Wo  blieben  denn 
die  herausgeblasenen  Granite  und  Schichtgesteine?  Wir  müssen  wohl 
annehmen,  dass  die  mit  Gewalt  hochsteigende  Lavasäule  diese  lose 
Füllmasse  des  Kanales  vor  sich  her  in  die  Höhe  geschoben,  dass  sie 
sich  das  Rohr  später  gereinigt  hat.  Vielleicht  ist  auch  das  Auf- 
steigen des  Schmelzflusses  in  dem  letzteren  so  schnell  gleich  nach 
dem  Ausblasen  des  Kanales  erfolgt,  dass  sich  in  diesem  wenig  loses 
Material  anhäufen  konnte,  so  dass  der  aufquellende  Schmelzfluss 
leichtes  Spiel  hatte.  Der  grösste  Betrag  des  zerschmetterten  durch- 
brochenen Gesteines  wird  aus  der  Röhre  herausgeworfen  sein  und 
ist,  als  lose  Masse,  jetzt  längst  beseitigt,  der  Erosion  zum  Opfer  ge- 
fallen. Freilich  oben  auf  dem  Kopfe  unserer  drei  Basaltgänge  möchte 
man    gern   zur   Bestätigung    der   Wahrheit   dieser   Auffassung   doch 


—     103     — 

noch  etwas  von  einer  solchen  Kappe  zerschmetterten  Materials  finden. 
Am  ersten  müsste  das  beim  Sternberg  und  Dintenbühl  der  Fall  sein, 
in  deren  Kesselbildungen  dies  Material  ja  erhalten  geblieben  sein 
könnte.  Allein  beide  Kessel  sind  nicht  mehr  völUg  geschlossen,  jeder 
hat  ein  ihn  entwässerndes  Abflussthal,  welches  beim  Dintenbühl  sogar 
eine  mächtige  breite  Lücke  im  Walle  darstellt.  Durch  diese  Pforte 
kann  natürlich  längst  der  lose  oben  auf  dem  Kopfe  der  Basaltgänge 
liegende  Schutt  herausgefegt  worden  sein.  Überdies  finden  sich  im 
Ackerboden  des  Maarkessels  am  Dintenbühl  Weiss- Jurastücke ,  die 
vielleicht  solcher  Herkunft  sind. 

Eines  wolle  man  nicht  verwechseln:  Unsere  Tuffmassen  im 
Vorlande  der  Alb  sind  mit  dicken  Schuttdecken  bekleidet,  in  welchen 
geradezu  riesige  Blöcke,  ganze  Fetzen  von  Weiss-Jura  liegen.  Der- 
artige Riesenblöcke  müssten,  so  könnte  man  fordern,  doch  auch  im 
Kessel  des  Dintenbühl  und  Sternberg  hegen  gebheben  sein.  Allein 
ich  habe  gezeigt,  dass  diese  Schuttmäntel  ^  unserer  Tuffberge  im  Vor- 
lande der  Alb  nicht  etwa  aus  zerschmettertem,  bei  der  Entstehung 
des  Ausbruchskanales  in  die  Höhe  geworfenem  Materiale  bestehen, 
sondern  dass  ihre  Bildung  nur  durch  die  Abtragung  der  Alb  hervor- 
gerufen wurde.  Der  Schuttmantel  bildet  sich  aus  den  letzten  Resten 
des  Nebengesteines,  welches  unsere  Tuffgänge  einst  umkleidete,  aus 
den  letzten  Resten  der  Alb.  Da  wir  uns  nun  bei  dem  Dintenbühl, 
Sternberg  und  Eisenrüttel  noch  hoch  oben  auf  der  Alb  befinden, 
werden  wir  auch  nicht  fordern  dürfen,  dass  wir  den  aus  den  letzten 
Resten  der  Alb  erst  entstehenden  Schuttmantel  mit  seinen  Riesen- 
blöcken oben  auf  dem  Kopfe  unserer  Basaltgänge  finden  könnten. 

So  ganz  fehlt  übrigens  zerschmettertes  durchbrochenes  Gestein 
nicht  auf  diesen  drei  Basalten.  Ich  erwähnte  schon  der  Kalkstücke 
im  Kessel  des  Dintenbühl.  Auf  oder  besser  in  dem  Eisenrüttel  liegen 
gleichfalls  Weiss-Jurakalkstücke ;  und  Qdenstedt  fand  dort  sogar 
eine  Gneissscholle. 

So  haben  wir  auch  diesen  Einwurf,  welcher  der  oben  vor- 
getragenen Deutung  unserer  drei  Basaltvorkommen  als  Stätten 
einstiger  Maare  im  Wege  zu  stehen  schien,  widerlegen  können.  Die 
obige  Deutung  wird  daher  als  die  wahrscheinlichste  zu  Recht  be- 
stehen bleiben,  und  wir  werden  folgern  dürfen: 

Die  ganz  über  wiegende  Mehr  zahl  der  Maare  unseres 

Gebietes,    nämlich  121,    ist    durch    eine  Tuff-Füllmasse 
ihrer     Ausbruchskanäle     gekennzeichnet;     eine     ver- 

1  s.  S.  33. 


—     104     - 

schwindende  Minderzahl,  mit  Sicherheit  zunächst  nur 
3,  durch  eine  feste  Basaltfüllung  derselben  ganz^  ohne 
Tuffbegleitung.  Dass  eine  solche  Deutung  dieser  Basalt- 
gänge als  Maar-Kanäle  das  Richtige  trifft,  geht  aber 
weiter  daraus  hervor,  dass  z.  B.  in  der  Hohen  Eifel", 
im  Maar  des  grossen  Weihers  an  9  verschiedenen  Punk- 
ten, allerdings  nur  im  nördlichen  Teile  desselben,  Basalt 
nachgewiesen  worden  ist.  Es  ist  das  eben  nur  eine  etwas 
höhere  Entwickelungsstufe. 

Wir  haben  aber  nun  noch  3  andere  Basaltgänge  in  unserem 
Gebiete,  welche  mehr  oder  weniger  ohne  Tuffe  auftreten.  Wir 
werden  auch  diese  auf  die  obige  Frage  hin  zu  deuten  haben. 

Oben  auf  der  Hochfläche  der  Alb  liegt  nur  noch  ein  einziger 
Gang,  das  ist  der  bei  Grabenstetten  auftretende  No.  126.  Dieser 
etwa  1  km  lange,  nur  2  m  breite  Gang  ist  selbstverständlich  die 
Ausfüllung  einer  entsprechend  gestalteten  Spalte ;  er  hat  also  mit 
einem  Maare  nie  in  Verbindung  gestanden. 

Dann  finden  wir  im  SO.  von  Urach  das  kleine  Basaltvorkom- 
men in  der  Zittelstadt  No.  125.  Bei  der  winzigen  Grösse  des  Auf- 
schlusses lässt  sich  nichts  über  dasselbe  sagen. 

Wie  dieses  so  liegt  auch  das  dritte,  im  Buckleter  No.  127, 
nicht  mehr  auf  der  Hochfläche,  sondern  bereits  unten  im  Thale,  und 
zwar  im  obersten  Braun- Jura.  Hier  zeigt  sich  etwas  Tuff  an  der 
nördlichen  Wand  des  Ganges.  Wir  werden  daher  diesen  Basaltgang 
als  einen  der  in  einem  Tuffgange  aufsetzenden  Basaltgänge  betrachten 
dürfen ;  nur  dass  in  diesem  Falle  hier  unten,  in  der  Tiefe  des  Oberen 
Braun-Jura,  der  Tuff  bereits  fast  ganz  durch  das  feste  Basaltgestein 
verdrängt  ist,  während  er  in  den  anderen  Fällen  noch  in  grössere 
Tiefe  hinabreicht.  Das  ist  jedoch  nebensächlich.  Auch  im  Basalt- 
gange des  Buckleter  No.  127  werden  wir  daher  wohl 
den  Ausbruchskanal  eines  einstigen  Maares  erblicken 
dürfen.  Genau  dasselbe  aber  gilt  natürlich  von  allen 
anderen  12  unserer  Basaltgänge;  denn  diese  zeigen 
sämtlich  nur  ein  untergeordnetes  Auftreten  festen  Ge- 
steines inmitten  bedeutend  mächtigerer  Tuffgänge, 
weichesicher  einst  mitMaaren  inVerbindungstanden. 


'  Ob  der  Sternberg  nicht  doch  auch  etwas  Tuif  besitzt,  lasse  ich  dahin- 
gestellt.    Zur  Zeit  war  das  nicht  zu  erkennen. 

^  V.  Dechen,  Geognostischer  Führer  zur  Viükanreihe  der  Vordereifel. 
Bonn.  1861.  S.  196. 


—     105     — 

Die  Gestalt   der  Maarkessel   und  der  Ausbruchskanäle   in 
der  Gruppe  von  Urach. 

Die  Maarkessel  unseres  Gebietes.    Durchmesser.    Tiefe,    Randwall. 

Die  in  die  Tiefe  hinabsetzenden  Ausbruchskanäle  der  Maare  unseres  Gebietes. 
Runder  oder  ovaler  Querschnitt.  Bleibt  der  Durchmesser  der  Röhre  oben  und 
unten  gleich  ?  Gegenüber  den  Gängen  nmdlichen  Querschnittes  steht  nur  eine 
verschwindende  Minderzahl  langgestreckt  spaltenförmiger.  Der  auffallend  drei- 
eckige Umriss  des  Jusiberges.  Gänge  unregelmässigen  Querschnittes;  entstanden 
durch  Zusammenfliessen  zweier  dicht  benachbarter  Röhren  oder  durch  Höhlen- 
bildung? Möglichkeit  einer  Täuschung  über  die  Form  des  Querschnittes  und 
die  Mächtigkeit  von  Gängen  bei  senkrechtem  Anschnitte  letzterer.  Nah  benach- 
barte und  Zwillings-Maare  bezw.  -Maartuffgänge. 

Die  Maarkessel. 

Maarkessel  sind  in  unserem  Gebiete  nur  oben  auf  der  Alb  noch 
erhalten;  am  Steilabfalle  derselben  sind  sie  noch  in  Bruchstücken 
sichtbar;  im  Vorlande  der  Alb  sind  sie  natürlich  mit  dem  Abgetragen- 
werden dieser  ebenfalls  spurlos  verschwunden.  Aber  auch  oben  auf 
der  Alb  sind  sie,  infolge  ihres  hohen  geologischen  Alters,  bereits 
mehr  oder  weniger  zerstört.  In  welcher  Weise ,  das  wird  in  dem 
Abschnitte :  „Die  Denudationsreihe  der  Maare"  später  dargelegt  wer- 
den. An  dieser  Stelle  handelt  es  sich  nur  um  die  Gestalt,  Grösse 
und  Tiefe  dieser  Kessel. 

Ich  spreche  absichtlich  in  dieser  Arbeit  stets  von  Kesseln, 
während  bei  typischen  Maaren  wohl  mehr  von  Trichterbildungen 
die  Rede  sein  muss.  Aber  obgleich  unsere  Maare  gewiss  ebenso 
echte  Maare,  d.  h.  Explosionskratere  sind,  wie  diejenigen  der  Eifel 
und  Auvergne ,  so  fehlt  ihnen  eben  das  typisch  Trichterförmige 
und  wird  hier  meist  durch  eine  mehr  kesseiförmige  Bildung  er- 
setzt. Während  also  bei  jenen  Maaren  der  Eifel  und  Auvergne 
der  —  bisher  zwar  noch  unbekannte ,  aber  doch  sicher  ebenso 
wie  bei  unseren  vorhandene,  aus  der  Tiefe  heraufführende  — 
Ausbruchskanal  sich  am  obersten  Ende  stark  trompetenförmig 
erweitert,  ist  bei  unseren  Maaren  meistens  eine  solche  Erwei- 
terung mehr  oder  weniger  gemildert.  Es  fallen  hier  also  die 
Wände  des  in  die  Erdoberfläche  eingesprengten  Loches  weniger 
schräg,  mehr  steil  ein.  Das  beste  Beispiel  ist  das  Randecker  Maar 
No.  39.  Doch  kommt  das  andere  auch  vor;  so  zeigen  die  Maare 
von  Wittlingen  No.  14  und  Apfelstetten  No.  22  eine  mehr  an  das 
Trichterförmige  erinnernde  Bildung,  welche  durch  das  Einkerben 
eines  Thaies  in  den  Rand  des  Maares  noch  nicht  einmal  so  scharf 
ausgeprägt  erscheint,  als  sie  es  wirklich  ist.  Der  allerdings  sehr  typisch 


—     106     — 

aussehende  Trichter  des  Maares  mit  dem  Hofbrunnen  No.  20  scheint 
doch  erst  später  durch  Erosion  entstanden  zu  sein,  nicht  ursprünglich. 

Übrigens  ist  dieses  Trichterförmige  der  Mündung  gewiss  auch 
bei  anderen  Maaren  verschieden  stark  ausgebildet.  So  schildert  uns 
E.  Nadmann  ^  die  Entstehung  eines  Maares  am  Shirane  in  Japan, 
welches  nur  völlig  senkrechte  Wände  besitzt.  Die  Diatremata  (s.  später 
„die  Vergleichung  ,...")  Südafrikas  verhalten  sich  genau  ebenso; 
hier   ist   nur    eine  geringe  Erweiterung  des  Kanales  vorhanden. 

Über  den  Dur  chmesser  der  Maarkessel  unseres  Gebietes 
werden  in  der  folgenden  Tabelle  eingehendere  Angaben  gemacht 
werden.  Das  grösste  Maar,  das  von  Randeck  No.  39,  misst  1000  m ; 
eines  der  kleinsten,  dasjenige  von  Apfelstetten  No.  22,  hat  etwa  300 
und  250  m.  Der  Umriss  der  Maare  ist  ein  kreisförmiger  oder  ovaler, 
soweit  sich  derselbe  eben  noch  feststellen  lässt. 

Die  Tiefe  unserer  Maarkessel  beträgt  bei  dem  Rand- 
ecker Maare  60 — 80  m,  bei  dem  von  Apfelstetten  etwa  20 — 25  m. 
Man  vergesse  aber  nicht,  dass  das  nicht  mehr  die  ursprüngliche 
Tiefe  des  Kessels  ist:  Letztere  ist  ja  verringert  worden  dadurch, 
dass  der  Rand  des  Kessels  abgetragen  wurde,  während  durch  hinab- 
gespülten Schutt  und  Süsswasserablagerungen  gleichzeitig  auch  eine 
Auffüllung  des  Kesselbodens  stattfand.  So  wurde  die  Tiefe  mehr 
und  mehr  verringert  bis  hinab  auf  Null.  Auf  der  anderen  Seite  konnte 
sie  auch  wieder  etwas  vergrössert  werden  dadurch,  dass  ein  Ab- 
flussthal den  Schutt  und  Tuff  hinausführte. 

Im  allgemeinen  muss  die  Tiefe  jetzt  geringer  wie  früher  sein. 
Wie  viel  von  der  Tiefe  durch  Abtragung  der  Ränder  des  Kessels 
verloren  gegangen  ist,  lässt  sich  in  jedem  Einzelfalle  ungefähr  fest- 
stellen. Denn  die  Kessel  sind  zu  mittelmiocäner  Zeit  in  die  Ober- 
fläche des  Weiss-Jura  eingesprengt  worden  und  höher  als  bis  s  und  ^ 
hinauf  hat  dieser  nie  gereicht.  Es  sind  auch,  wie  die  Einschlüsse 
der  Tuffe  beweisen,  jüngere  Schichten  über  dem  Weiss-Jura  nicht 
abgelagert  gewesen.  Wenn  daher  heute  ein  Maarkessel  im  d  ein- 
gesprengt liegt  und  50  Fuss  Tiefe  besitzt,  so  wird  seine  ursprüng- 
liche Tiefe  nicht  grösser  gewesen  sein  können  als  50  Fuss  -\-  der 
dortigen  Mächtigkeit  des  jetzt  abgetragenen  s.  Das  C  hat  ja  eine 
beschränkte  Verbreitung  offenbar  schon  früher  ebenso  wie  jetzt  ge- 
habt;   es  fehlt  daher  auch  meistens   in    den  Tuffen  s.  1894  S.  562. 


'  Petermann's  Mitteilungen  von  Japan.   1893,   Ergänzungsheft  No.  108. 
S.  1-15. 


—     107     — 

Ein  Kranz  oder  Randwall  aus  Schutt  und  Tuff  rings 
um  die  Mündung  des  Maarkessels  wird  bei  manchen,  aber  nicht  bei 
allen  Maaren  jüngeren  Alters  gefunden.  Unseren  Maaren  der  Gruppe 
von  Urach  fehlt  er  ausnahmslos,  nicht  der  leiseste  Rest  eines  solchen 
ist  mehr  vorhanden.  Früher  indessen  waren  vielleicht  auch  hier 
solche  Ringwälle  vorhanden,  die  jedoch  dann  längst  der  Denudation 
zum  Opfer  gefallen  sind. 

Welches  Gestein  den  Boden  von  Maaren  bildet,  ob  Tuff  oder 
Basalt;  wie  die  Verbindung  des  Maares  mit  dem  einstigen  Schmelz- 
herde hergestellt  v^rd,  ob  durch  einen  runden  Kanal  oder  eine  Spalte 
oder  nur  durch  eine  Zone  zerrütteten  Gesteines  —  das  war  bisher 
von  keiner  als  Maar  erkannten  Bildung  bekannt.  Zum  ersten  Male 
gewährt  uns  unsere  Maargruppe  von  Urach  einen  solchen 
Einblick  und  lässt  uns  erkennen,  dass  röhrenförmige 
Kanäle  in  die  Tiefe  führen,  dass  sie,  fast  ausnahmslos, 
mindestens  bis  hinab  zu  500  m  Tiefe  mit  Tuff  erfüllt  sind. 
Nur  ausnahmsweise  erscheint  statt  des  Tuffes  Basaltfüllung 
der  Kanäle.  Der  Beschaifenheit  dieser  Kanäle  wollen  wir  uns 
daher  jetzt  zuwenden. 

Die  Ausbruchskanäle  der  Maare  unseres  Gebietes. 

Die  Gestalt  der  Ausbruchskanäle  unseres  Gebietes  von 
Urach  lässt  sich  leicht  erkennen  aus  den  Schnittflächen,  welche  die 
Erdoberfläche  durch  die  Kanäle  in  senkrechter,  wagerechter  und 
schräger  Richtung  durch  dieselben  hindurchgelegt  hat. 

Oben  auf  der  Hochfläche  der  Alb  haben  wir  wagerechte  Schnitte. 
Hier  ergiebt  sich  als  die  Projektion  dieser  Tuffsäulen  vorwiegend 
ein  rundlicher  oder  ovaler  Umriss.  Freihch  wird  nicht  in  allen  Fällen, 
in  welchen  die  geologische  Karte  von  Württemberg  hier  oben  auf 
der  Alb  einen  solchen  angiebt ,  dieser  Umriss  ein  genau  richtiger 
sein;  denn  wenn  Aufschlüsse  fehlen,  so  ist  die  eingezeichnete  Kreis- 
oder Ovalform  sozusagen  eine  Verlegenheitskurve,  welche  in  Ermange- 
lung besserer  Erkenntnis  von  dem  Darstellenden  gewählt  wird.  Ich 
kann  daher  nicht  mit  Sicherheit  angeben,  ob  wirklich,  wie  ich  ver- 
mute, in  allen  Fällen  dieser  rundliche  Umriss  oben  auf  der  Alb  genau 
dem  Thatsächlichen  entspricht. 

Es  ist  das  aber  sehr  wahrscheinlich ;  denn  unten  am  Steil- 
abfalle der  Alb  und  vor  allem  im  Vorlande  derselben,  wo  die  Auf- 
schlüsse meist  sehr  gute  sind ,  finden  wir  fast  immer  runde  oder 
ovale  Umrisse  der  TufFmassen.     Dort  im  Vorlande  haben  wir  wage- 


—     108     — 

rechte  Schnitte  durch  die  unteren,  tieferen  Teile  von  Ausbruchs- 
röhren. Hier  auf  der  Alb  hatten  wir  Schnitte  durch  die  oberen 
Teile  solcher.  Es  liegt  nun  gar  kein  Grund  vor,  anzunehmen,  dass 
die  im  Vorlande  auftretenden  Kanäle,  welche  ja  auch  einst  bis  auf 
die  Höhe  der  Alb  reichten,  anders  gestaltet  sein  sollten,  als  die 
weiter  südlich,  oben  auf  der  Alb  zu  Tage  ausstreichenden.  Wir  wer- 
den daher  mit  Recht  von  ersteren  auf  letztere  zurückschliessen  und 
sagen  dürfen: 

In  so  gut  wie  allen  Fällen  werden  die  Ausbruchs- 
kanäle in  der  Gruppe  von  Urach  gebildet  nicht  durch 
langgestreckte  Spalten,  sondern  durch  senkrechte, 
kanal-  oder  schornsteinartige  Röhren  von  rundem  oder 
ovalem  Querschnitte.  Da  dieser  letztere  sich  oben  im 
Weissen  Jura,  unten  im  Braunen  Jura,  noch  tiefer  im 
Lias  bis  in  den  Keuper  hinein  in  gleichmässiger  Weise 
zeigt,  so  behalten  diese  Röhren  eine  solche  Gestalt 
unverändert  mindestens  bis  in  eine  Tiefe  von  5 — 800  m 
bei.  Falls  sie  also  aus  langgestreckten  Bruchlinien 
der  Erdrinde  ihren  Anfang  nehmen  sollten,  so  könnte 
dies  erst  in  bedeutender  Tiefe  der  Fall  sein  (s.  später 
über  diese  Frage). 

Die  zweite  Frage  würde  nun  dahin  gehen ,  ob  unsere  Aus- 
bruchsröhren in  allen  Tiefen,  bis  in  welche  wir  dieselben  hinab  ver- 
folgen können,  einen  gleichbleibenden  Durchmesser  besitzen,  oder 
ob  sie  sich  nach  unten  langsam  verjüngen.  Nun  haben  wir  in  einem 
und  demselben  Ausbruchskanale  natürlich  immer  nur  einen  einzigen 
durch  die  Erdoberfläche  herbeigeführten  Querschnitt.  Mit  völliger 
Sicherheit  können  wir  daher  diese  Frage  gar  nicht  entscheiden. 
Aber  wir  können  das  doch  mit  sehr  angenäherter  Sicherheit  thun, 
indem  wir  die  Durchmesser  der  im  Vorlande  der  Alb  liegenden,  also 
in  tiefem  Niveau  angeschnittenen,  Röhren  vergleichen  mit  denjenigen 
der  im  hohen  Niveau,  oben  auf  der  Alb,  angeschnittenen.  Es  lässt 
sich  doch  auch  hier  wieder  unmöglich  annehmen ,  dass  die  etwas 
weiter  gegen  N.  gelegenen  Gänge  durchschnittlich  andere  Durch- 
messer gehabt  haben  sollten,  als  die  auf  der  Alb.  Finden  wir  daher 
im  Vorlande  durchschnittlich  ungefähr  dieselben  Durchmesser  wie  oben 
auf  der  Alb,  so  werden  wir  annehmen  können,  dass  der  Durchmesser 
auch  in  jeder  einzelnen  Röhre  von  oben  nach  unten  gleichbleibt.  Finden 
wir  dagegen  im  Vorlande  durchschnittlich  kleinere  Durchmesser,  so 
werden  wir  folgern  müssen,  dass  sich  die  Röhren  nach  oben  erweitern. 


—     109     — 

Ein  Blick  auf  die  geologische  Karte  von  Württemberg  zeigt 
sofort,  dass  im  Vorlande  der  Alb  die  Durchmesser  der  Tuffflecke 
kleiner  sind,  als  oben  auf  der  Hochfläche.  Auf  der  hier  beigegebe- 
nen Karte  verschärft  sich  dieser  Gegensatz  noch  etwas  mehr.  Oben 
auf  der  Alb  habe  ich  nämlich  die  auf  ersterer  Karte  eingezeichneten 
Tuffiflecke  fast  sämtlich  unverändert  in  die  meinige  übernehmen 
müssen,  da  hier  meistens  Aufschlüsse  fehlen  und  zudem  Dörfer  das 
Gelände  zudecken.  Unten  im  Vorlande  und  am  Steilabfalle  dagegen 
habe  ich  (s.  die  Erklärung  zu  der  Karte  am  Schlüsse  der  Arbeit) 
den  grössten  Teil  der  Tuffflecke  etwas  verändert  eingezeichnet;  hier- 
bei ist  wohl  keiner  derselben  grösser,  mancher  aber  kleiner  geworden. 

Um  in  dieser  Beziehung  ganz  klar  zu  sehen ,  wäre  es  nötig, 
den  Durchmesser  eines  jeden  unserer  Maare  und  Tuffgänge  anzu- 
geben. Ich  habe  mich  in  der  That  dieser  Mühe  unterzogen  und 
hierbei  noch  die  im  Gebiete  des  Oberen ,  des  Unteren  Braun-Jura 
und  des  Lias  zu  Tage  tretenden  Tuffgänge  von  einander  getrennt. 
Ich  sehe  aber  doch  lieber  von  einer  Veröffentlichung  dieser  Tabellen 
ab,  weil  ich  nicht  völlige  Genauigkeit  erreichen  konnte.  Teils  aus 
oben  genanntem  Grunde,  teils  weil  die  topographische  Grundlage 
der  Karte  einen  zu  kleinen  Massstab  besitzt.  Ich  will  nur  die  Durch- 
messer einzelner  Gänge  bezw.  Maare  geben ,  welche  ich  durch  Ab- 
schreiten feststellen  konnte. 

Rundliche  TufFgänge  im  Vorlande  der  Alb. 
No.    90.     Bolle  bei  Reudern,  östhch  28  m  und  41  m. 
No.    91.        »        n  »  westlich  23  m  und  36  m., 

Am  Authmuthbache,  NW.  von  Kohlberg  30  m. 

Kräuterbühl  75  m. 

Am  Scheuerlesbach  120  m. 

Dachsbühl  139  m. 

Sulzhalde  195  m. 

Bettenhard  210  m. 

Maare  oben  auf  der  Alb*. 
Sternberg  188  m. 
Dintenbühl  263  m  und  200  m. 
Hengen  450  m  und  300  m. 
Eisenrüttel  600  m  und  350  m. 

*  Von  diesen  sind  nur  die  Nummern  37  und  36  abgeschritten.  Die  anderen 
mussten  auf  der  Karte  gemessen  werden,  sind  also  ungenau. 


No. 

100. 

No. 

92. 

No. 

123. 

No. 

104. 

No. 

117. 

No. 

96. 

No. 

37. 

No. 

36. 

No. 

13. 

No. 

38. 

110 


No.  15.     S.  von  Hengen  750  m  und  450  m. 

No.  62.     O.-Gang  im  Zittelstadtthale  750  m  und  500  m. 

Vergleicht  man  diese  Zahlen,  so  zeigt  sich,  dass 
der  Durchmesser  der  im  Vorlande  der  Alb  angeschnitte- 
nen Gänge  geringer  istals  deroben  auf  derAlbzuTage 
ausgehenden.  Auch  bei  anderen  Gängen  zeigt  sich 
dieser  Gegensatz,  so  dass  man  ihn  als  durchschnitt- 
lich vorhanden  ansehen  kann,  wenn  gleich  Ausnahmen 
nicht  fehlen.     Daraus  lässt  sich  mit  sehr  grosser  Wahr- 

N. 


w. 


Quknh  erger  S  teiofe .  VeryrÖJs.KarrenbilcT  ct. 
cfeologr.  K.  v.Würüernberg- , 
Y'iq.iS. 


scheinlichkeit  folgern,  dass  auch  ein  jeder  einzelne 
Gang  bezw.  Röhre  unten  einen  kleineren  Durchmesser 
besitzt  als  oben,  dass  also  die  Ausbruchskanäle  unse- 
rer Maare  sich  nach  oben  erweitern.  Indessen  ist  diese 
Erweiterung  eine  allmähliche.  Sie  verteilt  sich  auf  einen 
Höhenunterschied  von  einigen  Hundert  Metern.  Diese 
Röhren  gleichen  also  langen  aber  umgekehrt  gestellten 
Fabrikschor nsteinen^:  Eine  allmähliche  Verjüngung,  welche 
durchaus  nicht  ident  ist  mit  der  trichterförmigen,    sich   rasch   voll- 


'  Die  sich  ja  nach  oben  verjüngen. 


—   111   — 

ziehenden,  die  sich  im  Kessel  der  typischen  Maare  der  Eifel  bemerk- 
bar macht. 

Ausnahmen  kommen  natürlich  insofern  vor,  als  auch  im  Vor- 
lande grosse  Durchmesser  der  Röhren  sich  finden,  wie  z.  B.  am 
Jusiberge  No.  55,  welcher  etwa  900  m  misst.  Aber  im  allgemeinen 
findet  wohl  Obiges  statt. 

Gegenüber  der  erdrückenden  Menge  von  Gängen  ungefähr  rund- 
lichen oder  ovalen  Querschnittes,  welche  also  auf  umgekehrt  schorn- 
steinartige Röhren  zurückzuführen  sind,  steht  eine  gänzlich  ver- 
schwindend kleine  Zahl  solcher,    welche  in  langgestreckten  Spalten 

liegen. 

Die  geologische  Karte  von  Württemberg  zwar  giebt  bei  emer 
etwas  grösseren  Zahl  von  Vorkommen  ein  derartig  langgestrecktes 
Vorkommen  an.  Dies  ist  der  Fall  bei  den  vier  Gängen  an  der 
Gutenberger  Steige  No.  42,  43,  44,  45 ;  bei  der  Diepoldsburg  No.  40 
und  dem  Engelhof  No.  41 ;  endüch  bei  Erkenbrechtsweiler  No.  30 
und  31.  Ich  habe  indessen  bei  der  Beschreibung  dieser  Gänge 
nachgewiesen,  dass  das  irrtümhch  ist,  dass  vielmehr  auch  in  diesen 
Fällen  die  Gänge  einen  rundlichen  oder  elliptischen  Querschnitt  be- 
sitzen. Vergl.  1894  die  Fig.  5  und  6  auf  S.  720;  12  und  13  auf 
S.  744;  endhch  Fig.  15  mit  Fig.  16  auf  S.  114.  Es  verbleiben 
mithin  nur  die  folgenden  Vorkommen: 

Langgestreckt  spaltenförmige  Gänge. 
No.  126.     W.  von  Grabenstetten  Basaltgang  550  m  lang,  1  m  breit. 
No.  3.         SO.  von  Böttingen  Tuffgang  ? 

Man  sieht,  dass  in  unserem  vulkanischen  Gebiete 
von  Urach  unter  im  ganzen  127  Gängen  mit  Sicherheit 
nur  2  auf  langgestreckte  spaltenförmige  Hohlräume 
zurückgeführt  werden  können. 

Wenn  man  nun  geneigt  ist,  sich  Gänge  immer  als  platten- 
förmige  Ausfüllungen  langhinstreichender  Spalten  zu  denken,  was 
auch  dem  ThatsächUchen  meist  entspricht,  so  könnte  man  vielleicht 
einen  Augenblick  im  Zweifel  darüber  sein,  ob  man  die  Ausfüllungs- 
massen solcher  röhrenförmigen  Kanäle  ebenfalls  als  Gänge  bezeichnen 
solle.  Gewiss  ist  das  der  Fall.  „Gang  ist  alles,  was  einmal  durch 
das    Gestein   hindurchgegangen  ist"  \    lehrt  H.  Vogelsang;   während 


1  H.  Vogelsang,   Zur  Theorie  der  GangbUdungen.    Neues  Jahrbuch  f. 
Min.,  Geol.  u.  Pal.  1863.  S.  32. 


—     112     — 

Naumann^  deliniert:  „Gangartige  Gebilde  sind  alle  diejenigen,  welche 
sich  innerhalb  eines  im  Gesteine  oder  Gebirge  vorhandenen  präfor- 
mierten leeren  Raumes  entwickelt  haben."  Der  Begriff  des  Platten- 
förmigen  ist  also  für  Gänge  nicht  das  Massgebende,  weil  die  Form 
des  Hohlraumes  und  des  ihn  erfüllenden  Gesteinskörpers  nebensäch- 
lich sind. 

Dagegen  allerdings  wäre  es  gut,  diese  Hohlräume  je  nach  ihrer 
Gestalt  mit  verschiedenen  Namen  zu  bezeichnen.  Den  Spalten  gegen- 
über spreche  ich  daher  in  dieser  Arbeit  stets  von  Röhren  oder  Kanälen. 
Daübree  wendet  für  solche  röhrenförmigen  Gänge,  welche  nur  durch 
Gasexplosionen  entstanden  sein  können,  den  Ausdruck  „ Diatremata "  anl 

Abweichend  gestaltete  TufEgänge. 

Der  dreieckige  Jusi-Gang.  Ausser  der  zahlreichen 
Schar  röhrenförmiger  und  der  verschwindend  kleinen  spaltenförmiger 

Sreinbru<J;%^7f##^ 

Bruch Schich,—«^^  '^.9^0  ^^^ß  ^^gi^chichr. 
tung zeigend    '^'^'^'     '^'r^'^'-^^-^^^s^^ 


QmnoCnss  otes  Jusiberges 
Fig.29. 

Tuffgänge  findet  sich  in  unserem  Gebiete  möglicherweise  einer,  welcher 
aus  einer  Vereinigung  beider  hervorgegangen  sein  könnte  :  Der  Gang  des 
Jusi-Berges  No.  55.  Der  auffallend  dreieckige  Umriss  desselben  legt 
nämlich  den  Gedanken  nahe,  dass,  wie  die  obenstehende  Fig.  29  zeigt, 
zunächst  zwei  sich  ungefähr  rechtwinkelig  kreuzende  Spalten  vor- 
handen waren.  Der  Schnittpunkt  beider  hätte  sich  dann  beim  Aus- 
bruche zu  einem  grossen  röhrenförmigen  Gange  erweitert.  Indem  nun 
nicht  nur  letzterer,  sondern  auch  die  drei  längeren  Halbachsen   der 


^  Geognosie.  Bd.  III.  S.  507. 
^  S.  später  „Die  Vergleichung 


113 


N 


beiden  Spalten  sich  mit  Tuff  erfü^ten.  musste  eine  Tuffmasse  von 
etwa  dreieckigem  Querschnitte  entstehen.  Vorausgesetzt  ist  hierbei 
freihch,  dass  auch  diese  drei  Schenkel  durch  den  Ausbruch  er- 
weitert wurden  (Fig.  28). 

Deffner  stellt  sich  die  Entstehung  dieser  Form  in  der  Weise 
vor,  dass  durch  die  Explosion  überhaupt  erst  ein  Hochheben  der 
Erdrinde  und  dadurch  ein  Zerspringen  derselben  in  Gestalt  -eines 
dreieckigen  Sternes  erfolgtet  Anders  sind  wohl  seine  Worte  nicht 
zu  verstehen.  Nun  will  aber  die  heutige  Geologie  ein  derartiges 
Hochgehobenwerden  der  Erdrinde,  wie  man  das  früher  annahm,  nicht 
mehr  gelten  lassen ;  aus  dem  Grunde ,  weil  wir  die  Erdschichten  in 
der  Umgebung  von  Vulkanen  nie  in  sol- 
cher Weise  aus  ihrer  Lage  gebracht 
finden.  Von  den  Lakkolithen  Nordameri- 
kas wird  freilich  in  neuerer  Zeit  be- 
hauptet, dass  sie  die  Erdschichten,  wenn 
auch  nicht  zersprengt,  so  doch  hoch- 
gehoben und  gebogen  hätten,  auf  solche 
Weise  sich  einen  unterirdischen  Hohl- 
raum bildend,  in  welchen  der  Schmelz- 
fluss  eintreten  konnte.  Es  lässt  sich 
indessen  die  Biegung  der  Schichten, 
also  die  Bildung  des  Hohlraumes,  auch 
auf  gebirgsbildende  Kräfte  zurückführen, 
so    dass    der  Schmelzfluss   nur   in  einen 

bereits  vorher  vorhandenen ,  durch  andere  Kräfte  erzeugten  Hohl- 
raum eingetreten  wäre,  wie  dies  Süess  geltend  macht  ^. 

Wir  werden  daher  die  angenommene  Spaltenbildung  bei  dem 
Jusi-Berge  auch  nicht  auf  eine  Emportreibung  der  Erdrinde  durch 
die  vulkanischen  Massen,  sondern  auf  die  Gebirgsbildung  zurück- 
führen müssen.  Hierbei  ergiebt  sich  allerdings  eine  Schwierigkeit: 
Man  würde  in  solchem  Falle  immerhin  erwarten,  dass  diese  beiden  sich 
rechtwinkehg  durchkreuzenden  Spalten  noch  weiter,  über  das  kleine 
Gebiet  des  Jusi  hinaus  sich  fortsetzen  müssten;  denn  andernfalls  wäre 
der  Verlauf  dieser  Spalten  nur  ein  äusserst  kurzer.  Davon  ist  je- 
doch nichts  zu  sehen;  eine  Verwerfung  macht  sich  nicht  bemerkbar ; 
und  darum  erscheint  mir  der   hier  gegebene  Erklärungsversuch    der 


Fig-.28, 


^  Begleitworte  zu  Blatt  Kircheim  S.  21. 
2  Antlitz  der  Erde  I.  S.  218. 

Jahreshefte  d.  Vereins  f.  vaterl.  Naturkunde  in  Württ.  1895. 


114     - 


dreieckigen  Gestalt    des  Jusi  dock  noch   sehr  fraglich.     Ich  komme 
unten  noch  auf  den  Jusi  zurück. 

Unregelmässiger  Querschnitt.  Ganz  vereinzelt  findet 
sich  aber  noch  eine  vierte  Art  von  Tuffgängen  in  unserem  Gebiete : 
Solche,  deren  Hohlraum  einen  unregelmässigen  Querschnitt  besitzt. 
Dahin  gehört  z.  B.  der  zweite  Gang,  bezw.  Maar,  an  der  Guten- 
berger  Steige  No.  43,  Fig.  16.  Vielleicht  kann  man  hier  annehmen, 
dass  dicht  nebeneinander  zwei  Kanäle  elliptischen  Querschnittes  aus- 
geblasen wurden.  Die  Längsachse  des  einen  von  NO.  nach  SW, 
gerichtet,  diejenige  des  anderen  von  W.  nach  0.     Beide  wären  in- 

Risshöhe  ^mm^!<!!0lll^ 


Gutenberg-er  Steiofe  1,2,3  ^^i'*  Gang- 

Ficf.^S. 

einander  verflossen,  so  dass  die  trennende  dünne  Zwischenwand  mit 
ausgeblasen  wurde,  oder  doch  in  die  Tiefe  stürzte.  Da  nicht  selten 
in  unserem  Gebiete  nahe  beieinander  zwei,  selbst  drei  selbständige 
Ausbruchsröhren  auftreten,  so  hat  die  Annahme,  hier  seien  dieselben 
ganz  dicht  nebeneinander  gelegen,  durchaus  nichts  Unnatürliches. 

Man  wird  jedoch  auch  daran  denken  können ,  dass  derartige 
seltene  Fälle  von  Gängen  unregelmässigen  Querschnittes  auf  durch 
Wasser  entstandene  Höhlenbildungen  zurückzuführen  wären.  Die 
Alb  ist,  wie  zahlreiche  Kalkgebirge,  mit  Höhlen  in  ähnlicher  Weise 
durchspickt,  wie  manche  Eruptivgesteine  mit  Luftblasen.  Wenn 
das  Gebiet  der  Alb  bereits  mit  Schluss  der  jurassischen  Epoche 
zum  Festlande  wurde,  so  müssen  natürlich  die  Wasser  schon  während 
der   ganzen   cretaceischen    und   tertiären   Zeit    an   Herstellung    von 


—     115     — 

Höhlen  im  Innern  des  Weiss-Jura  gearbeitet  haben.  Wir  dürfen 
daher  als  sicher  annehmen,  dass  es  in  der  mittelmiocänen  Zeit  unserer 
vulkanischen  Ausbrüche  bereits  Höhlen  in  der  Alb  gegeben  habe. 
Warum  sollte  nun  nicht  ein  Ausbruchskanal  auch  einmal  durch  eine 
solche  Höhle  hindurchgesetzt  sein? 

Es  könnte  scheinen,  als  wenn  1824  Schübler  diesen  Gedanken 
ausgeführt  und  versucht  hätte,  ganz  allgemein  alle  Höhlen  der  Alb 
mit  diesen  tufferfüllten  Spalten  in  Beziehung  zu  bringen  ^  Das  ist 
jedoch  durchaus  nicht  der  Fall.  Er  sagt,  dass  ein  Teil  der  Höhlen  durch 
Wasser  entstanden  ist,  ein  anderer  Teil  durch  „Erderschütterungen 
und  vulkanische  Emporhebungen  aus  der  Tiefe".  Schübler  meint 
also  nicht  etwa,  dass  die  durch  Wasser  gebildeten  Höhlen  sich 
später  mit  Basalttuff  erfüllt  hätten.  Er  trennt  vielmehr  ganz  richtig 
diese  echten  Höhlen  von  den  durch  vulkanische  Ereignisse  gebildeten 
Spalten  und  Ausbruchskanälen.  Der  oben  genannte  Anschein  ent- 
springt mithin  nur  daraus,  dass  er  beiderlei  Hohlräume,  eben  weil 
sie  Hohlräume  sind,  in  einer  und  derselben  Abhandlung  besprechen 
und  miteinander  in  Verbindung  bringen  zu  müssen  glaubt,  während 
sie  doch  thatsächlich  nichts  miteinander  zu  thun  haben  ^. 

Wenn  nun  ein  Ausbruchskanal  zufällig  eine  durch  Wasser 
ausgefressene  Höhle  durchsetzt,  so  muss  der  Querschnitt  des  Ganges 
natürlich  in  diesem  einen  Niveau,  in  welchem  sich  die  Höhle  be- 
findet, dem  Querschnitt  der  letzteren  entsprechend,  ein  unregel- 
mässiger sein.  Ober-  wie  unterhalb  dieses  Niveaus  der  Höhle  dagegen 
wird  der  Querschnitt  wieder  derjenige  der  Ausbruchsröhre  werden,  rund 
oder  oval.  Es  leuchtet  mithin  ein,  dass  bei  allen  im  Vorlande  der 
Alb,  d.  h.  auf  Lias-  und  Braun-Juragebiet,  gelegenen  Gängen  sich  eine 
etwa  erfolgte  Hineinziehung  von  Höhlen  in  den  Bereich  der  vulkani- 
schen Röhren  und  die  Erfüllung  dieser  Höhlen  mit  Tuff  gar  nicht 
mehr  durch  die  Form  des  Querschnittes  verraten  kann;  denn  hier 
sind  ja  mit  der  Alb  auch  die  etwa  in  dieser  vorhanden  gewesenen 
Höhlen  abgetragen  worden.  Nur  bei  den  am  Steilabfalle  der  Alb 
aufgeschlossenen    Gängen    würde    man    gegenwärtig    das    überhaupt 


*  Über  die  Höhlen  der  Württembergischen  Alb,  in  Verbindung  mit  Beobach- 
tungen über  die  Basaltformationen  dieser  Gebirgskette.  Württembergische  Jahr- 
bücher von  Memminger.  1824.  Stuttgart.  S.  328,  363,  364. 

^  Dass  er  jene  Empfindung  der  Beziehungen  beider  zu  einander  wirklich 
hatte,  geht  aus  der  Anmerkung  auf  S.  364  deutlich  hervor.  Eine  Wiederholung 
dieser  Arbeit  findet  sich  in  Leonhard's  Zeitschrift  für  Mineralogie.  Bd.  II.  1825. 
S.  307—334  u.  460-488. 

8* 


—     116     — 

sehen  können.  Hier  aber  könnte  wesentlich  nur  der  S.  114  erwähnte 
zweite  Gang  an  der  Gutenberger  Steige  No.  43  in  Frage  kommen. 
Rührte  nun  bei  diesem  der  unregelmässige  Querschnitt  daher,  dass 
hier  eine  durch  Wasser  entstandene  Höhle  bei  dem  Ausbruche  mit 
vulkanischem  Tuff  erfüllt  worden  wäre,  so  würde  sich  das  doch  wohl 
dadurch  verraten  müssen,  dass  der  Höhleninhalt  dem  Tuffe  bei- 
gemengt wäre.  In  der  tertiären  Zeit,  in  welcher  der  Vulkanismus 
in  unserem  Gebiete  thätig  war,  können  zwar  natürlich  noch  nicht 
die  gewöhnlichen  Tierreste  der  Höhlen  in  diesen  gewesen  sein,  denn 
diese  sind  diluvialen  Alters,  sondern  höchstens  tertiäre  \ 

Von  tertiären  Säugetierresten  ist  aber  in  unseren  Tuffen  nichts 
gefunden  worden.  Freilich  ist  es  gar  nicht  notwendig,  dass  solche 
überhaupt  in  den  Höhlen  vorgekommen  wären.  Aber  eingeschwemmter 
Lehm  und  Stalaktitenbildungen  werden  sich  doch  gewiss  zu  tertiärer 
Zeit  bereits  ebenso  in  den  Höhlen  gefunden  haben,  wie  in  diluvialer 
und  alluvialer  Zeit.  Mindestens  also  Stücke  von  Stalaktiten  würde 
man  im  Tuffe  erwarten  können,  falls  Höhlen  von  den  Ausbruchs- 
kanälen durchsetzt  worden  wären.  Auch  davon  hat  man  bisher 
keine  Spur  gefunden.  Es  ist  daher  nur  möglich,  aber  durch  nichts 
bewiesen,  dass  einzelne  Höhlen  der  Alb  mit  Tuff  erfüllt  wurden, 
indem  ein  Ausbruchskanal  durch  dieselben  hindurchsetzte. 

Dass  im  besonderen  der  dreieckige  Grundriss  des  Jusi  durch 
eine  solche  Höhle  erzeugt  sein  sollte ,  ist  ganz  unglaublich ,  denn 
die  dreieckige  Basis  des  Berges  liegt  im  Niveau  des  Obersten  Braun- 
und  Untersten  Weiss-Jura.  Im  ersteren  aber  giebt  es  keine  Höhlen^ 
im  letzteren  dürften  sie  ebenso  unmöglich  sein,  da  die  weichen 
Thone  und  Mergel  sich  kaum  hierzu  eignen. 

Möglichkeit  einer  Täuschung  über  die  Form  des 
Querschnittes  von  Gängen  bei  senkrechtem  Anschnitte 
letzterer.  Bei  den  oben  auf  der  Alb  oder  unten  im  Vorlande 
derselben  auftretenden  röhrenförmigen  Gängen,  lässt  sich  der  rund- 
liche Querschnitt  fast  immer  ohne  weiteres  erkennen ,  da  es  skh 
hier  um  wagerechte  oder  schräge  Schnitte  durch  diese  Röhren  handelt. 
Bei  gewissen,  allerdings  seltenen,  am  Steilabfalle  der  Alb  gelegenen 
Gängen  dagegen  ist  man  leicht  der  Möglichkeit  einer  Täuschung 
ausgesetzt.     Als  Beispiele  führe  ich  den  Gang  No.  51  an ,    welcher 


^  Da  im  Tuffgange  des  Florian  No.  101  und  der  Limburg  No.  77 ,  wie 
S.  84  auseinandergesetzt,  gar  keine  diluvialen  Tierreste  gefunden  worden  sind,, 
sondern  ganz  recente ,  so  darf  man  nicht  etwa  schliessen  wollen ,  dass  dort 
der  Ausbruchskanal   durch  eine  solche  Höhle  hindurchgesetzt  sei. 


—     117     — 

an  der  Steige  von  Beuren  nach  Erkenbrechtsweiler  liegt ,  und  die 
beiden  ganz  gleichartigen  Gänge  No.  52  und  53  an  der  Steige  von 
Neuffen  nach  Hülben.  Diese  senkrecht  stehenden  Gänge  erleiden 
durch  den  Steilabfall  einen  senkrechten  Anschnitt.  Man  sieht  also 
an  der  vertikalen  Wand  vor  sich  rechts  und  links  die  horizontalen 
Juraschichten  jäh  abbrechen  und  die  Spalte  zwischen  ihnen  aus- 
gefüllt durch  Tuff,  wie  das  Fig.  24  zeigt. 

Unwillkürlich  von  der  Vorstellung  beherrscht,  dass  Gänge  die 
Ausfüllungen  von  langgestreckten  Spalten,  nicht  aber  von  runden 
Röhren  sind ,  glaubt  man  hier  nun  zunächst  einen  solchen  aus  der 
Felswand  heraustretenden  spaltenförmigen  Gang  vor  sich  zu  haben, 
der  auf  uns  zu  streicht  und  senkrecht  zum  Streichen  angeschnitten 


K: 


-^m: 


b;"r^o 


D 


^v  oiuff^:  □    ■ 


5teigfe  v.N"euffen  nachliülb  tn.OhQverGsLYi^ 
rigr.24-. 

ist.  Je  nach  unserer  Stellung  gegenüber  dem  Gange,  bezw.  je  nach 
der  Himmelsrichtung  der  den  Gang  anschneidenden  Wand,  glaubt 
man  daher  die  Streichrichtung  eines  und  desselben  Ganges  bald  z.  B. 
als  eine  westhche,  bald  als  eine  südliche,  bald  als  eine  südwestliche 
erkennen  zu  müssen.  Stets  scheint  er  auf  uns  zuzulaufen,  bis  man 
sich  endlich  davon  überzeugt,  dass  der  Gang  überhaupt  keine  Streich- 
richtung besitzt,  da  er  röhrenförmig  ist,  wie  Fig.  26  (S.  118)  an  diesen 
beiden  Gängen  zeigt. 

Auch  in  Bezug  auf  ihre  Mächtigkeit  täuschen  Gänge 
dieser  Art.  Nur  wenn  die  anschneidende  Wand  gerade  durch  die 
Achse  der  Röhre  geht,  ergiebt  sich  für  uns  der  wirkliche  Durch- 
messer derselben.  Je  mehr  sich  aber  der  Schnitt  dem  tangentialen 
nähert,  desto  geringer  wird  die  Schnittfläche  des  Ganges,  desto 
weniger  mächtig  erscheint  er  uns  daher.  So  ist  z.  B.  der  Anschnitt 
des  Ganges  No.  51  an  der  Steige  von  Beuren  nach  Erkenbrechts- 
weiler nur  9  Schritt  breit,  diejenige  der  Gänge  No.  52  und  53  an 
der  Steige  von  Neuffen  nach  Hülben  dagegen  130 — 200  Schritt. 
Trotzdem  hat  jener  vielleicht  ganz  denselben  Durchmesser  wie  diese. 


118     — 


Wenn  nun  solche  Gänge  oberhalb  des  senkrechten  Aufschlusses 
noch  durch  einen  ungefähr  wagerechten  oder  auch  schrägen  Anschnitt 
von  der  Bergfläche  getroffen  würden,  könnte  man  ihren  Durchmesser 
wie  Umriss  leicht  erkennen.  Indessen  pflegt  der  Kopf  dieser  Gänge 
so  durch  Schuttmassen  bedeckt  zu  sein ,  dass  das  unmöglich  wird. 
Die  Analogie  mit  anderen  Gängen  spricht  aber  auch  hier  ganz  ent- 
schieden für  eine  röhren-,  nicht  spaltenförmige  Gestalt. 

Wie  sehr  ferner  die  schräg  durch  einen  Gang  gelegten  Schnitte 
uns  über    die  Gestalt    desselben    täuschen   können,    zeigt   folgendes 

Beispiel,  welches  dem  Gange  im 


N. 


s. 

2  Tuf  fgän  je  an  der  Steige 
V.  ¥eu(fe  n  nach  Hülloen 


Elsachthale  No.  58  entnommen 
ist.  Derselbe  erscheint  am  Ge- 
hänge der  Alb  im  Weiss-Jura  ß 
und  /.  An  diesem  setzt  er  senk- 
recht von  oben  nach  unten 
hinab ;  er  ist  also  von  der  Ober- 
fläche des  Gehänges  schräg  durch- 
schnitten. Misst  man  nun  oben, 
am  Waldrande  die  Breite  des 
Ganges ,  so  findet  man  etwa 
90  Schritt.  Misst  man  sie  unten 
in  der  Thalsohle,  so  ergeben 
sich  nur  60  Schritt.  Mithin,  so 
möchte  man  im  ersten  Augen- 
blick schliessen,  verjüngt  sich 
der  Gang  in  ganz  auffälliger 
Weise  nach  der  Tiefe  zu;  siehe 
rechts    den   schrägen   Anschnitt 


Fig.    34   und   35,    welche    letztere 
des  Gehänges  im  Profil  zeigt. 

Wäre  das  Gehänge,  also  auch  der  Schnitt  durch  den  Gang, 
senkrecht,  so  würde  natürlich  jene  Schlussfolgerung  ohne  weiteres 
richtig  sein.  Das  Gehänge  ist  aber  schräg,  wenn  auch  steil,  so  doch 
noch  mit  Acker  bedeckt,  also  kaum  über  25 — 30°.  Der  Schnitt 
desselben  geht  also  von  oben  hinten,  nach  unten  vorn  durch 
den  Gang.  D.  h.  nicht  oben  ist  letzterer  90  Schritt  breit,  sondern  hinten 
drinnen  im  Gebirge ;  und  nicht  unten  ist  er  60  Schritt  breit,  sondern 
vorn.  Der  Gang  wird  also  einen  kreisförmigen  oder  ovalen  oder 
gerundet  viereckigen  Querschnitt  besitzen.  Der  grösste  Durchmesser 
oben  am  Walde  beträgt  90  Schritt.  Der  Teil,  welcher  dahinter 
liegt,  steckt  noch  im  Gebirge  und   ist    oben    durch   herabgestürzten 


~     119     - 

Schutt  und  durch  Wald  verdeckt.  Der  Teil,  welcher  vor  der  Breite 
von  60  Schritt,  d.  h.  im  jetzigen  Hohlräume  des  Elsachthales  liegt, 
ist  bereits  abgetragen.  So  gewährt  uns  der  durch  das  Gehänge 
erzeugte  Anschnitt  des  Ganges  nur  einen    direkten  Aufschluss   über 


ThalsoHle  derElsach 
Ganof  amElsach-TPialebei  üracH 
v:vom  gpe sehen 
Fiof.  34. 

ungefähr  die  vordere  Hälfte  desselben.  Die  in  Fig.  35  dick  aus- 
gezogenen Linien  sollen  das  kennzeichnen,  was  wir  vom  Gange  sehen, 
die  punktiert  gezeichneten   das ,    was  wir  nicht   sehen ;    endlich    der 


,-.60-7^Thalsohle , — ^</  - .,  r  •  ^^ 

Mealer  Qluerschnitr  WiVXIiches  Profil 

Gangf  imElsadi^ThJile.Ficf.  35. 


==^W/3r 


Querschnitt   hnks   ein  Bild   dessen   geben,    wie   ich   mir   die    Sache 
denke. 

Nahe  benachbarte  und  Zwillingsmaare  bezw.  Tuff- 
maargänge. Sehr  bemerkenswert  ist  die  Erscheinung,  dass  in 
unserem  Gebiete  nicht  selten  zwei  Tuffgänge  ganz  nahe  beieinander 
liegen.  Mit  anderen  Worten,  dass  also  zwei  Ausbruchsröhren 
rundlichen  Querschnittes  ganz  dicht  nebeneinander 
senkrecht   durch   die    Erdrinde    hindurch    ausgeblasen 


-     120     — 

werden  konnten,  ohne  dass  dieschmale,  sie  trennende 
Scheidewand  des  durchbrochenen  Gesteines  gleich- 
zeitig mit  zerstört  wurde.  Das  ist  z.  B.  der  Fall  bei  den 
folgenden  Maaren,  bezw.  Gängen: 

Grafenberg  No.  108  und  der  Gang  im  NW.  desselben  No.  109. 

Die  beiden  Tuffmaare  von  Erkenbrechtsweiler  No.  30  und  31. 

Die  beiden  Tuffmaare  von  der  Diepoldsburg  No.  40  und  dem 
Engelhof  No.  41. 

Die  beiden  Maartuffgänge  des  Nabel  No.  81  und  im  Walde 
No.  82. 

Die  beiden  Maartuffgänge  des  Hohenbohl  No.  86  und  Götzen- 
brühl  No.  87. 

In  noch  höherem  Masse  sind  aneinandergerückt  die  beiden 
Maartuffgänge  des  Engelberg  No.  94  und  Altenberg  No.  93,  sowie 
die  beiden  des  Aichelberges  No.  74  und  75. 

Bis  zum  erdenklichen  Übermass  gesteigert  findet  sich  das  aber 
bei  dem  Basaltmaare  des  Eisenrüttel  No.  36.  Dieser  ist  zwar  nicht 
gänzHch  in  zwei  Maare  gespalten,  aber  es  dringt  doch  eine  schmale, 
aus  Weiss-Jura  bestehende  Scheidewand  so  tief  in  die,  im  übrigen 
einheitliche  Basaltmasse  ein,  dass  diese  fast  quer  durch  in  zwei 
Hälften  geteilt  wird. 

Es  ist  schwer  zu  erklären,  dass  diese  z.  T.  so  schmalen  Scheide- 
wände bei  dem  gewaltsamen  Vorgange  des  Ausblasens  des  Kanales 
erhalten  blieben.  Man  könnte  darin  vielleicht  einen  Beweis  dafür 
sehen  wollen,  dass  diese  Kanäle  durch  einen  sanfteren  Vorgang,  also 
vielleicht,  wie  Vogelsang  und  Bischof  wollen,  durch  Senkung  ent- 
standen seien.  Allein  eine  solche,  also  ein  Einsturz,  ist  wohl  nicht 
nur  ein  ebenso  gewaltsamer  Vorgang  wie  das  Ausblasen;  sondern 
durch  Senkung  bezw.  Einsturz  lässt  sich  das  Stehenbleiben  einer 
so  dünnen  Scheidewand  überhaupt  nicht  erklären,  da  letztere  doch 
mit  einstürzen  würde. 

Auf  solche  Weise  sind  die  genannten  Fälle  von 
dicht  benachbarten  Maarpaaren  ein  Beweis  für  die 
Entstehung  derselben  durch  Explosion.  Übrigens  ist  nicht 
nur  unser  Gebiet  durch  solche  Erscheinung  ausgezeichnet.  Auch  in 
dem  Maargebiete  der  Eifel  findet  sie  sich ;  und  auf  dem  Monde 
ist  sie  in  einer  ganz  ungemein  viel  stärkeren  Weise  entwickelt 
(s.  den  Schluss  dieser  Arbeit,  welcher  sich  mit  den  Mondkrateren 
beschäftigt). 


—     121 


Die  Entstehungsweise   der  Ausbruchskanäle   bezw.  Maare 
im  Gebiete  von  Urach. 

Verschiedene  Anschauungen  über  die  Entstehung  vulkanischer  Ausbrüche.  Die- 
jenigen in  der  Gruppe  von  Urach  lagen  in  der  Nähe  des  Meeres.  Das  Fehlen 
von  Schuttwälleu  um  unsere  Maare  spricht  nicht  gegen  eine  Entstehung  derselben 
durch  Gasexplosionen.  Es  müssen  ganz  besonders  grosse  Gasmassen  in  der 
Tiefe  gewesen  sein ;  sie  haben  auffallenderweise  statt  nur  eines  oder  einiger 
Ausbruchskanäle  so  sehr  viele  erzeugt;  sie  haben  endlich  nur  ganz  kurze  Zeit 
gewirkt,  offenbar  weil  ihr  Vorrat  erschöpft  war.  Frage  nach  der  Natur  dieser 
Gasmassen  und  nach  der  Tiefe  ihres  Sitzes.  Rozet's  Ansicht  kajin  keine 
Geltung  für  unser  Gebiet  haben. 

Wenn  wir  die  Verteilung  der  Vulkane  auf  Erden  betrachten, 
so  finden  wir,  dass  dieselben  entweder  als  Inseln  sich  aus  dem 
Meere  erheben  oder  doch  ganz  überwiegend  an  die  Küsten  der  Fest- 
länder, also  an  die  Nähe  des  Meeres,  gebannt  sind.  Man  hat  daher 
vielfach  dem  Wasser  des  Meeres  selbst  eine  entscheidende  Rolle  bei 
der  Entstehung  der  Vulkane  zugeschrieben,  indem  es  die  zum  Empor- 
steigen des  Schmelzflusses  nötigen  Gase  liefern  sollte.  Allein  schon 
ein  Teil  der  den  Küstenlinien  folgenden  Vulkanreihen  befindet  sich 
durchaus  nicht  gerade  nahe  an  dem  Wasserbecken.  Zudem  treten, 
freilich  ganz  vereinzelte ,  thätige  Vulkane  auch  im  Innern  von 
Festländern  auf.  Endlich  sehen  wir,  dass  erloschene  Vulkane 
keineswegs  immer  nahe  dem  Ufer  jetziger  oder  einstiger  Meere  ge- 
legen sind. 

Man  hat  daher  von  anderer  Seite  das  Meereswasser  bei  der 
oben  genannten  Erscheinung  als  eine  mehr  nebensächliche  Begleit- 
erscheinung erkannt  und  die  eigentliche  Ursache  auf  den  Verlauf 
von  Bruchlinien  zurückgeführt,  welche  die  Küstenlinien  begleiten 
und  den  Boden  der  Meeresbecken,  der  abgesunkenen  Schollen  der 
Erdrinde,  durchkreuzen. 

Aber  mit  dem  Vorhandensein  von  Spalten  ist  noch  nicht  die 
Ursache  erklärt,  welche  die  Schmelzmassen  in  diesen  Spalten  in  die 
Höhe  steigen  macht.  Einige  wollen  diese  Ursache  finden  in  dem 
Drucke,  welcher  von  langsam  in  die  Tiefe  sinkenden  Erdschollen 
auf  den  dort  befindhchen  Schmelzfluss  ausgeübt  wird ,  der  dadurch 
in  die  Höhe  gepresst  würde.  Eine  andere  Ansicht  sieht  die  hebende 
Kraft  in  den  Gasen,  welche  der  Gesteinsbrei  von  Uranfang  her  ab- 
sorbiert hat.  Wieder  andere  suchen  sie  hauptsächlich  in  dem  Wasser- 
dampfe, welcher  auf  Spalten  aus  dem  Meere  zu  dem  Schmelzflusse 
dringt.    Noch  andere  meinen,  dass  allein  die  Ausdehnung,  die  Volum- 


—     122     — 

Vermehrung,  beim  Übergänge  aus  dem  Festen  ^  in  den  flüssigen  Zu- 
stand die  Massen  hochtreibe. 

Wie  verhält  sich  unser  vulkanisches  Gebiet  von  Urach  dieser 
Frage  gegenüber? 

Seit  der  obersten  Jurazeit  bis  auf  das  Heute  war  Schwaben 
ein  Festland ;  nur  vorübergehend  verwandelte  sich  das  südlich  der 
Alb  abgesunkene,  zwischen  diesem  und  den  Alpen  gelegene  Gebiet 
in  ein  Meer.  Das  fand  statt  zu  mittelmiocäner  Zeit  ^.  Während  der 
obermiocänen.  aber  war  auch  dieser  letzte  Versuch  des  Meeres,  Schwa- 
ben abermals  zu  überfluten-,  beendet.  Überall  herrschte  nun  Fest- 
land.   In  dieser  mittelmiocänen  Zeit  erfolgten  jene  zahlreichen  Aus- 


'  Trotz  der  Schmelztemperatur  sind  die  Massen  doch ,  infolge  des  hohen 
auf  ihnen  lastenden  Druckes ,  vermutlich  in  einer  gewissen  Tiefe  fest ;  und  nur 
da ,  wo  eine  Spalte  aufreist ,  wo  also  dieser  Druck  aufgehoben  wird ,  erfolgt  die 
Umwandlung  in  den  flüssigen  Aggregatszustand.  Die  obige  Annahme,  dass  sich 
hierbei  das  Volumen  vergrössere,  ist  indessen  keineswegs  unbestritten.  Es 
könnte  sich  möglicherweise  auch  verkleinern.  Eine  sehr  bemerkenswerte  Unter- 
suchung haben  in  dieser  Hinsicht  Nies  und  Winkelmann  gemacht.  (Über 
Volumveränderungen  einiger  Metalle  beim  Schmelzen.  Annalen  der  Phys.  u.  Chemie. 
(2)  Bd.  XIII.  S.  43—83.  Ein  kurzer  Auszug  findet  sich  in  diesen  Jahresh.  1888. 
Jahrg.  44.  S.  40 — 43.)  Schon  Palmieri  hatte  beobachtet,  dass  feste  Lavastücke 
auf  dem  flüssigen  Lavastrome  schwimmen.  Ebenso  kennt  man  das  Schwimmen 
fester  Schollen  auf  dem  Halema'uma'u ,  dem  Feuersee  im  Krater  Kilauea.  In 
gleicher  Weise  hat  Siemens  erstarrtes  Glas  auf  flüssigem  schwimmend  beobachtet. 
Es  müssen  also  wohl  diese  Silikate  sich  im  Augenblicke  des  Erstarrens  ausdehnen ; 
oder  umgekehrt  gesagt,  sie  müssen  wohl  beim  Übergange  aus  dem  festen  in  den 
flüssigen  Zustand  sich  zusammenziehen.  Ist  das  der  Fall,  dann  kann  natürlich 
nimmermehr  das  Aufsteigen  der  Lava  zurückgeführt  werden  auf  Volumvermehruug 
beim  Übergang  in  den  flüssigen  Zustand. 

Ferner  hat  H.  0.  Laug  es  sehr  wahrscheinlich  gemacht,  dass  säulenförmige 
Absonderung  und  Parallelfaserung  (diese  Jahresh.  Bd.  XXXI.  S.  336)  nicht,  wie 
man  stets  meinte ,  durch  Abkühlung ,  sondern  durch  Druck  entstehen.  Dadurch 
wird  der  indirekte  Beweis  erbracht,  dass  Silikate  sich  beim  Erstarren  wirklich 
nicht  zusammenziehen,  sondern  wie  Nies  und  Winkelmann  folgern  möchten, 
ausdehnen;  denn  der  dabei  entstandene  Druck  war  es  eben,  welcher  in  der 
säulenförmig  erstarrten  Lava  diese  Absonderungserscheinung  erzeugte.  Nies  hat 
das  auch  am  Eis  experimentell  nachgemacht,  indem  beim  Gefrieren  von  Wasser 
in  einem  Cylinder  —  wobei  ja  ebenfalls  Ausdehnung  erfolgt  —  senkrecht  zur 
Mantelfläche  des  Cylinders  Eissäulen  entstanden. 

Endlich  aber  haben  Nies  und  Winkelmann  beide  auch  an  Metallen 
wie  Eisen  und  Wismut  durch  den  Versuch  dargethan,  dass  hier  feste  Stücke 
auf  flüssiger  Masse  schwimmen,  weil  erstere  eben  weniger  dicht  sind. 

^  Ich  nehme  hierbei  an:  Untere  Süsswassermolasse  =  Aquitanische  und 
Mainzer  Stufe  =  Ober-Oligocän  und  Unter-Miocän.  Meeresmolasse  =  Helvetische 
Stufe  =  Mittel-Oligocän.     Obere  Süsswassermolasse  =  Tortonien  =  Ober-Miocän. 


—     123     — 

brüche  bei  Urach  ganz  nahe  der  Meeresküste ;  die  südlichsten  Punkte 
etwa  kaum  16  km  von  derselben  entfernt,  der  nördlichste,  Scharn- 
hausen  No.  124,  immerhin  auch  nur  60  km.  So  folgt  also  unser 
vulkanisches  Gebiet  von  Urach  dem  Verhalten  der  über- 
wiegend meisten  thätigen  Vulkane:  Es  war  an  die  Nähe 
eines  Meeres  gefesselt.  Welche  Rolle  nun  das  Wasser  dieses 
letzteren  hierbei  spielte,  muss  ich  jetzt  unentschieden  lassen.  That- 
sache  ist,  dass  sehr  viel  Gase  in  dem  Schmelzflusse  vorhanden  gewesen 
sein  müssen ;  sonst  wäre  unsere  nur  20  Quadratmeilen  grosse  Ge- 
birgsplatte  nicht  von  etwa  127  senkrechten  Kanälen  rundlichen 
Querschnittes  durchschossen  worden. 

Ich  sage,  unsere  127  Röhren  sind  infolge  von  Gasexplosionen 
durch  die  Erdrinde  hindurchgeschossen  worden.  Die  obere  Endigung 
dieser  Röhren,  die  Maarkessel,  sind  also  richtige  Explosionskratere. 
Wie  stimmt  das  überein  mit  dem  Folgenden? 

Vogelsang  stellt  einem  durch  Explosion  entstandenen  Maare 
gegenüber  eine  Forderung,  welche  wir  theoretisch  als  durchaus  ge- 
rechtfertigt anerkennen  müssen  und  welche  von  unseren  Maaren  der 
Gruppe  von  Urach  nicht  erfüllt  wird:  Wenn  ein  Maar  durch  Ex- 
plosion entstand,  dann  wird  die  herausgeschleuderte  Masse  des  durch- 
brochenen Gesteines  nicht  verschwunden  sein  können ;  sie  muss  sich 
vielmehr  bis  zum  vollen  Betrage  im  zerschmetterten  Zustande  in 
dem  Loche  oder  um  dasselbe  wiederfinden  lassen ;  vergl.  den  Ab- 
schnitt „über  Maare  im  allgemeinen". 

Diese  Forderung,  so  einleuchtend  sie  ist,  hat  indessen  gewiss 
nur  eine  Berechtigung  gegenüber  einem  ganz  frischen,  soeben  erst 
entstandenen  Maare.  Nicht  aber  gegenüber  allen  denen,  welche  be- 
reits seit  längerer  Zeit  bestehen ;  denn  hier  wird  die  Denudation  die 
losen  herausgeschleuderten  Gesteinsmassen  bereits  mehr  oder  weniger 
gänzlich  entfernt  haben  können.  In  allen  solchen  Fällen  wird  ihr 
Fehlen  in  der  Umgebung  des  Loches  uns  daher  nicht  nur  nicht 
wundernehmen,  sondern  wir  müssen  dasselbe  hier  geradezu  als  eine 
Forderung  aufstellen.  Zweitens  aber  geben  uns  die  Versuche  Daübree's 
(s.  „über  Maare  im  allgemeinen")  noch  eine  weitere  Entschuldigung  für 
das  Fehlen  derselben  in  die  Hand :  Man  ist  unwillkürhch  geneigt,  sich 
die  herausgeblasene  Masse  des  durchbohrten  Nebengesteines  nur  in 
Gestalt  mehr  oder  weniger  grober  Gesteinsbruchstücke  vorzustellen. 
Der  französische  Forscher  hat  aber  bei  seinen  Versuchen  diese  Massen 
aufgefangen  und  gezeigt,  dass  ein  Teil  derselben  aus  ganz  feinem, 
staubartig   zerriebenem  Gesteine    bestand.     Niemand   aber   wird    er- 


—     124     — 

warten  können ,  diesen  zu  Staub  zertrümmerten  Teil  des  durch- 
brochenen Gesteines  wieder  zu  finden ;  denn  derselbe  ist  jedenfalls 
teils  gleich  fortgeweht,  teils  sehr  bald  fortgespült  worden. 

Wenn  daher  bei  unseren  tufferfüllten  Ausbruchskanälen  der 
Gruppe  von  Urach  ein  dieselben  umgebender  Schuttwall ,  wie  wir 
ihn  bei  manchen  jugendlichen  Maaren  finden,  gänzlich  fehlt,  so  wer- 
den wir  diesen  Umstand  durchaus  nicht  als  einen  Beweis  gegen  die 
Entstehung  dieser  Kanäle  durch  Gasexplosionen  und  als  einen  sol- 
chen für  ihre  Entstehung  durch  Senkung  oder  Einsturz  geltend 
machen  dürfen.  Unsere  Maare  der  Gruppe  von  Urach  sind  eben 
bereits  mittelmiocänen  Alters,  d.  h.  sie  sind  vielleicht  die  ältesten 
Maare,  welche  man  bisher  als  solche  erkannt  hat.  Dasselbe  aber 
gilt  auch  bezüglich  der  diamantführenden  Diatremata  Südafrikas. 
Wenn  hier  geltend  gemacht  wird,  dass  sich  von  dem  herausgeschleu- 
derten Gesteinspfropfen  nur  wenig  in  der  Umgebung  des  Loches  fin- 
den lasse,  so  mag  das  auf  ganz  dieselbe  Ursache  wie  in  der  Gruppe 
von  Urach  zurückgeführt  werden.  Wir  haben  ja  auch  Maare  in  der 
Eifel,  also  jüngere  Maare,  welchen  solch  ein  Schuttwall  fehlt. 

Das  Fehlen  eines  solchen  herausgeschleuderten  Pfropfens  in 
der  Umgebung  unserer  Maare  bei  Urach  wird  mithin  kein  Beweis 
gegen  ihre  Entstehung  und  diejenige  ihrer  in  die  Tiefe  setzenden 
Kanäle  durch  Gasexplosionen  sein  können.  Es  ist  ja  auch  durch 
die  schönen  Untersuchungen  Daubree's  (s.  „über  Maare  im  allgemeinen"  ) 
der  Beweis  geliefert  worden,  dass  Gase  in  der  That  die  Fähigkeit  besitzen, 
durch  feste  Gesteine  Durchschlagsröhren  zu  bilden.  Freilich  bedurfte 
es  bei  diesen  Versuchen  feiner  Spalten  im  Gesteinsstück,  also  Stellen 
geringsten  Widerstandes,  an  welchen  die  explodierenden  Gase  an- 
setzen konnten.  Wir  werden  auf  diesen  Punkt  später  noch  zurück- 
zukommen haben. 

Für  eine  Entstehung  unserer  Ausbruchskanäle  durch  Explosionen 
spricht  aber  auch  die  ungeheure  Menge  von  Stücken  der  durch- 
brochenen Gesteinsarten,  welche  sich  in  den  Kanälen  finden.  Wären 
letztere  durch  Senkung  entstanden,  so  müsste  die  Masse  in  die  Tiefe 
gestürzt  und  dort  vom  Schmelzflusse  eingeschmolzen  oder  wenig- 
stens sehr  stark  durch  seine  Hitze  verändert  worden  sein,  was  doch 
nicht  der  Fall  ist  (S.  47).  Es  mögen  einzelne  Blöcke  von 
den  Wänden  des  Kanales  aus  in  diesen  hineingestürzt  und  so  in  den 
Tuff  gelangt  sein.  Die  ganz  überwiegend  grosse  Masse  der  Gesteins- 
stücke aber  ist  sicher  durch  explodierende  Gase  zerschmettert,  hoch- 
geworfen, dann  wieder  in  den  Kanal  zurückgefallen  und  nun  erst,  ver- 


—     125     — 

hältnismässig  wenig,  durch  die  Hitze  der  mitausgeworfenen  und  zurück- 
gefallenen Asche,  sowie  durch  aufsteigende  Wärme  verändert  worden. 
Ist  auf  solche  Weise  die  Entstehung  unserer  Maarkanäle  der 
Gruppe  von  Urach  durch  Gasexplosionen  wohl  nicht  zu  bezweifeln, 
so  sind  wir  gezwungen,  die  ungeheure  Gewalt  anzuerkennen,  welche 
diese  Gasmassen  besessen  haben  müssen,  indem  sie  die  Erdrinde  an 
gegen  127  Stellen  durchbohrten.  Bei  so  grossen  Gasmassen  und  so 
grosser  Gewalt  derselben  müsste  man  folgern,  dass  dieselben  nun 
auch  grossartige  Vulkanberge  erzeugt  hätten.  Das  völlige  Gegenteil 
davon  aber  ist  der  Fall. 

Es  ist  überall  nur  zur  Entwicklung  embryonaler  Yulkanbil- 
dungen  gekommen.  Kein  einziger  wirklicher  Vulkan  wurde  auf- 
geschüttet. Nur  an  ganz  vereinzelten  Stellen  (Dintenbühl,  Stern- 
berg, Eisenrüttel)  stieg  die  Lava  bis  nahe  an  die  Oberfläche,  so  dass 
die  Röhre  von  festem  Basalt  erfüllt  wurde.  Also,  möchte  man 
aus  dem  Verhalten  des  Gebietes  von  Urach  folgern:  Die 
Gasmassen,  im  besonderen  derWasserdampfsind  nicht 
im  stände,  die  Hebung  der  Lavasäule  zu  bewirken,  dies 
geschieht  durch  andere  Kräfte.  Freihch  muss  man  auch 
zugleich  zugeben,  dass  der  Vorrat  an  Gasen  sehr  bald  erschöpft 
gewesen  sein  wird.  Da  nun,  wie  wir  aus  dem  Verhalten  des  Kilama- 
kraters  auf  Hawai  wissen,  die  Lavasäule  mindestens  Monate  lang 
nötig  hat,  um  aus  der  Tiefe  bis  zur  Oberfläche  aufzusteigen  —  so 
könnte  man  obigen  Schluss  angreifen  und  sagen:  „Wenn  nur  die 
Gase  genügend  lange  Zeit  vorhanden  gewesen  wären,  so  würden  sie 
die  Lavasäule  schon  an  allen  Orten  hochgehoben  und  zum  Über- 
laufen gebracht  haben." 

Fassen  wir  nun  zusammen,  so  ergiebt  sich  das  Folgende : 
Nicht  nur  das  ehemalige  Vorhandensein  so  grosser 
Gasmassen  in  unserem  Gebiete  ist  bemerkenswert. 
Auch  der  zweite  Umstand  verdient  hervorgehoben 
zu  werden,  dass  diese  Gase  auf  so  beschränktem  Gebiete 
sich  nicht  etwa  —  was  doch  einfacher  und  leichter  ge- 
wesen wäre  —  eine  oder  einige  Ausbruchskanäle  er- 
zeugten, sondern  die  ungeheure  Zahl  von  127  Kanälen, 
welche  zum  Teil  ganz  dicht  nebeneinander  liegen,  so 
dass  unser  Gebiet  wie  ein  Sieb  durchlöchert  wurde. 
Aber  noch  ein  drittes  ist  zu  betonen:  der  Umstand,  dass 
diese  Gasmassen  offenbar  nur  während  einer  kürzesten 
Zeit  sich  entwickelten,  bezw.  vorhanden  waren. 


—     126     — 

Wo  so  zahlreiche  Ausbruchskanäle  sich  bildeten,  sollte  man 
erwarten,  dass  eine  nachhaltige,  andauernde  Thätigkeit  des  Vulkanis- 
mus sich  geäussert  haben  müsste.  Aber  im  Gegenteil,  der  letztere 
hat  nur  ein  kurzes  Eintagsleben  fristen  können.  Ein  gewaltiger, 
überraschend  vielfacher  Anfang  und  ein  ebenso  schnelles  Ende,  das 
kennzeichnet  die  Thätigkeit  unseres  Gebietes. 

Das  ist  höchst  auffallend.  Deecke^  betont  mit  Recht,  dass  die 
Annahme  einer  so  vorübergehenden  einmaligen  grossen  Thätigkeit 
von  Gasen  wenig  Wahrscheinliches  für  sich  habe.  Unser  Gebiet  von 
Urach  liefert  aber  den  Beweis,  dass  dem  doch  so  sein  kann. 

Offenbar  ist  mit  diesen  Ausbrüchen  aber  auch  der 
Vorrat  von  Gasen  in  der  Tiefe  erschöpft  gewesen.  Andern- 
falls hätten  sie  sicher  —  bei  den  zahlreichen,  ihnen  zu  Gebote  stehenden 
nur  mit  losem  Tuff  erfüllten  Ausbruchskanälen  —  in  ihrer  Thätigkeit 
fortgefahren  und  Vulkanberge  aufgeschüttet.  Da  letzteres  nicht  an 
einem  einzigen  Punkte  geschah,  so  ist  damit  der  Beweis  ge- 
liefert, dass  wirklich  an  dieser  Stelle  in  der  Tiefe  keine  Gase  mehr 
vorhanden  waren. 

Welcher  Art  waren  nun  diese  Gase?  Zumal  da  ein  Wasser- 
becken in  der  Nähe  war,  so  wird  man  doch  an  Wasserdampf 
zunächst  denken,  da  dieser  bei  vulkanischen  Ausbrüchen  eine  Rolle 
spielt.  Freilich  ist  die  Grösse,  welche  man  dieser  seiner  Rolle  zu- 
schreibt, je  nach  der  Ansicht  der  Autoren  eine  sehr  verschiedene. 
Manche  halten  sie  für  sehr  geringfügig. 

Bis  zu  fast  gänzlicher  Verneinung  des  Wasserdampfes  aus- 
gebildet finden  wir  solche  Anschauung  bei  J.  G.  Bornemann.  Der- 
selbe bestreitet  fast  durchaus,  dass  Wasserdampf  in  der  Tiefe  vor- 
handen sei^,  dass  also  dem  Wasserdampfe  bei  vulkanischen  Ausbrüchen 
irgend  eine  treibende  Kraft  zukomme.  Nur  bei  submarinen  Vulkanen 
lässt  er  dieselben  gelten.  Als  Beweis  für  seine  Ansicht  führt  er  die 
schönen  Schlackenkegel  an,  welche  sich  in  der  Stoiberger  Bleihütte 
beim  Erkalten  von  Schlackenmassen  auf  deren  Oberfläche  ohne  jeg- 
liche Mitwirkung  von  Wasserdampf  bildeten.  Die  Ursache  der  Erup- 
tionsthätigkeit  bei  diesen  kleinen  vulkanähnlichen  Bildungen  findet 
er  in  der  Fähigkeit  glühender,  bezüglich  schmelzender  Metalle  und 
Silikate,  Gase  aus  der  Luft  zu  absorbieren.  Den  Hochofenschlacken 

'  Beiträge  zur  Geologie  von  Unteritalien.  Neues  Jahrb.  f.  Min. ,  Geol. 
u.  Pal.  1891.  Bd.  IL  S.  322. 

^  Über  Schlackenkegel  und  Laven.  Jahrb.  d.  k.  Preuss.  geolog.  Landes- 
anstalt und  Bergakademie  zu  Berlin  für  das  Jahr  1887.  Berlin  1888.  S.  230—283. 


—     127     - 

ist  durch  die  Gebläseluft  sowie  durch  die  Verbrennungsgase  Gelegen- 
heit zur  Aufnahme  solcher  Gasmassen  gegeben.  Anders  ist  das  nach 
ihm  bei  den  in  den  Tiefen  der  Erde  ruhenden  glühenden  Gesteinen. 
Zwar  muss  die  feurigflüssige  Erdmasse  von  Anfang  ihrer  Entstehung 
an  grosse  Mengen  von  Gasen  absorbiert  haben ;  allein  dieselben  sind, 
nach  seiner  Ansicht,  jetzt  bereits  längst  zum  grössten  Teile  wieder 
ausgeschieden  worden ,  soweit  sie  nicht  in  dem  flüssigen  Magma 
chemische  Verbindungen  eingegangen  sind.  Es  müssen  also  beim 
Ausbruche  neue  Quellen  von  Gasentwickelung  sich  öffnen;  und  diese 
sieht  Bornemann  in  den  chemischen  Zersetzungen,  welche  sich  in 
dem  flüssigen  Gesteinsbrei  vollziehen  oder  aus  der  neuen  Umgebung 
absorbiert  werden,  wenn  derselbe  im  Kraterschacht  emporsteigt. 
Hierbei  findet  infolge  der  gewaltigen  Reibung  und  der  chemischen 
Prozesse  eine  Steigerung  der  Wärme  statt,  durch  welche  nun  wiederum 
das  Magma  flüssiger  und  damit  absorptionsfähiger  für  Gase  wird. 

Eine  wesentliche  Unterstützung  findet  Borneiviann  für  seine  Auf- 
fassung in  den  Beobachtungen,  welche  Deville  an  einer  Anzahl  von 
Vulkanen  angestellt  hat.  Derselbe  wies  nach,  dass  den  betreffenden 
Laven  ursprünglich  kein  Wasser  innewohnte,  sondern  dass  erst  durch 
atmosphärische  Niederschläge  und  Schichtwasser,  welche  von  oben 
her  in  den  Vulkan  eindringen,  Wasserdampf  gebildet  wird,  welcher 
dann  demselben  entweicht. 

Auf  der  anderen  Seite  stehen  nun  freilich  die  Erfahrungen, 
welche  durch  von  Hochstetter  an  den  Spratzkegeln  bei  der  Gewin- 
nung von  Schwefel  und  durch  Neümayr  an  gleichen  Bildungen  von 
Bleiglätte  gemacht  wurden,  denn  in  beiden  Fällen  spielte  sicher  das 
vorhandene  Wasser  als  Dampf  eine  Rolle  ^.  Bornemann  bestreitet 
denn  auch  nicht,  dass  in  gewissen  Fällen,  wie  beim  Ausbruche  des 
Krakatau  und  des  Rotomahana-Sees,  sowie  bei  allen  submarinen 
Ausbrüchen  der  Wasserdampf  ebenfalls  eine  hervorragende  Wirkung 
ausgeübt  hat.  Für  die  Landvulkane  aber  hält  er  der  Regel  nach 
eine  solche  für  ausgeschlossen. 

Ich  glaube  nicht,  dass  man  sich  so  weit  gehenden  Folgerungen 
wird  anschliessen  dürfen,  denn  es  ist  zweifellos,  dass  auch  den  Land- 
vulkanen bei  ihren  Ausbrüchen  gewaltige  Massen  von  Wasserdampf 
entströmen.  Ob  nun  diese  wirklich,  wie  Deville  meint,  nur  dem 
von  oben   her   in   den  Ausbruchskanal  eingedrungenen  Wasser   ent- 


»  Neues  Jahrbuch  f.  Min.,  Geol.  u.  Pal.  1871.   S.  469—478  u.  Erdgeschichte 
V.  Neumayr,  Teil  I.  S.  161. 


-     128     — 

stammen ,  das  dürfte  gar  nicht  festzustellen  sein.  Es  ist  jedenfalls 
auch  sehr  gut  denkbar,  dass  solches  Wasser  —  rühre  es  her  direkt 
von  atmosphärischen  Niederschlägen  oder  von  Süsswasserseen  oder 
vom  Meere  —  auf  Spalten  in  sehr  grosse  Tiefe  hinabsetzt  und  sich 
dort  dem  Schmelzflusse  zugesellt.  Da  nun  Spalten  keineswegs  in 
senkrechter  Richtung  die  Erdrinde  zu  durchsetzen  brauchen,  sondern 
das  auch  in  sehr  schräger  Richtung  thun  können,  so  leuchtet  ein,  dass 
die  betreffende  Wasserquelle  sich  gar  nicht  in  so  sehr  grosser  Nähe 
des  Vulkans  zu  befinden  braucht.  Endlich  aber  braucht  der  Wasser- 
dampf gar  nicht  eine  Zuthat  der  Oberwelt  zum  Schmelzflusse  zu 
sein.  Ebensogut  wie  andere  Gase,  welche  dem  letzteren  entweichen, 
von  Uranfang  her  von  demselben  absorbiert  sein  werden,  so  kann 
das  auch  vom  Wasserdampfe  gelten,  bezw.  von  seinen  Bestandteilen, 
dem  Wasserstoff  und  Sauerstoff. 

Noch  weniger  befriedigend  wie  die  vorhergehende  Frage  nach 
der  Natur  dieser  Gase  lässt  sich  die  Frage  beantworten,  in  welcher 
Tiefe  der  Herd  der  Gasmassen,  durch  welche  unsere  Maarkanäle  erzeugt 
wurden,  sich  befunden  haben  mag.  Ist  die  Auffassung  richtig,  dass 
unter  jedem  Vulkanberge  ein  Maar  begraben  liegt  \  so  muss  dieser 
Herd  in  derselben  Tiefe  liegen,  welche  den  Schmelzmassen  an  der 
betreffenden  Stelle  zukommt.  Ich  sage  „an  der  betreffenden  Stelle"; 
denn  die  Annahme  hat  sehr  viel  für  sich,  dass  unter  den  Orten  der 
Erde,  an  welchen  Vulkanausbrüche  vor  sich  gehen,  der  Schmelzfluss 
in  einem  höheren  Niveau  stehe,  als  an  denjenigen  Orten,  welche  frei 
von  Vulkanen  sind.  Mit  anderen  Worten,  dass  in  den  Vulkangebieten 
die  Erdrinde  weniger  dick  ist,  als  an  den  anderen.  Ob  diese  ge- 
ringere Dicke  daher  kommt,  dass  hier  die  Erdkruste  von  unten  her 
abgeschmolzen  wird,  bezw.  dass  hier  die  Schmelztemperatur  selb- 
ständig in  ein  höheres  Niveau  hinaufrückt  ^,  oder  ob  dieses  Aufrücken 
des  Schmelzflusses  unselbständig  erfolgt,  indem  er  nur  in  mächtige 
Höhlungen  hineingedrückt  wird,  das  ist  nicht  klarzulegen.    Aber  die 

^  Mir  scheint  übrigens  diese  Auffassung  nicht  ohne  weiteres  richtig  zu 
sein.  Gewiss  kann  sich  aus  einem  Maare  ein  Vulkan  entwickeln  und  dann  liegt 
unter  dem  Vulkane  ein  Maar  begraben.  Ein  Vulkan  kann  sich  aber  auch  über 
einer  breiten  klaffenden  Spalte  aufbauen,  aus  welcher  von  vornherein  Schmelz- 
massen überfliessen;  hier  kann  natürlich  nicht  von  einem  begrabenen  Maare  die 
Rede  sein. 

2  Denn  trotz  Schmelztemperatur  können  die  Massen  in  der  Tiefe  unter 
dem  grossen  Drucke  ja  fest  sein,  so  dass  man  eigentlich  nicht  von  Schmelzfluss 
sprechen  darf,  sondern  mit  Sicherheit  nur  von  der  Zone  sprechen  kann,  in  welcher 
Schmelz temperatur  herrscht. 


—     129     — 

Annahme,  dass  unter  den  Vulkangebieten   das  Niveau  des  Schmelz- 
flusses der  Erdoberfläche  näher  steht,  hat  sehr  viel  für  sich. 

Ist  es  bereits  eine  grosse  Leistung,  dass  Gase  sich  überhaupt 
Kanäle  durch  harte  Gesteinsmassen  bohren  können  —  selbst  wenn 
ihnen  durch  Haarspalten  das  erleichtert  wird  —  so  wird  diese 
Leistung  um  so  grösser,  je  dicker  die  zu  durchbohrende  Erdrinde 
ist.  Daher  ist  eine  solche  Wirkung  der  Gase  viel  verständlicher, 
wenn  wir  an  der  betreffenden  Stelle  nur  eine  geringe  Dicke  der  Erd- 
rinde annehmen,  als  wenn  wir  die  volle  Dicke  derselben  voraussetzen, 
welche  sie  im  allgemeinen  besitzt. 

Auch  über  diese  letztere  können  wir  nichts  Sicheres  sagen. 
Wir  können  nur  die  folgende  Schätzung  machen.  Wenn  beim  Ein- 
dringen in  die  Erde  die  Temperatur  auf  rund  je  100  Fuss  Tiefe 
um  1^  C.  zunimmt,  wie  das  bei  manchen  Bohrlöchern  durchschnitt- 
lich ungefähr  der  Fall  ^.st ,  so  haben  wir  erst  in  der  ungeheuren 
Tiefe  von  etwa  TVg  Meilen  die  Schmelztemperatur  von  1800*^  C. 
Giebt  man  nun  aucli  zu,  dass  durch  den  in  der  Tiefe  herrschenden 
Druck  der  Schmelzpunkt  erniedrigt  wird\  und  dass  infolge  der 
Durchdringung  der  Gesteinsmasse  mit  überhitzten  Wasserdämpfen 
eine  weitere  Erniedrigung  des  Schmelzpunktes  eintritt,  so  bleibt  doch 
immer  noch  die  Dicke  der  Erdrinde  so  gewaltig,  dass  es  schwer  be- 
greiflich ist,  wie  sich  durch  meilendicke  Gesteinsmassen  die  Gase 
Bahn  brechen  können,  selbst  wenn  ihnen  durch  Spalten  der  Aus- 
bruch erleichtert  würde. 

Die  Ansbruchsthätigkeit  der  vulkanischen  Gase,  welche  sich  in 
der  Gruppe  von  Urach  nicht  weniger  als  127  einzelne  Kanäle  durch 
die  Erdrinde  bohrten,  wird  daher  um  so  verständlicher  werden,  je 
weniger  dick  wir  letztere  an  dieser  Stelle  annehmen.  Auf  S.' 15 
sind  die  Gesteinsarten  genannt,  welche  in  unserem  Gebiete  zu  Tage 
gefördert  wurden.  Ausser  der  Jura -Formation  und  dem  Keuper 
findet  sich  Muschelkalk  nur  an  zwei  nördlich  gelegenen  Stellen,  er 
wird  daher  in  der  Tiefe  fast  überall  fehlen.  Buntsandstein  und  Rot- 
liegendes sind  dagegen  nach  Deffner's  Beobachtungen  vorhanden. 
Demnächst  nur  Gneiss  und  Granit.  In  welcher  Tiefe  letztere  beide 
liegen,  entzieht  sich  seiner  genaueren  Angabe,  da  man  nicht  sagen 
kann,  ob  der  Keuper,  Buntsandstein  und  das  Rotliegende  in  der 
Tiefe  mehr  oder  weniger  mächtig  entwickelt  sind.  Da  der  Muschel- 

'  Eine  solche  Annahme  ist  nur  für  den  Fall  statthaft,  dann  aber*  sicher 
richtig,  dass  die  Gesteine  sich  beim  Übergange  aus  dem  festen  in  den  flüssigen 
Zustand  zusammenziehen.    Manche  Beobachtungen  sprechen  dafür,     s.  S.  122  Anm. 

Jahreshefte  d.  Vereins  f.  yaterl.  Naturkunde   in  Württ.  1895.  9 


—     130     — 

kalk  sich  offenbar  nach  S.  hin  in  der  Tiefe  unter  unserem  Gebiete 
auskeilt,  und  da  auch  im  benachbarten  Ries  unterhalb  des  Keupers 
alle  Schichten  bis  auf  den  Gneiss  und  Granit  fehlen,  so  spricht  eine 
gewisse  Wahrscheinhchkeit  dafür,  dass  auch  unter  dem  Gebiete  von 
Urach  die  Trias  und  das  Rotliegende  nicht  sehr  mächtig  sein  werden. 
Je  nachdem  mögen  daher  der  Granit  und  Gneiss  in  einer  Tiefe  von 
vielleicht  2000  m  unter  der  Oberfläche  der  Alb  liegen.  Ist  das  bereits 
eine  höchst  unsichere  Zahl,  so  lässt  sich  vollends  über  die  Tiefe 
des  Schmelzherdes  bezw.  der  Gasmassen  unter  dem  Granit  und  Gneiss 
gar  nichts  sagen. 

Wenn  dem  nun  aber  auch  so  ist,  soviel  können  wir  auf  Grund 
unserer  Erfahrungen  in  dem  vulkanischen  Gebiete  von  Urach  doch 
ganz  sicher  sagen,  dass  Rozet's  Ansicht  von  der  äusserst  geringen 
Tiefe  des  Sitzes  dieser  Gasmassen  für  unser  Gebiet  keine  Anwendung 
finden  kann. 

RozET^  stellt  sich  nämlich  die  Entstehung  der  Maare  in  der 
Auvergne  in  der  folgenden  Weise  vor.  In  irgend  einer  Höhlung, 
so  sagt  er,  haben  sich  Gase  angesammelt,  welche  dann  explodierend 
durchbrachen.  Befand  sich  in  der  Höhlung  noch  etwas  flüssiger 
Basalt,  so  wurde  dieser  in  Form  von  Asche  und  Bomben  mit  aus- 
geworfen. Aus  letzterem  Satze  und  aus  dem  Umstände,  dass  diese 
Maare  meist  dort  im  Basalt  ausgesprengt  sind,  geht  hervor,  dass 
RozET  sich  die  betreffenden  Höhlungen  auch  im  geflossenen  Basalte, 
also  in  sehr  geringer  Tiefe  unter  der  Erdoberfläche  denkt. 

Es  ist  gewiss  nicht  unmöglich,  dass  einzelne  Explosionskratere 
auf  diese  Weise  entstanden  sind;  wie  denn  ja  auch  aus  jedem  Lava- 
strom Gase  sich  Bahn  brechen  können. 

Auch  dass  thatsächlich  grosse  Höhlen  in  Lavaströmen  vorhan- 
den sein  können,  ist  bekannt.  Lyell ^  erklärt  ihre  Entstehung  an 
dem  Beispiele  einer  grossartigen,  ganz  verzweigten  Höhlenbildung 
am  Ätna  dadurch,  dass  ein  Lavastrom  über  einen  Fluss  oder  See 
geflossen  sei,  wodurch  sich  die  betreffende  Wassermasse  plötzlich  in 
Dampf  verwandelt  habe.  Diese  Dampfmassen  hätten  sich  dann  ihren 
Weg  durch  die  flüssige  Lava  gebahnt  und  Hohlräume  geschaffen. 
Es  leuchtet  nun  wohl  ein,  dass  auf  solche  Weise  auch  Ex- 
plosionskratere entstehen  können,  wie  Rozet  sie  im  Sinne  hat ;  indem 
nämlich  der  Dampf  sich  durch  die,  bereits  mit  einer  Kruste  ver- 
«^Mem^oire  sur  les  volcans  de  l'Auvergne.     Mein.  soc.  geol.  France.   Paris 

\8U.  S.  120. 

2  Principles  of  Geology.  IL  S.  24.  11.  Aufl.  1872. 


—    131     — 

sehene  Lava  Bahn  bricht  und  auf  deren  Oberfläche  einen  Explosions- 
krater erzeugt.  Jedenfalls  sind  derartige  Explosionskratere  aber  weit 
verschieden  von  denjenigen,  welche  wir  hier  im  Auge  haben,  den 
eigenthchen  Maaren.  Deren  Sitz  befindet  sich  in  unserem  Gebiete 
in  ganz  bedeutend  viel  grösserer  Tiefe.     S.  später. 

Unser  Gebiet  von  Urach  führt  uns  nun  auf  eine  Frage  von 
grosser  allgemein  geologischer  Wichtigkeit.  Ich  werde  zeigen,  dass 
die  Tuffe  unseres  Gebietes  nicht  in  Spalten,  also  Brüchen  der  Erd- 
rinde, sondern  in  röhrenförmigen  Kanälen,  d.  h.  in  Durchbohrungen 
der  Erdrinde,  liegen.  Sind  diese  letzteren  nur  die  röhrenförmige  Er- 
weiterung von  Spalten,  wie  das  nach  heute  herrschender  Anschauung 
kurzweg  bejaht  werden  würde?  Oder  haben  sie  sich  unabhängig 
von  Spalten  gebildet?  Letzteres  scheint  der  Fall  zu  sein.  Wir 
müssen  daher  diese  Verhältnisse  in  einem  besonderen  Abschnitte 
untersuchen. 

Sind  die  127  Durchbruchskanäle  unseres  Gebietes  selbstän- 
dige  Durchbohrungen   der   Erdrinde    oder   nur    erweiterte 
Spalten,  also  abhängig  von  Bruchlinien  der  Erdrinde? 

Man  meint,  dass  der  Schmelzfluss  nur  auf  Bruchlinien  der  Erdrinde  aufsteigen 
kann ;  man  giebt  aber  zu,  dass  er  sich  in  den  Maaren  selbst  einen  Weg  bahnt. 
Lösimg  dieses  Widerspruches.  Was  sagen  uns  die  Explosionskratere?  Eifel; 
Mittel-Schottland ;  S.-Afrika ;  das  Gebiet  von  Urach.  Fast  nirgends  lassen  sich 
Bruchlinien  bei  Maaren  wirklich  nachweisen.  Weitere  Gründe,  welche  für  die  Un- 
abhängigkeit der  Ausbruchskanäle  der  Maare  von  Spaltenbildungen  sprechen.  Die 
Tiefe,  bis  zu  welcher  hinab  diese  Unabhängigkeit  zu  bestehen  scheint,  beträgt 
mindestens  600  m.  In  grösserer  Tiefe  mag  eine  Spalte  den  Ausgangspunkt  bilden ; 
diese  aber  müsste,  entsprechend  der  Breite  des  vulkanischen  Gebietes,  37  und  45 
bezw.  30  km ,  so  breit  sein ,  dass  man  nur  von  einer  grossen  Höhlung  reden 
dürfte.  Deffner's  Ansicht  von  den  nach  unten  sich  verbreiternden  Spalten  in 
unserem  Gebiete  ist  nicht  haltbar.  Löwl's  Ansicht  von  der  Unabhängigkeit 
der  Vulkane  von  Spalten.     Das  Gebiet  von  Urach  ein.  Einsturzkessel? 

Die  ältere  Geologie  nahm  an,  dass  die  vulkanischen  Massen 
sich  selbstthätig  einen  Ausweg  aus  der  Tiefe  bahnen  könnten,  indem 
sie  die  Erdrinde  hochhöben  und  durchbrächen.  Die  heutige  An- 
schauungsweise lehrt,  dass  das  nicht  der  Fall  sei.  Sie  verneint  jede 
stärkere  Selbstthätigkeit  der  Schmelzmassen;  diese  sollen  nur  da 
einen  Ausweg  gewinnen  können,  wo  eine  stärkere  Kraft,  die  gebirgs- 
bildende,    durch  Erzeugung  von  Spalten  ihnen    denselben   gestattet. 

Auf  diesen  Spalten  steigen  sie  auf:  Nach  der  Meinung  der 
einen,  emporgedrückt  durch  das  Gewicht  niedersinkender  Erdschollen. 

9* 


—     132     — 

Nach  der  Meinung  der  anderen,  gehoben  durch  die  Ausdehnung, 
welche  sie  erleiden :  einmal  infolge  der  Ausdehnung  der  von  ihnen 
absorbierten  Gase,  zweitens  infolge  ihres  Flüssigwerdens  in  der  Spalte ; 
denn  bevor  sich  die  Spalte  bildete,  waren  sie,  trotz  Schmelztempe- 
ratur, doch  fest,  infolge  des  starken  Druckes,  unter  welchem  sie 
sich  befanden. 

Wenn  so  auf  der  einen  Seite  dem  Schmelzflusse  die  Fähigkeit 
abgesprochen  wird,  sich  selbständig  einen  Weg  aus  der  Tiefe  herauf 
bahnen  zu  können,  so  steht  es  mit  solcher  Anschauung  scheinbar 
im  grellsten  Widerspruche,  wenn  auf  der  anderen  Seite  zugegeben 
wird ,  dass  Maare  Explosionskratere  seien ;  also  Löcher ,  Auswege, 
welche  sich  die  Schmelzmassen  doch  selbständig  machen. 

Die  Lösung  kann  wohl  nur  die  folgende  sein :  Man  giebt  zu, 
dass  der  Schmelzfluss,  bezw.  die  in  ihm  absorbierten  Gase,  sich  den 
allerletzten,  obersten,  verschwindend  kleinsten  Teil  des  Weges  selbst 
bahnen  können.  Aber  für  den  ganzen  übrigen,  erdrückend  grössten 
Teil  des  Weges  bleibt  man  bei  der  Anschauung  stehen ,  dass  der 
Schmelzfluss  nur  gehorsam  dem  Wege  folgen  kann,  welchen  ihm 
die  Spaltenbildung  vorschreibt. 

Man  wird  also  nur  inkonsequent  für  den  Betrag  der  Tiefe  eines 
Maarkanales.  Für  welchen  Betrag  also?  Tiefe  bezw.  Länge  ist  ein 
relativer  Begriff.  Wir  haben  Maartrichter  oder  -kessel,  welche  eine 
kaum  nennenswerte  Tiefe  besitzen.  Wir  haben  solche  (s.  später), 
welche  an  400  m  tief  sind.  Wo  ist  denn  die  Grenze  ?  Auf  welche 
Länge  seines  Weges  gesteht  man  dem  Schmelzflusse  die  Fähigkeit 
der  Selbstbefreiung  zu? 

Gleichviel  auf  welche  Länge  man  das  thut,  aus  dieser  Zwei- 
seitigkeit der  Anschauungen  darf  man  auch  weiter  folgern,  dass  die 
Geologie  zuzugeben  geneigt  ist,  dass  derartige  Spalten  nicht  bis  an 
die  Erdoberfläche  hin  aufzureissen  brauchen. 

Aber  ist  es  denn  überhaupt  richtig,  dass  sich  Explosionskratere 
unabhängig  von  Spalten  bilden  können?  Wir  wollen  sehen,  ob  und 
welche  Antwort  uns  die  Maare  darauf  zu  erteilen  vermögen. 

Über  die  Frage,  ob  die  Maare  der  Eifel  auf  einer  solchen  Spalte 
liegen  und  über  die  Schwierigkeit,  derartige  Spalten  überhaupt  so 
sicher  nachzuweisen,  dass  sie  nicht  blosse  Hypothese  sind,  äussert 
sich  V.  Decken  in  folgender  Weise  ^ : 


^  GeognostiscLer  Führer  zur   Vulkaureihe   der   Vordereifel.    Bonn  1861. 
S.  327,  No.  23. 


—     133     - 

„Wenn  auch  auf  die  Unbestimmtheiten  aufmerksam  gemacht 
worden  ist,  welche  in  der  Aufsuchung  linearer  Richtungen  einzelner 
getrennter  Vulkanpunkte  liegen,  so  ist  doch  zu  erwähnen,  dass  eine 
gerade  Linie  von  dem  Meerfelder  Maare  nach  dem  Laacher  See  ge- 
zogen, zwischen  den  Dauner  Maaren  und  dem  Pulvermaare  hindurch 
geht  und  in  jener  NO. -Fortsetzung  dem  Ülmer  Maare  und  der  Weiher 
Wiese,  dem  Mosbrucher  Maare  und  den  beiden  zusammenhängenden 
Maaren  von  Boos  ziemlich  nahe  kommt.  Auf  diese  Weise  lässt  sich 
auf  die  Strecke  von  6V4  Meilen  ein  Zug  verfolgen,  welcher  viele 
Maare  umfasst  und  die  Richtung  von  SW.  gegen  NO.  einhält  und 
die  Vulkanreihe  ungefähr  rechtwinkelig  durchschneidet.  Die  Maare 
von  Dreis,  Walsdorf,  Duppach  und  Steffeln  liegen  ganz  entfernt  von 
diesem  Zuge.  Es  ist  hier  anzuführen,  was  Alex.  v.  Humboldt  im 
Kosmos  IV.  S.  279  sagt:  „Gewisse  bestimmte  Richtungen  der  ver- 
schiedenartigen Erscheinungen  vulkanischer  Thätigkeit  sind  auch  in 
der  Eifel  nicht  zu  verkennen.  Die  Lavaströme  erzeugenden  Aus- 
brüche der  Hohen-Eifel  liegen  auf  einer  Spalte,  fast  7  Meilen  lang 
von  Bertrich  bis  zum  Goldberg  bei  Ormont,  von  SO.  nach  NW.  ge- 
richtet; dagegen  folgen  die  Maare,  von  dem  Meerfelder  an  bis  Mos- 
bruch  und  zum  Laacher  See  hin,  einer  Richtungslinie  von  SW.  gegen 
NO.  Die  beiden  angegebenen  Hauptrichtungen  schneiden  sich  in 
den  drei  Maaren  von  Daun." 

Eine  an  der  Erdoberfläche  bemerkbare  Bruchlinie  derselben  ist 
also  in  der  Eifel  nicht  vorhanden,  v.  Dechex  sagt  nur,  dass  diese 
Maare  in  einer  bestimmten  Linie  liegen ;  aber  den  Beweis ,  dass 
dieser  Linie  eine  bestimmte  Bedeutung  zukommt,  dass  sie  eine  bis 
an  die  Erdoberfläche  reichende  Bruchlinie  ist,  kann  er  nicht  führen. 

Am  meisten  Ähnlichkeit  mit  demjenigen  von  Urach  haben  die 
Tuffgänge  in  dem  grossen  vulkanischen  Gebiete  von  Mittel-Schottland. 
Ganz  ausdrücklich  führt  aber  Geikie^  an,  dass  dort  von  Bruchlinien 
nichts  zu  bemerken  sei. 

Hinsichtlich  der  eigenartigen  diamantführenden  „Diatremata"  in 
Südafrika  nahm  Daubree  zwar  an,  dass  sie  auf  einer  langen  Bruch- 
linie auftreten.  Aber  Chaper  weist  nach^,  dass  dem  keineswegs  so 
ist,  dass  sie  vielmehr  ganz  unregelmässig  zerstreut  über  einen  200  km 
langen  und  breiten  Streifen  Landes  sich  hinziehen. 

In  gleicher  Weise  hat  es  nun  auch  den  Anschein,  dass  eben- 
falls unsere  Maare   und  Ausbruchskanäle   in  der  Gruppe  von  Urach 

^  S.  später  „Die  Vergleichung". 

^  S.  später  in  dieser  Arbeit:  „Die  Vergleichung  .  .  ." 


-     134     — 

sich  mehr  oder  weniger  unabhängig  von  solchen  Bruchhnien  der  Erd- 
rinde gebildet  haben  werden.    Über  die  Auvergne  bin  ich  im  Unklaren. 

Wir  haben  hier  ein  Gebiet  von  20  QMeilen  durchbohrt  von 
127  Ausbruchskanälen !  Es  ist,  als  ob  eine  dicke  Tafel  wie  ein  Sieb 
durchlöchert  wäre.  Ist  das  nun  wirklich,  wie  bei  einem  Siebe,  ohne 
vorherige  Zertrümmerung  der  ganzen  Platte  vor  sich  gegangen? 
Man  sieht,  bei  einer  so  gewaltig  grossen  Zahl  senkrechter  Durch- 
bohrungen, welche  ganz  beliebig  zerstreut  liegen,  müssten  wir  nicht 
einige,  sondern  zahlreiche,  nach  verschiedensten  Richtungen  hin  ver- 
laufende Spalten  haben,  wenn  es  wirklich  wahr  wäre,  dass  kein 
vulkanischer  Ausbruchskanal  sich  bilden  kann ,  ohne  das  vorherige 
Dasein  einer  Spalte.  Wir  wollen,  soweit  das  für  jetzt  bereits  möglich 
ist,  festzustellen  versuchen,  ob  und  wo  sich  Spalten  und  Verwerfungen 
in  unserem  vulkanischen  Gebiete  finden.  —  Genau  wird  das  freilich 
erst  dann  möglich  sein ,  wenn  wir  eine  topographische  Karte  mit 
Höhenkurven  haben  werden. 

Wer  von  Schopfloch  auf  der  Alb  nach  Gutenberg  im  Len- 
ninger  Thale  hinabsteigt,  hat,  bevor  der  Abstieg  beginnt,  eine  deut- 
liche Störung  im  Weiss-Jura  vor  sich.  Zugleich  befinden  wir  uns 
hier  nahe  dem  vierten  Gutenberger  Gange  No.  45 ,  bezw.  dem 
obersten  dieser  vier  Maare.  In  Fig.  16  erläutert  der  Pfeil,  in  Fig.  19, 
1894  S.  763  und  767,  das  Profil  diese  Verhältnisse.  Während  der 
Regel  nach  in  der  Alb  die  Schichten  angenähert  wagerecht  liegen, 
nur  ganz  wenig  nach  SO.  geneigt,  finden  wir  da,  wo  die  nach  Guten- 
berg hinabführende  Steige  die  Hochfläche  verlassen  will,  ein  Ein- 
fallen des  Oberen  Weiss-Jura  von  10 — 35°  gegen  0.  bis  SO. 

Wir  stehen  hier  hart  am  Steilabfalle  der  Alb.  Der  Leser  könnte 
daher  an  eine  Abrutschung  denken.  Allein  die  Schichten  sind  nicht 
im  Sinne  des  Bergabhanges,  gegen  W.  geneigt,  sondern  fallen  um- 
gekehrt, östlich  in  den  Berg  hinein.  Einer  Bruchlinie  fallen  sie  zu, 
welche  sich  deuthch  erkennen  lässt.  Aber  diese  Bruchlinie  verläuft 
nicht  etwa  mitten  durch  den  dortigen  Maarkessel.  Sie  streicht  nicht 
einmal  hart  an  seinem  Rande  entlang,  sondern  wie  die  Fig.  16 
und  19  zeigen,  sie  zieht  in  einer,  allerdings  nicht  grossen  Entfer- 
nung vom  Maarkessel  dahin.  Deutlich  kann  man  hart  an  der  Strasse, 
bei  ic,  sehen,  wie  die  Neigung  der  Weiss- Jura-C-Schichten  aufhört 
und  plötzhch  in  das  Wagerechte  übergeht;  und  erst  letzteres  wird 
von  dem  Gange  durchbohrt. 

Die  Erdrinde  ist  hier  also  nicht  in  der  Bruchlinie, 
sondern,    wenn   auch   in    geringer   Entfernung,   so    doch 


—     135     — 

nur  neben  derselben  durchbohrt.  Ich  will  mm  damit  keines- 
wegs sagen,  dass  beide  Erscheinungen  in  gar  keinem  Zusammen- 
hange miteinander  stehen  könnten.  Das  ist  vielleicht  doch  der  Fall. 
Aber  dann  scheinen  mir  hier  eher  Ursache  und  Wirkung  vertauscht 
werden  zu  müssen.  Nicht,  weil  eine  Spalte  vorher  hier  war,  bildete 
sich  diese  vulkanische  Ausbruchsröhre.  Sondern  umgekehrt,  weil 
letztere  auf  gewaltsame  Weise  durchbrach,  erzeugte  sich  auch  eine 
kleine  Zerbrechung  der  Umgebung  auf  einer  Seite  der  Röhre.  Wäre 
nämlich  nicht  letzteres,  sondern  ersteres  die  richtige  Lösung,  so 
müsste  der  Ausbruchskanal  auf  der  Spalte,  nicht  aber  neben  derselben, 
ohne  sie  zu  berühren ,  liegen.  Dass  sie  wirklich  nur  neben  dem 
Kanäle  herläuft,  sieht  man  auch  weiter  unten  an  derselben  Steige, 
da  wo  der  Hauptaufschluss  dieses  Maares,  bezw.  seines  Tuffganges 
durch  die  Strasse  erzeugt  wird.  Dort  liegen  die  Weiss-Juraschichten 
im  Kontakte  mit  dem  Tuffgange  noch  ganz  ungestört. 

Bestände  nun  aber  doch  ganz  allgemein  im  ersteren  Sinne  ein 
gesetzmässiger  notwendiger  Zusammenhang  zwischen  solchen  vor- 
herigen Spalten  und  den  späteren  Ausbruchskanälen  in  unserem  Ge- 
biete, dann  müssten  wir  nicht  ausser  an  diesem  einen  Punkte,  auch 
an  allen  anderen  der  127  Ausbruchsorte  Brüche  oder  gar  Verwerfun- 
gen und  Schichtenneigungen  finden.  Das  ist  aber  nicht  der  Fall. 
Unten,  bei  den  ersten  Gängen  der  Gutenberger  Steige,  zeigt  sich  eine 
geringe  kaum  nennenswerte  Verschiebung.  Bei  den  Maaren  vom 
Engelhof  und  der  Diepoldsburg  No.  40  und  41  verläuft  möglicher- 
weise eine  ähnliche  Bruchlinie  wie  oben  an  der  Gutenberger  Steige. 
Aber  auch  hier  geht  sie  nicht  durch  die  Maarlinie,  wie  Deffner  wohl 
annahm  (s.  1894  S.  749),  über  das  Himmelreich,  sondern  in  einiger 
Entfernung  von  derselben.  Es  ist  übrigens  möglich ,  wie  dort  er- 
klärt ,  dass  es  sich  hier  gar  nicht  um  einen  Bruch ,  sondern  um 
eine  Erosionsfurche  handelt.  Ganz  sicher  ist  bei  den  zwei  Erken- 
brechtsweiler  Maaren  No.  30  und  31  nicht  die  von  Deffner  angenom- 
mene Bruchlinie  vorhanden ,  sondern  nur  eine  Erosionsfurche ,  wie 
1894  S.  719  dargethan  wurde. 

Im  Widerspruche  mit  meiner  Ansicht  könnte  es  weiter  zu 
stehen  scheinen,  wenn  Endriss^  über  das  Randecker  Maar  sagt,  dass 
dieses  Gebiet  von  Klüften  und  Spalten  durchsetzt  sei. 

Indessen    handelt    es    sich    hier   zunächst   überhaupt    nur    um 


^  Zeitschr.  d.  dentschen  geolog.  Ges.  Bd.  XLI.  1889.  S.  83  pp.  u.  Bd.  XLIV. 
1892.  S.  51—53. 


—     136     — 

kleinere  Zerklüftung,  nicht  etwa  um  grosse  Spalten;  und  nur  solche 
kann  man  doch  wohl  mit  Recht  im  Verdachte  haben ,  dass  durch 
sie  die  Schmelzmassen  aus  der  Tiefe  befreit  worden,  dass  auf  ihnen 
die  Schmelzmassen  aufgestiegen  seien.  Endriss  bemerkt  ganz  aus- 
drücklich \  indem  er  von  etwas  stärkerer  Zerklüftung  spricht:  „Be- 
sondere Verwerfungsspalten  konnte  ich  bis  jetzt  nicht  nachweisen." 

Auch  möchte  ich,  wie  schon  gesagt,  als  wahrscheinlich  an- 
nehmen, dass  die  Zerklüftung  der  Umgebung  dieses  und  so  auch 
etwaiger  anderer  Maare,  nicht  etwa  vor  seiner  Bildung  bereits  vor- 
handen war,  sondern  dass  sie  erst  infolge  derselben,  durch  die  Gas- 
explosionen entstanden  ist;  dass  sie  also  nicht  als  Ursache,  sondern 
als  Wirkung  des  Ausbruches  betrachtet  werden  muss. 

In  gleicher  Weise  würde  aber  auch  das  Auftreten  wirklicher, 
grosser  Spalten  in  einem  unserer  Maare  durchaus  noch  kein  Beweis 
dafür  sein,  dass  durch  diese  Spalte  die  Gase  und  der  Schmelzfluss 
entfesselt  wurden.  Allerdings  pflegt  man  in  der  Geologie  stets  mit 
einem  solchen  Schlüsse  bei  der  Hand  zu  sein.  Indessen  es  müsste 
doch  erst  in  jedem  Falle  nachgewiesen  werden,  dass  die  Spalte  wirk- 
lich vor  der  Bildung  des  Maares,  bezw.  Vulkanes,  bereits  vorhanden 
war.  Sie  könnte  ja  auch  ebensogut  erst  nach  der  Entstehung  des- 
selben sich  gebildet  haben.  Unsere  Maare  sind  in  mittelmiocäner 
Zeit  entstanden.  Die  gebirgsbildenden ,  also  spaltenerzeugenden 
Kräfte  haben  seit  dieser  langen  Zeit  unablässig  fortgewirkt  und  sind 
zweifelsohne  noch  heute  in  dieser  Thätigkeit  begriffen.  Warum  sollten 
also  solche  Brüche  nicht  erst  nach  mittelmiocäner  Epoche  sich  ge- 
bildet haben,  wenn  man  deren  in  unserem  Gebiete  fände?  Dem- 
jenigen, welcher  eine  Spalte  oder  Verwerfung  ohne 
Weiteres  als  Ursache  eines  zu  tertiärer  oder  gar  noch 
älterer  Zeit  erfolgten  Ausbruches  erklärt,  liegt  doch 
sicher  die  Verpflichtung  ob,  vorerst  nachzuweisen, 
dass  diese  Spalte  bereits  vor  der  Entstehung  des  Aus- 
bruches vorhanden  war.  Denn  andernfalls  fehlt  einem 
solchen  Ausspruche  doch  jene  zwingende  Beweiskraft, 
und  man  kann  zunächst  in  demselben  nur  den  Ausdruck 
der  allgemein  herrschenden  Lehrmeinung  sehen.  Damit 
will  ich  nicht  sagen,  dass  ich  diese  Beziehungen  zwischen  Spalten 
und  Vulkanen,  als  Ursache  und  Wirkung,  bestreite.  Das  kommt 
mir   gar   nicht   in   den  Sinn.     Ich  will  nur  einer  Verallgemeinerung 


'  Bd.  XLIV.  1892.  S.  52.  Anm.  1. 


—     137     — 

dieses  Satzes  entgegentreten,  da  ich  das  Vorhandensein  von  Spalten, 
auf  Grund  der  im  Gebiete  von  Urach  gemachten  Erfahrungen,  nicht 
als  conditio  sine  qua  non  für  die  Entstehung  von  Maaren  betrach- 
ten kan)v 

Über  eine  lange  Bruchlinie  auf  der  Alb  hat  Regelmann  in 
der  That  berichtet  (Fig.  b,  s.  1894  S.  515).  Sie  verläuft  auf  der  Grenze 
zwischen  der  Nord-  und  der  Mittelzone  der  Alb  und  in  ihrer  Ver- 
längerung liegen  der  Eisenrüttel  No.  38  und  der  Sternberg  No.  37^. 
.Die  Nordzone  fällt  nämlich  0,52*^  gegen  N.,  die  Mittelzone  0,98" 
gegen  S.  Diese  Ergebnisse  sind  jedoch  nicht  etwa  gewonnen  durch 
direkte  Beobachtung  des  Fallens  der  Schichten,  welche  die  Albhoch- 
fläche bilden.  Da  es  sich  hier  nämlich  um  ungeschichteten  €-Kalk 
handelt,  so  war  das  gar  nicht  möglich.  Es  war  auch  nicht  durch- 
führbar, im  Liegenden  des  e,  im  (J,  das  Fallen  zu  bestimmen,  da 
dieses  selbst  bisweilen  massig ,  vor  allem  aber  nicht  genügend  auf- 
geschlossen ist.  Es  gründet  sich  daher  die  Bestimmung  der  Bruch- 
linie, also  diejenige  des  Fallens,  nur  auf  die  Höhenlage  der  Spitzen 
der,  über  der  Hochfläche  aufragenden  ^-Massen.  Hier  tritt  aber 
natürhch  ein  unberechenbarer  Faktor  mit  ein :  die  Verwitterung. 
Da  durch  diese  die  eine  Spitze  mehr,  die  andere  weniger  abgetragen 
sein  muss,  so  kann  das  Ergebnis  ebenfalls  kein  genaues  sein. 

Wir  dürfen  also  nicht  vergessen,  dass  diese  so  gefundene  Grenz- 
linie zwischen  Nord-  und  Mittelzone  —  wie  ich  mündlicher  Mitteilung 
entnehmen  darf  —  nicht  etwa  durch  direkte  Beobachtung  als  ein 
Bruch  erkannt  wurde  bezw.  sich  überhaupt  erkennen  lässt,  welcher 
gerade  über  den  Eisenrüttel  No.  38  und  den  Sternberg'  No.  37 
verliefe.  Sondern  diese  Linie  ist  nur  konstruiert  mit  Hilfe  der  Be- 
obachtung, dass  auf  der  Nordzone  die  Spitzen  der  £-Berge  niedriger 
liegen  als  auf  der  Mittelzone  ^.  Der  genaue  Verlauf  der  Bruchlinie, 
deren  Dasein  ich  nicht  bezweifeln  will,  ist  mithin  keineswegs  über 
jene  beiden  vulkanischen  Punkte  hin  auch  wirklich  erwiesen.  Der 
Bruch  kann  sehr  wohl  in  gewisser  Entfernung  von  denselben  ver- 
laufen. 


^  Eegelmann,  Trigonometrische  Höhenbestimmungen  f.  d.  Atlasblätter 
Ehingen,  Laupheim,  Eiedliugen.     1877.  S.  124. 

^  Wenn  man  nämlich  in  der  Mittelzone  alle  Hauptspitzeu  der  «-Berge 
durch  eine  Ebene  verbindet,  so  ergiebt  sich  also,  dass  diese  Ebene  nicht  wage- 
recht liegt,  sondern  0,98°  nach  S.  fällt.  Anstatt  dass  nun  diese  nach  N.  ver- 
längerte Ebene  die  Spitzen  der  f-Berge  auf  der  N.-Zone  berührte ,  liegen  diese 
hier  viel  tiefer  als  sie  sollten. 


-     138     — 

Aber  selbst  wenn  wir  annehmen,  dass  dieser  Bruch  genau  beide 
Punkte  träfe :  Womit  ist  denn  bewiesen ,  dass  derselbe  bereits  vor 
oder  zu  mittelmiocäner  Zeit  erfolgte  ?  Er  kann  sich  sehr  wohl,  wie 
schon  oben  gesagt,  erst  nach  den  vulkanischen  Ausbrüchen  voll- 
zogen haben,  braucht  also  in  gar  keinem  Zusammenhange  mit  diesen 
zu  stehen. 

Abgesehen  von  den  besprochenen  Punkten  und 
dem  nachher  zu  besprechenden  Lauter -Bruche  kenne 
ich  bisher  keine  Brüche  in  unserem  vereinzelten  vulka- 
nischen Gebiete  von  Urach.  Wohl  wird  unter  dem  ganzen 
vulkanischen  Gebiete  von  Urach  in  der  Tiefe  ein  grosser  Hohlraum, 
ein  Herd  vorhanden  gewesen  sein,  in  welchem  die  Schmelzmassen 
sich  mehr  als  an  anderen  Orten  der  Erdoberfläche  genähert  befanden, 
an  welchem  sie  in  einem  höheren  Niveau  standen  als  anderwärts. 
Wohl  mögen  vielleicht  von  diesem  Herde  aus  verschiedene  klaffende 
Spalten  nach  aufwärts  in  die  Erdrinde  gegangen  sein,  in  welchen 
die  Schmelzmassen  abermals  höher  steigen  konnten.  Wohl  mögen 
auch  diese  Bruchlinien  hier  und  da  hinauf  bis  an  die  Erdoberfläche 
gereicht  haben.  Trotzdem  aber  scheint  es  mir,  dass  diesen  letzten  Teil 
ihres  Weges  zur  Erdoberfläche  unsere  Schmelzmassen  ganz  vor- 
wiegend auf  Kanälen  zurücklegten,  welchen  sie  sich  durch  ihre 
Gase  selbst  bohrten. 

Es  scheint  mir,  sage  ich ;  denn  ich  selbst  habe  bei  dieser  Ar- 
beit dem  Vorhandensein  von  Verwerfungen  nicht  genügend  nachgehen 
können,  da  nur  eine  vollständige  Neukartierung  des  ganzen  grossen 
fraglichen  Gebietes  den  gewünschten  Aufschluss  geben  könnte,  ich 
aber  mit  der  Untersuchung  der  zahlreichen  vulkanischen  Punkte 
vollauf  beschäftigt  war.  Das  Gebiet  ist  jedoch  bereits  geognostisch 
kartiert  und  man  sollte  doch  meinen ,  dass  von  den  betreff'enden 
Geologen  solche  Bruchlinien  festgestellt  worden  wären,  wenn  sie  eben 
aufträten.  Hierbei  habe  ich  nicht  im  Sinne,  die  von  Quenstedt  auf- 
genommenen betreff'enden  Blätter  unseres  Vulkan-Gebietes ;  denn  die 
grosse  Aufgabe ,  welche  der  hochverdiente  Forscher  sich  für  Würt- 
temberg gestellt  hatte,  war  eine  so  vorwiegend  paläontologisch-strati- 
graphische ,  dass  derartige  Fragen  ihm  in  den  Hintergrund  traten. 
Ich  denke  vielmehr  hierbei  nur  an  Deffner,  welcher  Blatt  Kirchheira 
u.  T.,  das  reichste  an  vulkanischen  Punkten  unseres  Gebietes, 
kartiert  hat. 

Es  ist  nun  geradezu  auffallend,  dass  Deffner,  welcher 
sicher  ein  feines  geologisches  Taktgefühl  für  das  Auf- 


—     139     — 

finden  von  Verwerfungen  besass,  in  seiner  Beschreibung 
des  Kartenblattes  Kirchheim  u.  T.  die  in  dem  nicht  vul- 
kanischen, nördlichen  Teile  des  Blattes  auftretenden 
Bruchlinien  ungemein  ausführlich  und  mit  ersichtlicher 
Liebe  beschreibt,  wogegen  er  in  dem  vulkanischen,  süd- 
lichen Teile  desselben  nur  einer  einzigen  Erwähnung 
thut.  Unmöglich  kann  das  auf  andere  Weise  gedeutet  werden,  als 
dass  er  hier  eben  keine  Brüche  und  Verwerfungen  gefunden  hat. 

Eine  Bestätigung  dieser  Auffassung  möchte  ich  auch  in  der 
Angabe  Deffner's^  finden,  „dass  in  dem  Gebiete  von  Metzingen  bis 
an  die  Kirchheimer  Lauter  überall  ein  Fallen  gegen  SO.,  konform 
mit  dem  allgemeinen  Schichtenfall  des  Landes"  gefunden  wurde; 
in  diesem  grösseren  Teile  unseres  vulkanischen  Gebietes  fehlen  also 
Verwerfungen.  Erst  zwischen  Lauter  und  Lindach  zeigte  sich  ein 
Fallen  nach  NNW.  Ungefähr  parallel  der  Lauter  müsste  man  also 
eine  Bruehlinie  annehmen.  Ostlich  von  dieser,  nach  Göppingen  hin, 
erhebt  sich  ein  Gewölbe  —  wie  Deffner  sagt  —  eine  in  Schwaben 
sonst  nirgends  beobachtete  Erscheinung.  Eben  diese  Aufwölbung 
der  Schichten  von  Albershausen  bedingt  es,  dass  am  W.-Rande  der- 
selben jenes  Fallen  nach  NNW.  stattfindet  ^. 

Der  Lauterbruch,  wie  ich  die  oben  angedeutete  Bruchlinie 
nennen  will,  setzt  sich  aber,  wie  es  scheint,  auch  nach  S.  in  den 
Körper  der  Alb  hinein  fort ,  indem  er  zwischen  der  Randecker  und 
Erkenbrechtsweiler  Halbinsel  hindurchzieht.  Die  Oberfläche  beider 
Halbinseln  besteht  wesentlich  aus  Weiss- Jura  d.  Während  nun  die 
höchsten  Höhen  dieses  d  auf  der  im  W.  gelegenen  Erkenbrechts- 
weiler Halbinsel  bis  zu  700,  731,  741,  744  m  aufragen,  erreichen 
diejenigen  der  Randecker  Halbinsel  eine  Höhe  von  732 ,  762 ,  800, 
803  m.  Es  ragt  also  das  d  der  Randecker  Halbinsel  bis  zu  rund 
60  m  höher  auf  als  dasjenige  der  Erkenbrechtsweiler^.  Diese  Ran- 
decker Halbinsel  liegt  aber  in  der  südsüdwesthchen  Fortsetzung  des 
Schichtengewölbes  von  Albershausen. 

Unser  vulkanisches  Gebiet  zerfiele  mithin  nach  Deffner 


^  Begleitworte  zu  Blatt  Kirchbeim  S.  55. 

^  Albershausen  liegt  auf  der  beigegebenen  Karte  rechts  obeu  iu  der  Ecke. 

^  Deffner  giebt  einen  Höhenunterschied  beider  Halbinseln  von  75  m  au 
(1.  c.  S.  5),  indem  er  die  Niveaudifferenz  beider  Hochflächen  ganz  allgemein  fest- 
stellt ;  ohne  also  hervorzuheben,  ob  er  J  gegen  J',  oder  auch  ö  gegen  s  betrachtet 
habe,  welches  letztere  auf  die  Kandecker  Halbinsel  noch  an  mehreren  Punkten 
aufgesetzt  ist. 


-     140     — 

durch  eine  ungefähr  von  N.  nach  S.  verlaufende  Bruch- 
linie in  zwei  ungleich  grosse  Hälften:  Eine  kleinere,  öst- 
liche, welche  sich  gegenüber  der  westlichen  in  grösserer 
Höhenlage  befindet.  Sie  besitzt  in  ihrem  nördlichen,  lias- 
sischen  Teile  den  Bau  eines  in  der  Sattellinie  aufgeplatzten 
Gewölbes^;  in  ihrer  südlichen  Fortsetzung  dagegen,  im 
Weiss-Juragebiete,  zeigt  sich  weder  Aufplatzung  noch 
überhaupt  Qewölbebau.  Die  grössere,  westliche  Hälfte 
des  Gebietes,  zwischen  Metzingen  und  Kirchheimer  Lauter, 
befindet  sich  gegenüber  jener  in  geringerer  Höhenlage, 
zeigt  jedoch  nach  Deffner  den  allgemeinen  Schichtenfall 
gegen  SO.  Man  möchte  daher  folgern,  dass  dieselbe  sich  in  un- 
gestörter Lagerung  befindet,  mindestens  keine  Brüche  besitzt.  Freilich 
auf  S.  58  redet  Deffner  von  „Kluftrichtungen"  in  dem  Gebiete  zwischen 
Lauter  und  Steinach,  sowie  von  da  rechts  und  links  der  Erms^, 
geht  jedoch  nicht  näher  auf  dieselben  ein,  während  er  sonst  richtige 
Bruchlinien  und  Verwerfungen  stets  ausführlich  beschreibt. 

Wenn  dereinst  eine  topographische  Grundlage  mit  Höhenkurven 
von  diesem  Gebiete  angefertigt  sein  sollte,  wird  es  gewiss  eine  dank- 
bare Aufgabe  sein,  die  architektonischen  Verhältnisse  dieses,  durch 
seine  interessanten  vulkanischen  Bildungen  ausgezeichneten  Land- 
striches ganz  genau  festzustellen.  Nach  dem  bis  jetzt  vorliegenden 
Beobachtungsmateriale  scheint  es  mir,  als  wenn  die  wenigen  Bruch- 
linien bezw.  Klüfte  unmöglich  herangezogen  werden  dürfen,  um  die 
grosse  Zahl  von  mehr  als  125  vulkanischen  Ausbruchsröhren  auf  sie 
zurückzuführen.  Es  hiesse  geradezu  den  Dingen,  einer  vorgefassten 
Schulmeinung  zuliebe,  Gewalt  anthun,  wenn  man  hier  so  zahl- 
reiche Spaltenlinien  zwischen  den  einzelnen  Ausbruchspunkten  kon- 
struieren wollte. 

Übrigens  aber ,  selbst  wenn  sich  hier  und  da  Spalten  nach- 
weisen lassen,  muss  man,  ich  wiederhole  das,  doch  erst  beweisen, 
dass  diese  vor  den  Ausbrüchen  da  waren ;  sie  können  ja  ebensogut 
erst  nach  denselben  entstanden  sein.  Die  Gebirgsbildung  bethätigt 
sich  auf  Erden,  im  besonderen  auch  im  südwestlichen  Süddeutsch- 
land, noch  heute,  wie  die  Erderschütterungen  beweisen ;  sie  hat  also 
sicher  auch  von  der  mittelmiocänen  Epoche  jener  Ausbrüche  bis  zum 
heutigen  Tage  gewirkt  und  Spalten  gebildet.    Die  Alb  hat  ferner  im 


'  s.  1.  c.  die  Figur  unten  in  der  Mitte  der  Deffner 'sehen  Tafel. 
^  Vergl.  auch  S.  54  oben. 


—     141     — 


Braun-Jura  und  Lias  einen  weichen,  vorwiegend  thonigen  Unterbau. 
Da  die  Schichtenköpfe  der  Braun- Jurathone  am  Steilabfalle  der  Alb 
freigelegt  sind,  zudem  viel  Wasser  aufnehmen,  so  können  sie  leicht 
durch  den  gewaltigen  Druck  der  auflastenden  harten  Weiss-Jura- 
schichten  etwas  herausgepresst  werden.  Die  Folge  davon  muss 
natürlich  ein  Zerbersten  dieser  auflagernden  Kalkbänke  sein.  Leicht 
mag  es  sein,  dass  ein  auf  solche  Weise  entstandener  Bruch  zufällig 
quer  über  ein  Tuffvorkommen  oben  auf  der  Alb  liefe  oder  gar  von 
dem  einen  zum  anderen.  Leicht  könnte  man  dann,  wie  man  sieht, 
sehr  mit  Unrecht,  geneigt  sein,  diese  harmlose  Bruchlinie  als  die 
Ursache  jener  vulkanischen  Ausbrüche  anzusehen. 

Doch  noch  ein  Weiteres:  Wenn  zahlreiche  mit  Verwerfungen 
verbundene  Spaltenbildungen  in  dieser  vulkanischen  Gegend  die 
Alb  durchsetzten,  so  müssten  dieselben  vor  allem  an  den  unvergleich- 
Uch  schönen  und  klaren  Aufschlüssen,  welche  der  Steilrand  der 
Alb  darbietet,  längst  erkannt  worden  sein.  Das  aber  gilt  nicht  nur 
von  solchen  Brüchen,  welche  rechtwinkelig  zum  Streichen  der  Alb, 
sondern  auch  von  solchen,  welche  parallel  demselben  verlaufen  würden. 
Denn  der  Steilrand  bildet  ja  keine  gerade  Linie,  er  ist  durch  zahl- 
reiche Thäler  gleich  einem  zerfetzten  Fahnentuche  so  stark  in  Fransen 
zerschnitten,  dass  auch  SW.— NO.,  also  parallel  mit  ihm  laufende 
Verwerfungen  an  den  einschneidenden  Thalrändern,  bezw.  an  den 
zahlreichen  Vorsprängen  längst  erkannt  wären.  Namenthch  würde 
wieder  Deffner  an  dem  vulkanreichen  Steilrande  auf  Blatt  Kirch- 
heim sie  gefunden  haben.  Er  selbst  hebt  aber  auch  hervor, 
dass  Schichtenstörungen  bei  den  Tuff  gangen  sehr  selten 


seien. 


Etwas  schwieriger  hegen  die  Dinge  oben  auf  der  Albfläche. 
Hier  deckt  eine  Humusschicht  das  kalkige  Gelände.  Aber  die  den 
verschiedenen  Stufen  des  Weissen  Jura  angehörigen  Kalke  lassen 
sich  der  Regel  nach  trotzdem  hier  leicht  unterscheiden.  Nun  weist 
Deffner  in  der  nördhchen,  bis  auf  Scharnhausen  No.  124  vulkan- 
losen, Hälfte  von  Blatt  Kirchheim  Verwerfungen  von  52  m  \  60— 70  m '^ 
und  130  m  ^Sprunghöhe  nach,  welche  alle  ungefähr  SO.— NW.  streichen, 
also  etwa  rechtwinkelig  zu  dem  südlich  davon  verlaufenden  Albrande 
stehen.  Um  wie  viel  mehr  müsste  er  nun  aber  in  dem  vulkanreichen 
südlichen  Teile  des  Blattes,  am  Steilabfalle  und    oben    auf   der    Alb 

^  Xeckarthailfingeu-Aich. 

^  Unterensingen-Horber  Wald. 

3  Altbach-Oberesslingen. 


—     142     — 

diese  Verwerfungen  gefunden  haben,  wenn  sie  in  dieses  Gebiet  hinein- 
setzten. Gerade  hier,  bei  den  Vulkanen,  sollte  man  eher  noch  viel  be- 
deutendere Sprunghöhen  erwarten,  wenn  Brüche  dort  vorhanden  wären. 

Diese  Überlegung  gilt,  wie  oben  gesagt,  von  Blatt  Kirchheim. 
Die  anderen  vulkanischen  Blätter  der  Karte,  welche  ersteres  im 
0.,  S.  und  W.  begrenzen,  sind  nicht  von  Deffner  aufgenommen, 
sondern  von  Qüenstedt,  welcher  ja  den  Schwerpunkt  seiner  Forschung 
auf  eine  andere  Seite  verlegte  als  diejenige  des  Vulkanismus  und 
der  Verwerfungen.  Man  würde  hier  also  eher  meinen  können,  dass 
letztere  nur  vernachlässigt,  aber  doch  vorhanden  wären.  Das  kann 
der  Fall  sein.  Aber  die  Analogie  gestattet  doch  den  Schluss,  dass 
auch  auf  diesen  Blättern  die  Dinge  ähnlich  liegen  werden,  wie  auf 
dem  von  ihnen  eingeschlossenen  Blatte  Kirchheim. 

Noch  zwei  weitere  Gründe  bestehen  indessen,  welche  gegen 
die  Annahme  sprechen,  dass  die  Ausbruchskanäle  der  Maare  nur  mit 
Hilfe  vorherbestandener  Bruchlinien  sich  bilden  konnten. 

Der  erste  liegt  darin,  dass  alle  diese  Ausbruchskanäle  senk- 
recht stehen,  nie  schräg  durch  die  Erdrinde  verlaufen.  So  ist  es 
im  Gebiete  von  Urach.  So  ist  es  auch  in  S. -Afrika;  denn  gleich- 
viel ob  die  17  dortigen  Diatremata  vulkanischen  oder  pseudovulkani- 
schen (s.  später)  Ursprunges  sind,  in  jedem  Falle  sind  sie  doch 
durch  aus  der  Tiefe  heraufwirkende  Gasexplosionen  entstanden. 
Senkrecht  stehen  diese  Kanäle,  wie  wir  sehen  werden,  auch  auf 
Java  und  in  Japan.  Eben  dasselbe  aber  gilt  auch  von  den  anderen 
Maargebieten  der  Erde,  an  welchen  wir  Trichterbildungen  als  oberstes 
Ende  der  Kanäle  kennen.  Nie  sind  diese  Trichter  auch  einmal  schräg 
gestellt.  Da  nun  aber  Spalten,  welche  die  Er  drin  de  durch- 
setzen, dies  in  allen  möglichen  Richtungen  bezw.  Nei- 
gungen thun,  so  müsste,  wenn  die  Ausbruchskanäle 
derMaare  nichts  anderes  als  erweiterte  Spalten  war  en, 
einTeildieserAusbruchskanäledieErdrinde  in  schräger 
Richtung  durchlaufen. 

Der  zweite  Beweisgrund,  welcher  ebenfalls  für  die  Unabhängig- 
keit dieser  Maarkanäle  von  den  Bruchlinien  der  Erdrinde  spricht, 
ist  der  folgende  indirekte  :  Wenn  die  Maarkanäle  nichts  anderes  als 
röhrenförmig  erweiterte  Spalten  wären,  so  müsste  die  Tufffüllung 
dieser  Kanäle  doch  auch  weit  in  die  Fortsetzung  der  Spalte  rechts 
und  links  von  dem  Kanäle  hineingedrungen  sein.  Man  bedenke  die 
Feinheit  der  Asche  und  die  ungeheure  Gewalt,  mit  welcher  sie  ge- 
blasen wurde.     Ein  Staubsturm  von  überirdischer  Heftigkeit  in    der 


143 


Erdrinde  wütend !  Weithin  wäre  die  feine  Tuffmasse  in  die  Spalten 
geblasen,  der  Querschnitt  aller  unserer  Tuffgänge  bei  Urach  müsste 
der  folgende  sein,  wie  ihn  Fig.  105  a  darstellt. 


Nie   aber  ist  er  ein   solcher.     Nicht  einmal   beim  Jusi  No.  55 
ist  entfernt  Ähnliches  vorhanden.    So  spricht  also  auch  dieser  Grund 
gegen    die  Abhängigkeit  unserer  Maarkanäle   von  gröberen  Spalten. 
Obgleich  wir  also    im  Gebiete    von  Urach  127  Aus- 
bruchskanäle von  Maaren  kennen,  wurden  doch  bisher 
kaum  bei  einigen   vereinzelten   derselben  Bruchlinien 
beobachtet.     Aber  auch    diese    sind    entweder   zweifel- 
haft, vielleicht  gar  nicht  vorhanden,  oder  sie  sind  viel- 
leicht dieFolge,  nicht  aber  die  Ursache  der  Ausbrüche. 
Die   grosse    Zahl   der    Ausbruchskanäle,    ihre   unregel- 
mässige Lage,  ihr  Auftreten  auf  einem  nur  20nMeilen 
grossen  Gebiete,    das   stellenweise   von   ihnen   wie    ein 
Sieb  durchlöchert  ist,  machen  aber  auch  die  Annahme 
geradezu  unwahrscheinlich,  dass  allen  diesen  127  Röhren 
Spalten   zu   Grunde   liegen.      Die    ganze   Platte    müsste 
nach  allen  Richtungen  hin  zertrümmert  sein.    Auch  der 
runde  oder  ovale,  nie  langgestreckte  Querschnitt,  sowie 
der  senkrechte  Verlauf  der  Kanäle  machen  solche  An- 
nahme  unwahrscheinlich,    da   unter   so    vielen  Spalten 
gewiss  einTeil  in  schräger  Richtungdie  Erdrinde  durch- 
setz en  müsste. 

Ebensowenig  wie  im  Gebiete  von  Urach  lassen  si  ch 
übrigens  für  die  Maare  der  Eifel,  die  (?Maar-)  Tuffgänge 
Gen tral-Schottlands  und  für  die  Diatremata  S.- Afrikas 
Bruchlinien  nachweisen.  Es  scheint  mithin,  dass  die 
vulkanischen  Kräfte  doch  die  Gewalt  haben,  sich  auf 
eine  beträchtliche  Länge  den  oberen  Teil  ihresWeges 
selbständig  durch  die  Erdrinde  zu  bahnen,  unabhängig 
von  gröberen  Bruchlinien  und  Verwerfungen.  Ob  viel- 
leicht doch  ganz  feine  Haarspalten,  als  Fortsetzung 
der    in    der   Tiefe    befindlichen    gröberen   Bruchlinien, 


-     144     — 

bis  an  die  Erdoberfläche  setzen  und  so  den  explodieren- 
den Gasen  den  Weg  anzeigen?  Wegen  der  stets  senk- 
rechten Stellung  der  Maarkanäle  scheint  aber  auch  das 
nicht  ganz  sicher.  Ebenso  spricht  das  Nichtvorhanden- 
sein tufferfüllter  langhinstreichender  Spalten  rechts 
und  links  von  der  Ausbruchsröhre  gegen  die  Abhängig- 
keit der  letzteren  von  ßruchlinien.  Die  allgemein  herrschende 
Lehre  fordert  freilich  das  Bekenntnis  einer  solchen  Abhängigkeit. 
Ich  gebe  auch  zu,  dass  Daubree's  Versuche  im  kleinen  nur  dann 
cylinderförmige  Durchbohrungen  der  Gesteinsstücke  von  selten  ex- 
plodierender Gase  ergaben  (s.  später),  wenn  vorher  feine  Haarspalten 
vorhanden  waren.  Ich  habe  daher  in  Obigem  das  Dasein  solcher 
feinen  Haarspalten  als  möghch  anerkannt,  obgleich  man  auch  hier 
fordern  müsste,  dass  dann  ein  Teil  unserer  Ausbruchskanäle  schräg 
durch  die  Erdrinde  setzen  würde.  Aber  zwischen  einer  solchen  feinen 
Haarspalte  und  den  Bruchlinien  und  Spalten,  welche  nach  allgemei- 
ner Annahme  notwendige  Vorbedingung  zum  Entstehen  vulkanischer 
Ausbrüche  sind,  besteht  doch  ein  gewaltiger  Unterschied.  Erstere 
mögen  vorhanden  sein,  letztere  scheinen  bei  uns  zu  fehlen;  jeden- 
falls darf  man  mindestens  ihr  Dasein  nicht  behaupten  wollen,  ohne 
es  zu  beweisen. 

Wie  weit  geht  nun  aber  diese  Unabhängigkeit  der  Kanäle  von 
Spalten,  bis  in  welche  Tiefe  hinab?  Das  lässt  sich  nicht  sagen. 
In  Centralamerika  sind  Maare  von  fast  400  m  Tiefe  beobachtet 
(s.  später).  In  der  Gruppe  von  Urach  lassen  sich  die,  ursprünglich  im 
Weiss-Jura  eingesprengt  gewesenen  Maare,  bezw.  deren  Kanäle,  bis 
in  den  Lias,  bei  Scharnhausen  No.  124  sogar  bis  in  den  Keuper 
hinab  verfolgen.  Das  ergiebt  also  eine  mindeste  Tiefe  von  6  bis 
800  m.  Wäre  der  Ausbruchskanal  bei  Scharnhausen  No.  124  nur 
ein  erweitert  ausgeblasener  Teil  einer  langgestreckten  Spalte ,  so 
müsste,  wie  wir  vorher  sahen,  auch  rechts  und  links  von  dem  Tuff- 
gange eine  langgestreckte  tuffige  Spaltenausfüllung  auftreten.  Eine 
solche  fehlt.  Auch  verläuft  dort  keine  Verwerfungslinie  durch  den 
Tuffpunkt.  Folglich  ist  selbst  dieser  tiefst  erodierte ,  tufferfüllte 
Kanal  unabhängig  von  einer  Bruchlinie  der  Erdrinde  entstanden, 
nur  durch  die  Gewalt  der  Gase  ausgeblasen. 

Da  wir  nun  aber  in  so  vielen  Fällen  die  Abhängigkeit  der  Vul- 
kane von  Bruchlinien  der  Erdrinde  kennen,  so  werden  wir  die  Frage 
aufwerfen  müssen,  ob  das  in  einer  gewissen  Tiefe  nicht  doch  auch 
von  unseren  Maarkanälen  gilt.    Man  kann  sich  ja  vorstellen,  dass  auch 


-     145     — 

hier  der  Schmelzfluss  in  den  tieferen  Regionen  der  Erdrinde  auf 
breiten  Spalten  aufstieg.  Dass  aber  dann  in  einer  gewissen  Höhe 
die  im  Schmelzflüsse  absorbierten  Gase  die  Kraft  besassen,  die  über- 
liegende Erdrinde  ohne  weitere  Hilfe  von  Spalten  oder  doch  nur  mit 
Hilfe  von  Haarspalten  zu  durchschiessen,  und  zwar  auf  eine  mindeste 
Dicke  von  800  m. 

Ich  mache  nun  aber  wiederum  aufmerksam  darauf,  dass  in  der 
Gruppe  von  Urach  127  solcher  Kanäle  verteilt  sind  auf  einem  Räume 
von  20  QMeilen.  Hier  dichter  geschart,  dort  weniger  dicht,  in  allen 
Fällen  aber  wirr  durcheinander,  ohne  sicher  erkennbaren  Verlauf 
einer  Spalte.  Wenn  daher  jene  Annahme  einer  in  der  Tiefe  befind- 
lichen Spalte  das  Richtige  trifft,  so  muss  dieselbe  eine  solche  Breite 
besitzen,  wie  der  Breite  des  ganzen  von  den  127  Kanälen  durch- 
schossenen Streifens  entspricht.  Dieser  hat  37  km  Länge  und  45  km 
Breite,  wenn  wir  zwischen  den  äussersten  Endpunkten  messen,  andern- 
falls etwa  37  und  30  km.  Es  müsste  also  eine  ungeheuer  breite 
Spalte  in  der  Tiefe  klaffend  und  mit  Schmelzfluss  erfüllt  gewesen 
sein.  Bei  solcher  Breite  dürfte  man  aber  gar  nicht  mehr  von  einer 
Spalte  sprechen,  sondern  von  einer  grossen  Höhlung,  in  welche  der 
Schmelzfluss  hinaufgedrungen  war. 

Vielleicht  entstand  eine  solche  Höhlung  durch  die  Durchkreu- 
zung zweier  sehr  breiten  Spalten  in  der  Tiefe.  An  und  für  sich  ist 
die  Annahme,  dass  gewisse,  in  der  Tiefe  entstandene  Bruchlinien 
der  Erdrinde  nicht  die  Oberfläche  erreichen,  genau  ebenso  berechtigt 
und  gewiss  thatsächlich  richtig,  wie  die  zweifellose  Thatsache,  dass 
andere,  von  der  Erdoberfläche  aus  entstandene  Bruchlinien  hier  mehr, 
dort  weniger  tief  hinabsetzen. 

Trifft  diese  Überlegung  das  Richtige,  so  haben  wir 
in  verhältnismässig  geringer  Tiefe,  zur  Zeit  der  Aus- 
brüche, eine  grosse  Höhlung  von  37  und  45bezw.  30  km 
Durchmesser  erfüllt  mit  sehr  gasreichem  Schmelzfluss, 
und  von  dieser  ausgehend  127  Kanäle,  welche  von  den 
Gasen  selbständig  und  senkrecht  durch  die  Decke  der 
Höhle  gebohrt  wurden.  Jetzt,  nach  der  Erstarrung, 
bildet  dieser  Schmelzfluss  in  der  Tiefe  eine  grosse 
kuchenförmige  Masse.  Ist  es  denkbar,  dass  die  von 
Mandelsloh  und  Degen  im  Bohrloch  zu  Neuffen  beobachtete 
auffallend  starke  Wärmezunahme  (s.  1894  S.  607)  sich 
noch  heute  auf  diese  so  hoch  emporgedrungene  Schmelz- 
masse zurückführen  lässt? 

Jahreshefte  d.  Vereins  f.  vaterl.  Naturkunde  in  Württ.  1895.  10 


—     146     — 

Dieser  hier  entwickelten  Anschauung  hinsichtlich  des  Fehlens 
von  eigentlichen  Spalten  in  unserem  Gebiete  widerspricht  nun  aller- 
dings die  folgende  von  Deffner  ausgesprochene  Ansicht. 

Derselbe^  schreibt  nämlich  das  folgende:  „Auf  einen  Punkt 
aber  ist  schon  hier  aufmerksam  zu  machen,  da  er  auf  keinem  der 
andern  Blätter  so  klar  hervortritt.  Die  deutlicher  aufgeschlossenen 
Tuffspalten  zeigen  übereinstimmend  eine  beträchtliehe  Divergenz  der 
Spaltenwände  gegen  die  Tiefe  zu,  und  verschwinden  auf  der  Hoch- 
fläche der  Alb  oft  gänzhch.  Wir  erinnern  an  den  Basaltgang  auf 
der  Urach-Grabenstetter  Steige  und  die  bis  auf  die  Höhe  reichende 
Tuffspalte  von  Gutenberg,  welche  beide  die  Hochfläche  nur  in  0,8  m 
Breite  durchdringen,  während  die  auf  der  Schopflocher  Seite  liegen- 
den Gangstücke  auf  dem  Plateau  gar  nicht  mehr  zur  Oberfläche 
gelangen.  Wenn  man  die  Erweiterung  der  Spalten  gegen  die  Tiefe 
nach  diesen  Beispielen  als  eine  allgemeinere  Erscheinung  auffasst, 
so  ergäbe  sich  daraus,  dass  im  jetzigen  Körper  der  Alb  weit  mehr 
derartige,  mit  Tuffen  ausgefüllte  Spalten  eingeschlossen  sein  müssen, 
als  heute  an  der  Oberfläche  erkennbar  sind.  Dies  bestätigt  sich 
durch  die  vergleichsweise  weit  grössere  Zahl  der  vulkanischen  Punkte 
im  Vorlande  der  Alb  gegen  diejenige  der  auf  dem  Plateau  bekannten. 
Vergleicht  man  in  planimetrischer  Abmessung  der  beiden  vulka- 
nischen Gebiete  die  Anzahl  der  auf  denselben  auftretenden  Erup- 
tionspunkte,  so  ergeben  sich  im  Vorlande  etwa  2^2 — 3  mal  so  viel 
vulkanische  Durchbrüche,  als  auf  der  Hochfläche  der  Alb.  Da  aber 
eine  Abnahme  der  vulkanischen  Thätigkeit  gegen  Südost  keineswegs 
angezeigt  ist,  so  kann  die  kleinere  Verhältniszahl  der  Ausbrüche 
auf  der  Hochfläche  nur  davon  herrühren ,  dass  ein  grosser  Teil  der- 
selben nicht  bis  oben  durchdringt,  sondern  noch  latent  im  Körper 
der  Alb  steckt.  Wir  haben  uns  deshalb  den  letzteren  von  einer 
sehr  grossen  Zahl  von  Spalten  durchzogen  zu  denken,  von  denen 
wohl  nur  der  kleinere  Teil  bis  zur  Oberfläche  mit  vulkanischen 
Stoffen  ausgefüllt  ist,  welche  deshalb  erst  bei  fortschreitender  Denu- 
dation allmählich  ans  Tageslicht  gelangen  werden." 

Ich  kann  mich  einer  solchen  Ansicht  in  keinem  Punkte  an- 
schliessen,  wir  müssen  daher  die  von  Deffner  angeführten  Beweis- 
gründe der  Reihe  nach  besprechen. 

Zunächst  möchte  ich  hervorheben,  dass  Deffner  wohl  gar  nicht 
zu  einer  solchen  Vorstellung  gekommen  wäre,  wenn  er  unsere  Aus- 


Besrleitworte  zu  Blatt  Kirchlieim.  S.  41. 


—     147     — 

bruchskanäle  als  solche  und  in  ihrer  Beziehung  zu  Maaren  richtig 
erfasst  hätte,  wenn  er  also  nicht  stets  irrtümlicherweise  von 
„Spalten"  in  unserem  Gebiete  spräche.  Es  liegen  hier  eben  keine 
langgestreckten  Spalten  vor,  sondern  röhrenförmige,  durch  Explosion 
entstandene  Kanäle  rundlichen  oder  ovalen  Querschnittes.  Deffner 
nahm  eben  als  selbstverständlich  an,  dass  Spalten  als  Ursache  der 
Ausbrüche  vorhanden  sein  müssten.  Infolge  dieser  vorgefassten 
Meinung  zeichnet  ja  auch  Deffner  mehrfach  irrtümlich  langgestreckte 
Tuffgänge  ein ,  während  solche  gar  nicht  vorliegen ;  wie  das  auf 
S.  111,   134  fe.  dargethan  ist. 

Nun  gebe  ich  sehr  gern  zu,  dass  die  durch  gebirgsbildende 
Kräfte  entstandenen  langgestreckten  Spalten,  von  welchen  die  Erd- 
rinde durchsetzt  wird,  eine  ganz  verschiedene  Tiefe  haben  können. 
Wenn  sie  von  der  Tagesfläche  an  aufreissen,  so  können  sie  mehr 
oder  weniger  tief  hinabsetzen.  Wenn  sie  dagegen  umgekehrt  in 
der  Tiefe  entstehen,  so  können  sie  mehr  oder  weniger  weit  in  die 
Höhe  dringen ;  sie  können  hierbei  die  Erdoberfläche  erreichen  oder 
aber  weit  unterhalb  derselben  bereits  sich  auskeilen. 

Wenn  daher  in  solche  Spalten  von  unten  her  flüssige  Gesteins- 
massen eindringen,  welche  dann  als  Basalt  z.  B.  erstarren,  so  können 
dieselben  im  ersteren  Falle  bis  an  die  Tagesfläche  steigen ;  im  letz- 
teren müssen  sie  dagegen  mit  dem  Schlüsse  der  Spalte  ebenfalls 
aufhören.  Das  ist  ja  eine  ganz  geläufige  Anschauung,  welche  sich 
vielmals  durch  Erfahrung  bestätigt.  Mit  fortschreitender  Abtragung 
der  Erdoberfläche  werden  daher  immer  tiefere  Eruptivgänge  und 
Eruptivstöcke  freigelegt,  welche  bisher  nicht  über  Tage  sichtbar  waren. 

Dementsprechend  mag  denn  auch  der  langgestreckte  Basalt- 
gang No.  126  bei  Grabenstetten  die  Ausfüllung  einer  solchen  Spalte 
sein,  welche  nach  oben  sich  auskeilt  und  nach  unten  breiter  wird. 
Wenn  Deffner  aber  gerade  diesen  als  Beweis  anführt,  so  thut  er 
das  eben  iu:r,  weil  er  den  tiefergreifenden  Unterschied  zwischen 
solchen  Spalten  und  unseren  röhrenförmigen  Explosionskanälen  gar 
nicht  erfasst  hat.  Man  kann  natürlich  nicht  das  Verhalten  einer 
Spalte,  einer  Bruchlinie,  als  Beweis  für  dasjenige  einer  solchen  Ex- 
plosionsröhre anführen. 

Es  besteht  aber  nicht  nur  in  der  Entstehungsweise  jener  Spalten 
und  dieser  Explosionskanäle  ein  grosser,  tiefgreifender  Unterschied, 
sondern  auch  in  ihrer  Füllmasse.  Dort  handelt  es  sich  um  feste 
Eruptivgesteine,  wie  Basalte.  Hier  liegen  in  unserem  Gebiete  (fast) 
nur  Tuffe  in  den  Kanälen. 

10* 


—     148     — 

Nun  will  ich  auch  hier  zugeben,  dass  man  sich  vorstellen  kann, 
wie  eine  Spalte,  welche  aus  der  Tiefe  nicht  bis  an  die  Tagesfläche 
hindurchsetzt,  sich  von  unten  her  mit  vulkanischem  Tuff  erfüllt. 
Im  Schmelzflusse  entstehen  Gasexplosionen,  diese  zerschmettern  den- 
selben und  füllen  die  Spalte  mit  Asche.  Da  die  Spalte  nicht  bis  zu 
Tage  ausstreicht,  so  thut  das  natürlich  auch  nicht  der  in  ihr  auf 
solche  Weise  entstandene  Tuffgang. 

Auch  das  will  ich  weiter  zugeben,  dass  dieser  Tuff  eine  Breccie 
sein  kann,  erfüllt  mit  Bruchstücken  des  Nebengesteines.  Aber  — 
nie  wird  in  einer  tufferfüllten  Spalte,  welche  beispielsweise  von  unten 
her  nur  bis  in  den  obersten  Braun-Jura  hinauf  reicht,  auch  nur  ein 
einziges  Stück  von  Weiss- Jura  liegen  können,  geschweige  denn  eine 
so  unzählbare  Menge  von  Weiss-Jurastücken  aller  Stufen  bis  hinauf 
zum  5,  wie  das  bei  allen  unseren  Tuffen  der  Fall  ist!  Dieser  eine 
Grund  allein  genügt,  um  die  Vorstellung  Deffner's  z u 
Falle  zu  bringen,  dass  die  tuff erfüllten  Spalten  in 
unserem  vulkanischen  Gebiete  zum  Teile  gar  nicht  die 
Erdoberfläche  erreicht  hätten,  also  erst  bei  tiefer- 
greifender Erosion  freigelegt  würden. 

Nun  führt  zwar  Deffner  noch  einen  zweiten  Beweis  für  seine 
Ansicht  an.  Es  ist  das  Verhalten  des  vierten  Ganges  an  der  Guten- 
berger  Steige  No.  45.  1894  auf  S.  765  habe  ich  dargelegt,  dass  hier 
allerdings  der  Anschein  obwaltet,  als  wenn  der  Tuffgang  nicht  ganz 
bis  an  die  Tagesfläche  ausstriche,  sondern  einige  Fuss  unterhalb  der- 
selben bliebe.  Allein  man  kann  die  auf  ihm  lagernden  Kalkmassen 
auch  sehr  wohl  als  nicht  anstehend  auffassen,  also  als  Schutt,  welcher 
auf  dem  Kopfe  des  wirklich  zu  Tage  ausstreichenden  Tuffganges 
liegt.  Sicher  zu  entscheiden  wage  ich  das  nicht;  möglicherweise 
könnte  Deffner  in  diesem  einen  Falle  recht  haben.  Nur  irrt  er, 
wenn  er  diesem  Gange  die  geringe  Mächtigkeit  von  0,3  m  zuschreibt, 
welche  allerdings  bei  einem  Tuff'gange  sehr  auffällig  sein  würde 
Dieselbe  beträgt  nicht  weniger  als  90  Schritte ! ,  wie  sich  durch  ge- 
naues Absuchen  des  Aufschlusses  im  Graben  ergab.  Wir  stehen  an 
dieser  Stelle  am  Kontakt  zwischen  Tuff  und  Weiss-Jura  und  die 
Grenze  ist  keine  ganz  geradlinige ;  daher  verschwindet  der  Tuff 
streckenweise. 

Drittens  macht  nun  Deffner  für  seine  Ansicht  an  anderer 
Stelle  geltend,  dass  auch  die  beiden  Gänge  an  der  Diepoldsburg 
No.  40  und  beim  Engelhof  No.  41  in  solcher  Weise  durch  eine  unter- 
irdische   Spalte,    welche    nicht   zu  Tage  ausstreicht,    in  Verbindung 


—     149     — 

ständen.     1894  auf  S.  749  dieser  Arbeit  habe  ich  gezeigt,  dass  das 
entschieden  nicht  der  Fall  ist. 

In  letzter  Linie  stützt  Deffner  seine  Ansicht  darauf,  dass  auf 
gleicher  Fläche  im  Vorlande  2^1^ — 3 mal  so  viel  Gänge  lägen,  als 
auf  der  Alb.  Sehen  wir  uns  das  genauer  an.  Wir  haben  im  Vor- 
lande 53  Gänge ;  auf  der  Alb  38  und  auf  ihrem  Steilabfall  32,  also 
zusammen  70  Gänge.  Trotzdem  mithin  die  Alb  eine  Überzahl  von 
17  Gängen  besitzt,  sind  auf  ihr  allerdings  dieselben  weniger  dicht 
geschart,  als  im  Vorlande.  Dass  letzteres  aber,  wie  Deffner  sagt, 
2^/2 — 3  mal  dichter  damit  besäet  ist,  lässt  sich  gar  nicht  so  hinstellen. 
Wenn  man  das  ganze  Vorland  rechnet  bis  hin  zum  Kraftrain  No.  76  im 
äussersten  NO.  und  Scharnhausen  No.  124  im  äussersten  NW.,  so 
ist  Deffner's  Behauptung  entschieden  falsch;  denn  diese  Fläche  ist 
zwar  nicht  ebenso  gross  wie  die  betreffende  der  Alb ,  aber  doch 
vielleicht  nur  72  kleiner  und  besitzt  53  Gänge  gegenüber  jenen  70. 
Wenn  man  dagegen  auf  das  dicht  durchlöcherte  Gebiet  nördlich  und 
westlich  des  Jusi  bhckt,  dann  hat  Deffner  recht;  denn  dieses  ist 
noch  viel  mehr  als  3  mal  so  dicht  besäet  denn  die  Alb. 

Die  Lösung  dieser  Frage  ist  daher  meines  Erachtens  noch  die 
folgende :  Nicht  das  Vorland  ist  dichter  besetzt  mit  Eruptivmassen 
als  die  Alb,  sondern  sowohl  auf  dem  Vorlande  als  auch  auf  der  Alb 
lässt  sich  je  eine  Stelle  finden ,  auf  welcher  dieselben  dichter  ge- 
schart sind.  Das  ist  für  das  Vorland  das  genannte  Gebiet  N.  und 
W.  vom  Jusi  und  für  die  Alb  das  Gebiet  um  Urach,  d.  h.  S.  und  0. 
vom  Jusi.  Also  um  die  riesige  Masse  desJusiherum  sind 
die  Durchbruchskanäle  zahlreicher  entstanden;  weiter 
von  ihm  entfernt  sparsamer.  Nahe  dem  Jusi  (Rangen- 
bergle  No.  120,  Florian  No.  101,  Höslensbühl  No.  118)  sind 
auch,  wie  wir  sahen,  die  Granite  am  massenhaftesten 
ausgeworfen.  Beides  weist  darauf  hin,  dass  hier  eben 
die  stärkste  vulkanische  Thätigkeit  das  Centrum  der- 
selben war. 

Möglicherweise  spielt  aber  auch  noch  ein  anderer  Grund  in 
diese  Erscheinung  hinein :  Im  Vorlande  der  Alb  markieren  sich 
die  Tuffgänge  meist  als  Erhebungen.  Oben  auf  der  Alb  sind  sie 
unter  der  Ackererde  und  unter  Schuttmassen  versteckt.  Hier  sind 
sie  daher  schwerer  zu  finden,  hier  kennen  wir  manche  noch  nicht. 
Ihre  Zahl  ist  hier  also  vielleicht  eine  grössere  als  sie  uns  zu  sein 
scheint. 

Aber    die    Annahme   Deffner's    von    den    tufferfüllten   Spalten, 


—     150     — 

welche  nicht  bis  an  die  Oberfläche  der  Alb  reichen  sollen,  wird  auch 
noch  durch  folgende  Überlegung  geschlagen:  Solange  man  mit 
Deffner  von  „Spalten"  spricht,  kann  man  zu  seiner  Auffassung  ge- 
langen. Sowie  man  aber  erkannt  hat,  dass  es  sich  um  Kanäle 
handelt,  welche  durch  die  feste  Erdrinde  hindurchgeschossen  wurden, 
ist  solche  Auffassung  unmöglich.  Oder  soll  man  annehmen ,  dass 
jene  Kräfte  explodierender  Gase,  welche  sich  eine  Röhre  durch  die 
ganze  dortige  Dicke  der  Erdrinde  hindurch  ausbliesen,  auf  den  letzten 
50  oder  100  m  ihres  Weges  erlahmt  wären  und  nicht  mehr  die 
Kraft  gehabt  hätten,  bis  an  die  Tagesfläche  durchzubrechen?  Das 
ist  ganz  undenkbar  und  darum  kann  Deffner's  Ansicht  nicht 
richtig  sein,  dass  sich  die  Ausbruchskanäle  unseres 
Gebietes  nach  unten  zu  erweitern.  Im  Gegenteil,  sie 
verengern  sich  nach  unten,  wie  früher  (S.  110)  gezeigt 
worden  ist;  es  sind  auch  gar  keine  Spalten,  sondern 
röhrenförmige  Kanäle,  also  etwas  ganz  anderes  als 
Deffner  vorschwebte. 

Bereits  im  Jahre  1886  ist  F.  Löwl^  für  die  Unabhängigkeit 
der  Vulkane  von  den  Spalten  eingetreten.  Dass  die  Vulkane  vor- 
zugsweise auf  solchen  Schollen  der  Erdrinde  sitzen,  welche  von 
Bruchhnien  durchzogen  sind,  das  wird,  so  sagt  Löwl,  niemand  be- 
streiten. „Aber  wenn  eine  Bruchregion  der  Schauplatz  vulkanischer 
Ausbrüche  ist,  so  folgt  daraus  noch  nicht,  dass  diese  Ausbrüche  an 
die  einzelnen  Bruchlinien  gebunden  sind."  Bei  dem  hohen  Gebirgs- 
drucke,  welcher  bereits  in  geringer  Tiefe  in  so  hohem  Maasse  herrscht, 
dass  nach  Heim  die  harten  Gesteine  plastisch  werden,  kann  sich,  so 
schliesst  Löwl  gewiss  mit  vollstem  Rechte  weiter,  überhaupt  gar 
keine  Spalte  offen  erhalten.  Es  bleibt  mithin  nur  die  Annahme 
übrig,  dass  die  Schmelzmassen  sich  dennoch  unabhängig  von  Spalten 
einen  Weg  durch  die  Erdrinde  zu  bahnen  vermögen;  den  zweifellosen 
Beweis  dafür  sieht  er  in  dem  Verhalten  der  Lakkolithe  Nordamerikas, 
bei  welchen  er  die  Biegung  der  den  Eruptivkuchen  umwölbenden 
Schichten  nicht,  wie  Süess,  auf  Höhlenraumbildung ,  sondern  mit 
Gilbert  auf  die  Thätigkeit  des  Magmas,  bezüglich  der  auf  letzteres 
wirkenden  Druckkräfte  zurückführt. 

Wenn  man  nun  meinen  möchte,  dass  unter  solchen  Umständen 
Löwl  der  Ansicht  ist,  dass  die  im  Schmelzflusse  absorbierten  Gase 
durch    ihre    explosive   Arbeit    den   Schlot   quer    durch   die   Erdrinde 

'■  Spalten  und  Vulkane.  Jahrb.  der  k.  k.  geol.  Reichsanstalt.  Bd.  XXXVI. 
1886.  S.  315. 


—     151     — 

öffnen,  so  wäre  man  im  Irrtum.  Er  will  im  Gegenteil  denselben 
nur  die  Rolle  einer  Begleiterscheinung  zuschreiben.  Die  wahre  Ur- 
sache des  Aufsteigens  des  Schmelzflusses  ist  nach  ihm  vielmehr  zu 
suchen  „in  dem  örthch  gesteigerten  Drucke  der  Erstarrungskruste". 
Wodurch  diese  Druckunterschiede  hervorgerufen  werden,  darauf  ver- 
mag er  freilich  keine  Antwort  zu  geben. 

Nach  LöwL  erzeugt  also  eine  noch  unbekannte  Kraft  einen 
Druck  auf  die  Schmelzmassen,  so  stark,  dass  sie  durch  die  Erdrinde 
hindurchgedrückt  werden.  Ich  kann  mich  dieser  Ansicht  in  solcher 
Form  doch  nicht  gänzlich  anschliessen,  denn  ein  jeder  der  mehr  als 
120  Ausbruchskanäle  unseres  Gebietes  beweist,  dass  hier  niemals 
der  Schmelzfluss  ^  an  die  Oberfläche  emporgedrückt  worden  ist.  Son- 
dern dass  die,  aus  dem  in  der  Tiefe  verbleibenden  Schmelzflusse 
entweichenden  Gase  sich  die  Kanäle,  oft  zu  zweien  nahe  beiein- 
ander, durch  die  Erdrinde  gebahnt  haben.  Das  hat  für  eine  gewisse 
Tiefe  bezw.  Dicke  der  Erdrinde  unzweifelhafte  Gültigkeit.  Wohl 
aber  bin  ich,  wie  ja  auf  S.  145  dargelegt,  der  Ansicht,  dass  in  nicht 
zu  grosser  Tiefe  unter  unserem  Gebiete  ein  grosser  Schmelzherd  sich 
befunden  hat,  von  dem  aus  die  Gase  sich  ihre  127  Röhren  durch 
die  Erdrinde  bahnten.  Die  Ursache  nun,  welche  hier  die  Schmelz- 
massen so  hoch  in  der  Erdrinde  aufsteigen  machte,  die  mag  in  jener 
unbekannten  Druckkraft  gesucht  werden. 

Wenn  also  Löwl  mit  Reyer^  sagt:  „Für  unseren  Planeten  sind 
die  Zeiten  des  Spratzens  für  immer  vorbei",  so  gilt  das  eben  doch 
nicht  für  die  oberen  Schichten  der  Erdrinde ;  denn  wenn  der  Schmelz- 
fluss hoch  genug  hinaufgestiegen  oder  gedrängt  ist,  dann  sind  es 
doch  seine  Gase,  welche  durch  ihre  Spra'tzthätigkeit  sich  Röhren 
durch  diese  oberen  Schichten  hindurchschlagen. 

Ausser  der  Frage  nach  dem  Vorhandensein  oder  Fehlen  von 
Verwerfungen  und  Spalten,  auf  welche  man  die  Entstehung  der 
zahlreichen  Ausbruchskanäle  unseres  Gebietes  zurückführen  könnte 
oder  nicht,  tritt  uns  nun  auch  die  weitere  Frage  entgegen,  ob  unser 
ganzes  vulkanisches  Gebiet  in  einem  Einsturzkessel  liegt  oder  nicht. 
Wie  schon  1894  auf  S.  674  und  675  angedeutet,  hat  bereits  Graf 
Mandelsloh  eine  derartige  Versenkung  auf  seiner  Karte  der  Alb  an- 
gegeben ;  doch  scheint  sich  dieselbe  nur  auf  das  Vorland  derselben 
beziehen  zu  sollen,  denn  auf  der  Oberflächenlinie  der  Alb  ist  nichts 


'  Abgesehen  von  einigen  Kanälen,  welche  mit  Basalt  erfüllt  sind. 
^  Beitrag  zur  Physik  der  Eruptionen.  S.  59. 


—     152     — 

von  einer  solchen  zu  sehen ;  auch  spricht  das  Verhalten  der  Schichten 
an  der  östlichen  Verwerfungskluft  seines  Profiles  bei  Lorch  dagegen. 
Deffner  dagegen  zieht  auch  die  Alb  in  diese  Versenkung  hinein, 
indem  er  sagt  ^ :  „Das  specifisch  vulkanische  Gebiet  aber  zwischen 
Engstingen  und  Grabenstetten  bildet  eine  tiefe  Einsenkung  von 
durchschnittlich  100  m  zwischen  der  Münsinger  Hardt  und  den 
östlich  Erpfingen  sich  erhebenden  Höhen.  Dass  diese  Emsenkung 
sich  bis  an  den  Neckar  erstreckt  und  in  der  Köngener  Mulde  und 
bei  Plochingen  ihren  tiefsten  Punkt  erreicht"  wird  dann  von  Deffner 
an  anderer  Stelle  ^  besprochen.  Es  muss  einer  späteren  Arbeit, 
welcher  eine  Karte  mit  Höhenkurven  zu  Gebote  steht,  überlassen 
bleiben,  diese  Frage  zu  entscheiden. 

Die  Denudationsreihe  ^  der  Maare   und  ihrer   in   die  Tiefe 
hinabsetzenden,  tuff-  und  basalterfüllten  Kanäle. 

Stratovulkane  und  homogene  Vulkane. 

Allgemeinere  Bemerkungen  über  die  Denudation  unserer  Tuffgänge.  Verschiedene 
Widerstandsfähigkeit  derselben  im  Vergleiche  zu  den  sie  einschliessenden  Sedi- 
mentärschichten. Die  von  Deffner  aufgestellten  beiden  Gesetze.  Das  erste  ist 
selbstverständlich,  das  zweite  besteht  gar  nicht.  Ganz  oder  fast  ganz  ein- 
geebnete Tuffgänge.     Kegelförmig  aufragende  Tuffgänge. 

Specielle  Denudationsreihe  der  Maare  und  Maartuff'gänge.  A.  Die  Maare  oben 
auf  der  Alb.  I.  Völlig  unverletzte  Maare,  II.  Etwas  verletzte.  Rand  nicht 
mehr  ganz  vollständig  erhalten ;  ein  Abflussthal  in  denselben  eingesägt ;  Zu- 
fluss-  und  Abflussthal.  Maarkessel  als  Ausbuchtung  eines  grossen  Erosions- 
kessels, ni.  Maarkessel  mehr  oder  weniger  bis  zur  Unkenntlichkeit  zerstört : 
In  einem  grossen  Erosionskessel  verschwunden;  auf  andere  Art  eingeebnet. 
Der  Kopf  des  Tuffganges  beginnt  sich  als  Erhöhung  über  die  Erdoberfläche 
zu  erheben. 

B.  Die  Vorkommen  amSteilab  falle  derAlb  und  imVor  lande  der- 
selben. I.  Noch  deutlich  erkennbare  Maare.  II.  Maartuffgänge,  senkrecht 
angeschnitten,  Maarkessel  verschwunden.  Verschiedene  Stadien  der  Blossleguug 
und  Abschnürung  von  der  Alb  bis  zum  vereinzelt  aufragenden  Kegel.  Zukunfts- 
bild unserer  Tuff  berge;  Verallgemeinerung  desselben. 

In   der   grossen   Zahl   von  Vulkanen,    welche   die   Erde   trägt, 
unterschied  man  früher  nach  v.  Seebach  die  Stratovulkane  und   die 


^  Begleitworte  zu  Blatt  Kirchheim  S.  5. 

-  1.  c.  S.  55  pp. 

^  Der  treffende  Ausdruck  „Denudationsreihe"  wurde  von  Suess,  Antlitz 
der  Erde.  Bd.  I.  S.  190,  angewendet,  um  damit  die  Reihenfolge  der,  nacheinander 
sich  an  der  jedesmaligen  Erdoberfläche  zeigenden  vulkanischen  Gesteinsmassen 
zu  bezeichnen ,  welche  sich  ergiebt ,  wenn  die  Erdoberfläche  durch  Denudation 
mehr  und  mehr  abgetragen  wird. 


—     153     — 

homogenen  Vulkane.  Neuere  Geologie  hat  gezeigt,  dass  beide,  ob- 
gleich von  sehr  verschiedenartiger  äusserer  Erscheinung,  doch  nur 
zwei  Glieder  in  der  Erosionskette  einer  und  derselben  Bildung  sind. 

In  den  Stratovulkanen  finden  wir  die  mehr  oder  weniger  un- 
verletzten vulkanischen  Berge;  hierher  gehören  daher  wesentlich 
alle  in  geologisch  junger  Zeit  thätigen  oder  doch  noch  bis  dahin 
thätig  gewesenen. 

Die  homogenen  Vulkane  dagegen,  also  die  Berge  von  Basalt, 
Trachyt,  Phonolith  u.  s.  w. ,  stellen  uns  nur  den  herausgeschälten 
inneren  Kern  einstmaliger  Stratovulkane  dar.  Wir  sehen  in  ihnen 
den  im  Innern  des  Berges  in  einem  grossen  Hohlraum  erstarrten 
Schmelzfluss.  Die  äussere  Hülle  des  Berges,  die  Aschen-,  Lapilli- 
und  Schlackenmassen ,  bezw.  auch  die  etwaigen  Lavaströme ,  sind 
bereits  abgetragen.  Daher  handelt  es  sich  hier  wesentlich  um  geo- 
logisch ältere  Ausbrüche  als  bei  jenen  Stratovulkanen. 

Aber  eine  noch  weitergehende,  in  noch  ältere  Zeiten  hinab- 
greifende Folgerung  dieser  Erkenntnis  stellt  uns  auch  die  Berge  ge- 
wisser uralter  krystalliner  Massengesteine,  wie  den  Granit,  ebenfalls 
im  Zusammenhang  mit  ehemaligen  Vulkanbildungen  dar.  Wenn  wir 
in  jenen  homogenen  Vulkanen,  den  Basalt-,  Trachyt-,  Phonolith- 
u.  s.  w.  Kegeln,  den  herausgeschälten  Kern  eines  auf  die  Erdober- 
fläche aufgesetzten  Vulkanberges  erkennen ,  so  sehen  wir  in  diesen 
Granit-  u.  s.  w.  Bergen  die  herausgeschälten  Kerne  von  Hohlräumen, 
welche  sich  zu  damaliger  Zeit  noch  in  grosser  Tiefe  unter  der  Erd- 
oberfläche befanden.  Während  der  Thätigkeit  des  damaligen  feuer- 
speienden Berges  erfüllten  sich  dieselben  mit  allmählich  erhärtendem 
Schmelzflusse;  und  nun,  nach  unsagbar  langen  Zeiträumen,  sind  diese 
erstarrten  Kuchen  durch  die  Abtragung  der  über  ihnen  liegenden 
Schichten  der  Erdrinde  an  die  Erdoberfläche  gerückte  Ein  gross- 
artiges Bild  der  Erosion  ist  uns  auf  solche  Weise  enthüllt. 

Aber  es  giebt  noch  andere  vulkanische  Gebilde  auf  Erden. 
Das  sind  die  Maare,  Stellen  der  Erde,  an  welchen  der  Vulkanismus 
bei  dem  ersten  Schritte  ins  Leben,  an  die  Erdoberfläche,  auch  wieder 
erstickte.  Wie  diese  embryonalen  Vulkanbildungen  überhaupt  auf 
Erden  ganz  ungemein  viel  seltener  sichtbar  sind  als  die  völlig  zur  Ent- 
wickelung  gelangten,  so  kennen  wir  auch  von  ihnen  bisher  noch  keine 
derartige  Erosionsreihe.     Zum  ersten  Male  bietet  uns  unsere 


'  Dieser  Zusammenhang  mit  einstigen  Vulkanen  gilt  natürlich  nur  für  einen 
Teil  der  altkrystallinen  Massengesteine;  andere  haben  auch  damals  schon  die 
Oberfläche  erreicht. 


—     154     — 

vulkanische  Gruppe  von  Urach  eine  solche  Erosions- 
reihe embryonaler  Vulkanbildungen  dar.  Unddaunsere 
Gruppe  alle  bisher  bekannten  Maargebiete  der  Erde 
zusammengenommen^  an  Zahl  der  einzelnen  Embryonen 
überaus  weit  hinter  sich  lässt,  so  gewährt  uns  unser 
Gebiet  eine  Erosionsreihe  von  einer  Reichhaltigkeit 
sondergleichen.  Entsprechend  der  geringen  Grösse 
eines  Embryo  wird  man  den  Umfang  der  hier  abgetragenen 
bezw.  herausgeschälten  Massen  nicht  im  entferntesten 
vergleichen  können  mit  dem  jener  völlig  zur  Entwicke- 
lung  gelangten  Vulkane.  Aber  sollte  die  geringe,  bis- 
weilen bis  zum  Winzigen  herabsinkende  Grösse  unserer 
Bildungen  ein  Grund  sein,  denselben  eine  geringere 
Bedeutung  beizulegen?  So  finden  wir  hier  in  beispiel- 
loser Reichhaltigkeit  sämtliche  Erosionsstadien  von 
dem  fast  völlig  erhaltenen  Maarkessel  an,  bis  hin  zu 
dem  völlig  von  der  Erdoberfläche  abrasierten,  zu  dem 
seitlich  geöffneten  Ausbruchskanale  endlich  zu  seiner  aus 
500  m  Tiefe  herausgeschälten  Tufffüllung.  Die  folgende 
Betrachtung  soll  uns  diese  Erosionsreihe  vor  Augen  führen. 

Bevor  wir  uns  jedoch  die  einzelnen  Erosionsstadien  vor  Augen 
führen,  möchte  ich  einige  allgemeine  Betrachtungen  über  diese  Vor- 
gänge voranschicken. 

Allgemeinere  Bemerkungen  über  die  Denudation  der  Tuffgänge. 
Man  stelle  sich  einen  Ausbruchskanal  von  rundem  Querschnitte 
vor;  dann  bildet  die  denselben  erfüllende  Tuffmasse  eine  Tuffsäule 
von  entsprechender  Gestalt.  Diese  Tuffsäulen  werden  bei  der  Ab- 
tragung der  Alb  und  der  älteren  Juraschichten ,  welche  sie  durch- 
setzen, natürlich  ebenfalls  abgetragen.  Aber  das  geschieht  nicht  im 
gleichen  Schritte.  In  der  Regel  ist  das  vulkanische  Gestein  wider- 
standsfähiger, bildet  also  eine  Hervorragung.  Wir  wollen  zunächst 
das  obere  Ende  derselben,  die  Oberfläche  der  Säule,  ins  Auge  fassen. 
Diese  Oberfläche  der  Tuffs äulen  ist  sehr  verschieden 
beschaffen.  Allgemein  können  wir  zwei  verschiedene  Ausbildungs- 
weisen unterscheiden  und  in  deutlichen  Zusammenhang  mit  der 
Erosion  bringen. 


^  Falls  man  nicht  die  Tuffgänge  in  Mittel-Schottland  ebenfalls  als  Kanäle 
einstiger  Maare  betrachten  will.  Ich  glaube,  dass  man  das  thun  könnte.  Geikie 
sieht  sie  indessen  als  Kanäle  ehemaliger  Aschenberge  an. 


—     155     — 

1)  Solange  das  obere  Ende  der  Tuffsäule  noch  in  dem  Aus- 
bruchskanale  drinnen  steckt  und  auf  dem  Boden  des  unverletzt  er- 
haltenen Maarkessels  mündet,  wird  die  Oberfläche  derselben  eine 
mehr  oder  weniger  ebene  sein.  Wenn  dann  der  Rand  des  Maar- 
kessels an  einer  oder  mehreren  Seiten  zerstört  ist,  wenn  also  Wasser- 
läufe oder  doch  Erosionsrinnen  sich  auf  dem  Boden  des  Kessels, 
d.  h.  auf  der  Oberfläche  der  Tuffsäule  gebildet  haben,  so  wird  diese 
Oberfläche  natürlich  uneben.  Läuft  die  Erosionsrinne  ungefähr  durch 
die  Mitte,  so  ergiebt  sich  ein  Aufschluss,  wie  wir  ihn  im  zweiten 
Maartuffgange    an    der    Gutenberger   Steige   No.  43    finden  Fig.   17. 

N.W    Alb  Alb       S.O. 


Schnitt  vonNW-  S  0  durch  den  2  ^i"  Gang- 
Flgr.f?: 

Wir  stehen  dann  in  der  Seele  des  Tuffganges  an  der  tiefsten  Stelle; 
und  nach  rechts,  links  und  hinten  steigt  die  Oberfläche  des  Tuffes 
an  bis  sie  die  Weiss- Jurafelsen,  ihre  Kanalwände,  erreicht. 

Besteht  das  oberste  Ende  der  Tuffsäule  aus  geschichtetem 
Tuff,  über  dem  dann  noch  Süsswasserschichten  anderer  Art  liegen, 
so  neigen  sich  diese  Schichten  alle  gegen  das  Innere  hin,  weil  ihnen 
dort  fortgesetzt  das  Widerlager  durch  das  Wasser  entführt  wird. 
Das  Randecker  Maar  No.  39  bietet  das  beste  Beispiel  in  dieser 
Beziehung. 

Bei  dem  Maar  südlich  von  Mengen  No.  15  haben  wir  die  ähn- 
liche Erscheinung,  nur  dass  hier  die  Erosionsrinne  aus  der  Mitte 
mehr  nach  der  Seite  gerückt  ist.  Bei  dem  Maar  an  der  Steige  von 
Urach  nach  Böhringen  No.  62  und  demjenigen  an  der  Wittlinger 
Steige  No.  63  verläuft  die  Thalrinne  sogar  völlig  an  der  Seite,  also 
im  Kontakt  zwischen  Tuff  und  Nebengestein.  Hierdurch  wird  natür- 
lich die  Tuffsäule  dann  an  einer  bezw.  mehreren  Seiten  ganz  frei- 
gelegt. Die  übrige  Oberfläche  der  Tuftsäule  aber  wird  dann  in  un- 
regelmässiger Weise  uneben,  mit  Erhöhungen  und  Vertiefungen 
bedeckt. 


—     156     - 

2)  Sowie  nun  aber  der  Kanal  von  allen  Seiten  zerstört  ist, 
so  dass  der  Tuff  frei  in  die  Luft  ragen  und  das  Wasser  ringsum 
ablaufen  kann,  so  geht  in  allen  Fällen  die  bis  dahin  breite,  durch- 
furchte Oberfläche  der  Tuffsäule  über  in  eine  kegelförmig  zugespitzte ; 
es  bildet  sich  der  Bühl  heraus.  In  Anbetracht  der  übereinstimmenden 
Zusammensetzung  aller  unserer  Tuffbreccien  ist  es  auffallend,  dass 
hierbei  durch  Verwitterung  und  Denudation  doch  so  verschieden- 
artige, schroff  entgegengesetzte  Oberflächenformen  hervorgehen.  Hier 
überragen  sie  als  unersteigliche  Nadelfelsen  und  als  kegelförmige 
Berge  ihre  Umgebung,  d.  h.  das  Nebengestein,  in  welchem  sie  als 
Gänge  aufsetzen.  Dort  sind  die  Buhle  bereits  wieder  eingeebnet, 
ragen  also  gar  nicht  über  ihre  Umgebung  hervor.  Da  bilden  die 
Tuffe  sogar  seichte  rinnenförmige  Vertiefungen.  Bevor  wir  die  Lösung 
suchen,  wollen  wir  diese  Verhältnisse  etwas  näher  betrachten. 

Wir  haben  Tuffmassen,  welche  in  Gestalt  hoher  nadeiförmiger 
Felsen  aus  dem  doch  so  harten  Weiss-Jura  aufragen,  also  sich  aus- 
gesprochen widerstandsfähiger  erweisen  als  selbst  dieser.  So  der 
Gang  von  Ulmereberstetten  No.  61 ,  der  aus  hartem  d  aufragt. 
Dahin  gehören  aber  auch  der  Conradsfelsen  No.  47  und  der  Karpfen- 
bühl No.  65 ,  welche  beide  aus  Weiss-Jura  y  bezw.  a  hervorragen ; 
und  das  sind,  im  Gegensatz  zu  jenem  d,  weichere  Juraschichten, 
besonders  das  a.  Nun  sollte  man  wenigstens  erwarten,  dass  alle 
aus  diesen  weichen  a-  und  /-Schichten  heraustretenden  Gänge  sich 
gleichmässig  erhalten,  also  ebenfalls  so  hoch  heraufwachsen  mussten. 
Dem  ist  aber  nicht  so.  Man  betrachte  den  aus  a  zu  Tage  tretenden 
Gang  am  Buckleter  No.  57 ;  dieser  ragt  kaum  als  kleiner  Wulst 
über  seine  Umgebung  empor  und  der  Tuff  ist  dabei  doch  nicht  etwa 
weich,  sondern  bildet  feste  Felsen. 

Also  bei  ungleichem  Nebengestein  gleiches  Ver- 
halten der  Tuffgänge  im  ersten  Beispiele;  und  bei 
gleichem  Nebengestein  ungleiches  Verhalten  der  Tuff- 
gänge, im  zweiten  Beispiele. 

Noch  weiter  geht  das  bei  anderen  Tuffgängen ,  welche  sogar 
in  Form  von  seichten  Vertiefungen  als  breite  Rinnen  am  Gehänge 
herabziehen.  So  der  erste  Gang  an  der  Gutenberger  Steige  No.  42. 
Dieser  bildet  in  demselben  harten  Weiss-Jura  ß  eine  Vertiefung,  in 
welchem  andere  als  Erhöhung  aufragen.  Sodann  der  Gang  im 
Elsachthale  No.  58,  der  ebenfalls  im  harten  ß  eine  solche  Rinne 
bildet.  Ein  wenig  auch  der  im  Riedheimer  Thal  No.  64,  welcher 
vertieft  zwischen  dem  harten  J-Felsen  liegt.     Das  alles  sind  Gänge 


—     157    — 

am  Steilabfalle  der  Alb.  Gehen  wir  hinaus  in  das  Vorland  derselben. 
Dieses  besteht  vorwiegend  aus  weichen,  thonigen  Schichten,  sowohl 
nahe  der  Alb  im  Braun-Juragelände ,  als  auch  ferner  derselben ,  in 
dem  des  Lias.  Vorwiegend  ragt  hier  der  Tuff  in  Form  von  Er- 
höhungen über  sein  jurassisches  Nebengestein  empor ;  aber  es  giebt 
auch  Stellen,  an  welchen  er,  in  ganz  demselben  Nebengestein,  völlig 
eingeebnet  ist. 

Deffner's  Gesetze.  In  Bezug  darauf  stellte  nun  Deffner  ^ 
zwei  Gesetze  fest :  Erstens  zeigt  er,  dass  die  Meereshöhe  dieser  Buhle 
von  S.  nach  N.  abnimmt.  Das  ist  eigentlich  selbstverständlich,  denn 
im  S.  erscheinen  die  Tuffe  im  hochgelegenen  Weiss-Juragebiete ; 
nördlich  davon  in  dem  schon  weniger  hochgelegenen  des  Braun- 
Jura;  noch  weiter  nördlich  in  dem  tiefst  gelegenen  des  Lias.  Fig.  a 
lässt  das  erkennen. 


VulICanischeTwff( 


N.W 


SüdrandderAlb 
Bmchlinte. 


MuschelKalK 


^chematischerDurchschnittv.  Nord  nachSüd,  vonStuttgartbisObersdwaben 
rig.a. 


Das  zweite  Gesetz  Deffner's  lautet  dahin,  dass  auch  „die 
relativen  Höhen  der  Buhle  über  ihrer  Basis  vom  Grundgebirge"  — 
mit  anderen  Worten,  dass  der  Betrag,  um  welchen  die  senkrechten 
Tuffgänge  bezw.  Buhle  über  ihre  jurassische  Umgebung  aufragen  — 
ebenfalls  von  S.  nach  N.  abnimmt  und  dass  sie  ganz  im  N.  bereits 
völlig  eingeebnet  sind. 

Deffner  erklärt  das  dadurch,  dass  bei  dem  allmählichen  Rück- 
wärtsschreiten des  Albrandes  von  N.  gegen  S. ,  die  Denudation  im 
N.  ja  schon  am  längsten  gewirkt  habe.  Daher  müssten  dort  die 
Hervorragungen  des  Tuffes ,  die  vulkanischen  Buhle  am  niedrigsten 
sein.  Das  ist  indessen  ganz  sicher  ein  Trugschluss.  Gewiss  ist  das 
Gelände,  je  weiter  nach  N.,  seit  desto  längerer  Zeit  bereits  denudiert. 
Aber  das  hat  doch  nicht  nur  die  Tuff  buhle  betroffen ,    sondern   ge- 


*  Begleitworte  zu  Blatt  Kirchheim.  S.  38  ii.  39. 


—     158     — 

nau  ebenso  auch  ihr  Nebengestein.  Das  gegenseitige  Höhen  Verhältnis 
zwischen  Tuffbühl  und  jurassischem  Nebengestein  kann  daher  durch 
die  Zeitdauer  der  Denudation  unmöglich  beeinflusst  sein.  Das  kann 
vielmehr  nur  geschehen  dadurch,  dass  der  Festigkeitsgrad,  also  die 
Widerstandsfähigkeit  der  Gesteine  im  N.  und  im  S.  verschiedene 
sind,  und  zwar  entweder  beim  Nebengestein,  dem  Jura,  oder 
beim  Tuffe. 

Wäre  der  Jura  im  S.  weicher  als  im  N. ,  so  müssten  natür- 
lich, gleiche  Härte  des  Tuffes  vorausgesetzt,  die  Tuffgänge  im  S. 
höher  über  ihre  Umgebung  hervorragen  als  im  N.  und  sie  könnten 
dann  im  N.  vielleicht  ganz  eingeebnet  sein.  Aber  das  Nebengestein 
besteht  gerade  umgekehrt  im  S.,  am  Steilabfalle  der  Alb,  aus  harten 
Weiss- Juragesteinen ;  im  Vorlande  aus  weicheren,  vorwiegend  thonigen 
Braun-Jura-  und  Liasmassen.  Innerhalb  des  Vorlandes  aber  wird 
der  Unterschied  in  der  Härte  von  S.  nach  N.  kein  wesentlicher  sein. 

Besteht  also  ein  Unterschied  in  der  Höhe,  mit  welcher  unsere 
Tuffbühle  über  ihr  Nebengestein  emporragen,  sind  die  Tuffgänge  im 
N.  eingeebnet  und  nehmen  von  da  an  gegen  S.  an  Höhe  zu,  so  könnte 
nur  die  Härte  des  Tuffes  die  Veranlassung  davon  sein.  Im  N.  müsste 
er  weniger  hart  sein  als  im  S.  Es  Hesse  sich  allenfalls  eine  Erklä- 
rung dafür  finden. 

Bei  dem  Ausbruche  ist  der  Tuff,  wie  wir  früher  sahen,  als 
lose  Masse  im  Ausbruchskanale  abgelagert  worden.  Noch  lange 
Zeit  hindurch  hat  er  diese  Eigenschaft  beibehalten.  Erst  allmählich 
ist  er  zu  einem  festen  Gestein  cementiert  worden,  und  zwar  mit  Hilfe 
des  ihn  stets  durchtränkenden  Wassers  (S.  27).  In  den  oberen  Teilen 
der  Röhre,  so  könnte  man  jene  auffallende  Thatsache  erklären,  ist  die 
Cementierung  im  allgemeinen  eine  etwas  stärkere  gewesen.  Daher 
also  im  S.  am  Steilabfalle  der  Alb  und  im  Braun-Juragebiet  festere 
Tuffe,  welche  aus  ihrer  Umgebung  höher  hervorragen.  Weiter  nach 
N,,  im  Lias,  kommen  wir  in  die  tieferen  Teile  der  Röhren.  In  diesen 
herrscht  ein  geringerer  Grad  von  Cementierung;  daher  also  ihre 
geringere  Widerstandsfähigkeit,  also  die  geringere  Höhe  über  ihrer 
Umgebung,  bezw.  ihre  völlige  Einebnung. 

Nur  auf  solche  Weise  würde  sich  jenes  DEFFNER'sche  Gesetz 
erklären  lassen.  Aber  besteht  denn  dieses  Gesetz  überhaupt?  Ich 
glaube,  es  besteht  gar  nicht.  Allerdings  sind  gerade  die  im  N.  ge- 
legenen Tuffmassen  meist  eingeebnet.  Aber  das  gilt  auch  von  vielen 
weiter  südlich  gelegenen  in  ganz  derselben  Weise ;  die  folgende 
Übersicht  zeigt    das    an.     Wie    soll  man  überhaupt  das  Eingeebnet- 


-     159     — 

sein  in  diesem  Falle  begrifflich  erklären?  Gewiss  ist  ein  Tuffgang 
ganz  eingeebnet,  wenn  er  inmitten  einer  geschlossenen  Lias-  oder 
Braun- Jurafläche  liegt  und  dieselbe  nicht  überragt.  Aber  genau 
ebenso  sind  eigentlich  alle  diejenigen  unserer  richtigen  Tuffbühle  ein- 
geebnet, welche  in  einem  Thale  liegen  und  dem  Gehänge  desselben 
als  kugelknopfförmiger  Berg  entspringen,  ohne  jedoch  oben  die 
Plateaufläche  zu  überragen,  wie  Fig.  53  und  54  von  der  Seite  und 
von  vorn  zeigen. 

O.N.O.       >    ^-SW-  ^-^  5.0. 


>'7  '  •  ^-  ■■i„w  Ali  ach. 


Basalt  Bach 

rig-.53.  Kraftrain  \vmer^es)  Fi(j.5^. 

Steht  man  im  Thale,  so  hat  man  einen  richtigen  Tuffberg  vor 
sich.  Steht  man  dagegen  oben  auf  der  Fläche ,  in  welche  jenes 
Thal  eingeschnitten  ist,  so  ist  keine  Emporragung  des  Tuffes  vor- 
handen. Das  letztere  aber  ist  doch  das  Entscheidende;  denn  wenn 
wir  uns  ein,  inmitten  einer  Liasfläche  liegendes,  völlig  eingeebnetes 
Tuffvorkommen  denken  und  hart  neben  demselben  sich  ein  Thal  ein- 
graben lassen,  in  welchem  nun  der  Tuff  am  Gehänge  als  runder 
Vorsprung  hervorragt,  dann  haben  wir  ja  das  Obige. 

Es  folgt  aus  dieser  Darlegung,  dass  unter  die  eingeebneten 
Tuffvorkommen  auch  alle  diejenigen  einzubegreifen  sind ,  welche  in 
der  geschilderten  Art  an  den  Gehängen  der  Thäler  liegen,  jedoch 
nicht  über  die  Plateaufläche  aufragen.  Wenn  wir  nun  diese  Tuffgänge 
überblicken,  so  zeigt  sich  eine  auffallend  grosse  Zahl,  In  der  folgen- 
den Tabelle  habe  ich  solche  in  Thälern  liegenden  mit  einem  X 
versehen. 

Die  folgenden  Tu  ff  gänge  sind  ganz  oder  fast  ganz 

eingeebnet: 

Tritt  zu  Tage  aus 

X  Scharnhausen No.  12-1  Oberem  Keuper 

An  der  Sulzhalde „    117  Lias    « 

Am  Kräuterbuckel ,,    116              „      ß 

X  Authmuthbölle „    115              „      ß 

Höslinsbühl  im  Humphenthal r    HS              „      ß 


—     160     — 

Tritt  zu  Tage  aus 

X  Am  Scheuerlesbach No.  123  Lias  ß—y 

X  Kraftrain „      76  „  J— f 

N.  von  Grossbettlingen,  Scheidwasen .    .  ,    114  „  e 

S.  von  Kleinbettlingen,  Hengstäcker  .    .  „    112  Braunem  Jura « 

Bolle  bei  Reudern ,      90  u.  91         „  ,  « 

Gaisbühl ^122  ,  „  « 

X  NW.  von  Kohlberg,  Authmuthbach    .    .  „    100  „  ,,  « 

Bettenhard  bei  Linsenhofen ,96  „  „  « 

X  Am  Ehnisbach ,80  „  ,  « 

Käppele  bei  Dettingen ,      88  „  ^  ß 

S.-Abhang  des  Käppele »89  „  ^  ß 

An  der  Steige  Bissingen-Ochsenvpang  .    .  „      82  ^  ^  ß 

BöUe  N.  von  Kohlberg «99  „  ^  ß 

N.  vom  Hofbühl,  im  Hofwald     ....  „    105  „  ^  ß 

Schaf buckel ,119  ,  ^  ß 

Aus  Obigem  ergiebt  sich  das  Folgende :  Einmal  ist  die  Zahl 
der  Tuffgänge  im  Vorlande  der  Alb ,  welche  sich  nicht  oder  kaum 
in  Gestalt  von  Erhöhungen  über  ihre  Umgebung  erheben,  eine  viel 
grössere  als  man  denken  möchte,  da  eben  die  Kegelberge  sich  in 
den  Vordergrund  drängen.  Zweitens  sind  diese  eingeebneten  Gänge 
durchaus  nicht  auf  die  nördlichsten  Gegenden  unseres  vulkanischen 
Gebietes  beschränkt,  sondern  sie  treten  ganz  unregelmässig  verteilt 
im  N.  und  im  S.  auf.  Drittens  erscheinen  sie  in  zwar  nicht  festen 
aber  doch  immerhin  hier  härteren  und  dort  etwas  weicheren  Schich- 
ten ;  und  wenn  wir  die  ganz  im  S.  am  Steilabfalle  auftretenden 
eingeebneten ,  bezw.  gar  etwas  vertieften  hinzunehmen ,  sogar  in 
harten. 

Wenn  wir  aber  die  obige  Liste  überblicken,  so  zeigt  sich,  dass 
fast  alle  diese  eingeebneten  Tuffgänge  zugleich  auch  mehr  oder 
weniger  bereits  des  aus  Weiss-Juragesteinen  bestehenden  Schutt- 
mantels beraubt  sind.  Falls  das  durch  menschliche  Kultur  geschehen 
sein  sollte,  so  würde  natürlich  kein  Zusammenhang  zwischen  beiden 
Erscheinungen  vorhanden  sein ;  denn  innerhalb  weniger  Jahrhunderte, 
um  die  es  sich  hier  nur  handeln  kann ,  wird  ein  vorhandener  Tuff- 
berg nicht  durch  die  Denudation  eingeebnet.  Wenn  aber  hier  der 
Schuttmantel  bereits  seit  längeren  Zeiten  durch  natürliche  Kräfte 
aufgelöst  und  abgetragen  sein  sollte ,  oder  falls  er  von  Anfang  an 
gefehlt  haben  sollte  (S.  33)  —  was  beides  wohl  die  wesentliche 
Ursache  seines  Fehlens  sein  dürfte  —  dann  muss  ein  Zusammenhang 
zwischen  dem  Fehlen  des  Schuttmantels  und  der  Einebnung  des  Tuff- 
berges vorhanden  sein. 


—     161     — 

Dass  nämlich  eine  auf  dem  Tuffe  liegende  Decke  harter,  ganz 
fest  gepackter  Kalksteine  denselben  vor  der  Abtragung  und  VVeg- 
schwemmung  in  hohem  Masse  schützen  musste,  liegt  auf  der  Hand. 
Sie  wirkte  ebenso ,  wie  ein  aufgespannter  Schirm  bei  Regen  den 
Träger  schützt.  Eine  ganz  analoge  Erscheinung  bietet  uns  das  in- 
teressante Vorkommen  von  Stubensandstein  unter  dem  Basalt  des 
grossen  Gleichberges  ^  bei  Meiningen  dar.  Ringsherum  sind  auf  weite 
Erstreckung  hin  die  höheren  Keuperstufen  verschwunden.  Nur  am 
Gleichberg  wurde  durch  den  sich  deckenartig  darüber  ergiessenden 
Basalt  der  Weisse  Stubensandstein  vor  der  Abtragung  bewahrt  und 
so  erhalten.  Es  ist  das  ganz  dieselbe  Art  und  Weise,  in  welcher  bei 
wagerechter  Schichtenstellung  Tafelberge  sich  bilden.  So  musste 
also  der  Schuttmantel  unsere  an  sich  schon  widerstandsfähigen  Tuffe 
noch  widerstandsfähiger  machen. 

Die  Denudationszeit  ist  mithin  für  die  Einebnung 
derTuffbühle  ganz  ohne  Belang;  die  Härte  des  Neben- 
gesteines ist  ebenfalls  nur  von  geringerem  Einflüsse. 
Die  Entscheidung  liegt  vielmehr  in  der  oft  geringeren  Härte 
des  Tuffes  selbst  und  in  dem  Fehlen  eines  Schutt- 
mantels, welcher  den  Tuff  schützt.  Das  Gesetz  ,  wel  ches 
Deffner  annahm,  besteht  mithin  nicht.  Wir  haben  daher 
gar  nicht  nötig,  zur  Erklärung  desselben  anzunehmen,  dass  die 
tieferen  Teile  der  Tuffgänge  weniger  stark  cementiert,  seien  als  die 
höheren.  Ein  solcher  Unterschied  mag  indessen  vielleicht  zu  gunsten 
des  allerobersten  Teiles  der  Tuffsäule,  welcher  im  Weiss-Jura  steckt, 
vorhanden  sein.  Hier  finden  sich  zum  Teil  sehr  harte,  felsige  Tuffe. 
Es  kommen  aber  hier  auch  weichere  vor.  Ganz  wie  unten  im  Vor- 
lande wechselt  das  also.  Daraus  folgt  aber,  dass  ganz  regellos 
manche  der  Tuffsäulen  stärker  cementiert  wurden,  manche  schwächer, 
so  dass  denn  bei  dem  Kampfe  mit  der  Verwitterung  der  Tuff  gegen- 
über den  Juraschichten  hier  mehr ,  dort  weniger  im  Vorteil  ist,  da 
sogar  ein  wenig  den  kürzeren  ziehen  kann. 

Ich  gebe  zur  Vergleichung  nun  die  Namen  derjenigen  Tuffgänge, 
welche  im  Gegensatz  zu  den  vorher  betrachteten  als  Erhöhungen 
über  ihre  Umgebung  aufragen. 


*  H.  Bücking,  Gebirgsstörungen  und  Erosionserscheinungen  südwestlich 
vom  Thüringer  Walde.  Jahrb.  d.  k.  preuss.  geol.  Landesanstalt  f.  d.  Jahr  1880. 
Berlin  1881.  S.  104.  Citiert  aus  Emmerich,  Geologische  Skizze  der  Gegend 
um  Meiningen.     Realschulprogramm,  Meiuingen  1873.  S.  13. 

Jahreshefte  d.  Vereins  f.  vaterl.  Katurkunde  in  Württ.   1895.  11 


162 


Kegelförmige  Buhle  bilden  die  folgenden  Tuff- 
gänge: 

Tritt  zu  Tage  aus 

Ameisenbühl No.  107  Lias  y,  J 

Grafenberg    .    .    .' „  108  Braun-Jura  a 

Kräuterbühl „  92  „        ^      « 

Egelsberg „  79  „        ,,      « 

Dachsbühl  bei  Weilheim »  '^8  v       r      « 

Nabel  (wenig) ^  81  ,,       „      « 

Florian  ' „  101  „        „      /9 

Metzinger  Weinberg „  102  „        „      /i 

Hof  bühl :,  103  „        „      /i  i\.  y 

Häldele „  98  „       „      fi 

Dachsbühl  bei  Metzingen „  104  y,        v      7 

Georgenberg „121  „        ,,      r 

Limburg „  77  „        „      y 

Hahnenkamni •   .  „  83  „        „      y 

St.  Theodor „  54  Ob.  Braun-Jura 

Bolle  bei  Owen „  49  ^^         „       ^ 

Hohenbohl „  86  „         „       „ 

Kossbühl  bei  Brücken „  46  „         „       „ 

Sulzburg „  48  „         „       „ 

Engelberg ,  94  „ 

Altenberg „  93  „         „       ^ 

Karpfenbühl „  65  „         „       „ 

Jusi 5)  55  „         „       „ 

Conrads-Felsen „  47  Weiss-Jura  y,  ö 

Ulmer  eberstetten „  61  „       „      6 

Der  grösste  Teil  dieser  Buhle  bezw.  Felsennadeln  ist  durch 
das  Vorhandensein  eines  schützenden  Weiss-Juramantels  ausgezeichnet. 
Wo  ein  solcher  fehlt,  wie'  z.  B.  bei  dem  Karpfenbühl  No.  65, 
Conradsfelsen  No.  47,  Ulmereberstetter  Felsen  No.  61,  da  ist  sicher 
die  Härte  des  Tuffes  ein  allein  genügender  Grund  der  Entstehung 
dieser  Emporragungen. 

Speeielle  Denudationsreihe  der  Maare  und  MaartufTgäng-e. 

A.  Die  Maare  oben  auf  der  Hochfläche  der  Alb. 

I.  Völlig  unverletzte  Maare. 

Ein  ganz  typisches  und  zugleich   völlig   unverletztes  Maar   ist 

in  unserem  Gebiete  nirgends  mehr   erhalten;    kein  Wunder   bei    der 

gewaltigen  Länge  der  Zeit,  welche  seit  ihrer  Entstehung  in  mittel- 

miocäner  Epoche  vergangen  ist.    Wenn  wir  trotzdem  aber  noch  eine 

ganze   Anzahl  recht  gut  erhaltener  Maarkessel  besitzen,  bei  welchen 

eine  Verletzung  nur  in  Form  von  Einkerbungen  in  der  Kesselwandung 


—     163     — 

besteht,  so  ist  das  ein  sprechender  Beweis  für  die  1894  auf  S.  531  dar- 
gelegte Ansicht,  dass  die  Abtragung  der  Alb  durch  wagerecht  wirkende 
Erosion  unendlich  langsam  erfolgt,  dass  sie  also  wesentlich  nur  durch 
senkrecht  wirkende  sich  vollzieht. 

In  gewissem  Sinne  könnte  man  vielleicht  das  Maar  in  der 
Torfgrube  No.  35  hier  nennen.  Sein  Rand  ist  wohl  ziemlich  un- 
verletzt. Allein  gerade  deshalb,  weil  also  nichts  aus  dem  Innern 
des  Maares  herausgeführt  werden  konnte,  ist  dasselbe  aufgefüllt 
worden,  so  dass  es  uns  nun  als  ein  flaches  Becken  erscheint,  welches 
einem  typischen,  tiefen  Maare  nicht  mehr  ähnlich  ist.  Übrigens  ist 
gewiss  auch  die  Höhe  des  Randes,  d.  h.  die  Höhe  des  Plateaus,  in 
welches  dasselbe  eingesprengt  war ,  etwas  erniedrigt ;  ganz  ebenso 
wie  beim  benachbarten  Randecker  Maar  No.  39  und  anderen. 

II.  Etwas  verletzte  Maare. 

Der  Kessel  ist  noch  deutlich  zu  erkennen.  Aber  in  allen  Fällen 
mag  er  wohl  bereits  weniger  tief  geworden  sein,  als  das  bei  seiner 
Entstehung  der  Fall  war :  indem  nämlich  der  Rand  etwas  abgetragen 
und  das  ihm  Genommene  in  das  Innere  des  Kessels  geführt  und 
dort  angehäuft  wurde.  Ausserdem  ist  die  Kesselwandung  stets  schon 
eingekerbt  und  zwar  durch  ein  oder  gar  zwei  Wasserläufe.  Diese 
konnten  eine  Ausfüllung  des  Maarkessels  beschleunigen ,  wenn  sie 
nämlich  nur  Schutt  in  diesen  hineinführten.  Sie  konnten  aber  auch 
den  Kessel  vor  dem  Ausgefülltwerden  schützen,  indem  sie  den  von 
den  Wänden  hinabgespülten  Schutt  nach  aussen  abführten.  Es 
konnte  schliesslich  auch  beides  stattfinden :  eine  Thalkerbe  führt 
hinein  in  den  Kessel,  eine  zweite  an  der  entgegengesetzten  Seite 
wieder  hinaus  aus  demselben.  In  diesem  Falle  erscheint  der  ur- 
sprünglich runde  Kessel  nur  noch  wie  eine  längliche,  beckenartige 
Erweiterung  einer  Thalbildung.  Diese  Fälle  finden  sich  bei  unseren 
Maaren  verkörpert  in  der  folgenden  Weise : 

a)  Der  Rand  ist  nicht  mehr  ganz  vollständig  er- 
halten; aber  es  ist  doch  nicht  gerade  ein  ausgesprochenes  Abfluss- 
thal in  denselben  eingesägt.  Hierher  könnte  man  vielleicht  das 
Maar  im  Dorfe  Erkenbrechtsweiler  No.  30  stellen.  Dasselbe  ist 
klein,  sehr  flach,  der  Rand  an  verschiedenen  Stellen  verschieden  hoch. 

b)  Ein  ausgesprochen  es  Abflussthal  ist  in  den  Rand 
gesägt.  Das  finden  wir  bei  verschiedenen  Maaren,  die  im  übrigen 
sehr  schön  und  deutlich  den  Maarcharakter  erhalten  haben.  So  bei 
dem  Maar  von  Hengen  No.   13,    welches  nach  SO.  durch   das   tiefe 

11* 


—     164     — 

Haigerlochthal  entwässert  wird.  Bei  Dottingen  No.  21,  welches  eben- 
falls nach  SO.  eine  schmale  und  flache  Entwässerungsrinne  besitzt. 
Bei  Apfelstetten  No.  22  wird  der  Maarkessel  durch  die  nach  SW. 
in  das  Heimthal  ziehende  Thalfurche  geöffnet.  Am  Randecker  Maar 
No.  39,  dem  grössten  und  schönsten  von  allen,  hat  sich  der  Zipfel- 
bach eine  tiefe  Schlucht  durch  den  nördlichen  Rand  gegraben.  Genau 
ebenso  verhält  sich  das  Sternberger  Maar  No.  37 ,  dessen  Rand 
freilich  ausserdem  im  0.  schon  sehr  flach  geworden  ist.  Ganz  das- 
selbe Verhalten  zeigt  sich  beim  Maar  mit  dem  Hofbrunnen  No.  20, 
dessen  auffallend  typisch  erscheinender,  tiefer  Trichter  jedoch  wohl 
in  seiner  jetzigen  Tiefe  nicht  ursprünglich  ist,  sondern  durch  eben 
diese  Entwässerungsrinne  vertieft  wurde. 

Bei  allen  diesen  ist  eine  ausgesprochene  Thalrinne  vorhanden, 
welche  den  Rand  des  Maares  durchsägt.  Dagegen  finden  wir  bei 
anderen  Maaren  die  ganze  eine  Seite  des  Randes  abgetragen,  so 
dass  das  Innere  des  Maares  hier  in  ganzer  Breite  mit  der  Aussen- 
fläche  in  Verbindung  steht.  Das  ist  z.  B.  der  Fall  bei  dem  Maar 
am  Hengbrunnen  No.  18,  vielleicht  auch  bei  dem  südöstlich  vom 
Engelhof  gelegenen  Maare  No.  33.  Hierher  gehören  aber  auch  die 
Maare,  deren  Ausbruchskanal  mit  Basalt  anstatt  mit  Tuff  erfüllt  ist. 
Also  dasjenige  des  Dintenbühl  No.  36 ,  dessen  Kessel  z.  T.  noch 
vorzüglich  erhalten  ist.  Wohl  auch  dasjenige  des  Sternberg  No.  37, 
vergl.  darüber  unter  HI,  f.  Hier  könnte  man  auch  das  Basaltmaar 
des  Eisenrüttel  No.  38  nennen.  Bei  demselben  ist  die  N.-  und 
NW. -Seite  des  Walles  bereits  ganz  verschwunden,  so  dass  der  Basalt 
hier  in  einer  Ebene  mit  dem  Weiss-Jura  liegt.  An  der  W.-  und 
SW. -Seite  aber  sieht  man  noch  die,  wenn  auch  bereits  etwas  zurück- 
gewichenen Höhen  des  Randes. 

c)  Ausser  demAbflussthale  ist  an  der  entgegen- 
gesetzten Seite  auch  eine  Zuflussrinne  vorh  anden;  doch 
kann  dieselbe  wasserlos  sein.  Das  ist  bei  dem  Maar  von  Wittlingen 
No.  14  der  Fall;  hier  besitzt  die  Zuflussrinne  keinerlei  Bach,  ist 
also  nur  durch  Regenwässer  seicht  eingeschnitten.  Weit  stärker  ist 
das  ausgebildet  bei  dem  Maare  südlich  von  Hengen  No.  15.  Quer 
durch  das  ganze  Maar  läuft  eine  so  tiefe  Thalbildung,  dass  dieselbe 
bereits  tief  in  die  Tufffüllung  des  Ausbruchskanales  eingekerbt  ist 
und  dieselbe  aufschliesst.  Dass  ganz  sicher  hier  ein  Maar  vorlag, 
beweisen  die  im  geschichteten  Tuff  gefundenen  Schnecken.  Hier 
ist  nun  die  Wandung  des  Kessels  bereits  sehr  undeutlich  geworden. 
Obgleich  daher  dieses  Maar  noch  oben  auf  der  Hochfläche  der  Alb 


—     165     — 

gelegen  ist,  bildet  es  doch  schon  den  Übergang  zu  den  am  Steil- 
abfalle derselben  gelegenen,  wie  die  Maare  an  der  Wittlinger  Steige 
No.  63  und  an  der  Steige  von  Urach  nach  Hengen  No.  62  im 
Zittelstadtthale. 

d)  Der  Maarkessel  bildet  eine  Ausbuchtung  eines 
Erosionskessels,  Der  erstere  ist  also  an  einer  Seite  so  weit 
geöffnet,  dass  er  hier  in  einen  grossen  Erosionskessel  übergeht.  Als 
Beispiel  nenne  ich  das  Maar  von  Zainingen  No.  8.  Auch  das  Maar 
an  der  Viehweide  No.  32  beginnt  wohl  bereits  sich  an  einer  Seite 
zu  einem  Erosionskessel  zu  erweitern,  ist  jedoch  sonst  noch  sehr 
gut  erhalten. 

III.  Die  Maarkessel  sind  mehr  oder  weniger  bis  zur  Unkenntlich- 
keit zerstört. 

e)  Der  Maarkessel  ist  in  einem  grossen  Erosions- 
kessel verschwunden,  welcher  sich  rings  um  denselben  Inder 
Hochfläche  der  Alb  bildete.  Derartiges  muss  notwendig  der  Fall 
sein  bei  den  Maaren  von  Feldstetten  No.  5,  Böhringen  No.  9,  wohl 
auch  Donnstetten  No.  6,  Würtingen  No.  25.  Bei  Gross-  und  Klein- 
engstingen  No.  28  und  29  dürften  sogar  zwei  Maarkessel  in  einen 
gewaltigen  Erosionskessel  sich  aufgelöst  haben. 

f)  Der  Maarkessel  ist  in  anderer  Weise  eingeebnet. 
Sei  es,  dass  er  durch  eingeschwemmte  Massen  aufgefüllt  wurde,  sei 
es,  dass  die  Schicht,  in  welcher  er  eingesprengt  war,  in  weitem 
Umkreise  abgetragen  wurde.  So  liegt  das  Maar  von  Grabenstetten 
No.  11  in  einer  Ebene  mit  Weiss-Jura  C,  und  dasjenige  von  Bulben 
No.  12  mit  e.  Ob  hier  vielleicht  die  Tuffmasse  ursprünglich  den 
Kessel  fast  bis  zum.  Rande  erfüllte,  so  dass  von  Anfang  an  gar  kein 
oder  doch  nur  ein  flaches  Becken  vorhanden  war?  Das  wäre  sehr 
gut  denkbar.  Warum  soll  der  Ausbruch  in  allen  Fällen  immer  gerade 
dann  schon  beendet  worden  sein,  wenn  der  Kanal  noch  lange  nicht 
bis  an  seine  Mündung  mit  Tuff  erfüllt  war,  so  dass  nun  ein  tiefer 
leerer  Explosionskessel  übrig  blieb.  Derselbe  kann  ja  auch  einmal 
nur  flach  gewesen  sein.  Man  sieht,  dass  man  hier  vor  dem  Über- 
gänge des  echten  Maares  zu  einem  einfachen  Tuffgange  steht.  Ich 
komme  später  noch  darauf  zurück.  So  denkbar  das  aber  auch  ist, 
das  Auffinden  von  Versteinerungen  im  Tuffe  solcher  heut  kessellosen, 
also  eingeebneten  Maare  auf  der  Alb  spricht  doch  dafür,  dass  auch 
hier  einst  ein  Kessel  vorhanden  war,  der  später  zerstört  wurde. 

So  z.  B.  liegen  die  Dinge  bei  dem  Maar  von  Sirchingen  No.  23. 


-     166     - 

Auch  hier  ist  der  Boden  des  einstigen  Kessels  heute  in  einer  Ebene 
mit  dem  umgebenden  Weiss-Jura  e.  Aber  es  haben  sich  über  dem 
Tuffe  tertiäre  Süsswasserschnecken  gefunden.  Es  war  mithin  hier 
ein  See  vorhanden ,  also  auch  eine  Kesselbildung.  Der  Tuff  kann 
demzufolge  hier  niemals  die  Röhre  bis  an  den  oberen  Rand  hin 
erfüllt  haben.  Ebenso  mag  es  auch  in  den  oben  erwähnten  Maaren 
No.  11  und  12  gewesen  sein.  Gewiss  sind  noch  an  vielen  Stellen 
beweisende  Versteinerungen  im  Tuffe  vorhanden,  nur  bisher  nicht 
gefunden. 

In  diese  Abteilung  gehört  noch  eine  ganze  Anzahl  von  Maaren : 
Dasjenige  von  Laichingen  No.  1,  welches  nur  nach  der  W. -Seite  hin 
noch  einen  Rest  des  alten  Maarrandes  erkennen  lässt.  Das  Auffinden 
tertiärer  Schnecken  und  sogar  Säugetiere  im  Tuffe  beweist  auch 
hier  unwiderleglich,  dass  einst  ein  See,  also  ein  Maarkessel  vorhanden 
war,  obgleich  man  so  gut  wie  nichts  mehr  von  demselben  bemerkt. 
Genau  dasselbe  gilt  von  dem  Maar  von  Feldstetten  No.  5,  welches 
sich  im  übrigen  zu  einem  grossen  Erosionsthale  erweitert  hat,  also  in 
dieser  Hinsicht  zu  Abteilung  e  gehört.  Das  Maar  am  Mönchberge 
No.  10  ist  vielleicht  auch  hierher  zu  rechnen ;  falls  nämlich  der  dort 
stehengebliebene  Teil  der  Wand  des  Kessels  wirklich  ein  solcher  ist  und 
nicht  etwa  derjenige  eines  Erdfalles.  Die  Maare  von  Gruorn  No.  17 
und  Ohnastetten  No.  24  schliessen  sich  ebenfalls  hier  an.  Nach  N. 
hin  steht  der  Boden  dieser  Dörfer  mit  der  Weiss-Jurafläche  im  selben 
Niveau,  nach  S.  hin  dachen  sie  sich  dagegen  ab.  Dieser  nach  S. 
abgedachte  Teil  der  Dörfer  führt  Tuff;  es  ist  daher  im  N.  noch  ein 
Teil  des  alten  Maarrandes,  wenn  auch  im  bereits  abrasierten  Zustande, 
erhalten.  Ganz  eingeebnet  im  'Q  liegt  das  einstige  Maar  von  Auingen 
No.  19. 

g.  Der  Kopf  des  Maartuffganges  beginnt  bereits 
als  kleine  Erhöhung  sich  über  die  Erdoberfläche  zu  er- 
heben. Hier  ist  nicht  nur  der  Kessel  völlig  abgetragen,  sondern 
aus  dem  ehemaligen  Boden  desselben  ragt  der  Kopf  des  tufferfüllten 
Ausbruchskanales  bereits  in  Form  einer  winzigen  oder  etwas  grös- 
seren Erhebung  hervor.  Es  ist  also  auch  bereits  das ,  diesen  Tuff- 
gang umgebende  Nebengestein  in  seinen  oberen  Schichten  fortgeführt 
worden. 

Auf  der  Alb  ist  diese  Erscheinung  sehr  selten.  Sie  stellt  uns 
das  am  weitesten  vorgeschrittene  Erosionsstadium  dar,  welches  wir 
oben  auf  der  Hochfläche  finden.  Hierher  gehört  vielleicht  das  Maar 
von  Würtingen  No.  25,  dessen  Tuff  bereits  als  winziger  Buckel  empor- 


—     167     — 

ragt.  Sonst  aber  und  in  stärkerem  Masse  ist  das  nur  noch  bei  dem 
einstigen  Maar  bei  der  Teckburg  No.  34  erfolgt;  dort  bildet  der 
Tuff  bereits  eine  auf  allen  Seiten  vom  Tuff  befreite  merkliche  Er- 
hebung, wie  Fig.  8  1894  S.  726  zeigt. 

B.  Die  Vorkommen  am  Steilabfalle  der  Alb  und  Im  Vorlance  derselben. 

In  dieser  Abteilung  finden  wir  die  mannigfachsten  Stadien  der 
Denudation,  zugleich  aber  auch  die  deutlichsten  herrlichsten  Auf- 
schlüsse, welche  uns  völlig  sicheren  Einblick  in  die  bisher  in  der 
Geologie  noch  völlig  unbekannten  unterirdischen  Verhältnisse  der 
Maare  gestatten. 

I.  Noch  deutlich  erkennbare  Maar  e  m  it  angeschnit- 
tener und  zugleich  bis  in  die  Seele  hinein  aufgeschlos- 
sener, senkrechter  Tuffsäule  des  Ausbruchskanales. 
Hierher  gehören  alle  die  Maare ,  welche  zwar  noch  oben  auf  der 
Hochfläche  der  Alb  liegen,  jedoch  nicht  mehr  wie  die  bisherigen  im 
Innern  derselben ,  landeinwärts ,  sondern  hart  am  Steilabfalle.  Nur 
die  nach  der  Innenseite  zu  gelegene  Hälfte  der  Weiss-Jurawand  des 
Kessels  und  Ausbruchskanales  hängt  hier  noch  mit  der  Alb  zusam- 
men. Die  nach  der  Aussenseite  zu  gelegene  der  Kesselwand  ist  da- 
gegen ^  durch  den  mehr  und  mehr  rückwärts  schreitenden  Steilabfall 
bereits  senkrecht  abgeschnitten  und  das  Abgeschnittene  in  die  Tiefe 
gestürzt.  Man  findet  daher  die  Tufffüllung  des  Kanales  blossgelegt. 
Aber  nicht  nur  das,  sondern  meist  auch  hat  sich  in  diesen  Fällen 
schon  ein  tiefes  Thal  in  die  Seele  dieser  Tuffsäule  eingefressen,  so  dass 
letztere  bis  in  das  innerste  Mark  hinein  ausgefurcht  und  freigelegt  ist. 
Hierher  gehören  auf  der  Randecker  Halbinsel  4  Maare.  Zu- 
nächst dasjenige  von  Randeck  No.  39.  Hier  beginnt  erst  der  Auf- 
schluss  an  der  Nordwand  sich  zu  bilden.  Trotzdem  aber  ist  derselbe 
schon  weit  genug  gediehen,  um  die  Verhältnisse  dieses  Maares  zum 
Schlüssel  für  alle  anderen  unserer  Maare  und  Tuffgänge  zu  machen. 
Er  entblösst  uns  im  Ausbruchskanale  von  oben  nach  unten  das  fol- 
gende Profil : 

Jungmiocäne  Süsswasserschichten. 

Geschichteter  Tuff  mit  mittelmiocänen  ^  Schnecken. 

Massiger  Tuff. 

Basaltgang  im  Tuff. 


^  Unter  Aussenseite  ist  also  die,  in  das  nördliche  Vorland  der  Alb  schauende 
zu  verstehen ;  unter  Innenseite  die  nach  rückwärts,  nach  S.,  SO.,  SW.  gerichtete. 
^  s.  später  „Das  Alter  der  Tuffe". 


—     168     — 

In  einem  fast  gleichen  Erosionsstadium  befindet  sich  der  vierte 
Gang,  bezw.  das  oberste  Maar  an  der  Gutenberger  Steige  No.  4.5. 
Zwar  der  Maarkessel  ist  nicht  so  gross  und  nicht  so  schön  erhalten 
wie  bei  Randeck.  Aber  er  ist  doch  deutlich  zu  erkennen,  und  wie 
dort,  so  ist  auch  hier  seine  nördliche  Umwallung  durch  eine  nach 
N.  hinabziehende  Thalbildung  zertrümmert.  Wie  dort  ist  durch  diese 
Thalfurche  der  in  die  Tiefe  hinabsetzende  Tuffgang  des  Maares  an- 
geschnitten und  in  einem ,  bis  jetzt  noch  wenig  breiten ,  Streifen 
blossgelegt.  Wie  dort,  so  tritt  auch  hier  aus  diesem  letzteren  der 
Kopf  eines  Basaltganges  zu  Tage.  Endlich,  wie  sicher  beim  Ran- 
decker Maare  neben  der  Erniedrigung  des  Randes  doch  auch  wieder 
eine  Vertiefung  des  Kessels  eingetreten  ist  ^ ,  so  ist  das  auch  hier, 
aber  schon  in  viel  stärkerem  Masse  erfolgt. 

Schon  wesentlich  weiter  vorangeschritten  ist  der  senkrechte 
Aufschluss  in  den  beiden  dicht  nebeneinander  gelegenen  Maaren 
bei  der  Diepoldsburg  No.  40  und  dem  Engelhof  No.  41.  War  dort 
vielleicht  nur  ein  Achtel  des  ganzen  ümfanges  abgeschnitten  und 
freigelegt,  so  hier  bereits  fast  die  Hälfte  desselben,  und  zwar  die 
nach  W.  gerichtete.  War  ferner  dort  das  Thal  erst  in  die  Tuff- 
säule des  Ausbruchskanales  leicht  eingeritzt,  so  ist  es  hier  quer 
durch  den  ganzen  Durchmesser  derselben  hindurchgefressen,  so  dass 
es  an  der  Innen-,  der  Albseite,  bereits  bis  nahe  an  die  Weiss-Jura- 
wand  hin  einschneidet.  Auf  fast  demselben  Standpunkte  befindet 
sich  das  Maar  nördlich  von  Erkenbrechtsweiler  No.  31,  welches  der 
Erkenbrechtsweiler  Halbinsel  angehört. 

Abermals  einen  Schritt  weiter  gediehen  ist  der  Aufschluss  bei 
dem  zweiten  Gange  an  der  Gutenberger  Steige  No.  43.  Noch  stehen 
oben  die  senkrechten  d-Felswände  des  Kanales ,  welcher  hier  den 
Körper  der  Alb  durchsetzt  und  bis  hinab  in  die  Sohle  des  Lenninger 
Thaies  aufgeschlossen  ist.  Die  ganze  SW.-Wand  dieser  Weiss- Jura- 
röhre ist  hier  in  breiter  Scharte  durch  die  Thalbildung  weggebro- 
chen; vom  obersten  d  an  bis  hinab  in  das  unterste  ß.  Ein  grosser 
Teil  des  Tuffes  ist  aber  durch  diesen  breiten,  wohl  an  200  m  hohen 
Schlitz  auch  bereits  aus  dem  Kanäle  herausgewaschen  worden.  Treten 
wir  daher  durch  die  Scharte  (das  von  NO.  nach  SW.  ziehende  Neben- 
thal des  Lenninger  Thaies)  in  das  Innere  des  Ganges  ein,  so  stehen 
wir  bald  in  der  Seele  der  langen,    weiten  Röhre.     In    dieser  Achse 


^  Dass  durch  das  Zipfelbaclithal  bereits  Tuff  aus  dem  Inuern   des  Kessels 
herausgeschafft  wurde,  beweist  wohl  die  unregelmässige  Lage  der  Schichten. 


—     169     — 

des  Ganges  ist  der  Tuff  am  tiefsten  erodiert;  ringsum,  nach  den 
Wänden  der  Röhre  hin,  steigt  er  an.  Es  ist  das  ein  ganz  gross- 
artiger Aufschluss,  zugleich  ein  so  günstiger,  weil  hier  das  Gelände 
im  Kanäle,  der  durchfurchte  Tuffboden  desselben,  wenig  durch  Wald 
verhüllt  wird,  sondern  als  Acker  benutzt  ist. 

Wiederum  etwas  weiter  vorgeschritten  ist  die  Entschleierung 
bei  zwei  in  der  Nähe  von  Urach,  im  SO.  der  Stadt,  gelegenen  gros- 
sen Maaren :  Dasjenige  an  der  Steige  von  Urach  nach  Böhringen 
No.  62  und  das  an  der  Steige  nach  Wittlingen  gelegene  No.  63.  In 
beiden  Fällen  läuft  die  Steige  in  Windungen  quer  durch  den  Tuff- 
kanal hindurch.  Die  Thalbildung  aber  durchschneidet  hier  wie  dort 
nicht  den  Gang ,  sondern  sie  hat  sich  im  Kontakte  durchgefressen ; 
also  zwischen  der  südlichen  Wand  der  Röhre  und  der  Tufffüllung 
derselben.  Namentlich  bei  dem  ersterwähnten  Maare  No.  62  an  der 
Steige  Urach-Böhringen  ist  das  der  Fall,  wie  Fig.  38  zeigt.  Wir 
haben  also  hier  einen  den  Gang  quer  durchfurchenden  und  einen 
an  seiner  südlichen  Aussenseite  dahinlaufenden  Anschnitt.  Bei  dem 
an  der  Wittlinger  Steige  gelegenen  fallen  dagegen  beide  mehr  zu- 
sammen ;  doch  besteht  auch  hier  wie  dort  der  Unterschied,  dass  die 
Steige  mehr  in  höherem  Niveau,  die  Thalsohlbildung  auch  in  tieferem 
den  Gang  anschneidet.  In  diesen  beiden  Fällen  erfolgt  der  Aufschluss 
durch  die  Thalbildung  an  der  S.-,  z.  T.  auch  der  W.-  und  0. -Seite 
der  Tuffsäule.  Letztere  steckt  also  noch  mit  der  N.-Seite  in  dem, 
den  Weiss-Jura  durchbohrenden  Kanäle  drinnen. 

Dass  diese  beiden  Tuffgänge  nichts  anderes  sind  als  die  in  die 
Tiefe  führenden  Röhren  zweier  Maare,  welche  letzteren  noch  vor 
geologisch  kurzer  Zeit  oben  an  der  Oberfläche  der  Alb  mündeten, 
ist  völlig  klar.  Gleichsam  als  wollte  die  Natur  das  ausdrücklich  be- 
weisen ,  hat  sie  jedem  dieser  beiden  Maartuffgänge  sein  Vergangen- 
heitsbild in  nächste  Nähe  gerückt :  Dem  Gange  an  der  Steige  Urach- 
Böhringen  No.  62  das  Maar  von  Hengen  No.  13,  welches  nur  2^1^  km 
östlich  von  ihm  auf  der  Hochfläche  der  Alb  liegt.  Dem  Gange  an 
der  Wittlinger  Steige  No.  63  das  Maar  von  Wittlingen  No.  14,  wel- 
ches sogar  noch  nicht  1  km  östlich  von  demselben  entfernt  auf  der 
Hochfläche  erscheint.  Genau  so  wie  diese  beiden  Maare  No.  13 
und  14  heute  noch  aussehen,  so  haben  vor  geologisch  kurzer  Zeit 
unsere  beiden  Maartuffgänge  No.  62  und  63  ausgeschaut.  Und  so 
wie  letztere  heute  erscheinen,  so  wird  umgekehrt  in  geologisch 
kurzer  Zeit  die  Erscheinungsweise  der  beiden  Maare  No.  13 
und  14  sein. 


170 


II.  Maar-Tnffgänge,  durch  den  Steilabfall  senk- 
recht angeschnitten.  Maarkessel  zerstört.  Die  Analogie 
mit  den  vorher  geschilderten  Gängen  fordert  gebieterisch,  dass  wir 
auch  diese  Gänge  als  in  die  Tiefe  führende  Ausbruchskanäle  einstiger 
Maare  auffassen,  wenn  auch  hier  der  einstige  Maarkessel  bereits 
derart  zerstört  ist,  dass  wenig  oder  nichts  mehr  von  ihm  übrig  bUeb. 
Hierher  gehören  die  Gänge  No.  51  an  der  Steige  von  Beuren  nach 
Erkenbrechtsweiler ,  sowie  No.  52  und  |53  an  derjenigen  von 
Neuffen  nach  Hülben  bezw.  Urach,  wie  Fig.  22  zeigt.  Für  die  am 
Steilabfalle  sich  emporwindende  Steige  ist  durch  senkrechten  Ab- 
stich Platz  geschaffen.  Etwa  auf  dem  letzten  Viertel  des  Aufstieges 
zeigt  die  senkrechte  Wand  uns  diese  Tulfgänge,  welche  zwischen 
den  jäh  abbrechenden  Weiss-Jura-Schichten  saiger  in  die  Tiefe  setzen. 


K 


mn 


Jteicfev.Beici-eR-ErKeiabrechtsweilei 


Auch  bei  Urach  der  Gang  im  Elsachthale  No.  58  und  der  im 
Mohrenteich  No.  59  stehen  auf  ähnlicher  Stufe. 

Noch  einen  Schritt  weiter  geht  die  Erosion  bei  den  Tuffgängen, 
welche  das  folgende  Verhalten  zeigen,  wie  es  durch  Fig.  48  und  49 
zum  Ausdrucke  gelangt  (S.  171  u.  172). 

Am  Fusse  des  Steilabfalles  der  Alb ,  aber  auch  irgend  eines 
anderen  Thalgehänges  im  Gebiete  des  Braun-Jura  oder  Lias,  springt 
ein  Berg  in  das  Thal  hinaus.  Derselbe  ist  im  Umrisse  einem  kugel- 
förmigen Knopfe  gleich,  vergl.  Fig.  43  auf  nächster  Seite.  Aber 
nicht  dieser  ganze  Vorsprung  besteht  aus  Tuff.  Zwar  der  Gipfel  ist 
nur  aus  vulkanischem  Gesteine  gebildet.  Weiter  abwärts  aber  zieht 
sich  dieses  nur  in  der  Mittellinie  als  ein  breiter  Streifen  Tuff  bis 
zur  Thalsohle  hinab.  Kechts  und  links  ist  derselbe  hier  von  ge- 
schichtetem Gebirge  flankiert. 

In  diesen  Fällen  sitzt  also  der  Tuff  noch  mit  der  Rück- 
seite völlig  in  seinem  Ausbruchskanale  drinnen.  Auf  der  rechten 
und  linken  Seite    dagegen   sind    die  Wände    dieser  ßöhre  bereits  in 


—     171     — 


den  oberen  Teilen  der  Tuffsäule  ganz  von  letzterer  abgeschält,  so 
dass  hier  dieselbe  frei  als  Gipfel  aufragt.  Im  unteren  Teil  dagegen 
umgeben  sie  noch  den  Tuffgang.  An  der  Vorderseite  schHesslich 
ist  die  Wand  der  Röhre  bereits  bis  auf  die  Thalsohle  hinab  von  der 
Tuffmasse  abgeschält;  offenbar 
darum,  weil  hier,  auf  der  in 
das  Thal  hinein  schauenden  Seite, 
die  Erosion  schon  am  längsten 
gearbeitet  hat. 

Selbstverständlich  wirkt  die 
Erosion  an  jedem  der  Berge 
wieder  in  etwas  anderer  Weise. 
Der  Typus  der  Erscheinung  ist 
aber  doch  ein  und  derselbe. 
Man  gewinnt  zunächst  den  Ein- 
druck ,  als  habe  man  einen 
kegelförmigen  Berg  vor  sich, 
dessen  untere  Hälfte  aus  Jura, 
dessen  obere  aus  aufgelagertem 
Tuff  besteht.  Jedoch  in  der 
Weise,  dass  die  Auflagerungs- 
fläche  eine  schiefe  auf  uns  zu- 
laufende Ebene  ist.  Es  ist,  als 
wenn  von  einem  ursprünglich 
nur  aus  Jura  bestehenden  Kegel- 
berge, Fig.  49,  die  Kuppe  und 
die  in  das  Thal  schauende  Flanke 
durch  einen  schrägen,  von  hinten- 
oben  nach  vorne -unten  ge- 
führten Schnitt  abgehoben  und 
nun  das  Beseitigte  wieder  durch 
Tuff  ersetzt  sei.  So  verhalten 
sich,  mehr  oder  weniger,  die  Tuff- 
gänge des  Lichtenstein  No.  71, 
Kräuterbühl  Nr.  92,    Egelsberg 

No.  79,  Metzinger  Weinberg  No.  102,  Georgenberg  No.  121,  Kugel- 
bergle  am  Ursulaberg  No.  69. 

Wiederum  einen  kleinen  Schritt  vorwärts  auf  dem  Wege  zum 
selbständigen  Bühl  ist  die  folgende  Form  geschritten,  welcher  z.  B. 
der  Bürzlenberg  No.  68  angehört.     An   seiner  vorderen   und   linken 


172 


westlichen  Seite  ist  er  ganz  freigelegt;  mit  der  Rückseite  und  zum 
grossen  Teil  auch  der  rechten,  östlichen  sitzt  er  noch  im  Weiss-Jura 
drinnen,  wie  Fig.  43  S.  173  zeigt. 

Auch  hier  hat  der  Berg  noch  ganz  die  allgemeine  Gestalt  eines 
kugelknopfförmigen  Auswuchses  am  Thalgehänge. 


Linefach 


Eine  weitere  Denudationsform,  wiederum  etwas  vorangeschritten, 
ist  die  folgende. 

Hier  ist  der  Tuffgang  nicht  nur  an  seiner  vorderen,  sondern 
auch  an  der  rechten  und  linken  Seite  bis  auf  die  Thalsohle  hinab 
aus  dem  jurassischen  Schichtgebirge  herausgeschält;  nur  noch  mit 
der  Rückseite  steckt  er  völlig  in  letzterem  drinnen.  Drei  Viertel 
vom  Umfange  der  Ausbruchsröhre  sind  hier  also  bereits  bis  auf  die 
Thalsohle    hinab  zerstört. 

Wir  können  hier  zwei  Unterabteilungen  unterscheiden : 

a.  Die  am  Gehänge  scheinbar  angelagerte  Masse  liegt  dem- 
selben nur  in  Gestalt  eines  flachen  Belages  an,  weil  die  Tuffmasse 
des  Ganges  an  der  vorderen,  ins  Thal  hineinspringenden  Seite  bereits 
stark  abgetragen  ist.     Fig.  99. 

Contact-Metam. 


Thalsohle  Querfhäldien 

TuffgaTJOfim  Sckeuerlesbach 
ricr.99. 

Hierher  gehören  der  Gang  im  Scheuerlesbach  No.  123 ,  der 
Gang  am  Authmuthbache,  nordwestlich  von  Kohlberg  No.  100,  der 
Gang  in  der  Sulzhalde  No.  117,  derjenige  bei  Scharnhausen  No.  124. 

b.  Die  am  Gehänge  scheinbar  angelagerte  Tuffmasse  quillt, 
ähnlich  wie  bei  Fig.  43  auf  nächster  Seite  in  Form  eines  kugelknopf- 


—     173     — 

artigen  Vorsprunges  ins  Thal  hinein.  So  verhält  sich  der  Kraftrain 
No.  76.  Oder  er  springt  wie  bei  dem  Jusi  No.  55  ausnahmsweise 
in  Gestalt  eines  dreieckigen  Vorsprunges  hinaus. 

Hierher  gehören  ferner  der  Burrisbuckel  No.  97,  der  Metzinger 
Weinberg  No.  102,  der  Hofbühl  No.  103,  der  Florian  No.  101,  der 
Georgenberg  No.  121,  welche  sämtlich  Braun  -  Juragehängen  und 
Zungen  entspringen ;  oder  der  Bürzlenberg  No.  68 ,  welcher  auf 
solche  Weise  dem  Steilabfalle  der  Alb  entquillt.  Auch  das  Authmuth- 
bölle  No.  115  springt  auf  solche  Weise  aus  dem  durch  Unteren  Lias 
gebildeten  Gehänge  hervor. 

Gleichviel  nun,  ob  der  Tuff  mehr  in  Form  eines  flacheren 
Belages  (a)  oder  in  der  eines  kugelknopfförmigen  Berges  auftritt, 
stets  lehnt  er  sich  hier  also  an  den  Steilabfall  der  Alb  oder  an  die 
Wände  der  in  den  Braun-Jura  oder  Lias  eingeschnittenen  Thäler. 
Stets  entsteht  hier  im  Beobachter  die  Frage,  ob  er  nicht  doch  etwa 
nur  eine  an  das  Gehänge  angelagerte  Tuffmasse  vor  Augen  habe. 
Leicht  lässt  sich  jedoch  nachweisen,  dass  das  nicht  der  Fall  ist, 
dass  überall  Tuffgänge  rundlichen  Querschnittes  vorliegen,  welche 
den   Jura  senkrecht  durchsetzen.     Man  vergleiche  Fig.  42    und  43. 


td>V  TuffgranofamBürzlesber^,  zugleich; 

Verhalten  einer  angrelagrerten  Tufpmssb     Verhalten  einer  emjelag-erten  Tuffmasse 

Ist  die  Tuffmasse  nur  angelagert,  so  müssen  die  beiden  rechts 
und  links  derselben  sich  bildenden  Wasserläufe  sogleich  in  den 
hinter  dem  Tuffe  stehenden  Jura  einschneiden.  Der  Kugelknopf 
besteht  dann  nur  in  seiner  vorderen  Hälfte  aus  Tuff,  in  der  hinteren 
aus  Schichtgebirge.  Auch  kann  das  vulkanische  Gestein  nur  vor, 
d.h.  ausserhalb  der  ehemaligen  Grenze  der  Bergwand  Hegen  (Fig.  42). 

Bildet  der  Tuff  dagegen  einen  Gang,  so  besteht  der  Kugelknopf 
vorn  und  hinten  aus  Tuff;  und  letzterer  kann  ganz  innerhalb  der 
Grenze  der  ehemaligen  Bergwand  auftreten  (Fig.  48). 

Wenn  nun  der  Tuffgang  auch  noch  an  der  Rückseite  aus  dem 
Juragebirge   herausgeschält   ist,    dann    finden    wir   eine   abermalige, 


—     174     — 


ganz  anders  aussehende  Erosionsform.  Jetzt  ist  eine  vom  Neben- 
gestein ganz  losgelöste  Tuffsäule  entstanden.  Damit  beginnt  die 
Bildung  selbständiger  Tuffkegel,  der  Buhle.  Wir  können  vier  ver- 
schiedene Arten  dieses  Stadiums  unterscheiden ,  je  nach  der  Ent- 
fernung des  Tuffbühls  von  der  Alb. 

a.  Die  Säule,  denn  es  ist  noch  kein  echter  Bühl  geworden, 
befindet  sich  noch  mehr  oder  weniger  dicht  am  Steilabfalle  der  Alb. 
Fig.  20  giebt  ein  Bild  dieser  Verhältnisse. 


S.W 


■W.U 


Tuffgrangf  des  Conrcid-Felsens 

Tiq.ZO. 


Hierher    gehören    der    Tuffgang    des    Conradsfelsens    No.  "47, 
welcher  als  unersteigliche  Nadel   hart  am  Steilabfalle    der  Alb   auf- 


N. 


^B^ 


fAhgemlschter- 


Karpfenbühl 
Fig.4f 


^r^^5 


ragt.     Ferner   der  ebenso  auftretende ,   nur   weniger   hohe  Tuffgang 
bei  Ulmereberstetten   No.    61.      Endlich   aber   auch    der,    allerdings 


175 


fast  ganz  abrasierte  Gang  im  Buckleter  No.  57,  welcher  sich  eben- 
falls am  Steilabfalle  der  Alb  erhebt,  jedoch  nur  ganz  wenig  über  die 
steile  Ebene  des  Hanges  hervorragt. 

b.  Durch  das  Rückwärtsschreiten  des  Steilabfalles  bereits  etwas 
mehr  von  demselben  entfernt ,  an  seinem  Fusse  aufragend ,  finden 
wir  ein  weiteres  Erosionsstadium.  Hier  ist  der  Bühl,  der  kegelförmige 
Berg  schon  mehr  oder  weniger  deutlich  erkennbar  (Fig.  41). 

So  verhalten  sich  der  Karpfenbühl  No.  65 ,  das  Kugelbergle  am 
Ursulaberg  No.  69,  der  Hahnenkamm  No.  83,  der  Hohenbohl  No.  86, 
auf  dem  Bürgli  No.  84,  das  Bolle  bei  Owen  No.  49,  der  St.  Theodor 
No.  54. 

c.  Ähnlich  weit  oder  auch  noch  etwas  weiter  vom  Gehänge 
entfernt  sind  dann  Tuffgänge,  welche  sich  in  Form  eines  kegelförmi- 
gen Berges  mitten  aus  einem  Thale  erheben,  welches  in  die  Alb  ein- 
schneidet, also  noch  innerhalb  derselben  liegt.  So  verhält  sich  der 
Gang  des  Sulzburgberges  No.  48. 


Sulzburcf 


syäit— \  Basalt 

1^-ZA      Sulzburaer 

\  TT      ö         ** 


SuIzburccvS.O.hei 
Tigr.  21. 


o.LemincjQn 


d.  Endlich  finden  wir  den  Tuffgang  als  vereinzelt  aufragenden 
Berg  draussen  im  Vorlande  der  Alb.  Hier  können  wir  abermals 
verschiedene  Erosionsabarten  unterscheiden. 

a)  Die  Erosion  hat  nicht  auch  in  den  Jura  eingeschnitten : 
Der  Bühl  ist  also  nur  durch  Tuff  gebildet.  Das  ist  eine  seltene  Er- 
scheinung, welche  in  typischer  Reinheit  wohl  gar  nicht  vorkommt. 
An  irgend  einer  Seite  hat  wohl  fast  immer  die  Erosion  auch  schon 
in  den  Jura  eingeschnitten.  Der  Dachsbühl  bei  Metzingen  No.  104 
wäre  hier  vielleicht  zu  nennen. 

ß)  Die  Erosion  hat  bereits  tief  in  den  Jura  eingeschnitten: 
Der  Bühl  besteht  hier  in  seinem  Sockel   aus  Braun- Jura   oder  Lias 


—     176     — 

und  nur  in  seinem  Gipfel  aus  Tuff.  Das  ist  die  gewöhnliche  Er- 
scheinungsform. Ich  nenne  als  Beispiele  nur  den  Grafenberg  No.  108 
und  die  Limburg  No.  77. 

y)  Der  Tuff  ist  noch  durch  einen  mächtigen  Weiss- Juraschutt- 
mantel mehr  oder  weniger  ganz  verhüllt.  Kegel  dieser  Art  bilden 
einen  Übergang  zu  den  basalttuffähnlichen  Bildungen  unseres  Ge- 
bietes, bei  welchen  sich  das  Dasein  des  Tuffes  unter  der  Schutt- 
decke weder  durch  Aufschluss  noch  durch  andere  Kennzeichen  verrät. 

Hierher  gehören  der  Tuffgang  des  Kugelbergle  am  Ursulaberg 
No.  69,  also  noch  am  Steilabfalle  der  Alb  gelegen.  Der  Tuff  tritt 
hier  wenigstens  an  einer  Anzahl  von  Stellen  zu  Tage.  Ferner  der 
im  Vorlande  sich  erhebende  Doppelkegel  des  Engel-  und  Altenberges 
No.  94  und  93.  Nur  am  S.-Abhange  des  letzteren  schaut  der  Tuff 
verstohlen  aus  der  Schuttdecke  an  einer  kleinen  Stelle  hervor ;  beim 
Altenberg  dagegen  ist  er  völlig  verhüllt,  kann  also  nur  vermutet 
werden.  Auch  der  Tuffgang  des  Hahnenkamm  No.  83  am  Steil- 
abfalle der  Alb  verhält  sich  ähnlich ;  doch  soll  hier  Tuff  ganz  sicher 
unter  dem  Kalkschutte  gefunden  worden  sein. 

d)  Der  Tuff  ist  schon  mehr  oder  weniger  dieses  Mantels  be- 
raubt, wie  z.  B.  in  hohem  Masse  bei  allen  eingeebneten  Vorkommen 
(S.  160),  w^elche  eben  z.  T.  deswegen  eingeebnet  sind,  weil  ihnen 
der  Schutz  des  Mantels  fehlt. 

Diese  letzte  Erosionsform  dieser  Tuffkegel  ist  also  eine  mehr 
oder  weniger  negative :  Die  Tuffmasse  erhebt  sich  nur  wenig  oder 
gar  nicht  über  ihre  Umgebung. 

Das  gilt  von  der  Gegenwart.  Es  wird  aber  auch  für  die  nächste 
Zukunft  Geltung  besitzen,  solange  und  soweit  nämlich  in  die  Tiefe 
hinab  die  Ausbruchskanäle  noch  mit  Tuff  erfüllt  sind.  Stets  wird 
wohl  hier,  bei  weiter  fortschreitender  Abtragung  der  Erdoberfläche, 
der  des  schützenden  Schuttmantels  beraubte  Tuffgang  mehr  oder 
weniger  eingeebnet  bleiben.  Sowie  aber  später  einmal  diese  Tuff- 
füllung der  Kanäle  in  noch  grösserer  Tiefe  ihr  Ende  finden  und  einer 
festen ,  basaltischen  das  Feld  räumen  wird ,  muss  abermals  die  alte 
Erscheinungsform  aufragender  Felsennadeln  und  kegelförmiger  Berge 
Platz  greifen.  An  Stelle  der  121  Tuffgänge  bezw.  Buhle 
werden  sich  dann  ebenso  viel  Basaltbühle  erheben;  viel- 
leicht schon  aus  triassischem  Gebiete,  vielleicht  auch  erst  aus  noch 
tieferem. 

Das  scheint  mir  eine  bedeutungsvolle  Lehre  zu  sein,  welche 
uns  unser  vulkanisches  Gebiet  von  Urach  giebt.     Bisher  meinte 


177 


man,  solche  Basaltberge^  seien  der  aus  dem  Aschen- 
kegel herausgeschälte  innere  Kern  von  auf  die  Erd- 
oberfläche aufgeschütteten  Vulkanbergen.  Unser  vul- 
kanisches Gebiet  von  Urach  liefert  nun  den  Beweis, 
dass  primäre  Basaltkuppen  sehr  wohl  auch  mit  ehe- 
maligen Maaren  in  Zusammenhang  gestanden  haben 
können;  dass  sie  die  aus  mehr  oder  weniger  grosser 
Tiefe  der  Erdrinde  herausgeschälte  Füllmasse  von  Maar- 
kanälen  rundlichen  Querschnittes  sein  können.  Von 
Kanälen,  welche  der  Basalt  entweder  bis  nahe  an  die 
Erdoberfläche  hin  erfüllte  oder  in  welchen  er  Hun- 
derte von  Metern  tief  unter  einem  Pfropfen  von  Tuff- 
breccie  sass,  nach  dessen  Abtragung  er  enthüllt  wurde. 

Doch  noch  ein  weiteres  Zukunftsbild  ergiebt  sich  bei  weiterer 
Abtragung  für  unser  Gebiet.  Es  ist  früher  dargelegt  worden,  dass 
die  zahlreichen  Ausbruchskanäle  unseres  Gebietes  zwar  anscheinend 
ganz  selbständig,  ohne  das  vorherige  Bestehen  von  Spalten,  durch 
die  Erdrinde  hindurch  geblasen  zu  sein  scheinen;  dass  dagegen  in 
verhältnismässig  geringer  Tiefe  unter  der  Erdoberfläche  vermutlich 
eine  grosse  Höhlung  von  37  und  45  bezw.  30  km  Durchmesser  be- 
stand, von  welcher  dieselben  ausgingen.  Der  diese  Höhlung  damals 
erfüllende  Schmelzfiuss  musste  nach  seiner  Erstarrung  eine  entsprechend 
grosse  kuchenförmige  Masse  bilden.  Wenn  daher  dereinst  die  Ab- 
tragung bis  auf  diese  hinabgegriffen  haben  wird,  so  muss 
dann  an  Stelle  der  127  einzelnen  kleinen  Basaltberge  ein 
einziger  gewaltiger  Basaltberg  herausgeschält  werden. 

Somit  ergiebt  sich  uns  von  oben  nach  unten  die  folgende,  drei- 
fach mögliche  Denudationsreihe ,  wenn  wir  uns  die  Erdrinde  durch 
ungefähr  wagerechte  Schnitte  mehr  und  mehr  abgetragen  denken : 
Entweder^ 

..     ,.  ,  1)  Aschenkegel 

sprun  ff  liehen        ^  ,  ,    ° 

Erdoberfläche      2)  Basaltherg 


Oder^ 


Oder* 


Erdoberfläche 


1)  Maare 

2)  Kleine  Basaltberge 

3)  dto. 

4)  Gewaltige  Basalt- 
masse 

'  Natürlich    soweit    sie   ursprüngliche,    primäre   Kuppen    sind    und   nicht 
etwa  sekundär  aus  einer  Basaltdecke  durch  Erosion  herausgearbeitete. 


Unter  der  ur-  j 
sprünglichen  j    3)  Basaltberg 
Erdoberfläche 


1)  Maare 

2)  Kleine  Tuff  berge 

3)  Kleine  Basaltberge 

4)  Gewaltige  Basalt- 
masse 


^  Im  Gebiete  von  Urach  nicht  vorhanden. 
^  u.  *  Im  Gebiete  von  Urach  vorhanden. 

Jahreshefte  d.  Vereins  f.  vaterl.  Naturkunde  in  Württ.  1896. 


12 


—     178     — 

Das  Alter  der  vulkanischen  Ausbrüche  im  Gebiete 
von  Urach. 

Graf  Mandelsloh;  0.  Fraas;  Qüenstedt  ;  Klüpfel;  Deffner;  Endriss,  Ver- 
steinerungen des  Maares  von  Eandeck  No.  39.  Pompeckj,  Versteinerungen 
des  Maares  S.  von  Hangen  No.  15.  E.  Fraas,  Eeste  von  Böttingen  No.  3. 
Koch,  Schnecken  und  Säugetiere  des  Maares  von  Laichingen  No.  1.  Schnecken 
in  anderen  Tuffvorkommen  unseres  Gebietes.  Die  Entstehung  der  Maare  und 
die  Ausfüllung  ihrer  Ausbruchskanäle  mit  Tuff  fällt  in  eine  ältere  Zeit  als 
die  oberraiocäne,  in  welcher  sich  in  diesen  Maaren  Süsswasserschichten  ab- 
setzten. 

Die  erste  Bestimmung  des  Alters  der  vulkanischen  Ereignisse 
in  unserem  Gebiete  erfolgte  wohl  durch  Graf  Mandelsloh  ^  im  Jahre 
1834.  Er  führt  nämlich  an,  dass  der  Süsswasserkalk  von  Böttingen 
No.  3  von  dem  vulkanischen  Tuffe  gänzlich  in  seiner  Lagerung  ge- 
stört und  bedeckt  worden  sei.  Da  nun  dieser  Süsswasserkalk  die- 
selben Versteinerungen  wie  Steinheim  führe ,  so  müsse  der  Tuff 
jünger  sein. 

Leider  ist  diese  Lagerung  jetzt  nirgends  mehr  zu  beobachten ; 
es  ist  auch  gar  nicht  ersichtlich,  wo  in  Böttingen  je  ein  Aufschluss 
gewesen  sein  sollte,  an  welchem  man  die  Schichtenstörung,  totale- 
ment  altere  sagt  Mandelsloh,  beobachten  konnte.  Eine  Überlagerung 
des  Süsswasserkalkes  durch  Tuff  Hess  sich  ja  durch  Brunnengrabung 
feststellen,  nicht  aber  ebensogut  eine  Störung  der  Lagerung  des 
Kalkes.  Mir  will  daher  diese  Angabe,  oder  besser  gesagt  Mandels- 
loh's  Schlussfolgerung,  doch  als  sehr  fraglich  erscheinen. 

Einmal,  weil  sie  dem  an  anderen  Maaren  unseres  Gebietes  Be- 
obachteten widerspricht;  denn  in  diesem  liegt  der  Tuff  unter  den 
Süsswasserschichten,  nicht  über  denselben. 

Zweitens,  weil  sich  leicht  eine  andere  Erklärung  für  jene 
Schichtenstörung  finden  lässt,  welche  in  einem  Brunnen  beobachtet 
sein  mag.  Bei  Betrachtung  des  Randecker  Maares  No.  39  und 
anderer  ist  gezeigt  worden,  wie  die  Ablagerungen  von  Tuff  und 
Süsswasserschichten  vom  Rande,  bezw.  inneren  Gehänge  des  Maar- 
kessels aus  allmählich  nach  der  Mitte  hin  abrutschen.  Dadurch 
werden  nicht  nur  die  Schichten  zu  einem  mehr  oder  weniger  steilen 
Einfallen  gebracht,  sondern  es  kann  auch  sehr  leicht  Tuff  vom  Rande 
aus  auf  die  in  der  Tiefe  des  Kessels  liegenden  Süsswasserschichten 
abrutschen.     Das   kann    sich   schliesslich   mehrmals  wiederholen,  so 


^  Memoire  sur  la  Constitution  geologique  de  l'AIbe  du  Württemberg.    Stutt- 
gart 1834.  S.  39. 


—     179     — 

dass  dann  bei  einer  Brunnengrabung  an  solcher  Stelle  gestörte  Lage- 
rungsverhältnisse und  Überlagerung  des  Süsswasserkalkes  durch  Tuff 
sich  ergeben. 

In  dritter  Linie  aber  scheint  mir  Mandelsloh's  Behauptung, 
dass  der  Tuff  zu  Böttingen  die  Süsswasserschichten  durchbrochen 
habe,  also  jünger  sei  als  diese,  unglaubwürdig,  aus  einem  palaeon- 
tologischen  Grunde.  Herr  Professor  E.  Fraas  besitzt  nämlich,  wie  ich 
einer  freundhchen  Mitteilung  entnehme,  Helix  rugulosa  aus  dem  vul- 
kanischen Tuffe  von  Böttingen.  Das  ist  eine  untermiocäne  Art, 
welche  mithin  gerade  umgekehrt  wie  Mandelsloh  will,  für  den  Tuff 
auf  ein  höheres  Alter  hinweist,  als  den  Süsswasserschichten  zukommt. 

Auch  in  einer  späteren  Arbeit,  aus  dem  Jahre  1842,  kommt 
Mandelsloh  auf  das  Alter  des  Ausbruches  bei  Böttingen  No.  3  zurück. 
Die  im  vulkanischen  Tuffe  gefundenen  Süsswasser-  und  Landconchy- 
lien,  Helix,  Planorhis,  Lymnaea^  lägen,  wie  er  sagt,  einzeln  und  nicht 
etwa  mit  ihrem  Muttergestein,  dem  Süsswasserkalk  verwachsen,  im 
Tuffe.  Aus  diesem  Verhalten  zog  er  abermals  den  irrtümlichen 
Schluss,  dass  die  basaltischen  Ausbrüche  auf  der  Alb  zu  einer  Zeit 
vor  sich  gingen,  in  welcher  sich  die  Tertiärbildung  des  Süsswasser- 
kalkes schon  niedergeschlagen  hatte  ^ 

Weitere,  genauere  Anhaltspunkte  gab  dann  0.  Fraas  im  Jahre 
1888^.  Bei  Gelegenheit  der  Aufnahme  von  Blatt  Kirchheim  u.  T. 
hatte  er  mit  Deffner  in  dem  Basalttuffe  des  Randecker  Maares  eine 
Anzahl  von  Schnecken  und  in  der  Blätterkohle  Pflanzen  und  In- 
sekten gefunden.  Auf  Grund  dieser  bestimmte  er  das  Alter  als  ein 
miocänes. 

Bald  darauf,  1861,  that  Quenstedt^  zweier  Pflanzen  aus  dem 
Randecker  Maare  Erwähnung  und  hob  hervor,  dass  dieselben  auf  ein 
der  Oninger  Stufe  gleiches  Alter  hindeuten. 

Im  Jahre  1865  untersuchte  Klüpfel^  die  Flora  aus  der  Papier- 
kohle des  Randecker  Maares  genauer.  Er  kam  zu  dem  Ergebnis,  dass 
von  dieser  Flora  gewisse  Formen,  wie  Leonathus  (Cinnamomiini) 
polymorpJms  und  Juglans  büinica,  Leitpflanzen  für  das  ganze  Tertiär 
wären.  Dass  dagegen  Populus  midabilis  und  Podoyomum  Lyellianum 
{Gleditschia  podocarpa)  „für  das  oberste  Tertiärgebilde"  kennzeichnend 


'  Amtlicher  Bericht  über  die  20.  Vers.  d.  Ges.  deutscher  Naturf.  und  Ärzte 
zu  Mainz  1842.     Mainz  1843.  S.  123—124. 
^  Diese  Jahresh.  Jahrg.  14.  S.  42. 
^  Epochen  der  Natur.  1861.  S.  789. 
"  Diese  Jahresh.  1865.  S.  152—156. 

12* 


-     180     — 

seien.  Gemeint  ist  mit  diesem  Ausdrucke  jedenfalls  die  Stufe  von 
Öningen.  Jener  Ausdruck  „das  oberste"  Tertiär  darf  daher  nicht 
etwa  wörtHch  als  jungpliocän  verstanden  werden,  sondern  soll  jeden- 
falls bedeuten:  Das  oberste  Tertiär  in  Schwaben,  also  die  Oeninger 
Stufe. 

Noch  später  fasste  dann  Deffner  diese  Beobachtungen  Klüpfel's 
zusammen  und  veröffentlichte  einen  Auszug  aus  dem  Kataloge  der 
Sammlung  im  Mineralienkabinet  zu  Stuttgart.  Ich  gebe  Deffner's 
Worte  wieder  und  bemerke  nur,  dass  auch  hier  der  Ausdruck 
„jüngstes  Tertiär"  offenbar  nicht  wörtlich,  sondern  so  zu  verstehen 
ist,  dass  die  Öninger  Stufe  gemeint  wird.  Deffner  sagt  über  diese 
Erfunde  im  Eandecker  Maar^  das  Folgende: 

„Man  findet  Pflanzen,  Insekten  und  Schnecken,  die  zwei  ersteren 
in  den  Dysodilgebilden,  die  letzteren  hauptsächhch  in  den  verstürzten 
gelben  Basalttuffen,  welche  in  Blöcken  am  Abhang  gegen  Hepsisau 
liegen.  Unter  den  Pflanzen  herrscht  die  Baumform  vor,  und  unter 
diesen  ist  einer  der  häufigsten  ein  immergrüner  Zimt-  oder  Kampfer- 
baum, CeanotJms,  dessen  nördlichste  Grenze  als  Waldbaum  seiner  Zeit 
an  dieser  Lokalität  erreicht  war,  und  dessen  nächste  Verwandte 
gegenwärtig  in  Japan  leben.  In  nahezu  gleicher  Menge  erscheint 
ein  Nussbaum,  Juglans  hilinica.  Weidenblätterige  Eichen,  eine  nord- 
amerikanische Form,  treten  ebenfalls  in  grosser  Zahl  auf.  Dazwischen 
mischen  sich  der  Ahorn,  die  Weide,  die  Pappel,  die  Ulme,  Wegdorn 
und  Pflaumenarten,  wohl  meist  aussereuropäische  Formen.  Von 
grösster  Bedeutung  für  die  Feststellung  des  Alters  jener  Flora  ist 
aber  ein  Gleditschie ,  Poäogonium ,  welche  nach  Heer  auf  ein  noch 
wärmeres  Klima  als  der  Zimtbaum  hinweist.  Sie  findet  sich  gleich- 
falls in  Öningen  und  ist  eine  sichere  Leitpflanze  für  das  oberste 
Tertiär,  wodurch  nicht  allein  diese  Ablagerung,  sondern  auch  sämt- 
liche übrigen  vulkanischen  Bildungen  dieses  Gebiets  in  jene  Epoche 
verwiesen  werden.  Wir  sehen  somit  am  Schluss  der  Tertiärzeit  hier 
unter  einem  gemässigt  tropischen  Klima,  wie  es  gegenwärtig  den 
subtropischen  Inseln  eigen  ist,  eine  reiche  Waldvegetation  südlicher 
Formen  einheimisch,  welcher  wohl  eine  ebenso  reiche  Fauna  ent- 
sprochen hat.  Von  dieser  haben  sich  freilich  bis  jetzt  nur  einige 
Insekten  und  Schnecken  gefunden,  und  die  Säugetiere  und  Amphibien, 
welche  in  diesem  Becken  nicht  fehlen  können ,  warten  noch  ihrer 
Aufdeckung.     Doch  bestätigen  Insekten  und  Schnecken    das  warme 


^  Begleitworte  zu  Blatt  Kirchheim.  S.  31. 


—     181     — 

Klima.  Unter  den  ersteren  sind  es  besonders  zwei  Arten  von  Ter- 
miten, jene  alles  zernagenden  Ameisen  der  tropischen  Länder,  welche 
den  analogen  Nachweis  hierfür  liefern.  Die  übrigen  gehören  haupt- 
sächlich den  Geschlechtern  der  Libellen ,  Schnecken ,  Wespen, 
Wanzen  und  Aaskäfer  an.  Die  gefundenen  Schnecken,  sämtlich 
Landschnecken,  finden  sich  alle  auch  in  den  tertiären  Kalken  der 
Zwiefalter  Alb  wieder.  Auffallend  ist,  dass  nur  die  kleinen  Formen 
der  in  jenen  Kalken  vorkommenden  Gattungen  sich  bei  Randeck 
finden.  Unter  den  bis  jetzt  gefundenen  organischen  Resten  sind  nach 
dem  Kataloge  der  vaterländischen  Sammlung  im  Stuttgarter  Kabinet 
anzuführen  die  unten  folgenden  Arten." 

Ich  gebe  nun  in  folgendem  aber  nicht  das  Verzeichnis,  wie  es 
Deffner  abdruckt,  sondern  das  etwas  veränderte  und  vervollständigte, 
welches  Endriss  ^  veröffentlicht.  Dieser  hat  nämlich  in  sehr  richtiger 
Weise  die  Versteinerungen,  welche  in  den  Mergelschiefern  und  der 
Blätterkohle  gefunden  wurden,  getrennt  von  denjenigen,  welche  im 
Tuffe  selbst  liegen.  Gesammelt  wurden  dieselben  von  0.  Fraas  in 
der  Zipfelbachschlucht  in  verstürzten  Blöcken.  Auch  Endriss  fand  am 
Hohberg  zwei  Arten  ebenfalls  in  verrutschtem  Tuffe.  In  beiden 
Fällen  handelt  es  sich  also  nicht  etwa  um  Versteinerungen,  welche 
der  Tiefe  des  Tuffganges  entstammen,  sondern  nur  um  solche,  welche 
den  obersten,  geschichteten  Lagen  des  Tuffes,  unter  jenen  Tertiär- 
schichten, angehören  (s.  1894  S.  739). 

Versteinerungen  des  Tuffmaares  von  Randeck  No.  39. 

a.  Versteinerungen  der  Mergelschiefer  und  der  Papierkohle. 


Pflanzen. 
Ceanothus  polymorphiis  Al.  Braun. 
Podogonium  Knorrii  Al.  Braun. 

„  Lr/eUianum  Heer. 

Acer  trüobatum  Steg. 
Quercus  sp. 
Salix  varians  Göp. 
Ulmus  Braunii  H. 
Sapindus  falcifolius  H. 
Planera  üngeri  H. 
Zisiphus  tiliaefolins  H. 
Andromeda  protogaea  Ung. 
Diospyros  lancifolia  H. 
Prunus  sp. 
Colutea  antiqua  H. 


Bambusium  sp. 

Smilax  sp. 

Pinus  palaeostrobus  H. 

Taxodium  duhium  H. 

Diatomaceae. 

Insekten. 
Libellula  doris  H. 

„         Eurynome  H. 

„         Thoe  H. 

„  Calypso  H. 

Forficula  primigenia  H. 
Emathion  sp. 
Chironomus  sp. 
Tipula  sp. 


^  Zeitschr.  d.  deutschen  geolog.  Ges.  Bd.  XLI.  1889.  S.  118. 


—     182     - 


Mycetophila  antiqua  H. 

„  nigritella  H. 

Sciara  sp. 
Bibio  obsoletus  H. 
Scolia  sp. 

Bombus  granclaevus. 
Sarcophaga  sp. 
Protomya  jucunda  H. 
Byrrhus  Oeningensis  H. 
Lina  populeti  H. 
Cleonus  sp. 
Apion  sp. 
Coccinella  sp. 
Haltica  sp. 
Formica  tnacrocephala  H. 


Fortnica  occultata  H. 
„         heraclea  H. 
„         orbata  H. 
Termes  (Entermes)  pristinus  Cha.sp. 
„        obscurus  H. 
„        insignis  H. 


Crustaceen. 


Cypris  sp. 


Schnecken. 
Limnaeiis  sp. 
Planorbis  cornu  Brongt. 
Helix  sp. 
Ancylus  deperdüus  Desm. 


b.  Versteinerungen  im  Tuffe. 


Helix  pachystoma  Klein. 

Clausüia  antiqua  Schübl.  (Unter-  und 

Obermiocän). 
Cydostoma  (Tudora)  conium  Klein. 


Helix  orbicularis  Klein. 

„      phacodes  Thomäe  (Untermiocän). 
„       involuta  Thomae   (  „  ). 

„       crebripimctata  Thomae. 
„       subnitens  Klein. 

Während  nun  Deffner  auf  Grund  dieser  Versteinerungen  dem 
Ausbruche  im  Randecker  Maare  ein  obermiocänes  Alter  gab,  gelang 
es  Endriss,  Gründe  zu  finden,  welche  dem  Tuffe  ein  höheres  Alter 
als  jenen  Mergelschichten  zusprechen.  Er  macht  geltend,  dass  von 
den  im  Tuife  gefundenen  Arten  Helix  phacodes  und  Helix  involuta 
auf  das  Untermiocän  verweisen.  Auch  Clausilia  antiqua  liegt  in  der 
Gegend  von  Ulm,  beiErmingen,  in  entschieden  untermiocänen  Schich- 
ten; aber  sie  kommt  auch  im  Steinheimer  Becken  zusammen  mit 
Helix  sylvana  Klein  und  den  anderen  obermiocänen  Formen  vor. 
Clausilia  antiqua  ist  also  nicht  entscheidend.  Cyclostoma  conicum 
begleitet  bei  Zwiefalten  Helix  sylvana,  ist  also  obermiocän.  Somit 
ergiebt  sich,  wie  Endriss  ausführt,  gegenüber  dem  obermiocänen 
Mergelschiefer  für  den  unter  ihm  liegenden  Tuff  eine  zwischen  Ober- 
und  Untermiocän  vermittelnde  Stellung. 

Ein  glückhcher  Zufall  hat  es  gefügt,  dass  nun  auch  in  dem 
Maar  S.  von  Hengen  No.  15  sich  Versteinerungen  im  Tuff  gefunden 
haben  (s.  1894  S.  705).  Der  betreffende  Block  lag  ganz  in  der  Tiefe  des 
die  Tuffmasse  durchfurchenden  Thaies,  war  aber  ebenfalls  zweifellos 
von  der  Höhe   herabgestürzt  \     Die   rotgelbe  Farbe   verneinte   ohne 


'  Leider  verhindert  der  die  Höhe  bedeckende  Wald  weitere  Funde. 


—     183     — 

weiteres  seine  Zugehörigkeit  zu  dem  dunkelgrauen  Tuffe ,  welcher 
dort,  wie  allerwärts,  in  der  Tiefe  der  Tuffgänge  ansteht  und  verwies 
ihn  auf  die  Höhe. 

Herr  Dr.  Pompeckj,  welcher  diese  von  ihm  und  Präparator 
Kocher  gefundenen  Reste  bestimmte,  hatte  die  Freundhchkeit,  hierzu 
die  folgenden  Angaben  und  Erläuterungen  niederzuschreiben: 

„Versteinerungen  des  Tuffes  im  Maare  von  Mengen  No.  15. 

1.  Gastropoda. 

Helix  rugulosa  Mart. 

QuENSTEDT,  Gastcropoden.     p.  41.  Taf.  186  Fig.  48,  51. 

Es  liegen  8  Stücke  vor,  welche  z.  T.  beschalt  sind. 

Hei.  rugulosa  gehört  dem  Untermiocän  an. 

Helix  homalospira  Reüss. 
Sandberger,  Land-  und  Süsswasserconchylien  der  Vorwelt.  p.  429.  Taf.  XXIV  Fig.  6. 

Ein  fast  vollkommenes  Exemplar  (ohne  Mundrand)  und  zwei 
beschalte  Bruchstücke  liegen  vor. 

Untermio  cän. 

Helix  (Trigonostoma)  cf.  involuta  Thomae. 

[Vergl.  Sandberger,  Land-  und  Süsswasserconchylien  der  Vorwelt.     p.  376,  377, 
und  584.  Taf.  XVII  Fig.  17.] 

5  Exemplare,  welche  in  ihrer  Form  fast  vollkommen  mit  der 
von  Sandberger  gegebenen  Abbildung  übereinstimmen;  nur  erscheint 
der  letzte  Umgang  bei  den  vorliegenden  Stücken  etwas  stärker  ge- 
wölbt und  der  Nabel  ein  wenig  enger  als  bei  Hei.  involuta. 

Die  Bezeichnung  „zitzenförmig",  welche  Sandberger  für  den 
ersten  Umgang  der  Hei.  involuta  anwendet,  trifft  für  die  vorliegende 
Form  nicht  zu,  die  SANDBERGER'schen  Figuren  lassen  übrigens  eine 
Zitzenform  des  ersten  Umganges  auch  nicht  erkennen.  Die  Skulptur 
besteht  aus  sehr  dicht  gestellten,  fast  senkrechten  „Anwachsrippchen", 
welche  bereits  auf  dem  zweiten  Umgange  Platz  greifen,  nicht,  wie 
bei  Hei.  involuta,  erst  auf  dem  dritten.  Die  Skulptur  ist  am  stärk- 
sten auf  der  Oberseite  der  Windungen,  auf  der  Aussen-  und  Unter- 
seite derselben  sind  die  Anwachsrippchen  schwächer  ausgebildet. 
Wärzchen  und  in  schrägen  Kreuzlinien  geordnete  Haargruben,  welche 
nach  Sandberger  Hei.  involuta  kennzeichnen,  fehlen  hier. 

Die  Mundöffnung  ist  ausgebildet  und  gestellt  wie  bei  Hei. 
involuta. 


—     184     - 

Hei.  involuta  ist  dem  Untermiocän  von  Hochheim,  Tuchofic, 
Ulm,  Wiesbaden,  Hochstadt  etc.  eigen. 

Eine  von  Sandberger  (1.  c.  p.  584)  als  var.  scabiosa  von  HeJ. 
involuta  unterschiedene  Varietät  aus  den  obermiocänen  Kalken  mit 
Uel.  sylvana  und  Melanopsis  Kleini  und  im  Basalttuff  von  Hepsisau 
entfernt  sich  von  der  vorliegenden  Art  noch  mehr  als  die  Grund- 
form. Bei.  involuta  var.  scabiosa  Sandb.  hat  wenigere,  breitere  An- 
wachsrippen ,  welche  durch  pockenähnliche  Auftreibungen  unter- 
brochen sind. 

Ar  chaeozonites  cf.  Hai  ding  er  i  Reuss  sp. 
[Vergl.    Sandberger  ,    Land-    und    Süsswasserconchylien    der   Vorwelt.     p.   4-13. 

Taf.  XXIV  Fig.  26.] 

Ein  Exemplar  mit  Schale,  ohne  Mundrand. 

Die  Skulptur  und  die  Kantung  der  Umgänge  ist  vollkommen 
die  des  Arclmeos.  Haidingeri;  doch  ist  letztere  Art  ein  wenig  nie- 
derer als  das  vorliegende  Stück  und  der  Nabel  ist  bei  Archaeos. 
Haidingeri  auch  ein  wenig  weiter  als  bei  unserer  Art. 

Archaeos.  subangidaris  Reuss  sp.  [Sandberger  1.  c.  Taf.  XXI 
Fig.  15]  ist  ungefähr  ebenso  hoch,  wie  das  vorliegende  Exemplar, 
aber  es  fehlt  die  deutliche  Kante  der  Umgänge. 

Archaeoz.  Haidingeri  Reuss  sp.  gehört  dem  Untermiocän  an. 

Hy alinia  cf.  orbicularis  Klein  sp. 

[Vergl.   Sandberger,    Land-    und    Süsswasserconchylien   der    Vorweit.     p.   603. 
Taf.  XXIX  Fig.  28,  29.] 

Zwei  Exemplare  stimmen  in  ihrer  äusseren  Form  am  besten 
mit  dieser  KLEm'schen  Art  überein.  Die  Umgänge  sind  durch  tiefe 
Nähte  getrennt;  besonders  tief  ist  die  Naht  zwischen  dem  letzten 
und  vorletzten  Umgange ,  so  dass  die  inneren  Umgänge  gleichsam 
in  den  letzten  Umgang  etwas  eingesenkt  erscheinen.  Der  Windungs- 
anfang tritt  in  Zitzenform  hervor,  und  zwar  deutlicher,  als  es  bei 
den  citierten  Figuren  Sandberger's  der  Fall  ist. 

Die  schwache  Einsenkung  der  inneren  Umgänge  in  den  letzten 
erinnert  an  Helix  inflexa  Klein  sp. ,  doch  fehlen  auf  den  Schalen- 
lesten  der  vorliegenden  zwei  Stücke  die  für  Helix  inflexa  charak- 
teristischen Haargruben;  die  Skulptur  besteht  vielmehr  nur  aus  sehr 
feinen  Anwachsstreifen.  Bündelung  der  Anwachsstreifen,  wie  Sand- 
berger sie  für  Hyal.  orbicularis  erwähnt,  zeigen  die  vorliegenden 
Exemplare  nicht;  Sandberger's  Zeichnungen  lassen  dieselbe  übrigens 
auch  nicht  deutlich  erkennen. 


-     185     - 

Hyal.  orbicularis  Klein  sp.  gehört  dem  Obermiocän,  den 
Kalken  mit  Helix  sylvana  an. 

Clausilia  sp.  nov.  indet. 

5  Stücke.  Die  vorliegende  Art  weicht  von  allen  bekannten 
Clausihen  durch  das  stärkere  Dickenwachstum  der  letzten  (unteren) 
Umgänge  ab,  wodurch  gegenüber  der  hohen  Kegelform  der  übrigen 
Clausilien  mehr  eine  Keulenform  erzeugt  wird.    Die  Mündung  fehlt. 

Am  nächsten  steht  wohl  die  untermiocäne  Clausilia  antiqua 
ScHüBL.,  mit  welcher  die  vorliegende  Art  die  Skulptur  gemeinsam  hat. 

Es  liegen  ferner  noch  6  Bruchstücke  einer  grösseren  schlan- 
keren Clausilienart  vor,  welche  aber,  da  die  Schale  fehlt,  kaum  zu 
bestimmen  sind. 

Tudora  (Cyclostominn)  conica  Klein  sp. 
Klein,  Concbylien  der  Süsswasserkalkfaima  Württembergs.  Diese  Jahresh.  1853. 

p.  217.  Taf.  V  Fig.  14. 
Sandberger,  Land-  und  Süsswasserconchylien  der  Vorwelt.    p.  607,  608. 

20  Exemplare  dieser  in  den  obermiocänen  Kalken  mit 
Helix  sylvana  und  malleolata  häufigen  Art  liegen  vor. 

2.  Plantae. 
Greivia  crenata  Ung.  sp. 
Eine  Frucht  aus  dem  Tuff  des  Maares  südlich  von  Mengen 
stimmt  vollkommen  mit  mehreren  vorliegenden  Früchten  dieser  Art 
aus  dem  Untermiocän  von  Tuchoi'ic  bei  Saatz  (Böhmen)  überein. 
Greivia  crenata  ist  besonders  häufig,  sogar  vorherrschend,  im  Unter- 
miocän des  Hohen  Rhonen   [Sandberger  1.  c.  p.  470]." 

;,Nach  dem  Obigen  gelangen  wir  zu  dem  folgenden  Ergebnisse : 
Sicher  untermiocän en  Alters  sind: 
Helix  rugulosa  Mart. 

„      Jwtnalospira  Reuss. 
Greivia  crenata  Ung.  sp. 
An  untermiocäne  Arten  schliessen  sich  an: 
Helix  (Trigonostoma)  cf.  involufa  Thomae. 
Archaeozonites  cf.  Haidingeri  Reüss  sp. 
Clausilia  sp.  (aus  der  Verwandtschaft  der  Claus,  antiqua). 
Sicher  obermiocänen  Alters  ist : 

Tudora  (Cyclostomum)  conica  Klein  sp. 
An  obermiocäne  Arten  schliesst  sich  an: 
Hyalinia  cf.  orhicularis  Klein  sp." 


-     186     - 

So  weit  Herr  Dr.  Pompeckj.  Dieser  kommt  also  für  das  Maar 
S.  von  Mengen  No.  15  nicht  nur  zu  einer  Bestätigung  dessen,  was 
Endeiss  zuerst  für  dasjenige  von  Randeck  No.  39  geltend  machte, 
sondern  sein  Ergebnis  verschärft  die  Sachlage  noch  bedeutend. 
Während  Endriss  im  Tuffe  des  Maares  von  Randeck  unter  8  ober- 
miocänen  Sclmeckenarten  deren  zwei  feststellte,  welche  dem  Unter- 
miocän  angehören ,  und  eine  dritte ,  welche  in  beiden  Stufen  vor- 
kommen soll,  finden  wir  im  Maar  S.  von  Hengen  No.  15  unter  eben- 
falls 8  Arten  deren  3,  welche  untermiocän  sind  und  weitere  3,  welche 
sich  untermiocänen  Arten  anschliessend 

Nun  beachte  man  aber  noch,  wie  sich  die  Erfunde  in  beiden 
Maaren  ergänzen.  Nicht  etwa  sind  hier  wie  dort  die  untermiocänen 
Arten  dieselben,  sondern  Endriss  hat  im  Maar  von  Randeck  zwei 
ganz  andere  untermiocäne  Arten  gefunden,  wie  Pompeckj  in  dem- 
jenigen S.  von  Hengen.  Dadurch  erlangen  diese  Feststellungen  ein 
noch  höheres  Gewicht. 

Wie  schon  eingangs  besprochen  (s.  S.  179)  hat  E.  Fraas 
im  Tuffe  eines  dritten  Maares,  Böttingen  No.  3,  ebenfalls  eine  unter- 
miocäne Art,  Helix  rtigulosa,  gefunden.  Engel  dagegen^  fand  in 
demselben  Tuffe  die  obermiocäne  Helix  si/lvana,  welche  auch  Qüen- 
STEDT  anführt^  und  gleichalterige  Pflanzen. 

Noch  ein  viertes  Maar  hat  Versteinerungen  ergeben,  dasjenige 
von  Laichingen  No.  1  *.  Vor  20  Jahren  hat  dort  Dr.  Koch  ,  jetzt 
Direktor  der  Irrenanstalt  in  Zwiefalten,  gesammelt,  und  nicht  nur 
Schnecken,  sondern  auch  Reste  von  Säugetieren  gefunden.  Letztere 
sind  ganz  besonders  hervorzuheben ,  da  Laichingen  die  einzige  Ort- 
lichkeit  ist,  welche  bisher  Knochen  von  Säugern  geliefert  hat.  Über 
die  näheren  Verhältnisse  der  Fundstätte,  deren  Mitteilung  ich  der 
Liebenswürdigkeit  des  Herrn  Direktor  Koch  verdanke,  habe  ich  1894 
auf  S.  691   berichtet. 

Die  sehr  wichtige  Frage,  ob  diese  Reste  aus  dem  eigentlichen 
vulkanischen  Tuffe  oder  aus  den  darüber  liegenden  Süsswasser- 
schichten  stammen,  lässt  sich  nach  dem  noch  anhängenden  Gesteine 
wohl  dahin  beantworten,  dass  letzteres  der  Fall  ist.    Es  ist  ein  hell- 


*  Eine  dieser  drei  letzteren,  Clausilia  äff.  antiqua,  weist  zwar  auf  unter- 
und  obermiocänes  Alter. 

^  Geognostischer  Wegweiser  durch  Württemberg.   Stuttgart  1883.  S.  278 
No.  2. 

^  Begleitworte  zu  Blatt  Blaubeuren.  S.  19. 

*  Begleitworte  zu  Blatt  Blaubeuren.  S.  14. 


—     187     — 

gelber  Süsswasserkalk,  welcher  einzelne  Quarzkörner  enthält.  Dazu 
gesellen  sich  freilich  einige  grünliche  Stückchen,  welche  zersetzter 
Olivin  zu  sein  scheinen  und  etwas  Magneteisen.  Allein  diese  beiden 
Mineralien  können  leicht  vom  inneren  Gehänge  des  Maarkessels  in 
das  Wasserbecken  gelangt  sein ;  sie  beweisen  also  nicht  etwa,  dass 
ein  völlig  zersetzter  TufF  vorliegt,  welcher  in  diesem  Zustande  aller- 
dings auch  eine  solche  hellgelbe  Farbe  besitzen  kann.  Von  den 
Schnecken  liegen  leider  nur  Steinkerne  vor.  Qüenstedt  hat  die- 
selben, wie  unten  folgt,  bestimmt.  Über  die  Säugetiere  hat  er  sich 
mit  kurzen  Worten  •*  geäussert.  Herr  Dr.  Schlosser  hatte  die  Güte, 
dieselben  durch  Vergleichung  mit  Münchener  Material  für  unsere 
Sammlung  in  unten  folgender  Weise  zu  bestimmen,  soweit  das  eben 
bei  zum  Teil  mangelhafter  Erhaltung  möglich  war. 

Versteinerungen  der  SUsswasserschichten  des  Maares  von  Laichingen 

No.  1. 

Schnecken. 

Helix  srilvestrina  1         ,  ,       , 

>  vorherrschend. 
.,       inflexa        ) 

.       carinulata  Klein  )        , ,     .  ,  ,  .  ,  ,  ,, 

„,  .  .  „         >  wohl  nicht  ganz  sichergestellt, 

,       Jbhmgensis  Klein  j 

Clausula  antiqua,  ziemlich  häufig. 

Pupa  JSlördlingensis  Klein,  fraglich. 

Melanojjsis  praerosa,  ein  Steinkern. 

Säugetiere. 
Aceratherium  incisivum  Cuv.  sp.     Obere  D^  und  D*.  Astragalus,  Eadius. 
„  incisivum?    Unterer  Molar,  Metatarsale  II  und  IV. 

„  sp.  Unterer  Praemolar  \  Lunare,  Scaphitoid,  Calcaneus,  Tibia?,  zwei 

Halswirbelstücke,  Rippe. 
Aceratherium  ?    Sesambein. 

Listriodon  splenäens  H.  v.  Meyer.     Oberer  Eckzahn   mit  daransitzendem  Prae- 

molar.     Astragalus  und  Phalangenende,   Humerus.     Oberer  Molar,    Unterer 

Molar '  u.  ^,  drei  lucisivi. 

Amphicyon  cfr.  major  Blainv.    Metatarsale  II,  III,  IV.    Cuboideum,  Naviculare. 

Astragalus.     Scapholunare ,   Pisiforme,   Endphalange,   Phalangen   (5  Stück). 

Amphicyon  sp.  (major?).     Unterer  Molar-,  Eckzahn.     Oberer  Molar. 

„  sp.  (sehr  fraglich). 

Anchitherium  Aurelianetise  CxjY.  sp.   (Oberkiefergebiss).   Unterer  Molar ^   Rechter 

Humerus.     Metatarsale  III. 
Anchitherium  (Aurelianense?).    Incisivus.     Teil  vom  Becken. 
Dicroceras  (Palaeomeryx)  furcatus  Hens.  sp.     Acht  Zähne,  Scapula,  Calcaneus 
(3  Stück),  Phalange  (I.  Reihe),  Cuboscaphoid,  Astragalus  (2  Stück),  Humerus. 
,.Vier  Geweihstücke. 

*  s.  vorige  Anmerkung. 


—     188     — 

Falaeomeryx  eminens  H.  v.  Mey.   Calcaueus,  Phalange  I.  Eeihe.   Drei  Astragali. 
„  sp.  {Bojani  H.  v.  Mey.  oder  Kaiipi  H.  v.  Mey.).   i^wei  Phalangen ; 

Pyramidale. 
Falaeomeryx  sp.  (??). 
Unbestimmbarer  Suide,  Hauer. 
Testudo  antiqua  H.  v.  Mey.     4  Stück. 
Emys?  oder  Testudo?  nicht  direkt  bestimmbar.   Ob  Emys  striata?  sehr  fraglich. 

Die  obigen,  in  den  Süsswasserschichten  des  Maars  von  Laichingen 
gefundenen  Säugetiere  gehören  ausnahmslos  solclien  Arten  an,  welche 
auch  in  Steinheim  vorkamen.  Beide  Ablagerungen  sind  also  gleich- 
alterig  und  es  fragt  sich  nur,  welchen  Alters  sie  sind.  0.  Fraas^ 
stellt  Steinheim  in  das  Langhien,  so  dass  diese  Fauna  älter  als  die- 
jenige von  Öningen  und  der  ihr  gleichalterigen  des  Randecker 
Maars  sein  würde,  welche  dem  Tortonien  angehört. 

Auch  0.  BöTTGER^  kommt  auf  Grund  der  Untersuchung  einer 
Anzahl  von  Landschnecken  des  Steinheimer  Beckens  zu  der  Ansicht, 
dass  dieselben  wesentlich  an  mittel-  und  untermiocäne  Arten  erin- 
nern. Er  folgert  daher  ebenfalls ,  dass  die  Fauna  von  Steinheim 
(mithin  auch  diejenige  von  Laichingen  No.  1),  wenigstens  zum  Mittel- 
miocän,  nicht  aber,  wie  Sandberger  will,  zum  Obermiocän  zu  rechnen 
sein  dürften. 

Bei  der  Eigenartigkeit  unserer  vulkanischen  Bildungen  und  bei 
dem  Ein  tagsleben,  welches  denselben  allem  Anschein  nach  nur  be- 
schieden gewesen  sein  kann,  werden  wir  für  alle  ein  gleiches  Alter 
annehmen  dürfen.  Man  wird  daher  gedrängt  zu  der  Annahme,  dass 
der  Ausbruch  des  Maares  von  Laichingen  sich  nur  kurze  Zeit  vor 
der  Erfüllung  des  letzteren  mit  Süsswasserschichten  ereignete ;  wo- 
gegen bei  denjenigen  des  Maares  von  Randeck  längere  Zeit  verstrich, 
bevor  sich  die ,  dem  jüngeren  Alter  von  Öningen  angehörenden 
Süsswasserschichten  über  ihm  absetzten.  Nur  auf  solche  Weise 
würden  wir  ein  gleiches  Alter  für  beide  Ausbrüche  erhalten.  In  der 
That  haben  ja  auch  die  Untersuchungen  von  Endriss  ergeben,  dass 
der  Randecker  Tuff  wesentlich  älter  sein  muss  als  die  der  Etage  von 
Öningen  angehörenden  Süsswasserbildungen  über  demselben.  Es  ist 
daher  der  zweite  Teil  der  obigen  Annahme  überhaupt  bewiesen  und 
der  erste  Teil,  dass  bei  Laichingen  verhältnismässig  bald  nach  dem 
Ausbruche  eine  Erfüllung  des  Kessels  mit  Wasser  stattfand,  ist  so 
wenig  ein  gewagter,  dass  wir  die  obige  Folgerung  in  der  That 
werden  ziehen  dürfen. 


Die  Fauna  von  Steinheim.     Stuttgart  1870.  S.  54. 

Neues  Jahrb.  f.  Min.,  Geol.  u.  Pal.  1877.  S.  79  u.  80.  Briefliche  Mitteilung. 


—     189     — 

Ausser  den  genannten  4  Orten  haben  dann  noch  die  folgenden 
drei  Maare  Beste  von  Helix  ergeben :  Magolsheira  No.  4,  Apfelstetten 
No.  22,  Sirchingen  No.  23^.  Leider  ist  die  Art  aber  nicht  fest- 
stellbar gewesen ,  so  dass  wir  von  diesen  Ortlichkeiten  hinsichtlich 
der  Altersbestimmung  unserer  vulkanischen  Ausbrüche  ganz  absehen 
müssen.  In  Wittlingen  No.  14  fand  ich  in  frischem  Brunnenaus- 
wurfe zwar  Süsswasserkalk ,  als  Zeichen,  dass  auch  hier  einst  ein 
Maarsee  bestand,  aber  in  demselben  keinerlei  Schalen,  s.  S.  96. 

Fassen  wir  nun  das  Ergebnis  dieser  verschiedenen  Unter- 
suchungen zusammen,  so  gelangen  wir  zu  den  folgenden  Schlüssen: 

Die  Süsswasser schichten  in  dem  Maare  von  Rand- 
eck  No.  39  gehören  der  Stufe  von  Öningen  an,  sind 
also  obermiocänen  Alters.  Die  Süss  wassers  chichten  in 
dem  Maare  von  Laichingen  No.  1  erweisen  sich  durch 
ihre  Säugetiere^  als  gleichalterig  mitSteinheim,  sind 
mithin  älter  und  demMittelmiocän  bezw.  dem  ältesten 
Obermiocän  zuzurechnen^. 

Die  obersten  Lagen  des  unter  diesen  Süsswasser- 
schichten  liegenden  vulkanischen  Tuffes  bergen  in  den 
Maaren  von  Randeck  No.  39,  S.  von  Hengen  No.  15  und 
BöttingenNo.  1^  Schnecken,  welche  teils  für  das  Ober-, 
teils  für  das  Untermiocän  kennzeichnend  sind. 

Die  vulkanischen  Ausbrüche,  bezw.  die  Entstehung 
dieser,  und  damit  sicher  wohl  aller  unserer  Maare, 
gehören  mithin  nicht  genau  derselben  Altersstufe  an, 
wie  jene  Süss  wasserschichten.  Sie  nehmen  vielmehr, 
wie  Endriss  zuerst  für  das  Randecker  Maar  nachwies, 
eine  vermittelnde  Stellung  zwischen  dem  Unter-  und 
dem  Obermiocän  ein.  Wie  viel  älter  dieselben  gegen- 
über jenen  Süsswassers  chichten  sind,  lässt  sich  natür- 
lich auf  Grund  der  bisher  vorliegenden  Reste  nicht 
genau  sagen.  Da  ich  jedoch  in  dieser  Arbeit  einen  be- 
stimmten Ausdruck  für  dieses  Alter  notwendig  ge- 
brauche, so  will  ich  dasselbe  als  Mittelmiocänbezeich- 

^  Begleitworte  zu  Blatt  Blaubeuren  S.  17  und  zu  Blatt  Urach  S.  14. 

^  Auch  die  Schnecken  widersprechen  dem  nicht,  sind  jedoch  nur  in  Stein- 
kernen vorhanden. 

^  Vergl.  den  Schluss  dieses  Abschnittes. 

*  Ob  auch  in  Böttingen  Süsswasserschichten  über  dem  Tuffe  auftreten,  ist 
unbekannt. 


—     190     — 

nen.  Es  soll  damit  aber  nur  ausgedrückt  werden,  dass 
die  Entstehung  unserer  Maare  und  ihrer  Tuff-  und 
Basalt gänge  in  eine  immerhin  ältere  Zeit  fällt  als  das 
Obermiocän. 

Über  die  Frage  selbst,  ob  man  Öningen  und  Steinheim  besser 
in  das  Ober-  oder  in  das  Mittelmiocän  stellen  müsse,  soll  damit  nichts 
ausgesagt  sein.  Die  Ansichten  über  die  Abgrenzung  von  Mio-  und 
Pliocän  gehen  ja  weit  auseinander.  Wer  die  Faunen  von  Eppels- 
heim,  Pikermi,  Mont  Leberon  u.  a.  als  Unterpliocän  betrachtet,  für 
den  gehören  diejenigen  von  Steinheim,  Nördlingen,  Öningen,  Engels- 
wies  u.  s.  w.  dem  Obermiocän  an.  Wer  dagegen  Eppelsheim,  Pikermi, 
Mont  Leberon  als  obermiocänen  Alters  ansieht,  muss  jene  letzteren 
bereits  in  das  Mittelmiocän  einreihen,  wodurch  natürlich  auch  das 
Alter  der  tiefer  liegenden  Meeres-  und  der  Unteren  Süsswasser- 
molasse  in  eine  entsprechend  tiefere  Stufe  gerückt  wird.  Das  ist 
Ansichtssache. 


Teil  III. 

Allgemeines  über  Tuffe  und  Maare.    Vergleichung  der  Tuffe 
im  Gebiete  von  Urach  mit  solchen  an  anderen  Orten  der  Erde. 


Das  Verschiedenartige  in  den  Lagerungsverhältnissen  und 
der    äusseren   Erscheinungsweise    vulkanischer   Tuffe    im 

allgemeinen. 

Die  verschiedenen  Arten  von  Tuffen  :  Trockeutuife  ,  "Wassertuffe ,  Sedimenttuffe, 
umgelagerte  Tuffe,  Tuffite,  Tuffoide,  Schlammlava  aus  vulkanischem  Tuff, 
Schlammtuffe.  Dreifache  Eutstehungsweise  von  Schlammtuffen  durch  Regen, 
Ausbruch  von  Kraterseen,  schmelzenden  Schnee  und  Eis,  auf  Java ,  Island ,  in 
Südamerika.  Beschaffenheit  der  Schlammtuffe ,  Temperatur  derselben ,  Dicke, 
organische  Eeste.  Der  Peperin.  Beschaffenheit.  Entstehungsweise.  Erklärungs- 
versuch. 

Die  Tuffe  der  vulkanischen  Gruppe  von  Urach  weichen  in  Bezug 
auf  ihre  gangförmige  Lagerung  in  höchstem  Masse  von  dem  ab,  w^as 
wir  als  das  Regelrechte  bisher  kennen.  Es  ist  auch  bei  der  oft 
verhältnismässig  geringen  Grösse  des  Durchmessers  ihrer  Ausbruchs- 
röhren und  angesichts  der,  bis  zu  mindestens  600  m  Tiefe  hinab- 
reichenden Erfüllung  dieser  letzteren  durch  Tuff  schwer,  sich  eine 
völlig  klare,  ganz  befriedigende  Vorstellung  von  dem  Vorgange  dieser 
Füllung  zu  machen.  Es  ergiebt  sich  drittens  als  die  schliessliche, 
wohl  einzig  mögliche  Lösung  dieser  Frage  gerade  eine  solche,  welche 
man  anfänglich  für  unwahrscheinlicher  als  andere  halten  möchte. 
In  Anbetracht  dieser  Umstände  war  eine  möglichst  eingehende  Prü- 
fung aller  einschlägigen  Verhältnisse  nötig.  Eine  Betrachtung  der 
verschiedenen  Arten  vulkanischer  Tuffe  im  allgemeinen  und  der  ver- 
schiedenen Formen  ihres  Auftretens  und  ihrer  Entstehungsweise 
musste  erfolgen ,  um  Sicherheit  zu  gewinnen.  So  ergab  sich  das 
Folgende  hier  im  Teil  III  erst  Angereihte,  welches  mit  als  Grund- 
lage zu  der  in  Teil  II  S.  69 — 90  geführten  Untersuchung  über  die 
Entstehungsweise  unserer  Tuffe  diente: 


—     192     — 

Innerhalb  der  gewaltigen  Masse  losen  vulkanischen  Auswurfs- 
materiales  lässt  sich  eine  ganze  Anzahl  von  Gruppen  unterscheiden, 
die  freilich  z.  T.  durch  Übergänge  miteinander  verbunden  sein  können. 

Walther  stellt  deren  vier  auf  und  kennzeichnet  sie  in  der  fol- 
genden Weise  ^ : 

1.  Bei  der  Entstehung  der  Trockentuffe  erfolgt  der  Aus- 
bruch auf  dem  Lande  und  die  Aschen  fallen  auf  dem  Trockenen 
nieder.  Hierbei  kommt  es  in  der  Regel  zu  einer  Schichtung.  Zwar 
werden  Asche,  Sand,  Lapilli  und  grössere  Stücke  gleichzeitig  empor- 
geworfen, aber  sie  fallen  nicht  gleichzeitig  nieder.  In  der  Luft  voll- 
zieht sich  vielmehr  ein  Sonderungsprozess ,  so  dass  die  schwersten 
Stücke  zuerst  die  Erde  erreichen  und  dann  allmählich  die  leichteren, 
je  nach  deren  Gewichte.  So  entsteht  eine  sogen,  subaerische  Schich- 
tung. Die  Neigung  dieser  Schichten  aber  hängt  ganz  von  der  Ge- 
staltung des  Untergrundes  ab,  auf  welchen  die  vulkanischen  Massen 
herabfallen ;  sie  sind  daher  bald  horizontal,  bald  mehr  oder  weniger 
geneigt.  Sie  setzen  sich  auch  nicht  auf  so  weite  Entfernung  hin 
fort,  wie  bei  den  im  Wasser  gebildeten  Schichten  der  Fall.  Der- 
artige Trockentuffe  können  Bruchstücke  des  durchbrochenen  Decken- 
gesteines enthalten,  wenn  nämlich  die  Decke  von  ihnen  zersprengt  wurde. 

In  der  Gruppe  von  Urach  gehören  fast  alle  Tuffe  zu  diesen 
Trockentuffen,  wie  wir  S.  88  sahen. 

2.  Diesen  Trockentuffen  gegenüber  stehen  die  Wassertuffe, 
bei  welchen  der  Ausbruch  unter  Wasser  erfolgt,  so  dass  nun  die 
Tuffmassen  im  Meere  oder  auch  in  einem  Binnensee  sich  nieder- 
schlagen. Sobald  der  Ausbruch  sein  Ende  erreicht  hat,  sinkt  der 
während  desselben  immer  wieder  aufs  neue  durcheinander  gemengte 
Tuffschlamm  in  der  Nähe  des  Kraters  ungeschichtet  als  ganze  Masse 
schnell  zu  Boden.  In  weiterer  Entfernung  dagegen  setzt  sich  der- 
selbe schichtenweis  nieder. 

Diese  Art  von  Tuffen  ist  in  der  Gruppe  von  Urach  nicht 
vertreten. 

3.  Bei  den  Sedimenttuffen  endlich  erfolgte  der  Ausbruch 
zwar  auf  dem  Lande,  die  Aschen  aber  fielen  in  das  nahegelegene 
Wasserbecken.  Hierbei  findet  ihr  Absatz  in  Schichten  statt,  aber 
derselbe  vollzieht  sich  nicht  nach  dem  Eigengewichte  der  Massen- 
teilchen,  wie  das  bei   den  Trockentufifen    der  Fall   ist,    sondern   sie 


^  Studien  zur  Geologie  des   Golfes  von  Neapel.    Zeitschr.   d.   deutschen 
geolog.  Ges.  1886.  Bd.  XXXVin.  S,  307  pp. 


-     193     — 

entsteht  dm-ch  abwechselnde  Lagen  dichten  und  porösen  Materiales, 
da  letzteres  längere  Zeit  schwimmt,  bevor  es  sich  voll  Wasser  ge- 
sogen hat.  Diese  Tuffe  verhalten  sich  also  wohl  ganz  so,  wie  der- 
jenige Teil  der  unter  2.  geschilderten  Wassertuffe,  der  sich  in 
Schichten  absetzt. 

4.  Eine  vierte  Gruppe  würde  endlich  durch  die  Transport- 
tuffe  Roth's,  d.  h.  regenerierte  oder  umgearbeitete  Tuffe,  dar- 
gestellt werden.  Hier  wird  bereits  zum  Absätze  gelangtes  Tuff- 
material in  Wasserbecken  geführt  und  dort  in  Schichten  abgesetzt. 
Dasselbe  verhält  sich  dann  also  wie  die  Sedimenttuffe. 

Hierher  gehört  ein  kleinster  Teil  unserer  Tuffe  von  Urach. 

5.  Deecke^  fügt  dem  noch  eine  fünfte  Gruppe  hinzu.  Bei 
dieser  entsteht  der  Ausbruch  im  Meere,  die  Tuffmasse  aber  fällt  auf 
dem  Lande  nieder.  Es  ist  also  hier  angenommen,  dass  der  Yulkan- 
ausbruch  sich  an  einer,  nahe  dem  Lande  gelegenen  Stelle  des  Meeres 
ereignet.  In  solcher  Weise  denkt  sich  Deecke  den  campanischen 
Tuff  durch  einen  im  Meerbusen  von  Neapel  stattgefundenen  sub- 
marinen Ausbruch  entstanden,  dessen  Taffe  z.  T.  auf  das  Land  fielen. 
Tuffe  dieser  Art  werden  sich  verhalten  müssen  wie  die  oben  ge- 
schilderten Trockentuffe,  denn  Deecke  redet  nur  von  späteren  Regen- 
güssen, nicht  davon,  dass  die  Asche  gleich  bei  dem  Ausbruche  als 
feuchte  Schlammmasse  ausgeblasen  wurde. 

6.  Als  Tuf fite  scheidet  dann  weiter  Mügge^  alle  solche  Tuffe 
aus,  bei  welchen  vulkanisches  Auswurfsmaterial  gemischt  ist  mit  ge- 
wöhnhchen  Sedimenten.  Diese  verhalten  sich  also  ganz  wie  die 
oben  besprochenen  Wassertuffe. 

7.  Tuffoide  dagegen  nennt  Mügge^  solche  Tuffite,  wenn  sie 
metamorph  geworden  sind,  wobei  er  jedoch  Kontaktmetamorphismus 
ausschhesst.  Speciell  im  Auge  hat  er  hierbei  Tuffe  von  hohem  geo- 
logischem Alter. 

8.  Ein  höchst  eigenartiger  Tuff  würde  dasPiperno  genannte 
Gestein  von  Pianura  in  den  phlegräischen  Feldern  sein,  falls  das- 
selbe, wie  ScACCHi  und  dell'  Erba^  im  Gegensatze  zu  der  Mehrzahl 


1  Neues  Jahrb.  f.  Min.,  Geol.  n.  Pal.  1891.  Bd.  II.  S.  323.  Anm.  1. 
-  Untersucluxnoen   über  die  Lenneporpbyre   m  Westfalen.     Neues   Jahrb. 
f.  Min.,  Geol.  u.  Pal.  Beil.-Bd.  VIII.  Heft  3.  1893.  S.  707. 

3  Ebenda  S.  707. 

4  Considerazioni  sulla  genesi  de  Piperno.  Giornale  di  mineralogia.  Bd.  HI. 
1892.  S.  23—54.  Ich  entnehme  das  Obige  einem  Referate  von  Max  Bauer  im 
Neuen  Jahrb.  f.  Min.,  Geol.  u.  Pal.  1893.  Bd.  II.  S.  51,  52. 

Jahreshefte  d.  Vereins  f.  yaterl.  Naturkunde  in  Württ.  1895.  lo 


—     194     — 

der  anderen  Petrographen  wollen,  wirklich  nicht  eine  Lava,  sondern 
ein  Tuff  ist.  Das  hellgraue  Gestein  ist  zwar  fest,  dabei  aber  in  so 
gleichmässiger  Weise  stark  porös,  wie  das  bei  einer  echten  Lava 
nicht  bekannt  ist.  Zudem  geht  es  allmählich  in  den  überlagernden 
zweifellosen  Tuff  über.  Die  dem  Piperno  eingeschalteten  dunkleren, 
geflammten  Lagen,  welche  dichter  und  härter  sind,  sich  auch  durch 
andere  Mikrostruktur  auszeichnen,  hält  dell'  Erba  dagegen  für  echte 
Lavaauswürflinge.  Seiner  und  Scacchi's  Meinung  nach  wäre  die  Um- 
wandlung des  Tuffes  in  Piperno  nicht  durch  hydrochemische  Vor- 
gänge zu  erklären,  sondern  durch  vulkanische  Dämpfe  und  dadurch 
herbeigeführte  Sublimationen.  In  kurzen  Zwischenräumen  erfolgten 
abwechselnde  Auswürfe  von  Asche  und  von  Lavafetzen.  Die  sehr 
hohe  Temperatur  beider  bedingte  ein  Zusammenbacken  der  so  ent- 
standenen verschiedenartigen  Lagen,  während  die  baldige  Überlage- 
rung durch  neu  ausgeworfene  Massen  den  Wärmeverlust  verlang- 
samte. Dadurch  wurde  eine  Kontaktmetamorphose  von  selten  der 
Lavafetzen  auf  die  Asche  ausgeübt,  wie  wir  solche  ja  auch  in  unseren 
Tuffen  der  Gruppe  von  Urach  überall  da  beobachten  können,  wo  die 
flüssige  Basaltmasse  gangförmig  in  die  Tuffe  eingedrungen  ist. 

Wir  können  jedoch  noch  zwei  weitere  Arten,  bezüghch  Er- 
scheinungsweisen vulkanischer  Tuffe  unterscheiden,  welche  man,  zum 
Teil  wenigstens,  vielleicht  zu  der  vierten  Gruppe  der  umgearbeiteten 
stellen  könnte.  Ich  muss  die  Entstehung  derselben  in  ganz  aus- 
führlicher Weise  besprechen ,  um  Anhaltspunkte  zur  Entscheidung 
der  Frage  zu  gewinnen,  ob  bei  der  Bildung  unserer  Tuffe  der  Vulkan- 
gruppe von  Urach  das  Wasser  eine  Rolle  gespielt  habe  oder  nicht, 
s.  S.  69—90. 

Zur  Vermeidung  von  Missverständnissen,  welche  infolge  ähn- 
licher Namengebung  sich  leicht  einstellen  können ,  möchte  ich  das 
Folgende  vorausschicken. 

Wir  haben  pseudovulkanische  Bildungen,  die  Schlammvulkane, 
deren  Erzeugnisse  im  breiigen  Zustande  fliessen  und  den  Namen 
„Schlammlava"  führen.  Der  Name  ist  so  unpassend  wie  möglich, 
da  diese  Auswurfsmassen  gar  nichts  mit  einer  Lava  und  mit  Vul- 
kanen zu  thun  haben.  Die  einzige  Ähnlichkeit  in  der  äusseren  Er- 
scheinung beider  liegt  in  dem  stromartigen  Fhessen.  Wäre  dieses 
aber  ausschlaggebend,  so  könnte  man  auch  einen  Gletscherstrom 
eine  Eislava  nennen.  Doch  kann  das  kein  Grund  sein,  den  einmal 
eingebürgerten  Namen  der  Schlammlava  durch  einen  neuen  ersetzen 
zu  wollen. 


—     195     — 

Wir  kennen  dann  zweitens  bei  echten  Vulkanen  Tuffbildungen, 
welche  gleichfalls  im  breiigen  Zustande  fliessen.  Der  Name  „Schlamm- 
strom",  welcher  für  dieselben  wohl  angewendet  wird,  birgt  die  Ge- 
fahr in  sich,  dass '  der  Begriff  mit  demjenigen  der  Schlammlava  ver- 
wechselt wird.  Auch  ist  Schlammstrom  keine  Bezeichnung  für  das 
Gestein  selbst.  Da  es  sich  um  einen  zu  Schlamm  gewordenen  echten 
Tuff  handelt,  so  werde  ich  diese  Bildungen  als  „Schlämmt uff 
bezeichnen. 

Ich  wende  mich  nun  zunächst  zu  den  pseudovulkanischen  sog. 
Schlammvulkanen.  Für  die  vorliegende  Arbeit  haben  die  ge- 
wöhnlichen Erzeugnisse  dieser  Gebilde  keine  Bedeutung;  denn  die- 
selben bestehen  aus  weichen  Sedimentgesteinen,  welche  durch  das 
heisse  Wasser  und  die  Gase  dieser  Pseudovulkane  umgearbeitet  und 
als  Brei  zu  Tage  gefördert  werden.  Es  handelt  sich  hier  also  um 
thonige  oder  sandige  Massen. 

9.  Ausnahmsweise  aber  treten  auf  Island^  Schlammvulkane 
mitten  im  Gebiete  der  vulkanischen  Palagonittuffe  auf.  Hier  ist  es 
also  nicht  sedimentärer  Thon,  sondern  ein  echt  vulkanischer  Tuff, 
welcher  durch  die  aufsteigenden  heissen  Quellen  und  Gase  gekocht, 
zersetzt  und  nun  als  pseudovulkanisches  Gebilde  in  eine  sog.  Schlamm- 
lava verwandelt,  wieder  abgelagert  wird;  vielleicht  wohl  vermischt 
mit  anderem,  aus  grösserer  Tiefe  heraufgebrachtem  Gesteine. 

Nichts  steht  der  Annahme  im  Wege,  dass  auch  in  früheren 
Zeiten  bei  den  Schlammvulkanen  derartige  Fälle  vorgekommen  sind, 
wie  sie  hier  auf  Island  noch  heute  eintreten.  Zu  welchen  Folge- 
rungen wird  dann  der  Geolog  gelangen,  welcher  vor  einer  so  ent- 
standenen Ablagerung  steht?  Offenbar  wird  das  von  der  Beschaffen- 
heit des  Materiales  abhängen,  aus  welchem  die  Schlammlava  besteht. 

Wenn  nämlich  der  echt  vulkanische  Tuff  durch  das  heisse  Wasser 
und  die  Gase  vollständig  zersetzt  wu-d,  bevor  er  als  Schlammlava  wieder 
zur  Ruhe  kommt,  dann  wird  er  so  verändert  sein,  dass  man  seine 
ursprünglich  vulkanische  Herkunft  gar  nicht  mehr  erkennt  und  nun 
in  keinen  Zweifel  geraten  kann,  dass  eine  Schlammlava  vorliegt. 
Es  ist  aber  sehr  wohl  der  Fall  denkbar,  dass  eine  derartige  Schlamm- 
lava noch  die  Bestandteile  des  vulkanischen  Tuffes  deutUch  erken- 
nen lässt.  Dann  wird  man  glauben,  die  Ablagerung  einer  echt  vul- 
kanischen Bildung  vor  sich  zu  haben,   während   man  doch   nur  vor 


^  S  a  r  1 0  r  i  u  s  v  o  n  W  a  1 1  e  r  s  h  a  u  s  e  n ,  Physisch-geographische  Skizze  von 
Island.     Göttinger  Studien.  1847.  S.  123. 

13* 


—     196     — 

einer  pseudovulkanischen  steht.  Man  hat  dann  gewissermassen  eine 
Pseudomorphose ,  nämlich  echt  vulkanisches  Tuffmaterial  in  der 
äusseren  Form  eines  pseudovulkanischen  Schlammlavastromes.  Man 
erkennt,  dass  die  Masse  breiig  war,  dass  sie  als  Brei  den  Krater 
und  den  in  die  Tiefe  führenden  Kanal  erfüllte,  dass  sie  aus  dem 
Krater  als  Breistrom  geflossen  ist.  Da  aber  die  Bestandteile  dieses 
jetzt  erhärteten  Breies  eine  vulkanische  Herkunft  verraten,  so  wird 
der  Geolog  leicht  zu  dem  Trugschlüsse  geführt  werden  können,  dass 
er  eine  alleinige  vulkanische  Bildung  vor  sich  habe. 

Kann  es  nun  schon  in  einem  solchen  Falle  ausserordentlich 
schwierig  werden,  echte  und  scheinbare  vulkanische  Bildungen  aus- 
einanderzuhalten, so  wird  die  Sachlage  noch  verwickelter  durch  den 
Umstand,  dass  es  wirkliche,  echte  vulkanische  Tuffe  giebt,  die  gleich 
ursprünglich  im  breiigen  Zustande,  als  Strom  geflossen  sind.  Es  ist 
das  die  zweite  der  weiteren  Arten  vulkanischer  Tuffe ,  von  welcher 
ich  oben  sagte,  dass  sie  für  die  Frage  nach  der  Entstehung  der 
Tuffe  in  der  Gruppe  von  Urach  von  Wichtigkeit  sein  könnte. 

10.  In  grossartiger  Weise  geht  die  Entstehung  dieser  S  c  h  1  a  m  m- 
tuff  e  an  gewissen  Vulkanen  von  Südamerika,  Java  und  Island  noch 
in  der  Jetztzeit  vor  sich.  Es  muss  aber  wohl  als  sicher  angenommen 
werden,  dass  auch  in  vergangenen  Zeiten  der  Erdgeschichte  sich 
derartige  Bildungen  vollzogen  haben,  denn  die  Entstehung  dieser 
breiigen  Massen  wird  nur  durch  solche  Ursachen  bewirkt,  welche  zu 
allen  Zeiten  der  Erdgeschichte  obgewaltet  haben. 

Ich  habe  bereits  oben  gesagt,  dass  wir  diese  Bildungen  als  Schlamm- 
tuffe im  Gegensatze  zu  der  sogen,  pseudovulkanischen  Schlamm- 
lava bezeichnen  wollen.  Al.  von  Humboldt  nannte  diese  Schlamm- 
tuffe „Moya".  Allein  Theodor  Wolf  hat  darauf  aufmerksam  ge- 
macht ^,  dass  das  Wort  Moya  nur  einen  sumpfigen  Ort  bezeichne  und 
keineswegs,  wie  Humboldt  meinte,  als  Gesteinsname  in  Südamerika 
gebraucht  wird.  Höchst  wahrscheinlich  gehört  das,  was  man  in 
Italien  als  Peperin  bezeichnet,  ebenfalls  zu  den  Schlammtuffen; 
Auch  das,  was  Oppenheim  „Alluvion stufte"  benennt^,  gehört 
wohl  hierher.  Wie  Oppenheim  sagt,  entsprechen  sie  ungefähr  den 
Transporttuffen  Roth's.  Wenn  man  aber  so  scharf  klassifizieren  will, 
wie  das  im  Vorhergehenden  geschah,  dann  wird  man  sie  vielleicht 
besser  von  diesen  trennen  müssen ;  denn  einmal  handelt  es  sich  hier 


>  Neues  Jahrb.  f.  Min.,  Geol.  u.  Pal.  1875.  S.  582. 

^  Beiträge  zur  Geologie  der  Insel  Capri  und  der  Halbinsel  Sorrent.  Zeitschr. 
d.  deutschen  geolog.  Ges.  1889.  Bd.  41.  S.  467. 


—     197     — 

nicht  um  Tuffmassen,  welche  in  einem  Wasserbecken  abgelagert 
wurden  und  zweitens  können  nicht  nur  bereits  abgelagerte,  sondern 
auch  soeben  erst  herausgeschleuderte  Aschenmassen  sofort  in  Schlamm- 
tuff verwandelt  werden. 

Entstehung  der  Schlammtuffe.  Dieser  Schlammtuff 
entsteht  dadurch,  dass  die  beim  Auswurfe  stets  trockene  ^  vulkanische 
Asche  durch  meteorische  Wasser  später  in  einen  dicken  Brei  ver- 
wandelt wird,  welcher  nun  in  Gestalt  eines  Schlammtuff-Stromes 
sich  vorwärts  wälzt.  Allein  dieser  Fall  kann  in  dreifach  verschiedener 
Weise  zu  stände  kommen,  je  nachdem  die  meteorischen  Wasser 
wirken:  als  Regen,  als  in  einem  Kratersee  angesammeltes  Regen- 
wasser, als  geschmolzener  Schnee  oder  Eis.  Wir  wollen  diese  drei 
Fälle  der  Reihe  nach  an  Beispielen  betrachten. 

Bereits  im  Anfange  unseres  Jahrhunderts  wurde  von  Breislak  ^ 
die  Ansicht  bekämpft,  dass  Wasserströme  aus  dem  Innern  feuer- 
speiender Berge  ausgestossen  werden  könnten,  und  die  bisweilen 
vorkommenden  Schlammtuff-Ströme  des  Vesuv  führte  er  ganz  richtig 
auf  heftige  Regengüsse  zurück.  In  der  That  können  durch  die  mit 
vulkanischen  Ausbrüchen  häufig  verbundenen  heftigen  Gewitter  ge- 
nügende Wassermassen  geliefert  werden,  um  solche  Schlammtuff- 
Ströme  zu  erzeugen.  Umsomehr,  als  auch  der  vom  Vulkane 
ausgestossene  Wasserdampf  durch  seine  Kondensation  diese  atmo- 
sphärischen Wassermengen  vermehren  könne  ^. 

Diese  meteorischen  Wasser  können  aber  auch  in  anderer  Form 
als  Regen  die  Veranlassung  zur  Bildung  von  Schlammtuffströmen 
geben.  Junghuhn  hat  gezeigt,  dass  auf  Java  Ausbrüche  von  Schlamm- 
tuffströmen nicht  durch  Gewitter  entstehen,  sondern  nur  aus  solchen 
Vulkanen  stattgefunden  haben,  in  deren  Krateren  sich  Seen  befanden^. 
Java  besitzt  nicht  weniger  als  18  solcher  Kraterseen.  Ihre 
Entstehung  ist  durch  zwei  Umstände  bedingt :  Einmal  an  sich  schon 
durch  das  tropisch  regenreiche  Khma  der  Insel  und  zweitens  durch 

1  Da  Asche  der  in  feinste  Teilchen  zerstiebte  Schmelzfluss  ist,  so  muss 
diese  Asche  als  ursprünglich  trocken  angesehen  werden;  denn  erst  in  einem 
späteren,  wenn  auch  möglicherweise  sofort  eintretenden  Zeitpunkte  wird  ihr 
soviel  Wasser  beigemengt,  dass  sie  nass  wird. 

2  Physische  und  lithologische  Reisen  durch  Campanien  etc.  Ins  Deutsche 
übertragen  von  Ambros  Reuss.     Leipzig  1802.  Teil  I.  S.  191  pp.   u.  243  pp. 

*  Borne  mann  bestreitet  freilich,  dass  Wasserdampf  anders  als  in  seiteneu 
Fällen  von  den  Vulkanen  ausgestossen  wird  (s.  später). 

*  Java ,  seine  (Jestalt ,  Pflanzendecke  und  innere  Bauart.  Deutsch  von 
Hasskarl.  2.  Ausgabe.  Abt.  II.  Leipzig  1857.  S.  133,  G39,  717. 


-     198    — 

die  bedeutende  Höhenlage  dieser  Seen,  welche  sich  zwischen 
5 — 7000  Fuss  Meereshöhe  bewegt  ^  Diese  beiden  Umstände  erzeugen 
dort  die  Ansammlung  grösserer  Wassermassen  in  den  Krateren  und 
bedingen  es,  dass  unter  Umständen  auch  der  ganze  übrige  Krater- 
boden „rund  um  den  See  herum  aus  aufgelösten,  breiartig-schlam- 
migen Materien"  bestehen  kann  ^. 

Der  Ursprung  dieser  Kraterseen  ist  aber  ein  rein  atmosphärischer. 
Dem  im  Kraterbecken  angesammelten  Regen  und  nicht  etwa  Quellen 
verdanken  sie  ihre  Wassermasse.  Vollends  aus  der  Tiefe  herauf  ist 
niemals  Wasser  im  tropfbarflüssigen  Zustande  gekommen.  Der  Aschen- 
auswurf erfolgt  vielmehr  stets  im  trockenen  Zustande;  und  erst 
durch  die  den  Ausbruch  begleitenden,  entsetzlichen  Platzregen,  sowie 
vor  allem  durch  das  Ausbrechen  der  Kraterseen,  deren  Umwallung 
zerreisst,  wird  aus  der  trockenen  Asche  ein  Schlammstrom. 

Wiederum  in  anderer  Form  erscheinen  die,  solche  Schlammtuff- 
Ströme  erzeugenden ,  atmosphärischen  Niederschläge  auf  der  Insel 
Island  und  in  Südamerika.  Was  letzteres  Land  betrifft,  so  glaubte 
man  früher  auch  hier,  die  Ursache  dieser  dort  so  gewaltigen  Erschei- 
nungen liege  in  dem  Ausbruche  grosser  Kraterseen.  Nach  den  Unter- 
suchungen von  W.  Reis^  entstehen  jedoch  diese  verheerenden 
Schlammtuff-Ströme  an  den  südamerikanischen  Vulkanen  nie  durch 
Ausbrüche  von  Kraterseen,  sondern  dadurch,  dass  Lavaströme  sich 
über  die  mit  Schnee  bedeckten  Flanken  der  vulkanischen  Bergriesen 
ergiessen.  In  der  näheren  Umgebung  dieser  glühenden  Lavaströme 
und  unter  denselben  schmilzt  schnell  der  Schnee,  und  nun  wälzen 
sich  die  so  entstandenen  Wassermassen  an  der  Flanke  des  Berges 
hinab ,  Asche ,  Lapilli  und  grosse ,  selbst  glühende  Lavablöcke  mit 
sich  führend  und  sich  so  in  einen  Schlammtuff-Strom  verwandelnd. 
Auch  Theodor  Wolf  hat  sich  mit  diesen  Erscheinungen  beschäftigt '^; 
er  führt  die  wundersame  Ansicht  des  Velasco  an,  nach  welcher  die 
Wassermassen  aus  dem  Meere  herstammen  sollen,  welches  durch 
die  im  Eruptionskanale  entstehende  Verdünnung  der  Luft  angesogen 
würde.  Das  Verschwinden  des  Schnees  rings  um  den  ganzen  Berg 
bei  einem  solchen  Ausbruche   ist   stets    nur   ein  scheinbares,   indem 


1  Ebenda  S.  721. 

2  Ebenda  S.  639. 

^  Über  eine  Eeise  nach  den  Gebirgen  des  Iliniza  und  Corazon  u.  s.  w. 
Zeitschr.  d.  deutschen  geolog.  Ges.  1873.  Bd.  XXV.  S.  83. 

^  Geognostische  Mitteilungen  aus  Ecuador.  Neues  Jahrb.  f.  3Iin. ,  Geol. 
u.  Pal.  1875.  S.  571  und  1878.  S.  147  pp. 


-     199     - 

der  Schnee  von  der  ausgeworfenen  dunklen  Asche  lediglich  verhüllt 
wird\  Ein  wirkUches  Schmelzen  des  Schnees  findet  dagegen  nur 
unter  und  neben  dem  glühenden  Lavastrome  statt.  Wenn  indessen, 
wie  bei  dem  Ausbruche  des  Cotopaxi  am  26.  Juni  1877,  die  Lava 
sich  nicht  in  einzelnen  Strömen,  sondern  wie  aus  einem  über- 
sprudelnden Topfe  kochenden  Wassers  gleichmässig  nach  allen  Rich- 
tungen hinaus  aus  dem  Krater  ergiesst,  dann  muss  natürlich  auch 
ein  allgemeines  Schmelzen  der  den  Berg  umgebenden  Schnee-  und 
Eismassen  stattfinden^. 

Ganz  ebenso  liegen  die  Dinge  auf  der  Insel  Island.  Auch  hier 
bestreitet  Sartoriüs  von  Waltershausen  ^  dass  aus  dem  Innern  von 
Vulkanen  heraus  jemals  Wasserergüsse  stattgefunden  hätten.  Auch 
hier  entstehen  Schlammtuff-Ströme  stets  nur  durch  das  Schmelzen 
von  Schnee  und  Eis  infolge  des  Austritts  glühender  Lavaströme. 

Was  nun  die  Beschaffenheit  solcher  Schlammtuffe 
anbetrifft,  gleichviel,  ob  ihr  Wasser  durch  Schneeschmelze  oder  durch 
Regengüsse  erzeugt  wurde,  so  geben  uns  Theodor  Wolf^  und  Jung- 
HüHN  ein  Bild  derselben.  An  allen  Punkten,  welche  über  der  Vege- 
tationsgrenze liegen,  enthalten  sie  erklärlicherweise  keine  organischen 
Substanzen,  sondern  bestehen  fast  nur  aus  vulkanischem  Material. 
Sowie  sie  aber  in  die  mit  Vegetation  bedeckten  Gegenden  eintreten, 
mischen  sich  in  die  von  ihnen  abgelagerten  Massen  Pflanzenreste 
und  Daramerde,  zuerst  in  geringer,  weiter  unten  in  grösserer  Masse, 
am  bedeutendsten  aber  da,  wo  die  Schlammtuff-Flut  sumpfartiges 
Gelände  aufwühlte.  Dazu  gesellen  sich  dann  hier  und  da  auch  Reste 
landbewohnender  Tiere,  welche  von  dem  Schlammstrom  ereilt  und 
eingeschlossen  werden,  wenn  er  „wie  eine  hohe  Mauer,  die  sich 
fortwährend  nach  vorn  überschlägt"  ^  heranstürmt.  Namentlich  von 
dem  im  Jahre  1877  erfolgten  gewaltigen  Ausbruche  des  Cotopaxi 
schildert  Wolf,  wie  Gutsgehöfte,  Häuser,  Herden,  Lasttiere  mit  ihren 
Treibern,  Reisende,  Flüchtende  in  einem  Augenblicke  in  den  schlam- 

1  Vergl.  Neues  Jahrb.  f.  Min.,  Geol.  u.  Pal.  1878.  S.  144. 

2  Theodor  Wolf,  Geognostische  Mitteilungen  aus  Ecuador.  Fortsetzung. 
(Neues  Jahrb.  f.  Min.,  Geol.  u.  Pal.  1878.  S.  132  u.  133.)  Dass  jedoch  auch  in 
Südamerika  bisweilen  nur  durch  Gewitterregen  und  Wasseranstauuugen  derartige 
Schlammtuffströme  entstehen,  beweist  unter  anderem  der  Vulkan  von  Pasto. 
Reis  berichtet  über  (Zeitschr.  d.  deiitschen  geolog.  Ges.  1872.  Bd.  XXIV.  S.  380) 
einen  am  Pasto  derart  entstandenen  Schlammtuffstrom. 

3  Physisch-geograph.  Skizze  von  Island.    „Göttinger  Studien."  1847.  8.108. 
*  Neues  Jahrb.  f.  Min.,  Geol.  u.  Pal.  1878.  S.  139. 

5  Wolf,  1.  c.  1878.  S.  136. 


-     200     — 

t 

migen  Tuffmassen  verschwanden.  In  gleicher  Weise  können  aber 
auch  wasserbewohnende  Tiere  in  die  Schlammtuff-Ströme  gelangen, 
da  letztere  mit  Vorliebe  in  den  Betten  von  Bächen  und  Flüssen  thal- 
abwärts  stürzen  und  deren  Inhalt,  Wasser  wie  Tiere,  sich  einver- 
leiben \  Auch  JüNGHUHN  schildert,  wie  auf  solche  Weise  Fische, 
Schildkröten,  Büffel,  wilde  Tiere,  Affen,  Krokodile  durch  das  Wasser 
fortgerissen  und  in  den  Schlammtuff'-Strömen  der  javanischen  Vul- 
kane begraben  werden^. 

Wir  sehen  also,  dass  für  derartige  Schlammtuffablagerungen 
pflanzliche  und  tierische  Reste,  und  zwar  von  Land-  und  Wassertieren, 
eine  kennzeichnende,  wenn  auch  nicht  durchaus  notwendige  Bei- 
mengung bilden. 

Die  Temperatur  des  Wassers  und  somit  der  Ströme  von  Schlamm- 
tuff kann  eine  sehr  verschiedene  sein.  Auf  Island,  wo  dieselben  oft 
Eisstücke  mit  sich  führen ,  ist  sie  nicht  selten  eine  recht  niedrige ; 
doch  kann  sie  auch  der  Kochtemperatur  nahe  sein  ^.  Auf  Java  sind 
sie  gleichfalls  häufig  dampfend  heiss"^  und  bisweilen  von  den  aus- 
gestossenen  Dämpfen  so  sauer,  dass  sie  ätzend  wirken.  Indessen 
mögen  wohl  die  Beine  der  von  Jünghühn  erwähnten  Büffel  mehr  in- 
folge der  hohen  Temperatur,  als  infolge  des  hohen  Säuregehaltes 
angefressen  gewesen  sein. 

Auch  S.  Knüttel  berichtet  von  den  Schlammtuffströmen,  welche 
dem  Gunung  Awu  auf  Gross-Sangir ^  am  7.  Juni  1892  entquollen: 
„Die  armen  flüchtenden  Einwohner  wurden  nicht  nur  von  den  fallen- 
den Steinen  bedroht,  sondern  auch  von  dem  heissen  Schlamm  mit 
schauderhaften  Brandwunden  bedeckt^.  „Dass  auch  hier  der  Schlamm- 
tuff durch  den  Ausbruch  eines  Kratersees  hervorgerufen  wurde ,  ist 
sicher  gestellt,  wie  Knüttel  auf  S.  269  sagt.  Das  geht  auch  daraus 
hervor,  dass  der  Ausbruch  mit  Schlammtuffströmen  begann  und  dann 
zu  trockenem  Aschenregen  überging,  offenbar,  als  der  See  aus- 
gelaufen war.  Wäre  das  Wasser  aus  der  Tiefe  heraufgekommen,  so 
ist   kein    Grund,    einzusehen,    warum    das   nicht   angehalten   haben 


1  Wolf,  1.  c.  1875.  S.  466—468,  470;  1878.  S.  137—138.   Ferner  Oppen- 
heim, in  Zeitschr.  d.  deutschen  geolog.  Ges.  1889.  Bd.  XLI.  S.  467—468. 

■  Jung  huhu,  Java  IL  S.  111,  500  etc. 

^  Sartorius  von  Walters  hausen,  Physisch-geographische  Skizze  von 
Island.  1847.  S.  109. 

*  Junghuhn,  .Java  IL  S.  111  u.  493. 
•    s  NNO.  von  Menado. 

^  Tschermak's  Mineralog.  u.  petrograph.  Mitteilungen.  Wien  1893.  S.  267. 


—     201     — 

soUte.  Wie  verheerend  solche  Schlammtuffströme  wirken  können, 
beweist  der  Ausbruch  vom  2.-17.  März  1856,  desselben  Vulkanes, 
bei  welchem  3000  Menschen  durch  das  mit  rasender  Geschwindigkeit 
herabstürtzende  kochende  Wasser,  bezw.  Brei,  ihr  Leben  verloren  ^ 
Die  Konsistenz,  die  Dicke  der  Schlammtuffströme  hängt  natür- 
lich ganz  von  der  Masse  des  Wassers  ab,  welche  an  dem  betreffenden 
Orte  durch  die  Schnee-  und  Eisschmelze  oder  Regengüsse  entsteht. 
Die  Fluten  können  dünn,  einem  Giessbache  gleich  herabstürzen; 
sie  können  aber  auch  so  dickflüssig  werden,  dass  der  Strom  sich 
nicht  ausbreitet,  sondern  mit  erhöhten  Rändern  wie  eine  Wulst  sich 
vorwärts  wälzt  ^  völhg  gleich  einem  echten  Lavastrom.  Solche 
dickflüssigen  Massen  aber  hat  Wolf  am  Cotopaxi  1877  nicht  nur 
durch  geschmolzenen  Schnee  entstehen  sehen,  sondern  auch  allein 
durch  Regengüsse. 

Nach   dem  Gesagten   werden   wir   uns   nun    ein  Bild   von    der 
Beschaffenheit  der  Schlammtuffströme    machen   können,    welche  sie 
darbieten,  nachdem  sie  ihren  Wassergehalt   verloren  haben.     Es  ist 
eine  feste,  tuffige  Masse,  in  welcher  grosse  und  kleine  Gesteinsblöcke, 
Erde,  Baumstämme  und  andere  Pflanzenreste,  landbewohnende  Tiere, 
unter  Umständen  auch  wasserbewohnende,  eingeknetet  hegen,  oder 
doch   wenigstens   hier   und    da    vorkommen.     War  der  Strom  dick- 
flüssig, dann  wird  er  gewiss  keine  Schichtung  besitzen,  sondern  sich 
in    dieser   Beziehung   massig,    wie   ein    Lavastrom  verhalten.     Doch 
wird   dickbankige  Absonderung    entstehen   können,    wenn   von    Zeit 
zu  Zeit  neue  Schlammtuffströme  entstehen  und  übereinanderfliessen, 
oder  wenn   sie    durch   lose   Aschenauswurfsmassen   und   Lavaströme 
voneinander  getrennt  hegen.     Ist  der  Strom  dünnflüssig,    breitet  er 
sich  weithin  aus,  so  wird  bei  wiederholten  Ausbrüchen  eine  Schichtung 
eintreten  können.    Wenn  der  Strom  auch  heiss  sein  kann,  so  liegen 
doch    keine   Angaben    darüber    vor,    dass    die   Temperatur  so    hoch 
gewesen  wäre,  um  Kontaktwirkungen  am  Nebengestein  und  an  den 
Einschlüssen   zu    erzeugen.     Es   ist   das    auch  von  vornherein  nicht 
zu  erwarten,  ja  sogar  unmöghch,  da  zur  Bewirkung  einer  Kontakt- 
Metamorphose  wesenthch  höhere  Temperaturgrade  erforderlich  sind, 
als  dieselbe  kochendes  Wasser  besitzt. 

Vergleichen  wir  mit  diesem  Bilde  dasjenige,  welches  unsere 
Tuffe  der  Gruppe  von  Urach  bieten,  so  zeigt  sich  zweifellos,  dass 
letztere  nicht  Schlammtuffe  sein  können.     Zwar  haben   sie   dieselbe 

1  Ebenda  S.  274. 

2  Th.  Wolf,  1.  c.  1878.  S.  135  ii.  136. 


—     202     — 

massige  und  Brecciennatur,  welche  diesen  zukommen  kann.  Allein 
ihnen  fehlen  jene  Pflanzen  und  Tierreste,  welche  im  Schlammtuffe 
eingeknetet  liegen ;  sie  zeigen  nirgends  ein  stromartiges  Fliessen. 
Dagegen  haben  sie  Kontaktwirkungen  geübt,  welche  umgekehrt  dem 
Schlammtuffe  nicht  eigen  sein  können. 

Die  Peperine.  Von  Schlammtuffen  kann  man  nicht  sprechen, 
ohne  dass  der  Blick  auf  die  eigentümlichen,  bezüglich  ihrer  Ent- 
stehung immer  noch  rätselhaften  Gesteine  gerichtet  wird,  welche 
man  Peperin  genannt  hat ;  Gesteine ,  welche  in  vieler  Hinsicht  den 
Tuffbreccien  der  Gruppe  von  Urach  sehr  ähnlich  sind.  Sie  wurden 
zuerst  in  Latium  beobachtet,  und  bereits  im  vorigen  Jahrhundert 
haben  Faujas  de  Saint -Fond  ^  und  Cermelli^    darüber   geschrieben^. 

Nur  ganz  kurz  that  auch  Breislak^  des  Peperin  Erwähnung 
bei  Be.sprechung  von  Pisolithen,  von  Leucit  und  Melanit,  welche  in 
dem  Gesteine  auftreten.  In  kennzeichnender  Weise  hat  dagegen 
Leopold  von  Buch  den  Peperin  im  Anfange  unseres  Jahrhunderts  ^ 
geschildert.    Später  haben  sich  dann  Ponzi^,  vomRath^,  Penck^  und 

^  Mineralogie  des  Volcans.     Paris  1784. 

^  Carte  corografiche  e  memorie  rigiiardanti  lepietre,  miniere  etc.  Napolil792. 
Beide  Arbeiten  waren  mir  nicht  ziigängig. 

ä  Da  die  Arbeit  von  Cermelli  in  Dentscliland  nicht  leicht  zu  erlangen 
sein  wird,  gebe  ich  den  Wortlaut  nach  einer  freundlichen  Mitteilung  meines 
verehrten,  früheren  Herrn  Lehrers  Strüver  in  Kom  wie  folgt: 

,Peperiuo ,  o  come  altri  dicono  Piperino ,  che  copiosamente  ritrovasi  nelle 
vicinanze  di  Marino,  e  sul  monte  Cavo  o  Albano.  Tra  i  marmi  volgari  anno- 
verasi  da  taluno  (in  Anmerkung  Gimm  a,  eRevillas),  ed  altri  (in  Anmerkung 
Desmarest,  Ferber,  Dietrich)  il  considerano  come  nn  tufo  vulcanico. 
Bigio  verdastro  e  quello  di  Marino ;  bigio  o  bruno  giallastro  mescolato  di  piccoli 
cristalli  di  schoerl  bianco  farinoso  e  l'altro,  nel  quäle  s'incontra  altresi  qualche 
pezzo  di  quarzo  (sie !)  bianco ,  e  di  mica  di  schoerl  in  grandi  cubi.  V'ha  chi 
crede,  che  Piperno  abbia  dato  luogo  a  tale  denominazione,  perche  questa  pietra 
calcarea  e  forse  stata  da  principio  scavata  ne'  contorni  di  quella  Cittä ;  e  pensa 
alcuno,  che  il  peperino  siasi  cosi  chiamato  per  la  simiglianza  di  alcuni  suoi  grani 
con  quelli  del  pepe.  Potrebbe  qui  forse  interessare  il  Naturalista  ciö  che  nel  1737 
scrive  il  R  e  v  i  11  a  s ;  un'  involto  di  panno-lino  fu,  dice  egli,  trovato  poc'  anui  souo 
nel  mezzo  di  un  gran  masso  di   piperino,  che  tutto  il  cingea." 

■*  Physische  und  lithologische  Reisen  di;rch  Campanien  etc.  Ins  Deutsche 
übertragen  von  Ambros  Reuss.     Leipzig  1802.  Teil  I.  S.  121  u.  169. 

^  Geognostische  Beobachtungen  auf  Reisen.   Teil  IL  Berlin  1809.  S.  70—79. 

^  Storia  dei  Volcani  Laziali.     Roma  1875. 

''  Mineralogisch-geognostische  Fragmente  aus  Italien.  Zeitschr.  d.  deutschen 
geolog.  Ges.  1866.  Bd.  XVIII.  S.  360  pp. 

^  Über  Palagonit-  und  Basalttuffe.  Zeitschr.  d.  deutschen  geolog.  Ges.  1879. 
Bd.  XXXI.  S.  556  pp. 


—     203     - 

gleichzeitig  di  Tdcci  ^  mit  diesem  interessanten  Gesteine  beschäftigt, 
dessen  Mineralien  Strüver  untersuchte. 

Seiner  Struktur  nach  muss  der  Peperin  als  eine  Breccie  be- 
zeichnet werden,  denn  er  enthält  in  seiner  Grundmasse  eingesprengt 
zahlreiche  eckige  Gesteinsbruchstücke.  Diese  aus  Tuff  bestehende 
Grundmasse  ist  hellgrau,  feinerdig,  etwas  rauh  und  nicht  selten 
porös;  der  letztere  Umstand  deutet  auf  das  einstige  Vorhandensein 
von  Dämpfen  in  dieser  Masse  hin.  Die  Poren  sind  mit  Zeolithen 
und  Kalkspatkrystallen  ausgekleidet,  welche  aus  späterer  Zersetzung 
des  Gesteines  entstanden.  Da  das  Poröse  aber  keineswegs  überall 
dem  Peperin  eigentümlich  ist,  so  kann  es  nicht  zu  seinen  wesent- 
lichen Merkmalen  gerechnet  werden.  Ganz  dasselbe  gilt  von  einer 
zweiten  Eigenschaft,  welche  das  Gestein  häufig,  aber  nicht  immer 
besitzt.  Es  wechseln  nämlich  dunklere,  frischere  Partien  mit  helleren, 
weniger  frischen,  in  ganz  unregelmässig  begrenzten  Flecken  mit 
einander  ab;  di  Tucci  schreibt  das  der  Einwirkung  von  Salzsäure- 
dämpfen zu. 

Die  mikroskopische  Untersuchung  lehrt  nun,  dass  die  Grund- 
masse des  Peperin  aus  einer  Zusammenhäufung  kleiner  Aschenteile 
besteht,  nämlich  aus  einem  Filze  poröser,  meist  farbloser  Glas- 
scherbchen, welche  zahlreiche  kleine  Augite  und  Leucite  umschliessen. 
Diese  Glasstückchen  werden  verkittet  durch  eine  graue  Substanz  2. 
In  dieser  Grundmasse  hegen  makroskopisch  eingesprengt  zahlreiche 
Krystalle  von  Glimmer,  Augit,  Olivin,  Magneteisen,  Leucit  u.  s.  w.  ^ 
Dazu  gesellen  sich  dann  zahlreiche  Bruchstücke  bis  hinauf  zu  grossen 
Blöcken,  von  Basalt  und  Leucitophyr,  sowie  von  zertrümmertem 
Kalkstein.  Dieselben  Gesteine  finden  sich  in  kleinsten  Bruchstücken 
unter  dem  Mikroskop.  Die  Kalksteine  sind  mehr  oder  weniger 
abgerundet. 

Niemals  besitzt  der  Peperin  eine  so  feine  Schichtung,  wie 
solche  den  marinen  Tuffen  der  Campagne  zukommt.  Er  ist  mehr 
in  dicke  Bänke  abgesondert.  Auch  das,  was  ich  im  Hernikerlande 
unter  diesem  Namen  bezeichnete,  besitzt  zum  Teil  solche  Bankung, 
teils  aber  tritt  es  ganz  ungeschichtet,  massig  auf. 

Wie  in  den  Schlammtuffen  Südamerikas  und  Javas,  so  finden 

1  Saggio  di  studi  geologici  sui  Peperini  del  Lazio.  Reale  Accad.  dei 
Lincei.    Roma  1879.  40  S.  1  Karte. 

2  Penck,  Zeitschr.  d.  deutschen  geolog.  Ges.  1879.  Bd.  XXXI.  S.  556  pp. 

3  Bezüglich  der  Mineralien  vergl.  Strüher  in  Neues  Jahi-b.  f.  Min.,  Geol. 
u.  Pal.  1875.  S.  619  u.  620;  1876.  S.  413.  Zeitschr.  f.  Krystallographie.  I. 


—     204     — 

sich  auch  im  Peperin  pflanzhche  Reste ;  besonders  hegen  dieselben 
jedoch  in  seiner  untersten  Bank;  ein  Beweis,  dass  er  sich  damals 
über  eine  mit  Vegetation  bedeckte  Landschaft  ergoss. 

Von  Naumann  wurde  seiner  Zeit  vorgeschlagen^,  den  Namen 
Peperin  auf  alle  Gesteine  auszudehnen ,  welche  eine  ähnliche  Be- 
schaffenheit besitzen  und  wahrscheinlich  auf  ähnliche  Art  entstanden 
sind.  Auf  solche  Weise  ist  eine  Anzahl  von  böhmischen  Tuffen 
bereits  von  Naumann  und  von  Zirkel  ^  als  Peperin  bezeichnet  worden. 
Auch  im  Vulkangebiet  des  Hernikerlandes  ^  konnte  ich  Peperine 
nachweisen,  welche  jedoch  schon  etwas  weniger  krystallinisch  er- 
scheinen, als  das  bei  dem  Peperin  von  Latium  der  Fall  ist.  Noch 
einen  Schritt  weiter  geht  Penck*,  indem  er  sich  geneigt  zeigt,  auch 
den  Trass  des  Brohlthales  mit  dem  Peperin  zu  vereinigen,  wie 
denn  derselbe  bereits  vor  langer  Zeit  durch  Leopold  v.  Buch, 
SteininCtER  und  von  Oeynhausen  für  das  Erzeugnis  von  Schlamm- 
tuffströmen erklärt  wurde.  Allein  von  Decken  sprach  sich  gegen 
eine  solche  Auffassung  aus,  und  zwar  wegen  der  horizontalen  Schich- 
tung, welche  das  Gestein  zum  grössten  Teile  zeigt.  Dasselbe  that 
schon  Humboldt^. 

Eine  überaus  weite  Fassung  giebt  Lecoq  dem  Begriffe  Peperin*^, 
indem  er  Reibungsbreccien,  Wassertuffe  und  Schlammtuffe  (s.  S.  192)  ^ 
sämtlich  als  Peperin  bezeichnet;  oder  vielmehr  als  Peperit,  in 
welchen  Namen  er  das  Gestein  umtauft. 

Das  ist  gewiss  nicht  zulässig ;  denn,  wie  schon  Penck  bemerkt, 
es  fällt  auf  diese  Weise  der  Begriff  Peperin  fast  mit  dem  des  Tuffes 
überhaupt  zusammen.  So  gehört  wohl  nur  ein  Teil  des  „Peperit" 
genannten  Gesteins  der  Auvergne  zum  Peperin^;  der  andere  Teil 
aber  nicht. 


*  Lehrbuch  der  Geognosie  Teil  I.  1858.  S.  676. 
^  Lehrbuch  der  Petrographie.  IL  S.  560. 

=*  W.  Branco,  Die  Vulkane  des  Hernikerlandes  bei  Frosinone  iu  Mittel- 
italien.    Neues  Jahrb.  f.  Min.,  Geol.  u.  Pal.  1877.  S.  572  u.  585. 

*  1.  c.  S.  561. 

5  Kosmos  IV.  S.  280. 

^  Les  epoques  geologiques  de  l'Auvergne.  Bd.  IL  S.  508 ,  Bd.  IV.  S.  35 
— 110  u.  s.  w. 

^  Peperites  d'eruption  .  .  .  .  accompaguaut  presque  toujours  les  basaltes; 
peperites  remanies  stratifies;  breches  qui  .  .  .  semblant  avoir  coule  sous  la  forme 
d'eruptions  boueuses. 

8  Penck  (Zeitschr.  d.  deutschen  geolg.  Ges.  Bd.  XXXI.  S.  535)  hob  in 
seiner  Arbeit  über  die  Palagonittuffe  mit  Recht  hervor,  dass  man  mit  grösserer 
Schärfe  als  bisher  Tuft'e  und  Konglomerate  trennen  solle.   Tuffe  können  feinkörnig 


—     205     — 

Das  Entscheidende  ist  zweifellos  die  Entstehungsweise.  Tuffe 
gleicher  Entstehungsart  werden  denselben  Namen  führen  können, 
auch  wenn  sie  bis  zu  einem  gewissen  Grade  petrographische  Ver- 
schiedenheiten besitzen;  denn  bei  einem  Tuffgestein  werden  sich 
solche  leicht  einstellen. 

Welches   ist   nun   aber    die  Herkunft   des   Peperins?     Leopold 
V.  Buch   nahm   an,    dass    Ausbruchsmassen   von   Asche,    Krystallen, 
Lavablöcken   und  Kalksteinbruchstücken   in    das  Meer   geschleudert 
wären  und  dort  sich  allmählich  zu    einem   festen  Gesteine    verkittet 
hätten.    Indessen  ein  Meer  oder  Süsswasserbecken  waren  damals  in 
jener  Gegend  nicht  mehr  vorhanden.    Zwar  am  Ende  der  pliocänen 
Epoche  lagen,  wie  Verriß  darthut,  die  Gegenden  des  heutigen  un- 
teren Tiberlaufes  und  eines  Teiles  von  Latium  noch  unter  dem  Meeres- 
spiegel und  bildeten  einen  Meerbusen.   Indem  aber  das  heutige  Küsten- 
gebiet über  dem  Meeresspiegel  auftauchte,    verwandelte  sich    dieser 
Busen   zunächst   in    einen  Süsswassersee.     In    diesem   lagerten    sich 
die  ältesten  Aschenauswürfe  des  jetzt  entstandenen  Albaner  Vulkanes 
in    Gestalt   des    grauen    Pozzolantuffes    ab.     Weitere  Ausbrüche    er- 
zeugten dann  den  roten  Pozzolantuff,  welcher  sich  über  jenem  aus- 
breitete,   den  See    aber   schon   nahezu   ausfüllte.     Über    dem   roten 
finden  wir  aber  nochmals  einen  gelben  Tuff,  welcher  eine  über  mehrere 
Quadratmeilen   ausgedehnte    Decke    bildet.     Die    Entstehung    dieses 
letzteren  ist  nach  Verri  eine  andere  als  die   jener  beiden    ersteren : 
er  hat  sich  als  Schlammtuffstrom  ergossen.    Für  eine  solche  Deutung 
sprechen,  wie  Verri  ausführt,  der  Mangel  an  Schichtung;    die  ver- 
hältnismässig geringe  Mächtigkeit ;  die  Einschlüsse  von  Kalksteinen, 
welche  wohl  fortgeschoben  wurden ;  endhch  die  Einschlüsse  von  Pflan- 
zen und  Hirschen. 

Der  Peperin  des  Albanergebirges  ist  jünger  als  jene.    Er  kann 

sein,  wenn  sie  nämlich  aus  Aschen  und  Sanden  hervorgegangen  sind ;  sie  können 
aber  auch  das  Aussehen  grober  Konglomerate  (besser  wäre  wohl  in  vielen  Fällen 
^.Breccien")  annehmen,  wenn  ihnen  grober  vulkanischer  Schutt  beigemengt  ist. 
In  diesem  wie  jenem  Falle  sind  sie  durch  Zerstäubung  oder  Zertrümmerung  flüssiger 
Lava  entstanden.  Wogegen  Konglomerate  und  Breccien  vulkanischer  Gesteine 
aus  einer  Zerstörung  bereits  festgewordener  Massen  hervorgegangen  sind. 

Ich  lege  in  gleicher  Weise  Gewicht  darauf,  dass  unsere  Tuff  breccien  iu 
der  Gruppe  von  Urach  durchaus  zu  den  Tuffen  gehören ;  dass  sie  also  nicht  ver- 
wechselt werden  dürfen  mit  den  basaltischen  Reibungsbrecclen,  welche  sich  nicht 
selten  in  Spalten  finden. 

1  Note  per  la  storia  del  Vulcano  Laziale.  Bollettino  sog.  geol.  Italia.  Bd.  XII. 
1893.  S.  39-80. 


—     206     — 

also  ebensowenig  wie  jener  gelbe  Tuff  subaquatisch  abgelagert  wor- 
den sein,  denn  es  war  kein  Wasserbecken  mehr  vorhanden. 

Es  fand  daher  die  Ansicht  Ponzi's  Anklang,  dass  der  Peperin 
als  Schlammtuff  ausgestossen  und  dann  stromartig  geflossen  sei. 
Also  dieselbe  Entstehungsweise,  welche  Verri  dem  gelben  Tuffe  zu- 
schreibt. 

Eine  solche  Auffassung  stösst  jedoch  auf  Schwierigkeiten.  So- 
viel wir  heute  wissen,  können  Schlammtuffströme  nur  durch  Regen- 
güsse, durch  Ausbruch  von  Kraterseen  oder  durch  Schmelzen  von 
Schnee  und  Eis  entstehen  (s.  S.  197).  Stets  werden  also  die 
Aschenmassen  hierbei  ursprünglich  lose  und  trocken  ausgeworfen  und 
verwandeln  sich  erst  dann  in  einen  wässerigen  Brei.  Ponzi  jedoch 
lässt  fertige  Schlammströme  gleich  aus  dem  Inneren  des  Vulkanes 
heraufsteigen. 

Die  zweite  Schwierigkeit  liegt,  wie  di  Tücci  hervorhebt,  in  der 
ungeheuren  Mächtigkeit  des  Peperins,  welche  am  Albaner  See  bis 
auf  800  Fuss  steigt.  Dieselbe  würde  daher  eine  sehr  lang  anhaltende, 
wasserfördernde  Thätigkeit  des  Vulkans  in  dieser  Beziehung  bedingen. 

Eine  dritte  Schwierigkeit  endlich  findet  sich,  ebenfalls  nach 
DI  Tucci,  in  den  Lagerungsverhältnissen  des  Peperins.  Die  Bänke 
desselben  sind  nämlich  häufig  durch  Schichten  von  loser  Asche  ge- 
trennt, welche  letztere  genau  dieselben  Bestandteile  wie  der  Peperin 
besitzt.  Wenn  sich  nun  auch  nicht  verkennen  lässt,  dass  auch  nach- 
träglich eine  Verfestigung  einst  loser  Massen  durch  den  Kalkgehalt 
des  an  Kalkstücken  so  reichen  Peperins  eingetreten  ist,  so  muss 
—  das  ist  der  Schluss  di  Tucci's  —  doch  wohl  auch  ursprünglich, 
gleich  beim  Auswurfe,  ein  Unterschied  in  der  Beschaffenheit  des 
Ausgeworfenen  bestanden  haben.  Wenn  nämlich  die  Verfestigung 
des  Peperins ,  wie  das  einst  Gmelin  ^  wollte ,  ganz  allein  nur  durch 
spätere  Umwandlung  entstanden  wäre,  wie  könnten  dann  Schichten 
loser  Asche  zwischen  den  Peperinbänken  sich  unverändert  erhalten 
haben?  Es  muss  also,  schliesst  di  Tücci,  der  Peperin  ursprünglich 
eine  andere  Beschaffenheit  besessen  haben,  als  sie  gewöhnlichen 
losen  Auswurfsmassen  zukommt.  Ist  das  nun  aber  richtig,  so  würde 
man  bei  der  Hypothese  Ponzi's  annehmen  müssen,  dass  der  Vulkan 
in  jähem  und  häufigem  Wechsel  bald  trockene,  bald  durchwässerte 
Massen  aus  seiner  Tiefe  zu  Tage  gefördert  habe. 

*  Gmelin,  Oryktognostische  und  chemische  Betrachtungen  über  den 
Hauyn  .  .  .  nebst  geognostischen  Bemerkungen  über  die  Berge  des  alten  Latiums. 
Schweigger,  Journal  f.  Chemie  u.  Physik.  Bd.  XV.  Nürnberg  1815.  S.  4—17. 


—     207     —      . 

Diesen  Gründen  gesellt  di  Tucci^  noch  einen  weiteren  hinzu: 
Während  Ponzi  meinte,  dass  alle  Peperine  dem  Krater  des  heutigen 
Albaner  Sees  ihren  Ursprung  verdankten,  weist  jener  nach,  dass  auch 
verschiedene  andere  dortige  Kratere  ein  solches  Gestein  geliefert 
haben.  Es  müssen  also  die  besonderen  Bedingungen,  unter  welchen 
der  Peperin  entstand,  nicht  nur,  wie  seine  bis  zu  800  Fuss  steigende 
Mächtigkeit  am  Albaner  See  beweist,  an  diesem  Krater  während 
recht  langer  Zeit  obgewaltet  haben,  sondern  sie  müssen  auch  noch 
an  anderen  Ausbruchsstellen  eingetreten  sein.  Es  wird  daher  das 
Bedürfnis  nach  einer  ungekünstelten,  mit  unseren  thatsächlichen  Er- 
fahrungen an  heutigen  Vulkanen  im  Einklang  stehenden  Erklärung 
um  so  lebhafter. 

Welches  ist  nun  di  Tucci's  Ansicht  über  den  Peperin? 
Es  wird  wohl  kein  Leser  der  Arbeit  di  Tücci's  völlig  klar  dar- 
über werden,  was  letzterer  in  dieser  Beziehung  für  eine  Ansicht  hat. 
Er  bekämpft  Ponzi,  er  führt  Gründe  gegen  ihn  an,  er  lehrt  uns 
Neues  kennen,  indem  er  zeigt,  dass  der  Peperin  aus  mehreren  Kra- 
teren  ausgebrochen  ist.  Aber  die  rätselhafte  Art  und  Weise  seiner 
Entstehung  erklärt  er  nicht.  Man  kann  nur  aus  seiner  Arbeit  schlies- 
sen,  dass  er  die  Peperine  des  Albanergebirges,  ebenso  wie  Ponzi, 
für  Schlammtuffströme  hält.  Ich  möchte  daher  den  Versuch  machen, 
eine  Erklärung  für  die  Entstehung  des  Peperins  zu  geben. 

Zunächst  möchte  ich  betonen,  dass  ein  Unterschied  besteht 
zwischen  dem,  was  Ponzi  sich  als  wässerigen  Tuffstrom  vorstellt, 
und  dem,  was  wirklich  Schlammtuff  ist.  Ponzi  meint,  der  Peperin 
sei  als  Brei  bereits  dem  Schlünde  entquollen,  also  als  Brei  aus  der 
Tiefe  heraufgestiegen.  Wir  haben  aber  gesehen,  dass  alle  Beobachter 
von  heutigen  Schlammtuffströmen  einen  solchen  Vorgang  bestreiten. 
In  der  That,  wie  oben  ausgeführt,  lässt  sich  auch  ein  Wechsel  von 
Peperin  und  losen  Aschenschichten  sonst  gleichartiger  Zusammen- 
setzung durch  PoNzi's  Annahme  nicht  erklären. 

Wohl  aber  ist  das  sehr  gut  möghch,  wenn  —  wie  wir  heute 
in  drei  Erdteilen  beobachten  können  —  der  Tuff  dem  Schlünde  als 
lose  Asche  entsteigt  und  nun  erst  sich  in  Brei  verwandelt :  Entweder 
in  der  Luft  durch  Regen  oder  gar  erst  auf  den  Flanken  des  Vul- 
kanes,  indem  der  Kratersee  ausläuft  oder  Schnee  und  Eis  schmelzen. 
Das  kann  dann  sehr  wohl  einem  Wechsel  unterworfen  sein,  es  kann 
von  Zeit  zu  Zeit  auch  einmal  trockene  Asche  sich  herniedersenken, 
^  Saggio  di  studi  geologici  sui  peperini  del  Lazio.  Keale  Accad.  dei  Liucei. 
1879—1880.  Memorie;  mit  geolog.  Karte. 


•     —     208     — 

welche  dann  lose  Schichten  zwischen  den  Bänken  des  massigen  Tuffes 
bildet  \ 

Wenn  wir  nun  überlegen,  in  welcher  Form  wohl  das  Wasser 
dem  Peperin  sich  beigesellt  haben  mag,  so  scheint  mir  der  Regen, 
abgesehen  von  untergeordneter  Einwirkung,  ausgeschlossen.  Warum 
sollte  es  im  Albaner  Gebirge  damals  so  lange  geregnet  haben,  bis 
der  800  Fuss  mächtige  Peperin  am  Albaner  See  sich  gebildet  hat? 
Warum  sollte  es  auch  gerade  im  Albaner  Gebirge,  im  Volsker  Ge- 
birge bei  Frosinone  und  in  der  Auvergne  —  wo  wir  überall  solche 
Peperine  finden  —  zu  einer  gewissen  Zeit  so  viel  geregnet  haben, 
zu  anderen  Zeiten  aber  nicht,  und  in  anderen  vulkanischen  Gegenden 
überhaupt  nicht?     Das  ist  nicht  denkbar. 

Auch  der  Ausbruch  von  Kraterseen  kann  wohl  nur  untergeordnet 
beteiligt  gewesen  sein,  und  zwar  ebenfalls  in  Anbetracht  der  grossen 
Mächtigkeit  des  Peperin  am  Albaner  See. 

Infolgedessen  scheint  mir  als  wahrscheinlichste 
Lösung  die,  dass  schmelzender  Schnee  die  Ursache  der 
Peperinbildung  war.  Zwar  haben  sich  keine  Spuren  einer  Eis- 
zeit in  Latium  erkennen  lassen.  Allein  es  bedarf  des  Eises  ja  nicht, 
Schnee  genügt  bereits.  Da  nun  in  der  Diluvialzeit,  wie  Penck  in 
einleuchtender  Weise  dargethan  hat,  die  Durchschnittstemperatur  der 
Erde  um  4 — 5^  C.  geringer  gewesen  sein  muss,  wie  heute,  so  muss 
natürlich  auch  in  den  nicht  vergletscherten  Gegenden  zu  damaliger 
Zeit  viel  mehr  Schnee  gefallen  sein  als  heute.  Diese  Temperatur- 
erniedrigung genügt  aber  für  die  Gegenden  des  Albaner  Gebirges 
vollständig,  um  eine  reichliche  Decke  von  Schnee  auf  den  Vulkanen 
zu  erzeugen .  Dessen  plötzliches  Schmelzen  verwandelt 
dann  bei  Ausbrüchen  jene  Asche nmassen  in  Schlamm- 
tuff ströme;  wogegen  beim  Fehlen  des  Schnees  sich  die 
losen  Aschenschichten  bildeten,  welche  im  Peperin 
liegen. 

Aus  solcher  Erklärungsweise  folgt,  dass  der  Schluss  di  Tucci's, 
der  Peperin  müsse  notwendig  bereits  bei  seinem  Ausbruche  anders 
beschaffen  gewesen  sein  als  die  losen  Zwischenschichten,  nicht  stich- 
haltig zu  sein  braucht,  und  dass  es  auch  nicht  zu  überraschen 
braucht,  wenn  Peperin  sich  an  mehreren  Krateren  bildete. 

Bei   solcher   Entstehungsweise   lässt   sich   auch    denken ,    dass 


^  Die  andere  Erklänxngsweise  des  Wechsels  loser  und  fester  Tuffschichten, 
welche  ich  S.  30  gab,  passt  auf  diese  Verhältnisse  wohl  nicht. 


—     209     — 

dicke  Bänke  von  Peperin  entstehen ;  indem  auf  bereits  getrockneten 
Schlammtuff  wiederum  Schnee  fiel,  welcher  dann  durch  auf  ihn  sich 
senkende  Asche  schmolz  und  letztere  zu  Brei  verwandelte.  Auch 
das  Poröse  des  Peperins,  welches  der  des  Albaner  Gebirges  bis- 
weilen, andere  Peperine  wohl  gar  nicht  haben,  lässt  sich  durch  die 
infolge  der  Wärme  des  Tuffes  entstehenden  Wasserdämpfe  erklären. 
Das  dem  Krystallinischen  ähnliche  Ansehen  wäre  durch  spätere  Um- 
wandlungen hervorgerufen ;  dasselbe  findet  sich  übrigens  nur  bei  dem 
Peperin  des  Albanergebirges  und  auch  dort  keineswegs  überall.  Im 
Volsker  Gebirge  ist  nichts  davon  zu  sehen  und  in  der  Auvergne 
wohl  auch  nicht.  Diese  Unterschiede  lassen  sich  aber  sehr  gut 
durch  die  Verschiedenheiten  in  der  späteren  Einwirkung  von  Wasser 
erklären. 

Auf  schmelzenden  Schnee  würde  sich  auch  ungezwungen  die 
Entstehung  der  Peperine  im  Volsker  Gebirge  bei  Frosinone  zurück- 
führen lassen.  Gerade  die  Erscheinung,  dass  bei  Patrica  der 
Peperin^  teils  unten  im  Thale,  teils  hoch  oben  auf  dem  schmalen 
Grate  liegt ,  lässt  sich  leicht  in  solcher  Weise  deuten.  Ins  Thal 
hinab  ist  er  als  Strom  geflossen.  Oben  ist  er  als  dicker  Brei  liegen 
geblieben. 

In  der  Auvergne  treten  gleichfalls  Peperine  auf,  die  sogen, 
breche  volcanique  Bertrand  Eoux',  deren  Tuffsubstanz  später  palago- 
nitisch  geworden  ist.  Diese  vulkanische  Breccie  ist  im  Becken  von 
le  Pay  die  älteste  der  dortigen  Eruptivbildungen.  Aymard,  Lecoq  und 
Felix  Robert  sind  der  Ansicht,  dass  dieselbe  als  ein  Erzeugnis  von 
Schlammtuffausbrüchen  zu  betrachten  sei^. 

In  dieser  Breccie  nun ,  welche  teils  geschichtet ,  teils  un- 
geschichtet ist,  haben  Lecoq  und  Pommerol  Pieste  von  Elephas  meri- 
dionalis,  Eqims  caballus,  Bhinoceros  megarJiinus,  Hyaena  brevirostris^ 
Süsswassermollusken,  ähnlich  den  noch  heute  lebenden  und  —  wie 
nach  längerem  Meinungsstreite  endgültig  festgestellt  wurde  —  auch 
Knochen  vom  Menschen  gefunden.  Die  Breccie  ist  also  diluvialen 
Alters^:  und  da  sie  älter  ist   als    die  unten  in  der  Ebene  liegenden 


1  Neues  Jahrb.  f.  Min.,  Geol.  u.  Pal.  1877.  S.  571. 

2  Vergl.  Naumann  in  Neues  Jahrb.  f.  Min.,  Geol.  u.  Pal.  1869.  S.  194 
— 201.  Wenn  das  Material  daher  auch  ausserdem  noch  in  einem  Wasserbecken 
zur  Ausbreitung  und  Ablagerung  gekommen  sein  sollte,  so  wäre  das  doch  eben 
nur  im  Becken  von  la  Puy  der  Fall  und  gälte  von  anderen  Gegenden  der  Au- 
vergne nicht. 

ä  Bulletin  soc.  geol.  France.  3  ser.  T.  IX.  1881.  S.  282. 

Jahreshefte  d.  Vereins  f.  vaterl.  Naturkimde  in  Württ.  1895.  14 


-     210     — 

Schichten  mit  Rentierresten,  so  gehört  sie  dem  älteren  Quartär  an, 
während  Douville  sie  noch  dem  OberpHocän  zuteilt.  Jedenfalls  würde 
auch  im  letzteren  Falle  kein  Grund  gegen  die  Annahme  vorliegen, 
dass  damals  Schnee-  und  Eismassen  vorhanden  waren,  deren  Schmelz- 
wasser die  Schlammtuffströme  erzeugt  hätte,  welche  heute  als  Peperine 
dort  vorliegen.  Hat  ja  doch  das  Centralplateau  von  Frankreich  sogar 
sein  Inlandeis  in  jener  Zeit  besessen. 

SelbstverständUch  liegt  das  Schwergewicht  bei  diesem  Erklä- 
rungsversuche auf  dem  Vorhandensein  von  Schnee  zur  Zeit  der  Aus- 
brüche und  nicht  in  der  diluvialen  Epoche.  Es  ist  keineswegs  er- 
forderlich, dass  die  Ausbrüche,  welche  Peperine  erzeugten,  nur  gerade 
in  diluvialer  Zeit  erfolgt  sein  müssen.  Wenn  wirklich,  1894,  S.  538,  der 
Beginn  der  Vergletscherung  sich  bereits  in  jungpliocäner  Epoche  voll- 
zog, oder  wenn  genügende  Schneemassen  noch  zu  Beginn  alluvialer 
Zeit  in  den  betreffenden  Gebieten  vorhanden  gewesen  sind,  dann 
kann  in  letzteren  zu  jungpliocäner,  diluvialer  und  altalluvialer  Zeit 
sich  Peperin  gebildet  haben;  genau  ebenso  wie  in  kälteren  Gegenden 
als  jene  noch  heute  durch  schmelzenden  Schnee  Schlammtuffströme 
erzeugt  werden,  welche  in  der  nächstfolgenden  Epoche  durch  all- 
mähliche Umwandlungen  in  Peperin  übergehen  werden.  Ich  hebe 
das  hervor,  weil  ein  Teil  der  Peperine  des  Centralplateaus  von  Frank- 
reich älter  als  diluvial  sein  mögen. 

Man  wird  nicht  glauben,  dass  ich  mit  dieser  kurzen  Auseinander- 
setzung die  Frage  endgültig  gelöst  zu  haben  meine.  Das  ist  über- 
haupt vom  grünen  Tische  aus  nicht  möglich.  Zwar  sind  mir  alle 
drei  Vulkangebiete  aus  eigener  Anschauung  bekannt ;  aber  als  ich 
dieselben  bereiste,  habe  ich  dieser  Peperinfrage  wenig  Aufmerksam- 
keit geschenkt.  Es  käme  darauf  an,  die  Verhältnisse  in  der  Natur 
nun  einmal  unter  diesem  Gesichtspunkte  zu  betrachten. 

Wäre  meine  Erklärung  die  richtige,  dann  würde  also  der  Peperin 
als  ein  normaler  Schlammtuff  zu  betrachten  sein.  Jedenfalls  muss 
man  daran  festhalten,  dass  ein  Schlammtuff  durchaus  nicht  immer 
als  Strom  zu  fliessen  braucht.  Letzteres  wird  er  nur  thun,  wenn 
das  Gelände  ihn  dazu  zwingt.  Auf  ebenem  Gelände  und  wenn  er 
dickflüssig  ist,  wird  er  hegen  bleiben  und  bald  erhärten.  Wieder- 
holter Fall  von  Ptegen  bezw.  Schnee  und  Asche  werden  hier  eine 
Absonderung  in  Bänke  erzeugen.  Reiner  Aschenregen  mag  hier  lose 
Bänke  geben ;  dagegen  bei  stromartigem  Bergabfliessen  wird  er  sich 
zu  mächtigen  ungeschichteten  Massen  aufstauen  können:  Alles  Er- 
scheinungen, welche  wir  beim  Peperin  sehen. 


—     211     — 
Die  Entstehungsweise  von  Maaren  im  allgemeinen. 

Unter  jedem  Vulkane  soll  ein  Maar  begraben  liegen.  Das  scheint  durchaus  nicht 
nötig  zu  sein. 

Ansichten  über  die  Entstehungsart  der  Maare:  Montlosier,  v.  Strantz, 
A.  V.  Humboldt,  Karl  Naumann.  Gestalt  der  Maare,  Durchmesser,  Tiefe, 
Tiefe  der  Maarkanäle ;  Zahl  der  Maare  auf  Erden.  Unser  vulkanisches  Gebiet 
von  Urach  hat  auf  nur  20  □Meilen  Fläche  in  seinen  127  Maaren  viel  mehr 
Maare  als  die  ganze  Erde  zusammengenommen.  Vogelsang's  Ansicht  über 
die  Entstehung  der  Maare.  Bischof's  und  v.  Richthofek's  Meinung.  Geikie. 
Behrens'  Versuche.  Datjbr^e's  Versuche  bestätigen  die  ältere  Ansicht.  Unser 
vulkanisches  Gebiet  von  Urach  beweist  die  letztere  als  richtig. 

Entstehung  von  Maaren  in  neuester  Zeit;  E.  Naumann.  Zustand  nach  der 
Entstehung.  Noch  ältere  Entwickelungsstadien  des  Vulkanismus  als  Maare. 
Drei  embryonale  Stadien  des  Vulkanismus. 

Es  ist  im  zweiten  Teile  dieser  Arbeit  sicher  erwiesen  worden, 
dass  die  zahlreichen  Tuffgänge  unseres  vulkanischen  Gebietes  von 
Urach  nichts  anderes  sind,  als  die  in  die  Tiefe  hinabsetzenden  Aus- 
bruchskanäle einstiger  Maare.  Oben  auf  der  Alb  sind  die  Maarkessel 
noch  zum  ansehnlichen  Teile  deuthch  erkennbar.  Am  Steilabfalle 
der  Alb  ist  das  gleichfalls  noch  teilweise  der  Fall.  Im  Vorlande  der 
Alb  verraten  uns  ganz  vereinzelt,  wie  bei  der  Limburg  No.  77,  Bruch- 
stücke geschichteten  Tuffes  das  einstige  Vorhandensein  von  Maar- 
kesseln. Aber  letztere  sind  hier,  im  Vorlande,  ausnahmslos  mit  der 
Abtragung  der  Alb  verschwunden. 

Nicht  weniger  als  127  Maare  also  befanden  sich  in  unserem  Ge- 
biete. An  nicht  weniger  denn  127  Stellen  nahm  die  vulkanische 
Kraft  den  Anlauf  zur  Erzeugung  von  Vulkanen;  und  an  keiner 
einzigen  derselben  gelang  ihr  dies.  Stets  erstickte  das  vulkanische 
Leben  bereits  im  ersten  Keime.  Denn  offenbar  ist  das  Stadium 
eines  Maares  der  erste ,  gewissermassen  embryonale  Zustand  eines 
werdenden  Vulkanes.  HuxAIBOLdt  sagt  (s.  nächste  Seite) :  Ein  jeder 
Vulkanberg  war  einmal  ein  Maar ,  ein  einfaches  Loch  in  der  Erd- 
rinde, unter  jedem  Vulkanberge  liegt  ein  Maar  begraben.  Ich  glaube, 
dass  man  diese  Ansicht  nicht  so  scharf  aussprechen  darf.  Aus 
jedem  Maare  zwar  wird  sich  bei  Andauern  der  vul- 
kanischen Thätigkeit  ein  Vulkan  entwickeln  können. 
Aber  nicht  ein  jeder  Vulkanberg  braucht  aus  einem 
Maare  hervorgegangen  zu  sein.  Viele  Vulkanberge  haben 
sich  auf  Spalten,  d.  h.  auf  Bruchhnien  der  Erdrinde  aufgebaut,  aus 
welchen  die  Schmelzmassen  mehr  oder  weniger  ungehindert  auf- 
steigen konnten.     Diese  Spalten  mögen  an  der  Ausbruchsstelle  noch 

14* 


—     212     — 

durch  Gasexplosienen  erweitert  worden  sein.  Aber  sie  sind  etwas 
ganz  anderes  als  unsere  röhrenförmigen  Maarkanäle ,  welche  sich 
unabhängig  von  Spalten  bildeten  (S.   131  ff.). 

Maare  sind  sehr  selten  auf  Erden.  Gilbert  (s.  später)  giebt 
sogar  nur  deren  50  auf  der  ganzen  Erde  als  bekannt  an.  Sie  sind 
gewiss  darum  selten,  weil,  wenn  einmal  vulkanische  Kraft  sich  den 
Ausweg  an  die  Erdoberfläche  verschafft  hatte,  sie  in  der  Regel  eine 
Zeit  lang  sich  den  Weg  offen  erhielt.  So  dass  die  sich  selbst  aus- 
weidende Erde  dann  einen  mehr  oder  weniger  hohen  Vulkanberg 
an  der  Erdoberfläche  aufbauen  konnte.  Nur  ausnahmsweise  erstickte 
diese  Kraft  im  Keime,  das  Maar  blieb  erhalten. 

Gewiss  ist  das  zu  allen  Zeiten  so  gewesen,  stets  wird  es  hier 
und  da  neben  vielen  Vulkanen  einzelne  Maare  gegeben  haben.  Aber 
die  Maare  alter  längstvergangener  Zeiten  sind  zerstört;  ihre  Tuff- 
gänge bis  auf  grosse  Tiefe  hinab  abgetragen,  so  dass  nun  die  Füllung 
des  Ausbruchskanales  mit  festem^  Gesteine  zum  Vorschein  kommt. 
Kein  Mensch  kann  dann  ahnen,  dass  er  hier  vor  dem  unteren  Ende 
eines  Ausbruchskanales  steht,  welcher  einst  hoch  oben  an  der  frühe- 
ren Erdoberfläche  als  Maarkessel  mündete. 

Diese  Seltenheit  der  Maare,  sowie  der  Umstand,  dass  wir  in 
ihnen  embryonale  Vulkanbildungen  vor  uns  haben,  macht  dieselben 
ganz  besonders  interessant.  Die  Frage  nach  ihrer  Entstehungsweise 
ist  daher  eine  naheliegende. 

MoNTLOSiER^  soll  der  erste  gewesen  sein,  welcher  1789  die 
Entstehung  der  Maare  auf  eine  Explosion  von  Gasen  zurückführte 
und   für  dieselben   den  Ausdruck  „Crateres  d'explosion"   anwendete. 

Dann  verglich  v.  Strantz  dieselben  mit  den  Bildungen,  welche 
bei  Explosionen  von  Pulverminen  entständen.  Er  zeigte ,  wie  bei 
letzteren  ein  Teil  der  hochgeworfenen  Masse  in  die  Öffnung  zurück- 
fällt, ein  anderer  Teil  aber  sich  zu  einem  Walle  rings  um  dieselbe 
anhäuft,  so  dass  nun  innerhalb  desselben  eine  Vertiefung  entsteht^. 

Diese  Anschauung  von  der  Entstehung  der  Maare  erlangte 
um   so   schneller   allgemeine    Anerkennung,    als  Alex.  v.  Humboldt* 


1  S.  S.  177. 

2  Graf  Montlosier,  Essai  sur  la  theorie  des  volcaus  d'Auvergne.  1789. 
Ich   eitlere   nach   C.  F.  Naumann,   Lehrbuch   der  Geognosie.   I.  1859.  S.  176. 

^  Über  die  verschiedene  Gestaltung  der  Krater  und  Erkennungszeichen 
ihrer  Entstehung.  Übersicht  der  Arbeiten  und  Veränderungen  der  Schlesischen 
Gesellschaft  f.  vaterländ.  Kultur.  Breslau  1846.  S.  48. 

*  Kosmos.  Bd.  IV.  S.  277—279. 


—     213     — 

sie  zu  der  seinigen  machte.  Er  sagt:  „Die  Maare  erscheinen  als 
Minentrichter,  in  welche  nach  der  gewaltsamen  Explosion  von  heissen 
Gasarten  und  Dämpfen  die  ausgestossenen  lockeren  Massen  (Rapilli) 
grösstenteils  zurückgefallen  sind." 

Karl  Naumann  bespricht  gleichfalls  die  Entstehungsweise  der 
Maare  in  diesem  Sinne  in  einer  brieflichen  Mitteilung  an  G.  Leonhard  \ 
Er  sagt  darüber  das  Folgende:  „Bei  meinem  vorjährigen  Ausfluge 
in  die  Auvergne  hatte  ich  auch  Gelegenheit,  einige  Maare  oder 
Explosionskratere  zu  sehen.  Dass  diese  letztere,  von  Montlosier 
gebrauchte  Benennung  die  Bildungsweise  der  meisten  Maare  ganz 
richtig  ausdrückt,  dieses  scheint  mir  kaum  bezweifelt  werden  zu 
können.  Am  Ende  muss  doch  jeder  Krater  ursprünghch  durch 
Explosion  in  seinem  Untergebirge  eröffnet  worden  sein,  wenn  auch 
später  durch  die  fortgesetzte  explosive  Thätigkeit  rings  um  den 
zuerst  gebildeten  Schlund  ein  mächtiger  Wall,  oder  über  ihm  ein 
kegelförmiger  Berg  von  Schlacken,  Lapilh  und  vulkanischem  Sand 
aufgehäuft  worden  ist,  durch  welchen  der  anfänglich  ausgesprengte 
Krater  teilweise  oder  gänzlich  verdeckt  wurde. 

Es  war  ja  nicht  eine  einzige  Explosion,  wie  die  einer  Pulver- 
mine, sondern  es  war,  wie  Poulett  Scrope  dies  so  richtig  hervor- 
hebt, eine  fortwährende  Reihe  von  Explosionen,  durch  welche  die 
Bildung  des  Kraterschlundes,  des  Schlackenwalles  und  endlich  des 
mehr  oder  minder  hochaufragenden  Schlackenberges  bewirkt  worden 
ist,  auf  dessen  Gipfel  nur  noch  eine  kesseiförmige  Vertiefung  die 
aufwärts  projizierte  Stelle  des  unter  ihr  ausgesprengten  Krater- 
schlundes erkennen  lässt.  Erreichte  die  Reihe  der  Explosionen  sehr 
bald  ihr  Ende,  so  erblicken  wir  diesen  in  dem  Untergebirge  er- 
öffneten Schlund,  dessen  steile  Wände  dasjenige  Gestein  erkennen 
lassen,  welches  durchsprengt  worden  ist,  während  am  oberen  Rande 
desselben  eine  mehr  oder  weniger  hohe  wallartige  Anhäufung  von 
Schlacken,  Lapilli  und  Lavasand,  untermengt  mit  Fragmenten  des 
durchsprengten  Gesteines  zu  sehen  ist." 

Diese  Ansicht  von  der  Entstehung  der  Maare  durch  minen- 
artige Explosionen   ist   wohl    die  allgemein  herrschende  geworden^, 

1  Neues  Jahrb.  f.  Min.,  Geol.  u.  Pal.  1869.  S.  843—847. 

2  Vergl.  die  Lehrbücher  von  C.  Vogt,  Lehrbuch  der  Geologie  und  Petre- 
faktenkunde.  4.  Aufl.  Braunschweig  1879.  IL  S.  327.  §  1267.  H.  Credner, 
Elemente  der  Geologie.  5.  Aufl.  Leipzig  1883.  S.  144.  v.  Fritsch,  Allgemeine 
Geologie.  Stuttgart  1888.  S.  389—394.  Leonhard,  Grundzüge  der  Geognosie 
imd  Geologie.  4.  Aufl.  durch  Hörnes  S.  259.  Kayser,  Lehrbuch  der  allgemeinen 
Geologie.     Stuttgart  1893.   S.   333.    Ule,  Die   Erde.    2.  Aufl.   S.   202.    Neu- 


—     214     — 

obgleich  1864  Vogelsang  in  seiner  preisgekrönten  Arbeit  über  die 
Vulkane  der  Eifel  den  Versuch  machte,  diese  Auffassung  zu  be- 
seitigen und  durch  eine  andere  zu  ersetzen. 

Die  äussere  Gestalt  der  Maare  ist,  nach  der  üblichen 
Definition,  gekennzeichnet  durch  eine  Trichterform,  wie  man  solche 
aus  einer  Explosion  sich  hervorgegangen  denkt.  Wir  werden  sehen, 
dass  dem  auch  anders  sein  kann.  Der  Umkreis  dieses  Trichters  ist 
jedoch  nicht  immer  kreisförmig,  sondern  sehr  oft  oval.  Das  gilt 
namentlich  auch  von  den  gut  erhaltenen  Maaren  der  Eifel. 

Der  Durchmesser  schwankt  innerhalb  weiter  Grenzen.  Das 
ovale  Holzmaar  in  der  Vordereifel  hat  Durchmesser  von  ^  etwa  300 
und  226  m.  Der  Laacher  See  hatte  früher,  vor  der  Senkung  seines 
Spiegels  ^,  ca.  2500  und  1500  m.  Derselbe  ist  bedeutend  grösser  als  alle 
Maare  der  Eifel.  Das  Randecker  Maar  No.  39  im  Gebiete  von  Urach 
besitzt  einen  Durchmesser  von  1000  m.  Der  Maarsee  von  Apoya 
in  Centralamerika  ist  2782  m  lang  und  1392 — 1859  m  breit. 
Wenn  in  Italien  der  Braccianer  See  und  derjenige  von  Bolsena 
Maare  sein  sollten,  so  hätten  wir  solche  von  10,5  km  Durchmesser 
im  ersteren  Fall  und  16  bezw.  14,5  km  im  zweiten.  Es  sind  das 
aber  wohl  sicher  Einsturzkratere. 

Die  Tief e  des  Maarkessels  bezw.  Trichters  hängt  bei 
den  Maaren  offenbar  zunächst  von  der  Mächtigkeit  der  Ausfüllungs- 
masse ab.  Füllt  letztere  den  Kanal  bezw.  Trichter  bis  fast  an  seine 
Mündung  an  der  Oberfläche  hin  aus,  so  besitzt  das  Maar  nur  eine 
geringe  Tiefe.  Bleibt  dagegen  die  Füllmasse  mehr  in  der  Tiefe 
des  Kanales,  so  ist  der  leere  Raum  des  letzteren,  der  Kessel  tiefer. 
Es  mag  ferner  auch  die  Heftigkeit  der  Explosionen  in  denjenigen 
Fällen,  in  welchen  es  sich  um  richtige  Trichterbildung  handelt,  je 
nachdem  tiefere  oder  flachere,  zugleich  grössere  oder  kleinere 
Trichter  erzeugen.  Endlich  spielt  selbstverständlich  die  Abtragung 
eine  allerdings  nur  secundäre  Rolle. 

Centralamerika^  besitzt  eine  Anzahl  von  Maaren,  welche  zwischen 

mayr,  Erdgeschichte.  I.  S.  219  u.  A.  v.  Dechen  spricht  sich  ganz  entschieden 
für  die  Entstehung  der  Maare  durch  Explosionen  aus.  Gümbel,  Grundzüge 
der  Geologie  in  „Geologie  von  Bayern".  Kassel  1888.  S.  1143.  Nachtrag  zu 
S.  348  sagt  nichts  Näheres  über  den  Vorgang. 

^  80  und  60  Ruten  nach  v.  Dechen.     Die  Rute  zu  4  m  gerechnet. 

^  664  und  400  Ruten  nach  v.  Dechen. 

^  K.  v.  Seebach,  Über  Vulkane  Centralamerikas.  Aus  den  nachgelassenen 
Aufzeichnungen.  Abhandl.  d.  Königl.  Ges.  d.  Wissensch.  zu  Göttingen.  Bd. XXXVIII. 
1892.  S.  61—63.    Ferner  Zeitschr.  d.  deutschen  geolog.  Ges.  Bd.  XVII.  1865.  S.  458. 


—    215     — 

den  Seen  von  Nicaragua  und  von  Managua  liegen  und  ganz  be- 
deutende Tiefen  besitzen.  Unter  diesen  ist  der  See  von  Apoya 
von  ovalem  Umrisse,  etwa  Vh  Seemeilen  --=  2782  m  lang  und  ^U 
bis  1  Seemeile  =  1392—1859  m  breit.  Die  Höhe  seiner  Ränder 
bis  auf  den  Wasserspiegel  hinab  schätzte  v.  Seebach  auf  150  m. 
Noch  gewaltiger  ist  der  Trichter  des  Sees  Asososca,  bei  welchem 
die  Steilränder  260  m  tief  abfallen  und  sich  unter  dem  Wasser- 
spiegel noch  100—130  m  tief  fortsetzen.  Die  Tiefe  des  Kessels 
bezw.  Trichters  beträgt  hier  also  360—390  m^ 

Sehr  viel  weniger  tief  sind  die  Maartrichter  der  Eifel.  Die 
tiefsten  Maare  sind  hier  nur  gegen  530  Fuss  tief;  denn  das  Pulver- 
maar bei  Gillenfeld  hat  bis  zum  Spiegel  des  auf  seinem  Grunde 
liegenden  Wasserbeckens  eine  Tiefe  von  230  Par.  Fuss,  während 
die  grösste  Tiefe  des  Sees  mit  302  Par.  Fuss  angegeben  wird  2. 

Dem  gegenüber  sind  unsere  Maare  mit  ihrer  von  60  m  bis 
auf  Om  hinabgehenden  Tiefe  sehr  flach;  aber  sie  sind  eben  bereits 
alt,  also  abgetragen  und  zugeschüttet. 

Noch  weiter  gehen  die  17  Diatremata  in  Südafrika  (s.  später), 
denn  hier  ragt  die  tuffige  Füllmasse  in  Gestalt  kleiner  Erhebungen 
von  mehreren  Metern  Höhe  empor.  Ein  Kessel  ist  also  nicht  mehr 
vorhanden.  Ich  sage  nicht  „mehr";  denn  dass  ein  solcher  früher 
vorhanden  gewesen  ist,  das  dürfte  nach  Analogie  mit  unsern  Maar- 
kesseln der  Alb  sehr  wahrscheinlich  sein;  wenngleich  es  ja  auch 
denkbar  ist,  dass  jene  Kanäle  Südafrikas  bis  an  den  Rand  hin  mit 
tuffiger  Masse  erfüllt  wurden,  so  dass  gar  keine  Kesselbildung  ent- 
stand. Immerhin  ist  die  Hervorragung,  welche  jetzt  die  tuffige 
Füllmasse  dieser  Kanäle  zeigt,  nur  ein  Werk  der  Erosion.  Wir 
haben  in  der  Gruppe  von  Urach  ja  ganz  dieselbe  Erscheinung,  dass 
der  widerstandsfähigere  Tuff  auf  solche  Weise  schliesslich  über  seine 
Umgebung  hervorragt.    Ob  aber  nicht  jene  kesseiförmigen  Vertiefungen 

1  Diese  Maare  Centralamerikas  sind  darum  bemerkenswert,  Aveil  auf  dem 
Grunde  einiger  derselben  noch  heute  dann  und  wann  Ausbrüche  vulkanischer 
Gase  stattfinden :  Ein  Zeichen,  dass  hier  die  vulkanische  Thätigkeit  noch  in  den 
letzten  Zügen  liegt,  während  sie  an  anderen  Orten  meist  bereits  längst  erloschen 
ist.  Durch  diese  aus  der  Tiefe  ausbrechenden  Gase,  welche  im  Maarsee  Tiscapa 
schweflige  Säure  führen,  werden  die  Fische  in  grosser  Menge  getötet.  Auch  in 
der  Eifel  steigt  aus  dem  Laacher  See  noch  Kohlensäure  auf;  und  in  unserem 
Gebiete  von  Urach  haben  wir  kohlensäurehaltige  Quellen  noch  im  Maare  von 
Kleinengstingen  No.  29. 

2  V.  Dechen,  Geognostischer  Führer  zu  der  Vulkanreihe  der  Vordereifel. 

Bonn  1861.  S.  50. 


—     216     — 

Südafrikas ,  welche  man  als  Pans  bezeichnet ,  doch  ganz  derselben 
Bildung  angehören,  nur  weniger  erodiert  sind? 

Die  Tiefe  der  Maark anale  entzieht  sich  natürlich  völlig 
der  direkten  Beobachtung.  Dass  überhaupt  Maare  mit  solchen  Ka- 
nälen runden  oder  ovalen  Querschnittes  in  Verbindung  stehen,  hat 
man  bisher  nicht  gewusst;  in  der  Gruppe  von  Urach  lässt  es  sich 
zum  ersten  Male  thatsächlich  beobachten. 

Hier,  in  der  letzteren,  kann  man  die  Tufffüllung  der  Kanäle 
bis  in  eine  Tiefe  von  6 — 800  m  hinab  verfolgen.  Mindestens  also  eine 
solche  Länge  besitzen  hier  die  Kanäle.  Mindestens  auf  eine  solche 
Erstreckung  hin  sind  die  Schmelzmassen  nicht  auf  Spalten  empor- 
gestiegen, welche  die  gebirgsbildenden  Kräfte  ihnen  öffneten,  sondern 
haben  sie  sich  selbst  den  Weg  durch  ihre  Gasexplosionen  ausgeblasen. 

Bei  den  Diatremata  der  Karoo-Formation  —  welche  ja  doch 
ebenfalls  durch  Gasexplosionen  entstanden  sind,  gleichviel  woher 
letztere  kommen  —  bei  diesen  Diatremata  hat  Chaper  die  Tiefe  auf 
300  m  geschätzt.  Das  geschah  allerdings  nur  auf  Grund  des  fast 
steten  Fehlens  der  Granite  unter  den  Einschlüssen  im  Tuffe  (s.  später), 
ist  also  unsicher.  Thatsächlich  verfolgt  hat  man  bis  jetzt  den  Tuff' 
hinab  bis  in  eine  Tiefe  von  150  m. 

Damit  aber  ist  alles  erschöpft,  was  wir  über  die  Tiefe  solcher 
durch  Gasexplosionen  erzeugten  Kanäle  angeben  können. 

Die  Zahl  der  Maare,  welche  auf  Erden  bekannt  sind,  ent- 
zieht sich  einer  genaueren  Angabe.  Man  müsste  die  ganze  vulka- 
nische Litteratur  daraufhin  sehr  genau  durchsehen,  denn  die  Maare 
sind  oft  nur  nebenbei  erwähnt.  Gilbert  ^  führt  an ,  dass  die  Ge- 
samtzahl aller  bekannten  Maare  noch  nicht  50  erreiche.  Mir  scheint 
diese  Summe  indessen  entschieden  zu  niedrig  gegriffen. 

Im  Laacher  See-Gebiete  haben  wir  2  Maare :  den  Laacher 
See  und  den  Wehrer  Bruch^. 

In  der  Hohen  Eifel  werden  5  Maare  gezählt :  das  Ulmer 
Maar,  die  Weiher  Wiese,  Mosbrucher  Wiese,  das  0.-  und  das  W.-Maar 
bei  Boos^. 


^  The  moon's  face.  Philosoph  soc.  of  Washingtou.  Bull.  Vol.  12.  1893. 
S.  241-292  ff.  3. 

^v.  Dechen,  Geognostischer  Führer  ziun  Laacher  See.  Bonn  1864. 
S.  133—136. 

^  Dagegen  der  kraterförmige  Kessel  bei  dem  W.-Maare  von  Boos,  sowie 
der  im  N.  von  Boos  werden  durch  v.  Dechen  nicht  als  Maare  bezeichnet. 
Geoguostischer  Führer  zu  der  Vulkaureihe  der  Vordereifel.  Bonn  1861.  S.  205,  207. 


—     217     — 

Die  Vorder-Eif el  besitzt  25  Maare;  dazu  kommen  vielleicht 
noch  einige  der  Kesselthäler,  von  welchen  in  dem  Abschnitte  „Maar- 
ähnliche Bildungen"  die  Rede  ist.  Ich  gebe  die  folgende  Aufzählung 
dieser  Maare  in  ausführlicher  Weise ,  um  dabei  zugleich  zu  zeigen, 
dass  ganz  dieselbe  Einteilung,  welche  sich  durch  die  Erosion  für  die 
Maarkessel  der  Gruppe  von  Urach  ergiebt  (S.  162),  auch  für  diese 
der  Eifel  gilt.  v.  Decken  ^  giebt  ihre  Übersicht  in  der  folgenden  Weise, 
wobei  die  oben  genannten  Maare  der  Hohen  Eifel  ebenfalls  mit  er- 
wähnt werden. 

Die  ganz  geschlossenen  Maare,  mit  vollständiger,  an  keiner  Stelle 
durchbrochener  Umwallung  sind :  das  dürre  Maarchen ,  das  Pulver- 
maar bei  Gillenfeld,  das  flache  längliche  Maar  SO.  vom  Pulvermaar, 
das  Dorfmaar  bei  Udeler,  das  Gemünder  Maar,  das  Weinfelder  Maar 
bei  Daun. 

Die  Maare,  deren  Umwallung  nur  allein  durch  ein  Abflussthal 
unterbrochen  ist,  aus  denen  also  nur  ein  abfallendes  Thal  hervortritt, 
sind :  das  kleine  S.  von  Immerath  gelegene  Maar ,  das  Immerather 
Maar,  das  Maar  aus  welchem  der  Diefenbach  heraustritt,  das  Maar 
SO.  von  Elscheid,  das  Maar  von  Oberwinkel,  das  Maar  von  Nieder- 
winkel, der  Mürmesweiher  oberhalb  Saxler,  das  Doppel-Maar  von 
Schalkenmehren,  die  Kratzheck  SO.  von  Mehren,  das  Maar  zwischen 
dem  Pfennigsberge  und  dem  Hoh-Licht.  Von  derselben  Beschaften- 
heit  sind  die  in  der  Hohen  Eifel  gelegenen  Maare :  das  Ülmer  Maar, 
die  Weiher-  und  Flurwiese ,  die  beiden  zusammenhängenden  Maare 
von  Boos. 

Die  Maare ,  welche  einen  Zufluss  und  einen  Abfluss  haben, 
wobei  aber  das  Thal  nicht  durch  dieselben  mitten  hindurchgeht, 
sondern  immer  seitlich  liegt,  so  dass  die  Maarfläche  sich  nur  auf 
einer  Seite  des  durchgehenden  Thaies  ausdehnt,  sind :  das  Holzmaar 
bei  Udeler,  das  Meerfelder  Maar,  der  Dreiher  Weiher,  der  Duppacher 
Weiher  und  das  Mosbrucher  Maar  in  der  Hohen  Eifel. 

Die  Maare,  welche  nur  eine  teilweise  Umwallung  haben,  sind 
das  Walsdorfer  Maar,  das  Maar  S.  von  Auel  und  die  beiden  Maare 
zwischen  dem  Waldhauser  und  Killenberg  bei  Steffeln. 

RozET  zählt  in  der  Auvergne  7  Maare  auf^:  Der  Gour-de- 
Tazena  bei  Manzat  im  Granit  ausgesprengt.  Sodann  ein  Maar  am 
S.-Fusse  des  Puy  de  Coquille,  im  Domit  ausgesprengt,  ohne  irgend- 

^  Geognostischer  Führer  zur  Vulkanreihe  der  Vordereifel.  Boiml861.  S.  227. 
^  Memoire  sur  les  volcaus  de  TAuvergne.     Mem.  soc.   geol.  France.  Paris 
1844.  S.  liy  pp. 


—     218     — 

welche  Aschen-  oder  Schlacken-Auswürflinge.  Ferner  war  ein  Maar 
am  Fusse  des  Puy-de-l'Enfer  im  Basalt  ausgesprengt.  Viertens  der 
lac  Pavin  ebenfalls  im  Basalte.  Ein  anderer  Maarsee,  von  ovalem 
Umrisse,  liegt  am  Fusse  des  Mont-Cinere.  Ein  weiterer  kreisrunder, 
4  km  von  jenem  nach  W.,  wird  lac  Chauvet  genannt,  er  liegt  im 
Basalt.  Ebenfalls  im  Basalte  findet  sich  der  oberhalb  la  Godivel 
gelegene  Maarsee. 

Somit  haben  wir  in  den  beiden  bisher  bekanntesten  Maar- 
gebieten der  Erde  die  folgende  Anzahl  von  Maaren : 

Rheinisches  Gebiet 32, 

Auvergne 7. 

Dazu  gesellen  sich  nun  die  Maare,  welche  aus  anderen  vul- 
kanischen Gegenden  bekannt  sind,  wie  Centralamerika,  Vorderindien, 
Sundainseln,  Japan  (s.  später). 

Ob  gewisse  Seen  Italiens  —  Albaner,  Nemi-,  Braccianer,  Bol- 
sena-See  —  Maare  oder  grosse  Einsturzkratere  sind ,  ist  strittig. 
Aus  Nordamerika  sind  mir  keine  Maare  bekannt,  Dana  ^  erwähnt  die- 
selben überhaupt  nicht.  In  England  scheinen  sie  ebenfalls  zu  fehlen, 
denn  Lyell  ^  sagt  gar  nichts  über  Maare  und  Geikie^  führt  kein 
einziges  aus  England  an. 

Es  ergiebt  sich  also,  dass  die  Zahl  der  Maare  auf 
Erden  wohl  eher  mehr  als  weniger  denn  50  betragen 
wird.  "Wenn  das  aber  auch  der  Fall  ist,  unser  vul- 
kanisches Gebiet  von  Urach  besitzt  auf  einer  Fläche  von 
nur20QMeilen  in  seinen  127  Maaren  viel  mehr  solcher 
Bildungen  als  die  ganze  Erde  zusammengenommen. 

Gegen  die  geläufige  Definition  des  Begriffes  „Maar"  als  Explo- 
sionskrater sind  durch  H.  Vogelsang^  schwerwiegende  Gründe  geltend 
gemacht  worden.  Derselbe  weist  zunächst  darauf  hin,  dass  die  Maare 
nicht  von  den  Eruptionskrateren  getrennt  werden  dürfen,  dass  Maare 
also  Kratere  sind.  Aber  die  Maare  sind  nicht  etwa  denjenigen  Kra- 
teren  gleichwertig,  welche  sich  hoch  oben  auf  dem  Gipfel  der  Vul- 
kane befinden,    eingesenkt    in    die  Lava-  oder  die  Schlackenmassen 


^  Manual  of  geology  3.  Ausgabe. 

"  Principles  of  geology.  1872.  11.  Ausgabe. 

^  Text-book  of  geology.  1893.  3.  Aufl.  S.  240. 

*  Die  Vulkane  der  Eifel,  in  ihrer  Bildungsweise  erläutert.  Ein  Beitrag 
zur  Entwickelungsgeschichte  der  Vulkane.  Haarlem  1864.  Natuurkundige  Ver- 
handelingen van  de  Hollandsche  Maatschappij  der  Wetenschappen  te  Haarlem. 
21.  deel.  S.  41. 


—     219     - 

des  Aschenkegels.  Ein  Maar  ist  vielmehr  gleichwertig  demjenigen 
Krater,  mit  welchem  die  Bildung  des  jetzigen  Vulkanberges  einst 
begann;  also  der  trichterförmigen  Kraterbildung,  über  welcher  die 
ganze  Masse  des  Vulkanberges  sich  allmählich  aufgeschüttet  hat. 
Den  Maaren  entspricht  mithin  bei  den  Vulkanbergen  ein  längst  nicht 
mehr  sichtbarer  verschütteter,  in  der  Basisfläche  des  Vulkanes  ge- 
legener, einstiger  Krater. 

Es  liegt  also  unter  jedem  Vulkane  ein  einstiges  Maar  begraben. 
(Meine  Bedenken  gegen  solche  Auffassung  habe  ich  S.  211  geäussert.) 
Die  aber  an  der  Erdoberfläche  noch  sichtbaren  Maare  sind,  nach  oft 
gebrauchtem,  kennzeichnendem  Ausdrucke,  Vulkan-Embryonen,  also 
Vulkane,  deren  Wachstum  bereits  in  dem  embryonalen  Stadium  auf- 
gehört hat. 

Wie  der  Vulkan  später  aus  dem  Embryo  sich  weiter  ent- 
wickelte, das  wissen  wir,  es  geschah  durch  Aufschüttung.  Auf 
welche  Weise  entstand  aber  der  Embryo?  Um  diese  Frage  zu  be- 
antworten, zeigt  VoGELSÄNG,  wie  sich  die  Wirkung  einer  Pulvermine 
durch  eine  Kugel  ausdrücken  lässt,  deren  Mittelpunkt  in  der  Ladung 
liegt,  während  die  Grösse  ihres  Radius  abhängig  ist  von  der  Ex- 
plosionskraft und  der  Grösse  des  Widerstandes,  welchen  das  um- 
gebende Gestein  bildet.  Infolge  dieses  Widerstandes  nimmt  die  In- 
tensität der  Explosionskraft  vom  Mittelpunkte  nach  der  Peripherie 
hin  stark  ab.  Wir  werden  daher  drei  verschiedene  Fälle  unter- 
scheiden können : 

Nur  wenn  die  Explosion  einer  bestimmten  Ladung  verhältnis- 
mässig nahe  der  Erdoberfläche  erfolgt,  ist  sie  im  stände,  einen  Trichter 
auszuwerfen. 

Legt  man  dagegen  dieselbe  Ladung  in  demselben  Gesteine  ent- 
sprechend tiefer,  so  vermag  die  Explosionskraft  nur  noch  die  Erd- 
oberfläche an  dieser  Stelle  hoch  zu  heben,  so  dass  sie  in  radialen 
Spalten  aufreisst. 

Wird  unter  denselben  Umständen  dieselbe  Ladung  abermals 
wesentlich  tiefer  gelegt,  so  vollzieht  sich  schliesslich  nur  eine  Erd- 
erschütterung ohne  Spaltenbildung  an  der  Erdoberfläche. 

Vogelsang  entnimmt  zunächst  seiner  Darstellung,  dass  der  Aus- 
druck „minenartige  Explosion"  ein  durchaus  unbestimmbarer  ist.  Bei 
der  Entstehung  der  Maare  dürfte  offenbar  nur  an  Explosionen  der 
ersten  Art  gedacht  werden,  welche  in  verhältnismässig  nur  geringer 
Tiefe  stattfanden.  Es  müsste  ferner  an  der  Erdoberfläche  rings  um 
die  Peripherie    eines    so  entstandenen  Trichters    eine  Zone   sich  be- 


—     220     — 

merkbar  machen,  in  welcher  das  Gestein  gehoben  und  von  Spalten 
zerrissen  ist :  Erscheinungen ,  welche  nach  aussen  immer  mehr  ab- 
nähmen. Zum  mindesten  würden  diese  peripherischen  Störungen  in 
grösserem  Masse  sich  in  jedem  festeren  Gesteine  bemerkbar  machen ; 
wogegen  sie  in  Sandboden  durch  das  sofortige  Nachsinken  der  Masse 
sich  wieder  verwischen.  Nur  in  einem  losen,  schüttigen  Gesteine 
also,  wie  Sand  und  vulkanische  Asche,  würden  wir  den  Anblick  eines 
regelmässigen  Trichters  haben.  Im  festen  Gesteine  würde  dagegen 
die  peripherische  Zertrümmerungszone  sich  dem  inneren  Trichter 
gegenüber  stark  bemerkbar  machen.  Schliesslich  müsste  bei  einer 
Mine  gefordert  werden,  dass  das  Volumen  der  ausgeworfenen  Masse 
genau  gleich  dem  Inhalte  des  Trichters  sei. 

Weiter  fragt  sich  Vogelsang  nun,  ob  und  wie  weit  die  Maare 
diesen  an  einen  Explosionstrichter  zu  stellenden  Anforderungen  ge- 
recht werden  und  gelangt  hierbei  zur  gänzlichen  Verneinung.  Die 
Maare  der  Auvergne  sind  zum  Teil  in  festen ,  unzerstörten  Granit 
derart  eingesenkt,  in  welcher  eine  Flintenkugel  ein  rundes  Loch 
durch  ein  Brett  schlägt.  „Glaubt  man  nun  wirklich,  dass  irgend 
eine  Pulvermine  ein  rundes  Loch  aus  diesem  Gestein  herausschlagen 
würde  ? " 

Die  unversehrte  Trichterform  solcher  Maare  spricht  ihm  also 
entschieden  gegen  ihre  Entstehung  durch  eine  Explosion.  Dasselbe 
Urteil  aber  wird  gefällt  durch  die  bisweilen  sehr  geringe  Menge  der 
Auswurfsmassen,  welche  sich  um  einen  Teil  dieser  Maare  angehäuft 
findet.  Einzelne  Maare  sind  nur  von  einem  Ideinen,  andere  aber  von 
gar  keinem  Ringwall  ausgeworfener  Massen  umgeben. 

Es  gesellen  sich  dazu  noch  andere  Unwahrscheinlichkeiten. 
Das  Schalkenmehrener  und  das  Weinfelder  Maar  liegen  dicht  neben- 
einander, nur  durch  einen  schmalen  Grat  getrennt.  Wie  konnte,  so 
fragt  der  Autor,  bei  einer  Explosion,  deren  Herd  doch  offenbar  in 
ziemlicher  Tiefe  unter  dem  tiefsten  Punkt  dieser  Maare  lag,  dieser 
schmale  Grat  bestehen  bleiben,  gleichviel,  ob  beide  Trichter  gleich- 
zeitig oder  nacheinander  entstanden?  Dasselbe  gilt  von  dem  nahe- 
liegenden Gemünder  Maar. 

Die  Gesamtheit  dieser  Gründe  ist  nun  von  Vogelsang  für  so 
zwingend  erachtet  worden,  dass  er  auf  die  ältere  ^  Anschauung  wieder 
zurückgriif,  welche  die  Maare  nur  für  das  Ergebnis  von  Einsenkungen, 
nur   für    Erdfälle    betrachtete.     Wenn   sonst,    so  schliesst  er,  keine 


Vergl.  darüber  die  Bemerkunoen  auf  S.  67  seiner  Arbeit. 


—     221     — 

anderen  Beweise  für  einstige  vulkane  Thätigkeit  in  der  Gegend  vor- 
handen wären,  so  würde  man  gewiss  die  Kraterseen  der  Auvergne 
und  diejenigen  ringförmigen  Kesselthäler  der  Eifel,  welche  gar  keine 
Auswurfsmassen  zeigen,  für  einfache  Erdfälle  ansehen.  Auch  die 
beiden  Kraterseen  von  Albano  und  Nemi  bei  Rom  stellen  runde 
Trichter  dar,  welche  in  den  Peperin  eingesenkt  sind,  ohne  jede  Spur 
von  Auswürflingen. 

VoGELSÄNG  geht,  bezüglich  der  Entstehung  solcher  Einsenkungs- 
kessel,  von  der  Vorstellung  aus,  dass  unterhalb  aller  vulkanischen 
Gebiete  eine  Verdünnung  der  Erdrinde  stattfindet;  dergestalt,  dass 
hier  die  glühenden  Massen  nur  in  einer  verhältnismässig  geringen 
Tiefe  unter  der  Erdoberfläche  anstehen.  An  diesen  Stellen  wird  die 
Erdrinde  langsam  von  innen  her  abgeschmolzen,  so  dass  die  Schmelz- 
massen hier  höher  und  höher  steigen.  Auch  wenn  das  Meer  oder 
grössere  Süsswasserbecken  nicht  in  der  Nähe  sind,  so  werden  doch 
einzelne  Wasserläufe  wenigstens  mit  diesen  allmählich  aufwärts 
dringenden  Schmelzmassen  in  Berührung  kommen.  Es  müssen  hierbei 
Dampfexplosionen  erfolgen.  Da  aber  die  Dämpfe  in  der  Tiefe  ihre 
grösste  Spannkraft  besitzen,  so  werden  sie  auch  hier  grössere  Zer- 
störung anrichten,  als  an  der  Oberfläche.  Während  letztere  vielleicht 
nur  durch  dieselben  gelockert  wird,  während  hier  nur  eine  heisse 
Quelle ,  eine  Dampf-Exhalation  oder  auch  ein  schwacher  Aschen- 
und  Schlackenauswurf  sich  bemerkbar  machen,  ist  in  der  Tiefe  be- 
reits eine  mächtige  Höhlung  ausgesprengt  worden.  Dadurch  erfolgt 
dann  endlich  ein  Nachsinken  der  oberen  Massen ,  also  die  Bildung 
eines  hohlen  Trichters  an  der  Erdoberfläche.  Man  sieht  sogleich, 
dass  Vogelsang  niemals  eine  solche  Vorstellung  hätte  gewinnen  können, 
wenn  er  gewusst  hätte ,  dass  ein  Maartrichter  nichts  anderes  ist, 
als  die  obere  Endigung  eines  senkrechten  Kanales  von  rundlichem 
Querschnitte ,  welcher  die  Erdrinde  durchsetzt.  Aber  erst  das  Ge- 
biet von  Urach  gewährt  uns  diese  Erkenntnis. 

So  sind  also  nach  Vogelsäng  in  der  Eifel  nicht  nur  diejenigen 
Kesselthäler,  welche  keinerlei  Auswurfsmassen  aufweisen,  sondern 
auch  im  allgemeinen  die  mit  letzteren  versehenen  Maare  durch  Ein- 
sturz entstanden.  In  einzelnen  Fällen ,  wie  beim  Schalkenraehrener 
und  Weinfelder  Maar,  lässt  Vogelsang  jedoch  auch  eine  Entstehung 
durch  Explosion  zu. 

Wir  wollen  nun  diese  Darlegungen  Vogelsang's  näher  prüfen: 
Zunächst  stellt  sich  einer  solchen  Erklärungsweise  dieselbe  Schwierig- 
keit   entgegen,    welche    die   bekannte   Hypothese    Mallet's   zu    Fall 


—     222     — 

bringt.  Nach  diesem  gebt  der  Scbmelzfluss  aus  eingescbmolzenem, 
bereits  fest  gewesenem  Gesteine  der  Erdrinde  hervor.  Die  dazu 
nötige  Wärme  aber  wird  erzeugt  durch  Reibung  der  Erdschollen  an- 
einander, also  durch  Umsetzung  dieser  Bewegungsform  in  Wärme- 
bewegung. Wäre  das  richtig,  dann  müsste  die  Lava  jedesmal  die- 
selbe Zusammensetzung  zeigen,  wie  das  angeblich  eingeschmolzene 
Gestein,  was  aber  nicht  der  Fall  ist. 

Ebenso  bei  Vogelsang  :  Wenn  die  geschmolzenen  Massen  der 
Tiefe  dadurch  höher  und  höher  steigen,  dass  sie  die  Erdrinde  an 
dieser  Stelle  einschmelzen,  so  muss  die  Beschaffenheit  der  Schmelz- 
massen durch  diejenige  der  eingeschmolzenen  Gesteine  mitbedingt 
sein.  Wären  irgendwelche  Sedimentärgesteine,  wie  Kalke  oder 
Sandsteine  eingeschmolzen,  so  müsste  daraus  ein  Eruptivgestein  von 
ganz  auffallender  Zusammensetzung  hervorgehen.  Das  zeigt  sich 
aber  nirgends,  also  dürfen  wir  an  Einschmelzen  nicht  denken. 

Es  will  dann  weiter  bei  der  von  Vogelsang  gegebenen  Erklä- 
rung noch  ein  anderes  nicht  recht  einleuchten:  Wenn  den  feurig- 
flüssigen Massen  der  Tiefe  die  Fähigkeit  zukommt,  die  Erdrinde  an 
einigen  Stellen  einzuschmelzen,  an  welchen  dieselbe  dünner  ist, 
warum  schmelzen  sie  dann  die  Erdrinde  nicht  auch  an  allen  anderen 
Stellen  ein?  Diese  Frage  ist  um  so  mehr  gerechtfertigt,  als  an 
diesen  letzteren  „anderen"  Stellen  ja  die  Erdrinde  dicker  sein,  d.  h. 
in  grössere  Tiefe  hinabreichen  soll ;  und  in  dieser  ist  sie  doch  wärmer, 
erweichter,  also  gerade  leichter  einschmelzbar.  Wogegen  sie  an  den 
ersteren  Stellen,  an  welchen  sie  Vogelsang  eingeschmolzen  werden 
lässt,  dünner  sein,  d.  h.  nicht  so  tief  hinabreichen  soll,  also  gerade 
weniger  warm  und  erweicht,  mithin  schwerer  einschmelzbar 
sein  müsste. 

Indessen  scheint  mir  diese  Einschmelzungsfrage  mehr  das  Neben- 
sächliche an  der  von  Vogelsang  vorgetragenen  Erklärungsweise  zu 
sein.  Der  Schwerpunkt  der  letzteren  dürfte  vielmehr  darin  liegen, 
dass  er  die  Entstehung  der  die  Erdrinde  durchbohrenden  Löcher  auf 
Einsturz  zurückführt,  die  Explosionskratere  also  in  Einsturz-  oder 
Senkungskratere  verwandelt. 

Das  was  Vogelsang  zu  gunsten  dieser  letzteren  und  gegen  die 
Explosionskratere  anführt,  scheint  nun  freilich  recht  einleuchtend. 
Seine  Auseinandersetzung  behält  auch  vollkommen  ihre  Geltung, 
wenn  man  die  feurigflüssigen  Massen  nicht,  wie  er  will,  durch  Ein- 
schmelzung  sich  ihren  Weg  selbst  bahnen,  sondern  einfach  auf  vor- 
handenen Spalten  aufsteigen  lässt.     Vogelsang  deutet  das  schon  an. 


—     223     - 

und  wenn  er  nicht  1864  sondern  heute,  nach  fast  30  Jahren  seine 
Arbeit  geschrieben  hätte,  so  würde  er  vielleicht  auch  auf  die  Ein- 
schmelzung  ganz  Verzicht  geleistet  haben. 

In  gleicher  Weise  wie  Vogelsang  sucht  übrigens  auch  G.  Bischof  ^ 
die  Maare,  wie  überhaupt  die  Vulkanbildungen  durch  Senkungen  zu 
erklären. 

Bei  oberflächlicher  Betrachtung  könnte  es  scheinen,  als  wenn 
auch  VON  RicHTHOFEN  ^  einen  Teil  der  Maare  als  durch  Einbruch  ent- 
standen ansieht.  Er  will  nämlich  bei  dem,  was  man  Maare  nennt, 
zwei  hinsichtlich  ihrer  Entstehung  ganz  verschiedene  Dinge  aus- 
einandergehalten wissen.  Diejenigen  sogenannten  Maare,  an  deren 
Rand  keinerlei  Auswurfsstoffe  zu  bemerken  sind,  betrachtet  er  gleich- 
falls als  Einsturzbecken.  Übrigens  ist  das  insofern  misslich,  als  ja 
diese  Auswurfsstoffe,  wie  wir  fast  ausnahmslos  bei  allen  Maaren  der 
Gruppe  von  Urach  sehen,  durch  die  Erosion  später  entfernt  worden 
sein  können,  so  dass  dieses  Merkmal  für  die  Erkennung  von  Einsturz- 
becken jedenfalls  kein  durchgreifendes  ist;  denn  unsere  Maare  bei 
Urach  sind  sicher  durch  Explosion  entstanden.  Bei  allen  Maaren 
dagegen,  deren  Rand  von  ausgeworfenem  Gesteine  umgeben  ist,  er- 
klärt VON  RiCHTHOFEN  die  Entstehung  durch  explodierende  Gase  für 
unanfechtbar. 

Wenn  man  nun  „Maar"  für  ident  mit  den  „Explosionskrateren" 
bezeichnen  muss,  dann  ist  es  überhaupt  unstatthaft,  ein  Einsturz- 
becken mit  dem  Ausdrucke  Maar  zu  belegen.  Dieser  Ansicht  ist 
wohl  auch  von  Richthofen,  so  dass  er  nicht  etwa  zur  Stütze  jener 
von  Vogelsang  und  Bischof  vertretenen  Ansicht  citiert  werden  darf. 
Freilich  wird  es  unter  Umständen  sehr  schwierig  sein,  ein  echtes 
Maar,  dessen  Umwallung  nur  durch  Erosion  spurlos  vertilgt  worden 
ist,  von  einem  maarähnhchen  Einsturzbecken  zu  unterscheiden.  Diese 
Schwierigkeit  tritt  uns  in  der  Eifel  entgegen. 

In  gelindem  Masse  und  bei  gewissen  Fällen  will  Geikie  eine 
Senkung  bei  Entstehung  der  Maare  gelten  lassen.  Derselbe  berichtet 
in  dem  unten  aufgeführten  Lehrbuche  über  ein  Maar  in  Vorder- 
indien ^  Dasselbe,  Lonar  Lake  genannt,  liegt  halbwegs  zwischen 
Bombay  und  Nägpür  und  ist  in  der  dortigen  weit  ausgedehnten 
Basaltdecke    ausgeblasen.     Der   Durchmesser   beträgt    etwa   ^1^  geo- 

'  Lehrbuch  der  chemischen  und  physikalischen  Geologie.  Bd.  III.  2.  Aufl. 
Bonn  1866.  S.  105—117  u.  148. 

^  Führer  für  Forschungsreisende.     Berlin  1886.  S.  271. 
ä  Text-hook  of  geology.  1893.  3.  Aufl.  S.  240. 


—     224     — 

graphische  Meile,  die  Tiefe  3—400  enghsche  Fuss.  Dieses  Maar  ist 
ausgezeichnet  dadurch,  dass  der  seinen  Boden  bedeckende  See  natron- 
haltig  ist ;  auf  solche  Weise  scheiden  sich  Krystalle  von  Trona  aus. 
Der  dieses  Maar  umgebende  Wall  besteht  aus  Basaltblöcken;  seine 
Höhe  wechselt  zwischen  40  und  100  Fuss,  so  dass  in  ihm  kaum  der 
tausendste  Teil  der  Massen  wieder  zu  finden  ist,  welche  vor  der 
Explosion  den  jetzigen  Hohlraum  erfüllt  haben.  Wenn  nun  auch, 
so  meint  Geikie,  ein  Teil  der  herausgeblasenen  feinen  Massen  fort- 
geweht und  durch  Denudation  entfernt  sein  mag,  so  hat  sich  doch 
das  Maar  nach  seiner  Bildung  durch  Explosion  noch  durch  spätere 
Senkung  vertieft. 

Geikie  nimmt  also  an  derselben  Erscheinung  Anstoss,  welche 
auch  Vogelsang  veranlasste,  die  Entstehung  der  Maare  auf  Senkung 
zurückzuführen.  Allein  während  dieser  die  Maare  ganz  allein  durch 
Senkung  entstehen  lässt,  so  dass  die  Explosionen  und  der  Aus- 
wurf erst  später  aus  dem  bereits  vorher  gebildeten  Loche  vor  sich 
gingen ,  so  folgert  Geikie  gerade  umgekehrt :  Erst  die  Bildung  des 
Maarkessels  durch  Explosion,  dann  Vertiefung  desselben  durch 
Senkung. 

Unser  Gebiet  von  Urach  giebt  keine  Antwort  auf  die  Frage, 
ob  diese  Ansicht  Geikie's  das  Richtige  trifft  oder  nicht.  Sicher  wird 
in  einer,  durch  lose  Auswurfsmassen  erfüllten  Röhre  ein  allmähliches 
Sichsetzen  ersterer  stattfinden  müssen.  Dadurch  entsteht  natürlich 
eine  Vertiefung  des  Maarkessels.  Aber  Geikie  scheint  noch  eine 
andere  Art  der  Senkung  im  Auge  zu  haben  als  dieses  Sichsetzen 
der  losen  tuffigen  Füllmasse  des  Kanales. 

So  einleuchtend  nun  auch  die  gegen  die  Auffassung  der  Maare 
als  Explosionstrichter  gerichteten  Ausführungen  Vogelsang's  zu  sein 
scheinen  —  die  neueren  experimentellen  Untersuchungen  sprechen 
doch  entschieden  gegen  ihn. 

Weniger  gilt  das  von  den  Versuchen,  welche  Behrens  angestellt 
hat,  um  die  Gestalt  von  Maaren  zu  erzeugen ;  denn  er  wendete  keine 
explodierenden  Gase  an,  welche  ja  gerade  die  Maare  bilden  sollen^ 
sondern  einen  kontinuierlichen  Luftstrom ,  welcher  durch  Sand  hin- 
durchgetrieben wurde.  Durch  diesen  erhielt  er  bei  einer  Blasöffnung 
von  1  mm  Durchmesser  einen  Kanal,  welcher  unten  sehr  eng  war, 
sich  jedoch  in  der  oberen  Hälfte  trichterförmig  erweiterte.  Mischte 
er  dem  Sande  ein  wenig  Pulver  von  Tuff  und  Bimsstein  zu,  so  wur- 


1  Vera-1.  das  Referat  im  Neuen  Jahrb.  f.  Min.,  Geol.  u.  Pal.  1893.  I.  S.  82.» 


—     225     — 

den  diese  leichteren  Bestandteile  an  die  Oberfläche  getrieben.  Zugleich 
entstand  ein  weiterer  Trichter  mit  flachem  Boden.  ZeitweiHg  bildete 
sich  eine  Unterhöhlung  und  dann  Einsturz  des  letzteren.  Zuletzt  er- 
folgte gewaltsames  Ausblasen,  welches  die  Windöffnung  biossiegte. 
Wurden  dagegen  dem  Sande  Gesteinsbröckchen ,  also  gröbere  Teil- 
chen, beigemengt,  so  bewirkten  diese  eine  Hebung  und  Zerklüftung 
der  (weichen)  Oberfläche  und  excentrische  Auswürfe.  Dabei  ent- 
standen noch  weitere  Kessel  mit  flachem  Boden  und  geringer  Auf- 
schüttung am  Rande.  Öfters  besass  der  Kessel  den  löOfachen  Durch- 
messer der,  hier  1,5  mm  messenden,  Auswurfsöffnung.  Auch  diesmal 
bildeten  sich  birnförmige  Aushöhlungen,  deren  Einsturz  dann  jedes- 
mal von  heftigem  Auswurfe  gefolgt  wurde. 

Ganz  andere  Wichtigkeit  dagegen  besitzen  die  Versuche,  welche 
Daubree  mit  explodierenden  Gasen  angestellt  hat.  Diese  lassen  uns 
die  Möglichkeit  einer  Entstehung  solcher  die  Erdrinde  durchbohren- 
den Kanäle  durch  explodierende  Gase  erkennend  Daübree  hat  dar- 
gethan,  dass  heisse  Gase  unter  hohem  Drucke  durch  ihre  mit  grosser 
Schnelligkeit  sich  wiederholenden  Explosionen  im  stände  sind,  Kanäle 
durch  Cylinder  festen  Gesteines  zu  bohren  und  deutliche  Erosions- 
spuren in  Gestalt  von  Furchen  auf  deren  inneren  Wänden  zu  er- 
zeugen. Wo  irgendwelche  feinen  Sprünge  im  Gestein  vorhanden 
waren,  benutzten  die  Gase  diese  zum  Ausweg  und  verwandelten 
dieselben  in  Kanäle,  welche  wie  mit  dem  Locheisen  durch  das  Gestein 
gestossen  schienen.  Wo  aber  Sprünge  fehlten,  da  gaben  selbst  die 
geringsten  Unterschiede  in  der  Dicke  oder  Widerstandsfähigkeit  des 
Gesteines  an  seinen  verschiedenen  Punkten  die  Ansatzstelle  für  die 
Einwirkung  der  Gasmassen  und  ihre  Durchbohrung  des  Gesteines. 
Auf  solche  Weise  wurden  Gesteinsstücke  von  Gyps ,  Kalk,  Granit, 
Laven  und  eines  Meteoriten  durchbohrt,  oder  mindestens,  wie  beim 
Leucitophyr,  Höhlungen  in  dieselben  gebohrt. 

Die  Untersuchungen  Daubree's  thun  ferner  dar,  dass  durch  den 
AnpralL  der  komprimierten  Gase  und  Dämpfe  Löcher  durch  das  Ge- 
stein in  der  Weise  gebohrt  wurden,  dass  unablässig  kleinste  Teilchen 
desselben  fortgeführt  werden.  Es  kommt  hierbei  aber  nicht  nur 
zu  einer  solchen  Erosion,  sondern  sowohl  die  erodierten  Flächen 
als  auch  die  fortgeblasenen  Staubteilchen  wurden  hierbei  an- 
geschmolzen.   So  erklärt  es  sich,  dass  in  dem  fortgeführten  Staube 


1  Recherches  experimentales  sur  le  rOle  possible  des  gaz  ä  hautes  tempfera- 
tures Bull.  soc.  geol.  France.  T.  19.  1891.  S.  313-351  u.  944. 

Jahreahefte  d.  Vereins  f.  vaterl.  Katurkunde  in  Württ.  1895.  lo 


—     226     — 

sich  kleine  Kügelchen  finden ,  welche  zum  Teil  hohl  sind  und 
völhg  den  Kügelchen  gleichen,  die  im  kosmischen  Staube  beobachtet 
wurden. 

Als  Daubkee  diese  erstaunliche  Thatsache  im  kleinen  durch 
den  Versuch  festgestellt  hatte ,  suchte  er  nach  Beispielen  in  der 
Natur,  welche  zu  beweisen  vermöchten,  dass  diese  im  grossen  die 
gleichen  Wirkungen  hervorrufen  kann.  Er  verwies  auf  jene  merk- 
würdigen, senkrecht  in  die  Tiefe  hinabsetzenden  Kanäle  Süd-Afrikas, 
welche  zum  Teil  Diamanten  bergen  (s.  später)  und  suchte  die  Ent- 
stehung derselben  auf  derartige  vulkanische  Explosionen  zurückzu- 
führen. Zwar  verwahrt  sich  Chaper  ^  ganz  entschieden  gegen  die 
Auffassung  Daübree's,  dass  diese  merkwürdigen  Kanäle  Süd- Afrikas 
in  analoger  Weise  durch  Explosionsgase  gebildet  seien,  wie  die  von 
ihm  experimentell  erzielten  Durchbohrungskanäle  von  Gesteinsstücken. 
Aber  wenn  er  auch  kalte  Kohlenwasserstoffgase  an  deren  Stelle  setzt, 
so  ist  es  doch  immerhin  gleichfalls  eine  Explosion  von  Gasen,  auf 
welche  6r  die  Entstehung  dieser  Kanäle  zurückführt. 

Daubree  benennt  alle  diese,  die  Erdrinde  senkrecht  durchsetzen- 
den Kanäle ,  welche  wie  mit  einem  Locheisen  durch  die  Erdrinde 
gestossen  sind,  Diatremata.  Bezüglich  ihrer  Entstehung  bilden  sie 
den  schroffsten  Gegensatz  zu  jener  anderen  Art  von  Bruchstellen 
der  Erdrinde,  den  Spalten.  Während  diese  linear  verlaufenden  Brüche 
die  Folge  des  durch  die  Abkühlung  der  Erde  bedingten  seitlichen 
Druckes  und  des  Weichens  der  Erdrinde  sind ,  entstehen  jene  Dia- 
tremata durch  Gase,  welche,  unter  sehr  starkem  Drucke  stehend 
und  mit  sehr  grosser  Geschwindigkeit  begabt,  ihren  Angriff  auf  einen 
einzigen  Funkt,  dem  des  schwächsten  Widerstandes,  richten  und 
senkrecht  von  unten  nach  oben  wirken.  So  Daubree.  Also  völlige 
Übereinstimmung  mit  dem,  was  das  Gebiet  von  Urach  uns  lehrt 
(s.  S.  131—151). 

Wenn  also  Vogelsang  meinte,  dass  durch  eine  Ex- 
plosion von  Gasen  nur  trichterförmig  gestaltete  Löcher 
an  der  Oberfläche  ausgeblasen  werden  können,  und 
dass  dieser  Trichter  kranzförmig  von  einer  Zone  ge- 
hobenen und  zerspaltenen  Gesteines  umgeben  sein 
muss,  so  werden  wir  durch  Daübree's  Versuche  eines 
Besseren  belehrt:  Durch  explodierende  Gase  können 
cylinderf örmig  gestaltete  Löcher,  ohne  jeglichen  Kranz 


'  Bull.  soc.  geol.  France.  1891.  (3.)  19.  S.  943-952. 


—     227     — 

von  Dislokationen,  durch  ein  Gestein  hindurchgeblasen 
werden. 

In  glänzender  Weise  bestätigt  nun  unser  vulka- 
nisches Gebiet  von  Urach  —  und  darin  liegt  zum  Teil 
seine  hohe  wissenschaftliche  Bedeutung  in  allgemein 
geologischer  Beziehung  —  diese  Versuche  ÜAUBREE'ß  und 
zeigt  uns,  dass  auch  die  Natur  durch  Gasexplosionen 
derartige  cyli ndrische  Durchbohrungen  der  Erdrinde 
ohne  jeden   Kranz    von   Dislokationen    erzeugen    kann. 

Namentlich  vier  Gründe  sind  es,  mit  welchen  unser 
Gebiet  jene  Ansicht  ganz  unhaltbar  macht,  dass  Maare 
durch  Einsturz  entstanden  sein  könnten. 

Einmal  die  grosse  Zahl,  127,  von  Maaren  auf  dem  doch  nur 
kleinen  Flächenraume  unseres  Gebietes  von  Urach.  Zweitens  der 
oft  so  geringe  Durchmesser  derselben.  Drittens  ihre  nicht  selten 
dicht  nebeneinander  befindhche  Lage,  zu  zweien  oder  selbst  meh- 
reren. Viertens  der  Nachweis,  dass  ein  Maarkessel  nicht  etwa  ein, 
ledigUch  in  die  äusserste  Erdoberfläche  eingesenktes  Loch  darstellt, 
unterhalb  welches  die  Erdrinde  zwar  zerklüftet  und  zerrüttet,  aber 
doch  im  übrigen  zusammenhängend  gebheben  ist^  Sondern  dass 
ein  Maarkessel  nichts  anderes  ist,  als  die  obere  Endigung  eines  die 
ganze  Dicke  der  Erdrinde  an  dieser  Stelle  durchbohrenden  Kanales 
von  meist  rundlichem  oder  ovalem  Querschnitte.  Solange  man  die 
erstere  Vorstellung  von  einem  Maare-Kessel  hatte,  mochte  man  sie 
sich  allenfalls  als  durch  Senkung  entstanden  vorstellen.  Nun  hat 
aber  unser  vulkanisches  Gebiet  von  Urach  zum  ersten  Male  den 
thatsächUchen  Beweis  gehefert.,  dass  die  Maare  sich  als  röhrenförmige 
Kanäle  in  die  Tiefe  hinab  fortsetzen.  Wie  soll  es  da  denkbar 
sjein,  dass  auf  unserem  kleinen  Gebiete  127  solcher, 
zum  Teil  recht.engen,  oft  dicht  nebeneinander  liegen- 
den senkre  chten,  ungeheuer  tiefen  bezw.  langen  Röhren 
durch  Senkung  entstanden  seien,  während  rings  um 
die  Röhre  herum  alles  Gestein  unverändert  stehen 
blieb?  Das  ist  unmöglich,  nur  durch  Gasexplosionen 
können  die  Maare  und  ihre  in  die  Tiefe  hinab  setzen- 
den Kanäle  erzeugt  worden  sein,  nicht  aber  durch 
Einsturz. 


^  Vergl.  z.  B.  die  von  E  ndri  ss  gegebene  Zeichnung  vom  Maar  von  Randeck 
No.  39.     Zeitschr.  d.  deutsch,  geolog.  Ges.  1889.  Bd.  XLI.  Fig.  1  u.  4.  Taf.  10. 

15* 


^     228     — 

Entstehung  von  Explosionskrateren  in  heutiger  Zeit. 

In  hohem  Grade  bemerkenswert  sind  die  Mitteikingen,  welche 
uns  E.  Naumann  ^  in  neuester  Zeit  über  die  Entstehung  von  Explosions- 
krateren in  Japan  macht.  Zwei  dem  Anschein  nach  erloschene 
Vulkane,  der  Shirane  und  der  Bandai,  haben  im  Jahre  1882  bezw. 
1888  Ausbrüche  erlitten.  Aber  keine  Lava,  keine  Feuererscheinung 
waren  dabei  im  Spiele.  In  beiden  Fällen  erfolgte  vielmehr  im  alten 
trockenen  Kraterboden,  tagelang  dauernd,  eine  Reihe  von  Explosionen, 
welche  durch  unterirdische  Dampfansammlungen  hervorgerufen  waren. 
Dampf,  Schlamm  und  Felsentrümmer  wurden  ausgeworfen,  Schlamm-' 
ströme  ergossen  sich  mit  gewaltiger  Schnelligkeit  an  den  Abhängen 
hinab.  Es  regnete  Asche  und  Schlamm.  Das  ausgeworfene  fein 
zerstiebte  Material  entstammte  der  Füllmasse  des  bis  dahin  ver- 
stopften Ausbruchskanales. 

Die  Explosion  des  Bandai  fand  am  15.  Juli  1888  an  der  Flanke 
des  Kobandai  statt.  Schlamm-  und  Sandströme  flössen  z.  T.  mit 
77  km  Geschwindigkeit  in  der  Stunde  bergab.  („Sand"  soll  wohl 
vulkanische  Asche  bedeuten.)  Da  wo  dieselben  sich  an  entgegen- 
stehenden Hügeln  stauten,  schwollen  sie  bis  zu  40  und  60  m  Mächtig- 
keit an.  Der  grössere  Teil  des  ausgeworfenen  Materiales  befand 
sich,  wenn  auch  durchfeuchtet  durch  den  ausgestossenen  Dampf, 
im  trockenen  Zustande.  Der  Staub  wurde  auf  100  km  Entfernung 
bis  an  das  Meer  getragen ;  dieser  Staubregen  währte  8  Stunden  lang. 
Durch  die  ausgeworfenen  Steine  wurden  Tausende  von  kegelförmigen 
Löchern  in  die  Abhänge  des  Berges  geschlagen,  welche  eine  Tiefe 
von  0,2  bis  zu  1,0  m  besassen.  Unter  den  ausgeworfenen  Massen 
fanden  461  Menschen  ihren  Tod.    Über  7000  ha  wurden  verschüttet. 

Der  durch  diese  Explosion  entstandene  Krater  besitzt  Hufeisen- 
form, d.  h.  er  hat  eine  offene,  nach  NWN.  gekehrte  Seite.  Sein 
Durchmesser  beträgt  2234  m. 

Wesentlich  geringfügiger,  ganz  ohne  VeTluste  an  Menschen- 
leben, aber  doch  wissenschaftlich  sehr  bemerkenswert,  ist  der  Aus- 
bruch des  Shirane  am  6.  August  1882. 

Am  Gipfel  des  Shirane  lag  ein  flacher  Kratersee.  An  dessen 
Stelle  findet  sich  jetzt  nach  der  Explosion  „ein  Minentrichter,  ein 
Explosionskrater,  ein  Maar".  „Wir  lernen,  dass  die  Maare  wenigstens 
in  einer  Anzahl  von  Fällen  durch  Explosion  entstanden  sein  müssen, 

^  E.  Naumann,  Neue  Beiträge  zur  Geologie  und  Petrograpbie  Japans. 
(Petermann's  Mitteilungen  von  Supan.  Gotha  1893.  Ergänzungsheft  No.  108. 
S.  1—15.) 


—     229     — 

wir  lernen  ferner,  dass  ein  Maar  in  einem  Vulkankrater  entstehen 
kann  und  dass  derselbe  Vorgang,  welcher  ein  Maar  erzeugt,  auch 
die  Bildung  grosser  Spalten,  wie  am  Gipfel  des  Bandai,  erzeugen 
kann."     So  Naumann. 

Eine  cylindrische  Masse  von  200  m  Durchmesser  aus  Fels, 
Schutt,  Schlamm  und  Sand  (aus  den  im  Kratersee  abgelagerten 
Sedimenten  bestehend)  flog  am  Shirane  in  die  Luft.  Der  ausgeblasene 
Kanal  ist  scharf  umgrenzt,  besitzt  senkrechte  Wände  und  hat  einen 
kreisrunden  Querschnitt.  „Keine  Schuttmassen,  keine  Felsblöcke 
finden  sich  in  der  Nähe  des  Schlotes.  Es  macht  ganz  den  Eindruck, 
als  sei  die  ausgesprengte  Masse  zu  Staub  zerstoben."  Die  Schlamm- 
überzüge auf  Gras,  Bäumen  u.  s.  w.  liessen  sich  bis  auf  5  km  Ent- 
fernung nachweisen.  Die  Gesteinsstücke ,  deren  grösste  0,6  m  im 
Durchmesser  hatten,  wurden  etwa  60  m  hoch  geschleudert  und  bis 
550  m  weit.  Die  kleineren  bis  zu  2  km  Entfernung.  Dieser  Aus- 
wurf von  Steinen  hielt  nur  während  der  ersten  5 — 6  Tage  an. 

Wir  lernen  also  aus  diesen  Mitteilungen  E.  Naumann's, 
dass,  wie  nicht  anders  zu  erwarten,  noch  heute  Maare 
entstehen.  Dass  Maare  wirklich  durch  Gasexplosionen 
gebildet  werden.  Dass  dabei  zahlreiche  Menschenleben 
vernichtet  werden  können.  Dass  ein  Kanal  mit  senk- 
rechten Wänden  ausgeblasen  wird;  dass  also,  wie  oben 
gezeigt,  Trichterbildung  etwas  ganz  Nebensächliches 
bei  einem  Maare  ist^  Dass  keinerlei  Schuttwall  um  die 
Auswurfsöffnung  angehäuft  zu  sein  braucht.  Dass  die 
ausgeworfenen  Massen  teils  trocken,  teils  etwas  durch- 
feuchtet durch  den  ausgestossenen  Wasser  dampf  sind. 
Die  senkrechten  Wände,  das  Fehlen  eines  ausgesprochenen 
Trichters  und  Schuttwalles  findet  sich  genau  ebenso 
bei  gewissen  Bildungen  in  der  Gruppe  von  Urach.  Wir 
haben  mithin  alle  127  Vorkommen  ganz  zu  Recht  als 
Maare  aufgefasst;  denn  dieselben  hängen,  wie  durch 
zahlreiche  Übergänge  im  Betrage  der  Erosion  bewiesen 
wird,  alle  zusammen.  Was  von  demRandecker  Maar 
No.  39,  dem  zweifellosen  Explosionskrater  gilt,  das 
gilt  daher  auch  von  dem  tiefst  erodierten,  dem  Maar- 
Tuffgang  bei  Scharnhausen  No.  124,  welcher  bereits 
aus  oberstem  Keuper  herausgearbeitet  ist. 

^  s.  S.  105—120. 


—     230     — 

Liefern  uns  diese  beiden  japanischen,  vor  unseren  Augen  ent- 
standenen Maare  den  zweifellosen  Beweis  dafür,  dass  Maare  nicht 
aus  Senkung,  sondern  aus  Explosion  von  Gasen  hervorgehen,  so 
können  wir  an  anderen,  vor  bereits  etwas  längerer  Zeit  entstandenen 
Maaren  beobachten,  wie  sie  sich  zunächst  nach  ihrer  ersten  Bildung 
verhalten.  Das  ist  z.  B.  der  Fall  bei  dem  von  Jünghuhn  (Java  Bd.  11 
S.  25)  beschriebenen  Maare,  welches  den  Namen  Kawah-Tjiwidai 
trägt.  Dasselbe  ist  in  tertiärem  Sandstein  ausgesprengt  und  liegt 
nordöstlich  von  Gunung  Patua  mitten  im  Urwalde.  Der  75 — 100  Fuss 
tiefe,  400  Fuss  im  Durchmesser  haltende  Kessel  ist  noch  nicht  von 
einem  See  eingenommen.  Sein  Boden  ist  vielmehr  mit  einem  flüssigen, 
graulichweissen  Schlamme  bedeckt,  aus  welchem  an  zahlreichen 
Stellen  Gase  hervorzischen. 

Ob  ein  solcher  Zustand  aber  notwendig  bei  einem  jeden  Maare 
noch  eine  Zeit  lang  nach  seiner  Entstehung  andauern  muss ,  das 
scheint  höchst  fraglich.  Es  ist  ebensowohl  denkbar,  dass  in  vielen 
anderen  Fällen  die  Thätigkeit  der  Gase  mit  der  Bildung  des  Maar- 
kanals sofort  ihr  Ende  findet.  Letzteres  scheint  mir  eher  bei  den 
Maaren  in  unserem  vulkanischen  Gebiete  von  Urach  der  Fall  ge- 
wesen zu  sein.  Überall  nämlich  da,  wo  den  Vulkanen  solche  Gase  — 
also  ausser  dem  Wasserdampf  noch  Salzsäure,  Kohlensäure,  Schwefel- 
wasserstoff, schwefelige  Säure  —  noch  längere  Zeit  hindurch  ent- 
strömen, zersetzen  sie  das  vulkanische  Gestein,  bleichen  dasselbe 
und  machen  es  weich,  bis  es  schliesslich  in  eine  thonige  Masse  zer- 
fällt. Wenn  sich  hierbei  zu  den  Gasen  noch  Wasser  gesellt,  so  wird 
der  Thon  zu  einem  Schlamme,  durch  welchen  sich  die  Gase  brodelnd 
Bahn  brechen.  Davon  ist  in  unserem  Gebiete  nirgends  etwas  zu 
sehen,  derartig  zersetzte  Tuffe  finden  sich  nicht;  also  mögen  auch 
starke  und  langdaüernde  Gasausströmungen  gefehlt  haben.  Nur 
Kohlensäure  findet  sich  noch  heute  im  Maare  von  Grossengstingen. 
S.  1884.  S.  995. 

Ich  habe  im  Obigen  die  von  Naumann  angewendete  Bezeichnungs- 
weise „Maar"  für  die  beiden  Explosionskratere  angewendet,  deren 
Entstehung  er  beschrieben  hat.  Wenn  man  nun  aber  diese,  sowie 
anderer  Berichte  über  das,  was  von  ihnen  als  „ Explosionskrater " 
oder  „Maar"  bezeichnet  wird,  aufmerksam  prüft,  so  ergiebt  sich 
meines  Erachtens  nach,  dass  hier  zwei  verschiedene  Dinge  zu  unter- 
scheiden sind.  Manche  der  sogenannten  Maare  liegen  auf  dem 
Gipfel  oder  auf  den  Flanken  eines  Vulkanberges.  Sie  sind  also 
offenbar  von  diesem  aus  erzeugt,  stehen  zu  ihm  in  einem  Abhängigkeits- 


—     231     — 

Verhältnisse :  Sie  wurzeln  nicht  in  der  Tiefe,  in  dem  grossen  Schmelz- 
herde, sondern  nur  oberflächlich  in  dem  Vulkanberge.  Ihr  Schmelz- 
herd gehört  dem  Vulkane  an ,  er  ist  der  im  Berge  bezw.  in  dessen 
Ausbruchsröhre  befindliche.  Indem  von  letzterer  aus  radiale  Spalten 
im  Berge  aufreissen ,  dringt  der  Schmelzfluss  in  diese  ein  und  tritt 
nun  entweder  auf  den  bis  an  die  Oberfläche  hin  klaffenden  Spalten 
aus,  oder  er  bricht  sich  vermittelst  Explosionen  durch  die  Bergwand 
eine  Ausgangsröhre  und  bildet  somit  einen  im  Gehänge  eingesenkten 
Explosionskrater.  Wenn  nun  aus  diesem  weitere  Ausbrüche  erfolgen, 
so  entsteht  ein  sogenannter  parasitischer  Kegel.  Unterbleibt  das 
aber,  dann  haben  wir  allerdings  einen  Explosionskrater,  den  viele 
ein  Maar  nennen  würden,  der  aber,  wenn  man  schärfer  unterscheiden 
will,  doch  kein  Maar  ist,  sondern  nur  ein  parasitischer  Explosionskrater. 

Zum  Begriffe  eines  wirklichen,  echten  Maares  scheint  mir  die 
Selbständigkeit  desselben,  seine  Unabhängigkeit  von  einem  Vulkan- 
berge, sein  Wurzeln  in  der  Tiefe,  im  grossen  Schmelzherde  zu  ge- 
hören. Bildet  sich  durch  Gasexplosionen,  welcjie  letzterem  angehören, 
eine  die  Erdrinde  durchsetzende  Ausbruchsröhre ,  welche  oben  als 
Trichter  oder  Kessel  in  die  Erdoberfläche  eingesenkt  ist,  dann  haben 
wir  in  diesem  Explosionskrater  ein  echtes  Maar  vor  uns. 

Es  ergiebt  sich  somit,  dass  sich  die  Ausdrücke 
„Explosionskrater"  und  „Maar"  nicht  völlig  decken. 
Jedes  Maar  ist  ein  Explosionskrater,  aber  nicht  jeder 
Explosionskrater  ist  ein  Maar.  Zum  Begriffe  des  Maares 
gehört  die  Unabhängigkeit  vom  Schmelz  her  de  eines 
Vulkanes,  also  sein  selbständiges  Entspringen  aus  dem 
in  der  Tiefe  liegenden  allgemeinen  Schmelzherde  ^  Ich 
meine  daher ,  man  sollte  solche ,  auf  den  Flanken  oder  dem  Gipfel 
eines  Vulkanberges,  oder  auf  einem  Lavastrome  sich  öffnenden 
Explosionskratere  besser  nicht  „Maare"  nennen,  sondern  „parasitische 
Explosionskratere",  wenn  sie  auch  echten  Maaren  zum  Verwechseln 
ähnlich  sehen.  Die  Entstehung  solcher  parasitischen  Explosions- 
kratere ist  eben  sehr  viel  leichter  zu  erklären ,  denn  der  Vulkan, 
zu  welchem  sie  gehören ,  besitzt  ja  bereits  eine  aus  der  Tiefe  zur 
Erdoberfläche  führenden  Röhre.  Dagegen  ist  bei  den  echten  Maaren, 
im  engeren  Sinne,  die  Entstehung  viel  schwerer  zu  erklären,  da  es 


'  Gleichviel  ob  es  nun  einen  einzigen  allgemeinen  Sclimelzherd  giebt,  oder 
eine  Mehrzahl  kleinerer  Herde.  In  beiden  Fällen  liegen  sie  doch  in  der  Tiefe 
und  nicht  über  der  Erdoberfläche,  bezw.  doch  nahe  dieser,  wie  bei  den  auf  einem 
Vulkanberge  entstehenden  parasitischen  Krateren. 


—     232     — 

sich  hier  um  die  erstmahge  Entstehung  dieser  Röhre  handelt,  welche 
die  Erdrinde  durchbohrt. 

Wie  dem  nun  auch  sei,  ob  man  diese  Unterscheidung  annehmen 
wolle  oder  nicht,  das  auf  Seite  229  gesperrt  Gedruckte  behält 
doch  auch  für  echte  Maare  seine  Gültigkeit,  selbst  wenn  man  dort 
stets  für  „Maar"  den  Ausdruck  „parasitischer  Explosionskrater" 
setzen  wollte,  denn  beide  sich  doch  immerhin  nur  dem  Grade  nach 
voneinander  unterscheiden.  Es  bleibt  somit  auch  die  Nutzanwendung 
auf  das  Gebiet  von  Urach  zu  Recht  bestehen. 

Noch  ältere  Entwickelungsstadien  des  Vulkanismus  als  Maare. 

Ein  für  die  richtige  Erkenntnis  der  Maare  wichtiger  Umstand 
ist  der,  dass  wir  ein  noch  früheres  embryonales  Stadium  des  Vul- 
kanismus kennen ,  als  unsere  Maare.  So  dürfen  wir  wohl  gewisse 
Bildungen  auf  Java  auffassen,  welche  von  Junghuhn  geschildert 
werden.  Derselbe  beschreibt  nämlich  Explosionskratere,  welche 
unausgesetzt  thätig  sind,  aber  offenbar  das  Entwickelungsstadium 
eines  echten  Maares  nicht  erreichen  können,  weil  der  Schmelzfluss 
nicht  in  dem  Kanäle  in  die  Höhe  steigt  und  so  zu  Asche  zerschmettert 
werden  kann.  Junghühn  nennt  ^  diese  Bildungen  „Explosionskratere", 
freilich  ohne  ausdrücklich  ihre  nahe  Verwandtschaft  mit  dem,  was 
man  „Maare"  in  Deutschland  oder  crateres  d'explosion  in  Frankreich 
genannt  hat,  weiter  hervorzuheben.  Aber  es  handelt  sich  dort  offen- 
bar um  ganz  dieselbe  Erscheinung  wie  hier,  was  auch  A.  von  Hum- 
boldt^ bestätigt. 

Gegenüber  den  durch  mehr  oder  weniger  mächtige  Kegelbildung 
gekennzeichneten  Vulkanen  unterscheidet  nämlich  Junghuhn  noch 
„Kratere  ohne  Kegel,  gleichsam  flache  Vulkane,  ohne  alle  Rand- 
erhöhung der  Öffnung,  aus  welcher  oft  vehement  genug  und  in 
Menge  die  Dämpfe,  aber  nur  Dämpfe  und  Gase  strömen.  Diese 
Gase  sind  an  Berggehängen  oft  in  ganz  flachen  Gegenden 
d er  Gebirgsketten  ausgebrochen,  haben  die  Decke  zer- 
sprengt, die  eckigen  Bruchstücke  umhergestreut  und 
sich  aufDampf- und  Gasexhalationen  beschränkt,  ohne 
feste  Produkte  auszuwerfen  und  ohne  einen  Berg  zu  bilden. 
Solche  zum  Teil  sehr  thätigen  Krater  (Explosionskrater),  die,  seit  man 
sie   kennt,    unaufhörlich    Wasser    und    schwefligsaure   Dämpfe     mit 

^  Java,  deutsch  von  Hasskarl.  2.  Ausgabe.  Abteilung  II.  Leipzig  1857. 
S.  640—641. 

2  Kosmos.     Bd.  IV.  1858.  S.  519.  Aura.  96. 


—     233     — 

Macht  exhalieren,  Gesteine  zersetzen  und  Schwefel  und  Alaun  bilden, 
sind  z.  B.  die  Krater  zwischen  dem  Gunung-Salak  und  Perwakti, 
des  G.-Wajang,  Kawah-Manuk,  Kawah-Kiamis  und  einige  im  G.-Dieng 
und  Ajang.  Man  kann  sie  als  Seitenspalten  benachbarter  Vulkane 
betrachten,  die  nach  Verstopfung  des  Hauptkanals  der  einzige  Abzug 
der  Dämpfe  wurden.  Doch  liegen  einige  etwa  2  bis  3  geographische 
Meilen  vom  nächsten  Krater  entfernt,  z.  B.  die  Kawah-Tjiwidai,  die 
als  echter  Explosionskrater  durch  Sandsteinbänke  der  Tertiärformation 
hervorgebrochen  ist. 

Man  sieht  aus  dieser  Schilderung,  dass  es  sich  hier  keineswegs 
etwa  um  Schlammvulkane  handelt,  welche  Junghuhn  auch  gesondert 
betrachtet,  dass  es  sich  auch  nicht  um  die  an  Vulkanen  so  häufigen 
Gasausströmungen  aus  Spalten  handelt,  sondern  um  Explosions- 
kratere,  also  eine  Art  Maare.  Dieselben  werfen  nur  das  zersprengte 
Deckengestein  und  keine  zerstäubte  Lava  aus.  Auch  bei  den  er- 
loschenen Maaren  der  Eifel  ist  die  Masse  der  vulkanischen  Auswürf- 
linge bisweilen  nur  eine  geringe;  ja,  dieselben  können  sogar  wohl 
gänzlich  fehlen,  so  dass  nur  zerschmettertes  durchbrochenes  Gestein 
sichtbar  wird.  Hier  Hegt  offenbar  ganz  dasselbe  Entwickelungs- 
stadium  vor  wie  auf  Java;  ein  Stadium,  welches  dem  des  echten 
Maares  noch  vorhergeht. 

Die  Abbildung  des  Explosionskraters  Kawah-Tjiwidai,  welche 
Junghuhn  ^  uns  giebt,  zeigt  ein  unregelmässig  geformtes  Becken, 
dessen  Rand  an  einer  Seite  durch  einen  dasselbe  entwässernden 
Bach  durchsägt  ist.  Der  Boden  des  Beckens  wird  teilweise  durch 
ein  Haufwerk  scharfkantiger  Trümmer  des  zerschmetterten  Tertiär- 
sandsteines gebildet,  teilweise  aus  später  entstandenem  Schlamm. 
An  Tausenden  von  Stellen  bricht  teils  Wasserdampf  aus  dem  Boden, 
teils  schweflige  Säure  und  Schwefelwasserstoff.  Von  diesen  Gasen 
werden  die  Trümmer  des  Sandsteines  angefressen  und  zersetzt. 
Trotzdem  wuchert  im  Innern  des  Beckens  im  äusseren  Umkreise 
desselben  eine  reiche  Waldvegetation. 

So  können  wir  nach  dem  Gesagten  drei  verschiedene  em- 
bryonale Entwickelungsstadien  des  Vulkanismus  unter- 
scheiden : 

1.  Gasmaare  oder  leere  Maarkanäle.  Mit  diesem  Aus- 
drucke will  ich  die  hier  zuletzt  von  Junghuhn  geschilderten  Bildungen 
bezeichnen.     Durch   Explosion   vulkanischer  Gase    wird    ein  röhren- 

»  Ebenda  S.  52.  Fig.  1. 


-     234     — 

förmiger  Kanal  ausgeblasen.  Der  Schmelzfluss  bleibt  aber  in  so 
grosser  Tiefe,  dass  es  nicht  zum  Auswurfe  vulkanischer  Asche,  son- 
dern nur  zu  derjenigen  zerschmetterten  Durchbruchs-Gesteines  kommt. 
Dies  ist  das  erste  Entwickelungsstadium  auf  dem  Wege  zur  Bildung 
eines  Vulkanberges. 

Freilich  sind  obige  von  Jünghühn  erwähnten  Bildungen  ja  nur 
„parasitische  Explosionskratere".  Aber  auch  in  der  Eifel  finden 
sich  derartige  kesseiförmige  Löcher  oder  Kesselthäler,  aus  welchen 
gar  keine  vulkanischen  Massen  ausgeworfen  wurden.  Dahin  ge- 
hört ein  Teil  der  von  von  Decken  auf  S.  233  im  Führer  zu  der 
Vulkanreihe  der  Vordereifel  genannten  Kessel.  Im  letzteren  Falle, 
Auswurf  geringer  Mengen  vulkanischen  Materiales ,  ergiebt  sich 
natürlich  ein  Übergang  zu  den  erfüllten  Maaren. 

Erfüllte  Maarkanäle.  In  diesem  weiter  vorgeschrittenen 
Entwickelungsstadium  ist  der  Schmelzfluss  im  Kanäle  schon  so  hoch 
gestiegen,  dass  er  zur  Mitwirkung  gelangt.  Je  nach  dem  Grade 
dieses  Hochsteigens  können  wir  aber  wiederum  zwei  verschieden  weit- 
gehende Entwickelungsstadien  unterscheiden. 

2.  Maare  mit  Tufffüllung  des  Kanales.  Hier  ist  der 
Schmelzfluss  so  hoch  im  Kanäle  aufgestiegen,  dass  ihn  die,  sich  durch 
denselben  bahnbrechenden  Gase  zerschmettern  und  zu  Asche  zer- 
stäuben können.  Diese  letztere  füllt  daher  im  Vereine  mit  zerschmet- 
tertem, durchbrochenem  Gesteine  den  Kanal.  Immerhin  aber  bleibt 
der  Schmelzfluss  noch  in  grosser  Tiefe. 

3.  Maare  mit  Basaltfüllung  des  Kanales.  Hier  ist  der 
Schmelzfluss  in  der  Ausbruchsröhre  bereits  bis  an  deren  oberen  Rand 
bezw.  nur  bis  an  den  Boden  des  Maarkessels  oder  Trichters  empor- 
gestiegen, so  dass  er  nun  nach  dem  Erhärten  als  festes  Gestein  die 
Röhre  erfüllt. 

In  diesen  drei  embryonalen  Stadien  bleiben  die  vulkanischen 
Massen  —  bis  auf  die  den  Ringwall  bildenden  ausgeworfenen  Aschen 
—  noch  ganz  im  Schosse  der  Erde,  im  Maarkanal.  Sowie  nun  aber 
die  ausgeworfene  Asche  sich  zu  einem  Hügel  oder  Berge  über  der 
Auswurfsöffnung  auftürmt,  oder  sowie  aus  derselben  geschmolzene 
Massen  als  Lavastrom  ausfliessen,  hört  dieses  Maarstadium  auf:  der 
angehende  Vulkanberg  ist  auf  der  Erdoberfläche  erschienen.  Das 
trennende  Merkmal  zwischen  Maar  und  Vulkan  liegt  also  darin,  dass 
beim  Maar  die  ursprüngliche  erste  Durchbruchs-  und  Auswurfsöffnung 
noch  unverhüllt  an  der  Oberfläche  zu  sehen  ist;  gleichviel,  ob  das 
in  der  Ebene,  auf  einem  Berge,  oder  gar  auf  einem  Vulkan  der  Fall 


—     235     — 

ist.  Vulkan  dagegen  ist  alles,  bei  dem  diese  erste  an  der  Erdober- 
fläche gebildete  Durchbruchsöffnung  durch  aufgeschüttete  und  über- 
geflossene Massen  zugedeckt  ist. 

Nun  kann  zwar  durch  spätere  Denudation  der  aufgeschüttete, 
zunächst  noch  kleine  Aschenkegel  wieder  abgetragen  werden.  Dann 
wird  die  Auswurfsöffnung  allerdings  von  neuem  freigelegt.  Es  leuchtet 
aber  ein,  dass  trotzdem  ein  typisches  Maar  nicht  wieder  zum  Vor- 
schein kommen  kann,  sondern  nur  ein  bis  an  die  Erdoberfläche  hin 
mit  Tuff  oder  Basalt  erfüllter  rundhcher  Kanal.  Denn  indem  sich 
ein  Aschenkegel  aufschüttete ,  erfüllte  die  Asche '  den  Maarkessel 
bezw.  Trichter  bis  an  den  Rand  hin  und  verwischte  somit  für  immer 
das,  was  wir  ein  typisches  Maar  nennen. 

Solche  Aschenvulkane  sind  beispielsweise  der  in  der  Geschichte 
der  Geologie  so  berühmt  gewordene  Monte  nuovo  am  Meerbusen 
von  Bajae,  welcher  1538  entstand  und  als  Maar  begann,  denn  es 
entstand  zuerst  ein  Loch  im  Gelände.  Eine  ältere  derartige  Bildung  ist 
der  von  Dannenberg  kürzlich  beschriebene  Leilenkopf^  bei  Brohl  a.  Rh. 

Maarähnliche  Bildungen. 

1.  Kessel-  und  tricMerförmige  Gebilde.     Gewisse  Kesselbrüche,  Eies,  Steinheim, 
Kraterseen,  Kesselthäler  der  Eifel,  Pans  in  Südafrika.     Erdtrichter.  Solle. 

2.  Röhrenförmige  Kanäle,  bei  Schlammvulkanen  und  Eanus. 

Kessel-  oder  trichterförmige  Gebilde,  welche  mit  Wasser  erfüllt 
sind,  bezw.  einst  waren,  ebenso  senkrecht  bis  zu  grosser  Tiefe  hinab- 
setzende Röhren,  finden  sich  an  manchen  Orten  der  Erde.  Sie  können 
echten  Maaren  sehr  ähnlich  sehen,  aber  keineswegs  immer  sind  sie 
auch  solche,  also  vulkanischer  Herkunft. 

1.  Kessel-  und  trichterförmige  Gebilde.  Dahin  gehören 
zunächst  gewisse  Kesselsenkungen,  wie  sie  uns  auf  der  Alb, 
z.  B.  im  Hegau  und  dem  Ries,  vorhegen.  Schwerlich  wird  man  den 
Kessel  des  ersteren  für  ein  Maar  halten  wollen,  denn  dem  Boden  des- 
selben sind  an  so  verschiedenen  Stellen  verschiedenartige  vulkani- 
sche Massen  entquollen.  Der  Kessel  des  Ries  gilt  im  allgemeinen 
für  gleicher  Entstehung  wie  derjenige  des  Hegau.  Es  ist  jedoch 
hervorzuheben,  dass  er  von  einer  Randzone  völhg  zerrütteten  Schicht- 
gebirges umgeben  ist,    wie  sie  dem  Hegau  fehlt.     Das  könnte  viel- 

1  Bezw.  der  Basalt  oder  die  Lava,    falls  der  Schmelzfluss  so   hoch   stieg. 

2  Der  Leilenkopf,  ein  Aschenvulkan  des  Laachersee-Gebietes.  Jahrb.  d. 
k.  Preuss.  geolog.  Landesanstalt  u.  Bergakademie.  Für  das  Jahr  1891.  Bd.  XII. 
Berlin  1893.  S.  99—123. 


—     236     — 

leicht  mit  anderer  Entstehungsweise  zusammenhängen.  Auch  ist 
hervorzuheben,  dass  kein  festes  Eruptivgestein,  nur  lose  Massen  im 
Ries  bekannt  sind,  so  dass  ihm  also  die  Basalt-  und  Phonolithberge 
des  Hegau  fehlen.  Gümbel^  sagt  in  der  That  von  der  Bildung  des 
Ries:  „welche  wir  als  eine  Art  grossartiges  Maar  aufzufassen  haben". 
"Wenn  hier  nur  der  Erstlingsversuch  der  vulkanischen  Kräfte  vorliegt, 
dann  ist  das  Ries  allerdings  ein  Maar  (S.  229).  Wenn  jedoch  hier, 
wie  GüMBEL  meint  ^,  ein  richtiger  Vulkan  bestand ,  welcher  später 
zusammenbrach  und  wieder  in  die  Tiefe  versank,  dann  liegt  ein  Ein- 
sturzkrater vor,  nicht  aber  ein  Explosionskrater,  ein  embryonaler 
Vulkan,  ein  Maar. 

In  gleicher  Weise  hat  das  weitbekannte  Steinheimer  Becken 
auf  der  schwäbischen  Alb  eine  gewisse  Ähnlichkeit  mit  einem  Maare. 
Tektonisch  gleicht  es  dem  Rieskessel ;  es  bildet  einen  ziemlich  regel- 
mässigen, kreisförmigen  Kessel,  dessen  Sohle  3 — 400  Fuss  tiefer 
liegt,  als  das  Albuch,  in  welches  es  eingesenkt  ist.  Der  Rieskessei 
ist  von  einer  Randzone  umgeben,  welche  aus  vollständig  zertrüm- 
merten Schichten  besteht.  Ein  gleiches  Verhalten  lässt  sich  bei  dem 
Steinheimer  Becken  leider  nicht  feststellen,  da  der  Schichtenbau  in 
seiner  Randzone  durch  Lehm  verhüllt  ist.  Wohl  aber  zeigt  sich  um 
den  Rand  ein  wahrer  Schuttwall  von  Breccien,  gebildet  aus  scharf- 
kantigen Weiss-Jurakalkstücken,  welche  durch  ein  tertiäres  Cement 
wieder  verkittet  sind;  und  dieses  selbe  „Gries"-Gestein  findet  sich  auch 
aus  ^  am  Ries.  Hier  wie  dort  ist  die  Zertümmerung  des  Kalkes  sicher 
auf  dieselben  Kräfte  zurückzuführen,  nämlich  auf  diejenigen,  welche 
den  Kessel  erzeugten.  Mithin  wird  dasselbe  von  dem  Steinheimer 
Kessel  gelten  müssen.  Auch  durch  den  Bau  des  Klosterberges,  wel- 
cher sich  inmitten  des  Beckens  erhebt,  wird  das  bestätigt,  denn 
dieser  zeigt  ganz  denselben  regellosen  Schichtenbau,  wie  er  dem 
Ries  eigentümhch  ist  ^.  Bunt  durcheinander  gewürfelt  liegen  hier 
im  Tertiär  Weiss- Jura  ß  und  a.  Unterer  Braun-Jura,  selbst  Spuren 
von  Oberem  Lias  finden  sich ;  also  tiefer  liegende  Schichten  sind 
wie  dort  in  die  Höhe  gebracht,  nur  Granit  fehlt. 

Gegenüber  dem  4  QMeilen  grossen  Rieskessel  misst  dieser  von 
Steinheim  nur  Vs  O^^il^.  Bei  gleichem  tektonischem  Verhalten, 
also    offenbar    gleicher   Entstehungsweise ,    zeigt    er    aber    keinerlei 


^  Geognostische  Beschreibung  der   Fränkischen  Alb.     Th.  Fischer.    Kassel 
1891.  S.  22. 

2  Ebenda  S.  22. 

^  0.  Fr  aas,  Begieitworte  zu  Blatt  Heidenheim.  S.  12  pp. 


—     237     — 

Eruptivgesteine.  Haben  wir  hier  etwa  ein  Gasmaar  (s.  S.  233) 
vor  uns,  das  nach  Art  unserer  Ausbruchskanäle  in  der  Gruppe  von 
Urach  durch  Explosionen  vulkanischer  Gase  ausgeblasen  wurde?  Oder 
handelt  es  sich  um  ein  Einsturzbecken ,  einen  Kesselbruch?  Das 
erstere  ist  mir  nicht  recht  wahrscheinlich,  da  man  dann  grosse 
Mengen  des  herausgeblasenen  durchbrochenen  Gesteines  erwarten 
könnte ;  denn  die  Weiss-Jurabreccien  sind  nicht  emporgeschleudertes 
Gestein,  sondern  entstanden  durch  Reibung  an  den  entstandenen 
zahlreichen  Spaltenwänden  ^ 

In  den  bisher  besprochenen  Fällen  kommt  es  wesentlich  auf 
die  Begrenzung  des  Begriffes  „Maar"  an,  ob  man  die  betreffenden 
Bildungen  als  solche  oder  nur  als  maarähnliche  bezeichnen  darf. 
Ähnhch  liegt  die  Sache  bei  manchen 

Kraterseen.  Da  ein  Maar  ebenfalls  eine,  wenn  auch  ganz 
bestimmte  Art  von  Krater  ist,  so  dürfte  die  Entscheidung  oft  schwer 
fallen.  Die  vulkanischen  Seen  Mittelitahens  sind  bald  als  Maarsee, 
bald  als  Kratersee  gedeutet  worden.  Dass  ein  Maar  sich  auch  auf 
der  Flanke  eines  Vulkanes,  ja  selbst  im  Krater  desselben  bilden 
kann,  erschwert  die  Deutung.  Das  war  neuerdings  im  Krater  des 
Shirane  und  des  Bandai  in  Japan  der  Fall,  wie  Ed.  Naumann^  be- 
richtet. Ein  Maar  ist  eben  der  erste  Versuch  eines  Vulkanes,  sein 
Erstlingskrater.  Da  ein  Maar  aber  zugleich  auch  ein  Explosions- 
krater ist,  so  nennt  man  wohl  auch  jedes  auf  einem  bereits  bestehenden 
Vulkane  durch  Explosion  neu  gebildete  derartige  Loch  ein  Maar. 
Ich  habe  jedoch  S.  231  auseinandergesetzt,  dass,  wenn  man  schärfer 
unterscheiden  will,  in  solchen  Fällen  nur  von  einem  parasitischen 
Explosionskrater,  nicht  aber  von  einem  Maare  im  engeren  Sinne  ge- 
redet werden  darf. 

Handelte  es  sich  bisher  um  die  Begrenzung  des  Begriffes 
„Maar",  so  giebt  es  andere  Fälle,  in  welchen  es  zweifelhaft  ist, 
ob  der  maarähnhche  Kessel  überhaupt  eruptiv  entstanden  ist  oder 
nicht.  Zu  diesen  maarähnlichen  Bildungen  gehören  auch  die 
Kesselthäler  der  Eifel.  von  Decken^  äussert  sich  über  die- 
selben in  der  folgenden  Weise*: 


1  Gümbel,    Geognostisclie  Beschreibung   der   Fräukischen   Alb.     Kassel 
1891.  S.  200. 

2  Petermaun's  Mitteilungen.  Gotha  1893.  Ergänzungsheft  No.  108.  S.  1—15. 
^  Geognostischer  Führer   zur   Vulkanreihe    der   Vordereifel.     Bonn   1861. 

S.  233  sub  18  u.  19. 

*  Vergl.  auch  V  o  g  e  1  s  a  n  g ,  Die  Vulkane  der  Eifel.  Haarlem  1864.  S.  54  pp. 


—     238     — 

„Ausser  den  Maaren  kommen  kesseiförmige  Thäler  vor,  die 
einige  Ähnlichkeit  mit  ihrer  Form  besitzen ,  in  ihrer  Umgebung 
aber  gar  keine  vulkanischen  Produkte ,  keine  Tuffschichten  wahr- 
nehmen lassen.  Mehrere  solche  Thäler  zeigen  sich  in  der  Gegend 
von  Gillenfeld ,  Udeler  und  Saxler,  also  gerade  in  der  Gegend,  wo 
die  eigentlichen  Maare  am  häufigsten  ausgebildet  sind.  Sehr  aus- 
gezeichnet ist  das  Kesselthal  in  der  Eigelbach  bei  Kopp ,  durch 
kreisrunde  Form  und  engen  Ausgang.  Auch  das  Kesselthal  S.  von 
Bewingen ,  das  grössere  Kesselthal ,  worin  der  kleinere  Krater  der 
Papenkaule  liegt,  sind  hierher  zu  rechnen.  Alle  diese  Kesselthäler 
haben  einen  Abfluss,  stellen  sich  also  als  die  Erweiterung  eines 
Thalanfanges  dar.  Wenn  bei  einigen  wirklichen  Maaren  nur  sehr 
geringe  Massen  vulkanischer  Auswürfe  vorhanden  sind,  so  wird  es 
wahrscheinlich,  dass  manche  dieser  Kesselthäler  eine  ganz  ähnliche 
Entstehung  besitzen  und  als  ausgeblasen  zu  betrachten  sind,  bei 
denen  gar  keine  vulkanischen  Produkte  ausgeworfen  wurden,  oder 
bei  denen  die  geringe  Menge  dieser  Auswürfe  späterhin  zerstört  und 
fortgeschafft  worden  ist. 

Andere  kesseiförmige  Thäler  finden  sich  mit  grossen  vulka- 
nischen Massen  in  Verbindung,  welche  weder  als  deutliche  Kratere, 
noch  als  deutliche  Maare  betrachtet  werden  können,  aber  zu  deren 
Bildung  doch  die  vulkanischen  Ausbrüche  wesentlich  beigetragen 
haben.     Hier  sind  aufzuführen: 

Das  Thal  der  Müllischwiese  zwischen  der  Falkenlei  und  der 
Facherhöhe  bei  Bertrich  ^ ,  das  Thal ,  welches  der  Wartesberg ,  die 
Langekopp  und  der  Kirberich  bei  Strohn  einschliesst,  das  Kesselthal, 
worin  Undersdorf  liegt,  die  Thalerweiterung  von  Neukirchen,  Stein- 
born, Waldkönigen  und  Gens ;  das  Kesselthal  unterhalb  Hohenfels, 
oberhalb,  0.  von  Pelm,  oberhalb  Berlingen,  welches  letztere  mit  den 
beiden  weiten  Wiesenthälern  von  Kirchweiler  und  mit  den  beiden 
ähnlichen  Thälern  von  Hinterweiler  nahe  zusammenhängt,  das  Kessel- 
thal oberhalb,  SW.  von  Dockweiler,  N.  vom  Errensberge,  NO.  vom 
Scharteberg,  oberhalb  Essingen  und  zu  Brück,  die  grosse  Thalrunde 
worin  Rockeskyll  liegt,  das  Kesselthal,  welches  sich  nach  Lammers- 
dorf  hin    öffnet,    die  Thalerweiterung    zwischen    Steffeln  und  Auel." 

Ich  habe  absichtlich  diese  lange  Aufzählung  wiedergegeben, 
um  zu  zeigen,  wie  zahlreich  diese  maarähnlichen  Kesselthäler  in  der 

^  Steinin ger,  Geognostische  Beschreibung  der  Eifel  S.  43,  sagt,  dass 
diese  grosse  Vertiefung  wohl  als  eine  vulkanische  Einsenkung  des  Bodens  be- 
trachtet werden  möchte. 


-     239     — 

Eifel  sind  und  wie  schwer  es  ist,  festzustellen,  ob  hier  Maare  vor- 
liegen oder  nicht.  Bei  einigen  scheint  ersteres  der  Fall  zu  sein; 
die  anderen  aber  mögen  durch  Einbruch  entstanden  sein. 

Auch  gewisse  kleine  Kessel  in  derAuvergne  sehen  maar- 
ähnlich aus,  ohne  es  jedoch  zu  sein.  Es  sind  Löcher  von  kreis- 
rundem umrisse  und  mit  Wasser  gefüllt,  welche  sich  bei  la  Chaux- 
du-Broc  auf  dem  Plateau-de-Grenier  finden.  Lecoq  glaubt,  sie  seien 
entstanden  bei  der  Erkaltung  des  Basaltes ;  in  ähnlicher  Weise,  wie 
sich  bei  der  Erstarrung  geschmolzenen  Wachses  oder  von  Butter 
in  einem  Glase  in  der  Mitte  der  Oberfläche  eine  Vertiefung  bildet, 
in  welcher  die  Masse  länger  geschmolzen  bleibt,  als  an  dem  schneller 
erstarrenden  Bandet 

Gewisse  andere  Kesselbildungen  mit  senkrechten  Wänden 
scheinen  durch  Einsturz  unterirdischer  Hohlräume  erzeugt  zu  sein. 
Dahin  gehören  z.  B.  die  30—60  m  tiefen ,  senkrecht  abstürzenden 
Löcher,  welche  den  Kilaueakrater  auf  Hawai  umgürten,  de  Lapparent 
meint,  dieselben  seien  entstanden  durch  den  Zusammenbruch  von 
Hohlräumen,  welche  sich  in  den  Lavaströmen  bildeten,  aus  denen 
der  Berg  aufgebaut  ist^.  Es  scheint  sogar,  dass  auch  der  grosse 
Krater  Kilauea  selbst,  welcher  in  horizontale  Lavaschichten  ein- 
gesenkt ist,  auf  solche  Weise  durch  Einsturz  entstanden  wäre. 
Gleiches  gilt,  nach  de  Lapparent,  auch  vom  Hauptkrater  des  Mauno 
Loa^.  Wir  sehen  also,  dass  durch  Einsturz  von  Hohlräumen  in 
Lavaströmen  maarähnliche  Kessel  entstehen  können,  welche  gar 
nichts  mit  Explosionskrateren  gemein  haben. 

Über  die  sogen.  „Paus",  welche,  mehrere  Meter  tief,  zahlreich 
in  die  Hochebene  der  Karoo  eingesenkt  sind,  herrscht  hinsichtlich 
ihrer  Entstehungsart  ebenfalls  noch  Dunkel.  Chaper  bestreitet,  dass 
sie  gleicher  Entstehung  seien  wie  die  17  Diamant  führenden  Diatre- 
mata (s.  später). 


^  Rozet,  Memoires  soc.  geol.  France.     Paris  1844.  S.  121. 

^  Solche  Höhlungen  kommen  in  der  That  nicht  selten  vor.  Sie  entstehen 
wohl  am  ehesten  am  oheren ,  dem  Krater  genäherten  Ende  bezw.  Anfang  der 
Lavaströme.  Die  ausfliessende  Masse  überzieht  sich  mit  einer  Kruste ;  unter 
dieser  fliesst  der  Schmelzfluss  bergab.  So  kann  es  kommen,  dass  das  zuletzt 
Emporgequollene  hinabfliesst,  ohne  dass  oben  neuer  Nachschub  sich  einstellt. 
Dann  muss  hier  natürlich  unter  der  Kruste  ein  Hohlraum  entstehen.  Auf  Island 
(Grotte  von  Surtschellir) ,  am  Ätna ,  am  Mauno  Loa  kennt  man  derartige  Lava- 
höhlen seit  Langem.  (Vergl.  Pf  äff,  Die  vulkanischen  Erscheinungen.  München 
1871.  S.  130  u.  131.) 

^  Traite  de  geologie.     Paris  1893.  3eme  edit.  S.  436. 


—     240     — 

Zahlreich  sind  die  den  Maaren  ähnhchen  Erdtrichter  oder 
Er d fälle,  die  sich  in  Gegenden  finden,  in  welchen  Gyps-  oder 
Steinsalzmassen  in  der  Tiefe  aufgelöst  und  fortgeführt  wurden.  Auch 
auf  Kalkgebirgen  finden  sich  solche  häufig ;  so  auf  der  Alb  und  dem 
Karst.  Hier  wird  der  Kalk  aufgelöst  uud  sie  können  im  Karstgebirge 
so  häufig  werden,  dass  die  ganze  Fläche  wie  mit  ihnen  übersäet  ist. 
„Blattersteppig"  haben  die  österreichischen  Geologen  solche  Flächen 
genannt.  Zugleich  aber  haben  sie  auch  bewiesen,  dass  dann  oft 
nicht,  wie  dort,  die  Ursache  in  dem  Zusammensturze  von  unter- 
irdischen Höhlen  liegt,  Avelche  durch  Auflösung  des  Kalkes  ge- 
schaffen wären.  Sie  stellen  vielmehr  nur  einen  Sonderfall  der 
Karren-  oder  Schrattenbildung  dar;  sind  also  nur  die  Mündungen 
von  Kanälen,  welche  sich  das  Wasser  durch  die  Kalkschichten  hin- 
durchgefressen  hat. 

Ähnlich  verhalten  sich  auch  die  eigentümlichen ,  Solle  ge- 
nannten und  häufig  mit  Wasser  erfüllten  Trichter ,  welche  in  das 
norddeutsche  Diluvialgelände  eingesenkt  sind.  Es  ist  wohl  wahr- 
scheinlich ,  dass  wir  in  ihnen  echte  Erdfälle  zu  sehen  haben ;  dass 
sie  also  entstanden  sind  durch  Zusammenbrechen  von  unterirdischen, 
durch  die  auflösende  Thätigkeit  des  Wassers  hervorgerufenen  Hohl- 
räumen. Finden  sich  ja  doch  in  Bergwerksgegenden  ganz  ähnlich 
aussehende  Trichter,  Pingen,  welche  sich  über  den  abgebauten, 
in  der  Tiefe  allmählich  zusammenstürzenden  Strecken  bilden.  Es 
ist  freilich,  wenn  ich  mich  recht  entsinne,  auch  ausgesprochen 
worden,  dass  diese  Solle  der  strudelnden  Thätigkeit  der  Gletscher- 
wasser, gleich  den  Gletschertöpfen,  ihre  Entstehung  verdanken  sollen. 
Erstere  Deutung  ist  indessen  wohl  die  wahrscheinlichere. 

Das  Sanfte,  Weiche,  Gerundete  des  Umfanges  und  der  Böschung, 
welches  viele  Erdfälle,  namentlich  im  Diluvialgelände,  besitzen,  wird 
zum  Teil  durch  die  Arbeit  der  Tagewasser  allmählich  während  oder 
nach  ihrer  Bildung  entstanden  sein.  Denn  an  sich  muss  der  Zu- 
sammenbruch unterirdischer  Hohlräume  nicht  immer  kreisrunde, 
sondern  auch  unregelmässig  umrissene  Erdfälle  schaffen. 

2.  Röhrenförmige  Kanäle.  Die  genannten  Kessel  und 
Trichter  besitzen  in  der  Regel  keine  allzugrosse  Tiefe,  sind  unten 
auch  oft  geschlossen,  setzen  dann  also  nicht  in  Gestalt  eines  röhren- 
förmigen Kanales  weiter  fort.  Es  giebt  aber  unseren  Maarkanälen 
der  Gruppe  von  Urach  ähnliche  Bildungen ,  welche  doch  nicht  vul- 
kanischer Entstehung  sind. 

Derartige    Kanäle     mit    senkrechten    Wänden    können    durch 


—     241     - 

Schlammvulkane  hervorgerufen  werden ;  also  durch  Explosionen 
von  KohlenwasserstofFgasen,  Vielehe  sich  durch  Zersetzung  organischer 
Massen  in  der  Tiefe,  bezvv.  aus  Petroleum  entwickeln.  Wir  werden 
später  sehen,  dass  Chaper  sich  die  17  Diatremata  Südafrikas  auf  solche 
Weise  entstanden  denkt,  deren  senkrechte  Kanäle  bereits  bis  zu  150  m 
Tiefe  hinab  verfolgt  worden  sind  und  vielleicht  300  m  Tiefe  besitzen. 

Eine  andere  Art  derartiger  tiefer,  senkrechter  Kanäle,  Ranus 
genannt,  hat  uns  Jünghühn  ^  von  Java  kennen  gelehrt,  wo  sie  im  Um- 
kreise eines  Vulkanes,  des  Gunung  Lamongan,  auftreten.  Eine  Menge 
kleiner  Seen,  in  ungleichen  Abständen  voneinander,  aber  in  einer 
Reihe  aufeinanderfolgend,  umzingelt  in  weitem  Kreise  den  Kegel- 
berg gleich  einer  Perlenschnur  da,  wo  sein  Fuss  bereits  in  die  Ebene 
übergegangen  ist.  Diese  Ranus,  wie  die  Javaner  sie  nennen,  sind 
scharfbegrenzte  Löcher  von  meist  rundhchem  Umfange  und  einem 
Durchmesser  von  300—1000  Fuss.  Aus  ihrer  flachen  Umgebung 
senken  sie  sich  plötzlich  mit  mauerartig  steilen  Wänden  in  die  Tiefe 
hinab,  welche  bis  zu  420  Fuss  gemessen  wurde.  In  ihrem  Grunde 
steht  Wasser.     Also  keine  Trichter-  sondern  Kesselbildung. 

Da  der  Rand  dieser  Seebecken  flach  ist  oder  doch  nur  zufällige 
Erhöhungen  zeigt  und  da  sich  weder  von  vulkanischer  Thätigkeit 
noch  von  Dämpfen  eine  Spur  zeigt,  so  ist  es  nach  Jünghühn  nicht 
wahrscheinlich,  dass  in  ihnen  Explosionskratere,  Maare,  vorliegen. 
Sie  scheinen  vielmehr  durch  Senkung  des  unterhöhlten  vulkanischen, 
aus  Trümmern  bestehenden  Bodens  entstanden  zu  sein,  vielleicht 
infolge  von  Erdbeben.  Von  dem  einen  dieser  Seen,  dem  Ranu  Pakis, 
wird  von  den  Eingeborenen  erzählt,  dass  (damals)  vor  50—100  Jahren 
an  seiner  Stelle  noch  ebenes  Land  sich  befand.  Plötzlich  sank  der 
Grund  ein  und  die  Vertiefung  füllte  sich  mit  Wasser.  Anfänglich 
betrug  die  Tiefe  des  Kessels  nur  5  Fuss,  dann  nahm  sie  allmäh- 
lich, zugleich  sich  verbreiternd,  zu,  bis  der  jetzige  Kessel  von 
450  Fuss  Tiefe  sich  herausgebildet  hatte. 

Nun  können  die  zuerst  geltend  gemachten  Gründe  nicht  durch- 
aus gegen  die  Deutung  dieser  Bildungen  als  Maare  sprechen:  Das 
Fehlen  einer  Trichterbildung,  also  das  senkrechte  Hinabsetzen  der 
Wände  der  rundhchen  Röhre  zeigen  sich  auch  an  Explosionskrateren ; 
so  bei  denen,  deren  kürzliche  Entstehung  durch  Explosion  von  Gasen 
uns  Ed.  Naumann  aus  Japan  schildert  ^  (S.  228);  so  auch  bei  denen 
der  Gruppe  von  Urach. 

^  Java.  II.  S.  757. 

^  Petermami's  Mitteilungen.  Gotha  1893.  Ergänzungsheft  No.  108.  S.  1—15. 

Jahreshefte  d.  Vereins  f.  vaterl.  Naturkunde  in  Wiirtt.    1895.  16 


—     242     — 

Ebensowenig  ist  das  Fehlen  eines  Walles  rings  um  die  Mündung 
der  Kanäle  ein  Merkmal,  welches  durchaus  gegen  die  Maarnatur 
sprechen  müsste.  Kein  einziges  der  Maare  bei  Urach  besitzt  mehr 
einen  solchen  Ringwall.  Manche  andere  unbezweifelte  Maare  ver- 
halten sich  ebenso.  Noch  weniger  endlich  ist  die  Abwesenheit  auf- 
steigender Dämpfe  ein  solches  ausschlaggebendes  Kennzeichen. 

Aber  wenn  wirklich  an  einem  dieser  Kanäle  die  allmähliche 
Entstehung  desselben  durch  Senkung  sich  so  zugetragen  hätte,  wie 
von  den  Eingeborenen  berichtet  wird,  dann  lägen  hier  in  der  That 
keine  Explosionskratere  vor,  sondern  eigenartige  Erdfälle.  Allein 
die  Sache  scheint  doch  sehr  anders  zu  sein: 

Herr  Knüttel  in  Stuttgart,  welchem  wir  jetzt  die  Fortführung 
der  von  C.  W.  C.  Fuchs  seiner  zeit  begonnenen  Jahresberichte  über 
die  vulkanischen  Erscheinungen  der  Erde  zu  verdanken  haben  \  hatte 
die  Liebenswürdigkeit,  mir  aus  dem  erst  jetzt  erscheinenden  Jahres- 
berichte für  1893  die  folgenden  weiteren  Mitteilungen  über  diese 
und  andere  Ranus  zukommen  zu  lassen.  Dieselben  sind  entnommen 
der  unten  aufgeführten  Arbeit  von  Fennema^  und  lauten,  wie  folgt: 

„Ausführlich  werden  von  Fennema  die  bei  dem  Lamongan  vor- 
kommenden Ranus  besprochen.  Von  Junghühn's  Erklärung  der  Ent- 
stehung dieser  kleinen  Seen  ^  weicht  Fennema  gänzlich  ab.  Er  nennt 
dieselbe  verwirrt  und  undeutlich  (S.  75)  und  sagt  nun  weiter:  Es 
sind  Eruptionspunkte  gewesen ,  die  rings  um  ihr  Centrum  kleine 
Kegel  aufgeworfen  haben,  welche  aus  denselben  Produkten  bestehen, 
wie  der  Lamongan  selber.  In  dem  kleinen  Strom,  der  von  dem 
kleinen  See  Klakah  abfliesst,  sieht  man  aufeinanderfolgende  Schichten 
von  feinem  Tuffe  und  gröberen  Lapilli,  die  unter  einem  kleinen  Winkel 
vom  See  abfallen.  Steigt  man  die  steilen  Innenböschungen  von 
Ranu  Pakis,  Bedali,  Agung  und  Lading  hinab,  dann  sieht  man  die- 
selben Produkte,  auch  Lavabänke .  welche  die  abgebrochenen  Köpfe 
nach  dem  See  kehren. 

Es  sind  kleine  parasitische  Vulkane ;  ihr  Herd  war  gebildet 
durch    in    Spalten    eingedrungene  Apophysen    der   Lava    des    Haupt- 

1  Tschermak's  Min.  u.  petrogr.  Mitth.  13.  1893.  S.  265—89. 

2  De  Vulkanen  Semeroe  en  Lemongan  door  den  Mijningenieiu'  R.  Fen- 
nema. Bijlagen:  3  Bladeu  met  12  Kaarten  en  8  Profieleu  en  eene  Teekeniug 
in  kleurendruk.  Zu  finden  in  „Jaarboek  van  het  Mijnwezen  in  Nederlandsch 
Oost-Indie.  Uitgegeven  op  last  van  zijne  excellentie  den  Minister  van  Kolonien. 
Vijftiende  Jaargaug  1886.  Wetenschappelijk  Gedeelte.  Amsterdam  Job.  G.  Stemler 
Czn.  S.  5  und  ferner. 

^  Junghuhn,  Java.   IL  S.  757  u.  f. 


—     243     — 

Vulkans.  Sie  sind  gewöhnlich  nicht  sehr  lange  thätig  gewesen,  die 
Lava  sank  bald  zurück,  was  den  Einsturz  von  der  Spitze  zur  Folge 
hatte.  Nur  ein  Ringwall  blieb  übrig,  der  einen  Kessel  mit  steilen 
Wänden  umschliesst,  von  denen  einige  mit  Wasser  gefüllt  sind.  — 
Die  Aussenneigung  dieser  kleinen  Ringwälle  ist  oft  beinahe  ganz 
unter  jüngeren  Eruptionsprodukten  des  Hauptvulkans  versteckt,  vor- 
zugsweise an  der  Seite,  die  gegen  diesen  zugekehrt  ist." 

„ Was  die  Höhe  anbelangt,  auf  der  die  Ranus  vor- 
kommen ,  so  liegt  bei  dem  Lamongan  die  grössere  Zahl  zwischen 
200  und  300  m  über  Meer,  während  man  auf  dem  Abhang  des  Ta- 
rub  ^  die  Mehrzahl  auf  Höhen  zwischen  400  und  600  m  findet. " 

„ Unter    allen   bekannten     Vulkanen    des    Indischen 

Archipels  ist  der  Lamongan  der  einzige,  welcher  eine  so  grosse  Zahl 
kleiner  parasitischer  Kegel  aufweist.  Bei  einzelnen  anderen  kommen 
sie,  aber  in  kleinerer  Zahl,  auch  vor. 

Ganz  in  der  Nachbarschaft  findet  man  an  dem  W.-Abhange 
des  Hjanggebirges  noch  einige  Ranus  von  ganz  demselben  Charakter. 
Ob  der  Ranu  Klidungan,  der  bekannte  „kleine  See  von  Grati"  am 
nördlichen  Fusse  des  Tengger  auch  zu  den  parasitischen  Eruptions- 
punkten gerechnet  werden  muss,  ist  weniger  sicher.  Derselbe  ist 
ein  wirklicher  Eruptionspunkt;  vorzugsweise,  wenn  man  denselben 
von  einem  höher  gelegenen  Punkt  der  Tenggerneigung  übersieht,  er- 
kennt man  den  sehr  wenig  geneigten,  kleinen,  abgestumpften  Kegel 
mit  den  viel  steiler  geneigten  Innenwänden  nach  dem  kleinen  See 
gekehrt.  Der  Durchmesser  des  kleinen  Sees  ist  1750  m.  Er  liegt 
aber  ganz  in  der  Strandfläche  nördlich  des  Tenggerfusses  und  der 
Abstand  bis  zum  Centrum  des  Tengger  beträgt  nicht  weniger  als  25  km. 

Das  bekannte  „Blaue  Wasser"  (Banju  biru),  ein  wenig  weiter 
SW.  gelegen,  ist  kein  Eruptionspunkt.  Es  ist  dieses  eine  Quelle, 
■welche  prachtvolles  Wasser  liefert,  das  am  Ende  eines  alten  Lava- 
stromes zum  Vorschein  kommt  und  in  einem,  teilweise  durch  Menschen- 
hand gebildeten  Reservoir  gesammelt  wird.  Die  kleinen  Seen  an 
dem  W.-Abfalle  des  Gunung  Wilis  sind  nicht  näher  bekannt. 

An  dem  SO. -Gehänge  des  Lawu,  unterhalb  Tjemorosewu,  ober- 
halb Magetan,  liegt  ein  kleiner  See  mit  Ringwall,  welcher  für  einen 
parasitischen  Eruptionspunkt  gehalten  werden  muss." 

Aus  dem  Gesagten  erhellt  wohl  zur  Genüge,  dass  diese  Ranus 
nicht  durch  Senkung  entstanden  sind,    dass  wir   auch   keine  Maare 

^  Der  Tarub  ist  der  ältere  Teil  dieses  Vulkanes,  der  Lamongan  der  jüngere 
Eruptionskegel. 

16* 


—     244     — 

in    ihnen    zu    sehen    haben ,    sondern    lediglich    parasitische    Kratere 
von  Vulkanen. 

Esergiebt  sich  mithin,  dass,  wie  es  scheint,  tiefe^ 
senkrecht  hinabsetzende  Röhren  rundlichen  Quer- 
schnittes auf  zweierlei  verschiedene  Arten  entstehen 
können:  Durch  pseudovulkanische  Gas-  und  Schlamm- 
ausbrüche, wie  das  z.  B.  nach  Chaper  in  Südafrika  der 
Fall  sein  soll;  sodann  durch  vulkanische  Gasexplosio- 
nen, wiez.  B.  in  Japan  und  in  unserer  Gruppe  von  Urach. 
Dagegen  scheinen  durch  Senkungen  nicht  solche  senk- 
rechten Röhren  entstehen  zu  können. 

Vergleichung  der  vulkanischen  Verhältnisse   des  Gebietes 
von  Urach  mit  demjenigen  anderer  Länder. 

Gangförmige  Lagerung  von  Tuffen  an  anderen  Orten  der  Erde. 

Tuifgänge  in  der  Ehön,  Lenk,  Gdtberlet.  In  Baden,  Steinmann  und  Graefe, 
Sauer.  Eifel.  Auvergne.  Italiens  Peperin.  Der  graue  campanische  Tuff. 
Deecke's  und  Scacchi's  Ansichten  üher  seine  Entstehung.  Centralfrankreich ; 
Analogie  mit  der  Gruppe  von  Urach. 

Die  Karoo  des  südlichen  Afrikas.  Gleiche  tektonische  Verhältnisse  wie  hei  der 
schwäbischen  Alh :  Wagerechte  Lagerung,  Tafelberge,  Spitzkopjes.  Auch  gleiche 
röhrenförmige  Ausbruchskanäle  rundlichen  Querschnittes  wie  in  der  Alb.  Zweier- 
lei verschiedenartige  Bildungen :  seichte  Paus  und  die  17  tiefen  Diatreraata. 
Senkrechte  Wandung,  geringfügige  Erweiterung  an  der  Mündung  bei  letzteren, 
Erfüllung  mit  einer  uugeschichteten  Tuffbreccie,  ganz  wie  in  der  schwäbischen 
Alb.  Die  Tuffbreccie  ist  150  m  tief  hinab  verfolgt.  Durchmesser  der  Dia- 
tremata. Entstehungsweise  derselben  nach  Cohen,  Dauerte,  Chaper,  Modlle. 
Gründe  für  und  gegen  vulkanische  Entstehungsweise.  Vergleichung  mit  unseren 
Bildungen  in  der  Gruppe  von  Urach. 

Die  Tufigänge  rundlichen  Querschnittes  (Necks)  im  Carbon  Centralschottland, 
nach  Geikie.  Vollständige  Übereinstimmung  derselben  mit  den  Tuff'maargängen 
der  Gruppe  von  Urach.  Eückschluss,  dass  auch  erstere  einst  mit  Maaren  in 
Beziehung  gestanden  haben  mögen. 

Wir  haben  im  zweiten  Teile  dieser  Arbeit  die  z.  T.  überaus 
bemerkenswerten  Eigenschaften  des  vulkanischen  Gebietes  von  Urach 
kennen  gelernt  und  uns  in  den  ersten  Abschnitten  des  dritten  Teiles 
mit  den  Lagerungsverhältnissen  vulkanischer  Tuffe  und  den  Maaren 
im  allgemeinen  an  anderen  Orten  der  Erde  beschäftigt.  Es  wird 
daher  nun  unsere  Aufgabe  sein  zu  prüfen,  ob  überhaupt  und  wo 
auf  Erden  gleiche  Bildungen  bisher  bekannt  geworden  sind. 

So  gut  wie  überall  findet  man  in  vulkanischen  Gebieten  die 
Aschenmassen  ausgeworfen,    also    auf   die  jetzige  oder  frühere  Erd- 


—     245     — 

Oberfläche,  bezw.  auf  den  Boden  von  Wasserbecken  aufgelagert.  Alle 
diese  sich  regelrecht  verhaltenden  Gebiete  sind  daher  von  vornherein 
vom  Vergleiche  ausgeschlossen,  da  bei  Urach  die  vulkanischen  Bil- 
dungen ausnahmslos  embryonale  geblieben  sind  und  die  Tuffe  aus- 
nahmslos in  gangförmiger  Lagerung  erscheinen ;  also  nicht  oben  auf 
die  Erdoberfläche  aufgelagert  sind,  sondern  dieselbe  in  durchgreifender 
Lagerung  durchsetzen. 

Ebenso  ist  vom  Vergleiche  abzusehen  gegenüber  denjenigen 
selteneren  Verhältnissen,  in  welchen  basaltische  Reibungskonglomerate 
bezw.  Reibungsbreccien  in  Spalten  liegen,  oder  in  welchen  Tuffe 
von  oben  herab  in  solche  Spalten  gelangten.  Denn  bei  Urach  handelt 
es  sich  um  basaltische  Tuffe,  nicht  aber  um  basaltische  Reibungs- 
breccien und  um  schornsteinartige  Röhren  rundlichen  Querschnittes, 
nicht  aber  um  langgestreckte  Spalten. 

Es  können  daher  beim  Vergleiche  überhaupt  nur  in  Frage 
kommen  die  seltenen  Gebiete,  in  welchen  entweder  ebenfalls  embryo- 
nale Vulkanbildungen  erhalten  blieben,  oder  in  welchen  Tuffe  in 
Röhren  gelagert  erscheinen,  und  zwar  entweder  nur  allein  in  solchen 
oder  im  Vereine  mit  regelrecht  oben  aufgelagerten  Tuffen. 

Auch  innerhalb  dieses  bereits  aufs  äusserste  beschränkten 
Kreises  vulkanischer  Gebiete  fallen  die  wenigen  Maargebiete,  welche 
wir  überhaupt  kennen ,  fast  ganz  fort.  Zwar  hege  ich ,  auf  Grund 
der  in  unserer  Gruppe  von  Urach  gemachten  Erfahrungen,  die  feste 
Überzeugung,  dass  bei  allen  Maaren  der  Erde  ganz  dieselbe  gang- 
förmige Lagerung  von  Tuffbreccien  stattfinden  wird  wie  bei  Urach. 
Allein  soviel  ich  ersehen  konnte,  kennt  man  in  diesen  Gebieten 
nirgends  einen  Aufschluss,  in  welchem  ein  Maar  und  zugleich  seine  in 
die  Tiefe  hinabführende  Ausbruchsröhre  senkrecht  angeschnitten  sind. 

Umgekehrt  kennen  wir  nun  ebenso  vereinzelte  Vorkommen, 
bei  welchen  zwar  in  Röhren  gelagerte  Tuffbreccien,  aber  nicht  mehr 
die  etwa  dazu  gehörigen  Maare  vorhanden  und    angeschnitten    sind. 

Buchstäblich  genommen  ist  daher,  soweit  meine 
Kenntnisse  reichen,  unser  Gebiet  von  Urach  überhaupt 
unvergleichlich,  es  findet  nicht  völlig  seinesgleichen. 
Aber  es  bildet  den  Schlüssel,  das  Bindeglied,  welches 
die  vereinzelten  letzterwähnten  in  Röhren  gelagerten 
Tuffe  mit  den  vereinzelten  Maargebieten  in  Verbindung 
bringt. 

Ich  habe  bereits  angedeutet,  dass  die  Frage,  ob  und  wo  auf 
Erden  ebenfalls  gangförmig  gelagerte  Tuffe  bekannt  sind,  enger  oder 


—     246     — 

weiter  gefasst  werden  kann.  Bei  der  weiteren  Frage  würde  es  sich 
darum  handeln,  ob  und  wo  vulkanische  Tuffe  in  den  so  gewöhnlichen 
Spalten  liegen,  welche  nichts  sind  als  Bruchlinien  der  Erdrinde; 
bei  der  engeren  darum,  ob  und  wo  Tuffe  in  solchen  röhrenförmigen 
Kanälen  rundlichen  Querschnittes  auftreten,  wie  wir  sie  in  der  Gruppe 
von  Urach  finden,  wie  sie  vermutlich  allen  Maaren  eigentümlich 
sind;  und  wie  sie  entstehen  dadurch,  dass  explodierende  Gase  sich 
derartige  Köhren  senkrecht  durch  die  Erdrinde  hindurchblasen. 

Nur  der  letztere  Fall  giebt  uns ,  wenn  wir  ihn  an  anderen 
Orten  der  Erde  wiederfinden,  wirkliche  Analogien  mit  unserem  Ge- 
biete. Keineswegs  aber  thut  das  auch  der  erstere,  wenngleich  auch 
hier  der  Tuff  gangförmig  gelagert  ist.  Schon  deshalb  nicht,  weil 
in  solche  gewöhnliche  Spalten  der  Tuff  von  oben  her  hineingespült 
worden  sein  könnte,  falls  in  der  Nachbarschaft  grössere  Massen 
vulkanischer  Tuffe  eine  Decke  bilden ,  wie  das  ja  oft  vorkommt. 
Zweitens  aber  nicht,  weil  es  sich  bei  einer  Spalte,  also  einer  Bruch- 
linie der  Erdrinde,  gar  nicht  um  die  Selbstbefreiung  des  Schmelz- 
flusses handelt,  während  eine  solche  bei  unseren  Kanälen  der  Gruppe 
von  Urach  doch  vorliegt^. 

Offenbar  sind  Fälle  erster  wie  zweiter  Art  überhaupt  nur  selten 
bekannt.  Leider  aber  fehlen  zudem  noch,  bis  auf  das  Gebiet  von 
Südafrika,  in  der  Litteratur  die  Angaben,  ob  es  sich  im  gegebenen  Falle 
um  Spalten  oder  um  solche  Röhren  handelt;  denn  bisher  lag  kein 
Grund  vor,  derartige  Unterschiede  zu  beachten. 

Wo  überhaupt  von  vulkanischen  Tuffen  in  gang- 
förmiger Lagerung  die  Rede  ist,  da  dürfte  es  sich  wohl 
m  eist  um  Spaltenausfüllung  handeln;  es  liegt  in  solchem 
Falle  keine  genauere  Analogie  mit  unseren  Verhält- 
nissen in  der  Gruppe  von  Urach  vor.  Ganz  besonders 
gilt  das,  wenn  die  Füllmasse  der  Spalten  auch  noch 
aus  Reibungsbreccien  von  Basalt  besteht. 

Wir  wollen  nun  die  verschiedenen  Fälle,  in  welchen  eine  gang- 
förmige Lagerung  der  Tuffe  auf  Erden  bekannt  ist,  oder  in  welchen 
wenigstens  der  Verdacht  vorliegen  könnte,  dass  dem  so  sei,  der 
Reihe  nach  betrachten.  Selbstverständlich  kann  es  mir  nicht  in  den 
Sinn  kommen,  mit  dieser  Aufzählung  eine  völlig  erschöpfende  Zu- 
sammenstellung dieser  Fälle  geben  zu  wollen.  Zudem  wie  überhaupt 
Tuffe  sich  einer  geringeren  Wertschätzung  erfreuen  wie  feste  Eruptiv- 


1  s.  den  Abf-'chnitt  S.  131  ff. 


—     247     — 

gesteine,  so  sind  auch  die  Angaben  über  gangförmige  Lagerung  der- 
selben recht  selten.  Vermutlich  jedoch  nicht  allein  aus  obigem  Grunde, 
sondern  auch  weil  solche  Lagerung  bei  Tuffen  eben  bisher  nur  sehr 
selten  bekannt  ist. 

Deutschland.  Dass  sich  gangförmige  Lagerung  der  Tuffe 
keineswegs  mit  den  hier  beschriebenen  Erscheinungen  zu  decken 
braucht,  zeigt  auf  das  schlagendste  das  Verhalten  der  Tuffe  in  der 
Umgebung  des  Ries  auf  der  Alb.  Gümbel  ^  sagt  darüber:  „Ganz 
gleiche  vulkanische  Tuffabsätze  sind  aber  nicht  allein  im  Rieskessel 
und  an  dessen  Rand  aufgehäuft,  sondern  sind  auch  an  geradezu 
zahllosen  Stellen  auf  Entfernungen  von  mehr  als  10  km  vom  Kessel- 
rande ringsum  über  die  benachbarten  Gebirgsteile  ausgestreut.  Sie 
lagern  hier  in  Spalten  .  .  ."  „Dass  sie  aus  Niederschlägen  ent- 
standen sind,  welche  in  Form  von  vulkanischer  Asche  und  Bomben 
bei  dem  Ausbruche  eines  benachbarten  Vulkans  zur  Erde  niederfielen, 
darüber  kann  kein  Zweifel  herrschen."  Dieser  benachbarte  Vulkan 
ist  aber  der  Rieskessel.  Die  Tuffe  sind  also  dort  von  oben  her  in 
die  Spalten  gelangt,  nicht  aber,  wie  in  der  Gruppe  von  Urach,  von 
unten  her,  indem  sie  in  den  Spalten  ausbrachen. 

Obgleich  also  hier  wie  dort  gleiche  Lagerung 
herrscht,  so  handelt  es  sich  doch  in  beiden  Fällen  um 
grundverschiedene  Dinge.  Dort  Spalten,  hier  Aus- 
bruchskanäle; dort  Füllung  von  oberi  her,  hier  Füllung 
von  unten  her;  dort  Vulkanismus  an  anderer  Stelle, 
hier  Vulkanismus  an  Ort  und  Stelle. 

W^eiter  kommt  gangförmige  Lagerung  der  Tuffe  in  der  Rhön 
vor.  Ich  vermag  jedoch  nicht  zu  entscheiden,  ob  das  nicht  vielmehr 
Reibungsbreccien  von  Basalt  als  unseren  Tuffbreccien  gleiche  Massen 
sind ;  und  ob  es  sich  lediglich  um  Spaltenausfüllungen  oder  um  solche 
von  Explosionskanälen  handelt. 

Aus  der  südlichen  Rhön  wird  in  einer  neueren  Arbeit  von 
Lenk  ^  keines  Vorkommens  der  Tuffe  in  Gangform  Erwähnung  gethan. 
Bezüglich  der  vulkanischen  Breccien  vom  Silberhof,  sowie  derjenigen 
östlich  von  den  Schildeckhöfen,  welche,  obwohl  auf  Röt  lagernd,  doch 
massenhaft  Bruchstücke  von  Wellenkalk  führen,  kommt  er  zu  dem 
Ergebnis,  dass  letztere  vom  Grossen  Auersberg  bezw.  von  der  Gross- 

^  Geognostische  Beschreibung  der  Fränkischen  Alb.  Th.  Fischer.  Kassel 
1891.  S.  22. 

^  Zur  geologischen  Kenntnis  der  südlichen  Rhön.  Liaug.-Dissert.  Würz- 
burg 1887.  S.  94  pp. 


—     248     — 

Schildeckkuppe  aus  mit  dem  Tuff  dorthin  geschleudert  worden  seien. 
Sie  sind  also  auf-  und  nicht  durchgreifend  gelagert. 

Dagegen  sind  in  der  Gegend  zwischen  Obernüst  und  Macken- 
zell  schon  1856  gangförmige  Tuffe  von  Gütberlet  ^  beschrieben 
worden.  Dieser  berichtet,  dass  dort  ein  Phonolithtuft',  eine  halbe 
Stunde  östlich  von  Morles,  „eine  60 — 65  Fuss  mächtige  Durchsetzung", 
d.  h.  einen  Gang  bildet.  Auch  „westlich  von  dieser  Ortlichkeit  ist 
eine  Durchsetzung  von  60  Fuss  Mächtigkeit".  Sie  ist,  wie  die  vor- 
hergehende, erfüllt  mit  Trümmern  von  Basalt,  Trachyttuff  und 
Muschelkalk,  obgleich  beide  Salbänder  aus  oberstem  Buntsandstein 
bestehen  und  der  Muschelkalk  erst  in  grösserer,  nördlicher  Ent- 
fernung auf  dem  Buntsandstein  erscheint.  Westlich  vom  Rauschen- 
berg bei  Fulda  liegen  gleichfalls  Trümmer  von  Muschelkalk  in  basal- 
tischen Gängen,  welche  das  Röt  durchsetzen,  während  der  erstere 
auf  geraume  Entfernung  hin  verschwunden  ist.  Diese  Verhältnisse 
beweisen,  sagt  Gütberlet,  „dass  der  Kalkstein  in  einer  früheren 
Periode  das  ganze  Gebiet  mindestens  in  einer  Höhe  von  60  Fuss 
bedeckte  und  Fragmente  desselben  auf  ähnliche  Weise  wie  bei  Morles 
in  die  von  dem  aufsteigenden  Basalte  geöffneten  Risse  bis  tief  in 
das  Röt  und  den  Sandstein  hinabfielen.  Auch  in  anderen  Gegenden 
der  Provinz  Fulda,  auf  der  Rhön  und  in  Niederhessen,  kommen  der- 
artige Beziehungen  vor.  Der  so  entstehende  Gangkörper  nahm 
wesentlich  verschiedene  Eigenschaften  an,  je  nachdem  sich  die  Kalk- 
stücke flüssigem  Basalt  einkneteten  oder  mit  erkalteten  Reibungs- 
massen in  Yermengung  traten.  In  beiden  Fällen  gestaltete  das 
Wasser  später  das  Material  an  Ort  und  Stelle  um ,  und  es  findet 
auf  diese  Weise  gar  manche  Tuffbildung  ihre  Erklärung." 

Leider  ist  hier  nicht  angegeben,  ob  Spalten  oder  ob  röhren- 
förmige Kanäle  vorliegen.  Ich  habe  indessen  den  von  Gütberlet 
gebrauchten  Ausdruck  „Risse"  oben  durch  Druck  hervorgehoben. 
Aus  demselben  wird  es  wahrscheinlich,  dass  es  sich  nicht  um  Röhren, 
sondern  um  Spalten  handelt.  Auch  scheint  die  Füllmasse  mehr  eine 
Reibungsbreccie  des  Basalt  als  ein  Tuff  zu  sein.  Die  Analogie  dieser 
Verhältnisse  mit  den  in  unserem  Gebiete  obwaltenden  beschränkt  sich 
daher  zunächst  nur  auf  die  gangförmige  Lagerung.  Diese  ist  auch  bereits 
1853  von  Gütberlet  erkannt  worden,  bei  Gelegenheit  einer  Exkursion, 
welche  die  geologische  Sektion  der  Versammlung  der  Naturforscher  in 
Tübingen  in  die  Gegend  von  Reutlingen  unternahm.  Gütberlet  sagt  in 


1  Neues  Jahrb.  f.  Miu.,  Geol.  u.  Pal.  1856.  S.  24—27. 


—     249     — 

Bezug  auf  die  hier  auftretenden  vulkanischen  Tuffe  :  „ ...  so  wollte  man 
doch  mehrseitig  dieses  Gebilde  für  eine  Anschwemmung  erkennen, 
und  zwar,  weil  in  demselben  Blöcke  des  Oberen  Weissen  Juras  vor- 
kommen, welcher  jetzt  nicht  mehr  in  der  nächsten  Umgebung  lagert. 
Bei  dieser  Auffassung  der  Sache  Hess  man  nun  gänzlich  ausser  acht, 
dass  die  erwähnten  Blöcke  und  andere  fest  eingekitteten  Bruch- 
stücke in  keiner  Weise  das  Gepräge  von  Gerollen  oder  des  Wasser- 
schliffs trugen,  vielmehr  alle  Charaktere  von  an  Ort  und  Stelle  ent- 
standenen Bruchstücken  besassen. "  Die  einzig  mögliche  Erklärung 
ist  nach  Gutberlet  die,  dass  die  Weiss- Juraschichten  zur  Zeit  der 
Ausbrüche  hier  noch  angestanden  haben  (1.  c.  S.  26). 

In  Oberbaden  finden  sich,  ausserhalb  des  vulkanischen  Kaiser- 
stuhlgebirges, aber  doch  mit  demselben  in  Verbindung  stehend,  einige 
Gänge,  welche  man  ir.jglicherweise  ebenfalls  für  gleichartig  mit  den 
unseren  ansehen  könnte.  Sie  liegen  bei  Maleck  nahe  Emmendingen, 
bei  der  Berghausener  Kapelle  auf  der  S.-Seite  des  Schönberges  und 
am  Lehenerbergle  bei  Freiburg.  Gleich  unseren  Tuffgängen  führen 
sie  eine  grosse  Menge  durchbrochener  Jurakalke. 

Steinmänn  und  Graeff  ^  beschreiben  dieselben  als  Beibungs- 
breccien  von  Nephelinbasalt.  Graeff  -  bespricht  diese  Gänge  aus- 
führlicher in  der  unten  aufgeführten  Abhandlung,  sagt  dabei  aber 
deutlich,  dass  es  Beibungsbreccien  seien,  „bei  welchen  der  Kitt  aus 
einem  kompakten  Eruptivgestein  (anscheinend  meist  Nephehnbasalt) 
besteht  und  in  welchem  eckige  bis  rundUche  Brocken  fremder  Ge- 
steine eingeschlossen  sind.  Bei  der  Eruption  des  als  Bindemittel 
fungierenden  Magmas  wurden  losgerissene  Brocken  der  durchbro- 
chenen Gesteinsarten  mit  in  die  Höhe  gebracht  und  nach  dem  Er- 
kalten des  Magmas  eingeschlossen."  Einer  freundlichen  Mitteilung 
des  Herrn  Kollegen  Steinmann  verdanke  ich  den  weiteren  Bescheid, 
dass  diese  Gänge  nicht  langgestreckt,  sondern  schlotförmig  sind. 

In  dieser  letzteren  Beziehung,  der  Gestalt,  ebenso  wie  in  dem 
Einschlüsse  von  Stücken  der  durchbrochenen  Gesteine,  würde  mit- 
hin die  vollste  Übereinstimmung  mit  unseren  Bildungen  der  Gruppe 
von  Urach  herrschen.  Allein  aus  jener  Beschreibung  geht  deutlich 
hervor,  dass  es  sich  hier  nicht,  wie  bei  uns,  um  Tuffe,  also  um  einen 
zu  loser   Asche    zerblasenen  Schmelzfluss    handelt ,    welcher  letztere 


^  Geologischer  Führer  durch  die  Umgehung  von  Freihurg.  Freihurg  i.  B. 
1890.  S.  105.  No.  2. 

-  Zur  Geologie  des  Kaiserstuhlgebirges.  Mitteilungen  der  Grossherzoglich 
Badischen  geologischen  Landesanstalt.     Heidelberg  1893.  S.  435. 


—     250     — 

selbst  in  grosser  Tiefe  blieb.  Sondern  dass  hier  der  kompakte 
Schmelzfluss ,  wenn  auch  in  Blocklava-ähnlicher  Form ,  bis  obenhin 
die  Röhre  erfüllte.  Darin  liegt  ein  Unterschied  gegenüber  unseren 
Tuffgängen. 

Ob  trotzdem  diese  schlotförmigen  Gänge  von  Reibungsbreccien 
ebenfalls  mit  Maaren  einst  in  Zusammenhang  standen,  ist  nicht  zu 
entscheiden.  Nirgends  kennt  man  dort  ein  Maar,  noch  viel  v^eniger 
also  ein  solches ,  dessen  in  die  Tiefe  setzender  schlotförmiger  Aus- 
bruchskanal mit  Reibungsbreccie  erfüllt  wäre.  Umgekehrt  kennt 
man  im  Gebiete  von  Urach  sehr  viel  Maare ,  aber  kein  Ausbruchs- 
kanal derselben  ist  mit  Reibungsbreccie  erfüllt.  Endlich  in  anderen 
Gebieten  der  Erde  kennt  man  hier  und  da  wohl  Maare ;  aber  dafür 
ist  nirgends  dort  der  in  die  Tiefe  setzende  Schlot  aufgeschlossen. 
So  ist  diese  Frage  also  nicht  zu  lösen;  aber  nach  dem  Verhalten  im 
Gebiete  von  Urach  spricht  nichts  Entscheidendes  für  die  Annahme, 
dass  diese  Gänge  einst  mit  Maaren  in  Verbindung  standen. 

Solche  mit  Reibungsbreccien  irgend  eines  Eruptivgesteines  er- 
füllten Gänge  sind  überhaupt  nicht  so  selten  auf  Erden,  überall 
da  aber,  wo  die  Breccie  als  Füllmasse  richtiger  langgestreckter 
Spalten  auftritt,  hat  diese  Bildung  nicht  das  Mindeste  mit  unseren 
schlotförmigen ,  durch  die  Erdrinde  hindurch  ausgeblasenen  Röhren 
bei  Urach  gemeinsam.  Nur  da,  wo  die  Reibungsbreccien  in  derartigen 
Röhren  liegen,  könnte  man  sie  in  Beziehung  bringen  wollen  zu  ehe- 
maligen Maaren ;  allein  das  würde,  wie  oben  gesagt,  bisher  jeglicher 
Begründung  entbehren. 

Auch  Sauer  beschreibt  neuerdings,  wie  ich  einem  mir  freund- 
lichst übersandten  Fahnenabzuge  entnehme,  aus  Baden  solche  schlot- 
förmigen Gänge,  welche  mit  teils  fluidalstreifigem,  teils  breccienhaftem 
Porphyr  erfüllt  sind.  Hier  handelt  es  sich  also  ebenfalls  um  röhren- 
förmige Kanäle  und  nicht  um  Spalten.  Allein  das  sind  offenbar  nicht 
etwa  Ausbruchskanäle  einstiger  Maare ,  sondern ,  wie  Sauer  sagt, 
„es  liegt  nahe,  dieselben  als  die  Austrittskanäle  der  Rotliegend- 
Porphyrergüsse  zu  deuten."  Diese  Bildungen  haben  also  nichts  mit  den 
unserigen  gemein,  denn  sie  sind  in  diesem  Falle  nicht  mehr  embryonal. 

Vermutlich  dem  äusseren  Ansehen  nach  ganz  gleich  unseren 
Tuffgängen,  aber  doch  nicht  mit  Maaren,  sondern  mit  aufgeschütteten 
Aschenkegeln  oder  Decken  zusammenhängend,  würden  gewisse  tuff- 
erfüllte Gänge  der  Eifel  sein,  wenn  man  sie  im  aufgeschlossenen  Zu- 
stande könnte.  Ihr  Dasein  in  der  Erdrinde  aber  glaube  ich  als  ganz 
sicher  annehmen  zu  dürfen  auf  Grund  der  folgenden  Aussagen : 


—     251     — 

VON  Dechen  spricht  die  Vermutung  aus,  dass  in  der  Eifel  ge- 
wisse kleine  Tuifpartien  nicht  als  Erosionsreste  einer  einst  grösser 
gewesenen  Decke  zu  betrachten  seien,  sondern  als  selbständige  Aus- 
bruchspunkte'. 

Wenn  das  nun  aber  der  Fall  ist,  dann  muss  hier  der  Tuff 
offenbar  auch  in  die  Tiefe  hinabsetzen  und  die  Ausbruchsröhre  er- 
füllen. Schwerlich  wird  hier  feste  Lava  im  Schlote  sein.  Auch 
VogelsanCt^  zielt  auf  Ähnliches  ab.  Er  wirft  am  Schlüsse  seiner 
Arbeit  über  die  Vulkane  der  Eifel  die  Frage  auf,  ob  wir  mit  dem 
Empordringen  von  Tuffmassen  immer  die  Vorstellung  eines  sehr  ge- 
waltsamen Vorganges  verbinden  müssen.  Nicht  in  allen  Fällen  scheint 
ihm  das  notwendig  zu  sein ,  wie  die  langsamen  Aschenströme  be- 
weisen, welche  Monticelli  1823  am  Vesuv  beobachtete.  „Vielleicht 
Hessen  sich  gewisse  vereinzelte  Tuffberge  als  auf  solche  Weise  ent- 
standen, also  als  selbständige  Ausbruchspunkte  auffassen.  Dieselben 
wären  dann  Analoga  der  Gesteinskuppen  von  Basalt."  Alle  solche 
vereinzelten ,  durch  selbständige  Ausbrüche  an  Ort  und  Stelle  auf- 
geschütteten Tuffberge  müssen  natürlich  ebenfalls  mit  Tuff  erfüllte 
Ausbruchsröhren  besitzen.  Sind  die  Tuffberge  abgetragen  und  die 
Röhre  freigelegt,  dann  gleicht  die  Bildung  vollständig  denen  der 
Gruppe  von  Urach.  Und  doch  liegt  noch  ein  starker  Unterschied 
zwischen  beiden.  Die  tufferfüllten  Ausbruchsröhren  von  Urach,  weil 
offenbar  alle  mit  Maaren  in  Verbindung  zu  bringen,  stellen  die  primi- 
tivere Form,  den  vulkanischen  Embryo  dar.  Die  tufferfüllten  Aus- 
bruchskanäle solcher  Aschenberge  dagegen  stehen  mit  einem  bereits 
weiter  vorgeschrittenen  Entwickelungsstadium  des  Vulkanismus,  mit 
aufgeschütteten  Bergen  in  Zusammenhang.  Dass  aber  unsere  Tuff- 
gänge der  Gruppe  von  Urach  sicher  nicht  mit  solchen  aufgeschütteten 
Bergen,  sondern  nur  mit  ehemaligen  Maaren  in  Verbindung  standen, 
dafür  sind  die  Beweise  aufgeführt  auf  S.  95  pp.  sowie  am  Schlüsse 
dieser  Arbeit  unter  den  Zusätzen  (S.  315 — 318). 

In  ganz  derselben  Weise  lässt  sich  aus  den  Angaben  Lecoq's 
entnehmen,  dass  er  einen  Teil  der  in  der  Auvergne  auftretenden 
Tuffberge  für  an  Ort  und  Stelle  entstanden  ansieht,  dass  er  sie  also 
als  selbständige  Ausbruchspunkte  betrachtet.  Ist  das  der  Fall,  dann 
müssten  deren  Ausbruchskanäle  sich  natürlich  ebenfalls  mit  Tuff  er- 
füllt erweisen,  wenn  man  sie  im  aufgeschlossenen  Zustande  kennen 


'  Vulkane  der  Eifel.  S.  243.  No.  26  u.  27. 

^  Die  Vulkane  der  Eifel  in  ihrer  Bildungsweise  erläutert.    Haarlem  1864. 


—     252     — 

würde.  Von  anderen  dortigen  Vorkommen  aber  hebt  M.  Boüle  ganz 
ausdrücklich  das  Gegenteil  hervor,  so  s.  B.  von  denjenigen,  welche 
die  Felsen  von  St.  Michel  und  Corneille  bilden.  Diese  treten,  wie 
er  sagt ,  nicht  ^  in  durchgreifender  Lagerung  auf.  Es  sind  in  ver- 
schiedener Weise  cementierte,  oben  aufgelagerte  Tuffbreccien,  welche 
in  ihrer  Breccienstruktur  viel  Ähnlichkeit  mit  denen  der  Gruppe  von 
Urach  besitzen. 

Auch  in  Italien  finden  wir  in  den  Peperinen  solche  den  unserigen 
ähnliche  Tuffbreccien.  Die  Ähnlichkeit  kann  eine  so  grosse  sein, 
dass  auch  hier  die  Frage  sich  aufdrängt,  ob  nicht  dieser  Peperin 
auch  hier  und  da  die  gangförmige  Lagerungsweise  mit  unseren  Tuff- 
breccien teile.  Im  Gebiete  von  Frosinone  in  Mittelitalien  ist  das 
entschieden  nicht  der  Fall.  Ebensowenig  im  Albaner  Gebirge,  wo 
der  Peperin  stromartig  geflossen  ist  (s.  S.  202). 

Es  besitzt  nun  aber  auch  der  nicht  zum  Peperin  gerechnete 
sogenannte  graue  campanische  Tuff  in  Unteritalien  eine  gewisse  Ähn- 
lichkeit mit  unseren  Tuffen  darin,  dass  er  ungeschichtete  Massen 
bildet,  in  welchen  sedimentäre  Gesteine,  Kalke  und  Sandsteine  ein- 
gesprengt liegen.  Da  diese  letzteren  der  Mehrzahl  nach  verändert 
sind,  so  erklärt  sie  Scacchi  als  Auswürflinge,  welche  bei  der  Ent- 
stehung der  Asche  mit  ausgeschleudert  wurden ;  doch  nimmt  er  an, 
dass  ihre  Hauptmetamorphose  erst  im  Tuffe ,  nicht  schon  in  dem. 
vulkanischen  Schlünde  erfolgt  sei.  Deecke^  dagegen  betrachtet  mit 
Johnston-Lavis  diese  Sedimentärgesteine  nicht  als  Auswürflinge.  Er 
nimmt  vielmehr  an ,  dass  dieselben  nur  durch  Abschwemmung  und 
Abrutschen  infolge  von  Erdbeben  von  den  benachbarten  Gebirgen 
auf  und  in  den  Tuff  herabgewaschen  und  dann  den  obersten  Lagen 
des  Tuffes  eingeschaltet  wurden.  Er  begründet  seine  Auffassung 
mit  dem  Umstände ,  dass  die  Kalkstücke  nur  in  der  unmittelbaren 
Nähe  der  den  Tuff  begrenzenden  Gebirge  reichlich  im  Tuffe  vertreten 
sind,  dagegen  um  so  seltener  werden,  je  weiter  man  sich  vom  Ge- 
hänge entfernt.  Da  diese  Einschwemmung  in  den  Tuff  auch  während 
der  Bildung  desselben  vor  sich  ging,  so  erklären  sich  auf  solche 
Weise  auch  die  den  tieferen  Lagen  des  Tuffes  eingeschalteten  Kalk- 
massen, welche  in  mehr  oder  weniger  deutlichen  Schichten  keilartig 


^  M.  Boule,  Description  geologique  dix  Velay.  (Bull,  des  serv.  de  la 
Carte  geol.  de  la  France.  T.  4.  No.  28.  Paris  1892.  Ich  eitlere  nach  dem  Neuen 
Jahrbuch  f.  Min.  etc.). 

^  Zur  Geologie  von  Unteritalien.  No.  3.  Neues  Jahrb.  f.  Min.,  Geol.  u.  Pal. 
1891.  Bd.  II.  S.  291,  315,  316  pp. 


-     253     — 

in  denselben  eindringen.  Die  Metamorphose  aller  dieser  Kalke  kann 
daher  auch  nach  der  Auffassung  Deecke's  nur  eine  nachträgliche 
sein,  wie  das  schon  Scacchi  meinte.  Sie  wurde  bewirkt  durch  die 
im  Tuffe  eingeschlossenen  Gase  und  Säuren. 

Es  giebt  indessen  doch  Verhältnisse,  welche,  wie  Deecke  selbst 
hervorhebt,  mit  seiner  Erklärung  nicht  in  Einklang  zu  bringen  sind, 
so  dass  man  in  diesen  Fällen  wirklich  Auswürflinge  vor  sich  haben 
muss.  Dahin  gehören  diejenigen  Kalkblöcke,  welche  sich,  unregel- 
mässig verteilt,  mitten  in  den  ungeschichteten  Tuffmassen  befinden. 
In  noch  höherem  Masse  gilt  das  aber  von  den  vielleicht  mio-  oder 
pliocänen  Sandsteinen ,  da  solche  gar  nicht  in  den  die  Tuffe  um- 
gebenden Randgebirgen  anstehen. 

Wie  dem  nun  aber  auch  sei,  es  ist  auf  solche  Weise  durch 
mangelnde  Schichtung  des  Tuffes,  sowie  durch  Beimengung  sedi- 
mentärer veränderter  Gesteine  eine  gewisse  Übereinstimmung  mit 
unseren  Tuffen  von  Urach  vorhanden.  Aber  es  könnten  auch  die 
Lagerungsverhältnisse  beider  eine  gewisse  Ähnlichkeit  besitzen.  Wie 
nämlich  unsere  Tuffe ,  soweit  sie  oben  auf  der  Hochfläche  der  Alb 
auftreten,  nie  oben  auf  den  Hügeln,  sondern  in  kesseiförmigen  Ver- 
tiefungen liegen ,  so  erscheint  auch  der  campanische  Tuff  nie  auf 
den  Bergen,  sondern  meistens  in  der  Tiefe  der  Thäler  in  kessei- 
förmigen Einsenkungen  und  Grabenbrüchen  des  Kalkgebirges.  Daher 
hat  ScÄCCHi  die  Entstehung  dieser  zahlreichen,  getrennten  Vorkommen 
des  campanischen  Tuffes  auf  ebenso  viele  gesonderte  Schlünde  zurück- 
zuführen gesucht,  aus  welchen  der  Tuff  mit  den  sedimentären  Stücken 
im  Zustande  einer  Schlammlava  herausgequollen  wäre.  Sollte  das 
wirklich  der  Fall  sein,  dann  würde  dieser  Tuff  gewiss  auch  die,  frei- 
lich unbekannten ,  Ausbruchskanäle  erfüllen.  Das  wäre  dann  eine 
Übereinstimmung  der  Lagerungsverhältnisse  mit  denjenigen  der  Gruppe 
von  Urach. 

Eine  solche  Deutung  wird  aber  von  Deecke  aus  mehrfachen 
Gründen  bekämpft.  Einmal  spricht  nach  ihm  dagegen  die  nahezu 
gleiche  Beschaffenheit,  welche  der  Tuff  an  so  vielen  voneinander 
getrennten  Orten  besitzt,  während  doch  aus  so  zahlreichen  ver- 
schiedenen Schlünden  auch  verschiedenartiges  Material  gefördert  sein 
müsste.  Sodann  hält  Deecke  überhaupt  das  Dasein  einer  so  grossen 
Zahl  von  Ausbruchsstellen  für  wenig  wahrscheinlich.  Ferner  hebt 
er  hervor ,  dass  Schlammvulkane  immer  nur  aufgeweichtes ,  bereits 
vorhandenes  Gesteinsmaterial,  also  w^esentlich  Thone,  Mergel  und 
Sande    emporbringen.     Endlich    weist    er   darauf  hin ,    dass    eine   so 


—     254     — 

grossartige  Gasentwickelung,  wie  sie  hierfür  nötig  wäre,  doch  nicht 
■SO  plötzhch  wieder  zum  Stillstand  gelangt  sein  könnte  und  dass 
überhaupt  ähnliche  Erscheinungen  in  Campanien  weder  vorher  noch 
nachher  je  wieder  beobachtet  worden  seien.  Deecke  hält  daher  den 
campanischen  Tuff  für  das  Ergebnis  eines  oder  mehrerer,  dicht  hinter- 
einander folgender  Ausbrüche  eines  einzigen  grossen  Centrums'. 
Die  von  demselben  ausgeworfenen  Aschenmassen  fielen  ursprünglich 
auch  auf  die  umliegenden  Berge.  Von  diesen  aber  wurden  sie  durch 
die  begleitenden  Kegengüsse  abgeschwemmt  und  in  den  zwischen 
•den  Höhen  liegenden  Niederungen  angehäuft. 

Ich  beabsichtige  nun  durchaus  nicht  diese  von  Deecke  gegebene 
Lösung  anzugreifen ;  sie  mag  auch  einleuchtender  sein  als  Scacchi's 
Ansicht  von  dem  Dasein  zahlreicher  Schlammvulkane.  Um  solche 
letzteren  kann  es  sich  überhaupt  da,  wo  nicht  Sand  und  Thon, 
sondern  echte  vulkanische  Asche  ausgeworfen  wird,  gar  nicht  handeln, 
-denn  Schlammvulkane  (S.  195)  sind  eben  keine  Vulkane.  Scacchi 
dürfte  daher  höchstens  an  echte  Vulkanausbrüche  gedacht  haben, 
bei  welchen  die  lose  Asche  durch  atmosphärische  Wasser  (S.  195) 
sekundär  in  Schlammtuff  verwandelt  worden  wäre.  Ich  denke  mir, 
dass  er  nur  Derartiges  im  Sinne  gehabt  hat,  aber  auch  dem  gegenüber 
mag  Deecke  noch  recht  haben. 

Trotzdem  aber  muss  ich  einzelne  der  von  Deecke  angeführten 
•Gründe  in  Bezug  auf  ihre  allgemeine  Gültigkeit  bekämpfen.  Käme 
ihnen  nämlich  eine  solche  zu,  so  würden  sie  ihre  Spitze  auch  gegen 
die  in  dieser  Arbeit  vertretene  und  in  fast  121  Fällen  zweifellos  be- 
wiesene Auffassung  kehren,  dass  unsere  Tuffe  in  zahlreichen,  ver- 
einzelten Ausbruchsherden  entstanden  sind.  Sie  würden  sich  auch 
im  gleichen  Masse  gegen  die  Ansicht  wenden,  dass  in  der  Auvergne 
wenigstens  ein  Teil  des  sogen.  Peperits  in  zahlreichen,  vereinzelten 
Ausbruchsstellen  zu  Tage  gefördert  wurde. 

Zunächst  darf  die  an  zahlreichen  Orten  so  nahezu  gleich- 
bleibende Beschaffenheit  des  Tuffes  nicht ,  wie  Deecke  will ,  als  ein 
Merkmal  angesehen  werden,  welches  unter  allen  Umständen  nur 
durch  einen  einheitlichen  Ausbruch  an  einer  einzigen  Stelle  der 
•Oberfläche  erzeugt  werden  kann.  Es  kann  vielmehr  gleichartige 
Tuffmasse  sehr  gut  auch  durch  zahlreiche  getrennte  Ausbruchs- 
öffnungen an  der  Erdoberfläche  ausgeworfen  werden,  wenn  nur  der 
Ausbruchsherd    in    der  Tiefe    ein    einheitlicher  ist.     Ob  aus  solchem 

'  1.  c.  S.  320. 


—     255     — 

Herde  dann  die  zerstäubten  Massen  nur  an  einer  einzigen  grossen 
Stelle  oder  aber  durch  zahlreiche  kleine  Öffnungen  herausgefördert 
werden ,  das  ist  eine  nebensächliche  Erscheinung.  In  dieser  Weise 
war  der  Vorgang  bei  den  Ausbrüchen  in  der  Gruppe  von  Urach,  in 
welcher  an  121  verschiedenen  Punkten  völlig  gleichartiges  Material 
zu  Tage  gefördert  wurde. 

Das  gilt  von  dem  eigentlichen  Tuffe,  also  dem  rein  vulkanischen 
Materiale.  Was  dann  aber  die  dem  letzteren  beigemengten  Sedi- 
mentär- oder  besser  Fremdgesteine  ^  anbetrifft ,  so  können  dieselben 
natürlich  auch  bei  zahlreichen  vereinzelten  Ausbruchsstellen  dann 
gleichartig  sein,  wenn  die  vom  Eruptivmaterial  durchbrochenen  Ge- 
steinsmassen gleichartig  waren.  Das  aber  ist  und  war  bei  der  Gruppe 
von  Urach  der  Fall,  weil  hier  fast  horizontale  Schichtung,  der  Jura- 
formation wenigstens,  herrscht. 

Wenn  dann  ferner  Deecke  überhaupt  das  Dasein  einer  so  grossen 
Anzahl  von  kleinen  Ausbruchsstellen  für  weniger  wahrscheinlich  hält, 
als  die  Bildung  nur  einer  einzigen  grossen,  so  stimme  ich  im  all- 
gemeinen dem  bei;  es  mag  auch  in  dem  campanischen  Sonderfalle 
sich  so  verhalten.  Aber  dass  derartige  Verhältnisse  doch  auch  vor- 
kommen können  —  was  Deecke  übrigens  auch  gar  nicht  bestreitet  — 
das  zeigt  sich  eben  bei  der  Gruppe  von  Urach,  wo  wir  auf  20  |  jMeilen 
an  127  solcher  Ausbruchskanäle  ^  besitzen. 

Der  vierte  von  Deecke  angeführte  Grund,  dass  nämlich  eine 
so  grossartige  Gasentwickelung  nicht  so  plötzlich  wieder  zum  Still- 
stand gelangen  könnte,  bezieht  sich  wohl  nicht  auf  die,  dem  Schmelz- 
niagma  beigemengten  Gase ,  sondern  auf  solche  Gasmassen ,  durch 
welche  die  pseudovulkanischen  Erscheinungen  der  Schlammvulkane 
erzeugt  werden ,  also  vorwiegend  Kohlenwasserstoffe ;  denn  solche 
hat  ja,  nach  Deecke's  Ansicht,  Scacchi  im  Sinne,  gegen  solche  muss 
sich  also  sein  Ausspruch  wenden.  Da  es  sich  bei  der  Gruppe  von 
Urach  um  solche  nicht  handelt,  so  würde  dieser  Grund  mir  nicht  als 
Einwand  entgegengehalten  werden  können.  Wollte  man  aber  das 
von  Deecke  über  die  Gasentwickelung  Gesagte  auch  auf  echte  Vul- 
kane als  allgemein  gültig  übertragen ,  so  würde  ich  auch  hier  Ver- 
wahrung einlegen  müssen ;  denn  sowohl  bei  Urach,  als  auch  vermut- 


'  Denn  es  handelt  sich  bei  der  Uracher  Gruppe  auch  um  ausgeworfene 
Granite  u.  s.  w. 

^  Ein  kleiner  Teil  derselben  ist  mit  Basalt  erfüllt.  Daher  bald  nur  die 
Zahl  121,  wenn  es  sich  nämlich  nur  um  die  tutt'erfüUten  Röhren  handelt ;  und 
bald  127,  wenn  die  Gesamtzahl  s-emeiut  ist. 


—     256     — 

lieh  z.  T.  in  der  Auvergne,  hat  eine  so  grossartige  Gasentwickelung, 
welcher  unsere  Tuffe  und  jene  Peperite  ihre  Entstehung  verdanken, 
in  kurzer  Zeit  stattgefunden. 

Wie  man  sieht,  ist  ein  grosser  Teil  der  von  Deecke  gegen 
ScACCHi's  Ansicht  geltend  gemachten  Gründe  hinfällig.  Das  konnte 
freilich  Deecke  unmöglich  ahnen,  denn  die  überaus  eigenartigen  Ver- 
hältnisse des  Gebietes  von  Urach  waren  bisher  nicht  bekannt.  Es 
wäre  daher  von  hohem  Interesse,  wenn  jener  campanische  Tuff  aufs 
neue  nun  mit  dem  bei  Urach  gewonnenen  Bilde  vor  Augen  ge- 
prüft werden  könnte. 

Sicher  sind  jedenfalls  zwei  Dinge :  Die  "Verhältnisse  der  Gruppe 
von  Urach  beweisen  einmal,  dass  das,  was  Scacchi  behauptete,  nicht 
nur  möglich  ist,  sondern  auch  vorkommt.  Zweitens,  dass  es  viel- 
leicht gar  nicht,  wie  Scacchi  glaubte,  der  Zuhilfenahme  des  Wassers, 
der  Schlammtuifbildung,  bedarf,  um  solche  Verhältnisse  zu  erklären. 

Aber  selbst  in  dem  Falle ,  dass  Scacchi  recht  haben  sollte, 
würde  doch  keineswegs  eine  Analogie  mit  den  Verhältnissen  der 
Gruppe  von  Urach  vorliegen.  In  letzterer  haben  wir  Maare  und  tuff- 
erfüllte Kanäle  rundlichen  Querschnittes,  welche  sich  die  vulkanischen 
Gase  selbstthätig  ausgeblasen  haben,  ohne  Zuhilfenahme  von  Spalten. 
Dort  haben  wir  deckenförmig,  also  aufgelagerten  Tuff,  kennen  nicht 
die  Füllmasse  der  Kanäle  und  wissen  nicht,  ob  es  röhrenförmige 
Kanäle  oder  Spalten  sind. 

Frankreich.  Das  ob  seiner  Vulkane  und  Maare  berühmte 
Centralplateau  von  Frankreich  hat  ebenfalls  vulkanische  Tuffe, 
welche  gleich  denjenigen  der  Gruppe  von  Urach  Breccien  sind.  Lecoq 
bezeichnet  sie  wegen  ihrer  Ähnlichkeit  mit  den  Peperinen  Italiens 
als  Peperit.  Erklärlicherweise  habe  ich,  als  ich  vor  Jahren  die 
Auvergne  durchstreifte,  auf  die  genaueren  Lagerangsverhältnisse  des 
Tuffes  dieser  Gegenden  nicht  geachtet.  Ich  bin  daher  auf  die  An- 
gaben von  Lecoq  angewiesen.  Aber  auch  dieser  hatte  wohl,  mangels 
günstiger  Aufschlüsse,  wenig  Veranlassung,  die  Lagerungsverhältnisse 
des  dortigen  Peperins  einer  genaueren  Untersuchung  zu  unterziehen 
und  namentlich  zu  achten  auf  die  Gestalt  etwaiger  Tuffgänge  und 
ihren  Zusammenhang  mit  Maaren. 

Der  Peperin  erscheint  in  der  Auvergne  teils  in  Gestalt  ein- 
zelner Hügel,  teils  in  Form  grösserer,  ausgedehnter  Flächen.  Im 
letzteren  Falle  bildet  er  selbstverständlich  eine  aufgelagerte  Decke. 
Im  ersteren  könnten  die  Hügel  ebenfalls  nur  Erosionsreste  einer 
einstigen  Decke  sein,  sie  könnten  aber  auch  die  Köpfe  senkrechter 


—     257     — 

Gänge  bilden,  v,äe  letzteres  in  der  Gruppe  von  Urach  der  Fall.  Es 
scheint  mir  nun,  dass  die  Beschreibung  Lecoq's  Anhaltspunkte  dafür 
giebt ,  dass  wirklich  letzteres  bisweilen  vorkommt.  Lecoq  ^  sagt 
ganz  deutlich,  dass  die  Peperite  bald  an  Ort  und  Stelle  ausgebro- 
chen sind,  den  Kalk  durchbohren  und  kleine  Hügel  bilden,  bald  als 
Schlaramströme  geflossen  sind.  Ich  werde  sogleich  derartige  Stellen 
anführen.  Ein  Teil  dieser  Peperite  ist  auch  im  Wasser  abgelagert, 
denn  er  wechsellagert  mit  Kalkschichten.  Das  ist  z.  B.  bei  Pont- 
du-Chäteau,  östhch  von  Clermont,  der  Fall.  Ein  anderer  Teil  ist, 
wie  gesagt ,  nach  Lecoq  als  Schlammstrom  geflossen.  In  beiden 
Fällen  ist  also  keine  Analogie  mit  unseren  Verhältnissen  vorhanden. 
Dagegen  könnte  es  sich  wohl  um  gangförmige  Lagerung  des 
Tuffes  in  den  folgenden  Fällen  handeln : 

Bd.  IV,  S.  77  spricht  Lecoq  von  den  Phryganeenkalken,  welche 
sich  als  „perces  par  des  peperites"  erweisen.  „Presque  partout  les 
tufs  semblent  sortir  du  calcaire.  On  les  retrouve  meme  sous  le 
calcaire,  lorsque  Ton  creuse."  Wenn  also  der  Peperin  den  Kalk  durch- 
setzt, so  muss  er  auch  die  Gänge  in  die  Tiefe  hinab  erfüllen. 

Bd.  IV,  S.  77  wird  ein  Basaltgang  erwähnt,  welcher  rings  vom 
Peperin  umgeben  ist,  und  von  letzterem  gesagt:  „Elles  paraissent 
s'etre  fait  jour  comme  le  basalte  et  en  meme  temps  que  lui."  Die- 
selbe Lagerung  also,  wie  z.  B.  am  Götzenbrühl  No.  87,  Bolle  bei 
Owen  No.  49  u.  s.  w. ,  wo  auch  der  Tuff  an  Ort  und  Stelle  zur 
Eruption  gelangt  ist,  den  Kanal  erfüllt  und  seinerseits  den  Basalt- 
kern umschliesst. 

Bd.  IV,  S.  35  wird  die  Lagerung  des  Peperin  geschildert  als 
„un  filon,  dont  la  direction  serait  presque  NO. — SE."  Ist  das  eine 
mit  Peperin  erfüllte  Gangspalte? 

Bd.  IV,  S.  79  ist  der  kleine  Puy  de  Cornonet  geschildert,  wel- 
cher unten  aus  Kalkmergel,  oben  aus  Peperin  besteht.  „Le  tuf  (pe- 
perite) en  constitue  le  sommet  et  descend  ä  l'ouest  sous  la  forme 
d'une  petite  coulee.  C'est  un  tuf  d'eruption  sorti  sur  ce  point  meme." 
Hier  haben  wir  anscheinend  ganz  dieselben  Lagerungsverhältnisse, 
wie  sie  uns  so  oft  bei  der  Gruppe  von  Urach  entgegentreten.  So 
z.  B.  beim  Egelsberg  No.  79,  dem  Lichtenstein  No.  71  und  anderen. 
Auch  hier  besteht  der  Fuss  des  Berges  aus  Sedimentgestein ,  die 
Kuppe  desselben  aus  Tuff,  welcher  sich  an  einer  Seite  des  Berges 
als  Zunge  hinabzieht.    Lecoq  deutet  das  als  Eruption  an  der  Spitze, 


1  Bd.  IV.  S.  95. 

Jahreshefte  d.  Vereins  f.  vaterl.  Naturkunde  in  Württ.  1895.  17 


—     258     — 

von  welcher  aus  ein  Schlammstrom  den  Berg  hinabgeflossen  sei. 
In  unserem  Gebiete  ist  das  erweislich  kein  Schlammstrom,  sondern 
ein  kleiner,  an  der  Flanke  zu  Tage  ausstreichender  Ausläufer  des  in 
die  Tiefe  hinabsetzenden  Ganges.  Ist  vielleicht  die  Ansicht  Lecoq's 
irrig,  so  dass  auch  dort  ein  in  die  Tiefe  hinabsetzender  Tuffgang 
vorläge  ? 

Bd.  IV,  S.  82  heisst  es:  „Le  puy  de  Crouel  est  le  resultat 
d'une  eruption  basaltique,  dont  les  tufs  seuls  sont  sortis." 

Genug  der  Beispiele,  aus  welchen  ersichtlich  ist,  dass  die  Tuffe 
dort  z.  T.  in  Gangform  auftreten.  Ob  das  freilich  Spalten  oder 
röhrenförmige  Kanäle  sind,  das  ist  hier  nicht  klarzustellen.  Wohl 
aber  gehen  die  gangförmige  Lagerung  und  die  Röhrengestalt  der 
Kanäle  für  die  Tuffbreccien  im  Puy-en-Velay  hervor  aus  einer  Mit- 
teilung Daübree's  \  Dieser  sagt  ausdrücklich,  dass  die  cylinderförmi- 
gen  Tuffsäulen,  welche  bei  und  in  Puy-en-Velay  aufragen,  nichts 
anderes  als  cylinderförmige  Tuffgänge  seien,  welche  infolge  ihrer  grös- 
seren Widerstandsfähigkeit  als  Erhöhungen  aufragen. 

Im  Puy-en-Velay  haben  wir  also  dem  inneren  Wesen 
nach  ein  vollständiges  Analogon  zu  den  Verhältnissen 
in  unserer  Gruppe  von  Urach!  Hier  wie  dort  Ausbruchs- 
kanäle runden  Querschnittes,  erfüllt  mit  einer  Tuff- 
breccie,  also  senkrechte  Tuffgänge,  welche  infolge 
ihrer  Härte  in  Form  von  Hügeln  über  die  Umgebung 
aufragen.  Freilich,  ganz  vollständig  wäre  das  Analogon 
nur  dann,  wenn  dort,  wie  sicher  bei  uns,  auch  Maare 
vorgelegen  hätten,  wenn  also  der  oberste  Teil  der  tuff- 
erfüllten Röhre  leer  geblieben  wäre.  Vor  allem  aber 
wenn  der  Tuff  dort  nicht  in  Form  von  Schlammströmen 
geflossen  wäre,  denn  Derartiges  kommt  in  unserem 
Gebiete  nicht  vor.  Unser  Tuff  ist  ein  Trockentuff. 
Ich  kann  nicht  entscheiden,  ob  die  Schlammtuffnatur  für  die  Auvergne 
wirklich  erwiesen  ist.  Möglicherweise  ist  das  gar  nicht  der  Fall. 
Jedenfalls  wäre  das  Fehlen  der  Maarkessel  aber  kein  schwerwiegendes 
Merkmal.  Es  giebt  alle  Übergänge  zwischen  dem  Maar  mit  dem 
400  m  tiefen  Kessel  bezw.  Trichter,  bis  zu  dem  Maar  ohne  jeden 
derartigen  Hohlraum ;  also  alle  Übergänge  zwischen  einer  nur  400  m 
unter  der  Erdoberfläche  hinauf  mit  Tuff  erfüllten  Ausbruchsröhre 
und  einer  bis  an  die  Mündung  hin  angefüllten.    Das  sind  nur  Unter- 


^  Bull.  soc.  geol.  France.  3eme  serie.  T.  19.  S.  330. 


—     259     — 

schiede  des  Masses,  nicht  solche  des  inneren  Wesens,  welche  mithin 
ganz  belanglos  sind,  wie  früher  dargethan  wurde. 

Südafrika.  Wenn  wir  weiter  Umschau  halten,  wo  auf  Erden 
wir  wohl  gleiche  Lagerungsverhältnisse  vulkanischer  Tuffmassen  wie 
in  der  Gruppe  von  Urach  finden,  so  wird  unser  Blick  auf  Südafrika 
gelenkt.  Denn  dort  liegen  die  weltberühmten  Tuffe,  aus  welchen 
so  massenhaft  Diamanten  zu  Tage  gefördert  werden,  gleichfalls  in 
senkrechten,  röhrenförmigen  Kanälen,  welche  die  Hochfläche  der 
Karooformation  durchbohren. 

Das  hohe  Interesse,  welches  sich  in  doppelter  Beziehung  an 
diese  merkwürdigen  Vorkommnisse  heftet  —  wegen  der  eigentüm- 
lichen Lagerungsverhältnisse  und  wegen  des  häufigen  Auftretens 
der  Diamanten  —  hat  erklärlicherweise  verschiedentlich  die  Forscher 
zu.  Arbeiten  über  dieses  Gebiet  angeregt. 

Zuerst  ist  durch  E.  Cohen  auf  einer,  zur  Erforschung  der 
südafrikanischen  Diamantenfelder  unternommenen  Keise  über  die 
Lagerungsverhältnisse  und  die  Entstehungsweise  jener  rätselhaften 
Kesselbildungen  wie  ihres  Inhalts  berichtet  worden  ^ 

Dann  hat  man  sich  auf  französischer  Seite  mit  der  Frage 
nach  der  Herkunft  dieser  Dinge  beschäftigt  und  zwar  geschah 
das  durch  Chaper^,  Friedel^,  Jannetaz'^,  Foüqüe  und  Michel - 
Levy^  Auch  hat  Maille  eine  „Geologie  generale  des  mines  de 
diamants  de  l'Afrique  du  Sud*^"  gegeben.  Im  Jahre  1891  ist 
Daübree   auf  experimentellem  Wege   in    einer  überaus  interessanten 


'  E.  Cohen,  Geologische  Mitteilungen  über  das  Vorkommen  der  Diamanten. 
Neues  Jahrb.  f.  Min.,  Geol.  u.  Pal.  1872.  S.  857—861.  —  Erklärung  gegen 
Dünn,  dessen  Bemerkungen  das  Vorkommen  der  Diamanten  in  Afrika  betreffend. 
Ebenda  1874.  S.  514—515.  —  Über  einen  Eklogit,  welcher  als  Einschluss  in  den 
Diamantgruben  von  Jagersfontein,  Orange  Freistaat,  Süd- Afrika  vorkommt.  Ebenda 
1879.  S.  864—869.  —  Die  südafrikanischen  Diamantfelder.  Fünfter  Jahresbericht 
d.  Vereins  f.  Erdkunde  zu  Metz  pro  1882.  Metz.  Scriba.  1882.  S.  132  pp.  Mit 
Tafel,  —  Geognostisch-petrographische  Skizzen  aus  Süd -Afrika.  Neues  Jahrb. 
f.  Min.,  Geol.  u.  Pal.  1887.  Beil.-Bd.  V.  S.  195—274.  Vergl.  auch  Ad.  Schenck, 
Über  Glacialerscheinungen  in  Süd-Afrika.  Habilitationsschrift.  Halle  1889.  S.  5  u.  6. 

^  Sur  les  mines  de  diamant  de  l'Afrique  australe.  Bull.  soc.  mineral. 
France.  1879.  II.  S.  195—197. 

^  Sur  les  mineraux  associes  au  diamant  dans  l'Afrique  australe.  Ebenda 
S.  197—200. 

*  Observations  sur  la  communication  de  M.  Chaper.   Ebenda  S.  200 — 201. 

^  Note  sur  les  roches  accompagnant  et  contenant  le  diamant  dans  l'Afrique 
australe.     Ebenda  S.  216—228. 

^  Annales  des  Mines.     1885.  S.  193  pp. 

17* 


—     260     — 

Abhandlung  der  Frage  nähergetreten,  auf  welche  Weise  diese  eigen- 
artigen Kesselbildungen  Südafrikas,  zugleich  aber  auch  die  Schlote 
und  Kanäle  anderer,  sicher  vulkanischer,  Gegenden  entstanden  sein 
mögen  ^  Gleich  darauf  erfolgte  dann  aber  von  Chaper  ein  die 
Folgerungen  Daubree's  auf  die  südafrikanischen  Verhältnisse  ^  zurück- 
weisender Angriff  gegen  denselben. 

Auf  Grund  der  Darstellungen  der  genannten  Forscher  ergiebt 
sich  das  folgende  Bild  der  einschlägigen  Verhältnisse : 

Wie  die  schwäbische  Alb,  so  ist  auch  die  südafrikanische 
Kar 0  0  eine  Hochebene  von  grosser  Ausdehnung  und  horizontalem 
Schichtenbau.  Der  Name  Karoo  hat  in  Südafrika  lediglich  die  Be- 
deutung einer  mehr  oder  weniger  wasser-  und  pflanzenlosen  Hoch- 
ebene ,  also  einer  Wüste.  Allein  man  hat  diesen  Namen  später  in 
die  Geologie  übernommen  und  bezeichnet  mit  demselben  nun  auch 
die  Formationen,  aus  welchen  die  Hochebenen  der  Karoos  bestehen. 

Das  Alter  dieser  Karoo -Formation  ist  lange  Zeit  umstritten 
worden.  Die  untersten  Schichten  derselben  gehören  vielleicht  noch 
dem  Unter-Carbon  an.  Der  Tafelberg-Sandstein  wird  dem  Silur  oder 
Unter -Devon  zugerechnet^.  Die  obersten  Schichten  reichen  aber 
vielleicht  bis  in  die  oberste  Trias,  das  Rhät  hinauf.  Jüngere  Schichten 
als  diese  der  oberen  Karooformation  treffen  wir  im  Innern  Südafrikas 
überhaupt  nicht.  Nur  in  den  Küstengegenden  erscheinen  solche  des 
Kreidesystems. 

Was  die  Lagerung  der  Karooformation  anbetrifft,  so  ist  die- 
selbe, mit  Ausnahme  der  südlichen  Kapkolonie,  wo  sich  eine  Faltung 
vollzogen  hat,  eine  fast  ungestörte.  Im  N.  fallen  diese  nahezu 
horizontalen  Schichten  etwas  nach  S. ,  im  S.  dagegen  besitzen  sie 
ein  schwach  nördliches  Fallen,  in  Natal,  d.  h.  im  0.,  ein  solches 
nach  W.  Die  Lagerung  ist  also  die  eines  sehr  flachen  Beckens 
von  bedeutender  Grösse.  Während  dasselbe  im  allgemeinen  rings- 
herum durch  andere  Bildungen  begrenzt  ist,  zeigt  es  sich  im  0. 
in  Natal  und  Kaffraria,  in  ähnlicher,  nur  sehr  viel  stärkerer  Weise 
aufgeschlossen,    wie    unsere   Alb   an   ihrem   SO. -Rande.     Wie    hier 


'■  Kecberclies  experimentales  sur  le  röle  possible  des  gaz  a  bautes  tempe- 
ratures ,  doiaes  de  tres  fortes  pressions  et  auimes  d'un  monvemeut  fort  rapide, 
dans  divers  pbenomenes  geologiques.  Bull.  80c.  geol.  France.  1891.  3e  serie. 
T.  19.  S.  313  u.  S.  944. 

''  Observatious  ä  propos  d'une  uote  de  M.  D  a  u  b  r  e  e.  Bulletin  soc.  geolog. 
France.  1891.  S.  944  pp. 

3  Güricb,  Neues  Jahrb.  f.  Min.,  Geol.  u.  Pal.  1889.  Bd.  IL  S.  80. 


—     261     — 

durch  die  Donaubruchlinie  die  frühere  südhche  Fortsetzung  der  Alb 
in  die  Tiefe  hinabgesunken  ist  (s.  1894  S.  517),  so  ist  auch  dort  längs 
einer  grossen  Bruchlinie  die  östliche  Fortsetzung  der  Karoo  in 
die  Tiefe  gesunken.  Steigt  man  daher  von  der  0. -Küste  aus  gegen 
W.  wandernd  bergauf,  so  findet  man  die  abgesunkenen  Karoo- 
bildungen  in  niedriger  Lage  an  der  Küste ,  während  die  stehen- 
gebliebenen weiter  landeinwärts  als  Hochebene  aufragen.  Der  ab- 
gesunkene Teil  ist  hier  also  nicht  durch  jüngere  Bildungen  wieder 
zugedeckt  worden,  wie  das  am  SO. -Rande  der  Alb  der  Fall  ist. 

Die  Gesteine  der  Karooformation  bestehen  aus  wechselnden 
Schichten  von  Schieferthonen ,  Mergelschiefern,  schieferigen  und 
anderen  Sandsteinen,  Diese  Schichten  werden  an  zahlreichen  Stellen 
durchsetzt  von  Eruptivgesteinen ,  welche  der  Gruppe  der  Diabase 
und  Melaphyre  angehören.  Dieselben  haben  sich  vielfach  in  Form 
von  Lagern  und  Decken  ausgebreitet,  welche  teils  zwischen  die 
Schiefer  und  Sandsteine  gelagert  sind,  teils  über  den  obersten 
Schichten  derselben  liegen.  Sie  sind  härter  als  die  Schiefer  und 
Sandsteine.  Dadurch  werden  sie  nun  genau  ebenso  von  entscheideuT 
dem  Einflüsse  auf  die  Oberflächengestaltung  der  Karooebene,  wie 
die  harten  Kalke  des  Weissjura  auf  diejenige  der  Albebene,  welcher 
letzteren  eruptive  Lager  ja  fehlen :  sie  schützen  die  unter  ihnen 
liegenden  weicheren  Gesteine  wie  ein  aufgespannter  Regenschirm 
den  Träger  desselben  schützt. 

Hier  Avie  dort  entstehen  also  Tafelberge.  Nur  mit  dem  Unter- 
schiede, dass  über  die  ganze  Albebene  eine  einzige  zusammen- 
hängende harte  Decke  ausgebreitet  ist,  während  über  die  Karoo 
eine  grosse  Anzahl  kleinerer,  räumlich  beschränkter  harter  Decken 
sich  ausdehnt.  Daher  bildet  die  ganze  Alb,  von  N.  her  betrachtet, 
einen  einzigen  Tafelberg  von  ungeheurer  iVusdehnung ;  und  nur  an 
dem,  in  Fransen  zerschnittenen  NW.-Rande  derselben  springen  zahl- 
reiche kleine  Tafelberge,  in  Form  von  Zungen  oder  bereits  ganz 
abgeschnürten  Inseln,  als  Teile  dieses  grossen  Tafelberges  in  das 
Vorland  hinein. 

Anders  auf  der  Karooebene.  Hier  haben  sich  oben  auf  der 
Hochfläche  derselben  überall  da  solche  kleineren  Tafelberge  ge- 
bildet, wo  und  soweit  sich  eine  schützende  Decke  jener  harten 
Eruptivgesteine  über  die  Sandsteine  und  Schiefer  ausgebreitet  hatte. 

Nicht  alle  Berge  aber ,  •  welche  auf  die  Karooebene  aufgesetzt 
sind,  erscheinen  als  Tafelberge.  Es  giebt  auch  spitzkegelförmig 
gestaltete,    die    sogen.    „Spitzkopj  es".      Dass   dieselben   aus  der 


—     262     — 

Zerstörung  einstiger  Tafelberge  hervorgehen,  lässt  sich  an  einzelnen 
derselben  deutlich  erkennen.  Von  einer  Seite  erscheinen  sie  noch 
als  Tafelberg,  von  der  anderen  bereits  als  Spitzkopf.  Genau  in 
derselben  Weise  gehen  aber  auch  die  kleinen  Tafelberge  am  NW.- 
Eande  der  Alb  in  spitze  Kegel  über,  so  dass  von  weitem  durchaus 
den  Eindruck  hervorrufen  können,  als  seien  sie  echte  Buhle,  d.  h. 
vulkanischer  Natur.  Sehr  deutlich  lässt  die  Achalm  bei  Reutlingen 
diese  allmähliche  Entstehung  des  Kegels  erkennen.  Denn  sie  er- 
scheint von  N.  gesehen  bereits  als  „Spitzkopf",  von  W.  oder  0. 
noch  als  Tafelberg. 

Diese  Karoos,  welche  in  Südafrika  einen  grossen  Raum  ein- 
nehmen ,  bilden  aber  nicht  eine  einzige  Hochebene.  Sie  bestehen 
vielmehr  aus  Stufen,  d.  h.  aus  mehreren  Hochebenen  von  ver- 
schiedener Meereshöhe,  welche  6—900,  900—1000,  12—1400  m 
beträgt.  Wiederum  ganz  Ähnliches  finden  wir  in  der  Alb,  deren 
Hochfläche  gleichfalls  (s.  1894  S.  513  Fig.  a)  aus  drei  Stufen  a,  ß,  dann 
y,  d  und  £,  C  in  steigendem  Niveau  besteht.  Auf  eine  jede  dieser 
Karoos  sind  hier  und  da  wiederum  die  bereits  erwähnten  kleineren 
tafelförmigen  Berge  aufgesetzt,  die  sich  von  geringer  Höhe  bis  zu 
der  von  einigen  100  m  über  die  Hochebene  erheben.  Diese  Tafel- 
berge bestehen  entweder  ganz  aus  Eruptivgestein,  Diorit,  oder  sie 
werden  in  ihrem  unteren  Teile  gebildet  durch  dieselben  Sandsteine 
und  Schiefer,  welche  der  Karooformation  eigentümlich  sind  und  erst 
ihr  Gipfel  wird  von  dem  Eruptivgesteine  bedeckt. 

Eingesprengt  in  diese  Hochebene  der  Karoo  findet  sich 
nun  eine  grosse  Anzahl  von  Löchern  runden  oder  elliptischen  Um- 
fanges,  welche  jedoch  zweifach  verschiedener  Art  sein  sollen. 

Die  zu  der  einen  gehörigen ,  von  den  Boeren  Pans  genannt, 
sind  Becken  von  einigen  Metern  Tiefe,  in  welchen  sich  bisweilen 
das  Wasser  sammelt.  Moülle  vermutete,  dass  diese  Pans  ganz  dieselben 
Bildungen  wie  die  sogleich  zu  betrachtenden  zweiter  Art  seien.  Er 
meinte  also,  dass  diese  Becken  nur  die  obere  Mündung  von  Kanälen 
seien,  welche  die  Erdrinde  durchbohren  und  wie  jene  mit  diamanten- 
führendem Gesteine  angefüllt  wären.  Daubree  nahm  das  sogar  als 
sicher  an.  Chaper  aber  trat  einer  solchen  Auffassung  sehr  scharf 
entgegen.  Er  hält  sie  für  anderer  Entstehung  als  jene  und  stützt 
sich  darauf,  dass  niemals  ein  Diamant  m  der  Tiefe  eines  solchen 
Pan  gefunden  sei. 

Während  diese  Pans  in  grösserer  Zahl  und  in  allgemeinerer 
Verbreitung  auf  der  Karoo  auftraten,  ist  die  zweite  Art  dieser  Löcher, 


—     263     — 

die  Diatremata  Daubree's,  bisher  nur  in  der  Zahl  vonl 7  bekannt. 
Sie  findet  sich  auch  nur  auf  einem  Gebiete,  welches  sich  vom  Hart 
River  (Griqualand)  bis  Fauresmith  (Orange-Freistaat)  über  Kimberley 
ausdehnt  und  zwar  in  einer  Längserstreckung  von  200  km.  Wir 
haben  in  der  Gruppe  von  Urach  dagegen  127  derartige  Kanäle  oder 
Diatremata  und  zwar  auf  einem  Gebiete  von  37  km  Breite  und 
45  km  Länge. 

Daubree  nahm  an,  dass  diese  Diatremata  Südafrikas,  dem  Ver- 
laufe einer  Spalte  folgend,  in  gerader  Linie  angeordnet  seien.  Chäper 
sagt  jedoch  aus,  dass  es  sich  keineswegs  um  ein  lineares  Auftreten 
handele,  sondern  um  eine  unregelmässige  Verteilung  innerhalb  eines 
breiten  Streifens  von  200  km  Länge.  In  ganz  derselben  Weise 
scheinen  auch  in  unserem  schwäbischen  vulkanischen  Gebiete  Spalten, 
d.  h.  Bruchlinien  zu  fehlen ,  so  dass  die  Ausbruchskanäle  hier  wie 
dort  unabhängig  von  zu  Tage  tretenden  Brüchen  der  Erdrinde  aus- 
geblasen wären  (s.  S.  131  ff.). 

Im  Gegensatze  zu  jenen  Pans  bildet  nun  diese  zweite  Art  von 
Löchern  nicht  Becken  von  einigen  Metern  Tiefe.  Sie  sind  vielmehr 
bis  an  den  Rand  angefüllt  mit  Gesteinsmasse ;  ja  diese  Füllmasse 
bildet  in  der  Regel  sogar  Hervorragungen,  welche  sich  einige  Meter 
hoch  über  die  Umgebung  erheben.  Wiederum  wie  auf  der  Alb  bei 
der  Teck-Burg  No.  34  und  Würtingen  No.  25;  ausserdem  im  Vor- 
lande die  zahlreichen  Buhle. 

Was  diese  Löcher,  oder  vielmehr  ihre  Füllmasse,  so  weltberühmt 
gemacht  hat,  das  ist  der  Umstand,  dass  dieselbe  zahllose  Diamanten 
birgt.  Aber  auch  die  Löcher  selbst,  also  die  Hohlräume,  welche 
später  ausgefüllt  wurden,  sind  sehr  bemerkenswerte  Bildungen,  deren 
Entstehungsweise  eine  umstrittene  ist. 

Wie  man  nach  Ausbeutung  der  diamantenführenden  Füllung 
feststellen  konnte,  handelt  es  sich  hier  um  Bildungen,  welche  am 
besten  mit  dem  Namen  Röhre,  Kanal  oder  Schlot  bezeichnet  werden. 
Daubree  nennt  sie,  wie  schon  bemerkt,  Diatremata,  weil  sie  eine 
cylindrische  Gestalt  besitzen  und  mit  senkrechten  Wänden  in  die 
Tiefe  hinabsetzen ,  als  wenn  sie  mit  einem  gewaltigen  Locheisen  in 
das  Gestein  der  Karooformation  eingestossen  wären.  Nur  gegen  oben 
erweitert  sich  der  Cylinder  ein  wenig.  Genau  dasselbe  Bild  gewähren 
unsere  Ausbruchskanäle  der  Gruppe  von  Urach.  Die  Schichtung 
des  von  ihnen  durchsetzten  Nebengesteines  ist,  ebenfalls  wie  bei 
uns,  ungestört.  Da  jedoch,  wo  letzteres  aus  Schiefern  be.steht,  sind 
die  Schichten  derselben  auf  die  Erstreckung  von  einigen  Metern  auf- 


—     264     — 

gerichtet,  und  da  wo  das  Nebengestein  durch  feste,  krystalline  Gesteine 
gebildet  wird ,  ist  die  Oberfläche  derselben ,  also  die  Innenseite  der 
Wand  des  Cylinders,  längsgestreift;  und  zwar  wie  Daübree  sagt,  durch 
die  explodierenden  Gase ,  wie  Chaper  will ,  durch  die  bei  den  Aus- 
brüchen aus  der  Tiefe   aufwärts    getriebenen   harten  Gesteinsstücke. 

Unmöglich  konnten  diese  Kanäle  anders  entstehen ,  als  indem 
die  an  ihrer  Stelle  befindlich  gewesene  Gesteinsmasse  gewaltsam 
entfernt  wurde.  Von  diesem  herausgeschleuderten  „Pfropfen"  aber 
finden  sich  auffallenderweise  keinerlei  nennenswerte  Reste  in  der 
Umgebung;  wiederum  genau  wie  bei  unseren  Kanälen,  Dagegen 
liegen  Reste  des  Nebengesteines  in  kleinen  und  grossen  Stücken, 
bis  hinauf  zu  riesigen  Massen  (floating  reefs),  in  der  die  Löcher  jetzt 
ausfüllenden,  diamantführenden  Gesteinsmasse.  Ebenfalls  ganz  wie 
in  der  Gruppe  von  Urach.  Während  die  Natur  dieser  Einschlüsse, 
je  nach  derjenigen  des  Nebengesteines,  in  den  verschiedenen  Gruben 
wechselt,  ist  diejenige  der  eigentlichen  Ausfüllungsmasse  in  allen 
Löchern  dieselbe.  In  den  oberen  Teufen  besteht  sie  aus  einem  zer- 
setzten, hellgelben  Stoffe  vollständig  wie  in  vielen  Fällen  bei  uns; 
mit  15 — 20  m  Tiefe  dagegen  zeigt  sich  das  unveränderte,  dunkel- 
bläulichgraue  ,  sehr  feste ,  ungeschichtete ,  also  darin  ganz  wie  bei 
uns  beschaffene  Gestein.  Dasselbe  gleicht  nach  Cohen  durchaus 
einem  veränderten  vulkanischen  Tuffe  und  besteht  aus  einer  serpentin- 
artigen Masse.  Infolge  der  zahlreichen,  in  dieselbe  eingebetteten 
Bruchstücke  des  durchsetzten  Nebengesteines,  muss  man  diese  Masse 
als  eine  serpentinige  Breccie  bezeichnen;  ganz  ebenso,  wie  auch  die 
Tuffe  der  Gegend  von  Urach  eine  Breccie  bilden,  erzeugt  durch  Ein- 
sprengunge des  durchbrochenen  Nebengesteines  im  vulkanischen  Tuffe. 

Daübree  ^  vergleicht  diese  Diamanten  führende  Tuffbreccie  Süd- 
afrikas mit  derjenigen  Gesteinsmasse  (s.  S.  251) ,  welche  sich  in 
Form  von  cylinderförmigen  Felssäulen  in  der  Umgebung  von  Puy- 
en-Velay  und  in  der  Stadt  selbst  erhebt.  Auch  dieses  Gestein  be- 
steht aus  einer  Breccie  verschiedener  Basalte,  Granite  und  anderer 
Urgebirgsarten ,  w^elche  einst ,  wie  das  ähnliche  Gestein  Südafrikas, 
eruptive  Kanäle  erfüllte.  Während  aber  in  Südafrika  diese  Füll- 
masse noch  in  ihren  Kanälen  bezw.  in  dem  Nebengestein  steckt,  ist 
dieses  letztere ,  weil  aus  leichter  zerstörbaren  Schichten  bestehend, 
im  Puy-en-Velay  längst  abgetragen  und  fortgeführt,  so  dass  die  Füll- 
masse nun  in  Gestalt  von  Säulen  emporragt. 


1  Bull.  soc.  o-eol.  Frauce.     3eme.  T.  19.  S.  330. 


—     265     - 

Man  sieht,  dass  Daubree  diesen  Gesteinsmassen  im  Velay  ganz 
dieselbe  Entstehungsweise  zuerkennt,  welche  für  unsere  entsprechen- 
den schwäbischen  Bildungen  gilt:  er  hält  sie  für  an  Ort  und  Stelle 
in  den  Röhren  entstanden  und  für  echt  vulkanisch. 

Da  in  Südafrika,  mit  einer  einzigen  Ausnahme,  der  Granit  unter 
den  Auswürflingen  bezw.  Einschlüssen  in  dieser  serpentinigen  Masse 
fehlt,  so  hat  Chaper  gefolgert,  dass  der  Entstehungsherd  der 
letzteren  im  allgemeinen  über  dem  Granit  liegen  muss.  Dieser  be- 
findet sich  bei  Kimberley  mine  annäherungsweise  in  300  m  Tiefe. 
Folglich  müsste  die  serpentinige  Ausfüllungsmasse  der  Löcher  un- 
gefähr bis  zu  einer  annähernd  gleichen  Tiefe  hinabsetzen.  Zur  Zeit 
der  Anwesenheit  Cohen's  hatten  die  Arbeiten  in  den  Gruben  an 
einzelnen  Stellen  bereits  die  Tiefe  von  130  m  erreicht.  Zudem  war 
man  durch  einen  Versuchsschacht  noch  weitere  20  m  tiefer  gegangen; 
immer  noch  blieb  man  aber  in  der  Ausfüllungsmasse ,  ohne  deren 
Liegendes  erreicht  zu  haben.  Auch  Moulle  führt  in  dem  Jahre  1885 
noch  keine  grössere  Tiefen  an.  Übrigens  hat  diese  Tiefe  auch  prak- 
tisch eine  ausserordentlich  grosse  Bedeutung,  weil  der  Reichtum  an 
Diamanten  mit  derselben  in  hohem  Grade  zu  wachsen  scheint ;  in 
einer  Tiefe  von  200,  300,  400  Fuss  hatte  sich  der  Gehalt  von  Dia- 
manten verdoppelt,  verdrei-  und  vervierfacht  gegenüber  den  obersten 
Teufen. 

Die  Grössen  Verhältnisse  aller  dieser  mit  Tuff  erfüllten 
Kanäle  sind  nur  massige.  Rir  Durchmesser  schwankt  zwischen  20  m 
(Newlands  Kopye)  bis  zu  450  m  (Dutoits  Pan);  durchschnittlich 
schwankt  er  zwischen  150 — 300  m.  Indessen  ist  der  Querschnitt 
der  Röhren  meist  ein  ovaler,  so  dass  die  beiden  Achsen  eine  ver- 
schiedene Länge  besitzen.  So  hat  Kimberley  mine,  die  grösste  und 
berühmteste  Grube,  Durchmesser  von  270  und  200  m,  Old  de  Beer 
350  und  380  m. 

Man  sieht,  diese  Grössenverhältnisse  fallen  ganz  innerhalb  der- 
jenigen Grenzen,  welche  sich  bei  den  vulkanischen  Kanälen  der 
Gruppe  von  Urach  ergeben  (s.  S.  109),  nur  dass  in  letzterer  auch 
Durchmesser  von  1000  m  vereinzelt  vorkommen. 

Was  nun  die  Entstehungs  weise  dieser  eigenartigen  Bil- 
dungen anbetrifft,  so  betrachtet  Cohen  die  zahlreichen  Hohlräume, 
in  welchen  der  diamantführende  Tuff  liegt,  als  ebenso  viele  Kratere, 
aus  welchen  der  letztere  in  Gestalt  einer  durchwässerten  Asche  zu 
Tage  gefördert  wurde.  Bei  diesem  Vorgange  erfüllten  sich  die  Hohl- 
räume teils  direkt,  teils  aber  indirekt  durch  die  Zurückschwemmung 


—     266     - 

* 

der  ausgeschleuderten  Massen.  „Das  Material  zur  Tuffbildung  lieferten 
wahrscheinlich  zum  grösseren  Teil  in  der  Tiefe  vorhandene  krystal- 
line  Gesteine,  von  denen  sich  vereinzelt  noch  bestimmbare  Reste 
finden.  Erst  in  beträchtlicher  Entfernung  von  den  Diaraantfeldern 
treten  ähnliche  Gesteine  an  die  Oberfläche.  Bei  der  durch  vulka- 
nische Kräfte  bewirkten  Zerstäubung  dieser  krystallinen  Gesteine 
blieb  der  Diamant,  welcher  sich  wahrscheinlich  in  ihnen  gebildet 
hat,  teils  vollkommen  erhalten,  teils  wurde  er  in  Bruchstücke  zer- 
sprengt  und   in  beiderlei  Form  mit  dem  Tuff  emporgehoben 

Durch  die  Eruption  wurden  die  Schichten  der  Schiefer-  und  Sand- 
steine mit  den  eingeschalteten  Diabaslagern  gehoben,  durchbrochen 
und  zertrümmert,  und  die  Bruchstücke  lieferten  das  Material  für  die 
zahlreichen  von  Tuff  eingeschlossenen  Fragmente  und  grossen  zu- 
sammenhängenden Partien  der  genannten  Felsarten." 

Es  liegt  auf  der  Hand,  dass  man  bei  einer  solchen  Auffassung 
die  Entstehung  der  Kratere  auf  Explosionen  von  Gasmassen  zurück- 
führen wird.  Eine  derartige  Vorstellung  findet  sich  denn  auch,  wie 
wir  sahen,  in  neuerer  Zeit  vertreten  durch  Daubree.  Dieser  kommt 
auf  Grund  seiner  experimentellen  Untersuchungen  über  die  explo- 
siven Wirkungen  von  Gasen  unter  hohem  Druck  ^  zu  dem  Schlüsse, 
dass  nicht  nur  die,  mit  diamantführender,  serpentiniger  Masse  aus- 
gefüllten Löcher,  sondern  in  gleicher  Weise  auch  die  vorher  be- 
sprochenen „Paus"   durch  Explosionen  von  Gasen  ausgeblasen  seien. 

Eine  solche  Erklärung  bestreitet  nun  aber  Chaper  auf  das 
entschiedenste^.  „Ce  ne  sont  point  les  gaz  qui  ont  ouvert 
et  agrandi  les  events  et  entraine  ä  leur  suite  les  boues  liquides ; 
celles-ci,  also  die  schlammige  Masse,  sous  l'influence  d'une  sous- 
pression,  ont  perce  Fecorce  superposee,  en  profitant  probablement 
de  points  de  moindre  resistance,"  d.  h.  auf  vorhandenen  Spalten, 
wie  aus  S.  948  hervorgeht:    „par   quelques   fissures    preexistantes." 

Nachdem  Chaper  so  die  Entstehung  dieser  eigentümhchen,  senk- 
recht hinabgehenden,  tiefen  Kessel  durch  Gasmassen  bestritten  hat, 
erklärt  er  weiter:   „C'est  la  päte  fluide  qui  a  agrandi  les  boutonnieres, 

d.   h.    die    Kessel,    redresse    les   schistes   au   voisinage Un 

agent   non  elastique    est  seul  capable    de  maintenir  l'identite  de 

diametre  de  la  chemine  en  traversant  les  roches  les  plus  durs 

Des    cailloux    durs,    projetes    avec   violence   par   une    des    ouver- 


*  Biül.  soc.  geol.  France.  3eme  serie.  T.  19.  S.  313  u.  944. 
2  Ebenda  S.  946. 


—     267     — 

tures  auraient  ete  necessairement  corrodes  et  meme  en  parties 
detruits^" 

Chaper  stellt  sich  also  vor,  dass  diese  17  Kanäle  durch  das 
Aufsteigen  der  schlammigen  Massen  entstanden  seien  und  sagt,  dass 
dieser  Vorgang  nicht  stürmisch,  wie  bei  vulkanischen  Ausbrüchen, 
und  auch  nicht  in  einem  einzigen  Akt  erfolgte.  Vielmehr  sei  die 
Masse,  wie  bei  der  Mine  von  Bultfontain  sich  deutlich  an  den  zarten 
Schichten  erkennen  lasse,  in  mehr-  bis  vielfachem  Ausbruche  in  die 
Höhe  gedrungen. 

Welche  Kraft  hat  denn  nun  aber  nach  Chaper  diese  schlam- 
migen Massen  emporgetrieben ,  welche  Kraft  hat  ihnen  die  Gewalt 
verliehen,  die  17  tiefen  Kanäle  mit  senkrechten  Wänden  zu  erzeugen? 
Diese  Kraft  kann  doch  nur  in  Gasen  zu  suchen  sein !  In  der  That 
erklärt  auch  Chaper  an  anderer  Stelle  wieder,  dass  hier  Gase  im 
Spiel  gewesen  seien.  Aber  er  betont  einmal,  dass  die  Tempe- 
ratur der  serpentinigen  Masse  offenbar  eine  niedrige,  gewöhnliche 
gewesen  sei.  Es  ist  das  eine  Ansicht,  welche  auch  von  Moulle 
ausgesprochen  wurde.  Übrigens  hat,  was  freilich  nicht  genau  das- 
selbe besagen  will,  bereits  Cohen  seinerzeit  hervorgehoben,  dass  sich 
von  einer  Wärmewirkung  des  Tuffes  nichts  erkennen  lasse.  In 
unserer  Gruppe  von  Urach  ist  das  anders,  dort  haben  wir  Kontakt- 
metamorphismus.  Zweitens  erklärt  dann  Chaper,  dass  auch  die 
Natur,  die  Art  der  Gase  eine  andere  gewesen  sei,  als  dies  bei  vul- 
kanischen Ausbrüchen  der  Fall  ist. 

Chaper  bestreitet  also  eine  vulkanische  Entstehung  dieses  serpen- 
tinigen Schlammes.  Er  denkt  vielmehr  an  ein  Analogon  der  Aus- 
brüche, welche  sich  nicht  selten  bei  Petroleumquellen  ereignen.  Wie 
hier  durch  Kohlenwasserstoffgase  von  niedriger  Temperatur  bisweilen 
nicht  nur  plötzliche  Auswürfe  von  Steinöl,  sondern  auch  mit  diesem 
durchtränkten  Sandes  erfolgten ,  so  sei  dort  in  gleicher  Weise  der 
diamantführende   serpentinige   Schlamm    zu  Tage   gefördert   worden. 

Ich  kenne  die  südafrikanischen  Diatremata  nicht  aus  eigener 
Anschauung,  darf  mir  also  kein  Urteil  über  dieselben  erlauben.  Ich 
möchte  aber  doch  auf  zwei  Punkte  hinweisen ,  in  welchen  Chaper 
möglicherweise  Trugschlüsse  gezogen  haben  könnte. 

Zunächst  betrifft  es  das  fast  stete  Fehlen  des  Granites  in  den 
Einschlüssen  der  serpentinigen  Füllmasse  der  Diatremata  Südafrikas. 
In    der    Gruppe   von    Urach   finden    wir    Granite   wohl   in    allen   der 


Ich  habe  das  besonders  zu  Betonende  gesperrt  drucken  lassen. 


—     268     — 

121  Tuffgänge.  In  den  17  diamantführenden,  fraglichen  Gängen 
Südafrikas  fehlt  er  fast  stets.  Nun  liegt  der  Granit  aber  dort,  wie 
Chaper  ausführt,  nur  in  etwa  300  m  Tiefe.  Aus  seinem  Fehlen  unter 
den  aus  der  Tiefe  heraufgebrachten  Massen  schliesst  er  daher,  dass 
der  Ausgangspunkt  derselben  in  weniger  als  300  m  Tiefe,  also  über 
dem  Granit  zu  suchen  sei.  Schwerlich  wird  jemand  einen  vul- 
kanischen Herd  in  so  geringe  Tiefe  verlegen ;  folglich  handelt  es  sich 
nicht  um  eine  vulkanische  Erscheinung.    So  ist  die  Schlussfolgerung. 

Allein  zunächst  ist  die  Frage  doch  die,  ob  der  Granit  in  allen 
diesen  südafrikanischen  Kanälen  nur  in  der  geringen  Tiefe  von  300  m 
liegt,  oder  ob  das  nur  bei  einigen  derselben  der  Fall  ist.  Es  würde 
ja  sehr  gut  denkbar  sein ,  dass  der  Granit  im  allgemeinen  dort  in 
grosser  Tiefe  liege  und  nur  unter  einigen  dieser  Kessel,  einen  Rücken 
bildend,  bis  zur  300  m  Teufe  emporrage. 

Wäre  letzteres  der  Fall,  dann  würde  das  fast  stete  Fehlen  des 
Granites  unter  den  Einschlüssen  der  Füllmasse  jener  Diatremata 
hinsichtlich  ihrer  Tiefe,  bezw.  derjenigen  des  Entstehungsherdes  gar 
nichts  beweisen.  Es  ist  eine  bekannte  Thatsache,  dass  unter  den 
Auswürflingen  der  zahlreichen  Vulkane  Italiens  zweifellose  Granit- 
stücke zu  den  grossen  Seltenheiten  gehören.  Auch  in  den  Tuffen 
der  Eifel  finden  sich  fast  gar  keine  Einschlüsse  altkrystalliner  Ge- 
steine. VON  Decken  ^  führt  nur  am  Weinfelder  Maar  Stücke  von 
Granit  und  Gneiss  als  bis  dahin  bekannt  auf.  Gleiches  aber  gilt  von 
vielen  anderen  vulkanischen  Gegenden. 

Es  könnte  also  das  Fehlen  des  Granites  in  den  Einschlüssen 
der  fraglichen  Bildungen  Südafrikas  nur  dann  gegen  eine  vulkanische 
Entstehungsweise  derselben  sprechen,  wenn  zweifellos  nachgewiesen 
wäre ,  dass  derselbe  allerorten  dort  in  der  Tiefe  ansteht ,  und  dass 
er  überall  auch  bis  zur  300  m  Tiefe  emporragt.  Ist  das  der  Fall? 
Ich  weiss  es  nicht.  Übrigens  wollen  wir  beachten,  dass  Moülle  zu 
dem  ganz  entgegengesetzten  Schlüsse  wie  Chaper  kommt,  dass  näm- 
lich das  diamantführende  Gestein,  in  welchem  der  Edelstein  ursprüng- 
lich lag  und  aus  dessen  Zersetzung  und  Zerstäubung  die  serpen- 
tinige Breccie  hervorging,  dass  dieses  unter  dem  Granite  läge ! 

Ebensowenig  kann  nun  aber  zweitens  das  Fehlen  von  Kontakt- 
wirkungen ,  welche  von  dem  fraglichen  serpentinigen  Gesteine  in 
Südafrika  ausgeübt  wären ,    als  ein    sicherer  Beweis    gegen    die  vul- 


^  Geognostischer  Führer  zu  der  Vulkanreihe  der  Vordereitel.    Bouu  1861. 
S.  254. 


—     269     — 

kanische  Entstehungsweise  desselben  gelten.  Vulkanische  Aschen- 
massen, welche  erst  in  die  Luft  geschleudert  w^urden  und  dort  er- 
starrten, brauchen  keineswegs  eine  so  hohe  Temperatur  beim  Nieder- 
fallen zu  besitzen,  dass  sie  metamorphosierend  auf  das  Nebengestein 
und  auf  ihre  fremden  Einschlüsse  wirken,  besonders  wenn  diese  wie 
in  der  Karoo  aus  Schieferthonen  und  Sandsteinen  bestehen.  Unsere 
vulkanischen  Tuffe  der  Gruppe  von  Urach  haben  auch  nur  in  einigen 
Fällen  (S.  54)  auf  das  Nebengestein ,  freilich  ausnahmslos  auf  ein- 
geschlossene Stücke  gewirkt.  Aber  auf  welche?  Stets  nur  auf  die 
Kalke !  Alle  anderen  Gesteinsarten  sind  fast  stets  unverändert  ge- 
blieben ^  Wenn  also  in  der  Karoo  Kalke ,  welche  sich  leicht  ver- 
ändern, anständen,  so  würde  dort  vielleicht  Metamorphismus  zu  sehen 
sein.  Und  wenn  bei  Urach  umgekehrt  nur  Sandstein  und  Schiefer- 
thone  anständen,  wäre  hier  wenig  oder  nichts  von  Metamorphismus 
zu  sehen!  Das  ist  also  kein  Beweismittel,  welches  die  Frage  zur 
sicheren  Entscheidung  zu  bringen  vermag.  Ich  sollte  meinen,  dass 
dies  aber  durch  die  mikroskopische  Untersuchung  der  rätselhaften 
serpentinigen  Masse  sich  ermöglichen  lassen  würde.  Bei  dem  hohen 
wissenschaftlichen  Interesse,  welches  die  Entstehungsweise  dieser 
Kanäle  Südafrikas  darbietet,  wäre  eine  solche  Untersuchung  sehr  zu 
wünschen.  In  hohem  Masse  bemerkenswert,  wenn  auch  leider  nicht 
von  durchschlagendem  Einflüsse  auf  die  Entscheidung  der  Frage  nach 
der  Herkunft  des  jene  Kessel  in  Afrika  füllenden  serpentinigen  Ge- 
steines, ist  eine  sehr  auffallende  Entdeckung  von  Luzi^.  Derselbe 
hat  dieses  Gestein  bei  etwa  1770 '^  C.  geschmolzen,  in  den  Schmelz- 
fluss  Diamanten  eingetaucht  und  dann  das  Ganze  eine  weitere  halbe 
Stunde  dieser  Temperatur  ausgesetzt.  Es  zeigte  sich  nun,  dass  sich 
in  den  Diamanten  grosse  Löcher  von  verschiedener  Gestalt  gebildet 
hatten;  wahrscheinlich,  weil  in  dem  Silikatmagma  auf  Kosten  der 
Diamantmasse  Reduktionsprozesse  vor  sich  gingen.  Danach  möchte 
man  allerdings  schliessen,  dass  die  Diamante  nie  in  einem  Schmelz- 
flusse gelegen  haben,  denn  sonst  würden  sie  alle  derartige  Löcher 
besitzen.  Es  wäre  danach  die  serpentinige  Masse  also  doch  keine 
vulkanische;  denn  man  wird  nicht  annehmen  wollen,  dass  die  Dia- 
manten erst   später  sich  in    derselben   gebildet  hätten ;    bei   solcher, 


^  Zwar  die  Granite  sind  bisweilen  metamorphosiert,  das  ist  jedoch  zweifel- 
los dann  nicht  durch  den  Tuif,  sondern  schon  in  grosser  Tiefe  dnrch  den  Schmelz- 
fluss  geschehen. 

^  Berichte  der  deutscheu  chemischen  Gesellschaft.  Jahrg.  25.  No.  14.  Berlin 
1892.  S.  2470—2472.     Über  künstliche  Corrosionsfiguren  am  Diamanten. 


—     270     — 

aber  wohl  ganz  zu  verwerfender,  Annahme  könnte  allerdings  doch 
ein  vulkanischer  Tuff  vorliegen. 

Auf  die  Bildungsweise  dieser  diamantführenden  serpentinartigen 
Tuffe  dürfte  auch  durch  die  weitere  interessante  Thatsache  kaum 
«in  Licht  geworfen  werden,  dass  nach  H.  G.  Lewis  das  Muttergestein 
der  Diamanten  auf  Borneo  ein  Serpentin,  verwitterter  eruptiver  Peri- 
■dotit  ist  ^  In  Afrika  haben  wir  also  Diamanten  in  demselben  Ge- 
steine wie  auf  Borneo,  nur  dass  dasselbe  in  Afrika  tuffig,  auf  Borneo 
fest  ist.  Leider  ist  aber  nicht  festgestellt,  ob  die  afrikanischen  Tuffe 
■entstanden  sind  durch  späteres  Zerblasen  eines  längst  festen  Ser- 
pentines  bezw.  Olivingesteines ,  in  welchem  die  Diamanten  sassen ; 
in  diesem  Falle  könnte  der  Tuff  das  Zerblasen  ebensowohl  durch 
explodierende  kalte  Kohlenwasserstoffgase ,  als  auch  durch  heisse 
vulkanische  entstanden  sein ;  hier  wie  da  hätten  wir  aber  nur  zer- 
schmettertes, durchbrochenes  Gestein  in  den  dortigen  Tuffen  zu  sehen. 
Oder  ob  diese  Tuffe  entstanden  sind  als  echt  vulkanische  Asche, 
durch  das  Zerblasen  eines  serpentinigen,  bezw.  ursprünglich  olivinigen 
Schmelzflusses.  Die  oben  erwähnte  Empfindlichkeit  der  Diamanten 
gegen  diesen  künstlich  hergestellten  Schmelzfluss  spricht  gegen  letztere 
Möglichkeit. 

Die  Darstellung  dieser  hochbemerkenswerten  Verhältnisse  Süd- 
afrikas ergiebt,  dass  wir  bei  einem  Vergleiche  derselben  mit  den  eigen- 
artigen Bildungen  der  Gfuppe  von  Urach  zu  einem  abschliessenden 
Urteile  nicht  gelangen  können,  weil  eben  das  Urteil  über  die  Ent- 
stehung der  ersteren  wohl  erst  später  ein  endgültiges  werden  wird. 

Die  Analogien  beider  Gebiete  sind  aber  schein- 
bar schlagende:  Hier  wie  dort  eine  Hochebene  mit 
wagerechter  Schichtenstellung,  Tafelbergen  und  Spitz- 
köpfen mit  Erosionsrand  und  Bruchrand.  Indessen  ist 
das  nebensächlich  und  zufällig.  Gleiches  gilt  von  der 
weiteren  Analogie,  dass  die  harte  tuffige  Füllmasse  der 
Kanäle  hier  wie  dort  es  liebt,  in  Form  von  Erhöhungen 
über  ihre  Umgebung  aufzuragen^.  Nebensächlich  ist 
auch  die  Analogie,  dass  hier  wie  dort  die  tuffige  Füll- 
masse dieserKanäle  inderTiefehartunddunkelfarbig^ 
nahe  dem  Ausgehenden  gelb  und  weicher  geworden  ist. 

^  Vergl.  A.  K  n  0  p ,  Separatabdruck  a.  d.  Bericht  über  die  23.  Versammlung 
des  Oberrhein,  geol.  Vereins.  S.  14. 

'^  In  unserem  Gebiete  freilich  fast  nur  im  Vorlande  der  Alb  und  an  deren 
Steilabfalle,  selten  auch  oben  auf  der  Hochfläche  selbst. 


-     271     — 

Wichtig  dagegen  sind  andere  Analogien:  Hier  wie 
dort  diese  Hochebene  durchbohrt  von  tiefen  Kanälen, 
ohne  dass,  wie  es  scheint,  Spaltenbildung  bemerkbar 
wird.  Hier  wie  dort  diese  Kanäle  mit  senkrechten  Wänden 
hinabsetzend,  von  meist  rundlichem  oder  ovalem  Quer- 
schnitte, ohne  jene  trompetenartige  Erweiterung^  gegen 
dieMündung  hin,  wie  wir  sie  bei  Maaren  zu  finden  ge- 
wohnt sind.  Hier  wie  dort  diese  Kanäle  erfüllt,  nicht 
mit  festem  Eruptivgestein,  wie  sonst  fast  stets  auf 
Erden,  sondern  mit  einer  erst  später  erhärteten,  ur- 
sprünglich lose  und  schüttig  gewesenen  Tuffmasse, 
welche  zahlreiche  Bruchstücke  des  durchbrochenen 
Nebengesteines  einschliesst  und  ungeschichtet  ist. 

Gegenüber  diesen  zahlreichen,  teils  massgebenden, 
teils  nebensächlichen  Analogien  stehen  zwar  auch  Unter- 
schiede. Allein  dieselben  sind,  wenn  auch  an  sich  nicht 
wissenschaftlich  bedeutungslos,  so  doch  für  den  Ver- 
gleich meist  nebensächlich  und  gleichgültig. 

Zuvörderst  das  vom  nationalökonomischen  Stand- 
punkte aus  allerdings  bedauernswerte  Fehlen  der  Dia- 
manten in  unserem  Gebiete.  Sodann  die  Seltenheit 
dieser  Kanäle  im  afrikanischen  Gebiete,  die  Massen- 
haft igkeit  derselben  in  dem  schwäbischen,  17  gegen  127. 
Dies  Verhältnis  wird  noch  sehr  gesteigert  dadurch, 
dass  jene  17  Kanäle  auf  einer  200  km  langen  Strecke 
verteilt  sind,  diese  127  dagegen  nur  auf  einer  37  bezw. 
45  km  langen. 

Völlig  nebensächlich  —  wenn  auch  für  die  Erfor- 
schung vom  höchsten  Werte  —  ist  ferner  der  Unter- 
schied, dass  unsere  Füllmassen  der  Kanäle  durch  die 
Erosion  an  zahlreich  en  Stellen  angeschnitten  und  frei- 
gelegt sind,  während  es  in  Afrika  erst  in  später  Zu- 
kunft einmal  dahin  kommen  wird,  so  dass  jetzt  nur 
künstliche  Entblössung  stattfindet.  Weniger  neben- 
sächlich, aber  doch  nicht  von  durchschlagender  Ent- 
scheidungskraft,   ist    der    weitere    Unterschied,    dass 


^  Dass  eine  solche  trompeten-  oder  trichterförmige  Mündung  für  einen 
Explosionskrater  durchaus  nicht  notwendige  Bedingung  ist,  zeigen,  abgesehen 
von  unseren  Maaren  der  Gruppe  von  Urach,  die  fast  in  statu  nascendi  durch 
Naumann  beobachteten  beiden  Explosionskratere  auf  Japan,  S.  228. 


—     272     -      ■ 

unsere  Tuffe  häufig^  eine  Kontaktmetamorphos  e  er- 
kennen lassen,  jene  jedoch  niemals. 

So  ist  die  Summe  der  Ähnlichkeiten  zwischen  den 
fraglichen  Bildungen  beider  Gebiete  eine  erdrückende 
gegenüber  derjenigen  der  Unähnlich  keiten.  In  der 
Gruppe  von  Urach  liegen  zweifellose  vulkanische  Bil- 
dungen vor.  Sind  jene  südafrikanischen  Gebilde  wirk- 
lich nicht  vulkanischer  Entstehung,  sondern  nur  das 
Erzeugnis  von  Schlammvulkanen,  so  sind  die  Ähnlich- 
keiten nur  äusserlicher  Natur.  Letztere  hat  dann  auf 
zweifach  verschiedenem  Wege,  auf  vulkanischem  wie 
pseudovulkanischem,  fast  völlig  Übereinstimmendes 
erzeugt.  Nur  die  Beschaffenheit  des  Tuffes  —  hier 
basaltischer,  eruptiver,  echter  Tuff;  dort  zerriebene, 
schlammige  Masse  präexistierender  Gesteine  —  würde 
einen  massgebenden  Unterschied  bilden.  Sind  dagegen 
jene  südafrikanischen  Gebilde  gleichfalls  echt  vulka- 
nischer Herkunft,  dann  haben  wir  in  ihnen  für  unsere 
ziemlich  vereinzelt  auf  Erden  dastehenden  Bildungen 
der  Gruppe  von  Urach  ein  schönes  Analogon  gefunden. 

Wenn  wir  nun  in  den  bisher  betrachteten  Gegenden  nur  ver- 
einzelt und  nur  fraglich  vulkanische  Bildungen  gefunden  haben, 
welche  mit  den  im  Gebiete  von  Urach  auftretenden  so  eigenartigen 
Verhältnissen  übereinstimmen  könnten ,  so  finden  wir  in  dem  jetzt 
zu  besprechenden  von  Central-Schottland  die  vollste  Analogie. 
Hier  wie  dort  dieselben  Tuffbreccien  in  derselben  gang- 
förmigen Lagerung,  derselbe  meist  rundliche  bis  ovale 
Querschnitt  der  Ausbruchsröhren,  dieselbe  Unabhängig- 
keit der  letzteren  von  Spalten  und  Bruchlinien.  Aber 
das  Gebiet  von  Urach  besitzt  gegenüber  jenem  den 
schwerwiegenden  Vorzug,  dasswir  hier  den  Zusammen- 
hang dieser  eigentümlichen  Gänge  mit  einstigen  Maa- 
ren, in  den  verschiedensten  Denudationsstadien,  nach- 
weisen können,  während  man  dort,  in  Schottland,  hin- 
sichtlich dieser  Frage  im  dunklen  bleibt.  So  bietet 
uns  das  Gebiet  von  Urach  den  Schlüssel  für  das  Ver- 
ständnis der  dortigen  Bildungen. 


^  Häufig  nnr  gegenüber  den  eingeschlossenen  Bruchstücken  der  durchbro- 
chenen Gesteine.    Selten  gegenüber  dem  Nebengesteine,  in  welchem  sie  aufsetzen. 


—     273     — 

Um  die  völlige  Übereinstimmung  vor  Augen  zu  führen,  ist  es 
nötig,  näher  auf  diese  schottischen  Verhältnisse  einzugehen.  Das 
betreffende  Gebiet  befindet  sich  in  der  Nähe  von  Edinburg,  am  Firth 
of  Forth.  Wie  bei  uns  die  Schichten  des  Jura,  so  sind  dort  diejenigen 
des  Carbon  von  den  vulkanischen  Massen  durchbrochen  worden. 
Geikie  hat  dasselbe  untersucht  und  in  der  unten  stehenden  Abhand- 
lung beschrieben  \  auf  welche  Herr  Geheimrat  Rosenbusch  meine 
Aufmerksamkeit  zu  lenken  die  Freundlichkeit  hatte. 

Die  Mannigfaltigkeit  dieser  schottischen  Bildungen  ist  indessen 
dort  eine  viel  grössere  wie  bei  uns.  Dort  treten  Basalte  und  Porphy- 
rite  auf,  hier  nur  Basalte.  Aber  auch  die  Mannigfaltigkeit  der 
Lagerungsverhältnisse  ist  dort  eine  sehr  viel  grössere,  nämlich  eine 
vierfache:  einmal  sind  dieselben  derart,  dass  zu  carboner  Zeit  Lava- 
ströme an  der  Tagesfläche  ausflössen  und  nun ,  von  späteren  Ab- 
lagerungen des  Carbon  bedeckt,  denselben  eingeschaltet  sind.  An 
anderen  Stellen  finden  sich  intrusive  Gänge  festen  Eruptivgesteines, 
welches  nie  die  Erdoberfläche  erreichte,  sondern  in  der  Tiefe  blieb, 
die  Schichten  des  Carbon  durchsetzend  oder  zwischen  sie  eindringend. 
Gegenüber  diesen  beiden  Lagerungsformen  fester  Gesteine  treten 
dann  ebenfalls  zwei  verschiedenartige  loser  Massen ,  der  Tuffe  auf. 
Teils  sind  letztere  ausgeworfen  und  auf  diese  Weise,  wie  ja  sonst 
überall  auf  Erden,  der  damaligen  Oberfläche  aufgelagert  worden.  Teils 
aber  findet  man  sie  als  Ausfüllungsmasse  der  Ausbruchskanäle  und  in 
diesen  Tuftgängen  dann  bisweilen  aufsetzend  wieder  kleine  Basaltgänge. 

Während  unserem  Gebiete  die  drei  erstgenannten  Erscheinungs- 
weisen völlig  fehlen ,  stimmt  die  letztgenannte  durchaus  hier  und 
dort  überein.  Geikie  nennt  diese  tufferfüllten  Röhren  rundlichen  bis 
ovalen  Querschnittes  „necks".  Nicht  immer  ist  der  Umriss  ein  so 
regelmässiger,  ihre  Gestalt  also  derart,  als  sei  ein  gewaltiges  Bohr- 
loch durch  die  Erdrinde  gestossen.  Es  giebt  auch ,  ganz  wie  bei 
uns^,  Abweichungen.  So  z.  B.,  wenn  der  Tuff  in  Spalten  und  Ritzen 
der  Röhre  hineingeblasen  wurde  da,  wo  die  Gesteinsbeschaffenheit 
überhaupt  die  Entstehung  solcher  bei  dem  gewaltsamen  Ausblasen 
vermittelte  ^.  Oder  wenn  zwei  ganz  dicht  nebeneinander  liegende 
Röhren  zu  einer  einzigen  zerflossen^. 


^  On  the  Carboniferous  volcanic  rocks  of  the  basiu  of  the  Firth  of  Forth. 
Transact.  Royal  soc.  Edinburg.  Vol.  29.  1879.  S.  437—518.  Taf.  9—12. 
^  Zweiter  Gang  an  der  Gutenberger  Steige  No.  43. 
•''  Geikie,  S.  469.  Fig.  12. 
*  Geikie,  S.  457.  Fig.  3. 

Jahreshefte  d.  Vereins  f.  vaterl.  Naturkunde  in  Württ.  1695.  18 


—     274     — 

Der  Durchmesser  dieser  Röhren  schwankt  zwischen  kaum 
100  Fuss  und  1,4  km  \  also  zwischen  ähnhch  weiten  Grenzen  wie 
in  unserem  Gebiete  ^. 

Höchst  eigenartig  ist  eine  Erscheinung ,  welche  in  letzterem 
ganz  unbekannt  ist  und  wohl  kaum  vorkommt.  In  der  Regel  sind 
nämlich  in  Schottland  die  durchbohrten  Schichten  im  ganzen  Um- 
Icreis  dieser  Röhren  stark  abwärts  gebogen.  Hierbei  sind  sie  meist 
stark  metamorphosiert.  Die  Ursache  ist  Geikie  fraghch.  Er  ver- 
mutet (S.  469),  dass  die  Schichten  zuerst  durch  die  Hitze  gehärtet 
und  dadurch  brüchig  geworden  seien.  Bei  dem  später  erfolgenden 
Sichsetzen  der  losen  Tuffmasse  in  der  Röhre  seien  die  Schichten 
dann  rings  um  dieselbe  nachgesunken  (s.  die  Fig.  auf  S.  276). 

Die  Ausfüllungsmasse  dieser  necks  oder  Röhren  besteht  nun 
in  Schottland  entweder  nur  aus  zerschmetterten  Bruchstücken  des 
Nebengesteines,  oder  es  finden  sich  diese  mehr  in  den  äusseren 
Teilen  der  Röhre,  während  die  Seele  derselben  mehr  durch  Tuff  er- 
füllt ist;  oder  der  Tuff'  herrscht  ganz  vor  (S.  458 — 459).  Endlich 
können  Basaltgänge  in  diesen  Tuffgängen  aufsetzen  oder  fehlen. 
Also  ganz  ähnhche  Verhältnisse  wie  in  unserem  Gebiete  von  Urach. 

In  gleicher  Weise  zeigen  sich  hier  wie  dort  die  im  Tuffe 
liegenden  Bruchstücke  der  durchbrochenen  Schichten  metamorphosiert. 
Nach  den  Versuchen  von  Heddle  (S.  459)  hat  die  Temperatur,  welche 
auf  diese  Stücke  eingewirkt  hat,  zwischen  660  und  900"  Fahrenh., 
also  236  und  321*^  C.  geschwankt,  sie  ist  also  ebenfalls,  wie  bei 
unseren  Tuffen,  nur  eine  massige  gewesen. 

Wie  in  unserem  Gebiete^,  so  finden  sich  auch  in  Schottland 
unter  den  zahlreichen,  mit  Tuff  erfüllten  Röhren  einige  solche,  deren 
Füllmasse  aus  Basalt  besteht  (S.  451). 

Die  schottischen  Tuffbreccien  sind  massig;  aber  häufig  zeigen 
sich  auch  deutliche  Spuren  von  Schichtung,  besonders  da,  wo  die 
Röhre  einen  grossen  Durchmesser  besitzt  (S.  464).  Es  wechseln 
dann  Lagen  gröberen  und  feineren  Materiales  miteinander  ab,  und 
die  dadurch  entstehenden  unregelmässigen  Schichten  sind  häufig  sehr 
steil  bis  senkrecht,  so  dass  sie  im  Sinne  des  Bergabhanges  fallen. 
Alle  diese  Verhältnisse  finden  sich  mehr  oder  weniger  auch  in  unserem 
Gebiete.  Geikie  ist  der  Ansicht,  die  Neigung  dieser  Schichten  deute 
an,  dass  man  sich  an  der  betreffenden  Stelle  im  alten  Krater,  welcher 

^  37  yards  ä  3  engl.  Fuss  und  1  engl.  Meile. 

^  Der  grösste  Durchmesser  im  Gebiete  von  Urach  beträgt  nur  1  km. 

ä  Eisenrüttel,  Dinteubtihl,  Sternberg,  Zittelstadt,  Buckleter. 


—     275     — 

in  seiner  Gestalt  nie  mehr  zu  erkennen  sei  —  oder  doch  im  obersten 
Teil  der  Ausbruchsröhre  befinde  (S.  465  u.  470).  Es  liege  ganz 
dieselbe  Erscheinung  vor,  wie  wir  sie  noch  heute  in  den  Krateren 
der  Vulkanberge  beobachten  können,  deren  Tuffschichten  im  Innern 
des  Kraters  in  diesen  hineinfallen.  In  unserem  Gebiete  von  Urach 
nun  findet  sich  eine  steile  Neigung  im  Sinne  des  Bergabhanges 
fallender,  angedeuteter  Schichten,  welche  letztere  ich  als  Absonde- 
rung beschrieben  habe,  häufig  in  so  tiefem  Niveau  der  Tuffsäule, 
dass  hier  von  der  Nähe  des  ehemaligen  Kraters  nicht  die  Rede  sein 
kann.     Ich  habe  diese  Verhältnisse  auf  S.  10  besprochen. 

Die  in  Rede  stehenden  Tuffbreccien  Schottlands  enthalten  nicht 
selten  Stücke  eines  älteren ,  geschichteten  Tuffes  als  Einschluss  im 
massigen.  Genau  wie  in  unserem  Gebiete  deutet  das  auf  wieder- 
holte Ausbrüche  hin,  während  welcher  eine  Zeit  der  Ruhe  lag. 

Letzteres  wird  für  Schottland  noch  durch  eine  weitere  Eigen- 
tümlichkeit bewiesen,  welche  unseren  Tuffen  durchaus  fehlt  (S.  23). 
Es  finden  sich  nämlich  dort  in  den  Tuffbreccien  überaus  häufig  Stücke 
von  Koniferenholz  Geikie  nimmt  daher  an ,  dass  der  Kraterboden 
der  betreffenden  Röhre  während  einer  solchen  Zeit  der  Ruhe  sich 
mit  Wald  überzogen  habe,  welcher  dann  bei  einem  späteren  Ausbruche 
zerstört  worden  sei.  Da  fast  alle  necks  Holz  enthalten,  so  muss  man 
für  das  ganze  Gebiet  eine  solche,  durch  eine  lange  Pause  getrennte 
Wiederkehr  der  Ausbrüche  annehmen.  Bei  uns  fehlt  Derartiges.  Nun 
nimmt  aber  Geikie  weiter  an,  dass  die  Ausbrüche,  welche  diese  Basalt- 
und  Porphyrittuffe  lieferten,  während  carboner  Zeit  vor  sich  gegangen 
seien.  Da  jedoch  in  den  durchbrochenen  Carbonschichten  nur  andere 
Pflanzenreste,  nicht  aber  solche  von  Koniferen  liegen,  so  sucht  er 
das  in  der  folgenden  Weise  zu  erklären.  Das  Gebiet,  in  welchem 
die  dortige  Steinkohlenformation  entstand,  war  eine  Lagune.  Aus 
dieser  ragten  als  Inseln  die  Vulkane  hervor,  deren  Tuffgänge  in  den 
necks  vorliegen.  Letztere  führen  deshalb  Koniferenholz,  weil  auf 
diesen  Inseln  Nadelwald  bestand,  während  in  der  Lagune  eine  Vege- 
tation anderer  Pflanzen  herrschte  (S.  470). 

Da  zahlreiche  Stücke  der  durchbrochenen  Carbonschichten  in 
den  Tuffen  liegen,  so  können  erstere  doch  erst  nach  ihrer  Verfestigung, 
also  wohl  nach  der  Carbonzeit,  in  den  Tuff  gelangt  sein;  die  Aus- 
brüche können  also  nicht  wohl  gleichalterig  mit  der  Steinkohlen- 
epoche sein.  Wir  sind  auch  so  sehr  gewöhnt,  den  Basalt  als  ein 
Gestein  tertiären  Alters  zu  betrachten,  dass  man  die  Ausbrüche, 
welche  die  Basalttuffe  heferten,    sogar   für   sehr  viel  jünger  als  das 

18* 


—     276     — 

Carbon  halten  möchte.  Indessen  steht  mir  selbstverständlich  über 
diese  Frage  kein  Urteil  zu ;  um  so  weniger,  als  wieder  andere  Röhren 
(Braid  Hills)  mit  Felsittuff  erfüllt  sind,  welchem  man  ohne  weiteres 
ein  hohes  geologisches  Alter  zutraut.  Geikie  hält  auch  jene  Basalt- 
tuffe für  palaeozoischen  Alters. 

Geradezu  schlagend  muss  die  Übereinstimmung  in  der  äusseren 
Erscheinungsweise  dieser  Tuffgänge  hier  und  dort  sein.  Geikie  schildert 
(S.  455),  wie  sich  dieselben  als  isolierte  Kegel  von  rundlichem  oder 
elliptischem  Umrisse  mit  sanften,  rasenbedeckten  Gehängen  über 
ihre  Umgebung  erheben.  Da,  wo  ein  Gang  von  Basalt  in  denselben 
aufsetzt,  ragt  er  als  Klippe  empor.  Da,  wo  die  ganze  Röhre  nur 
mit  festem  Gestein  erfüllt  ist,  bildet  diese  eine  steilere  Emporragung. 
Genau  also  wie  in  unserem  Gebiete  besitzen  die  Tuffbreccien  eine 
solche  Festigkeit,  dass  sie,  der  Verwitterung  besser  Widerstand 
leistend,  als  die  Sedimentärschichten,  kegelförmig  emporragen.  Auch 
in  der  Art  der  Blosslegung  dieser  Gänge  durch  die  Denudation  zeigt 
sich  Gleiches.  So  schildert  Geikie  (S.  472  Fig.  14)  den  Tuffkegel 
des  Binn  of  Burntisland,  von  dessen  Südabhang  die  Untercarbon- 
schichten bereits  so  tief  abgeschält  sind,  dass  er  hier  als  500  Fuss 
hoher  Kegel  aufragt,  während  die  anderen  Gehänge  weit  höher 
hinauf  noch  in  ihrem  Nebengestein  stecken. 


Mf  g~asaU  iSanc(st. 

Binn  of  B  urtislancf  nach  G  e  üd  e . 


iXfJKst.    sSchiefer 


Es  zeigt  also  eine  Vergleichung  des  Gebietes  von  Urach  und 
jener  schottischen  Tuffgänge,  bis  auf  nebensächliche  Unterschiede, 
eine  vollständige  Übereinstimmung.  Unser  Gebiet  von  Urach  lässt 
uns  aber  mehr  erkennen  als  dasjenige  Centralschottlands.  Wir 
sehen  bei  uns ,  dass  diese  Tuffgänge ,  wie  auch  die  vereinzelten 
Basaltgänge  rundlichen  Querschnittes,  mit  ehemaligen  Maaren  in 
engster  Beziehung  gestanden  haben;  also  mit  embryonalen  Vulkan- 
bildungen. Geikie  dagegen  nimmt  an,  dass  diese  Necksgänge  zu 
echten  Vulkanen  gehörten;  also  zu  auf  die  Erdoberfläche  aufgeschüttet 
gewesenen  Bergen.  Solange  man  hierbei  nur  an  solche  Vulkankegel, 
wie  der  Monte  Nuovo  bei  Neapel,  denkt,  die  nur  aus  losem  Materiale 
aufgeschüttet  sind,    wird   sich   gegen  eine  solche  Vorstellung  nichts 


—     277     — 

einwenden  lassen;  denn  in  diesem  Falle  wird,  da  der  Schmelzfluss 
in  grosser  Tiefe  bleibt,  auch  die  in  die  Tiefe  führende  Röhre  nur 
mit  losem  Materiale  erfüllt  sein. 

Sowie  man  aber  an  grössere  Vulkane  denkt,  welchen  auch 
Lavaströme  entquollen ,  wird  eine  solche  Vorstellung  nicht  mehr 
zulässig  sein ;  denn  in  diesen  ist  die  Lava  in  der  Röhre  bereits 
bis  zur  Tagesfläche  aufgestiegen.  Sie  hat  also  den  Tuff  aus  dieser 
herausgefegt  und  nur  feste  Masse  kann  nach  der  Erstarrung  die 
Röhre  erfüllen.  Auch  in  den  Fällen,  in  welchen  hier  der  Schmelz- 
fluss nach  dem  Ausbruche  in  die  Tiefe  versinkt,  wird  er  wenigstens 
die  tieferen  Teile  der  Röhre  erfüllen  und  über  diesem  festen  Pfropfen 
könnte  höchstens  eine  von  oben  herabgespülte  und  hinabgefallene 
Tuffmasse  liegen. 

Schon  diese  Umstände  machen  es  mir  wahrscheinlicher,  dass 
in  jenen  schottischen  Tuffgängen  rundlichen  Querschnittes  ganz 
dasselbe  vorliegt  wie  in  den  unseren:  nämlich  nicht  die  in  die 
Tiefe  führenden  Ausbruchsröhren  fertiger,  sondern  solche  embryonaler 
Vulkane ,  von  Maaren.  Diese  Auffassung  findet  eine  gewichtige 
Stütze  in  dem  folgenden  Verhalten.  Wie  Geikie  berichtet,  sind  den 
dortigen  Tuffen  zahllose  Stücke  der  durchbrochenen  Carbonschichten 
beigemengt.  Dieselben  entstanden,  wie  er  selbst  auf  S.  455  erklärt 
und  wie  wir  auch  für  unser  Gebiet  nur  annehmen  können,  dadurch, 
dass  explodierende  Gase  eine  Röhre  senkrecht  durch  die  Erdrinde 
ausbliesen.  Daraus  folgt  nun  mit  zwingender  Notwendigkeit,  dass 
nur  bei  der  Entstehung  der  Röhre,  also  bei  der  ersten  embryonalen 
Anlage  des  Vulkans ,  so  zahllose  Bruchstücke  der  durchbrochenen 
Schichten  gebildet  werden  und  in  den  Tuff  geraten  konnten.  Hält 
dagegen  die  vulkanische  Thätigkeit  weiter  an ,  so  muss  durch  die 
späteren  Ausbrüche  jenes  ältere  Material  m.ehr  und  mehr  aus  der 
Röhre  herausgefegt  werden.  An  dessen  Stelle  wird  dann  das  neue 
abgesetzt,  welches  nur  noch  vereinzelte 'Bruchstücke  erhält,  bis  auch 
dieses  durch  die  aufsteigende  Lava  herausgeschoben  wird.  Ich 
möchte  also  schliessen: 

Tufffüllung  einer  A  usbruchsrö  hre  legt  bereits  den 
Verdacht  nahe,  dass  es  sich  hier  um  ein  einstiges  Maar 
oder  doch  nur  um  einen  niedrigen  Aschenkegel  handele. 
Sind  diesem  Tuffe  aber  noch  zahllose  Stücke  der  durch- 
brochenen Schichten  beigemengt,  so  wird  es  noch 
wahrscheinlicher,  dass  wir  es  nur  mit  dem  ersten  Be- 
ginne   von   Vulkanbildu  ng,    mit    einem    Maare    zu    thun 


-     278     — 

haben.  Da  in  Schottland  der  Tuff  sich  derart  verhält, 
so  ist  es  wahrscheinlicher,  dass  die  dortigen  Necks 
zu  Maaren  als  zu  fertig  ausgebildeten  Vulkanen  in 
Beziehung  standen.  Auch  die  im  dortigen  Tuffe  so  zahlreichen 
Holzstücke  hindern  eine  solche  Anschauungsweise  nicht.  Geikie  nimmt 
an,  die  Bäume  hätten  im  Krater  gestanden  und  seien  dann  später 
bei  Ausbrüchen  in  den  Tuff  gelangt.  Sie  können  aber  doch  eben- 
sogut bereits  vor  Beginn  der  Ausbrüche  oben  auf  der  Erdoberfläche 
einen  Wald  gebildet  haben ,  so  dass  sie  bei  Entstehung  der  Aus- 
bruchskanäle dann  auf  dieselbe  Weise  wie  die  durchbrochenen  Ge- 
steine in  den  Tuff  gelangten.  Dass  diese  Bäume  anderen  Arten  an- 
gehören, als  die  in  den  Karbonschichten  liegenden,  würde  sich  leicht 
dadurch  erklären  lassen,  dass  die  Ausbrüche  geologisch  viel  jünger 
sind,  als  die  Karbonzeit.  Die  Maarnatur  würde  also  durch  die  Hölzer 
im  Tuffe  nicht  widerlegt  werden. 

Mindestens  möchte  man  das  für  die  oder  doch  viele  der  mit 
Tuff  erfüllten  Röhren  geltend  machen.  Völlig  zweifellose  Richtigkeit 
hat  diese  Auffassung  gegenüber  denjenigen  Röhren,  welche  keinen 
Tuff  führen,  sondern  nur  mit  zerschmettertem,  durchbrochenem  Ge- 
steine erfüllt  sind  ^.  Geikie  selbst  sagt  von  denselben,  dass  dies  die 
erste  Phase  beim  Ausblasen  einer  solchen  Röhre  sei.  Diese  erste 
Phase  aber  ist  diejenige  eines  soeben  entstandenen  Maares! 

Wie  in  anderen  Maargebieten,  z.  B.  dem  der  Eifel,  neben  den 
Maaren  an  anderen  Stellen  auch  fertige  Vulkane  gebildet  wurden, 
so  ist  das  auch  in  Schottland  der  Fall  gewesen.  Zeugnis  dessen 
sind  die  anderen  dortigen,  nicht  in  Röhren,  sondern  der  damaligen 
Erdoberfläche  aufgelagerten  Tuffmassen,  welche  also  ausgeworfen 
wurden,  sowie  vor  allem  die  ausgeflossenen  Lavaströme. 

Aus  diesem  doppelten  Verhalten  der  schottischen  Tuffe,  welche 
teils  in  Röhren  ein-,  teils  nur  an  der  Oberfläche  aufgelagert  sind, 
in  beiden  Fällen  aber  Kegelberge  bilden,  geht  aufs  klarste  hervor, 
wie  notwendig  für  unser  Gebiet  die  genaue  Untersuchung  eines 
jeden  der  zahlreichen  Tuffvorkommen  auf  ihre  Lagerung  hin  war. 
Mit  dem  alleinigen  Analogieschlüsse,  dass,  weil  ein  Teil  unserer 
Tuffe  ersichtlich  gangförmig  gelagert  ist,  auch  alle  übrigen,  bei 
welchen  das  nicht  so  in  die  Augen  fiel,  die  gleiche  Lagerung  be- 
sitzen müssten,  konnte  man  möglicherweise  einen  grossen  Irrtum 
begehen;    denn  warum   hätte   nicht    auch    in   unserem    Gebiete    ein 


1  Geikie,  S.  458. 


—     279     — 

Teil  der  Tuffe  einfach  aufgelagert  gewesen  sein  können?^  Indem 
sich  nun  aber  durch  unsere  Untersuchung  heraus- 
gestellt hat,  dass  hier  wohl  ausnahmslos  alle  der  etwa 
121  Tuffmassen  Maartuffgänge  bilden,  tritt  gegenüber 
den  so  verwandten  Erscheinungen  in  Schottland  das 
Eigenartige  unseres  Gebietes  von  Urach  um  so  schärfer 
hervor.  Dasselbe  stellt  sich  uns  dar,  wenn  der  Aus- 
druck gestattet  ist,  als  eine  Brutstätte  von  Vulkanen, 
in  welcher  es  bei  keinem  einzigen  derselben  zur  wei- 
teren Ausbildung  über  das  embryonale  Stadium  hinaus- 
kam. Diese  eigenartige  Stellung  behält  unser  Gebiet 
von  Urach  aber  auch  gegenüber  den  wenigen  anderen, 
zweifellosen  Maargebieten  der  Erde,  wie  der  Eifel  und 
der  Auvergne;  denn  auch  in  diesen  kam  es,  wie  in 
Mittelschottland,  neben  den  embryonalen,  den  Maaren, 
zur  Ausbildung  fertiger,  vollendeter  Vulkane.  Aber 
auch  hinsichtlich  der  Dichtigkeit,  in  welcher  die  Maare 
auftreten,  bezw.  in  welcher  ihre  Röhren  die  Gebirgs- 
platte  siebartig  durchbohren,  überragt  unser  Gebiet 
von  Urach  die  wenigen  anderen  Maargebiete  weit,  und 
sogar  den  dichtesten  Teil  des  schottischen  noch  um 
etwas.  Dieser  besitzt  auf  1  QMeile^  etwa  14  Durch- 
bohrungen; dagegen  die  dichtesten  Teile  des  unserigen 
um  Owen  18,  W.  und  N.  vom  Jusi  sogar  22. 

Zwischen  dem  schottischen  und  dem  unserigen  Gebiete  besteht 
noch  eine  weitere  Analogie ,  welcher  eine  hohe  Bedeutung  für  die 
allgemeine  Geologie  zukommt.  Geikie  bespricht  auch  an  anderer 
Stelle^  diese  „necks"  genannten  Schlote  oder  Röhren  und  sagt  von 
denselben :  „Ma-^i  könnte  annehmen,  dass  Schlote  sich  immer 
auf  Bruchlinien  erheben.  Aber  in  Centralschottland, 
wo  sie  im  Gebiete  des  Carbon  häufig  sind,  findet  man 
nur  ganz  ausnahmsweise  einen  Schlot  auf  einer  Spalte. 
Im  allgemeinen  scheinen  sie  unabhängig  zu  sein  von 
der  Struktur  des  sichtbaren  Teils  der  Erdrinde,  durch 
welche  sie  sich  erheben."  Das  ist  ganz  dieselbe  Beob- 
achtung also,  welche  sich  in  unserem  Gebiete  vonUrach 
aufdrängt.     Auch  hier  scheinen   die  Röhren    der  Maar- 


1  s.  1894.  S.  680;  Teil  II.  S.  57. 

2  Auf  3,6  □Meilen  50. 

3  Text-book  of  geology.    3  edit.  London  1893.  S.  584—589  im  §  4. 


—     280     — 

tuffgänge  unabhängig  von  dem  vorherigen  Dasein  von 
Spalten  quer  durch  die  Erdrinde  ausgeblasen  worden 
zu  sein  (vergl.  S.  131).  In  gleicher  Weise  entsteht  auch 
hier,  infolge  der  dichten  Scharung  dieser  Röhren,  das 
Bild  eines  wie  ein  Sieb  durchlöcherten  Gebirgsstückes. 
Geikie  führt  nämlich  an,  dass  ein  3  geographische  Meilen  (15  miles) 
langes  und  l^/g  Meile  (6  miles)  breites  Gebiet,  der  East  of  Fife- 
District,  nicht  weniger  als  50  solcher  mit  Tuffbreccie  erfüllten  Röhren 
aufweise.  Es  ist  dies  der  an  solchen  Bildungen  reichste  Teil  jener 
Gegend;  die  anderen  besitzen  bei  weitem  nicht  so   viele  Tuffgänge. 

Die  vulkanischen  Bildungen  des  Mondes  im  Vergleiche  mit 
denjenigen  der  Gruppe  von  Urach. 

Sind  die  vulkanischen  Bildungen  des  Mondes  Vulkanberge  oder  Maare?  v.  Strantz, 
Elie  de  Beaumont,  A.  v.  Humboldt,  Dauerte,  Gilbert.  Gestalt  und  Grösse 
der  Mondkratere ;  verschiedene  Typen  derselben  nach  Gilbert.  Die  drei  ver- 
schiedenen Typen  der  Erdkratere  nach  Dana  :  Vesuvischer,  Hawaischer,  Maare. 
Gilbert's  Vergleich  derselben  mit  denen  des  Mondes :  Weder  mit  dem  vesuvi- 
schen noch  mit  dem  hawaischeu  Typus  stimmen  die  Mondkratere  überein ;  nur 
die  kleinsten  derselben  könnten  als  Maare  gedeutet  werden.  Andere  Erklärungs- 
versuche der  Mondkratere:  Durch  geplatzte  Blasen;  durch  Gezeiten;  durch 
Eis ;  durch  auf  den  Mond  gefallene  Meteorite.  Gilbert's  Möndchen-Hy'pothese 
Erklärung  noch  anderer  Oberflächenerscheinungen  durch  Gilbert's  Hypothese. 
Gründe ,  welche  trotzdem  für  eine  vulkanische  Entstehung  der  Mondkratere 
sprechen.  Die  Frage,  ob  noch  heute  auf  dem  Monde  Vulkanausbrüche  sich 
vollziehen.  Gilbert  giebt  zu,  dass  die  Hälfte  aller  Mondkratere  Maare  sein 
könnten.  Geringere  Schwere  und  fehlender  Luftdruck  auf  dem  Monde.  Geringere 
Grösse  und  Häufigkeit  der  Maare  auf  Erden  als  auf  dem  Monde.  Im  vulkani- 
schen Gebiete  von  Urach  ist  die  Zahl  der  Maare  bezw.  Kratsre  auf  1  QMeile 
einige  70  mal  grösser  als  durchschnittlich  auf  dem  Monde.  Die  Innenterrassen. 
Die  Rillen.  Zusammenfassung.  Die  Ansicht  von  Prinz,  welcher  vielen  Mond- 
krateren  und  Maaren  einen  polygonalen  Umriss  und  Entstehung  durch  Ein- 
bruch zuschreibt. 

Bei  einer  Arbeit,  welche  die  Explosionskratere,  die  Maare  zum 
Gegenstande  hat,  wird  sich  erklärlicherweise  der  Blick  auf  die  Ober- 
flächengestaltung des  Mondes  richten.  Allein  die  uns  zugewendete 
Seite  desselben  trägt  nach  Faye  20 — 30000  kreisförmige  Vertiefungen, 
welche  irdischen  Explosionskrateren  ähnlich  sehen.  Man  hat  sie 
Wallebenen ,  Ringgebirge ,  grösstenteils  aber  Kratere  genannt ,  weil 
ihre  Ähnlichkeit  mit  irdischen  Vulkankrateren  keine  andere  Deutung 
zuzulassen  schien.  Erst  später  entstanden  dann  verschiedene  Hypo- 
thesen, welche  diese  eigentümlichen  Bildungen  auf  andere  Ursachen 
zurückzuführen  suchten.    Wir  werden  dieselben  später  zu  besprechen 


—     281     — 

haben.  Namentlich  ist  von  dem  amerikanischen  Geologen  Gilbert  — 
demselben,  welchem  wir  die  bemerkenswerte  Arbeit  über  die  eigen- 
artigen Lagerungsverhältnisse  verdanken,  welche  mit  den  Lakolithen 
verknüpft  sind  —  neuerdings  eine  Arbeit  erschienen ,  welche  die 
vulkanische  Entstehung  der  ]\Iondkratere  durchaus  bekämpft.  Indem 
er  eine  andere  Hypothese  an  Stelle  der  vulkanischen  setzt,  sucht 
er  aber  nicht  nur  die  Entstehung  der  Kratere  des  Mondes  zu  er- 
klären, sondern  aus  dieser  Hypothese  heraus  versucht  er  auch  noch 
eine  Anzahl  anderer  Probleme  der  Oberflächengestaltung  des  Mondes 
zu  lösen.  Ich  will  zunächst  den  Inhalt  dieser  interessanten  Arbeit 
wiedergeben  und  dann  die  Gründe  geltend  machen,  welche  meines 
Erachtens  nach  trotzdem  die  Annahme  einer  vulkanischen  Entstehungs- 
weise der  Mondkratere  einleuchtender  machen. 

Ich  beginne  mit  einer  Beschreibung  der  Mondkratere^. 
Der  Umriss  der  Mondkratere  ist,  wie  Gilbert  sagt,  fast  stets  ein 
kreisförmiger.  Das  ist  jedoch  ein  Irrtum,  denn  nach  einer  freund- 
lichen Mitteilung  des  Herrn  Kollegen  Weinland  in  Prag  ist  der  Um- 
riss in  Wirklichkeit  bald  rund,  bald  oval,  bald  unregelmässig.  Ich 
möchte  hierbei  nicht  unterlassen,  auf  die  herrlichen  Tuschierungen 
und  direkten  Vergrösserungen  aufmerksam  zu  machen,  welche  der 
Direktor  der  k.  k.  Sternwarte  zu  Prag ,  Professor  Weinland  ,  nach 
den  von  der  Lyck-Sternwarte  in  Californien  aufgenommenen  Mond- 
photographien  gemacht  hat  und  noch  weiter  macht.  Wir  erhalten 
auf  solche  Weise  Bilder  der  Mondoberfläche  von  einer  Grösse,  Schärfe 
und  Genauigkeit,  wie  man  solche  bisher  nicht  gekannt  hat;  Bilder, 
welche  eine  neue  Ära  der  Mondtopographie  bezeichnen  und  vieles 
Unklare  aufhellen  werden^.  Ich  werde  später  mehrfach  Gelegenheit 
haben,  mich  auf  die  Beobachtungen  Weinland's  zu  berufen. 

Der  Durchmesser  dieses  Kreises  schwankt  nach  Gilbert^  zwi- 
schen 160  geogr.  Meilen  und  V5  geogr.  Meile  bezw.  noch   weniger, 


*  Die  Zahlenangaben  betreifend  bemerke  ich,  dass  ich  1  engl.  Meile 
—  5000  engl.  Fuss  ==  1524  in  zu  rund  0,2  geographische  lileilen  gerechnet  habe. 
Wenn  letzteres  auch  nicht  ganz  genau  ist,  so  thut  das  hier  nichts  zur  Sache, 
da  ja  die  Zahlenangaben  selbst  nicht  ganz  genau  sein  können.  Bei  Angaben 
von  Füssen  gelten  englische  Fusse.  Ungefähr  stimmen  diese  ja  auch  mit  unseren 
überein. 

'^  Astronomische  Beobachtungen  a.  d.  k.  k.  Sternwarte  zu  Prag  i.  d.  Jahren 
1888,  1889,  1890,  1891,  nebst  Zeichnungen  und  Studien  der  Mondes.  S.  40—89. 
9  Taf.  Prag  1893.  Ausserdem  viele  neuere  Tafeln. 

'  Gilbert,  The  moon's  face.  Philosophical  society  of  Washington.  Bull. 
Vol.  12.  1893.  S.  241-292.  Taf.  3. 


—     282     — 

denn  es  wird  wohl  Kratere  geben,  welche  so  klein  sind,  dass  wir 
sie  nicht  sehen  können.  Weinland  hat,  nach  freundlicher  Mitteilung, 
deren  gefunden,  welche  0,51  und  0,2  km  Durchmesser  besitzen. 
Der  innere  Boden  des  Kraters  wird  durch  eine  Ebene  gebildet,  welche 
meist  mehrere  1000  Fuss  tiefer  liegt,  als  die  Ebene  der  umgebenden 
Mondoberfläche. 

Wir  erhalten  also  auf  solche  Weise  eine  „Innenebene"  im  Krater 
und  eine  „Aussenebene",  d.  i.  die  Mondoberfiäche,  in  welche  der- 
selbe eingesenkt  ist.  Beide  sind  von  einander  getrennt  durch  einen 
kranzförmigen  Wall,  welcher  die  Innenebene  umschliesst.  Nach  aussen 
ist  dieser  kranzförmige  Wall  sanft  abgedacht;  bisweilen  zeigt  sich 
hier  eine  leise  radiale  Furchung,  wie  wenn  Lavaströme  bergab  ge- 
flossen wären.  Nach  innen  dagegen  fällt  der  Wall  oder  Kranz  steil 
ab.  Das  geschieht  jedoch  nicht  in  einem  einzigen  Abstürze,  sondern 
in  mehreren  Terrassen.  Diese  wiederum  erscheinen  nicht  regelmässig 
ringförmig ,  sondern  sie  sind  teilweise  unterbrochen ;  auch  sind  sie 
uneben.  So  gleichen  sie  solchen  Terrassenbildungen  der  Erde,  welche 
durch  Abrutschungen  entstehen;  z.  B.  an  den  Flanken  einer  steil 
abfallenden  Hochfläche,  deren  oberste  Schicht  von  einer  festen  Basalt- 
decke eingenommen  wird,  von  welcher  dann  infolge  von  Untergrabung 
grosse  Schollen  abbrechen  und  in  geneigter  Lage  unregelmässig  an 
dem  Steilabfalle  liegen  (s.  Fig.   108  auf  S.  285). 

Indem  die  Innenebene  tief  in  die  Mondoberfläche  eingesenkt 
liegt,  erhebt  sich  der  Kranz  über  der  Innenebene  zwischen  5  und 
10  000  Fuss ,  während  er  über  die  Aussenebene  nur  2 — 4000  Fuss 
aufragt.  Je  grösser  der  Durchmesser  der  Kratere ,  desto  niedriger 
ist  aber  in  der  Regel  der  Kranz.  Schliesslich  kann  er  sogar  gänzlich 
fehlen,  so  dass  sich  dann  keine  feste  Grenze  mehr  zwischen  solchen 
Innenebenen  von  Krateren  und  den  „Meere"  genannten  Ebenen 
ziehen  lässt. 

Gilbert  unterscheidet  nun  kleine ,  mittlere  und  grosse  Mond- 
kratere.  Die  grossen,  von  über  20  geogr.  Meilen  Durchmesser,  und 
die  mittleren  besitzen  einen  wagerechten  inneren  Boden,  eine  Innen- 
ebene und  innere  Terrassen.  Auch  ein  innerer  Kegel  kommt  hier 
vor :  Bei  der  Hälfte  aller  Kratere  mittlerer  Grösse  ist  er  vorhanden. 
Wenn  der  Durchmesser  aber  über  20  geogr.  Meilen  erreicht,  ist  er 
selten  und  bei  den  ganz  grossen  fehlt  er  gänzlich. 

Gegenüber  diesen  grossen  und  mittleren  stehen  die  kleinen 
Mondkratere ,  welche  anders  beschaffen  sind.  Der  Innenkegel  fehlt 
hier  stets  und  eine  wagerechte  Innenebene  ist  ebenfalls  selten,  sowie 


—     283     — 

der  Durchmesser  unter  1  geogr.  Meile  herabsinkt.  So  gleichen  diese 
kleinen ,  besonders  die  von  0,8  geogr.  Meilen  Durchmesser  an  ab- 
wärts ,  häufig  einfachen  Tassenkopf bildungen ,  und  bei  den  unter 
0,4  geogr.  Meilen  Durchmesser  ist  das  stets  der  Fall. 

Vergleichung  der  Mond-  und  Erdkratere. 

Vergleichen  wir  nun  mit  Gilbert  diese  Mondkratere  mit  denen 
der  Erde,  zunächst  hinsichtlich  ihrer  Grösse,  so  ergiebt  sich  ein  ganz 
gewaltiges  Übergewicht  zu  gunsten  der  ersteren.  Während  die  gröss- 
ten  Kratere  auf  Erden  einen  ungefähren  Durchmesser  von  etwa 
3  geogr.  Meilen  besitzen  \  kommt  denjenigen  des  Mondes  ein  solcher 
bis  zu  160  geogr.  Meilen  zu. 

Bei  weitem  nicht  so  bedeutende  Unterschiede  ergeben  sich  be- 
züglich der  Tiefe  der  Kratere.  Diese  erreicht  bei  denen  des  Mondes 
ein  Mass  von  0,3 — 0,6  geogr.  Meilen;  bei  denen  der  Erde  bis  zu 
0,12,  vielleicht  0,16  Meilen  2. 

Ganz  wesentliche  Unterschiede  ergeben  sich  dagegen  hinsicht- 
hch  der  Gestalt  der  Vulkane  der  Erde  und  des  Mondes.  Wir 
können   bei    den   irdischen    drei   verschiedene   Typen   unterscheiden : 

Der  gewöhnlichste  Typus  der  Erdvulkane,  der  vesuvische 
Typus,  welchem  fast  alle  angehören,  ist  erzeugt  von  durchwässerten 
Laven  und  daher  aufgebaut  durch  einen  Wechsel  von  Lavaströmen 
und  losen  Auswürflingen.  So  entsteht  ein  kegelförmiger  Berg  mit 
einem  trichterförmigen  Krater  an  der  Spitze,  Durch  Explosionen 
oder  Einsturz  kann  dieser  kleine  Krater  dann  zu  einem  solchen  von 
ganz  bedeutend  grösserem  Umfange  umgewandelt  werden,  und  spätere 
Ausbrüche  lassen  in  der  Mitte  desselben  abermals  einen  neuen  Kegel 
mit  Krateröffnung  am  Gipfel  emporwachsen.  Fast  immer  liegt  bei 
solchen  Krateren  des  vesuvischen  Typus  der  innere  Kraterboden 
höher    als  das  den  Kegel  umgebende  Gelände  (s.  S.  284  Fig.  109), 

Mit  diesem  vesuvischen  Typus  der  irdischen  Kratere  haben  nun 
diejenigen  des  Mondes  wenig  gemeinsam.  Fast  stets  liegt  hier  der 
innere  Boden  umgekehrt  um  mehr  als  das  Doppelte  niedriger  als 
das  umgebende  Gelände,    Der  Mondkrater  ist  also  in  die  Oberfläche 


'  Der  Kratersee  Bombon  auf  der  Insel  Luzon  hat  3,2  und  2,8  geographi- 
sche Meilen  Durchmesser  ;  der  Krater  Asosan  auf  der  japanischen  Insel  Kiushiu  3 ; 
der  Kratersee  von  Bolsena  in  Italien  2,2  u.  1,8. 

^  Der  Mondkrater  Theophilus  hat  nach  Ebert  15300  engl.  Fuss  Tiefe. 
In  Oregon  hat  man  einen  Kratersee  zu  3000  Fuss  Tiefe  gemessen  und  der  Pichincha 
Tvird  zu  3000—4000  Fuss  geschätzt. 


—     284     — 

dieses  Trabanten  eingesenkt,  der  Erdkrater  dagegen  in  die  Spitze 
eines  Kegels. 

In  gleicher  Weise,  wenn  der  vesuvische  Erdkrater  noch  einen 
zweiten,  inneren  Kegel  besitzt,  so  hat  auch  dieser  wieder  einen  Krater 
an  der  Spitze;  er  ist  ein  verkleinertes  Abbild  des  grossen  Kegels 
und  kann  den  äusseren  Kraterwall  an  Höhe  überragen.  Wenn  da- 
gegen der  Mondkrater  einen  inneren  Kegel  besitzt,  so  hat  dieser 
nach  Gilbert  keinen  Krater  an  der  Spitze.  Er  besitzt  eine  andere 
Gestalt  als  der  grosse  äussere  und  erreicht  niemals  die  Höhe  dieses 
äusseren  Ringwalles,  sogar  nur  selten  diejenige  der  äusseren  Mondebene. 

Aus  diesen  Unterschieden  schliesst  Gilbert,  dass  die  Mond- 
vulkane nicht,  wie  diejenigen  des  vesuvischen  Typus  der  Erde,  aus 
einer  durchwässerten  Lava  hervorgegangen  sein  können. 


Figr.!09. 
NachVelain fdeLapparent  psLqA%.) 

Enclo^u.PitonBory^InselReunion. 

Anders  verhalten  sich  die  seltenen  Erdvulkane  von  hawaischem 
Typus.  Hier  enthält  der  Schmelzfluss  so  wenig  Wasser,  dass  heftige 
Explosionen  und  damit  grosse  Aschenmengen  fehlen.  Der  Vulkan- 
berg, an  dessen  Spitze  sich  der  Krater  befindet,  wird  daher  wesent- 
lich nur  durch  feste  Lavaströme  aufgebaut.  Im  Zustande  der  Ruhe 
steht  die  Lava  in  dem  Krater  gleich  einem  See  und  dieser  kann 
sich  unter  Umständen  auch  mit  einer  Erstarrungskruste  bedecken. 
Durch  letztere  entsteht  natürhch  im  inneren  Kraterboden  eine  Ebene. 
Bisweilen  fliesst  die  Lava  dann  wieder  in  die  Tiefe  hinein  ab.  In 
der  Mitte  bricht  die  Kruste  nach;  in  der  Peripherie,  in  welcher  sie 
an  dem  Ringwalle  eine  Stütze  findet,  ihm  gewissermassen  angewach- 
sen ist,  bleibt  sie  stehen.  Dadurch  bildet  sich  nun  natürlich  eine 
innere  Terrasse  rings  um  den  Krater,  wie  das  bei  dem  Kilauea  der 
Fall  ist. 

Dana  hat  schon  vor  langen  Jahren  darauf  hingewiesen,  dass 
diese  auf  Erden  seltenen  Vulkanberge  des  hawaischen  Typus  denen 


—     285     — 

des  Mondes  weit  mehr  gleichen  als  jene  ersteren,  gewöhnhchen  des 
vesuvischen  Typus.  Die  Ähnlichkeit  beruht  auf  dem  Dasein  der 
soeben  geschilderten  inneren  Ebene  und  der  Terrassenbildung  am 
inneren  Abhänge  des  Kraterwalles. 

Trotzdem  aber  weichen  sie  von  einander  in  einer  Reihe  von 
Eigenschaften  ab,  welchen  Gilbert  das  Übergewicht  über  jene  über- 
einstimmenden zuerkennen  möchte :  Der  Krater  dieser  irdischen  Vulkan- 
berge des  hawaischen  Typus  befindet  sich  ebenfalls,  wie  bei  dem 
vesuvischen  Typus,  auf  dem  Gipfel  eines  Berges.  Bei  denen  des 
Mondes  ist  das  aber  nicht  der  Fall,  denn  sie  sind  nur  in  die  Mond- 
oberfläche  eingesprengt.     Er   entbehrt   ferner   eines   inneren  Kegels, 


Fig-JOS. 

während  ein  solcher  bei  ungefähr  der  Hälfte  aller  Mondkrater e  mitt- 
lerer Grösse  auftritt.  Seine  inneren  Terrassen  sind  endlich  wage- 
recht ,  bei  den  Mondkrateren  dagegen  geneigt ,  unregelmässig  und 
unterbrochen.  Wir  können  daher ,  sagt  Gilbert  ,  die  Mondkratere 
auch  nicht  für  vulkanische  Bildungen  vom  hawaischen  Typus  halten. 

Der  dritte  Typus  irdischer  Kratere  ist  derjenige  der  Maare. 
Hier  fehlen  Lavaströme  und  Kegelberge.  Nur  der  durch  eine  Ex- 
plosion von  Gasen  in  die  Erdoberfläche  eingesprengte  Krater  ist  vor- 
handen. Derselbe  ist  von  einem  Kranze  der  ausgeworfenen  Bruch- 
stücke umgeben.  Die  Zahl  dieser  Maare  —  nach  Gilbert  sind  bisher 
weniger  als  50  bekannt  —  ist  indessen  nur  eine  geringe.  Gleiches 
gilt  von  ihrer  Grösse,  welche  noch  nicht  an  0,4  geogr.  Meilen  Durch- 
messer heranreicht  (S.  214). 

Diese  Maare  gleichen  den  Mondkrateren  darin,  dass  ihr  innerer 
Boden  gleichfalls  tiefer  liegt  als  das  umgebende  Gelände.  Aber  ihnen 
fehlen,  nach  Gilbert,  eine  innere  Ebene,  innere  Kegel,  innere  Ter- 


—     286     — 

lassen.  Sie  weichen  daher  stark  von  den  Mondkrateren  grössten 
und  mittleren  Durchmessers  ab  und  nur  mit  den  kleinen  zeigen  sie 
Übereinstimmung. 

Freilich  kann  man  immer  noch  geltend  machen,  dass  diese 
kleinen  Mondkratere  doch  gewisse  andere ,  von  denen  der  Maare 
abweichende  Eigenschaften  haben  werden,  welche  nur  wegen  der 
geringen  Grösse  uns  unsichtbar  sind.  Will  man  aber  diesen  Einwurf 
nicht  erheben,  weil  ja  ebensogut  dann  auch  noch  mehr  überein- 
stimmende, uns  unsichtbare  Merkmale  vorhanden  sein  könnten,  so 
wird  man  etwa  für  die  Hälfte  aller  Mondkratere,  diejenigen  von 
kleinem  Durchmesser,  die  Erklärung  gelten  lassen  können,  es  seien 
Maare. 

Damit  kämen  wir  nun  aber  in  die  Lage ,  den  Mondkrateren 
grössten  und  mittleren  Umfanges  eine  andere  Entstehungsweise  zu- 
zuschreiben als  denen  kleineren  Umfanges;  und  das  wäre  in  der 
That  unnatürlich.  Man  hat  daher  schon  seit  langem  auf  andere 
Erklärungsversuche  der  Entstehung  der  Mondkratere 
als  die  vulkanische  gesonnen. 

Das  Nächstliegendste  war,  wegen  einer  gewissen  Ähnlichkeit  in 
der  Gestaltung,  vielleicht  der  Gedanke,  dass  die  grösseren  Kratere 
bezw,  Ringwälle  durch  Platzen  von  Gasblasen,  während  der 
Mond  sich  noch  in  flüssigem  Zustande  befand,  gebildet  seien.  Diese 
Annahme  hält  Gilbert  für  ganz  hinfällig. 

Eine  andere  Hypothese  sucht  die  Entstehung  der  Mondkratere 
auf  die  Einwirkung  der  Gezeiten  zurückzuführen ,  und  zwar 
ebenfalls  in  einer  Periode,  in  welcher  der  Mond  noch  flüssig  war, 
jedoch  bereits  eine  dünne  Erstarrungskruste  besass.  Der  Mond  drehte 
sich  damals  schneller  als  heute,  war  der  Erde  näher  und  diese  rief 
gewaltige  Flut-  und  Ebbewellen  auf  dem  Monde  hervor.  Diese 
Gezeiten  zerbrachen  die  Kruste  und  drückten  an  zahlreichen  Stellen 
Teile  des  Schmelzflusses  heraus.  Ein  Teil  desselben  floss  nach  Ab- 
lauf der  Flut  wieder  in  die  Löcher  zurück,  aber  rings  um  dieselben 
blieben  erstarrte  Teile  hängen.  Dieser  Vorgang  wiederholte  sich  und 
so  entstand  allmählich  ein  Ringwall.  Zuletzt  erstarrte  aber  auch 
die  Lava  im  Linern  des  Ringwalles  und  ein  letzter  schwacher  Aus- 
bruch verursachte  dann  öfters  noch  die  Entstehung  eines  kegel- 
förmigen Berges  in  der  Mitte.  H.  Ebert  hat  diesen  Vorgang  auch 
experimentell  nachgeahmt  und  auf  solche  Weise  in  der  That  Ring- 
wälle erzeugt,  welche  nach  aussen  sanft  abfielen,  nach  innen  aber  steil 
und  unregelmässig  terrassiert  waren ,    wie  die  Mondkratere   es  sind. 


—     287     — 

Gilbert  macht  nun  gegenüber  dieser  Hypothese  geltend,  dass 
auf  dem  Monde  durch  die  Fhitwellen  wohl  grosse  Spalten  in  der 
Kruste  aufreissen  mussten,  nicht  aber  derartige  runde  Löcher  ent- 
stehen konnten.  Namentlich  könnten  die  zahlreichen  kleinen  Kratere, 
welche  auf  den  Abhängen  der  grösseren  Ringwälle  aufsitzen,  nicht 
auf  solche  Weise  entstanden  sein.  Denn  die  herausgedrückte  Lava 
würde  in  diesem  Falle  als  Strom  am  Abhänge  hinabgeflossen,  nicht 
aber  wieder  in  das  Loch  zurückgetreten  sein. 

Wieder  eine  andere  Hypothese  nimmt  an,  dass  der  Mond  mit 
Schnee  und  Eis  bedeckt  sei.  Jeder  Krater  entspreche  einem  mit 
Wasser  gefüllten  Becken.  Da  dasselbe  Tausende  von  Füssen  tief  in 
die  Mondfläche  eingesenkt,  also  dem  heissen  Mondinnern  nahe- 
gerückt ist,  muss  das  Wasser  in  dem  Becken  verdampfen.  Der  auf- 
steigende Dampf  aber  wird  in  Schnee  verwandelt,  der  zum  Teil 
wieder  in  das  Becken  zurückfällt,  zum  Teil  sich  rings  um  dasselbe 
zu  einem  Ringwalle  ansammelt. 

Abgesehen  davon ,  dass  der  Mond  schwerlich  Wasser  besitzt, 
so  müssten  auch  die  durch  Schneefall  gebildeten  Ringwälle  glatt 
und  regelmässig  sein  und  nicht  so  uneben  und  rauh  wie  sie  es  in 
Wirklichkeit  sind.  Wie  sollen  ferner  auf  diese  Weise  die  centralen 
Kegel  und  die  auf  den  grossen  Ringwällen  sitzenden  kleinen  Wälle 
entstanden  sein?  denn  letztere  sind  ja  weit  von  dem  heissen  Lmern 
des  Mondes  entfernt. 

Alle  anderen  können  wir  als  kosmische  Hypothesen  zu- 
sammenfassen ;  denn  sie  alle  suchen  die  Entstehung  der  Mondkratere 
zurückzuführen  auf  das  Hinabstürzen  anderer  kleiner  Weltkörper 
auf  den  Mond.  Sei  es,  dass  dieser  noch  weich  war,  sei  es,  dass  die 
bereits  feste  Oberfläche  durch  aie  beim  Zusammenstoss  sich  bildende 
hohe  Temperatur  an  der  betreffenden  Stelle  des  Mondes  schmolz.  Wie 
ein  in  einen  dicken,  zähen  Brei  geworfener  Stein  ein  Loch  mit  er- 
höhtem Rande  erzeugt,  so  musste  auch  hier  dasselbe  entstehen.  Auch 
die  Bildung  einer  wagerechten  Innen-Ebene  erklärt  sich  auf  solche  Art. 

Selbst  die  grössten  der  Meteorite,  wie  sie  auf  die  Erde  fallen, 
können  nun  aber  natürlich  nicht  im  mindesten  so  grosse  Krater- 
bildungen erzeugen,  wie  wir  sie  auf  dem  Monde  sehen.  Es  müssen 
also  sehr  viel  grössere  Meteorite  auf  den  Mond  gestürzt  sein.  Warum 
sind  dann  aber,  so  muss  man  fragen,  nicht  ebensolche  auch  auf  die 
Erde  gefallen  und  haben  hier  solche  Ringwälle  erzeugt?  Um  dieser 
Schwierigkeit  aus  dem  Wege  zu  gehen,  nahm  man  an,  dass  diese 
Ereignisse  sich  auf  der  Erde  vor  sehr  langer  Zeit  vollzogen. 


—     288     — 

Die  auf  der  Erde  in  gleicher  Weise  entstandenen  Wurfwunden 
wären  daher  längst  durch  die  Denudation  wieder  zerstört,  während 
sie  sich  auf  dem  luft-  und  wasserlosen  Monde  erhalten  konnten. 
Denn  bei  Fehlen  dieser  beiden  Faktoren  kann  es  weder  eine  durch 
Wasser  noch  eine  durch  Wind  hervorgerufene  Abtragung  geben; 
Wind  ist  ja  nur  bewegte  Atmosphäre.  Ein  Zerfallen  der  Mondober- 
fläche ist  indessen  durch  scharfe  Temperaturwechsel  auf  dem  Monde 
ebensogut  möglich  wie  in  Wüsten-Gegenden  der  Erde. 

Nimmt  man  an,  dass  ein  Stein  aus  unendlicher  Entfernung 
auf  den  Mond  fällt,  so  beträgt  seine  Geschwindigkeit  beim  Auf- 
schlagen auf  denselben  in  der  Sekunde  IV2  englische  Meilen.  Da- 
durch würde  eine  Wärmemenge  von  3500*^  Fahrenh.  entstehen,  also 
um  die  Hälfte  mehr  als  nötig  ist,  um  den  Stein  zu  schmelzen.  Nun 
haben  aber  die  Meteorite  eine  30mal  so  grosse  Geschwindigkeit, 
nämlich  45  englische  Meilen  in  der  Sekunde.  Es  muss  daher  bei 
solchem  Vorgange  nicht  nur  der  auf  den  Mond  aufschlagende  Körper, 
sondern  auch  der  Mond  selbst  im  weiten  Umkreise  schmelzen  können. 
Auf  solche  Weise  würde  sich  die  Bildung  wagerechter  Innenebenen 
auch  dann  erklären,  wenn  der  Mond  zur  Zeit  des  Aufschiagens  bereits 
erhärtet  gewesen  wäre. 

An  Stelle  grösserer  hinabstürzender  Körper  nimmt  übrigens 
Meydenbauer  lose  Massen  an.  Die  Oberfläche  des  Mondes  sei  mit 
einem  dicken  Mantel  kosmischen  Staubes  bedeckt  und  durch  den 
Aufschlag  von  Haufen  gleichen  Staubes  seien  wenigstens  gewisse 
Mondkratere  entstanden.  Er  hat  das  experimentell  nachgeahmt,  auch 
Centralkegel  auf  solche  Weise  erhalten ,  jedoch  nicht  horizontale, 
sondern  nur  gewölbte  Innenebenen,  wie  sie  nur  wenigen  Mondkrateren 
zukommen.  Die  grösseren  Kratere  und  die  sogen.  Maare  lässt  aber 
auch   er  durch  Aufschlag  fester  Massen  und  Schmelzung  entstehen. 

Eine  erste  Schwierigkeit  ergiebt  sich  uns  bei  dieser  kosmischen 
Hypothese  in  folgender  Weise  :  Das  Volumen  des  Ringwalles  muss 
bei  solcher  Entstehungsweise  gleich  sein  dem  Rauminhalte  des  Loches 
bezw.  Kraters  minus  dem  Volumen  des  hinabgestürzten  Körpers. 
Das  aber  scheint  nirgends  der  Fall  zu  sein ;  der  Ringwall  ist  viel- 
mehr teils  grösser,  teils  kleiner  als  er  sein  sollte.  Ebert  hat  das 
an  92  Krateren  des  Mondes  berechnet.  In  28  Fällen  war  das  Vo- 
lumen des  Ringwalles  grösser,  in  64  war  es  kleiner,  in  15  davon 
sogar  nur  ein  kleiner  Bruchteil ;  in  keinem  Falle  stimmten  die  beider- 
seitigen Volumina.  Namentlich  bei  den  grossen  Krateren  ist  das 
Volumen  des  Ringwalles  sehr  viel  zu  klein,  um  den  Krater  zu  füllen. 


—     289     — 

Auch  hier  hat  indessen  der  Versuch  im  kleinen  ergeben,  dass 
nur  bei  gleicher  Weichheit  des  Wurfgeschosses  und  der  Scheibe, 
der  um  ersteres  sich  bildende  Ringwall  genau  dem  verdrängten 
Rauminhalte  entsprach.  War  jedoch  die  Scheibe  im  Innern  weicher, 
so  war  der  Ringwall  kleiner,  als  er  hätte  sein  müssen. 

Die  Gestalt  der  Mondkratere  bietet  eine  zw^eite  Schwierigkeit. 
Nur  bei  senkrechtem  Aufschlage  ergiebt  der  Yersuchskreis  runde 
Löcher ;  bei  schrägem  aber  ovale.  Nun  sind  aber  die  Mondkratere 
teils  kreisrund,  zum  Teil  etwas  elliptisch ;  sehr  wenige  ausgesprochen 
oval.  Folglich  müssten  die  aufschlagenden  Meteorite  meist  ganz 
oder  fast  ganz  senkrecht  gefallen  sein.  Das  ist  indessen  unmöglich, 
denn  schnell  sich  bewegende  Meteorite  fallen  durchschnittlich  etwa 
unter  45°  auf  die  Erde.  Daher  hat  Proctor  gemeint,  dass  gleich 
nach  dem  Zusammenstoss  das  ovale  Loch  durch  elastische  Rück- 
wirkung kreisrund  wurde.  Eine  unwahrscheinliche  Annahme.  Gilbert 
dagegen  hat  eine  andere  Erklärung,  die  wir  im  Zusammenhange  mit 
seiner  Hypothese  betrachten  müssen. 

Gilbert's  Hypothese.  Gilbert  greift  zur  Erklärung  dieser 
Verhältnisse  auf  die  Ringe  des  Saturn  zurück.  Dieselben  bestehen 
aus  zahlreichen  kleinen  Möndchen ,  moonlet  sagt  Gilbert  ,  welche 
dicht  gedrängt  den  Saturn  in  einer  Ebene  umkreisen.  Auch  die 
Erde  ist,  nach  Gilbert,  einst  von  solchem  Ringe  umkreist  gewesen. 
Dieser  zerriss,  es  bildeten  sich  durch  Anziehung  anfänglich  mehrere 
grössere  Massen.  Aus  deren  Zusammenballung  wieder  entstand  end- 
lich der  Erdmond.  Die  Kratere  auf  diesem  nun  wurden  hervor- 
gerufen durch  den  Aufschlag  der  letzten  noch  freien  Möndchen  auf 
den  bereits  fertigen  Mondball.  Da  nun  aber  die  Kratere  nach  Gilbert 
(s.  S.  281)  meist  kreisrund  sind,  so  wäre  Gilbert  gezwungen,  an- 
zunehmen, dass  die  Möndchen  fast  immer  senkrecht  aufschlugen. 
Li  einer  längeren  Auseinandersetzung  sucht  er  daher  darzuthun, 
wie  man  dieser  Schwierigkeit  aus  dem  Wege  gehen  könnte. 

Das  Aufschlagen  der  Möndchen  musste  nun  aber  auch  die  Um- 
drehungsgeschwindigkeit des  Mondes  beeinflussen.  Hatten  erstere 
eine  grössere  Geschwindigkeit  als  letzterer,  so  wurde  diejenige  des 
Mondes  beschleunigt;  im  umgekehrten  Falle  verlangsamt.  Auch  die 
Bahn  des  Mondes  und  die  Stellung  seiner  Drehungsachse  mussten 
durch  die  Zusammenstösse  verändert  werden.  Durch  letzteren  Um- 
stand erklärt  es  sich,  dass  die  Kratere  überhaupt  so  unregelmässig 
über  die  ganze  Mondfiäche  verteilt  werden  konnten,  wie  sie  es  eben 
sind.     Denn  bei  gleichbleibender  Drehungsachse    des  Mondes  hätten 

Jahreshefte  d.  Vereins  f.  vaterl.  Naturkunde  in  Württ.  1895.  l'J 


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die  Möndchen,  da  sie  ihn  in  seiner  Aquatorialebene  umkreisten,  aucli 
nur  in  der  Äquatorialzone  aufschlagen  können.  Mit  der  Drehungs- 
achse hat  aber  der  Äquator  des  Mondes  unaufhörlich  gewechselt 
und  so  konnten  allmählich  die  Möndchen  an  allen  beliebigen  Orten 
aufschlagen. 

Gilbert's  Versuche  zeigen  übrigens,  dass  der  Umriss  des  durch 
Aufschlag  einer  Thonkugel  auf  eine  Thonscheibe  erzeugten  Loches 
abhängig  ist  nicht  nur  vom  Einfallswinkel,  sondern  auch  von  der 
Weichheit  des  Materiales  und  von  der  Schnelligkeit  des  Wurf- 
geschosses. 

Bei  der  Bildung  der  kleinen  Kratere  durch  aufschlagende  kleine 
Möndchen  nimmt  Gilbert  an,  dass  letztere  nur  zerdrückt  oder  plastisch 
umgeformt  wurden.  Sie  erzeugten  auf  solche  Weise  eine  tassen- 
förmige  Vertiefung  im  Monde  und  einen  erhöhten  Rand  derselben, 
den  Kranz, 

Der  Aufschlag  eines  grösseren  Möndchens  dagegen  bewirkte 
das  Schmelzen  eines  Teiles  der  Masse  und  die  Erweichung  eines 
anderen.  Da  nun  die  Wände  der  so  entstandenen  tieferen  tassen- 
förmigen  Löcher  so  hoch  waren ,  dass  sie  in  ihrer  Erweichung  ihre 
Gestalt  nicht  zu  bewahren  vermochten,  so  sanken  sie  zusammen. 
Ihr  unterer  Theil  floss  gegen  die  Mitte  der  Tasse  zu  und  quoll  dort 
zu  dem  centralen  Kegel  auf;  der  nicht  geschmolzene  Teil  des  Mönd- 
chens aber  bildete  die  Kuppe  des  letzteren.  Dadurch  aber  wurden 
die  oberen  Teile  des  Kranzes  an  der  Lmenseite  ihrer  Unterlage  be- 
raubt, sie  sanken  ab  und  erzeugten  so  die  inneren  Terrassen  und 
Klippen.  Andere  Teile  des  Geschmolzenen,  welche  sich  im  Kranze 
befanden,  flössen  an  den  äusseren  Abhängen   als  Lavaströme  hinab. 

In  einigen  der  grösseren  Mondkratere  ist  auffallenderweise  die 
Innenebene  nicht  wagerecht,  sondern  gewölbt.  Teils  entspricht  der 
Betrag  dieser  Krümmung  der  normalen  Oberflächenwölbung  des 
Mondes,  teils,  bei  einem  Dutzend  von  Krateren  etwa,  ist  er  grösser, 
so  dass  die  hochgewölbte  Innenebene  sich  sogar  noch  über  die  Ebene 
des  Ringwalles  erhebt.  Das  ist  besonders  ausgeprägt  im  Krater 
Mersenius,  welcher  auf  solche  Weise  einen  Dom  von  1500  Fuss 
Höhe  und  30  Meilen  Durchmesser  bildet.  Bei  dem  Krater  Petavius 
dagegen  sitzt  noch  eine  Gruppe  von  Spitzen  auf  dem  Gipfel  der 
Wölbung  auf;  dieselben  haben  den  Charakter  der  Centralkegel. 

Gilbert  lässt  nun  die  Wahl  zwischen  zwei  verschiedenen  Er- 
klärungsweisen. Entweder  ist  die  durch  den  Aufschlag  seitwärts 
auseinandergedrängte,  tiefer  gelegene  Masse  des  Mondes  später  wieder 


—     291     — 

zurückgequollen  und  hat  sich  dann  zu  dieser  Wölbung  der  Innen- 
ebene aufgestaut,  oder  der  Stoss  eines  später  sich  bildenden  be- 
nachbarten Kraters  hat  den  Boden  des  Kessels  in  die  Höhe  gedrückt. 
Auch  der  Umstand,  dass  der  gewölbte  Boden  des  Mersenius  zerrissen 
ist,  derjenige  des  Petavius  sogar  viele  Risse  zeigt,  lässt  sich  nach 
Gilbert  mit  dieser  Entstehungsweise  vereinigen. 

Erklärung  anderer  Oberflächenerscheinungen  durch 
Oilbert's  Hypothese.  Nicht  nur  die  Mondkratere,  sondern  auch 
gewisse  andere ,  schwerer  zu  erklärende  Dinge  auf  der  Mondober- 
fläche sucht  Gilbert  nun  aus  seiner  Hypothese  heraus  zu  erklären. 
Es  leuchtet  ein,  dass  letztere  an  Wert  um  so  mehr  gewinnen  muss, 
je  mehr  sie  im  stände  ist,  alles  Fragliche  aus  sich  heraus  auf  un- 
gezwungene Weise  zu  erklären.  Da  ich  später  gegen  Gilbert's 
Hypothese  sprechen  will,  so  werden  wir  behufs  gerechter  Abwägung 
auch   noch   dies   zur  Stütze  derselben   Dienende  betrachten  müssen. 

Eine  auffallende  Erscheinung  ist  es ,  dass  gewisse  Skulptur- 
linien in  der  Mondoberfläche  und  gewisse  Achsen  von  Hügelzügen  nach 
dem  Mare  Imbrium  hinlaufen.  Gilbert  erklärt  das  so,  dass  letzteres 
entstanden  sei  durch  einen  besonders  gewaltigen  Zusammenstoss  des 
Mondes  mit  einem  ausnahmsweise  grossen  Möndchen.  Die  dadurch 
von  diesem  Punkte  aus  nach  vielen  Richtungen  hin  sich  flutartig 
verbreitenden ,  teils  geschmolzenen ,  teils  zähen ,  teils  festen  Massen 
hätten  jene  Skulpturlinien  und  Hügelzüge  erzeugt,  zugleich  manche 
Kratere  wieder  vollgefüllt,  die  Oberfläche  des  Mondes  mithin  ver- 
ändert und  ihr  die  jetzige  Beschaffenheit  in  dieser  Gegend  verliehen. 

Gleichfalls  schwer  erklärbar  sind  gewisse  riesige ,  gerade  ver- 
laufende Furchen,  welche  zackige  Ränder  und  ebensolchen  Boden 
haben.  Gilbert  vergleicht  sie  mit  den  Gletscherschrammen  und 
meint  auch ,  dass  sie  z.  T.  entstanden  seien  durch  schrammende 
Möndchen,  welche  tangential  die  Mondoberfläche  berührten.  Andere 
aber  sind  nach  ihm  die  Folge  des  soeben  erwähnten  Zusammen- 
■stosses,  welcher  das  Mare  Imbrium  erzeugte,  also  aufgeplatzte  Stellen. 

Eines  der  schwierigsten  Probleme  des  Mondes  bilden  die  Rillen. 
Das  sind  enge  Spalten  mit  senkrechten  Wänden,  welche  z.  T.  einen 
flachen  Boden  besitzen,  während  doch  irdische  Spalten  einen  Vförmigen 
Boden  haben.  Strombetten  können  es  nicht  sein,  da  sie  über  Hügel 
und  Thäler  laufen.  Auch  diese  erklärt  Gilbert  mit  Hilfe  einer  solchen 
Schmelzflut,  wie  sie  durch  die  Entstehung  des  Mare  Imbrium  hervor- 
gerufen wurde.  Diese  Flut  von  geschmolzener  zäher  Masse  hätte 
sich  quer  über  die  Spalten  hinwegergossen.     Hierbei  sei  ein  Teil  in 

19* 


—     292     — 

die  letzteren  hinabgeflossen  und  hätte  so  deren  Boden  eben  gemacht. 
Die  Löcher  aber,  welche  man  in  diesen  ebenen  Böden  beobachtet, 
seien  entstanden  durch  Gasexplosionen.  Ganze  zusammenhängende 
Keihen  von  Löchern,  welche  nicht  in  einer  sichtbaren  Rille  liegen, 
verraten  gänzlich  ausgefüllte  Rillen.  Wogegen  die  Rillen ,  deren 
Boden  vermutlich  \/förmig,  jedenfalls  gar  nicht  sichtbar  ist,  noch 
unausgefüUte  Spalten  darstellen. 

Eine  noch  schwierigere  Frage  aber  bilden  wohl  die  merkwürdigen 
weissen  Streifen,  welche  sich  an  manchen  Stellen  auf  dem  Monde 
zeigen. 

Dieselben  bestehen  in  sehr  langen,  gerade  verlaufenden  weissen 
Bändern ,  welche  jedoch  unbestimmte  Grenzen  besitzen ,  wie  z.  B. 
der  Schwanz  eines  Kometen.  Sie  gehen  beliebig  über  Kratere  hinauf 
und  hinab  und  treten  stets  in  Systemen  auf,  die  meist  von  irgend 
einem  Krater  ausstrahlen.  Auch  dieser  Krater  selbst  ist  weiss  ein- 
gefasst  und  zwar  meist  noch  heller  glänzend  als  die  Streifen.  Es 
sind  mancherlei  ungenügende  Erklärungsversuche  gemacht  worden. 
In  einer  handschriftlichen,  nicht  veröffentlichten  Mitteilung  hält  sie 
Würdemann  für  zerspritzte  weissHche  Teile  eines  Meteoriten,  welcher 
den  Mond  mit  grosser  Gewalt  traf.  Gilbert  pflichtet  dieser  Erklärung 
vollständig  bei.  Eine  leicht  schmelzbare  helle  Masse  sei  bei  dem 
Aufschlage  des  Meteoriten  geschmolzen  und  nun  radial  von  diesem 
Punkte  ausgespritzt.  Daher  der  gerade  Verlauf  dieser  Streifen  über 
Berg  und  Thal,  ihr  verschwimmender  ümriss,  der  helle  Rand  des 
getroffenen  Kraters.  Ob  diese  Streifen  aus  Schwefel,  oder  Phosphor, 
oder  aus  einem  anderen  Stoffe  bestehen,  das  ist  natürlich  dem  Be- 
reiche der  Vermutung  anheimgegeben. 

Gilbert  giebt  schliesslich  noch  eine  Darlegung,  wie  er  sich 
die  Verhältnisse  bei  dem  allmählichen  Wachsen  des  Mondes,  infolge 
der  sich  mehr  und  mehr  vereinigenden  Möndchen  denkt,  sowie  Be- 
merkungen über  das  Alter  des  Mondes. 

Gründe,  welche  trotzdem  für  eine  vulkanische  Ent- 
stehung der  Mondkratere  sprechen.  Im  Vorhergehenden 
ist  gezeigt  worden ,  wie  die  Hypothese  Gilbert's  nicht  nur  im  stände 
ist,  die  Entstehung  der  Kratere,  sondern  auch  diejenige  gewisser 
anderer  Erscheinungen  zu  erklären.  Trotzdem  glaube  ich,  dass  die 
alte  Anschauung,  welche  in  den  Mondkrateren  Äusserungen  des 
Vulkanismus  erblickt,   die  Dinge  ungezwungener  erklärt  als  jene. 

Auf  jeden  Fall  hat  Gilbert  das  grosse  Verdienst,  die  unbestimmte, 
zu  allgemein  gehaltene  Ansicht,  die  Mondkratere  seien  wie  irdische 


—     293     — 

Vulkane,  durch  sorgfältige  Prüfung  und  genauere  Fassung  geläutert 
zu  haben ;  denn  es  giebt  eben  verschiedenartige  irdische  Krater- 
und  Vulkanbildungen  (S.  283). 

Unsere  erste  Frage  würde  die  sein,  ob  etwa  gar  noch  heute 
vulkanische  Erscheinungen  an  den  Mondkrateren  vor  sich  gehen. 
Das  scheint  nicht  völlig  ausgeschlossen  zu  sein.  Klein,  Jul.  Schmidt, 
Neisson  treten  dafür  ein,  dass  gewisse  Veränderungen  gegen  früher 
sich  vollzogen  haben.  Freilich  ist  diese  Frage  mit  annähernder 
Sicherheit  erst  zu  entscheiden ,  wenn  der  ganze  Mond  genauer  als 
bisher  aufgenommen  sein  wird;  ein  Unternehmen,  welches  ja  bereits 
im  Werke  ist.  Wenn  sich  diese  Sache  aber  bewahrheiten  sollte, 
dann  können  jene  Veränderungen  wohl  nur  durch  vulkanische  Aus- 
brüche hervorgerufen  sein ;  dehn  das  geringe  Mass  von  Abtragung, 
welches  durch  die  Schwerkraft  auf  dem  Monde  erzeugt  wird  (s.  unten), 
reicht  sicher  nicht  hin,  um  in  so  kurzer  Zeit  so  grosse  Veränderungen 
in  der  Oberflächenbeschaffenheit  einzelner  Punkte  zu  schaffen,  dass 
wür  dieselben  erkennen  können.  Stellt  es  sich  nun  heraus,  dass 
noch  jetzt  Vulkanismus  dort  thätig  ist,  so  ist  das  um  so  mehr  ein 
Grund,  auch  frühere  Äusserungen  dieser  Kraft  auf  dem  Monde 
anzunehmen. 

Bevor  wir  Gilberts  Gründe  gegen  die  vulkanische  Herkunft 
der  Mondkratere  besprechen,  ist  es  doch  von  Wichtigkeit,  hervor- 
zuheben ,  dass  Gilbert  selbst  zugeben  muss ,  dass  etwa  die  Hälfte 
aller  Mondkratere  ganz  gut  vulkanischer  Entstehung,  nämlich  Maare, 
sein  könnten.  Unter  solchen  Umständen  scheint  es  aber  doch  von 
vornherein  geratener,  für  diese  Hälfte  der  Kratere  anzunehmen,  dass 
sie  wirklich  Maare  sind ;  und  für  die  andere  Hälfte  derselben  dann 
anzunehmen,  dass  sie  ebenfalls,  wie  jene,  vulkanischer  Entstehung 
ist,  dass  also  hier  modifizierte  Maare  vorliegen.  Ich  sage,  es  scheint 
geratener,  aus  der  einen  Hälfte  heraus,  welche  durchaus  den  irdischen 
Erscheinungen  analog  ist,  die  andere ,  weniger  analoge  zu  erklären, 
als  nun  für  beide  zu  einer  Hypothese  zu  greifen,  für  welche  auf 
Erden  gar  keine  Analogie  bekannt  ist.  Meteore  fallen  allerdings 
auf  die  Erde,  aber  nie  hat  man  sie  eine,  jenen  Mondkrateren  analoge 
Bildung  hervorbringen  gesehen. 

Gehen  wir  nun  in  das  Einzelne  ein,  so  kann  natürlich  die  viel 
bedeutendere  Grösse  vieler  Kratere  auf  dem  Monde  kein  Hindernis 
sein,  dieselben  für  vulkanischen  Ursprungs  zu  halten ;  was  übrigens 
Gilbert  auch  gar  nicht  behauptet.  Der  Schluss  liegt  nahe ,  die 
bedeutendere  Grösse  und  Tiefe  der  Mondkratere    auf  die  dort  etwa 


—     294     — 

6  mal  so  geringe  Schwere  zurückführen  zu  wollen.  Auch  die  Ab- 
wesenheit einer  Atmosphäre  spielt  dabei  eine  Rolle.  Bei  dem  Fehlen 
des  Atmosphärendruckes,  des  Luftwiderstandes  und  bei  der  um  ^/e 
geringeren  Schwere  der  Gesteine  müssen  natürlich  gleich  grosse 
Kräfte  von  Gasen  auf  dem  Monde  sehr  viel  Grösseres  leisten  als 
auf  der  Erde.  Schon  im  Jahre  1842  betonte  v.  Strantz  diese  so 
viel  geringere  Schwere  und  sprach  ^  die  Ansicht  aus,  dass  die  Mond- 
kratere,  nach  Art  unserer  Maare  und  Pulverminen,  durch  explodierende 
Gase  erzeugt  seien. 

Auch  Elie  de  Beaumont^  und  A.  v.  Humboldt  traten  der  Auf- 
fassung bei,  dass  die  geringere  Schwere  auf  dem  Monde  die  Bildung 
der  Explosionskratere  dort  begünstige'^. 

So  ohne  weiteres  werden  wir  indessen  die  geringere  Schwere 
nicht  als  Erklärung  für  die  so  sehr  viel  bedeutendere  Grösse  vieler 
Mondkratere  in  Anspruch  nehmen  dürfen;  darum  sagte  ich  „gleich 
grosse  Kräfte  von  Gasen".  Die  Explosivkraft  der  irdischen  vul- 
kanischen Gase  hängt  zum  Teil  ab  von  dem  Drucke,  unter  welchem 
sie  in  der  Tiefe  stehen.  Dieser  wird  erzeugt  zum  kleinsten  Teile 
durch  das  Gewicht  der  Atmosphäre,  zum  grössten  durch  das  Gewicht 
der  Erdrinde,  welche  auf  dem  Erdinnern  und  den  von  ihm  absorbierten 
Gasen  lastet.  Ist  nun  die  Rinde  auf  dem  Monde  etwa  6  mal  leichter 
als  auf  der  Erde,  so  muss  dort  der  Druck,  unter  welchem  die  Gase 
stehen,  also  ihre  Explosivkraft,  um  ebensoviel  geringer  sein.  Soweit 
also  die  Explosionskraft  der  vulkanischen  Gase  des  Mondes  von 
dem  dort  auf  ihnen  lastenden  Drucke  abhängt,  muss  erstere  natürlich, 
wenn  der  Druck  6 mal  kleiner  ist  als  auf  Erden,  ebenfalls  6 mal 
kleiner  sein ;  so  dass  also  beides  sich  aufheben  würde. 

Allein  diese  Explosionskraft  ist  nicht  allein  durch  den  Druck 
bedingt;  und  darum  werden  wir  die  auf  dem  Monde  herrschende 
geringere  Schwere  sehr  wohl  zur  Erklärung  der  dort  so  sehr  grossen 
Zahl  von  Krateren  und  ihrer  Entstehungsweise  als  Explosionskratere, 
als  Maare,  anziehen  dürfen. 


^  Übersiebt  der  Arbeiten  und  Veränderungen  der  Scblesiscben  Ges.  f. 
Vaterland.  Kultur.  Breslau  1842.  S.  70. 

^  Comptes  rendus  des  seances  bebdom.  Bd.  XVI.  S.  1032. 

3  Ges.  f.  Vaterland.  Kultur.  Breslau  1846.  S.  49.  Ebenso  ist  neuerdings 
Daubree  (s.  S.  225)  durcb  seine  experimentellen  Darstellungen  von  Durcbschlags- 
röhren  durcb  Gesteine  vermittelst  explodierender  Gase  zu  der  Überzeugung  ge- 
führt worden,  dass  auch  die  Mondkratere  derartige  Durcbbobrungen  explodierender 
vulkanischer  Gase  seien. 


—     295     — 

Man  könnte  hierzu  auch  noch  annehmen,  dass  die  Kruste  auf 
dem  Monde ,  zur  Zeit  der  Entstehung  der  Kratere ,  weniger  dick 
als  jetzt  auf  der  Erde  gewesen  sei.  Dadurch  würden  die  Gase, 
welche  vom  Innern  absorbiert  waren  oder  sich  aus  chemischen  Pro- 
zessen entwickelten,  leicht  so  grosse  Kratere  ausgeblasen  haben. 

Wie  dem  nun  auch  sei ,  Unterschiede ,  welche  in  der  Grösse 
zwischen  den  Erd-  und  den  Mondvulkanen  bestehen,  sind  doch  nur 
relative.  Sie  haben  also  mit  dem  Wesen  der  Dinge  gar  nichts  zu 
thun  ^ ;  und  wenn  wir  ihre  Ursachen  nicht  kennen ,  so  ist  das  kein 
Grund  gegen  eine  vulkanische  Entstehung. 

Auch  die  Seltenheit  der  Maare  auf  Erden  und  die  ungemeine 
Häufigkeit  derselben ,  bezw.  der  Kratere ,  auf  dem  Monde  —  wenn 
wir  eben  einmal  die  Mondkratere  als  Maare ,  als  Explosionskratere 
auffassen  —  bildet  keinen  Grund  gegen  solche  Auffassung;  denn 
Häufigkeit  ist  ebenfalls  ein  relativer  Begriff.  Übrigens  werde  ich 
am  Schlüsse  zeigen ,  dass  unser  Maargebiet  von  Urach  in  dieser 
Hinsicht  die  Durchschnittshäufigkeit  der  Maare  auf  dem  Monde  gegen 
70  mal  übertrifft. 

Gilbert  hebt  als  Beweis  gegen  die  vulkanische  bezw.  Maar- 
natur der  Mondkratere  den  Umstand  hervor,  dass  das  Volumen  des 
Ringwalles  sich  nicht  mit  dem  Rauminhalte  des  Kraters  deckt  (S.  288). 
Er  geht  dabei  von  der  unbestreitbaren  Thatsache  aus ,  dass  bei 
einem  durch  Explosion  entstandenen  Loche  die  ganze  herausgeschleu- 
derte Gesteinsmasse  nun  ausserhalb  des  Loches  auf  der  Oberfläche 
liegen  muss.  Aber  so  unbestreitbar  das  ist ,  ebenso  anfechtbar  ist 
die  weitere  Voraussetzung  Gilbert"s,  dass  diese  herausgeschleuderte 
Masse  sich  auch  in  der  nächsten  Umgebung  des  Loches,  also  in  dem 
Ringwalle  wiederfinden  müsse :  Eine  solche  Übereinstimmung  des 
Rauminhaltes  zwischen  Ringwall  und  Loch  mag  von  einer  explodieren- 
den Pulvermine  gelten.  Sie  braucht  aber  keineswegs  von  der  ge- 
waltigen Explosion  vulkanischer  Gase,  von  der  Bildung  eines  Maares 
zu  gelten.     Die  folgende  Überlegung  wird  das  veranschaulichen. 

Das  Loch,  der  Maarkrater,  wird  nur  ausgehöhlt  in  der  festen 
Kruste  -.  Wenn  nun  ausser  dem  zerschmetterten  durchbrochenen 
Gesteine  auch  noch  Asche-  und  Lapillimassen  ausgeworfen  wurden, 
so  muss  natürlich  das  Volumen  des  Ringwalles  grösser  sein,  als  der 


^  Gilbert  behaiiptet  das  übrigeus  auch  durchaus  nicht. 

^  Würde  die  Lochbildung-  auch  bis  auf  die  geschmolzenen  Massen  der  Tiefe 
hinabgreifen,  so  würde  sie  in  diesem  tiefen  Niveau  sofort  wieder  zufliesseu,  also 
verschwinden,  mithin  doch  nur  in  der  Kruste  sichtbar,  vorhanden  sein. 


—     296     - 

Rauminhalt  des  ausgeblasenen  Loches  in  der  Mondkruste;  denn  die 
Asche  und  Lapilli  stammen  nicht  aus  diesem  Loche,  sondern  aus 
der  Tiefe.  Wenn  dagegen  gar  keine  vulkanische  Asche,  sondern 
nur  durchbrochenes  Gestein  der  Mondkruste  ausgeworfen  wurde,  wie 
bei  den  Gasmaaren  (S.  233)  der  Fall,  so  kann  das  beiderseitige 
Volumen  nur  in  dem  einen  Falle  gleich  sein,  dass  alles  ausgeworfene 
Material  sich  auch  im  Ringwalle  anhäuft.  Sowie  nun  aber  ein  Teil 
der  Auswurfsmassen  weiter  fortgeschleudert  wird,  muss  das  Volumen 
des  Ringwalles  um  diesen  betreffenden  Teil  kleiner  sein  als  der 
Rauminhalt  des  Loches.  Nun  ist  aber  bei  jedem  heftigeren  Aus- 
bruche der  Vorgang  ein  derartiger;  rings  um  die  Auswurfsöffnung 
häuft  sich  nur  das  gröbere  Material  an,  das  feiner  zerstiebte  wird 
weiter  fortgeschleudert  und  bildet  eine  Decke  auf  der  Erdoberfläche. 
Genau  derselbe  Vorgang  musste  sich  bei  Mondmaaren  vollziehen, 
vielleicht  sogar  in  einem  noch  viel  stärkeren  Masse  als  auf  der  Erde. 
Denn  wenn  zur  Zeit  der  vulkanischen  Ausbrüche  auf  dem  Monde 
letzterer  schon  keine  Atmosphäre  mehr  besass,  deren  Widerstand 
die  Wurf  kraft  schnell  verringerte,  so  mussten  die  feineren  Teile 
ausserordentlich  weit  geschleudert  werden. 

Gerade  die  bedeutende  Grösse  der  Mondkratere  spricht  für 
sehr  grosse  Heftigkeit  der  Ausbrüche.  Je  heftiger  aber  ein  solcher, 
desto  mehr  fein  zerblasenes  Material  muss  entstehen.  Auch  experi- 
mentell hat  Daubree  (S.  225)  nachgewiesen,  dass  bei  der  Entstehung 
von  Durchschlagsröhren  ^  durch  Gesteine  vermittelst  explodierender 
Gase  sehr  viel  Material  als  feines  Pulver  zerstiebt  wird. 

Wenn  daher  Ebert  (S.  288)  nachwies,  dass  auf  dem  Monde 
in  der  Regel  das  Volumen  des  Ringwalles  kleiner  ist  als  der  Raum- 
inhalt der  Kratere,  so  kann  man  darin  nichts  Auffälliges  erblicken, 
sondern  nur  etwas  Selbstverständliches.  Wenn  umgekehrt  bisweilen 
das  Volumen  des  Ringwalles  grösser  ist,  so  erklärt  sich  das  eben- 
falls ungezwungen  durch  Vorwalten  gröberen  Materiales  und  Hinzu- 
treten vulkanischer  Massen.  Wie  unbiUig  die  Forderung  wäre,  dass 
der  Ringwall  nicht  mehr  Material  enthalten  dürfte  als  der  Hohlraum 
des  Kraters,  wird  sofort  klar,  wenn  wir  die  Sache  bis  zum  Extrem 
treiben :  Durch  vulkanische  Ausbrüche  entstehe  an  der  Erdoberfläche 
allmählich  ein,  sagen  wir,  10  000  Fuss  hoher  Vulkanberg.  Selbst- 
verständlich ist  das  Volumen  desselben  dann  unvergleichlich  viel 
grösser  als  der  Rauminhalt  des  Kraters,  selbst  wenn  wir  diesen  noch 


Diatremata  nennt  er  sie. 


—     297     — 

so  tief  annehmen ;  denn  die  Erde  hat  hier  ja  nicht  nur  den  verhältnis- 
mässig geringen  Betrag  der  ausgesprengten  Ausbruchsröhre  heraus- 
gefördert, sondern  sie  hat  den  Berg  wesentlich  aufgeschüttet,  indem 
sie  ihr  Inneres  ausweidete. 

Es  ergiebt  sich  mithin,  dass  die  mangelnde  Übereinstimmung 
zwischen  dem  Rauminhalte  des  Kranzes  und  des  Mondkraters  gerade 
für  vulkanische  Entstehung  desselben  spricht.  Während  sie  um- 
gekehrt gegen  die  kosmische  Hypothese  zeugt;  denn  wenn  das  Loch 
durch  Aufschlagen  eines  Möndchens  entstanden  wäre,  dann  müsste 
man  allerdings  erwarten,  die  verdrängte  Gesteinsmasse  voll  und  ganz 
im  Ringwalle  wiederzufinden.  Jedenfalls  dürfte  der  Ringwall  nicht, 
wie  oft  der  Fall,  so  sehr  viel  kleiner  sein  als  das  Loch.  Noch  viel 
weniger  aber  giebt  uns  Gilberts  Hypothese  eine  Erklärung  für  alle 
diejenigen  Fälle ,  in  welchen  das  Volumen  des  Ringwalles  grösser 
ist  als  der  Rauminhalt  des  Kessels.  Der  Versuch  im  kleinen  ergab 
nur:  Entweder  gleiches  Volumen,  nämlich  bei  gleicher  Weichheit 
von  Wurfgeschoss  und  Scheibe,  oder  kleineres  Volumen  des  Ring- 
walles ,  wenn  nämlich  die  Scheibe  im  Innern  weicher  ist.  Letzteres 
könnte  man  ja  nun  für  den  Mond  annehmen.  Aber  die  28  Fälle 
unter  den  92,  in  welchen  das  Volumen  des  Ringwalles  grösser  ist, 
bleiben  ohne  Erklärung.  Diese  lassen  sich  eben  nur  durch  vulkanische 
Entstehungsweise  erklären. 

Auch  der  Umstand  darf  uns  nicht  irre  machen,  dass  auf  dem 
Monde  der  Kranz  bisweilen  gänzHch  fehlt,  so  dass  dann  keine  feste 
Grenze  mehr  zwischen  solchen  Mondkrateren  und  den  sogen.  Maaren 
mehr  besteht.  Von  unseren  Maaren  in  der  Gruppe  von  Urach  besitzt 
kein  einziges  einen  Kranz  oder  Ringwall !  Allerdings  mag  ein  solcher 
hier  früher  vorhanden  gewesen  und  dann  zerstört  worden  sein.*  Aber 
ganz  dasselbe  dürfen  wir  von  jenen  Krateren  auf  dem  Monde  geltend 
machen.  Zwar  giebt  es  jetzt  dort  weder  Wasser  noch  Wind  \  welche 
einen  solchen  Ringwall  abtragen  könnten.  Aber  bei  der  Einheit  der 
Naturerscheinungen  hat  es  sicher  früher  auf  dem  Monde  ebenfalls 
Wasser  und  damit  eine  Abtragung  wie  auf  der  Erde  gegeben. 

Wir  dürfen  daher  nicht  schUessen :  Weil  es  heute  keine  Denudation 
durch  Wasser  oder  Wind  auf  dem  Monde  mehr  giebt,  darum  müssen  wir 
bei  der  Erklärung  aller  Oberfiächenformen  des  Mondes  auf  das  Heran- 
ziehen der  Denudation  und  Erosion  ganz  Verzicht  leisten.    Das  scheint 


'  Mit   dem  Fehlen   der   Atmosphäre   fehlt   natürlich   auch   der  Wind   auf 
dem  Monde. 


—     298     - 

mir  durchaus  nicht  nötig  zu  sein.  In  früheren  Zeiten  wird  es  auch 
dort  eine  Denudation  durch  Wasser  gegeben  haben;  und  wenn  diese 
Denudationsformen  nicht  abermals  wieder  zerstört  wurden ,  sondern 
sich  erhielten ,  so  liegt  das  daran ,  dass  seit  langen  Zeiten  schon 
keine  Denudation  durch  Wasser  oder  Wind  mehr  stattfindet.  So  ist 
also  der  Mond  im  Gegensatz  zu  Erde  gewissermassen  eine  wohl- 
erhaltene geologische  Mumie. 

In  geringem  Masse  allerdings  muss  auch  heute  noch,  auch  seit 
dem  Verschwinden  des  Wassers,  eine  Veränderung  in  der  Oberflächen- 
gestaltung des  Mondes  vor  sich  gehen :  Wie  in  den  regen-  und 
vegetationslosen  wüsten  Gebieten  der  Erde  die  Gesteine  trotzdem 
allein  durch  starke  Temperaturwechsel  zerfallen,  so  muss  auch  auf 
dem  Monde  Derartiges  stattfinden.  In  jenen  Gebieten  der  Erde 
kommt  dann  der  Wind  und  bläst  den  jeweiligen  feinen  Verwitterungs- 
staub  hinweg.  Das  fehlt  allerdings  auf  dem  Monde.  Aber  wo  zer- 
fallende Gesteinsstücke  dort  auf  unebenem  Gelände  liegen,  werden 
sie  infolge  der  Schwere  doch,  wie  auf  der  Erde,  von  der  Höhe  zur 
Tiefe  rollen.  Durch  den  Fall  des  einen  Stückes  werden  wieder 
andere  in  Mitleidenschaft  gezogen;  teils  indem  ersteres  andere  der 
Unterlage  beraubt  und  sie  so  zum  Stürzen  bringt,  teils  indem  ersteres 
auf  andere  aufschlägt  und  sie  so  in  Bewegung  versetzt. 

Auf  solche  Weise  muss  also  auch  heute  noch  auf  dem  Monde 
eine  allmähliche  Veränderung  der  Oberflächengestaltung  sich  voll- 
ziehen, welche  dahin  geht,  die  Unebenheiten  auszugleichen,  die  Höhen 
abzutragen ,  die  Tiefen  auszufüllen.  Aber  diese  Veränderung  muss 
so  unendlich  langsam  vor  sich  gehen,  dass  sie  nur  innerhalb  ausser- 
ordentlich langer  Zeiträume  einen  auch  nur  nennenswerten  Betrag 
erreicht.  Es  wird  daher  das  vorher  Gesagte  zu  Recht  bestehen 
bleiben ,  dass  nämlich  die  heute  auf  dem  Monde  sichtbaren  Ober- 
flächenformen sehr  wohl  bereits  zu  einer  Zeit  entstanden  sein  können, 
in  welcher  noch  ähnliche  Verhältnisse  wie  auf  Erden  herrschten,  in 
welcher  es  noch  Wasser  und  wohl  auch  eine  Atmosphäre  auf  dem 
Monde  gab ,  so  dass  also  diese  Kräfte  einst  an  der  Gestaltung  der 
Oberfläche  des  Mondes  beteiligt,  waren. 

Nun  kann  man  ja  freilich  die  Annahme,  dass  sich  auf  dem 
Monde  einst  Wasser  befand,  bestreiten  wollen.  Allein  dieselbe  gründet 
sich  doch  auf  ein  ganz  analoges  Verhalten  der  Erde.  Die  Menge 
des  auf  der  Erdoberfläche  vorhandenen  Wassers  verschwindet  gleich- 
falls mehr  und  mehr.  Allerdings  vermehrt  sie  sich ,  indem  durch 
die   Vulkane  Wasserdampf   aus    der  Tiefe    zur   Oberfläche    befördert 


—     299     — 

wird.  Indessen  mag  ein  sehr  grosser,  wo  nicht  der  grösste  Teil 
dieses  Wassers  der  Vulkane  gar  nicht  dem  Erdinnern  entstammen, 
sondern  nur  der  Erdoberfläche;  d.  h.  es  mag  nur  in  die  Tiefe  ge- 
sickertes und  vom  Vulkane  wieder  zur  Verdampfung  gebrachtes  Wasser 
sein.  So  dass  also  dadurch  gar  keine  Vermehrung  der  Wassermenge 
auf  der  Erdoberfläche,  sondern  nur  ein  Kreislauf  derselben  erfolgen 
würde.  Gegenüber  der  also  wohl  geringen  Wasserzunahme  auf  der 
Erdoberfläche  steht  indessen  eine  jedenfalls  ganz  überwiegende  Wasser- 
abnahme. Denn  seit  es  Wasser  auf  Erden  giebt,  wird  dasselbe  durch 
Hydratbildung  von  den  sich  umwandelnden  und  sich  zersetzenden 
Minerahen  gefesselt,  sickert  auch  mehr  und  mehr  in  die  dicker 
werdende  Erdrinde  ein. 

Hänn  sucht  zu  berechnen,  dass  auf  solche  Weise  bereits  Vn  der 
ganzen  im  Anfange  dagewesenen  Wassermenge  festgelegt  worden 
sei.  Bei  weiterem  Fortschreiten  dieses  Vorganges  muss  mithin  auch 
für  die  Erde  der  Zeitpunkt  kommen,  in  welchem  ihre  Oberfläche 
gar  kein  Wasser  mehr  besitzt.  Das  erscheint  uns  ungeheuerlich, 
weil  uns  des  Wassers  so  viel  auf  Erden  zu  sein  scheint.  Aber 
letzteres  ist  an  sich  gar  nicht  der  Fall.  Derartige  Dinge  dürfen 
nicht  mit  unserem  menschlichen  Massstabe,  sondern  nur  mit  ihrem 
eigenen  gemessen  werden.  Nur  so  lässt  sich  ihre  wahre  Grösse  er- 
kennen. Wenn  wir  uns  eine  Erdkugel  machen  würden  von  einem 
Durchmesser,  welcher  etwa  der  Höhe  eines  Mannes  gleich  ist,  bei 
welcher  also  1  geogr.  Meile  =  1  mm  ist,  so  würde  die  durchschnitt- 
liche Dicke  der  Wasserschicht,  nämhch  3440  m,  nur  ^!^  mm  betragen  \ 
Das  W^asser  bildet  also  im  Verhältnis  zur  ganzen  Erde  nur  ein  dünnes 
Wasserhäutchen,  dessen  Absorption  im  Laufe  vieler  Millionen  von 
Jahren  wohl  zu  verstehen  ist. 

Was  nun  aber  von  der  Erde  gilt,  wird  auch  vom  Monde  gelten 
können.  Auch  dieser  wird  früher  Wasser  gehabt  haben.  Wenn 
man  solchem  Schlüsse  etwa  entgegenhalten  wollte,  dass  bei  einer 
Entstehung  des  Mondes  durch  Zusammensturz  vieler  kleinerer  Welt- 
körperchen  —  wie  Gilbert  das  annimmt  —  gar  kein  Wasser  sich 
bilden  konnte,  so  wäre  dagegen  Verschiedenes  geltend  zu  machen: 
Einmal  ist  solche  Entstehungsweise  nicht  bewiesen.  Zweitens  aber 
wird  diejenige  des  Mondes  kaum  eine  andere  gewesen  sein  als  die 
der  Erde.  Wäre  also  der  erstere  dennoch  auf  solche  Weise  ent- 
standen, so  auch  letztere.     Hätte  daher   die  Erde  auf  solche  Weise 


1  Walt  her,  Bionomie  des  Meeres.  S.  13. 


—     300     — 

Wasser  bekommen ,  so  auch  der  Mond  ^  Drittens  ist  eine  solche 
Entstehungs weise  doch  nur  dem  Aggregatzustande  nach  unterschieden 
von  derjenigen,  welche  man  nach  Kant  und  Laplace  anzunehmen 
pflegt.  Ob  die  Stoffe  sich  aus  dem  gasförmigen  Zustande  zu  Erde 
und  Mond  verdichtet  haben,  oder  aus  dem  festen  —  das  ist  hin- 
sichtlich dieser  Wasserfrage  gleichgültig.  Die  Elemente,  welche  heute 
in  Erde  und  Mond  vorkommen,  müssen  in  dem  einen  wie  dem  an- 
deren Falle  vorhanden  gewesen  sein ;  also  auch  diejenigen  des  Wassers. 
Letzteres  konnte  sich  mithin  in  beiden  Fällen  bilden. 

Das  Endergebnis  dieser  Betrachtung  ist  also,  dass  früher  auch 
auf  dem  Monde  Erosion  und  Denudation  durch  Wasser  stattgefunden 
haben  wird,  und  dass  sich  die  so  entstandenen  Erosionsformen  der 
Mondoberfläche  nun,  seit  kein  Wasser  mehr  dort  vorhanden  ist,  durch 
ungemein  lange  Zeiträume  fast  unverändert  erhalten  müssen, 

Gilbert  selbst  sieht  eine  zweite  Schwierigkeit  für  die  kosmische 
Hypothese  in  dem  Umstände ,  dass ,  wie  er  meint,  die  Mondkratere 
fast  immer  kreisrund  sind.  Er  sucht  auf  umständliche  Weise  das 
zu  entkräften.  Doch  ist  das  nicht  nötig,  da  nach  freundlicher  Mit- 
teilung von  Weinland  (S.  281)  der  Umriss  der  Mondkratere  bald 
kreisrund,  bald  oval,  bald  unregelmässig  ist.  In  gleicher  Weise  sind 
aber  auch  die  Umrisse  von  Maaren  bald  rund,  bald  oval,  bisweilen 
auch  unregelmässig,  wie  in  dieser  Arbeit  gezeigt  worden  ist. 

Ein  dritter  Einwurf  gegen  Gilbert's  Hypothese  liegt  in  dem  häu- 
figen Auftreten  centraler  Kegelberge  in  den  Mondkrateren.  Gilbert 
nimmt  an,  dass  diese  Centralkegel  durch  die  Schmelzmassen  gebildet 
seien,  welche  vom  Fusse  des  Kranzes,  des  Ringwalles  nach  der  Mitte 
des  Beckens  hin  zusammenquollen,  und  dass  die  Kuppe  des  Kegels 
bestehe  aus  dem  nicht  geschmolzenen,  weil  hinteren  Teile  des  auf- 
schlagenden Möndchens.  Diese  zweite  Annahme  erscheint  aber  doch 
wohl  ganz  unmöglich.  Das  Möndchen  muss  wenigstens  annähernd 
den  Durchmesser  des  von  ihm  gebildeten  Kessels  besessen  haben. 
Eine  von  seinen  ungeschmolzenen,  hinteren,  also  für  uns  oberen 
Teilen  gebildete  Kuppe  müsste  daher  annähernd  den  Durchmesser 
des  Bodens  im  Kessel  erreichen.  Dahingegen  haben  die  Central- 
kegel ganz  wesentlich  viel  kleineren  Umfang.  Aber  auch  der  erste 
Teil  jener  Behauptung  kann,  wenn  auch  vielleicht  theoretisch  denk- 


^  Es  ist  auch  von  anderen,  so  von  Nor denskiöld  nnd  Graf  Pfeil, 
geltend  gemacht  worden ,  dass  die  Erde  aus  Zusammenballung  von  Meteoriten- 
staub  entstanden  sei.  Die  Schlussfolgeruug  auf  den  Mond  bliebe  dieselbe ,  denn 
Meteorite  und  Staub  derselben  sind  nur  der  Grösse  nach  verschieden. 


—     301     — 

bar,  so  doch  im  vorliegenden  Falle  nicht  möglich  sein ;  denn  Wein- 
land in  Prag  hat  auf  den  Lyck-Photographien  bei  zahlreichen  Cen- 
tralkegeln  kleine  Kratere  auf  dem  Gipfel  derselben  beobachtet,  wie 
ich  einer  freundlichen  Zuschrift  des  genannten  Astronomen  entnehmen 
darf.  Diese  Kratere  haben  sich  wegen  ihrer  geringen  Grösse  bisher 
der  Beobachtung  entzogen,  denn  der  Durchmesser  beträgt  z.  T.  nur 

^2  km. 

Daraus  folgt  aber  unwiderleglich,  dass  diese  Centralkegel  vul- 
kanischer Entstehung  sind,  und  da  sie  nun  im  Innern  der  fraglichen 
Mondkratere  Hegen,  so  wird  man  natürlich  auch  diese  allein  schon 
aus  diesem  Grunde  als  Bildungen  des  Vulkanismus  halten  müssen. 
Es  kommt  aber  noch  eines  hinzu:  Auch  auf  den  steilen  Ab- 
hängen dieser  Kegelberge  sitzen  bisweilen  Kratere.  Nach  Gilbert's 
Erklärung  müssten  folgerichtigerweise  auch  diese  durch  Aufschlag 
kleiner  Möndchen  erzeugt  worden  sein.  Dem  gegenüber  macht 
Weineck  in  dem  erwähnten  Schreiben  aber  mit  Recht  geltend,  dass 
auf  so  steilem  Gehänge  ein  Meteor  abgeprallt  sein,  nicht  aber  ein 
kreisrundes  Loch  geschlagen  haben  würde. 

In  ähnhcher  Weise  wie  die  centralen  Kegel  sucht  Gilbert  die 
Wölbung  der  Innenebenen,  welche  sich  ausnahmsweise  bei  einigen 
Mondkrateren  findet,  dadurch  zu  erklären,  dass  die  durch  den  Zu- 
sammenstoss  erst  auseinandergedrückten  weichen  Massen,  später 
wieder  nach  der  Mitte  hin  zusammengeflossen  seien  und  sich  dabei 
aufgestaut  hätten.  Er  nimmt  aber  auch  als  denkbar  an,  dass  der 
bei  der  Entstehung  eines  benachbarten  Kraters  ausgeübte  Druck  das 
verursacht  haben  könne. 

Auch  hier  möchte  ich  weit  eher  eine  vulkanische  Erklärungs- 
weise anwenden,  denn  wir  kennen  ganz  dieselbe  Erscheinung  auf 
Erden  und  zwar  auf  Hawai  an  dem  Kilaueakrater,  welcher  ja  gerade 
auch  durch  seine  Terrassenbildung  und  wagerechte  Innenebene  sich 
den  Mondkrateren  so  ähnlich  zeigte  Auf  dem  Halemaumau  ge- 
nannten Feuersee  im  Krater  bildet  sich  bisweilen  eine  Erstarrungs- 
kruste. Im  Jahre  1848  war  das  z.  B.  der  Fall.  Aber  diese  war 
damals  nicht  eben,  sondern  sie  war  domartig,  fast  100  m  hoch 
gewölbt,  so  dass  sie  im  S.  die  Wände  des  Kilaueakraters  überragte ! 
Durch  die  Risse  in  dieser  Decke  konnte  man  den  Feuersee  erbhcken. 
Diese  emporgewölbte  Erstarrungskruste  hielt  sich  lange  Zeit.  1849 
wurde    die   Lava  20  m   hoch    aus    einer   Öffnung   derselben   heraus- 


1  Marcuse,  Die  hawaisclien  Inseln.   Berlin  1894.  Friedländer.  S.  64—72. 


—     302     — 

geschleudert,  bis  endlich  die  Lava  wieder,  wie  sie  von  Zeit  zu  Zeit 
zu  thun  pflegt,  unterirdisch  abfloss.  1852  wurde  in  der  30  m  breiten 
Öffnung  des  Domes  der  wieder  in  die  Höhe  gequollene  feurige  See 
sichtbar;  die  Öffnung  erweiterte  sich,  die  Ränder  derselben  stürzten 
allmählich  ein  und  1855  erfolgte  der  Zusammenbruch  des  ganzen 
Domes  in  den  darunterliegenden  feurigen  Halemaumausee.  Im 
Jahre  1880  wölbte  sich  abermals  eine  domförmige  Erstarrungskruste 
über  den  See  empor. 

Aber  nicht  nur  das.  Auch  die  kalte  Lavadecke  im  ganzen 
Becken  des  Kilauea  hebt  sich  allmählich  (1.  c.  S.  71).  Gegenwärtig 
ist  auch  sie  domartig  gewölbt  und  ihre  höchste  Stelle  liegt  370  m 
über  dem  Niveau,  welches  sie  vor  70  Jahren  einnahm.  Diese  Hebun«? 
erfolgt  ungleichmässig ,  nach  den  Ausbrüchen  ist  sie  aber  immer 
am  stärksten. 

Wenn  nun  freilich  die  Ursache  des  Emporwölbens  der  Er- 
starrungskruste des  Sees  sowie  der  kalten  Lavadecke  nicht  ganz 
klar  hervorgeht,  so  kann  doch  an  der  Thatsache  selbst  nicht  ge- 
zweifelt werden.  Diese  Thatsache  aber  stimmt  so  vollkommen  mit 
der  in  Rede  stehenden  Erscheinung  eines  gewölbten  Bodens  in  einigen 
Mondkrateren  überein,  dass  wir  keinen  Grund  haben,  für  dieselbe 
auf  dem  Monde  nach  einer  anderen  Erklärung  zu  suchen  wie  auf 
der  Erde.  Es  werden  also  jene  Mondkratere  vulkanischer  Entstehung 
sein,  vom  Typus  der  hawaischen  Kratere. 

Übrigens  lässt  sich  für  eine  domartig  gewölbte  Decke  im  Innern 
eines  grossen  Mondkraters  noch  eine  andere,  einleuchtende  vulkanische 
Erklärung  geben.  Bedingung  ist  das  Vorhandensein  eines  Vulkanes 
von  hawaischem  Typus;  bei  welchem  also  der  Schmelzfluss  nicht 
zu  losen  Auswurfsmassen  zerschmettert  wird,  sondern  nur,  gleich 
einer  sich  hebenden  und  senkenden,  langsam  atmenden  Brust,  in 
dem  Ausbruchskanale  abwechselnd  aufsteigt  und  wieder  in  die  Tiefe 
versinkt.  Dies  geschieht  beim  Kilauea  auf  Hawai  unablässig  inner- 
halb monate-  und  selbst  jahrelanger  Perioden.  Hat  die  Zeit  des 
Aufsteigens  ihren  Gipfelpunkt  erreicht,  so  ist  der  Halemaumausee 
angefüllt.  Aber  dieser  Vorgang  kann  noch  weiter  fortdauern.  Dann 
fliesst  die  Lava  über  und  grössere  Teile  des  Kraterbodens  werden 
überschwemmt,  was  beim  Halemaumau  wirklich  vorgekommen  ist. 
Dadurch  wird  der  Boden  natürlich  erhöht,  denn  das  Übergeflossene 
erstarrt. 

Nun  denke  man  sich   einen  Mondkrater.     Derselbe  besitzt  ur- 
sprünglich einen  wagerechten  Boden,    hervorgerufen    durch    die  Er- 


—     303     — 

starrungskruste  der  Schmelzflusssäule,  welche  ihn  erfüllt.  Wird  all- 
mählich der  ganze  Schmelzfluss  bis  in  grosse  Tiefe  hinab  fest,  so 
bleibt  der  wagerechte  Boden,  die  Innenebene,  wie  wir  sie  bei  den 
meisten  Mondkrateren  sehen.  Dauern  dagegen  die  Perioden  des  Auf- 
und  Absteigens  der  Lava  weiter  fort,  so  können  zwei  verschiedene 
Möglichkeiten  eintreten.  War  die  Erstarrungskruste  dünn,  so  musste 
sie  z.  T.  der  sinkenden  Lava  nachbrechen.  Der  stehengebhebene 
randhche  Teil  aber  wird  später  von  der  wieder  hochsteigenden  Lava- 
säule hochgehoben  und  dann  wieder  eingeschmolzen.  So  bildet  sich 
nun  in  höherem  Niveau  abermals  eine  wagerechte  Kruste  bezw.  ein 
solcher  Kraterboden.  War  dagegen  die  Erstarrungskruste  sehr  dick 
geworden,  so  wird  sich  bei  abermaligem  Aufsteigen  der  Lava  nur, 
etwa  in  der  Mitte,  eine  Öffnung  bilden,  aus  welcher  die  Lava  über- 
fliesst  und  dabei  erstarrt.  Dass  dabei  rings  um  die  Ausflussöffnung 
sich  mehr  Masse  absetzen  muss,  als  in  weiterer  Entfernung  von  der- 
selben, ist  selbstverständlich.  Es  wird  sich  daher  der  Kraterboden 
bei  öfterer  Wiederholung  dieses  Vorganges  immer  in  der  Umgebung 
der  mittleren  Ausflussöffnung  mehr  erhöhen,  als  in  der  Peripherie. 
Mit  anderen  Worten,  es  wird  allmählich  ein  dorn-  oder  käseglocken- 
artig gewölbter  Kraterboden  entstehen  können.  Freilich  im  allgemeinen 
wohl  nur,  wenn  der  Durchmesser  des  Kraters  ein  kleiner  ist.  Bei 
einem  grossen  Durchmesser  dagegen  wird  die  Masse  nicht  bis  an 
den  Kraterrand  fliessen,  es  wird  sich  auf  solche  Weise  allmählich 
ein  innerer  Kegel  auftürmen;  und  so  erklärt  sich  die  Entstehung 
dieser  Bildungen  ungezwungener  als  durch  Gilbert's  Annahme. 

Ich  habe  im  Anschluss  an  die  Kegelberge  vorgreifend  derjenigen 
Kraterböden  gedenken  müssen,  welche  ausnahmsweise  domartig  ge- 
wölbt sind.  Bei  den  grösseren  Krateren  sind  diese  Böden  eben  und 
das  Dasein  einer  solchen  Innenebene  hält  nun  Gilbert  für  unverein- 
bar mit  eniem  Maare.  Nur  bei  Vulkanen  vom  Havvaitypus  kommen 
nach  Gilbert  solche  wagerechten  Innenebenen  vor.  Darin  irrt  der- 
selbe aber.  Wir  finden  dieselben,  wie  die  folgenden  Beispiele  dar- 
thun  werden,  nicht  nur  bei  jenen,  sondern  auch  bei  Vulkanen  vom 
Vesuvtypus  und  auch  bei  Maaren. 

Ich  werde  in  diesen  Beispielen  auch  zugleich  Belege  für  das 
Dasein  von  Terrassen  und  Centralkegeln  anführen. 

Vor  dem  Jahre  1867  hatte  der  Krater  des  Vesuv,  bei  700  m 
Durchmesser   und  60—70  m  Tiefe,    eine    horizontale    (aus  Tuff  ge- 
bildete?) Innenebene,  zu  welcher  seine  Wände  senkrecht  abstürzten  ^ 
»  de  Lapparent,   Traite  de  geologie.     Paris  1893.  Seine   edit.  S.  434. 


-     304     — 

Handelt  es  sich  hier  um  einen  Krater,  welcher  in  dem  losen  Aschen- 
kegel ausgesprengt  ist,  so  finden  wir  ganz  dasselbe  auch  bei  Kra- 
teren,  deren  Wände  aus  einem  Wechsel  fester  Lavaströme  und  loser 
Massen  aufgebaut  sind.  Das  ist  z.  B.  der  Fall  bei  dem  Krater  des 
Piton  de  la  Fournaise  auf  der  Insel  Reunion.  Im  Jahre  1874  besass 
dieser,  bei  einem  Durchmesser  von  400  m  und  einer  Tiefe  von 
150—160  m,  ebenfalls  eine  wagerechte  Innenebene,  welche  durch 
die  Oberfläche  der  erstarrten  Lava  gebildet  wurde.  Die  steil  ab- 
stürzenden inneren  Kraterwände  bestehen  aus  einem  Wechsel  wage- 
rechter Lavaströme  und  loser  Auswürflinge.  Am  Fusse  dieses  inneren 
Steilabfalles  liegt,  kranzförmig  die  Innenebene  umgebend,  ein  Ring 
von  losen  Auswürflingen  und  Blöcken  \  ganz  wie  bei  den  Mond- 
krateren ! 

Beim  Kilauea  auf  Hawai  haben  wir  endlich  einen  Krater,  wel- 
cher mit  steil  abstürzenden  Wänden  ganz  in  horizontale  Lavaschichten, 
ohne  Zwischenlagerung  loser  Massen,  eingesenkt  ist  und  ebenfalls 
eine  wagerechte  Innenebene  besitzt,  die  peripherisch  von  einer  Ter- 
rasse umgeben  ist.  Hier  ist  der  Krater  vermutlich  nicht  ausgesprengt, 
wie  beim  Vesuv,  sondern  durch  Senkung  oder  Einsturz  entstanden. 
Gasexplosionen,  und  damit  Erzeugung  loser  Aschenmassen,  fehlen 
hier  gänzlich;  nur  Lava  fliesst  aus,  steigt  empor  und  verschwindet 
wieder  in  der  Tiefe.  Hierbei  schmilzt  sie  gewiss  Teile  ihres  Kanales 
im  Innern  des  Berges  ein,  so  dass  höhlenartige  Erweiterungen  des- 
selben entstehen,  deren  Zusammenbruch  dann  diese  Kesselbildung 
erzeugte. 

Auch  der  gewaltige  Krater,  welcher  mit  einem  Durchmesser 
von  10  km  250—300  m  tief  senkrecht  in  wagerechte  Lavaschichten 
des  Grand  Brüle  auf  Reunion  eingesenkt  ist  und  den  Namen  TEnclos 
führt,  ist  vermuthch  durch  Einsturz  entstanden.  Sehr  bemerkens- 
wert ist  es  für  unsere  Yergleichung  mit  den  Mondkrateren,  dass  in 
diesem  Krater  durch  spätere  Ausbrüche  ein  centraler  Kegel  gebildet 
wurde,  der  Piton  Bory.  Fig.  108  giebt  ein  Bild  dieses  Kraters  nach 
DE  Lapparent.     Vergl.  S.  284. 

Wir  sehen  also,  dass  wir  auf  Erden  horizontale  Innenebenen 
bei  verschiedenartigen  Krateren  finden:  In  losen  Aschenkegeln;  in 
Kegeln,  die  aus  losen  und  festen  Massen  bestehen ;  in  Kegeln,  welche 
nur  aus  festen  Strömen  aufgebaut  sind;  in  Krateren,  welche  durch 
Explosionen  entstanden,    also  ausgesprengt  wurden;  endlich  in  Kra- 

'  Ebenda  S.  436. 


—     305     — 

teren,  welche  durch  Einsturz  hervorgerufen  wurden ;  schhesshch,  wie 
wir  sehen  werden,  in  Maaren. 

Wir  sehen  ferner,  dass  wir  TerrassenbiMung  in  verschieden- 
artigen Krateren  und  auf  verschiedene  Weise  entstanden  finden: 
Durch  Abbröckeln,  wie  beim  Piton  de  la  Fournaise  auf  Reunion, 
oder  durch  Senkung,  wie  beim  Kilauea. 

Endlich  sehen  wir  auch  bei  senkrechten  Wänden  und  wage- 
rechter Innenebene    centrale  Kegel,    wie   beim  Enclos    auf  Reunion. 

Allerdings  sind  das  alles  Bildungen,  welche  auf  Vulkanbergen 
vor  sich  gehen,  während  diejenigen  des  Mondes  einfach  in  die  Ober- 
fläche desselben  eingesenkt  sind;  und  darin  liegt  allerdings,  wie 
Gilbert  betont,  ein  Unterschied.  Allein  unser  vulkanisches  Gebiet 
von  Urach  lehrt  uns,  dass  auch  bei  Maaren  horizontale  Innenebenen 
vorkommen  und  die  Möglichkeit  der  Vereinigung  eines  derart  ge- 
stalteten Maares  mit  einer  inneren  Kegelbildung  scheint  mir  sehr 
leicht  denkbar  zu  sein. 

Wenn  Gilbert  meint,  die  Maare  hätten  nie  wagerechte  Innen- 
ebenen ,  so  hat  er  nur  die  typischen  Maare  im  Auge ,  welche  aller- 
dings eine  trichterförmige  Gestalt  besitzen.  Unsere  Gruppe  von  Urach 
aber  lehrt  uns  Maare  kennen,  welche  kesselartig  sind  und  ebenfalls 
eine  innere  Ebene  haben,  welche  durch  die  Oberfläche  der  den  Aus- 
bruchskanal erfüllenden  Tuffmassen,  bezw.  auch  einmal  durch  Ba- 
salt, gebildet  wird.  Es  lässt  sich  daher  die  Innenebene  der  Mond- 
kratere  ganz  auf  dieselbe  Weise  erklären.  Das  ist  auch  sehr  ein- 
leuchtend. Wenn  Kratere  auf  dem  Monde  bis  zu  160  geogr.  Meilen 
Durchmesser  ausgeblasen  wurden,  wo  sollte  denn  die  ungeheure 
Menge  des  zerschmetterten,  durchbrochenen  Gesteines  bleiben?  Selbst 
bei  reinen  Gasmaaren  (s.  S.  233),  bei  welchen  der  Schmelzfluss  so 
tief  unten  bleibt ,  dass  gar  keine  Asche  ausgeworfen  wird ,  sondern 
nur  Gase  explodieren,  muss  ja  das  zerschmetterte  Gestein,  zum  Teile 
in  die  Ausbruchsröhre  zurückfallend,  dieselbe  erfüllen.  Das  Vor- 
handensein einer  Innenebene  ist  daher  kein  Grund,  an  der  Deutung 
jener  Mondkratere  als  Maar  irre  zu  werden. 

Nun  haben  wir  aber  in  dieser  Arbeit  gesehen,  dass  es  in  der 
Gruppe  von  Urach  auch  Maare  giebt,  deren  Ausbruchskanäle  nicht 
mit  Tuff,  sondern  mit  Basalt  erfüllt  sind  (s.  S.  98).  Auf  dem 
Boden  eines  solchen  Basaltmaares  muss  natürlich  der  Schmelzfluss 
eine  wagerechte  Innenebene  bilden.  Ich  stehe  daher  nicht  an,  die 
entsprechenden  Mondkratere  als  Analoga  dieser  Maare  der  Gruppe 
von  Urach  zu  betrachten  und  in  ihrer  wagerechten  Innenebene  nur 

Jahreshefte  d.  Vereins  f.  vaterl.  Naturkunde  in  Württ.  1895.  20 


—     306     — 

die  Oberfläche  der  den  Ausbruchskanal  füllenden  Tuffbreccie  oder  des 
erstarrten  Schmelzflusses  zu  sehen.  Wenn  man  das  frühere  Vorhanden- 
sein von  Wasser  auf  dem  Monde  annimmt  (S.  297),  so  kann  man  ja  auch 
an  Sedimentärschichten  denken,  ganz  wie  solche  bei  unseren  irdischen 
Maaren  wagerechte  Böden  erzeugen.  Aber  es  ist  gar  nicht  nötig,  die 
ungezwungen  sich  ergebende  Erklärung  dadurch  zu  komplizieren. 

Nun  hat  ja  allerdings  Gilbert  recht,  wenn  er  betont,  dass  sich 
zu  diesen  wagerechten  Innenebenen  noch  Terrassen  an  den  inneren 
Abhängen  des  Ringwalles  und  häufig  auch  Centralkegel  gesellen. 
Es  wird  also  dadurch  der  reine  Eindruck  eines  typischen  Maares 
verwischt,  denn  auf  der  Erde  kennen  wir  keine  Maare  mit  Central- 
kegel. Allein  man  erwäge  nur  die  Entwickelungsreihe  der  vulkani- 
schen Gebilde  vom  Gasmaar  an  aufwärts,  wie  ich  sie  auf  S.  233 
besprochen  habe.  Es  ist  ja  gar  nicht  notwendig,  dass  ein  Maar 
genau  auf  diesem  ersten  embryonalen  Stadium  stehen  bleibe,  es 
kann  sich  weiter  entwickeln. 

Betrachten  wir  unter  diesem  Gesichtspunkte  einmal  die  Mond- 
kratere  mit  Innenebene  und  Centralkegel.  Wenn  sich  aus  dem 
Maare  ein  Vulkan  entwickelt,  so  geht  das  gar  nicht  anders,  als  dass 
sich  über  dem  einfach  in  die  Erdrinde  eingesenkten  Explosionskrater 
ein  Kegel  aufbaut.  Ist  nun  der  Explosionskrater,  das  Maar,  wie 
bei  den  irdischen  der  Fall,  klein,  so  wird  es  ganz  von  dem  Berge 
verschüttet  werden.  Man  sieht  es  dann  nicht  mehr.  Ist  dagegen 
der  Durchmesser  des  Maares  sehr  gross,  so  kann  sich  durch  spätere 
Ausbrüche  im  Innern  desselben  sehr  leicht  ein  Aschenkegel  aufbauen, 
ohne  mehr  als  einen  Teil  der  Innenebene  des  Maares  zu  bedecken. 
Das  ist  auf  dem  Monde  sehr  gut  denkbar;  denn  die  Mondkratere 
mittlerer  Grösse,  welche  zur  Hälfte  etwa  solche  inneren  Kegel 
besitzen,  sind  immer  noch  so  gross  —  sie  haben  bis  zu  20  geo- 
graphische Meilen  Durchmesser  — ,  dass  in  deren  Innern  sich  sehr 
gut  ein  Aschenkegel  aufbauen  kann. 

Ist  diese  Deutung  nun  die  richtige,  dann  würde  der  einzige 
Unterschied  der  folgende  sein:  Auf  dem  Monde  wären  das  dort 
riesige  embryonale  und  das,  dort  kleinere  spätere  Entwickelungs- 
stadium  des  Vulkanismus  an  einer  und  derselben  Stelle  nebeneinander 
sichtbar;  wogegen  auf  der  Erde  das  hier  stets  kleine  embryonale 
Stadium  verdeckt  wird,  sowie  es  zur  weiteren  Entwickelung  des 
Vulkanismus  kommt. 

Es  würde  also  der  Mond,  gegenüber  der  Erde,  ausgezeichnet 
sein  dadurch,  dass  auf  ersterem  das  embryonale  Stadium  des  Vulkanis- 


—     307     — 

raus  zwar  ebenfalls  klein    sein   kann,    aber   zum   grossen  Teile   mit 
ganz  ungemein  viel  grösseren  Dimensionen  entwickelt  ist. 

Ich  gebe  zu,  man  kann  mir  den  Einwurf  machen,  dass  sich 
dann  in  den  Mondmaaren  alle  Übergänge  von  dem  kleinen  Kegel 
bis  zu  dem  grossen,  fast  das  ganze  Maar  zudeckenden  Berge  finden 
müssten.  Die  Sache  mag  sich  auf  folgende  Weise  erklären.  Ich 
frage:  Warum  ist  es  denn  in  dem  vulkanischen  Gebiete  von  Urach 
an  den  127  Ausbruchstellen  ausnahmslos  bei  dem  embryonalen  Maar- 
stadium verblieben  ?  Warum  hat  sich  hier  nicht  ein  einziger  Vulkan 
gebildet?  Da  niemand  die  letzte  Ursache  dieser  Erscheinung  an- 
zugeben vermag,  so  wird  die  Antwort  nur  lauten  können :  Die  Ver- 
hältnisse müssen  eben  derartige  gewesen  sein,  dass  der  Vulkanismus 
nicht  über  ein  embryonales  Eintagsleben  hinauskam. 

Wenn  nun  dies  thatsächlich  für  unser  schwäbisches  Vulkan- 
gebiet der  Fall  ist,  so  kann  es  ebensogut  auch  für  den  Mond  der 
Fall  gewesen  sein.  Auch  dort  müssen  die  Verhältnisse  so  gewesen 
sein,  dass  die  vulkanische  Kraft  nur  unentwickelte  Wesen,  Maare, 
erzeugen  konnte.  Wenn  sie  es  versuchte  darüber  hinauszugehen, 
so  blieb  es  auch  hier  bei  Versuchen.  Nie  wurde  aus  einem  kleinen 
Centralkegel  ein  grosser  Vulkanberg. 

Vielleicht  geht  gerade  Hand  in  Hand  mit  diesem  Unvermögen 
des  Vulkanismus,  ausgebildete  Vulkane  zu  schaffen,  seine  Fähigkeit, 
recht  zahlreiche  Vulkanversuche,  Maare,  erzeugen  zu  können.  Viel- 
leicht erklärt  sich  dadurch  der  Umstand,  dass  der  Mond  eine  so  ge- 
waltige Zahl  von  embryonalen  Krateren  besitzt.  In  der  Gruppe  von 
Urach  möchte  man  wenigstens  eine  solche  Beziehung  erblicken :  Kein 
einziger  Vulkan,  dafür  aber  nicht  weniger  als  127  Maare,  bezüghch 
embryonale  Vulkanbildungen,  aufeinem  nur  20QMeilen  grossen  Gebiete. 
Auf  der  uns  zugewendeten  Seite  des  Mondes  ist  nun  die  Zahl 
der  Kratere  eine  ganz  gewaltige,  20—30000  nach  Faye's  Schätzung. 
Wie  gross  das  Übergewicht  des  Mondes  in  dieser  Hinsicht  über  die 
Erde  ist,  wird  erst  klar,  wenn  man  erwägt,  dass  nach  Gilbert  ^  ein 
Gebiet  von  Nordamerika,  welches  ungefähr  ebenso  gross  ist  wie  die 
uns  zugewendete  Mondseite,  gegenüber  jenen  20—30000  Krateren 
nur  etwa  deren  3000  besitzt'.     Mir   scheint   aber   das  Übergewicht 

'  1.  c.  S.  246. 

^  D.  h.  3000  einzelne  Kratere,  nicht  etwa  ganze  Vulkane.  Diese  Zahl 
scheint  sehr  hoch;  aher  Gilbert  giebt  Anhaltspunkte  für  dieselbe.  Er  führt 
sogar  weiter  aus,  dass  die  Zahl  von  3000  noch  grösser  sein  würde,  wenn  man 
die  älteren,  bereits  zerstörten  mitzählen  könnte. 

20* 


—     308     — 

des  Mondes  in  dieser  Beziehung  noch  viel  grösser  zu  sein,  denn  hier 
ist  Ungleichwertiges  miteinander  vergUchen.    Die  Kratere  des  Mondes 
sind  offenbar  vorwiegend  selbständige  Bildungen,    die  überwiegende 
Mehrzahl  derselben  ist  die   obere  Öffnung    eines   besonderen  Durch- 
bruchskanales.     Der  Mond  besitzt    also   auf  der   uns   zugewendeten 
Seite  nicht  nur  20—30000  Kratere,  sondern  auch  ebensoviel  einzelne 
Durchbruchskanäle,  Diatremata  nach  Daubree's  Ausdrucke.    Bei  den 
irdischen    Vulkanbergen    dagegen,    das    gilt    also    auch    von    jenen 
3000  Krateren  Nordamerikas,   können    auf   einen  Durchbruchskanal 
sehr  viele  Kratere  kommen.    Wenn  z.  B.  der  Ätna  mehrere  100  para- 
sitische Kratere   besitzt,    so   sind   diese    doch   nur   auf  Spalten    des 
Berges  aufgesetzt,  also  lediglich  auf  den  einen  die  Erdrinde  durch- 
bohrenden Ausbruchskanal,  höchstens  auf  einige  zurückzuführen,  in 
welchem    die    Laven    aufsteigen.     Die    dem   Monde    gleiche   Fläche 
Nordamerikas  besitzt  also  nicht  etwa  3000,  sondern  eine  ungemein 
viel  geringere  Zahl   von   solchen   selbständigen  Durchbruchskanälen. 
Demgegenüber  tritt  nun  aber  das   überaus  Eigen- 
artige  unserer   vulkanischen  Gruppe   von  Urach   recht 
in  dasLicht.    So  übergewaltig  auch  der  Erde  gegenüber 
die   Zahl    der   Durchbruchskanäle    auf  dem   Monde   ist, 
das  Gebiet  von  Urach  ist  letzterem  in  dieser  Hinsicht 
nicht  weniger  als  73mal  überlegen,  wenn  wir  vom  Monde 
die  Durchschnittszahl  der  Kratere,  d.  h.  der  selbstän- 
digen  Durchbruchskanäle   nehmen.     Auf  IIV2  D^eilen 
derMondoberfläche  kommt  durchschnittlich  ein  solcher 
Kanal,   falls  jedem  der  30000  Kratere   ein   solcher   ent- 
spricht.    Das  macht  auf  20  n^eilen,  so  gross  ist  etwa 
das   vulkanische    Gebiet   von   Urach,    noch   nicht   ganz 
1^/^  Kanäle  (1,74),  wogegen  unser  Gebiet  von  Urach  deren 
mindestens  127  besitzt^     Führt  man  nun  aber  an,    dass  dies 
nur   eine   Durchschnittszahl   ist,    dass    also    einzelne    Gegenden    des 
Mondes  viel  reicher  an  Krateren  bezw.  Durchbruchskanälen  sind,  so 
kann  man  dasselbe  von  unserem  Gebiete  geltend  machen.     Durch- 
schnittlich haben  wir  hier  auf  1  DMeile  auch  nur  6,3  Durchbohrungen, 
während  die  Gegend  im  W.  und  N.  vom  Jusi   auf  der  Fläche    von 

1  Die  Oberfläche  des  Mondes  zu  688  635  nMeilen  gerechnet,  ergiebt  sich 
für  die  Hälfte  derselben  die  Summe  von  344  318  nMeileu.  Hierbei  ist  allerdings 
vernachlässigt,  dass  infolge  der  Libration  mehr  als  die  halbe  Moudfläche  für  uns 
sichtbar  wird;  dafür  habe  ich  aber  nicht  das  Mittel  von  20-30000,  sondern 
30000  gerechnet. 


—     309     — 

1  □Meile  22,  diejenige  um  Owen  hemm  18  solcher  Durchbohrungen 
zählt.  Demgegenüber  hat  der  Mond  durchschnittlich  auf  1  QMeile 
nur  0,087  Durchbohrungen. 

Doch  noch  ein  Weiteres  in  Beziehung  auf  die  Zahl  dieser 
Kratere.  Gilbert  hebt  hervor,  dass  wir  auf  dem  Monde  so  sehr 
viele  Kratere,  auf  Erden  aber  noch  nicht  50  Maare  besitzen;  unter 
anderem  spräche  das  ebenfalls  gegen  die  Deutung  der  Mondkratere 
als  Maare.  Nun  ist  diese  Zahl  von  50  wohl  etwas  zu  klein,  wie 
ich  S.  218  gezeigt  habe.  Es  gesellen  sich  auch  dazu  die  127  des 
Gebietes  von  Urach  und  vermuthch  diejenigen  Mittel-Schottlands. 
Aber  abgesehen  davon  ist  ihre  Zahl  doch  auf  Erden  noch  sehr  viel 
grösser ;  denn  unter  vielen  Vulkanen  liegt  ein  Maar  begraben.  Auch 
sind  im  Laufe  der  Zeiten  wohl  manche  Maarkessel  auf  Erden  ab- 
getragen worden  und  unkenntlich  gemacht. 

Erwägt  man  nun,  dass  der  wasser-  und  luftlose  Mond  als  geo- 
logische Mumie  alle  Kratere  seit  vielleicht  ungeheuer  langen  Zeiten 
aufbewahrt  hat,  während  auf  der  stetig  ihre  Oberfläche  abtragenden 
Erde  im  Laufe  dieser  Zeiten  zahlreiche  Vulkane  abrasiert  wurden, 
so  folgt  abermals,  dass  die  Zahl  der  Kratere  bezw.  Maare  auf  Erden 
sehr  viel  grösser  sein  würde,  wenn  alle,  wie  auf  dem  Monde,  erhalten 
wären.  Gilbert  selbst  weist  ja  auf  diese  verschwundenen  Kratere 
hin  (S.  307  Anmerkung  2  dieser  Arbeit). 

Aus  alledem  folgt  —  und  Gilbert  legt  darauf  auch  gewiss 
kein  grosses  Gewicht  —  dass  die  grosse  Zahl  der  Mondkratere  uns 
nicht  im  geringsten  in  der  Deutung  derselben  als  vulkanischer  Bil- 
dungen wankend  machen  kann. 

Doch  Gilbert  erhebt  noch  einen  anderen  Einwurf:  das  Auftreten 
innerer  Terrassen  in  vielen  Mondkrateren.  Dieselben  sind  nach  seiner 
Schilderung  nicht  so  regelmässig  wie  die  innere  Terrasse  in  dem 
irdischen  Krater  des  Hawai-Typus.  Gilbert  vergleicht  sie  mehr  mit 
Abrutschmassen  (S.  282).  Vom  Standpunkte  unserer  vulkanischen 
Hypothese  lässt  sich  die  Entstehung  derselben  auf  drei  verschiedene 
Weisen  erklären.  Entweder  nehmen  wir  das  Vorhandensein  von 
Wasser  zur  Zeit  der  Ausbrüche  an ;  dann  sind  es  infolge  der  Wirkung 
des  Wassers  abgerutschte  Massen.  Im  Randecker  Maar  No.  39 
rutscht  ringsherum  an  der  Innenseite  alles  allmähhch  auf  solche 
Weise  hinab.  Oder  wir  verzichten  darauf;  dann  können  allein  durch 
die  Schwere  im  Laufe  sehr  langer  Zeiten  diese  Massen  niedergebrochen 
sein.  Oder  wir  nehmen  Mondbeben  an,  welche  sich  doch  gewiss 
bei  der  Bildung  so  zahheicher  Kratere  eingestellt  haben ;  dann  sind 


-     310     — 

diese  Massen   plötzlich   abgebrochen.     Das   letzte   ist   vielleicht   das 
am  meisten  ausschlaggebende. 

Fragen  wir  aber,  welcher  Beschaffenheit  denn  nun  die  ab- 
gerutschten Massen  waren,  so  mögen  dieselben  zum  Teil  lose,  zum 
Teil  aber  auch  fest  gewesen  sein.  Ich  denke  im  letzteren  Falle 
an  Erscheinungen,  wie  sie  sich  im  Halemaumau  zeigen  (S.  284). 
Der  Schmelzfluss  bildet  eine  Erstarrungskruste.  Diese  wächst  in 
ihrem  randlichen  Teile  an  die  inneren  Gehänge  des  Kraters  an. 
Nun  sinkt  die  Lava  in  dem  Feuersee.  In  der  Mitte  bricht  die  Er- 
starrungskruste nach  und  schmilzt  ein.  Am  Rande  hält  sie  sich 
eine  Zeit  lang,  bis  sie  auch  hier  nachbricht.  In  schräger  Lage  ruht 
sie  dann  auf  dem  inneren  Gehänge.  Gilbert  schildert  den  Eindruck 
dieser  Terrassen  ja  ganz  ähnlich :  Es  sehe  aus,  als  wenn  vom  Rande 
einer,  mit  einer  festen  Basaltdecke  überzogenen  Hochfläche  Fetzen 
herniedergebrochen  wären.  Übrigens  betrachtet  Gilbert  selbst  ihre 
Entstehung  ja  ledighch  durch  Abrutschung.  Nur  dass  er  diese  sich 
hervorgerufen  denkt  dadurch,  dass  der  untere  Teil  des  inneren  Ge- 
hänges durch  den  Zusammenstoss  schmolz,  wegfloss  und  dadurch 
den  oberen  der  Unterlage  beraubte. 

Was  jene  Rillen  oder  Spalten  (S.  291)  anbetrifft,  welche  einen 
ebenen ,  nicht  V  förmigen  Boden  besitzen,  so  glaube  ich,  dass  man 
diese  Eigenschaft  in  viel  ungezwungenerer  Weise  als  durch  Gilbert's 
Schmelzflut  erklären  kann.  Genau  so,  wie  auf  Erden  der  Schmelz- 
fluss von  unten  her  in  die  Spalten  dringt,  so  wird  das  auch  auf 
dem  Monde  der  Fall  gewesen  sein.  Daher  muss  der  Boden  dieser 
Spalten  natürlich  eben  sein.  Der  Schmelzfluss  braucht  eine  Spalte 
durchaus  nicht  bis  an  die  Oberfläche  hin  zu  erfüllen.  That  er  das 
aber  auf  dem  Monde,  so  entstand  jene  zweite  Art  von  Spalten, 
deren  Verlauf  sich  nur  noch  durch  eine  Reihe  von  Löchern  verrät. 
Diese  Löcher  möchte  ich,  ganz  wie  Gilbert,  durch  Gasexplosionen 
erklären. 

Zusammenfassung.  Gilbert's  Gründe  für  seine  kosmische 
Hypothese  sind  die  folgenden :  Die  Mondkratere  können  unter  keiner 
Bedingung  —  und  dem  muss  jeder  beipflichten  —  als  Vulkane  vom 
Vesuv-Typus  betrachtet  werden.  Wir  können  sie  aber  auch  nicht 
einmal  für  solche  des  Hawai-Typus  ansehen ;  denn  letztere  liegen  auf 
Erden  auf  einem  Berge,  ihnen  fehlt  ein  innerer  Kegel,  ihre  Terrassen 
sind  wagerecht.  Die  Mondkratere  sind  dagegen  einfach  in  die  Mond- 
ebene eingesenkt,  sie  haben  zum  Teil  innere  Kegel,  ihre  Terrassen 
sind   schräg,    uneben.      Gilbert    sagt   weiter:    Abgesehen    von    den 


-     311     — 

kleinen  unter  den  Mondkrateren ,  können  wir  letztere  aber  auch 
nicht  als  Maare  betrachten;  denn  letztere  sind  zwar  auf  Erden 
ebenfalls  nur  in  die  Oberfläche  eingesenkt.  Aber  sie  besitzen  hier 
keine  Innenebene,  keine  Centralkegel,  keine  inneren  Terrassen ;  auch 
sind  sie  selten.  Die  Mondkratere  besitzen  auch  bisweilen  domförmig 
gewölbte  Böden. 

Demgegenüber  hebe  ich  hervor:  Zahl  und  Grösse  sind  neben- 
sächliche Dinge.  Innenebenen  kommen  auch  bei  Maaren  vor, 
gewölbte  Böden  bei  dem  Hawai-Typus.  Die  Centralkegel  der  Mond- 
kratere sind  Vulkane,  schon  weil  sie  Kratere  an  der  Spitze  tragen. 
Die  Mondkratere  sind  also  vulkanischen  Ursprunges.  Zum  Teil  sind 
es  Maare ;  zum  Teil  sind  sie  über  dieses  Stadium  hinaus  entwickelt, 
ohne  jedoch  fertige  Vulkane  geworden  zu  sein.  Sie  sind  mehr  Maar 
als  Vulkanberg,  oft  ein  Zwischending  zwischen  beiden  mit  Anlehnung 
an  den  Hawai-Typus. 

In  völhg  anderer  Weise  wie  Gilbert  sucht  neuerdings  Prinz  ^ 
die  Entstehung  der  Kraterbildungen  des  Mondes  zu  erklären.  Schon 
GwYN  Elger  hatte  die  Ansicht  ausgesprochen,  dass  der  ümriss  der 
Mondkratere  nur  ein  kreisförmiger  zu  sein  scheine,  dass  dieser  Em- 
druck  aber  verschwinde,  sowie  man  stärkere  als  die  gewöhnhchen 
Vergrösserungen  anwende,  bei  welchen  sich  dann  ein  polygonaler 
Umriss  ergebe.  Auch  früher  bereits  waren  von  anderen  gleiche 
Beobachtungen  gemacht  worden  und  Prinz  fügt  diesen  nun  weitere 
hinzu.  Derselbe  unterscheidet  vier  verschiedene  Typen:  Hexagonale 
Kratere ;  solche  mit  mehr  oder  weniger  als  6  Seiten,  nämlich  hepta- 
und  pentagonale ;  sodann  fast  quadratförmige  oder  rhomboidale; 
endlich  solche  mit  teilweise  winkhgem  Umrisse. 

Ganz  entsprechendes  Verhalten  zeigen  nach  Prinz  von  irdischen 
Krateren  der  Kilauea  and  der  Mokua-weo-weo  des  Mouno  Loa.  Am 
ersteren  sucht  er  einen  ungefähr  hexagonalen  Umriss  nachzuweisen ; 
am  letzteren  einen  6  bis  7seitigen,  wobei  einzelne  der  Seiten  einen 
konvex  nach  innen  gekrümmten,  flachen  Bogen  beschreiben.  Natür- 
hch  gelingt  eine  solche  Zeichnung  (Fig.  2  und  4  auf  S.  14  und  17 
seiner  Abhandlung)  bei  einem  Krater  von  unregelmässiger  Gestalt 
unter  Umständen  ganz  gut.  Irgendwelche  Regelmässigkeit  aber  wird 
wohl  niemand  in  dem  so  gewonnenen  polygonalen  Umrisse  erkennen 
können. 

1  Esquisses  selenogiques.  I.  L'origine  du  contour  polygonal  et  hexagonal 
de  certains  volcans  lunaires.  Bruxelles.  Extrait  de  la  Revue  ,Ciel  et  Terre''. 
14  eme  annee.  1893.  .37  S.  1  Taf.  10  Textfig. 


—     312     — 

Prinz  geht  nun  aus,  einmal  von  der  durch  Suess^  gegebenen 
Beschreibung  von  Senkungsfeldern,  bei  welchen  derselbe  peripherische 
und  radiale  Brüche  unterscheidet ;  es  entstehen  hierbei  Kesselbrüche, 
wie  z.  B.  in  der  schwäbisch-fränkischen  Alb  das  Hegau  und  das 
Ries,  von  gerundeter  oder  unregelmässig  winkliger  Umrandung.  So- 
dann zweitens  von  Versuchen,  bei  welchen  ein  auf  den  Mittelpunkt 
einer  festen,  homogenen  Platte  ausgeübter  Druck  oder  Stoss  einen 
Sternbruch  erzeugt.  Derselbe  wird  gebildet  durch  drei  Bruchlinien, 
welche  sich  unter  60*^  durchschneiden,  also  genau  wie  die  drei 
Nebenachsen  des  hexagonalen  Krystallsystems.  Das  sind  die  radialen 
Sprünge.  Peripherische  aber  bilden  sich  gleichfalls  bei  weiter  an- 
dauernder Einwirkung,  indem  sie  —  gleich  der  Projektion  einer 
hexagonalen  Pyramide  auf  eine  Ebene  —  ein  zu  jenem  Achsenkreuz 
gehöriges  Sechseck  darstellen,  dessen  Seiten  entweder  gerade  oder 
nach  innen  konvex  verlaufen. 

Es  ist  nun  nach  Prinz  ganz  gleichgültig,  ob  man  statt  „Druck" 
oder  „Stoss"  den  Ausdruck  ,,Senkung"  setzen  will.  Die  ideale  Um- 
randung eines  Senkungsfeldes  ist  daher,  nach  Prinz,  eine  hexagonale. 
Wenn  ein  solches  diese  Idealgestalt  in  der  Wirklichkeit  niemals  besitzt, 
so  hegt  dies  an  mangelnder  Homogenität  der  Erdrinde  und  anderen 
Ursachen. 

Die  Mondkratere  und  auch  gewisse  sogenannte  Meere  des  Mon- 
des sind  also  nach  Prinz  solche  Kesselbrüche ;  daher  ihr,  nach  ihm, 
vorwiegend  hexagonaler  Umriss. 

Mehreres  möchte  ich  dem  entgegenhalten.  Wenn  die  Senkungs- 
felder und  Kesselbrüche  auf  der  Erde  nicht  diesen  hexagonalen 
Umriss  besitzen  —  und  das  ist  eben  nicht  der  Fall  —  wie  sollten 
denn  die  gleichen  Bildungen  auf  dem  Monde  diese  Gestalt  erlangen? 
Ob  die  Erdkruste  oder  die  Mondkruste  einbricht,  scheint  doch 
gleichgültig. 

Zweitens  besitzt  kein  einziges  der  127  Maare,  bezw.  der  Aus- 
bruchskanäle derselben,  in  unserem  Gebiete  einen  polygonalen,  ge- 
schweige denn  hexagonalen  Umriss.  Diese  Kanäle  sind  aber  doch 
ebenfalls  entstanden  durch  Stösse,  ausgeübt  von  explodierenden 
Gasen.  Bei  keinem  dieser  Kanäle  zeigt  sich  auch  ein  solcher  sechs- 
strahliger  Sternbruch,  welcher  im  Umkreise  derselben  das  Gestein 
zerklüftete. 

In  wie  weit  drittens    überhaupt   der  hexagonale  Umriss  vielen 

'  Antlitz  der  Erde.  Bd.  I.  1883.  S.  165. 


—     313     — 

Mondkrateren  wirklich  eigen  ist,  vermag  ich  nicht  zu  entscheiden. 
Die  schönen  vergrösserten  Bilder,  welche  Weinland  von  einer  ganzen 
Anzahl  von  Photographien  der  Lyck-Sternwarte  giebt,  lassen  nichts 
Derartiges  erkennen.     Vergl.  Fig.  110. 

Endhch  sprechen  auch  die  Ringwälle  der  Mondkratere  gegen 
ihre  Auffassung  als  Senkungsfelder  bezw.  Kesselbrüche.  Wenn  alles 
in  die  Tiefe  versinkt,    wie  soll  da   ein  Ringwall   entstehen?    Haben 


tr-'-^^-'^m 


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Clavius  nach  WeiiiecK.f igf.llO, 


wir  etwa  um  die  Einsturzbecken  des  Hegau  und  des  Ries  einen 
solchen  erhöhten  Ringwall?  Ein  solcher  kann  doch  nur  durch  Aus- 
wurfsmassen aufgetürmt  werden.  Mindestens  in  allen  den  Fällen, 
in  welchen  sich  auf  dem  Monde  ein  solcher  Ringwall  zeigt,  muss 
daher  "Vulkanismus  im  Spiele  sein;  wenn  auch  zugegeben  werden 
muss,  dass  ursprünglich  ein  Einsturz  erfolgt  sein  könnte  und  erst 
dann  ein  Ausbruch.  Im  letzteren  Falle  wäre  aber  sicher  der  hexa- 
gonale  Umriss  wieder  verwischt  worden.  Des  Ferneren :  Wie  will 
man  die  centralen  Kegel  in  den  Mondkrateren  erklären,  wenn  man 
in  letzteren  Einsturzbecken  sieht?  Auch  überall  da,  wo  Mondkratere 
dicht  benachbart  sind,  wo  sie  im  Innern  einer  grösseren  Einsenkung 


—     314     — 

liegen,  wo  sie  auf  dem  Ringwalle  einer  anderen  oder  gar  auf  der 
Flanke  eines  Centralkegels  aufsitzen,  wird  man  keine  Entstehung 
durch  Einsturz  annehmen  dürfen. 

Dass  dagegen  andere  Mondbildungen  ohne  Ringwall,  wie  ge- 
wisse sogenannte  Meere,  durch  Einsturz  entstanden  sind,  wäre  nicht 
undenkbar ;  denn  warum  sollten  sich  auf  dem  Monde  keine  Spalten- 
bildungen und  Einbrüche  vollzogen  haben?  Nur  dass  sie  infolgedessen 
einen  sechseckigen  Umriss  besitzen  müssten,  erscheint,  im  Hinblicke 
auf  irdische  Einbruchsfelder,  nicht  wahrscheinhch. 


Verbesserungen  und  Zusätze. 

Bohrtabelle  des  Bohrloches  bei  Neuffen. 

In  der  Tabelle  1894  auf  S.  655  ist  der  den  Bonebed-Sandstein 
vom  Lias  trennende  Strich  aus  Versehen  unter  die  No.  23  gekommen, 
während  er  über  derselben  gezogen  sein  müsste ,  da  No.  23 ,  wenn 
reiner  Sandstein,  dem  Keuper  angehört. 

Auf  S.  656  1894  ist  das  über  No.  23  Gesagte  dahin  zu  berichtigen, 
dass  die  Zone  des  Ä.  planorhis  in  Schwaben  wohl  nirgends  in  so 
sandig-kalkiger  Art  entwickelt  ist,  wie  das  hier,  einer  mir  zugegangenen 
irrtümlichen  Mitteilung  zufolge,  als  möglich  angenommen  wurde. 

Zu  S.  98  oben :  Den  Gründen,  welche  dafür  sprechen, 
dass  alle  unsere  Tuffgänge  mit  Maaren  in  Verbindung 
standen,  dass  es  bei  keinem  zur  Aufschüttung  eines 
grösseren  Aschenkegels  auf  der  Erdoberfläche  kam, 
möchte  ich  noch  die  beiden  folgenden  zugesellen : 

Unsere  Tuffe  sind  ausnahmslos  gekennzeichnet  durch  die  über- 
aus grosse  Zahl  von  Stücken  der  durchbrochenen  Gesteinsmassen. 
Eine  solche  Beschaffenheit  ist  aber  doch  sicher  ein  Beweis  dafür, 
dass  wir  hier  nur  Erstlingsauswürfe  des  Vulkanismus  vor  uns  haben. 
Nur  solange  der  Ausbruchskanal  noch  ausgesprengt  wird ,  können 
den  losen  Aschenmassen  so  gewaltige  Mengen  der  durchbrochenen 
Gesteinsreihen  beigemengt  werden.  Ist  der  Kanal  fertig  gebildet, 
dann  mag  wohl  hier  und  da  einmal  eine  Erweiterung  desselben  statt- 
finden, so  dass  dann  und  wann  wiederum  durchbrochene  Gesteine 
mit  herausgefördert  werden ;  im  allgemeinen  aber  werden  doch  dann 
nur  rein  vulkanische  Massen,  entweder  lose  oder  flüssige,  aus  der 
Röhre  zu  Tage  kommen  können. 

Dauern  also  die  Ausbrüche  an,  so  werden  die  losen,  mit  Durch- 
bruchsgestein so  sehr  stark  gemengten ,  Massen ,  welche  den  Kanal 
anfänglich  erfüllten,  sehr  bald  zu  Tage  gefördert  werden.  Es  wird 
aus  ihnen  ein  Berg  aufgeschüttet ,  so  dass  sich  die  nun  reingefegte 


—     316     — 

Röhre  entweder  mit  alleiniger  vulkanischer  Asche  oder  mit  Schmelz- 
fluss  anfüllt.  Zweifellos  tritt  fast  immer  sehr  bald  das  letztere  ein, 
denn  wir  kennen  eben  nur  wenig  tufferfüllte,  dagegen  sehr  viel  mit 
festem  Basalt  u.  s.  w.  erfüllte  Ausbruchskanäle.  Es  wird  also 
eine  so  starke  Vermengung  der  Asche  mit  Stücken  der 
durchbrochenen  Ge  Steinsreihen  stets  ein  Beweis  dafür 
sein,  dass  es  sich  hier  um  die  Erstlingsprodukte  einer 
neuen  Ausbruchsröhre  handelt,  bezw.  um  eine  starke 
Vergrösserung  einer  schon  bestehenden,  was  auf  das- 
selbe hinausläuft.  Da  nun  im  Gebiete  von  Urach  sich  nirgends 
reine  Aschenmassen,  sondern  stets  nur  in  der  geschilderten  Art  durch- 
mengte finden,  so  folgt  daraus  mit  Notwendigkeit,  dass  wir  hier 
wirklich  nur  Vulkanembryonen  vor  uns  haben. 

Aber  noch  ein  weiterer  Beweis  lässt  sich  dafür  erbringen,  dass 
es  in  unserem  Gebiete  nicht  zur  Aufschüttung  von  Aschenkegeln 
gekommen  ist.  Hand  in  Hand  mit  einem  solchen  Vorgange  würde 
selbstverständlich  auch  eine  Aschendecke  sich  weithin  über  das  ganze 
Gelände  gelegt  haben,  wie  das  z.  B.  im  Hegau  der  Fall  war.  Hierbei 
müsste  natürlich  die  niederfallende  lose  Gesteinsmasse  in  Spalten  ^ 
der  Alb  entweder  direkt  gelangt  oder  bald  durch  Wasser  gespült 
sein,  wie  das  z.  B.  im  Ries  der  Fall  ist,  wo  nach  Gümbel  der  Tuff 
z.  T.  auf  der  Oberfläche,  z.  T.  in  solchen  Spalten  liegt.  Auch  in 
irgend  eine  der  im  Gebiete  von  Urach  liegenden  Höhlen  würde  durch 
das  Regenwasser  etwas  von  der  Decke  dieser  Tuffbreccie  hinein- 
gespült sein  können.  Nichts  von  alledem  ist  der  Fall ;  der  Tuff 
findet  sich  nur  in  den  Ausbruchsröhren,  nicht  in  Spalten  oder  Höhlen. 
Wie  sich  in  unserem  vulkanischen  Gebiete,  z.  B.  in  den  Spalten  des 
Breitensteins,  tertiäre  Sande  eingespült  finden,  so  müsste  in  den- 
selben auch  Tuff  liegen,  denn  er  ist  rings  umgeben  von  nahegelegenen 
vulkanischen  Punkten^. 

So  sprechen  also  auch  diese  beiden  Gründe  dafür,  dass  in 
unserem  Gebiete  nur  ein  kurzes ,  vorübergehendes  Aufflackern  der 
vulkanischen  Thätigkeit  stattfand,  dass  keine  Berge  auf  der  Erd- 
oberfläche aufgeschüttet  wurden. 

Sicher  ist  so  viel,  dass  meine  Auffassung  aller 
unserer  Tuff  vorkommen  als  Ausbruchskanäle  ehemaliger 


'  D.  li.  durch  Bruch  entstandene  Spalteu,  nicht  in  Ausbruchsröhren. 

^  Randecker  Maar,  Torfgrube,  Diepoldsburg,  Engelhof,  Rossbühl  bei  Brücken, 
Teck,  Nabel,  Limburg  umgeben  den  Breitenstein,  die  NW. -Spitze  der  Randecker 
Plateauhalbinsel,  von  allen  Seiten. 


317     — 


Maare  mit  der  Deutung  des  Randecker  Maares  steht 
und  fällt.  Ist  dieses  ein  Maar,  so  sind  es  auch  alle 
anderen  Vorkommen  gewesen.  Wer  dagegen  letzteres 
nicht  anerkennen  will,  muss  auch  vom  Randecker  Maare 
sagen,  dass  dasselbe  lediglich  ein  durch  Erosion  im 
Tuff  entstandener  Kessel,  aber  kein  Explosionskrater 
sei.  Niemand  wii-d  solches  behaupten  wollen,  denn  die  obermio- 
cänen  Versteinerungen  beweisen,  dass  hier  ein  Maar  bestand.  Also 
darf  man  es  auch  nicht  den  anderen  Tuff-  und  Basaltvorkommen 
gegenüber  bestreiten  \  wenn  auch  diese  heut  mehr  oder  weniger 
im  Zustande  von  Ruinen  erscheinen.  Bleibt  doch  eine  menschhche 
Bildsäule  stets  eine  solche,  auch  wenn  der  Kopf  der  Figur  verletzt 
ist,  auch  wenn  er  schliesshch  ganz  fehlt.  Genau  dasselbe  gilt  von 
unseren  Maargängen  bezw.  Maaren. 

Nur  Wortklauberei  also  könnte  sagen:  „Weil  man  heute,  auch 
oben  auf  der  Alb,  an  vielen  Stellen  nichts  mehr  von  dem  Maar- 
trichter sieht,  so  darf  man  auch  nicht  von  Maaren  sprechen,  denn 
nur  der  Trichter  heisst  Maar."  Gewiss,  aber  es  bleibt  dann  doch 
immer  zu  Recht  bestehen,  dass  ein  ehemahges  Maar  vorliegt. 

Ich  habe  gesagt,  mit  dem  Randecker  Maare,  dessen  Maarnatur 
gewiss  niemand  bezweifeln  wird,    steht  und   fällt  meine  Auffassung 
von  derjenigen  unserer  anderen  vulkanischen  Vorkommen.    Zum  Be- 
lege dessen  möchte  ich  hier  nur   auf  alle    die  Maare ,    bezw.  Maar- 
tuifgänge  aufmerksam  machen,  welche  gleich  dem  Randecker  Maar 
hart  an  den  Steilabfall  der  Alb  gerückt,    aber  doch  bereits   stärker 
durch  diesen  angeschnitten  sind,    so  dass  auf  den  ersten  Bhck  gar 
nichts  vorhanden  zu  sein  scheint,   was  den  Gedanken  an  ein  Maar 
erweckt.    Es  sind  das  die  Maare,  bezw.  Maartuffgänge:  N.  von  Er- 
kenbrechtsweiler  No.  31;  bei  der  Diepoldsburg  No.  40;  beim  Engelhof 
No.  41 ;  an  der  Gutenberger  Steige  2.  Gang  No.  43,  4.  Gang  No.  4o ; 
in  der  Zittelstadt  No.  62 ;  an  der  Wittlinger  Steige  No.  63 ;  an  der 
Steige  von  Beuren  nach  Erkenbrechtsweiler  No.  51 ;    an  der  Steige 
von  Neuffen    nach  Hülben  No.  52  und  53.     Beim  Randecker   Maar 
ist  nur  erst  eine  Scharte  in  den  Rand  desselben  eingegraben  worden, 
bei  jenen  ist  die  Hälfte  bis  zwei  Drittel  des  Randes  bereits  entfernt 
und   dadurch   viel    Tuff  durch    diese   grosse   Lücke   hinausgeschafft. 
Dadurch  sehen  sie  völlig  anders  aus.    Wird  aber  im  Ernste  ein  Geolog 
behaupten    wollen,    dass   diese   Vorkommen   ihrem   innersten  Wesen 

1  Ausgenommen  ist  der  spaltenförmige  Basaltgang  bei  Grabenstetten  No.  126. 


—     318     — 

nach  etwas  anderes  sind  als  das  Maar  von  Randeck,  obgleich  sie  so 
ganz  anders  aussehen  ?  Wird  im  Ernste  ein  Geolog  behaupten  wollen, 
dass  das  von  ihm  als  Maar  unbezweifelte  Randecker  Maar  in  späteren 
Zeiten  genau  ebenso  aussehen  wird  wie  jene?  Wird  er  bestreiten 
können,  dass  dann  auch  das  Randecker  Maar  nur  wie  ein  am  Steil- 
abfalle in  die  Tiefe  hinabsetzender,  saigerer  Tuffgang  erscheinen 
muss,  welcher  an  der  Albseite  —  dem  noch  stehengebliebenen  Teile 
des  Maarrandes  —  hoch  oben  über  dem  Tuffe  die  steil  aufragende 
Weiss- Jurawand  zeigen  wird? 

Jene  beiden  Behauptungen  kann  kein  Geolog  aussprechen  und 
verteidigen,  diese  letztere  Aussage  kann  er  nicht  bestreiten.  Mithin 
sind  auch  diese,  gar  nicht  wie  Maare  mehr  aussehenden 
Tuffgänge  unbestreitbar  gleichfalls  ehemalige  Maare. 
Damit  aber  sind  notwendig  auch  alle  anderen  Tuff- 
gänge unseres  Gebietes  ehemalige  Maare,  denn  sie  sind 
mit  jenen  durch  alle  Übergänge  verbunden,  wie  abermals  kein  Geolog 
bestreiten  wird.     s.   „Die  Denudationsreihe"  S.  151  ff. 

Endlich  aber  ein  letzter  Grund:  In  der  Eifel  sind  keineswegs 
alle  Maare  noch  unverletzt  erhalten.  Auch  hier  zeigen  sich  bereits 
ganz  dieselben  Einkerbungen  im  Rande  (S.  217)  und  Zerstörungen 
des  Randes  des  Kessels  durch  Thalbildungen,  wie  in  unserem  Ge- 
biete. Nur  viel  weitergehend,  viel  stärker  sind  diese  Zerstörungen 
in  unserem  Gebiete,  das  ist  der  ganze  Unterschied.  Vor  allem  fehlt 
in  der  Eifel  der  Steilabfall,  durch  welchen  die  in  die  Tiefe  setzenden 
Tuffkanäle  angeschnitten  und  sichtbar  würden. 

Übrigens  möchte  ich  doch  noch  eines  hervorheben:  Das  Eigen- 
artige, Merkwürdige  unseres  vulkanischen  Gebietes 
liegt  vielmehr  darin,  dass  alle  127  Vorkommen  aus- 
nahmslos Vulkanembryonen  sind,  dass  also  die  vul- 
kanischen Kräfte,  kaum  wach  geworden,  wieder  erstick- 
ten, als  darin,  dass  hier  127  Maarkessel  vorhanden 
waren.  Letzteres  ist  ja  etwas  ganz  Nebensächhches.  Ob  in  einer 
mit  Tuff  erfüllten  Röhre  der  oberste  Teil  derselben  leer  bleibt,  also 
einen  Kessel  bildet,  oder  nicht ;  ob  dieser  Teil  lang,  der  Kessel  also 
tief  ist  oder  kurz,  der  Kessel  also  flach  —  das  sind  doch  nur  grad- 
weise Unterschiede.  Das  Wesenthche  also  liegt  im  Embryonalen 
unseres  Gebietes.  Dieses  aber  bleibt  zu  Recht  bestehen,  auch  wenn 
in  demselben  auch  nicht  ein  einziger  Maarkessel  jemals  vorhanden 
gewesen  wäre. 


—     319     — 

Berichtigung  zu  der  grossen  geologischen  Karte. 

Bei  dem  Ran  deck  er  Maar  No.  39  ist  die  nach  N.  gerichtete 
keilförmige  Verlängerung  des  roten  Tufffleckes  viel  zu  lang  geworden, 
wodurch  ein  unnatürliches  Bild  entsteht.  Die  1894  auf  S.  737  ein- 
geschaltete Fig.  11  gewährt  das  richtigere  Bild,  wenn  man  sich  denkt, 
dass  das  Innere  des  Kessels  mit  roter  Farbe  angetuscht  sei  und  dass 
letztere  sich  in  dem  Abflussthale  hinabzieht  nur  bis  an  die  Linie,  welche 
durch  Punkt  1  gelegt  ist.  Nördhch  dieser  Linie  beginnt  bereits, 
wie  Fig.  11  angiebt,  der  Weisse  Jura.  Es  ist  jedoch  auch  dieser 
Fig.  11  gegenüber  zu  berücksichtigen,  dass  —  wie  1894  auf  S.  995  m 
„Erläuterung  zu  den  Profilen"  gesagt  wurde  —  hier  nur  flüchtig  im 
Felde  gemachte  Skizzen  vorhegen,  welche  in  den  Verhältnissen  nicht 
genau  sind.  Es  mag  daher  auch  in  Fig.  11  die  Ausdehnung  des 
Tuffes  gegen  N.  noch" etwas  zu  weit  vorgeschoben  sein.  Thatsächhch 
handelt  es  sich  bei  dieser  nördhchen  Verlängerung  des  roten  Tuff- 
fieckes  nur  um  den,  durch  die  schräg  abwärts  ziehende  Zipfelbach- 
Schlucht  bewirkten  Anschnitt  des  in  die  Tiefe  niedersetzenden,  tuff- 
erfüllten Ausbruchskanales. 

Veränderungen   der   grossen    geologischen  Karte    gegenüber 
der  geologischen  Karte  von  Württemberg. 

Der  dieser  Arbeit  beigefügten  grossen  geologischen  Karte  im 
Massstabe  von  1  :  50000  liegt  die  vom  statistischen  Landesamte 
herausgegebene  geognostische  Karte  von  Württemberg  zu  Grunde. 
Es  erwies  sich  als  nötig,  einen  Teil  der  die  vulkanischen  Punkte 
betreffenden  Einzeichnungen  zu  verändern.  Ich  führe  diese  Verände- 
rungen im  folgenden  auf: 

Neu  hinzugekommen  sind  die  folgenden  Tuff  punkte: 

No.    32.  An  der  Viehweide,  W.  von  Erkenbrecbtsweiler. 
„      33.  SO.  vom  Engelhof. 
„      35.  Torfgrube  bei  Ochsenwang. 

58.  Im  Elsachthale. 

n 

59.  Im  Mohrenteich. 
„      80.  Am  Ehnisbach. 

«    124.  Bei  Scliarnhausen. 
Neu   hinzugekommen   sind    die    folgenden   Basalt- 
Punkte: 

No.    20.  Im  Hofbrunnen-Maar. 
„      45.  An  der  Gutenberger  Steige,  Gang  4. 


—     320     — 

No.    48.  Am  Sulzburgberg. 
„    122.  Am  Gaisbühl. 
„    125.  In  der  Zittelstadt. 

„    126.  W.  von  Grabenstetten  an  der  neuen  Strasse. 
An  Stelle  nur  eines  eingezeichneten  Tuffvorkom- 
mens ergaben  sich  deren  je  zwei: 
No.    71.  Lichtenstein  und 
„      72.  Sonnenhalde. 
„      74.  Aichelberg  N.-Gang  und 
„      75.  „  S.-Gang. 

„      90.  Bolle  bei  Reudern  O.-Gang  und 
„      91.      „        „  „         W.-Gang. 

Zwei  Vorkommen  wurden  in  eines  zusammengezogen: 
No.  122.  Gaisbühl. 

An  Stelle    der   in    Form   langgestreckter,    platten- 
förmiger  Tuffgänge  eingezeichneten  Vorkommen  wurden 
als  Gänge  rundlichen  Querschnittes  dargestellt: 
No.    40.  Diepoldsburg. 
«      41.  Engelhof. 

„      30.  Erkenbrechtsweiler  im  Dorfe. 
„31.  „  N.  vom  Dorfe. 

„      42.  Gutenberger  Steige  1.  Gang. 

44.  3. 

45  4 

An    einer    anderen    Stelle    mussten    eingezeichnet 
werden: 

No.      7.  Am  Leisgebronn. 
„      17.  Im  Hengbrunnen. 
„      57.  Im  Buckleter. 
„      60.  Zittelstadt,  W.-Gang. 
„    114.  Scheidwasen. 
Ganz  fortgelassen  wurden  die  Vorkommen: 
1894  S.  703.  Basalt  bei  Bulben. 
„       „  966.  No.    1.  Burris  bei  Gutenberg.  Basalttuffähnl.  Bildung. 
„       „  969.     „      6.  N.  von  Beuren.  „  „ 

„       „  967.     „      4.  Bett  der  Lauter.  „  „ 

„       „  970.      „    10.  W.  von  Kohlberg.  „  „ 

„       „   971.     „    17.  Falkenberg  bei  Metzingen.       „  „ 

„       „  972.     „    19—22.  S.  vom  Karpfenbühl.       „  „ 


—     321     — 

Basalttuf fähnliclie    Bildung    wurde    als    Tuff    ein- 
gezeichnet: 

No.    56.  Auf  dem  Blohm, 
„      95.  N.  von  Beuren. 
„      99.  Bolle  bei  Kohlberg. 

„    109,  110,  111.  Bei  Grafenberg,  NW.-,  NO.-,  SO.-Punkt. 
„    112.  Hengstäcker. 
„    114.  Scheidwasen. 
„    119.  Schafbuckel. 
Als  grösseres  Vorkommen  erwies  sich: 
No.  82.  Weg  von  Bissingen  zum  Hahnenkamm. 
Verkleinert  wurden  die  Vorkommen: 
No.    34.  Teck. 
„      37.  Sternberg. 
„      46.  Rossbühl  bei  Brücken. 

„    109,  110,  111.  Grafenberg  NW.-,  NO.-,  SO.-Punkt. 
„    123.  Scheuerlesbach. 
Sonst  etwas  geändert  wurden: 
No.    79.  Egelsberg. 
„      96.  Bettenhard. 
„    101.  Florian. 


Reiseplan  für  einen  geologischen  Ausflug  in  das  vulkanische 
Gebiet  von  Urach. 

Bei  der,  130  übersteigenden  Zahl  vulkanischer  Punkte  in  un- 
serem Gebiete  dürfte  es  angezeigt  sein,  demjenigen,  welcher  dasselbe 
kennen  lernen  will,  einen  Reiseweg  an  die  Hand  zu  geben,  der  zu 
einer  Anzahl  der  aufschlussreicheren  Punkte  hinführt.  Wegen  der 
weiten  Entfernungen  und  der  nicht  überall  vorhandenen  Möghchkeit 
guten  Nachtlagers,  ist  die  Reise  zu  Wagen  angenommen. 

Ausgangspunkt  derselben  bildet  Kirchheim  u.  Teck.  Da  man 
sowohl  von  Tübingen  als  auch  von  Stuttgart  aus  erst  gegen  10  Uhr 
vormittags  in  Kirchheim  eintreffen  kann,  so  ist  es  zu  besserer  Aus- 
nützung der  Zeit  geraten,  in  Kirchheim  zu  übernachten,  so  dass 
man  früh  morgens  von  dort  aufbrechen  kann.  Andernfalls  findet 
man  den  Wagenvermieter  ülmer  auf  dem  Bahnhofe  bei  der  Ankunft 
eines  jeden  Zuges.  Es  ist  hier  eine  dreitägige  Exkursion  angenom- 
men. Indessen  ist  auch  jede  einzelne  Tagereise  derart  angegeben, 
dass  man  am  Abend  derselben  wieder  zurückkehren  kann. 

Jahreshefte  d.  Vereins  f.  vaterl.  Naturkunde  in  Württ.  1895,  21 


—     322     — 

Erster  Tag;  Zu  Wagen  nach  Weilheim,  jedoch  kurz  vor  dem 
Orte  rechts  abbiegen  und  über  die  Bleiche  bis  an  den  Fuss  des  Egels- 
berg No.  79  fahren.  Von  der  0. -Seite  auf  den  Berg  steigen  (Braun- 
Jura  a  bis  nahe  an  den  Gipfel),  an  der  SW.-Seite  im  Tuff  hinab. 
Rückfahrt  über  die  Bleiche  nach  Weilheim.  Dort  hat  der  Kutscher 
1  Stunde  Zeit  zum  Ausspannen ;  dann  fährt  er  auf  der  Strasse  nach 
Hepsisau  bis  dahin,  wo  dieselbe  die  Lindach  überschreitet  (am  SO.- 
Fusse  des  Limburgberges)  und  wartet  dort.  Unterdessen  zu  Fuss 
auf  die  Limburg;  oben  auf  dem,  etwa  wagerecht  den  Berg  um- 
kreisenden Wege  die  Aufschlüsse  im  Weiss- Jura-Schuttmantel  sehen. 
Hinab;  Weiterfahrt  nach  Hepsisau  und  auf  der  neuen  Steige  zum 
Randecker  Maar.  In  ziemlicher  Höhe  zur  Linken  der  Kontakt  zwi- 
schen dem  Weiss-Jura  und  der  in  die  Tiefe  niedersetzenden  Tuffröhre 
des  Maares.  Bei  weiterem  Ansteigen  Schuttmantel  und  Tuff.  Kurz 
vor  dem  Eintritt  in  das  Innere  des  Maares  an  der  Strasse  das  fol- 
gende Profil  von  oben  nach  unten :  Lehm,  Papierkohle,  geschichteter 
Tuff.  Steigt  man  von  hier  aus  hinab  auf  die  nahegelegene  alte 
Steige,  so  findet  man  auf  dieser  Basaltstücke  im  Tuffe.  Die  nun 
zu  verfolgende  neue  Strasse  durch  das  Maar  zeigt  mehrfache  Auf- 
schlüsse in  Süsswasserschichten  und  Tuff  (s.  1894  Fig.  11,  S.  737). 
Weiterfahrt  über  Schopfloch  hinab  nach  Gutenberg,  wo  der  voraus- 
fahrende Kutscher  ausspannt.  Unterwegs  den  Wagen  verlassen  da, 
wo  die  Steige  bergab  zu  gehen  beginnt,  am  S.-Ende  des  obersten 
(4.)  Ganges  No.  45  an  der  Gutenberger  Steige.  Im  Graben  dort 
(s.  1894  S.  763,  Fig.  16)  Tuff,  welcher  unter  dem  Weiss-Jura  heraus- 
schaut. Beim  weiteren  Abstieg  die  gegen  das  Maar  hin  fallenden 
Weiss-Jura-Schichten.  Nach  Umschreiten  des  Berges  führt  die  Steige 
an  diesem  Tuff-Maargange  vorbei.  Im  W.-Kontakt  der  schwarz  ge- 
brannte Kalk;  daneben  kleine  Basaltapophyse  im  Tuff;  im  Walde  am 
Gehänge  bergabwärts  findet  sich  mehr  Basalt.  Hinter  dem  0. -Kontakt 
feuerrote  Färbung  in  Spalten  des  zersetzten  Kalkes.  Weiter  abwärts 
an  dem  leicht  zu  übersehenden,  überwachsenen,  schmalen  3.  Gange 
No.  44  vorbei  zum  2.  Gange  No.  43.  An  der  spitzen  Biegung  der 
Steige  rechts  bergaufwärts,  dem  Fusswege  folgend  in  das  Seitenthal 
eindringen ;  man  steht  mitten  in  der  Seele  des  Tuffganges  zu  beiden 
Seiten  am  Gehänge  Tuff;  oben  die  senkrechten  Weiss-Jura-(?-Mauern 
der  Röhre.  Zurück  und  weiter  auf  der  Steige;  dieselbe  durchfährt 
die  festen  Tufffelsen.  Bei  dem  rechtwinkeligen  Umbiegen  nach  rechts 
wieder  eine  Partie  stehengebliebenen  Kalkes  und  abermals  Durch- 
fahren des  Tuffes.     Kalk   im  0. -Kontakte    schwarz  gebrannt.     Dann 


—     323     — 

weiter  an  dem  mit  Rasen  zugewachsenen  1.  Gange  No.  42  vorbei 
nach  Gutenberg ;  Weiterfahrt  nach  Owen,  Hnks  die  steile  Nadel  des 
Konradsfelsens  No.  47,  Fig.  20,  dann  der  Tuffgang  des  Sulzburg- 
berges No.  48.  Zu  Owen,  in  der  Post,  übernachten;  oder  zurück 
nach  Kirchheim  bei  Abbrechen  der  Reise. 

Zweiter  Tag:  Zu  Fuss  zum  Götzenbrühl  No.  87,  Fig.  61—63 
von  Norden  her  in    den  Einschnitt  gehen  ;   Moränen-ähnliches   Aus- 
sehen der  Tuffbreccie,  harter  Tuff  im  Innern,  nahe  dem  Basaltkerne. 
Zurück   nach  Owen  und    zu  Wagen   von    dort  auf  Beuren  zu.     Am 
„  Alte  Reuter"  No.  50  ein  Tuffgang,  Granit  im  Tuffe,  gerades  Abschneiden 
des  Tuffes  gegen  den  Braun-Jura   an    der  W.-Seite.     Von   hier  aus 
aufwärts  nach  Erkenbrechtsweiler.    Unterwegs  ein  Tuffgang  No.  51, 
welcher   den  Kontakt   zwischen   Jurakalk  und  Tuff  zeigt.     Das   im 
Dorfe  Erkenbrechtsweiler   gelegene  Maar  ist  wenig  deutlich;   besser 
das  im   N.    des  Dorfes  gelegene.     Bei   der  Kirche    geht  man  rechts 
die  Seitenstrasse  ab.     Sobald  man    hier  die  Wasser „hülbe"   erreicht 
hat,  führt  abermals  rechts  ein  Fussweg  durch  den  das  Maar  erfüllen- 
den Tuff.     Die  W.-Wand   des   Maares   und  Maarkanales    ist   bereits 
verschwunden,  da  hier  der  Steilabfall  der  Alb.    Nun  zu  Wagen  über 
die  Hochfläche   zum  Burrenhof  und   von  da   abwärts    nach  Neuffen. 
Beim  Abstieg  die  beiden  Tuffgänge  No.  52  und  53  mit  gutem  Kon- 
takte.   Von  Neuffen  nach  Kohlberg.    Dort  spannt  der  Kutscher  aus. 
Zu  Fuss  zum  NW. -Arm  des  Jusi.     Dieser  ist   vom   Raupenthal   aus 
(S.-Gehänge  des  NW.-Armes)  zu  ersteigen.    Oben  ziemlich  mächtige 
geschichtete  Tuffe.     Oberhalb    Kappishäusern   Basaltgänge   im   Tuff. 
Zurück    nach  Kohlberg   und  weiter  nach  Metzingen.     Halbwegs  der 
Dachsbühl  No.  104 ,  welcher  von  der  Strasse    durchschnitten   wird. 
Kontakt  zwischen  Braun-Jura  y  und  Tuff  an  der  W.-Seite.    Da,  wo 
die  Strasse  dann  am  Metzinger  Weinberg  No.  102  sich  im  scharfen 
Bogen  hinabwindet,  ist  der  Aufschluss,  welcher  zeigt,  wie  der  Tuff  im 
BraunJura  in  die  Tiefe  setzt.     1894.  S.  913.  Fig.  80.    Übernachten 
in  Metzingen  am  Bahnhofe,  oder  noch  besser  mit  der  Bahn  nach  Urach. 
Dritter  Tag:    Von  Urach   zu  Wagen   nach  Hengen,    das   in 
einem  Maarkessel  liegt,  No.  13.     Etwa  halbwegs    der   grosse    Gang 
No.  62,  in  welchem  wir  das  Zukunftsbild  des  Hengener  Maares  sehen, 
wenn    dereinst    die    Thalfurche    sich    bis    über    Hengen    hinaus    ein- 
geschnitten haben  wird.    Dieser  Gang  steckt  ebenso  wie  der  südlich 
gelegene  No.  63  noch  mit  der  N. -Seite  ganz  im  Jura,    während  er 
an  der  S.-Seite  durch  die  Thalbildung  freigelegt  ist.    Bereits  weiter 
abwärts  fand  sich  ein  Gang  No.  60;    schlecht  aufgeschlossen,    aber 

21* 


—     324     — 

im  Chausseegraben  der  weisse  Jurakalk  geschwärzt  im  W.-Kontakte. 
Von  Hengen  über  Aglishardt  nach  Gruorn,  wo  der  Kutscher  aus- 
spannt. Zu  Fuss  zum  Basaltmaar  des  Dintenbühl  No.  36 ;  die  Kessel- 
wand im  0.  und  S.  noch  erhalten.  Zurück  nach  Gruorn.  Zu  Wagen 
über  den  Meierfelsen ,  südwestlich ,  auf  den  Uhenhof  zu.  An  der 
Biegung  der  Strasse  hält  der  Wagen  und  wartet.  Zu  Fuss  südlich 
zum  Maar  mit  dem  Hofbrunnen  No.  20,  fast  dem  schönsten 
Maartrichter  der  Alb,  der  seine  jetzige  Tiefe  aber  z.  T.  späterer 
Erosion  verdankt.  Hinab  über  den  Uhenhof  nach  Seeburg  und  Urach. 
Rückfahrt  im  Ermsthale  bis  zum  Faitel  (Wittlinger)  Thale.  In  diesem 
aufwärts  nach  Wittlingen.  Halbwegs  der  grosse  Tuffgang  No.  63,  der 
an  verschiedenen  Stellen  durch  die  Steige  und  das  Thal  angeschnitten 
wird.  Wittlingen  selbst  liegt  auch  in  einem  Maarkessel  No.  14. 
Dieses  Wittlinger  Maar  ist  das  Vergangenheitsbild  desjenigen  No.  63 ; 
und  umgekehrt,  No.  63  ist  das  Zukunftsbild  des  benachbarten  Witt- 
linger Maares. 


Inhaltsverzeichnis. 


Teil  I. 

Vorwort  S.  505 1. 

I.  Kurze  Erklärung  der  Verhältnisse  S.  506—512. 

II.  Die  schwäbische  Alb  und  ihre  ehemalige  Ausdehnung  S.  512—552. 

Ihr  Aufbau.  Verschiedene  Entstehung  ihres  NW.-  und  i^res  SO.-Randes.  Der 
SO -Rand  durch  Bruch  entstanden  S.  517;  v.  Oeynhausen,  Gumbel  Benecke 
Zeit  der  Bildung  dieser  Verwerfung.  Sprunghöhe  derselben.  Ausdehnung  der 
^gesunkenen  Albtafel  gegen  S.  Der  NW.-Rand  S.  521.  Erklärungsversuche 
seiner  Entstehung  von  E.  Schwakz,  üraf  Mandelsloh,  Quenstedt,  Dorn.  Der 
NW  -Rand  ist  lediglich  durch  Abtragung  und  Untergrabung  entstanden  b.  olf. 
Die  Abtragung  erfolgt  in  senkrechten,  nicht  wagerechten  Schmtten  und  m 
mehitren  Stufen.  Die  .-Mulden  S.  526,  eine  Riffbildung,  Engel.  Bei  der  Ab- 
tragung entstehen  Halbinseln,  Sporne,  Inselberge.  Schnelle  Beseitigung  der 
niedergebrochenen  Massen.  Der  Alb-Trauf.  Der  Zusammensturz  und  die  Fort- 
schaffung des  Zusammengestürzten  halten  gleichen  Schritt  Jura-Versenkung 
von  Langenbrücken  S.  533.  Einstige  Ausdehnung  der  Alb  bis  dorthin.  Be- 
weise für  das  Verschwinden  von  Schichten  auf  diesem  Gebiete  b.  odo.  Die 
Frage  ob  die  Trias-  und  Jura-Schichten  auch  den  heutigen  Schwai'zwald  über- 
deckten S.  537.  Thatsachen,  welche  dafür  sprechen.  Erfunde  von  Oberem  Bunt- 
sandstein, Muschelkalk,  Lias,  Braun-  und  Weiss-Jura  auf  der  Hohe  S.  541 
Schätzende  Berechnung  der  Möglichkeit,  dass  diese  Decke  gegenwartig  gänzlich 
abgetragen  worden  sein  kann  S.  543.  Regelmann's  Nachweis,  dass  Trias  und 
Jura  zum  Schwarzwald  hin  weniger  mächtig  werden  S.  o47. 

III    Schlüsse,  welche  sich  aus  den  Fremdgesteinen  in  unseren  Tuffen  auf 

die  Alb  ziehen  lassen  S.  552—565. 
Aufbau  der  Alb  zur  Zeit  der  Ausbrüche  im  vulkanischen  Gebiete^  Relative  Ge- 
schwindigkeit, mit  welcher  der  NW.-Rand  der  Alb  gegen  SO.  zurückweicht 
S  554  Verhältnismässige  Länge  der  Zeiträume ,  während  welcher  die^  Alb 
sich  von  dem  Rheinthale  an  bis  in  ihre  jetzige  Linie  zurückzog  und  wahrend 
welcher  sie  schliesslich  ganz  verschwunden  sein  wird  S.  oo6.^  Das  Kreidesystem 
war  in  Württemberg  niemals  über  dem  Jura  abgelagert  b.  o5y.  Das  btem- 
kohlensystein  fehlt  in  der  Tiefe. 

IV.  Das  unterirdische  Gebiet  der  schwäbischen  Alb  S.  565—568. 
V.  Einige  in  neuerer  Zeit  beobachtete  Veränderungen   der  Höhenlage  in 
unserem  vulkanischen  Gebiete  S.  568—571. 

VI.  War  die  Alb  einst  vergletschert?  S.  571—580. 

Gründe  für  eine  solche  Annahme;   Deffner,   0.  Fraas.     Ablagerungen,   welche 
für   Moränen  gehalten   werden,    ohne   dass   die   Gesteinsblöcke   Glattung  und 

1  Die  Seitenzahlen  von  Teil  I  beziehen  sich  auf  Jahrgang  1894. 


—     326     — 

Schrammung  zeigen:  im  Elsass  S.  576,  Daubbee,  Schumacher;  im  südlichea 
Baden,  Steinmann.  Bedenken  gegen  eine  etwaige  Uebertragnng  solcher  Auf- 
fassung aiif  die  Alb  S.  578. 

VII.  Jungpliocäne  und  diluviale  Flussschotter  im  allgemeinen  S.  581—594. 

Mehrfache  Vergletscherungen.  Deckenschotter,  Hochterrasseuschotter ,  Nieder- 
terrassenschotter.  Frühere  Auffassung  aller  Flussschotter  als  diluvial  S.  583. 
Als  pliocänen  Alters  erkannte  Flussschotter:  v.  Fritsch  in  Thüringen; 
V.  KoENEN  in  Norddeutschland ;  Fontannes,  Delab'ONd  bei  Lyon ;  Schumacher, 
VAN  Werveke,  Andreae  im  Elsass;  du  Pasquier  in  der  Schweiz  S.  586. 
Fluvioglaciale  Schotter  Penck's.  Beziehungen  der  drei  Schottermassen  zu  drei 
Vergletscherungen  S,  587.    Anwendung  dieser  Verhältnisse  auf  die  Alb  S.  592. 

Vin.  Sind  die  ältesten  Flussablagerungen  des  Neckars  in  unserem  Gebiete 
pliocänen  Alters?  S.  594—604. 

Höhen,  bis  zu  welchen  in  Württemberg  alte  Flussablagerungen  über  die  heutige 
Thalsohle  ansteigen.  Höhen,  bis  zu  welchen  diluviale  Tierreste  in  diesen 
Ablagerungen  gefunden  wurden  S.  597.  Wahrscheinlicher  sind  die  höchst- 
gelegenen Neckarschotter  in  unserem  Gebiete,  zwischen  Plochingen  und  Horb, 
diluvial  als  pliocän  S.  603.  Gegenseitiges  Längenverhältuis  der  Zeiträume 
Mittelmiocän  -|-  Pliocän  zu  Diluvium  -f-  Alluvium ,  geschlossen  aus  der  Rück- 
zugslinie des  NW.-Randes  der  Alb  S.  603. 

IX.  Andere  hydrographische  Verhältnisse  in  diluvialer  bezw,  pliocäner  Zeit 

S.  604—607. 

In  Württemberg,  E.  Fraas.    In  der  Rheinebene,  E.  Schumacher. 

X.  Versuch  einer  Kritik   der  Beobachtungen  über   die   auffallend   starke 
Wärmezunahme  in  dem  im   vulkanischen  Gebiete  von  Urach   gelegenen 

Bohrloche  zu  Neuffen  S.  607—654. 

Die  Angaben  über  die  Wärmezimahme  im  Bohrloche  zu  Neuffen  übertreffen  alle 
anderen  derartigen  Angaben.  Prüfung,  ob  das  in  dieser  Arbeit  untersuchte 
Geothermometer  wirklich  das  von  Mandelsloh  oder  Degen  im  Bohrloch  zu 
Neuffen  benutzte  ist  S.  612.  Prüfung  der  Berechnung  Mandelsloh's  S.  619; 
dieselbe  ist  etwas  irrtümlich.  Beschreibung  und  Abbildung  des  Neuffener 
Geothermometers  S.  621.  Besprechung  der  Einflüsse,  welche  fehlererzeugend 
bei  den  Messungen  gewirkt  haben  könnten  S.  623.  Wärme  von  der  Bohr- 
arbeit, Wasser,  Wärmeleitung  der  Gesteine.  Prüfung  der  Temperaturangaben 
Mandelsloh's  S.  627.  Letzterer  giebt  in  der  Tiefe  von  100  Fuss  eine  zu  hohe 
Temperatur  an;  das  ist  kein  Beweis  gegen  die  Zuverlässigkeit  seiner  Beob- 
achtungen, wie  durch  Analoges  in  Sperenberg  sich  erkennen  lässt  S.  630. 
Fehlerquellen,  welche  unrichtige  Temperaturangaben  erzeugt  haben  könnten: 
Luftdruck  S.  631 ,  Zersetzung  von  Eisenkies ,  zu  kurze  Dauer  der  Versuche. 
Prüfung  des  Geothermometers  S.  634.  Tropfengrösse,  Lumen  der  Quecksilber- 
röhre S.  636.  Wahrscheinlichkeitsgründe,  welche  für  die  Richtigkeit  der  Mes- 
sungen Mandelsloh's  sprechen  S.  642 :  Kontrollemessungen  Degen's  ;  Regel- 
mässigkeit der  Temperaturzunahme;  starkes  Anwachsen  der  Temperatur  im 
Bohrloche  zu  Sulz,  zu  3Ionte  Massi.  Unsere  Unkenntnis  von  der  Wärme- 
zunahme im  allgemeinen  S.  647.     Ergebnis  der  Untersuchung  S.  651. 

XI.  Prüfung  des  Bohrregisters  im  Bohrloch  zu  Neuffen  hinsichtlich  der  ge- 

waltigen Mächtigkeit  des  Unteren  Braun- Jura  S.  654—664. 

Bohrregister  S.  655.  S.Verbesserungen  dazu  am  Schlüsse  des  dritten 
Teiles  S.  315. 

Alle  Stufen  des  Lias  sind  deutlich  zu  erkennen ;  sie  besitzen  im  allgemeinen  die 
Mächtigkeit,  welche  ihnen  in  dieser  Gegend  nach  Messungen  über  Tage  zu- 
erteilt  wird.     Der  Braun-Jura  n  -\-  ß  hat   dagegen   im   Bohrloche   fast   noch 


—     327     — 

einmal  so  grosse  Mächtigkeit  ergeben,  als  ihm  nach  Messungen  über  Tage  dort 
zuerkannt  wird  S.  658.  Der  Erklärungsversuch  dieser  Erscheinung,  Verwerfung 
mit  Ueberschiebung,  ist  unmöglich  S.  660 ;  ein  Irrtum  oder  Betrug  heim  Bohren 
sind  gleichfalls  ausgeschlossen.  Der  Untere  Braun-Jura  muss  also  wirklich 
eine  etwa  doppelt  so  grosse  Mächtigkeit  besitzen,  wie  man  ihm  nach  Messungen 
über  Tage  zuerteilt. 

XII.  Die  vier  vulkanischen  Gebiete  der  schwäbisch-fränkischen  Alb  S.  664 — 672. 

Die  Basalte   am  N.-Ende   derselben.     Kies  S.  666.     Hegau  S.  669.     Gruppe  von 
Urach. 

XIII.  Vergleich  der  Gruppe  von  Urach  mit  den  drei  anderen  Vulkangebieten 

der  fränkisch-schwäbischen  Alb  S.  672—676. 

XIV*  Das  vulkanische  Gebiet  von  Urach  S.  676—997. 

Erklärung  der  Bezeichnungen:   Tuff-Maar,  Basalt-Maar,  Maar-Tuffgang,  Maar- 
Basaltgang  S.  677. 
Allgemeiner  Ueberblick  über  das  Gebiet  S.  677.    Geschichtliches  S.  681.   Einteilung 
des  Stoffes  S.  685. 

Beschreibung  der  einzelnen  Tuff-Maare  und  Maar- Tuffgänge. 
I.  Die  38  auf  der  Hochfläche  der  Alb  gelegenen  S.  687. 
II.  Die  32  am  Steilabfall  der  Alb  gelegenen  S.  730. 
III.  Die  54  am  Fusse  und  im  Vorlande  der  Alb  gelegenen  S.  840, 
Beschreibung  der  basalttuffartigen  Gebilde  *S.  962. 
Die  Basalte  S.  976. 

Beschreibung  der  einzelnen,  3,  Basalt-Maare  S.  979. 
Beschreibung  der  anderen  Basaltgänge  S.  987. 

a)  Basaltgänge  ganz  oder  fast  ganz  ohne  Tuff  S.  987. 

b)  Die  in  den  Maar-Tuffgängen  aufsetzenden  Basaltgänge  S.  992. 

c)  Fragliche  Basaltgänge  S.  993. 

Ehemalige  heisse  Quellen  im  vulkanischen  Gebiete  S.  994. 

Berichtigung  zu  dem  Bohrregister  von  Neuffen  und  zum  Rand- 
ecker Maar  S.  997. 

Erläuterung  zu  den  im  Texte  eingeschalteten  Profilen  S.  995. 

Aufzählung  der  einzelnen,  im  Abschnitte  XIV  beschriebenen  Vorkommen 
in  der  Reihenfolge  ihrer  Nummern. 

Ein  X   vor  dem  Namen  bedeutet,  dass  hier  Basalt  auftritt;  entweder  als 
Gang  im  Tuffe  oder  ohne  letzteren. 

I.    Oben  auf  der  Alb,  35  Tu  ff- Maare,  3  Basalt-Maare. 
No.  Seite 

1.  Tuff-Maar  von  Laichingen 690 

2.  „  „     Böttingen 692 

3.  Tuffgang  SO.  von  Böttingen 694 

4.  Tuff-Maar  von  Magolsheim      695 

5.  „  ,     Feldstetten 696 

6.  ,  „     Donnstetten      .    .   • 697 

7.  „  am  Leisgebronn,  W.  von  Donnstetten 698 

8.  „  von  Zainingen      .    .    • 699 

9.  „  „     Böhringen • 699 

10.  „  am  Mönchberge,  SW.  von  Böhringen 700 

11.  ,  von  Grabenstetten 701 

12.  „  ,     Hülben 702 

13.  „  „     Hengen      703 

14.  ,  „     Wittlingen 703 

15.  „  S.  von  Hengen  (Fig.  1—3) 704 

16.  „  am  Hardtburren,  SO.  von  Wittlingen 707 


—     328     — 

NO.  "^pitfi 

17.  Tuff-Maar  N.  von  Gruorn 708 

18.  ^           am  Hengbrunnen,  W.  von  Gruora  (Fig.  4) 708 

19.  „          von  Auingen 710 

20.  X      „          mit  dem  Hofbrunnen,  SW.  von  Gruorn  (Fig.  4  a,  4  b)   '.    .  710 

21.  „           von  Dottingen     713 

22.  „            „     Apfelstetten 714 

23.  „             „     Sirchingen 714 

24.  „             „     Ohnastetten 715 

25.  „             „     Würtingen 715 

26.  Tuffpunkt  zwischen  Würtingen  und  Ohnastetten *.  7i6 

27.  „               „         Gächingen  uM  Ohnastetten 716 

28.  Tuff-Maar  von  Gross-Engstingen 716 

29.  „             „     Klein-Engstingen 717 

30.  „          im  Dorfe  Erkenbrechtsweiler  (Fig.  5,  6) 719 

31.  „          N.  vom  Dorfe  Erkenbrechtsweiler  (Fig.  5,  6) 721 

32.  „           an  der  Viehweide,  W.  von  Erkenbrechtsweiler  (Fig.  7).    .  723 

33.  „          SO.  vom  Engelhof 724 

34.  „           bei  der  Teckburg  (Fig.  8,  9) 725 

35.  „           der  Torfgrube  bei  Ochsenwang  (Fig.  103,  104)    .....  729 

36.  X  Basalt-Maar  des  Dintenbühl 985 

37.  X           ,              „    Sternberg  (Fig.  102) 982 

38.  X          „             „    Eisenrüttel  (Fig.  107) 979 

n.  Am  Steilabfall  der  Alb,  32  Tuff-Maare,  bezw.  Maar-Tuffgänge. 
IIa.  Kandecker  Halbinsel. 

39.  XTuff-Maar  von  Eandeck  (Fig.  11) 732  u.  Teil  III  319 

40.  „           bei  der  Diepoldsburg  (Fig.  12,  13) 741 

41.  „            ,    dem  Engelhof  (Fig.  12,  13) 747 

42.  1.  Maar-Tuffgang  an  der  Gutenberger  Steige  (Fig.  14—16)  .    .  751  u.  759 

43.  2.              „                „      „               „                ^       (Fig.  15-18) ....  753 
44-3.              „                „      „               „                 „       (Fig.  15,  16)  ...    .  760 

45.  X  4.  „  und  Maar  an  der  Gutenberger  Steige  (Fig.  15, 16, 19)      762 

46.  Maar-Tuffgaug  am  Eossbühl  bei  Brücken 769 

IIb.  Erkenbrechtsweiler  Halbinsel. 

47.  Maar-Tuffgang  des  Conradfelsens  (Fig.  20)      771 

48.  X           „                „     Sulzburg-Berges  (Fig.  21)     773 

49.  X           „              BöUe  bei  Owen 778 

50.  „              Alte  Eeuter  (Fig.  26a) 780 

51.  „              an  d.  Steige  v.  Beuren  nach  Erkenbrechtsweiler  (Fig.  22)  782 

52.  Unterer  Maar-Tuffgang  an  der  Steige  v.  Neuffen  nach  Hülben  (Fig.  23, 26)  784 

53.  Oberer  Maar-Tuffgang  an  der  Steige  v.  Neuffen  nach  Hülben  (Fig.  24—26)  78 1 

54.  Maar-Tuffgang  St.  Theodor  (Fig.  21a)     787 

55.  X           „              des  Jusiberges  (Fig.  27—31) 789 

56.  „              auf  dem  Blohm  (Fig.  32) 807 

57.  „              im  buckleten  Teiche  (Fig.  33) 809 

58.  „                „    Elsach-Thale  (Fig.  34,  35)     810 

59.  „              am  Mohrenteich  (Fig.  36) 814 

60.  Westlicher  Maar-Tuffgang  in  dem  Zittelstadtthale 816 

61.  Maar-Tuffgang  bei  Ulmereberstetten  (Fig.  37) 818 

62.  Oestlicher  Maar-Tuffgang  in  dem  Zittelstadtthale  (Fig.  37,  38)     .    .  820 

63.  Maar-Tuffgang  an  der  Wittlinger  Steige  (Fig.  38) 823 

II c.  St.  Johann-Halbinsel. 

64.  Maar-Tuflgang  im  Eietheimer  Thale  (Fig.  39,  40) 827 

65.  „              des  Karpfenbühl  (Fig.  41) 829 

66.  Tuffvorkommen  SO.  neben  dem  Karpfenbühl 831 


—    329     — 

No.  Seite 

67.  Maar-Tuffgang  am  Pfaubruunen 832 

68.  „                „    Bürzlenberge  bei  Eningeu  (Fig.  42—44)    ....  832 

69.  „              des  Kugelbergle  am  Ursulaberg  (Fig.  45,  46)     ...  836 

70.  „              am  Burgj^tein  bei  Holzellingen  (Fig.  47) 838 

III.  Im  Vorlande  der  Alb,  54  Maar -Tuffgänge. 
Illa.  Zwischen  Butzbach  und  Lindach. 

71.  Maar-Tuffgang  am  Lichtenstein  (Fig.  48,  49) 841 

72.  „              an  der  Sonnenhalde  (Fig.  48,  50) 846 

73.  Tuffvorkommen  am  Dobelwaseu      ■ 848 

74.  Nördlicher  Maar-Tuffgang  des  Aichelberges  (Fig.  51,  52)     .....  849 

75.  Südlicher                „                 „              „            (Fig.  51,  52) 849 

76.  X  Maar-Tuffgang  des  Kraftraiu  (Fig.  53,  54) 852 

III  b.    Zwischen  Lindach  und  Kirchheimer  Lauter. 

77.  Maar-Tuffgang  der  Limburg,  S.  Weilheim 855 

78.  „              des  Dachsbühl,  W.  Weilheim 860 

79.  „                 „    Egelsberg,  W.  Weilheim  (Fig.  55—57) 861 

80.  Tuffvorkommen  am  Ehnisbach,  W.  Weilheim 865 

81.  Maar-Tuffgang  des  Nabel,  SO.  Bissingen      865 

82.  „              im  Walde  an  der  Steige  Bissingen-Ochsenwang  (Fig.  58)  866 

83.  ,,              des  Hahnenkamm 867 

84.  „              auf  dem  Bürgli  (Fig.  9) 868 

85.  Tuffvorkommen  am  O.-Fusse  des  Teck-Spornes 869 

86.  xMaar-Tuffgaug  des  Hohenbohl  (Fig.  59.  60) 869 

87.  X             ,                „    Götzenbrühr  (Fig.  61-63) 872 

III  c.    Zwischen  Lauter  und  Tiefenbach. 

88.  Maar-Tuffgang  NO.  am  Käppele,  SW.  von  Dettingen  (Fig.  64)     .    .  879 

89.  „              am  S.-Abhauge  des  Käppele,SW.  von  Dettingen  (Fig.  64)  880 

90.  „              0.  auf  dem  BöUe  bei  Reudern  (Fig.  65,  66)    ...    .  881 

91.  „              W.  auf  dem  Bolle  bei  Reudern  (Fig.  65,  66)  ...    .  882 

92.  „              des  Kräuterbühl,  SO.  von  Nürtingen  (Fig.  67—69)   .  883 

III  d.    Zwischen  Tiefenbach  und  Steinach. 

93.  Maar-Tuffgang  des  Altenberg,  N.  von  Beuren  (Fig.  70) 886 

94.  „                „    Engelberg,  N.  von  Beuren  (Fig.  70) 888 

95.  „              N.  von  Beuren  an  der  Strasse  ins  Tiefenbachthal  .    .  889 

96.  X  „  der  Sandgrube  im  Bettenhard,   NO.  von  Linsenhofen 

(Fig.  71—73) 889 

nie.    Zwischen  Steinach  und  Erms. 

97.  Maar-Tuffgang  des  Burrisbuckel  im  Egart,   SW.   von  Frickenhausen 
(Fig.  74,  75) 893 

98.  Maar-Tuffgang  des  Häldele,  NO.  von  Kohlberg  (Fig.  76,  76  a)   ..    .  896 

99.  „                „     BöUe,  N.  von  Kohlberg 901 

100.  X           V              am  Authmuthbach ,   NW.  von  Kohlberg  (Fig.  77,  78)  901 

101.  „              des  Florianberges  (Fig.  79)      904 

102.  „                „    Metzinger  Weinberges  (Fig.  80,  80  a,  80  b,  80  c)  .  910 

103.  ,                „    Hof  buhl,  0.  von  Metzingeu  (Fig.  81,  81a)    .    .    .  916 

104.  „                 „    Dachsbühl,  0.  von  Metzingen  (Fig.  82)      ....  918 

105.  „              im  Hofwald,  N.  vom  Hof  buhl  (Fig.  83,  83  a)  .    .    .    .  920 

106.  X           „              am  Hofwald,  N.  vom  Hof  buhl  (Fig.  83  a) 921 

107.  „              des  Ameisenbühl.  N.  von  Metzingen 922 

108.  „                „    Grafenberg  (Fig.  84,  85) 924 

109.  ,              NW.  vom  Grafenberg 926 


121.  Maar-Tuffgang  des  Georgenberg,  S.  Reutlingen  (Fig.  96,  97) 

122.  X  „  „des  Gaisbühl,  SW.  Reutlingen  (Fig.  98)    . 


—     330     — 

No.  Seite 

110.  Maar-Tuffgang  NO.  vom  Grafenberg 928 

111.  „              SO.  vom  Grafenberg  (Fig.  86) ."  928 

112.  ,,              auf  den  Hengstäckern,  S.  von  Klein-Bettlingen  (Fig.  87)  929 

113.  „              des  Geigersbühl  (Fig.  88) 931 

114.  ,              auf  dem  Scheidwasen,  N.  von  Gross-Bettlingen  .    .    .  935 

115.  ,              des  Authmuthbölle  (Fig.  89,  90) 935 

116.  y,                y,     Kräuterbuckel,  SW.  von  Raidwangen  (Fig.  91)  .  988 

117.  „              inderSulzhalde,  SW.  von  Neckarthailfingen  (Fig.  92,93)  939 

118.  „              d.  Höslensbühl  i.  Humpfenthale,  S.  V.  Nürtingen  (Fig.  94)  934 

Ulf.    Zwischen  Erms  und  Echaz 

119.  Maar-Tuffgang  des  Schafbuckel,  SSW.  von  Neuhausen  (Fig.  95)    .    .  945 

120.  „                „     des  Rangenbergle,  N.  von  Eningen 946 

Illg.    Zwischen  Echaz  und  Wiesaz. 

.  948 

Igen  (Fig.  98)    ...    .  951 

123.  „              am  Scheuerlesbach,  W.  Reutlingen  (Fig.  99,  100)  .    .  955 

inh.    Auf  dem  linken  Neckarufer. 

124.  Maar-Tuffgang  bei  Scharnhausen,  SO.  von  Stuttgart  (Fig.  101)     .    .  958 

Schuttbreccien  oder  basalttuffartige  Gebilde  S.  962. 
I.  Schuttmassen  am  Steilabfalle  der  Randecker  Halbinsel. 

1.  Der  Burris  oder  Heiligenberg  im  Lenninger  Thale 96B 

2.  No.  85.    Das  Vorkommen  am  O.-Fusse  des  Teck-Spornes 967 

3.  Die  Schuttmasse  auf  dem  Teck-Sporn 967 

II.    Schuttmassen  im  Vorlande  der  Alb  zwischen  Lauter  und 

Tiefenba  eh. 

4.  Das  Vorkommen  von  Weiss-Jura-Blöcken  am  Bette  der  Lauter     .    .    .  967 

5.  No.  92.    Der  Xräuterbühl,  SO.  von  Nürtingen 968 

III.  Schuttmassen  zwischen  Tiefenbach  und  Steinach. 

6.  Das  Vorkommen  nördlich  von  Beuren 969 

7.  No.  129.    Der  Schuttkegel  SO.  von  Beuren 969 

IV.    Schuttmassen  zwischen  Steinach  und  Erms. 

8.  Das  Vorkommen  SO.  von  Neuffen 970 

9.  No.  99.    Das  Vorkommen  auf  dem  Bolle  N.  von  Kohlberg 970 

10.  Das  Vorkommen  W.  von  Kohlberg 970 

11.  No.  112.  Das  Vorkommen  auf  den  Hengstäckern  S.  von  Klein-Bettlingen  971 

12.  13.  14.    No.    109.    110.    111.     Die    Vorkommen    NW.,    NO.,    SO.    von 
Grafenberg 971 

15.  No.  114.    Das  Vorkommen  N.  von  Gross-Bettlingen 971 

16.  No.  105.    Das  Vorkommen  N.  vom  Hofbühl 971 

17.  Das  Vorkommen  auf  Falkenberg,  NO.  von  Metzingen 971 

V.    Schuttmassen   am  Fusse   der   Erkenbr echts weiler  Halbinsel. 

18.  No.  56.    Das  Vorkommen  auf  dem  Blohm 972 

VI.    Schuttmassen  am  Steilabfalle  der  St.  Johann-Halbinsel. 

19.  20.  21.  22.    Die  vier  Schuttmassen  südlich  vom  Karpfenbühl     ....  972 
23.  24.  25.    Die  drei  Weiss-Jura-Schuttmassen   südwestlich  von  Dettingen 

im  Ermsthale :  der  Katzenbuckel  No.  130,  der  Linsenbühl  No.  131,  im 

Egartsgässle  No.  132 973 


—     331     — 

No  ^®''*^ 

26.  No.  119.    Das  Vorkommen  am  Schafbuckel  SSW.  von  Neuhausen     .    .  974 

27.  Der  Schuttkegel  im  Arbachthaie,  SO.  von  Eningen,  No.  133 974 

28.  No.  69.    Das  Kugelbergle  am  Ursulaberg,  S.  von  Eningen 974 

29.  No.  70.    Am  Burgstein' an  der  Holzelfinger. Steige 975 

30.  Der  Kugelberg  oder  die  Altenburg  bei  Bronnweiler 975 

Basaltgänge. 

125.  Basaltgaug  i.  d.  Zittelstadt  bei  Urach 987 

126.  „  W.  von  Grabenstetten  (Fig.  105) 988 

127.  ,  im  Buckleter,  NW.  von  Urach  (Fig.  106) 991 

128.  ?        l  am  Hohen-Neuffeu 993 

Aufzählung  der  im  Abschnitte  XIV  beschriebenen  Vorkommen  in   alpha- 
betischer Ordnung. 

No.  Seite         Fig._ 

Aichelberg,  nördlicher  Maar-Tuffgang 74  849        ,      pj- 

südlicher  Maar-Tuffgang 75  849       ol.  52 

Altenberg,  N.  von  Beuren,  Maar-Tuffgang 93  887              70 

Ameisenbühl,  N.  von  Metzingen,  Tuft'gang? 107  922 

Apfelstetten,  Tuff-Maar 22  714 

Arbachthal  bei  Eningen,  Schuttkegel 133  974 

Auingeu,  Tuff-Maar 19  710 

Authmuthbölle,  Maar-Tuffgang 115  9bo       89.  90 

Authmuthbache,  am,  NW.  von  Kohlberg,  Maar-Tuffgang  100  901        /7.  78 

Bettenhard,  NO.  von  Linsenhofen,  Maar-Tuffgaug  ...  96  889       71—73 

Beuren,  an  der  Strasse  ins  Tiefenbachthal,  Maar-Tuffg.  95  889 

SO.  von,  Schuttkegel 129  969 

"        a.  d.  Steige  n.  Erkenbrechtsweiler,  Maar-Tuffg.  51  782              22 
Bissingen— Ochsenwanger   Strasse,    im   Walde,    Maar- 


Tuffgang 


82  866  58 


Blohm,  80.  von  Dettingen,  Maar-Tuffgang 56  807              32 

Böhringen,  Tuff-Maar 9  699 

Bolle  bei  Owen,  Maar-Tuffgang 49  7^8 

„    Keudern,  östlicher  Maar-Tuftgang 90  881       bö.  bb 

„         westlicher          „                  91  882 

,    Kohlberg,  Maar-Tuffgang 99  901 

Böttingen,  Tuff-Maar 2  692 

SO.  von,  Maar-Tuffgang 3  694 

Buckleter  Teiche,  im,  Maar-Tuffgaug 57  809              33 

Buckleter,  NW.  von  Urach,  Maar-Basaltgaug     ....  127  991 

Bürgli,  nahe  der  Teck,  Maar-Tuffgang 84  868 

Bürzlenberg  bei  Eningen,           „                68  832      42—44 

Burgstein  bei  Holzelfingen,        ,                 70  838              47 

Burris  oder  Heiligenberg  im  Lenninger  Thal,  Schuttmasse  1  966 

Burrisbuckel  im  Egart  bei  Frickenhauseu,  Maar-Tuffgang  97  893       74.  75 

Conrad-Felsen,  Maar-Tuffgang 47  771              20 

Dachsbühl  bei  Weilheim,  Maar-Tuffgang 78  860 

0.  von  Metzingen,       „  -104  918  82 

Diepoldsburg,  Maar-Tuffgang 40  741              l^-^ 

Dietenbühl,  Basalt-Maar 36     730. 985     103. 104 

Dobehvasen,  0.  von  Weilheim,  Tuffvorkommen  ....  73  848 

Donustetten,  Tuff-Maar 6  697 

Dottingen,              ,            21  713 

Egartsgässle,  im,  bei  Neuhausen,  Schuttmasse     ....  132  973 

Egelsberg  bei  Weilheim,  Maar-Tuffgang 79  861       55— o7 

Ehnisbach,  am,  bei  AVeilheim,  Tuft'vorkommen    ....  80  865 

Eisenrüttel,  Basalt-Maar 38     730.979            10 r 

Elsachthale,  im,  bei  Urach,  Maar-Tuffgang 58  810       34.  So 


—     332 


No. 

Engelberg  bei  Beuren,  Maar-Tuffgang 94 

Engelhüf,  SO.  vom,  Tuff-Maar 33 

„         Tuff-Maar 41 

Erkenbrechtsweiler,  im  Dorfe,  Tuff-Maar 30 

„                  nördlich  des  Dorfes,  Tuff-Maar   .    .  31 

Feldstetten,  Tuff-Maar 5 

Florianberg,  Maar-Tuffgang 101 

Gaisbübl,  SW.  von  Reutlingen,  Maar-Tuffgang  ....  122 

Geigersbühl,  N.  von  Grossbettlingen,     „              ....  113 

Georgenberg,  S.  von  Reutlingen,  Maar-Tuffgang    .    .   .  121 

Götzenbrühl,  NW.  vom  Teck-Sporn          ,,                ...  87 

Grabenstetten,  Tuff-Maar      11 

„             Basaltgang 126 

Grafenberg,  Maar-Tuft'gang 108 

„           NW.  vom,  Maar-Tuffgang 109 

NO.  vom,               „               110 

SO.  vom,               „               111 

Gross-Engstingen,  Tuff-Maar 28 

Klein-Engstingen,          „           29 

Gruorn,  Tuff-Maar 17 

Gutenberger  Steige,  erster  Maar-Tuffgang 42 

„                 „        zweiter            „              43 

dritter              ,              44 

„                 „        vierter              „              45 

Häldele,  NO.  von  Kohlberg,  Maar-Tuffgang 98 

Hahnenkamm,  Maar-Tuffgang 83 

Hardtburren,  SO.  von  Wittlingen,  Tuffvorkommen     .    .  16 
Heiligenberg,  Maar-Tuftgang,  s.  Burris. 

Hengbrunnen,  N.  von  Gruorn,  Tuff-Maar 18 

Hengen,  Tuff-Maar 13 

„         S.  von,  Tuff-Maar 15 

Hengstäcker,  S.  von  Kleinbettlingen,  Maar-Tuftgang     .  112 

Hofbrunnen,  m.  d.,  0.  von  Seeburg,  Tuff-Maar  ....  20 

Hofbühl,  0.  von  Metzingen,  Maar-Tuffgang 103 

Hofwald,  im,  0.  von  Metzingen         „                105 

„         am,  0.     „            „           Maar-Basaltgang  .    .    .  106 

Hohenbohl,  NW.  vom  Teck-Sporn,  Maar-Tuffgang     .    .  86 

Jusiberg,  Maar-Tuffgang 55 

Käppele  bei  Dettingen,  Maar-Tuffgang 88 

„         am  Südabhange,            „                89 

Karpfenbühl,  SO.  am,  Tuffvorkommen   . 66 

„            Maar-Tuffgang 65 

Katzenbuckel,  SW.  von  Neuhausen,  Schuttmasse    .    .    .  130 

Kräuterbuckel,  SW.  von  Raidwangeu,  Maar-Tuffgang  .  116 

Kräuterbühl  im  Tiefenbach thal,  Maar-Tuffgang  ....  92 

Kraftrain,  Maar-Tuffgang 76 

Kugelberg   oder  Altenburg   bei  Bronn weiler,   Erosions- 
rest der  Alb 30 

Kugelbergle  am  Ursulaberg,  Maar-Tuffgang 69 

Laichingen,  Tuff-Maar 1 

Leisgebronn,  W.  von  Donnstetten,  Tuffvorkommen    .    .  7 

Lichtenstein  bei  Neidlingen,  Maar-Tuftgang 71 

Limburg,  Maar-Tuft'gang 77 

Linsenbühl  bei  Neuhausen,  Schuttmasse 131 

Magolsheim,  Tuff-Maar 4 

Metzinger  Weinberg,  Maar-Tuffgang 102 

Mönchberg,  am,  0.  von  Urach,  Tuft-Maar 10 

Mohrenteich,  am,  bei  Urach,  Maar-Tuffgang 59 

Nabel,  S.  von  Bissiugen,                   „                  81 


Seite 
888 

Fig. 
70 

724 

747 

12 

719 

5.  6 

721 

696 

904 

79 

951 

98 

931 

88 

948 

96.  97 

872 

61—63 

701 

988 

105 

924 

84.  85 

926 

928 

928 

86 

716 

716 

708 

4 

752 

14 

753 

15—18 

760 

762 

19 

896 

76.  76a 

867 

707 

708 

703 

704 

1—3 

929 

87 

710 

4a.  4b 

916 

81 

920 

83.  83  a 

921 

869 

59.  60 

789 

27—31 

879 

64 

880 

831 

829 

41 

973 

938 

91 

883 

67—69 

852 

53.  54 

975 

836 

45.  46 

690 

698 

841 

48.  49 

855 

973 

695 

912 

80.  80a-c 

700 

814 

38 

865 

—     333     — 

No. 

Neuffen— Hülbener  Strasse,  Unterer  Maar-Tuffgang    .    .  52 

„         Oberer               ,                .    .  o3 

Neuffen— Hohen,  Basaltgang? 128 

Ochsenwanger  Torfgrnbe,  Tuff-Maar ob 

Ohnastetten,  Tuff-Maar     ••••.;•••••■••■  it 

„            und  Gächingeu,  zwischen,  ?  Tuffgang    .    .  27 

Pfaubrunnen,  am,  Maar-tuff'gang 67 

Eandeck  bei  Ochsenwang,  Tuff-Maar oy 

Rangenbergle,  N.  von  Eningen,  Maar-Tuffgang 12Ü 

Reuter,  alte,  a.  d.  Strasse  Beuren— Owen,  Maar-Tuffgang  50 

Riedheinaer  Thale,  im,  Maar-Tuffgang  ........  64 

Rossbühl,  0.  von  Brücken,  Maar-Tuffgang  ......  4b 

Sandgrube  im  Bettenhard,  „  s.  Bettenhard 

Schafbuckel,  S.  von  Metzingen      „                • 119 

Scharnhausen,  SO.  von  Stuttgart,  Maar-Tuffgang  ...  124 

Scheidwasen,  N.  von  Grossbettlingen,        ,        m  i^    '    '  Joo 

Scheuerlesbach,  am,  W.  von  Reutlingen,  Maar-Tutlgang  12d 

Sirchingen,  Tuff-Maar 23 

Sounenhalde  bei  Neidlingen,  Maar-Tuffgang ^2 

St.  Theodor,  0.  vom  Jusi,                  ^                '"''.'  on 

Steruberg,  Basalt-Maar *  •  ^' 

Sulzburg,  Maar-Tuffgang ^•.;    •    •    *  .tn 

Sulzhalde,  SO.  von  Neckarthailfingen,  Maar-Tuffgang   .  117 

Teckburg,  Tuff-Maar 3? 

Teck-Spornes,  am  Ostfusse  des,  Tuffvorkommen      ...  »o 
Ulmer  Steige,  0.  von  Urach,  Maar-Tuffgang,. s.  Zittelstadt. 

Ulmer  eher  stetten,  Maar-Tuffgang 61 

Wittlingen,  Tuff-Maar 1| 

Wittlinger  Steige,  Maar-Tuffgang od 

Wüi-tingen,  Tuff-Maar ;•;••■  S 

und  Ohnastetten,  zwischen,  Tuffpunkt     .    .  2b 

Zainingen,  Tuff-Maar .;   '    "    '  n^ 

Zittelstadt,  Westgang,  0.  von  Urach,  Maar-Tuffgang  .  bU 

„            Ostgang,  0.  von  Urach,                 „                '  -,o^ 

0.  von  Urach,  Basaltgang 125 

Teil  II. 

Die  Beschaffenheit  und  Entstehung   der  Tuffe  und  Basalte,  sowie 

die  Erosionsreihe  der  Maare  des  Gebietes  von  Urach.  Allgemeines 

über  Tuffe  und  Maare. 

I.  Die  Beschaffenheit  der  Basalte  und  der  vulkanischen  Tuffe  des  Gebietes 

von  Urach  S.  1—56. 

1  Die  Basalte  S.  1.     MelUith-,  Nephelin-,  Feldspatbasalte. 

2  Die  Tuffe  S.  3.     Breccien- Struktur   derselben   durch   zahllose  Einsprenglinge 
"  der    durchbrochenen    Gesteinsmassen.      Chondritische    Struktur    der    eigentlich 

vulkanischen  Bestandteile  S.  6.  Massige  Beschaffenheit  S.  8.  Untergeordnete 
Schichtung.  Diese  ist  teils  subaquatisch ,  teils  subaerisch.  Entstehung  dieser 
Schichtung.  Absonderungserscheinungen  S.  11.  Die  Einschlüsse  von  Fremd- 
gesteinen in  den  Tuffen  S.  11;  ihre  Gestalt;  ihre  Arten  S  15:  Schichtgesteine 
und  altkrystalline  Gesteine;  Tuffstücke  anderer  Art  im  Tuffe  K  20 ;  Kohle? 
S  23;  Mineralien  S.  24.  Magnetisches  Verhalten  des  Tuftes  S.  2o.  Festigkeit 
des  Tuffes  S.  27;  spätere  Entstehung  derselben.  Der  Schuttmantel  der  Intt- 
berge  S.  33;  seine  Entstehungsweise.  ,    ,       -,     -r.-  v  ft. 

Beziehungen   des  Tuffes   zur  Kultur  S.  41:   Wasserhaltende  Eigenschaft; 
Acker-  und  Waldboden.     Technische  Verwendung  S.  45. 


Peite 

Fig. 

784 

23. 

26 

784 

24- 

-26 

993 

729 

715 

716 

832 

732 

11 

946 

780 

26  a 

827 

39 

.  40 

769 

945 

95 

958 

101 

935 

955 

99. 

lüO 

714 

846 

50 

787 

21a 

730.  982 

773 

21 

939 

9i 

!.  93 

725 

8.  9 

869 

818 

703 

823 

715 

716 

699 

817 

37 

820 

38 

987 

-     334     — 

n.  Die  Kontaktmetamorphose  der  Tuffe  und  Basalte  des  Gebietes  von 

Urach  S.  47—56. 

Umwandlungen  der  in  den  Tuffen  S.  47  und  den  Basalten  S.  53  eingeschlossenen 
Fremdgesteiue.   Umwandlungen  des  Nebengesteines  am  Salbande  der  Tuffe  S.  55. 

in.    Die  Beweise  für  die   gangförmige  Lagerung  aller  Tuffvorkommen  im 
Gebiete  von  Urach  S.  56—69. 

Erläuterung  der  Verhältnisse.  Beweise  S.  58 :  Augenschein  bei  einer  Anzahl  der 
am  Steilabfalle  der  Alb  angeschnittenen  Gänge.  Basaltgänge  in  den  Tuff- 
massen aufsetzend.  Schräger  Anschnitt  der  Tuffmassen  im  Vorlande  der  Alb. 
Niedersetzen  der  Tuffmassen  bis  in  die  heutigen  Thalsohlen  S.  61.  Kontakt- 
metamorphose, welche  die  Tuffe  auf  das  Nebengestein  ausübten.  Bohrung  in 
ganz  zweifelhaften  Fällen.  Analogiebeweis.  Fernere  Gründe,  welche  gegen 
die  Möglichkeit  sprechen,  dass  ein  Theil  der  Tuffmassen  nur  aufgelagert  sein 
könnte  S.  63. 

IV.  Die  Entstehungsweise  der,  die  röhrenförmigen  Kanäle  füllenden  Tuff- 

massen des  Gebietes  von  Urach  S.  69—90. 

Anschauungen  von  Schübler,  Qüenstedt,  Deffner  S.  69.  Prüfung  der  Fragen : 
Sind  unsere  Tuffe  unter  Mitwirkung  von  Eis  entstanden  ?  S.  73.  Sind  sie  unter 
derjenigen  von  Wasser  im  fliessenden  Zustande  entstanden?  S.  80.  Sind  sie 
als  Schlammtuffe  entstanden?  S.  85.  Oder  als  sogenannte  Schlammlava?  S.  87. 
Welcher  Abteilung  von  Tuffen  gehören  diejenigen  der  Gruppe  von  Urach  also 
an?  S.  88. 

V.  Die  Deutung   aller  vulkanischen  Bildungen  in   der  Gruppe  von  Urach 

als  ehemalige  Maare  S.  90 — 104. 

■Sind  unsere  Tuffvorkommen  auf  der  Alb  wirklich  ehemalige  Maare  und  die  Tuff- 
gänge am  Steilabfall  und  im  Vorlande  wirklich  die  in  die  Tiefe  führenden 
Ausbruchskanäle  ehemaliger,  längst  abgetragener  Maare?  Vervollständigung 
des  Maarbegriffes  S.  94.  Gründe,  welche  dagegen  sprechen,  dass  sich  in 
unserem  Gebiete  einst  Aschenkegel  über  der  Erdoberfläche  erhoben  S.  95. 
s.  auch  Teil  III  S.  315—319. 

Stehen  unsere  tufffreieu  Basaltvorkommen  ebenfalls  in  denselben  Beziehungen  zu 
ehemaligen  Maaren  wie  die  Tuffe?  S.  98.  Eisenrüttel,  Sternberg,  Dintenbühl. 
Unterschied  gegenüber  den  Tuffmaaren  S.  102.  Grabenstetten,  Zittelstadt, 
Buckleter. 

VI.  Die  Gestalt  der  Maarkessel  und  der  Ausbruchskanäle  in  der  Gruppe 

von  Urach  S.  105—120. 

Die  Maarkessel  unseres  Gebietes.     Durchmesser.     Tiefe.     Randwall  S.  107. 

Die  in  die  Tiefe  setzenden  Ansbruchskanäle  der  Maare  unseres  Gebietes.  Runder 
oder  ovaler  Querschnitt  S.  108.  Bleibt  der  Durchmesser  der  Röhre  oben  und 
unten  gleich?  Gegenüber  den  Gängen  rundlichen  Querschnittes  steht  nur  eine 
verschwindende  Minderzahl  langgestreckt  spaltenförmiger  S.  111.  Der  auffallend 
dreieckige  Umriss  des  Jusiberges  S.  112.  Gänge  unregelmässigen  Querschnittes 
S.  114,  entstanden  durch  Zusammenfliessen  zweier  dicht  benachbarter  Röhren 
oder  durch  Höhlenbildung?  Möglichkeit  einer  Täuschung  über  den  Querschnitt 
und  die  Mächtigkeit  von  Gängen  bei  senkrechtem  Anschnitte  letzterer  S.  116. 
Nah  benachbarte  und  Zwillings-Maare  bezw.  Maartuffgäuge  S.  119. 

VII.  Die  Entstehungsweise  der  Ausbruchskanäle  bezw.  Maare  im  Gebiete 

von  Urach  S.  121—131. 

Terschiedene  Anschauungen  über  die  Entstehung  vulkanischer  Ausbrüche.  Die- 
jenigen in  der  Gruppe  von  Urach  lagen  in  der  Nähe  des  Meeres  S.  122.  Das 
Fehlen  von  Schuttwällen  um  unsere  Maare  spricht  nicht  gegen  eine  Entstehung 
durch  Gasexplosionen  S.  123     Es  müssen  ganz  besonders  grosse  Gasmassen  in 


—    335     — 

der  Tiefe  gewesen  sein ;  sie  haben  auffallenderweise  statt  nur  eines  oder  einiger 
Ansbruchskauäle  so  sehr  viele  erzeugt ;  sie  haben  endlich  nur  ganz  kurze  Zeit 
gewirkt,  offenbar  weil  ihr  Vorrat  erschöpft  war  S.  126.  Frage  nach  der  Natur 
dieser  Gasmasseu  und  nach  der  Tiefe  ihres  Sitzes.  Rozet's  Ansicht  kann 
keine  Geltung  für  unser  Gebiet  haben  S.  130. 

Vni.  Sind  die  127  Durchbruchskanäle  unseres  Gebietes  selbständige  Durch- 
bohrungen der  Erdrinde  oder  nur  erweiterte  Spalten,  also  abhängig  von 
Bruchlinien  der  Erdrinde?  S.  181—152. 

Man  meint ,  dass  der  Schmelzfluss  nur  auf  Bruchlinien  der  Erdrinde  aufsteigen 
kann ;  man  giebt  aber  zu,  dass  er  sich  in  den  Maaren  selbst  einen  Weg  bahnt. 
Lösung  dieses  Widerspruches  S.  132.  Was  sagen  uns  die  Explosionskratere  ? 
Eifel  S.  132,  Mittel-Schottland,  S.-Afrika;  das  Gebiet  von  Urach  S.  134.  Fast 
nirgends  lassen  sich  Bruchlinien  bei  Maaren  wirklich  nachweisen.  Weitere 
Gründe,  welche  für  die  Unabhängigkeit  der  Ausbruchskanäle  der  Maare  von 
Spaltenbildungen  sprechen  S.  142.  Die  Tiefe,  bis  zu  welcher  hinab  diese  Un- 
abhängigkeit zu  bestehen  scheint,  beträgt  mindestens  6üO  m  S.  144.  In  grösserer 
Tiefe  mag  eine  Spalte  den  Ausgangspunkt  bilden;  diese  aber  müsste,  ent- 
sprechend der  Breite  des  vulkanischen  Gebietes,  37  und  45  bezw.  30  km,  so 
breit  sein,  dass  man  nur  von  einer  grossen  Höhlung  reden  dürfte  S.  145. 
Deffner's  Ansicht  von  den  nach  unten  sich  verbreiternden  Spalten  in  unserem 
Gebiete  ist  nicht  haltbar  S.  146.  Löwl's  Ansicht  von  der  Unabhängigkeit 
der  Vulkane  von  Spalten   S.  150.     Das  Gebiet  von  Urach   ein  Einsturzkessel? 

IX.  Die  Denudationsreihe  der  Maare  und  ihrer  in  die  Tiefe  hinabsetzenden, 
tuff-  und  basalterfüllten  Kanäle  S.  152—177. 

Strato  Vulkane  und  homogene  Vulkane. 

Allgemeinere  Bemerkungen  über  die  Denudation  unserer  Tuffgänge  b.  154.  Ver- 
schiedene Widerstandsfähigkeit  derselben  im  Vergleiche  zu  den  sie  einschlies- 
senden  Sedimentärschichten.  Die  von  Deffner  aufgestellten  beiden  Gesetze 
S  157.  Das  erste  selbstverständlich,  das  zweite  besteht  gar  nicht.  Ganz  oder 
fast  ganz  eingeebnete  Tuffgänge  S.  159.  Kegelförmig  aufragende  Tuftgänge 
S.  162. 

Specielle  Denudationsreihe  der  Maare  und  Maartuffgänge: 

A.  Die  Maare  oben  auf  der' Alb.  I.  Völlig  unverletzte  Maare  S.  162. 
II.  Etwas  verletzte.  Rand  nicht  mehr  ganz  vollständig  erhalten ;  ein  Abfluss- 
thal in  denselben  eingesägt  S.  163;  Zufluss-  und  Abflussthal  S.  164.  Maar- 
kessel als  Ausbuchtung  eines  grossen  Erosionskessels  S.  165.  III.  Maarkessel 
mehr  oder  weniger  bis  zur  Unkenntlichkeit  zerstört :  In  einem  grossen  Erosions- 
kessel verschwunden;  auf  andere  Art  eingeebnet  S.  165.  Der  Kopf  des  Tuff- 
ganges  beginnt  sich   als  Erhöhung  über  die  Erdoberfläche  zu  erheben  S.  166. 

B.^Die  Vorkommen  am  Steilabfalle  der  Alb  und  im  Vorlande  der- 
selben. I.  Noch  deutlich  erkennbare  Maare  S.  167.  IL  Maartuffgänge,  senk- 
recht angeschnitten,  Maarkessel  verscliwunden  S.  170.  Verschiedene  Stadion 
der  Blosslegung  und  Abschnürung  von  der  Alb  bis  zum  vereinzelt  aufragenden 
Kegel  S.  174.  Zukunftsbild  unserer  Tuff  berge;  allgemeinere  Bedeutung  des- 
selben S.  176. 

X.  Das  Alter  der  vulkanischen  Ausbrüche  im  Gebiete  von  Urach  S.  178—190. 

Graf  Mändklsloh;  0.  Fraas;  Quenstedt  ;  Klöpfel  ;  Deffner;  Endriss  S.  178, 
Versteinerungen  des  Maares  von  Randeck  No.  39  S.  181.  Pompeckj,  Versteine- 
rungen des  Maares  S.  von  Hengen  No.  15  S.  183.  E.  Fraas,  Reste  von  Böt- 
tingen  No.  3  S.  186.  Koch,  Schnecken  und  Säugetiere  des  Maares  von  Laichingen 
No.  1  S.  187.  Schnecken  in  anderen  Tuffvorkommen  uuseies  Gebietes  S.  189. 
Die  Entstehung  der  Maare  und  die  Ausfüllung  ihrer  Ausbruchskanäle  mit  Tuff 
fällt  in  eine  ältere  Zeit  als  die  obermiocäue,  in  welcher  sich  in  diesen  Maaren 
Süsswasserschichten  absetzten  S.  189. 


336 


Teil  III. 

Allgemeines  über  Tuffe  und  Maare.  Vergleichung  der  Tuffe  im  Gebiete 
von  Urach  mit  solchen  an  anderen  Orten  der  Erde  S.  191—280. 

1.  Das  Verschiedenartige  in  den  Lagerungsverhältnissen  und  der  äusseren 

Erscheinungsweise  vulkanischer  Tuffe  im  allgemeinen  S.  191—210. 

Die  verschiedenen  Arten  von  Tuffen:  Trockentuffe,  Wassertuffe,  Sedimenttuffe 
umgelagerte  Tuffe,  Tuffite ,  Tuffoide,  Schlammlava  aus  vulkanischem  Tuff, 
Schlammtuffe  S.  191.  Dreifache  Entstehungsweise  von  Schlaramtuffen  durch 
Regen,  Ausbruch  von  Kraterseen,  schmelzendem  Schnee  und  Eis,  auf  Java, 
Island,  in  Südamerika  S.  197.  Beschaffenheit  der  Schlammtuffe,  Temperatur 
derselben,  Dicke,  organische  Reste  S.  199.  Der  Peperin.  Beschaffenheit.  Ent- 
stehungsweise. Erklärungsversuch  S.  202. 

II.  Die  Entstehungsweise  von  Maaren  im  allgemeinen  S.  211—235, 

Unter  jedem  Vulkanberge  soll  nach  v.  Humboldt  ein  Maar  begraben  liegen;  das 
scheint  durchaus  nicht  nötig  zu  sein. 

Ansichten  über  die  Entstehungsart  der  Maare:  Montlosier,  v.  Strantz,  A.  v.  Hum- 
boldt, Karl  Naumann  S.  211.  Gestalt  der  Maare,  Durchmesser,  Tiefe,  Tiefe 
der  Maarkanäle;  Zahl  der  Maare  auf  Erden.  Unser  vulkanisches  Gebiet  von 
Urach  hat  auf  nur  20  [jMeilen  Fläche  in  seinen  127  Maaren  viel  mehr  Maare 
als  die  ganze  Erde  zusammengenommen  S.  214.  Vogelsang's  Ansicht  über 
die  Entstehung  der  Maare  S.  218.  Bischof's  und  v.  Richthofen's  Meinung. 
Geikie  S.  223.  Behrens'  Versuche  S.  225.  Daubr^e's  Versuche  bestätigen 
die  ältere  Ansicht.  Unser  vulkanisches  Gebiet  von  Urach  beweist  die  letztei'e 
als  richtig  S.  225. 

Entstehung  von  Explosionskrateren  in  neuester  Zeit;  E.  Naumann.  Zustand  nach 
der  Entstehung.  Unterscheidung  zwischen  echten  Maaren  und  parasitischen 
Explosionskrateren  S.  228.  Noch  ältere  Entwickelungsstadien  des  Vulkanismus 
als  Maare.  Drei  embryonale  Stadien  des  Vulkanismus:  Gas- Maare,  Maare 
mit  Tuff-  und  Maare  mit  Basalt-Füllung  des  Kanales  S.  232. 

III.  Maarähnliche  Bildungen  S.  235—244. 

I.Kessel-  und  trichterförmige  Gebilde.  Gewisse  Kesselbrüche,  Ries,  Steinheim, 
Kraterseen,  Kesseithäler  der  Eifel,  Paus  in  Südafrika.    Erdtrichter,  Solle  S.  235. 

2.  Röhrenförmige  Kanäle,  bei  Schlammvulkanen  und  Ranus  S.  240. 

IV.  Vergleichung  der  vulkanischen  Verhältnisse   des  Gebietes    von  Urach 
mit  demjenigen  anderer  Länder  S.  244—280. 

Gangförmige  Lagerung  von  Tuffen  an  anderen  Orten  der  Erde: 

Tuffgänge  in  der  Rhön,  Lenk,  Gutberlet  S.  247.  In  Baden,  Steinmann  und 
Graeff,  Sauer  S.  249.  Eifel.  Auvergne.  Italiens  Peperin.  Der  graue  cam- 
panische Tuff.  Debcke's  und  Scacchi's  Ansichten  über  seine  Entstehung  S.  251. 
Centralfrankreich  S.  256.     Analogie  mit  der  Gruppe  von  Urach  S.  258. 

Die  Karoo  des  südlichen  Afrikas.  Gleiche  tektonische  Verhältnisse  wie  bei  der 
schwäbischen  Alb :  Wagerechte  Lagerung,  Tafelberge,  Spitzkopjes  S.  259.  Auch 
gleiche  röhrenförmige  Ausbruchskanäle  rundlichen  Querschnittes  wie  in  der 
Alb.  Zweierlei  verschiedenartige  Bildungen:  seichte  Paus  und  die  17  tiefen 
Diatremata.  Senkrechte  Wandung,  geringfügige  Erweiterung  an  der  Mündung 
bei  letzteren,  Erfüllung  mit  einer  ungeschichteten  Tuffbreccie,  ganz  wie  in  der 
schwäbischen  Alb.  Die  Tuffbreccie  ist  150  m  tief  hinab  verfolgt.  Durchmesser 
der  Diatremata  S.  262.  Entstehungsweise  derselben  nach  Cohen,  Daubr]6e, 
Chaper,  Moulle.  Gründe  für  und  gegen  vulkanische  Entstehungsweise  S.  265, 
Vergleichung  mit  unseren  Bildungen  in  der  Gruppe  von  Urach  S.  271. 


—     337     — 

Die  Tuffgänge  rundliclien  Querschnittes  (Necks)  im  Carbon  Centralschottland, 
nach  Geikie  S.  273.  VoUstäurlige  Uebereinstimmung  derselben  mit  den  Tuff- 
maargängeu  der  Gruppe  von  Urach  S.  279.  Eückschluss ,  dass  aucli  erstere 
einst  mit  Maaren  in  Beziehung  gestanden  haben  mögen  S.  279. 

V.  Die  vulkanischen  Bildungen  des  Mondes  im  Vergleiche  mit  denjenigen 
der  Gruppe  von  Urach  S.  280 — 314. 

Sind  die  vulkanischen  Bildungen  des  Mondes  Vulkanberge  oder  Maare?  v.  Strantz, 
Elie  de  Beaumont,  A.  v.  Humboldt,  Dauerte,  Gilbert.  Gestalt  und  Grösse 
der  Mondkratere  S.  280.  Verschiedene  Typen  derselben  nach  Gilbert.  Die 
drei  verschiedenen  Typen  der  Erdkratere  nach  Dana  :  Vesuvischer,  Hawaischer, 
Maare.  Gilbert's  Vergleich  derselben  mit  denen  des  Mondes :  Weder  mit  dem 
vesuvischen  noch  mit  dem  hawaischen  Typus  stimmen  die  Mondkratere  überein ; 
nur  die  kleinsten  derselben  könnten  als  Maare  gedeutet  werden.  Andere  Er- 
klärungsversuche der  Mondkratere:  Durch  geplatzte  Blasen;  durch  Gezeiten; 
durch  Eis ;  durch  auf  den  Mond  gefallene  Meteorite  S.  283.  Gilbert's  Mönd- 
chen-Hypothese  S.  289.  Erklärung  noch  anderer  Oberflächenerscheinungen  durch 
Gilbert's  Hypothese  S.  291.  Gründe,  welche  trotzdem  für  eine  vulkanische 
Entstehung  der  Mondkratere  sprechen.  Die  Frage,  ob  noch  heute  auf  dem 
Monde  Vulkanausbrüche  sich  vollziehen.  Gilbert  giebt  zu,  dass  die  Hälfte 
aller  Mondkratere  Maare  sein  könnten.  Geringere  Schwere  und  fehlender  Luft- 
druck auf  dem  Monde.  Geringere  Grösse  und  Häufigkeit  der  Maare  auf  Erden 
als  auf  dem  Monde  S.  292.  Im  vulkanischen  Gebiete  von  Urach  ist  die  Zahl 
der  Maare  bezw.  Kratere  auf  1  [jMeile  einige  70  mal  grösser  als  durchschnitt- 
lich auf  dem  Monde  S.  308.  Die  Innenterrassen.  Die  Rillen  S.  309.  Zusammen- 
fassung. Die  Ansicht  von  Prinz,  welcher  vielen  Mondkrateren  und  Maaren 
einen  polygonalen  Umriss   und  Entstehung  durch  Einbruch   zuschreibt   S.  310. 

Verbesserungen  und  Zusätze  S.  315 — 318. 

Erklärungen  zu  der  geologischen  Karte,  betreffend  Fehler  und  Änderungen 
gegenüber  der  geologischen  Karte  von  Württemberg  S.  319 — 321. 

Reiseplan  für  einen  geologischen  Ausflug  in  das  vulkanische  Gebiet  von 
Urach  S.  321—324. 


Jahreshefte  d.  Vereins  f.  vaterl.  Naturkunde  in  Wiirtt.  1895.  22 


Verbreitung  und  Wert  der  in  Sammlungen  auf- 
bewahrten Meteoriten. 

Von  E.  A.  "Wülfing  in  Tübingen. 

Die  Universität  Tübingen  besitzt  eine  kostbare  Meteoriten- 
sammlung, welche  ein  Vermächtnis  des  Freiherrn  von  Reichenbach 
ist  und  nach  dessen  Tode  im  Jahre  1869  in  die  mineralogische  und 
geognostische  Sammlung  gelangte.  Im  Jahre  1871  ist  von  Qüenstedt 
ein  kurzes  Verzeichnis  dieser  Sammlung  herausgegeben  worden  ^  Seit- 
dem hat  dieselbe,  wenn  man  die  Spekulationen  des  Herrn  Dr.  Hahn 
ausnimmt,  zu  keiner  wissenschaftlichen  Untersuchung  gedient.  Dank 
dem  liebenswürdigen  Entgegenkommen  des  Vorstands  der  minera- 
logischen und  geognostischen  Sammlung,  Herrn  Professor  Dr.  Branco, 
und  im  Einverständnis  mit  demselben  habe  ich  mir  die  Bearbeitung 
eines  Teiles  dieser  Sammlung,  nämlich  der  Meteorsteine  zur  Aufgabe 
stellen  können. 

Wenn  man  die  bisherigen  systematischen  Arbeiten  über  Meteo- 
riten durchsieht,  wird  man  finden,  dass  jeder  Autor  sein  eigenes 
System  aufgestellt  hat,  welches  sich  mehr  oder  weniger  an  die  voran- 
gegangenen Systeme  anlehnt.  Bei  meinen  Arbeiten  komme  ich  zu 
einem  ähnlichen  Resultat,  indem  es  auch  mir  scheint,  als  wenn  die 
bisherigen  Systeme  dem  Fortschritt  unserer  petrographischen  Wissen- 
schaft entsprechend  einer  Umformung  bedürfen;  als  ich  aber  ver- 
suchte, mein  nach  diesem  oder  jenem  Gesichtspunkt  aufgestelltes 
System  näher  zu  prüfen,  stiess  ich  auf  mannigfache  Schwierigkeiten, 
da  es  mir  sehr  häufig  an  Material  fehlte.  Bei  jeder  ferneren  syste- 
matischen Untersuchung  auf  dem  Gebiete  der  Meteoriten  dürfte  diese 


DieMeteoriten  der  Tübinger  Universitätssammlung.  Tübingen  August  1871. 


—     339     — 

Schwierigkeit,  das  dazu  nötige  Material  zu  erhalten,  sich  wieder- 
holen. Denn  auch  die  grössten  Sammlungen  sind  nicht  in  der  Lage, 
das  für  die  Begründung  der  bisherigen  Systematik  oder  für  die  in 
der  nächsten  Zeit  zu  erwartende  Abänderung  in  der  Systematik  not- 
wendige Material  zu  beschaffen.  Diese  Schwierigkeiten  haben  sicher- 
lich sämtliche  früheren  Autoren  schon  empfunden ;  bei  einigen 
z.  B.  bei  Rammelsberg  finden  sie  auch  darin  einen  Ausdruck,  dass 
eine  Desideratenliste  von  Meteoriten,  welche  einer  neuen  Unter- 
suchung bedürfen,  aufgeführt  wird. 

Die  Liste  enthält  nachstehend  aufgeführte  Meteoriten.  In 
Parenthese  sind  die  Bezeichnungen  Rammelsberg's,  von  denen  „Ala- 
bama Frankfort"  und  „Alabama  Franklin  Co."  sich  auf  den  gleichen 
Fall  beziehen,  beigefügt^: 

Alessandria,  Motta  cli  Conti  (Casale), 

Bandong-,  Nulles  (Barcelona), 

Daniels  Kuil  (Griqualand),  Netschaevo  (Tula), 

Frankfort  5.  Dec.  1868  (Alabama,  Omans, 

Frankfort),  Koda, 

Krähenberg,  Sankt  Nicolas  (Mässing), 

Lance,  Schönenberg. 
Limerick  (Adare), 

Mit  einer  solchen  Desideratenliste  von  Meteoriten,  die  gegen- 
wärtig wohl  bedeutend  vergrössert  werden  könnte,  ist  aber  wenig 
geholfen ;  und  in  der  That  ist  auch  meines  Wissens  keiner  jener 
Meteoriten  seit  dem  Jahre  1879 ,  als  die  Liste  aufgestellt  wurde, 
wieder  untersucht  worden.  Um  derartige  Untersuchungen  neu  an- 
zuregen, wäre  es  notwendig,  auch  anzugeben,  wo  und  in  welcher 
Verbreitung  das  zu  untersuchende  Material  sich  befindet;  es  wäre 
also  erforderlich,  Aufschluss  über  sämtliches  Meteoritenmaterial, 
welches  in  allen  der  wissenschaftlichen  Forschung  zugänglichen 
Sammlungen  aufbewahrt  wird,  zu  erhalten.  Wir  besitzen  bereits 
eine  Arbeit,  welche  diese  Frage  zu  beantworten  sucht,  nämlich 
Dr.  Otto  Buchner's  Werk  „Die  Meteoriten  in  Sammlungen"  vom  Jahre 
1863.  In  den  letzten  30  Jahren  haben  aber  die  Besitzer  der  Meteo- 
riten stark  gewechselt;    vor  allem  sind  einige  grössere  Privatsamm- 


'  In  bezng  auf  die  Benennung  der  Meteoriten  scbliesse  icb  mich  dem 
äusserst  sorgfältig  zusammengestellten  „Gesamtortsregister  mit  den  Daten  über  die 
Hauptlokalitäten"  Brezina's  au,  wie  dasselbe  seiner  Abhandlung :  Die  Meteoriten- 
sammlung des  k.  k.  mineralogischen  Hofkabinets  in  Wien  am  1.  Mai  1885,  bei- 
gefügt ist.    Jahrb.  d.  k.  k.  geol.  Reichsaust.  Wien  1885.  Bd.  XXXV.  p.  250—272. 


—     340     — 

langen  an  öffentliche  Institute,  teils  durch  Schenkung,  teils  durch  Kauf 
übergegangen.  So  gelangte  durch  Schenkung  die  REiCHENBAcn'sche 
Sammlung  nach  Tübingen,  befindet  sich  die  SnEPARD'sche  Sammlung 
im  National-Museum  in  Washington,  kam  die  E.  von  BAUMHAUER'sche 
Sammlung  grösstenteils  in  das  National-Museum  nach  Budapest, 
wurden  die  Sammlungen  von  Dr.  med.  K.  G.  Zuvimermann  f  1876 
und  Dr.  phil.  J.  G.  Fischer  f  1888,  beide  dem  Naturhistorischen 
Museum  der  Stadt  Hamburg  einverleibt,  kam  die  Sammlung  des 
Dr.  Otto  Buchner  grösstenteils  an  Freiherrn  von  Braun  in  Wien 
und  die  Sammlung  von  L.  Smith  an  die  Harvard  üniversity  Cam- 
bridge Mass. 

Ausser  diesem  Wechsel  im  Besitz  haben  aber  die  in  den  Samm- 
lungen aufbewahrten  Meteoriten  sowohl  bezüglich  des  Gewichtes, 
als  auch  bezüghch  der  Fall-  und  Fundorte  ganz  ausserordenthch 
stark  zugenommen,  am  gewaltigsten  wohl  die  Sammlung  des  k.  k. 
Naturhistorischen  Hofmuseums  in  Wien,  so  dass  der  Zeitpunkt  ge- 
kommen sein  dürfte,  eine  neue  statistische  Erhebung  zu  veranstalten. 
Bei  dieser  Erhebung  wird  weniger  Gewicht  darauf  zu  legen  sein, 
wieviel  Material  eines  bestimmten  Meteoriten  ursprünghch  gesammelt 
wurde,  was  ja  in  den  meisten  Fällen  aus  der  Litteratur  mehr  oder 
weniger  sicher  zu  erfahren  ist;  vielmehr  soll  es  darauf  ankommen, 
festzustellen,  wieviel  in  den  Sammlungen  aufbewahrt  wird  und  der 
Forschung  zugänglich  ist. 

Wenn  es  aber  auch  gelingen  sollte,  einen  solchen  Index  der 
Meteoriten  in  einer  dem  oben  angedeuteten  praktischen  Bedürfnis 
entsprechenden  Weise  herzustellen,  so  würde  damit  die  Aufgabe  noch 
nicht  gelöst  sein;  hierzu  wäre  noch  erforderhch,  eine  Vereinbarung 
über  den  Tauschwert  der  Meteoriten  zu  treffen. 

Es  ist  gewiss  eine  schwierige,  vielleicht  unlösbare  Aufgabe, 
den  Wert  wissenschafthcher  Objekte  zu  bestimmen,  da  man  hier  gar 
zu  leicht  auf  das  Gebiet  der  Liebhaberpreise  gelangt,  die  sich  infolge 
ihres  ihnen  anhaftenden  persönhchen  Momentes  jeder  Berechnung 
entziehen.  Auch  bei  den  Meteoriten  begegnet  man  nicht  selten 
solchen  Liebhaberpreisen ;  wie  wäre  es  anders  zu  erklären,  dass  einige 
dieser  Steine  mit  dem  achtfachen  Werte  des  reinen  Goldes  auf- 
gewogen werden!  Nicht  so  unlösbar  scheint  mir  die  Aufgabe  zu 
sein,  eine  Wertliste  der  Meteoriten  zu  bestimmen,  wenn  man  den 
Tauschwert  der  Meteoriten  untereinander,  also  das  Wertverhältnis 
eines  Meteoriten  gegenüber  einem  andern  zu  ermitteln  sucht. 

Die  Ermittelung  dieser  Tauschwerte   hat   eine  um  so  grössere 


—     341     — 

Bedeutung,  als  viele  Meteoriten  gar  nicht  im  Handel  vorkommen, 
oder  nur  in  so  kleinen  Mengen  zu  erwerben  sind,  dass  dies  ohne 
wissenschaftliche  Bedeutung  ist.  Wenn  es  gelingen  sollte,  eine  Wert- 
liste der  Meteoriten  auf  rationeller  Basis  aufzustellen,  so  ist  kaum 
zu  zweifeln,  dass  der  Tausch  unter  den  verschiedenen  Sammlungen 
ausserordenthch  erleichtert  und  dass  eine  viel  allgemeinere  Verbrei- 
tung der  verschiedenen  Typen  unter  die  grösseren  Sammlungen  mög- 
lich sein  wird.  Viele  der  kostbaren  Steine  werden  wohl  nur  deswegen 
so  ängstlich  gehütet,  weil  man  keinen  rechten  Massstab  für  ihren 
Wert  besitzt  und  weil  man  Gefahr  zu  laufen  fürchtet,  einen  un- 
vorteilhaften Tausch  einzugehen.  Manche  Steine  müssen  natürlich 
in  toto  erhalten  bleiben,  weil  eben  ihr  Wert  in  ihrer  äusseren  Form 
liegt ;  ich  meine  damit  die  orientierten  Steine.  Bei  anderen  aber,  die 
schon  in  Bruchstückform  vorliegen  —  und  dieses  sind  weitaus  die 
meisten  aller  Meteoriten  —  haben  solche  Bedenken  keine  Geltung. 
Um  nur  ein  Beispiel  herauszugreifen,  so  besitzt  die  Tübinger  Samm- 
lung einen  der  vorzüglichst  entwickelten  „Kügelchenchondrite"  (Cc), 
nämlich  den  Stein  von  Borkut,  Ungarn,  gefallen  am  13.  Oktober  1852 
im  Gewicht  von  3430,7  g.  Der  Stein  soll  ursprüngUch  etwa  6  kg 
gewogen  haben;  ausser  der  Tübinger  Masse  scheint  aber  nicht  viel 
erhalten  zu  sein,  denn  ich  finde  in  105  Meteoritenverzeichnissen,  die 
mir  seit  Juli  vorigen  Jahres  zugeschickt  wurden,  nur  folgende  Mengen 
aufgeführt;  die  nähere  Bezeichnung  der  Sammlungen  ist  unten  auf 
S.  347—352  zu  ersehen: 

BEMENT'sche  Sammlung  .    .  1,8  NEUMANN'sche  Sammlung    .  8,4 

V.  BRAUN'sche  Sammlung  .  6,5  Paris 8,0 

Budapest 220,8  WARo'sche  Sammlung     .    .  0,1 

London,  Br.  M 40,0  Wien  (1885)  H.  M 191,0 

MELiON'scbe  Sammlung  .    .  0,2 

Zusammen  476,8  g. 

Das  Stück  der  Tübinger  Sammlung  ist  stark  abgestossen  und 
nur  noch  zu  Vs  berindet;  nachdem  ein  sorgfältiges  Modell  dieses 
Steines  in  seiner  jetzigen  Form  abgenommen  ist,  würde  es  nach 
meiner  Meinung  für  die  Meteoritenforschung  nur  förderlich  sein,  wenn 
von  diesem  Meteoriten  Stücke  zur  Verteilung  gelangten ;  freihch  nur 
unter  der  Voraussetzung,  dass  man  im  Stande  wäre,  das  richtige 
Äquivalent  dafür  anzugeben,  und  dass  andere  Sammlungen  sich  dem 
Vorgang  der  Tübinger  Sammlung  in  bezug  auf  andere  Steine  an- 
schliessen  würden. 


—     342     — 

Was  also  für  den  Stein  von  Borkut  und  viele  andere  Meteo- 
riten in  der  Tübinger  Sammlung  gilt,  das  würde  sich  bei  anderen 
Sammlungen  in  bezug  auf  andere  Meteoriten  wiederholen. 

Die  Hauptschwierigkeit,  diesen  Tauschverkehr  in  grösserem 
Massstab  zu  ermöglichen,  liegt  eben  in  der  Ermittelung  einer  Wert- 
skala, deren  Aufstellung  ich  mir,  wie  ich  glaube,  im  Interesse  aller 
Sammlungen  zur  Aufgabe  mache.  Da  ich  nicht  weiss,  wie  weit 
meine  Vorschläge  bei  den  Vorständen  der  grossen  Sammlungen,  ohne 
deren  Zustimmung  eine  Wertskala  nur  einen  begrenzten  praktischen 
Wert  haben  kann,  Entgegenkommen  findet,  so  möchte  ich  hier  nur 
in  aller  Kürze  auseinandersetzen ,  worauf  es  nach  meiner  Ansicht 
bei  der  Wertbestimmung  der  Meteoriten  ankommt,  ohne  mich  schon 
auf  alle  Einzelheiten,  welche  ich  später  ausführlicher  zu  veröffent- 
lichen gedenke,  näher  einzulassen.  Ich  würde  sehr  dankbar  sein, 
wenn  meine  Vorschläge  von  anderen  Seiten  kritisiert  und  verbessert 
würden. 

Man  wird  vielleicht  aus  dem  folgenden  ersehen,  dass  die  Haupt- 
rolle bei  einer  solchen  Wertbestimmung  eine  genaue  Kenntnis  des 
gegenwärtig  in  Sammlungen  aufbewahrten  Materials  spielt.  Die 
statistischen  Erhebungen,  welche  zu  dem  Ende  von  mir  angestellt 
worden  sind,  haben  noch  kein  vollständig  befriedigendes  Resultat 
ergeben.  Um  ein  solches  zu  erlangen,  möchte  ich  noch 
einmal  auf  diesem  Wege  die  geehrten  Vorstände  der 
meiner  Liste  leider  noch  fehlenden  Sammlungen  um 
baldgefällige  Einsendung  ihrer  Verzeichnisse  bitten. 
Auch  kleinere  Sammlungen  sollten  in  diesem  Index  der  Meteo- 
riten nicht  fehlen ,  da  derselbe  ein  um  so  besseres  Bild  von  der 
Verbreitung  giebt,  je  grösser  die  Zahl  der  darin  aufgeführten  Samm- 
lungen ist. 

Der  Wert  der  Meteoriten  hängt,  soweit  ich  mir  die  Sache  über- 
legt habe,  ab: 

1.  Von  der  Menge  des  erhaltenen  Materials,  wobei  es,  wie  oben 
schon  erwähnt,  nur  auf  das  in  den  der  wissenschaftlichen  Forschung 
zugänglichen  Sammlungen  aufbewahrte  Material  ankommt,  und  ganz 
kleine  Mengen,  als  nur  von  historischem  Werte,  ausser  acht  zu 
lassen  sind. 

2.  Von  besonderen  Eigenschaften  der  betreffenden  Meteoriten, 
wonach  der  Wert  eines  Meteoriten  mit  der  Anzahl  der  Vertreter 
einer  bestimmten  Gruppe,  zu  welcher  derselbe  gehört,  abnimmt.  Da 
nun  die  Gruppen  von  der  jeweiligen  Systematik  beeinflusst  werden, 


-     343     — 

so  könnte  es  scheinen,  als  wenn  mit  jeder  neuen  Systematik  die 
ganze  Wertskala  abzuändern  wäre;  indessen  ist  es  wahrscheinlich, 
dass  jede  neue  Systematik  sich  an  die  früheren  Systeme  anlehnt. 
Es  ist  wahrscheinlich  —  um  ein  Beispiel  anzuführen  —  dass  die  im 
wesentlichen  aus  rhombischen  Pyroxenen  bestehenden  Meteoriten, 
welche  man  wohl  als  Chladnite  zu  bezeichnen  pflegt,  für  lange  Zeit 
eine  Gruppe  für  sich  bilden,  und  dass  ebenso  die  Eukrite,  aus  An- 
orthit  und  Augit  sich  aufbauend,  nicht  mit  anderen  Gruppen  vereinigt 
werden. 

Die  Gruppe  der  Chladnite  ist  durch   folgende  Fälle  vertreten: 

BishopvlUe,  wovon  höchstens  6,5  kg  erhalten  sind. 
Ibhenbüren,         ,  .,,         2,0    .,  ,  „ 

Manegaon,  „  „         0,1    „  „  „ 

Shalka,  „  ,  4,0    ,  ,  „ 

Die  Gruppe  der  Eukrite  baut  sich  aus  folgenden  Meteoriten  auf : 

Juvinas,      wovon  mehr  als  48,0  kg  erhalten  sind. 
Saintonge,       ,,  ,        „      1,4    „  ^  „ 

Stannern,         „  »        ^    30,0    „  „  „ 

Die  Gruppe  der  Chladnite  ist  also  höchstens  mit  einem  Gewicht 
von  12,6  kg  vertreten,  während  von  den  Eukriten  mindestens  79,4  kg 
erhalten  sind. 

Angenommen,  die  statistischen  Erhebungen  hätten  dahin  ge- 
führt, dass  von  den  Chladniten  10  kg  und  von  den  Eukriten  80  kg 
erhalten  seien ,  so  würde  man  zur  Zeit  das  Wertverhältnis  der 
beiden  doch  nicht  wie  8  :  1  annehmen  können ;  denn  dieses  Wert- 
verhältnis wird  heutzutage  noch  von  einem  dritten  Moment  beein- 
flusst,  nämlich: 

3.  Von  der  Verbreitung  des  Materials,  oder  von  der  Zahl  der 
Besitzer.  Die  Verbreitung  spielt  heute  noch  eine  grosse  Kolle  bei 
der  Wertbestimmung  der  Meteoriten.  Wenn  von  einem  Meteoriten 
im  Gewichte  von  5000  g  je  1000  g  in  fünf  Sammlungen  vorhanden 
sind,  so  dürfte  das  Material  leichter  und  bilhger  im  Tausch  zu  er- 
halten sein,  als  wenn  es  sich  auf  zwei  Besitzer  im  Verhältnis  von 
4990g  und  10g  verteilt.  In  ersterem  Falle  können  mehrere  Be- 
sitzer abgeben  und  man  kann  sich  an  mehrere  wenden ;  im  letz- 
teren Fall  kann  füglich  nur  einer  abgeben  und  er  wird  daher 
höhere  Forderungen  stellen.  Dies  Moment  der  Verbreitung  wird 
aber  um  vieles  vermindert  werden,  wenn  man  die  Voraussetzung 
macht,    dass  jede  Sammlung   gleiches  Interesse    daran   hat,    unsere 


—     344     — 

Kenntnis  auf  dem  Gebiete  der  Meteoriten  zu  fördern  und  wenn 
die  Überzeugung  durchgedrungen  ist,  dass  bei  einem  lebhaften 
Tauschverkehr  jede  Sammlung,  auch  die  grösste,  eine  Verbesserung 
erfährt. 

4.  Sodann  wäre  noch  für  die  Wertbestimmung  der  Einfluss 
des  in  Zukunft  fallenden  oder  aufzufindenden  Materials  zu  betrachten. 
Wenn  morgen  ein  grosser  Meteorit  von  der  Beschaffenheit  des  Steines 
von  Bustee  oder  des  Steines  von  Angra  dos  Reis ,  der  Meteoriten, 
die  wohl  am  stärksten  von  den  irdischen  Gesteinen  abweichen,  auf 
die  Erde  herabfällt,  so  sinkt  natürlich  der  Wert  dieser  Meteoriten, 
die  heute  mit  einem  Gewicht  von  höchstens  V/^  bezw.  2  kg  ver- 
treten sind,  bedeutend  herab ;  denn  ob  der  Stein  in  Indien  oder  Süd- 
Amerika  oder  in  irgend  einem  anderen  Lande  niederfällt ,  hat  viel- 
leicht für  den  Fundorts-Sammler  einiges  Interesse,  für  die  Forschung 
aber  keine  Bedeutung.  Nach  den  Erfahrungen  der  letzten  hundert  Jahre 
müssen  wir  annehmen,  dass  die  Meteoriten,  welche  seltenen  Gruppen 
angehören,  auch  in  Zukunft  selten  fallen  werden.  Um  aber  den 
Einfluss  des  neu  zu  erwartenden  Materiales  auf  ein  Minimum  herab- 
zudrücken, und  um  die  Forschung  dieser  interessanten  Körper  im 
ganzen  zu  erleichtern,  sollte  man  daran  denken,  wenigstens  die  neu 
fallenden  Meteoriten  zu  verstaatlichen.  Man  sollte  dies  um  so 
eher  in  Anregung  bringen,  als  es  noch  eine  juristisch  offene  Frage 
zu  sein  scheint ,  ob  der  Finder  eines  Meteoriten ,  oder  der  Besitzer 
des  Grundstücks,  auf  welches  der  Meteorit  niederfiel,  als  der  Eigen- 
tümer zu  bezeichnen  ist^. 

5.  Als  fernere  Bestimmgründe  für  den  Wert  der  Meteoriten  sind 
schliesslich  die  Gewinnungskosten ,  der  Erhaltungszustand  und  das 
Interesse,  welches  sich  an  die  einzelnen  Gruppen  knüpft,  zu  erwähnen. 
Diese  Gründe  können  in  einzelnen  Fällen  von  Wichtigkeit  werden, 
über  deren  Grösse  eine  Diskussion  zu  eröffnen  wäre.  Nach  meiner 
Überzeugung  glaube  ich,  dass  sie  bei  der  Mehrzahl  der  Meteoriten 
von  geringerer  Bedeutung  sind. 


^  Bei  dem  von  Büchner  erwähnten  Stein  von  Bourbon-Vendee,  Roche 
Serviere,  Vendee,  Frankreich,  gefallen  5.  November  1841,  der  wohl  mit  dem  von 
Daubree  Compt.  rend.  Acad.  91  (1880)  p.  30  besprochenen  Stein  von  St.  Christoph 
la  Chartreuse,  Roche  Serviere,  Vendee,  gefallen  6.  September  1841,  identisch  ist, 
soll  ein  Prozess  zu  Gunsten  des  Finders  entschieden  worden  sein.  Auch  wegen 
des  Meteoriten  von  Lance,  gefallen  2.S.  Juli  1872,  erhob  sich  ein  Prozess  zwischen 
Eigentümer  des  Bodens,  der  Gemeinde  und  dem  Finder,  über  dessen  Ausgang  ich 
nichts  erfahren  habe. 


—     345     — 

Die  Hauptsache  bei  der  Herstellung  einer  Wertskala  bleibt 
immer  ein  genaues  Verzeichnis  der  bis  jetzt  vorhandenen  Me- 
teoriten. 

Kundige  Fachleute,  welche  ich  über  diese  meine  Absicht,  ein 
solches  Verzeichnis  herauszugeben,  befragte,  leugneten  nicht  die 
Nützhchkeit  eines  solchen  Unternehmens,  zweifelten  aber  auch  sehr 
an  dem  Gelingen  desselben.  Die  anfänglich  auch  bei  mir  auftau- 
chenden Zweifel,  dass  dieser  Versuch  gehngen  könnte,  sind  indessen 
geschwunden.  Seit  Juh  vorigen  Jahres  schickte  ich  an  alle  mir  be- 
kannten mineralogischen  und  geologischen  Sammlungen  aller  Staaten 
eine  Aufforderung  folgenden  Inhaltes: 

Hochgeehrter  Herr! 

Vor  30  Jahren  bemühte  sich  Dr.  Otto  Buchner  in  seinem 
Werke  „Die  Meteoriten  in  Sammlungen"  das  Gewicht  der  einzelnen 
Meteoritenfälle  und  die  Verteilung  des  erhaltenen  Materiales  in  den 
verschiedenen  Sammlungen  zu  ermitteln.  Die  damals  gewonnenen 
Zahlen  haben  teils  durch  neue  Meteoritenfälle,  teils  durch  neu  auf- 
gefundene Meteoriten  und  neue  Publikationen  vielfache  Abänderungen 
erfahren,  so  dass  es  für  die  Meteoritenforschung  von  Nutzen  sein 
dürfte,  eine  Zusammenstellung  des  heute  vorhandenen  Meteoriten- 
materiales  zu  besitzen. 

Wenn  Sie,  hochgeehrter  Herr,  ebenfalls  von  der  Zweckmässig- 
keit einer  solchen  Zusammenstellung  überzeugt  sind,  so  möchte  ich 
es  mit  Ihrer  werten  Hilfe  versuchen,  dieselbe  in  Form  von  Tabellen 
herauszugeben.  Diese  Tabellen  sollten  dann  den  Bestand  der 
Sammlungen  am  1.  Juh  1893  enthalten;  und  da  der  Wert  einer 
solchen  Aufstellung  allein  von  der  Vollständigkeit  derselben  ab- 
hängt, so  bitte  ich  Sie  —  damit  durch  das  Fehlen  Ihrer  Samm- 
lung keine  Lücke  entsteht  —  um  gütige  Mitteilung  Ihres  Ver- 
zeichnisses vom  1.  Juli  1893  mit  Gewichtsangabe  der  einzelnen  Fälle 
in  Grammen. 

Die  beifolgende  Aufzählung  ^  enthält  die  Sammlungen,  an  deren 
Besitzer  bezw.  Vorstände  ich  die  gleiche  Bitte  gerichtet  habe.  Sie 
würden  mich  zu  besonderem  Danke  verpflichten,  wenn  Sie  diese 
Liste  auf  ihre  Vollständigkeit  prüfen  und  eventuell  ergänzen  wollten, 
soweit  Ihnen  dies  ohne  weitere  Mühe  mögüch  ist. 


^  Die  ich  hier  übergehe. 


—     346     — 

Indem  ich  Ihnen  im  voraus  meinen  ergebensten  Dank  aus- 
spreche, verbleibe  ich  in  vorzügHchster  Hochachtung 

Tübingen,  den  1.  Juh  1893. 

E.  A.  Wülfing, 

Privatdocent  der  Mineralogie  und  Petrographie 
an  der  Universität  Tübingen. 

Dieses  Schreiben  wurde  ausserdem  noch  in  englischer  und  fran- 
zösischer Sprache  verfasst,  und  an  etwa  350  Sammlungen  verschickt. 
Ich  erhielt  bis  jetzt  116  Antworten,  welche  die  Verzeichnisse  der 
Meteoriten  von  105  Sammlungen  enthalten.  Diese  Sammlungen 
mögen  hier  in  Kürze  mit  der  Anzahl  und  dem  Gewicht  ihrer  Me- 
teoriten aufgeführt  werden,  um  ein  Bild  von  dem  jetzigen  Stand 
dieser  statistischen  Erhebung  zu  geben.  Es  wurden  in  das  Ver- 
zeichnis auch  kleine  Sammlungen  aufgenommen,  da  man  hierdurch 
ein  besseres  Bild  über  die  Verbreitung  der  Meteoriten  gewinnt.  Das 
Verzeichnis  zählt  nur  solche  Meteoriten  auf,  welche  sicher  identifiziert 
werden  konnten;  eine  Arbeit,  welche  eine  grosse  Korrespondenz  er- 
forderte und  noch  nicht  zum  definitiven  Abschluss  gelangt  ist,  so 
dass  die  unten  folgenden  Zahlen  noch  einige  kleinere  Abänderungen 
erfahren  dürften  ^ 


^  Die  grosse  Verwirniug,  welche  auf  dem  Gebiete  der  Namengebung  bei 
deu  Meteoriten  herrscht,  könnte  leicht  vermieden  werden,  wenn  man  sich  wenigstens 
in  bezug  auf  die  älteren  Fälle  der  von  Brezina  gewählten  Nomenklatur  be- 
diente. Die  oben  S.  339  augeführte  Arbeit  dieses  Autors  enthält  ein  so  vollständiges 
Verzeichnis  der  bis  zum  Jahre  1883  bekannt  gewesenen  Meteoriten,  dass  spätere 
Publikationen  hieran  nur  wenig  geändert  haben.  Mag  auch  Brezina  bei  dem 
Bestreben,  für  eine  jede  Lokalität  den  Namen  des  dem  Fall-  oder  Fundorte 
nächstgelegeneu  Ortes  zu  wählen,  etwas  radikal  in  der  Umtaufung  der  Namen 
vorgegangen  sein,  er  hat  doch  das  grosse  Verdienst,  zum  erstenmal  Ordnung  in 
dieses  Chaos  gebracht  zu  haben,  und  man  sollte  nicht  zögern,  ihm  zu  folgen. 

Die  verehrten  Vorstände  der  meiner  Liste  noch  fehlenden  Sammlungen 
möchte  ich  bitten,  ausser  dem  Namen  auch  die  Zeit  des  Falles  oder  des  Fundes 
anzugeben.  Ich  erhielt  mehrfach  die  Angabe  „Atacama"  ohne  weitere  Bezeich- 
nung ;  nun  ist  es  ja  sehr  wahrscheinlich ,  dass  hierunter  meist  der  Pallasit  von 
Imilac,  gefunden  1800,  in  grössere  Verbreitung  gelangt  1827  (daher  auch  sehr 
häufig  „Atacama  gefunden  1827"  oder  Jmilac  gefunden  1827"  genannt)  zu  ver- 
stehen ist,  die  einfache  Bezeichnung  „Atacama"  kann  hierüber  nie  Sicherheit 
geben,  da  wir  aus  dieser  Gegend  mehr  als  ein  Dutzend  verschiedene  Meteoriten 
kennen.  Die  grösste  Verwirrung  herrscht  bei  den  nordamerikaniscben  Meteoriten, 
bei  denen  eine  genaue  Orts-  und  Zeitangabe  die  Einreihung  ausserordentlich  er- 
leichtern würde. 


347     — 


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—     353     — 

Aus  dieser  Liste  gewinnt  man  kein  vollständiges  Bild  von  dem 
gegenwärtigen  Stand  der  statistischen  Erhebungen,  da  man  daraus 
nicht  zu  ersehen  vermag,  wie  weit  das  Material  in  bezug  auf  die 
einzelnen  Lokalitäten  dem  Besitzer  nach  bereits  bekannt  ist.  Ich 
knüpfe  daher  noch  einmal,  um  ein  beliebiges  Beispiel  herauszugreifen, 
an  die  Desideratenliste  Rammelsberg's  an  und  zeige  an  diesem  Bei- 
spiel gleichzeitig,  in  welcher  Form  ich  den  Index,  soweit  er  sich 
auf  die  Verbreitung  der  Meteoriten  bezieht,  verfassen  möchte. 

Von  den  nach  Rammelsberg  neu  zu  untersuchenden  Meteoriten 
sind  nach  den   obigen  105  Sammlungen  folgende  Massen  erhalten  ^. 

1.  Alessandria,    Piemont;    gefallen    2.    Febr.    1860    (Cga) 
Gesammelt   wurden    ursprünglich  7  Bruchstücke,    wovon   jedes  300 
bis  1000  g  gewogen  haben  soll. 

Es  besitzen : 

Berlin,  Universität  ...  1,0  g  London,  M.  p.  G.     ...  0,5  g- 

Bologna 12,4  ,  NEUMANN'sche    Sammlung  3,7  „ 

Budapest 100,0  ,,  Paris 52,0  ,, 

Dorpat 40,5  „  Turin 256,0  , 

London,  B.  M 35,0  „  Wien  (1885) 78,0  „ 

Gesamtgewicht;    579,1  g;    der   grösste  Teil  fehlt  noch,    es  ist  aber 
fraglich,  ob  derselbe  erhalten  ist. 

2.  Bandong,  Goemoroeh,  Java;  gefallen  10.  Dez.  1871  (Cwb). 
Gesammelt  wurden  8200  +  2240  +  680  +  150  zusammen:  11  270  g. 

Es  besitzen: 

Berlin,  Universität  ...       1,5  g  MELiON'sche  Sammlung  .  1,1  g 

BAiLEY'sche  Sammlung    .       2,9  „  Paris 2075,0  „ 

Batavia 8125,0  „  Strassburg 5,6  „ 

BEMENT'sche  Sammlung  .     28,1  ,.  Troyes 1,0  „ 

Bologna 1,5  n  Utrecht 7,0  ,, 

V.  BRAUN'sche  Sammlung     12,5  „  Washington 1,6  „ 

Budapest 192,5  „  Washington,  Sh.  Coli.     .  50,9  „ 

Greifswald 6,8  „  Wien  (1885) •  112,0  „ 

London,  B.  M 14,0  , 

Gesamtgewicht:  10  639,0  g;  es  fehlen  631  g. 

3.  Daniels  Kuil,  Griqualand,  Süd- Afrika;  gefallen  20.  März 
1868  (Ck).  Gesammelt  1  Stein  von  2  Ib.  5  oz. ,  also  wahrschein- 
lich 901  2. 


^  Ich  habe  hier  die  Sammlung  des  Wiener  k.  k.  Hofmuseums  nach  dem 
Verzeichnis  von  1885  mitberücksichtigt,  da  in  bezug  auf  diese  älteren  Steine 
keine  wesentlichen  Veränderungen  stattgefunden  haben  dürften. 

Jahreahefte  d.  Vereins  f.  vaterl.  Naturkunde  in  Württ.  1896.  23 


—     354    — 


Es  besitzen: 

BAiLEY'sche  Sammlung    .  2,0  g 

Belgrad 3,0  „ 

BEMENT'sche  Sammlung  .  2,2  ,, 

Bologna 1,0  » 

Budapest 17,7  ., 

Christiania 59,0  „ 


London,  B.  M 449,5  g 

London,  M.  p.  G.     ...  77,9  ,, 

Paris 10,0  ,. 

Troyes 1,0  ,. 

Washington,  Sh.  Coli.     .  4,6  ,. 

Wien  (1885) 19,0  „ 


Gesamtgewicht :  646,9  g ;  es  fehlen  254  g. 

4.  Frankfort,  Franklin  Co.,  Ala.,  U.  S.  A.;  gefallen  5.  Dez. 
1868  (Ho.).     Gesammelt  1   Stein  615  g. 

Es  besitzen : 


Paris 9,0  §■ 

Strassburg 2,0  „ 

WARD'sche  Sammlung  .    .  0,5  „ 

Washington,  Sh.  Coli.     .  4,7  „ 

Wien  (1885) 60,0  „ 


BAiLEY'sche  Sammlung    .  20,0  g 

Budapest 3,0  „ 

CoHEN'sche  Sammlung.    .  0,4  „ 

London,  B.  M 32,0  , 

London,  M.  p.  G.     .    .    .  3,9  ,, 

New  Haven 255,0  „ 

Gesamtgewicht  390,5  g;  es  fehlen  224  g. 

5.    K  r  ä  h  e  n  b  e  r  g ,    Zweibrücken ,     Bayrische    Pfalz ;    gefallen 
5.  Mai  1869  (Ch).     Gesammelt  1  Stein  etwa  16V'2  kg. 

Es  besitzen : 


Berlin,  Universität  ...  5,5  g 

V.  BRÄUN'sche  Sammlung  0,4  „ 

Budapest Splitter 

KKANz'sche  Sammlung    .  4,9  g 

London,  B.  M 2,8  , 

London,  M.  p.  G.     .    .    .  2,6  ,, 


DE  MAüROY'sche  Sammlung     0,9  g 

New  Haven 2,0  ,, 

Paris 3,0  „ 

Speyer     14950,0  „ 

Wien  (1885) 93,0  , 


Gesamtgewicht:  15  065,1  g;  es  fehlen  1^1^  kg,  die  wohl  grössten- 
teils verloren  sind. 

6.  Lance,  Authon,  Orleans,  Frankreich;  gefallen  23.  Juli  1872 
(Cc).  Gesammelt  1  Stein  47  000  g,  1  Stein  250  g.  Im  Jahre  1874 
in  derselben  Gegend  4  Steine  gesammelt  von  3000,  620,  600,  300  g. 
Im  ganzen  also  51  770  g. 

Es  besitzen : 


Budapest 6,0 

London,  B.  M 332,9 

London,  M.  p.  ü.     .    .    .     12,3 
DE  MAUROY'sche  Sammlung      1,7 


New  Haven 27,0  g 

Paris 1466,0  , 

Washington 7,0  „ 

Wien  (1885) 46915,0  , 

Gesamtgewicht :  48  767,9  g ;  es  fehlen  3  kg. 

7.  Limerick,  Adare,  Irland;  gefallen  10.  Sept.  1813  (Cga). 
Gesammelt  1  Stein  30  kg,  1  Stein  11  kg,  1  Stein  8  kg,  6 — 7  kleinere 
Steine.     Zusammen  etwa  50  kg. 


—     355     — 


Es  besitzen : 

BEMENT'sche  Sammlung- 
Berlin,  Universität 
Budapest  .... 
Greifswald.  .  .  . 
London,  B.  M.  .  . 
London,  M.  p.  G. 
NEUMÄNN'sche   Sammlung 


1,7  g- 

3,5  „ 

23,0  ,, 

'7,8  ,! 

114,5  „ 

126,4  , 

8,4  , 


NEWTON'sche  Sammlung  .       0,6  g 

Paris 185,0  „ 

Strassburg- 8,0  „ 

Tübingen 1156,2  „ 

WARD'sche  Sammlung     .     30,0  „ 
Wien  (1885) 163,0  „ 


Gesamtgewicht:  1828,1  g;  es  fehlt  noch  der  grösste  Teil,  der  in 
Dublin  liegen  soll. 

8.  Motta  di  Conti,  Casale,  Piemont;  gefallen  29.  Febr. 
1868  (Ci).  Gesammelt  1  Stein  6700  g,  1  Stein  1920  g;  Bruch- 
stücke im  Gesamtgewicht  von  300—500  g;  also  zusammen  etwa  9  kg. 

Es  besitzen : 


Bologna 15,0  g 

Budapest 5,1  ;, 

Paris 19.0  .. 


Turin 6309,0 

Washington,  Sh.  Coli.  .    .       1,5 
Wien  (1885) 2,0 


Gesamtgewicht:  6351,6  g;  es  fehlen  etwa  2^/.,  kg. 

9.  Nulles,  Catalonien,  Spanien;  gefallen  5.  Nov.  1851  (Cgb.). 
Gesammelt  1  Stein  10  kg,  1  Stein  0,69  kg ;  ausserdem  viele  Bruch- 
stücke.    Zusammen  über  11    kff. 


Es  besitzen : 

Budapest 26,0 

London,  B.  M 4,5 

Paris 166.0 


Tübingen 0,8  g 

Utrecht 18,0  „ 

Wien  (1885) 27,0  , 


Gesamtgewicht:  242,3  g;  es  fehlt  also  noch  die  grösste  Menge, 
welche  in  Madrid  sein  soll. 

10.  Netschaevo,  Tula,  Russland ;  gefunden  1846  (Eisen  Omn, 
im  Innern  Silikate).     Gesammelt  eine  Masse  von  24572  ^S- 

Es  besitzen : 


BAiLEY'sche  Sammlung    .  20,5  g 

Berlin,  Polytechnikum     .  139,3  ,. 

Berlin,  Universität  .    .'  .  562,0  .. 

Breslau 11,0  .. 

Budapest 33,4  „ 

Dorpat 257,7  „ 

Freiberg  i.  S 25,0  „ 

Halle 206,0  „ 

London,  B.  M 1076,8  „ 


London,  M.  p.  G.     ...  92,9  g 

Moskau 607,0  „ 

NEUMÄNN'sche   Sammlung  10,6  „ 

New  Haven 31,0  „ 

Paris 106,0  „ 

Tübingen 398,6  . 

Washington,  Sh.  Coli.     .  62,0  , 

Wien  (1885) 1192,0  , 


Gesamtgewicht:    4831,8  g;    es   fehlt    also    noch  die  grösste  Menge. 
11.  Omans,    Sahns,    Doubs,    Frankreich;    gefallen    11.    Juli 
1868  (Cco).     Gesammelt? 

23* 


356 


Es  besitzen : 

BAYLEY'sche  Sammlung   .  21,0  g 

BEMENT'sche  Sammlung  .  3,6  „ 

Berlin,  Universität  .    .    .  Splitter 

Budapest 11,0  » 

Greifswald 2,5  „ 

London,  B.  M 1018,5  „ 


London,  M.  p.  G 19,2  g 

NEWTON'sche  Sammlung  .  102,0  ., 

Paris 3707,0  .. 

Troyes 0,3  , 

Washington 6,0  ^ 

Wien  (1885) 26,0  , 


Gesamtgewicht:  4917,1  g.  Wieviel  von  der  ursprünglichen  Masse 
fehlt,  habe  ich  nicht  ermitteln  können. 

12.  Boda,Huesca,  Aragonien,  Spanien;  gefallen  Frühjahr  1871 
(Ro).     Gesammelt  200  g  (400  g?). 

Es  besitzen: 


Bologna 0,9  8' 

V.  BßAUN'sche  Sammlung       1,0  „ 
Budapest 1,5  n 


London,  B.  M 7,7  g 

Paris 125,0  . 

Wien(1885j 11,0  ,, 


Gesamtgewicht:   147,1  g;  es  fehlen  etwa  50  g. 

13.  Sankt    Nicolas,    Mässing,    Bayern 
1803  (Ho).     Gesammelt  1  Stein  1,6  kg. 

Es  besitzen : 


gefallen    13.   Dez. 


BAiLEY'sche  Sammlung    .  0,7  g 

Berlin,  Universität  .    .    .  22,5  „ 

CoHEN'sche  Sammlung .    .  2,0  „ 

NEDMANN'sche    Sammlung  0,3  „ 


Paris 22,0 

Strassburg 0,5 

Tübingen 0,2 

Wien  (1885) 2,0 


Gesamtgewicht:    50,2  g;    es  fehlt   der    grösste  Teil,    der  aber  nach 
Büchner  ^  nicht  mehr  erhalten  sein  soll. 

14.  Schönenberg,    Provinz    Schwaben,    Bayern;     gefallen 


25.  Dez.  1846  (Cwa). 
Es  besitzen : 

V.  BRAUN'sche  Sammlung 
KßANz'sche  Sammlung     . 


Gesammelt  1  Stein  8015  g. 


4,0  g  Paris 41,0  g 

17,0  „  Stuttgart 4,0  „ 

Wien  (1885) 1,0  „ 


London,  B.  M 42,0  „ 

Gesamtgewicht:    109  g;    es  fehlt  der  grösste  Teil,  der  in  München 
aufbewahrt  wird. 

Um  hieran  anknüpfend  den  Plan,  wie  ich  mir  die  Wertbestim- 
mung denke,  zu  erläutern,  möge  einmal  angenommen  werden,  dass 
die  obigen  Gewichte  wirklich  alles  erhaltene  Material  darstellen  und 
möge  ferner  angenommen  werden,  dass  das  System  Tschermak''s  mit 
der  Erweiterung,  welche  es  durch  Brezina  erfuhr,  unserem  heutigen 


1.  c. 


—     357     — 

petrographischen  und  mineralogischen  Wissen  entspreche,   dann  be- 

sässen  wir  von : 

Howarditeu  (Ho) :  Frankfort  und  Sankt  Nicolas 440,7  g 

Howarditischen  Chondriten  (Ch):  Krähenberg 15  065,1  „ 

Weissen  Chondriten,  geädert  (Cwa):  Schönenberg 109,0  ,. 

Weissen  Chondriten,  breccienähnlich  (Cwb):  Bandong     .    ■    .  10  639,0  ,, 

Intermediären  Chondriten  (Ci) :  Motta  di  Conti 6  351,6  , 

Grauen  Chondriten,  geädert  (Cga) :  Alessandria  und  Limerick  2  407,2  „ 

Grauen  Chondriten,  breccienähnlich  (Cgb):  Nulles 242,3  „ 

Kügelcheuchondriten  (Co) :  Lance ^8  767,9  „ 

Kügelchenchondriten,  Ornansiten  (Cco):  Omans 4  917,1  ,, 

Krystallinischeu  Chondriten  (Ck) :  Daniels  Kuil 646,9  „ 

Kodit  (Ro):  Roda 1^'^.^  r 

Eisen  mit  Silikaten:  Netschaevo 4  831,8  „ 

Der  kostbarste  Stein  würde  dann  nach  den  obigen  Wertmessern, 
insbesondere  auch  unter  der  Annahme,  dass  jede  Gruppe  gleiches 
Interesse  beansprucht,  der  Stein  von  Schönenberg  sein\  Diesem 
würde  der  Stein  von  Roda  an  Wert  folgen  u.  s.  w. 

Jene  obigen  Zahlen  geben  nun  aber  keineswegs  den  Gesamt- 
bestand des  erhaltenen  Meteoritenmateriales  an.  Die  verzeichneten 
105  Sammlungen  besitzen  zwar  ein  recht  erhebliches  Gesamtgewicht, 
nämhch  von : 

2  274  821  g  Meteorsteinen 
1  226  935  „  Mesosideriten  und  Pallasiten 
15  012  352  „  Meteoreisen 

zusammen  18  514  108  g 
und  enthalten  Material  von  mehr  als  500  selbständigen  Lokalitäten. 
Wenn  man  sich  erinnert,  dass 

Büchner        im  Jahre  1863  ...    264  Lokalitäten 
Brezina  „        „       1885  ...    407  Lokalitäten 

Huntington    „        „       1887  ...    424  Lokalitäten  * 

aufführt,  so  sieht  man,  dass  die  statistischen  Erhebungen  wenigstens 
das  Resultat  ergeben  haben,  die  Zahl  der  Meteoriten,  von  denen 
Material  in  Sammlungen  aufbewahrt  wird,  bedeutend  zu  erhöhen. 
Aus  der  Zusammenstellung,  welche  sich  auf  die  14  Meteoriten 
Rammelsberg's  bezieht,  ergiebt  sich,  dass  von  6  Fallorten,    nämlich 

^  Natürlich  nur  unter  der  Voraussetzung,  dass  jene  109  g  alles  erhaltene 
Material  repräsentierten  und  man  von  dem  in  München  deponierten  Stein  keine 
Kenntnis  hätte. 

'  0.  W.  Huntington,  Catalogue  of  all  recorded  Meteorites.  Proc. 
Americ.  Acad.  Arts  and  Sciences.  Bd.  XXXIII.  1888.  p.  37—110. 


—     358     — 

Alessandria,  Limerick,  Nulles,  Netschaevo,  Omans,  Sankt  Nicolas,  die 
grössere  gesammelte  Masse  dem  Besitzer  nach  noch  nicht  bekannt 
ist.  Dagegen  lässt  sich  von  den  übrigen  Fallorten,  nämlich  Bandong, 
Daniels  Kuil,  Frankfort,  Krähenberg,  Lance,  Motta  di  Conti,  Roda, 
Schönenberg,  entweder  die  Hauptmasse  oder  doch  ein  erheblicher 
Teil  auffinden.  Und  prüft  man  an  Hand  der  Litteratur,  wie  weit 
die  500  Lokalitäten  dem  Besitzer  nach  bekannt  sind,  so  bemerkt 
man,  dass  vielleicht  erst  die  Hälfte  des  gesamten  Materials  in  diesen 
Listen  enthalten  ist. 

Es  fehlen  also  noch  eine  ganze  Reihe  wichtiger  Sammlungen, 
und  ich  darf  wohl  die  Hoffnung  aussprechen,  auch  deren  Verzeich- 
nisse bald  zu  erhalten,  um  das  Werk  noch  in  diesem  Jahre  zum  Ab- 
schluss  bringen  zu  können.  Damit  keine  Angaben  sich  wiederholen, 
möchte  ich  noch  hervorheben ,  dass  trotz  der  später  erfolgenden 
Einsendung  doch  der  1.  Juli  1893  als  Schlusstermin  aufrecht  zu 
erhalten  ist ;  hiervon  ausgenommen  wären  nur  solche  Steine,  welche 
inzwischen  neu  gefallen  sind,  oder  aufgefunden  werden,  und  welche 
noch  keine  weitere  Verbreitung  erfahren  haben. 


Ueber  das  Versehwinden  einiger  grösserer  Raubvogel- 
arten aus  der  Fauna  Württembergs. 

Von  F.  A.  Tscherning  in  Tübingen, 

Professor  Dr.  Leydig  bemerkte  in  der  Beschreibung  des  Ober- 
amts Tübingen:  „Jedem,  der  irgend  einen  Fleck  Erde  seit  längeren 
Jahren  mit  Rücksicht  auf  die  Fauna  entweder  selbst  ins  Auge  ge- 
fasst  hat  oder  die  hierauf  bezüghchen  Angaben  früherer  Beobachter 
vergleicht,  muss  die  grosse  Veränderung,  mit  anderen  Worten  das 
Verschwinden  vieler  Formen  der  freien  Tierwelt  sich  bemerkbar 
machen.  Namentlich  in  neuerer  Zeit  geht  das  Vernichtungswerk 
einen  sehr  raschen  Gang."  Den  Grund  findet  Leydig  in  der  mensch- 
lichen Übervölkerung  und  in  der  durch  sie  bedingten  immer  weiter 
gehenden  Kultur  des  Bodens,  insbesondere  auch  in  der  jetzigen  Be- 
handlung des  Waldes  als  „Forst"  ^ 

Das  Gesagte  gilt  unzweifelhaft  auch  von  der  Vogelwelt,  denn 
dass  die  Zahl  der  bei  uns  einheimischen  Vogelarten  früher  grösser 
war  als  jetzt,  ist  nicht  zu  bestreiten ,  und  im  Folgenden  will  ich 
dieses  an  dem  Beispiel  einiger  der  grössten  Raubvogelarten  nach- 
weisen. 

Von  den  Raubvögeln,  deren  Ausrottung  in  W^ürttemberg  schon 
längst  als  eine  vollendete  Thatsache  anzusehen  ist,  erscheint  als  der 
bemerkenswerteste  der  Steinadler  {Aquila  chrysaetos),  welcher 
heutzutage  in  der  Fauna  unter  den  „Irrvögeln"  aufgeführt  wird, 
weil  er  nur  in  seltenen  Fällen  einmal  aus  den  Hochalpen  in  unsere 
Gegenden  sich  verstreicht,  noch  seltener  bei  uns  erlegt  wird.  Dass 
es  sich  damit  einst  anders  verhielt,  ja  dass  die  Zeit,  in  welcher  es 
sich  anders  verhielt,  noch  nicht  einmal  sehr  weit  hinter  uns  liegt, 
weiss   heute    eigenthch   niemand   mehr.     Selbst  Freiherr  v.  Wagner 

»  Beschreibung  des  Oberamts  Tübingen,  herausgegeben  vom  K.  statist.- 
topogr.  Bureau.    Stuttgart  1867.   S.  42. 


—     360     — 

vermochte   in    seinem  auf  umfassende  archivalische  Studien  gegrün- 
deten Werk  über   das  württembergische  Jagdwesen  unter  den  Her- 
zogen über  den  Steinadler  weiter  nichts  beizubringen,  als  dass  unter 
der  Regierung  des  Herzogs  Johann  Friedrich  (1608—1628)  ein  solcher 
als  Seltenheit  bei  Herzogsweiler  auf  dem  Schwarzwald  in  einer  Wolfs- 
grube sich  gefangen  habe,    zwei  weitere  auf  der  Alb  erlegt  worden 
seiend     Nun   hat   sich   aber  in  den  Waldvogteirechnungen  des  Tü- 
binger Forsts  eine  Anzahl  Aufzeichnungen  erhalten,  welche,  aus  An- 
lass  der  Verwilligung  von  Schussgeldern  für  „schädliches  Raubzeug" 
gemacht,    die  Sache  in   einem  wesentlich  anderen  Licht  erscheinen 
lassen  und  darthun,  dass  der  Steinadler  noch  im  ersten  Viertel  des 
vorigen    Jahrhunderts    im    genannten   Forst   ein   nichts    weniger   als 
seltener  Vogel  gewesen  ist,  auch,  nach  allen  Umständen  zu  schhessen, 
regelmässig  daselbst  gehorstet  hat.    Leider  beginnt  die  Aufzeichnung 
der  erlegten  Steinadler  in  jenen  Rechnungen  erst  mit  dem  Jahr  1675 
und   hört   schon    mit   dem   Jahr   1721    zufolge   höherer   Anordnung, 
deren  Grund   nicht   zu   ersehen   ist,    wieder    auf.     Dabei  sind  nicht 
wenige  der  Rechnungen  im  Laufe  der  Zeit  abhanden  gekommen,  so 
dass  selbst  das  von  genannter  Zeitperiode  Gelieferte  fragmentarisch 
bleibt.     Gleichwohl   dürfte  auch  dieses  noch  Interesse  genug  bieten 
und  hinreichen,  das  Vorhandensein  des  Vogels  in  grösserer  Zahl  für 
unsere  Gegend  nachzuweisen. 

Der  unten  folgende  Auszug  aus  den  Waldvogteirechnungen  von 
1675—1721,  soweit  sie  noch  vorhanden  sind,  giebt  die  Zahl  der 
jedes  Jahr  im  ganzen  und  in  den  einzelnen  Hüten  (Forstrevieren) 
erlegten  Steinadler,  nebenbei  auch  der  übrigens  weniger  in  Betracht 
kommenden  Fischadler  ^  an.  Es  mögen  unter  diesen  Zahlen  wohl 
auch  diejenigen  ausgenommener  Nestjungen  mit  begriffen  sein.  Als 
gross  kann  aber  der  auf  sie  entfallende  Anteil  schwerlich  angenommen 
werden  in  Betracht,  dass  der  Steinadler  des  Jahrs  selten  mehr  als 
zwei  Junge,  sehr  häufig  nur  eines  ausbrütet.  Zur  Erläuterung  der' 
Übersicht  ist  Folgendes  vorauszuschicken. 

Die  Ausdehnung  des  Tübinger  Oberforsts,  in  welchem  die  Er- 
legung  stattfand,    ist  aus  der  dem  obengenannten  v.  WAGNER'schen 

*  Freiherr  v.  Wag u er,  K.  württemb.  Staatsministev,  Das  Jagdwesen  in 
Württemberg  unter  den  Herzogen.    Tübingen  1876.   S.  209. 

^  Der  Fischadler,  Pcmdion  haliactus,  wird  in  Württemberg  noch  unter  den, 
wenn  auch  seltenen  Standvögeln  aufgeführt.  Im  Tübinger  Forst  ist  er  seit 
Menschengedenken  nicht  mehr  als  Brutvogel  vorgekommen.  Nur  hin  und  wieder 
wird  ein  einzelner  am  Neckar  beobachtet. 


—     361     — 

Werke  beigegebenen ,  allerdings  in  kleinem  Massstab  gehaltenen 
Übersichtskarte  zu  entnehmen.  Sie  fällt  mit  der  Ausdehnung  des 
jetzigen  Tübinger  Forsts  nicht  in  allen  Teilen  zusammen.  Während 
in  jener  Zeit  die  sämtlichen  vorderösterreichischen  Waldungen  der 
Reviere  Bodelshausen  und  Kottenburg,  wie  auch  das  ganze  Revier 
Böblingen  fehlten,  waren  dem  alten  Oberforst  die  Reviere  Hildriz- 
hausen  und  Gomaringen  noch  zugeteilt,  so  dass  seine  Grenzen  in 
nordwestlicher  Richtung  zwischen  Herrenberg  und  Wildberg  noch 
den  Rand  des  Schwarzwalds  erreichten,  in  südlicher  aber,  was  für 
uns  besonders  in  Betracht  kommt,  von  Pfullingen  bis  in  die  Nähe 
von  Hechingen  nicht  nur  den  nordwestlichen  Abhang  der  Alb  und 
seine  Vorberge,  sondern  auf  den  Markungen  von  Genkingen,  Undingen 
und  Willmandingen  auch  noch  ein  Stück  vom  Plateau  der  Alb  selbst 
umfassten.  Von  den  in  der  Übersicht  genannten  Hüten  gehören 
Bebenhausen  (damals  kirchenrätliche  ehemalige  Klosterwaldungen), 
Dettenhausen,  Einsiedel,  Häslach,  Entringen,  Hagelloch,  Mönchberg, 
Neuenhaus,  Plattenhardt,  Steinenbronn,  Walddorf,  Waidenbuch,  Weil 
im  Schönbuch,  Hildrizhausen  der  Gegend  links  vom  Neckar  und  mit 
Ausnahme  von  Hildrizhausen  dem  alten  Reichsforst  Schönbuch,  da- 
gegen der  (kirchenrätliche)  Wald  Grossholz  bei  Lustnau,  die  Hüten 
Jettenburg ,  Ofterdingen ,  Bodelshausen ,  Mössingen  und  Pfullingen 
der  rechten  Seite  des  Neckars,  die  beiden  letztgenannten  den  Alb- 
bergen an. 

Die  Brutorte  der  erlegten  Vögel  hat  man  wohl  bei  der  Mehr- 
zahl derselben  in  nicht  sehr  grosser  Entfernung  vom  Ort  der  Er- 
legung zu  suchen,  denn  dass  sich  viele  von  ihnen  aus  weit  entlegenen 
Gegenden  hierher  verstrichen  haben  sollten,  ist  bei  ihrem  regelmässigen 
Auftreten  in  grösserer  Zahl,  und  weil  die  Vögel,  wie  wir  zeigen 
werden ,  an  anderen  Teilen  der  Alb  und  im  Schwarzwald  in  weit 
späterer  Zeit  gleichfalls  noch  horstend  angetroffen  wurden,  nicht 
anzunehmen.  Von  den  im  Forstbezirk  erlegten  hatte  ohne  Zweifel 
ein  grosser  Teil  ihre  Horste  an  den  Felswänden  des  nordwestlichen 
Albabfalls,  und  gilt  solches  sicher  von  sämtlichen  bei  den  Hüten 
Pfullingen,  Mössingen,  auch  Ofterdingen  und  Bodelshausen  auf- 
geführten Steinadlern.  Indessen  bot  gewiss  auch  der  Schönbuch  mit 
seinen  hohen  Wildständen,  den  tief  eingeschnittenen  Schluchten  des 
Keupergebirgs  und  einer  grossen  Anzahl  uralter,  breit  verasteter 
Eichen  diesen  Vögeln  zu  jener  Zeit  willkommene  Brutorte  noch  genug. 
Zeigte  doch  der  genannte  Wald  noch  vor  50 — 60  Jahren  ein  vom 
gegenwärtigen   wesentlich    verschiedenes  Bild.     Die  Hauptthäler  des 


362 


Goldersbachs  und  der  Schaich  waren,  da  die  regellose  Fahrbahn  auf 
ihrer  Sohle  immer  wieder  auf  kurze  Entfernung  vom  Bach  durch- 
schnitten wurde ,  dem  Fussgänger  nur  bei  ganz  niederem  Wasser- 
stand zugänglich,  und  ihre  wild  zerrissenen  Seitenklingen  wurden 
überhaupt  nur  selten  von  einem  menschlichen  Fuss  betreten.  Man 
wird  daher  annehmen  dürfen,  dass  die  in  den  inneren  Hüten  des 
Schönbuchs,  Bebenhausen,  Dettenhausen ,  Entringen,  Hagelloch, 
Steinenbronn,  Weil  im  Schönbuch  erlegten  Vögel  meist  diesen  Teilen 
des  Walds  entstammten. 

Erlegt  wurden  die  Vögel  gewöhnlich  von  dem  Förster  der  Hut, 
welcher  damals  den  Titel  Forstknecht  führte,  oder  wohl  auch  von 
einem  der  ihm  in  geringer  Zahl  beigegebenen  ünterknechte ,  Jäger- 
pursche  und  Scharfschützen.  Mehrmals  ist  auch  als  Schütze  der 
Waldvogt  und  sein  Diener  angegeben.  Der  Titel  Waldvogt  kam  als 
eine  Art  Auszeichnung  den  Forstmeistern  des  Schönbuchs  zu,  er 
stammte  ohne  Zweifel  noch  aus  der  pfalzgräflichen  Zeit  und  hörte 
erst  mit  dem  Jahre  1707  auf,  in  welchem  adelige,  meist  vom  Aus- 
land stammende  Forstmeister  an  die  Stelle  der  dem  bürgerlichen 
Stand  angehörigen  Waldvögte  traten.  Wo  der  Waldvogt  als  Erleger 
angegeben  ist,  lässt  sich  der  Ort  der  Erlegung  nicht  bestimmen, 
weil,  wenn  schon  er  seinen  Wohnsitz  in  Waidenbuch  hatte,  sein 
Wirkungskreis  den  ganzen  Oberforst  umfasste.  In  den  Jahren  1674 
— 1701  bekleidete  das  Waldvogtamt  Jonathan  Martin,  augenscheinlich 
ein  tüchtiger  Schütze  und  Jäger,  welcher  zuvor  lange  Zeit  im  persön- 
lichen Dienst  des  Herzogs  gestanden  hatte. 

Verzeichnis  der  erlegten  Steinadler  und  Fischadler. 


Kechimngs- 
jahr 

Stein- 
adler 

Fisch- 
adler 

Ort  der  Erlegung 

1675/76 

1 

— 

Erlegt  von  dem  Diener  des  Waldvogts. 

1676/77 

10 

„  vom  Waldvogt  1,  in  den  Hüten  Bebenhausen  3, 
Einsiedel  1,  Entringen  2,  Walddorf  1,  Steinen- 
bronn 1,  Mössingen  1. 

1677/78 

6 

— 

„  vom  Waldvogt  1,  in  den  Hüten  Bebenhausen  2, 
Entringen  1,  Mössingen  2. 

1678/79 

14 

„  vom  Waldvogt  1,  in  den  Hüten  Bebenhausen  5, 
Lustnau-Grossholzl,  Walddorf  1,  Waidenbuch  1, 
Weil  i.  Seh.  1,   Steinenbronu  1,  Mössingen  3. 

1679/80 

2 

— 

„       in  der  Hut  Mössingen  2. 

1680/82 

— 

2 

„       in  der  Hut  Bebenhausen  1,  Weil  i.  Seh.  1. 

1684/85 

4 

— 

„  vom  Waldvogt  1,  in  der  Hut  Einsiedel  2, 
Walddorf  1. 

36c 


Rechnungs- 
jahr 

Stein- 
adler 

Fisch- 
adler 

Ort  der  Erlegung 

1685/86 
1686/87 

4 
3 

1 
2 

Erlegt  Steinadler  in  der  Hut  AValdenbuch  2,  Steinen- 
bronn 2.  —  Fischadler  Waidenbuch  1. 
3       Steinadler  vom  Waldvogt  2,  in  der  Hut  Weil 
i.  Seh.  1.  —  Fischadler  Weil  i.  Seh.  2. 

1687/88 

5 

2 

„       Steinadler  vom  Waldvogt  1,  in  der  Hut  Neuen- 
haus 1   (lebendig   gefangen),   Bebeuhausen   1, 
Walddorf  2. 

1688/89 
1689/90 

1691/92 

2 

4 

6 

1 

.,       in  der  Hut  Einsiedel  2. 

,       Steinadler  in  der  Hut  Einsiedel  1,  Walddorf  1, 

Mössingen  2.  —  Fischadler  Dettenhausen  1. 

in  der  Hut  Plattenhardt  3,  Häslach  2,  Jetteu- 

1697/98 

13 

1 

burg  1. 
.       Steinadler  in  der  Hut  Häslach  1,  Hildrizhausen  2, 
Jettenburg  1,  Mössingen  9.  —  Fischadler  Jetteu- 

1698/99 

1699/1700 

1700/01 

1701  02 

3 
3 
2 

6 

2 

1 

burg  1. 

Hut  Einsiedel  2,  Plattenhardt  1. 

„       Hut  Einsiedel  1,  Walddorf  2. 

.,       Steinadler  Hut  Pfullingen  2.  —  Fischadler  Ein- 
siedel 2. 

Steinadler  Hut  Walddorf  5,  Jettenburg  1.  — 
Fischadler  Einsiedel  1. 

1702,03 
1707/08 
1708/09 
1710/11 
1715/16 

1 
9 
5 
4 
8 

1 

Hut  Jettenburg  1. 
.,       Hut  Mössingen  1,  Pfullingen  8. 

Hut  Plattenhardt  1,  Jettenburg  1,  Pfullingen  3. 

Hut  Einsiedel  1,  Pfullingen  3. 
.,       Steinadler   Hut  Waldenbucli  2,  Pfullingen  G. 

—  Fischadler  Neuenhaus  1. 

1719/20 

17 

3 

_       Steinadler  Forstmeisters  Diener  2,  Hut  Hagel- 
loch 1,  Mönchberg  1,  Walddorf  1,  Neuenhaus  1. 

1720/21 

4 

1 

Pfullingen  11.  —  Fischadler  Häslach  3. 
„      Steinadler  Hut  Hagelloch  2,  Pfullingen  2.  — 
Fischadler  Neuenhaus  1. 

Während  wir  also  bedauerlicherweise  von  unseren  Aufschrieben 
zu  einer  Zeit  verlassen  werden ,  in  welcher  ohne  Zweifel  die  Aus- 
rottung des  Steinadlers  im  Tübinger  Forst  noch  lange  nicht  vollendet 
war,  begegnen  wir  einer  anderen  Nachricht,  aus  welcher  hervorgeht, 
dass  derselbe  gegen  Ende  des  18.  Jahrhunderts  auf  der  Ulmer  Alb, 
gleichfalls  am  nordwestlichen  Abfall  des  Gebirgs,  aber  auf  eine  Ent- 
fernung von  6 — 7  Meilen  von  den  Brutorten  bei  Pfullingen  und 
Mössingen,  als  Standvogel  noch  immer  regelmässig  vorkam.  In  einer 
Beschreibung  des  ülmer  Gebiets  von  J.  H.  Haid  von  1786  ist  näm- 


—     364     — 

lieh  gesagt  ^ :  Selbst  der  König  der  Vögel,  der  Adler,  hat  in  unserem 
Lande  Nester.  In  den  holzreichen  Klüften  bei  Ravenstein  ^,  auf  den 
hohen  Gebirgen  bei  Kuchalb  ^  u.  s.  w.  sind  schon  manche  lebendig 
gefangen  und  erlegt  worden.  —  Bei  dem  Albuchorte  Steinenkirch 
bemerkt  Haid  nach  Erwähnung  verschiedener  grosser  Waldungen, 
des  Sielforsts  gegen  Gussenstadt,  des  felsigen  Rockenthals  bei  Eybach 
u.  s.  w. :  Die  Hölzer  und  Gebirge  da  herum  sind  die  Wohnung  des 
Gewilds,  der  Adler,  Uhu,  Käuzlein  und  Nachteulen ^  —  Es  waren 
hiernach  die  Waldungen  und  Felswände  des  westlichen  Albuch,  des 
Eybach-  oder  Rockenthals  unweit  Geislingen  bis  hinüber  zu  den  fel- 
sigen Waldabhängen  gegen  Donzdorf  und  das  Lauterthal,  welche 
dem  Steinadler  damals  noch  Brutorte  gewährten  —  wie  lange  aber 
und  ob  noch  in  das  jetzige  Jahrhundert  herein,  vermochte  ich  nicht 
zu  ermitteln.  Dass  auch  im  Tübinger  Forst  der  Steinadler  wenigstens 
die  zweite  Hälfte  des  vorigen  Jahrhunderts  noch  erlebt  habe,  wird 
durch  dieses  Vorkommen  am  Albuch  immerhin  sehr  wahrscheinUch. 

Von  noch  späterem  Vorkommen  des  Steinadlers  im  badischen 
Schwarzwald  in  nicht  sehr  grosser  Entfernung  von  der  württem- 
bergischen Grenze  berichtet  Graf  v.  Sponek^  Nach  ihm  wurden 
noch  im  Jahr  1816  im  Revier  Herrenwiese  auf  der  Höhe  des  Schwarz- 
walds bei  Gernsbach,  südlich  von  Baden-Baden,  einige  Jahre  vorher 
auch  bei  Forbach  im  Murgthal  Steinadler  auf  hohen  Tannen  horstend 
angetroffen,  zum  Teil  auch  erlegt.  Da  Graf  v.  Sponek  dieses  im 
Jahr  1817  schrieb,  ist  es  nicht  unmöglich,  dass  im  Schwarzwald  der 
Vogel  auch  noch  in  späterer  Zeit  Versuche,  sich  wiederum  anzu- 
siedeln, gemacht  hat. 

Ein  anderer  bemerkenswerter  Raubvogel,  welcher  einst  nicht 
selten  bei  uns  gewesen  sein  kann,  aber  sich  längst  nicht  mehr  findet, 
war  der  zur  Zeit  der  Falkenjagd  in  hohem  Ansehen  stehende,  unter 
dem  Namen  „Blaufuss",  auch  „Schlacht-  oder  Schlechtfalke"  be- 
rühmte Edelfalke,  welcher  nach  jetzt  allgemeiner  Ansicht  dem  heu- 
tigestags  unter  der  Bezeichnung  „Würgfalke",  Falco  lanarius,  be- 
kannten, in  der  Jugend  durch  blaue  Füsse  und  blaue  Wachshaut 
ausgezeichneten  Vogel    entsprach ''.     Unter  den   deutschen  zur  Jagd 

'  J.  H.  Haid,  Ulm  mit  seinem  Gebiet.    Ulm  1786.   S.  450. 
^  Markung  Steinenkirch. 
■^  Markung  Donzdorf. 
*  Haid,  a.  a.  0.  S.  613. 

^  Graf  V.  Sponek,  Der  Schwarzwald.    Heidelberg  1817.   S.  280. 
"  Wenn  Bechstein  in  seiner  Jagdzoologie  den  Blaufuss  für  den  Hühner- 
habicht {Astur  iialumharius)   erklärt,   so   befindet  er  sich  in  offenbarem  Irrtum. 


—     365     — 

verwendeten  Falken  nahm  er  den  ersten  Rang  ein  und  seine  Hegung 
und  Einlieferung  wurde  in  Württemberg  während  des  16.,  teilweise 
auch  17.  Jahrhunderts  durch  herzoghche  Verfügungen,  namenthch 
noch  die  Forstordnung  von  1614,  den  Forstbediensteten  wiederholt 
zur  Pflicht  gemacht  ^  Jetzt  ist  er  nicht  nur  aus  der  württem- 
bergischen, sondern  aus  der  gesamten  deutschen  Fauna  verschwunden, 
und  in  Niederösterreich,  insbesondere  in  den  Umgebungen  Wiens, 
finden  sich  die  uns  nächstgelegenen  Orte,  an  welchen  er  noch  regel- 
mässig brütet.  Von  da  erstreckt  sich  sein  Verbreitungsbezirk  über 
Böhmen,  Ungarn,  die  Balkanhalbinsel,  durch  Mittelasien  bis  nach 
China.  Nahe  verwandt  ist  ihm  der  bei  uns  nur  noch  als  ziemlich 
seltener  Winterzugvogel  beobachtete,  etwas  kleinere  Wanderfalke, 
Falco  peregrinus,  für  die  Jagd  einst  kaum  weniger  geschätzt  als 
der  Würgfalke.  Deshalb  und  da  auch  er  in  der  Jugend  bläuliche 
Füsse  zeigt,  könnte  es  sich  fragen,  ob  unter  dem  in  den  herzoglichen 
Verordnungen  genannten  Blaufuss  nicht  der  Wanderfalke  verstanden 
worden  sei.  Entscheidend  scheint  aber,  dass  während  der  Wander- 
falke in  Deutschland  fast  nur  auf  unzugänglichen  Felsen  horstet, 
der  Würgfalke  für  seinen  Horst  beinahe  ausschliesslich  höhere  Bäume 
wählte  und  dass  in  Württemberg  zum  Zweck  der  Erlangung  der 
jungen  Nestvögel  des  Blaufusses  selbst  von  Unbefugten  Fällung  der 
Bäume,  auf  welchen  die  Horste  sich  fanden,  nicht  selten  angewendet 
wurdet  Während  des  17.  Jahrhunderts  scheint  der  Würg-  oder 
Schlechtfalke  bereits  selten  bei  uns  geworden  zu  sein,  wie  daraus 
hervorgeht,  dass  trotz  der  Verfügungen  zu  gunsten  seiner  Hegung 
in  der  zweiten  Hälfte  desselben  die  für  die  herzoghche  Jagd  nötigen 
Falken  beinahe  alle  mit  grossem  Aufwand  aus  dem  Ausland  bezogen 
wurden*,  während  die  Verfügungen  betreffend  Hegung  der  einheimi- 
schen Falken  aufhören.  Herzog  Johann  Friedrich  (1608—28)  erhielt 
noch  aus  Mömpelgard  8  Schlechtfalken  zum  Geschenk,  um  1615 
unter   anderen  Jagdfalken    ein    Blaufuss-Männchen  (Terz)   und   auch 

Der  Hühnerhabiclit  wurde  zwar  gleichfalls  zur  Jagd  benützt,  kam  aber  dem  Blau- 
fuss an  Bedeutung  und  Wertschätzung  nicht  gleich  und  wird  in  den  herzoglichen 
Verordnungen  stets  neben  diesem  und  von  ihm  getrennt  aufgeführt. 

1  (Pfeil)  Eeal-Index  der  Forstordnung.    Stuttgart  1748.   S.  87. 

2  Brehm's  Tierlebeu.  VI.  Vögel.  III.   Leipzig  1892.  S.  222,  227. 

3  (Pfeil)  Real-Index.  S.  87. 

*  Es  kamen  neben  dem  Schlechtfalken  und  Habicht  hauptsächlich  die  eigent- 
lichen nordischen  Jagdfalken,  Falco  arcticus  und  norvegicus,  letzterer  unter  dem 
Namen  Gerfalke  bekannt,  zur  Verwendung,  v.  Wagner,  a.  a.  0.  S.  378,  388; 
cf.  Brehm,  a.  a.  0.  S.  215,  216. 


—     366     — 

von  anderwärts  mehrfach  Schlechtfalken  ^  In  den  Tübinger  Wald- 
vogteirechnungen  sind  nur  ein  einziges  Mal  zum  Jahr  1629/30 
3  Blaufüsse  aufgeführt,  wobei  es  sich  wahrscheinlich  um  gelieferte 
Nestjunge,  nicht  um  erlegte  Vögel  handelte.  Nach  allen  Umständen 
zu  schliessen,  hat  der  Würgfalke  unsere  Gegenden  schon  vor  dem 
Steinadler  verlassen. 

Eine  interessante  Nachricht  betreffend  zwei  weitere  Eaubvogel- 
arten,  welche  teils  gar  nicht  mehr,  teils  nicht  mehr  als  Standvögel 
bei  uns  vorkommen,  verdanken  wir  dem  Sammlerfleiss  des  Tübinger 
Professors  Martin  Crdsius  (1559 — 1607).  Er  erzählt  in  den  Nach- 
trägen zu  seiner  schwäbischen  Chronik  von  1596  bei  Beschreibung 
des   auf   dem  Albplateau   südöstlich    von  Reutlingen  gelegenen  Orts 

Holzelfingen :  Ringsum  sind  hohe  Felsen Der  vierte  und  grösste 

ist  derjenige,  auf  welchem  einst  die  Herren  von  GreifPenstein  ihren 
Sitz  hatten.  Auf  diesem  Felsen  wird  alljährlich  eine  edle  Gattung 
von  Vögeln  ausgenommen,  welche  man  Blaufüsse  nennt.  Eine  schäd- 
liche Art  von  Geiern,  Aasgeier  genannt,  welche  auf  einem  anderen 
Felsen  haust,  pflegt  aber  diese  zu  zerreissen^. 

Augenscheinlich  geht  aus  dieser  Nachricht  hervor,  dass  auch 
der  nur  auf  unzugänglichen  Felsen  horstende  Wanderfalke  zur 
Zeit  des  Crüsius  noch  als  Standvogel  bei  uns  vorgekommen,  dass 
auch  er  mit  dem  Namen  Blaufuss  bezeichnet  und  ohne  Zweifel  zu 
Zwecken  der  Jagd  noch  im  16.  Jahrhundert  regelmässig  aus  seinen 
Horsten  ausgenommen  worden  ist.  Da  aber  unzugängliche  Felsen 
im  ganzen  bei  uns  nicht  häufig  vorkommen,  er  also  nur  schwer  die 
ihm  zusagenden  Brutorte  zu  finden  vermochte,  so  scheint  er  im 
Vergleich  mit  dem  Würgfalken  von  Anfang  an  selten  gewesen,  als 
Standvogel  auch  bald  ganz  ausgerottet  worden  zu  sein ,  und  mag 
es  hierauf  beruhen,  dass  er  in  den  herzoglichen  Verfügungen  des 
16.  und  17.  Jahrhunderts  nicht  besonders  genannt  wird.  Indessen 
finden  sich  unter  den  um  jene  Zeit  bei  uns  zur  Falkenjagd  benützten 
Beizvögeln  neben  Blaufuss,  Habicht  und  den  nordischen  Jagdfalken 
unter  dem  Namen  Reviervögel,  Feuervögel  u.  s.  w.  noch  mehrere 
weitere  aufgeführt,  deren  Art  sich  nicht  mehr  bestimmen  lässt,  unter 


^  V.  Wagner,  a.  a.  0.  S.  378. 

^  Martini  Crusii  paralipomenos  rerum  Suevicarum  über.     Francofurti 

1596.  p.  45.   H<)lzelfinga.   Petrae  circum  altae  sunt Quarta  est  maxima,  ubi 

Greiffensteiniorum  quondam  habitatio  fuit.  In  eo  saxo  quotannis  nobile  genus 
avium  exceptatur,  quas  „Blaufuss"  (quasi  duas  Glaucipedes)  appellant.  Eas  in 
alia  petra  degens  damnosuni  vulturum  genus,  Aasgeyer  yocatum  laniare  solet. 


—     367     ~ 

welchen    also    möglicherweise   auch   der   Wanderfalke   gewesen   sein 

könnte  ^ 

UnzugängUche  Felsen  des  Thüringer  Walds  und  des  Elster- 
gebiets im  Königreich  Sachsen  scheinen  die  uns  nächstgelegenen 
Stellen  zu  sein,  an  welchen  der  Wanderfalke  noch  jetzt  regelmässig 
horstet,  während  sein  eigentliches  Brutgebiet  mehr  dem  höheren 
Norden  (der  Tundra  etc.)  angehört. 

Die  Felspartien  des  Schwarzwalds,  der  Alb  und  anderer  Landes- 
gegenden, welche  den  Namen  „ Falkenstein "  führen,  waren  vermuthch 
einst  Brutorte   des  Wanderfalken,    wogegen   da,   wo   der  Name   des 
Falken  bei  Waldungen  ohne  Felsen  vorkommt,  wie  bei  der  „Falken- 
ebene" am  Bromberg   im  Revier  Weil  im  Schönbuch,    anzunehmen 
sein  wird,   dass  hier  der  eigentliche  Blaufuss  heimisch  gewesen  sei. 
Dass  Vögel   des  Geier- Geschlechts  (Vulturidae)   bei  uns  ein- 
heimisch gewesen,    ist  gleichfalls  eine  längst  vergessene  Thatsache, 
und  findet  man  als  besondere  Merkwürdigkeit  verzeichnet,    dass  im 
Jahr    1835    ein    brauner    Geier   als   Irrvogel   bei  Weingarten   erlegt 
worden  sei  ^    Auch  aus  früherer  Zeit  liegen  nicht  viele  Nachrichten 
über  deren  Vorkommen  in  unseren  Gegenden  vor.    Doch  wurde  noch 
unter  Herzog  Eberhard  Ludwig  in  den  Jahren  1710 — 14  mit  Falken 
auf  Geier   gejagt  und    sollten    aus   den  vorhandenen  Beizvögeln  im 
Jahr  1710  ein  Flug,  im  Jahr  1714  deren  zwei  besonders  für  Geier 
zusammengestellt  werdend     Im  Jahr  1714   wurde    die  Falknerei  in 
Württemberg   bleibend   abgeschafft   und  hören   also  auch  die  Nach- 
richten über  Falkenjagden  auf  Geier  auf.    Dagegen  findet  sich  noch 
ein  General-Reskript   vom  18.  Juni  1745,    in   welchem   den   in  den 
herzoglichen   Leibgehegen    gesessenen   Fasanenmeistern    und   Forst- 
knechten zunächst  wohl  zum  Schutz  der  Fasanerien  ein  Schussgeld 
von   10  Kreuzern   für  jeden    erlegten   Geier   (von   30  Kreuzern   für 
einen  Hühnerhabicht)   zugesagt  ist*.     Spätere  Nachrichten  sind  mir 
nicht  bekannt.     Auch  finden  sich  in  den  Tübinger  Waldvogteirech- 

1  V.  Wagner,  a.  a.  0.  S.  377. 

2  Das  Königreich  Württemberg,  herausgegeben  von  dem  K.  statist.-topogr. 
Bureau.  I.    Stuttgart  1882.   S.  488. 

^  Auf  ein  zu  erjagendes  grösseres  Wild  wurden  gewöhnlich  mehrere  Beiz- 
vögel zugleich  geworfen  d.  h.  losgelassen,  um  die  Jagd  abzukürzen  und  den  Er- 
folg zu  sichern.  Die  so  miteinander  arbeitenden ,  auf  jede  Wildgattung  beson- 
ders abgerichteten  Vögel  hiessen  ein  Flug,  und  bestand  ein  solcher  aus  5—6  Stück, 
wobei  nicht  selten  Falken  und  Habichte  nebeneinander  zur  Verwendung  kamen; 
cf.  V.  Wagner,  a.  a.  0.  S.  383. 

*  (Pfeil)  Keal-Index.  S.  312. 


—     368     - 

nungen  Geier  nirgends  aufgeführt,  wahrscheinlich  weil  sie  vorzugs- 
weise von  Aas  sich  nähren,  nur  ausnahmsweise  einmal  auch  ein 
krankes  Tier  angreifen  oder  ein  Nest  plündern,  und  deshalb,  ab- 
gesehen von  der  Nähe  der  Fasanerien,  als  überwiegend  nützliche 
Vögel  galten,  bei  welchen  die  Aussetzung  von  Schussgeldern  nicht 
gerechtfertigt  erschien.  Ohne  Zweifel  sind  auch  die  Geier  vor  Ab- 
lauf des  vorigen  Jahrhunderts  aus  unserer  Fauna  geschieden. 

Noch  fragt  es  sich  aber,  welcher  Art  die  bei  uns  vorkommen- 
den Geier  angehört  haben,  da  die  bei  Crusius  zu  findende  Bezeich- 
nung  als  Aasgeier   denn   doch   nicht  bestimmt  genug  ist.     Von  den 
in   Europa    vorkommenden    horsten    ausser    dem    Lämmergeier,    an 
welchen   bei   uns   kaum   zu  denken  sein  wird,    2  Arten  regelmässig 
auf  Felsen,    nämlich    der  unter  dem  Namen  fahlbrauner,    Aas-  und 
Gänsegeier,    Vultiir   oder    Gyps   fulvus    bekannte,    und    der   sogen. 
Schmutzgeier,     Vtdtur    oder    Neophron    percnopterus ,    stercorarius. 
Der    erstere   ist   ungleich   grösser   und   stärker,    er   erreicht  die  be- 
deutende Länge  von  1,12  m,  eine  Breite  von  2,56  m  und  ist  als  ein 
händelsüchtiger  und  bösartiger  Vogel  bekannt,    während  der  zweite 
nur  0,7  m  lang  und  1,6  m  breit  wird,  dabei  im  Gefühl  seiner  Schwäche 
stets   friedfertig   und    verträglich  bleibt.     Angriffe   auf  Nestjunge  so 
mutiger  und  streitbarer,  ihm  an  Kraft  weit  überlegener  Vögel,  wie 
der  Wanderfalken,  hat  der  Schmutzgeier  ohne  Zweifel  nicht  gewagt. 
Crusius  kann  daher  unter  dem  Aasgeier  nur  den  grossen  fahlbraunen 
Geier  {Gyps  fulvus)   verstanden   haben,   und  dass  es  sich  auch  bei 
den  Jagden   auf  Geier  zu  Anfang  des  vorigen  Jahrhunderts  nur  um 
diesen   gehandelt   habe,    geht  aus  dem  Umstände  hervor,  dass  man 
gegen  ihn  ganze  Flüge  von  5  —  6  Falken  zusammenstellte,  was  gegen 
den  viel  kleineren  und  schwächeren  Schmutzgeier  sicher  nicht  nötig 
gewesen    wäre.     Wie    der  Würgfalke   ist   auch    der  fahlbraune  oder 
Gänsegeier  jetzt   weit   nach  Osten  zurückgedrängt  und  gegenwärtig 
sind  die.  Salzburger  Alpen  sein  uns  nächstgelegener  Brutort. 

Es  ist  vorherzusehen ,  dass  diesen  grössten  unserer  Kaubvögel 
in  nicht  ferner  Zeit  eine  Reihe  anderer  folgen  wird ,  welche  bisher 
ein  Schmuck  des  deutschen  Waldes  waren,  bei  welchen  aber  ein 
starker  Rückgang  der  Individuen  keinem  entgehen  kann,  welcher 
sich  der  Zustände  vor  einer  Reihe  von  Jahrzehnten  noch  erinnert. 
Die  Verhältnisse,  welchen  Leydig  die  stetige  Verminderung  der  Fauna 
zuschreibt,  haben  sich  ja  auch  seit  jenem  Ausspruch  nicht  etwa 
günstiger,  sondern  entschieden  ungünstiger  gestaltet.  Den  Raub- 
vögeln mit  Einschluss  der  Eulen  und  anderer  überwiegend  nützlicher 


-     369     — 

Arten  wird  die  fortwährend  steigende  Anzahl  der  Schiessjäger  und 
sonstiger  Jagdkartenbesitzer,  die  Aussetzung  von  Schussprämien, 
daneben  aber  allerdings  auch  manche  forstwirtschaftliche  Massregel 
verderblich,  wie  die  Lichtung  der  Wälder  durch  frühzeitige  über- 
mässige Durchforstungen  und  die  in  Württemberg  zur  Modesache 
gewordene  Zerteilung  grösserer  Waldungen  in  eine  Unzahl  kleiner 
und  kleinster,  ringsum  von  Wegen  und  breiten  Richtstätten  um- 
gebener Waldstücke,  welche  jene  Vögel  der  ihnen  nötigen  ruhigen 
Brutstätten  beraubt. 

Als  ein  gerade  gegenwärtig  im  Aussterben  begriffener,  vielleicht 
bereits  ganz  ausgerotteter,  wenn  auch  nicht  zu  der  Familie  der 
eigentlichen  Raubvögel  zählender,  grösserer  Vogel  wäre  der  Kolk- 
rabe, Corvus  corax,  zu  nennen.  Dieser  schöne  Rabe  kam  noch  vor 
50 — 60  Jahren  in  der  Umgegend  von  Tübingen  vor,  und  ich  erinnere 
mich  aus  meiner  Jugendzeit,  dem  Anfang  der  dreissiger  Jahre,  eines 
überaus  stattlichen  Exemplars,  welches  dem  dortigen  Thorwart  ge- 
hörig, seine  Aufstellung  gewöhnlich  auf  der  Brüstung  der  kleinen 
Ammerbrücke  vor  dem  Tübinger  Schmidthor  genommen  hatte  und 
durch  seinen  gewaltigen  Schnabel  sowie  ein  unheimlich  blitzendes 
Augenpaar  den  Vorübergehenden  Respekt  einflösste.  In  der  Nähe 
von  Leonberg  auf  den  Höhen  über  Eltingen  konnte  ich  in  den  Jahren 
1835 — 37  allabendUch  noch  ein  aus  der  Ebene  des  Strohgäus  heim- 
kehrendes, den  ausgedehnten  Waldungen  zwischen  Warmbronn  und 
Magstadt  zustrebendes  Paar  dieser  Vögel  beobachten  und  ihren 
dumpfen  Ruf  vernehmen.  An  beiden  Orten,  wie  in  so  vielen  anderen 
Teilen  des  Landes,  ist  er  längst  ausgerottet,  und  ob  er  sich  über- 
haupt noch  irgendwo  in  Württemberg  findet,  ist  mir  unbekannt. 


Jahreshefte  d.  Vereins  f.  vaterl.  Naturkunde  in  Württ.  1895.  24 


Ueber  die  Versteinerungen  der  Meeresmolasse 
in  Obersehwaben. 

Von  Pfarrer  Dr.  Probst  in  Essendorf. 

Die  Hauptmasse  der  Versteinerungen  in  der  Meeresmolasse 
überhaupt,  und  specieli  auch  in  der  oberschwäbischen,  gehört  den 
Plagiostomen  an,  d.  h.  den  Rochen  und  Haien.  Dieselben  weisen 
auf  eine  sehr  grosse  Zahl  und  Mannigfaltigkeit  der  Familien,  Ge- 
schlechter und  Arten  dieser  Tierklasse  hin.  Die  Reste  sind  aber 
vollständig  zerstreut;  in  überwiegender  Anzahl  sind  die  Zähne  vor- 
handen ;  dann  auch  Hautplatten,  Flossenstacheln  und  Wirbel.  Aber 
gerade  die  grosse  Mannigfaltigkeit,  verbunden  mit  der  Vereinzelung 
der  erhaltungsfähigen  Hartgebilde  des  Skeletts,  bewirkten,  dass  dieses 
Material  auf  die  Palaeontologen  keine  rechte  Anziehungskraft  aus- 
zuüben vermochte.  Agassiz  hat  zwar  in  seinem  bekannten  Werke 
über  die  fossilen  Fische  auch  den  Resten  der  Plagiostomen  die  ge- 
bührende Aufmerksamkeit  zugewandt;  allein  bei  Vergleichung  der 
fossilen  Reste  aus  der  oberschwäbischen  Meeresmolasse  stellte  es 
sich  doch  schon  frühzeitig,  in  den  sechziger  und  siebziger  Jahren, 
heraus,  dass  ihm  die  kleineren  und  kleinsten  Stücke,  die  gerade 
in  der  oberschwäbischen  Meeresmolasse  zahlreich  gefunden  wurden, 
nicht  zu  Gebot  gestanden  haben.  Der  Wunsch  war  deshalb  gerecht- 
fertigt, das  gesamte  Material  einem  Palaeontologen  zur  Bestimmung 
zu  übermitteln.  Das  stiess  aber  auf  Schwierigkeiten,  bezw.  es  gelang 
nicht.  Zur  Begründung  der  Ablehnung  meines  Anerbietens  wurde 
mündlich  oder  schriftlich  geltend  gemacht:  es  sei  eine  allzu  müh- 
selige Arbeit,  Tausende  von  Zähnen,  überdies  noch  Wirbel,  Flossen- 
stacheln, Hautplatten,  auch  nur  zu  sichten  und  dieselben  mit  den 
lebenden  Geschlechtern  und  Arten  zu  vergleichen ;  überdies  sei  es 
sehr  fraglich,  ob  die  aufgewandte  Mühe  auch  nur  einigermassen 
entsprechend  sich  lohnen  werde  etc.  Unter  solchen  Umständen 
bheb  keine  andere  Wahl  übrig,  als  die  Arbeit  selbst,  soweit  mög- 
lich, in  Angriff  zu  nehmen  und  bekannt  zu  geben,  was  ungefähr 
von  Plagiostomenresten  in  der  oberschwäbischen  Meeresmolasse  vor- 


-     371     — 

handen  sei.  Ausser  der  einschlägigen  Litteratur  wurden  hierbei  beson- 
ders die  in  der  öffentlichen  Staatssammlung  in  Stuttgart  befindUchen 
Originalien  von  lebenden  Plagiostomen  zur  Grundlage  der  Vergleichung 
gemacht.  Die  Stuttgarter  Sammlung  war  dazumal  schon  durch  Er- 
werbungen aus  dem  Roten  Meer,  die  durch  Herrn  Prof.  Dr.  Klunzixger 
an  sie  übermittelt  worden  waren,  ansehnlich  bereichert  und  erwies 
sich  als  eine  zur  Vergleichung  der  fossilen  Reste  aus  den  oberschwäbi- 
schen Schichten  recht  geeignete  Grundlage.  Es  sei  erlaubt,  hier  nur 
hervorzuheben,  dass  für  das  fossile  Geschlecht  Uemiprisüs,  das  in 
der  Molasse  sehr  weit  verbreitet  ist,  hier  auch  das  entsprechende 
lebende,  wenn  auch  äusserst  selten  gewordene  Tier  vorzufinden  gelang. 

Bald  darauf  aber  ergab  sich  ein  erfreulicher  Umschwung  in 
der  Wertschätzung  dieser  Versteinerungen  aus  der  Meeresmolasse ; 
es  entstand  sogar  eine  nicht  erwartete  lebhafte  Nachfrage  nach 
denselben;  noch  nicht  von  selten  der  Palaeontologen ,  die  in  ihrer 
Reserve  zunächst  noch  beharrten,  aber  der  Anstoss  ging  aus  von 
Seiten  der  vergleichenden  Anatomie. 

Die  Anatomen,  an  ihrer  Spitze  der  berühmte  Anatom  Gegenbaur, 
kamen  nämhch  auf  Grund  ihrer  vergleichenden  Untersuchungen  zu 
der  Aufstellung,  dass  man,  um  für  den  gesamten  grossen  Stamm 
der  Wirbeltiere  mit  all  seinen  Verzweigungen  den  Ausgangs- 
punkt zu  finden,  auf  die  Klasse  der  Plagiostomen  zurückgreifen 
müsse;  mit  andern  Worten,  dass,  um  ein  natürliches  System 
für  die  Wirbeltiere  überhaupt  aufstellen  und  begründen  zu  können, 
von   den  Rochen  und  Haifischen  auszugehen  sei. 

Es  kann  hier  nicht  die  Rede  davon  sein,  zu  erörtern,  wieweit 
diese  Aufstellungen  unanfechtbar  oder  anfechtbar  seien,  es  genügt 
zu  konstatieren,  dass  hiermit  die  Plagiostomen  ganz  in  den  Vorder- 
grund des  gesamten  zoologischen  Interesses  gerückt  wurden 
und  sich  bis  auf  den  heutigen  Tag  darin  erhalten  haben. 

Nun  musste  aber  alsbald  die  Frage  auftauchen  und  beantwortet 
werden:  was  sagt  hierzu  die  Palaeontologie?  Kann  sie  diesen 
Anschauungen  nach  ihren  Erfunden  ihre  Zustimmung  erteilen,  oder 
muss  sie  dieselben  ablehnen  oder  modifizieren? 

Damit  ergab  sich  aber  eine  lebhafte  Nachfrage  nach  den 
Resten  von  Plagiostomen  aus  allen  Formationen,  auch  nach  jenen 
aus  der  Meeresmolasse.  Zum  Beleg  dafür  mögen  einige  persönliche 
Erfahrungen  dienen. 

Der  Anatom  Herr  Prof.  Dr.  Hasse  in  Breslau  fing  an  (1880), 
ein  grösseres  Werk   über   die  Wirbelsäule  der  Plagiostomen  heraus- 

24* 


—     372     — 

zugeben.  Das  recente  Material  stand  ihm  zu  Gebot;  er  erkannte 
aber  klar  die  Notwendigkeit,  auch  das  fossile  Material  von  Wirbeln 
zur  Kontrolle  herbeizuziehen.  Daran  konnte  kein  Zweifel  sein,  dass 
fossile  Wirbel  von  Haien  und  Rochen  in  den  Sammlungen  lagen, 
aber  es  kostete  Mühe,  dieselben  in  genügender  Anzahl  zu  erlangen, 
weil  sie  eben  bislang  allzu  wenig  Beachtung  gefunden  hatten;  und 
es  gereichte  Hasse  zu  lebhafter  Befriedigung,  dass  ihm  auch  eine 
stattliche  Anzahl  von  fossilen  Wirbeln  aus  der  oberschwäbischen 
Molasse  zur  Verfügung  gestellt  werden  konnten.  Ebenso  hat  in 
neuester  Zeit,  angeregt  durch  die  Aufstellungen  der  Anatomen,  Herr 
Dr.  Jäckel  in  Berlin  sich  der  speciellen  Untersuchung  der  Plagiostomen 
zugewandt;  er  machte  zu  diesem  Zwecke  ausgedehnte  Reisen  in 
ganz  Deutschland,  nach  Belgien  und  in  die  Schweiz,  nach  Frankreich, 
Italien,  England  und  Nordamerika,  in  der  Absicht,  nicht  bloss  die 
lebenden  Plagiostomen  in  den  zoologischen  Sammlungen  kennen  zu 
lernen,  sondern  auch  die  fossilen  Reste  derselben  aus  allen  For- 
mationen zu  studieren.  Beide  Gelehrte  erwiesen  hierbei  auch  den 
fossilen  Wirbeln  und  Zähnen  die  Ehre  einer  mikroskopischen  Unter- 
suchung ganz  so,  wie  anatomische  Präparate  behandelt  zu  werden 
pflegen ;  sie  fertigten  Dünnschliffe  derselben  an,  um  dieselben  unter 
dem  Mikroskop  mit  aller  Genauigkeit  zu  untersuchen.  Die  Anwen- 
dung dieser  Methode,  die  bisher  in  der  Palaeontologie  doch  nur 
ausnahmsweise  stattfand,  beweist  deutlich  genug,  dass  diese  Ver- 
steinerungen, auch  aus  der  Meeresmolasse ,  an  Wertschätzung  von 
Seiten  der  Naturforscher  w^esentlich  gewonnen  haben. 

Ganz  ähnlich  erging  es  auch  bei  den  Resten  der  Cetaceen, 
d.  h.  der  delphinartigen  Tiere.  Die  Reste  dieser  Tiere  sind  in 
der  Meeresmolasse  überhaupt,  und  auch  in  der  oberschwäbischen, 
offenbar  recht  mannigfaltig,  aber  auch  sehr  zerstreut,  also  ähnlich 
vertreten  wie  die  Plagiostomen.  Die  Folge  davon  war  die  gleiche, 
dass  auch  diese  Reste  auf  die  Palaeontologen  zunächst  längere  Zeit 
hindurch  keine  rechte  Anziehungskraft  auszuüben  vermochten,  bis 
auch  hier  ein  kräftiger  Anstoss  von  der  vergleichenden  Anatomie 
ausging.  Die  Anatomen  gelangten  nämlich  bei  ihren  vergleichenden 
Untersuchungen  zu  dem  Resultate,  dass  hier  eine  merkwürdige 
rückläufige  Bewegung  sich  offenbare,  dass  die  Urahnen  der 
Cetaceen  ursprünglich  Landtiere  gewesen  sein  müssen,  die  aber 
das  feste  Land  wieder  verlassen  haben  müssen,  um  sich  dem  Element 
des  Wassers  anzubequemen,  aber  doch  nicht  so,  dass  nicht  in  ihrem 
Skelettbau  sich  noch  Merkmale   erhalten  hätten,  welche  offenbaren. 


—     373     — 

dass  sie  wirklich  von  Landtieren  abstammen.  Es  kann  auch  hier 
nicht  die  Rede  davon  sein,  diese  Resultate  zu  prüfen,  aber  es  war 
hiermit  die  Frage  gestellt:  Wie  verhält  sich  diesen  Aufstellungen 
gegenüber  die  Palaeontologie,  die  offenbar  berechtigt  und  verpflichtet 
ist,  solchen  Aufstellungen  gegenüber  ihrerseits  Stellung  zu  nehmen. 
Hiermit  gewann  auch  diese  Klasse  von  Versteinerungen  der  Meeres- 
molasse  an  Bedeutung  und  Wertschätzung.  Hier  waren  es  die 
Herren  v.  Beneden  in  Löwen  und  Gervais  in  Paris,  welche  in  einem 
umfassenden  Werke  das  recente  und  fossile  Material  eingehend  be- 
arbeiteten und  verglichen. 

Es  möge  gestattet  sein,  noch  auf  einen  weiteren  Gesichtspunkt 
hinzuweisen.  Die  palaeontologischen  Werke  der  neuesten  Zeit  geben 
einen  Überblick  darüber,  wie  die  verschiedenen  Landsäugetiere  in 
der  Reihenfolge  der  Formationen  nacheinander  aufgetreten  sind,  und 
Herr  Prof.  Dr.  v.  Zittel  in  München  konstatiert  insbesondere  in  seinem 
neuesten  Werk,  dass  zwischen  den  Landsäugetieren  der  unteren 
Süsswassermolasse  und  jenen  der  oberen  Süsswassermolasse  ein 
starker ,  nicht  erwarteter  Unterschied  sich  kund  gebe ;  dass  z.  B. 
die  grossen  Rüsselträger  (Mastodon)  in  der  unteren  Süsswassermolasse 
noch  ganz  fehlen,  während  sie  in  der  oberen  alsbald  in  allgemeiner 
Verbreitung  auftreten.  Ferner,  dass  die  Hirsche  der  unteren  Süss- 
wassermolasse keine  Spur  von  Geweihen  zeigen,  während  in  der 
oberen  dieselben  alsbald  und  zahlreich  gefunden  werden,  und  noch 
einige  andere  Unterschiede.  Herr  Prof.  v,  Zittel  weist  zur  Er- 
klärung dieses  unerwarteten  Unterschiedes  darauf  hin ,  dass  die 
Schichten  der  Meeres  molasse  sich  zwischen  die  untere  und  obere 
Süsswassermolasse  hineingelagert  haben,  während  welcher  Zeit  somit 
die  Änderung  allmählich  vor  sich  gegangen  sein  könne.  Es  könnte 
somit  im  günstigen  Falle  auch  durch  Erfunde  aus  der  Meeresmolasse 
die  nur  scheinbare  Kluft  zwischen  den  Landtieren  der  beiden  Süss- 
wassermolasse ausgefüllt  werden.  Das  trifft  nun  in  Wirklichkeit 
zu,  und  trifft  speciell  zu  bei  der  oberschwäbischen  Meeresmolasse. 
Diese  ist  nämlich  ganz  vorherrschend  eine  Uferbildung,  in  welcher 
sowohl  Reste  von  Meerestieren,  und  diese  in  weit  überwiegender 
Anzahl,  als  auch  Reste  von  Landtieren  begraben  wurden.  Im  gleichen 
Gesteinsbrocken  kann,  neben  einem  Haifischzahn,  auch  der  Zahn 
eines  Nagers  oder  Wiederkäuers  stecken.  Es  ist  nun  wirklich  ge- 
lungen, in  der  oberschwäbischen  Meeresmolasse,  wie  auch  anderwärts 
solche  Landtierreste,  wenn  auch  nur  selten,  zu  finden,  welche  ganz 
geeignet   sind ,    die  Kluft   zwischen    der   unteren   und   oberen   Süss- 


—     374     — 

wassermolasse  mehr  oder  weniger  zu  überbrücken.  Speciell  fanden 
sich  schon  in  der  Meeresmolasse ,  wenn  auch  selten,  Zähne  von 
Mastodonten ;  ein  Beleg  dafür,  dass  diese  Tiere  unzweifelhaft  während 
der  Zeit,  da  auf  einem  grossen  Teil  des  Gebietes  die  Schichten  der 
Meeresmolasse  sich  ablagerten,  in  diese  Gegenden  einwanderten, 
wenn  es  auch  noch  eine  offene  Frage  ist,  von  woher  dieselben  ein- 
gewandert sein  mögen.  Ferner  lieferte  die  oberschwäbische  Meeres- 
molasse auch  eine  (nach  der  Bestimmung  von  H.  v.  Meyer  und 
Rütimeyer)  ganz  zweifellose  Geweihgabel  eines  Hirsches;  dieselbe 
ist  nur  sehr  klein,  kaum  halbfingerlang,  von  ganz  primitivem  Aus- 
sehen, aber  gerade  dadurch  ein  genügender  Beleg  dafür,  dass  während 
der  Zeit,  da  auf  einem  Teil  des  Gebietes  die  Schichten  der  Meeres- 
molasse sich  niederschlugen,  die  Hirsche  auf  dem  benachbarten  Fest- 
land anfingen  aufzusetzen,   d.  h.  diese  Waffe   sich  zu  erwerben. 

Auch  solche  Erfunde  von  Versteinerungen  aus  der  Meeres- 
molasse tragen  offenbar  dazu  bei,  die  Wertschätzung  derselben  in 
den  Augen  der  Naturforscher  zu  steigern. 

Das  ist  aber  der  praktische  Zweck  der  bisherigen 
Erörterungen:  der  konkrete  Nachweis,  dass  die  Versteinerungen 
der  Meeresmolasse  auch  künftig  eine  fortgesetzte  Beachtung  und 
Aufsammlung  recht  wohl  verdienen. 

Vor  zwei  Jahrzehnten  noch  standen  eine  Anzahl  von  Stein- 
brüchen in  der  oberschwäbischen  Meeresmolasse  in  lebhaftem  Betrieb, 
welche  dem  Sammler  eine  ermutigende  sichere  Ausbeute  lieferten 
und  dadurch  den  Sammeleifer  nährten.  Diese  sämtlichen  Stein- 
brüche sind  aber  nunmehr  ausser  Betrieb,  und  es  ist  keine  Aussicht 
vorhanden,  dass  sie  je  wieder  eröffnet  werden;  sie  sind  durch  die 
übermässige  Konkurrenz  der  Cementfabrikation  lahmgelegt 
worden,  welche  wohl  kaum  schwächer,  eher  stärker  werden  wird. 
Das  Sammelfeld  ist  also  in  dieser  Gegend  wesentlich  eingeengt  und 
beschränkt  worden.  Damit  ist  aber  die  Gefahr  verbunden ,  dass 
auch  die  Sammielthätigkeit  erlahme  und  erlösche.  Das  wäre  aber 
im  Interesse  der  Wissenschaft,  wie  oben  ausgeführt  wurde,  lebhaft 
zu  bedauern.  Eine  unabwendbare  Folge  der  bestehenden  Zustände 
ist  es  noch  nicht;  denn  auch  jetzt  noch  bestehen  da  und  dort 
Sandgruben  und  Mergelgruben  und  wird  bei  Kellergrabungen  neues 
Material  zu  Tage  gefördert,  so  dass  auch  jetzt  noch,  Vv^enn  nur 
diesen  Lokalitäten  die  gebührende  Aufmerksamkeit  zugewandt  wird, 
die  Mühewaltung  der  Aufsammlung  der  Versteinerungen,  wenn  auch 
nicht  gerade   reichlich,   aber  doch  angemessen   sich  lohnen    dürfte. 


Beiträge  zur  Moosflora  des  mittleren  und  südliehen 
württembergisehen  Sehwarzwaldgebiets . 

Von  Lehrer  Walde  in  Röthenbach- Alpirsbach. 

Ein  sehr  engbegrenzter  Raum  unseres  Vereinsgebiets  ist  es, 
dessen  bryologische  Schätze  zu  heben  ich  mir  vor  einigen  Jahren 
zur  Aufgabe  machte.  Zwar  konnte  es  sich  bei  dieser  Arbeit  der 
Hauptsache  nach  nur  um  eine  Nachlese  handeln,  sofern  der  grösste 
Teil  dieses  Gebiets  von  sehr  namhaften  Bryologen  unseres  Landes, 
wie  von  Prof.  Dr.  Hegelmaier,  vor  Jahren  schon  so  gründlich  durch- 
forscht wurde,  dass  von  Anfang  an  wenig  Hoffnung  auf  Bereicherung 
unserer  einheimischen  Moosflora  vorhanden  sein  konnte.  Allein  auch 
eine  Nachlese  ist  immerhin  ein  ebenso  interessantes  wie  fruchtbares 
Beginnen;  denn  das  bryologische  Bild  aller  von  der  Kultur  be- 
einflussten  Örtlichkeiten  ist  bekanntermassen  stets  wiederkehrenden 
Änderungen  unterworfen.  Anderseits  leuchtet  auch  ein,  dass  selbst 
dem  geübten  Auge  des  Sammlers  sich  manche  Moosarten,  welche 
sogar  an  den  entsprechenden  Lokalitäten  mit  Recht  vermutet  werden, 
entziehen. 

Das  obenbezeichnete  Gebiet  ist  eingeschlossen  vom  oberen 
Neckar  (von  Oberndorf  bis  Sulz),  von  der  Glatt  und  dem  Heimbach, 
der  Kinzig  und  der  Schiltach.  Dazu  kommt  noch  das  Gebiet  des 
Kniebis  und  die  Hochfläche  von  Ruhestein  bis  zum  Katzenkopf  (1151  m). 
In  den  beiden  letztgenannten  Teilen  herrscht  der  Buntsandstein  vor, 
während  im  erstgenannten  Gebiet  auf  der  östlichen  Hälfte  der 
Muschelkalk  mit  dem  Lettenkohlensandstein,  auf  der  westlichen  aber 
das  Urgebirge  mit  dem  aufliegenden  Buntsandstein  auftritt.  Der 
letztere  tritt  auch  im  unterlaufe  des  Heimbachs  zu  Tage.  Rechnen 
wir  nun  die  Muschelkalklandschaft  nach  bisheriger  Übung  zum 
Hügelland  (1),  das  übrige  Gebiet  zum  Schwarzwald  (H)  und  ver- 
gleichen das  von  Prof.  Hegelmaier  in  Bd.  29  u.  40  unserer  Vereins- 


—     376     — 

Schrift  entworfene  bryologische  Bild  der  hier  in  Betracht  kommenden 
Landesteile  mit  dem  nachfolgenden,  so  springt  uns  bald  die  inter- 
essante Thatsache  in  die  Augen,  dass  eine  nicht  kleine  Anzahl 
der  dem  Hügellande  eigentümlichen  Moosbewohner  im  Schwarz- 
walde sich  angesiedelt  und  zum  Teil  sehr  verbreitet  hat,  während 
das  Umgekehrte  nicht  der  Fall  zu  sein  scheint.  Infolgedessen 
hat  sich  die  Zahl  der  den  Schwarzwald  bewohnenden  Arten 
wieder  um  einige  vermehrt.  Die  neu  hinzukommenden  Arten  sind 
folgende : 

Fegatella  conica,  Didymodon  rubellus, 

Aiuura  pinguis,  Bryum  roseum, 

Orthotrichum  diaphanum,  Biixbaumia  aphylla, 

„  Lyellii,  Thuidium  abietinum, 

Fissidens  taxifolius,  Anomodon  attenuatus, 

Camptothecium  nitens, 
Brachythecium  glareosum, 
JRhynchostegium  depressum, 
Hypnum  vernicosum, 
,,         rugosum, 
„         cordifoUum, 
Hylocomium  brevirostre  und 
Philonotis  ealcarea. 

Die  beiden  letztgenannten  Arten  finden  sich  jedoch  ausserhalb 
des  Vereinsgebiets  (bei  Schiltach) ;  doch  ist  kaum  zu  zweifeln,  dass 
sie  auch  innerhalb  desselben  vorkommen. 

Als  im  Vereinsgebiete  bisher  unbekannte  Arten  sind  zu  nennen: 

Jungermannia  cordifoUa, 
Dicranum  palustre, 
Dicranoweisia  cirrhata  und 
Racomitrium  fasciculare. 

Bezüglich  der  Auswahl  des  beigebrachten  Materials  hielt  ich 
mich  an  bekannte  Vorgänge.  Ich  stellte  alles  zurück,  was  ich  nicht 
selbst  gesammelt  und  was  mir  nicht  über  jeden  Zweifel  erhaben 
schien.  In  schwierigen  Fällen  hatte  Herr  C.  Warnstorf  in  Neu- 
Ruppin  die  Liebenswürdigkeit,  mir  bei  der  Bestimmung  behilflich 
zu  sein ;  es  sei  ihm  daher  auch  hier  der  wohlverdiente  Dank  aus- 
gesprochen. 

Wie  bereits  angedeutet,  machen  diese  Ausführungen  durchaus 
keinen  Anspruch  auf  Vollständigkeit,  sie  werden  vielmehr,  wenn 
möghch,  noch  Nachträge  zur  Folge  haben.  Unter  den  nachfolgenden 
Standortsangaben  befinden  sich  auch  bereits  bekannte.  Die  sogenannten 
„gemeinen"  Moose  blieben  unberücksichtigt. 


—     377     — 

Lebermoose    (Musci  hepatici). 

Anthoceros  laevis  L.  I.  Auf  einem  schattigen,  lehmigen  Wege  bei 
Marschalkenzimmern,  OA.  Sulz  a.  N.,  in  Gemeinschaft  mit  JRiccia 
glauca  L.,  Fossombronia  pusilla  N.  ab  E.  und  Blasia  pusilla  L. 

üiccia  ciliata  Hoffmann.    I.  Auf  Lehm  bei  Weiden,  OA.  Sulz. 

M.  glauca  L.  L  Auf  feuchtem  Lehmgrund  bei  Winzeln,  OA.  Obern- 
dorf, bei  Weiden  und  Marschalkenzimmern. 

Feyatella  conica  Corda.  L  Auf  feuchtem  Waldboden  im  Lauterbach 
bei  Oberndorf  a.  N.  IL  Bei  Alpirsbach,  Röthenbach  und  Schram- 
berg  (steril). 

Marchantia  polymorpha  L.  Mit  Fruchtträgern:  L  Bei  Oberndorf  a.  N., 
Aistaig  und  Weiden,  OA.  Sulz.  II.  Bei  Alpirsbach,  Röthenbach 
und  Schramberg. 

Metsgeria  puhescens  Raddi.  IL  Bei  Schramberg  am  Fusse  des 
Falkenstein. 

Aneura  pinguis  Bmi.  I.  Bei  Weiden.  IL  Bei  Alpirsbach  und  Röthenbach. 

A.  muUißda  Dum.     IL  Am  Glaswaldbach  bei  Alpirsbach. 

PelUa  epiphylla  N.  ab  E.  I.  Bei  Aistaig  am  Lauterbach  und  Surren- 
bach ,  bei  Weiden  auf  feuchten  Waldwegen.  IL  Bei  Alpirsbach 
und  Röthenbach;  im  Gebiete  der  Rotmurg  häufig. 

Blasia  pusilla  L.    I.  Bei  Marschalkenzimmern  (mit  Brutröhren). 

Fossombronia  pusilla  N.  ab  E.    I.  Bei  Marschalkenzimmern. 

Lejeunia  serpyUifolia  Lib.  L  Bei  Weiden  im  Spitzwald ;  bei  Hopfau, 
OA.  Sulz,  an  Fagus.  IL  Bei  Schramberg  an  feuchten  Forphyr- 
felsen. 

Ptilidiuni  ciliare  N.  ab  E.  IL  Bei  Schramberg  am  Falkenstein;  beim 
Wildsee,  Ruhestein  und  bei  Freudenstadt. 

Trichocolea  tomentella  N.  ab  E.  I.  Bei  Weiden  im  Spitzwald  ge- 
meinschaftlich mit  Aneura  pinguis  Dum.  und  Bryum  roseum  Sch.  ; 
bei  Hopfau  im  Dobelthal  mit  Bryum  roseum  Schr. 

Mastigobryum  trilohatum  N.  ab  E.  I.  Im  Waldteil  „Sumpf"  bei 
Marschalkenzimmern,  bei  Weiden.     In  IL  gemein. 

M.  defiexum  N.  ab  E.  IL  Beim  Dreifürstenstein  (Katzenkopf)  und 
über  dem  Wildsee  beim  Ruhestein,  am  Bettelmännle  bei 
Röthenbach. 

Lepidozia  reptans  N.  ab  E.  In  I.  verbreitet:  so  bei  Weiden,  Mar- 
schalkenzimmern u.  a.  Ort.    In  IL  gemein. 

Calypogeia  Trichomatiis  Corda.  I.  Bei  Marschalkenzimmern  an  einem 
Grabenrand.  IL  Im  Gebiet  der  oberen  Murg  und  Kinzig  sehr 
verbreitet. 


—     378     — 

ChiloscypJius  polyanthus  Cokda.  I.  Auf  feuchtem  Waldboden  im  Lauter- 
baeh  bei  Oberndorf  a.  N.,  hier  fruchtend;  bei  Hopfau. 

var.  rivularis  Syn.  Hep.     In  I.  bei  Aistaig.     In  IL  im  Glas- 
waldbach bei  Alpirsbach. 

Jungermannia  trlclioplujlla  L.  Fruchtbar  in  I.  bei  Weiden,  Mar- 
schalkenzimmern und  Hopfau  etc.  II.  Bei  Alpirsbach  und 
Röthenbach. 

J.  quinquedentata  N.  ab  E.     IL    Bei   Röthenbach   und   Schramberg. 

J.  tninuta  Crantz.  IL  Bei  Schramberg  verbreitet,  bei  Steriieck, 
OA.  Sulz. 

/.  incisa  Schrad.  IL  Am  Weg  zum  Wildsee,  auf  Kniebis,  im  Glas- 
wald bei  Alpirsbach  und  bei  Schramberg. 

J.  ventricosa  Dicks.  IL  Am  Weg  zum  Wildsee,  bei  Alpirsbach  und 
Röthenbach,  auf  nacktem  Boden  und  Gestein. 

J.  inßata  Huds.  IL  Über  den  Sandsteinblöcken  am  östlichen  Absturz 
des  Katzenkopfs. 

J.  tersa  N.  ab  E.  IL  Am  Reuthiner  Weg  bei  Alpirsbach,  an  feuchten 
Sandsteinfelsen  Massenvegetationen  bildend. 

J.   Taylori  Hook.    IL  Auf  der  Höhe  über  dem  Wildsee. 

J.  cordifolia  Hook.  IL  Im  Berneckthal  bei  Schramberg  (August 
1894). 

Scapania  nemorosa  N.  ab  E.  I.  Bei  Oberndorf  und  Weiden  (steril!). 
In  IL  verbreitet  und  auch  häufig  fruchtend. 

S.  undulata  N.  ab  E.  IL  Auf  überrieseltem  Buntsandstein  am  Wege 
zum  Katzenkopf  und  bei  Freudenstadt. 

Plagiochila  asplenioides  N.  et  M.    I.  Mit  Sporenkapseln  bei  Weiden. 

Sarcoscyphus  Ehrharti  Corda.  IL  Am  Katzenkopf,  bei  Alpirsbach, 
Röthenbach  und  Schramberg. 

Laubmoose   (Musci  frondosi). 

Sphagnum  acutiiolium  Ehrh.  I.  Im  Waldteil  „Sumpf"  bei  Marschalken- 
zimmern ,  mit  Sporenkapseln ;  bei  Weiden  an  einigen  Stellen 
steril.  IL  Verbreitet  und  öfters  auch  fruchtend,  z.  B.  auf  dem 
Kniebis,  am  Wildsee  etc. 

S.  cuspidatum  Lindb.  {S.  laxifolium  C.  M.).    In  IL  um  den  Wildsee. 

S.  Girgensohni  Russow.  An  feuchten  Stellen  in  IL ;  in  der  Rotmurg, 
bei  Freudenstadt,  bei  Alpirsbach  und  Röthenbach. 

S.  squarrosimi  Pers.  In  IL  an  quelligen  Stellen  in  der  Rotmurg, 
am  Sankenbach ,  am  Elbachsee ;  im  Glaswald  bei  Alpirsbach 
und  bei  Röthenbach. 


—     379     — 

Sphagnum  cymhifolium  Ehrh.  I.  Bei  Marschalkenzimmern  (im  Sumpf) ; 
im  Fluorner  Wald  bei  Fluorn,  mit  Kapseln.  In  IL  auf  allen 
Sümpfen  und  meist  reichlich  fruchtend. 

S.  rufescens  (Bryolog.  germ.)  Warnst.  In  II.  am  Elbachsee  und  bei 
Reinerzau. 

Pleuridmm  subulatum  B.  Sch.  I.  Bei  Weiden  an  mehreren  Orten. 
IL  Bei  Röthenbach. 

Weisia  viridula  Brid.  I.  Bei  Oberndorf,  Aistaig,  Römlinsdorf, 
OA.  Oberndorf.    IL  Bei  Röthenbach. 

Dicranoweisia  cirrhata  Lindbg.  IL  Auf  dem  Dach  einer  Bretter- 
hütte bei  Alpirsbach  (Juli  1893). 

D.  Bruntoni  Sm.     IL  Bei  Röthenbach  und  Schramberg. 

Cynodontium  polycürpum  Schp.  IL  Im  Lauterbachthal  bei  Schram- 
berg. 

Dichodontium  pellucidum  Schp.  I.  An  Kalkgestein  im  Lauterbach 
bei  Oberndorf  c.  fr.,  bei  Weiden  u.  a.  Ort.  IL  Verbreitet  und 
fruchtend  u.  a.  bei  Alpirsbach,  Röthenbach  und  Schramberg. 

Dicranella  Schreheri  Schp.  I.  Auf  einem  Wege  im  hinteren  Lauter- 
bach bei  Oberndorf  a.  N. 

D.  squarrosa  Schp.  IL  An  der  alten  Strasse  von  Oberthal  nach 
Ruhestein ,  am  Sankenbachfall  bei  Baiersbronn ,  im  Glaswald 
bei  Alpirsbach  und  am  Bettelmännle  bei  Röthenbach. 

D.  varia  Schp.     I.  Im  Lauterbach-  und  Surrenbachthal  bei  Aistaig. 

D.  rufescens  Schp.    IL  Am  Glaswaldwege  bei  Alpirsbach. 

D.  heteromalla  Schp.  In  I.  und  IL  verbreitet; 
var.  sericea  Schr.    IL  Bei  Röthenbach. 

Dicranum  Jongif oliimi  Hedw.  IL  Bei  Hinterlangenbach ,  Wildsee, 
Röthenbach  und  Schramberg. 

D.  palustre  B.  Sch.  IL  Auf  nassen  Wiesen  bei  Röthenberg  (Kessler- 
Moos),  Alpirsbach  im  Glaswald,  Röthenbach  und  bei  Reinerzau. 

Dicranodontium  longirostre  B.  Sch.  In  IL  fruchtend  am  Elbachsee, 
im  Glaswald  bei  Alpirsbach  und  bei  Röthenbach. 

Campylopus  flextioms  B.  Sch.  IL  Bei  Kniebis,  Röthenbach  c.  fr. 
und  bei  Schramberg. 

Leucobryum  glaucum  Hampe.  L  Bei  Marschalkenzimmern.  IL  Im 
Glaswald  bei  Alpirsbach  prächtige  Rasen. 

Fissidens  hryoides  Hedw.  I.  Bei  Oberndorf,  Aistaig,  Weiden,  Mar- 
schalkenzimmern, Hopfau  u.  a.  Ort.    [Scheint  in  IL  zu  fehlen.] 

J*".  exilis  Hedw.  {Bloxami  Wils.)  I.  Im  Almandwald  und  im  Sumpf 
bei  Weiden. 


—     380     - 

Fissidens  pusiUus  Wils.  I.  An  Kalkgestein  im  hinteren  Lauterbach 
bei  Oberndorf,  bei  Weiden  im  Dobelthal. 

F.  taxifolius  Hedw.  I.  Bei  Weiden  und  Hopfau  c.  fr.  IL  Bei 
Röthenbach. 

F.  adiantoides  Hedw.  L  Bei  Winzeln  auf  den  Eschachwiesen,  bei 
Reuthin,  OA.  Oberndorf,  und  bei  Weiden.  IL  Bei  Röthenberg 
auf  dem  Kessler -Moos,  auf  den  Glaswaldwiesen  bei  Alpirsbach 
und  schön  fruchtend  bei  Röthenbach. 

Seligeria  recurvata  B.  Sch.  Auf  Kalkgestein  im  Lauterbach  bei 
Oberndorf  und  im  Dobelthal  bei  Hopfau. 

Phascum  cuspidatum  Schreb.  I.  Bei  Oberndorf,  Aistaig  und  Weiden. 
IL  Bei  Schramberg. 

Ph.  curvicollum  Hedw.     I.    Bei  Weiden,    an    der  Strasse  nach  Sulz. 

Pottia  cavifolia  Ehrh.    I.  Bei  Oberndorf  (Lauterbach). 

P.  lanceolata  C.  Müll.  I.  Bei  Oberndorf  und  Weiden.  IL  Bei 
Röthenbach. 

Didymodon  ruhellus  B.  Sch.  I.  Bei  Oberndorf  und  Aistaig.  IL  Bei 
Röthenbach  und  Schramberg  c.  fr. 

Barbula  rigida  Schultz.  I.  Bei  Aistaig,  an  der  Strasse  zum  Herren- 
waldhof. 

£.  convoluta  Hedw.    I.  Bei  Oberndorf,  im  hinteren  Lauterbach. 

B.  tortuosa  W.  et  M.  I.  Bei  Oberndorf  c.  fr.,  Weiden.  IL  Bei 
Röthenbach  und  Schramberg. 

LeptotricJmm  Jiomomallum  Schp.  IL  Bei  Kniebis,  Alpirsbach  und 
Röthenbach,  reichlich  fruchtend. 

L.  flexiccmle  Hampe.  I.  Bei  Weiden,  Reuthin,  OA.  Oberndorf,  aber 
nur  steril. 

Grimmia  ovata  W.  et  M.  IL  Bei  Alpirsbach  im  Glaswald,  Röthen- 
bach am  Schnabelstein. 

Pacomitrium  patens  Schp.  IL  An  Sandsteinfelsen  beim  Wildsee  und 
Ruhestein. 

P.  aciculare  Brid.  IL  Im  oberen  Murg-  und  Kinzigthal,  auch  nicht 
selten  fruchtend. 

P.  protensum  A.  Br.    IL  Bei  Alpirsbach  auf  Granit. 

jR.  heterostichum  Brid.  IL  Im  Kinzigthal  und  bei  Schramberg  ver- 
breitet.   Auch  auf  dem  Katzenkopf. 

P.  microcarpum  Brid.    IL  Auf  dem  Katzenkopf. 

P.  lanuginosum  Brid.  IL  Auf  dem  Gaiskopf  beim  Steinmäuerle 
(1056  m),  beim  Ruhestein,  im  Berneckthal  bei  Schramberg. 

P.  fasciculare  Brid.     IL    An    Buntsandstein  auf  dem  Katzenkopf. 


—     381     - 

Hedmgia  ciliata  Hedw.    II.  Im  Kinzigthal  und  bei  Schramberg  nicht 

selten,  auch  c,  fr. 

var.  viridis  Sch.  Syn.    II.  Bei  Schramberg. 
Ftychomitrium  polyphyllum  Fürnr.    II.  Im  Berneckthal  bei  Schram- 
berg.    (Ausserhalb  des  Vereinsgebietes  bei  Schiltach  an  Granit.) 
Amphoridiuni  MougeotU  Sch.    IL  Bei  Röthenbach  und  Schramberg. 

An  Granit  im  Reinerzauer  Unterthal. 
Uhta  Ludivigii  Brid.    IL  An  Sorhiis  beim  Ruhestein. 
U.  Bruchii  Brid.    IL  An  der  Strasse  von  Oberthal  nach  Ruhestein. 
U.  crispa  Brid.    I.  Bei  Weiden  und  Hopfau. 
U.  crispula  Br.    I.  Bei  Weiden. 

Orthotrichum  diaphanum  Schrad.    IL  Bei  Schramberg. 
0.  Lyellii   Hook,  et  Tayl.     I.   Bei  Hochmössingen ,    OA.  Oberndorf, 

hier  c.  fr.,  bei  Weiden,  Sulz  u.  a.  0.    IL  Bei  Röthenbach. 
Encalypta  vulgaris  Hedw.    I.  Im  OA.  Sulz  an  der  Holzhauser  Steige 

und  bei  Hopfau  c.  fr.,  bei  Weiden  und  Marschalkenzimmern. 
E.  ciliata  Hedw.    IL  Bei  Schramberg. 
E.  streptocarpa  Hedw.   L  In  den  OA.  Oberndorf  und  Sulz  sehr  verbreitet. 

IL  A.  d.  Kniebis  c.  fr.,  beiAlpirsbach,  Röthenbach  und  Schramberg. 
Physcomitrium  pyriforme  Brid.     I.  Bei  Oberndorf  a.  N.,  Weiden  an 

Gräben. 
Leptohryum  pyriforme  Sch.     I.  Am  Gemäuer   der  Ruine  Albeck  bei 

Sulz  a.  N. 
Webera   carnea   Sch.     I.    Auf   einem    Waldweg    im    Lauterbach    bei 

Oberndorf  c.  fr.  (Mai  1892),  bei  Aistaig  im  Tuffsteinbruch  c.  fr. 
Bryum  pseudotriquetrum  Hedw.    IL  Bei  Alpirsbach  im  Glaswald,  im 

Reinerzauer  Unterthal  in  c?  und  $  Rasen. 
B.  alpinum   L.     IL  Bei   Alpirsbach,   Röthenbach,   Schramberg  und 

Reinerzau,  stets  steril. 
B.  roseum  Sch.     I.    Ziemlich   verbreitet;    bei   Hopfau   im   Dobelthal 

mit  Kapseln.    IL  Bei  Alpirsbach,  Röthenbach  und  Schramberg, 

aber  steril. 
Mnium  undulatum  Hedw.     I.    Mit  Früchten  bei  Oberndorf,    Weiden 

und  Hopfau.    IL  Ebenso  im  Glaswald  bei  Alpirsbach. 
M.  rostratimi  Schwgr.    I.  Bei  Oberndorf,  Aistaig  und  Weiden  c.  fr. 

IL  Bei  Alpirsbach  und  Schramberg. 
M.  hornum  L.    I.  Bei  Oberndorf  im  Lauterbach.    IL  Bei  Alpirsbach, 

Röthenbach  und  Schramberg;   hier  c.  fr. 
M.  stellare  Hedw.     I.   Auf   Muschelkalk   im    Lauterbach   bei  Obern- 
dorf a.  N.,  c.  fr. 


—     382     — 

Mnium  punctatum  Hedw.  I.  Bei  Oberndorf  a.  N.,  Aistaig,  Weiden 
u.  a.  Ort.  c.  fr.    II.  Überall  verbreitet  und  meist  auch  fruchtend. 

Aulacomnium  androgynum  Schwgr.  II.  Auf  Sandstein  bei  Röthen- 
bach  und  bei  Schramberg  auf  Porphyr. 

A.  palustre  Schwgr.    I.  Bei  Winzeln,  OA.  Oberndorf,  auf  den  Eschach- 

wiesen; bei  Oberndorf  im  Lauterbach,  Weiden  auf  der  hinteren 

Wiese.    II.  Bei  Alpirsbach  auf  den  Glaswaldwiesen,  Röthenbach 

c.  fr.,  auch  bei  Oberthal. 
Bartramia  ithyphylla  Brid.    I.  Bei  Weiden,    allerdings  in  spärlichen 

Raschen. 
JB.  pomiformis  Hedw,   II.  Im  Kinzigthal  und  bei  Schramberg  verbreitet. 

B.  Oderi  Sw.    II.  Bei  Schramberg  am  Falkenstein. 

Philonotis  fontana  Brid.  I.  Bei  Winzeln  (steril!).  In  II.  häufig  und 
mit  Kapseln. 

JPh.  calcarea  Schp.  Dürfte  noch  im  Kinzigthal  diesseits  des  Vereins- 
gebietes oder  bei  Schramberg  zu  finden  sein. 

Pogonatum  nanum  P.  Beauv.    I.  Auf  Waldboden  bei  Weiden. 

P.  dloides  P.  Beauv.    I.  Bei  Marschalkenzimmern.    In  II.  verbreitet. 

P.  urnigerum  Sch.    I.  Bei  Marschalkenzimmern.    In  II.  gemein. 

Polytrichum  püiferum  Schrb.  I.  Auf  dürrem  Waldboden  bei  Weiden. 
II.  Verbreitet. 

P.  juniperinum  Hedw.    I.  Bei  Marschalkenzimmern.    II.  Häufig. 

Buxhaumia  aphylla  Hall.  II.  Zufällig  in  einem  Polytrichum-Rasen 
aus  Schramberg  entdeckt. 

Neckera  pennata  Hedw.  I.  Bei  Oberndorf  (Lauterbach),  an  der  Langen- 
steige nach  Sulz,  mit  Früchten.    II.  In  der  Rotmurg  bei  Oberthal. 

N.  puinila  Hedw.  I.  Bei  Weiden  häufig  an  Waldbäumen.  II.  Bei 
Röthenbach. 

N.  crispa  Hedw.  I.  Bei  Weiden  im  Almandwald,  an  der  Langen- 
steige nach  Sulz  mit  Früchten.  II.  An  der  Ruine  Falkenstein 
bei  Schramberg  c.  fr. 

N.  complanata  B.  Sch.  In  I.  und  II.  verbreitet.  In  I.  bei  Weiden 
mit  Früchten. 

Antitrichia  curtipendula  Brid.  In  I.  und  11.  verbreitet.  I.  Mit 
Früchten  bei  Fluorn,  Marschalkenzimmern,  Weiden,  Sulz  a.  N. 
In  II.  bei  Alpirsbach  c.  fr. 

Pterygophyllum  lucens  Brid.  II.  An  der  alten  Ruhesteinstrasse  unter- 
halb Ruhestein  c.  fr.,  am  Sankenbach,  an  mehreren  Stellen  im 
Glaswald  bei  Alpirsbach  in  schönfruchtenden  Rasen.  (Hier 
schon  1825  von  Köstlin  und  später  von  Hegelmaier  gefunden.) 


—     383     — 

Anomodon  longifolius  Hrtm.    II.  Bei  Schramberg. 

A.  attenuatus  Hrtm.     I.    Bei    Oberndorf,    Aistaig,  Weiden,    Hopfau, 

Sulz  u.  a.  Ort.    IL  An  Granit  bei  Röthenbach. 
Heierocladium  heteropteruni  B.  Sch.    II.  Auf  Porphyr  bei  Schramberg 

am  Lauterbach. 
Thuidium  tamariscinum  B.  Sch.     I.    Mit   Früchten    bei    Weiden    an 

mehreren  Stellen.     IL    Im  Kinzigthal   und   bei   Schramberg   an 

vielen  Stellen. 
Th.  abietinum  B.  Sch.    IL  Bei  Alpirsbach  und  Röthenbach,  auch  bei 

Schramberg. 
Fteriyynandrum  filiforme   Hedw.     I.  Bei  Weiden  an  Pynis.     IL  In 

den  Wäldern  bei  Ruhestein. 
Ci/lindrothecium  concinnum  Sch.    I.  Bei  Oberndorf,  Aistaig,  Weiden, 

Busenweiler,  OA.  Sulz,  und  an  der  Langensteige  bei  Sulz  a.  N. 
Climacium  dendroides  W.  et  M.    Verbreitet  in  I.  und  IL    In  IL  bei 

Röthenbach  c.  fr. 
Isothecium  myuriim  var.  robustum  Sch.    IL  Im  Glaswald  bei  Alpirsbach. 
Camptotliecium  nitens  Sch.    I.  Bei  Bochingen,  OA.  Oberndorf.    IL  Im 

Kinzigthal  auf  Sumpfwiesen ;  bei  Röthenbach  in  grossen,  reinen 

Rasen  mit  Früchten. 
Brachytliecium  glareosum  B.  Sch.    I.  Bei  Aistaig  und  Weiden.    IL  Bei 

Röthenbach.     Stets  steril! 

B.  albicans  B.  Sch.    IL  Bei  Alpirsbach  und  Röthenbach. 
JB.  popideum  B.  Sch.    L  Bei  Weiden. 

Eurhynchiimi   myosuroides   Sch.      IL    Auf   Granit   im    Glaswald   bei 

Alpirsbach  und  bei  Röthenbach. 
Bhynchostegium  depressum  B.  Sch.  IL  Auf  überrieseltem  Sandstein  bei 

Freudenstadt. 
B.  rusciforme  B.  Sch.     Mit  Früchten   in  I.  bei  Aistaig.     In  IL  bei 

Alpirsbach  im  Glaswaldbach. 
Thamnium   alopecurum   Sch.     I.    Bei   Oberndorf  und   Aistaig   c.  fr, 

IL  Im  Kinzigthal  und  bei  Schramberg  nicht  selten,    aber  stets 

steril. 
Blagiothecium  denticulatum  Sch.    I.  Bei  Oberndorf  und  Weiden  mit 

Früchten.    IL  Im  Kinzigthal  verbreitet. 
P.  silvaticum  Sch.    IL  Bei  Kniebis,  Sankenbach,  Freudenstadt,  Alpirs- 
bach am  Reuthinberg,  Röthenbach  und  Schramberg. 
P.  undiüatuni  Sch.    IL  Im  Gebiet  der  oberen  Murg  und  Kinzig;  mit 

Früchten  beim  Wildsee,    bei  Freudenstadt,    bei  Alpirsbach   am 

Reuthinberg  und  bei  Röthenbach. 


—     384     — 

Ämhlystegium  irrigiium   Sch.     II.   Im   Glaswaldbach   bei  Alpirsbach 

und  im  Köthenbächle  bei  Röthenbach  c.  fr. 
A.  riparium  B,  Sch.     L    Bei  Oberndorf  in  Brunnentrögen.     IL    Bei 

Röthenbach. 
Hypnum  chrysophyllum  Brid.    I.  Bei  Oberndorf  und  Weiden. 
H.  stellatum  Schreb.    I.  Bei  Oberndorf  c.  fr.,  Weiden  u.  a.  Ort. 
H.  vernicosum  Lindb.    II.  Auf  einer  sumpfigen  Stelle  bei  Röthenbach 

in  Gemeinschaft  mit  H.  gigmiteum,   H.  Sendtneri  var.  Wilsoni^ 

Camptothecium  nitens  und  Äulacomnium  palustre,  beide  letztere 

c.  fr. ,    umrahmt  von   zahlreichen ,    prächtigen    Exemplaren   der 

Pinguicula  vulgaris  L. 
H.  Sendtneri  Sch.    I.  Auf  nassem  Lehmboden  bei  Winzeln,  Röthen- 

berg    (in    Gemeinschaft    mit   Pinguicula   vulgaris   L.)    und    bei 

Reuthin,  sämtliche  im  OA.  Oberndorf. 
H.  Sendtneri  var.    Wilsoni   Sch.     L    Auf   sumpfiger   lehmiger  Stelle 

bei  Sulzen,  OA.  Oberndorf.    IL  Bei  Röthenbach. 
H.  exannulatum  Gümb.    IL  In  einem  Torfgraben  bei  Röthenbach. 
H.  fluitans  Dill.    IL  In  Sümpfen  auf  dem  Kniebis. 
H.  uncinatum  Hedw.     IL    Sehr    verbreitet   und    im  Kinzigthal   auch 

reichlich  fruchtend. 
H.  commutatum  Hedw.    I.  Bei  Oberndorf,  im  Lauterbach ;  bei  Hopfau 

im  Dobelthal  an  kalkigen  Quellen. 
H.  ßlicinum  L.    I.  An  feuchten  Stellen  häufig.    IL  Im  Kinzigthal  c.  fr. 
H.  fallax  Brid.    I.  Bei  Oberndorf  und  Aistaig  im  Neckar  und  Lauter- 
bach, im  Surrenbach  und  in  dem  Dobelbach  bei  Hopfau. 
H.  rugosum  Ehrh.     I.   Sehr  verbreitet;  in  besonders  schönen  Rasen 

im   hinteren   Lauterbach    bei   Oberndorf.     Auch   in   IL ;    so    im 

Kinzigthal  bei  Alpirsbach  und  Röthenbach    und  massenhaft  am 

Falkenstein  bei  Schramberg. 
H.  incurvatum  Schrad.    I.  Bei  Weiden  und  Aistaig. 
H.  arcuatum  Linde.    I.  Eschachwiesen  bei  Winzeln. 
H.  crista  castrensis  L.     I.    Bei   Oberndorf  (im   hinteren  Lauterbach 

c.  fr.),  im  Fluorner  Wald  bei  Fluorn,  im  Dobelthal  bei  Weiden 

und  an  der  Langensteige  nach  Sulz. 
H.  ochraceum  Turn.     IL    Am   Rotwasser   an   der  Kniebisstrasse,    in 

der  Rotmurg  bei  Oberthal. 
H.  cordifolium   Hedw.      I.    In   Waldgraben    bei  Weiden.      IL    Beim 

„Schänzle"   bei  Röthenberg. 
H.  giganteum  Sch.     IL    Ist   auf   dem  Kessler -Moos  bei  Röthenberg 

mit  H.  scorpioides  und  anderen  bryologischen  Schätzen  infolge 


—     385     — 

Drainierung  des  Moors  verschwunden.     Dagegen   findet  es  sich 

an  einer  sumpfigen  Stelle  bei  Röthenbach. 
Hypnum    strammeum   Dicks.      II.    In    Sümpfen    auf    dem    Kniebis 

zwischen  Lamm  und  Alexanderschanze. 
Hi/hcommm  brevirostre  Sch.     Dürfte   noch    im   Kinzigthal   oder   bei 

Schramberg  gefunden  werden. 
H.  squarrosum  Sch.    Mit  Früchten  in  I.  im  Fluorner  Wald. 
U.  loreum  Sch.     I.  Mit  Früchten  bei  Weiden.     In  II.  gemein. 


Jahreahefte  d.  Vereins  f.  vaterl.   Naturkunde  in  Württ.  1895.  25 


Erdbeben-Kommission. 


Jahresbericht    für    die  Zeit   vom  1.  März  1894   bis 

1.  März  1895. 

Von  Prof.  Dr.  A.  Schmidt  in  Stuttgart. 

1)  12.  Juli  1894.  Die  Schwäbische  Chronik,  13.  Juli,  Mittags- 
blatt berichtet: 

Onstmettingen,  12.  Juli.  In  der  vergangenen  Nacht,  in 
welcher  noch  der  Westwind  sauste ,  wurde  hier  18  Minuten  nach 
2  Uhr  eine  Erderschütterung  wahrgenommen.  Zwei  ziemlich  starke 
Stösse  folgten  schnell  nacheinander,  dröhnend  wie  ferner  Kanonen- 
donner, worauf  die  Fenster  klirrten,  Ofenthürchen  zuklappten  und 
viele  Häuser  so  erschüttert  wurden ,  dass  die  Schlafenden  plötzlich 
aufwachten  und  die  Familienväter  das  Haus  durchsuchten,  in  der 
Meinung,  es  sei  irgend  etwas  zusammengebrochen  oder  eingestürzt. 
Nach  meinem  Dafürhalten  kamen  die  Stösse  und  dumpfen  Töne  von 
Westen  her,  einige  meinen  sie  seien  von  Norden  gekommen.  Um 
2  Uhr  soll  es  auch  gedonnert  haben.  Auf  der  Bühne  eines  Hauses 
lagen  einige  Kalkstücke,  die  sich  infolge  der  Erderschütterung  von 
der  Wand  losgelöst  hatten. 

Dieselbe  Zeitungsnummer  brachte  einen  Bericht  aus 

Hechingen,  12.  Juli.  Stürmische  Witterung ,  starker  Erd- 
stoss  verbunden  mit  dumpfem  Geräusch,  Zeit  aber  (abweichend  von 
oben)  V22  Uhr. 

Das  Abendblatt  vom  16.  Juli  berichtete  aus 

Bodelshausen,  14.  Juli.  Die  von  Onstmettingen  und 
Hechingen  berichtete  Erderschütterung  ist  auch  hier  um  dieselbe 
Zeit,  wie  in  Onstmettingen,  nachts  zwischen  74  und  ^l.ß  Uhr  (nicht 
^1^2  Uhr,  wie  nach  Bericht  von  Hechingen)  verspürt  worden  (im  Pfarr- 
haus, Schulhaus  und  in  anderen  Gebäuden),  auch  unter  ganz  ähn- 
lichen Erscheinungen  wie  dort:  2  schnell  einander  sich  folgende 
Stösse ,  Dröhnen ,   wie  vom  Abstürzen  der  Decke  im  unteren  Raum 


—     387     - 

des  Hauses,  Wanken  von  Hausgeräten,  Klirren  des  Ofenrohrs  und 
Geschirrs.  Die  Richtung  der  Stösse  schien  nicht  bloss  nach  den 
Wahrnehmungen  der  aus  dem  Schlaf  geweckten  Hausbewohner,  son- 
dern auch  nach  Aussagen  eines  beim  Eintritt  der  Erschütterung  noch 
wachenden  Bewohners  von  Westen  nach  Osten  zu  gehen.  Die  be- 
zeichneten Gebäude,  in  denen  die  Erschütterung  verspürt  wurde, 
liegen  teils  auf  der  Höhe,  teils  in  der  Thalsohle. 

Auf  Erkundigung  berichtete  Herr  Pfarrer  Merckle  aus  Onst- 
mettingen  der  Erdbebenkommission  :  Zeit  2^  18 — 20' nach  Telegraphen- 
uhr, Beobachtung  im  ganzen  langgestreckten,  auf  Jura  liegendem 
Ort  gemacht ,  2  Stösse ,  einzelne  sagen  3 ,  im  Zwischenraum  von 
1,  2  höchstens  3  Sekunden,  Richtung  West  nach  Ost,  den  Stössen 
nachfolgendes  Donnerrollen,  wie  bei  nahendem  Gewitter,  nur  wenige 
Sekunden  während.  Herr  Pfarrer  Faber  aus  Bodelshausen  teilt  mit,  dass 
auch  inDusslingen  und  Mössingen  der  Erdstoss  verspürt  wurde. 

2)  17.  Juh.  Die  Schwab.  Chronik  vom  19.  Juli,  Mittagsblatt, 
berichtet: 

Hechingen,  18.  Juli.  Gestern  abend  V4I2  Uhr  wurde  hier 
wieder  ein  Erdbeben  verspürt.  Die  Erschütterung  war  nicht  so 
stark,  wie  in  der  Nacht  vom  11.  auf  den  12.  d.  M.  Die  Bewegung 
ging  in  der  Richtung  von  Osten  nach  Westen. 

Nach  Bericht  von  Herrn  Pfarrer  Faber  an  die  Erdbebenkommission 
wurde  auch  dieser  Erdstoss  im  Pfarrhaus  von  Bodelshausen  wahr- 
genommen. 

3)  9.  Dezember.  Die  Schwab.  Chronik  vom  10.  Dezember, 
Mittagsblatt,  berichtet : 

Hechingen,  9.  Dezember.  Heute  früh  ^j^o  Uhr  ist  hier  ein 
ziemlich  starkes  Erdbeben,  von  Südwesten"  nach  Nordosten  gehend 
und  von  starkem  Getöse  begleitet,  verspürt  worden. 

4)  13.  Januar  1895.  Der  Schwarzwälder  Bote  vom  17.  Januar 
berichtet  von  einem  Erdbeben,  das  am  13.  Januar  5^  20'  nachmittags 
den  ganzen  südlichen  Schwarzwald ,  besonders  stark  die  Umgegend 
von  Todtnau  erschütterte.  In  Württemberg  scheint  nur  Schräm - 
berg  die  Erschütterung  verspürt  zu  haben.  Der  Schwarzwälder 
Bote  vom  21.  Januar  berichtet  nach  Sehr.  A. :  Auch  hier  wurde  die  Er- 
schütterung um  5^  30'  (nach  der  Kirchenuhr)  bemerkt  und  zwar  in  der 
Dauer  von  etwa  4  Sekunden  in  der  ungefähren  Richtung  SO. — NO. 

5)  26.  Januar  1895.  Die  Schwab.  Chronik,  Mittagsblatt,  berichtet : 
Aus  dem  Oberamt  Balingen.    In  der  Nacht  vom  Samstag 

auf  Sonntag,  etwa  20  Minuten  nach  11  Uhr,  wurde  in  der  Richtung 


—     388     — 

vom  Hohenzollern  her  ein  nicht  unbedeutender  Erdstoss  verspürt. 
In  den  Häusern  hatte  man  das  Gefühl,  als  ob  auf  der  Bühne  eine 
schwere  Last  zu  Boden  gefallen  wäre,  die  das  ganze  Haus  erzittern 
und  die  beweglichen  Gegenstände  wanken  machte. 

Auch  aus  Hechingen  und  Wankheim,  letzterer  Bericht 
nach  der  Tübinger  Chronik,  brachte  die  Schwab.  Chronik  vom 
29.  und  27.  Januar,  je  Mittagsblatt,  Berichte.  Die  nähere  Erkundi- 
gung der  Erdbebenkommission  bei  der  Tübinger  Chronik  blieb  ohne 
Erfolg,  dagegen  erhielt  die  Erdbebenkommission  bestätigende  Berichte 
aus  Hechingen  von  Herrn  Egler,  Redakteur  der  Hohenzollern'- 
schen  Blätter,  und  aus  Engstlatt  von  Herrn  Pfarrer  Gmelin.  Diese 
geben  als  Zeit  26.  Januar  abends  ^/^12  Uhr  der  erstere,  11^  18'  der 
letztere,  Uhren  je  nach  der  Bahnuhr  gehend.  An  beiden  Orten  je 
ein  Stoss.  Eine  Frau  in  Engstlatt,  die  mit  Spinnen  beschäftigt  war, 
wurde  vom  Kanapee  aus  in  die  Höhe  geworfen  und  flüchtete  sich 
vor  Angst  in  die  Schlafkammer.  Die  Richtung  in  Engstlatt  schien 
dem  Berichterstatter  die  von  Norden  her  zu  sein,  einer  Nachbarin 
die  von  SW. — NO.  Geräusch,  wie  wenn  im  oberen  Stock  ein  Kasten 
umgestürzt  wäre  oder,  wie  die  Ortsbewohner  sagten,  als  liesse  man 
auf  der  Bühne  schwere  Säcke  niederfallen. 

6)  28.  Januar.  Das  Stuttgarter  Neue  Tagbl.  v.  30.  Jan.  berichtet : 
Tübingen,  29.  Januar.    Vergangene  Nacht  74^  Uhr  vernahm 

man  zwei  rasch  aufeinanderfolgende  und  mit  ziemlich  starkem  Ge- 
räusch verbundene  Erdstösse.  Die  Kälte  betrug  diesen  Morgen  23°  R. 
Nähere  Erkundigung  durch  die  Erdbebenkommission  blieb  ohne 
Erfolg,  das  Seismometer  des  Tübinger  mineralogischen  Instituts  zeigte 
keine  Störung. 

7)  4.  Februar.  Die  Schwab.  Chronik  vom  5.  Februar,  Mittags- 
blatt, schreibt: 

Hechingen,  4.  Februar.  Heute  früh  4*^20' wurden  hier  zwei  starke 
Erschütterungen  mit  donnerähnlichem  Getöse  wahrgenommen.  Die  letzte 
Bewegung  ging  von  0.  nach  W.  mit  einem  gewaltigen  Stoss  nach  oben. 

Herr  Redakteur  Egler  berichtet  auf  Anfrage :  Zeit :  4.  Februar 
4^  40'.  Die  Erschütterung  wurde  in  Hechingen  in  allen  Stadtteilen 
beobachtet,  auch  von  Haigerloch  wurde  das  Beben  gemeldet. 
Entgegen  dem  Merkurberichte  nur  1  Stoss,  dem  kurz  vor  12  Uhr 
nachts  ein  Donner  vorausging,  Stoss  von  unten  mit  ostwestlicher 
Richtung  mit  gleichzeitigem  Getöse. 

8)  5.  Februar.  Die  Schwab.  Chronik  vom  7.  Februar,  Mittags- 
blatt, berichtet: 


—     389     — 

Hechingen,  6.  Februar.  Gestern  nachmittag  12^45'  wurde 
hier  schon  wieder  ein  ziemlich  starkes  Erdbeben  mit  Getöse  ver- 
spürt.    Die  Bewegung  ging  von  0.  nach  W. 

Herr  Redakteur  Egler  berichtet  an  die  Erdbebenkommission 
übereinstimmend  die  Zeit  12^45'  mittags,  1.  Stoss,  Richtung  wie  am 
26.  Januar  und  4.  Februar  0. — W. ,  gleichfalls  von  gleichzeitigem 
rasselndem  Getöse  begleitet. 

Von  Seismometerbeobachtungen  sind  als  bemerkenswert,  weil 
von  mehreren  Apparaten  angezeigt,  zu  berichten : 

1)  26.  Mai  1894.  Störungen  mit  Uhrauslösung  in  Hohenheim, 
8^  53'  8''  (a.  m.  oder  p.  m.  unbestimmt) ,  Plieningen ,  Seismometer 
nach  Lasaulx,  4^  4'  p.  m.  und  Stuttgart  Realgymnasium  5^  24'  54"' 
p.  m.  mit  stärkerem  vertikalem  (2  mm)  und  schwachem  nordsüd- 
lichem (V2  mm)  Ausschlag  in  Stuttgart,  während  in  Hohenheim  alle 
Apparate  ostwestlichen  Ausschlag  anzeigten. 

2)  7.  Juni  1894.  Störungen  der  Seismometer  in  Stuttgart  und 
Tübingen. 

3)  5.  Juli.  4'^  9'  4"  a.  m.  Auslösung  der  Uhr  im  Realgymnasium, 
Ausschläge  vert.  1  mm,  nordsüdlich  3  mm. 

4)  12.  Juli.  10^  19'  2"  a.  m.  Auslösung  ebenda,  vert.  1  mm  u.  s. 
IV2  i^m. 

5)  26. — 30.  September.  Uhrauslösung  zwischen  26. — 27.  Sep- 
tember, zu  spät  beobachtet,  um  die  Zeit  zu  berechnen.  Starke 
Störungen  aller  drei,  auch  des  ostwestlich  schwingenden  Pendels. 
Um  dieselbe  Zeit,  nach  Mitteilung  von  Prof.  Dr.  Gerland,  Störungen 
am  Seismometer  in  Strassburg. 

6)  27.  November.  3*^  34'  13"  p.  m.  vert.  V2  ^^^  nordsüdlich 
2  mm,  Störungen  an  diesem  Tage  ebenfalls  in  Strassburg  beobachtet. 
Erdbeben  am  Gardasee  morgens  nach  6  Uhr. 

Die  Tage  des  japanischen  Erdbebens  vom  22.  März  1894  und 
des  venezolanischen  vom  28.  April  1894  (vergl.  Petermann's  Mittei- 
lungen 1895,  Heft  1  u.  2)  zeichneten  sich  am  Apparate  des  Real- 
gymnasiums durch  nordsüdliche  Ausschläge  (3  mm  resp.  2  mm)  aus. 
Vom  8.  Januar  1895  bis  23.  Februar  1895  sind  im  ganzen 
16  Mal  auffallende  nordsüdliche  Störungen  je  im  Betrage  von 
2 — 4  mm  beobachtet  worden ,  fast  ausnahmslos  ohne  begleitende 
vertikale  oder  ostwestliche  Störungen.  Eine  lokale  Ursache  war 
nicht  zu  ermitteln.  Alle  berichteten  Ausschläge  sind  solche  des 
Apparates  mit  dreifacher  Übersetzung  der  Bodenbewegung. 


—     390     - 


Berichtigungen. 

Seite  360,  die  Zeile  3  u.  4  v.  o.  befindliche  Angabe  „unter  der  Regierung  des 
Herzogs  Johann  Friedrich  (1608 — 1628)"  ist  Zeile  6  zwischen  die  Worte 
„zwei  weitere"  und  „auf  der  Alb"  zu  stellen. 

Seite  361,  Zeile  21  v.  o.  sind  die  Worte  „Ofterdingen,  Bodelshausen"  zu  streichen. 

Ibid.  Zeile  7  v.  u.  sind  die  Worte  „auch  Ofterdingen  und  Bodelshausen"  zu 
streichen. 


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in  Württemberg 

sind  höflich  ersucht,  behufs  richtiger  Zusendung  der  „Jahreshefte" 
der  Verlagshandlung  von  jedem  Wechsel  des  Wohnortes  An- 
zeige zu  machen. 


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