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Full text of "Jahresbericht über die gesamte Gynäkologie und Geburtshilfe sowie deren Grenzgebiete 35.1921"

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_ AUF DEM GEBIETE DER GEBURTSHILFE UND GYNÄKOLOGIE 


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 REDIGIERT VON 
BERNHARD ZONDEK-BERLIN 


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BERICHT ÜBER DAS JAHR 1921 


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AHRESBERICHT ÜBER DIE GESAMTE 
GYNÄKOLOGIE UND GEBURTSHILFE 


Photogramme ausländischer Originalarbeiten 


Originalarbeiten aus ausländischen Zeitschriften, über die in 
den medizinischen Referatenblättern des Verlages Julius Springer 
referiert ist, können in den meisten Fällen in der Form von Photo- 
grammen zugänglich gemacht werden. Die Kosten für diese Photo- 
gramme richten sich nach der Größe des verwendeten photo- 
graphischen Papiers, das zum Vorzugspreise von 72 Mark für 
1 Quadratdezimeter berechnet wird. 

Bestellungen mit genauen Angaben (Verfasser, Titel, Quellen- 
angabe des Originaltextes und des Referats sowie Art des ge- 
wünschten Photogramms — ERBIURBEONE, verkleinerte Schrift, 
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Reichszentrale für naturwissenschaftl. Berichterstattung, Berlin NW 7 

Unter den Linden 38 
zu richten. Beträge für Photogramme sind auf das Postscheckkonto 
der Reichszentrale Berlin 90840 einzuzahlen. 


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JAHRESBERICHT ÜBER DIE GESAMTE 


GYNÄKOLOGIE UND GEBURTSHILFE 
SOWIE DEREN GRENZGEBIETE 


FORTSETZUNG DES JAHRESBERICHTS ÜBER DIE FORTSCHRITTE 
AUF DEM GEBIETE DER GEBURTSHILFE UND GYNÄKOLOGIE 


HERAUSGEGEBEN VON 
PROF. K. FRANZ-BERLIN UND PROF. M. STICKEL-BERLIN 


REDIGIERT VON 
BERNHARD ZONDEK-BERLIN 


FÜNFUNDDREISSIGSTER JAHRGANG 
BERICHT ÜBER DAS JAHR 1921 


J. F. BERGMANN UND JULIUS SPRINGER 
MÜNCHEN BERLIN 


1923 


Druck der Spamerschen Buchdruckerei in Leipzig. 


‘55125 


Vorwort. 


Der vorliegende Bericht unterscheidet sich verschiedentlich von den 
bisher erschienenen Jahresberichten. Die Organisation der medizinischen 
Zentralblätter des Verlages Julius Springer ermöglichte es, die gesamte in- und 
ausländische Fachliteratur für den Bericht zu verwenden. Besonderer Wert 
ist auf vollständige Berichterstattung der ausländischen Literatur gelegt 
worden, weil bei den jetzigen materiellen Schwierigkeiten ausländische Fach- 
zeitschriften wohl den wenigsten zugänglich sind. Alle wichtigeren Arbeiten 
sind referiert, von Arbeiten, die nur Kasuistik bringen, sind nur die Titel ab- 
gedruckt. Wenn es der Inhalt einer Arbeit erforderte, sie an verschiedenen 
Stellen des Jahresberichtes zu erwähnen, so ist dies stets geschehen. Die 
Einrichtung des vorliegenden Jahresberichts ließ die Beigabe von Übersichts- 
referaten nicht als notwendig erscheinen. 


K. Franz. M. Stickel. 
B. Zondek. 


Inhaltsverzeichnis. 


A. Allgemeiner Teil. 


Allgemein-chirurgische Fragen. 
Asepsis, Antisepsis . . 
Betäubungsmethoden . 
Allgemeinnarkose . 
Lokal-, Leitungs-, Lumbalanästhesie usw. 
Hypnose, Suggestion. ; 
Postoperative Erkrankungen. . 
Bakteriologie . Toata erh 
Serologie . 
Allgemein- biochemische Fragen . ; f 
Konstitution, Altersveränderungen, Vererbung, Entwieklungsstörungen 
Sexualpathologie, Rassenhygiene, Eugenik usw. . 
Allgemeines über Tumoren. (Experimente Geschwulstforschung) . 
Allgemeine Therapie. 
Röntgenologie . 
Diagnostik (Pn eumoperitoneum ) 
Physik . i Ba 
Technik 
Biologie 
Radiologie. 
Lichttherapie 5 ; 
Andere physikalisch- therapeutische Methoden ; 
Elektrizität (Diathermie, Hochfrequenz, Elektrokoagulation usw.) 
Heißluft, Massage, Belastung, Bäder usw.. ; 


B. Spezieller Teil. 
Gynäkologie. 
Die Generationsphasen und ihre PEON zum a enss 
Physiologie und Anatomie. 5 E E ea TE ; 
Menstruation und Ovulation . 
Klimakterium. 
Klinisches . 


Generationsvorgänge und endokrines System (Hypophyse, Nebenniere, 


Schilddrüse usw.) 


Beziehungen endokriner Krankheiten zu "gynäkologischen Erkrankungen 


Wirkung der Organotherapie . 


Beziehungen innerer Erkrankungen 2 zu ` gynäkologischen Krankheiten . 


Pathologie der Vulva und Vagina . 
Pathologie des Uterus. 

Entwicklungsfehler (einschl. Sterilität und Sterilisierung) . . 

Organische und funktionelle N des Uterus. 

Amenorrhöe, Dysmenorrhöe f 

Jageveränderungen des Uterus 

Uterustumoren . 

Benigne 
Maligne Tumoren des Uterus. KES 
Physiologie und Pathologie des Ovariums. 

Anatomisches . . i 

Eierstocksüberpflanzung. 

Eierstocksgeschwülste. 

Gutartige. ; 
Bösartige Eierstocksgeschw ülste. 

Ovarielle Blutungen ; j 
Pathologie der Tube und Anhänge (ausschließlich Extrauteringravidität) 
Pathologie des Parametriums . 

Krankheiten der Baroyrgans der Frau. 

Diagnostik. i EO 


106 
106 
116 
121 


121 
134 
134 
146 
149 


169 
176 
184 
187 
190 
190 
196 


. 205 
. 208 
. 210 
. 210 
. 215 


216 


` 219 
224 


. 225 


Inhaltsverzeichnis. 


Harnröhre, Blase, Urachus . . . . . 
Harnleiter.. . . 
Interne Medikation. i 
Chirurgische Erkrankungen der Nieren . 
Operationen an den Harnorganen (Fisteln usw. r.). 
Geschlechtskrankheiten. 
Gonorrhöe . 
Lues und Ulcus molle BE” 
Chirurgische Erkrankungen des Abdomens. 
Ans (einschließlich Diagnostik) . 
a ee Peritonitis u. a. ; 


Spezielle 
Entzündliche Erkrankungen des Bauches (Appendicitis, Peritonitis) 
Hernien, Ileus, Anus praeternaturalis usw. . 
Therapeutische Ergebnisse bei gynäkologischen Erkrankungen (ausschließlich der 
operativen und der Organotherapie). 
Pharmaka. . i 
Erfolge der physikalischen Therapie A 
Röntgentherapie bei Uterustumoren, Blutungen und Tuberkulose 
Radiumtherapie (über kombinierte Röntgen-Radiumtherapie siehe auch im 
vorhergehenden Abschnitt) 
Licht und Elektrizität . ; 
Andere Methoden (Heißluft, Massage, Bäder usw.) . 
Schädigungen durch die physikalische Therapie . 
Spezielle Chirurgie Enäkolorlscher Erkrankungen . 
Instrumente . . ; 
Allgemeines, Besondere Untersuchungs- und ‘diagnostische Methoden . 
Lehrbücher, Lehrmittel usw. . E E E E AT 


Geburtshilfe. 
Physiologie der Gravidität. 
Zeugung, Geschlechtsbestimmung, Schwangerschaftsdauer, Schwangerschafts- 


veränderungen im mütterlichen Or Eeu; POSEREN der Frucht und ihrer 
Anhänge. E ue E i a an 


Diagnostik und Diätetik 
Physioiogie der Geburt. 
Geburtsperioden . 
Geburtsmechanismus bei verschiedenen Lagen. 
Mehrlingsgeburten ; 
Wehenmittel. ; 
Narkose der Kreißenden, Dämmerschlaf 
Physiologie des Wochenbetts. 
Allgemeines . . . Eu Eee ee En 
Milchsekretion, Stillen 
Physiologie des Neugeborenen. 
Allgemeıne Physiologie und Diätetik des Neugebornen De el aa Ai. 56 
Asphyx sa ee ee ee ee er Dee 
Nabelversorgung . 
Pathologie der Gravidität. 
Komplikation der Schwangerschaft. 
Mit Hydramnion 
Mit Erkrankungen und Tumoren der Genitalorgane ; 
Abnorm lange Dauer der Gravidität, Frühgeburt, abnorm lange Retention des 
abgestorbenen Eies . 3 er ; er 
Blasenmole, Chorionepitheliom. 
KExtrauterinschwangerschaft, Schwangerschaft im rudimentären Horn eines 
Uterus bicornis, Abdominalgravidität. 
Schwangerschaftstoxikose . 
Aneklamptische . . 
Eklampsie R 
Pathologie und Therapie der Geburt. 
Anomalien der Weichteile . 
Anomalien des Beckens. f 
Anomalien von seiten des Kindes . . 
Haltungs- und a des Kindes. 
Asphyxie des Kindes : n e” 


VI Inhaltsverzeichnis. 


Placentarveränderungen und Placenta praevia . 
Vorzeitige Lösung der normal sitzenden Placenta . . 
Nabelschnur- und Eihautanomalien A INBUNG, Knoten, Zerreißung, 
Vorfall) . an ae a e ae a A E a 
W ehenanomalien 2 e 
Verletzungen der Geburtswege. 
Uterusruptur . . . ; 
Andere Geburtsverletzungen : 
Achsendrehung, Inversio uteri. . 
ee (Atonie) und deren Therapie (Kompression, Infusion und Trans- 
usion) ; 
Tod der Mutter während und nach der Geburt . 
Pathologie des Wochenbetts. 
Puerperale Wundinfektion . 
Ätiologie und Peine nee. 
Therapie . . . 
Andere Erkrankungen : im ı Wochenbett (Brust), akute Infektionskrankheiten usw. 
Pathologie des Foetus und EEE. 
Mißbildungen ; nen 
Intrauteriner Fruchttod. 
Geburtsverletzungen des Neugeborenen . 
Ikterus . . ee 
Ophthalmoblennorrhöe 
Lues 
Melaena . 
Tetanus . ; 
Hautveränderungen. 
Allgemeines . 
Der Abort. 
Allgemeines (Ätiologie, Prophylaxe, PS 
Abortbehandlung. . . 
Infizierter Abort . ; 
Se '‘hwangerschaftsunterbrechung (Indikationen, "krimineller Abort) . 
Abortverletzungen . . ; . 
Geschlechtskrankheiten, Gravidität und Wochenbett . 
Schwangerschaft und endokrines System . 
Beziehungen zwischen Gravidität, Partus, Puerperium und dem Gesamtorganlsmus. 
Zirkulationssystem . . Er 
Physiologie (Elektrokardiogramm, ‚Capillarmikroskopie, Blutdruck) . 
Pathologie . . ; 5 
Varicen, Thrombose, Embolie a 
Herzkrankheiten, Frage der Schwangerschaftsunterbrechung 
Respirationsorgane (insbesondere Tuberkulose). ; ; 
Hämatopoetisches System. 
Blutveränderungen in der Schwangerschaft (morphologische und chemische) 
Blutkrankheiten. T" ee 
Leberveränderungen 
Darmveränderungen . 
Nierenkrankheiten as Pyelitis gravidarum und | Tuberkulose) . 
Sehstörungen s f 
Stoffwechsel . 
Physiologie . ; 
Knochenerkrankungen, insbes. Osteomalacie, Chondrodystrophie, Rachitis 
Nervenkrankheiten . ; s 
Verschiedenes (Infektionskrankheiten, maligne Tumoren) . 
Geburtshilfliche Operationen. 
Instrumente. . . il te de de ee 
Zange, Wendung, Kraniotomie. Embryotomie usw. . 
Dilatation, Metreuryse, Hebosteotomie usw. 
Sectio caesarea abdominalis . IT 
Manuelle Placentarlösung . . 
Verschiedenes . . 
Allgemeines, Lehrbücher, "Lehrmittel. 
Autorenreglster . ; 


Seite 


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. 508 
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. 537 
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545 


. 549 
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. 559 
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. 562 
. 563 


. 564 
. 565 
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. 572 
. 591 
. 591 
. 592 
. 594 


A. Allgemeiner Teil. 


I. Allgemein-chirurgische Fragen. 
1. Asepsis, Antisepsis. 


Opitz, E.: Zur Hautnaht. (Univ.-Frauenklin., Freiburg i. Br.) Zentralbl. f. 


Gynäkol. Jg. 45, Nr. 20, S. 709—710. 1921. 

Verf. gibt in Anlehnung an die Veröffentlichungen von Asch und Schubert seine 
schlechten Erfahrungen mit der subcutanen Nahtmethode nach Pozzi bekannt, bei deren An- 
wendung er häufig breite Kelloide nachfolgen sah. Er bricht sodann eine Lanze für die be- 
kannte Hautnaht mittels der v. Herffschen Klammern, die er — wie andere — auch bei 
Dammwunden erprobte. Dyroff (Erlangen). 

D’Erchia, Florenzo: Per la profilassi dell’infezione peritoneale operatoria 
in ginecologia. (Über die Prophylaxe der Peritonalinfektion nach gynäkologischer 
Operation.) Ann. di ostetr. e ginecol. Jg. 43, Nr. 10, S. 661—800. 1921. 

Verf. hatte von 427 Operationen, welche mit der Öffnung des Peritoneums einhergingen, 
2 primäre Todesfälle = 2,7%. Bei diesen beiden Patienten handelte es sich um Operationen 
per vaginam. D’Erchia gibt von sämtlichen operierten Fällen Krankengeschichte, Operations- 
technik und Heilungsverlauf an. Seine Beobachtungen zur Technik der Operation decken 
sich mit den Ansichten, wie sie auf dem Gynäkologenkongreß, Berlin 1913, dargelegt wurden, 
und bringen nichts Neues. Als Nahtmittel hat sich bei ihm am besten Seide nach der Methode 
von Mangiagalli vorbereitet (Trattata di Ginecologia Vallardi Milana) bewährt. Narkose: 
Chloroform, Ather. Vorbereitung mit Veronal. D’E. bespricht weiter den Wert der Drainage 
und ist der Ansicht, daß viele Patienten erst durch die Drainage gerettet werden können. Auf 
Grund seiner Beobachtungen erhöht eine Drainage die Zahl der postoperativen Todesfälle 
nicht. Langer (Erlangen). 


2. Betäubungsmethoden. 
a) Aligemeinnarkose. 

Meyer, Kurt H. und Hans Gottlieb Billroth: Theorie der Narkose durch Inhala- 
tionsanaesthetica. (Chem. Laborat., Akad. d. Wiss., München.) Hoppe-Seylers Zeitschr. 
f. physiol. Chem. Bd. 112, H. 2/4, S. 55—79. 1921. 

Melchior, Eduard: Einige wichtige Fragen der Narkosenlehre. Prophylaxe, 
Nachbehandlung, Indikation. (Chirurg. Klin., Breslau.) Therap. Halbmonatsh. Jg. 35, 
H. 6, S. 161—168. 1921. 

Lahey, Frank: Relations of surgeon and anesthetist. (Beziehungen zwischen 
Chirurg und Narkotiseur.) Americ. journ. of surg. Bd. 35, Nr. 10, S. 107—109. 1921. 

Fränkel, W. K.: Der Chloräthylrausch, das bequemste Betäubungsverlahren 
des praktischen Arztes. Fortschr. d. Med. Jg. 39, Nr. 21, S. 770—771. 1921. 

Descarpentries: Anesthésie prolongée au chlorure d’öthyle. (Längerdauernde 
Narkose mit Chloräthyl.) Arch. franco-belges de chirurg. Jg. 25, Nr. 2, S. 188 
bis 190. 1921. | 

Verf. hat Chloroform- und Lumbalanästhesie so gut wie ganz aufgegeben, an Stelle 
der von ihm bisher gebrauchten warmen Ätherdämpfe empfiehlt er für große wie kleine 
Eingriffe die Chloräthylnarkose, kombiniert mit Morphium-Scopolamin, das in reich- 
licher Dosis 1 Stunde vor Beginn der Operation injiziert wird. Verf. bezeichnet als 
Vorteile seiner Methode: Gewinn an Zeit, Fortfall der langen Einleitung der Narkose 
und der Excitation; schnelles Erwachen, fast völliges Fehlen von Erbrechen, ruhiges 
postnarkotisches Stadium. Hellwig (Frankfurt a. M.)., 


Jahresbericht f. d. ges. Gynäkologie 1921. . 1 


a Bl le; Da a En Warme n mm En nn nn an, A a a A aa D 


2 Allgemein-chirurgische Fragen. 


Guedel, Arthur E.: Ethyl chlorid in general anesthesia ; its action on the cardiovas- 
cular system; a classilication of signs of overdose. (Chloräthyl zur Allgemeinnarkose, 
seineWirkung aufdas Herzund das Gefäßsystem nebst einer Klassifizierung der Symptome 
der Überdosierung.) Journ. of the Americ. med. assoc. Bd. 77, Nr. 6, S. 427—430. 1921. 

Übersicht über 2000 Allgemeinnarkosen mit Chloräthyl innerhalb der letzten 
5 Jahre, Operationsdauer zumeist 1—5 Minuten, nur 200 mal 15—60 Minuten; 19 be- 
sonders eingehend studierte Fälle dauerten im Durchschnitt 53 Minuten. Das Material 
waren zumeist junge verwundete Soldaten von kräftiger Konstitution. Die Über- 
dosierung zeigte zwei Symptomtypen — eine peripher bedingte spastische Atem- 
behinderung und eine zentrale Atemlähmung, letztere nur in etwa 10% der Fälle. Der 
erste Typ zeigt im Anfangsstadium ein konvulsives Grinsen durch Verziehen der Mund- 
muskulatur, der alsbald der Masseter folgt und Zunahme der Atembewegung als Aus- 
druck der Atembehinderung. Wird bei diesen Zeichen der Überdosierung die Narkose 
fortgesetzt, so erfolgt unter rasch zunehmendem Spasmus 1—1!/, Minuten später ein 
völliger Atmungsstillstand, wahrscheinlich durch Krampf der Gesichts-, Hals- und 
Larynxmuskulatur. Der Krampf entspricht dem bei Tetanus, die Einführung eines 
Mundsperrers kann unmöglich sein. Die übrige Muskulatur ist wesentlich schwächer 
kontrahiert, die Atemnot außerordentlich heftig. Das Stadium der Cyanose tritt gar 
nicht in Erscheinung, so rasch erfolgt der Atemstillstand. . Günstig ist es, wenn anfangs 
die Pupillen weit sind, sie verengern sich dann und werden erst im Atmungsstillstand 
wieder weit. Der Spasmus kann im Verlaufe einer Narkose wiederholt auftreten und 
ist bei der geringen Breite zwischen dem Zustand der Anästhesie und des Aufwachens 
kaum vermeidbar. Während des Spasmus wird der Blutdruck individuell verschieden 
beeinflußt, die Amplitude betrug einmal 130 mm! Der Spasmus vertieft sich nach 
Wegnahme der Maske noch einige Sekunden lang. Die Wiederingangsetzung der 
Atmung erfolgt wie üblich, ist aber durch den Krampf sehr erschwert, weshalb der 
Anfänger prophylaktisch einen Mundkeil einschieben sollte. Todesfälle sah Verf. bei 
dieser Technik nur anfänglich. Die zentral bedingte Atemlähmung ist selten; von 
Beginn des Anfalls ab verlangsamt und insbesondere verflacht sich die Atmung, bis 
nach 1—2 Minuten unter dem Bild des Kollapses, jedoch ohne merkliche Qualitäts- 
änderung des Pulses eine völlige Atemlähmung eintritt. Die Pulsfrequenz geht der 
Atmungsfrequenz parallel. Auch bei diesem Überdosierungstyp kann der Anfall sich 
bei längeren Narkosen wiederholen, die Anästhesie ist besser als beim spastischen Typ, 
die Pupillen sind sekundär erweitert. Zwei bis drei kräftige Kompressionen der Brust 
stellen die automatische Atmung wieder her und diese in 1—4 Minuten den normalen 
Narkosezustand. Allgemeine Beobachtungen — abgesehen von diesen Typen — 
zeigen, daß die anfängliche Pupillenerweiterung stärker als bei anderen Inhalations- 
narkosen auftritt. Ein Wechsel des einmal erreichten Typs findet nicht statt, seine 
Voraussage bei einem bestimmten Individuum ist ausgeschlossen. Verf. hält das 
Chloräthyl für besser als Chloroform und konkurrierend mit Lachgas-Sauerstoff für 
kurze Eingriffe und zur Einleitung von Äthernarkosen. In der Diskussion wird der 
Standpunkt des Verf. geteilt, zur Vorsicht gemahnt und die C'hloräthylnarkose nur für 
den Notfall empfohlen. Binz (München). 

Ley, Alfred: Das Chloräthyl, ein äußerst brauchbares, aber mit Vorsicht anzu- 
wendendes Mittel für den Rausch oder kürzere Narkosen. Zentralbl. f. Chirurg. 
Jg. 48, Nr. 41, S. 1502—1504. 1921. | 

Chloräthyl Robisch ist für kurze Narkosen ein kaum ersetzliches Narkoticum, 
das bei Herzleiden und Idiosynkrasie (Pupille starr in Miosis oder Midriasis) mit äußer- 
ster Vorsicht angewandt werden muß. Bei Hysterikern und Potatoren wird ®/, bis 
1 Stunde vor der Operation 1 Ampulle Laudanon-Atropin Böhringer subcutan in den 
Oberarm injiziert, bei Nervösen nur Bromural 0,2—0,4 !/, Stunde ante op. gegeben, 
bei Frauen auch 1 Teelöffel Natr. bic. zur Linderung des Brechreizes. Verkleinerung des 
Kreislaufes durch Abschnürung der Oberschenkel wird empfohlen. Binz (Mürchen). _ 


Betäubungsmethoden. — Allgemeinnarkose. 3 


Hartleib, Heinrich: Ist der Chloräthylrausch so ganz ungefährlich? (HAeilig- 
Geist-Hosp., Bingen.) Zentralbl. f. Chirurg. Jg. 48, Nr. 20, S. 702—704. 1921. 

Ohne Chloräthyl ganz zu verwerfen, wie v. Brunn, mahnt Verf. auf Grund zweier Beob- 
achtungen, bei denen Irregularitäten des Pulses ganz eigner Art auftraten, die im 2. Fall zum 
Exitus führten, zu äußerster Vorsicht bei Anwendung dieses Narkoticums. Binz (München). _ 

Lotheissen, G.: Zur Frage der Gefahren des Chloräthyls. Zentralbl. f. Chirurg. 
Jg. 48, Nr. 38, S. 1375—1377. 1921. | 

Lotheissen hat als erster das Äthylchlorid systematisch zur Narkose verwendet 
und 1903 einen Todesfall auf 17 000 Narkosen berechnet, während Luke 1 : 36 000 
annahm. Größere Mengen sind nur dann gefährlich, wenn der Kranke zu konzentrierte 
Dämpfe zu atmen bekommt. L. hat vor kurzem eine Äthylchlorid-Sauerstoffnarkose 
zur Operation einer Labialhernie gemacht. Während der 25 Minuten dauernden 
Operation waren Cornealreflex und Tränensekretion absichtlich während 3 Minuten 
aufgehoben zur Anlage der tiefen Nähte. Bei der Anwendung ohne Sauerstoff kann 
es leicht zur Vereisung kommen. Taut man das Eis auf, so kann der Kranke leicht zu 
konzentrierte Dämpfe erhalten. Um das zu vermeiden, empfiehlt L., über die 4 fach 
gefaltete Gaze ein enges Drahtsieb zu legen, das von einem Metallrohr umgeben ist, 
in das man heißes Wasser gießen kann. Bei dem von Hartleib mitgeteilten Fall 
eines 46jährigen Mannes, der 15 Stunden nach der Operation starb und Atemstörungen 
nach der Operation zeigte, können diese nicht auf Rechnung des Chloräthyls gesetzt 
werden, da nach 1 Stunde sicher kein Chloräthyl mehr im Blut vorhanden war. Bei 
dem ersten von Hartleib mitgeteilten Fall, bei dem nach 20 Tropfen Äthylchlorid 
Atemstörungen und Unregelmäßigkeit des Pulses auftrat, hat das Äthylchlorid wohl 
nur die Rolle der Gelegenheitsursache gespielt (psychische Erregung). Bernard.°° 

Jaeger, Hans: Tod im Chloräthylrausch. (Chirurg. Univ.-Klin., Zürich.) Zen- 
tralbl. f. Chirurg. Jg. 48, Nr. 30, S. 1073—1076. 1921. 

Beschreibung eines Falles von Narkosetod im Chloräthylrausch anläßlich einer Probe- 
excision eines Ca-verdächtigen Unterschenkelgeschwürs. Die Autopsie ergab neben ausgedehn- 
ten Organveränderungen besonders Degeneration des Herzens, bei deren Vorhandensein nach 
Anschauung des Verf. Chloräthyl besser durch Ather ersetzt werden sollte, besonders bei Trin- 
kern. Binz (München). 

Curtois-Suffit et F. Bourgeois: Mort subite au cours d’une anesthésie géné- 
rale par le chlorure ďd’éthyle. Information judiciaire. — Remarques médico-légales. 
(Plötzlicher Tod im Verlaufe einer Allgemeinanästhesie durch Athylchlorid. Ju- 
ristischer Standpunkt. Bemerkungen über die gesetzgeberische Seite.) Gaz. des hôp. 
civ. et milit. Jg. 94, Nr. 22, S. 341—344. 1921. | 

Eine Frau ließ sich vom Zahnarzt einen Zahn ziehen. Wegen Ulceration des Zahnfleisches 
wird von einer Lokalanästhesie abgesehen und Athylchloridnarkose angewandt. Es werden 
zwei Ampullen (Größe derselben nicht angegeben) verwandt. Da Patientin aufwacht, wird eine 
dritte Ampulle angebrochen. Danach wird die Atmung ungleichmäißg und setzt aus. Künst- 
liche Atmung, Sauerstoff, Ather, Coffein erfolglos. Es wird Tod durch Herzstillstand konsta- 
tiert. Die Sektion, die vom Gericht verlangt wird, ergibt nichts von Bedeutung. Ein anderer 
Fall, den die Verff. beobachteten, verlief folgendermaßen: Auflegung der Maske, Narkose, 
Fortnahme der Maske, vergeblicher Versuch des Narkotiseurs, neue Ampulle Athylchlorid. 
Aussetzen der Atmung, Tod. Ferner ein Fall im Buche von Malherbe (Allgemeinnarkose mit 
Äthylchlorid): Arbeiter mit Geschwulst am Bein. Nach 2 Minuten sehr starke Excitation. 
Neue Dose Athylchlorid. Blut wird schwärzlich. Tetanische Zuckungen. Dyspnöe. Tod. Es 
ist nicht angebracht zu sagen, daß Athylchlorid ein gefahrloses Anaestheticum ist. Das ist 
besonders wichtig auch aus juristischen Gründen; denn wenn im ersten Fall ein Zivilprozeß 
angestrengt worden wäre, würde der gegnerische Anwalt sich darauf bezogen haben, daß in 
der Literatur Äthylchlorid als ungiftiges Anaestheticum hingestellt wird und daß also der Tod 
durch fehlerhafte Anwendung herbeigeführt worden sei. Arthur Schlesinger (Berlin). °° 

Kulenkampfi, D.: Die Bekämpfung schwerer Erregungszustände während der 
Narkose durch Chloräthyl. (Krankenstift, Zwickau.) Zentralbl. f. Chirurg. Jg. 48, 
Nr. 6, S. 186—188. 1921. T | 

Bei Narkosen mit stark ausgeprägtem Exzitationsstadium, das der Verf. für die Folge 
der Reizwirkung der Narkosedämpfe hält, empfiehlt es sich, für !/,—1 Minute etwa 100—200 
Tropfen Chloräthyl zu geben. Chloräthyl ist nach Stickoxydul das reizloseste Mittel, und: 


1* 


4 Allgemein-chirurgische Fragen. 


seine in diesen Fällen geradezu zauberhalte Wirkung dürfte darauf zurückzuführen sein. So- 
bald die schlagartig einsetzende Beruhigung des Pat. bemerkt wird, muß das Choräthyl wieder 
durch Ather oder Atherchloroform ersetzt werden. Binz (München). 


Hamant, A.: L’anesthösie au protoxyde d’azote. (Die Anästhesie mit Stick- 
oxydul.) Rev. med. de l est Bd. 49, Nr. 4, S. 119—129. 1921. 

Verf. bedient sich der Stickoxydulnarkose mit großem Vorteil. Dieses Narkoti- 
cum wird nur durch die Lungen aufgenommen und ausgeschieden und läßt ünter Rege- 
lung des zuführenden Druckes eine beschleunigte Absorption zu. Der Kranke gleitet 
ohne unangenehme Nebenempfindungen in den Schlaf hinein, der vom un- 
mittelbaren Eintritt der Anästhesie begleitet ist und sich ohne Gefahr der Asphyxie 
beliebig verlängern läßt. Die Zuführung des Gases in der atmosphärischen Luft 
genügt jedoch nicht für den Eintritt der Narkose. Sauerstoff und Stickoxydul müssen 
vielmehr unter Druck zugeführt werden. Deshalb ist die Atmung in abgeschlos- 
sener Maske und geringem Überdruck notwendig, der für beide Gase in genauem 
Verhältnis dauernd erhalten wird unter Ergänzung des verbrauchten Sauerstoffs, 
des bei Ein- und Ausatmung in Verlust geratenden Stickoxyduls und Beseitigung der 
ausgeatmeten Kohlensäure. Hamant beschreibt einen allen diesen Forderungen 
gerecht werdenden Apparat von Lericollais (Abbildung), sowie den Gang seiner 
Anwendung. Dem Verfahren wird absolute Gefahrlosigkeit nachgerühmt für alle 
Organe. Der Kranke erwacht vollkommen ım Augenblick des Fortfalles der Narkose 
und hat keinerlei üble Nachwirkungen. Das Verfahren erscheint nicht ange- 
zeigt bei Kindern, die unter abgeschlossener Maske schlecht atmen, bei Greisen, deren 
schon gesteigerten Druck in den Atemorganen man nicht erhöhen soll und bei Gesichts- 
operationen wegen der Notwendigkeit der Anwendung der hermetisch abgeschlossenen 
Maske. Janssen (Düsseldorf). °° 


Hill, Leonhard: Anaesthesia with nitrous oxide and oxygen under pressure. 
(Lachgas-Sauerstoffnarkose bei Überdruck.) (National inst. f. med. research, Hamp- 
stead.) Lancet Bd. 201, Nr. 7, S. 326—327. 1921. 

Zur Erzielung einer auch für Laparotomien genügend tiefen Narkose muß gewöhn- 
lich bei Lachgas-Sauerstoffnarkosen der Sauerstoff so weit reduziert werden, daß eine 
leichte Asphyxie entsteht. Um diesem Mangel abzuhelfen, empfahl Leyton, besonders 
bei Diabetikern, die Lachgas-Sauerstoffnarkose bei geringem Überdruck auszuführen. 
Diese 1878 von Bert empfohlene aber wieder verlassene Methode wurde von dem Verf. 
im Tierexperiment nachgeprüft. Es wurden Katzen als Versuchstiere verwendet, die 
durch Lachgas bei gewöhnlichem Druck nur dann genügend narkotisiert werden 
konnten, wenn bereits eine Asphyxie eingetreten war. Wurde die Narkose unter sonst 
völlig gleichen Umständen jedoch in einem Raum mit 1?/, Atmosphären Druck aus- 
geführt, so trat die Empfindungslosigkeit und Bauchdeckenentspannung ein, ohne daß 
die Sauerstoffzufuhr vermindert wurde, also ohne Asphyxie. Sofort nach Entfernung 
der Maske kamen die Tiere wieder zum Bewußtsein. Da die Konstruktion von Über- 
drucksoperationsräumen keine technischen Schwierigkeiten verursacht, so wäre die 
Anwendung ber Methode beim Menschen wünschenswert. Bin: (München). 


Briault, F.: A propos de l’anesthesie au protoxyde d’azote. Deux accidents 
post-op6eratoires (dont un mortel) dus à Pimpureté du protoxyde. (Zur Stick- 
oxydulnarkose. Zwei postoperative Unglücksfälle (einer tödlich) infolge Unreinheit des 


Gases.) Journ. des praticiens Jg. 35, N. 49, S. 806—808. 1921. 

Verf. berichtet über 2 Unglücksfälle nach Stickoxydul-Äthernarkose, die sich seit 
1920 in Frankreich zu verbreiten scheint. In beiden Fällen (Laparotomien) nach Beendigung 
der Operation Apnöe, Cyanose des Gesichts, profuse Schwciße; abends hohes Fieber, Zeichen 
von Lungenödem, das in dem einen Falle den Tod 26 Stunden nach der Operation zur Folge 
hatte. In den zur Narkose beider Fälle verwandten Stickoxydulflaschen fand sich 18—22°/, 
CO,, die Verf. für verantwortlich für die beiden Narkosezufälle hält. Durch Phenolphthalein 
läßt sich diese gefährliche Verunreinigung des vom Verf. im übrigen sehr gerühmten Stick- 
oxyduls erkennen. Hellwig (Frankfurt a. M.)., 


Betäubungsmethoden. — Allgemeinnarkose. 5 


Gwathmey, James T. and James Greenough: Synergistic analgesia with nitrous 
oxide-oxygen and magnesium sulphate. (Narkose durch Kombination von Mag- 
nesiumsulfat und Lachgas.) Med. rec. Bd. 100, Nr. 14, S. 583—584 1921. 

Unter Berücksichtigung des allgemein bekannten Umstandes, daß die Kupplung 
verschiedener Anästhetica und Hypnotica die Wirkung potenziert, die Gefahr aber 
herabsetzt, wird zur Narkose die einleitende Analgetisierung mit Magnesiumsulfat und 
Morphium, die Vertiefung der Narkose mit Lachgas empfohlen. Die Vorzüge der 
Methode sind: Fehlen der Excitation und völlige Erschlaffung der Muskulatur in der 
Narkose, aus der die Patienten ohne Brechreiz, Nausea oder sonstige Beschwerden 
erwachen. Äther wird völlig verbannt, ebenso Chloroform und Chloräthyl. Die Technik 
ist folgende: 2 Seifenklystiere — evtl. nur eines mit nachfolgender Darmspülung bis 
zum Abfluß klarer Spülflüssigkeit — am Vorabend der Operation. Am Morgen folgt 
ein weiterer Einlauf. Hierauf wird ein gefaltetes Bettuch unter die Patientin gebreitet 
zum bequemeren Heben, bei Saalpatientinnen ein Schirm ums Bett gestellt, in Einzel- 
zimmern der Raum verdunkelt. 2 Stunden a. op. wird ein Zäpfchen mit 1,0 Aceton- 
chloroform eingeführt, die Patientin darf von nun ab nicht mehr außer Bett. 30 Minuten 
später folgt die Infusion von 3—400 cem einer sterilen, chemisch reinen 4 proz. Lösung 
von Magnes. sulf. 43° C unter die Brusthaut, Zusatz von Novocain-Suprarenin mildert 
die geringen Schmerzen. Die Infusion soll mindestens 30 Minuten dauern und peinlich 
aseptisch durchgeführt werden; Abscesse werden so vermieden. Ein Tuch über das 
Gesicht befördert das Einschlafen. 1!/, Stunden a. op. werden 0,008 cem Morphium 
subc. verabreicht, nach 15—20 Minuten ein zweites Mal und bei Bedarf nach weiteren 
15—20 Minuten ein drittes Mal bis zur vollen Dosis von 0,024, die indes bei Frauen 
oft nicht einmal nötig ist. Hierauf wird die Eingeschläferte auf den Operationstisch 
verbracht, ohne daß ihre Mithilfe in Anspruch genommen werden darf. Manchmal 
genügt die Infiltration von Novocain in Bauchhaut und Peritoneum zur Durchführung 
der Operation, besser jedoch gibt man schon während der üblichen Desinfektion usw. 
der Patientin Lachgas-Sauerstoff. Man darf sich nicht verführen lassen, in gewohnter 
Weise tief zu narkotisieren, da die Patientin ohnehin schon gefühllos ist und nur durch 
Lachgas bewußtlos werden soll. Sobald das Peritoneum eröffnet ist, wird der Sauerstoff 
schnell auf !/, des Gemenges gebracht. Das Excitationsstadium fehlt, wenn nicht 
infolge zu geringer Sauerstoffzuführung die Patientin cyanotisch wurde. Besser als 
nur im Bedarfsfalle Lachgas-Sauerstoff schubweise zu geben, ist es, dauernd ein Ge- 
misch mit viel Sauerstoff zuzuführen. Diese Technik bewährte sich dem Verf. bei 
großen Operationen ausgezeichnet, Beschwerden und Blutdrucksenkungen wie bei 
anderen Inhalationsnarkosen traten nicht auf. Für kleinere Eingriffe genügt die ver- 
einfachte Technik. 1!/, Stunde vor der Operation werden 0,008 Morphium und 2 ccm 
einer 25 proz. Magnes. sulf. Lösung subc. injiziert; ein- bis zweimalige Wiederholung 
ın Abständen von 20 Minuten je nach dem Zustand der Patientin und Vertiefung der 
Analgesie durch Lachgas-Sauerstoffinhalation mit steigendem Gehalt an Sauerstoff. 

Binz (München). 

Nakagawa, Koshiro: Experimentelle Studien über die intravenöse Infusions- 
narkose mittels Alkohols. (Mitteilung der Ergebnisse der Tierversuche.) (Chirurg. 
Klin. v. Prof. Sh. Sugimura, Univ. Sendai.) Tohoku journ. of exp. med. Bd. 2, Nr. 1, 
S. 81—126. 1921. 

Verf. will durch seine Experimente feststellen, ob Alkohol, intravenös zugeführt, 
Narkose herbeizuführen vermag, wie diese abläuft und welche Vor- oder Nachteile 
gegenüber anderen Narkosearten sie aufweist. Die Versuche in vitro zeigten, daß 
l6 proz. Alkohol-Kochsalzlösung bei 38° im Menschenblut Hämolyse verursacht, bei 
ıntravenöser Zuführung dürften durch Verdünnung sich die Verhältnisse aber ändern. 
Die Phagocytose wird bereits bei geringen Konzentrationen durch Alkohol gehemmt, 
an den Leukocyten sind morphologische Veränderungen nicht feststellbar. Eiweiß- 
fällung im Serum ist weder beim Tier noch Menschen zu befürchten, wenn die Lösung 


6 Allgemein-chirurgische Fragen. 


20% oder weniger Alkohol enthält. Im Tierversuch erwiesen sich Konzentrationen 
von 5—7% Alkohol-Kochsalz als nicht empfehlenswert, die Einlaufszeit war zu lang, 
die Menge zu groß bis zum Eintritt vollkommener Narkose. Bei 10—15 proz. Alkohol- 
Kochsalzlösung trat die Wirkung früher ein, steigend auch mit der Einlaufsgesch windig- 
keit. Die Frage nach der tödlichen Dosis, nach der maximalen Konzentration und der 
maximalen Einlaufsgeschwindigkeit ist noch unentschieden, als durchschnittliche 
Menge absoluten Alkohols je Kilo Körpergewicht beim Kaninchen dürfte 5 ccm nötig 
sein. Die meisten Tiere überstanden die Narkose, zeigten jedoch oft Albumen im Harn, 
das bald verschwand. Hämoglobinurie trat nie auf, die eingegangenen Tiere zeigten 
kaum nachweisbare Organveränderungen. Die Atmung blieb regelmäßig, wurde 
seltener mit zunehmender Narkosetiefe, die Atemgröße stieg erst an, sank aber später 
langsam. Ebenso verhielt sich der Blutdruck. Die Narkose trat relativ spät ein, sie 
genügte für chirurgische Eingriffe, die Nachnarkose war langdauernd. Wurde zur 
Alkohollösung noch Äther und evtl. Chloroform gefügt, so trat tiefe Narkose früher 
ein, konnte auch mit wenig Lösung fortgesetzt werden und klang nach Aufhören der 
Zuführung schneller ab. Albumen trat nur kurz auf, bei großen Mengen infundierter 
Lösung kam es manchmal zu kurzdauernder Hämoglobinurie. Hoffmannstropfen 
(11,25%, Alkohol, 3,75%, Äther in 15 proz. Lösung) eigneten sich nicht bei Kaninchen. 
Die Injektionsstelle zeigte bei keinem Falle Thrombenbildung. Binz (München). 


Momburg, Fritz: Die intravenöse Äthernarkose. (Städt. Krankenh., Bielefeld.) 
Dtsch. med. Wochenschr. Jg. 47, Nr. 41, S. 1228—1229. 1921. 


Theoretische Bedenken und ungünstige Tierversuche haben die Gefahren der intra- 
venösen Äthernarkose zu sehr in den Vordergrund geschoben. Verf. hat das Verfahren an 
170 Fällen erprobt und lobt die für Operateur wie Patient ideale Methode, das ruhige Ein- 
schlafen und das frische Erwachen. Die Technik ist einfach: Einbinden einer Bierschen Venen- 
anästhesienadel in die Vena mediana und zwei Glasflaschen mit einer 28° warmen 7proz. Äther- 
kochsalzlösung und Kochsalzlösung, die mit einem Zweiwegehahn dicht vor der Infusions- 
kanüle an diese angeschlossen sind. Sobald tiefer Schlaf eingetreten ist, wird Kochsalzlösung 
einlaufen gelassen. Thrombosierung beobachtet man bei dieser permanenten Infusion nach 
Schmitz - Pfeiffer kaum. Auch ist sie unbedenklich, wie zahlreiche Sublimat- und ähnliche 
Injektionen beweisen. Die angeblich stärkere Blutung spielt keine Rolle; Nierenschädigung 
ist nicht häufiger als bei anderen Narkosen. Kulenkampff (Zwickau). °° 


Palazzo, Giuseppe: Sulla narcosi generale con l’etere per via rettale. (All- 
gemeine Äthernarkose auf rectalem Wege.) Arch. ed atti d. soc. ital. di chirurg. 27. 
adun., Roma, 10.—12. XI. 1920, S. 571—573. 1921. 

Verf. hat mit der rectalen Äthernarkose 395 verschiedenste Operationen ausgeführt. 
Technik: Tags vorher ein Purgans, am gleichen Abend einen Einlauf, der einige Stunden 
vor der Operation zu wiederholen ist. 1—2 (!) ccm Morphin subcutan evtl. in Verbin- 
dung mit einem Cardiacum (Spartein). Y/,—1/, Stunde vor dem Eingriff werden 80 
bis 150 g des Anaestheticums, zur Hälfte gemischt mit Olivenöl, langsam (in 8—10 Mi- 
nuten) mittels Darmrohr ins Rectum einlaufen gelassen. Der Kranke soll in einem ruhi- 
gen, dunklen Raume sein, mit verstopften Ohren und verbundenen Augen. Sollte im 
Verlauf der Narkose die Atmung auffallend langsam werden, so ist sofort Sauerstoff 
zuzuführen und evtl. eine bestimmte Menge Äther durch das Darmrohr, das mit einer 
Klemme verschlossen im Rectum belassen wurde, abzulassen. Palazzo beobachtete 
nur 2mal einen Kollaps: davon endete der eine letal, da zufällig für Sauerstoffzufuhr 
nicht gesorgt war. Ungenügende Narkosen wurden nur anfangs, bei noch nicht durch- 
gebildeter Narkosetechnik und bei starken Trinkern gesehen, doch ließen sich diese 
Fälle leicht durch einige Tropfen Äther oder Chloroform anästhesieren. Vorteile dieses 
Verfahrens: es erübrigt ein eigens für die Narkose geschultes Personal; es ist weder bei 
Lungen-, noch bei Leber- und Nierenerkrankungen kontraindiziert: man kann es bei 
Herzkranken ausführen, bei Kranken, die sonst allgemein darnieder sind, bei alten 
Leuten, bei Ängstlichen und Nervösen. Das Excitationsstadium ist sehr kurz, das Er- 
stickungsgefühl fehlt. Die Narkose dauert fast 2 Stunden, die Anästhesie ist ruhig, 


Betäubungsmethoden. — Allgemeinriarkose. 7 


gleichmäßig, die Herzaktion bleibt rhythmisch, die Atmung ist zwar verlangsamt, 
doch regelmäßig. Das Erbrechen nach der Narkose’ fehlt. Diese Narkose kann auch bei 
geburtshilflichen Fällen verwendet werden, ohne dem Kinde zu schaden. Sie bietet 
unschätzbare Vorteile bei Operationen an Hals und Kopf, bei Eingriffen am Rücken 
und an der Wirbelsäule, bei denen der Kranke am Bauche liegen muß: © Santner (Graz). 


Wederhake, K. J.: Eine Verbesserung der Chloroform- und Äthernarkose. 
(Augustaklin., Düsseldorf.) Münch, med. Wochenschr. Jg. 68, Nr. 1, S. 9—10. 1921. 

Die bei A. Wolff, Düsseldorf, Hüttenstr., erhältliche neue Maske paßt sich in ihrer Form 
dem Gesicht an und läßt die Augen frei. Das Narkoticum kommt vorgewärmt und konzen- 
triert in die Lunge. Kondensation von Äther- und Chloroformdämpfen findet nicht statt, 
wenn die Technik richtig ist. Zu beachten ist, daß bei Verwendung der Maske der Bedarf an 
Chloroform nur !/,, wie üblich und ebenso auffallend die Ersparnis an Äther ist, so daß sich 
die Maske bereits ‘durch 10 Narkosen bezahlt machen soll. Binz (München). 

Magos, H.: Idiosyncrasies au chloroforme. (Idiosynkrasie gegen Chloroform.) 
(Laborat. de pharmacodyn., univ., Louvain.) Arch. internat. de pharmacodyn. et de 
therap. Bd. 26, H. 1/2. S. 65—68. 1921. 

Der Autor versuchte, den Grund für die stark auseinandergehenden Resultate 
der früheren Autoren zu finden. Der zeitliche Faktor scheint ihm zu sehr vernach- 
lässigt. Um Vergleichszahlen darüber zu erhalten, wieviel Chloroform nötig ist, um 
Kaninchen zu narkotisieren, verwendete der Autor die Narkoseresultate, die innerhalb 
10—20 Minuten erreichbar sind. Einige Tiere konnten statt mit 9 g Chloroform je 
100 Liter Luft wie gewöhnlich, erst mit 12 g Chloroform in Narkose gebracht werden, 
was aber weder damit erklärt werden konnte, daß die Tiere etwa ungenügend atmeten, 
noch daß Vagusreizung vorhanden war, noch die Rasse einen Einfluß ausübte auf das 
Resultat. Gegen Äther reagierten solche Tiere wie normale. Im Blute eines mit 14 g 
Chloroform je 100 Liter Luft zu Tode narkotisierten Tieres fand sich erstaunerlicher- 
weise mit 18 mg Chloroform in 100 g Blut weniger als bei normalen Tieren während der 
Narkose. Ebenso wie diese geringempfindlichen gab es auch gegen Chloroform über- 
empfindliche Kaninchen, bei denen die absolute Unempfindlichkeit bereits bei 5 g% 
Chloroformluft erreicht wurde. Eine Erklärung hierfür gelang dem Verf. nicht. Binz. 


.  Balkhausen: Beitrag zur Bedeutung der Leber-Schädigung nach Narkosen. 
(Chirurg. Univ.-Klin., Cöln-Lindenburg.) Dtsch. Zeitschr. f. Chirurg. Bd. 163, H. 5/6, 
S. 190—210. 1921. 

Die Arbeit befaßt sich mit der sog. protrahierten Chloroformvergiftung, von der 
5 Fälle, die mit Tod endeten, durch Krankengeschichten illustriert werden. Nach 
24 Stunden Wohlbefinden (nach Chloroformnarkose) kommt es zu Somnolenz, Delirien, 
Jaktationen und Konvulsionen und schließlich zum Tod im Koma. Nebenbei zeigt 
sich Erbrechen, Ikterus, im Urin Albumen, Zylinder, Urobilinogen und Gallenfarbstoff, 
der Puls ist frequent, klein, schließlich unregelmäßig, die Temperatur 33—40°. Es 
besteht manchmal profuser Schweiß und heftige Durchfälle. Der unglückliche Aus- 
gang ist auf das Konto einer irreparablen Leberschädigung zu setzen. Die Schädigung 
durch Chloroform tritt dann ein, wenn bereits andere Noxen auf die Leber gewirkt 
haben — hier Infektionen oder Intoxikation durch HCl — und wenn die Leber bereits 
an sich schwächer ist, was man allgemein beim weiblichen Geschlecht auf Grund der 
viel häufigeren Erkrankung dieses Organs annimmt. Tatsächlich sind alle 5 erwähnte 
Fälle Frauen. Verf. hält es demnach für einen Kunstfehler, bei Schwangerschaft und 
deren Toxikosen Chloroform zu verwenden. Ein 6. Fall, der in Heilung überging, 
wird angeführt, bei dem ebenfalls eine deutliche Leberschädigung vorhanden gewesen 
sein muß, während 2 weitere — ebenfalls geheilte — dies nicht so deutlich zeigen. Äther 
kann wie Chloroform zu Leberschädigung führen, doch nie so intensiv, bei Mischnar- 
kosen prävaliert Chloroform. Nach den bisherigen Erfahrungen dürfte anzunehmen 
sein, daß bei Inhalationsnarkose Chloroform nicht als Blutgift wirkt, und daB Auftreten 
von Bilirubinurie nach Narkose. auf Leberschädigung zu beziehen ist, ebenso das von 


A nk ee 


a ae aA 


8 Allgemein-chirurgische Fragen. 


Urobilin oder Urobilinogen im Harn. Verf. untersuchte daraufhin 100 Fälle und gibt 
das Resultat in 2 Tabellen wieder. Den Schluß der Arbeit bildet die Mitteilung des 
pathologisch-anatomischen Befundes und eine wiederholte, durch die Arbeit begründete 
ernste Warnung vor der Verwendung des Chloroforms sowohl für sich allein wie mit 
Äther zusammen. Binz (München). 


McMechan, F. H.: Safety-first in anesthesia. (Das Bestreben nach Verbesserung 
der Lebenssicherheit bei Narkosen.) Illinois med, journ. Bd. 40, Nr. 5, 8. 376 bis 
382. 1921. 

Das Vorkommen übler Zufälle bei Allgemein- wie Lokalnarkosen verlangt die 
Aufstellung fester Regeln für die Indikation und Technik derselben. Die Forderung, 
auch bei kurzdauerndem Ätherrausch ein Journal über den Verlauf der Narkose zu 
führen, soll die Aufmerksamkeit des Narkotiseurs erhöhen und dazu zwingen, sich vor, 
während und nach der Narkose in jeder Hinsicht über den Zustand des Patienten 
auf dem Laufenden zu erhalten. Außerdem wird wertvolles statistisches Material 
gewonnen. Die Sicherheit in der Prognosestellung ist Sache der Erfahrung, sie hängt 
ab von der Gesamtkonstitution des zu Operierenden und der Prognose des speziellen 
chirurgischen Falles. Einen wesentlichen Einfluß hat der Blutdruck, besonders die 
Amplitude, der Wert des Bruches licher Blutdruck soll nicht unter 1/, und nicht 
über 3/, sein, außerhalb dieser Grenzen erscheint der Fall inoperabel. (Moots - Toledo.) 
Mc Kesson hält das Sinken des diastolischen Druckes auf 20 mm und darunter und 
des systolischen auf 80 und darunter bei einer Frequenz von 120 und darüber und nor- 
malem Befund zu Anfang der Narkose für höchst bedenklich. Die Tabelle der Nationalen 
Narkose-Forschungsgesellschaft unterscheidet demnach 3 Klassen von Zirkulations- 
störungen. I. 15%, Überschreitung der Anfangspulsfrequenz bei gleichbleibendem 
Blutdruck, oder umgekehrt, — keine Gefahr. II. 15—25% Beschleunigung der Fre- 
quenz, 15—25%, Drucksteigerung — Gefahr besteht. III. Steigende Frequenz über 
100, dauerndes Abfallen des Druckes unter 80/20 über 20 Minten, — Todesgefahr. 
Eine weitere Methode zur Abgrenzung der Narkoseprognose fand Mc Kesson in 
der Reaktion des Blutdruckes gegen Sättigung mit Lachgas (Frequenz- und Druck- 
steigerung). In günstigen Fällen wird durch Sauerstoffzuführung augenblicklich der 
alte Zustand wiederhergestellt. Erfolgt auf Lachgas Depression, die durch Sauerstoff 
erst nach 3—5 Minuten überwunden wird, so dürfen nur ganz kurze kleine Eingriffe 
gewagt werden. Für große Operationen wird das Verfahren wiederholt, Frequenz- 
steigerungen von 25%, bei Drucksenkungen um 25%, die durch O nicht innerhalb 
5 Minuten kompensiert werden, sind auch unter günstigsten chirurgischen Umständen 
inoperabel. Sehr einfach ist die Atemprobe nach Stange, kann der Patient den Atem 
weniger als 20 Sekunden anhalten, so macht dies die Operabilität fraglich. Ausgedehnte 
Untersuchungen an Fliegern zeigten, daß das Verhalten gegenüber Sauerstoffverar- 
mung in der Einatmungsluft verschieden ist, was auch bei Narkosen zu berücksichtigen 
ist. Ganz besonders wird auch hingewiesen auf den erhöhten Sauerstoffbedarf Aus- 
gebluteter. Die systematische Ausführung der Atem-Anhalteprobe wurde überraschen- 
derweise sehr viele als narkosegefährdet erkennen lassen, die ohne die Probe mit sehr 
guter Prognose sorglos narkotisiert werden. Kann der Atem nur 25 Sekunden oder 
weniger angehalten werden, so ist eine Urin- und Blutanalyse nötig, ehe die Narkose 
ausgeführt wird. Die Arbeit schließt mit dem Bedauern, daß viele und wichtige Einzel- 
heiten wegen Raummangels nicht erörtert werden konnten, daß die Notwendigkeit 
der Kenntnis solcher Einzelheiten das Verlangen nach Spezialisten für Narkose recht- 
fertigt und illustriert dies durch einen Briefwechsel. Binz (München). 


Frenzel, Hermann: Bekämpfung des Narkose-Herzstillstandes durch intra- 
kardiale Adrenalininjektion. (Univ.-Klin.- u. Poliklin. f. Ohren-, Hals- u. Nasenkr., 
Greifswald.) Münch. med. Wochenschr. Jg. 68, Nr. 24, S. 730—732. 1921. 


Betäubungsmethoden. — Lokal-, Leitungs-, Lumbalanästhesie usw. 9 


b) Lokal-, Leitungs-, Lumbalanästhosie usw. 

Lundquist, Birger: Neuere Methoden zur Lokalanästhesie bei gynäkologischen 
Operationen. Geburtshilfl.-gynäkol. Sekt., Hygiea Bd. 83, H. 6, S. 193—196. 1921. 
(Schwedisch.) | 


Zimmerman, B. F.: Importance of complete analgesia in the use of local 
anesthesics. (Die Deutung vollständiger Analgesie bei der Anwendung von Lokalanäs- 
thesie.) Americ. med. Bd. 16, Nr. 8, S. 419—420. 1921. 


Miller, Albert H.: Anesthetic units of measurement. (Maßeinheiten in der 
Anästhesie.) Journ. of the Americ. med. assoc. Bd. 77, Nr. 6, S. 433-436. 1921. 

Bei der Lokalanästhesie ist wegen der Resorption außer der prozentua en Lösungszahl 
stets noch ‚das Gesamtgewicht der zugeführten Droge zu berücksichtigen. Für Lachgas- 
narkosen genügt die Messung nach Volumeneinheiten bei konstantem Strom und nach Pro- 
zenten des Stickstoffoxyduls und des Sauerstoffs in der Mischung bei intermittierender An- 
wendung. Zur Berechnung flüchtiger Narkotica, deren Hauptrepräsentant der Ather 
ist, muß überlegt werden, daß die Verdunstung variabe ist; sie hängt von atmosphärischen 
Druck, von der Erneuerung der Luft, der Ausdehnung der verdunsteten Obe:fläche und von 
der Temperatur des flüssigen Athers ab. Bei der Verdunstung wird der Ather ständig kälter; 
entsprechend verdampft auch zunehmend weniger Narkoticum. Diese konstante Verminde- 
rung haftet allen Methoden an, bei denen der Luftstrom über die Oberfläche des flüssigen Athers 
et wird. Genaue Messung ist nur möglich, wenn dem Luftstrom bekannte Mengen flüssigen 

thers zugeführt werden. Verf. hat einen Apparat konstruiert, um einen Behälter bei kon- 
stanter Temperatur mit flüssig erhaltenem Ather nur zum Teil zu füllen, während sich im 
übrigen Raum Atherdampf von konstanter Spannung befindet, die von der Flüssigkeitstempe- 
ratur abhängt; die gemischten Atherdämpfe ziehen in jedem gewünschten Prozentverhältnis 
ab. Dieser 12 Zoll lange, 2 Zoll breite und 3 Zoll tiefe Behälter wird durch eine elektrische 
Heizvorrichtung und einen Thermostaten auf konstanter Temperatur erhalten. Ein Wasser- 
bad umschließt die Ätherkammer; auf eine Öffnung ist ein Dreiwegehahn aufgesetzt, dessen 
Graduierung die prozentuale Mischung des abziehenden gesättigten Atherdampfes mit Luft 
gestattet. Kontrollhähne zeigen die Zufuhr an der Maske und die Exspirationsluft an. Als 
Maßeinheit dient die Atherspannung im Behälter (zur Dosierung in Prozenten ausgedrückt). 
Nach der Einleitung der Narkose wendet Verf. durchschnittlich 50% bei 90° F an. Zur Be- 
stimmung der Atherspannung wird folgende Formel angegeben: 
x 32 P 
~ 32 +83 (1,00 — P) ` 
X gibt die Volumenprozente an, wenn P die Gewichtsprozente ausdrückt. — 3 Abb. 
Wassertrüdinger (Charlottenburg). °° 


Propping, Karl: Zur Herstellung der Novocainlösungen. Zentralbl. f. Chirurg. 
Jg. 48, Nr. 47, S. 1723—1724. 1921. 

Warnung vor dem schematischen Ansetzen der Novocain-Suprarenintabletten 
mit „physiologischer‘‘ Kochsalzlösung, weil das nach Vorschrift des Deutschen Arznei- 
buches darin enthaltene Soda beide Stoffe leicht unwirksam macht. Deshalb entweder 


reine 0,9 proz. Kochsalzlösung oder Kaliumsulfat-Kochsalzlösung zu empfehlen. 
v. Schubert. 


Finsterer, Hans: Improvement in the various methods of local anesthesia for 
extensive abdominal operations. (Fortschritte in den verschiedenen Methoden der 
Lokalanästhesie für ausgedehnte Bauchoperationen.) Americ. journ. of surg. Bd. 34, 
Nr. 7, S. 205—208. 1921. | 

Die Lokalanästhesie ist die Methode der Wahl ın allen den Fällen, in denen die 
Anwendung 'einer Allgemeinnarkose für den Zustand der Patienten bedenklich er- 
scheint: Herz- und Lungenaffektionen, höheres Alter, Kachexie. Der Grund, daß in 
solchen Fällen oft eine Operation, wenn in Narkose vorzunehmen, abgelehnt werden 
muß, sollte dazu führen, der Lokalanästhesie eine größere Anhängerschaft zu gewinnen. 
Verf. hat 1500 Laparotomien in Lokalanästhesie mit geringer Mortalität ausgeführt. 
Die Infiltration der Region, in der der Bauchschnitt gemacht wird, genügt nicht. Bei 
allen Laparotomien müssen außerdem die zuleitenden Nerven zentripetal von der 
Incisionsstelle blockiert werden. Außerdem gehört zur schmerzlosen Ausführung z. B. 


10 Be = < Allgemein-chirurgische Fragen. 


einer Magenresektion die Injektion von 30—40 ccm (einer !/,proz. Novocainlösung) 
an der Basis des kleinen Netzes in das Ligamentum hepatoduodenale und an der Basis 
des Mesocolon transversum in den Peritonealüberzug des Pankreas, für die Dünndarm- 
resektion die Infiltration der Basis des Mesenteriums. Magen, Dünndarm und Gallen- 
blase können durch die Braunsche Splanchnicusanästhesie unempfindlich gemacht 
werden. Von 157 Magenresektionen hat Verf. Zweidrittel lediglich mit Lokalanästhesie 
ausgeführt, bei den übrigen mußte mit geringen Äthergaben nachgeholfen werden. 
Für besonders gefährlich hält Verf. die Anwendung der Allgemeinnarkose und Lumbal- 
anästhesie bei Fällen von Darmverschluß und Peritonitis wegen ihres ungünstigen 
Einflusses auf den hier schon sowieso herabgesetzten Blutdruck. Leichte Äthernarkose, 
die den Blutdruck steigert, in Kombination mit der beschriebenen Methode ist zu 
empfehlen. Der postoperative Verlauf gestaltet sich ungefährlicher. „Öperations- 
schocks“, die gefürchteten Lungenkomplikationen, soweit sie Folgen protrahierter 
Narkosen, bleiben aus. Bei lebensgefährlichen Magen- und Duodenalblutungen muß 
man Vorsicht in der Dosierung beobachten (nur !/‚proz. Novocainlösung). Verf. be- 
richtet über eine Anzahl von Operationen, deren gute Erfolge er der Anwendung der 
Lokal- bzw. Leitungsanästhesie zuschreibt. Von 279 Magen- und Darnıresektionen 
betrug die Mortalität 6,7%, bei 59 Dickdarmresektionen kamen nur 4, bei 185 Opera- 
tionen von akuter Appendicitis nur 1 Todesfall, von 8 Fällen diffuser Peritonitis nur : 
3 zur Beobachtung. O. Bokelmann (Berlin). 

Farr, Robert Emmett: Practical application of local anesthesia to surgery of 
the lower abdomen. (Praktische Anwendung der Lokalanästhesie für die Chirurgie 
des unteren Abdomens.) Americ. journ. of obstetr. a. gyn«col. Bd. 1, Nr. 8, S. 806 
bis 820. 1921. 

Die Untersuchung der Gründe für den zurzeit noch stark überwiegenden Gebrauch 
der Allgemeinnarkose gegenüber der Lokalanästhesie bei Operationen in der Unter- 
bauchgegend ergibt für erstere keine überzeugenden Beweise. Das Gefühl größerer 
Gefahrlosigkeit und Annehmlichkeit auf Grund von Erfahrung und Gewöhnung wird 
die Vorurteile bei den Patienten beseitigen. Die Wundheilung wird nicht beeinträchtigt. 
Die dem Chirurgen selbst entgegenstehenden Schwierigkeiten in Gestalt von Miß- 
erfolgen der Technik und erhöhter psychischer Beanspruchung während der Operation 
können durch Übung und einwandfreies Instrumentarium ausgeschaltet werden. Die 
Methode der Wahl ist die Schleichsche Infiltrationsanästhesie. Die Technik wird 
ausführlich behandelt: Langsame Injektion parallel zur Haut im subdermalen Fett- 
gewebe derart, daß die der Einstichstelle benachbarten Partien der Haut zunächst 
von unten her anästhesiert werden, unter gleichzeitigem Eindrücken der Haut von 
oben, macht die Prozedur so gut wie schmerzlos. Man ‚fühlt‘‘ die Fascie mit der Nadel 
und bemerkt dabei außerdem leichte Kontraktion der Muskulatur. Jetzt muß vor- 
sichtig weiter gegangen werden, bis das präperitoneale Fett erreicht ist, was man daran 
erkennt, daß ein fortwährender Flüssigkeitsstrom von der Nadel zu fließen beginnt. 
Das Peritoneum wird von der Flüssigkeit abgehoben und braucht nicht durchstochen 
zu werden. Erst nach Anästhesie aller Schichten beginnt die Incision, am besten unter 
Elevation der Haut mit Tuchklammern quer zur Verlaufsrichtung des Infiltrations- 
wulstes. Die Eröffnung des Abdomens darf keine Schmerzen bereiten. Beim Operieren 
an den vom visceralen Peritoneum umkleideten Organen ist zarte Handhabung der 
Instrumente, sanfte Applikation von Klemmen usw. erforderlich. Für die Anästhesie- 
rung der Beckenhöhle ist zunächst das Lgt. rotund. zu injizieren, und zwar in der Nähe 
der Abdominalwand. Nach Infiltration des Lgt. rot. und lat. ist man imstande, Append- 
ektomien und überhaupt alle einfacheren Beckenoperationen auszuführen. Selbst 
für weitgehende Resektionen im Bereich der Beckenorgane wird diecaudale Anästhesie 
in Beckenhochlagerung im allgemeinen für ausreichend gehalten (bisweilen Anästhesie 
bis zum 4. Thorakalnerven). 4 Unzen (4 x 2 Lot) einer halbprozentigen Prokainlösung 
geben dem Verf. die besten Resultate. O. Bokelmann (Berlin). 


Betäubungsmethoden. — Lokal-, Leitungs-, Lumbalanästhesie usw. 11 


Syms, Parker: Sacral anesthesia as applied: to genito-urinary ‚surgery. (Die 
-Sakralanästhesie in ihrer Anwendung auf die Chirurgie des Genital- und ap ) 


Internat. journ. of surg. Bd. 34, Nr. 6, 8. 191—194. 1921. 

Nach der Meinung des Verf. wird die Sakralanästhesie (bei Operationen) von dee Fach- 
welt vernachlässigt. Sie besitzt in ihrer Ungefährlichkeit bedeutende Vorteile und eignet 
sich besonders zur Anwendung bei Operationen in der Gegend des Anus. Mißerfolge lassen 
sich durch sorgfältige Technik fast ganz beseitigen. In klarer breiter Form und unter be- 
sonderer Berücksichtigung der Variabilität der anatomischen Verhältnisse wird die — im 
übrigen bekannte — Technik beschrieben und an mehreren Zeichnungen illustriert. Als 
beste Zeit des Operationsbeginns wird l Stunde nach der Injektion angegeben. Die An- 
ästhesie, die aber schon nach 20—30 Minuten erreicht ist, hält mehrere Stunden in vollkommener 
Weise an; sie betrifft die Umgebung des Anus, des Dammes, des Scortums und des Penis. Das 
Gefühl kehrt sehr langsam zurück, so daß die Patienten viel weniger an postoperativen 
Schmerzen zu leiden haben als nach anderen Anästhesierungsmethoden. Verf. hat eine Reihe 
von Operationen wie Hämorrhoidektomien, Anal-, Fistel- und Fissurenoperation, Prostat- 
ektomien, Eröffnung von Prostatabscessen, Urethrotomien, Blasendrainagen und Operationen 
am Scrotum (Hydrocele, Varicocele) mit bestem Erfolge ausgeführt. Auf Grund seiner guten 
Resultate stellt er die Forderung auf, die Sakralanästhesie nicht nur in den Fällen, die für All- 
gemeinnarkose und anderre Anästhesierungsverfahren ungeeignet sind, anzuwenden, sondern 
sie wegen ihrer völligen Gefahrlosigkeit auf dem für sie in Frage kommenden Gebiet zur Methode 
der Wahl zu machen. O. Bokelmann (Berlin). 


Hoffmann, Klaus: Über Sakralanästhesie. (Städt. Frauenklin. [.Dudenstift), 
Dortmund.) Zeitschr. f. ärztl. Fortbild. Jg. 18, Nr. 22, S. 638—640. 1921. 


Die Lumbalanästhesie hat mitunter uneren Nebenerscheinungen — langdauernden 
Kopfschmerz, Nackensteifigkeit, Augenmuskellähmungen, trophoneurotische Störungen. 
Diese vermeidet die Sakralanästhesie, bei der die Anästhesierungsflüssigkeit in den vom Periost 
ausgekleideten Sakralkanal eingebracht wird. Verf. hat folgende Methode angewandt: Abends 
vorher 0,8 Veronal, 1 Stunde zuvor 0,01 Morph. subcutan, !/, Stunde vorher 0,0003 Scopolamin 
haltbar. Patientin liegt in linker Seitenlage mit stark angezogenen Beinen. Abtasten der 
Cornea sacralica, die seitlich den als Fontanelle fühlbaren Hiatus sacralis flankieren. Einstich 
in den Sakralkanal mit besonderer Trokarnadel unter einem Winkel von 40—50° zur Haut. 
Sobald die Verschlußmembran des Sakralkanales perforiert ist, wird der Stahl von der Nadel 
herausgezogen und die am vorderen Ende stumpfe Nadel in einem Winkel von 20—30° zur 
Haut etwa 4 cm tief in den Sakralkanal vorgeschoben, so daß sie den Duralsack nicht durch- 
sticht. Letzteres — erkenntlich am Abfließen von Cerebrospinalflüssigkeit — kontraindiziert 
die Durchführung der Injektion. Während der Injektion Beckenhochlagerung um Anstechen 
des im Sakrankanal vorhandenen Venenplexus zu vermeiden und Beobachtung von Puls 
und Atmung. Bei bedrohlichen Erscheinungen sofortiges Unterbrechen der Injektion. Nach 
10 Minuten Warten — Beckenhochlagerung beibehalten — Beginn der Operation. Angewandt 
kann die Sakralanästhesie werden bei Operation an den Beinen, der Vulva, Vagina, Damm, 
ebenso bei allen größeren chirurgischen und gynäkologischen Laparotomien inklusive Leber- 
und Nierenoperationen. Gegenanzeigen: Hochgradige Verbildung des Beckens und dickes 
Fettpolster sowie Verknöcherung des Hiatus sacralis beim plattrachitischen Becken. Die Dauer 
der Anästhesie beschränkt sich auf 60—80 Minuten, daher bei längerdauernden Eingriffen 
später Narkose. Raeschke (Lingen a. d. Ems)., 


Eymer, Heinrich: Erfahrungen mit der Sakralanästhesie an der Heidelberger 
Universitäts-Frauenklinik. (Univ.-Frauenklin., Heidelberg.) Zentralbl. f. Gynäkol. 
Jg. 45, Nr. 2, S. 50—55. 1921. 

Sehr genaue, im Original nachzulesende Beschreibung der Technik der Sakral- 
anästhesie, wie sie an der Heidelberger Klinik grundsätzlich bei allen gynäkologischen 
Operationen angewendet wird. Unter 1647 Fällen ein Todesfall an Herzstillstand. 
Kurz nach der Injektion öfter Pulsbeschleunigungen und Kollapszustände, nie von 
ernsterer Bedeutung. Keinerlei postoperative Schädigungen. Technik: Dämmer- 
schlaf mit Veronal-Hyoscin-Holopon. In Knieellenbogenlage Einspritzung von 60 ccm 
einer 1,25proz. Lösung von Novocain, welche man sich aus den Tabletten nach be- 
sonderem Rezept frisch bereitet, aufgekocht und danach mit Suprarenin versetzt 
hat. Im Durchschnitt in 76%, einwandfreie Anästhesie, in 15,7%, nicht ganz voll- 
kommen, in 8%, Versager. Dann genügte kleine Inhalationsnarkose. In Anbetracht 
der von allen Seiten jetzt mitgeteilten schlechten Ertragbarkeit der Lumbalanästhesie 
ist die Arbeit von besonderem Interesse. v. Schubert (Berlin). 


12 Allgemein-chirurgische Fragen. 


Nürnberger: Über präsakrale Injektionen zu therapeutischen Zwecken. (Univ.- 
Frauenklin., Krankenh., Hamburg-Eppendorf.) Münch. med. Wochenschr. Jg. 68, 
Nr 8, S. 230—232. 1921. 

Beschreibung eines symptomatischen Behandlungsv rerfahrens von allerhand teils 
neuralgischen Zuständen, teils von chronisch entzündlichen Veränderungen im kleinen 
Becken, welche Kreuzschmerzen auslösen können. Bisher erprobt an 7 Fällen. In 
Analogie zu Langes Behandlung der Ischias mit Einspritzungen von dünnen Novocain- 
gemischen in die Substanz und unmittelbare Umgebung des Nerven, bringt Nürnber- 
ger in Steinschnittlage der Patientin von einer Einstichstelle je 11/, cm rechts und 
links der Steißbeinspitze mit einer 15 cm langen Nadel je 20 ccm der Lösung (0,1 Eu- 
cain ß, 0,8 Natr. chlorat., Aqu. dest. ad 100,0) unter kräftigem Druck vor die einzelnen 
Sakrallöcher, jedoch im ganzen nicht mehr als 140 ccm Lösung, wenn wirklich alle 
zehn Austrittsstellen getroffen werden sollen. Oft kommt man mit Einspritzungen 
auf der einen Seite aus, auf welcher am meisten über Schmerz geklagt wird. Erklärung 
wird teils in der mechanischen Einwirkung der Flüssigkeit auf die getroffenen Teile 
des zentralen, sowie sympathischen Nervensystems und die etwa chronisch entzündete 
Umgebung gesucht, teils in einer chemischen Reizwirkung des Eucains im Sinne der 
Erzeugung einer heilsamen Hyperämie. Eingehende Erörterung der Indikationen 
und der Grenzen des Verfahrens. v. Schubert (Berlin). 


Zangemeister, W.: Paravertebrale und parasakrale Leitungsanästhesie bei 
gynäkologischen Operationen. Zentralbl. f. Gynäkol. Jg. 45, Nr. 1, S. 1—6. 1921. 

Äußerst umständliches Verfahren. Zunächst Dämmerschlaf mit Kronal-Scopol- 
amıin-Narkophin. Für parasakrale Anästhesie jederseits 10 Spritzen zu ccm, für 
paravertebrale jederseits 30—35 zu 5cem einer !/,proz. Novocainlösung erforderlich. 
Dauer der Vorbereitung zur Operation etwa 1 Stunde. Bei 300 Operationen war 81 mal 
außerdem noch Inhalationsnarkose nötig. Bei eiligen Operationen nicht anwendbar. 
Besonders geübter Assistent erforderlich. Die Methode eignet sich für alle größeren 
oynäkologischen Operationen. v. Schubert (Berlin). 


Mayer, A.: Über die Wirkung der Lumbalanästhesie auf die glatte Muskulatur. 
(Univ.-Frauenklin., Tübingen.) Dtsch. med. Wochenschr. Jg. 47, Nr. 48, S. 1454 
bis 1455. 1921. 

3 Beobachtungen: 1. Abgehen von Stuhl bald nach der Einspritzung, welches 
nicht selten beobachtet wird. Es muß sich dabei um Kot aus den höheren Darmab- 
schnitten handeln, da der Enddarm gründlich entleert wird vor Operationen. Es wird 
eine Vermehrung der Darmperistaltik angenommen, die durch Wegfall einer sonst 
durch die sensiblen Bahnen vermittelten Hemmung erklärt wird. 2. Lösung von spa- 
stischen Darmkrämpfen durch die Lumbalanästhesie, die bei 2 Fällen von postoperativen 
spastischem Ileus so wirksam in Erscheinung trat, daß man die Operation nicht zu 
wiederholen brauchte. Diese zu obiger Beobachtung in Widersrpuch stehende Wirkung 
hat auch sonst ihre Analogie im vegetativen System, wo z. B. beim Uterus das Morfium 
bald eine wehenerregende, bald wehenschwächende Wirkung entfaltet, je nachdem’ es 
auf ein atonisches oder hypertonisches Erfolgsorgan trifft. 3. Auftreten von Blasen- 


lähmung nach Lumbalanästhesie — schließlich noch Hinweis auf Herabsetzung der 
Wehentätigkeit durch Lumbalanästhesie, über die Autor aber keine wesentlichen 
eigenen Beobachtungen bringt. v. Schubert (Berlin). 


Southam, A. H.: The value of spinal anaesthesia for urgency operations in 
the aged. (Der Wert der Spinalanästhesie bei dringenden Operationen im Alter.) 


Brit. med, journ. Nr. 3172, S. 592—593. 1921. 

Verf. empfiehlt auf Grund seiner günstigen Erfahrungen bei 50 Fällen die Spinal- 
anästhesie als Methode der Wahl bei dringenden Operationen an Patienten vorgeschrittenen 
Alters. Die Anästhesie versagte niemals, Schock, Lungen- oder andere Komplikationen 
wurden nicht beobachtet. Eine Beschreibung der Technik gibt nichts Neues. Als Injektions- 
ınittel verwendet er nach vorheriger Omnopon-Scopolaminvorbereitung die von Billon 


Betäubungsmethoden. — Lokal-, Leitungs-, Lumbalanästhesie usw. 13 


(Paris) hergestellte Barkersche Stovainlösung (je 0,5g Stovain und Glucose pro Kubik- 
zentimeter der Lösung) und injiziert davon 2 ccm. O. Bokelmann (Berlin). 
Bazgan, Jon: Lumbalanästhesie mit Stovain. Spitalul Jg. 41, Nr. 6, S. 227 
bis 229. 1921. (Rumänisch.) | l 
Genauere Beschreibung des Vergasens in der Klinik von Bardescu (Spital Bran- 
conrenesc). 2proz. Lösung von Stovain in 0,2 proz. Kochsalzlösung. Fraktionierte 
Sterilisation durch wiederholtes lstündiges Erhitzen auf 70°. Lumbalpunktion in 
sitzender Stellung von außerhalb der Medianlinie her. Ablassen von 10—20 ccm 
Liquor; mit diesem wird die erforderliche Menge Stovainlösung gemischt und dann 
wieder vorsichtig injiziert. Danach bleibt der Kranke noch etwa 5 Minuten in sitzender 
Stellung und wird dann zur Operation gelagert. Die Anästhesie ist nach weiteren 
8—12 Minuten vollständig. Dosis: 0,01 ctg Stovain für je 5 kg Körpergewicht bis zu 
0,1 ctg bei Operationen an den unteren Extremitäten und dem Damm, bis 0,12 oder 
0,16 ctg bei Operationen in der Bauchhöhle. Die Anästhesie hält etwa 1 Stunde an. 
Unter 2333 Fällen nie ein ernster Zwischenfall; 14 Versager. Stahl (Berlin)., 


Delmas, Paul: De la part à faire aux rachianalgesies chirurgicales. (Über 
Rückenmarksanästhesie in der Chirurgie.) Gaz. des höp. civ. et milit. Jg. 94, Nr. 63, 
S. 997—999. 1921. l 

Kritische Betrachtung der Rückenmarksanästhesie, ihre Gefahren, Technik, Er- 
folge. Gegenüberstellung mit den Nachteilen der Inhalationsnarkosen, bei denen außer 
den unmittelbaren Todesfällen, welche in den großen Statistiken erscheinen, auch 
noch die Spätschädigungen der inneren Organe, auch wenn sie nicht zum Tode 
führen, Berücksichtigung verdienen, und die großen subjektiven Beschwerden, 
was jeder Arzt bestätigen dürfte, der selbst eine Narkose durchmachen mußte. 
Demgegenüber hat die Rückenmarksanästhesie, wenn man die wenigen Gegen- 
indikationen bei schon vorher verletztem oder krankem Zentralnervensystem und 
seinen Häuten beachtet und keine groben technischen Fehler macht, so gut wie 
überhaupt keine Mortalität. Besprechung von 3 Fällen, in denen der ursächliche 
Zusammenhang von Rückenmarksanästhesie und Tod nur unsicher ist. Nicht wegzu- 
leugnen sind aber doch leichtere Schädigungen: Das Erbrechen in der ersten Viertel- 
stunde nach der Einspritzung wird zum Teil auf den Akt des Liquorabflusses als solchen 
zurückgeführt, nur zum Teil auf das Anästheticum bezogen. Es soll durch subcutane 
Morphiumgaben unterdrückt werden können. Das Kopfweh wird ebenfalls zum Teil 
auf die verminderte Liquornienge zurückgeführt, zum Teil als Reizwirkung des zur 
Lösung des Anästheticums verwendeten Wassers auf die Meningen erklärt. Es soll 
nicht auftreten, wenn dasselbe in Pulverform in Patientenliquor gelöst verabreicht 
wurde. Die Spätfolgen, wie Lähmungen werden, wenn von groben technischen 
Fehlern mit Verletzung des Rückenmarks abgesehen wird, überhaupt in Abrede ge- 
stellt und als Folgen luetischer und tuberkulöser Affektionen gedeutet, die nicht er- 
kannt wurden und zu ungerechtfertigter Beschuldigung der Anästhesie geführt haben 
sollen. (Die deutschen Erfahrungen lassen zum mindesten eine Lähmung des nervus 
abducens als sichere Folge der Rückenmarksanästhesie erscheinen.) Besondere An- 
feindungen hat die Rückenniarksanästhesie zu erleiden, wenn Unempfindlichkeit ober- 
halb des Nabels verlangt wurde. Hierzu gibt es zwei Wege: entweder hohe Punktion 
nach der Methode von Ionnesco, vor der als doch zu gefährlich gewarnt wird, oder 
das nachstehende Verfahren des Verf.: zunächst Entnahme einer großen Liquormenge, 
etwa 20 cem mit Luerscher Spritze, damit das Anästheticum im Duralsack ‚Platz 
findet‘‘, sich bis oben hin zu verteilen, sodann Hineinschleudern des Anästheticums mit 
großer Wucht, damit es durch seine lebendige Kraft alle Widerstände überwindet. 
Hierzu besonders weite und kurze Nadel zu empfehlen, die möglichst schnell durch- 
spritzt werden kann. Vor schädlicher Lähmung der Zentren im verlängerten Druck 
braucht man sich dabei nicht zu fürchten, sofern man nur ganz schwache Cocainlösungen 
nimmt,. etwa 1:500, welche ausschließlich die sensiblen Wurzeln treffen sollen. 


14 Ä ‚Allgemein-chirurgische Fragen. 


So soll es möglich sein, durch Einspritzung in der Lumbosakralgegend alle 
hinteren Wurzeln einschließlich Trigeminus: zu lähmen. — Bei der Wahl des Anästhe- 
ticums bevorzugt der Verf. das Cocain, nach besonderem Verfahren chemisch rein her- 
gestellt, in Pulverform ım Liquor in der Spritze zu lösen; als Dosis für die weit hinauf- 
reichende Anästhesie empfiehlt er 0,05 g — Adrenalinzusatz verwirft er, da durch 
Vasoconstriction reizend. — Die Ersatzmittel sind zwar weniger giftig, bedingen aber 
wegen geringerer Wirksamkeit höhere Konzentration, was schließlich noch gefährlicher 
ist. — Warnung vor verzettelten Dosen. v. Schubert (Berlin). 


Bumke, Oswald: Über Beschwerden nach der Lumbalpunktion. (Psychiatr. 


u. Nervenklin., Breslau.) Zentralbl. f. Chirurg. Jg. 48, Nr. 13, S. 449—450. 1921. 
‚Angeregt durch Klagen Küttners über schlechte Verträglichkeit der Lumbalanästhesie 
bei chirurgischen Fällen, teilt Bumke mit, daß seit 1915 auch die bloße Lumbalpunktion 
zu diagnostischen Zwecken auffallend schlecht vertragen wird, und macht allgemeine Fak- 
toren, wie die Ernährungsverhältnisse dafür verantwortlich. In der allerletzten Zeit soll 
sich auch die Widerstandsfähigkeit etwas heben. v. Schubert (Berlin). 


- Kaiser, Franz Josef: Die schädlichen Nebenwirkungen bei der Lumbalanästhesie 
und ihre Bekämpfung. (Chirurg. Univ.-Klin., Halle a. S.) Dtsch. med. Wochenschr. 
Jg. 47, Nr. 7, S. 178—180. 1921. 

Sorgfältige Untersuchungen über die Ursachen der auch dort seit Spätherbst 1917 be- 
obachteten schlechten Verträglichkeit der Lumbalanästhesie. Ratschläge auf Gegenanzeigen 
zu achten, wie jugendliches Alter (sonst wird gerade immer vor hohem Alter gewarnt. Der Ref.). 
Erkrankungen des zentralen Nervensystems, großer Blutverlust und Kollapszustände, zu 
denen sich nicht noch der weitere Kollaps der Lumbalanästhesie hinzugesellen soll. — Mehr- 
fache Änderungen des Präparates brachten keine Besserung. Empfehlung einer minutiösen 
Technik, die im einzelnen nichts Neues enthält. Keine Opium- oder Scopolamingaben vorher. 

v. Schubert (Berlin). 

Bloch, René et Hertz: Procédé de défense contre les accidents bulbaires de 
la rachianesthesie. (Bekämpfung der bulbären Störungen nach Lumbalanästhesie.) 
Presse med. Jg. 29, Nr. 53, S. 523. 1921. 

Bei mehr als 1000 Rachianästhesien, darunter an hundert oberhalb des Nabels, 
hatten Verff. Gelegenheit, die ganze Reihe der üblen Folgen zu beobachten, die man 
der Methode vorwirft. Diese übrigens sehr seltenen Zufälle haben sich als genügend 
gutartig erwiesen, um auch weiterhin die Rachianästhesie der Allgemeinnarkose vor- 
zuziehen, besonders bei Magen- und Gallenwegoperationen. Bei 4 schweren Kollaps- 
zuständen mit Atemstillstand — 2mal lumbale Stovaininjektion ohne Ablassen von 
Liquor, 2mal lumbal Syncain mit reichlicher Liquorentleerung und Anästhesie bis zu 
den Brustwarzen hinauf — wurde nach Versagen subcutaner Gaben von Coffein, 
Campher, Äther und nach Versagen der künstlichen Atmung (die übrigens einen un- 
zweifelhaften Wert hat und in dem einen Falle 1!/, Stunden lang ohne Besserung des 
Zustandes fortgesetzt wurde) intralumbal Coffein eingespritzt, 1 mal 25, 3 mal 12 cg, in 
der Hoffnung einer direkteren Wirkung auf die vergifteten Zentren des verlängerten 
Markes. In allen 4 mitgeteilten Fällen (und einem 5. der jüngsten Zeit) fast momentan 
oder nach wenigen Sekunden Verschwinden aller bedrohlichen Erscheinungen: Puls 
wieder kräftig, Atmung voll, regelmäßig, Besinnung zurückgekehrt! Auch in der 
Folgezeit keine weitere Störung, kein Kopfweh. Technik: Seitenlage, Lumbalpunktion, 
Liquor ablassen zur womöglichen Entfernung des noch nicht gebundenen Anaesthe- 
ticum; nach der Coffeininjektion Beckenhochlagerung. Subcutane prophylaktische 
Coffeininjektion hatte in 2 Fällen den Kollaps nicht verhindern können. Experimentelle 
Untersuchungen dieser eklatanten Coffeinwirkung ergaben, daß das Coffein nicht etwa 
als Antidot wirken kann; denn tödliche Stovaindosen blieben tödlich, wie hoch auch 
die injizierte Coffeindosis sein mochte. Es scheint das Coffein nur erregend auf die 
bulbären Zentren zu wirken. Darüber sind weitere Versuche im Gange. Tölken.°° 


Santy, P.: Que faut-il penser de anesthésie rachidienne? (Was soll man von 
der Rückenmarksanästhesie halten?) Lyon med. Bd. 130, Nr. 7, S. 293—302. 1921. 


“we Zi it mr 3 iO e 


Betäubungsmethoden. — Lokal-, Leitungs-, Lumbalanästhesie usw. 15 


. - Candea, A.: Die Rachianästhesie. (Staatskrankenh., AG [ Temesvar]. ) 
Wien. klin. Wochenschr. Jg. 34, Nr. 29, S. 353—355. 1921. 

Empfehlung der hohen Rückenmarksanästhesie auf Grund von 250 Fällen, die 
ohne ernste Störungen und ohne Todesfall durch das Verfahren verlaufen sind. Technik: 
Mit 8—10 cm langer, feiner Kanüle wird zwischen 2 Wirbeln eingegangen, und zwar 
je nach der unempfindlich zu machenden Gegend zwischen 3. und 4. Halswirbel (!), 
2. und 3. Brustwirbel, 7. und 8. Brustwirbel und 1. und 2. Lendenwirbel. Die beiden 
erstgenannten Orte hält der Verf. doch für zu gefährlich und rät, dann lieber andere 
Methoden anzuwenden. Dagegen sollen die beiden anderen Orte für Operationen am 
unteren Thorax und Abdomen jedem anderen Verfahren an Lebenssicherheit, Wirk- 
samkeit und Einfachheit überlegen sein, wobei vor allem die Ruhigstellung des Darmes 
angenehm ist. Verletzungen des Rückenmarkes sollen bei vielen tausend Injektionen 
nicht beobachtet sein. Wichtig, das Mittel langsam einzuspritzen, damit es am be- 
absichtigten Ort zur Wirkung kommt. Verf. nimmt jetzt als Mittel 1 ccm einer 10 proz. 
Tropacocainlösung (in Ampullen von Merck). Zur Anregung des Herz- und Atem- 
zentrums außerdem subcutan regelmäßig 0,002 Strychnin. Einspritzung geschieht im 
Sitzen, wonach der Patient langsam mit hochgelagertem Kopf hingelegt wird. Dauer 
der Anästhesie etwa 1 Stunde, doch kann man auch etwas länger operieren. Auch die 
allerschwersten Eingriffe, wie Operation einer großen Zwerchfellhernie, werden bei 
Injektion zwischen 7. und 8. Brustwirbel glatt vertragen. Es gibt keine Kontra- 
indikation. Keine besonderen Nachwirkungen. Einmal bei ausgeblutetem Patienten 
eine Apnöe, die nach künstlicher Atmung durch eine volle Stunde vorüberging. 

v. Schubert (Berlin). 

Plisson et Brousse: Étude sur la rachi-anesthésie. (Studie über Rückenmarks- 
Anästhesie.) Arch. de méd. et de pharm. milit. Bd. 74, Nr. 3, S. 293—313. 1921. 

Breit angelegte, hauptsächlich auf der Literatur und daneben 300 eigenen Fällen beruhende 
Studie über Lumbalanästhesie und alle ihre technischen Abarten. Auch die Methode, den 
ganzen Körper einschließlich Kopf von der Lumbosakralgegend aus gefühllos zu machen durch 
Ablassen sehr großer Liquormengen (30 ccm und mehr), die, mit dem Anaestheticum außer- 
halb des Körpers vermischt, wieder zurückgespritzt werden, findet wieder Erwähnung. Ebenso 
Schilderung der hohen Punktionen bis zum Halsmark herauf, Die Verff. raten, von diesen 
hoch hinaufreichenden Methoden abzusehen und sich mit der Lumbalanästhesie für die Opera- 
tionen unterhalb des Zwerchfells zu begnügen. An Todesfällen finden sie in einer Sammel- 
statistik über 20 000 Fälle 4, also 1 auf 5000; jedesmal hat es sich um Anästhesien an der Hals- 
wirbelsäule gehandelt. — Unter den Kontraindikationen findet sich an erster Stelle Arterio- 
sklerose, dann folgt Lues des Zentralnervensystems. Warnung vor Anwendungen bei Ent- 
bindungen wegen Gefahr der nachfolgenden Atonie des Uterus. v. Schubert (Berlin). 

Spehl, Georges: Un procédé d’anesthösie rachidienne. (Ein Verfahren der 
Rückenmarks-Anästhesie.) Gynécologie Jg. 20, Nr. 7, S. 410-422. 1921. 

Nach Schilderung der anderwärts noch gebräuchlichen Methoden kommt Verf. 
zu einer sehr genauen Beschreibung seiner eigenen Technik, die er an einer Brüsseler 
grnäkologischen Abteilung in 190 Fällen durchgeführt hat. Verwendung einer Luer- 
schen Spritze von 10 ccm, Punktionsnadel nach Quincke, 9cm lang, 1 mm lichte 
Weite. Anaestheticum Novocain, 4—5% , dieses letztere mit Adrenalinzusatz. Dosis 
höchstens 0,14 (die Dauer der Anästhesie hängt nur von der Dosis ab, die Ausbreitung 
dagegen von der Einstichstelle), dabei dauert die Anästhesie etwa 1!/, Stunden. Für 
kleinere Eingriffe, wie Curettagen (! der Ref.), kann man bis 0,06 heruntergehen. 
Punktion in Seitenlage, dabei der Kopf seitwärts der oberen Schulter zugeneigt, damit 
das verlängerte Mark auf alle Fälle höher liegt als die Punktionsstelle. Abtropfenlassen 
von 4—7 cem Liquor, Ansetzen der mit dem Anaestheticum beschickten Spritze, Voll- 
laufenlassen der Spritze, 5 Sekunden Warten zur Durchmischung, Injektion des halben 
Spritzeninhalts, 5 Sekunden Warten, wieder Vollaufenlassen der ganzen Spritze, In- 
jektion des ganzen Spritzeninhalts. Auf dem Operationstisch wird Beckenhochlagerung 
von 10 Grad gemacht und der Kopf bis zur 15. Minute nach der Injektion noch mit einem 
Kissen dem Brustbein stark genähert; danach kann er beliebig gehalten werden, da. 


16 Allgemein-chirurgische Fragen. 


nun das Novocain sich festgesetzt hat und nichte mehr für das verlängerte Mark zu 
befürchten ist. Jetzt kann auch Beckenhochlagerung bis 25 Grad gemacht werden. 
Wahl der Einstichstelle: 1. Lendenwirbelzwischenraum für Operationen an Leber und 
Magen, ‚2. Lendenwirbelzwischenraum für Niere, Darm, Uterus. Gegen die Kopf- 
schmerzen innerlich Urotropin oder Kombination von Antipyrin, Phenazitin, Coffein. 
„Entlastende‘‘ Punktionen brachten nie Besserung. Gegen das Erbrechen während der 
Operation Coffeininjektionen. i v. Schubert (Berlin). 
Chauvin et Moya: Note sur la rachianesthésie à la syncaïne-caféine. (Bemer- 
kungen über Lumbalanästhesie mit Syncain und Coffein.) Arch. franco-belges de 


chirurg. Jg. 25, Nr. 3, S. 223—225. 1921. 

Empfehlung, das nach dem Vorschlag von Hertz und Bloch zur Bekämpfung des 
bereits eingetretenen Atemstillstandes intralumbal zu gebende Coffein 0,25 lieber grund- 
sätzlich gleich bei der Anästhesie mit dem Novocain gemischt einzuspritzen, was den Verff. 
in einer Reihe von Fällen gute Resultate und keinerlei Störungen ergeben hat. v. Schubert. 


c) Hypnose, Suggestion. 

@ Schilder, Paul: Über das Wesen der Hypnose. Berlin: Julius Sar 1922. 
32 S. M. 9.—. 

Schilder entwirft mit großen Strichen das ihm gewordene Bild vom Wesen der 
Hypnose und sucht dabei psychologische und biologische Gesichtspunkte in Einklang 
zu bringen. Ausgehend von den Tatsachen der Hypnose sucht er die körperlichen 
Grundlagen zu erfassen, sie näher zu bestimmen und kommt zu dem Ergebnis, daß die 
Hypnose auf die stammesgeschichtlich alten Hirnteile wirkt. Die Tätigkeit der stammes- 
geschichtlich jungen Hirnrinde wird auf eine primitivere Stufe zurückgeführt. Auch die 
Affektivität, deren übereinstimmende Wirkung mit der Hypnose er betont, hat eine 
Zentralstelle in den phylogenetisch alten Partien des Gehirns. Zu analogem Schluß 
führt ihn die psychologische Analyse. Es ergibt sich stets, daß sich „die Hypnose an 
das phylo- und ontogencetisch Ältere wendet und daß das Urtriebhafte in ihr zum Aus- 
druck kommt“. Weiterhin erörtert er die Frage der Amnesie. Eine tatsächliche Amnesie 
kann die Hypnose nicht bewirken, es kommt nur zu einer Verdrängung der Gedächtnis- 
bilder. Die Hypnose wurzelt in der menschlichen Grundhaltung der Unterordnung und 
in der Sexualität. So sieht er in dem Verhältnis zwischen Hypnotiseur und Hypnoti- 
sierten eine selbstgewollte Unterordnung, eine ‚„lustvolle Hingabe“ des Individuums 
an den Hypnotiseur, dessen Aufgabe es nun ist, die ihm freiwillig eingeräumte Macht 
erzieherisch und somit therapeutisch nutzbringend zu verwerten. Verf. hat seine 
Ansicht in knapper, dabei aber klarer Form zur Darstellung gebracht. Die Arbeit 
enthält manches Neue, weshalb sie für jeden, der sich mit Hypnose befaßt, lesenswert 
und anregend sein dürfte. Schultze- Rhonhof (Heidelberg). 

Raefler, Johannes: Die Hypnose in der Gynäkologie. (Univ.-Frauenklin., Heidel- 
berg.) Zentralbl. f. Gynäkol. Jg. 45, Nr. 36, S. 1274—1278. 1921. - 

Verf. berichtet über die therapeutische Anwendung der Hypnose in der Gynä- 
kologie und gibt zunächst eine kurze Zusammenstellung von Fällen, die der Hypnose- 
behandlung zugängig und durch diese auch schon behoben worden sind (Vaginismus, 
Dyspareunie, Pruritus vulvae, Dysmenorrhöe, Menorrhagie, Amenorrhöe, chronische 
Obstipation, Hyperemesis gravidarum usw.). Er weist auf die unbedingte Erfordernis 
strengster Indikationsstellung hin, da bei Nichtbeachtung dieser Forderung Mißerfolge 
unausbleiblich sind, ja unter Umständen Schaden gestiftet werden kann. Dann berichtet 
er über 3 eigene Fälle — 1 Fall von Vaginismus und 2 Fälle von Dvsmenorrhöe —, 
die er hypnotisch mit gutem Erfolg angefaßt hat. Im ersten Fall handelt es sich um einen 
rein psychisch bedingten Vaginismus, ausgelöst durch Schmerzen bei der Defloration 
und den ersten Cohabitationen und die hierdurch bedingte Furcht vor dem Coitus 
überhaupt. Durch zweckentsprechende Suggestionen gelingt es, die Beschwerden zu 
beseitigen und die Frau auf einen normalen Geschlechtsverkehr einzustellen. Der Erfolg 
der Therapie ist anhaltend und eine Nachuntersuchung nach mehreren Monaten ergibt 


Betäubungsmethoden. — Hypnose, Suggestion. — Postoperative Erkrankungen 17 


eine Schwangerschaft im 4. Monat. — Im zweiten und dritten Fall handelt es sich 
um eine Dysmenorrhöe, einmal bei normalem Genitalbefund, zum anderen bei Retro- 
flexio uteri mobilis. Da auf Grund der Beobachtung die Beschwerden in beiden Fällen 
als rein nervöse angesehen werden, wird Hypnosetherapie eingeleitet, die auch zum Er- 
folge führt. Schultze- Rhonhof (Heidelberg). 

Raefler, Joh. und Fr. Schultze-Rhonhof: Die Hypnose bei vaginalen Kurs- 
untersuchungen Schwangerer. (Unw.-Frauenklin., Heidelberg.) Zentralbl. f. Gynäkol. 
Jg. 45, Nr. 36, S. 1270—1273. 1921. 

Zur Beseitigung der sich bei vaginalen Kursuntersuchungen Schwangerer seitens 
dieser oft ergebenden Schwierigkeiten, die auf Angst- und Schamgefühl oder auch auf 
Schmerzempfindungen beruhen, wird die Heranziehung der Hypnose empfohlen, eine 
Methode, die an der Heidelberger Frauenklinik gute und gleichmäßige Erfolge gezeitigt 
hat. Vorteile dieser Methode sind: Absolut ruhiger Verlauf des Kurses, kein Sträuben, 
keine Schmerzäußerung. Nach dem Erwachen Wohlbefinden der Schwangeren und 
somit auch kein Ausfall derselben bei der ihnen übertragenen Hausarbeit. Der ruhige 
Verlauf des Kurses erleichtert dem Leiter Überblick und Leitung, die ruhige Lage der 
Schwangeren und die bei ihnen durch die Hypnose bedingte Muskelschlaffheit bewirken 
ein schonenderes, exakteres und somit richtigeres Untersuchen seitens der Studenten. 
Lagerungsschwierigkeiten werden durch den hypnotischen Schlaf nicht geschaffen. 
Der Schlaf und die Erinnerungslosigkeit für die Vorgänge während desselben schützen 
die Frauen vor Verletzung ihres Schamgefühls und hindern das Aufkommen von Furcht 
vor späteren Untersuchungen. Nachteile der Methode sind das Mehr an Arbeit, das 
Vorbereitung und Leitung der Hypnose bedingen (es sei denn, daß der Hypnose sowieso 
für den hypnotischen Dämmerschlaf bedurft wird) und die Mehrerfordernis eines 
hypnotisierenden Arztes, da der Kursleiter durch seine Tätigkeit nicht zu einer hin- 
reichenden Beobachtung der hypnotisierten Objekte in der Lage ist. Alles in allem 
halten aber die Verff. die idealen und praktischen Vorteile der Methode für so bedeutend, 
daß sie Nachprüfung der Methode empfehlen und glauben, daß der Prüfende Anhänger 
der neuen Methode wird. Technik: Einschläferung der über die vorzunehmende 
Untersuchung vorher unterrichteten Schwangeren !/, Stunde vor Kursbeginn. Ein- 
prägung folgender Suggestionen: Tiefer Schlaf bis zum Befehl, zu erwachen — voll- 
kommene Anästhesie des Leibes, Rückens, Dammes und der Geschlechtsteile — Amnesie 
für alle Vorgänge während des Schlafes — Taubheit für alle Geräusche, außer für die 
Stimme des Hypnotiseurs. Nach Beendigung des Kurses werden die Suggestionen 
noch einmal wiederholt und die des vollständigen Wohlbefindens nach dem Erwachen 
hinzugefügt. Dann werden Anästhesie und Taubheit desuggeriert, nur die Anästhesie 
des Dammes und der Geschlechtsteile bleibt posthypnotisch für weitere 48 Stunden 
bestehen, um die im Scheidenrohr durch die Untersuchung entstandene Schwellung 
und dadurch bedingte Schmerzen unempfunden abklingen zu lassen. 

F. Schultze- Rhonhof (Heidelberg). (Eigenreferat.) 


3. Postoperative Erkrankungen. 
Thrombose, Embolie, lieus, Peritonitis usw. 


Thomson, H. Torrance: Post-operative morbidity in its relation to general 
anaesthesia. (Postoperative Morbidität in ihrer Beziehung zur Allgemeinnarkose.) 
Edinburgh med. journ. Bd. 26, Nr. 6, S. 356—368. 1921. 

Im Interesse der Patienten ist es nötig, sich vor der Operation mehr mit der Kon- 
stitution und nachher mit dem Allgemeinbefinden vom Gesichtspunkt der Narkose 
zu befassen. Die häufigste unangenehme Folge der Allgemeinnarkosen ist die Übelkeit 
mit oder ohne Erbrechen, entweder nur kurz nach dem Erwachen oder für längere Zeit, 
was wichtig zu unterscheiden ist. Die Ansichten darüber, inwieweit die Acidose Ursache 
der Übelkeit ist und wie ihr vorzubeugen sei, sind geteilt, prophylaktisch scheint die 
Gabe von Natriumbicarbonat 24 Stunden a. op. günstig zu sein. Empfehlenswert ist 


Jahresbericht f. d. ges. Gynäkologie 1921. 2 


18 Allgemein-chirurgische Fragen. 


die Beachtung folgender Punkte: Hungerkuren und Darmentleerungen erhöhen die 
Neigung zur Acıdose. Atropin und Morphium verringern die Salivation, dadurch die 
Brechneigung, und die notwendige Menge Narkoticum, — dadurch die unerwünschten 
Nebenwirkungen der Narkotica. Die Wahl des Narkoticums ist Sache persönlicher 
Erfahrung, im allgemeinen ist Lachgas-Sauerstoff günstiger als Chloräthyl, Äther und 
Chloroform. Einschleichen in die Narkose und geringstmöglicher Verbrauch an Narko- 
tica ist erwünscht, Umbetten auf ein Minimum zu beschränken, die operativen Manipula- 
tionen sollten besonders bei Laparotomien sorgfältig ausgeführt werden, dem Vor- 
wärmen der Atmungsluft legt Verf. keine übertriebene Bedeutung bei. Bei Kom- 
plikationen von seiten der Atmungsorgane ist der Anteil der Narkose an ihrer Ent- 
stehung schwer feststellbar, allgemein gilt Äther als am gefährlichsten in dieser Hinsicht. 
Nur bester reinster Narkoseäther sollte verwendet werden, bei Lungenaffektionen ist 
er besser zu meiden. Prophylaktisch ist bei Äthernarkosen Atropin zu geben, Schutz 
vor Abkühlung des Körpers ist nötig, das Vorwärmen der Atemluft jedoch kaum. Für 
die Herbeiführung des Schocks bei Allgemeinnarkosen scheint nach Fraser die Acidosis 
im Sinne der einfachen Reduktion des Bicarbonats nicht wesentlich zu sein. Diese 
Reduktion scheint eine Folge ungenügender Oxygenisierung der Gewebe infolge 
gestörter Zirkulationsverhältnisse im Capillarsystem, weniger infolge der Ver- 
nıinderung der Sauerstoffträger zu sein. Die Hauptursache für den Narkoseschock 
scheint ein langdauernder zunehmender Fall des Blutdruckes zu sein, dessen 
Ursachen verschiedener Art sein dürften. (Nervöse, toxische, thermische Reize 
und Blutverluste.) Kurz vor, während und nach Operationen zeigt sich unabhängig 
von der Art der Narkose Verminderung der Alkalireserve, die nicht notwendig zu einer 
Acidosis führt und gewöhnlich keine Erniedrigung des Blutdruckes zur Folge hat. 
Liegt eine Acidosis vor, so fällt während der Operation in der Narkose die Blutkapazität 
für CO,, ebenso der Blutdruck, wodurch der Patient in ernste Gefahr kommt. Im 
Tierexperiment zeigte sich, daß Äther bei normalen Tieren den Blutdruck kaum be- 
einflußt, daß durch irgendwelche Schäden in Schockzustand versetzte Tiere durch 
Ather jedoch eine Blutdruckerniedrigung zeigen, die bei Lachgassauerstoff nicht ein- 
tıitt. Da also das Narkoticum von wesentlichem Einfluß ist für die Erniedrigung des 
Blutdruckes und die Entstehung gefährlicher Schocks, so wäre Lachgasnarkose als 
Methode der Wahl anzusehen, wenn die Umstände für diese etwas umständliche Narkose 
günstig sind. Verf. weist auch darauf hin, wie wesentlich es für die Gefahrlosigkeit 
einer Narkose ist, daß der Operateur nicht zu hohe Anforderung an die Tiefe der Narkose, 
an die Entspannung der Bauchdecken stellt, sondern mit der geringstmöglichen Narkose- 
tiefe im Interesse der Narkose-Lebenssicherheit sich begnügt. Weiterhin ist die Be- 
ruhigung des Patienten a. op. eventuell durch Morphium oder Scopolamin zu erzielen, 
entsprechend dem von Crile betonten außerordentlichen Einfluß psychischer Faktoren 
auf die Entstehung des Schocks. Crile geht so weit, um späterhin den Wundschmerz 
zu vermindern, bei Bauchoperationen in einiger Entfernung vom Schnitt Chinin und 
salzsauren Harnstoff (!/,—!/,proz. Lösung) einzuspritzen, diese Lokalanästhesie hält 
tagelang an. Da das Abführen und Fasten ante op. iu gewissen Grenzen trotz seiner 
oben erwähnten Schädlichkeit notwendig ist, empfiehlt Verf. auf Grund der Darlegungen 
Frasers, Cannonsund Lowells vor der Operation Natriumbicarbonat zu geben. Binz. 

Hanser, Robert: Thrombose und Embolie. Ergebn. d. allg. Pathol. u. pathol. 
Anat. d. Menschen u. d. Tiere Jg. 19, 2. Abt., S. 147—327. 1921. 

Sammelreferat über Thrombose und Embolie, in welchem sich der allgemeine Teil 
mit den noch bestehenden Streitfragen über die Entstehung der Thrombose, der Histo- 
logie der Thromben und der Genese der Blutplättchen befaßt, während im speziellen 
Teil die Thrombosen der Arterien, Venen, Pfortader, der Vena hepatica und Gehirn- 
sinus besprochen werden. Das Kapitel über Embolie ist in Lungenembolie, in Embolie 
des großen Kreislaufs, Embolie der Arteria centralis retinae, die Fett-, Luft- und 
Parenchymembolıe eingeteilt. Thorel (Nürnberg). °° 


Postoperative Erkrankungen. 19 


Chauvin, E.: La fréquence des throınboses et des embolies post-op£ratoires. 
(Die Häufigkeit der Thrombosen und Embolien nach Operationen.) Gaz. des höp. 
civ. et milit. Jg. 94, Nr. 60, S. 949—953. 1921. 


Der Verf. gibt gestützt auf die vorliegenden, meist deutschen Statistiken eine zusammen- 
fassende Übersicht, wie oft nach Operationen Thrombosen und Embolien auftreten. Im Durch- 
schnitt ergibt sich aus den verschiedenen Statistiken, daß man bei 1000 großen Operationen 
auf 12 Thrombosen rechnen muß und auf 1,9 Todesfälle durch Embolien. Die Häufigkeit dieser 
Zwischenfälle hängt etwas von der Art der Operation ab. Unter den gynäkologischen Opera- 
tionen hat man, besonders bei der abdominalen Totalexstirpation vom Bauche aus, wegen 
Myomen und Carcinomen Thrombosen und Embolien. Bei Adnexoperationen sind sie viel 
seltener, ebenso bei Vaginaloperationen. Von chirurgischen Operationen sind vor allem die 
Prostatektomien gefürchtet, dann in abnehmendem Maße die Magendarmoperationen, die 
Gallensteinoperationen und die Gefäßoperationen. Bei diesen Operationen treten Thrombosen 
noch häufiger auf als bei gynäkologischen Totalexstirpationen. Rost (Heidelberg)., 


Rupp, Adolf: Postoperative Thrombose und Lungenembolie. (Stadtkrankenh., 
Chemnitz.) Arch. f. klin. Chirurg. Bd. 115, H. 3, S. 672—688. 1921. 

Verf. hat aus einem Sektionsmaterial von 13 000 Leichen die tödlichen Thrombo- 
embolien zusammengestellt und vergleicht die, welche im Anschluß an Operationen 
verstorben sind, mit jenen, bei denen innere Krankheiten zugrunde lagen. Unter 
12 971 Sektionen innert 18 Jahren fanden sich 657 Embolien a. p. resp. Lungeninfarkte 
= 5%, aller Sektionen; darunter 290 = 2,2%, Männer, 367 = 2,9%, Frauen. Nach inne- 
ren Krankheiten 601 = 4,7%. Nach Operationen 56 = 4,43%. Von 22689 innert 
18 Jahren Operierten starben an Embolie oder Thrombose 0,26%, davon 25 Männer, 
31 Frauen. Verf. kommt zu nachstehenden Schlußfolgerungen: In der Ätiologie der 
Embolie und Thrombose kommen bei den chirurgischen, wie bei den internen Fällen 
dieselben ursächlichen Momente in Betracht. Neben Herz-, Gefäß-, Nieren- und Lungen- 
erkrankungen, deren Vorhandensein sich nicht nur bei den internen Fällen, sondern 
auch bei Operierten, auch unter 40 Jahren feststellen ließ, macht Verf. für die Ent- 
stehung der Thrombenbildung folgende Faktoren verantwortlich: In erster Linie die 
Stromalteration, zu der dann noch Veränderungen in der Blutbeschaffenheit und Gefäß- 
schädigungen hinzutreten. Daß auch die Blutalteration eine Rolle spielt, beweisen die 
zahlreichen Thrombosenbildungen bei Carcinomkranken, Öperierten wie nicht Ope- 
rierten. Wie die gynäkologische Statistik zeigt, begünstigt auch die Blutalteration bei 
Myomen die Thrombosenbildung. Chlorose, Leukämie, Diabetes scheinen wenig zu 
Thrombose zu disponieren. Von sekundärer Bedeutung ist die Infektion, wie die 
seltenen Fälle von Thrombose nach Magen- und Darmoperationen, und das fast voll- 
ständige Fehlen der Embolie bei Appendicitis dartun. Hingegen liegt in der behinderten 
Zwerchfellatmung bei Laparotomien ein wichtiger Faktor, wodurch der Rückfluß 
aus den Becken- und unteren Extremitätenvenen behindert ist. So erklärt sich die 
relativ hohe Prozentzahl der Thrombosen bei Laparotomierten. Die Narkose scheint 
ohne Bedeutung zu sein. Ein Unterschied gegenüber den in Lokalanästhesie Operierten 
besteht nicht. Das häufigste Auftreten der Embolie ist in den ersten 7 Tagen zu ver- 
zeichnen; darauf Abnahme bis in die 4. Woche hinein. Bei der Lokalisation überwiegen 
die Vena femoralis und iliaca, und zwar die linke, wegen der ungünstigen Abflußbedin- 
gungen. Als rationelle Prophylaxe führt Verf. an: Gründliche Vorbereitung des Patien- 
ten zur Operation in Rücksicht auf Herz, Lungen, Nieren. Fernhalten aller Einflüsse 
während und nach der Operation, die Erkrankung dieser Organe herbeiführen können. 
Vermeidung der Abkühlung während der Operation, sorgfältiges Operieren, Kochsalz- 
infusionen, Lungengymnastik, Herzmittel, Massage usw. Schultheiss (Basel). 

Farrar, Lilian K. P.: The incidence of pulmonary embolism and thrombosis 
tollowing hysterectomy for myoma uteri. (Das Vorkommen von Lungenembolie 
und Thrombose nach Hysterektomie bei Uterusmyom.) Americ. journ. of obstetr. 
a. gynecol. Bd. 2, Nr. 3, S. 286—296. 1921. 

Nach einer längeren Einführung mit Darstellung der pathologischen Zustände 
und Vorgänge der Embolie und Thrombose, auf der Basis der grundlegenden Lehren 


Ir 


230 Allgemein-chirurgische Fragen. 


Virchows, wird zunächst mit Hilfe deutscher und ausländischer Statistiken fest- 
gestellt, daß die Zahl der postoperativen Embolien bei den verschiedenen Operationen 
erheblichen Schwankungen unterworfen ist (in den 10 gegebenen Statistiken 0,19 bis 
5,3%). Die überwiegende Mehrzahl aller postoperativen Lungenkomplikationen 
werden durch Thrombose oder Embolie verursacht, wobei nach Welsch der primäre 
Thrombus häufiger als angenommen in den mittelgroßen und kleineren Zweigen der 
Pulmonalarterien zu suchen ist, nach Pitt häufiger als in allen anderen Venen oder 
Arterien des Körpers. Die Quelle der Lungenembolie und Thrombose ist eine Throm- 
bose der Venen des Beckens, der unteren Extremitäten oder des rechten Herzens. 
Er überwiegt die der Beckenvenen. Die tödlichen Lungenembolien treten meist bald 
nach der Operation auf, bisweilen schon nach wenigen Stunden, jedenfalls innerhalb 
der ersten 8 Tage post op., selten während der Operation selbst oder in ihrem unmittel- 
baren Gefolge. Die klinischen Symptome der Lungenembolie und Thrombose sind ein- 
ander ähnlich. Nach Levis A. Connor wurden zweckmäßigerweise 3 verschiedene 
Gruppen unterschieden: 1. Reiben und Knisterrasseln über einer beschränkten Partie 
als die einzigen Symptome, oft nur 2—3 Tage dauernd. 2. Symptome einer beschränk- 
ten, circumscripten Pneumonie; aber die Verdichtung breitet sich nicht aus und die 
Symptome schwinden in 3—4 Tagen (im Zweifelsfalle Rö!). 3. Zeichen ausgedehnter 
Pleuritis mit oder ohne Exsudat. Die Thrombose und Embolie kommt häufiger nach 
Hysterektomien bei großen Myomen, seltener nach Operation von Adnextumoren vor. 
Die Ursachen sind herabgesetzte Zirkulation auf Grund von Ektasien venöser Stämme, 
venöse Stase, herabgesetzter Blutdruck infolge Blutung oder Schock, Herzinsuffizienz, 
Infektion. Die Behandlung liegt in der Prophylaxe: Kräftigung des Herzens und 
Hebung des Hämoglobingehaltes, 5—7 tägige Bettruhe vor der Operation, um bei großen 
Myomen den Druck auf die Venen abzuschwächen, Bluttransfusionen vor der Operation 
bei hochgradigen Anämien, Hochaltung des Blutdruckes während der Operation 
durch intravenöse Gaben von Gummi-Zucker. O. Bokelmann (Berlin). 

Norris, F. A.: Post-operative pulmonary complications. (Postoperative Lungen- 
komplikationen.) Illinois med. journ. Bd. 40, Nr. 4, S. 288—289. 1921. 

Verf. berichtet über 13 Fälle von postoperativen Lungenkomplikationen unter 
2080 von ihm ausgeführten Operationen. Siebenmal handelte es sich um Pneumonie, 
sechsmal um Lungenembolien. Diese Zustände folgten mit einer einzigen Ausnahme 
abdominalen Eingriffen. Lungenerscheinungen vor der Operation bestanden in 
2 Fällen, hohes Alter (76) einmal. Von den Pneumonien berichtet Verf. über einen 
tödlichen Ausgang, die 6 Fälle von Lungenembolie, denen kurze Krankheitsberichte 
beigegeben werden, endeten alle letal. Bei allen diesen Operationen wurde Äther oder 
Äther und „Gas“ zur Narkose verwandt. Die (kleineren) Embolien werden auch für 
die Entstehung der Pneumonien verantwortlich gemacht. Hypostase, schlechte Blut- 
stillung, überflüssiges Manipulieren im Operationsfeld, Bewegungsmangel der operierten 
Körperregion (Abdomen!), herabgesetzte Vitalität, Notoperationen werden als den 
gefährlichen Vorgang begünstigende Faktoren angesehen. Diese Faktoren nach Mög- 
lichkeit zu eliminieren, ist die Aufgabe der Therapie. O. Bokelmann (Berlin). 

Serimger, F. A. C.: Postoperative massive collapse of the lung. (Postoperativer 
massiver Kollaps der Lunge.) Surg., gynecol. a. obstetr. Bd. 32, Nr. 6, S. 486 bis 
492. 1921. 

Verf. beschreibt unter Beigabe von Krankengeschichten und instruktiven Röntgen- 
aufnahmen 7 Fälle von postoperativem massivem Lungenkollaps aus einer Serie von 
540 aufeinanderfolgenden Operationen. Die Fälle beziehen sich auf 4 Operationen von 
Inguinalhernien, 2 Appendektomien, 1 Hämorrhoidektomie. Die Symptome setzten 
innerhalb der ersten 24 Stunden post op. ein: kurze rasche Respiration, Dyspnöe, 
Schmerzen in der befallenen Seite, Husten, später Auswurf, zuweilen mit Blut. Sie 
dauerten 2—4 Tage an. In 3 Fällen verschwanden sie mit auffallender Plötzlichkeit. 
Ein sehr charakteristisches objektives Symptom ist die Verdrängung des Herzens auf 


Postoperative Erkrankungen. 21 


die erkrankte Seite. Außerdem sind die physikalisch und namentlich röntgenologisch 
feststellbaren Zeichen der Lungenverdichtung vorhanden. Sehr bemerkenswert ist die 
plötzliche Änderung des Untersuchungsbefundes bei der raschen Rückkehr zum nor- 
malen Zustand. Die Diagnose macht keine Schwierigkeiten, aber die Erklärung des 
Vorganges ist noch unbefriedigend. Verf. sucht die Unzulänglichkeit der älteren Auf- 
fassungen wie Funktionsverlust der anliegenden Lungenpartie durch halbseitige 
Zwerchfellähmung auf.reflektorischem Wege (Pasteur 1890 und 1908) oder infolge 
entzündlicher Affektionen der Zwerchfellpleura (J. Charlton Brisco 1920) usw. 
durch folgende Befunde zu begründen: 1. Die wirkliche Lungengröße ist beim Kollaps 
oft kleiner als sie bei exspiratorischer Stellung des Thorax und Zwerchfells sein dürfte, 
2. Die schnelle Rückkehr zum normalen Zustand schließt die Wahrscheinlichkeit aus. 
daß die auffallende Dichtigkeit des Röntgenschattens durch Konsolidierung oder An- 
sammlung von Flüssigkeit bedingt sei. 3. Das Zwerchfell findet sich bisweilen noch in 
unbeweglichem Hochstand, wenn die Lungenausdehnung bereits wieder fast völlig 
eingetreten ist. Ausgehend von der bekannten Tatsache, daß bei Verlegung der Bron- 
chiolen die retinierte Luft in wenigen Stunden absorbiert wird und eine Atelektase 
der betroffenen Lungenpartien resultiert, versucht Verf. gestützt auf klinische und 
experimentelle Beobachtungen eine Anschauung vom Zustandekommen des Kollapses 
durch Spasmen der Bronchiolen als der primären Ursache zu begründen. Diese Spasmen 
sollen auf reflektorischem Wege durch den Vagus erfolgen bei Reizung der verschiedenen 
peripheren Nervengebiete (Nasengänge, Eingeweide, Niere usw.) und finden ihre Unter- 
stützung in subsequenter Schleimabsonderung. So kommt es zum Verschluß als zum 
ersten Stadium des Kollapses kleinerer oder größerer Lungenpartien. O. Bokelmann. 


Hesse, Erich: Über die Embolie und Thrombose der Aorta abdominalis und 
ihre operative Behandlung. (Chirurg. Abt. f. Männer, städt. Obuchow-Krankenh., 
Petersburg.) Arch. f. klin. Chirurg. Bd. 115, H. 4, S. 812—867. 1921. 

Verf. bespricht an Hand von 70 Literaturfällen und 2 eigenen Beobachtungen 
aus dem Obuchow-Krankenhause zu Petersburg die Pathologie, Prognose und Therapie 
des embolischen und thrombotischen Aortenverschlusses. Neben den Embolien wur- 
den ın dieser Sammelstatistik lediglich die obturierenden, nicht jedoch die wand- 
ständigen Thrombosen berücksichtigt. Die letalen Fälle sind mit vier Ausnahmen 
durch die Autopsie bestätigt. Die vom Verf. beschriebenen Beobachtungen waren 
folgende: 

I. Eine 30jährige Frau, mit den Symptomen einer alten Endokarditis, wurde in der 
Rekonvaleszenz nach Grippe, beim Aufstehen, von einer Aortenembolie betroffen. Es zeigte 
sich, neben plötzlich eintretendem Schmerz, erst im linken Fuß, dann im rechten Bein und 
rechten Unterbauch, eine vollständige sensible und motorische Lähmung der unteren Extremi- 
täten nebst Zeichen schwerster Zirkulationsstörung. Daneben Symptome von seiten der 
Niere, bestehend in Schmerzen, Albuminurie und Cylindrurie. Exitus am 4. Tag. |Keine 
Autopsie. II. 22jähriger Mann. Rekonvaleszent nach schwerem Abdominaltyphus. Am 
20. Tag nach Beginn der Erkrankung und vorausgegangenen Erscheinungen von Herzinsuffi- 
zienz, plötzlich heftige Schmerzen in beiden Beinen. Motorische und vorübergehend sensible 

ähmung, links stärker wie rechts, Zirkulationsstörungen. Beginnende Gangrän beiderseits. 
Pulslosigkeit beider Femorales. Rectum und Blase intakt. 4 Tage nach Beginn Versuch der 
Thrombenextraktion in Lokalanästhesie. Retrograde Sondierung der Iliaca externa und conı- 
munis mit der Kehrschen Gallensteinsonde von der linksseitigen Femoralis aus ergibt einen 
Verschluß der Aorta oberhalb der Bifurcation. Der Thrombus erwies sich als stark adhärent. 
Ein 5cm langes Stück konnte entfernt werden. Nun mußte erst links und 2 Tage später auch 
rechts der Oberschenkel amputiert werden. Heilung. Demonstration 4 Monate später am 
russischen Chirurgenkongreß. 

Auf Grund seiner Zusammenstellungen kommt Verf. zu folgenden Ergebnissen: 
Der Aortenverschluß findet sich bei beiden Geschlechtern in nahezu gleicher Zahl. 
Differenzen in der Häufigkeit zeigen sich nur bezüglich der Embolien und Thrombosen. 
Bei 43 statistisch verwertbaren Fällen von Embolien waren 25 Männer und 18 Frauen 
beteiligt, während das entsprechende Verhältnis bei Thrombosen 5 : 12 betrug. Im 
Kindesalter ıst der Aortenverschluß ein sehr seltenes Vorkommnis (5 Fälle). Es handelte 


a. u un" 1 +. 


22 Allgemein-chirurgische Fragen. 


sich ausschließlich um Embolien. Ätiologisch kommen hier die mit kongenitaler Lues 
in Zusammenhang stehenden Gefäßveränderungen in Betracht. Ebenso selten ist die 
Aortenobturation im Greisenalter (3 Fälle). Die größte Zahl der Fälle weist das dritte 
und vierte Dezennium auf. Ätiologisch spielen in erster Linie Erkrankungen des Herzens 
eine Rolle. Verf. fand bei der Durchsicht der autoptischen Befunde 38 mal endokar- 
ditische Prozesse vor, und zwar handelte es sich in 500% der Fälle um Mitralstenose. 
Sie hat häufiger Thrombose als Embolie im Gefolge. In 7 Fällen bestand chronische 
Herzmuskelerkrankung, und in 4 Fällen waren Herzaneurysmen verzeichnet. Sie 
gingen fast ausschließlich mit Embolien einher. Ein Zusammenhang mit primären 
oder sekundären Veränderungen der Aorta wird viel seltener angetroffen (11 Fälle). 
Hier bildet sich ein Aortenverschluß nur dann, wenn gleichzeitig die Herzleistung herab- 
gesetzt ist. Verf. erwähnt eine Beobachtung von Aortenverschluß nach Momburgscher 
Blutleere aus der Klinik von v. Angerer. Aortenobturationen kamen ferner nach ope- 
rativen Eingriffen (3 Fälle), Geburten (6 Fälle) und akuten Infektionskrankheiten 
vor (13 Fälle). Hier bestanden zum Teil bereits vorher irgendwelche Herzerkrankungen. 
Bei den Infektionskrankheiten stehen die Pneumonie und der Abdominaltyphus an 
erster Stelle. Symptomatologisch finden sich schwerste Zirkulationsstörungen im 
Bereich der unteren Extremitäten, ferner motorische und sensible Reizerschei- 
nungen. Das Fehlen abdomineller Symptome weist auf die Bifurcation als Sitz 
der Obturation hin. Die Paraplegien haben ihren Grund in Veränderungen der 
peripheren Nerven, und nicht, wie vielfach angenommen wird, in primären Läsi- 
onen des Lendenmarks. Dasselbe bleibt intakt, solange die Arteriae lumbales nicht 
betroffen werden. Die Prognose der Aortenobturation ist eine schlechte (90,2%, Mor- 
talität). Nahezu infaust ist diejenige der Embolie (92%, Mortalität gegenüber 83% bei 
Thrombose). Plötzlicher Exitus war selten, die Mehrzahl der Patienten ging in der 
ersten Woche zugrunde. Prädilektionsstelle ist bei der Embolie die Bifurkation, während 
bei Thrombose höhere Lokalisationen etwas häufiger getroffen werden. Bei dem im 
Anschluß an die Obturation auftretenden Kollateralkreislauf ist vorwiegend die Sub- 
clavia, Mammaria int., Epigastrica inf. und sup. beteiligt. Er ist in der Regel nicht 
genügend und kommt zudem nur langsam zustande. Therapeutisch schlägt Verf. þei 
der Embolie als Methode der Wahl die transperitoneale Aortotomie mit Extraktion 
des Embolus vor. Sie ist in den ersten 12—15 Stunden auszuführen. Mißlingt dieselbe, 
oder kommt es nach erfolgreicher Extraktion erneut zum Verschluß, dann wird einzig 
noch die hohe Oberschenkelamputation übrigbleiben. Die retrograde Sondierung 
verwirft Verf. Bei der Thrombose stellt die Oberschenkelamputation die einzig mögliche 
Therapie dar. Schultheiss (Basel). 

Jaschke, Rud. Th. v.: Die für die Verhütung der postoperativen Thrombose 
und Embolie maßgebenden Faktoren. (Univ.-Frauenklin., Gießen.) Monatsschr. f. 
Geburtsh. u. Gynäkol. Bd. 54, H. 1, S. 1—7. 1921. 

Verf. unterstützt und ergänzt die vor kurzem von P. Zweifel angegebenen prak- 
tischen Vorschläge zur Verhütung der postoperativen Lungenembolie, insbesondere 
bestätigt er die von Zweifel beobachtete Häufung der postoperativen Thrombosen 
nach Beckenhochlagerung, bei welcher die Patientin in der Kniekehle aufgehängt ist. 
Der auf die Kniekehle ausgeübte Druck kann zu Alterationen der Venenwandung 
führen und zugleich den Blutabfluß behindern. Der Erfolg einer von Zweifel zur 
Verhütung der Thrombenbildung nach abdominellen Totalexstirpationen angegebenen 
Maßnahme, die in der Serosaumsäumung der Scheidenwundränder besteht, ist nach 
Ansicht des Verf. auf eine damit verbundene exaktere Blutstillung und auf den größeren 
Schutz gegenüber Infektionen zurückzuführen. Neben peinlicher Asepsis ist nach den 
Erfahrungen des Verf. eine sorgfältige Blutstillung wichtig. Massenligaturen sind zu 
vermeiden. Jedes Gefäß soll einzeln, wenn möglich ohne vorheriges Quetschen, durch 
Umstechung ligiert werden. In Gegensatz zu Zweifel stellt sich Verf. bezüglich des 
Frühaufstehens. Während ihm Zweifel keine wesentliche Bedeutung für die Ver- 


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Bakteriologie. 23 


hütung der Thrombosen und Embolien beimißt, erachtet Verf. darin eine wichtige 
prophylaktische Maßnahme, die insbesondere nach großen Operationen geübt werden 
sollte. Besondere Aufmerksamkeit ist auch der Leistungsfähigkeit des Herzens zu 
schenken. In jedem Falle, wo dieselbe zweifelhaft: erscheint, empfiehlt Verf. zwecks 
Erhaltung einer genügenden Herzleistung systematische Digitalisierung. Daneben 
kommen zur Förderung der Zirkulation Massage, passive Bewegungen, Atemgvmnastik 
in Betracht. Schultheiss (Basel). 

Graef, Wilhelm: Pyrenol als Mittel zur Bekämpfung der postoperativen Bron- 
chitis und Bronchopneumonie. Zentralbl. f. Chirurg. Jg. 48, Nr. 8, S. 258—259. 1921. 

Hellmuth, Karl: Peroneusläihmungen nach gynäkologischen Laparotomien in 
Allgemeinnarkose (,„Narkosenlähmungen“). (Univ.-Frauenklin., Hamburg- Eppen- 
dorf.) Berl. klin. Wochenschr. Jg. 58, Nr. 7, S. 145—147. 1921. 

Verf. berichtet über zwei Fälle von Peroneuslähmung im Anschluß an eine La- 
parotomye in Narkose. Es handelte sich das eine Mal um ein 21jähriges Mädchen, 
im zweiten Fall um eine 42jährige Frau, die beide wegen einer, einem febrilen Abort 
folgenden Peritonitis laparotomiert worden waren. Beide Male wurde die Lähmung 
ca. 30 Tage nach der Operation beobachtet. Ätiologisch fällt für dieses Ereignis 
in erster Linie eine schädigende Druckwirkung auf den Nerven im Bereich des Capitulum 
fibulae in Betracht, die im Verlauf der Operation zufolge einer Außenrotation des 
Beines zustande kommt. Als begünstigendes Moment treten dazu die Peritonitis und 
der ernste Allgemeinzustand, die auf den ganzen Körper und somit auch das Nerven- 
system schädigend einwirken. Bei der Prognosenstellung ist die elektrische Prüfung 
bestimmend. Wenn es überhaupt zu einer Restitutio ad integrum kommt, so können 
bis dahin Monate, selbst Jahre vergehen. Was die juristische Frage betrifft, so ist 
Verf. der Ansicht, daß eine Verurteilung des Arztes nicht möglich ist, vorausgesetzt, 
daß derselbe alle Vorschriften und Vorsichtsmaßregeln beobachtet hat. Es gehört 
dieses Ereignis dann eben mit zu dem Risiko, das der Patient auf sich nimmt, wenn 
er die Operation zuläßt. Schultheiss (Basel). 


II. Bakteriologie. 


Reichert, Fr.: Über den Ablauf vitaler Bakterienfärbuug und die biologische 
Wirkung der Färbung auf die Keime. (Pathol. Inst., Heidelberg.) Zentralbl. f. 
Bakteriol., Parasitenk. u. Infektionskrankh., Abt. 1, Orig., Bd. 87, H. 2, S. 118 
bis 160. 1921. 

Unter 53 untersuchten Farbkörpern wurden nur Malachitgrün, Brillantgrün und 
Chrysoidin als anfärbend ermittelt, die augenblicklich in Typhus- und Milzbrandkeime 
eindringen. Mit Gentianaviolett, Magentarot, Methylviolett, Anilinviolett, Dahliablau, 
Pyoktanin und Viktoriablau läßt sich nur beim Anthrax eine augenblickliche Anfärbung 
erzielen. Bei der Vermischung einer Bakterienemulsion mit einem der erwähnten 
Farbstoffe werden eine Reihe von Erscheinungen in wechselnder Stärke, scheinbar in 
engster Abhängigkeit voneinander, sichtbar, und zwar: Die Anfärbung der Zellen, eine 
Änderung der Dispersität der Farbe, die Adsorption des Farbstoffes an die Zellen und 
eine Verklumpung von Bakterien und Farbe. Die Dispersität der Farblösung hängt 
ab vom chemischen Charakter der Farbe, dem Elektrolyt- und Kolloidgehalt der Aut- 
schwemmungsflüssigkeit und der Temperatur. Die Anfärbung wird bestimmt von 
Dispersitätsgrade des Farbstoffes, seiner chemischen Konstitution, der Permeabilität 
der Zelle und der Anwesenheit von Schutzkolloiden. Die Farbagglutination tritt auch 
ohne Gegenwart eines Elektrolyten auf, sie wird aber verstärkt durch die Anwesenheit 
von Elektrolyten und verändert durch Schutzkolloide und Temperaturveränderungen. 
Die Agglutination und Adsorption sind Parallelvorgänge, die Agglutination ist wahr- 
scheinlich eine Folge der Adsorption. Bei der Untersuchung der Wirkung der Farben 
auf den Lebensprozeß der Keime zeigte sich, daß das Eindringen der Farbe in die Zelle, 
selbst kurze Zeit, nicht schadlos ertragen wird, sondern daß nach mehr oder weniger 


24 Bakteriologie. 


ausgedehnter Wirkungsdauer stets der Tod eintritt. Die vegetative Form des Anthrax 
wird durch 5 Minuten dauernde Einwirkung der Farben in allen Fällen abgetötet. 
Die Dauerform ist resistenter. Unter optimalen Wachstumsbedingungen keimt sie 
noch aus, doch auch die Sporen sind durch die Farbwirkung von 5 Minuten geschädigt. 
Ein relativer Sauerstoffmangel, der für die Auskeimung unbehandelter Sporen wirkungs- 
los ist, hindert die vorher farbbehandelten an der Auskeimung. Minimale Farbstoff- 
zusätze zum Nährboden heben den Sporulationsvorgang auf und führen zu frühzeitiger 
Degeneration der Bakterien. Hefezellen werden durch kurze Farbwirkung gleichfalls 
stets abgetötet. Typhusbakterien scheinen die Einwirkung der gleichen Farbstoffe 
etwas länger zu ertragen als Milzbrand;; auch sie werden in allen Fällen nach kurzer Zeit 
abgetötet, wo nicht ihre Anfärbung durch Schutzkolloide verhindert wird. Es gelingt, 
das Malachitgrün und einzelne andere Farben wieder aus den Typhusbakterien zu 
entfernen. Emmerich (Kiel)., 


Salomon, Rudolf: Endogener Mikrobismus. (Univ. - Frauenklin., Gießen.) 
Monatsschr. f. Geburtsh. u. Gynäkol. Bd. 55, H. 6, S. 331—340. 1921. 

Die Nomenklatur über die Bezeichnung des Krankheitsbildes, das von im 
Körper längere Zeit harmlos vegetierenden Keimen ausgelöst wird, ist unklar 
und zu zahlreich. Die Ausdrücke ,ruhende Infektion“, ‚latente Infektion“, „latenter 
Mikrobismus“, ‚schlummernde Infektion“ sind auszuschalten und besser durch die 
Bezeichnung „endogener Mikrobismus“ zu ersetzen, weil damit Ursache, Wir- 
kung wie Krankheitsbild zu gleicher Zeit bedeutet ist. Es handelt sich um einen Zu- 
stand, bei dem pathogene oder saprophytäre Mikroorganismen symptomilos sich im 
Körper befinden, die aus inneren Ursachen heraus zu Infektionen führen 
können, aber nicht müssen. Den Beweis für das Vorkommen des endogenen 
Mikrobismus erbrachte der Verf. für die Gynäkologie durch genaueste Untersuchung 
und Differenzierung der Keime in den Genitalwegen von gesunden Frauen und durch 
Züchtung von Mikroorganismen aus Eiterherden, die im Anschluß an Operationen 
entstanden waren. — Es wird ferner das Wesen und das Zustandekommen dieses 
Infektionsmodus zu klären gesucht. Durch gewisse Einflüsse kann eine Verschiebung 
des Gleichgewichtes zwischen Organismus und Mikroben plötzlich ihre virulenten 
Eigenschaften entfalten, so daß die immunisatorischen Kräfte des Körpers nicht mehr 
das Übergewicht über die toxischen Kräfte des Menschen haben. Der experimentelle 
Beweis hierfür wird durch die Untersuchungen Sternbergs aus der Gießener Frauen- 
klinik erbracht. Im weiteren werden ferner die praktischen Maßnahmen be- 
sprochen, die den endogenen Mikrobismus unschädlich machen sollen. — Mit der 
klinischen Genesung braucht die bakteriologische Heilung nicht parallel 
zu gehen. Rudolf Salomon (Gießen). 


Salomon, Rudolf: Die endogene (Spontan-)Infektiion in der Gynäkologie. 
(Univ.-Frauenklin. u. hyg. Univ.-Inst., Gießen.) Arch. f. Gynäkol. Bd. 114, H. 1, 
5. 105—140. 1921. 

Verf. gibt zunächst eine Übersicht über die verschiedenen Infektions möglich- 
keiten des weiblichen Genitales. Dann zeigt er, daß ein in der Geburtshilfe vorkom- 
mender Infektionsmodus auch für die Gynäkologie von Wichtigkeit ist. Bis jetzt 
war der Begriff der ‚Selbstinfektion‘ in der Gynäkologie nur bekannt bei Operationen 
an den infizierten Genitalien oder bei verjauchten Tumoren. Der Ausdruck ‚Selbst- 
infektion“ bringt Verwirrung in die modernen Anschauungen und sollte daher in 
Zukunft durch „endogene Spontaninfektion“ ersetzt werden. Hierzu sind solche 
Fälle zu rechnen, in denen der die Krankheit auslösende Mikroorganismus sich schon 
mehrere Tage voreinem Eingriff saprophytär in dem Genitalkanal einer gesunden 
Frau befand, um später zur Infektion zu führen. Es wird dann ferner der schwierige 
experimentelle Beweis erbracht, daß scheinbar in der Scheide harmlos vege- 
tierende Keime identisch sind mit Mikrobien, welche bei Wundinfektionen oder bei 


Bakteriologie. 25 


Späteiterungen nach gynäkologischen Eingriffen nachgewiesen werden. Als Identi- 
fizierungsmethode wurden angewandt: das mikroskopische Präparat, Wachstum auf 
Schrägagar, im Gelatinestich, in Bouillon, im Zuckerstich und auf der Blutagarplatte, 
ferner die Antihämolysinbestimmung nach Neisser und Wechsberg, die Leuko- 
cytinbestimmung, die Sigwartsche Probe, der Agglutinationsversuch und das Tier- 
experiment. In 2 von 18 Fällen wurde der exakte Nachweis erbracht, daß eine endogene 
Spontaninfektion möglich ist. Dann werden Theorien aufgestellt, die das Wesen dieses 
Infektionsmechanismus erklären sollen und daraus die praktischen Schlußfolgerungen 
gezogen, daß das Wesen der endogenen Spontaninfektion darin besteht, daß bisher 
latent lebende Scheiden- oder Cervixkeime durch eine Verschiebung des Gleichge- 
wichtes zwischen Organismus und Mikroben plötzlich ihre virulenten Eigenschaften 
entfalten können, dadurch, daß die immunisatorischen Kräfte des Körpers nicht mehr 
das Übergewicht über die toxischen Kräfte der Scheidenmikroben haben. Die prak- 
tische Nutzanwendung zur Verhinderung der endogenen Infektion bestünde darin, 
daß vor der Operation die Scheide auf virulente Mikrobien, das Blut auf den Gehalt 
an Toxinen sowie auf den Titer an Immunkörpern zu untersuchen wäre. Bei Gefahr 
einer endogenen Infektion sollen die Scheidemikrobien unschädlich gemacht werden; 
es ist ferner eine künstliche Erhöhung der immunisatorischen Kräfte des Körpers 
durch Autovaccine (aus den spezifischen Scheidenstämmen hergestellt) herbeizuführen, 
sowie der Zeitpunkt der Operation zu beeinflussen. Die Aufdeckung der endogenen 
Infektion soll nicht etwa den operierenden Arzt entlasten, ihn im Gegenteil darauf 
aufmerksam machen, daß er nicht nur gegen jegliche Außeninfektion zu kämpfen hat, 
sondern daß ihm auch die Möglichkeit gegeben ist, seine Operationsresultate zu ver- 
bessern durch gleichzeitige Ausschaltung der endogenen Infektion. R. Salomon. 

Sternberg, Adolf: Ein Beitrag zum Wesen der Saprophyten des weiblichen 
Genitalkanals. (Univ.-Frauenklin., Gießen.) Zeitschr. f. Geburtsh. u. Gynäkol. 
Bd. 84, H. 2, S. 447—467. 1921. 

Sternberg sucht nachzuweisen, ob Beziehungen bestünden zwischen den in der 
Scheide gynäkologisch gesunder Frauen wuchernden saprophytären Keimen und 
dem Serum der betreffenden Frauen. Er sucht die Möglichkeiten zu klären, daß in 
der Scheide Keime harmlos sind und es auch bleiben, obwohl sie von vornherein 
pathogene Eigenschaften haben. Damit kann man vielen klinischen Erscheinungen 
in der Geburtshilfe und Gynäkologie auf die Spur kommen und bei eventueller Patho- 
genität wichtige Vorsichtsmaßregeln treffen. Seine ausgedehnten experimentellen 
Untersuchungen beruhen darauf, daß er die grampositiven Kokkenarten (Staphylo- 
kokken, Streptokokken) aus der Scheide gesunder Frauen rein züchtete; darauf 
von denselben Frauen Serum gewann und nun Agglutinationen anstellte, um 
damit bioskopisch bestehende Wechselbeziehungen vor Augen zu führen. Seine Unter- 
suchungen erstreckten sich auf 15 Fälle, und zwar 10 Streptokokken- und 5 Staphylo- 
kokkenfälle. Es ergab sich, daß die meisten der in der Scheide schlummernden Strepto- 
kokken und Staphylokokken hohe Agglutinationen mit dem betreffenden Serum 
zeigten, daß sie somit virulente Eigenschaften besaßen oder besitzen. Auf Grund 
dieser Versuche kann man daher annehmen, daß das Wesen der Saprophyten 
des weiblichen Genitalkanals auf einer ganz anderen Grundlage beruht, 
als bisher vermutet wurde. Die in der Scheide befindlichen ‚Saprophyten“ 
dürfen nur so lange als harmlos angesehen werden, als die Abwehrstoffe des 
Körpers dieselben parallelisieren, und daß derselbe Keim (Saprophyt) inner- 
halb kurzer Zeit zum Parasiten werden kann, wenn sich die Schutzkräfte im Körper 
selbst ändern, d. h. nur ungenügend oder zu langsam gebildet werden. S. stellt nun 
weitere Betrachtungen an über die endogene Spontaninfektion. Er beweist ferner, 
daß die Hämolyse und die bis jetzt bekannten Kriterien für die Virulenz von Keimen 
praktisch unbrauchbar sind. Die Arbeit verdient im Original gelesen zu werden. 

Rudolf Salomon (Gießen). 


26 Bakteriologie. 


Kirstein, F.: Über die prognostische Bedeutung der Keimhämolyse bei Krei- 
Benden und Wöchnerinnen. (Univ.-Frauenklin., Marburg a. Lahn.) Arch. í. Gynä- 
kol. Bd. 115, H. 2, S. 313—325. 1921. 

Kirstein versucht auf Grund statistischer Erhebungen den Beweis zu erbringen, 
daß die Hämolyse nicht nur der Streptokokken, sondern überhaupt der weiblichen 
Genitalkeime eine ganz deutliche Verschlechterung der Wochenbettprognose bedingt. 
Durch geburtshilfliche Operationen wird die Wochenbettsmorbidität um rund die 
Hälfte des allgemeinen Durchschnitts erhöht. Wenn hämolytische Erreger vorhanden 
sind, so ist die Gefahr noch größer; bei 380 unter der Geburt operierten Frauen trat bei 
60 mit hämolytischen und bei 37 mit anhämolytischen Keimen Fieber ein. Die schwer- 
sten Puerperalfieberfälle sind fast ausnahmslos hervorgerufen durch hämolytische 
Erreger, unter denen die hämolytischen Streptokokken wiederum an erster Stelle 
stehen, Sie lösten nämlich in 4 von 5 Fällen die tödliche Erkrankung aus. Wenn sich 
im Genitale hämolytische Erreger finden, so soll möglichste Vereinfachung des not- 
wendigen Eingriffes eintreten und soll nichts zugunsten eines bereits geschädigten 
Kindes unternommen werden, was die Mutter stärker verletzen könnte. Man wird der 
hohen Zange oder dem Kaiserschnitt lieber die Dekapitation vorziehen. Daher werden 
an der Marburger Klinik bei Anwesenheit hämolytischer Erreger Genitalrisse nicht 
primär, sondern sekundär genäht und der Uterus zwecks Sicherstellung eines unge- 
hinderten Sekretabflusses mit einem Zangemeisterschen Drainrohr offen gehalten. 
Dann untersuchte K. den Einfluß zwischen Blasens prung und Partus und später 
an Puerperalfieber Erkrankten. Es konkurrieren nach ihm in ihrer ätiologischen Be- 
deutung für das Zustandekommen von Wochenbettfieber bei nicht operierten Kreißen- 
den neben deren Widerstandskraft zwei Dinge miteinander, die Dauer der Geburt 
nach dem Blasensprung und die Virulenz der Genitalkeime. 

Rudolf Salomon (Gießen). 

Marx, Anton Maria: Über Veränderungen an der Oberfläche des Uterus durch 
Gasbaeillen. (Ähnlichkeit mit traumatischen Verletzungen.) (Gerichtl.-med. Inst., 
dtsch. Untv., Prag.) Zentralbl. f. Gynäkol. Jg. 45, Nr. 22, S. 773—777. 1921. 

Beschreibung dreier einschlägigen Fälle, in denen bei der mikroskopisch-bakterio- 
logischen Untersuchung von Deshiszenzen der Gebärmutterschleimhaut gasbildende 
Bakterien gefunden wurden. Diese 3 Fälle mahnen zu größter Vorsicht bei der Beur- 
teilung multipler, kleiner Dehiszenzen an der Oberfläche der Gebärmutter. Wenn 
auch zugegeben werden muß, daß derartige Dehiszenzen durch Einwirkung eines stump- 
fen Instrumentes durch Überdehnung des Gebärmuttergrundes entstehen könnten, 
so muß man doch an eine Infektion mit Gasbacillen denken. Die forensische Bedeutung 
ist einleuchtend. Man wird diesen Befund nicht ohne weiteres auf einen kriminellen 
Eingriff beziehen dürfen, da ja die Möglichkeit nicht auszuschließen ist, daß eine 
solche Infektion auch bei einem spontanen Abort gelegentlich vorkommt. Heimann. 

Schnitzer, R. und F. Munter: Über Zustandsänderungen der Streptokokken 
im Tierkörper. I. Mitt. (Inst. f. Infektionskrankh. „Robert Koch“, Berlin.) Zeitschr. 
f. Hyg. u. Infektionskrankh. Bd. 93, H. 1, S. 96—121. 1921. 

Die Verff. behandeln Veränderungen, welche hämolytische, vom Menschen her- 
stammende Streptokokkenstämme, bei der Passage durch weiße Mäuse erleiden. 
Dabei handelt es sich einerseits um eine Verminderung der Pathogenität für Mäuse, 
andererseits um den Verlust der ursprünglichen Eigenschaft auf der Blutagarplatte 
Kolonien mit hämolytischen Höfen zu bilden. An deren Stelle tritt gewöhnlich die 
grüne Verfärbung des Nährbodens. Die Versuche wurden mit einer großen 
Reihe von Streptokokkenstämmen ausgeführt, die den Mäusen sowohl subcutan wie 
intraperitoneal appliziert wurden. Die Technik, wie die grünwachsenden Strepto- 
kokken gefunden wurden, ist im Original nachzulesen. Es sei hervorgehoben, daß das 
grüne Wachstum durch Aussaat auf Blutagarplatten festgestellt wurde, dem 10 proz. 
frisches defibriniertes Ziegenblut zugesetzt war. Als flüssiges Nährmedium diente in 


Bakteriologie. | 27 


allen Versuchen Pferdebouillon, die 10 proz. Pferdeserum enthielt. Dabei wurde ge- 
funden, daß hämolytischen Streptokokkenkulturen in verschiedenem Maße die 
Fähigkeit zukam, grünwachsende Kolonien abzuspalten. Dies konnte im Reagens- 
glase nachgewiesen werden, ließ sich aber auch in den ersten Stunden nach der Infektion 
von Mäusen erzielen. Es besteht ein Zusammenhang zwischen dem Verluste 
der hämolytischen Höfe d. h. der Vergrünung und der Abnahme der 
Pathogenität. Es gibt das Auftreten der grünwachsenden Kolonien einen 
Indicator ab für den Virulenzverlust. Rudolf Salomon (Gießen). 

Otsubo, Torasaburo: On the action of certain salts on phagocytosis and viru- 
lence of streptococei. (Über die Wirkung von gewissen Salzen auf die Phagocytose 
und Virulenz der Streptokokken.) (John McCormick, inst. f. infect. dis., Chicago.) 

Journ. of infect. dis. Bd. 28, Nr. 1, S. 18—26. 1921. 

Otsubo stellt experimentelle Tieruntersuchungen mit verschiedensten chemischen 
Verbindungen (Salzen) an, um deren Einfluß auf die Phagocytose und Virulenz von 
Streptokokken zu erforschen. Die Phagocytose gegen Streptokokken in der Peritoneal- 
höhle der Maus ist durch gewisse Salzlösungen herabgesetzt (MgSO,, MgCl, NaCO}, 
CaCl,); Ki und KBr beeinflussen in schwächerem Grade. Stärkere Verdünnungen 
dieser Salze scheinen keinen stärkeren Reiz auf die Phagocytose im Reagensglase wie 
beim lebenden Tiere zu haben. In dem Maße, wie die Verdünnung zunimmt, wird die 
hemmende Kraft vermindert. Wiederholte Injektionen von bestimmten Salzlösungen 
pflegten scheinbar die Phagocvtose in der Peritonealhöhle zu verringern. Aber es wurde 
kein hemmender Einfluß auf subcutane Einspritzungen von größeren Verdün- 
nungen der fraglichen Salze beobachtet. Die Ergebnisse waren dieselben an normalen 
wie bei immunisierten Guineaschweinen. Wiederholte subcutane Injektionen von 
bestimmten Salzlösungen verringerten die Alkalescenz des Blutes und damit die 
phagocytäre Kraft des peritonealen Exsudats. Wenn bestimmte Salzlösungen 
gleichzeitig mit Streptokokkenaufschwemmungen Mäusen injiziert und diese Maß- 
nahmen durch mehrere aufeinanderfolgende Passagen wiederholt wurden, so zeigte 
sich, daß einige Salzlösungen einen viel weitgehenderen Einfluß auf Veränderungen 
von Streptokokkeneigenschaften hatten wie andere. Rudolf Salomon (Gießen). 

Cook, Marjorie W., Virginia Mix and Ethel O. Culvyhouse: Hemotoxin pro- 
duction by the streptococcus in relation to its metabolism. (Die Beziehungen 
der Hämotoxinbildung der Streptokokken zu dem Organismus.) (Dep. of pathol. a. 
bacteriol., uniw. of California, Berkeley.) Journ. of infect. dis. Bd. 28, Nr. 2, S. 93 
bis 121. 1921. 

Die Verff. stellten eine Prüfung der Hämotoxinbildung und Eigenschaftsänderungen 
mit einem Streptokokkenstamm an, der auf verschiedene Weise gezüchtet worden war, 
einmal künstlich auf Nährböden im Laboratorium und dann durch wiederholte 
Kaninchenpassage. Sie machten die Beobachtung, daß bei demselben nur auf 
andere Weise gezüchteten Stamme Verschiedenheiten in der Hämotoxin- 
bildung bestanden. Sie suchen dieses Phänomen zu erklären und kommen zu dem 
Schluß, daß die Hämotoxinbildung von gesteigerter Leistungsfähigkeit des Organismus 
abhängig ist, sowie daß die Art der Hämotoxinbildung mit jeder Änderung der Um- 
gebung und der Ernährung wechselt. Rudolf Salomon (Gießen). 

Jesionek, A.: Zur Histopathologie der Gonorrhöe. Arch. f. Dermatol. u. Sy- 
philis, Orig., Bd. 130, S. 392—404. 1921. 

Verf. stellt auf Grund eines desquamativen Katarrhs der gonorrhoisch infizierten 
Harnröhrenschleimhaut, die seit 5—6 Wochen bestand und therapeutisch nicht beein- 
flußt war, histologische Untersuchungen an. Es handelte sich um einen 26 jährigen 
Mann, der infolge einer interkurrenten Krankheit zum Exitus gekommen war. Im 
histologischen Bilde fiel am meisten auf die Verdickung des Epithels und die ihr zu- 
grunde liegende Wucherung der germinativen Elemente sowie die reaktive Exsudation 
(seröse Durchtränkung des Epithels, die Auseinanderdrängung und die Lockerung 


28 | Bakteriologie. 


der Epithelien, die Verbreiterung der Saftspalten zwischen den Epithelien, die Durch- 
setzung dieser mit den Zellen, die neben der serösen Flüssigkeit aus den hyperämischen 
Blutgefäßen des Bindegewebes ins Epithel eingedrungen sind). Jesionek sucht dann 
diese Vorgänge biologisch zu erklären. Nicht den Gonokokken ist die Steigerung der 
Proliferation zuzuschreiben, sondern es handelt sich um eine durch Gonotoxin bewirkte 
Vergiftung der germinativen Epithelien. Man ist zu der Annahme berechtigt, daß 
das Gonotoxin mit einer besonderen Affinität zu den basalen Epithelien begabt in diese 
eindringt, mit chemischen Bestandteilen des Zellinhaltes in chemische Verbindung tritt, 
und innerhalb des Zelleibes eine chemische Reaktion auslöst. Zu den generellen Eigen- 
schaften der basalen germinativen Elemente des Harnröhrenepithels des Menschen 
gehört es, daß sie fähıg sind, mit dem Gonotoxin in chemische Verbindung zu treten. 
Neben den germinativen Epithelien gehen Veränderungen im Bindegewebe einher. 
Es findet sich Erweiterung und strotzende Füllung der Capillaren und kleinsten Arterien, 
seröse und celluläre Exsudate. Der größte Teil der Exsudatzellen besteht nicht aus 
Eiter-, sondern aus Plasmazellen, die durch das Gonotoxin bedingt sind. 
Rudolf Salomon (Gießen). 

Herxheimer, Karl: Über die Darstellung der Gonokokken in Gewebsschnitten. 
(Dermatol. Univ.-Klin., Frankfurt a. M.) Arch. f. Dermatol. u. Syphilis, Orig., Bd.130, 
S. 322—324. 1921. 

Herxheimer gibt eine neue Methode an, durch welche die Gonokokken in histo- 
logischen Gewebsschnitten besonders gut darzustellen sind, nachdem die Gonokokken 
bis jetzt im wesentlichen nur in Hohlräumen veranschaulicht werden konnten. Die 
Härtung des zu untersuchenden Materials geschah in Formolalkohol, der auch bei 
längere Zeit dauernder Einwirkung in der Tinktionsfähigkeit der Gonokokken nichts 
schadete. Die Technik gestaltet sich so, daß die Schnitte in einer Giemsalösung 1: 10 
12—24 Stunden belassen wurden, alsdann wurden sie in Y/, proz. Tannin 10—15 Minuten 
unter Kontrolle des Mikroskops differenziert, ferner in destilliertem Wasser 1—2 
Stunden ausgewaschen, dann in Alkohol absolutus eingetaucht, in Xylol aufgehellt 
und in Kanadabalsam konserviert. — Die Resultate übertrafen nach der Ansicht 
von H. alle bis jetzt angegebenen Methoden an praktischer Brauchbarkeit. Salomon. 

Jötten, K. W.: Beziehungen verschiedener Gonokokkenarten zur Schwere der 
Infektion. (Hyg. Inst., Univ. Leipzig.) Zeitschr. f. Hyg. u. Infektionskrankh. Bd. 92, 
H. 1, S. 9—29. 1921. 

Bei der Ausführung dieser Versuche war die überaus schwere Züchtbarkeit der 
Gonokokken sehr hinderlich. Selbst mit den bisher als gut angesprochenen und meist 
gebräuchlichen Ascitesagarplatten konnte Verf. aus einer ganzen Reihe von Patienten 
die krankmachenden Keime nicht züchten. Ebenso schlecht sind die Erfahrungen, 
die er mit Agarplatten gemacht hat, denen menschliches oder tierisches Blutserı. m 
zugesetzt war. Erst nach Benutzung von Platten, die mit einem 7—8proz. Zusatz 
von frischem defibrinierten Menschen- oder Kaninchenblut hergestellt 
waren, konnten die Gonokokken aus der größten Mehrzahl der Patienten iso- 
liert und weitergezüchtet werden, aber auch dann immer nur mit Sicherheit, 
wenn die Sekretentnahme und Verarbeitung sogleich im Laboratorium selbst erfolgte 
und zwar auf Blutplatten, die vorher einige Zeit im Brutschrank bei 37° gehalten waren. 
Es war somit mittels dieser Verfahren gelungen unter den 27 geprüften Gonokokken- 
stämmen 20 festzustellen, die 4 verschiedenen Gruppen mit gleichen Ambo- 
ceptoren für Agglutination und Komplementbindung angehörten, bisher aber noch 
kein Urteil über ihre Virulenz zuließen. Die bisherigen Untersuchungen des Verf. 
hatten ergeben, daß die Gonokokken der beiden ersten Gruppen fast durchweg eine 
größere Widerstandsfähigkeit gegenüber den phagocytosebefördernden Opsoninen und 
Tropinen und der baktericiden Kraft des Normalserums besaßen, was auf eine höhere 
Virulenz hindeutete. Es war jetzt die Frage, ob diese im Reagensglas gefundenen 
Anzeichen höherer Virulenz sich auch im Tierversuch bestätigen ließen. Aussicht auf 


Bakteriologie. 29 


Behandlungserfolge dürfte nach Ansicht des Verf. entsprechend seinen Versuchsergeb- 
nissen die Anwendung von Vaccinen bieten, die mit dem aus dem Kranken 
selbst frisch isolierten Gonokokken hergestellt sind. Mehrere an Menschen 
von ihm durchgeführte Impfversuche mit Autovaccinen haben auch schon zu recht 
befriedigenden Ergebnissen geführt. Verf. hat bei seinen 27 untersuchten Gonokokkon- 
stämmen feststellen können, daß die Infektion mit den meisten toxischen Gonokokken- 
stämmen der beiden ersten Gruppen bei den Patienten zu ernsteren Erkrankungen 
mit häufigeren Komplikationen führten als die mit den weniger giftigen der beiden letzten 
Gruppen und der ungruppierten. Es sind deshalb die Gonokokken in giftige 
und wenig giftige einzuteilen, von denen die ersteren im allgemeinen 
beim Menschen schwerer, kompliziertere und langdauernde Krank- 
heitsformen hervorzurufen pflegen als die wenig giftigen, ohne daß jedoch 
behauptet wird, daß diese nicht auch zu bösen und hartnäckigen Erkrankungen führen 
könnten. Diese Befunde deuten darauf hin, daß bei diesen Immunitätsvorgängen 
nicht allein antitoxische, sondern auch noch andere spezifische Antikörper in 
Betracht kommen; denn an der Vernichtung der Gonokokken beteiligen sich, wie 
man aus den Immunisierungsversuchen sehen konnte, einmal die Leukocyten und 
Endothelien des Exsudats und des großen Netzes vermittels der Phagocytose, dann 
aber auch die baktericide Kraft des Serums und wahrscheinlich auch die in den Leuko- 
cıten enthaltenen und ausgeschiedenen Leukine, was aus zahlreichen Reagensglas- 
versuchen sowohl mit Normal- und Immunserum wie mit Leukocyten zu schließen ist. 
Rudolf Salomon (Gießen). 

Fey, Hellmuth: Vergleichende Untersuchungen über Antikörperbildung bei 
Gonorrhöe. (Hyg. Inst., Univ. Leipzig.) Zeitschr. f. Immunitätsforsch. u. exp. 
Therap., Orig., Bd. 33, H. 2, S. 178—196. 1921. 

Nachdem Jöthen früher nachgewiesen hatte, daß verschiedene Gonokokken- 
stämme je nach ihrer Virulenz unter Ausnutzung der Agglutination und der Komple- 
mentbindung sich in vier Gruppen einteilen lassen, prüfte Fey eine größere Reihe 
weiterer Gonokokkenstämme auf ihr Verhalten bei der Agglutination, Kom- 
plementbindung und Präcipitation, um dadurch bei einem gonorrhoischen 
Krankheitsfalle einen identischen oder wenigstens ähnlichen Gonokokken- 
stamm herauszufinden. Dadurch sollte man bei Behandlung der Gonorrhöe mit Impf- 
stoffen von der Eigenvaccine, die oft schwer herzustellen ist, unabhängig werden. 
Er verwandte zahlreiche Gonokokkenreinkulturen, die bei der Herstellung von Eigen- 
impfstoffen herausgezüchtet wurden. Die zur Untersuchung gelangten Seren stammen 
ausschließlich von Fällen chronischer Gonorrhöe, die zum Teil schon jahrelang be- 
standen, und von denen der größte Teil mit anderen Erkrankungen kompliziert war, 
und welche allen therapeutischen Maßnahmen getrotzt hatten. Auf Agglutination 
wurden 33 Seren untersucht. Die Technik war einfach. Die als Impfstoff verwandten 
Aufschwemmungen von Gonokokkenreinkulturen, die nur durch 24stündigen Brut- 
schrankaufenthalt bei 37° mit physiologischer Kochsalzlösung abgetötet und mit 
0,5%, Carbolsäure versetzt waren und im ccm etwa hundert Millionen Keime enthielten, 
wurden in Mengen von 0,5 cem mit jeweils 1,0 ccm des fraglichen Serums in passender 
Verdünnung zusammengebracht. Dabei wurde festgestellt, daß in der weit überwiegen- 
den Mehrheit der untersuchten Seren Agglutinine vorhanden waren, die sich ver- 
schiedenen Gonokokkenstämmen gegenüber durchaus verschieden verhielten, 
so daß auch nach diesen Versuchen eine Differenzierung der Gonokokkenfamilie wahr- 
scheinlich ist. — Interessant sind die Untersuchungen mit der Komplementbin- 
dungsreaktion, um nachzuweisen, ob die Stärke der Komplementablenkung bei 
Verwendung verschiedener Stämme verschieden stark sei. Und weiter, ob sich vielleicht 
Beziehungen zwischen Komplementablenkung und Agglutination in dem Sinne ergeben, 
daß Seren, die einen bestimmten Stamm agglutiniert hatten, mit Extrakten aus dem- 
selben Stamme besonders starke Komplementablenkungen ergeben. Es ergab sich, 


FSB 


30 Bakteriologie. 


daß die Komplementbindungsmethode zum Herausfinden des dem krankmachenden 
Stamm ähnlichen oder identischen Stammes mitherangezogen werden kann, 
daß sie aber der Agglutination an spezifischer Brauchbarkeit nachsteht. Anstellung 
der Komplementbindung allein genügt nicht. Die Vereinigung beider Reaktionen ist 
zur Herausfindung passender Stämme das gewöhnliche Verfahren. — Verf. untersuchte 
ferner 17 Seren vermittels der Präcipitationsreaktion und verwandte als Antigene 
Extrakte aus etwa 30 verschiedenen Gonokokkenreinkulturen. Die Untersuchungs- 
technik war so, daß jeweils O,lccm Serum mit 0,9 cem des filtriertten Gonokokken- 
extraktes in steigender Verdünnung vorsichtig überschichtet wurden. Es ergab sich, 
daß der Präcipitationsreaktion bei Gonorrhöe kein Wert beizulegen ist. 
Rudolf Salomon (Gießen). 

Klein, W.: Gonokokkenzüchtung. (Städt. hyg. Univ.-Inst., Frankfurt a. M.) 
Dtsch. med. Wochenschr. Jg. 47, Nr. 11, S. 286. 1921. 

Klein empfiehlt zur Gonokokkenzüchtung das Plattengußverfahren im 
Gegensatz zum Plattenausstrich. Gewöhnlicher zum Plattenverfahren bestimmter 
2 proz. Agar wird nach Verflüssigung und Abkühlung auf 45° mit ungefähr gleichen 
Teilen steril filtrierten Ascites vermischt und nun das erste Röhrchen mit einer Öse 
des Eiters (Untersuchungsmaterial) unmittelbar beimpft, während ein zweites analoges 
Röhrchen sechs Ösen von Röhrchen 1 erhält. Beide Röhrchen werden in sterile Petri- 
schalen gegossen und nach dem Erstarren in den Brutofen gebracht. Dabei wurden 
auffallend günstige Resultate erzielt. Rudolf Salomon (Gießen). 

Jenkins, C. E.: Notes on cultivation of the gonococeus. (Merkzeichen zur 
Gonokokkenzüchtung.) (Pathol. laborat., Royal hosp., Salford.) Journ. of pathol. 
a. bacteriol. Bd. 24, Nr. 2, S. 160—165. 1921. 

Für das Wachstum der Gonokokken ist die Temperatur zwischen 35—36° C am 
geeignetsten. Feuchtigkeit ist von der höchsten Bedeutung und sie sollte dadurch 
erzeugt werden, daß die umgebende Luft mit Wasser gesättigt wird; ebenso sollen die 
Nährböden einen hohen Wassergehalt haben. Günstig für das Wachstum erwies sich 
ein 10 proz. Blutagar. Die Reaktion dieses Agars sollte zwischen + 4 und + 5 Eyre 
liegen. Bei günstigen Temperatur- und Feuchtigkeitsverhältnissen und Verwendung 
eines geeigneten Nährbodens wachsen sämtliche Kolonien gleichmäßig aus; Ver- 
schiedenheiten in bezug auf das Wachstum und auf die Erscheinungen der verschie- 
denen Kolonien werden nur dadurch bedingt, daß obige Bedingungen relativ ungünstig 
sind. Rudolf Salomon (Gießen). 

Cook, M. W. and D. D. Stafford: A study of the gonococeus and gonococcal 
infections. (Untersuchungen über Gonokokken und gonorrhoische Infektionen.) 
(Dep. of bact. a. exp. pathol., univ. of Calilornia, Berkeley.) Journ. of infect. dis. 
Bd. 29, Nr. 6, S. 561—576. 1921. 

Gonokokkenkulturen wachsen besonders gut auf Hodenagar. Schokoladen- 
bluthodenagar erwies sich als ein besonders guter Nährstoff, um schwach wach- 
sende Kolonien in ihrer Lebenskraft zu steigern. Die Erfordernisse zum Wachstum 
waren an eine Atmosphärenfeuchtigkeit und an Mangel an Sauerstoff gebunden. Am 
erfolgreichsten waren die Reinzüchtungen und Kulturen, wenn das Material von frischen 
Fällen männlicher Urethritis anterior genommen war und dann auf Schokoladenblut- 
Hodenagar gebracht wurde. (Über die Herstellung der Nährböden ist in der Original- 
arbeit nachzulesen.) — Die Reinzüchtung von Gonokokken war sehr schwierig oder 
gelang gar nicht von chronischen Fällen von Endocervicitis, obwohl einige 
Kolonien von morphologisch typischen Gonokokken auf Hydrocelenagar zu züchten 
waren. Die Bestimmung der Alexine dient als diagnostisches Hilfsmittel, ist aber nicht 
zu überschätzen. Eine nicht spezifische Reaktion erzielte man durch intracutane 
Injektion von Gonokokkenpräparaten; eine gleiche Reaktion konnte man bei gonor- 
rhoischen Patienten auch hervorrufen, wenn Meningokokkenpräparate injiziert 
wurden. Im Ganzen keine besonderen Erfolge. Rudolf Salomon (Gießen). 


Bakteriologie. 31 


Buschke, A. und E. Langer: Über die Lebensdauer und anaerobe Züchtung 
der Gonokokken. (Rudolf Virchow-Krankenh., Berlin.) Dtsch. med. Wochenschr. 


Jg. 47, Nr. 3, S. 65—67. 1921. 

Die Verff. geben ein Verfahren an, um Gonokokkenkulturen auf lange Zeit hinaus 
lebensfähig und virulent zu erhalten. Sie erzielen es dadurch, daß sie anaerobe Serum- 
röhrchen benutzen. Über die genaue Technik ist im Original nachzulesen. In kurzen Zügen 
ist sie so, daß in Reagenzgläsern 2—3 ccm Serum gebracht wird, in welches die Bakterien 
übertragen und dann mit Parafinum liquid. überschichtet und in den Brutschrank gebracht 
werden. Die Resultate waren günstig. Rudolf Salomon (Gießen). 


Buschke, A. und E. Langer: Toxizitätsprüfungen und Tierübertragungsver- 
suche mit anaeroben Gonokokken. (Rudolf Virchow-Krankenh., Berlin.) Dermatol. 
Wochenschr. Bd. 72, Nr. 14, S. 273—277. 1921. 

Es konnte an einer Reihe von Untersuchungsfällen gezeigt werden, daß bei sub- 
cutaner Impfung von Gonokokken dieselben in die Blutbahn übergehen, und 
daß diese aus dem Herzblut gezüchteten Kulturen auch auf Mäuse wiederum intra- 
peritoneal überimpft, toxisch wirken. Es werden dann noch Verhältnisse über die 
Gonokokken, die anaerob wuchsen, mitgeteilt. Es zeigt sich kein Unterschied, ob 
direkte oder anaerobe Kulturen genommen wurden oder ob dieselben erst durch eine 
einmalige Blutagarbeimpfung vorübergehend in die Aerobiose zurückgeführt waren. 
Es zeigte sich ferner, daß durch Tierpassage der Impfstoff nicht virulenter wurde, 
sondern im Gegenteil nahm die Schwere der Erkrankung ab. Ebenso ließ sich nicht 
die Virulenz steigern durch Dazwischenschalten einer Übertragung auf Blutagar und 
dann erneute Tierimpfung. Rudolf Salomon (Gießen). 

Hermanies, John: Gonococeus types. I. (Gonokokkentypen. I.) (Pathol. inst., 
Cincinnati gen. hosp. a. dep. of bacteriol., uniw., Cincinnati.) Journ. of infect. dis. 
Bd. 28, Nr. 2, S. 133—142. 1921. 

Die Ergebnisse der ausführlichen Untersuchungen von Hermanies zeigen, daß 
die Gonokokken eine Reihe von Kleinlebewesen sind, welche sich in verschiedene 
Stämme einteilen lassen, die recht wenig Beziehungen zueinander haben. H. hat 
85 verschiedene Gonokokkenstämme untersucht und konnte feststellen, daß sie ın 
verschiedene Unterarten zerfallen. Den Beweis hierfür sollten Agglutinationen erbringen. 
In tabellarischer Übersicht teilt er seine Agglutinationsergebnisse mit, die mit hämo- 
logen und heterologen Stämmen angestellt wurden. Dabei zeigte es sich, daß ein Serum, 
das aus einem bestimmten Stamme gewonnen war, keine Agglutination einging mit 
einem Serum, das von anderen Rassen gebildet wurde, und daß die Agglutination dabei 
unabhängig war vom Serumtiter und der Bakterienmenge. Rudolf Salomon. 

Hermanies, John: Gonococcus types. II. (Gonokokkentypen. 11.) (Pathol. inst., 
Cincinnati gen. hosp. a. dep. of bacteriol., univ., Cincinnati.) Journ. of infect. dis. 
Bd. 29, Nr. 1, S. 11—28. 1921. 

Nachdem Hermanies vor kurzem bereits durch Agglutination bewiesen hatte, 
daß die Gonokokken in verschiedene Gattungen zu unterscheiden sind, teilt er jetzt 
noch neuere Typen mit und illustriert dies durch genealogische Tafeln. Dabei stellt 
er die in den Stämmen enthaltenen verschiedenen Antigene und deren Wechselbe- 
ziehungen in den einzelnen Stämmen fest. Die Arbeit ist für ein kurzes Referat un- 
geeignet und verdient im Original gelesen zu werden. Rudolf Salomon (Gießen). 

Rockwell, G. E. and C. F. McKhann: The growth of the gonococcus in va- 
rious gaseous environments. (Das Wachstum der Gonokokken in verschiedenen 
Gasen.) (Laborat. of bacteriol. a. hyg., univ., Cincinnati.) Journ. of infect. dis. Bd. 28, 
Nr. 3, S. 249—258. 1921. 

Die Verff. teilen ihre Erfahrungen über die Züchtung von Gonokokken in ver- 
schiedenen gasförmigen Medien mit und zeigen durch gute Abbildungen die Apparatur, 
vermittels welcher sie die Mikroorganismen aerob und anaerob, durch Anwesen- 
heit von Kohlensäure, Sauerstoff und Wasserstoff oder bei Mischung dieser Gase sowie 
unter Ausnutzung eines Druckes zum Auskeimen brachten. Gonokokkenkulturen 


32 Serologie. 


wachsen in reinem Wasserstoff, aber nicht in Kohlensäure- oder Sauerstoffumgebung. 
Wenn sie einige Wochen unter reinem Wasserstoff gezüchtet wurden, so scheinen sie 
empfindlich gegen die schädlichen Einflüsse von Sauerstoff und Kohlensäure zu sein. 
Obwohl Wachstum in fast reinem Wasserstoff vorkommt, fehlt es, wenn die anaeroben 
Verhältnisse durch ein Verfahren erzeugt werden, bei dem scharf wirkende Mittel, wie 
Natronlauge und Pyrogallussäure, aufeinander einwirkten. Während also die Gono- 
kokkenstämme nicht in reinem Sauerstoff und reiner Kohlensäure wachsen wollen, so 
können sie doch angepaßt werden, so daß sie schließlich darin gedeihen. Es wurde 
bei diesen Experimenten beobachtet, daß die Stämme sich schnell an eine neue Gas- 
umgebung anpassen, und daß sie diese Eigenschaft beibehalten. Während die Feuch- 
tigkeit auf das Wachstum der Gonokokken von untergeordneter Bedeutung ist, 
zeigten die Untersuchungen, daß das Wachstum der Mikroorganismen durch ver- 
schiedene Gasgemische günstig und ungünstig beeinflußt werden können. Sämt- 
liche an Gase oder Heubacillen angepaßte Gonokokkenstämme vertragen auch jetzt 
noch schlecht das aerobe Wachstum. Bei den vielen Gonokokkenzüchtungen in den 
verschiedenen Gasen war die Anpassung am größten bei Wasserstoff und am kleinsten 
bei Sauerstoff, was gleichbedeutend ist mit anaeroben Verhältnissen. Wie mehrere 
amerikanische Forscher bereits gezeigt haben, wachsen gewisse Gonokokken- und 
Meningokokkenstämme besser, wenn sie unter einem gewissen Drucke stehen und 
außerhalb des Körpers gezüchtet werden. Diese Beobachtungen sind wichtig für die 
Züchtung und Isolierung von parasitären Bakterien. Rudolf Salomon (Gießen). 

Posner, C.: Zum Nachweis der Gonokokken im Harn und den Sekreten. Arch. 
f. Dermatol. u. Syphilis, Orig., Bd. 131, S. 461—464. 1921. 

Es wird die praktische Verwertbarkeit der Quenselschen Lösung (Methylen- 
blau-Cadmiumchlorid) für die Untersuchung der Harns:dimente gezeigt. Damit 
ist die Möglichkeit gegeben zur bakteriologischen Untersuchung der Harnsedi- 
mente günstigere Resultate zu erzielen als mit den seither bekannten Methoden. 
Man sieht auf diese Weise häufiger als sonst die Lagerung der Mikroorganismen 
innerhalb der Zelle. Auch bildet das Prostatasekret ein günstiges Objekt für diese 
Färbemethode. Denn bei den anderen Methoden werden die Gonokokken bei akuter 
und namentlich bei chronischer Prostatitis oft übersehen, obwohl sie hier für die matri- 
moniale Infektion eine große Rolle spielen. Nicht mit dem spärlichen Harnröhren- 
sekret, sondern mit dem Sperma gelangen sie in die weiblichen Genitalien. Nur so 
möchte Posner die Infektionsfolge erklären, die sich nicht wie sonst als Kolpitis oder 
Urethritis, sondern alsbald im Gebiete des Uterus und seiner Adnexe zeigt. Salomon. 


III. Serologie. 


Abderhalden, Emil: Fortgesetzte Studien über das Wesen der sogenannten 
Abderhaldenschen Reaktion. (Physiol. Inst., Univ. Halle.) Fermentforschung Jg. 5, 
Nr. 1, S. 84—88. 1921. 

Nach einer Reihe von Untersuchungen kommt Abderhalden zu dem Schlusse, 
daß die Abbauvorgänge bei der sog. Abderhaldenschen Reaktion eine bedeutsame 
Rolle spielen. Ob sie einzig in Frage kommen oder nicht vielmehr ein ganzer Komplex 
von Vorgängen zur Aufdeckung kommt, darüber müssen weitere Forschungen ent- 
scheiden. Die Versuche gestalten sich derartig, daß ein Placentarschnitt mit Serum 
von nichtschwangeren Personen zusammengebracht wurde. Der Schnitt wurde vor 
und nach den Versuchen photographiert. Darauf wurden alle Einzelheiten des Objekts 
genau geprüft, ob alle Gewebsgrenzen und sonstigen Teile sich in Übereinstimmung 
befanden oder nicht. Bei Anwendung von Serum von Nichtschwangeren wurden 
keine Veränderungen gefunden. Die gleichen Versuche wurden unter Anwendung 
von Serum von Schwangeren angestellt. Dabei ließen sich Veränderungen nach- 
weisen. Welche Art von Gewebe zum Abbau kommt, konnte noch nicht herausgebracht 


werden. Rudolf Salomon (Gießen). 


Allgemein-biochemische Fragen. 33 


Löhner, L.: Refraktometrische Untersuchungen über proteolytische Abwehr- 
fermente nach Seruminjektionen. (Physiol. Inst., Univ. Graz.) Fermentforschung 
Jg. 5, Nr. 1, S. 41—55. 1921. 

Es wird zum Zweck ein geeignetes Substrat für den refraktometrischen 
Fermentnachweis zur Verfügung zu haben, eine Methode zur Darstellung der Serum- 
eiweißkörper in Gestalt von Trockenproteinen angegeben. Nach Serumvorbehandlung 
von Versuchstieren (Kaninchen beiderlei Geschlechts) gelang nicht der refrakto- 
metrische Nachweis von auf Serumeiweißkörpern angestellten Proteasen, während die 
Präzipitinreaktion positiv war. Die Arbeiten von Frank, Rosenthal und Biber- 
stein über das Ausbleiben des fermentativen Abbaues verdienen größere Beachtung. 
Die negativen Ergebnisse des Verf. stehen in Übereinstimmung mit den von 
Pfeiffer und Mita in gleicher Richtung erhobenen Befunden. Rudolf Salomon. 


Kirstein, F.: Über die Deyke-Muchschen Partialantigene. (Univ.-Frauenklin., 
Marburg a. L.) Monatsschr. f. Geburtsh. u. Gynäkol. Bd. 55, H. 4/5, S. 218 bis 
232. 1921. 

Kirstein stellte eine Reihe von Untersuchungen mit Partialantigenen bei schwan- 
geren und bei nichtschwangeren Frauen an. Eine genügende Klärung in diagnostischer 
und therapeutischer Hinsicht besteht für das Deyke-Muchsche Verfahren nicht, 
es ist jedoch als Prognostikum für die Tuberkulose wertvoll. — Für den Praktiker un- 
geeignet, da ein kompliziertes Instrumentarium erforderlich ist, sowie peinlichste bio- 
logische Sauberkeit, die eigentlich nur in den eigenen, sehr vorsichtigen Händen 
gewährleistet ist. Eine weitere praktisch bedeutungsvolle Schwierigkeit des Partigen- 
verfahrens besteht darin, daß die Erlernung schwierig ist. Auch die individuelle 
Hautbeschaffenheit kann Verschiedenheiten des Resultates auslösen. Als Vorzug vor 
den übrigen Methoden (Pirquet usw.) hat diese Methode niemals irgendeinen Schaden 
für die Patientin veranlaßt. Für den Gynäkologen ungeeignet, da das Verfahren nicht 
einmal ganz zuverlässig für den Körper im allgemeinen, daher noch weniger für 
die Genitaltuberkulose allein. Auch für den Gynäkologen in therapeutischer Hinsicht 
nicht vorteilhaft, da die Behandlung der Genitaltuberkulose mit dem Partigenver- 
fahren zu lange dauert, und da der Gynäkologe in den Röntgenstrahlen ein 
sicheres Mittel hat. Rudolf Salomon (Gießen). 
Stühmer, A. und K. Dreyer, Die Unzuverlässigkeit der Serumuntersuchungen 

auf Syphilis bei Schwangeren und Gebärenden. (Univ.-Frauenklin. u. Univ.- 

Hautklin., Freiburg i. Br.) (Zeitschr. f. Geburtsh. u. Gynäkol. Bd. 84, H. 2, S. 289 


bis 303.) 
Vgl. Referat S. 524. 


IV. Allgemein-biochemische Fragen. 


Farrar, Lilian K. P.: Acidosis in operative surgery. A study of its occur- 
rence during operation and its treatment by glucose and gum acacia given intra- 
venously. (Acidosis in operativer Chirurgie. Eine Studie über ihr Vorkommen 
während Operationen und ihre Behandlung durch intravenöse Injektionen von Gly- 
kose und acacia gummi.) Surg., gynecol. a. obstetr. Bd. 82, Nr. 4, S. 328—339. 1921. 

Verf. bestimmt die Alkalescenz des Blutes mit der van Slykeschen Methode. 
Die Untersuchungen erstrecken sich auf 100 Fälle, bei welchen vor und am Ende der 
Operation Blutgasanalysen (CO,-Bestimmungen) gemacht wurden. Die Operationen 
sind gynäkologische (plastische und Laparotomien) gewesen. Die Operationszeiten 
schwankten zwischen 30 Minuten und 3Stunden 15 Minuten. Zur Narkose wurde Stick- 
stoffoxydul oder Äther verwendet. Die Alkalescenz des Blutes zeigte am Ende der 
Öperation eine Verminderung, die zwischen 0,7 und 22,2% schwankte. In 14 Füllen 
betrug diese Abnahme 15 oder mehr Prozent. In 20 Fällen wurde eine 20 proz. Gly- 
koselösung zur Verminderung der Acidose intravenös verabreicht. Der Verf. kommt 
zum Ergebnis, daß ein hohes Kohlensäurebindungsvermögen des Blutes von größter 


Jahresbericht f. d. ges. Gynäkologie 1921. 3 


34 Allgemein-biochemische Fragen. 


Wichtigkeit zur Erhaltung der Lungenventilation während der Operation ist. Die 
Größe des Kohlensäurebindungsvermögens des Blutes bei Frauen (an 150 Fällen ge- 
prüft) schwankt zwischen 55,2 ccm und 69,9 ccm pro 100 ccm Blutplasma und beträgt 
somit etwa um 8 weniger als bei Männern. Dies erklärt uns die größere Häufigkeit 
der Acidosis bei Frauen als Operationsfolge. Die Verminderung der Blutalkalescenz 
ist nicht nur von der Art der Anästhesie und Dauer der Operation, sondern auch von 
der Art des Eingriffes und der damit verbundenen Blutung sowie der Schockwirkung 
abhängig. Die Abnahme der Alkalescenz steht in enger Beziehung zum Sinken des 
Blutdruckes und zum Puls. Wenn man der Verminderung des Blutdruckes zuvor- 
kommt, bleibt die Alkalescenz erhalten. Glycoselösung 0,8 g pro Körpergewicht 
während der Operation stündlich intravenös verabreicht, vermindet die Acidose, die 
der Operation zu folgen pflegt, verhütet oder mildert das Erbrechen und befördert die 
Diurese. Die Glycose erscheint nach einer halben Stunde im Harn, wenn die Grenze 
überschritten wird. Eine Lösung von Gummi acacıa (= arabic.) 6% in 20%, Glycose- 
lösung ist ein Hilfsmittel zur Erhaltung des Blutdruckes, wenn sie in subtoleranten 
Grade während der ganzen Operation gegeben wird. Kohlehydratreiche Nahrung 
vor und nach der Operation sowie der Gebrauch von Soda bicarbonica trägt zur Ver- 
hütung und Verminderung der Acidose bei. Die Zusammensetzung der Gummi-Glycose- 
lösung ist: Gummi arabic. 6%, Dextrose anhyd. pur. 20%, Natr. chlorid. 0,9%. Verf. 
empfiehlt zum Schlusse für jedes gut ausgerüstete Spitallaboratorıum die Anstellung 
eines Physiologen, welchem das Studium der Probleme am lebenden Gewebe obliegt 
wie dem Pathologen am toten. Mahnert (Graz). 


Kellerman Slotemaker, J. P.: Eine einfach ausführbare Schwangerschafts- 
reaktion. Nederlandsch maandschr. v. geneesk. Jg. 10, Nr. 7, S. 329—341. 1921. 
(Holländisch.) 

Methode von Fahraeus, in der Modifikation von Linzenmeier. 0,2ccm Natrium- 
citratlösung 5% und bis 1 ccm Armvenenblut, in der die Senkungsgeschwindigkeit der roten 
Blutkörperchen bestimmt wird. Beschreibung der Technik, mit 2 Abbildungen; Resultate 
an 70 Schwangeren und 13 Nichtschwangeren in einer Tabelle zusammengestellt. Ferner bei 
6 Carcinomen, 6 Myomen usw. Die Reaktion fiel immer positiv aus bei Schwangerschaft (in 
den ersten 3 Monaten häufig sehr schwach), Salpingitis, Parametritis, Pelveoperitonitis, Car- 
cinom, Lungentuberkulose, Lues und Typhus. Die Bedeutung der Methode als Schwanger- 
schaftsdiagnosticum stellt Verf. der des Hegarschen Zeichens ungefähr gleich. Zur Erklärung 
zieht er Fermentwirkung (Mahnert) heran. Lamers (Herzogenbusch). 


Geppert, F.: Die Bedeutung der Blutsedimentierungsreaktion nach Fahraeus 
für die Geburtshilfe und Gynäkologie. (Univ.-Frauenklin., Hamburg - Eppendorf.) 
Berl. klin. Wochenschr. Jg. 58, Nr. 10, S. 226—227. 1921. 

Die Technik besteht darin, daß 4 Teile Armvenenblut mit 1 Teil 2,5 proz. Natrium- 
ceitrie.-Lösung gemischt, in 1 ccm Pipetten von 0,3 cm Durchmesser und 20 cm Schicht- 
länge gesaugt, durch Anpressen an eine Gummiplatte geschlossen und senkrecht in 
ein Stativ eingeklemmt werden. Ablesung nach 1 Stunde. Die Reaktion wird als 
cıne — bezeichnet bei einer Plasmasäule bis 20 mm, mit + bei einer solchen bis zu 
40 mm, ++ bis 70 mm, +++ bis 100 mm, +++ über 100 mm. Das Ergebnis 
der Untersuchung aus 400 Fällen ist, daß nur eine — Reaktion beweisend ist. Die 
— Reaktion spricht bei der Differentialdiagnose zwischen Tumor und Gravidität 
jenseits des 4. Monats für Tumor, bei Ausschluß von Stieldrehung (Ovarialtumor) und 
Entzündung (Myom). Vor dem 4. Monat ist die Reaktion zur Graviditätsdiagnose 
ungeeignet; dagegen sehr gut brauchbar zur Entscheidung des Zustandes von Adnex- 
entzündungen, wobei — Ausfall der B. S. die Abwesenheit von frischen Entzündungen 
und Infektionen beweist, + Ausfall sehr dafür spricht. Die Reaktion ergibt somit die 
Möglichkeit, sowohl vor Adnexerkrankungsoperationen als auch vor Abrasionen infek- 
tiöse Prozesse auszuschließen. Gonorrhöeinfektion ohne stärkere Entzündung kann 
— Resultat ergeben, Untersuchung auf Gonokokken deshalb immer nötig. 

Guthmann (Frankfurt a. M.). 


Allgemein-biochemische Fragen. 35 


Tramontano-Guerritore, Giovanni: Di una nuova proprietä del sangue delle 
gravide (rapiditä di sedimentazione delle emoazie). (Über eine neue Eigenschaft des 
Blutes in der Schwangerschaft [Senkungsgeschwindigkeit der roten Blutkörperchen].) 
Ann. di ostetr. e ginecol. Jg. 43, Nr. 7, S. 549—554. 1921. 

Bei den zahlreichen Nachuntersuchungen über die Senkungsgeschwindigkeit der 
roten Blutkörperchen im Blute von normalen, graviden und kranken Frauen lenkte 
Verf. vor allem sein Augenmerk auf die wahrscheinliche Ursache dieser so wechselnden 
Geschwindigkeit und kommt schließlich zur Ansicht, daß die Ursache keine einheitliche 
sein kann. Neben dem Phänomen einer verminderten elektrischen negativen Ladung 
der roten Blutkörperchen im Schwangerenblut (Höber) kommen weiter in Betracht: 
die Anzahl der roten Blutkörperchen und die Dichte des Plasmas. Außerdem wird 
die Senkungsgeschwindigkeit beeinflußt: von der Temperatur und sehr wahrscheinlich 
in direkt proportionalem Verhältnis auch von der größeren oder kleineren Menge der 
vorhandenen Lipoide. Santner (Graz). 

Linzenmeier, Georg: Neue Untersuchungen über die Senkungsgeschwindigkeit 
der roten Blutkörperchen. Zentralbl. f. Gynäkol. Jg. 45, Nr. 10, S. 347—353. 1921. 

Die Senkungsgeschwindigkeit der roten Blutkörperchen bei Mensch und Tier 
ist verschieden und für jede Tiergattung feststehend. Daher kann die Senkungs- 
geschwindigkeit zur Artunterscheidung herangezogen werden. Darauf werden Theorien 
über das Wesen der Senkungsgeschwindigkeit auseinandergesetzt. Ferner werden 
einige neue klinisch praktische Anwendungsgebiete mitgeteilt, wie Feststellung 
der Gravidität, diagnostische Symptome für Carcinom (Senkungszeit der Blutkörper- 
chen beschleunigt), Erkennung von Carcinomrezidiven, Einfluß der Radium- und 
Röntgenstrahlen auf den Körper, Wirkung von Proteinkörpern, Differentialdiagnose 
zwischen entzündlichen und chronischen Adnexerkrankungen, Lucs, Paralyse usw. 

Rudolf Salomon (Gießen). 
György, P., Über die Senkungsgeschwindigkeit der roten Blutkörperchen im Säug- 
lingsalter, im besonderen bei Lues congenita. (Kinderklin., Heidelberg.) (Münch. 


med. Wochenschr. Jg. 68, Nr. 26, S. 808.) 
Vgl. Referat S. 505. 


Izar, Guido: Proprietà fissatriei specifiche nel siero di gravida. (Spezifisch 
bindende Substanzen im Schwangerenserum.) (Istit. di patol. med. dimostr., Catania.) 
Biochim. e terap. sperim. Jg. 8, H. 12, S. 353—355. 1921. 

Antigen: 5g getrocknete Placenta werden im Mörser mit 20 g reinen, neutralen, auf 45° 
erhitzten Glycerins verrieben. 8 Tage Bebrütung bei 45°, dann Filtration. Dies Antigen 
wird an Seren von nichtschwangeren Frauen austitriert. Im Gemisch mit Aqua bidest. und 
Schwangerenserum gibt es einen Niederschlag, der mit Serum Nichtgravider ausbleiben muß. 
Das Präcipitat wird abzentrifugiert, gesammelt und gewaschen, es bindet zugesetztes Komple- 
ment in spezifischer Weise. Seligmann (Berlin)., 

Gonzales, Pedro, Francisco Duran und Manuel Armangue: Anaphylaxie und 
Schwangerschaft. (Laborat. bacteriol. municip., Barcelona.) R:v. españ. de med. y 
eirurg. Jg. 4, Nr. 41, S. 644—645. 1921. (Spanisch.) 

Duran hat im Jahre 1918 folgendes gefunden: Wenn man ein trächtiges Meer- 
schweinchen sensibilisiert und es dann einige Tage nach dem Wurfe (aber mindestens 
14 Tage nach der ersten Injektion) reinjiziert, so trıtt überhaupt kein oder nur ein 
ganz leichter anaphylaktischer Schock auf. Macht man dagegen den neugeborenen 
Jungen die Injektion, dann kommt es bei diesen zu stürmischen Schockerscheinungen. 
Die letztere Tatsache, das Übergehen der Sensibilität von der Mutter auf das Kind, 
war schon 1908 durch Belin festgestellt worden. Dieses refraktäre Verhalten der gra- 
viden Meerschweinchen gegen den anaphylaktischen Schock könnte entweder darauf 
beruhen, daß die Schwangerschaft bei dem Muttertier zu einer Änderung des physio- 
logischen (humoralen oder nervösen) Zustandes führt oder darauf, daß die sensibili- 
sierenden Eiweißkörper auf den Foetus übergehen und daß so die Mutter desensibili- 
siert wird. Weitere Untersuchungen zeigten nun, daß unter gewissen Umständen 


3* 


36 Allgemein-biochemische Fragen. 


(bei Reinjektion innerhalb der ersten 4 Tage post partum oder bei Sensibilisierung 
mit gewaschenen Hammelblutkörperchen) auch bei den Muttertieren ein typischer 
anaphylaktischer Schock auftrat. Verff. kommen deshalb zu dem Schlusse, daß es 
sich in den Fällen von refraktärem Verhalten nicht um eine Desensibilisierung durch 
den Foetus, sondern um eine spezifische Schwangerschaftsveränderung des mütter- 
lichen Organismus handelt. Nürnberger (Hamburg). 
Bouché 6. et A. Hustin: Essais de thérapeutique gynöcologique basés sur le 
choc anaphylactique. (Therapeutisch-gynäkologische Versuche, gegründet auf dem 
anaphylaktischen Schock.) Gynecol. et obstetr. Bd. 4, Nr. 1, S. 13—47. 1921. 
Nach kurzem, historischem Rückblick über die hämoklasische Krise erwähnen 
die Verff. ihre Versuche, bei welchen sie einen anaphylaktischen Schock durch Seren 
hervorriefen und bezeichnen die dadurch verursachten Erscheinungen als vaso- 
trophischen Schock. Die gynäkologisch interessierenden Versuche gliedern sich in 
3 Teile: 1. Hervorrufung der menstruellen Blutung bei ihrem Ausbleiben durch den 
uterinen anaphylaktischen Schock. Technik: Die Kranke wird durch eine subcutane 
Injektion von 3 ccm Pferdeserum sensibilisiert, 15 Tage später werden mit der Braun- 
schen Spritze 1—2 ccm desselben Serums in die Uterushöhle gebracht. Die Instillierung 
erfolgt sehr langsam um jedes Zurückfließen zu verhindern und um das Serum ge-, 
nügend lange in Kontakt mit der Schleimhaut zu bringen. Ergebnisse: a) Bei 10 nor- 
mal menstruierten Frauen zeigten sich folgende Erscheinungen: in den ersten 
4—5 Stunden treten keinerlei Symptome auf, am Ende des 1. Tages pflegt ein Schwere- 
gefühl im Unterleib sich einzustellen. Diese Empfindungen verschärfen sich in der 
Nacht und am folgenden Tag. Am 2. oder 3. Tag tritt eine Blutung auf, die den Cha- 
rakter einer menstruellen trägt. Die Zeit von der Injektion bis zum Eintritt der Blu- 
tung schwankt zwischen einigen Stunden und 3—4 Tagen. Die Dauer der Blutung 
ist 1/,—6 Tage; sie ist länger, wenn die Injektion vor dem normalen Eintritt der Menses 
gemacht wird als wenn sie nach den spontanen Menses oder im Intermenstrum erfolgt. 
Die Injektion wurde zu allen möglichen Zeitpunkten zwischen 2 Menses ausgeführt. 
Der Einfluß der Injektion auf die folgenden normalen spontanen Menses variiert, je 
nachdem zu welcher Zeit der uterine anaphylaktische Schock hervorgerufen wurde. 
Wurde die Injektion nach den spontanen Menses oder im Intermenstrum ausgeführt, 
so zeigt sich keine Änderung in dem Verlaufe der folgenden Menses. Wurde die In- 
jektion vor der natürlichen Menses gemacht, so tritt diese Blutung an Stelle dieser 
und die nachfolgenden richten sich nach den künstlich hervorgerufenen. Bei den 
provozierten Menses finden sich die gleichen Allgemeinsymptome wie bei den spontanen. 
b) Ergebnisse bei 8 amenorrhoischen Frauen: In 5 Fällen trat die gewünschte 
Wirkung ein. Bei Wiederholung der Injektion stellte sich die Blutung ın mehr oder 
minder regelmäßiger Zeitfolge ein. Im weiteren legen die Verff. die Frage vor, ob die 
spontane Menstruation auch als ein lokaler anaphylaktischer Schock aufzufassen ist 
und kommen zu dem Schlusse, daß zwischen den beiden Mechanismen eine große 
Ähnlichkeit besteht. Untersuchungen des Blutes durch die Verff. ergeben, daß kurze 
Zeit nach subeutanen Injektionen die Leukocytenzahl erhöht, das Gerinnungsvermögen 
des Blutes verringert und der refraktometrische Index erhöht ist. Dieselben Er- 
scheinungen finden sich im Blut bei den normalen Menses. Nur die uterine Injektion 
ruft die Blutung hervor, eine subcutane nicht oder nicht im selben Maße. 2. Coupierung 
der Metrorrhagien mit Hilfe des anaphylaktischen Schocks. Die Versuche haben er- 
geben, daß durch die intrauterine Injektion hervorgerufene Blutung durch subcutane- 
Injektionen bei sensibilisierten Frauen in wenigen Stunden sistiert. Technik: Die 
Kranken bekommen 2—3 ccm Pferdeserum subcutan zur Sensibilisierung, 15 Tage 
später 1/,—1 cem dasselbe Serum subcutan, Wiederholung alle 8—14 Tage, sooft es 
möglich ist. Versuche an 16 Kranken. Die vorbereitenden (sensibilisierenden) Injek- 
tionen zeigen keinen Einfluß auf die Metrorrhagien, wenn sie nicht an und für sich 
eine anaphylaktische Reaktion hervorrufen. Die den Schock auslösende Injektion 


Allgemein-biochemische Fragen. 37 


vermindert die Blutung oder bringt sie zum Stillstand. Je größer die lokale Reaktion, 
desto größer der therapeutische Einfluß. Zu dauerndem Effekt sind wiederholte 
Injektionen nötig. Die auslösenden Injektionen beeinflussen den Verlauf der nor- 
malen Menses nicht und können bei graviden Frauen gemacht werden. Bei Blutungen 
infolge Abort hören diese auf, ohne daß es zur Ausstoßung der Placentareste kommt. 
Blutungen bei Ca. coli uteri lassen sich die aus dem Uterus kommenden Blutungen 
beeinflussen. Schließlich ließ sich ein günstiger Einfluß auf chronische Konstipation 
und auf Enteritis membranacea feststellen. 3. Versuche bei Unregelmäßigkeit der 
Menses zeigen einen günstigen Einfluß auf Zeitfolge, Dauer und Intensität derselben. 
Mahnert (Graz). 


Marcus, H.: Über die Struktur des menschlichen Spermiums. (Anat. Inst., 
Univ. München.) Arch. f. Zellforsch. Bd. 15, H. 4, S. 445—448. 1921. 

Durch Photographie im ultravioletten Licht konnte Verf. nachweisen, daß beim 
menschlichen Spermium eine Kopfkappe fehlt und daß der eigentliche Kern in einer 
Becherhülse gelagert ist. Auch konnte in dem Kern eine Flüssigkeitsvakuole und um 
ihn ein an der Oberfläche sitzendes Gerüstsystem festgestellt, sowie der Verlauf und 
die Befestigung des Kopffadens untersucht werden. Verf. gibt dann ein Schema des 
Spermiums in 10000facher Vergrößerung, in dem alle Beobachtungen kombiniert ein- 
gezeichnet sind. Guthmann (Frankfurt a. M.). 


Amantea, G. e K. Krzyszkowsky: Ricerche fisiologiche sugli spermatozoi. 
(Physiologische Untersuchungen über die Spermatozoen.) (Istit. di fisiol., univ., 
Roma.) Riv. di biol. Bd. 3, H. 5, S. 569—611. 1921. 

Spermatozoen des Menschen und verschiedener Tiere wurden in sterilen Glasröhr- 
chen luftdicht eingeschlossen untersucht, was weit schonender ist, als die alten Methoden 
im hängenden Tropfen oder in der feuchten Kammer. Unter diesen Bedingungen 
blieben die Spermatozoen des Hundes durchschnittlich 60 Stunden beweglich. Sie 
büßten ihre Beweglichkeit schon nach wenigen Stunden ein, wenn das Tier kurz hinter- 
einander Spermatozoen entleert hatte, behielten sie bis zu 72 Stunden, wenn die vor- 
hergehende geschlechtliche Abstinenz 3 Tage gedauert hatte. Beim Menschen blieben 
die nach einer nur wenige Stunden dauernden geschlechtlichen Pause entleerten Samen- 
fäden 20 bis 24 Stunden beweglich, während sie nach 3tägiger Kontinenz bis zu 84 Stun- 
den überlebten. Dauerte die geschlechtliche Enthaltsamkeit länger, so wurden wieder 
schwächere (vielleicht ältere) Spermatozoen ejaculiert. Das Optimum der geschlecht- 
lichen Ruhe beim Hund beträgt 19—24 Stunden, beim 30—40 jährigen Mann 2—3 Tage. 
Menschliche Spermatozoen halten sich am besten bei 19° bis 22° ohne Zusatz von Ringer, 
Tyrode-Hirokawa- oder ähnlichen Lösungen, die zwar ihre Bewegungen verstärkten, 
sie aber schneller zum Erliegen brachten. Samenfäden von Hunden und Meerschwein- 
chen hielten sich am besten in einer Eiereiweißlösung, die der Fledermaus und der Ratte 
in Hirokawalösung (physiologische Kochsalzlösung mit 0,002—0,004%, NaOH), die des 
Frosches in Leitungswasser, die niederer Tiere in Meerwasser. Der Verlust der Beweg- 
lichkeit bedeutet nicht immer den Tod der Spermatozoen, da durch Erhöhung der 
Temperatur, Zugabe von Sauerstoff oder Ringerlösung oder anderen Salzlösungen 
die erloschene Beweglichkeit wieder hervorgerufen werden konnte. Die Spermatozoen 
des Meerschweinchens sowie der Meerestiere zeigten sehr stark, die höherer Tiere in 
geringerem Maße die Erscheinung der Zusammenballung, am deutlichsten in den er- 
wähnten Salzlösungen. Sie ist kein Zeichen des Todes, sondern kann durch einfaches 
Zusammenbringen mit frischer Luft wieder aufgehoben werden. Temperaturerhöhungen 
bis 40° steigerten Kraft und Geschwindigkeit der Bewegungen, bei 43—45° traten sie 
nur noch periodisch auf, bei 46—47° schwächten sie sich ab, um bei 48—50° völlig zu 
erlöschen, falls diese Temperatur länger als 3 Minuten andauerte. Spermatozoen des- 
selben Ejaculates zeigten hinsichtlich aller Verhältnisse große Schwankungen. 

F. Laquer (Frankfurt a. M.)., 


38 Allgemein-biochemische Fragen. 


Wolf, Charles G. L.: The survival of motility in mammalian spermatozoa. 
(Die Lebensdauer der Motilität bei Säugetierspermatozoen.) (Anim. nutrit. inst., 
school of agricult., Cambridge U. S. A.) Journ. of physiol. Bd. 55, Nr. 3/4, S. 246 
bis 248. 1921. 

Ein Problem von großer praktischer Wichtigkeit für die Tierzucht ist das Lebend- 
erhalten der Spermatozoen für eine genügend lange Zeit, so daß dieselben transportiert 
und zu Befruchtungen an entfernten Orten gebraucht werden können. Bisher wurde 
bei künstlicher Befruchtung der Samen sofort oder höchstens 1—2 Stunden nach der 
Ejaculation verwendet. Versuche des Verf. zielen dahin, die Bedingungen festzustellen, 
unter welchen die Lebensdauer der Spermatozoen verlängert werden könnte. Er 
kommt zu dem Ergebnis, daß die Beweglichkeit der Kaninchenspermatozoen bis zu 
9 Tagen erhalten werden kann, wenn der Saft aus dem Nebenhoden gewonnen und 
in eine Tyrodelösung gebracht wird, welcher Glucose und eine entsprechende Menge 
Soda bicarb. zugesetzt wurde. Befruchtungsversuche am Kaninchen, welche mit 
Spermatozoen, die in Salzglucoselösung gehalten wurden, angestellt worden sind, 
verliefen unbefriedigend. Es traten wohl Erscheinungen der Trächtigkeit bei den Tieren 
auf, doch wurden keine Jungen geworfen. Verf. vermerkt, daß Kaninchen zu diesen 
Versuchen nicht zufriedenstellende Objekte sind, da sie unter den Einflüssen des 
Laboratoriumsaufenthaltes ihre Jungen auffressen. Mahnert (Graz). 

Weil, Arthur: Die chemischen Ursachen der Spermatozoenbewegung. Arch. 
f. Frauenk. Bd. 7, H. 3, S. 238—241. 1921. 

Verf. kommt an Hand von Versuchen und Berechnungen zu dem Resultat, daB 
bei der Beurteilung der Sterilität der Frau der Weite des Cervicalkanals keine nennens- 
werte Bedeutung zukommt. Dagegen ist die H-Konzentration und chemische Zusammen- 
setzung des Cervical- und Vaginalsekrets wichtig für die Lebensdauer der Spermato- 
zoen. Für die mechanische Beförderung der Spermatozoen ist die Flimmerbewegung 
der Schleimhautepithelien ein Anreiz. Guthmann (Frankfurt a. M.). 

Uramoto, Seizaburo: On the influence of organ - extracts, body -fluids and 
solutions of salts of heavy-metals on the life-duration of spermatozoa. (Der Einfluß 
von Organextrakten, Körpersäften und Lösungen von Schwermetallsalzen auf die 
Lebensdauer von Spermatozoen.) (Physiol. dep., med. coll., univ. Kioto.) Acta scholae 
med., univ. imp., Kioto, Bd. 5, H. 1, S. 33—42. 1921. 

Verf. findet die Lebensdauer der Spermatozoen durch die Cerebrospinalflüssigkeit, 
den Inhalt des Glaskörpers des Auges, wie durch Extrakte von Hoden, Nieren und 
Lymphdrüsen, die von Ratten stammen, und Kaninchenuterusextrakten günstiger 
beeinflußt als durch physiologische Kochsalzlösung. Hingegen sind die Galle, Blut- 
serum und Lymphe des Kaninchens, sowie Extrakte aus Muskeln, Magen und Ein- 
geweiden der Ratte den Spermatozoen schädlich. Die Wirkung von Organextrakten 
von Hirn — Hirnanhängen, Milz, Samenbläschen, Prostata, Vagina, Tube, Lungen 
und der über den Nieren liegenden Drüsen und der Speicheldrüse — ist beinahe dieselbe 
wie die normaler physiologischer Salzlösungen. — Lösungen von Schwermetallsalzen 
wie Sublimat, Magnesiumsulfat, Zink-, Eisen-, Kupfersulfat und Bismutnitrate haben 
bei 25 000—100 000facher Verdünnung einen Effekt auf die Lebensdauer der Ratten- 
spermatozoen. Mahnert (Graz). 

Alverdes, Friedrich: Das Verhalten des Kernes der mit Radium behandelten 
Spermatozoen von Cyclops nach der Befruchtung. (Zool. Inst., Univ. Halle.) Arch. 
f. Entwicklungsmech. d. Organismen Bd. 47, H. 3, S. 375—398. 1921. 

Durch verschieden langes Bestrahlen von Cyclops 0’c’ mit Img Radiumbromid 
wurden die Spermatozoen geschädigt. Bei der Befruchtung von Eiern mit solchen 
geschädigten Spermatozoen konnte Verf. die interessante Beobachtung machen, daß 
die Kopulation selbst sich bei 13 Tage lang bestrahltem Samen noch regelmäßig voll- 
zieht, bei der weiteren Entwicklung der Eier zeigen sich aber deutliche Unterschiede in 
den Graden der Schädigung, die mit der Bestrahlungszeit in direktem Verhältnis stehen. 


Allgemein-biochemische Fragen. 39 


Während Eier, die durch ein 3 Tage lang bestrahltes Spermatozoon befruchtet waren, 
keine sichtbaren Veränderungen gegen die Kontrolle zeigten, konnte in Blastomeren, 
die stärker bestrahlte männliche Kernanteile enthielten, Verschiedenheiten in beiden 
Gonomeren festgestellt werden. Das aus der Eizelle stammende Chromatin verhielt 
sich ungestört, das männliche Chromatin aber zeigte eine deutliche Schädigung, die sich 
durch Bewegungsbeschränkung bzw. unfähigkeit der väterlichen Chromosomen äußerte. 
Selbst in den späteren Stadien, in denen äußerlich eine Gonomerie nicht mehr besteht, 
läßt sich eine Schädigung des Chromatins noch nachweisen. Eier, die durch Sperma 
befruchtet waren, das länger als 8 Tage bestrahlt worden war, konnten sich weiterhin 
nicht mehr normal entwickeln. Verf. konnte somit nachweisen, daß der als Gonomerie 
bezeichnete Doppelbau der Kerne durch die Trennung von väterlichem und mütter- 
lichem Kernanteil bedingt ist. Guthmann (Frankfurt a.M.). 
Huhner, Max, Methods of examining for spermatozoa in the diagnosis and treatment 
of sterility. (Untersuchungsmethoden auf Spermatozoen für die Diagnose und 

A der Sterilität.) (New York med. journ. Bd. 118, Nr. 13, S. 678 bis 

Vgl. Referat S. 173. l 

Plimmer, R. H. A.: The chemical and biological differences in proteins. 
(Die chemischen und biologischen Unterschiede unter den Proteinen.) (Univ. Aber- 
deen.) Scienta Bd. 30, Nr. 9, S. 195—200. 1921. 

Bier, August: Heilentzündung und Heilfieber mit besonderer Berücksichtigung 
der parenteralen Proteinkörpertherapie. (Chirurg. Univ.-Klin., Berlin.) Münch. 
med. Wochenschr. Jg. 68, Nr. 6, S. 163—168. 1921. 

Nach einem geschichtlichen Rückblick auf die Erkenntnis der Bedeutung der 
Heilentzündung- und Heilfieberwirkung, bespricht Verf. die Haupterscheinungen bei 
der Proteinkörpertherapie und stellt die Indikation für die Transfusion und die Protein- 
körpertherapie einander gegenüber. Weiter wendet sich Verf. gegen die Einführung 
des Wortes ,Protoplasmaaktivierung“, da dieses nicht nur nichts Neues bringe (vgl. 
Virchows Cellularpathologie), sondern auch die Gefahr in sich berge, daß dem Heil- 
fieber und der Heilentzündungswirkung nicht die nötige Beachtung geschenkt werde. 
Bei der ganzen Therapie ist die richtige Dosierung von ausschlaggebender Bedeutung, 
und weist Verf. auf die Wichtigkeit des Arndt-Schulzschen Grundgesetzes hin, 
dessen Wert er schon vor Jalıren erkannte. Es wird dann daran erinnert, daß auch 
unspezifische Reize (Hitze, Licht, Stauung, Blutinjektion, Injektion von Antisepticis 
usw.) eine spezifische Wirkung auf die verschiedensten Krankheiten haben können 
und betont, daß viele Mittel (Kollargol, Kochsalzlösung, Milch, Salzlösunginjektionen 
usw.) auf dem Umwege der Spaltung des eigenen Eiweißes des Behandelten wirken. 
Es wird dann unter Betonung der Wichtigkeit der Resultatbeurteilung vom physio- 
logischen Standpunkt aus die Wirkungsweise des Proteinkörperreizes besprochen. 
Weiter weist Verf. nach, wie untrennbar Heilentzündung und Heilfieber zusammen- 
gehören und schildert eine Beobachtung, die er die „heiße Stauung‘‘ nennt. An Hand 
des Vergleiches der Ergebnisse, die mit der Transfusion und der reinen Proteinkörper- 
therapie erreicht werden, kommt Verf. zu der Überzeugung, daß die Methode der 
Transfusion, wie er sie ausübt (wiederholte intravenöse Injektion von Blut in Mengen 
von 2—20 ccm) trotz der anerkannten verschiedenen Vorzüge der reinen Protein- 
körpertherapie ihre Bedeutung behalten wird. Allerdings bedarf die Dosierung noch 
bei den einzelnen Krankheiten weiterer genauerer Beobachtung. Guthmann. 

Salomon, R. und J. Voehl: Die Dosierungsfrage bei der Proteintherapie. 
(Untersuehungen mit Caseosan-Lindig.) (Univ.-Frauenklin., Gießen.) Zentralbl. 
f. Gynäkol. Jg. 45, Nr. 16, S. 562—567. 1921. 

Die Eiweißkörperinjektionen erzeugen Antigene im Organismus, die individuell 
schwanken und nach den experimentellen und klinischen Untersuchungen Ge- 
setzmäßigkeiten im Heilungsverlaufe offenbaren, die Rückschlüsse für die Prognose 


40 Allgemein-biochemische Fragen. 


zulassen. Der Nachweis und die Titerhöhe der Antigene für Caseosan wurde vermittels 
der von R. Salomon modifizierten WaR. erbracht. Es werden bei einer Reihe von 
gynäkologischen Krankheitsfällen, die mit Caseosan behandelt waren, Wechselbe- 
ziehungen in tabellarischer Übersicht zusammengestellt, welche bestehen zwischen der 
Antikörperhöhe, der Dosierung sowie dem gleichzeitig ausdifferenzierten Blutbild 
(Erythrocyten, Leukocyten, Hämoglobin, Prozentverhältnisse usw.), dem Blutdruck, 
den allgemeinen und lokalen Reaktionen, dem Heilungsverlauf. Auf Grund dieser 
Untersuchungen werden folgende Vorschläge für die Dosierung gemacht: Bei hohem 
Antikörpergehalt des Normalserums Beginn mit kleineren Dosen (0,1—0,2 ccm intra- 
venös). Tritt danach eine stärkere Reaktion auf, so empfiehlt sich die Injektion der eben- 
sogeringen Merge nach einer größeren Pause (nach 3—5 Tagen). Wenn dagegen trotz 
hohem Gehalt an Antikörpern nach der ersten Injektion keine Reaktion eintritt, so 
kann nach 2 Tagen eine größere Dosis (1 ccm) gegeben werden. Bei fehlendem oder 
geringem Gehalt an Antikörpern im Normalserum Beginn mit einer größeren Menge 
(0,5 ccm intravenös). Vor jeder Injektion Entnahme von Blut und Prüfung des Serums 
auf seinen Gehalt an Caseosanantikörpern. Mit einer Gesamtmenge von 4—6 ccm 
Caseosan wurde bei verschiedenen infektiösen Erkrankungen im Bereich des weiblichen 
Genitalsystems, beispielsweise bei Parametritis und Adnextumoren, bei Abortus 
febrilis incompletus, ferner bei Mastitis eine beschleunigte Heilung erzielt. Antikörper- 
gehalt für die Prognose bedeuturgsvoll. Prognostisch günstig sind die Fälle, bei denen 
von vornherein wenig Antikörper im Normalserum vorhanden sind, aber eine Steigerung 
derselben infolge der Caseosaninjektion auftritt. Rudolf Salomon (Gießen). 

Jaschke, Rud. Th. v.: Die bisherigen Erfahrungen mit der Proteinkörper- 
therapie in Geburtshilfe und Gynäkologie. (Univ.-Frauenklin., Gießen.) Therap. 
Halbmonatsh. Jg. 35, H. 17, S. 539—541. 1921. 

Die Dosierung von Caseosan ist abhängig zu machen von dem Gehalt an Casein- 
Antikörpern im Blute vor der Behandlung. Bei primär hohem Antikörpertiter stür- 
mische Reaktion, also kleine Dosis; bei niedrigem Titer oder negativem Befund größere 
Anfangsdosen und gute Aussichten für die therapeutische Wirkung. H. Freund., 

Voehl, Julius: Klinische und serologische Untersuchungen mit Caseosan. 
Zugleich ein Beitrag zur ‚Proteinkörpertherapie“. (Univ.-Frauenklin., Gießen.) 
Arch. f. Gynäkol. Bd. 114, H. 3, S. 501—534. 1921. 

Die geschichtliche Entwicklung und Anwendungsweise der Proteinkörpertherapie 
wird ausführlich dargelegt und darauf Untersuchungen mit dem Eiweißpräparat 
Caseosan (Casein) angestellt, um eine Methode zur Dosierung zu finden. Als Prinzip 
diente hierzu das von Rud. Salomon angegebene Verfahren, das als Grundlage die 
Wassermannsche Reaktion hat, nur daß statt fötaler syphilitischer Leber Caseosan 
genommen wird und an Stelle von luetischem Patientenserum wird das Serum von mit 
Caseosan vorbehandelten Frauen verwandt. Damit war die Möglichkeit gegeben 
vermittels der Komplementbindung bei Caseosan den Antikörpergehalt 
anzugeben, wobei eine Bekämpfungsmaßnahme gegen anaphylaktischen Schock ge- 
schaffen werden sollte. Gleichzeitig wurde bei einer Reihe von Patientinnen neben dem 
Titergehalt (von den Caseosaninjektionen abhängig) ganz genau das übrige Körper- 
verhalten registriert (allgemeine und lokale Reaktion, Heilungstendenz, genaueste 
Ausdifferenzierung des Blutbildes, Zahl der einzelnen festen Blutbestandteile, Blut- 
druck usw.). — Es konnte beobachtet werden, daß schon unvorbehandelte Menschen 
Caseinantikörper enthalten. Ist dieses vermittels der Komplementbindungsmethode 
festgestellt, so sei man mit der ersten Injektion vorsichtig und beginne mit kleineren 
Dosen (0,1—0,2 ccm). Tritt bereits nach parenteraler Einverleibung einer geringen 
Menge des Mittels eine stärkere Reaktion ein, so inJiziere man die gleiche geringe Menge 
nach einem größeren Intervall (3—5 Tagen). Will man das Caseosan langsamer im 
Körper verteilen, so soll es lieber intramuskulär, statt intravenös appliziert werden. 
Tritt dagegen bei einem hohen Gehalt an Antikörpern keine besondere Reaktion ein, 


Allgemein-biochemische Fragen. 41 


so braucht man die oben empfohlene Vorsicht nicht walten zu lassen, sondern injiziere 
l ccm im Intervall von 2 Tagen. Sind keine oder nur eine geringe Menge Antikörper 
im Normalserum einer Patientin enthalten, so beginne man ruhig mit einer größeren 
Menge (0,5 ccm) nach einem Intervall von einem oder von zwei Tagen, falls keine 
heftigen Allgemeinerscheinungen auftreten sollten. Auf die konstitutionelle Verfassung 
des betreffenden Individuums ist stets der größte Wert zu legen. — Aber auch in 
prognostischer Hinsicht gab das angegebene Verfahren interessante Fingerzeige. 
Prognostisch günstig zu werten sind die Fälle, bei denen verhältnismäßig wenig Casein- 
antikörper im Normalserum vorhanden sind und diese durch die Injektion gesteigert 
werden. Die Fälle dagegen, wo ein hoher Antikörpergehalt nachgewiesen werden kann, 
und die keine Tendenz zur Heilung zeigen und keine Reaktion aufweisen, sind pro- 
gnostisch ungünstig für die Caseosantherapie. — Schließlich werden noch Betrach- 
tungen über die Wertung der Konstitution bei der Proteinkörpertherapie angestellt. 
Rudolf Salomon (Gießen). 
Weinzierl, Egon: Erfahrungen mit der Caseosantherapie. (Dtsch. Uniw.- 
Frauenklin., Prag.) Dtsch. med. Wochenschr. Jg. 47, Nr. 38, S. 1120—1122. 1921. 
Weinzierl teilt die klinischen Erfahrungen der Prager Frauenklinik mit der 
Proteinkörpertherapie mit, wobei er besonders Untersuchungen mit dem Eiweiß- 
präparat Caseosan anstellte. Er beobachtete den Effekt der unspezifischen Protein- 
körpertherapie bei den verschiedenen gynäkologischen Erkrankungen. So schildert 
er den Einfluß dieser Therapie bei entzündlichen Adnexerkrankungen; die 
Reaktionen im Anschluß an die Injektionen und die klinischen Bilder. Die therapeu- 
tischen Erfolge bei entzündlichen Adnextumoren waren geringer als bei 
Frauen mit Wochenbettfieber, bei denen er fraglos einen günstigen Einfluß 
beobachten konnte. Schlecht waren seine Erfahrungen bei 4 Fällen von puerperaler 
Sepsis und Pyämie. W. steht auf dem Standpunkte, daß die Wirkung der Caseosan- 
injektionen als eine Protoplasmaaktivierung aufzufassen ist im Sinne einer allgemeinen 
Steigerung der Gewebstätigkeit und Beeinflussung der gesamten Zellfunktionen für 
Mobilisierung oder Umgruppierung der Kräfte des Organismus. Er hält für bestimmte 
gynäkologische Krankheitsgruppen die Caseosankörpertherapie für geeignet, wobei 
individuelle Momente die Hauptrolle spielen. Die klinische Anwendung sei noch 
schwierig, da man eben aus den klinischen Erscheinungen nicht die richtige Dosie- 
rung bestimmen kann und W. glaubt, daß mit den Versuchen Salomons mit der 
Präzipitin- und Komplementbindungsreaktion Aufklärung gebracht wird. Salomon. 
Uddgren, Gerda: Über Proteinkörpertherapie. Hygiea Bd. 83, H. 13, S. 417 
bis 427. 1921. (Schwedisch.) 
Rosen, H. von: Der jetzige Stand der parenteralen Terpentintherapie. Zeit- 
schr. f. ärztl. Fortbild. Jg. 18, Nr. 19, S. 548—551. 1921. 
Natali, Giulio: Alcune ricerche cliniche sulla eteraproteinterapia nel tifo. (Clin. 
med. gen., Firenze.) Riv. crit. di clin. med. Jg. 22, Nr. 24, S. 277—284. 1921. 
Becker, Hubert: Versuche über die keimtötende Wirkung intravenöser Sepsis- 
mittel. (Univ.-Frauenklin., Kiel.) Zentralbl. f. Gynäkol. Jg. 45, Nr. 34, S. 1218 
bis 1221. 1921. 
Becker beweist durch Impfungversuche von Bakterien auf künstliche Nährböden, 
daß die reinen Silberpräparate und das Yatren selbst in Konzentrationen, wie sie im 
menschlichen Blute kaum erreichbar sind, Colıbakterien, Staphylokokken und Strepto- 
kokken nicht abtöteten und auch nicht in der Entwicklung hemmten. Günstige 
Resultate ergaben Argochrom, Trypflavin und Primärflavin, welche schon in Kon- 
zentrationen, die man im kreisenden Blute erreichen konnte, eine erhebliche bakteri- 
cide Kraft zeigten; jedoch auch klinisch keine besondere Resultate ergaben. Daraus 
wird die Schlußfolgerung gezogen, daß die kolloiden Silberlösungen nicht baktericid 
wirken, sondern ihre klinischen Eigenschaften durch Mobilisierung der Abwehr- 
stoffe des Organismus entfalten. Rudolf Salomon (Gießen). 


42 Allgemein-biochemische Fragen. 


Berliner, Max: Über die bakterientötende Wirkung einiger Metall-Trypaflavin- 
verbindungen. (II. med. Univ,-Klin., Charite, Berlin.) Berl. klin. Wochenschr. 
Jg. 58, Nr. 8, S. 177—178. 1921. 

Verf. untersuchte nach der von Leschke und ihm schon früher angegebenen 
Methode (Berl. klin. Wochenschr. 1920, Nr. 30) die keimtötende Kraft von Trypa- 
flavincadmium, Trypaflavınkupfer, Trypaflavingold (Casella), Diaminakridinsilber im 
Vergleich zu der des Argoflavıns (Diaminomethylakridinchloridsilber). Es zeigte sich, 
daß Streptokokken durch das Trypaflavincadmium in 800 000 facher, durch Trypa- 
flavingold in 600 000facher Verdünnung in 24 Stunden abgetötet werden, d. h. diese 
Mittel haben eine keimtötende Kraft, die 6 bzw. 5 mal so stark ist wie die des Argo- 
flavins. Staphylokokken werden bei dieser Verdünnung noch nicht abgetötet. Auf 
Grund der Ergebnisse kommt Verf. zu dem Resultat, daß auch die Metallkomponente 
eine starke, von Metall zu Metall verschiedene bactericide Kraft besitzt, die sich mit 
der bactericiden Kraft des Trypaflavins summiert. Guthmann (Frankfurt a. M.). 

Dietrich, H. A.: Ist die Wirkung des Kollargols und Elektrokollargols auf 
seinen Gehalt an Schutzkolloid zurückzuführen? (Univ.-Frauenklin., Göttingen.) 
Zentralbl. f. Gynäkol. Jg. 45, Nr. 45, S. 1630—1632. 1921. 

Verf. versuchte die von ihm gestellte Frage dadurch zu lösen, daß er bei 81 Fällen, 
und zwar teils solchen mit entzündlichen Erkrankungen, teils bei fieberfreien, Injek- 
tionen mit dem bei der Herstellung des 2proz. Kollargols und des Elektrokollargols 
verwendeten Schutzkolloid (Eiweißlösung unbekannter Zusammensetzung) ausführte. 
Die Beobachtung des Verhaltens der Leukocyten, der Temperatur und der Herdreak- 
tion, deren sich der Verf. zur Beurteilung der Wirkung der injizierten Substanz mangels 
anderer meßbarer Verfahren bediente, führte entgegen Böttner zu dem Resultat, daß 
das Schutzkolloid keine Leistungssteigerung hervorbringe. Die vom Verf. anerkannte 
Wirksamkeit der Kolloidsilberlösung wird als „nicht spezifischer Gewebsreiz‘“ erklärt 
und ausschließlich auf den Silberkolloidgehalt zurückgeführt. Guthmann. 

Knauer, E. und H. Zacherl: Die mit der Pregischen Jodlösung seit Oktober 1919 
in der Grazer geburtshilftlich-gynäkologischen Klinik gesammelten Erfahrungen. 
(Univ.-Frauenklin., Graz.) Wien. klin. Wochenschr. Jg. 34, Nr. 33, S. 399—400 u. 
Nr. 34, 8. 416—418. 1921. 

Einspritzung von 20 ccm Preglscher Lösung in die Blase nach vorheriger Bor- 
säurespülung vermag Cystitiden zur Heilung zu bringen und solche nach Operationen 
zu verhüten. Bei Douglasabscessen machte eine Punktion und Auffüllung der Höhle 
mit der Lösung eine Incision und Drainage oft überflüssig, wenn letztere doch nötig 
wurden, so kürzte das Mittel, womit die Tamponstreifen getränkt wurden, die Heilung 
wesentlich ab. In mehreren Fällen von weiblicher Gonorrhöe erwies es sich dem 
Choleval ebenbürtig, in anderen versagte es sogar bei intravenöser Anwendung (40 bis 
60 ccm bis 10 mal täglich!!); nichtgonorrhoische Colpitiden heilten durch Baden der 
Scheide und Tamponbehandlung rasch. Bei nekrotischen Myomen wurde das Tumor- 
- bett post enucleat. vaginal. durch die Lösung gereinigt, viele Fälle verliefen so fieberlos; 
ebenso gut wirkte bei Laparotomie das Aufgießen von Preglscher Lösung auf die Naht 
der Bauch- und Peritonealwunde. Bei chronisch septischen Zuständen post op. und bei 
Pyelitis in grav. vermochte intravenöse Injektion des Mittels Entfieberung herbei- 
zuführen, es reinigte bei Lokalanwendung die Puerperalgeschwüre und bewährte sich 
bei septischem Abort und Puerperalsepsis sowohl lokal wie intravenös verwendet als 
absolut unschädlich und stark antiseptisch. Binz (München). 

Schugt, Paul: Die bactericide Wirkung der Hefe mit besonderer Berücksich- 
tigung ihrer praktischen Verwendung in der gynäkologischen Therapie. (Ayg. 
Inst., Univ. Bonn.) Monatsschr. f. Gebuitsh. u. Gynäkol. Bd. 56, H. 3/4, S. 144 
bis 150. 1921. | 

Verf. untersuchte die Einwirkung von Hefe auf Micrococcus pyog. aur., Strepto- 
coccus pyog., Bact. coli, B. vulgare, Proteus urd Gonokokken mit und ohne Zusatz 


Allgemein-biochemische Fragen. 43 


von Gärmaterial (Bierwürze). Er beobachtete bei der Einwirkung der Hefe ohne 
Gärmaterial nur eine vorübergehende Wachstumshemmung. Bei Zusatz von Gär- 
material starben ab: B. vulg. in 24 Stunden, Gonokokken und Staphylokokken in 
6 Tagen, Streptokokken nach 3 Wochen, Coli nach 3 Wochen stark im Wachstum 
behindert. Auf Grund der Ergebnisse kommt Verf. zu dem Resultat, daß es sich bei 
der therapeutischen Verwendung der Hefe nicht um eine reine Hefezellenwirkung, 
sondern eine vorwiegende Gärproduktenwirkung (Alkohol, Aldehyde, Säure) handelt. 
Bei Hefe-Handelspräparaten (untersucht wurde Xerasepulver und -tabletten und 
Bolus-Biozymepulver) ist der Wirkungsmechanismus infolge der therapeutischen Form 
noch weniger durchsichtig, da bei Verwendung dieser Präparate außer den eben ge- 
nannten Faktoren auch noch die durch den Zucker- und Boluszusatz hervorgerufenen 
osmotischen und Adsorptionsverhältnisse weitgehend geändert werden. Auch eine 
günstige Einwirkung der Präparate auf die Schleimhäute selbst kann zur Heilung mit 
beitragen. Guthmann (Frankfurt a. M.). 

Dossena, Gaetano und Nino Piccaluga: Ricerche sperimentali sul comparti- 
mento antiemolitico ed emolitico nelle urine fisiologiche e patologiche. (Experi- 
menteile Studie über die antihämolytische und häniolytische Wirkung der patho- 
logischen und physiologischen Harne.) (Istit. ostetr. ginecol. di perfezionamento, Milano.) 
Ann. di ostetr. e ginecol. Jg. 43, Nr. 9, S. 610—626. 1921. 

Auf Grund ihrer Untersuchungen kommen die Autoren zu dem Schlusse, daß 
jeder Harn scwohl eine hämolytische als auch eine antihämolytische Komponente 
besitzt, welch letztere aber im norn:alen Harn durchwegs überwiegt. Verff. konnten 
nachweisen, daß die antihämolytische Wirkung durch Erwärmen des Urins während 
W St. auf 60° um ein beträchtliches erhöht wird, was sie durch Wegfall der thermo- 
labilen hämolytischen Komponente erklären. Die hämolytische Wirkung wird durch 
Siedehitze dauernd aufgehoben, durch Inakttivieren des Harnes schwindet sie, tritt. aber 
bei Zusatz ganz kleiner, für sich nicht hämolytisch wirkender Mengen von Meerschwein- 
chenserum wieder in Erscheinung. Bei gewissen Krankheitszuständen, wie Nephritis 
und Krebs, aber auch physiologischerweise, z. B. in der Schwangerschaft, kann die 
hämolytische Kom:ponente die Oberhand gewinnen. Kolisch (Wien). 

Lynch, Ruth Stocking: The cultivation in vitro of liver cells from the chick 
embryo. (Die Züchtung von Leberzellen des Hühnchenembryo in Deckglaskulturen.) 
(Carnegie laborat. of embryol., Johns Hopkins med. school, Baltimore.) Americ. journ. 
of anat. Bd. 29, Nr. 2, S. 281—311. 1921. 

Die Methoden der interessanten Gewebszüchtung gestalteten sich so, daß sie bei 
5—18 Tage alten Hühnerembryos angestellt wurden. Diese wurden in allen Stadien 
ihres Wachstums von der Zeit der Einpflanzung bis zum Tode studiert. Der Nährboden 
setzte sich stets zusammen aus 0,5 proz. Dextrose und 10—20 proz. Hühnerbouillon. 
Die lebenden Kulturen wurden geprüft mit und ohne den Gebrauch der verschiedensten 
Farblösungen. Dann wurden die Kulturen in verschiedenen Wachstumsstadien fixiert, 
in Osmiumsäure, in Zenker ohne Essigsäure, in Zenkerformol, in Schaudinnlösung und 
in Bouillon. Die Präparate wurden mit Hämatin, Hämatoxylın allein gefärbt und 
später in Verbindung mit Eosin, Carmin, Methylgrün usw. Es werden ferner die Farb- 
lösungen angegeben, mit denen die besten Resultate zu erzielen sind. Bei Anwendung 
dieser Methoden zeigte sich, daß geeignetes Wachstum bei Embryonen von 5—12 Tagen 
zu erhalten war. 4 Arten von Zellen (Leber-, Endothel-, Mesothel- und Wander- 
zellen) wanderten in verschiedener Anzahl aus den Deckglaskulturen aus: einige Kul- 
turen enthielten bloß 1 oder 2 oder 3 dieser Zellarten. Die Leberzelle bewegt sich 
entweder in Form einer Membran oder als Platte. In den Leberzellen wurden keine 
Zellteilungen beobachtet. Sie zeigten ein Ekto- und Endoblast. In letzterem wurden 
fadenartig angeordnete Körnchen im Protoplasma, Gallenkörner, neutralrote Granula 
und Fettkugeln gefunden. Das Ektoblast enthielt manchmal wenige neutralrote 
Granula. Die Körnchen waren sehr zahlreich und von verschiedener Gestalt, so daß 


44 Konstitution, Altersveränderungen, Vererbung, Entwicklungsstörungen. 


sie selbst in derselben Zelle in ihrer Größe differierten. Gallenkörner (große grüne 
Massen) wurden nur gelegentlich in den Leberzellen gesehen. Diese zeigten eine große 
Anziehungskraft zu dem hinzugefügten Neutralrot, das in Orange, Braun, Rotbraun 
und schließlich in Dunkelrot umschlug. ‚Degenerationskörner‘‘ wurden beobachtet, 
und zwar in verschiedenartigen Formen: sehr selten wurden sie in jungen Kulturen 
gesehen; sie nahmen beträchtlich an Zahl und Lagerung in älteren Kulturen zu. 
Selten wurden sie im Ektoblast gefunden, wo ihre Bewegung besser aufzuzeichnen war. 
Sie hatten eine große Affinität zu Neutralrot und Trypanblau und nahmen die erstere 
Farbe schneller auf, die letztere langsam, und verloren das Neutralrot schneller und 
das Trypanblau langsam, sobald die Zelleabstarb. Die Granula nahmen zu gleicher 
Zeit zwei verschiedene Farben auf, jedoch unterschied sich der Ton zwischen Rot und 
Blau je nach der Kenzentration der Farbstoffe. Die Fettkugeln nahmen an Zahl mit dem 
Alter der Hühnchen, aber nicht mit dem Alter der Kultur zu. Sie wurden ın den Leber- 
zellen beobachtet, aber nicht in der Media. Die Endothelzellen bildeten die gewöhn- 
lichen losen retikulären Ausläufer. Schon die embryonalen Leberzellen enthielten wenig 
oder kein Mesenchym, so daß es sehr wahrscheinlich ist, daß vielleicht die sogenannten 
Mesenchymzellen vom Endothel abstammen. Wanderzellen kamen recht häufig vor 
und enthielten oft Gallenkörner, Gewebstrümmer (Fibrin?) zeigten sich in großen 
Haufen in den Deckglaskulturen, so daß sie manchmal die Ausläufer verdunkelten. 
Diese ganzen Vorgänge sind durch 25 gute Mikrophotographien illustriert. 
Rudolf Salomon (Gießen). 


V. Konstitution, Altersveränderungen, Vererbung, 
Entwicklungsstörungen. 


Toenniessen, E.: Konstitution und Körperzustand. (Med. Klin., Erlangen.) 
Münch. med. Wocherschr. Jg. 68, Nr. 42, S. 1341—1344. 1921. 

Kritische Auseinandersetzung mit den in der Konstitutionspathologie gebräuch- 
lichen und leider so vielfach auseinandergehenden Begriffsbestimmungen. Konsti- 
tution ist nach Verf. die Summe der somatischen Eigenschaften, soweit sie auf Ver- 
erbung bzw. der ererbten Reaktionsweise beruhen. Die Realisierung der Erbfaktoren 
verläuft bei einigen Eigenschaften (besonders morphologischer Art) unabhängig von 
äußeren Reizen; diese Eigenschaften sind rein konstitutionell. Die meisten Eigen- 
schaften (besonders funktioneller Art) werden aber bei ihrer Entwicklung gleichzeitig 
von der Vererbung und von Reizen der Umwelt beeinflußt. Diese Eigenschaften sind 
als konstitutionell-somatisch zu bezeichnen und gehören in den Bereich der Konstitution. 
Die durch pathologische exogene Prozesse am Soma eintretenden Veränderungen sind 
als pathologische Somavariationen oder Somaschädigungen zu bezeichnen und von der 
Konstitution zu trennen. Die Konstitution ist etwas Unabänderliches, denn die Ver- 
änderungen der Artmerkmale innerhalb der ererbten Variationsbreite gehören zur er- 
erbten Reaktionsnorm. Die Konstitution bedingt also an sich eine gewisse Variabilität 
der Artmerkmale. Durch eine pathologische Somavariation kann nur die unabänder- 
liche konstitutionelle Reaktionsweise an ihrer Auswirkung gehemmt, es kann die 
ererbte Reaktionsart geändert werden. Was sich da ändert, ist die Resultante aus Kon- 
stitution und Somaschädigung, nämlich der Körperzustand, welchen Ausdruck Verf. 
dem von J. Bauer verwendeten „Körperverfassung‘‘ vorzieht. Kurz gesagt, macht 
Verf. den Vorschlag, statt konditionell das Wort somatisch, statt Kondition Soma- 
variation, statt konditionelle Schädigung Somaschädigung und statt Körperverfassung 
Körperzustand zu gebrauchen. J. Bauer (Wien)., 

© Bauer, Julius: Vorlesungen über allgemeine Konstitutions- und Vererbungs- 
lehre. Für Studierende und Ärzte. Berlin: Julius Springer 1921. 186 S. M. 36—. 

Die mit sorgsam ausgewählten, instruktiven Abbildungen versehene Darstellung 
bietet eine treffliche Einführung in die kasuistische Systematik der Konstitutions- 
anomalien und einen Auszug des Hauptwerkes. Die einzelnen pathologischen und 


Konstitution, Altersveränderungen, Vererbung, Entwicklungsstörungen. 45 


aberranten Konstitutionstypen sind scharf und präzis gezeichnet. Die theoretischen 
Ausführungen gelten der Analyse der normalen und krankhaften Erbmasse und fußen 
auf Tandlers Hypothese vom starren unabänderlichen Charakter des Keimplasmas, 
dessen syngam, bei der Befruchtung vollendete Zusammensetzung das Fatum des 
Individuums unverrückbar festlege. Nur die Eigenschaften des Keimplasmas sollen 
die Konstitution bestimmen, alle metagamen Akquisitionen lediglich nur konditionaler 
Art sein. Ererbt können nur solche Merkmale oder Eigenschaften sein, welche schon 
inder Vorfahrenreihe vorhanden waren, deren Anlage durch das Keimplasma übertragen 
wurde. Die Erbverfassung ist durch eine bestimmte Kombination bestimmter Erb- 
elemente, Erbeinheiten, Ideen oder Genen gegeben. Als morphologische Vererbungs- 
träger gelten die Chromosomen, deren Mischung und Auslese auch von äußeren Ein- 
flüissen abhängig ist. Auch gewisse Cytoplasmateile können Erbfaktoren enthalten. 
Für die Korrelation zwischen Soma und Geschlechtszellen wird der Einfluß inner- 
sekretorischer Drüsen angenommen. Pathologische Veränderungen werden durch eine 
an bestimmten Stellen der Chromosomen bewirkte artwidrige Abänderung der Kon- 
stellation oder durch eine in der Erbmasse begründete stiefmütterliche Ausstattung 
der Organe, der Gene für den ererbten präformierten Bauplan der Organentwicklung 
bestimmt. Diese auf der Determinantenlehre Roux’s fußende moderne Darstellungs- 
weise steht und fällt mit den Hypothesen der Entwickelungsmechanik. Die Analyse 
der schwereren und tiefgreifenden, die gesamte Konstitution der Geschlechtszellen wie 
des Keimlings in unerschöpflicher Mannigfaltigkeit verändernden und erschütternden 
Einflüsse der Gestationstoxonosen wird zu einer gründlichen Revision der Tandler- 
schen Hypothese zwingen, eine genetische Systematik, Prophylaxe und Therapie der 
Konstitutionsanomalien in statu nascendi ermöglichen. — Bauers oftmals wieder- 
holte Angaben über die Degeneration der Tiroler Bevölkerung dürften wohl ale, 
welche Land und Leute kennen, die Bravour der Wehrfähigen aller Altersstufen in 
Krieg und Gefangenschaft sahen, — Freund wie Feind — insbesondere aber der tief- 
gründige Lehrer Bauers, R. Schmidt (Prag) und andere Innsbrucker Kliniker, 
sowie Landärzte Tirols äußerst subjektiv finden. Greil. 

eKronfeld, Arthur: Über psychosexuellen Infantilismus, eine Konstitutions- 
anomalie. (Sexus, Monogr. a. d. Inst. f. Sexualwiss., Berlin, Bd. 1.) Leipzig: 
Ernst Bircher 1921. IX, 68 S. M. 22.—. 

Bestimmte sexuelle Triebanomalien können auf einer mangelnden Reifeentwick- 
lung, einem Infantilismus der psychosexuellen Partialkonstitution beruhen. Einzelne 
Teiltriebe der unentwickelten Sexualität können isoliert persistieren, ohne zu der 
endgültigen Reifungsform des geschlechtlichen Verhaltens zusammengefaßt zu werden 
— Exhibitionismus. Die Richtung des Triebes, die Objektwahl kann in ihrer Ent- 
wicklung gehemmt sein — Pädophilie, Fetischismus. Es kann eine infantil-spielerische 
Einstellung des Sexualverhaltens nicht entwicklungsmäßig überwunden werden. Der 
Nach weis des Infantilismus als einer Konstitutionsanomalie in solchen Fällen erforderte 
vom Verf. eine exakte Herausarbeitung der allgemeinen Kriterien dessen, was unter 
sexuellen Teilkonstitutionstypen und insbesondere unter psychischen Infantilismen 
zu verstehen sei. Verf. verknüpft diesen Nachweis mit allgemeinen konstitutions- 
pathologischen und endokrinologischen Erörterungen zum Thema Infantilismus. Er 
reiht ferner seine Kasuistik auch in den Gesamtrahmen der klinischen Psychiatrie ein 
und grenzt seine Fälle gegen die Schwachsinnformen einerseits, die Psychopathien 
andererseits ab. Das nicht leicht geschriebene Büchlein enthält eine Anzahl neuer 
Gedanken, Gesichtspunkte und Anregungen zur Konstitutionslehre gerade auf dem- 
jenigen Gebiete, wo abartige Konstitutionstypen zu psychischen Manifestationen 
führen. Es nimmt für die Sexualwissenschaft eine methodische Betrachtungsweise 
auf, welche sich gerade zurzeit in der Psychiatrie gegenüber der älteren Klinik erfolg- 
reich durchsetzt: die Verbindung konstitutionsbiologischer mit entwicklungspsycho- 
logischen Einstellungen und Arbeitsweisen. Friedlaender (Berlin-Lichterfelde). 


46 Konstitution, Altersveränderungen, Vererbung, Entwicklungsstörungen. 


Mott, Frederick: Psychopathology of puberty and adolescence. (Psychopatho- 
logie der Geschlechtsreife und des Pubertätsalters.) Journ. of ment. science Bd. 67, 
Nr. 278, S. 279—339. 1921. 

In einer Serie von Vorlesungen bringt Mott die Struktur der Geschlechtsdrüsen, der 
Testes und der Ovarien beim Neugeborenen, in der Pubertät und im Senium und setzt 
sie in Beziehung zu ihrer Funktion. Es wird die Möglichkeit erörtert, daß eine innere 
Sekretion der reifenden Follikel das Auftreten der weiblichen Charaktereigenschaften 
bedingt. Bei der Besprechung der biochemischen Beziehungen der Sexualdrüsen zum 
übrigen endokrinen Apparat bringt Verf. die bekannten Korrelationen der Sexualdrüsen 
zu den anderen innersekretorischen Drüsen und verweist auf den Einfluß einer abnormen 
Funktion der Geschlechtsdrüsen auf das hormonopoetische System, dessen biochemisches 
Gleichgewicht durch eine geänderte Funktion der Geschlechtsdrüsen verschoben 
werden kann. Ein ungestörtes Gleichgewicht des hormonopoetischen Systems ist für 
den Stoffwechsel und die Wohlfahrt des Geistes und des Körpers notwendig. Unter- 
suchungen M’s am Zentralnervensystem bei Hypothyroidismus zur Zeit des Klimak- 
teriums, sowie bei Dementia praecox, allgemeiner Paralyse, Dementia senilis und 
amaurotischer Idiotie (Tais- Sachs) ergaben morphologische Veränderungen in ver- 
schiedenen Hirnabschnitten, die mit einer geänderten Funktion innersekretorischer 
Drüsen in Korrelation gebracht werden. Besondere Beachtung wird den Lipoiden 
in den Zellen des Gehirns geschenkt und eine Lipoidvermehrung bei einigen Gehirn- 
erkrankungen festgestellt. Eine Darstellung der histologischen Veränderungen des 
Gehirns bei verschiedenen Erkrankungen desselben, die im wesentlichen nichts Neues 
bringt und die Untersuchungen Merzbachers, Alzheimers, Silois u. a. bestätigt, 
ist vorwiegend von neurologischem Interesse und für ein kurzes Referat nicht geeignet. 

Mahnert (Graz). 

Weil, Arthur: Die Körpermaße der Homosexuellen als Ausdrucksform ihrer 
spezifischen Konstitution. (Inst. f. Sexualwiss., Berlin.) Arch. f. Entwicklungsmech. 
d. Organismen Bd. 49, H. 3/4, S. 538—544. 1921. 

Die Längenproportionen des menschlichen Körpers sind von der Funktion der inkre- 
torischen Drüsen abhängig, von der wachstumsfördernden der Schilddrüse, Thymus und Hypo- 
physe und der hemmenden der Keimdrüsen. Das Verhältnis der Ober- zur Unterlänge (aus 
praktischen Gründen vom Scheitel bis zum Steißbein und von dort bis zum Boden gemessen) 
entspricht beim normalen Durchschnittsmanne nach eigenen Messungen des Verf. einer Pro- 
portion von 100 : 95, nach Durchschnittswerten aus der Literatur 100 : 93, bei der Frau 100: 91. 
Der Ausfall der Keimdrüsen bei geborenen Eunuchoiden oder Frühkastraten verschiebt dieses 
Verhältnis nach 100 : 125 hin. Parallel mit diesen Körperproportionen geht eine bestimmte 
Stärke und Richtung des Sexualtriebes von dem heterosexuellen Manne bis zum asexuellen 
Eunuchoiden. Zwischen diesen beiden Extremen liegen die mannigfaltigsten Übergänge, bei 
denen, wenn man einen kausalen Zusammenhang zwischen Keimdrüseninkretion und Sexual- 
trieb annehmen muß, die Körperproportionen wieder Ausdrucksformen des Trieblebens sein 
werden. Verf. untersuchte als erste Gruppe der intersexuellen Varianten homosexuelle Männer, 
bei denen er in 95% aller Fälle Abweichungen von den heterosexuellen Durchschnittszahlen fand 
(Verhältnis der Ober- zur Unterlänge bei ihnen im Durchschnitt 100 : 107) und bei 70°% Pro- 
portionen, die jenseits der heterosexuellen Grenze 100 : 106 lagen. Die Variationsbreite lag 
bei den letzteren zwischen 100 : 87 bis 100 : 105, bei den Homosexuellen zwischen 100 : 94 
bis 100 : 126. Daneben fand er eine Verschiebung des normalen Durchschnittsverhältnisses 
der Schulter- zur Hüftbreite (100 : 81 bei Männern) nach der femininen Seite hin (100 : 97 
bei Frauen), und zwar waren die entsprechenden Zahlen für homosexuelle Männer 100 : 85, 
für homosexuelle Frauen 100 : 94. A. Weil (Berlin).°° 

Cervenka, Jan und Klement Weber: Infantilismus auf luetischer Grundlage. 
Casopis lékařúv českých Jg. 60, Nr. 38, S. 581—584. 1921. (Tschechisch.) 

Ausführliche Beschreibung zweier Fälle von dystrophischem Infantilismus auf 
luetischer Basis. 


I. 16jähriges Mädchen, das 8. Kind eines an Tabes im Alter von 39 Jahren gestorbenen 
Vaters. Wassermannreaktion bei der Mutter und der Patientin positiv. Gesamteindruck der 
eines 8—9 Jahre alten Kindes, Länge 122 cm, auch sonst alle äußeren (somatischen) Merkmale 
des Infantilismus. An der Psyche läßt sich der Infantilismus noch nicht feststellen, da das 
Alter an der Grenze der Kindbeit ist und das Milieu, aus dem Patientin stammt, keinen größeren 


— - 


Konstitution, Altersveränderungen, Vererbung, Entwicklungsstörungen. 47 


Bildungsgrad erwarten läßt. Skiagramm des Schädels ergibt normale Sella turc. Alle Zeichen 
kongenitaler Lues. II. 19jähriger Junge, 5. Kind. Vater starb unter den Zeichen der Wasser- 
sucht 67 Jahre alt. Lernte erst im 2. Jahre laufen, blieb klein. In der Schule lernte er gut. 
Im September 1921 entwickelte sich ohne vorherige Krankheitssymptome eine linksseitige 
Hemiplegie ohne Bewußtseinsstörung. Befund: Sehr klein, 37,7 kg, Genitale klein, unbehaart. 
Wassermann im Blut und Liquor hochpositiv. Quecksilber und Jodkali. Nach 1!/, Monaten 
völliger Rückgang der Parese. Nach 2 Monaten neuerliche Hemiparese, unter Schwäche, 
athetotischen Bewegungen Exitus. Pathologisch-anatomischer Befund: Encephalomalacia 
gangl. centr. caps. int. dext. ex obliteratione trunci art. cerebri med. dext. (histologisch: Pan- 
arteriitisgummosa). Status infantilis. Hypoplasia app. genitalis et aortae. Auch in diesem 
Falle ist die psychische Seite des Infantilismus nicht deutlich ausgeprägt. Da auch kein Zeichen 
einer endokrinen Affektion besteht, ist der Fall als dystrophischer Infantilismus (Lorain) 
auf Basis einer Infektionskrankheit (hier Lues) aufzufassen, die Lues ist auch hier kongenital 
gewesen. Groß. 

Hirsch, S.: Zur Klinik und Pathogenese des dystrophischen universellen 
Infantilismus. (Städt. Krankenh. Sandhof, Frankfurt a. M.) Zeitschr. f. d. ges. 
Neurol. u. Psychiatr. Bd. 72, S. 347—365. 1921. 

An 12 innerhalb dreier Jahresquartale zur Beobachtung gelangten adoleszenten 
Infantilen (16—20 ac) wird der Infantilismus als Folge der durch die Blockade ge- 
schaffenen ungünstigen Ernährungsbedingungen und hygienischen Verhältnisse an 
Individuen minderwertiger Konstitution unter Vermittlung des im Labilitätszustand 
der Pubertät befindlichen endokrinen Apparates nachgewiesen. Sie boten die Sym- 
ptome mangelhafter sexueller Entwickelung, unvollkommener Involution des lym- 
phatischen Apparates, psychischer Unreife, “der Störungen des vegetativen Nerven- 
systemes und der Hemmungen des Skelettwachstumes (offene Epiphysenfugen), Adre- 
nalinempfindlichkeit, Dermographismus usw. Asthma mit Eosinophilen (bis zu 3,5%) 
war in 4 Fällen nachweisbar, Tuberkulose oder Nervenleiden in 8 Fällen in der Aszen- 
denz vorhanden. (Fall 5: Beginn der Erkrankung mit Gelenkrheumatismus [Vater 
asthmatisch]. Fall 8: Ichthyosis [familiär] Vater nervenkrank mit schwerem Asthma, 
Dermographismus, starker Adrenalinreaktion.) Neben der allgemeinen Verzögerung 
des Epiphysenwachstumes bestanden rachitische Symptome, welche durch die Berufs- 
belastung (Schmied, Schlosser, Kellner) als Sekundärerscheinungen bedingt wurden. 

Greil (Innsbruck). 

Winge, Ö.: Über eine teilweise geschlechtsverknüpfte Vererbung der Augen- 
farbe beim Menschen. (Carlsberg laborat., Kobenhavn.) Meddel. fra Carlsberg laborat. 
Bd. 14, Nr. 12, S. 1—22. 1921. (Dänisch.) 

Verf. hat an 1400 Personen und deren Eltern seine Untersuchungen angestellt. 
Er kommt zu dem Schluß, wenn es auch eine Hauptregel sei, daß die blaue Augenfarbe 
(simplex) sich gegenüber der braunen (duplex) recessiv verhält, so gebe es doch ab und 
zu Ausnahmen und zwei blauäugige Eltern könnten auch einmal braunäugige Kinder 
bekommen. Diese Ausnahmen sind auf das Vorhandensein von pigmenthemmenden 
Anlagen bei einem Teil der blauäugigen Eltern und manchmal auch auf Faktoren 
zurückzuführen, die sich durch Anomalien der Sehschärfe zu erkennen geben. Der 
Befund, daß Braunäugigkeit überall häufiger bei Frauen als bei Männern vorkommt, 
wird außer durch den längst bekannten Mendlschen Faktor der Augenfarbe (B) noch 
durch einen anderen dominierenden Braunfaktor (W) bedingt, der geschlechtsgebundene 
Vererbung besitzt. In Übereinstimmung hiermit ergeben Ehen zwischen blauäugigen 
Frauen und braunäugigen Männern Nachkommen anderer Zusammensetzung als bei 
der reziproken Verbindung. Im ersten Falle ergeben sich aus dem Material gleich viele 
blau- und braunäugige Söhne, aber über einundeinhalbmal so viele braunäugige als 
blauäugige Töchter. Im letzten Fall besteht ein Überschuß von blauäugigen Abkommen 
sowohl unter den Söhnen als unter den Töchtern. Die sich aus den Untersuchungen 
ergebende Statistik wird durch die Annahme der obengenannten zwei Faktoren ver- 
ständlich. Diese bestehen aus einem Autochromosomenpaar (B; allelomorph b) und 
aus den Geschlechtschromosomen (W); dazu kommt die Annahme von der Elimination 
sämtlicher b W-Eier. Saenger (München). 


48 Konstitution, Altersveränderungen, Vererbung, Entwicklungsstörungen. 


Guerrero, Mariano A.: Über einen Fall von der Mutterseite vererbter Ichthyosis. 
Arch. latino-americ. de pediatr. Bd. 15, Nr. 4, S. 296—300. 1921. (Spanisch.) 

Stieve, H.: Über den Einfluß der Umwelt auf die Eierstöcke der Tritonen. 
Ein Beitrag zur Frage nach der Vererbbarkeit erworbener Eigenschaften und der 
Parallelinduktion. Arch. f. Entwicklunzsmech. d. Organismen Bd. 49, H. 1/2, 
S. 179—267. 1921. 

Die Arbeit enthält eine Fülle von Beobachtungen über die günstigen und un- 
günstigen Aufzuchtsbedingungen der verschiedenen Tritonarten im Aquarium. Sie 
müssen im Original eingesehen werden, da sie zu einer kurzen Wiedergabe nicht ge- 
eignet sind. Werden die Tiere bei Beginn der Fortpflanzungszeit in eine veränderte 
Umgebung gebracht, so wird die Eiablage unterbrochen. Beim Eintritt gewöhnlicher 
Bedingungen kommt die Eiablage wieder in Gang. Sie wird gleichzeitig beendet mit 
der von Tieren, die nicht der zeitweiligen Störung der Eiablage unterworfen waren. 
Veränderung im Aufenthaltsort vor der Laichzeit unterdrückt vollkommen den Beginn 
der Brunst. Schwere Rückbildungserscheinungen an den Eierstöcken treten in die 
Erscheinung zu der Zeit, in der bei freilebenden Tieren die Eiablage sich ihrem Ende 
nähert. Hunger und spärliche Fütterung vor der Brunst schadet nicht, wenn zu Beginn 
der Fortpflanzungszeit reichliche Nahrungszufuhr erfolgt. Während der Brunst be- 
dingt Hunger den Stillstand der Eiablage, jedoch nicht plötzlich, sondern erst nach 
einigen Tagen, bei spärlicher Ernährung ist die Zahl der abgelegten Eier gering. Sehr 
reichliche Fütterung vor der Brunst verhindert die Fortpflanzungstätigkeit, während 
der Laichzeit steigert sie die Eiablage. Bei spärlicher Ernährung und beim Hunger 
wird zuerst der Fettkörper aufgebraucht, später erst treten schwerere Veränderungen 
am Eierstock auf. Bei der Mast vergrößert sich der Fettkörper erheblich, ohne daß 
sich der Eierstock entsprechend verkleinert. Fütterung mit Rindfleisch statt mit 
lebender Nahrung brachte die Eiablage zum Stillstand. Über Versuche mit abnormen 
Temperaturen wird berichtet: Wasserwärme von über 24° wird nicht vertragen, unter 
8° erfolgt keine Eiablage. Niedrige Temperatur verhindert den Beginn der Laichzeit 
und unterdrückt die Eiablage, wenn sie schon im Gange ist. Eine Wasserwärme von 
über 8° befördert im Vorfrühling, sofern die Erhöhung der Temperatur nicht zu rasch 
nach Beendigung des Winterschlafes erfolgt, den Eintritt der Brunst; die Eiablage ıst 
um so reichlicher, je höher die Wasserwärme ist, vorausgesetzt, daß sie nicht die oberste 
Grenze von 20—24° überschreitet. Frühzeitige Erhöhung der Wasserwärme ver- 
ursacht einen früheren Beginn der Laichperiode, ruft aber keine Verschiebung der 
Laichzeit, sondern ihre Verlängerung hervor. Unterschiede der Wassertemperatur 
haben auch Unterschiede in der Nahrungsaufnahme zur Folge, die ihrerseits das Fort- 
pflanzungsgeschäft beeinflußt. Dauernde Dunkelheit hemmt die Fortpflanzung; 
dauernde Beleuchtung beeinträchtigt die Lebenstätigkeit nicht. Zu dichte Besetzung 
der Zuchtgefäße hemmt die Fortpflanzung. Geringfügige Verletzungen stören die 
Eiablage nicht, schwerere bringen sie sofort zum Stillstand. Verf. betont den hohen 
Einfluß der äußeren Bedingungen auf den Ablauf der Lebensvorgänge, besonders der 
Fortpflanzungstätigkeit. Jede, auch die kleinste Veränderung der Umgebung wirkt 
auf den Gesamtkörper als Reiz und bedingt an ihm gewisse Umgestaltungen, die Verf. 
als Abwelrmaßnahme bezeichnet. Der Erfolg ist nur an den abänderungsfähigen 
Zellen, in erster Linie an den Keimzellen, zu sehen. ‚Sind die äußeren Reize sehr stark, 
so stellen die Keimzellen ihre Tätigkeit ganz ein, sie bilden sich teilweise zurück, solange, 
bis der Körper die Schädigung ausgeglichen, sich angepaßt hat und dann das Miß- 
verhältnis zwischen neuer Umgebung und seiner eigenen Organisation ausgleichen 
konnte.“ Die Versuche beweisen die überaus hohe Empfindlichkeit (Verf. schreibt 
Empfindsamkeit. Zus. d. Ref.) der Keimdrüsen. Sie lassen es dem Verf. „leicht ver- 
ständlich erscheinen, daß gewisse innerhalb der angeborenen Variationsbreite gelegene 
Veränderung bestimmter Stellen des Körpers in gleicher oder ähnlicher Weise auch 
bei den Nachkommen auftreten. Sie stellen niemals die unmittelbare Wirkung des 


Konstitution, Altersveränderungen, Vererbung, Entwicklungsstörungen. 49 


Reizes dar, sondern sind immer nur die Folge der durch den Reiz bedingten Umgestal- 
tung des Gesamtkörpers, die alle Zellen betrifft, aber nur an den abänderungsfähigen 
Bezirken für uns erkennbar werden“. (In den ref. Versuchen berichtet der Verf. ledig- 
lich darüber, daß durch unphysiologische Außenbedingungen die Eiablage verhindert 
wird. Seine Erörterungen über auch bei der Nachkommenschaft auftretende Verände- 
rungen sind also rein theoretisch und nicht experimentell gestützt. Für den Ref. ist 
es vollkommen unverständlich, wie nach dem vorangegangenen folgender Schlußsatz 
ausgesprochen werden kann: ‚Die aufgefundenen Tatsachen erklären also zwanglos 
die Erscheinungen, die bisher irrtümlich als Beweise für die Vererbung erworbener 
Eigenschaften angeführt wurden.“) i Fritz Levy (Berlin)., 

Fraenkel, Manfred: Röntgenstrahlenversuche an tierischen Ovarien zum 
Nachweis der Vererbung erworbener Eigenschaften und ihre Beziehungen zum 
Krebsproblem. Strahlentherapie Bd. 12, H. 1, S. 272—290. 1921. 

Fraenkel bestrahlte ein 4 Tage altes weibliches Meerschweinchen und konnte — 
wie in mehreren anderen Fällen — beobachten, daß das junge Tier in der letzten Woche 
mit Erfolg belegt wurde, obwohl es eine Dosis erhalten hatte, die ausgereifte Tiere 
regelmäßig steril gemacht hatte. Während das Muttertier selbst im Wachstum stark 
zurückgeblieben war, fällt dieses Zurückbleiben bei dem Wurf noch stärker auf. Die 
dritte Generationen, wiederum noch kleiner, bleibt völlig zeugungsunfähig. Alle 
3 Generationen weisen cystisch degenerierte Ovarien auf. Ein durch die Bestrahlung 
erzeugter scharf umschriebener Haardefekt tritt ebenfalls in der 2.und 3. Generation 
wieder auf. Bracht. 

Siegmund, H.: Über das Altern und Altersveränderungen. (Pathol. Inst., 
Univ. Köln.) Med. Klinik Jg. 17, Nr. 39, S. 1163—1166. 1921. 

Doms, Herbert: Über Altern, Tod und Verjüngung. Zeitschr. f. d. ges. Anat., 
3. Abt., Ergebn. d. Anat. u. Entwicklungsgesch. Bd. 23, S. 250—309. 1921. 

Vorstehende Arbeit gliedert sich der Hauptsache nach in zwei Teile. 1. Das Pro- 
blem des Todes und seine bisherigen Lösungsversuche (Weismann, Götte, Büt- 
schli, Bühler, Loeb, Mühlmann, Rubner, Child, Lipschitz, R. Hertwigu.a.). 
2. Seine eigene Stellungnahme und Lösungsversuch. Vor allem wendet sich der Verf. 
gegen Weismanns Ansicht: der Tod ist durch das Auftreten einer Leiche gekenn- 
zeichnet. Demgemäß sind potentiell unsterblich die Protozoen, bei deren Teilungen 
keine Leiche auftritt, und die Keimzellen. Außerdem bekämpft Verf. die Anschauung 
von Weismann, daß das Altern bedingt sei durch Abnützung der Zellen infolge 
Aktivität. Auch die Theorien der anderen Autoren können letzten Endes keine be- 
friedigende Lösung abgeben. Verf. baut sich nun selbst eine Theorie auf und zwar 
einerseits auf die Hypothesen von Hertwig und andererseits auf die Erwägungen 
von Roux. Hertwig nimmt an, daß in jedem Zellkern eines Metazoon sämtliche 
Arten von Bioblasten enthalten sind. Nach einmalig erfolgter histologischer Spezifi- 
kation hält jeder Kern normalerweise immer nur seinen spezifischen Komplex in 
Aktivität, während alle übrigen Bioblasten dauernd inaktiv sind. Muskelzellkerne 
z. B. würden nie Nerven- oder Drüsenzellen differenzieren können, trotzdem sie auch 
deren Anlage in sich tragen. Das Rouxsche Prinzip besagt, daß funktionelle Reize 
neben der spezifischen Funktion zugleich auch trophische Wirkungen ausüben und daß 
diese Reize notwendig für die Assımilation sind und demnach eine Aktivitätshyper- 
trophie eine Folge der Stärkung der Assimilationsfähigkeit durch den funktionellen 
Reiz und Inaktivitätsatrophie als Folge der Schwächung derselben durch das Aus- 
bleiben dieses Reizes anzusehen sınd. Bleibt nun der Reiz, der für den normalen Stoff- 
wechselablauf erforderlich ist, aus, so muß es zu einer Schädigung der inaktiven Bio- 
blasten kommen, die proportional mit der Zeit steigt. Da aber ein lebendes System 
nur bei einem ungestörten Funktionieren sämtlicher Bestandteile klaglos bestehen kann, 
so muß eine Schädigung der inaktiven Bioblasten schließlich auch zu einer Störung 
des Gesamtorganismus führen — zum Altern. Erfahren diese Schädigungen mit der 


Jahresbericht f. d. ges. Gynäkologie 1921. 4 


50 Konstitution, Altersveränderungen, Vererbung, Entwicklungsstörungen. 


Zeit eine Steigerung, so führt sie notwendigerweise zu einem Moment, wo jeder Zu- 
sammenhang untereinander verloren geht: zum Tod. „Zur Erklärung der Kontinuität 
des Lebens der Art ist daher eine Verjüngung in den Descendenten anzunehmen. Diese 
Verjüngung kann aber einzelne Teile des gesamten Metazoenindividuums (Geschwulst- 
bildung?) oder sogar das ganze Individuum erfassen, worüber jedoch erst spärliche 
Erfahrungen vorliegen. Das Prinzip der Verjüngung ist Aktivierung bisher inaktiver 
Anlagen.“ Alter, Tod und Verjüngung sind somit an den Zellkern gebunden. Diese 
Theorie bleibt aufrecht erhalten, solange die Annahme zu Recht besteht, daß es in der 
Zelle neben prüformierten körperlichen Anlagen auch solche gibt, die normalerweise 
inaktiv sind. Mahnert (Graz). 

Liepmann, Wilhelm: Totalexstirpation des Uterus und Verjüngung. Vorl. Mitt. 
Zentralbl. f. Gynäkol. Jg. 45, Nr. 9, S. 302—393. 1921. 

Die Bedeutung der Keimdrüsen für die Funktionen des Individuums im Sinne 
der Steinachschen Versuche betonend, versucht Verf., sich unter Anlehnung an 
Freuds Lehre in der praktischen Frauenheilkunde mit diesem Problem zu beschäf- 
tigen. Verf. wirft die Frage auf, ob es bei der Totalexstirpation, die der Keimdrüse 
den Ausführungsgang unterbindet, zur stärkeren Bildung des interstitiellen Gewebes 
— und damit zu dem Zustand kommt, den Steinach als Ursache der Verjüngung 
ansieht. Die stärkere Bildung des interstitiellen Gewebes in dem nach Totalexstirpation 
zurückgelassenen Ovarium hält Verf. für gesichert. Es gelangen 22 Fälle vor und nach 
der Operation zur Untersuchung. Von diesen geben 16 an, sich jünger zu fühlen, ihr 
Habitus, Gesichtsfarbe, Elastizität der Haut entsprach dem subjektiven Eindruck. 
Arbeitsleistung und Arbeitsfreude ist angeblich vermehrt. Bei 9 Fällen wurde Zu- 
nahme der Voluptas im ehelichen Verkehr angegeben. Zwei von 22 Fällen waren 
psychisch gänzlich unbeeinflußt geblieben. Mahnert (Graz). 

Lahm, W.: Totalexstirpation des Uterus und Verjüngung. Kritik zu der gleich- 
lautenden ‚Vorläufigen Mitteilung‘ W. Liepmanns (Berlin). (J,aborat. d. staatl. 
Frauenklin., Dresden.) Zentralbl. f. Gynäkol. Jg. 45, Nr. 17, S. 601—602. 1921. 

Verf. sieht sich durch die vorläufige Mitteilung W. Lie p man ns „Totalexstirpation 
des Uterus und Verjüngung‘“ veranlaßt, vor Wegen zu warnen, die seines Erachtens 
nicht dazu führen, die Grundlagen der Steinachschen Lehre zu festigen und ihre Fort- 
entwicklung zu kennzeichnen. Liepmann ist der Ansicht, daß die Totalexstirpation 
des Uterus der Samenstrangunterbindung gleichzusetzen ist, und kümmert sich nicht 
um die Verjüngungsversuche bei Ratten. Verf. hält diese Ansicht für verfehlt, da beim 
Hoden die Samenkanälchen nach der Unterbindung des Samenleiters degenerieren, die 
Spermatogenese erlischt. Im Gegensatz dazu geht beim Ovar die Ovulation ungestört 
weiter, ob Tube und Uterus vorhanden sind oder nicht. Würde Liepmanns Ansicht 
richtig sein, so müßte eine erworbene Atresie, der Verschluß der Tuben durch Entzün- 
dungen, Tumoren oder Tubensterilisation zur Verjüngung der Patienten führen. Verf. 
zweifelt ferner, daß Liepmann mit der tatsächlichen Vermehrung des interstititiellen 
Gewebes im Ovarium nach der Totalexstirpation recht hat, und begründet es damit, 
daß Anhaltspunkte dafür fehlen, daß die Ovulation danach anders verlaufen soll. Nur 
bei Störungen der Ovulation bildet sich die Pubertätsdrüse aus. — Anders verhält es 
sich,wenn schon vor der Operation eine Dysfunktion der Ovarien bestand und vielleicht 
die Ursache (Metropathia haemorrhagica, Myom als Beispiel) für die Üterusexstirpation 
gewesen ist. Verf. verweist schließlich auf seine mit Scheunig in Gang begriffenen 
Untersuchungen (Tierversuche), denen zufolge das für das Weibchen Gesetz zu sein 
scheint, was puncto Verjüngung für das Männchen gilt. Mahnert (Graz). 

Fraenkel, Manfred: Die Wirkung der Röntgenstrahlen im Hinblick auf Ver- 
erbung und Verjüngung. Arch. f. Frauenk. u. Eugenet. Bd. 7, H. 4, S. 254 
bis 263. 1921. 

Verf. ist der Ansicht, daß das Bindegewebe den endokrinen Drüsen zuzurechnen ist 
und diesem außer seiner innersekretorischen Funktion auch hohe immunisatorische 


Konstitution, Altersveränderungen, Vererbung, Entwicklungsstörungen. 51 


und phagocytäre Eigenschaften innewohne. Durch Röntgenreizbestrahlung des Binde- 
gewebes an Ort und Stelle, weiter auch indirekt durch Bestrahlung von Thymus und 
Thyreoidea, ließe sich die überall bei Verlust von organisiertem Gewebe zu beobachtende, 
regeneratorisch einsetzende Bindegewebsvermehrung noch erhöhen. Dieselbe veranlasse 
die Aufbesserung des Organismus und erkläre den allgemeiner zu fassenden Begriff 
der Verjüngung. In der Carcinombehandlung wurde die Röntgentherapie bisher ein- 
seitig nur zu vernichtenden Zwecken ausgebaut, dabei aber das biologische Moment ganz 
außer acht gelassen. Es ist die Frage, ob die Schädigung der Carcinomzelle das Primäre 
oder erst die sekundäre Folge eines primären Bindegewebsanreizes ist, jedenfalls spielt 
in der Weiterentwicklung des Carcinoms die Schwäche des Bindegewebes eine bedeut- 
same Rolle. Für embryonale Zellen, als welche jugendliche Carcinomzellen anzusehen 
sind, gilt das von Bergonie und Triboudeau aufgestellte Strahlengesetz nicht, nach 
welchem die Bestrahlung auf Zellen mit stark produzierenden Fähigkeiten besonders 
wirkt und einen um so größeren Einfluß ausübt, je weniger die Morphologie und Funk- 
tion der Zelle definitiv bestimmt ist. Jugendliche Carcinomzellen können durch noch 
so intensiv wirkende Röntgenstrahlen weder in ihrer Fortpflanzung, noch in ihrer 
Lebenstätigkeit dauernd gestört werden, sondern nur in ihrem Wachstum gehemmt. 
Alte Carcinomzellen werden durch Strahlen aller Art auch durch geringe Dosen ge- 
schädigt und vernichtet. So erklären sich die in letzter Zeit berichteten Rezidive und 
Metastasen nach Intensivbestrahlung. Für diese Erkenntnis sind die Impfresultate 
von Keysser (Jena) und Versucne des Verf. beweisend. Meerschweinchen wurden 
in frühester Jugend mit einer für ausgewachsene Tiere jede Schwangerschaft ausschlie- 
Benden, ja tödlichen Dosis am Kopf, in einer anderen Serie am Kopf und Rücken 
bestrahlt. Die Tiere blieben in der Größe zurück, während die Fortpflanzungsfähigkeit 
zur normalen Zeit erfolgte. Diese Meerschweinchen wurden nun mit nichtbestrahlten 
gesunden Böcken anderer Meerschweinchenfamilien belegt. Die nachfolgenden Tiere 
waren wiederum, ohne bestrahlt zu werden, in ihrer Entwicklung kleiner, warfen aber, 
bei gleichem Vorgange, nach normaler Zeit sehr schwächliche Tiere. Die folgende 
Serie war nicht mehr lebensfähig. Alle Tiere zeigten den beim bestrahlten Muttertier 
erzeugten Haardefekt am Kopf resp. am Kopf und Rücken; neben dem Kleinerwerden 
der wichtigste Beweis für die Vererbung erworbener Eigenschaften. Der Reizbestrahl- 
lung der endokrinen Drüsen komme bei der Lösung der Verjüngungsfrage wie bei der 
des Krebsproblems eine eminente Bedeutung zu. Mahnert (Graz). 

Pöterfi, Tiberius: Der gegenwärtige Stand der Physiologie der Geschlechts- 
bestimmung. (Anst. f. exp. Biol., Univ. Jena.) D:sch. med. Wochenschr. Jg. 47, 
Nr. 42, S. 1265—1267, Nr. 43, 1299—1300 u.. Nr. 44, S. 1332—1333, Nr. 44, S. 1363 
bis 1365. 1921. i 

Der Autor beschränkt sich in der Behandlung des Stoffes auf Vorgänge in der 
Tierwelt. Die physiologischen Faktoren, die bei der Geschlechtsbestimmung mitwirken, 
werden im allgemeinen in innere und äußere unterschieden. Innere Faktoren sind solche 
biologische Kräfte, die in den Geschlechtszellen der Eltern (Gameten) oder in dem Keim 
(Zygote) selbst entstehen. Sie lassen sich zum Teil auf cytologische Strukturen (Chromo- 
somen, Cytoplasma, Plastosomen) und physikalisch-chemische Prozesse zurückführen, 
zum Teil sind sie jedoch noch nicht auf diese elementaren Grundlagen zu stellen. Diese 
letzteren Faktoren werden unbestimmte innere Faktoren genannt. Der Begriff der 
äußeren Faktoren faßt alle Einflüsse zusammen, die von der Umwelt aus auf die Game- 
ten oder auf die Zygote bestimmend einwirken. Sie entstehen aus den Somazellen oder 
stellen rein physische und chemische Reize dar. Eine weitere nähere Einteilung der 
Faktoren ordnet sie in progame, syngame und metagame. Progame Faktoren sind 
solche, die vor, syngame, die während und metagame, die nach der Befruchtung wirken. 
Im folgenden bespricht der Autor die einzelnen Faktoren und ihre Einwirkung auf die 
Geschlechtsbestimmung, wobei sich mehrmals Analogien zwischen Vorgängen in der 
Tierwelt und Erscheinungen beim Menschen ergeben. Mahnert (Graz). 


4* 


52 Konstitution, Altersveränderungen, Vererbung, Entwicklungsstörungen. 


Schöner, Otto: Zum Problem der Geschlechtsvorhersage. Schweiz. Rund- 
schau f. Med. Bd. 21, Nr. 40, S. 469—471. 1921. 

Stellungnahme Schöners zu den Angriffen Scheurers im Korr.-Bl. für Schweizer 
Ärzte 1918, Nr. 447. S. erörtert seine Theorie und ihre Grundlagen. Er geht von den 
Tatsachen aus, daß seine beiden Töchter im gleichen Monat verschiedener Jahre ge- 
boren wurden und die Präformation des Geschlechtes bei verschiedenen Tieren durch 
die Partogenesis nachgewiesen ist und zieht den Schluß, daß eine Gesetzmäßigkeit 
bei der Geschlechtsentwicklung und Geschlechtsbildung vorhanden sein muß. Auf 
Grund der Alternation der Ovarien in der Ovulation glaubt S. annehmen zu dürfen, 
daß in einem geraden Monat weibliches Geschlecht, in einem ungeraden männliches 
geboren wird oder umgekehrt. Eine Statistik S. aus Taufurkunden soll für diese An- 
nahme sprechen und ermutigt S. zum Schluß, daß jedes Ovarium ein besonderes Ge- 
schlecht erzeugt. Seine praktischen Versuche erwiesen jedoch, daß diese Annahme 
nur zum Teil zutreffend ist und ergaben, daß jedes Ovarıum beide Geschlechter, der 
rechte Eierstock allerdings mehr Knaben, der linke mehr Mädchen liefert. Neue 
Statistiken S. veranlaßten ihn zur Hypothese, daß das Ei bereits vor der Befruchtung 
seine Geschlechtsanlage besitzt und die Geschlechtsanlage im einzelnen Ovarium selbst 
in der von S. gefundenen Reihenfolge (2 : 1), sowie vom rechten zum linken Ovar 
fortgesetzt und regelmäßig wechselt. Für die Nachprüfung seiner Hypothese fordert 
er, daß praktische Fälle in Betracht gezogen werden, bei denen das Geschlecht des 
Kindes und aus welchem Ovarıum dasselbe stammt, sowie die Zahl der zwischen dem 
Partus und der nächsten Befruchtung liegenden Ovulationen bekannt sein muß. Unter- 
suchungen S.s an 124 Fällen folgen. Die ovarielle Abstammung und das Geschlecht 
wird an 99 Fällen vor der Geburt bestimmt. Bei diesen Bestimmungen ergaben sich 
30,31%, Fehlresultate in der Voraussage. Da S.s Zahlengesetz in jedem Ovarium eine 
Ausnahme besitzt, sind diese 30,31%, nicht als Fehler zu rechnen. Für die Präforma- 
tion des Geschlechtes im menschlichen Ei scheinen S. der Ausfall seiner praktischen 
Untersuchungen zu sprechen. Tierversuche W y mers (einseitige Kastration sowohl 
weiblicher wie männlicher Tiere), die das prozentuale Verhältnis des Geschlechtes der 
Nachkommen zu beeinflussen scheinen, werden von 8. für die Richtigkeit der An- 
nahme, daß das rechte Ovar mehr männliche, das linke Ovar mehr weibliche Nach- 
kommen liefert, herangezogen. Mahnert (Graz). 

Gänßle, Hermann: Über Geschlechisbestimmung und Krieg. (Univ. - Frauen- 
klin., Tübingen.) Zeitschr. f. Geburtsh. u. Gyı:äkol. Bd. 84, H. 1, S. 159—178. 1921. 

Es wird die Lenzsche Theorie erörtert, nach welcher das Weib nur einerlei Eier 
(Homozygotie), der Mann aber 2 Arten von Samenzellen — Weibchen und Männchen 
bestimmende — hervorbringen soll (Heterozygotie). Die Geschlechtsverhältnisse der 
Frühgeborenen (Abortus) widersprechen den Mendelschen Regeln. Vom ersten bis 
zum vierten Monate verhalten sich die Knabengeburten zu den Mädchengeburten 
— soweit feststellbar — wie 229 : 100, im fünften Monate wie 163 : 100, im sechsten 
und siebenten Monate wie 116 : 100, die normalzeitig Geborenen wie 106 : 100. — 
Guyer und Winiwarter kamen bei der Chromosomenuntersuchung der beiden 
angenommenen Spermienarten zu verschiedenen Ergebnissen. Die Annahme einer 
rascheren Beweglichkeit der „leichteren‘‘ männlichen Spermien wird abgelehnt und 
verschiedene chemische Beschaffenheit des Spermas und des Sekretes der weiblichen 
Geschlechtswege (Alkalinität des Vaginalsekretes prä- und postmenstruell), welche 
einzelnen Spermien günstigere Lebensbedingungen schaffen könnten, in Erwägung 
gezogen. Altersunterschiede der Gatten, Zahl der Geburten ergeben keinen die Sexual- 
proportion erklärende Gesetzmäßigkeit. Der vermehrte Knabenüberschuß der Erst- 
gebärenden wird mit der viel größeren Zahl der Aborte unter den Mehrgebärenden 
in Zusammenhang gebracht, welche die Knabenzahl reduziere. Um ein Urteil über 
einen etwaigen Einfluß des Krieges zu gewinnen, wird unter Hinweis, daß nach 1870/71 
in den ersten Friedensjahren kein deutlicher Knabenüberschuß feststellbar war, das 


-4 t \ > 5 In 


Sexualpathologie, Rassenhygiene, Eugenik usw. 53 


geburtshilfliche Material der Tübinger Klinik von 1897—1919 zusammengestellt. In 
den Friedensjahren ergeben sich sehr beträchtliche Schwankungen der Knaben- 
proportionen: 1899: 86,7; 1902: 97,4; 1910: 97,9 stehen 1903 mit 116,3; 1906 mit 
117,5; 1913 mit 118,5 gegenüber. Im Kriegsjahre 1916: 96,2; 1917: 116,6; 1918: 
113,4; 1919: 125,4. Der Durchschnitt der 5 Kriegsjahre übertrifft mit 109,7 nur wenig 
den Gesamtdurchschnitt der Friedensjahre mit 106,3. Auch in der Gesamtstatistik 
Württembergs ergibt sich analog wie ın Preußen nur eine geringe Schwankung des 
Knabenüberschusses. Verf. bemerkt, daß sein Material ebenso wie jenes Siegels viel 
zu klein ist, um irgendeine Annahme darauf zu gründen. Greil (Innsbruck). 


Wieloch, J.: Über Geschlechtsbeeinflussung durch Röntgenstrahlen. (Univ.- 
Frauenklin., Marburg a. L.) Strahlentherapie Bd. 13, H. 1, S. 114—125. 1921. 

Es wird die Möglichkeit erörtert, im Sinne der gegenwärtig herrschenden An- 
sichten über die Homogametie des Weibes und der Heterogametie des Mannes (zwei 
Spermiensorten mit und ohne X Chromosom, Weibchen bzw. Männchen bestimmend) 
das Geschlechterverhältnis, etwa durch Schädigung, Überreifung der Eier oder durch 
Abwanderung beider Chromosomen in die Richtungskörperchen zu verändern. Nach 
den bisher vorliegenden Tierbefunden dürfte eine Beeinflussung des Geschlecht- 
verhältnisses auch beim Menschen nicht möglich sein, und selbst wenn es bei Säugern 
gelänge, eine Verschiebung des Prozentsatzes zu erreichen, dieselbe so gering sein, 
daß sie in praxi völlig belanglos und wertlos erscheint. Greil (Innsbruck). 


VI. Sexualpathologie, Rassenhygiene, Eugenik usw. 


Weil, Arthur: Geschlechtstrieb und Körperform. Zeitschr. f. Sexualwiss. Bd. 8, 
H. 5, S. 145—151. 1921. 

In jüngster Zeit sind wir zu der Erkenntnis gelangt, daß die Proportionen desmensch- 
lichen Skeletts abhängig sind von dem hormonischen Zusammenwirken der Drüsen 
mit innerer Sekretion, vor allem von der Tätigkeit der Keimdrüse. Asexuelle Körper- 
proportionen sind unabhängig von der formativen Tätigkeit der Keimdrüse; wir finden 
dieselben Verhältnisse bei Mann, Weib und Eunuchentypen; dies ist z. B. das Ver- 
hältnis von Standlänge zur Armlänge, das innerhalb enger Grenzen zwischen 100 : 43 
bis 45 schwankt. Für die sexuellen Körperproportionen ist typisch das Verhältnis 
von Ober- zu Unterlänge, bei Funktionsausfall der Keimdrüse wird dieses Verhältnis 
zugunsten der Unterlänge verschoben, ferner das Verhältnis von Schulterbreite zur 
Becken- und Hüftbreite, das sich bekanntlich bei Mann und Weib umgekehrt erhält. 
Auch die bestimmte Richtung des Geschlechtstriebes ist abhängig von der Inkretion 
der Keimdrüsen. Im Verfolg der Anschauung, daß die Homosexualität, die Einstellung 
des Triebes auf das gleiche Geschlecht, konstitutionell bedingt sei, nahm Weil Körper- 
messungen an homosexuellen Männern vor. Die asexuellen Proportionen zeigten 
keine Abweichungen, im Durchschnitt 100 : 44. Dagegen waren bei 95%, der Homo- 
sexuellen deutliche Unterschiede im Verhältnis von Ober- zu Unterlänge zu ver- 
zeichnen. Bei heterosexuellen Individuen war das Verhältnis 100 : 95—96, bei homo- 
sexuellen 100 : 106—107, bei eunuchoiden Typen 100 : 125. Die Homosexuellen 
nähern sich also in ihren Körperproportionen den Eunuchoiden. Mit diesen Mes- 
sungen glaubt W. einen wichtigen Beweis geliefert zu haben, daß die Homosexualität 
nicht nur psychisch bedingt ist, sondern daß innersekretorische Ursachen dafür ver- 
antwortlich zu machen sind, die auch im gleichen Sinne der Körperform ihr Gepräge 
verleihen. Kurt F. Friedlaender (Berlin-Lichterfelde). 


Kretschmer, Ernst: Keimdrüsenfunktion und Seelenstörung. (Psychiatr. Klin., 
Univ., Tübingen.) Dtsch. med. Wochenschr. Jg. 47, Nr. 23, S. 649—650. 1921. 

Kretschmer gibt uns hier einen kleinen Ausschnitt aus seinem groß angelegten 
Werk „Körperbau und Charakter‘. Seine Untersuchungen ergeben, daß der Sexual- 
trieb der Schizophrenen mehr Perversionen aufweist, als der der Zirkulären, von der 


54 Sexualpathologie, Rassenhygiene, Eugenik usw. 


Triebschwäche angefangen über Infantilismus und Triebunsicherheit bis zur ausge- 
sprochenen Perversion. Ebenso deutliche Beziehungen bestehen zwischen schizophrenen 
und eunuchoidem Habitus; unter 125 männlichen Schizophrenen waren 20%, mit 
eunuchoiden Körperbaueinschlägen, unter 100 Zirkulären nur einer mit angedeu- 
tetem Eunuchoid. Unter dem Gesichtswinkel der inneren Sekretion ist ein Parallelıs- 
mus zwischen körperlichen und psychischen Störungen in der Pubertätszeit zu kon- 
statieren. Manche Formen von degenerativer Psychopathie und moralischem Schwach- 
sinn sind erst zur Zeit der Geschlechtsreife mit deutlichen Abweichungen im Körper- 
wachstum entstanden. Hier war dann die Pubertät oft verfrüht, meist auffallend 
verzögert mit Zurückbleiben der sekundären Sexusmerkmale. Der Körperbau blieb 
dann meist infantil-hypoplastisch. Die Relationen der Keimdrüsen, ja vielleicht des 
gesamten Blutdrüsensystems scheinen von grundlegender Bedeutung für das Schizo- 
phrenieproblem zu sein. Kurt F. Friedlaender (Berlin-Lichterfelde). 

Halban, Josef: Keimdrüse und Geschlechtsentwicklung. Arch. f. Gynäkol. 
Bd. 114, H. 2, S. 289—303. 1921. 

Unter Hinweis auf die These, daß nur dasjenige Geschlecht unter dem protektiven 
Einflusse der Keimdrüse ausgebildet wird, dessen sämtliche Charaktere bereits in der 
Anlage vorhanden sind, werden weitere Belege gegen die Herbst - Steinachsche 
Theorie von der spezifisch fördernden Wirkung der Keimdrüsen auf die homologen 
und die hemmende Wirkung auf die heterologen Sexualcharaktere einer stets bisexuellen 
Anlage, der Herausbildung primärer und sekundärer Sexualcharaktere durch spe- 
zifisch hormonale Wirkungen der betreffenden Keimdrüse angeführt: Vorhandensein 
beiderlei seckundärer Geschlechtscharaktere bei nur einer Keimdrüse, insbesondere die 
Ausbildung spezifisch weiblicher, somatischer und psychischer Charaktere bei männ- 
licher Geschlechtsdrüsendifferenzierung (leistenhoden), das Bestehen aller Übergänge 
von hochgradiger Gemischtgeschlechtlichkeit bis zu isolierten Erscheinungen mit ver- 
einzelten heterologen Charakteren bei Monosexualität der Keimdrüsen; die Fälle von 
bilateralem Hermaphroditismus beim Buchfinken und Dompfaffen, die Ausbildung 
männlicher Geschlechtscharaktere bei beiderseitiger Anorchie. Hoden- und Ovarial- 
extrakt wirken graduell verschieden, aber im gleichen Sinn protektiv, unspezifisch auf 
vorhandene syngam bestimmte Geschlechtsanlagen. Ovarialextrakte bewirken, wenn 
auch schwächeres Wachstum des Kammes und der Bartläppchen des Hahnes, männliche 
Froschkastraten zeigen mit Weibchen parabiotisch verbunden typische Umklammerungs- 
reflexe, Wachstum der Daumenschwielen und Umklammerungsversuch bei Injektionen 
von Ovarialextrakt im Rückenlymphsack. Placentar- und Corpus luteum-Extrakt 
wirken gleichsinnig auf die Brunsterscheinungen der Männchen. Die gleichzellige 


Placenta hat dieselben Wirkungen wie Interna- und interstitielle Hodenzellen und wirkt 


somit unspezifisch stimulierend auf die am Beginne der Entwicklung bereits determi- 
nierte primäre Anlage sämtlicher Geschlechtscharaktere eines bestimmten Geschlechtes. 
Greil (Innsbruck). 
Hertwig, Günther: Das Sexualitätsproblem. Biol. Zentralbl. Bd. 41, Nr. 2, 
S. 49—87. 1921. 
Spezielle Untersuchungen über die Geschlechtsbestimmung und Geschlechtsdifferen- 
zierung. Zu einem kurzen Referat nicht geeignet. Kurt F. Friedlaender (Berlin-Lichterfelde). 
eFriedlaender, Kurt F.: Die Impotenz des Weibes. (Sexus, Monogr. a. d. Inst. 
f. Sexualwiss., Berlin, Bd. 2.) Leipzig: Ernst Bircher 1921. X1I, 878. M. 25.—- 
In der Einleitung sucht Verf. eine Definition des Begriffes der weiblichen Impotenz 
zu geben. Das weibliche Geschlechtsleben ist in weitgehende Analogie zum männlichen 
Sexualleben zu stellen, und es wird nicht nur dann von einer Impotenz gesprochen, 
wenn etwa aus rein mechanischen Gründen eine Kohabitation unmöglich ist, sondern 
das Wort Impotenz wird im Sinne eines fehlenden oder abgeschwächten Geschlechts- 
triebes gebraucht oder in den Fällen, wo starke psychische Gegenvorstellungen den 
Kongressus der Frau gleichgültig, unerwünscht oder gar widerwärtig erscheinen lassen- 


ro oo SS o 


Sexualpathologie, Rassenhygiene, Eugenik usw. 55 


Der Geschlechtstrieb, die Libido, ist scharf zu trennen vom Geschlechtsempfinden, 
der sexuellen Entspannung, dem Orgasmus, und so muß man auch die Triebimpotenz 
von der Entspannungsimpotenz absondern. Über die Stärke des weiblichen Triebes 
sind die Ansichten geteilt. Verf. nimmt von Hause aus keinen geringeren Sexualtrieb 
des Weibes an, sondern nur eine Disposition und Indisposition zum Coitus zu ver- 
schiedenen Zeiten. In dem rein anatomisch gehaltenen Kapitel über die Innervation 
der Potenz wird an Hand eines Schemas die vierfache Innervation (sensibel, motorisch, 
sympathisch und parasympathisch) der Genitalien und der Vorgänge auseinander- 
gesetzt, die der Erektion und Ejaculation des Mannes analog zu setzen sind. Nach 
neueren Untersuchungen liegt das Erektionszentrum in der Höhe des 2.—3. Sakral- 
segmentes, das Ejaculationszentrum unmittelbar darüber im 2. Sakralsegment. Ein 
umschriebenes Sexualzentrum im Gehirn ist nicht bekannt und auch unwahrscheinlich. 
Die Impotenz wird eingeteilt in Impotentia cerebralis, spinalis, genitalis und germinalıs, 
wobei eine Impotentia germinalis extra- und intrasecretoria zu unterscheiden ist. 
Bei der Abhandlung der germinalen Impotenz wird ausführlich auf die innere Sekretion 
des Ovariums und auf das Problem der interstitiellen Eierstockdrüse eingegangen. 
An dem Vorhandensein der interstitiellen Drüse vor der Pubertät und bei graviden 
Frauen ist nicht mehr zu zweifeln. Zu anderen Zeiten übernimmt das Corpus luteum 
die innere Sekretion; diese gleiche Funktion ist leicht zu verstehen, wenn man annımmt, 
daß Theca-interna- und Granulosazellen einen gemeinsamen Ursprung, daß also die 
Theca-interna-Zellen keinen rein bindegewebigen Charakter haben. Damit nähert 
sich Verf. den neuesten Anschauungen, wonach die Eizelle die führende Stellung 
einnimmt. Hinsichtlich der therapeutischen Beeinflussung der intrasekretorischen 
germinalen Impotenz wird die Anreicherung der inkretorisch wirksamen Eierstocks- 
elemente durch Transplantation und Bestrahlung der Ovarien erörtert. Im letzten 
Kapitel werden die bis jetzt bekannten Beziehungen der Keimdrüsen zu den anderen 
Blutdrüsen klargelegt und noch einmal scharf betont, daß die Ovarien nur ein Glied 
in der langen Kette der anderen innersekretorischen Drüsen sind und ihre Funktion 
nur zu verstehen ist im Rahmen des gesamten pluriglandulären Systems. Friedlaender. 

eHirsch, Max: Das ärztliche Heiratszeugnis, seine wissenschaftlichen und 
praktischen Grundlagen. (Monogr. z. Frauenk. u. Eugenet., Sexualbiol. u. Ver- 
erbungsl. Nr. 2.) Leipzig: Curt Kabitzsch 1921. VII, 718. M. 15.—. 

Die Frage nach der Zweckmäßigkeit des Heiratszeugnisses läßt sich nicht mit 
einem einfachen Ja oder Nein beantworten. Die wissenschaftlichen Grundlagen für 
die Lösung des Problems werden von juristischer Seite, sowie für die einzelnen medi- 
zinischen Disziplinen besprochen. Es ist interessant, daß, so einleuchtend auch die 
Gründe für die Einführung eines Heiratszeugnisses aus rein sachlich medizinischen 
Erwägungen sind, die überwiegende Mehrzahl der Autoren die praktischen Konsequen- 
zen nicht zu verantworten wagen. Selbst mit Rücksicht auf die Geschlechtskrankheiten 
will Heller nur Rat und Warnung, aber keinen obligatorischen Zwang. „Die Ehe ist 
kein Spielzeug!“ Hirsch spricht sich rückhaltlos für die Einführung aus und ent- 
wickelt in überzeugender Weise die Gründe für die Notwendigkeit, das Verantwortlich- 
keitsgefühl der Lebenden für ihre Descendenz zu steigern, und gibt bestimmte Wege 
für die praktische Durchführung des Heiratszeugnisses an. Besonderes Interesse ver- 
dienen die Ausführungen Westerhöfers, der das erstrebte Heiratszeugnis als negative 
Methode der Eugenetik bezeichnet, gegenüber der positiven Descendenzhygiene, 
die bestrebt sein muß, das Volk in sittlicher und politischer Einheit zu stärken, damit 
es als kräftiger Baum die ihm anhaftenden Krankheiten überwindet. Geppert. 

Fino, C.: Impotenza muliebre e annullamento di matrimonio. (Weibliche 
Impotenz und Ungültigkeitserklärung der Ehe.) (Osp. Maria Vittoria, Torino.) Rass. 
d’ostetr. e ginecol. Jg. 30, Nr. 4/6, S. 145—159. 1921. 

Fast in allen Staaten gilt die dauernde Impotenz als Ehehindernis oder ist stich- 
haltiger Grund, die Ehe für ungültig erklären zu lassen. Nur machen manche Gesetz- 


56 Sexualpathologie, Rassenhygiene, Eugenik usw. 


gebungen darin einen Unterschied, ob die Impotenz schon vor der Ehe vorhanden 
oder erst während derselben aufgetreten war. Das italienische Gesetzbuch sieht in 
der Impotenz kein direktes Ehehindernis, noch ist sie ein absoluter Grund für die Auf- 
hebung der Ehe; sie räumt aber dem Gemahl das Recht ein, die Ungültigkeitserklärung 
der Ehe wegen Impotenz des anderen Teiles zu verlangen. Der Forderung nach Auf- 
hebung der Ehe wird stattgegeben, wenn von gerichtsärztlicher Seite folgendes fest- 
gestellt ist: 1. Die Impotenz muß manifest sein, 2. dauernd und 3. muß sie schon vor 
der Ehe bestanden haben. Bei der Frau wären somit als stichhaltige Gründe an- 
zusehen: alle kongenitalen und erworbenen Fehler des Genitalapparates, die den 
Geschlechtsverkehr, die Befruchtung oder die Entwicklung des Samens verhindern. 
Verf. hatte ein diesbezügliches Gutachten in einem Ehescheidungsprozesse abzugeben, 
in dem der Gatte nach 21jähriger Ehe die Ungültigkeitseiklärung derselben anstrebte, 
da seiner Gattin die Potentia generandi völlig fehle und auch die Pot. coeundi (in 
unvollkommener Weise) erst seit 6 Jahren durch eine Operation erreicht habe. Die 
innere Untersuchung zeigte keinerlei Anomalien im Verhalten des Scheidenrohres, 
wohl aber einen myomatösen Uterus. Anamnestisch erfuhr man, daß die Frau einige 
Tage nach der Hochzeit von einem Arzt mittels Speculum untersucht und vor 6 Jahren 
an einem Fibrom des Ovars operiert worden sei. Auch damals war die vaginale Unter- 
suchung vor der Operation auf keinerlei Schwierigkeiten gestoßen. Verf. gab demnach 
sein Gutachten dahin ab, daß die Impotenz der betreffenden Frau weder als manifest, 
noch dauernd, noch vor der Ehe entstanden anzusehen war. Santner (Graz). 


Mott, Frederick, Psychopathology of puberty and adolescence. (Psychopatho- 
logie der Geschlechtsreife und des Pubertätsalters.) (Journ. of ment. science 
Bd. 67, Nr. 278, S. 279—339.) 

Vgl. Referat S. 46. 


Talmey, B. S., Frigidity and sterility in the female. (Med. rec. Bd. 100, Nr. 15. 
S. 631—633. 
Vgl. Referat S. 172. 


Klieneberger, Otto: Zur Frage der Homosexualität. (Psychiatr. u. Nervenkl., 
Unw. Königsberg i. Pr.) Arch. f. Psychiatr. u. Nervenkrankh. Bd. 63, H. 1, S. 129 
bis 148. 1921. 

Solange wie die Homosexualität in den Kreis wissenschaftlicher Betrachtung 
gezogen ist, solange besteht auch die Fragestellung, ob diese Triebanomalie auf ange- 
borener Anlage beruhe, ob sie konstitutionell bedingt sei oder in einem abweichenden 
psychischen Verhalten des Individuums ihre Ursache finde, eine Frage, die natürlich 
für die Therapie dieser Perversion von grundlegendster Bedeutung ist. — Kliene- 
berger hält diese perverse Sexualempfindung nicht für eine isoliert bestehende psy- 
chische Abweichung von der Norm, sondern glaubt, daß die Homosexualität regelmäßig 
in Kombination mit anderen psychischen Aberrationen vorkomme, daß sie also nur ein 
Symptom einer psychopathischen Konstitution sei. Die Homosexuellen zeigen alle 
Erscheinungen der Psychopathen in wechselnder Stärke und in den verschiedensten 
Mischungen. Das weibische Verhalten des homosexuellen Mannes und die männlichen 
Eigenheiten der gleichgeschlechtlichen Frau, die sich bis in die frühe Kindheit zurück- 
verfolgen lassen, sind für K. noch kein Beweis für die angeborene Anlage dieser Trieb- 
richtung — wie sie besonders von Magnus Hirschfeld mit Bestimmtheit verfochten 
wird —, da ihm die anatomische Grundlage für diese Anlage noch auszustehen scheint. 
Das Triebleben der Psychopathen sei beeinflußbarer, weniger differenziert als beim 
Normalen, zufällige okkasionelle Momente wirken stärker richtunggebend. Aus der 
Analyse zweier derartiger Psychopathen glaubt K. die psychische Wurzel der abnormen 
Veranlagung nachweisen zu können. Die sexuologisch mehr in die Breite als in die Tiefe 
gehenden Krankengeschichten, besonders des 2. Falles, und ihre Auswertung scheinen 
Referenten die Annahme einer endogen und inkretorisch bedingten Anlage nicht er- 
schüttern zu können. l Kurt F. Friedlaender (Berlin-Lichterfelde). 


Sexualpathologie, Rassenhygiene, Eugenik usw. 57 


Doenicke, Alfred: Ein Beitrag zur Kenntnis des Hermaphroditismus. (Chirurg. 
Univ.-Klin., Göttingen.) Bruns’ Beitr. z. klin. Chirurg. Bd. 122, H. 1, S. 82 
bis 102. 1921. 

Für die Genese des Hermaphroditismus steht im Vordergrund der Diskussion 
Steinachs Theorie, wonach bei asexueller Anlage des Embryo die Pubertätsdrüse 
den entscheidenden formativen Reiz auf die Differenzierung des Geschlechtes ausübt. 
Enthält diese Pubertätsdrüse Zellen beiderlei Geschlechts, so resultiert ein somatischer 
(evtl. psychosexueller) Hermaphroditismus. Beschreibung zweier weiblicher Pseudo- 
hermaphroditen. 1. Fall: weibliche äußere Genitalien mit Testes, die mikroskopisch 
typisches Hodengewebe zeigen mit lebhafter Wucherung von Leydigschen Zwischen- 
zellen; weibliche Keimdrüsenanteile waren nicht nachzuweisen. Verf. glaubt, daß diese 
Zwischenzellen aus den die Hodenkanälchen umgebenden Bindegewebszellen hervor- 
gehen. 2. Fall: weibliche äußere Genitalien, männlicher Körperbau. Beiderseits im 
Leistenbruch Testes, die mikroskopisch das Bild eines ektopischen Hodens zeigen, ohne 
nachweisbare Zwischenzellen. An einem Hoden typisches tubuläres Adenom. Beide 
Fälle stehen rach Doenicke mit der Steinachschen Theorie in Widerspruch, da in 
den Keimdrüsen keine weiblich determinierten Zellelemente gefunden wurden, die die 
femininen, somatischen und psychischen Sexusmerkmale formativ beeinflußt hätten. 
Verf. hält für das Primäre die Anlage der generativen Keimdrüse, nicht der Puber- 
tätsdrüse. Die Ursachen der Zwitterbildung sind letzten Endes schon in Störungen 
der Entwicklung des Eies oder des Samenfadens zu sehen. Kurt F. Friedlaender. 

Pignatti, Augusto: Sopra un caso di torsione del testicolo osservata in un 
pseudo-ermafrodita. (Über einen bei einem Hermaphroditen beobachteten Fall von 
Hodentorsion.) (Istit. di clin. chirurg., univ., Bologna.) Rif. med. Jg. 37, Nr. 26, 
S. 605- -610. 1921. 

Ein Mädchen von 14 Jahren wurde wegen eingeklemmter Hernie eingeliefert. Penis gut 
ausgebildet mit undurchgängigem Meatus. Dicht daneb-n liegt der kleine, aber stark gespannte 
und rundlich ausgedehnte Hodensack, der sehr empfindlich war. Abdomen weich. Leistenring 
geschlossen. Die Schwellung war während des Schlafes eingetreten. Operation ergab einen 
schwärzlichen torquierten Hoden und Nebenhoden. Kastration. Das Präparat bewies eine 
Inversio horizontalis des Nebenhodens. — Als Ursache der Torsion können bezeichnet werden; 
l. abnorme Länge des Samenstranges, 2. Stielung des Hodens durch Entwicklung der intra- 
vaginalen Portion des Funiculus und des Mesorchiums, 3. Anomalien in Sitz und Form der 
Epididymis, 4. Insertionsanomalien der Gefäße. Schüßler (Bremen). °° 

Gruss, J.: Pseudohermaphroditismus externus. Rozhledy v chirurgii a gynae- 
kologii Jg. 1, H. 1/2, S. 52—59. 1921. (Tschechisch.) 

Bei einem 24jährigen Individuum, das als weiblich erzogen ist, fanden sich 
männliche sekundäre Geschlechtsmerkmale; das äußere Genitale machte den Eindruck 
eines weiblichen mit Hypertrophie der Clitoris und Defekt der Vagina. In den Leisten 
beiderseits runde empfindliche Körper, im Ejaculat keine Samenzellen. Psyche und 
sexuelle Neigung feminin, doch kann hier Erziehung mitgewirkt haben, auch ıst bei 
Pseudohermaphroditismus abnorme, ja heterosexuelle Neigung bekannt. Da der 
Charakter der Keimdrüsen nicht mit Sicherheit festzustellen ist, ist (mit dieser Reserve) 
die Diagnose: Pseudohermaphroditismus masculinus externus mit Kryptorchismus 
und peniscrotaler Hypospadie zu stellen. Im weiteren bespiicht Gruss die Versuche 
von Steinach und Sand, bei Tieren experimentell Hermaphroditismus zu erzeugen 
und die Operationen, die bisher bei derartigen Anomalien ausgeführt wurden. Im 
Hinblick auf den eigenen Fall, dessen männliches Geschlecht erst in vorgeschrittenem 
Alter erkannt wurde, und dessen sexuelle Neigung und soziale Stellung zu Kollisionen 
führen würde, wenn man ihn jetzt zum Manne erklären würde, schlägt G. vor, in solchen 
Fällen die Transplantation der heterosexuellen Keimdrüse zu versuchen, um zu er- 
proben, ob diese auch bei den Menschen derart auf die somatischen sekundären Ge- 
schlechtscharaktere einwirkt, daß sie mit der sexuellen Neigung in Einklang kommen. 
Besonders geeignet sind Fälle, wo man den Sinus urogenitalis zu einem kopulations- 
fähigen Hohlraum umzugestalten in der Lage ist. Im Nachtrag verweist G. auf einen 


d8 Sexualpathologie, Rassenhygiene, Eugenik usw. 


ähnlichen Vorschlag von Bab (Dtsch. med. Wochenschr. 47, Heft 7) und betont, daß 
sein Vortrag, der dieser Publikation zugrunde liegt, vor der Arbeit Babs gehalten 
wurde. Gross (Prag). 

Baldwin, J. F.: Lateral partial glandular hermaphroditism. (Lateraler partieller 
Hermaphroditismus.) Americ. journ. of obstetr. a. gynecol. Bl. 2, Nr. 6, S. 640 
bis 641. 1921. 

30 Jahre alt, ledig, vollkommen gesund, rauhe Stimme, gedrungener Körperbau, 
fettreich, kurze Hände, starke Stamm- und Gesichtsbehaarung, Brüste gut entwickelt, 
feminine Pubes, lange Klitoris, Glans, Praeputium, Vagina, infantiler Uterus, links 
normale Tube, Cystenovar ohne Corpus luteum, rechts kleine Tube, Hode. — 15jähriges 
Mädchen, schlank, 100 Pfund, mit 14 Jahren zweimal geringe Menses, dann Sistierung 
ohne Molimina, Stimme wird rauh, Gesicht- und Körperbehaarung, große Reizbarkeit, 
Gewicht steigt binnen Jahresfrist auf 140 Pfund. Vagina glatt, von normaler Länge. 
Schmale Cervix, infantiles Corpus, Keimdrüsenlänge gleich dem Endglied des kleinen 
Fingers, exstirpiert, mikroskopischer Befund nicht angegeben; wird sehr fett, nach 
einem Jahre 250 Pfund, Schilddrüsenextrakt ohne Wirkung. Greil (Innsbruck). 

Bérard, Léon et Ch. Dunet: A propos d’un cas de pseudo-hermaphrodisme 
à type androgynoide régulier. La castration est-elle indiquée chez les pseudo- 
hermaphrodites males. (Ist die Kastration bei männlichen Pseudohermaphroditen 
indiziert, anläßlich eines Falles von Pseudohermaphroditismus vom regulären ardro- 
gynen Typ.) Gynécol. et obstétr. Bd. 3, Nr. 4, S. 225—232. 1921. 

Beschreibung eines Falles von Pseudohermaphroditismus mit weiblichem Habitus 
und weiblichen äußeren Genitalien. Über den Sexualtrieb wird leider nichts ausgesagt. 
Das Individuum ist als Frau verheiratet, allerdings ohne sexuellen Verkehr. Die 
Laparotomie läßt beiderseits am inneren Leistenring ein Gebilde erkennen, das sich 
nach Abtragung des einen mikroskopisch als ektopischer Hoden erweist mit stark 
atrophischer interstitieller Drüse. Die beiden Autoren halten bei Pseudohermaphro- 
diten den Wert der Keimdrüse für sehr diskutabel. Das Zurückbleiben in der Ent- 
wicklung der Keimdrüse und die mangelhafte Ausbildung der Geschlechtsorgane ist 
nach ihrer Ansicht koordiniert, ohne daß sie uns allerdings das übergeordnete Prinzip 
verraten. Da außerdem der Leistenhoden nicht selten degeneriert, so halten sie sich 
für berechtigt, die systematische komplette Kastration bei männlichen Pseudoherm- 
aphroditen zu empfehlen. Daß eine derartige Empfehlung nach dem heutigen Stand 
der Lehre von der inneren Sekretion als geradezu ungeheuerlich zu bezeichnen ist, 
braucht einem deutschen Leserkreise nicht gesagt zu werden. Kurt F. Friedlaender. 

Marique: Pseudo-hermaphrodisme. Plastique d’Ombredanne. (Pseudoherm- 
aphroditismus. Plastik nach Ombredanne.) Arch. franco-belges de chirurg. Jg. 25, 
Nr. 3, S. 280—281. 1921. 

Beschreibung eines 12jährigen Pseudohermaphroditen mit sehr kleinem Penis, großen 
Labien und nicht tastbaren Hoden. Der Penis ist durch ein starkes Präputium gewisser- 
maßen fixiert und ähnelt einer Clitoris. Das Orificium urethrae liegt an der hinteren Commissur 
der Pseudoschamlippen, 2cm vor dem Anus. Der Penis ist durch zwei Längsschenkel am 
Damm festgehalten. Das Kind ist als Mädchen eingetragen. Durch Querincision und nach- 
folgende Längsvernähung der beiden Schenkel wurde das Glied freigemacht. Durch Bildung 
eines Ano-urethrallappens wurde die Harnröhrenöffnung nach oben an den Scrotalansatz 
gerückt, um in einer zweiten Sitzung 6 Wochen später auf die Höhe der Glans gebracht zu 
werden. 3 Monate später wurden die Hoden aus dem Leistenkanal heruntergeholt. Resultat, 
vorläufig hinsichtlich des Urinierens, befriedigend. Kurt F. Friedlaender. 

Beclöre et Siredey: Un cas de pseudohermaphroditisme androgyne avec tumeur 
intra-abdominale consécutive à l’ablation d’une glande gönitale. Disparition de 
cette tumeur sous l'influence de la radiothérapie. (Ein Fall von Pseudoherma- 
phroditismus mit intraabdomineller Tumorbildung infolge Entfernung einer Keimdrüse. 
Verschwinden des Tumors unter dem Einfluß der Radiotherapie.) Bull. de la soc. 
d’obstetr. et de gynecol. de Paris Jg. 10, Nr. 3, S. 91—99. 1921. 

Vortrag in der Pariser Gynäkologischen Gesellschaft, der sowohl vom radiologischen 


Sexualpathologie, Rassenhygiene, Eugenik usw. 59 


wie vom gynäkologischen Standpunkt aus interessant erscheint. Es handelt sich um 

eine 56jährige Institutsvorsteherin, die in der linken oberen Bauchseite immer stärker 

werdende Schmerzen bekommt. Die Untersuchung ergibt einen großen, das linke 

Hypochondrium und Epigastrium einnehmenden, anscheinend der Milz angehörenden 

Tumor, ohne daß eine Ursache für einen Milztumor, wie Lues, Leukämie usw. eruiert 

werden kann. Zufällig erinnert sich der Vortr. an einen ähnlichen Abdominaltumor 

bei einem Mann, der im Anschluß an die Entfernung eines neoplastischen Tumors 

des linken Testikels entstanden war. Die daraufhin bei der Patientin vorgenommene 

genaue Anamnese und Untersuchung ergab: Vor 4 Jahren eystische faustgroße Masse 

der linken Inguinalregion entfernt. Operationsnarbe an der oberen Partie des linken 

großen Labiums am äußeren Leistenring. Auf der rechten Seite symmetrisch zur 

Öperationsnarbe liegt ein unter Haut verschieblicher typisch druckempfindlicher 
olivenförmiger Körper. Äußerlich weibliche Geschlechtsorgane. Klitoris gleicht aber 
mehr in ihrer Form einem kleinen Penis. Unterhalb des penisartigen Gebildes Bucht, 

ìn die ein Fingerglied 2—3 cm tief eingebracht werden kann. Hier eingeführter Katheder 
gelangt in die Harnblase. Rectaluntersuchung ergibt Fehlen von Uterus und Adnexen. 

Brüste klein von weiblichem Typ, Barthaare fehlen, Pubes wie bei Frauen ausgebildet. 

Nie menstruiert, keine Molimina, keine sexuellen Bedürfnisse. Aus diesen Erwägungen 
heraus nimmt der Vortr. im Gegensatz zum Operateur, der den Tumor als ceystische 
Neubildung von embryonalem Typ angesehen wissen möchte, einen Pseudoherma- 
phroditismus masculinus externus an. Die olivenförmige Masse ist als Leistenhoden 
anzusehen. Der 1916 entfernte Tumor war ein Hodenrudiment, auf dem sich ein Neo- 
plasma entwickelt hatte. Mikroskopische Untersuchung hatte nicht stattgefunden. 
Der Milztumor ist sekundärer Natur und steht in ursächlichem Zusammenhang mit 
dem Tumor im Leistenkanal. Die Therapie war, nachdem eine Operation abgelehnt 
wurde, eine röntgenologische. 20 Sitzungen zu je 2—3 Bestrahlungen während 5 Monate. 
Coolidgeröhre, 23cm Funkenstrecke, 5mm Aluminium, 3 M.A., 75000 Volt, 23 cm 
Hautabstand. 10 Tage nach Beginn deutliche Verkleinerung des Tumors und Nach- 
lassen der Schmerzen. Nach 6 Wochen auch röntgenologisch kein Tumor mehr, nach 
weiteren 4 Wochen keine Schmerzen mehr, Milz nicht palpabel. — Der bereits erwähnte 
gleichartige Fall bei einem Mann reagierte auf die Röntgenbestrahlung noch besser. 
3öjähriger Mann mit einem angeblichen linken Leistenhoden; seit 1903 allmählich 
stärker werdende Schmerzen. Auftreten eines Tumors, der 1908 entfernt wurde und 
dessen histologische Untersuchung Hodenepitheliom ergab. 1911 Abdominaltumor, 
Gewichtsverlust, bedeutende Kachexie. Status praesens: Das ganze linke Abdomen 
wird eingenommen von einem soliden harten Tumor von unregelmäßiger Oberfläche, 
der sich zum Teil nach rechts über die Medianlinie erstreckt. Diagnose: Sekundärer 
Milztumor nach Hodencarcinom. Trotz des schlechten Zustandes Röntgenbestrahlung, 
nach 5 Monaten völlige Wiederherstellung. Die Heilung hielt an bis 1917. Da der 
Patient sich im Heeresdienst befand, konnte keine entsprechende Therapie eingeleitet 
werden, so daß er 1919 in einem Militärlazarett an Rezidiv verstarb. — Beide Fälle 
beweisen, daß die neoplastischen Zellen der Milz ebenso wie die epithelialen Elemente 
der Geschlechtsdrüsen eine außerordentliche hohe Röntgenempfindlichkeit besitzen. 
In der anschließenden Diskussion wird eingewendet, daß es sich in beiden Fällen um 
ein Teratom des Testikels handeln könne, das ja oft einem malignen Diziduom gleiche. 
Von anderer Seite wird bemerkt, daß nicht nur das schnelle Zurückgehen der Tumoren 
auf die Röntgentherapie überraschend sei, sondern auch der Sitz des Rezidivs in der 
Milz, da die meisten Rezidive ihren Ursprung von den Lumbalganglien nehmen. Der 
Vortr. betont, daß bei dem Zurückgehen des Tumors niemals eine Trennung von der 
Milz möglich war, daß er also von der Milz ausging. Daß es sich nicht um ein Teratom 
des Testikels handeln könne, beweist die histologische Untersuchung des 2. Falles. 
Die günstige Wirkung der Röntgenstrahlen dokumentieren noch 2 weitere Fälle, die 
bereits im Bulletin de l Academie de medecine 1916 publiziert sind, deren einer dem 


60 Sexualpathologie, Rassenhygiene, Eugenik usw. 


bereits geschilderten Falle vollkommen gleicht. In dem 2. Fall, in dem es sich um 
multiple Rezidive handelte, konnte wohl ein Zurückgehen der Tumoren und ein ge- 
wisser Stillstand des Prozesses konstatiert werden, der Patient erlag aber 14 Monate 
später neuen Rezidiven. Zill (München). 

Mac Kenzie, David W.: Pseudohermaphroditismus masculinus internus. (Kon- 
genitale Mißbildunrg des Skrotums. Zwei Hoden und Uterus in der rechten Skrotal- 
hälfte.) (Dep. of urol., Royal Victoria hosp., Montreal.) Internat. journ. of surg. Bd. 34, 
Nr. 7, S. 232—-234. 1921. 

Wohlgenährter, gut entwickelter Arbeiter, seit dem 5. Lebensjahr (angeblich nach einem 
StoßBe), Schwellung an der rechten Leiste; oftmals 1—2 Tage dauernde Anfälle von Erbrechen 
und Kopfschmerz, die sich in den letzten Wochen wiederholen. Im letzten Jahre vorübergehend 
Verkleinerung, in letzter Zeit zunehmende Schwellung und Schmerzhaftigkeit. In früher 
Jugend Skarlatina, schlecht ausgeheilte Gonorrhöe, geringe Lymphdrüsenschwellung. Opera- 
tive Eröffnung der Leistenhernie: zwei mäßig große Hoden, zwischen ihnen oblonger Uterus 
mit Tuben. Ein Testis in situ belassen, der andere samt Uterus reponiert. Greil. 

Bolognesi, Guiseppe: Presenza di testicolo e di utero nel sacco erniario di un 
uomo. (Über die Anwesenheit von Testikel und Uterus im Bruchsack eines Mannes.) 
(Istit. di clin. chirurg., univ., Siena.) Arch. ital. di chirurg. Bd. 3. H. 4, S. 393—404. 1921. 

Verf. gibt zunächst eine Übersicht über alle in der Literatur beschriebenen Fälle 
von angeblich echtem Hermaphroditismus und sog. falschem Hermaphroditismus. 
Bei dem angeblich echten Hermaphroditismus handelt es sich um Individuen, bei 
denen die Geschlechtsdrüsen (weiblich oder männlich) nur zum Teil ausgebildet waren. 
Der Ausführungsgang dieser Drüsen wurde auch nur rudimentär entwickelt vor- 
gefunden. Ein Fall, von Sinigaglia beschrieben, zeigte gutentwickelte Ovarien und 
Testes mit Ausführungsgängen; doch wurden in diesem Falle entwickelte Spermatozoen 
vermißt. Von Virchow wurde der Ausdruck neutrosexual für diese Individuen ge- 
braucht. Die Fälle von falschem Hermaphroditismus sind zahlreich und verdienen 
keine Beachtung. Bolognesi beobachtete bei einer Radikaloperation einer Inguinal- 
hernie beim Manne im Bruchsack einen leidlich gut entwickelten Uterus. Bei diesem 
Patienten waren die äußeren Genitalien normal entwickelt. Es bestand normaler 
Geschlechtstrieb. Im Bruchsack links vom korrespondierenden Hoden befand sich 
ein infantiler Uterus mit einer Tube. Der Fall erschien deswegen dem Verf. der Publi- 
kation wert, weil eine relativ weite Entwicklung des Uterus vorlag. Die Arbeit ist 
wegen ihrer guten Literaturangaben über alle Fälle von Uterus rudimentarius im 
männlichen Bruchsack sehr lesenswert. Langer (Erlangen). 

Frank, M.: Über Pseudohermaphroditismus und zur Frage des künstlichen 
Scheidenersatzes. Monatsschr. f. Geburtsh. u. Gynäkol. Bd. 55, H. 1, S. 5—15. 1921. 

Nach Halban übt die Keimdrüse auf die Entwicklung der primären und sekun- 
dären Geschlechtscharaktere keinen formativen, sondern nur einen protektiven Einfluß 
aus. Die Eizelle erhält, wahrscheinlich durch das Spermatozoon, einen bestimmten 
Geschlechtsimpuls. Keimdrüsenanlage und Ausbildung der Geschlechtscharaktere sind 
also nicht subordiniert, sondern koordiniert. Wird der Eizelle ein doppelter Geschlechts- 
impuls übermittelt, so daß ovarielle und testiculäre Elemente zu gleicher Zeit zur Ent- 
wicklung gelangen, so entstehen hermaphroditische Bildungen. Frank beobachtete 
einen Fall von Pseudohermaphroditismus mascul. externus. Es handelt sich um eine 
20jährige Patientin von typisch weiblichem Aussehen und ausgesprochen weiblichem 
Sexualempfinden. Rechts und links am äußeren Leistenring je eine druckempfindliche 
Anschwellung, die den Eindruck eines Hodens macht. Äußere Genitalien weiblich. 
Vagina endet in 3cm Tiefe blind. Uterus ist nicht vorhanden, was durch die Lapora- 
tomie bestätigt wird. Die Gebilde am Leistenring werden wegen Beschwerden entfernt 
und erweisen sich mikroskopisch als Testes mit reichlicher Zwischenzellenbildung ohne 
spezifische Spermatozoenproduktion. Da Patientin bei ihrer ausgesprochenen weib- 
lichen Libido die Herstellung einer ausreichenden Scheide dringend wünscht, wird 
nach der Methode Schuberts aus dem Rectum die künstliche Vagina gebildet. Das 


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Sexualpathologie, Rassenhygiene, Eugenik usw. 61 


operative und funktionelle Resultat ist infolge einer relativen Enge der Ampulle, einer 
gewissen Dünne der Rectalwand und einer schon ante operationem bestehenden 
Schwäche des Sphincter ani kein glänzendes. Eine vorher an einer anderen Patientin 
ausgeführte Scheidenbildung nach der Dünndarmmethode von Mori - Balduin hatte 
hinsichtlich Heilung und Funktion ein zufriedenstellenderes Ergebnis. Trotzdem will 
sich F. den Bedenken hinsichtlich der Gefährlichkeit der letzten Methode nicht ver- 
schließen und zieht keine definitiven Schlußfolgerungen zugunsten des einen oder 
anderen Vorgehens. Kurt F. Friedlaender (Berlin-Lichterfelde). 

Bab, Hans: Ist es berechtigt, an einem männlichen Individuum eine künstliche 
Scheide operativ zu bilden? (II. gynäkol. Univ.-Klin., München.) Dtsch. med. 
Wochenschr. Jg. 47, Nr. 7, S. 186—137. 1921. 

Kürzlich wurde einem pseudohermaphroditischen, irrtümlich als Mädchen auf- 
gezogenen Manne mit nur einer Keimdrüse diese Drüse entfernt und diesem Indivi- 
duum, weil es sich verlobt hatte, eine künstliche Vagina gebildet. Die mikroskopische 
Untersuchung des Testikels ergab einen einwandfrei kryptorchen Hoden. Von vorn- 
herein lag der Verdacht sehr nahe, daß es sich trotz des auf Männer gerichteten Triebes 
um einen männlichen Scheinzwitter handelte, zumal rectal keine inneren weiblichen 
Genitalien getastet werden konnten. Zunächst muß es ernstlich befremden, daß ein 
junges Individuum ohne wirklich zwingende Gründe kastriert wurde. Hätte der 
Hoden aus dringender Indikation entfernt werden müssen, so hätte man durch Auto- 
transplantation in die Bauchfascie die sekundären Sexusmerkmale des Individuums 
erhalten oder sogar durch Homoiotransplantation das gleichgeschlechtliche Fühlen 
umstimmen können. Oder aber man hätte nach sexueller Neutralisierung durch Ver- 
pflanzung von Ovarien eine völlige Feminierung herbeiführen können; dann wäre 
die Bildung einer künstlichen Vagina berechtigt. Bab hält es für dringend geboten, 
in dem angeführten Falle das Versäumte nachzuholen, das kastrierte Individuum 
durch nachträgliche Ovarientransplantation zu feminieren, wae durch Bildung einer 
künstlichen Scheide allein niemals geschehen kann. Kurt F. Friedlaender. 

Corner, George W.: A case of true lateral hermaphroditism in a pig with 
functional ovary. (Ein Fall von echtem Hermaphroditismus lateralis beim Schwein 
mit funktionierendem Ovarium.) (Anat. laborat., Johns Hopkins med. school, Balti- 
more.) Journ. of urol. Bd. 5, Nr. 5, S. 481—486. 1921. 

Verf. beschreibt den seltenen Befund von Hermaphroditismus verus lateralis beim 
Schwein, der bis jetzt nur 2mal (Reuter 1885 und Kingsbury 1909) zur Beobachtung 
kam, während alle übrigen Fälle der Literatur (Pick 1914) nur die „Zwitterdrüse“ 
betrafen. Über das Tier selbst ist nichts zu eruieren, da nur die Genitalien zur Unter- 
suchung kommen. Uterus und linke Anhangsorgane entsprechen denen eines normalen 
Tieres. In der linken Tube ein Ei. Rechtes normales Uterushorn endet in einen schmalen 
soliden Strang, der im Zusammenhang mit der Epididymis steht. An Stelle des Ovars 
ein Gebilde, das einem Hoden vollkommen entspricht. Auf der rechten Seite wohl- 
erhaltener Wolffscher Gang, der in einen geschlängelten Körper übergeht, der dem 
hodenartigen Gebilde aufsitzt und dessen Aussehen einer Epididymis gleicht. Die 
mikroskopische Untersuchung bestätigt die makroskopische Deutung. 

Der Schnitt durch den Hoden zeigt die Albuginea, in die die Drüsensubstanz eingelagert 
ist, getrennt durch Bindegewebssepten. Die Tubuli ausgekleidet mit einem mehrschichtigen 
Zylinderepithel sind ausgefüllt mit einer in das Lumen ausgetretenen wabigen Zellsubstanz, 
die vermutlich aus degenerierten Sertolischen Zellen besteht. Keinerlei Spermiogenese. 
Der Nebenhoden gleicht dem eines normalen Tieres. Die histologische Untersuchung des 
Ovars ergibt keine Besonderheiten. Es enthält mehrere frische Corpora lutea und einen frisch 
gesprungenen Graafschen Follikel, eine Beobachtung, die sich mit dem Fund des Eies in der 


Tube deckt. Die Rinde enthält zahlreiche Primordialeier und Primärfollikel. Nirgends ein 
Anhaltspunkt für eine Ovotestis. Uterus und Tube auch im mikroskopischen Befund normal. 


Vorliegender Fall ist als ein glandulärer Hermaphroditismus zu deuten, in dem 
eine lokale Mißbildung einen funktionslosen Hoden und Nebenhoden für das Ovar 
und den entsprechenden Eileiter substituierte. Durch das Vorhandensein des Eies 


62. Sexualpathologie, Rassenhygiene, Eugenik usw. 


in der Tube ist der Beweis von der physiologischen Funktion des Ovars gegeben. Der voll- 
ständig ausgebildete, wenn auch funktionslose männliche Keimapparat muß zu einer Re- 
vision der Anschauung führen, daß die Keimorgane von Hermaphroditen Beispiele von 
ausgebliebener Differenzierung eines neutralen Zustandes der Keimdrüsen seien. Die 
Frage, obdiegametenfreien Hoden jemals Spermatogonien enthalten haben und auf welche 
Weise die männlichen Keimzellen unterdrückt werden, harrt noch der Erklärung. Zill. 

Krediet, G.: Ovariotestes bei der Ziege. (Anat. Inst., Tierärztl. Hochsch., 
Utrecht.) Biol. Zentralbl. Bd. 41, Nr. 10, 447—455. 1921. 

Ziegenhändler wissen, daß häufig sog. „Innenzwitter‘“ mit normalem äußeren 
weiblichen Genitale und breitem schweren männlichem Kopfe vorkommen, welche die 
Gewohnheiten der Böcke zeigen. Diese Tiere haben Vulva, Vagina, Uterus mit ge- 
schlossenen Tubenostien, Vasa deferentia, Epididymides, Testes, welche sich statt der 
Ovarien im Lendengebiete befinden. Drei wahre Zwitter bieten folgende Befunde: 
1.7a. Gut entwickeltes Euter, alle drei Tage 4—5 Liter Vollmilch. Männlicher Habitus, 
bespringt und läßt bespringen. Weibliches Genitale, geschlossene Tubenostien, größere 
rechte und kleinere linke Keimdrüse. Mantelschichte: Samenkanälchen (Sertoli- und 
Spermiogonien), dazwischen eingestreut Ureier mit und ohne Follikelepithel, Lutein- 
zellhaufen mit männlichen interstitiellen Zellen gemischt. Markmasse: Wucherung 
großer Leydigscher Zellen, welche zum Teil der Nekrose verfallen (in der Becken- 
lymphdrüse dieselben Zellen [Matastase]), dazwischen Ureier nackt oder mit Follikel- 
epithel. Atretische Follikel, sterile Follikelschläuche. In der kleineren linken Drüse 
gleichfalls Mantelschichte mit beiderlei Geschlechtszellen, im Mark Leydigsche Zellen 
neben sterilen Follikeln. 2. Das Tier hatte Brunsterscheinungen und erwies sich als 
steril. Nach der Deckung Umwandlung in männlichen Habitus: breiter, schwerer 
Kopf, störrisch, gefährlich bösartig. Großes ergiebiges Euter. Männliches Benehmen, 
ungeschickt, als wüßte es nicht, wie eine Ziege zu bespringen sei. Fetaler Uterus, rechte 
Keimdrüse mehr als doppelt so groß wie linke. Rindenschichte: Samenkanälchen mit 
Spermatogenien, dazwischen einschichtige Epithelblasen ohne Eier. Im Zentrum 
Gruppen von Leydigschen Zellen, dazwischen Follikel mit 1—2 Oocyten, auch zwei- 
kernige Oocyten. Im größeren linken Ovar zeigt die Rindenschichte nur sporadische 
Samenkanälchen, auch diese ohne Spermatogonien. In der Innenschichte: Wucherung 
testikulärer interstitieller Zellen, viele Eifollikel und cystische Follikel. Hypophyse 
stark vergrößert. Im Zentrum hyaline Epitheleysten mit Hämotoxylin schwach 
gefärbt. Dazwischen acidophile Zellstränge, zusammengebackene Acıdophile und Haupt- 
zellmassen. Keine basophilen Zellen. 3. Das Tier wurde einige Tage alt links- 
seitig kastriert und nach 4 Wochen getötet. Beide Keimdrüsen sind Ovostestes mit 
regionärer Trennung. Der kleinere vordere Abschnitt ist testikulär gebaut und wird 
durch Bindegewebe in Lappen gegliedert, enthält Samenkanälchen, die im Zentrum 
zahlreicher sind als im oberflächlichen Teil der Drüse; typische Sertolizellen, im Zen- 
trum auch Spermatogonien genau der Ausbildung der Samenkanäle bei jungen Böcken 
entsprechend. Im hinteren caudodorsalen Ovarialabschnitte weist die oberflächliche 
Zona folliculosa reichlich Primordialfollikel auf. Die Zona vasculosa ist von Epithel- 
strängen durchzogen, die in ein Kanälchenkonvolut übergehen, aus welchem gegen die 
Oberfläche gestreckte in das Epoophoron sich fortsetzende Kanäle hervorgehen. Im 
zentralen Abschnitte ist es nicht zur Ausbildung von Spermiogonien gekommen. 
Die Übergangszone zwischen dem ovariellen und dem kranioventralen testikulären 
Abschnitte weist beiderlei Charaktere gemischt auf. Keimepithel ist nur am ovarialen 
Abschnitte vorhanden. Leydigsche Zellen fehlen. In dem 4 Monate älterem rechten 
Ovotestis sind im Ovarialabschnitte weniger Follikel vorhanden, auch an den Samen- 
kanälchen des testikulären Teiles hat der bereits nach der Geburt bestehende Rück- 
bildungsprozeß weitere Fortschritte gemacht. Die Zahl der Spermatogonien hat auch 
im Zentrum abgenommen. Daraus ergibt sich die wichtige Folgerung, daß der jeweilige 
Zustand eines (Pseudo-) Hermaphıoditen kein entscheidendes Urteil erlaubt, ob nicht 


Sexualpathologie, Rassenhygiene, Eugenik usw. 63 


in früheren Zuständen beiderlei Geschlechtszellen vorhanden waren. Es wird ferner 
die Forderung aufgestellt, in sämtlichen Fällen das endokrine System genau zu unter- 
suchen, weil die sekundären Geschlechtscharaktere nicht ausschließlich von den Keim- 
drüsen bestimmt werden. — Von monochorialen zweigeschlechtlichen Kalbzwittern 
wird stets der männliche zu einem normalen Bullen, das weibliche Kalb ist immer 
unfruchtbar und bekommt das Aussehen eines Ochsen. Das Rete ovarii ist überaus 
kräftig entwickelt, es kommen viele Epithelstränge vor, welche Primärfollikel fassen 
und von bindegeweblichen Scheiden umgeben sind. Diese persistierenden Markstränge 
sind wie die Homologa der Hoden gestaltet, werden aber nicht zum Rete testis und 
Samenkanälchen umgebildet. . Greil. 

Witschi, Emil: Der Hermaphroditismus der Frösche und seine Bedeutung für 
das Geschlechtsproblem und die Lehre von der inneren Sekretion der Keimdrüsen. 
(Zool. Anst., Univ. Basel.) Arch. f. Entwicklungsmech. d. Organismen Bd. 49, H. 3/4, 
S. 316—358. 1921. 

Die Frösche weisen hinsichtlich der Sexualverhältnisse verschiedenartige Lokal- 
rassen auf. An einem Ende stehen die differenzierten Rassen, die schon während der 
ersten Hälfte der Larvenentwicklung sexuell differenziert sind, im Verhältnis 50% 
Weibchen und 50% Männchen. Am anderen Ende finden sich die undifferenzierten 
Rassen, die nach beendeter Metamorphose uniform sind und sämtlich wohl entwickelte 
Ovarien besitzen. Der Anstoß zur Männchenbildung wird am sichersten durch uterine 
Überreife der Eier bewirkt (Hertwig), ferner extreme Temperaturen während der 
Larvenentwicklung. Um diese Befunde weiter zu klären, stellt der Verf. nun Unter- 
suchungen an Froschzwittern an. Er hält diese für genetische Übergangsglieder zwischen 
den Geschlechtern, und zwar geht die Entwicklung ausnahmslos vom weiblichen zum 
männlichen Geschlecht. Er spricht deshalb von Übergangshermaphroditen. Die 
frühesten Umwandlungserscheinungen vom weiblichen zum männlichen Geschlecht 
bestehen in der Wucherung von Sexualsträngen, mit denen gleichzeitig nun interstitielles 
Gewebe gebildet wird. Die Zwischenzellen übernehmen wichtige trophische Funk- 
tionen, sie bringen die Eizellen zur Auslösung und beteiligen sich an.der Ernährung 
der Spermatogonien. Die Bildung von Eiern aus Spermatogonien hält er für aus- 
geschlossen, Oocyten werden nur im Keimepithel gebildet. Die Nährstoffe, die von den 
Zwischenzellen an die Keimzellen abgegeben werden, haben auch morphogenetische 
Bedeutung, indem sie die Männchendifferenzierung veranlassen. Das mit der Wuche- 
rung der sexualen Stränge entstehende Zwischengewebe entwickelt sich entweder auf 
Grund der Epistase, der männlichen Erbfaktoren oder infolge der Einwirkung ver- 
schiedener Außenfaktoren (Kälte, Hitze, Überreife usw.). Je stärker die Müllerschen 
Gänge eines Zwitters oder eines Männchens entwickelt sind, desto länger waren die 
Keimdrüsen weiblich und desto später ist die Umwandlung erfolgt. Der Wechsel der 
somatischen Geschlechtsmerkmale geht denen der Keimdrüsen parallel, er erfolgt 
jedoch etwas verspätet. Bei Adulthermaphroditen scheinen sich die Müllerschen 
Gänge nicht mehr vollständig zurückzubilden. Bei unsymmetrischen Zwittern ent- 
wickeln sich Samenblasen und Daumenschwielen symmetrisch in Abhängigkeit der 
sich zuerst umwandelnden Keimdrüsen. Der Müllersche Gang jedoch bildet sich nur 
in Verbindung mit der Degeneration des gleichseitigen Eierstockes zurück. Die von 
den Keimdrüsen ausgehenden und die Entwicklung der somatischen Merkmale be- 
stimmenden morphogenetischen Faktoren wirken streng geschlechtsspezifisch. Die 
asymmetrischen Zwitter beweisen, daß somatische Geschlechtsmerkmale von den Keim- 
drüsen abhängig sein können, ohne daß eine innere Sekretion mitwirkt. Aus dem Studium 
der Literatur kommt der Verf. zu dem Schluß, daß alle bisherigen Untersuchungen über 
die Abhängigkeit der sekundären Geschlechtsmerkmale von den Keimdrüsen in bezug auf 
morphogenetische innere Sekrete zu negativen Resultaten geführt haben. Harms., 


Abraham, Hans, Der weibliche Transvestitismus. (Inst. f. Sexualwiss., Berlin.) 
(Dissertation: Berlin 1921.) 


64 Allgemeines über Tumoren. 


Sand, Knud, Études expérimentales sur les glandes sexuelles chez les mamniferes. 
(Experimentelle Studien über die Keimdrüsen der Säugetiere.) (Journ. de physiol. 
et de pathol. gén. Bd. 19, Nr. 3, S. 305—322.) 
Vgl. Referat S. 206. 


VII. Allgemeines über Tumoren. 
(Experimentelle Geschwulstforschung.) 
Brezosa Tablares, Pio: Der Krebs; seine gegenwärtige explosive Kraft. Arch. 
de ginecopat., obstetr. y pediatr. Jg. 34, Nr. 9, S. 351--355. 1921. (Spanisch.) 
Bomis hat in einer internationalen Statistik folgende Carcinommortalität für die 
einzelnen Länder berechnet. Von je 10000 Eir.wohı erı starben an Carcinom: 


Schweiz . ..... 1,5 Australien. . .... 2,4 
Dänemark ..... 1,7 Amerika . ..... 2,0 
England ...... 1,3 Rußland ...... 2,94 
Frankreich . .... 1,8 Italien . . 2.2... 3,71 
Norwegen ..... 3,15 Ungarn. ...... 3,55 


Allein in Barcelona sterben dagegen von 10 000 Einwohnern 9,7 an Carcinom. Barcelona 
hat damit die größte Carcinommortalität von allen Hauptstädten der Welt. Weitere 
statistische Untersuchungen haben gezeigt, daß in Barcelona die Zahl der Krebskranken 
rapid zunimmt, und zwar ist daran vor allem das Uteruscarcinom beteiligt — mit 35,5% 
(gegenüber 30% in Paris). Das Mammacareinom ist dagegen seltener (Barcelona 7%, 
Paris 12%). — Im Gegensatz dazu hat Bomis aus seiner internationalen Statistik 
berechnet, daß die Zahl Uterus- und Mammacarcinome einen deutlichen Rückgang 
aufweist. Die Carcinome des Verdauungstraktus zeigen dagegen eine ausgesprochene 
Zunahme. — Das erfolgreichste Mittel im Kampfe gegen den Krebs ist die möglichst 
frühzeitige Diagnose. Verf. empfiehlt deshalb in allen öffentlichen Lokalen, an den 
Straßenecken, in den Zeitungen und Zeitschriften folgenden Aufruf zu erlassen: „An 
alle Männer und Frauen von Barcelona! Der Krebs ist in den ersten Anfängen heilbar. 
Wenn er es nicht mehr ist, dann kommt es daher, daß ihr zu spät zum Arzte geht. — 
Der Krebs macht anfangs keine Schmerzen. — Geht so bald als möglich zum Arzt in 
folgenden Fällen: Wenn ihr einen Knoten oder eine wunde Stelle länger als einenMonat 
an der Zunge, an den Lippen oder auf der Haut habt; ebenso bei harten Stellen unter 
der Haut oder in der Brust. Ferner bei Magenbeschwerden, die mit Abmagerung 
einhergehen; bei Verstopfung, die jenseits des 40. Lebensjahres beginnt, weiter bei 
blutigen Ausleerungen und bei Erbrechen. — Frauen! Seid argwöbnisch gegen jede 
Blutung, die außerhalb der normalen Zeit oder nach dem Wechseljahre erscheint. 
Frauen! Beachtet jeden abnormen Ausfluß, selbst den geringsten, vor allem den röt- 
lichen, den leicht blutigen oder den mit Blut vermischten. Wenn euch nichts fehlt, wird 
der Arzt euch euere Ruhe zurückgeben und euere düsteren Ahnungen verscheuchen. 
— Wenn euch etwas fehlt, wird er euch raten, was ihr tun müßt, damit ihr keine 
kostbare Zeit verliert. — In Spanien sterben jährlich 25 000 Menschen am Krebs, dieser 
Geißel der Menschheit. Sie sterben durch ihre eigene Schuld, als Opfer ihrer Nach- 
lässigkeit und Sorglosigkeit.““ Nürnberger (Hamburg). 

Bischoff, Elfriede, Ist die Krebssterblichkeit wirklich im Zunchmen begriffen ? 

(Dissertation: Würzburg 1921.) 

Rau, W.: Eine vergleichende Statistik der in 5 Kriegsjahren (1914—1919) 
und 5 Friedensjahren (1909—1914) sezierten Fälle von Krebs und auderen ma- 
lignen Tumoren am Pathologischen Institut des Stadtkrankenhauses Dresden- 
Friedrichstadt (Direktor Geheimrat Prof. Dr. Schmorl). Zeitschr. f. Kıebsforsch. 
Bd. 18, H. 3, S. 141—-170. 1921. 

Am männlichen Sektionsmaterial war Zunahme, am weiblichen Abnahme der Krebs- 
bildung festzustellen. Vorwiegend trat sie bei jüngeren Männern und Weibern (41—50 Jahre) 


auf, befiel die höheren Altersklassen seltener. Im Vergleich zum Frieden waren bei beiden 
Geschlechtern häufiger erkrankt die Atmungsorgane, bei den Männern der Verdauungskanal 


Allgemeines über Tumoren 65 


seltener, bei den Weibern häufiger. Erkrankungen der weiblichen Genitalien waren seltener 
als im Frieden. Die Malignität schien besonders bei Oesophagus- und Lungenkrebs der Männer 
erhöht, die Malignität der Uteruscarcinome hatte im Kriege abgenommen, während sie für die 
übrigen Krebse des weiblichen Geschlechts erhöht schien. Bierich (Hamburg). °° 

Blumenthal, Ferdinand: Über das therapeutische Problem bei den bösartigen 
Geschwülsten. (Univ.-Inst. f. Krebsforsch., Charite, Berlin.) Dtsch. med. Wochenschr. 
Jg. 47, Nr. 39, S. 1151—1154. 1921. 

In der Bekämpfung der bösartigen Neubildungen handelt es sich um 2 getrennte 
Probleme: 1. die Verhütung der krebsigen Abartung der Zellen bzw. der 
Ursachen derselben (Nematoden, Bilharzia, Parasiten-Krankheiten, Anilin, Teer, 
Röntgenstrahlen, andere physikalische Reize und noch unbekannte innere Störungen); 
2. die Vernichtung der Krebszellen selbst, im Stadium der Krebszellenkrank- 
heit. Die Mittel dazu sind: Operation, Bestrahlung, Chemotherapie, Vaccine-Serum- 
therapie, auf welch letztere Autor nicht eingeht. Betreffs der Operation weist A. auf 
die relative Häufigkeit lokaler Rezidive hin und befürwortet im Gegensatz zu Perthes 
die Nachbestrahlung, warnt aber vor der Überdosierung, die die heilsame reaktive 
Bindegewebswucherung vernichtet. Gute Erfolge bei Kombination von Bestrahlung 
und Chemotherapie: Arsen zur Hebung des Allgemeinzustandes und intramuskuläre 
oder intravenöse Injektionen von 1—2 cem Alival, das 63%, Jod enthält, wasserlöslich 
ist, 3—6 mal wöchentlich (Achtung auf evtl. Jodismus). Es ist falsch, sich prinzipiell 
für Operation oder Bestrahlung auszusprechen. Operable Tumoren sollen operiert 
werden. Graff (Wien). 

Peyron, Albert: Sur V’historique et l’évolution de quelques notions fondamen- 
tales dans l’&tude expérimentale du cancer. Démonstration avec présentation de 
pièces histologiques. (Zur Geschichte und Entwicklung einiger fundamentaler Erkennt- 
nisse der experimentellen Krebsforschung. Demonstration an der Hand histologischer 
Präparate.) Bull. de l’assoc. franç. pour l'étude du cancer Bd. 10, Nr. 8, S. 359-404. 1921. 

Kurze Übersicht der Literatur über experimentelle Krebsforschung. Ausführliche 
Schilderung eigener histologischer Befunde beim transplantablen Rousschen Hühner- 
sarkom, welches Verf. für ein Myo:arkom hält. Die Injektion des Tumorfiltrats reizt 
verschiedene Gewebe zur Proliferation, so daß Neoplasmen ganz verschiedenen Baues 
entstehen können. Die Exstirpation eines transplantierten Hühnersarkoms kann 
Anlaß geben zu diffuser rascher Metastasenentwicklung; die gleiche Wirkung kann 
auch Radiumemanation haben. Durch wiederholte Geschwulsttransplantation wird die 
Virulenz gesteigert. Auf Grund seiner Beobachtungen will Verf. auch nicht aus- 
schließen, daß gelegentlich aus einem Carcinom ein Sarkom dadurch entsteht, daß 
die Carcinomelemente in Sarkomelemente sich umwandeln. Joannovics (Belgrad).°® 

Winkler, Ferdinand: Klinische und experimentelle Careinomstudien. (Laborat. 
d. niederösterreich. Landeslehrerakad., Wien.) Arch. f. Dermatol. u. Syphilis, Orig. 
Bd. 129, S. 487—508. 1921. 

Extrakt aus Rindermilz mit physiologischer Kochsalzlösung, die 20 000 M.E. 
enthält, wird im Vakuum eingeengt, mit Alkohol gefällt und als konzentrierte wässerige 
Lösung verwendet: Epitheliome wurden nach mehrfacher Injektion ausgestoßen, 
Ulcus rodens heilt unter Applikation des sterilen pulverisierten Extraktes. — Literatur 
über die Vermehrung des Iymphoiden Gewebes in der Umgebung von Carcinomen. —' 
Durch Verimpfung vergrößerter, tumorzellenfreier, zu Brei verriebener Lymphdrüsen 
konnte Autor bei Ratten und Mäusen Tumoren erzeugen, die sich aber später ent- 
wickelten als bei Übertragung von Tumormaterial. Es ist also das Tumorwachstum 
nicht an die Übertragung von Geschwulstgewebe gebunden. Die Impfung geht nicht 
an, wenn 25—30 Minuten mit Röntgen bestrahlt wird, desgleichen, wenn gleichzeitig 
bestrahlter und unbestrahlter Brei überimpft wird. Wird ein Tumortier im ganzen 
bestrahlt, so verlieren, obwohl der Tumor selbst keine Veränderung zeigt, die Lymph- 
drüsen ihre Fähigkeit, Tumoren zu erzeugen. — Injektion von bestrahltem Lymph- 
drüsenbrei entfernt von der Geschwulst führt zur Rückbildung des Tumors. Während 


Jahresbericht f. d. ges. Gynäkologie 1921. 5 


66 Allgemeines über Tumoren, 


mehrfache Bestrahlung von Tumoren, deren Transplantierbarkeit nicht schädigte, 
gingen die Tumoren nicht mehr an, wenn gleichzeitig bestrahlter Lymphdrüsenbrei 
injiziert wurde. Diese anscheinend durch die Bestrahlung aus dem Iymphoiden Gewebe 
freiwerdenden Heilstoffe können in größerer Menge durch langdauernde Bestrahlung 
des ganzen Tieres gewonnen werden. Von E.Merck in Darmstadt wurden auf Ver- 
anlassung des Autors Hammel durch 25—50 Stunden bestrahlt, die Tiere 2 Wochen 
nach der letzten Bastrahlung durch Entbluten getötet und aus Milz, Knochenmark, 
Lymphdrüsen, Thymus und Nebennieren ein Preßsaft hergestellt. Dieses Präparat 
„Röntgenin“ erzeugt bei graviden Tieren Abortus, enthält kein Cholin, verdaut die 
Serumplatte, aber auch die epithelialen Anteile von Haaren, Retezellen, die nicht 
verhornenden Zellen der Coriumcarcinome. Auf Hoden und Ovarien wirkt es deletär, 
beschleunigt die Blutgerinnung, wirkt dementsprechend günstig bei Hämorrhoidal- 
knoten und Varicen; Injektion in die Milz führt zu umschriebener Nekrose; Strumen 
(Hundeversuche) verkleinern sich, desgleichen menschliche Basedowstrumen; Lym- 
phome erweichen. — Ein inoperables Uteruscarcinom konnte 1 Jahr nach zweimaliger 
intraglutäaler Injektion von je 50 ccm Röntgenin — allerdings nachdem ausgiebig 
exkochleiert und paquelinisiert worden war, radikal operiert werden, nachdem die 
Kranke sich subjektiv gesund gefühlt hatte. Anaphylaktische Erscheinungen wurden 
ın vielen dahinzielenden Versuchen nie beobachtet. Weiters fand Autor, daß die Injek- 
tion von Röntgenin bei bis dahin röntgenrefraktären Hautcarcinomen die weitere 
Bestrahlung erfolgreich gestaltete. — Aus der Tatsache, daß bei einer einmal vorhan- 
denen Röntgendermatitis bei neuerlicher Einwirkung der Schädlichkeit die Reaktions- 
zeit immer kürzer wird, schließt Richet, daß es zur Bildung einer im Körper verblei- 
benden Substanz, dem Toxigenin kommt, das mit den bei weiteren Bestrahlungen 
freiwerdenden Zellzerfallstoffen ein Toxin bildet, das zu den entzündlichen Erschei- 
nungen der Haut führt. Autor stellt sich vor, daß das Röntgenin dem Toxigenin ent- 
spricht, mit den Zellstoffen der Neoplasmen vereinigt, ein Gift darstellt, das einerseits 
die Tumorzellen zerstört und im umliegenden Gewebe eine dem Tumor verderbliche 


Reaktion hervorruft. Graff (Wien). 


Bierich, R.: Über biologische Probleme in der Geschwulstforschung. (Inst. f. 
Krebsforsch., Hamburg.) Zeitschr. f. Krebsforsch. Bd. 18, H. 1/2, 8. 59—72. 1921. 
Das Grundproblem der Geschwulstbildung ist das Wachstumsproblem. Methodisch 
gliedert sich das Geschwulstproblem in das Problem des Reizes, der Disposition und der von 
ihr beeinflußten Reaktion. Zu den schwierigsten Erkenntnisproblemen gehören die unter dem 
Begriff der Disposition vereinigten Darstellungen, die sich in die Gruppen der Konstitution 
und Kondition (Alter, Inzucht, Rasse, Art, Familie) abgrenzen lassen. Besprechung der bisher 
eförderten Tatsachen. Am günstigsten für die experimentelle Geschwulstforschung werden 
die Bedingungen dann sein, wenn mit einem chemisch und physikalisch definierbaren Reiz- 
faktor gearbeitet wird. Graff (Wien). 

Rotter, H.: Histogenese der malignen Geschwülste. Zeitschr. f. Krebsforsch. 
Bd. 18, H. 3, 8. 171—208. 1921. 

Die Tatsache, daB Geschlechtszellen und Zellen maligner Neoplasmen gegen 
X-Strahlen empfindlicher sind als die Somazellen, ferner daß Serum Carcinomkranker 
Placentaeiweiß, Schwangerenserum Carcinomgewebe abbaut, veranlassen Rotter, 
den Gedanken Beards aufzugreifen, daß die Zellen bösartiger Geschwülste von den 
Gonaden abstammen. Die Theorie glaubt R. stützen zu können 1. durch den ihm ge- 
lungenen Nachweis einer großen Zahl stationär extraregionärer Geschlechtszellen bei 
menschlichen Embryonen, hauptsächlich an den Stellen, wo Carcinome am häufigsten 
vorkommen, 2. Bestimmung der Chromosomenzahl bei Somazellen einerseits, die R. 
zwischen 19 und 24 fand und in Übereinstimmung mit Farmer, Moore und Walker 
den Nachweis haploider (mit der halben Chromosomenzahl ausgestatteter) Kerne bei 
Careinomen. Aus diesem von Weissmann angenommenen, von Flemming als 
typisch für die Endprodukte der Sexualzellen der auf dem Wege der Amphimyxis 
entstandenen Metazoen und Metaphyten nachgewiesenen Verhalten, sowie dem Nach- 


Allgemeines über Tumoren. 67 


weis von Kernkonjugation in Carcinomen als Ausdruck einer Kopulationsbedürftigkeit 
der Krebszellen glaubt R. einen Zusammenhang zwischen extraregionären Geschlechts- 
zellen und Carcinomhistogenese annehmen zu dürfen. Experimentelle Befunde für 
die aus dieser Theorie sich ergebenden neuen Gesichtspunkte zur Krebsbekämpfung 
werden in Aussicht gestellt. Graff (Wien). 

Saltzstein, Harry C.: Some facts regarding cancer. (Einige Tatsachen bezüg- 
lich der Carcinomfrage.) Americ. journ. of surg. Bd. 85, Nr. 4, S. 81—84. 1921. 

Daß lange dauernde Reize irgendwelcher Art (chemische, mechanische usw.) hin- 
sichtlich der Ätiologie der bösartigen Tumoren eine wesentliche Rolle spielen, ist eine 
längst bekannte Tatsache. Die Erscheinung, daß Schornsteinfeger, Heizer und ähnliche 
Berufe, welche den Einflüssen gewisser bei der Verbrennung von Kohle entstehender 
Gase ausgesetzt sind, besonders oft an Carcinomen erkranken, erfährt interessante 
Ergänzungen. In Tibet bedienen sich die Eingeborenen im Winter eines mit glühenden 
Kohlen (aus Kangri) gefüllten Eimers, den sie als Wärmespender zwischen den Füßen 
plazieren. Saltzstein konnte feststellen, daß die Hälfte aller Krebse solche der 
Abdominalhaut sowie der Haut der Oberschenkelgegend und der Nachbarregionen 
sind. Ein japanischer Pathologe konnte beim Kaninchen, das an und für sich eine 
besondere Widerstandskraft gegen Krebs zu besitzen scheint, durch wiederholtes 
Bepinseln des Ohres mit Kohlenteer ein typisches Carcinom erzeugen. Auf Grund 
aller Erfahrungen — nicht zu vergessen die der Dermatologen bei Lupus und anderen 
chronischen Geschwüren — läßt sich heute die Behauptung aufstellen, daß sich auf 
einer normalen Haut niemals ein Carcinom entwickelt. Thermischen Reizen kommt 
ebenfalls eine große Bedeutung zu. In China z. B., wo die Männer zuerst von den noch 
warmen Gerichten essen, während die Frauen erst zugreifen dürfen, wenn erstere die 
Mahlzeit beendet haben, trifft man das Carcinom der Mundhöhle und der Speiseröhre 
beim Manne sehr oft an, während es bei Frauen fast nie angetroffen wird. W. J. Mayo 
hat schon darauf hingewiesen, daß die übliche Temperatur unserer warmen Gerichte 
viel zu hoch ist. Viele seiner Beobachtungen weisen darauf hin, daß Carcinome der 
Speiseröhre und des Magens offenbar nur infolge der gewohnheitsmäßigen Aufnahme 
zu heißer Speisen und Getränke entstanden sind. Das außerordentlich häufige Vor- 
kommen von Mundhöhlencarcinom bei den Betelnußkauern in Indien bildet eine Er- 
gänzung zu den durch mechanische Insulte (Druck) entstandenen Lippenkrebsen der 
Pfeifenraucher. Die Zunahme der Carcinomtodesfälle in fast allen Statistiken ver- 
anlassen S. zu der Frage, ob die Carcinomkrankheit als solche häufiger geworden ist. 
Manchmal möchte man es glauben. Sieht man aber die Statistiken der verschiedenen 
Jahre genauer durch, so findet man, daß die Prozentzahl der an sichtbaren Körper- 
gegenden auftretenden Carcinome so ziemlich die gleiche geblieben ist, während die 
der an früher unzugänglichen Gegenden sitzenden Tumoren (Magen, Darm usw.) 
zugenommen hat. Diese Erscheinung ist zweifellos auf die bessere Diagnosenstellung 
zurückzuführen. Auch die in neuerer Zeit bemerkbare Besserung der Operabilitäts- 
ziffer weist nach dieser Richtung. Die in den Vereinigten Staaten eingeleitete weit- 
zügige Aufklärung des Laienpublikums hält S. für sehr wertvoll. Sazxinger.°° 

Halberstaedter, L.: Biologische Fragen bei der Strahlentherapie maligner 
Tumoren. (Univ.-Inst. f. Krebsforsch., Charite, Berlin.) Dtsch. med. Wochenschr. 
Jg. 47, Nr. 39, S. 1154—1155. 1921. 

Der Begriff der Hauteinheitsdosis ist nicht zulässig, desgleichen gibt es keine 
einheitliche Carcinom- oder Sarkomdosis. Der Versuch Keyssers, ein biologisches 
Maß durch Bestrahlung von Mäuseimpftumoren zu finden, ist fehlgeschlagen. Eine 
unmittelbare Abtötung der Tumorzellen war nicht zu erzielen. Dagegen fanden — 
H. und Carl Lewin bei einem Mäusesarkom unmittelbares Absterben der Zellen. — 
Marcovits bestrahlte Paramecium caudatum und konnte Abtötung erzielen in 8 bis 
10 Stunden, desgleichen bei Vicia faba equina. Die Breite der Reizdosis war bei ersterem 
Objekt sehr groß, bei letzterem sehr gering. Glaubt auf Grund klinischer Beobach- 


5% 


.68 Allgemeines über Tumoren. 


tungen nicht, daß dem Bindegewebsreiz (Manfred Fränkel) die primäre und einzig 
‘wirksame Rolle zukommt, sondern eher, der primären Abtötung der Tumorzellen 


durch die Bestrahlung. Graff (Wien). 


Seitz, Ludwig: Carcinom-Genese und Careinom-Dosis. (Univ.-Frauenklin., 
Frankfurt a. M.) Münch. med. Wochenschr. Jg. 68, Nr. 35, S. 1107—1109. 1921. 

Hautkrebs kann entstehen durch 1. chemische Reize (Verbrennungsprodukte, 
‚Schornsteinfegerkrebs, durch Scharlachroteinreibungen künstlich erzeugte starke 
atypische Proliferation der Epidermiszellen (B. Fischer), Carcinomentwicklung durch 
tägliche Teereinreibungen bei Maus und Kaninchen (Fibiger und Bany, Yami- 
kawa); 2. physikalische Reize (Röntgenstrahlen, wenn sie in bestimmter Art, 
Dauer und Stärke einwirken). Es ist daher anzunehmen, daß auch die Carcinome 
anderer Organe durch feinste chemisch-physikalische Zustandsveränderungen der Zellen 
entstehen. Auch die lokale Narbenbildung (Carcinomdisposition in der Mammanarbe) 
gehört durch die Veränderungen der physikalisch-chemischen Vorbedingungen und 
Reize in dieses Gebiet. Diejenige Therapie hat in der Carcinombehandlung Aussicht 
auf beste Erfolge, die ganz allgemein von diesen Zusammenhängen ausgeht. Die Rönt- 
genstrahlen vermögen nun 1) ein Hautcarcinom bei genügend langer und entsprechend 
dosierter Einwirkung künstlich zu erzeugen (Röntgencarcinom); 2) in bestimmter 
Menge appliziert, ein bereits vorhandenes Carcinom zu gesteigertem Wachstum zu 
bringen (Reizdosis); 3) in bestimmter Menge appliziert Carcinomzellen abzutöten 
'(Careinomdosis, tödliche Dosis). Also ein und dasselbe physikalische Mittel erzeugt 
auf der einen Seite Carcinom, hielt auf der anderen Seite Carcinom. Es ist demnach 
eine scharfe Grenze zwischen biologischem und pathologischen Geschehen nicht vor- 
handen. Diese Tatsache bestätigt Virchows Theorie der Erklärung der Lebens- 
vorgänge und bringt zum ersten Male einwandfrei den Beweis für die Richtigkeit der 
Virchowschen Reiztheorie: Durch einen Reizvorgang bestimmier Art und Stärke 
ist es möglich, morphogenetische Wachstumsveränderungen an den Zellen zu bewirken 
und gesunde Epithelzellen zu carcinomatöser Proliferation anzuregen. Auf dieser 
Tatsache ist im Sinne der Virchowschen Theorie die vom Verf. und Wintz 
geschaffene Röntgenstrahlendosierung bei der Carcinombekämpfurg aufgebaut. Aus 
‚praktischen und heuristischen Gründen muß an der Carcinomdosis festgehalten werden 
(90—110 H.-E.-D.). Die Hauptmasse der Carcinome reagiert inrerhalb der Breite 
von 20% auf diese Dosis. Siegel (Gießen). 


Russ, S., Helen Chambers and Gladwys M. Scott: On the local and generalised 
action of radium and X-rays upon tumours growth. (Über örtliche und Allgemein- 
wirkung von Radium- und Röntgenstrahlen auf das Tumorwachstum.) Proc. of the 
rov. soc. Ser. B., Bd. 92, Nr. B 644, S. 125—134. 1921. 

Um sich über den Einfluß, der bei einer Bestrahlung auf den Tumor unmittelbar 
bzw. auf das tumortragende Tier im allgemeinen ausgeübt wird, Rechenschaft zu 
geben, wurde die Strahlenwirkung verschiedener Intensität auf Geschwulstzellen vor 
der Übertragung sowie die Wirkung der Bestrahlung auf normale und tumortragende 
Ratten untersucht. Die Mehrzahl der Versuche wurde mit Jensens Rattensarkom aus- 
geführt, ein Teil mit einem langsam wachsenden Rattensarkom von Dr. Murray, der Rest 
mit einem von einem Spontantumor des eigenen Laboratoriums stammenden Careinon.. 


Die in kleine Stückchen geschnittenen Transplantate wurden aseptisch mit einer 20 mg 
Radiumbromid enthaltenden Kapsel, bei der sich das aktive Salz zur Absorption der weichen 
a- und der $-Strahlen auf einer 4 qem großen Fläche unter einem Firnis befand, bestrahlt. Nach 
40 Minuten Bestrahlung war die Übertragbarkeit der Jensenschen Tumoren völlig aufgehoben, 
nach 1 Minute Bestrahlung noch ein Unterschied zuungunsten der bestrahlten Tumoren wahr- 
‘zunehmen. Nach 12 Sekunden Bestrahlung schien das Wachstum der transplantierten Tumoren 
etwas beschleunigt. Bei den anderen Tumorarten waren die Resultate weniger eindeutig. 
weil sie an und für sich nicht regelmäßig angingen, aber grundsätzlich war das Verhalten das 
gleiche. Bei normalen Tieren zeigte sich die Wirkung einer Röntgenbestrahlung (4—5 cm Fun- 
kenlänge zwischen Kugeln von 5 cm Durchmesser; 20 cm Abstand; ungefiltert; M.-A.?) bei 


Allgemeines über Tumoren. 69 


jedesmal 1 Minute dauernden, über längere Zeit fortgesetzten Bestrahlungen in einer Abnahme 
des Körpergewichtes, bei kürzeren eher in einer Zunahme des Gewichtes im Vergleich mit 
den Kontrollen. Bei 12 Sekunden täglicher Bestrahlung, die verschieden lange Zeit fortgesetzt 
wurde, war in allen Fällen die Resistenz gegen überimpfte Tumoren vermindert. Wurden bei 
tumortragenden Tieren nur die Tumoren (nach symmetrischer Impfung auf beiden Seiten) ein- 
seitig bestrahlt, so zeigte sich im allgemeinen verlangsamtes Wachstum und nur bei ca. !/,, der 
tödlichen Dosis Wachstumsbeschleunigung. Ebenso wurde das Tumorwachstum nach fort- 
laufenden Allgemeinbestrahlungen mit abgedecktem Tumor hintangehalten. Bei generali- 
sierten Bestrahlungen, bei denen auch der Tumor mitgetroffen wurde, waren 4 Wochen nach 
täglich 5 Minuten dauernden, eine Woche fortgesetzten Bestrahlungen alle 12 Tiere gestorben, 
nach 2 Sekunden täglicher Bestrahlung das Tumorwachstum anfänglich gegenüber den Kon- 
trollen etwas beschleunigt, nach der 4. Woche ebenfalls verlangsamt. 

Während also schwache örtliche Bestrahlungen, wenn sie wenige Prozente der 
letalen Dosis betragen, eine Reizwirkung auf die Geschwulstzellen ausüben können, 
vermögen schwache Allgemeinbestrahlungen die normale Resistenz gegen das Tumor- 
wachstum zu erhöhen. Holthusen (Heidelberg). °° 


Russ, S., Helen Chambers and Gladwys M. Scott: On the local and generalised 
action of radium and Xrays upon tumour growth. (Über die örtliche und all- 
gemeine Wirkung der Radium- und Röntgenstrahlen auf das Tumorwachstum.) 
Arch. of radiol. a. electrotherapy Bd. 26, Nr. 4, S. 129—137. 1921. 

Russ sucht auf dem Wege des Tierexperimentes der Frage der Wirkung der 
Röntgen- und Radiumstrahlen auf das Carcinomgewebe einerseits, auf die Resistenz 
des Individuums gegenüber dem Carcinom andererseits näher zukommen. Als Versuchs- 
tier galt die Ratte, als Tumor verschiedene Stämme von Rattensarcom und Carcinon. 
Die erste Versuchsreihe gilt der Beeinflussung der Tumorzellen selbst durch verschiedene 
Strahlendosen vor der Inokulation. Die mit den f-Strahlen des Radıumbromids be- 
handelten Tumorscheiben wuchsen nach Verimpfung auf die Ratte nicht mehr, wenn 
die zuvorige Bestrahlung auf 35 Minuten ausgedehnt war. Dagegen regten Bestrah- 
lungszeiten von 12 Sekunden das Wachstum an. (Vergleich mit den unbestrahlt in- 
okulierten Tumorstücken.) In einer zweiten Versuchsreihe wird der Einfluß der Röntgen- 
strahlen auf den Tierkörper geprüft, und zwar einmal auf dessen Gewicht, andererseits 
auf dessen Widerstandskraft gegenüber dem Tumor. Innerhalb der äußerst gering 
bestrahlten Tiergruppen (2—12 Sekunden täglich 4—9 Wochen lang in 20 cm Entfer- 
nung von der Coolidge-Antikathode) wurde eine relative Gewichtsvermehrung gegenüber 
gleichen unbestrahlten Tieren um 7,5—15% festgestellt. — Ratten, die 4—12 Wochen 
lang täglich bestrahlt wurden, zeigten dem inokulierten Sarkom gegenüber insofern 
eine relative Immunität, als die Zahl der zum Wachstum gelangenden Tumoren ge- 
ringer, die Zahl der zugrunde gehenden größer ist als bei den Kontrolltieren, so lange die 
zur Verwendung gelangte Dosis gering ist. Nach Implantation zeigte eine isolierte 
Bestrahlung des Tumors (Radium) in kleinen Dosen Wachstumssteigerung, Bestrahlung 
des Tierkörpers unter Abdeckung der Geschwulst erhöhte Resistenz. Gleichmäßige 
Bestrahlung von Geschwulst und Tiere endlich ließ nur in mittleren Dosen eine Be- 
einträchtigung des Geschwulstwachstums erkennen, ohne ungünstige Beeinflussung des 
Tierkörpergewichtes. Bracht (Berlin). 

Heuser, Carlos: Experimentelle Studien über Einwirkungen der Röntgenstrahlen 
auf Krebszellen. Semana med. Jg. 28, Nr. 44, S. 583—586. 1921. (Spanisch.) 
Hütten, Fritz von der, Carcinom und Milzreizbestrahlung. (Chirurg. Univ.- 

Klin., Gießen.) (Strahlentherapie Bd. 18, H. 1, S. 197—200.) 

Vgl. Referat S. 96. 

Wetzel, Ernst: Die Fernbestrahlung bösartiger Geschwülste im Tierexperiment. 
(Chirurg. Univ.-Klin., Jena.) Münch. med. Wochenschr. Jg. 68, Nr. 29, S. 910—912. 1921. 

Die Versuche wurden mit dem von Keysser beschriebenen Mäusetumor, einem 
Riesenzellensarcocarcinom, ausgeführt und ergaben, daß 1. eine Beeinflussung der 
Geschwülste sowohl im Sinne der Reizung wie in dem der Hemmung vorhanden ist; 
2. die Verimpfbarkeit der bestrahlten Tumoren deutlich verringert, aber nicht be- 


TO Allgemeines über Tumoren. 


seitigt wird, höchstens bei einer Dosis, die die H. E. D. um ein weites überschreitet; 
3. ein großer Unterschied zwischen sofortiger und späterer Verimpfung nach der Be- 
strahlung vorliegt. Graff (Wien). 


Koysser, Fr.: Das Versagen der Röntgentiefenbestrahlung und die Bedeutung der 
biologischen Prophylaxe für eine erhebliche Verbesserung der operativen Behand- 
lung bösartiger Geschwülste. (Chirurg. Univ.-Klın., Jena.) (45. Tag. d. Dtsch. Gcs. f. 
Chirurg., Berlin, Sitzg. v. 2. IV. 1921.) Aich. f. klin. Chirurg. Bd.117,H.1,8.97-105. 1921. 

Die Erfolge bei allein durch Röntgenbestrahlungen behandelten operablen Fällen 
von Collumcarcinom des Uterus (nach Bumm und Schäfer durch Operation 48,6%, 
durch Bestrahlung nur 25% Dauerheilung nach 5 Jahren) sprechen zu ungunsten der 
Bestrahlung. Ebenso treten bei Nachbestrahlung operierter Mammacarcinome Rezi- 
dive in etwa der doppelten Zahl der Fälle auf (Perthes, Tichy). Bei bestrahlten 
Collumcarcinomen metastasieren die Carcinome in der Leber häufiger als sonst (nach 
Wertheimer 26% bei bestrahlten gegenüber 14%, bei nicht bestrahlten Fällen). Verf. 
lehnt daher die Bestrahlung operabler sowie die prophylaktische Nachbestrahlung 
operierter Carcinome ab. Die Bestrahlung kann die vorhandenen oder zurückge- 
bliebenen Geschwulstkeime nicht vernichten. Auf Grund seiner experimentellen Er- 
gebnisse der Geschwulstforschung am Mäusetumor glaubt er nicht an eine direkte, 
zelltötende Wirkung der Röntgenstrahlen. Der Zerfall des Tumorgewebes ist für ihn 
sekundäre Erscheinung und zwar Folge einer Verstärkung der Abwehrkräfte des Kör- 
pers gegen Geschwulstbildungen (Ricker, Fränkel und Teilhaber). Spontan- 
heilungen des Krebses, sowie die Tatsache, daß die von Primärgeschwülsten aus in 
den Kreislauf gelangten Krebszellen in den meisten Fällen vernichtet werden, be- 
weisen das. Viel mehr Bedeutung als der Bestrahlung mißt er der Immunisierung der 
Krebskranken mit einer aus eigenem Krebsbrei hergestellten Emulsion bei, die er 
nach der Operation den Kranken prophylaktisch injiziert. Dazu wird eine Emulsion 
benutzt, die er im Verhältnis 1 g Geschwulstmasse : 9 ccm physiologischer Kochsalz- 
lösung herstellt. Von dieser Stammemulsion teilt er eine 20 proz. und eine 50 proz. 
ab und tötet die Zellen mit 0,5 proz. Carbollösung ab. Die Immunisierung wird nun 
mit langsam steigenden Dosen durchgeführt. 0,2, 0,4 ccm usw. des 20 proz. Impf- 
stoffes werden subcutan unter die Bauchhaut injiziert. Dann wird in gleicher Weise 
mit der 50 proz. und endlich mit der Stammemulsion verfahren, bis ca. 3 ccm der 
letzteren erreicht sind. Die Dauer des Immunisierungsverfahrens beträgt 4—5 Monate. 
Die Impfungen werden in Abständen von 6 Tagen vorgenommen, reaktionslos ver- 
tragen und von auffallender Gewichtszunahme und subjektivem Wohlbefinden begleitet. 
Verf. hat nach dieser Methode 14 Fälle behandelt mit dem Erfolg, daß nur 4 Rezidive 
auftraten, von denen nur 2 starben, 2 nach wiederholter operativer Behandlung leben 
und sich jetzt rezidivfrei wohl befinden. (Anm. des Ref.: Freilich ist der Fall 10, 
der als geheilter Fall geführt worden ist, nicht ganz einwandfrei, weil die an Rectum- 
carcinom behandelte Frau, die 31/, Jahre klinisch rezidivfrei war, nach dieser Zeit 
angeblich an Gehirnschlag starb. Da die Kranke nicht seziert wurde, ist die Möglich- 
keit einer Metastasenbildung im Gehirn nicht ausgeschlossen.) Trotz alledem sind die 
Resultate gut. Zur Vorsicht will Verf. die Immunisierung nach 1—2 Jahren wiederholt 
haben. Nach seinen Erfahrungen steht er auf dem Standpunkt, daß die rationelle Carci- 
nombehandlung besteht in radikaler Operation mit nachfolgender Verhütung 
von Rezidiven durch Injektion körpereigenen Tumormaterials. Siegel. 


Quensel, U.: Zur Kenntnis des Vorkommens von Geschwulstzellen im zirku- 
lierenden Blute. (Pathol. Inst., Upsala.) Upsala läkareförenings förhandlingar Bd. 26, 
H. 5/6, 10 S. 1921. 


Beitrag zu der von Lubarsch ausgesprochenen, von M. B. Schmidt bewiesenen An- 
schauung, daß es nicht allzu selten zur Verschleppung von Tumorzellen in die Gefäßbahn kommt, 
ohne daß diese zu Metastasen auswachsen. Hat in 6 von 50 Fällen von ausgedehnten malignen 
Tumoren nach einer genau angegebenen Technik im Herzblut Geschwulstzellen nachweisen 


Allgemeines über Tumoren. 71 


können. — Die Befunde sprechen nach Q. für die Anschauung, daß viele Tumorzellen ins Blut 
verschleppt werden, dort zum großen Teil zugrunde gehen und wahrscheinlich zur Entstehung 
der Geschwulstkachexie beitragen können. Graff (Wien). 
Stoltzenberg, H. und M. Stoltzenberg-Bergius: Die Krebsbildung eine Störung 
des oxydativen Eiweißabbaues. Zeitschr. f. Krebsforsch. Bd. 18, H. 1/2, S. 46—50. 1921. 
Die Krebsstatistik hat die Richtigkeit der Anschauung ergeben, daß reichlicher 
Fleischgenuß das Auftreten von Carcinomen begünstigt. Autoren sind auf Grund rein 
chemischer Studien über die im Laufe des oxydativen Eiweißabbaues entstehen- 
den Chinone zu ähnlichen Anschauungen gekommen. Bei Schwächung oder Degenera- 
tion der kernabbauenden Fermente oder deren Bildner durch krankhafte Ursachen 
oder übermäßige Eiweißzufuhr kann es zu chemischen Umsetzungen der sonst rasch 
aus den Zellen verschwindenden Chinonen mit den Zellkernsubstanzen kommen, die 
vom lebenden Zellkern als Reiz empfunden werden. Eine Schwächung der oxydieren- 
den Fermente bei krebsartigen Erkrankungen ist wahrscheinlich. Die Chinone sind 
spezifische Reizstoffe von stark bactericider Wirkung. Wenige Milligramme des aus 
den Giftdrüsen von Julus terrestris stammenden Benzochinon genügt, eine Ratte 
oder Maus zu töten. Für die Bedeutung der Chinone bei der Geschwulstbildung spricht 
u. a., daß diese bisweilen von melanotischen Erscheinungen begleitet ist, die durch 
chinogene Substanzen bedingt sind. Weiters gehen die zur experimentellen Geschwulst- 
erzeugung benutzten Farbstoffe und -basen: Sudan III, Scharlach R, p-Toluidin, 
&-Naphthylamin, Indol und Skatol durch oxydativen Abbau in Chinone bzw. Chinoni- 
mide über. Endlich spielen bei den Berufskrebsen die chinogenen Basen und Phenole 
eine Rolle, während den nicht chinogenen Metaverbindungen derartige Wirkungen 
nicht zukommen. Die Frage, ob sich durch therapeutische Maßnahmen die Anhäufung 
von Chinonen dauernd beseitigen und dadurch der Verlauf der Krebskrankheit günstig 
beeinflussen ließe, muß leider verneint werden. Graff (Wien). 


Bayer, Carl: Abwehrmaßnahmen des organisierten Gewebes gegen den Krebs. 
Zentralbl. f. Chirurg. Jg. 48, Nr. 48, S. 1758—1761. 1921. 

Faßt die schon seit langem bekannten Rundzellinfiltrationen in der Umgebung 
von Krebsherden als Abwehrmaßnahmen des Organismus auf. Dafür spricht auch die 
einschmelzende Wirkung auf ein Carcinom applizierter Milzpulpa, desgleichen 1. das 
Anschwellen der regionären Lymphdrüsen, bevor sie von Carcinom ergriffen werden; 
2. entzündliche Reaktion in der Umgebung rasch wachsender Carcinome bei Jugend- 
lichen und Schwangeren; 3. Rückgang von Carcinomen auf schwere akute Entzün- 
dungen. Ungünstige Beeinflussung des Krebswachstums durch venöse Stauung (Immu- 
nität Herzkranker gegen Krebs); 4. Erfolg der lokalen Zerstörung des Krebses durch 
Mittel, die eine lokale Leukocytose hervorrufen (Ätzmittel, Chinin, Arsen, Terpentin). 
Die unsichere Wirkung von Krebsheilseris ist zum Teil bedingt durch die gleichzeitige 
Schädigung des gesunden Gewebes. Ein sicherer Heilerfolg wäre nur von einem Krebs- 
serum zu erwarten, das nur Schutz- und Abwehrstoffe enthält, aber frei ist von Abbau- 
fermenten, die das normale Gewebe angreifen. Graff (Wien). 


Robin, Albert: L’anömie cancéreuse. (Die Anämie des Krebses.) Journ. des 
praticiens Jg. 35, Nr. 44, S. 709—711. 1921. 

Als Ursachen wurden in der Literatur angeführt: Blutungen, Störungen der Ver- 
dauung und Assimilation, Infektion, Intoxikation durch hämolytisch wirkende Stoffe 
aus dem Carcinom selbst, endlich mangelhafte Regeneration des Blutes. Während die 
vier erstangeführten Ursachen fallweise Geltung haben, wird mit der letzangeführten 
nur eine Tatsache festgestellt, ohne daB man bisher versucht hat, den eigentlichen 
Grund derselben festzustellen. Die Autoren glauben, denselben in einer krankhaft 
gesteigerten Abgabe von Eisen aus Blut und Geweben gefunden zu haben: 1. Das 
Blut Krebskranker enthält 41%, Eisen weniger, als der Norm entsprechen würde, die 
krebsige Leber im Durchschnitt um 60—61,5%, weniger als eine normale. 2. Mit dem 
Harn Krebskranker wird doppelt so viel Eisen ausgeschieden als bei andersartig Kran- 


172 Allgemeines über Tumoren. 


ken oder Gesunden. Es wird Eisenmedikation empfohlen, um die Anämie wenigstens 
zeitweise zu bessern. Graff (Wien). 


Richl, G.: Über Speicherung von Jod im Carecinomgewebe. (Dermatol. Unit.- 
Klin., Wien.) Münch. med. Wochenschr. Jg. 68, Nr. 21, S. 644. 1921. 

Erinnert im Hinblick auf die Untersuchungen von Jess über Jodspeicherung im 
Tumorgewebe und die daran geknüpfte Hoffnung, durch Sekundärstrahlung dieses 
Jods bei der Röntgenbestrahlung bessere Erfolge zu erzielen, an eine Arbeit seines in- 
zwischen gestorbenen Assistenten Schramek in Nr. 4 der Wiener klin. Wochenschr. 
1914, der nach Verabreichung von Jodpräparaten durch Radiumbestrahlung eine Ab- 
spaltung des Jods in den Geweben beabsichtigt — um gleich Jess aber lange vor 
diesem und Ste pps durch das Jod die Strahlenwirkung zu unterstützen, was ihm bei 
8 Fällen von Lupus und 3 Fällen von Tuberkulose anderer Art auch gelungen ist, 
indem sich nicht nur das kranke Gewebe, sondern einmal auch die umgebende gesunde 
Haut als auffallend hinfällig gegen die Bestrahlung erwiesen. Ähnliche Versuche mit 
verschiedenen Metallverbindungen sind im Gange. Graff (Wien). 


Hübschmann, K.: Studien über Verdauung der Carcinome mit Trypsin. 
(Prof. Unnas Dermatologikum, Univ. Hamburg.) Dermatol. Wochenschr. Bd. 73, 
Nr. 44, S. 1145—1156. 1921. 

Bei Anwendung der Pepsin-HCl-Verdauungsmethode von Unna auf Carcinom- 
gewebe erweisen sich die Kerne lange Zeit resistent, während es durch Trypsin-Soda- 
lösung sehr bald zu Chromatinschädigung und Kernschwund kommt. Dabei sind gerade 
dem Trypsin gegenüber die Körpergewebe verhältnismäßig widerstandsfähig. Die 
Trypsinlösung (Trypsini sice. 2,0, Natrii carbonici 1,0, Aqu. dest. ad 2000) wird in 
Form feuchter Verbände, die alle 3—6 Stunden zu wechseln sind, mit geeigneten Zu- 
sätzen wie Resorzin, Pyrogallol, Neosalvarsan, Salcylsäure, Ichthyol, Sol. Fowleri, 
Thiosinamin verwendet. Stets frische Lösungen evtl mit Zusatz von Acid. salicyl zur 
Verhinderung der Fäulnis. Anwendungsgebiet: Zerfallende Hautgeschwülste, Karo 
luxurians, Tuberkulose, schlecht heilende Geschwüre. Klinische Resultate werden 
später mitgeteilt werden. Graff (Wien). 


Doussain (fils): Considörations sur le problème de la serothörapie du cancer. 
(Gedanken über das Problem der Serotherapie des Krebses.) Journ. de med. de Paris 
Jg. 40, Nr. 26, S. 486—488. 1921. 

Für die Erzeugung therapeutischer Reaktionen kommen in Betracht die Exo- 
toxine, die die Krebszellen abgeben, und die im Innern der Zellen sitzenden Endo- 
toxine. Die Exotoxine bedingen die Kachexie und verhindern möglicherweise die 
Bildung von Schutzstoffen. Die Exotoxine können durch Alkoholfällung entfernt 
werden, ohne die Endotoxine in ihrer Wirksamkeit zu beeinträchtigen. Die Durchführ- 
barkeit einer Vaccinebehandlung des Kırebses steht und fällt mit der Möglichkeit, die 
in den Krebszellen enthaltenen kolloıdalen Substanzen in wirksamem Zustand zu 
gewinnen, eine Aufgabe, deren Lösung den Fortschritten der Chemie vorbehalten 
sein wird. Graff (Wien). 


Robertson, W. Ford: The relation of carcinoma to infection. (Die Beziehungen 
des Krebses zur Infektion.) Brit. med. journ. Nr. 3179, S. 929—933. 1921. 

Autor hatte 1905 mittels einer Palludium-Methylviolettfärbung ein stäbchenför- 
miges Gebilde in Krebszellen beschrieben, das er für den Krebserreger hält. 1909 sah 
er bei 7 von 30 Mäusen Krebse auftreten, die er mit Pleura- oder Peritonealergüssen 
infolge Krebs gefüttert hatte, woraus er schließt, daß durch die Verfütterung lebendes 
Krebsvirus übertragen wurde. Durch das Eindringen des Erregers in die Epithelzellen 
kommt es entweder zum Zelltod oder es kann durch Toxinwirkung ein Wachstumsreiz 
ausgeübt werden im Sinne einer gesteigerten Teilungstendenz. Nach vielen 1000 Tei- 
lungen kann die proliferative Zellteilung zu einer von der Toxinwirkung unabhängigen 
Eigenschaft der Zellen werden. Autor konnte seinen Erreger, wenn auch nach und neben 


Allgemeines über Tumoren. 13 


Tausenden von Fehluntersuchungen, in einigen Fällen mikroskopisch nachweisen. — 
Anaerobe Blutagar- und Bouillonkultur ergab bei 8 menschlichen Mammacarcinomen 
den in den Tumoren gefundenen ähnliche Stäbchen, bei 12 anderen Mammacarcinomen 
diphtherieähnliche Stäbchen. Durch Impfung dieser Kulturen in das scarifizierte Ohr 
von Mäusen erhielt Verf. wenige Wochen bis 18 Monate später bei einzelnen Mäusen Car- 
cinome (Uterus, Mamma und Pankreas). — In 4 Fällen von menschlichem Carcinom 
erzielte Autor Besserung bei Vaccinbehandlung mit den aus den betreffenden Tumoren 
gezüchteten Stämmen. In der Diskussion wird die Beweiskraft von Robertsons Ver- 
suchen für die parasitäre Krebsgenese von Murray und Eccles in Zweifel gezogen. 
Graff (Wien). 

Kross, Isidor: Pregnancy and tumor growth. (Schwangerschaft und Tumor- 
wachstum.) (Columbia univ., inst. of cancer research, New York.) Journ. of cancer 
research Bd. 6, Nr. 3, S. 245—250. 1921. 

Experimentelle Arbeit mit Mäusetumoren: Die Schwangerschaft als solche ändert 
die Art des Tumorwachstums nicht ohne weiteres. Gegebenenfalls auftretende Ver- 
langsamung des Tumorwachstums dürfte auf die Teilung der Nährstoffe zwischen 
Tumor und Frucht zurückzuführen sein. Ähnliches kann man auch okne Schwanger- 
schaft sehen, wenn man die Tiere verhungern läßt, desgleichen bei Menschen im Sta- 
dium der Kachexie. Beim Menschen hat Schwangerschaft in der Regel keinen Einfluß 
auf das Tumorwachstum. Nur Brust- und Uteruskrebs zeigen Wachstumsbeschleuni- 
gung. Graff (Wien). 

Bierich, R. und E. Moeller: Bemerkungen zur experimentellen Erzeugung von 
Teercareinomen. Münch. med. Wochenschr. Jg. 68, Nr. 42, S. 1361. 1921. 

Regelmäßig schwere Allgemeinschädigung (Nephrose mit Ausnahme eines Falles). 
Lokal: Ende des ersten Monats Hyperkeratose, Ende des zweiten und anfangs des 
dritten Monats Epithelhyperplasien und Hyperkeratosen, Mitte des vierten Monates 
infiltrierendes Tiefenwachstum. In 60% Geschwülste erzielt. Es handelt sich um 
Mischgeschwülste, Carcinom + Sarkom. In der Tiefe wird oft die Muscuralis chorii 
erreicht und durchwuchert. Nur selten weiteres Vordringen in die Tiefe. In zwei 
Fällen Transplantierbarkeit. Daß der Arsengehalt des Teers die wirksame Komponente 
abgibt (Slosse und Ba yet) wird abgelehnt, da der verwendete Teer überhaupt kein 
Arsen enthielt. Histologisch in den obersten Schichten des Papillarkörpers zwei Arten 
Pigmentgranula: solche die Eisenreaktion geben — das Eisen dürfte von kapillären 
Blutungen herrühren — und feine Teertröpfchen. Ob der Teer in dieser Form wirksam 
ist, läßt sich nicht sagen. Die Aufgabe, die Wirkung des Teeres aufzuklären, wird darin 
bestehen, die energetischen Eigenschaften desselben nachzuweisen, welche die zur 
Konstitutionsänderung des Zellprotoplasmas führenden physikalisch-chemischen Vor- 
gänge hervorrufen. Graff (Wien). 

Deelman, H. T. : Über die Entstehung bösartiger Gesehwülste (Krebsund Sarkom) 
dureh Einwirkung von Teer. (Antoni v. Leeuwenhoekh., Amsterdam.) Nederlandsch 
tijdschr. v. geneesk. Jg. 65, 2. Hälfte, Nr. 20, S. 2395—2414. 1921. (Holländisch.) 

Kaninchen, bei denen 3mal wöchentlich beide Ohrseiten mit Teer bestrichen 
wurden, magerten ab und starben spätestens nach 5 Monaten; bei der Sektion ergab 
sich starke parenchymatöse Degeneration der inneren Organe. Die Tiere bekamen 
multiple, gestielte Papillome der Haut, keinen Krebs. Deshalb Übergang zur Maus als 
Versuchstier, deren epilierte (Depilatorium von Beyersdorf) Bauchhaut 3mal wöchent- 
lich mit sog. vertikalem und horizontalem Retortenteer bestrichen wurde. Bei diesen 
Tieren stellte sich 16 Wochen nach Beginn der Behandlung, anfangs unter zunehmendem 
Wachstum, ein typisches Ulcus carcinomatosum ein, entweder direkt oder auf dem 
Umwege eines Papilloms als Vorstadium, Lymphdrüsenmetastasen bildend und Meta- 
stasierungen in inneren Organen, z. B. in Lungen. Neben diesen Tumoren fanden sich 
solche, die dem Bau nach Spindelzellensarkomen glichen und ebenfalls metastasierten, 
die entweder unmittelbar entstanden oder auf dem Boden eines echten Ulcus carcino- 


74 Allgemeines über Tumoren. 


matosum. Schließlich bekam jedes Tier, das die Behandlung vertrug, Tumoren. Trans- 
plantierte Carcinome kamen bei den „Tochtermäusen‘ nicht zur Entwicklung, wohl 
Sarkome, vielleicht wegen mangelnder Sterilität der stark ulcerierten Carcinome (Trans- 
plantate bis zur 8. Generation). Quantitativ wirken die beiden gebrauchten Teersorten 
verschieden. W. Weiland (Kiel).°° 

Lipschütz, B.: Zur Frage der experimentellen Erzeugung der Teercarcinome. 
(Serotherap. Inst., Wien.) Wien. klin. Wochenschr. Jg. 34, Nr. 51, S. 613—614. 1921. 

Erhielt gleich Jamaviga, Tsutsui, sowie Fiebiger Carcinome, daneben makro- 
skopisch sichtbare Pigmentierungen — er arbeitete mit grauen Mäusen —, die er früher 
nie gesehen hatte. Einen direkten Zusammenhang mit der Teerpinselung lehnt er ab, 
da er die Pigmentierung auch bei zwei nicht mit Teer behandelten Tieren sah, denen 
nur kleine Teercarcinome überimpft worden waren. Die Pigmentflecke nehmen mit 
dem Tumorwachstum zu. Vielleicht handelt es sich dabei um eine gleichzeitige Reiz- 
wirkung auf das pigmentbildende Gewebe durch die uns noch unbekannten Wuchsstoffe, 
denen die Neoplasmen der Haut ihre Entstehung verdanken. Histochemisch handelt 
es sich um autochthones Pigment (im Gegensatz zu Bierich und Möller). — Zum 
Schluß wird das Auftreten milienartiger multipler Knötchen bei einer Maus besonders 
erwähnt. Graff (Wien). 

Schaanning, Gustav: Implantationsmetastasen. (Pathol.-anat. Inst., Rikshosp., 
Christiania.) Norsk magaz. f. laegevidenskaben Jg. 82, Nr. 2, S. 109—121. 1921. 
(Norwegisch.) 

Fall 1. 35jährige Frau wegen Ca. portionis uteri operiert. Während der Heilung ent- 
wickelt sich in der Bauchwunde ein granulationsgewebeähnliches Gewebe mit einer großen 
Ulceration, das mikroskopisch ein dem Gebärmutterkrebs ähnliches Aussehen zeigt. Fall 2. 
50jährige Frau wegen Ca. corporis uteri operiert. 3—4 Monate später Carcinomknoten 
in der Bauchnarbe. — Fall 3. 55jähriger Mann. Magenkrebs. Resektion. Naeh !/, Jahr Infil- 
trat in der Narbe, das mikroskopisch das Aussehen des Magenkrebses zeigt. — Fall 4. 53 jährige 
Frau. Magenksebs. Resektion. !/, Jahr später ulcerierender Knoten in der Bauchnarbe. 
Mikroskoisch: Carcinom. — Fall 5. 57jährige Frau, vor 3 Jahren wegen Hypernephrom ope- 
riert. Im letzten ?! ,, Jahr entwickelt sich in der Operation:narbe eine gut begrenzte, in der 
Subcutis gelegene Geschwulst, die mikroskopisch Hypernephromstruktur zeigt. — In allen 
Fällen wurde in frischem Gewebe operiert, so daß Geschwulstmasse nicht in direkte Berührung 
mit der Wunde gekommen sein konnte. Es kann sich nur um oberflächliche, losgerissene Zellen 
handeln, und selbst diese müssen also eine bedeutende Vitalität besitzen. Besonders hat Fall 5 
Interesse, indem hier 2!/, Jahre verstrichen, bevor die sekundäre Geschwulst bemerkbar wurde. 

Kortiizinsky (Kristiansund N.).°° 

Kross, Isidor: Parabiosis and tumor growth. (Parabiose und Geschwulst- 
wachstum.) (Inst. of cancer research, Columbia univ., New York.) Journ. of cancer 
research Bd. 6, Nr. 2, S. 121—126. 1921. 

Die Arbeit soll die Frage beantworten, ob bei Vereinigung eines für Impftumoren empfäng- 
lichen Tieres mit einem immunen Tier eine gegenseitige Beeinflussung durch Übergang von 
Schutzstoffen bzw. von wachstumsfördernden Substanzen stattfindet oder nicht. — Als Ver- 
suchstiere dienten Ratten, die zwei reingezüchteten Linien entstammten, von denen die eine 
Impfungen von Jensen-Sarkom annimmt, die andere nicht. Es ließ sich keine gegenseitige Be- 
einflussung erkennen. Graff (Wien). 


Keysser, Fr.: Weitere Untersuchungen über experimentell nach Einimpfung von 
menschlichen Carcinomen und Sarkomen entstandene Mäusegeschwülste. (Chirurg. 
Univ.-Klin., Jena.) Arch. f. klin. Chirurg. Bd. 117, H. 2, S. 318—337. 1921. 

4 Fälle von Überimpfung menschlicher Tumoren (Hodensarkom, Peniscarcinom, 
branchiogenes Carcinom, Zylinderzellencarcinom) auf weiße Mäuse, bei denen sich 
etwa 10 Monate später echte Tumoren (Sarkom, Carcinom, Adenocarceinom, Carcinom- 
sarkom) entwickelten. Vorbedingung: Reizzustand des Impfmaterials durch Strahlen- 
behandlung. Erfolg nur in 2%, gegenüber 2—5%, bei Übertragung von Spontan- 
tumoren der Maus. Bei Weiterimpfung kann sich die Impfausbeute auf 30%, bei 
Spontantumoren auf 100% steigern. Ob der Menschentumor als chemischer Reiz 
wirkt, ein spezifischer Erreger übertragen wird, oder sich die übertragenen 
Geschwulstzellen dem neuen Wirtsorganismus anpassen, muß offen bleiben. Graff. 


Allgemeines über Tumoren. 75 


Loeb, Leo: Inheritance of cancer in mice. (Erblichkeit des Krebses bei Mäusen.) 
(Dep. of comp. pathol., Washington univ. school of med., St. Louis.) Americ. naturalist 
Bd. 55, Nr. 641, S. 510--528. 1921. 

Untersuchungen über die Erblichkeit eines Mammacarcinoms an 12000 weib- 
lichen Mäusen. Der Prozentsatz an spontanen Krebsen innerhalb desselben Stammes 
oder Familie vererbt sich als konstantes Merkmal. Abweichungen von der Norm 
(meist im Sinne einer Verminderung) ließen sich auf Inzucht und Selektion zurück- 
führen. Bei Kreuzung von Stämmen mit verschiedener Prozentzahl von Spontantumoren 
dominiert meist der Stamm mit höherem Prozentsatz. Der Zeitpunkt des Auftretens 
(Alter) ist konstant und wird vererbt, z. B. familiär frühzeitiges Erkranken, Häufig- 
keit der Spontantumoren, oft gepaart mit frühzeitigem Auftreten derselben. Bei der 
Vererbung ist die Häufigkeit nicht mit dem Geschlecht gekoppelt. Für das Auf- 
treten des Carcinoms ist die Ovarialfunktion von größter Bedeutung, indem Kastra- 
tion jedes Auftreten verhindert, während die einfache Verhinderung der Konzeption 
wenig Einfluß hat. Es gibt Stämme, die sich schlecht fortpflanzen, langsam wachsen 
und wenig Tumoren aufweisen gegenüber gut züchtbaren, schnell wachsenden mit 
häufigen Tumoren. In Familien mit großer Krebshäufigkeit erreichen die nicht krebs- 
kranken unr ein relativ niederes Alter, in solchen mit geringer Krebshäufigkeit ein 
hohes Alter. Der Krebs befällt die kräftigsten Tiere, die deshalb auch die längste 
Lebensdauer haben. Neben dem Carcinom ließen sich in keinem Fall Mißbildungen, 
andere gutartige oder maligne Tumoren gleichzeitig nachweisen, wie dies für alte 
krebskranke Menschen und Hunde behauptet wird. Eindemisches Vorkommen von 
Krebs beruht auf Vererbung. Der Infektion mit gewissen metazoischen Parasiten 
kommt eine gewisse Bedeutung zu. Graff (Wien). 

Robertson, T. Brailsford and L. A. Ray: A comparison of the growth of mice 
whieh ultimately develop carcinoma with the growth of mice which do not develop 
eareinoma. (Ein Vergleich des Wachstums von Mäusen, die später Carcinome ent- 
wickeln, mit dem Wachstum solcher Mäuse, die kein Carcinom entwickeln.) (Dep. of 
physiol. a. biochem., univ., Adelaide, South Australia, a. dep. of biochem., univ., Toronto, 
Canada.) Journ. of cancer research. Bd. 6, Nr. 1, S. 7—23. 1921. 

Beobachtung an 324 Mäusen, die gruppenweise einen Futterzusatz von Pituitrin, 
Lecithin, Cholesterol und Tethelin (ein aus dem Vorderlappen der Hypophyse ge- 
wonnenes Lipoid) erhielten und regelmäßig gewogen wurden. — 105 dieser Tiere be- 
kamen Carcinome. Zur Carcinombildung schienen jene Tiere prädestiniert, die in der 
Entwicklungsperiode das Durchschnittsgewicht der Gesamtzahl wesentlich übertroffen 
hatten. Die höchste Zahl an Carcinomen, 51%, ergaben die mit Pituitrin gefütterten 
Tiere, die niederste 17%, die nur von der 4. bis 12. Lebenswoche mit Tethelin ge- 
fütterten. — Langes Leben steht in keinem Zusammenhang mit Carcinombildung. 

Graff (Wien). 

Siye, Maud, Harriet F. Holmes and H. Gideon Wells: Primary spontaneous 
squamous cell carcinomas in mice. Studies on the incidence and inheritability of 
spontaneous tumors in mice. Fifteenth communication. (Primäre spontane Platten- 
epithelcarcinome bei Mäusen. Studien über Vorkommen und Erblichkeit von Spon- 
tantumoren bei Mäusen. 15. Mitteilung.) (Sprague mem. inst. a. dep. of pathol., umv., 
Chicago.) Journ. of cancer research. Bd. 6, Nr. 1, S. 57—86. 1921. 

Ausführliche Literaturangaben. Bei 28 000 zu keinerlei Versuchen benützten, 
eines natürlichen Todes gestorbenen weißen Mäusen aller Altersstufen wurden 155 
Plattenepithelcarcinome gefunden: 71 der Haut und des Maules wiesen im Gegensatz 
zu den analogen menschlichen Carcinomen nur selten Metastasen auf. 15 weitere, 
am Kopf lokalisierte von Basalzellcharakter, ohne Metastasen. Ausgangspunkt der 
Neubildungen waren meist Narben. 56 Carcinome der Brustdrüsen von adenomatösem 
Bau mit umschriebenen Verhornungszonen. Die übrigen Carcinome betrafen den Magen 
in 4 Fällen, Lunge einmal, das prolabierte Rectum zweimal, die Vulva dreimal, die Va- 


76 Allgemeines über Tumoren. 


gina einmal, die Meibomschen Drüsen zweimal, das Präputium einmal. Uterus, 
Blase und Oesophagus waren immer frei. Graff (Wien). 

Siye, Maud: The influence of heredity in determining tumor metastases. 
Studies in the incidence and inheritebility of spontaneous tumors in mice. 
XVI. Report. (Die Bedeutung der Vererbung für das Auftreten von Geschwulst- 
metastasen. Studien über das Vorkommen und die Erblichkeit von Spontantumoren 
bei Mäusen. 16. Bericht.) (Cancer laborat. of the Otho S. A. Sprague mem. inst. a. 
univ., Chicago.) Journ. of cancer research Bd. 6, Nr. 2, S. 139--173. 1921. 

Bei der genauen Autopsie von 29 000 Mäusen fanden sich 4000 meist maligne 
Spontantumoren, die nur etwa in 19%, Metastasen erkennen ließen. Die relativ große 
Zahl von Spontantumoren verdankt Autor einer zielbewußten Weiterzüchtung von 
Tumorträgern. Die durch 12 Jahre fortgesetzten Beobachtungen ergaben außerordent- 
lich bemerkenswerte Ergebnisse für die Frage der Erblichkeit von Spontantumoren.. 
In einem bestimmten Mäusestamm haben die Metastasen, sofern solche überhaupt auf- 
treten, die Neigung, dieselben Organe zu befallen, die bei demselben Stamm auch von 
den Primärtumoren bevorzugt werden. Es gibt Tierstämme, bei denen die Primär- 
tumoren Metastasen in bestimmte Organe setzen, und daneben Stämme mit in denselben 
Organen lokalisierten Primärtumoren, bei denen die von der ersten Gruppe als Meta- 
stasierungsort bevorzugten Organe weder von Metastasen noch von Primärtumoren 
je befallen werden. Die biologische Verwertbarkeit der Tierversuche steht und fällt 
mit der genauen Kenntnis der Erbverhältnisse des verwendeten Tierstammes. Spontan- 
tumor und Impftumor sind grundsätzlich so verschiedene Dinge, daß Versuchsergebnisse, 
die mit der einen oder anderen Tumorart gewonnen wurden, nie miteinander verglichen 
werden können. In Tumorfamilien treten Leukämie und Pseudoleukämie mit Vorliebe 
in denselben Organen auf, die auch von Primärtumoren und Metastasen befallen werden. 
Selbst ausgedehnte Spontantumoren griffen niemals auf benachbarte Organe über, sofern 
sie sich in den betreffenden Familien als erblich unempfindlich erwiesen hatten. Tiere 
mit Metastasen in einem bestimmten Organ scheinen ebenso wie Tiere mit Primär- 
tumoren in dem betreffenden Organ befähigt, die Empfänglichkeit dieses Organs auch 
für Primärtumoren zu vererben. Es spielt also die Vererbung für die Disposition jeweils 
bestimmter Organe für das Auftreten von Primärtumoren, sowie die Lokalisation von 
Metastasen in denselben eine große Rolle. Desgleichen ist die Empfänglichkeit gewisser 
Organe für Leukämie und Pseudoleukämie vererbbar. Autorin stellt sich den Mechanis- 
mus der Tumorvererbung so vor, daß die Eigenschaft der Gewebe einzelner Organe, 
auf bestimmte Reize mit Geschwulstbildung zu reagieren, vererbt wird. Bei Misch- 
tumoren können in der Descendenz, die einzelnen Tumorelemente als einheitliche 
Tumoren auftreten. Elterntiere können ihren Nachkommen jede mögliche Kombination 
von Disposition zu Tumoren oder Erkrankung an Leukämie vererben, gleichgültig ob 
sie bei ihnen manifest oder latent vorhanden war. Graff (Wien). 

Nuzum, John W.: A critical study of an organism associated with a trans- 
plantable carcinoma of the white mouse. (Kritische Studie über einen Mikrokokkus, 
verbunden mit einem übertragbaren Mäusecarcinom.) Surg., gynecol. a. obstetr. 
Bd. 33, Nr. 2, S. 167—176. 1921. 

Hat aus einem Mäusecarcinom (Crocker Fund Carcinoma Nr. 11) einen ‚genau 
beschriebenen Mikrokokkus in menschlicher, mit Paraffin. liqu. überschichteter Odem- 
flüssigkeit, der ein Stückchen Kaninchenniere zugesetzt war, gezüchtet. Mit der durch 
Abimpfung gewonnenen zweiten Kultur gelang es, bei subcutaner Injektion wieder das- 
selbe Carcinom zu erzeugen, aus dem wieder derselbe Stamm zu züchten war. — Der 
Kokkus ist durch prodigiosusdichte Berkefeldkerzen filtrierbar. — Autor betont, 
daß er nicht glaubt, den Krebserreger gefunden zu haben, schreibt ihm aber eine wich- 
tige Rolle für das Tumorwachstum zu, was auch daraus hervorgeht, daß die Injektion 
in einem bestehenden Tumor rapides Wachstum bei Ausbleiben der sonst nach Er- 
reichung einer bestimmten Größe auftretenden Nekrosen hervorruft. Graff. 


Allgemeines über Tumoren. 77 


Kon, Yutaka and Tamotsu Fujii: Inoculation of sarcomatous tumors into 
negro fowls, with special reference to the significance of chromatophores. (Implan- 
tation von Sarkomen in Negerhühner, mit besonderer Berücksichtigung der Chroma- 
tophoren.) Journ. of cancer research Bd. 6, Nr. 1, S. 31—39. 1921. 

Die benutzten Hühner sind dadurch charakterisiert, daß sie im Bindegewebe, 
den Hirnhäuten, dem Periost und Endost, den serösen Häuten sowie dem Zwischen- 
gewebe der Geschlechtsdrüsen und Lungen viele Chromatophoren besitzen. Des- 
gleichen enthält das Knochen-, selten auch das Knorpelgewebe intracelluläre Pigment- ° 
körner. Geimpft wurde mit Chondrosarkom und Myxosarkom ın die Markhöhle eines 
Flügelknochens. Die von ersterem stammenden Impftumoren waren pigmentlos. 
Die Myxosarkome waren anfangs pigmentlos, wurden aber im weiteren Verlauf pigment- 
haltig und machten auch pigmentierte Metastasen. Histologisch ließ sich die Genese 
der pigmentierten Tumoren aus dem pigmenthaltigen Gewebe in der Umgebung des 
Impftumors verfolgen. Damit ist bewiesen, daß das normale Gewebe unter dem Ein- 
fluß des wachsenden Impftumors bösartig zu wuchern beginnt. Verimpften Autoren 
melanotische Tumoren auf pigmentlose Tiere, so verschwanden die Pigmentzellen in 
dem Maße, als das pigmentlose, bösartig gewordene Nachbargewebe die Oberhand 
gewann. Das melanotische Pigment wird sowohl im Epithel als im Bindegewebe 
gebildet. Ein Überwandern des Pigments von der einen in die andere Zellart wurde 
nie beobachtet. Die Osteo- und Chondroblasten des Callusgewebes bilden ebenfalls 
melanotisches Pigment. Graff (Wien). 

Shirai, Y.: On the transplantation of rat sarcoma in adult birds. (Über die 
Transplantation von Rattensarkom in erwachsene Vögel.) (Dep. of pathol., med. coll., 
Keio univ., Tokyo.) Japan med. world Bd. 1, Nr. 6, S. 15—16. 1921. 

Gelungene Überpflanzung eines Rattensarkoms in das Gehirn von Tauben. Von 
12 geimpften Tauben zeigten neun in der Zeit bis zu 33 Tagen nach der Implantation 
untersuchte Tiere bis zu daumenkuppengroße Tumoren im Gehirn. An denselben Tieren 
gleichzeitig gemachte subcutane Impfungen gingen nicht an. Graff (Wien). 

Murphy, James B., Raymond G. Hussey, Ernest Sturm and Waro Nakahara: 
Effect of induced cellular reaction on the fate of cancer grafts. IV. Studies on 
lymphoid activity. (Einfluß künstlich erzeugter Zellreaktion auf das Schicksal von 
Krebsimpfungen. IV. Studien über die Tätigkeit der Lymphocyten.) (Laborat., 
Rockefeller inst. f. med. research, New York.) Journ. of exp. Med. Bd. 33, Nr. 3, - 
S. 315—326. 1921. 

Mäuse durch Injektion von 0,2ccm defibriniertem Rattenblut sensibilisiert, 
erweisen sich bei einer 10 Tage später vorgenommenen Impfung mit Mäusecarcinom- 
Rattenblutgemisch immun, während der Tumor wächst, wenn die erste Blutinjektion 
unterbleibt oder bei der Impfung Carcinom allein verwendet wird. Histologisch fanden 
sich bei den Tieren, die zweimal Rattenblut erhalten hatten und sich immun erwiesen, 
starke Lymphocyteninfiltrate in der Umgebung des Implantates, die bei den nur einmal 
sensibilisierten fehlten. Wurde durch mehrere Röntgenbestrahlungen zwischen Sensi- 
bilisierung und Impfung das Auftreten der Lymphocyteninfiltration verhindert, so 
ging der Tumor genau so an wie bei den Kontrolltieren. Desgleichen wurde der immuni- 
satorische Effekt der Lymphocyteninfiltration durch eine streng auf die Impfstelle 
beschränkte Röntgenbestrahlung 20 Stunden nach erfolgter Impfung fast völlig auf- 
gehoben. Graff (Wien). 

Murphy, James B., Raymond G. Hussey, Waro Nakahara and Ernest Sturm: 
Studies on X-ray effects. VI. Effect of the cellular reaction induced by X-rays 
on cancer grafts. (Studien über Röntgenstrahlenwirkung. VI. Wirkung der cel- 
lulären Röntgenreaktion auf Krebsimplantaten.) (Laborat., Rockefeller inst. f. med. 
research, New York.) Journ. of exp. med. Bd. 33, Nr. 3, S. 299—313. 1921. 

Murphy, Hussey, Nakahara und Sturm suchen in die Frage der Krebs- 
heilung durch Strahlen durch das Tierexperiment Licht zu bringen. Daß gerade bei 


78 Allgemeines über Tumoren. 


der Verabfolgung großer Dosen das Hautcancroid den Erfolg häufiger schuldig blieb, 
mußte an der üblichen Auffassung einer direkten Tötung der Krebszelle irre machen. 
Wenn wirklich der ın Teilung begriffenen Krebszelle eine besondere Strahlenempfind- 
lichkeit eigentümlich ist, so müßte naturgemäß die Methode häufig wiederholter kleiner 
Dosen die erfolgreichste sein, die immer wieder die in Teilung begriffenen Zellen treffen. 
Dies trifft in praxi jedoch nicht zu. In den Experimenten wird den Beziehungen der 
Lymphocyten zum Krebswachstum besondere Aufmerksamkeit geschenkt. Die guten 
Erfolge in der Behandlung des Hautkrebses z. B. führen die Autoren zurück auf die 
der Bestrahlung folgende Lymphocyteninfiltration der oberflächlichen Hautschichten, 
die sich jedoch nie in das Subcutangewebe oder tiefer erstrecke. Wurde Mäusen ein 
Adenocarcinom in eine 7 Tage zuvor bis zur Erythemgrenze bestrahlte Hautstelle 
implantiert, so entwickelte sich der Tumor bedeutend seltener (50%,) als auf der un- 
bestrahlt gelassenen Seite. Im Gegensatz hierzu verhielten sich die Wachstums- 
chancen für die vorbestrahlte und unbestrahlte Seite gleich, wenn die Geschwulst- 
partikel nicht in, sondern unter die Haut gebracht wurden. Eine Dosis, die den Tumor 
in vitro nicht zu vernichten imstande war, genügte, um die Geschwulst bei intracutaner 
Verpflanzung und Bestrahlung in der Mehrzahl der Fälle in der Entwicklung völlig 
zu hemmen. Es erschien nahezu gleichgültig, ob die Hautstelle 1 Woche vor der Im- 
plantation bestrahlt war oder 2 bzw. 20 Stunden nach dem Eingriff, Der Aufbau des 
Lymphocytenwalles beginnt am 4. Tage, am 7. ist in dem Lymphocytenknoten von 
Tumorzellen nichts mehr zu entdecken. Die nicht bestrahlte Seite zeigt eine schwache, 
mehr leukocytäre Reaktion um die Geschwulst. Bracht (Berlin). 


Nakahara, Waro and James B. Murphy: The lymphocyte in natural and 
induced resistance to transplanted cancer. VI. Histological comparison of the 
iymphoid tissue of naturally immune and susceptible mice. (Die Lymphocyten 
bei natürlicher und kürstlich erzeugter Resister z gegen Impfkrebse. VI. Histologischer 
Vergleich des Lymphgewebes natürlich immurer urd empfärglicher Mäuse.) (La- 
borat., Rockefeller inst. f. med. research, New York.) Journ. of exp. med. Bd. 33, 
Nr. 3, S. 327bis 336. 1921. 

Untersuchung von Milz und Lymphdrüsen gegen Impfcarcinom refraktärer und 
empfänglicher Mäuse. Berücksichtigt wurde bei der Milz: Größe der Lymphfollikel, 
lymphoides Gewebe in der Pulpa, Mitosen des Iymphatischen Gewebes, Nekrosen, Blut- 
und Pigmentgehalt. Bei den Lymphdrüsen: Mitosen, Nekrosen, Lymphocyten in 
den Gewebsspalten, Endothelzellen in den Lymphspalten. Ergebnis: Bei refraktären 
Mäusen eine Neigung zur Hyperplasie, bei empfänglichen Mäusen ein mehr oder minder 
ausgeprägter Schwund des Iymphoiden Gewebes. Der Unterschied ist deutlich drei 
Wochen nach der Implantation. Graff (Wien). 

Nakahara, Waro and James B. Murphy: Studies on X-ray effects. VII. Effect 
of small doses of X-rays of low penetration on the resistance of mice to trans- 
planted cancer. (Studien über Röntgerstrahlenwirkurg. VII. Wirkurg kleiner Dosen 
weicher Strahlen auf die Widerstar.dskraft der Maus geger.über Krebsimplantaten.) 
(Laborat., Rockefeller inst. f. med. research, New York.) Journ. of exp. med. Bd. 33, 
Nr. 4, S. 429—432. 1921. 

Nakahara und Murphy haben weiße Mäuse röntgenbestrahlt und nach 3 bis 
7 Tagen Tumorstücke subeutan implantiert. Die Stücke zeigen eine Wachstums- 
hemmung im Vergleich zum Wachstum bei nicht vorbestrahlten Kontrolltieren. 
Zur Bestrahlung diente diejenige Dosis, die die größte Steigerung der Lymphocyten- 
zahl hervorrief. Bracht (Berlin). 

Reichold, Albert: Die Wirkung der Röntgenstrahlen auf die Mitusen im 
Careinomgewebe und auf die Blutgefäße. Münch. med. Wochenschr. Jg. 68, 


Nr. 28, S. 181. 1921. 
Fünf Cancroide der Lippe heilten unter wiederholter Röntgenbestrahlung. Probeexcision 
nach jeder Bestrahlung: Alle Tumoren wiesen zahlreiche Mitosen auf (nach Autor der wahr- 


Allgemeines über Tumoren. 79 


scheinliche Grund des guten Erfolges), die vor und nach der ersten Bestrahlung regelmäßige 
Bilder boten. Später regellos zerstreute, zerschlagene Chromatinschleifen, Zerfall der Zellen 
und intensive Intimawucherungen, die den Vorläufer gesteigerter Gefäßneubildung darstellen. — 
Hat den Eindruck, daß die in Teilung stehenden Zellen am empfindlichsten sind. — Volldosis 
sollte in Intervallen gegeben werden, so daß jede Teildosis die neu entstandenen Mitosen trifft, 
Graff (Wien). 

Prime, Frederick: Effect of a reduction of lymphocytes on the growıh rate 
of transplanted spontaneous tumors in mice. (Effekt der Reduktion der Lympho- 
cyten auf die Art des Wachstums transplantierter Spontantumoren bei Mäusen.) 
(Columbia univ., George Crocker spec. research fund, New York.) Journ. of cancer 
research Bd. 6, Nr. 1, S. 1—5. 1921. 

Verminderung der Lymphocytenzahl durch mehrfache Röntgenbestrahlungen, 
dann Implantation des Tumors. Entgegen der Ansicht von Da Fano - Murphy war 
die Impfausbeute bei den bestrahlten Tieren ungefähr dieselbe wie bei den Kontrollen. 
Spontane Lymphocytose schützt nicht gegen das Angehen von Tumorimpfungen. 

Graff (Wien). 

Kross, Isidor: Effect of blood from immune animals upon transplantable 
tumors. (Einfluß des Blutes von immunen Tieren auf transplantable Tumoren.) 
(Columbia univ., George Crocker spec. research fund, New York.) Journ. of cancer 
research. Bd. 6, Nr. 1, S. 25—30. 1921. 

Es wurden gegen Flexnercarcinom empfängliche Ratten mit Blut von Ratten, 
die gegen diesen Tumor sich bei der Impfung als refraktär erwiesen hatten, vorbehandelt 
und dann mit diesem Carcinom beimpft. Analoge Versuche mit Jensensarkom. Die 
vorbehandelten Tiere ließen keine Schutzwirkung erkennen, die Tumoren gingen 
sogar früher an und wurden größer als bei den Kontrolltieren. Autor schließt daraus: 
1. Wenn es bei refraktären Tieren Immunkörper gibt, so sind sie nicht im Blut enthalten. 
2. Die Blutinjektion beschleunigt bei empfänglichen Tieren das Tumorwachstum, so 
daß derartige therapeutische Versuche bei Menschen unbedingt zu widerraten sind. 
3. Die von verschiedener Seite mit Blut und Seruminjektion bei Tumorkranken mit- 
geteilten Erfolge sind nur so zu erklären, daß es sich entweder nicht um wirkliche 
Tumoren gehandelt hat oder daß die Tumoren spontan zurückgingen. Graff. 

Kellert, Ellis: Influence of the lymphocyte on the peritoneal implantation of 
sarcoma in mice. (Einfluß der Lymphocyten auf intraperitoneal geimpfte Sarkome 
bei Mäusen.) (Bender hyg. laborat., Albany, New York.) Journ. of cancer research. 
Bd. 6, Nr. 1, S. 41—55. 1921. 

Die peritoneale Impfung mit Sarkom bei Mäusen ruft keine auffallende Änderung 
ım Gehalt der Peritonealflüssigkeit an Lymphocyten hervor. Eine Wechselwirkung 
zwischen Lymphocytenzahl und Tumorwachstum (schlechtes Wachstum bei hoher 
Lymphocytenzahl — Murphy und Morton) ließ sich nicht feststellen. Graff. 

Young, James: Description of an organism obtained from careinomatous 
growths. (Beschreibung eines Organismus, der aus Carcinomgewebekulturen ge- 
wonnen wurde.) Edinburgh med. journ. Bd. 27, Nr. 4, S. 212—221. 1921. 

Als Untersuchungsmaterial wurde benutzt operativ (26) und post mortem (14) 
gewonnenes Carcinomgewebe, das in „einigen“ Fällen in sterilem Zustand zur Ver- 
arbeitung kam, außerdem ein Mäusecarcinom und dessen Transplantationstumor. Die 
excidierten Teile wurden in Methylalkohol gelegt, abgebrannt und dann steril zerteilt. 
Kulturmedien waren menschlicher Ascites, Hydrocelenflüssigkeit, Pferdeserum, ohne 
Zusatz von menschlichem Gewebe. Einige Male wurden Zusätze von destilliertem Wasser 
oder Agar gemacht. Wachstum entweder in tiefem Medium oder aerob. Beim Tiefen- 
wachstum wurde das Explantat mit einer Säureschicht umgeben. Temperatur 37°, 
in späteren Versuchen Zimmertemperatur. Kontrollen wurden nur im Anfang der 
Untersuchungen angesetzt, später wurden sie auf eine Kontrolle der Kulturmedien 
beschränkt. Gefärbt wurde meist nach Leishman. In 48 Stunden sieht man in Um- 
gebung des Tumors im Agar transparente Membranen, die aus runden bis ovalen 


80 Allgemeine Therapie. 


(0,2—1,0 u großen) Mikroorganismen bestehen. Häufig findet man an diesen Pol- 
färbung. Das Wachstum erfolgt in Kettenform oder als Mycel, zeigt ausgesprochene 
Polymorphie. Dieselben Organismen wurden im Tumorgewebe, das aus der Kultur 
entnommen war, nachgewiesen, und zwar vorwiegend an der Oberfläche der Stücke, 
d. d. in Partien, die in Kontakt mit dem Medium gewesen waren. Die zwei Haupt- 
formen des Organismus, eine kleine vegetative Form und eine Sporenform, finden sich 
im Tumorgewebe, besonders im Zellkern und intercellulär. Versuche, durch Injektion 
der Kulturen der gefundenen Organismen bei Mäusen Carcinom zu erzeugen, miß- 
langen durchweg. Bierich (Hamburg).°° 


VII. Allgemeine Therapie. 
1. Röntgenologie. 


a) Diagnostik (Pneumoperitoneum). 


Benthin, W.: Das Pneumoperitoneum als diagnostisches Hilfsmittel in der 
Gynäkologie. (Univ.-Frauenklin., Königsberg i. Pr.) Zentralbl. f. Gynäkol. Jg. 45, 
Nr. 32, S. 1134—1136. 1921. 

Benthin hat an einer Reihe von Fällen die Brauchbarkeit der pneumoperitonealen 
Röntgendiagnostik in der Gymäkologie erprobt. Er führt in seiner Arbeit 3 besonders 
krasse Fälle an, welche neben anderen ıhn zu der Auffassung gebracht haben, daß 
in der Gynäkologie die Palpation immer noch bessere Aufschlüsse gibt als das Pneumo- 
peritoneum. Nur in ganz wenigen Fällen der Differentialdiagnose zwischen ‚Genital-“ 
oder „Darm-“ bzw. ‚„Netztumor‘ wird vielleicht das Pneumoperitoneum Aufschluß 
geben, während es unbrauchbar erscheint für Differentialdiagnosen bei im Becken 
lokalisierten Erkrankungen. Zum Schluß weist Verf. noch darauf hin, daß der Ein- 
griff, wenn auch nicht gefährlich, so doch zum mindesten für die Pat. außerordentlich 
unangenehm ist. Gragert (Greifswald). 


Zwaluwenburg, James G. van and Reuben Peterson: Pneumoperitoneum of 
the pelvis; gynecological studies, a preliminary report. (Beckenpneumoperitoneum. 
Gynäkologische Studien, ein vorläufiger Bericht.) Vortrag gehalten auf der 21. Jahres- 
versammlung der amerikanischen Röntgenstrahlen-Gesellechaft Minneapolis, Sep- 
tember 1920. Americ. journ. of roentgenol. Bd. 8, Nr. 1, S. 12—19. 1921. 

Angabe einer einfachen Technik zur Füllung des Beckens mit Kohlensäure, an 
Stelle des sonst verwendeten Sauerstoffs, durch Bauchpunktion 21/, cm unterhalb des 
Nabels in Lokalanästhesie. Röntgenaufnahme bei Knie-Brustlage des Patienten in 
Richtung der Körperachse. Nähere Beschreibung der Einstelltechnik. Vorteile der 
Methode: Schnelle Absorption der Kohlensäure, Benötigung nur geringer Gasmengen. 
Des weiteren besprechen die Verff. die Vorteile der stereoskopischen Beckenphoto- 
graphie und schildern die Lage der Organe im Bilde. — Verschleierung der Bilder durch 
Darmschlingen nicht oder nur bei Adhäsionen beobachtet. Deutliche Differenzierungs- 
möglichkeit des Rectums gegen die anderen Beckenorgane, auch ohne Bariumbrei- 
füllung. Die Lig. rotunda und die Tuben sind nicht erkennbar. Normalerweise auch die 
Ovarien nicht. Ovarialschatten beobachtet bei Retroversio und Prolaps. Tumoren 
der Beckenorgane ergeben deutliche Schatten. Differentialdiagnose eines schwangeren 
Uterus gegen einen myomatösen Uterus angeblich durch weniger dichten Schatten 
möglich. Flaskamp (Erlangen). 


Coliez, Robert: Le pneumoptritoine artificiel en gynécologie. (Das Pneumo- 
peritoneum in der Gynäkologie.) Gynecol. et obstetr. Bd. 4, Nr. 6, S. 562—575. 1921. 


Mallet, Lucien: Le pneumoperitoine en radiodiagnostic. (Das Pneumoperito- 
neum in der Radiodiagnostik.) Journ. de radiol. et d’electrol. Bd. 5, Nr. 9, S. 401 
bis 409. 1921. 


Röntgenologie..— Diagnostik (Pneumoperitoneum). 81 


Peterson, Reuben: Pneumoperitoneum and roentgenology as aids to more 
accurate obstetric and gynecologic diagnosis. (Dep. of obstetr. a. gynecol., univ. 
of Michigan, Ann Arbor.) Americ. joum. of obstetr. a. gynecol. Bd. 2, Nr. 4, S. 349 
bis 367 u. S. 433—439. 1921. 

Der Inhalt der Arbeit kommt in den Schlußsätzen sehr gut zum Ausdruck; des- 
halb seien sie zuerst wiedergegeben: 1. Die pneumoperitoneale Röntgendurchleuchtung 
ist eine große Hilfe für die genaue geburtshiifliche und gynäkologische Diagnose. 
2. In geeigneten Fällen und bei sauberer Technik ist die Gaseinblasung frei von Ge- 
fahren. 3. Der Apparat für Gaseinblasung und rötgenologische Beckendurchleuchtung 
ist einfach, billig und kann in jedem geburtshilflichen und gynäkologischen Unter- 
suchungsraum angewandt werden. 4. Die Methode darf nicht zur Anwendung gelangen 
ın Fällen von akuter Pelveoperitonitis, oder wenn Zirkulationsstörungen von einer 
plötzlichen Ausdehnung des Abdomens aus entstehen können. 5. Da Kohlenoxydgas 
ın einer !/, Stunde absorbiert wird, ist Sauerstoff für die Gaseinblasung vorzuziehen, 
da das letztere Gas nicht in Tagen zur Aufsaugung gelangt. 6. Wenn irgend möglich, 
soll die transuterine Methode dem transperitonealen Weg vorgezogen werden, da die 
Einführung des Gases wertvolle Aufschlüsse über die Durchgängigkeit der Tuben gibt. 
7. Außergewöhnlich große Gasmengen rufen große Schmerzen hervor. Die Erfahrung 
hat gelehrt, daß für gewöhnlich 1000 cem Gas nur ein geringes Unbehagen veranlassen 
und für gute Röntgenbilder genügen. 8. Mit der besonderen Lage (einer Art Knie- 
ellenbogenlage auf einem besonders dafür eingerichteten Tische) und der Lenkung 
der Strahlen senkrecht auf die Platte in der Beckenachse kommen die Beckenorgane 
im Röntgenbilde klar zum Vorschein. 9. Die Erfahrung mit der pneumoperitonealen 
Röntgendurchleuchtung des Beckens setzt den Beobachter instand, mit großer Genauig- 
keit pathologische Veränderungen in den Beckenorganen zu diagnostizieren. 10. Die 
Schwangerschaft kann, wie es den Anschein hat, eher als in der 6. Woche durch die 
pneumoperitoneale Röntgendurchleuchtung erkannt werden. 11. Kombinierte Becken- 
untersuchung und pneumoperitoneale Röntgendurchleuchtung des Beckens sind nicht 
einander entgegenstehende diagnostische Methoden. Jede ist wertvoll und ihr Wert 
ist noch größer, wenn sie kombiniert werden, indem jede Methode als ein Wechsel 
auf die andere gilt. — Im Einzelnen sei noch folgendes bemerkt: Verf. hat sich mit 
einem zünftigen Röntgenologen zusammengetan und hält dies Zusammenarbeiten für 
unbedingt notwendig. Er hat den für die Einblasung verwendeten Apparat der Technik 
entlehnt und für seine Zwecke abgeändert. Wer ihn anwenden und den Tisch sowie 
die Lagerung der Patientin kennenlernen will, muß die Originalarbeit einsehen. Verf. 
hat seine Studien an 300 Fällen gemacht und in keinem, wie er mitteilt, Störungen 
gesehen. Er bringt mehrere Röntgenbilder in guter Wiedergabe, welche den Wert der 
Methoden beweisen sollen u die Veränderungen an den Beckenorganen deutlich 
erkennen lassen. H. Füth (Köln). 

Peterson, Reuben: Fisumoperioneum and roentgenology as aids to more 
accurate obstetric and gynecologic diagnosis. (Pneumoperitoneum und Röntgenologie 
als genauere diagnostische Hilfsmittel in der Geburtshilfe und Gynäkologie.) (Dep. 
of obstetr. a. gynecol., univ. of Michigan, Ann Arbor.) (46. ann. meet., Swampscott, 
Mass., 2.—4. VI. 1921.) Transact. of the Americ. gynecol. soc. Bd. 46, S. 116—134. 1921. 

Verf. schildert zunächst sein Pneumoperitoneumverfahren, das er in Gemein- 
schaft mit dem Röntgenologen J. G. Van Zwalurenburg ausgearbeitet hat. Das 
Gas wird entweder durch Uterus und Tuben mittels besonderer Uteruskanüle ein- 
geleitet, oder aber bei kontraindizierten Fällen in der sonst gebräuchlichen Weise 
mittels Einstich durch die Bauchdecken. Die Gasfüllung wird kontrolliert durch eine 
besonders konstruierte Art von Röhrenmanometer, das die leisesten Schwankungen 
bei Widerständen, z. B. Verschluß der Tuben, genauestens registriert. Die Aufnahme 
nach erfolgter Gasfüllung des Abdomens erfolgt in einer Art Knieellenbogenlage mit 
gleichzeitiger Neigung des Oberkörpers um etwa 20°, wobei die Strahlen von Gesäß- 


Jahresbericht f. d. ges. Gynäkologie 1921. 6 


82 Allgemeine Therapie, 


und Kreuzbeingegend her die unter dem Abdomen gelegene lichtempfindliche Platte 
treffen. Verf. hat festgestellt, daß in geeigneten Fällen die transuterine Gasauffüllung 
des Abdomens bei richtiger Technik gefahrlos ist, daß ferner die Handhabung des 
Apparates in jedem gynäkologischen Untersuchungsraume sich ermöglichen läßt. 
Die transuterine Methode ist kontraindiziert bei Fällen von akuter Pelviperitonitis 
oder wenn Kreislaufstörungen durch die plötzliche Ausdehnung des Abdomens ent- 
stehen könnten. Kohlenoxydgas ist dem Sauerstoff vorzuziehen. Ersteres wird bereits 
nach etwa !/, Stunde, letzteres nach mehreren Tagen absolviert. Die transuterine 
Methode ist deshalb besonders wertvoll, weil sie den Nachweis der Tubendurchgängig- 
keit gestattet. Man soll jedoch höchstens 1000 ccm Gas zur Auffüllung verwenden, 
weil eine größere Menge erfahrungsgemäß der Patientin große Beschwerden verur- 
sacht. Die mit der Methode gewonnenen Röntgenbilder geben ein klares Bild von der 
Lage der Beckenorgane und gestatten so eine genaue Diagnose aller pathologischen 
Veränderungen. Schwangerschaft ist frühestens 6 Wochen alt festzustellen. Alles in 
allem glaubt Verf. seine Methode empfehlen zu können. Die durch die Röntgenplatte 
und durch die palpatorische Untersuchung erworbenen Befunde werden beide, gegen- 
einander kontrollierend, gewertet, eine sichere Diagnosestellung in Geburtshilfe und 
Gynäkologie ermöglichen. Gragert (Greifswald). 

Goetze, Otto: Ein neues Verfahren der Gasfüllung für das Pneumoperitoneum. 
(Chirurg. Uniw.-Klin., Frankfurt a. M.) Münch. med. Wochenschr. Jg. 68, Nr. 8, 
S. 233—234. 1921. 

Verf. weist auf den wunden Punkt der pneumoperitonealen Röntgendiagnostik 
hin, nämlich auf die fragliche Sicherheit der Insufflationstechnik und auf die mitgeteil- 
ten, wenn auch reaktionslos verheilten Nebenverletzungen des Magens, Dünn- und 
Dickdarms. Versuche bewiesen ihm das Vorhandensein eines negativen Druckes 
im subphrenischen Raum, welcher beim kopfabwärtsgehängten Körper in den Becken- 
raum verlegt wird. Darauf fußend, gestaltet sich die neue Methodik des Verf. so, daß 
nach Darm- und Blasenentleerung in rechter Seitenlage und dabei in starker Becken- 
hochlagerung die Insufflationsnadel — für die Verf. eine besondere Kanüle angibt — 
etwa 3—4 Querfinger nabelwärts von der Spin. iliaca drucklos eingebohrt wird. Als- 
dann folgt die Gasfüllung der Bauchhöhle, wobei nun die Därme nicht mehr verdrängt 
oder weggeblasen werden, sondern dem Gesetze der Schwere folgend absinken und aus- 
weichen, sobald mit Überwindung des negativen Druckes ihre Zwangsstellung auf- 
gehoben ist. Gragert (Greifswald). 

Sante, L. R.: A table designed for the simplification ol pneumoperitoneum 
technique. (Untersuchungstisch zur Vereinfachung der Technik des Pneumoperitoneum.) 
Americ. journ. of roentgenol. Bd. 8, Nr. 7, S. 404—406. 1921. 

Der Tisch, welcher auf einem Rädergestell angebracht ist, gestattet durch die mannig- 
fachen Einstellungen seiner Platte und durch besondere Stützen die für die pneumoperitoneale 
Untersuchung erforderlichen verschiedenen Lagerungen rasch einstellen und wechseln zu lassen. 


Die Tischplatte ist abhebbar und kann als Trage für den Patienten, mit der er z. B. auf das 
Trochoskop gelegt werden kann, benutzt werden. Abbildungen. F. Wohlauer (Hamburg). °° 


Jaisson, C., Diagnostic radiologique del’appendicite pelviennechezlafemme. (Appen- 
dicite ou annexite? (Röntgendiagnostik her im Becken gelegenen Appendicitis 
bei der Frau. Appendicitis oder Adnexitis) (Rev. med. de l'est Bd. 49, Nr. 12, 
S. 374—378.) 
Vgl. Referat S. 284. 


Bouchacourt, L.: Présentation de radiographies ayant trait au radiodiagnostie 
de la dégénérescence calcaire des fibromes utérins. (Demonstration verkalkter 
Uterusfibrome im Röntgenbild.) Bull. de la soc. d’obstötr. et de gynecol. de Paris 
Jg. 10, Nr. 5, S. 286—289. 1921. 

Bell, J. Warren, Pelvioradiography after Fabre’s method. (Röntgenologische 

Beckenmessung nach Farbe.) (Americ, journ. of obstetr, a. gynecol. Bd. 2, Nr. 6, 


S. 616—621.) 
Vgl. Referat S. 363. 


Röntgenologie. — Physik. l | 83 


Glocker, R., Die optimale Röntgenstrahlung für Schwangerschaftsaufnahmen. 

(Röntgenlaborat., Techn. Hochsch., Stuttgart.) (Münch. med. Wochenschr, 

Jg. 68, Nr. 31, S. 989.) 

Vgl. Referat S. 363. 

Fornero, A.: Studii anatomici e clinici sulla teleradiografia e sulla ortodia- 
grafia applicate all’ostetrieia. (Anatomische und klinische Studien über die Tele- 
radiographie und Orthodiagraphie in der Geburtshilfe.) (Univ., Modena.) Ann. di 
ostetr. e ginecol. Jg. 43, Nr. 5, S. 389—455. 1921. 

Verf. erörtert eingehend die historische Entwicklung und die klinische Dignität 
der verschiedenen, bisher zur Beckenmessung und zum Nachweis des Foetus verwen- 
deten röntgenologischen Verfahren. Er teilt diese ein in die indirekte und die 
direkte Radiometrie. Dieindirekte Radiometrie bedient sich sekundärer und kom- 
plementärer Verfahren, um die Beckenmasse zu ermitteln. Hierher gehören 1. die 
Vergleichsradiopelvimetrie (Varnier), 2. die trigonometrische Radiopelvimetrie 
(Fabre, Prov. Med. 24, VI. 1889), 3. die geometrische Radiopelvimetrie. Die direkte 
Radiometrie gestattet ohne weitere Hilfsmittel die Länge der Beckenmaße zu bestimmen. 
Sie zerfällt 1. in die Radiostereographie (Contremoulins, Revue scient. 25. V. 1901), 
2. die Radiostereometrie, 3. die Teleradiographie, 4. die Teleradiometrie. Verf. hat 
nun versucht, auch die Orthodiagraphie in die Geburtshilfe einzuführen. Es gelang 
dabei, den Kontur des Beckeneingangs und die beiden Endpunkte der Conjugata vera 
— Symphyse und Promontorium — scharf zu fixieren. Technisch wichtig ist dabei, 
daß die Ebene des Beckeneingangs fast parallel dem Röntgenschirm verläuft. Auf 
diese Weise gelingt es, den Beckeneingang in seiner normalen Größe darzustellen 
und auch die wirkliche Länge seiner verschiedenen Durchmesser zu bestimmen. Da- 
gegen ist es nicht möglich gewesen, die verschiedenen Teile des Foetus scharf und 
distinkt darzustellen. Nürnberger (Hamburg). 
Fornero, A., Studio radiologico intorno alle posizioni di iperestensione addomino- 

pelvica durante la gravidanza e all’inizio del travaglio. (Radiologische Studien 

über die Walchersche Hängelage in der Schwangerschaft und bei Beginn der 

gan (Istit. ostetr.-ginecol., univ., m (Fol, gynaecol. Bd. 14, H.1, S. 29 

18 

Vgl. Referat S. 364. 
b) Physik. 

March, A.: Die physikalischen Grundlagen der Tiefentherapie. (Zentr.- 
Röntgeninst., Uniw. Innsbruck.) Fortschr. a. d. Geb. d. Röntgenstr. Bd. 28, H. 4, 
8. 339—351. 1921. 

March versucht auf rechnerisch-graphischem Wege die spektrale AREAN 
setzung einer Therapiestrahlung zahlenmäßig festzulegen, um stets in der Lage zu sein, 
mit Hilfe eines Spektrometers von der geeigneten Beschaffenheit der verwendeten 
Strahlung sich zu überzeugen. Eine homogene Strahlung erleidet beim Durchgang 
durch einen Körper eine Schwächung, die abhängig ist von dem Schwächungskoeffi- 
zienten. Letzterer ist gleich der Summe aus dem Absorptions- und dem Streuungs- 
koeffizienten. Der Absorptionskoeffizient æ hängt von der stofflichen Natur des 
absorbierenden Mediums und von der Wellenlänge der Strahlung ab. Der Streuungs- 
koeffizient o dagegen wird in der Hauptsache nur von der Dichte o des streuenden 
Körpers bestimmt. Für die in der Tiefentherapie verwendeten Wellenlängen wird mit 
Glocker o = 0,12 go zugrunde gelegt. o überwiegt & so stark, daß für die Schwächung 
harter Strahlen fast allein die Streuung in Betracht kommt. Unter Dosis versteht der 
Verf. die in dem durchstrahlten Körpergebiet absorbierte Strahlenmenge unter der 
Annahme, daß gleichgroße Dosen verschiedener Wellenlängen im biologischen Effekt 
gleichwertig seien. Bei gleicher Hautdosis ist die Tiefendosis um so größer, je kleiner 
die Wellenlänge der (homogen vorausgesetzten) Strahlung ist. Die Hautdosis ist 
abhängig von dem wahren Absorptionskoeffizienten, nicht von dem Schwächungs- 
koeffizienten. Für ein Strahlengemisch gibt der Verf. ein Strahlungagesetz an, nach dem 


6* 


84 l Allgemeine Therapie. 


‚die Energieverteilung im Spektrum durch die kürzeste Wellenlänge eindeutig bestimmt 
‘ist. Letztere kann mit Hilfe eines Spektrometers leicht festgestellt werden. Unter der 
Voraussetzung, daß alle in der Strahlung vertretenen Wellenlängen durch quadratische 
Strahlenabnahme, Streuverlust und Streuzusatz im selben Verhältnis geschwächt werden 
und daß dieses Verhältnis von Filterung und kürzester Wellenlänge unabhängig ist, 
solange der Streuungskoeffizient sich nicht ändert, bestimmt der Verf. mittels eines 
graphischen Verfahrens die Beziehungen zwischen Hautdosis und Tiefendosis für ver- 
schiedene Filterstärken. Er findet für jede Stärke einen Absorptionsfaktor, der ent- 
scheidet, ob eine Strahlung von gegebener Filterung und gegebener kürzester Wellen- 
länge für ein bestimmtes therapeutisches Problem geeignet ist oder nicht. Der Absorp- 
tionsfaktor hierin ist abhängig von der Tiefe des durchstrahlten Gewebes, von der 
Filterung und der kürzesten Wellenlänge. Die Untersuchung der verschiedenen Filter- 
metalle führt zu dem Satz, daß zwei nicht selektiv absorbierende Filter einander 
äquivalent sind, wenn sie in der „Filterstärke‘ einander gleich sind. Die ‚‚Filterstärke‘“ 
ist dabei abhängig von der Dicke, der Dichte und der Ordnungszahl des Materials. 
Die verschiedene Ökonomie äquivalenter Filter wird durch die verschieden starke 
Streuung bedingt, und zwar arbeitet dasjenige Filter mit der besten Ökonomie, für 
welches das Produkt aus Dichte und äquivalenter Schichtdicke den kleinsten Wert 
hat. Dieser Satz entscheidet für die Wahl des Zn, nahezu gleichwertig ist Cu. Zur 
Absorption der Eigenstrahlung des Filtermetalls wird zweckmäßig ein zweites Filter 
von l bis 2 mm Al verwendet. Mit zunehmender Filterung wird das Intensitätsmaximum 
immer kurzwelliger, und zwar ist diese Verschiebung proportional der ‚‚Filterstärke‘‘. 
Wintz. 

Bachem, Albert: Die physikalischen Grundlagen der Strahlentiefentherapie. 
Berl. klin. Wochenschr. Jg. 58, Nr. 39, S. 1161—1162. 1921. 

Bachem erörtert die Faktoren, durch welche die Strahlungsintensität beim Durch- 
gang durch Gewebe usw. beeinflußt wird: Quadratische Entfernungsabnahme, Ab- 
sorption und Streuung. Der Absorptionskoeffizient ist abhängig von der Wellenlänge, 
der Ordnungszahl der die Substanz aufbauenden Elemente im periodischen System 
und von dem spezifischen Gewicht. Der Streukoeffizient ist anscheinend unabhängig 
von Wellenlänge und Ordnungszahl, proportional dem spezifischen Gewicht. Bei 
schweren Stoffen und weicheren Strahlen überwiegt die Absorption, bei leichtem Mate- 
rıal und harten Strahlen dagegen die Streuung. Bei breitem Strahlengang kommt die 
durch Streuung .abgebeugte Strahlung anderen Stellen zugute, und man erhält unter 
Umständen die dreifach größere Energie in der Tiefe als aus der Abschwächung zu er- 
warten ist. Steigerung der Intensität erzielt man durch größeren Fokushautabstand, 
Steigerung der Strahlenhärte, und wenn man Paraffin- oder Wasserschichten über- 
deckt, durch die der Streuzusatz günstiger in die Tiefe wirkt. Wintz. 

Baerwald : Die physikalischen Grundlagen der Röntgen-, Radium- und Licht- 
therapie. Strahlentherapie Bd. 12, H. 4, S. 921—978. 1921. 

Die theoretische Beherrschung der physikalischen Grundlagen der Strahlentherapie 
ist von ausschlaggebender praktischer Bedeutung, sobald es sich darum handelt, neue 
Mittel und Wege zu finden, die zu einem gewollten Ziele hinführen sollen. Deshalb 
gibt Baerwald in allgemeinverständlicher Form eine klare Darstellung der Wechsel- 
wirkung der Materie mit corpuscularer Strahlung und mit Wellenstrahlung. Zunächst 
werden die corpuscularen Strablen betrachtet, die wieder in die beiden Gruppen der 
Elektronenstrahlen und atomistischen Strahlen zerfallen. Das Wesen und die charak- 
teristischen Konstanten der verschiedenen Strahlungsarten und die mannigfachen 
Formen der Energieumsetzungen werden erklärt, dann wird ein kurzer Überblick über 
die Wechselwirkung zwischen Elektronen und atomistischen Teilchen (Vorgänge in 
Flammen, an Glühelektroden und im Glimmstron) gegeben. Dann folgt als zweites 
Hauptkapitel die Betrachtung des Energieaustausches der Materie mit Wellenstrah- 
Jungen. Im Anschluß an das Atommodell von Lenard und Rutherford und seine 


Röntgenologie. — Physik. $5 


Kombination mit der Quantentheorie durch Bohr und Sommerfeld werden die 
Röntgenspektren, ihre Gesetzmäßigkeiten und ihre Erregungsbedingungen und die 
Absorption des Röntgenlichtes besprochen. Es folgt die Betrachtung der Entstehung 
und der Gesetzmäßigkeiten der optischen Spektren, der Lichtelektrizität und der 
Phosphorescenz. Das dritte Hauptkapitel handelt von der Struktur des Atomkerns, 
wie wir ihn durch die Lehre des radioaktiven Zerfalls kennengelernt haben, und von 
dem Atomäußeren, der Atmosphäre, deren Eigenschaften, wie z. B. die Frequenzen 
optischer Linienserien, die Valenz und das Atemvolumen, im Gegensatz zum Kern 
periodischen Charakter haben. Schließlich wird die Kosselsche Theorie der Molekül- 
bildung und des elektrischen Aufbaues der Materie kurz dargelegt. Rump (Erlangen). 


Dietlen, Hans: Die physikalischen und biologischen Grundlagen der Röntgen- 
therapie. (Kuranst. Stillachhaus, Oberstdorf i. Allgäu.) Berl. klin. Wochenschr. Jg. 58, 
Nr. 47, S. 1374—1378 u. Nr. 48, S. 1414—1418. 1921. 

In seinem dem ‚Praktiker gewidmeten“ Artikel geht Dietlen zunächst ein auf 
die physikalischen Grundlagen der Röntgentiefentherapie, unter Zugrundelegung des 
zeitlichen Entwicklungsganges der Strahlenforschung. Er erläutert den Begriff des 
Röntgenstrahls und die Aufschließung seiner Eigenschaften. Es werden die Gesetze 
der Absorption und Dispersion, die Bedeutung der Filterung erklärt und die Dosierungs- 
methoden besprochen. Der zweite Teil der Arbeit handelt von den biologischen Grund- 
lagen der Röntgentiefentherapie. Verf. erläutert die Vorgänge beim Patienten, Haut- 
schädigung, Zellschädigung, erörtert die histologischen Veränderungen nach Bestrah- 
lung, bespricht dann besonders eingehend die Schädigung des Keimepithels der Ge- 
schlechtsdrüsen und die Strahlenwirkung auf das Blut und endlich der innersekreto- 
rischen Drüsen. Der letzte Teil der Arbeit befaßt sich mit der Wirkung der Röntgen- 
strahlen auf pathologische Gewebe. Flaskamp (Erlangen). 


Kurtzahn, Hans: Über Röntgendosierung und Röntgenverbrennung. (Chirurg. 
Univ.-Klıin., Königsberg i. Pr.) Dtsch. med. Wochenschr. Jg. 47, Nr. 44, S. 1326 
bıs 1328. 1921. 

Kurtzahn nimmt Stellung gegen die Ausführung Lieks in der Deutschen med. 
Wochenschrift Nr. 34. Zunächst erwähnt er selbst eine eigene Röntgenverbrennung 
und geht ein auf die Therapie — radikale Excision der Ulcera ohne Plastik; dann 
kritisiert er die Filterung und Dosierung der Fälle Lieks, empfiehlt biologische Eichung 
jedes Instrumentes im Sinne Seitz- Wintz, spricht dann über Spannungsschwan- 
kungen im Stromkreise. Die von Lie k ausgesprochene Annahme verschiedener Strahlen- 
empfindlichkeit der Haut lehnt K. ab, unter Berufung auf andere Autoren. Er erwähnt 
einen Fall von verminderter Toleranz gegen Röntgenstrahlen bei Trichinose. Als 
Latenzzeit zwischen Bestrahlungen fordert Verf. mindestens 6 Wochen. Wintz. 

Russ, Sidney and L. H. Clark: Some physical considerations in radio-therapy. 
(Einige physikalische Betrachtungen über Strahlenbehandlung.) Proc. of the roy. 
soc. of med. Bd. 14, Nr. 6, sect. of electro-therap. S. 1—8. 1921. 

Die vorliegende Arbeit enthält zwar prinzipiell nichts Neues, ist aber eine ganz ausgezeich- 


nete kurze und klare Darstellung des Einflusses der Ausbreitung, Streuung und Absorption der 
Röntgenstrahlen. Friedrich Voltz (München). 


Guthmann, Heinrich: Über den Gehalt der Röntgenzimmerluft an Ozon und 
salpetriger Säure und über die Ursache der Röntgengasvergiftung (Ozonwirkung). 
(Uniw.-Frauenklin., Erlangen.) Strahlentherapie Bd. 12, H. 1, S. 262—271. 1921. 

Verf. stellte Untersuchungen darüber an, ob das Ozon oder die salpetrige Säure 
die Ursache der Röntgengasvergiftung sei. Er fand, daß die durch einen Funken 
erzeugten Gesamtsäuremengen bei durch einen geschlossenen Raum durchgehenden 
Funken mit längerwerdender Durchgangsdauer pro Zeiteinheit abnehmen, da infolge 
Verbrauchs eines Teiles des Sauerstoffes eine Verarmung der Luft an noch reaktions- 
fähigem Sauerstoff eintritt und wie bei jeder chemischen Reaktion ein Gleichgewichts- 
zustand zustande kommt, bei dem durch einen Funken soviel Stickoxyde zerstört 


86 Allgemeine Therapie. 


als neu gebildet werden. Bei längerer Einwirkung der Funken auf die gleiche Luft- 
menge nimmt der Salpetrigsäureprozentgehalt der gesamten, durch einen Funken 
erzeugten N-Säuren infolge Oxydation der salpetrigen Säure durch den sich vermehren- 
den Ozongehalt der Luft ab. Die Menge der in der gewöhnlichen Außenluft enthal- 
tenen salpetrigen Säure hat einen konstanten Wert, der sich von dem in den Bestrah- 
lungsräumen gefundenen Wert nur wenig unterscheidet. Die höchsten Salpetrigsäure- 
werte werden im Apparatraum und nicht in den Räumen, wo die Bestrahlungslampen 
aufgestellt sind, gefunden, werden also wirklich durch die Hochspannungsapparate 
hervorgerufen. Die geringe Differenz der Außenluft- und Röntgenzimmerluftwerte 
für salpetrige Säure, die große Differenz der Symptomenkomplexe der Röntgengas- 
vergiftung und der Salpetrigsäurevergiftung, ferner der Umstand, daß bei den in Labora- 
torien beschäftigten Personen, die viel mehr Salpetrigsäure einatmen, alsin der Röntgen- 
zimmerluft enthalten ist, nie eine Andeutung des Symptomenkomplexes der Röntgen- 
gasvergiftung auftritt, lassen die Salpetrigsäurebeteiligung an der Röntgengasvergif- 
tung ablehnen. Die Menge des gebildeten Ozons ist abhängig von der Größe der Poten- 
tialgefälle in der Luft, von der Luftfeuchtigkeit, der Ionisation der Luft und der damit 
im Zusammenhang stehenden Veränderungen der Stromleitungs- und Luftwiderstands- 
verhältnisse. Konrich hat nachgewiesen, daß bei Ozonisierungen der Luft, über 
eine Dosis von !/, mg pro Kubikmeter Luft schädliche Wirkungen, wie Hustenreiz, 
Abgeschlagenheit, Blutveränderungen auftreten. Unter ungünstigen äußeren Ver- 
hältnissen kommen im Röntgenzimmer bis zu 7 mal so große Ozonmengen vor, als die 
von Konrich gefundene Maximaldosis des Ozons. Im Auftreten dieser Ozonmenge 
ist also die Giftwirkung der Röntgenzimmerluft zu suchen. Für die Praxis folgt daraus, 
daß die Hochspannungsleitungen auf eine möglichst kleine Menge zu reduzieren sind, 
daß an ihnen Ecken, Kanten, Spitzen vermieden werden müssen und für Entfernung 
des Ozons durch gute Ventilation gesorgt werden muß. Amreich (Wien). 


Lönne, Friedrich: Zur Kritik der Ozonbestimmung. (Ein Beitrag zur Frage 
der Gasvergiltung im Röntgenzimmer.) (Univ.-Frauenklin., Göttingen.) Münch. 
med. Wochenschr. Jg. 68, Nr. 47, S. 1519—1520. 1921. 

Verf. machte Ozonbestimmungen im Röntgenzimmer nach Art der Versuche von 
Guthmann und Wintz unter Zuhilfenahme der Erlwein- Weylschen Reaktions- 
methode. Die Versuche ergaben, daß diese Reaktion sich zur quantitativen Ozon- 
bestimmung wegen rascher Veränderung des Farbentons der dazu erforderlichen 
alkalischen Metaphenylendiaminchlorhydratlösung nicht eignet. Auch die Jodkalium- 
methode wird abgelehnt. Lönne glaubt nicht, daß allein das Ozon, sondern auch die 
vagabundierenden Röntgenstrahlen den Bestrahler schädigen können. Wintz. 


| Halberstaedter, L. und F. J. Tugendreich: Die Bedeutung der die Röntgenröhre 

rückwärts verlassenden Strahlung und die Notwendigkeit einer geeigneten Schutz- 
vorriehtung. (Univ.-Inst. f. Krebsforsch., Charite, Berlin.) Med. Klinik Jg. 17, Nr. 9, 
8. 252. 1921. | 


Glocker, R.: Über die Streustrablung und ihre Bedeutung für die Röntgen- 
therapie. Münch. med. Wochenschr. Jg. 68, Nr. 6, S. 177—178. 1921. 


Taeckel und Sippel: Über die Konzentration der Röntgenstrahlen und die 
Erhöhung des Dosenquotienten durch Streustrahlung. (Univ.-Frauenklin., Berlin.) 
Münch. med. Wochenschr. Jg. 68, Nr. 20, S. 604—605.. 1921. 

Die Verff. fanden, daß bei Beanspruchung der Haut bis zur Hautmaximaldosıs 
die Analfalte stärker gerötet wurde als die Umgebung, und führen dies auf Streustrahlen 
von den seitlich sich vorwölbenden Gesäßbacken zurück. Sie empfehlen deshalb Ein- 
lage eines Streustrahlers (wassergetränkter Wattebausch usw.) in die Falte. Unter 
Ausnutzung dieser Erfahrung wird ein Strahlensammler angegeben, bestehend aus 
einem rahmenförmigen Wasserkasten, der das zu bestrahlende Feld umgibt und an den 


Röntgenologie. — Physik. 87 


diesem zugekehrten Wandungen mit Bleiblech ausgeschlagen ist. Sie vermeiden hier- 
durch eine Vergrößerung der Oberflächendosis und erreichen eine Erhöhung der Tiefen- 
dosis. l Rump (Erlangen). 

Chaoul, H.: Über die Konzentration der Röntgenstrahlen und die Erhöhung 
des Dosenquotienten durch Streustrahlung. (Bemerkung zu der Arbeit von Dr. 
Taeckel und Dr. Sippel in Nr. 20, 1921 dieser Wochenschrift.) Münch. med. 
Wochenschr. Jg. 68, Nr. 27, S. 851—852. 1921. 

Wilsey, R.B.: The intensity of scattered X-rays in radiography. (Die Intensität 
der Streustrahlung bei Röntgenaufnahmen.) (Research laborat., Eastman Kodak comp., 
Rochester R. S. A.) Americ. journ. of roentgenol. Bd. 8, Nr. 6, S. 328—339. 1921. 

Es handelt sich um die Feststellung des Verhältnisses von Streustrahlung zur 
Primärstrahlung bei Röntgenographien und des Einflusses verschiedener Faktoren auf 
den Betrag der Streustrahlung. 

Ein Strahlenkegel von bestimmtem Durchmesser durchsetzte einen Streukörper (mit 
Wasser gefüllten Aluminiumtrog von 12 x 12 Zoll Grundfläche und 10 Zoll Höhe; Dicke 
des Aluminiumblechs !/, Zoll), auf dessen Oberfläche eine Bleischeibe von 5/,, Zoll Durch- 
messer und !/, Zoll Dicke zentral angebracht war, und fiel auf einen photographischen 
Film durch eine unmittelbar über demselben angebrachte Bleiblende von 3 Zoll Durch- 
messer. Auf den so gewonnenen kreisrunden Röntgenbildern, von denen 6 mit stufenweise 
verlängerten Expositionszeiten auf einem Film 8 x 10 Zoll abgebildet werden konnten, 
entsprach eine zentrale scheibenförmige Aufhellung der Abbildung der Bleischeibe. Die 
Schwärzung der Grundfläche, die durch die Bleischeibe bedingte Streustrahlung und mehr 
oder weniger verschleierte Aufhellung wurden photometriert und die Intensität des Schleiers 
der nicht exponierten Teile des Films in Abzug gebracht. 

Es ergab sich, daß bei einer Strahlung von 5 Zoll Funkenlänge, 2 Zoll Abstand, 
3,5 M.A., 6 Zoll Wasserhöhe und 20 Zoll Blendenweite 84%, der den Film treffenden 
Gesamtstrahlung aus gestreuter Strahlung bestand. Die Streustrahlung nimmt mit der 
Dicke der streuenden Schicht erheblich und ebenso mit Zunahme der Blendenweite bis 
zu einem gewissen Grade zu. Ebenso wächst der Prozentsatz der Streustrablung beim 
Übergang zu härteren Strahlungen. Als „Belichtungsfaktor‘“ wird ein Wert errechnet, 
der angibt, um wievielmal länger man bis zu gleicher Schwärzung einer Röntgenplatte 
bestrahlen muß, wenn man von einer Blendenweite von 20 Zoll als Norm ausgehend, 
dieselbe allmählich enger wählt und die Streustrahlung infolgedessen abnimmt. Zwischen 
dem streuenden Material und dem Film eingeschaltete Filter verändern den Prozentsatz 
der gestreuten Strahlung etwas; kontrastverbessernd wirken sie nicht. Holthusen.°° 

Vierheller, F.: Gibt es eine Streustrahlenkomponente in der Röntgentiefen- 
therapie. (Univ.-Inst. f. physik. Grundl. d. Med., Frankfurt a. M.) Dtsch. med. 
Wochenschr. Jg. 47, Nr. 42, S. 1259. 1921. 

Der Verf. wendet sich gegen einen in Nr. 15 der Dtsch. med. Wochenschr. ver- 
öffentlichten Artikel von Haupt und Pinoff, in dem diese die Streustrahlenwirkung 
in der Tiefe des menschlichen Körpers anzweifeln. Vierheller erläutert deshalb noch- 
mals die bekannten Gesetze, die bei der Tiefendosis zur Geltung kommen. Wintz. 

Chaoul, H.: Die praktische Ausnützung der Streustrahlung in der Tiefen- 
therapie. (Der Strahlensammler.) (Chirurg. Univ.-Klin., München.) Münch. med. 
Wochenschr. Jg. 68, Nr. 10, S. 291—295. 1921. 


Chaoul erreicht eine Abkürzung der Bestrahlungszeit um etwa 30°,, indem er die Be- 
strahlung der möglichst wenig abgeblendeten Röhre auf Streukörper wirken läßt, die rings 
um das zu bestrahlende Großfeld und auch seitlich vom Patienten angeordnet sind. Auch die 
Tiefenwirkung soll dadurch erhöht werden. Schließlich wird durch den Strahlensammiler 
der Intensitätsabfall in der Tiefe seitlich vom Zentralstrahl vermindert. Rump (Erlangen). 


Trabacchi, Giulio Cesare: Dispositivo per la regolazione automatica delle ampolle 
per raggi X autoindurenti e munite di osmoregolatore di Villard. (Anweisung für die 
automatische Regulierung der selbsthärtenden Röhrenmit Villardscher Osmoregulierung.) 


(Istit. jis., univ., Roma.) Radiol. med. Bd. 8, Nr. 12, S. 558—559. 1921. 
Wegen der teueren Anlage des Wintzschen Regenerierautomaten schlägt Trabacchi 
eine Regulierung vor, welche eine Nachahmung des in Deutschland bekannten Schreuß- 


88 Allgemeine Therapie. 


automaten bedeutet. Der Schreußautomat wurde schon gelegentlich des Röntgenkongresses 
1920 bekannt. Die italienische Nachahmung ist dem Schreußautomaten unterlegen, da der 
von Trabacchi vorgeschlagene Apparat von Gasdruckschwankungen, die doch überall vor- 
kommen, sehr abhängig ist. Steigt der Gasdruck im Netz, dann wird das Ventil vom italieni- 
schen Automaten geöffnet und eine Regenerierung der Röntgenröhre wird einsetzen, ohne 
daß die Röntgenröhre dies erfordert. Der Apparat wird von Balzerini-Milano geliefert. 
Langer (Erlangen). 
Gänssle, Hermann: Eine neue Aufhängevorrichtung für Röntgenröhren am 
Wintzschen Bestrahlungskorb. (Univ.-Frauenklin., Tübingen.) Münch. med. Wochen- 


schr. Jg. 68, Nr. 16, 8 485—486. 1921. 

Gänssle empfiehlt, bei dem Wintzschen Bestrahlungskorb die Klemmvorrichtungen 
für die Röhre weiter nach außen an die Röhrenenden zu verlegen und die Tragarme für die- 
selben aus Isoliermaterial herzustellen, da bei der früheren Befestigungsweise unruhiger Gang 
der Röhren beobachtet wurde. Rump (Erlangen). 

Kirstein, F.: Homogenisierung der Röntgenstrahlen mittels eines Gewebs- 
äquivalentfilters. (Univ.-Frauenklin., Marburg a. L.) Dtsch. med. Wochenschr. Jg. 47, 
Nr. 15, S. 414—415. 1921. 

Ausgehend von der Tatsache, daß bei tiefliegenden Sarkomen und Carcinomen eine 
ungleich höhere Heilungsziffer gefunden wird als bei oberflächlichen, hat Verf. Oberflächen-, 
aber auch Tiefentumoren in der Weise bestrahlt, daß er zwischen Röhre und Körperoberfläche 
ein Medium (Wasser im Dauerbad, Pferdefleisch) einschaltete, in der Annahme, daß die eigent- 
liche Strahlenwirkung möglicherweise den im Gewebe entstehenden Sekundärstrahlen zu- 
zuschreiben sei. Rump (Erlangen). 

Sehreus, Hans Th.: Vorschlag zur Gewinnung eines einheitlichen und all- 
gemeinen Maßes zur Dosierung der Röntgenstrahlen. (Univ.-Hautklin., Bonn.) Münch. 
med. Wochenschr. Jg. 68, Nr. 13, S. 396—397. 1921. 

Verf. wendet sich gegen das Bestreben, statt eines physikalischen Maßes ein bio- 
logisches zu suchen, dessen Hauptnachteil ist, daß bei seiner Reproduktion alle bio- 
logischen Eigentümlichkeiten in unkontrollierbarer Weise mit hineinspielen und daß 
es unscharf ist. Man muß sich auf die Art und Größe eines unveränderlichen physika- 
lischen Maßes, sowie auf die Art der Messung einigen, deren Theorie bereits hinreichend 
ausgearbeitet ist. Das Problem der Gewinnung dieses Maßes ist: 1. Die Röntgen- 
strahlen so zu messen, daß die Messung der Reaktion der normalen Haut des normalen 
Menschen parallel geht, und zwar bei allen Härten und bei allen Mengen; 2. Das Meß- 
instrument so zu gestalten, daß es leicht und sicher, womöglich bei jeder Bestrahlung 
benutzt werden kann. Die Festlegung der Einheitsdosis und des physikalischen Meß- 
verfahrens und die Schaffung einer Prüfungsstelle wäre die Aufgabe eines zu ernen- 
nenden Ausschusses. Rump (Erlangen). 


Staunig, Konrad: Über eine neue Methode der Eichung der Röntgenapparate. 
(Zentr.- Röntgeninst., Univ. Innsbruck.) Fortschr. a. d. Geb. d. Röntgenstr. Bd. 28, 
H. 4, S. 363—371. 1921. 

Staunig baut auf den Untersuchungen von March eine Methode zur Eichung 
von Röntgenapparaten für Radiographie auf. Hiernach sind die Expositionszeiten 
für eine bestimmte Objektdicke definiert durch die kürzeste Wellenlänge im Spektrum, 
den sog. „Strahlungskopf“, und durch die Zahl der Milliamperesekunden. Ersterer 
wird mit dem Spektrometer bestimmt. Die Milliamperesekunden werden aus einer 
empirisch gefundenen Tabelle entnommen, in der die vorkommenden Strahlungsköpfe 
und Objektdicken enthalten sind. Die Versuche wurden mit Lilienfeldröhren an ver- 
schiedenen Apparattypen gemacht. Ob die angegebenen Zahlen auch für andere 
Röhrengattungen gelten, muß noch entschieden werden. Die Eigenstrahlung des Anti- 
kathodenmetalls kommt bei Pt-Antikathode für die Radiographie nicht in Betracht, 
da die hier verwendeten „Strahlungsköpfe‘“‘ zwischen 0,17 und 0,43 Å liegen. Wintz. 


Stettiner, Kurt: Eine einfache Methode zur planmäßigen Röntgentiefendosi- 
metrice. (Katharınenhosp., Stuttgart.) Münch. med. Wochenschr. Jg. 68, Nr. 48, 
S. 1559. 1921. 


Röntgenologie. — Physik. 89 


Martius, Heinrich: Ein einfaches Ionisationsinstrument für das Röntgen- 
zimmer. (Univ.-Frauenklin., Bonn.) Münch. med. Wochenschr. Jg. 68. Nr. 12, 


S. 362—363. 1921. 

Das Instrumentarium besteht aus einem Blättchenelektroskop mit Spiegelablesung, 
das nach unten hin eine kleine Ionisationskammer trägt. Diese wird von oben in einen von der 
Seite aus durchstrahlten Wasserkasten gesenkt, so daß das MeßBinstrument auf demselben 
steht. Bei Oberflächenmessungen befindet sich die Kammer vor dem Kasten. Rump. 


Solomon: Dosage des rayons de Röntgen par la méthode ionomötrique. Journ. 
de radiol. Bd. 10, H. 2, 8. 49—59. 1921. 

Nach kurzer Erörterung der physikalischen Grundlagen, der Notwendigkeit 
innerhalb des Bereiches des Sättigungsstromes zu messen und für die Ionisations- 
kammer Materialien von niederem Atomgewicht zu benutzen, beschreibt der Verf. 
seinen Meßapparat (der sich kaum von den in Deutschland benutzten Iontoquanti- 
metern usw. unterscheidet). Er benutzt ein Goldblattelektroskop mit Fernablesung, 
dessen Kapazität durch einen regulierbaren Kondensator verändert werden kann. 
Die kleine Kammer besteht aus Graphit und ist mit dem Elektroskop durch einen mit 
Schwefel isolierten, biegsamen Leiter verbunden. — Als Einheit der Strahlenmenge 
wird das „Röntgen“ vorgeschlagen, das definiert sein soll als die durch ein Röntgen- 
strahlenbündel hervorgerufene Ionisation, die der bei gleicher Entfernung und gleicher 
Ausblendung von den y-Strahlen eines Grammes Ra erzeugten Ionisation äquivalent 
ist. — Ein Vergleich der übrigen Meßmethoden führt den Verf. zu dem Ergebnis, daß 
die Intensitätsmessung durch die Bestimmung der Helligkeit eines bestrahlten Leucht- 
schirmes der ionometrischen am nächsten kommt. Zwischen der Absorption in Ge- 
weben und derjenigen in Luft besteht vollkommener Parallelismus, so daß die iono- 
metrische Messung für die Radiobiologie eine absolute Meßmethode darstellt. Rump. 


Wels, P.: Untersuchungen über die Brauchbarkeit des Sabouraud-Dosimeters. 
(Med. Klın., Kiel.) Strahlentherapie Bd. 13, H. 1, S. 174—196. 1921. 

Ausgedehnte Versuche über die praktische Brauchbarkeit der Sabouraud-Tablette 
bei inkonstanter Strahlenquelle und verschiedenen Strahlenqualitäten. Unter Zu- 
grundelegung der Technik von Hans Meyer wurden Vergleichsmessungen mit Ionto- 
quantimeter angestellt. Resultat: Unter Schwerfilter trotz großer Inkonstanz der 
Strahlenquelle bemerkenswerte Übereinstimmung des colorimetrischen und ionto- 
quantimetrischen Strahleneffektes. Die Genauigkeit läßt nach bei Leichtfilter, da hier 
die Strahlenqualität hinter dem Filter die Reaktionsbreite zwischen Tablette und 
biologischem Objekt verschiebt. Praktisches Ergebnis: Erfordernis der Aichung der 
Apparatur unter verschiedensten Betriebsbedingungen und zwar am biologischen 
Testobjekt (Haut) und nach Sabouraud. Bestimmung des Reaktionsverhältnisses. 
Danach Dosierung nach Farbänderung (nicht nach Zeit!) mit Hans Me yer- Dosi- 
meter. Flaskamp (Erlangen). 

March, A., K. Staunig und O. Fritz: Ein für dio Zwecke der praktischen 
Röntgenologie konstruiertes Spektrometer. (Zentral. Röntgeninst., Univ. Innsbruck.) 
Fortschr. a. d. Geb. d. Röntgenstr. Bd. 28, H. 5, S. 420—426. 1921. 

Es wird ein Röntgenspektrometer beschrieben, bei dem durch Drehen des beugenden 
Krystalls die Minimumwellenlänge und damit die Sekundärspannung auf einem Leucht- 
schirm abgelesen werden kann. Das Instrument ist also ein absolutes Voltmeter, das nach 
Angabe der Verff. die Feststellung der Spannung auf etwa 500 Volt genau ermöglichen soll. 
Da nach March die relative Zusammensetzung des Strahlengemisches durch die kürzeste 
Wellenlänge bestimmt und nahezu unabhängig von der besonderen Form der Spannungs- 
kurve ist, so läßt sich aus einer Ablesung am Spektrometer und einer Intensitätsmessung an 
der Oberfläche für jede durchstrahlte Körperschicht nicht nur die Menge, sondern auch die 
spektrale Zusammensetzung der aufgenommenen Dosis durch Rechnung ermitteln. Rump. 

Haupt und Pinoff: Die Bewertung der Kienböck-Meßmethode im Privatinstitut 
für Röntgentiefentherapie. Berl. klin. Wochenschr. Jg. 58, Nr. 39, S. 1162—1163. 1921. 

Haupt und Pinoff halten die Kienböckmethode für die einzige, die für den 
Röntgenologen im Privatinstitut in Frage kommt. Sie glauben aber, daß eine Aus- 


90 Allgemeine Therapie. 


dosierung der heutigen Präzisionsröhren (!) zwecklos ist, da die durch wechselnde 
Primärspannung und Luftfeuchtigkeit während der Bestrahlung auftretenden Schwan- 
kungen in der Röhrenbelastung weit größer sind. als die durch die Röhrenqualität 
bedingten. Wintz. 


Rapp, H.: Über eine neue Dickfiltermethode für die Röntgentherapie. (Sama- 
rilerh., Heidelberg) Münch. med. Wochenschr. Jg. 68, Nr. 3, S. 73—74. 1921. 

Der Verf. glaubt bei einer Filterung mit 3 mm Zn (Symmetrie-Apparat, SHS-Röhre, 
2,2 M. A., 38 cm Funkenstrecke) bessere Erfolge in der Carcinomtherapie erzielt zu haben, 
als mit geringerer Filterung. Da die Haut-Einheitsdosis bei 23 cm F.-H.-Abstand hierbei erst 
in 8 Stunden erzielt wird, wird die Bestrahlung ohne nachteilige Wirkung in kleinere tägliche 
Einzeldosen auseinandergezogen. Rump (Erlangen). 

Perussia, Felice: I filtri in röntgenterapia profonda. (Die Filter in der Röntgen- 
tiefentherapie.) (Istit. clin. di perfez., Milano.) Radiol. med. Bd. 8, Nr. 6, S. 321 
bis 326. 1921. 

Verf. stützt sich auf die Seitz-Wintzschen Messungen und die Filteruntersuchungen 
von Dessauer und Fürstenau und bringt nichts Neues. Langer (Erlangen). 

Dessauer, F. und F. Vierheller: Die Tiefenwirkung der Röntgenstrahlen. 
(Univ.-Inst. f. physikal. Grundl. d. Med., Frank/urt a. M.) Strahlentherapie Bd. 12, 
H. 3, S. 655—690. 1921. | 

Die Verff. ermitteln in einer umfangreichen Arbeit nach einem photographischen 

Verfahren die Intensitätsverteilung der Röntgenstrahlen im Wasserphantom, zunächst 
in den sogenannten ‚‚Zentralstrahlen“ und seitlich von diesen. Die Messungen sind durch- 
geführt für verschiedene Strahlenqualitäten, verschiedene Fokusoberflächenabstände 
und verschiedene Einfallsfelder. Auf Grund der Meßergebnisse wird für 1, 2 und 4 
Einfallsfelder die Verteilung der Strahlungsintensität im Innern eines homogenen 
Körpers graphisch dargestellt. Rump (Erlangen). 


Morlet: Radiothérapie profonde. (Röntgentiefenbehandlung.) Journ. de radiol. 
Bd. 10, H. 2. S. 69—88. 1921. 

Verf. geht auf die Entwicklung der Röntgentiefentherapie ein und bespricht die 
Ovarialdosis, die Carcinom-, die Sarkomdosis und die Tiefenbehandlung der Tuber- 
kulose. Dabei werden die Methoden der Carcinombestrahlung eingehend besprochen. 
Zur Behandlung der Tuberkulose stellt Verf. folgende Grundsätze auf: 1. Man soll 
alle Tuberkulosen mit kleinen Dosen, nie über 3 H. alle 8—10 Tage bestrahlen, im 
ganzen 3 mal, dann nach 1 Monat Zwischenzeit die Bestrahlung wiederholen. 2. Die 
Behandlungsserie darf nie zu lang sein, in einer Serie dürfen nicht mehr wie 30 H. 
verabreicht werden. 3. Man soll nur ausnahmsweise mehrere Einfallspforten nehmen, 
vor allem bei dünnen Extremitäten, Unterarm und Unterschenkel, denn ein großer 
Teil der Strahlung durchdringt das Glied und schädigt auch die Haut der Rückseite. 
Außerdem werden durch mehrere Einfallspforten in der Tiefe sehr hohe Dosen erreicht 
und man kann in der Tiefe Verbrennungen bekommen. 4. Bei den Tuberkulosen, 
vor allem Knochentuberkulosen, ist die Haut außerordentlich empfindlich. Außer 
der Röntgenbehandlung wird auch Allgemeinbehandlung vorgenommen, so mit künst- 
licher Höhensonne, etwa alle 3 Wochen, im ganzen 5—6 Behandlungen. Die Be- 
strahlung wird auch nur von einer Seite ausgeführt. Tritt kein Erfolg ein, dann wird 
mit der Quarzlampe allein weiterbehandelt. Sehr zu fürchten sind die Spätschädi- 
gungen, also das spät auftretende Hautulcus. Besonders empfindlich ist die Haut 
vom Hals, der Subclaviculargegend, der Inguinalgegend und überhaupt an allen Stellen, 
wo die Haut direkt dem Knochen aufliegt, wie am Handgelenk, am Fußrücken und 
am Handrücken, ganz besonders, wenn die darunter liegenden Gelenke erkrankt sind. 
Im allgemeinen ist das Ruhigstellen der Extremitäten anzuraten, wenn sie auch Verf. 
nicht immer ausgeführt hat. E. Zweifel (München). 


Böclöre, M.: Que doit-on espérer et que peut-on craindre de l’emploi, em 
radiothérapie profonde, de rayons très penetrants? (Was hat man zu erhoffen, was 


Röntgenologie. — Technik. — Biologie. 91 


zu befürchten von der Verwerdurg harter Strahlentherapie?) Journ. de radiol. et 
d’electrol. Bd. 5, Nr. 9, S. 385—391. 1921. 

Beclere kann die Verwendung großer Dosen hoher Spannung nicht für alle 
Zwecke der Tiefentherapie gutheißen. Die Aufstellung einer limitierbaren Sarkom- 
oder Carcinomdosis (Seitz und Wintz) hält er für ebenso untunlich wie Kehrer. 

Bracht (Berlin). 

Haupt und Pinoff: Zur Fernfeldwirkung in der Röntgentiefentherapie. Dtsch. 

med. Wochenschr. Jg. 47, Nr. 15, S. 415—416. 1921. 


c) Technik. 


Stockfleth, Viggo und Hans Waagø: Über Röntgenphotographie mit Film. 
Einige Untersuchungen und Erfahrungen aus der Praxis. Hospitalstidende Jg. 64, 
Nr. 37, S. 577—584. 1921. (Dänisch.) 

Verff. empfehlen einen Film, der auf beiden Seiten mit Emulsion beschickt ist, 
wodurch eine raschere Schwärzung mit Röntgenstrahlen erzielt wird. Bei schwierigeren 
Röntgenaufnahmen wird ein besonderer Verstärkungsschirm, bei besonders schwierigen 
eine Combination von 2 Schirmen verwendet. Das feine Korn der Schirme wird eigens 
hervorgehoben. Auf diese Weise konnten Abkürzungen der Belichtungszeit und un- 
gemein feinkörnige und schöne Negative erreicht werden. Die beiderseitige Beschickung 
des Filmes mit Emulsion erfordert eine besonders vorsichtige Entwicklung. Eine ent- 
sprechende Methode, Apparatur und eigene Rezepte für Entwickler und Fixierbad 
werden mitgeteilt. Verff. halten diesen Film einerseits für besser als die Platte, anderer- 
seits wegen der leichteren Versendbarkeit, Unzerbrechlichkeit, wegen geringerer In- 
anspruchnahme von Raum und der Möglichkeit, ihn dem Krankenjournal beizufügen, 
auch für praktischer. Saenger (München). 


Levy, Leonard and T. Thorne Baker: The reduction of radiographie exposures 
to one twenty-fifth of the normal amount by means of the „impex“ X-ray plate. 
(Die Verkürzung der Belichturgszeit bei Röntgenaufnahmen um ein Fürfund- 
zwanzigstel der Normalzeit durch die ‚Impex‘“-Röntgenplatte. Americ. journ. of 
roentgenol. Bd. 8, Nr. 9, S. 528—535. 1921. 

Verf. hat eine Röntgenplatte konstruiert, die er ‚„Impex‘-Platte nennt, eine 
Platte, die einen besonderen Silberbromid-Emulsionsbelag besitzt, der wiederum mit 
besonders präpariertem fluorescierenden Calcium-Wolframat bedeckt ist. Diese Platte 
soll erlauben, die Expositionszeit um ein Zwanzigstel oder ein Dreißigstel abzukürzen. 
Die Grundlagen für diese Tatsache erblickt der Verf. in der Fluorescenzstrahlung des 
Calcium-Wolframates für die er ein Emmissionsspektrum beifügt. Der zweite Teil der 
Arbeit schildert die sehr einfache Entwicklung dieser Platten mit normalem Entwickler. 

Flaskamp (Erlangen). 
d) Biologie. En 

Petry, Eugen: Zur Kenntnis der Bedingungen der biologischen Wirkung der 
Röntgenstrahlen. I. Mitt. (Landeskrankenh. Graz.) Biochem. Zeitschr. Bd. 119, 
S. 23—44. 1921. 

Petry hat in einer zweifellos wertvollen experimentellen Studie Grundlegendes über 
die Wirkungsart der Röntgenstrahlen auf die organische Zelle ermittelt. Es dienten 
zu seinen Versuchen junge Weizenkeimlinge. Petry erläutert, daß die Frage der plötzlich 
einsetzenden Empfindlichkeit der Keimlinge im Gegensatz zu dem refraktären Verhalten 
der ruhenden Samen verschiedene Möglichkeiten der Erklärung zuläßt, daß es sich 
hier um eine Reihe von Teilvorgängen handelt, deren jeder für das Zustandekommen 
der erhöhten Radiosensibilität in Frage kommen könnte. Schon die den Keimungs 
prozeß einleitende Quellung könnte geeignet erscheinen, das Substrat empfindlicher zu 
gestalten, sodann die Aktivierung der Profermente des ruhenden Samens. In Frage 
käme ferner die fermentative Aufspaltung der hochmolekularen Reservestoffe in eine 


92 Allgemeine Therapie. 


größere Zahl kleinerer Molekülgrößen. Fernerhin handelt es sich in der chemischer 
Differenzierung des Samens zur Keimpflanze wahrscheinlich um die Bildung neuer 
Zellbestandteile, die eine höhere Radiosensibilität aufweisen könnten. Zum Schluß 
kommt neben der Quellung und Änderung der chemischen Zusammensetzung als 
weiterer Teilvorgang der Keimung der durch die Imbibition der Samenhülle ermög- 
lichte Zutritt von Sauerstoff zum Samen und die hiermit eingeleitete Atmung als 
sensibilisierender Faktor in Frage. P. sucht diese für die Sensibilisierung in Frage 
kommenden Momente zu isolieren, um unter Ausschaltung oder zeitweiliger Unter- 
drückung eines derselben während des Keimvorganges den Einfluß dieses Momentes 
auf die gesteigerte Empfindlichkeit zu ermitteln. Als besonders wissenswert erscheint 
ihm in diesem Zusammenhange eine Beeinflussung der Oxydationsvorgänge auf experi- 
mentellem Wege und ihrer Wirkung auf die Strahlenempfindlichkeit. Keimlinge, 
deren Atmung beeinträchtigt wird, oder denen vorübergehend der Sauerstoffzutritt 
abgeschnitten wird, stellen dann hinsichtlich ihrer Zusammensetzung einen Zustand 
vorgeschrittener chemischer Differenzierung dar, so daß aus dem Ergebnis klar hervor- 
gehen muß, ob die Empfindlichkeit aus der chemischen Differenzierung resultiert 
oder durch das Einsetzen der Atmung ausgelöst wird. Von nicht zu verkennender 
Bedeutung ist überdies, daß die für die Versuche gewählten Bedingungen zugleich auch 
die Zuwachsbewegung hemmen und somit zugleich eine weitere Frage durch diese 
Experimente entschieden wird, ob nämlich der Wachstumsvorgang selbst die wach- 
sende Zelle empfindlicher macht, oder ob die chemische Zusammensetzung der wach- 
senden Zelle den Ausschlag gibt. Die starke Herabsetzung der Atmung der Weizen- 
keimlinge durch Kälte, in anderen Versuchsreihen durch Eintauchen. in Cyankali- 
lösung sowie die Verbringung in den Zustand der Anoxybiose unter Verwendung der 
Buchner-Kammer haben die Radiosensibilität intakt gelassen. Es erhellt also aus den 
Versuchen, daß die Anwesenheit molekularen Sauerstoffs keine unerläßliche Bedingung 
für das Zustandekommen der Strahlenreaktion darstellt. Sodann hat sich gezeigt, 
daß die Reaktion zu ihrem Zustandekommen auch das Mitspielen von körpereigenen 
Verbrennungsvorgängen nicht benötigt, also einen nicht durch funktionelle Momente 
bedingten, sondern vielmehr in der chemischen Zusammensetzung der Gewebe allein 
bedingten Vorgang darstellt. Einen Vorgang, der sich durch seinen Temperatur- 
koeffizienten als den photochemischen Reaktionen verwandt darstellt und vermutlich 
nur in einer rein photochemischen Veränderung eines wichtigen Zellbausteines besteht. 
Bracht (Berlin). 

Cattani, Paul: Die leistungssteigernde Wirkung der Röntgenstrahlen und ihre 
Bedeutung für eine Theorie der Arzneiwirkung. Schweiz. Rundschau f. Med. Bd. 21, 
Nr. 44, S. 517—523, Nr. 45, S. 529—535 u. Nr. 46, S. 541—544. 1921. 

Verf. bespricht die bisher gemachten Beobachtungen über Leistungssteigerung 
durch Röntgenstrahlen. Meist sind es kleinste Dosen, die bei Bakterien Virulenz- 
steigerung, bei Pflanzen Wachstumsbeschleunigung hervorrufen. Ekzem- und 
Psoriasisbestrahlungen in kleinen Dosen erzielen ihre Heilerfolge auch durch 
Funktionssteigerung. Für Psoriasis gibt es eine opitmale Dosis, deren Überschreiten 
schlechtere Resultate ergibt. Therapeutisch ist die Beschleunigung des Haar- 
wachstums durch kleinste Dosen noch wenig benutzt worden. Obwohl Bildung von 
Haarpigment bei blonden oder ergrauten Haaren nach Bestrahlung beobachtet worden 
ist, ist die Empfehlung der Röntgenstrahlen von französischer Seite als Haarfärbe- 
mittel etwas voreilig. Der Verminderung des Speichelflusses z. B. bei Bartepilation 
soll u. U. während der Sitzung vermehrter Speichelfluß vorangehen. Schlecht hei- 
lende Wunden, Mal perforant werden durch Reizbestrahlung gebessert. Die 
Erfolge Brocks mit Thymusbestrahlung der Psoriasis werden bestätigt. Verf. 
gibt 1 Sabourauddosis durch 0,5 Zink + 1 mm Al, 10—12 We, 30 cm Fokushautabstand, 
Coolidgeröhre; Kindern höchstens die Hälfte. Ebenso wie bei Amenorrhöe durch 
Ovarreizbestrahlungen Erfolge erzielt werden können, müßten gewisse Formen von 


Röntgenologie. — Biologie. 93 


Impotenz durch Hodenbestrahlungen gebessert werden können. BeiSklerodermie 
ist die Thymusbestrahlung aussichtsreich. Für Tuberkulose gibt es keine „Tuber- 
kulosedosis‘; 1/,—/,, HED. wirken auf Lymphome besser als höhere Dosen. Fraen- 
kels biopositive Bestrahlung der Milz, Lymphdrüsen, des Knochenmarks zur Herbei- 
führung einer günstigen Lymphocytose ist berechtigt. Ebenso wie es Carcinome gibt, 
die sich der Ca-Dosis nicht fügen, gibt es auch Krebsheilungen bei geringerer Be- 
strahlung. — Die Strahlentherapie steht in Übereinstimmung mit der Protein- 
körpertherapie; auch hier schädigen zu hohe Dosen (z. B. bei Gicht, Blutern; ferner: 
proteinogene Kachexie). Nach Veilchenblau ist die optimale Dosis für Erysipel 
11!/, ccm Diphtherieserum = 4500 J. E. Viele therapeutische Mittel, auch scheinbar 
spezifische, Tuberkulin, organotherapeutische Präparate, Kollargol wirken parenteral 
gegeben als Proteinkörper. Aber auch die sonstigen Pharmaca wirken nach dem bio- 
logischen Grundgesetz (Arndt - Schulz): Kleine Dosen reizen, große hemmen. Ein 
Arzneimittel wirkt nur dadurch spezifisch, daß es auf eine bestimmte Zellart eingestellt 
ist; dort wirken aber alle Reize gleich, nur der Intensität nach verschieden. Sublimat, 
Jod wirkt in schwächsten Verdünnungen fördernd auf die Lebenstätigkeit von Hefe, 
Arsen ebenso auf Infusorien. Chinin in kleinen Dosen reizt die Spermatozoenbewegung, 
lähmt sie in großen Dosen. Beziehungen zur Homöopathie dürfen nicht erschrecken. 
Jod, das Erbrechen hervorruft, stillt es in kleinen Dosen. Chrysarobin verschlimmert 
in starken Konzentrationen die Psoriasis, die es in kleinen heilt. Schwefel erzeugt in 
großen Dosen Haarausfall, Acne, Furunkulose. Alles in allem: Bei der Wahl der Heil- 
mittel sollen aus heuristischen Gründen solche für Krankheiten genommen werden, 
die selbst in hohen Dosen ähnliche Symptomenbilder hervorrufen. Die 
Jagd nach hohen Dosen ist zu verwerfen; zwar ist es auch die nach den kleinen; die 
optimale, die bei einem Mittelwert liegt, ist zu suchen. Außer den biologischen 
sind es auch die kolloidchemischen Erfahrungen, die für die optimale Reaktionsfähigkeit 
bei Mittelwerten sprechen. Philipp Keller (Freiburg).°° 
Kaznelson, Paul und J. St. Lorant: Allgemeine Leistungssteigerung als Fern- 
wirkung therapeutischer Röntgenbestrahlungen. (I. med. Klin., dtsch. Univ., Prag.) 
Münch. med. Wochenschr. Jg. 68, Nr. 5, S. 132—135. 1921. l 
Kaznelson und Lorant haben diejenigen Veränderungen untersucht: die bei 
der Röntgenbestrahlung im Gesamtorganismus, insbesondere im Blut, resultieren, 
zum Unterschiede von den regionären Einflüssen am Orte der Bestrahlung selbst und 
gelangen zu dem Ergebnis, daß insbesondere nach Bestrahlung des Abdomens mit 
seinen zahlreichen Lymphknoten sowie auch der Milz allein sowohl der Fibrinogen- 
gehalt, der Blutzuckerspiegel sowie der Bilirubinspiegel erhöht sind, bei höheren Dosen 
auch die Gerinnungszeit verkürzt ist. Die große Ähnlichkeit aller dieser Veränderungen 
mit der Proteinkörperwirkung veranlaßt die Autoren zu der Annahme, daß die aus 
den zahlreich zugrunde gehenden Lymphocyten freiwerdenden Eiweißkörper diese 
Erscheinungen hervorrufen. Bracht (Berlin). 
Nordentoft, S.: Über reizende Wirkung kleiner Röntgendosen auf die Zell- 
funktionen. Ugeskrift f. laeger Jg. 83, Nr. 42, S. 1353—1357. 1921. (Dänisch.) 
Verf. bespricht zunächst Ste hans Erfolge mit der Milzbestrahlung bei Blu- 
tungen. Bei Kontrolluntersuchungen konnte er sich davon überzeugen, daß das eigent- 
liche Proferment, das wirksame thermolabile Koagulationsferment, nur durch Be- 
strahlung der Milz vermehrt werden kann. Die Reticulumzelle der Milz ist deshalb 
als Mutterzelle des Proferments anzusehen. Verf. benutzte homogene Bestrahlung, 
Feldgröße 10 : 12cm, Abstand 28cm und !/, Erythemdosis auf die Haut, wobei die 
in der Pulpa absorbierte Röntgendosis mit ungefähr !/,—!/,, Erythemdosis anzunehmen 
ist. Weiter erwähnt Verf. Stephans günstige Bestrahlungsresultate der Nieren in 
Fällen von Anurie bei Glomerulonephritis und des Pankreas bei Diabetes. Zum Schluß 
wird Brocks Mitteilung über die Behandlung der Psoriasis universalis durch Be- 
strahlung mit ganz kleinen Röntgendosen besprochen. Saenger (München). 


94 Allgemeine Therapie. 


Fiken, Hjalmar: Über die reizende Wirkung kleiner Röntgendosen auf die 
Zellfunktion. (Sanat. d. Nationalver., Skörping.) Ugeskrift f. laeger Jg. 83, Nr. 48, 
S. 1593—1595. 1921. (Dänisch.) | 

Fränkel, Manfred: Die Bedeutung der Röntgen-Reizstrahlen in der Medizin 
mit besonderer Einwirkung auf das endokrine System und seiner Beeinflussung 
des Careinoms. Strahlentherapie Bd. 12, H. 2, S. 601—638. 1921. 


Dessauer, F.: Wie verteilt sich die Röntgenstrahlenenergie im menschlichen 
Körper? (Inst. f. physik. Grundl. d. Med., Univ. Frankfurt a. M.) Dtsch. med. 
Woch: nschr. Jr. 47, Nr. 39, S. 1155—1159. 1921. 

Dessauer gibt einige Proben aus der ausführlichen Untersuchungsreihe über die 
Verteilung der Röntgenenergie in der Tiefe bekannt, die er zusammen mit Vierheller 
aufgestellt hat. Die systematisch-empirische Ermittelung der Dosenwerte im durch- 
strahlten Körperbereich ergibt manche Überraschung. So ändert sich beispielsweise 
das Verhältnis der Randintensität zur zentralen Intensität um 100% seines Wertes 
bei entsprechender Vergrößerung des Einfallsfeldes. Das Resultat der mühevollen 
Untersuchungen ist in übersichtlichen Schematen von Körpergröße festgelegt in Tafel- 
form und vom Institut für physikalische Grundlagen der Medizin zu beziehen. Bracht. 


Holzknecht, G.: Die Höhe der Röntgendosis vom biologischen Standpunkt. 
Mür ch. med. Wochenschr. Jg. 68, Nr. 37, S. 1180—1181. 1921. 

»... Wir sollen fortfahren, die einzeitige Höchstdosis für die malignen Tumoren 
zu suchen. Wir werden aber für fast alle anderen Krankheiten zurückkehren zu den 
mittleren und kleinen Teildosen .. .““ | Bracht (Berlin). 


Markovits, Imre: Biologische Versuche mit 8- und y-Strahlen an einzelligen 
Lebewesen. (Univ.-Inst. |. Krebsforsch., Charite, Berlin.) Gyögyäszat Jg. 1921, Nr. 37, 
S. 448—450. 1921. (Ungarisch.) | 

Als Versuchsobjekt wurde ein Infusorium, Paramaecium caudatum benutzt, dessen Tei- 
lungsgeschwindigkeit periodische Änderungen aufweist, welche sich in ca. 8 Wochen vollziehen; 
in den ersten 2 Wochen wächst die Geschwindigkeit der Zellteilung, dann bleibt dieselbe 
4 Wochen lang stationär, um dann für 2 Wochen wieder abzunehmen. Die tödliche Dose der 
Bestrahlung mit einem durch eine Kupferplatte filtrierten Mesothoriumpräparat war in 
der Periode der größten Vitalität (zweite Periode) 8—10 Stunden, während in der ersten und 
dritten Periode der Tod viel früher, schon nach 30—60 Minuten Bestrahlung, eintrat. Mit 
verzettelten Dosen ließ sich keine Differenz zwischen den Versuchs- und Kontrolltieren nach- 
weisen. In einer Versuchsreihe wurden in der Periode der größten Vitalität Bestrahlungen 
2 Wochen lang täglich 60, in einer anderen 2 Wochen lang täglich 90 Minuten, also insgesamt 
14 resp. 21 Stunden vollzogen, ohne irgendwelche Schädigung herbeizuführen. Einmalige Be- 
strahlung mit kleinen Dosen förderte ausgesprochen die Zellteilung. Es wurde an zahlreichen 
Versuchen, besonders an Pflanzen und Pflanzenkernen nachgewiesen, daß kleine Dosen von 
Radium- und Röntgenstrahlen reizend und wachstumsbefördernd, große Dosen lähmend 
und tötend auf die Lebenserscheinungen wirken. Laut diesen Versuchen ist dieses Gesetz 
auch auf einzellige Lebewesen gültig. Polya (Budapest)., 

Schmidt, Ernst Albert: Experimentelle und histologische Untersuchungen über 
den Einfluß der Röntgensirahlen auf die vitale Färbbarkeit der Gewebe. (Sama- 
riterhaus, Heidelberg.) Strahlentherapie Bd. 12, H. 2, S. 517—548. 1921. 

Schmidt prüft die Methode der vitalen Gewebsfärbung auf ihre Brauchbarkeit 
zum Nachweise von Röntgenveränderungen hin. Weißen Mäusen wurde vom 4. Tage 
nach einer Ganzbestrahlung ab etwa 0,7 ccm einer 1 proz. Trypanblaulösung an je 3 
aufeinanderfolgenden Tagen injiziert und das Tier nach weiteren 2 Tagen getötet und 
untersucht. Die Färbungsunterschiede gegenüber den nicht bestrahlten Kontrolltieren 
sind im allgemeinen derart, daß die Tinction der Zellen bei den bestrahlten Tieren 
überwiegt, sofern nicht; jeder Unterschied fehlt. Doch zeigen sich Unterschiede im 
Charakter der Färbung, die den Verf. zu der Folgerung führen, daß in einer Mehr- 
speicherung des Farbstoffes eine Funktionssteigerung der Zellen (durch Bestrahlung) 
zum Ausdruck kommt, leichte Schädigung der Zelle in schlechter Färbung (Diffus- 
färbung), schwere Veränderung (Nekrose usw.) in einem Versagen der Vitalfärbung - 


Röntgenologie. — Biologie. 95 


(Auftreten der postmortalen Färbung: Kernfärbung usw.), sich äußert. „Die starken 
Färbedifferenzen bestrahlter und unbestrahlter Bindegewebszellen weisen auf eine 
wichtige Rolle des Bindegewebes bei den Strahlenwirkungen hiv.“ Bracht (Berlin). 

Haendiy, P.: Paihologisch-anatomische Ergebnisse der Strahlenbehandlung. 
(Univ.-Frauenklin., Berlin.) Strahlentherapie Bd. 12, H. 1, S. 1—87. 1921. 

Haendly hat an dem Sektionsmaterial der Universitäts-Frauenklinik zu Berlin, 
Artilleriestraße, die Frage der Elektivität der Röntgen- und Radiumstrahlen gegenüber 
der Carcinomzelle einer eingehenden histologischen Untersuchung unterworfen und 
insbesondere auf die Strahlenempfindlichkeit des Bindegewebes und seiner Derivate 
im Vergleich mit derjenigen der Carcinomzelle sein Augenmerk gerichtet. Besonders 
an der Hand einer Reihe von Fällen, in denen die Strahlenbehandlung aus irgend- 
welchen Gründen versagt hatte und den letalen Ausgang nicht aufhalten konnte, 
kommt H. zu dem Resultate, daß eine Elektivität der Strahlen gegenüber der Carcinom- 
zelle weder in absolutem noch auch nur in relativem Sinne besteht. Das Bindegewebe 
erwies sich H. stellenweise beträchtlich empfindlicher als das Carcinom. Während 
die der Radiumquelle näher gelegenen Tumorpartien unversehrt geblieben waren, 
zeigten weiter entfernt gelegene Bindegewebspartien die deutlichen Zeichen der Dege- 
neration in Form von Sklerosierung, hyaliner Degeneration. Niemals aber fand sich 
eine Volumenzunahme der bestrahlten Tumorpartien, wie sie eine stärkere Binde- 
gewebszunahme hätte zur Folge haben müssen, sondern stets eine Abnahme. Eine 
Wucherung des Bindegewebes hält sich stets in den Grenzen der Substanzverlust- 
deckung. So allein erklärt sich auch das völlige Verschwinden selbst bindegewebs- 
reichster Tumoren (Scirrhus der Mamma usw.). Bracht (Berlin). 

Strauß, Otto: Zum Verhalten des Blutdruckes nach Röntgenbestrahlung. (Kaiser 
Wilhelm- Akad. Í. ärztl.-soz. Versorgungsw., Berlin.) Fortschr. a. d. Geb. d. Röntgenstr. 
Bd. 28, H. 5, S. 467—472. 1921. 

Strauß bezweifelt auf Grund eigener Tierversuche die Befunde Descatellos 
und anderer, die nach Bestrahlung der Nebennieren eine Verkleinerung des Organes 
beobachten zu können glaubten, sowie eine Adrenalinverminderung im Blute. An- 
zeichen irgendwelcher Degeneration vermißte S. an Rinden- sowie Markzellen selbst 
nach Verabreichung tödlicher Dosen. Über das Zeitintervall zwischen Bestrahlung 
und Untersuchung fehlt die Angabe. S. hält demgemäß die Strahlenbehandlung der 
Hpypertensionszustände für nicht genügend begründet. Bracht (Berlin). 

Nürnberger: Über das Verhalten des Blutzuckers nach Röntgenbestrahlungen. 
(Univ.-Frauenklin., Eppendorfer Krankenh., Hamburg.) Strahlentherapie Bd. 12, H. 3, 
S. 732—741. 1921. 

Nürnberger unterwirft den Kohlenhydratstoffwechsel des Gesunden nach 
Röntgenbestrahlung zum ersten Male der Untersuchung. Die Voruntersucher hatten 
stets nur den Einfluß der Bestrahlung bei Diabetikern geprüft. 10 Fälle, die wegen 
ovarieller Blutungen bestrahlt wurden, zeigten zu 90%, d.h. bis auf eine Ausnahme, 
einen nicht unbeträchtlichen Anstieg des Blutzuckergehaltes. Niemals jedoch trat . 
Zucker im Harn auf. N. weist auf den strengen Parallelismus zwischen der Glykämie 
und der Lymphocytenzahl hin und führt die Zuckervermehrung auf den erhöhten Zer- 
fall der Lymphocytenkerne zurück, in Anbetracht der nahen Beziehungen des Eiweiß 
zum Kohlenhydratstoffwechsel. Der Körper hat die Fähigkeit, stickstoffhaltige Eiweiß- 
produkte unter Desamidierung in Kohlenhydrate umzuwandeln. Überdies besitzt das 
Nucleinsäuremolekül eine Kohlenhydratgruppe. Bracht (Berlin). 

Heimann, Fritz: Zur Biologie des bestrahlten Ovariums. (Univ.-Frauenklin., 
Breslau.) Strahlentherapie Bd. 12, H. 3, S. 793—795. 1921. 

Heimann teilt einen Fall von gesteigerter Libido sexualis mit, der auf Röntgen- 
bestrahlung trotz völligen Sistierens der Menses nur eine ganz vorübergehende Besse- 
rung erfuhr, nach Exstirpation von Ovarien und Uteruskörper jedoch völlig geheilt 
wurde. Auch einen weiteren Fall von Entwicklung einer Ovarialcyste nach erfolgreicher 


96 Allgemeine Therapie. 


Myombestrahlung sieht er als ein Andauern gewisser Ovarialfunktionen an nach völliger 
Ausschaltung der die Konzeption und Menstruation steuernden Partien. Bracht. 

Werner, Paul: Zur Kenntnis der Generationsvorgänge nach der Röntgen- 
und Radium-Tiefenbesirahlung. (II. Uniw.-Frauenklin., Wien) Münch. med. 
Wochenschr. Jg. 68, Nr. 25, S. 767—768. 1921. 

Nach Röntgen- und Radiumbestrahlungen in den heute üblichen Dosen (bei 
Myom und Metropathie) kann Schwangerschaft später wieder eintreten (selbst wenn 
die Bestrahlung bis zur Amenorrhöe getrieben war). Eine Gefahr für den Verlauf der 
Schwangerschaft und der Geburt ist nicht zu erwarten (vielleicht etwas häufiger Abort). 
Die Kinder zeigen bei der Geburt keine auf die Bestrahlung zurückzuführende Schädi- 
gung. In den späteren Jahren scheint ein gewisses Zurückbleiben im Wachstum und 
Gewicht einzutreten. | ~ Aschheim (Berlin). 
Wieloch, J., Über Geschlechtsbeeinflussung durch Röntgenstrahlen. (Univ.-Frauen- 

klin., Marburg a. L.) (Strahlentherapie Bd. 18, H. 1, S. 114—125.) 

VgL Referat S. 53. 

Fraenkel, L. und Fr. Chr. Geller, Hypophysenbestrahlung und Eierstocktätigkeit, 

Klin. Wochenschr. Jg. 58, Nr. 22, S. 565—570.) 


Vgl. Referat S. 126. 
Fraenkel, Manfred, Die Wirkung der Röntgenstrahlen im Hinblick auf Vererbung 


und Verjüngung. (Arch. f. Frauenk. u. Eugenet. Bd. 7, H. 4, S. 254—263.) 

Vgl. Referat S. 50. 

Vogt, E.: Über die Beziehungen der Milzbestrahlung zu den verschiedenen 
Abschnitten der Geschlechistätigkeit. (Univ. Frauenklin., Tübingen.) Med. Klinik 
Jg. 17, Nr. 33, S. 991—992. 1921. 

Technik: Rechte Seitenlage. 0,5 mm Zink, 1 mm Aluminium, Fokus-Hautabstand 28 cm. 
Feldgröße 10,15 cm. Zur therapeutischen Bestrahlung ca. !/,, zur prophylaktischen !/, H.E.D. 
Die Erhöhung der Gerinnungsfähigkeit ist am größten 15—20 Stunden nach der Bestrahlung 
und hält 2—3 Tage an. Es ließ sich an einem aus den verschiedensten geburtshilflichen und 
gynäkologischen Affektionen zusammengesetzten Material nur in ca. 50%, (unter 68 Fällen) 
eine Beschleunigung der Blutgerinnung feststellen. Von einer weitergehenden Wirkung einer 
„Reizbestrahlung‘‘ der Milz, als auf dieses Organ selbst konnte Verf. sich nicht überzeugen, 
besonders nicht von einer Wechselwirkung zum Ovarium. Seitz (Gießen). 

Förster, Walter: Röntgenbestrahlungen der Milz zur Hebung der Leukocytose. 
Ein Beitrag aus der Praxis. Strahlentherapie Bd. 13, H. 1, S. 201— 203. 1921. 

Förster sah in 3 Fällen schwerer, akuter Tritonitis von Milzbestrahlung einen 
sehr günstigen Erfolg. (23cm Abstand, 13 We-harte Coolidge-Röhre, 2!/, Milli- 
amp., 3 mm Alum.) | Bracht (Berlin). 

Hütten, Fritz von der: Carcinom und Milzreizbestrahlung. (Chirurg. Univ.- 
Klin., Gießen.) Strahlentherapie Bd. 13, H. 1, S. 197—200. 1921. 

Von der Hütten schlägt vor, die Bestrahlung des Carcinoms mit Milzbestrahlung 
zu kombinieren, um durch die zerfallenden Lymphocyten mit der diesen eigenen 
epitheltoxischen Wirkung entweder direkt auf das Carcinom einzuwirken, oder indirekt 
eine Resistenzerhöhung des Bindegewebes zu erzielen. Wird aber das Bindegewebe 
durch den Lymphocytenzerfall gereizt und damit wiederum radiosensibler, so würde 
sich empfehlen, die Milzbestrahlung der Carcinombestrahlung folgen zu lassen. Bracht. 

Hausser, K. Wilhelm und Wilhelm Vahle: Die Abhängigkeit des Lichierythems 
und der Pigmentbildung von der Schwingungszahl (Wellenlänge) der erregenden 
Strahlung. (Physikal. Laborat., Siemens-Halske A.-G., Wernerwerk-M., Berlin-Stemens- 
stadt.) Strahlentherapie Bd. 13, H. 1, S. 41—71. 1921. 

Hausser und Vahle haben in einer sorgfältig aufgebauten Versuchsanordnung 
die menschliche Haut (Unterarm) mit spektral homogenem Licht verschiedener Wellen- 
länge bestrahlt, um die verschiedenen Teile des sichtbaren, sowie unsichtbaren Spek- 
trums auf ihre Wirkung bezüglich Erythem- und Pigmentbildung zu prüfen. Ein 
Quarzspektralapparat lieferte die Lichtbündel verschiedener, genau definierbarer 
Schwingungszahlen. Um die Bestrahlungen mit verschiedenen Wellenlängen auf ein 


Röntgenologie. — Biologie. 97 


einheitliches Energiemaß zurückzuführen, wurde als Tertium comparationis die Wärme- 
lieferung der verschiedenen Strahlengattungen herangezogen, gemessen an der Thermo- 
säule. Als Resultat ergab sich eine erheblich geringere Wirkung der kurzwelligen 
Strahlen, indem bei etwa 300 uu ein Maximum der Wirksamkeit bestand. Zu berück- 
sichtigen ist hierbei, daß an dieser Wellenlängengrenze auch gerade die Absorption des 
kurzwelligen Lichtes stark zu steigen beginnt und somit die Möglichkeit gegeben ist, 
daß zu geringe Hautschichten betroffen werden und die Oberschichten in puncto Erythem- 
und Pigmentbildung träger reagieren. Die Verff. knüpfen an ihre Resultate Vorschläge 
für die Dosimetrie der therapeutisch so viel verwendeten Quarzlampen. Bracht. 
David, Oskar: Über die Capillarmikroskopie des Röntgenerythems. (Med. 
Univ.-Klin., Halle a. S.) Zentralbl. f. inn. Med. Jg. 42, Nr. 35, S. 697—700. 1921. 
Schwellung der Schaltstücke der Capillaren ist die erste Reaktion auf Röntgen- 
bestrahlung noch vor der klinisch sichtbaren; die Erweiterung setzt sich dann auf den 
venösen und arteriellen Schenkel fort. Bei Stauung des zu bestrahlenden Gliedes tritt 
diese Veränderung noch früher auf (in 2, statt in 6 Tagen). Individuelle Verschieden- 
heiten; z. B. bei Nephritikern frühere Reaktion als bei Gesunden, ebenso bei Vasomotc- 
rikern, Vagotonikern, Basedowkranken, was wahrscheinlich mit der Größe der Capillaren 
zusammenhängt. In diesen Fällen ist auch die Rückbildung der Reaktion sehr verlang- 
samt. Die praktische Bedeutung dieser Befunde liegt in der Prognose der indi- 
viduellen Empfindlichkeit, wodurch eine sichere Basis für die Dosierung ge- 
wonnen wird. - Johann Saphier (München). °° 
Redfield, Alfred C. and Elizabeth M. Bright: The physiological changes pro- 
duced by radium rays and ultra-violet light in the egg of nereis. (Laborat. of 
physiol., Harvard med. school, Cambridge a. univ., Toronto.) Journ. of phy:iol. Bd. 55, 


Nr. 1/2, S. 61—85. 1921. 

Die vorliegende Arbeit enthält keine neuen Versuchsergebnisse. Die Resultate der Arbeit, 
wie z. B. daß der histologische Effekt eine Funktion der absorbierten Energie ist und damit 
von der Eindringungsfähigkeit der verschiedenen Lichtstrahlen abhängig ist, sind bekannte 
Tatsachen. Auch die sonstigen biologischen Ergebnisse sind durch die klassischen Unter- 
suchungen von O. Hertwig, Krönig und Friedrich u.a. bereits. festgelegt. 

Friedrich Voliz (München). 


Ulrieh: Lassen sich nach Röntgenbestrahlungen durch das Ultramikroskop 
Veränderungen der Erythrocyten nachweisen? (Hosp. z. Heiligen Geist u. Inst. f. 
Kolloidchem., Frankfurt a. M.) Strahlentherapie Bd. 13, H. 1, S. 145—147. 1921. 

Ulrich kann auch im Ultramikroskop bei Dunkelfeldbeleuchtung an den roten 
Blutkörperchen bestrahlter Personen irgendwelche Strukturveränderungen nicht fest- 
stellen. Auch das Vielfache der üblichen Hauttoleranzdosis vermag die in vitro be- 
strahlten Erythrocyten in ihrer Struktur nicht zu beeinflussen. Bracht (Berlin). 

Masieri, N.: Influenza della Röntgenterapia sulla composizione morfologica 
del sangue. (Über den Einfluß der Röntgentherapie auf die morphologische Zu- 
sammensetzung des Blutes.) Zeitung der Hospitäler und Kliniken Nr. 31 vom 
9. Okt. 1921. (Istit. di clin. ostetr. e ginecol., uniw., Roma.) Gazz. d. osp. e d. clin. 
Jg. 42, Nr. 81, S. 962—964. 1921. 

Masieri beobachtet an 50 Fällen von bestrahlten Neoplasmen des Uterus die Ver- 
änderung des Blutes. Er weist namentlich auf die Untersuchungsergebnisse von Siegel 
hin, mit denen seine Untersuchungen zum Teil nicht zusammenstimmen. Technik der 
Betrahlung bei Carcinom des Uterus und der Portio: Erlanger Schule. Er unterscheidet 
leichte Fälle von Portio-Carcinomen, d. h. Ca-Befund bei gutem Allgemeinzustand 
des Patienten und fast normalem Blutbefund. In solchen Fällen wurde immer eine 
Verminderung der Erythrocyten beobachtet, ebenfalls eine Herabsetzung des HgCl- 
Gehaltes, niemals eine Vermehrung der roten Blutkörperchen, wie es Siegel beobachtete. 
Die Verminderung beträgt 3 Tage nach der Bestrahlung im Mittel 5—12% ; am 7. Tage 
ist die Zusammensetzung der roten Blutkörperchen wieder normal. Bei schweren 
Fällen mit schlechter Blutzusammensetzung oder selbst nur bei geringem Hglb.- 


Jahresbericht f. d. ges. Gynäkologie 1921. 7 


98 Allgemeine Therapie. 


Gehalt zeigte der Kranke schlechte Erholungstendenz. War der Hglb.-Gehalt bei diesen 
Kranken nur 15%, unter der Norm, so sank er nach 3—6 Tagen um 25— 30%, in einigen 
Fällen sogar um 40%; in schlechtesten Fällen ging das Hglb. bis auf 40% insgesamt 
herunter. Diese Fälle gingen nicht auf den normalen Zustand zurück, sondern zeigten 
kachektische bis prämortale Symptome. Morphologische Veränderungen der roten 
Blutkörperchen wurden niemals gefunden, ebenfalls im Gegensatz zu Siegel. Die 
Leukocytenveränderungen stimmten mit Beobachtungen anderer Forscher überein. 
Neutrophile Leukocytose nach der Bestrahlung wurde nur für einige Stunden 
beobachtet im Gegensatz zu Siegel, welcher die Leukocytose 3—6 Tage lang beob- 
achtet haben will. Danach setzte fast immer absolute Leukopenie und Lymphopenie 
ein. Diese absolute Lymphopenie ging bis auf 3—4%, in einigen Fällen herunter und 
merkwürdigerweise war diese Lymphopenie fast immer mit der Verminderung oder 
dem Schwund der großen Mononucleären begleitet. Die Beobachtung erscheint M. 
deshalb besonders interessant, weil über die Entstehung der Mononucleären noch 
Meinungsverschiedenheiten unter den Hämatologen herrschen (Entstehung aus der 
Iymphatischen oder aus der myeloischen Serie). M. möchte auf Grund der oben ge- 
machten Beobachtung zu der Annahme neigen, daß die Mononukleären aus der lympha- 
tischen Reihe stammen. Gradueller Schwund der eosinophilen Leukocyten bei Fällen, 
welche zur Kachexie neigen, ist prognostisch als schlechtes Zeichen zu verwerten. 
Steigende Eosinophilie ist prognostisch günstig. Bei völligem Verschwinden der Eosino- 
philen wurde niemals ein Zurückgehen auf gute Allgemeinkonstitution und auf normale 
Blutzusammensetzung beobachtet. Wenn normale eosinophile L. oder vermehrte 
eosinophile L. vorhanden sind, ist die Prognose immer günstig. — Kurz: Wenn der 
Tumor weiter wächst — auffallende Blutveränderungen; wenn der Tumor durch die 
Röntgenbestrahlung günstig beeinflußt wird, schnelle Rückkehr zum normalen Blutbild. 
Langer (Erlangen). 

Zumpe, Rudolf: Die Veränderung des Blutbildes und ihre prognostische Be- 
wertung in der Strahlentherapie des Careinoms. (Univ.-Frauenklin., Charie, Berlin.) 
Strahlentherapie Bd. 12, H. 3, S. 696—731. 1921. 

Zumpe hat in einer eingehenden Arbeit das Verhalten der korpuskulären Ele- 
mente des Blutes bei Röntgenbestrahlung studiert, insbesondere auf die Bedeutung 
der Veränderungen in prognostischer Hinsicht bei Bestrahlung maligner Tumoren. 
Z. kommt zunächst zu dem Resultat, daß das jeweilige Blutbild von einer derart großen 
Reihe verschiedener Faktoren abhängig ist, daß nur unter Berücksichtigung aller ein- 
zelnen Einflüsse eine Bewertung und insspezielle prognostische Würdigung der Ver- 
änderungen möglich ist. Als wesentliche Faktoren für die Beeinflussung des Blutbildes 
kommen in Frage: Voraufgegangene Blutverluste, konstitutionelle Erkrankungen, 
wie exsudative Diathese, Skrofulose, Tuberkulose, Gicht, Diabetes. Sodann ist der 
Aufbau des Blutbildes abhängig von der strahlentherapeutisch zu behandelnden Er- 
krankung und wird sich je nach Vorhandensein einer bösartigen Geschwulst, sowie 
nach deren Größe und Ausbreitungsart (Lymphdrüsen — Knochenmarksmetastasen) 
sich sowohl primär sowie auch in seiner Beeinflußbarkeit außerordentlich verschieden 
verhalten. Dann spielen im Einfluß auf die Blutbildveränderungen eine wichtige Rolle 
Zahl und Größe der Drüsen, sowie insbesondere der Ort der Applikation, ob blutbildende 
Drüsen, Knochenmark oder nur zirkulierendes Blut getroffen wird. Im allgemeinen 
läßt sich sagen, daß die Prognose abhängig ist von der Fähigkeit des Blutes zur Resti- 
tution ad integrum nach der Bestrahlung. Dauernde Lymphopenie nach Bestrahlung 
eines malignen Tumors färbt die Prognose ungünstig, falls es sich nicht etwa um eine 
durch Neutrophilie bedingte, also nur relative, handelt. Bracht (Berlin). 

Leitch, Archibald: The immediate effects of Xrays on the blood lymphocytes. 
A critical study. (Die unmittelbaren Wirkungen der Röntgenstrahlen auf die Blut- 
lymphocyten.) Arch. of radiol. a. electrotherapy Bd. 26, Nr. 4, S. 122—128. 1921. 

Verf. bezweifelt, daß es sich in den von Russ veröffentlichten Versuchen, in 


Röntgenologie. — Biologie. 99 


welchen bereits nach einer Bestrahlung von wenigen Sekunden die Zahl der Lympho- 
cyten um 50%, abnahm, wirklich um eine Zerstörung der Hälfte der im Blute kreisenden 
Zellen dieser Gattung gehandelt habe. Auch in seinen Versuchen zeigte sich an Ratten 
die Abnahme der Blutlymphocyten auf die Hälfte nach 5 Minuten Bestrahlung, ähn- 
liche Schwankungen (15—-59%, Abnahme) wurden aber auch dann gefunden, wenn die 
gleichen Manipulationen mit den Ratten vorgenommen wurden ohne Einschaltung 
des Stromes oder nach Zwischenschaltung eines absorbierenden Bleischirmes. Sie 
müssen daher auf nervöse Einflüsse zurückgeführt werden, mit einer veränderten 
Verteilung der Lymphocyten, wobei an eine Durchwanderung der Darmschleimhaut 
zu denken ist. Im übrigen ist die Übertragung derartiger Tierbeobachtungen auf den 
Menschen unstatthaft: Beim Menschen waren die Schwankungen der Lymphocyten 
nach ausgiebigen therapeutischen Bestrahlungen ganz willkürlich, ohne einsinnigen 
Ausschlag. Holthusen (Hamburg).°° 


Mottram, J. C. and S. Russ: Lymphopenia following exposures of rats to „soft“ 
X-rays and the B-rays of radium. (Lymphopenie als Folge der Bestrahlung von Rat- 
ten mit weichen Röntgen- und Radium-ß-Strahlen.) (Radium inst. a. Middlesex 
hosp., London.) Journ. of exp. med. Bd. 84, Nr. 3, S. 271—273. 1921. | 

Der schon früher erhobene Befund, wonach Röntgenstrahlen mittlerer Durch- 
dringungsfähigkeit in allen wirksamen Dosen in den ersten Stunden nach der Bestrah- 
lung eine Verminderung der Lymphocyten im strömenden Blut hervorrufen, wurde 
auch für die Einwirkung von weichen Röntgenstrahlen (0,75 em Funkenlänge zwischen 
Kugeln von 5 cm Durchmesser) und ß-Strahlen ausgedehnt. Nach 12 Sekunden dauern- 
der Bestrahlung (Abstand ? Intensität?) fiel im Durchschnitt bei 6 Ratten die Zahl der 
Lymphocyten eine Stunde nach der Bestrahlung um 58%, nach 34 Minuten dauernder 
Bestrahlung mit den Strahlen eines Präparates von 80 mg Radiumbromid um 38%. 
Die Auffassung von Murphy, wonach kleine Dosen eine Reizwirkung auf die Lympho- 
cyten ausüben, hat jedenfalls für die ersten Stunden nach der Bestrahlung keine Gültig- 
keit. Die Lymphocytose, welche weiterhin auf eine kleine oder große Strahlendose 
folgt, ist erst die Folgeerscheinung dieser primären Lymphopenie. Holthusen.°° 


Russ, S.: The immediate effects of X-rays on the blood lymphocytes. (Der 
unmittelbare Einfluß der Röntgenstrahlen auf die Lymphocyten des Blutes.) Arch. 
of radiol. a. electrotherapy Bd. 26, Nr. 5, S. 146—149. 1921. 

Russ untersuchte das Blut röntgenbestrahlter Ratten und fand zwischen Be- 
strahlungszeiten von 12 Sekunden bis 30 Minuten eine Verminderung der Lympho- 
cyten um 50%. Der Unterschied bestand hier nicht in der prozentualen Verminderung, 
sondern nur in der Erholungszeit des Blutbildes, die sich auf 1—20 Tage belief. Deckte 
R. die Tiere im Versuchsraum durch Blei ab und ließ für 2 Minuten die Funkenstrecke 
lebhaft spielen, so fand er eine Vermehrung der Lymphocyten um 10—69% in ?/ der 
Fälle. Bracht (Berlin). 


Russ, S., Helen Chambers and Gladwys Scott: Further observations of the 
effects of X rays upon lymphocytes. (Weitere Beobachtungen über die Röntgen- 
strahlenwirkung auf Leucocyten.) (Cancer research dep., Middlesex hosp., London.) 
Arch. of radiol. a. electrotherapy Bd. 25, Nr. 12, S. 377—380. 1921. 

Russ, Chambers und Scott zeigen, daß die Lymphocyten der Ratte ein emp- 
findlicheres Reagens für die Wirkung der Röntgenstrahlen sind als die photographische 
Platte. Dieselbe Dosis, die die Lymphocytenzahl um 20% herabsetzt, zeigt auf der 
Platte noch keine sichtbare Schwärzung. Bemerkenswert ist, daß die Verminderung 
der Lymphocyten um die Hälfte, wie sie sich nach einer Bestrahlungszeit von 1 Sekunde 
nachweisen läßt, durch Verlängerung der Expositionszeit bis hinauf zu 60 Sekunden 
sich nicht steigern läßt. Auch die Geschwindigkeit des zahlenmäßigen Abfalles, geprüft 
nach Verlauf von 5, 10, 20 und 40 Minuten, zeigt keine Differenz. Ratten, die bei Ver- 
impfung eines Sarkoms den Tumor überwunden und hierdurch bekanntermaßen 


7*r 


100 Allgemeine Therapie. 


vollkommene Immunität gegenüber diesen Geschwülsten erworben haben, zeigen eine 
beträchtlich trägere Reaktion ihrer Lymphocyten auf Bestrahlung. 12 Sekunden Be- 
strahlung brachten im Durchschnitt eine Verminderung um nur 26% hervor. Bracht. 


Halberstaedter, L., Biologische Fragen bei der Strahlentherapie maligner Tumoren. 
(Univ.-Inst. f. Krebsforsch., Charite, Berlin.) (Dtsch. med. Wochenschr. Jg. 47, 
Nr. 39, S. 1154—1154.) 
Vgl. Referat S. 67. 

Reichold, Albert, Die Wirkung der Röntgenstrahlen auf die Mitosen im Carcinom- 
gewebe und auf die Blutgefäße. (Münch. med. Wochenschr. Jg. 68, Nr. 28, S. 181.) 
Vgl. Referat S. 78. 


Keysser, Fr.: Neue Wege zur biologischen Dosierung der Röntgen- und Radium- 
strahlen in der Geschwulstbehandlung auf Grund neuer Feststellungen über die 
Strahlenwirkung auf Impftumoren. (Chirurg. Univ.-Klin., Jena.) Münch. med. 
Wochenschr. Jg. 68, Nr. 1, S. 4—8. 1921. 

Keysser hat die Strukturbeeinflussung der bösartigen Geschwülste an Tier- 
tumoren studiert in einer gegenüber den Voruntersuchern geänderten Versuchsanord- 
nung. Ein Mäusesarkocarcinom, das ihm in 17. Passage 100% positiver Impfungs- 
resultate ergab, wurde bestrahlt am frisch getöteten Tiere. Durch diese Anordnung 
wurde die Strahlenwirkung auf den Tumor selbst der Beobachtung zugänglich ge- 
macht, indem die Beeinflussung der Geschwulst durch das Gewebe des lebenden Körpers 
ausgeschaltet wurde. Andererseits eröffneten sich nicht die große Zahl der Fehler- 
quellen, die der Bestrahlung des Geschwulstbreies in vitro und der Beurteilung ihrer 
Resultate anhaften. Nahezu die doppelte X-E-D in den Tumor konzentriert vermochte 
seine Überempfindlichkeit nicht nennenswert zu beeinflussen. Etwas deutlicher schien die 
Beeinflußbarkeit der Geschwulst durch große Radiumdosen. K. möchte nach den Er- 
gebnissen seiner Versuche daran zweifeln, daß unsere Tiefentherapie auf der richtigen 
biologischen Grundlage aufgebaut ist, vorausgesetzt, daß es nicht eben Geschwülste 
von völlig refraktärem Verhalten den Strahlen gegenüber gibt. Ganz ablehnen möchte 
er nach diesen und anderen seiner Versuche die Annahme eines übertragbaren, nicht 
an die Zelle geknüpften (infektiösen) Virus in Zusammenwirkung mit einer Krebs- 
disposition nicht. Bracht (Breslau). 


Keysser, Fr.: Die praktische Durchführung meines Vorschlages der biologischen 
Dosimetrie in der Strahlenbehandlung der bösartigen Geschwülste unter Berück- 
sichtigung der mittelbaren Strahlenwirkung. (2. Mitt.) (Chirurg. Univ.-Klin., Jena.) 
Münch. med. Wochenschr. Jg. 68, Nr. 18, S. 543—545. 1921. 

Der Methode des Verf. liegt der Gedanke zugrunde, diejenige Strahlendosis experi- 
mentell an geeigneten, infiltrierend wachsenden Tiertumoren zu ermitteln, durch 
welche die Fähigkeit der Impftumoren, neue Geschwülste bei Weiterimpfung auf ge- 
sunde Tiere zu erzeugen, vernichtet wird. Aus den Versuchen scheint hervorzugehen, 
daß eine unmittelbare Einwirkung der Röntgenstrahlen auf die Fähigkeit bei Ver- 
impfungen neue Geschwülste zu erzeugen, auszuschließen ist. Eine mittelbare Ein- 
wirkung auf die Verimpfbarkeit tritt scheinbar frühestens nach Ablauf von 8 Tagen ein. 
Die Carcinom- bzw. Sarkomdosis würde nach diesen Versuchen wesentlich größer sein, 
als sie bisher angewendet wurde. Rückbildung eines Tumors kann nicht mit Heilung 
identifiziert werden. Rump (Erlangen). 
Frankl, O. and J. Amreich, The histological changes incident to radium and X-ray 

treatment of uterine carcinoma. (Die histolog. Veränderungen bei Radium- und 

X-Strahlen-Behandlung der Uteruskarcinome.) (Surg., gynecol. a. obstetr. Bd. 88, 

S. 162—163.) 

Russ, S, Helen Chambers and Gladwys M. Scott, On the local and generalised 
action of radium and X-rays upon tumours growth. (Über örtliche und Allgemein - 
wirkung von Radium- und Röntgenstrahlen auf das Tumorwachstum.) (Proc. 
of the roy. soc. Ser. B., Bd. 92, Nr. B 644, S. 125—134.) 

Vgl. Referat S. 68. 


Radiologie. 101 


2. Radiologie. 


Failla, Gioaechino: The physical basis of radium therapy. (Die physikalische 
Grundlage der Radiumtherapie.) Arch. of dermatol. a. syphilol. Bd. 3, Nr. 2, S. 133 


bis 141. 1921. 

Der Aufsatz behandelt in kurzer und klarer Weise die physikalischen Grundlagen der 
Radiumtherapie. Der Verf. geht aus vom Wesen der Radioaktivität, bespricht die radioaktiven 
Umwandlungsreihen, die verschiedenen Strahlungsarten und ihre therapeutischen Eigen- 
schaften. Wesentlich Neues ist in der Arbeit allerdings nicht enthalten. Friedrich Voltz. 


Schmitz, Henry: The relation of the science of physics to radiation therapy. 
(Die Beziehung der Strahlenphysik zur Strahlentherapie.) Americ. journr. of roent- 
genol. Bd. 8, Nr. 6, S. 285—291. 1921. 

Die vorliegende Arbeit enthält Untersuchungen über den Unterschied zwischen berech- 
neten und gemessenen Dosen. Schmitzzeigt, daß diese Unterschiede zum Teil außerordentlich 
hohe werden können. Der Verf. zeigt weiter den Verlauf der Isodosen und ihre Beeinflussung 
durch die Zusammenstellung der Applikationskapsel. Die Untersuchungen des Verf. lehnen 
sich zum größten Teil an die bekannten Untersuchungen von Friedrich an. Friedrich Voltz. 

Sievert, Rolf M.: Die Intensitätsverteilung der primären y-Strahlung in der 
Nähe medizinischer Radiumpräparate. Acta radiol. Bd. 1, H. 1, S. 89—128. 1921. 

Die vorliegende Arbeit stellt eine ausführliche theoretisch-experimentelle Unter- 
suchung über die Intensitätsverteilung der primären Gammastrahlen in der Nähe 
medizinischer Radiumpräparate dar. Der theoretische Teil ist eine ausgedehnte 
mathematisch-physikalische Untersuchung. Die experimentellen Untersuchungen sind 
mit einer außerordentlichen Exaktheit durchgeführt. Der Verf. gibt mit Berücksich- 
tigung der Absorption und Dispersion einige Formeln für die Berechnung der Gamma- 
strahlenintensität der primären Strahlen bei Strahlenquellen verschiedener Formen an. 
Um diese Formeln in der Radiumtherapie verwenden zu können, hat der Verf. außer- 
ordentlich exakt bearbeitete Tabellen beigefügt. Friedrich Voltz (München). 

Nogier, Th.: Peut-on comter sur le constance du rayonnement des tubes ou 
des aiguilles de radium? (Kann man bei Radiumpräparaten mit Konstanz der 
Strahlung rechnen?) Arch. d’electr. med. Jg. 29, Nr. 463, S. 110—112. 1921. 

Die Frage wird auf Grund angestellter Prüfungen verneint. Selbst bei völlig 
fehlerfrei hergestellten Präparaten kann man häufig schon nach kurzer Zeit ein Schwä- 
cherwerden feststellen. Die Ursache dieser Erscheinung ist ein Poröswerden der Radium- 
träger, welches auf äußere mechanische Läsionen (Reiben usw.) und auf die im Radium- 


röhrchen sich abspielenden chemischen Prozesse bei der Strahlenemission zurückgeführt 


wird. Es ist daher im Interesse exakter Dosierung, als Grundlage der therapeutischen 
Erfolge, nötig, daß die Radiumpräparate von Zeit zu Zeit auf ihre Stärke nachgeprüft 
werden. Halberstaedter (Dahlem). °° 

Martius, Heinrich: Über Radiumdosierung. (Univ.-Frauenklin., Bonn.) Zentralbl. 
f. Gynäkol. Jg. 45, Nr. 9, S. 296—302. 1921. 

In der vorliegenden Arbeit gibt Martius seine Versuche bekannt, die Reaktions- 
zeit in verschiedenen Abständen für verschieden geformte Radium- bzw. Mesothorium- 
präparate zu bestimmen. Er greift hier zurück auf die Versuche von Grebe, der fest- 
gestellt hat, daß für ein kugelförmiges Radiumpräparat die Intensitätsabnahme dem 
Quadratgesetz der Entfernung ziemlich genau folgt. Für Radiumpräparate mit einer 
Präparatenlänge bis zu 2cm Länge gilt das Quadratgesetz erst von 1 cm annähernd. 
Bei Präparaten, die länger als 2 cm sind, gilt das Quadratgesetz erst vom zweiten Zenti- 
meter angenähert. M. empfiehlt deshalb die biologische Eichung auf die Erythemdosis 
in den für die Länge des Präparates in Betracht kommenden Abständen und für die 
weiteren Bestimmungen einfach die Multiplikation des Erythemzeitwertes mit dem 
Entfernungsfaktor. Er weist darauf hin, daß diese Messung zur Zeit die zuverlässigste 
ist, daß sie allerdings nur ein Provisorium darstellt, daß wir auch weiter darnach streben 
müssen, absolute physikalische Einheiten für die Intensitätseinteilung angeben zu 
können. Friedrich Voltz (München) 


102 Allgemeine Therapie. 


Zander, Rudolf: Über Radiumdosierung. (Univ.-Frauenklin., Berlin.) Arch. f. 
Gynäkol. Bd. 115, H. 2, S. 253—263. 1921. 

Zander untersuchte eingehend die Bedingungen der Radiundosierung. Aus seinen 
Untersuchungen ergab sich eine neue Methode der Anordnung der Präparate bei 
der Applikation. Der Gedanke dabei war, die Überstrahlung zweier Präparate nach 
dem Krankheitsherd hin auszunutzen, nach der gesunden Seite und nach den Nachbar- 
organen auszuschalten. Aus dieser Anordnung entwickelt Zander ein Röhrchen 
zur intrauterinen Radiumeinlage. Friedrich Voltz (München). 

Glasser, Otto: Über die Bedeutung der Filterung auf die Dosenverhältnisse 
bei inkorporaler Radium- und Mesothoriumbehandlung. (Univ.-Frauenklin., Fret- 
burg i. Br.) Strahlentherapie Bd. 12, H. 1, S. 256—261. 1921. 

Glasser gibt in dieser Arbeit Untersuchungen bekannt über die Bedeutung der 
Filterung auf die Dosenverhältnisse. Es ergibt sich, daß die Filtersekundärstrahlung 
einen gewissen Einfluß auf die Größe der Tiefendosis ausübt. Wenn dieser Einfluß, 
insbesondere der der Filtereigenstrahlung auf die absolute Größe der Tiefendosis auch 
kein nennenswerter ist, so spielt er doch für die Dosenverteilung im Gewebe eine nicht 
unerhebliche Rolle, einerseits durch die leichte Absorbierkeit der weichen Komponenten 
des entstehenden Strahlengemisches und andererseits durch die Größe des strahlenden 
Filtervolumens. Friedrich Voltz (München). 


Gunsett, A.: Consid6rations sur les doses en radiothérapie profonde. Méthodes 
françaises — méthodes allemandes. (Betrachtungen über die Dosierung in der 
Tiefentherapie. Französische Methoden — Deutsche Methoden.) Journ. de radiol. 
et d’&lectrol. Bd. 5, Nr. 12, S. 543—551. 1921. 

Die Art und Weise wie Gunsett in früheren Arbeiten über die deutschen Methoden 
geurteilt hat verbietet eine Besprechung des vorliegenden Elaborates. Im übrigen ist der Inhalt 
durch die bedeutend besseren und sympathischeren Arbeiten von Berl&re in Frankreich lange 
bekannt. Friedrich Voltz (München). 

Randenborgh, Amalie van: Die Feststellung der Erythemdosis unserer Meso- 
thoriumpräparate. (Univ.-Frauenklin., Jena.) Zentralbl. f. Gynäkol. Jg. 45, Nr. 8, 
S. 270—277. 1921. 

Die Verf. hat mit den im Besitz der Jenaer Klinik befindlichen Mesothorium- 
präparaten biologische Versuche über die Erythemdosis angestellt. Sie findet, daß der 
biologischen Feststellung der Erythemdosis für Mesothoriumpräparate sich Schwierig- 
keiten entgegenstellen: 1. dadurch, daß wegen der starken Divergenz der Strahlen die 
Reaktion einer Hautstelle verschiedene Verbrennungsstadien aufweisen kann; 2. durch 
die lange Reaktionszeit, bei deren Vernachlässigung falsche Resultate gefördert werden. 
Randenborgh findet weiter aus ihren Versuchen, daß die Reaktionszeit immer länger 
ist, je näher die Bestrahlungsdauer derjenigen der Erythemdosis kommt. Durch die 
lange Dauer der Reaktionszeit, die sie mit 8—10 Wochen angibt, erklärt sie die bei 
serienweiser Bestrahlung leicht auftretende Fistelbildung. Sie findet ferner die Extremi- 
tätenhaut weniger empfindlich als die Haut des Stammes, sie findet aber keinen wesent- 
lichen Unterschied in der Empfindlichkeit der einzelnen Individuen. Friedrich Voltz. 


Artom di S. Agnese, Valerio: Sei anni di mesotorioterapia del cancro dell’utero. 
Radiol. med. Bd. 8, Nr. 3, S. 231—233. 1921. 

Il mesotorio, i suoi derivati e la terapia radioattiva. Studium riv. scienz. med. 
Jg. 11, Nr. 8, S. 256—258. 1921. 


Schwarz, Gottwald: Über Verminderung und Vermehrung der Strahlen- 
empfindlichkeit tierischer Gewebe in ihrer Bedeutung für die Radiotherapie. Münch. 
med. Wochenschr. Jg. 68, Nr. 25, S. 766—767. 1921. 

Ausgehend von den Begriffen der Desensibilisierung und der Sensibilisierung 
wendet sich Schwarz zunächst gegen den von Seitz und Wintz aufgestellten Begriff 
der Carcinomdosis. Er führt aus, daß die Sensibilität der Tumoren keine einheitliche ist, 
sondern eine außerordentlich verschiedene. Die Radiosensibilität, die eigentlich besser 


Radiologie. 103 


als Rückbildungsfähigkeit bezeichnet werden müßte, hängt ab: 1. von der Neigung 
der spezifischen Tumorzellen nach Bestrahlung in Nekrobiose zu verfallen; 2. von der 
wachstumshemmenden und resorbierenden Kraft des Gewebes in der Umgebung der 
Tumorelemente; 3. von der Beteiligung des Gesamtorganismus an den im Punkt 2 ge- 
nannten Vorgängen. Sch. erhebt dann eine Reihe von Forderungen. Er wendet sich 
gegen die sog. Überdosierungen, welche nicht nur die Tumorumgebung in ihrer Vitalität 
beeinträchtigen können, sondern auch einen deletären Einfluß auf die blutbildenden 
Organe ausüben. Sch. tritt weiter dafür ein, die Dosis auf 2—3 Tage zu verteilen, da 
während dieser Zeit die Röntgenfrühreaktion anhält. Ein weiterer Vorschlag von Sch. 
geht dahin, die Radiosensibilität durch Erregung spezifischer Entzündungen an den 
Tumoren zu steigern. Friedrich Voltz (München). 

Wood, Francis Carter und Frederick Prime jr.: Die Wirkung des Radiums auf 
überpflanzte Tiertumoren. (Georg-Crocker- Forschungs-Inst., Columbia-Univ., NewYork.) 
Strahlentherapie Bd. 12, H. 4, S. 1071—1084. 1921. 

Wood und Prime haben zur Prüfung der Strahlenempfindlichkeit des Carcinoms 
folgende Versuche angestellt. In einer ersten Reihe wurden Mäusesarkom und -carcinom 
im vertieften Objektträger unter dünnem Deckglas bestrahlt mit Radiumpräparaten 
von 100, 83 und 17 mg Radiumelement. Die zur Abtötung erforderlichen Zeiten 
wurden in das Koordinatensystem eingetragen und auf diese Weise Kurven für die 
drei verschiedenartigen Präparate erhalten, die einer rechtwinkligen Hyperbel sich 
nähern, das heißt, daß bei gleichbleibender Entfernung des Präparates das Produkt 
aus Radiumelementgewicht und Bestrahlungszeit einer Konstanten gleichen. Die Be- 
strahlungen wurden in verschiedenen Entfernungen und für verschiedene Filter wieder- 
holt, indem einmal die ß-Strahlen durch 1,2 mm Messing nahezu restlos ausgeschaltet 
wurden, in einer anderen Serie mitbenutzt wurden. Zur Prüfung der Wachstums- 
fähigkeit wurden die Stücke unter den gleichen Bedingungen wie unbestrahlte Teile 
der Geschwulst auf Reihen von Mäusen verimpft. Das 17 mg-Präparat tötete die 
Geschwulst innerhalb 3 Stunden ab bei Verwendung eines 4 mm-Messingfilters. Eine 
Empfindlichkeitsdifferenz zwischen Carcinom und Sarkom trat nicht zum Vorschein 
Die Mäusetumoren standen in der Empfindlichkeit nur wenig hinter dem Carcinom 
des Menschen zurück (Hautmetastasen eines Brustkrebses) im Gegensatz zu den Be- 
funden anderer Autoren (v. Wassermann, Pentimalli u. a.). Die Bestrahlung der 
Geschwulst an der lebenden Maus zeigte stets einen geringeren Effekt, von den Autoren 
auf die Gefäßversorgung, Abfuhr der Giftstoffe zurückgeführt. Verzettelung der Dosen, 
durch Unterbrechung der Bestrahlung auf 30 Stunden hin, ergab keinen Unterschied 
gegenüber der konzentrierten Dosis. Bei Verteilung über 14 Tage hin war der un- 
günstige Einfluß offenkundig. Bracht (Berlin). 
Braun, Paul, Histologische Befunde am radiumbestrahlten Ovar bei direkter Appli- 

kation. (Pathol. Inst., Univ. u. Frauenklin. v. Fraenkel, Breslau.) (Dissertation: 

Breslau 192].) 

Minervini, Raffaele: Modificazioni strutturali indotte da] radio nei neoplasmi 
e nei tessuti sani circonstanti. (Gewebsmodifikation in Neoplasmen und dem um- 
gebenden gesunden Gewebe unter dem Einfluß des Radiums.) (Clin. „Spinelli“ p. 
la terap. dei tumori, Napoli.) Actinoterapia Bd. 2, H. 2, S. 131—138. 1921. 

Nach einem kurzen Hinweise auf die Literatur wird ausführlich über den histologischen 
Befund nach Radiumbestrahlung eines Sarkoms bzw. eines Epithelioms berichtet. Anführung 
der Bestrahlungstechnik und Dosen. Die histologische Untersuchung der nach der Bestrahlung 
mit Erfolg excidierten Tumoren ließ erkennen, daß es beim Sarkom wie beim Epitheliom 
unter dem Radiumeinfluß zu einer fortschreitenden Regression und Involution des Tumor- 
gewebes und zu einer raschen fibrösen Umformung gekommen war. Diese war auch im ge- 
sunden Nachbargewebe auffallend und bedingte bei der Operation eine außerordentlich geringe 
Blutung. Besonders rasch war die fibröse Umwandlung bei dem Sarkom eingetreten, vielleicht 
im Zusammenhange mit einer vorausgegangenen Röntgenbestrahlung. M. Strauss., 

Mottram, J. C.: The effect of increased protection from radiation upon the 
blood condition of radium workers. (Die Wirkung des erhöhten Schutzes gegen 


104 | Allgemeine Therapie. 


Bestrahlung auf die Blutzusammensetzung der Radiumarbeiter.) (Reserarch dep., 
radium inst., London.) Arch. of radiol. a. electrotherapy Bd.25, Nr. 12, S. 368—372. 1921. 

Hauenstein, J.: Blut- und Stoffwechsel- Untersuchungen bei Radiumbestrahlung. 
(Staatl. Frauenklin., Dresden.) Münch. med. Wochenschr. Jg. 68, Nr. 26, S. 809 
bis 810. 1921. 

Der Verf. gibt seine Blutuntersuchungen an 22 Carcinomkranken bekannt. Das 
Resultat der Versuche ist, daß der Hämoglobingehalt dem Zerfall der Erythrocyten 
parallel geht, d. h. die roten Blutkörperchen zerfallen unter dem Einfluß der y-Strahlen 
und nehmen in der Menge ab. Bei dem Anstieg der Leukocyten findet Hauenstein 
vor allem die polynucleären Zellen beteiligt. Die von dem Verf. beobachteten Blut- 
veränderungen traten im unmittelbaren Anschluß an die Radiumbestrahlung auf. 
Untersuchungen des Blutbildes nach 2—3 Monaten ergaben keine dauernden Schädi- 
gungen der Leukocyten und Erythrocyten. Aus den Stoffwechseluntersuchungen 
sei erwähnt, daß der Verf. im Harn der behandelten Patienten eine Abnahme des Stick- 
stoffgehaltes beobachten konnte. Parallel mit der Stickstoffausfuhr verlief die Aus- 
scheidung der Harnsäure. Friedrich Voltz (München). 


3. Lichttherapie. 


@ Thedering, F.: Das Quarzlicht und seine Anwendung in der Medizin. 
4. verb. u. erw. Aufl. Oldenburg i. O.- Berlin: Gerhard Stalling. 1921. 166 S. 
M. 15.—. 

Die vorliegende 4. Auflage des ausgezeichneten Büchleins ist gegenüber den voraus- 
gegangenen Auflagen wieder erweitert. Ineinem Anhang wurden diesmal die Neuerungen 
zusammengestellt. Auch sonst hat das Büchlein gegenüber der 3. Auflage manche Ver- 
besserung erfahren. Der Wert der Arbeit liegt vor allem darin, daß das Büchlein 
aus der Praxis heraus für den Praktiker geschrieben ist. Es enthält alles für den Prak- 
tiker Wesentliche. Friedrich Voltz (München). 

Koenigsfeld, Harry: Stoffwechsel- und Blutuntersuchungen bei Bestrahlung 
mit künstlicher Höhensonne. (Med. Univ.-Poliklin., Freiburg i. Br.) Zeitschr. f. 
klin. Med. Bd. 91, H. 3/6, S. 159—189. 1921. 

Koenigsfeld hat durch Stoffwechselversuche feststellen können, daß bei Bestrah- 
lung mit der Quarzlampe (Allgemeinbestrahlung mit 60 cm Abstand 60 Minuten lang) 
an den Bestrahlungstagen eine Steigerung des Gesamtstoffwechsels, besonders deutlich 
der N-Ausscheidung auftritt. Auf den erhöhten Abbau erfolgt dann in der Nachperiode 
ein erhöhter Ansatz. Bei älteren Individuen scheint die Reaktion auf den Stoffwechsel 
langsamer abzuklingen. Blutuntersuchungen ergaben keinen Einfluß auf Erythrocyten 
und Hämoglobin, eine auftretende Leukocytose ist wohl auf die gleiche Stufe wie die 
Verdauungsleukocytose zu stellen, die Verschiebung im Blutbilde ist nicht dauernd. 
Im direkten Anschluß an die Bestrahlung kam es manchmal zu leichten Blutdruck- 
steigerungen, meist aber zu einer Herabsetzung von 2—8 mm auch bei vorher normalem 
Blutdruck. Bis auf vereinzelte Ausnahmen ließ sich nach der Bestrahlung regelmäßig 
eine Herabsetzung der Aftertemperatur um 0,1—0,9° feststellen. Der Puls wird lang- 
samer, voller und kräftiger. Groll (München). °“ 

Hackradt, Adolpho: Über die Lagerung des Patienten bei Belichtung mit der 
künstlichen Höhensonne. VI. Mitt. (Univ.-Hautklin., Freiburg i. Br.) Strahlen- 
therapie Bd. 12, H. 4, S. 1014—1023. 1921. 

Die außerordentlich exakt durchgeführte experimentelle Arbeit enthält Unter- 
suchungen über die günstigsten Bestrahlungsbedingungen von Patienten bei der Be- 
strahlung mit künstlicher Höhensonne. Die zu beachtenden Punkte sind: 1. Der 
Patient ist ın horizontaler Lage zu bestrahlen. 2. Es ist zu beachten, daß der Schein- 
werfer, ob gut oder schlecht reflektierend, einen Einfluß auf die Intensität ausübt. 
3. Bei Belichtung des gesamten Körpers mit nur einer Höhensonne wird zweckmäßig 
die halbe Körperlänge als Abstand gewählt. 4. Körperachse und Leuchtrohrachse 


Lichttherapie. — Andere physikalisch-the: apeutische Methoden. — Elektrizität. 105 


müssen parallel laufen. 5. Soll die gesamte Körperoberfläche intensiv und gleichmäßig 
bestrahlt werden, so sind zwei Höhensonnen zu verwenden. Fr. Voltz (München). 
Kohl, Fritz: Neue Bestrahlungslampen für konstitutionelle Strahlentherapie mit 


sonnenähnlichem Licht. Strahlentherapie Bd. 12, H. 4, S. 994—1004. 1921. 

Die Arbeit enthält die physikalische Empfehlung für zwei neue Bestrahlungslampen, 
Es handelt sich um besonders konstruierte Bogenlampen, die von dem Verf. des Artikels her- 
gestellt und vertrieben werden. Friedrich Voltz (München). 


Keller, Philipp : Die Verwendbarkeit des Fürstenauschen Aktinimeters für 
Höhensonnen. (Dermatol. Univ.-Klin., Freiburg i. Br.) Dtsch. med. Wochenschr. 
Jg. 47, Nr. 17, S. 473—474. 1921. 

Der Verf. stellte eingehende Versuche darüber an, ob die durch das Aktinimeter 
gemessenen Werte mit dem biologischen Effekt parallel gehen. Er kommt zu dem 
Resultat, daß sich Differenzen bis zu 25% ergeben und daß infolgedessen in der vor- 
liegenden Form das Aktinimeter nicht geeignet ist, Verschiedenheiten in der biologischen 
Wirksamkeit von Quecksilberlampen festzustellen, ja daß es geradezu durch Täuschung 
ihre Erkennung verbietet, ein Resultat, das auch von anderen Beobachtern erhalten 
wurde. Friedrich Voltz (München). 

Fink, Walter: Fürstenau-Aktinimeter und Lichtdosierung. (Lupusheilstätte 
Gießen.) Dtsch. med. Wochenschr. Jg. 47, Nr. 14, S. 385—386. 1921. 

Strauss, Otto: Über Messungen in der Lichtbehandlung. (Kaiser Wilhelms- 
Akad. f. ärztl.-soz. Versorgungsw., Berlin.) Dtsch. med. Wochenschr. Jg. 47, Nr. 10, 
S. 264—266. 1921. 


4. Andere physikalisch-therapeutische Methoden. 


a) Elektrizität (Diathermie, Hochfrequenz, Eiektrokoagulation usw.). 

@ Kowarschik, Josef: Die Diathermie. 3. vollst. umgearb. Aufl. Berlin: 
Julius Springer 1921. VI, 166 S. M. 57.—. 

Die neue Auflage des vorzüglichen Buches weist mehrfache, weitgehende Ände- 
rungen auf, welche geeignet sind, den Wert der Schrift noch zu erhöhen. So sind in 
dem Abschnitt der therapeutischen Anzeigen die Erfahrungen der letzten Jahre lücken- 
los verwertet; die Beschreibung des Instrumentariums hat sich dem derzeitigen Stand- 
punkt der Apparatenfabrikation angepaßt; aber überall auch sonst sind wertvolle 
Anderungen oder Hinzufügungen zu bemerken. Bei der Bedeutung, welche die Dia- 
thermie gerade auch für den modernen Gynäkologen hat, kann das Buch nur jedem 
Fachkollegen wärmstens empfohlen werden. Hornung (Kiel). 

Lahmeyer, Friedrich: Über die Wirkungsweise der allgemeinen Diathermie. 
(Allg. Krankenh., Hamburg-Barmbeck.) Zeitschr. f. physik. u. diätet. Therap. Bd. 25, 
H. 9/10, S. 424—430. 1921. 

Nachprüfung der Methode von Kowarschik über das Verhalten von Temperatur, 
Atmung, Puls und Blutdruck bei schweißtreibenden Prozeduren (25 Personen, 
400 Untersuchungen). Apparat: Reiniger, Gebbert und Schall, 2,5 Amp. Stron:- 
stärke. Versuchspersonen mit Leinentuch und dünner Wolldecke bedeckt. Nach 
20 Minuten Temperaturanstieg im Durchschnitt von 0,7°, nach 40 Minuten 1°, 
letzterer schon nach 20 Minuten bei 3 Amp. Im Durchschnitt Kurve erst nach 
2 Stunden wieder horizontal. Temperaturmessungen rectal mit dem elektrischen 
Registrierapparat nach Siemens & Halske. Zunahme der Atemfrequenz um 
I—4 pro Minute. Gewichtsabnahmen durch Schweißausbruch im Durchschnitt 
100—200 g nach 20 Minuten. Kardiovasculäres System: Erhöhung der Puls- 
frequenz um 4—6 Schläge pro Minute ohne Bedeutung. Blutdruck: Bei 92%, der 
Fälle Senkung um etwa 8 mm-kg, bei pathologischer Erhöhung sogar um 20—40 mm. 
Nach !/, Stunde normale Verhältnisse. Blutbild: Verminderung der Leukocyten in 
50%, Vermehrung in 20%, der Fälle. Sedative Wirkung (einschläfernd und schmerz- 
stillend) auf das Zentralnervensystem. Zu empfehlen bei essentieller Hypertonie, 


106 Die Generationsphasen und ihre Beziehungen zum (sesamtorganismus. 


den Schmerzen der Arteriosklerotiker bei intermittierendem Hinken, Angina pectoris, 
evtl. Ischias und rheumatischen Beschwerden. Die Allgemeindiathermie weist gute 
Erfolge auf. Robert Nussbaum (Leipzig)., 

Röver, Fritz: Die physikalischen und biologischen Grundlagen der Diathermie. 
(Inst. f. Strahlentherap., Dr. Röver, Bremen.) Strahlentherapie Bd. 12, H. 2, S. 639 
bis 654. 1921. 

Kolischer, Gustav: Surgical diathermy. (Chirurgische Diathermie.) Americ. 
journ. of surg. Bd. 35, Nr. 6, S. 177—180. 1921. 

Aus den vom Verf. aufgestellten Indikationen und Anwendungsweisen der Elektro- 
koagulation mittels hochfrequenter Ströme haben für den Gynäkologen Interesse: 
Carcinom der Portio und Cervix, wobei entweder die Anwendung zweier aktiver 
Elektroden (wenn der Uterus sich genügend vorziehen läßt), oder einer indifferenten 
und einer aktiven Elektrode (wenn carcinomatöse Infiltration der Parametrien oder 
der Vaginalwände dies verhindern) in Frage kommt. Blasentumoren, nachdem durch 
Sectio alta der Tumor dem Auge zugänglich gemacht ist; Rectumcarcinom, nach 
Eröffnung der Ampulla recti von außen her und Einstellung des Tumors im Speculum. 
Ob in den beiden letztgenannten Fällen der uni- oder bipolaren Methode der Vorzug 
zu geben ist, muß jeweils nach der Lage und Ausdehnung des Tumors und nach seiner 
Zugänglichkeit entschieden werden, ebenso ob Applikation von Radium oder Röntgen 
strahlen anzuschließen ist. Hornung (Kiel). 
Savill, Agnes, Uterine haemorrhage and its treatment by the galvanic current. 

(Die Behandlung uteriner Blutungen mit galvanischem Strom.) (Practitioner 


Bd. 107, Nr. 4, S. 256—263.) 
Vgl. Referat S. 183. 


b) Heißluft, Massage, Belastung, Bäder usw. 
Aschenbach, Rudolf, Heiße Sandbäder bei alten parametranen Exsudaten und alten 

Pyosalpingen.) (Zentralbl. f. Gynäkol. Jg. 45, Nr. 25, S. 896—899.) 

Zondek, Bernhard: Tiefenthermometrie. (VI. Mitt.) (Univ.- Frauenklin., 
Charite, Berlin.) Münch. med. Wochenschr. Jg. 68, Nr. 10, S. 300—302. 1921. 

Zur Vermeidung von Fehlerquellen mißt Verf. den thermischen Tiefeneffekt 
phyvsikalisch-therapeutischer Methoden direkt mit dem von ihm angegebenen, ins Ge- 
webe einführbaren Tiefenthermometer. Beim Prießnitzumschlag am Abdomen zeigte 
das subcutan liegende Instrument nach kurzem Sınken eine langanhaltende Steigerung 
der Gewebstemparatur um 0,7°. Ein mit undurchlässigem Stoff bedeckter Umschlag 
bringt in kürzerer Zeit eine Erhöhung bis um 1,4°. Als Wirkung des Umschlags in 
tieferen Schichten ergab die Messung von der hinteren Rectusscheide aus Erhöhung 
der Gewebstemperatur um 0,6°. Fettpolster schwächt die Tiefenwirkung verhältnis- 
mäßig wenig. Der festgestellte, langanhaltende, tiefgehende Wärmeeffekt des Prießnitz- 
umschlages erklärt dessen günstige Wirkung. Diell. 


B. Spezieller Teil. 
Gynäkologie. 


I. Die Generationsphasen und ihre Beziehungen zum Gesamtorganismus. 
1. Physiologie und Anatomie. 


a) Menstruation und Ovulation. 

Rouville, G. de et Paul Sappey: La menstruation. Son mécanisme. État 
actuel de la question. (Der Menstruationsvorgang. Gegenwärtiger Stand der Frage.) 
Gynecologie Jg. 20, Nr. 8, S. 482—496. 1921. 

Die Verff. besprechen die Pflügersche Reflextheorie, die Born - Fränkelsche 


Physiologie und Anatomie. — Menstruation und Ovulation. 107 


Theorie des Corpus luteum, um zum Schluß auf Grund eigner Arbeiten an normalen 

und pathologischen Fällen der Sekretion der Thecazellen (sog. interstitielle Drüse) die 

Hauptrolle an den physiologischen und pathologischen Uterusblutungen zuzuschreiben. 
l Aschheim (Berlin). 

Frankl, Oskar: Menstruation and ovulation. (Menstruation und Ovuiation.) 
Dublin journ. of med. science Ser. 4, Nr. 21, S. 481—491. 1921. 

Die Funktionen der weiblichen Genitalorgane gehen nur dann in regelmäßiger Weise 
vor sich, wenn das Gleichgewicht der innersekretorischen Drüsen nicht gestört ist. 
Der Ausfall oder die Hyperfunktion einer Drüse ist unmittelbar von Störungen im physio- 
logischen Ablauf der Genitalfunktionen begleitet. Von größter Bedeutung ist nach Frankl 
die Hypophyse. Ausfall des Vorderlappens bewirkt bei jungen Tieren allgemeine und 
genitale Entwicklungsstörungen. Zufuhr von Vorderlappenextrakt führt zu beschleunigtem 
und vermehrtem Wachstum. In der Schwangerschaft und nach der Kastration kommt es zu 
einer gewissen Hypertrophie der Hypophyse, und zwar sind bei der Schwangerschaft die Haupt- 
zellen, nach der Kastration dagegen die eosinophilen Zellen vermehrt. Zerstörung des Vorder- 
la ppens durch Tumoren führt zu dem Bilde der Dystrophia adiposogenitalis. Excessives Wachs- 
tum des Vorderlappens in der Jugend führt zu Akromegalie. Nach Röntgenbestrahlungen 
der Hypophyse sistieren Wachstum und Entwicklung. — Extrakte des Hinterla p pens 
bewirken Blutdrucksteigerung und Uteruskontraktionen. — Klinisch zeigt sich die Bedeutung 
der Hypophyse unter anderem in der günstigen Beeinflussung mancher Amenorrhöen durch 
Pituitrin. Auch für die normale Menstruation ist eine intakte Hypophyse von Wichtigkeit. — 
Von großer Bedeutung für die Genitalfunktion ist weiter dieZirbelsdrüse. Sie spielt schon 
in der Kindheit, ja vielleicht sogar schon im intrauterinen Leben eine bedeutende Rolle. Ins- 
besondere steht sie beim Foetus und beim Kind in Beziehung zu der Fettentwicklung. Kli- 
nische Erfahrungen und experimentelle Untersuchungen haben weiter gezeigt, daß sie einen 
hemmenden Einfluß auf das Wachstum der Genitalorgane ausübt. Der Ausfall der Zirbel- 
drüse führt zu vorzeitigem Eintritt der sexuellen Funktionen. Erkrankungen der Zirbeldrüse 
bewirken abnorme Fettablagerungen und vasomotorische Störungen. — Die Schilddrüse 
und das chromaffine System wirken synergistisch. Das Ovarium wirkt in antagonistischem 
Sinne auf das chromaffine System und auf die Thyreoidea. Frankl fand, daß das Thyreo- 
toxin schon in den ersten Stadien der Basedowschen Erkrankung die Ovarien schädigt und zu 
Amenarrhöe führt. Das Ovarium vermindert, die Thyreoidea erhöht den Blutdruck. Sie wirken 
also diametral entgegengesetzt auf den Sympathicus. Die Blutdrucksteigerung, die Schweiß- 
ausbrüche, das Zittern und das Herzklopfen des Klimakteriums sind auf die Schilddrüse zu- 
rückzuführen, die Adipositas auf die Hypophyse, die Wallungen auf die Nebennieren. Auch die 
Thymus steht in einem gewissen Gegensatz zum Ovarium. Bei Beginn der Ovarialtätigkeit 
verfällt die Thymus der physiologischen Involution und umgekehrt ist der Status thymo- 
lymphaticus stets von Genitalbypoplasie begleitet. — Weiterhin erörtert Verf. eingehend die 
ınenstruellen Wandlungen der Uterusschleimhaut und ihre Abhängigkeit von der Follikelreifung 
und Corpus luteum-Bildung. Bei Besprechung der Menstruationspathologie weist Verf. darauf 
hin, daß die Reizbestrahlung mit kleinen Röntgendosen ein ganz ausgezeichnetes Mittel zur 
Anregung der Ovarialfunktion ist. — Eine ‚‚interstitielle Eierstockdrüse“ ist bei der geschlechts- 
reifen Frau nicht nachzuweisen. Nürnberger (Hamburg). 


Seitz, L.: Primat der Eizelle, Corpus luteum, Menstruationszyklus und Genese 
der Myome. Arch. f. Gynäkol. Bd. 115, H. 1, S. 1—14. 1921. 

Seitz faßt seine Auffassung der Bedeutung des Corpus luteum in folgenden Sätzen 
zusammen: 1. Die Thecaluteinzellen und die Follikelzellen haben entsprechend ihrer 
Genese und ihrer Funktion einen hohen Grad von Selbständigkeit und wachsen und 
vermehren sich nach Austritt der Eizelle aus dem Follikel unabhängig vom Ei durch 
die ihnen innewohnende Energie und befreit von dem intrafollikulären erhöhten 
Drucke weiter und bilden die temporäre innersekretorische Drüse des Corpus luteum. 
2. Die Corpus-luteum-Zellen haben, sofern das Ei nicht befruchtet wird, eine Lebens- 
dauer von etwa 14—20 Tagen vom Follikelsprung ab gerechnet. Durch ihre Lebens- 
dauer und Funktion wird der Ovarial- und Menstruationszyklus bewirkt. 3. Das 
Corpus luteum und die durch seine Hormonwirkung entstandene prämenstruell ge- 
schwollene Schleimhaut des Uterus hat ein indifferentes Stadium von etwa 14—18 Tagen 
Dauer, das sowohl prämenstruell als auch prägravid oder frühgravid sein kann und 
das ganz unabhängig davon ist, ob die Eizelle lebt oder tot ist oder ob sie befruchtet 
wird. Für die Entstehung und das Wachstum der Myome will S. ein verändertes 
Ovarialhormon verantwortlich machen. Aschheim. 


108 Die Generationsphasen und ihre Beziehungen zum Gesamtorganismus. 


Prenger, August Klemens, Über den Stand der Lehre von der Menstruation. 
(Klin. f. Frauenkrankh. u. Geburtsh., Düsseldorfer Akad. f. prakt. Med.) (Disser- 
tation: Heidelberg 1921.) 


Krasemann, Erich: Zur Kenntnis der Menstruatio praecox. (Univ.-Kinderklin., 
Rostock.) Monatsschr. f. Kinderheilk. Bd. 19, Nr. 4, S. 317—321. 1921. 

Kasuistische Mitteilung eines Falles bei einem 6jährigen Mädchen, dessen Knochensystem 
auch weit über das Alter des Kindes entwickelt war. Aschheim (Berlin). 
Watkins, Thomas J., Ovulation and menstruation as postoperative considerations. 

(Americ. journ. of obstetr. a. gynecol. Bd. 2, Nr. 5, S. 489—493.) 

Vgl. Referat S. 331. 

Sippel, Albert: Gibt ces eine vikariierende oder komplementierende Menstrua- 
tion? Münch. med. Wochenschr. Jg. 68, Nr. 52, S. 1674—1675. 1921. 

Sippel lehnt den Begriff einer vikariierenden oder komplementierenden Men- 
struation ab; die Blutungen, die bei einzelnen Individuen unter dem Einfluß der prä- 
menstruellen Blutdrucksteigerung aus anderen Organen auftreten, sind kein Ersatz 
der Menstruation, sondern ein von dieser unabhängiger, selbständiger Vorgang in ge- 
schädigten Organen. Aschheim (Berlin). 

Sackur: Diagnostische Irrtümer infolge von vikariierender Menstruation. Berl. 
klin. Wochenschr. Jg. 58, Nr. 26, S. 701—704. 1921. 

Sackur beschreibt einige interessante Fälle von vikariierender Menstruation. 
In einem Falle nach Grippe mit Empyem traten mehrmals zur Zeit der Menses Blu- - 
tungen aus der rechten Niere mit Blut- und granulierten Zylindern unter Fieber auf, 
in einem zweiten Falle erfolgten vierwöchentlich Blutungen in die rechte Parotis, in 
einem anderen Falle vierwöchentliche Darmblutungen, die zunächst durch einen Darm- 
polypen verursacht zu sein schienen, Darmblutungen wurden noch als vikariierende 
Menstruation in einem zweiten Falle beobachtet und schließlich sah er Haut- 
blutungen in einer Laparotomienarbe mit heftigsten Schmerzen zur Zeit der Menses, 
die nach Röntgenkastration sistierten. ‚Aschheim (Berlin). 
Spielmann, Josef, Über prämenstruelle Temperatursteigerungen. (Dissertation: 

Erlangen 1921.) 
Tideström, Hj., Über Hämoptysen und Menstruationen. (Svenska läkartidningen 

Jg. 18, Nr. 38, S. 637—641.) (Schwedisch.) 

Vgl. Referat S. 121. 

Bosse, Hugo, Über Menstruation und Menstruationsbeschwerden bei tuberkulösen 

Frauen. (Dissertation: Greifswald 1921.) 

Solomons, Bethel: Herpes as a type of vicarious menstruation. (Herpes als 
eine Form von vicarlierender Menstruation.) Dublin. journ. of med. science Ser. 4, 
Nr. 15, S. 217—219. 1921. 

Kasuistischer Beitrag: Herpes labialis in periodischem monatlichem Auftreten. Fehlen 
einer menstruellen Blutung, als deren Ursache durch Untersuchung und Laparotomie das 


Fehlen von Uterus und Tube festgestellt wurde. Ovarien in rudimentärer Ausbildung waren 
vorhanden. Seitz (Gießen). 


Mauthner, Ernst: Das Verhalten des Capillarsystems bei der eyelischen Wand- 
lung der Uterusmucosa. (I. Univ.-Frauenklin., Wien.) Monatsschr. f. Geburtsh. 
u. Gynäkol. Bd. 54, H. 2, S. 81—87. 1921. 

Die Gefäße in der prämenstruellen Schleimhaut verlaufen zunächst senkrecht 
zur Oberfläche und biegen dann parallel zu ihr um, die längsverlaufenden werden 
ım Prämenstrum längs gezerrt, die parallel verlaufenden komprimiert. Der vermehrte 
prämenstruelle Blutdruck erschöpft sich, wenn die letzteren Gefäße erreicht sind, 
und es kommt dann zur Stase und Diapedese. Aschheim (Berlin). 

Schickele, G.: Etudes sur la fonction des ovaires (ovulation, corps jaune et 
menstruation). (Studien über die Funktion des Eierstockes [Ovulation, Corpus 
luteum und Menstruation].) (Clin. d'accouchement RT Strasbourg.) Gynecol. 
et obstetr. Bd. 3, Nr. 2/3, S. 170—196. 1921. Ä 

Nach seinen Angaben und denen in der Literatur kann der Sprung des reifen 


Physiologie und Anatomie. — Menstruation und Ovulation. 109 


Follikels fast an jedem Tag von einer Menstruation zur nächsten erfolgen. Die prä- 
ınenstruelle Phase der Schleimhaut ist nach seinen Beobachtungen nicht auf die Woche 
vor der Regel beschränkt; diese Umwandlung hängt nicht ausschließlich von dem 
gelben Körper ab; sie kann sich zeigen trotz des Fehlens und kann fehlen trotz des 
Vorhandenseins des gelben Körpers, Sicher sei, daß in der Woche vor den Menses 
der Eierstock oft ein Corpus luteum enthält. Dieses ist nicht immer im gleichen Ent- 
wicklungsstadium. Sicher sei, daß man einen gelben Körper in Blüte findet im Laufe 
der Woche nach der Regel. Sicher sei, daß man in der Woche vor den Menses die 
Schleimhaut im hyperämischen und sekretorischen Zustand findet. Man könne sie 
aber auch am Tage nach der Regel in diesem Zustand treffen. Folglich falle oft die 
Entwicklung des gelben Körpers mit der der Uterusmucosa zusammen, am häufigsten 
in der Woche vor und nach der Menstruation. Der Grad der Entwicklung sei aber 
nicht notwendigerweise derselbe für Schleimhaut und gelben Körper. Die Umwandlung 
der Schleimhaut könne ohne gelben Körper vor sich gehen, und dieser zwinge durch 
seine Entwicklung nicht die Mucosa zu ihrer Umwandlung. Es bestehe also eine Un- 
abhängigkeit zwischen beiden. Die Menstruation könne trotz der Abwesenheit des 
gelben Körpers erfolgen. Aschheim (Berlin). 

Sieber, H.: Zur Frage der Bildung und Funktion des Corpus luteum. (Privat- 
Frauenklin. Dr. Sieber, Stuttgart.) Zentralbl. f. Gynäkol. Jg. 45, Nr. 10, S. 332 
bis 340. 1921. 


Kasuistische Mitteilung, aus der Verf. mancherlei hypothetische Schlüsse zieht. 
Aschheim (Berlin). 
Wachsner, Kurt: Kann die einzeitige Röntgenkastration zur genauen Bestim- 
mung des Ovulationstermines dienen? (Klin., Prof. L. Fraenkel, Breslau.) Strahlen- 
therapie Bd. 12, H. 2, S. 508—511. 1921. 
Verf. kommt zu einer Verneinung der Frage. Aschheim (Berlin). 
Häggström, Paul, Zahlenmäßige Analyse der Ovarien eines 22jährigen gesunden 
Weibes. (Mengenbestimmung der verschiedenen Gebiete des Ovarialparenchyms, 
der Follikel, der zweikernigen Eier, der Corpora atretica und Corpora lutea.) 
(Anat. Inst., Upsala.) (Upsala läkareförenings förhandlingar Bd. 26, H. 5/6, 
S. 52.) 
Vgl. Referat S. 205. 
Bierens de Haan, J. A., Neue Experimente über die Verschmelzung von Keim- 
zellen. (Genetica Tl. 3, Nr. 3/4, S. 401—410.) (Holländisch.) 


Vgl. Referat S. 207. 
Beetz, Alois, Über den gegenwärtigen Stand der Lehre von den Hormonen der 


Keimdrüsen. (Dissertation: Würzburg 1921.) 

Novak, J.: Die Beziehungen zwischen Ovulation und Menstruation, sowie die 
daraus sich ergebenden Folgerungen über die Altersbestimmung von Föten und 
über die wahre Schwangerschaftsdauer. (Embryol. Inst., Unw. Wien.) Biol. 
Zentralbl. Bd. 41, Nr. 1, S. 1—35. 1921. 

Novack gibt eine Übersicht über die Beziehungen zwischen Ovulation und Men- 
struation, wie sie sich aus den Untersuchungen des Verf., ferner nach den grundlegenden 
Arbeiten Fränkels, R. Meyer, Rugers, Schröders und Hitschmanns u. a. 
ergeben. Der Zeitpunkt der Ovulation ist noch strittig und infolgedessen auch die 
genaue Bestimmung des Alters des Eies nicht möglich. Aschheim (Berlin). 

Novak, J.: Zeitliche und kausale Beziehungen zwischen Geburt, Ovulation 
und Menstruation. Zentralbl. f. Gynäkol. Jg. 45, Nr. 47, S. 1697—1699. 1921. 

Novak erwägt die Möglichkeit, daß mit dem Geburtseintritt eine Ovulation er- 
folge und daß die bisweilen 14 Tage post partum auftretende Blutung eine Menstruation 
darstelle. Aschheim. 

Zietzschmann, Otto: Über Funktionen des weiblichen Genitale bei Säugetier 
und Mensch. Ein Vergleich der zyklisehen Prozesse der Brunst und Menstruation. 
I. Der ovariale Zyklus. Berl. tierärztl. Wocher schr. Jg. 37, Nr. 37, S. 433—437. 1921. 

Zietzschmann, Otto: Über Funktionen des weiblichen Genitale bei Säugetier 
und Mensch. Ein Vergleich der zyklischen Prozesse der Brunst und Menstruation. 


110 Die Generationsphasen und ihre Beziehungen zum Gesamtorganismus. 


II. Der uterine Zyklus. (Veter.-anat. Inst., Univ. Zürich.) Berl. tierärztl. Wochenschr. 
Jg. 37, Nr. 38, S. 445—449. 1921. 

Zietzschmann gibt im ersten Teil eine Beschreibung der zyklischen Verän- 
derungen des Follikels zum Corpus luteum. Auch für das Rind weist er die epitheliale 
Genese der Luteinzellen nach. Im zweiten Teil, „der uterine Zyklus“, geht er auf die 
Veränderungen der Uterusschleimhaut des Rindes, ihre Beziehungen zu denen des 
Ovariums ein. Corpus-luteum-Blüte entspricht der Proliferation der Schleimhaut und 
dem Höhepunkt ihrer Ausbildung, Rückbildung der Schleimhaut fällt mit der des 
Corpus luteum zusammen, während die Ovulation in die Zeit der Brunst fällt, in der 
die Schleimhaut sich wieder neu zu bilden beginnt, wobei sie starke Hyperämie zeigt. 
Ein solches Stadium fehlt beim Menschen, bei dem die Hyperämie erst in der prä- 
menstruellen Phase sich entwickelt. Brunstblutung beim Tier und Menstruations- 
blutung beim Menschen sind ungleichwertige Hämorrhagien, die an zwei einander 
entgegengesetzten Terminen im Turnus auftreten. Aschheim (Berlin). 


Zietzschmann, Otto: Über Funktionen des weiblichen Genitale bei Säugetier 
und Mensch. Ein Vergleich der cyclischen Prozesse der Brunst und Menstruation. 
III. Die Steuerung und die inneren Zusammenhänge des ovarialen und uterinen 
Cyclus. (Veter.-anat. Inst., Univ. Zürich.) Berl. tierärztl. Wochenschr. Jg. 37, Nr. 44, 
S. 517—521. 1921. 

Reifender Follikel: erste Anbildung der Uterusschleimhaut bei Tieren bis und mit 
Brunst. Corpus luteum 1. fortgesetzte Anbildung im Uterus bis zur Höhe und Über- 
leitung in den Schwangerschaftszustand; 2. Verhinderung des Ausreifens weiterer 
Follikel. Sich entwickelnder Embryo: Erhaltung des Corpus luteum. Aschheim. 


eStieve. H.: Entwicklung, Bau und Bedeutung der Keimdrüsenzwischenzellen. 
Eine Kritik der Steinachschen ‚‚Pubertätsdrüsenlehre“. (Sonderdruck a. Ergebn. 
d. Anat. u. Entwicklungsgeschichte, Bd. 23.) München u. Wiesbaden: J. F. Berg- 
mann 1921. 249 S. M. 32.—. 

Stieve wendet sich auf Grund eigener Untersuchungen und auf Grund eines großen 
Literaturmateriales gegen die von einzelnen Forschern, insbesondere von Steinach 
vertretene Theorie der endokrinen Tätigkeit der Zwischenzellen. Er steht auf dem 
Standpunkte, daß die Zwischenzellen im Hoden des Menschen und aller Säugetiere 
Gebilde von zweifellos bindegewebiger Abstammung sind, die sehr früh, während des 
Embryonallebens, aus spindelförmigen Zellen entstehen und deren Bedeutung eine rein 
trophische ist, da sie Nährmaterial für dieSamenzellen liefern. Verschiedene histologische 
Arbeiten, insbesondere die ausführlichen experimentellen und histologischen Studien 
K yrles werden zur Stütze dieser Annahme herangezogen. Die typischen Leydigschen 
Zellen wurden bisher nur bei Säugetieren, Sauropsiden und anuren Amphibien auf- 
gefunden; bei Wirbellosen ist im Hoden keine Zellenart vorhanden, die den Zwischen- 
zellen vergleichbar wäre; bei Urodelen fanden sich gleichfalls keine Zwischenzellen. 
Die Untersuchungen von Sainmont und Winiwarter haben bewiesen, daß sich 
im Ovar wahrscheinlich aller Tiere Gebilde feststellen lassen, die den Leydigschen 
Zellen des Hodens entsprechen, aus Bindegewebe entstehen und trophischer Natur sind; 
sie speichern in sich die Stoffe auf, die zum Wachstum der Keimzellen nötig sind. 
Die Zwischenzellen wie die Thekaluteinzellen sind nichts anderes als Fettspeicher; 
die Granulosaluteinzellen des Ovar der Säugetiere haben mit den Zwischenzellen 
lediglich eine große Ähnlichkeit in der äußeren Form gemeinsam, entwicklungsgeschicht- 
lich, morphologisch und histologisch sind sie ganz verschiedene Bildungen. St. bemüht 
sich seine Auffassung von der rein trophischen Natur der Zwischenzellen, die mit der 
endokrinen Tätigkeit dieser Organe gar nichts zu tun haben sollen, durch kritische 
Besprechung der wichtigsten, dieses Thema behandelnden Arbeiten zu stützen. Unter- 
suchungen, die sich mit den periodischen Schwankungen im Baue des Hodens bei 
Tieren mit cyclischer Brunst befassen, insbesondere die Versuche von Tandler und 


Physiologie und Anatomie. — Menstruation und Ovulation. 111 


Groß, sprechen nicht für die endokrine Tätigkeit der Zwischenzellen, dagegen lassen 
sie sich für die Erklärung, daß die Leydigschen Zellen die zum Aufbau der Samen 
notwendigen Nährstoffe liefern, leicht heranziehen. Die Befunde im kryptorchen Hoden 
sind nicht für die inkretorische Auffassung der Zwischenzellen zu verwerten; einzelne 
histologische Bilder, die eine stärkere oder geringere Vergrößerung dieser Zellen in 
solchen Organen gezeigt haben sollen, sind nur scheinbare Veränderungen, die durch 
eine bessere oder schlechtere Bildung der generativen Anteile bedingt wurden. Die an 
Eunuchoiden und Frühkastrierten gemachten Beobachtungen zeigten, daß Infantilis- 
mus und Eunuchoidismus durch mangelhafte Ausbildung des sekundären Geschlechts- 
merkmale und durch mehr oder weniger schwere Veränderungen der Keimdrüsen 
gekennzeichnet sind. Die histologischen Untersuchungen der Keimdrüsen Eunuchoider 
ergaben, daß am generativen Anteil fast nie Spermatogenese nachzuweisen ist. Zwischen- 
zellen wurden in mehr oder weniger großer Zahl gefunden. St. meint, daß irgendwelche 
Schlüsse auf die inkretorische Tätigkeit des einen oder andern Keimdrüsenteils sich aus 
den bisher mitgeteilten Befunden nicht ziehen lassen. Die verschiedenen Schädigungen, 
die die Geschlechtsdrüsen als Folge von allgemeinen Schädigungen des Körpers treffen, 
lassen sich bei der mikroskopischen Beurteilung für die Frage der Lokalisation der 
inkretorischen Tätigkeit mit Sicherheit nicht heranziehen; weder die Unterbindung 
des Samenstranges noch die Versuche durch Röntgenstrahlen eine Differenzierung der 
Keimdrüsenanteile zu erzielen, sind für die Entscheidung dieser Frage eindeutig zu 
verwerten. In ausführlicher Weise befaßt sich dann St. mit der Differenzierung der 
inkretorisch wirkenden Anteile im Ovarium und kommt zum Schlusse, daß das Inkret, 
welches die Pubertätsveränderungen bedingt, von den Keimzellen selbst abgesondert 
wird. Eine Kritik der experimentellen Arbeiten über die bei Tieren ausgeführten 
Geschlechtsdrüsenübertragungen geben Anlaß, sich eingehend mit den Arbeiten Stei- 
nachs zu befassen, denen er vor allem nicht exakte histologische Befunde vorwirft; 
er wendet sich verschiedentlich gegen die von Steinach beschriebenen gewucherten 
Pubertätsdrüsen und meint, daß in den Bildern der Transplantate die Vermehrung der 
Zwischenzellen eine relative ist, die durch die unterbliebene Vergrößerung der Samen- 
kanälchen vorgetäuscht werde. Die von Steinach vetretene Auffassung, daß die 
Zwitterbildung auf einer zwittrigen Anlage der Keimdrüsen beruhe, ist nicht richtig, 
der Grund eines solchen Zustandes ist eine angeborene Anomalie des ganzen Lebe- 
wesens, ebenso ist die Annahme, daß die Homosexualität des Menschen bedingt sei 
durch eine zwittrig angelegte Pubertätsdrüse, nicht haltbar. Bei dem von Lichten- 
stern operierten Fall von Homosexualität wird die histologische Auffassung des bei 
dieser Operation verwendeten kryptorchen Hoden bemängelt; das Organ habe keines- 
wegs einen übermäßigen Reichtum an Zwischenzellen besessen, sondern war ein teil- 
weise normal funktionierender Hoden, deshalb lasse es sich nicht entscheiden, von 
welchem Keimdrüsenanteil die geschlechtsspezifische Inkretabsonderung stattgefunden 
habe, die zur Heilung der Homosexualität führte. Die von Steinach mitgeteilten 
histologischen Befunde homosexueller Hoden sind nicht beweisend, da ähnliche Ver- 
änderungen auch in normalen Hoden gefunden werden können. St. behauptet, daß die 
Heilung bzw. Besserung der Homosexualität lediglich durch die Implantation eines 
normalen Hodens herbeigeführt werden könne und daß die Kastration gar nicht not- 
wendig sei. Beim näheren Befassen mit der diesbezüglichen Literatur wäre festzustellen 
gewesen, daß diese Auffassung unrichtig ist, eine Beeinflussung der Homosexualität 
ist nur nach vorhergegangener Kastration möglich. Auf die beim Menschen ausgeführten 
Hodentransplantationen, die für die Klärung der aufgeworfenen Frage entschieden 
ebenfalls Bedeutung gehabt hätten, wird leider nicht eingegangen. Die Verjüngungs- 
versuche Steinachs, die in Unterbindungen des Vas deferens bei alternden Säuge- 
tieren bestanden, werden kritisch besprochen. St. vertritt die Auffassung, daß das 
Altern eine Erscheinung sei, die den ganzen Körper gleichmäßig betrifft und auf einer 
Abnützung aller Organe, nicht nur einer Atrophie der Keimdrüsen beruhe. Durch eine 


e 


112 Die Generationsphasen und ihre Beziehungen zum Gesamtorganismus. 


Wiederbelebung der Spermatogenese oder der Ovulation können vielleicht die Alters- 
erscheinungen vorübergehend unterdrückt werden, doch sei diese Beeinflussung nur 
eine temporäre und führe zu einer raschen Abnützung aller Organe, die zu einem 
schnellen Verfall hinleitet, aus diesem Grunde ist die Anwendung beim Menschen sehr 
gewagt. St. benützt zur Kritik der beim Menschen bisher ausgefübrten Operationen 
lediglich die drei kurzen, im Werke Steinachs skizzierten Krankengeschichten, 
ohne auf die von Lichtenstern veröffentlichten ausführlichen Mitteilungen, die das 
ganze Material und ausführliche Krankengeschichten enthalten, einzugehen. Bei 
Berücksichtigung dieser Arbeiten wären gewisse Bemängelungen zu vermieden gewesen. 
Es ist mehr als selbstverständlich, daß ein Kranker, bei dem beiderseitige Vasektomie 
ausgeführt werden soll, vorher auf die nach der Operation auftretende Sterilität auf- 
merksam gemacht wird. Die aus den kurzen Krankenskizzen gezogenen Schluß- 
folgerungen sind für den mit der Literatur vertrauten nicht beweisend. St. faßt in 
seinem Referate zum Schlusse seine Ansichten zusammen und sagt, daß in den Keim- 
drüsen beider Geschlechter der höheren Wirbeltiere sich große Zellen finden, die aus 
den spindelförmigen Gebilden des Bindegewebes entstehen. Diese Zellen, die Zwischen- 
zellen, bilden sich ziemlich früh, während der embryonalen Entwicklung, aus und sind 
zu gewissen Zeiten des Fötallebens in großen Mengen vorhanden. Ihre Zahl nimmt bis 
zur Pubertätszeit gleichmäßig ab, erfährt aber unmittelbar nach der geschlechtlichen 
Reife eine leichte Vermehrung. Diesen Zwischenzellen sind die eigentlichen Keimzellen 
gegenüberzustellen, die in der frühen Embryonalzeit aus dem Keimepithel entstehen. 
Ein Teil von ihnen gestaltet sich zu den eigentlichen Keimzellen um, also im Ovar zu 
den Ureiern, im Hoden zu den Ursamenzellen, der andere Teil dient zur Ernährung 
der spezifischen Geschlechtszellen; er bildet im Eierstock die Follikelepithelzellen, 
im Hoden die Sertolischen Zellen. Die inkretorische Tätigkeit der Keimdrüsen hat 
einerseits einen geschlechtsspezifischen, andererseits einen das Wachstum regelnden 
Einfluß. Der erstere macht sich in der Ausbildung der sekundären Geschlechtsmerkmale 
geltend, der letztere ist Ursache des Abschlusses des Knochenwachstums. Bei den 
höheren Lebewesen ist die Entwicklung des Körpers schon im intrauterinen und prä- 
puberalen Leben eine geschlechtlich differenzierte. Die präpuberale Kastration ver- 
zögert den normalen Abschluß des Knochenwachstums und verhindert die Ausbildung 
der sekundären Geschlechtsmerkmale, bedingt Unfruchtbarkeit und rasches Verlöschen 
des Geschlechtstriebes.. Am Körper des Weibes vollziehen sich dabei keine oder nur 
geringe Veränderungen, beim männlichen Körper bildet sich ein Teil der sekundären 
Geschlechtsmerkmale zurück. Die Keimzellen sondern ein Hormon ab, das bei beiden 
Geschlechtern verschieden ist und die Ausbildung der sekundären Geschlechtsmerkmale 
bedingt. Den Zwischenzellen kommt eine untergeordnete Aufgabe zu; sie entstehen 
stets aus den spindeligen Zellen des Bindegewebes und sind dazu bestimmt die Nähr- 
stoffe, die zum Aufbau der Keimzellen benötigt werden, in sich aufzuspeichern. Eine 
stärkere Vermehrung erfahren die Hodenzwischenzellen nur dann, wenn das Keimgewebe 
sich unter dem Einfluß irgendeiner äußeren Schädigung zurückbildet. Daß die Keim- 
zellen allein zur Erzeugung der sekundären Geschlechtsmerkmale genügen, beweisen 
alle diejenigen Arten, in deren Hoden sich keine Spur von Zwischenzellen nachweisen 
läßt; es wäre allerdings möglich, daß im Verlaufe der Phylogenese die Keimzellen der 
höheren Arten die Fähigkeit zur Absonderung des geschlechtsspezifischen Inkretes 
verloren und an die Zwischenzellen abgetreten haben. Lichtenstern (Wien).”° 

Brugnatelli, Ernesto: Sul significato Tisiopatologico degli elementi inter- 
stiziali. (Über die physiologische und pathologische Bedeutung der interstitiellen 
Zellen.) (Istit. ostetr.-ginecol., univ., Genova.) Fol. gynaecol. Bd. 15, H.1, S. 105 
bis 116. 1921. 

Verf. geht von der Kontroverse aus, die heute über die Frage der ‚‚nterstitiellen 
Drüse“ — im Ovarium, Uterus und Hoden — geführt wird. Die hauptsächlichsten 
Gegner der ‚interstitiellen Drüse‘ sind Robert Meyer(vgl. Zentribl. f. Gyn. 1921, Nr. 17) 


Physiologie und Anatomie. — Menstruation und Ovulation. 113 


und Dia mare (Archivio di Östericia e Ginecologia Ser. 2a 8, Parte Ia). R. Meyer 
leugnet nicht nur jede Bedeutung der interstitiellen Zellen, sondern auch die der Theca- 
luteinzellen atretischer Follikel, insbesondere auch ihre Beziehungen zur Menstruation; 
ferner bestreitet er die Identität der Zwischenzellen des Hodens mit den interstitiellen 
Zellen des Ovarıums und endlich stellt er die Existenz einer interstitiellen Uterusdrüse 
in Abrede. Die Ansichten R. Meyers stehen im Widerspruch mit den Lipoidextrakt- 
versuchen Fellners (vgl. dies. Zentrlbl. 1921, Nr. 40), aber auf diese selbst trifft 
wieder der Ausspruch von Gley zu, daß alle Versuche mit Organextrakten nur einen 
pharmakologischen, aber keinen physiologischen Wert haben. — Diamare kommt auf 
Grund der Hodenbefunde nach experimenteller Unterbindung des Vas deferens und der 
Beobachtung an kryptorchen Schweinen zu dem Schlusse, daß die Hyperplasie der 
Zwischenzellen ein Zeichen der Dystrophie ist. Die Hypertrophie dieser Elemente bei 
pathologischen Prozessen ist fälschlicherweise als das Zeichen einer Hyperfunktion 
ausgelegt worden. In Wirklichkeit ist sie nur der Ausdruck für den Untergang der 
spezifischen Geschlechtszellen und damit das erste Symptom der Atrophie des Hodens. 
— Für das Ovarıum kommt Dia mare zu ähnlichen Schlüssen, nur handelt es sich hier 
um periodischen Untergang von Follikeln, dem eine circumscripte Hypertrophie der 
interstitiellen Elemente — das Corpus luteum — vorausgeht. Aber auch im Ovarıum 
stehen, ebenso wie im Hoden, die spezifischen Geschlechtszellen im Zentrum des ge- 
samten funktionellen Geschehens. Nach Ansicht des Verf. ist die Behauptung von Dia- 
mare, daß die interstitiellen Zellen nur eine ganz nebensächliche Bedeutung gegenüber 
den Keimzellen hätten, nichts als eine Hypothese, deren einziges Fundament die 
Schwäche der anderen Erklärungsversuche ist. Verf. hat nun gelegentlich der Operation 
einer Nabelhernie bei einer Gravida der ersten Monate eın Stück des adhärenten Netzes 
entfernt und an diesem histologische Befunde erhoben, die ihm auch für die Frage der 
interstitiellen Zellen von Wichtigkeit erscheinen. Der exstirpierte, etwa walnußgroße 
Netzzipfel zeigte an einigen Stellen derbe, parenchymähnliche Partien. Die histologische 
Untersuchung ergab Anhäufungen von epithelähnlich aneinander liegenden Zellen mit 
reichlichem granulierten und schaumigen Protoplasma und nicht sehr chromatinreichen 
Kernen. In vielen dieser Zellen fanden sich Lipoide (Ciacciofärbung). Verf. sucht dann 
den Beweis zu erbringen, daß diese Histiocyten identisch sind mit den interstitiellen 
Elementen des Ovariums und erwähnt dabei auch Befunde, die Vercesian ektopischen 
Deciduazellen erhoben hat. (Die Arbeit von Vercesi erscheint in den Folia gynae- 
cologica). Endlich führt Verf. zum Beweis seiner Ansicht die Tatsache ins Feld, daß bei 
Gewebskulturen von Hoden und ÖOvarien nur die interstitiellen, bindegewebigen, 
histiocytären Elemente am Leben bleiben, dagegen nie spezifischen Keimzellen. 
Nürnberger (Hamburg). 

Meyer, Robert: Ein Mahnwort zum Kapitel „Interstitielle Drüse“. (Uniw.- 
Frauenklin., Berlin.) Zentralbl. f. Gynäkol. Jg. 45, Nr. 17, S. 593—601. 1921. 

R. Meyer stellt auf Grund seiner histologischen Untersuchungen an einem be- 
sonders großen Material folgende Sätze auf: 1. Eine selbständige interstitielle 
Drüse gibt es beim Menschen überhaupt nicht. Gegenteilige Ansichten 
beruhen auf der falschen Deutung von Flachschnitten durch die Theca der Follikel, 
noch häufiger von lipoiden Überbleibseln toter Zellen der Follikel und Corpora lutea. 
2. Thecazellen wachsender und untergehender Follikel kommen zu 
allen Zeiten vor, meist von den drei letzten Fötalmonaten an. 3. Die 
„Pubertätsdrüse“ ist ein leeres Schlagwort. Junge Mädchen haben keine 
auffällige Menge von Thecazellen, geschweige denn eine interstitielle 
Drüse. Das Wort Pubertätsdrüse erweckt falsche Vorstellungen. 4. Zur Ausbildung 
sekundärer weiblicher Merkmale, der körperlichen und geistigen, be- 
darf es keiner Ovarien. 5. Große Mengen interstitieller Hodenzellen 
hindern nicht die Weibwerdung ohne Ovarien; sie sind also nicht ge- 
schlechtsspezifisch. 6. Die Thecazellen der untergehenden Follikel aller 


Jahresbericht f. d. ges. Gynäkologie 1921. 8 


114 Die Generationsphasen und ihre Beziehungen zum Gesamtorganismus. 


Entwicklungsstufen vom Primärfollikel bis zum Corpus luteum gehen 
ausnahmslos schnell zugrunde außerhalb der Gravidität. 7. Die Funk- 
tion der Thecazellen ist unbekannt; ihre Bedeutung als Nährspeicher 
für Corpus luteum und Eizelle ist wahrscheinlich, ihre Bedeutung für 
den übrigen Körper höchst fragwürdig. 8. Es besteht kein berechtigter 
Grund, die in den absterbenden und toten Zellen der Theca atresieren- 
der Follikel und in den Luteinsäumen während der Rückbildung frei- 
werdendenFette mit spezifischen Wirkungen hypothetisch zubedenken. 
Ihre langsame Resorption bis zur völligen Vernarbung (Corpus candicans, Corpus 
albicans) spricht sogar dagegen; ebenso der Gefäßschwund, welcher die langsame 
Resorption erklärt. 9. Die Thecazellen der während der Gravidität atre- 
sierenden Follikel gehen spätestens im Puerperium zugrunde; meistens 
findet man sie am Ende der Gravidität schon zurückgebildet. 10. Das gleiche 
scheint für dieLuteinwucherung in den Ovarialceysten nach Entfernung 
der Blasenmole und des Corpus luteum zu gelten. Die Angaben über Per- 
sistenz solcher Cysten beziehen sich auf den Cysteninhalt; mir sind Untersuchungen 
über die Persistenz der Luteinzellen selber in solchen Fällen nicht bekannt. 11. Eine 
„interstitielle Uterusdrüse“ gibt es nicht. Aschheim (Berlin). 


Wiltshire, Marion 0. P.: Some observations on basal metabolism in men- 
struation. (Einige Beobachtungen über den Grundstoffwechsel bei der Menstruation.) 
(Physiol. laborat., school of med. f. women, London.) Lancet Bd. 201, Nr. 8, S. 388 
bis 389. 1921. 

Nach angestellten Respirationsversuchen schwankt der Grundstoffwechsel während 
der Menstruation und im Intermenstruum in normalen Breiten, ohne einen typischen 
Unterschied zu zeigen. Auch nach einer bestimmten Arbeitsleistung konnten Unter- 
schiede im Stoffwechselablauf während der Menses und im Intervall nicht nachgewiesen 
werden. Geppert (Hamburg). 


Caminer, Lotte, Über das Verhalten des weißen Blutbildes während des menstru- 
ellen Zyklus. (Univ.-Frauenklin., Gießen.) (Zentralbl. f. Gynäkol. Jg. 45, Nr. 44, 
S. 1601—1604.) 

’ Vgl. Referat S. 122. 


Garling, Karl, Über das leukocytäre Blutbild während der Menstruation. '(Med. 
Poliklin., Rostock.) (Dissertation: Rostock 1921.) 


Meyer, K., Über den Einfluß der Menstruation auf die Chronizität der eitrigen Endo- 
metritis. (Geburtsh. Abt. Kantonspit., Winterthur.) (Schweiz. med. Wochenschr. 
Jg. 51, Nr. 42, S. 968—970.) 
Vgl. Referat S. 183. 


Möllendorff, Wilhelm von: Über das jüngste bisher bekannte menschliche 
Abortivei (EiSCH.). Ein Beitrag zur Lehre von der Einbettung des menschlichen 
Eies. (Anat. Inst., Univ. Freiburg i. B.) Zeitschr. f. d. ges. Anat., 1. Abt.: Zeitschr. 
f. Anat. u. Entwicklungsgesch. Bd. 62, H. 3/6, S. 352—405. 1921. 


Verf. beschreibt ein junges Ei, das 34 Tage nach den letzten Menses ausgestoßen wurde 
und das er noch für 2 Tage jünger als das Brice - Teachersche hält. Es befindet sich noch 
im Stadium der Implantation. Nach seinen Untersuchungen hält er den Cytotrophoblast für 
die das mütterliche Gewebe angreifende Zellschicht, während das Syncytium als sekundäre 
Bildung die Gerinnung des mütterlichen Blutes verhindert. Bezüglich Einzelheiten und 
hypothetischer Erörterungen sei auf das Original verwiesen. Aschheim (Berlin). 


Kiss, Franz: Ein. junges menschliches Ei. (I. anat., Inst., Univ. Budapest.) 
Zeitschr. f..d. ges. Anat., 1. Abt.: Zeitschr. f. Anat. u. Entwicklungsgesch. Bd. 62, 
H. 3/6, S. 519—535., 1921. 
| Beschreibung eines jungen, etwa dem Petersschen entsprechenden Eies. Die Langhans- 
zellen (Cytotrophoblast) hält er, wie Marchand, für die ins mütterliche Gewebe eindringenden 
und es zerstörenden Zellen, während das Syncytium sekundär die von den Grundschichtzellen 
umwachsenen Lacunen. austapeziert. | Aschheim (Berlin). 


Physiologie und Anatomie. — Menstruation und Ovulation. 115 


Möllendorft, Wilhelm von: Über einen jungen, operativ gewonnenen mensch- 
lichen Keim (Ei OP.). (Anat. Inst., Univ. Freiburg i. B.) Zeitschr. f. d. ges. Anat., 
1. Abt.: Zeitschr. f. Anat. u. Entwicklungsgesch. Bd. 62, H. 3/6, S. 406—432. 1921. 

Möllendorff gibt von dem nach Form und Zellerhaltung vorzüglich erhaltenen Objekt 
eine genau im Original nachzulesende Beschreibung der Embryonalanlage. Aschheim. 


Werner, Paul, Zur Kenntnis der Generationsvorgänge nach der Röntgen- und 
Radium-Tiefenbestrahlung. (II. Univ.-Frauenklin., Wien.) (Münch. med. Wo- 
chenschr. Jg. 68, Nr. 25, S. 767—768.) 

Vgl. Referat S. 96. 


Biedl, A., H. Peters und R. Hofstätter: Experimentelle Studien über die Ein- 
nistung und Weiterentwicklung des Eies im Uterus. Drei Mitteilungen. (Inst. f. 
allg. u. exp. Pathol., Univ. Wien.) Zeitschr. f. Geburtsh. u. Gynäkol. Bd. 84, H. 1,. 
S. 59—130. 1921. 

I. Transplantation befruchteter Eier beim Kaninchen. Die Ergebnisse dieser Ver- 
suche sind, daß eine Weiterentwicklung der implantierten Eier möglich ist, zum 
Wurf kam es jedoch nur in einem einzigen Falle. Ein frisches Corpus luteum der Mutter 
ist zur Einnistung und Weiterentwicklung nicht unbedingt nötig. Eine Beeinflussung 
der Ovarien der Nährmutter durch das implantierte Ei scheint den Verff. nach ein- 
zelnen Beobachtungen wahrscheinlich (Reaktivierung von in Rückbildung begriffenen 
Corpora lutea!). II. Beobachtung über Placentombildung: 1. Bestätigung der bekannten 
Versuche von Loeb; 2. in Fällen, in denen zwar keine frischen Corpora lutea, 
wohl aber transplantiertes, fötales oder placentares Gewebe im Tiere vorhanden war, 
wurde Deciduabildung in der Uterusschleimhaut erzielt; 3. Verff. schließen, daß die 
von Fraenkel dem Corpus luteum zugeschriebenen Wirkungen auch von Foetus und 
Placenta ausgelöst werden können; 4. Monsterzellen konnten bei künstlichen Deci- 
duomen nicht gefunden werden. III. Beobachtungen über die Befruchtung und Ei- 
wanderung beim Kaninchen. Die besten Resultate für die Befruchtung ergaben puer- 
perale Tiere 3—4 Tage nach dem Wurf. Die Zahl der gelben Körper ist meist größer 
als die Zahl der befruchteten Eier. Verkümmerung von Föten wurde mehrmals beob- 
achtet. Äußere Überwanderung des Eies ist bei Carnivoren mit deutlicher Ovarial- 
tasche sehr unwahrscheinlich. Aschheim. 


Baur, Hanns: Die äußere Überwanderung des Tier- und Menscheneies. (Univ.. 

Frauenklin., München.) Münch. med. Wochenschr. Jg. 68, Nr. 35, S. 1103—1104. 1921, 

Versuche am Kaninchen unter gut gewählten Bedingungen ergaben, daß es eine 
äußere Überwanderung des Eies gibt. Auch beim Menschen kommt dieselbe vor. 
Aschheim (Berlin). 


Mikuliez-Radecki, Felix v.: Die Bedeutung der Bezeichnung Follikelatresie. 
(Pathol.-Inst., Univ.-Frauenklin., Berlin.) Zentralbl. f. Gynäkol. Jg. 45, Nr. 45, S. 1636 
bis 1637. 1921. 


Levy-Solal, Lelièvre et H. Vignes, Kystes lut6iniques des deux ovaires coexi- 
stant avec und gestation normale. (Luteincysten beider Ovarien bei normaler 
Schwangerschaft.) (Clin. obstetr., Baudelocque, Paris.) (Gyne&col. et obsetr. Bd. 5, 
Nr. 1, S. 70—80.) 

Vgl. Referat S. 531. 


Aschner, Bernhard, Über einen eigenartigen Ovarialtumor aus der Gruppe der 
Follikulome. Nebst auffallenden Menstruationsstörungen und einem bisher noch 
nicht beschriebenen anatomischen Befund in Form einer gänseeigroßen, massiven 
a luteum-ähnlichen Bildung. (Arch. f. Gynäkol. Bd. 115, H. 2, S. 350 bis 

82.) | 

Vgl. Referat S. 210. 


Grunow, W., Beseitigung dysmenorrhoischer Beschwerden und Regulierung des 
Menstrustionstypus durch die Wildbader Thermalbäder. (Zeitschr. f. physikal. 
u. diätet. Therap. Bd. 25, H. 4, 8. 174—182 u. H. 5, S. 224—228.) 
Vgl. Referat S. 186. 


8* 


116 Die Generationsphasen und ihre Beziehungen zum Gesamtorganismus. 


b) Klimakterium. 


Jagić, N. und G. Spengler: Zur Klinik des Klimakteriums. Wien. klin. 
Wochenschr. Jg. 34, Nr. 34, S. 412—414. 1921. 

Der Ausfall der Ovarialhormone erzeugt eine Störung im endokrinen System; es 
handelt sich also um eine polyglanduläre Funktionsstörung. Bei 80%, der Fälle findet 
sich eine Hypertonie. Ihre Ätiologie wird oft erst durch das Abklingen der Symptome 
im Verlauf der Menopause geklärt werden können. Differentialdiagnostisch kommt 
besonders die Aortenlues in Frage. Die Hypertonie ist ein Ausdruck des gesteigerten 
Sympathicustonus. Häufig tritt auch Tachykardie auf. Für die Aufklärung der Ätio- 
logie ist der Rückgang der Erscheinungen der wichtigste Faktor, da um die Zeit des 
Eintrittes der Menopause oft präsklerotische und sklerotische Symptome aufzutreten 
pflegen. Primäre Herzerkrankungen können ebenfalls durch das Klimakterium bedingt 
sein. Der erhöhte Fettansatz kann auch den Herzmuskel betreffen. Reizleitungs- 
störungen, Tachykardien, Arythmien, relative Mitralinsuffizienz, das Bild der Myo- 
karddegeneration sind die Folge. Auch zum Asthma cardiale kann es kommen. Thera- 
peutisch kommen Theobrominpräparate eventuell in Verbindung mit Papaverin oder 
Nitroglycerin, endlich Venaesectio in Betracht, bei Mitbeteiligung des Herzens Digitalis, 
Sauerstoffbäder, sowie diätetische Behandlung. Weiterhin wird die Bedeutung anderer 
klimakterischer Störungen, so des Asthma bronchiale, der Veränderungen von seiten 
des Verdauungstraktus, der Anämien vom Charakter der aplastischen Anämie be- 
sprochen. Rheumatoide und neuralgiforme Zustände als Folge von Gefäßkrämpfen 
oder Stoffwechselstörungen werden nicht selten im Klimakterium beobachtet. Vielleicht 
entsteht die Stoffwechselverlangsamung erst sekundär durch Beeinflussung der Schild- 
drüse. In der Menopause kommt ebenso eine Hypofunktion der Schilddrüse, wie das 
Auftreten von basedowähnlichen Symptomen vor. Die Organotherapie mit Schild- 
drüsen-, Nebennieren-, Eierstockspräparaten, sowie die Darreichung von Thelygan hat 
sich zur Bekämpfung der Ausfallserscheinungen oft bewährt. Winter (München). 


Jagit, N. und G. Spengler: Zur Klinik des Klimakteriums. Wien. med. Wochen- 
schr. Jg. 71, Nr. 50, S. 2170—2176. 1921. 

Die klinischen Erscheinungen im Klimakterium sind nicht einfach Ausfallser- 
scheinungen, sondern sie sind die Folge einer polyglandulären Störung. Nach Her- 
stellung des endokrinen Gleichgewichtes gehen die Erscheinungen wieder zurück. Die 
physiologische und die artifizielle Klimax dürfen nicht gleichgestellt werden. Die 
meisten sehen in den klimakterischen Symptomen den Ausdruck eines gesteigerten 
Sympathicustonus, andere finden auch vagotonische Symptome. Die vasculären und 
nervösen Erscheinungen lassen sich durch den erhöhten Sympathicustonus erklären 
und können experimentell auch durch unterschwellige Adrenalindosen erzeugt werden. 
Ein Drittel der Frauen bekommt im Klimakterium einen abnorm starken Fettansatz 
in den Bauchdecken; dadurch Zwerchfellhochstand, Querstellung des Herzens mit 
Zirkulationsstörungen. Bronchialasthma tritt manchmal im Menstruationstypus auf, 
verstärkt sich im Klimakterium oder tritt erst während der Menopause auf. Es gehört. 
zur Vagotonie und ist dementsprechend, im Gegensatz zum Klimakterium sonst, von 
Eosinophilie begleitet. Periodisch auftretende hartnäckige Diarrhöen kommen ebenso 
vor, wie Obstipation, die jeder medikamentösen Behandlung trotzt und auf Organo- 
therapie gut reagiert. Auch Hyperacidität mit spastischer, andererseits atonische 
Obstipation infolge eines erhöhten Sympathicustonus werden beobachtet. Nicht selten 
tritt hypochrome aplastische Anämie auf. Wenn occulte Blutungen ausgeschlossen 
werden, oft günstige Erfolge mit einer energischen Arsenkur. Stoffwechselstörungen 
im Sinne verminderter Zucker- und Kohlenhydrattoleranz und Veränderungen im 
Mineralstoffwechsel sind nicht selten. Im übrigen verweise ich auf mein Referat einer 
Arbeit, die dieselben Autoren in der Wien. klin. Wochenschr. 1921, Nr. 34 veröffent- 
licht haben. Winter (München). 


Physiologie und Anatomie. — Klimakterium. 117 


Decio, Cesare: Studi clinici e biologici sulla menopausa. (Klinische und bio- 
logische Studien über die Menopause.) (Clin. ostetr.-ginecol., istit. di studi sup., Firenze.) 
Fol. gynaecol. Bd. 14, H. 4, S. 275—306. 1921. 

Die Vorgänge, die sich an den Genitalien beim Eintritt ins Klimakterium abspielen, 
sind heute schon ziemlich gut bekannt. Dagegen fehlt uns fast noch jeder Einblick 
über die Veränderungen, die an den übrigen Organen durch die Menopause ausgelöst 
werden. Die bisher darüber vorliegenden, nicht sehr zahlreichen Beobachtungen 
leiden vor allem daran, daß der zwingende Beweis für einen kausalen Zusammenhang 
mit dem Klimakterium fehlt. — ‚Kurz, die Physiologie der Menopause muß erst noch 
geschaffen werden, wenigstens in vielen ihrer Teile.“ Da diese Aufgabe die Kräfte eines 
einzelnen übersteigt und nur in jahrzehntelanger Arbeit einer Lösung näher gebracht 
werden kann, so hat Verf. sich auf ein relativ eng begrenztes Problem beschränkt, 
nämlich auf das Studium des vegetativen Nervensystems im Klimakterium. 
Verf. ist dabei so vorgegangen, daß er 18 in der Menopause befindliche Frauen den be- 
kannten pharmakologischen Prüfungen mit Adrenalin und Pilocarpin unterzog. 
Von diesen 18 Frauen reagierten 8 auf Adrenalin vollkommen negativ und auf Pilo- 
carpin stark positiv; 3mal fand sich eine leichte positive Reaktion auf Adrenalin und 
eine stark positive auf Pilocarpin, in 2 Fällen fand sich eine paradoxe Adrenalinreaktion, 
(Blutdruckabfall) kombiniert mit positiver Pilocarpinreaktion, 4 Frauen reagierten 
sowohl auf Adrenalin, als auch auf Pilocarpin positiv, jedoch war bei zwei von ihnen 
der Ausfall der Pilocarpinprobe viel intensiver; eine letzte Patientin endlich zeigte 
eine leichte Reaktion auf Adrenalin und einen negativen Ausschlag auf Pilocarpin. — 
Mit Atropin wurden keine befriedigenden Ergebnisse erzielt. Die Atropininjektionen 
wurden deshalb bald aufgegeben. — Sieht man von den 2 Fällen mit paradoxer Adrena- 
linreaktion, auf die Verf. nicht näher eingeht ab, so zeigt sich, daB der größere Teil der 
18 untersuchten Frauen die Zeichen des erhöhten Vagustonus darbot. Verf. schließt 
daraus auf eine Hypertonie des Vagus und auf eine Hypotonie des Herz- und Gefäß- 
sympathicus. Die gleichen Erscheinungen am vegetativen System finden sich auch im 
Klimakterium praecox, ferner bei jugendlicher Amenorrhöe, und nach Totalexstirpa- 
tionen, kurz in allen Fällen von ovarieller Insuffizienz. Dies deutet darauf hin, daß es 
sich bei der Umstimmung des vegetativen Nervensystems durch die Menopause nicht 
um eine einfache zeitliche Koinzidenz, sondern um einen engen kausalen Zusammen- 
hang handelt. — Das Auftreten eines erhöhten Vagustonus in der Menopause ist auch 
von klinischer Bedeutung. Es erklärt eine Reihe klimakterischer Beschwerden, vor 
allem die intestinalen (Oesophaguskrämpfe, Brechreiz, Sodbrennen, die wiederholten 
Diarrhöen, die Verf. auf einen Krampf der Längsmuskulatur zurückführt und die 
Obstipation, die auf einem Krampf der Ringmuskulatur des Darmes beruhen soll. 
Auf Längs- und Ringmuskelschicht des Darmes wirkt der Vagus erregend, der Sym- 
pathicus hemmend. Auch Leberstörungen des Klimakteriums lassen sich auf Gleich- 
gewichtsstörungen im vegetativen Nervensystem zurückführen, denn auf die Gallen- 
sekretion und überhaupt auf die ganze Leberfunktion wirkt der Vagus ebenfalls erregend 
und der Sympathicus hemmend. Ebenso verhält es sich mit der Sekretion der Nasen- 
schleimhaut. Unklar bleibt dagegen die Genese der Blutwallungen und der Schweiß- 
ausbrüche, da in den Gefäßen sowohl als auch ın den Schweißdrüsen noch nicht mit 
Sicherheit Vagusfasern nachgewiesen worden sind. — Dagegen dürften gewisse klimak- 
terısche Funktionsstörungen der Blase zum Teil wenigstens auf eine Hypertonie der 
autonomen Nervenfasern zurückzuführen sein. Wenigstens läßt sich dadurch zwanglos 
die ausgezeichnete Wirkung von Adrenalin in vielen Fällen von seniler Inkontinenz 
erklären. — Ohne Zweifel bestehen nun innige Zusammenhänge zwischen dem vege- 
tativen Nervensystem und den endokrinen Drüsen. Über den Zustand des endokrinen 
Systems in der Menopause liegen nur spärliche Untersuchungen vor, die sich überdies 
noch zum Teil widersprechen. Verf. stellte deshalb eigene Untersuchungen an, und zwar 
suchte er zuerst die Frage zu entscheiden, ob im Klimakterium eine Adrenalinämie 


118 Die Generationsphasen und ihre Beziehungen zum Gesamtorganismus. 


besteht. Er bediente sich dabei des isolierten Amphibienherzens nach Gaifa mi (Gine- 
cologia 1915). Ä 

Die Methodik ist kurz folgende: Nach Eröffnung der Perikardialhöhle (Verf. bediente 
sich zu seinen Versuchen kleiner Schildkröten) wurden die Vorhofsvenen unterbunden, so daß 
das Herz nur noch an der Aorta hing. In diese wurde eine dünne Kanüle eingebunden. Dann 
wurde das Herz völlig ausgelöst und in eine etwa 10 cm lange Glasröhre gebracht, die an ihren 
beiden Enden mit durchbohrten Stopfen verschlossen war. Durch die Öffnung des oberen 
Stopfens ragte die dünne Kanüle heraus, die in die Aorta eingebunden war, durch die untere 

nung ging ein Faden hindurch, dessen eines Ende an der Herzspitze befestigt war, während 
das andere Ende mit einem Schreibhebel in Verbindung stand, der die Kontraktionen des Her- 
zens auf eine berußte Trommel übertrug. Nun wurde das Herz zunächst mit physiologischer 
Kochsalzlösung ausgewaschen, um das Blut möglichst zu entfernen. Dann wurde Blutplasma 
von normalen, geschlechtsreifen Frauen und dann solches von Klimakterischen hindurch- 
geleitet. Verf. nahm Plasma und kein Serum, da nach O’Connor (Arch. f. exp. Pathol. 
u. Pharmakol. 67) jedes Serum vasoconstrictorische Substanzen enthält. 

Bei diesen Durchspülungsversuchen am Schildkrötenherzen zeigte sich, daß 
zwischen dem Blutplasma von geschlechtsreifen und dem von klimakterischen Frauen 
keine wesentlichen Unterschiede vorhanden waren. Verf. kommt also im Gegensatz 
zu Marañon (La edad critica. Madrid 1919) zu dem Schlusse, daß im Klimakterium 
keine Adrenalinämie besteht. Dieser Befund steht in guter Übereinstimmung mit den 
klinischen Untersuchungen des Verf., die ebenfalls keinen erhöhten Sympathicustonus, 
sondern eine erhöhte Spannung im Vagusgebiet ergeben hatten. Nach den Unter- 
suchungen von Hus not (Recherches sur l’évolution histologique de la glande surrenale 
chez l’homme. Paris 1908) und nach Beobachtungen von Marañon (l. c.) kommt es im 
Klimakterium aber zu einer Hypertrophie der Nebennieren. Nach Chauffard und 
seiner Schule (v. Grigaud, Le cyle de la colesterinemie, Paris 1910) spielt die Neben- 
nierenrinde durch Produktion von Cholesterin eine große Rolle im Lipoidstoffwechsel 
und es ist in der Tat auch gelungen Cholesterin im Venenblut der Nebenniere nachzu- 
weisen (Porak et Quingaud, Compt. rend. de la soc. de biol. 18. Juli 1914). Neu- 
mann und Herrmann (Wien. klin. Wochenschr. 1911) hatten schon vorher im 
Klimakterium eine Hypercholesterinämie nachgewiesen. Verf. hat nun gleichfalls 
Untersuchungen über den Cholesteringehalt (mit dem Autenriethschen Colorimeter) 
bei geschlechtsreifen und klimakterischen Frauen angestellt. Dabei fand sich im 
normalen Blut (in 11 untersuchten Fällen) ein durchschnittlicher Cholesteringehalt 
von 1,49°/,0. Bei 12 klimakterischen Frauen wurden 8 mal Werte bis zu 1,70%, 2 mal 
sogar bis zu 2%, und 2mal subnormale Werte (1,30, 0,90%,) festgestellt. Die über- 
wiegende Mehrzahl der Fälle hatte also eine deutliche Hypercholesterinämie. — Auf 
die klimakterische Hypertrophie der Nebennierenrinde führt Verf. das Erscheinen von 
männlichen Stigmata (Behaarung der Oberlippe und des Kinns, Auftreten einer tiefen, 
männlichen Stimme) in der Menopause zurück. Verf. beruft sich dabei auf analoge 
Erscheinungen bei blastomatöser Degeneration der Nebennierenrinde und auf das Ver- 
schwinden dieser Symptome nach der chirurgischen Entfernung des Tumors (Bovin, 
Semaine med. 1910). Nürnberger (Hamburg). 


Dalchö: La ménopause chirurgicale. (Die chirurgische Menopause.) Progr. 
med. Jg. 48, Nr. 47, S. 545—547. 1921. 

Klinischer Vortrag. Die Ausfallserscheinungen in der natürlichen Menopause und 
besonders die oft schweren Zustände, welche durch doppelseitige Ovariotomie ent- 
stehen, zwingen zu einer exakten Indikationsstellung für den Fall, daß bei einer Opera- 
tion einer Salpingitis oder einer anderen Genitalerkrankung eine Exstirpation beider 
Ovarien in Frage kommt. Je nach dem Alter des Individuums scheint die Kastration 
zu recht verschiedenen Folgen zu führen. Bei der Kastration in jugendlichem Alter 
werden die äußeren Charaktere der Pubertät geändert. Durch präpuberale Kastration 
entsteht ein eunuchoider Typus; auch die Psyche wird verändert. Die Nebenniere 
bekommt das Übergewicht und ruft Maskulinismus, Infantilismus oder Virilismus 
hervor. Es wird ein Fall zitiert, bei dem nach Entfernung der Ovarien ein Bart im 


Physiologie und Anatomie. — Klimakterium. 119 


Gesicht mit Hirsutismus und Virilismus eintrat. Dagegen bringt die Kastration nach 
der Pubertät geringere Veränderungen mit sich. Man muß die Kastration vor dem 
%. und nach dem 25.—35. Jahre unterscheiden. Auch ob die Frau geboren hat, spielt 
eine Rolle. Weiterhin werden die bekannten Symptome der natürlichen und der 
operativen Kastration besprochen, so besonders die angioneurotischen und nervösen 
Störungen. Sie werden auf den Ausfall der Ovarien und damit zusammenhängende 
polyglanduläre Störungen zurückgeführt. Besonders hepatogastrische Symptome 
und schwere Kopfschmerzen werden auf sekundäre Veränderungen der Hypophyse 
zurückgeführt. Die sich vergrößernde Hypophyse komprimiert sich selbst in ihrer 
fibrösen Kapsel. Es entstehen so Erscheinungen wie beim Tumor cerebri. Die Stö- 
rungen der Menopause einfach als Angstzustände zu erklären, ist, trotz tatsächlicher 
weitgehender Ähnlichkeit, nicht statthaft. Nach der chirurgischen Menopause tritt 
eine Gruppe von Störungen sehr bald, eine andere erst nach längerer Zeit auf. Für 
letztere ist der Zusammenhang oft nicht so augenfällig. Man muß sie aber kennen, 
um sie der richtigen Behandlung zuzuführen. Die Behandlung der Störungen in der 
Menopause ist langdauernd und kostspielig. Es werden diätetische, hydro- und organo- 
therapeutische Maßnahmen empfohlen. Neben der Ovarialtherapie werden Extrakte 
der Hypophyse, Nebenniere und des Pankreas, sowie deren Kombinationen gereicht. 
Winter (München). 
Fuchs, H.: Die Ausfallserscheinungen nach der Röntgenmenopause. (Priv.- 
Klin. Dr. H. Fuchs, Danzig.) Strahlentherapie Bd. 12, H. 3, S. 742-777. 1921. 
An Hand von 69 genau beobachteten Fällen von mindestens 1jähriger Meno- 
pause werden die aufgetretenen Ausfallserscheinungen besprochen. Es sind aus- 
schließlich Fälle der Privatpraxis, die eine genauere Beurteilung erlauben. Die Frauen 
waren mit vier Ausnahmen über 35 Jahre alt. Zwanzig hatten bereits vor der Röntgen- 
behandlung Wallungen. Bei 17 davon wurde durch die Bestrahlung eine deutliche 
Verstärkung derselben hervorgerufen. Typische vasomotorische Ausfallserscheinungen 
zeigten 63 = 91,2%. Sie sind also ebenso häufig, wie nach operativer Kastration. 
Die schwereren Fälle traten etwa doppelt sooft auf als die leichten, waren aber nach 
Ablauf eines Jahres meist abgeklungen. Das Alter, in dem die Pat. der Behandlung 
zugeführt wurde, scheint ohne Belang zu sein. Neuropathische Belastung war besonders 
bei den schweren Fällen nachzuweisen. Hitzewallungen und Schweißausbrüche sind 
als typische ovarielle Ausfallssymptome anzusehen. Eine typische klimakterische 
Kardiopathie gibt es nicht. Gegenüber der operativen Kastration und der Hysterektomie 
ist im Röntgenklimakterium eine deutliche Schonung des psychischen Gleichgewichtes 
festzustellen. Die Sexualempfindung bleibt in einem viel größeren Prozentsatz erhalten 
als nach operativer Kastration; sie verhält sich ähnlich wie nach der Hysterektomie. 
Eine Involution des Uterus wurde unter 55 Fällen in 89%, und zwar meist durch Sonder- 
messung festgestellt. Atrophie der Parametrien in 10%, eine solche der Vagina und 
Vulva nur selten. Das ist ein wesentlicher Vorteil gegenüber den operativen Ver- 
fahren. Der Eierstock wird durch die Bestrahlung nicht aller Follikel beraubt. Die 
Iinnersekretorische Leistung wird nicht vollständig aufgehoben. Die Bezeichnung 
Röntgenkastration sollte durch Röntgenklimax oder Röntgenmenopause ersetzt 
werden. Abnorme Fettsucht kam nach Bestrahlung nicht vor, auch kein Einfluß 
auf den Haarwuchs. Ein Fall von schwerster psychischer und somatischer Störung 
in der Röntgenmenopause bei einer disponierten Pat. wird genau beschrieben. 
Winter (München). 
Malmio, H. R.: Über das Alter der Menopause in Finnland. Eine statistische 
Studie. (Obstetr.-gynäkol Klin., Univ. Helsinki.) Acta soc. med. fennic. „Duodecim“ 
Bd. 3, H. 1/2, S. 1—16. 1921. 
Nach einer Kritik der bisherigen Statistiken über den Eintritt der Menopause in 
Finnland stellt Verf. 220 Fälle von Pfleglingen der Armenanstalten zusammen, soweit 
diese bereits 55 und nicht über 80 Jahre alt waren, soweit sie keine chronischen Er- 


120 Die Generationsphasen und ihre Beziehungen zum Gesamtorganismus. 


krankungen durchgemacht hatten und sich mit voller Sicherheit an den Eintritt der 
Menopause erinnern konnten. Als Mittelwert ergaben sich für das Eintrittsalter der 
Menopause 48,66 + 0,36 Jahre. Bei Frauen mit finnischer Muttersprache (160 Fälle) 
war der Mittelwert 48,62 + 0,42 Jahre, mit schwedischer (60 Fälle) 48,58 :- 0,69 Jahre, 
also keine prinzipielle Differenz. Bei Frauen mit 1—2 Kindern scheint die Menopause 
etwas verspätet, bei solchen mit mehr Kindern etwas verfrüht einzutreten. Vom Ein- 
trittsalter der Menarche ist die Zeit des Auftretens der Menopause ziemlich unabhängig. 
Nur die sehr frühen und sehr späten Varianten der Variationsreihen zeigen einige 
Gesetzmäßigkeit. Über die gleiche Frage wurde dann noch eine Untersuchung an dem 
Material der gynäkologischen Klinik zu Helsingfors angestellt. Der sich ergebende Wert 
von 48,53 + 0,18 Jahren ist zufällig in guter Übereinstimmung mit dem am ersten 
Material gewonnenen Werte. Er ist aber durch Summierung verschiedener Fehler 
zustande gekommen. Werden alle die Statistik verwischenden Momente ausgeschieden, 
so ergibt sich mit 49,50 + 0,24 Jahren doch ein anderer Wert. Da eine Untersuchung 
über das Menopausenalter bei verschiedenen gynäkologischen Erkrankungen, mit 
Ausnahme der malignen Tumoren, eine Verspätung der Menopause zeigt, so erscheint 
es fraglich, ob das Material einer gynäkologischen Klinik für die Bestimmung des 
Mittelwertes der Menopause eines Volkes überhaupt geeignet ist. Da das mittlere 
Menarchealter für Finnland 16,089 + 0,050 Jahre beträgt, so ergibt sich als Dauer der 
geschlechtsreifen Epoche der Frau für Finnland rund 32,5 Jahre. Winter (München). 

Schlesinger, Otto: Zur Frage der klimakterischen Blutdrucksteigerung. Berl. 
klin. Wochenschr. Jg. 58, Nr. 21, S. 545—546. 1921. 

Die widersprechenden Resultate der Blutdruckuntersuchung im Klimakterium 
dürften auf der Außerachtlassung wichtiger Momente beruhen, welche bewirken, daß 
der Blutdruck bei einer und derselben Patientin großen Schwankungen unterworfen 
ist. Untersuchungen, welche diese Umstände berücksichtigen, ergeben folgende 
Schlüsse: die Blutdruckschwankungen sind im Beginn der Menopause stärker als 
später. Verstärkt sind sie auch dann, wenn die Menopause plötzlich eintritt. Besondere 
Stärke erreichen sie bei in jugendlichem Alter kastrierten Frauen; dann halten sie 
auch längere Zeit an. Dagegen zeigen Frauen, die früher nur unregelmäßige oder 
schwache Menstruation hatten, im Klimakterium geringere Blutdruckschwankungen. 
Alter, interne Leiden, Lebensart, Zahl der Geburten und Abortus, Operationen, Nar- 
kosen hatten zwar auf die Blutdruckhöhe, aber nicht auf seine Schwankungen Ein- 
fluß. Ein Zusammenhang zwischen subjektiven klimakterischen Erscheinungen und 
Blutdruckhöhe und -schwankungen war nicht vorhanden. Daraus wird geschlossen, 
daß der durch die endokrinen Drüsen regulierte Blutdruck beim Ausfall der Ovarial- 
funktion seine Stabilität verliert und größeren Schwankungen unterworfen, 
aber nichtabsolut erhöht ist. Auch bei der Kriegsamenorrhöe fand Verf. größere 
Labilität, aber keine Erhöhung des Blutdruckes. Aus einer einzigen Blutdruck- 
bestimmung dürfen daher keine Schlüsse gezogen werden. Eine dauernde Erhöhung 
des Blutdruckes ist kein Symptom des Klimakteriums. Vom Standpunkt der Therapie 
wäre eine Stabilisierung des Blutdruckes durch Organotherapie oder durch Strahlen- 
therapie anzustreben. Mit kleinen Röntgendosen hat er keine Erfolge gesehen und 
glaubt, daß die Zukunft der Therapie der Klimax neben der Organotherapie der 
Strahlenbehandlung mit ultraviolettem Licht gehört. Die Wirkung wäre als eine 
indirekte auf dem Wege über die Haut aufzufassen. Winter (München). 

Luithlen, Friedrich: Die Beeinflussung der inneren Sekretion als ätiologische 
Therapie bei Dermatosen der Pubertät und des Klimakteriums. Med. Klinik Jg. 17, 
Nr. 8, S. 217—220. 1921. 

Die Zustandsänderungen der Haut in den verschiedenen Lebensaltern bilden einen 
Beweis für den innigen Zusammenhang zwischen Haut und Gesamtorganismus. Tier- 
experimente und die gewöhnlichen Beobachtungen (Veränderungen der Haut und ihrer 
Anhänge in der Pubertät usw.) weisen auf die Abhängigkeit der Hautfunktion von 


Klinisches. — Generationsvorgänge und endokrines Systen. 121 


der Tätigkeit innersekretorischer Vorgänge hin. Verf. hat verschiedene konstitutionelle 
Hauterkrankungen der Pubertät und des Klimakteriums (Pruritus universalis, Pruritus 
vulvae, Furunkulose, Acne, seborrhoisches Ekzem usw.) erfolgreich behandelt mit 
kombinierter Organ- und Kolloidtherapie. Ovarialextrakte, Schilddrüsentabletten usw. 
werden innerlich gegeben; gleichzeitig wurde durch wiederholte Aderlässe und Eigen- 
seruminjektionen, also durch parenterale Zufuhr kolloidaler Substanzen, auf eine 
„Herabsetzung der Entzündungsbereitschaft‘ und „Umstimmung des Organismus“ 
hingewirkt. Geppert (Hamburg). 

Striepecke, G.: Transannon gegen die Ausfallerscheinungen der Frauen. Med. 
Klinik Jg. 17, Nr. 33, S. 997—998. 1921. 

Das Mittel soll durch Zufuhr von Calcium- und Magnesiumionen, die im Klimakterium 
oder nach Exstirpation der Ovarien auftretende Übererregbarkeit des Sympathicus herab- 
drücken. In 38 Fällen wurden befriedigende Resultate erzielt, besonders wenn das Mittel bald 
nach dem ersten Auftreten der Ausfallserscheinungen verabreicht wurde. In 5 veralteten Fällen 
war es ohne Erfolg. Das im Präparat enthaltene Abführmittel verursacht manchmal Leib- 
schmerzen. Winter (München). 

Isola, Domenico: Le cenestopatie del elimaterio secondo le odierne vedute 
endocrinologiche. (Clin. neuropsichiatr., Genova.) Note e riv. psichiatr. Bd. 9, Nr. 1, 
S. 31—54. 1921. 

Bauer, Guenter, Das Endometrium in der ersten Zeit der Menopause. (Dissertation: 

Rostock 1920.) 


2. Klinisches. 


a) Generationsvorgänge und endokrines System (Hypophyse, Nebenniere, Schild- 
drüse usw.). 

Hart, C.: Zum Wesen und Wirken der endokrinen Drüsen. Berl. klin. Wochen- 
schrift Jg. 58, Nr. 21, S. 533—536. 1921. 

Der klimatische Einfluß auf die Körperbeschaffenheit erfolgt auf dem Wege 
über die endokrinen Drüsen. Abnorm hohe andauernde Wärme führt nach Verf.s 
Untersuchungen an der grauen Hausmaus zu einer Degeneration der Schilddrüse, 
während konstante Kälteeinwirkung ihre Tätigkeit steigert. Die entsprechenden 
anatomischen Veränderungen gleichen sich unter normalen Lebensverhältnissen 
wieder aus. Es werden also bei hohen Temperaturen durch die Herabsetzung der 
Schilddrüsenfunktion Stoffumsatz und Wärmeproduktion herabgesetzt, bei Unter- 
temperaturen durch Mehrleistung der Schilddrüse gesteigert. Ganz analog waren ther- 
mische Einflüsse auf die Spermatogenese. Auch Nährschäden können Veränderungen 
an den endokrinen Organen erzeugen. Die Wirkungsweise der endokrinen Drüsen 
erscheint im Lichte dieser und gleichsinniger Forschungsergebnisse anderer Autoren 
anders, besonders die vielfach angenommene Spezifität der Hormone nicht niehr 
streng gültig. Allgemein liegt ihre Bedeutung in einer Regulierung aller Lebenstätig- 
keit (Transformation der Kräfte) und allgemeiner Leistungssteigerung. Hinweis auf 
die Beziehungen zwischen Ernährung und Funktion innersekretorischer Organe, die 
durch Vermittlung der exogenen Hormone (gleich Vitamine) zustandekommt. Über 
das Einzelwesen hinaus haben die endokrinen Drüsen Bedeutung für die Vererbung 
und Entwicklung krankhafter Anlagen (Disposition) und konstitutioneller Rassen. 

Seitz (Gießen). 

Halban, Jos.: Innersekretorische Fragen in der Gynäkologie. Münch. med. 
Wochenschr. Jg. 68, Nr. 41, S. 1314—1317. 1921. 

Stuurman, F. J.: Jahresübersicht über die Literatur der Drüsen mit innerer 
Sekretion. Nederlandsch tijdschr. v. geneesk. Jg. 65, H. 26, S. 3047. 1921. (Holländisch.) 

Tideström, Hj.: Über Hämoptysen und Menstruationen. Svenska läkartid- 
ningen Jg. 18, Nr. 38, S. 637—641. 1921. (Schwedisch.) 

Die persönliche Auffassung und Erfahrung des Verf. von vielen (279) Lungen- 
blutungen ist, daß Lungenblutungen und Menstruationen ganz bestimnit in Zusammen- 


122 Die Generationsphasen und ihre Beziehungen zum Gesamtorganismus. 


hang stehen. Infolgedessen trifft Verf. auch bestimmte Maßregeln. Er läßt die Pat. 
während der Menstruation im Bett bleiben, was in jedem Fall indiziert ist. Die Blu- 
tungen sind dann in der Regel ausgeblieben, was für die Pat. vorteilhaft ist, weil auch 
kleine Blutungen den Lungenprozeß verschlimmern. Auch in anderer Hinsicht ist es 
wichtig, die Aufmerksamkeit auf diese Frage zu richten. Man muß sich nämlich nicht 
irreführen lassen und die Diagnose Lungenschwindsucht stellen, nur weil die Pat. 
angeben, daß sie Blut gespuckt haben, wenn man nicht objektive Symptome finden 
kann. Silas Lindgvist. 


Eisenhardt, W. und R. Schaefer: Schwankungen im Chlorid-Stoffwechsel unter 
dem Einfluß der menstruellen Vorgänge. (Med. Univ.-Klin., Königsberg +. Pr.) 
Biochem. Zeitschr. Bd. 118, S. 34—38. 1921. 

Die Hyperchlorämie, die zwei Tage vor dem Eintritt und in den ersten beiden 
Tagen während der Menses beobachtet wurde, ist zum Teil bedingt als „Ausgleich nach 
erfolgtem Blutverlust‘‘, zum Teil weist sie auf eine innersekretorische Verschiebung 
des Stoffwechsels hin. Geppert (Hamburg). 


Garling, Karl: Über das leukocytäre Blutbild während der Menstruation. (Med. 
Poliklin., Rostock.) Dtsch. Arch. f. klin. Med. Bd. 135, H. 5/6, S. 353—357. 1921. 

Untersuchungen an 37 gesunden ledigen jugendlichen Personen und 9 kranken 
Individuen, von denen 5 an Erkrankungen litten, die an sich schon Eosinophilie hervor- 
rufen können. Während der Menstruation fand sich keine wesentliche Vermehrung 
der Gesamtleukocyten, eine Zunahme der Eosinophilen unter 37 Gesunden 15 mal, 
darunter 10 mal nur bis 1%, in 5 Fällen über 1%. In 14 Fällen trat eine Abnahme 
der Eosinophilen auf, darunter 4mal um 2%. Bei den 9 Kranken 4mal Zunahme, 
und zwar bei Frauen, die schon vorher eine Eosinophilie hatten, aber auch hier be- 
wegte sie sich innerhalb der physiologischen Grenzen. Fünfmal wurde unter diesen 
9 Fällen eine Abnahme der Zahl der Eosinophilen festgestellt. Ebenso verhielten sich 
die Lymphocyten durchaus inkonstant, indem unter den 37 gesunden Frauen 17 mal 
eine menstruelle Zunahme, 11 mal eine Abnahme zu beobachten war, die nur selten 
nennenswerte Größe erreichte. Bei den 9 pathologischen Fällen 5mal Zunahme der 
Lymphocyten. Ähnlich verhielten sich die Mononucleären. Die Lymphocyten und 
Mononucleären sind im allgemeinen nicht wesentlich vermehrt, zeigen aber doch öfter 
menstruelle Anstiege. Die den Ausgang der Untersuchungen bildende Frage nach 
dem Einfluß der Menstruation auf den Vagustonus ist demnach so zu beantworten, 
daß ein solcher, gemessen an der Bewegung der Zahl der Eosinophilen, nicht ersichtlich 
ist, doch hält Verf. es für wahrscheinlich, daß eine Einwirkung auf das vegetative 
Nervensystem im Sinne einer heterotonischen Alteration nicht abzulehnen sei. Seitz. 


Caminer, Lotte: Über das Verhalten des weißen Blutbildes während des men- 
struellen Zyklus. (Univ.-Frauenklin., Gießen.) Zentralbl. f. Gynäkol. Jg. 45, Nr. 44, 
S. 1601—1604. 1921. 

Es wurde bei 4 normal menstruierten Frauen innerhalb dreier Menstruations- 
zyklen an jedem fünften Tage das Blutbild untersucht. Die in Kurven aufgezeichneten 
Resultate der Differentialzählungen weisen für die einzelne Frau eine gewisse Gesetz- 
mäßigkeit auf, so z. B. niedrigste Gesamtleukocytenwerte sowie niedrigste Eosino- 
philie während der Menses, während die Zahl der polymorphkernigen, neutrophilen 
Leukocyten ihren Höhepunkt zur Zeit der Ovulation zeigte. Eine Gesetzmäßigkeit 
bei der Gesamtheit der Frauen besteht nicht. Ebenso ist das Blutbild Amennorrhoischer 
gewissen Schwankungen unterworfen, die aber ebenfalls der Gesetzmäßigkeit ent- 
behren. Geppert (Hamburg). 


Vitanza, Carlo: Dispepsia mestruale. Riv. d’ostetr. e. ginecol. prat. Jg. 3, Nr. 8, 
S. 351—352. 1921. 

Rosser, Curtice: Endocrine problems in pelvic surgery with special reference 
to vicarious menstruation. (Endokrine Fragen bei Affektionen der Beckenorgane mit 


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Klinisches. — Generationsvorgänge und endokrines System. 123 


besonderer Berücksichtigung der vikariierenden Menstruation.) (Dep. of surg., Baylor 
hosp., Dallas.) Endocrinology Bd. 5, Nr. 5, S. 537—542. 1921. 

Kasuistische Mitteilung dreier Fälle: einer von Hypothyreoidismus, einer von Insuffizienz 
des vorderen Hypophysenlappens und einer von vikariierender Menstruation, die auf Hypo- 
funktion des Ovariums zurückgeführt wurde. In den ersten beiden Fällen Heilung durch ent- 
sprechende Dauerpräparate, im letzten durch Kastration. 


Näslund, John: Études expérimentales sur la fonction du corps jaune, surtout 
sur son influence sur la gestation et le développement du foetus. (Studien über 
die Funktion des Corpus luteum, besonders den Einfluß auf die Gestation und die 
Entwicklung des Foetus.) Upsala läkareförenings förhandlingar N. F. Bd. 26, H. 1/2, 
S. 157—166. 1921. 

Von den Untersuchungen von Fraenkel, Herrmann und Stein, Regaud und 
Dubreuil ausgehend, hat der Verf. den Einfluß des Corpus luteum hauptsächlich auf 
trächtige und junge Kaninchen untersucht, was bisher nicht geschehen ist. In seinen 
Experimenten hat der Verf. prinzipiell die Quantität des Hormons des Corpus luteum 
in dem Organismus der Mutter zu vermehren versucht und einen Zustand mit dem 
vergleichbar, bei welchem eine Hyperfunktion des Corpus luteum vorliegt, hervor- 
zubringen versucht. In einer „Reihe A“ hat der Verf. Extrakt von Corpus luteum 
von trächtigen Kühen injiziert, in einer „Reihe B“ hat der Verf. sich der sterilen 
Begattung bedient. Die Reihe A umfaßt 26 Experimente mit 14 Kaninchen und 
12 weißen Mäusen. Die Injektion wurde bei den Kaninchen ıintramuskulär, bei den 
Mäusen subcutan gemacht. Die Initialdosis von 5 mg wurde in jedem neuen Experiment 
vermehrt, und nach bestimmter Zeit wurde Begattung zuwege gebracht. In den 4 ersten 
Experimenten wurden die Kaninchenweibchen operiert oder getötet und seziert während 
der Gestation. In den anderen Fällen wurde die Mutter unberührt gelassen und die 
Jungen nach der Geburt getötet und seziert. Die Experimente der Reihe A umfassen 
3Gruppen. In der ersten Gruppe wurden 4 Experimente gemacht mit täglichen Injek- 
tionen. Dauer: 2 Wochen. 6 Tage nach der Begattung wurden die Tiere getötet. Der 
Verf. fand keinen Graafschen Follikel, in den Eierstöcken waren 9 Corpora lutea. In dem 
zweiten Experiment dieser Gruppe fangen die Injektionen etwas später an, am 6. Tage 
nach der Begattung. 10 Tage später wurde Operation ausgeführt. Die Gebärmutter 
war leer, keine frische Corpora lutea. Auch diese Experimente bestätigen, daß die 
Injektion die Gestation verhindert. In dem dritten Experiment wurden die Injektionen 
2 Tage vor der Begattung gemacht und das Tier wurde am 23. Tage getötet und seziert. 
Das Resultat war wie im vorigen Experiment. In dem vierten Experiment wurden die 
Injektionen 2 Tage nach der Begattung angefangen. 15 Tage später wurde Operation 
ausgeführt, wobei 8 Follikel sich in den Cornua uteri befanden, und gut ausgebildete 
Corpora lutea in den Eierstöcken angetroffen wurden, was bestätigt, daß die Injektionen 
nur einen Einfluß auf die Gestation ausüben, wenn sie früh genug vor der Begattung 
gemacht werden. Die Schlüsse aus diesen Experimenten sind: Injektionen von großer 
Stärke verhindern die Gestation, wenn sie vor der Begattung gemacht werden, wenn 
sie aber später stattfinden, sind sie von keinem Einflusse. Zu der zweiten Gruppe 
gehören 10 Experimente. In allen Fällen, in welchen die Dosis klein war, fand die 
Gestation statt, wenn die Begattung geschehen war. Die Dauer.der Gestation scheint 
nicht von den Injektionen beeinflußt zu werden. Die Untersuchungen der Jungen sind noch 
nicht zum Abschluß gebracht und ebenso wenig die Untersuchungen der Mäuse. Durch 
Regauds und Debreuils sowie eigene Experimente überzeugt, daß das Bersten 
des Follikels bei Kaninchen nicht spontan, sondern infolge von geschlechtlicher An- 
näherung entsteht, hat der Verf. Kaninchenmännchen vasektomiert und Begattung 
zwischen diesen und Kaninchenweibchen stattfinden lassen, ‚sterile Begattung‘“. 
2—7 Tage nach einer solchen sterilen Begattung wurde das Kaninchenweibchen operiert 
oder getötet und seziert, und immer wurden frische Corpora lutea in den Eierstöcken 
angetroffen. Wenn nach einer sterilen Begattung das Kaninchenweibchen eine Be- 
gattung mit einem potenten Männchen hat, stehen die Eier, von diesem letzteren 


124 Die Generationsphasen und ihre Beziehungen zum Gesamtorganismus. 


fekondiert, unter einem erhöhten Einfluß der Corpora lutea, weil die Entwicklung von 
diesen aus früherer Zeit stammt (d. h. vor der sterilen Begattung). Die Resultate sind 
dieselben wie die, die mit starken Dosen von Extrakt der Corpora lutea in der Reihe A 
gewonnen wurden. Schließlich hat der Verf. 6 Experimente mit Spermainjektionen bei 
verschiedenen Zeiten nach steriler Begattung gemacht. In einem einzigen Fall, in dem 
die Injektion 4 Stunden nach der sterilen Begattung gemacht wurde, traten Gestation 
und Geburt ein. In den anderen Fällen, in denen die Spermainjektionen 1—3 Tage .- 
nach der sterilen Begattung stattfanden, folgte kein Resultat. Silas Lindqvist. 

Athias, M.: Sur la söerötion interne de P’ovaire. (Über die innere Sekretion 
des Ovariums.) (Inst. de physiol., univ., Lisbonne.) Arch. internat. de physiol. Bd. 18, 
August-Dezemberh., S. 296—306. 1921. 

Allgemeiner Überblick über die Bedeutung der Strukturelemente der weiblichen 
Geschlechtsdrüse. Mitteilung von 2 eigenen Beobachtungen von experimenteller 
Ovarienüberpflanzung auf männliche Meerschweinchen, welche Brustdrüsensekretion 
bekamen, ohne daß in den Transplantaten Corpora lutea nachweisbar waren. Eine 
zu weitreichende Wirkung des gelben Körpers ist abzulehnen, zuzugeben ist u. a. 
seine Bedeutung für die Erhaltung der Schwangerschaft und die Vorbereitung der 
Uterusschleimhaut für die Aufnahme des befruchteten Eies. Bezüglich der inter- 
stitiellen Drüse ergaben Verf. Transplantationsversuche von Ovarien auf männliche 
Meerschweinchen eine Zunahme der Theca interna-Zellen der atretischen Follikel. Nach 
Erörterung des Für und Wider an Hand der Literatur entscheidet sich Verf. zur An- 
nahme einer Funktion der interstitiellen Drüse. An histologischen Zeichen einer sekre- 
torischen Tätigkeit ist besonders die Chromatolyse der Granulosaepithelien in den 
atretischen Follikeln zu beachten, an sonstigen Zeichen kommt der Einwirkung auf 
die automatischen Bewegungen des Uterus nach Beobachtungen am Meerschweinchen 
eine Bedeutung zu. Seitz (Gießen). 

Bailey, Harold: Experimental studies following oophorectomy. (Experimentelle 
Studien nach Oophorektomie.) Americ. journ. of obstetr. a. gynecol. Bd. 2, Nr. 1, 
S. 77—83. 1921. 

Auf Grund eigener Tierexperimente und aus der (besonders auch deutschen) 
Literatur kommt der Verf. zu folgenden Schlüssen: Nach Oophorektomie findet eine 
Verminderung des Stoffwechsels (sowohl des O-Verbrauchs, wie der CO,-Ausscheidung) 
statt, jedoch nur, wenn gleichzeitig eine Uterusatrophie statthat. Bei jungen Tieren 
entwickeln sich die Ovarien nach Hysterektomie ohne Störung, bei erwachsenen Tieren 
zeigten sich 3—4 Monate nach derselben keine Veränderungen. Die klinische Gynäko- 
logie erbringt den Beweis, daß bei totaler Entfernung des Uterus trotz Zurücklassens 
der Ovarien die Menopause eintritt und daß ihre Symptome bei Zurücklassung eines 
die Menstruation gestattenden Teiles der Uterusmucosa ausbleiben. Ovarialtransplan- 
tationen haben keinen Wert in bezug auf die Verhinderung von Symptomen der Meno- 
pause, wenn nicht der Uterus oder ein Teil von ihm zurückbleibt. Krause (Würzburg). 


Luithlen, Friedrich, Die Beeinflussung der inneren Sekretion als ätiologische 

Therapie bei Dermatosen der Pubertät und des Klimakteriums. (Med. Klinik 

Tg. 17, Nr. 8, S. 217—220.) 

Vgl. Referat S. 120. 

Polland, R., Neue Beiträge zur Klinik der Dermatosis dysmenorrhoica. (Dermatol. 

Klin., Graz.) (Arch. f. Dermatol. u. Syphilis, Orig., Bd. 181, S. 453—460.) 

Vgl. Referat S. 187. 

Fornero, A.: Sulla natura di alcune gravi sindromi cliniche promosse da 
disfunzioni genitali. (Nota prima.) (Über die Natur von einigen schweren Sympton- 
komplexen, herrührend von einer Dysfunktion des Genitales.) (Istit. ostetr.-ginecol., 
uniw., Modena.) Fol. gynaecol. Bd. 15, H. 1, S. 55—80. 1921. 

For nero glaubt bei einigen schweren Fällen von menstrueller Störung, Schwanger- 
schaft und Puerperium ein anaphylaktisches Substrat annehmen zu müssen. Er gibt 
ein Beispiel einer Krankengeschichte von einer Anaphylaxia menstruale. Vor der 


Klinisches. — Generationsvorgänge und endokrines System. 125 


Menstruation trat bei der Patientin Pruritis, Nausea, Kopfschmerz, Thyreoidea, 
Meteorismus und Konvulsionen auf. Während der Schwangerschaft war die Patientin 
vollständig normal. Nach ausgetragener Schwangerschaft wurde später eine Ovario- 
ektomie vorgenommen, jedoch ohne großen Erfolg. Die Menstruation selbst zeigte 
den Typus einer Menorrhagie. Schließlich war die Blutung so stark, daß die Patientin 
der Klinik überwiesen wurde mit der Diagnose: Genitalverletzung. Durch die sero- 
logische Blutuntersuchung wurde eine Dysfunktion der Ovarien (falsche Hormonen- 
bildung) angenommen. Zur Behandlung wurden verschiedene Präparate (Ovarial- 
tabletten) usw. gegeben. Auf Gewebssaftbehandlung trat Besserung ein. Interessant 
war, daß bei einer Injektion von heterogenem Serum (Pferdeserum) plötzlich ein 
klassischer Anfall, wie sonst vor der Menstruation beobachtet wurde, auftrat. Das 
Serum dieser Patientin während eines Anfalles griff Corpus luteum, normales Placentar- 
extrakt, eklamptische Placenta, Thyreoidea konstant an, inkonstant Ovar und Uterus- 
extrakt; völlig inaktiv verhält sich das Serum gegenüber Pankreas, Nebenniere und 
Hodenextrakt. Durch mikrochemische Untersuchungsmethoden glaubt F. imstande 
zu sein, mit Klarheit feststellen zu können, welche Organe während der Menses in 
Mitleidenschaft gezogen werden (endokrine Drüsen). Die Menstruation bringt eine 
Modifikation des nervösen Systems (Gefäßsystem, Hautsystem, Darmfunktion) mit 
sich und kann in schweren Fällen eine Ähnlichkeit mit einem anaphylaktischen Schock 
haben. Auch soll man bei dem angeblich hysterischen Beschwerden bei der Menstru- 
ation an diese Form der Anaphylaxie denken. Die Arbeiten von Balli und F. sind 
vom serologischen, wie vom gynäkologischen Standpunkt außerordentlich lesenswert 
und es empfiehlt sich, dieselben im Original nachzulesen. Langer (Erlangen). 

Starobinsky, A.: Absence complète des organes génitaux internes avec reten- 
tissement sur Fétat nerveux. (Völliger Defekt der inneren Genitalorgane und ihr 
Einfluß auf das Nervensystem.) Rev. med. de la Suisse romande Jg. 41, Nr. 12, 
S. 790—792. 1921. 

Die äußeren Geschlechtsorgane und die sekundären Geschlechtscharaktere der nie 
menstruierten Frau von 23 Jahren waren weiblich und gut entwickelt, dagegen fehlten 
Scheide, Uterus und Adnexe. Eine Kontrolle durch Operation oder Sektion fehlt. 
Die Amenorrhöe machte keinerlei subjektive Beschwerden, nur wurde über Schlaf- 
losigkeit und Herzklopfen geklagt, die man mit dem Morbus Basedowii in Verbindung 
brachte. Aus der guten Entwicklung der äußeren Geschlechtsorgane wird auf eine 
normale Funktion der interstitiellen Eierstockdrüse geschlossen, während man das 
Fehlen des Corpus luteum für die nervösen Störungen verantwortlich machen will, 

Gräfenberg (Berlin)., 

King, James E: Endocrine influence, mental and physical, in women. (Psy- 
chischer und physischer Einfluß der inneren Sekretion bei der Frau.) Americ. journ. 
of obstetr. a. gynecol. Bd. 1, Nr. 4, S. 341—349. 1921. 

King geht nach einer allgemeinen Übersicht über die Beziehungen zwischen innerer 
Sekretion und Geisteszustand auf die durch die Menstruation hervorgerufenen psy- 
chischen Veränderungen ein, die er zum Teil auf Hyperadrenalie, zum Teil auf fehlerhafte 
Corpus-luteum-Sekretion zurückführt (mehr Theorie als experimentelle oder klinische 
Beobachtung). Bei Schwangerschaft beruhe die hohe Empfindlichkeit zu Infektions- 
krankheiten vielleicht auch auf endokrinen Sekretionsstörungen. Weiterhin geht Verf. 
noch auf Veränderungen, die die Gravidität mit sich bringt und die er auf innere Se- 
kretion zurückführt, ein; im wesentlichen aber sind seine Ausführungen nur theo- 
retischer Natur. Den Schluß bildet der Einfluß der inneren Sekretion auf die Ver- 
änderungen in der Menopause, neue Tatsachen führt Verf. nicht an. Aschheim. 

Weinberg: Das Geschlechtsverhältnis bei Basedow und seine Ursachen. 
Münch. med. Wochenschr. Jg. 68, Nr. 36, S. 1157—1158. 1921. 

Bei dominanten geschlechtsbegrenzten Merkmalen kann, bei Annahme eines 
einzigen Geschlechtschromosoms, ein Verhältnis von 1 Mann auf 3 Frauen nicht über- 


126 Die Generationsphasen und ihre Beziehungen zum Gesamtorganismus. 


schritten werden. Bei Basedow ist aber der Frauenüberschuß 5 :1--10 : 1. Zur Er- 
klärung könnte man einmal häufigere Gelegenheitsursachen bei der Frau annehmen, 
ferner könnten sich Heterozygote anders verhalten wie Homozygote, auch wenn der 
Phänotypus gleich ist. Der hinsichtlich des Geschlechts monozygote Mann wird viel- 
leicht durch die minderwertige Basedowanlage eher ausgemerzt (vor dem Alter der 
Krankheitsentwicklung) als die Frauen, bei denen die Homozygoten keine große Rolle 
spielen. Man müßte sonst darauf verzichten, die Chromosomen als letzte Ursache der 
Vererbung anzusehen und das Basedowbild auf zwei oder mehrere dominante Gene 
(Idiomeren) zurückführen, woraus sich rechnerisch eine mögliche Rechtfertigung der 
empirischen Häufigkeitszahlen ableiten läßt. L. R. Grote (Halle).°° 

Thompson, William M.: Fibromyoma of the uterus accompanied by hyper- 
thyroidism. (Hyperthyreoidismus als Begleiterscheinung eines Fibromyoms des Uterus.) 
Americ. journ. of obstetr. a. gynecol. Bd. 2, Nr. 6, S. 621—627. 1921. 

Als „Geschlechtsdrüse‘“ wird die Thyreoidea durch Menstruation und Schwanger- 
schaft beeinflußt. Die Hypertrophie der Uteruszellen beim Myom vermögen die 
Sekretion der Schilddrüse zu aktivieren. Die Myokarderkrankung bei Myomen kommt 
auf dem Umwege über die Schilddrüse zustande. Es wird auf die Zweckmäßigkeit 
hingewiesen, bei jedem Fall von Myom die Funktion der Schilddrüse zu prüfen. 

Geppert (Hamburg). 

Fraenkel, L. und Fr. Chr. Geller: Hypophysenbestrahlung und Eierstockstätig- 
keit. Berliner klin. Wochenschr. Jg. 58, Nr. 22, S. 565—570. 1921. 

In einem experimentellen Teil wird über Röntgenbestrahlung an den Hypophysen 
von vier jungen weiblichen Kaninchen berichtet. Es trat als Folge der Bestrahlung 
eine Verkleinerung der Hypophyse (Vergleich mit Kontrolltieren) auf, die auf histo- 
logisch nachgewiesenen Schädigungen im Bereiche des drüsigen Anteils beruht, ferner 
Zurückbleiben der Körperentwicklung und der Entwicklung des Genitale. Ein Krank- 
heitsbild, das auf einer hypophysären Störung beruht, besteht in Sterilität und Dys- 
menporrhöe, A- und Oligomenorrhöe mit infantil-hypoplastischem Genitale, kombiniert 
mit einer eigenartigen Hyperplasie des Pannicules adiposus, Verdickung des Skelettes 
und akromegalischen Erscheinungen, also einer Mischung von Stigmen der Dystro- 
phia adiposo-genitalis und der Akromegalie (Typus der breiten, fetten, sterilen Frauen). 
Das Krankheitsbild kann erworben sein. In 4 Fällen wurde die Hypophysenbestrahlung 
auf Grund der experimentellen Erfahrungen vorgenommen. Eine Schädigung trat 
nicht auf; über den therapeutischen Effekt wird ein Urteil noch nicht abgegeben. Weitere 
Erfahrungen über die Ätiologie jenes Krankheitsbildes, vor allem über die Beteiligung 
des Hypophysengewebes und über die Dosierung sind erforderlich. Seitz (Gießen). 

Hürzeler, 0.: Beitrag zur Frage der Beeinflussung des Blutzuckers durch das 
Ovarium. (Univ.-Frauenklin., Bern.) Monatsschr. f. Geburtsh. u. Gynäkol. Bd. 54, 
H. 4, S. 215—219. 1921. 

Kaninchenversuche über den Einfluß des Ovariums auf die Schwankungen des 
Blutzuckers durch Adrenalin. Als beim normalen Tiere noch eben wirksame Dosis 
wurde in einer Versuchsreihe 0,05—1 mg Adrenalin festgestellt. 2 Monate nach Kastra- 
tion wurde mit 0,05 mg, also der kleinsten noch eben wirksamen Dosis, eine stärkere 
Erhöhung des Blutzuckers als vorher bei den gleichen Tieren erzielt (Mikromethode 
nach Bang). Eine vierte Versuchsreihe nach 3 Monaten zeigte schließlich, daß eine 
Anpassung des Organismus an die durch den Ovarialausfall geschaffenen neuen Ver- 
hältnisse eingetreten war, denn jetzt waren die Ausschläge wieder bedeutend geringer 
und näherten sich wieder den bei intakter Ovarialfunktion erhaltenen Werten. Seitz. 

Sserdjukoff, M.: Zur Frage der funktionellen Wechselwirkung zwischen der 
Drüse des Ovariums und der Nebennierenrinde. (Laborat. f. allg. u. exp. Pathol., 
Univ. Ssaratoff, Dir. Prof. Bogomollez.) Vorläufige Mitteilung. Wretschebuoje Djelo. 
Jg. 3, Nr. 16—21, S. 198—202. 1921. (Russisch.) 

Autor suchte der Frage durch eine Reihe von Versuchen näherzutreten: Die 


Klinisches. — Generationsvorgänge und endokrines System. 127 


Versuche wurden an Katzen, und zwar sowohl an trächtigen, wie auch an nichtträch- 
tigen angestellt, und zwar ın der Weise, daß in den verschiedensten Kombinationen 
entweder die Ovarien oder die Nebennieren entfernt wurden, und nach Ablauf einiger 
Zeit die übriggebliebenen Organe, also im ersten Falle die Nebennieren, im zweiten 
die Ovarıen mikroskopisch untersucht werden. Wurden zunächst die Ovarien ent- 
fernt und die Nebennieren nach 10—14 Tagen untersucht, so fanden sich deutliche Er- 
scheinungen von Hypersekretion in der Rindensubstanz bei letzteren. Wurden die 
Versuche in umgekehrter Weise angestellt, d. h. die Nebennieren (zweiseitig) entfernt, 
so stellte sich deutliche Hypersekretion des drüsigen Teiles des Ovariums ein: die Zellen 
der Corpora lutea waren vergrößert, desgleichen die Zellen der interstitiellen Drüse, 
das Protoplasma zeigte die für erhöhte Sekretion charakteristischen Merkmale, auch 
am Gefäßsystem fanden sich Veränderungen, welche die erhöhte Arbeit der Drüse 
anzeigten. Im ganzen berichtet Autor über 28 Versuche, die in der verschiedensten 
Weise angestellt wurden und kommt auf Grund seiner Versuchsergebnisse zum Schlusse, 
daß zwischen der sekretorischen Funktion der Nebennierenrinde einerseits und des 
Parenchyms der Corp. lutea und der interstitiellen Drüse des Ovarıums andererseits 
ein funktioneller Zusammenhang besteht, welcher sich in Veränderungen sekretorischen 
Charakters an den Zellen dieser Organe äußert, welche augenscheinlich vikarierend 
füreinander eintreten. Zugunsten dieses Synergismus der Funktion der Nebennieren- 
rinde und des Parenchyms der Corpora lutea und der interstitiellen Drüse des Ovars 
spricht augenscheinlich auch der lJipoide Charakter ihres Sekrets, welcher durch die 
geschilderten Versuche ebenfalls nachgewiesen werden konnte. Das lipoide Sekret 
wird von den Nebennieren verstärkt abgesondert, wenn die Funktion der interstitiellen 
Drüse und der Corpora lutea unterbrochen wird, dasselbe zeigt sich auch am Ovar 
bei umgekehrter Anordnung des Versuchs. In Anbetracht der großen und vielseitigen 
Rolle, welche den Lipoiden im Verlaufe biochemischer Prozesse zugesprochen wird, 
sucht Autor weitere eingehende Untersuchungen bezüglich der physiologischen Be- 
deutung der lipoiden Sekrete der genannten Organe anzuregen. v. Holst (Moskau). 

Jacoby, Adolph: The effect of the thymus and mammary on menstruation. 
(Die Wirkung von Thymus und Mamma auf die Menstruation.) New York med. 
journ. Bd. 113, Nr. 6, S. 243—245. 1921. 

Während der Funktion der Thymus ruht das Ovarıum, wenn sie sich zurückbildet, 
beginnt das Ovarium zu funktionieren. Die Wirkung beider soll danach eine entgegen- 
gesetzte sein. Die Mamma hat einen hemmenden Einfluß auf die Funktion des Ovariums 
und einen fördernden auf die Uteruskontraktionen. Therapeutische Versuche mit 
monatelang fortgesetzter peroraler Darreichung von Extrakten aus Thymus und 
Mamma (die Art der Herstellung ist nicht angegeben), und zwar von jedem Organ allein 
und mit Kombination beider bei Menorrhagien, die meist mit Salpingitis, Parametritis, 
Myom oder Retroflexio kompliziert waren, ergaben in 75%, der Fälle eine Verminderung 
der Dauer und Stärke der Blutung. Bei Verwendung von Thymusextrakt allein ergab 
sich keine Beeinflussung der Blutung, öfter trat sie bei alleiniger Verwendung von 
Mammaextrakt ein, während die Kombination beider Extrakte am besten wirkte. 

Seitz (Gießen). 

Gutman, Jacob: A study of high blood pressure in women from the endocrine 
point of view. (Eine Studie über die Blutdruckerhöhung bei Frauen vom Gesichts- 
punkt der Lehre von der inneren Sekretion.) New York med. journ. Bd. 114, Nr. 1, 
S. 31—35. 1921. 

Man kann von essentieller Hypertension nur bei Ausschluß von kardiorenalen 
Erkrankungen, N-Retention, Intoxikation (Pb!) und Infektionen (insbesondere Lues), 
anatomischen Veränderungen der Aorta, bzw. der Gefäße selbst sprechen. Für einen 
Teil der Fälle von Blutdrucksteigerung, die sich auf keines der angeführten Momente 
zurückführen ließen, nimmt Verf. Störungen der Blutdrüsen in Anspruch. Je nach 
der Blutdrüse, deren Schädigung in erster Linie für Änderungen im psychischen oder 


128 Die Generationsphasen und ihre Beziehungen zum Gesamtorganismus. 


physischen Status des Individuums verantwortlich zu machen ist, spricht er von einem 
pituitropen, thyreotropen, gonadotropen Typus. Bei Frauen mit sog. essentieller Hyper- 
tension fand er nun häufig den pituitropen Typus (Änderungen im Volumen und in 
der Form von Nase, Glabella, Jochbögen, Superciliarwülsten, Extremitätenenden, 
Lippen, Zunge, Eingeweiden; weiter funktionelle Störungen wie Bradykardie, Polyurie, 
spastische Obstipation, Menstruationsstörungen, Fettansatz usw.). Als Ursache dieser 
Störungen betrachtet er bei Frauen die mangelhafte Rückbildung der Hypertrophie 
der Hypophyse nach mehrfachen Schwangerschaften. Er stellt sich ferner vor, daß 
die Sekrete der Gland. pituitaria, die an der normalen Regulation der Menstruation 
mitwirken, während der Menopause ihre Wirkung an der Gefäßmuskulatur in erhöhtem 
Maße entfalten können (?). Er schlägt für jene Fälle von Hochdruck, die durch Funk- 
tionsstörungen der Hypophyse bedingt sind, den Namen Hypertensio dyspituitaria vor. 
Diese Form der Hypertension ist keine Kontraindikation gegen chirurgische Eingriffe. 
Ä E. A. Spiegel (Wien). °° 

Abraham, Karl: Äußerungsformen des weiblichen Kastrationskomplexes. 
Internat. Zeitschr. f. Psychoanalyse Jg. 7, H. 4, S. 422—452. 1921. 

Die Entstehung des weiblichen Kastrationskomplexes reicht in die frühe Kindheit 
zurück, wo beim Mädchen zuerst das Gefühl eines Defizits am eigenen Körper durch 
den Vergleich mit Knaben entsteht; während die auf psychischem Gebiete daraus 
resultierenden Beeinträchtigungs- und Neidgefühle beim normalen weiblichen Wesen 
nach der Pubertät durch die spezifisch-weiblichen Instinkte verdrängt werden und 
einer normalen Orientierung dem anderen Geschlechte gegenüber Platz machen, können 
sie bei neurotischer Veranlagung und unter erzieherischen Einflüssen in ihrer infantilen 
Form weiter bestehen, und als Ekel-, Neid-, Verachtungs-, Konkurrenz- oder Rache- 
gefühl das Verhältnis zum männlichen Geschlechte bestimmend beeinflussen. Für 
‚den Gynäkologen ist an dieser psycho-analvtischen Studie hauptsächlich wissenswert, 
daß auch Anomalien, wie Vaginismus, Frigidität, Eneuresis in dem infantilen Kastra- 
tionskomplex wurzeln können. Seitz (Gießen). 

Heymans, C.: Influence de la castration sur les échanges respiratoires, la 
nutrition et le jeun. (Einfluß der Kastration auf den Gaswechsel, die Ernährung 
und den Hungerzustand.) Journ. de physiol. et de pathol. gén. Bd. 19, Nr. 3, S. 323 
bis 331. 1921. 

Verf. verglich den Gaswechsel von Hähnen mit dem von Kapaunen. Die Tiere 
kamen unter eine 88] fassende Glocke, deren Luft durchmischt wurde, für eine Stunde. 
Sauerstoff- und Kohlensäuregehalt der Luft wurden jede viertel oder halbe Stunde 
ermittelt. Die kastrierten Tiere hatten einen um 20—30% geringeren Stoffwechsel 
bei nicht sehr verschiedenem Gewicht in Übereinstimmung mit dem an anderen Tier- 
arten gewonnenen Ergebnis. Partielle Kastration, wobei der männliche Habitus 
erhalten blieb, ergaben ein Absinken um 10—20%. Fütterungsversuche ergaben dem- 
entsprechend, daß bei geringerer Nahrungsaufnahme die Kapaunen mehr an Gewicht 
zunahmen als die Hähne. Den höheren Verbrauch der Hähne sieht Verf. als Luxus- 
konsumption an, die eine Art physiologischen sekundären Sexualmerkmales darstellt. 
Beim Hungern geht am dritten Tage der Umsatz des Hahnes auf den des Kapauns 
annähernd hinab; der Hahn widersteht dem Hunger weit weniger als der Kapaun, 
sein täglicher Gewichtsverlust übertrifft den des letzteren um ca. 50%. Die untersuchten 
Kapaune zeichneten sich durch reichliche Fettansammlung im Bauchraume aus. 

A. Loewy (Berlin).°° 

Haberlandt, L.: Über hormonale Sterilisierung des weiblichen Tierkörpers. 
(Vorl. Mitt.) (Physiol. Inst., Univ. Innsbruck.) Münch. med. Wochenschr. Jg. 68, 
Nr. 49, 8. 1577—1578. 1921. 

Die Tatsache, daß das Corpus luteum verum die Ovulation hemmt, daß ferner die 
gleichzeitig mit der Rückbildung des Corpus luteum stark wuchernde interstitielle 
Drüse die weitere Ausbildung und Funktion der Placenta beeinflußt, ließ Verf. auf 


Klinisches. — Generationsvorgänge und endokrines System. 129 


den Gedanken kommen, durch Transplantation von Ovarien gravider Tiere auf nicht 
trächtige die Ovulation und somit die Konzeption zu verhindern. Die von Steinach 
beobachtete starke Wucherung der interstitiellen Zellen bei transplantierten Ovarien 
scheint für den Vorgang von besonderer Bedeutung zu sein. Von 8 Kaninchen und 
8 Meerschweinchen gelang es, durch Transplantation bei 5 Kaninchen und 3 Meer) 
schweinchen eine 11/,—3 Monate lange hormonale Sterilisierung (bei 14—21 Belegungen- 
herbeizuführen. Bei den negativen Fällen war es wahrscheinlich zu einer frühzeitigen 
Resorption der zwischen Fascie und Muskulatur am Rücken implantierten Ovarien 
gekommen. Geppert (Hamburg). 

Montuoro, Fortunato: Sulla prognosi di guarigione dell’osteomalacia mediante 
la castrazione. (Zur Prognose der Heilung der Osteomalacie nach Kastration.) 
Riv. d’ostetr. e ginecol. prat. Jg. 3, Nr. 1, S. 13—17. 1921. 

Bericht über einen Fall von Osteomalacie, bei dem im Anfangsstadium der Erkrankung 
therapeutisch die doppelseitige Ovariektomie ausgeführt wurde. Im Anschluß an die Operation 
ließ sich eine auffallende Besserung verzeichnen; Patientin erwirbt wieder die Fähigkeit zu 
gehen und verläßt 20 Tage p. op. die Anstalt. Nach einigen Monaten jedoch fesseln die früheren 
Beschwerden die Frau wieder ans Bett. — Verf. weist darauf hin, daß die Entfernung der Ova- 
rien allein manchmal erfolglos sein kann, auch wenn sie zu Beginn der Erkrankung exstirpiert 
wurden. Es ist Vorsicht in der Beurteilung der Prognose geboten und man soll auf alle Fälle 
die operative Therapie mit der medikamentösen (Adrenalin, Phosphor) kombinieren. 

Saniner (Graz). 

Balli e Fornero: Correlazioni funzionali interghiandolari del tessuto ormonico 
del’ utero, sottoposto all’azione dei raggi X. (Funktionelle interglanduläre Wechsel- 
beziehung des hormonischen Uterusgewebes nach Röntgenbestrahlung.) Radiol. med. 
Bd. 8, Nr. 3, S. 211—212. 1921. 

Nach direkter Röntgenbestrahlung des Uterus wurde eine Hypersekretion von 
fast allen Drüsen innerer Sekretion beobachtet (Ovarien, Nebenniere, Pankreas, Hypo- 
physe, Thyreoidea usw.). Die Beobachtung wurde durch Mikrophotogramme von 
Balli bestätigt. Es erscheint B., daß infolge der Uterusbestrahlung eine endokrine 
Reaktion eintritt, welche sich klinisch äußert. Es ist in vielen Fällen von Insuffizienz 
der Ovarien eine Uterusbestrahlung erfolgreich. Die Wirkung der Röntgenstrahlen 
auf die genital-endokrinen Drüsen ruft gleichzeitig eine Wirkung auf die extragenitalen- 
endokrinen Drüsen hervor, welche, falls das Gleichgewicht gestört sein sollte, wieder 
normal zu funktionieren imstande sind. Es kann aber auch das Gegenteil eintreten, 
daß durch eine Röntgenbestrahlung des Uterus die Störung endokriner extragenitaler 
Drüsen noch verstärkt wird. Artom di St. Agnese erhebt den Einwand, daß bei 
den in der Nähe liegenden Ovarien die Röntgenwirkung nicht auf die myometrale 
Drüse zurückzuführen, sondern als eine Ovarialwirkung aufzufassen sei. Es müßte 
erst experimentell der Versuch einer isolierten Uterusbestrahlung ausgeführt werden. 
B. gibt an, er habe eine Bestrahlung des eventerierten Uterus mit genauer Abdeckung 
der Ovarien vorgenommen, ohne daß die Ovarien, selbst nicht einmal durch sekundäre 
Röntgenstrahlen, getroffen werden konnten. Langer (Erlangen). 

Balli, R. e A. Fornero: Correlazioni funzionali interghiandolari del tessuto 
ormonico dell’ utero, sottoposto all’azione dei raggi X. Ricerche sperimentali. 
(Interglanduläre funktionelle Wechselbeziehungen des hormonalen Uterusgewebes nach 
Einwirkung von X-Strahlen.) Radiol. med. Bd. 8, Nr. 5, 8. 289—304. 1921. 

Zahlreiche Untersuchungen Fornero’s haben bei vielen Säugetieren, besonders 
aber beim Weibe den Uterus als Organ (Drüse) mit innerer Sekretion feststellen lassen, 
das in innigsten Beziehungen mit dem extragenitalen endokrinen System steht und zwar 
sowohl in hemmendem, als auch in förderndem Sinne. Die mikrochemisch nach weis- 
baren Stoffe, die sich als Produkte einer innersekretorischen Tätigkeit ansehen lassen, 
zerfallen in nicht gesättigte Phosphatide (Lecithine, Lecithine in Verbindung mit 
Kohlenhydraten usw.), gesättigte Phosphatide (Cerebroside usw.). Lipoidphosphate 
in Verbindung mit Cholesterinestern und Cholesterinen, labile Verbindungen des Choleste- 
rins und Cholesterinesters mit Fettsäuren, Fettsäuren, Neutralfette, Seifen, chromaffine 


Jahresbericht f. d. ges. Gynäkologie 1921. 9 


130 Die Generationsphasen und ihre Beziehungen zum Gesamtorganismus. 


und kolloidale (?) Substanzen. Weitere Untersuchungen am Uterus als ‚„Drüse mit 
innerer Sekretion” haben auch eine Pathologie und eine individuelle Sensibilisierung 
dieser Drüse ergeben, der eine Pathologie und eine mehr oder weniger ausgesprochene 
Sensibilisierung entfernter endokriner Organe entspricht. — Unter Würdigung dieser 
Versuchsergebnisse untersuchten die Verf. das Verhalten des hormonopoetischen 
Systemes des Uterus unter dem Einflusse der X-Strahlen und das reflektorische Ver- 
halten vieler anderer endokriner Systeme. Es wurden eventrierte Kaninchenuteri 
unter verschiedenen Versuc "hsbedingungen (zunehmende Dauer und Intensität der Be- 
strahlung) bestrahlt, eine gewisse Zeit nach der Bestrahlung getötet und makroskopische 
und mikrochemische Untersuchungen an verschiedenen endokrinen Organen gemacht. 
Als Kontrolle dienten Kaninchen, die unter den gleichen äußeren Bedingungen gelebt 
hatten wie die bestrahlten, jedoch fern vom Bestrahlungsorte. Es wurden nur noch 
nie befruchtete Tiere verwendet. Die Färbung der Präparate erfolgte nach Ciaccio 1, 
II und III. — Die konstant beobachtete Vergrößerung des Uterus nach der Bestrahlung 
erfolgte auf Kosten sämtlicher Gewebe, vor allem auf Kosten des Bindegewebes. Mikro- 
chemisch konnte eine auffallende Zunahme fast sämtlicher endokriner Produkte nach- 
gewiesen werden, besonders aber der Phosphatide, rein und gemischt mit Cholesterin 
und Cholesterinestern. Die Untersuchungen konnten eindeutig feststellen, daß die 
Sekretionsvorgänge im bestrahlten Organ nicht einfache Zellschädigungen — degene- 
rative Prozesse — darstellen (gemeine F ette), sondern daß man eine feine mechanische 
Synthese zur Beobachtung bekommt, wie man sie nur bei einer Leistungssteigerung 
oder Abwehrmaßnahmen des Orpanısnüs antrifft (Schwangerschaft, Allgemeininfektion). 
Die Untersuchungen haben aber weiterhin ergeben, daß nicht nur das hormonopoetische 
System des Uterus auf die direkte Bestrahlung reagiert, sondern daß reflektorisch alle 
fernliegenden extragenitalen innersekretorischen Drüsen eine korrespondierende , Reak- 
tion zeigen. Makroskopisch wiesen sämtliche untersuchten Organe eine Volumszunahme 
auf, mikrochemisch ließen sich sowohl quantitativ als auch qualitativ Änderungen in 
der metaplasmatischen Produktion nachweisen: es fand sich einerseits eine vermehrte, 
manchmal fast. übertrieben starke Produktion der Hormone und anderseits eine feinere 
Synthese derselben. In den Ovarien fanden sich die Cholesterine, Cholesterinester, 
die reinen Phosphatide und ihre Spaltungsprodukte vermehrt. In der Nebenniere 
waren sämtliche Sekretionsprodukte vermehrt, besonders aber Lipoide und Phospha- 
tide, vorwiegend zwischen Reticula und Mark, am ausgesprochensten im Mark selbst. 
wo derlei Elemente normalerweise fehlen. Die Thyreoidea wies eine betonte Vermeh- 
rung der Kolloidlipoide und Phosphatlipoide auf, die Parathvreoidea zeigte nur geringes 
Abweichen von der Norm. Die Hypophvse war vergrößert und ließ besonders nach inten- 
siverer Bestrahlung ausgesprochenste endokrine Sekretion erkennen (Lecithine, Lecith- 
albumine, verschiedene Spaltprodukte, lipochromaffine Substanzen). Im Pankreas 
waren sowohl inter-, als auch intraacinös Endosekrete zu finden, vorwiegend aber 
chromresistente Lipoide. — Die vermehrte innersekretorische Tätigkeit der extra- 
genitalen Organe (Nebenniere, Thyreoidea, Hypophyse usw.) kann sowohl als ein 
Reizeffekt der Hormone des Uterus oder auch als nervös-reaktiver Reflexvorgang 
der Hormonsysteme aufgefaßt werden. Sautner (Graz). 

Matsuyama, Rokuro: Experimentelle Untersuchungen mit Rattenparabiosen. 
HI. Tl.: Die Veränderungen der Geschlechtsdrüsen und der Organe, die damit in 
inniger Beziehung stehen. (Zst. f. Infectionskrankh., Univ., Tokio.) Frankf. 
Zeitschr. f. Pathol. Bd. 25, H. 3, S. 436—485. 1921. 

Die vorliegende bis ins kleinste gehende Arbeit gilt der Erforschung der inneren 
Sekretion der Geschlechtsdrüsen; dazu wird die Parabiose angewendet. Versuchs- 
objekte sind die weißen Ratten, Epimvs norvegicus var. albus (Mus decumanus, Albino 
rat.). Zunächst wird die normale Histologie der verschiedenen in Betracht kommen- 
den Organe (Hoden, Ovarium, Uterus, Brustdrüse, Hypophvse, Nebenniere und Schild- 
drüse) beschrieben, sowie die histologischen Veränderungen bei der Schwangerschaft 


Klinisches. — Generationsvorgänge und endokrines System. 131 


und nach der Kastration. Die wichtigsten diesbezüglichen Punkte sind in aller Kürze 
folgende: | 


Hoden: Beim geschlechtsreifen Tier werden die samenbildenden Zellen ähnlich wie beim 
Menschen in Spermatogonien, Spermatocyten, Spermatiden und Samenfäden eingeteilt. Im 
Stroma zwischen den gewundenen Kanälchen liegen interstitielle oder Le ydigsche Zwischen- 
zellen. Ovarium: Das Ovarium in der Spätembryonalzeit und sofort nach der Geburt 
als stecknadelkopfgroßer, weißlicher Körper besteht histologisch aus Keimepithelien, aus 
Strängen und Haufen von Eizellen, die vom Hilus bis zur Rinde von Geweben und Gefäßen 
umgeben sind. Wenn der Graafsche Follikel gut und die Theca folliculi vollkommen ausge- 
bildet sind, entstehen in der Umgebung der artretischen Follikel die interstitiellen Drüsen. 
Nach Forschung des Verf. nimmt die entwickelte interstitielle Drüse des jungen Tieres den 
größten Teil des Ovariums ein; sie entsteht aus der Theca interna des atretischen Follikels und 
ist als ein spezifisches Organ der inneren Sekretion zu betrachten. Das geschlechtsreife 
Ovarium hat außer der interstitiellen Drüse und Follikeln in der Jugendzeit nicht vorhan- 
dene Corpora lutea; diese sind kleiner als die Corpora lutea graviditatis. Aus den Theca in- 
terna-Zellen des atretischen Follikels entstehen die Luteinzellen des Corpus luteum. Im 
Ovarium nach der Begattung konnte Verf. sprungreife und frischgeplatzte Follikel und 
junge Corpora lutea, welche vermutlich später Corpora lutea graviditatis werden, feststellen. 
Das Ovarium in der Schwangerschaft enthält im Frühstadium der Gravidität Corpora 
lutea graviditatis; sie sind größer als die Corpora lutea des normalen Tieres. Im späteren Sta- 
dium der Schwangerschaft ist zunehmende Fettreaktion der Luteinzellen zu bemerken. Uterus. 
Im Lactationsstadium treten häufig Pigmentzellen in der Submucosa auf. Im Uterus der ka- 
strierten Tiere zeigt sich schon in einigen Wochen die deutliche Atrophie der Schleimhaut und 
der Muskelschicht. Das Corpus luteum übt eine trophische Funktion auf den Uterus aus. 
Brustdrüse: Sie besteht histologisch aus Drüsenläppchen mit Epithelsträngen. In der 
Schwangerschaft vergrößern sich die Drüsenläppchen, die Epithelien und in ihnen enthaltene 
Fettkörnchen vergrößern und vermehren sich mit fortschreitender Gravidität. Die Hyper- 
trophie und Hyperplasie der Brustdrüse entsteht durch das Hormon, das aus dem Corpus luteum 
geliefert wird. Hypophyse: Eine Rolle spielt nur das Drüsengewebe in den Vorder- 
lappen; diese enthalten drei Arten von Zellen: Hauptzellen (große und kleine), acidophile oder 
eosinophile Zellen, und basophile Zellen; letztere sind bei den Ratten ganz andere als die der 
Menschen. In der Schwangerschaft findet eine Hypertrophie der Vorderlappen mit Bildung 
sogenannter Schwangerschaftszellen statt. Nach der Kastration kann man von der 
dritten Woche bis zum achten Monat im allgemeinen eine Gewichtszunahme der Hypophyse 
feststellen. Bei Schwangerschaft werden besonders die Hauptzellen und vielleicht auch die 
eosinophilen zu Schwangerschaftszellen. Nach der Kastration werden die eosinophilen zu 
Kastrationszellen und die Hauptzellen vielleicht zunächst zu Schwangerschafts- und dann 
sofort zu Kastrationszellen. Jedenfalls ist anzunehmen, daß in Bezug auf Struktur, auf Ab- 
stammung und vielleicht auch Funktion der Zellen die bei Schwangerschaft vorkommenden 
sogenannten Schwangerschaftszellen in innigem Verhältnis zu den nach Kastration vorkom- 
menden Kastrationszellen stehen. Nebenniere: Bei der Schwangerschaft treten eine Hyper- 
trophie und Lipoidzunahme der Zona glomerulosa in der Nebennierenrinde auf. Die Ka- 
stration verursacht eine Hypertrophie der Glomerulosa und starke Lipoidablagerung in den 
äußeren zwei Schichten der Rinde. Die Veränderungen der Nebennierenrinde bei der Schwan- 
gerschaft entstehen dadurch, daß das aus dem Corpus luteum gelieferte Hormon auf die Ent- 
wicklung des Follikels hemmend wirkt und dadurch eine Degeneration verursacht. Schild- 
drüse: In der Schwangerschaft ist eine Vergrößerung dieses Organes nachzuweisen. Histo- 
logisch erweitern und hyperämieren sich die interstitiellen Capillaren und die Follikel ver- 
größern sich. Alle Veränderungen werden in der Mitte der Schwangerschaft besonders deut- 
lich. Nach der Kastration verkleinert sich die Schilddrüse nach mehreren Monaten; dabei 
findet man eine Verkleinerung der Follikel. Der Kolloidgehalt ist in beiden Fällen reichlich. — 


Was die Veränderungen der versehiedenen Organe bei der Parabiose betrifft, so 
wurde zunächst ein Weibchen mit einem Männchen während mehrerer Monate in para- 
biotischem Zustande erhalten. Die parabiotische Operation wurde mit nicht geschlechts- 
reifen Tieren ausgeführt; die lebenden Paare wurden in verschiedener Zeitperiode, von 
2 Monaten bis über 1 Jahr, getötet und untersucht. Es finden sich dabei primäre Ver- 
änderungen in beiden Geschlechtsdrüsen, am deutlichsten aber in den Ovanen. Im 
Frühstadium (1—3 Monate nach der parabiotischen Operation) entwickeln sich die 
Follikel des Ovarıums in hohem Grade, die später meist zur Atresie führen, und daraus 
entstehen dann Corpora lutea. Im Spätstadium gehen dieselben verloren, und statt 
dieser entwickeln sich die interstitiellen Drüsen und zahlreiche Cvsten. Diese Verände- 
rungen sind von denen der Follikel abhängig. Die primären Veränderungen des Hodens 


g* 


132 Die Generationsphasen und ihre Beziehungen zum Gesamtorganismus. 


beginnen an den Parenchymzellen, die sich zuerst in hohem Grad entwickeln und dann 
allmählich degenerieren. Die Veränderungen der anderen Organe gehen höchstwahr- 
scheinlich nach denen des Hodens und Ovariums vor sich. Im späteren Stadium zeigt 
der Uterus eine Degeneration der Submucosa und eine Atrophie der Muskelschicht. 
In den Hypophysenvorderlappen kommen häufig Kastrations- sowie zuweilen 
Schwangerschaftszellen vor; die ersteren erscheinen immer nach der Kastration; 
die letzteren immer bei der Schwangerschaft des Einzeltieres, wenn beide Geschlechts- 
drüsen deutliche Degeneration zeigen. Die Nebennierenrinde weist häufig eine 
starke Lipoidzunahme, reichlich vermischt mit doppelbrechenden Substanzen auf. 
Das Nebennierenmark ist manchmal nur unvollkommen entwickelt. Die beiden 
Befunde treten auch nach der Kastration des Einzeltieres auf. In den Follikeln 
der Schilddrüse kann man meist eine reichliche Kolloidansammlung beobachten. 
In einer zweiten Versuchsreihe wendet Verf. Parabiose und Schwangerschaft an; 
dabei handelt es sich entweder um Parabiose und Schwangerschaft, wobei der 
eine Partner nach Ablauf von 3—6 Monaten nach der Operation trächtig gemacht 
bzw. ein trächtiges Tier mit einem normalen Weibchen verbunden wurde, oder um 
Parabiose eines Männchens mit einem Weibchen, wobei ein Männchen öfters zu einer 
Parabiose eines Männchens mit einem Weibchen gebracht wurde. Bei diesen Schwanger- 
schaftsversuchen an der Parabiose sind die histologischen Befunde der Geschlechts- 
drüsen und anderen Organen des trächtigen Partners fast denen des schwangeren 
Einzeltieres gleich. Die innersekretorischen Organe des nicht trächtigen Partners 
werden von denen des schwangeren beeinflußt. Die Hypophysenvorderlappen und 
das Nebennierenmark zeigen fast immer und die Schilddrüse manchmal Verände- 
rungen, die bei der Schwangerschaft auftreten. Die Hypertrophie der Zona glomeru- 
losa der Nebennierenrinde, die Matsu ya ma als spezifische Veränderung der Schwanger- 
schaft annimmt, kommt nicht zum Vorschein, aber die Lipoide der Zona fasciculata 
vermehren sich wie im letzten Stadium der Schwangerschaft. Die Brustdrüsen des 
weiblichen, nicht trächtigen Partners haben eine geringe Hypertrophie des Drüsen- 
läppchens und eine Erweiterung der Ausführungsgänge. Im Ovarıum finden sich 
häufig deutliche Fettreaktion zeigende kleine Corpora lutea wie Corpora lutea gravi- 
ditatis. Die Veränderungen des Uterus hängen von denen der Ovarien desselben 
Partners und nicht von der Schwangerschaft des anderen ab. Die Hoden des männ- 
lichen Partners weisen eine Degeneration und Atrophie auf. Diese Veränderungen 
sind höchstwahrscheinlich eine Folge der lang andauernden Parabiose eines Männ- 
chens mit einem Weibchen und nicht die der Schwangerschaft. Im Ovarium des 
trächtigen Partners dieser Parabiose finden sich Corpus luteum graviditas-Cysten, 
die wahrscheinlich auch von der Wirkung des Hormons des Hodens abhängen. — Bei 
den zuletzt ausgeführten Versuchen — Parabiose und Kastration — wurde ein Partner 
der Parabiose kastriert, oder ein kastriertes Tier mit einem normalen Tier parabiotisch 
vereinigt. Alle Untersuchungsresultate ergeben, daß die Kastration des einen Partners 
einen Einfluß auf den unkastrierten ausübt, gleichgültig, ob der kastrierte Partner 
ein Männchen oder ein Weibchen ist. Besonders bemerkenswert sind die Befunde 
des Ovarıums in einer Parabiose eines kastrierten Tieres mit einem Weibchen; abnorme 
Entwicklung der Corpora lutea im Früh- und Cystenbildung im Spätstadium; sie 
sind abhängig von dem abnormen Wachstum und der Atresie der Follikel, so daß 
die Ursache der Veränderung der Ovarien im Parenchym zu suchen ist. Die aus dem 
atretischen Follikel hervorgegangenen Cvsten werden entsprechend ihren Haupt- 
bestandteilen in Luteinzellen-, interstitielle Drüsenzellen- und Follikelepithelzelien- 
cysten eingeteilt. Die interstitiellen Drüsen werden im Frühstadium (YY,—1 Monat 
nach der Operation) nur spärlich gefunden, sie degenerigren allmählich und bleiben 
im Spätstadium nur noch an den Wänden der Cysten übrig. Durch die Befunde der 
verschiedenen Organe im Frühstadium (abnorme, zahlreiche, undegenerierte Corpora 
lutea) und im Spätstadium (keine Corpora lutea mehr vorhanden) glaubt Verf. die 


Klinisches. — Generationsvorgänge und endokrines System. 133 


Beziehung zwischen dem Corpus luteum des Ovariums zu den anderen Organen erklären 
zu können. Im Frühstadium treten eine an Schwangerschaft erinnernde Veränderung 
der Brustdrüsen, eine Hypertrophie des Uterus, die Veränderungen der Nebenniere, 
der Hypophysen und der Schilddrüse, die bei der Schwangerschaft und nach der Kastra- 
tion vorkommen, auf. Im späteren Stadium entstehen dagegen eine Atrophie der 
Brustdrüsen, eine Degeneration der Uterusschleimhaut, Cyste- resp. Absceßbildung 
im Uterus, Veränderungen der Hypophysenvorderlappen, die bei Schwangerschaft 
und Kastration auftreten, und manchmal solche Befunde der sonstigen innersekretori- 
schen Organe, die sich nach der Kastration zeigen. Wenn der unkastrierte Partner 
ein Männchen ist, findet Matsuyama bedeutende Vergrößerung des Hodens, der 
Prostata und Samenblasen, sonst sind die anderen Organe nicht nennenswert ver- 
ändert. Die aus dem Hoden und aus dem Ovarium gelieferten Hormone wirken anta- 
gonistisch. Bernhard v. Lippmann (Halle a. d. S.). 

Yatsu, Naohide: On the changes in the reproductive organs in heterosexual 
parabiosis of albino rats. (Über die Veränderung der Reproduktionsorgane nach 
heterosexueller Parabiose bei Albinoratten.) (Anat. inst., univ. Keio.) Anat. rec. 
Bd. 21, Nr. 2, S. 217—228. 1921. 

Bei Parabiose zwischen Männchen und Weibchen bilden sich einige normale 
Follikel und auch Corpora lutea weiter aus, aber die größere Zahl der Follikel erleidet 
regressive Veränderungen. Der Uterus wird nicht merklich verändert; manchmal ist 
eine Hyperplasie der Subserosa beobachtet worden. Der männliche Partner bleibt voll- 
ständig normal. Ein solches Männchen kopulierte 134 Tage nach der parabiotischen 
Operation und erzeugte einen normalen Wurf. Auch die Prostata wird nicht verändert, 
auch nicht wenn der weibliche Partner kastriert ist. Ist der männliche Partner kastriert 
und der weibliche normal, so erfolgt trotzdem Prostataatrophie. Beim Weibchen ent- 
wickeln sich in diesem Falle sämtliche Follikel anormal. Corpora lutea werden nicht 
gebildet, dagegen sind reichlich Corpora atretica und Follikelcysten vorhanden. Die 
Zwischenzellen sind merklich gewachsen. Die stärksten Veränderungen erleidet der 
Uterus. Er wird hydrometrisch. Sein Durchmesser beträgt bis zu 6 mm gegen !/, mm 
des Normaluterus. Die Wand ist zu 1,10 der Normaldicke reduziert. Die Uterusdrüsen 
schwinden schließlich vollkommen, ebenso die Longitudinalmuskeln; die Tuben bleiben 
normal. Harms (Marburg). °° 

Myers, J. A. and Frank J. Myers: Studies on the mammary gland. VII. The 
distribution of the subcutaneous fat and its relation to the developing mammary 
glands in male and female albino rats from birth ts tes weeks ol age. (Studien 
über die Brustdrüs-. Die Verteilung des subcutanen Fettes und seine Beziehungen 
zur Brustdrüse bei männlichen und weiblichen Albinoratten von der Geburt bis zu 
einem Alter von 10 Wochen.) (Inst. of anat., univ. of Minnesota, Minneapolis.) 
Anat. rec. Bd. 22, Nr. 5, S. 353—362. 1921. 

Die vorliegende Arbeit wurde veranlaßt durch die Beobachtung, daß nach Ab- 
präparieren der Haut einer Albinoratte und durch Einlegen derselben in Flemming- 
sche Lösung das subcutane Fett sich besonders schön von dem umgebenden Gewebe 
differenzieren läßt. Die angewandte Technik war kurz folgende: Sowohl männliche 
wie weibliche Ratten des gleichen Wurfes wurden in verschiedenen Stadien von der 
Geburt bis zur 10. Woche durch einen bestimmten Schnitt derart enthäutet, daß alles 
Unterhautfettgewebe an der Haut blieb. Diese wurde mit der Innenfläche nach außen 
aufgespannt, in Flemmingsche Lösung oder 1l proz. Osmiumsäurelösung 30 Minuten 
bis 1 Stunde gelegt. Hier färbte sich das Fett dunkelbraun. Nach einstündiger Behand- 
lung in fließendem Wasser kam die Haut in Alkohol, doch nicht länger als 1 Stunde, 
da sich sonst die Haut verfärbt. Jetzt wurde von dem Fetthautpräparat eine Zeichnung 
angelegt, die die Verteilung des Fettes in schwarzer Schraffierung hervorhebt. Um nun 
die Milchgänge zu demonstrieren, wurde das Präparat mit H,O, wieder entfärbt und 
mit Hämatoxilinlösung neu gefärbt. Jetzt konnte man die Milchgänge verfolgen und 


134 Die Generationsphasen und ihre Beziehungen zum Gesamtorganismus. 


an Hand der Hautunterhautfettzeichnung Vergleiche zwischen Fettlagerung und Milch- 

gangverlauf ziehen. Es wurde beobachtet, daß nach der Geburt sofort getötete Tiere 

zunächst überhaupt kein Fettpolster aufwiesen. Aber schon 10 Stunden nach der 

Geburt beginnt die erste Fettablagerung, stets entlang den großen Gefäßen und ihren 

Ästen. Die Brustwarzen blieben aber stets außerhalb des Fettpolsters liegen. Aus der 

Beobachtung weiterer Stadien bis schließlich zur 10. Woche nach der Geburt geht hervor, 

daß die Fettpolsterung sich in regelmäßiger Anordnung immer mehr ausbreitet, gleich- 

sam als Vorläufer für die sich entwiekelnden Milchgänge. In der Diskussion wird die 

Frage nach der Zweckmäßigkeit dieser Vorgänge dahin beantwortet, daß das Fett 

einerseits ein gutes Nährmittel für das Wachstum der Milchgänge sei, andererseits später 

funktionell vielleicht nicht ohne Bedeutung für die Brustdrüsensekretion sein dürfte. 
v. Oettingen (Heidelberg). 

Sommerfeld, Hans: Die Beziehungen und Einflüsse der Chlorose auf das 
Wachstum des weiblichen Organismus während der Entwicklungsperiode. (ZI. med. 
Klinik, Charite, Berlin.) Zeitschr. f. angew. Anat. u. Konstitutionsl. Bd. 7, H. 5/6, 
S. 402—405. 1921. 

Röntgenologische Untersuchung der größeren Röhrenknochen bei 10 ausgesprochen 
Chlorotischen, bei denen sich zeigte, daß die Epiphysenfugen offen waren, das Längen- 
wachstum noch nicht zum Abschluß gekommen war. Die Untersuchungen ergaben, 
daß das Wachstum durch eine vorhandene Chlorose nicht beeinflußt wird. Die Men- 
struierten sind stets größer als die Nichtmenstruierten im gleichen Alter. Geppert. 

Scherer, A.: Beiträge zur Kenntnis der Beziehungen zwischen den Lebensvor- 
gängen des Weibes und Tuberkulose. I. Menarche und Tuberkulose. (Kronprin- 
zessin Cäcilie-Heust., Mühltal, Krs. Bromberg.) Beitr. z. Klin. d. Tuberkul. Bd. 49, 
H. 1, S. 7—16. 1921. 

Statistik auf Grund von 10 216 Krankengeschichten. Das Durchschnittsalter für 
das Auftreten der ersten Menses bei Tuberkulösen beträgt 15,6 Jahre. Das arithmetische 
Mittel aus verschiedenen Statistiken über die Zeit des Menarche Gesunder ergibt 
ca. 16 Jahre. Das Durchschnittsalter für die Menarche der Kranken des ersten Sta- 
diums beträgt 16,05, der des zweiten Stadiums 15 und der des dritten Stadiums nur 
14,776 Jahre; woraus sich ergibt, daß bei Tuberkulösen ein früheres Auftreten der 
Mer.ses eintritt, und zwar um so mehr, je ungünstiger der spätere Krankheitsverlauf 
sich gestaltet. Verf. neigt der Ansicht zu, daß der frühe Eintritt der Menstruation 
Tuberkulöser als Ausdruck einer besonders schweren Infektion aufzufassen ist. 

Geppert (Hamburg). 

Vogt, E., Über die Beziehungen der Milzbestrahlung zu den verschiedenen Abschnitten 
der Geschlechtstätigkeit. (Univ.-Frauenklin., Tübingen.) (Med. Klinik Jg. 17. 
Nr. 33, S. 991—992.) 

Vgl. Referat S. 96. 

Witschi, Emil, Der Hermaphroditismus der Frösche und seine Bedeutung für das 
Geschlechtsproblem und die Lehre von der inneren Sekretion der Keimdrüsen. 
(Zool. Anst., Univ. Basel.) (Arch. f. Entwicklungsmech. d. Organismen Bd. 49, 
H. 3/4, S. 316—358.) 

Vgl. Referat S. 63. 

Puppel, Ernst, Über die innere Sekretion der Placenta. (Dtsch. med. Wochenschr. 
Jg. 47, Nr. 43, S. 1294—1295.) 

Vgl. Referat S. 525. 

b) Beziehungen endokriner Krankhelten zu gynäkologischen Erkrankungen. 

Bredthauer, Alfred. Einflüsse operativer Eingriffe auf die Menstruation. (Univ.- 
Frauenklin., Göttingen.) (Dissertation: Göttingen 1921.) 

c) Wirkung der Organotheraple (Experimentelles und Klirisches). 


Schröder, R. und F. Goerbig: Über Substanzen, die das Genitale wirksam zum 
Wachstum anregen. (Unir.-Frauenklin., Rostock.) Zeitschr. f. Geburtsh. u. Gynäkol. 
Bd. 83, H. 3, S. 764—786 u. S. 830—838. 1921. 


Die gewöhnlichen Ovarialpräparate des Handels als Wachstumsstimulantien des 


-e re aee r o a 


Klinisches. — Wirkung der Organotherapie. 135 


Genitales haben bisher keinen nennswerten Erfolg gehabt. Wohl aber hatten Fellner, 
Iscovesco und vor allen Herrmann (Wien) über die Darstellungsweise einer Sub- 
stanz aus Placenta und Corpus luteum berichtet, die die Genitalien stark zum Wachs- 
tum bringen kann. Herrmanns Erfolge veranlaßten Schröder zur Nachprüfung 
und weiteren Differenzierung der Substanz. Herstellungsweise der Placentarextrakte 
in voller Anlehnung an Herrmanns Angaben. Als Versuchstiere lediglich 6- bis 
&@wöchige, also ganz virginelle Kaninchen; ältere Tiere ergaben zu große Fehlerquellen. 
Verff. konnten mit der von ihnen hergestellten Substanz die Angaben Herrmanns 
über die stimulierende Wirkung auf den weiblichen Genitaltraktus vollauf bestätigen 
und ‚mit großer Befriedigung sagen, daß eine Substanz gefunden ist, die wirklich 
einmal etwas Tüchtiges leisten kann, nämlich innerhalb 10 Tagen aus einem völlig 
puerilen Genitalschlauch einen geschlechtsreifen zu erzeugen“. Die Einspritzungen 
erfolgen subcutan in Abständen von 3 Tagen und 0,3—0,5 g Gesamtdosis. Per os 
keine Wirkung. Die Substanz wirkt auch bei Männchen von gleichem Alter wie bei 
Weibchen. Aber im Gegensatz zuHerrmanns und Marianne Steins Feststeilungen 
einer spezifisch weiblichen und für männliche Organe antagonistischen Wirkung 
fand Sch. pei Männchen alle Genitalorgane im Wachstum deutlich gefördert, vor 
allem und am stärksten allerdings den Utriculus masculinus, aber deutlich auch Ductus 
deferens, Nebenhoden und Penis; keine destruierende Wirkung auf Hodenfunktion. 
Der Stoff ist nicht geschlechtsspezifisch, aber auch nicht organspezifisch. Man kann 
mit gleicher Methode auch aus der Leber eine ähnlich wirksame Substanz heraus- 
holen, ebenso, wenn auch geringer wirksame Extrakte, aus Kuhuteri. Milz- und Nieren- 
extrakte waren wirkungslos. Bei der Leberwirkung, bei doppelter und dreifacher - 
Placentarextraktdosis, also in Dosen von 1,0— 2,0 g Gesamtsubstanz, fiel das Ungleiche 
der gewachsenen Organe auf. Der Stoff ist N-frei, besteht aus C, H, O und steht dem 
Cholesterin nahe. Versuche mit Cholesterin und seinen Estern konnten keine deut- 
liche Wirkung konstatieren lassen. Versuche mit injektionsfähigen Handelspräparaten 
(Oophorin, Corpus luteum-Extrakt usw.), ebenso mit Sisto- und Agomensin (Seitz 
und Wintz) fielen völlig negativ aus, trotzdem die Substanz in der 5Ofachen, d. h. 
in der Menschendosis injiziert wurde. Andererseits zeigte sich vom Placentarextrakt 
noch !/,;, der Kaninchendosis beim Kaninchen deutlich wirksam. Toxikologisch war 
zu konstatieren: Lokale Nekrose bei subcutaner Applikation; bei Verwendung von durch 
die Gesellschaft für chemische Industrie Basel hergestellten Extrakten, die die gleichen 
Wirkungen wie die selbsthergestellten hatten, war diese nekrotisierende Wirkung 
sehr gering. Intravenös schneller Exitus unter Krampferscheinungen. Verschieden 
hochgradige Wehen anregende Wirkung auf Meerschweinchenuterus, jedoch wahr- 
scheinlich durch geringe Mengen mitgerissenen Tyrorins zu erklären; wurden die 
Placenten sofort nach der Geburt in Alkohol gelegt, war die Wehenwirkung sehr gering. 
Es steht der vorsichtigen Verwendung beim Menschen nichts mehr im Wege, voraus- 
gesetzt, daß reine Substanzen benutzt werden können. Bernhard v. Lippmann. 

Fellner, Otfried 0.: Über die Wirkung des Placentar- und Hodenlipoids auf 
die männlichen und weiblichen Sexualorgane. (Über die Wirkung des Placentar- 
und Hodenlipoids auf die männlichen und weiblichen Sexualorgane. (Inst. f. allg. u. 
erp. Pathol., Wien.) Pflügers Arch. f. d. ges. Physiol. Bd. 189, H. 4/6, S. 199 
214. 1921. 

Frühere Arbeiten konnten zeigen, daß im Tierexperiment bei Verwendung von 
Lipoidstoffen der Placenta, des Ovarıums wie des Corpus luteum eine Vergrößerung 
des Uterus, der Vagina und der Mamma eintrat. Weiterhin wurde beobachtet, daß im 
Gegensatz zu diesen wachstumsfördernden Reizen die gleichen Stoffe an den männlichen 
Sexualorganen Rückbildungserscheinungen, ähnlich denen nach Röntgenbestrahlung 
auslösten. Fellner konnte nun mit Ovarial- wie Placentarlipoid die gleichen Resultate 
an männlichen Tieren feststellen. Im allgemeinen war folgendes Bild zu beobachten: 
Nach Verabreichung einer gewissen Menge der Lipoidstoffe der Placenta, des Ovariums 


136 Die Generationsphasen und ihre Beziehungen zum Gesamtorganismus. 


oder des Corpus luteum war der Hoden gegenüber dem vor Einleitung des Experimentes 
entfernten Kontrollhoden deutlich verkleinert, die bindegewebigen Septen gewuchert, 
die Drüsenepithelien zum großen Teil verändert und desquamiert, die Spermatogenese 
unterbrochen. Nicht immer, aber hier und da, trat eine Degeneration der Sertolischen 
Zellen ein. Ähnliche Erscheinungen finden sich im Nebenhoden. Es handelt sich also 
um Degenerationserscheinungen durch Placentar- und Ovariallipoide, die aber nicht 
spezifisch sind, da auch andere Lipoide dieselbe Wirkung zeitigen können. — Wo das 
Lipoid angreift, läßt sich nicht ermitteln. Im mikroskopischen Bilde findet: sich in allen 
(sewebsteilen eine gleichmäßige Lipoideinlagerung. Von Interesse ist aber, daß der 
Hoden eben geworfener Junger das gleiche Rild bietet, wie der Hoden des mit Placenta 
vorbehandelten Tieres. — Es wurde nun weiterhin untersucht, ob im Hoden sich Stoffe 
finden lassen, die analog auf die weiblichen Sexualorgane einwirken. Extrakt aus 
Stierhoden wirkte nicht degenerierend, sondern wachstumfördernd. Es handelt sich 
hierbei um eine spezifische Wirkung, da es keine anderen Lipoide gibt, außer den oben 
schon angeführten, die wachstumanreizend wirken. — In einer weiteren Versuchsserie 
wird gezeigt, daß das Hodenlipoid auf die männlichen Geschlechtsdrüsen, ähnlich dem 
Placentar- und Ovariallipoid degenerierend wirkt. Ob eine chemische Identität dieser 
Stoffe anzunehmen ist, das muß zunächst noch dahingestellt bleiben, doch ist es wahr- 
scheinlich. — Es handelt sich also um ein feminines Sexuallipoid, das sowohl in der 
männlichen, wie auch weiblichen Keimdrüse gebildet wird. In der männlichen Keim- 
drüse muß ein Antagonist angenommen werden, der überwiegt und den Hoden vor 
Degeneration schützt. Vielleicht darf eine ähnliche antagonistische Lipoidstoffbereitung 
auch im weiblichen Organismus angenommen werden. Die Annahme heterosexueller 
Gewebselemente in den Ovarien würde hierfür sprechen. Wo das feminine Sexuallipoid 
im Hoden erzeugt wird, ist eine Frage, die offen bleiben muß. Es lassen sich sowohl für 
eine Lokalisation in den interstitiellen Zellen, wie auch den Drüsenzellen stichhaltige 
Gründe diskutieren. v. Oettingen (Heidelberg). 


Herrmann, Edmund: Der Einfluß eines Corpus luteum- resp. Placentar- 
Lipoids auf Blutungen, menstruellen Cyklus und Ausfallserscheinungen. (II. Univ.- 
Frauenklin., Wien.) Monatsschr. f. Geburtsh. u. Gynäkol. Bd. 54, H. 3, S. 152 
bis 164. 1921. 


Ein schon vor einigen Jahren von Herrmann aus dem reifen Corpus luteum der 
Kuh und auch aus reifen menschlichen Placenten hergestelltes Lipoid, das einen wachs- 
tumfördernden Einfluß auf das sich entwickelnde weibliche Genitale und eine wachstum- 
hemmende Wirkung auf das junge männliche Genitale gezeigt hatte, wurde vom Verf. 
nunmehr auch direkt auf das Ovarium angewendet. Die diesbezüglichen Versuche (an 
Kaninchen) zeigen, daß wenige Injektionen die Reifung der Follikel zu fördern, daß 
aber häufige Injektionen in der Mehrzahl der Fälle das Reifen der Follikel zu hemmen, 
zu mindest aber zu verlangsamen scheinen. Zur Nutzbarmachung dieser Erfahrung 
wendet sich der Autor folgerichtig in seinen klinischen Versuchen in erster Linie jenen 
Krankheiten zu, die durch Hyperfunktion des Follikelapparates bedingt sein können, 
d. h. also hauptsächlich den ovarigenen Blutungen. Das Lipoid wird nach Art der Ter- 
pentininjektionen retromuskulär in die Glutäalgegend injiziert, jeden 2. Tag eine Dosis. 
Die Untersuchungsreihe umfaßt 73 Fälle, bei denen in 95% ein guter Momentanerfolg 
und in 74% ein guter Dauererfolg erzielt wurde: 73 Fälle abzüglich 10 Fälle, die zu 
kurz behandelt waren = 63, davon dauernd gut beeinflußt 47. Am besten reagierten 
Menorrhagien bei normalem und entzündlichem Genitalbefund. Blutungen bei Juve- 
nilen wurden gut beeinflußt. Blutungen bei klimakterischen Frauen gaben einen guten 
Momentanerfolg, aber keinen befriedigenden Dauererfolg. Auf die infolge der Behand- 
lung sehr häufig in Erscheinung tretende Intervallsverlängerung soll vorläufig nur ver- 
wiesen werden. Die Ausfallserscheinungen wurden durch die Behandlung durchwegs 
bedeutend gebessert. oder ganz behoben. Bernhard v. Lippmann (Halle a. S.). 


Klinisches. — Wirkung der Organotherapie. 137 


Leighton, Adam P.: Luteum extract: A further report. (Über Luteumextrakt: 
Ein weiterer Bericht.) Americ. journ. of obstetr. a. gynecol. Bd. 1, Nr. 6. S. 613 
bis 619. 1921. 

Leighton spricht über seine Erfahrungen, die er bei der Behandlung von 
300 Frauen mit Corpus-luteum-Extrakt gemacht hat. Ganz allgemein gefaßt war die 
Indikationsstellung: Symptome verringerter Ovarialfunktion, häufig kombiniert mit 
den Zeichen der Hypofunktion anderer innersekretorischer Drüsen. Mit dieser Extrakt- 
behandlung sah er gute Resultate im Gegensatz zu Graves (Havard-Universität). 
Dieser hatte Versuchsreihen mit Vollovar-, Corpus-luteum-, Restovarextrakten ge- 
macht und gefunden, daß letzterer in seiner Wirkung den anderen überlegen ist. Er 
begründet dieses Resultat damit, daß Ovarialrestextrakt im Körper schwerer abgebaut 
würde, deshalb länger wirksam bliebe. Außerdem habe die Sekretion der atretischen 
Zellen dieselbe, ja verstärkte Wirkung wie die des Corpus luteum. L. hat kein Urteil 
über das Ovarialrestpräparat. Er sah in 2 Fällen, freilich von anderer Seite und nur 
kurze Zeit gegeben, keinen Erfolg. Die Wirksamkeit des Luteumextraktes wird ge- 
steigert durch eine kombinierte Darreichung von Thyreoideasubstanz. L. führt aus:. 
Die Thyreoidea spielt eine beherrschende Rolle im innersekretorischen Getriebe. Man 
weiß, ohne eine exakte Erklärung dafür zu haben, daß die Schilddrüse bei der Periode 
wie in der Schwangerschaft anschwillt. Diese an sich normale Erscheinung wird anormal, 
wenn eine Hypofunktion des Ovars oder einer anderen innersekretorischen Drüse 
eintritt. Er schlägt vor, diese Erscheinung des Hyperthyreoidismus als kompensa- 
torische Maßnahme der Schilddrüse für den Ausfall anderer innersekretorischer Drüsen 
anzusehen. Dem Hyperthyreoidismus folgt häufig als Zeichen thyreoidealer De- 
kompensation ein Hypothyreoidismus. Und zwar kann dies nicht nur im Zusammen- 
hange mit Funktionsstörungen des Ovars, sondern auch anderer innersekretorischer 
Drüsen geschehen. L. wandte Luteumextrakt kombiniert mit Schilddrüsensubstanz 
an bei allen Formen von Menorrhagien, mit Ausnahme solcher, die durch Uterus- oder 
Adnexleiden, Tumoren oder anderen entzündlichen Veränderungen im Becken bedingt 
waren. Luteumextrakt allein, gegeben bei frühklimakterischen Blutungen und cystisch 
veränderten Ovarien, ergab ein deutliches Nachlassen der Blutungen. Güte Resultate 
sah L. ferner bei Dysmenorrhöe. Er stellt sich vor, daß die ovariellen Hormone auf den 
Uterus selektive Wirkung ausüben in dem Sinne, daß sie stimulierend wirken auf 
autolytische Enzyme der Uterusschleimhaut. Diese sollen die Uterusschleimhaut in 
der Weise beeinflussen, daß die einzelnen Menstruationsvorgänge (Blutdurchtritt durch 
die Schleimhaut, Ablösung und Ausstoßung derselben) geregelt vor sich gehen. Wo 
diese ovariellen Hormone fehlen oder vermindert sind, fehlt das Stimulans für die 
autolytischen Enzyme mit dem Resultat, daß das Endometrium, mangelhaft in seinem 
Bau wie seiner menstruellen Vorbereitung dem Blutabfluß ein Hindernis in den Weg 
legt. Die sich schlecht ablösende Schleemhautmembran wirkt als Fremdkörper, löst 
uterine Spasmen aus oder wird in großen Fetzen (Dysmencrrnoea membranacea) aus- 
gestoßen. Die Beobachtung, daß Luteumextrakt bei Dysmenorrhöe gerade mit ver- 
ringertem Blutabfluß am ersten Tage gute Resuitate zeitigte, scheint ihm sehr für diese 
Theorie zu sprechen. Es ist notwendig zu wissen, daß erst nach 12 Wochen regelmäßiger 
Aufnahme des Präparates ein Erfolg zu erwarten ist, nicht aber, wenn man es 10 Tage 
vor der Periode, wie häufig, nimmt. Bei Basedow ist ferner Luteumextrakt indiziert, 
die vasomotorischen wie allgemein nervösen Symptome werden geheilt. Hoppe 
(Cineinnati) hat über glänzende Resultate berichtet und die Theorie aufgestellt, daß 
der Hyperthyreoidismus eine Folge der Störung der interstitiellen Geschlechtsdrüsen 
sei, deren Hormone eine regulierende Tätigkeit auf die Schilddrüsenfunktion ausübten. 
Eine ovarielle Dysfunktion ist also dann gleichbedeutend mit dem Fortfallen einer 
Hemmung für die Schilddrüsentätigkeit und führt zum Hyperthyreoidismus. Besonders 
wirksam erwies sich Luteumextrakt in der Menopause. Freilich muß es sofort bei 
Eintreten der ersten klimakterischen Symptome gegeben werden und nicht, wenn die 


138 Die Generationsphasen und ihre Beziehungen zum Gesamtorganismus. 


Frau schon mitten ìn dem Klimakterium mit voll ausgebildeten Symptomen ist. Ferner 
ist das Präparat lange zu geben, da die Wirkung grade bei diesen Fällen besonders 
langsam eintritt. In über der Hälfte der behandelten 300 Frauen war die Indikation 
durch klimakterische Beschwerden gegeben. Die Resultate waren ausgezeichnet, wenn 
früh und energisch gegeben wurde, schlechter, wenn bei voll ausgebildetem Krankheits- 
bild erst mit der Applikation begonnen wurde. Auch bei periodisch auftretender 
Migräne der Stirn- und Schläfengegend war Luteumextrakt von Vorteil. Außer bei 
Blutungsstörungen infolge Chlorose wurden Luteum- und Thyreoideaextrakt besonders 
erfolgreich bei Amenorrhöe und Fettleibigkeit gegeben. Eventuell ist nach Ansicht 
des Verf. hier auch Hypophvsenextrakt indiziert, doch verfügt er selber nicht über 
dahingehende praktische Versuche. Er ist der Ansicht, daß es sich häufig bei Fett- 
leibigkeit um eine primäre Insuffizienz des Ovars handelt, der eine Dekompensation 
von seiten der Thyreoidea folgt, die versucht, normale innersekretorische Beziehungen 
herzustellen. Die Kombination von Luteumextrakten und Thyreoidea erscheint ihm 
cin Gegenmittel gegen Schweißausbrüche, Muskelschwäche, Tachykardien, Übelkeit 
‚und andere vasomotorische Störungen zu sein, wie sie nicht selten bei Entfettungs- 
kuren mit Thyreoidextrakt beobachtet werden sollen. Auch sind bei dieser Kombination 
größere Dosen des Thyreoidextraktes möglich. Zum Schluß wird darauf hingewiesen, 
daß in all den bezeichneten Fällen ein Erfolg nur dann zu erhoffen ist, wenn wirklich 
frisches Material verwendet wird über eine Dauer von 10—12 Wochen. Man mnß den 
Patienten sagen, daß der Erfolg erst nach längerer Behandlung eintritt. v. Oettingen. 

Szántó, Manó: Über die Wirkung des Extractum corporis lutei. Gyögyäszat 
Jg. 1921, Nr. 38, S. 462. 1921. (ÜUngarisch.) 

Empfehlung auf Grund günstiger Resultate in der Privatpraxis von (jeden 2. Tag 
angewandten) Intraglutäalinjektionen des Corpus luteum-Extraktes, die er bei den 
verschiedensten Menorrhagien anwandte, wie bei Virgines, Myomen, Adnexerkran- 
kungen, Endometritis, Morbus maculosus Weillerfii usw. evtl. auch als Zugabe zum 
Röntgenverfahren. Temewary. 

Rothlin, E.: Über den Einfluß von Corpus luteum-Extrakt auf die Erythro- 
poese bei künstlich anämisierten Kaninchen. (Physiol. Inst., Univ. Zürich.) Pflü- 
gers Arch. f. d. ges. Physiol. Bd. 193, H. 1, S. 102—108. 1921. 

Verf. berichtet über Versuche mit Corpus luteum-Substanz zwecks Hebung der 
Erythropoese bei Anämie. Er geht von dem Gedanken aus, daß die Chlorose in engem 
Zusammenhang mit dysfunktionellen Vorgängen der weiblichen Keimdrüsen steht, 
insbesondere mit einer Hypofunktion der Corpora lutea. Die Versuche wurden am 
Kaninchen ausgeführt, das durch Blutentnahme anämisiert worden war. Dabei ist 
Verf. sich bewußt, daß diese künstliche Anämie und die Chlorose an sich nicht vergleich- 
bar sind. Verwendet wurde Corpus luteum des Rindes in Extraktform, der subcutan 
gegeben wurde, ferner in Trockensubstanz, unter Futter vermischt. Die Versuche 
ergaben keine Anhaltspunkte dafür, daß die Erythropoese durch diese Corpus luteum- 
Präparate beeinflußt werden. Verf. betont aber selber, daß allgemeine Schlüsse aus 
diesen Versuchen nicht gezogen werden dürfen, da abgesehen von der oben erwähnten 
Wesensverschiedenheit der künstlich gesetzten Anämie und der Chlorose der Gehalt 
der angewandten Organpräparate an spezifisch wirksamen Stoffen völlig unbekannt sei. 

v. Oettingen (Heidelberg). 

Hirst, John Cooke: The comparative value of whole ovarian extract, corpus 
luteum extract, and ovarian residue in menstrual disorders. (Über die vergleichende 
Wirkung der Extrakte des Vollovars, des Corpus luteum und des Restovars bei Men- 
struationsstörungen.) New York med. journ. Bd. 114, Nr. 7, S. 391—394. 1921. 

Hirst bespricht in vorliegender Arbeit seine klinischen Erfahrungen mit den 
3 oben genannten Extrakten, die in ihrer Wirkung, gleichgültig, ob vom Schaf, Schwein 
oder der Kuh gewonnen, gleich sind. Jede der genannten Extraktformen hat ihre 
spezifische Wirkung und daher Indikation. --- Der Vollovarextrakt ist indiziert bei 


Yo 


rs- . L 


Klinische. — Wirkung der Organotherapie. 139 


Störungen infolge der natürlichen Menopause, der künstlichen Menopause und bei 
nahendem Klimakterium. Die zu bekämpfenden Symptome sind die bekannten: 
Wallungen, nervöse Störungen, vor allem auch Depression. Die besten Erfolge sah H. 
bei Frauen der natürlichen Menopause, weniger gute bei älteren Frauen und künst- 
licher, die schlechtesten bei jungen Frauen und künstlicher Menopause. — Die Dar- 
reichung erfolgte in Tabletten-, Pulver- oder Ampullenform zur Injektion. Per os 
gereicht leidet die Wirkung offenbar durch Spaltung der Substanzen im Verdauungs- 
prozeß; außerdem wird hier und da über Übelkeit geklagt. Es empfiehlt sich eine 
kombinierte Darreichung mit Strychn. sulph. — Die besten Erfolge fand H. bei tief 
intramuskulärer oder intravenöser Applikation. Der Inhalt der Ampullen erwies sich 
stets als steril. Er gibt per injektionem täglich eine Dose von 1 ccm, im ganzen 36 Dosen. 
Nach dieser Serie 1—2 Monate Pause. Erst dann, wenn nötig zu wiederholen. H. warnt 
davor, voreilig die Serien abzubrechen, wenn nach wenigen Injektionen die Beschwerden 
auch schon gewichen sein sollten. Eine lokale Reaktion bei intramuskulärer Injektion 
ist selten und gering (leichte Rötung, die nach 24 Stunden schwindet), wenn nicht 
mehr als 1 ccm gegeben wurde, und die Lösung frisch war. (klar, strohgelb) Die intra- 
venöse Darreichung ist vorzuziehen. Man kann größere Dosen auf einmal geben, 
lokale Reizungen fallen unter allen Umständen fort. Allgemeinreaktion ist selten und 
nur bei proteinempfindlichen Frauen (urticariaähnliches Erythem, Kopfschmerz zu 
beobachten). — Die Resultate sind gut. Gewöhnlich genügt eine Serie zu 36 Dosen. 
Einmal waren bei einer jungen Frau und künstlicher Menopause 3 Serien nötig. — 
Die Darreichung des Ovarialrestextraktes (id est Ovar weniger Corpus luteum) ist 
nach H. erwünscht bei 1. später Geschlechtsreife; 2. Infantilismus; 3. Pubertätsblu- 
tungen; 4. Menorrhagien außerhalb des Klimakteriums, bei denen sich eine glanduläre 
Schleimhauthypertrophie oder Rückwärtsverlagerung des Uterus findet; 5. bei Fett- 
leibigkeit und Amenorrhöe infolge Dystrophia adiposogenitalis. Die Darreichung ge- 
schieht in den gleichen Formen wie der oben besprochene Extrakt. Die Resultate sind 
ganz unsicher. Besser wirksam erscheint ein kombiniertes Präparat, aus Schilddrüsen, 
Hypophysen-, Nebennieren- und Eierstocksubstanz bestehend. — Corpus luteum- 
Extrakt empfiehlt H. vor allem bei Störungen der frühen Schwangerschaft: 1. bei 
Schwangerschaftserbrechen; 2. bei habituellen Aborten ohne greifbare Ursache. Außer- 
dem aber auch bei 3. Störungen in der Menopause (doch weniger wirksam als der Voll- 
ovarextrakt); 4. bei Oligo- oder Amenorrhöe in der Jugend; 5. bei Pruritus vulvae 
und Craurosis; 6. bei Sterilität. Die Form der Darreichung entspricht der der anderen 
Extrakte. Die Dosierung: Bei leichten Fällen von Schwangerschaftserbrechen 1 ccm 
täglich intramuskulär, 1 Serie von 12 Dosen; bei schweren Fällen 2 mal täglich intra- 
venös 2 ccm. Man soll auch hier seine Serien zu Ende geben, auch wenn der Erfolg 
schon früher eintritt. — Für alle anderen angeführten Indikationen sind 24 Dosen 
notwendig. Gegenindikation ist Struma. Die Beschwerden können sich verschlimmern. 
Es folgt eine Demonstration der Erfolge an Hand einzelner Fälle. Auffallend ist die 
gute Wirkung von Corpus luteum-Extrakt bei habituellen Aborten ohne greifbare 
Ursache. Zusammenfassung: Die Wirkung des Ovarialrestextraktes bleibt oft aus, 
enttäuscht. Der Ovarialvollextrakt zeitigt bei richtiger Anwendung vorzügliche Er- 
folge bei allen Störungen der natürlichen wie der künstlich vorzeitigen Klimax. Der 
Corpus luteum-Extrakt erweist sich als wirksam bei Störungen der frühen Schwanger- 
schaft. In seinem Schlußsatz weist H. darauf hin, daß wohl den pluriglandulären 
Extrakten (Hypophyse, Thyreoidea, Mamma, Nebenniere, Ovar) die Zukunft gehöre. 
v. Oettingen (Heidelberg). 

Schulze, Werner: Versuche über-den Einfluß endokriner Drüsensubstanzen auf 
die Morphogenie. Kaulquappenfütterungsversuche mit Epithelkörpern. (Anat. Ins., 
Heidelberg.) Arch. f. Entwicklungsmech. d. Organismen Bd. 48, H. 4, S. 489—504. 1921. 

Im Anschluß an analoge Versuche mit Schilddrüsensubstanz untersucht Schulze 
die Einwirkung der als Futter dargereichten Nebenschilddrüse auf die Entwicklung 


140 Die Generationsphasen und ihre Beziehungen zum Gesamtorganismus. 


heranwachsender Froschlarven (Ranus fusca, Bombinator pachypus), und zwar in dem 
Zeitraum kurz nach dem Verlassen der Gallerthüllen einerseits bis zum Beginn der 
Metamorphose andererseits. Verfüttert wurden im wesentlichen: Getrocknete und 
frische Epithelkörperchen des Rindes, Freund - Redlichscher Epithelkörperchen- 
extrakt und Nebenschilddrüsentabletten derselben Firma. Die Kontrolltiere wurden 
mit Muskelfleisch gefüttert. — Die Versuchsserien mit getrockneten oder frischen 
Rindernebenschilddrüsen ergaben nach anfänglich beschleunigtem Wachstum und 
dunklerer Verfärbung der Versuchstiere gegenüber den Kontrollen keine Unterschiede 
in der Entwicklung; und zwar auch dann nicht, wenn man ältere Larvenstadien zum 
Versuche heranzog. Bei Verabreichung der Freund - Redlichschen Präparate zeigten 
die Versuchstiere die typischen Veränderungen schilddrüsengefütterter Larven: Be- 
schleunigung der Metamorphose bei gleichzeitiger Wachstumshemmung. — Diese 
makroskopischen Befunde wurden histologisch nachgeprüft. Die mit frischen oder 
getrockneten Nebenschilddrüsen gefütterten Larven zeigten keine, die mit Freund- 
Redlichschen Parathyreoidtabletten gefütterten Larven dagegen alle die Abwei- 
chungen, wie sie sich bei Schilddrüsenlarven finden: Fortgeschrittene Entwicklung 
und Ausdifferenzierung der inneren Organe bei sonstiger Wachstumshemmung. Es 
ist durch diese Versuche festgestellt, daß die Epithelkörperchenfütterung auf die Ent- 
wicklung heranwachsender Larven ohne Einfluß ist, die Epithelkörperchen für ein 
gewisses Larvenstadium wahrscheinlich also noch kein Harmozon (= morphogenetisch 
wirksamen innersekretorischen Reizstoff) enthalten. v. Oettingen. 
Bandler, Samuel W.: The placental gland and placental extract. (Placentar- 
drüse und Placentarextrakt.) Chicago med. rec. Bd. 43, Nr. 9, S. 556—572. 1921. 
Verf. bespricht die allgemeinen Schwierigkeiten der Forschung auf dem Gebiet 
des endokrinen Drüsensystems. Die Abhängigkeit von physischen wie psychischen 
Faktoren, die wechselseitigen Verbindungen mit Vagus, dem sympathischen wie auto- 
nomen Nervensystem komplizieren das Arbeitsgebiet außerordentlich, selbst wenn man 
absieht von dysfunktionellen Störungen im Sinne qualitativ veränderter Sekretion, 
und seine Aufmerksamkeit nur auf Über- und Unterfunktion der einzelnen Drüsen 
richtet. Die Erkrankungen des endokrinen Systems sind stets pluriglandulärer Natur. 
Eine wesentliche Rolle spielt die Thvreoidea. Einerseits aktiviert sie, andererseits 
ersetzt sie manche Drüsen. Ihr Einfluß auf Vagus wie Sympathicus ist bedeutend. 
Ihre vielfache Wirkung spricht für eine Mehrheit von Hormonen. In engster Korrelation 
zu den endokrinen Drüsen stehen die Sexualdrüsen. Vor allem zeigen sich bei der Frau 
während der menstruellen Vorgänge, der Schwangerschaft und der Wochenbettszeit 
auffallende Schwankungen in diesem ganzen System als Ausdruck gegenseitiger Be- 
einflussung. Beherrschend ist das Ovar. Bandler weist auf die im Blute Schwangerer 
gefundenen Abbauprodukte des Synceytium wie des Chorion hin, als Ausdruck einer 
sekretorischen Tätigkeit der Fruchtanlage. Daß diese einen weitgehenden Einfluß 
auf das übrige endokrine System haben, erscheint ihm einerseits aus therapeutischen 
Versuchen hervorzugehen, andererseits aus der Beobachtung, daß die Thyreoidea z. B. 
bei eintretender Pubertät, bei einsetzenden Menses, während der Schwangerschaft 
Veränderungen im Sinne einer Schwellung erkennen läßt. Sie wirkt aktivierend auf 
andere Endokrine ein, stimuliert ganz allgemein Körperzellen und Gewebe. — B. ent- 
wirft weiterhin folgendes Bild der Menstruationsvorgänge: Das Ovar leitet die Menses 
ein. Unter dem Einfluß des Corpus luteum wird das Endometrium zur Decidua men- 
strualis. Wenn aus diesem durch den Einfluß spezifischer Hormone des Eitrophoblasten 
und des Synceytium der gelbe Körper der Schwangerschaft wird, so hemmt dieser die 
Vorgänge der Rhexis und Diapedesis, und es entsteht die Decidua graviditatis. Die 
Thyreoidea hat trophische Wirkung auf die Decidua; auch sie hemmt die Schleimhaut- 
blutung und den Abbau des Endometriums. Ferner werden durch das Corpus luteum 
die Hvpophyse und die Nebennieren aktiviert. Der Hinterlappen der Hypophyse wirkt 
ebenfalls im auslösenden Sinne auf die menstruellen Vorgänge im Endometrium ein. 


Klinisches. — Wirkung der ÖOrganotherapie. 141 


Ihr stellt sich nach erfolgter Befruchtung die Placentarsekretion hemmend entgegen. 
Es werden also die Placenta, ein Teil der funktionellen Äußerungen der Thyreoidea und 
das Corpus luteum in ihrer die Menstruation hemmenden, die Eieinbettung schützenden 
Funktion Verbündete gegen die Auswirkungen des Hinterlappens der Hypophyse. 
Bei der Menstruation arbeiten zusammen: Corpus luteum, Thyreoidea und hinterer 
Hypophysenlappen. Sobald die Hemmungen für letzteren fortfallen, setzt die Men- 
struation ein. Dies ist auch bei therapeutischer Anwendung der Hypophysenextrakte 
zu beobachten. Kommt nun noch die hemmende Wirkung der Placentarsekretion nach 
erfolgter Eieinbettung hinzu, so wird für 9 Monate dieser ausbalancierte Zustand der 
prämenstruellen Phase erhalten. — Das Ovar an sich wirkt nicht einheitlich. Extrakt 
aus dem Hilus und Vollovar wirken herabsetzend auf Uteruskontraktion und Blut- 
gerinnungszeit. Corpus-luteum-Extrakt beschleunigt die Gerinnung, regt Uterus- 
kontraktionen an. Die interstitiellen Zellen wie das Corpus luteum begünstigen die 
Dilatation der peripheren Gefäße, die Follikelzellen wie -flüssigkeit tun dies nicht. 
Interstitielle Ovarzellen, Corpus luteum wie Placenta haben also fördernden und er- 
nährenden Einfluß auf den Uterus; sie sind ihrerseits abhängig von der Thyreoidea. 
Das Größenwachstum des Uterus in den ersten Monaten ist also weniger als Folge 
mechanischer Eidehnung als dieser Drüsenfunktionen zu erklären, zu der noch die 
Wirkung des Vorderlappens der Hypophyse und der Nebennieren tritt. B. nimmt 
an, daß der männliche Teil der Placenta durch Aktivierung des Vorderlappens und 
der Nebennieren im nicht weiblichen Sinne gegen die nicht naturgewollte Erscheinung 
der Menstruation wirkt. In den Fällen, in denen die Placenta im Sinne der Hemmung 
der menstruationstreibenden Kräfte (Hinterlappen der Hypophyse et c.) versagt, 
findet sich Sterilität und vermehrtes Auftreten von Frühgeburten. — Bei Störungen 
im Prämenstruum, als Ausdruck des Überwiegens der zur Menstruation treibenden 
Kräfte wirkt Placentarextrakt therapeutisch gut. Sein Einfluß ist beruhigend, mildernd 
auf Übelkeit und Erbrechen. Auch psychische Alterationen werden günstig beeinflußt. 
Ein Beweis ist B. die Seltenheit der Psychosen in der Gravidität, gehäuftes Auftreten 
im Wochenbett als Ausdruck gestörter endokriner Neuordnung nach Ausfall der Pla- 
centa. — Sterilität kann einerseits der Ausdruck mangelnder ovarieller oder thyreoi- 
dealer Funktion sein, andererseits übertriebener Tätigkeit des Hinterlappens der Hypo- 
physe. Diese ist verantwortlich für habituelle und manchen einfachen Abort. Thera- 
peutisch ist hier Placentarextrakt indiziert. Gut ist er auch in Verbindung mit Thyreoid- 
extrakt. Auffallend ist seine beruhigende psychische Wirkung. Dies führt zur Behand- 
lung sexueller abnormer Vorgänge. Die Freudschen Theorien werden abgelehnt, die 
Verbindung mit endokrinen Störungen hervorgehoben. Es handelt sich um endokrine 
Dysbalancen, nicht um seelische Vorgänge. Es ist eine Überfunktion der Thyreoidea, 
die eine solche des hinteren Hypophysenlappens zur Folge hat, anzunehmen. Wegen 
seiner spezifisch hemmenden Wirkung ist auch hier Piacentarextrakt indiziert. — 
Ferner ist der Druck der Cerebrospinalflüssigkeit wie des Blutes durch Placentarextrakt 
herabzusetzen. Bei gewissen Fällen von Kopf- und Nackenschmerzen sah B. vor- 
zügliche Resultate, die er auf Druckverminderung zurückführt. Er zieht Vergleiche 
mit der Lumbalpunktion und Serumbehandlung bei Chorea. Die Wirkung soll auf 
osmotisch-funktionelle Veränderungen der Gleyschen Zellmembran zurückzuführen 
sein. — Wie die Thyreoidea für die Erhaltung normaler Schwangerschaftszustände von 
Bedeutung ist, so die Hypophyse, wenn sie aus der ihr zugewiesenen Arbeitsweise fällt, 
für die pathologischen. Überfunktion der Hypophyse ist ein wesentlicher Faktor für 
die Schwangerschaftstoxikosen. Ähnlich wie die Quellung der Nierenzellen mit einer 
Überfunktion des Hinterlappens zusammenfällt, ebenso auch die übrigen Symptome 
der Eklampsie vor und während des Anfalles. Aus einer Zellquellung der Gle yschen 
Membran mit folgenden osmotischen Störungen sind die Hirndruckerscheinungen zu 
erklären. Ähnlich die Kopfschmerzen im Prämenstruum. Hier hilft Placentarextrakt 
überraschend gut. Auch seine psychisch beruhigende Wirkung ist auffallend. Die 


142 Die Generationsphasen und ihre Beziehungen zum Gesamtorganismus. 


Unruhe wird genommen, die ganze Persönlichkeit oft verändert. — Zusammenfassend 
gibt B. folgendes Bild: Eine verringerte Thyreoideafunktion, eine vermehrte Hinter- 
lappenfunktion der Hypophyse sind die sicheren Voraussetzungen für erhöhten Blut- 
und Cerebrospinalflüssigkeitsdruck. Damit hängen die verschiedensten Störungen 
wechselnd schwerer Natur in den einzelnen Generationsphasen der Frau zusammen. 
Placentarextrakt ist therapeutisch wertvoll. Er hemmt die Tätigkeit des hinteren 
Hypophysenlappens, stimuliert die Antagonisten: vorderer Hypophysenlappen und 
Nebennierenrinde. v. Oettingen (Heidelberg). 

Kratzeisen: Tierversuche mit Placenta-Opton. (Städt. Krankenh., Mainz.) 
Dtsch. med. Wochenschr. Jg 47, Nr. 42, S. 1260. 1921. 

Es handelt sich zunächst um eine Serie 4 Wochen alter junger Meerschweinchen, 
die jeden zweiten Tag 0,5 ccm einer 5proz. Placenta-Optonlösung subcutan erhielten, 
ohne irgendeine Reaktion infolge der Injektionen den Kontrolltieren gegenüber zu 
zeigen. Die Sektion ergab nach einer Injektionsmenge von 30 ccm der Lösung: Deut- 
liche Vergrößerung der Mamuillen und Warzenhöfe, fast eine Verdoppelung der Größen- 
verhältnisse der Vagına und des Uterus. Eine zweite Serie Meerschweinchen und 
Ratten wurde täglich mit je 1 ccm 10 proz. Placenta-Optonlösung subcutan gespritzt, 
bis sie insgesamt 25 ccm erhalten hatten. Während Ratten keine Reaktionen im An- 
schluß an die Spritzen zeigten, sah man bei Meerschweinchen vorübergehende Krämpfe. 
Auch hier fand sich nach Abschluß der Behandlung eine stärkere Entwicklung der 
Brustdrüsen, der Scheide und des Uterus. Es konnte in diesem mikroskopisch eine 
Wandverdickung festgestellt werden, die, da es sich weder um Bindegewebswucherung 
noch um Ödem handelt, auf eine Muskelhypertrophie zurückgeführt wird. Auch das 
Endometrium zeigte mikroskopisch eine Verdickung des Epithels wie eine Vermehrung 
und Wucherung der Drüsen. Hervorgehoben wird, daß ım Gegensatz zu den Fellner- 
schen Versuchen sich ın keinem Falle parenchymatöse Nephritis fand. Fellner 
arbeitete mit Alkohol- und Ätherextrakten, die außer der Nierenstörung so schwere 
Reizerscheinungen nach der Injektion setzten, daß die Versuchsreihen dadurch gestört 
wurden. v. Oettingen (Heidelberg). 

Fellner, Ottfried O.: Über interstitielle Zellen, Placentatoxin und Eklampsie. 
(Univ.- Inst. f. exp. Pathol., Wien.) Zentralbl. f. Gynäkol. Jg. 45, Nr. 40, S. 1435 
bis 1441. 1921. 

Verf. weist nach, daß bei der Darstellung der wirksamen Lipoide aus Ovarien, 
Placenta und Eihäuten ein in Alkohol, Äther, Aceton lösliches, in Wasser unlösliches 
physioloyisch unwirksames Toxin entsteht, das flüchtig ist und bei Injektionen im 
Tierexperiment Erscheinungen hervorruft, die mit Eklampsie eine gewisse Ähnlich- 
keit besitzen. Verf. glaubt, daß das von ihm dargestellte Produkt. mit dem Schönfeld- 
schen Körper übereinstimmt und daß weder der von ihm dargestellte Stoff noch die 
von Schönfeld und Hüssy dargestellten Produkte die Erreger der Eklampsie dar- 
stellen. Auch die Versuche von Guggisberg und Ludwig sowie von Puppel hält 
er nicht für beweisend. Des weiteren verteidigt Verf. dann die Organspezifität seines 
femininen Sexuallipoids gegen Schröder und wendet sich vor allem gegen die Schrö- 
dersche Behauptung, daß das aus dem Uterus dargestellte Lipoid auf das Uterus- 
wachstum fördernd einwirke und hält an der Meinung fest, daß das von ihm dar- 
gestellte Lipoid nur im Corpus luteum, in der Placenta, den Eihäuten, den Hoden, in 
den interstitiellen Drüsen des Ovars, wahrscheinlich auch noch in der Thymus und 
vielleicht auch ın anderen Drüsen innerer Sekretion zu finden sei. — Der Ablehnung 
der innersekretorischen Bedeutung der interstitiellen Zellen von histologischer Seite 
(Robert Mever) steht die nachgewiesene Vermehrung des femininen Sexuallipoids 
in Ovarien urfd Corpus luteum zur Zeit der Gravidität entgegen. Die das junge Ei 
vor Abort schützende Kraft der Thekazellen ist im Anfang der Schwangerschaft gering. 
deshalb die große Bedeutung des Corpus luteum. Später übernimmt die Placenta 
den Anteil der Schutzwirkung. Gegen die Ausführungen Meyers, daß auch die inter- 


Klinisches. — Wirkung der Organotherapie. 143 


stitielle Hodenzelle die ‚‚Weib"-Werdung nicht verhindere, führt er seine schon immer 
vertretene Ansicht ins Feld, daß im Hoden sowohl femininer als masculiner Reizstoff 
vorhanden sei, der im Mengenverhältnis oft quantitativ stark variiert. Die fehlende 
Kenntnis der histologischen Bilder beweist nach des Verf. Ansicht nichts, da die Fein- 
heit der sekretorischen Vorgänge sich nicht im histologischen Bilde zu äußern braucht. 
Guthmann (Frankfurt a. M.). 

Puppel, Ernst: Die therapeutische Verwertung der Placenta. Monatsschr. f. 
Geburtsh. u. Gynäkol. Bd. 54, H. 5, S. 280—288. 1921. 

Puppel berichtet über Versuche mit Placentarextrakten, die zunächst in Form 
von Preßsäften zur Anwendung kamen. Solange die Präparate frisch waren, konnte 
deutlich eine wehenanregende Wirkung beobachtet werden. Nach einiger Zeit ließ 
diese Wirkung aber deutlich nach. Es wurde deshalb nach dem Vorgehen von Abder- 
halden ein Placentaropton durch Säureverdauung hergestellt, das haltbar und im 
gleichen Sinne wie der Preßsaft wirksam war. Bei Dys-, Oligo- und Hypomenorrhöe 
als Folge einer Hypofunktion des Uterus war ebenfalls eine deutliche Beeinflussung 
der Uterusfunktion durch das Präparat zu beobachten in dem Sinne, daß die Menses 
verstärkt und regelmäßig auftraten. Bei Meno- und Metrorhagien scheint das Präparat 
nicht indiziert zu sein, da nach den Erfahrungen des Autors eine Verstärkung der 
Blutungen zu erwarten ist. Die Applikationsweise war stets die intramuskuläre. 

v. Oettingen (Heidelberg). 

Schönfeld, H. E. H.: Experimentelle Untersuchungen über die Toxizität von 
Placentalipoiden, mit Bezug auf die Ätiogenese der Puerperaleklampsie. Arch. f. 
Gynäkol. Bd. 115, H. 1, S. 80—125. 1921. 

Die Arbeit fußt auf der Annahme, daß die Eklampsie durch eine Vergiftung des 
mütterlichen Organismus zustande kommt. Ausgedehnte Versuche sind ausgeführt, 
die die Placenta als Giftquelle annehmen. Menschliche Placenten nach bestimmter 
Vorbereitung, die im Original nachzulesen ist, mit verschiedenen Extraktionsmitteln 
nach Pulverisierung behandelt. Eine Placenta lieferte etwa 30 g Trockenpulver und 
etwa 2 g Extrakt. Je nach dem Extraktionsmittel waren die Wirkungen von Ein- 
spritzungen dieser Extrakte bei Mäusen und Meerschweinchen verschieden. Die Alkohol- 
extrakte erzeugten meist Krämpfe und sofortigen Tod. Sektionsbefund dement- 
sprechend ohne nennenswerte Organveränderungen. Ätherextrakt macht keine 
Krämpfe, wohl aber andere sehr schwere Erscheinungen. Bei genügender Dosierung 
Tod. Schwere Parenchymveränderungen. Alkoholextrakt — Krampfgift. Äther- 
extrakt —- Parenchymgift. Das Krampfgift ist thermolabil (30° wird vertragen). 
Glycerin verstärkt die ‚Wirkung des Krampfgiftes, das auch in Glycerin löslich ist. 
Glycerin wirkt als Aktivator. — Die Extrakte erzeugten, intravenös appliziert, aus- 
gedehnte lokale Thrombosen. Ein Beweis, wie different die Stoffe waren, einen wie 
schweren Eingriff diese Injektionen darstellten (Ref.). — Dem Krampf- und Parenchyni- 
gift wird ein thrombosierendes Gift angereiht, ferner ein wehenerregendes. Fortgesetzte 
kleine Gaben erzeugten eine einwandfreie Uterushypertrophie (1!/, mal so lang wie 
beim nicht gespritzten Kontrolltier).. Einwirkungen auf die Brustdrüse hat Schön- 
feld nicht beobachtet. — Die Pläcentalipoide des Menschen sind also für Mäuse und 
Meerschweinchen sehr giftig. Der Sektionsbefund soll bei nicht sofort gestorbenen 
Fällen dem bei der Eklampsie ähnlich sein. Auch die klinischen Erscheinungen sollen 
besonders bei Glycerinzusatz dem Bilde der Eklampsie ähneln. — S. argumentiert 
nun so: In der Schwangerschaft, besonders bei der Eklampsie und in ihrem Vorstadiunı, 
ıst der Lipoidgehalt des Blutes beträchtlich vermehrt. Diese Lipoide werden von der 
Placenta abgesondert. Werden diese Lipoide nicht genügend eliminiert durch eine 
insuffiziente Leber oder unschädlich gemacht durch die endokrinen Drüsen, so kann 
sich allmählich der Zustand der Eklampsie entwickeln. Akkummulation ist möglich. 
Meerschweinchen sind empfindlicher als Mäuse. Also könne auch der Mensch besonders 
empfindlich sein. ‚Die Eklampsie ist dabei nicht ein plötzlich eintretender Zustand, 


144 Die Generationsphasen und ihre Beziehungen zum Gesamtorganismus. 


sondern nur das letzte Stadium eines lange Zeit zuvor bestehenden Zustandes, wie 
es regelmäßige Blutdruckmessungen bewiesen haben (de Snoo). Es steht fest, daß 
lange Zeit vor dem Ausbruch der Eklampsie ein Zustand des ‚Eklampsismus‘ sich ent- 
wickelt, wie Bar ihn benannt hat........ fast immer mit Blutdruckerhöhung.“ Es 
wäre wünschenswert, daß diese Erkenntnis Allgemeingut würde (Ref.). Der Aderlaß 
wird entsprechend der ganzen Auffassung von S. als Entgiftungsmaßnahme empfohlen; 
s. hierzu Nevermann, Zeitschr. f. Gyn. 1921, Nr. 17 (Ref.). Hinzelmann (Bonn). 

Backmann, E. Louis: Die Erregung des überlebenden Uterus und Darmes 
durch Organextrakte und -dialysate (besonders aus dem Uterus). (Pharmakol. Inst., 
Univ. Utrecht.) Pflügers Arch. f. d. ges. Physiol. Bd. 189, H. 4/6, S. 261—281. 1921. 

Im Anschluß an die Untersuchungen von Weiland und anderen Autoren, die 
zeigen konnten, daß der Darm einen Stoff produziert, das Cholin, der Darmbewegungen 
auszulösen vermag, wird versucht, auch an anderen automatisch wirksamen Organen 
ähnliche Stoffe zu finden. Vor allen Dingen wird die Frage geprüft, ob die wirksame 
Substanz der Uterusextrakte ebenfalls Cholin ist wie am Darm. Es werden zwei ver- 
schiedene Formen der Versuchsbedingungen gewählt; Versuche mit Biodialysaten 
einerseits, Organextrakten andererseits. — Die Biodialysate werden so gewonnen, daß 
überlebende Organe in körperwarmer Salzlösung aufbewahrt werden. Sodann werden 
die Stoffe, die aus dem Organ heraus diffundiert sind, pharmakologisch geprüft. Die 
Organextrakte wurden, wie gewohnt, aus zerkleinerten und mit Extraktionsmitteln 
behandelten Organen hergestellt. Prüfungsobjekt war der überlebende Uterus und 
der Darm. Die Resultate waren folgende: Biodialysate vom Kaninchenuterus enthalten 
den Kaninchendarm erregende Stoffe. Da ihre Wirkung weder durch Atropin aufge- 
hoben, noch durch Acetylieren wesentlich verstärkt wird, kann es sich nicht um Cholin 
handeln. Auch handelt es sich nicht, wie entsprechende Versuchsanordnung ergab, um 
organerregende Serumstoffe, die bei der Gerinnung frei werden. Das gleiche gelingt 
mit Biodialysaten des Kuhuterus. Versuche mit wäßrigen, alkoholischen Extrakten 
des Kuhuterus erregen den Kaninchen- und Meerschweinchenuterus wie den Kaninchen- 
darm ebenfalls. In diesen Extrakten findet sich etwas Cholin und auch eine geringe 
Serumwirkung. 90—96% dieser Wirkung sind jedoch auf andere Stoffe zurückzuführen. 
Diese sind kochbeständig, alkohollöslich und weder durch bakterielle, noch durch auto- 
lytische Zersetzung entstanden. Versuche, die darauf hinauszielten, Unterschiede 
zwischen der Wirkung nichtgravidem und gravidem Uterus und mütterlicher Placenta 
festzustellen, führten zu keinem Resultat. Die wäßrigen Blutextrakte wirken am 
stärksten im frischen Zustande. Nach 24 Stunden läßt die Wirkung nach. Versuche 
mit Extrakten aus zerkleinertem Darm und Muskel erregen ebenfalls den Uterus. Auch 
hier lassen sich andere wirksame Stoffe außer Cholin- und Serumbestandteilen nach- 
weisen. Zusammenfassend läßt sich sagen, daß das Cholin für die automatischen Be- 
wegungen des Uterus bedeutungslos ist, also organspezifische Wertigkeit besitzt. Ob 
ein uterusspezifisches Hormon angenommen werden darf, läßt sich nicht an Hand 
vorliegender Versuche beweisen, aber auch.nicht ausschließen. v. Oettingen. 

Guggisberg, Hans: Die Wehensubstanzen in der Placenta. (Erwiderung auf 
den Artikel: Organextrakte als Wehenmittel.) (Univ.-Frauenklin., Bern.) Monatsschr. 
f. Geburtsh. u. Gynäkol. Bd. 54, H. 5, S. 277—279. 1921. 

Erwiderung auf einen Artikel von Robert Köhler, in dem dieser experimentelle 
Resultate veröffentlicht, die früheren Veröffentlichungen Guggisbergs entgegen- 
gesetzt sind. Während Köhler bei Verwendung der verschiedensten Organextrakte, 
darunter auch der Placenta, eine völlig gleichsinnige, nicht spezifische Wirkung auf 
die glatte Muskulatur beobachtet hatte, die er auf einen gemeinsamen Faktor, nämlich 
proteinogene Amine, zurückführt, weist G. auf seine 1913 veröffentlichten Versuchs- 
ergebnisse hin, die eine deutlich stärkere Wirkung der Thyreoidea- und Placentar- 
extrakte gegenüber anderen Organextrakten erkennen ließen. Die Abweichung beider 
Beobachtungen wird von G. auf eine verschiedene Extraktzubereitung zurückgeführt. 


Klinisches. — Wirkung der Organotherapie. 145 


Nachdem über gute klinische Erfahrungen mit Placentarextrakt bei Wehenschwäche, 
ın den letzten Jahren gesammelt, berichtet worden ist, wird die Kombination von 
Placentarextrakt ın der Eröffnungsperiode mit Pituitrin in der Austreibungsperiode 
empfohlen. v. Oettingen (Heidelberg). 

Martin, Ed., Placenta-Opton als Wehenmittel. Eine vorl. Mitt. (Monatsschr. f. 


Geburtsh. u. Gynäkol. Bd. 54, H. 5, S. 288—291.) 
Vgl. Referat S. 379. 


Wood, James C.: The practical application of organotherapy. (Die praktische 
Anwendung der Organotherapie.) Americ. med. Bd. 27, Nr. 9, S. 475—486. 1921. 

Verf. bespricht zunächst die Wirkungsweise der therapeutisch gereichten Organ- 
extrakte. Sie können wirken 1. substituierend (bei Myxödem z. B. der Thyreoidextrakt) ; 
2. stimulierend auf das entsprechende Organ (Ovarialstoffe z. B. auf mangelhaft funk- 
tionierende Övarien); 3. empirisch (Parathyreoidstoffe auf das Krankheitsbild der 
Paralysis agitans, Hypophysenextrakte bei gewissen ovariellen Dysfunktionen); 
4. spezifisch (die Stoffe des Hinterlappens der Hypophyse auf die glatte Muskulatur 
des Darmes und des Uterus). — Allgemein weist er darauf hin, daß man bei jeder 
Organtherapie sich nicht auf ein Organ einstellen darf, sondern den Zusammenhang 
der Organsysteme im Auge behalten muß. Es ist die pluriglanduläre Therapie anzu- 
streben. Die Theorie vom ‚„Hormonhunger“ zur Erklärung innersekretorischer Stö- 
rungen befriedigt ihn nicht, zumal für die Fälle, in denen eine Hyperfunktion einer 
oder mehrerer Drüsen anzunehmen ist. — Die unklaren Verhältnisse fordern ein sehr 
vorsichtiges Arbeiten mit Organextrakten. Kennt man die Wirkungsweise der ein- 
zelnen innersekretorischen Organe, so erkennt man auch ihre Störungen. Deshalb 
schildert Verf. die Auswirkungen der einzelnen innersekretorisch tätigen Organe und 
die Krankheitsbilder bei Dysfunktion derselben, ohne Neues zu geben. Die Therapie 
soll nicht einseitig sein. Mit Organtherapie soll man nicht alles leisten wollen. Sie 
ist aber nicht hoch genug zu bewerten in Kombination mit notwendigen lokalen Ein- 
griffen oder anderweitiger Allgemeinbehandlung. Besonders in Verbindung mit ge- 
wissen Arzneistoffen, ‚Gefäß- und Gewebsmitteln‘, kann sie Vorzügliches leisten. Die 
Gedankengänge der Hormonhungertheorie erweitert er zu der Vorstellung, daß bei 
kombinierter Verabreichung verschiedener Stoffe die Zelle, die an einem derselben 
Mangel leidet, sich diesen heraussucht und verwertet. Aus dieser Erwägung heraus 
soll man nicht einseitig nur Örgantherapie treiben wollen. — Nach der Wiedergabe 
einer Anzahl von Krankengeschichten faßt Verf. seine Eindrücke dahin, zusammen, 
daß die experimentelle Zusammenarbeit des Physiologen mit der des Klinikers not- 
wendig zur weiteren Klärung ist. Jeder Enthusiasmus muß vermieden werden, um 
vor Enttäuschungen zu bewahren. Man muß die Fälle kritisch auswählen, evtl. not- 
wendige operative Eingriffe vorher vornehmen, dann erst mit Organtherapie nach- 
helfen. Diese muß über Monate hinaus angewendet werden. v. Oettingen. 
Bercovitch, Abram, Treatment of sterility by means of organic extracts. (Be- 

handlung der Sterilität mit Organextrakten.) (Med. rec. Bd. 99, Nr. 25, S. 1052 


bis 1955.) 
Vgl. Referat S. 174. 


H ubbard, L. D., Report of three cases of amenorrhoea occurring in insane patients 
and clearing up under glandular therapy. (3 Fälle von Amenorrhöe bei Geistes- 
kranken und ihre Behandlung durch Organpräparate.) (Internat. clin. Bd. 4, 
Ser. 31, S. 150—153.) 

Vgl. Referat S. 184. 


Weil, A., Die Wirkung der Ovarialoptone auf die Milchsekretion. (Münch. med. 
Wochenschr. Jg. 68, Nr. 17, S. 520—521.) 
Vgl. Referat S. 391. 

Fellner, Otfied O., Über die Tätigkeit des Ovarium in der Schwangerschaft (inter- 
stitielle Zellen). (Inst. f. exp. Pathol., Univ. Wien.) (Monatsschr. f. Geburtsh. 
u. Gynäkol. Bd. 54, H. 2, S. 88—95.) 
Vgl Referat S. 530. 


Jahresbericht f. d. ges. Gynäkologie 1921. 10 


146 Die Generationsphasen und ihre Beziehungen zum Gesamtorganismus. 


Fujimura, Gencho, Cytological studies on the internal secretory functions in 
the human placenta and decidua. (Cytologische Studien über die Vorgänge der 
inneren Sekretion in der menschlichen Placenta und Decidua.) (Osaka med. coll., 
Osaka, Japan.) (Journ. of morphol. Bd. 85, Nr. 3, S. 485—578.) 

‚Vgl. Referat S. 526. 


Fürth, Otto: Über Hormontherapie. Wien. klin. Wochenschr. Jg. 34, Nr. 43, 
S. 521—522. 1921. 


d) Beziehungen innerer Erkrankungen zu gynäkoiogischen Krankheiten. 


Bourne, Aleck W.: Gynaecological causes of the acute abdomen. (Gynä- 
kologische Ursachen akuter Krankheitserscheinungen im Bereich des Bauches.) Practi- 


tioner Bd. 107, Nr. 3, S. 174—182. 1921. 

Es gibt 2 Arten dringlicher Krankheitszustände im Bereiche des Bauches: solche mehr 
intestinalen (Abdomen) und solche mehr genitalen (Pelvis) Charakters. Die ersteren haben 
ausgesprochene Bauchdeckenspannung, oft nur im Bereiche des befallenen Herdes, die letzteren 
nur angedeutete; dafür geben die pelvinen einen prägnanteren Tastbefund bei vaginaler Unter- 
suchung. Schwangerschaft kann das Bild sehr verwirren: Tubargravidität, Abort, Spontan- 
ruptur des Uterus (in der alten Kaiserschnittsnarbe), Stieldrehung eines Tumors bei Gravi- 
dität, Komplikation der Schwangerschaft durch akute Appendicitis oder durch Cholecystitis. 
Hinsichtlich der Therapie sind im allgemeinen die rein abdominellen Affektionen dringlicher 
als die rein pelvinen; Ausnahmen bilden: Ruptur einer Pyosalpinx, eines Ovarialabscesses, 
einer Tubargravidität, und eines schwangeren Uterus, die möglichst frühzeitig Laparotomie 
erheischen. Tubenentzündungen (ausgenommen die akute Salpingo-Peritonitis im Wochen- 
bett) heilen am besten bei Zuwarten. Eine speziellere Einteilung der mit akuten abdominalen 
Symptomen einhergehenden Erkrankungen zeigt 3 Gruppen. Die erste Gruppe ist durch In- 
fektion bedingt: akute und rezidivierende Salpingitis, rupturierte Pyosalpinx oder Ovarial- 
abscesse, akute Peritonitis nach krimineller Uterusperforation. Frische Salpingitiden werden 
am besten exspektativ, ältere (nach Verschwinden von Fieber und Schmerzen) operativ be- 
handelt; für die puerperalen Salpingitiden, alle sich im Abdomen abspielenden Prozesse, werden 
vom Verf. Laparotomie und Salpingostomie (zur Verhütung einer Pyosalpinx) empfohlen. 
Entzündliche Erscheinungen nach kriminellem Abort fordern trotz geringer Heilaussicht 
sofortige Laparotomie. Die zweite Gruppe ist durch innerliche Blutungen hervorgerufen: 
meist durch Tubargravidität, selten durch Ruptur der graviden Tube, selten durch Ruptur 
des graviden Uterus, noch seltener durch Ruptur eines Graafschen Follikels, die alle sofortige 
Operation verlangen. Manchmal ist die Abgrenzung von einer Salpingo-Oophoritis schwer, 
doch ist bei dieser meist Fieber, nicht wie bei jener oft subnormale Temperatur vorhanden. 
Die dritte Gruppe besteht aus Fällen, die durch Zufälle bei präexistierenden Tumoren ent- 
stehen. Z. B.: Stieldrehung oder Ruptur einer Ovarialcyste. Hier wie bei der „roten Degenera- 
tion“ der Myome ist die Operation angezeigt. Seltenere Ursachen akuter abdominaler Krank- 
heitserscheinungen sind als für die Praxis unwichtiger, nicht zur Besprechung herangezogen. 

Gauss (Freiburg i. B.).°° 

e Albrecht, Hans: Die umschriebene Herabsetzung des Gleichstromwiderstandes 
der menschlichen Haut. Bei gynäkologischen Neurosen. Ein objektiv nachweis- 
bares Symptom der Projektion nervöser Organstörungen in die Hautperipherie. 
Leipzig: F. C. W. Vogel 1921. 38 S. 8 Taf. M. 40.—. 

Verf. untersuchte bei den verschiedensten Neurosen die Veränderungen des elek- 
trischen Leitungswiderstandes der Haut, wobei er, für die Projektion nervöser Organ- 
störungen in die Hautperipherie eine von subjektiven Faktoren des Untersuchers 
und Untersuchten unabhangige Prüfungsmethode zu finden bestrebt war. Zunächst 
verfolgte er mit seinen durch 1!/, Jahre angestellten Untersuchungen den Zweck, für 
die Corneliussche Lehre von den Nervendruckpunkten und ihrer Behandlung mittels 
Nervendruckmassage eine objektive, wissenschaftliche Deutung zu finden, wozu ihm 
die seit 8 Jahren beobachteten Erfolge dieser Therapie veranlaßten. Kurz erwähnt 
ei, daß die Nervendruckpunkte von Cornelius nichts mit den bekannten Druck- 
punkten der Neuralgien zu tun haben, wohl aber eine auffallende Ähnlichkeit mit den 
schwedischen Nervenknoten oder ‚„Nervenkuntern“ besitzen, von denen Port an- 
nimmt, daß sie mit den Corneliusschen Nervenpunkten überhaupt identisch seien. 
Bei den Nervenpunkten handelt es sich um eine circumscripte Hyvperalgesie, die über 
verschieden große Bezirke der Körperoberfläche verbreitet sein kann. Ebenso hat 
Kyri in langjährigen ausgedehnten Untersuchungen eine Prüfung der Druckschmerz- 


Klinisches. — Beziehungen innerer Erkrankungen zu gynäkologischen Krankheiten. 147 


punkte ausgearbeitet und auch die hyperalgetischen Zonen von Head, und Macken- 
zies viscerosensorischer und visceromotorischer Reflex stehen in enger Beziehung 
zu der Lehre von den Druckschmerzpunkten von Cornelius. Wie Cornelius durch 
Aufsetzen der Fingerkuppe den Nachweis schmerzempfindlicher Punkte anstrebt, 
so suchte Kahane mittels einer Elektrode von möglichst kleinem Querschnitt die 
für die Applikation des galvanıschen Stromes besonders empfindlichen galvanohyper- 
ästhetischen Zonen auf. Die Untersuchungen von Kahane über das Vorhandensein 
galvanohyperästhetischer Punkte legten dem Verf. den Gedanken nahe, die Druck- 
schmerzpunkte und hyperalgetischen Zonen der Körperoberfläche auf eine eventuelle 
Veränderung des Leitungswiderstandes der betreffenden Stellen für den Gleichstrom 
zu prüfen. Hierzu verwendete Verf. einen einfachen Gleichstromapparat mit gewöhn- 
lichem Galvanometer und zwei Elektroden, einer kleinen 1—2 cm im Durchmesser 
haltenden und einer größeren von 4—5 cm Durchmesser. Verf. benützte zu seinen 
Untersuchungen den gewöhnlichen Pantostaten. Die größere stabile Elektrode wird 
auf eine indifferente Stelle, die kleinere zunächst ebenfalls auf eine indifferente Stelle 
der Haut aufgesetzt. Nachdem nun der Strom eingeschaltet wurde und man sich 
durch Aufsetzen der kleinen Elektrode an verschiedenen indifferenten Stellen der Haut 
überzeugt hatte, daß die im Galvanometer ablesbare Stromstärke 1,0 mA. annähernd 
konstant bleibt, wird nunmehr der dem Schmerzbereich entsprechende Hautbezirk 
mit der kleinen Elektrode untersucht, wobei zu beachten ist, daß sich die Resultate 
nıcht ändern, wenn man die untersuchende Elektrode als An- oder Kathode benützt. 
Stärkeres Aufdrücken beeinträchtigt die Untersuchung nicht, da nur ein geringes 
Steigen der Stromstärke dadurch zu verzeichnen ist, die Untersuchung aber ja nicht 
absolute Werte, sonderr einzig und allein die Feststellung grober Unterschiede zwischen 
dem Leitungswiderstand an den indifferenten Stellen und den Schmerzstellen liefert. 
Während der Untersuchung ist jedoch immer wieder die Stromstärke an den indiffe- 
renten Stellen zu kontrollieren, da ja 1,0 mM. als Ausgangsmaß festzuhalten ist. Verf. 
beobachtete bei sämtlichen untersuchten nervösen Störungen das überraschende 
Phänomen, daß der elektrische Leitungswiderstand der Haut an umschriebenen Be- 
zirken eine mit dem gewöhnlichen Galvanometer nachweisbare stationäre Verminde- 
rung aufwies. Das Symptom besteht darin, daß sofort nach Aufsetzen der kleinen 
Elektrode auf die der sensiblen oder motorischen Störung entsprechende Hautstelle 
die Galvanometerzahl ruckweise emporschnellt und eine Zunahme der Stromstärke 
ums Doppelte bis Vielfache anzeigt. Auf die Untersuchungen Gallers, Gildemei- 
sters, Frankenhäusers, Belows und Brandenburgs hinweisend, betont Verf., 
daß es sich beim Gleichstromwiderstand in der Hauptsache um einen scheinbaren 
Widerstand handelt, der durch Polarisation der Haut hervorgerufen wird. Die Haut 
verhalte sich zu einem durch sie geschickten Gleichstrom nicht wie ein Metallwider- 
stand, sondern sie entwickelt elektromotorische Gegenkräfte, die den durchgeleiteten 
Strom abschwächen und dadurch einen hohen Widerstand vortäuschen. Bei dieser 
spezifischen Lebenserscheinung der Haut handelt es sich in erster Linie um die den 
lebenden Geweben eigentümliche Eigenschaft der Polarisation. Der Vorgang der Polari- 
sation ıst nun der, daß die Zellen der Haut mit sog. halbdurchlässigen Membranen 
bekleidet sind, die wohl Wasser durchtrefen lassen, aber den Elektrolyten, die den 
Körper durchtränken, den Durchtritt verwehren. Wird nun eine solche Membran 
elektrisch durchströmt, so muß sich die Konzentration der angrenzenden Elektro- 
Iyten dicht an der Membran verändern und es entsteht dadurch eine Konzentrations- 
kette, deren Spannung der äußeren entgegengesetzt gerichtet ist. Damit wird die Er- 
höhung des Gleichstromwiderstandes erklärt. Für die Deutung des Phänomens er- 
scheint dem Verf. der Hinweis auf die klinischen und physiologischen Untersuchungen 
wichtig, die vor einer Reihe von Jahren zur Klärung des psychogalvanischen Reflexes 
gemacht worden sind. Darunter verstand man die Tatsache, daß bei Reizung der Ver- 
suchspersonen — sei es durch einen Nadelstich, durch Erschrecken, durch Aufgeben 


10* 


148 Die Generationsphasen und ihre Beziehungen zum Gesamtorganismus. 


eines Rechenexempels usw. — bei Hindurchschickung von elektrischen Strömen durch 
den menschlichen Körper, jedesmal nach einer Latenzzeit von 1—3 Sekunden eines 
schon mit einem Galvanometer mäßiger Empfindlichkeit nachweisbare Verstärkung 
des Stromes eintritt. Lewa wies nach, daß zwischen dem psychogalvanischen Reflex- 
phänomen und den Schweißdrüsen eine enge Beziehung bestände. Analog diesen 
Untersuchungen seien nun auch bei diesem vom Verf. beschriebenen Phänomen für 
die umschriebene Verminderung des Gleichstromwiderstandes die Verminderung der 
Polarisation als Grund hierfür anzusehen. Der durchgreifende Unterschied gegenüber 
dem psychogalvanischen Reflexphänomen ist aber darin gegeben, weil es sich bei den 
Untersuchungen des Verf. um ein stationäres Phänomen handelt. Außerdem ist das 
Symptom in keiner Weise an die Schweißdrüsenregion gebunden, sondern kann an jeder 
beliebigen Stelle der Hautoberfläche mit gleicher Stärke auftreten. Die Erklärung 
des Zustandekommens des Symptomes muß in analoger Weise wie die Entstehung 
der hyperalgetischen Zonen darin gesucht werden, daß eine durch afferente sympa- 
thische Fasern gesetzte Übererregbarkeit eines Rückenmarksegmentes irradiiert auf 
die efferenten sympathischen Fasern für die Gefäße und Drüsen der Haut, die durch 
die Rami communicantes albi ins sympathische Ganglion und weiter durch die Rami 
communicantes grisei zum gemischten Spinalnerv und mit diesem zur Haut ver- 
laufen. Die Untersuchungen erstreckten sich auf die verschiedensten Fälle gynäkolo- 
gischer Neurosen und Psychoneurosen; Schmerzen der verschiedensten Art und Lokali- 
sation, Dysmenorrhöe, Vaginismus, Pruritus, Magen- und Darmspasmen, Nieren- 
uretherkolik, Blasenstörungen, Hyperemesis, Sekretionsstörungen, außerdem Neural- 
gien. Was die therapeutische Ausnützung des beschriebenen Symptoms betrifft, ver- 
weist Verf. vor allem anderen darauf, daß der für die Kranke selbst am Galvanometer 
sichtbare, der Schmerzgegend entsprechende, ruckweise starke Ausschlag der Galvano- 
meternadel ein Moment von ganz außerordentlich suggestiver Wirkung darstellt. Die 
therapeutischen Erfolge waren in einer großen Anzahl von Fällen primär sehr günstig. 
Bezüglich der Deutung der Behandlungserfolge mahnt Verf. jedoch zur Vorsicht, 
da auch diese Lokaltherapie nervöser Organstörungen wenigstens zum Teil sugges- 
tiver Natur sei. Mahnert (Graz). 


Dalch6, Paul: Gynécologie et accidents du travail, rôle de l’&motion et des 
influences nerveuses. (Gynäkologie und Arbeitsunfälle, Einfluß von Gemütsbewegung 
und nervösen Zuständen.) Gynécologie Jg. 20, Nr. 8, S. 449—481 u. Nr. 9, S. 529 
his 549. 1921. 

Die Arbeit, der weder genaue Krankengeschichten noch exakte physiologische 
Untersuchungen zugrunde liegen, beschäftigt sich mit dem Einfluß von körperlichen 
und psychischen Traumen auf die Funktion des Genitale. Die direkt einwirkenden 
Traumen treten zurück gegenüber seelischen Erschütterungen, die besonders bei 
Frauen mit labilem Nervensystem Periodenstörungen, Schmerzen und Beschwerden 
mannigfacher Art auslösen können. Entsprechend deser Tatsache wird die Therapie 
mehr psychisch-suggestiv zu gestalten sein. Geppert (Hamburg). 


Langstroth, jr., Francis Ward: Focal infection of the cervix and its relation 
to systemic and mental diseases. (Beziehungen zwischen entzündlichen Erkran- 
kungen der Cervix und Nervenleiden.) Med. rec. Bd. 99, Nr. 21, S. 857—862. 1921. 

Langstroth nimmt an, daß für eine Reihe von nervösen und psychischen Erkrankungen 
entzündliche Veränderungen der Cervix auf bakterieller Grundlage verantwortlich seien. 
Er glaubt durch die operative Entfernung der erkrankten Cervixschleimhaut Nerven- und 
Geisteskrankheiten günstig beeinflußt zu haben. Mitteilung einiger Krankengeschichten. 

Liegner (Breslau). 


Dalché, M.: La douleur lombaire. (Der Lumbalschmerz.) Progr. med. Jg. 48, 
Nr. 39, S. 454—456. 1921. 


In der Diagnose bzw. in der Erkennung der Ursache des Rückenschmerzes legt Verf. 
besonders Wert auf die Beachtung der Psyche der betreffenden Frau und kommt zu dem 
allgemein anerkannten Schluß, daß funktionelle Störungen des Nervensystems eine wesent- 


Pathologie der Vulva und Vagina. 149 


liche Rolle spielen. Besonders erwähnt werden Kongestionszustände der Genitalorgane und 
der Nieren, die bei einzelnen Frauen während der Periode in einen Schwellungszustand ge- 
raten sollen (Albuminurie kurz vor der Periode — Becke&). Es erübrigt sich, die ange- 
gebenen Rezepte für Einreibungsmittel wiederzugeben. Geppert (Hamburg). 


Novak Josef: Zur Therapie der Kreuzschmerzen. (Kaiser Franz Joseph- Ambulat., 
Wien.) Zentralbl. f. Gynäkol. Jg. 45, Nr. 11, S. 417—419. 1921. 


Castana, Carlos Alberto: Das sympathico-abdominale Symptomenbild und seine 
Beziehungen zur Gynäkologie. Semana med. Jg 28, Nr. 34, S. 235—240. 1921. 
(Spanisch.) 


Bonifield, Charles L.: Report of cases of postoperative convalescence com- 
plicated by faulty functioning of the ductless glands. (Bericht über Fälle von 
postoperativer Genesung kompliziert durch Funktionsstörung von Drüsen mit innerer 
Sekretion.) Americ. journ. of obstetr. a. gynecol. Bd. 1, Nr. 7, S. 677—679. 1921. 

Im 1. Falle wurde eine Curettage gemacht, linke Tube und Ovarium entfernt, desgleichen 
rechte Tube und rechtes Ovarium bis auf einen kleinen Rest, endlich noch Appendektomie. 
Nach der Operation bekam die Patientin, die an Diabetes insipidus litt, einen schweren Schock, 
der nur durch reichliche Flüssigkeitszufuhr und subcutane Pituitrininjektionen bekämpft werden 
konnte; durch lange fortgesetzte Behandlung endlich Genesung. — Im 2. Fall Appendektomie, 
Alexander-Adams und Tonsillektomie. Im Anschluß daran hohes Fieber und stark beschleu- 
nigter Puls mit außerordentlicher Unruhe. Verf. stellte die Diagnose auf Hyperthyreoidismus 
und gab Bromnatrium mit bestem Erfolg, die nervösen Störungen verschwanden. — Im 
3. Fall Drainage der Gallenblase und Appendektomie. Danach Kollaps und äußerste Un- 
ruhe. Auf Bromnatrium, Morphium und Atropin gingen die Erscheinungen völlig zurück. 
Vollständige Genesung. Theodor (Hamburg- Eppendorf). °° 


Baer, Ludwig, Ein Fall von Dermatitis dysmenorrhoica symmetrica. (Städt. Kran- 
kenh. Altona a. d. Elbe.) (Dermatol. Wochenschr. Bd. 72, Nr. 26a, S. 535 bis 


l.) 
Val. Referat S. 187. 


II. Pathologie der Vulva und Vagina. 


Taussig, Fred J.: The development of the hymen. (Die Entwicklung des 
Hymen.) Americ. journ. of obstetr. a. gynecol. Bd. 2, Nr. 5, S. 471—478 u. S. 525 
bis 526. 1921. 

Verf. beobachtete an Serienschnitten von 20 verschieden großen Embryonen die 
Entwicklung des Hymens und fand bestätigt, was Dohrn nur mit Hilfe des Vergröße- 
rungsglases schon 1875 gesehen hatte. Hinter der ursprünglich die Kloake abschließen- 
den Membran fand sich eine zweite Gewebsfalte, das wirkliche Hymen, eine meso- 
dermale Wucherung, die sich unabhängig von der ersten Membran — und später 
als diese — entwickelt. Die Frage des physiologischen Zwecks des Hymens beant- 
wortet Verf. dahin, daß es die Vagina vor dem Eindringen von Fremdkörpern schützen 
solle. Die Entstehung des Hymens wird in die Zeit verlegt, als ‚die Vorfahren der 
menschlichen Rasse noch hauptsächlich am Boden hockten“. In der Diskussion hält 
Dr. Blair- Bell an der Anschauung fest, daß das Hymen direkt aus der Membran 
entstehe, die die Kloake abschließt und widerspricht der Behauptung des Verf., daß 
sich bei vierfüßigen Säugetieren kein Hymen entwickele, da es sich z. B. beim Pferde 
finde. Deppe (Marburg). 


Gross, A.: Ein Fall von Gynatresia hymenalis mit Gravidität. (Zlisabeth-Spital, 
Oedenburg.) Zentralbl. f. Gynäkol. Jg. 45, Nr. 32, S. 1095—1096. 1921. 


Manna, Arturo: Un caso di imperfezione congenita dell’ imene con ematocolpo, 
ematometra, ematosalpinge; peritonite pelvica; laparatomia; guarigione. (Policlin. 
Umberto I., Roma.) Ann. di ostetr. e ginecol. Jg. 43, Nr. 4, S. 317—330. 1921. 

Tedenat: Atrösies vulvo-vaginales. (Atresia vulvo-vaginalıs.) (Soc. d’obstetr. et 
de gynecol., Montpellier, 2. II. 1921.) Bull. de la soc. d’obstetr. et de gynécol. de Paris 
Jg. 10, Nr. 3, S. 149—152. 1921. 


150 Pathologie der Vulva und Vagina. 


Baeialli, L.: Lesioni traumatiche dell’imene della vulva e della vagina. (Istit. 
di studi sup., clin. ostetr.-ginecol., Firenze.) Riv. dıostetr. e ginecol. prat. Jg. 3, Nr. 6, 
S. 221 —230. 1921. 


Baeialli, L.: Lesioni traumatiche dell’imene, della vulva e della vagina. 
(Traumatische Läsionen von Hymen, Vulva und Vagina.) (Clin. ostetr.-ginecol., 
Firenze.) Boll. d. chn. Jg. 38, Nr. 8, S. 232—239. 1921. 

Bericht über 16 einschlägige Fälle: 1. 36jährige verheiratete Ill-Para kommt in die 
Klinik mit der Angabe, daß sie scit 2 Tagen im Anschluß an einen Geschlechtsverkehr blute 
und heftige Schmerzen in der Vagina verspüre. Bei der inneren Untersuchung fand sich 2 cm 
vom Scheideneingang entfernt in der hinteren Scheidenwand eine, die unteren ?/, des Scheide 
einnehmende Kontimitätstrennung mit unregelmäßigen, zackigen, infiltrierten Rändern, 
zwischen denen sich die gerötete Rectumschleimhaut vorwölbte. Naht der Wunde. Heilung. 
— 2. 42jährige VII-Para. 45 Tage nach der letzten Geburt trat im Anschluß an einen Ge- 
schlechtsverkehr plötzlich eine heftige Blutung aus den Genitalien auf, die bis zum Eintritt 
in die Klinik anhielt. Im hinteren Scheidenge wölbe fand sich ein quer verlaufender, mehrere 
Millimeter tiefer, aber nicht ins Peritgneum reichender Substanzverlust mit glatten Rändern 
und granvlierendem Grunde. Jodtinktur. Heilung. — 3. 35 Jahre alte, ledige nullipare 
Patientin, die mit starker Blutung in sehr anämischem Zustande in die Klinik eingeliefert 
wurde. Patientin gab an, daß die Blutung am Tage vorher im Anschluß an den ersten Ge- 
schlechtsverkehr aufgetreten sei. Im linken Scheidengewölbe eine 4cm lange Wunde mit 
unregelmäßigen, zerfetzten Rändern. Tamponade. Heilung. — 4. 23jährige 1-Para, bei der 
während eines Geschlechtsverkehrs eine hettige Blutung einsetzte. Im Scheidengewölbe fand 
sich vorne und rechts eine nicht sehr tiefe, unregelmäßige, sichelförmige Wunde. Tamponade. 
Heilung. — 5. 45 Jahre alte VIII-Para, die in die Klinik kommt mit der Angabe, daß sie seit 
3 Tagen Leibschmerzen gehabt habe und seit einigen Stunden stark blute. Im rechten Scheiden- 
gewölbe eine 6cm lange, unregelmäßige, blutende Wunde. Irgendwelche anamnetische An- 
haltspunkte über die Entstehung der Verletzung waren nicht zu gewinnen. Tamponade. 
Heilung. — 6. 38 Jahre alte III-Para, die 12 Jahre vorher wegen eines Uterusmyoms laparo- 
tomiert worden war. Patientin gab zuerst an, daß sie nach einer stärkeren Anstrengung, später 
sagte sie nach einer Scheidenspülung mit einem gläsernen Mutterrohr, plötzlich Schmerzen 
im Leib und Blutungen bekommen habe. Im hinteren Scheidengewölbe fand sich eine 5cm 
lange, quer verlaufende, nicht penetrierende Wunde. Heilung. — 7. 23 Jahre alte, ledige 
Nullipara, kommt mit heftiger Blutung in sehr anämischem Zustande in die Klinik mit der An- 
gabe, daß sie während eines — vor wenigen Stunden stattgehabten — Geschlechtsverkehrs 
plötzlich heftige Schmerzen im Leib und eine Blutung aufgetreten sei. Im rechten Scheiden- 
gewölbe eine lange, ins rechte Parametrium hineinreichende Wunde. Nıht der Wunde. Tam- 
ponade der Scheide. Heilung. — 8. 28 Jahre alte Witwe, die 2 Geburten und einen Abortus 
mens. VI. durchgemacht hatte. Patientin gab an, daß sie 1!/, Stunden vor ihrem Eintritt 
Geschlechtsverkehr (im Stehen) gehabt und im Anschluß daran die Blutung bemerkt habe. 
Im hinteren Scheidengewölbe eine 6—7 cm lange Wunde mit glatten Rändern. Das Peritoneum 
gar nicht verletzt. Naht. Heilung. — 9. 32jährige unverheiratete Nullipara kommt mit 
einem großen Damm- und Scheidenriß in die Klinik, der im Anschluß an einen im Sitzen aus- 
geübten Coitus eingetreten war. Naht. Heilung. — 10. 50jährige Witwe, Multipara. Das 
hintere Scheidengewölbe in seiner ganzen Ausdehnung quer eingerissen, ohne Beteiligung des 
Peritoneums. Patient gab an, daß sie nach einem in halbsitzender Stellung ausgeübten Ge- 
schlechtsverkehr plötzlich eine starke Blutung bekommen habe. Heilung. — 11. 31 Jahre 
alte ledige Nullipara, wird wegen einer schweren, nach einem Geschlechtsverkehr eingetretenen 
Blutung i in die Klinik eingeliefert. Die Untersuchung ergab einen tiefen RiB im Hymen. Um- 
stechung einer spritzenden Arterie. Heilung. — 12. "28 Jahre alte ledige Nullipara kommt in 
die Klinik mit der Angabe, daß sie seit 3 Stunden — im Anschluß an einen Geschlechtsver- 
kehr — heftig blute. Im hinteren Scheidengewölbe ein 5 cm langer, schräger Riß. Tampo- 
nade. Heilung. — 13. 20 Jahre alte, unverheiratete Nullipara kommt in die Klinik mit der 
Angabe, daß im Anschluß an einen Geschlechtsverkehr eine heftige Blutung aus den Genitalien 
aufgetreten sei. Im Hymen zwei tiefe seitliche Risse. Heilung ohne jegliche Therapie. — 
14. 33jährige, seit 2 Tagen verheiratete Patientin. Nach einem Geschlechtsverkehr am Tage 
vorher war eine sehr beträchtliche Blutung aufgetreten. Die hintere Scheidenwand war von 
ihrer bindegewebigen Unterlage gleichsam abgeschoben. Patientin verlicB am nächsten 
Tage die Klinik, nachdem sie jede Therapie zurückgewiesen hatte. — 15. 24jährige un- 
verheiratete Nullipara. Wenige Stunden vor dem Eintritt in die Klinik war nach einem 
Geschlechtsverkehr cine heftige Blutung aufgetreten. Am Hymen ein nicht sehr tiefer 
Riß, der aber beträchtlich blutete. Heilung. — 16. 29jährige I-Para. Im Anschluß an einen 
Geschlechtsverkehr starke Blutung. Im hinteren Scheidengewölbe ein großer, für 2 Finger 
gut durchgängiger Riß, der aber nicht in die Bauchhöhle hineinreichte. Heilung. 

Nürnberger (Hamburg). 


Pathologie der Vulva und Vagina. 151 


Bogi, Dino: Sopra un caso di elefantiasi della vulva. (Über einen Fall von 
Elephantiasis vulvae.) (/stit. ostetr..ginecol., univ., Pisa.) Aın. di ostetr. e ginecol. 
Jg. 43, Nr. 12, S. 873—899. 1921. 

37 jährige Frau. Von der Clitoris und seitlich von den kleinen Labien ausgehend befindet 
sich ein über orangengroßer Tumor von derber Konsistenz und höckeriger Oberfläche. Die 
großen Labien sind vergrößert und induriert, namentlich rechts. — Exstirpation des Tumors 
und der großen Labien, Plastik. Heilung und Kosmatik vollständig. — Die histologische 
Untersuchung des entfernten Tumors ergab vorwiegend Hypertrophie und Hyperplasie des 
Unterhautbindegewebes, wobei die Gewebsbündel durch Ödem weit auseinandergedrängt 
waren. — Der Status Iymphaticus, die positive Tuberkulinreaktion, das Fehlen jeden anderen 
Anhaltspunktes, veranlaßten den Verf., in seinem Fall auf eine tuberkulöse Ursache zu schließen. 
Die Therapie bei Elephantiasis besteht am zweckmäßigsten in weitgehender Entfernung der 
erkrankten Teile mit anschließender Plastik. Santner (Graz). 

Sejournet, P.: Sur les r&tentions sero-sanguines par imperforation vulvo-vagi- 
nale (h&matocolpos, h&matomötrie, hematosalpinx). (Retention von serös-blutiger 
Flüssigkeit infolge vulvovaginalen Verschlusses.) Gyrecologie Jg. 20, Nr. 10, S. 577 
bis 596. 1921. 

Behandlung des Stoffes nach folgender Gruppierung: 1. Pathogenese und patho- 
logische Anatomie; 2. Analvse der Retentionsflüssiekeit mit Schlußfolgerungen aus 
deren Zusammensetzung; 3. Klinik: Rolle des Uterus und der Tuben; 4. klinische Formen: 
Diagnose und Prognose; 5. chirurgische Behandlung: Hvmeneoplastik. — 1. Neben 
den angeborenen Verschlüssen gibt es eine kleine Zahl erworbener und zwar ın der 
ersten Kindheit auf entzündlicher Basis, mitunter bei Scharlach, Masern und Variola. 
Hauptsächlich durch Gonorrhoe bedingt. Diese Pathogenese erklärt den prähymenalen 
Verschluß, den die Embryologie nicht deuten kann. Zu dieser Gruppe gehören auch 
die Verschlüsse im hohen Alter. Besprechung der 3 Theorien des angeborenen Ver- 
schlusses, der Müllerschen, der Kombination der vulvären mit der Müllerschen 
Theorie und der vulvären Theorie. Die Müllersche Theorie ist die gangbarste, doch 
sprechen manche Tatsachen, wie Fehlen der inneren Genitalien bei Bestand des Hymens 
u.ä. für die anderen. Erbringung von Beweisen für die einzelnen Theorien. Histo- 
logische Untersuchungen von Blair- Bell. 2. Die Analyse der Retentionsflüssigkeit 
ergibt einen Blutgehalt nach dem Eisen berechnet von 43%. Der Rest ist Uterus- 
und Vaginalsekret. Die Hvpersekretion von Uterus und Vagina kann schon eine An- 
sammlung von citronengelber, wenig schleimiger Flüssigkeit bedingen, sog. Hydro- 
kolpos cong. Außerdem enthält die Retentionsflüssigkeit Schleim und auffallend viel 
Calcium, keinen Urin, kein Fibrinogen und Fibrinferment, keine Mikroorganismen. 
Bemerkenswert ist der Gehalt an Milchsäure. Beweise für das Fehlen des Fıbrinogens 
und Fibrinfermentes. Aus dem Fehlen des Döderleinschen Bacillus schließt Verf., 
daß die Milchsäure in der Vagina nicht durch die Anwesenheit des Döderleinschen 
Bacillus bedingt ist. Der Calciumgehalt, 6 mal so groß wie im normalen Blut, weist 
auf den Kalkverlust bei der Menstruation hin. Vielleicht dürften manche Krankheits- 
erscheinungen während dieser Zeit dadurch bedingt sein. 3. Verf. beschreibt in diesem 
Kapitel die einzelnen Symptome während der ersten Regel und im weiteren Verlauf. 
Befund in den einzelnen Stadien. Der Uterus ist sehr häufig, wenn nicht konstant, 
beteiligt. Der Uterus kann derartig dilatiert werden, daß er als Verlängerung der 
Scheide imponiert. Es kann leicht mit einem graviden Uterus verwechselt werden. 
Die Beteiligung der Tuben beträgt ca. 50%, und ist meistens beiderseits. Nach des 
Verf. Ansicht ist die Hämatosalpinx bedingt durch den Rückfluß des Blutes aus dem 
Uterus in die Tuben. Beweise: Anatomische Beschaffenheit des Ostium, Disposition 
bei Nulliparen, Beiderseitigkeit, langsamer Verlauf entsprechend der Hämatometra 
und des Hämatokolpos, Rückgang bei Eröffnung des hymenalen Verschlusses, Er- 
fahrungen bei intrauterinen Injektionen. Die Beteiligung der Tuben trübt die Pro- 
gnose sehr. Peritoneale Reizungen durch Blutaustritte. Neigung zur Torsion und 
Ruptur. 4. Kurze Erwähnung einzelner Formen und des inkompletten Verschlusses. 
Ditferentialdiagnose gegen Ovarialkystome, Uterus gravidus. Prognose ist ernst. Nach 


152 Pathologie der Vulva und Vagina. 


spontaner Ruptur des Hymens und Abfluß kann infolge Verklebung der Prozeß sich 
wiederholen. Auch Ruptur ins Rectum und den Darm kann erfolgen mit nach- 
folgender Peritonitis. Auch bei operativem Angehen besteht die Gefahr der Operations- 
peritonitis. Was die Gestation betrifft, so ist bei doppelseitiger Beteiligung der Tuben 
eine spätere Gravidität ausgeschlossen. 5. Als Behandlung verwirft Verf. die Punktion 
mittels Trokar, desgleichen die breite Eröffnung des Hymens, da durch die plötzliche 
Druckentlastung tubare Rupturen entstehen können. Er verlangt kurzen, ca. 1 cm 
langen Schnitt und vorsichtiges Ablassen der Flüssigkeit ohne Beschleunigungsmanöver. 
Wenn der Uterus um Zweidrittel verkleinert ist, Erweiterung des Schnittes. Darauf- 
folgende Drainage. Spülungen hält er für überflüssig. Hysterektomie nur im äußersten 
Notfall. Um nochmaligen Versuchluß durch Narbenbildung zu verhindern, schlägt 
er eine Hymeneoplastik vor. Medianer Längsschnitt ohne den Hymenalrand zu er- 
reichen. Vorsichtige Dilatation. Die beiden Blätter des Hymens werden zirkulär durch 
Catgutknopfnähte vereinigt. Wieloch (Marburg). 

Bingel: Über Uleus vulvae acutum. (Landeskrankenh., Braunschweig.) Der- 
matol. Zeitschr. Bd. 33, H. 1/2, S. 57—63. 1921. 

Verf. beschreibt 7 Fälle von eigenartiger Geschwürsform, die er dem von Lip- 
schütz beschriebenen Ulcus vulvae acutum zurechnet. In allen Fällen im wesentlichen 
dasselbe Bild: In der Ein- oder Mehrzahl auftretende schmerzhafte, flache, scharf- 
randige, bis markstückgroße, gelbgrünlich-schmierig belegte Geschwüre an den kleinen 
Labien, ohne Leistendrüsenschwellungen und wesentliche Störungen des Allgemein- 
befindens. In der Mehrzahl bei Virgines. Keine venerische Infektion. Go. —, WaR. —, 
Ducreysche Streptobacillen —. Keine Pallidae. Gutartiger Verlauf mit glatter Heilung 
in einigen Wochen nach Sitzbädern und Dermatolbehandlung. Kein einheitlicher 
bakteriologischer Befund, kein konstantes Vorkommen eines bestimmten Erregers. 
Da es sich um eine akut auftretende Geschwürsform handelt, wünscht Verf. für diese 
und ähnliche Fälle die Bezeichnung Ulcus vulvae acutum gelten zu lassen, die Lip- 
schütz nur für solche Fälle mit typischem Bacillenbefund (Bacillus crassus) reserviert 
wissen will. Wieloch (Marburg). 

Schröder, R. und Ernst August Kuhlmann: Die Ulcerationen der Vagina. Zu- 
gleich Mitteilung über je einen Fall von sog. Ulcus rotundum und Ulcus varicosum 
vaginae. (Univ.-Frauenklin., Rostock.) Arch. f. Gynäkol. Bd. 115, H.1,S. 145—166. 1921. 

Nach neueren Untersuchungen ist die Vagina biologisch durch das ihr innewohnende 
Selbstreinigungsvermögen geschützt. Entzündungen kommen erst zustande, wenn 
die normale Scheidenflora geschädigt ist. Das Wesen aller Scheidenentzündungen ist, 
daß sie meist flächenhaft die ganze Vagina angreifen, während umschriebene Substanz- 
verluste, die sog. Scheidenulcera, verhältnismäßig selten sind. Auch in der Literatur 
finden sich nur sehr verstreute Angaben darüber. Abgesehen von den überaus häufigen 
Ulcera, die durch Pessare, Prolaps usw. zustande kommen, unterscheiden Verff. folgende 
10 Gruppen: I. Ulcus rotundum; II. Ulcera phagedaenica und Ulcera aphtosa; III. Ulcus 
tuberculosum; IV. Ulcus lueticum; V. Ulcus molle; VI. Ulcus dysentericum; VII. Ulcus 
diphthericum; VIII. Ulcus uraemicum; IX. medikamentöse Ulcera; X. Ulcus vari- 
cosum. Von Interesse sind zunächst die Ulcera rotunda, da in neuerer Zeit ihre Existenz 
von dermatologischer Seite angezweifelt und angenommen wird, daß auch sie sich 
unter tuberkulöse und luetische einreihen lassen. Da die Ätiologie der Ulcera rotunda 
noch sehr unklar ist, bleibt weitere Untersuchung nötig. Ein Fall der Rostocker Klinik 
zeigte alle Charakteristica der Ulcera rotunda: Solitäres Auftreten, kreisrunde Form 
von etwa 1l cm Durchmesser, weiche Ränder, die scharf abfallen, Sitz an der hinteren 
Vaginalwand und glasig-speckigen bzw. eitrig-belegten Geschwürsgrund. Zirkulations- 
störungen sind, worauf auch mikroskopische Befunde hinweisen, als ätiologisches Mo- 
ment angeschuldigt worden, auch schlechte Körperkonstitution kommt evtl. in Betracht. 
Selten sind die Ulcera phagedaenica und die sich ihnen anschließenden Ulcera aphtosa. 
Die ersteren unterscheiden sich von den Ulcera rotunda durch unregelmäßige Form, 


Pathologie der Vulva und Vagina. 153 


verdickte harte Ränder und starke Gewebszerstörung, die letzteren treten im Verein 
einer Angina nekrotica oder Stomatitis aphtosa auf, sind ebenfalls unregelmäßig be- 
grenzt und bilden von einem roten Hof umgebene grau-gelbweißliche Plaques, die 
multipel sind. Die tuberkulösen Ulcera können 1. primär, 2. sekundär ohne übrige 
tuberkulöse Erkrankung des Genitalapparates, 3. sekundär mit gleichzeitiger allgemeiner 
Genitaltuberkulose auftreten. Von der ersten Gruppe ist nur ein Fall bekannt, auch 
die zweite Gruppe ist nicht häufig, die dritte umfaßt die meisten bekannt gewordenen 
Fälle. a) Reine Ulcera, b) Ulcera und Tuberkel und c) zweifelhafte Befunde. Die 
Infektion der sekundären Ulcera kann 1. hämatogen oder Ilymphogen von einem pri- 
mären Herd aus, 2. von Ulcerationen aus der Nachbarschaft, 3. durch tuberkulöses 
Uterussekret, 4. von außen durch Sputum, Urin, Faeces usw. erfolgen. Die tuber- 
kulösen Ulcera sind rund, oval oder polyedrisch und schwanken zwischen Stecknadel- 
kopf- bis Fünfmarkstückgröße, die Ränder sind wallartig, scharfrandig, gezackt, stark 
unterminiert und nicht immer gleich konsistent. Der Geschwürsgrund ist flach, meist 
mit Tuberkeln oder Käsemassen belegt. Immer besteht Schmerzhaftigkeit. Meist ist 
die hintere Vaginalwand befallen. Der mikroskopische Befund ist der für Tuberkulose 
charakteristische. Zur Diagnose ıst der Tierversuch zu empfehlen. Bei den luetischen 
Ulcera ist zunächst wieder die Einteilung wichtig. Es gibt drei Möglichkeiten: 1. Primär- 
affekte, 2. durch Luespapeln hervorgerufene Ulcerationen, 3. Tertiärstadiumulcera. 
Aus einer Statistik ergibt sich die Häufigkeit des vaginalen Primäraffekts mit nur 
0,87%, was nach Rille durch das schwer angreifbare Plattenepithel, die Scheidensekrete 
und die Verschiebbarkeit der Vaginalwände bedingt sein soll. Es kommen von Primär- 
affekten der oberflächliche ‚Pergamentschanker‘ und das Ulcus durum vor. Beide sind 
rund oder oval, schmerzlos, rotbraun gefärbt und haben leicht speckig belegten Grund. 
Meist kommt das vaginale Ulcus zusammen mit solchen an der Portio oder Vulva vor. 
Die sekundäre Lues macht nur selten vaginale Erscheinungen. Die tertiären Ulcera 
haben ebenfalls mehrere Entstehungsmöglichkeiten, sitzen mit Vorliebe im unteren 
Vaginaldrittel, Größe, Form und Zahl sınd wenig charakteristisch und sehr verschieden. 
Die Ulcera mollia sind dagegen sehr typisch: scharfer, leicht unterminierter Rand, 
entzündlicher Hof, höckeriger gelb-speckig oder eitrig belegter Grund. Sie bluten leicht 
und sind vor allen Dingen äußerst schmerzhaft, sie vergrößern sich gern und machen 
in der Umgebug neue gleichartige Geschwüre. Regelmäßig ist im Geschwürseiter der 
Ducrey- Unnasche Streptobacillus zu finden. Vom dysenterischen Ulcus sind etwa 
20 Fälle beschrieben worden. Geipel glaubt dabei ausschließlich an Infektion vom 
Anus aus, da die meist stärker descendierte vordere Vaginalwand am häufigsten er- 
krankt. Klebs fand die ganze Vaginaoberfläche von vielen kleinen runden Ulcera 
besät, die stellenweise konfluierten. Die Ulcera sind flach und schmutzig-eitrig belegt. 
Vom Ulcus diphthericum ist mit Sicherheit kein Fall bekannt, doch ist an seinem Vor- 
kommen nicht zu zweifeln. Das Ulcus uraemicum ist noch seltener, nur Eichhorst 
beobachtete einen derartigen Fall bei einer 57jährigen Frau. Zahlreich sind die durch 
medikamentöse extra- bzw. intravaginale Behandlung entstandenen Schleimhaut- 
veränderungen der Vagina. Ulcera können vor allem durch Hg-Kuren entstehen. Von 
durch intravaginale Behandlung entstandenen Ulcera fanden Verff. 4 Fälle in der 
Literatur. Sie waren durch Chronsäure bzw. Senfmehl hervorgerufen. Auch das 
Radium macht unter Umständen tiefe, trichterförmige Gewebsnekrosen in der Vagina. 
Bei einer Graviden im 8. Monat beobachteten dann Verf. noch ein Ulcus, daß sie als 
Ulcus varicosum bezeichnen möchten, da alle anderen ätiologischen Momente mit 
Sicherheit auszuschließen waren. Das Ulcus saß im vorderen Drittel der hinteren Vagi- 
nalwand, war ‚über dreimarkstückgroß, unregelmäßig zerklüftet mit erhabenen Rän- 
dern und schmierig-eitrig belegtem Grund‘. Es wurde in Narkose excidiert und histo- 
logisch genau untersucht. Das Ulcus war offenbar von einem alten Varixknoten aus- 
gegangen. Ein änlicher Fall ist bisher nur einmal von Unger demonstriert und als 
Ulcus teleangiektaticum bezeichnet worden. Deppe (Marburg). 


154 Pathologie der Vulva und Vagina. 


Falco, A.: Sull’adenoma hidradenoides della vulva. (Über das Adenoma hidra- 
denoides der Vulva.) (Istit. ostetr.-ginecol., univ., Pavia.) Folia gynaecol. Bd. 14, 
H. 3, S. 225—236. 1921. 


Excision eines haselnußgroßen, indolenten Knotens aus dem rechten großen Labium 
einer Virgo. Die histologische Untersuchung ergab den für das Adenoma hidradenoides typischen 
Befund, wie ihn Pick in Virchows Archiv 1904 beschrieben hat. Dort, wo der Tumor mit der 
Haut in inniger Verbindung stand, wies er Zeichen einer beginnenden, malignen Degeneration 
auf (Übergang zwischen Tumorkapsel und Chorion verwischt, starke kleinzellige Infiltration). 
Das Adenoma hidradenoides ist im allgemeinen gutartig, langsam wachsend und dürfte häufiger 
vorkommen als es beschrieben worden ist. Die Beschwerdefreiheit entzieht es jeglicher Be- 
obachtung. Die Diagnose kann nur histologisch gesichert werden. Santner (Graz). 

Shewman, E. B.: Labial lipoma. (Lipom der Schanilippe.) Nat. eclect. med. 


assoc. quart. Bd. 12, Nr. 3, S. 561—562. 1921. 

Bei 18jährigem Mädchen, das an Abmagerung, hoher Pulsfrequenz litt und wegen seiner 
Beschwerden schon verschiedene Ärzte erfolglos konsultiert hatte, wurde durch die Mutter 
beim unvermuteten Eintreten ins Badezimmer eine Geschwulst am rechten Labium entdeckt. 
Es handelte sich um ein gestieltes, 26!/, Pfund schweres Lipom, das sich leicht abtragen ließ. 
Heilung. In der Literatur 24 Fälle, von denen dieser das größte Gewicht zeigt. KAnorr.°° 


Nassetti, F.: L’epitelioma primitivo della ghiandola di Bartoiino. Studio 
anatomo-patologico e clinico. (Das primäre Epitheliom der Bartholinischen Drüse. 
[Anatomisch-pathologische und klinische Studie].) (Istit. di patol. spec. chirurg., univ. 
Siena.) Folia gynaecol. Bd. 14, H. 2, S. 153—174. 1921. 


Im unteren Drittel des linken großen Labiums einer 56jährigen Frau tastet man eine 
ovoide, hühnereigroße Geschwulst, von wechselnder Konsistenz, teils derb, teils elastisch- 
fluktuierend, von knotiger Beschaffenheit. Die Haut bzw. Schleimhaut ist über den vorspringen- 
den Knoten unverschieblich. Bei der Excision erweist sich der Tumor als scharf umschrieben, 
der nirgends auf das benachbarte Gewebe übergreift. Heilung p. p. Ein Monat p. op. Auftreten 
einer knötchenförmigen Hautaffektion, die vor allem den Mons veneris, die linke Inguinalgegend 
und das linke Hypogastrium bis zum Nabel ergriffen hat. In den betroffenen Stellen empfindet 
Patientin quälende, stechende Schmerzen. Die Knötchen sind grießkorn- bis erbsengroß, 
die umgebende Haut infiltriert. Starke Abmagerung. — Der entfernte Tumor zeigt makro- 
skopisch am Durchschnitt reichlich verschieden große Höhlen, die mit fadenziehender Flüssig- 
keit erfüllt sind. Der zentrale Anteil weist einen gelappten Bau auf und ist von schwammartiger 
Struktur. Der Tumor ist eingeschlossen von einer bindegewebigen Kapsel. Mikroskopisch 
findet man zahlreichste verschieden große eystische Hohlräume, ausgekleidet von zylindrischen 
bis kubischem Epithel, das stellenweise deutliche Zeichen einer aktiven Proliferation zeigt 
(Poliomorphie der Zellen, Karyokinesis, unscharfe Grenzen gegen das umgebende Gewebe 
und zapfenförmiges Vordringen in dasselbe). In einzelne Cysten ragen papilläre Wucherungen 
hinein, die ausgesprochen maligen degeneriert sind. Diagnose: Carcinoma eysticum papilli- 
ferum glandulae Bartholini. Die Ätiologie dieser seltenen Form ist unbekannt; sie gehen 
entweder vom Ausführungsgang aus, sind dann gestielt und erweisen sich histologisch als 
Zylinderzellenepitheliome, oder sie gehen von der Drüse selbst aus und sind dann ihrer Lokali- 
sation und Form nach ähnlich den einfachen Retentionsceysten. Es gibt Plattenepithelcarci- 
nome (ausgehend vom Bindegewebe) und Adenocarcinome. Letztere Form ist häufiger. Schmerz 
oder Behinderung beim Gehen tritt erst bei Großwerden des Tumors auf. Die Diagnose kann 
besonders im Anfangsstadium auf große Schwierigkeiten stoßen. — Therapeutisch kommt die 
Entfernung des Tumors (evtl. gleichzeitige Ausräumung der Inguinaldrüsen) mit nachfolgender 
Bestrahlung in Betracht. Santner (Graz). 

Tobler, Th. P.: Zur Lehre des Carcinoma ceylindrocellulare gelatinosum 
vulvae, ausgehend von der Bartholinischen Drüse. (Pathol.-anat. Inst., Basel.) 


Zeitschr. f. Geburtsh. u. Gynäkol. Bd. 83, H. 3, S. 707—724. 1921. 


Verf. beschreibt einen Fall von Carcinoma eylindro-cellulare gelatinosum vulvae bei einer 
57 jährigen Patientin. Vor 20 Jahren Exstirpation eines hühnereigroßen, derben, gegen die 
Umgebung gut verschieblichen Tumors am linken Labium maj. Nach 20jähriger rezidiv- 
freier Pause Lymphdrüsenpakete in den Leistenbeugen, kurz darauf Tumorenbildung an der 
Vulva. Der Tumor drang allseitig über die kleinen Labien gegen Vagina. Rectum und Urethra 
vor; an der hinteren Commissur hühnereigroßer, blumenkohlartiger Tumor. Vagina durch 
die Tumormassen eingeengt, Schleimhaut frei. Innere Genitalien frei, zurückgebildet. Para- 
metrien derb infiltriert. Rectum durch Tumormassen eingeengt, selbst frei. Urethra an ihrer 
Mündung vom Tumor dicht durchwachsen. Metastasen in der Haut des Mons veneris. Radikal- 
operation wegen Beteiligung des Beckenbindegewebes und der Metastasen nicht möglich. 
Exitus nach 1’/, Jahren. Pathologisch-anatomische Diagnose: Carcinoma vulvae mit Um- 
wachsung der Vagina, des Reetums, Durchwachsung der Urethra, Infiltration des ganzen 


Pathologie der Vulva und Vagina. 155 


Beckenbindegewebes und Metastasierung in die femoralen, inguinalen und iliacalen Lymph- 
drüsen, sowie in die Haut. Stenose des Rectums durch den Tumor. Hochgradige Dilatation 
des Rectums oberhalb der Stenose. Peritonitis sero-fibrino-fibrosa diffusa. Pleuritis fibrosa 
rechts. Schiefrige Induration beider Lungenspitzen. Struma colloides nodosa. Die histo- 
logische Untersuchung der Probeexeision und der Tumormassen ergab: zu kleineren und 
größeren Komplexen angeordnete Querschnitte von kleineren und größeren, zum Teil eystisch 
erweiterten Drüsenschläuchen mit ziemlich hohem einschichtigen Cylinderepithel ausgekleidet. 
Stronia der nächsten Umgebung vielfach leicht myxomatös umgewandelt, im übrigen kern- 
arm und recht gefäßreich. Nach der Tiefe nehmen die Tumorschläuche an Zahl zu und bilden 
größere Komplexe. Im Bindegewebe häufig unregelmäßige, oft ziemlich große Hohlräume, 
ausgefüllt mit einer fädigen und wabigen Substanz und oft sehr zahlreichen großen stark auf- 
getriebenen Epithelien, in denen die Schleimproduktion so stark verniehrt ist, daß es zur Ab- 
lagerung großer Schleimtropfen in den Zellen und so zur Bildung deutlicher Siegelringzellen 
gekommen ist. Die histologischen Bilder in den Lyrmphdrüsenmetastasen sehen im großen und 
ganzen ganz gleich aus, nur daß in den inguinalen Lymphdrüsen die großen im Bindegewebe 
gelegenen schleimig-gallertigen Massen mit hier meist etwas reichlicheren Siegelringzelien den 
Drüsenschläuchen gegenüber stark vorherrschen. In den iliacalen Lymphdrüsen sind am Rande 
noch Reste Iymphadenoiden Gewebes sichtbar, größtenteils aber ist dasselbe ersetzt durch 
ein zellreiches tuberkulöses Granulationsgewebe, mit großen gefäßlosen, größtenteils fibrös 
umgewandelten Tuberkeln mit spärlichen Riesenzellen. Histologische Diagnose: Carcinoma 
eylindro- cellulare partim colloides. Tuberkulose der iliacalen Lymphdrüsen. Unter Berück- 
sichtigung der Anamnese, der Entstchungsgeschichte und der klinischen Symptome und nach 
Vergleich mit den in der Literatur niedergelegten Fällen komnit Verf. zu dem Schluß, daß 
als Ausgangspunkt des Tumors nur die Bartholinischen Drüsen angesehen werden können. 
Wieloch (Marburg). 


Giesecke, August: Zur Behandlung des Vulvacareinoms. (Univ. - Frauenklin., 
Kiel.) Zentralbl. f. Gynäkol. Jg. 45, Nr. 10, S. 369—376. 1921. 

Verf. berichtet über die therapeutischen Erfolge von 44 Vulvacarcinomen der 
letzten 20 Jahre an der Kieler Frauenklinik. Die Behandlung bestand zum Teil, soweit 
die Fälle operabel waren, in Excision der Vulva und Exstirpation der beiderseitigen 
Leistendrüsen (2mal auch der Beckendrüsen) oder in Hemiamputation vulvae mit 
anschließender Exstirpation der Leistendrüsen der erkrankten oder der beiderseitigen, 
zum Teil in Radium-Röntgenbestrahlung. 


Von den 32 Fällen, deren Beobachtungsdauer sich auf 5 bis zu 20 Jahren erstreckt, sind 
10 mindestens 5 Jahre rezidivfrei geblieben, einer starb nach 4!/, Jahren an einem Vitium 
cordis. Diese 11 Fälle wurden sämtlich operativ angegriffen. 5 Fälle, die der reinen Radium- 
Röntgentherapie unterworfen wurden, sind sämtlich an Carcinom zugrundegegangen. Von 
den 12 Fällen der letzten 5 Jahre wurden 3 radikal operiert, von denen 2 Fälle 1!/, bzw. 21/, 
Jahre rezidivfrei geblieben sind, während der dritte trotz Strahlennachbehandlung an einem 
Rezidiv verstarb. 1 Fall starb am 4. Tage nach der Operation an akuter Herzschwäche und 
Infektion des Wundgebietes. Hier erwies sich intra operationem der Krebs soweit vorgeschritten, 
daß auf radikale Entfernung verzichtet werden mußte. Ein 5. Fall wurde nach Röntgen- 
vorbestrahlung der Radikaloperation unterzogen, ging aber am 10. Tag an Peritonitis zugrunde. 
Die 7 übrigen Fälle wurden der Röntgen-Radiumtherapie zugeführt; von ihnen sind 4 dem 
fortschreitenden Carcinom erlegen. Die übrigen drei sind bis jetzt rezidivfrei. Nach Bespre- 
chung der Technik und der Erfolge der Radium- bzw. Röntgenbestrahlung an Hand einzelner 
Fälle schließt sich Verf. der Meinung Kehrers an, daß die Radiumtherape beim primären Krebs 
der Vulva der bisher üblichen Röntgenbestrahlung vorgezogen zu werden verdient. Auf 
Grund ihrer Erfahrungen mit der üblichen Radikaloperation vertritt Verf. den Standpunkt , 
daß die operablen Fälle dieser Operation unterzogen werden müssen, die inoperablen Fälle, 
sowie diejenigen operablen, bei denen Kontraindikationen gegen einen chirurgischen Ein. 
griff vorliegen, werden der Strahlenbehandlung, und zwar der Primärherd mit Radium und 
die Leistendrüsen nach der Methode von Seitz und Wintz mit Röntgenstrahlen, unterzogen. 

Wieloch (Marburg). 


Lipschütz, B.: Untersuchungen über nicht venerische Gewebsveränderungen 
am äußeren Genitale des Weibes. (Filialspit. „Asyl Meidling“ u. Krankenh. Wieden, 
Wien.) Arch. f. Dermatol. u. Syphilis, Orig., Bl. 128, S. 261—301. 1921. 

l. Beitrag zur Kenntnis des mikroskopischen Baues der Caruncula urethrae. 
Nach kurzem Eingehen auf die histologischen Befunde der älteren Autoren, die im 
allgemeinen die Carunkelbildung für einen chronisch-entzündlichen Prozeß mit be- 
sonders ausgeprägter Mitbeteiligung der Gefäße halten, gibt Verf. eine genaue histo- 
logische Beschreibung der Carunkel. Charakteristisch für das histologische Bild ist: 


156 Pathologie der Vulva und Vagina. 


Auf die Retezapfen beschränkte Acanthose des Epithels, geringe kolbenförmige Auf- 
treibungen der Retezapfen, die hie und da mit Leukocyten durchsetzt sind, ohne Absceß- 
bildungen. Mäßiges Ödem der Papillen und der tieferen Anteile des Corium. Besonders 
bemerkenswert sind die Ansammlungen Iymphadenoiden Gewebes in Form von knoten- 
förmigen Herden im subpapillären Anteil des Coriums mit deutlichem Keimzentruni, 
zum Teil mit Capillaren und strotzend mit Blut gefüllten Gefäßen durchzogen. Nirgends 
Wucherungen der das bindegewebige Stützgerüst bedeckenden Endothelien. Im Zu- 
sammenhang mit den Lymphfollikeln größere und kleinere mit Lymphocyten voll- 
. gepfropfte Lymphräume. Außerordentlicher Gefäßreichtum, reichliche Gefäßneubil- 
dung (kavernomähnliche Bilder). Ein weiteres charakteristisches Merkmal ist das 
gleichmäßig ausgebildete Infiltrat, das von der Tiefe, wo es um die erweiterten Gefäße 
besonders stark ausgebildet ist, sich bis fast an die Epidermiscoriumgrenze erstreckt. 
Es setzt sich aus spärlichen Lymphocyten und sehr zahlreichen Plasmazellen zu- 
sammen; an einzelnen Stellen Herde, hauptsächlich aus Plasmazellen bestehend. Es 
handelt sich nach des Verf. Ansicht um ein subakut entzündliches ödematöses Gewebe, 
das sowohl durch seinen Gefäßreichtum und durch die besondere Anordnung der 
erweiterten Gefäßchen als auch durch das Vorhandensein von präexistenten, knoten- 
förmigen Ansammlungen Iymphadenoiden Gewebes charakterisiert ist und dessen 
Infiltrat durch seinen Reichtun an Plasmazellen ausgezeichnet ist. Wenn auch einzelne 
Fälle in ihrem histologischen Bau mehr oder weniger abweichen, so bleibt das Bild doch 
im großen und ganzen das gleiche. Von dem typischen Bild der Caruncula urethrae 
abgetrennt ist der Polypus endourethralis und das Papilloma periurethrale. Ersteres, 
eine linsengroße, in die Länge gestreckte Polypenbildung der hinteren Harnröhrenwand 
dicht hinter dem Orificium urethrae externum, ist von glatter Schleimhaut überzogen, 
von dunkelroter Farbe und ruft keinerlei subjektive Beschwerden hervor. Die histo- 
logische Untersuchung ergibt ein der Caruncula ähnliches Bild. Auch hier Ödem, 
Erweiterungen der Gefäße, scharf abgegrenzte Ansammlungen Iymphatischen Gewebes 
und erweitert mit Lymphocyten vollgepfropfte Lymphräume, dazu das teils diffus, 
teils umschrieben angeordnete aus Plasmazellen, Lymphocyten und spärlichen eosino- 
philen Leukocyten bestehende Infiltrat. Das Papilloma periurethrale, ein die Harn- 
röhrenmündung kranzartig umgebendes Gebilde von glatter Oberfläche und weich- 
elastischer Konsistenz, weicht in seinem histologischem Aufbau insofern von dem 
obenbeschriebenen Gebilden ab, als die entzündliche Komponente hier zurücktritt. 
Stärkere subepitheliale Ausbildung Iymphatischen Gewebes, teils umschrieben mit 
Keimzentren, teils ın diffusen Ansammlungen. In den tieferen Abschnitten wellig 
angeordnetes Bindegewebe, mäßiges Ödem und geringgradige Zellinfiltration. — 
2. Über eine besondere Form einer lokalisierten lymphatischen Erkrankung der Haut 
bzw. der Schleimhaut am äußeren Genitale des Weibes. Verf. beschreibt ausführlich 
2 Fälle, die unter dem Bilde einer chronisch-entzündlichen Schwellung des vorderen 
Anteiles des Septum urethrovaginale bzw. der hinteren Harnröhrenwand, und nament- 
lich des in der Gegend des Orificium externum gelegenen Anteils, einhergehen. Während 
im ersten Falle der Prozeß auf einen rüsselförmig vorspringenden, von gelblich-rötlicher, 
etwas ödematöser Schleimhaut bekleideten, mäßig derben Zapfen beschränkt bleibt, 
findet sich im zweiten Fall unterhalb des Orificium externum urethrae eine größere, aus 
mehreren Anteilen sich zusammensetzende, polypös wuchernde, geschwulstähnliche 
Bildung, deren Hauptmasse bürzelförmig ins Vestibulum vorspringt. Daneben teigig- 
weiches Ödem der rechten Labien. Im letzteren Fall WaR. positiv. Auf spezifische 
Behandlung kein Rückgang des Prozesses. Die histologische Untersuchung ergab im 
ersten Fall: im chronisch entzündeten ödematösen Bindegewebe zahlreiche, miteinander 
nicht zusammenhängende, scharf abgegrenzte, knoten- und strangförmig gestaltete 
Ansammlungen Iymphatischen Gewebes mit einzelnen typischen Keimzentren. In den 
meisten der Knoten Komplexe von großen rundlichen oder polygonal gestalteten Zellen 
mit bläschenförmigenn Kern und einem gut ausgebildeten, homogenen, breiten, mit 


Pathologie der Vulva und Vagina. 157 


Eosin gefärbten Plasma, die in einem zarten Bindegewebsreticulum eingebettet sind. 
Zwischen diesen Zellen kleinere und größere Riesenzellen mit bis 30 und mehr peripher 
angeordneten Kernen. Diese Zellen, die, nach ihren morphologischen und tinktoriellen 
Eigenschaften zu schließen, als gewucherte Endothelien anzusprechen sind, werden 
genetisch vom Endothelbelag des bindegewebigen Fasergerüstes des Reticulums, in 
dem sie liegen, abgeleitet. Nirgends Zeichen regressiver Metamorphose, nirgends 
Tendenz zu einer stärkeren Wucherung nach Art der Geschwulstzellen. Im zweiten 
Falle finden sich außer den ebenbeschriebenen Bildern solche, in denen die Endothel- 
zellenhaufen eine größere Wachstumstendenz zeigen, indem sie in Form von zapfen- 
artigen Massen in die Lymphlücken (Lymphseen) hineinwuchern. Es kommt zur Vor- 
stülpung und schließlich zum Durchbruch ins Lumen. Es finden sich zunächst ins 
Gefäßlumen hineinragende, polypöse Bildungen, und in weiteren Stadien, nach Ab- 
schnürung letzterer, freies Auftreten der Zellkomplexe im Gefäßlumen. In den Labien 
finden sich identische, quantitativ weniger ausgeprägte Bilder. Der Prozeß in den 
Labien kann nicht als Metastasenbildung aufgefaßt werden wegen der doch immerhin 
begrenzten Proliferationsenergie (präformierte, von dem gewucherten Gewebe ein- 
geschlossene Gebilde, wie Nerven, bleiben vollkommen intakt). Differentialdiagnose 
gegen Tuberkulose, Syphilis, leukämische und pseudoleukämische Prozesse, Lympho- 
granulomatose, gegen die sarkoiden Tumoren von Boek und Darier - Roussy, die 
Endotheliome Spieglers und die Lymphosarkonatose. Weitgehende Ähnlichkeit mit 
dem von Rusch zu der Gruppe der sarkoiden Geschwülste gehörigen veröffentlichten 
Fall. Es handelt sich nach der Ansicht des Verf. in den beiden Fällen um eine besondere, 
außerordentlich chronisch verlaufende Form einer lokalisierten Iymphatischen Er- 
krankung der Schleimhaut bzw. der Haut am äußeren Genitale des Weibes, die in keine 
der bisher bekannten Typen eingereiht werden kann und deren Genese noch unklar ist. 
Wieloch (Marburg). 

Lipschütz, B.: Untersuchungen über nicht venerische Gewebsveränderungen 
am äußeren Genitale des Weibes. III. Das Bild der Pseudosyphilis am äußeren 
Genitale des Weibes. (Filialspit. „Asyl Meidling“, Wien.) Arch. f. Dermatol. u. 
Syphilis. Orig., Bd. 131, S. 104—113. 1921. 

Verf. beschreibt 4 Fälle von Hautveränderungen am äußeren Genitale des Weibes, die 
bei oberflächlicher Betrachtung auffallende Ähnlichkeit mit breiten Kondylomen aufweisen. 
In der Ein- oder Mehrzahl auftretende, papel- oder knopfförmige, scharf umschriebene, meist 
linsengroße, durch ihren helleren Farbton gegen die Umgebung sich deutlich abhebende, am 
Rande der großen Schamlippen bzw. am Anus sitzende Gewebswucherungen von derb elasti- 
scher Konsistenz und intakter Oberfläche, die nach etwa 8 Tagen ohne Behandlung völlig ohne 
Hinterlassung von Narben und Depigmentierungen abheilten. Keine nennenswerten Drüsen- 
schwellungen. Bis auf einen Fall handelte es sich um verwahrloste Frauen von 15—36 Jahren. 
Wassermannreaktion stets negativ. Spirochäten negativ. Histologisch boten die 4 Fälle im 
wesentlichen dasselbe Bild und erwiesen sich als Ausdruck einer subakuten Entzündung mit 
zum Teil mehr oder weniger ausgesprochenen Epithelveränderungen: Acanthose der Rete- 
leisten, die infolge ihrer seitlichen Auswüchse oft bizarre Formen zeigen, spärliches Pigment 
der Basalzellenschicht. Erweiterungen der Blut- und Lymphgefäße ohne Wandveränderungen, 
diffuse Infiltrationen ohne polynucleäre Leukocyten mit mäßig zahlreichen Plasnıazellen. 
Differentialdiagnose gegen Warzen, Ulcera mollia elevata, gegen die flachen Formen spitzer 
Kondylome, Lichen ruber planus und gegen Urticaria chronica und ihre verschiedenen klinischen 
Abarten. Trennung von den syphilitischen Papeln. Da es sich mit einer Ausnahme um kör- 
perlich verwahrloste Frauen mit Vulvitis und Vaginitis handelte, könnte die Entstehung 
derartiger Hautveränderungen auf einer Reizung umschriebener Anteile der Labien bei vor- 
handener Disposition beruhen. Ob noch andere Momente in Frage kommen, kann vorläufig 
nicht entschieden werden. Praktisch wichtig wegen ihrer Ähnlichkeit mit echten syphilitischen 
Papeln. , Wieloch (Marburg). 

Lipschütz, B.: Untersuchungen über nicht venerische Gewebsveränderungen am 
äußeren Genitale des Weibes. IV. Über chronisch-hämorrhagische Vulvitis. (Filialspit. 
„Asyl Meidling“, Wien.) Arch. f. Dermatol. u. Syphilis, Orig., Bd. 131, S. 114—127. 1921. 

Verf. beschreibt einige Fälle einer eigenartigen Veränderung der Vulva, die er mit 
dem Namen „chronisch-hämorrhagische Vulvitis‘“ bezeichnet. Klinisch sind folgende 


158 Pathologie der Vulva und Vagina. 


wichtige Symptome hervorzuheben: 1. Der hämorrhagische Charakter, wobei die 
Blutungen flächenhafte, scharf begrenzte, bogenförmige, meist kontinuierliche Aus- 
breitung besitzen. Der Farbenton ist düsterrot über gelbbraun bıs gelb, entsprechend 
der Umwandlung des Blutfarbstoffes. 2. Die Lokalisation, indem die Affektion nur 
den hinteren, Schleimhautcharakter besitzenden Anteil der Innenfläche der kleinen 
Labien befällt, während die vorderen Abschnitte stets frei bleiben. 3. Der chronisch 
über Monate sich hinziehende, schwer therapeutisch zu beeinflussende Verlauf. Fort- 
schreiten des Prozesses und Rezidive nicht beobachtet. Kein einheitlicher bakterio- 
logischer Befund. Die histologische Untersuchung verschiedener Fälle ergab im großen 
und ganzen das gleiche Bild: Auftreten von Hämorrhagien (bzw. von Blutpignment) in 
einem entzündlichen, verschieden stark ausgebildeten Iymphatischen Gewebe. Das 
letztere ist deutlich ausgebildet, teils diffus, teils mehr oder weniger umschrieben ohne 
Keimzentren. Neben frischen Blutungen Haufen pigmentführender Zellen. Es handelt 
sich demnach um chronisch entzündetes hämorrhagisch infarziertes Iymphatisches 
Gewebe in dem hinteren, Schleimhautcharakter besitzenden Anteil der Innenfläche 
der kleinen Labien. Als ätiologischer Faktor wird Onanie abgelehnt. Kein Zusammen- 
hang dieser Affektion mit Gonorrhöe oder Syphilis. Bis auf mäßige Anämie wiesen die 
Patientinnen keine Zeichen einer Allgemeinerkrankung auf. Als Vorbedingung für 
das Auftreten dieser Affektion stellt Verf., gestützt auf histologische Untersuchungen, 
eine stärkere Ausbildung des im hinteren Anteile der Vulva präformierten lympha- 
tischen Gewebes als wahrscheinlich hin. Wieloch (Marburg). 


Lippert, H.: Zur Bartholinitis non gonorrhoica. (Städt. Krankenanst., Elber- 
feld.) Dermatol. Wochenschr. Bd. 72, Nr. 1, S. 8—11. 1921. 

Nach kurzem Eingehen auf die Erkrankungen der Bartholinischen Drüse und Bespre- 
chung der Ätiologie der Bartholinitis an Hand der Literatur, berichtet Verf. von einem Fall, 
den er als Bartholinitis colica bezeichnet wissen möchte: 17 jähriges, anämisches, schwach 
entwickeltes Mädchen wegen Bartholinitis gon. eingeliefert. Starkes Odem und Rötung der 
linken kleinen Labie mit mäßiger Vorbuckelung der großen. Auf Druck entleert sich aus dem 
Ausführungsgang der linken Bartholinischen Drüse dicker, gelblicher Eiter. Hymen intakt. 
Geschlechtsverkehr negiert. Keine Gonokokken. Bakteriologisch: überwiegend Koli neben 
Sarzine und unspezifischen Kokken. Therapie: Erweiterung der Gangmündung, täglich In- 
jektion von 10 proz Arg. nitr. abwechselnd mit Tinct. jodi und Einführen dünner Arg. Spuman- 
stäbehen in den Ausführungsgang. Heilung. Praktische Bedeutung gegenüber der Bartho- 
linitis gon. Wieloch (Marburg). 


Hartmann: Bartholinite à répétitions. (Rezidivierende Bartholinitis.) Journ. 
des praticiens Jg. 35, Nr. 38, S. 615. 1921. 


Stein, R. 0.: Zur Röntgenbehandlung spitzer Kondylome. (Univ.-Klın. f. 
Geschlechts- u. Hautkr., Wien.) Wien. klin. Wochenschr. Jg. 34, Nr. 26, S. 315 
bis 317. 1921. 

Nach kurzer Besprechung der Literatur geht Verfasser auf seine Bestrahlungs- 
methode der spitzen Kondylome ein. 

Mit Siederöhre, 8 Holzknechteinheiten, 3 mm Aluminiumfilter werden die Kondylone 
in Intervallen von 6—8 Wochen je 28—32 Minuten bestrahlt. Von 14 Fällen wurden 6 voll- 
ständig geheilt, 5 wesentlich gebessert, 2 blieben unverändert. Aus seinen Eıfolgen schließt 
er, daß gerade die rasch wachsenden, blumenkohlähnlichen, breitbasig aufsitzenden, deren bis- 
herige chirurgische Behandlung wegen Blutungen und Narbenbildung schwierig war, am besten 
auf Röntgenlicht ansprechen, während die kleinen vereinzelt stehenden, oberflächlich verhornen- 
den sich als refraktär erweisen und am besten der chirurgischen Behandlung zugeführt werden. 
Er ist der Meinung, daß es nicht notwendig ist, mit zu harten Strahlen zu arbeiten, da er mit 
weniger penetrierenden Strahlen dieselben Erfolge erzielt. Besonders in der Schwangerschaft 
dürfte es angezeigt sein, mit letzteren zu arbeiten. Wieloch (Marburg). 

Matt, Franz: Weitere‘ Erfahrungen über die Röntgenbehandlung spitzer Kon- 
dylome. (II. gynäkol. Univ.-Klin., München.) Münch. med. Wochenschr. Jg. 68, 
Nr. 22, S. 674—675. 1921. 

Verf. beschreibt 13 weitere Fälle von spitzen Kondvlomen, die nach ihrer Methode be- 
strahlt wurden und mit Ausnahme zweier Fälle — der eine verhielt sich dem Röntgenlicht 
gegenüber völlig refraktär, bei dem anderen trat nach kurzer Zeit ein Rezidiv auf, das nach der 


Pathologie der Vulva und Vagina. 159 


dritten Bestrahlung in Dauerheilung überging — nach höchstens 3maliger Bestrahlung in 
4wöchentlichen Intervallen abheilten. Methodik der Bestrahlung: Intensiv Reformapparat, 
Maximalspannung 180 K. V., Filter 0,75 Zn., 2,5 M. A. sekundäre Belastung, 23 cm Fokus- 
hautabstand, 25—30 Minuten Bestrahlungszeit. 3 Fälle mit 0,25 Zinkfilter bei 11 Minuten 
Bestrahlungszeit ergaben dieselben Resultate. Verf. schließt aus seinen bisher bestrahlten 
23 Fällen, daß sich gerade die mit starker Ausbreitung der Erkrankung, in denen die radikale 
Operation der kosmetisch schlechten Resultate wegen wenig aussichtsreich und die konser- 
vative Behandlung wirkungslos ist, besonders für die Röntgenbestrahlung eignen, während 
die Erfolge bei kleineren einzelstehenden, meist auch langsam wachsenden Efflorescenzen 
nicht so günstig sind. Letztere wären nach Versagen der ersten Bestrahlung der üblichen 
operativen Therapie zuzuführen. Wieloch (Marburg). 


Tommasi e Barbieri, Contributo alla conoscenza della anatomia patologica delle 
vulvo-vaginiti blenorragiche. (Studioendoscopico di vari casi a mezzo del ‚Naginos- 
copio infantile Tommasi‘‘ e necroscopia di un caso.) (XV1II.riunione d. soc. ital. di 
dermatol. e sifilol., Bologna, 5, 6, 7, VI. 1920. S. 569—580.) 

Atzrott, E. H. G.: Über primäre Diphtherie der Vulva. Zeitschr. f. ärztl. Foıt- 

bild. Jg. 18, Nr. 20, S. 572—573. 1921. 


Kaia her Beitrag: Erkrankung eines 18jährigen Mannes an schwerer Mandel: und 
Kehlkopfdiphtherie mit Suffokationserscheinungen. Typische phlegmonöse Diphtherie. Die 
Anamnese ergab, daß die lljährige Schwester seit 14 Tagen bettlägerig war wegen Kopf- 
schmerzen, Schmerzen beim Wasserlassen und Ausfluß. Keine Halsschmerzen. Untersuchung 
ergab: Hals frei. Labien gerötet und geschwollen. Spärlich weißlich-gelblich-eitriges Sekret 
aus der Vulva von unangenehmem Geruch. Umgebung der Vulva und des Anus ekzematös 
gerötet und feucht-klebrig. Beiderseits der Rima ani acht bis einpfennigstückgroße, flache 
Geschwüre, schmierig eitrig belegt. Leistendrüsen geschwollen. Bakteriologische Unter- 
suchung des Vaginalsekretes: Di. positiv. Heilserum. Heilung. Urin auf Di.-Bacillen nicht 
untersucht. Diagnose: Primäre Diphtherie der Vulva mit Übertragung der Keime auf den 
Bruder. Wieloch (Marburg). 

Kleinschmidt: Beitrag zur primären Diphtherie der Vulva. (Städt. Hautklin., 
Essen.) Arch. f. Dermatol. u. Syphilis, Orig. Bd. 130, S. 515—518. 1921. 

Verf. beschreibt 3 Fälle von primärer Diphtherie der Vulva. Sämtliche 3 Patien- 
tinnen wurden wegen Geschlechtskrankheit überwiesen. Bei allen dreien war der Befund 
im großen und ganzen der gleiche: Nase, Rachen, Tonsillen frei. Mäßig hohes Fieber 
mit geringer Störung des Allgemeinbefindens. Als erstes Symptom trat Schmerzen und 
Brennen beim Urinieren auf. Schwellung der Klitoris und der kleinen Aabien mit stark 
entzündlicher Rötung. Auf der Innenseite der miteinander verklebten kleinen Labien 
unregelmäßig geformte Ulcera mit mäßig prominentem Geschwürsrand. Umgebung 
stark entzündlich gerötet. Geschwürsränder fallen nach innen zu schräg ab, kaum unter- 
miniert und grauweißlich verfärbt. Geschwürsgrund schmutzig belegt. Nach Ent- 
fernung der Beläge geringe Blutung. Inguinale Lymphdrüsen frei. Im Abstric h wurden 
kulturell Diphtheriebacillen nachgewiesen. Als Therapie kam ın Betracht: Diphtherie- 
Heilserum 6000 I. E. subeutan, Lokalpinselungen mit Lugolscher Lösung. Spülungen 
mit heißer Kaliumpermanganatlösung. Abheilung ohne Narbenbildung. Besprechung 
der Differentialdiagnose. Wieloch (Marburg). 


Schlein, Otto: Über Röntgenbehandlung des Pruritus vulvae. Zentralbl. f. 
Gynäkol. Jg. 45, Nr. 44, S. 1607—1617. 1921. 

Kurze literarische Übersicht der Pruritusbehandlung mit Röntgenstrahlen. Die 
Mißerfolge der Röntgenbehandlung sind einerseits auf die nicht genügende Berück- 
sichtigung der Ätiologie der Pruritusfälle, andererseits auf die mangelnde Ausdauer 
bei der Röntgenbestrahlung zurückzuführen. Definition, Einteilung und Besprechung 
der verschiedenen Ätiologie des Pruritus. Pathologisch-anatomische Befunde. Aus- 
führlicher Überblick über die verschiedenen therapeutischen, konservativen und opera- 
tiven Maßnahmen beim symptomatischen und essentiellen Pruritus. Verf. glaubt mit 
Siebourg die Hartnäckigkeit des Juckreizes auf eine Miterkrankung der Nerven- 
endigungen in der Vulva zurückführen zu können, deren anatomische Grundlage in 
Epithelverlust der Vater- Paccinischen und Meissnerschen Körperchen, sowie 
der Genitalkörperchen der Nervenendigungen in der Vulva zu suchen sei. Wie Siebourg 


160 Pathologie der Vulva und Vagina. 


in Verfolg seiner Anschauungen durch Infusion von Kochsalzlösungen und Äther- 
injektionen unter die Haut der Vulva die Nervenendigungen infolge Überdehnung und 
Zerstörung funktionsunfähig zu machen sucht, so will Schlein in noch vollkommenerem 
Maße denselben Zweck durch Röntgenbestrahlung erreichen. Er führt 11 Heilerfolge 
von Pruritusfällen mit Röntgenbestrahlung aus der v. Bardelebenschen Poliklinik 
an. Bestrahlt wurde mit harten Röhren von 10—12 W. unter 3mm Aluminium 2 mal 
wöchentlich, und zwar wurde jedesmal eine halbe Erythemdosis verabreicht. Nach 
10—15 Bestrahlungen wird eine Pause von 2--3 Wochen eingeschoben und dann 
nötigenfalls die Bestrahlungsserie wiederholt. In der überwiegenden Mehrzahl der Fälle 
kam er mit einer Serie aus, doch mußte er in einem Falle bis zu 30 Sitzungen gehen, 
bis Heilung erfolgte. Gleichzeitig wurden in allen Fällen, wo Sekretion bestand, Mittel 
angewandt zur Unterstützung der Röntgentherapie. Er sieht im Hinblick auf seine 
Resultate ın den Röntgenstrahlen ein wirkliches Heilmittel des Pruritus, vorausgesetzt, 
daß die Bestrahlung genügend lange durchgeführt wird. Wieloch (Marburg). 

Reder, Francis: Kraurosis vulvae and inguinal adenitis of a malignant nature. 
(Kraurosis vulvae und Metastasen in den Leistendrüsen.) Surg., gynecol. a. obstetr. 
Bd. 33, Nr. 5, S. 554-556. 1921. 

Verf. beobachtete 2 Fälle von maligner Degeneration von Kraurosis vulvae. Aus einem 
Pruritus vulvae entwickelte sich eine Leukoplakie, dieser folgte die Kraurosis vulvae, schließlich 
entstand ein Carcinom mit Metastasen in den Leistendrüsen. Vorbedingung zur krebsigen Ent- 
artung der Kraurosis ist das Vorhandensein der Leucoplacia vulvae. Dieses Übel befällt Frauen 
nach dem Klimakterium, aber auch junge Frauen bei postoperativer Menopause. Die Therapie 
bestand in beiden Fällen in radikaler operativer Entfernung, da Bestrahlungen in anderen 
Fällen gleicher Art zur Verschlimmerung oder wenigstens zu Rezidiven führten. Die zwei Ope- 
rationen liegen allerdings erst 9 und 11 Monate zurück ; bisher waren keine Zeichen eines Rezidivs 
festzustellen. Wieloch (Marburg). 


Langhans, Konstantin, Über Operationserfolge und Suggestivtherapie bei Crau- 
rosis vulvae. (Dissertation: Heidelberg 1921.) 


Schmidt, Hans R.: Wiederholte Careinomentwicklung auf leukoplakischer 
Grundlage. (Univ.-Frauenklin., Bonn.) Zeitschr. f. Geburtsh. u. Gynäkol. Bd. 83, 
H. 3, S. 736—749. 1921. 

Verf. berichtet ausführlich über 2 Fälle von Kraurosis, Leukoplakie und Plattenepithel- 
carcinom der Vulva, welche wiederholt rezidivierten. Im ersten Fall trat das Carcinomrezidiv 
5 Jahre, die Leukoplakie 2 Jahre nach der ersten Operation in Erscheinung, beim zweiten Fall 
erst 8 Jahre resp. 6 Jahre später nach der ersten Operation. Beim ersten Fall kam es dreimal 
zum Rezidiv. Pat. starb 7 Jahre nach der ersten Operation an interkurrenter Krankheit, beim 
zweiten Fall traten zwei Rezidive auf, Pat. lebt heute noch nach 11 Jahren. Verf. gibt eine 
genaue Beschreibung der verschiedenen histologischen Bilder, aus denen einwandfrei be- 
wiesen wird, daß sich aus einer Leukoplakie ein Plattenepithelcareinom entwickelt hat. Verf. 
erörtert die Entwicklungsmöglichkeit des Carcinoms auf dieser Grundlage, bespricht die Re- 
zidivfrage bei Vulvacarcinom und kommt zu dem Schluß, daß in den beiden Fällen ein Lokal- 
rezidiv resp. eine Impfmetastase auszuschließen sei, vielmehr es sich um ein neues Carcinom, 
also um eine echte Multiplizität von Vulvacarcinom im Sinne voller genetischer Unabhängig- 
keit handle. In der Frage der Strahlenbehandlung nimmt Verf. auf Grund des Mißerfolges 
der Röntgenbehandlung bei seinen Fällen und entsprechend den ungünstigen Berichten in 
der Literatur den Standpunkt ein, daß einstweilen die am meisten Erfolg versprechende Be- 
handlung die Radikaloperation mit ausgedehnter Ausräumung der Leistendrüsen sei. 

Egon v. Weinzierl (Prag). 
Hartmann, D., Atresia vaginae, Vaginalbildung aus einer Dünndarmschlinge. De- 
monstration. (Ver. f. Gynäkol. u. Geburtsh., Kopenhagen, Sitzg. v. 2. II. 1921.) 
(Hospitalstidende Jg. 64, Nr. 35, S. 29—32.) (Dänisch.) 


Stanca, Constantin: Atresia vaginae puerperalis; dilatatio urethrae e coitu. 
(Frauenspit., Cluj.) Zentralbl. f. Gynäkol. Jg. 45, Nr. 49, S. 1788—1790. 1921. 

Werner, Paul: Scheidenstenose mit seltener Ätiologie. (II. Univ. Frauenklin., 
Wien.) Zentralbl. f. Gynäkol. Jg. 45, Nr. 7. S. 244—246. 1921. 

Ingraham, Clarence B.: Vaginal cysts. (Vaginalcysten.) Journ. of the Americ. 
med. assoc. Bd. 77, Nr. 19, S. 1487—1489. 1921. 

Vaginaleysten werden häufig in der Literatur beschrieben. Kleine sind ungewöhn- 


Pathologie der Vulva und Vagina. 161 


lich, große selten. Sie können auf die verschiedenste Weise entstehen: durch Einschlüsse 
vaginalen Epithels, von vaginalen Drüsen aus, von persistierendem embryonalem Ge- 
webe, vielleicht auch vom Urethralepithel. Oft ist die Entscheidung schwierig. Die 
gewöhnlichste Form ist die nahe dem Introitus sitzende Inklusionscyste. Diese ist klein 
und entsteht durch Einschlüsse von Plattenepithel nach Dammverletzungen, Sitz in 
der hinteren oder seitlichen Wand, Inhalt sehr verschieden. Gelegentlich verursacht 
eine solche Cyste unangenehme Sensationen in der Vagina, unter Umständen Vaginis- 
mus. Therapie: Enucleation. Normalerweise gibt es in der Vagina keine Drüsen, doch 
fand Preuschen in 4 von 36 Serienschnitten Drüsen vor. Auch andere Autoren 
beschreiben sie. Vom Gärtnerschen Gang ausgehende Cysten können unter Um- 
ständen sehr groß werden bis zu Kindskopfgröße. Auch vom Wolffschen Gang aus 
entstehen Cysten. Einige Autoren halten Skenes Drüsen (Gänge) für das Ende des 
Gärtnerschen Ganges. Gärtnersche Gangcysten sitzen gewöhnlich an der vorderen 
oder seitlichen Vaginalwand, folgen meist mehr oder weniger dem Verlauf des Ganges. 
Sie wachsen langsam, in der Schwangerschaft dagegen entschieden schnell. Histo- 
logisches Verhalten wie beim Gärtnerschen Gang selbst. Robert Frank berichtet 
über einen Fall, in dem 4 große Cysten in der Vagina einen Kaiserschnitt nötig machten. 
Infolge doppelter Anlage von Uterus und Vagina (Müllerscher Gang) können sich 
Cysten ebenfalls herausbilden. Zwei Abbildungen zeigen, wie in einem Fall die zweite 
blinde Vagina infolge Ansammlung von Menstrualblut cystisch umgewandelt ist. Der 
andere Fall zeigt eine cystische Erweiterung des Vaginalrestes, ohne daß dieser mit dem 
Uterus kommuniziert. Die operative Entfernung solcher Cysten kann Schwierigkeiten 
machen, in einem Fall von Graves war das Septum zwischen den beiden Vaginae von 
einem großen Plexus von Vaginalvenen durchsetzt. Auch die Möglichkeit der Cysten- 
entstehung von den Urethral- (Littres) Drüsen ist erörtert worden, sie sind jedenfalls 
äußerst selten. Dilatationen der Urethra dürfen nicht mit ihnen verwechselt werden. 
Bei einseitiger Doppelbildung der Niere kann unter Umständen der Ureter der unteren 
Niere vaginal endigen und cystisch sich erweitern. Dermoideysten kommen im Septum 
rectovaginale vor. Auch an Echinokokkuscysten muß man denken. Winckel be- 
schreibt unter der Bezeichnung: Kolpohyperplasia cystica eine sehr seltene Form von 
kleinen, teils mit Flüssigkeit, teils mit Gas gefüllten Cysten in der Mucosa der Vagina. 
Lindenthal glaubt dabei an eine Infektion mit Bacillus aerogenes capsulatus. 
Deppe (Marburg a. L.). 

Strong, L. W.: Vaginal cysts. (Vaginalcysten.) Americ. journ. of obstetr. a. 
gynecol. Bd. 1, Nr. 4, S. 357—359. 1921. 

Vaginaleysten haben keine große klinische Bedeutung, sie interessieren haupt- 
sächlich wegen ihrer Entstehungsweise. Heterotopie von Cervicaldrüsen kann zur 
Bildung von Cysten im Bereich der vorderen und hinteren Vagina Veranlassung geben. 
Auch das Plattenepithel der Vagina kann durch Zylinderepithel ersetzt, dieses dann 
glanduläre und schließlich cystische Strukturen bilden. Die so entstandenen Vaginal- 
cvsten sind meist klein und multipel. Am meisten interessieren die aus dem Wolffschen 
oder Gärtnerschen Gang entstandenen Cysten, welch letztere auch ziemlich groß 
werden können. Die Entstehung der Cysten aus dem Wolffschen Gang ist nicht mit 
Sicherheit zu beweisen. Das Wandepithel der Cysten kann sehr verschiedenartig sein 
und häufig plötzlich wechseln, selbst Plattenepithelzellen sind zu finden. Diese letztere 
Tatsache spricht allerdings mehr für einen heterotopen als für einen Ursprung aus der 
Urniere. Sehr viel häufiger begegnet man den Cysten an der vorderen und den seit- 
lichen als an der hinteren Vaginalwand, deshalb ist mit ziemlicher Sicherheit eine 
Entstehung vom Gärtnerschen Gang aus anzunehmen. Nach Robert Meyer finden 
sich kleinere oder größere Überreste des Gärtnerschen Ganges beim Neugeborenen 
immer, bei allen jüngeren Kindern in 25%, und nicht gerade selten auch beim Er- 
wachsenen. Aus diesen persistierenden Resten können Cysten entstehen. Der wichtigste 
Teil des Gärtnerschen Ganges ist der cervicale. Robert Meyer bezeichnet ihn als 


Jahresbericht f. d. ges. Gynäkologie 1921. 11 


162 Pathologie der Vulva und Vagina. 


die Ampulle des Gärtnerschen Ganges, analog der Ampulle des Vas deferens. Maligne 
Tumorbildung aus den Resten ist selten, doch sind Adenocarcinome und Adenomyome 
beobachtet. Auch das Epithel der Ampulle zeigt die größten individuellen Verschieden- 
heiten und schroffe Übergänge von der einen in die andere Art. Zwei Fälle von Vaginal- 
cysten, deren einer als Cystocele angesprochen war, werden durch mikroskopische 
Schnittbilder erläutert und sollen die beiden erwähnten Typen illustrieren. Der erste 
war offenbar vom Wolffschen Gang, der zweite von der Ampulle des Gärtnerschen 
Ganges aus entstanden. Deppe (Marburg a. L.). 


Bérard, Léon et Ch. Dunet: Kystes multiples du vagin d’origine Wolffienne. 
(Vom Wolffschen Gang ausgehende multiple Vaginaleysten.) Gynecol. et obstetr. 
Bd. 4, Nr. 2, S. 89—93. 1921. 

In bezug auf Symptomatologie und Therapie bieten Vaginalcysten nur ge- 
ringes Interesse. Es besteht — wie aus fast allen Veröffentlichungen hervorgeht — 
anscheinend eine Vorliebe für die Entstehung der C'ysten während der Gravidität. 
Offenbar übt der turgescente Zustand der Gewebe in der Schwangerschaft einen Wachs- 
tumsreiz auf die fötalen Gewebseinschlüsse aus, von denen, wie man annimmt, die 
Vaginalcysten ihren Ursprung nehmen. Von den zahlreichen Theorien der Entstehungs- 
möglichkeit hat sich nur die obige — durch objektive Befunde gestützt — halten lassen. 
Man unterscheidet 1. vom Müllerschen, 2. vom Wolffschen Gang ausgehende Cysten. 
Der histologische Befund ist maßgebend, er ließ auch in Verfs. Fall auf eine Wolffsche 
Gangeyste mit Sicherheit schließen, was durch Abbildungen (Mikrophotogramme) 
erläutert wird. Günther Deppe (Marburg a. L.) 


Breide, H.: Fall von Vaginalsklerose. Acta dermato-venereol. Bd. 2, H. 1, 


S. 114—119. 1921. 

Gelegentlich der Gonorrhöebehandlung einer Pat., die außerdem mit einer typischen 
luetischen Roseola erkrankte, fand Verf. auf der rechten Vaginalwand etwa in der Mitte eine 
solitäre, runde, pfenniggroße, leicht blutende Erosion. Die Gegend des Sitzes ließ deutliche 
Verhärtung erkennen. Spirochaeta pallida konnte nicht nachgewiesen werden. 6 Tage später 
war die Erosion unter Narbenbildung abgeheilt. Während der ganzen Beobachtungszeit. 
wurde Pat. außerdem einer energischen Quecksilber- und Neosalvarsankur unterworfen. 
Obgleich die Diagnose Lues nicht sichergestellt war, hielt Verf. die Erosion für eine Sklerose. 
Daß Vaginalsklerosen so selten beobachtet werden, liegt auf der Hand, da sie infolge ihres 
meist versteckten Sitzes leicht übersehen werden. Rille beschreibt die von ihm gesehenen 
Vaginalsklerosen als klein, linsen- bis markstückgroß, sie waren solitär und auch multipel 
entwickelt und zeigten im allgemeinen eine schnelle Heilungstendenz. Auch der natürliche 
Schutz der Vagina, das Pflasterepithel, die elastischen Wände und der saure Vaginalschleim 
verhindern offenbar meist ein Befallenwerden der Vagina im Gegensatz zu anderen, weniger 
geschützten ee Tritt z. B. infolge pathologisch veränderter Verhältnisse eine alka- 
lische Reaktion des Vaginalsekretes auf, kommt es, wie auch in Verf.s Fall (Cervicalgonorrhöe) 
sehr viel leichter zu einer Erkrankung. Deppe (Marburg a.d.L.). 


Cadenat, F.-M.: A propos d’un cas de fibrome du vagin. (Über einen Fall von 
Vaginalfıbrom.) Gynecol. et obstetr. Bd. 3, Nr. 1, S. 21—32. 1921. 


Gelegentlich eines operierten Falles von Vagjnalfibrom verbreitet sich Verf. ausführlich 
über Ätiologie, pathologische Anatomie, Symptome, Diagnostik, Prognose und Therapie dieser 
Tumoren. Die von ihm operierte Patientin bemerkte vor 6 Jahren in der Vagina einen etwa 
nußgroßen Tumor I. der absolut schmerzlos war und nur bei aufrechter Körperhaltung ein ge- 
wisses Gefühl von Schwere verursachte. Vor 5 Jahren Partus, der größer gewordene Tumor 
hinderte etwas den Durchtritt des Kopfes. In der Folgezeit wurde der Tumor weiter größer, 
störte durch seinen Umfang und machte Beschwerden bei der Miktion, besonders wieder bei 
aufrechter Haltung. Der Tumor saß an der vorderen Vaginalwand etwas rechts von der Mittel- 
linie, hatte eine ausgesprochen cylindrische Form bei etwa 10 cm Länge und 3 cm Breite. Die 
Konsistenz war eine solide. Es bestand bei dem gut auf der Unterlage verschieblichen Tumor 
kein Zusammenhang mit der Urethra, die Blase konnte vollständig entleert werden. Die 
Operation verlief ohne Schwierigkeit, die pathologisch-anatomische Untersuchung ergab, daß 
es sich um ein reines Fibrom handelte. Über die Ätiologie dieser Tumoren ist wenig bekannt. 
Es gibt feste und gestielte Vaginalfibrome, letztere erreichen unter Umständen eine enorme 
Größe, halten sich jedoch meistens zwischen Ei- und Orangengröße. Die festen Fibrome sind 
in der Regel kleiner. Im Gegensatz zum Uterusfibrom ist. das vaginale meist solitär. Von Wich- 
tigkeit ist der Sitz. Bei weitem bevorzugt ist die vordere Vaginalwand in der Gegend unterhalb 


Pathologie der Vulva und Vagina 163 


der Blase und Urethra, aus dieser Lokalisation sind daher wohl auch die fast immer vorhan- 
denen Urinbeschwerden zu erklären. Die Vaginalfibrome wachsen langsam, sarkomatöse De- 
generation wurde beobachtet. Über die Pathogenese herrschen die verschiedensten noch unge- 
klärten Ansichten. Ausfluß tritt selten im Gefolge von Vaginalfibrom auf. Metrorrhagien kom- 
men öfters vor, am häufigsten Beschwerden von seiten der Blase. Im Anfangsstadium ist die 
Diagnosestellung schwierig, auch später Verwechslungen mit Cysto- und Rektocelen sowie 
Uteruspolypen (bei gestielten Fibromen) möglich. Differentialdiagnostisch ist ferner an Va- 
ginalcysten, Abscesse unterhalb der Urethra und Sarkome der Vagina zu denken. Die Prognose 
ist natürlich durchaus gut. Operation ist in jedem Falle, da meist leicht, anzustreben. Ge- 
stielte Fibronıe werden abgebunden, nachdem man sich vorher davon überzeugt hat, daß die 
Blase nicht in den Tumor mit einbezogen ist. Feste Fibrome ewrden am besten enucleiert. 
nur in wenigen Fällen ergaben sich Schwierigkeiten mit der Urethra. Auch Radiumbestrahlung 
brachte verchiedentlich gute Erfolge. Günther Deppe (Marburg a. d.L.). 


Piecagnoni, Gaspare: Contributo allo studio del fihbromioma, del sarcoma e 
dell’epitelioma primitivi della vagina. (Istit. ostetr.-ginecol. di perjez., Milano.) Poli- 
clinico, sez. chirurg. Jg. 28, H. 1, S. 8—26. 1921. 


Cullen, Ernest K.: Tuberculous ulcer of the anterior vaginal wall with re- 
section of ulcer. (Tuberkulöses Ulcus der vorderen Vaginawand mit operativer Ent- 
fernung des Ulcus.) Surg., gynecol. a. obstetr. Bd. 33, Nr. 1, S. 76—78. 1921. 

Tuberkulöse Ulcera der Vagina werden nur gelegentlich beobachtet, meist wohl 
ım Gefolge einer ausgebreiteten Peritoneal- und Beckentuberkulose. In seltenen Fällen 
indessen ist die Vagina allein tuberkulös erkrankt. Die bekannt gewordenen Fälle 
waren fast immer von einer gleichzeitigen oder schon vorher bestehenden Lungentuber- 
kulose begleitet. Verf. Fall bot besonderes Interesse vom klinischen, pathologischen 
und operativen Standpunkt aus. 


4 Jahre lang heftige, sich wiederholende Anfälle von Schmerzen im Unterbauch, später 
6 Monate lang irreguläre vaginale Blutungen. Häufiger Urindrang tagsüber und gelegentlich 
Schmerzen in der Vagina. Die Pat., der Ehemann und ein 8jähriger Sohn waren 2 Jahre lang 
in der Tuberkuloseabteilung eines Krankenhauses. Die Pat. und der Ehemann hatten Lungen- 
tuberkulose, der Sohn rechtsseitige Hüftgelenkstuberkulose, der Ehemann auch bei genauester 
Untersuchung keine Urogenitaltuberkulose. Bei beiden positiver Wassermann, doch keine 
klinischen Zeichen für Lues. Wegen der positiven WaR. bei beiden Salvarsan- und Queck- 
silberkur. Patientin hatte Typhus mit 16 und Pneumonie mit 25 Jahren. Menses o. B. Vor 
16 Jahren wegen rechtsseitiger geplatzter Extrauteringravidität operiert. Vor 13 Jahren 
rechtzeitige Geburt, Kind starb jedoch nach 3 Tagen. Vor 8 Jahren der zweite Partus. Beide 
normal. Künstlicher Abort im 3. Monat Juni 1919. Genaue physikalische Untersuchung 
zeigt mäßig ausgebreitete aktive doppelseitige Lungentuberkulose, Abdomen o. B. Nur 
leichte Schmerzen bei tiefem Eindringen links unten. Vaginal: Beim Einführen des unter- 
auchenden Fingers kommt man an der Vorderwand unmittelbar in Berührung mit einer rauhen 
Partie. Beim Berühren blutet diese, doch werden keine Schmerzen ausgelöst. Cervix in 
normaler Lage, rechte Adnexe frei. Links eine wenig bewegliche Ovarialcyste. Im Speculum 
sieht man an der Vorderwand einen unregelmäßig ausgestanzten, ulcerierten Bezirk, 6 : 4 cm 
groß, in der Gegend des Blasenbodens. Die Ränder sind hart und etwa 2 mm über dem Grund 
erhaben. Im Abstrich keine Spirochäten oder Tuberkelbacillen. Blasenbefund in bezug auf 
Tuberkulose ebenfalls negativ. Zwei kleine Gewebsbröckel, die in Narkose aus dem Ulcus 
entfernt wurden, zeigten das typische Bild einer aktiven Tuberkulose im Schnitt. Vor dem 
Versuch einer Excision des Ulcus wurde der Erfolg von Bestrahlungen mit Röntgenstrahlen 
und Radium versucht, vorher noch eine Probelaparotomie gemacht. Bei dieser fand sich 
ein linksseitiges Ovarialeystom mit adhärenter Tube, im Becken keine Zeichen für Tuber- 
kulose, dagegen im Anfangsteil des Coecums konfluierende Tuberkelknötchen, die übrigen 
Intestina waren von Tuberkulose frei. Der chronisch entzündete Appendix und das Ovarial- 
cystom wurden entfernt. In allen exstirpierten Teilen mikroskopisch keine Zeichen für Tuber- 
kulose. Darauf von Mai bis Juli Röntgen- und Radiumbestrahlung, die nicht das mindeste 
am Befund des Ulcus änderte. Operation im September: Zunächst Abrasio, die nur wenig 
Material zutage förderte. Das Ulcus konnte leicht entfernt werden, die Wundränder wurden 
exakt vereinigt. Langsame, aber störungslose Heilung. Abrasionsmaterial mikroskopisch 
frei von Tuberkelbacillen. 6 Monate nach der Operation Rezidiv des tuberkulösen Prozesses 
an der vorderen und linken Vaginalwand mit Ausbreitung auf das linke kleine Labium. 
Quarzlicht brachte subjektiv einige Besserung. 

Schlüsse: 1. Die Tuberkulose war beschränkt auf Lungen, Anfangsteil des Coecums 
und vordere Vaginalwand. 2. Im Becken war die vordere Vaginalwand der allein 


befallene Teil. 3. Beim Ehemann keine Urogenitaltuberkulose. 4. Erkrankung der 
11* 


164 Pathologie der Vulva und Vagina. 


Vagina offenbar hämatogen. 5. Das Ulcus ließ sich resezieren mit nachfolgender un- 
gestörter Wundheilung. Deppe (Marburg a. L.). 


Figar, Jan: Zur Verletzung des: weiblichen Genitales beim Coitus. Casopis 


lekarüv ceskych Jg. 60, Nr. 40, S. 629—630. 1921. (Tschechisch.) 

1. 25 Jahre alte Nullipara, vor 2 Jahren defloriert. Coitus in Querlage, die Beine auf die 
Schultern des Mannes gelegt. Gleich nachher starke Blutung aus dem Genitale. Am nächsten 
Tag wurde ein 4 cm langer Schleimhautriß im hinteren Scheidengewölbe konstatiert. Heilung 
nach Tamponade. 2. 22 Jahre alte Ehefrau; 2!/, Monate nach einer Entbindung verkehrte 
sie nach dem Mittagessen mit ihrem Gatten in Querlage. Dabei empfand sie plötzlich starke 
Schmerzen und bemerkte nachher Blutabgang. Als Ursache stellte sich ein !/, cm tiefer Ein- 
riß im hinteren Scheidengewölbe dar. Heilung nach Naht. Hugo Hecht (Prag).°° 

Füth, H.: Beitrag zur Scheidenverätzung mit Cnlorzink. (Gynäkol. Klin., 
Uni. Köln.) Arch. f. Gynäkol. Bd. 115, H. 2, S. 383—384. 1921. 

Eine ehemalige Puella, die sich selber vaginal nach Entlassung aus der Hautklinik weiter- 
behandelte, verwechselte die bisher zur Tamponadedurchtränkung benutzte 5 proz. Protargol- 
lösung mit einer 50 proz. Chlorzinklösung (sie war Dienstmädchen eines Dermatologen). Schon 
am nächsten Tage war die ganze Vagina und Cervix weiß verätzt. Auf angeordnete lauwarme 
Spülbehandlung mit verdünnter essigsaurer Tonerde ging der Atzschorf nicht zurück, so daß 
sie 7 Tage nach der Verätzung in Verf.s Klinik eingeliefert wurde. Zwei sehr instruktive Ab- 
bildungen zeigen einen (in Narkose entfernten) fast völligen Ausguß der Scheide in Gestalt 
eines Atzschorfes (er maß an der dünnsten Stelle noch !/,cm). Es wurden täglich Borsalben- 
tampons eingeführt, unter dieser Behandlung allein trat eine völlig glatte Verheilung ohne jede 
Narbenbildung oder Schrumpfung ein, auch nach einem !/, Jahr war derselbe Befund unver- 
ändert zu erheben. Deppe (Marburg). 

Koopmann, Hans: Über Schädigungen durch Fremdkörper in der Vagina. 
Med. Klinik Jg. 17, Nr. 41, S. 1231—1231. 1921. 

Im Gegensatz zu Nassauer, der angeblich nie eine schädigende Wirkung durch 
sein in die Vagina eingeführtes ‚„Fructulet‘ (Apparat zur Behebung von Dysmenorrhöe 
und Hypoplasie) gesehen haben will, warnt Verf. mit zahlreichen anderen Autoren und 
unterstützt durch 2 Fälle, die er kürzlich beobachtete, vor Unterschätzung der Gefahren 
solcher intravaginal eingeführten Fremdkörper, einerlei welchem Zwecke sie dienen. 


Im 1. Fall hatte das Nassauersche ‚„Fructulet‘‘ schon nach 2 Monaten ein markstück- 
großes Decubitalgeschwür auf der hinteren Scheidenwand verursacht, im 2. Fall waren durch 
ein „Sterilet‘, das allerdings von nichtärztlicher Seite appliziert worden war, gröbere ana- 
tomische Veränderungen gesetzt. 8 Monate nach dem Einlegen waren hochgradige Schleimhaut- 
veränderungen eingetreten, der Touchierbefund ließ zuerst sogar an ein Portio-Blumenkohl- 
carcinom denken. Erst durch 2malige histologische Untersuchung wurde die Gutartigkeit 
der sehr erheblichen atypischen Epithelwucherung festgestellt. Atiologisch kommt nach 
Veit nicht lediglich der mechanische Insult des Fremdkörpers für die Schädigung in Betracht, 
sondern dem allmählichen Zerfall des Gewebes bei gleichzeitigem Hinzutreten virulenter 
Scheidenkeime ist die Hauptrolle zuzuschreiben. Zu erstreben ist bei eingeführten Fremd- 
körpern dauernde Reinhaltung durch Vaginalspülungen und dauernde fachärztliche Kontrolle 
zur sofortigen Abstellung aufgetretener Schädlichkeiten. Deppe (Marburg a. L.). 


Goldspohn, A., Repair of partial and complete lacerations of the perineum. (Ope- 
ration des teilweisen und kompletten Dammrisses.) (Surg., gynecol. a. obstetr. 
Bd. 82, Nr. 5, S. 443—449.) 

Vgl. Referat S. 343. 


Kogutowa, Anna: Varicellen bei einer Erwachsenen mit Veränderungen der 
Vaginalschleimhaut. Polskie czasopismo lekarskie Jg. 1, Nr. 5, S. 73—74. 1921. 
(Polnisch.) 

Frank, M., Über Pseudohermaphroditismus und zur Frage des künstlichen Scheiden- 

ersatzes. (Monatsschr. f. Geburtsh. u. Gynäkol. Bd. 5, H. 1, S. 5—15.) 

Vgl. Referat S. 60. 

Abel: Über die Ursachen und die Behandlung des Fluor albus. (Abels Priv.- 
Frauenklin., Berlin.) Zeitschr. f. ärztl. Fortbild. Jg. 18, Nr. 15, S. 427—433. 1921. 

Treuherz. Walter: Zur Trockenbehandlung der weiblichen Gonorrhöe und des 
Fluor. (Vorm. Lassarsche Klin., Berlin) Therap. d. Gegenw. Jg. 62, H. 8, S. 303 
bis 305. 1921. 


Pathologie der Vulva und Vagina. 165 


Bunnemann: Über psychogenen Fluor albus. Therap. d. Gegenw. Jg. 62, 


H. 4, S. 132—136. 1921. 

Verf. berichtet ausführlich über einen Fall von Fluor albus bei einer hysterisch-depressi- 
ven Pat., der jahrelang bestand und der durch eine einzige Hypnose geheilt wurde. Nach mehr 
als einem halben Jahre konnte dieser „psychogenetische Fluor“ durch Hypnose wieder her- 
vorgerufen und ebenso prompt wieder beseitigt werden. Dann werden zwei eigene und Fälle 
aus der Literatur angeführt, in welchen durch psychische Traumen bedingter Fluor durch 
Psychotherapie beeinflußt wurde, und noch ein späterer eigener Fall mit völliger Heilung. 
(Angaben über genitalen Tastbefund und den bakteriologischen Befund finden sich keine.) — 
Der psychogene Fluor wird vom Verf. ebenso wie der Vaginismus als organischer Abwehr 
mechanismus gegenüber einem psychischen Trauma betrachtet, wie der infektiöse Fluor 
gegenüber dem lokalen Trauma der Bakterien auf der Cervicalschleimhaut. Die ungewöhn- 
liche Reaktivität des nervösen Zentralorganes („subjektive Überwertigkeit‘‘) veranlaßt diese 
Umwertung der durch die Sinnesorgane aufgenommenen psychischen Eindrücke und ist 
so auch hypnotisch beeinflußbar. Zwischen bakteriellem und psychogenem Fluor besteht also 
kein wesentlicher, sondern nur ein formaler Unterschied. Strakosch (Rostock). 


Lehmann, F.: Zur Frage der diagnostischen Verwertbarkeit des Scheiden- 
abstriches, ein Beitrag zum Mikrobismus der Scheide. (Staatl. Frauenklin., Dresden.) 
Zentralbl. f. Gynäkol. Jg. 45, Nr. 18, S. 647—656. 1921. 

Aus dem hinteren Scheidengewölbe entnommener Scheideninhalt wurde nach 
Feststellung der Reaktion gegen Lakmus in nach Gram gefärbten Präparaten unter- 
sucht; kulturelle Prüfungen fanden nicht statt. ‚„Normales Scheidensekret‘“ (Döder- 
lein), das nur aus stäbchenförmigen Scheidenbacillen und Epithelien ohne sapro- 
phytische oder pathogene Keime besteht und von Maunu af Heurlin als Rein- 
heitsgrad I (R° I) bezeichnet wird, fand sich bei ca. 600 klinischen und poliklinischen 
Untersuchungen bei 6 gesunden Frauen; bei Graviden der ersten 4 bis 5 Monate 
in 82%, bei 300 Graviden Ende des 9. bzw. 10. Monats in 51%. Der R° II wurde 
in nur 1,8% aller Fälle diagnostiziert; hierbei sind neben den Vaginal- auch Komma- 
bacillen vorhanden. Im wesentlichen deckt er sich in seiner Bedeutung mit dem R° I. 
Bei R° III sind neben spärlichen Vaginalbacillen anäerobe Kokken und Stäbchen 
vorhanden; er kommt besonders vor bei Retroflexio uteri, nach Aborten, bei Adnex- 
tumoren und in der zweiten Hälfte der Gravidität. Bei Entzündungen, jauchenden 
Carcinomen, fieberhaften Aborten und zuweilen in oder kurz vor der Eröffnungsperiode, 
ferner bei infantilem Genitale findet sich oft R° IV mit pathogenen Keimen oder Vaginal- 
bacillen. Der Reichtum an Leukocyten entspricht der Verunreinigung der Scheide 
durch pathogene Keime, läßt also aus der morphologischen Beschaffenheit des Sekrets 
eine Einteilung der ‚„Scheidenkatarrhe‘‘ von rein desquamativen bis rein eitrigen zu. 
Die Reaktion steht im umgekehrten Verhältnis zur Verunreinigung des Sekrets und 
war in 98,3%, sauer, in 0,5%, neutral und 1,2% alkalisch; letzteres nur bei abnormen 
lokalen Verhältnissen (Dammrissen, Fisteln, Wochenbett usw.). Die makroskopische 
Beschaffenheit des Scheidensekrets steht in Übereinstimmung mit dem mikroskopischen 
und Reaktionsbefund. Das schwierige Kulturverfahren ist zur Feststellung der in der 
Scheide dominierenden Keime zu entbehren. Schädigung des Scheidenepithels durch 
lokale Katarrhe, Konstitutionsanomalien oder Ovarialinsuffizienz hat Leukocyten- 
durchwanderung und Verminderung der Säurebildung durch Glykogenverlust zur 
Folge, dadurch Herabsetzung der bakteriologischen Reinheit des Sekretes. Diagnostisch 
spricht also R° I für ein gesundes Genitale, bei Amenorrhöe für Gravidität und gegen 
Infantilismus, bei Adnextumoren für Tubergravidität und gegen entzündliche Pro- 
zesse. R° II ist selten und zeigt eine beginnende Minderung der darmkeimtötenden 
Kräfte an. R° III und IV wird bei entzündlichen Vorgängen, Substratveränderung 
der Scheide, konstitutionellen Krankheiten und Entwicklungshemniungen gefunden. 
— Ursachen für den Fluor sind neben den entzündlichen Erkrankungen und den malignen 
Tumoren die klaffende Vulva, alte Risse, Prolaps, ferner konstitutionelle Minderwertig- 
keit und Infantilismus. Bei letzterem ist der R° IV ovariell durch Ausbleiben der 
Glykogenspeicherung und dadurch hervorgerufene alkalische Reaktion bedingt, ebenso 
wie im Kindesalter, wo die Flora der Scheide der des Darmes entspricht, von der man 


166 Pathologie der Vulva und Vagina. 


sie auch genetisch herzuleiten hat; alle Keime der Vagina, insbesondere Vaginalbacillen, 
entstammen ja nach Maunu af Heurlin dem Darmkanal oder der äußeren Haut. 
Die „darmkeimtötende Kraft‘ der Scheide ist abhängig von der Glykogenspeicherung 
im Epithel und der damit verbundenen Säurebildung; sie steigt zur Zeit der zyklischen 
Sekretionsphase des Endometriums (Assimilation), ist auf besonderer Höhe beim Ein- 
tritt von Schwangerschaft und sinkt ab beim Eitod (Dissimilation). Der Vaginal- 
abstrich vermag also über die Ovarialfunktion, auch hinsichtlich der Ursache der Steri- 
lität, Aufschluß zu geben. Strakosch (Rostock). 


Rother, Wilhelm, Untersuchungen über den Döderleinschen Scheidenbacillıus. 
(Dissertation: Erlangen 1921.) 


Stephan, Siegfried: Bemerkungen zur Ätiologie und Therapie der Trichomo- 
naskolpitlis. (Univ.-Frauenklin., Greifswald.) Zentralbl. f. Gynäkol. Jg. 45, Nr. 43, 
S. 1565—1569. 1921. 

Verf. wendet sich gegen die Ausführungen von Loeser und Wolfring, die die 
von Hoeh ne so bezeichnete Trichomonaskolpitis ablehnen und die von ihm angegebene 
Fluortherapie für unangebracht halten. Nach Hoehne kommen die Trichomonaden 
überhaupt nicht als direkte Erreger der nach ihnen benannten Kolpitis in Betracht, 
sondern Hoehne faßt die Entstehung der Kolpitis so auf, daß die Trichomonaden 
in Symbiose mit den verschiedenen vaginalen Bakterien leben, indem sie sich von ihnen 
nähren und auf diese Weise für ein reichliches Vorhandensein und eine reichliche Ver- 
mehrung der Bakterienflora sorgen. Diese Tatsache ist auch dadurch bewiesen, daß 
die Trichomonaden durch Phagocytose zahlreiche Bakterien aufgenommen haben. 
Nach Loeser soll ein herabgesetzter Glykogengehalt der Scheidenwand die günstigsten 
Bedingungen für ein überreichliches pathologisches Eindringen von Mikroben in die 
Vagina sein. Verf. konnte diese Theorie nicht bestätigen, eher das Gegenteil war der 
Fall, wie wiederholt nachzuweisen war. Loeser lehnt auch die Hoeh nesche Therapie 
der Kolpitis mit Sublimat- und Boraxglycerinwaschungen ab und Wolfring glaubt, 
daß durch diese Art der Behandlung keine Dauerheilung zu erzielen sei. Demgegenüber 
weist Verf. nach, daß Hoehne aus ganz anderen Gedankengängen heraus, als obige 
zwei Autoren, seine Art der Behandlung wählte, und mit regelmäßig fortgeführter, 
auch ambulanter Therapie mit Boraxglycerin in Gelatinekapseln, die die Patienten selbst 
einführen können, die besten Erfolge erzielte. Die von Wolfring erwähnten Vorzüge 
der Bacillosantherapie verkennt auch Verf. nicht. Parallelversuche, die er trotz der 
guten Erfolge der Hoehneschen Therapie macht, werden weitere Klärung bringen. 

Deppe (Marburg a. L.). 


Hantke, Hans, Befunde und klinische Bedeutung der Trichomonas vaginalis. (Klin. 
Prof. Fraenkel, Breslau.) (Dissertation: Breslau 1921.) 


Schröder, R.: Zur Pathogenese und Klinik des vaginalen Fluors. (Landes- 
Untv.-Frauenklin., Rostock.) Zentralbl. f. Gynäkol. Jg. 45, Nr. 38, S. 1350—1361 u. 
Nr. 39, S. 1398—1407. 1921. 

An 288 Sprechstundenpatientinnen ohne Auswahl wurde am bakterioskopischen 
Befund des Ausstriches aus der Mitte der Scheide der biologische Funktionszustand 
der Scheide studiert, und (nach Manu af Heurlin) 3 große Gruppen unterschieden 
(Methylenblau- und Grampräparat, im Zweifelsfalle Kultur): I. Nur Plattenepithelien 
und grampositive Vaginalbacıllen (I. Reinheitsgrad, 113 Fälle = 39%). II. Neben 
Vaginalbacillen gramipositive Diplokokken, Kokkobacillen, Comma variabile, gram- 
negative Vaginalstaphylokokken; evtl. Leukocyten neben den reichlichen Epithelien 
(II. Grad, 35 Fälle = 19%). IHI. Keine Vaginalbacillen mehr; viel grampositive und 
-negative Kokken, Ketten, Tetragenus, Sarcine, Pseudodiphtheriebacillen u. a. m.; 
von gramnegativen Koli, aërogenes lactis, Kokken und Stäbchen. Leukocyten mehr 
oder minder reichlich, wenig oder keine Epithelien (III. Grad, 120 Fälle = 4205). 
Die Trichomonas vaginalis ist nur Mitbewohner stark verunreinigter Scheiden; normal 


Pathologie der Vulva und Vagina. 167 


ist die saure Reaktion, erst Flora III. Grades und Wandschädigung läßt sie in alkalisch 
umschlagen. Selbst reichliche Cervixabsonderungen sind ohne Einfluß auf den Scheiden- 
inhalt. Der I. Grad stellt die „harmonische Symbiose“ zwischen Scheidenwand und 
Bacillenflora dar. Änderungen von Nährboden und Reaktion führen zur Erlahmung 
der Abwehrkraft, Leukocytenansanımlung und Auftreten kleiner roter Stippchen 
(Absceßchen). Der III. Grad geht als Reizzustand (,‚Präfluorstadium‘‘) leicht in echte 
Kolpitis über. Wiederherstellung der normalen Verhältnisse kann nicht durch differente 
Arzneimittel, sondern durch Umstimmung auf die normale Bacillenflora geschehen, 
anı besten durch das aus lebenden Milchsäurebacillen und Milchzucker bestehende 
Bacillosan (Loeser). Vulvaschluß, normale Scheidenbiologie und der bactericide 
Cervixschlem sind 3 Schutzbarrieren gegen einwandernde Frenıdkeime. Zur Flora- 
verschlechterung können u. a. führen: Schlechter Vulvaschluß (Prolaps, alte Damm- 
risse). regelmäßige Spülungen mit differenten Mitteln. Gutsitzende Pessare schädigen 
nicht. Die Corpusschleimhaut ist nie Ursache des Fluors; vermehrte Cervixabsonde- 
rungen mit oder ohne Erosion haben Gonorrhoe, alte Risse, evtl. vagotonische Reiz- 
zustände durch Ovarialinsuffizienz bei Tuberkulose, Asthenie, Chlorose zur Ursache 
und brauchen die Scheidenflora nicht zu verschlechtern. Das Alter der Patientin ist 
ohne Einfluß auf den Reinheitsgrad, ebenso der normale Menstruationszyklus; Gravidi- 
tät wirkt floraverbessernd, ÖOvarialinsuffizienz stärkeren Grades verschlechternd. 
Von Genitalerkrankungen sind die Retroflexio mob., Pelveoperitonitis chron. adhäsiva, 
subseröse und interstitielle Myome, spitzwinklige Anteflexio ohne wesentlichen Ein- 
fluß. Submuköse Myome, Collumcareinom, Prolaps, am meisten frische entzündliche 
Adnexerkrankung wirken ungünstig auf den Floragrad, ebenso Unterernährung und 
Asthenie. Die ätiologische Behandlung führt erst mit Erreichung des I. Reinheitsgrades 
zur Heilung (Scheidengesundheit). Strakosch (Rostock). 

Benthin, W.: Der genitale „Ausflug“ und seine Behandlung. (Univ.-Frauen- 
klin., Königsberg i. Pr.) Med. Klinik Jg. 17, Nr. 31, S. 942—944 u. Nr. 32, S. 971 
bis 973. 1921. 

Das normale weißlich-krümelige Sekret der drüsenlosen Scheide besteht aus 
Plattenepithelien und reichlich milchsäurebildenden Stäbchen, ohne schleimigen oder 
serösen Charakter zu besitzen. Unter pathologischen Verhältnissen wırd das Scheiden- 
sekret dünnflüssig, auch grün-gelb oder schaumig; die Reaktion wird meist neutral 
oder alkalisch, Trichomonaden und Fadenwürmer können auftreten. Cervixsekret ist 
zähschleimig, auch eitrig, oft sehr reichlich, Uterussekret dünnflüssig, meist schmutzig- 
bräunlich, bei Zersetzung stinkend. Die Ursache des Genitalfluors ist meist bakteriell, 
auf die Scheide beschränkt als Colpitis (diffusa, granulosa, ulcerosa, dissecans usw.), 
bei Keimascension als Cervix- oder Endometriumkatarrh mit oft hartnäckiger Sekretion 
auftretend. Erosionen, Cervixrisse, Prolaps, klaffender Introitus, dann Tumoren, 
besonders zerfallene, sind weitere Ursachen, ebenso Lageveränderungen des Uterus, 
Allgemeinerkrankungen, besonders Hypoplasie, und innere Sekretionsstörungen. Die 
Untersuchung muß außer sorgfältiger Inspektion die genaue mikroskopische und 
bakterielle Prüfung (evtl. Schultzescher Probetampon) insbesondere auf Gonorrhoe 
umfassen, sodann neben dem genauen Tastbefund Anamnese und Allgemeinzustand. 
Die Therapie der unkomplizierten Kolpitis besteht nach einer desinfizierenden Spülung 
und Ätzung mit 2-5proz. Argent. nitr.-Lösung in Bolustrockenbehandlung, dann 
adstringierenden Spülungen; sehr zweckmäßig ist auch das Lösersche Bacillosan. 
Die sog. Trichomonadenkolpitis (mit saurer Reaktion) wird mit Sodaglycerin nach 
Höhne, die Colpitis condylomatosa nach ihrem Grundleiden, der Gonorrhoe, ulce- 
rıierende Prozesse nach ihrer Ursache behandelt. Akute Cervixkatarrhe bedürfen der 
Ruhe, chronische der desinfizierenden und ätzenden Lokalbehandlung, besonders die 
Erosionen; Risse und Ektropium werden am besten operativ beseitigt. Endometritische 
Katarrhe sind im akuten Stadium absolut konservativ zu behandeln, später kommen 
vorsichtige Spülungen, evtl. nach Dilatation, und Ätzungen nach Menge in Betracht, 


168 Pathologie der Vulva und Vagina. 


keinesfalls aber bei gleichzeitig bestehenden Adnexerkrankungen. Die Abrasio soll 
erst bei chronischen Fällen mit Menorrhagien letztes Mittel sein. Bei Pyometra ist für 
Abfluß zu sorgen und auf maligne Neubildung zu fahnden, die natürlich vorsichtige 
Probeausschabung und aktives Vorgehen erfordert. Endometritische Katarrhe post part. 
und post abort. sollen namentlich bei bestehendem Fieber nur wegen bedrohlicher 
Blutungen aktiv benandelt werden; die Curette ist nur bei der fieberfreien und nicht 
eitrigen Endometritis gestattet, im Puerperium gefährlich. Fluor ohne Lokalbefund 
erfordert Behandlung des Grundleidens, roborierende Diät und entsprechende Lebens- 
weise, evtl. Kuraufenthalt in geeignetem Badeort. Strakosch (Rostock). 
Wolfring, Otto: Behandlung des Scheidenfluors mit Baecillosan (Löser). (Univ.- 
Frauenklin., Rostock.) Zentralbl. f. Gynäkol. Jg. 45, Nr. 23, S. 810—819. 1921. 
In Anlehung an die Einteilung Maunu af Heurlins wurden 3 Reinheitsgrade 
der Scheidenflora unterschieden: der I. Grad beim Vorhandensein von reiner Vaginal- 
bacillenflora und nur Epithelien; der II. Grad beim Auftreten von einzelnen Leuko- 
cyten und geringen Mengen von Kokken, auch anäeroben, während die Vaginal- 
bacillen und Epithelien überwiegen; der III. Grad beim Verschwinden der Vaginal- 
bacillen, Überwiegen der Leukocyten und buntem Gemisch äerober und anäerober, 
grampositiver und -negativer Kokken und Stäbchen. Fließende Übergänge bestehen 
zwischen den Reinheitsgraden, der III. Grad leitet unmittelbar zur eigentlichen Vagi- 
nitis über (,Präfluor- oder Prävaginitisstadium‘“‘). Im Gegensatz zu Höhne, der die 
schweren Formen von Colpitis purulenta als durch die Trichomonas vaginalis verursacht 
ansieht (‚Trichomonadenkolpitis‘“), hält der Verf. mit Löser und Schröder diese nur 
für einen harmlosen Mitbewohner verunreinigter Scheiden; auch ist zur Heilung nicht 
nur der durch die Höhne’sche Sodaglycerinbehandlung erzielte Rückgang der akuten 
Entzündungserscheinungen und subjektiven Beschwerden, sondern die Erzielung eines 
I. oder II. Reinheitsgrades zu fordern. — Die Konstitution spielt in der Ätiologie der 
Vaginitis eine große Rolle, ebenso wie die lokalen Verhältnisse, Scheidenwandbeschaffen- 
heit und -schluß, evtl. Cervixkatarrh. — Die Bacillosantherapie bezweckt die Wieder- 
herstellung des normalen ‚„latenten Scheidenmikrobismus“ (Löser) durch Hoch- 
züchtung elektiver Keime und biologische, nicht chemische Desinfektion. Weder das 
subjektive ‚„Fluorempfinden“ der Patienten, noch die makroskopische Beschaffenheit 
des Sekretes ist zur genauen Beurteilung ausreichend; deshalb erstreckte sich die 
Untersuchung neben dem genauen Tastbefund auf: genaue Anamnese, Allgemeinstatus, 
Beachtung von Scheidenschluß, Sekret, auch der Cervix, etwaige Risse und Erosion, 
Lackmusreaktion; dann Herstellung eines frischen Trichomonadenpräparates und je 
zweier Urethral- und Cervixabstriche zur Methylenblau- und Gramfärbung, in zweifel- 
haften Fällen auch einer äeroben und anaeroben Kultur des Scheideninhaltes. Durch 
Verimpfung eines Teiles des Bacillosans vor jeder Anwendung wurde für Verwendung 
nur eines brauchbaren Präparates gesorgt. Unter Heilung wird die Erreichung eines 
I. Reinheitsgrades, evtl. eines II. mit Verschwinden der Entzündungserscheinungen 
verstanden. Die Einführung des Bacillosans erfolgte vom Verf. selbst zweimal wöchent- 
lich nach einmaliger desinfizierender Auswaschung und evtl. Erosionsätzung ; Spülungen 
wurden untersagt. Die Behandlung wurde unter 4tägiger mikroskopischer Kontrolle 
bis zur mehrmaligen Feststellung eines I. Grades fortgesetzt, und dann 2—3 wöchentlich 
nachkontrolliert, um etwaige Floraverschlechterung wieder rechtzeitig zu behandeln, 
besonders bei nur erreichtem II. Grad. Von 150 behandelten Fällen wurden 29 regel- 
mäßig durchbeobachtet. Hiervon erreichten 20 den ersten, 5 den zweiten Heilungsgrad. 
2 der Nichtgeheilten waren asthenische Nulliparae, die 3. hatte einen postgonorrhoischen 
Katarrh, die 4. eine Enteroptose mit klaffender Vulva. Die 9 Prävaginitisfälle wurden 
nach durchschnittlich viermaliger Behandlung in den I. Grad zurückgeführt; bei den 
16 Vaginitisfällen wurde 11 mal eine Heilung I. Grades nach 8maliger, 5mal eine 
II. Grades nach 14 malıger Behandlung erreicht, bei nur 1 Rezidiv. Behandelt wurden 
Fälle von tastbar normalem Genitale, Graviditäten, Stat. post part. und post Lap., 


Pathologie des Uterus. — Entwicklungsfehler. 169 


leichte Adnexerkrankungen, Descensus und Retroflexio. — Verf. glaubt somit bei ob- 
jektiver genauster Kontrolle 3/, aller Vaginitisfälle mit dem Bacillosan zur Heilung 
bringen zu können. Strakosch (Rostock). 

Naujoks, Hans: Fluorbehandlung mit Bacillosan. (Univ.-Frauenklin., Königs- 
berg i. Pr.) Zentralbl. f. Gynäkol. Jg. 45, Nr. 23, S. 805—810. 1921. 

Bei über 30 Fällen von vaginalem Fluor wurde das Loeser’sche Bacillosan, aus 
dem sich 2 Arten von echten, langen Milchsäurebakterien züchten ließen, verwandt. 
Die Tabletten wurden vom Arzt eingeführt, und 1—2 mal wöchentlich Sekretunter- 
suchungen vorgenommen; bei einigen Fällen wurde ein Stück Vaninalschleimhaut 
excidiert und nach Best gefärbt. Anführung von 11 behandelten Fällen. Die neben 
einer Reihe schöner, schneller Heilungen verzeichneten Mißerfolge lassen sich erklären 
durch gleichzeitig bestehenden Cervicalkatarrh oder starke Entzündungserscheinungen 
mit sehr reichlichem eitrigen Ausfluß; hierbei sind Argentumätzungen zur Vorbereitung 
auf die Bacillosantherapie von Nutzen. Bei Minderwertigkeit des Nährbodens durch 
Mangel an Glykogen ist das Einbringen von Milchsäurebakterien wirkungslos; vielleicht 
kann hier durch Ovarialpräparate geholfen werden. Die guten Erfolge wurden besonders 
bei noch nicht lange bestehendem Fluor und geringen Entzündungserscheinungen, bei 
Fluor nach Abrasionen, Röntgenbestrahlung, nach der ersten Kohabitation und bei 
Fluor gravidarum erzielt. Strakosch (Rostock). 

Reder, Francis: Pathologie leucorrhea and its treatment. (Der Fluor und seine 
Behandlung.) Americ. journ. of obstetr. a. gynecol. Bd. 1, Nr. 7, S. 710—716. 1921. 

Es gibt Fälle von Fluor, welche nur Allgemeinmaßnahmen erfordern und andere, 
welche nur örtliche Behandlung erheischen;; meist ist beides nötig. Fluor kombiniert 
mit Geburtsläsionen (Cervixriß, Dammriß usw.) kann nicht eher erfolgreich beseitigt 
werden, bis die Geburtsschädigung operativ geheilt ist. Bei der Behandlung von 
gonorrhoischem Fluor verwirft er alle Spülungen. Das erste ist die Reinigung von 
Vagina und Cervix mit warmem Seifenwasser, dann tamponiert er Cervix und Vagina 
mit in Methylenglycerinlösung getränkter Gaze und wechselt diese nach 24 Stunden. 
Dies macht er 5 Tage lang und legt darauf trockene Gaze 2 Tage ein. Andere Fälle 
behandelt er mit Gaze, die 5 proz. Pıkrinsäurelösung in 25 proz. Alkohol enthält. Dieser 
Streifen darf nur 8 Stunden liegen bleiben, danach wird wieder trockene Gaze eingelegt 
Auch die Therapie mit Tabletten von Milchsäurebacillen wird verwandt. Manchmal 
war auch eine Pulverbehandlung erfolgreich. In Fällen, welche jeder Behandlung 
trotzten, ist von Curtis in Chicago mit bestem Erfolge Radium verwendet worden, 
doch sind die Versuche noch nicht abgeschlossen. Samuel. 


HI. Pathologie des Uterus. 


1. Entwicklungsfehler (einschl. Sterilität und Sterilisierung). 


Lichtenstein, F.: Beobachtungen zur Ätiologie der Doppelmißbildungen der 
weiblichen Genitalien. (Univ.-Frauenklin., Leipzig.) Zentralbl. f. Gynäkol. Jg. 45, 
Nr. 27, S. 949—956. 1921. 

24 jährige Nullipara, auffallend breiter Körperbau, breites Gesicht — als hätte die 
Natur aus einem zwei Individuen machen wollen — Menarche mit 13 Jahren, unregel- 
mäßig, schmerzhafte Menses, sistieren seit 4 Jahren, dauernd schwere Obstipation — 
doppelter Uterus, Vagina, persistierende Lig. recto vesicalia, Hirschsprungsche 
Krankheit, Colitis ulcerosa, Kystoma parovarii dextri neben dem lang ausgezogenen Ovar, 
linkes Uterushorn größer als das rechte. Die Kasuistik ergibt eine mit der Schwere der 
Mißbildung zunehmende Beckenverbreiterung bis zu 75%, Häufigkeit. Der Zug der 
Ligamenta rotunda hindert die Müllerschen Gänge an der Vereinigung. Für Fälle ohne 
Beckenverbreiterung kommen Anomalien der Ligamenta rotunda, Ligamenta lata (kurze, 
abnorme Insertion, entzündliche Schrumpfungsvorgänge [embryonale Peritonitis], 
Torsion der Müllerschen Gänge) in Betracht. Greil (Innsbruck). 


170 Pathologie des Uterus. 


Szappanyos, Bela: Über eine seltene Entwicklungsanomalie der weiblichen 
Genitalien. Orvosi hetilap Jg. 65, Nr. 45, S. 393—396. 1921. (Ungarisch.) 


Sektionsbefund eines wegen Anusatresie erfolglos operierten Falles bei einem neugeborenen 
Mädchen. Uterus duplex et bicornis; doppelte Scheide; Bestehen des Sinus urogenitalis und 
dementsprechend kein Vestibulum vaginae; gefüllte Harnblase; Hydronephrose; Aplasie 
der äußeren Genitalien; Ovarien und Tuben in der Entwicklung zurückgeblieben. Das Ent- 
stehen dieser verschiedenen Entwicklungsstörungen wird in den 2. bis 4. Schwangerschafts- 
monat verlegt. Temesvár y. 


Schilling, Fritz: Über einseitige Defekte im weiblichen Urogenitaltraktus. 
(Pathol. Inst., Univ. Leipzig.) Arch. f. Gynäkol. Bd. 114, H. 2, S. 428—437. 1921. 


Verf. beschreibt 5 Fälle von einseitiger Defektbildung des inneren weiblichen Genitales. 
Fall I: 47 jährige, kinderlose Frau, linke Niere fehlt, ebenso linker Ureter und Nierengefäße, 
linke Nebenniere vorhanden. Das linke Ovarium liegt in der Höhe des 4. Lendenwirbels und 
ist 8—9 cm lang, über seinem oberen Pol befindet sich ein ausgebildetes Stück Tube mit Fim- 
brienende, das sich 2,l cm sondieren läßt und dann in der Mesosalpinx blind endet. Vom 
unteren Teil des Ovariums zieht ein bleistiftdicker Strang in einer Länge von 3 cm nach dem 
offenen Processus vaginalis peritonei, aus dem dann wieder ein flaches Band heraustritt, das 
über die Blase hinweg zum Halsteil des rechten Uterushorns zieht. Vom Uterus ist nur das 
rechte Horn vorhanden. Die rechten Adnexe, die rechte Niere, sowie das äußere Genitale 
zeigen keine Bildungsanomalien. Das von dem Processus vaginalis zum rechten Uterushorn 
ziehende Band, das mikroskopisch neben Bindegewebe und glatten Muskelfasern Nerven- 
bündel enthält, wird als rudimentäres linkes Uterushorn aufgefaßt. Fall II: 40jährige Frau. 
Linke Niere, Nierengefäße und Ureter fehlen. Die rechte Niere ist etwa doppelt so groß als 
normal, mit einer Arterie, zwei Venen, zwei Nierenbecken und zwei Ureteren, stellt also zwei 
miteinander verschmolzene Nieren dar. Anstatt des Uterus findet sich ein walzenförmiges 
Organ, nach rechts geneigt, 7 cm lang, dessen oberes Ende die Linea innomminata überragt 
und als rechtsseitiges Uterushorn angesprochen wird. Das Ende der linken Tube mit dem 
Fimbrientrichter liegt außerhalb der Bauchhöhle in einem walnußgroßen Bruchsack, der keine 
Verbindung mit der Bauchhöhle besitzt. In diesem Bruchsack liegt auch das linke Ovarium. 
Fall III: Neugeborenes. Rechte Niere und Ureter fehlen. Das langgestreckte rechte Ovarium 
ist in der Lendengegend fixiert. Die rechte Tube ist nur ein Stück weit sondierbar, verläuft 
dann als dünner Strang zu einem Nuckschen Divertikel, aus ihm kommt das Ligamentum 
rotundum, das sich um die Arteria umbilicalis legt. Es verläuft zur Basis des linken Uterus- 
horns. Das rechte Uterushorn fehlt. Die linken Adnexe sind normal. Fall IV: Neugeborenes 
mit Oesophagusatresie und Kommunikation zur Trachea. Die rechte Niere fehlt, die linke ist 
sehr groß. mit einem Nierenbecken und einem Ureter. Neben dem linken Uterushorn liegen 
die normalen linken Adnexe. Das rechte Uterushorn fehlt. Das rechte Ovarium liegt ober- 
halb der Linea innonıminata, über ihm ein Teil der rechten Tube mit Fimbrienende, die Tube 
endigt aber bald blind. Fall V: Nicht ausgetragene Frucht. Die linke Niere fehlt, die rechte 
ist cystisch entartet. Der Uterus wird nur von einem rudimentären rechten Horn gebildet. 
Die Blase besitzt kein Lumen. (Der Fall wird nicht näher beschrieben.) Eine entzündliche 
Genese dieser Defektbildungen wird abgelehnt. In der Erklärung schließt sich Verf. der Ker- 
maunerschen Theorie an, die das Ligamentum rotundum als den kaudalen Abschnitt des 
nephrogenen Gewebsstrangs auffaßt. Bei mangelnder Proliferationsenergie des einen oder 
anderen nephrogenen Gewebsstrangs können einseitige Defektbildungen entstehen. Stübler. 


Champel: Malformation genitale (utérus biloculaire avec hömatometrie uni- 
laterale) chez une jeune fille. (Genitale Mißbildung [doppelter Uterus mit einseitiger 
Hämatometrie] bei einem jungen Mädchen.) Lyon med. Bd. 130, Nr. 24, S. 1082 


bis 1086. 1921. 

Einschlägiger Fall bei einem 18jährigen Mädchen, die mit 151/, Jahren ihre erste Periode 
hatte, zunächst ohne Beschwerden. Allmählich traten kolikartige Schmerzen auf, die schließ- 
lich von einer immer stärker sich bemerkbar machenden Auftreibung des Leibes begleitet 
waren; eine Zeitlang wurde an Schwangerschaft gedacht. Bei der Laparotomie zeigte cs sich. 
daß es sich um einen doppelten Uterus handele, das rechte Horn ganz normal, virginal, das 
linke Horn ist dasjenige, welches das Blut enthält. Absetzen des Uterus und beider Adnexe: 
von diesen sind die rechten normal, die linken dilatiert und mit Blut gefüllt. Der Verlauf 
war glatt. Patientin wurde nach 12 Tagen geheilt entlassen. Vulva und Hymen waren normal. 

Heimann (Breslau). 

Kosminski, E.: Ein Fall von Fistula cervieo-vaginalis, entstanden durch 
kriminellen Eingriff. Zentralbl. f. Gynäkol. Jg. 48, Nr. 35, S. 1243—1245. 1921. 

Seiss, Gerhard: Zwei Fälle von Fistulae cervicis uteri lJaqueatieae. Kasuistischer 
Beitrag. (Inst. f. Geburtsh., Hamburg.) Zentralbl. f. Gynäkol. Jg. 45, Nr. 19, S. 679 


bis 683. 1921. 


Entwicklungsfehler. 171 


Kirchner, Walter C. G.: Sigmoidouterine fistula, with report of a case. (Sig- 
moidouterine Fistel mit Bericht über einen Fall.) Americ. journ. of obstetr. a. gynecol. 
Bd. 1, Nr. 8, S. 860—863. 1921. 

Winter, G.: Ursachen und Behandlung der weiblichen Sterilität. Dtsch. med. 
Wochenschr. Jg. 47, Nr. 26, S. 733—734, Nr. 27, S. 765—768 u. Nr. 28, S. 797 
bis 798. 1921. 

Der Anteil des Mannes an der ehelichen Sterilität infolge Azoospermie beträgt 
11—25%. Die Sterilität der Frau läßt sich in 24—27% der Fälle therapeutisch beein- 
flussen, wobei es sich dann um Korrigierungen anatomischer Veränderungen handelt. 
Da ein großer Prozentsatz sich unserem ätiologischen Verständnis entzieht, so sind 
unsere therapeutischen Erfolge im allgemeinen gering. Dvspareunie, Abneigung der 
Ehegatten können die Einpfängris erschweren. Fettleibigkeit sowie funktionelle 
Schwäche der Ovarien spielen für die Sterilität eine erhebliche Rolle. Geppert. 

Westermark, Frans: Über Sterilität der Frau. Hygiea Bd. 83, H. 2, S. 33—48. 
1921. (Schwedisch.) 


Der Verf. gibt eine übersichtliche Darstellung von den statistischen, anatomischen und 
klinischen Tatsachen. Er schätzt die Sterilität in der Ehe in Schweden zu 10°%,. Betreffs der 
Behandlung hat der Verf. sehr oft blutige Operationen angewendet. Er hat auch in Fällen 
von Salpingoophoritis ermunternde Resultate gehabt. Der Verf. hebt hervor, daß es nicht 
gleichgültig ist, wie man die Tube eröffnet. Die Salpingostomie soll in der Weise ausgeführt 
werden, daß man die Stelle, wo die Fimbrien sich befanden, aufsucht, und daß man die Ad- 
härenzen so löst, daB die Fimbrien sich herauswickeln. Die Adhärenzen zwischen den Win- 
dungen der Tube sollen genau gelöst werden, die Ovarien sollen freigelegt werden, und andere 
Adhärenzen in dem Becken sollen gelöst werden. Leider sind die Fälle von Sterilität, die wir 
heilen können, noch in der Minorität. Silas Lindquist (Södertälje, Schweden). 


Velde, Th. H. van de: Sterilitätsprobleme. Zentralbl. f. Gynäkol. Jg. 45, 
Nr. 13, S. 459—464. 1921. 

Verf. hat eine Methode der temporären Sterilisierung erfolgreich ausgebaut. Opera- 
tive Maßnahmen an den Tuben haben bis jetzt nach dieser Richtung hin versagt; des- 
halb verlegte Verf. den Angriffspunkt auf die Ovarien. 1899 hatte bereits Golds pohn 
in Erweiterung der Alexander- -Adams-Operation die Ovarien extraperitoneal gelagert. 
Hierdurch angeregt, machte auch Verf. 1905 einen Versuch der Verlagerung der Ovarien 
durch den Leistenkanal hindurch, machte aber die Erfahrung, daß eine bindegewebige 
Verwachsung der Eierstöcke mit der Umgebung eintritt, die eine erfolgreiche Rück- 
verlagerung verhindert; derselbe Mangel haftete der vom Verf. 1907 ausgeführten 
Methode an, nach der die Ovarien zwischen die Peritonealblätter der Ligg. lata ver- 
legt wurden. 1908 ging Verf. so vor, daß er die Ovarien durch die Ligg. lata hindurch 
in den vesico-uterinen Peritonealraum dislozierte und den letzteren durch sorgfältige 
Naht nach oben hin abschloß. Sorgfältiges Operieren ist von besonderer Wichtigkeit. 
Die Fimbria ovarica muß exakt abgelöst werden, damit keinerlei Verbindung durch 
den Schlitz im Lig. latum nach der Tube hin bestehen bleibt. Die Ovarien werden 
durch die Verlagerung funktionell sowie anatomisch in keiner Weise geschädigt. Verf. 
hat die Operation dreimal ausgeführt; in dem einen Falle wurden die Eierstöcke nach 
5 Jahren in die Bauchhöhle zurückverlagert mit dem Erfolg, daß die gewünschte 
Gravidität eintrat. Verwachsungen hatten sich nicht gebildet, so daß die Redressierung 
leicht vonstatten ging. Bei einer zweiten an Tuberkulose verstorbenen Frau ergab der 
autoptische Befund ebenfalls eine völlige Unversehrtheit der Ovarien. Geppert. 

Nacke, W.: Die Unfruchtbarkeit der Frau. Klin.-therapeut. Wochenschr. Jg. 28, 
Nr. 39/40, S. 259—265 u. Nr. 41/42, S. 292—297. 1921. 

Zusammenstellung der bekannten Ursachen der Sterilität mit dem besonderen Hinweis, 
daß bestimmte Formen einer ätiologischen Erkenntnis unzugängig sind. Als originell anzu- 
»prechende therapeutische Vorschläge fehlen. Geppert (Hamburg). 

Couvelaire: La stérilité chez la femme. (Die Sterilität der Frau.) Progr. 
méd. Jg. 48, Nr. 38, S. 438—440. 1921. 

Zusammenstellung der bekannten anatomischen und funktionellen Ursachen der Sterilität. 
Bei Oligomenorrhöe in Verbindung mit Adipositas wird außer Schilddrüsenovarienextrakt 


172 Pathologie des Uterus. 


einmonatliche strenge Milchdiät und darauf streng lacto-vegetabile Kost empfohlen. Bei 
Sterilität infolge Hyperfunktion der Ovarien (Polymenorrhöe) werden Mammaextrakte mit 
Vorteil angewandt. In den nicht selten vorkommenden Fällen, in denen der Mann mit einer 
anderen Frau, die Frau mit einem anderen Manne Kinder bekommen hat, die Ehe beider aber 
unfruchtbar ist, wird zur Neutralisierung des Vaginalsekrets Sodaspülung empfohlen. Geppert. 

Giles, Arthur E.: The causes, prognosis and treatment of sterility. (Ursache, 
Aussicht, Behandlung der Unfruchtbarkeit.) Journ. of obstetr. a. gynaecol. of the 
Brit. empire Bd. 28, Nr. 2, S. 241—250. 1921. 

Bei der funktionellen Sterilität spielt bisweilen die „sexual incompatibility“ (die 
Unverträglichkeit der Keimzellen) eine Rolle. In jedem Falle von Sterilität ist eine 
Untersuchung des Ehemannes auf Spermatozoen notwendig. Der primären kritiklosen 
Behandlung der Frau besonders mittels Curettage ist dringend zu widerraten. Geppert. 

Talmey, B. S.: Frigidity and sterility in the female. (Geschlechtskälte 
und Sterilität der Frau.) Med. rec. Bd. 100, Nr. 15, S. 631—633. 1921. 

Verf. vertritt den Standpunkt, daß eine absolute sexuelle Indifferenz beim Weibe 
nur äußerst selten vorkommt, dagegen eine Geschlechtskälte überaus häufig ist. Diese 
Geschlechtskälte wird veranlaßt durch einen zu spät erfolgenden Orgasmus, als Folge 
früherer Masturbation und Abstumpfung der sensiblen Nerven oder der sehr häufigen 
Ejaculatio praecox des nervösen Mannes. In der überwiegenden Mehrzahl der Fälle 
von Sterilität liegt die Ursache auf seiten des Ehemannes, entweder infolge früherer 
Gonorrhöe oder der Ejaculatio praecox, die zur Frigidität der Frau und damit zu er- 
schwerter Konzeption Veranlassung gibt. Geppert (Hamburg). 

Reynolds, Edward and Donald Macomber: Defective diet as a cause of sterility. 
A study based on feeding experiments with rats. (Mangelhafte Ernährung als Ur- 
sache von Sterilität. Eine Reihe von Ernährungsversuchen an Ratten.) Journ. of 
the Americ. med. assoc. Bd. 77, Nr. 3, S. 169—175. 1921. 

Die Verff. schließen aus einer Reihe von allgemeinen und partiellen Hungerversuchen 
an Ratten auf eine Herabminderung der Fortpflanzungsfähigkeit durch mangelhafte 
Ernährung. Sie sind der Meinung, daß sogenannte Sterilität vielfach nur eine physio- 
logisch bedingte, zeitweilige Herabminderung der Fruchtbarkeit sei. Sie wenden beiihren 
Versuchen dreierlei Diäten an und zwar: fettarme, eiweißarme und calciumarme; die 
Ernährung ist im übrigen reichlich. Außerdem kommt noch eine kombinierte Diät in 
Form von Eiweiß- und Fettentziehung in Anwendung, welche die im Krieg und in der 
Nachkriegszeit am häufigsten vorkommende Art der Unterernährung vorstellt. Dabei 
sank die bei ihrer Rattenart normal befundene 65 proz. betragende Fruchtbarkeit auf 
55, 31 und 14%. Diese Resultate wurden nur durch Herabminderung nicht durch 
vollständige Entziehung des betreffenden Nahrungsoestandteiles erzielt. Die für so 
geringe Veränderungen hohen Zahlen erscheinen erklärt, daß aus ganz wenig vermin- 
derter Zeugungsfähigkeit der verwendeten Paarungstiere Unfruchtbarkeit resultiert. 
Serienschnitte an Hoden und Ovarien der Versuchstiere zeigten nur bei der kombinierten 
Diät (Fett- und Eiweißentziehung) und in den noch ungesprungenen Graafschen 
Follikeln ovula in den ersten Zellteilungsstadien begriffen. Die Verff. wollen der Er- 
klärung dieser Tatsachen weiter nachgehen ohne noch eine bestimmte Erklärung dafür 
geben zu können. Sie versuchen an Hand von Beispielen zu zeigen, daß ähnliche Ver- 
hältnisse auch beim Menschen vorkommen, wo Not und Unverstand zur ungenügenden 
Verwendung eines wichtigen Nahrungsbestandteiles führt. Die Verff. glauben auf 
Grund ihrer Untersuchungen der Therapie der Sterilität bei Fehlen von pathologischen 
oder funktionellen Veränderungen der Keimdrüsen neue Wege zu erweisen. Mahnert. 

Reynolds, Edward and Donald Macomber: Certain dietary factors in the cau- 
sation of sterility in rats. (Diätetische Beeinflussung der Sterilität bei Ratten.) 
(46. ann. meet., Swampscott, Mass., 2. bis 4. VI. 1921.) Transact. of the Americ. 
gynecol. soc. Bd. 46, S. 99—114. 1921. 

Eine Abnahme der Fruchtbarkeit ist nachweisbar bei Verminderung der fett- 
löslichen Vitamine, der Eiweißstoffe sowie des Calciums. Bereits eine durch geringen 


Entwicklungsfehler. 173 


Mangel dieser Stoffe bedingte leichte Abnahme der Fruchtbarkeit beider Elterntiere 
führt unter Umständen zu steriler Begattung. Bei stärkerer Abnahme der Frucht- 
barkeit eines Tieres ist die Begattung mit einem an sich fruchtbaren Partner erfolglos. 
Eine verminderte Fruchtbarkeit kann durch Aborte zum Ausdruck kommen. Bei 
hochgradiger Verminderung des Eiweiß- und Calciumgehaltes der Nahrung wurden 
Zeichen schwerer allgemeiner Gesundheitsstörungen in Verbindung mit Sterilität 
beobachtet. Geppert (Hamburg). 

Reynolds, Edward and Donald Macomber: Certain dietary factors in the 
causation of sterility in rats. (Diätetische Beeinflussung der Sterilität bei Ratten.) 
Americ. journ. of obstetr. a. gynecol. Bd. 2, Nr. 4, S. 379—394. 1921. 

Eine Verminderung der fettlöslichen Vitamine, der Eiweißstoffe sowie des Calciums 
bedingten bei sonst ausreichender Ernährung eine entschiedene Abnahme der Frucht- 
barkeit. Eine leichte Abnahme der Fruchtbarkeit beider Elterntiere führt zu einer 
sterilen Begattung. Bei stärkerer Abnahme der Fruchtbarkeit eines Tieres ist auch die 
Begattung mit einem an sich fruchtbaren Partner erfolglos. Bei verminderter Frucht- 
barkeit werden Aborte beobachtet. Bei beträchtlicher Verminderung des Protein- und 
Calciumgehalts der Nahrung traten sichtbare Zeichen von allgemeiner Gesundheits- 
störung in Verbindung mit Sterilität auf. Geppert (Hamburg). 
Bakker, Johannes, Das Corpus luteum als Sterilitätsursache beim Rind. (Tierärztl. 

Hochsch., Dresden.) (Dissertation: Leipzig 1921.) 

Huhner, Max: Methods of examining for spermatozoa in the diagnosis and 
treatment of sterility. (Untersuchungsmethoden auf Spermatozoen für die Diagnose 
und Behandlung der Sterilität.) New York med. journ. Bd. 113, Nr. 13, S. 678 bis 
684. 1921. 

Biologische Einzelheiten, besonders über verschiedene Bewegungsformen der 
Spermatozoen bei der Untersuchung mittels der Condomprobe. Genaue Schilderung 
der vom Verf. angegebenen Untersuchungstechnik bei dem Aufsuchen der Spermien 
im weiblichen Genitale kurze Zeit post coitum. Verf. untersucht das Cervix- bzw. 
Fundussekret auf Samenfäden. Die „Huhnersche‘‘ Methode hat besondere Vorteile: 
1. Man bekommt die Zellen unter möglichst physiologischen Bedingungen unter das 
Mikroskop. 2. Man kann zugleich feststellen, ob ein Eindringen der Spermien in den 
Uterus erfolgt ist und wie weit. 3. Kann man aus der Art der Beweglichkeit bzw. aus 
der mehr oder weniger großen Zahl abgestorbener Samenfäden gewisse Schlüsse ziehen 
auf die Einwirkung der weiblichen Genitalsekrete auf die Lebensdauer der männlichen 
Samenfäden. 4. Gibt das Auffinden der Spermien im Fundus uteri die Gewißheit, 
daß etwa vorhandene Anomalien des Uterus (Hyperanteflexio, Retroflexio usw.) für 
eine Sterilität nicht ursächlich in Frage kommen, also in dem gegebenen Falle eine 
Operationsindikation nicht besteht. Geppert (Hamburg). 
Weil, Arthur, Die chemischen Ursachen der Spermatozoenbewegung. (Arch. f. 

Frauenk. Bd. 7, H. 3, S. 238—241.) 

Vgl. Referat S. 38. 

Cary, William H.: Sterility studies. Simplified methods in diagnosis. (Sterili- 
tätsstudien. Vereinfachte diagnostische Methode.) Americ. journ. of obstetr. a. gynecol. 
Bd 2, Nr. 4, S. 406—415 u. S. 440—443. 1921. 

Die Engländer legen besonderen Wert auf die Spermauntersuchung aus dem 
Sekret des weiblichen Genitale post coitum aus Vagina, Cervix, Uterus. Bei dem Fehlen 
jedweder nachweisbarer anatomischer Ursache und bei dem Nachweis von lebenden 
Spermatozoen im Uterus wendet Verf. zur Prüfung der Durchgängigkeit der Tuben 
eine sehr einfache Methode an. Er injiziert in Knie-Ellenbogenlage nach Einstellung 
der Portio mittels einer Pipette physiologische Kochsalzlösung intrauterin. Aus der 
Menge der leicht injizierbaren Flüssigkeit kann die Durchgängigkeit der Tuben erkannt 
werden. Bei eiterigem Cervixkatarrh ist die Methode kontraindiziert; im übrigen soll 
sie, abgesehen von leichten peritonealen Reizungen, gefahrlos sein. Geppert. 


174 Pathologie des Uterus. 


Janeček, V.: Behandlung der Unfruchtbarkeit der Frau. Časopis lekarüv ceskych 
Jg. 60, Nr. 42, S. 669—672. 1921. (Tschechisch.) 


Conill, V.: Behandlung der Sterilität mit Diathermie. Progr. de la clin. Jg. 9, 
Nr. 117, S. 395—397. 1921. (Spanisch.) 

Kritische Beurteilung der Conillschen Arbeit durch A. Garrido. In sehr sarkastischer 
Form wird die Diathermie als Heilmittel für die Sterilität abgelehnt und auf verschiedene 
Widersprüche in der Originalarbeit eingegangen. Liegner (Breslau). 

Bercovitch, Abram: Treatment of sterility by means of organie extracts. 
(Behandlung der Sterilität mit Organextrakten.) Med. rec. Bd. 99, Nr. 25, S. 1052 
bis 1955. 1921. 

Bestimmte Typen der weiblichen Sterilität sind Folgen einer Störung der endo- 
krinen Drüsenfunktion. Es besteht ein enges Abhängigkeitsverhältnis zwischen Schild- 
drüse, Hypophyse und Ovarien. Wenn eine dieser Drüsen schlecht arbeitet, wird die 
Harmonie aller übrigen gestört. Die hyophysäre Form der Sterilität ist verschieden, 
je nachdem die Hypofunktion der Hypophyse schon in der Pubertätszeit oder später 
eingesetzt hat. Infantiler Uterus, Amenorrhöe nach anfänglichen unregelmäßigen 
Menstruationsblutungen, Neigung zur Fettsucht, alimentäre Glykosurie usw. dokumen- 
tieren den Beginn einer Hypofunktion der Hypophyse zur Pubertätszeit, während die 
hypophysäre Störung nach der Pubertätszeit meist erst nach der Ehe eintritt. Sterilität 
infolge Unterfunktion der Schilddrüse findet sich bei Frauen mit später Allgemein- 
entwicklung, aber frühzeitiger und schmerzfreier Menstruationsblutung. Der ovarielle 
Typ der Stenlität wird gekennzeichnet durch Menses mit starker Dysmenorrhöe. Mit 
Organextrakten wird gute Heilung in diesen Fällen erzielt. Gräfenberg (Berlin). °° 


Mülberger, Arthur: Kritische Bemerkungen zur zeitweiligen Sterilisation der 
Frau. Zentralbl. f. Gynäkol. Jg. 45, Nr. 33, S. 1191—1193. 1921. 


Hellendall, Hugo: Eine neue Methode zur temporären Sterilisierung. (Priv.- 
Frauenklin. Dr. Hellendall, Düsseldorf.) Zentralbl. f. Gynäkol. Jg. 45, Nr. 23, S. 822 
bis 824. 1921. 

Die ‚‚neue‘‘ Methode des Verf.s besteht darin, daß die Ostien der Tuben durch einen 
entsprechenden Fascienschlitz zwischen Haut und Fascie gebettet werden. Es empfiehlt 
sich, gleichzeitig eine Ventrifixation nach Olshausen vorzunehmen, um Zerrungen zu ver- 
meiden. Erfolg der „neuen“ Methode konnte noch nicht erprobt werden. Geppert. 

Pirkner, E. H. F.: Temporäre künstliche Sterilität. Zeitschr. f. Sexualwiss. 
Bd. 8, H. 6, S. 181—189. 1921. 

Die Methode, die Verf. Salpingapotomie nennt, besteht einfach in Unterbindung 
der Tuben am proximalen Ende und Durchschneidung derselben. Die Operation wird 
nach Möglichkeit vaginal ausgeführt. ‚Im Heilungsprozeß nach meiner Operation hat 
sich gezeigt, daß etwa 18—24 Monate danach das dem Uterus proximale Ende der Tube 
wieder durchgängig wird, während gleichzeitig eine Wiedervereinigung mit dem distalen 
Ende der Tube vor sich geht.“ Über die Anzahl der Fälle, bei denen dieser geradezu 
programmäßige Verlauf erfolgte, wird nichts berichtet. Als Indikationen werden an- 
gegeben: Syphilis des Mannes oder der Frau bzw. beider; heilbare Tuberkulose des 
Mannes oder der Frau; schwere Neurasthenie der Frau. Geppert (Hamburg). 


Wessel, Otto: Eine neue Methode der zeitweiligen Sterilisation der Frau auf 
operativem Wege. (Gutbrod’sche Frauenklin. u. städt. Wöchnerinnenh., Heilbronn a. N.) 
Zentialbl. f. Gynäkol. Jg. 45, Nr. 2, S. 75—78. 1921. 

Die Gutbrodsche Methode besteht in einer Extraperitonisierung der Ovarıen. 
Freilegung des Peritonealkegels wie beim Alexander Adams, Eröffnung des Peritoneums 
und Herausluxierung der Ovarien, Fixierung derselben am „vorderen geraden Rand“ 
und Versenkung extraperitoneal im Leistenkanal. 6 Fälle, 1 Mißerfolg. In keinem der 
Fälle fand sich bis jetzt Gelegenheit, die Rückverlagerung der Ovarien vorzunehmen. 


Geppert (Hamburg). 


Entwicklungsfehler. 175 


Schiffmann, Josef: Zur Frage der Sterilisierung mittels Tubenligatur. (Bettin«- 
Stiftungspavillon, Wien.) Zentralbl. f. Gynäkol. Jg. 45, Nr. 13, S. 464—467. 1921. 

Verf. hatte Gelegenheit, eine zwecks Sterilisierung unterbundene Tube histologisch 
zu untersuchen. Entsprechend den früher erhobenen Befunden von Pistenski, 
Nürnberger und Kalliwoda ergab sich starke Einengung des Tubenlumens. 
ohne daß es zu einer Ätresie gekommen war, starke Füllung der Gefäße, Auftreten 
kubischen Epithels unter Schwinden der Schleimhautfaltung, außerdem Atrophie der 
Muskulatur. Der Fall liefert demnach erneut den anatomischen Beweis, daß eine einfache 
Tubenligatur zur Sterilisierung nicht unbedingt ausreicht. Geppert (Hamburg). 


Flatau, W. S.: Sterilisierung durch Knotung der Tube. Zentralbl. f. Gynäkol. 
Jg. 45, Nr. 13, S. 467—469. 1921. 

Analog der von Kawasoye -Stoeckel angegebenen Methode der Unwegsam- 
machung des Ureters durch Knotung, die ja bekanntlich wiederholt erfolgreich durch- 
geführt worden ist, hat Verf. zwecks Sterilisierung eine Knotung der Tuben vorge- 
nommen. Die Technik ist sehr einfach. Nach Loslösung der Tube von der Ligament- 
platte bis dicht an den Uterus wird in der Mitte ein Knoten geschlungen und fest 
angezogen. Der Ligamentspalt wird geschlossen. Eine Vernähung des Knotens ist 
nicht angegeben. Die Methode wurde in 6 Fällen ausgeführt. Die Beobachtungszeit 
ist bis jetzt zu kurz, um die Zweckmäßigkeit der neuen Idee beurteilen zu können. 

Geppert (Hamburg). 

Lochrane, Charles D.: The incfficiency of the operative surgical methods in 
use for permanent sterilisation of the female. (Die Unwirksamkeit der chiru- 
gischen Sterilisierungsmethoden.) Journ. of obstret. a. gynaecol. of the Brit. empire 
Bd. 28, N. 2, S. 228—240. 1921. 

So häufig und leicht infolge infektiöser Prozesse ein vollkommener Tubenve:- 
schluß und damit eine dauernde Sterilisierung zustande kommt, so schwierig ist es. 
auf chirurgischem Wege eine Hinderung des Zusammentreffens von Sperma und Ei- 
zelle, die geradezu „durch chemotaktische Kräfte“ einander zustreben, herbeizuführen. 
Es werden sämtliche bisher ausgeführten Sterilisierungsmethoden am Uterus, den 
Tuben und Ovarien kritisch besprochen. Selbst die Excision der Tubenecken kann er- 
folglos sein; hat aber dann den Vorteil, daß die etwa eintretende Gravidität sich in- 
trauterin entwickelt, während die operativen Maßnahmen an der Tube selbst nicht 
selten ektopische Schwangerschaften zur Folge haben. Aussichtsvoll erscheinen Ein- 
griffe am Fimbrienende der Tuben, da hier die natürlich gegebene Verschlußstelle 
(Entzündung) offenbar vorhanden ist. Geppert (Hamburg). 


Williams, J. Whitridge: The problem of effecting sterilization in association 
with various obstetrical procedures. (Sterilisierungsproblem in Verbindung mit ge- 
burtshilflichen Maßnahmen.) Americ. journ. of obstetr. a. gynecol. Bd. 1, Nr. 8, 
S. 783—793. 1921. 

Es wird über 44 Fälle von Sterilisierung berichtet und die Indikation eingehend be- 
sprochen. In der überwiegenden Zahl handelte es sich um Sterilisierung im Anschluß an den 
Kaiserschnitt bei engem Becken. Verf. steht auf dem Standpunkt, erst bei der dritten Sectio 
zu sterilisieren, nur bei besonderen Umständen früher. Methoden: Uterusamputation oder 
Tubenunterbindung mit Resektion und Versenkung des proximalen Endes in das Peritoneum. 
Die Indikationen der anderen Fälle bestanden in Herz-, Lungen- oder Nierenleiden. Nach der 
Arbeit zu urteilen, ist die amerikanische Indikationsstellung streng wissenschaftlich und eng 
gezogen. Geppert (Hamburg). 

Hellendall, Hugo: Ein Fall von Schwangerschaft nach Sterilisierung mittels 
doppelter Unterbindung und Durchschneidung beider Eileiter. (Priv. - Frauenklin. 
Dr. Hellendall. Düsseldorf.) Med. Klinik Jg. 17, Nr. 37, S. 1116—1117. 1921. 

Bei einer 43jährigen Frau wurden zwecks Sterilisierung beide Eileiter doppelt unter- 
bunden und durchschnitten. Drei Jahre darauf nach 8 Tage ausgebliebener Periode 
stark einsetzende, 4 Wochen anhaltende Blutung. Abrasio ergibt Chorionzotten ent- 
haltendes Gewebe (Pathologisches Institut Düsseldorf). Drei Erklärungsmöglichkeiten: 


176 Pathologie des Uterus. 


1. Die Eileiter wachsen wieder zusammen und durch allmähliche Lösung der Ligatur 
wird das Lumen durchgängig. 2. Während der Ligatur wird das Peritoneum durch 
Einschneiden des Fadens verletzt, so daß es zur Bildung einer Peritonealfistel kommt, 
und 3. besteht die Möglichkeit, daß infolge des Ligaturdrucks die Muskulatur atrophiert, 
wodurch das ursprünglich aufgehobene Lumen wieder durchgängig wird (Nürn- 
berger). Geppert (Hamburg). 
Haberlandt, L., Über hormonale Sterilisierung des weiblichen Tierkörpers. (Vorl. 

Mitt.) (Physiol. Inst., Univ. Innsbruck.) (Münch. med. Wochenschr. Jg. 68, 

Nr. 49, S. 1577—1578.) 

Vgl. Referat S. 128. 

Rubin, I. C.: Subphrenie pneumoperitoneum produced by intra-uterine insuf- 
tlation of oxygen as a test of patency of the Fallopian tubes in sterility and in 
allied gynecological conditions. (Subphrenisches Pneumoperitoneum, hervorgerufen 
durch intrauterine Sauerstoffeinblasung, als Zeichen der Durchgängigkeit der Eileiter 
bei der Sterilität und ähnlichen gynäkologischen Zuständen.) Americ. journ. of 
roentgenol. Bd. 8, Nr. 3, S. 120—128. 1921. 

Um beı Frauen die Baucheingeweide durch das Pneumoperitoneum besser zur 
Ansicht gelangen zu lassen, eignet sich der normale Genitalweg ganz besonders. Er 
ist gänzlich schmerz- und gefahrlos. Sie wurde vom Verf. in 150 Fällen 170 mal erprobt: 
Sie darf nicht ausgeführt werden: bei eitrigen Ausflüssen aus der Cervix, bei durch 
Beckenentzündungen verursachtem Fieber, bei akuter Bartholinitis, Urethritis oder 
Vaginitis, während der Menstruation oder jedweder Gebärmutterblutung. Das In- 
strumentarium besteht aus einer Sauerstoffbombe mit Wasserfilter, ein Dreiwegstoppel, 
von denen einer vom Sauerstoffbehälter kommt, einer geht zum Quecksilbermanometer, 
der andere zur Keyes-Ultzmann-Kanüle. Letztere wird durch das Spektrum in den 
mittels Jodtinktur desinfizierten Muttermund in die Gebärmutter eingeführt. Die 
Frau wird in leichte Trendelenburgsche Lage gebracht, die Scheide mit Wasser 
gefüllt, um die evtl. aus der Cervix austretenden Gasblasen zu zeigen. Es werden unter 
100 mm Quecksilberdruck langsam 150—250 cem per Minute Sauerstoff hineingeblasen. 
Im Anfang steigt evtl. der Druck auf einige Sekunden, wenn aber der Gasstrom seinen 
Weg durch die offenen Eileiter gefunden hat, so sinkt er wieder unter 100. Der in die 
Bauchhöhle gelangende Sauerstoff lagert sich meistens unter dem Zwerchfell ab. 
Zwischen der Leber und Zwerchfell kann man meistens bei der Durchleuchtung einen 
ein- bis zweifingerbreiten hellen Saum sehen. In den nichtoffenen Fällen steigt der 
Druck an und es gelangt kein Sauerstoff in die freie Bauchhöhle. Um diese Fälle besser 
zu kontrollieren, spritzt der Verf. für die Röntgenstrahlen opake Flüssigkeiten, wie 
Kollargol, Thorium und Bromid ein. Die Patienten haben keine nennenswerten Be- 
schwerden. 7 Röntgenogramme und eine Abbildung des Apparates. v. Lobmayer.°° 


2. Organische und funktionelle Erkrankungen des Uterus. 


Fuhrmann: Über Genitaltuberkulose des Weibes. Med. Klinik Jg. 17, Nr. 32, 
S. 955—958. 1921. 

Häufigkeit der Erkrankung an weiblicher Genitaltuberkulose: 3%. Eingehen auf 
die Wege, die für eine Infektiòn in Betracht kommen: Blut-Lymphbahn; Ascension, 
Descension. Intrauterine oder placentare Infektion möglich. Die konzeptionelle oder 
germinative Infektion, d. h. die Beimpfung des Eies mit Tuberkelbacillen, ist beim 
Menschen nicht erwiesen. Die Diagnose ist schwierig. Differential-diagnostisch kommt 
Gonorrhöe oder septische Erkrankung in Betracht. Suchen nach dem primären Herd!! 
Evtl. Punktion von der Scheide aus. Probecurettement: Kulturverfahren; Tier- 
versuch. Schließlich gibt die Tuberkulinreaktion zuweilen wertvollen Aufschluß. Für 
die Behandlung kommt Fuhrmann zu folgenden Leitsätzen: 1. Da die Genitaltuber- 
kulose bei der Frau — in 90% eine Tubentuberkulose — eine sekundäre Erkrankung 
ist, so ist der Status des Primärherdes für die Behandlung bestimmend. 2. Die Genital- 


Organische und funktionelle Erkrankungen des Uterus 177 


tuberkulose ist nicht ungeneigt spontan auszuheilen. 3. Die Behandlung ist die übliche 
Allgemeinbehandlung der Tuberkulose. 4. Operatives Vorgehen nur, wenn der Primär- 
herd es erlaubt und wenn ohne Operation Siechtum oder akute Lebensgefahr besteht. 
Schwängerung ist möglich, selbst bei Uterustuberkulose. Austragen ist möglich, 
Abort häufig. Im Wochenbett ist Ausbreitung, selbst miliare, der Tuberkulose zu fürchten. 
Heimann (Breslan). 

Kundrat, R.: Über Genitaltuberkulose des Weibes. (II. Univ.-Frauenklin., 
Wien.) Arch. f. Gynäkol. Bd. 114, H. 1, S. 51—104. 1921. 

Untersuchung von 66 Fällen von Tuberkulose des inneren Genitale bzw. des 
Peritoneums (Juni 1908 bis Ende 1918). Ausführliche Beschreibung des mikroskopischen 
Befundes. Am häufigsten sind die Tuben infiziert, dann der Uterus, schließlich in 
seltenen Fällen die Ovarien. Die Diagnose mit dem Ureteroskop meist nicht schwierig 
(Tuberkel, Riesenzellen, Verkäsung). Die Untersuchung auf Tuberkelbacillen fällt 
sehr häufig negativ aus, so daß Schottländer nicht den Hauptwert auf Bacillen, 
sondern die Anwesenheit von spezifisch tuberkulösen Produkten legt. Verschiedene 
Formen: katarrhalisch, miliar, diffus, käsig, fibroid. Alle sind Stadien eines Pro- 
zesses. Als wichtige Kombinationen mit anderen pathologischen Prozessen sind ver- 
zeichnet: Appendicitis, Myom, Adenomyometritis, Carcinoma colli. Schließlich geht 
Verf. auf die Fragen der primären und sekundären, asdendierenden und descendierenden 
Tuberkulose des weiblichen Genitales, des Infektionsmodus sowie der Ausbreitung am 
Geschlechtsapparat selbst ein. Zum Schluß erwähnt Verf. noch die Hypoplasie, die 
als prädisponierend für die tuberkulöse Infektion gilt. Der Grund dafür liegt wohl in 
der schlechten Blutversorgung des hypoplastischen Organs. Heimann (Berlin). 

Pestalozza, E.: La tubereulosi genitale femminile. (Die Genitaltuberkulose 
der Frau.) (XXI. congr. d. soc. ital. di ostetr. e ginecol., Trieste, 9.—11. X. 1921.) 
Riv. di ostetr. e ginecol. prat. Jg. 3, Nr. 12, S. 509—517. 1921. 

Leitsätze des Referates: a) Häufigkeit: 1. Ungefähr 10%, aller tuberkulösen 
Frauen leiden an Genitaltuberkulose. 2. Die italienischen Statistiken zeigen eine größere 
Häufigkeit als die der anderen Länder. 3. Die Genitaltuberkulose befällt vor allem 
jugendliche Individuen und kommt selbst bei Kindern vor. 4. Das am häufigsten 
ergriffene Organ ist die Tube. Von der Lokalisation im Uterus hat in den letzten Jahren 
die Tuberkulose der Portio erhöhte Bedeutung erlangt. Die extreme Seltenheit der 
echten Eierstocktuberkulose wird mehr und mehr bestätigt. b) Ätiologie: 1. Die Hetero- 
infektion des weiblichen Genitaltraktus gehört zu den seltenen Ausnahmefällen; der 
größte Teil der Genitaltuberkulosen beruht auf Autoinfektion. 2. Etwa /, aller Fälle 
von Genitaltuberkulose ist kombiniert mit Peritonealtuberkulose. In diesen Fällen 
ist aller Wahrscheinlichkeit nach die Infektion des Peritoneums auf dem Blutwege 
erfolgt; das Genitale ist erst sekundär entweder direkt oder auf dem Lymphwege 
ergriffen worden. Das Übergreifen einer Genitaltuberkulose auf das Peritoneum gehört 
zu den Seltenheiten. 3. In etwa ?/, aller Fälle hängt die Genitaltuberkulose nicht mit 
einer peritonealen Infektion zusammen, sondern ist meist auf dem Blutwege, weniger 
häufig von der Nachbarschaft (Darm) her, entstanden. 4. Die kombinierte Peritoneum- 
Genitaltuberkulose sowohl als auch die einfache Genitaltuberkulose ergreifen ın der 
Regel deszendierend, — zuweilen auch auf dem Lymphwege — die tieferen Genital- 
abschnitte. c) Die Genitaltuberkulose der Kinder: 1. Die Genitaltuberkulose 
ist bei Mädchen in der Kindheit und in der Zeit vor der Pubertät viel häufiger als man 
gewöhnlich glaubt. 2. Wenn das Kind nicht der tuberkulösen Infektion erliegt, dann 
kann die Genitaltuberkulose ausheilen. Freilich hinterläßt sie überaus häufig Residuen; 
ferner kann sie auch nur latent werden. 3. Unter den Folgezuständen der kindlichen 
Genitaltuberkulose ist von besonderer Bedeutung die Atresie der Uterushöhle. Dadurch 
werden natürlich alle Funktionen des Organs vernichtet. Wenn die Atresie auf den 
inneren Muttermund beschränkt ist, dann kommt es nicht selten zu Pyometra. 4. Ein 
anderer häufiger Folgezustand ist Hypoplasie des Genitales und im besonderen 


Jahresbericht f. d. ges. Gynäkologie 1921 12 


178 Pathologie des Uterus. 


des Uterus. Diese letztere hat häufig Dysmenorrhöe zur Folge. 5. Neben der genitalen 
Hypoplasie ist der Zustand der Ovarien zu berücksichtigen. Diese werden zwar nur 
selten von dem tuberkulösen Prozeß selbst ergriffen, sie leiden in ihrer Funktion aber 
häufig durch perioophoritische Adhäsionen. 6. Blutcysten des Corpus luteum und 
Tuboovarialcysten sind eine hier nicht seltene Spätfolge von alten tuberkulösen Pro- 
zessen. 7. Auf alte, erloschene Genitaltuberkulosen sind häufig die intramuralen und 
vielleicht auch manche adenomyomatöse Tumoren der Tubenwinkel zurückzuführen. 
8. Operatives Vorgehen gegen Hypoplasien, die auf einen alten tuberkulösen Prozeß 
zurückzuführen sind, kann bei Latenz der Erkrankung sehr gefährlich werden. — 
Pathologische Anatomie: 1. Unter den tubaren Lokalisationen ist am häufigsten 
die Sactosalpınx des Tubenendes (,la sactosalpinge terminale“). Diese schafft eine 
gewisse Disposition für Stieldrehungen. 2. Als besondere Form muß die konfluierende 
Sactosalpinx (‚la sactosalpinge confluente‘) erwähnt werden. 3. Die Tuberkulose führt 
unter gewissen Umständen durch Übergreifen auf die Umgebung zu Pseudotumoren. 
4. Neben der käsigen Form der Tuberkulose muß die papilläre (oder vegetierende) Form 
erwähnt werden. Diese kann auch zu Pseudoascites führen. 5. Häufig ist die knotige 
interstitielle oder intramurale Form der Tuberkulose. Diese ist häufig mit Adeno- 
myositis der Tubenwinkel kombiniert. Diese letztere Erkrankung kann sich bisweilen 
auch an eine Extrauteringravidität anschließen. 6. Die echte und primäre Eierstocks- 
tuberkulose ist selten; ziemlich häufig sind aber periophoritische Adhäsionen. Diese 
können die Ernährung und die Funktion des Ovarıums beeinflussen. 7. Die tuber- 
kulöse Endometritis hat so gut wie immer die Tendenz, in der Höhe des inneren Mutter- 
mundes abzuschneiden. Sie führt häufig zu einer Obliteration der ganzen Uterushöhle 
oder nur des inneren Muttermundes mit Pyomatra. 8. Die Tuberkulose kann sich auch 
im Myometrium lokalisieren. Sie gelangt auf dem Lymphwege dorthin. 9. Die Tuber- 
kulose der Portio ist in ihrer häufigsten Form, der papillären, durchaus nicht so selten 
als man allgemein glaubt. Die italienische Gynäkologie hat das Verdienst, diese Form 
besonders eingehend studiert und ihr die verdiente klinische Würdigung verschafft zu 
haben. 10. Die Bauchfelltuberkulose hat die Tendenz sich besonders im kleinen Becken 
zu lokalisieren. 11. Unter den akzidentellen Komplikationen der Genitaltuberkulose 
haben besondere Bedeutung: die Fibrome, die Ovarialeysten, das Carcinom und 
die Darm -Genitalfisteln. — Symptome. Amenhorrhböe bei der Genital- 
tuberkulose. 1. Primäre oder sekundäre, vorübergehende oder dauernde Amenorrhöe 
ist eines der wichtigsten Symptome der allgemeinen Genitaltuberkulose. 2. Auch der 
verzögerte Eintritt der Pubertät ist in gewissem Sinne charakteristisch für Genital- 
tuberkulose. 3. In einer erheblichen Anzahl von Fällen gelingt es eine vorhandene 
Amenorrhöe auf eine tuberkulöse Affektion der Genitalorgane zurückzuführen. 4. Unter 
den lokalen tuberkulösen Veränderungen, die zu primärer Amenorrhöe führen, nehmen 
die partiellen oder totalen Atresien des Cavum uteri eine wichtige Stellung ein. Sie 
entstehen durch tuberkulöse Schleimhautprozesse und pflegen in der Höhe des inneren 
Muttermundes Halt zu machen. 5. Eine weitere Form der Tuberkulose, die leicht zu 
primärer oder sekundärer Amenorrhöe führt, ist die des Collum, besonders in ihrer 
papillären Form. 6. Auch die tuberkulöse Endometritis ist, selbst wenn sie nicht zur 
Atresie führt, recht häufig von Amenorrhöe, viel seltener von Menorrhagien gefolgt. — 
Prognose: 1. Die Genitaltuberkulose ist ein hinterlistiger Feind der Gesundheit und 
der sexuellen Zukunft der Frau, und zwar schon von frühester Jugend an. 2. Selten 
ist sie die direkte Todesursache; unter gewissen Umständen jedoch (interkurrente 
Erkrankungen, Pubertät, Klimakterium, Niederkünfte, Traumen) kann sie wieder 
aufflackern und sehr gefährlich werden. 3. Die Genitaltuberkulose verursacht, besonders 
dann, wenn sie auf das Peritoneum übergegriffen hat, starke Beschwerden und voll- 
kommene Arbeitsunfähigkeit. — Prophylaxe und Therapie: 1. Alle prophylak- 
tischen Maßnahmen, die darauf abzielen, das Kindesalter überhaupt vor Tuberkulose 
zu bewahren, vermindern auch die Häufigkeit der Genitaltuberkulose. 2. Bei jedem 


Organische und funktionelle Erkrankungen des Uterus. 179 


jugendlichen weiblichen Individuum, das manifeste oder latente tuberkulöse Herde 
aufweist, sind operative Eingriffe am Genitale, insbesondere solche zur Behebung von 
Dysmenorrhöe und Sterilität zu vermeiden. 3. Die Genitaltuberkulose darf therapeutisch 
nur auf internem Wege (Jodkuren, Heliotherapie, Badekuren) angegangen werden. 
4. Die Strahlentherapie hat gute Resultate in der Behandlung der Peritonealtuberkulose 
vezeitigt. Auch in der Behandlung der Genitaltuberkulose hat.sie Erfolge aufzuweisen, 
besonders nach nicht radikalen operativen Eingriffen. 5. Die operative Behandlung 
ist durchaus gerechtfertigt bei der lokalısierten Collum- und Endometriumtuberkulose. 
Sie besteht hier in der Collumamputation oder in der Abrasio. 6. In allen anderen Fällen 
von Genitaltuberkulose ist nur bei sehr großen Beschwerden und bei Arbeitsunfähigkeit 
eine operative Behandlung angezeigt. Diese besteht in der Laparatomie. Sind starke 
Verwachsungen vorhanden, dann beschränkt man sich nur auf eine Probelaparatomie ; 
bei Tuberkulose der Adnexe werden diese reseziert; ist auch der Uterus ergriffen, so 
wird er abgetragen. Drainiert wird am besten nicht, jedoch empfiehlt es sich, vor 
Schluß der Bauchhöhle Äther einzugießen. 7. Die Gefahr der operativen Entfernung 
der Adnexe ist nicht sehr hoch; die relative Mortalität überschreitet nıcht den Wert 
von 2%. 8. Die radikaleren Verfahren haben eine primäre Mortalität bis zu 10%. 
9. Zu den unmittelbaren Gefahren gehört auch die Entstehung von Darmfisteln. 
10. Die mittelbaren und unmittelbaren Gefahren der Operation erfordern eine strenge 
Indikationsstellung und drängen zu einem weiteren Ausbau der strahlentherapeutischen 
Methoden. 


Diskussion: Bertolini (Alexandria) hat unter 40 Genitaltuberkulosen 15 mal eine 
Beteiligung des Peritoneums gesehen. In keinem seiner Fälle handelte es sich um eine pri- 
märe Infektion des Genitales. Die hämatogene Infektion ist seltener als die per contiguitatem. 
— Clivio (Genua) sah bei einer Frau, die vor 7 Jahren an einer Wirbeltuberkulose gelitten 
hatte, eine Portiotuberkulose. Bei der Operation zeigte sich eine ausgesprochene Bauchfell- 
tuberkulose mit einem kleinen Absceß von käsigem Eiter an der Hinterfläche des Uterus. — 
D’Erchia (Bari) behandelt die einfachen Erosionen, ebenso wie die papilläre Form der Portio- 
tuberkulose mit dem Thermokauter und hat davon sehr gute Resultate gesehen. — De Pace 
(Brindisi) sah einen Fall von Peritonealtuberkulose mit besonderer Beteiligung der Fossa 
vesico-uterina, aber vollkommen intakten Genitalien. — Truzzi (Padua) zieht ebenfalls die 
interne Behandlung der chirurgischen vor. Insbesondere sah er Gutes von der Heliotherapie, 
aber auch die Strahlentherapie und Jod-Arsenkuren zeitigen schöne Erfolge. Truzzi erwähnt 
weiter eine von Prof. Zaniboni inaugurierte Methode. Diese besteht in subcutanen Injek- 
tionen von Serum, das durch Zugpflaster gewonnen wurde. Die Resultate sind gut, ihre Er- 
klärung ist unsicher. — Mangiagalli (Mailand) spricht sich für eine konservative chirurgische 
Therapie aus. Der internen Therapie gehört mehr die Zukunft. — Bertino (Parma) sah eine 
Tuberkulose der Bartholinischen Drüse. — Cuzzi (Mailand) sah einen Fall von Uterustuber- 
kulose, bei dem 14 mal die Abrasio vergebens gemacht worden war, unter Strahlenbehandlung 
so vollständig ausheilen, daß Schwangerschaft und Geburt nachfolgte. In anderen Fällen ver- 
sagte die Strahlentherapie. — Ferroni (Florenz) verfügt über ein Material von 180 Genital- 
tuberkulosen, darunter 31 Endometriumtuberkulosen. Die Strahlentherapie ist gut in den 
Fällen von tuberkulöser Peritonitis nach Entfernung des Ascites per laparatomien, dagegen 
versagt sie bei Tuberkulose. Die Operationsmortalität betrug bei den schweren Fällen 11%, 
in den lokalisierten oder weniger schweren 2%. Von den operierten Kranken starben 4%. 

Nürnberger (Hamburg). 


Schröder, R.: Über die Pathogenese der Uterustuberkulose. (Univ.-Frauenklin., 
Rostock.) Monatsschr. f. Geburtsh. u. Gynäkol. Bd. 55, H. 1, S. 15—24. 1921. 

Bei der Klärung der Frage ‚„‚Pathogenese‘‘, „Infektionsweg‘‘ usw. muß der Menstruations- 
zyklus in erster Linie berücksichtigt werden. Unter 7000 Fällen 44 Genitaltuberkulosen, in 
denen Tuben, Ovarien und Endometrium zur Verfügung standen, sämtlich Frauen im ge- 
schlechtsreifen Alter. 27 hatten normale Regel, 4 eine Amenorrhöe von 6—8 Wochen, 12 eine 
solche von vielen Monaten, einmal fand sich eine 3monatliche mittelstarke Metrorrhagie. Für 
die wirkliche Erkennung, ob der mensuelle Zyklus erhalten ist und wie er abläuft, kann nur das 
anatomische Studium der Ovarialzyklusstadien bzw. der Uterusschleimhaut maßgebend sein. 
Folgendes Resultat: A. In 29 Fällen war der Ovarialzyklus intakt; darunter war 11 mal die Zyklus- 
reaktion des Endometriums völlig ungeklärt, ob wohl es sich um schwere tuberkulöse Tuben- 
prozesse gehandelt hat. In 12 Fällen konnte gesehen werden, daß tuberkulöse Eruptionen 
den Zyklusablauf nicht allzu schwer zu schädigen brauchen, sondern oft nur lokale Störungen 
machen, bestehend in der Eruption von Epitheloidzellentuberkelknötchen. 5mal konnte 


12* 


180 Pathologie des Uterus. 


ein im Ablauf begriffener Ovarialzyklus durch die entsprechenden Follikel und Corpora lutea 
nachgewiesen werden. Das Endometrium war hierbei auf schwerste mit Tuberkelknötchen 
durchsetzt und zeigte keinerlei Proliferation. B. In 2 Fällen Amenorrhöe seit einigen Monaten 
— Verzögerung des Ovarialzyklus. Im Endometrium deutlich proliferierte Funktionalis- 
schichten. C. Der Ovarialzyklus ist unterbrochen oder völlig aufgehoben — 13 Fälle. Meist 
handelt es sich hierbei um eine funktionelle Unterbrechung und selten hochgradige Parenchym- 
zerstörung. Im Endomet:ium keine proliferierende oder sezernierende Funktionalis, die 
Schleimhaut ist dauernd niedrig wie im Status post desquamationem. Bezüglich des Weges 
glaubt Schröder auf Grund der Untersuchungen, daß der Iympho- bzw. hämatogene Weg 
gegenüber dem intracanaliculären stark in den Vordergrund tritt. Heimann (Breslau). 


Bertolini, G. Anatomisch-pathologische Beiträge zur weiblichen Genitaltuber- 
kulose. (Univ.-Frauenklin., Berlin.) Zentra!bl. f. Gynäkol. Jg. 45, Nr. 51, S. 1830 
bis 1837. 1921. 

55 Fälle, die an mit Hämalaun-Eosin, nach van Gieson und Pappenheim 
evtl. nach Ziehl- Nelson auf Tuberkelbacillen gefärbten Schnitten untersucht 
wurden. Die einzelnen Organe waren beteiligt: 


Peritoneum . . . 2... 43. 2. ‚Portio sa s u wear l 
Tübe: 2-0, 4 a8 e 19 | Ovarium... 2 220. 7 
Corpus: s-a q er ee 7 | Valva er ar ae l 
Cervi o e d = a iaa una 4 | Vagina.. u. en — 


Außerdem 3 Fälle von Darmtuberkulose. Makroskopische Diagnose sehr schwer. 
Dicker, käsiger Eiter war nur vereinzelt vorhanden, in einigen Fällen war das Fimbrien- 
ende offen. Also methodische Untersuchung notwendig!! Eingehen auf Einzelheiten 
in den mikroskopischen Befunden. Bezüglich des Alters standen 2 vor Vollendung des 
2. Jahrzehntes, 16 im 3., 15. im 4. Jahrzehnt. Höhepunkt zwischen dem 20. und 40. 
Lebensjahr. In keinem einzigen Falle kann mit Sicherheit eine primäre Infektion 
der Genitalien und ein Aufsteigen des Prozesses angenommen werden. Die hämatogene 
Infektion scheint gegenüber der sekundären Infektion der Eileiter durch Eintauchen 
des Fimbrienbeinendes in die peritoneale Flüssigkeit oder durch Einsch wemmen derselben 
in den Tubentrichter erheblich zurückzutreten. Die Peritonealtuberkulose entstammt 
überwiegend bereits dem Kindesalter. Die Hypoplasie der Genitalien ist in manchen 
Fällen die Folge der tuberkulösen Infektion, in anderen scheint sie dieselbe zu be- 
günstigen. Heimann (Breslau). 

Freund, H.: Zur Diagnose und Behandlung der weiblichen Unterleibs- und 
Genitaltuberkulose. Allg. med. Zentral-Zeit. Jg. 90, Nr. 38, S. 223—225. 1921. 

Eine primäre Erkrankung der Scheide oder des Gebärmutterhalses durch den 
Geschlechtsverkehr mit an Hodentuberkulose leidenden Männern ist selten. Die weib- 
liche Urogenitaltuberkulose ist vielmehr fast ausnahmslos sekundär entstanden. Sie 
ist fast immer mit Tuberkulose des Bauchfelles vergesellschaftet. Zuerst und am 
schwersten finden wir die Eileiter erkrankt, demnächst die Uterusschleimhaut, zuletzt 
die Eierstöcke. Bei der Diagnosenstellung ist daran zu denken, daß, abgesehen von 
vorausgegangenen Infektionskrankheiten die auf Infantilismus und auf Altersver- 
änderungen beruhende Hypoplasie der Genitalien zur Tuberkulose disponiert. Der 
Nachweis von Tuberkelbacillen im Fluor gelingt nur selten, Verwechslungen mit 
Smegmabacillen kommen vor. Auffallend häufig sind Frauen mit Genitaltuberkulose 
steril. Brauchbar erwiesen hat sich eine diagnostische Impfung der Portio vaginalıs 
mit Alttuberkulin nach v. Pirquetschem System; ist die entstehende Pustel markant 
gerötet, der periphere Hof zweifellos vorhanden, muß die Reaktion als positiv an- 
gesehen, das Vorhandensein einer Genitaltuberkulose angenommen werden. Freund 
hat von 5 Fällen mit positiver Reaktion 4mal die Diagnose durch die Operation be- 
stätigt gefunden, obwohl die cutane Tuberkulinreaktion negativ ausgefallen war, 
während der fünfte Fall wegen zu weit vorgeschrittener Lungentuberkulose nicht 
mehr operiert werden konnte, die Diagnose aber nicht zweifelhaft war. Bei gynäko- 
logischer Untersuchung weisen Tuben und Ovarien fast stets beiderseitige Tumor- 
bildung auf, die bald knotig, uneben, bald cystös auftritt. Manchmal lassen sich vom 


Organische und funktionelle Erkrankungen des Uterus. 181 


Mastdarm aus Knötchen im Peritonealüberzug der Organe deutlich tasten. Die sub- 
jektiven Beschwerden können dabei merkwürdig gering sein. Therapeutisch empfiehlt 
sich Allgemein- und Tuberkulinbehandlung, obenan steht die Anstalts-, Heilstätten- 
und Bäderbehandlung, günstige Wirkung wurde auch von Schmierseifeneinreibungen 
und Strahlentherapie gesehen, doch erfordert Röntgentiefenbestrahlung große Vorsicht. 
Sınd die Höhlenauskleidungen der Tuben und der Gebärmutter oder das Eierstock- 
stroma ergriffen, so ist bei fortdauerndem Fieber, großen Schmerzen, Funktionsstörungen, 
Perforationen und starkem Kräfteverfall die Operation angezeigt, doch sind schwere 
Komplikationen seitens anderer Organsysteme als Gegenanzeige gegen operative Ein- 
griffe anzusehen. Scherer (Magdeburg)., 

Cusmano, Ferdinando: Tre casi di tubercolosi dell’utero. (Drei Fälle von Uterus- 
tuberkulose.) (Osp. civ. S. Saverio, Palermo.) Riv. d’ostetr. e ginecol. prat. Jg. 3, 
Nr. 7, S. 270—274. 1921. 


Kasuistische Beiträge: Fall 1: 27 Jahre alte II-Para. Seit 5 Monaten amenorıhoisch. 
Kommt mit der Diagnose Collumcarcinom. Portio ulceriert, mit eitrigen Membranen bedeckt, 
bei der Berührung blutend. Parametrien und Adnexe frei. Wegen des Aussehens der Portio 
wurde die Vermutungsdiagnose Tuberkulose gestellt. Die Probeexcision ergab tuberkulöses 
Granulationsgewebe. Allgemeine und lokale Behandlung mit Jod. Heilung. Fall 2: 35 Jahre 
alte I-Para. Immer regelmäßig menstruiert. Seit einem Monat gelblichweißer Fluor mit Blut’ 
vermischt. Portio normal, Uterus leicht vergrößert, beide Adnexe verdickt. Im Cervicalkanal 
polvpöse, leicht blutende Massen, die sich bei der mikroskopischen Untersuchung als tuber- 
kulöses Gewebe erweisen. Totalexstirpation. In den Tuben käsiger Eiter. Im aufgeschnittenen 
Uterus fanden sich im Cervicalkanal und an den beiden Tubenecken mißfarbene, unregelmäßige, 
eitrig belegte Ulcerationen. Die mikroskopische Untersuchung ergab die charakteristischen 
histologischen Zeichen der Tuberkulose. Ein Monat nach der Operation Douglasabsceß, der 
durch Kolpotomie entleert wird. Heilung. Fall 3: 32 Jahre alte II-Para. Seit 12 Jahren in 
zweiter Ehe steril verheiratet. Seit etwa 5 Jahren reichlich gelblichweißer Ausfluß. Uterus 
von normaler Größe, Form und Konsistenz; Adnexe frei. An der hinteren Muttermundslippe 
kleine papilläre Exkrescenzen, die bei Berührung leicht bluten. Die mikroskopische Unter- 
suchung ergab epithelioides Gewebe mit Riesenzellen. Die Patientin entzog sich der in Aus- 
sicht genommenen Collumamputation. Nürnberger (Hamburg). 

Lorrain et Blot: Tuberculose de l’uterus et des trompes. (Tuberkulose des 
Uterus und der Tuben.) Bull. et mém. de la soc. anat. de Paris Bd. 18, Nr. 7, S. 346 
bis 347. 1921. 

Rudeloff, Max: Ein Beitrag zur Diagnose der weiblichen Genitaltuberkulose. 
(Univ.-Frauenklin., Jena.) Zentralbl. f. Gynäkol. Jg. 45, Nr. 24, S. 854—858. 1921. 

Viana, Odorico: Note su alcuni casi di tubercolosi genitale e peritoneale. (Maternità 


prov., Verona.) Riv. d’ostetr. e ginecol. prat. Jg. 3, Nr. 11, S. 473—489. 1921. 


Douay, E.: Métrite du col (endocervicite). (Endometritis des Collum uteri.) 
Gynécol. et obstétr. Bd. 4, Nr. 2, S. 135—141. 1921. 

Eine der häufigsten gynäkologischen Erkrankungen ist die Endometritis des Collum 
uteri. Doua y unterscheidet drei Grade: die akute, die subakute und die anı schwersten 
zu heilende, die chronische Endometritis. Bei der akuten und subakuten genügen 
meist therapeutische Maßnahmen. Besonders empfiehlt Douy Spülungen mit 80/9- 
Pikrinsäure, die die Schleimhaut leicht zur Abstoßung bringt. Er lehnt das Curette- 
ment wegen der oft gefährlichen Läsionen durch dasselbe ab und rät zu Heißluftbehand- 
lung. Diathermie, Glycerin und Glycerinniischung-Tampons, Saughehandlung, Stifte, 
Kauterisiation usw. Als letztes Mittel zur Heilung, namentlich der chronischen Endo- 
metritis, gibt es nur die versch. chirurgischen Methoden der Amputation des Collum 
uteri. Er erwähnt verschiedene Operationsmethoden, die dann den vaginalen Teil 
des Collums mit dem uterinen verbinden. Er hält die Ponëysche Operation für die 
ıdealste, aher schwierigste in der Ausführung. Sie wird vereinfacht durch Poceis 
Lappenvereinigung oder durch Ja yles und Simons Methode in Lokalanästhesie. 
Die Schroedersche Operation bedingt eine starke Dilatation des Collum und zer- 
reißt Jeicht die Muskulatur des Orific. int. Sie wird von Pinard und dem Deutschen 
Groeffe als Sterilisationsuperation abgelehnt. In mancher Beziehung bieten die 


182 Pathologie des Uterus. 


ÖOperationsmetlioden von Mattheus (aus Brooklyn), Sturmdorf (Neuyork) und 
Curtis (Chikago). die an die vor 20 Jahren sehr beliebte Pon&y-For:;xuc«sche Opera- 
tion anknüpfen, große Vorteile. Heimann (Breslau). 

Byford, Henry T.: The cure of cervical endometritis by the aid of multiple 
scarification. (Die Behandlung der cervicalen Endometritis mit Hilfe der multiplen 
Skerification.) Illinois med. journ. Bd. 40, Nr. 3, S. 187—189. 1921. 

Byford, Henry T.: The eure of cervical endometritis by the aid of multiple 
scarification. Chicago med. rec. Bd. 43, Nr. 8, S. 511—513. 1921. 

Der Verf. behandelt die cystische Degeneration der Cervix durch Punktion (Stiche- 
lung) und lokalen Anreiz. 50—100 Stichelungen in das erkrankte Gewebe werden in 
kurzer Folge ausgeführt, so daß die Behandlung bis weit in die Infiltrationen hinauf- 
dringen kann. Die Behandlung kann in der Sprechstunde ausgeführt werden. Der 
Verf. betont zusammenfassend, daß er diese Behandlung für ratsam hält in Fällen, in 
denen Operation nicht in Betracht kommt und zwar nur bei beschränkter cystischer 
Degeneration. Sein Bemühen ist nicht so sehr die Lokalbehandlung auszudehnen, als 
sie wirksam zu gestalten. F. Heimann (Breslau). 

Pust, W.: Die Behandlung der Cervixerkrankungen mit Hilfe von Celluloid- 
kapseln. (Frauenklin. Prof. Busse, Jena.) Münch. med. Wochenschr. Jg. 68, Nr. 42, 
S. 1362—1363. 1921. 

Die schlechte Heilung der Cervixerkrankungen rührt daher, daß die Portio ständig 
in Eiter oder sauren Scheidenschleim eintaucht, daher Abschluß der Cervix nach außen 
notwendig. Verwendung von kleinen durchsichtigen Celluloidkappen. 3 Größen, 
Halbhohlkugelform !/, mm Dicke. Bei der Applikation saugen sich die Kappen schnell 
an. Zur Behandlung werden die Kappen entfernt, nachher wieder darauf gedrückt. 
83 Fälle mit 432 Einzelbehandlungen. Bei Gonorrhöe sehr gute Erfolge, so daß Verf. 
diese Maßnahmen für die Tripperbekämpfung besonders der Prostituierten empfiehlt. 

Heimann (Breslau). 

Rundle, G. W.: A new treatment for chronic cervieitis and endometritis. 
(Eine neue Behandlung der chronischen Cervicitis und Endometritis.) Lancet Bd. 201, 
Nr. 16, S. 802. 1921. 

Cervicitis und Endometritis der Frau sind sehr schwer zu behandeln. Wird die 
Krankheit auch in erster Linie durch den Gonokokkus verursacht, so findet man doch, 
wenn die Patientinnen zur Untersuchung kommen, meist nur gemischte Organismen 
von geringer Bedeutung. Von 100 Patientinnen wiesen vor der Behandlung 11 Gono- 
kokken auf, nach der Behandlung keine. Durch Einlegen von Stäbchen ließ der Aus- 
fluß nach, und evtl. vorhandene Erosionen wurden geheilt. Einen Monat lang wurde 
jeden Abend ein Stäbchen eingelegt. Bei weiteren Serien hielt Verf. es für ratsam, 
am folgenden Morgen Spülungen zu verordnen. Die Fälle wurden nach der Behandlung 
einmal im Monat klinisch und bakteriologisch kontrolliert. Bei allen Patientinnen 
ließ der Ausfluß nach einer Woche nach. In 8 Fällen zeigte sich eine lokale Dermatitis, 
die, sobald das Stäbchen wieder verordnet wurde, wiedererschien. Durch Kalmeı- 
bäder ging die Entzündung schnell zurück. Heimann (Breslau). 

Oppenheimer, Walter: Übermäßige Hyperplasie des Endometriums. (Pathol. 
Inst., städt. Krankenh., Danzig.) Frankfurt. Zeitschr. f. Pathol. Bd. 26, H. 2, S. 275 
bis 284. 1921. 


Öperationspräparat. Der Uterus mit den Adnexen wurde einer 21jährigen Frau wegen 
Blutungen exstirpiert. Die Schleimhaut ist, wie man am aufgeschnittenen Präparat sieht. 
sehr stark gequollen; ihre Dicke beträgt 22—25 mm. Die Ovarien sind vergrößert, zum Teil 
cystisch degeneriert. Mikroskopisch zeigt sich eine enorme cystische Drüsenhyperplasie. Plas- 
madezidua-Riesenzellen fehlen, sicher nichts Malignes. Im Stroma keine Entzündungs- 
vorgänge. Diagnose: Endometritis fungosa (Olshausen). Die Ursache liegt in einer inner- 
sekretorischen Störung des Ovars, in diesem Fall spielt vielleicht die cystische Entartung 
eine Rolle. Eingehen auf die Lehren Hitschmanns und Adlers zur Frage der Endometritis. 
Besprechung der einschlägigen Literatur. Verf. stellt zur Beurteilung der Erkrankung der 
Uterusmucose folgende Leitsätze auf: 


Organische und funktionelle Erkrankungen des Uterus. 183 


I. Es ist die Menstruationsphase zu berücksichtigen. II. Als pathologisch sind 
zu bezeichnen: 1. echte Entzündung der Schleimhaut (immer interstitiell), Dia- 
gnose: Plasmazellen, zahlreiche Leukocytenherde; 2. Hyperplasien, vom Auftreten 
prämenstrueller Schwellungen im Postmenstruum, Intervall und Menopause (Phasen- 
verschiebung) bis zu den stärksten Graden von fungösem Typ. III. Auch im Stroma 
hvperplastischer Schleimhäute können sich Zeichen von Entzündung finden. Beide 
Prozesse haben keinen ursächlichen Zusammenhang. IV. Die Endometritis wird durch 
Infektion verursacht; wahrscheinlich spielen innersekretorische Störungen des Ova- 
riums eine Rolle. Heimann (Breslau). 

Meyer, K.: Über den Einfluß der Menstruation auf die Chronizität der eitrigen 
Endometritis. (Geburtsh. Abt., Kantonspit., Winterthur.) Schweiz. med. Wochenschr. 
Jg. 5l, Nr. 42, S. 968—970. 1921. 

Einschlägiger Fall. Heilung durch Kastration. Heimann (Breslau). 


Fischer, Max, Über Pyometra. (Univ.-Frauenklin., Greifswald.) (Dissertation: 
Greifswald 1921.) 


Keith, D. Y.: Uterine hemorrhage — its cause, significance and control. 
(Uterine Blutungen, ihre Ursache, Bedeutung und Kontrolle.) Americ. med. Bd. 16, 
Nr. 8, S. 421—426. 1921. 

Uterusblutungen können verschiedene Ursachen haben: Krebs, Placentareste, 
extrauterine, submuköse Fibrome, chronische Erkrankung der Eierstöcke und Tuben 
oder spezielle Uterushämorrhagie. Krebs ist die ernsteste Form der Uterusblutungen, 
und jede Frau sollte den Arzt befragen, wenn die Blutungen besonders stark und an- 
haltend sind. Dies ist meist das erste Anzeichen. Bei Myomen tritt die Blutung 
noch stärker auf mit Abgang von Stücken. Bei Frauen, die nicht geboren haben, ist 
Krebs der Cervix seltener. Alte Zerreißungen, gutartige Tumoren oder Polypen 
verursachen Blutungen nach einer Anstrengung. Funktionelle Hämorrhagie tritt 
besonders an den beiden wichtigsten Punkten des menstruellen Lebens der Pubertät 
und der Menopause auf. Curettieren hilft nur selten. Für die Diagnose kann es 
bei der Menopause von Wichtigkeit sein. Heute gibt es nur wenige, die die Wichtigkeit 
des Radiums und der Röntgenstrahlen für die Therapie bezweifeln. Viele Fälle sind 
damit für lange Zeit geheilt worden. Bei inoperablen Carcinomen werden die Be- 
schwerden geringer und der Einfluß läßt nach. Durch Radiumbehandlung werden 
mehr Erfolge erzielt als durch Operation. Beim Wertheim ist die Sterblichkeit sehr groß, 
als Folge der Operation treten oft Fisteln auf. Bei Radiumbehandlung ist der Prozent- 
satz der Heilerfolge viel größer, trotzdem der größte Teil der Fälle inoperabel ist. Kom- 
binierte Radium- und Röntgenbehandlung soll die Operation ersetzen, mag der Krebs 
im Beginn oder fortgeschritten sein. Bei Hämorrhagie hatte der Verf. mit Bestrahlung 
gute Erfolge. F. Heimann (Breslau). 

Savill, Agnes: Uterine haemorrhage and its treatment by the galvanic current. 
(Die Behandlung uteriner Blutungen mit galvanischem Strom.) Practitioner Bd. 107, 
Nr. 4, S. 256—263. 1921. 


Empfehlung der intrauterinen Galvanisation bei atypischen Uterusblutungen und dys- 
menorrhoischen Beschwerden. Hornung (Kiel). 


Fouveau de Courmelles: Uterine hemorrhages and their physiotherapeutic 
treatment. (Uterusblutungen und ihre physiko-therapeutische Behandlung.) Americ. 
journ. of electrotherapeut. a. radiol. Bd. 39, Nr. 8, S. 326—332. 1921. 

Verf. tritt in der allgemein gehaltenen Arbeit warm ein für die schon früher von 
ihm empfohlene Behandlung von Uterusblutungen mit faradischem und galvanischem 
Strom (eine Elektrode intrauterin), für die elektrolytische Applikation von Medika- 
menten mit Hilfe löslicher intrauteriner Elektroden, für die Behandlung mit Blau- und 
Rotlicht. Bestimmte Indikationen werden nicht gegeben. Die allgemeinen Gesichts- 
punkte der modernen Strahlenbehandlung (Röntgen, Radium, Mesothorium) werden 
dargelegt ohne spezielleres Eingehen auf Technik und Indikationsstellung. Hornung. 


184 Pathologie des Uterus. 


Seott, W. A.: Hemorrhage from the nonpregnant uterus in the absence ol a 
neoplasm. (Blutungen am nichtschwangeren Uterus beim Fehlen von Neubildungen.) 


Americ. journ. of obstetr. a. gynecol. Bd. 2, Nr. 5, S. 479—489. 1921. 

Auf Grund mikroskopischer Untersuchungen kommt der Verf. zu der Ansicht, daß eine 
einheitliche, histologische Grundlage für die idiopathischen Uterusblutungen nicht besteht. Am 
häufigsten findet er noch die glanduläre Hyperplasie. Behandlung: Operation oder Bestrahlung. 

Liegner (Breslau). 


Fuchs, Dora, Spirochaeta pallida-Befunde im Cervicalkanal bei primärer Lues. 
(Univ.-Hautklin., Breslau.) (Dissertation: Breslau 1921.) 


Amenorrhöe, Dysmenorrhöe. 


Lingen, Leo v.: Kriegsamenorrhöe in Petersburg. Zentralbl. f. Gynäkol. Jg. 45, 
Nr. 35, S. 1247—1248. 1921. 


Ijin, F.: Die Amenorrhöe der Kriegszeit. Sbornik rabot po akuscherstwu 
i ginekol. Bd. 1, S. 10—16. 1921. (Russisch.) 

Die Fälle von Amenorrhöe nahmen seit dem Jahre 1917 ganz besonders an Zahl 
zu. Diese häufige Amenorrhöe der Kriegszeit läßt sich nicht durch gewöhnliche Ur- 
sachen erklären. Der Weltkrieg mit seinen Entbehrungen, Unterernährung, angestreng- 
ter Arbeit und Nervenerschütterungen hat hier ein Experiment in grandiosem Maßstabe 
angestellt. In Rußland ist erst in der letzten Zeit, wo der Literaturaustausch wieder 
begonnen bat, bekannt geworden, daß die Frage der Amenorrhöe der Kriegszeit auch 
in Deutschland eifrig diskutiert wurde. Den Anfang mit den Veröffentlichungen über 
die Kriegsamenorrhöe machte Dietrich im Jahre 1917, ihm folgten eine Reihe von 
Arbeiten. Diese Kriegsamenorrhöe charakterisierend, wird darauf hingewiesen, dass 
derartige Patientinnen meistens über gar keine Beschwerden klagen. Die Ätiologie 
wird verschieden erklärt, als Ursache werden genannt: nicht genügende und schlechte 
Ernährung, schwere Arbeit, psychische Momente. Einige klagten über Verschlechterung 
der Nahrung, die anderen beschuldigten die schwere Arbeit und Ermüdung, zwei 
Kranke wiesen auf nervöse Erschütterung hin. Sieben von den Kranken behaupteten 
ausdrücklich, daß sie nicht hungerten, sondern sich genügend ernährten, doch qualitativ 
unterschied sich die Nahrung von der früher üblichen. Die Fälle der Kriegsamenorrhöe 
hatten eine Dauer von 3—10 Monaten. In einem Falle des Verf. bei einer 30 jährigen 
Patientin trat im 5. Monate der Amenorrhöe Schwangerschaft ein. Schaack. 


Hubbard, L. D.: Report of three cases of amenorrhoea occurring in insane 
patients and clearing up under glandular therapy. (3 Fälle von Amenorrhöe beı 
Geisteskranken und ihre Behandlung durch Organpräparate.) Internat. clin. Bd. 4, 
Ser. 31, S. 150—153. 1921. 


3 Fälle von Amenorrhöe bei Geisteskranken wurden mit Organpräparaten behandelt. 
Zur Verwendung kamen Corpus luteum-Tabletten, Ovarium und Nebennierensubstanz in 
Pulverform. Die regelmäßige Periodenblutung trat nach mehrjähriger Pause wieder auf, 
und gleichzeitig besserten sich auch die geistigen Störungen der Kranken. Lieyner (Breslau). 


Herbich, Wilhelm, Über die Häufigkeit der Amenorrhöe in der Zeit vom 1. IV. 1912 
bis 1. X. 1920 und die Gründe für ihren Frequenzwechsel. (Univ.-Frauenpoliklin., 
Breslau.) (Dissertation: Breslau 1921.) 


‘Young, John van Doren: Dysmenorrhea. (Dysmenorrhöe.) New York med. 
journ. Bd. 114, Nr. 7, S. 395—397. 1921. 

Verf. hat einen einfachen Saugapparat konstruiert, um durch Hyperämie nach 
dem Vorgang der Bierschen Stauung im Myo- und Endometrium anzuregen. Der 
Apparat besteht aus einer Spritze mit einem Gummischlauch. Dieser kann durch ein 
Ventil verschlossen werden; am Gunimischlauch befindet sich ein abgeschrägtes Glas- 
rohr, das auf die Portio aufgesetzt wird. Das Ansaugen geschieht 5—10 Minuten, 
zunächst 2 mal per Woche, dann 1 mal, schließlich nur vor jeder Menstruation. Die 
Erfolge bei Dysmenorrhöe sind ausgezeichnete. Heimann (Breslau). 


Organische und funktionelle Erkrankungen des Uterus. — Amenorrhöe, Dysmenorrhöe. 185 


Holman, Jerome Earl: Dysmenorrhea. (Dysmenorrhöe.) National eclectic med. 
assoc. quarterly Bd. 12, Nr. 4, S. 635—639. 1921. 


Garretson, William V. P.: The endocrines as factors in the causation and 
treatment of dysmenorrhea. (Die Drüsen mit innerer Sekretion in ihrer Bedeutung 
für die Entstehung und Behandlung der Dysmenorrhöe.) New York med. journ. 
Bd. 114, Nr. 1, S. 35—36. 1921. 


Autonomes und vegetatives Nervensystem halten sich im Körper das Gegen- 
vewicht; Mittel, die das eine erregen, wirken herabstimmend auf das andere. Zu diesen 
gehören auch die Drüsen mit innerer Sekretion; das Adrenalin wirkt erregend auf den 
Sympathicus, während der hintere Lappen der Hypophyse den Vagus beherrscht. 
Dazu kommt die Schilddrüse, die als dritte mit das Körpergleichgewicht bestimmt. 
Zwischen diesen Drüsen und den Ovarien bestehen engste Beziehungen; während der 
Periode vergrößert sich die Schilddrüse; auch gewisse kompensatorische Beziehungen 
bestehen unzweifelhaft zwischen ihnen. Zwischen Hypophyse und Ovarium bestehen 
ganz besonders enge Beziehungen. Die bei der Menstruation oft auftretenden Kopf- 
schmerzen, Augenstörungen, Übelkeit und Erbrechen führt Garretson auf Hirndruck 
zurück, der durch eine Schwellung der Hypophyse hervorgerufen wird; ebenso die vom 
Vagusgebiet ausgehenden Schmerzen im Leibe, die als Dysmenorrhöe bezeichnet 
werden. Sogar akromegalische Erscheinungen können dadurch entstehen, daß ovariale 
Hypofunktion ersetzt wird durch eine Überfunktion der Hypophvse, besonders ihres 
Vorderlappens. Je nach dem Überwiegen der einen oder anderen Drüse unterscheidet. 
er den Schilddrüsentyp, den Nebennierentyp und den Hypophysentyp. Störungen im 
Bau und in der Funktion der Keimdrüsen zeigen sich u. a. in Anomalien der Zahn- 
entwicklung oder der Nagelbildung an den Fingern. Das Überwiegen der Hypophyse 
führt zu Störungen im Vagusgebiet, ruft Spasmen im Uterus besonders in der Cervix 
hervor und ist die Veranlassung zu Schleimhautveränderungen im Uterus. Für die 
Behandlung ist die Beobachtung des Blutdruckes von Wichtigkeit. Ovarialpräparate 
sind zu geben bei Hyperfunktion der Hypophyse; bei Unterwertigkeit der Schilddrüse 
gibt man Schilddrüsenpräparate evtl. mit Eierstockspräparaten; bei Hyperthyreoidis- 
mus ist die Verordnung von Ovarium angezeigt. Die Dysmenorrhöe nach langen 
Krankheiten ist durch Ovarialpräparate nicht zu beeinflussen, da die Keimdrüsen für 
sie ätiologisch nicht in Frage kommen. Man muß jeden Fall genau studieren, um die 
rechte Therapie einzuleiten. Liegner (Breslau). 


Auerbach, Siegmund: Zur Behandlung der dysmenorrhoischen Schmerzen. 
Med. Klinik Jg. 17, Nr. 45, S. 1360—1361. 1921. 


Auerbach spricht nur von der essentiellen D., häufig allgemein nervöser 
Natur, da hierbei einerseits genitale Eingriffe nicht helfen, andererseits sich Zeichen 
einer allgemeinen Neurasthenie und Hysterie finden. Behandlung: Hydrotherapie 
(unter Vermeidung kalter Prozeduren), Bewegung in frischer Luft, körperliche und 
geistige Hygiene. Vermeidung geschlechtlicher Erregung. Sorge für regelmäßige Stuhl- 
entleerung, bequeme Kleidung, Radfahren in der Intermenstrualzeit. Bromdosen im 
Intervall von 3—4 Monaten 4 Wochen lang, Natr. bicarb. 15,0/200,0 morgens und 
abends 1 Eßlöffel.e. Beim Anfall: Kein Morphin, Ruhe, Wärme. Phenacetin 0,5 
+ Jod. phosphor. 0,05. (Dysmeno-Merzetten [chem. Fabr.; Merz & Co.].) 1 Tablette 
genügt, nach 3 Stunden noch eine halbe. Bei Erbrechen Eis evtl. Opium Belladonna- 
Zäpfchen. Heimann (Breslau). 


Stacy, Leda J. and Edward G. Joseph: The treatment of dysmenorrhea. (Die 
Behandlung der Dysmenorrhöe.) Med. clin. of North America (Mayo Clin.-Nr.) 
Bd. 5, Nr. 2, S. 473—476. 1921. 


An 541 Fällen werden die Resultate der operativen und medikamentösen Behandlung 
der Dysmenorrhöe verglichen. Besonders geeignet erscheint der Benzylalkoholester der Benzoe- 


186 Pathologie des Uterus. 


säure ( Benzylbenzoesaure 20proz.) in einer Dosis von 3—7 g beim Beginn der Schmerzen. Ebenso 
werden Tabletten empfohlen nach folgendem Rezept: 


Acid. arsenicos. . . 2». 22200. 0,001 
Strychnin sulfur.. . . 2.222202. 0,001 
Extr. Thyreoidin sice. . . .».... 0,03 
Calc. glycerophosphat. . . ..... 0,15 
Mass. pilul. Bland. . ....... 0,15 


Die Heilungsstatistik ergibt 20—33% bei den operativen Maßnahmen; 57,7% bei Behand- 
lung mit der Benzyl-benzoesäure, 52,38%, bei Darreichung von Corpus-luteum-Extrakt, 
45,45%, von Schilddrüsenpräparaten, 36%, bei Verabfolgung von Dymenorrhöetabletten 
(8. o.); die Zahlen zeigen, daß die medikamentöse Behandlung der operativen überlegen ist. 


Liegner (Breslau). 
Grunow, W.: Beseitigung dysmenorrhoischer Beschwerden und Regulierung 


des Menstruationstypus durch die Wildbader Thermalbäder. Zeitschr. f. physikal. 
u. diätet. Therap. Bd. 25, H. 4, S. 174—182 u. H. 5, S. 224—228. 1921. 

Die Ursache für die fast spezifische Einwirkung der Wildbader Thermalbäder 
auf den Verlauf der Menstruation sucht Verf. neben der allgemeinen Hydrotherapie 
in der Anwesenheit radioaktiver Kräfte in den Bädern, durch die gewissermaßen eine 
Reizwirkung auf die ovariellen Funktionen zustande kommt. Diese Auffassung bringt 
zugleich die Erklärung für die scheinbar sich widersprechenden Wirkungen einer 
Wildbader Kur auf die Menstruationsstörungen. Es werden demnach günstig beein- 
flußt alle Fälle von Hypo- und Dysfunktion, ungünstig alle mit Hyperfunktion der 
Ovarien. Damit ist auch Indikation und Kontraindikation gegeben. Das Menstrua- 
tionsintervall wird durch die Kur inregulierendem Sinn beeinflußt, Amenorrhöe — Bil- 
dungsfehler, Störungen der inneren Sekretion ausgeschlossen — beginnende klimak- 
terische und Kriegsamenorrhöe reagieren promt. Dauer und Stärke der Blutungen 
werden ebenfalls zur Norm gebracht. Auch wenn die Ursache der Blutung entzünd- 
liche Vorgänge in den Genitalien als Ursache haben, wogegen natürlich klimakterische 
und Myomblutungen sich meist verstärken. Am dankbarsten erwies sich der Bade- 
gebrauch bei allen Formen der Dysmenorrhöe ım engeren und weiteren Sinn selbst 
bei solchen mit Stenosen und Lageveränderungen des Uterus. Schwangerschaft kontra - 
indiziert im allgemeinen eine Kur; die endgültige Wirkung der Bäder zeigt sich meist 
erst einige Zeit nach deren ausgiebigerem Gebrauch. Dietl (München). 

Brunnschweiler, A.: Über Spasmalgin in der Therapie der Dysmenorrhöe. 
(Frauenspit., Basel.) Schweiz. med Wochenschr. Jg. 51, Nr. 14, S. 324—325. 1921. 

Spasmalgin besteht aus Papaverin, Atrinal und Pautopon in Dosen, die jedes für sich 
kaum wirken, in Kombination aber sich dem Verf. als brauchbares Mittel besonders bei der 
spastischen Form der essentiellen Dysmenorrhöe bewährt hat. 8 Krankengeschichten zeigen 
dies, wie auch den Umstand, daß die mehr nervöse Form weniger gut beeinflußt wird. 

| Binz (München). 

Forssner, Hj.: Die Resultate der operativen Behandlung der Dysmenorrhöe. 
Upsala läkareförenings förhandlingar Bd. 26, H. 5/6, S. 12. 1921. 

Dysmenorrhöe ist ein Begriff, der nur auf Symptomen fußt, häufig beruhend auf 
submukösen Myomen, intrauterinen Polypen, Beckenperitonitis; ferner findet man 
Aplasıe, Retroflexion, zuweilen auch „zu starke Antoflexion‘‘. Sehr häufig findet man 
gar keine Anomalie. Zwei Ansichten herrschen bezüglich der Ursache über diese Form, 
entweder handelt es sich um eine Neurose oder eine Cervixverengerung. Wieso kommt 
es zu dem Schmerz, bei dem es sich wohl um Uteruskontraktionen handelt? Blut- 
retention ist es nicht; er tritt vor oder in den ersten Stunden der Menstruation auf. 
Vielleicht ist es die sehr geschwollene prämenstruelle Schleimhaut, die, durch die Blut- 
überfüllung in hohe Spannung versetzt, diese Kontraktionen auslöst. Nach einer 
Gravidität ist das Cavum uteri weiter, daher hört die Spannung auf. Natürlich spielen 
daneben auch rein subjektive Faktoren eine Rolle. Verf. berichtet über 153 Fälle, 
von denen er 65 mal zu operativer Behandlung geraten, 88 mal von einer solchen ab- 
geraten hat. Letzteres muß getan werden, wenn man den Eindruck hat, daß die sub- 
jektiven Momente eine sehr große Rolle spielen. Man muß hier die Selbstbeherrschung 


u 


Lageveränderungen des Uterus. 187 


der Patientin anspornen; sie soll keinerlei Rücksicht auf die Menstruation nehmen; 
jedenfalls keine Lokalbehandlung vornehmen! Die lokale Behandlung besteht in fol- 
gendem: zwei Sitzungen. In der ersten Dilatation mit Hegastiften (10—12), darauf 
Uterustamponade 48 Stunden, dann Dilatation bis 20; darauf Abrasio und Tamponade 
48 Stunden. Diese Operation ergab in 80%, der Fälle ein gutes Resultat. Heimann. 
Knörr, Bertold, Ergebnisse der Dilatation bei Dysmenorrhöe. (Heidelberger Univ. 

Frauenklin.) (Dissertation: Heidelberg 1921.) 

Baer, Ludwig: Ein Fall von Dermatitis dysmenorrhoica symmetrica. (Städt. 
Krankenh., Altona a. d. Elbe) Dermatol. Wochenschr. Bd. 72, Nr. 26a, S. 535 bis 
541. 1921. 

Kasuistischer Beitrag für eine von Matzenauer Polland und Friedeberg 
beschriebene Erkrankung. Bei einer Patientin mit angeborener Geistesschwäche und 
hvpoplastischem Genitale zeigten sich während und kurz nach der Menses an symme- 
trischen Stellen des Rumpfes und der Extremitäten rötliche Flecken und Knötchen, 
die sich später zu Blasen und dann zu Krusten ausbildeten. Artefakte sind auszuschlies- 
sen. Es handelt sich anscheinend um reflektorisch ausgelöste Störungen vasomotorischer 
Zentren infolge Änderung der Ovarialfunktion. Geppert (Hamburg). 


Polland, R.: Neue Beiträge zur Klinik der Dermatosis dysmenorrhoica. (Der- 
matol. Klin., Graz.) Arch. f. Dermatol. u. Syphilis, Orig., Bd. 131, S. 453—460. 1921. 

Bei der bereits 1912 von Matzenauer und dem Verf. beschriebenen Dermatosis 
dysmenorrhoica handelt es sich nach der Ansicht der Autoren um ein Krankheitsbild 
sui generis. Zur genaueren Begründung werden 2 weitere Fälle beschrieben. Es handelt 
sich um symmetrische Hautveränderungen, die von entzündeten oder obturierten 
Gefäßen des Follikelapparates ihren Ausgang nehmen und zu Nekrosen führen. Unregel- 
mäßigkeiten der Ovarialfunktion, die Veranlassung zu abnormen Stoffwechselprodukten 
im Blute geben, kommen als ätiologisches Moment in Frage. Geppert (Hamburg). 


3. Lageveränderungen des Uterus. 


Jaschke, Rud. Th. v.: Kreuzschmerzen als Quelle diagnostischer und thera- 
peutischer Irrtümer in der Gynäkologie (mit besonderer Berücksichtigung der 
Retroflexio uteri). (Univ.-Frauenklin., Gießen.) Dtsch. med. Wochenschr. Jg. 47, 
Nr. 24, S. 669—671. 1921. 

Übersichtliche Zusammenstellung der bekannten Zusammenhänge ohne etwas Neues. 

v. Schubert (Berlin). 

Mathes, P.: Prolaps- und Retroflexionsfragen. (Univ.-Frauenklin., Innsbruck.) 
Zentralbl. f£. Gynäkol. Jg. 45, Nr. 40, S. 1429—1435. 1921. 

Für die Entstehung des Vorfalles kommt bei Frauen, die geboren haben, vor allem 
die Blase in Frage, die nach den durch die Geburt gesetzten Schädigungen im Geburts- 
schlauch durch den Druck auf die Nachbarschaft im Sinne des Vorfalls wirkt. Der 
virginelle Prolaps findet seine Erklärung in dem Vorhandensein einer abnorm tiefen 
Douglastasche, in die die Darmschlingen vordrängen und den Uterus vor sich her 
und aus dem Becken herausschieben. Die tiefe Douglastasche ist nicht als Prolaps- 
folge aufzufassen, sondern ist die Causa movens. Sie muß als lokale Hemmungsbildung, 
als Konstitutionsvariante im Sinne des Defektes angesehen werden und findet sich 
neben anderen Zeichen mangelhafter oder gehemmter Bildung bei den betreffenden 
Frauen. Aus diesen Anschauungen heraus erklärt es sich, daß die Operationsmethoden, 
die den Halteapparat des Uterus korrigieren oder das Widerlager der Blase notdürftig 
zu verstärken suchen, abgelehnt werden müssen. Mathes hat versucht, durch An- 
nähen der Uterushörner an das Periost des Schambeines seitlich von den Blasen- 
pfeilern das Tiefertreten der Blase zu verhindern. Der Erfolg ist nicht ungünstig, 
die Methode jedoch technisch schwierig. Er ist jetzt dazu übergegangen, die Inter- 
position des Uterus mit der Goebell-Stoeckelschen Pyramidalisplastik zu kom- 


188 Pathologie des Uterus. 


binieren, von dem Gesichtspunkt ausgehend, daß ‚eine bessere Verankerung des am 
meisten prolapsgefährdeten Blasenteiles, des Blasenhalses, als durch die Muskel- 
Fascienschlinge sich kaum denken läßt.“ Drei in dieser Weise operierte Fälle erzielten 
einen vollen Erfolg. Die Ansicht über die Bedeutung der tiefen Douglastasche führte 
M. dazu, diese operativ zu verkleinern: durch Tabaksbeutelnähte, die Peritoneum. 
hintere Collumwand, bisweilen auch die Flexur faßten, wurde der Douglas völlig be- 
seitigt und so dem Andrängen der Intestina ein wirksamer Widerstand entgegengesetzt. 
— Auch für die unkomplizierte Retroflexio uteri leistet die Verödung der abnorm 
tiefen Douglastasche gute Dienste, und zwar sind es die Fälle, bei denen die tiefe Lage 
des Fundus uteri und ein stark ausgeprägter Knickungswinkel die tiefe Douglastasche 
anzeigen. Die künstliche Verödung des Douglas zusammen mit einer Fixation des 
Uterus nach Baldy-Franke ist für diese Fälle die geeignete Operation. — Die 
Größe einer Prolapsoperation kann kein Gegengrund für ihre Anwendung sein; der 
Prolaps ist ein schweres Leiden und rechtfertigt darum einen schweren Eingriff. Zu 
den leichteren Verfahren, die in ihrer Wirkung ebenfalls recht sicher sind, gehört die 
Colporraphia mediana nach Le Fort- Neugebauer. Unter Verzicht auf die Koha- 
bitationsfähigkeit werden nach Anfrischung die vordere und hintere Scheidewand auf- 
einandergenäht und dadurch verhindert, daß die Scheidenwände aneinander vorbei- 
schieben können, wie es beim Prolaps ja geschieht. Die Anfrischung darf nur bis zum 
unteren Drittel des Scheidenrohres reichen; dieses wird dann zur Dammplastik ver- 
wendet. Die nach Le Fort- Neugebauer operierten Fälle (in den letzten 2 Jahren 
40% aller Prolapse) sind rezidivfrei geblieben. — Für den Verlauf aller Prolapsoperationen 
ist die Vorbehandlung von größter Wichtigkeit. Diese muß zunächst alle Druck- 
geschwüre zur Abheilung bringen, dann aber empfiehlt es sich auch, Cervix und Corpus 
mittels desinfizierenden Spülungen (Jodlösung nach Pregl) möglichst keimfrei zu 
machen. Liegner (Breslau). 

Stark, J. Nigel: Prolapse of the female genitalia. (Prolaps der weiblichen Geni- 
talien.) Glasgow med. journ. Bd. 96, Nr. 2, S. 65—82. 1921. 

Nach einer längeren Einleitung über allgemeine politische Dinge und über den 
hohen Stand der chirurgischen Technik, von der der Verf. glaubt, daß sie an der Grenze 
ihrer Leistungsfähigkeit angelangt ist, kommt er auf den Prolaps zu sprechen. Es 
wird ein historischer Überblick über die Behandlungsmaßnahmen gegeben, beginnend 
von den Ägyptern 1550 v. Chr. Geburt. Zur Verwendung kamen Früchte (Granatäpfel 
usw.), die in die Vagina eingeführt wurden, Woll- und Leinenknäuel, die mit Medika- 
menten getränkt waren. Diese Behandlungsarten sind Vorläufer der jetzigen Pessar- 
therapie. Im 17. Jahrhundert hat Ambrosius Par é als erster die Naht und Raffung 
des Dammes empfohlen und ist so der Begründer der operativen Behandlung geworden. 
Der Verf. nimmt an, daß die aufrechte Haltung des Menschen das Becken und die 
Beckenorgane der menschlichen Frau hinsichtlich der Geburtsfähigkeit ungünstiger 
beeinflußt. Von diesem Gesichtspunkt aus erklären sich auch Verletzungen des Dammes 
und der Weichteile, die zum Prolaps die Veranlassung geben können. Zu seiner Ver- 
meidung muß alles getan werden und dieses Ziel scheint am ehesten dadurch erreicht 
zu werden, daß die Geburtshilfe mehr in die Hände des Arztes übergeht und der Tätig- 
keit der Hebammen entzogen wird. Nur genaueste ärztliche Beobachtung wird im- 
stande sein, die Morbidität und Mortalität der Geburt herabzusetzen. Die weitere 
Auseinandersetzung, oft recht breit und vom Thema recht beträchtlich abschweifend, 
bringt nichts Neues. Es folgt eine Kritik verschiedener Operationsmethoden u. a. der 
Schauta- Wertheimschen Interposition, die abgelehnt wird: 1. weil eine Sterili- 
sierung angeschlossen werden muß; 2. weil mit der Menopause der Uterus so atrophisch 
wird, daß er der Blase kein genügendes Widerlager gibt und 3. weil außerordentlich 
häufig Blasenverletzungen und Blasenschädigungen vorkommen. Die günstigsten 
Heilungsaussichten gibt die Frühoperation, die daher am meisten zu empfehlen ist. 
i Liegner (Breslau). 


mn e A a a, 


Lageveränderungen des Uterus. 189 


Hartmann, Henri: Symptomes, diagnostic et traitement des prolapsus geni- 
taux. (Symptome, Diagnose und Behandlung der Genitalprolapse.) Gynecol. et 
obstetr. Bd. 3, Nr. 5, S. 327—343. 1921. 

KEingehende, für ein Lehrbuch berechnete Abhandlung über den Prolaps. Unter 
den Behandlungsmethoden interessiert es, daß für die Rekonstruktion des Dames 
die Methode nach Lawson Tait besonders bevorzugt wird, und daß für alte Frauen 
die Colporraphia mediana nach Le Fort mit einigen Modifikationen empfohlen wird. 

Liegner (Breslau). 

Terrades, Francisco und Plá: Die Beckendynamik als Basis der chirurgischen 
Behandlung der Prolapse von Uterus und Vagina. Arch. de ginecopat., obstetr. 
y pediatr. Jg. 34, Nr. 10, S. 388—396 u. Nr. 12, S. 451—455. 192i. (Spanisch.) 

Besprechung der Faktoren, die besonders für den virginellen Prolaps in Frage 
kommen. Die Therapie muß diesen besonders berücksichtigen und nach ihnen indivi- 
dualisiert werden. Bevorzugt werden die plastischen Operationen der Vaginalwände 
in Verbindung mit einer abdominalen Suspension. Es werden durch Nähte die Blase 
und das Rectum dem Uterus aufgenäht und dadurch eine Verstärkung der Halte- 
apparate erreicht. Dem Verf. scheint diese Methode weniger eingreifend, physiolo- 
gischer und weniger verstümmelnd als andere Verfahren, z. B. die Schautasche 
Interposition. In weiteren Ausführungen, als Vortrag in Barcelona gehalten, wird auf 
die Bedeutung eingegangen, die den einzelnen Halt- und Stützappaıaten, den Ligamenten 
und Faseien, zukommt. Liegner (Breslau). 

Solms, E.: Die Anatomie der Fascia vesicae und ihre Bedeutung für die Prolaps- 
und Collumcareinomoperation. Zentralbl. f. Gynäkol. Jg. 45, Nr. 8, S. 268—270. 1921. 

Der Anatomie der Fascia vesicae wird eine eingehende Beschreibung gewidmet. 
Im Gegensatz zur Ansicht anderer Autoren ist Solms der Meinung, daß dieselbe eine 
einheitliche, gleichmäßig dicke Fläche darstellt. Die Fascie läßt sich von der Blase 
weitgehend loslösen und kann bei Cystocelenoperationen gut plastisch verwertet 
werden. Bei der Operation des Collumcarcinoms wird dieselbe in ihren unteren zwei 
Dritteln im Bereiche der Pars libera und der Pars adhuerenta mit entfernt und da- 
durch die erweiterte Carcinomoperation auf noch breitere Basis gestellt. Nähere Be- 
schreibung des vaginalen Vorgehens bei der Operation des Collunicarcinonns. 

Egon Pribram (Gießen). 

Maurer, A. et L. Portes: Les vaisseaux termino-aortiques chez la femme. 
(Die Beckengefäße bei der Frau.) Gynécol. et obstétr. Bd. 3, Nr. 6, S. 393—406. 1921. 

Auf Grund von 50 Sektionen beschreiben die Verff. den genauen Verlauf der Becken- 
gefäße der Frau von der Teilungsstelle der Aorta an. Nach exakten Messungen geben 
sie genaue Maße für die Länge der Gefäße, die Größe der Teilungswinkel und ihr topo- 
graphisch-anatomisches Verhalten zu den Nachbarorganen. Es wird besprochen: 
die Teilungsstelle der Aorta und das Verhalten der Vena cava inferior, die Verlaufs- 
richtung und die Länge der Arteria und Vena iliaca communis, der Iliaca externa 
und interna und ihre Auomalien. Zum Schluß wird der Verlauf des Ureters und seine 
Lage zu den Beckengefäßen eingehend behandelt. Koch (Berlin). 
Thorning, W. Burton, Uterine prolapse. Permanent fixation by fascial flaps. 

(Journ. of the Americ. med. assoc. Bd. 77, Nr. 2, S. 101—103.) 

Vgl. Referat S. 341. 

Bracht, Über operative Prolapsbehandlung. (Ges. f. Geburtsh. u. Gynäkol., Berlin. 

E 12. XI. 1920.) (Zeitschr. f. Geburtsh. u. Gynäkol. Bd. 84, H. 2, S. 529 

1S8 0992. 

Vgl. Referat S. 342. 

Hook, Weller, van, The operation for prolapsus uteri. (Die Operation des Uterus- 


prolapses.) Boston med. a. surg. journ. Bd. 185, Nr. 15, S. 438—440.) 
Vgl. Referat S. 342. 
Zikmund, Emil, Operative Behandlung der Genitalprolapse. (Rozhledy v chirurgii 
a gynaekologii Jg. 1, H. 1/2, S. 42—52.) (Tschechisch.) 
Vgl. Referat S. 340. 


190 Pathologie des Uterus. 


Cameron, Sam J., The surgical treatment of uterine prolapse. (Glasgow med. journ. 
Bd. 96. Nr. 3, S. 138—146.) 

Vgl. Referat S. 342. 

Halban, Josef, Zur Therapie des kombinierten Rectal- und Genitalprolapses. (Mo- 
natsschr. f. Geburtsh. u. Gynäkol. Bd. 55, H. 2/3, S. 122—125.) 

Vgl. Referat S. 343. 

Soubeyran, L'opération de Bouilly dans les prolapsus génitaux. (Journ. des praticiens 
Jg. 85, Nr. 41, S. 657—659.) Vgl. Referat S. 342. 

Fox, Eduardo A., Die Collifixatio uteri nach Bumm in der Behandlung des Uterus- 
Scheidenvorfalls.. (Semana med. Jg. 28, Nr. 24, S. 696—697.) (Spanisch.) 

Vgl. Referat S. 341. 

Toplac, France, Über den Gebärmuttervorfall und seine operative Behandlung 
mit besonderer Berücksichtigung der sogenannten Symphysiopexie. (Tschech. 
gynäkol. Klin., Prag.) (Lijecnicki vijesnik Jg. 48, Nr. 3, S. 150—164.) (Tsche- 
chisch.) 

Vineberg, Hiram N., Vaginal supracervical hysterectomy with interposition of the 
cervical stump for cystocele and procidentia associated with enlargement of the 
uterus. (Vaginale Uterusamputation mit Interposition des Cervixstumpfes bei 
Cystocelen und Prolapsen, die mit der Vergrößerung der Gebärmutter vergesell- 
schaftet sind.) (Americ. journ. of obstetr. a. gynecol. Bd. 2, Nr. 4, S. 368—374 
u. S. 424—428.) 

Vgl. Referat S. 342. 

Bittmann, Otakar, Modifikation der Interposition (Wertheim) mit Hebung des 
Uterus bei totalen Prolapsen. (III. porodn. klin. Prof. Rubesky, Prag.) (Časopis 
lékařůúv českých Jg. 60, Nr. 43, S. 683—685.) (Tschechisch.) 

Vgl. Referat S. 340. ; 

Peffer, Josef, Die Erfolge der Interpositio uteri bei Prolapsen. (Gynäkol. Poliklin., 
München.) (Monatsschr. f. Geburtsh. u. Gynäkol. Bd. 54, H. 4, S. 236—244.) 
Vgl. Referat S. 341. 

Lacey, F. H., Results of vaginal operations for prolapse by the Manchester school, 
(Resultate der vaginalen Prolapsoperationen in der Manchester Schule.) (Journ. 
of obstetr. a. gynaecol. of the Brit. empire Bd. 28, Nr. 2, S. 260—262.) 

Vgl. Referat S. 343. 

Fothergill, W. E., The end results of vaginal operations for genital prolapse. (Die 
Endresultate vaginaler Prolapsoperationen.) (Journ. of obstetr. a. gynaecol. of 
the Brit. empire Bd. 28, Nr. 2, S. 251—255.) 

Vgl. Referat S. 343. 

Jacob, G., Traitement du prolapsus génital des femmes agées par la colpectomie 
totale conservatrice de l’ut6rus. (Die Behandlung des Vorfalls bei alten Frauen 
durch die Kolpektomie mit Erhaltung des Uterus.) (Gynécologie Jg. 20, Aprilh., 
S. 193—207.) 

Vgl. Referat S. 343. 

Pachner, František, Operation großer Genitalprolapse. (Rozhledy v chirurg. 
a gynaekol. Jg. 1, H. 5, S. 245—251.) (Tschechisch.) 

Vgl. Referat S. 341. 


4. Uterustumoren. 
a) Benigne. 

Hahn, Gustav: Über Uterussteinbildung. Zentralbl. f. Gynäkol. Jg. 45, Nr. 25, 
S. 888—890. 1921. 

Einschlägiger Fall, 65 Jahre alte Frau, die lange wegen Gallensteine und Nierenkoliken 
behandelt worden war. Uterus groß, hart, entsprechend einem dreimonatlichen graviden 
Uterus. Muttermund durchgängig, man tastet einen harten Körper, Extraktion leicht, Harn- 
stein. | Ätiologie: Bei einer Zange vor 20 Jahren entstand eine Blasen-Uterusfistel, seitdem 
Inkontinenz. Der Urin floß durch den Uterus in die Vagina ab, daher Bildung eines Harn- 
steins (Phosphat- und Oxalatstein). Heimann (Breslau). 

Halban, J.: Zur Klinik der Myome. (Krankenh. Wieden, Wien.) Zentralbl. 
f. Gynäkol. Jg. 45, Nr. 42, S. 1517—1521. 1921. 

Halban beschreibt ein gänseeigroßes, subseröses Myom, das mit fingerdickem Stiele 
dem Uterusfundus aufsaß. Es war nicht von Serosa bekleidet, sondern der Peritonealüberzug 
erstreckte sich vom Fundus nur etwa 2—3 cm hinauf über das Myom, dessen Hauptmasse 
frei in der Bauchhöhle lag. Der Tumor war wohl infolge von Ernährungsstörungen plötzlich 
stark ödematös geworden und das Peritoneum wahrscheinlich infolge herabgesetzter Elastizität 
geplatzt, was klinisch-stürmische Erscheinungen hervorgerufen hatte. — Bei einer anderen 


Ba ee 


Uterustumoren. — Benigne. ; 191 


Laparotomie fand H. bei einem kugeligen kindskopfgroßen Myom, das vollkommen von Serosa 
überkleidet war, eine ca. 2 mm breite Vene, die frei ohne Serosaüberzug an der Oberfläche des 
Tumors in einer Ausdehnung von ca. 4—5 cm lag. H. nimmt an, daß das ursprünglich subserös 
verlaufende Gefäß die darüberliegende Serosa usurierte, die sich unter dem Gefäß wieder 


vereinigte. — Bei intraligamentär entwickelten Myomen unterbindet H. auf Grund 2 mal 
beobachteter Nachblutungen zwischen die Ligamentblätter prinzipiell die A. hypogastrica 
interna. — Schließlich berichtet H. noch über einen Fall von Adenocarcinom des Uterus, 


das sich 3 Jahre nach durch Röntgentherapie eines myomatösen Uterus erreichter Amenorrhöe 
eingestellt hatte. Er hat bereits 4 derartige Fälle beobachtet, die die Strahlentherapie insofern 
belasten, als die Frauen ihr Carcinom nicht bekommen hätten, wenn gleich der myomatöse 
Uterus operativ entfernt worden wäre. Zietzschmann (Bremerhaven). 

Kuehner, H. G.: Recurrent adenomyoma of the uterus. (Wiederkehrendes 
Adenomyom des Uterus.) (Pathol. laborat., univ., Pittsburgh, U. S. A.) Americ. journ. 
of the med. sciences Bd. 162, Nr. 3, S. 424—434. 1921. 

Kuehner entfernte vaginal einen kleinorangegroßen Tumor, der an einem dünnen Stiel 
aus der Cervix in die Scheide hing. 14 Monate später Rezidiv: Kindskopfgroßer in der Scheide 
eingekeilter Tumor wird durch Morcellement entfernt. Diagnose beidemale: Adenomyoma 
uteri. 8 Monate darauf war der Uterus in toto beträchtlich vergrößert. Abdominale supra- 
vaginale Entfernung des Uterus mit den Adnexen. Am Uterus 3 Tumoren: 2 davon ähnelten 
sich in der Struktur und zeigten eine Kombination von Cysten und fibromuskulärem Gewebe, 
beim dritten fanden sich blumenkohlartige Ballen, die in das Cavum der Cysten hineinragten. 
Die mikroskopische Untersuchung bestätigte die Diagnose Adenomyom, doch bestand dabei 
Verdacht auf beginnende Malignität trotz des klinischen Verlaufes des Falles (Patientin war 
5/, Jahre nach der letzten Operation noch rezidivfrei). Zietzschmann (Bremerhaven). 

Schwarz, Otto Henry: Submucous adenomyoma. (Submucöses Adenomyom.) 
(Dep. of obstetr. a. gynecol., Washington uniw. school of med., Saint Louis.) Americ. 
journ. of obstetr. a. gymecol. Bd. 1, Nr. 8, S. 794—806. 1921. 

Schwarz beschreibt eingehend einen mannsfaustgroßen durch abdominelle Totalexstir- 
pation gewonnenen Uterus, der außer zwei weiteren Myomknoten als wichtigste Neubildung 
ein gestieltes cystisches Adenomyom von der Größe 11,5- 7,5 cm aufweist, das einen Teil 
der Uterushöhle sowie den ganzen Cervicalkanal ausfüllte. Der Tumor besteht aus einer Muskel- 
hülle, in die Drüsen eingebettet sind, die teilweise cystische Hohlräume bilden, die stellenweise 
polypenartige Vorsprünge tragen. Die Drüsenelemente stammen nach Schw. Meinung aus den 
Müllerschen Gängen. Das histologische Bild, dem ein von Rob. Meyer (1903) veröffent- 
lichter Fall ähnelt, bedeutet eine große Seltenheit. Zietzschmann (Bremerhaven). 

Keiffer, M.: Leçon anatomo-elinique sur les fibrromyomes. (Pathologisch-ana- 
tomische und klinische Vorlesung über die Fibpromyome.) Gynécologie Jg. 20, Nr. 5, 
S. 257—284. 1921. 

Die Fibromyome können von den verschiedensten Stellen des Genitaltrakt ihren Aus- 
gang nehmen; auch der Aufhängeapparat desselben, sowie die Ovarien können Mutterboden 
derselben sein. Man kennt Geschwülste dieser Art von eben fühlbarer Größe bis zu 35 kg 
Gewicht. Oft hängt die Geschwulst mit dem Uterus mit einem Stiel zusammen; ein für die 
Therapie sehr günstiges Moment. Am Uterus unterscheidet man je nach ihrer Lage mehr gegen 
die Schleimhaut oder gegen das Peritoneum zu submuköse und subseröse Fibromyome. Ein 
submukös entwickeltes Myom kann infolge seiner Größe eine Schwangerschaft vortäuschen 
und sich infolge Nekrose seines Stieles auf natürlichem Wege ausstoßen. Im unteren Uterin- 
segment sind die Fibrome ringförmig; sie scheiden Rectum und Scheide völlig ein. Die in der 
Cervix sich findenden Geschwülste stammen meist vom Uterus her; sie sind aus höher gelegenen 
Partien des Uterus heruntergewandert. Die vom Ovar ausgehenden Fibrome haben rund- 
liche, brustwarzenartige Gestalt, sie wandeln entweder das ganze Organ fibrös um oder ent- 
wickeln sich mit einem Stiel an seiner Oberfläche. Im Jahre 1905 wurde dargetan, daß die ersten 
Anfänge dieser Geschwülste an den glatten Gefäßmuskeln ihren Ursprung nehmen. Klinisch 
nehmen sie, unter dem Einfluß nicht bekannter Momente an Härte zu oder werden weicher. 
Ihre Entwicklung geht sicherlich mit Anderungen in der Ovarialfunktion einher. Schwanger- 
schaft, Pubertät, Menopause haben großen Einfluß auf ihr Geschick. Man unterscheidet 
circumscripte und diffuse Myome und zwischen diesen beiden Gruppen alle möglichen Über- 
sänge. Die erstgenannten unterliegen wegen ihrer knolligen Form sehr häufig einer Wanderung. 
Der Uterus drängt sie, Fremdkörpern gleich, gegen Peritoneum oder gegen das Endometrium 
hin. Wegen ihrer nur mangelhaften Blutversorgung sind die eireumscripten Myome viel eher 
regressiven Veränderungen unterworfen. Die diffusen Myome weisen bessere Zirkulationsbe- 
dingungen auf; sie unterliegen seltener der sekundären Degeneration. Das Cavum uteri wird 
von den submukös gelegenen Knoten vielfach deformiert;; bald wird es eine schmale Spalte, bald 
mehr eine vieleckige Höhle, in der sich normale und pathologische Sekretionsprodukte an- 
haufen, ja sogar eine Schwangerschaft Fuß fassen kann. Ihr Bestehenbleiben ist in hohem Maße 


192 Pathologie des Uterus. 


von dem Verhalten der fibrösen Uteruswände abhängig. Meistens wird durch unzeitige Kon- 
traktionen der in Dicke und Dichte sich variierenden Uteruswände das Ei abgelöst und das 
Amnion gesprengt. Wird die Schwangerschaft ausgetragen, so ist die Geburtsarbeit durch 
mangelhafte Anpassung des kindlichen Schädels an das untere Uterinsegment und die ver- 
schiedenen Beckenengen sehr erschwert. Künstliche Frühgeburt kommt jedoch trotzdem 
nur selten in Frage: die fibrösen Knoten erweichen während der Schwangerschaft. Abort 
tritt vielfach ein; Aborte dieser Art sind schwer zu behandeln: Placenta und Eihäute bleiben 
zurück und sind mit der Curette nur schwer zu erreichen. Frühsymptome sind Störungen der 
Menstruation, wobei kleine oder große Fibromyomknoten keineswegs entsprechende Störungen 
verursachen. Mangelhafte Contractilität des Uterus und seiner Gefäßwände ist als Ursache 
der Blutungen anzuschuldigen. Zur Zeit der Menstruation tritt wohl Vasodilatation, später 
jedoch keine Vasoconstriction ein. Die Folge davon sind langdauernde Blutungen und schwere 
Anämien. Das Myokard ist häufig dabei mitbeteiligt. Plötzlicher Herzstillstand vor oder 
kurz nach operativen Eingriffen ist beobachtet; es scheint eine spezifische Intoxikation vorzu- 
liegen. Die hauptsächlichste Komplikation bei Fibromyomen sind Adnexerkrankungen mit 
nachfolgender Pyosalpinx und Pyovar. Durch die wachsende Geschwulst werden Ureter, 
A. uterina, Darm und Blase häufig verlagert und der Operateur läuft Gefahr, die Organe an 
unvermuteter Stelle anzuschneiden oder zu zerreißen. Stieldrehung subseröser Fibromyom- 
knoten mit nachfolgender septischer Peritonitis ist eine gefürchtete Komplikation dieser Ge- 
schwulsterkrankung. Brakemann (München). 

Bardon, G.: Circulation artérielle dans les fibromes utérins. (Über arterielle 
Gefäßversorgung in den Fibromen des Uterus.) (Clin. gynecol., Bordeaux) Gynecol. 
et obstetr. Bd. 4, Nr. 6, S. 553—559. 1921. 

Sofort nach erfolgter Exstirpation des Fibroms wird es in ein Gefäß mit Wasser 
von 35-——40° gebracht und mittels einer Punktionsspritze und eines Troikarts reines 
Terpentinöl von einer A. uterina aus in solcher Menge eingespritzt, daß es in Höhe der 
Uteroovarialgefäße und der A. uterina der anderen Seite wieder zutage tritt. Eine 
angelegte Ligatur klemmt dann die Uteroovarialgefäße ab. Zur Injektion dient eine 
Mischung von Mennige, Leinöl und Terpentinöl. Unter Anwendung hohen Druckes 
wird sie injiziert, bis sie in der Höhe der gegenüberliegenden A. uterina erscheint; 
dann schnell abklemmen. Die bloße Röntgenaufnahme des so behandelten Präparates 
gibt, wegen der Projektion aller Gefäße auf eine gemeinsame Ebene, keine klaren 
Bilder; auch eine Betrachtung im stereoskopischen Bilde macht eine Orientierung ın 
dem Gewirr von Gefäßen unmöglich. Es empfiehlt sich, dünne Serienschnitte von 
2—4 mm Schnittdicke anzufertigen und von diesen eine Röntgenaufnahme anzufertigen. 
Die arterielle Gefäßverzweigung in einem myomatösen Uterus läßt zwei Haupttypen 
erkennen: 1. eine Gruppe mit vornehmlich peripherer Anordnung der Arterien, 
2. eine zweite mit zentraler Ausbreitung derselben. Bei der ersten handelt es sich 
um reichlich verzweigte Gefäße, sie haben ein beträchtliches Kaliber und sind mannig- 
fach geschlängelt. Bei der zweiten werden die Gefäße um so dünner, je weiter sie von 
der Geschwulstoberfläche entfernt liegen; die beiden Gefäßnetze stehen in keinem 
Zusammenhang. Das erste kommuniziert mit den Uterinarterien, das zweite wiederum 
mit denen des ersten, und zwar lediglich an der Basis des Sitzes des Fibroms. Die 
Gefäße des letztgenannten werden, so zahlreich sie auch an der Stelle ihres Ausganges 
entwickelt sind, immer kürzer und spärlicher, bis schließlich nur noch eine einzige 
Arterie, eine Endarterie, resultiert. Wird diese durch irgendwelche schädigende Momente, 
wie Embolie, Arteriosklerose zur Obliteration gebracht, so ergeben sich die zentralen 
Nekrosen in den Myomen. Brakemann (München). 


Brewer, George Emerson: Typical fihrromyoma of the abdominal wall follow- 
ing hysterectomy. (Typisches Fibromyon der Bauchdecken nach Hvsterectomie.) 


Ann. of surg. Bd. 74, Nr. 3, S. 364—367. 1921. 

Brewer fand bei einer 41 jährigen Frau, bei der er 10 Jahre vorher durch mediane Laparo- 
tomie den myomatösen Uterus, beide Tuben und das linke Ovarium entfernte, einen Tumor, 
den er als Kystom des zurückgelassenen Ovars ansprach und exstirpieren wollte. Bei der 
Operation erkannte er einen soliden Tumor (16 - 13-9 cm), der makro- und mikroskopisch 
die Struktur eines Fibromyoms hatte. Als ätiologisch kommt in Frage: 1. Spontane Bildung 
aus dem subperitonealen Bindegewebe; 2. Entwicklung aus dem Urachus; 3. teratoider Ur- 
sprung; 4. Impfrezidiv. B. hält den letzten Grund für den wahrscheinlichsten. Ziet:schmann. 


Uterustumoren. — Benigne. 193 


Freund, H.: Welche Uterusmyome eignen sich für eine konservative Be- 
handlung? Gemeins. Tag. der Ober-, Mittel- und Niederihein. Ges. f. Gynäkol. 
Kreuznach, Sitzg. v. 26. VI. 1921. 

Freund weist an der Hand eines großen eigenen Materials darauf hin, daß reine 
unkomplizierte Fälle von Uterusmvyomen nicht so häufig sind, als man annimmt, und 
daß Komplikationen seitens der Organe der Zirkulation, Respiration, des Stoffwechsels 
sowie des Genitalapparates von solchem Einfluß auf die Tumoren und das Krankheits- 
bild sein können, daß mit ihrer Ausschaltung unter Umständen von einer direkten 
Behandlung der Myome Abstand genommen werden kann. Zu 500 früher mitgeteilten 
peritoneal operierten Myomen mit 254 erheblichen Komplikationen sind 1911—1918 
weitere 211 Laparotomien bei Fibromyomen dazugekommen. Auch bei diesen fanden 
sich in fast der Hälfte erhebliche Komplikationen, so 4 Tuberkulosen, 8 Herz- und Arte- 
rienerkrankungen, 2 Nephritiden, 5mal Appendicitis, 2mal Adipoosität, Peritonitis 
und Ileus 3 mal, Hernie 1. Von lokalen Komplikationen: Prolaps und Retroflexion 10, 
eine Pyometra, 2 Blasendystopien, 2 Tubarschwangerschaften, 3 eitrige und 21 chro- 
nische, 8 hämorrhagische Adnextumoren, 25 Ovarialgeschwülste. Direkte Stauung und 
Gefäßveränderungen können die Mvomblutung, Druck seitens der lokalen Veränderun- 
gen Schmerzen und Anschwellung veranlassen oder verschlimmern. F. teilt gut aus- 
gesuchte und kritisch begutachtete Fälle mit, in denen es gelingt, durch eine Allgemein- 
behandlung, resorbierende Kuren, Diättherapie usw. die wichtigsten Beschwerden zu 
beseitigen, so daß das Myom unbehandelt bleiben darf. Autoreferat. 

Jaschke, Rud. Th. v.: Ist eine operative Behandlung der Myome noch be- 
rechtigt? (Univ.-Frauenklin., Gießen.) Zeitschr. f. Geburtsh. u. Gynäkol. Bd. 83, 
H. 3, S. 750—763. 1921. 

Im Gegensatz zu Krönig, Gauß, Doederlein zieht Verf. für einen großen Teil 
der Myome die Operation vor. Heute wird im Durchschnitt mit einer Mortalität von 

—6% gerechnet. Dabei ist die Operationsstatistik gerade durch die der Bestrahlung 
unzugänglichen Fälle von Verjauchung, infizierten Myomen, Nierentumoren, stark 
belastet. Auch die Bestrahlung hat eine gewisse Mortalität. Mehrere Fälle kamen als 
Mvosarkome längere Zeit nach der Bestrahlung zur Operation. Ein Fall kam infolge 
einer Verbrennung durch falsche Filterung ad exitum. Zur Lösung der vorliegenden 
Frage wurde das gesamte Material von Jaschke und seiner 3 Amtsvorgänger heran- 
gezogen. Von 990 Fällen sind 45 = 4,4%, gestorben. Opitz hatte eine Mortalität 
von 3,3%, v. J. selbst 2,2%. Die Mortalität steigt bei Einrechnung der Operationen 
der Assistenten auf 3,5%. v.J. faßt seinen Standpunkt zusammen: Gutartige Blu- 
tungen dem Klimakterium nahestehender Frauen sind zu bestrahlen. Bei nicht über 
dem Nabel reichenden unkomplizierten Myomen ıst die Bestrahlung das Verfahren 
der Wahl, wobei bei jungen Frauen zu erwägen bleibt, ob die Ausfallserscheinungen 
nach der Bestrahlung oder das Risiko der Operation in Kauf genommen werden soll. 
Frauen unter 40 Jahren werden in der Regel operiert, auch Frauen höheren Alters 
werden operiert, wenn Schmerzen durch Verdrängung oder komplizierende gynäko- 
logische Erkrankungen vorliegen. Der Malignität verdächtige Fälle müssen durch 
Probeabrasion geklärt und auch im Zweifelsfalle operiert werden. Bestrahlung solcher 
Fälle ohne Sicherstellung der Diagnose, wird in rund 10%, der Fälle eine falsche Therapie 
ergeben. Beim Vergleich beider Behandlungsmethoden wird ein kleines Plus zu- 
gunsten der Strahlenbehandlung bleiben. In etwa der Hälfte der Fälle von Myomen 
hält Verf. die Operation für berechtigt. Die Ära der Operation ist nicht überwunden. 
Die Mortalität der Myomoperation kann zu rund 3%, angenommen werden, die der 
Bestrahlung wird auf 1—2% geschätzt. Die Operation bei unkomplizierten Myomen 
ist fast ebenso sicher wie die Bestrahlung. Leizl (München). 

Wiener, Solomon: The present status of the treatment of uterine fibroids. 
(Der heutige Stand der Behandlung der Uterusmyome.) New York med. journ. Bd. 114, 
Nr. 7, S. 400—403. 1921. 


Jahresbericht f. d. ges. Gynäkologie 1921. 13 


194 Pathologie des Uterus. 


Taussig, Fred. J.: In what cases do uterine fibroids still require operative 
removal? (In welchen Fällen verlangen Uterusfibroide noch operative Entfernung?) 
Journ. of the Americ. med. assoc. Bd. 77, Nr. 5, S. 357—360. 1921. 

Taussig bevorzugt die Operation, im Gegensatz zur Radiotherapie, wenn der 
myomatöse Uterus über 12cm im Durchmesser mißt, ferner bei submukösen aus der 
Cervix hervorragenden Tumoren, bei subserösen gestielten Fibromen von beträchtlicher 
Größe, bei cervicalen und intraligamentären Fibromen. Schnell wachsende, dann ver- 
kalkte und nekrotische und teilweise bösartige Tumoren eignen sich auch nicht zur 
Bestrahlung. Totalexstirpation oder nur teilweise Entfernung des Uteruskörpers 
richten sich nach dem Wunsch nach Kindern oder Erhaltung der Menstruation. Pyo- 
salpınx und größere Ovarialcysten kontraindizieren die Bestrahlung. — In der Aus- 
sprache über diesen Vortrag äußert W.J. Mayo, daß konservative Operation bei 
Frauen unter 35 oder 40 Jahren das Verfahren der Wahl sei, während Totalexstirpation 
bei Verdacht auf Bösartigkeit bei über 50jährigen und bei großen Tumoren in Frage 
komme. H. O. Marcy macht auf das fast vergessene Apostolische Verfahren auf- 
merksam. Zietzschmann (Bremerhaven). 


Himmelfahrt, G. J.: Über schwere intraperitoneale Blutungen bei Uterusmyomen. 
Moderne Med. Jg. 1, Nr. 1, S.8—13. 1921. (Russisch.) 

Von Traumen abgesehen sind abundante Blutungen in die freie Bauchhöhle für 
die Mehrzahl der Gynäkologen gleichbedeutend mit Tubargravidität. Hämorrhagien 
aus varikös erweiterten Gefäßen der Ovarien oder Ligg. lata sind Ausnahmefälle. 
Zu den größten Seltenheiten gehören intraperitoneale Blutungen aus subserösen Myom- 
gefäßen. Von Hand- und Lehrbüchern finden sie nur bei Schauta und Opitz mit 
dem Epitheton „tödlich“ kurz Erwähnung. Aus der russischen Literatur fehlten 
bis jetzt Mitteilungen. In der europäischen hat Verf. seit dem 1905 von A. Stein 
beschriebenen Fall nur noch 10 gefunden, bis 1914. Sein Fall wäre der 12., und der 
5., wo es gelang, durch rechtzeitiges Eingreifen die Patientin am Leben zu erhalten. 


Es handelte sich um eine 38jährige Frau in gutem Ernährungszustande, die 13 Jahre ver- 
heirat war, nicht geboren hatte. Von zwei artefiziellen Aborten lag der letzte 8 Jahre zu- 
rück. Die Menses von vierwöchigem Typus, dreitägig, meist reichlich. Nach der letzten Men- 
struation wurde Himmelfahrt von der Pat. konsultiert, weil sie durch Odessaer Schlamm- 
bäder wieder konzeptionsfähig zu werden hoffte. H. riet davon ab, weil er bei der Untersuchung 
ein vom Fundus ausgehendes, ziemlich bewegliches, kindskopfgroßes Myom konstatierte. 
Pat. nahm trotzdem in 3 Wochen 15 Liman-Bäder. Als sie sich, 3 Monate nach der ersten Un- 
tersuchung, an der Sonne liegend, auf die Seite herumdrehte, empfand tie einen heftigen Schmerz 
im Leibe und wurde 12 Stunden später mit den Zeichen schwerster intraperitonealer Blutung 
in das Odessaer Klin. Institut eingeliefert. In Narkose, kurz vor der Operation, konstatierte 
H. nach Umfang und Konsistenz der Gebärmutter eine zweimonatige Gravidität, dem Fun- 
dus mit kurzem Stiel aufsitzend, und in Härte mit ihm kontrastierend einen bis Nabelhöhe 
hinaufreichenden beweglichen Tumor.!Es wird eine Stieltorsion mit konsekutiver Hämorrhagie 
angenommen. Kein Ausfluß aus dem äußeren Genitale. Katheterisierung der Blase. Der 
Laparotomieschnitt eröffnet einen nicht obliterierten erweiterten Urachus zugleich mit dem 
Bauchfell; zweireihige Catgutnaht. An der Vorderfläche des mit kurzem, dickem Stiel dem 
Fundus aufsitzenden Myoms eine Reihe erweiterter subseröser Venen; eine derselben angerissen 
und flüssiges Blut entleerend. Im linken Ovarium ein Corpus luteum verum. Amputatio 
supravaginalis uteri mit Erhaltung der Adnexe. Der Verlauf während der ersten 5 Tage afebril, 
dann Temperaturen bis 39° und ein Infiltrat am Oberschenkel, wo während des Transports 
zur Stadt 14 Campherinjektionen gemacht waren. Die Laparotomiewunde heilt perprimam ; 
das Infiltrat resorbiert sich allmählich; am 12. Tage jedoch bricht eine Urinfistel am Übergang 
der Urachusnaht in den Blasenzipfel auf; sie schließt sich unter Verweilkatheter im Laufe der 
nächsten Wochen. Die Temperaturkurve schwankt mittlerweile zwischen 37—38,5°; in der 
Mitte der 4. Woche, bei negativem Befund von seiten der Beckenorgane, 3 Tage hintereinander 
Schüttelfröste, so bis über 40° und allgemeiner Kräfteverfall, Ausbildung eines schmerzhaften 
Infiltrates in der inken Nierengegend; im Urin nur zahlreiche Leukocyten. Fast 4 Wochen 
nach der ersten Operation wird die linke Niere in Chlorofornınarkose freigelegt, wegen starker 
Schwellung und Spannung dekapsuliert, dann mit dem Sektionsschnitt gespalten, ohne auf 
Eiter zu stoßen. Nephrorrhaphie, Reposition, Etagenaht der Weichteile bis auf zwei Drains. 
Eiterung. Allmähliche Entfieberung während der nächsten Wochen. Volle Genesung. Diagnose: 
Paranephritis, ausgehend von einer Thrombose des Plexus venosus spermat. int. sin., analog 


Uterustumoren. — Benigne. 195 


eines Phlegmasia alta dolens. Die pathologisch-anatomische Untersuchung des Myoms ergab 
ödematöse Quellung und stellenweise hyaline Degeneration des interstitiellen Bindegewebes, 
auffallende Erweiterung der venösen Gefäße, besonders an der vorderen Wand; im Innern des 
Tumors multiple Höhlenbildung bis zu Hühnereigröße, mit serösem Inhalt und nekrotischen 
Veränderungen der Cystenwandungen. E. von der Osten-Sacken (St. Petersburg). 

Ransonoff, Louis and Max Dreyfoos: Dangerous intraperitoneal haemorrhage 
from uterine fibroid. (Gefährliche intraperitonale Blutung aus einem Uterusnıyom.) 
Surg., gynecol. a. obstetr. Bd. 33, Nr. 3, S. 296—298. 1921. 


Strong, L. W.: Adenomyometritis, not adenomyoma of the uterus. (Adeno- 
myometritis, nicht Adenomyom des Uterus.) Americ. journ. of obstetr. a. gynecol. 
Bd. 1, Nr. 9, S. 901—905. 1921. 

Strong ist der Ansicht, daß es sich bei den sog. ‚„Adenomyomen‘“ nicht um eine 
Neubildung, sondern um metritische Hyperplasie handelt. Zietzschmann (Bremerhaven). 


Meyer, Robert: Zur Kenntnis des Papilloma portionis uteri, insbesondere des 
Papilloma verrucosum. (Univ.-Frauenklin., Berlin.) Arch. f. Gynäkol. Bd. 115, 
H. 1, S. 167—183. 1921. 

R. Meyer erwähnt zunächst kurz die spitzen Kondylome, die selten an der Portio 
sich finden. Sie haben nicht immer Gonorrhöe zur Ursache, unterscheiden sich aber 
histologisch von den gonorrhoischen Kondylomen nicht. Dann werden die umschriebe- 
nen Papillome der Portio behandelt, die auch histologisch den spitzen Kondylomen 
gleich sind. Weiter beschreibt M. ein eigentliches Papilloma verrucosum eingehend 
nach seinem histologischen Bau an der Hand mikroskopischer Bilder. Es ist makro- 
und mikroskopisch den Hautwarzen ähnlich, seine Gutartigkeit ist noch unbestimmt. 
Zum Schluß wird das Carcinoma papillomatosum geschildert. Zietzschmann. 


Wharton, Lawrence R.: Rare tumors of the cervix of the uterus of inflam- 
matory origin — condyloma and granuloma. (Seltene Tumoren der Cervix uteri ent- 
zündlichen Ursprungs (Condylom und Granulom.) (Dep. of gynecol., Johns Hopkins 
hosp. a. univ., Baltimore.) Surg., gynecol. a. obstetr. Bd. 33, Nr. 2 S. 145 
bis 153. 1921. 

Wharton beschreibt 2 sehr seltene Fälle von gonorrhoischen Kondylomen und einen 
Fall von Tuberkulose der Cervix (Abbildungen). Im 1. Falle bestand eine Gonorrhöe der 
Adnexe, die samt dem Üteruscorpus und der Appendix durch Laparotomie entfernt wurden. 
Die Kondylome der Cervix trotzten 2 Monate lang jeder örtlichen Behandlung, schließlich 
wurden sie weggeätzt. Der 2. Fall betraf eine Patientin mit Kondylomen der äußeren Genitalien 
und des Dammes. Einige Kondylome waren über die Scheidenschleimhaut verstreut und saßen 
an der hinteren Muttermundslippe. Die inneren Genitalien waren normal. Sämtliche Kondy- 
lome wurden mit Erfolg excidiert. — Im 3. Falle handelte es sich um eine Kranke mit all- 
gemeiner Tuberkulose, der sie bald nach Amputation der Portio uteri erlag. Diese war hyper- 
trophisch und trug eine gelappte wuchernde Geschwulst, die differentialdiagnostisch schwer 
von Carcinom zu unterscheiden war. Zielzschmann (Bremerhaven). 

Frankl, Oskar: Einige Bemerkungen über Granulome. (Z. Univ.-Frauenklin., 
Wien.) Zentralbl f. Gynäkol. Jg. 45, Nr. 16, S. 556—558. 1921. 

Verf. geht der Ätiologie hartnäckiger Granulome nach gynäkologischen Opera- 
tionen eingehender nach. Er findet vielfach in derartigen Gebilden noch intakte 
Schleimhautpartien, von Granulationsgewebe umschlossen. Die Möglichkeit solcher 
Einschiebung von Schleimhautgewebe zwischen die Wundränder besteht vor allem — 
wie die anatomische Kontrolle bestätigt — nach supravagıinaler Uterusexstirpation, 
sowie nach vaginaler Totalexstirpation, wenn die Tuben samt ihrem Fimbrienende 
nicht vollständig mitentfernt wurden. Aus solchen Befunden erklärt sich der unbeein- 
flußbare, oft blutige Fluor solcher Fälle. Daß unter dem klinischen Bild eines derartigen 
Granuloms sich auch einmal ein beginnendes Carcinom verbergen kann, lehrt ein 
weiterer mitgeteilter Fall, in dem sich Verf. mit dem anfänglich erhobenen Befund von 
Granulationsgewebe mit teilweise nekrotischen Massen nicht zufrieden gab, bis er 
schließlich tatsächlich der Carcinomschläuche mikroskopisch habhaft werden konnte. 


Dyroff (Erlangen). 
13* 


196 Pathologie des Uterus. 


Seitz, L., Primat der Eizelle, Corpus luteum, Menstruationscyclus und Genese der 

Myome. (Arch. f. Gynäkol. Bd. 115, H. 1, S. 1—14.) 

Vgl. Referat S. 107. 

Peraire: Fihro-nyome uterin avec prolongement dans l’espace recto-vaginal. 
(Fibromyom des Uterus mit Ausdehnung desselben in den Recto-Vaginalraum.) Bull. 
et mem. de la soc. anat. de Paris Bd. 18, Nr. 7, S. 378—379. 1921. 

Hartmann, I. P.: Demonstration einiger Uterusgeschwülste mit Bemerkungen 
über die Röntgenbehandlung der Myome. (Ver. f. Gynekol. u. Obstetr., Kopenhagen, 
Sitzg. v. 8. IV. 1922.) Hospitalstidende Jg. 64, Nr. 36, S. 48. 1921. (Dänisch.) 

Trancu-Rainer, Martha: Ein Fall von Netzlymphangiektasien als Begleit- 
erscheinung eines erweichten Uterusfibroms. Zentralbl. f. Gynäkol. Jg. 45, Nr. 52, 
S. 1861—1863. 1921. 

Andrews, H. Russell: Lipomatosis of the stroma of a uterine fibromyoma. 
(Lipomatosis des Stromas eines Fibromyoms des Uterus.) Proc. of the Roy. Soc. of med. 
Bd. 14, Nr. 7, sect. of obstetr. a. gynaecol., S. 305—307. 1921. 


Loubat: Gangröne d’un fibrome utérin après la ménopause. (Gangrän eines 
Uterus-Fibroms nach der Menopause.) (Soc. d’obstetr. et de gynécol., Bordeaux, 12. IV. 
1922.) Bull. de la soc. d’obstetr. et de gynécol. d. Paris Jg. 10, Nr.6, S.254—256. 1921. 


Paus, Nikolai: Entferntes Fibromyom des graviden Uterus; fünf Monate später 
normales Wochenbett. Norsk magaz. f. laegevidenskaben Jg. 82, Nr. 4, S. 320. 1921. 
(Norwegisch.) 

Horváth, Boldizsàr: Cystisch erweichtes mächtiges Uterusfibromyom und 
Lactation. Orvosi hetilap Jg. 65, Nr. 50, S. 436—438. 1921. (Ungarisch.) 


Schwarz, Botho: Fin Fall von multipel angelegtem retroperitonealem Fibro- 
myxom, kompliziert durch Gravidität, durch postoperativen Lufttumor und durch 
wiederholtes Rezidiv. (Hess. Hebammenlehranst., Mainz.) Zentralbl. f. Gynäkol. 
Jg. 45, Nr. 21, S. 760—764. 1921. 

Jonas, W., Totalnekrose eines Myoms unter dem klinischen Bilde der vorzeitigen 


Placentarlösung. (Krankenh. d. jüd. Gemeinde, Berlin.) Berl. klin. Woch. Jg. 58, 
Nr. 13, S. 303—304. 1921. 


b) Maligne Tumoren des Uterus. 


Berreitter, Anton: Zur Frage der Häufigkeit maligner Uterusmyome. (Sencken- 
berg. pathol. Inst., Univ. Frankfurt a. M.) Zentralbl. f. Gynäkol. Jg. 45, Nr. 44, 
S. 1592—1600. 1921. 

Verf. streift kurz die Frage, ob die malignen Uterusmyome von der Bindesubstanz 
oder von den Muskelelementen ihren Ausgang nehmen. An Hand einer aus der Literatur 
zusammengestellten Statistik über das prozentuale Verhältnis der Myome zu den Sar- 
komen zeigt Berreitter, wie außerordentlich stark die Zahlen der einzelnen Autoren 
auseinandergehen. Aus diesen Gründen hat er das Material des Senckenbergischen 
pathologischen Institutes der Universität Frankfurt aus den Jahren 1909—1921 zu- 
sammengestellt. Bei 716 Myomfällen fand er 6 mal eine maligne Entartung, also 0,8°,,. 
Kurze Beschreibung der 6 bösartigen Fälle. — Die Ursache für die starke Diskrepanz 
in der Angabe über das prozentuale Verhältnis von Myom zu Sarkom liegt nach Ansicht 
des Verf. in der Schwierigkeit der mikroskopischen Diagnostik. Für Malignität sprechen 
enormer Zellreichtum, abnorme Größe und Form der Zellen, häufige Kernteilungs- 
figuren und vor allenı reichlich vorhandene Riesenzellen. Verf. glaubt, daß die Häufig- 
keit maligner Mvome weit überschätzt wird. Handorn (Heidelberg). 

Tedenat et Constantin Tzelepoglou: Myomes uterins (dégénérescence rouge). 
(Über Uterusmyome mit einhergehender roter Erweichung.) Gynécologie Jg. 20, 
Februarh., S. 65—79. 1921. 


Die „roten“ Myome sind seltene Spezialformen der Fibromyome. Sie treten bei Frauen 


Uterustumoren. — Maligne Tumoren des Uterus. 197 


nahe der Menopause auf. Zu einer gewissen Zeit ihrer Entwicklung werden die Kranken von. 
sehr heftigen Schmerzen im Unterbauche befallen, die sie bettlägerig machen, so daß eine evtl. 
Morphiuminjektion nötig wird. Ausstrahlende Schmerzen in Lenden und Schenkel gesellen 
sich dazu. Erbrechen, Durchfälle, Frösteln und Fieber zwischen 38/39 treten auf; ebenso jauchige, 
stinkende, hämorrhagische Abgänge per vaginam. Ihre Entwicklungszeit beträgt 5 Monate 
bis 10 Jahre. Pathologisch-anatomisch handelt es sich um interstitielle Myome von einer mehr 
oder weniger dünnen Kapsel umgeben. Die Farbe erinnert minunter an eine Hortensie (Mazet) 
oder an eine gekochte Quitte (Polloson und Violet). Man trifft Geschwülste dieser Art an, 
an denen einige Stellen normal aussehen, während andere grünliche, hellgelbliche und rötliche 
Zonen mit Ekchymosen durchsetzt aufweisen. Es sind weiche Gebilde; auf Schnitten, wobei 
reichlich Blut von der Schnittfläche herabträufelt, nach gekochtem Fisch riechend. Histo- 
logisch beobachteten einige Autoren kurze, glatte Muskelfasern mit gut entwickelten Kernen 
und reichlicher Gefäßbildung; es soll sich hier um schnell wachsende, sehr gefäßreiche Tumoren 
handeln. Andere Autoren erblicken in ihnen einen nekrobiotischen Vorgang. Das undeutlich 
konturierte, fibromuskuläre Bindegewebe nimmt den Farbstoff nur mangelhaft an, die Gefäße 
sind strotzend mit Blut gefüllt, manche sind thrombosiert; auch zu Blutaustritten in das um- 
liegende Bindegewebe ist es gekommen. Leukocytenansammlungen wurden hier nicht beob- 
achtet. Bakteriologisch ergab sich nichts. Nach eigener histologischer Beobachtung 
handelt es sich bei den helleren, von den roten mehr entfernt liegenden Partien um sehr 
dicht liegendes kollagenes Bindegewebe. Gefäßwände stark verdickt. Reichlich perivasculäre 
Infiltrate. Außerdem ödematöse Auflockerung im Bindegewebe. Je mehr man sich den roten 
Bezirken nähert, um so intensiver wird die Gewebsentartung. In den roten Partien auffallen- 
der Gefäßreichtum, viel mit Blut erfüllte, an Hämangiome erinnernde Hohlräume, manchmal 
mit dünner oder überhaupt nicht sichtbarer Wandung; hier kommunizieren sie mit benach- 
barten Gefäßen; auch interstitielle Blutungen sind zu sehen. Das Bindemuskelgewebe ist in 
nekrotischem Zerfall begriffen. Bakteriologisch kein Ergebnis. Brakemann (München). 


Buscemi, A.: Sulla coesistenza del carcinoma e del fibroma nel corpo dell’ utero. 
(Über das gleichzeitige Vorkommen von Carcinom und Myom im Corpus uteri.) 
(Clin. ostetr. ginecol., istit. di studi sup., Firenze.) Rass. d’ostetr. e ginecol. Jg. 30, 
Nr. 1/31, S. 1—14. 1921. 


Unter 473 Fällen von Myomen und 97 Fällen von C'orpuscarcinomen der akademischen 
Frauenklinik in Florenz fand sich 14 mal die Kombination von Myom und Corpuscarcinom. 
Nach einer ausführlichen kasuistischen Übersicht über diese 14 Beobachtungen bespricht Verf. 
die verschiedenen Hypothesen, die das Vorkommen von Carcinomen in myomatösen Uteris 
zu erklären suchen. Die Ansicht, daß ein Myom durch rein mechanischen Druck ein C'arcinom 
der Schleimhaut auslösen könne, lehnt Verf. ab, da häufig gerade über den Myomknoten die 
Schleimhaut nicht carcinomatös erkrankt ist. Dagegen lassen sich an der Schleimhaut myo- 
matöser Uteri histologische Veränderungen nachweisen. die vielleicht eine gewisse Prädispesition 
für die Carcinomentwicklung schaffen. Vor allem treten an den Drüsen hyperplastische Pro- 
zesse auf, die fließende Übergänge zu dem Bilde des malignen Adenoms zeigen können. — 
Auch im Klimakterium kann sich in myomatösen Uteris ein Careinom entwickeln. Beim Ein- 
tritt in die Menopause kann sich ein Carcinom hinter Symptomen verbergen, die auf die vor- 
handenen Myome zurückgeführt werden und erst dann den Verdacht auf C’areinon erwecken, 
wenn dieses schon inoperabel geworden ist. Für die Diagnose ist von Bedeutung das Auf- 
treten von fleischwasserähnlichem, sowie übelriechendem und mißfarbenem Ausfluß. Dabei 
kann es sich natürlich auch um nekrotische Myome handeln. Eine Probeabrasio ist deshalb 
unerläßlich. — Für die Behandlung empfiehlt Verf. die erweiterte abdominale Totalexstirpation 
nach Wertheim. Nürnberger (Hamburg). 


Warthin, Aldred Scott and Lloyd Noland: The differential diagnosis of chancre 
and carcinoma of the cervix. (Die Differentialdiagnose zwischen Primäraffekt und 
Carcinom der Cervix.) Americ. journ. of syphilis Bd. 5, Nr. 4, S. 553—562. 1921. 


Beschreibung eines Falles, bei dem wegen ulcerativer Prozesse an der Portio in der An- 
nahme eines Carcinoms der Uterus entfernt war. 4Wochen nach der Entlassung Auftreten eines 
typischen sekundär-syphilitischen Exanthems. Daraufhin genaue histologische und bakterio- 
logische Untersuchung des Operationspräparates. Durch eine Reihe von Mikrophotogrammen 
werden die im wesentlichen perivasculären Prozesse veranschaulicht; es fehlt jeder Anhalt für 
ein Carcinom. Auch die Spirochaeta pallida wurde nachgewiesen. Es war also ein Primär- 
affekt der Portio verkannt worden. Mit Recht wird verlangt, daß die mikroskopische Unter- 
suchung zur Sicherung der Diagnose herangezogen wird. Das histologische Bild schließt leicht 
die maligne Neubildung aus. Die Bestätigung der Diagnose Primäraffekt bringt die Anwesen- 
heit der Spirochäte. (Nicht immer. Ref.) Liegner (Breslau). 


Behrendt, Arno, Über die klinischen Erscheinungen der Myomnekrose. (Visser- 
tation: Rostock 1921.) 


198 Pathologie des Uterus. 


Zweifel, P.: Über die Bedeutung der Frühdiagnose für die Dauerheilung der 
Gebärmutterkrebse. (Univ.-Frauenklin., Leipzig.) Münch. med. Wochenschr. Jg. 68, 
Nr. 38, 8. 1207—1208. 1921. 

Seitdem der Krebs, sei es durch Operation, sei es durch Strahlenbehandlung, 
geheilt werden kann, ist die Verantwortlichkeit der praktischen Ärzte viel größer 
geworden. Zweifel führt kurz die Prozentzahl an primärer Mortalität und Dauer- 
heilung bei operativem Vorgehen aus den drei an seiner Klinik erschienenen statistischen 
Arbeiten von Glockner, Aulhorn und Schweizer an und benützt die Zusammen- 
stellung Schweizers zur Beweisführung, in welchem Grade die Dauerheilung von der 
Frühdiagnose abhängig ist. Von 24 Operierten, die als Frühsymptome Blutungen 
post cohab. zeigten, starb eine Frau im Anschluß an die Operation, eine 2. 2 Jahre 
post operat. an einem Schlagfluß und 3 an Rezidiven des Carcinoms; 19 waren nach 
:5 Jahren noch rezidivfrei. Also eine Dauerheilungsziffer von 87,3%, bei frühdiagnosti- 
zierten Fällen. Dauerheilung wurde angenommen, wenn die Operierten nach 5 Jahren 
noch lebten und rezidivfrei waren. Dann folgt eine Zusammenstellung der Frühsym- 
ptome: 1. Beim Portiocarcinom findet man im ersten Stadium, das wegen Fehlen von 
Erscheinungen nur zufällig erkannt wird, Knötchen am Muttermund; nach Excision 
kann mikroskopisch die Diagnose gestellt werden. In diesem Stadium kann in allen 
Fällen eine Dauerheilung erzielt werden. 2. Das zweite Symptom ist Blutung post 
coitum. Es tritt erst bei Erosionsbildung oder geschwürigem Zerfall ein. Auch hier 
Probeexcision und mikroskopische Diagnose. Die Anfangsstadien des Carcinoms sind 
nur durch mikroskopische Untersuchung zu erkennen, daher muß bei verdächtigen 
Symptomen eine Probeabrasio oder Excision vorgenommen werden. 3. Alle post- 
klimakterischen Blutungen sind verdächtig, aber nicht pathognomonisch für Carcinom. 
In 75% postklimakterischen Blutungen lagen maligne Tumoren der Genitalien, in 25% 
harmlose Erkrankungen vor. Corpuscarcinome sind prognostisch günstiger. Bei 28, 
von 1910—1915 operierten Corpuscarcinomen bekam Zw. eine Dauerheilung von 88,8%. 
4. Auch die unregelmäßigen Periodenblutungen im geschlechtsreifen Alter dürfen nicht 
harmlos aufgefaßt werden; jede solche Patientin muß innerlich untersucht werden. 
Dabei darf sich der Arzt nicht scheuen, während der Periode zu untersuchen. Die 
Blutung, ob nun Periodenblutung oder nicht, bildet auf keinen Fall eine Gegenanzeige 
gegen die Untersuchung. Nur soll der Arzt bei der Untersuchung Gummihandschuhe 
tragen, damit er bei einem eiternden Carcinom seine Finger nicht mit Keimen belädt, 
die er später auf eine Gebärende überträgt. 5. Eitrige Ausflüsse können oft das 1. und 
einzige Anzeichen für Corpuscarcinom sein. Hier muß eine Probeabrasio erfolgen. 
6. Jucken an den äußeren Genitalien ist ein sehr unsicheres Frühsymptom, läßt aber 
eine Probeabrasio indiziert erscheinen. Handorn (Heidelberg). 

Zweifel, P.: Die Bedeutung der Frühsymptome für die Behandlung des Uterus- 
careinoms. (Univ.-Frauenklin., Leipzig.) Zentralbl. f. Gynäkol. Jg. 45, Nr. 32, 
S. 1126—1134. 1921. 

Zweifel hält nach wie vor die Operation für das wirksamste Mittel zur Heilung 
des Uteruscarcinoms, und er hat keinen Fall, der noch operabel war, ausschließlich 
der Strahlenbehandlung unterworfen, außer wenn die Operation aus anderen Grün- 
den kontraindiziert war; dagegen hat er nach der Operation die Strahlenbehandlung 
so häufig als möglich herangezogen, um nichts unversucht zu lassen, was nützen kann. 
Die Operationsmethoden sind so gut ausgebaut, daß die Primärmortalität nicht mehr 
viel heruntergedrückt werden kann. Die Verbesserung der Erfolge hängt von der 
Frühldiagnose ab. Verf. faßt die Frühsymptome folgendermaßen zusammen: 1. Knöt- 
chen an der Portio vaginalis, die beim Anstechen sich nicht als folikuläre C'ysten er- 
weisen. 2. Erosionen, die bei leichter Berührung bluten und nicht in kürzester Zeit 
heilen oder von vornherein verdächtig aussehen. In beiden Fällen muß baldmöglichst 
eine Probeexcision vorgenommen und mikroskopisch untersucht werden. 3. Jucken 
an den äußeren Genitalien ist ein verdächtiges Zeichen, das erhöhte Aufmerksamkeit 


Uterustumoren. — Maligne Tumoren des Uterus. 199 


erfordert. 4. Blutungen post cohabitationem. 5. Alle postklimakterischen Genital- 
blutungen sind sofort als höchst verdächtig anzusehen. 6. Keine unregelmäßige Blu- 
tung, auch in der fruchtbaren Lebenszeit, darf leicht genommen und ohne Untersuchung 
behandelt werden. 7. Selbst eitrige Ausflüsse können das erste Symptom eines Carci- 
noms sein und sind lange Zeit beim Corpuscarcinom das einzige Zeichen. Erneute 
Mahnung an die praktischen Ärzte, jede Frau, die mit Unregelmäßigkeiten in den Geni- 
talien zu ihnen in die Sprechstunde kommt, genau innerlich zu untersuchen, ehe eine 
Behandlung eingeleitet wird. Handorn (Heidelberg). 


Frankl, Oskar: Über Frühstadien des Uteruscareinoms. (I. Univ.-Frauenklin., 
Wien.) Zentralbl. f. Gynäkol. Jg. 45, Nr. 37, S. 1317—1320. 1921. 


Verf. weist auf die Wichtigkeit der Frühdiagnose bei Uteruscarcinom hin, sowohl 
für die operative als auch für die Strahlentherapie. Abgesehen von der geringen primären 
Mortalität bei Operationen ist bei beiden Behandlungsarten die Zahl der Dauerhei- 
lungen bei solchen Fällen eine wesentlich höhere. Erläuterung des Begriffes Früh- 
stadium. Frankl hat das Material an Collum- und Corpuscarcinomen von 1909 bis 
1. Hälfte 1921 incl. aus der 1. Universitäts-Frauenklinik in Wien tabellarisch zusammen- 
gestellt, hauptsächlich unter dem Gesichtspunkt, wie sich die Frequenz des Frühsta- 
diums des Uteruscarcinoms gestaltet hat. Während in den Jahren 1909—1913 die 
früh diagnostizierten Fälle langsam zunahmen — 1913 10%, — sanken sie in den Kriegs- 
jahren auf 2—2,9%,, um in den Jahren 1919 und 1920 wieder langsam zuzunehmen 
und in der 1. Hälfte des Jahres 1921 sogar 16,1%, zu betragen. Die Abnahme in den 
Kriegsjahren führt Verf. darauf zurück, daß die Frauen infolge Berufsarbeit sich keine 
Zeit nahmen, den Anomalıen ihres Körperzustandes die nötige Beachtung zu schenken. 
Der Erfolg jeder Therapie des Uteruscarcinoms steht und fällt mit der Frühdiagnose. 

Handorn (Heidelberg). 


Frankl, Oskar: Early diagnosis of carcinoma of the uterus. (Frühdiagnose 
des Uteruscarcinoms.) Dublin journ. of med. science Ser. 4, Nr. 21, S. 491—500. 1921. 


Die möglichst frühzeitige Diagnose ist für die Prognose des Uteruscarcinoms von 
allergrößter Bedeutung. Von den Symptomen sind Blutungen nach der Menopause 
geradezu pathognomonisch für Uteruscarcinom. Von Interesse ist die Bemerkung des 
Verf., daß unter dem Einfluß der gegenwärtigen Verjüngungshypothesen viele Ma- 
tronen eine neu auftretende Blutung freudig begrüßen als Zeichen einer zweiten Jugend 
und deshalb nicht zum Arzte gehen. — Während des Krieges (1914—1920) ist die Zahl 
der weit vorgeschrittenen und inoperablen Carcinome, die in die Klinik kamen, sehr 
in die Höhe gegangen, während das Prozentverhältnis der beginnenden Carcinome 
sehr zurückging. Erst in den letzten Jahren kommen die Frauen wieder früher in klı- 
nische Behandlung. Für die Zunahme der weit vorgeschrittenen Carcinome kommt 
einmal der Umstand in Betracht, daß ungleich mehr inoperable Kranke als früher den 
Kliniken zur Strahlenbehandlung überwiesen werden. Daneben sind nach Frankl 
aber auch die Begleitumstände des Krieges schuld daran gewesen, daß viele Frauen 
sich erst sehr spät in ärztliche Behandlung begaben. — Im weiteren erörtert Verf. aus- 
führlich die Bedeutung der histologischen Frühdiagnose der Uteruscarcinome nach 
Probeezcision oder -abrasio. 


Für die Behandlung operabler Carcinome empfiehlt sich die erweiterte Totalexstirpation 
nach Wertheim oder Schauta. Für die inoperablen Carcinome ist eine intensive Strahlen- 
behandlung am Platze. Nürnberger (Hamburg). 


Smiley, Irving: Prophylaxis in carcinoma of the cervix. (Prophylaxe des Cervix- 
carcinoms.) New York med. journ Bd. 114, Nr. 7, S. 384—387. 1921. 
An Hand von Statistiken aus Philadelphia und New York wird zu beweisen ver- 


sucht, daß der Uteruskrebs in den letzten Jahren an Häufigkeit zugenommen habe. 
Es wird darauf hingewiesen, daß das Uteruscareinom auch bei jugendlichen Frauen 


200 Pathologie des Uterus 


im Alter von 20—25 Jahren häufiger vorkommt als man bisher annahm. Verf. hat 
sogar bei einem Mädchen von 2 Jahren ein Cervixcarcinom beobachtet. Unter dem 
Uteruscarcinom ist wieder das Cervixcarcinom das bei weitem häufigste. Verf. glaubt, 
daß der chronische Reizzustand wohl das wichtigste auslösende Moment für die Ent- 
stehung eines Carcinomas sei. Die Cervix ist wie kein anderes Organ solchen Irritationen 
ausgesetzt: Geburtstraumen, Erosionen, Endocervicitis usw. Dadurch ist auch das 
überwiegende Vorkommen des Cervixcarcinoms zu erklären. Entzündung und Erosion 
am cervikalen Teil des Uterus und an der Portio werden ausführlich mit ihren histo- 
logischen Veränderungen beschrieben und der Satz aufgestellt, daß die Endocervi- 
citis heutzutage als der Ausgangspunkt des Cervixcarcinoms betrachtet werden muß. 
Anführung von 2 beobachteten Fällen, bei denen sich aus einer solchen Veränderung 
ein Cervixcarcinom entwickelt. Daraus wird der Schluß gezogen, daß jeder Reizzu- 
stand an der Cervix operativ behandelt werden muß und zwar durch Entfernung 
des erkrankten Gewebes. Emmetsche Operation und kurze Amputation der Cervix 
werden verworfen, weil sie nicht den ganzen Krankheitsherd ausrotten. Hohe Ampu- 
tation hat die folgenden Nachteile: 1. Gefahr der postoperativen Blutung; 2. Frauen 
werden teilweise steril, teilweise treten Frühgeburten ein und bei ausgetragener 
Schwangerschaft kommt es zu Schwierigkeiten bei der Geburt. Die beste Methode 
ist die sog. Tracheloplastik, bei der nur die erkrankte Schleimhaut mit ihren Krebs- 
möglichkeiten entfernt wird, die Muskulatur aber zurückbleibt. Verf. erblickt in dieser 
bei entzündlichen Veränderungen an der Cervix frühzeitig vorgenommenen Operation 


das beste Krebsprophylakticum. Handorn (Heidelberg). 


Deaver, John B. and Stanley P. Reimann: Cancer of the uterus. With a 
description of the pathology. (Uteruskrebs. Mit einer pathol.-anat. Beschreibung.) 
Americ. journ. of the med. sciences Bd. 161, Nr. 5, S. 661—665. 1921. 

Deaver hebt die Wichtigkeit der Frühdiagnose des Uteruskrebses hervor 
und nennt als Frühsymptome für diese Erkrankung verstärkte Periodenblutungen 
im Beginn der Menopause und blutigen Ausfluß in der Menopause; weiterhin 
Blutungen bei der digitalen Untersuchung. Der Schmerz tritt erst später ein, wenn 
das umgebende Gewebe schon tiefer von Krebszellen infiltriert ist. Das wichtigste 
diagnostische Mittel ist jedoch die mikroskopische Untersuchung des durch Curettage 
gewonnenen Materiales. Ist der mikroskopische Befund zweifelhaft, so macht Verf. 
immer eine Hysterektomie. Verf. hält die operative Behandlung des Uteruskrebses 
für das sicherste Verfahren. Er hat kein Zutrauen zur Radiotherapie, da er zu oft. 
Rezidive gesehen hat. Reimann hat mehrere Uteri untersucht, die einige Wochen 
nach der Bestrahlung operativ entfernt wurden. Er fand dabei eine ausgedehnte 
Nekrose in der Mucosa und in dem oberflächlichen Muskelgewebe, ausgedehnte 
Zerstörung des Carcinomgewebes bis zu einer Tiefe von etwa 1!1/, cm. Aber 
darüber hinaus waren zahlreiche unveränderte Carcinomzellen. D. verfügt über 
ein Material von 500 Hvsterektomien. Davon waren 27 Carcinome des Uterus 
(kein Todesfall), 367 Uterusmyome, 106 Erkrankungen des Uterus, der Tuben und 
Övarien; unter letzteren waren 6 bösartige Ovarialcvsten. Die operative Mortalität 
der ganzen Fälle war 2%, 10 Todesfälle. Da die Technik der Radiotherapie, besonders 
die Art der Dosierung, noch unvollkommen ist, sollen operable Fälle nicht bestrahlt, 
sondern operiert werden. Bei inoperablen Fällen mag die Radiotherapie angewendet 
werden. Über Dauerresultate der Heilung mit operativer Behandlung macht Verf. 
keine Angaben. Handorn (Heidelberg). 


Tiwan Kiat Li: Carcinoma uteri. Nederlandsch maandschr. v. Geneesk. N. F. 
Jg. 10, Nr. 4, S. æ 194—198. 1921. 

Kurze statistische Zusammenstellung. Material jedoch nur 88 Fälle. Davon sind 53,4%, 
Portio-, 23,9%, Cervix- und 22,70%, Korpuskrebse. Das Collumcarcinom ist in 82,4%, der Fälle 
ein Epitheliom, in 13,2%, ein Drüsencarcinom und nur in 4,4% ein Adenocarcinom. Das 


Uterustumoren. — Maligne Tumoren des Uterus. 201 


Korpuscarcinom ist dagegen in 60°, der Fälle ein Adenocarcinom, in 309, ein Drüsencarcinom 
und nur in 109%, der Fälle ein Epitheliom. Lamers (Herzogenbusch). 

Mayer, Aug.: Über das Uteruscareinom und seine moderne Behandlung. 
(Univ.-Frauenklin., Tübingen.) Münch. med. Wochenschr. Jg. 68, Nr. 6, S. 168 
bis 172. 1921. 

Mayer hat das Material der Tübinger Klinik vom 1. I. 1902 bis 31. XII. 1919 
bearbeitet. Es kamen 999 Uteruscarcinome zur Beobachtung. Zunächst bespricht 
M. einige allgemeine Fragen, wie die Häufigkeit des Uteruscarcinunss, seine Verteilung 
auf Uterushals und Uteruskörper, sein Verhalten bei Schwangerschaft und im höheren 
Alter. Die Operabilität des Materials betrug im Durchschnitt 659%, die primäre Morta- 
lität 20%. Gefahr der postoperativen Peritonitis! Mit der Operation wurde eine Heilung 
von rund 20% erzielt. Auch mit der Strahlenbehandlung wurde ungefähr dasselbe Re- 
sultat erreicht; doch scheint es Verf., daß die 20 proz. Dauerheilung nach Röntgen- 
bestrahlung noch kein so sicherer Besitz ist, wie die nach der Operation. Somit ist der 
Operation das Todesurteil noch nicht gefällt. M. entscheidet sich für ‚Messer und 
Strahl“‘, d. h. er operiert und wendet dann zur Vermeidung von Rezidiven prophvlak- 
tisch die Bestrahlung an. Handorn (Heidelberg). 


Adler, L.: Zur Behandlung des Uteruscareinoms. Wien. klin. Wochenschr. 
Jg. 34, Nr. 26, S. 312—313. 1921. 

Kupferberg, Heinz: Sieben Jahre gynäkologischer Careinombehandlung. 
Strahlentherapie Bd. 13, H. 1, S. 88—96. 1921. 


Penris, P. W. L.: Der Einfluß der Geschlechtsfunktion auf die Entstehung 
von Krebs im Uterus und der Brustdrüse. Nederlandsch tijdschr. v. gıneesk. Jg. 65, 
2. Hälfte Nr. 25, S. 2995—3001. 1921. (Hollär.disch.) 

Einwände gegen frühere statistische Publikationen von Deelman und Sanders 
ın derselben Zeitschrift (1917, 1919 resp. 1920). Die beiden Verff. sollen bestätigt haben 
daß die Sterblichkeit an Brustdrüsen- und Gebärmutterkrebs bei verheirateten Frauen 
größer sei als bei unverheirateten. Daß jedoch das Verheiratetsein die Ursache dieser 
größeren Sterblichkeit sei, hätten sie nicht bewiesen. Ebensogut könnte man behaupten, 
daß Frauen, die später Krebs der Brustdrüse oder der Gebärmutter bekommen werden, 
auf dem Heiratsmarkt ,williger“ oder ‚gewillter”‘ wären wie solche, die diese Anlage 
nicht haben. Auch daß eine Frau Kinder (eins oder mehrere) gehabt habe, sei ohne 
Einfluß. Der Einfluß der Geschlechtsfunktion auf die Entstehung dieser Krebse sei 
allerdings immer angenommen, jedoch noch niemals bewiesen. Lamers (Herzogenhusch). 


Deelman, H. T.: Kinder bei Frauen mit Gebärmutterkrebs. (Laborat. Antoni 
van Leeuwenhoek-huis, Amsterdam.) Nederlandsch tijdschr. v. geneesk. Jg. 65, Nr. 26, 
2. Hälfte, S. 3073—3075. 1921. (Holländisch.) 


Eırwiderung auf die Arbeit von Penris, in derselben Zeitschrift, Nr. 25 (vgl. vorst. 
Ref.). Verf. bleibt dabei, daß die Zahl der Nulliparae unter den verheirateten Frauen 
mit Gebärmutterkrebs in allen Statistiken auffallend gering sei. Nicht die Zahl der Ge- 
burten, sondern eine oder keine Geburt beeinflusse das Vorkommen von Gebärmutter- 
krebs. Lamers (Herzogenbusch). 


Mayer, A.: Steigert die Schwangerschaft die Bösartigkeit des Uteruskrebses? 
(Univ.-Frauenklin., Tübingen.) Zentralbl. f. Gynäkol. Jg. 45, Nr. 18, S. 629—637. 1921. 

Unter 1106 Fällen von Uteruscareinom der Tübinger Frauenklinik von 1. I. 1902 
bis 1. X. 1920 fanden sich 56 Falle, die mit Schwangerschaft oder Wochenbett in Zu- 
sammenhang standen. Bei 18 Fällen bestand gleichzeitig eine Gravidität und bei 
38 Fällen lag eine Gravidität höchstens 1 Jahr zurück. Das Material wird an Hand 
von mehreren Tabellen eingehend behandelt. Mayer glaubt der heute herrschenden 
Ansicht, daß das Carcinom durch eine gleichzeitig bestehende Schwangerschaft in 
seiner Ausbreitung sehr stark gefördert würde, auf Grund seiner Beobachtungen ent- 
gegentreten zu dürfen. Er will zwar noch nicht behaupten, daß die Gravidität die 


202 Pathologie des Uterus. 


Carcinomausbreitung sichtbar hemme; aber er hält die andere Auffassung auch noch 
keineswegs für bewiesen. Er fordert auf, möglichst viele Kliniken sollten ihr Material 
nach gleichen Gesichtspunkten verarbeiten. Handorn (Heidelberg). 


Frankl, O.: Steigert die Schwangerschaft die Bösartigkeit des Uteruskrebses ? 


(I. Univ.-Frauenklin., Wien.) Zentralbl. f. Gynäkol. Jg. 45, Nr. 31, S. 1094—1095. 1921. 
Anschließend an die kürzlich von A. Mayer erfolgte Publikation, wonach die absolute 
Heilung bei graviden Krebskranken sich wesentlich günstiger gestaltet als bei nicht graviden 
Frauen, teilt Frankl einen Fall von Portioca, bei einer im 5. Monat schwangeren Frau mit. 
An dem exstirpierten Uterus zeigte sich eine auffallend starke lymphatische Aussaat der Krebs- 
zellen durch die ganze Cervixwand bis in die Gegend des inneren Muttermundes, obwohl an 
dem herausgeschnittenen Organ äußerlich keine Spur von makroskopisch wahrnehmbarem 
Tumor festzustellen war. Wenn auch aus dieser auffallenden Propagation nicht ohne weiteres 
ein Rückschluß auf die Zunahme der Bösartigkeit des Uteruskrebses in der Gravidität gemacht 
werden kann, so gibt der Befund immerhin zu bedenken. Handorn (Heidelberg). 


Winter, G.: Die zunehmende Inoperabilität des Uteruskrebses und ihre Be- 
kämpfung. Zentralbl. f. Gynäkol. Jg. 45, Nr. 48, S. 1733—1743. 1921. 

Winter macht auf die Zunahme der Inoperabilität des Uteruskrebses aufmerk- 
sam. In dem letzten Jahrzehnt (1911—1920) stieg die Zahl der inoperablen Uterus- 
carcinome an der Königsberger Frauenklinik von 34,5% für 1911 auf 72,2% für 1920. 
Über ähnliche Resultate berichten v. Seuffert aus der Münchener Klinik und Frankl 
aus der 1. Universitäts-Frauenklinik in Wien. Auch die sogenannten verschleppten 
Fälle, d. h. solche Fälle, welche infolge fehlerhaften Verhaltens der Ärzte, Hebammen 
und Kranken zu spät der Klinik überwiesen wurden, haben eine wesentliche Zunahme 
erfahren. W. schildert kurz das richtige Verhalten der Ärzte und Hebammen, ent- 
sprechend den 1904 von ihm aufgestellten Forderungen, und weist daran anschließend 
auf die häufigst begangenen Fehler hin. Ein großer Teil der Schuld an der Abnahme 
der Operabilität trifft aber auch die Frau selbst. Es werden dann die krebsverdächtigen 
Symptome aufgeführt: 1. Blutungen post cohabitationem; 2. Blutungen in der Meno- 
pause; 3. Blutungen aus der Scheide beim Urinieren und beim Stuhlgang. Durch das 
Niederkauern und den Akt des Pressens kommt es nach W. infolge Blutstauung zu 
Zerreißung der an der Oberfläche des Carcinoms gelegenen Venen; 4. Blutungen, 
welche unabhängig von der Ovarialfunktion auftreten. Den anderen Symptomen, 
wie Juckgefühl an der Vulva, hartnäckiger Ausfluß und Schmerzen legt W. keine 
größere Bedeutung bei. Es gibt beim Carcinom keine pathognomischen, sondern nur 
verdächtige Symptome. Aber diese verdächtigen Symptome lassen im Zusammenhang 
mit dem erhobenen objektiven Befund die Frühdiagnose des Uteruskrebses sicher zu. 
W. will dieser Zunahme der Inoperabilität des Uteruskrebses, wodurch Tausende von 
Frauen sterben, nicht ruhig zusehen. Er beabsichtigt deshalb, ähnlich wie im Jahre 
1904, noch einmal ein großes Unternehmen zur Verbesserung des Carcinommateriales 
einzuleiten. Vorher will er sich aber ein Urteil verschaffen, ob in allen Teilen Deutsch- 
lands die Operabilität des Uteruscarcinoms durch die Wirkungen des Krieges abge- 
nommen habe. Er richtet daher an ‚‚die Leiter der großen staatlichen Frauenkliniken 
die dringende Aufforderung, baldmöglichst ihr Carcinommaterial auf Operabilität 
prüfen zu wollen,“ und gibt dafür bestimmte Richtlinien. Verf. bittet, ihm das Material 
bis 1. 2. 1922 zusenden zu wollen. Er will es dann der deutschen Gesellschaft für Gvnä- 
kologie vorlegen, die ihrerseits das Unternehmen zur Verbesserung der Operabilität 
durchführen soll. Handorn (Heidelberg). 


Polak, John Osborn: Incidence of cancer in the cervix occurring in the re- 
tained stump after supra-cervical amputation for fibroids. (Vorkommen von Cervix- 
carcinom in dem zurückgelassenen Stumpf nach supracervicaler Amputation wegen 
Myom.) New York state journ. of med. Bd. 21. Nr. 2, S. 45—47. 1921. 

Nachdem Verf. auf die chronischen Reizzustände der Cervix, wie Cervicitis usw. 
als prädisponierende Momente für die Entstehung des Cervicalkrebses hingewiesen hat, 
berichtet er über 2 Fälle von supracervicalen Hysterektomien wegen Uterusmyom, bei 


Uterustumoren. — Maligne Tumoren des Uterus. 203 


denen sich im zurückgelassenen Stumpf nach 5 bzw. 15 Jahren ein Carcinom entwickelt 
hat. Daran anschließend bringt Verf. einige Statistiken über die Häufigkeit des Vor- 
kommens von Uterusmyom mit Cervicalcarcinom: Schottländer fand in 600 Fällen 
von Totalhvsterektomie wegen fibroider Tumoren 12 mal Cervicalcarcinome, die nicht 
diagnostiziert worden waren. Herbert Spencer berechnet die Häufigkeit des Zu- 
sammentreffens von Myom und Cervixcarcinom auf 2%, ebenso Noble und andere 
amerikanische Autoren. Daraus zieht Verf. den Schluß, daß bei Uterusmyomen nicht 
die supracervicale Hvsterektomie in Betracht käme, sondern nur noch die totale 
Exstirpation. Höchstens könnte man bei Nulliparen den Cervixstumpf zurücklassen, 
da hier wegen des Fehlens von Geburtstraumen, Erosionen usw. die Wahrscheinlichkeit 
für das Vorliegen oder die Entstehung eines Cervicalcarcinoms sehr gering ist. 


Handorn (Heidelberg). 


Jacquin, P.: A propos du sarcome et myome malin de P’utörus. (Ein Sarkom 
und malignes Uterusmyom.) (Clin. d’accouchement et de gynecol., Strasbourg.) Gynecol. 
et obstetr., Bd. 3, Nr. 2/3, S. 90—111. 1921. 


Die histologische Untersuchung eines Uterus ergibt nicht immer Aufschluß darüber, ob 
Malignität vorliegt oder nicht, da die Sarkomzellen keine ihnen allein zukommende Merkmale 
aufweisen, mittels deren sie von anderen Zellen zu unterscheiden wären. Ganz besondere 
Schwierigkeiten bieten in dieser Beziehung die malignen Myome; trotzdem sie klinisch zweifels- 
frei bösartig sind, zeigen sie histologisch typisch-gutartigen Aufbau. — Fall I. Rezidiv nach 
Exstirpation eines Fibromyoms bei einer 45jährigen regelmäßig menstruierenden III-Para 
nach 16 Jahren. Blumenkohlartige Bildung am Grunde der Scheide. Histologisch bietet ein 
exstirpiertes Stück, besonders mit schwacher Vergrößerung betrachtet, ganz den Anblick eines 
gewöhnlichen Myoms: Längliche Zellen mit stäbchenförmigen Wänden, zu Bündeln verschie- 
dener Grade gruppiert. Starke Gefäßversorgung des Tumors; die Gefäße zeigen nur selten 
eigene Wandung. Mit starker Vergrößerung betrachtet, in den längs geschnittenen Bündeln 
spindelförmige, einem gewöhnlichen Myom völlig gleichende Zellelemente. Nur der Mangel 
an intracellulär gelegenem Bindegewebe fällt auf Klinisch imponiert der Fall als Sarkom, 
pathologisch-anatomisch als Myom. Wie ist dies zu verstehen? Eine Analogie besteht in der 
Bakteriologie. Im Kochialsekret findet man bei Frauen mit puerperalfreier Hämolyse Strepto- 
kokken sowohl bei leichten als auch bei schweren Infektionen; auch findet man sie bei solchen, 
bei denen überhaupt kein Fieber besteht. Bis hierher hat noch keine Methode den Grund hierfür 
finden können. Gewöhnlich sagt man, daß eine Neubildung um so bösartiger ist, je mehr sie 
sich aus atypischen und embryonalen Zellelementen zusammensetzt, andererseits besteht die 
Ansicht, daß Tumoren, so wie die malignen Myome, die aus ausgewachsenen Zellen bestehen, 
ein relativ gutartiges Wachstum zeigen. Wir sollten uns von dieser Ansicht freimachen. 

Brakemann (München). 


Cullen, Thomas S.: Early squamous-cell carcinoma of the cervix. Acciden- 
tally discovered when the body of the uterus was being curetted for haemorrhage 
eaused by hyperplasia of the endometrium and by a small submucous myoma. 
(Beginnendes Plattenepithelcarcinom der Cervix. Zufällig entdeckt bei Curettage des 
Uterus wegen Blutungen infolge von Hyperplasie des Endometriums und eines kleinen 
submukösen Myoms.) Surg., gynecol. a. obstetr. Bd. 33, Nr. 2, S. 137—144. 1921. 

Bei einem 46jährigen Fräulein wurde wegen Menorrhagien eine Abrasio vorgenonmen. 
Die mikroskopische Untersuchung ergab eine Hyperplasie der Uterusschleimhaut. Daneben 
fanden sich auf Plattenepithelcarcinom verdächtige Stellen. Eine erneute Curettage ergab 
dasselbe histologische Bild. Daher wurde das Genitale nach Wertheim exstirpiert. Man 
fand an dem aufgeschnittenen Uterus ein kleines im Fundus sitzendes, submuköses Myom und 
in der Nähe des inneren Muttermundes einen kleinen, papillär gewucherten Tumor, der als 
beginnendes Plattenepithelcarcinom diagnostiziert wurde. Nach Ansicht des Verf. ist der 
Fall deshalb interessant, weil es sich hier um einen Zufallsbefund handelt, und das Carcinom 


noch ganz im Beginn ist. Durch zahlreiche, schöne Mikrophotographien wird der Fall illustriert. 
Handorn (Heidelberg). 


Meyer, Robert: ‚Plattenepithelknötchen“ in hyperplastischen Drüsen der 
Corpusschleimhaut des Uterus und bei Careinom. (Univ.-Frauenklin., Berlin.) 
Arch. f. Gynäkol. Bd. 115, H. 2, S. 394—407. 1921. 


Mever fand in der Schleimhaut eines myomatösen Uteruskörpers 2 kleine Herde 


204 Pathologie des Uterus. 


hyperplastischer Schleimhaut mit besonderen Epithelhaufen, die Drüsen unregel- 
mäßig geformt und gelagert. In ihr Lumen springen Haufen von polygonalen Epithel- 
zellen, die an Plattenepithel erinnern, knopfartig vor oder füllen das ganze Lumen 
fast vollständig aus. Dieses kubische Epithel ist zuweilen deutlich mehrschichtig. 
An einzelnen Stellen scheinen das Zylinderepithel und das Plattenepithel unmittelbar 
zusammenzuhängen, sie machen den Eindruck eines Überganges, anderen Orts wieder 
entsteht das Plattenepithel basal unter dem Zylinderepithel, das dadurch in die Drüsen- 
lumina eingestülpt wird und durch Dehnung bald zugrunde geht. Die Epithelhaufen 
können auch unter Dehnung des umliegenden Bindegewebes wachsen. Es entstehen 
ungemein schwer zu deutende Bilder. Das vielschichtige Epithel wächst wahrscheinlich 
auch ım Stroma weiter, womit aber ein destruierendes Wachstum nicht bewiesen wird, 
in den Lymphgefäßen wächst es nicht vor. — Weiter führt M. einen Fall von Menge 
an, wo das mikroskopische Bild nur an einigen Stellen das eines reinen sog. malignen 
Adenoms war; an den meisten Stellen dagegen waren die Zylinderepithelien unter- 
brochen durch ‚Plattenepithel“. Es ergaben sich Bilder, die dem ersten angeführten 
Falle bei einfacher Hyperplasie der Schleimhaut, ähnelten. — Über die Entstehungs- 
möglichkeit des Epithels können nur theoretische Erwägungen angestellt werden, 
eine maligne Neubildung dürfte aber zur Zeit bei den fehlenden Atypien des „Platten- 
epithels“, bei der normalen Kernstruktur, der beschränkten Größe der Haufen und 
dem fehlenden Beweis selbständigen Weiterwachsens noch nicht anzunehmen sein. 
Zietzschmann (Bremerhaven). 


Daels, Frans: Die Bilder von Abheilung des Epithelioma baso-cellulare der 
Cervix nach Radiumbestrahlung. Vlaamsch geneesk. tijdschr. Jg. 2, Nr. 23/24, 
S. 585-601. 1921. (Vlämisch.) 


Vortrag auf dem Internationalen Gynäkologenkongreß in Paris 1921. — Nach einer 
einleitenden Übersicht, in der deutsche Untersuchungsresultate an letzter Stelle berück- 
sichtigt werden, folgt eine genaue Beschreibung der Befunde an 6 eigenen Fällen, mit 12 Mikro- 
photographien auf 3 Tafeln. Je nach der Stärke der Bestrahlung findet man Veränderungen 
an den Carcinomzellen, die bei spontaner Entartung nicht eintreten. Gewaltiges Absterben 
oder Karyorrhexis ganzer Krebsalveolen. Absterben durch Pyknose oder Achromatose mit 
Acidophilie oder Vakuolisierung des Protoplasma und Phagocytose durch mehrkernige Blut- 
zellen, die ganze Alvceolen vollständig vernichten. Umbildung der Carcinomzellen in Riesen- 
zellen- und Riesenkernbildungen (Megacariocyten), welche Umbildung führen kann zum 
Absterben mit Eindringen mehrkerniger Blutzellen oder zu einer gleichmäßigen Atrophie 
mit fettiger Entartung des Protoplasma und Verschwinden dieser Elemente ohne Zwischenkunft 
weißer Blutzellen. Weder mehrkernige weiße Blutzellen, noch Bindegewebe haben folglich 
wirksamen Anteil an der eigentlichen elektiven Regression des Carcinomgewebes. 

Lamers (Herzogenbusch). 


Muller, M. L.: Adenoma malignum colli uteri. (Univ.-klin. v. verlosk. en 
vrouwenziekten, Utrecht.) Nederl. tijdschr. v. verlosk. en gynaecol. Jg. 28, Nr. 3, 
S. 167—173. 1921. (Holländisch.) 


Genaue pathologisch-anatomische Beschreibung eines Falles bei einer 49jährigen, noch 
regelmäßig menstruierenden Frau, mit Abbildung zwieer mikroskopischer Präparate auf einer 
Tafel. In demselben Uterus ist ein Adenocarcinom vorhanden; der Fall gibt also der Annahme 
Stütze, das maligne Adenom bilde nur ein kurzzeitiger Übergang zum Adenocarcinom. Litera- 
turzusammenstellung. Lamers (Herzogenbusch). 


Seitz, A.: Eine eigenartige Form einer Carcinommetastase im Beckenbinde- 
gewebe, zugleich ein Beitrag zur Frage des dimorphen Cervixcareinoms. (Univ.- 
Fraueuklin., Gießen.) Beitr. z. pathol. Anat. u. z. allg. Pathol. Bd. 69, S. 395 bis 
399. 1921. 

Mitteilung eines kasuistischen Falles. Bemerkenswert ist einmal die morphologische 
Verschiedenartigkeit der beiden Zellarten. die durch einen verschiedenen Reifegrad bedingt 
ist. Dann ist der Fall wegen der eigenartigen Erscheinungsform des metastatischen Tumors 
erwähnenswert, da es infolge Nekrose der unreifen, zentral gelegenen Zellart zur Bildung 
eines eystenartigen, innen mit geschichtetem Plattenepithel ausgekleideten Tumors kommt. 

Handorn (Heidelberg). 


Physiologie und Pathologie des Ovariums. — Anatomisches. 205 


Siegel, P. W.: Die Lebensdauer der an Uteruscarcinom erkrankten Frau. 


(Univ.-Frauenklin., Gießen.) Strahlentherapie Bd. 12, H. 1, S. 97—108. 1921. 

In Anlehnung an die von Krönig im Jahre 1915 zusammengestellten Dauer- 
erfolge beim Uteruscarcinom hat Siegel unter denselben Gesichtspunkten das Gießener 
Material der Jahre 1905 bis einschließlich 1915 bearbeitet. 

S. bespricht kurz an Hand von 2 Tabellen die in der Literatur niedergelegten Resultate, 
die einerseits die nichtoperative Therapie des inoperabeln Uteruscarcinoms, andererseits die 
operative Therapie des operabeln Uteruscarcinonis gezeitigt hat. S. verfügt über ein Material 
von 179 Fällen von Uteruscarcinom, von denen 121 Fälle auf das Collumcarcinom, 58 Fälle 
auf das Corpuscarcinom fallen. — Verf. bespricht zuerst das Collumcarcinom. Operiert wurden 
von diesen 12] Fällen von Collumcarcinom 84, d. h. 69%, Operabilität. Von den 121 Fällen 
von Collumcareinom leben nach fünfjähriger Beobachtung noch 30, gleich 25%, fünfjähriges 
Dauerresultat. Von den 37 inoperabeln Fällen von Collumcarcinom leben nach 5 Jahren noch 5, 
gleich 13°. Bei den 84 operabeln Fällen betrug das fünfjährige Dauerresultat 23%, die ab- 
solute Heilungsziffer nach Winter 15,87%. Bei der Gegenüberstellung von einfacher Total- 
exstirpation und erweiterter Totalexstirpation nach Wertheim - Freund, kommt Verf. 
zu dem Ergebnis, daß wegen der hohen primären Mortalität das Endresultat der Operation 
mit zunehmendem radikalen Ausbau der Wertheimschen Totalexstirpation sich nicht zu 
bessern scheint, und daß das weniger radikale Vorgehen für den Dauererfolg Besseres verspricht. 
— Von den 58 Fällen von Corpuscareinom waren 49 = 86%, operabel. Hier betrug die fünf- 
Jährige Dauerheilung 68%, die absolute Heilungsziffer nach Winter 55,48%. Dasselbe, viel- 
leicht noch Besseres, wurde infolge Ausschaltung der primären Mortalität’ mit intrauteriner 
Radiumbestrahlung erreicht. S. kommt zu dem Schluß, daß „die Operation der BL 
Carcinome, sowohl des Collum- wie des Corpuscarcinoms für die Lebenschancen der Frau 
eigentlich weniger Vorteile gebracht hat, als man hätte erwarten sollen“. Bei der operativen 
Behandlung des Carcinomherdes sei in erster Linie eine möglichste Drückung der primären 
Mortalität anzustreben. Bei der Operation solle man möglichst nicht allzu radikal vorgehen 
und der Operation eine Strahlenbehandlung bis zur Carcinomdosis zur Rezidivverhütung, 
am besten mit der Fern-Großfelderbestrahlung bei Verwendung eines 1,0 mm-Kupferfilters 
folgen lassen. Handorn (Heidelberg). 


Foix, E.: Echinokokken der Uterusmuskulatur und allgemeine Hydatidosis 
des Abdomens. (Hosp. rivadavia, Buenos Aires.) Arch. de ginecopat., obstetr. y pediatr. 
Jg. 34, Nr. 12, S. 441—442. 1921. (Spanisch.) 


Blume, Wilhelm, Folgeerscheinungen der Totalexstirpation des Uterus auf den 
Organismus des Weibes. (Dissertation: Berlin 1921.) 


IV. Physiologie und Pathologie des Ovariums. 


1. Anatomisches. 


Temesväry, Nikolaus: Über ein sebr junges menschliches Ei in situ. (Staatl. 
Frauenklin., Dresden.) Arch. f. Gynäkol. Bd. 115, H. 1, S. 184—198. 1921. 

Beschreibung eines jungen, auf etwa 20 Tage geschätzten Eies, die nichts wesentlich Neues 
bringt. Aschheim. 

Häggström, Paul: Zahlenmäßige Analyse der Ovarien eines 22 jährigen ge- 
sunden Weibes. (Mengenbestimmung der verschiedenen Gebiete des Ovarial- 
parenchyms, der Follikel, der zweikernigen Eier, der Corpora atretica und Corpora 
lutea.) (Anat. Inst., Upsala.) Upsala läkareförenings förhandliı gar Bd. 26, H. 5/6, 
52 S. 1921. 

Häggström untersuchte die Ovarien eines 22jährigen, an Leuchtgasvergiftung 
gestorbenen Mädchens. Die Leiche war bei Herausnahme der Ovarien schon 1 Woche 
alt. Die Ovarien, von denen das eine 8,11 g, das andere 5,85 g wog, wurden in Celloidin 
eingebettet, die Schnitte mit Hämatoxylin-Eosin gefärbt, jeder 10. Schnitt in Greils 
Projektionsapparat in 17facher Linienvergrößerung gezeichnet; von dem größeren 
Ovarium wurden 123, von dem kleineren 91 Schnitte gezeichnet. In dem größeren 
Ovarium betrug die Albuginea 4,42%, des ganzen Organes oder 0,36 g, die Schicht der 
Primärfollikel 6,83% oder 0,55 g. die Schicht der großen Follikel 77,03% oder 5,92 g, 
die Zona vasculosa 15,730, oder 1,28 g. Die Zahlen für das kleinere Ovarium stimmten 


206 Physiologie und Pathologie des Ovariunıs. 


mit diesen nahezu überein. „Ein Gewebe, das seiner Struktur nach direkt mit dem 
interstitiellen Gewebe, z. B. bei dem Kaninchen verglichen werden kann, gibt es beim 
Menschen nicht.“ Die Anzahl der nicht-atretischen Follikel betrug zusammen in beiden 
Ovarıen 420 000, davon 170 000 im größeren und 250 000 im kleineren Ovarium. Die 
Primärfollikel mit einem Durchmesser unter 50 u waren die zahlreichsten, nur 219 Fol- 
likel (110 in dem größeren und 109 in dem kleineren Ovarıum) hatten einen Durchmesser 
von über 100 u. Auf 416 Primärfollikel traf ein Ei mit 2 Kernen, dagegen wurden 
bei diesem Individuum nur 5 zweieiige Follikel gefunden. Die Anzahl der atretischen 
Follikel und der Corpora candicantia betrug zusammen in beiden Ovarien nahezu 
12 000. In dem größeren Ovarium fanden sich 4, in dem kleineren 5 Corpora lutea; 
nach ihrer Größe und mikroskopischen Struktur zu urteilen schien der Follikelsprung 
die letzten 8 Male alternierend im rechten und linken Ovarium erfolgt zu sein. Corpora 
albicantia wurden 48 im größeren und nur 10 im kleineren Ovarium gefunden; der 
Follikelsprung erfolgte also doch nicht immer alternierend im rechten und im linken 
Ovarium. Walther Schmitt (Würzburg). 


Thaler, Georg, Ein Fall von Ovarium tertium in der Uteruswand. (Dissertation: 
Erlangen 1921.) 


Sand, Knud: Études expérimentales sur les glandes sexuelles chez les mammi- 
feres. (Experimentelle Studien über die Keimdrüsen der Säugetiere.) Journ. de 
physiol. et de pathol. gen. Bd. 19, Nr. 3, S. 305—322. 1921. 

Ausführlicher Auszug in französischer Sprache aus der 1918 erschienenen Mono- 
graphie des Verf. (Experimentelle Studier over Konskaracterer hos Pattedyr, Koben- 
havn 1918), wie ein kürzerer (Pflügers Arch. f. d. ges. Physiol. 173. 1918) bereits 1918 
in deutscher Sprache erschienen ist. Die Arbeit, die sich dem Studium des Hermaphro- 
ditismus und abnormer Sexualzustände ebenso wie der Umbildung des Geschlechts- 
charakters und dem Verhalten des Organismus der heterologen Keimdrüse gegenüber 
widmet, liegt folgende Versuchsanordnung zugrunde: 

I. Transplantation von männlichen Keimdrüsen: a) Autotransplantation; b) Gleichzeitige 
Auto- und Isotransplantation auf das gleiche Männchen; c) Isotransplantation von homo- 
logen Hoden (von Männchen auf Männchen); d) Isotransplantation von heterologen Hoden 
(von Männchen auf Weibchen). II. Operationen am Vas deferens und experimenteller Kryptor- 
chismus. III. Transplantation von weiblichen Keimdrüsen : a) Autotransplantation; b) Gleich- 
zeitige Auto- und Isotransplantation auf das gleiche Weibchen; c) Isotransplantation von homo- 
logen Ovarien (von Weibchen auf Weibchen); d) Isotransplantation von heterologen Ovarien 
(von Weibchen auf Männchen). IV. Experimenteller Hermaphroditismus: a) Transplantation 
von heterologen Keimdrüsen auf nicht kastrierte Junge; b) Gleichzeitige Transplantation 
von homologen und heterologen Keimdrüsen auf kastrierte Junge; c) Herstellung einer 
Ovotestis. 

Als Versuchstiere wurden Kaninchen, Ratten und Meerschweinchen benutzt. 
Als wichtigste Ergebnisse sind zu buchen: Die Maskulierungsversuche führen in einer 
großen Anzahl von Fällen zu einer bedeutenden Clitorishypertrophie (Peniculus), die 
Feminierungsversuche entsprechend den Ergebnissen Steinachs zu Mammarhyper- 
trophie mit Milchsekretion. Die histologischen Untersuchungen bestätigen die bisherigen 
Forschungsergebnisse: Vermehrung der Leydigschen Zellen, Atrophie der Tubuli, 
in den Ovarien atretische Follikel und Vermehrung der Thekaluteinzellen, nur selten 
normale Follikelreifung und Corpus luteum-Bildung. Die Erzeugung eines experimen- 
tellen Hermaphroditismus gelingt nur nach vorhergehender Kastration der Tiere, die 
sich noch im Entwicklungsstadium befinden müssen. Gleichzeitige Transplantation 
von Hoden und Ovar bei demselben Jungen ergibt Peniculus und Mammarhypertrophie 
mit Milchsekretion. Durch intratestikuläre Ovarienimplantation erhält man eine 
Zwitterdrüse, wobei bei späterer Obduktion Ovar und Testis funktionierendes Gewebe 
aufweisen. Bei nichtkastrierten Tieren gelangt”die heterologe Keimdrüse nicht zur 
Einheilung. Dies beruht aber nicht auf einem Antagonismus der Keimdrüsen, sondern 
ist vielmehr als „atreptische Immunität“ aufzufassen: Die normale Gonade hat die 


Anatomisches. 207 


höchste Fähigkeit Nähr- und Wuchsstoffe an sich zu reißen, so daß die implantierte 
mangels dieser von der normalen Drüse absorbierten Stoffe zugrunde gehen muß. Dies 
ist nicht der Fall, wenn das Tier vorher kastriert ist, da dann die implantierten Gonaden 
unter gleichen Bedingungen stehen. Ein in den Testikel implantiertes Ovar ist imstande 
infolge seiner nahen Verbindung die im Hoden gespeicherten Stoffe zum Teil für sich zu 
verwerten. Die Hormonproduktion steht in direktem Verhältnis zur Menge des hormon- 
erzeugenden Gewebes. Die männlichen Hormone werden in den Leydigschen Zellen 
gebildet. Die weiblichen Hormonträger scheinen die Thekaluteinzellen und das Corpus 
luteum zu sein. Der Geschlechtscharakter ist je nach der Keimdrüse in männlichem 
oder weiblichem Sinne beeinflußt. Die Hormone können in gleicher Weise in einem 
homologen oder heterologen Organismus zur Auswirkung gelangen. Durch Hormon- 
änderung kann eine teilweise Änderung des Geschlechtscharakters eintreten. Durch 
Einwirkung männlicher und weiblicher Hormone entstehen Kombinationen von männ- 
lichem und weiblichem Geschlechtscharakter. Zill (München). 


Corner, George W.: Internal migration of the ovum. (Innere Überwanderung 
des Eies.) (Stat. f. exp. evolut., Carnegie inst., Cold Spring Harbor, Long Island a. 
anat. laborat., Johns Hopkins unir., Baltimore.) Bull. of the Johns Hopkins hosp. 
Bd. 32, Nr. 359, S. 78—83. 1921. 

Corner glaubt auf Grund zahlreicher Beobachtungen am Schwein, daß es bei 
diesem eine innere Überwanderung des Eies gibt, und schließt daraus auf die Möglich- 
keit derselben auch für den Menschen, besonders im Falle von Mehrlingsschwanger- 
schaft. Aschheim. 


Bierens de Haan, J. A.: Neue Experimente über die Verschmelzung von Keim- 
zellen. Genetica Tl. 3, Nr. 3/4, S. 401—410. 1921. (Holländisch.) 

Zusammenfassende Übersicht, eine Arbeit Mangolds (dessen Anschauungen Verf. 
sich anschließt) aus dem Jahre 1920 besonders hervorhebend. — Literaturzusammen- 
stellung, 11 Nummern enthaltend. Lamers (Herzogenbusch). 


Hoffmann: Zur Histomechanik des normalen Eierstockbaues und der soge- 
nannten chronischen Oophoritis. Virchows Arch. f. pathol. Anat. u. Physiol. Bd. 234, 
H. 1, S. 210—225. 1921. 

Hoffmann prüfte zur Lösung der Frage nach der Ätiologie der chronischen 
Oophoritis die entwicklungsmechanischen Momente, welche das Wachstum des Binde- 
gewebes und der Follikel im Ovarium bestimmen. Der Bau des normalen Ovarium zeigt 
besonders auffällige, offenbar bestimmten Trajektoriensystemen entsprechende mecha- 
nische Anordnungen. H. nimmt an, daß diese Strukturen in der Hauptsache durch 
den Wechsel der mechanisch-funktionellen Beanspruchung verursacht werden. Neben 
den durch Hyperämie veranlaßten Spannungsschwankungen des Gesamtorgans kommt 
als zweites mechanisches Moment die Spannung der Follikel durch deren Reifung 
in Betracht. Festigkeit und Variabilität sind offenbar die kennzeichnenden Eigenschaf- 
ten des Ovarialbaues. — Das Bild der chronischen Oophoritis ist nur eine Übertreibung 
der normalen Ovarialstrukturen im Sinne einer abnorm gesteigerten Entwicklung 
des Stroma und bisweilen auch der Follikel. Die Follikelceysten werden deshalb so zahl- 
reich und groß, weil sie nicht platzen können, so daß sie andauernd über das Normal- 
maß hinauswachsen. Als letztes spannungserzeugendes mechanisches Moment der 
primären Stromaverdichtung und der sekundären Cystenbildung muß die aktive 
Hvperämie angesehen werden. Alle Zustände, welche diese Hyperämie veranlassen, 
müssen auch chronische Oophoritis erzeugen; dieser Erkrankungszustand würde dem- 
nach richtiger als ‚chronische Hyperämie des Ovarıums“ zu bezeichnen sein. 


Walther Schmitt (Würzburg). 


Norris, Charles C.: Ovary containing endometrium. (Endometrium im Ovarium.) 
Americ. journ. of obstetr. a. gynecol. Bd. 1, Nr. 8, S. 831—834. 1921. 
Bei einer 28jährigen Frau, die wegen dysmenorrhoischer Beschwerden und pelveo- 


208 Physiologie und Pathologie des Ovariums. 


peritonitischer Anfälle — es bestand eine Retroflexio fixata, Vergrößerung und Druck- 
empfindlichkeit des linken Ovarium — operiert wurde, wurde in dem entfernten linken 
Ovarium, das makroskopisch neben einigen Retentionscysten nichts besonderes zeigte, 
hei starker Vergrößerung ein kleiner cystischer Spalt entdeckt, der von normalem 
Endometrium begrenzt war. Dieses Endometrium, das auf einer dünnen Schicht 
glatter Muskulatur vom Charakter des Myometriums saß, zeigte in allem die Gestalt 
wirklichen Endometriums, seine Drüsen befanden sich im ‚‚Intervallstadium‘. Da 
sich die gleichzeitig durch Curettage gewonnene Uterusschleimhaut in demselben 
Stadium befand, so hält es der Verf. zum wenigsten für möglich, daß das Endometrium 
in Ovarıum an den Menstruationsbeschwerden beteiligt war. Krause (Würzburg). 


Akagi, Yasokichi: Über die Nerven, insbesondere deren Endigungen, im mensch- 
lichen Eierstocke. (Frauenklin. Univ. Sendai [Japan].) Frankfurt. Zeitschr. f. 
Pathol. Bd. 26, H. 1, S. 165—187. 1921. 

Yasokichi A kagi hat an frischen Menschenovarien mit der Cajalschen und Biel- 
schowskvschen Methode den Verlauf der Nerven untersucht. Drei bis vier mächtige 
Nervenbündel ziehen zumeist allein oder auch die Gefäße begleitend von dem Hilus 
in die Markzonensubstanz hin. Im Hilus findet sich ein ganglionähnlicher Zellhaufe. 
Die Muskulatur, Gefäße und Capillaren werden von Nerven versorgt. Sichere Nerven- 
endigungen lassen sich in den Gefäßen nur vereinzelt finden, am häufigsten zwischen 
den Stromazellen; die Nervenendigung ist hier entweder spitz oder knopfförmig. Die 
interstitielle Drüse enthält eine reichliche Menge von Nervenfasern, das Corpus luteum 
dagegen nur äußerst wenige. In der Theca interna des Follikels finden sich Nerven 
nur in geringer Anzahl, ihr Vordringen in die Granulosamembran jist nicht sicher 
festzustellen. Walther Schmitt (Würzburg). 


Morley, W. H.: The interstitial gland, what it is and its supposed function. 
(Die interstitielle Drüse, woraus sie besteht und welche Funktion ihr zugeschrieben 
wird.) New York med. jouin. Bd. 113, Nr. 9, S. 393—394. 1921. 


Übersichtsreferat ohne neue Mitteilung. Aschheim. 


Brugnatelli, Ernesto, Sul significato fisiopatologico degli elementi interstiziali. 
(Über die physiologische und pathologische Bedeutung der interstitiellen Zellen.) 
(Istit. ostetr.-ginecol., Univ., Genova.) (Fol. gynaecol. Bd. 15, H. 1, S. 105—116.) 
Vgl. Referat S. 112. 

Athias, M., Sur la sécrétion interne de l'ovaire. (Über die innere Sekretion des ` 
Ovariums.) (Inst. de physiol., Univ., Lisbonne.) (Arch. internat. de physiol. 
Bd. 18, August-Dezemberh., S. 296—306.) 

Vgl. Referat S. 124. 


Bailey, Harold, Experimental studies following oophorectomy. (Experimentelle 
Studien nach Oophorektomie.) (Americ. journ. of obstetr. a. gyn. col. Bd. 2, Nr. 1, 
S. 77—83.) 

Vgl. Referat S. 124. 

Cottalorda, Jean, La mole hydatiforme, le chorio-épithéliome et les kystes lutéiniques 
de l'ovaire. Rappoerts étiologiques, cliniques et opératoires. (Die Blasenmole, 
das Chorionepitheliom und die Luteincysten des Ovariums. Ihre ätiologischen, 
klinischen und operativen Beziehungen.) (Gyne&col. et obstetr. Bd. 4, Nr. 2, S. 119 
bis 134.) 

Vgl. Referat S. 407. 


2. Eierstocksüberpflanzung. 


Voronoft, Sergio: Über Organtransplantationen. Siglo med. Jg. 68, Nr. 3547, 
S. 1172—1176. 1921. (Spanisch.) 


Wie es unter den niederen Lebewesen einige gibt, die — z. B. einzellige, wie die Amöben — 
den physiologischen Tod nicht kennen, sondern deren Ende eine Erneuerung durch Teilung 
ist, so gibt es nach dem Verf. auch im menschlichen Körper Zellen, die mehr Vitalität, und 
andere, die weniger haben. Voronoff unterscheidet einen primitiven, niederen und einen 
komplizierten, edleren Zelltypus. Die ersteren sind die Bindegewebszellen und die Leuko- 


Eierstocksüberpflanzung. 209 


cyten, die letzteren die Zellen der Organe, des Nervensystems, alle außer den beiden genannten. 
Im Alter dringen die Bindegewebszellen in die Gewebe unserer Organe ein, was die Sklerosierung 
des Gehirns, der Knochen, der Arterien, der Muskeln, der Leber, der Nieren bewirkt. Das 
Alter ist der Sieg der primitiven Zellen über die edleren. Ein Altsein in früher Jugend ist das 
Myxödem (die Gland. thyreoidea mäßigt das proliferierende Wachstum des Bindegewebes). 
Ist die Gland. thyreoidea fehlerhaft, so siegt die Bindegewebszelle in den Organen und die 
Myxödematösen bekommen das bekannte greisenhafte Aussehen. Verf. fragt nun — nach. 
längerer Besprechung der Bedeutung der inneren Sekretion gewisser Drüsen —, gibt es eine 
Drüse, die den Triumph des primitiven Elements über das differenzierte, das Altwerden, ver- 
hindert oder hintanhält, und findet: diese Drüse sitzt zwischen den Samenkanälchen des Testi- 
kels, ohne mit diesen eine Verbindung zu haben. Die Dissoziierung der beiden Funktionen 
des Testikels erscheint deutlich bei Leuten mit Kryptorchismus, deren Samenzelle atrophiert, 
während die genannte interstitielle Drüse erhalten bleibt und durch ihre interne Sekretion 
dem Träger seinen männlichen Charakter bewahrt. Bei den Kastraten dagegen tritt die bekannte 
Degeneration des Charakters ein. Das Schwinden dieser Drüse bewirkt das Altwerden beim 
Mann. Die Injektion von titrierten Organpräparaten hat nach anfänglichem Erfolge versagt 
(Brown -Sequard). Nicht so die Implantation von lebenden Organen. Verf. selbst hat mit 
Erfolg Ovarien implantiert. Er hat auf dem internationalen Kongreß für Medizin im Jahre 
1913 in London ein Lamm gezeigt, das von einem Schaf geboren war, dem er die früher entfernten 
Ovarien durch Einpflanzen neuer Ovarien ersetzt hatte. Im Jahre 1917 hat Verf. auf dem 
französischen Kongreß für Chirurgie eine neue Serie von Experimenten referiert (im ganzen 
120 Fälle). Die Anastomose der Art. und Ven. testicularis ist unmöglich, aber auch nicht nötig, 
Verf. pflanzt die Testikel in die Tunica vaginalis ein. Er bezeichnet die Resultate als schr be- 
merkenswert. Alte und kastrierte Tiere entwickeln sich wieder und suchten die Weibchen. 
Einem alten Bock von 12—14 Jahren, der zitternd auf seinen Füßen stand, an seniler Inkonti- 
nenz des Urins litt, implantierte Verf. 4 Fragmente des Testikels eines jungen Bockes in die 
Tunica vaginalis dextra. Zwei Monate darauf war das Tier umgewandelt und besprang ein 
junges Schaf, das ein kräftiges Lamm von ihm warf. Entfernung des implantierten Testikels, 
rasches Altern und Zerfall des Bockes, erneute Implantation, baldige Wiedererscheinung der 
günstigen Einwirkung. Mehr Beispiele der Art. Beim Menschen liegt die Schwierigkeit be- 
greiflicherweise in der Beschaffung der jungen Testikel. Immerhin könnten die vielen gewalt- 
ramen Todesfälle dazu benutzt werden. Verf. bedauert die Vorurteile und die hinderliche Ge- 
setzgebung. Er wendet sich deshalb an die höheren Affen, von denen er meint, daß sie dem 
Menschen in seiner Physiologie so nahe stehen, daß eine Transplantation der Testikel gelingt 
und den gewünschten Erfolg hat. Verf. hat einem myxödematösen Knaben von 14 Jahren die 
Gland. thyreoidea eines Pavians am 13. XII. 1913 in Gegenwart von 19 Arzten in Nizza im- 
plantiert. Nach einem Monat trat bereits eine Veränderung ein, das Ödem verschwand und die 
Intelligenz entwickelte sich so, daß er von den untersuchenden Militärärzten zum Militärdienst 
im Krieg ausgehoben wurde. Ein anderes Mal hat V. die Gland. thyreoid. von einem Schim- 
pansen benutzt. Später hat er, da keine Affen zur Verfügung standen, einen Teil der mütter- 
lichen Gland. thyreoid. implantiert, ohne so guten Erfolg wie mit der Affendrüse, was V. der 
größeren Jugend der Affen zuschreibt. Unter den vielen Bildern zeigt Verf. auch eines von einem 
T3jährigen Engländer, dem er einen Schimpansentestikel implantierte. Photographie 9 Monate 
nach der Implantation zeigt einen robusten Mann mit allen Zeichen der Kraft und Energie. 
H. Schmid (Stuttgart)., 

Bazy: A propos des greffes ovariennes. (Über Eierstocktransplantation.) Rev. 
internat. de med. et chirurg. Jg. 32, Nr. 10, S. 121—122. 1921. 

Bazy wendet sich gegen die Tendenz, die Eierstöcke bei Operationen an den inneren 
Genitalien um jeden Preis erhalten zu wollen oder doch wenigstens, wenn das nicht möglich 
war, ein Ovarium oder ein Stück desselben homoioplastisch zu transplantieren. Er stützt sich 
dabei auf seine Erfahrung und auf die Resultate von 230 einschlägigen Fällen, welche T uffier 
veröffentlichte. Dabei fand sich, daß die therapeutischen und physiologischen Erfolge im 
besten Falle nur vorübergehende waren. In zahlreichen Fällen blieb der Erfolg überhaupt 
aus, ganz abgesehen von Komplikationen, welche der Transplantation zugeschrieben werden 
mußten. Verf. hält dafür, daß die Ausfallserscheinungen, welche eintreten nach Entfernung 
beider Ovarien, nicht größer sind wie bei der natürlichen Menopause, und daß diese, im Grunde 
genommen, geringen Beschwerden sich leicht durch Medikation von Organpräparaten beheben 
lassen. Dumont (Bern). , 

Jiann, Ion: Das spätere Resultat einer Ovarialtransplantation. Beschreibung 
einer eigenen Verpflanzungsmethode. Spitalul Jg. 41, Nr. 4, S. 222. 1921. (Ru- 
mänisch.) 


Bei einer 26 jährigen Frau führte J i a n n wegen Prolapsus uteri und doppelter chroni- 
scher Adnexitis eine totale abdominale Hysterektomie aus, ließ aber das linke sklerosierte 
Ovarium an seiner Stelle. Da nach ein paar Monaten eine postoperative Menopause sich 


Jahresbericht f. d. ges. Gynäkologie 1921. 14 


210 Physiologie und Pathologie des Ovariums. 


einstellte, transplantierte J. unter die Haut des linken Unterschenkels zwei in kleine 
Scheiben geschnittene Hasenovarien. Sofortige Besserung der Övarialinsuffizienz, 
die trotz der nach 3 Monaten eingetretenen Resorption des Transplantates sich 
gut erhielt (13 Jahre lang). Verf. empfiehlt das Transplantat in Scheiben zu schnei» 
den, da es leichter vom Iymphatischen Strom genährt wird. Die eigene Jian nsche 
: Verpflanzungsmethode ist eine parabiotische oder siamesische Methode (nach den 
Siamesischen Zwillingsbrüdern genannt) und entsteht in Isolierung des zu transplan- 
tierenden Organs in einem aus der Haut des Receptors gebildeten Sacke. Sack und 
Transplantat bleiben so 7 bis 8 Tage pedikuliert und werden dann abgeschnitten. 
| Storanoff (Sofia). 

Jianu, Jon: Fernresultat einer heteroplastischen Verpflanzung des Ovariums. 
Spitalul Jg. 41, Nr. 6, S. 222—223. 1921. (Rumänisch.) 

Wegen Prolapsus uteri und beiderseitiger Adnexitis wurde bei einer Patientin eine abdo- 
minale Totalexstirpation gemacht. Das linke Ovarium wurde, obgleich es ebenfalls erkrankt 
war, erhalten. Wegen einer schweren Nachblutung mußten die beiden Artt. hypogastricae 
unterbunden werden. Heilung p. p. Nach der Operation Menopause und schwere Ausfalls- 
erscheinungen: sekretorische, vasomotorische und psychische Störungen; profuse Schweiße, 
Herzklopfen, Kongestionen, Melancholie. Wegen dauernder Verschlimmerung des Zustandes 
Transplantation der zwei Ovarien einer Häsin, in Scheiben geschnitten, unter die Haut der 
Außenseite des rechten Oberschenkels. Das Resultat war sehr gut; die Beschwerden gingen 
zurück; trotzdem das Transplantat in 3 Monaten resorbiert war, dauert die Besserung nun- 
mehr 13 Jahre an. 

Obwohl das eine Ovarium in diesem Fall erhalten war, konnte es das Auftreten 
der Ausfallserscheinungen nicht verhindern; man muß annehmen, daß es entweder 
schon vor der Operation funktionsuntüchtig war oder — was wahrscheinlicher ist — 
daß es durch die Unterbindung der Hypogastrica so geworden ist. Man soll daraus 
die Lehre ziehen, bei Adnexoperationen möglichst konservativ in bezug auf die Ovarien 
zu verfahren. Die Tatsache, daß nach Resorption des Transplantats die Wirkung 
noch jahrelang anhielt, ist schwer zu erklären. Bezüglich der Technik ist es besser, 
das Transplantat in kleine Stücke zu teilen, als es in toto zu verpflanzen, da es so 
besser ernährt werden kann. K. Wohlgemuth (Berlin). 


Lydston, G. Frank: The so-called interstitial gland implantation. To whom 
is the credit due? (Die sog. ‚‚interstitielle Drüsenimplantation“. Wem soll man 
glauben?) Americ. journ. of surg. Bd. 34, Nr. 3, S. 77—80. 1921. 


3. Eierstocksgeschwülste. 

a) Gutartige. 

Liegner, Benno: Überzählige und akzessorische Ovarien und ihre Geschwülste. 
(Univ.-Frauenklin., Breslau.) Zentralbl. f. Gynäkol. Jg. 45, Nr. 28, S. 1000—1008. 1921 

Bei der Operation einer 33jährigen Frau fand sich ein großer, cvstischer, viel- 
kammeriger Tumor, beide Tuben und Ovarien lagen normal gebildet an normaler Stelle. 
Pathologisch-anatomisch erwies sich die Geschwulst als ein multilokuläres Ovarial- 
cystom vom Typus des Cystoma simplex, das außer jedem Zusammenhang mit den 
normal gebildeten und normal gelegenen Ovarien dem Uterus gestielt aufsaß; be- 
sonders auffallend war, daß der Stiel des typischen Ovarialtumors zu seinem strukturel- 
len Aufbau den Uterus mit herangezogen hatte und daß der Uterus den Ernährungs- 
boden für den Tumor bildete. Als Ausgangspunkt für den Tumor nimmt Verf. an, 
daß es im fötalen Leben zur Abspaltung von Ovarialgewebe kam und daß dieses ab- 
gespaltene Ovarialgewebe dem Uterus fest aufsaß, ein Vorgang, der auch von Schott- 
länder beobachtet wurde. Aus dem überzähligen Ovarıum oder Ovarialgewebe hat 
sich dann der Tumor entwickelt. Verf. glaubt, daß zur Entstehung einer typischen 
Ovarialgeschwulst vielfach nur ein kleiner Zellkomplex oder eine einzige Zelle von 
Ovarialgewebe nötig ist. Walther Schmitt (Würzburg). 

Aschner, Bernhard: Über einen eigenartigen Ovarialtumor aus der Gruppe 
der Follikulome. Nebst auffallenden Menstruationsstörungen und einem bisher 


e 


Eierstocksgeschwülste — Gutartige. 211 


noch nicht beschriebenen anatomischen Befund in Form einer gänseeigroßen, 
massiven Corpus luteum-ähnlichen Bildung. Arch. f. Gynäkol. Bd. 115, H. 2, 
S. 350—382. 1921. 

Aschner berichtet über einen Fall von „Folliculoma ovarii“, der klinisch und 
anatomisch noch nicht beschriebene Eigentümlichkeiten zeigt. 

Ein 25jähriges Mädchen ist vom 12. bis 18. Lebensjahr vollkommen normal menstruiert; 
dann ein Jahr lang Amenorrhoe; dann trat eine 3—4 monatliche heftige Blutung auf; deshalb 
Auskratzung; wieder ein Jahr lang Amenorrhoe; dann wieder heftige Blutungen; Röntgen- 
bestrablung und Auskratzung. In der Folge jedes halbe Jahr bedrohliche Blutungen. Am 
10. III. 1920 fand sich ein mannskopfgroßer, rechtsseitiger Ovarialtumor, der vaginal entfernt 
und bei der pathologisch-anatomischen Untersuchung als zur seltenen Gruppe der Follikulome 
gehörig erkannt wurde. Das Merkwürdigste am Tumor war ein über gänseeigroßes, massives 
Gebilde von eiförmiger Gestalt, gelblichbrauner Farbe und leberartiger Konsistenz, welches auf 
den ersten Blick sofort an die fast ebenso großen, massiven und ebenso gefärbten Corpora lutea 
im Eierstock der Pferde erinnerte. Nach der Operation ungestörtes Wohlbefinden der Patientin, 
Periode regelmäßig, vierwöchentlich, von normaler Beschaffenheit. 1?/, Jahre nach der Ope- 
ration Gravidität im 2. Monat. 

Nach ausführlicher Beschreibung der mikroskopischen Bilder bringt Aschner 
eine kritische Übersicht über 24 bisher in der Literatur der letzten 30 Jahre beschrie- 
benen Fälle von Folliculom und vertritt die Ansicht, daß das Folliculoma ovarii in 
mehrfacher Hinsicht, auch wegen seiner eigenartigen Stellung zwischen gutartigen 
und bösartigen Neubildungen in klinischer und anatomischer Hinsicht, verdiene als 
eigenes Kapitel in der Lehre von den Geschwülsten des Eierstockes abgehandelt zu 
werden. Mikroskopisch finden sich in den Beschreibungen der Autoren immer wieder 
die gleichen Grundelemente vor und zwar: granulosaartige Zellen in verschiedener 
Anordnung, daher der Name ‚‚Granulosazellentumoren‘ und follikelähnliche Bildungen, 
daher die Bezeichuung ‚‚Folliculom‘‘. Genetisch werden die Tumoren von unverbraucht 
liegengebliebenen embryonalen Granulosazellhaufen, also der Vorstufe bzw. dem 
Mutterboden der Ureier und der Follikel abgeleitet. Dem Zusammenhang zwischen 
Ovarialtumoren und Menstruationsstörungen ist erhöhte Aufmerksamkeit zu schenken. 

Walther Schmitt (Würzburg). 

Hirschenhauser, Felix: Über das traubige Ovarialeystom. (I. Univ.-Frauenklin., 
Wien.) Monatsschr. f. Geburtsh. u. Gynäkol. Bd. 56, H. 3/4, S. 129—134. 1921. 

Hirschenhauser beschreibt einen einschlägigen Fall bei einer 55 Jahre alten Patientin. 
Es handelte sich um beiderseitige, durch ihren traubigen Aufbau charakteristische Tumoren 
mit schleimigem Inhalt. Beiderseits war vom Ovarium nichts mehr zu sehen, es war in dem 
Tumor aufgegangen. Die in der Literatur beschriebenen Fälle betreffen ausschließlich ein- 
seitige Tumoren, wobei fast stets das Ovarium der betreffenden Seite gut erhalten ist. — Auf- 
fallend waren Implantationen im Peritoneum als Ausdruck der klinischen Malignität trotz gut- 
artigen histologischen Verhaltens. Schleim als Inhalt der Blasen wurde hier zum ersten Male 
gefunden, während bei den bereits beschriebenen Fällen die Cysten stets serösen Inhalt auf- 
wiesen. Für die Entstehung der Tumoren wird eine Entwicklung auf teratoider Basis an- 
genommen, wobei besondere Wachstumsbedingungen zu der eigenartigen traubigen Form ge- 
führt haben. Walther Schmitt (Würzburg). 

Erdmann, John F. and Harry V. Spaulding: Papillary cystadenoma of the 
ovary. (Cystadenoma papillare des Ovarium.) Surg., geynecol. a. obstetr. Bd. 33, 
Nr. 4, S. 362—375. 1921. 

Im New York Post Graduale Medical Hospital befanden sich unter 5000 Sektionen 
200 = 497, solcher mit cystischen Ovarialgeschwülsten. Von diesen waren 18°% papillärer Natur. 
Es wurden von den Verff. 52 Fälle verarbeitet, und sie kamen zu folgendem Ergebnis: 1. Pa- 
pilläre Cystadenome sind die wichtigste chirurgische Erkrankung des Ovariums. 2. Wie von 
verschiedenen Seiten festgestellt wurde, machen sie etwa 10—27,5% aller Ovarialtumoren aus. 
3. Eine großer Anzahl Fälle betrifft Patientinnen unter 30 Jahren. 4. Am wahrscheinlichsten 
entwickeln sie sich durch celluläre Entartung des Keimepithels. 5. Sie neigen sehr zu doppel- 
seitigem Auftreten (22,2%) und örtlicher Metastasenbildung. Allgemeine Metastasen sind 
nicht selten. 6. Doppelseitige Ovarialtumoren erfordern eine sorgfältige Untersuchung der 
Bauchorgane und Brüste. 7. Das Fehlen von auf die Beckenorgane bezüglichen Symptomen 
ist ein trügerisches Charakteristicum der Erkrankung. 8. Ascites ist ein Spätsymptom und zeigt 
Puptur, peritoneale Metastasen und oft Böshaftigkeit an. 9. Jede Frau mit Ascites, der durch 
Leber, Herz, Peritoneum oder Nieren nicht genügend erklärt wird, sollte Japarotomiert werden, 


14* 


212 Physiologie und Pathologie des Ovariums. 


selbst wenn die bimanuelle Untersuchung negativ ausfallen sollte. 10. Mikroskopisch sind 
66,6%, der papillären Cystadenome carcinomatös oder präcarcinomatös. 11. Jede Ovarial- 
cyste muß auf abdominalem Wege unversehrt entfernt werden, sobald sie entdeckt wird. 12. Bei 
einseitiger Ovariotomie muß die Patientin von Zeit zu Zeit untersucht werden. 13. Unsorg- 
fältige und rauhe Behandlung, die zu einer intraabdominalen Ruptur führt, Punktion, um den 
Umfang des Tumors zu verkleinern, und vaginales Vorgehen können nicht streng genug ver- 
urteilt werden. 14. Radium sollte in solchen Fällen angewandt werden, in denen die Ovarien 
und die peritonealen Implantationen chirurgisch nicht entfernt werden können. — Von den 
von den Verff. mitgeteilten Einzelfällen will ieh einige, die ein besonderes Interesse haben, 
kurz wiedergeben. Es wurden 2 Fälle von Durchbruch papillärer"Massen in die Scheide be- 
obachtet, in beiden Fällen befanden sich in der Scheide Implantationen. In einem anderen 
Fall maligner papillärer Cysten mit starker peritonealer Aussaat starb die Patientin nach der 
Operation — es wurden die Cysten entfernt und das Peritoneum nach Möglichkeit von den Ge- 
wächsen gesäubert und dann drainiert — durch den enormen Verlust von durch die Drainage 
abfließendem Serum binnen 8 Tagen an Erschöpfung. In einem Falle von ausgedehnter 
gutartiger papillärer Peritonitis sahen die Verff., nachdem vorher schon einmal von anderer 
Seite ein Operationsversuch wegen der zahlreichen Implantationen aufgegeben worden war, 
nach Entfernung der Primärtumoren und sorgfältiger ‚Toilette‘ des Peritoneum Heilung 
eintreten. Eine 64 Jahre alte Frau mit peritonealer Aussaat papillärer Adenocarcinome lebte 
noch 12 Jahre. Krause (Würzburg). 
Sampson, John A.: Perforating hemorrhagic (chocolate) cysts of the ovary; 
their importance and especially their relation to pelvic adenomas of endometrial 
type („adenomyoma“‘ of the uterus, rectovaginal septum, sigmoid, ete.) (Perforierende 
hämorrhagische (Schokoladen-) Cysten des Ovarium. Ihre Wichtigkeit und besonders ihre 
Beziehungen zu den Beckenadenomen vom Aufbau des Endometrium (Adenomyome 
des Uterus, des Rectovaginalseptum, des Sigmoideum usw.) (Gynecol. a. pathol. dep., 
Albany hosp. a. Albany med. coll., Albany.) Arch. of surg. Bd. 3, Nr. 2, S. 245—323. 1921. 
In einer sehr ausführlichen Arbeit bespricht der Verf. an Hand von 23 von ihm selbst, 
operierten Fällen mit außerordentlich vielen Situsbildern und Mikrophotographien 
das Vorkommen, die Histologie und die Ausbreitung der hämorrhagischen (sog. Schoko- 
- laden-) Cysten des Ovarium. Diese sollen beinahe in 10% aller Fälle vorkommen, 
in denen zwischen dem 30. und 47. Jahre eine Laparotomie wegen einer Erkrankung 
im Becken nötig war. (Unter 178 Fällen fand er sie 14 mal.) Bei Durchsicht von 15 gynä- 
kologischen Lehrbüchern fand er nur in zweien die durch sie entstehenden Verwachsun- 
gen erwähnt. Die Cysten haben einen Durchmesser von 2—4 cm. Bei der Operation 
findet man sie oder das Ovarıum adhärent und bei dem Versuche sie zu lösen läuft der 
schokoladenfarbene Inhalt heraus. Die durch frühere Ruptur und Auslaufen des In- 
haltes entstandenen Verwachsungen und das ebenfalls hierbei entstandene adenomatöse 
Gewebe findet man in allen Taschen des Peritoneum, besonders im Douglas. Leichtere 
Verwachsungen erinnern dabei an solche, die durch eine von der Tube ausgehende 
Pelveoperitonitis entstanden sind, sie können jedoch so schwer sein, daß sie maligne 
erscheinen. Histologisch zeigen sie ein vielartiges Aussehen, jedoch neigt Sampson 
dazu, anzunehmen, daß die meisten anscheinend verschiedenen Arten nur verschiedene 
Stadien der Entwicklung und Rückbildung ein und desselben Cystentyps und die 
verschiedenen Stadien ihres Menstruationszyklus darstellen. Ihren Ausgang mag die 
Ruptur eines mit ‚„Endometrium“ ausgekleideten Graafschen Follikels oder das 
Hämatom eines atretischen Follikels bilden oder es mag nach der Ovulation zur Ein- 
wanderung von „Endometrium“ Gewebe von der Rupturstelle aus in ein abnormes 
Corpus luteum gekommen sein. Zu letzterer Erklärung drängen hauptsächlich Befunde 
einiger Cysten, bei denen ein Teil des Hämatoms, meist der tiefere, von einer Luteal- 
membran, deren Herkunft schwer festzustellen ist, begrenzt wird, während der andere 
Teil, gewöhnlich derjenige auf der Seite der Perforation, mit augenscheinlich von der 
Peripherie des Ovarıum eingewandertem Epithel ausgekleidet ist, das ganz Funktion 
und Struktur des „Endometrium“ besitzt. Zwischen dem Cystenepithel, das aus 
Platten-, kubischem oder Cylinderepithel bestehen kann und dem Ovarialgewebe 
befindet sich ein Stroma, das dem des Endometriums des Uterus ganz ähnlich ist, mit 
Drüsen wie die des Uterus. Besonders schön ist das ‚„Endometrium“ als solches in der 


lern 


Eierstocksgeschwülste. — Gutartige. 213 


Umgebung der Perforationsstelle auf der Oberfläche des Ovarıum zu erkennen. Dieses 
„Endometrium‘‘ zeigt nicht nur die verschiedenen Stadien des Menstruationszyklus, 
sondern es fand sich bei der histologischen Untersuchung, daß periodische Blutungen, 
wie bei der Periode, stattfinden. Platzt nun die Cyste, so ergießt sie ihren Inhalt in die 
Bauchhöhle, es kommt überall dort, wohin das „Menstrual“-blut fließt, zu Verwach- 
sungen und durch das mit dem Blut herausgeschwemmte Epithel zur Bildung von Ade- 
nomen des Endometriumtyps. Diese Adenome können oberflächlich bleiben, können 
aber auch invasıv werden. Durch Eindringen in die Uteruswand können sie ein Adeno- 
myom des Uterus erzeugen oder ein Adenomyom des Lig. sacro-uterinum, des Lig. 
rotundum, des Rectovaginalseptum, des Rectum, Sigmoid, oder was sonst von dem 
Inhalt der Cyste berührt wird. Es scheint S., als handelte es sich hier um eine Implan- 
tation wie bei Papillomen oder Krebs. Die regelmäßigen Blutungen der hämorrhagischen 
Cysten fallen in die Zeit des Menstruationslebens der Patientin. Bei 2 Patientinnen, 
die während der Periode operiert wurden, entsprach das histologische Bild des Ovarıal- 
endometrium der Phase des Menstruationszyklus. In dem Umstand, daß aus dem aus 
den Cysten entweichenden Material Adenome vom Endometriumtyp entstehen können, 
sieht S. einen weiteren Beweis, daß diese Hämatome wirklich Endometrium enthalten. 
Es konnte nicht festgestellt werden, daß diese Ovarialhämatome des „Endometrium‘“ 
Typ die einzige Ursache der ektopischen Beckenadenome bilden. Die Diagnose wird 
in manchen Fällen vor der Operation möglich sein, meist ist der Uterus retroflektiert 
und fixiert, besonders charakteristisch ist die Ausfüllung des Douglas, ähnlich der bei 
Krebs oder Papillomatose, jedoch nicht so ausgedehnt und dick wie bei diesen. In einer 
großen Anzahl der Fälle klagten die Patientinnen über schmerzhafte Perioden, andere 
über Verstopfung. Krause (Würzburg). 


Mauthner, E.: Zur Kenntnis der desmoiden Tumoren des Ovarium. (I. Univ.- 
Frauenklin., Wien.) Monatsschr. f. Geburtsh. u. Gynäkol. Bd. 56, H. 3/4, S. 135 
bis 144. 1921. 

In den letzten 13 Jahren wurden in der I. Wiener Frauenklinik 682 Ovarialtumoren 
operiert, davon 36 desmoide Tumoren (5,3%). In 13 Fällen (1,9%) handelte es sich um ein 
Fibroma ovarii. Die Trägerinnen dieser Tumoren befanden sich im Alter von 18—71 Jahren, 
ein Prädilektionsalter konnte nicht errechnet werden; der Menstruationstypus war normal er- 
halten. In 3 Fällen wurde ein Fibromyom gefunden, die Fälle standen im 49. bis 54. Lebens- 
jahre. 11 Sarkome wurden beobachtet, das sind 1,6% aller Ovarialtumoren; die Patientinnen 
befanden sich im Alter von 14—68 Jahren. Bei der histologischen Untersuchung fanden sich 
8mal Rundzellensarkome und nur 2 mal Fibrosarkome. Ein Endothelioma ovarii kam in den 
letzten 13 Jahren nicht zur Beobachtung; 9mal ein Fibroma adenocysticum. Bei der Therapie 
vertritt Verf. den Standpunkt, bei Sarkom des einen Ovariums das andere — wenn völlig 
normal — zu belassen und die Patientin periodisch nachzuuntersuchen. Walther Schmitt. 


Geller, Fr. Chr.: Zur Ätiologie der Embryome. (Klin. Prof. L. Fraenkel, 
Breslau.) (Gynäkol. Ges., Breslau, Sitzg. v. 14. XII. 1920.) Monatsschr. f. Geburtsh. 
u. Gvnäkol. Bd. 54, H. 6, S. 352—359. 1921. 

Die experimentell bekannt gewordenen Entwicklungsmöglichkeiten der Eizelle 
machen es wahrscheinlich, daß die Embryome aus einem befruchteten Ei, und zwar 
aus demselben wie der Träger des Embryoms, durch Blastomerenisolierung hervor- 
gehen. Die Theorie der Genese aus befruchteten Polzellen befriedigt von embryo- 
logischen und klinischen Gesichtspunkten aus nicht. Verf. schlägt vor, in Fällen von 
Ovarialdermoiden die Mutter der Patientin nach ihrem Schwangerschaftsverlauf zu 
fragen (Störungen im endokrinen Gleichgewicht, im Stoffwechselgleichgewicht, fieber- 
hafte Erkrankungen, pathologische Erscheinungen infolge der Umstimmung aller 
Funktionen im Beginn der Schwangerschaft). Schreiner (Marburg). 


Reel, Philip J.: Krukenberg tumor of the ovary. (Ein Krukenbergtumor des 
Ovarıum.) (Dep. of surg. a. pathol., coll. of med., Ohio State univ., Columbus.) Ann. 
of surg. Bd. 73, Nr. 4, S. 481—486. 1921. 


Bei einem 21 jährigen Mädchen, das plötzlich mit starken Schmerzen im Leibe erkrankte, 
fanden sich bei der Operation doppelseitige große Ovarialtumoren, von denen der linke bis 


214 Physiologie und Pathologie des Ovariums,. 


in die Nabelgegend hinaufreichte. Der Magen war deutlich auch befallen und stellte unzweifel- 
haft den Primärtumor dar. Milz, Netz und große Teile des Darms waren mit Metastasen 
besetzt. Beide Ovarialtumoren wurden entfernt. Die Patientin starb 2 Monate später. Die 
Tumoren erwiesen sich als Krukenbergtumoren. Es fand sich kein Ovarialgewebe mehr. 
Die siegelringförmigen Schleimzellen zeigten eine ausgesprochene Neigung, sich drüsenförmig 
anzuordnen, so daß sie ganz so aussahen als stammten sie aus dem Magendarmtraktus. Nach 
der Meinung des Verf. stützt der Fall die Ansicht, daß solide Ovarialtumoren meist Metastasen 
eines irgendwo anders im Körper liegenden Tumors sind. Krause (Würzburg). 


Cappellani, S.: Emangioendotelioma con degenerazione cilindromatosa dell’ova- 
rio. (Hämangioendotheliom des Ovariums mit zylindromatöser Degeneration.) (Istit. 
ostetr.-ginecol., univ., Messina.) Rass. d’ostetr. e ginecol. Jg. 30, Nr. 7/9,S.161-170. 1921. 

Nach Barbaccı sind die Endotheliome Tumoren von einer derartig proteusartigen 
morphologischen Physiognomie, daß sie sich auch histologisch nur schwer in ein System 
bringen lassen. Jeder, der sich mit der Histopathologie der Geschwülste befaßt hat, 
weiß, wie häufig sich endotheliomartige Bildungen in Carcinomen befinden und allge- 
mein bekannt ist, wie verschieden die Prognose dieser beiden Neubildungen ist. 


In dem Falle von Cappellani handelte es sich um eine 48 Jahre alte Mehrgebärende. 
Mit 46 Jahren zessierten die Menses und Patientin glaubte schon ins Klimakterium eingetreten 
zu sein. Ein Jahr später traten aber wieder sehr starke und unregelmäßige Blutungen auf. 
Gleichzeitig setzten Kreuzschmerzen ein, die nach dem linken Schenkel zu ausstrahlten, ferner 
Tenesmen bei der Miktion und das Gefühl von Schwere im Epigastrium. Die gynäkologische 
Untersuchung ergab, daß die ganze vordere Beckenhälfte ausgefüllt war von einem unregel- 
mäßigen, harten bis prallelastischen, beweglichen Tumor. Bei der Laparotomie zeigte sich, 
daß der Tumor vom rechten Ovarium ausging. Er war zum Teil mit der Umgebung, besonders 
mit dem Blasenperitoneum verwachsen. Exstirpation der rechten Adnexe. Uterus und linke 
Adnexe intakt. — Es handelte sich um einen kindskopfgroßen, höckerigen, in der Hauptsache 
soliden, stellenweise aber auch cystischen Tumor. Schon bei Betrachtung der Oberfläche ließ 
die Geschwulst rote und gelbe Partien in unregelmäßiger Anordnung erkennen und der gleiche 
Befund ließ sich auf dem Durchschnitt erheben. Das histologische Bild der Geschwulst war 
nicht einheitlich, sondern in den verschiedenen Partien recht wechselnd. Peripher fand sich 
ein 7—8 mm breiter bindegewebiger Saum mit auffallend reicher Gefäßentwicklung. In den 
tieferen Schichten der bindegewebigen Kapsel wurde die Anordnung der fibrillären Fasern 
lockerer, zwischen den sternförmig verästelten Zellen traten Maschenräume auf. Das histo- 
logische Bild bot hier den Anblick des Schleimgewebes. Die Hauptmasse des Tumors wurde 
gebildet von einem wirren Geflecht von Capillaren, die sich stellenweise zu großen Blutlakunen 
erweiterten. Um die Wände der Gefäße herum lagen in konzentrischer Schichtung die eigent- 
lichen Geschwulstzellen. Diese zeigten im einzelnen ein recht verschiedenes histologisches Bild, 
sowohl in ihrer Form, als auch in dem quantitativen und qualitativen Verhalten von Kern und 
Protoplasma. Ferner war die perivasculäre Anordnung durchaus nicht immer deutlich aus- 
gesprochen. Es fanden sich auch Zellhaufen- und -stränge in bindegewebiges Stroma einge- 
bettet, so daß das typische Bild des Carcinoms entstand und daneben fanden sich diffuse 
Zellwucherungen von durchaus sarkomartigem Aussehen. An mehreren Stellen des Tumors 
waren die Gefäße von mehr oder minder breiten hyalinen Mänteln umgeben, an die sich dann 
nach außen die Geschwulstzellen anschlossen. Daneben war der Tumor auch durchsetzt von 
größeren und kleineren frischen und alten Blutungsherden. — Zum Schlusse weist Verf. darauf 
hin, wie wichtig gerade bei Eierstocksgeschwülsten die genaue Untersuchung zahlreicher, aus 
den verschiedensten Partien des Tumors entnommenen Schnitte ist. Nürnberger (Hamburg). 


Kafka, Viktor: Zur Kenntnis der Struma colloides ovarii. (Staatl. Frauenklin., 
Dresden.) Arch. f. Gynäkol. Bd. 114, H. 3, S. 587—600. 1921. 

Kafka übertrug die Krausschen Untersuchungen an Schilddrüse und Struma 
auf 3 Fälle von operiertem Struma ovarii colloides. Er fand in jedem der Fälle die drei 
von Kraus in der Schilddrüse unterschiedenen Kolloidarten: fuchsinophiles, fuchsino- 
phobes und ein gerbsäurefestes violettes Kolloid. Auch in der Art ihrer Sekretproduktion 
erwies sich die Struma ovarii mit der Schilddrüse identisch. Jod konnte K. in der 
Struma ovarii nicht nachweisen, was aber kein Beweis gegen die Identität mit Schild- 
drüsengewebe ist, da der Jodgehalt der Schilddrüse selbst nicht konstant ist. — Die 
3 Operierten waren bis 5!/, Jahre nach der Operation völlig gesund und gut erholt. 
| Zielzschmann (Bremerhaven). 


Benckert, H.: Einige Fälle von Ovarialtumor. Hygiea Bd. 83, H. 16, S. 551. 
1921. (Schwedisch.) 


Eierstocksgeschwülste. — Bösartige Eierstocksgeschwülste. 215 


Ziemer, Friedrich, Die in der Universitäts-Frauenklinik zu Marburg von 1911 
bis 1918 operierten Ovarialtumoren. (Dissertation: Marburg 1921.) 


Clark, Edmund D. and William E. Gabe: Fibroma of the ovary. (Fibrom des 
Ovarıums.) Americ. journ. of obstetr. a. gynecol. Bd. 1, Nr. 6, S. 603—608. 1921. 


Vautrin: Fibromes et teratomes de l'ovaire. (Fibrome und Teratome des Eier- 
stocks.) (Soc. d’obstetr. et de gynecol., Nancy, 16. II. 1922.) Bull. de la soc. d’obstetr. 
et de gynecol. de Paris Jg. 10, Nr. 3, S. 162—166. 1921. 


Me Clellan, Benjamin: Ovarian dermoid cysts: Etiology, diagnosis and treatment. 
(Dermoideysten: Ätiologie, Diagnose und Behandlung. ) Americ. journ. of obstetr. a. 
gynecol. Bd. 1, Nr. 5, S. 493—498. 1921. 


Wideroe, Sofus: Über sakrale Dermoideysten. (Städt. Krankenh., II. Abt., 
Christiania.) Hygiea Jg. 38, Nr. 12, S. 556—560. 1921. (Norwegisch.) 


Grigsby, Guy P.: Large ovarian eystoma. (Großes Ovarialcystom.) Internat. 
journ. of surg. Bd. 34, Nr. 8, S. 268—270. 1921. 


Wiesinger, Frigyes: Drei interessante Operationen von Ovariumcysten. Gyo- 
gyaszat Jg. 1921, Nr. 36, S. 436—437. 1921. (Ungarisch.) 


Kroll, K.: Losreißung einer tordierten, im kleinen Becken teilweise eingeklemnm- 
ten Ovarialeyste. Nederlandsch tijdschr. v. verlosk. en gynaecol. Jg. 28, H. 3, S. 192 
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Paus, Nikolai: Retroperitoneale Cyste. Norsk. magaz. f. laegevidenskaben Jg. 82, 
Nr. 4, S. 313—315. 1921. (Norwegisch.) 


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zeitiger Tubenblutung der anderen Seite. Zentralbl. f. Gynäcol. Jg. 45, Nr. 4, S. 151 
bis 154. 1922. 


Richter, J. und J. Amreich: Über eine Typhusperitonitis nach Ruptur eines 
infolge Infektion mit Typhusbacillen vereiterten Dermoids. (I. Univ.-Frauenklin., 
Wien.) Monatsschr. f. Geburtsh. u. Gynäkol. Bd. 54, H. 5, S. 300—318. 1921. 


Trancu-Rainer, Martha: Außergewöhnlich große Luteineysten. Zentralbl. f. 
Gynäkol. Jg. 45, Nr. 47, S. 1702—1703. 1922. 


Hypernephroma of the ovary. (Hypernephrom des Ovariums.) British med. 
Journ. N. 3170, S. 531 —532. 1921. 


Miller, Richard H. and Louis E. Viko: Papillary adenocystoma of the ovary 
of the psammocarceinoma type. (Papilläres Adenocystom des Ovarıums vom psammo- 
carcinomatösem Typus.) Surg., gynecol. a. obstetr. Bd. 32, Nr. 1, S. 59—61. 1921. 


b) Bösartige Eierstocksgeschwäülste. 

Pribram, Egon Ewald: Zur Tuberkulose der Ovarialgeschwülste. (Univ. 
Frauenklin., Gießen.) Monatsschr. f. Geburtsh. u. Gynäkol. Bd. 55, H. 4/5, S. 256 
bis 261. 1921. | 

Wie schon die Tuberkulose der Ovarien ein seltenes Ereignis ist, so kommt 
auch eine tuberkulöse Infektion von Ovarialgeschwülsten sehr selten vor. Verf. be- 
schreibt einen Fall von tuberkulös infizierter Ovarialcyste bei einer 27 jährigen Frau 
mit belangloser Anamnese, die über starke Blutungen, Kreuzschmerzen und Völle- 
gefühl klagte. Bei der Operation fand sich links eine intraligamentär entwickelte, 
kindskopfgroße Ovarialcyste, die in innigem Zusammenhang mit der verdickten Tube 
stand. Außerhalb der Cyste waren in schwieligen Gewebsschwarten mehrere kleine 
Abscesse. Nach der Entfernung der rechten Adnexe entwickelte sich im postoperativen 
Verlauf eine Infiltration des rechten Parametriums. Die Cyste war einkammerig 
und enthielt gelblich-eitrige Flüssigkeit. In der Wand saßen zahlreiche Tuberkel. 
Der noch vorhandene Rest des rechten Eierstocks war frei von Tuberkulose. In der 
Tube, die in die Cyste überging, wurde ebenfalls eine Tuberkulose mit Epithelwuche- 


, 


216 Physiologie und Pathologie des Ovariums. 


rungen nachgewiesen. Da das Peritoneum frei von Tuberkulose war, hält Verf. eine 
primäre Tubentuberkulose mit nachträglicher Infektion der Cyste für möglich, aber 
nicht für erwiesen. Stübler (Tübingen). 


Boettger, Max: Ein Beitrag zum verhornenden Plattenepitheleareinom des 
Ovariums. Monatsschr. f. Geburtsh. u. Gynäkol. Bd. 54, H. 1, S. 22—33. 1921. 


Primäre echte Plattenepithelcarcinome können sich im Ovarium nur aus Dermoiden 
oder Teratomen entwickeln. Die meisten beschriebenen Plattenepithelcarcinome des Ovariums 
zeigen nur geringe Verhornung. Verf. beschreibt einen Fall mit hochgradiger Verhornung 
(56 Jahre. 6 Geburten, 1 Fehlgeburt). Bei der Operation fand sich rechts neben dem retro- 
flektierten Uterus ein kindskopfgroßer cystischer Tumor, links ein ähnlicher faustgroßer, 
mit dem ersteren teilweise flächenhaft verwachsen. Da außerdem Netzmetastasen vorhanden 
waren, wurde nur die Exstirpation des rechtsseitigen Tumors vorgenommen. ÖOperationsver- 
lauf ungestört. Späteres Schicksal unbekannt. Makroskopisch setzte sich der entfernte Tumor 
aus 2 Cysten zusammen. Mikroskopisch stellte die eine Cyste ein Dermoid dar, in dessen 
Wand ein plexiform wucherndes Carcinom mit außerordentlich reichlicher Hornbildung ein- 
gelagert war. Auch die zweite Cyste war ausgekleidet mit Plattenepithel, das aber an einer 
Stelle von hohem Zylinderepithel abgelöst wird. Unter diesem Zylinderepithel waren Drüsen- 
schläuche, Lymphfollikel, Spinalganglien, Schilddrüse, glatte Muskulatur. In der Wand zwi- 
schen beiden Cysten fand sich ebenfalls Plattenepithelcareinom. Die mikroskopische Diagnose 
lautete: carcinomatös degenerierte Dermoideyste und gleichzeitiges Teratom des Ovariums. 

Stübler (Tübingen). 

Eisenstädter, David: Carcinomatöse Dermoideysten des Ovariums. (Krankenh. 
„Wieden“, Wien.) Monatsschr. f. Geburtsh. u. Gynäkol. Bd. 54, H. 6, S. 360 
bis 367. 1921. 


Unter 269 in einem Zeitraum von 10 Jahren operierten Ovarialtumoren fanden sich 193 
cystische und 16 solide Ovarialtumoren. Unter den 193 cystischen Tumoren waren 16 Der- 
moide, von denen 3 carcinomatös waren. Diese 3 Fälle wurden nach der Fran klschen Ein- 
teilung untersucht, wonach das Carcinom entweder im Gebiet des Dermoids entsteht oder als 
primäres Ovarialcarcinom auf das Dermoid übergeht. Von den 3 Fällen konnten nur 
2 histologisch untersucht werden, da das 3. Präparat abhanden kam. In dem 1. Fall 
(41 Jahre, nullipar) handelte es sich um ein carcinomatöses Cystom, das mit einem Dermoid 
innig verwachsen war. Das Septum zwischen beiden Cysten war carcinomatös, und von hier 
aus kam es per continuitatem zur Bildung von Krebsmassen in der Wand des Dermoids. Außer- 
dem bestanden Implantationsmetastasen in der Bauchhöhle. Der 2. Fall (38 Jahre, 4 Ge- 
burten, 3 Aborte) war ein carcinomatös entartetes Dermoid, vom Bau eines Plattenepithel- 
carcinoms. Der 3. Fall (54 Jahre, 1 Geburt) wird nur makroskopisch beschrieben. Es 
handelte sich um ein teilweise exulceriertes Carcinom, das von der Wand einer Dermoidcyste 
ausging. Sämtliche 3 Fälle kamen ad exitum. Stübler (Tübingen). 
Oxmann, Gersch, Zwei Fälle von Ovarialcarcinom bei jugendlichen Mädchen. 

(Etwa 38 Fälle aus d. Lit.) (Dissertation: Königsberg 1921.) 


Petridis, P. A.: Un cas de cancer primitif de l’ovaire gauche. (Ein Fall von 


primärem Carcinom des linken Ovariums.) Bull. et mem. de la soc. anat. de Paris 
Bd. 18, Nr. 7, S. 379—380. 1921. 


Keller, R.: Un cas particulier de cancer des ovaires. (Ein eigenartiger Fall 
von Ovarialcarcinom.) (Soc. d’obstetr. et de gyn£col., Strasbourg, 5. II. 1922.) Bull. de 
la soc. d’obstetr. et de gyn&col. de Paris Jg. 10, Nr. 2, S. 51—52. 1921. 

Natvig, Harald: Atypischer bösartiger Ovarialtumor. (Med. Ges., Christiania, 
Süzg. v. 23.11.1921.) Norsk magaz. f. laegevidenskaben Jg. 82, Nr. 9, S.61—63. 1921. 
(Norwegisch.) 


Braschke, Georg, Die Resultate der Ovariotomien bei Parovarialcysten, gut- und 
bösartigen Ovarialtumoren. (Klin., Prof. Fraenkel, Breslau.) (Dissertation: 
Breslau 1921.) 


4. Ovarielle Blutungen. 


Delché: Metroraggia di erescenza. (Pubertätsblutungen.) Gazz. d. osp. e d. 
clin. Jg. 42, Nr. 61, S. 715—716. 1921. 

Verf. unterscheidet zwei Arten von Pubertätsblutungen, nämlich einmal solche, 
die auf eine überstürzte, und dann solche, die auf eine gestörte Entwicklung 


Ovarielle Blutungen. 217 


zurückzuführen sind. Zu der ersten Kategorie gehören Individuen mit frühzeitiger 
körperlicher, geistiger und sexueller Reife. Es handelt sich hier um eine primäre oder 
sekundäre ovarielle und polyglanduläre Hyperfunktion. Die Prognose ist in diesen 
Fällen gut, die Fertilität ist erhöht, der Eintritt in das Klimakterium erfolgt zur nor 
malen Zeit. — Bei der zweiten Kategorie ist die Prognose weniger gut. Es kommt 
häufig zu anatomischen oder funktionellen Erkrankungen der Ovarien und zu inner- 
sekretorischen Störungen. Auch die sexuellen Funktionen derartiger Individuen sind 
meist nicht intakt; neben Sterilität findet sich häufig auch ein vorzeitiger Eintritt ins 
Klimakterium. — Die Pubertätsblutungen sind überaus häufig kombiniert mit ortho- 
statischer Albuminurie, ferner mit Skoliose und endlich mit Herzhypertrophie. Diese 
letztere ist nach Vaquez und Potain allerdings nur eine Pseudohypertrophie infolge ` 
der zurückgebliebenen Entwicklung des Thorax. Die auf Frühreife zurückzuführenden 
Pubertätsblutungen verlieren sich in der Regel nach einiger Zeit ganz von selbst. Zu- 
weilen läßt sich, wegen der starken Blutverluste, aber eine Therapie nicht umgehen. 
In derartigen Fällen hat Verf. gute Erfolge gesehen, wenn die Patientinnen die Hände 
wiederholt in heißes Wasser eintauchten. Weiter empfiehlt er neben Bettruhe die Ver- 
abreichung von Gelatine (3mal täglich 5 mg in heißem Wasser oder Schokolade) und 
die gleichzeitige innerliche Medikation von Calciumchlorid und Ergotin. Die auf 
Entwicklungsstörungen beruhende Form der Pubertätsblutungen erfordert allgemein- 
diätetische und hygienische Maßnahmen, Freiluftbehandlung, Schutz vor Erkältung 
und Überanstrengung, gymnastische Übungen, daneben empfehlen sich auch hier heiße 
Handbäder und Ergotin. Außerdem sind die Kranken aber auch einer kombinierten 
Örganotherapie zu unterziehen. In erster Linie empfiehlt sich die gleichzeitige Verab- 
reichung von Eierstocks- und Schilddrüsenpräparaten (25 mg Ovarialextrakt und 
5—10 cg Thyreoidin). Außerdem kann auch noch die Kombination mit Hypophysen- 
und Nebennierenpräparaten in Betracht kommen. In den Fällen von Pubertätsblutun- 
gen, die der perniziösen Anämie ähneln und geradezu hämophilen Charakter tragen, 
sah Verf. rasche und sichere Heilung nach Verabreichung von Thyreoidintabletten 
(0,07) und Hypophysenextrakt (0,1) morgens und abends. Bei sehr profusen Blutungen 
bewährten sich Injektionen von Emetin. hydrochloricum (0,02 g pro die). 
Nürnberger (Hamburg). 

Lindig, Paul: Eine histologische Studie über das Wesen ovarieller Blutungen. 
(Uniw.-Frauenklin., Freiburg i. Br.) Zentralbl. f. Gynäkol. Jg. 45, Nr. 33, S. 1182 
bis 1188. 1921. 

Verf. berichtet über einen Fall, eine junge Frau betreffend, die unter den Er- 
scheinungen einer geplatzten Tubenschwangerschaft bei elendem Allgemeinzustande 
eingeliefert und sofort operiert wurde. Der Bauch fand sich voll Blut, beide Tuben 
und das linke Ovar waren intakt, hingegen war das rechte Ovar vergrößert und blau- 
rot geschwollen, zeigte an der lateralen Kuppe einen 1,5 cm langen Riß, der in eine 
gut haselnußgroße Höhle führte. Exstirpation des rechten Ovars. Glatte Heilung. 
Der Verdacht einer Ovarialschwangerschaft bestätigte sich nicht, da die genaue histolo- 
gische Untersuchung des in Serienschnitte zerlegten Ovars das völlige Fehlen irgend- 
welcher für Schwangerschaft verwendbarer Zeichen ergab. Verf. erwähnt Literatur- 
beispiele von ähnlichen Fällen, wo es sich um schwere Ovarialblutungen aus Corpus- 
luteum-Cysten und Follikeln gehandelt hat. In seinem Falle nimmt Verf. auf Grund 
des histologischen Bildes als Ursache eine Gefäßthrombose in der Nähe des Risses 
und eines frischen Corpus luteum an, als Bedingung für den Eintritt des Folgezu- 
standes das hyperämische (prämenstruelle) Stadium. Als unmittelbare Veranlassung 
dürfte wohl die Kohabitation eine wesentliche Rolle spielen. Die Anamnese kann in- 
sofern zur Differentialdiagnose herangezogen werden, als jede zur Zeit der prämen- 
struellen Phase eintretende Blutung in den Bauchraum — namentlich bei virgines — 
auf den Eierstock zunächst zu beziehen wäre; auch der abgeschwächte Ablauf der 
letzten Menstruation erscheint verwertbar. Verf. glaubt, daß diese Prozesse im Ovar 


218 Physiologie und Pathologie des Ovariums. 


ininnigem Zusammenhang mit manchen dysmenorrhoischen Beschwerden und anderer- 
seits mit Adhäsionsbildungen am inneren Genitale stehen. Egon Weinzierl (Prag). 


Seitz, A.: Über anatomische Befunde am Endometrium bei Meno- und Metror- 
rhagien. (Univ.-Frauenklin., Gießen.) Zeitschr. f. Geburtsh. u. Gynäkol. Bd. 83, 
H. 3, S. 668—691. 1921. 


Verf. bespricht die anatomischen Befunde an 156 durch Abrasio gewonnenen 
Schleimhäuten und ihre Beziehungen zu den klinischen Erscheinungen, bei denen 
meist Blutungen im Vordergrunde des Krankheitsbildes stehen. Bei 38 Fällen von 
echter Endometritis interstitialis — als echter Entzündung im pathologisch-anatomi- 
schen Sinne — zeigt es sich, daß bei leichter bis mittelschwerer Entzündung die Mehr- 
zahl der Schleimhäute ein wohlcharakterisiertes Phasenbild bietet und nur in wenigen 
Fällen eine Phasenbestimmung nicht möglich ist. Gefäßveränderungen und Narben- 
bildung sind bei Endometritis als selten zu bezeichnen. Die von anderen Autoren als 
Folge der Entzündung aufgefaßte glanduläre Hyperplasie möchte Verf. auf Grund der 
Erfahrungen (3 von 28) „nicht zu den möglichen Begleit- oder Folgeerscheinungen 
der entzündlichen Erkrankung des Endometriums zählen.“ Aus dem Material ergibt 
sich, daß der normale Phasenablauf im Endometrium gegen die schädigenden Ein- 
flüsse einer Entzündung eine weitgehende Resistenz besitzt. ‚Follikel‘“ wurden in 
einem Fünftel der Fälle beobachtet, nicht häufiger in entzündeter Schleimhaut als im 
allgemeinen Durchschnitt. Untersuchungen, ob stärkere Ausbildung von Follikeln 
als Teilerscheinung eines allgemeinen Lymphatismus aufzufassen sei, gab kein dies- 
bezügliches Resultat. Bei glandulärer Hyperplasie ist jeder Versuch einer Phasen- 
bestimmung erfolglos. Die Abhängigkeit des Endometriums vom Ovar findet sich auch 
unter pathologischen Verhältnissen bestätigt, wie die Untersuchung der zugehörigen 
Ovarien zeigt, die Störungen im Verlauf des normalen Zyklus ergibt. Klinisch handelt 
es sich vorwiegend um Pubertäts- und klimakterische Blutungen. Am häufigsten war 
glanduläre Hyperplasie bei Frauen von 40—50 Jahren zu finden. Die Blutungsformen . 
sind häufig recht charakteristisch. Andere Abweichungen vom normalen Schleim- 
hautbilde treten an Bedeutung zurück. „Phasenverschiebung‘ findet sich bei 6 Fällen, 
bei 5 davon bestanden genitale und konstitutionelle Anomalien. Verf. betont die Rolle 
innersekretorischer Störungen und der Gesamtkonstitution bei Blutungsanomalien, 
namentlich bei asthenischem, chlorotischem und allgemein degenerativem Habitus im 
Gegensatz zum Infantilismus und zur Hypotonie. Weinzierl (Prag). 


Phillips, James: The treatment of uterine haemorrh age not associated with 
pregnancy. (Die Behandlung von Uterusblutungen ohne Schwangerschaft.) Brit. 
med. journ. Nr. 3137, S. 224—225. 1921. 


Ist zum Referat ungeeignet, weil einseitig, bei starken klimakterischen Blutungen jeder 
Art, die Uterusexstirpation propagiert wird und gar nichts Wesentliches in der Arbeit ent- 
halten ist. Samuel (Köln a. Rh.). 


Adler, L.: Die Uterushlutungen und ihre Behandlung. Wien. med. Wochenschr. 
Jg. 71, Nr. 47, S. 1997 — 2006. 1921. 


Zubrzycki, January: Ovarialblutungen. Polskie czasop. lekarski Jg. 1, Nr. 11, 
S. 173—176. 1921. (Polnisch.) 


Adler, L.: Meno- und SPONSAE, Wien. klin. Wochenschr. Jg. 34, Nr. 3, 
S. 378—379. 1921. 


Fouveau de Courmelles, Uterine hemorrhages and their physiotherapeutic treat- 
ment. (Uterusblutungen und ihre physiko-therapeutische Behandlung.) (Americ. 
journ. of electrotherapeut. a. radiol. Bd. 89, Nr. 8, S. 326—332.) 

Vgl. Referat S. 183. 


Bacíer, Pe. de, Die radiumtherapeutische Behandlung der Menorrhagien. Bericht 
über 22 Fälle. (Vlaamsch geneesk. tijdschr. Jg. 2, Nr. 23/24, S. 601—615.) (klä- 
misch.) 


Pathologie der Tube und Anhänge (ausschließlich Extrauteringravidität). 219 


Whitehouse, Beckwith: Curettage and the treatment of uterine haemorrhage. 
(Curettage und die Behandlung der Uterusblutung.) Brit. med. journ. Nr. 3180, S. 981 
bis 985. 1921. 

Szántó, Man ó, Überdie Wirkung des Extractum corporis lutei. (Gyögyäszat Jg. 1921. 


Nr. 38. S. 462.) (Ungarisch.) 
Vgl. Referat S. 138. 


V. Pathologie der Tube und Anhänge 
(ausschließlich Extrauteringravidität). 


Jägerroos, B. H.: Die Hydrosalpinx, ihre pathologische Anatomie, Ätiologie, 
Pathogenese und Klinik. Arch. f. Gynäkol. Bd. 114, H. 2, S. 328—392. 1921. 

Besprechung eines Materials von 58 pathologisch-anatomischen Präparaten und 
von 100 bei konservierenden Bauchoperationen gewonnenen klinisch kasuistischen 
Beobachtungen unter kritischer Berücksichtigung der vorhandenen Literatur. Nach 
Begriffsbestimmung und makroskopischer Beschreibung wird das histologische Bild, 
„das bisher in der Literatur nur kurz behandelt wurde‘‘, ausführlich besprochen. In 
der Ätiologie findet Verf. immer entzündliche Veränderungen der Tube, die meist noch 
in Gestalt von peritonealen Verwachsungen oder Infiltratherden nachweisbar sind. 
Häufiger ergibt auch die Anamnese Anhaltspunkte für voraufgegangene Entzündungen. 
Die Entzündung muß einerseits so stark sein, daß sie zu schneller Verklebung der 
Fimbrien führt — die nach besonderem, ausführlich diskutiertem Mechanismus durch 
den Peritonealring am Abdominalende nach innen eingerollt werden — und daß sogleich 
lebhafte Exsudation eintritt. Andrerseits soll sie nicht zu eitriger Einschmelzung 
führen, da aus einer Pyosalpinx nur ganz selten (Literatur und ein eigner Fall!) eine 
Hydrosalpinx wird. Mit dem Abklingen der Entzündung kommt es infolge von Wand- 
dehnung und Verdünnung zu Kreislaufsstörungen, die in Gestalt von dicht unter der 
Schleimhaut liegenden, zum Teil von Extravasaten umgebenen dünnwandigen Gefäß- 
lakunen histologisch nachweisbar sind. Überhaupt fand Verf. im Gegensatz zu früheren 
Untersuchern die Wand meist gefäßreich. Diese Gefäßerweiterungen werden für eine 
nun das Exsudat ersetzende Transsudation verantwortlich gemacht, die solange anhält, 
bis der Innendruck zur Kompression der Zuflüsse führt (daher begrenztes Wachstum, 
nicht über Kindskopfgröße!) Für Transsudation spricht auch Eiweißgehalt und che- 
mische Beschaffenheit des Tubeninhaltes. Verschluß des engen uterinen Ostiums 
kommt durch Schleimhautschwellung und Abknickung bei Schlängelung und Adhäsions- 
bildung, selten durch Schleimhautverwachsung zustande. Es besteht die Möglichkeit 
der Entleerung kleinerer Sekretmengen uterinwärts (Hydrops profluens). Hydrosalpinx 
wurde in 10% aller Salpingitisfälle gefunden, in 36%, der Fälle doppelseitig, in 36% 
kombiniert mit einer entzündlichen Affektion der andern Seite. Verlauf chronisch, 
Beschwerden wechselnd uncharakteristisch. Für die Diagnose keine typischen Anhalts- 
punkte. Therapie chirurgisch, gute Resultate auch bei konservierenden Operationen. 


Schröder (Rostock). 


Lahm, W.: Die kongenitale Ätiologie der Salpingitis istnmiea nodosa. (Staatl. 
Frauenklin., Dresden.) Zentralbl. f. Gynäkol. Jg. 45, Nr. 4, S. 133—139. 1921. 

Salpingitis isthmica nodosa zeigt neben den Zeichen der Entzündungsprozesse 
Besonderheiten in der scharfen Begrenzung knotiger Tumorbildung im Isthmus- 
bereich; v. Recklinghausen bezog diese Bildungen auf die Urnieren. R. Meyer 
fand bei mehr als 300 Föten keine paratubaren Gänge, nach ihm sprach auch das 
anatomische Bild nicht für Urnierengenese, sondern entzündliche Herkunft. Kehrer, 
Hoehne, Maresch wiesen die Kombination der Gänge mit dem Lumen der Tube 
nach. Lahm erkennt in schweren Fällen chronischer Pyosalpinx die entzündliche 
(renese der Gänge an, in den Fällen, wo nur Adhäsionen bestehen, aber schwerere 
Adnextumoren fehlen, zweifelt er an der entzündlichen Genese; der Zweifel wird 


220 Pathologie der Tube und Anhänge (ausschließlich Extrauteringravidität). 


unterstützt durch die Beobachtung von decidual gereiztem cytogenem Gewebe in 
den Knoten. Nach Lahm ist cytogenes Gewebe Abkömmling des Müllerschen oder 
Wolffschen Ganges. Die deciduale Reaktion ist ein diagnostisches Hilfsmittel für 
das cytogene Gewebe und damit für die Herkunft einer epithelialen Anlage. L. glaubt, 
daß es Fälle gibt, die als Abkömmlinge des Wolffschen und Müllerschen Ganges 
infolge von zu scharfer Rotation oder von Mesenchymversprengung aufzufassen sind. 
Die Begründung bedient sich mehrerer, durch den Text nicht völlig klar werdender 
Hılfshypothesen aus der Entwicklungsgeschichte. Schröder (Rostock). 

Rosenberger, Max: Die pathologisch-anatomische Diagnose der Salpingitis 
isthmica nodosa unter Zuhilfenahme der deeidualen Reaktion. (Staatl. Frauenklin., 
Dresden.) Arch. f. Gynäkol. Bd. 114, H. 3, S. 601—619. 1921. 

In einer von einer Schwangeren stammenden Tube findet sich ein Knoten mit 
allen pathologisch-anatomischen Kennzeichen der Salpingitis isthmica nodosa. Um 
das Kanalsystem des Knotens herum liegt eine Schicht cytogenen Bindegewebes, das 
größtenteils deciduale Umwandlung zeigt. Im übrigen Teil der Tube findet sich nirgends 
deciduale Umwandlung. Da sich auch sonst so gut wie nie deciduale Umwandlung in 
der Tube findet (Erklärung auf Grund besonderer entwicklungsgeschichtlicher Verhält- 
nisse), wird angenommen, daß es sich hier um ortsfremdes Gewebe handelt und zwar 
wahrscheinlich um Abkömmlinge des Müllerschen Ganges, entstanden auf dem Boden 
einer Mesenchyniversprengung. Hieraus resultiert die Hypothese, daß außer entzünd- 
lichen Veränderungen auch diese Vorgänge das Krankheitsbild der Salpingitis isthmica 
nodosa verursachen können, das dann als Adenomyosis Tubae oder Tubenwinkelade- 
nom des Müllerschen Ganges bezeichnet werden könnte. Schröder (Rostock). 

Müller: Salpingitis interstitialis nodosa cystica. Časopis lekarııv českých Jg. 60, 
Nr. 10, S. 633. 1921. (Tschechisch.) 

Gresset, Paul et Andre Réau: Volumineux hematosalpinx. (Voluminöse Häma- 
tosalpinx.) Bull. et mem. de la soc. anat. de Paris Bd. 18, Nr. 7, S. 349—350. 1921. 

Lorrain et Blot: Fihrome du corps de l’uterus et h&matosalpinx. (Fibrom 
des Corpus uteri und Hämatosalpinx.) Bull. et mem. de la soc. anat. de Paris Bd. 18, 
Nr. 7,8. 347. 1921. 

Curtis, Arthur H.: Bacteriology and pathology of fallopian tubes removed at 
operation. (Bakteriologie und Pathologie der Tuba Fallopii, studiert an Operations- 
präparaten.) Surg., gynecol. a. obstetr. Bd. 33. Nr. 6, S. 621—631. 1921. 

300 Patienten, davon 192 Fälle bakteriologisch und histologisch bearbeitet. 
Makroskopisch deutliche Entzündung in 64 Fällen, davon zeigten 29 kein bakterio- 
logisches Wachstum, 3 Tuberkulose und in 33 Fällen bakteriologische Kulturen: 
19 mal Gonokokken, 2mal nicht hämolytische Streptokokken, 2mal hämolytische 
Streptokokken, 5mal anaerobe Streptokokken, 3mal Bacterium coli, 3mal Misch- 
formen, 1 mal Bacillus proteus. Bei nur histologisch deutlicher Entzündung in 38 Fällen 
27 mal steril, 4mal nicht hämolytische Streptokokken, 1l mal hämolytische Strepto- 
kokken, 6 mal Tuberkulose. Die Gonokokken gehen schnell zugrunde; Autor meint 
auf Grund seiner Untersuchungen, daß 70% durch den Gonokokkus bedingt; jedoch 
nur in 10%, ist Gonorrhöe kulturell nachweisbar. Streptokokken fand er in 15%, 
Tuberkulose in 5%, Bacterium coli und Staphylokokken sind als primäre Erreger 
kaum von wesentlicher Wichtigkeit. Beschreibt die bekannten Tubenveränderungen; 
bei besonders starken Verdickungen meist Rezidiv von gonorrhoischen Prozessen 
anzunehmen. Streptokokkentuben sind häufig offen und die Falten weniger ver- 
wachsen. Sonst nichts wesentlich Neues. Schröder (Rostock). 

Wolfring, Otto: Die Bedeutung des Scheidenabstriches in der Differential- 
diagnose zwischen akuter Appendicitis und akuter Salpingitis. (Krankenh., Ham- 
burg-Barmbeck.) Zentralbl. f. Gynäkol. Jg. 45, Nr. 33, S. 1173—1177. 1921. 

Bei genitalen und auch vielen allgemeinen Affektionen findet man in dem Scheiden- 
inhalt bakterioskopisch oft eine bunte Flora; besonders häufig und fast regelmäßig 


Pathologie der Tube und Anhänge (ausschließlich Extrauteringravidität). 221 


ist sie bei akut-entzündlichen Genitalaffektionen festzustellen. Dagegen ist bei lokalen 
anderweitigen Eiterprozessen und gesundem Genitalapparat eine reine Scheidenbacillen- 
flora (1°) in überwiegender Häufigkeit zu konstatieren. In Zweifelsfällen kann die reine 
Scheidenbacillenflora im Scheideninhalt bei der Differentialdiagnose: Appendicitis 
oder akute Adnexerkrankung entscheidende Bedeutung haben. Schröder (Rostock). 

Zill, Ludwig: Klinische Erfahrungen mit leistungssteigernden Mitteln bei 
Behandlung gonorrhoischer Adnextumoren. (II. gynäkdd. Univ.-Klin., München.) 
Münch. med. Wochenschr. Jg. 68, Nr. 26, S. 803—805. 1921. 

Verf. berichtet über die Behandlung gonorrhoischer Adnextumoren mit Milch- oder 
Terpentininjektionen in Kombination mit der üblichen konservativen Therapie. — Von den 
130 Fällen 89 geheilt, 37 gebessert, 4 nicht gebessert. Auch mit Milchtherapie (5—10 ccm 
abgekochte, sterilisierte Kuhmilch intragluteal in Abständen von 3—6 Tagen) ebenso mit 
Terpentininjektionen nach Klingmüllers Vorschrift, je allein ohne andere Maßnahmen 
gute Erfolge. Auf offene Schleimhautgonorrhöe kein Einfluß festgestellt. Schröder (Rostock). 


Hellendall, Hugo: Zur Behandlung entzündlicher Adnexerkrankungen mit 
Terpentineinspritzungen. (Priv.-Frauenklin. Dr. Hellendall, Düsseldorf.) Zentralbl. 
f. Gynäkol. Jg. 45, Nr. 52, S. 1864—1867. 1921. 

Unter 30 Fällen entzündlicher Adnexerkrankung, die nach Sonnenfeld jeden 
2. Tag mit Terpentininjektionen behandelt wurden, zeigten 5 frische Fälle völlige Ver- 
sager. In einem 6. Fall mit Menorrhagien wurde Heilwirkung, auch die andrerseits mit 
Bezug auf die Blutung beschriebene, ebenfalls vermißt. 24 akute und chronische Fälle 
wurden teils in ambulanter, teils in klinischer Behandlung gebessert (1 Fall nach- 
8 Wochen Rezidıv). In einem Falle trat nach konservierender Operation trotz Terpentin- 
behandlung zwecks Resorptionförderung schweres Rezidiv mit Blutung ein. Obwohl 
noch nicht feststeht, ob und wie Terpentin auf entzündliche Erkrankungen wirkt, rät 
Verf. zu weiterer Prüfung des Mittels. Schröder (Rostock). 

Sonnenfeld, Julius: Behandlung von Adnexerkrankungen mit Terpentin oder 
Caseosan? Zentralbl. f. Gvnäkol. Jg. 45, Nr. 19, 5. 686—688. 1921. 

Ergänzung einer früheren Arbeit (Berl. klin. Wochenschr. 1920, Nr. 30, S. 707); Zahl 
der jetzt mit Terpichin und früher mit Terpentinöl behandelten Fälle ist auf 250 gestiegen. 
Gleich günstige Erfahrungen wie in der ersten Publikation. Als Vorzüge wurden betont: 
einfachste Technik, geringste Belästigung der Pat., kürzeste Behandlungsdauer. Schädliche 
Folgen bei richtiger Technik nicht beobachtet. Injizierte jeden 2. Tag, auch während der 
Menstruation. Tuberkulöse Adnextumoren sind refraktär. Autor machte in 40 Fällen Milch- 
und Caseosaninjektionen (3 Caseosaninjektionen intravenös, mit 0,5 beginnend, steigend 


bis 1 und 2ccm.) Hier schwere Reaktionserscheinungen, bei Terpichin nicht. Caseosan hat 
gegenüber Terpichin keine Vorteile, nur Nachteile. Schröder (Rostock). 

Seelmann, Fr.: Über die Terpentinbehandlung bei Adnexerkrankungen. (Allg. 
Krankenh., Hamburg: Barmberk.) Zentralbl. f. Gynäkol. Jg. 45, Nr. 34, 8. 1221 
bis 1225. 1921. 

200 Adnexentzündungen mit Terpentininjektionen in der üblichen Weise behandelt. 
Faßt die Therapie im Sinne Biers als Reiztherapie auf. Eine Reaktion am Erkrankungs- 
herd (verstärkte Schmerzen, Temperaturanstieg) nötig und erwünscht, nach verschieden 
langer Zeit zu erreichen. Mit erreichter Herdreaktion soll, um Überdosierung zu ver- 
meiden, die Injektion zunächst abgebrochen werden. Die Domäne der Terpentin- 
Injektionen sind die subakuten oder chron. Entzündungen. Neben der Terpentin- 
behandlung auch die anderen konservativen Maßnahmen nötig. Herz- und Lungen- 
erkrankungen sind Kontraindikationen. Schröder (Rostock). 

Kronenberg, Walter: Über Terpentininjektionen bei Adnexerkrankungen. (Akad. 
Frauenklin., Düsseldorf.) Zentralbl. f. Gynäkol. Jg. 45, Nr. 8, S. 257—261. 1921. 

Befolgt Klingmüllers Vorschrift. In !/,—!/, der Fälle Temperatursteigerungen. Be- 
handelte 33 Fälle (15 gonorrhoischer, 6 septischer, 2 tuberkulöser, 10 unbekannter Ätiologie). 
Eine hervorstechende Besserung des Allgemeinbefindens konnte nicht festgestellt werden, 
manchmal starke Verschlechterung. Eine wesentliche Beeinflussung des Krankheitsprozesses 
konnte nicht erzielt werden, auch keine Abkürzung. Leukocytenzählungen ergaben, daß bei 
normaler Anfangszahl nach der Injektion eine Leukocytose auftrat, daß bei bestehender 
leukocytose vorübergehend die Zahl verringert wurde. Autor folgert daraus, daß das Ter- 
pentin Einfluß auf die Leukocytenbildungsstätte, das Knochenmark, habe. Schröder (Rostock). 


222 Pathologie der Tube und Anhänge (ausschließlich Extrauteringravidität). 


Schwarz, Walther: Terpichinbehandlung chronisch entzündlicher gynäkolo- 
gischer Erkrankungen. (Krankenh. am Urban, Berlin.) Dtsch. med. Wochenschr. 
Jg. 47, Nr. 52, S. 1584—1585. 1921. | 

22 verschiedenste gynäkologische Fälle, mit Terpichin abgeschlossen behandelt: 
15% Ol. therebinthin. rectif., je 0,5%, Chinin und Anästhesin und 84%, Ol. olivarum; 
jeden 4.—5. Tag eine Ampulle auf das Periost der Darmbeinschaufel. Nach der dritten 
Injektion fiel das Fieber, das zuerst auftrat, ab. Keine lokalen Beschwerden. Die 
Tumoren gingen gut zurück, und zwar schneller als mit anderen Methoden. Besonders 
der Schmerz im entzündeten Gebiet verschwand, ebenso der Druckschmerz. Schröder. 

Duhot: Influence des injections parenterales de lait et de tör&benthine sur les 
tumeurs des annexes d’origine blennorragique. (Einfluß von parenteralen Injek- 
tionen von Milch und Terpentin bei entzündlichen Adnextumoren.) Rev. belge d’urol. 
et de dermato-syphiligraphie Jg. 4, Nr. 3, S. 70—74. 1921. 

Friedrich, Hans: Terpentinbehandlung gynäkologischer Entzündungen. Zen- 
tralbl. f. Gynäkol. Jg. 45, Nr. 10, S. 353—360. 1921. 

Gaertner, H., Beitrag zur Caseosanbehandlung. (Krankenh. Friedrichstadt, Dres- 

den.) (Berl. klin. Wochenschr. Jg. 58, Nr. 37, S. 1108—1109.) 

Vgl. Referat S. 277. 

Hartog, Carl: Über Terpentininjektionen bei Adnexerkrankungen. Zentralbl. 
f. Gynäkol. Jg. 45, Nr. 19, S. 686. 1921. 

Langes, Erwin: Zur Therapie entzündlicher Genitalerkrankungen, unter be- 
sonderer Berücksichtigung der Terpichinbehandlung. (Poliklin. f. Frauenleiden, 
Berlin.) Zentralbl. f. Gynäkol. Jg. 45, Nr. 10, S. 365—369. 1921. 

Aschenbach, Rudolf: Heiße Sandbäder bei alten parametranen Exsudaten und 
alten Pyosalpingen. Zentralbl. f. Gynäkol. Jg. 45, Nr. 25, S. 896—899. 1922. 
Karewski, Walter, Ein Beitrag zur konservativen Behandlung entzündlicher Adnex- 

erkrankungen. (Dissertation: Berlin 1921.) 

Hirschfeld, Theodor: Die operative Behandlung der entzündlichen Adnex- 
tumoren. Dissertation: Berlin 1921. 24 S. 

1687 Frauen mit entzündlichen Adnextumoren wurden in den letzten 10 Jahren 
in die Frauenklinik der Charite aufgenommen, davon wurden 68% mit gutem Erfolg 
konservativ behandelt, wie schon der bei der Entlassung erhobene Befund zeigte; 
Operationsfrequenz also 32% des klinischen Materials. In der Poliklinik 4,2% entzünd- 
liche Adnexerkrankungen des Gesamtmaterials, darunter 86,3%, konservativ geheilt. 
Altersbeteiligung: 17.—20. Jahr 2,8%, 20.—30. Jahr 35,4%, 30.—40. Jahr 201 Fälle = 
37,2%, über 40 Jahre 24,6%. 95,5% der Fälle wurden von Franz mit Querschnitt 
operiert. Franz führte in 10,8%, die Radikaloperation aus mit 1,7%, Mortalität, 
Durchschnittsalter hier 40 Jahre. Nur 2,6% vaginale Radikaloperationen (14 Fälle, 
darunter 2 Todesfälle). Wenn irgend möglich wurde organerhaltend operiert. Bei 
Tubenexstirpation hat Franz meist die Tubenecken aus dem Uterus excidiert. 26 mal 
Salpingostomie mit Salpingo-Oophorektomie der anderen Seite. Auch die tuberkulösen 
Fälle zunächst möglichst konservativ behandeln, da sie eine große Tendenz zum Aus- 
heilen haben. Franz hat 32 Kranke an tuberkulösen Adnextumoren operiert, meist 
mit Erhaltung von Uterus und Ovarien. 6,2%, Mortalität. Radikaloperationen ergaben 
95%, befriedigende Resultate, bei Erhaltung des Cervixstumpfes 98%. Gesamtmortali- 
tät 2,89%. R. Schröder (Rostock). 

Holden, Frederick C.: Radical conservatism in the surgical treatment of chronic 
adnexal disease. (Radikaler Konservatismus in der chirurgischen Behandlung chroni- 
scher Adnexerkrankungen.) Americ. journ. of obstetr. a. gynecol. Bd. 2, Nr. 5, S. 493 
bis 496. 1921. 

Bucura: Beitrag zur Behandlung gonorrhoischer Adnexerkrankungen und zur 
Prophylaxe postoperativer Komplikationen nach gynäkologischen Operationen. 
Wien. klin. Wochenschr. Jg. 34, Nr. 17, S. 195—196. 1921. 


Pathologie der Tube und Anhänge (ausschließlich Extrauteringravidität). 223 


Seligmann, Franz, Die Bedeutung der Bakterien in rezidivierenden entzündlichen 
Adnextumoren für den Wundverlauf nach der AODA (Dissertation: 
Frankfurt 1921.) 


Schröder, R. und Frieda Neuendorff-Viek: Der mensuelle Zyklus bei akut- und 
chronisch - entzündlicher Adnexerkrankung (zugleich ein Bild vom Verlauf der 
akuten und chronischen Endometritis „interstitialis‘‘). (Landes-Univ.-Frauenklin., 
Rostock.) Arch. f. Gynäkol. Bd. 115, H. 1, S. 15—40. 1921. 

Trifft eine Infektion den Genitalschlauch oberhalb des inneren Muttermundes 
in der Zeit zwischen zwei Regeln, so breitet sie sich sehr häufig sofort auf beide Tuben 
und das gesamte Endometrium aus. Der gerade im Ablauf begriffene Zyklus erfährt 
in der Oberfläche der Endometriumfunktionsschicht eine schwere Alteration im Sinne 
von Hyperämie, Capillarleukocytose, Exsudation von Zellen und Gewebszerstörungen; 
der Ablauf des Zyklus braucht keine Verkürzung zu erfahren, es kann aber auch schon 
vorzeitig zur Desquamation kommen, nach deren Eintritt wird die Basaliswunde von 
den Mikroorganismen infiziert und entzündet sich, wobei das Endometriums auf die 
Reizwirkung von dem neuen Corpus luteum nicht mehr reagiert. Bei weitergreifender 
Infektion (Ovarialabsceß) bleibt auch der Ovarialzyklus aus. Aschheim. 


Culbertson, Carey: The disposition of the uterus following salpingectomy 
where it is desirable to preserve menstruation. Americ. journ. of obstetr. a. gynceol. 
Bd. 2, Nr. 5, S. 497—506. 1921. 


Greenberg, J. P.: A clinical study of tuberculous salpingitis, based upon 
200 cases. (Klinische Studien über tuberculöse Salpingitis auf Grund von 200 Fällen.) 
(Gynecol. clin., Johns Hopkins hosp., Baltimore.) Bull. of the Johns Hopkins hosp. 
Bd. 32, Nr. 359, S. 52—55. 1921. 


Kleine klinische Übersicht. Tubentuberkulose = ca. 1% des Gesamtmaterials, 1!/,mal 
so häufig bei Schwarzen als Weißen; jede 13. Tube, die operativ entfernt wurde, war tuber- 
kulös. 3/4 aller Patienten standen zwischen 20. bis 40. Jahre. 60% der Verheirateten waren 
steril. 22,59, hatten Tuberkulose in der Anamnese. 82,505 klagten über Unterleibsschmerzen. 
62°, Dysmenorrhöe, 6,5%, Amenorrhöe, 72°, Weißfluß. 1/ der Patienten hatten Zeichen 
der "Lungentuberkulose. Die Leukocyten hatten eher eine geringere als normale Zahl. Nur 
in 13%, wurde die Diagnose ante op. gestellt, und zwar zur Hälfte durch vorhandenen Ascites. 
104 Fälle wurden intra op. drainiert, hier 17,39% Darmfistel; ohne Drainage keine Fistel. Die 
Fisteln bildeten sich in 48%, bei vorhandener Bauchfelltuberkulose, ohne solche nur in 3,4%; 
Fistelbildung begünstigt durch anteoperatives Fieber. Kombiniert mit der Tubentuberkulose: 
Uterus in 72,09, Ovarien in 33,1% Yo» Cervix 3,5%, Vagina 0,5%. In 99% beide Tuben befallen, 
68°% gleichzeitig Peritoneum. 7,69% operative Mortalität. Von 90 Patienten wurde Nachricht 
erreicht, davon waren 78 2 Monate bis 30 Jahre post op. am Leben, nahezu allen ging es gut. 

Schröder (Rostock). 


Greenberg, J. P.: Tuberculous salpingitis. A clinical study of 200 cases. 
(Tuberkulöse Salpingitis. [Klinische Studie über 200 Fälle.]) (Gynecol. clin., Johns 


Hopkins hosp., Baltimore.) Johns Hopkins hosp. rep. Bd. 21, H. 2, S. 97—156. 1921. 

Eingehende Berücksichtigung der Literatur und genaue Differenzierung und Diskussion 
der einzelnen klinischen und anatomischen Befunde und Kombinationen. Prinzipiell nichts 
Neues gegenüber jenen Daten (s. obiges Referat). Einige gute histologische Abbildungen dazu. 
Für einschlägige wissenschaftliche Arbeiten muß das Original eingesehen werden. R. Schröder. 


Hansen: Über Tubentuberkulose des Rindes. (Tierseucheninst., Landwirtschafts- 
kammer, Prov. Schleswig-Holstein, Kiel.) Berl. tierärztl. Wochenschr. Jg. 37, Nr. 32, 


S. 376 bis 378. 1921. 

Primäre Tubentuberkulose nicht bekannt, ebenso wenig primär tuberkulöse Affektionen des 
Uterus und der Vagina. Uterustuberkulose ohne Tubentuberkulose ist bekannt. Hält die Ausbrei- 
tung der Tuberkulose vom Bauchfell aus auf die Tuben für den wichtigsten Infektionsweg. 
In der Nachbarschaft tuberkulöser Tuben häufig tuberkulöse Prozesse. Hämato- oder lympho- 
gene Entstehung der Tubentuberkulose beim Rinde nicht erwiesen. !/,—!/, aller stärker 
mit Tuberkulose behafteten Tiere haben Uterustuberkulose, !/,—2/, dieser Tiere wieder Tuben- 
tuberkulose. Oberflächliche Beschreibung des pathologisch-anatomischen Prozesses. Beide 
Tuben gleichzeitig ergriffen. Tubentuberkulose zeigt sich durch Verdickung und Verwachsung, 
die rectal palpabel sind, an; sie hindert die Befruchtung. Schröder (Rostock i. M.). 


224 Pathologie des Parametriums. 


Jaisson, C., Diagnostic radiologique de l’appendicite pelvienne chezla femme. Appen- 
dicite ou annecite? (Röntgendiagnostik der im Becken gelegenen Appendicitis 
bei der Frau. Appendicitis oder Adnexitis.) (Rev. méd. de lest Bd.49, Nr.12, 
S. 374—378.) 

Vgl. Referat S. 284. 

Mayer, und Uhlmann, Über Klopfempfindlichkeit und Hauthyperästhesie zur 
Differentialdiagnose von Appendicitis und Adnexerkrankungen. (Städt. Krankenh., 
Fürth.) (Med. Klinik Jg. 17, Nr. 7, S. 196—198.) 

Vgl. Referat S. 283. 

Heil, Karl: Ein Fall von Stieldrehung der Tube bei virginellem Genitaltraktus. 
Zentralbl. f. Gynäkol. Jg. 45, Nr. 14, S. 498—499. 1921. 

Smith, Richard R. and William J. Butler: Concerning torsion of the uterine 
adnexa occurring before puberty, together with a consideration of torsion of normal 
adnexa. Report of a case and a review of the literature since 1900. (Über Torsion 
der Uterusadnexe vor der Pubertät, zugleich mit Betrachtungen über die Torsion 
normaler Adnexe. Mitteilung eines Falles und Literaturübersicht seit 1900.) Americ. 
journ. of obstetr. a. gynecol. Bd. 2, Nr. 5, S. 507—521. 1921. 

Delmar, M. F.: Zwei Fälle von torquierter Lactosalpinx. (Pathol.-anat. Inst., 
Aarhus u. Amtskrankenh. Grenas u. Rudköbing.) Ugeskrift f. laeger Jg. 83, Nr. 32, 
S. 965—971. 1921. (Dänisch.) 

Moss& et Moulonguet: Salpingite retrocaecale avec abcès. (Retrocöcale Sal- 
pingitis mit Absceß.) Bull. et mem. de la soc. anat. de Paris Bd. 18, Nr. 7, S. 351 
bis 354. 1921. 


VI. Pathologie des Parametriums. 


Siegel, P. W.: Epidermoideyste des Beckenbindegewebes. (Univ.-Frauenklin., 
Gießen.) Beitr. z. pathol. Anat. u. z. allg. Pathol. Bd. 69, S. 389—394. 1921. 

Bericht über einen enteneigroßen retro- bzw. pararectal sitzenden cystischen Tumor 
des Beckenbindegewebes, der die Scheide vorwölbt. Von seiten des Tumors keine Beschwerden. 
Die Patientin kommt wegen Menstruationsanomalien. Vaginale Entfernung des Tumors und 
Heilung. Verf. stellt Betrachtungen darüber an, welche Herkunft der Tumor hat. Es kommen 
drei Möglichkeiten in Betracht: I. eine Dermoiscyste, II. eine Epidermoiscyste, III. eine 
Vaginalcyste. Nach dem mikroskopischen Bild und dem Sitz des Tumors wird derselbe als 
Epidermoiscyste angesprochen, und zwar als das Produkt einer Keimversprengung an der Grenze 
zwischen Schwanzdarm und Canalis neurentericus. Martius (Bonn). 


Walter, O.: Beiträge zur Anatomie und Klinik parametraner Exsudate, unter 
besonderer Berücksichtigung der Beugestellung des Oberschenkels nach Psoas- 
absceß. (Klin. f. Geburtsh. u. Gynäkol., Akad. f. prakt. Med., Düsseldorf.) Arch. f. 
Gynäkol. Bd. 114, H. 3, S. 557—586. 1921. 

In der sehr großen älteren Literatur über die parametranen Entzündungen und 
ihre Nachwirkung auf die Nachbarorgane bestehen noch recht erhebliche Unklarheiten, 
da die Struktur des Bindegewebes damals noch ungenügend bekannt war. Aber auch 
nachdem der architektonische Bau des Beckenbindegewebes besonders durch die Unter- 
suchungen von Waldeyer, Bichat, König, Schlesinger, W. A. Freund, Sell- 
beim und andere erschöpfend dargestellt worden ist, begegnet man in der Diagnose der 
Beckenbindegewebserkrankungen noch vielfach unverständlichen Auffassungen. Verf. 
stellt deshalb an Hand von 5 selbstbeobachteten Fällen von Parametritis den Zusammen- 
hang der verschiedenen Verlaufsformen und Komplikationen mit dem anatomischen 
Bau des Beckenbindegewebes unter besonderer Berücksichtigung der Funk- 
tionsstörungen der unteren Extremität ausführlich dar. Im ersten anato- 
mischen Teil werden die Beziehungen zwischen dem Bindegewebslager und den 
Beckenorganen an Hand der verschiedenen darüber erschienenen Arbeiten erörtert. 
In dem zweiten klinischen Teil werden die Symptome der Parametritis mit Bezug 
auf die anatomischen Verhältnisse analysiert. Was die Funktionsstörungen der 
unteren Extremität anbetrifft, so sind die Nerven durch ihre Scheiden gegen einen 
direkten Übergang der Entzündung meist geschützt und nur dem Druck des Exsudates 


Krankheiten der Harnorgane der Frau. — Diagnostik. 225 


ausgesetzt, während die Muskeln verhältnismäßig leicht ergriffen, mit Eiterspalten 
durchsetzt und auf größere und kleinere Strecken zerstört werden. Besonders wichtig 
ist die Möglichkeit eines Übergreifens der Iliscalabscesse auf das Hüftgelenk durch 
Fortleitung der Entzündung auf die Bursa subiliaca. Die parametranen Abscesse können 
durch die dünne nachgiebige Wand der Bursa in das Hüftgelenk einbrechen. Die Psoas- 
abscesse können ebenfalls die Bursa subiliaca in Mitleidenschaft ziehen und denselben 
Funktionsausfall zur Folge haben wie die Iliacalabscesse. Zwecks Entspannung der 
entzündeten Muskulatur wird der Oberschenkel in Beugestellung und leichter Außen- 
rotation gehalten, so daß dieselbe Stellung wie bei der Hüftgelenksentzündung resultiert. 
Ob wirklich eine Koxitis vorhanden ist oder nicht, ist durch genaue Untersuchung 
festzustellen. Die Beugestellung des Oberschenkels nach Parametritis ist von progno- 
stischer Bedeutung, da aus ihr auf ein Übergreifen der Beckenbindegewebsentzündung 
auf den Musculus psoas zu schließen und mit der Möglichkeit des Weiterwanderns 
des Prozesses nach unten zum Leistenkanal, nach oben zur Lenden- bzw. Nierengegend 
zu rechnen ist. Dabei ist immer an die Möglichkeit einer Miterkrankung des Hüft- 
gelenks zu denken. Bisher wurde meist angenommen, daß die Beugestellung des Ober- 
schenkels lediglich durch den Druck des Exsudates auf den Muskel zu erklären sei. 
Therapeutisch wird außer der gewöhnlichen antiphlogistischen und resorptiven Be- 
handlung und gegebenenfalls notwendigen chirurgischen Eingriffen der Streckver- 
band empfohlen, Martius (Bonn). 


Pfister, Hugo, Fibrom des, Beckenbindegewebes,. (Dissertation: Würzburg 1921.) 


Lob: Abcès froid kystique du ligament large, laparotomie, vomito-negro ictérique 
postehloroformique au quatrième jour. Mort. (Kalter, cystischer Absceß im Liga- 
mentum latum, Laparotomie. Maligner Chloroform-Ikterus am 4. Tage. Exitus.) Gaz. 
d. höp. Jg. 9, Nr. 74, S. 1178—1180. 1921. 

Begouin: Fibrome du ligament large. (Fibrom des Ligamentum latum.) (Soc. 
d’obstetr. et de gynecol., Bordeaux, 8. II. 1921.) Gymnecologie Jg. 20, Maih., S. 287 
bis 288. 1921. 


Georgescu, Gr. und Marius Georgescu, Fibromyom des Lig. latum. (Spitalul. 
Jg. 41, Nr. 6, S. 220—222. 1921.) (Rumänisch.) 


VH. Krankheiten der Harnorgane der Frau. 
Diagnostik. 


Boeminghaus, Hans: Zur Cystographie der menschlichen Harnblase. (Chirurg. 
Univ.-Klin., Halle a. S.) Zeitschr. f. urol. Chirurg. Bd. 6, H. 1/2, S. 92—105. 1921. 

Um den physiologischen Vorgang der Blasenfüllung und -entleerung zu beobachten 
und zu veranschaulichen, reichen die Befunde an Leichen nicht aus. Auch mit den von 
Völker gemachten Röntgenaufnahmen der mit Kontrastflüssigkeiten gefüllten Blase 
bekommt man nur Reproduktionen einzelner Füllungs- bzw. Entleerungsstadien ; kurz- 
wellige Bewegungsänderurgen in den Intervallen können dabei sehr leicht übersehen 
werden. Kinematographiseche Aufnahmen (Groedel) sind sehr schwierig, umständlich 
und zu kostspielig. Boeminghaus hat die Blasenbewegung vor dem Röntgenschirm 
beobachtet und empfiehlt diese Methode als sehr einfach und anschaulich. Die Unter- 
suchung erfolgt bei aufrechter Körperhaltung, so daß jede Phase der Blasenbewegung 
verfolgt werden kann. Die Technik ist derart, daß nach Entleeren von Darm und Blase 
der Kranke vor den Röntgenschirm gebracht wird. Duich eine zweite Person wird 
dann die Blase mit einer Kontrastlösung (Pyelon) gefüllt; dabei wird die Blasen- 
entfaltung beobachtet. Nach Auffüllung der sog. „Residualkapazität“, d. h. derjenigen 
Menge, bei der gerade Harndrang auftritt, wird der Katheter entfernt. Die Entleerung 
der Blase erfolgt ebenfalls unter Kontrolle vor dem Röntgenschirm. An Hand von 
Skizzen erläutert B., wie die erschlaffte Blase von der Form einer leeren Schüssel bei 


Jahresbericht f. d. ges. Gynäkologie 1921. 15 


226 | Krankheiten der Harnorgane der Frau. 


der Füllung sich durch Ausdehnung im vertikalen Durchmesser birnförmig verändert, 
wobei der breitere Durchmesser der oberen Hälfte angehört, während sich nach unten 
zu die Form verjüngt infolge Fixation im Trigonum. Die in Kontraktion befindliche 
Blase hat eine Zylinder-Spindelform mit dem größten Durchmesser in vertikaler Rich- 
tung; es ist umgekehrt wie bei der erschlafften Blase. Bei Erkrankung der Blase tritt 
die Cystographie gegenüber der C'ystoskopie in den Hintergrund. Allerdings ist es wohl 
möglich, eine Prostatahypertrophie an der typischen konvexen Form des Blasenbodens, 
Blasentumoren an seitlichen Aussparungen der Wandung und Divertikel an Aus- 
buchtungen zu erkennen. Schmidt (Bonn). 


Linzenmeier, G.: Über Cystoskopie in der luftgefüllten Blase. (Univ.-Frauen- 
klin., Kiel.) Zentralbl. f. Gynäkol. Jg. 45, Nr. 49, S. 1786—1788. 1921. 

Bei Schrumpfblase, schwerer eitriger (tuberkulöser) Cystitis, bei Blasenfistel und 
Inkontinenz — Fällen, in denen die Blase eine Wasserfüllung nicht halten kann — 
empfiehlt Linzenmeier die Anwendung der Luftfüllung für eystoskopische Unter- 
suchungen. Die bisher gegen sie erhobenen Einwände, daß die Luftfüllung wegen der 
Möglichkeit der Luftembolie gefährlich sei und wegen der besonders von Stöckel 
empfohlenen Knie-Brustlage von den Kranken abgelehnt würde, seien hinfällig. In 
der ganzen deutschen Literatur fänden sich nur 2 Fälle von Luftembolie; in dem be- 
kanntesten, dem von Sick, sei die Luft direkt in eine Vene eingeblasen worden. Man 
könne statt Luft auch Sauerstoff nehmen, den man sich aus 3proz. H,O, durch Zusatz 
einer Kaliumpermanganpastille leicht herstelle. Sauerstoff wirke überdies auch be- 
ruhigend auf die Blase. Die Einblasung geschehe am besten durch einen Ureteren- 
katheter bei eingeführtem Ureterencystoskop. Statt der Kniebrustlage empfiehlt 
L. die Rückenlage, in der er bisher sämtliche Fälle gut habe übersehen können. 


Schmidt. (Bonn). 


Baensch, W. und H. Boeminghans: Die Röntgendiagnostik bei Erkrankungen 
des uropoetischen Systems. (Chirurg. Univ.-Klin., Halle a. S.) Zeitschr. f. urol. 
Chirurg. Bd. 7, H. 1/3, S. 48—101. 1921. 


Herzberg, E.: Über Messungen in der Blase. (Chirurg. Unir.- Klin., Berlin. 
Zeitschr. f. Urol. Bd. 15, H. 11, S. 475—482. 1921. 

Exakte Größenbestimmungen von Blasentumoren u. dgl. mittels des Cystoskopes waren 
bisher nur schwer durchführbar. Wohl gab es bereits mit Skalen oder Meßmarken versehene 
Instrumente ; aber deren Benutzung setzt die Kenntnis des genauen Abstandes der Objektivlinse 
von dem zu messenden Objekt voraus. Diesen Abstand kann man in vielen Fällen so feststellen, 
daß man einen mittels des Albarranschen Hebels abgewinkelten graduierten Ureterenkatheter 
mit der Spitze an das Objekt heranführt und dann die Länge des Katheterstückes zwischen 
Objekt und Albarranschen Hebel direkt mißt. — Diese etwas primitive Messung ist aber 
nicht immer anwendbar, z. B. nicht bei Schrumpfblase und nicht in der Nähe des Sphincters. 
Herzberg hat deshalb ein ganz neues und sehr elegantes Verfahren ausgedacht: an einem 
gewöhnlichen Cystoskop ist zwischen Objektivlinse und Lampe noch eine besondere Beleuch- 
tungseinrichtung angebracht, mittels derer ein ganz besonders heller, feiner, durch Prisma 
und Linse kondensierter Lichtstrahl, der sich selbst bei gutem Tageslicht noch deutlich abhebt, 
auf das cystoskopische Gesichtsfeld geworfen wird. Und zwar trifft er bei einem Abstande 
von 2,5 cm das Gesichtsfeld genau im Mittelpunkte, bei größerer oder geringerer Entfernung 
jedoch mehr oder weniger weit seitlich davon. Am Okularende des Cystoskops sind nun ver- 
schiedene, durch Revolverscheibe einstellbare Skalenscheiben angebracht, die den Objektiv- 
abständen von 1,0—2,5 bis 3,5 cm entsprechen. Die erst- und letztgenannte Scheibe tragen je 
einen „Visierkreis“, auf den der Lichtstrahl fallen muß, wenn der Objektivabstand von 1,0 
oder von 3,5 cm genau eingestellt ist; bei 2,5 cm muß, wie gesagt, der Lichtstrahl genau in den 
Mittelpunkt der dieser Entfernung entsprechenden Skalenscheibe fallen. Die Größe des zu 
messenden Objektes (wichtig ist z. B. die Feststellung einer Verkleinerung von Tumoren 
während der Behandlung!) 'kann dann von den jeweils richtig eingestellten Skalen direkt ab» 
gelesen werden. Die Fehlergrenze soll höchstens ca. 10% betragen. — Ein von der Firma 
Kollmorgen nach H.s Angaben hergestelltes, für Meßzwecke geeignetes Spül- und Unter- 
suchungscystoskop wird von der Firma M. Schaerer, A.-G., Berlin N 24, vertrieben. Gewöhn- 
liche Cystoskope können ohne besondere Schwierigkeiten zu H.schen Meßcystoskopen um- 
gebaut werden. Praetorius (Hannover)., 


nr 


Diagnostik. i 227 


Boeminghaus, H.: Zur Frage der Fehlerquellen beim Harnleiterkatheterismus. 
(Chirurg. Univ. Klin., Halle a. S.) Zeitschr. f. Urol. Bd. 15, H. 10, S. 422—426. 1921. 

Boeminghaus wiederholte die Versuche Pflaumers, der bei intaktem Ureter- 
ostium ein Abtropfen des mit Indigocarmin gefärbten Blaseninhaltes aus dem Ureter- 
katheter, selbst wenn dieser bis 25 cm vorgeschoben wurde, beobachtete beiK.ollargol- 
füllung der Blase, weil immerhin der Indigocarminversuch durch Resorption des 
Farbstoffes aus der Blase und Ausscheidung durch die Niere beeinflußt sein könnte. 
Bei fünf Patienten war die Versuchsanordnung folgende: Eine Harnleitersonde Nr. 5 
wurde bis in das Nierenbecken vorgeschoben und die Urinentleerung beobachtet. 
Dann wurde die Blase entleert, mit 250 ccm 2proz. Kollargollösung gefüllt und der 
Katheter langsam zentimeterweise aus dem Ureter herangezogen. Bei Fehlen von 
Harndrang und mutmaßlich schlaffer Blase wurde in keinem Falle eine Beimischung 
vonK.ollargol zum ausgeschiedenen Harn gefunden. Bei starkem Tenesmus und gleich- 
zeitigem Abschluß der Urethra durch Kompression gegen den Cystoskopschaft wurde 
zweimal deutliche Kollargolentleerung durch den Ureterenkatheter gesehen, der 10 bzw. 
12 cm im Ureter lag. Die Beobachtungen Pflaumers können somit bestätigt werden. 
Die Sondierung des Ureters unterstützt die Möglichkeit rückläufiger Bewegung der 
Harnwellen durch Streckung des schräg verlaufenden intramuralen Ureterabschnittes 
zweifellos. Sonst dürfte dieses Ereignis bei schlaffer Blase sehr selten sein, bei starkem 
Innendruck ist mit seiner Möglichkeit zurechnen. Durch Cystoskopie in Knieellbogen- 
lage bei Luftfüllung wäre jede Rückstauung des Blasenurins mit Sicherheit ausschaltbar. 
Der Vorschlag. Pflaumers, nach beendigtem U.K. die Blase sofort zu entleeren, 
verdient Beachtung. Weniger mit Rücksicht auf eine Fehldiagnose als auf die Gefahr 
einer aufsteigenden Infektion durch Rückstauung wäre bei erkrankter einer Niere 
die Forderung, die Funktionstüchtigkeit der zweiten wahrscheinlich gesunden ohne 
Uretersondierung festzustellen, einzuhalten. Necker (Wien).°° 

Pflaumer: Liefert der Ureterkatheter stets den unvermischten Urin einer 
Niere? (Chirurg. Univ.-Klin., Erlangen.) Zentralbl. f. Chirurg. Jg. 48, Nr. 28, 
8. 995—996. 1921. | 

Verf. konnte entgegen der bisher allgemein gültigen Annahme, daß der Ureteren- 
katheter stets das unvermischte Sekret einer Niere zutage fördert, durch Farbstoff- 
füllung der Blase feststellen, daß — bei ganz intaktem Ureterostium — aus der Harn- 
leitersonde Blaseninhalt kontinuierlich oder periodisch abtropfte. Das sei nicht allein 
der Fall, wenn der Katheter einige Zentimeter hoch im Ureter liegt, sondern auch 
wenn er 25 cm hoch eingeführt ist. Die Ursache liege darin, daß, wie Lewin und 
Goldschmidt experimentell festgestellt haben, schon unter gewissen physiologischen 
Bedingungen Blaseninhalt in den Ureter hochsteigt; der Eintritt des Blaseninhaltes 
in den Ureter werde aber noch dadurch erleichtert, daß das Ureterostium häufig durch 
die im spitzen Winkel zur Blasenwand eintretende Sonde gespreizt wird. Er empfiehlt 
deshalb, wenn nach Einführung des Harnleiterkatheters die Tropfenfolge eine schnelle 
oder ununterbrochene ist, die Blase zu entleeren und zur Kontrolle mit Indigokarmin- 
lösung zu füllen. Schmidt (Bonn). 

Joseph, Eugen und Nicolai Kleiber: Muß und darf man vor Exstirpation 
einer tuberkulösen Niere die zurückzulassende Niere katheterisieren? (Chirurg. 
Univ.-Klin. u. chirurg.-urol. Privatklin. v. Prof. Joseph, Berlin.) Münch. med. 
Wochenschr. Jg. 68, Nr. 3, S. 61—64. 1921. 

Die meisten Autoren stehen auch heute noch auf dem Standpunkt, daß vor Exstir- 
pation einer tuberkulösen Niere durch Ureterenkatheterismus der vermutlich gesunden 
Seite und nachfolgendem Tierversuch der Beweis der Einseitigkeit der Erkrankung 
zu erbringen ist (Casper, Israel, Rosenstein, Kümmel. Demgegenüber beweisen 
Joseph und Kleiber an Hand von klinisch exakt beobachteten Fällen, daß der Ure- 
terenkatheterismus der gesunden Niere vor Exstirpation der anderen bei Tuberkulose 
nicht ungefährlich ist und eine schleichende Infektion der zweiten Niere vermitteln 


15* 


228 Krankheiten der Harnorgane der Frau. 


kann. Ferner ist der positive Befund von Tuberkelbacillen im Katheterharn der zurück- 
zulassenden Niere nicht für eine tuberkulöse Erkrankung der zweiten Niere beweis- 
kräftig, da, wie an einem Fall bewiesen werden konnte, die Bacillen von der Blase aus 
durch den Ureterenkatheter verschleppt werden können und so künstlich dem Katheter- 
urin beigemischt sind. Für die operative Entscheidung genügt die Feststel- 
lung, daß die zurückzulassende Niere chromocystoskopisch (Indigo- 
carmin) gut funktioniert. Auch bei nachgewiesener doppelseitiger Erkrankung 
der Nieren, wo es ebenfalls zweckmäßig ist, die schwerer erkrankte Seite zu entfernen, 
ist die Feststellung maßgebend, daß die zweite Niere ausreichend Indigocarmin aus- 


scheidet. Schmidt (Bonn). 


Beyer, Ch. et J. de Nobele: Contribution à l’ ötude de la py&lographie. (Bei- 
träge zum Studium der Pyelographie.) Scalpel Jg. 74, Nr. 22, S. 530—550. 1921. 

Die gesamte Nummer 22 der Zeitschrift „Le Scalpel“ ist der Pyelographie ge- 
widmet; außer der ausführlichen Arbeit von Beyer und Nobele enthält das Blatt 
eine Übersichtsarbeit aus der Brüsseler Klinik von Gaudy und Stobbaerts. Es 
handelt sich bei beiden Arbeiten um eine genaue Wiedergabe der Geschichte, der 
Technik, der Indikationen sowie der Resultate der Methode, ohne irgendwie etwas 
‚Neues zu bringen. Bekanntlich versteht man unter Pyelographie die röntgenologische 
Darstellung des vorher mittels Ureterenkatheter gefüllten Nierenbeckens, und zwar 
wird das Nierenbecken mit Kollargol oder einer ähnlichen für Röntgenstrahlen un- 
durchlässigen Flüssigkeit angefüllt. Die Methode ist selbstverständlich ın der Hand des 
Ungeübten sehr gefährlich, da Zerreißungen des Nierenbeckens bzw. der Niere mit 
tödlichem Ausgang vorkommen können. Das Röntgenbild zeigt nun die Veränderungen 
des Nierenbeckens: man sieht also deutlich Hydronephrosen. Ureterknickungen. Er- 
weiterungen der Nierenkelche usw. Die Pyelographie wird also bei der Differential- 
diagnose gewisser Nierenkrankheiten, namentlich bei Nierenkoliken von Nutzen sein 
und darf als eine Ergänzung der Cystoskopie und des Ureterenkatheterismus, freilich 
nur in der Hand eines erfahrenen Fachmannes, gelten. Wilhelm Karo (Berlin). °°? 


Gaudy, Jules et Fernand Stobbaerts: Notes sur la py&lographie. (Bemerkungen 
über die Pyelographie.) Scalpel Jg. 74, Nr. 22, S. 550—554. 1921. 

Auch in dieser Arbeit werden zuerst die technischen Details mitgeteilt, die manch- 
mal zweckmäßig, nicht zu hoch konzentrierte Lösungen zu verwenden, die zwar viel- 
leicht weniger schöne Bilder liefern, dafür aber auf dem Schatten des Ureters den 
des Steines und des graduierten Harnleiterkatheters erkennen lassen. Legueu betont, 
daß bei Steinen vor der Pyelographie unbedingt eine gewöhnliche Röntgenaufnahme 
gemacht werden müsse; umgekehrt könne man manchmal ein Konkrement übersehen. 
Auf Pasteaus Frage nach der Konzentration der Lösung antwortet Papin, daß es 
30 proz. Bromnatrium sei. Belot bemerkt, daß die Darstellung des Nierenschattens 
oft, aber nicht immer durch die Dicke der Patienten behindert ist, daß man manchmal 
den Schatten bei sehr dicken Leuten darstellen kann, manchmal bei sehr mageren nicht. 
Er glaubt, daß da noch eine nicht bekannte Ursache vorliegen müsse. R. Paschkis.°° 


Goldstein, Albert E.: Pyelography and ureterography in differential diagnosis 
of surgical conditions. (Pyelographie und Ureterographie in der Differentialdia- 
gnose chirurgischer Erkrankungen.) (Urol. clin., Hebrew hosp., Baltimore.) Americ. 
journ. of surg. Bd. 85, Nr. 4, S. 89—92. 1921. 

Verf. verwendet 15%, Thoriumnitrat und 13,5%, Jodnatrium; seine Technik ist 
folgende: Er gibt 24 Stunden vorher kein Abführmittel, macht dann eine gewöhnliche 
Röntgenaufnahme; am nächsten Tag dann Cystoskopie und Pyelographie (mit Röntgen- 
katheter); der Katheter wird bis ins Nierenbecken geführt, es wird aber nach Tunlich- 
keit vermieden, daß er sich aufrollt in demselben, weil das Schmerzen nach der Pyelo- 
graphie bedingt und Traumen verursacht. Er bestimmt stets die Kapazität des Nieren- 
beckens mit sterilem Wasser, läßt nach erfolgter Pyelographie die Füllflüssigkeit 


Diagnostik. 229 


ablaufen und spült dann noch mit Wasser aus; er macht niemals gleichzeitig in einer 
Sitzung doppelseitige Aufnahmen. Es werden dann die Veränderungen besprochen, 
bei denen durch Uretero- und Pyelographie eine sichere Diagnose gestellt werden kann, 
bezw. die Differentialdiagnose der verschiedenen Nieren- und Harnleitererkrankungen. 
Die Schlußsätze besagen, daß die Pyelo- und Ureterographie bei genauer Technik 
harmlose Methoden darstellen, die bei manchen urologischen Erkrankungen wesent- 
lich zur Diagnosenstellung sind. R. Paschkis (Wien). °° 


Joseph, Eugen: Ein neues Kontrastmittel für die Pyelographie. Zentralbl. f. 
Chirurg. Jg. 48, Nr. 20, S. 707—708. 1921. 

Joseph fand in einer 25 proz. Jodlithiumlösung ein harmloses, sehr scharfes 
Kontrastmittel für die Pyelographie, welches einen geradezu metallartigen Schatten 
gibt und früher angewandten Präparaten weit überlegen ist. Das Präparat ist, 
warm injiziert, reizlos für Nierenbecken und Blase, in welcher J. 100 ccm Wasser 
zurückläßt, damit sich das zurückströmende Präparat darin verdünnen kann. Jod- 
lithium wird in Ampullen von 12 ccm Inhalt in 25proz. Konzentration von F. A. 
Kahlbaum-Adlershof steril in den Handel gebracht; seine Darstellung muß unter 
Wasserstoff erfolgen, da sich das Präparat sonst zersetzt. Die zu injizierende Menge 
beträgt höchstens 20 ccm. Verf. weist außerdem darauf hin, daß er seine Technik 
der Injektion des Nierenbeckens insofern modifiziert habe, als er die Injektions- 
spritze mit dem Ureterkatheter in Verbindung läßt, bis die Röntgenaufnahme aus- 
geführt ist, um dann mit der Spritze die Füllmasse aus dem Nierenbecken zurück- 
zusaugen und jene um etwa !/,—!/, sofort aus dem letzteren wieder zu entfernen. 

Janssen (Düsseldorf). ° 

Rubritius, H.: Zu der Mitteilung: Ein neues Kontrastmittel für die Pyelo- 
graphie. E. Joseph, dieses Zentralbl. 1921, Nr. 20. Zentralbl. f. Chirurg. Jg. 48, 
Nr. 33, S. 1191. 1921. 

Rubritius betont, daß er unabhängig von den Amerikanern Jodkalilösung zur 
Füllung des Nierenbeckens verwendet und empfohlen habe. Jodkalilösung 5% für die 
Blase und 10% für das Nierenbecken gibt ausgezeichnete Schatten und ist völlig 
harmlos. Blecher (Darmstadt). °° 


Lichtenberg, A. v.: Über Kontrastmittel für die Pyelographie. Zu den Auf- 
sätzen von E. Joseph und H. Rubhritius in Nr.20 und 33 dieser Zeitschrift. Zentralbl. 
f. Chirurg. Jg. 48, Nr. 47, S. 1716—1718. 1921. 

Übersichtliche Tabelle über die physikalische und chemische Beschaffenheit, die 
Giftigkeit, optimale Konzentration für die Schattenbildung und Preis der verschiedenen 
Mittel, die für die Pyelographie bisher verwendet wurden. Wesentlich für das Kontrast- 
mittel muß sein, daß es verhältnismäßig ungiftig ist, da die unter stärkerem Druck als 
dem Sekretionsdruck der Niere vorgenommene Injektion einer intravenösen Injektion 
hinsichtlich der Giftigkeit gleichzusetzen ist. Kolloidale Lösungen sind wegen 
der Gefahr capillarer Embolien mit nachträglicher Infektion zu ver- 
meiden und kommen bei vorsichtiger Anwendung höchstens für Imprägnationszwecke 
in Betracht. Am geeignetsten erscheinen die krystalloiden Salzlösungen, in erster 
Linie das recht ungiftige Bromnatrium in 25 proz. Lösung, das gleichzeitig das 
billigste Kontrastmittel darstellt. Die Priorität der Empfehlung der krystalloiden 
Lösungen für die Pyelographie gebührt den Amerikanern. Strauss (Nürnberg)., 

Praetorius, G.: Zur Frage der Pyelographie. (Zugleich eine Erwiderung auf 
die gleichnamige Arbeit Barreaus in Nr. 4 dies. Zeitschr.) (Städt. Krankenh., ‚Siloah“, 
Hannover.) Zeitschr. f. Urol. Bd. 15, H. 12, S. 498—516. 1921. 

Yernaux, N. et Z. Gobeaux: Py&ölographie en position debout. (Nierenbecken- 
aufnahme in aufrechter Haltung.) Scalpel Jg. 74, Nr. 37, S. 873—875. 1921. 

Sante, L. R.: Pneumoperitoneum as aid in the roentgenologic diagnosis of 
lesions of urinary traet. (Das Pneumoperitoneum als Hilfsmittel in der Diagnostik 


230 Krankheiten der Harnorgane der Frau. 


der Erkrankungen des Harnapparates.) Journ. of the Americ. med. assoc. Bd. 77, 
Nr. 13, S. 982—bis 986. 1921. | 
Sante hat in 110 Fällen das Pneumoperitoneum zur Diagnosenstellung bei 
Erkrankungen des Harnapparates verwandt und sehr gute diagnostische Erfolge 
erzielt. Er teilt seine Anwendungsmöglichkeit auf diesem Gebiet in 3 Gruppen ein: 
1. Zur Feststellung der Form, Lage, Größe, Beweglichkeit der Niere und ihrer Be- 
ziehung zur Umgebung. 2. Zur Bestimmung und Differentialdiagnose intraabdominaler 
Tumoren und der Niere. 3. Zur Diagnose der Nieren und Uretersteine, wenn die anderen 
diagnostischen Hilfsmittel versagen. Mit Hilfe dieser Methode lassen sich, abgesehen 
von den normalen Verhältnissen, schon geringe Veränderungen der äußeren Nieren- 
konturen feststellen und so bei Verdacht auf Tuberkulose und Carcinom durch die 
Vergrößerung oder Auflagerung von kleinen Knoten die Diagnose sicherstellen. Kon- 
genitale Cystennieren -und Wandernieren mit Ureterabknickung und Hydronephrose 
sind ebenfalls gut zu erkennen. In die zweite Gruppe gehören außer den intraperi- 
tonealen vor allem die extraperitonealen Tumoren. Zur Feststellung derselben empfiehlt 
S. die „retroperitoneale Lagerung“, wobei der Kranke nach vorheriger Lufteinblasung 
bäuchlings schwebend gelagert wird. Brust und Oberschenkel sind durch Blöcke 
gestützt. Es fallen dann die mesenterial verankerten Bauchorgane nach vorn und der 
Retroperitonealraum ist in starker Aufhellung sichtbar. So sei die Diagnose von Nieren- 
tumoren wie auch die Feststellung der Unabhängigkeit anderer Geschwülste von der 
Niere (retroperitoneale Drüsenpakete, Psoasabscesse usw.) erleichtert. In der 3. Gruppe 
nehmen die Nierensteine die erste Stelle ein. Das Pneumoperitoneum sei dann von 
großem Wert, wenn Ureterenkatheterismus und Kontrastfällung der Nierenbecken 
technisch unmöglich oder aber die Fällung bei Ureterstenose oder -Verschluß beobachtet 
werden soll. Auch zur Blasendiagnostik empfiehlt S. die Methode. Zweckmäßigerweise 
würde hierbei Pneumoperitoneum mit Luftauffüllung der Blase vereinigt. Prostata- 
tumoren seien dabei gut, Blasendivertikel schlecht zu erkennen. In einem Fall habe 
er so eine Abscedierung der Samenblasen erkannt. In der Beschreibung der Technik 
sind keine Besonderheiten. Kontraindiziert sei das Pneumoperitoneum 1. bei de- 
kompensiertem Herzfehler, 2. bei Nephritis mit Hypertonie, 3. bei akuten Bauch- 
erkrankungen, 4. bei akuten Lungenerkrankungen. In der Diskussion zu diesem Thema 
erwähnt Hyman (New York) die von Rubin gemachte Lufteinblasung in die Bauch- 
höhle bei der Frau durch die Cervix. Es würde dabei mittels eines in die Cervix ein- 
geführten Metallkethaters Sauerstoff bei einem Höchstdruck von 200—220 mm Hg 
unter Manometerkontrolle eingeblasen. Bei Tubenverschluß regurgitiere das Gas 
wieder dem Katheter entlang. Der Prozeß dauere 5 Minuten und sei nicht gefährlicher 
als die Einblasung durch die Bauchwand. Auch sei die Gefahr, latente infektiöse 
Prozesse in den Tuben wieder zum Aufflackern zu bringen, gering, vorausgesetzt, daß 
die Kranken sorgfältig vorher untersucht worden wären (!). Schmidt (Bonn). 
Rosenstein, Paul: Die „Pneumoradiographie des Nierenlagers‘‘, ein neues Ver- 
fahren zur radiographischen Darstellung der Nieren und ihrer Nachbarorgane 
(Nebenniere, Milz, Leber). Zeitschr. f. Urol. Bd. 15, H. 11, S. 474—458. 1921. 
Macht, David J.: On the absorption of local anestheties through the genito- 
urinary organs. (Die Resorption lokalanästhetischer Mittel von den Urogenitalorganen 
aus.) (Pharmacol. laborat., Johns Hopkins univ. a. James Buchanan Brady urol. inst. 
Baltimore.) Journ. of pharmacol. a. exp. therap. Bd. 16, Nr. 6, S. 435—448. 1921. 
Versuche an Hunden mit Cocain, Alypin und „Apothesin“ (Chlorhydrat des Diäthyl- 
aminopropylesters der Zimmtsäure). Beim männlichen Hund schließt sich der Sphincter 
internus so fest um einen in die Blase eingeführten Katheter, daß eine durch denselben 
eingespritzte Flüssigkeit praktisch auf den Hohlraum der Blase beschränkt bleibt. 
Weder Cocain noch Alypin werden von der Blasenschleimhaut in nennenswerter Menge 
resorbiert; nach Einspritzung von 5 ccm einer 5 proz. Cocainlösung bzw. 10 ccm einer 
0,1 proz. Alypinlösung blieben Blutdruck und Atmung unbeeinflußt. Dagegen resorbiert 


Harnröhre, Blase, Urachus. 231 


die Harnröhrenschleimhaut gut (Berieselung durch einen bis zum Sphincter externus 
‚vorgeschobenen Katheter); nach Behandlung mit einer 2proz. Cocain- bzw. einer 
0,05proz. Alypinlösung traten Atemstörungen, Blutdrucksenkung und Krämpfe ein. 
Dieselbe Wirkung hatte Durchspülung des Ureters mit 1 proz. Cocainlösung (Kanülen 
am oberen und unteren Ende eingebunden, um Ausfließen der Lösung und Resorption 
vom Bauchfell auszuschließen). Dasselbe Ergebnis hatten Versuche am Nierenbecken 
(Einbinden einer Glaskanüle am Übergang in den Ureter; Spülung mittels eines durch 
diese Kanüle hindurchgeführten Katheters). 2 Tabletten (?) Apothesin in den Prä- 
putialsack eingeführt erzeugten jähen Blutdruckabfall und Atemstillstand. Von der 
Scheide aus wirken Cocain (5 ccm einer 4 proz. Lösung) und Apothesin (2 Tabletten) 
rasch tödlich, letzteres — soweit sich aus dem Vergleich von 2 ohne Zeitschreibung 
mitgeteilten Kurven urteilen läßt — annähernd so schnell wie nach intravenöser Ein- 
spritzung. Hermann Wieland (Freiburg ìi. B.).°° 
-XXIe congrès français d’urologie, Strasbourg, 3.—5. X. 1921. (Über die 
‚Anästhesie in der Chirurgie des Harnapparates.) Gaz. des höp. civ. et milit. Jg. 94, 
‚Nr. 83, S. 1317—1324. 1921. 

Es werden die Vor- und Nachteile der Inhalationsnarkosen und der Infiltrations- 
anästhesien bei Operationen am Harnapparat besprochen. Die flüchtigen Narko- 
tica (Chloroform, Äther, Chloräthyl und Stickoxydul) werden durch die Lunge und 
nur zum geringsten Teil durch die Niere ausgeschieden. Deshalb spiele bei ihnen eine 
Nierenerkrankung mit einer geringeren Durchlässigkeit durch die Niere im allgemeinen 
keine Rolle, es sei denn, daß gerade dadurch die hier angehäuften giftigen Stoffe grö- 
Bere Schädigungen hervorzurufen imstande seien; das Chloroform sei in dieser Be- 
ziehung am meisten zu fürchten. Jedenfalls könnten selbst die unschädlichsten 
Narkotica akute postoperative Nierenentzündungen hervorrufen, ohne daß man aller- 
dings immer sagen könne, inwieweit andere Faktoren (Diät, Abführmittel, Schock, 
Blutung, Infektion usw.) zu beschuldigen seien. Chloroform solle nie bei Hypotonikern 
und Nephritikern angewandt werden; Äther sei mit den neuen Narkoseapparaten 
(Ombredanne) selbst bei Lungenerkrankungen weniger gefährlich, doch soll es bei 
Tuberkulösen nicht benutzt werden. Chloräthyl sei ganz unschädlich und Stickoxydul 
solle, da es den Blutdruck steigere, nicht bei Hypertonikern gegeben werden; überdies 
sei es häufigchemisch nicht rein. Dieim Gebrauch befindlichen Infiltrationsanästhe- 
tıca seien alle mehr oder minder giftig. Bei undurchlässiger Niere können die Gift- 
stoffe, da sie ausschließlich durch die Niere ausgeschieden werden, im Körper zurück- 
behalten werden und so zu allgemeinen Schädigungen führen. Ihr Einfluß, insbesondere 
der des Novocains, auf die Niere selbst sei gleich Null. Durch die Splanchnicusanästhesie 
erreiche man eine völlige Schmerzlosigkeit der Niere; doch lägen Störungen durch Aus- 
schaltung des Ganglion solare durchaus im Bereich der Möglichkeit. Die Rückenmarks- 
anästhesie könne sowohl auf Hirnzentren und Medulla oblongata, als auch auf die Niere 
schädigend wirken. Trotz der Fortschritte in den letzten Jahren sei sie bei Nierenerkran- 
kungen nicht zu empfehlen. Wegen der Gefahr der Hirnhautschädigungen sei sie auch 
bei Luetikern, Tuberkulösen und bei Infektionskrankheiten überhaupt zu widerraten. 


Aus der Diskussion ist hervorzuheben, daß Jean de Smeth (Brüssel) bei Rückenmarks- 
anästhesie auf 1200 Fälle 1/,% Mortalität hat. Schmidt (Bonn). 


Harnröhre, Blase, Urachus. 


Sachs, Otto: Weitere Beiträge zur Anatomie und Histologie des weiblichen 
Urethralwulstes. (Z. anat. Univ.-Inst., Wien.) Wien. klin. Wochenschr. Jg. 34, 
Nr. 51, S. 615—617. 1921. 

Den weiblichen Urethralwulst findet Sachs im wesentlichen zusammengesetzt 
aus einem reichlichen muskellosen Venennetz und aus vermehrtem lymphatischen 
Gewebe. Dieses Venennetz — das Corpus spongiosum (Kobelt), von Henle auch 
kompressibles Gewebe, im Gegensatz zu erektilem, genannt — ist normalerweise schon 


232 Krankheiten der Harnorgane der Frau. 


am Orificium extern. urethrae stark ausgebildet, besonders in der unteren Hälfte, und 
nimmt zum Blasenhals hin regelmäßig schnell ab. Reichliche eingelagerte elastische 
Fasern erklären die große Dehnbarkeit der weiblichen Harnröhre. Infolge der Verteilung 
des Venennetzes komme es bei Zirkulationsstörungen (Herzfehler und Emphysem), 
dann auch in der Gravidität zu einer stärkeren Füllung der Gefäße am Orific. extern. 
und so hier zu einer Wulstbildung. Das Iymphatische Gewebe, welches S. im Gegensatz 
zu Chiari stets und auch schon bei gesunden Kindern gefunden hat, bestehe aus 
Lymphfollikeln mit Keimzentren. Hypertrophische Follikel wölben nach seiner Ansicht 
das Urethrallumen vor und geben so Anlaß zu prolapsartigen Ausbuchtungen der 
Schleimhaut. In dem submukösen Gewebe beschreibt S. ferner para- und periurethrale 
Cysten. Die ersteren seien Retentionscysten der seitlichen Urethralausbuchtungen 
und entstehen wahrscheinlich schon im embryonalen Leben; sie sind unilokulär 
und. haben außer einer Membrana propria ein mehrschichtiges Epithel. Die periure- 
thralen Cysten entstehen nach S. aus den Drüsenschläuchen des Septum urethrovaginale, 
die man als Homologon der männlichen Prostata auch „weibliche Prostata‘ bezeichne. 
Diese Drüsen sind einfach, manchmals tubulös verzweigt und tragen ein zweireihiges 
Zylinderepithel. Sie umgeben die ganze Peripherie der Urethra mehr oder weniger voll- 
ständig; ihre Einmündung in die Urethra ist histologisch nachzuweisen. Die aus ihnen 
entstehenden Cysten haben 1—2schichtiges Zylinderepithel und sind multilokulär. 
Außerdem findet man sie analog der männlichen Prostata nur in dem blasenwärts 
gelegenen Teil der Harnröhre. Untersuchungen über die Muskulatur der Harnröhre 
bestätigen die früheren Befunde. Die glatte Muskulatur liegt dem Venengeflecht dicht 
an. Die starke innere Längsfaserschicht ist überdeckt von einer dünneren Ringfaser- 
schicht, die als Ausstrahlung des Sphincter internus aufgefaßt wird (Kalischer) und 
nur bis zum vorderen Drittel der Harnröhre reicht (Zuckerkandl). Die quergestreifte 
Muskelschicht des Sphincter externus umgreift an der Durchtrittsstelle durch das 
diaphragma urogenitale die Urethra vollständig; distal davon zerfällt sie in eine nur 
die obere Hälfte bedeckende Schicht (Pars urethralis) und in Muskelbündel, welche sich 
in die vordere Vaginalwand fortsetzen (Pars urethrovaginalis des Sphincter externus). 
Nach Anlage der Muskulatur und der Drüsen im Septum urethrovaginalis ist nach S. 
die weibliche Harnröhre nicht allein mit der Pars membranacea beim Manne — wie 
Toldt es tut — sondern vielmehr mit der Pars membranacea und prostatica zu 
vergleichen. Schmidt (Bonn). 


Pendl, Fritz: Über eine vor die äußere Harmnröhrenmündung vorgefallene 
Uretereyste. (Schles. Krankenh., Troppau.\ Wien. klin. Wochenschr. Jg. 34, Nr. 45, 
S. 544—545. 1921. 


Würker, Walter, Prolapse der Harnröhrenschleimhaut (unter besonderer Berück- 
sichtigung der beobachteten Fälle an der Univ.-Frauenklinik Erlangen in den 
Jahren 1911—1920). (Dissertation: Erlangen 1921.) 


Schilling, Fritz, Über einseitige Defekte im weiblichen Urogenitaltraktus. (Pathol. 
Inst., Univ. Leipzig.) (Arch. f. Gynäkol. Bd. 114, H. 2, S. 428—437.) 
Fi Vgl. Referat S. 170. 


> Burrows, Harold: A congenita) abnormality of the female genito-urinary 
organs. (Angeborene Mißbildunz der weiblichen Urogenitalorgane.) Brit. journ. of 


surg. Bd. 8, Nr. 31, S. 377. 1921. 

Verf. berichtet über einen seltenen Fall von angeborener Anomalie des Urogenitalsystems. 
Es handelt sich um ein geistig und körperlich gut entwickeltes, gesundes Mädchen von 21 Jahren, 
das niemals menstruiert war. Beschwerden, insbesondere solche periodischer Art, haben nie 
bestanden. Die Mammae und das äußere Genitale weisen keinen anormalen Befund auf, jedoch 
fehlt die Vagina. Bei der äußeren Untersuchung wird ein Tumor in der linken Beckenhälfte 
gefunden. — Die Patientin ist mit einer Operation einverstanden. — Durch kurzen Querschnitt 
vom Damm aus wird Rectum und Blase von einander getrennt, hierbei jedoch weder Vagina 
noch Uterus gefunden. Die sich anschließende Laparatomie bringt folgende Klärung: 
Uterus und Vagina fehlen vollständig, desgleichen die Ligam. lata, ferner die rechte Tube, 
das rechte Ovarium und die rechte Niere. In der linken Lendengegend findet sich eine kleine, 


Harnröhre, Blase, Urachus. 233 


scheinbar nicht funktionierende Niere und am linken Beckenrand ein fixiertes Ovarium und eine 
Tube mit normalem Ostium, die dem bei der Palpation in der linken Beckenhälfte gefundenen 
Tumor fest aufliegt. Dieser extraperitoneal gelegene Tumor von unregelmäßig runder, leicht 
gelappter Form erweist sich nach Incision des hinteren Peritoneums als normales Nieren- 
gewebe. Die Cystoskopie zuvor war unterblieben. — Bei der Frage nach der Ätiologie dieser 
Anomalie glaubt Verf. entweder an eine Entwicklungsstörung des rechten Wolffschen Körpers 
oder an eine abnorme Funktion des Hunterschen Leitbandes denken zu müssen, jedoch 
bleiben ihm bei beiden Erklärungsversuchen Bedenken offen. F. C. Wille (Berlin). 

David, Vernon C. and Peter M. Mattill: The role of the ureteral lymphatics 
in experimental urinary tract infections. (Die Bedeutung der Lymphgefäße des 
Ureters bei experimentellen Infektionen des Urogenitaltraktus.) Arch. of surg. Bd. 2, 
Nr. 1, S. 153—166. 1921. 

Nach einem literarischen Überblick über die Lymphgefäße der Blase, des Ureters, 
des Nierenbeckens und der Niere selbst in anatomischer und experimenteller Hinsicht 
berichten David und Mattill über ihre eigenen Versuche, welche beweisen, daß ein 


“ ceelluläres Exsudat in den Lymphgefäßen des Ureters und des Nierenbeckens nicht 


ohne weiteres eine Infektion des Urogenitalschlauches anzeigen. So fanden sie Rund- 
zelleninfiltrate auch bei Hunden, deren Urin völlig steril war, in einer beträchtlichen 
Zahl. Auch wenn sie B. coli in die Harnblase brachten, ließen sich in den Rundzellen- 
infiltraten des Ureters mikroskopisch und kulturell keine Bakterien nachweisen. Bei 
experimenteller ulceröser Cystitis mit aufsteigender Uretereninfektion bei Hunden ließ 
sich keine Infektion der Ureterlymphgefäße und des Blutes feststellen. Zu denselben 
Ergebnissen gelangten sie bei weiteren Modifikationen der Tierversuche. Sie schließen 
deshalb, daß die reichlich vorhandenen Lymphgefäße der Blase und der Ureteren bei 
Fortleitung akuter Entzündungen von der Blase nach der Niere keine wesentliche Rolle 
spielen. Die in diesen Lymphgefäßen nachgewiesenen Rundzelleninfiltrate beweisen 
nicht das Vorhandensein einer Infektion des Harnschlauches. Buschke (Berlin). °° 


Ottow, B.: Zur Kenntnis der gestielten Fihrromyome der weiblichen Harn- 
röhre. Zentralbl. f. Gynäkol. Jg. 45, Nr. 10, S. 360—365. 1921. 

Ottow berichtet über ein etwa wallnußgroßes Fibromyom der vorderen Harnröhrenwand 
bei einer 53jährigen Vielgebärenden. Es handelt sich um einen Zufallsbefund bei der inneren 
Untersuchung. Der Tumor hatte nie Beschwerden, auch nicht bei der Miktion gemacht. Er 
lag im Orif. ext. der Urethra als eiförmiger Körper und trug in der Medianlinie einen hahnen- 
kammartigen Schleimhautgrat. Mit einem derben Stiel war er mit dem vorderen Drittel der 
oberen Harnröhrenwand verbunden. Der Tumor wurde in Lokalanästhesie abgetragen. Histo- 
logisch handelt es sich um ein Fibromyom, welches mit Plattenepithel bedeckt ist. Die kamm- 
artige Erhebung ist bedingt durch eine ödematöse Durchtränkung der Papillenspitzen, wie sie 
seinerzeit schon von v. Franqué beschrieben worden ist. Derartige Geschwülste sind außer- 
ordentlich selten. Von Palm sind zuletzt 21 Fälle zusammengestellt worden; jedoch müssen 
auch hier noch einige ausgeschieden werden, da sie nicht einwandsfrei als Myome resp. Fibro- 
myome erwiesen sind. Die Geschwülste der oberen Harnröhrencircum’erenz entwickeln sich 
leicht in das Harnröhrenlumen — in das Gebiet des geringsten Widerstandes — hinein. Die 
Stielbildung kommt dann durch die austreibenden Muskelaktionen und unter dem Einfluß 
des Harnstrahles zustande. Geschwülste der hinteren Harnröhrenwand entwickeln sich meist 
ins Septum urethro-vaginale und zur Scheide hin, so daß schließlich ihr Ursprung nicht mehr 
erkannt werden kann. Die Symptome richten sich meist nach der Größe des Tumors; auffallend 
ist in dem vorliegenden Falle die völlige Symptomlosigkeit. Schmidt (Bonn). 


Venot, A, et A. Parcelier: Le cancer de l’urötre chez la femme. (Der Ure- 
thralkrebs bei der Frau.) Rev. de chirurg. Jg. 40, Nr. 11, S. 565—623. 

Venot und Parcelier stellen die Beobachtungen über 87 weibliche Urethral- 
krebse aus der gesamten Literatur zusammen. Danach findet sich derselbe meist bei 
Pluriparen zwischen 40 und 60 Jahren. Leukoplakie, narbige Strikturen, die beim 
Manne bedeutungslos sind, und Schleimhautpolypen in Verbindung mit chronischen 
Reizen, wie häufiges Ätzen oder Kauterisieren, wirken disponierend. Pathologisch- 
anatomisch teilen sie die Carcinome ein in: 1. vulvourethrale Krebse, a) papillomatöse 
Form, meist Adenola; b) ulceröse Form, mit Kraterbildung (selten); c) infiltrierende 
Form, die leicht zu urethrovaginalen Fisteln führt (am häufigsten); 2. die eigentlichen 
Urethralcarcinome, die nur selten ulcerieren, meist infiltrierend wachsen. Drüsen- 


234 Krankheiten der Harnorgane der Frau. 


metastasen treten in 20%, auf und wachsen langsam; befallen werden die Inguinal- 
drüsen, nie die Beckendrüsen. DiekiinischenSym pto me sind Schmerzen, Störungen 
in der Miktion, Blutungen. Schmerzen finden sich meist bei polypösem Carcinom, 
treten oft erst sehr spät auf und sind nie stark. Die Störungen in der Miktion sind 
meist die ersten Anzeichen. Außer zur Pollakis- und Dysurie kommt es oft zur voll- 
kommenen Harnverhaltung mit ihren Folgeerscheinungen; erst zum Schluß hin kommt 
es infolge der Zerstörung des Sphincters zur Inkontinenz. Die Blutungen, manchmal 
das einzigste Symptom, können sehr profus sein und werden oft verwechselt mit Genital- 
blutungen. Der Gesamtzustand leidet erst sehr spät. Bei der klinischen Unter- 
suchung findet man drei verschiedene Formen von Carcinom: 1. den Carcinompolypen, 
in stärkeren Formen als Blumenkohlkrebs, 2. das Carcinomgeschwür, welches sich in 
die Blase hinein erstrecken kann, 3. die Carcinomgeschwulst, die Wallnußgröße er- 
reichen kann. Die Diagnose ist nicht leicht; differentialdiagnostisch ist Lues, am 
besten histologisch, auszuschließen. Die Prognose ist mit einzelnen Ausnahmen sehr 
schlecht; nach Brettauer ist der Urethralkrebs der am meisten maligne von allen 
Krebsen. Behandlung: Schon der einfache Polyp soll mit der angrenzenden Schleim- 
haut entfernt werden. Die beim Carcinom angewandten Verfahren waren: 1. partielle 
Resektion der Urethra und Naht des Restes mit der Vaginalschleimhaut (etwa 33% 
Rezidive), 2. totale Resektion der Urethra (etwa 14%, Rezidive), 3. erweiterte Opera- 
tionen (selten ausgeführt): a) Exstirpation der Urethra nach Beckenspaltung (Zweifel), 
b) Exstirpation der Harnröhre und des Blasenhalses, c) Totalexstirpation von Uterus, 
Blase und Harnröhre und Einpflanzungen der Ureteren in das Sigmoideum. Über die 
Radiotherapie läßt sich nach Meinung von V. und P. noch nichts aussagen, da sie zu 
selten geübt wird. Jedenfalls ist festzustellen, daß mit der radikalen Entfernung der 
erkrankten Harnröhre zahlreiche Fälle gerettet worden sind. Schmidt (Bonn). 


Graf, Paul: Die Ausrottung des Harnröhrenkrebses unter zeitweiligem Auf- 
klappen der Schoßfuge. (Städt. Krankenh., Neumünster.) Zentralbl. f. Gynäkol. 
Jg. 45, Nr. 49, S. 1777—1780. 1921. 

Bei weiblichem Harnröhrenkrebs empfiehlt Graf unter Verzicht auf Radium- 
und Röntgenbehandlung die Exstirpation desselben unter temporärem Aufklappen 
der Symphyse. Es würde dadurch die Operation übersichtlicher und radikaler ge- 
staltet werden können und die an und für sich schlechte Prognose verbessert. Etwa 
14 Tage nach Anlegen einer suprapubischen Blasenfistel wird ein großer, bis auf den 
Knochen reichender Hautlappen gebildet, der beiderseits lateral vom Tub. pub. bis 
unterhalb der Clitoris reicht. Nach Hochklappen desselben wird eine doppelseitige 
Hebosteotomie ausgeführt. Zwei vorher medial und lateral von jedem Knochenschnitt 
angelegte Bohrlöcher sollen die spätere Knochen-Drahtnaht erleichtern. Die Symphyse, 
welche jetzt nur noch an den geraden Bauchmuskeln hängt, wird ebenfalls hochge- 
schlagen, so daß das ganze Operationsgebiet freiliegt. Das Carcinom wird weitgehend 
herauspräpariert und die Harnröhre bis zum .Kollum exstirpiert. Die gesetzte Blasen- 
öffnung wird sorgfältig verschlossen. Die zurückgeklappte Symphyse wird mit Draht 
durch die vorher angelegten Bohrlöcher wieder fixiert und der Knochen durch Haut 
und Scheidennaht gedeckt. G. operierte einen Fall mit gutem Erfolg. Bei sekundärer 
Wundheilung entstand eine Blasenscheidenfistel, die später geschlossen wurde. Die 
Aufklappung der Schoßfuge glaubt G. mehr empfehlen zu können als die einfache 
Symphysiotomie wegen der besseren Heilungstendenz des Knochens. Schmidt. 


-~ Zinner, Alfred: Ein Fall von zweigeteilter Harnblase (Vesica bipartita). (Allg. 
Poliklin., Wien.) Zeitschr. f. urol. Chirurg. Bd. 6, H. 1/2, S. 54—58. 1921. 

Verf. teilt aus der urolog. Abtlg. der Wiener allgem. Poliklinik folgende seltene Blasen- 
mißbildung bei einem 68jähr. Manne mit. Der Pat. kommt in uroseptischem Zustand in die 
Klinik und gibt an, seit einem Jahre nur mit Anstrengung urinieren zu können. Die Cysto- 
skopie, die erst nach längerer Behandlung möglich ist, zeigt eine Blase, die durch eine fast 
median-sagittal verlaufende Scheidewand in zwei Kammern geteilt wird. Diese stehen sowohl 


Harnröhre, Blase, Urachus. 235 


mit der Urethra als auch untereinander durch eine ca. markstückgroße Öffnung in Verbin- 
dung. Eine Uretermündung ist in der linken Kammer, die schwere diphtherisch-entzündliche 
Schleimhautveränderungen aufweist, nicht zu finden. In der rechten, etwas kleineren Kan- 
mer zeigen sich an der Hinterwand vier ca. pfennigstückgroße Öffnungen, von denen die 
am weitesten median gelegene als Ostium des Eink en Ureters angesprochen wird, die übrigen 
als Divertikel. Die rechte Blasenhälfte wird als Hauptkammer angesehen und dem Pat. die 
operative Entfernung der linken Nebenkammer angeraten. Die Operation wird abgelehnt. — 
Nach ca. !/, Jahr wird Pat. wieder in die Klinik gebracht. Bei der Operation, die jetzt vor- 
genommen wird und die infolge der pericystitischen Veränderungen auf große Schwierigkeiten 
stößt, wird der linke Sack abgetragen, das Septum durchtrennt und zum Teil zur Deckung des 
Defektes verwendet. Der linke Ureter, der in der am stärksten veränderten Hinterwand 
des Sackes verläuft, wird hierbei durchschnitten und in den rechten Blasenscheitel implantiert. 
— Am 9. Tage nach der Operation erfolgt der Exitus. Die Obduktion ergibt doppelseitige 
Pyelonephritis, Perinephritis und jauchige Pericystitis infolge Dehiszenz der Blasennaht. 
Das Ostium des rechten Ureters lag weit rechts lateral. — Bei der Deutung des Falles glaubt 
Verf. sowohl die Möglichkeit einer Divertikelbildung als auch die einer Vesica duplex ausschalten 
zu können. Verf. nimmt an, daß es sich hier um eine zweigeteilte Blase (Vesica bipartita) 
handelt. Beim Versuch, die Entstehung dieser Mißbildung embryologisch zu erklären, schließt 
sich Verf. der Ansicht Reichels an. (Arch. f. klin. Chir. 46, 740. 1893.) — Therapeutisch 
kommt in solchen Fällen nur die Radikaloperation, Resektion der Nebenkammer, in Frage. 
F. C. Wille (Berlin). 


Simon, Karl: Beitrag zur Frage der Divertikelbildung der Harnblase. (Städt. 
Krankenh. Mainz.) Zeitschr. f. urol. Chirurg. Bd. 6, H. 1/2, S. 59—68. 1921. 

Bei der wechselvollen Auffassung, die im Laufe der Zeit die Begriffsbestimmung 
des Divertikels erfahren hat, hält Verf. die Feststellung für notwendig, daß sowohl die 
Pathogenese wie die Form, die dem Sinn des Wortes Divertikel als einer Ausstülpung, 
einem ,Abwege von der Hauptstraße‘ “ entspricht, maßgebend sein sollte für die Ent- 
scheidung der Frage, ob eine solche Bildung als Divertikel anzusprec 'hen ist oder nicht. 
Eine besondere Beachtung schenkt Verf. den Vertiefungen im Blasengrund, die sich 
seitlich oder über dem Lig. interuretericum befinden. Die Frage nach der kausalen Genese 
stößt hier oft auf Schwierigkeiten. Blasensteine, Prostatahypertrophie reichen als 
erklärendes Moment nicht aus für jene Divertikel, die nur eine enge Verbindungs- 
öffnung zum Blasenlumen haben. Hier muß als zweiter Faktor eine Unregelmäßigkeit 
der Wandverhältnisse hinzutreten, die der Divertikelbildung Vorschub leistet. Diese 
Wandschwäche kann angeboren oder später durch chronisch-entzündliche Prozesse 
ın der Muskulatur erworben worden sein. 


Verf. bringt hierzu aus dem pathol. Institut des Mainzer städt. Krankenhauses einen 
kasuistischen Beitrag. — Aus dem ausführlich mitgeteilten Obduktionsprotokoll (66 jähr. 
Mann, klin. Diagnose: Pneumonie) interessiert zu vorstehender Frage nur der Blasenbefund: 
Die Wandung ist gleichmäßig verdickt und vielfach balkenförmig vorspringend. In mittlerer 
Blasenhöhe findet sich links eine erbsengroße Öffnung, die in eine ca. doppeltkastaniengroße 
Aussackung führt, auf der rechten Seite etwas tiefer ein linsengroßer Zugang zu einem gut 
haselnußgroßen Hohlraum. — Mikroskopisch zeigt sich, daß das Epithel fast völlig verschwun- 
den und an seine Stelle eine schmale Lage lockeren Bindegewebes getreten ist. Dieser folgt 
nur eine dünne Schicht glatter Muskulatur, die wie das Bindegewebe von zelligen Infiltraten 
und alten Blutungsherden durchsetzt ist. — In der kritischen Besprechung dieses Falles glaubt 
Verf. annehmen zu müssen, daß es sich hier um eine von vornherein schwach angelegte, mus- 
kulär ungenügend ausgebildete Stelle der Blasenwand handelt, die erst später durch unge- 
wöhnliche Druckverhältnisse (allgem. Balkenblase) zur Divertikelbildung geführt hat. Un- 
gelöst bleibt oft, wie auch in diesem Falle, die Frage nach der Ursache der erhöhten Binnen- 
druckerscheinung. 'In ursächlichem Zusammenhange hiermit steht nach Ansicht des Verf. 
irgendein Abflußhindernis distal vom Blasenhals. — Verf. schließt seine Ausführung mit der 
Feststellung, daß das Divertikel seine Ausbildung einer Konstellation von Bedingungen zu 
verdanken hat. F. C. Wille (Berlin). 


Hahn, Marie: Teilweiser Blasenvorfall durch die weibliche Harnröhre. (Kinder- 
heılanst., Hannover.) Münch. med. Wochenschr. Jg. 68, Nr. 43, S. 1397. 1921. 

Nach einem kurzen Überblick über die bisher veröffentlichten Fälle (30) gibt Verf. einen 
kasuistischen Beitrag zur Frage der konservativen Prolapsbehandlung der Blase beim Kinde. 
Verf. empfiehlt nach erreichter Reposition Fixation der Blase in der neuen Lage durch Mull- 
Heftpflasterverband und Suspension der zusammengebundenen in der Hüfte gebeugten Beine 


236 Krankheiten der Harnorgane der Frau. 


zur Ausschaltung der Bauchpresse. Nach wenigen Tagen kann, sofern es inzwischen gelungen 
ist, die Ursache (Pertussis, chronische Obstipation) zu beseitigen, Verband und Suspension 
fortfallen. — Sehr schwer zu beeinflussen ist die mit dem Prolaps fast immer einhergehende 
Cystitis. | Wille (Berlin). 

Oppenheimer, W.: Schleimhautcysten in der Muskulatur der Blasenwand. 
(Pathol. Inst., Univ. Breslau.) Frankf. Zeitschr. f. Pathol. Bd. 25, H. 2, S. 334 
bis 341. 1921. 

Verf. stellt 2 Fälle von Blasenschleimhautcysten gegenüber, einen typischen, der 
allen Bedingungen einer Cystitis cystica (Aschoff, Lubarsch, Herxheimer.,. 
Zuckerkandl) entspricht und einen, bei dem die Cystitis cystica auszuschließen ist. 
Dieser Fall unterscheidet sich u. a. hauptsächlich dadurch von allen übrigen, daß auch 
in der Muskularis mit ein- bis mehrschichtigem Epithel ausgekleidete Cysten gefunden 
wurden. — Der Ursprung dieser Cystenbildung ist nicht ganz klar; vielleicht kommt 
eine überzählige rudimentäre Ureterbildung in Frage. F. C. Wille (Berlin). 

Frontz, W. A.: A clinical and pathological study of contracted bladder. 
(Klinische und pathologische Studie über Schrumpfblase.) (James Buchanan Brady 
urol. inst., Johns Hopkins hosp., Baltimore, Maryland.) Jouin. of urol. Bd. 5, 
Nr. 6, S. 491—515. 1921. 

Der Schrumpfblase im engeren Sinne (lokalisierte Cystitis, interstitielle C., pan- 
murale C., Reizgeschwür) liegt eine submuköse Fibrose zugrunde. Das führende Sym- 
ptom ist der schneidende suprapubische Dehnungsschmerz, der bei 26 beobachteten 
Fällen mit einer Blasenfüllung von ca. 50 bis 300 ccm ausgelöst wird. Daher besteht 
mehr oder minder Pollakiurie und Dysurie, sehr oft folgt Hämaturie einer Überdehnung. 
Der Urinbefund entspricht nebenherbestehender banaler Cystitis, bei den unkompli- 
zierten Fällen kann er dagegen vollkommen negativ sein. Hier liefert auch die Cysto- 
skopie stellenweise nur dürftige Anhaltspunkte: Unebenheit der Schleimhaut, die auf 
den tiefen Prozeß deutet. Gelegentlich erschienen Bilder, wie sie Ritze beschrieb von 
einer tiefroten circumscripten Partie, die nicht selten bei Überdehnung einreißt. Oder 
es deuteten Fissuren, die teilweise ulceriert waren, auf früheres Trauma. Auffallender 
stellten sich die Farbunterschiede von Gesundem und Krankem bei der geöffneten 
Blase dar. Da fällt auch die Verdickung auf, die selbst bei dem seltenen Befund von 
allgemein verdünnter Blase nicht vermißt wird. Je tiefer die Fibrose, um so stärker 
die Verdickung, da endlich auch das perivesicale Gewebe teilnimmt. Alle Operations- 
präparate zeigten Fibrose der submukösen Schichten mit Rundzelleninfiltration, er- 
weiterten Blutgefäßen und Austritt von Blut ins Gewebe. Konservative Behandlung 
erreichte niemals Dauererfolg. Von 26 Fällen wurden 15 durch Excision der Herde radi- 
kal operiert. 7 verloren alle Beschwerden, 6 verloren den typischen Schmerz, behielten 
aber die Frequenzerhöhung als Attribut der weiterbestehenden diffusen Cystitis. 2 Todes- 
fälle. Kauterisation nicht durchgreifender Herde brachte 4 mal vollen Erfolg, und ver- 
sagte einmal, da alle Schichten befallen waren. Ludowigs (Karlsruhe). 

Caulk, John R.: Contraeture of the vesical neck in the female. (Contracturen 
am Blasenhals der Frau.) (Washington uniw., St. Louis, Missouri.) Journ. of urol. 
Bd. 6, Nr. 5, S. 341—348. 1921. 

Verf. lenkt die Aufmerksamkeit auf den hinteren Abschnitt der Urethra bei Tri- 
gonitis. Entzündungsprozesse können hier Schleimhaut, Drüsen und Sphincter derart 
verändern, daß mit Schwellung und bullösem Ödem Contracturen am Blasenhals ent- 
stehen (Urethraspasmus). In frischen Fällen hat Verf. mit Dilatation gute Resultate 
erzielt. Bei chronischen und verschleppten Erkrankungen empfiehlt Verf., ein Stück 
aus dem Sphincterring zu excidieren. F. C. Wille (Berlin). 

Pfister, E.: Über cystoskopische Befunde bei paretischen Blasen. (Versorg.- 
Krankenh., Dresden.) Zeitschr. f. Urol. Bd. 15, H. 8, S. 343—346. 1921. 

Verf. hat an einer Anzahl von Fällen das von C. Schramm (Zeitschr. f. Urol. 
H. 8, S. 329. 1920) bei zentral bedingter Blasenparese beobachtete Symptom ‚Aus- 
buchtung des dorsalen, Sphincteranteils und der sich anschließenden rectalen Wand 


Harnröhre, Blase, Urachus. 237 


der Harnröhre‘‘ nachgeprüft und in etwa der Hälfte seiner Fälle bestätigen können. 
Ein einheitliches Bild mit der Möglichkeit gegenseitiger Rückschlüsse ließ sich nicht 
gewinnen. Verf. fordert zu weiteren Nachprüfungen an größerem Material auf. 

F, C. Wille (Berlin). 

Linzenmeier, Georg: Über Cystitis gonorrhoica. (Univ.- Frauenklin., Kiel.) 
Zentralbl. f. Gynäkol. Jg. 45, Nr. 30, S. 1064—1067. 1921. 

Nach einer Besprechung der bisher veröffentlichten Arbeiten mit ihren auffallen- 
den Meinungsverschiedenheiten, die hauptsächlich darin ihren Grund zu haben scheinen, 
daß zu wenig scharfe Kriterien für das Bestehen einer Cystitis gonorrhoica gestellt 
waren, bringt Verf. zwei kasuistische Beiträge, die ihn folgende Schlüsse ziehen lassen: 
Die häufiger vorkommende Cystitis colli gonorrhoica ist zu trennen von der Cystitis 
corporis gonorrhoica, die eine seltene Erkrankung darstellt. Ihre Diagnose beruht 
auf dem kulturellen Nachweis von Gonokokken im Blasenurin, der durch Blasen- 
punktion gewonnen ist. Vorbedingung scheint eine gewisse Disposition der Blasen- 
schleimhaut zu sein (jugendliches Alter, Gravidität). Das cystoskopische Bild ist nicht 
immer entscheidend; in manchen Fällen wird jedoch eine typische Schleimhautverände- 
rung gefunden, wie sie bereits von Kolischer und Knorr beschrieben worden ist 
(insuläres Auftreten von Entzündungserscheinungen, die durch scharf umschriebene, 
rundliche, erhabene Pünktchen und Knötchen charakterisiert sind). F. C. Wille. 


Maeda, Y.: Über einen Fall von Knochenstücken in der Harnblase. (Dermato- 
urol. Abt., Izumibashihosp., Tokio.) Japan. Zeitschr. f. Dermatol. u. Urol. Bd. 21, 
Nr. 7, S. 39. 1921. 


Stoeckel, W.: Über chirurgische Behandlung der Harnmkontinenz bei trauma- 
tischen Sphincterveränderungen. Riv. méd. de Hamburgo Jg. 11, Nr. 10, S. 298—301. 
1921. (Spanisch.) 

Schröder, Walter: Blasenverletzung durch Pfählung. (Städt. Krankenh., Stargard.) 
Münch. med. Wochenschr. Jg. 68, Nr. 50, S. 1624. 1921. 


Hinman, Frank and Thomas E. Gibson: Squamous cell carcinoma of the 
bladder. A study of heterotopie epidermization, with a review of the literature 
and report of cases. (Das Plattenepithelcarcinom der Blase. Eine Studie über die 
heterotope Epidermisbildung mit einem Überblick über die einschlägige Literatur und 
die bisher veröffentlichten Fälle.) (Dep. of urol., uniw. of California, San Francisco.) 
Journ. of urol. Bd. 6, Nr. 1, S. 1—50. 1921. 

Den Ausgangspunkt zu vorstehender, umfangreicher Arbeit bilden 3 Fälle von Plat- 
tenepithelcarcinom der Blase, die Verf. veranlaßten, das gesamte amerikanische Material 
zu dieser Frage kasuistisch zusammenzustellen und einer kritischen Besprechung zu 
unterwerfen. Darnach ist das Plattenepithelcarcinom der Blase als eine seltene Er- 
krankung anzusehen. Die Terminologie bietet keine Schwierigkeiten. Pathologisch-ana- 
tomisch unterscheiden die Amerikaner differential-diagnostisch das maligne Papillom 
von dem papillösen, scirrhösen, adenomatösen und dem ‚„squamous cell“ Carcinoma. 
Bei diesem trennt Verf. den tubulären (epithelioma pavimenteux tubul&e) von dem 
lobulären Typus (epithelioma lobulée ou corné). Er sieht in beiden jedoch nur einen 
graduellen Unterschied. Im deutschen Sprachgebrauch entspricht das Fibroepitheliom 
dem Papillom, das Cancroid, Pflaster- oder Plattenepithelcarcinom dem 
„squamous cell carcinoma“ der Amerikaner Zur Erklärung der Ätiologie führt 
Verf. vier Theorien an. In Frage können kommen: 1. aufsteigende Epithelisierung, 
2. embryonale Einschlüsse, 3. maligne Leukoplakiebildung, 4. carcinomatöse Degene- 
ration einer bestehenden Leukoplakie. Verf. ist der Ansicht, daß Leukoplakie keine 
Metaplasie ist, sondern ein Zustand, der als Antwort auf einen zumeist lange bestehen- 
.den Entzündungsreiz anzusehen ist, als eine Schutzmaßnahme, die wir in dieser Form 
auch an anderen Körperstellen finden. Plattenepithel ist überall beschrieben worden, 
wo Epithel vorkommt. — Von den % angeführten Fällen waren 17 sicher verhornendes 


238 Krankheiten der Harnorgane der Frau, 


Carcinom; zudem werden noch eine weitere Anzahl als Cancroid bezeichnet, ohne beson- 
dere Betonung der Verhornung. Die Bösartigkeit wird überall hervorgehoben. Nicht 
groß ist die Neigung zur Metastasenbildung. Bezüglich der Häufigkeit berichtet Verf., 
daß 10%, aller Carcinome Plattenepithelcarcinome waren; die meisten traten auf im 
Alter zwischen 40 und 50 Jahren, doch kamen Patienten vom 28. bis zum 78. Lebens- 
jahre zur Behandlung. Die Krankheitssymptome sind nicht unbedingt charakterisitsch. 
Die Therapie der Wahl ist die Radikaloperation, soweit diese noch möglich ist, Ein 
Überblick über die Dauerheilungen läßt sich aus dem mitgeteilten Material nicht ge- 
winnen. Von den drei erstmalig veröffentlichten Fällen handelt es sich 2 mal um Platten- 
epithelcarcinom mit Verhornung, einmal ohne. Bei 2 Patienten wurde im Anschluß 
an die Operation (Suprapubic exstirpation) eine Radiumapplikation angewandt. Alle 
3 Patienten sind noch am Leben, der eine 3, der zweite 10 Monate, der dritte 3 Jahre 
nach der Operation. F. C. Wille (Berlin). 

Egger, Oscar: Über Blasengeschwülste. (Chirurg. Univ.-Klin., Hamburg-Eppen- 
dorf.) Zeitschr. f. urol. Chirurg. Bd. 6, H. 1/2, S. 175—217. 1921. 

Verf. teilt aus der Chirurgischen Universitätsklinik Hamburg-Eppendorf 83 Fälle von 
Blasentumoren mit, die dort in der Zeit von 1895—1920 zur Behandlung kamen. In 40 Fällen 
handelt es sich um gutartige Geschwulstbildungen, und zwar 38 mal um ein Fibroepithelioma 

pillare und je einmal um ein Myxadenoma und ein Adenoma vesicae. Sämtliche Fälle ge- 
Testen zur Operation. 38 mal wurde die Sectio alta ausgeführt; in den Fällen, wo sie unter- 
blieb, mußte sie später wegen Rezidivs nachgeholt werden. Die primäre Mortalität betrug 
5%. Bei 3 Patienten handelte es sich bereits um eine Rezidivoperation; 8 rezidivierten spä- 
ter, davon 5 mit Carcinom. Es ist anzunehmen, daß ein weiterer Teil der als vorläufig ge- 
heilt Entlassenen im Laufe der Zeit noch ein Rezidiv bekommen hat, wie dies aus brieflichen 
Mitteilungen zum Teil zu entnehmen war. — Der operative Erfolg bei den malignen Tumoren 
ist wesentlich ungünstiger. Hier macht die primäre Mortalität schon 73% aus. Völlig inoperabel 
waren 4 Fälle; je 4 mal wurde eine partielle Resektion der Blase vorgenommen bzw. nur curet- 
tiert oder kauterisiert. Bei 8 Patienten war eine Totalexstirpation der Blase notwendig, die in 
allen Fällen kurze Zeit nach der Operation zum Tode führte. Bei den wenigen Patienten, die 
zur Entlassung gelangten, bestand bereits zu dieser Zeit in 5 Fällen Verdacht auf ein Rezidiv. 
— Neben diesen 41 Carcinomerkrankungen berichtet Verf. über einen Fall von Fibrosarkom, 
der nach 3 Jahren noch rezidivfrei war, und über ein Hypernephrom der Blase. — Ungleich 
häufiger waren die Blasentumoren beim männlichen Geschlecht (68 mal bei 83 Fällen). Bezüg- 
lich des Alters ist zu bemerken, daß die meisten Männer in den 50er und 60er Jahren erkrankten, 
während die Mehrzahl der Frauen bereits in den 40er Jahren ihren Blasentumor bekamen. — 
Ein Überblick über die Dauerresultate der mitgeteilten Fälle (absolute Heilungsziffer) 
läßt sich aus der Arbeit nicht gewinnen. F. C. Wille (Berlin). 

Kraft, Siegfried: Ein Fall von Sarkocarcinom der Harnblase. (Jubiläumsspi£, 
Stadt Wien.) Zeitschr. f. urol. Chirurg. Bd. 7, H. 1/3, S. 12—19. 1921. 

Scholl, Albert J.: Squamous-cell carcinoma of the urinary bladder. (Schuppen- 
zellencarcinom der Harnblase.) Arch. of surg. Bd. 3, Nr. 2, S. 336—347. 1921. 


Gayot, G.: Les traitements modernes des tumeurs de la vessie. (Moderne 
Behandlung der Blasengeschwülste.) Lyon med. Bd. 130, Nr. 3, S. 97—103. 1921. 

Gayet gibt eine Übersicht über die endovesicalen Behandlungsmethoden (uni- 
polare und bipolare Elektrokoagulation, Chemokoagulation usw.). Bemerkenswert 
ist die Erfahrung und das Urteil G. über Radiumbehandlung maligner Geschwülste. 
Nach G. sind 2 Wege für die Radumbehandlung möglich. Nach der einen Methode 
wird das Radium gegen die Geschwulst, über deren Sitz und Ausdehnung man sich 
vorher cystoskopisch orientiert hat, mittels eines Dauerkatheters längere Zeit hin- 
durch angedrückt. Dabei wird der Katheter entsprechend der Lage der Geschwulst 
gerichtet. G. sah auf diese Weise Erfolge, aber leider den Nachteil narbiger Entartung 
gesunder Partien, welche gegen die Radiumwirkung nicht genügend geschützt waren. 
So entstand z. B. eine schwere Striktur der Pars prostatica im Anschluß an die 
Radiumbehandlung, welche den Tumor selbst zum Verschwinden brachte. G. zieht 
deshalb die zweite Methode vor, von der Sectio alta aus mittels eines röhrenförmigen 
Spiegels das Radium auf die Geschwulst wirken zu lassen. Besonders empfiehlt G. 
bei sehr großen Papillomen, welche die ganze Blasenhöhle beinahe einnehmen, den 


Harnröhre, Blase, Urachus. 239 


Tumor von oben abzutragen und die Nachbehandlung bzw. kleinere später auftretende 
Rezidive mit Radium oder Thermokoagulation zu zerstören. Die Amerikaner ver- 
wenden nach G. ein Bündel von Nadeln, welche das Radıum emanieren lassen. Dieses 
Verfahren erscheint G. zukunftsreich. Eugen Joseph (Berlin). °° 

Covisa, Isidro S.: Zur Behandlung von Blasentumoren mit Hochfrequenz- 
strömen. Rev. españ. de urol.y dermatol. Jg. 23, Nr. 270, S. 339—341. 1921. (Spanisch.) 

Covisa tritt an Hand von 8 eigenen Fällen für die bisher in Spanien wenig be- 
achtete Elektrokoagulation von Blasentumoren mittels Hochfrequenzstromes ein, 
ausgeübt in der Regel per vias naturales, aber in Fällen, die dem Cystoskop nicht zu- 
gänglich, evtl. auch nach Sectio alta. Im Anschluß an eine Arbeit Heitz- Boyers 
unterscheidet er bezüglich der Nomenklatur: 1. Elektrokoagulation = Elektrode 
in Kontakt mit dem Tumor; Ströme von großer Intensität und geringer Spannung; 
thermische zerstörende Wirkung. — 2. Heiße Fulguration =Elektrode in Ent- 
fernung vom Tumor; Ströme von großer Intensität und geringer Spannung; thermische 
zerstörende Wirkung, aber geringer wie in 1. — 3. Kalte Fulguration = Elektrode 
ın Entfernung vom Tumor; Ströme von geringer Intensität und großer Spannung; 
kein thermischer Effekt, sondern mechanische Wirkung durch Zersprengung der Zellen. 

A. Freudenberg (Berlin). °° 

Corbus, B. C.: The treatment of tumors of the bladder without local excision. 
An experimental and clinical study. (Die Behandlung der Blasentumoren ohne 
Excision, eine experimentelle und klinische Betrachtung.) Surg., gynecol. a. obstetr. 
Bd. 33, Nr. 5, S. 517—528. 1921. 

Die Schwierigkeit der chirurgischen Behandlung bösartiger Blasentumoren, ins- 
besondere solcher in Gegend der Ureterostien, gab Verf. Anlaß zur systematischen 
Anwendung der Diathermietherapie. Die bisher mitgeteilten Erfolge dieser Behandlungs- 
art ließen Verf. bei Vervollkommnung der Technik noch günstigere Resultate erhoffen 
und bestimmten ihn, am Tierexperiment genaue Untersuchungen über die jeweils 
eintretenden Gewebsveränderungen anzustellen. Im ersten Teil der Arbeit wird über 
die degenerativen und regenerativen histologischen Prozesse der Diathermiewirkung, 
die an 5 Hunden beobachtet wurden, berichtet. Die Blase wurde in allen Fällen in der 
Medianlinie eröffnet und die aktive Elektrode so angesetzt, daß in ein Quadratzoll Aus- 
dehnung ein entsprechender Teil des Trigonums bedeckt wurde (Stromstärke 1 Ampère 
30 Sekunden). Die augenblickliche Wirkung zeigte sich in Austrocknung, Runzelung 
und schiefergrauer Verfärbung der Schleimhaut. Nach 48 Stunden stellte sich Ödem 
ein; die Stelle selbst war blutlos, die Ecken nekrotisch. Mikroskopisch fand sich eine 
Zerstörung der Mucosa, Submucosa und der oberflächlichen Muskelschicht. Das 
zweite, ebenso behandelte Tier wurde am 11. Tage getötet. Es hatte sich jetzt ein ge- 
sundes Granulationsgewebe gebildet; das Ödem war verschwunden. Mikroskopisch 
fand Verf. Rundzelleninfiltration, Degeneration der Muscularis, keine Vascularisation. 
Bei 3 anderen Versuchstieren wurde der intramurale Teil des rechten Ureters wegge- 
brannt. Die Autopsie nach 12 Wochen ergab leichte Schrumpfung der Blase; das Ureter- 
ostium war etwas eingezogen, funktionierte jedoch normal. Der rechte obere Teil des 
Trigonums war durch narbiges Bindegewebe ersetzt. Bei der Obduktion des letzten 
Versuchstieres, das nach 21 Wochen getötet wurde, konnte ein ähnlicher Befund erhoben 
werden; das Ureterostium war in diesem Fall jedoch klaffend und um 1!/, cm von seiner 
ursprünglichen Einmündungsstelle entfernt. Die Ergebnisse seiner experimentellen 
Forschung faßt Verf. dahin zusammen, daß die Elektrokoagulation eine bestimmte 
Gewebsreaktion zur Folge hat. Zunächst zeigt sich eine leichte „Durchkochung“ des 
Gewebes, der regelmäßig die Nekrose folgt. Der intramurale Teil des Ureters kann 
weggebrannt werden. Die Funktion der Blase und des Ureters bleibt normal. Im klı- 
nischen Teil seiner Arbeit betont Verf. scharf die Notwendigkeit der Frühdiagnose 
des Carcinoms und weist auf die entsprechenden, bekannten Symptome bin. Die 
einzuschlagende Therapie richtet Verf. nach dem Charakter des Tumors und teilt zu 


240 Krankheiten der Harnorgane der Frau. 


diesem Zweck die Neubildungen in vier Gruppen: Einzelne, benigne Papillome werden 
durch transurethrale Fulguration mit folgender Radiumapplikation, multiple, benigne 
Papillome nach suprasymphysärer Eröffnung der Blase mit Diathermie und Radium 
behandelt. Als Carcinom erkannte Tumoren finden die gleiche, nur intensivere Behand- 
lung wie die zweite Gruppe. Eine besondere Beachtung erfährt die vierte Gruppe, die 
die Neoplasmen an den Ureterostien umfaßt. Verf. spricht hier von einer „Weg- 
brennung‘‘ durch Diathermie. Ein derartiger Fall von Carcinom, der nach 3 Jahren 
noch rezidivfrei war, wird mitgeteilt. 

Die vom Verf. angewandte Technik bei der Diathermiebehandlung ist folgende: Der 
Operationstisch wird zwecks Isolierung mit Gummi belegt und darüber eine wollene Decke 
gebreitet. Der Operateur und sein Assistent stehen auf einer mit Gummi abgedeckten, hölzer- 
nen Unterlage. Die inaktive Elektrode (aus Zinn, 5—6 Zoll) wird unter das Gesäß geschoben 
und, um Verbrennungen zu verhüten, in Gaze eingewickelt, die mit hypertonischer Kochsalz- 
lösung getränkt ist. Die aktive Elektrode wird distal vom Gummihandgriff, durch den der 
Draht geht, angeschraubt. — Nach suprasymphysärer Eröffnung der Blase wird die aktive 
Elektrode, von einem Glasröhrenspeculum umgeben, auf den Tumor aufgesetzt und der Strom 
eingeschaltet. Es bilden sich sofort Gasblasen und Dampf und bald darauf „knackende Blitze‘“. 
In diesem Moment ist der Strom auszuschalten. Die Tiefenwirkung ist abhängig von der Ent- 
fernung und von der Größe der beiden Elektroden, ferner von der Stromstärke. Zur Nach- 
behandlung empfiehlt Verf. die Anlage einer suprasymphysären Fistel. 

Gegenüber der operativen Methode sieht Verf. in der Anwendung der Diathermie 
folgende Vorteile: Die Diathermiebehandlung ist blutlos, der Wundshock geringer. 
Die Gefäße der Umgebung werden verschlossen und damit die Möglichkeit der Meta- 
stasierung eingeschränkt; die Narbenbildung ist fester und geht weiter in die Umgebung. 
Zum Schluß bespricht Verf. kurz die Radiumtherapie, mit der er die Diathermiebehand- 
lung zu kombinieren pflegt. Er benutzt hierzu ein besonderes Radiumcystoskop, das 
durch die suprasymphysäre Fistel eingeführt wird und am Abdomen zu befestigen ist. 
Über Zeitdauer der Bestrahlung und Menge des applizierten Radiums macht Verf. keine 
Mitteilungen. Die Arbeit ist durch eine Reihe guter Zeichnungen und photographischer 
Abbildungen erläutert. : F.C. Wille (Berlin). 


Viner, A. K.: Experience with radium in the treatment of diseases of the 

urologie and cutaneous systems. (Erfahrung mit Radium in der Behandlung von 
Krankheiten des uropoetischen Systems und des Hautorgans.) Med. rev. of rev. 
Bd. 27, Nr. 4, S. 177—183. 1921. 
i Radium empfiehlt sich besonders für die papillären Blasencarcinome und ist evtl. 
auf dem Wege der suprapubischen Cystotomie zu applizieren. Wird zu häufig und 
zu stark bestrahlt, tritt eine Verschlechterung mit einem der konzentrischen Hyper- 
trophie der Blase ähnelnden Zustand ein. Prostatakrebse sind ein dankbares Feld 
der Radiumtherapie. (Nähere Angaben fehlen.) Schüssler (Bremen).?° 


Weiss, Th. et A. Hamant : Extraction de corps étranger de la vessie chez 
la femme. (Fremdkörperextraktion aus der weiblichen Blase.) Rev. méd. de l’est 
Bd. 49, Nr. 21, S. 667—668. 1921. 

Nach cystoskopischer Kontrolle konnte der ca. 9 cm lange obere Teil einer Hut- 
nadel mit ziemlich starkem Knopf mittels des durch die Urethra eingeführten Zeige- 
fingers gut abgetastet, eingestellt und leicht entfernt werden. Heilung ohne Zwischen- 
fall, Necker (Wien)., 

Ulrich, H.: Zur Kasuistik der Fremdkörper der Blase. (Chirurg. Abt., Städt. 
Krankh., Kottbus.) Münch. med. Wochenschr. Jg. 68, Nr. 50, 8. 1624. 1921. 


Nakajima, A.: Studien über die Blasensteine. (I. Mitt.) (Dermatol.-urol. Univ.- 
Klin., Tokyo.) Japan. Zeitschr. f. Dermatol. u. Urol. Bd. 21, Nr. 5, S. 1. 1921. 


Pfeiffer, Damon B.: On abscess of the prevesical space and umbilicus, with 
special reference to their origin from eysts of the urachus, and report of a 
case simulating urachal cyst. (Absceß des prävesicalen Raumes und des Nabels 


N m u 


Harnleiter. 241 


mit besonderer Beziehung zu deren Ursprung aus Urachuscysten, sowie Bericht über 
einen Fall von scheinbarer Urachuscyste.) Internat. clin. Bd. 3, Ser. 31, S. 111 
bis 125. 1921. 

Abscesse und Cystenbildung der tieferen Bauchdeckenschichten unter oder in 
unmittelbarer Beziehung zum Nabel haben bezüglich Ätiologie und Behandlung be- 
sonderes Interesse. 

Krankengeschichte eines Falles: 17jährige Negerin, Aufnahme 7. IL 1921. Beginn Januar 
1920 mit Schmerzhaftigkeit in der linken Unterbauchgegend, zeitweise schwindend. Nacht- 
schweiße. Januar 1921 Schwellung median oberhalb der Symphyse; nach 3 Wochen Vorwölbung 
und Erweichung der Nabelgegend. Bei der Aufnahme weder Lungen-, noch Blasen-, noch 
Magen-Darmsymptome. Guter Ernährungszustand. Längsovale Prominenz von der Symphyse 
bis 4cm unterhalb des Nabels. Der Nabel prominiert 2—3 cm wie bei Hernie. Hautdruck- 
schmerzhaft. Über beiden Prominenzen Tympanie. Gas und Flüssigkeit lassen sich durch 
Druck von einer zur anderen Prominenz bewegen. Rectale und vaginale Untersuchung ergeben 
einen Tumor mit Einbeziehung von Adnexe und Uterus. Puls 90—110, Temperatur 36,7—38,9 °. 
Erythrocyten 3,68 Millionen, Leukocyten 19000. Urin o. B. Cystoskopisch circumscripte 
Entzündung am Blasenvertex, der Einmündungsstelle des Urachus entsprechend, keine Off- 
nung. Mediane Incision eröffnet eine Absceßhöhle mit Gas und rötlichbraunem Eiter. Eitrige 
Einschmelzung der vorderen Rectusscheide. Dieser subcutane AbsceB kommunizierte nicht 
direkt mit dem Nabel, sondern mit dem stark cystisch erweiterten Urachus, der !/,1 Eiter 
enthielt und seinerseits mit der Nabelabsceßhöhle kommunizierte. Darm entzündlich ver- 
backen mit dem der Cyste anliegenden Peritoneum. Drainage der Absceßhöhle. Am 3. Tage 
p. op. Einbruch des Abscesses in eine Dünndarmschlinge, Darmfistel. Cystoskopie 6 Wochen 
p. op. zeigt keine Entzündung des Blasenvertex mehr. Laparatomie in Lokalanästhesie zwecks 

legung einer Lateralanastomose zwischen den beiden Dünndarmschenkeln. Peritoneum 
zeigt Tuberkeln, außerdem verkäste Mesenterialdrüsen. Die Beckenorgane waren unabgrenz- 
bar verbacken mit Bauchwand und Dünndarmschlingen. Tod nach 3 Monaten. Keine Sektion. 

Kritische Sichtung der in der Literatur beschriebenen Fälle von tiefen Bauch- 
wandabscessen und Ätiologie. Abscesse im Anschluß an: 1. Persistenz oder Anomalie 
des Ductus omphalo-mesentericus (selten); 2. tuberkulöse Peritonitis oder Darm- 
tuberkulose (häufig); 3. Pneumokokkenperitonitis der Kinder; 4. puerperale Pelvoperi- 


tonitis (nicht selten). H. Lembcke (Freiburg i. Br.) 


Harnleiter. 


Pizzetti, Dino : Contributo critico e clinico allo studio delle malformazioni 
dell’uretere. (Un caso di duplicità incompleta monolaterale.) (Kritischer und kli- 
nischer Beitrag zum Studium der Ureterenmißbildungen. [Ein Fall von inkompletter 
Doppelseitigkeit des Ureters, Verdoppelung auf einer Seite.]) (Zstit. di patol. chirurg. 
dimostr., univ., Siena.) Policlinico, sez. chirurg. Jg. 28, H. 4, S. 160—174. 1921. 

Verf. gibt genaue Krankengeschichte und Operationsbefund eines Patienten, bei dem außer 
einem normalen Ureter, der in die Blase führte, noch ein kurzer zweiter blind endender Ureter- 
gang der linken Seite gefunden wurde. Es wurde das Vorhandensein des blind endenden Ureters 
auch mikroskopisch bestätigt. Verf. gibt eine Übersicht über die Entstehungsweise und das 
Vorkommen der doppelten Ureterbildung. Die Röntgenaufnahme mit Kontrastfüllung des 
Ureters gibt in vielen Fällen Aufklärung über inkomplette Duplizität des Ureters. Die Prognose 
hängt von der Nierenfunktion ab, evtl. ist chirurgischer Eingriff geboten. Beachtenswert ist 
die gute Literaturangabe über Fälle ähnlicher Art. Langer (Erlangen). 

Robinson, A. Leyland: A note on injuries to the female ureter. (Mitteilung 
über Verletzungen des Harnleiters beim Weibe.) Brit. med. journ. Nr. 8149, S. 665 
bis 666. 1921. 

Nach Besprechung der Anatomie des Harnleiters beim Weibe berichtet Robinson 
über einen Fall von reflektorischer vollständiger Anurie nach Durchtrennung des 
linken Harnleiters im Verlaufe einer Wertheimschen Hysterektomie wegen Gebär- 
mutterkrebs. Die Implantation in die Blase war unausführbar, deshalb Unterbindung 
beider Ureterenden und Übernähung mit Peritoneum. Es trat völlige Anurie auf 
mit Cyanose, Schlaflosigkeit, Ödem des Gesichts, der Knöchel und Hände. Da innere. 
Mittel erfolglos, nach 41 Stunden Dekapsulation der rechten Niere. Dieselbe 
war stark kongestioniert, dunkelblau und von harter Konsistenz; ohne sonstige Er- 


Jahresbericht f. d. ges. Gynäkologie 1921. 16 


242 Krankheiten der Harnorgane der Frau. 


krankung. Excision der abgezogenen Kapsel. 3 Stunden später setzte die Harn- 
sekretion ein, die in 48 Stunden 2!/,1 ergab. Patientin geheilt. Die Dekapsulation 
hilft nur in frischen Fällen bei vermehrtem intrarenalen Drucke. Ist aber bereits 
Thrombose oder Nekrose des Nierengewebes eingetreten, so ist dieselbe nicht mehr 
so aussichtsvoll. Knorr (Berlin). °° 


Hale, Nathan G. and Chas. E. von Geldern: Ureteral diverticula. (Über 
Ureterdivertikel.) California state journ. of med. Bd. 18, Nr. 7, S. 284—287. 1921. 


Beim Ureterenkatheterismus links gelang es, nur wenig weit in den Ureter einzudringen, 
und es entleerte sich Urin, welcher Eiter enthielt. Im Röntgenbilde war an der markierten 
Stelle deutlich ein ovaler Schatten sichtbar. Durch die Operation wurde die Diagnose bestätigt 
und das Divertikel entfernt. Er hält es für wahrscheinlich, daß derartige Divertikel sekundär bei 
angeborenen Stenosen entstehen. Samuel (Köln a. Rh). 


Puppel, Ernst: Extravesicale Ausmündung eines einfachen, nicht überzäh- 
ligen Ureters und ihre Behandlung. Zentralbl. f. Gynäkol. Jg. 45, Nr. 19, S. 667 
bis 672. 1921. 


Bericht über einen einfachen, vaginal ausmündenden Ureter bei einer 20jährigen Virgo, 
die seit frühester Kindheit dauernd naß ist. Nach ausgiebiger Scheiden-Dammineision vaginale 
Implantation in die Blase nach Mackenrodts Vorgang. Auftreten einer Harnfistel an der 
Implantationsstelle, die 5 Monate später geschlossen wurde.. Im Anschluß daran eine bald 
wieder abklingende rechtsseitige Pyelitis. Kurzes Eingehen auf die Entstehung dieser Miß- 
bildung. Hellmuth (Hamburg-Eppendorf). 

Meyer, Robert: Zur Frage der extravesicalen Ausmündung eines einfachen 


Ureters. Zentralbl. f. Gynäkol. Jg. 45, Nr. 30, S. 1062—1063. 1921. 


Brattstroem, Erik: Ein Fall von Doppelmißbildung der Ureteren. (Krankenh., 
Helsingborg, Schweden.) Zeitschr. f. Urol. Bd. 15, H. 10, S. 407—410. 1921. 


Brattström, Erik: A case of double-sided deformity of the ureters. (Helsing- 
borg hosp., Helsingborg.) Acta chirurg. scandinav. Bd. 54, H. 2, S. 132—136. 1921. 


Keyes jr., Edward L.: Problems concerning urinary calculi. (Die Harnsteine 
betreffende Probleme.) Americ. journ. of the med. sciences Bd. 161, Nr. 3, S. 334 
bis 349. 1921. 

Nach kurzer Besprechung der Entstehungsarten der Steine überhaupt hält Ke yes 
es für besser, lieber die Tatsache des Vorkommens von Steinen zur Kenntnis zu nehmen, 
als ihre Entstehung zu überlegen. Blasensteine sind unverhältnismäßig häufig im 
Kindesalter, was mit dem Vorwiegen der harnsauren Niederschläge zusammenhängt, 
während die Erwachsenen ausgesprochene Tendenz zu Oxalatbildung zeigen. Die 
meisten harnsauren Blasensteine haben anamnestisch keine Nierenkoliken; trotzdem 
ist nicht anzunehmen, daß deshalb die harnsauren Steine in der Blase, die oxalsauren 
in der Niere entstehen. Viele kleine Steine gehen sicher still ab und wir haben bloß 
Interesse an denen, die so groß werden, daß sie dies nicht tun können; der Grund hierfür 
ist die Retention; die Ursachen des Verbleibens des Steines können sein: der Stein kann 
an seiner Bildungsstelle haften bleiben, er kann unregelmäßig geformt sein und dadurch 
in Ureter oder Harnröhre sich fangen, oder er kann auch in einem Teil des Nierenbeckens 
oder der Blase liegen, wo er nicht an der Harnleiter- oder Harnröhrenöffnung erscheint. 
Schließlich können Verengerungen des Harnleiters oder der Harnröhre vorliegen. 
K. bespricht dann die Möglichkeiten des Liegenbleibens der Steine und das Größerwerden 
derselben, welch letzteres er einigemale an Nieren-, Ureter- und Blasensteinen verfolgen 
konnte. Was die Nierenkoliken anbelangt, hat er 201 Fälle zusammengestellt und es 
zeigt sich, daß der Zeitpunkt der ersten Kolik am häufigsten zwischen dem 26. und 
40. Jahr ist; ferner waren unter 178 Fällen 90 links- und 88 rechtsseitige. Was die 
praktische Seite anbelangt, so stellt er die Frage, welches bei eingekeilten Uretersteinen 
die beste Methode zur Befreiung von den Koliken und zur Weiterbeförderung des Steines 
ist. Im allgemeinen besteht die Ansicht, daß die Steine den Harnleiter unter Kolık 
verlassen; er bringt 2 Fälle von über mittelgroßen Steinen, die ohne Koliken abgingen, 


Harnleiter. 243 


und hat seither dieselbe Beobachtung noch einigemal gemacht. Gegen die Nieren- 
kolik empfiehlt er Morphin, nicht so sehr weil dasselbe schmerzstillend, als vielmehr 
krampflösend wirkt. Von den mechanischen Unterstützungen hat er zweimal bei 
tiefsitzenden Steinen durch rectal-abdominelle Manipulation den Stein in die Blase 
befördert. Mit den verschiedenen empfohlenen Injektionen in den Harnleiter hatte 
er keinen Erfolg. Manchmal wird die Ausstoßung begünstigt durch Incision des Harn- 
leiterostiums. Bei Untersuchung von 200 Fällen renaler Steinkoliken stellte er sich 
auch die Frage, wie lange ein Stein im Harnleiter bleiben kann, ohne die Niere dauernd 
zu schädigen; in 14 Fällen waren es 9—26 Monate. Die Operation bei Harnleiterstein 
muß angeraten werden, bei alarmierenden Symptomen, wenn der Stein nicht weiter 
abwärts geht und durch Ringriffe nicht zum Tieferwandern gebracht wird oder wenn 
der Stein größer als 0,5cm im Durchmesser ist. Die Steindiagnose macht er außer 
mit Röntgen auch mit dem Wachskatheter (wax bulb). Weiter bespricht Verf. die 
doppelseitigen Steine und die Steine in Solitärnieren, sowie die kombinierten Formen 
(Stein in Niere und Blase, in Niere und Harnleiter), dann die Frage Infektion und Stein 
und bringt zum Schlusse seine Operationsstatistik; 24 Nephrotomien (1 doppelseitige), 
33 Nephrektomien, 13 Pyelotomien (3 doppelseitige), 17 Ureterolithotomien. 
R. Paschkis (Wien). °° 

Crowell, A. J.: The removal of ureteral stone by cystoscopie manipulation. 
(Die Entfernung von Uretersteinen durch cystoskopische Manipulation.) (Crowell 
clin. of urol. a. dermatol., Charlotte, North Carolina.) Journ. of urol. Bd. 6, Nr. 3, S. 243 
bis 265. 1921. 


Valentin, Erwin: Der Ureterverschluß durch Mesenterialdrüsentuberkulose. 


Arch. f. klin. Chirurg. Bd. 118, S. 189—193. 1921. 

Bericht über eine 22 jährige Kranke, die seit einem halben Jahr an außergewöhnlich 
heftigen, periodenweise auftretenden Koliken in der rechten Bauchseite gelitten hatte und wegen 
Verdacht auf Blinddarmentzündung zur Aufnahme kam. Diagnose: Verkalkter ileocoecaler 
Mesenterialdrüsentumor und Verlegung des rechten Unterlumens mit sekundärer hydronephro- 
tischer Stauung ii im rechten Nierenbecken — durch Laparotomie bestätigt. Glatte Heilung. 

Hellmuth (Hamburg-Eppendorf). 


Pleschner, Hans Gallus: Zur Diagnose der Uretervaginalfisteln. (Chirurg. 
Univ.-Klin., Wien.) Zeitschr. f. Urol. Bd. 15, H. 7, S. 274—276. 1921. 


Bericht über eine im Anschluß an eine Vaginofixur des retrovertierten Uterus entstandene 
Ureter-Scheidenfistel, bei der mangels aller sonstigen charakteristischen Symptome bei der 
Cystoskopie und dem Ureterkatheterismus die Frage, ob der linke oder rechte Ureter — partiell 
— lädiert war, nicht entschieden werden konnte. Klarstellung der Diagnose erst nach In- 
jektion von ungefähr !/, ccm der gewöhnlichen tiefblauen Indigocarminlösung direkt in den 
auspekten Ureter. Hellmuth (Hamburg-Eppendorf.) 


Culver, Harry: Papilloma of the ureter. (Papillom des Ureters.) Journ. of 
urol. Bd. 6, Nr. 4, S. 331—339. 1921. 
Bastos,Henrique, Ein Fall von Primärgeschwulst des Harnleiters. Warzenförmige 


vielfache gutartige Fibroepitheliomen. Heilung durch Nephrourete_ektomie. (A med. 
contemp. Jg. 89, Nr. 44, S. 345—350 u. Nr. 45, S. 353—358. 1921. ( Portugiesisch.) 


Judd, Edward S. and John E. Struthers: Primary carcinoma of the ureter. 
Review of the literature and report of a case. (Primäres Uretercarcinom. Literatur- 
übersicht und Bericht über einen Fall.) Journ. of urol. Bd. 6, Nr. 2, S. 115 bis 
124. 1921. 

Ätiologisch kommen Stein und Leukoplakie in Frage. Pathologisch-anatomisch 
handelt es sich um epitheliale Geschwülste, vom Mesoderm ausgehende und um Adeno- 
carcinome. Die klinischen Symptome sind Haematurie, Geschwulst und Schmerzen, 
also die gleichen wie beim Nierentumor. Die Haematurie ist in der Regel das erste 
Zeichen; und tritt auch ohne Schmerz auf; sie kommt und geht ohne Ursache, sie ist 
meist profus, das Blut innig vermischt mit dem Urin. Bilden sich Blutgerinnsel, so 
besteht ein heftiger, oft kolikartiger Schmerz; auch Harnentleerungsbeschwerden. 


16* 


244 Krankheiten der Harnorgane der Frau. 


Die Blutgerinnsel sind wurmartig und oft von beträchtlicher Länge. Die Blutung tritt 
nur zeitweise auf und kann sich über Monate und Jahre ausdehnen. Der Urin kann 
rote Blutkörperchen, Ureterepithelien, atypische Zellen und Tumorstücke enthalten. 
Hat eine Infektion Platz gegriffen, treten Eiterzellen auf und Pyelonephritis und Pyo- 
nephrose. Bei der Cystoskopie erscheint zuweilen die Blase und die Ureteröffnung 
normal oder man sieht eine entzündliche Reaktion, Ödem, Rötung, Erosionen oder 
Verziehung; zuweilen besteht eine Cystitis als Folge einer infizierten Hydronephrose. 
Zuweilen kann man den Ureter nicht erkennen, er ist nicht an seiner gewöhnlichen Stelle, 
oder, wenn die Geschwulst in dem tieferen Ureterteil sitzt, besteht eine bauchige Vor- 
wölbung. Die Nierenfunktion ist aufgehoben, wenn der Tumor den Ureter vollständig 
verschließt, bei nur teilweisem Verschluß entleert sich blutig gefärbter oder getrübter 
Harn. Ureterenkatheterismus weist eine Ureterverengerung nach durch Arretierung 
des Endes. Ist der Verschluß unvollständig, entleert sich neben dem Katheter Blut 
und nach Überwindung des Hindernisses entleert sich trüber Harn, wenn oberhalb eine 
infizierte Hydronephrose oder wenn sie nicht infiziert ist, klarer Harn. Die Behandlung 
hängt ab von der Ausdehnung der Geschwulst. Marion hat 2 Ureterpolypen erfolg- 
reich mit dem elektrischen Strom behandelt. Albaran schlägt für den Fall, daß der 
Ureterteil über der Geschwulst normal erscheint und die Niere normal funktioniert, 
die Exstirpation des Uretertumors vor und die Anlegung einer Ureteroneocystostomie 
oder wenn diese letztere unmöglich, die Anlegung einer Ureterdarmanastomose. Man 
sollte aber immer während der Operation den Ureter katheterisieren, um sicher zu sein, 
daß nicht höhere Teile des Ureters auch erkrankt sind; man müsse stets eine Multipli- 
zität namentlich der Zottentumoren fürchten. Es sei gar nicht ungewöhnlich, daß 
Nierenbeckentumoren am unteren Ureterende sich neu implantieren oder in der Blase 
nahe am Uretermund. Bei nichtvillösen Tumoren kommen ähnliche Aufpfropfungen 
gewöhnlich nicht vor. Eine andere Gruppe von Tumoren springt nicht in die Blase vor, 
sondern verursacht nur eine Induration des Ureters, welcher seine runde Form bei- 
behält. Ein Teil der Blasenwand ist oft befallen. Albarran macht die Exstirpation 
von innen heraus und verbindet den Ureterschnitt bis zur Blase. Ist bei periureteraler 
Entzündung manchmal die intravesicale Passage insuffizient, so soll der Ureter außer- 
halb der Blase implantiert werden. Besteht eine Pyonephrose, so soll Nephrektomie und 
Ureterektomie gemacht werden. Die Prognose ist getrübt durch die Möglichkeit des 
Rezidivs, das sofort innerhalb weniger Monate oder mehrerer Jahre nach der Operation 
auftreten kann. 

Bei dem neuerwähnten Fall handelte es sich um einen 48jährigen Mann, der 2 Jahre 
vorher blutigen Urin hatte und Schmerz in der Eichel am Schluß der Miktion. Die Hämaturie 
wiederholte sich alle 4—7 Tage und dauerte 2 Tage mit Schmerzen. Er entleerte einmal ein 
1,25 cm langes und 1,87 cm dickes Gerinnsel, das er für einen Stein hielt. Die Cysto- 
skopie ergab linksseitige Hämaturie, mit Uretermundverschluß, Neubildung und Stein. Ein 
Tumor ragte in den linken Uretermund herein und machte die Katheterisation unmöglich. 
Bei Berührung blutete der Tumor. Die Diagnose lautete: Linksseitiger Uretertumor, Nieren- 
tumor und Verschluß des linken Ureters. Indikation: Freilegung der linken Niere und des 
Ureters. Die linksseitige Pyonephrosis wurde entfernt, der Ureter wurde unterbunden und 
sollte später entfernt werden. 11 Tage später linksseitige Ureterektomie mit Excision eines 
3,5 : 3,5-cm-Stückes der Blasenwand durch weitere extraperitoneale Incision. Die unteren 
8cm des Ureters waren vollständig ausgefüllt von einer teilweise nekrotischen papillären 
Geschwulst. Mikroskopisch fand sich ein papilläres Epitheliom. Baetzner (Berlin) °° 


Interne Medikation. 


Giese, W.: Zur internen Behandlung der katarrhalischen Erkrankungen der 


Harnwege. Allg. med. Zentral-Zeit. Jg. 90, Nr. 39, S. 230—231. 1921. 

Verf. empfiehlt bei dem durch Bact. coli her vorgerufenen katarıhalischen E' kiankungen 
der Harnwege (Cystitis und Pyelitis) ein von der Calcion - Gesellschaft Berlin heıgestelltes 
neues Präparat Uro-Calciril, eine Kombination von Hexamethylentetramin mit dem 
Chlorcaleiumpräparat Calciril; es ist haltbar und hat einen angenehmen Geschmack. Bei 
tuberkulösen, gonorrhöischen oder durch Staphylokokken heıvoıgerufenen Cystitiden und 


Interne Medikation. — Chirurgische Erkrankungen der Nieren. 245 


Pyelitiden wurde durch Uro -Calciril kein, bzw. nur ein ganz geringer Einfluß beobachtet. 
Anwendung: Anfangs 2 mal 2 Tabletten, nach etwa 3—4 Tagen 3—5 mal 2 Tabletten täglich. 
Cave ein zu frühes Aussetzen des Mittels. Hellmuth (Hamburg-Eppendorf). 

Joachimoglu, G.: Über die elektive Wirkung von Tellurverbindungen auf die 
Bacillen der Typhus-Coligruppe und ihre praktische Bedeutung für die Urologie. 
(Pharmakol. Inst., Univ. Berlin.) Zeirschr. f. Urol. Bd. 16, H. 3, S. 97—100. 1922. 

Setzt man Natriumsalze der tellurigen Säure oder Tellursäure in solcher Menge 
zu Agarkulturen verschiedener Bakterien, daß eine Tellurkonzentration von 1 : 10 000, 
1 : 60000, 1 : 400000 entsteht, so ergibt sich, daß das Tellur für verschiedene Arten 
von Erregern eine grundverschiedene Giftigkeit besitzt. Bact. coli, Typhusbacillen, 
Paratyphus, B. Gärtner und B. Flexner werden selbst durch die schwächste Konzentra- 
tion im Wachstum gehemmt, durch die mittlere und starke abgetötet. Proteus, Milz- 
brand, Staphylokokken, Streptokokken u. a. wachsen noch zum Teil bei der stärksten 
Tellurkonzentration. Natriumtellurat wirkt schwächer als Natriumtellurit. Auch bei 
Gegenwart von Galle werden Typhusbacillen durch 1 : 100 000 Tellur abgetötet. — 
Was nun die therapeutische Verwertung dieser Experimentbefunde anbetrifft, so ist 
versucht worden: 1. Natriumtellurit 0,1 pro die intern bei Typhus abdominalis, besonders 
bei Typhusbacillenträgern: bei einigen verschwanden die Typhusbacillen aus dem Stuhl, 
bei anderen nicht. Es stellt sich Knoblauchgeruch der Atemluft ein. 2. Ausspülung 
der Harnblase mit Natr. telluros. 0,5/500,0 bei Colieystitis; sie sind unschädlich. In 
der Diskussion zu vorstehendem in der Urologischen Gesellschaft zu Berlin 6. XII. 1921 
gehaltenen Vortrag berichtet Barreau: 2 Frauen mit schwereren Cystitiden wurden 
durch 2—3 tägige Spülungen mit 1promill. Na-Tellurit binnen 14 Tagen, 2 leichtere 
in kürzerer Frist geheilt, bei Colipyelonephritis das Nierenbecken ohne Erfolg ge- 
spült. Rosenthal: Monoinfektionen mit Colibacillen wurden schnell geheilt, Misch- 
infektionen dagegen nicht. Posner hatte Erfolge und Mißerfolge, was vielleicht mit 
der Tiefenausbreitung der Erreger zusammenhängt. Goldberg (Wildungen). °° 

Vogt, E.: Die Bekämpfung der postoperativen Urinverhaltung durch intra- 
venöse Urotropininjektionen. (Univ.-Frauenklin., Tübingen.) Zentralbl. f. Gynäkol. 
Jg. 45, Nr. 49, S. 1781—1783. 1921. 


Chirurgische Erkrankungen der Nieren. 


Fullerton, Andrew: Haematuria as seen by the surgeon. (Hämaturie, wie 
der Chirurg dieselbe sieht.) Brit. med. journ. Nr. 3156, S. 923—927. 1921. 

Zur Feststellung der Ursache einer Hämaturie ist die Cystoskopie öfters unent- 
behrlich, aber die klinischen Regeln sollen nicht vernachlässigt werden. Vollständige 
Mischung des Blutes mit dem Harn deutet nicht ausnahmslos auf renalen Ursprung, 
sondern nur auf geringe oder mäßige Blutung, so daß die Vermischung stattfinden 
konnte, bevor die Gerinnung eintrat. Pollakiurie deutet meistens, aber nicht immer, 
auf Ursprung der Blutung in Blase oder Prostata; neben einer Prostatahypertrophie 
kann aber eine Blasengeschwulst bestehen. Lendenschmerzen werden öfters empfunden 
an der entgegengesetzten Seite, als woher die Blutung stammt. Hämaturie bei Beginn 
des Harnlassens stammt aus der Urethra. Blutgerinnsel entstehen meistens bei Blasen- 
blutung, können aber auch aus den Nieren kommen. Die Form der Gerinnsel mag manch- 
mal einen Hinweis auf deren Ursprung bilden. 6C0 Fälle von Hämaturie sind vom Verf. 
eingeteilt nach dem Ursprungsort der Blutung. Jede Gruppe wird dann besprochen, 
eingeteilt nach der Ursache der Blutung. Nierentuberkulose kam vor in 10% aller Fälle, 
die cystoskopiert wurden. In 75% der Nierentuberkulosen (100 Fälle) kam Häma- 
turie vor; die Blutung ist ähnlich derjenigen bei schwerer Cystitis und stammt meistens 
aus den Blasengeschwüren; schwere Hämaturie aus den Nieren ist bei Tuberkulose 
selten. In 47 Fällen war renale Blutung das einzige Symptom; in einem Teile dieser 
Fälle wird die Blutung wohl eine bis dahin unauffindbare Ursache haben; in einem 
gewissen Teile gehört sie aber zu der essentiellen renalen Blutung, für welche Ursache 


246 Kıankheiten der Harnorgane der Frau. 


schon mannigfaltige Hypothesen angegeben wurden. In 44 von 61 Fällen von Nieren- 
stein gab diese zu Blutung Veranlassung. In 32 Fällen war Pyelitis die Ursache der 
Hämaturie, die dann immer gering war und nicht im Vordergrund der Erscheinungen 
stand. In 21 Fällen war die Blutung verursacht von einer Geschwulst oder Cyste; 
dann ist die Blutung öfters sehr beträchtlich, manchmal sogar lebenbedrohend, meistens 
das erste und vielfach das einzige Symptom. Nephritis ging 19 mal mit Blutung 
einher, die meistens doppelseitig und immer von anderen Symptomen begleitet war. 
7 mal (ausgenommen die Kriegsfälle) war eine Verletzung Schuld an der Nierenblutung. 
Verhältnismäßig geringe Traumata können schon eine Nierenverletzung mit schwerer 
Blutung verursachen. Bei stark verbluteten Patienten soll nicht operativ eingegriffen 
werden, bevor eine Bluttransfusion stattgefunden hat. 5 Fälle wurden beobachtet 
mit Nierenkolik ohne nachweisbaren Stein (Spasmus des Ureters?). Weiter wurde 
Hämaturie beobachtet in 4 Fällen von Hydronephrose, 4 von Pyonephrose, 3 von 
Ren mobilis, 2 von Hufeisenniere, 2 von Oxalurie, 1 Fall von Henochscher Purpura 
und 1 von akzessorischer Nierenarterie. Der Ureter war 9 mal Sitz der Blutung durch 
Stein und l mal durch Verletzung (bei Beckenfraktur), ausgenommen die Kriegsver- 
letzungen. Blasenblutungen kamen 113 mal vor durch Cystitis; die Blutung war immer 
mäßig und trat meistens am Ende des Harnlassens auf. 72 Blasengeschwülste verur- 
sachten Hämaturie, meistens eine sehr schwere mit großen Gerinnseln; von diesen 
waren 41 Papillome, 29 maligne Geschwülste, 1 Fibromyom und 1 Rhabdosarkom. 
Von 46 Fällen von Blasenstein verursachten 34 Blutung, meistens geringe bis mäßige. 
10mal kam Hämaturie vor bei Blasengeschwür. In 4 Fällen fand eine Ruptur von 
Blasengefäßen statt, was anscheinend die Folge von geringer Gewalt sein kann. 2 Fälle 
von Hämaturie bei Bilharziose wurden beobachtet und 1 Fall durch Blasenverletzung, 
die übrigens bei Beckenfraktur nicht so selten ist. In 50 Fällen von vergrößerter Pro- 
stata und 3 von Prostatitis wurde Hämaturie festgestellt; wenn diese nicht die Folge 
von der begleitenden Cystitis ist, sondern aus den Prostatagefäßen selber stammt, 
kann sie sehr profus sein und die Blase mit Gerinnseln ganz ausfüllen. Weiter wurde 
je 2mal Blutung festgestellt durch Urethrapapillom und Urethrastein. Als Behandlung 
wird gegen die Blutung Bettruhe und Morphium angegeben nebst den bekannten 
Maßnahmen zur Blutstillung und zur Bekämpfung der Ursache der Blutung. 
F. Hijmans (Haag, Holland).°° 

Morse, Arthur: Hydronephrosis as a gynecological problem with remarks re- 
garding the influence of nephrectomy upon subsequent pregnancy. (Hydronephrose 
als ein gynäkologisches Problem, nebst Bemerkungen über den Einfluß der Nephrek- 
tomie auf eine nachfolgende Schwangerschaft.) (Dep. of obstetr. a. gynecol., Yale school 
of med., New Haven.) New York state journ. of med. Bd. 21, Nr. 12, S. 437—441. 1921. 

Nach Mitteilung eines Falles von Hydronephrose, der als Ovarialcystom gedeutet 
war, kommt Verf. auf die Ätiologie der Hydronephrose zu sprechen, an deren aus- 
schließlich mechanischem Zustandekommen kein Zweifel sein könne, wenngleich die 
Ursachen für die Ureterverlegung mannigfach seien. Relativ häufig sah er Neoplasmen 
als Grund (Cervixcarcinom!), aber man dürfe nicht die chronische Entzündung des 
Ureters außer acht lassen, die durch Lumenverengerung am häufigsten Grund zur 
Hydronephrose gebe. Bemerkenswert sei, daß die Nieren selber dabei sehr selten 
Veränderungen aufweisen, die Glomeruli insbesondere seien fast immer intakt (von 
400 Fällen nur 11 mal nicht). — Wenn nach Nephrektomie eine Schwangerschaft 
eintrete, so habe diese im allgemeinen die beste Prognose für normale Beendigung; 
zu sofortiger Beendigung drängen indessen etwa auftretende Anzeichen einer Toxikose. 
Mitteilung eines Falles, in dem sich Verf. deshalb genötigt sah, eine früher nephrekto- 
mierte Patientin durch Sectio caesarea vorzeitig zu entbinden. A. Bock (Berlin). 

Johnstone, R. W. and Franeis J. Browne: A case of double congenital hydro- 
nephrosis. (Ein Fall von doppelseitiger kongenitaler Hydronephrose.) Edinburgh 
med. journ. Bd. 26, Nr. 6, S. 369—373. 1921. 


Chirurgische Erkrankungen der Nieren. 247 


Beresford-Jones, A.: A case of pyonephrosis and ureteral calculus. (Ein Fall 
von Pyonephrose und Ureterstein.) Lancet Bd. 201, Nr. 18, S. 900—901. 1921. 


Wossidlo, E.: Pyelitis, Pyelonephritis, Pyonephrose. Zeitschr. f. Urol. Bd. 15, 
H. 11, S. 461—468. 1921. 


Necker, Friedrich: Die artifizielle Pyelitis. Ein Beitrag zur Kenntnis der 
ascendierenden Harninfektionen und ihrer Behandlung. (Rothschildspit., Wien.) 
Zeitschr. f. urol. Chirurg. Bd. 6, H. 1/2, S. 69—91. 1921. 

Das Krankheitsbild der aufsteigenden Pyelitis wird an 26 Fällen, bei denen 9 mal 
die beabsichtigte Schädigung zwecks Entlassung aus dem Heeresdienst vom Patienten 
— Soldaten — zugegeben ist, kurz entwickelt: ein fast stets ohne Fieber und schwerere 
Allgemeinsymptome verlaufender, sich chronisch über mehrere Jahre hinziehender, 
gutartiger, auf die Schleimhaut von Urethra, Trigonum und Nierenbecken beschränkter 
Prozeß ohne Neigung zu einer Mitbeteiligung des Nierenparenchyms; er ist stets doppel- 
seitig; Ureterenurin bakteriologisch im allgemeinen steril. Zur Erzeugung dieser 
Cystopyelitiden sind verschiedene schädigende Substanzen, darunter sicher gono- 
kokkenhaltiger und sicher gonokokkenfreier Urin in die Harnröhre bzw. -Blase injiziert. 
Folgen: kurz dauernde Trigonocystitis, an die sich bald eine meist abakterielle, chro- 
nische Pyelitis anschließt. Zustande kommt diese Erkrankung wahrscheinlich nicht 
durch ein Aufwärtswandern der Erreger mit der Harnsäule im Ureterlumen, sondern 
durch Fortpflanzung der Entzündung auf dem Wege der Kontinuität im epithelialen 
oder subepithelialen Gewebe. Therapeutisch sind alle üblichen Behandlungsmehoden 
einschließlich der Nierenbeckenspülungen erfolglos. Glatte Ausheilung durch Neo- 
salvarsan (gewöhnlich 3 Injektionen à 0,15 bzw. 0,3). Empfehlung der Neosalvarsan- 
theräpie für alle ascendierenden, auf die Schleimhaut beschränkten, nicht hämato- 
genen Cystopyelitiden, bei denen das Nierenparenchym nicht stärker beteiligt ist. 

Hellmuth (Hamburg-Eppendorf). 


Runeberg, Birger: Die hämatogenen, akutinfektiösen Nephritiden und Pyelo- 
nephritiden. Finska läkaresällskapets handlingar Bd.43, Nr.9—10, S.473—492. 1921. 


Runeberg, Birger: Über die sogenannten aseptischen renalen Pyurien. (Chirurg. 
Klin. u. pathol. Inst., Univ. Helsingfors.) Acta chirurg. scandinav. Bd. 54, H. 1, 
S. 51—89. 1921. 


Bericht über 55 Fälle von — scheinbar — abakterieller renaler Pyurie (wovon 29 ne- 
phrektomiert, 26 konservativ behandelt wurden). In diesen 55 Fällen wurde 18 mal die Dia- 
gnose Tuberkulose sichergestellt; mit Bestimmtheit waren die übrigen Fålle klinisch wie histo- 
logisch keine Tuberkulose. Hiernach hält sich Verf. für berechtigt — entgegen Suter — zu 
behaupten, daß eine renale Eiterung ohne nachweisbare Bakterien nicht pathognomonisch 
ist für Tuberkulose, daß somit eine abakterielle Pyurie an sich zum operativen Eingriff nicht 
berechtige. Häufig seien Nierensteine Grund derartiger Eiterungen. Immerhin habe man es 
mit großer Wahrscheinlichkeit mit infektiösen Prozessen zu tun, hervorgerufen durch 
Mikroorganismen, die — im Eiter allerdings nicht nachweisbar — den Weg der Blutbahn 
nähmen. Bei den (sehr eingehend beschriebenen) histologischen Untersuchungen boten dem 
Verf. die interstitiellen Veränderungen häufig das Bild einer lymphogen aufsteigenden Pyelo- 
nephritis. Zum Schluß differentialdiagnostische Hinweise. Keine eingehende Kasuistik. 

A. Bock (Berlin). 


Söderlund, Gustaf: Beitrag zur Frage der s.g. abakteriellen renalen Pyurien. 
Bericht über das klinische Bild bei 3 hierhergehörigen Fällen. (Chirurg. Abt., allg. 
u. Sahlgrensch. Krankenh., Gotenburg.) Acta chirurg. scandinav. Bd. 54, H. 2, S. 101 
bis 122. 1921. 


Auseinandersetzung mit Runeberg zu dessen Arbeiten über das gleichnamige Thema 
(Helsingfors 1921). Eingehende Mitteilung von 3 Fällen reiner abakterieller renaler Pyurie, 
bei denen beide Nieren (bzw. Nierenbecken) Veränderungen aufwiesen; Tuberkelbacillen 
oder andere Infektionserreger waren hierbei mit Bestimmtheit auszuschließen. Strenge Schei- 
dung des Krankheitsbildes in zwei Gruppen: 1. gewöhnliche infektiöse Pyelonephritis, 2. wirk- 
liche abakterielle renale Pyurie. Wodurch letztere hervorgerufen werde, sei nicht bekannt; 
vielleicht durch dem Körper zugeführte (wie z. B. Terpentin!) oder in ihm gebildete toxische 
Substanzen. A. Bock (Berlin). 


248 Krankheiten der Harnorgane der Frau. 


Chute, Arthur L: Some hypotheses regarding renal tuberculosis. (Hypothesen 
zur Frage der Nierentuberkulose.) Journ. of urol. Bd. 5, Nr. 5, S. 431—438. 1921. 

Chute erklärt sich mit den bisherigen Theorien über die Entstehung der Nieren- 
tuberkulose nicht ganz einverstanden. Er nimmt an, daß die Nierentuberkulose nie 
den primären tuberkulösen Herd darstellt, daß sie weder aufsteigend von der Blase 
aus entsteht, noch daß sie z. B. auf dem Lymphweg vom Thorax aus fortgeleitet wird. 
Vielmehr nimmt er auch den Blutweg an, auf dem die Tuberkulose die Nieren angreift. 
Darin unterscheiden sich Chutes Ansichten also nicht von den heute allgemein ver- 
breiteten. Auch hat er unter 7 Fällen nur einen doppeltseitig erkrankten gesehen, 
jedoch gründet er einige neuere Theorien auf folgenden zwei von ihm beobachteten 
Fällen: 

Fall 1: Ein Mann von 37 Jahren litt an schweren rechtsseitigen Koliken der Lenden, 
gegend, die mit unangenehmen Sensationen abwechselten. Im Urin nur einige Erythrocyten, 
Leukocyten, keine Tuberkelbacillen. Auch sonst keinerlei Symptome von Tuberkulose der 
Urogenitalorgane. Röntgenologisch fand man einen schmalen Schatten, der sich mit der At- 
mung bewegte, der rechten Niere offenbar angehörte und auch als Ursache der Koliken an- 
gesehen wurde. Daher Operation: Dicht unter der Kapsel fand man eine verkalkte Partie 
in der Niere, die weggekratzt wurde. Tampons in diese Stelle, im übrigen Verschluß der Wunde. 
Es entwickelte sich eine Urinfistel, die sich nicht schloß, so daß 7 Monate später die Niere ent- 
fernt werden mußte. Es hatte sich mittlerweile eine typische Nierentuberkulose daraus ent- 
wickelt. Ch. ist der Ansicht, daß in diesem Fall eine subkapsuläre Tuberkulose bestanden hat, 
die langsam spontan ausgeheilt wäre, hätte man nicht den Herd aufgestechen. — Fall 2: Frau 
von 27 Jahren, die seit längerer Zeit an Schmerzen in der linken Lendengegend litt. Eine 
Röntgenaufnahme zeigte einen Schatten, der der linken Niere anzugehören schien. Operation 
ergab eine verkalkte Partie unter der Caps. propr., die ausgekratzt wurde. Sofort nach der 
Operation Anstieg des Pulses und der Temperatur. Daher sehr bald danach Entfernung der 
linken Niere, die eine frische tuberkulöse Aussaat zeigte. Trotz der Operation starb die Pa- 
tientin 3 Monate nach der 1. Operation an einer Miliartuberkulose. 

Auf Grund dieser Fälle kommt Ch. zu folgender Ansicht: Es gibt sicherlich zahl- 
reiche Fälle, wo beide Nieren an leichtester Tuberkulose auf denı Blutweg erkranken, 
wobei es zu den typischen Symptomen der Pollakiurie ohne Pyurie oder Bacillen- 
ausscheidung im Urin kommt. Es scheinen in diesen Fällen nur die Nierenrinden 
erkrankt zu sein. In der weitaus größten Anzahl dieser Fälle kommt es zur spontanen 
Ausheilung. Nur bei einem geringen Bruchteil entwickelt sich durch besondere Dispo- 
sition, traumatische Schädigung oder interkurrierende Erkrankung aus dieser leichten 
Erkrankung eine fortschreitende destruierende Tuberkulose einer der beiden erkrankten 
Nieren, die dann alle erkennbaren Symptome der einseitigen Nierentuberkulose auf- 
weist. Praktisch zieht Ch. die Folgerung, daß man bei Patienten, die an starken Koliken 
einer Seite leiden, im Urin einige Erythrocyten und Leukocyten aufweisen, ohne daß 
Stein oder sonst diagnostizierbare Erkrankung vorliegt, an solche versteckten leichten 
Nierentuberkulosen denken soll, und den betreffenden Patienten therapeutische An- 
weisungen zu geben hat, die eine Spontanausheilung bezwecken. Bloch.” 

Moon, Virgil H.: Renal tuberculosis. Its pathology. (Pathologie der Nieren- 
tuberkulose.) Journ. of the Indiana state med. assoc. Bd. 14, Nr. 2, S. 38—40. 1921. 

Außer dem gewöhnlichen Weg, den die Infektion der Nierentuberkulose nimmt, 
nämlich dem Blutweg, erwähnt Moon die sehr seltnen Fälle der direkten Infektion 
von einem Nachbarherd aus, davon einen selbst beobachteten Fall von Übergreifen 
einer Nebennierentuberkulose auf die Niere, ferner die Infektion auf dem Lymphweg, 
und schließlich die aufsteigende Infektion von Blase zur Niere durch den Ureter. 
M. erwähnt die Statistik Kell ys, der bei 14 500 Sektionen aller möglichen Erkrankun- 
gen etwa 4%, Nierentuberkulosen gefunden hatte, während die Durchschnittsziffer 
mehrerer anderer Autoren, welche Statistiken von Nierentuberkulosen bei Sektionen 
verschiedenster Tuberkulosen veröffentlichten, 20%, betrug. In dieser Statistik sind die 
Miliartuberkulosen der Nieren bei allgemeiner Miliartuberkulose eingeschlossen. Inso- 
fern gibt diese Statistik kein richtiges Bild von der Häufigkeit der chirurgischen Nieren- 
tuberkulose im Verhältnis zu anderen Tuberkulosen. Nach M. siedeln sich die Tuberkel- 


Chirurgische Erkrankungen der Nieren. 249 


Glomeruli an, passieren hier entweder die Capillaren selbst oder die Epithelzellen 
der Tubuli und gelangen von den Tubuli mit dem Urinstrom in andere Teile der Niere, 
wo sie Infektionsherde bilden können. Sie können aber, wie Versuche bei tuberkulösen 
Kühen, die durch ein gesundes Euter Tuberkelbacillen mit der Milch ausgeschieden 
haben, oder bei Menschen, die bei Tuberkulose anderer Organe häufig Tuberkelbacillen 
mit dem Urin ausscheiden, ohne an einer Tuberkulose der Harnorgane zu leiden, von 
der Niere bekanntlich auch ausgeschieden werden, ohne einen Infektionsherd zu bilden. 
Betreffs der pathologischen Anatomie der Nierentuberkulose unterscheidet M. ebenfalls 
eine miliare und eine käsig-kavernöse Form und erwähnt bei letzterer jene Endstadien, 
bei welchen sich in dickfibröser Schwarte einige kleinere käsige Höhlen sowie ein starrer 
fibröser Ureter finden, ein pathologisch-anatomischer Status, den man als natürlichen 
Selbstheilungsversuch — Autonephrektomie — ansehen muß, ohne daß dabei wirklich 
eine klinische oder pathologisch-anatomische Ausheilung erfolgt wäre. Tuberkulöse 
perirenale Abscesse, von einer Nierentuberkulose ausgehend, sind äußerst selten. Die 
vorkommenden perirenalen Abscesse sind fast immer durch Mischinfektion hervor- 
gerufen. Bloch (Frankfurt a. M.).°° 

Beeler, Raymond C.: Renal tuberculosis. Value of roentgenographie diagnosis. 
(Wert der Röntgendiagnose bei A Journ. of the Indiana state 
med. assoc. Bd. 14, Nr. 2, S. 40—42. 1921. 

In manchen schwieriger zu entscheidenden Fällen von Nierentuberkulose kann eine 
gute Röntgenaufnahme zur Klärung der Diagnose beitragen. Bedler gibt folgende 
Indikationen dafür an: 1. Wenn starke Blasenschrumpfung oder Ureterstriktur genaue 
cystoskopische Aufschlüsse verhindern; 2. wenn die cystoskopischen Befunde nicht 
sicher für Nierentuberkulose sprechen; 3. wenn die klinischen Symptome nicht sehr für 
Nierentuberkulose sprechen. 4. Bei beiderseitiger Nierentuberkulose besteht der Wert 
der Röntgenaufnahme darin,-daß bei Gegenwart typischer beiderseitiger Schatten 
Cystoskopie und Ureterenkatheterismus überflüssig werden. B. macht 6—10 Auf- 
nahmen von jeder Seite und zugleich Serien von Aufnahmen des ganzen Harntraktus 
mit verschiedenen Dichten. Die durch Niederschlag von Kalksalzen verursachten 
Schatten unterscheiden sich gewöhnlich von Nierensteinen durch die Unregelmäßigkeit 
ihrer Verteilung. Sie brauchen nur punktförmige Schatten zu geben, aber in manchen 
Fällen dagegen können sie als unregelmäßige Schatten über den größten Teil einer Niere 
sich verbreiten. Sehr wichtig für die Genauigkeit des Bildes ist gute Darmentleerung. Das 
Pyelogramm stellt B. durch Füllung mit Bromkalium oder Bromnatrium her und ist von 
Kollargol, Argyrol usw. fast völlig abgekommen. Bei der Nierenbeckenfüllung zeigt 
sich bei Nierentuberkulose das Nierenbecken unregelmäßig, manchmal etwas erweitert, 
die Kelchspitzen sind zum Teil ebenfalls erweitert, die erkrankten Parenchymteile 
zeigen größere Dichte des Nierenschattens und in vorgeschritteneren Fällen füllen sich 
Kavernen vom Nierenbecken aus mit der Kontrastflüssigkeit und stellen große Schatten 
dar. In 20% der Fälle von Nierentuberkulose gibt das Röntgenbild guten Aufschluß. 

Bloch (Frankfurt a. M.).°° 

Hamer, H. G.: Renal tuberculosis. Its surgical treatment. (Chirurgische Be- 
handlung der Nierentuberkulose.) Journ. of the Indiana state med. assoc. Bd. 14, 
Nr. 2, S. 42—47. 1921. 

Hamer warnt vor voreiligen Schlüssen in bezug auf Heilungsmöglichkeit der 
Nierentuberkulose durch interne Therapie und redet der ausschließlichen operativen 
Therapie das Wort. Er beruft sich dabei auf Heitz- Boyer und die bekannten Stati- 
stiken von Wildbolz, nach denen die Sanatoriumsbehandlung der Nierentuberkulose 
weit schlechtere Resultate ergeben hat als die zur rechten Zeit ausgeübte operative 
Behandlung. Über die operative Technik weiß H. nichts zu berichten, was uns neu 
wäre. Auch er rät bei beiderseitiger Nierentuberkulose, die kränkere und schlechter 
funktionierende Niere unter Umständen zu entfernen. Erwähnenswert sind die an- 
geführten Statistiken von Cabot und Crabtree von 1915, die bei 103 operierten 


250 Krankheiten der Harnorgane der Frau. 


Fällen unmittelbare Mortalität von 3,8%, und eine Dauerheilung nach 2 Jahren von 
60%, aufweisen. Bloch (Frankfurt a. M.).°° 

Galatti, Guiseppe: Sulla tubercolosi renale e sulla nefreetomia nella tubercolosi 
del rene. (Über Nierentuberkulose und über die Nephrektomie bei derselben.) Arch. 
ed atti d. soc. ital. di chirurg., 27. adun., Roma, 10.—12. XI. 1921, S. 517—524. 1921. 

Autor berichtet über die Erfahrungen, die er an der urologischen Abteilung des 
Prof. Nicolich in Triest über Nierentuberkulose gemacht hat. Er ist der Meinung, 
daß die Einseitigkeit der Krankheit, welche in den Fällen von Krönlein in 92% der 
Fälle bestand, nicht so häufig sein dürfte, wenn man dem venösen renokapsulo-dia- 
phragmatischen Kanale von Albarzan und Cathelin an dem Fortschreiten der 
Tuberkulose von der einen zu der anderen Niere eine Bedeutung zuschreibt. Die Tuber- 
kulose der Niere trotzt nach der fast allgemeinen Meinung einer internen, wie einer 
Tuberkulinbehandlung. Die Krankheit soll chirurgisch, und zwar so schnell als mög- 
lich, radikal, mit der Nephrektomie behandelt werden. Unter 156 Fällen waren 77 
Männer, 79 Frauen. 89mal war die rechte Niere, 56mal die linke erkrankt, 11 mal 
waren beide Nieren erkrankt. Was das Alter betrifft, waren 30 Patienten ım Alter 
von 20—30 Jahren, 53 von 30—40 Jahren, 46 von 40—50, 21 von 50—60, 6 über 
60 Jahre. Unter 156 Fällen von Nierentuberkulose hat Nicolich 95 operiert, mit 
88 Heilungen und 7 Todesfällen. Von diesen 7 starben einer an allgemeiner miliarer 
Tuberkulose, 2 an Embolie und einer infolge Chloroformintoxikation. Konstant wurde 
Ausscheidung von Uraten durch die zurückgebliebene Niere beobachtet. Nicolich 
hat oft die lumbare Anästhesie mit Stovain mit gutem Erfolge gebraucht. Nicolich 
macht nicht die Ligatur des Nierenstieles, sondern faßt ihn mit einem Klemmer, den 
er 4—6 Tage, je nach dem Falle in situ läßt. Den Ureter schneidet er so tief als möglich 
und kanteisiert ihn mit einigen Tropfen Carbolsäure. Er hat nie Urinfisteln oder 
andere Komplikationen von seiten des Ureters bemerkt. In 5 Fällen, welche Galatti 
mit Ravasini operiert hat, wurden systematisch Arterien und Venen isoliert und 
mit Seide Nr. 22 verbunden. Nur in einem Falle wurde infolge einer Blutung durch 
eine normale Arterie am oberen Nierenpole ein Klemmer in situ gelassen. Im letzten 
Falle wurde komplette Naht der Operationswunde mit Heilung per primam in 8 Tagen 
ausgeführt. Autor ist der Meinung, daß man immer, auch wenn etwas Eiter in die 
Operationswunde sich ergossen hat, die komplette Naht ausführen könne, in welchem 
Falle man nach Mayo die Wunde vorher mit Kompressen, die in sterilem Wasser 
eingetaucht sind, ausreinigen soll. Autor kommt zu folgenden Schlußfolgerungen: 
1. Nicht alle Fälle, die mit der Nephrotomie operiert worden sind, sind ausschließlich 
Fälle mit einseitiger Läsion. 2. Als Kontraindikation zur Nephrektomie sind an- 
zusehen: funktionelle Niereninsuffizienz der anderen Niere, Mangel der anderen Niere, 
schwere beiderseitige Affektion mit ausgedehnten Zerstörungsprozessen der Niere. 
3. Im Interesse des Kranken müßte man öfters operieren und weniger als bis jetzt 
Kontraindikation aufstellen. 4. Der Ureter braucht nicht entfernt zu werden, sondern 
ist nach Ligatur und Kauterisation des Stumpfes in situ zu lassen. 5. Die systematische 
Ligatur jedes einzelnen Elementes des Nierenstieles ist, wenn auch die Operation etwas 
verlängert wird, vorzuziehen. 6. Die primäre, komplette Naht der Operationswunde 
wird in jedem Falle eine Heilung per primam in wenigen Tagen erzielen. Ravasini.°° 

Agata, Guiseppe de: Sul trattamento chirurgico dell’uretere nella tubercolosi 
renale. Contributo anatomo-elinico. (Über die chirurgische Behandlung des Ureters 
bei Nierentuberkulose. Ein anatomisch-klinischer Beitrag.) (Clin. chirurg. gen., R. 
isti. di studi sup., Firenze e rep. malatt. urin., osp. civ., Trieste.) Arch. ital. di chirurg. 
Bd. 3, H. 4, S. 367—379. 1921. 

An der Hand eines operativen Materials von 30 Fällen der chirurgischen Klinik 
Florenz und des Bürgerhospitals Triest untersucht Verf. die alte Streitfrage, was mit 
dem kranken Ureter bei Wegnahme der tuberkulösen Niere zu geschehen hat. Seine 
Untersuchungen ergeben folgendes: In der überaus größten Mehrheit ist der Ureter 


Chirurgische Erkrankungen der Nieren. 251 


relativ nur leicht erkrankt; die tuberkulösen Erscheinungen beschränken sich auf 
Schleimhaut und Muscularis. Diese leichte Ureteritis tuberculosa neigt zur 
Spontanheilung. Darum kann der Ureter nach der Nephrektomie seinem Schicksal 
überlassen werden. Er wird bei der Operation soweit freigelegt, wie es der zur Ne- 
phrektomie erforderliche Schnitt gestattet, zwischen zwei Klemmen mit dem Thermo- 
kauter durchtrennt und mit Catgut unterbunden. Nur in etwa 10% liegen schwere 
Veränderungen des Ureters vor, bei denen auch das periureterale Gewebe erkrankt ist 
und bei denen die Gefahr des Harnrückflusses besteht. Hier wäre eine totale Ureterek- 
tomie schon angezeigt; sie ist aber wegen der schlechten Prognose bei den in ihrer 
Widerstandskraft stark geschwächten Kranken nicht zu empfehlen. Posner.°° 


Hyman, Abraham and Lewis T. Mann: Cultures, smears and guinea-pig in- 
oculations in diagnosis of rena) tuberculosis; their value and reliability. (Kulturen, 
Ausstriche und Meerschweinchenimpfung bei der Diagnose der Nierentuberkulose, ihr 
Wert und ihre Zuverlässigkeit.) Journ. of the Americ. med. assoc. Bd. 77, Nr. 13, 
S. 1012—1017. 1921. 

Verwertet werden die Ergebnisse von 126 Fällen. Die Urinuntersuchung ist die 
Hauptsache. Derselbe kann rein eitrig oder nur leicht getrübt sein. Makroskopisch 
klarer Urin spricht nicht gegen Tuberkulose. Auch bei weit vorgeschrittenem Prozeß 
können nur geringe Veränderungen vorhanden sein, wenn der Ureter verschlossen ist 
oder wenn der Herd in der Niere vom Nierenbecken abgeschlossen ist. Hämaturie 
hauptsächlich mikroskopisch. Albuminurie meist vorhanden. Sterile Pyurie bei 
saurem Urin spricht für Tuberkulose. Tuberkelbacillen im Urin beweisen in den 
meisten Fällen. Der Nachweis im Ausstrichpräparat ist nicht so schwer; wenn negativ, 
so beweist das nichts. Wiederholte Untersuchungen sind nötig. Unter Umständen 
finden sich Bacillen in Massen, wenn gerade ein Herd sich geöffnet hat. In vorgeschrit- 
tenen Fällen bei viel Eiter sind sie schwerer zu finden. Antiforminmethode hat nur 
bei dickem, sekundär infizierten Urin Sinn. Die Verff. fanden in 65% der Ausstriche 
Bacillen. Um Smegmabacillen zu vermeiden, nur Katheterurin verwenden. Die 
Impfung auf Meerschweinchen hat den Nachteil, daß die Untersuchung so lange dauert. 
Neuerdings sind die Versuche wieder aufgenommen, die Tiere durch eine ordentliche 
Röntgenbestrahlung in ihrer Widerstandskraft zu schwächen und sie dann zu impfen. 
Auch bei der Tierimpfung wird über Mißerfolge berichtet, auch bei Fällen, die bei der 
Operation eine offene Tuberkulose zeigten. Die Verff. hatten 36% negative Resultate. 
Bacillen im Urin beweisen noch nicht immer Nierentuberkulose, da auch die normalen 
Nieren Bacillen, die anderswo ihren Herd im Körper haben, ausscheiden können. 
Ebenso können in den Urin vom Genitaltraktus her Bacillen gelangen. Doppelseitige 
Niereninfektion läßt sich mit Sicherheit nur nachweisen, wenn man im Sekret des 
katheterisierten Ureters Eiter und Tuberkelbacillen findet. Eiter allein kann von einer 
nichtspezifischen Pyelitis herrühren. Ist der Urin der anderen Seite klar, so warten 
einige Autoren das Resultat der Tierimpfung erst ab, ehe sie sich zu einer Operation 
entschließen. Die Verff. kommen zum Schluß, daß für die Diagnose die Tierimpfung 
entbehrlich ist, die Untersuchung des Ausstriches (65%, + Resultat) ausreicht in Ver- 
bindung mit Cystoskopie und Studium der klinischen Symptome. Bernard.°? 

Venzmer, G.: Über den angeborenen Mangel einer Niere. (Chirurg. Univ.- 
Klin., Hamburg.) Zeitschr. f. urol. Chirurg. Bg. 6, H. 3/4, S. 162—174. 1921. 

Heppner, Ernst: Zur Kasuistik der Nierengeschwülste. (Eppendorfer Krankenh., 
Hamburg.) Zeitschr. f. urol. Chirurg.. Bd. 6, H. 3/4, S. 145—161. 1921. 

Courtade Denis et Paul Cottenot : Emploi thérapeutique des courants de haute 
fréquence dans les affections vésicales d’origine organique. (Therapeutischer 
Gebrauch der Hochfrequenzströme bei Blasenaffektionen organischen Ursprungs.) 
Journ. de radiol. et d’electrol. Bd. 5, Nr. 9, S. 392—400. 1921. 

Nach einer physikalischen Einleitung betonen Verff., daß für die Hochfrequenz- 


252 Krankheiten der Harnorgane der Frau. 


strombehandlung vor allem Papillome in Frage kommen. Tiefere Infiltration 
des Tumors in die Blasenwand ist dagegen eine Kontraindikation. Die 
Applikation der Ströme in der Nähe des Blasenhalses kann äußerst schwierig sein. 
Bei der Koagulation sollen zwischen den Sitzungen 10—15 Tage pausiert werden, 
zumal mitunter eine entzündliche Reaktion auftritt mit bullösem Ödem. Zwischen 
Koagulation und Fulguration besteht kein großer Unterschied in der Gesamtwirkung, 
ihre Vorteile gegenüber blutigen Operationen sind einleuchtend, Verimpfung ist ebenso- 
wenig wie Blutung zu fürchten. Umgekehrt ist ihre Anwendung bei inoperablen Tumoren 
wegen Schmerzen und Blutung zu empfehlen. Bei chronischer Cystitis läßt sich die 
Therapie in Form leichter Elektrokoagulation oder Curettage der Blase durch Fulgu- 
ration verwenden, falls entzündliche Wucherungen auftreten. Bei Blasentuber- 
kulose empfiehlt sich die Fulguration inschwächster Anwendung. Auch 
bei anderen Ulcerationen ist der Hochfrequenzstrom mit Erfolg angewendet, bei Leuko- 
plakie ist er natürlich allen anderen Methoden überlegen und sollte stets an die Stelle 
der Sectio alta treten. Bei Bilharzia ist er von Nutzen bei geringer Zahl der Tumoren 
und bei cystischer Dilatation des Ureterendes läßt er sich in ausgezeichneter Weise zur 
Anlegung eines breiten Ostiums verwenden. Schüßler (Bremen).°° 


Pellecchia, Ettore: L’alta frequenza nella cura dei tumori dell’uretra e della 
veseica. (Die Hochfrequenz bei der Behandlung der Geschwülste der Harnröhre und 
Blase.) Policlinico, sez. chirurg. Jg. 28, H. 6, S. 240—260. 1921. 

Verf. gibt eine ausführliche, historische und physikalische Einleitung mit den 
Einzelheiten der Behandlungstechnik bei den verschiedenen Arten der Anwendung 
des Hochfrequenzstromes, unter denen er die unter der Form des Funkens als Methode 
der Wahl bezeichnet. 5 Urethral- und 4 Blasentumoren gaben ihm ausgezeichnete 
Resultate bei dieser Behandlung. Komplikationen traten nicht ein. Man läuft nicht 
Gefahr der Metastasierung. Der Funken hat eine weitreichende destruktive Wirkung, 
ohne daß eine Perforation der Blase zu befürchten wäre. Die Blutstillung ist ein Neben- 
effekt. Infolge der Produktion von Ozon wird eine desinfizierende Wirkung erzielt 
mit günstigem Einfluß auf begleitende entzündliche Affektionen, die gleichzeitig aus- 
heilen. Bei der diffusen Papillomatose der Blase ist der Funke die einzige Heilmethode, 
bei malignen Tumoren, die operabel sind, empfiehlt sich das kombinierte Verfahren 
mit Sectio alta und Hochfrequenz. Inoperable maligne Tumoren können allein mit 
dem Strom behandelt werden. Schüßler (Bremen). °° 


Operationen an den Harnorganen (Fisteln usw.). 


Demel, Rudolf: Über die Erfolge der operativen Behandlung der Blasenektopie. 
(I. Chirurg. Univ.-Klin., Wien.) Mitt. a. d. Grenzgeb. d. Med. u. Chirurg. Bd. 33, 
H. 5, S. 533—556. 1921. 

Eine radikale Therapie der Blasenektopie muß sowohl die Inkontinenz beheben, 
als auch die Gefahr der ascendierenden Niereninfektion herabsetzen, um somit die 
Lebensdauer der Operierten zu verlängern. Nur bei allzu kleinen Kindern unter 5 Jahren 
kommen Harnrezipienten in Betracht, bei Erwachsenen nur dann, wenn eine Operation 
abgelehnt wird. Zwei mitgeteilte, erfolglos operierte Fälle beweisen, daß Rezipienten 
mitunter gute Dienste leisten können. De mel gibt nun eine Übersicht über die bisher 
bekannt gewordenen Operationsverfahren und betont, daß ihre Ausführung viel Geduld, 
Mühe und Heilungsdauer beansprucht, wie der zitierte nach 19 Operationen geheilte 
Billrothsche Fall beweist. Aus der Zusammenstellung ergibt sich, daß es sich die 
Chirurgie hauptsächlich zur Aufgabe gemacht hat, die ständige Durchnässung der 
Patienten mit Urin zu beseitigen. 1. Durch plastischen Verschluß der Blasenspalte bzw. 
Fistel. 2. Durch extravesicale Plastiken am Harnapparat zwecks Erreichung der Kon- 
tinenz. 3. Durch Operationen, welche das Tragen eines Apparates ermöglichen. D. be- 
richtet nun weiter über die seit 1901 wegen Blasenektomie an der Eiselsbergschen 


5 A āo 


Operationen an den Harnorganen (Fisteln usw.). 253 


Klinik operierten Kranken, um dann auf die Erfahrungen mit den angewandten ver- 
schiedenen operativen Verfahren einzugehen. | 


In drei genauer beschriebenen Fällen erfolgte ohne zufriedenstellende Erfolge plastische 
Deckung des vorderen Blasenwanddefektes bzw. der vorhandenen Fisteln. Trotz mühsamer 
Deckung des Blasendefektes und mehreren Nachoperationen wegen bestehender Fistel blieb 
der erste dieser Pat. inkontinent und bekam 5 Jahre nach gelungener Blasennaht Beschwer- 
den, die auf eine Niereninfektion hindeuten. Bei dem zweiten blieb eine Blasenfistel infolge 
des Nichthaltens der Blasennaht bestehen und trotz einer am Blasenhals durch freie Fascien- 
transplantation ausgeführten Plastik bestand die Inkontinenz weiter. Im dritten Falle bestand 
trotz gelungener Hautplastik vollständige Inkontinenz. — D. berichtet weiter über 8 Fälle, 
in welchen das Ma ydlsche Ableitungsverfahren der Implantation der Ureteren in die Flexura 
sigmoidea und in einem Falle die extraperitoneale Einpflanzung der Ureteren in das Rectum 
ausgeführt wurden. — Ein Fall lehrt, daß Pat. selbst Jahre nach glücklich überstandener 
Operation von ascendierender Infektion nicht verschont bleiben. Ein 7 Monate alter Knabe 
starb 16 Stunden nach erfolgter Operation. Die Obduktion ergab: Craniotabes und Status 
thymicolymphaticus. — Ein 3 Jahre altes Mädchen starb am Tage nach der Operation, die 
Autopsie ergab: Nahtinsuffizienz, Peritonitis, Pyelitis und Pyelonephritis. Bei einem 5 Jahre 
alten Mädchen kam es im postoperativen Verlauf zur Dehiszenz der Hautwunde, welche bald 
ausheilte. Das Kind konnte den Urin einige Stunden im Rectum anhalten und wurde geheilt 
entlassen, über sein weiteres Schicksal konnte nichts ermittelt werden. — Bei einem 11jähr. 
Knaben gelang es erst nach mehreren operativen Eingriffen, Fisteln, welche im Zeitraum 
von 32 Monaten 5 mal rezidivierten, zu schließen. — Ein 2 Jahre altes Mädchen starb am 12. 
Tage nach der Operation, der Fall lehrt, daß die isolierte Einpflanzung der an ihrer Insertion 
von der Blase gelösten Ureteren in den Schlitz der Flexura sigmoidea zur Dilatation der Ure- 
teren mit folgender Pyelitis und Pyelonephritis führte. — Ein 5 Jahre alter Knabe starb plötz- 
lich am Tage nach der Operation. Bei der Obduktion fanden sich die Ureteren vor ihre Mün- 
dung gestaut; eitrige aufsteigende Nephritis besonders rechts. — Ein 3 Jahre alter Knabe 
konnte ein Vierteljahr nach der Operation mit völliger Kontinenz und ohne Fistelbildung ent- 
lassen werden und fühlte sich auch bei einer 2 Jahre 7 Monate später erfolgten Nachforschung 
durchaus wohl. Der Fall wurde nach Petersen - Kümmells Methode (Schrägfistelprinzip 
bei der Implantation!) operiert, was bemerkenswert ist. — In einer Tabelle zeigt D., daß die 
Sterblichkeit bei der Maydischen Operation bei allen Autoren eine sehr hohe ist und zwi- 
schen 22 und 23%, schwankt. Die Hauptgefahr der Operation ist die Peritonitis und dic ascen- 
dierende Pyelonephritis, welche im weiteren Verlaufe die Hauptrolle spielt und selbst noch 
3—4 Jahre nach geglückter Operation zum Tode führen kann. — Die vielen Operations- 
methoden, die sich mit der Frage der Verhütung oder Herabsetzung der ascendierenden In- 
fektion beschäftigen, haben sich nach D. alle als fast unzulänglich erwiesen, da man selbst bei 
der Makkasschen Methode (komplett ausgeschaltetes Darmstück) im neuen antiseptisch 
vorbehandelten Urinbehälter das Bacterium coli gefunden hat, das nach Jahr und Tag doch 
noch zur ascendierenden Infektion geführt hat. In den von D. mitgeteilten, in Tabelle 2 zu- 
sammengestellten 5 Todesfällen war es 4 mal die ascendierende Infektion, die zum Tode führte. 
— Aus Tabelle 3 ist zu ersehen, daß in bezug auf die Prognosenstellung das Alter der Pat. 
von Wichtigkeit ist. Die niedrigste Mortalität liegt zwischen dem 6. und 10. Lebensjahre. 
Die hohe Mortalität der von D. mitgeteilten Fälle ist teilweise durch die Tatsache, daß sie im 
Alter zwischen 7 Monaten bis 5 Jahren operiert wurden, begründet, ferner dadurch, daß sich 
die Beobachtungen auf einen Zeitraum von 20 Jahren erstrecken. — D. betont noch, daß die 
Wahl des operativen Eingriffs davon abhängig ist, was man im Einzelfalle von der Operation 
erzielen will und nach der Art des Falles erzielen kann. Nach D. sind wir trotz der allgemein 
ungünstigen Resultate bei der Operation der Blasenektopie berechtigt und verpflichtet auf 
chirurgischem Wege eine Besserung, womöglich Heilung anzustreben, zumal es sich um einen 
kongenitalen Defekt hindelt, der unbehandelt nicht nur eine schwere soziale Beeinträchtigung 
für die Pat. bedeutet, sondern auch die Lebensdauer verkürzen kann. — Die vorliegende 
Arbeit stellt eine wertvolle Bereicherung der einschlägigen Literatur dar. Rübsamen (Dresden). 


Nassetti, F.: Sulla legatura parietale della vescica. Ricerche sperimentali. 
(Über die parietale Ligatur der Blasenwand. Experimentelle Untersuchungen.) (Clin. 
chirurg. gen., uniw., Pisa.) Arch. ital. di chirurg. Bd. 5, H.1, S. 41—53. 1922. 

Verf. beobachtete, daß Abbindung einer äußeren Blasenfalte andere Wirkungen 
hat als die einer größeren Blasenportion und daß Ligaturen einer inneren Falte ganz 
von deren Dicke abhängige Folgen haben. Bei der großen praktischen Bedeutung 
dieser Tatsachen schienen genaue Experimente nötig, die ergaben: Die kleine innere 
Falte der Blasenwand verfällt der Nekrose, die äußere Falte zunächst der Degeneration 
ihrer epithelialen und muskulären Elemente, sekundär einer bindegewebigen Substi- 
tution. In diesem Falle gewährt die durch das Peritoneum garantierte rasche Wieder- 


254 Krankheiten der Harnorgane der Frau. 
herstellung des Kreislaufes in der Falte eine Ernährung des ligierten Gewebes. Die 
reine Schleimhautfalte stößt sich ab, die der ganzen Blasenwand bleibt adhärent und 
inkrustiert sich. Die kleinen äußeren Falten verwandeln sich in fibröse Knoten. Einmal 
fand sich eine kleine mit einschichtigem Epithel ausgekleidete Cyste als Folge der Liga- 
tur. Am Hals der Falte wird Muskulatur durch Narbe ersetzt, die Mucosa regeneriert 
sich und nimmt allmählich normalen Charakter an, ebenso das subepitheliale Gewebe. 
— Der Wiederherstellungsprozeß der Blasenwand vollzieht sich also im ganzen ähnlich 
dem bei Verletzungen und Schleimhautexcisionen. Schüßler (Bremen)., 
Mayer, A.: Über chirurgische Behandlung der Schrumpfblase. (Univ.-Frauen- 


klin., Tübingen.) Zentralbl. f. Gynäkol. Jg. 45, Nr. 7, S. 225—229. 1921. 

Verf. teilt einen Fall mit, bei dem er die auf tuberkulöser Ätiologie beruhende, starke 
Schrumpfblase unter Verwendung der Flexura sigmoidea (Birnbaum) erweiterte. Der 
Darm heilte trotz der schweren Blasenschleimhautveränderungen überraschend gut ein; das 
Fassungsvermögen der Blase wurde erheblich (bis über das 6fache) gesteigert. — Auf halbem 
Wege zur Heilung erlag die sehr elende Patientin indessen ihrem Grundleiden, einer seit langem 
bestehenden tuberkulösen Erkrankung der rechten Niere. F.C. Wille (Berlin). 


Flörcken, H.: Die Operation der Schrumpfblase. (Landeshosp., Paderborn.) 
Münch. med. Wochenschr. Jg. 68, Nr. 20, S. 611—612. 1921. 

Ein erfolgreich operierter Fall. Ureterimplantation in die Flexur nach Art der Witzel- 
schen Schrägfistel. Rübsamen (Dresden). 

Pölya, E.: Zur Verhütung der Harnverhaltung nach Operationen. Zentralbl. 
f. Chirurg. Jg. 48, Nr. 21, S. 732—733. 1921. 

Um die postoperative Harnverhaltung zu vermeiden, läßt Verf. seine Patienten 
das Urinieren schon vor der Operation in Rückenlage üben, was bei der Großzahl 
bereits beim ersten Versuch gelingt. Die Fälle, bei denen katheterisiert werden muß, 
nehmen auf diese Weise an Zahl wesentlich ab. Auch bei Operationen nach White- 
head wegen Hämorrhoiden läßt sich der Katheterismus auf ein Minimum reduzieren, 
wenn, wo es anders nicht geht, das in den Mastdarm eingeführte Stopfrohr schon am 
Tage der Operation entfernt wird. Schultheiss (Basel). 

Rochet: Traitement chirurgical des cystites douloureuses. (Chirurgische 
Behandlung schmerzhafter Cystitiden.) Lyon chirurg. Bd. 18, Nr. 4, S. 462—480. 1921. 


Rochet glaubt es verantworten zu können, in schwerliegenden Fällen schmerzhafter 
Cystitiden, z. B. bei inoperabler beiderseitiger Nierentuberkulose, die Exstirpation der beiden 
hypogastrischen Ganglien vorzunehmen. An Hand von Abbildungen über die Nervenversorgung 
der Blase und durch Beschreibung operierter Fälle wird das als einfach und ungefährlich 
bezeichnete Vorgehen genauer erläutert. Zum Schluß werden noch andere bekannte Ver- 
fahren besprochen. Rübsamen (Dresden). 

Doederlein, Theodore J.: Notes on the Hadra-Martin-Rawls operation for 
cystocele. (Bemerkungen über die Hadra-Martin-Rawissche Cystocelenoperation.) 
Surg., gynecol. a. obstetr. Bd. 33, Nr. 2, S. 190—192. 1921. 

Ablehnung der Interposition auf Grund ungünstiger Erfahrungen und Empfehlung einer 


Blasenraffung unter Verwendung der Blasenpfeiler und der Perivagina fibrosa im Sinne von 
E. Martin. Rübsamen (Dresden). 


Coffey, Robert C.: Transplantation of the ureters into the large intestine in 
the absence of a functionating urinary bladder. (Implantation der Ureteren in den 
Dickdarm bei Fehlen einer funktionierenden Harnblase.) Surg., gynecol. a. obstetr. 
Bd. 32, Nr. 5, S. 383—391. 1921. 

Auf Anregung W. J. Mayos und auf Grund der bei der Implantation des Ductus 
choledochus in das Duodenum gewonnenen Gesichtspunkte beschäftigte sich Coffey 
erst experimentell-chirurgisch bei Hunden und dann auch klinisch-operativ mit der 
Ureterimplantation in den Dickdarm. Die hauptsächlichste mechanische Bedingung 
für den Dauererfolg ist, daß der Ureter erst eine Strecke weit unter der Schleimhaut 
verlaufen muß, bevor er mit seinem Lumen in den Darm einmündet, was an das Vor- 
gehen beim Anlegen der Witzelschen Schrägfistel erinnert. Bei direkter rechtwinkliger 
Einpflanzung stellt sich, wie C. experimentell nachweisen konnte, infolge des direkt 
auf das Lumen einwirkenden statischen intraintestinalen Druckes eine Dilatation des 


Operationen an den Harnorganen (Fisteln usw.). 255 


Lumens und des Gangs ein und die Folge davon ist die ascendierende Infektion infolge 
Eintritts von Darminhalt. Das Prinzip der submukösen Implantation eines Gangs, 
um die Kraft des statischen intraintestinalen Druckes seitlich auf die Wandung ein- 
wirken zu lassen, wurde von C. H. Mayo bei 26 Fällen von Ureterimplantation in den 
Dickdarm mit sehr gutem Erfolge (in 22 Fällen Dauerheilung) angewandt. Nach 
Mayos Angaben ist die günstigste Zeit für die Operation das Alter vom 4. bis 10. 
Lebensjahr. C. selbst hat bei 4 Patienten verschiedenen Geschlechts 6 Ureteren in den 
Darm eingepflanzt mit offenbarem Dauererfolg. In einem 5. Falle mit Einpflanzung 
des siebenten Ureters in das Coecum ist die Funktion der zugehörigen Niere nicht 
festzustellen, aber auch dieser Patient erfreut sich besten Allgemeinbefindens, der 
Ureter der anderen Seite ist durch die Bauchdecken nach außen verlagert. — Die an- 
regende Arbeit ist durch sehr instruktive Abbildungen illustriert. Rübsamen. 

Beer, Edwin: The technic of the operative treatment of neoplasms of the 
urinary bladder. (Die Technik der operativen Behandlung von Neubildungen der 
Harnblase.) Ann. of surg. Bd. 73, Nr. 1, S. 72—76. 1921. 

Obwohl durch die Einführung der hochfrequenten Kauterisation mittels Cysto- 
skops die Erfolge der Behandlung der Blasengeschwülste seit 1910 sich wesentlich 
gebessert haben, wird für die Behandlung derjenigen gut- oder bösartigen Blasen- 
tumoren, a) welche nicht leicht zu erreichen, b) welche den Sphincter umgeben und 
infolge Blutung eine gründliche Behandlung unmöglich machen, c) welche so zahlreich 
sind, daß sie die ganze Blase befallen (Papillomatosis) und d) welche keine cysto- 
skopische Untersuchung zulassen, folgendes durch 6 Bilder illustriertes operatives Vor- 
gehen empfohlen. 


Diese Methode hat noch besonders den Vorteil, Implantation von Geschwulstkeimen 
bei der Operation zu verhüten. Bei sorgfältig gespülter und entleerter Blase sowie leichter 
Trendelenburgscher Beckenhochlagerung des Patienten senkrechter Schnitt über dem 
Schambein und extraperitoneale Freilegung der Blase. Nach Abschützen der Umgebung der 
Blase mittels Gazetamponade Eröffnung der Blase. Ausgiebige Kauterisation evtl. vorhandener 
Papillome. Bei infiltrierenden Tumoren Resektion mittels Thermokauters. Liegt die Ureter- 
öffnung im Tumor, so ist dieselbe mit zu resezieren und der Ureter in einen gesunden Teil 
der Blase neu einzusetzen. Nach Entfernung sämtlicher Tumoren wird die Hochlagerung 
aufgegeben und die ganze Wunde für etwa 5 Minuten mit Alkohol gefüllt, wobei die Biase 
zurücksinken darf. Nach dem Alkoholbad frische Gazeumlegung und Naht der Blase durch 
zweischichtige Naht bis auf ein suprapubisches Drain. Schichtweise Naht der Wunde, Tam- 
ponade ober- und unterhalb des Drains. 

Radium sollte nur bei vorgeschrittenen, infiltrierenden und inoperablen Fällen 
angewandt werden. Kaerger (Kiel).°° 

Linde, Fritz: Zwei Hillsmaßnahmen bei operativem Verschluß ausgedehnter 
Blasenwanddefekte. (Knappschaftskrankenh. I, Gelsenkirchen III.) Zentralbl. f. 
Chirurg. Jg. 48, Nr. 47, 8. 1719—1721. 1921. 

Bericht über eine nach 7 vergeblichen Operationen bestehende handtellergroße Blasen- 
scheidenfistel mit Prolaps der Blasenschleimhaut. Bei einem 8. Eingriff wurde zwecks aus- 
giebiger Berieselung der Blase und Verhinderung der Stagnation ein Katheter von der Opera- 
tionswunde aus, ein zweiter durch eine unmittelbar vor der vorderen Muttermundslippe an- 
gelegte Stichincision in die Blase eingeführt, zur Entlastung der Blasennaht die Portio mit 
Zangen vor die Schamspalte gezogen und das hintere Scheidengewölbe tamponiert. Unter aus- 
giebiger Berieselung der Blase heilte der Defekt zur Hälfte ab. Einige Monate später wurde 
der Rest der Fistel operativ verschlossen, die Blasennaht wiederum durch Vorziehen des Uterus 
entlastet. Nach diesmal 5 Wochen lang mit der Martinschen Kugel durchgeführter Dauer- 
berieselung wurden noch während 2 Wochen tägliche Blasenspülungen gemacht und dann 
der von der Scheide aus eingeführte Abflußkatheter entfernt. Heilung. Rübsamen (Dresden). 

Day, Robt. V.: Ureteral transplants for obstruction of the lower ureter. (Über 
Einpflanzungen des Ureters in die Haut bei Unwegsamkeit des unteren Ureterab- 
schnittes.) California state journ. of med. Bd. 19, Nr. 1, S. 21—23. 1921. 

Dies kommt in Betracht bei fortgeschrittenen Blasentuberkulosen mit doppel- 
seitigen tuberkulösen Nieren; sodann als Ersatz der Nephrektomie, wenn Zweifel 
besteht, ob die andere Niere für vikariierenden Ersatz genügt, und zuletzt bei Fällen von 


256 Krankheiten der Harnorgane der Frau. 


carcinomatöser Infiltration des unteren Ureterabschnittes. Die Technik ist einfach. 
Am besten implantiert man am äußeren Drittel der Rectusscheide oder in der Semilunar- 
linie. Samuel (Köln a. Rh.). 

McEachern, J. D.: Uretero-ureteral anastomosis. A modification of van Hook’s 
technique. (Uretero-Ureteralanastomose. Modifikation der van Hookschen Technik.) 
Ann. of surg. Bd. 74, Nr. 1, S. 92—95. 1921. 

Gelegentlich der Exstirpation sehr großer Uterusfibrome Durchschneidung eines 
Ureters. Wiedervereinigung nach folgender Methode: Abbinden des distalen Endes 
und Anlegen eines Schlitzes an der lateralen Seite. Abschneiden des proximalen Endes 
in schräger Richtung in einem Winkel von 130°. Durchführung zweier Fadenzügel 
durch das obere Ureterende lateral und medial von innen nach außen, die durch die 
laterale und mediale Wand des unteren Endes von innen nach außen durchgeführt 
werden und an denen das proximale Ende in das distale Ende hineingezogen wird. 
Knüpfung der Fäden. Nur noch eine Knopfnaht an jeder Seite. Nach 5/, Jahren 
bestes Funktionieren des Ureters. Das Verfahren soll eine Verengerung an der Im- 
plantationsstelle vermeiden. Bernard (Wernigerode). °° 

Merletti, Cesare: Ricostruzione plastica, con metodo nuovo del terzo anteriore 
dell’ uretra femminile distrutta. (Plastischer Ersatz des defekten vorderen Drittels 
der weiblichen Harnröhre mittels neuer Methode.) (Scuola ostetr., univ., Ferrara.) 
Riv. d’ostetr. e ginecol. prat. Jg. 3, Nr. 5, S. 177—183. 1921. 

Der Harnröhrendefekt war bei der Exstirpation eines Urethraltumors entstanden. 
Bestehendes Harnträufeln wurde — unter Anführung der älteren Literatur — auf das 
Fehlen des vorderen Harnröhrenanteils bezogen, jedoch läßt sich aus der Beschreibung 
des Falles annehmen, daß die Inkontinenz durch Narbenzug bedingt war. Der fehlende 
vordere Teil des Harnröhrenschlauches wurde durch seitliche Einstülpung von Scheiden- 
schleimhautlappen gebildet, ein weiterer gestielter Schleimhautlappen, genau in die 
vordere Anfrischungsfigur passend, wurde nach innen von der Narbenöffnung aus der 
vorderen Scheidenwand ausgeschnitten, nach vorn umgeschlagen und genau in die 
vordere Anfrischungsfigur eingenäht, so daß das neugebildete Schleimhautrohr dadurch 
gedeckt ist, was auf schematischen Abbildungen zu sehen ist. Der durch Ausschneiden 
des gestielten Lappens entstandene Schleimhautdefekt wurde forlaufend durch Längs- 
naht vereinigt, wodurch Merletti offenbar unbewußt den Narbenzug und die Ursache 
der Inkontinenz beseitigte. Als Nahtmaterial wurde ausschließlich Catgut verwandt. 
Patientin konnte nach 10 Tagen geheilt entlassen werden. Rübsamen (Dresden). 

Serés, Manuel: Der erste Fall in Spanien von ausgedehnter Wiederberstellung 
der Urethra mittels Vaginalschleimhaut. Rev. españ. de med. y cirug. Jg. 4, Nr. 41, 
S. 634—639. 1921. (Spanisch.) 

Bericht über einen 48jährigen Mann, dem durch eine Dammphlegmone die Urethra in 
einer Länge von 6cm zerstört war. In einer dreizeitigen Operation gelang es, durch Implan- 
tation eines Schlauches, der durch Vaginalschleimhaut gebildet und um einen Verweilkatheter 
genäht war, den normalen Urinweg wieder herzustellen. Histologische Untersuchungen anderer 


Autoren ergaben, daß das Implantat seinen vaginalen Charakter verliert und sich der Schleim- 
haut der Urethra allmählich angleicht. Liegner (Breslau). 


Franz: Über Urethralplastik. (Ges. f. Geburtsh. u. Gynäkol., Berlin, Sitzg. v. 
12. XI. 1920.) Zeitschr. f. Geburtsh. u. Gynäkol. Bd. 84, H. 2, S. 525—529. 1921. 

Franz (Berlin) berichtet über eine 26jährige Patientin mit postoperativem völligem 
Defekt der Urethra. Hinter der Symphyse fand sich ein tiefes, für den Zeigefinger 
durchgängiges Loch der Blase. Versuch nach W. A. Freund durch Verlagerung des 
Uterus (vordere Cöliotomie) eine Kontinenz zu schaffen. Vorübergehender Erfolg. 
Bei einer zweiten Operation wird aus der Scheide um die Fistelöffnung herum eine 
Harnröhrenöffnung gebildet, der Uterus nochmals nach vorn gezogen und fixiert wie 
das erstemal. Resultat ebenfalls nur vorübergehend. Dritte Operation: Muskelfascien- 
plastik aus den Bauchdecken. Solange der Dauerkatheter lag (14 Tage), war Patientin 
vollständig trocken, dann aber wieder völlig inkontinent. 4 Wochen später fing Pa- 


Operationen an den Harnorganen (Fisteln usw.). 257 


tientin an, das Wasser anzuhalten und das Resultat hat sich auch weiterhin gebessert ; 
nur nachts, wenn Patientin tief schläft, läuft noch Urin ab. Beim Stehen wird das 
Wasser besser angehalten als beim Liegen. Das Befinden der Patientin ist als ganz 
wesentlich gebessert anzusehen. Rübsamen (Dresden). 
Davis, Edwin G.: The Young-Stone operation for urethrorectal fistula. Report 
of three cases. (Die Young-Stonesche Urethrorectalfisteloperation. Bericht über 


3 Fälle.) (Dep. of urol., univ. of Nebraska coll. of med., Lincoln.) Surg., gynecol. 


a. obstetr. Bd. 32, Nr. 3, S. 225—231. 1921. 

Das Verfahren hat Ähnlichkeit mit der Whiteheadschen Hämorrhoidaloperation 
und ist folgendes: Mediane Incision des Dammes und Umschneidung des Afters an 
der Schleimhautgrenze. Der unterste Abschnitt des Darmrohres wird allseitig frei- 
präpariert und bis oberhalb der Fistel herausgezogen, der Afterschließmuskel und das 
Fleisch des Dammes werden durchtrennt. Die urethrale Fistelöffnung wird nach ihrer 
Freilegung angefrischt und vernäbt, sodann die durchtrennten Perinealmuskeln und 
der Sphincter wieder vereinigt,. worauf Amputation des untersten hervorgezogenen 
Darmabschnitts mitsanıt der Fistelöffnung erfolgt und das gekürzte Ende des Darm- 
rohres mit der Analhaut vernäht wird. Vor Beginn der perinealen Operation angelegte 
suprapubische Drainage mit einem Vakuumapparat. Die 3 geheilten Fälle von Davis 
beweisen, wie die bereits früher von Young - Stone mitgeteilten günstigen Resultate, 
die Brauchbarkeit der Methode, deren einzelne Phasen in vorzüglichen Abbildungen 
wiedergegeben sind. Rübsamen (Dresden). 

Rübsamen: Sicherung der Blasenfistelnaht durch Interposition der Plica 
vesico-uterina und Einnähung der Cervix in den vorderen Levatorspalt. (Gynäkol. 
Ges., Dresden, Sitzg. v. 26. V. 1921.) Zentralbl. f. Gynäkol. Jg. 45, Nr. 40, S. 1454 
bis 1455. 1921. 

R. hat erstmals 1917 die Plica zwecks Deckung einer bei Prolapsoperation 
entstandenen Blasenverletzung erfolgreich interponiert. Auf Grund des dabei erzielten 
günstigen Ergebnisses und durch die Arbeit von Solms 1920 wiederum auf die Wichtig- 
keit der Maßnahme hingewiesen, hat R. neuerdings auch bei einer einmarkstückgroßen 
Blasencervixdefektfistel diese Peritonealüberdeckung der nach den Füthschen 
Prinzipien vernähten Fistelstelle ausgeführt. Um die Operationsstelle zu schützen und 
um einsr Harninkontinenz vorzubeugen, hat R. noch die von ihm als Inkontinenz- 
operation angegebene Einnähungsfixation der freigelegten Cervix in den vorderen 
Levatorspalt hinzugefügt. — Primäre Heilung. Rübsamen (Dresden). 

Rübsamen, W.: Die Sicherung der Blasenfistelnaht durch Interposition der 
Plica vesico-uterina und Einnähung der Cervix in den vorderen Levatorspalt. 
(Staatl. Frauenklin., Dresden.) Arch. f. klin. Chirurg. Bd. 118, S. 220—227. 1921. 

Sachs, E.: Wer abdominale Operation hochsitzender Blasencervixfisteln. 
(Krankenkh. d. jüd. Gem., Berlin.) Monatsschr. f. Geburtsh. u. Gynäkol. Bd. 54, H. 4, 
S. 245—247. 1921. 

Bericht über einen operativ geheilten Fall. Die Fistel war durch Verletzung der Blase 
bei einem cervicalen, transperitonealen Kaiserschnitt entstanden. Sachs empfiehlt nicht für 
alle Fälle den abdominalen Weg, der ihm bei der beschriebenen Patientin wegen der Enge de: 
Vagina als der gegebene erschien. Als das Wesentliche der Operation wird 1. die Verschiebung 
des vesicalen und des cervicalen Fistelanteiles gegeneinander und 2. die sichere Trennung der 
beiden Fisteln durch dazwischen gelagertes Peritoneum bezeichnet. Die Naht der Blasen- 
schleimhaut selbst hält S. für ganz unnötig, in seinem Falle hat er das Loch in der Blase mittels 
durch Serosa und Muskulatur gelegte Catgutnähte verschlossen. Rübsamen (Dresden). 

MacKenzie, David W.: Vagino-vesical and utero-vesieal fistulae. (Vesico- 
vaginale und vesico-uterine Fisteln.) (Victoria hosp., Montreal.) Journ. of urol. Bd. 6, 
Nr 1, S. 61—75. 1921. 

Ohne Anspruch auf Originalität zu machen, beschreibt der Verf. an Hand von Abbildungen 
die von ihm in verschiedenen Fällen meist mit günstigem Erfolge zum Fistelverschluß an- 
gewandten Methoden. Besonderer Wert wird darauf gelegt, daß namentlich bei hochsitzenden 
Fisteln das Operationsgebiet durch beiderseitige perineale Incisionen zugänglich gemacht 


Jahresbericht f. d. ges. Gynäkologie 1911. 17 


258 Krankheiten der Harnorgane der Frau. 


wird und daß die einzelnen Gewebsschichten präparatorisch genau voneinander getrennt 
werden. Die Vernähung geschieht in mehreren Schichten mittels Catgut, wobei die Blase an 
der defekten Stelle eingestülpt wird. Nach der Operation wird die Scheide mit Jodoformgaze 
fest ausgestopft und mit Recht legt Mackenzie großen Wert auf exakte Nachbehandlung. 
Rübsamen (Dresden). 

Nicolieft, F.: La via transperitoneale nella cura delle fistole vescico-utero- 
vaginali. (Fistula juxta - cervicalis profunda.) (Der transperitoneale Weg bei der 
Behandlung der Blasen-Uterus-Scheidenfistel.) (Istit. di ginecol., Sofia.) Rif. med. 
Jg. 37, Nr. 9, S. 199—202. 1921. 

Mäßig gute Abbildungen illustrieren das operative Vorgehen bei einem sehr günstig 
verlaufenen Falle. Die vor der Operation einlirestückgroße Cervixdefektfistel bei der 
23jährigen Patientin, die früher bereits zwei tote Kinder geboren hatte, war bei der 
dritten, 2 Tage lang dauernden Geburt entstanden. Bei dem transperitonealen Vor- 
gehen (Längsschnitt) wird besonderer Wert auf ausgiebige, weit seitlich bis in das Ure- 
terengebiet reichende Mobilisation des Operationsgebietes gelegt, damit die Fistel 
ohne Spannung in drei Etagen transversal vernäht werden kann. Als Nahtmaterial 
wird ausschließlich Catgut verwandt. Die Patientin wurde nach 38 Tagen geheilt 
entlassen. Rübsamen (Dresden). 


Schmidt, Hans R.: Über eine operierte Mastdarm-Blasen- und Mastdarm- 
Scheidenfistel. (Univ.-Frauenklin., Bonn.) Zentralbl. f. Gynäkol. Jg. 45, Nr. 19, 


S. 665—667. 1921. 

Zweizeitiges Operieren bei einem 8jährigen Kinde. In der ersten Sitzung Verschluß der 
Blasen-Mastdarmfistel durch Laparotomie. Nach 6 Wochen gelang auch der vaginale Ver- 
schluß der Scheiden-Mastdarmfistel.e Es handelt sich zweifellos um einen äußerst seltenen 
Fistelfall. Entstehung ist offenbar auf eine Sicherheitsnadel zurückzuführen, die von der 
Blase in den Darm und von hier wieder nach der Scheide durchwanderte, von wo sie im 1. 
bis 2. Lebensjahre entfernt worden war. Rübsamen (Dresden). 

Melletti, Mario: Sopra un caso di fistola vescico-uterina di origine puerperale 
guarita col metodo transveseicale. Contributo allo studio delle fistole genito-urinarie. 


Arte ostetr. Jg. 35, Nr. 10, S. 99—104, Nr. 11, S. 109—113 u. Nr. 12, S. 123—129. 1921. 


Chute, A. L.: A suggestion for the postoperative care of vesico-vaginal fistulae. 
(Ein Vorschlag zur postoperativen Behandlung der Vesico-Vaginalfisteln.) Journ. of urol. 
Bd. 6, Nr. 1, S. 77—81. 1921. 


Stöckel, W.: Die Therapie der Incontinentia urinae bei traumatischer Schädi- 
gung der Sphinctermuskulatur. (Univ.-Frauenklin., Kiel.) Zentralbl. f. Gynäkol. 
Jg. 45, Nr. 1, S. 17—32. 1921. 

Zunächst Hinweis auf die Anatomie des Operationsgebietes. Der Blasenverschluß 
erfolgt nicht konzentrisch wie beim Sphincter ani, sondern im Sinne eines Quetsch- 
hahnverschlusses. Nichtperforierende Verletzungen des Blasenschließmuskels am hin- 
teren Halbkreis der inneren Harnröhre entstehen meist bei Geburten, seltener bet 
gynäkologischen Operationen, Traumen, kriminellen Aborten. Zwecks Heilung der 
Einrisse sind genau wie beim Dammriß III. Grades, die retrahierten Stümpfe aufzu- 
suchen, anzufrischen und zu vernähen. Die genaue Lokalisation gelingt meist schon 
vor der Operation cystoskopisch, wobei eine Delle, Einkerbung oder Spalt am Sphincter- 
rand zu erkennen ist; vor allem aber ist bei der Operation selbst das ganze Sphincter- 
gebiet freizulegen (Längsschnitt), dann kann der aufgesuchte Muskeleinriß leicht 
exakt vernäht werden. Diese „direkte Muskelplastik“ ist „die“ Inkontinenz- 
operation. Zur Sicherung des Erfolges dieser sind weitere operative Maßnahmen 
erforderlich, namentlich bei Vorhandensein von Adhäsionen, bei Verlust der hinteren 
Harnröhrenwand, bei Kombination mit Fisteln des Blasenhalses. Zunächst kommen 
von den Methoden der künstlichen Ringbildung in Betracht die von Goebell 
erfundene, von Frangenheim modifizierte und von Stoeckel für die Therapie 
der traumatischen Sphincterschädigung methodisch weiter ausgebaute Pyramidalis- 
fascienplastik. Die Technik ist im Original nachzulesen. Der gebildete Ring hat die 


Operationen an den Harnorganen (Fisteln usw.). 259 


Bedeutung eines Schutzverbandes für die direkte Muskelplastik. Nachuntersuchungen 
haben ergeben, daß der Blasenhals durch den Effekt der Operation stark bauchdecken- 
wärts gehoben wird. St. kommt zu dem Schluß, daß es ziemlich gleichgültig ist, woraus 
der Ring gebildet wird, wenn er nur dauernd bestehen bleibt und von den Bauch- 
decken hochgehoben und gehalten wird. Diese Ansicht wird gestützt durch die Erfolge, 
die Rapin mit der Bildung eines toten Rings (Seide) erzielt hat. Die Ringbildung 
aus den Ligg. rotunda (Solms) scheint St. komplizierter und weniger sicher im Er- 
folge zu sein. Von den Methoden der Unterpolsterung des Blasenhalses erwähnt St. 
die von ihm selbst noch nicht angewandte Levatorplastik nach R. Franz, die er in 
Zukunft bei der Kombination von Sphincterläsion und Harnröhren- oder Blasen- 
Scheidenfistel verwenden wird, ferner die Uterusinterposition nach Schauta-Wert- 
heim. St. hat die Pyramidalisfascienplastik selbst in 12 zum Teil sehr schwer liegen- 
den Fällen angewandt, deren Krankengeschichten kurz angegeben sind. In 10 Fällen 
wurde primäre Heilung erzielt. In einem Falle von Versagen der Pyramidalisfascien- 
plastik führte die Uterusinterposition zu Heilung. Ein Fall mit schwerer zentraler 
Innervationsstörung blieb ungeheilt. Die älteren Methoden zur Inkontinenzbehand- 
lung, die Harnröhrendrehung Gersunys, die Injektion von Paraffin oder Menschen- 
fett hält St. nicht für empfehlenswert, da sie leicht zu erheblicher Verschlechterung 
des Leidens führen können. Die Lektüre der mit guten Abbildungen versehenen grund- 
legenden Ausführungen St. ist sehr zu empfehlen, zumal es St. in erster Linie zu danken 
ist, sicher erfolgversprechende Inkontinenzoperationen in die Gynäkologie eingeführt 
zu haben. Rübsamen (Dresden). 

Rübsamen, W.: Die operative Behandlung der Harninkontinenz beim Weibe. 
II. Mitt. (Staatl. Frauenklin., Dresden.) Arch. f. Gynäkol. Bd. 114, H. 3, S. 441 
bis 446. 1921. 

Unter Einschluß von 3 Fällen der ersten Mitteilung liegen der Arbeit insgesamt 
14 Fälle von geheilter Harninkontinenz zugrunde. Einleitend wird die Anatomie des 
Operationsfeldes besprochen und betont, daß nach Kalischer und Zangemeister 
der Harnröhrenverschluß nicht konzentrisch wie beim Sphincter ani, sondern ‚„quetsch- 
hahnartig“ erfolgt, was auf der siegelringartigen Anordnung des Schließmuskels beruht. 
Verletzungen dieses an der Blasen-Harnröhrengrenze liegenden Musc. sphincter trigo- 
nalis, wie sie nach Traumen, schweren operativen und spontanen Geburten zustande- 
kommen, führen zu Inkontinenz, die auch kongenital bedingt sein kann. Die cysto- 
skopische Untersuchung gibt meist Aufschluß über die Lokalisation des Risses oder 
Defektes. Bei der Operation muß die ganze Urethra und das Sphinktergebiet bis zu 
den Ureteren freigelegt werden, dann gelingt es, den Muskeldefekt aufzufinden und 
durch Naht zu versorgen. Die in unkomplizierten Fällen richtig durchgeführte direkte 
Muskelplastik ist nach Stöckel die Operation, die mit großer Sicherheit zum Erfolge 
führt. Es ist aber notwendig, daß sie auch dann als erster und besonders wichtiger Akt 
der Operation ausgeführt wird, wenn Komplikationen vorliegen, die noch weitere Maß- 
nahmen zur Sicherung des Erfolges erfordern, erstens beim Vorhandensein starker 
Adhäsionen zwischen Beckenknochen, Blase und Harnröhre, die die Gegend der inneren 
Harnröhrenmündung verzerren und durch die Dehnung des hinteren Urethralabschnittes 
einen unter physiologischen Verhältnissen nicht vorhandenen Blasenhals erzeugen; 
zweitens bei gleichzeitigen perforierenden Weichteildefekten der Harnröhre oder der 
Blase (Fisteln). In allen diesen Fällen genügt die direkte Muskelplastik allein nicht, 
sondern es müssen Zusatzoperationen ausgeführt werden, die sich nach Stöckel in die 
Methoden der künstlichen Ringbildung und die Methoden der Unterpolsterung des sog. 
Blasenhalses einteilen lassen. Es werden zunächst die Methoden der künstlichen Ring- 
bildung und die von Goebell erfundene, von Frangenheim und Stöckel weiter 
ausgebaute Fascienpyramidalisplastik besprochen. Bei der Operation werden zwei 
aus der vorderen Rectusscheide herausgeschnittene Fascienstreifen, an deren Unterfläche 
die Pyramidalismuskeln bzw. Teile der Rectusmuskeln haften, hinter der Symphyse 


17* 


260 Krankheiten der Harnorgane der Frau. 


heruntergeschlagen und um den freipräparierten und durch direkte Muskelplastik 
versorgten Blasenhals herumgelegt. In dem ersten Falle hat R. eine nach endo- 
vesicaler Blasensteinoperation seit 8 Jahren vollkommen inkontinente und bereits 
erfolglos operierte Patienten auf diese Weise vollkommen und dauernd geheilt, so daß 
die Frau, die früher keinen Tropfen Urin zurückhalten konnte, bis zu 9 Stunden den 
Urin in der Blase zurückhalten kann. Einen weiteren sehr schweren Fall von Inkonti- 
nenz hat R. nach 43jährigem Bestehen operativ geheilt. Patientin, die an kongenitalem 
Defekt der Urethra litt, war bereits 9 mal ohne Erfolg von anderer Seite operiert worden. 
R. hat sich in dem Falle nicht darauf beschränkt, das Verfahren von Goebell - Stöckel- 
Frangenheim in seiner bisherigen Form anzuwenden, sondern hat die hinter der 
Symphyse um die Harnröhre herabgeschlagenen Muskelfascienstreifen gekreuzt und 
beiderseits an die Pars pubica des Levator ani angeheftet. Der Erfolg dieses Vorgehens 
besteht darın, daß Patientin sowohl bei der Kontraktion der Bauchdecken, als auch der 
Beckenbodenmuskulatur die Harnröhre willkürlich verschließen kann, sie kann im 
Liegen 6 Stunden, im Gehen und Stehen 3—4 Stunden lang bis zu 500 ccm Urin in der 
Blase bequem zurückhalten. R. geht kurz auf die wissenschaftlich interessante Frage 
ein, wie der Erfolg bei dieser Operation zu erklären ist und welcher Anteil daran den 
transplantierten Muskeln bzw. den Fascienstreifen zuzuschreiben ist. Die Nachunter- 
suchung der von R. Operierten beweist, daß durch den Pyramidalisfascienring der 
Blasenhals stark bauchdeckenwärts gehoben wird und daß die Frauen auch nach Jahren 
noch imstande sind, die Harnröhre willkürlich zu schließen. Konkurrenzmethoden 
der Pyramidalisfascienplastik sind das Vorgehen von Ra pin, wobei mittels Seidenfäden 
ein toter Ring um den Blasenhals gebildet wird, und ferner das Verfahren von Solms, 
bei dem eine Ringbildung aus den Ligg. rotunda vorgenommen werden soll. R. wendet 
sich nun den Methoden der Unterpolsterung des Blasenhalses zu, wodurch eine Hub- 
wirkung auf den Blasenhals erzielt wird. In 6 Fällen von schwerer Inkontinenz, 5 mal 
nach schweren Geburten, 1 mal traumatisch (Masturbation) entstanden, führte R. mit 
sehr gutem Erfolg die von R. Fran z angegebene und in 2 Fällen erfolgreich angewandte 
Levatorplastik aus, wobei von dem freigelegten pubischen Anteil des Musc. levator ani 
beiderseits fingergliedlange Segmente abgespalten, unter die Urethra gelegt, mitein- 
ander und am Blasenhals angenäht werden. In diesen Fällen tritt zweifellos keine 
Atrophie der transplantierten Muskeln ein, was man durch Palpation nachweisen kann, 
2 von diesen Fällen waren mit Myomen kompliziert, die vor der Inkontinenzoperation 
exstirpiert worden waren. Eine weitere Methode der Unterpolsterung des Blasenhalses 
ist die Uterusinterposition nach Wertheim in Form der Einnähungsinterposition. Daß 
die Interposition erstmals von Hofmeier als Inkontinenzoperation angewandt wurde, 
ist in der vorliegenden Arbeit nicht erwähnt. R. hat diese zunächst in 2 unkompli- 
zierten Fällen mit sehr gutem Erfolge ausgeführt und später auch in einem genauer 
besprochenen, von anderer Seite mehrfach erfolglos operierten Falle mit vollkommenen 
Defekt des Blasenhalses im Sinne der Freundschen Fisteloperation (Bracht) aus- 
geführt. Auch hier konnte ein befriedigender Erfolg erzielt werden. Als letzte Methode 
wird die von R. selbst angegebene Einnähungsfixation der Cervix uteri in die pubische 
Partie der Levatoren, die als Ersatz für die Franzsche Levatorplastik anzusehen ist, 
und mit der außerordentlich gute Resultate auch in sehr schweren Fällen zu erzielen 
sind, besprochen. Ein schwerer Fall von tokogenetischer Inkontinenz wurde damit 
primär glatt geheilt, der weitere Fall war durch eine talergroße Harnröhren-Blasen- 
scheidenfistel kompliziert, die zunächst nach der von R. modifizierten Füthschen Ope- 
rationsmethode bis auf eine kleine Blasenfistel und 2 kleine linksseitige Ureterfisteln 
in der ersten Sitzung verschlossen werden konnte. Es folgten zwei erfolglose Zusatz- 
operationen. Zuletzt wurde dann der linke Ureter, ähnlich wie bei der Fengerschen 
Nierenbeckenplastik, bei seiner Einmündungsstelle in die Blasenfistel implantiert und 
dadurch die Blasen- und Ureterfisteln verschlossen. Nachdem dies geschehen war, 
wurde zur Beseitigung der außerdem noch bestehenden urethralen Inkontinenz die 


Operationen an den Harnorganen (Fisteln usw.). 261 


Einnähungsfixation der freigelegten Cervix in die Levatoren ausgeführt. Die Heilung 
erfolgte nach diesem Eingriff glatt und Patientin ist nun völlig kontinent und imstande, 
den Urin 9—10 Stunden anzuhalten. Bemerkenswert ist, daß nach Ausführung der 
Einnähungsfixation der Cervix die Patientinnen imstande sind, die Portio vaginalis 
gegen die Symphyse zu heben und anzupressen. Ein weiterer Fall von kongenitaler 
Inkontinenz wurde durch atypische Operation geheilt. .Die Befunde und Einzelheiten 
des operativen Vorgehens sind in 10 Textabbildungen wiedergegeben. Allen den Patien- 
tinnen, die sich noch im gebärfähigen Alter befanden, wurde geraten, bei etwa eintreten- 
der Schwangerschaft die Geburt durch Kaiserschnitt beenden zu lassen. R. ist 
der Ansicht, daß es nicht empfehlenswert ist, eine und dieselbe Methode, z. B. 
die Pyramidalisfascienplastik generell in allen Fällen anzuwenden, sondern schlägt vor, 
für jeden Fall die gerade am besten passende Methode auszuwählen. Das neue Verfahren 
der Cervixeinnähung zwischen den Spalt der Levatoren hat den Vorteil, daß es weniger 
schwierig auszuführen ist, als die Methoden von Goebell-Stöckel-Frangenheim 
und von R. Franz. Ebenso wichtig wie die Technik der Operation ist auch die exakte 
Nachbehandlung, die eine dauernde Kontrolle der Operierten erfordert. Alle übrigen 
Methoden, die zur Behandlung der Harninkontinenz angegeben sind, z. B. die Harn- 
röhrendrehung nach Gersuny, die Paraffininjektion und die Menschenfettinjektion 
(Gefahr der Lungenembolie!) usw. sind nicht zu empfehlen und zeitigen schlechte Resul- 
tate, da ihnen keine richtigen anatomischen und physiologischen Vorstellungen zugrunde 
liegen. Rübsamen (Dresden). 
Reifferscheid, K.: Die operative Heilung der Incontinentia urinae bei Epispadie 
durch die Goebell-Stoeckelsche Operation. (Univ.-Frauenklin., Göttingen.) Zen- 


tralbl. f. Gynäkol. Jg. 45, Nr. 3, S. 97—102. 1921. 

Es handelte sich in dem erfolgreich operierten Fall um ein 23jähriges Mädchen mit Epi- 
spadie (Spaltbecken). Nach dem Vorschlage von Rübsamen wurden die Enden der herab- 
geschlagenen Fascienstreifen von der Vagina aus an den Levatorschenkeln befestigt, um die 


muskulöse Kontraktion dieses Muskels zur Verstärkung der Sphincterwirkung heranzuziehen. 
Rübsamen (Dresden). 
Fuchs, H.: Zur Heilung der Blaseninkontinenz durch die Goebell-Stoeckelsche 
Pyramidalis-Fascienplastik. (Priv.-Frauenklin. v. Dr. Fuchs, Danzig.) Zentralbl. f. 
Gynäkol. Jg. 45, Nr. 2, S. 66—70. 1921. 
Mitteilung eines erfolgreich operierten Falles. Früher war schon ohne Erfolg eine einfache 
Muskelplastik am Blasenhalse mit Naht der Dehnungsrisse in Verbindung mit der vaginae- 
fixura uteri ausgeführt worden. Rübsamen (Dresden). 


Linkenbach, Max: Beiträge zur Verwendbarkeit der Goebell-Stoeckelschen 
Operation. (Städt. Krankenh., Bielefeld.) Zentralbl. f. Gynäkol. Jg. 45, Nr. 30, S. 1069 
bis 1071. 1921. 

Cohn, Moritz: Die Behandlung der Incontinentia urinae durch die Pyramidalis- 
plastik (Goebell-Stoeckel). Zentralbl. f. Chirurg. Jg.48, Nr. 33, S. 1186—1187. 1921. 

Bröse, P.: Über die Verwendung der Musculi pyramidales bei der operativen 
Behandlung der Incontinentia urinae. Zentralbl. f. Gynäkol. Jg. 45, Nr. 4, S. 139 
bis 142. 1921. 

In einem vorher ohne Dauererfolg mit Paraffininjektionen und operativ behandelten 
Falle konnte lediglich durch die Vernähung der Pyramidalisfascienlappen unterhalb des 
Blasenhalses völlige Kontinenz erzielt werden. Rübsamen (Dresden). 

Flörcken, H.: Die operative Behandlung der Incontinentia urinae. (St. Marien- 
krankenh., Frankfurt a. M.) Bruns’ Beitr. z. klin. Chirurg. Bd. 124, H. 2, S. 458 
bis 466. 1921. 

Flörcken hat bei einem 11jährigen Jungen und einem 35jährigen Fräulein mit 
Epispadie die bestehenden Inkontinenzerscheinungen durch ausschließlich von oben 
her durchgeführte Fascienmuskelplastik aus den Bauchdecken erfolgreich beseitigt. 
Bei einer dritten Patientin mit traumatisch (Beckenbruch) entstandener Harninkon- 
tinenz fanden sich beim nur von oben her stattfindenden Präparieren Narbenkompli- 
kationen, die zum Teil auf vorausgegangene vergebliche Paraffininjektionen zu be- 


262 Gieschlechtskrankheiten. 


ziehen sind. Das in diesem Falle mit der Fascienmuskelplastik erzielte Resultat ist 
nur ein relatives, da im Gehen noch Harnträufeln besteht. Fl. macht Störungen in der 
Rekonvaleszenz (Urinfistel mit eitriger Cystitis) für das unbefriedigende Resultat ver- 
antwortlich. Ferner berichtet Fl. über eine Patientin, bei der wegen hochgradiger 
Schrumpfblase nach Nierentuberkulose der Ureter mit gutem Erfolg in die Flexura 
sigmoides eingepflanzt wurde. Rübsamen (Dresden). 


Dillon, James R.: Urinary incontinence and its operative repair. (Die Harn- 
inkontinenz und ihre operative Behandlung.) California state journ. of med. Bd. 19, 
Nr. 2, S. 61—64. 1921. 

Dillon operierte 4 Männer mit traumatischer Harninkontinenz, die dreimal nach 
Prostatektomie, einmal nach externer Urethrotomie wegen postgonorrhoischer Harn- 
röhrenstriktur entstanden war. D. vereinigte perineal bzw. transvesical die durch- 
schnittenen Sphincteren, erzielte bei 2 Patienten günstige Resultate. Von den beiden 
ungeheilten Fällen (frühere Prostatektomien) war der eine durch Tuberkulose kom- 
pliziert, der andere starb 1 Monat nach der Operation. Rübsamen (Dresden). 


-  Hisgen, H.: Beitrag zur operativen Therapie der Harninkontinenz. (Evang. 
Krankenh., Trier.) Zentralbl. f. Gynäkol. Jg. 45, Nr. 49, S. 1783—1786. 1921. 


VII. Geschlechtskrankheiten. 
Gonorrhöe. 


Ottow, B.: Zur Technik der Sekretentnahme aus der weiblichen Urethra. 
Zentralbl. f. Gynäkol. Jg. 45, Nr. 16, S. 559—560. 1921. 

Um die Sekretentnahme aus der weiblichen Urethra einfach, schmerz- und gefahrlos 
zu gestalten, empfiehlt Ottow zunächst ein der Weite des Introitus entsprechendes 
hinteres Spekulum in die Scheide einzuführen und dann mit dem Zeigefinger der linken 
Hand von der Scheide her durch kräftige sukzessive von der Fingerspitze zur Finger- 
wurzel fortschreitende Druckbewegungen gegen die Harnröhre den Sekrettropfen 
'herauszuwälzen. Durch die Einführung des Spekulums fiele die Spreizung der kleinen 
Labien fort, die rechte Hand bleibe frei zur Sekretentnahme. Dadurch, daß der Finger 
unverrückt liegen bleibe, laufe man nicht Gefahr, der Kranken Schmerzen zu bereiten 
oder, wie es sonst leicht möglich sei, durch Streichen und Qucetschen unter Umständen 
Schaden zuzufügen. Schmidt (Bonn). 


Burke, Victor: The Gram stain in the diagnosis of chronic gonorrhea. (Die 
Gramfärbung zur Diagnose der chronischen Gonorrhöe.) Journ. of the Americ. med. 


assoc. Bd. 77, Nr. 13, S. 1020—1022. 1921. 

Die Diagnose der chronischen Gonorrhöe durch die heutigen Färbemethoden ist nicht 
befriedigend; selbst die Gramfärbung läßt Zweifel entstehen. Diese rühren hauptsächlich davon 
her, daß das Untersuchungsmaterial des Urogenitalapparates in seiner chemischen Reaktion 
bald alkalisch, bald sauer ist. Burke hat nun unter Verwendung und Zusatz von Alkali und 
Säure die Gramprobe abgeändert und hält diese Abänderung für besonders geeignet zur Unter- 
suchung von gonokokkenverdächtigen Abstrichen. Haller (Berlin). 


Jötten, K. W., Beziehungen verschiedener G onokokkenarten zur Schwere der Infek- 
tion. (Hyg. Inst., Univ. Leipzig.) (Zeitschr. f. Hyg. u. Infektionskrankh., Bd. 92, 
H. 1, S. 9—29.) 
Vgl. Referat S. 28. 


Buschke, A. und E. Langer, Toxizitätsprüfungen und Tierübertragungsversuche 
mit anaeroben Gonokokken. (Rudolf Virchow-Krankenh,, Berlin.) (Dermatol. 
Wochenschr. Bd. 72, Nr. 14, S. 273—277.) 

Vgl. Referat S. 31. 


Fey, Hellmuth, Vergleichende Untersuchungen über Antikörperbildung bei Go-. 
norrhöe. (Hyg. Inst., Univ. Leipzig.) (Zeitschr. f. Immunitätsforsch. u. exp. 
Therap., Orig., Bd. 88, H. 2, S. 178—196.) 

Vgl. Rəferat S. 29. 


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Gonorrhöe. 263 


- Peters, Paul: Beiträge zur biologischen Diagnose der Gonorrhöe. (Städt. 
Krankenh., Altona.) . Arch. f. Dermatol. u. Syphilis, Orig., Bd. 131, S. 329—349. 1921. 
Peters prüft an Hand einer zahlreichen Literatur und durch eigene Versuche, inwieweit 
biologisch die Diagnose der Gonorrhöe erleichtert bzw. gesichert werden kann. Die nach In- 
jektionen von Gonokokkenvaccinen bei den Gonorrhoikern auftretenden Temperatur- 
steigerungen können zur Sicherung der Diagnose nur mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit 
verwendet werden, die an der Injektionsstelle häufig beobachtete Lokalreaktion ist praktisch 
nicht verwertbar; größerer Anspruch auf Spezifität ist den Herdreaktionen beizumessen, 
namentlich wenn sie in größeren Organen bei komplizierter Gonorrhöe auftreten. Fromme 
beobachtete bei gonorrhoischen Komplikationen der Frauen die Herdreaktion in Form von 
Ziehen im Leibe und Kreuzschmerzen, bei cervicaler und urethraler Gonorrhöe sah er ver- 
mehrte Sekretion, bei gonorrhoischer Endometritis Uterusblutungen, jedoch darf man auch 
hier nicht immer auf die gonorrhoische Natur eines Leidens schließen, wie ein auch von From me 
bbeobachteter Fall lehrt, wobei die Herdreaktion an einem Myom bei einer Virgo beobachtet 
wurde. Der Ophthalmoreaktion durch Einträufelung einiger Tropfen einer abgetöteten 
Gonokokkenaufschwemmung in den Bindehautsack ist eine diagnostische Bedeutung abzu- 
sprechen. Eine größere Verwertbarkeit für die Praxis bietet die Diagnose, die uns die nach 
Vaccineinjektion meist erfolgende Provokationermöglicht: Bruck gelang es, in einer großen 
Reihe von chronischen Gonorrhöefällen, die trotz wiederholter Untersuchung und Anwendung 
der sonst üblichen Provokationsmittel keine Gonokokken in den Präparaten zeigten, nach In- 
jektion von Arthigon Gonokokken in den Präparaten nachzuweisen. Das von E. F. Müller 
beschriebene unspezifische Provokationsverfahren, durch Injektion einer Milcheiweißlösung 
(Aolan) spezifische Reaktionen hervorzurufen, hat Verf. nachgeprüft, jedoch einen negativen 
Erfolg gehabt; ebenso ist der nach Art der Pirquetreaktion bei der Tuberkulose angestellten 
Cutireaktion eine diagnostische Verwertbarkeit abzusprechen. Günstiger erscheinen die nach 
intradermaler Impfung mit Körpergonokokken aufgetretenen Reaktionen. Diese hat Verf. 
in einer großen Reihe von Fällen erprobt und bei Männern zweifellos ein gutes Resultat erhalten: 
Von 42 Gonorrhoikern reagierten positiv 88,1%, negativ 11,9% — von 21 Kontrollpatienten 
negativ 90,4%, positiv 9,5%; bei Frauen und Kindern jedoch ist diese Art der Intradermo- 
reaktion diagnostisch ebenfalls nicht verwertbar, da infolge der größeren Empfindlichkeit 
der weiblichen und kindlichen Haut positive Reaktionen in zu großer Menge auch bei gonor- 
rhoisch nicht erkrankten Frauen und Kindern auftraten. Haller (Berlin). 


Jesionek, A. Zur Histopathologie der Gonorrhöe. (Arch. f. Dermatol. u. Syphilis, 

Orig., Bd. 180, S. 392—404.) 

Vgl. Referat S. 27. 

Lailey, W. W. and H. C. Cruikshank: Complement fixation in the diagnosis 
of gonorrhoea in women. A preliminary report. (Die Komplementbindung zur 
Diagnose der weiblichen Gonorrhöe. Vorläufiger Bericht.) Surg., gynecol. a. obstetr. 
Bd. 33, Nr. 4, S. 414—416. 1921. 

Verff. berichten über eine neue Methode der Komplementfixation zur Sicher- 
stellung der Diagnose der Gonorrhöe, die von Thompson ausgearbeitet wurde (Lancet 
11, 42. 1918). Von einer Reihe von 217 Proben zeigten 116 positiven, 96 negativen 
Komplementfixationsbefund. Die 116 positiven Reaktionen waren im mikroskopischen 
Präparat nach Gram in 79,3% gonokokkenpositiv, in 5,2% zweifelhaft und in 10,3% 
negativ; von den zweifelhaften hatten sämtliche starken Ausfluß, von den negativen 
hatte mehr als die Hälfte Adnexentzündungen, bei einer hatte der Ehemann chronische 
Gonorrhöe. Von den 96 negativen Reaktionen waren klinisch nicht an Gonorrhöe 
erkrankt 84,4%; 12,5% hatten früher positiven, aber zur Zeit der Anstellung der 
Probe negativen Gonokokkenbefund. Weitere Veröffentlichungen über die Reaktion 
werden folgen. . Haller (Berlin). 

Cherry, Thomas H. und Salvatore di Palma: Die Diagnose der chronischen 
Gonorrhöe bei der Frau. Rev. med. de Sevilla Jg. 40, Septemberh., S. 16—20. 1921. 
(Spanisch.) | 

Mit Glycerinextrakten, Gonokokken-Trockenpulver (aufgelöst in NaCl zu einer 
0,2 proz. Lösung) und der Komplementreaktion wurden Versuche zur Feststellung der 
chronischen Gonorrhöe ausgeführt. Es zeigte sich: 1. Die Hautreaktionen mit den 


-Glycerinextrakten wie mit dem Gonokokkenpulver sind ungeeignet zur Feststellung 


der Urethral- und Adenexgonorrhöe; 2. die Komplementreaktion hat für die lokale 
gonorrhoische Erkrankung keinen diagnostischen Wert. Liegner (Breslau). 


264 Geschlechtekrankheiten. 


Goldberg, B.: Die Differentialdiagnose zwischen Gonorrhöe und Influenza 
der unteren Harnwege. Dermatol. Wochenschr. Bd. 73, Nr. 27, S. 729—736 1921. 

Die von pathologisch-anatomischer Seite schon festgestellte Grippeinfektion des 
Urogenitaltraktus ist klinisch auch von Goldberg beobachtet worden. Er bezeichnet 
sie als „Uroinfluenza““. Abgesehen von Fällen einwandfreier Epididymitis grippalis 
sah er mehrmals akute hämorrhagische Cystitiden. Dieselben seien sehr ähnlich der 
echten gonorrhoischen Cystitis, doch sei die Differentialdiagnose meist nicht schwer, 
zumal sich bei der Grippe keine entzündliche Eiterung der Harnröhre fände. Der Ver- 
lauf der Influenzacystitis, plötzlicher (kritischer) Beginn des Blutharnens und lang- 
samer (lytischer) Verlauf findet sich auch bei der Gonorrhöe und sei differentialdiagna- 
stisch nicht zu verwerten. Dagegen herrsche 1. bei der Influenzacystitis die Blutung 
gegenüber der Eiterung vor, gerade umgekehrt wie bei der Gonorrhöe; 2. sei die Eiterung 
eine pyelovesicale, denn bei der 3 Gläserprobe seien alle Portionen gleichmäßig eiter- 
haltig, meist sei die letzte am trübsten, während bei der Gonorrhöe die 1. Portion 
wegen der urethralen Eiterung am meisten getrübt sei; 3. sei die Blutung, die bei der 
Gonorrhöe nur sehr geringfügig und terminal sei, heftig; der ganze Urin sei blutig; 
4. fänden sich Bluteiterfetzen (Eiter und Blut zu linsengroßen Ballen vermischt) nie 
bei Gonorrhöe, bei der Influenza häufig. Albuminuria vera finde sich bei Influenza- 
cystitis in der Mehrzahl der Fälle (toxisch !), bei Gonorrhöe äußerst selten. Bakterio- 
log fände sich im Influenzaurin zahlreiche Mikroben, bei Gonorrhöe „auf den ersten 
Blick überhaupt keine Mikroben“. Cystoskopisch sei für die Gonorrhöecystitis 
die entzündliche Rötung des Collums charakteristisch, die Ureterenostien frei; bei der 
Influenzacystitis bestände vorwiegend eine entzündliche Rötung in der Umgebung 
der Ureterostien, das Collum sei frei. Schließlich fänden sich bei der letzteren auch 
zahlreiche mehr oder weniger große Erosionen und oberflächliche Ulcerationen in der 
Blasenschleimhaut, während er bei Gonorrhöe nie dergleichen gesehen hätte. 

Schmidt (Bonn). 

Hoak, Warren H.: Gonorrhea in women from the standpoint of the diagnos- 
tician: Its complications and treatment. (Weibliche Gonorrhöe vom Diagnosenstand- 
punkt: Ihre Komplikation und Behandlung.) Med. rec. Bd. 100, Nr. 14, S.585—588. 1921. 

Nevermann, Hans: Eine intracutane Provokationsmethode bei der weiblichen 
Gonorrhöe. (Univ.-Frauenklin., Hamburg-Eppendorf.) Münch. med. Wochenschr. 
Jg. 68, Nr. 5, S. 141—142. 1921. 

Ne vermann hat nach intracutanen Injektionen von'Aolan beobachtet, daß die jeweiligen 
Entzündungserreger, besonders die Gonokokken, aus dem Urogenitaltractus der Frau in er- 
höhtem Maße ausgeschwemmt werden und hält deshalb diese Methode wegen der Einfachheit, 
Schmerz- und Gefahrlosigkeit für besonders geeignet zur Provokation latenter Gonorrhöe der 
Frau. Haller (Berlin). 

Blaschko, A. und B. G. Groß: Zur Diagnose der Gonorrhöeheilung bei Frauen. 
Dtsch. med. Wochenschr. Jg. 47, Nr. 40, S. 1202—1203. 1921. 

Die Geringfügigkeit der klinischen Erscheinungen, die damit verbundene lang- 
dauernde Latenz der Gonorrhöe und die Vielfältigkeit der Lokalisationen des Krank- 
heitsprozesses sind nach den Verff. für das Krankheitsbild der weiblichen Gonorrhöe 
gegenüber der männlichen bezeichnend und bedingen die Schwierigkeit der Diagnose. 
Eine einmalige mikroskopische Untersuchung ist nicht ausreichend. Nach den vom 
Reichsgesundheitsamt herausgegebenen Richtlinien für die Aushändigung des Ent- 
lassungsmerkblattes kann dieses weiblichen Gonorrhöekranken gegeben werden, wenn 
nach Beendigung der Behandlung mehrmals in den Sekreten der Harnröhre, der Cervix 
und den Bartholinischen Drüsen Gonokokken nicht gefunden werden, jedenfalls 
nicht vor 2 postmenstruellen Untersuchungen. Von einer künstlichen Provokation, 
die vom Reichsgesundheitsamt für die männlichen Kranken empfohlen wird, wird 
hier abgesehen. Die Vorschrift geht hier von der bestrittenen Annahme aus, daß 
durch den Menstruationsvorgang auch die Urethralschleimhaut aufgelockert würde. 
Nach Blaschko und Groß reicht die Untersuchung des Urethralsekretes nach 2 auf- 


Gonorrhöe. 265 


einanderfolgenden Menstruationen zur Sicherstellung der Diagnose einer Urethral- 
gonorrhöe nicht aus und versagt auch häufig bei Feststellung einer Cervicalgonorrhöe, 
abgesehen davon, daß diese mindestens 8 wöchentliche Wartezeit einen großen Zeit- 
verlust für die Patienten bedeutet. Sie empfehlen deshalb statt der natürlichen 
die künstliche Provokation. In die Harnröhre wird eine auf !/, verdünnte Lugolsche 
Lösung injiziert und diese 1/,—1 Minute in der Urethra belassen. Die Cervicalschleim- 
dıaut wird mit einem in diese Lösung getauchten, länglichen Wattetupfer ausgewischt, 
der !/,—!/, Minute in der Cervix belassen wird. An demselben Abend setzt meist 
reichliche Sekretion ein, das Sekret enthält reichlich Eiterzellen und in manchen Fällen 
Gonokokken. Findet man an mehreren hintereinanderliegenden Tagen keine Gono- 
kokken, so ist die Wahrscheinlichkeit, daß überhaupt keine Gonokokken vorhanden 
waren, sehr groß. Um sehr sicher zu gehen, empfehlen Verff. Gonargon oder Arthigon 
neben der lokalen Reizung anzuwenden, die Allgemeinprovokation einige Tage vor 
der lokalen. Voraussetzung für jedes Provokationsverfahren ist das Freisein von 
Uterus und Adnexen. Auch auf die Gefahren einer zu frühen Provokation — Über- 
greifen des Krankheitsprozesses auf das innere Genitale — machen die Verff. besonders 
aufmerksam: Frühestens 3 Wochen, nachdem die letzten Gonokokken nachgewiesen 
sind, frühestens 2 Wochen nach Aussetzen der Behandlung darf eine Arthigoninjektion 
und nach einigen Tagen, wenn keine örtliche Reizung erfolgt ist, die Provokation 
mit Lugolscher Lösung erfolgen. Haller (Berlin). 

Franz, K.: Über die Gonorrhöe des Weibes. Zeitschr. f. ärztl. Fortbild. Jg. 18, 
Nr. 22, S. 625—630. 1921. Ä 

Franz gibt in einem Fortbildungsvortrage eine kurze zusammenfassende Dar- 
stellung der Kenntnisse, die wir über die Gonorrhöe des Weibes haben. 25% der Frauen 
ım geschlechtsreifen Alter werden als einmal gonorrhoisch erkrankt angenommen und 
50%, der sterilen Ehen sind es nach seiner Ansicht durch die Gonorrhöe. Eine besondere 
Disposition für die Erkrankung ist nicht notwendig. Da der Gonokokkus ein Schleim- 
hautparasit ist und hauptsächlich nur auf der Oberfläche der Schleimhaut wächst, ist 
sein Eindringen in die tiefen Gewebsschichten ein ganz ungewöhnliches Vorkommnis. 
In dem submukösen Bindegewebe findet er fast immer ein Hindernis. Verschleppung 
in die Blutbahn und Metastasen wie Gelenkgonorrhöe und gonorrhoische Endokarditis 
gehören bei der Frau zu den allergrößten Seltenheiten (vielleicht 0,7%, der Fälle). 
Der günstigste Nährboden für die Gonokokken ist das ein- und mehrschichtige Cylinder- 
epithel, die Ausbreitung findet inselförmig statt. In abgeschlossenen Hohlräumen, 
insbesondere in der Tube, wenn sich dort Eiter gebildet hat und der Eiter durch 
Verschluß des abdominalen Tubenendes abgesackt ist, gehen die Gonokokken sehr 
rasch zugrunde. Bei der akuten Gonorrhöe des Mannes wird meist nur die Urethra 
der Frau, bei der chronischen Gonorrhöe des Mannes meist nur die Cervix infiziert. 
Die Urethra ist wegen ihrer Lage und ihres Cylinderepithels für die Infektion be- 
sonders geeignet, ebenso die Skeneschen Drüsen. Von der Bartholinischen Drüse 
erkrankt nur der Ausführungsgang. Die Abscesse der Bartholinischen Drüse 
sind sehr viel häufiger durch andere Bakterien bedingt als durch die Gonokokken; von 
Wichtigkeit ist die Rötung an den Ausführungsgängen — Maculae gonorrhoicae Saenger. 
Die Scheidenhaut ist fast immun gegen die gonorrhoische Infektion, abgesehen von 
der Scheide kleiner Kinder und der Scheide schwangerer und der alter Frauen. Sehr 
leicht wird die Cervixschleimhaut betroffen, jedoch vermögen nur ganz besondere 
Umstände eine Verschleppung der Gonokokken über den inneren Muttermund in die 
Uterushöhle hinein zu bewirken. Eine natürliche Verschleppung kann nur bei der 
Menstruation und im Wochenbett erfolgen; eine künstliche geschieht meist durch 
unzweckmäßige therapeutische Maßnahmen, gelegentlich auch durch einen besonders 
lebhaften Geschlechtsverkehr nach der ersten Infektion. Die Infektion der Uterus- 
schleimhaut stellt nur eine Etappe dar auf dem Wege zur Infektion der Tube und des 
Beckenbauchfells. — Eine für die Diagnose der akuten Gonorrhöe sehr wichtige Er- 


266 Geschlechtskrankheiten. 


scheinung ist die Schwellung und Schmerzhaftigkeit der Leistendrüsen. Die Be- 
schwerden einer akuten Urethritis sind bei den Frauen im allgemeinen gering. 
Eine gonorrhoische Infektion der Blase gehört zu den Seltenheiten, da ihr Epithel 
gegen den Gonokokkus gut geschützt ist, weshalb auch gonorrhoische Erkrankungen 
der Ureteren und der Nierenbecken bei der Frau äußerst selten vorkommen. Die 
gonorrhoischeScheidenentzündung findet man fast nur bei Schwangeren und da 
gelegentlich in der Form der Colpitis granularis. Das Symptom der Cervixgonorrhög 
ist der eitrige Ausfluß, jedoch kann nur die mikroskopische Untersuchung uns Sicherheit 
geben. Die Tubenentzündung geht fast immer mit Schmerzen einher, die Unter- 
suchung ergibt bei einer frischen Salpingitis nichts, da die Tube nur ein wenig ge- 
schwollen ist. Eine Salpingitis kann bei chronischer Gonorrhöe noch nach Jahren auf- 
treten. Was uns die Diagnose der aszendierten Gonorrhöe bedeutend erleichtert, ist 
die mit der Tubenentzündung fast immer einhergehende Pelviperitonitis: starke 
Schmerzhaftigkeit in der Unterbauchgegend, peritonitische Symptome in milder Form: 
leichte Auftreibung des Leibes, Windverhaltung, Aufstoßen. Bei der inneren Unter- 
suchung läßt sich die Schmerzhaftigkeit des Pelviperitoneums durch Verschiebung des 
Uterus leicht feststellen. Akute Salpingitiden können ausheilen, meist wird freilich 
die Funktion vernichtet durch Infektion des Tubenepithels, Eiterbildung, Verklebung . 
der Tubenwände. Eine isolierte Eierstocksentzündung ohne Infektion der Tuben 
gibt es nicht; meist erkrankt das Corpus luteum. Die kranken Tuben sind mit dem 
gesunden oder kranken Ovarium durch mehr oder minder starke Exsudatmassen und 
mit dem benachbarten Peritoneum verklebt: das sind die als Adnextumoren bezeich- 
neten Konglomerattumoren. Daß in 25% der Fälle eine Rectalgonorrhöe mit der 
Gonorrhöe der Genitalien der Frau verbunden sein soll, hält F. für zu hoch gegriffen. — 
F. betont bezüglich der Behandlung der Gonorrhöe der Frau besonders eindring- 
lich, daß diese um so harmloser verläuft, je zurückhaltender der Arzt ist. Die akut 
gonorrhoische Kranke muß wie eine Schwerkranke vor allem Ruhe haben, Ruhe vor 
den Instrumenten des Arztes, Ruhe vor der Kohabitation und mit der ganzen Autorität 
des Arztes 3 Wochen ins Bett befohlen werden. Hierbei wird die Urethra am besten 
und einfachsten mit Urethralstäbchen (Gonostyli von Beyersdorff mit 8proz. 
Choleval) behandelt. Hände weg von der Cervixgonorrhöe, keine Spülungen der 
Scheide, keine Cervixätzungen. — Gonorrhöische Adnextumoren gehen oft, selbst 
wenn sie Faustgröße erreicht haben, durch Bettruhe und Umschläge innerhalb kurzer 
Zeit zurück, falls Eiter nicht in größeren Mengen vorhanden ist, weshalb F. der Wirkung 
des injizierten Terptntinöls sehr zweifelnd gegenübersteht. Ist Eiter in den Tuben 
und sind alle resorbierenden Behandlungen ohne Erfolg, dann kommt nur die Operation | 
in Frage, diese aber nach neuzeitlicher Auffassung in einem möglichst konservativen 

Verfahren. _ Haller (Berlin). 

Jacoby, Adolph: Gonorrhea in women. (Über dle weibliche Gonorrhöe.) Med. 
rec. Bd. 99, Nr. 1, S. 14—16. 1921. 

Jacoby schätzt die Zahl der an Gonorrhöe erkrankten Frauen ebenso hoch ein, 
wie die der Männer, auf 70—80%,. 50% aller Frauenkrankheiten haben in der Gonorrhöe 
ihren Ursprung. An einer größeren Reihe von Untersuchungen findet er, im Wider- 
spruch zu anderen, daß 60% aller Erkrankungen Urethra und Cervix betreffen, 30%, 
die Cervix allein und nur 10% allein die Urethra. Die Gefahren einer Extrauterin- 
schwangerschaft, hervorgerufen durch gonorrhoische Eileiterentzündungen, betont er 
besonders. Von vollständiger Heilung verlangt er, daß alle Entzündungserscheinungen 
verschwunden sind, daß 6 Untersuchungen, und zwar von Cervix, Urethra, den Sken- 
schen und Bartholinischen Drüsen, einzelne entnommen unmittelbar vor, einzelne 
unmittelbar nach der Menstruation negativ sind, daß die Untersuchung der Urethra 
nach Provokation negativ ist, daß die Blutkomplementfixation, obwohl nicht sehr 
wertvoll, negativ ist und daß eine erneute Untersuchung nach einem Monat frühestens 
ebenfalls ergebnislos verläuft. Haller (Berlin). 


Gonorrhöe. 267 


Davis, James E.: Gonorrhea in women. (Die Gonorrhöe der Frau.) Journ. of 
the Michigan state med. soc. Bd. 22, Nr. 5, S. 153—156. 1921. 

Allgemeine Abhandlung, die nichts wesentlich Neues enthält. Zur Diagnose der chro- 
nischen Gonorrhöe empfiehlt Davis das Komplementbindungsverfahren mit einem Antigen 
aus verschiedenen Gonokokkenstämmen. Für die lokale Behandlung wird folgende Lösung 


angegeben: Methylenblau l 
Glycerin 25 
Wasser 100 Jos. Jaffé (Berlin).°° 


Clarkson, E. R. Townley: The standard of cure in gonorrhoea. (Die Standard- 
heilmittel der Gonorrhöe.) Brit. med. journ. Nr. 3169, S. 483—488. 1921. 

Rathbun, N. P.: Management of gonorrhea for the general practitioner. 
(Gonorrhöebehandlung für den allgemeinen Praktiker.) Long Island med. journ. Bd. 15, 
Nr. 2, S. 37—42. 1921. 

Loeb, Heinrich: Abortiv- und Präventivbehandlung der Gonorrhöe bei der 
Frau. Arch. f. Dermatol. u. Syphilis, Orig. Bd. 135, S. 294—300. 1921. 

Abortiv- und Präventivbehandlung sind therapeutische Maßnahmen, die durch 
erstere das Ziel haben, in kürzester Frist endgültige Heilung im Anfangsstadium der 
Infektion herbeizuführen, durch letztere im Inkubationsstadium die höchstwahrschein- 
lich erfolgte Infektion an ihrem Ausbruch zu verhindern. Bei der Frau wurden diese 
beiden Maßnahmen bis jetzt außerordentlich selten in Anwendung gebracht und dann 
nur auf die urethrale Infektion beschränkt. Die Erfolge waren auch nicht befriedigend. 
Nachdem es jedoch gelungen war, beim Mann die Zuverlässigkeit der Abortivtherapie 
durch Anwendung von Arthigon extrastark zu erhöhen, übertrug Loeb das hierbei 
angewandte Prinzip der Kombinierung mit Vaccine auch auf die Abortivbehandlung 
der Frau: Gründliche Reinigung und Ausspülung der Vulva, des Vestibulum und der 
Vagina mit 2promill. Sublimatlösung. Nach Speculumeinführung Auftupfen der 
zurückgebliebenen Spülflüssigkeit, Auswischen der Portio mit 10 proz. Protargol- 
Wattestäbchen, Instillation von 1 ccm 10 proz. Protargollösung in die Cervix mittels 
Braunscher Spritze und Capillarkatheter. Einlegen eines 5 proz. Protargolgazetam- 
pons vor Muttermund um die Portio und in die Scheide verlaufend; Desinfektion der 
Vulva und Urethra mit 10 proz. Protargollösung. In sofortigem Anschluß daran: Intra- 
muskuläre Injektion von !/, ccm Arthigon extrastark in linken Glutäus. Zwei auf diese 
Weise behandelte Patientinnen, bei denen 44 bzw. 80 Stunden nach der Infektion 
Gonokokken in der Cervix nachgewiesen waren, wurden durch diese Behandlung geheilt 
— Monate dauernde Kontrolle. — Ebenso wurden 4 auf diese Weise präventiv behandelte 
Frauen vor der Infektion bewahrt, nachdem sie mit zweifellos gonorrhoisch infizierten 
Männern verkehrt hatten. Die kombinierte Abortivbehandlung hatte also vollen 
Erfolg bei 2 Frauen, während bei einfacher Abortivbehandlung unter 8 Fällen 7 MiB- 
erfolge zu verzeichnen waren; die kombinierte Präventivbehandlung 100%, Erfolg 
gegen 87%, bei einfacher Präventivbehandlung. Haller (Berlin). 

Norris, Charles C.: The treatment of gonorrhoea in the lower genito-urinary 
traet in women. (Die Behandlung von Gonorrhöe im unteren Urogenitaltrakte des 
Weibes.) Surg., gynecol. a. obstetr. Bd. 33, Nr. 3, S. 308—311. 1921. 

So leicht die Bekämpfung des Gonokokkus auf der Oberfläche der Schleimhaut ist, 
so schwierig ist dieselbe, wenn die Drüsen befallen sind. 3 Hauptbrutstätten finden 
sich beim Weibe: die Cervicaldrüsen, die Skeneschen Ausführungsgänge in der Harn- 
röhre und die Bartholinischen Drüsen. Für letztere empfiehlt sich bei gonorrhoischer 
Infektion am besten die Excision, ist nur der Ausführungsgang erkrankt, so genügt 
eine Methylenblauinjektion. Während die Urethritis nur eine vorübergehende Er- 
krankung ist, bleibt die Infektion leicht persistent in den Skeneschen Tubuli. Hier 
hilft die Zerstörung derselben mit der Glühnadel oder ihre Spaltung im Urethroskop. 
Am schwierigsten sind die Faltenkrypten und Drüsen der Cervix in chronischen Fällen 
zu behandeln. Der äußere Muttermund soll durch Dilatation, besser als durch seitliche 
Einschnitte, erweitert werden, ohne den inneren Muttermund jedoch zu eröffnen, um 


268 Geschlechtskrankheiten. 
die Gonokokkenmittel heranzubringen. Unter Umständen ist eine Lachgasnarkose 
notwendig, um Cervix, Bartholinische und Skenesche Drüsen in einer Sitzung zu 
behandeln. Von den Gonokokkenmitteln ist 1—5 proz. Dakinsche Lösung, Mercuro- 
chrom und Mercurophen zu empfehlen. Wichtiger als die Art des Mittels ist die 
Methode der Durchführung der Behandlung. Methylenblau ist, trotzdem es Flecken 
macht, zu empfehlen, weil man auf diese Weise sieht, ob die Patientin das Mittel an- 
wendet und weil die Blaufärbung der Vulva den Verkehr erschwert. Während der 
Menses hat die Lokalbehandlung zu pausieren. Dann Bettruhein Fowlerscher Position. 
Kleine Dosen von Atropin sind empfehlenswert. Das Wichtigste bleibt Verbot jeden 
Geschlechtsverkehrs und strengste Vermeidung eines Transportes von Gonokokken 
über den inneren Muttermund bei der Lokaltherapie. Guter Erfolg bei 17 Fällen. Knorr., 

Feis, Oswald: Über die Behandlung der chronischen weiblichen Gonorrhöe. 
Monatsschr. f. Geburtsh. u. Gynäkol. Bd. 55, H..4/5, S. 246—255. 1921. 

Feis steht auf dem Standpunkt, daß der chronische Tripper der Frau kaum 
ambulant zu behandeln ist. Seine Mitteilungen erstrecken sich auf ungefähr 100 Fälle 
chronischer Gonorrhöe, die in einer der Universitäts-Frauenklinik Frankfurt ange- 
gliederten Zweiganstalt klinisch behandelt wurden. Nur 4 von diesen 100 Frauen 
waren wegen Gonorrhöe früher in Behandlung gewesen, alle anderen wurden aus 
anderen Gründen der Frauenklinik zugewiesen: Abort, Appendicitisverdacht, Schmerzen 
im Leib mit Fieber, Tumorbildung, Bartholinitis. 90%, waren durch Adnextumoren 
kompliziert und befanden sich bei Aufnahme in die Sonderabteilung nach Behandlung 
mit Bettruhe und heißen Scheidenspülungen bereits größtenteils auf dem Wege der 
Besserung, so daß bei der Entlassung nur noch kleine, wenig emfindliche Tumoren 
der Seitenteile des Uterus nachgewiesen wurden — bei 8%, der Fälle bildeten dagegen 
die Adnextumoren auch späterhin eine schlimme Plage für die Patienten. — Spontane 
Ausheilungen sowie isolierte Erkrankungen der Harnröhre ohne Beteiligung des 
höher gelegenen Genitale hat F. einwandfrei beobachtet. Urethralsekret wird am 
besten mit einer starken Platinöse entnommen — dauernde Abwesenheit von Gono- 
kokken und Leukocythen ist durch tägliche Untersuchung zu erweisen. Die Behand- 
lung geschieht durch Injektion von nicht mehr als 4 ccm einer 2—3fach stärkeren 
wie beim Manne üblichen Lösung von Protargol, Argonin, Argentamin, Albargin, 
Choleval. Sehr zweckmäßig sind auch die Gonostyli (Beiersdorf) und Protargol- 
stäbchen (Bayer). Bei stärkerer Absonderung wird vor der eigentlichen Behandlung die 
Harnröhre mit schwacher Kochsalzlösung durch den Fr it sc h’schen Urethralkatheter 
durchgespült. 5—6 Wochen Behandlungsdauer wird man auch für unkomplizierte 
Fälle anzusetzen haben. Nach abgeschlossener Behandlung bleibt in der Harnröhre 
ein Reizzustand zurück, der durch starke Leukocythenanhäufung, Fibrinfäden und 
große Massen abgestoßener Epithelien in die Erscheinung tritt; hierbei hat jede Be- 
handlung zu unterbleiben. Nehmen jedoch alsdann die Leukocythen zu, so ist erneut 
durch Provokation der Gonokokkennachweis zu erbringen. — Die Sicherung der 
Diagnose der Cervix- und Uterusgonorrhöe erfolgt am besten nach Aussetzen 
oder vor Einsetzen der Menses; bei letzterer ist auf eine Vergrößerung des einem gra- 
viden Uterus von 6 Wochen entsprechenden und auch sich teigig anfühlenden Organs 
zu achten. Eine Ätzbehandlung der Cervixschleimhaut und des Endometriums ver- 
wirft Verf., sondern nimmt heiße Scheidenspülungen von 5 1 45° heißer Flüssigkeit 
im Hartgummispekulum vor und hierauf unter Betonung der schweren Bedenken 
seitens der Gynäkologen Durchspülungen der Cervix durch den Doll&risschen Ka- 
theter mit 2 1 45° heißer schwacher Sodalösung. Auf die durch die Wärme auf- 
gelockerte Cervixschleimhaut wird dann eine 10 proz. Protärgolsalbe aufgetragen. In 
30 Fällen wurde neben dieser örtlichen Therapie Kaseosan injiziert. — Provokation 
geschah chemisch mit Perhydrol oder Blaschkoscher Lösung — das beste Resultat 
erzielt man oft bereits nach 6 Stunden —, mechanisch durch 1 Minute langes Massieren 
der Urethra über in diese eingeführte He garsche Dilatatoren oder durch kombinierte 


Gonorrhöe. 269 


Methoden unter gleichzeitiger Einführung von Impfstoffen. Hier hat sich das Arthigon 
in steigenden, unverdünnten intravenösen Dosen von 0,1—0,2—0,5 ccm bewährt. 
Die vielfach sonst beobachteten Herdreaktionen von Adnextumoren hat F. viel weniger 
beobachtet. — Rectalgonorrhöe heilte nach Einspritzungen mit Protargol- 
lösung, heißen Eingießungen von Kaliumpernianganat 1 : 3000 in 6 Wochen aus. — 
Von 87 nach diesen Grundsätzen behandelten Frauen konnten 74,8%, nach einer 
durchschnittlichen Behandlungsdauer von 3 Monaten als geheilt entlassen werden — 
gegenüber stehen 22 Frauen, die ungeheilt nach einer Behandlungsdauer von 4, 5, 
in einem Fall 8 Monaten die Behandlung abbrachen. Haller (Berlin). 


Barringer, Emily Dunning: Preliminary report of ward treatment of gonorrhea 
in the female. (Vorläufiger Bericht über die klinische BehandInng der weiblichen 
Gonorrhöe.) New York state journ. of med. Bd. 21, Nr. 2, S. 42—45. 1921. 

Barringer berichtet über Erfahrungen bei der klinischen Behandlung der Gonor- 
Thöe in allen ihren Stadien, wie sie im Riverside-Hospital in New York geübt wird. 
Als Provokationsmittel wird Silbernitratlösung 2—10% verwandt; die Komplement- 
fixation zur Sicherung der Diagnose hat bis jetzt noch wenig Wert; bei ein- oder doppel- 
seitiger gonorrhoischer Eileiterentzündung wurde nie eine Extrauterin-, sondern nur 
Intrauterinschwangerschaften beobachtet; subakute und chronische Fälle werden mit 
zweimal täglichen Scheidenspülungen (Kalipermanganatlösung 1 : 6000, 4'/,]), dann 
Argyrolauswaschungen der Cervix behandelt. Als geheilt werden diejenigen Fälle 
angesehen, die nach zweimaliger Untersuchung, jede vor und nach einer Menstruation, 
keine Gonokokken zeigen; jedoch gilt ein hoher Prozentsatz von Eiterzellen im Präparat 
auch ohne Gonokokkeneinschluß als noch ungeheilt. Haller (Berlin). 


Weinzierl, Egon R. v.: Zur Frage der Vaccinediagnostik und -therapie der 
ascendierten. Gonorrhöe des Weibes. (Dtsch. Univ.-Frauenklin., Prag.) Zeitschr. f. 
Geburtsh. u. Gynäkol. Bd. 84, H. 2, S. 468—524. 1921. 

v. Weinzierl teilt in einer großen, mit sehr viel Literatur belegten Arbeit die 
Ergebnisse mit, die an der Prager deutschen Univ.-Frauenklinik an mit Arthigon be- 
handelten Fällen von Adnex-Gonorrhöe in diagnostischer und therapeutischer Hinsicht 
gemacht wurden und kommt zu folgenden Schlüssen: ‚In der Diagnostik steht an erster 
Stelle die ausgezeichnete Fähigkeit des Arthigons bei latenter Gonorrhöe den Nach- 
weis des Erregers zu ermöglichen. Jede einzelne Reaktion (Lokal-, Herd-, Allge- 
meinreaktion, Fieber mit Doppelzacken) für sich ist für die Diagnose nicht verwertbar, 
das deutliche Auftreten sämtlicher Reaktionen und ein gutes Heilresultat sprechen 
mit Sicherheit für die gonorrhoische Ätiologie der Adnextumoren. Der positive Ausfall 
der Reaktionen bei geringem oder fehlendem therapeutischen Effekt deutet auf das 
Bestehen einer Mischinfektion hin. Das Ausbleiben jeder Reaktion und jedes Heil- 
erfolges ist differentialdiagnostisch meist in dem Sinne verwendbar, daß Gonorrhöe 
nicht die Ursache der Adnexerkrankung ist. Doch spricht dieser Umstand nicht mit 
Sicherheit für diese Annahme, da alte, vorwiegend geringgradige oder in schwielige 
Narben verwachsene Herde sich vollkommen refraktär verhalten können. In solchen 
‚Fällen kann oft durch die gelungene Provokation allein die gonorrhoische Natur doch 
erwiesen werden. Die besten Heilungsresultate erzielt man bei den gonorrhoischen 
Adnextumoren im subakuten Stadium; außerdem sind die Erfolge bei chronischen 
Fällen meist ebenfalls sehr gute, oft nach Versagen jeder anderen Therapie. Vor einer 
Behandlung im akuten Stadium ist zu warnen. Bei ganz alten Herden bleibt wohl 
jede Heilwirkung aus. Ebenso fehlt sie bei Mischinfektionen und allen anderen nicht 
gonorrhoisch bedingten Adnexerkrankungen gänzlich.“ Zur Vaccination wurde aus- 
‚schließlich das von Bruck angegebene Arthigon und zwar intravenös einverleibt, 
ohne die geringsten Schädigungen zu beobachten; akute Prozesse waren von der Be- 
-handlung ausgeschlossen, um ein Fortschreiten von Krankheitserscheinungen auf 
gesunde Teile zu vermeiden. Während der Behandlung mit Arthigon wurden alle sonst 


270 Geschlechtskrankheiten. 


geübten Heilmaßnahmen eingestellt, um den diagnostischen und therapeutischen Wert 
des Arthigons prüfen zu können — mit Ausnahme der Bettruhe. Bakterioskopisch 
zeigte sich meist nach der ersten Injektion eine starke Vermehrung der Leukocyten, 
wobei die sonst reichliche Bakterienflora meist reduziert erscheint. Nach weiteren 
Injektionen treten nun die Erreger zuerst spärlich, dann oft massenhaft im Gesichts- 
feld auf, um während der Arthigonbehandlung dann zumeist früher oder später all- 
mählich zu verschwinden. Die Herdreaktion wurde in 95% der Fälle gonorrhoischer 
Adnexerkrankungen eindeutig festgestellt. Bei den sicher nicht gonorrhoischen Fällen 
war eine Herdreaktion niemals nachweisbar. Die Fieberreaktion nach den Injek- 
tionen war jedesmal eine deutliche, die Doppelzacke (Bruck) wurde unter 100 
Fällen 45 mal beobachtet. Die Fieberanstiege gingen bis 38°, und 39,5° und standen 
ähnlich der Herdreaktion in unmittelbarem Verhältnis zur Frische der Erkrankung. 
Auch zur Differentialdiagnose anderer Erkrankungen des inneren Genitales wurde die 
Vaccination mit Erfolg herangezogen. Unter der Voraussetzung einer sehr engen 
Begrenzung des Begriffes „Heilung“ konnten von 63 gonorrhoischen Adnexerkran- 
kungen, bei denen in 38 Fällen schon vor der Arthigonbehandlung die Gonokokken 
nachgewiesen wurden, bei denen in weiteren 25 durch diese die Gonokokken provoziert 
worden sind, 33 = 52,4%, Patienten als vollkommen geheilt entlassen werden, 15 
— 23,8%, zeigten eine wesentliche Besserung, während bei 15 = 23,8%, eine solche 
nur in geringem Maße feststellbar war. — Von allgemeiner Bedeutung verdient noch 
aus der sehr exakten Arbeit v. W. hervorgehoben zu werden: Im Jahre 1913 suchten die 
Universitäts-Frauenklinik in Prag auf 3113 Patientinnen, hiervon litten an Gonorrhöe 
248 = 8%; im Jahre 1917 erhöhte sich dieser Prozentsatz auf 11,6%, im Jahre 1919 
auf 21,3%,; ebenso hat die Zahl der ascendierten Gonorrhöen eine enorme Steigerung 
im Verhältnis zu den nicht komplizierten Erkrankungen der Vorkriegszeit erfahren, 
von 5% im ersten Jahr, auf 8,5 im zweiten bis zu 17,6%, im Jahre 1919. — Die aus- 
gesprochene Druckempfindlichkeit der uterinen, Tubenenden (Martin) spricht nach 
den auch an der dortigen Klinik gemachten Erfahrungen mit großer Sicherheit für das 
Bestehen einer gonorrhoischen Salpingitis. — Bei gonorrhoischen Adnexerkrankungen 
ergab wohl der Schmerz als Hauptmotiv das Aufsuchen der Klinik; aber in der 
Hälfte der Fälle waren die unregelmäßigen oder starken Blutungen mit ein Beweg- 
grund dafür, und in gut 30%, waren es letztere ausschließlich, ein Umstand, den 
G. A. Wagner neben dem Blutreichtum der Beckenorgane durch die entzündliche 
Hyperämie und einer mangelnden Kontraktionsfähigkeit des Uterus hauptsächlich 
in eine Dysfunktion der infolge des Krankheitsprozesses geschädigten Ovarien deutet. 
Haller (Berlin). 

Luys, Georges: La vaccinotherapie du gonocoque. (Die Vaccinotherapie des 

Gonokokkus.) Scalpel Jg. 74, Nr. 5, S. 120—121. 1921. 


Bei einem 67jährigen Pat. sollte die Prostatektomie vorgenommen werden; hierbei kam 
Verf. mit dem Galvanokauter in einen in der Prostata befindlichen Absceß, aus dem sich dicker 
Eiter entleerte; am folgenden Tage bemerkte der Kranke reichlichen Harnröhrenausfluß, der 
mikroskopisch einwandfreie Gonokokken ergab. Pat. versicherte, seit seiner Heirat, d. h. seit 
ca. 40 Jahren, keinerlei Ansteckung gehabt zu haben und erinnerte sich genau, nur einmal 
im Alter von 28 Jahren an einem leichten Ausfluß gelitten zu haben, der unter Selbstbehand- 
lung, ohne Folgen zu hinterlassen, ausheilte. 


Dieser Fall zeigt also, daß Gonokokken 40 Jahre in der Prostata geschlummert 
haben, ohne irgendwelche Beschwerden zu machen, und daß der Kranke durch seine 
damalige Gonorrhöe keine Immunität gegen den Gonokokkus erlangt hat. Verf. sieht 
den Hauptwert der Vaccinetherapie bei Gonorrhöe nur in der fieberherabsetzenden und 
schmerzlindernden Wirkung bei gonorrhoischen Gelenkerkrankungen und kommt zu 
dem Schluß, daß die Urologen mit allen Mitteln danach streben müssen, die Gono- 
kokken zum Schwinden zu bringen, und daß sie, wenn die Infektion lange zurückliegt, 
ihr besonderes Augenmerk auf die Infektion der Samenblasen und das Vorhandensein 
von Gonokokken iœ den Blindgängen richten müssen. Georg Seegall (Berlin).°° 


Gonorrhöe. 271 


Hermans, Paul et Fernand van den Branden: La vaccinothörapie du gono- 
coque. (Die Vaccinebehandlung des Gonokokkus.) Scalpel Jg. 74, Nr. 2, S. 27—35. 1921. ` 
Verff. geben eine Literaturübersicht über die verschiedenen Gonokokkenvaccinen 
englischen, deutschen, französischen, italienischen und belgischen Ursprungs und 
berichten über eigene Erfahrungen mit der Wrightschen Vaccine, dem Gonargin, 
Arthigon, Gonovaccin de l’Institut Pasteur du Brabant und Rheantine. Das Wright- 
sche Präparat und Gonargin wurden unwirksam befunden, Arthigon bewährte sich 
bei der Behandlung von Epididymitiden; das Gonovaccin (intramuskulär — in steigen- 
den Dosen bis 6,0 — oder intravenös — in !/,, der Dose) wurde folgendermaßen beurteilt: 
Kein Einfluß auf die Urethritis an sich, keine Verhütung von Komplikationen, keine 
schädlichen Nebenwirkungen. Sehr gut beeinflußt wurden akute Epididymitiden 
(schnelle, völlige Rückbildung der Infiltrate), akute Prostatitiden, Arthritiden (schnelles 
Schwinden der Schmerzen, Heilung ohne Versteifung) und akute Bartholinitiden. 
Eine metastatische Neuritis optica gonorrhoischen Ursprungs heilte durch 6 Injek- 
tionen mit normaler Sehschärfe. Vulvovaginitis der Kinder wurde in !/, der Fälle 
günstig beeinflußt. Rheantine-Vaccinepillen zur internen Anwendung hatten keinerlei 
Erfolg. Parenterale Milchinjektionen zeigten Wirkung nur in ganz akuten Fällen, 
und zwar auf Schmerzen und Fieber, führten zur Heilung aber nur bei Arthritis. 
Roscher (Koblenz). °° 

Hogge: Séro- et vaccinothérapie antigonococcique. (Antigonokokkenserum- 
und Vaccinebehandlung.) Scalpel Jg. 74, Nr. 4, S. 99—104. 1921. 

In einer Übersicht über alle bisher zur Behandlung der Gonorrhöe und ihrer Kom- 
plikationen angegebenen Sera und Vaccinen kommt Hogge zu dem Schluß, daß sowohl 
das von Christmas dargestellte Antigonokokkenserum wie die verschiedenen Gono- 
vaccinen bei der oberflächlichen Gonorrhöe wirkungslos, bei den in der Tiefe der Gewebe 
sitzenden Komplikationen sehr wechselnde und meist zweifelhafte Resultate geben. 
Anscheinend ist das Nicollesche Vaccin noch am brauchbarsten. Er erwähnt dann 
kurz die diagnostische Verwertung dieses Vaccins, um zu dem Schluß zu gelangen, 
daß das von Pissavy und Chauvet, ferner das von Dopter angewandte Meningo- 
kokkenserum am wirkungsvollsten bei Arthritis, Epididymitis, gonorrhoischer Sepsis 
ist. Er selbst hat bei einer sehr schweren Arthritis gonorrhoica mit diesem Serum 
einen bemerkenswerten Erfolg gehabt. Die Anwendung dieses Mittels basiert auf der 
mikroskopischen und biologischen Ähnlichkeit zwischen Gonokokken und Meningo- 
kokken. . Buschke (Berlin). °° 

Demonchy, A.: Vaccinotherapie dans les urötrites gonococeiques aiguës. 
(Vaccinetherapie bei akuter gonorrhoischer Urethritis.) Presse med. Jg. 29, Nr. 76, 
S. 756—757. 1921. 

Verf. hat eine Reihe von Gonokokkenvaccinen in verschiedenen Lösungen thera- 
peutisch versucht und als wirksamste die Magnesiumsulfatvaccine gefunden. Er 
glaubt beobachtet zu haben, daß zu Beginn einer akuten Gonorrhöe nur die spezi- 
fische aktive Immunisierung einen Dauereffekt hat, während das „unspezifische“ 
Verfahren nur vorübergehend wirkt und das Leiden nicht abkürzt. Dagegen seien 
gegen das Ende einer gonorrhoischen Erkrankung, wenn also der Organismus bereits 
eine gewisse Menge von Antikörpern gebildet hat, beide Methoden ungefähr gleich 
wirksam, indem in einer Zahl der Fälle eine sofortige Heilung einträte. Schilderung 
der Technik der Vaccinebereitung. Wassermann (Liegnitz)., 

Townsend, Wm. Warren: Treatment of gonorrrhea and its complications with 
vaccines. (Die Vaccinebehandlung der Gonorrhöe und ihrer Komplikationen.) Journ. 
of urol. Bd. 5, Nr. 4, S. 309—312. 1921. 

Gonokokkenvaccine ist nach Townsend zur Behandlung der akuten Gonorrhöe wert- 
los, bei der Behandlung der chronischen ein neben der üblichen lokalen Behandlung immerhin 
beachtenswertes Hilfsmittel, dessen Vorzüge nach Lees (Lancet 28. Juni 1919) in einem milderen 


Verlauf der Erkrankung, dem Fehlen von Komplikationen und der geringeren Zahl von Rück- 
fällen in die Erscheinung treten. Haller (Berlin). 


272 Geschlechtskrankheiten. 


Burckas, Rudolf: Über Autovaccinebehandlung der Gonorrhöe. Dermatol. 
Wochenschr. Bd. 73, Nr. 37, S. 972—979. 1921. 

Burckas hat 82 Fälle männlicher und weiblicher Gonorrhöen mit Autovaccine 
behandelt und in 20% glatte und schnelle Heilungserfolge erzielt, in 43% traten Hei- 
lungen ein, die nach Ansicht des Verf. vielleicht auch ohne Autovaccine in derselben 
Zeit geheilt wären, 4%, waren Versager, 10%, heilten nicht wegen unzweckmäßigen 
Verhaltens der Patienten, unkontrollierbar waren 23%. Der Gang der Vaccinebehand- 
lung war stets folgender: Es wurden als Anfangsdosen 20—25 Millionen Keime gegeben, 
nach 3—6 Tagen 40—50 Millionen, dann steigend bis zu 150 und 200 Millionen; gespritzt 
wurde stets in die Muskulatur der Glutäen. Der Verf. kommt zu dem Schluß, daß die 
Autovaccine der polyvalenten und heterogenen überlegen ist, die Lokalbehandlung 
aber in den meisten Fällen nicht entbehrt werden kann. A. Lewin., 

Jötten, K. W.: Über Vaceinetherapie beiGonorrhöe. (Hyg. Inst., Univ. Leipzig.) 
Dermatol. Wochenschr. Bd. 72, Nr. 16, S. 313—321. 1921. 

Wagner, Richard: Über Autovaccinebehandlung der Gonorrhöe. (Vorl. Mitt.) 
(Dtsch. dermatol. Klin., Prag.) Dermatol. Wochenschr. Bd. 73, Nr. 45, S. 1169 bis 
1172. 1921. 

Bei der Nachprüfung der Erfolge Jöttens und Burckas mit Autovaccine 
bei der Gonorrhöe und ihren Komplikationen stützt Verf. seine vorläufige Mitteilung 
auf 10 Fälle. 


Bei der Reinzüchtung der Gonokokken wurde statt mit 8proz. Kaninchenblutagar 
mit 50 proz. Ascitesagar als Nährboden ein üppigeres Wachtum erzielt. Verf. meint, daß 
möglicher weiseder Nährboden die Qualität der Vaccinen beeinflusse Die An- 
fertigung der Kolonien und Sterilisierung erfolgte nach Jöttens Angaben. Die Injektionen 
wurden intramuskulär mit 30 Millionen beginnend bis 200 Millionen gegeben in Intervallen 
wie bei Arthigon. Unter den 10 Fällen war ein Versager, die anderen zeigten Heilung oder 
Besserung mit schlagartigem Schwinden lästiger Nebensymptome, bei 2 Fällen hatte die 
Autovaccinetherapie eine Exacerbation prostatischer Herde im Gefolge, 2 Fälle heilten ohne 
weitere Lokaltherapie. 


Verf. betont die Differenzen in der Wirkungsweise, die er auf 2 Komponenten 
zurückführt, die unspezifische, der Proteinkörpertherapie analoge Wirkung, und die 
der Anregung von Immunkörpern. Franz Ekstein (Bodenbach).°° 


Le Fur, René: De la vaceinotherapie en urologie et spécialement dans la blennor- 
rhagie. (Vaccinotherapie in der Urologie und besonders bei der Gonorrhöe.) Journ. 
des praticiens Jg. 35, Nr. 51, S. 833—836 u. Nr. 52, S. 850—854. 1921. 


Haupt, Walther: Intravenöse Behandlung der weiblichen Gonorrhöe mit 
Trypallavin. (Univ.-Frauenklin., Bonn.) Zentralbl. f. Gynäkol. Jg. 45, Nr. 34, 
S. 1225—1231. 1921. aa f 

Ausgehend von der Tatsache, daß Trypaflavin Gonokokken im bakteriolo- 
gischen Versuch noch in Verdünnungen 1 : 400 000 innerhalb 21/, Minuten abtötet 
und daß die Erfolge der örtlichen Anwendung bei Conjunctivitis gonorrhoica und 
bei der Gonorrhöe des Mannes die bakteriologischen Ergebnisse zu bestätigen schienen, 
haben in Berücksichtigung der Erfolge des Mittels bei infektiösen und septischen 
Erkrankungen und der intensiven Durchtränkung des Körpers mit dem Farbstoff Verf. 
veranlaßt, 20 Fälle subakuter und chronischer Gonorrhöe intravenös mit Trypaflavın 
zu behandeln, in Dosen steigend von 0,1—0,4 g bis zur Gesamtmenge während einer 
Behandlung von höchstens 2,2 g. Die Behandlung der Urethra hatte unter 18 Fällen 
vier Mißerfolge, die übrigen waren durchschnittlich nach 14 Tagen zum erstenmal 
dauernd keimfrei; unter 18 Erkrankungen der Cervix waren sieben Mißerfolge, die 
Durchschnittskrankheitsdauer der elf Geheilten bis zum ersten endgültig negativen 
Abstrich betrug 15 Tage. Die Sekretion der Urethra und Cervix ging meistens inner- 
'halb der ersten 14 Tage langsam zurück. Adnexentzündungen blieben im wesentlichen 
unbeeinflußt. Nebenwirkungen waren unbedeutend — in keinem Fall trat Fieber 
auf; ebenso nicht Thrombenbildung in der zur Injektion benutzten Vene; allerdings 


| Gonorrhöe. 273 


muß darauf geachtet werden, daß kein Farbstoff in das umgebende Gewebe dringt, 
da sich sonst sehr schmerzhafte und zum Teil monatelang bestehende Infiltrationen 
bilden. Im Vergleich zu der bisher üblichen lokalen Gonorrhöebehandlung bean- 
spruchte die Heilung der Gonorrhöe mit intravenösen Trypaflavininjektionen eine um 
etwa ?/, kürzere Zeit; die Zahl der Heilungen war um 10%, größer. Auch die rein örtlich 
angewandte Trypaflavinbehandlung (Stäbchen und Tampons) zeigte gute Erfolge. 
Eine weitere Anzahl gonorrhöekranker Frauen wurde mit intravenösen Kupfer- 
silicatinjektionen bei gleichzeitigen Methylenblaugaben per os (Gräfin Linden) 
behandelt. Von 16 derartig behandelten Fällen waren 7 nach einem durchschnittlichen 
Zeitraum von 14 Tagen für die Urethra, 15 Tagen für die Cervix zum erstenmal dauernd 
keimfrei. Wie bei Trypaflavin ging auch hier die Sekretion langsam zurück. Eine 
deutliche Beeinflussung der Adnexentzündungen konnte nie festgestellt werden. Neben- 
wirkungen waren ziemlich häufig und beträchtlich — nur 5 ertrugen die Spritzen 
reaktionslos: Pulsbeschleunigung, Übelkeit, Erbrechen, Kollaps, leichte Schlingläh- 
mung waren Begleiterscheinungen. Infiltrate und Thrombosierung an den benutzten 
Venen wurde nicht beobachtet, jedoch in jedem Fall eine Abnahme der roten Blut- 
körperchen bei unvermindertem Hämoglobingehalt. Ein Vergleich der intravenösen 
Kupfersilicat-Methylenblaubehandlung mit der örtlichen Silbertherapie ergibt für beide 
etwa die gleiche Heilungsziffer; jedoch wurden die Erkrankten in !/, der sonst üblichen 
Zeit keimfrei gemacht. Unangenehme Nebenwirkungen traten sehr häufig, bleibende 
Schädigungen nie auf. Haller (Berlin). 

Siegel, P. W.: Zur Behandlung der weiblichen Gonorrhöe mit intravenösen 
Kollargolinjektionen. (Univ.-Frauenklin., Gießen.) Dt:ch. med. Wochenschr. Jg. 47, 
Nr. 10, S. 269—270. 1921. 

An der Gießener Klinik wurde an drei Versuchsreihen die intravenöse Kollargol- 
behandlung der weiblichen Gonorrhöe, wie sie von Me nzi eingeführt wurde, nachgeprüft 
und zwar wurdesieangewandt: 1. Allein fürsich bei Erkrankung der unteren Geschlechts- 
abschnitte, 2. zusammen mit örtlicher Behandlung bei Erkrankung der oberen Ab- 
schnitte, 3. zusammen mit örtlicher Behandlung bei Erkrankung der unteren Ab- 
schnitte. In Gruppe 1 und 2 kann nach den Feststellungen des Verf. von einer spezi- 
fischen Wirkung oder einer hervorragenden Bedeutung der Kollargolbehandlung 
nicht gesprochen werden. Aber auch bei Gruppe 3 wurde durch die Versuche gezeigt, 
daß keine besseren Erfolge erzielt wurden als durch die örtliche Behandlung allein, 
auch keine Abkürzung der Behandlungsdauer. Deshalb und unter Berücksichtigung 
der während der häufigen Einspritzungen auftretenden Störungen und Schädigungen 
(Schmerzen, starke Reaktionen, Infiltrationen, Nekrosen, Abscesse), verwirft Siegel 
ausnahmslos dieintravenöse Kollargolinjektion bei jeder Form der weiblichen Gonorrhöe. 

Haller (Berlin). 

Hofmann, Edmund und O. Mergelsberg: Über Allgemeinbehandlung der weib- 
lichen Gonorrhöe mit Gonargin, Kollargol, Silbersalvarsan, Terpentin und Trypa- 
lavin. (Univ.-Hautklin., Bonn.) Dermatol. Zeitschr. Bd. 32, H. 1, S. 25—39. 1921. 

Aus den an der Universitäts-Hautklinik in Bonn angestellten Versuchsreihen 
ergibt sich nach den Verff., daß keines der oben genannten Mittel allgemein angewandt 
die örtliche Behandlung der Gonorrhöe überragte. Ein gewisser Einfluß des Medi- 
kaments auf die Gonokokken läßt sich zwar deutlich verfolgen, jedoch sind es immer 
nur bestimmte Kranke, deren Gonorrhöe auf das Mittel reagiert, während andere un- 
beeinflußt bleiben. Gonargin und Arthigon werden in ihrer Wirksamkeit gleich 
bewertet und haben beide Adnextumoren sehr gut beeinflußt, Cervixgonorrhöen gegen- 
über jeooch einen rascheren Erfolg gezeitigt als die örtliche Behandlung. Die Silber- 
präparate Kollargol und Silbersalvarsan haben in der Mehrzahl der Fälle versagt, 
Trypaflavin hat bei gonorrhoischer Sepsis in einem Fall sehr gute Dienste geleistet, 
bei nicht komplizierten Fällen nichts Wesentliches erreicht. Nach Eukupin - Ter- 
pentininjektionen wurden doch recht erhebliche Beschwerden beobachtet: Heftige 


Jahresbericht f. d. ges, Gynäkologie 1921. 18 


274 Geschlechtskrankheiten. 


Schmerzen an den Injektionsstellen, Fieberanstieg bis 38,8°, das teilweise tagelang 
anhielt; ein Einfluß auf die Tripperreger ließ sich ın der Hälfte der Fälle nicht nach 
weisen; das zeitweilige Verschwinden der Gonokokken im Abstrich war in einem anderen 
Teil der Fälle auch nur zeitweilig, nur in einem kleinen Teil der Fälle blieb der Gono- 
kokkennachweis dauernd negativ. Haller (Berlin). 


Swartz, Ernest 0. and David M. Davis: The action on the gonococceus of 
various drugs commonly used in the prophylaxis and treatment of gonorrhea. 
(Der Wert verschiedener Präparate bei der Prophylaxe und Behandlung der Gonorrhöe.) 
(James Buchanan Brady urol. inst. Johns Hopkins hosp., Baltimore, Maryland.) 
Journ. of urol. Bd. 5, Nr. 3, S. 235—248. 1921. 

Swartz und Davis haben die bekannten Versuche von Schäfer und Stein- 
schneider wieder aufgenommen und eine größere Reihe experimenteller Versuche 
angestellt über den Wert von Silberpräparaten sowie Phenol, Tricresol, Kaliumper- 
manganat und anderen bei der Behandlung der Gonorrhöe und sind dabei zu folgenden 
Resultaten gekommen: 1. Die anorganischen Silberpräparate sowohl als die Silber- 
eıiweißpräparate töten den Gonokokkus in 20 Minuten in einer Konzentration von 
1 : 400 bis 1 : 800. 2. Phenol, Trieresol, Kaliumpermanganat, Zinksulfat und Borsäure 
haben einen sehr geringen gonokokkentötenden Wert und sind deswegen für die Be- 
handlung der Gonorrhöe unzweckmäßig. 3. Jodquecksilber tötet die Gonokokken 
in einer Lösung von 1 : 40.000 in 20 Minuten und hat deswegen einen großen keim- 
tötenden Einfluß auf den Gonokokkus. A. Lewin.°° 


Schönfeld, W.: Sind die verschiedenen Arten der intravenösen Behandlung 
des Trippers beim Weibe (mit Silber- oder Farbstolfpräparaten oder deren Kombi- 
nation) ein Fortschritt, gemessen an den neuzeitlichen Provokationsverfahren zur 
Feststellung der Heilung? (Univ.-Klin. u. Poliklin. f. Hautkrankh., Würzburg.) 


Dermatol. Zeitschr. Bd. 33, H. 1/2, S. 34—48. 1921. 

Verfasser empfiehlt auf Grund seiner Erfolge in der Behandlung der Gonorrhöe mit 
intravenösen Injektionen von Collargol, Elektrocollargol, Dispargen, Trypaflavin, Sanoflavin, 
Argoflavin und Argochrom (bis zu 44%, Beeinflussungen bzw. Heilungen) diese Behandlungs- 
art neben der örtlichen unter Ruhigstellung der Nebenorgane durch hohe Atropingaben anzu - 
wenden. Von den verschiedenen Mitteln schlägt er Elektrocollargol und Sanoflavin wegen 
der geringen Nebenwirkungen und Thrombenbildung vor. Am besten hält er die tägliche 
(bis zweimalige) Injektion 10—12 Tage lang. Bei Nichterfolg Wechsel mit den Mitteln; wenn 
auch dann kein Erfolg, wird auf die weitere intravenöse Behandlung verzichtet. Die Behand- 
lung hat keinen Wert bei Schwangeren und der Vulvovaginitis kleiner Mädchen. 

Wieloch (Marburg). 

Hürzeler, 0.: Die Behandlung der weiblichen Urethralgonorröoe mit Acatinol- 
katheter. (Univ.-Frauenklin., Bern.) Schweiz. med. Wochenschr. Jg. 51, Nr. 16, 
S. 376—377. 1921. 

Verf. berichtet über günstige Erfahrungen in der Behandlung der weiblichen 
Urethralgonorrhöe mit Acatinol. Es ist dies eine nach besonderem Verfahren herge- 
stellte Galloylglykose, die in Form von 6—7 cm langen, ca. 3 mm dicken Stäbchen, 
die durch Erwärmen oder Befeuchten beliebig weich gemacht werden können, Ver- 
wendung findet. Die in die Urethra eingeführte Masse haftet ihrer klebrigen Beschaffen- 
heit wegen ziemlich fest. Das Präparat ist sowohl wasser- wie eiweißlöslich, weshalb 
ihm eine bedeutende Tiefenwirkung zukommt. Die Vorteile gegenüber den gebräuch- 
lichen AgNO,-Injektionen oder den Collargolstäbchen bestehen einmal darin, daß mit 
diesem Präparat rascher als mit den erwähnten Methoden ein negativer Bacillen- 
befund erzielt wird, d. h. bei täglichem Einführen des Acatınolkatheters, in durch- 
schnittlich 10 Tagen. Ferner fehlen bei Verwendung von Acatinol die unangenehmen 
Reizerscheinungen, wie schmerzhafte Tenesmen, die bei der Argentum-nitricum- und 
Collargolstäbchentherapte häufig angetroffen werden. Die Acatinolkatheter verursachen 
keine Beschmutzung der Wäsche. Außerdem ist der Preis verhältnismäßig geringer 
als derjenige der Sılberpräparate. | Schultheiss (Basel). 


Gonorrhöe. 275 


Haende, Fritz: Die Behandlung der Cervixgonorrhöe durch Cholevaltamponade 
des Uterus. (Städt. Krankenh., Weiden-Oberpfalz.) Münch. med. Wochenschr. Jg. 68, 
Nr. 17, S. 519—520. 1921. 


Hüssy, Paul, Therapeutische Neuigkeiten aus dem Gebiet der Geburtshilfe und Gynä- 
kologie. B. Gynäkologie. 1. Ärgoplex. (Abt. f. Frauenkrankh. u. Geburtslı., 
Kantonal Krankenanst., Aarau.) (Schweiz. Rundschau f. Med. Bd. 21, Nr. 36, 
S. 432.) 

Vgl. Referat S. 387. 


Tommasi e Barbieri: Contributo alla conoseenza della anatomia patologica 
delle vulvo-vaginiti blenorragiche. (Studio endoscopico di vari casi a mezzo del 
„Vaginoscopio infantile Tommasi‘ e necroscopia di un caso.) (XVII. riunione d. 
soc. ital. di dermatol. e sifilol., Bologna, 5., 6., 7. VI. 1920. S. 569—580. 1921. 


Valentin, Irmgard Edith: Untersuchungen bei kindlicher Gonorrhöe. (Kinder- 
genesungsheim d. Stadt Berlin, Buch.) Dtsch. med. Wochenschr. Jg. 47, Nr. 21, 
S. 594—595. 1921. 

An 161 auf der Abteilung für gonorrhöekranke Kinder der Stadt Berlin in Buch 
liegenden Kindern hat Verf. Untersuchungen meist mit der einfachen Methylenblau- 
färbung angestellt und gefunden, daß die Urethra in allen Fällen von kindlicher Go- 
norrhöe miterkrankt ist. Die Cervix kann in akuten Fällen ebenfalls mitergriffen sein, 
mit einer gleichzeitigen Erkrankung des Rectums ist so gut wie immer zu rechnen. 
Von den 6 Kindern mit positivem Cervixbefund sind nach 2 Monaten, ohne daß eine 
Therapie stattgefunden hatte, mehrfache Untersuchungen gemacht worden, ohne daß 
je wieder Gonokokken gefunden wurden. Ob sich die Seltenheit des Ascendierens 
der kindlichen Gonorrhöe in die Adnexe durch einen evtl. bestehenden festen Ver- 
schluß des inneren Muttermundes erklärt, oder ob vielleicht die funktionelle Untätig- 
keit der nicht voll entwickelten Organe hier selbst als Schutz wirke, sei dahin gestellt. 

Haller (Berlin). 

Tsoumaras, Marcus A.: Über eine paragonokokkisch-epidemische Vulvo- 
vaginitis. Jahrb. f. Kinderheilk. Bd. 96, 3. Folge: Bd. 46, H. 3/4, S. 156—163. 1921. 

Eingehende Beschreibung einer Paragonokokkenendemie in einem Kinderkranken- 
haus. Paragonokokkenvulvovaginitis durch Freibleiben der kindlichen Urethra von 
der echten Gonokokkeninfektion zu unterscheiden. Färberische Qualitäten täuschend 
ähnlich, Anordnung im mikroskopischen Bild verschieden, keine Übertragbarkeit 
auf die Conjunctivalschleimhaut. Krankheitsbild unter Umständen durch Gelenk- 
metastasen, hohes Fieber und allgemeine Prostration sehr schwer. Autovaccination 
leidlich gute therapeutische Resultate. Sehr leichte Übertragbarkeit von Kind zu 
Kind. Abgrenzung gegenüber der Gonorrhöe manchmal sehr schwierig, aber natürlich 
sehr wichtig. Dora Gerson (Dresden)., 

Patzschke, W.: Zur Therapie der Vulvovaginitis gonorrhoica infantum., (Unir.- 
Hautklin., allg. Krankenh., Hamburg-Eppendorf.) Dtsch. med. Wochenschr. Jg. 47, 
Nr. 2, S. 44—46. 1921. 

Auf Grund von physiologischen Untersuchungen an den Schwimmhäuten des 
Frosches fand Patzschke, daß Suprarenin auf Gefäße, die durch Albargın erweitert 
sind, noch in sehr starken Verdünnungen wirkt. Praktisch verwertet gelang es, durch 
diese Versuche Albargin unter Zusatz von Suprarenin (von der Lösung 1 : 1000 0,5 bis 
1,0 auf 20) selbst in 2 proz. Lösungen zur Anwendung zu bringen, eine starke Hyperämie 
dadurch zu erzeugen und dabei die Schmerzhaftigkeit der Injektionen erfolgreich zu 
bekämpfen. In den so behandelten Fällen von Vulvovaginitis gon. inf. ließ der Ausfluß 
sehr rasch nach, und die Behandlungsdauer wurde wesentlich herabgesetzt. Haller. 

Wetterer, Josef: Die Röntgenbehandlung einiger Komplikationen der Gonor- 
rhöe. Erste Versuche bei Gonorrhöe acuta und chronica. Strahlentherapie Bd. 12, 
H. 2, S. 469—486. 1921. 

Die Wirkung der Röntgenstrahlen auf den gonorrhoischen KrankheitsprozeB 


18* 


276 Geschlechtskrankheiten. 


besteht nach Wetterer in einer mechanischen Elimination der Krankheitserreger 
(Ausschwemmung, Abstoßung) und Schädigung bzw. Veränderung ihres Nährbodens. 
Hierdurch erklärt sich auch die Tatsache, daß in Fällen, in denen die übliche provo- 
katorische Behandlung im Stich ließ, nach Bestrahlung 3—4 Tage später Gonokokken 
nachgewiesen werden konnten. Einzeln behandelte Fälle von komplizierter Gonorrhöe 
‘mit Röntgenstrahlen lassen vorläufig noch keine weiteren Schlüsse auf die Wirksamkeit 
der Methode zu und sind, wie Verf. selbst betont, vorläufig vorsichtig zu beurteilen, 
da z. B. Bestrahlungen mit den harten, hochgefilterten X-Strahlen bei Adnexentzün- 
dungen, Peritonitiden doch leicht Verschlimmerungen nach sich ziehen könnten. 
Haller (Berlin.) 
Matt, Franz, Weitere Erfahrungen über die Röntgenbehandlung spitzer Kondylome. 
(II. gynäkol. Univ.-Klin., München.) (Münch. med. Wochenschr. Jg. 68, Nr. 22. 


S. 674—675.) 
Vgl. Referat S. 158. 


Stein, R. O., Zur Böstesnbehanälkne spitzer Kondylome. (Univ.-Klin. f. Geschlechts- 
u. Hautkr., Wien.) (Wien. klin. Wochenschr. Jg. 84, Nr. 26, S. 315—317.) 
Vgl. Referat S. 158. 


Büben, Ivan v.: Über die Bedeutung der anndan in der Therapie 
der weiblichen Gonorrhöe. (I. Frauenklin., Univ. Budapest.) Zentralbl. f. Gynäkol. 
Jg. 45, Nr. 41, S. 1485—1490. 1921. 


Büben, Ivan v.: Thermopenetration in der Therapie der weiblichen Gonorrhöe. 
(I. Frauenklin., königl. Ung. Univ., Budapest.) Dtsch. med. Wochenschr. Jg. 47, 
Nr. 47, S. 1427—1428. 1921. 

Ausgehend von der Tatsache, daß die Gonokokken tei 41° zugrunde gehen, wurden 
an der Budapester Klinik mit Thermopenetration 110 Fälle chronischer weiblicher Gonorrhie 
behandelt: neutrale Elektrode 1 mm dicke handbreite Bleiplatte auf dem Bauch, Scheiden- 
elektrode, eine 3cm lange und 2cm breite Metallolive, die mit Thermometer versehen ist; 
erreichte Temperatur 46—47°. Es wurden 78% der Fälle nach einer 10 maligen Behandlung 
in durchschnittlich 5 Wochen geheilt. Unter Heilung versteht Verf. 3maliges Freisein des 
Cervixsekretes nach 3 Menstruationen. 

Das Verfahren der Thermopenetration ist nach v. Büben vor allem in jenen 
hartnäckigen Fällen anzuwenden, in denen der Sitz der Erkrankung (Ovarium usw.) 
eine andere lokale Behandlung ausschließt und die den gewöhnlichen Heilverfahren 
Trotz bieten. In diesen Fällen hat die Thermopenetration einen bedeutenden Erfolg. 

Haller (Berlin). 


Guthmann, Heinrich: Die Lichtbehandlung der weiblichen Gonorrhöe. (Unsv.- 
Frauenklin., Frankfurt a. M.) Monatsschr. f. Geburtsh. u. Gynäkol. Bd. 56, H. 1/2, 
S. 50—53. 1921. 


In Fortsetzung von Versuchen von Gauß wurden an der Frankfurter Klinik 
chronische Fälle von Gonorrhöe mit Licht durch wassergekühlte Leuchtsonden be- 
handelt. Die Pole der Leuchtsonde wurden durch einen Induktor von etwa 5cm 
Schlagweite mit einer Stromstärke von 10—40 Milliampere getrieben. Gasfüllung der 
Röhre unterschiedslos in dem Erfolg mit Luft, Sauerstoff, Kohlendioxyd, Quecksilber- 
dampf. Lebensdauer der Röhren durchschnittlich 10 Stunden, daher kostspieliger 
Betrieb. Es ließ sich durch die Behandlung zeigen, daß durch die ausschließliche Licht- 
anwendung ein dauerndes Verschwinden der Gonokokken zu erzielen ist. Die Wirkung 
des Lichtes läßt sich aber noch verstärken durch die Verabreichung von bactericiden 
Mitteln (in Form von 10 proz. Cholevalstäbchen). Die Wirkung des Lichtes äußert 
sich in einer Hyperämie hervorgerufen teils durch das Licht an sich, teils durch 
die bei der Lichtabsorption entstandene Wärme. Durch diese: Hyperämie wird die 
phagocytäre Tätigkeit der Leukocyten erhöht und eine stärkere Sekretabson- 
derung der Cervixdrüsen und damit eine kräftigere mechanische Ausspülung erreicht. 

Haller (Berlin). 


Lues und Ulcus molle. 277 


Gaertner, H.: Beitrag zur Caseosanbehandlung. (Arankenh. Friedrichstadt, 
Dresden.) Berl. klin. Wochenschr. Jg. 58, Nr. 37, S. 1108—1109. 1921. 


Bei Frauen hat die unspezifische Gonorrhöeprovokation mit Caseosan und Ophthalmosan 
in einem größeren Prozentsatz ein positives Ergebnis gehabt als das spezifische Arthigon. 
Zur Therapie venerischer Krankheiten (vor allem chronische Bartholinitiden [Umspritzung!], 
Leistendrüsenbubonen und Adnexerkrankungen) sind intramuskuläre Proteinkörperinjektionen 
sehr empfehlenswert. Böttner (Königsberg)., 

Stoeber, Christian: Zur Caseosanbehandlaung von Haut- und Geschlechtskrank- 
heiten. (Prof. Dr. Max Josephs Poliklin. f. Hautkrankh., Berlin.) Dtsch. med. 
Wochenschr. Jg. 47, Nr. 18, S. 502—503. 1921. 


Döhler, H.: Kasuistischer Beitrag zur Heilung der weiblichen Gonorrhöe durch 


interkurrentes Fieber. Wien. klin. Wochenschr. Jg. 34, Nr. 11, 8. 121. 1921. 
Anscheinend 2 Jahre bestehende chronische Urethra-Uterusgonorrhoe bei 36jähriger 
Nullipara, durch 4 Wochen abendliche Temperatursteigerung von 38,5—40°, infolge einer 
Wurstvergiftung. Nach 10 Wochen ohne andere Behandlung als dreimaliges Einführen von 
Protargolstäbchen gonokokkenfrei, auch nach postmenstrueller Provokation. Klinische Hei- 
lung durch 3 Monate beobachtet. Graff (Wien). 


Linzenmeier, Georg, Über Cystitis gonorrhoica. (Univ.-Frauenklin., Kiel.) (Zen- 
tralbl. f. Gynäkol. Jg. 45, Nr. 30, S 1064—1067.) 
Vgl. Referat S. 237. 


Pasini, A., Peritonite e peritonismo blenorragico. Studio clinico. (Gonorrhoische 
Peritonitis und gonorrhoischer Peritonismus. Klinische Studie.) (Istit. dermo- 
sifilopat., osp. maggiore, Milano.) (Giorn. ital. d. malatt. vener. e d. pelle Bd. 62, 
H. 3, S. 173—186.) l 
Vgl. Referat S. 293. 


Lues und Ulcus molle. 


Bruck, Walter: Gegenwärtiger Stand der Spirochätenfrage mit besonderer Be- 
rücksichtigung der Spirochaeta pallida. (Laborat. v. Prof. Meirowsky, Köln a. Rh.) 
Zentralbl. f. Haut- u. Geschlechtskrankh. Bd.2, H. 5/6, S. 244—253. 1921. 


Liegner, Benno: Primäraffekt an der Portio. (Univ.-Frauenklin., Breslau.) 
Monatsschr. f. Geburtsh. u. Gynäkol. Bd. 54, H. 5, S. 298—300. 1921. | 

Halsteil des Uterus häufiger die Stätte der primären Infektion, als bisher 
angenommen wurde. 2 Ze 

Einschlägiger Fall, 27jährige Frau, wegen Blutung Verdacht auf Abort, in:die Klinik 
eingeliefert. An der rechten Seite des Muttermundes ein schmierig belegtes Geschwür; 
Ränder hart, der Gewebsdefekt ging bis in die Muskulatur. Differentialdiagnostisch kommt 
Carcinom und Tuberkulose in Betracht. Während der Behandlung Auftreten eines bläschen- 
förmigen Exanthems, in diesen Blasen Spirochäten gefunden. Im Affekt keine Spirochäten; 
Wassermann positiv. Heimann (Breslau). . 


Warthin, Aldred Scott and Lloyd Noland, The differential diagnosis of chancre 
and carcinoma of the cervix. (Die Differentialdiagnose zwischen Primäraffekt und 
Carcinom der Cervix.) (Americ. journ. of syphilis Bd. 5, Nr. 4, S. 553—562.) 
Vgl. Referat S. 197. 

Swayne, Walter C.: Syphilis in women and children. (Die Syphilis der Frauen 
und Kinder.) Brit. med. journ. Nr. 3169, S. 476—480. 1921. 

Die Diagnose der weiblichen Lues ist schwieriger als die des Mannes. Durch die 
Eigenart der weiblichen Genitalien bleibt sie oft lange Zeit unentdeckt; die Symptome 
selbst sind häufig modifiziert: sie sind oft unscheinbar, z. B. herpesähnlich, es fehlt die 
Induration, häufig multiple Primäraffekte, Fehlen von Ulcerationen, dafür Ödeme usw., 
auch die Exantheme können atypisch sein. Ellenbogendrüsen in Abwesenheit von 
Wunden der Hand sind fast pathognomisch. Luessymptome, wie Aborte, waren 
während des Krieges nur schwer verwendbar, da diese Aborte oft die Folge von Skorbut 
des Foetus oder Intoxikationen der Munitionsarbeiterinnen waren. — Hauptver- 
breiterinnen der Lues sind nicht die Prostituierten: Unter den ersten 100 luetischen 
Frauen waren nur 4 Prostituierte. Unter den Luetikerinnen der Bristoler Frauen- 


278 Chirurgische Erkrankungen des Abdomens. 


klinik befanden sich 56% verheiratete Frauen und Witwen, über 30%, ledige und 10% 
Kinder unter 15 Jahren. Dem Alter nach verteilten sie sich wie folgt: 


Alter verheiratet ledig 
15220. 2a re 50, 30%, 
200: en 450, über 58°, 
30—40 een 350, 5%, 
4-50 222220. 129, 5%, 

über 90 a. 8% 5% — 


Fast 20%, der verheirateten Frauen sind im Alter von 50 und 60; 90% der Ledigen 
unter 30 Jahren sind infiziert. 76% der Seropositiven hatten klinische Symptome; 
von dem Rest hatte mehr als die Hälfte eine luetische Anamnese, oder kongenital 
luetische Kinder oder luetische Männer; 10—12%, hatten keine Anamnese und keine 
Symptome. — Auch bei Fluor albus muß an die Möglichkeit der Lues gedacht 
werden (Endometritis luetica mit ähnlichen Erscheinungen, wie an anderen 
Schleimhäuten), desgleichen bei Erkrankungen der Ovarien und des Uterus. Die 
Schwangerschaft scheint den Wassermann zu beeinflussen, so daß er häufig erst nach 
der Geburt positiv wird, selbst wenn vorher klinische Symptome bestanden. Durch 
einen negativen Wassermann können klinische Symptome nicht umgedeutet werden. 
Ein Patient kann erst dann als geheilt angesehen werden, wenn er im ganzen über 
Monate verteilt 6—10,0 Salvarsan + Hg erhalten hat, und der Wassermann 3mal in 
vierteljährlichen Intervallen negativ war. Swayne rät von der intramuskulären In- 
jektion von Hg-Präparaten wegen der Schmerzen und der Gefahr der Abscedierung ab. 

Diskussion: Elliot erwähnt einen Fall von Spätikterus, der anstandslos mit Neosal- 
varsan weiterbehandelt wurde. — Turner weist auf die Notwendigkeit der Frühdiagnose hin 
und fordert Kurse für die Studierenden und Fortbildungskurse für Arzte. — Harrison fordert 
Spirochätenuntersuchungen bei harmlos aussehenden Wunden. Bei Excisionen der Primär- 
affekte sollten die Inguinaldrüsen mit entfernt werden. — Leed: In Edinburg wird jeder Stu- 
dent über venerische Erkrankungen geprüft. Der praktische Arzt wartet leider häufig das 
Auftreten der Sekundärsymptome ab. Fortbildungskurse scheitern oft an Zeitmangel. 0,1 Neo- 
salvarsan täglich ist besser als 0,6 auf einmal wöchentlich. Während früher infolge der 
größeren Dosen die Encephalitis häufiger war, sieht man jetzt den Ikterus häufiger. 

Martin Friedmann., 

Spiethoff, B.: Die Abortivkur bei Primärlues. Ictus therap. max., Dosierungs- 
Irage, Nebenerscheinungen, antianaphylaktische Methoden, Wertigkeit verschie- 
dener Kurarten. (Hautklin. Jena.) Zeitschr. f. ärztl. Fortbild. Jg. 18, Nr. 20, S. 565 
bis 568. 1921. 


IX. Chirurgische Erkrankungen des Abdomens. 
1. Allgemeines (einschließlich Diagnostik). 


dicitis, Peritonitis u. a. 
Propping, Karl: Ist die Hautjodierung bei Bauchschnitten erlaubt? Münch. 
med. Wochenschr. Jg. 68, Nr. 1, S. 11—12. 1921. 


Unter Hinweis auf eigene frühere Arbeiten und Publikationen anderer Autoren, vor allem 
Flesch - Thebesius, aus welchen hervorgeht, daß der postoperative Ileus nach Hautjodierung 
bei Laparotomien viel häufiger zu beobachten ist als bei Unterlassung dieser Prozedur, wird 
erneut betont, daß die Jodierung der Bauchhaut nach Möglichkeit zu vermeiden ist, da es durch 
die Jodtinktur zu einer Schädigung der Darmserosa und im Gefolge davon zu Adhäsionsbildung 
und Ileus kommen kann. Auch die Mullabdeckung zum Schutze der Darmschlingen vor der 
jodierten Haut erweist sich als ungenügend, da das Jod auf der warmen Haut verdunstet und 
ohne weiteres die Maschen des Mullgewebes durchdringt, was am besten daraus zu erkennen ist, 
daß eine feuchte Stärkebinde, die auf die Mullabdeckung daraufgelegt wird, sich sofort blau 
färbt. Selbst Billroth-Battistunterlage vermag keine absolute Sicherheit gegen Adhäsions- 
ileus zu gewähren. — Als Ersatz der Jodtinktur wird 5 proz. Providoformtinktur empfohlen 
(Tribromnaphthol), welche billiger ist wie Jodtinktur, vor allem aber keine Adhäsionen macht 
und dem Jod an Desinfektionskraft gleichkommt. Durch Tierversuche läßt sich feststellen, 
daß Jodierung von Därmen zum Tode infolge Synechie der Peritonealhöhle führte, während 
durch Bestreichung mit Providoformlösung keinerlei Adhäsionen entstanden, das Tier auch 
sonst keinerlei Schaden nahm. Das Präparat gelangt in Tabletten zu 1 g (in absolutem Alkohol 
zu lösen) oder in fertiger 5 proz. Tinktur in den Handel. Hans Heidler (Wien). 


Allgemeines. — Appendicitis, Peritonitis u. a. 279 


Schubert, Gotthard: Zur Hautnaht. Bemerkungen zu dem Artikel von R. Asch. 
Zentralbl. f. Gynäkol. Jg. 45, Nr. 5, S. 176—178. 1921. 

Heidrich, Leopold: Über Ursache und Häufigkeit der Nekrose bei Ligaturen 
großer Gefäßstämme. (Chirurg. Univ.-Klin., Breslau.) Bruns’ Beitr. z. klin. Chirurg. 
Bd. 124, H. 3, S. 607—638. 1921. 

Verf. gewinnt seine Resultate in erster Linie aus kriegschirurgischem Material. 
Wenn demnach die Beantwortung der Themafragen bezüglich ihrer Allgemeingültigkeit 
mit einiger Reserve aufzunehmen ist, so kann doch auch die Friedenschirurgie in ver- 
schiedenen Punkten aus diesen Deduktionen Nutzen ziehen. Die Bedeutung der indi- 
viduellen Ausbildung des Kollateralkreislaufes wird an die Spitze gestellt. Der Gedanke 
der Verhinderung des Einströmens in die bestehenden Kollateralen durch blutige 
Gewebsinfiltration ist auch wieder den Erfahrungen der Kriegschirurgie entnommen 
und findet sich in der Friedenspraxis eigentlich nur verwirklicht bei subcutanen großen 
Gefäßverletzungen. Das Wichtigste dabei ist jedoch, daß in solchen Fällen die trauma- 
tische Mitbeteiligung gerade der Kollateralbahnen gar nicht abzusehen ist. Daß dabei 
ein direktes Durchreißen der Gefäße gar nicht einmal notwendig ist, sondern daß eine 
Wandschädigung mit nachfolgender aseptischer oder septischer Thrombose für den üblen 
Ausgang genügt, ist betont. Der individuellen Variation bezüglich Wandstärke und Ab- 
gangsstelle der Gefäßverzweigungen ist insofern einseitig Rechnung getragen, als so eine 
Variation je nach Sitz der Unterbrechung eine periphere Nekrose wohl verursachen, aber 
auchhintanhaltenkann. Die Elastizitätsminderung aus verschiedenster Ätiologie wird mit 
Recht unter die Ursachen auftretender Ernährungsstörungen im Versorgungsgebiet 
gezählt, die jeweilige Leistungsfähigkeit des Herzens verdient vielleicht eine stärkere 
Betonung. Daß von vorneherein die Aussichten für erfolgreiche Ausbildung des Kolla- 
teralkreislaufes günstigere sind, wenn er nur allmählich in gesteigerter Beanspruchung 
zur Blutversorgung herangezogen wird und daß umgekehrt seine Ausbildung zur Voll- 
funktion eine gewisse Zeit in Anspruch nimmt, ist Erfahrungstatsache. Für diese Zeit 
der ungenügenden arteriellen Kollateralversorgung ist in dem Bestehen einer gesteiger- 
ten Venenfüllung eine nützliche Zusatzdosis des zirkulatorischen Ernährungsbeitrags 
gesehen worden und durch Vergleichsresultate ohne und mit gleichzeitiger Venenunter- 
bindung von verschiedenen Autoren belegt. Die Häufigkeit der Nekrose nach Ligaturen 
erweist sich von den obigen Faktoren abhängig, für einzelne Gefäßgebiete kommt jedoch 
noch eine besondere Empfindlichkeit des versorgten Organs gegenüber Zirkulations- 
. störungen in Betracht. Das Gehirn steht auch in dieser Beziehung obenan. Bei not- 
wendiger Ligatur der Arteria carotis hat sich auch hier die gleichzeitige Unterbindung 
der Jugularisvene noch am besten bewährt. Die Arteria carotis externa und verte- 
bralis kann wegen genügender Anostomosen ohne Schädigung unterbunden werden. 
Aber auch nach Ligatur der Vena jugularis allein sind mehrfach schwere Gehirnerschei- 
nungen infolge mangelhafter Anlage des Gefäßes der anderen Seite beobachtet. Die 
Ligierung von Gefäßen der oberen Extremitäten wird relativ gut vertragen, was auf 
das Vorhandensein präformierter Kollateralen bezogen wird. Im Versorgungsbereich 
der unteren Extremität sind die Ergebnisse wesentlich trauriger. Ursache dafür ist 
in erster Linie darin zu sehen, daß die hier in Betracht kommenden Kollateralgefäße 
außerstande sind, die mächtige Blutmasse auch nur behelfsmäßig umzuleiten; bei 
unterlassener gleichzeitiger Venenligatur kommt die Anämisierung des peripheren 
Gewebes auf diesem Wege noch hinzu. Demnach ist für Unterbringung der Arteria 
iliaca communis und iliaca externa gleichzeitige Venenligatur zu fordern. Die Unter- 
bindung der Vena iliaca externa allein rief keine Störung hervor. Die Ligatur der 
Arteria femoralis wird merkwürdigerweise oberhalb des Abgangs der profunda besser 
vertragen als unterhalb; letztere kann nämlich nach Umkehr der Strömungsrichtung 
die Verbindung zwischen den Umgehungskollateralen und dem distalen Femoralisteil 
übernehmen. Poplitealigatur führt, der mäßigen und wenig entwicklungsfähigen Aus- 
bildung der als Kollateralen in Betracht kommenden Sehnen- und Kapselgefüße wegen, 


280 Chirurgische Erkrankungen des Abdomens. 


weit häufiger zu Gangrän als die Ligatur der Cubitalgefäße. Ganz gut sind die Ergeb- 
nisse der Gefäßunterbindung am Unterschenkel. Für den Gynäkologen hätte die 
Extremitätengefährdung nach Unterbindung der großen Beckengefäße einige Bedeu- 
tung. Das Material ist jedoch zu klein, als daß hier bindende Schlüsse zulässig wären. 
Handelt es sich um Nebenverletzungen nach erweiterter Wertheimscher Total- 
exstirpation, bietet eine notwendige Unterbindung der Vene allein noch die besten 
Chancen; vorliegende Arbeit enthält 2 glücklich verlaufene Fälle isolierter Unter- 
bindung der Vena iliaca externa. Für Verletzungen der Arterie liegen die Verhältnisse 
ungleich ungünstiger; den 4 Fällen mit Gangrän nach Unterbindung der Arteria iliaca 
communis steht ein günstiger Ausgang nach gleichzeitiger Venenunterbindung gegen- 
über. Im angenommenen Fall wären aber die Aussichten noch schlechtere, da ver- 
schiedene der für den Kollateralkreislauf wichtigen Gefäße bei der vorausgegangenen 
Operation mit durchtrennt sein werden. Die relativ guten Aussichten der isolierten 
Venenunterbindung gestatten auch eine, bezüglich der Extremitätenerhaltung, günstige 
Prognose der hohen Venenligatur bei thrombotisch-pyämischen Genitalprozessen. 
Zur Blutstillung bei hohem Cervixriß, Placenta praevia cervicalis oder stark blutenden+ 
Cervixcarcinom wird man wohl stets mit der Ligatur der Hypogastrica auskommen; 
nur bei ganz exzessiv das Becken ausmauernden Metastasen könnte einmal erst die 
Freilegung der Arteria iliaca communis möglich sein. Mitligieren der Vene wäre er- 
forderlich. Die Aussichteu für den Kollateralkreislauf sind auch hier schlechtere, 
da die in Betracht kommenden Kollateralgefäße durch Tumormassen komprimiert, 
bzw. in ihrer Erweiterungsfähigkeit beeinträchtigt sein werden. Dyroff (Erlangen). 

Me Glannan, Alexius: Blood pressure changes during abdominal operations. 
(Blutdruckveränderungen während abdomineller Operationen.) Journ. of the Americ. 
med. assoc. Bd. 77, Nr. 2, S. 107—110. 1921. 

Blane Fortacin, José: Der Blutdruck während der Operation. Rev. españ. 
de méd. y cirug. Jg. 4, Nr. 39, S. 519—529. 1921. (Spanisch.) 

Durch sehr sorgfältige und fleißige Untersuchungen werden die Beziehungen 
zwischen Blutdruck und operativem Eingriff studiert. Die Wahl des Narkoticums ist 
von wesentlicher Bedeutung. Das Chloroform führt zur Blutdrucksenkung, ja es 
können durch diese Verminderung sogar schwere Störungen entstehen. Der Äther 
dagegen hebt den Blutdruck; ebenso zeigen die Kurven bei der Lokalanästhesie mit 
Novocain-Suprarenin einen deutlichen Anstieg. Die Lage bei der Operation ist außer- 
ordentlich wichtig. Die Trendelenburgsche Beckenhochlagerung führt zu einer . 
starken Herabsetzung des systolischen und einem Anstieg des diastolischen Blut- 
druckes. Dieser Tatsache seien auch Störungen im Lungenkreislauf und postoperative 
Pneumonien zum Teil zuzuschreiben. Die Beckenhochlagerung, so vorteilhaft sie für 
die Operation ist, ist völlig „unphysiologisch“. Das Durchtrennen der Haut führt 
regelmäßig zu einer Steigerung des systolischen Druckes, während der diastolische 
unberührt bleibt; diese Erscheinung ist wohl als reflektorisch anzusehen. Alle Nerven- 
und Gefäßoperationen lassen den Blutdruck sinken, ebenso blutige wie unblutige Ein- 
griffe am Knochensystem. Von großer Wichtigkeit sind die Beobachtungen bei der 
abdominalen Operation. Bei ihr tritt ebenfalls eine Senkung ein, die sich bei Zug an 
den Organen verstärkt. Auffallenderweise zeigten mehrere Registrierungen bei der 
Appendektomie ein Ansteigen des Blutdruckes. Die Erklärung dafür ist unklar und 
sehr hypothetisch. Beim Anlegen der Hautnaht steigt der Blutdruck, eine Erfahrung, 
die schon lange praktische Verwendung findet (Hautreize). Liegner (Breslau). 

Dannreuther, Walter T.: The preoperative study and preparation of gyneco- 
logical patients. (Die Untersuchung und Vorbereitung gynaekologischer Patientinnen 
vor der Operation.) Americ. journ. of obstetr. a. gynecol. Bd. 2, Nr. 6, S. 628 
bis 635. 1921. 

Verf. ist der Ansicht, daß namentlich von praktischen Ärzten oft ohne richtige 
Indikation und zuviel operiert wird. Um durch einen operativen Eingriff einen voll- 


int 


Allgemeines. — Appendicitis, Peritonitis u. a. 281 


ständigen Erfolg zu erzielen, ist vor allem die Aufnahme einer exakten Ananınese, die 
besonders auch auf psychische Momente, konstitutionelle Veränderungen, hereditäre 
Belastung und frühere Erkrankungen Bedacht nimmt, erforderlich. Bei Frauen ist 
auch besonders auf Menstruationsbeschwerden, chronische Obstipation, Erkrankungen 
des Urogenitalsystems zu achten. Sodann muß eine genaue Untersuchung des gesamten 
Körpers, der Nierenfunktion, des Urins und des Blutdruckes erfolgen, denn nur dadurch 
ist eine exakte Diagnose möglich. Soll eine Operation bei einer alten und schwächlichen 
Person vorgenommen werden, so soll einige Zeit vor der Operation reichliche und kräf- 
tige Nahrung und große Mengen von Flüssigkeit gegeben werden, um den Blutdruck zu 
erhöhen und den Patienten für den operativen Eingriff resistenzfähiger zu machen. 
Findet sich Aceton in größeren Mengen im Urin, so ist die Operation besser aufzuschieben. 
Zufuhr von reichlich Wasser und Alkalien wird zur Vorbereitung empfohlen. Man kann 
auch eine intravenöse Infusion einer 4proz. Sodalösung machen oder zweimal im Tag 
eine alkalische Lösung geben, die auf 500 com sterilen Wassers 5%, Glucose und 2%, Soda- 
lösung enthält. Ureterenkatheterismus und die allgemein übliche funktionelle Nieren- 
prüfung ist bei Verdacht einer Nierenerkrankung dringend erforderlich. Durch ent- 
sprechende Ernährung Vermehrung oder Verminderung der Flüssigkeitszufuhr können 
die Patientinnen vor der Operation so weit vorbereitet werden, daß selbst bei Stoff- 
wechselstörungen, die bestanden hatten, noch ein voller operativer Erfolg zu erzielen ist. 
Egon Pribram (Gießen). 
Goetze, Otto: Die mechanische Nachbehandlung Laparotomierter (solortige 
Aufrichtung auf dem Bettbänkchen; Bewegungsübungen.) (Eine Vervollkomm- 
nung der Methode des Frühaufstehens.) (Chirurg. Univ.-Klin., Frankfurt a. M.) 
Münch. med. Wochenschr. Jg. 68, Nr. 44, S. 1414—1418. 1921. | 
Nach Besprechung der Vorzüge und Mängel der Methode des Frühaufstehens 
frisch Laparotomierter, bei der das Wirksame in der aufrechten Rumpfhaltung und 
der aktiven Muskeltätigkeit liegt, und nach Hinweis auf die Wichtigkeit dieser speziell 
nach Magenoperationen (Resektion und Gastroenterostomie) und zur Verhütung 
schmerzhafter parietaler Bauchfelladhäsionen, schildert Verf. seine Nachbehandlungsme- 
thode, die die Vorzüge des Frühaufstehens in sich vereinigt, ohne deren Mängel zu haben. 


Goetze bringt seine Patienten sogleich vom Operationstisch im Bett in eine aufrechte 
Lage, in der sie zuverlässig erhalten werden können, und zwar unter Zuhilfenahme eines sog. 
Bettbänkchens. Dies besteht aus einem Schrägbrett, das in 3 verschiedenen Neigungswinkeln 
aufgestellt werden kann. Um ein Rutschen des Bänkchens zu verhüten, wird es mit Stricken 
am Kopfende des Bettes befestigt. Der Patient liegt so, daB bei hochgestellter Rückenlehne 
seine Oberschenkel mit ihrer Rückseite gerade nur auf dem Brett liegen, ohne mit dem Tuber 
ischii auf dem Holz zu sitzen. Das Bänkchen muß so weit kopfwärts geschoben werden, daß 
der Rumpf gerade gestreckt schräg hinten überliegt. — Wichtig ist vor allem, daß Patient 
sofort nach der Operation in diese Lage gebracht wird. — An Bewegungsübungen empfiehlt 
G. anfangs Atemübungen, dann passive, sowie aktive Bewegungen der Arme (Heben, Arm- 
kreisen) und der Beine (Heben, Steig- und Radfahrbewegungen) sowie Kopfheben. Zur Vor- 
bereitung auf diese Übungen anfangs vorsichtige, später energische Massage. Sobald der Patient 
sich kräftig genug fühlt, darf er aufstehen. Heller (Leipzig). 

Magian, A. C.: The care of the patient after abdominal and vaginal operations. 
(Die Pflege der Patienten nach abdominalen und vaginalen Operationen.) Clin. journ. 
Bd. 50, Nr. 13, S. 197—204. 1921. 

Farrar, Lilian K. P., Acidosis in operative surgery. A study of its occurrence during 
operation and its treatment by glucose and gum acacia given intravenously. 
(Acidosis in operativer Chirurgie. Eine Studie über ihr Vorkommen während 
Operationen und ihre Behandlung durch intravenöse Injektionen von Glykose 


und Akaziengummi.) (Surg., gynecol. a. obstetr. Bd. 82, Nr. 4, S. 328—339.) 
Vgl. Referat S. 33. 


Rübsamen: Die Bedeutungder Recto-RomanoskopielürdieGynäkologie. (Gynäkol. 
Ges., Dresden, Sützg. v.26. V. 1921.) Zentralbl. f. Gynäkol. Jg.45, Nr.40, S. 1467-1471. 1921. 
Vortr. gibt einen Überblick über die historische Entwicklung der Recto-Romano- 
skopie, würdigt vor allem die Verdienste von H. Strauss, als erster ein brauchbares 


282 Chirurgische Erkrankungen des Abdomens. 


Instrument eingeführt zu haben. An der Dresdner Frauenklinik wird ein nach An- 
gaben des Vortr. von C.G. Heinemann in Leipzig gefertigtes Instrument verwendet, 
dessen Vorteile nach Beschreibung des Apparates geschildert werden. Nach ent- 
sprechender Vorbereitung der Kranken wird die Untersuchung in Knie-Brustlage aus- 
geführt, wobei sich die unteren Darmabschnitte erweitern, oder, falls dies nicht spontan 
erfolgt, mit Luft gefüllt werden. Die digitale Rectaluntersuchung hat jedenfalls voraus- 
zugehen; nach Passage der Pars sphincterica ani mit dem Tubus soll das weitere Vor- 
schieben nur unter Kontrolle des Auges nach Einsetzen der Optik ausgeführt werden. 
Bei starren stenosierenden Carcinominfiltraten und bei akuten Entzündungen ist die 
Rectoskopie kontraindiziert. — Rübsamen hält die Kenntnis der Recto-Romano- 
skopie als unentbehrlich für Gynäkologie und Geburtshilfe und erörtert an zahlreichen 
Beispielen, wie sehr diese Untersuchungsmethode ein Grenzgebiet der Chirurgie und 
Gynäkologie darstellt, wie sehr die Diagnostik im Bereiche der unteren Darmabschnitte 
in das Gebiet des Gynäkologen fällt. Es wird der Meinung Ausdruck gegeben, daB 
nicht nur jene Krankheiten des Rectums und der Flexur, die mit gynäkologischen 
Affektionen unmittelbar zusammenhängen oder direkt Folgen geburtshilflich-gynäkolo- 
gischer Traumen sind, in das Bereich der Gynäkologie gehören, sondern auch die übrigen 
Erkrankungen dieser Organe. Hier sollte die Grenze zwischen Gynäkologie und Chirur- 
gie nicht zu scharf markiert werden. Als Illustration wird ein Fall angeführt, wo eın 
Chirurg nach Rectalcarcinomoperation vom sakralen Wege her unterließ, die Tuben 
zu resezieren oder den Uterus zu exstirpieren, so daß es zu einer Schwangerschaft kam, 
und sich eine Hernie des graviden Uterus an der Stelle des Kreuzbeindefektes ent- 
wickelte. — Das Verfahren kann nur durch Übung gelernt werden. In allen Fällen, 
wo über Darmbeschwerden geklagt wird, kann eine primäre Erkrankung der unteren 
Darmabschnitte trotz Bestehens nachweisbar gynäkologischer Affektionen nicht aus- 
geschlossen werden. Wenn man von der Ableuchtung der Ampulle und des Rectal- 
‚schenkels der Flexur Gebrauch macht, werden Fälle von Darmtuberkulose, von Carci- 
nom der unteren Darmabschnitte, von Oxyuren, die Pruritus ani vortäuschen können, 
der Diagnose nicht mehr entgehen. Zur Probeexcision aus suspekten Tumoren wird 
das Gottstein-Strausssche Instrument empfohlen. — R.s Ansicht nach kann die 
Recto-Romanoskopie ohne Bedenken vom Gynäkologen ausgeführt werden. Die In- 
fektion durch Colibakterien läßt sich auch ohne Gummihandschuhe vermeiden. Die 
Methode ist nicht ‚„unanständiger“ als die vaginale Exploration, wenn auch die Knie- 
Ellenbogenlage etwas Mißliches an sich hat. Doch kann hier durch verständnisvolles 
Zureden und taktvolles Abdecken mit Tüchern der unangenehme Eindruck gemildert 
werden. Die Erlernung der Methode ist einfach, die Anschaffungskosten für das In- 
strument sind gering. Heidler. 

Brüning, Fritz: Über die Lokalisation der Bauchschmerzen. Dtsch. med. 
Wochenschr. Jg. 47, Nr. 22, S. 624—625. 1921. 


Der reine Eingeweideschmerz bei den mit glatter Muskulatur versehenen Hohleingeweiden 
der Bauchhöhle, soweit sie vom Sympathicus versorgt sind, wird nicht am Orte der Auslösung, 
sondern immer an den höher gelegenen zwischengeschalteten Ganglien lokalisiert. So empfindet 
man den enteritischen Schmerz, ob er nun vom Dünn- oder Dickdarm ausgeht, immer an einer 
Stelle oberhalb des Nabels in der Tiefe des Oberbauches. Der Schmerzreiz geht wahrschein- 
lich auf dem Wege des Ganglion coeliacum auf das spinale Nervensystem über; Bauchschmer- 
zen abseits der großen sympathischen Ganglien beweisen immer eine Beteiligung des Peri- 
toneum parietale. Nur an Harnblase und Enddarm wird der Schmerz am Orte der Auslösung 
lokalisiert. Dasselbe gilt auch öfters für den Blähungsschmerz. Egon Pribram (Gießen). 

Naegeli, Th.: Die klinische Bedeutung und Bewertung der abdominellen Ver- 
wachsungen. (Chirurg. Univ.-Klin., Bonn.) Dtsch. Zeitschr. f. Chirurg. Bd. 163, 
H. 5/6, S. 408—416. 1921. 

Nach größeren Bauchoperationen treten sehr häufig Verwachsungen auf. Nach 
den Untersuchungen Naegelis bei 42 Fällen in 94%. Das Vorhandensein bzw. der 
Nachweis von Adhäsionen genügt aber nicht, um das Krankheitsbild, das unter dem 
Sammelbegriff der Adhäsionsbeschwerden zusammengefaßt wird, zu erklären. Da 


Spezielles. — Entzündliche Erkrankungen des Bauches (Appendicitis, Peritonitis). 283 


spielen oft noch andere Faktoren eine Rolle. Die operativen Dauerresultate nach 
Adhäsionsoperationen sind ungünstig, nachdem in einem großen Teil der Fälle nach 
einiger Zeit wieder dieselben Beschwerden auftreten. Andererseits gibt es auch Fälle, 
bei denen die Beschwerden nach der Operation schwinden, trotzdem röntgenologisch 
(Pneumoperitoneum) bald neuerliche und noch ausgedehntere Verwachsungen nach- 
weisbar sind. Nach Lufteinblasungen sah N. in einigen Fällen eine Besserung der Be- 
schwerden. Bei vielen Kranken scheint ein psychogener Faktor eine Rolle zu spielen. 
Egon Pribram (Gießen). 
Seitz, Ernst: Über die Verwendbarkeit vergleichender vaginaler und rectaler 
Temperaturmessungen für die Differentialdiagnose der Erkrankungen des weib- 
lichen Abdomens. Dtsch. Z:itschr. f. Chirurgie Bd. 162, H. 5/6, S. 383—391. 1921. 
Der Verf. glaubt der Verwendbarkeit vergleichender vaginaler und rectaler Tem- 
peraturmessungen für die Differentialdiagnose der Erkrankungen des weiblichen 
Abdomens auf Grund recht spärlicher Versuche das Wort reden zu können. Bezüglich 
der angewandten Technik ist zu bemerken, daß das Thermometer in der Vagina fast 
nie richtig eingedichtet, wie im Rectum, liegen wird; das vaginale Thermometer muß 
viel tiefer eingelegt werden, um wirkliche Temperaturen des Körperinnern zu messen. 
Schon daraus erhellt, daß bei nur oberflächlicher Lagerung des Thermometers, also 
mehr im Scheideneingang, meist die Rectaltemperatur etwas höher sein wird, wie 
auch tatsächlich Verf. bei seiner Anordnung gefunden. Die Verläßlichkeit der differen- 
tial-diagnostischen Wertung im Hinblick auf den Entscheid Appendicitis oder Sal- 
pingitis scheint auch dem Verf. noch recht zweifelhaft, obwohl er offenbar in der Idee 
befangen ist, daß die Erkrankung des einen Systems — z. B. des Genitalsystems — 
in Temperaturerhöhung des zugehörigen Ausführungsganges meßbar werden müßte. 
Die entzündliche Hyperämisierung der Nachbargebiete erfolgt aber gerade bei den 
Beckenorganen viel eher nach topographischen als nach funktionellen Beziehungen. 
Ein perityphlitischer Absceß, den auch die geschulte Hand eines Gynäkologen nicht 
von einem Adnextumor zu unterscheiden vermöchte, liegt aber in so inniger Be- 
ziehung zu den Adnexen und mit seinen entzündlichen Ausläufern evtl. der Scheide 
so nahe, daß auch eine vaginale Temperaturerhöhung zu konstatieren sein wird. Um- 
gekehrt kann, bei nach rückwärtsverlagerten und mit dem Rectum verbackenen 
Adnextumoren usw., die Rectaltemperatur die höhere sein. Die differentialdiagnostische 
Auswertung der wenigen anders gearteten Fälle des Verf. ergibt auch nur, daB bei 
gröberen Erkrankungen des Genitale vaginale Temperaturerhöhungen vorkommen, 
bei sonstigen Abdominalerkrankungen jedoch die übliche geringgradige Erhöhung 
der rectalen Temperatur — entsprechend der schlechteren Eindichtung des Thermo- 
meters in den untersten Teilen der Scheide — gemessen wurde. In den angeführten 
Fällen hätte dann aber auch — wie diese gelagert waren — der Gynäkologe den ent- 
sprechenden Tastbefund festgestellt. Dyroff (Erlangen). 


2. Spezielles. 


Entzündliche Erkrankungen des Bauches (Appendicitis, Peritonitis). 


Mayer und Uhlmann: Über Klopfempfindlichkeit und Hauthyperästhesie zur 
Differentialdiagnose von Appendicitis und Adnexerkrankungen. (Städt. Krankenh., 
Fürth.) Med. Klinik Jg. 17, Nr. 7, S. 196—198. 1921. 

Durch Beklopfen des Bauches mit dem Perkussionshammer erhält man bestimmte 
Zonen, die den Schmerzbereich exakt wiedergeben; leichtes Bestreichen der Haut 
mit einer Nadel stellt die hyperalgetischen Zonen fest. Beide Bezirke geben die Lokali- 
sation des entzündeten geschwürigen Herdes exakt wieder. Aus dem Vorhandensein 
und der Lokalisation sowohl der klopfempfindlichen als auch der hauthyperästhe- 
tischen Zonen wird die Entzündung und ihr Sitz eruiert. Bei Appendicitis sind diese 
Zonen verschieden groß um den Mac-Burney-Punkt herum zu finden, bei entzündeter 


284 Chirurgische Erkrankungen des Abdomens. 


Adnexerkrankung reichen sie bis zur Mittellinie und an die Leistengegend heran. Ber 
Appendicitis Form der Zone mehr rund, bei entzündlicher Adnexerkrankung mehr flächen- 
haft, geradlinig, oval, doppelseitig. Nur bei chronischen Prozessen oder sehr schwer 
septischen Fällen können die Zonen fehlen, sonst sind sie eın gutes Differentialdia- 
gnosticum und zuverlässiger als der Druckschmerz. Schröder (Rostock). 

Otto, Gustav Ernst, Über den Zusammenhang von Appendicitis und Adnexent- 


zundung. (25 Fälle unter 200 in d. letzten 1!/, Jahren in d. Privat-Frauenkl. 
v. Bardeleben ausgeführt. gynäkol. Laparotomien.) (Dissertation: Berlin 1921.) 


Jaisson, C.: Diagnostic radiologique de l’appendicite pelvienne chez la femme. 
Appendicite ou annexite? (Röntgendiagnostik der im Becken gelegenen Appendicitis 
bei der Frau. Appendicitis oder Adnexitis?) : Rev. mèd. de Pest Bd. 49, Nr. 12, 
S. 374—378. 1921. 

Verf. weist auf die Schwierigkeit der Differentialdiagnose zwischen Adnexitis 
und Appendicitis hin, wenn das Coecum im kleinen Becken gelegen ist und wenn die 
subcoecal gelegene Appendix direkt auf den Adnexen ruht. Die Palpation wird hier 
stets versagen und unzählig sind die Fälle, welche zunächst als Adnextumor behandelt, 
dann zur Appendektomie kamen oder umgekehrt. Verf. beleuchtet dann an der Hand 
eines Falles die Möglichkeit einer präzisen Diagnose mit Hilfe der Röntgendiagnostik. 
Es werden drei Aufnahmen gemacht; und zwar 12 bzw. 20 bzw. 30 Stunden nach Ein- 
nehmen des Bariumbreies. Verf. hat nun die Beobachtung gemacht, daß durch eine 
entzündete Appendix das Coecum zu sehr viel häufigeren Kontraktionen gereizt wird, 
sich dann hebt und’ so auch die subcoecal gelegene Appendix zum Vorschein kommen 
läßt. Es wird also einmal röntgendiagnostisch zunächst die Lage der Appendix fest- 
gestellt, weiter aber aus der Peristaltik des Coecum bzw. seinem Emporsteigen und 
dem Verhalten der Appendix hierzu sowie aus den hierbei evtl. auftretenden Schmerzen 
das Vorhandensein oder Fehlen von Adhäsionen diagnostiziert. Verf. kommt zu dem 
Schluß, daß mit Hilfe des Röntgenlichtes eine exakte Diagnose, ob Adnexitis oder 
Appendicitis, gestellt werden kann. Gragert (Greifswald). 


Jerlov, Emil: Sur le symptôme de Bastedo dans l’appendieite. (Über das Baste- 
dosche Symptom bei Appendicitis.) (Serv. d. chirurg., höp., Karlstad.) Acta chirurg. 
scandinav. Bd. 54, H. 2, S. 145—167. 1921. 

Verf. hat zur Nachprüfung des Bastedoschen Symptoms (Aufblähung des Dickdarnıs 
mit Luft, charakteristischer Schmerz in der Appendixgegend) eine Sonde konstruiert (Ab- 
bildung) die durch Aufblähung eines die Sonde umgebenden Gummiballons (ähnlich dem an 
der Trendelenburgschen Tamponkanüle; Ref.) einen dichten Luftabschluß am After ge- 
währleistet und die gleichzeitig die manometrische Messung des ausgeübten Druckes, sowohl 
an der Abschlußvorrichtung, wie im Darme selbst, gestattet. Die Sonde wird 20—60 cm weit 
eingeführt. Der Verschlußballon wird sodann unter Kontrolle des Manometers aufgeblasen 
(der Druck schwankte bei der Untersuchung des Verf. zwischen 40 und 120 mm Quecksilber). 
Sodann wird der Darm unter gleichzeitiger Überwachung des Manometers und des Abdomens 
des Kranken aufgeblasen. Sobald eine ausgesprochene Schmerzäußerung erfolgt, wird die Luft- 
zufuhr unterbrochen. Erfolgt keine Schmerzäußerung, so kann die Luftzufuhr bis zu einem 
Druck von 120 mm Quecksilber fortgesetzt werden. Es ist Obacht zu geben, daß das Coecum 
nicht zu stark ausgedehnt wird. Bei Insuffizienz des Sphincters ist die Luftzufuhr zu unter- 
brechen. 

Verf. hat 100 Fälle mit dieser Methode einer Untersuchung unterzogen. Unter 
diesen 100 Fällen befanden sich 60 Appendicitiden, eine Periappendicitis und eine Neu- 
bildung der Appendix. Die übrigen 38 Fälle erstreckten sich auf Krankheiten, die am 
häufigsten differentialdiagnostisch in Betracht kommen. Die Resultate waren fol- 
gende: Unter 24 Fällen chronischer Appendicitis 13 mal (54%) Bastedo positiv; unter 
19 Fällen chronischer Appendicitis mit akuter katarrhalischer Steigerung 17 positiv 
(90%), unter 14 Fällen ulceröser oder gangranöser Appendicitis 13 positiv (93°/,), 
unter 3 Fällen Appendicitis mit Peritonitis 3 positiv (100%). Der positive 
Bastedo trat bei einem Manometerdruck von 33 mm Quecksilber auf. Die 38 Fälle 
der zweiten Gruppe waren sämtlich negativ. Die Methode kann natürlich nur in Kran- 


Spezielles. — Entzündliche Erkrankungen des Bauches (Appendicitis, Peritonitis). 285 


kenhäusern angewendet werden unter Beobachtung aller Vorsicht und Berücksichtigung 
der Kontraindikation, insbesondere kommt sie bei akuten Peritonitisfällen ohne sichere 
Ursache in Betracht. Der Verf. hat in den 3 von ıhm beobachteten Fällen keine un- 
günstigen Folgen des Verfahrens gesehen. Colmers (Koburg)., 

Behan, Richard J.: Acute suppurative appendicitis (gangrene of the appendix) 
experimentally produced. (Experimentelle akute eitrige Appendicitis [Gangrän der 
Appendix].) (Surg. dep. a. pathol. laborat., St. Josephs hosp., Pittsburgh.) Americ. 
journ. of the med. sciences Bd. 162, Nr. 5, S. 705—711. 1921. 

Verf. experimentierte an Kaninchen. Durch Abbindung des Wurmfortsatzes an 
der Basis erhielt er, je nach dem der Faden durchschnitt und ins Lumen wanderte oder 
nicht, vollständige und unvollständige Abschlüsse des Appendixlumens. Ein teilweiser 
Verschluß des Appendixlumen verursacht im Kaninchenexperiment keine Appendicitis, 
auch nicht wenn Schleimhautdefekt gesetzt wird. Bei völligem Verschluß kommt 
es zur Ansammlung eines Iymphähnlichen Ergusses in dem submucösen Raum, der zu 
einer solchen Größe anwachsen kann, daß er die Mucosa frei abhebt. Bei Strangulation 
der Schleimhaut, Submucosa und Muscularis kommt es zur eitrigen Appendicitis, 
eine teilweise Unterbrechung der Zirkulation in der Mesoappendix führt nicht notwendig 
zur Entzündung. Völlige Unterbrechung in der Blutzufuhr der Appendix verursacht 
Gangrän. Verf. nimmt an, daß diese Gangrän zurückzuführen ist auf einen sich sehr 
schnell entwickelnden Entzündungsprozeß im Appendixlumen, welcher auf Mucosa, 
das submuköse Gewebe und die Muskulatur übergreift und rasch auf die Venen über- 
springt. So wird dann Thrombose und Gangrän von ascendierendem Charakter ver- 
ursacht. v. Redwitz (Heidelberg)., 

Randall, H. E.: Is the mortality of appendicitis increasing? (Nimmt die 
Mortalität der Appendicitis zu?) Journ. of the Michigan state med. £oc. Bd. 20, 
Nr. 11, 8. 435—438. 1921. 

Verf. hat Untersuchungen darüber angestellt, ob die Mortalität der Appendicitis 
in den letzten Jahren eine Steigerung erfahren hat. Völker, die reichlich Fleischnahrung 
zu sich nehmen, inklinieren häufiger zur Appendicitis als diejenigen, die sich vorwiegend 
von Pflanzen ernähren und überhaupt ein geringeres Nahrungsbedürfnis haben. So 
findet sich die Appendicitis besonders häufig in Amerika, England, Dänemark und 
Schweden, während die Afrikaner, Asiaten, und besonders die Eskimos, eine weit 
geringere Disposition dafür zu haben scheinen. Die Grippe, Erkrankungen an den 
Zähnen, Tonsillen, Nase und deren Nebenhöhlen dürften für das Vorherrschen dieser 
Erkrankung nicht verantwortlich gemacht werden. Bei.den zivilisierten Nationen ist 
die Appendicitis in Zunahme begriffen. Die größte Sterblichkeit ist zwischen dem 5. 
und 15. Lebensjahre. Im Staate von Michigan gehen jährlich ungefähr 500 Einwohner 
daran zugrunde. Frühe Diagnose und rechtzeitige Operation können die Mortalität 
vermindern. Abführmittel sind zu vermeiden. Beim Fehlen der Rectusspannung ist 
die erhöhte Spannung des Obliques exsternus ein wichtiges diagnostisches Hilfsmittel. 

Egon Pribram (Gießen). 

Eliot, jr., Elisworth and Otto Carl Pickhardt: The management of pelvic 
abscess in acute appendicitis. (Die Behandlung von Beckenabscessen bei akuter 
Appendicitis.) Ann. of surg. Bd. 74, Nr. 4, S. 480—489. 1921. 

Bericht über die Erfahrungen an 351 Fällen von Beckenabscessen bei akuter Appen- 
dicitis. Bei trübem Exsudat vor stattgehabter Perforation wird entweder primär die 
Wunde geschlossen oder besser prophylaktisch für 36 Stunden ein Drain eingeführt. 
Kommt beim Herausziehen des Drains nach dieser Zeit übelriechender Eiter nach oder 
ist eine Infektion der Weichteilwunde aufgetreten, so muß wieder ein Drain eingeführt 
werden. Ist die Appendix bereits perforiert, dann ist eine Drainage immer erforderlich. 
‚Bei der Operation empfiehlt es sich, intermuskulär vorzugehen. Nach Entfernung der 
Appendix und Versorgung des Stumpfes wird die Absceßhöhle resp. das Becken bei 
erhöhtem Oberkörper mit physiologischer Kechsalzlösung gespült. Es erfolgt nun die 


286 Chirurgische Erkrankungen des Abdomens. 


Drainage, sowohl der primären AbsceBhöhle wie des Douglas von derselben Laparotomie- 
wunde aus. Nur wenn es sich um eine vollkommen abgesackte Absceßhöhle handelt, 
kann man sich mit Drainieren derselben begnügen und soll die übrige Bauchhöhle nicht 
weiter absuchen. Die Verwendung von Mikuliczschleiern zum Zwecke der Drainage 
hat sich nicht besonders bewährt. Bei einer größeren Anzahl späterer Fälle wurden 
statt dessen mehrere Zigarettendrains, ferner auch ein Gummidrain, das mit Gaze um- 
wickelt war, angewendet. Die Capillardrainage der Cigarettendrains entfaltet ihre volle 
Wirkung jedoch nur bei serösem Exsudat, während sie bei dickem zellreichen Eiter 
ungenügend ist. Am besten bewährt hat sich ein mittelstarkes glattes Gummidrain, 
das in seinem Inneren einen Gazedocht führt. Nach 4—5 Tagen wird das Drain entfernt. 
An dessen Stelle empfiehlt es sich nun einen Nelatonkatheter einzuführen, um das früh- 
zeitige Verkleben des Drainagekanales zu verhindern und Kochsalzspülungen aus- 
führen zu können. Durch letztere wird der Heilungsprozeß wesentlich beschleunigt. 
Nach etwa 8—10 Tagen beginnt der unterste Teil des Kanales zu verkleben. Hat die 
Eiterung nachgelassen und wird das Drain entfernt, so schließt sich die Wunde innerhalb 
weniger Tage. Durch die angeführte Methode kann auch bei im Douglas gelegenen sekun- 
dären Abscessen eine genügende Drainage erzielt werden. Über die Drainage vom 
Rectumoder der Vagina aus, verfügt Verf. über keine genügenden eigenen Erfahrungen. 
Zwei Tabellen machen die Resultate verschiedener Methoden der Drainage ersichtlich. 
Egon Pribram (Gießen). 

Suermondt, W. F.: Die Resultate der chirurgischen Behandlung der Appen- 
dieitis, geprüft an den letzten 1000 Fällen der chirurgischen Klinik zu Leiden. 
(Chirurg. Klin., Leiden.) Nederlandsch maandschr. v. geneesk. Jg. 10, Nr. 3, S. 147 


bis 180. 1921. (Holländisch.) 

Wie man auf Grund von Statistiken in der Magenchirurgie die Frage zu lösen sucht, ob 
Gastroenterostomie oder Resektion beim Ulcus das Zweckmäßigere ist, wie man ferner durch 
Statistiken festzustellen sucht, welche Behbandlungsarten bei bösartigen Geschwülsten die 
bessere ist, so versucht auch die Leidener Klinik auf Grund von 1000 Fällen die Frage nach der 
Behandlung bei der Appendicitis zu klären. Für Holland hat Lanz 1907 die chirurgische 
Behandlung im Vergleich zu der inneren als die einzig richtige entschieden. Über die chirur- 
gische Behandlung ist man selbst noch nicht im klaren. So viel ist in den Niederlanden klar, 
daß ein akuter Anfall im Frühstadium stets operiert werden muß. Sobald es sich aber um eine 
umschriebene Peritonitis handelt in Form eines angekapselten Abscesses, dann ist die Frage 
bezüglich der Behandlung noch eine strittige. Es folgt die Einteilung der Appendicitis nach 
der Zeit (2 Tage — 5 Tage — nach dem 5. Tage), oder die bessere Einteilung: akute Appen- 
dicitis ohne Komplikation — Appendicitis mit AbsceB — Appendicitis mit allgemeiner Peri- 
tonitis — chronische Appendicitis und Appendicitis im Intervall. Die letztere Einteilung 
nach Rehn ist die bessere. Für die Fälle mit Komplikationen gibt es 3 Behandlungsmethoden: 
l. konservative Behandlung des Infiltrates und Absceßöffnung, wenn der Absceß deutlich ist 
(Fromme, Krogius), in den Niederlanden vertritt Lanz diesen Standpunkt; 2. sofortiges 
operieren des Abscesses, wenn er festgestellt ist, dabei Entfernen des Blinddarms, wenn er 
ohne Gefahr für die freie Bauchhöhle möglich ist (Körte, Kümmel, Sonnenburg); 3. die 
radikale Methode nach Rehn: Öffnen des Abscesses und Entfernen des Blinddarms unter 
allen Umständen, auch durch die freie Bauchhöhle. Besonders die letztere Methode wird ein- 
gehend besprochen an der Hand von Veröffentlichungen, die bei uns in Deutschland bekannt 
sind. Es folgen die Behandlungsmethoden an der Leidener Klinik. Der akute Anfall wird 
so bald als möglich operiert. Sobald ein Infiltrat und lokale Peritonitis besteht, wird der Patient 
konservativ behandelt in Fowlerscher Lage. Selbstverständlich wird ein derartiger Patient 
im Krankenhaus unter Beobachtung bleiben, und zwar nur auf der chirurgischen Station. 
Bildet sich das Infiltrat zurück, dann wird später der Blinddarm herausgenommen. Bildet 
sich ein Absceß aus, so wird auch noch nicht sofort eingegriffen, erst wenn er sich gut ab- 
gekapselt hat, wird er geöffnet, der Blinddarm in einer 2. Sitzung abgetragen. Sobald beim 
Absceß peritonitische Erscheinungen bestehen, wird sofort eingegriffen. In örtlicher Betäubung 
wird incidiert, nach dem Blinddarm wird nicht gesucht. Dabei wird drainiert, der 
Blinddarm in einer 2. Sitzung entfernt. Auf diese Weise wurden 182 Patienten behandelt 
mit 09, Mortalität. Die akute Appendicitis mit allgemeinen peritonealen Erscheinungen wird 
sofort operiert. Dabei sucht man den Blinddarm möglichst mit zu entfernen. Es folgen tech- 
nische Einzelheiten über Appendektomie in Intervallen und über die verschiedenen Schnitt- 
führungen. Lokale Anästhesie wird viel angewandt. Bei peritonitischen Erscheinungen wird 
die Bauchhöhle meistens trocken ausgetupft. Es wird nicht gespült. Die Vor- und Nach- 


Spezielles. — Entzündliche Erkrankungen des Bauches (Appendicitis, Peritonitis). 287 


teile dieser beiden Methoden werden gegeneinander abgewogen. Zur Drainage werden Glas- 
und Gummiröhren verwandt. Keine Gaze. Es folgen noch Einzelheiten über die Bauchnaht. 
Zweckmäßig haben sich dabei kleine Drains unter die einzelnen Schichten erwiesen. Ferner 
wird noch untersucht, welche Methode bei postoperativer Darmlähmung in Frage kommt. 
Teilweise hat sich die Enterostomie, teilweise die permanente Magensonde nach Wester- 
man bewährt. In den Narkosefällen ist Chloroform ausgeschaltet, es erfolgt Chloräthyl- Äther- 
narkose. Nach diesen Gesichtspunkten sind 1000 Fälle in 15 Jahren behandelt worden. Die Er- 
folge im Vergleich zu anderen Statistiken sind durchaus gute. Dle 1000 Fälle verteilen sich 
folgendermaßen: 513 Frauen und 487 Männer, von den letzteren waren akute Fälle 338, 
davon gestorben 29, von den chronischen 149, gestorben 1 Fall. Bei den Frauen waren 292 
akute Fälle, gestorben 21, chronisch 22], gestorben 1. Aufgenommen mit einem Absceß, 
der geöffnet wurde und die später nicht zur Radikaloperation zurückkamen 20 mit 0%, Mor- 
talität. Von den akuten Fällen wurden am 1. Tage operiert 240 mit 3%, Mortalität, am 2. Tage 
128 mit 6% Mortalität, am 3. Tage 34 operiert mit 35%, Mortalität, binnen 4 Tagen operiert 
ll mit 55% Mostalität, binnen 5—14 Tagen operiert 21 I: ee, Mortalität. Die deutsche 
Literatur wird ausgiebig berücksichtigt. och (Bochum-Bergmannsheil).°° 


Wolfring, Otto, Die Bedeutung des are in der Differentialdiagnose 
zwischen akuter Appendicitis und akuter Salpingitis. (Krankenh., Hamburg- 
Barmbeck.) (Zentralbl. f. Gynäkol. Jg. 45, Nr. 33, S. 1173—1177.) 

Vgl. Referat S. 220. 

Schlüter, Richard, Über 3 Fälle von Appendicitis während der Gravidität. (Disser- 
tation: Greifswald 1921.) 

Deaver, John B.: Peritonitis. New York med. journ. Bd. 114, Nr. 5, S. 257 
bis 260. 1921. 

Verf. bespricht zunächst die allgemeinen Eigenschaften des Peritoneums, wie 
dessen Exsudations- und Absorptionsvermögen. Normalerweise besteht zwischen beiden 
ein Gleichgewichtszustand, so daß keine freie Flüssigkeit in der Bauchhöhle vorhanden 
ist. Findet man Exsudat, so deutet dies auf pathologische Prozesse. Durch Verwach- 
sungen, Adhäsionsstränge wird infiziertes Gebiet von der Bauchhöhle abgeschlossen. 
Hauptquellen der peritonealen Infektion sind Gallenblase, Appendix, Darm, Magen, 
weibliche Genitalorgane, als Folge traumatischer Verletzung oder Erkrankung dieser 
Organe. Seltener erfolgt eine peritoneale Reizung durch chemische Substanzen, oder 
es handelt sich um eine sog. idiopathische Peritonitis, die wahrscheinlich eine Infektion 
auf hämatogenem oder Lymphweg ist. Als „chemische“ Peritonitis wird diejenige be- 
zeichnet, die durch sterile Substanzen wie z. B. den Inhalt einer geplatzten Ovarial- 
cyste oder andere chemische Substanzen erzeugt ist. Eine dritte Art der Peritonitis 
ist die „mechanische“, bedingt durch Fremdkörperreiz. Die durch diese Entzündungs- 
prozesse bedingten Endothelschädigungen begünstigen das Eindringen pathogener 
Bakterien. Der erste Effekt einer Bakterieninfektion ist Hyperämie, dann Exsudation 
im subperitonealen Gewebe in der Umgebung des Infektionsherdes. Dem folgt bald 
Flüssigk :itserguß in die Peritonealhöhle. Diese Flüssigkeit hat anfänglich schützenden 
und baktericiden Charakter, wandelt sich aber allmählich in Eiter um. Die Schnellig- 
keit dieses Umwandlungsprozesses ist abhängig vom intraabdominellen Druck, der 
Virulenz der Infektion und der individuellen Widerstandskraft. Auch nicht infiziertes 
Blut, Galle, Urin können Entzündungen des Peritoneums herbeiführen. Dringt nach 
einer Perforation infizierter Urin oder Galle in die Peritonealhöhle, so entsteht nebst 
der Reizperitonitis eine Infektion. Solche doppelte Peritonitiden entstehen bei Perfora- 
tion von Magen, Duodenum oder Gallenblase. Galle und Pankreassaft spielen dabei 
eine große Rolle. Nebst der Exsudation, erfolgt gleichzeitig Absorption auf dem Lymph- 
und Blutwege, wodurch eine Ausbreitung der Bakterien und deren Produkte statt- 
findet. Während Flüssigkeit und lösliche Substanzen von den Lymph- und Blutgefäßen 
absorbiert werden, erfolgt die Aufnahme von Bakterien, Fremdkörpern oder Zellen 
fast ausschließlich durch die Lymphgefäße. Zu Beginn des Entzündungsprozesses 
wird, wenn es sich nicht um eine besonders virulente Infektion handelt, die Absorption 
durch Lymphe und Phagocyten unterstützt. Diese schützenden Eigenschaften der 
Peritonealflüssigkeit schwinden mit dem Übergang derselben von dem serösen in, das 
eiterige Stadium, und die geschädigte Peritonealmembran antwortet nun mit der Bil- 


288 Chirurgische Erkrankungen des Abdomens. 


dung derber dicker Stränge. Dadurch erfolgt Verstopfung von Blut- und Lymph- 
gefäßen, peritoneale Verklebungen und Abschluß des infizierten Gebietes von der 
freien Bauchhöhle. In solchen Fällen schwerer Infektion wäre durch bloße Absorption 
der ausgeschiedenen Flüssigkeit nur Schaden angerichtet worden. 

Bei der Behandlung der Peritonitis muß alles vermieden werden, was eine weitere Aus- 
breitung lokalisierter Prozesse begünstigen könnte. Vollkommene Bettruhe, wodurch sich 
das gefährliche Exsudat in die unteren weniger gefährlichen Partien der Peritonealhöhle herat- 
senkt. Peritonitis im kleinen Becken ist im allgemeinen weniger gefährlich als die im Ober- 
bauche, da dort die Bewegungen von Herz und Zwerchfell die Abeorption giftiger Substanzen 
begünstigen. Auch die Darmperistaltik begünstigt die Ausbreitung von Eiter in der Peritoneal- 
höhle. Als Erreger der Peritonitis kommen hauptsächlich Staphylokokkus albus, Bact. coli, 
Streptokokken, Pneumokokken, Typhusbacillen und Gonokokken in Betracht. Dem Staphylo- 
kokkus albus werden schützende Eigenschaften zugeschrieben. Anwesenheit reichlicher Phago- 
cyten und Staphylokokken, entfernt vom Infektionsherd, geben eine günstige Prognose. Die- 
selbe ist ernster, wenn nebst diesen noch andere pathogene Bacillen in geringer Anzahl vor- 
kommen, sehr ernst, wenn nur wenige Phagocyten und Staphylokokken, dagegen sehr viele 
Stäbchen und Streptokokken vorhanden sind. Bacterium coli vermehrt sich rasch und über- 
wuchert gleichzeitig vorhandene andere Bakterien, trotzdem es keineswegs immer der Erreger 
jeder Peritonitis intestinalen Ursprunges ist. Streptokokkenperitonitis ist bei Frauen häufiger 
wie bei Männern. Bei Puerperalprozessen tritt die Infektion zunächst als eine Art retroperi- 
toneal gelegenes Erysipel in Erscheinung. Bei akuten Entzündungsprozessen des Nasen- 
Rachenraumes, besonders der Tonsillen, ist wiederholt eine Streptokokkenperitonitis auf 
hämatogenem Wege entständen, beobachtet worden. Bei Frauen und weiblichen Kindern 
häufiger als bei Männern. Gonokokkenperitonitis, meistens von der Tube ausgehend, zeigt 
plötzlichen, stürmischen Beginn und ist besonders im kleinen Becken, häufig einseitig, lokali- 
siert. Die bekannten klinischen Erscheinungen der Peritonitis sind ziemlich gleich, von welchem 
Organ dieselbe auch ausgehen mag. Der Initialschmerz bei Appendicitis ist sehr heftig infolge 
Verschlusses der Art. appendicularis und beginnender Nekrose. Schreitet dieselbe weiter 
fort, so lassen die Schmerzen an Intensität nach, können auch ganz aufhören. Die dadurch 
bedingte Sorglosigkeit mancher Patienten ist häufig die Ursache eines unglücklichen Aus- 
ganges. Verf. bespricht nun die allgemein bekannten Symptome akuter Appendicitis. Der 
Höhe der Temperatur wird keine prognostische und diagnostische Bedeutung zugeschrieben. 
Das Erbrechen ist ein natürlicher Versuch, durch den Intestinaltrakt aufgenommene Toxine 
herauszubefördern. Durch Magenspülungen kann man dies unterstützen. Abführmittel 
sind dagegen sehr gefährlich und unbedingt zu vermeiden. Die Prognose der Peritonitis hängt 
ab von der Menge pathogener Keime und von der Lokalisation derselben. Peritonitis in den 
Randpartien der Bauchhöhle und im kleinen Becken lokalisiert, ist weniger gefährlich als die 
im Oberbauch und in den zentralen Partien. Bei der Abgrenzung peritonealer Entzündungs- 
herde hat das große Netz einen wesentlichen Anteil. 

Sınd 36 oder 48 Stunden nach Beginn einer akuten, diffusen Peritonitis vergangen, 
so darf man, wenn man nicht die Gewißheit hat, daß der Prozeß lokalisiert ist, nicht 
operieren. Durch Operationen zu derartig ungünstiger Zeit werden, wenn der Prozeb 
nicht streng lokalisiert war, nur Toxine befreit, was letalen Ausgang zur Folge haben 
kann. Bei circumscripten und streng lokalisierten Eiterungsprozessen die z. B. durch 
einen perforierten oder gangränösen Appendix entstanden sind, kann operiert werden, 
wenn der sonstige Allgemeinzustand keine Kontraindikation bietet. Nach Entfernung 
der Appendix kann drainiert und die Wunde partiell geschlossen werden, oder sie wird 
ganz offen gelassen. Bei Abscessen vermeidet Verf. die Naht immer. Es ist dies vor- 
teilhafter, selbst auf die Gefahr einer postoperativen Hernie, die operiert wird, wenn 
das Gewebe wieder vollkommen normal ist. In Fällen schwerer Infektion, wenn das 
Peritoneum gangränös, der Eiter übelriechend ist, wird die infizierte Wundhöhle rings 
mit in Öl getränktem Silk umgeben und locker mit Gaze tamponiert. Die Wunde wird 
offen gelassen, jedoch die Wundränder mit Silkwormfäden locker zusammengezogen, 
um Darmvorfall zu verhüten. Die Tamponade verbleibt einige Tage. Drainiert wird 
mit Gazestreifen oder Glasdrains, so lange bis sich bei Aspiration aus den letzteren, 
strohgelbe Flüssigkeit entleert. Nach 24 Stunden wird das Glasdrain durch Gummi- 
drain ersetzt, welches durch das Glasdrain hindurch eingeführt wird. Nach 4—6 Tagen 
wird das Drainrohr allmählich gekürzt und herausgezogen. Vor Entfernung von Dral- 
nagestreifen aus Cofferdam empfiehlt es sich, dieselben mit hypertonischer Kochsalz- 
lösung zu tränken. Die beschriebene Art der Behandlung empfiehlt sich bei Peritonitis, 


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Spezielles. — Entzündliche Erkrankungen des Bauches (Appendicitis, Peritonitis). 289 


die vom Appendix oder anderen Organen im Unterbauche ausgeht. Bauchfellentzün- 
dungen, die durch Magen-Gallenblase- oder Duodenalperforation entstanden sind, 
müssen sofort operiert werden. Die Gefahr wächst mit der längeren Dauer der Eiterung 
infolge Resorption von Toxinen. In der Nachbehandlung müssen Abführmittel ebenso 
vermieden werden, wie vor der Operation. Der unterste Darmabschnitt kann durch 
ein vorsichtiges Klysma entleert werden. Die Funktion der höheren Darmpartien 
stellt sich von selbst wieder ein, sobald die Nahrungsaufnahme beginnt. Damit kann 
angefangen werden, sobald Winde abgehen und die Peristaltik sich wieder hergestellt 
hat. In Fällen, wo eine längere Nahrungsenthaltung erforderlich ist, können Nähr- 
klvsmen gegeben werden. Egon Pribram (Gießen). 

Latzko, W.: Pathologie und Therapie der Peritonitis. Wien. med. Wochenschr. 
Jg. 71, Nr. 45, S. 1913—1918, Nr. 46, S. 1967—1970 u. Nr. 49, S. 2115—2120. 1921. 

Latzko, W.: Pathologie und Therapie der Peritonitis. (Bettina-Stijtungs- Fav., 
Wien.) Wien. klin. Wcechenschr. Jg. 34, Nr. 35, S. 424—427. 1921. 

Verf. bespricht zunächst ausführlich die Ursachen und die allgemeinen klinischen 
Symptome, lokalisierter und diffuser Peritonitis. Während die im Oberbauche lokali- 
sierte Peritonitis sich bald durch erhöhte Bauchdeckenspannung kennzeichnet, kann 
die „Defense musculaire“ bei Entzündungsprozessen in der Tiefe des kleinen Beckens, 
besonders bei puerperaler Peritonitis, vollständig fehlen. Bei Streptokokkenperitonitis 
kann man in der Exspirationsluft der Kranken meistens einen acetonähnlichen Geruch 
bemerken, was als diagnostisches Hilfsmittel dienen kann. Verf. empfiehlt bei puer- 
peraler Peritonitis operativ vorzugehen und hat dabei gute Erfolge erzielt. Nach Ent- 
leerung des Eiters, Spülung der Bauchhöhle mit mehreren Litern heißer Kochsalz- 
lösung. Nach Austupfen derselben werden mit Vorteil 200 g reinen Äthers in die 
Bauchhöhle gegossen. Zur Drainage werden Cofferdammstreifen empfohlen, die am 
besten in den Douglasschen Raum und in die Flanken eingeführt werden. Bei star- 
kem Meteorismus des Dickdarmes, Punktion desselben und Ablassen von Gas, worauf 
die Punktionsstelle übernäht wird. Bei Blähungen des Dünndarmes kann eine Witzel- 
Fistel am Ileum angelegt werden. Hebung der Herzkraft und des Schlagvolumens 
durch intravenöse Adrenalin-Kochsalzinfusionen. Die Infusion wird am besten bereits 
vor der Operation gemacht. Außerdem müssen im Bedarfsfalle noch andere Herz- 
mittel gegeben werden. Weder die bakteriologische Sekret- noch Blutuntersuchung 
haben eine Bedeutung für die Indikationsstellung, denn auch schwere Fälle von Strep- 
tokokkenperitonitis können noch durch rechtzeitige Operation gerettet werden. 

Egon Pribram (Gießen). 

Willis, A. Murat: Clinical and experimental observations in the use of salino 
irrigation in the treatment of diffuse peritonitis. (Klinische und experimentelle 
Beobachtungen bei der Spülbehandlung der diffusen Peritonitis mit Kochsalzlösung.) 
Surg., gynecol. a. obstetr. Bd. 33, Nr. 4, S. 355—361. 1921. 

Gegen die Ausspülung der Bauchhöhle bei der diffusen Peritonitis hat man ein- 
gewendet, daß sie durch Verlängerung der Operation Schock bewirke, das Bauchfell 
schädige und die Resorption toxischer Produkte beschleunige, daß sie ferner mit dem 
Eiter die Schutzstoffe des Körpers beseitige und das infektiöse Material in noch intakte 
Abschnitte der Bauchhöhle verschleppe. Verf. will diese Einwände nicht gelten lassen 
und hebt ihnen gegenüber hervor, daß die Spülung mit heißer Kochsalzlösung dem 
Wärmeverlust und der Austrocknung der Eingeweide entgegenwirke, also den Schock 
verhüte, daß sie eine große Zahl von Bakterien und Stoffen, die die Entwicklung von 
Keimen begünstigen (Fibrin, Eiter, Blutgerinnsel) eliminiere, daß sie schließlich auch 
verdünnend und entgiftend auf die Toxine wirke. Diese theoretische Begründung der 
Spülbehandlung hat Verf. nach dem Vorgange von Reichel, Clairmont und Habe- 
rer, Witzel, Trzebicky experimentell zu stützen gesucht, hat aber trotz Verwendung 
von 250 Versuchstieren kein absolut einwandfreies Resultat erhalten. Er erwähnt 
aber, daß es bei Hunden sehr schwer sei, eine der menschlichen ähnliche Peritonitis 


Jahresbericht f. d. ger. Gynäkologie 1921. 19 


290 Chirurgische Erkrankungen des Abdomens,. 


zu erzeugen, daß er zu dem Zweck schließlich eine Diekdarmincision tief im Becken 
vorgenommen und das Exsudat der an der Perforationsperitonitis eingegangenen Tiere 
anderen Hunden intraperitoneal injiziert habe. Durch weitere Tierpassage hat er dann 
allmählich 5 verschiedene, bei bakteriologischer Prüfung Colibacillen enthaltende 
Exsudate gewonnen, mit denen es möglich war, den gewünschten Grad von Peritonitis 
zu erzeugen. Von den Versuchstieren wiesen dann die mit Spülung behandelten die 
geringste Mortalität (78,9%) auf, während die Behandlung mit Incision und Drainage 
eine Mortalität von 100%, hatte und von den nicht behandelten Kontrolltieren 89,1% 
eingingen. Im Einklang mit diesen experimentellen Ergebnissen stehen die Erfahrungen 
des Verf. am Menschen. Er hat iin den letzten 12!/, Jahren 1031 Fälle von akuter Appen- 
dicitis behandelt. Diese Zahl zerfällt in 2 Serien, eine in den ersten 5!/, Jahren behandelte 
Serie von 460 Appendicitiden mit 14 Fällen von Peritonitis und eine zweite Serie von 
571 Erkrankungen mit 19 Peritonitisfällen. Bei der ersten Reihe wurde das Prinzip 
möglichst schnellen Operierens mit geringster Manipulation an den Eingeweiden 
befolgt, während von den 19 Patienten der 2. Serie 18 gründlich gespült wurden. 
Die Mortalität betrug in der ersten Serie 50%, in der zweiten 16%. Kemp}., 


Sohn, Adolf: Über die Spülung des kleinen Beckens bei der Behandlung der 
diffusen eitrigen Peritonitis, nebst Bemerkungen über intravenöse Dauertropf- 
infusionen von Adrenalinkochsalzlösung beim peritonitischen Kollaps. (Städt. 
Krankenh. St. Georg, Leipzig) Brurs’ Beitr. z. klin. Chirurg. Bd. 121, H. l, 
S. 191—219. 1921. l 

Verf. empfiehlt, auf Grund seiner Erfahrungen an mehreren Fällen schwerer eite- 
riger Peritonitis, die Spülung der Bauchhöhle mit dem von Läwen angegebenen 
Spülrohr. Nach Beseitigung der Infektionsquelle (Appendektomie, Naht eines perfo- 
rierten Ulcus duodeni, Cholecystektomie usw.) wird nach Verschluß der Laparotomie- 
wunde über der Symphyse ein kleiner Schnitt angelegt und von hier aus das Spülrohr 
eingeführt. In Fowlerscher Lage wird das kleine Becken besonders gründlich gespült 
und sodann von derselben kleinen Incisionswunde aus mit einem glattwandigen Gummi- 
drain die Drainage des Douglas vorgenommen. In den meisten Fällen kommt man mit 
dieser Drainage nach oben vollkommen aus. In vereinzelten Fällen wurde noch sekundär 
nach unten drainiert, was Verf. für empfehlenswerter hält als die primäre Drainage 
gegen Scheide oder Rectum. Der Douglas ist dann bereits durch Verklebungen gegen 
die freie Bauchhöhle abgeschlossen, wodurch vermieden wird, daß so bakterienreiche 
Gegenden wie Vagina oder Rectum mit derselben in freier Verbindung stehen. Zur 
Bekämpfung des peritonitischen Kollapses werden Kochsalz-Adrenalin-Dauerinfusionen 
intravenös empfohlen. Dieselben müssen unter schwachem Druck in Tropfenform 
gegeben werden. Daneben muß auf die Hebung der Peristaltik gesehen werden. Rectale 
Einläufe, Glühlichtkasten, Peristaltin usw. sind manchmal von Vorteil. Gehen Darm- 
lähmung und Blähungen nicht bald zurück, so ist das Anlegen einer Enterostomie 
zu empfehlen. E. Pribram (Gießen). 


Strauß, M.: Zur Therapie der diffusen eitrigen Bauchfellentzündung. Bruns’ 
Beitr. z. klin. Chirurg. Bd. 122, H. 2, S. 303—304. 1921. 

Um bei diffuser eiteriger Peritonitis die Folgen der Darmparalyse, wie aufgetrie- 
bener Leib, Singultus usw. zu beschränken, wird das Anlegen einer Appendicostonne 
empfohlen. Dieselbe hat sich in 4 Fällen sehr gut bewährt. Nach Unterbindung und 
Durchtrennung des Mesenteriolums wird die Appendix vor die Bauchhöhle gebracht 
und an seiner Einmündungsstelle in das Coecum durch zwei feine Catgutnähte am 
parietalen Peritoneum fixiert. Nach Durchtrennung der Appendix in der Mitte wird 
ein Nelatonkatheter bis über die Valvula Bauhini eingeführt. Dadurch ist Abgang 
von Kot und Gasen ermöglicht. Nach 3—4 Tagen wird die Appendix gangränös, stößt 
sich ab, worauf auch der Katheter entfernt werden kann. Die Coecalfistel schloß sıch 
bald von selbst. Egon Pribram (Gießen). 


Spezielles. — Entzündliche Erkrankungen des Bauches (Appendicitis, Peritonitis). 291 


Meyer, Carl: Unsre Ergebnisse bei der operativen Behandlung akuter diffuser, 
von den weiblichen Genitalorganen ausgehender Peritonitiden. (Univ.-Fräuenklin., 
Kiel.) Zentralbl. f. Gynäkol. Jg. 45, Nr. 10, S. 389—395. 1921. 

Ausführliche Statistik von 130 Fällen von diffuser eiteriger Peritonitis, die ihren 
Ausgang vom weiblichen Genitale genommen hat. Als Therapie kommt die Operation 
in Betracht. Eine Ausnahme bilden gonnorrhoische Peritonitiden und ganz aussichts- 
lose Fälle. Unter den 130 Fällen wurden nur 23 konservativ behandelt. Die Eröffnung 
der Bauchhöhle erfolgte durch Medianschnitt, sodann nach Ablassen und Austupfen 
des Eiters, ausgiebige Drainage nach den beiden Flanken, median und gelegentlich 
auch gegen den Douglas. In einzelnen Fällen Injektion von 30 ccm 10 proz. Campher- 
lösung. In schweren Fällen leistet eine Ileostomie oder Kolostomie zur Behebung 
des Spannungsgefühles und rascheren Ingangsetzung der Peristaltik gute Dienste. 
Mortalität 88,5%. 15 Fälle geheilt. Die ungünstigsten Resultate geben die Strepto- 
kokkenperitoniden die günstigsten, die durch Gonokokken hervorgerufenen. 

Egon Pribram (Gießen). 


Läwen, A.: Zur Behandlung der eitrigen Peritonitis. (Chirurg. Klin., Mar- 
burg a. L.) Dtsch. Zeitschr. f. Chirurgie Bd. 162, H. 1/2, S. 38—43. 1921. 

Bei diffuser eiteriger Peritonitis wird die Spülung des kleinen Beckens von einem 
kleinen suprasymphyseren Schnitt aus mit dem von Läwen angegebenen Spülapparat 
empfohlen. Der Oberkörper wird leicht gehoben. Als Spülflüssigkeit dient physiologi- 
sche Kochsalzlösung. Nach gründlicher Kochsalzspülung ist es empfehlenswert, mit 
leicht angewärmter Dakinscher Lösung nachzuspülen. Dieselbe soll mindestens 8 Tage 
alt sein, da sie dann weniger reizend auf die Serosa wirkt. Nachher wird nochmals 
mit Kochsalz nachgespült. Die Lösung wirkt toxinzerstörend. Beim peritonitischen 
Kollaps leistet die intravenöse Dauerinfusion mit Kochsalz-Adrenalinlösung aus- 
gezeichnete Dienste. Am besten wendet man Normosallösung an und fügt 0,8—1 ccm 
einer Adrenalinlösung 1: 1000 hinzu. In einem Falle wurden bis 22 | innerhalb von 
7 Tagen intravenös verabreicht. Von Nebenerscheinungen trat in einem Falle ein fast 
universelles Anasarka, in einem anderen Falle ein sehr ausgedehntes Ödem der Rücken- 
haut bis zu den Labien auf. Mehrfach entstand auch Ödem des Armes an der Infusions- 
seite. Diese Ödeme traten bei sich besserndem Pulse auf, waren nicht eine Folge ver- 
sagender Herzkraft. 3mal wurden Pneumonien, 1l mal mit Lungenödem kombiniert, 
beobachtet, die evtl. mit der reichlichen Kochsalzzufuhr in Zusammenhang stehen 
könnten. Alle gingen in Heilung aus. Wichtig ist die Beobachtung der Nieren. 

Egon Pribram (Gießen). 


Maixner, Ivan: Peritonitis tuberculosa und deren Behandlung. (Statistische 
Übersicht v. J. 1899—1921 in Varazdiner Spitalen.) Liječnički vijesnik Jg. 43, Nr. 4, 


S. 209—222. 1921. (Serbo-kroatisch.) 

Die Arbeit basiert auf 88 Fällen, die durch 22!/, Jahre in dem Vara2diner Kranken- 
hause behandelt wurden. Von 37 087 Kranken, die in diesem Zeitraume aufgenommen wurden, 
fallen 2114 auf Tuberkulose = 5,7%. Vondiesen 2114 tuberkulösen Erkrankungen waren 
88 Fälle (= 4,34%) (34 männliche = 38,6%, und 54 weibliche = 61,4%), die an tuber- 
kulöser Peritonitis litten. Alter der an tuberkulöser Peritonitis Erkrankten schwankte zwischen 
l und 58 Jahren. Die Erkrankung trat am häufigsten — 31,8% der Fälle — im Lebensalter von 
21—30 Jahren und am seltensten (1,13%) zwischen 1. bis 5. Lebensjahre auf. Pathologisch- 
anatomische Erscheinungen, die bei tuberkulöser Peritonitis auftreten, sind lokaler Natur 
und charakterisiert durch die Bildung serösen, serofibrinösen oder eitrigen und sehr selten 
hämorrhagischen Exsudates. Die sekundäre Haupterscheinung, nämlich die Darmstenose, 
tritt meistens solitär auf, doch sind die Fälle multipler Darmverengerungen nicht so selten. 
Wie oft auch die Ursache der tuberkulösen Erkrankung des Bauchfelles die tuberkulösen 
Darmgeschwüre sind, so selten bricht ein tuberkulöses Darnıgeschwür in die freie Bauch- 
höhle durch. Adhäsionen und Durchbruch eines tuberkulösen Darmgeschwüres führen zur 
Bildung von sterkoralen Fisteln. Die sog. idiopathischen Bauchfellentzündungen 
(Hennoch, Filatoff) sind auch tuberkulöser Natur. Von der Laparotomie, die der 
Autor in 26 Fällen vornahm, sah er keine schädigenden Folgen. Die übrigen 62 Kranken wurden 
konservativ behandelt; davon 7 = 11,29%, Genesungen, 26 = 41,91% Besserungen, 17 = 


19* 


292 Chirurgische Erkrankungen des Abdomens. 


27,12%, Kranke ungeheilt und 12 = 19,34% erlagen ihrer Erkrankung. Laparotomiert 
wurde ¢ gewöhnlich in Narkose; aus allen Buchten und Nischen wurde das Exsudat sorgfältigst 
entfernt. Die Adhäsionen soll man tunlichst nicht lösen. Tuberkulös erkranktes Bauchfell 
wurde mit Tupfern abgerieben, um so stärkere Reaktionshyperämie hervorzurufen. Die Bauch- 
höhle allein wurde nie ausgespült; der Verf. befürwortet nicht die operative Behandlung im 
Frühstadium. Bei 11 Fällen war das Exsudat serös, bei 2eitrig und bei 13 fand sich adhäsive 
Form der tuberkulösen Bauchfellentzündung. Von 8 operierten männlichen Kranken ge- 
nasen 4 und 4 starben, und von 18 weiblichen genasen 14 und 4 wurden bedeutende gebessert. 
Kolin (Zagreb).°° 

Lienhardt, Bruno: Die Ätherbehandlung der Peritonitis. (Chirurg. Abtg., 
Kantonsspit., Winterthur.) Schweiz. med. Wochenschr. Jg. 51, Nr. 29, S. 674 bis 
679. 1921. 

Äthereingießungen in die Bauchhöhle üben einen günstigen Einfluß auf die Heilung 
der Peritonitis aus, sollen aber wegen der großen Gefahr schwerster Adhäsionsbildungen 
nur für die schwersten Fälle eiteriger diffuser Peritonitis reserviert werden. Die Zahl 
der in der Literatur mitgeteilten Fälle von Ileus nach Äthereingießungen ist ziemlich 
groß. Die Mortalität wird durch Ätherbehandlung fraglos herabgesetzt. Sie betrug 
18,1%. Bei 101 aus der Literatur zusammengestellten Fällen verschiedenster Arten 
von Peritonitis betrug sie 27,7%, bei 51 diffusen Peritonitiden nach Appendicitis 
perforativa 23,5%, während sie sonst nach allgemein statistischer Erfahrung über 40%, 
beträgt. Die Wirkung besteht in reaktiver Entzündung, Exsudation und vermehrter 
Herbeischaffung von Immunstoffen. Auch wird die Peristaltik angeregt. Eine direkte 
bactericide Wirkung kommt nicht in Frage. Auffallend ist die Analgesie. Prophylak- 
tische Äthereingießungen sind wegen der erwähnten unangenehmen Nebenwirkungen 
zu vermeiden. Äther soll wegen Kollapsgefahr nur in kleinen Dosen (bis 100 g) ver- 
wendet werden. Eyon Pribram (Gießen). 


Neudörfer, Arthur: Zur Frage der Ätherbehandlung der Peritonitis. (Kaiserin 
Elisabeth-Krankenh., Hohenems.) Zentralbl. f. Chirurg. Jg. 48, Nr. 1, S. 2—4. 1921. 


Auf Grund der außerordentlich günstigen Erfahrungen, die Neudörfer mit Ätherein- 
gießungen bei diffuser eitriger Peritonitis gemacht hat, wird diese Behandlungsweise warm 
empfohlen. Selbst die Gefahr postoperativer Adhäsionsbildungen kann man dabei ruhig in 
Kauf nehmen. Von 22 Fällen schwerer diffuser Peritonitis sind nur 5 gestorben. Nach der 
Äthereingießung wurde drainiert. Egon Pribram (Gießen). 


Benthin: Die Äthertherapie und Prophylaxe der Peritonitis. (Univ.-Frauenklin., 
Königsberg i. Pr.) Med. Klinik Jg. 17, Nr. 5, S. 121—123 u. Nr. 6, 8. 154—157. 1921. 

Äthereingießungen in die Bauchhöhle werden sowohl prophylaktisch als auch bei 
bereits diffuser eiteriger Peritonitis mit bestem Erfolge angewendet. Die Gesamt- 
mortalität betrug bei Peritonitis nach den Erfahrungen des Autors nach Ätherein- 
gießBungen 56%, nach Abzug der septischen Fälle 26,6%. Alle prophylaktisch behandel- 
ten Fälle heilten glatt. In 4 Fällen traten Bauchdeckenabscesse auf. In etwa 30% 
der Fälle wurden jedoch Lungenkomplikationen beobachtet. Von den prophylaktisch 
behandelten Frauen erkrankten vier. Die Lungenerkrankungen sind vielleicht auf 
eine durch die Äthereingießung bedingte Abkühlung zurückzuführen. Eine zweite 
Gefahr bildet die Möglichkeit vermehrter Adhäsionsbildung nach der Operation. Ein 
klares diesbezügliches Urteil konnte Benthin sich auf Grund eigener Erfahrungen 
nicht bilden. Die Vorteile der Ätherbehandlung werden aber von B. so hoch ein- 
geschätzt, daß man selbst die Möglichkeit postoperativer Lungenkomplikationen 
und vermehrter Adhäsionsbeschwerden ruhig mit in Kauf nehmen soll. Egon Pribram. 


Erkes, Fritz: Ein Beitrag zur chirurgischen Behandlung des Ascites, spez. 
des tuberkulösen mit Peritonealfensterung zwecks subeutaner Dauerdrainage. 
Arch. f. klin. Chirurg. Bd. 118, 8. 164—172. 1921. 

Erkes empfiehlt zur Behandlung des Ascites bei tuberkulöser Peritonitis, ebenso 
wie bei Carcinomatose die subcutane Drainage nach Anlegung eines Peritonealfensters. 
Das Fenster wird offen gehalten, dadurch, daß mittels eines kreuzförmigen Schnittes 


Spezielles. — Entzündliche Erkrankungen des Bauches (Appendicitis, Peritonitis). 293 


4 Läppchen gebildet werden, welche nach außen umgeklappt und vernäht werden. 
Diese Methode ist der Drainage mittels eingeführter Fremdkörper vorzuziehen. Sie 
ist ferner nicht so eingreifend wie eine Laparotomie und kann daher auch bei stark 
geschwächten Patienten angewendet werden. Es erfolgt eine subcutane Dauerdrainage 
und Autotransfusion des Exsudates und dadurch eine günstige Beeinflussung des Krank- 
heitsprozesses. Die Operation hat auch in Fällen genützt, wo vorangegangene Laparo- 
tomie erfolglos war, und ist auch bei frischen Fällen von günstiger Heilwirkung. Bei 
Ascites, infolge Carcinom wurde zeitweilige Besserung erzielt. Æ. Pribram (Gießen). 


Pauly, Norbert: Étude sur un procédé nouveau de traitement de la peritonite 
tubereuleuse. (Versuch eines neuen Vorgehens bei der Behandlung der tuber- 
kulösen Peritonitis.) Rev. med. de lest Bd. 49, Nr. 11, S. 343—345. 1921. 

Verf. führt mittels eines Troikarts 4 Seidenfäden in die Bauchhöhle ein, zieht dann 
den Troikart zurück und fixiert die Seidenfäden unter der Haut. Die Hautwunde wird 
durch Nähte geschlossen. Er erreicht damit, daß der Ascites in das Muskelgewebe 
drainiert wird. 18 so behandelte Fälle wurden geheilt. Er schlägt vor, sein Verfahren 
auch bei der Meningitis tuberculosa anzuwenden. H. Koch (Wien). °° 


Pasini, A.: Peritonite e peritonismo bklenorragico. Studio clinico. (Gonor- 
rhoische Peritonitis und gonorrhoischer Peritonismus. Klinische Studie.) (Istit. der- 
mosifilopat., osp. maggiore, Milano.) Giorn. ital. d. malatt. vener. e d. pelle Bd. 62, 
H. 3, S. 173—186. 1921. 

Verf. erörtert die Pathogenese der gonorrhoischen Infektion und betont, daß die 
ursprüngliche Gonorrhöe nicht selten Mischinfektion wird und dadurch das klinische 
Bild eine Verschiebung erleidet. Den schweren Formen ausgesprochener Peritonitis 
wird die leichte Form als Peritonismus (Bouchard, Gübler) gegenübergestellt. Hier 
ist das Abdomen zwar auch gespannt, aber der Meteorismus gering, der Puls weniger 
beschleunigt, kurz, alle Symptome weniger heftig, wechselnd und nur von 24—30 Stun- 
den Dauer. Solche Bilder können sich auch bei Kindern mit Vulvovaginitis gonorrhoica 
entwickeln. Ein letaler Ausgang ist beim Mann noch seltener als bei der Frau, aber 
kommt vor bei Epididymo - Deferentitis- Funiculitis suppurativa infolge 
direkter Propagation der Gonokokken auf das Peritoneum. Schüßler (Bremen). °° 


Le pronostic de la péritonite tuberculeuse. (Die Prognose der tuberkulösen 
Peritonitis.) Journ. des praticiens Jg. 35, Nr. 40, B, 653—655. 1921. 


Buriánek, Bohuš: Laparotomie bei tuberkulöser Peritonitis. Časopis lékařův 
českých Jg. 60, Nr. 41, S. 641—645 u. Nr. 42, S. 665—667. 1921. 


Wienecke, P.: Der heutige Stand der tuberkulösen Peritonitis. (Chirurg. Abt., 
Elisabeth-Krankenh., Berlin.) Monatsschr. f. Geburtsh. u. Gynäkol. Bd. 54, H. 4 S. 247 
bis 259. 1921. 


Gelpi, Maurice J.: Acute diffuse gonorrheal peritonitis without tubal rupture. 
(Akute diffuse gonorrhoische Peritonitis ohne Tubenruptur.) (New Orleans med. surg. 
journ. Bd 74, Nr. 4, S. 296—299. 1921. 


Krivsky, L. A.: On the pseudomyxoma peritonei. (Über das Pseudomyxom 
des Peritoneums.) Journ. of obstetr. a. gynaecol. of the Brit. empire Bd. 28, Nr. 2, 
8. 204—227. 1921. | 

Das in der Literatur wiederholt beschriebene Pseudomyxoma Peritonei entsteht 
entweder durch Platzen eines pseudomyxomatösen Ovarialkystoms oder einer Appen- 
dix, in der sich reichlich muköser Inhalt angesammelt hatte. Dieser verbreitet sich 
dann in der ganzen Bauchhöhle. Krivsky hat eine Reihe von Fällen beobachtet und 
beschrieben, bei denen der Ursprung aus beiden erwähnten Quellen nachgewiesen 
werden konnte. Die Frage der Malignität ist nicht einwandfrei geklärt. Neben Fällen, 
die malignen Charakter zeigen, gibt es auch solche, die über 17 Jahre am Leben blieben. 

Egon Pribram (Gießen). 


294 Chirurgische Erkrankungen des Abdomens. 


3. Hernien, Ileus, Anus praeter naturalis usw. 


Patel, Maurice: De Il’&ventration consécutive à l’ineision de Pfannenstiel. 
(Über einen Fall von Bauchbruch im Anschluß an einen ‚Pfannenstielschen Quer- 
schnitt.) Gynecol. et obstetr. Bd. 3, Nr. 5, S. 344—349. 1921. 

Freund, H.: Zur Operation großer Bauchbrüche. (Oberrhein. Ges. f. Geburtsh. 
u. Gynäkol., Freiburg i. Br., Sitzg. v. 22. V. 1921.) Zentralbl. f. Gynäkol. Jg. 45, Nr. 36, 
S. 1295—1296. 1921. 

H. Freund operierte einen ungeheuren komplizierten Bauchbruch mit Erfolg. 
Es war ein Hängebauch bei einer Rachitica, die bei der ersten Geburt (Perforation) 
schwere Peritonitis, bei der zweiten den Kaiserschnitt bei bestehendem Fieber über- 
standen hatte. 7 Jahre später Operation bei postoperativer Hernie mit Eventration 
adhärenter Därme und extremer Verdünnung der herniösen Haut. Querschnitt nach 
Graser, mühsame Ablösung der Därme, auf denen Fascienstückchen der Bauchdecken 
sitzen gelassen werden müssen. Die atrophische Fascie oben und unten halbzirkel- 
förmig excidiert. Recti mobilisiert, ließen sich, wie die Fascłe nur zum Teil aneinander 
bringen. Eine zentrale Öffnung in der Wunde wurde nach Entspannungsschnitten im 
Fett durch zwei rasch excidierte Lappen Fascia lata, die an Fascie und Fett mit Catgut 
angenäht wurden, gedeckt. Beide Transplantate heilten p. primam ein. Dauernde Hei- 
lung 61/, Jahre nach der Operation festgestellt. . Autoreferat. 

Birnbaum, R.: Die freie Fascientransplantation bei Bruchoperationen. Zen- 
tralbl. f. Gynäkol. Jg. 45, Nr. 11, S. 419—421. 1921. 

Bei großen Bauchbrüchen mit ausgedehntem Fasciendefekt wird die Transplantation 
von Fascia lata empfohlen. Mitteilung eines mit gutem Erfolg operierten Falles. 

Egon Pribram (Gießen). 

Fuchs, H.: Freie körpereigene Bauchfellüberpflanzung. Zentralbl. f. Gynäkol. 
Jg. 45, Nr. 18, S. 643—646. 1921. 

Es wird empfohlen, bei Peritonealdefekten die Deckung mit körpereigenem Bauch- 
fell vorzunehmen. Zu diesem Zwecke eignet sich besonders ein Peritoneallappen aus 
der Fossa vesico-uterina, ferner auch aus der retrocöcalen Nische und der Gegend des 
Gefäßdreieckes. Die Transplantation des eigenen Peritoneums ist der Verpflanzung 
von Netz oder gar Fascie vorzuziehen, da es sich hier um einen natürlichen, ortseigenen 
Gewebsersatz handelt, der eine Restitutio ad integrum am ehesten verbürgt. Verf. 
hat in einer Reihe von Fällen sehr günstige Erfolge erzielt. Egon Pribram (Gießen). 

Kaufmann, E.: Über Peri- und Mesosigmoid-Verwachsungen. (Frauenspit., 
Basel-Stadt.) Zeitschr. f. Geburtsh. u. Gynäkol. Bd. 83, H. 3, S. 619—631. 1921. 

Verf. erwähnt zunächst ausführlich die Ansichten verschiedener Autoren wie 
Toldt, Virchow, Langer, Riedel, Pa yru. a. über die Ursachen der Verwachsungen 
am Kolon, Sigma, Mesosigma und in der Umgebung der Appendix. Während Toldt 
Adhäsionen am Kolon und Mesokolon als Spuren von Verklebungen während der 
Entwicklung, sowohl der intrauterinen, wie der späteren, bis etwa zum 20. Jahre auf- 
faßt, hält Virchow dieselben für die Folge lokalentzündlicher Vorgänge. Riedel 
glaubt an angeborene primäre Mesenterialperitonitis und an die Möglichkeit, daß auch 
im späteren Leben primäre Entzündungen am Mesenterium auftreten. Payr faßt 
sie als sekundäre Entzündungserscheinungen auf, fortgeleitet von primären Herden 
ım Darm usw. Gersuny macht die menstruellen Vorgänge, Ovulation, Blutung für 
die Entstehung der Adhäsionen verantwortlich. Auch Bittdorf ist der Ansicht, daß 
in vielen Fällen eine durchgemachte Kollitis, Perikolitis, Sigmoiditis, Perisigmoiditis 
und besonders chronische Obstipation, mit Adhäsionsbildung am Kolon oder Sigma 
in ursächlichen Zusammenhang stehen. Opitz schreibt der Obstipation eine wichtige 
Rolle zu. Verf. selbst fand unter 150 Frauen in 56%, Veränderungen am Sigma, und 
zwar 22%, bei nicht entzündlichem Genitale, 92%, bei entzündlichem Genitale. In 
51% der Fälle waren Veränderungen am Mesenteriolum, und zwar 38%, bei nicht ent- 
zündlichem, 69°, bei entzündlichem Genitale. Peri- und Mesosigmoidverwachsungen 


Hernien, lleus, Anus praeter naturalis usw. 295 


sind nach seiner Ansicht meistens sekundäre Entzündungsergebnisse nach primärer 
Adnexerkrankung. Verwachsungen des S. romanum und des Mesosigma mit der seit- 
lichen Beckenwand werden der Ansicht Toldts folgend als Bildungsanomalien auf- 
gefaßt. Über die Sigmoiditis als Ursache, fand Verf. keinen Anhaltspunkt. 

Egon Pribram (Gießen). 

Vollhardt, Walter: Beitrag zur Behandlung des postoperativen Ileus mit 
Enterostomie. (Diakonissenanst., Flensburg.) Dtsch. Zeitschr. f. Chirurg. Bd. 164, 
H. 4/6, S. 352—378. 1921. 

Verf. behandelt in seiner Arbeit Ätiologie, Diagnose und insbesondere die Therapie des 
postoperativen Ileus. In 15 schweren Fällen hat er 9 mal die einfache Enterostomie mit Erfolg 
ausgeführt. Auf Grund dieser Erfahrungen empfiehlt Verf. mit der Ausführung der Enterosto- 
mie nicht allzulange zu zögern. Der Eingriff soll unmittelbar dann in seine Rechte treten, 
sobald die gewöhnlichen therapeutischen Maßnahmen, wie Heißluft, zweckmäßige Lagerung, 
Magenspülung, die Peristaltik anregende Mittel usw., versagen. Größere Operationen sollen 
vermieden werden. Schultheiss (Basel). 


Bauereisen: Zur Frage der spontan entstandenen Bauchdeckenhämatome. 
(Univ.-Frauenklin., Kiel.) Zentralbl. f. Gynäkol. Jg. 45, Nr. 10, S. 396—400. 1921. 

Zusammenstellung einiger aus der Literatur bekannter und Mitteilung eines 
eigenen Falles von spontan entstandenem Bauchdeckenhämatom innerhalb des Mus- 
culus rectus abdominis. Ätiologisch kommen durchgemachte Infektionskrankheiten, 
Gefäß- und Muskelveränderungen infolge von Gravidität, ferner auch latente Infek- 
tionen in Frage. Verf. schreibt besonders der letzteren eine große Bedeutung zu. 
Infolge Aufflackern eines latenten Infektionsprozesses kommt es zu Muskel- und 
Gefäßveränderungen, die auch bei geringem Trauma zu einem Hämatom führen. 
Therapeutisch kommt operative Behandlung in Frage. Hinweis auf die differential- 
diagnostischen Schwierigkeiten und Irrtümer. Egon Pribram (Gießen). 

Mayer, A.: Über abnorme Kontraktionsphänomene am Darm (segmentärer 
Darmkrampf). (Univ.-Frauenklin., Tübingen.) Zentralbl. f. Gynäkol. Jg. 45, Nr. 45, 
S. 1622—1628. 1921. 

Ma yer unterscheidet 3 Formen von Kontraktionszuständen am Darm: 1. Zirku- 
läre Einschnürungen, oft nur auf eine Strecke von wenigen Zentimetern beschränkt. 
2. Die Kontraktion erstreckt sich auf eine längere Strecke des Darmes, 20—25 cm. 
3. Sie betrifft nur eine circumscripte Stelle einer Darmwand (am Dickdarm beobachtet). 
Als ursächliche Momente kommen reflektorische (Gallensteine, Würmer usw.) und 
neurogene (idiopathisehe) Reize in Betracht. Mit Ausnahme von einem Fall, bei dem 
Askariden die Ursache der Darmkontraktion waren, spielten ausschließlich neurogene 
Einflüsse eine Rolle, deren Entstehungsmöglichkeiten Verf. erwägt. Lokale chemische 
Einflüsse, wie die Wirkung der Kochsalzkompressen, hält M. nicht für wahrscheinlich, 
ebensowenig kämen embolische Vorgänge in den Mesenterialvenen, die, wie Payr 
gezeigt hat, zu Darm- und Magenkontraktionen führen können, wegen des schnellen 
Vorübergehens der Erscheinungen in Betracht. Eventuell kämen Störungen der inneren 
Sekretion oder Reize, die auf dem Wege des sympathischen oder parasympathischen 
Systems wirken, in Frage. Vielleicht besteht auch ein Zusammenhang mit der Lumbal- 
anästhesie. Klinisch-praktische Bedeutung können diese Spasmen bei längerer Dauer 
erhalten (Ileus, Darminvagination). Egon Pribram (Gießen). 

Rübsamen, W.: Neue Operationsprinzipien bei Anus praeternaturalis vesti- 
bularis. (Staatl. Frauenklin., Dresden.) Zeitschr. f. Geburtsh. u. Gynäkol. Bd. 84, 
H. 1, S. 46—58. 1921. 

Unter Anus praeternaturalis vestib ulafi versteht man eine Entwicklungs- 
anomalie des äußeren Genitales, wobei unter Fehlen des normalen Afters das Rectum 
in den Sinus urogenitalis einmündet. Erfolgt die Einmündung nach innen vom Hymenal- 
saum, spricht man von Anus praeternaturalis vaginalis. In sehr seltenen Fällen 
besteht außer der abnormen Öffnung noch ein normaler After. Insgesamt sind in der 
Literatur 60 Fälle von Anus praeternaturalis vestibularis mitgeteilt, nur bei 6 war 


296 Chirurgische Erkrankungen des Abdomens. 


auch eine normale Afteröffnung vorhanden. Nicht immer macht die abnorme Ein- 
mündung Beschwerden. Dies hängt im wesentlichen davon ab, ob die Öffnung suf- 
fizient ist oder nicht. Der Anus anomalus vulvovestibularis ist toto coelo von der 
Fistula rectovaginalis zu trennen. Es wird zunächst ein Fall im 6. bis 7. Schwanger- 
schaftsmonat angeführt, wo ein Septum der unteren Vagina bestand und der Mastdarm 
in die Fossa navicularis mündete. Wo normal der Anus liegen sollte, sieht man eine 
flache Grube, auf deren Grund man statt eines Ringmuskels eine sehr derbe, zweifellos 
muskuläre Platte tastet. Ein Schließmuskel an der widernatürlichen Afteröffnung ist 
nicht nachzuweisen. Levator der rechten Seite deutlich und kräftig, links undeutlich 
und schwach. Zuweilen beobachtet man eine Beschmutzung der hinteren Vulvapartie 
mit Kot, ohne daß die Frau dadurch belästigt wird. Aus letzterem Grunde wird daher 
auch gegen diese Anomalie nichts unternommen. Bei einem zweiten Falle von Anus 
praeternaturalis vestibularis, bei dem neben der abnormen Darmöffnung ein Anus 
an normaler Stelle vorhanden, der widernatürliche After nur von rudimentären Muskel- 
fasern umgeben war und daher Insuffizienzerscheinungen bestanden, wurde operiert. 
Dabei gelangte eine Operationsmethode zur Anwendung, die Rübsamen zur Be- 
seitigung von traumatisch oder nach Radiumbestrahlung entstandenen Rectovaginal- 
fisteln angegeben und bereits in 5 Fällen mit sehr gutem Erfolge ausgeführt hat. 
(Zentrlbl. f. Gynäkol. 1920, Nr. 27.) Die Methode wird kurz geschildert. Kreis- 
förmige Umschneidung des Anus praeternaturalis, Verschluß der Öffnung mit 
Knopfnähten. Mobilisierung der äußeren Fistelwand ringsum bis zur Einmündung 
ins Rectum. Durch eine Lücke des Fistelendes in der Scheide wird eine Sonde in den 
Mastdarm eingeführt, an diese werden die Fistelverschlußfäden geknüpft und durch 
Herausziehen der Sonde aus dem Anus gelangt die Fistelstelle zur Einstülpung, ihre 
Basis wird exakt vernäht. Narben, die zur Fistel führen, werden durchtrennt, das 
Rectum allseits mobilisiert. Der Musc. sphincter ani wird von der Darmwand vorn 
und zu beiden Seiten abgelöst, kranialwärts verlagert und hier an der Darmwand 
fixiert, so daß die Fistelstelle !/, cm peripher von dem so dislozierten Afterschließ- 
muskel zu liegen kommt. Die vernähte Fistel wird durch Sutur an der Haut des Dammes 
befestigt. Kolporrhaphie und Levatornaht beschließen die Operation. Der in diesem 
Fall ausgeführte Eingriff wird genau beschrieben. Der Musc. sphinct. ani wurde vor 
einem vor dem After angelegten Querschnitte präpariert und abgelöst. Die Operation, 
die 11/, Stunde dauerte, ließ sich in Sakralanästhesie ausgezeichnet durchführen. Die 
Rekonvaleszenz verlief ohne Besonderheit, die Wunden heilten nur zum Teil p. p., 
zum Teil per secundam, wobei sich eine kleine extrasphincterale Kommunikation der 
Scheide mit dem Darm spontan schloß. Die Patientin konnte vollkommen geheilt ent- 
lassen werden. Die 6 in der Literatur beschriebenen Fälle werden erwähnt. Schwanger- 
schaft, Geburt und Wochenbett können schwer gestört verlaufen. Durch gleichzeitiges 
Vorkommen dieser Anomalie mit Beckenabnormitäten kann es zur Geburtsstörung 
kommen. Die Therapie der Entwicklungsanomalie kann bei insuffizientem Anus 
vestibularis nur eine operative sein, bei suffizienter Öffnung mag man von der Behebung 
des abnormen Zustandes absehen. Die bisher geübten Methoden finden eine kurze 
Besprechung (Rizzoli, Krömer, Nießner, Sick). Allen Operationsverfahren 
gemeinsam ist das Prinzip der Verlagerung des Rectums, das bei Rübsamens Ver- 
fahren in situ belassen wird. Die Methode der kranialen Verlagerung des Musc. sphinct. 
ani wird für den Anus vestibularis als Methode der Wahl empfohlen. Heidler. 
Kossmann, Ferdinand: Zur Ätiologie der Analfissuren bei Frauen. (Hess. 
Hebammenlehranst., Mainz.) Zentralbl. f. Gynäkol. Jg. 45, Nr. 36, S. 1286—1288. 1921. 
Als ätiologisches Moment für die Fissura ani wurden bisher stercorale Läsionen 
und Verletzungen durch Darmrohr und Klistierspritze angesehen. Nach den Unter- 
suchungen des Verf. sind aber auch Geburtsschädigungen eine Hauptursache. Bei 30 
in der Hessischen Hebammenlehranstalt Mainz operierten Fällen traten die Beschwerden 
kurze Zeit nach der Geburt auf. Auch intra partum wurde das Entstehen von Fissuren 


Hernien, Ileus, Anus praeter naturalis usw. 297 


beobachtet. Der Zeitpunkt des Entstehens ist das Ende der Austreibungsperiode. 
Prädilektionsstelle ist der vordere Pol des Analrings, die Stelle, die direkt in der 
Führungslinie liegt und die größte Überdehnung auszuhalten hat. Die Schmerzen sind 
typisch. Sie treten bei der ersten Stuhlentleerung in Erscheinung und halten nach 
jeder Defäkation noch stundenlang an. Für das Nichtheilen sind die Wochenbetts- 
obstipation und namentlich die durch die Patienten aus Furcht vor Schmerzen ge- 
förderte Koprostase und Klistierrohr verantwortlich zu machen. Die Therapie ist bei 
Versagen von Ölklistieren und Abführmitteln neben örtlicher Behandlung eine chirur- 
gische. Zill (München). 


Hill, T. Chittenden: Procidentia recti. (Mastdarmvorfall.) Boston med. a. surg. 
journ. Bd. 185, Nr. 15, S. 440—443. 1921. 

Nach kurzer Besprechung der Anatomie, wobei der abnormen Tiefe des Cavum 
Douglasi besondere Wichtigkeit beigemessen wird, geht Hill zur Frage der Ätiologie 
des Rectalprolapses über und nennt als die 5 Hauptpunkte: Entzündungsvorgänge 
der Schleimhaut, Insuffizienz des Beckenbodens, Insuffizienz der natürlichen Rectum- 
befestigungen, die vorerwähnte Douglastiefe mit Hernien und endlich den Verlust des 
Muskeltonus. Bezüglich der Frage des Operationsmodus muß in jedem Fall die Ätio- 
logie besonders geprüft werden, um den Eingriff richtig wählen zu können, wenn man 
einen Dauererfolg sehen will, mit anderen Worten: die Operation muß eine anatomisch 
richtige sein. Der Autor beschreibt darauf kurz seine eigene Methode, die er an 14 Fällen 
ausgeführt hat. Der Prolaps wird in voller Ausdehnung an 2 Zügeln außen gehalten, 
darauf die hintere Mucosa in ganzer Ausdehnung bis zu 2 Zoll Entfernung vom Anus 
kauterisiert, seitlich etwas oberflächlicher und an der Vorderwand nur ganz wenig 
(H. hat einen Fall durch zu tiefes Kauterisieren vorn an Peritonitis — 2 malige Per- 
foration des Peritoneums — verloren). Darauf wird der Prolaps reponiert und nun 
mittels der Ligaturmethode die ganze Schleimhaut des Mastdarmrohres entfernt. 
Sie wird mit Gefäßklemmen gefaßt und abgeschnitten in etwa Zollänge, nachdem eine 
Ligatur so hoch wie möglich darum gelegt ist. Darauf kommen noch unterbrochene 
Catgutnähte rund um die von Schleimhaut entblößte Partie und zum Schluß werden 
an 3 oder 4 Punkten keilförmige Stücke aus der Haut des Analringes excidiert und mit 
tiefen Catgutnähten, die den Sphincter externus mitfassen, genäht. Bei der Nach- 
behandlung ist wichtig, daß der Pat. mindestens 3 Wochen zu Bett bleibt; Stuhlgang 
darf nicht vor dem 5. oder 6. Tag erfolgen. Die Analgegend muß 3—4 mal täglich 
gereinigt werden infolge der sehr starken Sekretion. 2—3 Monate lang hinterher muß 
durch Laxantien für stets dünnbreiigen Stuhl gesorgt werden. Sigmoidopexie und Recto- 
pexie hält H. für nicht begründet und erfolglos; er hat sie nie ausgeführt. Auch die 
Amputation, die übrigens nur zulässig sei, wenn die äußere Prolapswand das ganze 
Rectum, die innere das Sigmoid enthält, hält er für nicht zweckentsprechend, weil sie 
sowohl die tiefere Rectalmuskulatur zerstört als den Sphincter internus opfert und den 
Levator ani durchtrennt. Draudt (Darmstadt)., 


Webb, J. Curtis: The treatment of haemorrhoids by electrolysis. (Die Behand- 
Jung von Hämorrhoiden mittels Elektrolyse.) Brit. med. journ. Nr. 8143, S. 457 
bis 458. 1921. 


Die vom Verf. empfohlene Methode eignet sich weder für die „inneren“ noch für die 
„äußeren“ Hämorrhoiden, sondern für die zwischen beiden stehenden, die häufig durch den 
Sphincter abgeklemmt werden, starke Beschwerden machen und Erweiterungen der Ver- 
bindungen der oberen und mittleren Hämorrhoidalvenen entsprechen. Technik: Nach gründ- 
licher Darmentleerung wird Patient aufgefordert, die Knoten herauszupressen. In Lokal- 
anästhesie werden lange, an biegsame Drähte angelötete Zinknadeln durch die Basis der Knoten, 
parallel ihrer Längsachse, außerdem mehrere Nadeln in die Substanz der Knoten eingeführt. 
Die Nadeln werden mit dem positiven Pol einer elektrischen Batterie verbunden, während der 
negative auf Hüfte und Gesäß appliziert wird. 12—15 Milliamp-re für 10—15 Minuten, wobei 
die Knoten eine graue Farbe annehmen. 24 Stunden Bettruhe. Vorteile der Methode: Schmerz- 
losigkeit während und nach der Behandlung. Patient wird der Arbeit nicht entzogen. Sphincter 
braucht nicht dilatiert zu werden. Wehl (Celle). °° 


298 Therapeutische Ergebnisse bei gynäkologischen Erkrankungen. 


X. Therapeutische Ergebnisse bei gynäkologischen Erkrankungen (aus- 
schließlich der operativen und der Organotherapie). 


1. Pharmaka. 


Hüssy, Paul: Therapeutische Neuigkeiten aus dem Gebiete der Geburtshilfe 
und Gynäkologie. B. Gynäkologie. 1. Argoplex. (Abt. f. Frauenkrankh. u. Geburtsh., 
Kantonal. Krankenanst., Aarau.) Schweiz. Rundschau f. Med. Bd. 21, Nr. 26, 
S. 423. 1921. 

Hüssy berichtet über außerordentlich günstige, schon oft nach der ersten Be- 
bandlung einsetzende und auch längerdauernde Erfolge nach Auspinselung von Cervix 
und Urethra mit einer 5promill. Lösung von Argoplex von der Firma Hoffmann-La 
Roche oder Anwendung von häufigen Scheidentampons derselben Lösung. Jede intra- 
uterine Anwendung auch dieses Mittels ist kontraindiziert. Selbstverständlich kommen 
auch nach Argoplextherapie Rückfälle vor, die teils im anatomischen Bau des 
weiblichen Genitaltraktus, teils aber sehr häufig darin begründet liegen, daß eine 
vorhandene Rectalgonorrhöe übersehen und unbehandelt gelassen wurde. Haller. 

Boese, Karl: Über Kollargol, seine Anwendung und seine Erfolge in der 
Chirurgie und Gynäkologie. (Städt. Krankenh., Stolp. i. Pom.) Dtsch. Zeitschr. 
f. Chirurgie Bd. 163, H. 1/2, S. 62—84. 1921. l 

An eine geschichtliche Einleitung und die Mitteilung der Erfolge anderer Autoren, be- 
sonders auf gynäkologischem Gebiete, schließt der Verf. seine eigenen Erfahrungen mit der intra- 
venösen Injektion von Kollargol Heyden an. Die Konzentration war 29%, die Menge 10 cem. 
Alle 12 Krankengeschichten zeigen die günstige Beeinflussung des klinischen Bildes, im Sinne 
der Erhöhung von Widerstandskraft, Lebensmut und Nahrungsaufnahme, daneben ein Frischer- 
werden der Wunden mit vermehrter Eiterabsonderung, bei Exsudaten nach anfänglichem 
Wachsen eine Beschleunigung der Aufsaugung. Die Krankheitsdauer schien abgekürzt, oft 
war nach Abschluß der Behandlung der Tastbefund normal, wo vorher Tumoren fühlbar 
waren. Bei Erysipel war der Erfolg nicht geringer. Doch blieben auch einige Fälle unbeeinflußt 
vom Kollargol; so gingen 2 Fälle schwerster Sepsis trotz Kollargols zugrunde. Eine Kranken- 
geschichte illustriert die Wirkung des Mittels bei Polyarthritis. Den Schluß der Arbeit bildet 
eine Erörterung der chemischen Wirkung des Kollargols. Jedenfalls hat sich dem Verf. das 
Kollargol als ein Mittel erwiesen, daß zwar nicht absolut sicher wirkt, aber doch in manchen 
Fällen von Sepsis Resultate zeitigt, die mit keinem anderen Mittel erreicht werden konnten. 

Binz (München). 

Lindig, Paul: Die klinische Bewertung einer Jodbenzolsullosäure vom ge- 
burtshilflich-gynäkologischen Standpunkt aus. (Univ.-Klin., Freiburg i. Br.) Med. 
Klinik Jg. 17, Nr. 13, S. 379—380. 1921. 

Verf. will anregen, die unter dem Namen Yatren bekannte Jodbenzolsulfosäure nachzu- 
prüfen in ihrer Wirkung auf Gonorrhöce, Nabeleiterungen, Uterusblutungen (in Gestalt von 
Yatrengazetamponaden) und Cystitiden und Pyelitiden — bei letzteren als 10 proz. Lösung 
20 ccm intravenös. Binz (München). 

Franz : Über frauenärztliche Erfahrungen mit Choleval. Fortschr. d. Med. 
Jg. 38, Nr. 17, S. 642—643. 1921. 

Mitteilung der in 2jähriger Anwendung gewonnenen günstigen Erfahrungen mit 
Choleval-Merck (kolloidales Silber mit gallensaurem Natron). Bei akuter und chroni- 
scher Gonorrhöe der weiblichen Urethra wird !/,—!/,proz. Cholevallösung mittels 
Spritze oder watteumwickelten Stäbchen in die Harnröhre eingebracht und die Harn- 
röhre über dem liegenden Stäbchen massiert. 1,5—3 proz. Cholevalbolus eignet sich 
auch bei nicht gonorrhoischem Fluor zur Austrocknung der Scheide, die Choleval- 
Vaginaltabletten können die Patientinnen selbst einführen. Bei Harmröhren- und 
Cervixgonorrhöe führt Verf. Cholevalstäbchen ein, die nur im akuten Stadium der 
Urethralgonorrhöe manchmal Reizerscheinungen auslösen. Binz (München). 


Walther: Intrauterine Cholevalspülungen nach gynäkologischen Operationen. 
Münch. med. Wochenschr. Jg. 68, Nr. 4, S. 107. 1921. 

Die abstringierende wie desinfizierende Wirkung des Cholevals, die bekanntlich in der 
Gonorrhöetherapie ausgenützt wird, wurde nach dem Vorgange von Betz auch vom Verf. 
zu intrauterinen Spülungen bei septischen Aborten, Cervixpolypen, submucösen Myomen 


Pharmaka. 299 


und nach Abrasio herangezogen, wobei er den Eindruck ihrer Nützlichkeit und Ungiftigkeit 

hatte. Die Konzentration war !/,—1%/,, um gleichzeitig — bei Blutungen — kontrahierend 

zu wirken, die Temperatur der Flüssigkeit 50°. Verf. empfiehlt warm die Nachprüfung. 
Binz (München). 


Abel, Georg: Über die Verwendbarkeit des „Siecostypt‘‘ in der gynäkologischen 
Praxis. (Priv.-Frauenklin., San.-Rat Dr. Abel, Berlin.) Zentralbl. f. Gynäkol. Jg. 45, 
Nr. 18, S. 656—658. 1921. 

Abel, Georg: Die Verwendbarkeit das Migräneserums ‚„Bohnstedti“ in der Gy- 
näkologie. (Priv.-Frauenklin. San.-Rat Dr. Abel, Berlin.) Dtsch. med. Wochenschr. 


Jg. 47, Nr. 41, S. 1229—1230. 1921. 
Empfehlung des Migräneserums „Bohnstedt‘“, das als Hauptbestandteil Placentainkret 
enthält, zur Behandlung der Migräne von Frauen auf Grund eigener Eıfahrungen. Gottschalk. °° 


Striepecke, G., Transannon gegen die Ausfallserscheinungen der Frauen. (Med. 

Klinik Jg. 17, Nr. 33, S. 997—998.) 

Vgl. Referat S. 121. 
. Kennedy, William T.: Chronic endocervieitis. A partial review of the litera- 
ture with an introductory paragraph on the surgical use of ethyl alcohol and a 
preliminary report of the treatment of endocervicitis with ethyl alcohol injected 
interstitially, illustrated by cases. (Ein Literaturüberblick mit einer Einführung 
über den ärztlichen Gebrauch von Äthylalkohol und einem Bericht über die Be- 
handlung der Endocervicitis mit Äthylalkohol, in Zwischenräumen injiziert, an Fällen 
erläutert.) Americ. journ. of obstetr. a. gynecol. Bd. 1, Nr. 9, S. 929—940. 1921. 

Verf. will in dem Artikel die einfache Form der Cervicitis besprechen, und zwar 
ihre Behandlung mit Äthylalkohol, der in Zwischenräumen injiziert wird. Sie wurde 
bisher meist bei Nervenerkrankungen angewendet. Wenn Alkohol Bakterien in der 
Nervengegend vernichtet, so muß dies auch bei Bakterien in der Cervix oder jeder 
beliebigen Stelle im Körper möglich sein. Das normale Genitale oberhalb des Os ex- 
ternum ist keimfrei. Manche Forscher setzen die Grenze schon innerhalb des Os ex- 
ternum. Strepto- oder Staphylokokken, die in die gesunde Vagina gebracht werden, 
werden innerhalb weniger Stunden vernichtet. Der Ausfluß kann verschiedene Ur- 
sachen haben. Wichtig sind Verletzungen, Verlagerungen, Infektionen, welche die 
Schwangerschaft komplizieren und Gonorrhöe. Atroug stellte fest, daß die Uterus- 
schleimhaut pathologischen Veränderungen gegenüber sehr widerstandsfähig ist. Ein 
großer Teil der in der Vagina vorhandenen Bakterien besteht aus Anaeroben. Gram- 
positive Diplokokken sind nur noch im Vaginalsekret vorhanden. Manche Autoren 
glauben, daß die gonorrhoische Endocervicitis das Primäre ist und daß die Vagina 
erst in zweiter Reihe infiziert wird. — Klinisch zeigt die Erosion das Bild eines granu- 
lierenden Ulcus, aber Ruge und Veit zeigten, daß die rauhe Oberfläche mit Epithel 
bedeckt ist und die granulierenden Spitzen Neubildungen aufweisen, die mit Ulcus 
nichts zu tun haben. Wampy beschreibt sehr klar die Beziehung der Gewebszellen 
und des Mikroorganismus zueinander in akuten Entzündungen. Wo das Reizmittel 
an die Außenseite übertragen werden kann, tritt eine umfangreiche exsudative Ent- 
zündung auf. Wird es in eine der Uterushöhlen übertragen, so ist das Exsudat manch- 
mal noch vorhanden, nachdem alle Anzeichen der Entzündung geschwunden sind. 
Wo Leucorrhoea vorhanden ist, muß auch ein zeitweiser Reiz sein, am wahrschein- 
lichsten das Gift, das im Brennpunkt der rundzelligen Infiltration produziert wird. 
Das Gift ergreift zuerst die anstoßenden Drüsen, die es zur Hypersekretion bringt, und 
zweitens die Nerven, besonders den Sympathicus, Kreuzschmerzen und allgemeines Unbe- 
hagen hervorrufend, die die Endocervicitis begleiten. — Es gibt 4 Behandlungsmethoden 
Einsetzen der Drainage in den Lymphkanal, Einsetzen durch Erguß von Lymphe 
in den Cervixkanal, Hemmung der Tätigkeit der rundzelligen Infiltrationen, Ver- 
tilgung des Brennpunktes der rundzelligen Infiltrationen. Die Behandlungsart ist 
folgende: Nachdem die Cervix ausgetrocknet und die Vagina mit Jod gepinselt ist, 
wird die Cervix mit einer doppelten Zange gehalten und 1—2 ccm einer 25 proz. 


300 Therapeutische Ergebnisse bei gynäkologischen Erkrankungen. 


Äthylalkohollösung in destilliertem Wasser in die vordere und hintere Lippe der Cervix 
injiziert. Vorsicht muß beobachtet werden, damit keine Drüse durchstochen und 
so die Lösung in den Kanal geleitet wird. Heimann (Breslau). 


2. Erfolge der physikalischen Therapie. 
a) Röntgentherapie bei Uterustumoren, Blutungen und Tuberkulose. 


Beelere: Que doit-on espérer et que peut-on craindre de l’eınploi, en radio- 

therapie profonde, de rayons très penetrants? (Die Aussichten und Gefahren der 
Anwendung sehr durchdringungsfähiger Strahlen in der Tiefentherapie.) Journ. de 
radıol. Bd. 10, H. 3, S. 165—178. 1921. 
-Die vorliegende Arbeit von Beclere, ein Vortrag, gehalten in der französischen 
Vereinigung für die Fortschritte der Wissenschaft, stellt eine kritische Würdigung der 
. Entwicklung der deutschen Röntgentherapie dar. B. behandelt eingehend die Frage, 
ob die Anwendung sehr durchdringungsfähiger Strahlen einen Fortschritt für die 
Röntgentherapie bringe. Er kommt zu dem Schluß, daß die Anwendung sehr durch- 
dringungsfähiger Strahlen in der Tat die Aussicht biete in der Zukunft größere und 
bleibendere Erfolge in der Behandlung bösartiger Erkrankungen zu erzielen. Im 
weiteren Verlauf der Arbeit bespricht B. die speziellen von Seitz und Wintz auf- 
gestellten Dosen ihres biologischen Maßsystems und unterzieht diese Dosen einer 
eingehenden Kritik, allerdings nicht auf Grund eigener Untersuchungen, sondern auf 
Grund des Studiums der deutschen Arbeiten von Krönig und Friedrich, von Kehrer 
und von Jüngling. Seine kritische Beurteilung dieser Dosen schließt sich den Arbeiten 
von Kehrer und Jüngling an. Der Leitgedanke der Arbeit ist, daß die Anwendung 
sehr durchdringungsfähiger Strahlen neue günstige Aussichten biete, daß aber im all- 
gemeinen die radıotherapeutische Methodik nicht gleichen Schritt mit der modernen 
Röntgentechnik gehalten hat. Friedrich Voltz (München). 

Zweifel, Erwin: Die Strahlenbehandlung der Myome und Metropathien des 
Uterus. (Univ.-Frauenklin., München.) Strahlentherapie Bd. 12, H. 1, S. 144 bis 
151. 1921. 

Als Kontraindikation gegen die Bestrahlung gilt für den Verf.: Größe der Myome, 
jugendliches Alter der Patienten, maligne Degeneration, Vereiterung und Nekrose, 
Stielung der Myome (subseröse und submuköse), Myom + Adnextumor, Myom, das 
durch Druck auf Blase und Mastdarm Beschwerden hervorruft. Verf. hat 64% aller 
Myome bestrahlt. Mit zunehmender Erfahrung und Verbesserung der Technik ıst 
die Operation immer seltener notwendig geworden. Technik der Bestrahlung : 1. Appex- 
Apparate von Reininger, Gebert und Schall mit Müller-Siederöhren, Duraröhren 
und Pyroröhren. 4—5 M.A. im sekundären Stromkreislauf, Hautfokusdistanz 19 cm, 
Filter 3 mm Al + Leder, 16 Felder à 25 qcm, auf jedes Feld 10—20 x in 21/,—3 Minuten. 
Bestrahlung in Serien mit dreiwöchigem Intervall. Nach Aufhören der Blutung 
noch eine Garantiebestrahlung. 2. Symmetrieapparat mit selbsthärtenden Müller- 
- Siederöhren 2 M.A. im sekundären Stromkreislauf, 221/, cm Hautfokusdistanz, 0,5 mm 
Zink als Filter und Feldgröße 6 x 8cm. Auf jedes Ovar kommt ein Feld von vorn 
und eines von hinten mit der H.E.D. belastet. Keine Garantiebestrahlung notwendig. 
Aufhören der Blutung meist in 1—3 Serien. Die Bestrahlung soll möglichst gleich 
nach der Periode erfolgen, da dann schon mit der ersten Bestrahlung ein Sistieren 
der Blutung eintritt. Bestrahlt man hingegen in der zweiten Hälfte des Intermenstru- 
ums, so muß ımmer die Periode wenigstens noch einmal auftreten, da die Hormone 
des Ovarıums, die den Menstruationszyklus treiben, bereits in den Kreislauf gelangt 
sind. Verschwinden der Myome in 30%, wesentliche Verkleinerung in 64%, keine 
Veränderung in 6%. Eine Bestrahlung in den ersten Monaten der Gravidität, auch 
mit großen Dosen, braucht nicht zur Schädigung des Kindes zu führen. Bei temporärer 
Kastration dauern die Ausfallserscheinungen nur so lange wie die Amenorrhöe. Aus- 


Erfolge der physikalischen Therapie. — Röntgentherapie bei Uterustumoren usw. 301 


fallserscheinungen bestehen: in Schweißausbrüchen, Wallungen, Kopfschmerzen, da- 
gegen fehlt jetzt infolge der mangelhaften Ernährung der abnorme Fettansatz. In 
zwei Drittel der Fälle treten Ausfallserscheinungen ein und sind besonders bei ner- 
vösen Patientinnen (Jüdinnen) stark, aber nicht so sehr wie nach operativer Ent- 
fernung der Ovarien. Gegen die Ausfallserscheinungen Brom und Baldrianpräparate. 
Amreich (Wien). 

Winter, Friedrich: Ergebnisse der Röntgenbehandlung der Myome und me- 
norrhagischen Metropathien. (II. gynäkol. Univ.-Klin., München.) Strahlentherapie 
Bd. 12, H. 3, S. 778—878. 1921. 

Verf. hält die einzeitige Behandlung für die bessere, weil man dabei viel genauer die 
Kastrationsdosis bestimmen und durch Herabsetzung derselben evtl. Oligomenorrhöe 
erzielen kann. Nur die Behandlung ist einzeitig, die Periode tritt nachher in der Regel 
noch 2 mal auf. Der Körper hat also 2 Monate Zeit, sich dem neuen Zustand anzupassen. 
Die zur Erreichung der Kastration notwendige Behandlungsdauer beträgt 40—50 Mi- 
nuten, ist also für die Patientin nicht beschwerlich, besonders wenn man zur Vermeidung 
des Röntgenkaters die Dosis auf 2 aufeinanderfolgende Tage, jedesmal 20—25 Minuten, 
verteilt. Technik der Behandlung: Je 1 Feld 15 zu 20cm von Bauch und Rücken, 
Hautfocusdistanz 25 cm, 8 mm Kupfer + 1 mm Aluminiumfilterung, Intensivreform- 
apparat (Veifa), Fürstenau-Collidge-Röhren oder selbsthärtende Müllersiederöhre, 
2!/, Milliampere im sekundären Stromkreislauf. Verf. beobachtete, daß bei Bestrahlung 
in der ersten Hälfte des Intermenstruums die Periode früher ausbleibt, als wenn in der 
zweiten Hälfte bestrahlt worden wäre. Die Verteilung der Dosis auf 2 Tage bedeutet 
eine Verzettelung. 64%, der Myome sind bestrahlungsfähig. Kontraindikationen gegen 
die Bestrahlung sind: 1. klinische Möglichkeit einer Kombination mit Corpuscareinom, 
wennein Probeabrasio unverläßlich erscheint, also bei durch multiple Myome verzweigter 
Uterushöhle; 2. besondere Größe der Myome und subseröser Sitz; 3. Vorhandensein 
von Komplikationen, die zur Operation nötigen (Cystome); 4. Myomerweichungen, 
wenn sie das Allgemeinbefinden stören; 5. Alter unter 40 Jahren. Verkleinerung der 
Myome setzt 1—2 Monate nach Sistieren der Periode ein und kann über ein Jahr an- 
dauern. Der Reife nahe Follikel weisen unabhängig vom Alter etwa gleiche Strahlen- 
empfindlichkeit auf, während Follikel, die von der Reife noch weit entfernt sind, bei 
jüngeren Frauen eine größere Strahlenresistenz besitzen. Das erwünschte Ziel bei der 
Bestrahlung ist die Erzielung einer Oligomenorrhöe, nicht einer Daueramenorrhöe. In 
etwas mehr als der Hälfte der Fälle sind die Ausfallserscheinungen sehr gering. Bei 
jüngeren Frauen scheinen die Ausfallserscheinungen in geringerem Maße aufzutreten. 
Die Ausfallserscheinungen sind von der verabfolgten Strahlendosis unabhängig, treten 
bei der Intensivbehandlung der Carcinome nicht öfter und stärker auf als bei den viel 
geringere Dosen erfordernden Metropathien. Basedowsche Krankheit verschlimmert 
sich nach Myombestrahlung nicht. Amreich (Wien). 

Weibel, W.: Die Erfolge der gleichzeitigen kombinierten Röntgen- und 
Radiumbestrahlungen bei hämorrhagischen Metropathien und Myomblutungen. 
(II. Univ.-Frauenklin., Wien.) Zentralbl. f.Gynäkol. Jg. 45, Nr. 25, S. 885—888. 1921. 

Bestrahlt wurden ın der Mehrzahl Metropathien und sonst noch kleinere Myome. 
Technik der Bestrahlung: 50 mg Radiumelement mit 0,3 mm Platin und 1 mm Mes- 
sing gefiltert, in einer Hartgummihülse, durch 36 Stunden in der Vagina. Während 
der Radiumbestrahlung oder unmittelbar vor- oder nachher Röntgenbestrahlung von 
l4 Feldern zu je 7 Minuten durch 3 mm dicke Al-Filter auf beide Ovarien mittels 
eines alten Appexapparates. Die Kastrationsdosis wurde in 2—3 Tagen erreicht. 
Unter 150 Fällen 4 Versager und 2 Rezidive. Unter den 144 primären Erfolgen trat 
die Amenorrhöe in 33 Fällen sofort ein, in 55 Fällen kam die Periode noch einmal, 
in 47 Fällen noch zweimal, in 8 Fällen noch drei- bis viermal. Eine Abhängigkeit des 
Zeitpunktes des Eintritts der Amenorrhöe von der Vornahme der Bestrahlung in der 
l. und 2. Hälfte des Intermestruums hat Verf. nicht konstatieren können. Sehr günstig 


302 Therapeutische Ergebnisse bei gynäkologischen Erkrankungen. 


waren die Resultate bei den kontinuierlichen Blutungen. In 30%, war nach der Be- 
handlung die Libido und Voluptas stark geschwächt oder sistiert, in 4%, gesteigert. 
Schwere Ausfallserscheinungen fehlten. Verf. glaubt, daß mit 2000 mgh Radium 
und einer 16felderigen Bestrahlung die Versager auf 0%, herabzudrücken sind, und 
empfiehlt diese Methode für jene Anstalten, welche nur ältere Apparate besitzen, 
jedoch über Radium verfügen. Amreich (Wien). 
Schmidt, Hans R.: Die Erfolge der Strahlenbehandlung an der Bonner Frauen- 
klinik. (Univ.-Frauenklin., Bonn.) Strahlentherapie Bd. 12, H. 1, S. 117—132. 1921. 
Alle malignen Geschwülste, insbesondere die Carcinome, werden in der Bonner 
Frauenklinik, wenn sie operabel sind, stets operiert und nach der Operation nach- 
bestrahlt. Die inoperablen Tumoren werden kombiniert mit Röntgenradium bestrahlt 
oder bei zu hochgradiger Schwäche der Kranken rein symptomatisch behandelt. Metro- 
pathien und Myome werden nur bestrahlt (Ausnahme die üblichen Indikationen für 
Operation). Bestrahlungstechnik: Für die gutartigen Myome (198) anfangs Serien- 
bestrahlung je 5—8 Sitzungen innerhalb von 5—8 Monaten mit 97,8%, Dauererfolg. 
In neuester Zeit Ferngroßfeldbestrahlung mit 100%, Dauererfolg. Vorteile der ein- 
maligen Bestrahlung: Ausfallserscheinungen bei Kastration in einmaliger Sitzung 
nicht schwerer als bei Serienbestrahlung. Resultat wird in 2 Stunden erreicht. Die 
Gesamtmenge der applizierten Strahlen ist kleiner als bei Serienbestrahlung. Wenn 
in der ersten Phase des Menstrualintervalls bestrahlt wird, 57%, sofortige Amenorrhöe, 
wenn in der zweiten Phase bestrahlt wird, nur 18%, sofortige Amenorrhöe. Bös- 
artige Tumoren: Carcinome; 1. Collumcarcinome, 140 Fälle, wovon 80 = 60% 
operabel waren: 65 mal Wertheim (16% primäre Mortalität), 15mal vaginale Total- 
exstirpation (0%, primäre Mortalität). Bei einer Beobachtungszeit von 5—8 Jahren 
kamen 53 Fälle zur Behandlung, wovon 17 inoperabel waren. Primäre Mortalität hier 
5,7%, absolute Heilung 28%, nach Winter, 26,4% nach Waldstein. Nachbestrah- 
lung der operablen Carcinome hat keine wesentlichen Vorteile gebracht. Von 60 in- 
operablen Collumcarcınomen 30 mit Röntgenradium behandelt. 25 innerhalb der ersten 
3 Jahre gestorben, keine Dauerheilung. Durch Bestrahlung entstandener Vorteil: 
Beträchtliche Lebensverlängerung, jahrelanges subjektives Wohlbefinden, während 
die rein symptomatisch behandelten Fälle alle rasch starben. 2. Corpuscarcinome: 
31 Fälle, wovon 29 = 93%, operabel, 2 = 7%, inoperabel waren. Dreizehnmal abdo- 
minale Totalexstirpation (0%, primäre Mortalität), 15 mal vaginale Totalexstirpation 
(20% primäre Mortalität). Ein operables Corpuscarcinom wurde mit Röntgenradiun 
behandelt, ist nach 2jähriger Beobachtungszeit noch gesund. Mit 5jähriger Beob- 
achtungszeit 10 Fälle mit 0%, primäre Mortalität (2 inoperabel). Absolute Heilung 
nach Winter und Waldstein 50%. 3. Ovarialcarcinome: 19 Fälle (8 operabel, 
11 inoperabel). Dauererfolg der operierten schlecht, der bestrahlten auffallend gut 
(zwei Erfolge besonders in die Augen springend, 1 Fall Dauerheilung 8 Jahre). 4. Vulva- 
carcinome schlecht. 5. Übrige Genitalcarcinome schlecht. Sarkome: 15 Fälle. 
Befriedigende Erfolge mit der Strahlenbehandlung. Bester Erfolg bei einem Ovarial- 
sarkom. Nach Ansicht von Franqu é liegt kein Grund vor, bei malignen Tumoren 
die Operation zugunsten der Bestrahlung aufzugeben, wenn auch zugegeben werden 
muß, daß die Röntgenbestrahlungsentwicklung sicherlich noch nicht abgeschlossen 
ist. Es kann sich also das Blatt später noch zugunsten der Bestrahlung wenden. Aber 
es scheint, als ob die Bestrahlungsmethode nach Seitz und Wintz nicht mehr den 
an sie zu stellenden Anforderungen entspricht, weswegen die Bonner Klinik zur Fern- 
großfeldbestrahlung übergegangen ist. Siegel (Gießen). 
Böclöre: Bericht über die Strahlentherapie bei Uterusmyomen. Resultate, 
Behandlungsweise und Indikation nach einer Statistik von 400 eigenen Beobach- 
tungen. Strahlentherapie Bd. 12, H. 4, S. 1064—1070. 1921. 
Der Bericht bildet die Fortsetzung über 60 von 1908—1913 bestrahlte Fälle 
von Uterusmyom auf der gynäkologisch-radiologischen Abteilung des 27. internatio- 


Erfolge der physikalischen Therapie. — Röntgentherapie bei Uterustumoren usw. 303 


nalen medizinischen Kongresses in London 1913. Bestrahlt wurden 15,5% kleine Myome, 
die nicht aus dem Becken herausragten, 84,5%, Myome, die aus dem Becken heraus- 
ragten. Bei 338 palpablen Myomen wurde der Tumor von der Symphyse bis zum 
obersten Pole des Myoms gemessen. In 10%, betrug die so gemessene Größe des Tumors 
mehr wie 20 cm, in 48%, zwischen 20 und 10 cm und in 32%, bis zu 10 cm. Bestrahlt 
wurde in Serien mit 8tägigen Intervallen bei einer Feldgröße von 10 : 10 cm, F.H:A. 
von 18—22 cm, anfangs mit 1—2 mm, später mit 2—3 mm, zuletzt mit 5 mm Alu- 
miniumfilter unter Benutzung eines Tubus. Die parallele Funkenstrecke betrug 15 
bis 20 cm. Pro Sitzung wurden 2 Felder auf dem Abdomen gegeben, wovon jeder 
3 Holzknecht-Einheiten erhielt. In 60% der Fälle wurden 12—14 Bestrahlungen 
bei wöchentlich einer Sitzung gebraucht, so daß die Behandlung 21/,—3 Monate dauerte. 
Hautschädigungen traten 2mal auf und zwar als Spätschädigungen nach 4 resp. 
7 Jahren. Erzielt wurde bis auf 4 mal stets Amenorrhöe. Nur in diesen 4 Fällen mußte 
hinterher noch operiert werden. In 12%, der Fälle war die Amenorrhöe temporär; 
auf Nachbestrahlung kam es zur erneuten Amenorrhöe. In 9 Fällen trat ein zweites, 
ın 3 Fällen ein drittes Rezidivieren auf; schließlich führte die Nachbestrahlung zum 
Ziel. Sämtliche Tumoren sprachen auf die Bestrahlung mit Rückgang an, und zwar 
sehr schnell. Pro Woche näherte sich der oberste Pol des Tumor etwa um 1 cm pro- 
eressiv der Symphyse. Die Wirkung wird gesehen in einer primären und direkten 
Wirkung der Röntgenstrahlen auf die Myome und in einer Wirkung der Röntgen- 
strahlen auf die Ovarien, die sekundär zur Amenorrhöe führt. Ausgenommen einige 
Fälle, die einen sofortigen chirurgischen Eingriff im Lebensinteresse der Frau be- 
dingen, ist die Strahlentherapie bei allen Uterusmyomen anwendbar. „Siegel (Gießen). 

Beclöre, A.: Sur la roentgenthörapie des fibro-myomes uterins d’après trois 
cents nouvelles observations. (300 weitere Fälle von röntgenbestrahlten Fibromyomen.) 
Bull. de l’acad. de med. Bd. 86, Nr. 32, S. 151—179. 1921. 

In ausführlicher Arbeit berichtet Verf. über 300 weitere röntgenbestrahlte Fibro- 
mvome des Uterus, nachdem er auf dem 1. Kongreß der Gesellschaft von Gynäkologen 
und Geburtshelfern französischer Sprache in Brüssel über 400 Fälle berichtet hatte, 
Alter der Kranken, Größe und Morphologie der Tumoren, funktionelle Störungen, 
Behandlungsresultate, Zahl der menstruellen Blutungen nach der Bestrahlung, Ver- 
kleinerung der Tumoren, diagnostische Irrtümer, Rezidive, Mißerfolge und Kompli- 
kationen, sowie Gefahren und Unannehmlichkeiten der Bestrahlung werden im ein- 
zelnen erörtert. 57%, der bestrahlten Tumoren ragten mehr als 10 cm, 22/4% mehr 
wie 22cm über die Symphyse. Es handelte sich also sehr oft um große Tumoren. In 
81%, erschien die Blutung nicht mehr als zweimal, in 31/,%, mehr als dreimal nach 
der Bestrahlung. Bei 272 Fällen wurde der Rückgang des Tumors genau kontrolliert; 
in 26,8%, dieser Fälle konnte bei der Entlassung eine myomatöse Veränderung des 
Uterus nicht mehr festgestellt werden. Jeder Tumor hatte durch Verkleinerung an- 
gesprochen. 10 Fälle rezidivierten, 8 davon durch Wiedereintritt der Menstruation 
und Tumorwachstum, 2 nur durch erneutes Tumorwachstum. Viermal wurde bei 
submucösem Myom, zweimal bei Epitheliom und zweimal bei Ovarialcysten zu unrecht 
bestrahlt. Die Nebenerscheinungen sind gering. Die Bestrahlungsmenopause unter- 
scheidet sich in nichts von der natürlichen. Die Röntgenbestrahlung der Fibromyome 
des Uterus ist daher nach Verf. in all denjenigen Fällen indiziert und berechtigt, wo 
nicht wegen akuter Gefahr sofort operiert werden muß. Sie ist die Behandlung der 
Wahl, in fast allen Fällen mit Erfolg anwendbar und bringt Heilung ohne Lebens- 
gefahr, ohne Schmerzen, ohne Morbidität und spätere Beschwerden. Die Bestrahlungs- 
technik des Verf. steht im Gegensatz zu der in Deutschland geübten. Verf. sucht 
primär eine Wirkung auf den Tumor zu erzielen und nicht, wie die 
Deutschen, auf die Ovarien. Er ist bis auf Ausnahmen Gegner der heute in Deutsch- 
land ausgeübten Intensivbestrahlung. Er bestrahlt bei einem F.H.A. von 
22 cm, bei 3 M. A. sekundärer Belastung, 100 000 Volt Spannung mit einem Alu- 


304 Therapeutische Ergebnisse bei gynäkologischen Erkrankungen. 


minium-Filter von 6 mm in kleinen Dosen von 5—10 Minuten solange, bis jeweils etwa 

3 Holzknecht- Einheiten auf der Haut erreicht sind. Er nimmt 2 Felder auf dem 

Leib und bei Retroflexio des Uterus ein weiteres Feld auf dem Rücken. Wieder- 

holung der Bestrahlung alle 14 Tage bis zum Erfolg (Amenorrhöe), der in 671/4% schon 

nach einer Gesamtbelichtung unter 3 Stunden in fraktionierter Dosis erreicht wird. 
| Siegel (Gießen). 

Beeclöre, A.: Sur la roentgenth6rapie des fibromyomes utörins d’après trois 
cents nouvelles observations. (Über die Röntgentherapie der Fibromyome des Uterus 
an Hand von 300 neuen Beobachtungen.) Journ. de radiol. et d’electrol. Bd. 5, Nr. 10, 
S. 449—463. 1921. | 

René- Weill: Roentgenthörapie et eurietherapie des fibromes uterins. (Röntgen- 
und Radiumtherapie der Fibromyome des Uterus.) Journ. de med. de Paris Jg. 40, 
Nr. 30, S. 559—561. 1921. 

In erster Linie referierender Bericht über den heutigen Stand der Röntgen- und 
Radiumtherapie bei Fibromyom des Uterus, in der Verf. vor allen Dingen die Priorität 
für die Röntgentherapie den Franzosen Foveau de Courmelles (1904) und Beclere 
(1913), die Priorität für die Radiumtherapie den Franzosen Oudin und Verch ère (1906) 
zuschreibt. In Frankreich sind die Strahlentherapeuten in zwei scharf abgegrenzte 
Lager geteilt, in die Röntgen- und Radiumtherapeuten. Weiterhin hebt Verf. hervor, 
daß im Gegensatz zu Deutschland, wo bei den Myomen die Bestrahlung der Ovarien 
im Vordergrund steht, bei den Franzosen Ovarien und Tumorenbestrahlung gleichwertig 
geachtet werden. Kontraindikation der Röntgenbestrahlung sind : Sehr großer Tumor mit 
Kompressions- und Einklemmungserscheinungen, Schmerzen, peritoneale Reizerschei- 
nungen, Entartungen oder Nekrose des Tumors, Adnexerkrankungen, Polypenbildung 
und endlich diagnostische Zweifel. Frankreich hat sich dem Bestreben in Deutschland, 
Intensivbestrahlung mit großen Dosen in einmaliger Sitzung durchzuführen, nicht an- 
geschlossen, sondern bevorzugt kleine Dosen in Serien (Becl&re, Albers-Schön- 
berg). Vorteile dieser fraktionierten Bestrahlung bestehen in sicherer Vermeidung von 
Hautreizungen und Verbrennungen und in Vermeidung von unnötigen Überdosierungen. 
Besonders bei Frauen über 40 Jahren genügt oft eine sehr kleine Dosis, um den 
Anstoß zur ovariellen Afunktion zu geben. Bei jungen Frauen ermöglichen kleine 
Dosen die teilweise Erhaltung der Ovarialfunktion (Oligomenorrhöe). Die Radiumthe- 
rapie muß sich auf Myome mittlerer Größe beschränken, hat dieselben Kontraindika- 
tionen wie die Röntgentherapie, hat ihr gegenüber aber den Vorteil, daß sie gleichsam 
eine Notbehandlung bei profusen Blutungen ist, indem sie schon nach 2 Tagen, intrauterin 
durchgeführt, zu einem Sistieren von Blutungen führt und im Sinne eines Hämostaticum 
arbeitet. Radium wird meist intrauterin und nur gelegentlich vaginal appliziert. Da- 
durch werden Verbrennungen der Haut vermieden, die Wirkung ist mehr örtlich als 
Fernwirkung auf die Ovarien. Die Bestrahlungstechnik ist einfach. Ohne Narkose 
wird unter Wahrung der Asepsis der Uterus bis Hegar 8 dilatiert und jetzt werden 
bei Uterusmyomen bis zu Orangengröße 100 mg Radium 12 Stunden, über Orangengröße 
100 mg 24 Stunden und endlich bei Tumoren bis zu Kindskopfgröße 100—150 mg 
36 Stunden eingelegt (Nogier). Bei jungen Frauen, wo die Ovarialfunktion möglichst 
erhalten bleiben soll, wird eine einmalige Anwendung von 40 mg Radium für 24 Stunden 
vorgeschlagen (Mme. Rane). Sonst werden die Bestrahlungen in Abständen von 8 bis 
14 Tagen bis zum Sıstieren der Menses wiederholt. Siegel (Gießen). 

Petit-Dutaillis, P.: Rontgentherapie et curietherapie des fibromes uterins. 
(Röntgen- und Radiumbehandlung der Uterusmyome.) Gynécologie Jg. 20, Januarh., 
S. 1—15. 1921. 

Im allgemeinen Bericht über den Stand der Röntgen-Radiumbestrahlung in Frank- 
reich bei der Behandlung von Myomen, ohne wesentlich Neues und Eigenes zu bringen. 
Es werden Röntgenbestrahlung, Radiumbestrahlung und Operation gegeneinander 
gewertet. Mit Röntgen wird im wesentlichen nach der von Béclère angegebenen Me- 


K! 


Erfolge der physikalischen Therapie. -- Röntgentherapie bei Uterustumoren usw. 305 


thode (Nahbestrahlung mit wöchentlichen Intervallen, im Mittel 12—14 Sitzungen) 
bestrahlt und zwar in erster Linie mit der Absicht, eine direkte Einwirkung auf das 
Myom zu erzielen. Die ın Deutschland gebräuchlichen Bestrahlungen in einer Sitzung, 
die auf eine primäre Röntgenkastration ausgehen, werden verworfen, weil die Nachteile 
dieselben sind, die schon die von Hegar angegebene operative Kastration hatte, weil 
außerdem mit dieser Methode nicht immer Schrumpfung der Tumoren eintritt, sowie 
eine erhöhte Gefahr späterer maligner Entartung besteht. Wenn man meint, mit einer 
einfachen Kastration der Frau auszukommen, was bei nicht zu stark vergrößerten Uteri 
der Fall sein kann, ist die Radiumbestrahlung geeigneter als die Röntgenbestrahlung. 
Hier kann bereits in einer Sitzung Amenorrhöe erzielt werden. Für die Radiumbestrah- 
lung kommt nach Rubens- Duval in Frage die intrauterine Anwendung unter Fil- 
terung des Radiums mit 1/ mm Platin + 1!/, mm Gold, wodurch in erster Linie die 
penetrationsfähigen Gammastrahleu zur Wirkung kommen. Die Wirkung reicht tiefer als 
4cm, und zwar werden 100 mg Radiumbromid 48 Stunden appliziert. Es werden intra- 
uterin eingelegt nach Mme. Fabre 100 mg Radiumelement mit 11/, mm Platinfilter in 
Gummi 48 Stunden; nach Mme. Laborde 50 mg Radiumelement 48 Stnnden in zwei 
Sitzungen mit 6 wöchentlichen Intervallen bei alten Frauen, 50 mg 24 Stunden in zwei bis 
drei Sitzungen in 3 wöchentlichen Intervallen bei jungen Frauen; endlich nach Lequeux 
40—45 mg Radiumsalz 12—40 Stunden in zwei bis drei Sitzungen in 3 wöchentlichen 
Intervallen. In neuester Zeit wird auch nach amerikanischem Muster in fünf bis sechs 
Sitzungen mit einer Dauer von je 3 Stunden 500 Millicurie Radiumemenation intrauterin 
gegeben. Größere eigene Erfahrungen fehlen. Aber die Überlegenheit von Radium- 
gegen Röntgenstrahlen sieht Verf. in einem Fall bewiesen, in dem ein eingeklemmter 
retrovertierter, retroflektierter Uterus auf 18 Röntgenstrahlensitzungen nicht reagierte, 
auf eine intrauterine Radiumbestrahlung sofort reagierte und besonders die Einklem- 
mungserscheinungen mit einer unglaublichen Schnelligkeit zurückgingen. Die Technik 
der intrauterinen Radiumeinlage ist die übliche. Kontraindikationen gegen die Be- 
strahlung sind: Submuköse Myome, pendelnde subseröse Myome, Nekrose, Verkalkung, 
Verdacht bösartiger Entartung, Komplikation mit Salpingo-Oophoritis, Pyometra, 
Prolaps, Schwangerschaft. Das Alter der Patienten ist keine Gegenindikation. 
Siegel (Gießen). 


Gál, Felix: Die Strahlenbehandlung des Gebärmutterfibroms und der Metro- 
pathie. (II. Univ.-Frauenklin., Budapest.) Strahlentherapie Bd. 13, H. 1, S. 97 
bis 113. 1921. 


Bericht aus der Klinik Tauffer. Der Verf. arbeitete mit Apextiefentherapieapparat 
30 cm Funkenstrecke, Gasunterbrecher, auf jedes Ovar 1 Feld. Tubusgröße 10 cm 
Durchmesser, Hausfokusdistanz 23 cm, Röhrenhärte 10 Wehnelt, 2,5 M. A. im sekun- 
dären Stromkreislauf, 3 mm Aiuminium-Filterdicke, 200—250 Fürstenaueinheiten pro 
Feld, in 2 aufeinanderfolgenden Tagen je 1 Feld. Intervall zwischen den Bestrahlungen 
2—3 Wochen. Anzahl der zur Erzielung der Amenorrhöe bei Myomen notwendigen 
Bestrahlungen 4—5. Der Autor ist mit der Indikation für die Bestrahlung der Myome 
nicht so streng wie die Klinik Schauter. Er bestrahlt auch Cervixmyome, die Druck- 
erscheinungen auf Blase und Mastdarm machen. Die Schmerzen und Druckbeschwerden 
gehen allmählich zurück. Auch sehr große Myome wurden mit günstigem Erfolg 
bestrahlt, allerdings mußten einige anderwärts bestrahlte große Myome wegen cystischer 
Degeneration und Zerfall operiert werden. Myome retroffektierter Uteri verloren eben- 
falls nach der Bestrahlung Bauch- und Kreuzschmerzen. Auch 2 submucöse Myvome 
wurden mit gutem Erfolg bestrahlt. Aber der Verf. ist doch mehr für die Operation, 
weil die submucösen Myome stark bluten und mit der ersten Bestrahlung gewöhnlich 
nicht die notwendige Blutstillung eintritt. Bei komplizierenden Adnexen ergab die 
Bestrahlung zwar Amenorrthöe, aber bei frischerer Erkrankung bekamen die Patienten 
nach der Bestrahlung stärkere Schmerzen; in einem Fall trat ein Beckenexsudat auf. 


Jahresbericht f. d. ges. Gynäkologie 1921. 20 


306 Therapeutische Ergebnisse bei gynäkologischen Erkrankungen. 


Der Verf. will die mit Adnexen kombinierten Myome nur bestrahlt wissen, wenn keine 
Schmerzen und Temperatursteigerungen vorhanden sind. Die Myome bilden sich 
2—5 Jahre nach der Bestrahlung ausnahmslos, vollkommen zurück. Wenn in kürzerer 
Zeit nachuntersucht wurde, war die Rückbildung noch nicht so weit fortgeschritten. 
16%, der mit Adnexen komplizierten Myome hatten nach der Amenorrhöe noch 
Schmerzen. Die Ausfallserscheinungen waren bei über 40 Jahre alten Patienten gering. 
Schwache Dermatitis trat häufig ein, in 1 Fall ein Röntgenulcus. Etwa die Hälfte der 
Myome wurden auf der Klinik Tauffer bestrahlt, die andere Hälfte operiert. Metro- 
pathien in 100%, Heilungen bei der Bestrahlung. Die Ausfallserscheinungen waren 
wegen des höheren Alters der Patienten gering. In 3—4 Serien Amenorrhöe. Bei 
curettierten Frauen noch früher. Es wurden auch Metropathien kombiniert mit Adnex- 
erkrankungsresiduen mit gutem Erfolg bestrahlt. Auch bei Retroflexionsblutungen 
älterer Frauen mit und ohne Dysmenorrhöe ergab die Bestrahlung gute Resultate. 
Jüngere Frauen sind von Bestrahlungen überhaupt auszuschließen. Amreich. 


Schmid, Roman: Die Strahlentherapie der Myome und hämorrhagischen 
Metropathien seit dem Jahre 1914. (Univ.-Frauenklin., Freiburg.) Strahlentherapie 
Bd. 13, H. 1, S. 204—271. 1921. 


Graebke, H.: Schnelle Entwicklung von Myomen im Uterus nach Röntgen- 
kastration. (Univ.-Frauenklin., Jena.) Zentralbl. f. Gynäkol. Jg. 45, Nr. 42, S. 1521 


bis 1523. 1921. 

Graebke beschreibt die Entstehung eines 39 g schweren Polypen (Fibromyom), der 
sich aus einem klinisch noch nicht isoliert nachweisbaren Myomkeim innerhalb von 3 Monaten 
gebildet hatte und in die Scheide geboren war. Ein Anreiz zu vermehrter Hyperämie bei der 
48jährigen schon längere Zeit amenorrhoischen Frau, die wegen aufgetretener Endometr. 
interst. einer Röntgenkastration unterworfen wurde, ist vielleicht in einer Wirkung der Röntgen- 
strahlen auf das Genitale zu suchen. Zielzschmann (Bremerhaven). 

Senge: Über die Behandlung der Myome und Metropathien des Uterus in 
Fällen schwerster Anämie. (Marienhosp., Hamm 1. W.) Dtscl. Zeitschr. f. Chirurg. 
Bd. 166, H. 1/4, S. 231—236. 1921. 

Bestrahlung mit Symmetrie-Apparaten und S. H. S. Röhre. In allen Fällen von Myomen 
und Metropathien mit einer Ausnahme voller Erfolg. Trotzdem will Senge für schwere Anämien 
die Operation reserviert wissen: Bei Metropathien vaginaler, bei Myomen je nach der Größe 
abdominaler oder vaginaler Weg. Beim vaginalen Operieren wurden Klemmen (!!!) angewendet. 
Aufzählung von 3 Fällen. Heimann (Breslau). 

Siegel, P. W.: Zur Technik der Röntgenbestrahlung bei gulartigen und bös- 
artigen Blutungen. (Univ.-Frauenklin., Gießen.) Strahlentherapie Bd. 12, H. 1, 
S. 152—160. 1921. 

Die Bestrahlungstechnik ist folgende: Originalsymmetrieapparat oder Röntgen- 
apparat für Glühkathodenröhren von Siemens & Halske. Selbsthärtende Müller-Siede- 
röhre oder Glühkathodenröhre von Siemens & Halske. Parallele Funkenstrecke 37 cm. 
Hautfocusdistanz 50 cm. Einfallspforten 20 x 20 cm vom Abdomen oder vom Sacrum 
aus. Filterung 5/,, mm Zink oder 1 mm Kupfer. Bei Anwendung des 5/,„.mm-Zink- 
filters ist der Dosenquotient in 10 cm Tiefe (Portio, Ovarium) 1/,—!/,, bei 1 mm Kupfer 
besser als !/,. Bei °/,„mm-Filter, bei 2stündiger Ferngroßfeldbestrahlung Kastrations- 
dosis, bei 3stündiger Bestrahlung Erreichung der Hauteinheitsdosis. Bei 1 mm Filter- 
dicke Erreichung der Kastrationsdosis in 3—4 Stunden, der Hauteinheitsdosis in 8 bis 
9 Stunden. Da die Sarkomdosis 2 mal, die Careinomdosis 4 mal so groß wie die Kastra- 
tionsdosis ist, würde man bei 1/, mm dicken Filtern Metropathien 2 Stunden, Sarkome 
4 Stunden, Carcinome 8 Stunden bestrahlen müssen. Da man aber von zwei Großfeldern 
mit 1/, mm dicken Filtern nur 6 Stunden in die Tiefe bestrahlen kann, kann man daher 
nur Myome, Metropathien und Sarkome mit Y, mm dicken Filtern bestrahlen, während 
man die Carcinome mit 1 mm dicken Filtern bestrahlen muß. Dabei bekommt man 
von den zwei Großfeldern in 18stündiger Bestrahlung mehr als die Hauteinheitsdosis 
auf das (ollumcarcinom. Amreich (Wien). 


Erfolge der physikalischen Therapie. — Röntgentherapie bei Uterustumoren usw. 307 


Backer, de: Le traitement Röntgen-radiumthörapique des mönorragies. Exposé 
de vingt-deux cas traités. (Die röntgenradiumtherapeutische Behandlung der 
Menorrhagien. Bericht über 22 Fälle.) Scalpel Jg. 74, Nr. 44, S. 1029—1040, Nr. 45, 
S. 1057—1068 u. Nr. 47, S. 1113—1121. 1921. 

Verf. hat 11 Fälle von Meno- und Metrorrhagien bestrahlt. Die Kranken sind 42 
bis 45 Jahre alt. Die vollständige Behandlung umfaßt 3 Serien. In einer Serie wird 
von 6 Einfallspforten bestrahlt: 2 abdominale Felder liegen über den Unterbauch, 
2 ovaläre Felder über den beiden Foramina ovalia der Oberschenkel und 2 sakroischia- 
tische Felder über den beiden Incisurae ischiadicae des Hüftbeines. Jedes der 6 Felder 
bekommt 4—6 H. Die Stromstärke im sekundären Stromkreislauf beträgt 2 Milliampere, 
als Filterung dient 3mm dickes Aluminiumblech. Mit jeder Röntgenbehandlung ist 
noch eine Radiumbestrahlung 50 mg Radiumbromür (0,5 Pt. 3-mm-Kautschukfilterung) 
verbunden. Am Tage nach der Röntgenbestrahlung kommen die 50 mg Radiumbromür 
in das hintere, tags darauf in das vordere Scheidengewölbe. Ausnahmsweise legt Verf. 
50 mg Radiumbromür in ein 12 cm langes, 3 mm dickes Kautschukdrain durch 11 Stun- 
den ins Rectum. Das Intervall zwischen 2 Serien beträgt 6—8 Wochen. In allen 11 Fällen 
erzielt er nach 1 oder 2 Sitzungen Amenorrhöe. Zwei kombinierte Bestrah- 
lungskrisen dauern 3—5 Tage. Zur Sicherung des erzielten guten Resultates wurde 
in den meisten Fällen noch eine 3. sog. Garantieserie nach Eintreten der Amenorrhöe 
verabreicht. In einem Fall bewirkte eine intra- und extrauterine Radiumbestrahlung 
allein Amenorrhöe. Bei dieser Bestrahlung des Verf. wird selbst die geringste Reiz- 
wirkung vermieden. Weiter bestrahlte Verf. 11 Uterusmvome bei 36—52 Jahre alten 
Patienten, darunter 3 Fälle von nekrotischen Myomen mit Fieber. Die Bestrahlungs- 
technik wie bei den Metropathien. In manchen Fällen hat Verf. auch durch 41/, Stunden 
mit 50 mg Radiumbromür von der Blase aus bestrahlt (Radium auf einen Katheter 
aufmontiert),. Zwei Serien kombinierter Radıium-Röntgenintensiv- 
bestrahlungen können genügen, um AmenorrhöeundVerkleinerung 
des Tumors herbeizuführen, 3 Serien scheinen oft notwendig 
zu sein. Man vermeidet jede Reizphase, wenn man die Bestrahlung 3—4 Wochen 
im Intervall aufeinanderfolgen läßt. Wird bei der 2. Serie Patientin zu spät 
bestrahlt, so kann eine Reizwirkung eintreten. Reine Röntgenbestrahlungen 
entwickeln kaum dieselbe Wirkung wie die kombinierten Radium-Röntgenintensiv- 
bestrahlungen. Fälle, die sich zahlreichen alleinigen Röntgenbestrahlungen resistent 
erwiesen, wurden unmittelbar durch die kombinierte Methode beeinflußt, selbst wenn 
es sich um ein nekrotisches Myom handelt. Nekrose der Myome, Temperatursteigerung 
hat nicht als Kontraindikation gegen die Bestrahlung zu gelten. Der eine Fall von nekro- 
tischem Myom, der der Infektion erlegen ist, wäre vielleicht bei energischerer Behand- 
lung sowie die beiden anderen Fälle gerettet worden. In einem Fall, wo 3 kombinierte 
Radium-Röntgenbestrahlungen ohne Erfolg blieben, handelt es sich um Myom+ Ova- 
rialcyste. Der Verf. filtert die Röntgenstrahlen nicht mehr durch 3 mm Aluminium, 
sondern durch 4, 6 und 10 mm, um dadurch mehr in der Tiefe wirksame härtere Strahlen 
zu erhalten. Relative Mißerfolge im Anfang waren verschuldet: durch zu wenig intensive 
oder zu wenig harte Bestrahlung. Bestrahlung mit 50 mg Radiumbromür und von 
Coolidgenröhren gelieferte Röntgenstrahlen können in 2, 3—5 Tage dauernden Serien 
Amenorrhöe und Verkleinerung des Myoms garantieren. Gewöhnlich werden 3 Bestrah- 
lungsserien im Intervall von 3—4 Wochen den Erfolg garantieren. Verf. hat unter 
20 Fällen, wenn er den Fall von Kombination von Myom und Cyste und das nekrotische 
Mvom, das infolge der Infektion gestorben ist, abrechnet, 100%, Heilung. Rechnet 
man die beiden Fälle dazu, so ergeben sich noch immer 90% Heilung. Amreich (Wien). 

Backer, P. de: Die radiumtherapeutische Behandlung der Menorrhagien. Be- 
richt über 22 Fälle. Vlaamsch geneesk. tijdschr. Jg. 2, Nr. 23/24, S. 601—615. 
1921. (Flämisch.) 

11 schematische Zeichnungen geben eine klare Vorstellung von der Technik der 


20* 


308 Therapeutische Ergebnisse bei gynäkologischen Erkrankungen. 


Bestrahlung mittels Radiumröhrchen. Seit 1919 wurden 11 Fälle von Meno- oder 
Metrorrhagie und 11 Fälle von Uterusmyom nach einer in 2 Krankengeschichten aus- 
führlich geschilderten Technik behandelt. Von den anderen wird nur kurz zusammen- 
fassend das Resultat der Behandlung mitgeteilt und die schematische Blutungskurve 
abgebildet. Heilungsziffer nach Abzug zweier besonderer Fälle 100%. Auch nekrotische 
Myome werden vom Verf. bestralilt. Das Resultat wird in 3 klinischen Bestrahlungs- 
perioden von je 3—5 Tagen erreicht. Andernfalls wird eine Fehldiagnose angenommen. 
Verf. zieht die kombinierte Radium-Röntgenbestrahlung der ausschließlichen Röntgen- 
bestrahlung weit vor. Verf. erstrebt durch intensivere Bestrahlung die Zahl der Sitzun- 
gen noch zu verringern. ~ Lamers (Herzogenbusch). 


Siedentopf: Die Behandlung der Myome und Metropathien mit Röntgenstrahlen. 
Fortschr. d. Med. Jg. 38, Nr. 46, S. 577—579. 1921. 


Jüngling, Otto: Zur Behandlung des Sarkoms mit Röntgenstrahlen. (Chirurg. 
Univ.-Klin., Tübingen.) Strahlentherapie Bd. 12, H. 1, S. 178—202. 1921. 

Verf. will feststellen, ob primäre Beeinflußbarkeit eines sarkomatösen Tumors 
durch Röntgenstrahlen möglich ist. Er beschränkt sich auf extragenitale Sarkome 
und bedient sich dazu zu Vergleichszwecken des Materials von Kienböck (% Fälle 
aus dem Jahre 1905—1920, vorgetragen auf dem Naturforschertage zu Bad Nauheim 
1920), der Fälle von Seitz und Wintz (Monographie: Unsere Methode der Röntgen- 
tiefentherapie und ihre Erfolge, 1920) und der Fälle der Tübinger chirurgischen Klinik. 
Außerdem zieht er noch die Fälle von Christoph Müller (Münch. med. Wochenschr. 
1912, 28) heran. Es zeigt sich, daß bei der Einteilung nach Schwinden des Sarkoms, 
Schrumpfung des Sarkoms und Unbeeinflußbarkeit des Sarkoms mit den verschiedenen 
Techniken (Kienböck:Nahbestrahlung, mittelweiches bis hartes Röntgenlicht,schwache 
Filterung; Müller: Ära der Aluminiumfilterung; Seitz und Wintz und Tübingen: 
Moderne Technik mit Schwermetallfilter) praktisch gleiche Resultate erzielt wurden. 
Es sind bei sämtlichen Autoren zwischen 20—24,4%, extragenitale Sarkome gegen 
Röntgenstrahlen refraktär. Bei sämtlichen Autoren schwindet ein gewisser Prozent- 
satz von extragenitalen Sarkomen (bei Kienböck 17,8%, bei den übrigen Autoren 
31,4—31,9%). Für Verf. ist damit der sichtbare Beweis erbracht, daß die Beeinfluß- 
barkeit der extragenitalen Sarkome nicht in der Technik sondern im Wesen des 
Sarkoms begründet ist. Und die Tatsache, daß auch bei der modernen Technik noch 
20—24%, aller Sarkome völlig unbeeinflußt bleiben, weist darauf hin, daß es eine 
Sarkomdosis im Sinne von Seitz und Wintz nicht gibt. Gewisse Sarkome können 
mit ganz geringen Dosen zerstört werden, gewisse Sarkome können auch mit stärksten 
Röntgendosen nicht zerstört werden. Verf. konnte die von Seitz und Wintz gemachte 
Beobachtung, daß anoperierte Sarkome oder Rezidive schlechter reagieren als andere 
Sarkome, nicht bestätigen und an seinem Material nicht entscheiden, ob eine Probe- 
excision den Verlauf des Sarkoms ungünstig beeinflußt. Er konnte feststellen, daß 
auch restlose Beseitigung des örtlichen Tumors in keiner Weise vor Metastasierung 
schützt. Metastasen treten oft in geradezu erschreckender Weise auf (besonders nach 
Lymphosarkom). Ob Metastasierung durch Röntgenstrahlen beschleunigt wird, steht. 
offen. In der Indikationsstellung zur Röntgenbestrahlung der extragenitalen Sarkome 
schlägt Verf. vor: 1.Lymphosarkome bestrahlen. Wegen ihrer sehr hohen Röntgen- 
empfindlichkeit wird der Patient stets wenigstens vorübergehend auf schonende Weise 
symptonifrei werden; 2. Hautsarkome zuerst Versuch mit Röntgenstrahlen, falls 
Tumor refraktär, Operation; 3. operable Oberkiefersarkome sind bis auf 
weiteres zu operieren; 4. bei Osteosarkomen des Schädeldaches Röntgen- 
strahlenversuch; 5. bei Sarkomen des Sternums läßt sich keine Indikation 
aufstellen; 6. Sarkome des Schultergürtels konservativ operieren, sonst 
Röntgenbehandlung; 7. Sarkome des Beckengürtels bestrahlen. 8. Extre- 
mitätensarkome: Mvelogene Sarkome Operation, wenn man mit Resektion 


Erfolge der physikalischen Therapie. — Röntgentherapie bei Uterustumoren usw. 309 


auskommt; bei der Notwendigkeit der Amputation oder Exartikulation vorher 
Röntgenstrahlenversuch. Pereostale Sarkome Röntgenstrahlenversuch. Jedenfalls 
zeigt sich, daß die Röntgentherapie immer mehr zur exakten, ebenbürtigen 
Methode gegenüber der Operation wird und bei systematischer Durcharbeit eine den 
Chirurgen befriedigende Indikationsstellung und Abgrenzung zwischen Strahlen- 
behandlung und Operation möglich sein wird. Im Anhang Auszüge aus 47 bestrahlten 
extragenitalen Sarkomen der Tübinger chirurgischen Klınik. Siegel (Gießen). 


Haendly, P.: Bestrahlung oder Operation? Zugleich Bemerkungen über 
Statistik der Bestrahlungsergebnisse. Monatsschr. f. Geburtsh. u. Gynäkol. Bd. 55, 
H. 4/5, S. 239—245. 1921. 

Bei einer kritischen Betrachtung der Bestrahlungsresultate in der Gynäkologie 
kommt Haendly auf Grund der bisherigen Veröffentlichungen zu folgendem Ergebnis: 
Bei Myomen und Metropathien ist die Heilung je nach Sachlage des Einzelfalles ent- 
weder durch die Operation oder durch die Bestrahlung bei größtmöglicher Lebens- 
sicherheit möglich. Der größte Teil der Myome und Metropathien kann bestrahlt 
werden. Die Bestrahlung bedeutet damit eine Bereicherung unseres Heilschatzes und 
einen großen Fortschritt für die Behandlungsmöglichkeit. Über die Erfolge der Sarkom- 
bestrahlung sind die Ansichten und Erfolge noch nicht eindeutig. Bei der Behandlung 
der genitalen, im besonderen der Collumcarcinome des Uterus sind die Ergebnisse 
der Strahlenbehandlung denen der Operation noch nicht überlegen. 20,7%, absoluter 
Heilung nach der Strahlenbehandlung der Collumcarcinome stehen 22,7%, absoluter 
Heilung nach der Operation gegenüber. Bei der Aufstellung des Dauererfolges ist die 
Formel 2 von Winter zugrunde zu legen, was Seitz und Wintz nicht getan haben, 
indem sie bei der Wertung des Heilungsprozentes alle Fälle ausschalteten, die sich 
aus irgendwelchen Gründen der vollkommenen Durchführung der Strahlenbehandlung 
entzogen haben, oder bei denen die Bestrahlung aus anderen Gründen unvollkommen 
geblieben ist. Sicher ist, daß Carcinome allein durch Röntgenstrahlen geheilt 
werden können, wenn auch sicher keine elektive oder relativ elektive Strahlenwirkung 
auf die Carcinomzelle besteht. Trotzdem sind beginnende Carcinome am besten zu 
operieren, wenn keine strikte Kontraindikation gegen die Operation vorhanden ist. 
Je schlechter die Fälle sind, um so eher wird man sich entschließen, sie der Bestrahlung 
zuzuweisen, weil mit der Schwere des Falles die primäre Operationsmortalität wesent- 
lich steigt. Alle operierten Fälle sind nachzubestrahlen. Die Erfolge damit sind so 
gut, daß die Nachbestrahlung wenigstens vorläufig trotz anderer von chirurgischer 
Seite vorliegender schlechter Erfahrungen allgemein durchgeführt werden sollte. 


Siegel (Gießen). 


Zweifel, Erwin: Zur Indikationsstellung für die Strahlenbehandlung des Uterus- 
carcinoms. (Univ.-Frauenklin., München.) Münch. med. Wochenschr. Jg. 68, Nr. 39, 
S. 1247—1248. 1921. i 

Es wird ein Fall von Collumcarcinom des Uterus geschildert, der sich bei der 
ersten Untersuchung als Plattenepithelcarcinom der Portio des Uterus an der Grenze 
der Operabilität zeigte. Die Kranke verweigerte die Behandlung und kam erst 11/, Jahr, 
nachdem der Befund sich wesentlich verschlechtert hatte und ein durchaus inoperables 
Carcinom entstanden war, in schlechtestem Allgemeinzustand (Kachexie) zur Behand- 
lung ın die Klinik. Sie wurde jetzt behandelt durch intracervicale Einlage von Meso- 
thorium (110 mg 24 Stunden in 1 mm Silberfilter) und mit Tumorbestrahlung mit 
7 Feldern 6 x 8 cm bei 1/ mm Zinkfilter nach Seitz und Wintz. Paranetrien- 
bestrahlung fand nicht statt. Auf diese eine kombinierte Bestrahlung hin hat sich 
die Patientin in 1 Jahr vollkommen erholt. Sie wurde beschwerdefrei, die Kachexie 
und der Portiotumor verschwanden vollkommen. An Stelle der Portio ist eine Narbe 
vorhanden. das rechte Parametrium ist frei, das linke zeigt eine 2fingerdicke Infil- 
tration, offenbar eine Strahlensklerose. Gewichtszunahme seit der Bestrahlung 131/, kg. 


310 Therapeutische Ergebnisse bei gynäkologischen Erkrankungen. 


— Dieser Fall lehrt, daß auch ein weit vorgeschrittenes Collumcareinom des Uterus 
mit einer einzigen kombinierten Mesothorium-Röntgenbestrahlung, die in ihrer Dosis 
nach der heutigen Anschauung als ungenügend gelten muß, geheilt werden kann. 
Dieser Erfolg wurde erzielt, obwohl zunächst Kachexie bestand. Die Kachexie ging 
wieder vollkommen zurück. Daraus ist der Schluß zu ziehen, daß jedes noch so schlecht 
aussehende und inoperable Carcinom nicht aufgegeben werden darf, sondern der 
Strahlenbehandlung unterzogen werden muß. Siegel. (Gießen). 


Sighinolfi, Giuseppe: Die Technik des Röntgen-Wertheim. (Clin. med., univ. 
Bologna.) Idrol., climatol. e terap. fis. Jg. 32, Nr. 7/8. S. 113—124. 1921. 

Bringt nichts Neues. Spricht über die Behandlung des Uteruscarcinoms und hebt 
die Seitz-Wintzsche Technik hervor. Sie ist die beste Methode, welche im Augen- 
blick besteht, um den Uteruskrebs mit Erfolg zu behandeln. Langer (Erlangen). 


Haupt und Pinoff, Der erweiterte Röntgen-Wertheim. (Berl. klin. Wochenschr. 
Jg. 58, Nr. 8, S. 180—181.) 
Clark, Oscar: Röntgenstrahlen bei Uteruscareinon. Die Technik von Erlangen. 
Brazil-med. Bd. 2, Nr. 4, S. 39—41. 1921. (Portugiesisch.) 


Adler, L.: Zur operativen und Strahlenbehandlung des Gebärmutterkrebses. 
(I. Univ.-Frauenklin., Wien.) Strahlentherapie Bd. 12, H. 1, S. 109—116. 1921. 

Die erste Wiener Frauenklinik (Schauta) wendet bei der Radıumbestrahlung 
eine intermittierende Bestrahlung mit mittleren Radiumdosen (50 mg) an. Verf. 
bringt zuerst eine Aufstellung der vorläufigen Heilung von 2 Jahren und zwar wurden 
von insgesamt 329 Fällen 54 = 16,4%, geheilt. Von diesen Fällen waren 32 operabel, 
wovon 11 = 34,3%, geheilt, 297 inoperabel, wovon 43 = 14,4%, geheilt wurden. Unter 
diesen Fällen befanden sich weiter 266 Collumcarcinome des Uterus, von denen 42 
= 15,8% geheilt wurden. Besonders interessieren diejenigen Fälle, bei denen die Hei- 
lung mehr als 5 Jahre zurückliest. Das sind von 5 inoperablen Vulvacarcinomen 
2 Fälle, von 5 inoperablen Vaginalcarcinomen 1 Fall, von 2 inoperablen Corpuscarci- 
nomen 1 Fall, von 2 operablen Corpuscarcinomen 1 Fall, von 52 inoperablen Collum- 
carcinomen 13 Fälle (25%), von 6 operablen Collumcarcinomen 1 Fall. Mit der Röntgen- 
bestrahlung wurden nicht so günstige Erfolge erzielt, da die Röntgenapparatur, die 
Verf. zur Verfügung stand, ungenügend war. Trotz der relativ günstigen Erfolge 
mit der Radiumbehandlung wird heute für die operablen Carcinome an der ersten 
Wiener Frauenklinik folgendes Verfahren durchgeführt: 1. Radikale Entfernung des 
carcinomatösen Uterus durch vaginale erweiterte Totalexstirpation nach Schauta 
(6,6% primäre Mortalität). 2. Sofortige Vernichtung von etwa in den Resten der Para- 
metrien zurückgebliebenen Carcinomresten durch Radiumeinführung direkt an die 
Beckenwand unmittelbar nach der Operation. (Ursprünglich wurden 4 Wochen nach 
der Operation 40—50 mg Radium 6mal in 4wöchigen Intervallen je 12 Stunden in 
den vaginalen Blindsack eingelegt, später wegen zu zahlreicher Fistelbildung 25 bis 
40 mg 5 Stunden, endlich wegen Steigerung der Rezidive mit dem Zurückgehen der 
Dosis sofortiges Einlegen von Radium in die breit eröffneten Parametrien unter Scho- 
nung des Ureters). 3. Homogendurchstrahlung des Beckens mit Röntgenstrablen, wo- 
durch etwa vorhandene Careinomzellen mit größter Sicherheit unschädlich gemacht 
werden. Es wird also eine Vaginaloperation mit postoperativer prophylaktischer 
kombinierter Röntgen-Radiumbestrahlung vorgenommen. Zur alleinigen Strahlen- 
behandlung entschließt sich die Klinik nicht, weil 1. auch bei Radıumbehandlung 
eine primäre Mortalität besteht, 2. Metastasenbildung begünstigt werden soll, 3. die 
Radiunibestrahlung infolge Wegbleibens der Pat., veranlaßt durch die primäre Beseiti- 
gung der quälenden Carcinomerscheinungen, ungenügend durchgeführt wird, 4. wegen 
der Unmöglichkeit zu entscheiden, wann man mit der Bestrahlung aufhören soll. 
Schematisieren bei der Radiumbestrahlung ist unmöglich. Siegel (Gießen). 


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Erfolge der physikalischen Therapies — Röntgentherapie bei Uterustumoren usw. 311 


Mayer, Aug., Über das Uteruscarcinom und seine moderne Behandlung. (Univ.- 
Frauenklin., Tübingen.) (Münch. med. Wochenschr. Jg. 68, Nr. 6, S. 168—172.) 
Vgl. Referat S. 201. 


Boggs, Russell H.: The treatment of carcinoma of the cervix and uterus by 
radium supplemented by deep Roentgen therapy. (Die Behandlung der Collum- und 
Corpuscarcinome des Uterus durch kombinierte Radium- und Röntgentiefenbestrahlung.) 
Vortrag gehalten in der Röntgen-Gesellschaft von Zentral-Pennsylvanien, Pittsburgh 
30. April 1921. New York med. journ. Bd. 114, Nr. 7, S. 381—384. 1921. 

Warme Befürwortung der Radium- resp. der kombinierten Radium-Röntgenthera- 
pie. Die Radiumbehandlung ist als Palliativtherapie bei hoffnungslosen inoperablen 
Fällen und Rezidiven, sowie als anteoperative Maßnahme und prophylaktische Rezidiv- 
verhütungsbestrahlung nach Operation zu empfehlen. Auch diejenigen Fälle von ope- 
rablen Carcinomen, bei denen sich die Erkrankung auf den Cervicalkanal ausgestreckt 
hat, sind wegen ihrer hohen Rezidivgefahr nach der Operation primär der Radium- 
behandlung zu unterziehen. Vorteile sind zu sehen in der schnellen Beseitigung von 
Jauchung und Blutung, wodurch den Kranken und der Umgebung der subjektive Ein- 
druck der Heilung gegeben wird. Die Behandlung geschieht nach Angabe des Verf. durch 
gleicbzeitige intracervicale Einlage von Radium 3000 Milligrammstunden und intravagi- 
nale Einlage von Radium, ebenfalls 3000 Milligrammstunden. 90% aller Carcinome sind 
dieser Behandlung zuzuführen, weil nach der Operation nur 7—8% Heilung über 5 Jahre 
nach dem vorliegenden amerikanischen Material zu erzielen sind. Die Wertheimsche 
Operation wird als zu radikal und zu stark mit primärer Mortalität belastet abgelehnt 
und soll auch von den meisten amerikanischen Ärzten aus eben diesem Grunde abgelehnt 
werden. Als Operation kommt nur die Absetzung des Uterus durch Glühstift in Frage. 
Als Tiefenbestrahlung wird in Amerika eine Bestrahlung gewählt, die sich an die Be- 
strahlung von Seitz und Wintz anlehnt. Durch mehrere Einfallsfelder, über die ganze 
Oberfläche von Abdomen und Rücken verteilt, wird innerhalb einer Woche in fraktio- 
nierter Dosis bestrahlt. Die Ferngroßfelderbestrahlung wird vor der Hand abgelehnt. 
Die Röntgentiefenbestrahlung findet unmittelbar im Anschluß an die Radiumeinlage 
statt. Siegel (Gießen). 


Wertheimer, Selma: Die Metastasierung bestrahlter und nicht bestrahlter 
Collumeareinome. (Univ.-Frauenklin., Frankfurt a. M.) Strahlentherapie Bd. 12, 
H. 1, S. 90—96. 1921. 

Verf. tritt der Ansicht von Prochownick und Adler entgegen, daß als Folge 
von Bestrahlung Krebsmetastasen in anderen Organen an Häufigkeit zunehmen. In 
den Jahren 1909—1920 kamen 104 Collumcarcinome der Frankfurter Frauenklinik 
zur Sektion und wurden von Verf. daraufhin untersucht. Es ergab sich, daß die Behand- 
lung der Collumcarcinome mit strahlender Energie keine vermehrte Metastasenbildung 
hervorrief. Bei 50 nicht bestrahlten Fällen wurden 27 mal = 54%, Metastasen, in 
54 bestrahlten Fällen wurden 26mal = 48,15%, Metastasen gefunden. Eine Sonder- 
stellung nimmt nach dem bearbeiteten Material nur die Leber ein, die bei den be- 
strahlten Fällen in 25,9%, bei den unbestrahlten in 14%, carcinomatös verändert 
gefunden wurde. Es muß aber hier die Möglichkeit eines Zufallsbefundes offen gelassen 
werden. Ein erhöhtes Auftreten von Metastasen nach Bestrahlungen in Organen, 
die selten oder überhaupt nicht befallen werden (Milz, Nebenniere, Herz, Netz, Kno- 
chen), wurde nicht beobachtet. Ebenso scheint eine Abhängigkeit der Metastasen- 
bildung nach Bestrahlungsart und Strahlenmenge (Röntgen-, Radiumstrahlen) nicht 
zu bestehen, wenn auch wegen der zu kleinen Zahlen sich Sicheres nicht sagen 
läßt. Sowohl bei bestrahlten wie unbestrahlten Fällen tritt in gleicher Weise mit 
zunehmendem Lebensalter abnehmende Metastasenbildung ein (13 nicht bestrahlte 
Fälle bis 40 Jahre 9mal = 69,2%, Metastasen, 37 nicht bestrahlte Fälle über 40 Jahre 
18mal — 48,6%, Metastasen, 11 bestrahlte Fälle unter 40 Jahren 7mal = 63,6% 
Metastasen, 43 bestrahlte Fälle über 40 Jahren 19mal = 44,1%, Metastasen). Siegel. 


312 Therapeutische Ergebnisse bei gynäkologischen Erkrankungen. 


Bouehacourt, L.: Sur l'association, dans le traitement des fibromes et des 
cancers uterins, de la euriethörapie et de la roentgenthörapie (et accessoirement 
de la chirurgie). (Kombinierte Radium- und Röntgentherapie der Fibromyome 
und Carcinome des Uterus [verbunden mit Operation].) Gynécologie Jg. 20, Nr. 11, 
S. 641—658. 1921. 

Kritische und referierende Betrachtung über den heutigen Stand der Strahlen- 
therapie in Anlehnung an den vom 29. IX. bis 1. X. 1921 stattgefundenen 2. Kongreß 
der Gynäkologen und Geburtshelfer französischer Sprache. Das Programm des Kon- 
gresses enthielt ein Referat über den gegenwärtigen Stand der Radiumtherapie in der 
Gynäkologie von J.-L. Faure, Hartmann und Koenig (Genf). Während die Refe- 
renten einseitig sich zugunsten der Radiumtherapie aussprachen, weist Verf. auf den 
Vortrag von Béclêre hin, der ausschließlich über Röntgentherapie der Fibromyome 
des Uterus berichtete, die er bei 700 Fällen konsequent angewendet hat. Verf. bedauert, 
daß auf dem Kongreß in der Diskussion keine gegenseitige Abschätzung zwischen 
Röntgen- und Radiumtherapie stattgefunden hat und bekennt sich persönlich für die 
gutartigen gynäkologischen Blutungen zur kombinierten Röntgen-Radiumtherapie, 
die er seit 1912 gemeinsam mit H. Ch éron durchgeführt hat und die ihm Abkürzung 
der Behandlung und Sicherstellung der Erfolge brachte. Das Corpuscarcinom des 
Uterus muß nach Ansicht des Verf. operiert werden. Beim Collumcarcinom sind die 
Resultate noch unsicher. Verf. steht auch hier auf dem Standpunkt einer kombinierten 
Röntgen-Radiumbestrahlung, wobei er auf die Erfolge von Seitz und Wintz hin- 
weist, die mit dieser kombinierten Bestrahlung 24,5%, nach 3 Jahren, 34%, nach 
2 Jahren Heilung sahen gegenüber Bumm und Schäfer, die mit der alleinigen Ra- 
aiumbestrahlung pur 19,2% resp. 25%, Heilung für die gleichen Zeiträume erlangten. 
Freilich haben Seitz und Wintz seit 1. I. 1918 ihre Therapie zugunsten der alleinigen 
Röntgentherapie (Röntgen-Wertheim) geändert und mit dieser Methode am 1. I. 
1920 noch 97% klinische Heilung gesehen. Die von Seitz und Wintz geübte Methode 
bedingt aber den Besitz modernster Apparate und größter Erfahrung in der 
Behandlung mit Röntgenstrahlen, die im Durchschnitt von den Strahleninstituten 
nicht erlangt werden kann. Verf. plädiert deswegen auch hier für die Kombination 
von Röntgen- und Radiumbestrahlung und wünscht bei operablen Fällen noch die 
Zuhilfenahme einer mäßig erweiterten Totalexstirpation des Uterus nach Wert.- 
heim. Die Versuche, die in Paris mit einer Zentralisierung der Röntgen-Radium- 
therapie unter der Leitung von Hartmann und Proust seit Anfang 1922 eingeleitet 
sind, werden wegen nicht genügender Konzentration nur auf das Gebiet des Collum- 
carcinom des Uterus nicht zu dem gewünschten Ziel führen. Es gehört zur Krebsheilung 
eine Kombination von Operateur, pathologischem Histologen und Strahlenthera- 
peuten, eine Bedingung, die heute wohl noch nicht erfüllt werden kann. In der Strahlen- 
behandlung des Collumcarcinom sind die Deutschen den Franzosen voraus, weil, wie 
Verf. sagt, „während des Krieges die Deutschen gemeint haben, daß es wertvoller 
sei, ihre Gelehrten in ihren Laboratorien zu lassen, während in Frankreich alle nicht 
auf den Krieg eingestellte geistige Arbeit durch den Krieg aufgeschoben wurde‘‘. 
Er kritisiert dazu weiter: „Das ist übrigens wahrscheinlich das, was uns den Sieg 
verschafft hat. C'est peut-être, d’ailleurs, ce qui nous a valu la victoire.“ Für ino- 
perable Carcinome kommt die kombinierte Röntgen-Radiumbehandlung allein in 
Betracht. Sie ist allen übrigen Palliativmaßnahmen weit überlegen, sie coupiert die 
Blutung, vermindert die Schmerzen, reinigt die Krebsgeschwüre, verzögert die Aus- 
breitung des Careinoms und bedingt eine Besserung des Allgemeinbefindens. Siegel. 


Frankl, Oskar: X-ray and radium treatment in gynaecology. (Röntgenstrahlen 
und Radium in der Gynäkologie.) Dublin journ. of med. science Ser. 4, Nr. 21, 
S. 500—511. 1921. | 

Zuerst geschichtliche Daten. Als erster, der Uteruscareinome mit Erfolg behandelt hat, 
wird der Amerikaner Abbe genannt. Die Hauptverdienste für die systematische Ausbildung 


Erfolge der physikalischen Therapie. — Röntgentherapie bei Uterustumoren usw. 313 


der Radiumtherapie gebühren Wickham und De£grais in den Jahren 1906—1907. Die 
Grundlage für eine erfolgreiche Therapie ergeben die Untersuchungen von Dominici 1907. 
Die Wiener Schule begann 1903 und 1904 mit Versuchen, das Radium zur Carcinombehandlung 
heranzuziehen (Exner, Holzknecht). Große Fortschritte brachten die Versuche mit Ra- 
diumbehandlung in Deutschland im Jahre 1912 (Krönig, Bumm, Döderlein und Gauß). 
Wie bei den Röntgenstrahlen unterscheidet man auch beim Radium Alpha-, Beta- und Gamma- 
strahlen. In der Gynäkologie betreibt man mit Ausnahme des Vulvacarcinoms eine Tiefen- 
behandlung, so daß man also immer auf Filterung angewiesen ist. Man benutzt 3mm Alumi- 
nium oder !/, mm Zink als Filter, um die weichen Strahlen abzufiltern, für das Radium am 
besten Dominici-Röhrchen, das sind Messingröhrchen, die mit Gummi überzogen werden. 
Das Röhrchen ist 2—4 cm lang und mit dem Filter 3—5 mm dick. Von den Röntgenapparaten 
wird vor allem der Symmetrieapparat empfohlen. Dessauer betont vor allem den Wert der 
homogenen Durchstrahlung des ganzen erkrankten Gewebes. Wie wir wissen, ist jede Zelle 
des menschlichen Körpers ohne Ausnahme empfindlich gegen Röntgenstrahlen und Radium- 
strahlen, aber in verschiedenen Graden. Am empfindlichsten sind die Ovarialzellen und sehr 
empfindlich sind auch die Krebszellen. Das Iontoquantimeter gestattet genaue Messungen 
der verabfolgten Dosis. Verf. behandelt mit Kreuzfeuerbestrahlung, also von mehreren Ein- 
fallsfeldern aus. Schon wenige Tage nach der Bestrahlung findet man Zellveränderungen, die 
genauer beschrieben werden. Zu den unangenehmen Folgen der Bestrahlung gehört der Rönt- 
genkater, den man, ebenso wie nach Radiumbestrahlung, beobachtet. Verf. vergleicht weiter die 
Resultate der operativen mit der Strahlenbehandlung. Ein großer Erfolg liegt darin, daß es 
möglich ist, inoperable Fälle zu heilen, und zwar in 4—7% der Fälle. Verf. spricht sich dafür 
aus, die operablen Fälle zu operieren, und zwar auf vaginalem Wege, weil diese Methode die 
geringere Sterblichkeit hat. Inoperable Fälle werden bestrahlt. Weiter bespricht Verf. die 
Erfolge der Röntgenbestrahlung der Metropathien und der Myome des Uterus. Statistische 
Angaben darüber. E. Zweifel (München). 
Shaw, Fletcher, A post-graduate lecture on the present position of the treatment 
of carcinoma of the cervix. (Der gegenwärtige Stand der Behandlung des Cervix- 

tarcinoms.) (Brit. med. journ. Nr. 3183, S. 1101—1103.) 

Vgl. Referat S. 334. 

Perthes: Üher die Strahlenbehandlung bösartiger Geschwülste. Arch. f. klin. 
Chirurg. Bd. 116, H. 2, S. 353—370. 1921. 

Regaud, Cl., J. Jolly. A. Lacassagne, J. L. Roux-Berger, H. Cresbon, H. Coutard, 
O. Monod et G. Richard: Sur le traitement des cancers des lèvres par les rayons X et 
le radium.. (Über die Behandlung des Vulvacarcinoms mit Röntgen- und Radium- 
strahlen.) Bull. de l’assoc. franç. pour l’etude du cancer Bd. 10, Nr. 7, S. 321—340. 1921. 

Weinstein, Siegfried: Gleichzeitige Strahlen- und Wärmebehandlung des Krebses 
der Gebärmutter. (Rudolf Virchow-Krankenh., Berlin.) Dtsch. med. Wochenschr. 
Jg. 47, Nr. 34, S. 994—996. 1921. 

Verf. greift die Idee, Gewebe durch Wärme zu hyperämisieren und so gegen 
Strahlenwirkung zu sensibilisieren in einfacher Form dadurch wieder auf, daß er bei 
Cervixcarcinomen gleichzeitig mit der Röntgenbestrahlung heiße Scheidenspülungen 
mit der Pincusbirne gibt. Dabei wird der Nachteil der von Müller -Immenstadt 
angewandten, ziemlich komplizierten Röntgen-Diathermiebehandlung — die gleich- 
mäßige Hyperämisierung sämtlicher Beckenorgane — vermieden. Bei sorgfältiger 
Einstellung des Wasserstrahls auf die Portio konnten selbst nach Spülungen mit Wasser- 
temperaturen von 49—56°, in den entsprechenden Blasen- und Rectumabschnitten 
Temperatursteigerungen von höchstens 2—21/,° gemessen werden. Unter 4 derart 
behandelten Fällen von weit fortgeschrittenen Cervixcarcinomen konnten bei 2 deut- 
liche Besserung des Lokalbefunds trotz Bestrahlung mit sehr geringen Tiefendosen 
erzielt werden. Inwieweit an den Erfolgen eine Kauterisation, die Applikation hyper- 
ämisierender Wärme als solche beteiligt waren, läßt sich nicht feststellen. Immerhin 
dürfte das neue Verfahren, wenn sorgfältig angewandt, besonders bei Cervixcarcinomen 
mit Kraterbildung als im gewissen Sinne elektiv sensibilisierend günstige Wirkung 

Diell. 


erwarten lassen. 
| Treber, Hans: Dauerergebnisse der Aktinotherapie bei Uterushalscareinom. 
(Gynäkol. Univ.-Poliklin., München.) Monatsschr. f. Geburtsh. u. Gynäkol. Bd. 54, 


H. 1, S. 40-44. 1921. 
Bericht über 73 Collumcareinome des Uterus mit Aktinotherapie aus den Jahren 1913 


314 Therapeutische Ergebnisse bei gynäkologischen Erkrankungen. 


bis 1915, also mindestens 4 Jahre Beobachtungszeit. Von den 73 Frauen leben 12,3%. Bei 
Behandlungsbeginn waren 9,6%, operable Fälle, 47,8%, Grenzfälle, 30,1%, inoperable und 42,6%, 
desolate Fälle. Als poliklinisches Material starkes Überwiegen der inoperablen Fälle, wofür ein 
besseres Resultat erzielt wurde als mit der Operation, die nach Klein für alle deutschen Opera- 
teure nur 8—10%, absolute Heilung aufweist. Seit einem Jahr neues Behandlungsverfahren 
der operablen Collumcarcinome: Beginn mit Bestrahlung, nach klinischem Verschwinden 
Wertheimsche Radikaloperation, nach weiteren 4 Wochen prophylaktische Nachbestrahlung. 
Siegel (Gießen). 

Vogt, E.: Erfahrungen mit der postoperativen Röntgenbestrahlung der weib- 
lichen Genitaltuberkulose hinsichtlich der Dauerheilungen. (Univ.-Frauenklin., 
Tübingen.) Strahlentherapie Bd. 12, H. 3, S. 789—792. 1921. 

In den Jahren 1913—1921 sind an der Tübinger Frauenklinik 33 Fälle von weib- 
licher Genitaltuberkulose (8 konservative Adnexoperationen, 25 Probelaparotomien 
mit Ablassen von Ascites) postoperativ röntgenbestrahlt worden, sobald die Pat. das 
Bett verlassen konnten. Die Strahlen wurden appliziert von 4—10 Bauchfeldern 
und 2—4 Rückenfeldern pro Sitzung in 6—10 Sitzungen bis zur Kastrationsdosis. 
Das einzelne Feld erhielt 10—20 x, anfangs mit 3 mm Aluminium, später mit 0,5 mm 
Zink, seit 1918 mit 1 mm Aluminium + 0,5 mm Zink gefiltert. Es starben 9 Frauen, 
21 wurden voll arbeitsfähig, 2 teilweise arbeitsfähig, eine invalid. Parallelbeobachtungen 
an 40 nur operierten Fällen von weiblicher Genitaltuberkulose aus den Jahren 1907 
bis 1911 ergaben 10 gestorbene, 20 arbeitsfähige, 3 teilweise arbeitsfähige, 5 invalide 
und 2 verschollene Frauen. Somit hat die postoperative Bestrahlung Gutes geleistet. 
Bestrahlt muß werden nach Explorativbauchschnitten, Radikaloperationen, bei denen 
eine Aussaat der Tuberkulose auf dem Peritoneum festgestellt war, Adnexoperationen, 
bei denen infolge der Verwachsungen die Operation nicht planmäßig durchgeführt 
werden konnte, oder wenn hinterher Blutungen auftreten. Kontraindiziert ist die 
Bestrahlung, wenn von einer konservierenden Adnexoperation die Beseitigung einer 
Sterilität beabsichtigt ist. Wirkung: Neben Lokalwirkung Allgemeinwirkung, die als 
Reizwirkung der Röntgenstrahlen im Sinne einer Protoplasmaaktivierung anzu- 
sprechen ist. Siegel (Gießen). 

Vineberg, Hiram N.: Myomectomy vs. radium and X-ray in the treatment of 
fibroid tumors in women under forty years of age. (Myomektomie gegen Radium- 
und X-Strahlen in der Behandlung der Fibroidtumoren beim Weibe unter 40 Jahren.) 
Med. rec. Bd. 99, Nr. 3, S. 91—93. 1921. 

Verf. bespricht in seiner Arbeit den Wert der Strahlen (Radium- und Röntgen-) 
im Vergleiche zur Myomektomie bei der Behandlung gutartiger Uterustumoren. Er 
hebt hervor, daß seiner Meinung nach die Myomektomie bei Frauen im jüngeren Alter 
(etwa unter 40 Jahren) eine konservativere Methode als die Strahlentherapie sei, da 
nach letzterer die Menstruation aufhöre und die unangenehmen Folgen der Menopause 
in die Erscheinung träten. Bei allen gutartigen Uterusgeschwülsten soll 
man bei der Operation Uterus und Ovarialfunktion zu erhalten suchen. 
Sehr schlecht sei das Resultat, wenn das Endometrium völlig zerstört würde (z. B. durch 
zu energisches Kürettement), oder wenn der Uterus exstirpiert und die Ovarien zurück- 
gelassen seien. Die Myomektomie hält Verf. für eine sehr wenig gefährliche Operation. 
W. J. Mayo habe in 617 Fällen von abdominaler Myomektomie nur 3 Todesfälle oder 
0,5% gehabt. Verf. hat in 10 Jahren eine Serie von 120 eigenen Fällen mit 0%, Mor- 
talität aufzuweisen. Strahlenbehandlung solle reserviert bleiben für Frauen, die sich 
unter keinen Umständen operieren lassen wollen oder für Fälle, bei denen eine Ope- 
ration wegen irgendeines schweren Leidens zu gefährlich sein würde. Dencks.°’ 


Benthin: Ergebnisse der Strahlenbehandlung bei gynäkologischen Erkran- 
kungen. (Univ.-Frauenklin., Königsberg i. Pr.) Strahlentherapie Bd. 12, H. 1, 
S. 133—138. 1921. 

Die Erfolge der Strahlenbehandlung bei gutartigen Blutungen sind durchweg aus- 
gezeichnet. Bestrahlung in 3—4 Serien. In einem nach der Bestrahlung exstirpierten sub- 


i we bar Pad cur wo. ee Be v2 


m 


Erfolge der physikalischen Therapie — Radiumtherapie. 315 


mucösen Myom war mikroskopisch nicht die geringste Gewebsveränderung feststellbar. 
Beeinflussung des Myoms an sich gering, 92,7%, Amenorrhöe. Einmal nach 6 Röntgen- 
serien mit folgenden Ausfallserscheinungen wieder Schwangerschaft, die mit der Ge- 
burt eines gesunden Kindes endigte. Ungünstige Resultate bei malignen Erscheinungen. 
Inoperable Uteruscarcinome, :Vulvarcarcınome, Scheidencarcinome, Ovarialcarcinome 
keinerlei Erfolge erzielt. Erfolge nur nach vaginaler Totalexstirpation mit kombinierter 
Röntgen-Radium-Nachbestrahlung. Die Vagınalmethode wird bevorzugt, weil hier 
4—6% primäre Mortalität 11—15% primärer Mortalität bei abdominaler Exstirpation 
gegenübersteht und die Reste von Carcinonzellen durch nachträgliche Bestrahlung 
erfolgreich beseitigt werden können. Bei postoperativ nachbestrahlten Fällen von 
Collumcarcinom waren gesund: nach einer Beobachtung von mehr als 4 Jahre 24,6%, 
von mehr als 3 Jahre 40,3%, von mehr als 2 Jahre 50%. Von postoperativ nachbe- 
strahlten Fällen von Corpuscarcinom waren gesund nach 5 Jahren 50%, nach 4 Jahren 
85%,, nach 3 Jahren 83%, nach 2 Jahren 50%. Siegel (Gießen). 
Mayer, A.: Über Behandlung der Mammahypertrophie mit Röntgenstrahlen. 


(Univ.-Frauenklin., Tübingen.) Strahlentherapie Bd. 12, H. 1, S. 139—143. 1921. 
Verf. berichtet über einen Fall von Mammahypertrophie, die bei einer 27jährigen Frau 
in der 3. Schwangerschaft einsetzte und ein monströses Wachstum der linken Brust bis zu 
Doppelmannskopfgröße zeitigte. Die linke Brust „lag schließlich wie ein zweiter Körper 
neben der Frau‘. Die rechte Brust beteiligte sich nur teilweise an dieser Hypertrophie. 4 Monate 
nach der Geburt kam Patientin in Behandlung des Verf., der eine Röntgenbestrahlung dieser 
linken Brust vornahm: Symmetricapparat, selbsthärtende Siederöhre, parallele Funkenstrecke 
39 cm, F. H. A. 23 cm, 0,5 mm Zink + 1 mm Aluminiumfilter, Schutz der Ovarien mit Blei- 
decke. Bestrahlung in 3 Sitzungen, je 4 Wochen auseinanderliegend. Einteilung der Mamma 
in 4 Bezirke. In 1. Sitzung Bestrahlung von 3 Bezirken, in 2. Sitzung Bestrahlung des 4. Be- 
zirkes. Bei der 3. Sitzung, 2 Monate post Beginn, war Mamma so klein, daß jetzt ein Bestrah- 
lungsfeld ausreichte. Sofort nach der ersten Bestrahlung Kleinerwerden der linken Brust, 
5 Monate nach Bestrahlungsbeginn Brust fast normal groß. — Bei erneuter Gravidität wieder 
Wachstum der linken Brust, Bestrahlung im 4. Graviditätsmonat mit Rückgang der Hyper- 
trophie. Weil die rechte, die nicht bestrahlte, Brust nicht mit Rückbildung reagierte, wird die 
Rückbildung der linken Brust rein als Bestrahlungsfolge angesehen. Solche Rückgänge sind 
auch im nicht graviden, bzw. nicht puerperalen Zustand von französischen und russischen 
Autoren nach Bestrahlungen gesehen worden. Jedenfalls sollte bei Mammahypertrophie vor 
Mammaamputation eine Bestrahlung versucht werden. Siegel (Gießen). 


Benthin, W.: Strahlentherapeutische Einzelbeobachtungen. (Univ.-Frauenklin., 
Königsberg i. Pr.) Monatsschr. f. Geburtsh. u. Gynäkol. Bd.54, H. 1, S. 34—39. 1921. 
Haendly, P., Pathologisch-anatomische Ergebnisse der Strahlenbehandlung. (Univ.- 


Frauenklin., Berlin.) (Strahlentherapie Bd. 12, H. 1, S. 1—87.) 
Vgl. Referat S. 95. 


b) Radiumtherapie (über kombinierte Röntgen - Radiumtherapie siehe auch im 
vorhergehenden Abschnitt). 


Kohlmann, William and Ernest C. Samuel: Radium therapy in fibroid and 
other benign conditions of the uterus. (Radiumbehandlung der Mvome und anderer 
benigner Erkrankungen des Uterus.) Southern med. journ. Bd. 14, Nr. 9, S. 703 


bis 710. 1921. 

Behandlung mit 50 mg Radium bis 24 Stunden lang. Das Alter der Kranken schwankte 
zwischen 30 und 56 Jahren. Meist waren 2, einige Male 3, in ganz seltenen Fällen 4 und 5 Ein- 
lagen notwendig, um Amenorrhöe zu erzielen. Nach der Behandlung tritt regelmäßig wässeriger 
Ausfluß auf, der mit Kochsalzspülungen behandelt wird. E. Zweifel (München). 


Faure, J. L.: Radiumthörapie des fibromes uterins. (Radiumbehandlung der 
Uterusmyome.) (2. congr. de l'assoc. d. gyn£col. de langue franç., Paris, 29. IX. bis 
1. X. 1921.) Progr. med. Jg. 48, Nr. 40, S, 466—467. 1921. 

Trotzdem die operative Behandlung der Uterusmyome eine direkte Mortalität von 
5%,, die Radiumbehandlung dagegen keine direkte Mortalität hat, kann sie die 
Operation nicht ersetzen. Man muß dieser direkten Operationsmortalität eine indirekte 
Bestrahlungsmortalität gegenüberstellen, d. h. eine Mortalität, die sich ergibt aus falsch 


316 | Therapeutische Ergebnisse bei gynäkologischen Erkrankungen 


oder zu unrecht bestrahlten Myomen, die infolge der falschen Behandlung zu irgend- 
einem späteren Termin zugrunde gehen. Diejenigen Myome, bei denen Blutung mit 
mäßiger Größe der Geschwulst kombiniert sind, eignen sich zur Radiumbehandlung 
und werden dieser auch meist zugeführt, ebenso Kranke, die zur Operation zu schwach 
sind. Kontraindikationen gegen die Radiumbehandlung sind: Unsichere Diagnose, 
jugendliches Alter der Kranken, erfolglose oder ungenügende Bestrahlung, Kompli- 
kationen mit entzündlichen Prozessen, Salpingitiden, Perimetriden und chronischen 
Appendicitiden, Verdacht auf Infektion, Nekrose oder Verkalkung des Myoms, Größe 
des Tumors mit Kompressionserscheinungen, Schwangerschaft und Myome, subseröse 
Entwicklung des Myoms und Verdacht auf maligne Degeneration. Siegel (Gießen). 

Faure, J.-L.: Curiethörapie des fibromes utérins. (Radiumbehandlung der Uterus- 
myome.) Gynecol. et obstetr. Bd. 4, Nr. 4, S. 290—300. 1921. 

Verf. hat seit 10 Jahren Myome mit Radium mit sehr günstigem Erfolge behandelt. 
Er betont, daß er öfters sofortiges Sistieren der Blutungen, in manchen Fällen auch 
vollkommenes Verschwinden des Tumors gesehen hat. Als Methode zieht Verf. mehr- 
fache Behandlung mit kleinen Dosen (25—150 mg, 12—72 Stunden) einer einmaligen 
großen Dosis vor. (Auch die angegebene Dosis ist eine recht beträchtliche. Ref.) 
Trotz seiner guten Erfolge mit der Radiumtherapie hält Verf. die Resultate der Ope- 
ration unter Berücksichtigung aller Faktoren für gleichwertig, eher noch besser. Es 
folgt Abgrenzung der Indikationsstellung. E. Zweifel (München). 
René- Weill, Roentgentherapie et curietherapie des fibromes uterins. (Röntgen:- 

und Radiumtherapie der Fibromyome des Uterus.) (Journ. de med. de Paris 


Jg. 40, Nr. 30, S. 559—561.) 
Vgl. Referat S. 304. 

Vineberg, Hiram N., Myomectomy vs. radium and X-ray in the treatment of 
fibroid tumors in women under forty years of age. (Myomektomie gegen Radiuın- 
und X-Strahlen in der Behandlung der Fibroidtumoren beim Weibe unter 40 Jah- 
ren.) (Med. rec. Bd. 99, Nr. 3, S. 91—93.) 

Vgl. Referat S. 314. 


La radioterapia dei fihromiomi. Gaz. d. osp. e d. clin. Jg. 42, Nr. 77, S. 905 
bis 910. 1921. 

Koenig, M.: Curietherapie des mötrites hömorragiques en dehors du cancer 
et des fibromes de l’utörus. (Radiumtherapie der Metrorrhagien und der Myome des 
Uterus.) Gynecol. et obstetr. Bd. 4, Nr. 4, S. 317—335. 1921. 

Verf. hat 874 Fälle von Metritis in 3 Serien behandelt mit weicher, mittelharter 
und harter Strahlung. Er empfiehlt die Radiumtherapie bei allen Frauen über 40 Jah- 
ren, bei jüngeren Personen nur nach Erschöpfung aller übrigen Behandlungsmethoden. 
In Adnexerkrankung sieht er eine strikte Kontraindikation. Æ. Zweifel (München). 


Pouey, Henri: Quarante observations d’hömorragies utörines traitées par le 
radium. (Radiumbehandlung von 40 Fällen von Metropathie des Uterus.) Gynécol. 
et obstetr. Bd. 4, Nr. 1, S. 4—8. 1921. 


Viele der Kranken haben Blutungen infolge von Myomen, oft auch wegen chronischer 
Metritis, Adenome des Endometriums, ovarielle Störungen; hierfür wird Radiumbehandlung 
empfohlen. Bei jedem Verdacht auf Malignität muß eine Probeabrasio vorgenommen werden. 
Als Dosis wird gewöhnlich 100 mg Radium 24 Stunden eingelegt, stets intrauterin; 1—2 mm 
Silberfilter, mit Gummi überzogen. Die Bestrahlung wurde bis zu dreimal wiederholt. Einige 
Male wurde mit Röntgenbestrahlung kombiniert. Die Blutungen hörten nicht sofort nach der 
Bestrahlung auf. Zweimal traten nach einjähriger Menopause erneut Metrorrhagien auf. Verf. 
hat im allgemeinen nicht bis zur Amenorrhoe bestrahlt. Auch beim Vorhandensein von Infek- 
tionserregern (Gonokokken u. a.) tritt meist keine Schädigung ein; trotzdem soll aus Vorsicht 
in solchen Fällen eine Behandlung vorausgeschickt werden. E. Zweifel (München). 


Abadie, J. et L. Garoby: -La curiethörapie des mötrorragies d’origine fibro- 
mateuse. (Indications et technique.) (Die Radiumbehandlung der Blutungen bei 
Myom [Indikation und Technik]). Gynécologie Jg. 20, Nr. 6, S. 321—333. 1921. 


Verff. berichten über 23 Fälle. 2 mal wurde die Behandlung von den Patienten unter- 
brochen. In einem Fall von submukösem Myom blieb der Erfolg aus, sonst immer Aufhören 


Erfolge der physikalischen Therapie. — Radiumtherapie. 317 


der Blutung. Die Angaben über die Technik bringen nichts Neues. Ausgeführt wurde stets 

eine intrauterine Radiumeinlage. Die abdominelle Auflage und die vaginale Einlage kommen 

nur für Ausnahmefälle in Frage. E. Zweifel (München). 

Koenig: Radiumtherapie des mötrites hömorragiques en dehors du cancer et 
des fibromes de l’uterus. (Die Radiumbehandlung der hämorrhagischen Metritis 
ohne Krebs und Fibrom des Uterus.) (2. congr. de l’assoc. des gynecol. de langue franç., 
Paris, 29. IX.—1. X. 1921.) Progr. med. Jg. 48, Nr. 40, S. 467. 1921. 

Weibel, W., Die Erfolge der gleichzeitigen kombinierten Röntgen- und Radium- 
bestrahlungen bei hämorrhagischen Metropathien und Myomblutungen. (II. Univ.- 
Frauenklin., Wien.) (Zentralbl. f. Gynäkol. Jg. 45, Nr. 25, S. 885—888.) 

Vgl. Referat S. 301. 

Titus, E. W.: An analysis of two hundred gynecologie cases treated with ra- 
dium at the Woman’s hospital in the State of New York. (Bericht über 100 gynäko- 
logische Fälle von Radiumtherapie aus dem Frauenspital vom Staat New York.) 
Americ. journ. of obstetr. a. gynecol. Bd. 1, Nr. 7, S. 685—694. 1921. 

200 gynäkologische Fälle wurden mit Radium behandelt, nämlich Carcinome, Myome 
und funktionelle Blutungen. Die Dosis war immer 100 mg für 24 Stunden. Die Bestrablungen 
wurden in Zeitabständen von 6—12 Wochen wiederholt. Die Resultate beim Carcinom sind 
noch zu kurz beobachtet und erscheinen dem Referenten wenig günstig, bei den inoperablen 
Fällen noch am besten. Die Erfolge beim Myom und bei den Menorrhagien sind günstig. Verf. 
empfiehlt das Radium vor allem zur palliativen Behandlung des Carcinoms und zur prophy- 
laktischen Nachbestrahlung, sowie zur Myombehandlung. E. Zweifel (München). 

Jones, Harold 0.: Report of cases treated with radium in the gynecological 
service at St. Luke’s hospital. (Bericht über mit Radium behandelte Fälle in der 
gvnäkologischen Abteilung des St. Luke’s Hospital.) Surg., gynecol. a. obstetr. 
Bd. 33, Nr. 4, S. 409—412. 1921. 

Bericht über 120 Fälle von Myom, 129 Fälle von Blutungen, 100 Fälle von Carci- 
nom, 60 Fälle von Fluor und weitere Fälle von verschiedenen Erkrankungen. Verf. 
stellt folgende Leitsätze auf: 1. Das Radium ist indiziert für die Behandlung von Uterus- 
nıvom bei Frauen nahe der Menopause; man erzielt Aufhören der Blutungen und in 
90°, Verkleinerung des Tumors; 2. die Radiumbehandlung ist indiziert für die Be- 
handlung von Blutungen während der Menopause; 3. in der Carcinombehandlung ist 
das Radium das beste Palliativmittel bei inoperablen Fällen; für die Behandlung der 
operablen Fälle ist es anderen Methoden gleichwertig; 4. chronische Formen von Fluor 
werden vom Radium günstig beeinflußt. E. Zweifel (München). 

Gelli, Gino: Nuovi contributi alle cure radiologiche in ginecologia. (Neue Bei- 
träge zur Radiotherapie in der Gynäkologie.) Actinoterapia Bd. 2, H. 1, S. 29 
bis 36. 1921. 


Bericht über 41 gynäkologische Fälle, die seit März 1919 mit Radium und Röntgenstrahlen 
behandelt worden sind. Die Resultate beim Carcinom sind günstig, doch die Beobachtungszeit 
viel zu kurz, um ein definitives Urteil zu gestatten. Bei Myomen und Metropathien voller Er- 
folg. Verf. zieht im allgemeinen Radium vor, weil die Patienten in ihrem Allgemeinbefinden 
weniger angegriffen werden als durch Röntgenstrahlen. E. Zweifel (München). 


Stone, William S.: The present position of radium in the study and treatment 
of uterine cancer. (Der gegenwärtige Stand der Wissenschaft in der Radiumtherapie 
des Gebärmutterkrebses.) Surg., gynecol. a. obstetr. Bd. 82, Nr. 6, S. 509—513. 1921. 

Die Radiumbehandlung des Gebärmutterkrebses hat vor der operativen Behand- 
lung den großen Vorteil voraus, daß ihre technische Anwendung eine einfache ist. 
und es keine primäre Mortalität gibt. Deshalb besteht die nicht geringe Gefahr, daß 
sie von skrupellosen Ärzten aus pekuniären Gründen mißbraucht wird. Es ist deshalb 
äußerst wichtig, daß diejenigen, die zuerst das Mittel in größerer Menge anwenden, 
ihre Erfahrungen besonders kritisch beurteilen. — Die Reaktion des Gewebes auf das 
Radium ist ın der Gebärmutter genau so wie im übrigen Körper; die unreifen und 
schnell wachsenden Tumoren sprechen am stärksten an und da wieder die drüsenartigen 
stärker, als die epithelialen, und von diesen beiden Typen reagiert die papillär wuchernde 
stärker, als die infiltrierende Geschwulst. So kann ein zellreicher Tumor beı besonders 


318 Therapeutische Ergebnisse bei gynäkologischen Erkrankungen. 


günstigem Abstand der Applikation, günstiger Wirkungskraft und günstiger Filtration 
ohne mikroskopisch sichtbare Veränderungen des Gewebes verschwinden, während in 
einem anderen Falle bei einer weniger zellreichen Geschwulst die Plasmazellen- und 
Lymphocyteninvasion von einer Bindegewebswucherung von weichem und glatten 
Bindegewebe begleitet ist, dem ein großer Teil des Heilungsprozesses zukommt. Durch 
zu starke Dosierung jedoch kann das umliegende Gewebe so stark geschädigt werden, 
daß es zu Nekrosen kommt, die die Heilung verzögern oder völlig verhindern. So hat 
jede historische Geschwulsttyp seine eigene Reaktionsgrenze, bei welcher 
Dosis der heilende Lymphstrom einsetzt. Es ist aber bei der geringen Beobachtungszeit 
schwer, ein definitives Urteil zu fällen, um so mehr als den meisten Autoren nur 
eine so geringe Menge Radium zur Verfügung steht, daß keine große Variation in der 
Art der Applikation und in der Stärke der Dosis möglich ist. 

Verf. hat neben Versuchen über die Wirkung des Radiums an anderen Körperteilen 
allein 400 Fälle von Gebärmutterkrebs behandelt. Er kommt zu dem Schluß, daß das Radium 
in allen Stadien unvergleichlich günstigere Resultate zeitige, als die Operation, wenn nicht 
schon der Tumor so weit vorgeschritten ist, daß er in die Blase oder das Rectum übergeht, 
so daß bei seiner Ausheilung es zu Fisteln kommt. Es ist allerdings schwer zuentscheiden, 
wann die Geschwulst so weit schon vorgeschritten ist und muß deshalb die Be- 
handlung eine sehr sorgfältige sein. Gelegentlich ist die sog. Kreuzfeuerbestrahlung mit mög- 
lichst hart ausfiltrierttem Radium, und zwar von der Vagina und von der Abdominalwand 
aus, anzustreben, wobei die Bestrahlung von der Abdominalwand auch durch Röntgenstrahlen 
vorgenommen werden kann. Verf. verwirft aus diesen Gründen theoretisch im allgemeinen 
die Operation völlig, da auch die besten Operateure nur einen kleinen Teil von Dauerheilung 
erzielen. Bei Besprechung seiner Fälle weist Verf. ausdrücklich darauf hin, daß es sehr 
schwer ist, ein abschließendes Urteil über die Erfolge der Radiumbehandlung abzugeben, 
da man ja nie weiß, wie weit der Prozeß fortgeschritten war und wie weit die 
Heilung geht. Sicher ist bei einer großen Reihe von Fällen eine länger dauernde Besserung 
nach der Radiumbehandlung deutlich festzustellen. Sichere Heilungserfolge jedoch 
geben, auch nach Ansicht des Verf., nur die sog. operabelen Fälle, bei denen die 
Erkrankung nicht wesentlich über die Gebärmutter hinausgegangen ist. Zwei Gründe sprechen 
theoretisch überhaupt gegen die operative Therapie: 1. Wird bekanntlich, wenn bei Opera- 
tionen carcinomatöse Wucherungen durchschnitten werden, die Virulenz hochgradiger und 
2. nimmt man durch Esstirpation des Uterus der Radiumtherapie das für das Einlegen der 
Kapsel so günstige Feld, den Cervicalkanal als Mittelpunkt des Careinoms, weg. Es ist noch 
nicht an der Zeit, die praktischen Vorteile einer frühzeitigen Radiumtherapie, 
die wir soeben theoretisch erörterten, definitiv festzulegen; vorerst ist die Behand- 
lung nur mit größter Vorsicht anzuwenden, um nicht öfters unliebsame Nekrosen zu erleben. 

Was das auf den Uteruskörper begrenzte Carcinom anbelangt, so glaubt Verf., 
daß das Radium hier nicht die Operation ersetzen kann, vielmehr wäre es 
zu empfehlen, 1—2 Wochen vor der Operation mit Radium zu bestrahlen und dadurch 
die Resultate noch zu verbessern, die bisher schon die Operation allein erreicht hatte. 
Beim Cervixkrebs zeitigen frühe Radiumgaben, wie wir gesehen haben, gute Erfolge, 
wir können uns aber noch nicht darauf verlassen, daß sie auch das Fort- 
schreiten in die Lymphknoten verhindern oder die Carcinomnester in diesen 
zum Verschwinden bringen. Deshalb kann auch in diesen Fällen die Radiumthera- 
pie die Operation nicht ersetzen, jedoch hält Verf. eine kurze Radiumtherapie 
auch vor dieser Operation für zweckmäßig. Es bleiben also der Radiumthera pie 
zurZeit nur die nicht operablenFälle. Hier handelt es sich darum, soll man mit 
starken Dosen kurze Zeit, oder mit schwachen Dosen längere Zeit bestrahlen? Verf., 
der wie wenige Autoren eine große Menge Radium zur Verfügung hatte, kommt zu dem 
Schluß, daß, da man eine Verletzung der Blase und des Rectums möglichst vermeiden 
will, man mit starken Dosen kurze Zeit bestrahlen soll. Beim Cervicalkrebs 
weist er auf die Bestrahlung von dem Cervicalkanal aus hin, dem Zentrum der Er- 
krankung, was von großer therapeutischer Bedeutung sei. Im allgemeinen werden 
immer zu hohe Dosen gegeben, die die Umgebung nur schädigen. Um zu vermeiden, 
daß das Radium bald ın Mißkredit kommt, muß man sich hüten, zu weit vorgeschrittene 
Fälle mit hochgradigen lokalen Veränderungen und Verwachsungen mit zu großen 
Erwartungen zu bestrahlen. A. Rosenburg (zur Zeit Berlin). °° 


Erfolge der physikalischen Therapie. — Radiumtherapie. 319 


Norris, Charles C. and Norman S. Rothschild: A histological study of the effects 
of radium on carcinoma of the cervix. (Histologische Studie über die Wirkung 
der Radiumbestrahlung auf das Cervixcarcinom.) Americ. journ. of roentgenol. Bd. 8, 
Nr. 10, S. 604—607. 1921. 

Die Carcinomzellen sind nicht immer gleich radiosensibel. Während der Teilung 
sind die Zellen besonders empfindlich. Auch das Alter der Zellen ist von Bedeutung; 
unreife, wachsende und embryonale Zellen sind stets radiosensibler als reife Zellen. 
Schon normales Körpergewebe hat eine ganz verschiedene Radiumsensibilität. Geringe 
Radıumdosen haben eine Reizwirkung. Verff. unterscheiden 5 verschiedene Stadien 
der Wirkung: 1. Akute entzündliche Reizung. 2. Stadium der frühen Kernveränderung. 
3. Reaktion des Zwischengewebes. 4. Zerfall des Carcinoms: Kernzerfall, Schrumpfen 
der Carcinomnester, „Einsargung“ des Carcinoms durch das Bindegewebe. 5. Stadium 
der Heilung. Es ist charakterisiert durch Erscheinen von neuem Bindegewebe an Stelle 
des Carcinoms. Es liegt eine Reihe von histologischen Bildern vor. E. Zweifel. 

Weiss, Edward A.: Border -line carcinoma of the cervix and its treatment. 
(Cervixcarcinom mit beginnendem Tiefenwachstum und seine Behandlung.) Americ. 
journ. of obstetr. a. gynecol. Bd. 1, Nr. 7, S. 661—667. 1921. 

Zur Beurteilung des Enderfolges der Radiumtherapie bei Cervixcarcinom fehlt eine 
länger dauernde Erfahrung und Beobachtung, eine bestimmte Technik in der Dosierung 
im Gegensatz zur operativen Behandlung, bei der bis zu 20jährige Beobachtungsreihen 
und eine genau ausgearbeitete Technik vorliegen. Für klinische Zwecke teilt Verf. die 
vorkommenden Fälle von Cervixcarcinom in 5 Gruppen ein. 1. Ganz frühzeitge Carci- 
nome, die sich nur auf die Portio erstrecken. 2. Frühzeitige Carcinome des Cervical- 
kanals ohne Beteiligung der Parametrien. 3. Fälle von Cervixcarcinom mit beginnendem 
Tiefenwachstum. Sie sind charakterisiert durch mäßige Fixation des umgebenden 
Gewebes infolge von begleitender Entzündung oder echter Tumorbildung. 4. Fort- 
geschrittene inoperable Fälle mit Metastasen. 5. Weit fortgeschrittene und hoffnungs- 
lose Fälle. Gruppe 1 und 2 sollen nur operativ behandelt werden. Fälle von Gruppe 4 
sind nur für Strahlentherapie geeignet. Bei Gruppe 5 ist jede Behandlung aussichtslos. 
Zur richtigen Beurteilung der Gruppe 3 sind noch folgende Momente zu berücksich- 
tigen: a) Plattenepithelcareinome sind prognostisch günstiger als Adenocarcinome; 
b) ın je früheren Jahren ein Carcinom auftritt, desto schlechter ist seine Prognose; 
c) die Immunität oder die Widerstandskraft spielt gegenüber der Invasion des Krebses 
eine sehr wichtige Rolle. Die Fälle aus der Gruppe 3, die sog. Grenzfälle, hat Verf. 
früher operativ behandelt. Seine Resultate waren aber nicht sehr befriedigend. Verf. 
gibt dazu noch den Rat, jedem Fall von Carcinom vor der Operation einige Tage strenge 
Bettruhe anzuempfehlen, damit die entzündliche Infiltration in der Umgebung zurück- 
ginge. Auf diese Art erweisen sich Fälle, die vorher fast inoperabel waren, bedeutend 
günstiger. Für diese eben charakterisierten Fälle der Gruppe 3 hat Verf. jetzt folgende 
Behandlungsmethode eingeführt: Das erkrankte Gewebe an Portio der Cervix wird 
ausgedehnt kauterisiert und danach mit Radium bestrahlt. Weiss bevorzugt dabei 
kleine Dosen: 50—100 mg in 24—48 Stunden, da stärkere Dosen zu große Gefahren in 
sich bergen, wie Fistelbildung, allgemeine Intoxikation, Narben usw. Durch den 
Thermokauter wird das oberflächliche Carcinomgewebe zerstört, der Wirkungsbereich 
des Radiums ist dagegen ein viel ausgedehnterer und in die Tiefe gehender. Erst Ope- 
ration und dann Bestrahlung lehnt W. ab, da das durch die Operation geschädigte 
Gewebe der Strahlentherapie gegenüber nicht mehr so widerstandsfähig ist, und es 
deshalb viel leichter zu Fistelbildung usw. kommt. Bei den anderen amerikanischen 
Autoren schwankt die Dosis der Radiumbestrahlung von 1500 mg/Stunden bis 8000 mg/ 
Stunden. Zum Schluß fordert W. seine amerikanischen Kollegen auf, auch ihre Erfah- 
rungen mitzuteilen, damit die ganze Radıumtherapie endlich auf eine breitere Grund- 
lage gestellt werden könne und ihren bis jetzt noch schwankenden Charakter verliere. 

Handorn (Heidelberg). 


320 Therapeutische Ergebnisse bei gynäkologischen Erkrankungen. 


Nordentoft, Severin: Neue Gesichtspunkte für die Radiumbehandlung des 
Uteruskrebses. Ugeskrift for laeger Jg. 83, Nr. 3, S. 75—82. 1921. (Dänisch.) 

An der Hand von James He y mans Bericht aus dem Radıumheim in Stockholm 
wird die moderne Röntgen- und Radiumbehandlung in Deutschland und Österreich 
gegeneinander abgewogen. Verf. glaubt, daß besonders bei sehr korpulenten Patien- 
tinnen die Radiumbehandlung nach Amreich, gleichzeitig vom Cavum uteri und von 
je einer Stelle der seitlichen Beckenwand aus, die besseren Aussichten bietet. Um die 
Wirkung des zentral gelegenen Präparates gegen die Blase und den Mastdarm, die der 
seitlichen Präparate in der Richtung nach dem Foramen obturatorium abzuschwächen, 
‚will er jeweils einen 7 mm hohen kegelstumpfförmigen Ansatz aus Gold anbringen. 
Die so armierte Radiumkapsel soll dann in einen Falz eines querovalen, beiderseits zu- 
gespitzten Ebonit- oder Celluloidsekundärfilters eingefügt werden, das durch seine 
Form eine Lageveränderung des Präparates verhindern soll und durch Fensterung 
eventuellen Sekretabfluß garantiert. (Abbildung.) Saenger (München). 


Bötrix, A.: De la technique de la euriethörapie du cancer de l’utörus. (Über 
die Technik der Radiumbehandlung des Uteruscareinoms.) Gynécologie Jg. 20, 
Januarh., S. 21—26. 1921. 

Im allgemeinen soll die gesamte vaginale Dosis nicht über 10000 Millicuries 
betragen bei Verwendung von 3—4 mm Bleifilter. Rectale Einlagen sind möglichst 
zu vermeiden; man kann so schwere Darmschädigungen bekommen, wie wenn das 
Carcinom auf den Darm übergegangen wäre. Man muß schon immer bei Radiumbehand- 
lung auf Schädigungen gefaßt sein, vor allem auf Darmschädigungen, die noch nach 
Monaten auftreten können. Neben sehr guten gibt es schlechte Erfolge. Oft werden 
inoperable Carcinome durch 1—2 Einlagen operabel. Rezidive nach mehreren Jahren 
wurden mehrmals gefunden. Bei inoperablen Fällen erreicht man Aufhören der Blutung 
und des Ausflusses und Besserung der Schmerzen. Die wichtigste Frage ist, ob sich eine 
Tiefenwirkung erzielen läßt. Man versucht es mit: der Radiumpunktion, entweder mit 
Nadeln, die 15—20 Millicuries Radıumsalz enthalten oder mit Radıumemanations- 
nadeln, 1—2 Millicuries enthaltend; diese letzteren bleiben im erkrankten Gewebe, die 
Emanation verflüchtigt sich nach längstens 15—30 Tagen. Die Nadeln müssen min- 
destens 1,5 cm vom gesunden Gewebe, den Gefäßen und Nerven entfernt liegen. Es 
muß ca. 1 Millicurie auf 1 cem kommen. Die Resultate mit den Radiumnadeln sind 
günstig. Kontraindikationen sind Kachexie und Blasen- oder Rectumvaginalfisteln. 
Die Behandlung muß individualisiert: werden. E. Zweifel (München). 


Amreich, Isidor: Radium-Röntgentherapie maligner Tumoren. (I. Univ.-Frauen- 
klin., Wien.) Zentralbl. f. Gynäkol. Jg. 45, Nr. 33, S. 1177—1182. 1921. 

Die erste Universitäts-Frauenklinik in Wien gebraucht als Behandlungsmethode 
beim Uterus-Ca. kombinierte Röntgen-Radiumtherapie. Bestrahlungstechnik: 22 cm 
F.H.A., 0,5 mm Zink-, 0,5 cm Holz- und Rohlederfiltrierung, Einfallspforte 6 x 6 cm, 
39 cm Funkenstrecke, 2,5 MA. sekundär. Mit dieser Methodik werden in 10 cm Tiefe 
16% der Oberflächendosis innerhalb von 40 Min. erreicht. Messung mit Holzknecht- 
schem Dosimeter. Es müssen mindestens 8 Einfallsfelder gewählt. werden, um die 
Ca.-Dosis an das Ca. zu bringen (2—3 Abdominalfelder nach Seitz und Wintz, 4 Fel- 
der von der Kreuz-Steißbeingegend und der Gegend der Foramina ischiadica, 1 Vulva- 
feld). Infolge der Verkleinerung der Einfallsfelder wird die bestrahlte Hautoberfläche 
auf 216 qcm gegenüber 336 qcm bei Seitz und Wintz herabgesetzt. Parametrien- 
bestrahlung in gleichen Zeitintervallen wie Seitz und Wintz. Hierzu 24stündige 
Radiumbestrahlung, 50 mg Radiumelement mit 1 mm Messing gefiltert, in den exco- 
chleierten Carcinomkrater einen Tag vor der Bestrahlung eingelegt. Bei der Para- 
metrienbestrahlung nur dann Radiumbestrahlung wiederholt, wenn die Radiun- 
kapseln noch intratumoral oder intracervical einlegbar ist. Eine intravaginale Ein- 
legung wird vermieden. Zur Behandlung des Katers bei Beginn der Bestrahlung 0,01 


Erfolge der physikalischen Therapie. — Radiumtherapie. 321 


Morphin oder 0,001 Atropin subcutan. Bestrahlt werden nur inoperable Fälle. Resul- 
tate liegen !/,—11/, Jahr zurück. Vier Vaginal-Ca. (1 geheilt), 43 Collum-Ca. (7 ge- 
heilt), 10 Ca.-Rezidive (2 leben noch ungeheilt), 2 Rectum-Ca. (1 gestorben), 1 Zungen- 
Ca. (geheilt), 1 Vulva-Ca. (gestorben). Es sind also tatsächlich primäre, vorläufige 
Heilungen erzielt worden, wo weder Gesichts- noch Tastsinn noch Probe-Excision 
etwas von Ca. nachweisen lassen. Die kombinierte Röntgen-Radiumbestrahlung ist 
als äußerst wirksames Mittel im Kampfe gegen den inoperablen Gebärmutterkrebs 
zu bewerten. Siegel (Gießen). 


Duncan, Rex: Uterine cancer. With observations and results of treatment 
with radium in more than three hundred cases. (Beobachtung über mehr als 300 
mit Radium behandelte Fälle von Uteruscarcinom.) Journ. of the Americ. med. assoc. 
Bd. 77, Nr. 8, S. 604—608. 1921. 

Nach allgemeiner Äußerung über den Stand der Behandlung des Uteruscareinoms 
und Mitteilung, daß im Jahre 1918 in den Vereinigten Staaten 11 965 Frauen an Uterus- 
carcinom gestorben sind, bringt Verf. eine Statistik über 5027 Fälle von abdominal 
radikal operierten Collumcarcinomen. Darnach beträgt die Operabilität 34,21%, 
die primäre Mortalität 18,23%, und die absolute Heilungsziffer nach 5 Jahren 19,32. 
Wegen der ungünstigen Resultate hat sich Verf. der Radiumbehandlung der Uterus- 
carcinome zugewendet. Mehr als 80% aller Uteruscarcinome sind seiner Ansicht nach für 
die Radiumbehandlung geeignet. Er bestrahlt inoperable, rezidivierende und in ge- 
wissen Grenzen auch operable Carcinome. Ebenso bestrahlt er postoperativ prophy- 
laktisch. Frühzeitige Diagnose ist die Voraussetzung günstiger Erfolge jeder Behand- 
Jung. Für ihn besitzen die Radiumstrahlen elektive Wirkung auf die Carcinomzelle. 
Die Durchstrahlung soll sowohl örtlich den Krankheitsherd, wie auch den ganzen 
Beckenraum treffen. Notwendig sind große Radiummengen. Seine Technik besteht 
für die Cervixcarcinome in Dosen von 200—500 Millicüri, die er zu Kapseln à 50 
und 100 einlegt und mit 0,5 mm Platin + 1—2 mm Messing filtert. Legt er mehrere 
Kapseln ein, so ordnet er sie ähnlich an wie Patronen in einem Patronengürtel und 
legt zwischen die einzelnen Kapseln je 2 mm Blei. Dieses System von ein oder mehreren 
Zylinderkapseln wird in Gaze (1 mm dick) eingewickelt und mit einer Gummihülle 
zum Abfangen der Sekundärstrahlen umgeben. Dieser Apparat wird vaginal vor die 
Portio gelegt. Appliziert werden 6—10000 Millicüri-Stunden. Für die Corpus- 
carcinome nimmt er einen größeren Zylinder, der die ganze Uterushöhle ausfüllt, 
ebenfalls durch 0,5 mm Platin + 1—2 mm Messing filtriert und in 2 mm Gummi ein- 
gehüllt. In besonderen Fällen kombiniert er auch intrauterine und intravaginale Be- 
strahlungen. Bei großen Portiotumoren schiebt er sogar mehrere ganz kleine Kapseln, 
die Nadelform haben, an mehreren Stellen in den Tumor selbst ein, so daß der Tumor 
in einem Strahlenmeer ruht. Trotz dieser starken Dosierung und des häufig sehr schnellen 
Carcinomzerfalles sah er keine ernsteren Schädigungen oder Intoxikationen. Blasen- 
reizungen fehlen. Gelegentlich treten vorübergehende Mastdarmtenesmen auf, die 
nach etwa 1—2 Wochen abgeklungen sind. Seine Resultate sind zufriedenstellend. 
336 Fälle wurden bis zum 1. Januar 1920 bestrahlt, lagen also bei der Veröffentlichung 
über ein Jahr zurück. Von diesen 236 Fällen waren bei der Nachbeobachtung 106 tot, 
24 gebessert, 10 verschollen, 96 = 40,6% klinisch gut. Zwischen letzter Beobachtung 
und Behandlung liegen bei diesen 96 Fällen: 

mehr als 4 Jahre in 7 Fällen mehr als 3!/, Jahre in 7 Fällen 


29 99 3 9 2} 9 99 „ 99? 21/3 


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Einwandfreie Heilung hat er freilich nicht gesehen. Dagegen ist es ihm in fast allen 
Fällen gelungen, Schmerzen, Blutungen und jauchenden Ausfluß zu beseitigen. Not- 
wendig ist freilich genaue Kenntnis der Radıumwirkung und genaue Dosierung. Vor- 
züge sind: Geringe Schmerzen, keine Komplikationen und Vermeidung der hohen 


Jahresbericht f. d. ges. Gynäkologie 1921. 21 


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322 Therapeutische Ergebnisse bei gynäkologischen Erkrankungen. 


primären Mortalität, wodurch die Radiumbestrahlung auch bei operablen Carcinomen 
berechtigt ist. Siegel (Gießen). 

Schmitz, Henry: The important technical and clinical factors of ray therapy 
in uterine cancers. (Die wichtigsten technischen und klinischen Faktoren bei der 
Strahlenbehandlung des Uteruscarcinoms.) Med. rev. of rev. Bd. 27, Nr. 6, S. 263 
bis 268. 1921. 


Besprechung des Elektrometers von Szillard und der Ionisationskammer von Friedrich, 
ferner die Entwicklung der Röhren (Lilienfeld, Fürstenau. Coolidge) und der verschie- 
denen Filter (Zink, Kupfer, Aluminium). Es folgen Einzelheiten der Bestrahlungstechnik. 
Verf. operiert operable Fälle und bestrahlt die Grenzfälle und die inoperablen Carcinome. 

E. Zweifel (München). 


Spinelli, Mameli: Contributo alla radium-röntgenterapia del cancro uterino. 
(Beitrag zur Radium-Röntgenbehandlung des Uteruscarcinoms.) (Clin. Spinelli p. la 
terap. dei tumori, Napoli.) Actinoterapia Bd. 2, H. 1, S. 3—23. 1921. 

Bericht über 205 Fälle, die bis zum April 1921 behandelt worden sind. Jede Be- 
handlung eines Carcinoms, ob operativ oder physikalisch, ist stets von unsicherer 
Prognose. Verf. treibt Strahlentherapie seit 1914. Von 1914 bis 1915 wurde nur Rönt- 
genbehandlung mit dem Reformapparat von Dessauer getrieben, 1918—19 wurde 
Röntgen- und Radiumbehandlung kombiniert. Seit 1920 wird Radiumapplikation 
und Röntgenbehandlung in hohen Dosen mit dem Intensiv-Reformapparat getrieben 
unter gleichzeitiger Anwendung der Diathermie und der chromotherapeutischen 
Methoden, die die Widerstandskraft des Organismus einerseits und die Radiosensibilität 
der Krebszelle andererseits erhöhen. Verf. teilt die Carcinome in 5 Gruppen ein: 
1. Beginnendes Carcinom (29 Fälle); 2. Corpuscarcinom (operabel, 12 Fälle) ; 3. Collum- 
carcinom (operabel, 10 Fälle); 4. Collumcarcinom (Grenzfälle, 18 Fälle); 5. fortgeschrit- 
tene Carcinome (inoperabel) unter Einschluß der Rezidive (136 Fälle). Operiert wurden 
14, bestrahlt 191 Fälle. Alle operierten Fälle werden nachbestrahlt, eine Methode, 
die mehr und mehr unter den Gynäkologen aller Länder Anhänger gefunden hat. 
Es folgen statistische Einzelheiten, auf deren Wiedergabe im Referat verzichtet werden 
muß. Bei der ersten Gruppe wurden ausgezeichnete Resultate erzielt (wie nicht anders 
zu erwarten ist. D. Ref.). Unter 8operablen Corpuscarcinomen 7 Heilungen. Von 
8 bestrahlten Collumcarcinomen sind 5 bis Mai 1921 beobachtet und diese 5 alle klinisch 
geheilt. Von 13 Grenzfällen wurden 12 bis Mai 1921 nachuntersucht und davon sind 
9 geheilt. Von 136 Grenzfällen wurden 56 beobachtet und davon 25 klinisch geheilt. 
(Zu betonen ist, daß die Fälle großenteils nur kurz beobachtet sind; der Ausdruck 
„klinisch geheilt“ ist also mit Vorsicht zu nehmen. D. Ref.) Zusammenfassung: Von 
191 Carcinomfällen wurde die Behandlung bei 99 Patienten durchgeführt; von diesen 
sind 64 rezidivfrei, und zwar 1 6 Jahre, 1 3 Jahre, 13 2 Jahre, 10 1!/, Jahr, 13 1 Jahr, 
26 weniger als 1 Jahr. Im Anschluß an die Behandlung kam kein Todesfall vor. Es 
folgen Angaben der Röntgentechnik, die nichts Neues bringen. E. Zweifel (München). 

Condamin, R.: De la curiethörapie des cancers uterins. (Über die Radium- 
therapie des Uteruscarcinoms.) Lyon med. Bd. 130, Nr. 16, S. 719—734 u. Nr. 17, 
S. 763—769. 1921. 

Condamin bespricht in dieser sehr interessanten Arbeit die bisherigen Ergebnisse 
der Radiotherapie des Uteruscarcinoms in Frankreich. Das Resultat seiner Arbeit ist: 


1. Von 1500 Fällen, die seiner Beobachtung zugänglich waren und die nach Ansicht maß- 
gebender Chirurgen absolut inoperabel waren, sind länger als 5—8 Jahre geheilt 50 Fälle. 
Dies würde einem Prozentsatz von 3,3%, entsprechen. 2. In einer großen Reihe weiterer Fälle 
konnte der Verf. eine „vorübergehende“ Heilung auf 2—3 Jahre erzielen. Ziffernmäßig finden 
sich hier leider keine Angaben vor. 3. Bei einer Reihe weiterer Fälle, die absolut aussichtslos 
erscheinen, konnte wenigstens für einige Monate eine Erleichterung der Schmerzen erzielt 
werden, so daß das subjektive Befinden gehoben wurde. 


C. verspricht sich in allen ähnlich gelagerten Fällen von einer Weiterentwicklung 
der radiotherapeutischen Technik eine Verbesserung der bisherigen Resultate. 
Friedrich Voltz (München). 


Erfolge der physikalischen Therapie. — Radiumtherapie. 323 

Pinch, A. E. Hayward: Remarks on radium therapy in uterine cancer. (Bericht 
über die Radiumbehandlung des Uteruscarcinoms.) Brit. med. journ. Nr. 3155, 
S. 881—884. 1921. = | 

Operable Fälle werden operiert; Grenzfälle werden oft durch Radiumbehandlung operabel. 
Inoperable Fälle werden meist durch Radiumeinlagen gebessert, wie es auch sonst keine andere 
Behandlungsmethode möglich ist. Man sieht die Blutungen aufhören, die Ulcerationen heilen 
und das Allgemeinbefinden der Patienten wird viel besser. Die Behandlung geschieht durch 
Radiumeinlagen von 100—150 mg. Beachtenswert ist der Rat, 4—5 Wochen lang regelmäßige 
Scheidenspülungen mit Lysol, Borlösung, Kalipermanganat usw. vornehmen zu lassen, um 
möglichst die Verklebungen im Scheidengrund zu vermeiden. Für operierte Fälle empfiehlt 
Verf. die prophylaktische Nachbestrahlung mit vaginaler Einlage und abdomire.ler Auflage 
von Radium; sie soll 3—4 Monate nach der Operation vorgenommen werden. E. Zweifel. 

Spinelli, Mameli: La radiumterapia nel cancro dell’utcro, nei fibromiomi e 
nelle metropatie emorragiche aneoplastiche. (Die Radiotherapie des Uteruscarcinoms, 
der Fibromyome und der hämorrhagischen Metropathien.) (Clin. „Spinelli“ p. la terap. 
dei tumori, Napoli.) Actinoterapia Bd. 2. H. 2, S. 145—156. 1921. 

Verf. hat in Neapel eine eigene Klinik für Strahlenbehandlung eingerichtet. Zur 
Tumorbehandlung können Radium- und Röntgenstrahlen als gleichwertig angesehen 
werden; wie Becl£&re sich ausdrückt, ist eine Radiumkapsel nichts anderes als eine 
ganz kleine Röntgenröhre. Verf. hat 127 Fälle behandelt. Die Radiumtherapie eignet 
sich besonders für Hämorrhagien bei Patientinnen, die nahe dem Klimakterium stehen. 
Für fortgeschrittene Carcinome kommt kombinierte Röntgen-Radiumbehandlung in 
Anwendung, um auch die regionären Drüsen treffen zu können. Auch große Myome 
werden kombiniert behandelt. Es folgen Einzelheiten über die Technik, Methodik der 
Behandlung und Heilungserfolge. Seine Schlußfolgerungen lauten: 1. Bei dem auf das 
Collum beschränkten Carcinom und beim Corpuscarcinom sind die Heilungsresultate 
sehr gut. „Regelmäßig tritt klinisch Heilung ein; auch sind mehrere Dauerheilungen 
bei dreijähriger Beobachtungszeit erzielt.“ 2. Beim fortgeschrittenen Collumcarcinom, 
ebenso bei Grenzfällen oder inoperablen Fällen erzielt man noch in einer größeren Zahl 
von Fällen primäre Heilungen, aber meist kommt es dann doch zum Rezidiv. Hier ist 
die kombinierte Radium-Röntgenbehandlung überlegen. 3. Bei Fibromyomen und 
hämorrhagischen Metropathien erzielt man regelmäßig Heilungen. 4. Wegen der Ver- 
änderungen in den entfernteren Genitalgebieten (Atrophie des Uterus mit Atresie der 
Cervix, atrophische Sklerosierung der Scheide und Vulva usw.) muß die Radiotherapie 
mit großer Vorsicht ausgeführt werden. E. Zweifel (München). 


Hartmann, Henri: Curiethörapie dans le cancer du col et dans le cancer du 
corps de l’utörus. (Radiumbehandlung der Collumcarcinome und der Corpuscarci- 
nome.) Gynecol. et obstetr. Bd. 4, Nr. 4, S. 301—316. 1921. 

Besprechung der Methode. Histologische Untersuchungen nach der Bestrahlung 
ergaben dreimal unter 5 Fällen das Fehlen von Carcinomzellen. Verf. tritt für die 
einmalige Bestrahlung mit großen Dosen ein. Er empfiehlt Platinfilter von 1—1,5 mm 
Stärke, die nach Dilatation in die Cervix eingeführt und durch Tamponade fixiert 
werden. Außerdem werden nach Regaud 2 Präparate in das Scheidengewölbe ein- 
gelegt, die durch 2 mm Platin + 0,1 mm Aluminium gefiltert sind und in einer Kapsel 
von paraffiniertem Kork von 5 mm Wanddicke liegen; sie werden durch einen Kolpo- 
stat hier fixiert gehalten, dann die Scheide tamponiert. — Die Radiumbehandlung 
wird nur für das Collumcarcinom empfohlen, und zwar für die sog. Grenzfälle und die 
inoperablen Fälle, während gut operable Fälle operiert werden sollen. Für das Corpus- 
carcinom wird die verhältnismäßig einfache und ungefährliche Operation beibehalten. 

E. Zweifel (München). 

Hartmann, Henry: Radiumthörapie dans le cancer du col et dans le cancer du 
eorps de l’uterus. (Radiumtherapie bei Carcinom des Collum und des Corpus uteri.) 
(2. congr. de l’assoc. des gynecol. de langue franç., Paris, 29. IX. à 1. X. 1921.) Progr. 
méd. Jg. 48, Nr. 40, S. 467. 1921. 


21* 


324 Therapeutische Ergebnisse bei gynäkologischen Erkrankungen. 


Kurtzahn, Hans: Über den Anwendungsbereich und die Anwendungsweise des 
Radiums bei inoperablen malignen Tumoren. (Chirurg. Univ.-Klin., Königsberg i. Pr.) 
Strahlentherapie Bd. 13. H. 1, S. 72—87. 1921. 

Die Wirkung von Röntgen- und Radiumstrahlen auf das Carcinom ist ungefähr 
die gleiche, nur mit dem Unterschied, daß das Radium höchstens eine Tiefenwirkung 
von 5—6 cm hat. Da man es direkt applizieren kann, ist es besonders für die Bestrah- 
lung in Hohlorganen geeignet. Verf. erkennt nicht eine Carcinomdosis an, wenigstens 
nicht in dem Sinne, da auf eine bestimmte Dosis jedes Carcinom reagiert. Trotzdem 
spricht er sich für Intensivbestrahlung der Carcinome aus, am besten, wo es möglich 
ist, durch Kombination von Röntgen- und Radiumstrahlen. Er verwendet auch die 
härtesten unter den Betastrahlen, und zwar dadurch, daß er das Radiumpräparat 
mit 1/, mm-Messingfilter umgibt. Bei Benutzung von 1 mm-Messingfilter gehen fast 
nur noch die Gammastrahlen durch. Sehr wichtig ist die Dosierung des Radium- 
präparats. Verf. bestrahlt gewöhnlich mit 14 Tagen Intervall. Beim inoperablen 
Rectumcarcinom wird zuerst ein Anus praeternaturalis angelegt; dann erfolgt eine 
Radiumeinlage mit einem Radiumpräparat von 100 mg Radiumelement für 2 bis 
4 Stunden, länger nicht, weil der Darm sehr radiosensibel ist. Bei Blasentumoren 
bestrahlt Verf. mit 100 mg Radiumelement und 1 mm-Messingfilter 3 Stunden lang. 
Bei Mundbestrahlung kombiniert er die Radiumeinlage mit Röntgenbestrahlung von 
außen. Sogar bei dem an sich ganz ungünstigen Zungencarcinom lassen sich mit Radium 
heute Erfolge erzielen. So berichtet Sticker unter 4 Zungencarcinomen von 3 Hei- 
lungen. Beim Carcinom der Speiseröhre sind Erfolge bekannt geworden von Werner 
und von Hotz. Eine besondere Schwierigkeit bietet das Einführen des Radium- 
präparates beim Oesophaguscarcinom; es muß vorher Gastrostomie ausgeführt werden. 
Auch Verf. hat wesentliche Besserung erzielt. E. Zweifel (München). 

Schweitzer, Bernhard: Über Dauererfolge nach Bestrahlung des Uteruscollum- 
careinoms mit radioaktiver Substanz. Strahlentherapie Bd. 12, H. 2, S. 501 bis 
507. 1921. 

Benutzt wurden drei Mesothoriumpräparate von 73 mg, 71 mg und 42 mg. Die 
Einlagen wurden 18—24 Stunden lang in den Uterovaginalkanal appliziert und nach 
Pausen von 24 Stunden wiederholt; zuerst wurde möglichst hoch hinauf eingelegt, 
dann in die tieferen Partien. Verabreicht wurden zuerst 13 000 mg Elementstunden, 
später weniger, heruntergehend bis auf 8000. Behandelt wurden 41 inoperable und 
8 operable Fälle; die Beobachtungsdauer beträgt 5 Jahre und darüber. 10 Frauen 
entzogen sich vorzeitig der Behandlung; l4mal wurde die Behandlung wegen fort- 
schreitenden Carcinoms abgebrochen; eine Patientin kam an Lungengangrän ad exitum; 
4 Fälle blieben unbeeinflußt. Wichtig erscheint die Angabe, daß in 38%, Fieber nach 
der Bestrahlung auftrat. Von 13 primär geheilten inoperablen Fällen (von 41) leben 
frei von Symptomen nur noch 2, im 6. und im 7. Jahre, das sind 4,9%, Heilung für die 
inoperablen Fälle. Von den 8 operablen Fällen leben nur noch 2 = 25%, Dauerheilung. 
Den beachtenswertesten Erfolg bedeuten 2 Fälle, die unvollkommen operiert worden 
und jetzt durch Nachbestrahlung geheilt sind, obwohl sicher carcinomatöse Reste des 
Collum und paravaginalen Bindegewebes bei der Operation zurückgeblieben waren. 
Dieser Erfolg spricht unbedingt für die prophylaktische Nachbestrahlung. (Ref.) 

E. Zweifel (München). 

Regaud, Cl.: Réflexions à propos de la poursuite des localisations excentriques 
du cancer de Putérus par la radiumpuncture abdominale. (Betrachtungen über 
das Angreifen exzentrisch gelegener Uteruscarcinome durch abdominelle Applikation 
von Radium in Punktionsnadeln (Radiumpunktur). Bull. de l’assoc. franç. pour l'étude 
du cancer Bd. 10, Nr. 6, S. 285—293. 1921. 

Nach Darlegung der technischen Fortschritte und Grenzen in der Radiumtherapie 
der Uteruscarcinome von der Vagina aus, betont Verf. die Notwendigkeit neuer Angriffs- 
wege. Die Wirksamkeit der Strahlen hängt eng mit der Radiumempfindlichkeit des 


Erfolge der physikalischen Therapie. — Radiumtherapie. 325 


Carcinomgewebes zusammen. Am leichtesten beeinflußbar ist der Platten- 
epithelkrebs von nicht differenziertem Bau. Andere sind ebenso leicht zur 
Rückbildung, aber viel schwerer zur Heilung zu bringen. Andererseits sind endgültige 
Erfolge nur zu erwarten, wenn das Wirkungsfeld der Strahlen absolut größer als das 
Ausdehnungsbereich des Carcinoms ist. Rezidive, die trotz bester Technik nicht ver- 
meidbar sind, sieht man dann außerhalb des Feldes der ersten Bestrahlung erscheinen. 
Um das Wirkungsbereich der Strahlen auszudehnen, hat man den Tumor vom Abdomen 
her mit ıadiumgefüllten Nadeln angegangen. Hierbei aber ist es unmöglich, ein 
homogenes Strahlenfeld zu schaffen, weiter ist die Zahl der erforderlichen Radiumnadeln 
außerordentlich groß und die Anwendung im kleinen Becken nicht einfach genug. Des- 
halb ist diese Methode nur mit Einschränkung anwendbar. Nach den deutschen Er- 
folgen mit Röntgentherapie der Uteruscarcinome hält Verf. eine kombinierte Röntgen- 
und Radiumtherapie für aussichtsreich. Gleichzeitig aber empfiehlt er die radikale 
oder mit den erwähnten Bestrahlungsarten Hand in Hand gehende Therapie des Chi- 
Turgen. H. Kümmell jr. (Hamburg)., 
Schwartz, Anselme: De la radiumpuncture des cancers de l’uterus par voie 
abdominale. (Die Radiumspickung des Uteruskrebses auf abdominalem Wege.) Bull. 


de l’assoc. franç. pour l’&tude du cancer Bd. 10, Nr. 6, S. 274—282. 1921. 

Verf. behandelte 3 inoperable Uteruscarcinome folgendermaßen: nach Laparotomie führt 
er in das carcinomatöse Gewebe des Uterus, der Parametrien und der Lymphdrüsen zahlreiche, 
27 mm lange Radiumemanation enthaltende Platinnadeln ein. An dem hinteren Ende der 
Nadeln befestigte Haltefäden werden durch Drains in den unteren Winkel der im jibrigen ver- 
nähten Bauchwunde geleitet. Auf diesem Wege werden die Nadeln am Schluß der Bestrahlung 
wieder entfernt. Gleichzeitige Bestrahlung per vaginam. Ein Fall reagierte sehr gut, wie durch 
eine zweite Laparotomie nach 8 Wochen festgestellt wurde. Ein Fall entzog sich der Behand- 
lung und starb außerhalb. Der dritte erlag einer Peritonitis infolge mangelhafter Sterilisation 
der Nadeln. Dieser technische Mißstand ist inzwischen behoben, die Nadeln lassen sich einwand- 
frei sterilisieren. Bei einem 4. Fall hat Verf. den Uterus exstirpiert und die erkrankten Para- 
metrien gleichzeitig w. o. intratumoral bestrahlt. Hauswaldt., 


Schwartz, Anselme: De la radiumthörapie des cancers inop6rables de l’uterus 
par voie abdominale. (Über abdominale Radiumbehandlung des inoperablen Uterus- 
carcinoms.) Gynécologie Jg. 20, Nr. 9, S. 513—528. 1921. 

Operable Carcinome sollen operiert werden. Bei inoperablem Carcinom führt Verf. 
die Laparotomie aus, um die Radiumkapsel oder die Radiumemanationsnadel direkt 
an das Carcinom zu bringen. Die Kapsel kommt in ein 30—40 cm langes Gummidrain- 
rohr von ca. 2 mm Durchmesser, das sterilisiert wird. Die Methode ist nicht ohne Ge- 
fahr; eine Patientin ging an Peritonitis zugrunde. Es werden die Radiumnadeln in 
das Carcinom selbst zwischen Uterus und Blase, zwischen Uterus und Rectum, ferner 
in den Uterus und in die Parametrien eingestochen und um die Gummidrains herum 
exakt peritonisiert. Außerdem wird noch eine vaginale und intracervicale Einlage 
ausgeführt; diese gibt Verf. 10—14 Tage vor dem abdominalen Eingriff. E. Zweifel. 

Bayet, A.: La radiumpuncture dans le traitement du cancer. (Die Radium- 
punktur in der Carcinombehandlung.) Scalpel Jg. 74, Nr. 46, S. 1081—1097. 1921. 

Verf. spricht sich gegen den Gebrauch des Wortes ‚Heilung‘ durch Radium in 
der Carcinomfrage aus, solange der Carcinombegriff nicht feststeht. — Dann wird auf 
die Verbesserung der Resultate beim operierten Brustcarcinom durch die prophy- 
laktische Nachbestrahlung hingewiesen, ferner auf die temporäre Besserung beim 
Zungencarcinom. Mag auch die Verlängerung der Lebensdauer nur kurz sein, aber es 
wird wenigstens den Kranken der entsetzliche Zustand des ulcerierenden Carcinoms 
erspart; in vielen Fällen wird sogar ein Wohlbefinden während mehrerer Jahre erzielt. 
Die Schwierigkeit der Radiumbehandlung liegt darin, daß alle Zellen des Organismus 
radıumsensibel sind, wenn auch in verschiedenem Grade. Das Ziel muß sein, das 
Carcinom einzuschmelzen, ohne das umgebende Bindegewebe zu schädigen, und dazu 
muß man genau die Carcinomdosis treffen, nicht zuviel und nicht zu wenig. Eine der 
Hauptschwierigkeiten liegt in der hohen Empfindlichkeit der Haut und der Schleim- 


326 Therapeutische Ergebnisse bei gynäkologischen Erkrankungen. 


häute, vor allem gegen weiche Strahlen. Unbedingt notwendig ist eine homogene 
Strahlung und die Erzielung der Carcinomdosis an allen Stellen des Tumors. Das 
letztere ist schon bei einer Tumordicke von einigen Zentimetern nur durch die Radium- 
punktur möglich, die von Amerika ausgegangen ist und in Frankreich viel angewendet 
wird. Man führt sie aus mittels der radioaktiven Hohlnadel aus Platiniridium, Gold 
oder Stahl, die entweder Radiumemanation oder Radiumsubstanz (0,6—3,33 mg) 
enthält. Die Nadeln werden in einer Entfernung von je 1 cm voneinander eingestochen. 
— Verf. berichtet über günstige Erfolge mit dieser Behandlungsmethode bei malignen 
Tumoren der Zunge, der Mundhöhle, der Lippen und des Gesichtes; viele Patienten 
fühlen sich wohl, natürlich läßt es sich nicht sagen, ob Dauerheilungen vorliegen. Bei 
Uteruscarcinom hat Verf. die Radıumpunktur in die Portio mit Radiumeinlagen mit 
sehr guten Erfolgen kombiniert. Bei Brust- und bei Rectumcarcinomen hingegen 
ergibt die Operation mit nachfolgender Röntgen-Radiumbehandlung die besten Re- 
sultate. E. Zweifel (München). 


Daels, Frans: Die radiumtherapeutische Beckendrainage. Vlaamsch geneesk. 
tijdschr. Jg. 2, Nr. 23/24, S. 642—653. 1921. 

Bestrahlung der carcinomatösen Beckenlymphdrüsen mittels Radiumtuben, die 
in einen der Beckendrainage entsprechenden Kanal eingeführt werden. Auf Geleit 
des Fingers wird durch einen Einschnitt neben dem Sitzbeinhöcker ein gebogenes 
Metallrohr an der Innenseite des kleinen Beckens vorgeschoben im parametranen 
Gewebe. Von einem Einschnitt neben dem vorderen Ende des Darmbeinkammes aus 
wird von oben extraperitoneal um die großen Gefäße herum mit dem Finger bis zur 
Röhre vorgedrungen und diese ganz durchgeführt. Durch diese Röhre werden mit einer 
Kette die Radiumtuben an die richtige Stelle im kleinen Becken gebracht (Röhre und 
Kette sind graduiert) und die Röhre entfernt. Die Tuben bleiben 10, 15 bis 0 Stunden 
liegen; die Ketten 5—10 Tage. Erfahrung an 27 Fällen. Direkte operative Komplika- 
tionen kamen nicht vor; indirekt 3 Sterbefälle, von denen I an Verblutung. Klinisch- 
therapeutische Erfolge sollen sehr gut sein. 5 Abbildungen. Lamers (Herzogenbusch). 


Bailey, Harold and Halsey J. Bagg: Vulval and vaginal cancer treated by 
filtered and unfiltered radium emanation. (Über die Behandlung von Vulva- und 
Vaginalcarcinom mit gefilterter und ungefilterter Radiumemanation.) (46. ann. meet.. 
Swampscott. Mass., 2.—4. VI. 1921.) Transact. of the Americ. gynecol. soc. Bd. 46. 
S. 319—330. 1921. | 

Die Behandlung von Carcinom mit Radiumemanation in Glasröhrchen, die direkt 
in den Tumor eingebracht wird,‘ stammt von Duane aus dem Jahre 1908. Verff. 
beschreiben die verschiedenen Methoden der Radiumapplikation und die verschiedenen 
Filter (Messing, Blei und Silber), die sie benutzt haben. Verabreicht wurden 1000 bis 
2000 bis 3000 Millicuries. Die nicht gefilterten Radiumemanationsnadeln werden in 
langen Stahltroikarts in den Tumor eingeführt; der Troikart wird über dem Glas- 
röhrcehen zurückgezogen. Verf. haben nach ihrer Methode 10 Fälle von Vulvacarcinom 
behandelt, bei denen meist auch die Lymphdrüsen schon erkrankt waren. Nach 
3 Wochen werden die Kranken wieder bestellt, um festzustellen, ob das ganze Carcinom 
von der Radiumwirkung erreicht worden ist; gewöhnlich ist eine zweite Behandlung 
notwendig. Auch die Lymphdrüsen werden mit einer Dosis von 2000—3000 Milli- 
curies behandelt. Eine weitere Kontrolle der Patientinnen durch längere Zeit hindurch 
ist unbedingt notwendig. Obwohl erst kurze Zeit seit Einsetzen der Behandlung 
verflossen ist, haben einige Fälle eine bedeutende Besserung gezeigt. Weiter wurden 
18 Fülle von primärem Vaginalcare nom behandelt. Von diesen leben 5 und zwar 4 frei 
von Rezidiv bei einer Beobachtung bis zu 2 Jahren. Verff. empfehlen, Röhrchen oder 
Glastuben mit nur 0,5 Millieurie zu benutzen. Bei der Dosis von 5 Millieuries 
waren die Patientinnen oft längere Zeit hindurch sehr elend. Es folgt Diskussion. 


E. Zweifel (München). 


Erfolge der physikalischen Therapie — Radiumtherapie. 327 

Siedentopf, F.: Heilung einer doppelseitigen Hämatosalpinx durch Röntgen- 
strahlen. Zentralbl. f. Gynäkol. Jg. 45, Nr. 36, S. 1288—1289. 1921. 

Infolge einer Ausschabung und nachfolgender Atmokansis wegen Metrorrhagien war es 
zu narbiger Stenose des Cervincalkanals gekommen; diese hatte wieder die Entstehung von 
Hämatosalpingiden zur Folge, die palpatorisch als nicht druckschmerzhafte beiderseitige Adnex- 
schwellungen nachgewiesen werden konnten. Allmonatlich hatte Pat. heftige Schmerzen be- 
sonders im linken Unterbauch. Da sich die Patientin einer Operation nicht unterziehen wollte, 
nahm Verf. die Röntgenkastration vor. Die alle 4 Wochen auftretenden Schmerzanfälle schwan- 
den nach 2 Monaten vollkommen, die objektiv nachweisbaren Adnexveränderungen hatten sich 
nach !/, Jahr fast vollkommen durch Resorption zurückgebildet. Amreich (Wien). 


Frankl, Oskar, X-ray and radium treatment in gynaecology. (Röntgenstrahlen 
und Radium in der Gynäkologie.) (Dublin journ. of med. science Ser. 4, Nr. 21, 
S. 500—511.) 
Vgl. Referat S. 312. 


Knox, Robert: Treatment by X-ray and radium. With special reference to the 
value of these agents. (Behandlung mit X-Strahlen und Radium. Mit besonderer Be- 
rücksichtigung des Wertes dieser Kräfte.) Edinburgh med. journ. Bd. 26, Nr. 5, S. 273 
bis 293 u. Nr. 6, S. 348—355. 1921. 


Bailey, Harold and Halsey J. Bagg: Vulval and vaginal cancer treated by filtered 
radium emanation. (Über Behandlung des Vulva- und Vaginalcarcinoms mit gefilterter 
und nicht gefilterter Radiumemanation.) Americ. journ. of obstetr. a. gynecol. Bd. 2, 
Nr. 6, S. 649—651. 1921. 


Burrows, Arthur: The treatment of advanced carcinoma of the cervix of the 
uterus by radium. (Die Behandlung des vorgeschrittenen Cervixcarcinoms mit Ra- 
dium.) British med. journ. Nr. 3170, S. 524—526. 1921. 


Espinola, Rafael: Ultrapenetrierende Radiotherapie bei Krebs und oberfläch- 
lichen und tiefen Geschwülsten. Semana med. Jg. 28, Nr. 27, S. 15—18. 1921, 
(Spanisch.) 


Gelli, Gino: Stato attuale della radioterapia in ginecologia in speciale riguardo 
alla cura dei cancrei, dei fibromiomi e delle emorragie della età critica. (XX. Congr. 
d. soc. ital. di ostetr. e ginecol., Pavia, 24.—26. X. 1920.) Ann. di ostetr. e ginecol. 
Jg. 43, Nr. 3, S. S. 149—312. 1921. 


Boggs, Russell H., The treatment of carcinoma of the cervix and uterus by radium 
supplemented by deep Roentgen therapy. (Die Behandlung der Collum- und 
Corpuscarcinome des Uterus durch kombinierte Radium- und Röntgentiefen- 
therapie.) (Vortrag gehalten in der Röntgen-Gesellschaft von Zentral-Pennsyl- 
vanien, Pittsburgh 30. April 1921.) (New York med. journ. Bd. 114, Nr. 7, S. 381 
vis 384.) 
Vgl. Referat S. 311. 


Bouchacourt, L., Sur l’association, dans le traitement des fibromes et des cancers 
uterins, de la curietherapie et de la roentgentherapie (et acessoirement de la 
chirurgie). (Kombinierte Radium- und Röntgentherapie der Fibromyome und 
Carcinome des Uterus [verbunden mit Operation].) (Gynécologie Jg. 20, Nr. 11, 
5. 641—658.) 

Vgl. Referat S. 312. 


Daels, Frans, Die Bilder von Abheilung des Epithelioma baso-cellulare der Cervix 
nach Radiumbestrahlung. (Vlaamsch geneesk. tijdschr. Jg. 2, Nr. 23/24, S. 585 
bis 601.) (Vlämisch.) 

Vgl. Referat S. 204. 
Petersen, Ekkert: Über die Indikationen der Radiumbehandlung des Uterus- 
krebses. Übersichtsartikel. (Gynäkol. Abt., Rigshosp., Kopenhagen.) Hospitalsstidende 

Jg. 64, Nr. 22, S. 342—348. 1921. (Dänisch.) 


Weed, Walter A.: Radium: The treatment of choice in cancer of the cervix. 
(Radium: Die Behandlungsmethode der Wahl bei Cervixcarcinom.) Med. rev. of rev. 
Bd. 27, Nr. 6, S 260—263. 1921. 


328 Therapeutische Ergebnisse bei gynäkologischen Erkrankungen. 


Beclere et Siredey, Un cas de pseudohermaphroditisme androgyne avec tumeur 
intra-abdominale consécutive à l’ablation d’une glande g£enitale. Disparition de 
cette tumeur sous l'influence de la radiothérapie. (Ein Fall von Pseudoherma- 
phroditismus mit intraabdomineller Tumorbildung infolge Entfernung einer 
Keimdrüse. Verschwinden des Tumors unter dem Einfluß der Radiotherapie.) 
(Bull. de la soc. d’obstetr. et de gyne&col. de Paris Jg. 10, Nr. 3, S. 91—99.) 

Vgl. Referat S. 58. 


c) Licht und Elektrizität. 


Tutschek, Ludwig: Über die Behandlung entzündlicher Unterleibserkrank ungen 
der Frau mit hochgespannten Wechselströmen. (II. gynäkol. Untv.-Klin., München.) 
Münch. med. Wochenschr. Jg. 68, Nr. 36, S. 1151—1152. 1921. 

Über 300 in 3 Jahren behandelte Fälle, wovon einige in ausgewählten Krankenge- 
schichten beschrieben werden, zeigen, daß bei entsprechend langer Diathermiebehand- 
lung auch bei großen, selbst gonorrhoischen Adnextumoren und schweren Para- 
metritiden — ausgenommen veraltete mit Verwachsungen — Verkleinerung, sogar 
Schwinden der Tumoren und Infiltrate, immer aber subjektive Besserung oder Be- 
schwerdefreiheit erreicht werden kann, ohne erhebliche Störung des Erwerbslebens. 
Zwecks konzentrierterer Wärmeentwicklung bringt Verf. den Erkrankungsherd zwischen 
eine größere Hautplatte und eine kleinere, entsprechend geformte Vaginal- bzw. Rectal- 
elektrode. Temperaturen — bis 43° werden vertragen — sind von Vagina bzw. Rectum 
aus zu kontrollieren. Dauer der Behandlung bis 40 Sitzungen, steigend von 15 Minuten 
bis 1 Stunde. Dietl (München). 

Matagne: L’6ölectro-coagulation dans le traitement dy cancer. (Die Elektro- 
koagulation in der Krebsbehandlung.) Scalpel Jg. 74, Nr. 27, S. 657—662. 1921. 

Verf. empfiehlt die in Deutschland seit 1909 bekannte und geübte chirurgische 
Diathermie. Er bestätigt ihre Vorteile: Sie ist unblutig; man vermeidet dabei die 
Eröffnung von Blut- und Lymphbahnen, so daß Bacillen- und Zellversprengung aus- 
geschlossen sind. Es handelt sich nicht um Kauterisation, sondern beim Stromdurch- 
gang wird das Gewebe wie ein Ei gekocht. Die Methode arbeitet schnell, erfordert 
aber Narkose oder Lokalanästhesie, abgesehen von kleinen oberflächlichen Fällen. 
Nachschmerz tritt fast niemals auf. Hauptindikation ist äußerlich zugängliches Carci- 
nom ohne Metastasen, besonders Lippen-, Zungen-, Hautkrebs. Der Schorf stößt 
sich in 2—3 Wochen ab, die rein granulirende Wundfläche, welche sich dann zeigt, 
epithelisiert schnell. Besonders überlegen zeigt sich die Methode der Messeroperation 
bei Zungenkrebs, wo auch die Radiotherapie meist versagt. Desgleichen leistet sie 
Vorzügliches beim Durchtrennen der Corpora cavernosa beim Carcinom der Glans 
penis. Auch bei Blasenpapillomen wird die chirurgische Diathermie mit Erfolg 
angewandt. Zum Schluß erwähnt er einige kosmetische Indikationen: kleine Naevi 
pigmentosi, punktförmige Angiome, Epilation. Nagelschmidt (Berlin). °° 


d) Andere Methoden (Heißluft, Massage, Bäder usw.). 


Weinstein, Siegfried, Gleichzeitige Strahlen- und Wärmebehandlung des Krebses 
der Gebärmutter. (Rudolf Virchow-Krankenh., Berlin.) (Dtsch. med. Wochenschr. 
Jg. 47, Nr. 34, S. 994—996.) 
Vgl. Referat S. 313. 

Grunow, W., Beseitigung dysmenorrhoischer Beschwerden und Regulierung des 
Menstruationstypus durch die Wildbader Thermalbäder. (Zeitschr. f. physikal. 
u. diätet. Therap. Bd. 25, H. 4, S. 174—182 u. H. 5, S. 224—228.) 
Vgl. Referat S. 186. 


Seitz, A. und E. Vey: Die Diathermiebohandlung dor weiblichen Brust. .(Univ.- 
Frauenklin., Gießen.) Zentralbl. f. Gynäkol. Jg. 45, Nr. 48, S. 1748—1750. 1921. 
Als moderner Ersatz der Saugglockenbehandlung von Erkrankungen der weib- 
lichen Brust wird bei gleicher Indikation die Diathermie empfohlen. Verff. konnten bei 
veralteten Mastitiden, bei Hypogalaktie günstige Erfolge erzielen. Ungeeignet er- 
wiesen sich alle frischen entzündlichen Prozesse. Zur leichteren Applikation und gleich- 


Schädigungen durch die physikalische Therapie. 329 


mäßigeren Durchströmung geben Verff. eine Elektrodenanordnung an, durch die die 
Brustdrüse mittels zweier unten leicht ausgebogener, paralleler Bleiplatten entsprechen- 
der Größe von zwei Seiten aus, evtl. noch einer dritten von oben in Rechtecksform ge- 
preßt wird, soweit es der jeweilige Empfindlichkeitsgrad zuläßt. Applikationsdauer 
von 5 Minuten an, nicht über 10 Minuten und 1,0 Milliampere Belastung. Dietl. 


3. Schädigungen durch die physikalische Therapie. 


Nogier, Th.: Radiodermito grave de la paroi abdominale au cours d’un 
traitement de fibrome uterin, malgré l’emploi de doses faibles et de rayons X, 
filtr6s sur 3 et 4 millimètres d’aluminium. Grossesse ultérieure. (Schwere Röntgen- 
dermatitis der Bauchdecken im Verlauf der Behandlung eines Uterusmyoms trotz des 
(rebrauches schwacher Dosen und mit 3—4 mm Aluminium gefilterter Röntgenstrahlen. 
Spätere Gravidität.) Journ. de radiol. Bd. 10. Nr. 4, S. 232—241. 1921. 

Verf. schildert einen Fall, in dem er bei einer 32jährigen Frau mit einer Bestrahlung 
- von acht Serien, die er innerhalb 10 Monaten zur Beseitigung eines bis zum Nabel rei- 
chenden Myoms applızierte, eine Röntgendermatitis erlebt hat. Appliziert wurde jeweils 
bei einem Fokushautabstand von 22—26 cm, einer Belichtung von 30—40 Minuten, 
der Anwendung eines Aluminiumfilters von 3—4 mm und bei einem Intervall von 
28—50 Tagen (nur das letzte Intervall betrug 78 Tage) jeweils 4,0—6,5 Holzknechtein- 
heiten. Die ersten Erscheinungen traten ein nach der 5. Bestrahlung, 4!/, Monate nach 
Beginn der Bestrahlung, und bestanden in starken Schmerzen in Leib und Nieren. 
Das Abdomen war gerötet und auf Berührung sehr empfindlich. Applikation heißer 
Tücher und Leinsamenkataplasmen schafften keine Linderung. Nach 13 Tagen waren 
die Erscheinungen abgeklungen. 34 Tage später wurde mit der nächsten Bestrahlungs- 
sitzung fortgefahren. Nach der 6. Bestrahlung blieben die Menses aus, nach der 8. Be- 
strahlung war der Tumor bis drei Querfinger unter den Nabel zurückgegangen und 
behielt die Größe einer großen Orange. 4 Tage nach der 8. Bestrahlung ausgesprochene 
Schmerzen zwischen Nabel und Symphyse, Bauchdecken infiltriert und sehr schmerzhaft. 
Dieser Zustand verstärkte sich, nach 2 Monaten ging die Epidermis der Bauchhaut 
verloren, nach einem weiteren Monat entstand ein tiefes Röntgenulcus, das erst unter 
Zurücklassung von Teleangiektasien nach etwa 2 Monaten ausheilte. 17 Monate nach 
dem Sistieren der Menses traten sie wieder auf, 31/, Jahre nach der Bestrahlung Schwan- 
gerschaft mit folgender Frühgeburt im 4. Monat. Verf. schließt darnach, daß bei einer 
relativ geringen Bestrahlung mit einer geringen Einwirkung auf den Tumor und auf die 
Ovarialtätigkeit (nur vorübergehende Amenorrhöe) eine Hautschädigung eintreten kann. 
Die Beeinflussung der Ovarien war so gering, daß sogar bald nach der Bestrahlung 
Schwangerschaft eintrat. Es mahnen also auch kleine Dosen von weniger als 40 Holz- 
knechteinheiten trotz starker Filtrierung zur Vorsicht. Siegel (Gießen). 

Nogier, Th.: Radiodermite grave de la paroi abdominale au cours d’un traite- 
ment de fibrome utérin malgré l’emploi de doses faibles et de rayons X filtrés sur 
3 et 4 millimètres d'aluminium. Grossesse ultérieure. (Schwere Radiumdermatitis 
der Bauchhaut nach Behandlung eines Uterusmyoms trctz Applikation von schwachen 
Dosen von Röntgenstrahlen bei 3—4 mm Aluminiumfilterung.) Arch. d’electr. med. 
Jg. 29, Nr. 469, S. 299—307. 1921. 

32jährige Patientin, eine Geburt, keine Aborte; leidet an starker und schmerzhafter 
Periode. Die innere Untersuchung ergibt ein bis zum Nabel reichendes, gut bewegliches Myom. 
Behandlung in 8 Sitzungen vom 11. XI. 1912 bis 16. IX. 1913. 4 Tage nach der letzten Be- 
handlung Klagen über Brennen der Bauchhaut; diese ist induriert und schmerzhaft. Die Unter- 
suchung zeigt eine typische Röntgenverbrennung ersten bis zweiten Grades der Haut der Unter- 


bauchgegend, die über 1 Jahr zur Heilung braucht. Vom Februar 1913 ab kehrt die Periode 
wieder, normaler Typus. Im Jahre 1918 Schwangerschaft, die durch Abort endet. E. Zweifel. 


Stettiner, Ernst: Ein weiterer Fall einer Schädigung einer menschlichen Frucht 
durch Röntgenbestrahlung. (Univ.-Kinderklin., Erlangen.) Jahrb. f. Kinderheilk. 
Bd. 95, 3. Folge: Bd. 45, H. 1/2, S. 43—51. 1921. 

Stettner berichtet einen Fall von Schädigung einer menschlichen Frucht durch 


330 Therapeutische Ergebnisse bei gynäkologischen Erkrankungen. 


Röntgenbestrahlung, der sich ganz ähnlich dem von Aschenheim veröffentlichten 
Fall verhält, wo bei einem solchen Kinde, das frühgeboren zur Welt gekommen war, 
im 4. Lebensjahr Mikrocephalie, Imbecillität, epileptiforme Krämpfe und vor allem 
Augenveränderungen (Mikrophthalmie, Linsentrübung, Chorioretinitis) bestanden. 
Im Falle St.s hatte Bestrahlung wegen präklimakterischer Blutungen stattgefunden 
und das wachsende Ei dabei 60—70% der Hauteinheitsdosis erhalten. Auch hier kam 
es zur Frühgeburt (40 cm Körperlänge, 1550 g Körpergewicht); Wassermann negativ 
auch bei der Mutter Das Kind ist jetzt 2!/, Jahr alt, zeigt: neben erheblichen Inteliigenz- 
defekten und allgemeinen Koordinationsstörungen vor allem Mikrophthalmie und Cho- 
rioretinitis. Walther Hannes (Breslau). 

Liek, E.: Tod nach Röntgenverbrennung. Dtsch. med. Wochenschr. Jg. 47, 
Nr. 34, S. 999—1000. 1921. 

Verf. arbeitet mit folgendem Instrumentarium: Hochspannungsgleichrichter 
(Veifa), Müllersiederöhre, meist Coolidgeröhre, 2—21/, Milliampere im sekundären Strom- 
kreislauf, 3mm Aluminiumfilterung, Hautfokusdistanz 20cm. Felderbestrahlung 
in 2 Serien in 2—4 wöchentlichen Intervallen. Er berichtet unter 372 Bestrahlungen 
bei Myomen, bei Metrorrhagien, tuberkulösen Drüsen, inoperablen Carcinomen und 
Nachbestrahlungen nach Carcinomoperationen von drei Verbrennungen dritten Grades. 
Beim ersten Fall (Myombestrahlung) wurde an der Stelle des Ulcus die Haut überdosiert. 
Im Abstand von 4 Tagen wurden 2 mal je 360 Fürstenaueinheiten appliziert. 71/, Wochen 
nach der letzten Bestrahlung trat das Ulcus auf, 11 Monate nach der letzten Bestrahlung 
wurde das Geschwür durch Ausschneiden in Lokalanästhesie zur endgültigen Heilung 
gebracht. Beim 2. Fall (Verdacht einer Bauchfelltuberkulose) bekam die Haut an der 
Stelle, wo sich das Ulcus entwickelte, 2 mal 180 F. in l14tägigen Intervallen. Das Rönt- 
gengeschwür brauchte zur Abheilung 2 Monate. 3. Fall: Radikaloperation nach Car- 
cinoma mammae im Jahre 1912, in Jahre 1916 und 1918 Excisionen zweier kleiner 
Lokalrezidive, im Jahre 1918 Peritonealmetastasen mit Ascites. In den folgenden 
1!/, Jahren 8mal Punktion in 2—3 monatlichen Intervallen und hernach jedesmal 
Röntgenbestrahlung von 4 Bauchfeldern aus 160—200 F. pro Feld. Letzte Bestrahlung 
am 25. IX. 1920, 180 F. pro Feld. Am 20. XI. 1920 Ulcus in der Nabelgegend. Am 
24. XI. 1920 Excision des Ulcus, das fast die ganze Bauchdeckendicke durchsetzt. 
Ohne Erfolg! Durchbruch in die Peritonealhöhle und Tod an Peritonitis. Im Netz, 
den Mesenterialdrüsen und an den Ovarien Carcinom, keine Verklebungen. Amreich. 

Schönleber, Walther: Tod an Peritonitis nach Röntgenbestrahlung bei Peri- 
tonealcareinose. (Katharinenhosp., Stuttgart.) Strahlentherapie Bd. 13, H. 1, S. 126 
bis 128. 1921. 

Bei einem Magencarcinom wurde der Oberbauch mit Großfeldern 15 : 20 resp. 
10 : 20cm von vorne, den beiden Seiten und hinten, aus 50cm Abstand bestrahlt. 
Instrumentarium: Intensiv-Reformapparat, Fürstenau-Collidgeröhre 170000 Volt. 
2M.A.. 0,5 mm Zinkfilter, 1 Feld je 200 Minuten. 4 Tage nach der letzten Bestrah- 
lung Tod an ausgesprochener Peritonitis. Nirgends war eine makroskopisch erkenn- 
bare Öffnung des Magens vorhanden, sondern die Peritonitis war dadurch zustande 
gekommen, daß durch den ulcerösen Zerfall der mesenterialen Lymphdrüsen die vom 
Darm kommenden Lymphwege eröffnet und dadurch den Darmbakterien der Zutritt 
zur freien Bauchhöhle freigegeben wurde. Ausgedeh te Carcinose der Mesenterial- 
drüsen erscheint daher dem Verf. als Kontraindikation gegen die Bestrahlung inopera- 
tiver Magencarcinome. Amreich (Wien). 

Foveau de Courmelles: Accident des rayons X et du radium (radio et radium- 
pathie). (Schädigung durch Röntgenstrahlen und Radium.) Arch. d’eleetr. med. et 
de physiotherap. Jg. 29, Nr. 469, S. 289—298. 1921. 

Broca, André: Rapport sur les dangers des radiations pénétrantes et les moyens 
de les éviter. (Bericht über die Gefahren bei Tiefenbestrahlung und die Mittel, sie 
zu vermeiden.) Journ. de radiol. et d’electrol. Bd. 5, Nr. 9, S. 414—418. 1921. 


Spezielle Chirurgie gynäkologischer Erkrankungen. — Instrumente. — Operationen usw. 331 


XI. Spezielle Chirurgie gynäkologischer Erkrankungen. 
1. Instrumente. 


Klaar, Paul: Ein neues Curettenmodell. Monatsschr. f. Geburtsh. u. Gynäkol. 
Bd. 55, H. 6, S. 349—353. 1921. 

Opitz, E.: Hohlglaspessare. (Univ.-Frauenklin., Freiburg i. Br.) Zentralbl. f. 
Gynäkol. Jg. 45, Nr. 16, S. 560. 1921. 


2. Gynäkologische Operationen und Ergebnisse der operativen Behandlung. 


Pauchet, Victor: L’ineision transversale en gynécologie. (Der quere Bauch- 
schnitt in der Gynäkologie.) Gynécologie Jg. 20, Februarh., S. 80—87. 1921. 


Empfehlung des Pfannenstiel-Schnittes außer für eitrige Adnextumoren, Myome, die 
den Nabel überragen, und die Totalexstirpation des Uterus. H. Freund (Frankfurt a. M.). 


Gruss, J.: Operative Behandlung von Mißbildungen des inneren Genitales. 
Rozhledy v chirurgii a gynaekologii Jg. 1, H. 4, S. 185—191. 1921. (Tschechisch.) 

In der Mehrzahl der Fälle bevorzugt der Verf. bei Mißbildungen des inneren 
Genitales die Laparotomie, da sie eine genaue Kontrolle der inneren Organe der Bauch- 
höhle gestattet. Unbedingt empfiehlt er die Laparotomie bei Schwangerschaft im 
rudimentären Horne eines Uterus bicornis, bei hohen Gynatresien, besonders wenn sie 
mit Hämatosalpinx kompliziert sind, ferner bei Hämatometra in einem rudimentären 
Uterushorne und schließlich bei dysmenorrhoischen Beschwerden infolge rudimentärer 
Entwicklung des Uterus. — Bei komplettem Fehlen der Vagina wird der Ersatz der- 
selben nach der Methode von Baldwin bevorzugt. Rudimentäre Entwicklung des 
Uterus ist gar nicht so selten, als der Literatur zu entnehmen ist. Vollständiger Mangel 
des Uterus dagegen ist meist ein diagnostischer Irrtum, da sich Reste subperitoneal 
stets nachweisen lassen. Kindl (Hohenelbe)., 

Watkins, Thomas J.: Ovulation and menstruation as postoperative conside- 
rations. Americ. journ. of obstetr. a. gynecol. B1. 2, Nr. 5, S. 489—493. 1921. 


Watkins vertritt einen konservativen Standpunkt bezüglich des Ovariums bei Opera- 
tionen am Uterus und den Adnexen. Aschheim (Berlin). 

Hornung, Richard: Unsere Erfahrungen bei der operativen Myombehandlung. 
(Unw.-Frauenklin., Kiel.) Zentralbl. f. Gynäkol. Jg. 45, Nr. 10, S. 381—389. 1921. 

Vom 1. X. 1910 bis 1. IV. 1920 sind an der Kieler Frauenklinik 447 Myomoperationen 
ausgeführt worden. Die Gesamtmortalität betrug 8 = 1,799, (Infektion, Embolie). Die 
Sichtung des Materiales in bezug auf den Enderfolg bestätigte die von Stöckel 1913 
geäußerte Ansicht, daß die Operation bei Myom höherwertig als die Strahlenbehandlung ist, 
da sie eine individualisierende, kausale Therapie ist, die auch neben dem Myom bestehende 
Erkrankungen zu beseitigen gestattet und auch bei klinisch falsch gestellter Diagnose erfolg- 
reich ist. Santner (Graz). 


Farrar, Lilian K. P.: A technic for the management of the large cystocele 
when associated with non-malignant disease of the cervix and myomata uteri. 
(Die Behandlung großer, mit nichtmaligner Erkrankung der Cervix und Uterusmyomen 
vergesellschafteter Cystocele) Americ. journ. of obstetr. a. gynecol. Bd. 2, Nr. 4, 
S. 395—405. 1921. 

Farrar teilt 4 Fälle kurz mit. Sie legt die Cystocele vaginal durch Längsschnitt 
frei, öffnet die Plica, amputiert die Portio und befestigt deren Stumpf seitlich in der 
Vagina. Dann wird von einer Bauchincision aus die Harnblase völlig vom Uterus 
getrennt, dieser amputiert und sein Stumpf mit der Blase, mit den verkürzten Ligg. 
sacro-uterin. und den Ligg. rot. vereinigt. H. Freund (Frankfurt a. M.). 

Chueco, Alberto: Der vaginale Weg bei den Dermoideysten des Ovars. 


Semana med. Jg. 28, Nr. 37, S. 339—361. 1921. (Spanisch.) 

Verf. redet der vagınalen Entfernung der Dermoidceysten das Wort. Er hält dics sen Modus 
dem per laparotomiam weit überlegen, sowohl was Gefahrlosigkeit als was die Leichtigkeit 
des Eingriffs anbelangt. Dies gilt auch für große Cysten, die vor der Dislokation eröffnet 
werden müssen, um ihren teils flüssigen, teils halbfesten Inhalt zu entleeren. Verf. tritt auch 
der Ansicht entgegen, als ob Ovarialevsten selbst eine Neigung hätten, mit der Umgebung zu 


332 Spezielle Chirurgie gynäkologischer Erkrankungen. 


verwachsen, so daß nach Ausschluß bestimmter Kontraindikationen die Colpotomie die Ope- 
ration der Wahl zur Entfernung von Ovarialcysten ist. Das Abwärtsdrängen des Tumors 
in ausgesprochener Trendelenburg-Lage ist dem Verf. nie schwer geworden. Der Stiel ist, 
wenn kurz, mit rechtwinkligen Klammern leicht zu fassen und bei besonders unzugänglichen 
Stiel hat Verf. verschiedentlich die Kompression des Stiels mit gezähnten Klammern bewerk- 
stelligt, die dann aus der bis auf diese Klammern geschlossenen Scheidenwunde in frühestens 
3 Tagen entfernt wurden. Die allgemeine Narkose oder Lumbalanästhesie zieht Verf. der 
Lokalanästhesie vor, da bei der Enge des Operationsfeldes Abwehrbewegungen und Muskel- 
kontraktionen sehr stören. Bei Retroflexio uteri, wenn sie durch den Tumor in dieser Stellung 
fixiert ist, wähle man die Colpotomia anterior, im übrigen ist jedoch die Colpotomia posterior 
geeigneter, besonders wenn neben der Cyste noch entzündliche Vorgänge an den Adnexen 
vermutet werden. Die Colpotomia posterior soll transversal angelegt werden und auf den tiefsten 
Punkt des Douglasschen Raumes eingehen. Die Colpotomia anterior kommt in Frage, 
wenn der Uterus in Retroflexion oder starker seitlicher Verlagerung liegt und durch die Cyste 
in dieser Lage festgeklemmt ist. Als Beweis für die Ungefährlichkeit dieses Eingriffs erwähnt 
Verf. die von ihm ausgeführte Entfernung einer großen Dermoideyste per colpotomiam bei 
einer im 3. Monat graviden Frau. Bei Verwachsungen und wenn die Cyste neben dem Uterus 
nicht in gewünschter Weise entwickelt werden kann, wird es zuweilen nötig, den Uterus durch 
die Colpotomiewunde nach außen zu stülpen. Während die Colpotomia posterior am tiefst- 
möglichen Punkt angelegt wird, muß die Colpotomia anterior etwa einen Querfinger vom 
Cervixende entfernt gemacht werden, der Blase wegen. Folgt die ausführliche Beschreibung 
der Operationstechnik, sowie des notwendigen Instrumentariums. Unter den 5 berichteten 
Fällen (4 von 24—28 Jahren, ] von 57 Jahren) waren zwei einfache Cysten ohne Verwachsung 
mit normalem Stiel, die in Lumbalanästhesie durch hintere Colpotomie ohne Drain in 10 resp. 
12 Tagen geheilt entlassen wurden. Der dritte Fall hatte einen sehr kurzen Stiel, der Uterus 
lag antiflektiert und mußte eventriert werden, was die Athernarkose bedingte; Colpotonis 
anterior und Drainage für 24 Stunden. Der vierte Fall betraf eine Kreißende, bei der die Cyste 
ein Geburtshindernis darstellte, das durch Punktion soweit reduziert wurde, daß die Ent- 
bindung normal vor sich gehen konnte, darauf Exstirpation der Cyste durch Colpotomis 
posterior. Heilung. Im fünften Fall wurde wegen ausgedehnter Verwachsungen und ent- 
zündlichen Veränderungen der Adnexen außer der Cyste der Uterus mit den Adnexen entfernt. 
Heilung. H. Schmid (Stuttgart).°’ 

Schäfer, Arthur: Operative Behandinng von Ovarialcysten nach Art der 
Klappschen 'Hydrocelenoperation. Zentralbl. f. Gynäkol. Jg. 45, Nr. 35, S. 1248 
bis 1251. 1921. 

Die Operation unterscheidet sich nicht von der H. Freundschen (Zentralbl. f. Gynäkol. 
1914, Nr. 28) und besteht in der medianen Tumorspaltung mit Erhaltung normaler Eierstocks- 
reste. H. Freund (Frankfurt a. M). 

Lay, Enrico Bussa: Isteropessi addominale e gravidanza. (Abdominelle Hystero- 
pexie und Gravidität.) (Div. chirurg., osp. civ., Venezia.) Policlinico, sez. chirurg. 
Bd. 28, H. 2, S. 45—50. 1921. 

Der Prüfstein für den Erfolg jener Operationen, die eine Lage- oder Haltungs- 
korrektur des Uterus im gestationsfähigen Alter bezwecken, ist die Schwangerschaft 
bzw. Geburt. Bei unzureichendem Operationsverfahren kommt es entweder früh- 
zeitig zu schwersten Störungen der Gravidität oder der verkürzte Bandapparat wird 
durch die Volumszunahme des Uterus neuerdings dauernd überdehnt, so daß es p. part. 
wieder zur früheren abnormalen Lage der Gebärmutter kommt. Die Ventrosuspension 
des Uterus und Fixation der Lig. rotunda nach Gatti scheint befriedigende Resultate 
zu ergeben, wie es bei einer Frau beobachtet wurde, die am 10. Tage nach einer spon- 
tanen Zwillingsgeburt wegen Ileuserscheinungen operiert werden mußte. 5 Jahre 
vorher war sie wegen Retroversio uteri nach Gatti operiert worden. Nach Eröffnung 
des Abdomens fand sich die Vorderwand des noch nicht völlig involvierten Uterus 
gut adhärent mit der vorderen Bauchwand. Die Ileuserscheinungen standen in keinerlei 
Beziehung mit der vorangegangenen abdominellen Hysteropexie, sondern waren durch 
eine ulceröse Kolitis, die zum Darmverschluß geführt hatte, verursacht. Santner. 


Shaw, Henry N.: Pregnancy following implantation of the outer end of the 
only remaining fallopian tube into the uterine cornu after resection of a cornual 
pregnancy. (Schwangerschaft nach Einpflanzung des uterinen Endes der einzig zu- 
rückgelassenen Tube in das Uterushorn nach Resektion einer interstitiellen Schwanger- 


u ENT) 


Gynäkologische Operationen und Ergebnisse der operativen Behandlung. 333 


schaft.) (Gynecol. dep., Johns Hopkins univ. and hosp., Baltimore.) Bull. of the 


Johns Hopkins hosp. Bd. 32, Nr. 367, S. 305—306. 1921. 

Bei einer 36jährigen Patientin, der vor Jahren die rechten Adnexe vollständig exstirpiert 
worden waren, wurde das linke Horn des Uterus wegen interstitieller Gravidität reseziert, 
die gesunde linke Tube aber durch die Wunde hindurch in die Uterinhöhle eingepflanzt. Die 
Frau wurde bald darauf schwanger, abortierte, wurde wieder schwanger und gebar im 7. Monat 
eine tote Frucht in Steißlage bei Placenta praevia lat. H. Freund (Frankfurt a. M.). 


Daniel, C.: La decollation préliminaire dans l’hömisection uterine pour lé- 
sions bilatérales des annexes. (Die präliminare Abtragung des Collums bei der 
Hemisektion der Gebärmutter wegen Adnexerkrankung.) Gynecol. et obstetr. Bd. 3, 
Nr. 6, S.420—424. 1921. 

Daniel empfiehlt wie Kelly, H. Freund und Faure die supravaginale Durch- 
schneidung der Gebärmutter vor der Hemisektion der letzteren, die er zur Entfernung 
beiderseitiger Adnextumoren für indiziert hält. H. Freund (Frankfurt a. M.). 


Röder, Philipp, Resultate der abdominalen Radikalexstirpation bei gonorrhoischen 
Adnextumoren. (Dissertation: Heidelberg 1921.) 


Daels, Frans: Beiträge zur operativen Gynäkologie. Hystereetomia abdo- 
minalis. Vlaamsch geneesk. tijdschr. Jg.2, Nr. 23/24, S. 616—630. 1921. (Vlämisch.) 

Beschreibung der Technik eines besonderen Verfahrens der subtotalen Hyster- 
ektomie bei Metritis und Adnexerkrankungen. Ziel: leichtes Versenken der Gewebs- 
stümpfe, glattes Peritonisieren, Wiederherstellung einer normalen Gewebsplastik und 
-statik, sowie schnelles Operieren. Von der vorderen und hinteren Uterus- und Cervix- 
wand wird ein Lappen zurückgelassen, zwischen denen die Stümpfe der Lig. rotunda 
eıngenäht werden. Dieser Uterusrest wird mit Blasenperitoneum übernäht. Elf gute 
Zeichnungen erläutern den Text. Eine Serie von 50 Fällen wurde nach diesem Ver- 
fahren ohne Todesfall operiert; bei weiteren 50 kamen drei Todesfälle vor: durch 
Embolie, Grippe und Schock. 53 Operierte konnten nach 3 Monaten bis 2 Jahren nach- 
untersucht werden; bei 40 (75%) war subjektiv wie objektiv das Resultat ausgezeichnet, 
bei 13 weiteren bestanden nur noch geringe Beschwerden, meistens unabhängig von 
der Operation. Lamers (Herzogenbusch). 


Goldstine, Mark T.: Technic of hysterectomy. Internat. clin. Bd. 2, Ser. 31, 
S. 275—278. 1921. 

Die Operation, welche eine ausgiebige Resektion der Ligg. lata nicht gestattet, 
unterscheidet sich von der einfachen Totalexstirpation des Uterus nur durch die prä- 
liminare Ablösung der Ligg. rotunda, die später zur Deckung der Scheiden- oder Cervix- 
wunde mit verwendet werden. H. Freund (Frankfurt a. M.). 


Dartigues, M.: L’hystérectomie abdominale totale avec drainage péritonéal 
direct. (Die abdominale Totalexstirpation mit Peritonealdrainage.) Presse méd. 
Jg. 29, Nr. 87, S. 861—863. 1921. 

Eine ‚Regenschirm-Drainröhre‘‘ aus Kautschuk, die in ihrer Mitte eine Auf- 
treibung wie ein ausgespanntes Regenschirmgerippe trägt, wird durch die Bauchwunde 
und das Becken zur Vagina hinausgeleitet. Sie ist nötig, weil Dartigues die Para- 
metrien nicht reseziert und läßt sich nach Anspannung an beiden Enden mittels 
Pinzetten entfernen. H. Freund (Frankfurt a. M.). 


Hartmann, Henri: Technique de l hystérectomie périnéale pour cancer du 
col de P utérus. (Technik der perinealen Totalexstirpation bei Collumkrebs der Ge- 
bärmutter.) Gynécol. et obstétr. Bd. 3, Nr. 5, S. 350—357. 1921. 

Die Operation beginnt mit einem nach oben konvexen Bogenschnitt im Damm, 
löst die Scheide stumpf aus, eröffnet das Bauchfell und entfernt den Uterus ohne ge- 
nügende Abtragung von Beckenbindegewebe. Sie soll bei fetten Frauen indiziert sein. 
Über die Erfolge wird nichts mitgeteilt. H. Freund (Frankfurt a. M.). 


334 Spezielle Chirurgie gynäkologischer Erkrankungen. 


Cundo e Picot: Tecnica dell’istereetomia perineale per cancro del collo dell’ 
utero. (Technik der perinealen Totalexstirpation beim Collumcarcinom.) Rass. 
internaz. di clin. e terap. Jg. 2, H. 9, S. 335—338. 1921. 

Die Verff. empfehlen für gewisse Fälle von Collumcareinom die Exstirpation des 
Uterus vom Damme her: Querschnitt 2cm nach hinten vom Frenulum zwischen 
Sphincter anı und Constrietor cunni. Eindringen in das Septum recto-vaginale und in 
die Cava ischio-rectalia, dann stumpfes Vordringen mit den Fingern bis zum Peritoneum 
des Douglas. Längsschnitt in der hinteren Scheidenwand von unten nach oben bis zu 
dem Punkte, an dem man die Vagina absetzen will. Auslösen der seitlichen Scheiden- 
wände. Dabei empfiehlt es sich, einige Zentimeter höher hinauf zu gehen, damit man 
die durch Querschnitt zu bildende Scheidenmanschette gut unterhalb des Carcinons 
durch einige Klammern oder Nähte abschließen kann. Zur Ablösung der vorderen 
Scheidenwand geht man — nach Dilatation der Urethra mit Hegarstiften — mit einem 
Finger in die Blase ein. Nun präpariert man teils scharf, teils stumpf die vordere 
Scheidenwand ab (eine nähere Angabe über das Eindringen in das Septum urethro- 
vaginale fehlt. Ref.), bis man zur Umschlagfalte des Peritoneums kommt. Unter dem 
vordrängenden Finger nimmt die Blase jetzt die Form eines Spitzbogens an, in dessen 
seitlichen Pfeilern die beiden Ureteren verlaufen. Es ist unnütz und gefährlich, die 
beiden Ureteren zu isolieren; man verbreitert vielmehr den Spitzbogen, dadurch daß 
man die beiden Pfeiler nach außen drängt. Eröffnung der Excavatio vesico-uterina. 
Unterbindung und Durchtrennung der Uterinae, der Ligg. sacro-uterina, rotunda und 
infundibulo-pelvica. Entfernung des Uterus. Schluß des Peritoneums mit Catgut. 
Tamponade der Wundhöhle. Die perineale Totalexstirpation soll die abdominelle nicht 
ersetzen, sie ist aber indiziert 1. bei sehr dicken Patientinnen, bei denen das Operations- 
feld von der Laparotomiewunde her schwer zugänglich ist, 2. beim Übergreifen des 
Carcinoms auf die Scheide, da hier von oben her nur ein Teil der Vagina entfernt werden 
kann, 3. bei sehr debilen und ausgebluteten Kranken, da das vaginale Vorgehen einen 
geringeren Operationsschock bewirkt. Nürnberger (Hamburg). 

Okabayaski, H.: Radical abdominal hysterectomy for cancer of the cervix 
uteri. Modification of the Takayama operation. (Abdominale Totalexstirpation bei 
Carcinoma cervicis uteri. Eine Modifikation der Operation Takayamas.) Surg., 
gynecol. a. obstetr. Bd. 33, Nr. 4, S. 335—341. 1921. 

Die Operation entfernt sehr gründlich alles Krankhafte einschließlich vergrößerter 
Lymphdrüsen, läßt aber bei jüngeren Patientinnen ein Adnex zurück und unterscheidet. 
sich nicht wesentlich von Freund - Wertheim. H. Freund (Frankfurt a. M.). 

Shaw, Fletcher: A post-graduate lecture on the present position of the treat- 
ment of carcinoma of the cervix. (Der gegenwärtige Stand der Behandlung des 
Cervixcarcinoms.) Brit. med. journ. Nr. 3183, S. 1101—1103. 1921. 

Vergleiche der Resultate vor Anwendung der Wertheimschen Hysterektomie und 
der Radiumbehandlung mit den jetzigen Resultaten. Diagnose: Frauen kommen 
oft zu spät in fachärztliche Behandlung, da sie die bestehende Blutung nicht allzu hoch 
einschätzen oder ihr behandelnder Arzt eine vaginale Untersuchung versäumt und 
dadurch die beste Zeit zur Behandlung verliert. Das wichtigste Symptom für Cervix- 
carcinom ist die atypische Blutung in jedem Lebensalter der Frau, besonders aber in der 
Menopause. Der Schmerz ist kein Frühsymptom, denn wenn Schmerzen auftreten, 
hat das Carcınom bereits die Cervix überschritten. Dann kommt das Cervixcarcinom 
öfter bei fettleibigen Frauen vor als bei abgemagerten. Alte Methode der Behand- 
lung: Vor der Anwendung der Wertheimschen Hysterektomie und der Radium- 
behandlung wurden die Fälle von Cervixcarcinom zwecks Behandlung in zwei Gruppen 

eingeteilt: 1. Frühzeitige Fälle, bei denen vaginale Hysterektomie ausgeführt wurde: 
2. fortgeschrittene Fälle, bei denen Ausschabung und Kauterisation vorgenommen 
wurde. In beiden Fällen kam es fast immer zu Rezidiven, da ım 1. Fall das erkrankte 
Gewebe von der Scheide aus nicht vollständig entfernt werden konnte, im 2. Fall durch 


Gynäkologische Operationen und Ergebnisse der operativen Behandlung. 335 


die Auskratzung häufig Geschwulstkeime in die Wunde direkt einmassiert wurden. 
Wertheimsche Hysterektomie. Seit 1911 macht Verf. die Wertheimsche 
Hysterektomie. Er berechnet aus seinem Material die Operabilität auf 26,8%. Berke- 
leyund Bonney berechneten 67%, Meyeraus der Freund - Wertheimschen Klinik 
67,3%, Wilson 32,5% Operabilität. Diese große Verschiedenheit in den Angaben 
kommt nach Ansicht des Verf. daher, daß einige Autoren nur frühzeitige Fälle operieren. 
andere aber auch weiter fortgeschrittene Fälle chirurgisch angehen, da die Operation 
doch der einzige Weg zur Heilung ist. Mortalität: Verf. verfügt über ein Material 
von 79 Patienten, von denen 17 starben, also 17,1%, Mortalität; dabei sind auch die weit 
fortgeschrittenen Fälle eingerechnet. Berkeley und Bonney haben 22,5%, Wilson 
28,4%, bzw. 10%, Wertheim 15,2% Mortalität. Prozentsatz der Heilung: Von 
allen Patienten, an denen Verf. die Wertheimsche Hysterektomie gemacht hat, und 
bei denen die Operation mehr als ein Jahr zurückliegt, leben 55,3%, und sind gesund. 
Radium: Die Technik der Radiumbehandlung hat sich in den letzten Jahren sehr 
verbessert, aber sie bedarf noch sehr der Vervollkommnung. Radium hat eine besonders 
gute Wirkung auf Cervixcarcinom. Verf. arbeitet mit einem Radiologen, Dr. Burrowsaus 
Manchester, zusammen. In allen Fällen von mit Radium behandelten Cervixcarcinomen 
trat eine sofortige Besserung ein, aber nur in einem einzigen Fall hat die Besserung 
länger als 1 Jahr angehalten. Aber trotzdem glaubt der Verf., daß mit der Radium- 
therapie bei besserer Technik und Dosierung eine vollständige Heilung erzielt werden 
kann. Es werden jedoch nur weit fortgeschrittene, inoperable Fälle mit radioaktiven 
Substanzen behandelt, da sie nicht wagen, bei beginnenden Fällen Radium allein ein- 
zulegen. Wertheimsche Hysterektomie nach Radium: So lange es noch nicht 
gelingt, das Carcinom durch Radium allein zur Heilung zu bringen, wendet der Verf. 
in neuerer Zeit stets die Kombination von Radium und Wertheimscher Operation an, 
und zwar in der Weise, daß er vorher mit Radium bestrahlte Fälle nachher noch der 
Hysterektomie nach Wertheim unterzieht. Durch Radium werden die oberflächlich 
gelegenen Geschwulstgebiete zerstört, durch die Operation das tiefergelegene Material 
entfernt. Zwischen Bestrahlung und Operation darf keine zu lange Zeit liegen, vielleicht 
2—3 Wochen, da sonst die Operation wegen narbiger Veränderungen des Gewebes sich 
allzu schwierig gestaltet. Handorn (Heidelberg). 
Bonney, Victor: The radical abdominal operation for carcinoma of the cervix. 
Result of one hundred cases based upon five years’ freedom from recurrence. 
(Die abdominale Radikaloperation des Cervixcarcinoms. Resultat von 100 nach 
d Jahren rezidivfreien Fällen.) Brit. med. journ. Nr. 3183, S. 1103—1106. 1921. 
Von April 1907 bis Juli 1915 hat Verf. 100 Fälle von Cervixcarcinom abdominal 
radikal (nach Wertheim) operiert. Er berichtet jetzt (Juli 1920) nach einem Zeitraum 
von 5 Jahren, während dessen er die Patientin im Auge behielt, über seine Spätresultate. 
Dabei lehnt er sich genau an seine im Jahre 1916 zusammen mit Berkeley veröffent- 
lichte Arbeit über das Resultat der ersten 100 auf diese Weise operierten Fälle an 
und führt in den jetzigen Tabellen die früheren Zahlen zum Vergleich in Klammer an. 


Die Art der Operationen: Mit dem Uterus und seinen Adnexen werden stets die obere 
Hälfte oder ?/, der Vagina mit dem parametranen und paravaginalen Gewebe bis zur seitlichen 
Beckenwand und herunter bis zum Laevator ani, weiter die Drüsen am Foramen obturatoriunı 
und längs der Iliacalgefäße mit entfernt. Die operierten Fälle: Jeder Fall, bei dem noch 
einigermaßen Hoffnung auf Entfernung des Carcinoms vorhanden war, wurde operiert, wobei 
es manchmal allerdings auch nur auf eine Probelaparatomie herauskam. Ständige Kontrolle 
der operierten Fälle: Von 80 Fällen hat Verf. nur 4 aus dem Auge verloren. Er hat jeder Pat. 
mindestens einmal im Jahre geschrieben. Resultat von 100 Fällen: Gestorben bei der Opera- 
tion 20 (20), gestorben an Rezidiv 33 (32), gestorben an anderen Erkrankungen 3 (2), aus dem 
Auge verloren 4 (7), gesund nach 5 Jahren 40 (39). Rückfälle: Gestorben an Rezidiven’33 Fälle, 
und zwar innerhalb 2 Jahren 15 (15), zwischen 2. und 3. Jahr 12 (10), zwischen dem 3. und 4. 
Jahr 3 (1), zwischen dem 4. und 5. Jahr 3 (6). Todesfalle durch andere Erkrankung: 1 an 
Lungentuberkulose, 1 an Urämie, l an Angina pectoris gestorben. Nach 5 Jahren rezidivfreie 
Fälle und die Frage der absoluten Heilung. Da Verf. in 5°% der Fälle nach 5jähriger Beobach- 
tung noch Rezidive erlebt hat und sogar einmal nach 6jähriger Beobachtung, will er nur dann 


336 Spezielle Chirurgie gynäkologischer Erkrankungen. 


von einer absoluten Heilung sprechen, wenn die Pat. 7 Jahre rezidivfrei waren. Die operative 
Sterblichkeit und ihre Verminderung in den letzten Jahren. Es sind hauptsächlich vier Punkte, 
die nach Ansicht des Verf.s es vermocht hatten, die primäre Mortalität der Operation herabzu- 
drücken: ]. die spinale Anästhesie, 2. die Desinfektion der Scheide mit „violet-green‘“, 3. Naht 
des abdominalen Endes des Vaginalstumpfes, 4. verbesserte Operationstechnik. Die vermin- 
derte primäre Operationsmortalität, dank der soeben erwähnten vier Punkte, ist in folgender 
Tabelle niedergelegt. 
Operationsmortalität: 


In unseren ersten gemeinsamen 100 Fällen . . . 2... 2 2 2 2 2 2 2 2000. 20°, 
Operationsmortalität bei den gegenwärtigen Fällen . . . 2... 22220... 20%, 
Operationsmortalität in den letzten 10 Fällen, ausgeführt von Berkeley . . . 14% 
Operationsmortalität in den letzten 100 Fällen, ausgeführt von Bonney . . . . 13% 
Operationsmortalität in den letzten 200 Fällen, gemeinsam ausgeführt. .. . . . 13,5%, 
Operationsmortalität in den letzten 50 Fällen, ausgeführt von Berkeley... . 8% 
Operationsmortalität in den letzten 50 Fällen, ausgeführt von Bonney .... 10% 
Operationsmortalität in den letzten 100 Fällen, gemeinsam ausgeführt. . . . . . 9%, 
Operationsmortalität in den letzten 50 Fällen, gemeinsam ausgeführt . . .. . . 6%, 


Zukunft der Operation: Da mit keiner anderen Behandlungsart, auch nicht mit Radium, 
nach Ansicht des Verf. ähnlich gute Resultate erzielt werden können, bleibt Verf. dieser Opera- 
tion weiterhin treu. Eine Verbesserung der Resultate kann nur durch Herabsetzung der pri- 
mären Mortalität erreicht werden. Handorn (Heidelberg). 


Schweitzer, Bernhard: Über Heilungserfolge nach Operation des Uteruscollum- 
carcinoms, insbesondere nach der Methode Wertheim-Zweifel. (Frauenklin., Unit. 
Leipzig.) Zentralbl. f. Gynäkol. Jg. 45, Nr. 9, S. 289—296. 1921. 

Von 251 Operierten blieben 120 geheilt; relative Heilung 47,8°,, absolute Heilung 24,4°,, 
für die vaginal-abdominal nach Zweifel Operierten 24,9%. H. Freund (Frankfurt a. M.). 


Kawan, Fritz, Über die Erfolge der abdominalen Radikaloperation beim Uterus- 
carcinom. (Klin. v. Prof. Fraenkel, Breslau.) (Dissertation: Breslau 1921.) 


Schweitzer, Bernhard: Bestrebungen zur Erhöhung der Lebenssicherheit der 
Carzinomoperation mit besonderer Berücksichtigung der primären Erfolge der 
Methode Werthoim- Zweifel. (Frauenklin., Univ. Leipzig.) Arch. f. Gynäkol. Bd. 114, 
H. 2, S. 213—224. 1921. 

Ähnlich wie früher beim Werderschen Verfahren wird abdominal der Uterus mit 
Drüsen und Parametrien ausgelöst, bis er nur noch an der uneröffneten Scheide hängt. 
Mit drei Blasenraffnähten armiert, wird er ins kleine Becken versenkt. Vereinigung 
des Blasen- und Douglasperitoneums. Entfernung dann vaginal und Befestigung 
der Blasenraffnähte an die vordere Vaginalwand. Von 281 Collumkrebsen starben primär 
15 = 5,34%. Postoperative Cvstitis in 7,8%, ebenso viele Nebenverletzungen. Die 
Methode ist nicht in allen Fällen anwendbar. Über Dauerheilungen teilt Sch weitzer 
an dieser Stelle nichts mit. H. Freund (Frankfurt a. M.). 


Cole, Percival P.: Inoperable uterine carcinoma treated by the cold cautery 
method of Percy: A series of forty-three cases. (Behandlung des unoperablen 
Uteruskrebses nach der Methode von Percy mittels des kalten Glüheisens. Eine Serie 
von 43 Fällen.) Proc. of the roy. soc. of med. Bd. 14, Nr. 6, sect. of obstetr. a. 
gynaecol. S. 266—280. 1921. 

Percival Coles etwas kompliziertes Vorgehen beginnt mit dem Bauchschnitt 
und Lösen von Adhäsionen. Während des folgenden vaginalen Operierens bleibt der 
Bauch offen, ein Assistent dirigiert von hier aus die Leitung des durch elektrischen 
Kontakt geheizten Glüheisens, das den Uterus ausbrennt und durch die Cervix in die 
Parametrien geht. 7 Harnfisteln entstanden bei 43 Fällen, von denen aber einige bis 
1 Jahr, einige noch länger am Leben blieben. H. Freund (Frankfurt a. M.). 
Adler, L., Zur operativen und Strahlenbehandlung des Gebärmutterkrebses. (1. Univ.- 


Frauenklin., Wien.) (Strahlentherapie Bd, 12, H. 1, S. 109—116.) 
Vgl. Referat S. 310. 


Schücke, Karl, Korpus-Carcinome, die Erfolge ihrer operativen Behandlung an der 
Universitäts-Frauenklinik der Charite 1910—1915. (Dissertation: Berlin 1921.) 


> ng 


Gynäkologische Operationen und Ergebnisse der operativen Behandlung. 337 


Magian, A. C.: After-results of abdominal and vaginal operations. (Die End- 
resultate abdominaler und vaginaler Operationen.) Clin. journ. Bd. 50, Nr. 14, 
S. 216—222. 1921. 


Magian kommt zu folgenden Schlüssen: Völlig gesund werden nach Bauchoperationen 
75%, nach Scheidenoperationen 80%, Relaparotomien sind in 10% nötig! Schwanger werden 
25%. Schlechte Resultate an der Bauchnarbe in 10%, nervöse Störungen in 20%. Nur !jş aller 
Cervixkrebse sind operabel, 13%, bleiben länger als 5 Jahre gesund, Corpuskrebse 75%. Am- 
putatio uteri wegen Myom liefert tadellose Erfolge in wenigstens 75%, die Resultate bei 
abdominalen Radikaloperationen werden nicht angegeben, sollen aber schlechter sein, als 
bei subtotaler Hysterektomie. — Die Anzahl der Operationen ist nicht mitgeteilt, meist handelt 
es sich in dieser Statistik um Schätzungen. H. Freund (Frankfurt a. M.). 


Arlotia, Michele: Isteropessi e eistoisteropessi del Parlavecchio in rapporto 
alla statica ed alla funzione dell’utero. (Hysteropexie und Zystohysteropexie nach 
Parlavecchio in ihren Beziehungen zur Statik und Funktion des Uterus.) (Isti. di 
med. operat., univ., Palermo.) Riv. d’ostetr. e ginecol. prat. Jg. 3, Nr. 8, S. 325 
bis 334, Nr. 2, S. 389—392 u. Nr. 10 S. 425—431. 

Das Prinzip der Hysteropexie nach Parlavecchio (Palermo) besteht darin, 
daß ein kräftiger, ca. 5 cm langer und 21/, cm breiter Fascienmuskellappen mit der 
Basis am oberen Rand der Symphyse in der Mittellinie aus der vorderen Rectusscheide 
ausgeschnitten wird. Nach Eröffnung der Bauchhöhle wird er dann in die Excavatio 
vesico-uterina hineingeschlagen. Hier wird er mit dem Blasenperitoneum und dem 
mittleren Drittel der vorderen Uterusfläche vernäht, so daß er ein kräftiger Ligamen- 
tum suspensorium für den Uterus bildet. Im einzelnen gestaltet sich die Ausführung 
der Operation folgendermaßen: Lumbalanästhesie oder Allgemeinnarkose. Becken- 
hochlagerung. Längsschnitt in der Linea alba von der Symphyse bis zwei querfinger- 
breit unterhalb des Nabels. Abpräparieren des Unterhautfettgewebes besonders in der 
Nähe der Symphyse, wo man den Lappen ausschneiden muß. Nun wird links und 
rechts von der Linea alba und parallel zu ihr in der Entfernung von etwa 1 cm die 
vordere Rectusscheide durch je einen Längsschnitt gespalten, so daß ein 5 cm langer 
und 2—21/, cm breiter Lappen mit der Basis an der Symphyse entsteht. Dieser wird 
von oben nach unten abpräpariert. Dabei ist darauf zu achten, daß die beiden 
Musculi pyramidales mit ihm in Verbindung bleiben. Eröffnung der Bauchhöhle. 
Nach Inspektion der Adnexe wird der Uterus hervorgeholt und es wird beiderseits durch 
die Abgangsstelle des Ligamentum rotundum je ein kräftiger Catgutfaden gelegt. Die 
beiden Fäden werden durch eine Klemme gefaßt und dienen während der Operation 
dazu den Uterus in der gewünschten Lage zu halten. Dann wird mit einer fortlaufen- 
den Naht von der Symphyse gegen den Uterus zu das Peritoneum der hinteren Blasen- 
wand gerafft. Die beiden Enden des fortlaufenden Fadens bleiben lang und werden 
dann mit je einer Nadel armiert. Das uteruswärts gelegene Fadenende wird nun durch 
die Spitze, das symphysemwärts gelegene Fadenende durch die Basis des nach innen 
umgeschlagenen Fascienlappens hindurchgeführt, so daß die Außenfläche des Lappens 
fest auf das Blasenperitoneum aufgepreßt wird. Mit dem Faden, der durch die Spitze 
des Lappens hindurchgeführt wurde, näht man nun die Vorderfläche des Uterus an 
den Fascienlappen an. Die Naht beginnt unten in der Excavatio vesico uterina 
und wird nach oben bis in die Höhe des Ansatzes der Ligamenta rotunda geführt. 
Das Ende des Fadens wird mit dem lang gelassenen (symphysemwärts gelegenen) 
Fadenende am Fascienlappen geknotet. Die Catgutfäden, die durch die Ansatz- 
punkte der Ligamenta rotunda hindurchgezogen wurden, werden nun durch das Peri- 
toneum und die Recti hindurchgezogen und über der Aponeurose geknotet. Schluß 
der Bauchhöhle. Beim Vorhandensein einer Cystocele wird die Umschlagsfalte in 
der Tiefe der Excavatio vesico-uterina in einer Ausdehnung von 2 cm quer incidiert. 
Dann wird mit dem Zeigefinger die prolabierte Blasenwand von der vorderen Scheiden- 
wand stumpf abgelöst. Hierauf wird die Blase kräftig nach oben gezogen, so daß 
die Cystocele vollkommen verschwindet, Nun wird die Spitze des Fascienlappens an 


Jahresbericht f. d. ges. Gynäkologie 1921. 22 


338 Z Spezielle Chirurgie gynäkologischer Erkrankungen. 


den tiefsten Punkt der abgelösten Blasenwand fixiert. Die übrige Operation verläuft 
genau so wie die einfache Hysteropexie. Die Resultate der Methode sind, wie Verf. 
an 38 Fällen aus der Praxis von Parlavecchio und Mario Ciulla nachweist, ganz 
ausgezeichnet. In mehreren Fällen trat später eine Schwangerschaft ein; diese ver- 
lief ebenso wie die Geburt stets normal. Nürnberger (Hamburg). 

Bell, John N.: The „buried loop“ operation for shortening the round liga- 
ments of the uterus. (Die ,versenkte Schlinge“, Operation für die Verkürzung der 
runden Mutterbänder.) Journ. of the Michigan State med. soc. Bd. 20, Nr. 12, S. 505 
bis 508. 1921. 

Bell zieht nach medianem Bauchschnitt die Ligg. rot. durch ein Loch in der 
Bauchdecke vor, löst rechts und links einen kleinen Lappen vom Rectus, unter den 
die Schlinge zu liegen kommt und angenäht wird. H. Freund (Frankfurt a. M.). 

. Grad, Hermann: A new method of subperitoneal shortening of the round 
ligaments of the uterus. A report of 100 cases with analysis of end results. (Eine 
neue Methode der subperitonealen Verkürzung der runden Gebärmutterbänder.) Americ. 
journ. of obstetr. a. gynecol. Bd. 1, Nr. 5, S. 411—435. 1921. 

Nach dem Bauchschnitt eröffnet Grad das vordere Blatt der Ligg. lata und näht 
die gefalteten Ligg. rot. bis an den Leistenring in den Schlitz. Bei starker Peritoneal- 
erschlaffung werden die Sakrouterinligamente verkürzt und hinten der Cervix auf- 
genäht, wobei eine ‚temporäre‘ Ventrifixur des Uterus ans Peritoneum der Bauch- 
wand mit einem Catgutfaden die neuen Nähte so lange entlasten soll, bis sie fest ge- 
worden. Nach der Resorption des Catguts soll der Uteruskörper wieder beweglich 
werden. Von 100 in den Jahren 1913—1918 operierten Fällen konnten 63 nachunter- 
sucht werden, darunter fanden sich 5% Rezidive. H. Freund (Frankfurt a. M.). 

Garcia de la Serrana, M.-J.: Ein neues Verfahren für die Uterusfixation. 
Zentralbl. f. Gynäkol. Jg. 45, Nr. 36, S. 1283—1286. 1921. 


Eröffnung dər Bauchhöhle nach 8 cm langem, vom Schambein ausgehenden Hautschnitt 
in der M:dianlinie. Freilegen der Fascie, des Musculus rectus und des Uterus. Danach wird 
ein Silberdraht, etwa 4 cm oberhalb der Symphyse durch Fascie, Muskulatur und Peritoneum 
durch das L’gamentum latum unterhalb des L'gamentum rotundum und durch die Hinter- 
wand des Uterus gebohrt und durch dieselben Schichten der anderen Seite hindurchgeleitet. 
Die Drahtenden werden vor Schluß der Hautwunde miteinander vereinigt. Vorzüge dieser 
Operation sind: 1. es treten k:ine R>zidive auf, 2. die sonst notwendigen Ergänzungsoperationen 
des Dammes und der Scheide sind bei diesem Verfahren unnötig. Tritt eine Gravidität ein, so 
ist es ein leichtes, nach einer kleinen Hautincision die Drahtschlinge zu durchschneiden und 
den Draht zu entfernen. Koch (Berlin). 


Seitz, A.: Über die operative Behandlung der Retroversioflexio uteri, mit be- 
sonderer Berücksichtigung des Operationsverfahrens, der Indikationsstellung und 
der Dauerresultate. (Univ.-Frauenklin., Gießen.) Arch. f. Gynäkol. Bd. 114, H. 1, 
S. 141—167. 1921. 

Auf Grund von Beobachtungen an 257 ein halbes bis 8 Jahre nach der Operation 
nachuntersuchten Fällen von meist fixierten oder komplizierten Retroflexionen kommt 
Seitz zu dem Schluß, daß intraperitoneale Eingriffe dem Alexander-Adams vorzuziehen 
sind. Unter den herangezogenen Operationen nach Doleris - Schau ta (Ventrosuspen- 
sion), Olshausen und Langes (intraperitoneale Ligamentverkürzung) ergab die erst- 
genannte die besten Dauerresultate, auch nach Geburten. Geburtsstörungen wurden 
nicht beobachtet. Die Komplikationen der Retroflexio geben häufiger die Indikation 
zum Einschreiten als die Lageveränderung an sich, sie verursachen die wichtigsten 
Beschwerden, insbesondere auch bei subjektiven Mißerfolgen nach der Operation 
durch ihr Fortbestehen. H. Freund (Frankfurt a. M.). 

Collins, Asa W.: Use of round ligaments in retrodisplacement of the uterus. 
.(Die Verwendung der Ligamenta rotunda bei Falschlagen der Gebärmutter.) Med. 
rec. Bd. 100, Nr. 15, S. 621—624. 1921. 

Collins entblößt die Ligg. rot. vom Peritoneum, durchlocht die Ligg. lata, zieht 
die ersteren hindurch und weiter durch zwei seichte Kanäle, die er unter dem Peri- 


Gynäkologische Operationen und Ergebnisse der operativen Behandlung. 339 


toneslüberzug der hinteren Uteruswand mit dem Messer herstellt. Beide Bände werden 
dann dort vernäht. H. Freund (Frankfurt a. M.). 

Halban, J.: Zur Technik der Collifixatio uteri. (Krankenh. Wieden, Wien.) 
Zentralbl. f. Gynäkol. Jg. 45, Nr. 41, S. 1477—1479. 1921. 

Gegen den dauernden Erfolg der von Bumm angegebenen Collifixatio uteri 
äußert Halban seine Bedenken und glaubt, daß die durch die angefrischte Cervix 
gelegten Nähte doch insuffizient werden können. Er hat daher in 2 Fällen mit sehr 
gutem Resultat die Methode kombiniert mit einer Fascienplastik analog der Goebell- 
Frangenheim-Stoeckelschen Pyramidalisplastik. Aus der vorderen Rectusscheide 
‘ werden dabei 2 Fascienstreifen mit dem darunter liegenden Muskel 'präpariert; das 

Collum wird wie bei der Bummschen Methode freigelegt; dann wird beiderseits vom 
Uterus durch die Ligamentplatte unterhalb der Arteria uterina je ein Loch gebohrt, 
dadurch die Fascienstreifen gezogen und straff an der vorderen Collunıwand mit- 
einander und mit dem Collum vernäht. So wird der Uterus wie durch eine Zwinge 
nach vorn festgehalten. Im übrigen ist das Vorgehen den Angaben Schaefers ent- 
sprechend und kann mit einer Antefixation des Uterus durch Ligamentverkürzung 
oder nach Doléris verbunden werden. Nach H. ist die Indikation für die Collifixatio 
beschränkt auf die senil atrophischen Formen des Prolapses, da sie ein relativ rasch 
ausführbarer Eingriff ist, andererseits aber für Frauen im konzeptionsfähigen Alter 
trotz Schaefers Mitteilung nicht anzuraten ist. Er betont, daß die Therapie des 
Prolapses von den ätiologischen Momenten sich leiten lassen müsse, und daß Defekte, 
die ihn bedingen, zu beseitigen sind. Dazu eignet sich ganz besonders die Herstellung 
des Septum vesico-vaginale durch Fascienplastik in Kombination mit der hohen 
Vesicofixation und ausgiebiger Beckenbodenplastik. Dieser allerdings langdauernde 
Eingriff führt mit Erhaltung der Gebärfähigkeit für junge Frauen zum vollen Erfolg, 
für geschwächte Frauen und Greisinnen ist die Collifixationsmethode berechtigt. 

Liegner (Breslau). 

Jerie, Josef: Keilförmige Uterusresektion. Rozhledy v chirurg. a gynaekol. 
Jg. 1, H. 5, S. 241—245. 1921. (Tschechisch.) 

In dem Bestreben, möglichst konservativ zu operieren, hat Jerie in 3 Fällen, 
wo die Enucleation größerer Myomknoten zu große Wundhöhlen gemacht hätte, die 
von Pfannenstiel (für große Prolapse metritischer Uteri) angegebene Keilresektion 
des Uterus auf abdominellem Wege ausgeführt und sehr gute Resultate erzielt; ins- 
besondere im 1. Falle wurde die Menstruation ganz normal und schmerzlos, während 
früher starke Dysmenorrhöe bestanden hatte. Die Technik wird an 4 Abbildungen 
erläutert, sie besteht nach präventivem Abbinden der lig. rot. und beider Art. sperma- 
ticae knapp an den Hörnern der Gebärmutter in vertikaler keilförmiger Resektion des 
Corp. uteri, Blutstillung mittels Ligatur und Umstechung, exakter Naht des Corp. 
uteri mit Catgutknopfnähten und Decken der Wunde vorn mittels der zusammen- 
genähten lig. rot., hinten mit den ebenfalls durch Knopfnähte vereinigten Tuben. Vorder 
Operation injiziert J. zur Desinfektion der Uterushöhle Jodtinktur in dieselbe. Gross. 

Nyulasy, Arthur J.: The supports of the uterus. (Die Stützapparate der Gebär- 
mutter.) Surg., gynecol. a. obstetr. Bd. 33, Nr. 1, S. 53—57. 1921. 

Nyulasy kommt auf Grund eigener Studien zu dem Schluß, daß die Ligg. lata 
die eigentlichen Stützapparate des Uterus sind. Bei Prolaps öffnet er das Abdomen, 
schiebt die Blase ab, faßt den größten Teil der Ligg. lata senkrecht neben dem Uterus 
in einer Nadel und näht sie auf den Uterus. Bei Retroflexio werden die Ligg. rot. und 
Sacro uterina außerdem verkürzt. H. Freund (Frankfurt a. M.). 

Knoop, C.: Zur Ventrofixatio uteri. Zentralbl. f. Gynäkol. Jg. 45, Nr. 36, S. 1281 
bis 1282. 1921. 

Hasdrup, R.: Über die Indikation der Ventrifixatio uteri. (Abt. |. chirurg. 
Frauenkrankh., St. Josephs-Hosp., Kopenhagen.) Zentralbl. f. Gynäkol. Jg. 45, Nr. 15, 
S$. 527—529. 1921. = E 

22* 


340 Spezielle Chirurgie gynäkologischer Erkrankungen. 


Albert, Walter: Über die Indikation der Ventrifixatio uteri. (Krankenh., Dresden- 
Friedrichstadt.) Zentralbl. f. Gynäkol. Jg. 45, Nr. 26, S. 928—929. 1921. 

Graf, Raoul: Zur Collifixatio uteri. (Brigitta-Spit. u. Wöchnerinnenh. Brigittenau, 
Wien XX.) Zentralbl. f. Gynäkol. Jg. 45, Nr. 51, S. 1843. 1921. 


Zikmund, Emil: Operative Behandlung der Genitalprolapse. Rozhledy v chi- 
rurgii a gynaekologii Jg. 1, H. 1/2, S. 42—52. 1921. (Tschechisch.) 

Eine dauernde operative Heilung besonders totaler Genitalprolapse mit Erhaltung 
aller physiologischen Funktionen ist nicht möglich. Für geringere Grade dieser Erkran- 
kung genügen Operationen an der Scheide und am Beckenboden mit evtl. Vagino- 
fixatio. Bei mittlerem Grade, bei dem die Cvstocele im Vordergrunde steht, gibt die 
Operation nach Schauta - Wertheim oder die Operation nach Wederhake die 
besten Resultate. Die Fixationsmethoden bedeuten bei totalem Prolapse mit Inversion 
einen großen Fortschritt in der Therapie der Prolapse. Bei Rezidiven oder in Fällen 
mit asthenischen Bauchdecken ist die Fixation des Uterus am besten am Perioste der 
Symphyse oder des Promontoriums vorzunehmen. Für hochgradige Fälle oder für 
schwere Rezidive hat Verf. eine eigene Methode ausgearbeitet: 

Medianer Längsschnitt bis dicht an die Symphyse. Sterilisation durch keilförmige Resek- 
tion beider Tuben. Unter starkem Vorziehen des Uterus werden die Lig. sacrouterina mit 
Pincen gefaßt, das Peritoneum des Douglas in dieser Höhe zirkulär durchschnitten und der 
„Bruchsack“ exstirpiert. Verschluß des Bruchsackes mit Catgutnähten. Verkürzung der Lig. 
sacrouterina durch Knopfnähte, in der Mitte beginnend, bis Cervix an Flexur liegt, wodurch 
die erstere fixiert wird. Ausschaltung der Excavatio vesicouterina aus der Bauchhöhle nach 
Flatau, i.e. Annähung der Lig. rotunda an die vordere Bauchwand. Fixation des Fundus 
uteri an das Periost der Symphyse, wobei ein Teil des Fundus uteri extraperitoneal verlagert 
wird. Schluß des Peritoneums und Fixation des Fundus noch mit zwei Knopfnähten an die 
Fascie. Bauchdeckennaht. — Verf. hat nach dieser Methode 6 Fälle enormer Prolapse mit 
guten Dauererfolgen operiert. Kindl (Hohenelbe)., 


Bittmann, Otakar: Modifikation der Interposition (Wertheim) mit Hebung 
des Uterus bei totalen Prolapsen. (III. geb. Klin. Prof. Rubeska, Prag.) Časopis 
lekarüv českých Jg. 60, Nr. 43, S. 683—685. 1921. (Tschechisch.) 

Nach kurzer Kritik der früheren Prolapsoperationen und der Wertheimschen 
Interpositio vesicovaginalis beschreibt Bittmann die Technik der Modifikation 
der letzteren mit Suspension der Cervix an den (verkürzten) Sakrouterinligamenten. 
Da hierbei der Fundus vorn am Levator ani fixiert ist, die Portio aber durch die Lig. 
sacrout. nach hinten gezogen wird, so kann es infolge dieser entgegengesetzt wirkenden 
Zugkräfte und des nach abwärts gerichteten Zuges der hinteren Vaginalwand einige 
Zeit nach der Operation, wenn die Sacrouterinligamente wieder ausgezogen und schlaffer 
werden, zum Abwärtstreten der Portio in die Sacrococeygealhöhlung kommen, zumal 
die tägliche Wirkung des Intraperitonealdruckes dies begünstigt. Auch scheint die 
Heranziehung der Portio an das Kreuzbein das Rectum doch zu beschränken, anderer- 
seits die Füllung des Rectums auf die Sacrouterinligamente spannend und schließlich 
verdünnend zu wirken, ferner klagen manche so operierte Frauen über Schmerzen 
bei der Defäkation. Diese Umstände veranlaßten B., die Sacrouterinligamente — 
die ohnedies oft sehr schwach sind — durch die runden Mutterbänder zu ersetzen. 
Die Operation verläuft zunächst nach Wertheim, wenn der Uterus durch die vordere 
peritoneale Öffnung vorgezogen ist (Fundus nach abwärts, hintere Wand nach vorn), 
werden die Ligg. rotunda über den tubaren Rand der Lig. lata auf die hintere Uterus- 
wand gezogen und etwa in der Hälfte ihrer im Abdomen liegenden Länge mit drei Nähten 
an der Hinterfläche der Portio fixiert. Eventuell können die Lig. rot. am Uterusabgang 
reseciert und am Periost des Arcus pubis fixiert werden. Vorteile: Höhere Fixation 
der Portio; Wegfall der Distraktion des Uterus in zwei entgegengesetzte Richtungen; 
die Därme drücken nicht mehr auf die hintere Uteruswand, sondern auf die vordere 
Bauchwand; auch ist die Passage durch das Rectum nicht. behindert; schließlich ist 
die Methode technisch leichter. Bisher noch wenige Fälle operiert. Gross (Prag). 


Gynäkologische Operationen und Ergebnisse der operativen Behandlung. 341 


Peffer, Josef: Die Erfolge der Interpositio uteri bei Prolapsen. (Gynäkol. Poli- 
klin., München.) Monatsschr. f. Geburtsh. u. Gynäkol. Bd. 54, H. 4, S. 236—244. 1921. 

95 Prolapse wurden in 5 Jahren durch die Interposition mit Symphysiopexie des 
Uterus und Dammplastik operiert. Jedesnial wurde der Uterus vorher ausgekratzt 
und bei 55 jungen Frauen zwischen 20 und 40 Jahren die tubare Sterilisation ausgeführt! 
Einigemale trat wohl infolge energischer Ausschabung Oligo- bzw. Amenorrhöe ein, 
häufiger aber starke Menorrhagien, die die Röntgenbestrahlung und eine die abdo- 
minale Uterusamputation benötigten. Wenn Peffer von 92,4%, Dauerheilungen be- 
richtet, so ist zu bemerken, daß nur 39 Frauen länger als 2 Jahre, die ältesten über 
5 Jahre, 12 nur 4—6 Monate nach der Operation beobachtet sind. Die Mortalität 
war 2%. H. Freund (Frankfurt a. M.). 


Pachner, František: Operation großer Genitalprolapse. Rozhledy v chirurg. 
a gynaekol. Jg. 1, H. 5, S. 245—251. 1921. (Tschechisch.) 

Nach einer kurzen sehr instruktiven Schilderung aller Prolapsoperationen be- 
schreibt Pach ner die Kochersche Exohysteropexie (mit Abbildung). Vor der Opera- 
tion 6—8 Tage Bettruhe bei reponiertem Prolaps, wodurch starkes Abschwellen der 
Vaginalwände und des Uterus erzielt wird. Lumbalanästhesie. Querschnitt durch die 
Bauchdecken, Vorziehen des Uterus (evtl. Tubenligatur oder Extraperitoneallagern 
der Tuben). Die Suspension beginnt in der Höhe des inneren Muttermundes, 
die Naht faßt das Blasenperitoneum, so daß das cav. vesico-vag. ganz obliteriert und 
Gefahr des Ileus ausgeschaltet ist. Dann wird der Uterus gegen das Schambein ge- 
halten und rechts und links mit einer Naht das Peritoneum an die hintere Uteruswand 
in der vorn korrespondierenden Höhe angenäht. Das Peritoneum muß den Hals des 
Uterus eng umfassen. Dann wird der Peritoneumspalt geschlossen, die Recti mit 
2 Catgutnähten aneinandergelegt, dann mit 2 Seidenfäden der Uterus an die Fascie 
fixiert und die Fascie genäht. Auf den Verband durch 3 Tage Sandsack. (Verf. macht 
darauf aufmerksam, daß in Krönig - Döderleins Op. Gynäkologie Abbildung und 
Beschreibung unrichtig sind.) Von der Kocherschen Originalmethode weicht die be- 
schriebene durch die Verödung des Vesicovaginalraums und die Naht der M. recti ab, 
wodurch Verf. ein Unterpolstern des Uterus erzielt und ein besseres funktionelles Resul- 
tat, da beim Anspannen der Bauchdecken die Recti den Uterus nicht hineindrücken, 
sondern emporheben. Im Gegensatz zu Kocher drainiert Verf. nicht. Er hat 27 Fälle 
nach dieser Methode operiert. 1 Todesfall an den Folgen der Lumbalanästhesie (69- 
jährige Frau mit Arteriosklerose, Struma). 22 Fälle wurden revidiert, bei 21 waren 
große Uterusprolapse vorgelegen. Meist wurde vorher vaginale Plastik ausgeführt. Kein 
Rezidiv. Volle Arbeitsfähigkeit. Uterus meist atrophisch. Beim Pressen wird der Gebär- 
mutterhals nach oben gezogen. Nur in 2 Fällen, wo keine vaginale Plastik gemacht 
wurde, Descensus vaginae. Er empfiehlt diese Methode, deren einziger Nachteil darin 
besteht, daß sie bleibende Sterilität der Frau zur Folge hat, was aber beim Alter der 
Fälle und der Ursache der Prolapse (zahlreiche Partus) nicht in die Wagschale fällt. 

Gross (Prag). 


Fox, Eduardo A.: Die Collifixatio uteri nach Bumm in der Behandlung des 


Uterus-Scheidenvorfalls. Semana med. Jg. 28, Nr. 24, S. 696—697. 1921. (Spanisch.) 

Mitteilung der Operationstechnik der von Bumm angegebenen Collifixatio uteri und der 

Schäferschen Modifikation. Kein Bericht über eigene Erfahrungen. Hinweis auf die Be- 

deutung des Douglasschen Raumes für die Entstehung und Behandlung des Prolapses. 
Liegner (Breslau). 


Thorning, W. Burton : Uterine prolapse. Permanent fixation by fascial flaps. 


Journ. of the Americ. med. assoc. Bd. 77, Nr. 2, S. 101—103. 1921. 

In 18 Fällen, von denen der erste 5 Jahre in Beobachtung steht, führte Thorning eine 
Epohysteropexie aus, so zwar, daß nach Annähung der Ligg. rotunda an das Periton. parietal. 
der abgekappte, zwischen die Recti eingenähte Fundus uteri an einen Lappen der oberen 
Fascie nach suprasymphärem Querschnitt fixiert wurde. Es handelte sich durchgehends 
um Frauen mit Enteroptose jenseits der Menopause. H. Freund (Frankfurt a. M.). 


242 Spezielle Chirurgie gynäkologischer Erkrankungen. 


Cameron, Sam. J.: The surgical treatment of uterine prolapse. (Die chirurgische 
‚Behandlung des Uterusvorfalls.) Glasgow med. journ. Bd. 96, Nr. 3, S. 138—146. 1921. 

Cameron, der nach der einfachen Ventrifixur des Uterus oder der des Cervix- 
stumpfes nach Amputatio supravag. manches Rezidiv gesehen hat, führt bei jüngeren 
Frauen die vordere Interpositio vaginalis in einer von der üblichen kaum abweichenden 
Art aus, fügt aber die tubare Sterilisation an. 136 in den letzten 5 Jahren operierte 
Prolapse sollen dauernd geheilt geblieben sein. In einem Fall von Interposition ohne 
Sterilisierung mußte bei einer späteren Geburt Sectio caesarea ausgeführt werden. 
Bei Frauen jenseits der Menopause amputiert C. die Portio und pflanzt den Stumpf 
in die vertiefte Wunde einer gewöhnlichen hinteren Kolpoperineorrhaphie ein. 

H. Freund (Frankfurt a. M.). 

Hook, Weller van: The operation for prolapsus uteri. (Die Operation des 
Uterusprolapses.) Boston med. a. surg. journ. Bd. 185, Nr. 15, S. 438—440. 1921. 

Die Wertheimsche Interposition mit der Verkürzung der Ligg. sacrouterina 
bildet den Ausgangspunkt eines vom Verf. angegebenen Verfahrens. Das Wesentliche 
besteht darin, daß die breiten Ligamente vor der Blase nach Entfernung des Uterus 
zusammengenäht werden und so ein kräftiges Widerlager für die Blase bilden. Bei 
einem operierten Fall gestaltete sich das Vorgehen etwa folgendermaßen: Vordere 
Kolpotomie und Entfernung des Uterus. Isolierung der Ligg. lata und Zusammen- 
nähen in der Mitte unterhalb der Blase; Verstärkung dieser Platte durch kräftige Naht. 
Einnähung der runden Bänder in die vordere Vaginalwand, ebenso der Ligg. sacro- 
uterina. Dadurch war die Cvstocele völlig beseitigt. Es folgt dann die übliche Wieder- 
herstellung des Beckenbodens und des Dammes. Umlagern der Patientin und Laparo- 
tomie. Diese hatte die Aufgabe, die Beckenfascie zu heben und zu raffen durch Nähte, 
die gleichzeitig den Peritonealsack verkleinerten. Es wurde dabei beobachtet, daß die 
Richtung der Ligg. lata durch den vaginalen Eingriff nur unwesentlich verändert war. 
Der Autor sieht den Vorteil seiner Methode gegenüber der Wertheimschen darin, 
daß man den meist nutzlosen (?) Uterus nicht in eine pathologische Lage bringt, und 
daß die breiten Mutterbänder zur Verstärkung der den Beckenausgang abschließenden 
Platte herangezogen werden. Liegner (Breslau). 

Soubeyran: L’op6ration de Bouilly dans les prolapsus génitaux. Journ. des 
praticiens Jg. 35, Nr. 41, S. 657—659. 1921. 

Die Operation, welche weder die Verlagerung der Blase noch die der Gebärmutter 
berücksichtigt, besteht in einer Amputatio colli, einer ausgiebigen rechteckigen Ex- 
cision der vorderen Scheidenwand und einer Scheidendammplastik. Soubeyran sagt 
nur, daß er einige Fälle mit gutem Erfolg so operiert habe. H. Freund. 

Bracht: Über operative Prolapsbehandlung. (Ges. f. Geburtsh. u. Gynäkol., 
Berlin, Sitzg. v. 12. XI. 1920.) Zeitschr. f. Geburtsh. u. Gynäkol. Bd. 84, H. 2, 
S. 529—532. 1921. 

4 Fälle von Promontoriofixur, alle schon vergeblich vorher operiert, zum Teil mit 
großer Cystocele; Heilungen, doch ist der älteste Fall noch keine 2 Jahre beobachtet. 

H. Freund (Frankfurt a. M.). 

Vineberg, Hiram N.: Vaginal supracervical hysterectomy with interposition 
of the cervical stump for cystocele and procidentia associated with enlargement 
of the uterus. (Vaginale Uterusamputation mit Interposition des Cervixstumpfes 
-bei Cystocelen und Prolapsen, die mit der Vergrößerung der Gebärmutter vergesell- 
schaftet sind.) Americ. journ. of obstetr. a. gynecol. Bd. 2, Nr. 4, S. 368—374 u. 
S. 424—428. 1921. 

Ist bei einem Prolaps der Uterus größer als in der 6. Schwangerschaftswoche, 
so amputiert ihn Vineberg von einem vorderen Scheidenschnitt aus und heftet den 
Stumpf an das Periost des Arcus pubis. Plastik an der hinteren Wand, wenn nötig 
auch Amput. portion. kommt dazu. Die Mortalität ist 2,49%. In der Aussprache be- 
tont Watkins, daß auch größere interponierte Uteri später atropbieren. V. ist nicht 


. Gynäkologische Operationen und Ergebnisse der operativen Behandlung. 343 


in der Lage, genauere Angaben über die Dauerresultate zu machen, Rezidive kommen 
aber vor. H. Freund (Frankfurt). 


Toplak, France: Über den Gebärmuttervorfall und seine operative Behandlung 
mit besonderer Berücksichtigung der sogenannten Symphysiopexie. (Tschech. gynäkol. 
Klin., Prag.) Lijecnicki vijesnik Jg. 43, Nr. 3, S. 150—164. 1921. (Tschechisch.) 


Jacob, G.: Traitement du prolapsus génital des femmes agées par la colpec- 
tomie totale conservatrice de l’utörus. (Die Behandlung des Vorfalls bei alten 
Frauen durch die Kolpektomie mit Erhaltung des Uterus.) Gynecologie Jg. 20, 
Aprilh., S. 193—207. 1921. 

Kolpektomie nach Peter Müller mit angefügter Damnıplastik. H. Freund. 

Halban, Josef: Zur Therapie des kombinierten Rectal- und Genitalprolapses. 


Monatsschr. f. Geburtsh. u. Gynäkol. Bd. 55, H. 2/3, S. 122—125. 1921. 

Bei einer 63jährigen Frau mit Prolaps beider Scheidenwände und des Mastdarmes 
spaltete Halban den durch hintere Kolyoterme in die Scheide luxierenden Uterus median 
und vernähte jedes Horn für sich. Durch einen Schnitt hinter der hinteren Umwandung des 
Anus wird die Hinterwand des Mastdarmes freigelegt und wird von hier wie vom Kolyoterm- 
schnitt aus ein Tunnel beiderseits des Rectums stumpf hergestellt, in den die Uterushörner 
gezogen werden. Annähen derselben ans Rectum und das Lig. sacrococeyg. — Dann folgt 
die Collifixura cervicis an die Bauchdeckenfascie. Nach fieberhaftem Verlauf entstand eine 
Rectalfistel, die zur Heilung kam. Freund (Frankfurt a. M.). 


Fothergill, W. E.: The end results of vaginal operations for genital prolapse. 


(Die Endresultate .vaginaler Prolapsoperationen.) Journ. of obstetr. a. gynaecol. of 


the Brit. Empire Bd. 28, Nr. 2, S. 251—255. 1921. 

Von 156 vor 7!1/,—4!/, Jahren operierten Prolapsen blieben 152 = 97%, rezidivfrei. 
Dabei wurde vorn nur die Colporrhaphie mit Collumamputation, hinten eine Scheidendamn:- 
plastik gemacht, nie eine peritoneale Operation. H. Freund (Frankfurt a.M.). 


Lacey, F. H.: Results of vaginal operations for prolapse by the Manchester 
school. (Resultate der vaginalen Prolapsoperationen in der Manchester Schule.) Journ. 


of obstetr. a. gynaecol. of the Brit. empire Bd. 28, Nr. 2, S. 260—262. 1921. 

Von 750 in den Jahren 1914—1916 operierten Frauen berichteten 521 brieflich über ihr 
Befinden. 87%, waren zufrieden. Untersucht wurden nur 29, davon waren 17 mit nicht voll- 
ständigem anatomischem Resultat, aber ohne subjektive Beschwerden. H. Freund. 


Watkins, Thomas J.: Perineorrhaphy for complete laceration. (Perineorrhaphie 
bei komplettem Dammriß.) Surg., gynecol. a. obstetr. Bd. 32, Nr. 4, S. 360—363. 1921. 

Es handelt sich um eine Lappenperineorrhaphie, bei der die ähnlich wie bei der 
Taitschen Operation angefrischte Wunde für sich, der Sphincter ani auch isoliert 
genäht wird. H. Freund (Frankfurt a. M.). 

Goldspohn, A.: Repair of partial and complete lacerations of the perineum. 
(Operation des teilweisen und kompletten Dammrisses.) Surg., gynecol. a. obstetr. 
Bd. 32, Nr. 5, S. 443—449. 1921. 

Goldspohn betont die Wichtigkeit, die Levatoren bei der Operation von Damm- 
Tissen zu vereinigen auf Grund guter anatomischer Darstellungen, bei denen er sich 
auf E. Martins Durchschnitte stützt. Seine Operation löst nach bogenförmiger In- 
cision am Schleimhautrand der hinteren Wand stumpf und schneidend einen breiten 
Lappen ab, ohne ihn irgendwo einzuschneiden, sucht die Levatoren auf, schont ihre 
Fascie und vereinigt sie in der Mittellinie äußerst exakt mit doppelt durchgeführten 
Fäden. Der Lappen wird dann mittels zirkulärer Nähte wieder auf die Anfrischung 
aufgenäht und nur, wenn überschüssig, wenig gekürzt. Weniger gut scheint Gs. Operation 
des kompletten Dammrisses zu sein, die die alte Hegarsche Anfrischung wählt und 
den Levator dazu faßt. H. Freund (Frankfurt a. M.). 

Rübsamen, W.: Die operative Behandlung der rectovaginalen Radiumfisteln 
durch partielle Kranialwärtsverlagerung des Alterschließmuskels. (Staatl. Frauenklin., 
Dresden.) Monatsschr. f. Geburtsh. u. Gynäkol. Bd. 54, H. 6, S. 367—371. 1921. 

Wenn nach der Radiumbehandlung des Genitalcarcinoms noch vesicovaginale und 
rectovaginale Fisteln von Zweimarkstückgröße entstehen können, die wegen der 


344 Spezielle Chirurgie gynäkologischer Erkrankungen. 


mangelhaften Vascularisation des umgebenden Schwielengewebes erst 2 Jahre nach der 
Bestrahlung zu behandeln sind, ist es erklärlich, wenn man zu komplizierten Opera- 
tionen gelangt. Rübsamen verschloß in einem Falle beide Fisteln bei derselben 
Patientin direkt und fügte die Kolpokleisis an. Das ganze Öperationsgebiet wurde 
gangränös. Die Patientin starb an Pyelonephritis. In späteren Fällen umschnitt er 
vaginal die Fistel, die zunächst mit Knopfnähten, die zugleich als Haltefäden dienen, 
verschlossen wird. Vorsichtiges Mobilisieren des äußeren Fistelrandes bis ans Rectum, 
Einführen einer Sonde durch eine Lücke des zugenähten Fistelendes in den Darm und 
durch den After nach außen und Anbinden der Verschlußfäden an das obere Sonden- 
ende. Invagination der Fistel durch Anziehen des Instrumentes und Vernähung ihrer 
Basis von der Scheide her. Allseitige Mobilisierung des Rectums unter Freilegen der 
Levatoren und des Sphincter ani. Letzterer wird nur partiell abgelöst, nämlich vorn 
und seitlich, zentralwärts bis über die Fistel hinaus verlagert und an die Darmwand 
angenäht. Das überschüssige Darmgewebe wird gerafft und gleichzeitig die Fistelstelle 
an der Haut des Dammes angenäht. Resektion der Scheidenwundränder, Levatoren- 
vereinigung, Naht der Scheide beschließt die Operation. Von den beiden so operierten 
Radiumfisteln war die eine für Hegardilatator Nr. 10, die andere für ein Zweimarkstück 
durchgängig. In einem Fall mußte eine Nachoperation gemacht werden, in dem anderen 
wurde zweizeitig operiert: Erst wurde die Portio vag. mobilisiert und keilförmig in die 
Fistel verlagert. Sie heilte trotz Gangrän der Umgebung ein. !/, Jahr später dann die 
obige rectale Operation, die nicht zu einer vollständigen anatomischen Heilung führte, 
die Frau aber kontinent machte, da die Fistel außerhalb des Schließmuskels liegt. 
H. Freund (Frankfurt a. M.). 
Füth, H.: Beitrag zur Scheidenbildung nach Schubert. (Gynäkol. Klin., 
Univ. Köln.) Monatsschr. f. Geburtsh. u. Gynäkol. Bd. 55, H. 4/5, S. 262—266. 1921. 
Verf. ergänzt eine kürzlich von Schubert veröffentlichte Statistik über dessen 
Methode der Dickdarmverwendung als künstliche Scheide durch einen eigenen, glück- 
lich verlaufenen Fall und einen Fall von Pankow, der, ebenfalls nach Schubert 
operiert, einen günstigen Ausgang hatte. Es ergibt sich bei 33 nach der Konkurrenz- 
methode von Baldwin - Mori operierten Fällen (Verwendung einer untersten Ileum- 
schlinge) eine Mortalität von 5 = 15%. Alle nach Schubert Operierten kamen durch 
= 0% Mortalität. Auch Bumm und Stöc kel, die anfänglich nach Baldwin - Mori 
operierten, verwenden jetzt den Dickdarm. Schwierigkeiten bei Schuberts Methode 
macht evtl. nur die Auslösung und Versorgung des Rectums. Eine bei Verf.s Fall 
postoperativ eingetretene Sphincterschwäche mit teilweiser Flatus- und Stuhlinkon- 
tinenz wurde restlos durch eine kleine (auch von Schubert empfohlene) Nachoperation 
(Herumlegen zweier kleiner Fascienstreifen um die Analöffnung) beseitigt. Strass- 
mann will die Sphincterschwäche durch besondere Modifikation vermeiden, was nach 
Verf.s Ansicht entbehrlich ist, wenn man die obige kleine Schubertsche Nachoperation 
macht. Auch Verf. hält in Übereinstimmung mit Brunner hauptsächlich die Koha- 
bitationsunmöglichkeit für den Grund, aus dem sich die in Frage Kommenden zur 
Operation entschließen. Das traf auch in Verf.s Fall zu. Nachträglich wird mitgeteilt, 
daß auch Scipiades, der 2 Fälle, davon einen nach Schubert, den anderen nach 
Baldwin- Mori operierte, doch unbedingt Schuberts Methode den Vorzug gibt, 
trotzdem beide Fälle gleich befriedigend verliefen. Günther Deppe (Marburg a. L.). 
Fohr, Oswald: Zur Frage der künstlichen Scheidenbildung. (Hess. Hebammen- 
lehranst., Mainz.) Zentralbl. f. Gynäkol. Jg. 45, Nr. 37, 8. 1332—1335. 1921. 
Nicht alle Todesfälle nach künstlicher Scheidenplastik werden bekannt. Ist es 
gerechtfertigt, trotz der immerhin jeder Laparotomie anhaftenden Gefahr, zur Bildung 
einer künstlichen Vagina den Intestinaltraktus, soweit er nur durch Laparotomie er- 
reicht werden kann, zu benutzen? Die Herstellung einer Konzeptionsfähigkeit kommt 
nicht in Frage, erreicht werden soll nur die Kohabitationsmöglichkeit. Das Verlangen 
zur Ausführung der Operation wird fast nur deshalb gestellt, weil der Defekt seelisch 


Gynäkologische Operationen und Ergebnisse der operativen Behandlung. 345 


schwer empfunden wird. Menges Indikation, daß ‚das weibliche Geschlecht des 
betreffenden Individuums unbedingt sichergestellt“ sein muß, hält Verf. für die allein 
richtige. Bericht über einen selbstbeobachteten, nach Baldwin - Mori operierten 
Fall mit Exitus am fünften Tag infolge Peritonitis nach Gangrän der herabgezogenen 
und als künstliche Vagina benutzten Dünndarmschlinge. Von 44 nach Baldwin- 
Mori operierten Fällen, die Verf. aus der Literatur zusammentragen konnte, starben 
8 = 18,1% Mortalität. Die Schubertsche lebenssicherere Methode (Verwendung des 
Mastdarns) ist daher unbedingt der Baldwin - Morischen vorzuziehen. 
Günther Deppe (Marburg a. L.). 

Benthin, W.: Scheidenbildung bei fehlender Vagina. (Univ.-Frauenklin., Königs- 
berg i. Pr.) Zentralbl. f. Gynäkol. Jg. 45, Nr. 37, S. 1330—1332. 1921. 

Mitteilung eines nach Baldwin - Mori operierten Falles von künstlicher Scheiden- 
bildung mit gutem Endresultat und Dauerheilung. Die betreffende Patientin hatte 
einen fingergliedlang hinter dem Introitus beginnenden Scheidenverschluß. Es wurde 
zunächst von einer Stelle unterhalb der Urethralmündung aus ein Spalt bis zur Um- 
schlagsstelle des Peritoneums gebildet. Durch Laparotomie wurde dann vom Dünn- 
darm ein 20 cm langes Stück in der Gegend der Bauhinischen Klappe gewonnen 
und dasselbe in den zuerst gebildeten Spalt bis zum Introitus vorgezogen. Besonders 
beachtenswert war, daß auch bei starkem Zug am heruntergeholten Darmstück die 
Gefäße in dessen Mesenterium gut pulsierten, seine Ernährung somit als sichergestellt 
anzunehmen war. Die Wundheilung verlief glatt ohne Störungen, auch 7 Monate 
post operationem war Patientin beschwerdefrei. Die in der künstlichen Vagina vor- 
handene Bakterienflora war dieselbe wie sonst im Darm: Coli, grampositive Stäbchen 
und Haufenkokken. Deppe (Marburg). 

Michael, Hans: Zur künstlichen Scheidenbildung. (Uniw.-Frauenklin., Göttingen.) 


Zentialbl. f. Gynäkol. Jg. 45, Nr. 46, S. 1665—1667. 1921. 

Ein Fall von Schubertscher Operation wegen vollständigen Mangels der Scheide und 
der inneren Genitalien bei einem 19jährigen Mädchen. Die Ablösung des Mastdarms gelang 
hinten leicht nach Resektion des Steißbeins, vorn schwierig, so daß es in situ quer durchtrennt 
werden mußte. Im übrigen verlief die Operation typisch nach Schubert. H. Freund. 

Brenner, M.: Ein weiterer Fall von künstlicher Scheidenbildung nach Mori. 


Monatsschr. f. Gebuitsh. u Gynäkol. Bd. 54, H. 2, S. 112—116. 1921. 

23jähriges, nicht menstruiertes Mädchen. Defectus vaginae. Uterus bicornis rudimentar. 
mit rudimentärer rechter Tube und Ovarium. Scheidenersatz durch eine Dünndarmschlinge, 
die aber im Introitus nekrotisch wurde. H. Freund (Frankfurt a. M.). 

Moszkowicz, L.: Plastik bei Scheidendefekt. Zentralbl. f. Gymäkol. Jg. 45, 
Nr. 2, S. 80—83. 1921. 

Auch Moszkowicz bildet die Scheide aus der Ampulla recti, stützt aber die 
schwache Rectalnaht durch einen hinteren Vestibularlappen. H. Freund. 

Schubert, G.: Die Bildung der Scheide bei Vaginaldefekt. Zentralbl. f. Gynäkol. 
Jg. 45, Nr. 7, S. 229—238. 1921. 

Schubert teilt mit, daß von seiner Operation (Mastdarmmethode) 33 ohne Todes- 
fall und mit gutem funktionellen Resultat bekannt sind gegenüber 32 nach Mori (Dünn- 
darmmethode) mit 5 Todesfällen und 5 ungenügenden funktionellen Ergebnissen. 

H. Freund (Frankfurt a. M.). 

Wallerstein: Zwei Fälle künstlicher Scheidenbildung. Zentralbl. f. Gynäkol. 
Jg. 45, Nr. 41, S. 1492—1494. 1921. 

Nemes, A.: Scheidenbildung aus dem Mastdarm. (Staatl. Hebammensch., Oradea- 
Mare [Groß-Wardein].) Zentralbl. f. Gynäkol. Jg. 45, Nr. 22, S. 787—789. 1921. 

Brossmann, Hans: Zur operativen Bildung einer künstlichen Scheide. Zentralbl. 
f. Gynäkol. Jg. 45, Nr. 22, S. 789—491. 1921. 

Hartmann, D.: Atresia vaginae, Vaginabildung aus einer Dünndarmschlinge. 
Demonstration. (Ver. f. Gynäkol. u. Geburtsh., Kopenhagen, Süzg. v. 2. II. 1921.) 
Hospitalstidende Jg. 64, Nr. 35, S.29—32. 1921. (Dänisch.) 


346 Allgemeines. Besondere Untersuchungs- und diagnostische Methoden. 


Charbonnel et Favreau: Indications d’intervention et mode opératoire en eas 
d’absence totale du vagin. „Un cas d’operation de Pozzi.‘* (Indikation und Wahl 
der Operationsmethode bei völligem Fehlen der Vagina. „Ein Fall von Pozzi-Operation.““ 
(Soc. d’obstetr. et de gynecol., Bordeaux, 17. III. 1921.) Bull. de la soc. d’obstetr. et 
de gynecol. de Parıs Jg. 10, Nr. 6, S. 245—250. 1921. 


XII. Allgemeines. Besondere Untersuchungs- und diagnostische 
Methoden. 


Hirsch, Rudolf: Ein neuer Handgriff zur Erleichterung der gynäkologischen 
Untersuchung bei starker Bauchdeckenspannung. (Univ.-Frauenklin., München.) 
Münch. med. Wochenschr. Jg. 68, Nr. 36, S. 1157. 1921. 

Hirsch empfiehlt, um bei der vaginalen Untersuchung starke Bauchdeckenspannung 
zu vermindern, in den Mastdarm ein 2cm dickes Gummirohr, Hegarstift usw. einzuführen 
und die Patienten diesen fest durch den Sphincter ani umklammern zu lassen. Verantwortlich 
macht er zwei Faktoren für das Zustandekommen: 1. eine Ablenkung der Patienten und 
2. einen gewissen Antagonismus zwischen Afterschließmuskel und Bauchpresse. Bernard., 

La Torre, Felice: Ricordi e pensieri di semiotica ginecologica. (Erinnerungen 
und Gedanken von der Lehre der gynäkologischen Krankheitszeichen.) Clin. ostetr. 
Jg. 23, H. 3, S. 49—62, H. 4, S. 73—81, H. 5, S. 97—109, H. 6, S. 121—128 u. 
H. 7, S. 145—157. 1921. 


Torre gibt in großen Zügen einen bistorischen Überblick über die Pathologie des Uterus 
und der Adnexe; weiter über die gynäkologischen Untersuchungsmethoden und über die 
verschiedenen Krankheitszeichen. Er bringt nichts Neues. Bemerkenswert ist folgende Be- 
obachtung: Bossi hat festgestellt, daß 75% aller Krankheiten der Frau vom Uterus ausgehen. 
La Torre findet auf Grund seiner Statistik 62%, kommt aber zu der Ansicht, daß in der heutigen 
Zeit infolge der Zunahme der venerischen Krankheiten und infolge der Verwendung der Frau 


in der Industrie diese Ziffer noch zu niedrig gegriffen ist. Langer. 
Puppel, Ernst: Sozialgynäkologie? Zentralbl. f. Gynäkol. Jg. 45, Nr. 2, S. 78 
bis 80. 1922. 


Schwarz, L.: Die Eignung der Frau zu gewerblichen Berufsarten. (Staatl. 
hyg. Inst., Hamburg.) Öff. Gesundheitspfl. Jg. 6, H. 12, S. 417—427. 1921. 
"Nach der Schilderung der Geschlechtsunterschiede wird auf die biologische Ver- 
schiedenheit aber Gleichwertigkeit der Geschlechter hingewiesen und eine soziale 
Förderung der Differenzierung der Geschlechter als erstrebenswert bezeichnet. Die 
erwerbstätige Frau leidet infolge ihrer schwächeren Konstitution, ihrer Beanspruchung 
durch die Mutterpflichten und der Einflüsse des sexuellen Zyklus in den gemeinsamen 
öffentlichen Arbeitsstätten viel mehr unter der Berufsschädigung als der Mann. Daher 
wird vom sozialen, fortpflanzungshygienischen Standpunkte gefordert, daß Mütter 
in Fabriken überhaupt nicht erwerbstätig sein sollen außer bei weitgehender Erleich- 
terung und entsprechenden Fürsorgeeinrichtungen. Hauswirtschaftliche und Berufe, 
welche Handfertigkeit und Geschicklichkeit erfordern, sind in erster Linie auszuwählen. 
Die Sterblichkeit der erwerbstätigen Frauen und die Zahl ihrer fehl-, früh- und tot- 
geborenen Kinder hat erheblich zugenommen. Grei (Innsbruck). 


XIII. Lehrbücher, Lehrmittel usw. 


Seitz, Ludwig: Gegenwartsfragen und -Lehraufgaben in Geburtshilfe und 
Gynäkologie. Med. Klinik Jg. 17, Nr. 28, S. 831—834. 1921. 

Vortr. hat seine Ausführungen gelegentlich der Übernahme des Lehrstuhls für 
Geburtshilfe und Gynäkologie an der Universität Frankfurt a. M. 1921 als Antritts- 
vorlesung gehalten. Er geht davon aus, daB von beiden Disziplinen die Geburts- 
hilfe zuerst und anfänglich fast ausschließlich an Universitäten gepflegt wurde, wie 
das in der Natur der Entwicklung liegt und er betont weiter, daß auch weiterhin in 
erster Linie im Unterricht die Geburtshilfe gepflegt werden soll. Unter den Fortschritten, 
welche sie in den letzten Jahrzehnten gemacht hat, ist vor allem der zu erwähnen, 


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Lehrbücher, Lehrmittel usw. 347 


daß die Placenta nicht nur ein Filter, sondern ein hochentwickeltes Organ ist, in wel- 
chem sich für Mutter und Kind lebenswichtige Ab- und Aufbauvorgänge abspielen, 
eine Erkenntnis, durch welche für die Bekämpfung der Schwangerschaftsintoxika- 
tionen wichtige Aufschlüsse gewonnen sind. Ferner hat sich die Geburtshilfe in eine 
häusliche und eine klinische getrennt, und es ist auch den erfahrenen Praktikern heute 
zu Taten, bei schweren Komplikationen, wie Placenta praevia, Eklampsie, engem Becken, 
die Gebärende einer Klinik zu überweisen, da die Aussichten für Mutter und Kind 
durch die Fortschritte unserer operativen Maßnahmen in der Klinik wesentlich besser 
gestaltet werden können. Auf dem Gebiete der Gynäkologie ist in den letzten 40 Jahren 
die operative Technik zur höchsten Vollendung geführt, und das hat dazu verleitet, 
daß vor allem die nervösen Einflüsse überschen werden, welche nicht eine operative 
Behandlung, vielmehr psychisch-therapeutische Maßnahmen erforderlich machen. 
Vortr. erwähnt dann weiterhin, daß neuerdings außer dem Nervensystem auch die 
allgemeine Konstitution und vor allem die Drüsen mit innerer Sekretion in ihrer Be- 
deutung für die Entstehung von Störungen sowohl in der Gynäkologie wie auch in der 
Geburtshilfe als wichtig erkannt sind. Seitz berührt dann weiter sein besonderes 
Arbeitsgebiet, die Strahlentherapie, und stellt fest, daß nach seiner Erfahrung auch 
heute schon die kombinierte Röntgen- und Radiumtherapie die Resultate des opera- 
tiven Vorgehens erreicht hat. H. Füth (Köln). 

@ Koblanck: Taschenbuch der Frauenheilkunde 3. verm. u. verb. Aufl. 
Berlin-Wien: Urban & Schwarzenberg 1921 XVI. 376 S. M. 75.—. 

Koblanck schreibt in der ersten Auflage (1916): Dieses kleine Buch soll der 
allgemeinen Praxis dienen. Es folgt einer von der üblichen'’abweichenden Art der 
Darstellung, indem einteilende Richtlinien nicht die Organe, sondern die Erkrankungen 
sind, unter denen dann alle Organe nacheinander abgehandelt werden, so in den Ab- 
schnitten Geschwülste, Entzündungen. In letzterem findet sich wegen der Beziehungen 
zu den Entzündungen der Eileiter auch die Extrauterinschwangerschaft abgehandelt. 
Mit Recht weist K. darauf hin, daß die Eierstockentzündung in der Praxis viel zu oft 
angenommen wird, Gleiches gilt von der Gebärmutterentzündung. Im Abschnitt 
Anamnese legt K. Gewicht darauf, daß die Klagen, die sich auf andere Organe 
als die sexualen beziehen, mehr berücksichtigt werden müssen und an anderer Stelle 
macht er darauf aufmerksam, daß bei Zwiespalt (warum Inkongruenz?) zwischen 
Beschwerden und Befund es sich entweder um Störungen der inneren Sekretion, um 
nervöse Leiden, um Erschlaffungszustände oder um Erkrankungen anderer Organe 
handelt. In der Besprechung der Untersuchungsmethoden wird einer viel ausgedehn- 
teren Anwendung der Mastdarmuntersuchung das Wort geredet und in dem Abschnitt 
Entwicklungsstörungen betont er, daß Hypoplasie der äußeren Teile auf eine Ver- 
kümmerung der inneren Organe, namentlich der Ovarien hinweise. Ausführlich wird 
auch die Verhütung von Entwicklungsstörungen besprochen und der Maßnahmen für 
die Ertüchtigung der weiblichen Jugend an verschiedenen Stellen eingehend gedacht. 
Eine kurze, das Wesentliche erfassende Einzeldarstellung erfahren Tripper, Tuber- 
kulose, die Erkrankungen der Brustdrüse, der Harnwege, des Darmes. In dem Ab- 
schnitt Störungen des Geschlechtslebens findet man die Dysmenorrhöe (eine Sym- 
pathicusneurose nach K.s Ansicht), Blutungen, für deren Entstehung auch auf die 
Bedeutung des Coitus interruptus verwiesen wird, Sterilität u. a. abgehandelt. Ein 
Lieblingsgebiet K.s sind die nasalen Reflexneurosen, die eingehend besprochen werden 
und deren Kenntnis K. viel weiter verbreitet sehen möchte. Der Abschnitt Innere 
Sekretion und Fraudenkrankheiten ist in der 3. Auflage neu hinzugekommen. Be- 
sonders zu erwähnen sind noch die Abschnitte über frauenärztliche Behandlungs- 
methoden (,es wird viel zu häufig ausgeschabt“) und mechanische Heilmethoden. 
Unter letzteren wird Thure Brandt wenig günstig beurteilt, dagegen empfiehlt K. 
noch die Lösung von Verwachsungen nach Schultze. K. befleißigt sich möglichster 
Vermeidung von Fremdwörtern, und man sieht, es geht sehr gut. Die Zeichnungen, 


348 Lehrbücher, Lehrmittel usw. 


aus der Hand eines Malers, sind schematisch gehalten und zeigen, daß man auch mit 
wenig Mitteln das Ziel der Anschaulichkeit erreichen kann. Die Ausstattung ist eine 
gediegene und der Preis den heutigen Zeiten durchaus angemessen. H.Füth (Köln). 

eJaschke, Rud. Th. von: Krankheiten der Ovarien, Tuben, Liganiente des 
Uterus und Beckenbindegewebe, Bauchfell. (Diagnost. u. therap. Irrtümer u. deren 
Verhütung. Frauenheilk. Hrsgb. v. J. Schwalbe. Abt. Gynäkologie, H. 3.) 
Leipzig: Georg Thieme 1921. 57 S. M. 12.—. 

e Henkel, Max: Krankheiten der äußeren Geschlechtsteile und der Vagina, 
der Harnröhre, des Harmleiters und der weiblichen Blase. Gonorrhöe, Syphilis 
und Tuberkulose der weiblichen Geschlechtsorgane. (Diagnost. u. therap. Irrtümer 
u. deren Verhütung. Frauenheilkunde. Hrsgb. v. J. Schwalbe. Abt. Gynäkologie, 
H. 1.) Leipzig: Georg Thieme 1921. 92 S. M. 18.—. 

@ Reifferscheid, Karl: Krankheiten des Uterus. (Diagnost. u. therap. Irrtümer 
u. deren Verhütung. Frauenheilkunde. Hrsgb. v. J. Schwalbe. Abt. Gynäkologie, 
H. 2.) Leipzig: Georg Thieme 1921. 30 S. M. 7.50. 

Im Vorwort bezeichnet es der Herausgeber als Zweck der Abhandlungen, den 
Praktiker in der Erkennung und Behandlung von Krankheiten dadurch zu fördern, 
daß ihm die häufigsten Irrtümer, die in der Diagnose und Therapie vorkommen, vor- 
geführt und die Wege zu ihrer Vermeidung gezeigt werden, eine Idee, die es von selbst 
mit sich bringt, daß der Inhalt der einzelnen Hefte nur eine Ergänzung der gewöhn- 
lichen Lehrbücher und kein Ersatz sein kann. Von seiten der Bearbeiter gehört zur 
Verwirklichung dieses zweifellos vortrefflichen Gedankens vor allem praktische Er- 
fahrung, wie sie vornelmmlich nur aus Konsultationen zu gewinnen sind. Die dabei dem 
Einzelnen zufallende Aufgabe ist, wie Jaschke in einem Vorwort sagt, nicht leicht, 
und nach seiner Meinung ist besonderer Wert darauf zu legen, immer wieder darauf 
hinzuweisen, daß zur Vermeidung von Irrtümern erstes Erfordernis ist, jede Befangen- 
heit der ärztlichen Beobachtung und Aufmerksamkeit abzulegen und stets dem Gesamt- 
organismus Beachtung zu schenken. Jedem der 3 Hefte ist ein Sachregister beigegeben 
und der Inhalt selbst aus den Überschriften erkenntlich. Henkel betont für die 
Diagnose der Erkrankung der dem Auge zugängigen Gebilde die Wichtigkeit einer 
guten Beleuchtung und einer sorgfältigen Besichtigung. Specula müssen ausgiebig 
verwendet werden, wichtig ist in vielen Fällen die Untersuchung vom Mastdarm aus. 
Ausschlaggebend ist schließlich das Ausstrichpräparat, die Probeexcision, die mikro- 
skopische Untersuchung. Aus der eigenen Erfahrung gibt H. eine Reihe wertvoller 
Fingerzeige. Bei der essentiellen Inkontinenz der Blase ist an Oxyuriasis zu denken, 
oft verschwindet sie nach Entfernung adenoider Wucherungen. Für die genaue Be- 
urtejlung des Prolapses ist Untersuchung im Stehen sehr wichtig. Den Beschluß des 
Heftes machen Einzeldarstellungen der Gonorrhöe, der Syphilis, der Tuberkulose. 
H. warnt eindringlich vor der örtlichen Behandlung der akuten gonorrhoischen Endo- 
metritis cervicis, bei der immer noch Spülungen, Ätzungen gemacht werden. In dem 
Abschnitt Syphilis wird darauf hingewiesen, daß die Primäraffekte wegen ihrer Klein- 
heit und oberflächlichen Lage kaum in die Erscheinungen treten. Bei der Tuberkulose 
wird hervorgehoben, daß die Diagnose der tuberkulösen Erkrankungen der Adnexe, 
insbesondere der Tuben, welche ja mit Vorliebe ergriffen werden, in der Hauptsache 
auf der sorgfältigen allgemeinen Untersuchung, sowie auf dem mehr oder weniger 
charakteristischen Genitalbefunde beruht. Reifferscheid hebt bei Beurteilung von 
Menstruationsanomalien die Wichtigkeit der genauen Untersuchung des Gesamt- 
organismus hervor, wenn man therapeutisch etwas erreichen will. Ein großer Fehler 
ist örtliche Behandlung der Amenorrhöe bei Verkennung von Allgemeinerkrankungen 
als Ursache. Streng verpönt ist die Massage bei virginellen Personen. Zur Hebung der 
Amenorrhöe überhaupt soll bei diesen jeder Eingriff, wenn einer erforderlich ist, am 
besten in Narkose vorgenommen werden. Die Sondierung ist auf das Notwendigste 
zu beschränken und stets nur unter sorgfältiger Anti- und Asepsis auszuführen, am 


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Lehrbücher, Lehrmittel usw. 349 


besten nach seiner Anschauung in Seitenlage, Bei Besprechung der Dysmenorrhöe 
sind folgende Sätze ganz besonders bemerkenswert: ,, Wenn man die Krankengeschichten 
der Dysmenorrhoischen aufnimmt, tst man immer wieder erstaunt, was diese unglück- 
lichen Patienten schon alles an lokalen Eingriffen über sich haben ergehen lassen müssen: 
immer wiederholte Sondierung bei jeder Menstruation, vielfache Erweiterung der 
Cervix, langdauernde Massagebehandlung (bei virginellen Personen!). Diese sind vor- 
genommen worden mit dem oft einzigen Erfolge, daß die Beschwerden nach ganz 
vorübergehender Besserung immer schlimmer geworden sind.“ Das kann ich auf Grund 
meiner Sprechstundenerfahrung nur voll und ganz unterschreiben. Keine intrauterine 
Spülung bei akuter Metro-Endometritis, Behandlung der Retro flexio nur auf ganz 
bestimmte Indikationen hin. Ein dabei noch immer nicht ausgerotteter Irrtum ist 
der, daß das Einführen eines Pessars auch ohne vorherige Aufrichtung genüge. Die 
Indikationsstellung zur Bestrahlung von Myomen bleibt zweckmäßig dem Gynäkologen 
vorbehalten, da der praktische Arzt sich zu leicht irrt und einen Ovarialtumor, der 
operiert werden muß, als ein Myom ansieht. Den Beschluß macht die Besprechung 
des Uteruscarcinoms, dessen Diagnose der Praktiker deshalb noch so oft verfehlt, weil 
er aus irgendeinem Grunde nicht untersucht und Tropfen verschreibt. — von Jaschk e 
bespricht zuerst die Blutungen ovarialen Ursprungs, wobei er den Satz aufstellt, daß 
es ein gedankenloser Irrtum sei, bei Störungen der Menstruation ohne wesentlichen 
Tastbefund immer an eine Erkrankung der Uterusschleimhaut zu denken. Bei Be- 
sprechung der Erkrankung der Ovarien wird die Diagnose mit den möglichen Irrtümern 
eingehend erörtert und darauf hingewiesen, daß einer der blamabelsten Irrtümer die 
Verwechslung der maximal gefüllten Harnblase mit einem Ovarialtumor ist. Im Ab- 
schnitt „Andere Erkrankungen des Ovariums‘“ betont J. mit Recht, daß unter der 
gynäkologischen Diagnose des allgemein ärztlichen Praktikers noch immer die Eier- 
stockentzündung eine große Rolle spielt, und daß es sich dabei fast regelmäßig um 
Fehldiagnosen handelt. Eingehend werden die Fehler in der Diagnose der tubaren Ent- 
zündung, sowie der tubaren Gravidität besprochen und besonders die Differential- 
diagnose zwischen einem frühuterinen und einem tubaren Abort auseinandergesetzt. 
Bei der Differentialdiagnose zwischen einer gestörten tubaren Gravidität und einem 
entzündlichen Adnextumor empfiehlt J. ein von G. A. Wagner empfohlenes Verfahren: 
Steht die Blutung auf Pitiutrininjektion, so spricht das gegen Tubargravidität (dauert 
die Blutung trotz Pituitrininjektion fort, so ist freilich der umgekehrte Schluß nicht 
möglich). Den Beschluß macht ein Kapitel über die Erkrankung des Beckenbinde- 
gewebes und eins über die Erkrankung des Peritoneums, besonders des Pelveoperi- 
toneums. H. Füth (Köln). 

© Runge, Ernst: Praktikum der gynäkologischen Strahlentherapie nebst einem 
Anhang über die Verwendung der Röntgenstrahlen in der Geburtshilfe. Ein Lehr- 
buch für Frauenärzte, Röntgenologen und Studierende. Leipzig-München: Otto 
Nemnich 1921. VIII, 568 S. M. 80.—. 

Zweck des Buches ist, dem gynäkologischen Praktiker eine Einführung in die gynä- 
kologische Röntgenstrahlentherapie zu geben. Dabei sind die physikalischen und bio- 
logischen Grundlagen der Röntgentherapie, so weit sie für den Praktiker wissenswert 
und zum Verständnis des Sinnes der Therapie und ihrer Anwendbarkeit notwendig sind, 
in aller Knappheit klar und ausreichend dargestellt. Bei aller Gründlichkeit ist jeder 
unnötige Ballast weggefallen. Der Beschreibung von Apparaten, Röhrentypen und Be- 
strahlungsmethoden älteren Datums ist zu großer Wert beigelegt worden. Die modernen 
Apparate sind ausreichend beschrieben. Auch die praktische Dosimetrie beschäftigt 
sich zu stark mit der historischen Entwicklung und bringt die Bestimmbarkeit der 
H.E.D., sowie die Messung mit Fürstenauschem Intensimeter und Jontoquantimeter 
zu kurz, so daß der unbefangene Leser, für den das Buch geschrieben ist, den Wert der 
neuesten Dosierungsmethoden nicht genau erkennen kann. Im weiteren schildert der 
Verf. seine Technik, die, wie er sich ausdrückt, „natürlich‘ eine Vielfelderbestrahlung 


350 Physiologie der Gravidität. 


in Serien ist. Eine mit viel Mühe und Fleiß aufgestellte Tabelle zeigt die einzelnen 
Bestrahlungstechniken von mehr als 50 Klinikern und Autoren. Nach dieser Tabelle 
steht freilich die Vielfelderserienbestrahlung im Vordergrund. In dieser sehr wichtigen 
Tabelle fehlen leider die Angaben, wann die einzelnen Autoren ihre Technik bekannt- 
gegeben haben. Durch diese Unterlassung ist die Entwicklung zur Bestrahlung in einer 
Sitzung nicht genügend herausgehoben. In der vorliegenden Form muß die Tabelle als 
überholt angesehen werden, besonders wenn man sich ein Bild von der Röntgen- 
bestrahlungstechnik macht, wie sie auf dem gynäkologischen Kongreß 1920 festgelegt 
wurde. Dieser Kongreß stand ausschließlich unter dem Szepter der einmaligen, mög- 
lichst nicht wiederholten Bestrahlung, wenigstens bei den gutartigen Erkrankungen. 
Interessant ist, daß Verf. der französischen Schule huldigt, indem er Strahlenwirkung 
auf Ovarium und Tumor gleichzeitig annimmt und anstrebt, während in Deutschland 
im allgemeinen der Wirkung auf das Ovarıum die Hauptbedeutung beigemessen wird. 
Daraus erklärt sich wohl auch der Standpunkt des Verf., junge Frauen mit Myomen 
der Röntgenbestrahlung zu unterziehen. Nicht unwidersprochen dürfte die Auffassung 
des Verf. bleiben, daß heute in einem modernen Lehr- oder Handbuch der gynäko- 
logischen Strahlentherapie eine überlebte Röntgenapparatur, die höchstens eine Be- 
strahlung bei gutartigen Erkrankungen zuläßt, so weit in den Vordergrund gerückt 
werden darf wie im Buche des Verf., und daß diese Ansicht mit den hohen An- 
schaffungskosten für moderne Apparate gerechtfertigt werden darf. Für diese Apparate 
ist der Optimismus des Verf., operable Carcinome allein durch Strahlentherapie zu 
heilen, nicht haltbar. Abgesehen von diesem Mangel ist aber die Verarbeitung des kli- 
nischen Teiles und die geschlossene Zusammenfassung der einzelnen gynäkologischen 
Erkrankungen sehr wertvoll und für jeden gynäkologischen Röntgentherapeuten ein 
Hinweis und Ratgeber, was die Strahlentherapie leisten kann. Das Buch wird stets 
seinen Zweck erfüllen, sofern man sich außer den Mitteilungen über physikalische und 
biologische Grundlagen die Ausführungen über das modernste an Apparatur, Technik, 
Dosimetrie und klinische Anwendbarkeit der Röntgenstrahlen herausnimmt. Besonders 
hervorzuheben ist das 1025 Arbeiten umfassende Literaturverzeichnis, das freilich nicht, 
wie Verf. behauptet, alle einigermaßen wertvollen Arbeiten bis Mitte 1920 enthält, 
aber doch bis zum Jahre 1918 als vollständig gelten kann. Siegel (Gießen). 
eBrachet, A.: Traité d’embryologie des vertébrés. (Grundriß der Entwicklungs- 
geschichte der Vertebraten.) Paris: Masson et Cie. 1921. XV, 602 S. Frcs. 60.—. 
Dies Buch des bekannten Brüsseler Embryologen stellt eine durch vorzügliche 
Abbildungen ausgestattete klar geschriebene Entwicklungsgeschichte dar; die Gynäko- 
logen seien besonders auf die Kapitel über die Spermato- und Oogenese und auf die Ab- 
handlungen über die Entwicklung des excretorischen Apparates sowie des Sexual- 
apparates hingewiesen. Aschheim (Berlin). 


Geburtshilfe. 


I. Physiologie der Gravidität. 


1. Zeugung, Geschlechtsbestimmung, Schwangerschaftsdauer, Schwanger- 
schaftsveränderungen im mütterlichen Organismus; Physiologie der Frucht 
und ihrer Anhänge. 


Holzapfel, Karl: Schwangerschaftszeichen. Zentralbl. f. Gynäkol. Jg. 45, Nr. 26, 
S. 917—919. 1921. 

Die beginnende Auflockerung in der Muskulatur des Corpus uteri ist als erstes 
Schwangerschaftszeichen, als Vorstufe zum Hegarschen Schwangerschaftszeichen 
anzusehen. Diese Auflockerung konnte bisher nur durch die Betastung festgestellt 
werden. Nach dem Verf. läßt sich die Lockerung der Uterusmuskulatur außerdem 


Zeugung, Geschlechtsbestimn.ung, Schwangerschaftsdauer usw. 351 


noch dadurch erkennen, daß man Zeigefinger und äußere Hand unter mäßigem Druck 
über das Corpus bis zum Fundus uteri hingleiten läßt. Ist der Uterus nicht gravide, 
dann schnellt das Corpus „knapsend‘“ zwischen den Fingern durch. Fehlt das „Knap- 
sen“ ganz, dann liegt Gravidität vor. Ist das „Knapsen“ undeutlich, dann ist die Frau, 
besonders bei gleichzeitiger Weichheit der Corpusmuskulatur ‚‚mit allergrößter Wahr- 
scheinlichkeit‘“ gleichfalls gravide. Die Bewertung der Fundushärte durch das „Knap- 
sen“ in Verbindung mit der Weichheit des Corpus uteri ist wohl als das frühste Schwan- 
gerschaftszeichen anzusehen, da nach Ansicht des Verf. die Auflockerung der Corpus- 
muskulatur schon sehr bald nach der Eiimplantation erfolgt. Borell (Düsseldorf). 


Wasbergen, G. H. van: Die Physiologie von Schwangerschaft, Geburt und 
Puerperium. Nederlandsch maandschr. v. geneesk. Jg. 10, Nr. 4, S. 206—209. 1921. 


Guggisberg, Hans: Zur Genese der Schwangerschaftsveränderungen. (Unit.- 
Frauenklin., Bern.) Schweiz. med. Wochenschr. Jg. 5l, Nr. 8, S. 169—172. 1921. 

Es gibt während der Schwangerschaft wohl kaum ein Organ im Organismus, an 
dem bei genauer Untersuchung keine morphologischen oder funktionellen Unterschiede 
gegenüber normalen Verhältnissen aufzufinden sind. Die Lehre der inneren Sekretion 
ließ die Vermutung aufkommen, daß der Ausfall der Ovarialsekretion während der 
Schwangerschaft die Ursache der Schwangerschaftsveränderungen darstelle. Diese 
Annahme ist noch nicht bewiesen. Verf. nimmt an, daß die Placenta die Quelle der 
Schwangerschaftsveränderungen darstellt. Eine Reihe einwandfreier Untersuchungen 
am Kaninchen hat ergeben, daß an der innersekretorischen Tätigkeit der Placenta 
nicht zu zweifeln ist, daß in ihr Stoffe vorhanden sind, die auf das Wachstum des 
Genitalsystems fördernd wirken, und zwar sind es besonders Uterus und Vagina, die 
in ausgedehntem Maße zunehmen, sowohl in der Muskulatur als auch in der Schleim- 
haut. Die Frage der Mammahypertrophie ist durch die Versuche noch nicht restlos 
geklärt. Wahrscheinlich sind die Stoffe, die auf den Uterus und die Mamma wirken, 
nicht durchaus analoger Art. Versuche, bei Infantilismus das Placentarhormon in den 
Dienst der ärztlichen Therapie zu stellen, haben keinen Erfolg gehabt. Es wurden 
erst 2—3 Injektionen in der Woche, dann ebensoviel im Tag gemacht, aber der Erfolg 
hat den Erwartungen nicht entsprochen. Möglich, daß es an der.relativ geringen Menge 
des injizierten Mittels gelegen ist. Vielleicht würde ein konzentrierteres Präparat 
bessere Erfolge haben. Resa Friedemann-Hirsch (Charlottenburg). 


Lorenzen, H.: Über das Körpergewicht Schwangerer und den Einfluß der 
bevorstehenden Geburt auf dasselbe. (Univ.-Frauenklin., Jena.) Zeitschr. f. Geburtsh. 
u. Gynäkol. Bd. 84, H. 2, S. 426—446. 1921. 

Das der Arbeit zugrunde gelegte Material umfaßt 78 Schwangere und 2042 Wägun- 
gen. Die Gewichtszahlen wurden graphisch in besonderen Gewichtskurven aufgezeichnet, 
und aus sämtlichen gefundenen Werten eine Durchschnittsgewichtskurve ermittelt. 
Lorenzen faßt seine Beobachtungen wie folgt zusammen. 1. Das Körpergewicht 
Schwangerer nimmt vom Beginn der 31. Woche bis zur Geburt ununterbrochen zu; 
ein terminaler Gewichtssturz tritt nicht ein. Die Gesamtzunahme beträgt 4,82 kg. 
(Das Gewichtsmaximum fällt auf den zweitletzten Tag vor der Geburt, auf dieser Höhe 
bleibt es annähernd bis zur Geburt stehen, fällt nur um 80 gab. Nach Zange meister 
beträgt die Abnahme vom drittletzten Tage ab bis zum Augenblick der Geburt im 
Mittel 1 kg.) 2. Die Größe der Gewichtszunahme ist nicht nur durch das heranwachsende 
Ei, sondern in weit größerem Maße durch ein Schwererwerden des Organismus der 
Schwangeren bedingt; sie wird durch bestimmte Faktoren gesteigert: jugendliches 
Alter, wiederholte Schwangerschaft und größere Körpermaße. 3. Bei den großen 
Tagesschwankungen im Gewichtsverlauf ist es unmöglich, eine Zu- oder Abnahme aus 
den Veränderungen des Gewichtes von einem Tag auf den anderen zu erkennen, viel- 
mehr kann man diese nur aus dem Durchschnittsgewicht kurzer aufeinanderfolgender 
Zeitabschnitte (etwa je eine Woche) ermitteln. Wir sind daher auch nicht berechtigt, 


352 Physiologie der Gravidität. 


in solchen täglichen Veränderungen ein typisches Verhalten des Gewichtsverlaufes 
(terminale Abnahme) zu erblicken. Friedemann-Hirsch. 

Ruge II, Carl: Schwangerschaltsdauer und gesetzliche Empfängniszeit. (Univ.- 
Frauenklin., Berlin.) Arch. f. Gynäkol. Bd. 114, H. 1, S. 1—50. 1921. 

In den Fällen mit bekanntem Konzeptionstermin erscheint es bei oberflächlicher 
Betrachtung sehr einfach, die Dauer der Schwangerschaft festzustellen. Auf Grund 
von zahlreichen Beobachtungen kann die Durchschnittszahl von 270—273 Tagen für 
die Schwangerschaftsdauer vom Konzeptionstage an für einwandfrei erklärt werden. 
Ruge faßt nun das Resultat seiner sehr genauen Beobachtungen in folgenden Sätzen 
zusammen: l. Eine genaue Berechnung der Dauer der menschlichen Schwangerschaft 
ist auch bei Kenntnis des Empfängnistages nicht möglich, da wir für die Keimzellen 
nach ihrer Aufnahme in die Eileiter im Gegensatz zu den Erfahrungen bei Säugetieren 
eine Lebens- und Befruchtungsfähigkeit von mehreren Tagen annehmen müssen und 
daher den Zeitpunkt der Befruchtung niemals genau angeben können. 2. Die Schwanger- 
schaftsdauer geht nicht immer mit der Fruchtentwicklung parallel; aus der Entwick- 
lung des Kindes darf daher nicht ohne weiteres auf eine kurze oder lange Schwanger- 
schaftsdauer geschlossen werden. Da bei etwa einem Drittel aller schweren Kinder 
die Dauer der Schwangerschaft sogar unter dem für normale Kinder berechneten 
Durchschnitt von 280 Tagen p. m. und von 270 Tagen p. c. bleibt, so berechtigt ein 
großes Gewicht des Kindes noch nicht zu dem Schluß einer Spätgeburt. 3. Spät- 
geburten, d. h. Geburten von reifen oder nahezu reifen Früchten nach einer die gesetz- 
liche Grenze von 302 Tagen überschreitenden Empfängniszeit kommen bei abgestorbenen 
Kindern unter verschiedenen Erscheinungen vor und sind bei lebenden Kindern bisher 
nicht einwandfrei nachgewiesen worden. 4. Für eine Änderung der gesetzlichen Gren- 
zen der Empfängniszeit liegt bisher kein hinreichender Grund vor, doch ist zur genauen 
Feststellung dieser Grenzen die Sammlung von ärztlich genau beobachteten Fällen 
nötig. Jeder Arzt sollte daher über diejenigen Schwangerschaften, die er von Beginn 
an dauernd kontrollieren kann, möglichst eingehende Aufzeichnungen machen. 5. Für 
ein Kind mit den wichtigsten Zeichen der Reife ist jede Empfängniszeit von weniger 
als 230 Tagen als unmöglich zu bezeichnen. 6. Der Absatz 2 des $ 1592 müßte dem- 
nach folgende Fassung erhalten: „Gewinnt der Richter die Überzeugung, daß das 
Kind innerhalb eines Zeitraumes empfangen ist, der weiter als 302 Tage vor der Geburt 
zurückliegt, so gilt dieser Zeitraum als Empfängniszeit.‘“ In dieser Fassung muß es 
auch für uneheliche Kinder gelten. 7. Für $ 1717 wird folgende Fassung vorgeschlagen: 
„Als Vater des unehelichen Kindes im Sinne der §§ 1708—1716 gilt, wer der Mutter 
innerhalb der Empfängniszeit beigewohnt hat und mit größter Wahrscheinlichkeit 
als Erzeuger in Betracht kommt. Eine Beiwohnung bleibt jedoch außer Betracht, 
wenn es den Umständen nach offenbar unmöglich oder in hohem Grade unwahrschein- 
lich ist, daß die Mutter das Kind aus dieser Beiwohnung empfangen hat. Für die 
Empfängniszeit gelten die Bestimmungen des $ 1592. Resa Friedemann-Hirsch. 

Benda, Robert: Der Gewichtssturz am Ende der Gravidität. (Geburtshilfl 
Klin., dtsch. Univ., Prag.) Zentralbl. f. Gynäkol. Jg. 45, Nr. 16, S. 560—562. 1921. 

Den Ausgangspunkt der Arbeit bildet eine Veröffentlichung Zangemeisters 
aus dem Jahre 1916. Zangemeister hat bei 98%, aller Schwangeren eine Gewichts- 
abnahme vor der Geburt beobachtet, die vom drittletzten Tage bis zur Geburt ca. 1 kg 
beträgt. Diesem Symptom ist von Momm für die Bestimmung des Geburtstermins 
praktische Bedeutung zugeschrieben worden. Verf. hat an 120 Hausschwangeren diese 
Beobachtung nachgeprüft und kommt zu folgendem Ergebnis: 37%, der Erstgebärenden 
und 40%, der Mehrgebärenden haben vom Tage des erreichten Höchstgewichtes, das 
bei 92% aller Erstgebärenden und 91%, aller Mehrgebärenden schon in den letzten 
Tagen vor der Geburt erreicht wird, bis zum Tage der Geburt nicht abgenommen. 
In den letzten 3 Tagen vor der Geburt zeigt die Gewichtskurve kein gesetzmäßiges 
Verhalten. Ein Gewichtssturz von !/,—1 kg wurde bei Erstgebärenden in 37%. bei 


Zeugung, Geschlechtsbestimmung, Schwangerschaftsdauer usw. 353 


Mehrgebärenden nur in 17°, der Fälle beobachtet. Unverändert war das Gewicht 
bei 36%, der Erstgebärenden. und 57% der Mehrgebärenden, während der Rest sogar 
an Gewicht zunahm. Verf. kommt zu dem Schluß, daß praktische Folgerungen aus 
diesem Symptom nicht gezogen werden können. F.C. Wille (Berlin). 

Kirstein, F.: Über die Schutzpockenimpfung bei Schwangeren, Wöchnerinnen 
und Neugeborenen. (Univ.-Frauenklin., Marburg a.L.) Dtsch. med. Wochenschr. 
Jg. 47, Nr. 12, S. 328—330. 1921. 

Nach vielen experimentellen Untersuchungen kommt Verf. zu der Ansicht, daß 
es keinen Zweck hat, Impfversuche beim Neugeborenen zur Feststellung des Vorhanden- 
seins oder Fehlens von Vaccineantikörpern anzustellen, da trotz vorhandener Anti- 
körper die Haut des Neugeborenen mit dem sog. „vollen Impferfolg‘ reagieren kann. 
Die Beobachtung von Kehrer, daß von zweieiigen Zwillingen der eine mit Pocken- 
pusteln, der andere gesund geboren wurde, läßt darauf schließen, daß möglicherweise 
eine Placentarerkrankung als Variola die Antikörper im fötalen Organismus auslösen 
kann, daß es aber trotz mütterlicher Erkrankung nicht unbedingt dazu zu kommen 
braucht. Auf diesem Gebiet müßten noch weitere Untersuchungen angestellt werden. 

Resa Friedemann-Hirsch (Charlottenburg). 

Fuhrmann, Ludwig und Bruno Kisch: Vergleichende Blutuntersuchungen bei 
Mutter und Neugeborenem. Beobachtungen über Oberflächenspannung des Serums 
und Hämolyse. (Pathol.-physiol. Inst., Univ. u. Prov.-Hebammenlehranst., Köln.) 
Zeitschr. f. d. ges. exp. Med. Bd. 24, H. 1/4, S. 84—95. 1921. 

Das Blut der Neugeborenen gerinnt langsamer und schlechter als das der 
Mutter. Sein Serum hat meist eine charakteristische Orangefarbe, während das 
Serum der Gebärenden fast stets eine deutliche grüngelbe Fluorescenz zeigt. Diese 
Orangefarbe zeigt auch das sogleich nach der Entnahme durch Zentrifugieren gewonnene 
fötale Serum. Normalerweise ist die Oberflächenspannung des fötalen Serums 
wesentlicher niedriger als die des mütterlichen. Die physiologische starke Hyper- 
bilirubinämie des Neugeborenen bedingt wohl hauptsächlich die besondere Farbe 
seines Serums, kann aber dessen niedrige Oberflächenspannung nicht erklären. Die 
Oberflächenspannung des Serums bei eklamptischen Müttern war niedriger als 
in der Norm und zeigte den gleichen Oberflächenspannungswert wie das Serum ihres 
Neugeborenen. In 3 Fällen von Eklampsie war der Öberflächenspannungswert des 
Serums der Mutter bei normal verlaufendem Wochenbett 5 Tage bzw. 1—3 Wochen 
nach der Geburt wieder normal. Bei der Hämolyse durch Alkalisalze zeigte sich, 
daß sowohl bei den mütterlichen als bei den Blutkörperchen des Neugeborenen die 
Anionen der Kalisalze stets wirksamer als die Natronsalze waren. Rudolf Salomon. 
Kellerman Slotemaker, J. P., Eine einfach ausführbare Schwangerschafts- 

reaktion. (Nederlandsch maandschr. v. geneesk. Jg. 10, Nr.7, S. 329—341.) 


(Holländisch.) 
Vgl. Referat S. 34. 


Izar, Guido, Proprietä fissatrici specifiche nel siero di gravida. (Spezifisch bin- 
dende Substanzen im Schwangerenserum.) (Istit. di patol. med. dimostr., Catania.) 
(Biochim. e terap. sperim. Jg. 8, H. 12, S. 353— 355.) 

Vgl. Referat S. 35. 

Vercesi, Carlo: Sulla struttura dell’amnios. (Zur Struktur des Amnions.) (Istit. 
ostetr.-ginecol., univ., Genova.) Fol. gynaecol. Bd. 14, H. 4, S. 315—338. 1921. 

Auf Grund seiner Untersuchungen an 37 Amnionmembranen und unter Berück- 
sichtigung der gesamten einschlägigen Literatur betont er die Polymorphie des Amnion- 
epithels, die er als verschiedene Funktionsstadien einer Zellart auffaßt, und erklärt 
die Vakuolen, die vom 2. Schwangerschaftsmonat an regelmäßig im Protoplasma 
zu finden sind, um gegen Ende der Gravidität zuzunehmen, durch Auflösung von Fett- 
tröpfchen entstanden. Außerdem stellte er nach der Methode von Liaccio mittels: 
Sudan und Nilblaufärbung Lipoidgranula der verschiedensten Größe, vor allem peri- 
nucleär gelagert, dar, die, vom 4. Monat an nachzuweisen, im 7. Monat ihren Höhe-' 


Jahresbericht f. d. ges. Gynäkologie 1921. 23 


354 Physiologie der Gravidität. 


punkt erreichen. Mit Hinweis, daß diese Granula am Einde der Schwangerschaft, 
vor allem in den stark vakuolisierten Zellen, stark abnehmen, glaubt Verf. auf ein 
Nachlassen der Funktion des Amnions gegen Graviditätsende schließen zu dürfen. 
Auch in den Zellen der verschiedenen Schichten des Amnionbindegewebes beschreibt 
er lipoide Granula, die im 4. Monat ihre stärkste Entwicklung erreichen, aus Phos- 
phaten und Cholesterinen bestehen und ebenso wie die Lipoide des Epithels als Ausdruck 
einer spezifischen Tätigkeit des Amnions aufzufassen sind, die seine Bedeutung in 
den komplexen Vorgängen der Schwangerschaft dokumentieren. Den Befund von 
Mastzellen konnte er nicht bestätigen, ebenso lehnt er eine innersekretorische Funk- 
tion des Amnions ab. Das Fruchtwasser sieht er im Gegensatz zu Döderlein und 
Ferroni, die es als Sekretionsprodukt des Epithels auffassen, als durch die Tätigkeit 
des Amnions spezifisch verändertes Blutfiltrat an. Kolisch (Wien). 


Bertkau, F.: Zur Frage nach der Herkunft des Fruchtwassers. Zentralbl. f. 
Gynäkol. Jg. 45, Nr. 31, S. 1099—1100. 1921. 


Vignes, Henri: Le liquide amniotique. Progr. med. Jg. 48, Nr. 50, S. 577 bis 
578. 1921. 

Die Amnionflüssigkeit ist ein Dialysat, welches dazu dient. den Foetus gegen 
äußeren Druck zu schützen, ihm die nötige Bewegungsfreiheit zusichert und dazu bei- 
trägt, bei der Geburt den Cervicalkanal zu dilatieren. Die Quantität wechselt mit dem 
Alter der Schwangerschaft. Am Ende der Schwangerschaft, selbst in normalen Fällen, 
ist die Quantität ganz verschieden, sie kann weniger als 500 cem, aber auch mehr als 
1 l sein. In der ersten Hälfte der Schwangerschaft ist die Flüssigkeit farblos, serös, 
in der zweiten Hälfte mehr oder weniger milchig. Im Falle von Maceration kann sie 
rot aussehen. Eine gelbe Farbe kann sie annehmen, insbesondere bei Mißbildungen 
des Nervensystems. Man hat behauptet, daß die Amnionflüssigkeit durch Anhäufung 
aus fötalem Urin gebildet wird. Dieses stimmt aus verschiedenen Gründen nicht, 
obgleich nicht zu bestreiten ist, daß unter gewissen Bedingungen geringe Mengen Urin 
der Flüssigkeit beigemengt sind. Verschiedene Analysen zeigen, daß die Amnion- 
flüssigkeit ihren Ursprung aus einem Dialysat durch die Eimembranen hat. Es ist 
aber noch nicht mit Sicherheit festgestellt, ob der Ursprung der Transsudation in den 
mütterlichen oder fötalen Gefäßen ist. Resa Friedemann-Hirsch. 


Labat, A. et M. Favreau: Contribution à l’ötude de la composition chimique 
du liquide amniotique. (Beitrag zu dem Studium über die chemische Zusammen- 
setzung der Amnionflüssigkeit.) Bull. de la soc. d’obstetr. et de gynecol de Paris. 
Jg. 10, Nr. 5, S. 347—351. 1921. 

Bei der chemischen Untersuchung von Amnionflüssigkeiten wurden folgende 
mittlere Werte gefunden: 


Trockener Rückstand bei 100° . . . . 13,30 g 
Organische Substanz . . ...... 6,568 
Asche: + = 52.0 6 # 2 a a ae 6,81 g 
Chlor. Sod. : . 2... 060% 3,258 
Albumen - . » 2 2 2 2 2 2 2 nn. 2,408 
Harnstoff 2: nen a u 0,28 g 


Es wurden im ganzen an 6 Fällen Untersuchungen angestellt. Bei 5 Fällen fanden 
sich die oben angegebenen mittleren Werte, bei einem Fall wurde noch 0,10 g Glucose 
nachgewiesen. Friedemann-Hirsch. 


Hürzeler, 0.: Trockene Geburt bei Agenesie beider Nieren des Foetus. (Chirurg. 
u. geburtshüfl. Abt., kant. Krankenanst., Aarau.) Zentralbl. f. Gynäkol. Jg. 45. 
Nr. 20, S. 702—704. 1921. 

Verf. berichtet über 2 in der Literatur bekannte Fälle und eine eigene Beob- 
achtung von trockener Geburt bei Agenesie beider Nieren des Foetus. Die Kinder 
kamen asphyktisch zur Welt, waren ausgetragen, Exitus erfolgte trotz aller Wieder- 
belebungsversuche nach 20—30 Minuten. Die beiden Literaturfälle zeigten Skelett- 


Zeugung, Geschlechtsbestimmung, Schwangerschaftsdauer usw. 355 


deformitäten, Klumpfuß usw., der selbst beobachtete Fall war trotz vollständig trocken 
verlaufener Geburt — höchstens 1 Kaffeelöffel voll klares Fruchtwasser war vorhanden 
— absolut normal ausgebildet. Die Frage nach der Herkunft des Fruchtwassers — die 
neuesten biologischen Experimente (Polano u. a.) haben das übereinstimmende 
Resultat ergeben, daß das Fruchtwasser ein fötales Sekretionsprodukt sein muß — 
ist auch nach obigen Beobachtungen noch nicht restlos geklärt, aber immerhin muß 
man der Nierenfunktion des Foetus in utero größere Bedeutung an der Entstehung 
des Fruchtwassers beimessen, als gewöhnlich angenommen wird. 
Resa Friedemann-Hirsch (Charlottenburg). 

D’Erchia, Florenzo: Über Anatomie und Physiologie der Placenta. Kritische 
Bemerkungen. Monatsschr. f. Geburtsh. u. Gynäkol. Bd. 55, H. 2/3, S. 65—83. 1921. 

Florenzo D’Erchia hat bei der weißen Maus das Ei im Stadium der Morula, 
der Blastula und im didermischen und tridermischen während seiner Insertion beob- 
achtet. Das Ei setzt sich im Beginne der Entwicklung zwischen zwei Falten der Uterus- 
schleimhaut fest und dann in der sogenannten Brutkammer, welche als ein des Be- 
kleidungsepithels entblößter Teil der primitiven Uterushöhle angesehen werden kann. 
Diese erweitert sich, ihre innere Oberfläche löst sich vom Ei ab, es entsteht ein Zwischen- 
raum, der bald von soliden Deciduaelementen und mütterlichem Blute eingenommen 
wird. Das Ei durchbricht nicht selbsttätig die Schleimhaut, um in die Submucosa zu 
gelangen, sondern setzt sich passiv fest. Über die Entstehung und Entwicklung der 
Placenta hat D’E. an der Katzenplacenta Untersuchungen vorgenommen und hat 
hierbei das gegenseitige Durchdringen der fötalen und mütterlichen Gewebe fest- 
gestellt, so daß das Eindringen der fötalen Elemente nicht zu hoch anzunehmen ist, 
während nach Sfameni bei der Bildung der Placenta die Decidua magna pars ist. 
Die Blutlacunen der Placenta hält D’E. für von einem besonderen syncytiumförmigen 
Gewebe umgebene Capillaren, welche das Endothel verlieren und gewisse Bluträume 
von speziellem neuentstandenen Gewebe bilden. Das die Chorionzotten und Blut- 
lacunen bekleidende Syncytium stammt bei den niederen Wirbeltieren und einigen 
Säugetieren vom Uterusepithel her. Bei einigen Säugetieren (Meerschweinchen, Maus) 
und beim Menschen kann man nicht mit Sicherheit angeben, ob es mütterlichen Ur- 
sprungs sei — wie sich aus den vergleichenden anatomischen Untersuchungen zu 
ergeben scheint — oder fötalen Ursprungs — wie embryologische Beobachtungen an 
sehr jungen, im Uterus aufgenommene oder auch von demselben losgelöste Eier zu 
beweisen scheinen. Bei den niederen Wirbeltieren und den Säugetieren besteht die 
Placenta aus einem ernährenden Teil (Dotterplacenta) und aus einem die Atmung 
vermittelnden Teil (Allantoisplacenta). Beim Menschen jedoch übernimmt die Placenta 
die doppelte Funktion. Resa Friedmann-Hirsch. 

Retterer, Ed. et S. Voronoff: Du placenta materne! ou caroncule exp6ri- 
mentale des ruminants, des cellules dites döciduales et de la fibrine dite eanalisöe. 
(Über die mütterliche Placenta oder den experimentellen Fleischauswuchs bci den 
Wiederkäuern. Über die decidualen Zellen und das kanalisierte Fibrin.) Gyne.ol. 
et obstetr. Bd. 3, Nr. 5, S. 305—326. 1921. 

Eine Reihe von Untersuchungen haben folgendes ergeben: Wenn man in den 
Uterus das Ovarium eines entwickelten, vorher kastrierten Weibchens einimpft, so 
degeneriert dieses Ovarium, aber trotzdem bringt die uterine Schleimhaut eine mütter- 
liche Placenta oder Fleischauswuchs hervor. Die sensibilisierte Substanz beeinflußt 
die epithelialen Zellen der Schleimhaut, welche hyperplasieren oder hypertrorhieren. 
So entwickeln sich die pulpeusen Zellen. Diese, epithelialen Ursprungs, entwickeln 
weiter wie die epithelialen Zellen selbst, Hautmembranen: Die oberflächlichen atro- 
phieren nach Verminderung ihres Cytoplasmas und nach Verschwinden des Kernes. 
Nur die zellenartige Schale bleibt übrig, die vereint mit den Nachtarzellen ein schlauch- 
artiges System bildet. Der Fleischauswuchs cder müttcıliche Placenta ist also das 
Werk der uterinen Schleimhaut, die durch das Ovariurn beeinflußt ist. Wenn ein 


23* 


356 Physiologie der Gravidität. 


Lefruchtetes Ei hinzukommt., so bilden die epithelialen Zellen des fötalen Chorions den 
fötalen Teil der Placenta, deren Verzweigungen in die mütterliche Placenta hinein- 
dringen: Bei der Verbindung erleiden die weniger widerstandsfühigen mütterlichen 
oder pulpeusen Zellen eine sehr schnelle Umwandlung. Die protoplasmischen Reste 
dieser Zellen verdichten sich in dem Zwischenraum, der sıch zwischen den beiden 
Placenten findet, zu der ..uterinen Milch“. In der zweiten Hälfte der Schwangerschaft 
entleeren sich eine Anzahl dieser Zellen nur ihres Inhaltes und bleiben in dem Zu- 
stande schlauchartiger Schichten. Friedemann-Hirsch. 

Vogt, E.: Der Nabelschnurkreislauf im Röntgenbilde, zugleich ein Beitrag zur 
Lehre vom Verschluß des Ductus arteriosus Botalli. (Univ.-Frauenklin., Tübingen.) 
Fortschr. a. d. Geb. d. Röntgenstr. Bd. 28, H. 5, S. 443—452. 1921. | 

Röntgenologische Darstellung des Nabelschnurkreislaufes mittels einer neuen 
Injektionsmasse unter besonderer Berücksichtigung des Herzens, der Leber und der 
Nieren. Die mechanische Theorie von der primären Ausschaltung des Ductus art. Bot. 
infolge Drehknickung wird durch den röntgenologischen Nachweis der Herzverlagerung 
nach der Geburt, der Entfaltung der Lunge und der Thoraxumformung bewiesen. 

Weber (Halle a. S.). 

Brindeau, A. et M. Boussin: La radiographie dans l’&tude de la circulation 
placentaire. (Die Radiographie in dem Studium der placentaren Zirkulation.) 
Gynecol. et obstetr. Bd. 3, Nr. 1, S. 7—14. 1921. 

Die Verff. injizieren in die Gefäße eine für die X-Strahlen undurchlässige, flüssige 
aber gerinnfähige Substanz und zwar Quecksilbersalbe, die, warm injiziert, sofort 
gerinnt, wenn man sie in kaltes Wasser taucht. Um die Blutkoagulation zu verhindern, 
muß die Placenta sofort nach der Ausstoßung in Behandlung genommen werden, die 
folgendermaßen vor sich geht: 1. Massage, 2. intravasculäre Waschung mit warmem 
Wasser, 3. Injektion der Quecksilbersalbe. Verff. geben genaue Beschreibung mit 
Abbildungen ihrer Aufnahmen. Resa Friedemann-Hirsch. 

Becher, Hellmut: Die Entwicklung des Mesoplacentariums und die Placenta 
bei Aguti. (Dasyprocta azarae Schl.) (Anat. Inst., Univ. Gießen.) Zeitschr. f. d. 
ges. Anat. I. Abt.: Zeitschr. f. Anat. u. Entwicklungsgesch. Bd. 61, H. 5/6, S. 337 
bis 364. 1921. 

Beim Aguti liegt die Placenta bereits in den mittleren und älteren Stadien ihrer 
Entwicklung nahezu frei in der Gebärmutterhöhle und steht mit der Uteruswand nur 
durch eine dünne Platte, in der die Gefäße verlaufen — Mesoplacentarium — in Ver- 
bindung. Becher hat an etwa einem Dutzend Uteri gravidi von Dasyprocta Aguti 
Untersuchungen angestellt. Das jüngste Stadium wies einen Embryo von 2!/,cm 
Scheitel-Steißlänge auf, der größte Foetus unmittelbar vor der Geburt 17 cm. Der Uterus 
von Aguti ist ein Uterus bicornis. Es können Schwangerschaften in einem Horn, in 
beiden Hörnern, und Mehrlingsschwangerschaften in einem Horn bestehen. Die Placenta 
sitzt immer im oberen, tubaren Abschnitt des Uterushorns. Das Mesoplacentarıum — 
die Verbindung von Placenta mit Uteruswand — ist eine mit vielen Gefäßen durchsetzte 
Gewebsplatte, die, wie B. an der Hand von vielen Abbildungen zeigt, mit dem Wachs- 
tum des Foetus auch an Länge und Breite zunimmt, um aber gegen Ende der Gravidität 
wieder abzunehmen. Bereits, wenn das Embryo eine Länge von 5 cm erreicht hat, 
beginnt in der Nähe der Ursprungsgrenze an der Uteruswand eine Verdünnung der Ge- 
websplatte, und somit eine langsame Loslösung. Zuerst. finden sich Einrisse an der 
dünnsten Stelle des Bandes, d. h. zwischen den größeren Gefäßen, alsdann verlieren 
auch die kleineren Gefäße den Zusammenhang mit der Uteruswand. Zuletzt hat sich 
das Band völlig zurückgebildet, und nur noch die stärksten Gefäße, Randgefäße, sind 
erhalten und bilden die einzige Verbindung zwischen Placenta und Uterus. B. gibt eine 
genaue mikroskopische Beschreibung mit Abbildungen. Die fast völlige Loslösung der 
Placenta ante partum ist für das Tier von großer Bedeutung. Das lange Mesoplacenta- 
rium gestattet eine verhältnismäßig weitgehende Beweglichkeit der Placenta. Hier- 


Zeugung, Geschlechtsbestimmung, Schwangerschaftsdauer usw. 357 


durch sind Gefahren, die beim Herumlaufen des Muttertieres etwa durch vorzeitige 
Lösung einer festhaftenden Placenta dem Foetus drohen könnten, ausgeschlossen. 
Auch für den Ablauf einer schnellen und unblutigen Geburt ist die Loslösung ante par- 
tum von großer Bedeutung. Es bedarf sicherlich nur einer geringen Kontraktion des 
Uterus, um die Gefäßstränge zu zerreißen und die schon teilweise obliterierten Gefäß- 
lumina zu verschließen. Nach der Geburt besteht keine eigentliche Wundfläche, da das 
Uterusinnere bis auf die Gefäßstellen bereits epithelisiert ist, und folglich ist auch die 
Infektionsgefahr bedeutend herabgesetzt. In den jüngeren Entwicklungsstadien ist 
die Placenta kugelig. Sie wird von dem Mesoplacentarium in ihrer oberen Hälfte wie 
ein Kranz umgeben. Im älteren Stadium wird sie nach einer Richtung abgeflacht, und 
zwar meist unregelmäßig, so daß eine Kastanienform resultiert. Im Beginn ist die 
Placenta im Verhältnis zum Foetus sehr groß. Bei einem Foetus von 2!/, cm Länge hat 
sie einen Durchmesser von 2 cm. Später ändert sich das Verhältnis. Am Ende der Gravi- 
dität findet man als Durchschnittsmaße der ausgereiften Placenta eine Länge von 6, 
eine Breite von 4 und eine Höhe von 3cm. Vom makroskopischen inneren Aufbau ist 
folgendes als wichtig hervorzuheben: 1. die Umhüllung mit einer derben Kapsel; 2. der 
auch bei anderen Nagerplacenten vorkommende Unterbau (Dach der zentralen Exkava- 
tion, Duval); 3. die auffallende Anordnung der den Gaswechsel vermittelnden Teile. 
— In ihrem äußeren Aussehen erhält die Placenta ein besonderes Gepräge durch auf- 
fallende Bildungen, die durch die Eihäute hervorgerufen werden. Ein Teil der Eihäute, 
insbesondere die Nabelblase, hat bis zur Geburt des Foetus großen Anteil an dessen 
Ernährung. Besonders auffallend sind die Nabelblasen- oder Dottersackzotten, die bei 
älteren Stadien die Placenta mit einem Kranz von wurzelartig verzweigten Büscheln 
umgeben, die erst bei einer Fruchtlänge von 5 cm wahrnehmbar sind. Sie nehmen dann 
schnell an Größe und Zahl zu. Die Oberfläche der Placenta, die von der Nabelblase 
überzogen ist, ist bedeckt von Zotten. Diese besorgen für den Foetus eine nicht geringe 
Menge von Nährmaterial, das sie aus dem an der Oberfläche der Placenta gelegenen 
zerfallenen Gewebe und aus der Uteruswand selbst entnehmen. Die Nabelblasengefäße 
vereinigen sich am Rande der Placentaroberfläche zu einem Strang von 2—3 cm Länge, 
der auf dem Durchschnitt zwei Gefäße zeigt. Dieser legt sich an die Nabelschnur an 
und verwächst mit ihr. Nach dieser Vereinigung findet man auf dem Querschnitt der 
Nabelschnur fünf Gefäße: 2 Nabelstrangarterien, 1 Nabelstrangvene, 1 Dottersackarterie 
und 1 Dottersackvene. Das Amnion entspringt nach der Verdrängung von der Placen- 
taroberfläche durch die Nabelblase an der Nabelschnur etwa 2—3 cm oberhalb deren 
Ursprungsstelle. Es bildet einen weiten, mit Flüssigkeit gefüllten Sack, der die Uterus- 
höhle schon weit ausfüllt, auch wenn die Frucht noch längst nicht soviel Raum bean- 
sprucht. Die paraplacentare Bann des Aguti spielt bis zu dessen Geburt 
eine große Rolle. Resa Friedemann-Hirsch (Charlottenburg). 

Becher, Hellmut: Der feinere Bau der reifen Placenta von Aguti. (Dasy- 
proeta azarae Schl.) (Anat. Inst., Univ. Gießen u. Anat. Inst., Univ. Münster i. W.) 
Zeitschr. f. d. ges. Anat., 1. Abt.: Zeitschr. f. Anat. u. Entwicklungsgesch. Bd. 61, 
H. 5/6, S. 439—454. 1921. 

Beim Aguti liegt die Placenta bereits in den mittleren und älteren Stadien ihrer 
Entwicklung nahezu frei in der Gebärmutterhöhle und steht mit der Uteruswand nur 
durch eine dünne Platte, in der die Gefäße verlaufen — Mesoplacentarium — in Ver- 
bindung. Becher hat an etwa einem Dutzend Uteri gravidi von Dasyprocta Aguti 
Untersuchungen angestellt. Das jüngste Stadium wies einen Embryo von 2!/, cm 
Scheitel-Steißlänge auf, der größte Foetus, unmittelbar vor der Geburt, 17 cm. Der 
Uterus von Aguti ist ein Uterus bicornis. Es können Schwangerschaften in einem Horn, 
m beiden Hörnern und Mehrlingsschwangerschaften in einem Horn bestehen. Die 
Placenta sitzt immer im oberen, tubaren Abschnitt des Uterushorns. Das Mesoplacen- 
tarium — die Verbindung von Placenta mit Uteruswand — ist eine mit vielen Gefäßen 
durchsetzte Gewebsplatte, die, wie B. an der Hand von vielen Abbildungen zeigt, 


358 Physiologie der Gravidität. 


mit dem Wachstum des Foetus auch an Länge und Breite zunimmt, um aber gegen 
Ende der Gravidität wieder abzunehmen. Bereits wenn der Embryo eine Länge von 
5cm erreicht hat, beginnt in der Nähe der Ursprungsgrenze an der Uteruswand eine 
Verdünnung der Gewebsplatte, und somit eine langsame Loslösung. Zuerst finden sich 
Einrisse an der dünnsten Stelle des Bandes, d. h. zwischen den größeren Gefäßen, als- 
dann verlieren auch die kleineren Gefäße den Zusammenhang mit der Uteruswand. 
Zuletzt hat sich das Band völlig zurückgebildet, und nur noch die stärksten Gefäße, 
Randgefäße, sind erhalten und bilden die einzige Verbindung zwischen Placenta und 
Uterus. B. gibt eine genaue mikroskopische Beschreibung mit Abbildungen. Die fast 
völlige Loslösung der Placenta ante partum ist für das Tier von großer Bedeutung. 
Das lange Mesoplacentarium gestattet eine verhältnismäßig weitgehende Beweglichkeit 
der Placenta. Hierdurch sind Gefahren, die beim Herumlaufen des Muttertieres etwa 
durch vorzeitige Lösung einer festhaftenden Placenta dem Foetus drohen könnten, 
ausgeschlossen. Auch für den Ablauf einer schnellen und unblutigen Geburt ist die 
Loslösung ante partum von großer Bedeutung. Es bedarf sicherlich nur einer geringen 
Kontraktion des Uterus, um die Gefäßstränge zu zerreißen und die schon teilweise 
obliterierten Gefäßlumina zu verschließen. Nach der Geburt besteht keine eigentliche 
Wundfläche, da das Uterusinnere bis auf die Gefäßstellen bereits epithelisiert ist, und 
folglich ist auch die Infektionsgefahr bedeutend herabgesetzt. In den jüngeren Ent- 
wicklungsstadien ist die Placenta kugelig. Sie wird von dem Mesoplacentarium in 
ihrer oberen Hälfte wie ein Kranz umgeben. Im älteren Stadium wird sie nach einer 
Richtung abgeflacht, und zwar meist unregelmäßig, so daß eine Kastanienform resul- 
tiert. Im Beginn ist die Placenta im Verhältnis zum Foetus sehr groß. Bei einem Foetus 
von 21/, cm Länge hat sie einen Durchmesser von 2 cm. Später ändert sich das Ver- 
hältnis. Am Ende der Gravidität findet man als Durchschnittsmaße der ausgereiften 
Placenta eine Länge von 6, eine Breite von 4 und eine Höhe von 3cm. Vom makro- 
skopischen inneren Aufbau ist folgendes als wichtig hervorzuheben: 1. Die Umhüllung 
mit einer derben Kapsel. 2. Der auch bei anderen Nagerplacenten vorkommende 
Unterbau (Dach der zentralen Exkavation, Duval). 3. Die auffallende Anordnung 
der den Gaswechsel vermittelnden Teile. In ihrem äußeren Ansehen erhält die Placenta 
ein besonderes Gepräge durch auffallende Bildungen, die durch die Eihäute hervor- 
gerufen werden. Ein Teil der Eihäute, insbesondere die Nabelblase, hat bis zur Geburt 
des Foetus großen Anteil an dessen Ernährung. Es handelt sich bei der Placenta des 
Aguti um eine Labyrinthplacenta nach Strahl oder eine hämochoriale nach Grosser. 
Friedemann-Hirsch. 

Ederer, Paul: Der objektive Nachweis der Vollständigkeit der Placenta. 
(Geburtsh. Klin., dtsch. Univ., Prag.) Münch. med. Wochenschr. Jg. 68, Nr. 29, 
S. 916. 1921. i 

Die von Küster und Thuernagel empfohlene Milchprobe zum objektiven 
Nachweis der Vollständigkeit der Placenta hat sich bei den Beobachtungen des Verf. 
sehr bewährt. Es werden meist 200 cem Milch — selbstverständlich kann auch jede 
andere entsprechend gefärbte Flüssigkeit, wie Kalkmilch, konzentrierte Lösung von 
essigsaurer Tonerde usw. angewendet werden — durch die Nabelvene injiziert. Bei 
vollständiger Placenta trat in der überwiegenden Zahl der Fälle kein Tropfen der 
injizierten Flüssigkeit zutage, bei Defekten der Placenta spritzte die Milch immer 
im Strahle, oder sie trat wenigstens in starkem Schwall aus dem abgerissenen Gefäß 
aus. Bei 250 Placenten wurde die Milchprobe ausgeführt. Der positive Ausfall ist 
nicht immer absolut beweisend, macht aber doppelte Aufmerksamkeit geboten, der 
negative Ausfall beweist fast sicher die Vollständigkeit der Placenta. 

Resa Friedemann-Hirsch (Charlottenburg). 

Bar, Paul: Die Placenta als Ursache einiger physiologischer Modifikationen 
der Geburt. Siglo méd. Jg. 68, Nr. 3538, S. 941 —943 u. Nr. 3539, S. 962—964. 1921. 
(Spanisch.) 


Zeugung, Geschlec htsbestimmung, Schwangerschaftsdauer usw. 359 


Unterberger, F.: Experimentelle Untersuchungen über ektopische Deeidua. 
(Krankenh. d. Barmherzigkeit, Königsberg i. Pr.) Monatsschr. f. Geburtsh. u. Gynä- 
kol. Bd. 55, H. 2/3, S. 116—122. 1921. 

Auf Grund eigener experimenteller Untersuchungen und klinischer Erfahrungen kommt 
F. Unterberger zu dem Ergebnis, die Bildung ektopischer Deciduazellanhäufungen beispiels- 
weise an den Ovarien, im Douglas u. a. O. der Bauchhöhle als einen physiologischen Vorgang 
anzusehen. Subperitoneale Zerreißungen, infolge schnellen Wachstums des Uterus entstanden, 
werden so durch decidual umgewandelte Bindegewebszellen ersetzt. Ein innerer Zusammenhang 
zwischen Entzündung und ektopischer Deciduabildung besteht nicht, wie seine Tierexperimente 
beweisen. Stickel (Berlin). 

Geipel, P.: Über deeiduaähnliche Wucherungen auf dem Zwerchfell. (Johann- 
städt. Krankenh., Dresden.) Zentralbl. f. Gynäkol. Jg. 45, Nr. 39, S. 1412—1413. 1921. 


Lindberg, J. G.: Zum Mechanismus der Giftwirkung auf den Embryo bei der 
Naphthalinvergiftung. Experimentelle Untersuchungen über das Auftreten von 
&%-Naphthol im Fruchtwasser und im Embryonalblut, ein Beitrag zur Genese der 
künstlichen Mißbildungen des Auges. (Unir.- Augenklin., Freiburg i. B.) v. Graefes 
Arch. f. Ophthalmol. Bd. 104, H. 3, S. 264—278. 1921. 

Verf. bespricht den Unterschied zwischen den vererbbaren ‚„idiogenen“ und den 
durch äußere Ursachen hervorgerufenen, nicht vererbbaren „peristatischen‘‘ Mißbil- 
dungen, und kommt auf Grund der Versuche von Szily und Pagenstecher zu dem 
Resultat, daß die Bildung von Kolobomen bei naphthalingefütterten Kaninchen nicht 
durch die Naphthalinvergiftung verursacht ist, sondern daß das von Pagenstecher 
beobachtete Vorkommen eines Koloboms als idiogene Mißbildung aufgefaßt werden 
muß. Verf. beobachtete dann an einer großen Versuchsreihe das Auftreten von &-Naph- 
thol bei Naphthalın vergifteten Tieren und kommt zu dem interessanten Resultat, 
daß das a-Naphthol im Embryonalblut zu annähernd gleicher Zeit auftritt wie im 
mütterlichen Blut, daß dagegen der Nachweis im Fruchtwasser erst in den späteren 
Tagen der Gravidität gelingt und folgert daraus, daß das &-Naphthol zu dieser Zeit 
durch den fötalen Harn in das Fruchtwasser abgesondert wird und glaubt, daß die 
&-Naphtholreaktion die Möglichkeit der experimentellen Untersuchung des Stoffaus- 
tausches zwischen Mutter und Frucht gibt. Guthmann (Frankfurt a. M.) 


Genova, Antonino: La tossicosi sperimentale da sublimato nella madre o nel 
feto durante la gravidanza. (Experimentelle Sublimatvergiftung der Mutter und des 
Foetus während der Schwangerschaft.) (Istit. di anat. patol., univ., Palermo.) Fol. 
gynaecol. Bd. 14, H. 2, S. 143—151. 1921. 

Um die wechselseitigen Intoxikationserscheinungen bei Vergiftung von Mutter 
und Foetus zu studieren, hat Verf. zwei Gruppen von Versuchen gemacht. In der ersten, 
bei welcher er der Mutter in vorgeschrittenen Schwangerschaftsstadien teils subcutane, 
intraperitoneale und intravenöse Injektionen von 0,3 mg Sublimat machte, wurde die 
subcutane Injektion von Mutter und Föten ohne Schädigung vertragen, während die 
Intraperitoneale und intravenöse Applikation für die Mutter unbedingt tödlich war, 
wobei in einem Fall trotz tödlicher Vergiftung der Mutter lebende und lebensfähige 
Früchte erhalten werden konnten. In der zweiten Gruppe, wo er die Mutter ohne Narkose 
laparatomierte und durch die Uteruswand dem Foetus 0,3 mg in den Nacken subcutan 
Inizierte, kam es in allen Fällen in weniger als 24 Stunden zum Tode der Mutter. Diese 
Erscheinung erklärt er dadurch, daß bei Vergiftung der Mutter, infolge Absorption 
des Giftes durch andere Organe, die Placenta nur eine kleine Giftmenge erhält, die sie 
evtl. zurückhalten kann, während bei Injektion des Foctus die Placenta soviel Gifte 
bekommt, daß sie als Filter insuffizient wird. Dieses Phänomen ist jenem bei der Lues 
analog, wo die primäre Syphilis des Foetus sich immer auf die Mutter überträgt, während 
umgekehrt bei in den späteren Schwangerschaftsmonaten akquirierten Lues der Mutter 
die Placenta einen undurchlässigen Filter darstellt und das Kind frei von Lues bleibt. 
Literaturangabe. H.S. 


‚360 Physiologie der Gravidität. 


Nubiola, Pedro: Beziehungen zwischen Mutter und Kind in der Schwanger- 
schaft. Arch. de ginecop., obstetr. y pediatr. Jg. 34, Nr. 3, S. 55-64. 1921. 
(Spanisch.) 

Die alte, verlassene Ansicht, daß das Ei ein Parasit und der Foetus etwas der 
Mutter Feindliches sei, erscheint heute in neuem Gewand und moderner Aufmachung 
als Lehre von der fötalen Zottenintoxikation und den mütterlichen Abwehrfermenten. 
Nubiola bestreitet die Lehre von dem aggressiven Parasitismus des Eies. Das Ei hat 
weder aggressive noch antigene Eigenschaften, es schmarotzt weder in der Mutter, 
noch lebt es mit ihr in Symbiose, es verhält sich vielmehr wie ein echtes Organ des 
mütterlichen Körpers. Die Placenta ist nicht, wie man gewöhnlich annimmt, zu allen 
Zeiten ein anatomisch und funktionell gleichwertiges Organ. Ihre Hauptaufgabe hat 
sie in den ersten zwei Dritteln der Schwangerschaft zu erfüllen. Im letzten Drittel der 
Schwangerschaft ist sie nur noch eine Durchgangsstation. Der Foetus kann bei Früh- 
geburt extrauterin ohne sie leben und bei rechtzeitiger Geburt bedeutet sie für ihn in 
den letzten Monaten funktionell nicht mehr viel; sie ist in dieser Zeit nur mehr Zu- 
fahrts- und Abfahrtsweg. Folglich kann die Placenta auch nicht die Schuld an den so 
häufigen toxischen Schwangerschaftsstörungen der letzten Monate tragen. Die Ur- 
sache für diese Erkrankungen muß man vielmehr in Fermenten und fermentähnlichen 
Stoffen suchen, die vom Foetus in das Plasma der Mutter eindringen. Nürnberger. 
Michelsen, Konrad, Der Lipoidgehalt des Blutes und seine forensische Bedeutung 

für die Unterscheidung mütterlichen und kindlichen Blutes. (Gerichtsärztl. Unter- 

richtsanst., Univ. Göttingen.) (Dissertation: Göttingen 1921.) 

Wislocki, George B.: The fate of true solutions (phenolsulphonephthalein) 
and colloids (trypan blue) injected into the mammalian embryo. (Das Schicksal dem 
Säugetierembryo injizierter echter Lösungen [Phenolsulphonaphthalin] und Kolloide 
[Trypanblau].) Bull of the Johns Hopkins hosp. Bd. 32, Nr. 361, S. 93—96. 1921. 

Schwangere Meerschweinchen und Katzen wurden nach Einlegung eines Dauer- 
katheters laparotomiert und 1 cem Phenolsulphonaphthalin als Beispiel einer echten 
Lösung in die Bauchhöhle eines Embryos injiziert. Nach 1—2 Stunden erschien der 
Farbstoff im mütterlichen Urin, worauf der Uterus ausgeräumt wurde. Die Embryos 
lebten zur Zeit der Uterusausräumung. Der Farbstoff war nachweisbar im Urin des 
injizierten, dagegen nicht im Urin und in der Amnionflüssigkeit des nicht injizierten 
Foetus. Mit gleicher Technik wurden 1 ccm 0,5proz. Trypanblau als Beispiel eines 
körperfremden Kolloids injiziert. Bis 72 Stunden nach der Injektion blieben der mütter- 
liche Urin und die nicht injizierten Embryos einschließlich ihrer Placentae farbstoff- 
frei, während nach 5 Stunden die Nieren des injizierten Embryos, nach 24 Stunden 
der ganze Embryo außer Gehirn und Rückenmark gefärbt waren, besonders die Kupffer- 
schen Zellen der Leber und die Tubuli contorti der Nieren, während Glomeruli und 
Tub. recti frei blieben. Wachholder (Breslau). °’ 

Edelstein, F. und A. Ylppö: Übergang der sog. diffusiblen Serumsalze durch 
die Placenta von der Mutter auf das Kind. Ein Beitrag zum placentaren Stoff- 
austausch. (Kaiserin Auguste Victoria-Haus, Charlottenburg.) Zeitschr. f. Kinder- 
heilk., Orig., Bd. 27, H. 1/2, S. 79—91. 1921. 
~ Im Meconium, im Urin, im fötalen Blute oder sonst im Organismus einiger Neu- 
geborener syphilitischer Mütter wurde Jodkalı und Sublimat nachgewiesen, nachdem 
diese Mineralstoffe vorher der Mutter zugeführt worden waren. Daraus wurde vielfach 
der Schluß gezogen, daß die sog. diffusiblen Salze nach den osmotischen Gesetzen 
von der Mutter durch die Placenta auf das Kind übergehen. Die Verff. haben nun Unter- 
suchungen angestellt, ob und wie weit es möglich ist, Gesetze für den Übergang der 
Mineralstoffe von der Mutter auf das Kind aufzustellen. 

Die Versuchsanordnungen wurden so gestaltet, daß möglichst gleichzeitig von Mutter 
und Kind Blut entnommen wurde. Das mütterliche Blut wurde aus der Armvene unmittelbar 


vor der Geburt, während der letzten Preßwehen entnommen, das fötale Blut aus beiden Enden 
der nahe am Kinde durchschnittenen Nabelschnur. Das Blut aus der Nabelschnur wurde in 


uala’ 


Diagnostik und Diätetik. 361 


einem Glasgefäß, in dem sich einige Glasperlen befanden, aufgefangen und betrug meistens 
30—60 ccın, wovon 15—30 ccm Serum gewonnen wurden. Das durch Schütteln defibrinierte 
Blut wurde durch Gaze filtriert und das Serum unverzüglich mittels elektrischer Zentrifuge 
ausgeschieden. Dieses Serum wurde tropfenweise in einen Meßkolben mit 96—97 proz. Alkohol 
gebracht und dann mit Alkohol bis auf das Zehnfache der ursprünglichen Serummenge auf- 
gefüllt. Nach starkem Schütteln blieb die Mischung bis zum folgenden Tage stehen. Es wurde 
nun durch ein trockenes Filter filtriert und von dem klaren Filtrat aliquote Teile, in der Regel 
165 ccm genommen. Es wurden folgende Bestimmungen angestellt: 1. Trockensubstanz, 
2. Asche, 3. NaCl + KCI, 4. K und indirekt auch Na. Die Analysen wurden folgendermaßen 
ausgeführt: Trockensubstanz: In dem durch Einengen auf dem Wasserbade vom Alkohol 
befreiten Filtrat durch Trocknen bis zur Gewichtskonstanz bei 105°, die Gesamtasche nach 
dem üblichen Auslaugeverfahren, die Alkalichloride nach vorheriger Entfernung der Phosphate 
und Erdalkalien, Kalium teils als KCIO,, teils nach einer neuen Methode von Hamburger. 
Bei 11 Frauen und den dazugehörigen Kindern wurde das Blut untersucht. Die Verff. kommen 
zu folgenden Schlußsätzen: 

Der Übergang von sog. Alan d. h. nicht an Eiweiß gebundenen Serunisalzen. 
durch die menschliche Placenta folgt nicht den osmotischen Gesetzen, wenigstens nicht 
allein, vielmehr scheint hier, in ähnlicher Weise wie beim Übergang von anderen kompli- 
zierten Körpern (Nährstoffe, Antikörper u. dgl.) eine vitale Tätigkeit der Placentar- 
zellen die Hauptrolle zu spielen. Der Gehalt des fötalen, aus dem Nabelschnurblute 
gewonnenen Serums ist an löslichen Salzen (= Gesamtasche aus alkoholischem Extrakt 
des Serums) größer als der Gehalt des mütterlichen Serums. Das fötale Serum enthält 
mehr sog. diffusibles Natrium (0,3859%,) als das mütterliche Serum (0,353%). Ebenso 
ist der Gehalt des fötalen Serums an diffusiblem Kalium merkbar größer (0,053%) als 
der des mütterlichen Serums (0,04%). Dagegen ist die Menge der alkohollöslichen 
Stoffe im mütterlichen Serum größer (Trockensubstanz = 1,75%) als im fötalen Serum 
(1,23%), was aller Wahrscheinlichkeit nach auf einen größeren Gehalt des mütterlichen 
Blutes an ‚‚Reststickstoff‘‘ zurückzuführen ist. Resa Friedemann-Hirsch. 


Bartram, Gerhard: Zur Beurteilung der kindlichen Herztöne. (Univ.-Frauen- 
klin., Tübingen.) Zeitschr. f. Geburtsh. u. Gynäkol. Bd. 84, H. 1, S. 34—45. 1921. 

Die über das Physiologische hinausgehende Herzschlagverlangsamung während 
der Geburt ist als Ausdruck der Kohlensäureüberladung des kindlichen Blutes infolge 
Zarkulationsstörung aufzufassen. Nach Sachs ist bei einem über 40 Minuten dauernden 
Absinken der Herztöne unter 100 kein lebendes Kind zu erwarten. Verf. bringt 2 der- 
artige Fälle bei lebendem Kind. Die Ätiologie der Beschleunigung der Herztöne ist 
noch nicht völlig geklärt, sie steht aber an Bedeutung hinter der pathologischen Ver- 
langsamung zurück, wenn eine Anomalie der Schlagfolge nicht vorangegangen ist. 
Dagegen zeigt sie schwere Schädigung des Kindes an, wenn sie an eine pathologische 
Verlangsamung auftritt, wie 1 Fall des Verf. beweist. Weiterhin bringt der Autor 
2 Fälle, in denen die Ursache der Herzschlagverlangsamung ım Hirndruck zu suchen 
ist. Eine Entscheidung, ob einer Verlangsamung Kohlensäureüberladung oder Hirn- 
kompression zugrunde liegt, ist im einzelnen Falle mit unseren Untersuchungsmethoden 
nicht zu stellen. Zill (München). 


2. Diagnostik und Diätetik. 


Kamnitzer und Joseph: Zur biologischen Diagnostik der erde 
(Städt. Krankenh. Moabit, Berlin.) Therap. d. Gegenw. Jg. 62, H. 9, S. 321—324. 1921. 

E. Frank hat die Glykosurie nach 100 g Traubenzucker oder reichlicher Mehl- 
nahrung bei Schwangeren für die Frühdiagnose der Schwangerschaft verwertet. Nach- 
prüfung und Modifikation der Methode durch die Verff.: 1. Probemahlzeit: 75 g Reis 
(Rohgewicht) mit 100 g Rohrzucker und viel Tee. Bei 20 schwangeren Frauen Zucker- 
ausscheidung bis zu 2Stunden Dauer; bei 30 sicher nicht Schwangeren fehlende Glykos- 
urie. In 10 Fällen über 0,19%, Blutzucker (obere Grenze des Normalwertes nach 
Frank). 2. 2,5 mg Phloridzin (untere Grenze der Empfindlichkeit normaler Nieren) 
rufen subcutan injiziert bei Schwangeren anscheinend regelmäßig nach einer halben 


362 Physiologie der Gravidität. 


Stunde deutliche Glykosurie hervor (2,5 ccm einer Lösung 0,03 : 30 nüchtern subcutan 
injiziert). 30 positive Fälle, die Mehrzahl im ersten Schwangerschaftsmonat; 9 Aborte 
mit positiver Glykosurie, die bis zu 10 Tagen nach geschehenem Abort Phloridzin- 
elykosurie ergaben. 70 Kontrollen bei nicht schwangeren Frauen, 10 bei Männern. 
Resultat: 63 Frauen, alle Männer negativ. Negative Glykosurie nach 2,5 mg Phloridzin 
schließt die Schwangerschaft: aus. W. Weiland (Kiel).°° 

Kamnitzer und Joseph: Zur Phloridzindiagnostik der Frähgravidität. II. Mitt. 
(Städt. Krankenh. Moabit, Berlin.) Therap. d. Gegenw. Jg. 62, H. 12, 8. 459 
bis 461. 1921. 

Kamnitzer und Joseph haben ihre früher angewandte Dosis von 2,5 mg 
Phloridzin auf 2 mg (2 ccm einer 0,1 proz. Lösung) zu erneuten Versuchen herabgesetzt. 
Sie haben 47 Gravide (davon 2 tubar), 10 Aborte und 143 nicht schwangere Frauen 
untersucht. Sie kommen zu folgendem Resultat: Das Fehlen von Glykosurie nach einer 
Injektion von 2 mg Phloridzin läßt das Bestehen einer Schwangerschaft ausschließen. 
Die positive Glykosurie spricht mit 96,5%, Wahrscheinlichkeit für Gravidität. Die 
Phloridzinglykosurie findet sich bei Graviden anscheinend schon in sehr frühem Sta- 
dium; sie wurde mehrfach bereits 14 Tage nach Ausbleiben der Menses festgestellt, am 
Ende des dritten Monats scheint sie aufzuhören. Die Glykosurie wird nachweisbar 
1/—l Stunde nach Injektion von 2 mg Phloridzin und hält meist nicht länger als 
2 Stunden an. Bei Aborten erscheint sie nur, solange frische Placenta in engem Zu- 
sammenhang mit dem mütterlichen Organismus steht. Es ist am besten, die Probe 
nüchtern vorzunehmen, da der Genuß geringer Kohlenhydratmengen ein falsches 
Resultat bedingt. Die Lösung wird durch Aufkochen von 0,03 g Phloridzin in 30 ccm 
Wasser unter Zusatz von 0,15 g Novocain hergestellt. Resa Friedemann-Hirsch. 

Nürnberger, Ludwig: Über die Verwendbarkeit der renalen Schwangerschafts- 
glykosurie zur Frühdiagnose der Gravidität. (Univ.-Frauenklin., Hamburg- Eppen- 
dorf.) Dtsch. med. Wochenschr. Jg. 47, Nr. 38, S. 1124—1126. 1921. 

Nürnberger hat an 71 Fällen das Frank - Nothmannsche Schwangerschafts- 
zeichen (Auftreten einer alimentären Glykosurie besonders während der ersten drei 
Schwangerschaftsmonate mit Blutzuckerwerten unterhalb von 0,19%) nachgeprüft. 
Bei jeder Gravidität der ersten Monate fiel der Zuckerversuch positiv aus. Da die arte- 
fizielle alimentäre Glykosurie anscheinend ein konstantes Symptom der Frühgravı- 
dität darstellt, ist sie von besonderem Wert für die Frühdiagnose einer Schwanger- 
schaft. Wichtig ist, daß auch bei intakter oder frisch geplatzter Tubargravidität die 
Reaktion positiv ausfällt. Die Zuckerreaktion ist nur als ein wahrscheinliches 
Schwangerschaftszeichen anzusehen, aber auch nur dann, wenn es sich um eine intakte 
oder relativ intakte Schwangerschaft handelt. Es muß mit der Möglichkeit gerechnet 
werden, daß auch Fälle von alimentärer Schwangerschaftsglykosurie mit pathologischer 
Hyperglykämie und andererseits solche von artefiziellem renalen Diabetes ohne Schwan- 
gerschaft vorkommen. Ist das Ei nicht mehr in lebender Verbindung mit dem Frucht- 
halter (Abortus incompletus, länger geplatzte Tubargravidität), dann versagt die 
Reaktion. Untersuchungen über die Ursache der renalen Glykosurie haben noch zu 
keinem abgeschlossenen Ergebnis geführt. Bei Eklamptischen wird eine Störung des 
Kohlenhydratstoffwechsels angenommen. Borell (Düsseldorf). 
Nothmann, Martin, Über die Verwertbarkeit der renalen Schwangerschaftsglv- 

kosurie zur Frühestdiagnose der Schwangerschaft. (Dissertation: Breslau 1921.) 

Kirstein, Friedrich: Direkte oder indirekte Veramessung? (Univ.-Frauenklin.. 
Marburg.) Zentralbl. f. Gynäkol. Jg. 45, Nr. 26, S. 919—923. 1921. 

Kirstein bespricht die zahlreichen Fehlerquellen, die sich bei der indirekten Veramessung 
ergeben. Auf Grund möglichst genauer Diagonalismessungen und folgender Veraberechnungen 
kommt K. durch Vergleich mit direkten Veramessungen zu dem Schluß, daß die Diagonalis- 
messung schon in der Hand des Geübten zu großen Fehlern und ungenügenden Resultaten führt. 


Sie ist deshalb zu verwerfen. Für den geburtshilflichen Praktiker sollte also nur noch die 
direkte Veramessung in Frage kommen. Borell (Düsseldorf). 


Diagnostik und Diätetik. 363 


Glocker, R.: Die optimale Röntgenstrahlung für Schwangerschaftsaufnahmen. 
(Röntgenlaborat., Techn. Hochsch., Stuttgart.) Münch. med. Wochenschr. Jg. 68, Nr. 31, 
Ss. 989. 1921. Ä 


Glocker hat die Strahlung von Röhren, die gute Aufnahmen ergaben, nach seiner Se- 
kundärstrahlermethode analysiert und findet, daß die optimale Strahlung für schwierige 
Röntgenaufnahmen, bei denen dicke Gewebsschichten zu durchdringen sind, nicht eine mög- 
lichst komplexe ist, wie bisher gelehrt worden ist. Es ist vielmehr eine nahezu homogene 
Strahlung notwendig, deren Hauptintensität in dem Spektralbezirk liegt, in dem sich die 
Strahlenhärte von etwa 1,5—5 mm Al-Halbwertschicht befindet. Rump (Erlangen). 


Bell, J. Warren: Pelvioradiography after Fabre’s method. (Röntgenologische 
Beckenmessung nach Fabre.) Americ. journ. of obstetr. a. gynecol. Bd. 2, Nr. 6, 
S. 616—621. 1921. 

Warren Bell prüfte die von dem Franzosen Fa bre (Lyon) angegebene röntgeno- 
logische Meßmethode des Beckeneingangs. Dieselbe besteht darin, daß dem Becken- 
eingang parallel und in Höhe desselben um das Becken ein Viereck aus Metallstreifen 
gelegt wird, die so gezackt sind, daß jeder Zacken von dem anderen 1 cm entfernt ist. 
Dieses Metallviereck wird bei Bauchlage der Frau mit photographiert und auf diese 
Weise erreicht, daß entsprechend der Verzeichnung infolge der zentralen Projektion 
mit den Maßen der verschiedenen Beckeneingangsebenen sich auch die Maßeinteilung 
des Rahmens auf der photographischen Platte ändert. Auf der fertigen Platte sind die 
korrespondierenden Zacken der gegenüberliegenden Rahmenstücke zu verbinden, so daß 
ein vollkommenes Netz entsteht, das in der Verzeichnung ebenso erscheint wie der ganze 
Beckeneingang. Es lassen sich nun durch Abzählen der einzelnen Zackenabstände die 
Zentimeterentfernungen der einzelnen Beckendistanzen bestimmen. Nach Ansicht 
von W. B. ıst die Messung sehr genau, was er gelegentlich bei Sektionen erhärten konnte. 
Die röntgenologische Beckenmessung ist anzuwenden: 1. vor der Heirat bei evtl. patho- 
logischen Veränderungen des Skeletts, 2. während der Geburt, 3. nach der Entbindung, 
wenn der Geburtsmechanismus irgendwelche Abnormitäten zeigte, die klinisch nicht 
ergründet werden können. Es sind nicht zu harte Strahlen anzuwenden, da sonst die 
Zeichnung des Promotoriums zu undeutlich wird. Schmidt (Bonn). 

Drüner, L.: Über die stereogrammetrische Messung des weiblichen Beckens 
und des kindlichen Kopfes während der Geburt. (Fischbachkrankenh., Quierschied.) 
Zentralbl. f. Gynäkol. Jg. 45, Nr. 13, S. 472—474. 1921. 

Durch das Stereoröntgenogramm sind wir in der Lage, absolut genaue Messungen 
aller in ihm sichtbaren Punkte, Linien und Winkel auszuführen. Die Aufnahme muB 
in Sıtzlage erfolgen, wodurch Promontorium und Symphyse zur Platte parallel gestellt 
werden. Obwohl dadurch die schwangere Gebärmutter sich zwischen Strahlenquelle 
und Platte stellt. so ist doch noch eine ausreichende Zuckung des Beckenknochens 
und der über ihm liegenden Kindsteile zu erreichen. Die Beckenaufnahme der nicht- 
schwangeren Frau in Sitzlage ist leicht und gibt ein klares Mißbild. Zwei Aufnahmen 
die zum Stereogramm notwendig sind, gelingen nicht immer, besonders während der 
Geburt. Zur Not kann man auch aus einer Aufnahme unter bestimmten Voraus- 
setzungen die nötigen Maße nehmen. (Gearbeitet wurde mit Gittermaßstab von Siemens 
und Halske oder dem Stereoplanigraphen von Leitz, Zeiss; ferner mit dem Aufnahme- 
gestell von Siemens und Halske.) Leixl (München). 

Adair, Fred L.: A comparison by statistical methods of certain external pel- 
vie measurements of French and American women. (Vergleichung von äußeren 
Beckenmessungen bei französischen und amerikanischen Frauen durch statistische 
Methoden.) Americ. journ. of obstetr. a. gynecol. Bd. 2, Nr. 3, S. 256—278. 1921. 

Nach vielen angestellten Messungen kommt der Verf. zu folgendem Resultat: 
Französische und amerikanische Becken zeigen dieselbe allgemeine äußere Form. Die 
französischen sind im ganzen geringfügig kleiner als die amerikanischen. Becken- 
differenzen betreffend die Rassen und Nationalitäten sollten im allgemeinen sorg- 
fältiger beobachtet werden, damit die Schlüsse, die in einem Lande aus den Messungen 


364 Physiologie der Gravidität. 


gezogen werden, nicht allzu willkürlich in einem anderen Lande angewandt werden. 
Es gibt zweifellos bestimmte Beckenunterschiede nicht nur bei den verschiedenen 
Rassen, sondern auch bei den verschiedenen Nationalitäten. Dieses geht auch hervor 
aus dem Werke von Williams und seinen Mitarbeitern, die die Becken der Neger mit 
denen der Weißen verglichen haben, ebenso aus den Studien von Emmons und 
De Sonza, Acosta -Sison und Calderon. Friedemann-Hirsch. 

Adair, Fred L.: A comparison by statistical methods of certain external pelvie 
measurements of French and American women. (Ein Vergleich gewisser externer 
Beckenmessungen durch statistische Methoden bei französischen und amerikanischen 
Frauen.) (46. ann. meet., Swampscott, Mass., 2. bis 4. VI. 1921.) Transact. of the 
Americ. gynecol. soc. Bd. 46, S. 55—77. 1921. 

1. Verf. kommt zu folgenden Schlußfolgerungen: Französische und amerikanische 
Becken zeigen im allgemeinen dieselbe äußere Form. 2. Die französischen Becken sind 
im ganzen kleiner als die amerikanischen. 3. Die äußeren Messungen weisen gewöhnlich 
bei den Franzosen etwas größere Variationen auf als bei den Amerikanern. 4. Die 
normale Abweichung ist bei beiden ungefähr dieselbe, indem einige Messungen bei 
den Amerikanern, andere bei den Franzosen etwas größere Abweichungen zeigen. 
5. Der Veränderlichkeitskoeffizient ist sehr niedrig und bei beiden ungefähr derselbe. 
6. Die Wechselbeziehungen der verschiedenen Messungen sind bestimmt bei den ameri- 
kanischen Becken niedriger als bei den französischen. Die gleichen Messungen jedoch 
zeigen ungefähr die gleiche Ordnung der Wechselbeziehung in beiden Serien, die 
niedrigste ist zwischen der Conjugata externa und interspinosa, die höchste zwischen der 
interspinosa und intereristalis. Resa Friedemann-Hirsch (Amsterdam). 

Fornero, A.: Studio radiologico intorno alle posizioni di iperestensione ad- 
domino - pelvica durante la gravidanza e all’inizio del travaglio. (Radiologische 
Studien über die Walchersche Hängelage in der Schwangerschaft und bei Beginn der 
Geburt.) (Istit. ostetrginecol., univ., Modena.) Fol. gynaecol. Bd. 14. H. 1, S. 29—40. 1921. 

Verf. verweist zunächst auf seine bisherigen röntgenologischen Beckenstudien 
(Osservazioni sulla posizione di Walcher Folia Gynaecologica Vol. 13, Fasc III. 1920) 
und auf seine Arbeit über die Pelviteleradiometrie (im Druck in den Annali di ostetr. 
eginecol.). Diese Studien haben ihm gezeigt, daß sich bei der Walcherschen Hängelage 
alle Durchmesser des Beckeneingangs vergrößern. — In der vorliegenden Arbeit unter- 
sucht Verf. die Vergrößerung des Beckeneingangs in den einzelnen Phasen der Becken- 
dehnung. Dabei werden vier Stellungen unterschieden: I. Frau in Rückenlage; II. Rük- 
kenlage, wobei die unteren Extremitäten vom unteren Drittel des Oberschenkels an 
über den Bettrand herabhängen; III. Rückenlage, in der das mittlere Drittel der Ober 
schenkel sich am Bettrande befindet; IV. Rückenlage, in der die Nates auf dem Bett- 
rande aufliegen. Technikder Röntgenaufnahme: Platte mit Verstärkungsschirm 
unter die Nates. Strahleneinfall von vorne. Konstante italienische Röhre (F. J. A. R. 
J. H.), Härte 4—5 B.-W. Apertur der Kompressionsblende 5cem. Kathodenabstand 
40—50—60 cm. Expositionszeit 5-—10 Sekunden. Belastung 25—30 Millıampere. 
Es zeigte sich, daß der beträchtlichste Raumgewinn am Beckeneingang beim Übergang 
von der Rückenlage in die 3. Position erzielt wurde; beim Übergang aus der 3. in die 
4. Position war dagegen der weitere Raumzuwachs nur gering. Nürnberger (Hamburg). 

Liepmann, Wilhelm: Die Größenbestimmung des äußeren Muttermundes in 
der Geburt. (Ein Vorschlag für Unterricht und Praxis.) Zentralbl. f. Gynäkol. 
Jg. 45, Nr. 36, S. 1289. 1921. 

Vorschlag, in Zukunft die Öffnung des Muttermundes nach Fingerkuppen, Trauring, 
Damenuhr, Herrenuhr, Kleinbandteller- und Handtellergröße zu bestimmen. Borell. 

Kouwer, B. J.: Schätzung der Größe des Kindes vor der Geburt. Nederl. 
tijdschr. v. verlosk. en gynaecol. Jg. 28, Nr. 3, S. 187—191. 1921. (Holländisch.) 

Schätzung des Gewichtes des Kindes bei der äußeren Untersuchung und Wert- 
bestimmung dieses Verfahrens nach den damit erreichten Resultaten bei 2853 Schwan- 


Diagnostik und Diätetik. 365 


geren. Verf. geht in der Weise vor, daß er sich durch die Besichtigung und Betastung 
des Bauches, bei der er gleichzeitig die Menge des Fruchtwassers, die Dicke der Bauch- 
decken, das etwa schon ins Becken Eingetretensein des unteren Eipoles in Betracht 
zieht, einen Eindruck zu verschaffen sucht, oh das Kind von mittlerer Größe ist oder 
nicht. Findet er keinen sprechenden Unterschied mit dem Eindruck ‚‚normale Größe“ 
30 ist die Schätzung 3200— 3400 g als annähernd richtig anzunehmen. Aus den ge- 
wonnenen Resultaten geht jedoch hervor, daß häufiger zu gering als zu hoch geschätzt 
wird und ist also eine Korrektion im Sinne einer Erhöhung anzubringen. Ist der Ein- 
druck eines großen Kindes vorhanden, so ist, entsprechend den Erfahrungen, daß 
dabei am häufigsten der Fehler einer Unterschätzung gemacht wird, noch stärker 
in der Richtung der Erhöhung zu korrigieren. Dagegei: wird bei dem Eindruck eines 
kleinen Kindes am häufigsten überschätzt und ist eine Korrektion in Sinne einer 
Verninderung anzubringen. Tabellen. Verf. „hat im allgemeinen, in der Mehrzahl 
der Fälle, tatsächlich das leichts und das schwere Kind nicht verkannt und die Wahr- 
scheinlichkeit der richtigen Schätzung wird, die Art der geniachten Fehler berücksich- 
tigend, in Zukunft (durch Übung) noch größer werden“. Lamers (Herzogenbusch). 

Fuchs, H.: Der IV. Handgriff bei der äußeren Untersuchung Gebärender. 
Zentralbl. f. Gynäkol. Jg. 45, Nr. 20, S. 694—697. 1921. 

Fuchs hält den IV. Handgriff (Leo poldscher Einteilung) für die äußere Unter- 
suchung Schwangerer für unzulänglich. Das gilt besonders für die Feststellung des 
Ballotements, wenn zwischen Kopf und Linea terminalis bereits irgendwelche Lage- 
beziehungen bestehen. Diese könnten durch den IV. Handgriff aufgehoben und so 
ein Ballotement vorgetäuscht werden. In noch höherem Maße gibt der IV. Handgriff 
zu Täuschungen Anlaß bei der Feststellung, wie weit der vorangehende Kopf bereits 
ins Becken eingetreten ist. Er führt zu einer falschen Projektion der Beckeneingangs- 
ebene auf den kugelförmigen Kopf. F. empfiehlt deshalb, den IV. Handgriff so aus- 
zuführen, daß man der Schwangeren zugewendet die Kleinfingerseite der Hände bei 
adduzierten Fingern auf den Pecten ossis pubis aufsetzt und nun die Hände parallel 
mit der Linea innominata längs nach hinten und medianwärts vorschiebt, gleichzeitig 
den Kopf haubenartig umfassend. Auf diese Weise läßt sich mit der Hohlhand mit 
aller Zuverlässigkeit feststellen, wieviel von der Kopfkugel noch über der Linea termı- 
nalis steht. Borell (Düsseldorf). 

Baumm, Hans: Der 4. Handgriff bei der äußeren Untersuchung Gebärender. 
(Prov.-Hebammenlehranst. u. Frauenklin., Breslau.) Zentralbl. f. Gynäkol. Jg. 45, 
Nr. 31, S. 1101—1103. 1921. 

Bemerkungen zur Arbeit von H. Fuchs (vgl. dies. Zentrlbl. 1921, Nr. 20), durch die be- 
wiesen werden soll, daB der 4. Leopoldsche Handgriff hinreichend geeignet ist, die gegen- 
seitigen Beziehungen zwischen Kopf und Becken unter der Geburt festzustellen. Ein weiterer 
Handgriff, wie der von Fuchs angegebene, ist nicht nötig. Zur sicheren Feststellung des je- 
weiligen Standes des kindlichen Kopfes im Beckeneingang empfiehlt Baumm die Projektion 
und Blaustiftmarkierung des oberen Beckenrandes auf die Bauchdecken. Nach Feststellung 
der Entfernung von Stirn und Hinterhaupt von dieser Linie mittels des 4. Handgriffs rekon- 
struiert man sich zweckmäßig den Befund am Sellheimschen Kopf- und Beckenphantom, 
wobei die Diagnose des Kopfstandes auch vom Ungeübten absolut sichergestellt werden kann. 

Borell (Düsseldorf). 

Fuchs, H.: Zum IV. Handgriff. Zentralbl. f. Gvnäkol. Jg. 45, Nr. 45, S. 1632 
bis 1634. 1921. 

Entgegnung auf die von H. Baum m (vgl. dies. Zentrlbl. Nr. 31) geübte Kritik an dem 
vom Verf. angegebenen IV. Handgriff zur Bestimmung des Kopftiefstandes. Es werden die 
Vorzüge dieses Handgriffs nochmals hervorgehoben. Besonders betont wird seine Zuverlässig- 
keit bei der Bestimmung des Tiefstandes des Kopfes in bezug auf die Beckenhöhle. Das geschieht 
durch gleichzeitige Tastung der Linea terminalis mit den Ulnarrändern und durch Flächen- 
palpation des Hinterhaupt- und Stirnsegmentes mit den Volarflächen beider Hände. Die von 
Baumm empfohlene „Blaustiftmarkierung‘‘ des oberen Beckenrandes auf die Bauchdecken 
oder die Verwertung der Haargrenze für die Bestimmung der Beckeneingangsebene wird ver- 
worfen. Die Bedeutung des IV. Leopoldschen Handgriffes wird von Arzt und Hebamme 
noch vielfach verkannt. Selbst das Hebammenlehrbuch 1920 weist solche Unklarheiten auf. 


366 Physiologie der Gravidität. 


Die Fehler, die der Leopoldschen Tastung anhaften, beruhen in einer Unterschätzung der 
Kopfprominenz bzw. Überschätzung des Kopftiefstandes bei Erstgebärenden mit straffen 
ce dicken Bauchdecken und ferner in einer Überschätzung der Kopfprominenz bzw. Unter- 
schätzung des Kopftiefstandes bei den schlafferen und fettarmen Bauchdecken Mehrgebärender. 
Diese Fehler werden durch die Modifikation des IV. Handgriffs nach Fuchs weitgehend 
vermeidbar. Borell, (Düsseldorf). 


Kehrer, E.: Der Wert der Rectaluntersuchung bei der Geburtsleitung. (Staatl. 
Frauenklin., Dresden.) Münch. med. Wochenschr. Jg. 68, Nr. 38, S. 1208—1211. 1921. 

Kurzer Hinweis auf die Technik der Rectaluntersuchung, dann Stellungnahme 
zu den bekannten Einwänden und Bedenken, die bisher gegen die Rectaluntersuchung 
geäußert worden sind. Sie alle sind völlig unbegründet und haltlos. Neben der äußeren 
Untersuchung kann eine innere Untersuchung unter der Geburt oft nicht umgangen 
werden. Gerade für die Praxis ist aber vom Standpunkt der Wochenbettfieberprophy- 
laxe die Rectaluntersuchung der vaginalen Untersuchung vorzuziehen. Alles was 
diagnostische Bedeutung hat, ist rectal ebensogut zu fühlen wie vaginal, manches 
sogar besser. Es kommt dabei nur auf einige Übung an. Jedenfalls läßt sich mit der 
Rectaluntersuchung jede normale Geburt leiten und jede pathologische diagnostizieren. 
Bei richtiger Technik lassen sich Darmverletzungen, Schmerzhaftigkeit und jede Be- 
schmutzung der untersuchenden Hand stets vermeiden. Besondere Vorzüge der Rectal- 
untersuchung sind: Ausschalten jeder puerperalen Infektion, bedeutende Zeitersparnis, 
Möglichkeit einer öfteren Wiederholung, ein Umstand, der gerade im ärztlichen und 
Hebammen-Unterricht nicht hoch genug eingeschätzt werden sollte, und schließlich 
trägt sie auch den momentanen wirtschaftlichen Verhältnissen mehr Rechnung, da 
Hebamme und Arzt infolge des Kohlenmangels, des ungenügenden Gasdruckes und 
nicht zuletzt infolge der Teuerung bei der Beschaffung von warmem Wasser, Watte 
und reinen Tüchern, Dinge, die für die Hände- und Vulvadesinfektion unbedingt nötig 
sind, auf Schwierigkeiten stoßen. Bei Anwendung der Rectaluntersuchung ist dagegen 
meist nur eine einmalige Desinfektion kurz vor der Geburt nötig. Aus der hohen Be- 
deutung, die der Rectaluntersuchung für die Geburtsleitung gerade in der allgemeinen 
Praxis zukommt, entspringt schließlich der dringende Mahnruf Kehrers an die ge- 
burtshilflichen Lehrer, der Rectaluntersuchung selbst mehr Aufmerksamkeit zu schen- 
ken und Studierende, Ärzte und Hebammen im Interesse einer Verbesserung ihrer 
geburtshilflichen Leistungen mit dieser wichtigen Untersuchungsmethode besser ver- 
traut zu machen, die im Verein mit der äußeren Untersuchung fast allen Anforderungen 
genügt. Die vaginale Untersuchung kommt lediglich noch vor geburtshilflichen Ope- 
rationen in Frage. Borell (Düsseldorf). 

Heynemann, Th.: Die rectale Untersuchung unter der Geburt. (Univ.-Frauen- 
klin., Hamburg-Eppendorf.) Monatsschr. f. Geburtsh. u. Gynäkol. Bd. 56, H. 1/2. 
S. 1—7. 1921. 

Im Vergleich zur Leopoldschen äußeren Untersuchung bietet die Krönigsche 
Rectaluntersuchung eine Reihe von Vorzügen, aber ihre Nachteile gegenüber der 
vaginalen Untersuchung sind so erheblich, daß sie die vaginale Untersuchung auch 
nicht annähernd zu ersetzen vermag. Die Hauptfehler der Rectaluntersuchung unter 
der Geburt sind mangelnde Sicherheit des Untersuchungsergebnisses und recht oft 
die Möglichkeit der Selbsttäuschung. Für die Praxis empfiehlt Heynemann deshalb 
die vaginale Untersuchung, besonders überall dort, wo Verdacht auf Komplikationen 
vorliegt, die sich auf rectalem Wege überhaupt nicht ausreichend erkennen und be- 
urteilen lassen. Das gilt für Blutungen (Verdacht auf Placenta praevia und beginnendes 
Cervixcarcinom), ferner bei Verdacht auf Beckenverengerung und Weichteilschwieng- 
keiten. Die Rectaluntersuchung soll aber nicht ganz ausgeschaltet werden. Es gibt 
ja auch für den Praktiker gelegentlich Situationen, in denen er zur Vermeidung eines 
vorzeitigen Bakterientransports in die oberen Genitalabschnitte dann versuchen soll, 
unter Verzicht auf die vaginale Untersuchung nur mit der Rectaluntersuchung aus- 
zukommen. Im Klinikbetrieb ist der Wert der Rectaluntersuchung unverkennbar, 


Diagnostik und Diätetik. 367 


erfordert hier aber auch eine besondere Ausbildung und Belehrung des Personals. 
Für Unterrichtszwecke ist die vaginale Untersuchung unentbehrlich. Ihre Beherrschung 
bildet überhaupt erst die Grundlage für eine erfolgreiche Erlernung der Rectalunter- 
suchung. Die oft genannten unmittelbaren Nachteile der Rectaluntersuchung, Schmerz- 
haftigkeit, Verletzungen und Beschmutzung des untersuchenden Fingers werden nicht 
hoch eingeschätzt, besonders wenn die Rectaluntersuchung mit Gummihandschuhen 
vorgenommen wird. Fingerlinge sind nicht zu empfehlen. Die Vorschrift für die 
Behandlung der Gummihandschuhe lautet: ‚„Auswaschen mit Seife in Kresolseifen- 
lösung. 12 Stunden Liegen in l prom. Sublimatlösung. Trocknen, Einpudern.“ 
Borell (Düsseldorf). 

Liegner, Benno: Die Bewertung der Rectaluntersuchung während der Geburt. 
(Uniw.-Frauenklin., Breslau.) Zentralbl. f. Gynäkol. Jg. 45, Nr. 6, S. 194—198. 1921. 

Verf. kritisiert die Leistungsfähigkeit und die technischen Schwierigkeiten der 
Rectaluntersuchung. Die wichtige Entscheidung, ob die Fruchtblase noch erhalten 
oder gesprungen ist, ist vom Rectum her nur dann leicht, wenn viel Vorwasser vor- 
handen ist und die Wehen kräftig sind. Schwierig ist sie bei wenig Vorwasser, schlechten 
Wehen, wenn die Portio noch nicht verstrichen ist oder der vorangehende Teil noch 
hoch im oder über dem Becken steht. Das Einstülpen der rectovaginalen Scheidewand 
in den noch erhaltenen Cervicalkanal hält Verf. für nicht ganz unbedenklich. Dasselbe 
gilt für die Abtastung des Muttermundes vom Rectum her. Auch sie ist schwierig, wenn 
die Cervix bei noch hochstehendem Kopf schlaff herabhängt oder die Portio noch nicht 
verstrichen ist. Leichter wird die Orientierung erst bei einem im Beckenausgang 
stehenden Kindsteil. Liegner mußte oft seine Rectaluntersuchung durch die vaginale 
Untersuchung kontrollieren und dabei ergab sich, daß die rectale Methode bei hoch- 
stehendem Kopf, bei nicht verstrichener Portio und gesprungener Blase als unzuver- 
lässig anzusehen ist. Dasselbe gilt nach ihm auch für die Feststellung des voran- 
gehenden Kindsteiles, ob Kopf oder Steiß. Einzelheiten am vorangehenden Kopf sind 
per rectum annähernd ebenso deutlich zu fühlen wie per vag. Möglich ist eine Ver- 
wechslung zwischen Gesichts- und Steißlage. Dagegen lassen sich per rectum vor- 
gefallene kleine Teile und Nabelschnurvorfälle leicht erkennen. Placentargewebe 
per rectum zu diagnostizieren ist kaum möglich. Aus allen diesen Gründen kann die 
rectale Untersuchung die vaginale niemals ersetzen, noch viel weniger ihr überlegen 
sein. Dazu kommen noch die technischen Schwierigkeiten bezüglich ihrer Erlernung. 
Nur wer in der vaginalen Untersuchung durch und durch geübt ist, kann die rectale 
Methode erschöpfend beherrschen. Für die öftere Orientierung über den Stand der 
Geburt bedeutet sie eine willkommene Zugabe. Sie hat also wohl ihre Berechtigung; 
sie aber allgemein zu empfehlen oder sie gar zum Gegenstand des Unterrichts zu machen, 
hält L. nicht für angezeigt. Borell (Düsseldorf). 

Chatillon, Fernand: Le toucher rectal pendant le travail de l’accouchement. 
(Die Rectaluntersuchung während der Geburt.) Journ. des praticiens Jg. 35, Nr. 53, 
S. 869—872. 1921. 

Die Leopoldsche äußere Untersuchung hat den Nachteil, daß sie über den Ge- 
burtsablauf nicht genügend Aufschluß zu geben vermag. Auch der Versuch Linten- 
bergers, aus dem jeweiligen Stand des Kontraktionsringes auf eine entsprechende 
Eröffnung des Muttermundes zu schließen, konnte diesem Übelstand nicht abhelfen. 
Anders verhält es sich dagegen mit der von Krönig eingeführten Rectaluntersuchung, 
die hauptsächlich in Deutschland und der Schweiz geübt wird, in Frankreich aber noch 
sehr wenig Anhänger gefunden hat. Nach kurzer Besprechung der Technik der Rectal- 
untersuchung geht Verf. auf die Vorzüge derselben ein. Weichteile und Muttermund sind 
per rectum leicht zu fühlen. Das Betasten der Fruchtblase ist in der Wehenpause und 
dann, wenn wenig Vorwasser vorhanden ist, schwieriger. Sie ist per vag. besser zu fühlen. 
Die Fontanellen sind leicht zu tasten, nur fühlt man im Gegensatz zur vaginalen Unter- 
suchung vom Rectum aus leichter die jeweils nach hinten gerichtete Fontanelle. Die 


368 Physiologie der Gravidität. 


Abtastung des Beckens, wenn man von der Messung der Conj. vera. absıeht, macht vom 
Rectum aus keine Schwierigkeiten. Besonders für den praktischen Arzt, der viel mit 
septischem Material in Berührung kommt, bietet die richtig durchgeführte Rectalunter- 
suchung große Vorteile; keine Infektionsmöglichkeit, schnelle Untersuchung; eine 
Desinfektion ist nur noch kurz vor der Geburt nötig. Ein weiterer Vorzug der Rectal- 
untersuchung ist der, daß man nach Belieben oft untersuchen und vor allem den Ge- 
burtsmechanismus und Geburtsverlauf beobachten kann. Sie bietet deshalb gerade 
auch für den Unterricht nicht zu unterschätzende Vorteile. In Genf, Zürich und Bern 
werden Studierende und Hebanımen in der Rectaluntersuchung unterrichtet. Die 
angehenden Ärzte müssen natürlich auch vaginal untersuchen lernen. Für die Hebanı- 
men sollte eigentlich überhaupt nur noch die Rectaluntersuchung in Frage kommen. 
Nach den Feststellungen Krönigs vermochten die Hebammenschülerinnen bereits 
nach 21/, Monaten die Spinae ischiaticae, die Beweglichkeit des Steißbeins, die Dehnbar- 
keit der Weichteile und des Beckenbodens und den Grad der Muttermunderöffnung 
bei Mehrgebärenden festzustellen. Auch Zweifel verlangt, daß den Hebammen nur 
noch die Rectaluntersuchung erlaubt werden sollte. Mit Hilfe der äußeren und der 
Rectaluntersuchung ist man imstande, die Kindeslage zu diagnostizieren, den Geburts- 
verlauf zu beobachten und die Geburt zu leiten. Die Rectaluntersuchung vermag ın 
fast allen Fällen die vaginale Untersuchung zu ersetzen. Sie stellt ein vorzügliches 
Schutzmittel gegen das Wochenbettfieber dar. Man hat nur nötig, sich in der Rectal- 
untersuchung zu üben und sich daran zu gewöhnen, so wie man sich früher an die vagi- 
nale Untersuchung gewöhnt hat. Als einziger Nachteil der Rectaluntersuchung ist 
vielleicht in manchen Fällen die schlechte Abtastungsmöglichkeit des Muttermundes 
bei Erstgebärenden zu erwähnen. Dieser Nachteil beraubt aber die sonst so vorzügliche 
Methode nicht ihres Wertes. Natürlich muß sie mit eingefetteten Fingerlingen oder 
besser mit Gummihandschuhen durchgeführt werden. Verf. selbst wendet die Rectal- 
untersuchung seit 3 Jahren fast ausschließlich zur Leitung normaler und anormaler 
Geburten an. Gefahren, wie sie z. B. von Fritsch erwähnt worden sind, sind bei rich- 
tiger Technik ausgeschlossen. Borell (Düsseldorf). 


Heiter, Josef, Die Bedeutung der rectalen Untersuchung in der Geburtshilfe. (Disser- 
tation: Erlangen 1921.) 


Theodor, P. und G. Handtmann: Bakteriologisches zur rectalen Untersuchung 
unter der Geburt. (Univ.-Frauenklin., Hamburg-Eppendorf.) Monatsschr. f. Geburtsh. 
u. Gynäkol. Bd. 56, H. 1/2, S. 7—13. 1921. 


Bakteriologische Untersuchungen zur Frage der Keimverschleppung durch den 
tuschierenden Finger bei der Rectaluntersuchung unter der Geburt hatten folgendes 
Ergebnis: War der Handschuh über dem tuschierenden Finger defekt, so ließen sich 
fast regelmäßig neben anderen auch pathogene Keime nachweisen. Die auf den Finger 
übertragene Keimzahl war geringer, wenn der defekte Gummifinger vorher eingefettet 
war. Die Gefahr der Keimübertragung wird also durch die Einfettung des Gummi- 
fingers herabgesetzt. Kleine Löcher im Gummihandschuh sind, besonders bei guter 
Einfettung des für die Untersuchung ın Frage kommenden Handschuhfingers, für 
evtl. nachfolgende vagınale Eingriffe, denen natürlich die übliche Desinfektion voraus- 
zugehen hat, nicht gefährlich. Bei größeren Handschuhdefekten schützt auch das 
Einfetten nicht vor umfangreicher Beschmutzung des tuschierenden Fingers. Unter 
diesen Umständen ist eine sofortige Desinfektion nach Ahlfeld vorzunehmen. Es 
genügt übrigens auch, an Stelle der Desinfektion den beschmutzten Finger 2 Minuten 
lang mit Alkohol abzureiben, um ihn praktisch wieder keimfrei zu machen. Nach 
jeder Untersuchung muß der eingeführte Finger auf etwaige Beschmutzung kontrolliert 
werden. Die Rectaluntersuchung darf nur mit Gummihandschuhen erfolgen. Unter 
Anwendung aller dieser genannten Vorsichtsmaßregeln ist die Rectaluntersuchung 
hinsichtlich einer Keimverschleppung ungefährlich. Borell (Düsseldorf). 


Physiologie der Geburt. — Geburtsperioden. -Geburtsmechanismus usw. 369 


: » Kritzler, Hans: Student: und Gummihandschuh. (Vorschlag zur geburtshilf- 
liehen Ausbildung.) (Hess. Univ „Frauenklin., Gießen.) Zentralbl: f. Gynäkol. ‚Je. 45 
Nr. 47, S. 1703—1705. 1921. 


Lübke, Franz, Über das Verhalten der kindlichen Herztöne während der Geburt. 
(Dissertation: Marburg 1921.) 


1. Phy siologie der Geburt. 


1. Geburtsperioden.. 
2. Geburtsmechanismus hei verschiedenen Lagen. 


Beruti, Josu& A.: Ein neuer und einfacher Apparat zur Darstellung und Er- 
läuterung der Geburtsmechanik. Zentralbl. f. Gynäkol. Jg. 45, Nr. 5, S. 178 
bis 183. 1921. 

Nach einer kurzen Erläuterung der Sellhei mschen Theorie über das Zustande- 
kommen der inneren, sog. turbinalen Drehung des Fuetus unter der Geburt beschreibt 
Beruti an der Hand von mehreren Abbildungen einen einfachen Apparat, der in 
instruktiver Weise die Turbinaldrehung veranschaulicht. Er besteht aus einer gebogenen 
Kanüle (Geburtskanal), einer Bleikugel (Kopf), die mit einem kurzen, gekrümmten 
Stück Uhrfeder (Halswirbelsäule) an einem starren Zylinder, z. B. Stempel einer Rekord- 
spritze (kindlicher Rumpf) befestigt ist. Kugel, Feder und Zylinder stellen den fötalen 
Körper dar und werden mit Hilfe einer größeren Spritze durch die gebogene Glaskanüle, 
den Geburtskanal, hindurchgepreßt. Dabei führen Kopf und Rumpf des fötalen 
Körperchens deutlich sichtbar die Turbinaldrehung nach dem Biegungsfacilimum der 
Uhrfeder (um 90 Grad) aus. Es wirkt hier das Gesetz der Zylinder von ungleicher 
Biegsamkeit beim Durchgang durch eine gekrümmte Röhre. Borell (Düsseldorf). 

Samuel, Max: Über Erleichterung der Geburt. Münch. med. Wochenschr. 
Jg. 68, Nr. 43, S. 1388—1389. 1921. | 

Verf. läßt die Kreißende mit ihren Händen die im Kniegelenk maximal gebeugten 
und nach außen rotierten Beine fest kopfwärts ziehen, wobei zum Druckverstärken 
beim Pressen noch der Kopf von der Unterlage sich abhebt. Diese Art der Verarbeitung 
der Preßwehe unterstützt Verf. dadurch, daß er oberhalb der Kniekehle durch Druck 
nach oben den Zug der Kreißenden an den Beinen verstärkt. Die korpulenten Frauen 
läßt Verf. aufstehen und an einem in Schulterhöhe stehenden Gegenstand anhalten, 
wenn sie während der Wehe in Kniebeuge gehen. Anlehnen des Rückens an eine Wand 
wird angenehm empfunden. Der Zweck dieser Maßnahmen ist Erweiterung des Becken- 
ausganges, Herabsetzung des Wehenschmerzes, bessere Möglichkeit des Mitpressens. 
Empfehlung der Walcherschen Hängelage. Bei Querlagen versucht Verf. das von 
ihm modifizierte Verfahren von King. Möglichst exspektative Nachgeburtsleitung. 

O. Eisenreich (München). 

Marshall, Matthew: Spontaneous evolution foHowing transverse presentation 
of the fetus. With report of a case. (Selbsten*wicklung aus Querlage. Bericht über 
einen einschlägigen Fall.) (Dep. of obstetr., Western Pennsylvanıa hosp., Pittsburgh.) 
Americ. journ. of obstetr. a. gynecol. Bd. 2, Nr. 2, S. 152—158. 1921. 

- Es wird an der Hand eines einschlägigen Falles der Mechanismus der Selbstentwicklung 
beschrieben. Illustration durch 4 am Phantom gestellte Photographien. Lindemann (Halle). 

Mathes, P.: Der Austrittsmechanismus bei engem Schambogen. (Univ.- 
Frauenklin., Innsbruck.) Münch. med. Wochenschr. Jg. 68, Nr. 21, S. 641. 1921. 

Der enge Schambogen ist das wesentlichste Merkmal des hypoplastischen durch 
Entwicklungshemmung entstandenen Trichterbeckens. Ausgeprägte Anomalien dieser 
Art sind selten, geringere Grade jedoch beeinflussen oft den Geburtsverlauf in sehr cha- 
rakteristischer Weise. Nachdem der Kopf auf den Beckenboden getreten, verläßt er 
durch den Ausschnitt des Schambogens das Scheidenrohr. Je enger nun dieser ist, um 
80 tiefer muß er in dieses hineingeprßt. werden. Ist dieser Moment erreicht, so fühlt 


Jahresbericht f. d. ges. Gynäkologie 1921. 24 


370 | Physiologie der Geburt. 


man, daß der Scheitel des Schambogens frei ist. Verf. empfiehlt zur Behandlung den 
Ritgenschen Handgriff und die quere Epirietomie nach E. Waldstein. Vom Scheitel 
des Schambogens aus kann man durch Druck mit dem Daumen den Austritt beschleu- 
nigen. Trotz scheinbar höchster Raumbeschränkung kann man bei Preßwehen Harn- 
austritt beobachten, wenn die Blase zufällig voll ist. Der quere Damsschnitt durch- 
setzt die Stelle der höchsten Spannung, nämlich die Mitte zwischen hinterer Commissur 
und After. Der Schnitt wird vorerst nur durch die Haut gelegt und kann nach Bedarf 
vertieft werden. Leizl (München). 
Heilmann, Pankraz, Die Gesichts-Lagen. (Dissertation: Erlangen 1921.) 


Eymer, Heinrich: Über Stirnlage. (Univ.-Frauenklin., Heidelberg.) Monatsschr. 
f. Geburtsh. u. Gynäkol. Bd. 56, H. 1/2, S. 13—21. 1921. 

Eymer berichtet über die Erfahrungen der Heidelberger Klinik mit Stirnlagen- 
geburten. Die Spontangeburt ist anzustreben. Bei Entbindungsindikation 
kommt in Betracht: A. bei noch nicht eingetretenem Kopf, 1. wenn die Indikation 
auf akut bedrohlichen Erscheinungen basiert, der Kaiserschnitt, 2. bei nicht bedroh- 
lichen Erscheinungen eine beckenerweiternde Operation (Hebosteotomie); B. bei im 
Becken stehenden Kopf, 1. die Zange, nach deren Mißlingen 2. die Perforation. Die 
kindliche Mortalität betrug 11,1%. Lindemann (Halle). 

Seitz, A.: Zur Frage der Geburtsleitung bei Stirnlage. (Univ.-Frauenklin., 
Gießen.) Monatsschr. f. Geburtsh. u. Gynäkol. Bd. 56, H. 1/2, S. 21—27. 1921. 

An der Hand 8 einschlägiger Fälle wird — annähernd normales Verhältnis zwischen 
Kopf und Becken vorausgesetzt — das Abwarten bei Stirnlagengeburten — für die Praxis als 
Normalverfahren — empfohlen. Lindemann (Halle). 

Zimmermann, Robert: Zum Mechanismus bei Stirnlage. (Univ.-Frauenklin., 
Jena.) Zeitschr. f. Geburtsh. u. Gynäkol. Bd. 83, H. 3, S. 725—735. 1921. 

Ausführlicher Bericht über einen Fall von I-Stirnlage mit querem Durchtritt des 
Kopfes. Das Kind zeigt typische Stirnlagenkonfiguration. Gewicht 4300, Länge 58, 
Kopfumfang 36. Damm intakt. Becken im geraden Durchmesser verengt. Die Flexion 
des Kopfes war durch Zentrierung der Druckachse am Schädel nicht ausführbar. Bei 
Sichtbarwerden des Kopfes erfolgten Drehungen im entgegengesetzten Sinne des Uhr- 
zeigers, die nach Autor durch Vorwärtsdrehen des Rückens bedingt waren. Es wird 
gefolgert, „daß auch aus diesem Fall hervorgeht, daß für die innere Drehung 
des Kopfes bei Kopflagen der Einwirkung des Rumpfes eine ausschlag- 
gebende Bedeutung zukommt‘. Lindemann (Halle). 
Haberlandt, Konrad, Über den hohen Gradstand (auf Grund von 28 Fällen). 

(Dissertation: Berlin 1921.) 
ee ra Der tiefe [!] Querstand bei Kopflage. (Dissertation: Heidel- 

r . 
Möller, G ustav, Drei Fälle von hohem Geradstand, beobachtet an der Univ.-Frauen- 

klinik in Göttingen. (Dissertation: Göttingen 1921.) 

Amreich: Über eine Ursache der Gesichtshaltung des Acranius. (I Univ.- 
Frauenklin., Wien.) Zentralbl. f. Gynäkol. Jg. 45, Nr. 29, S. 1035—1037. 1921. 

Bei den Fällen von Acranii, bei denen der Rumpf keine Deflexionshaltung hat 
und bei denen die Gesichtseinstellung nur durch extreme Rückwärtsbewegung der Hals- 
wirbelsäule und Rückwärtsbewegung des Kopfes im Atlantooccipitalgelenk verursacht 
wird, ist die Ursache der ‚„Schnauzgeburt‘‘ das Fehlen der natürlichen Sperrvorrich- 
tungen für die Bewegung der Halswirbelsäule nach rückwärts infolge der Rhachi- 
schisis. Auch für die Fälle, in denen die Gesichtshaltung außer durch Rückwärts- 
beugung des Kopfes im Atlantooccipitalgelenk durch Lordose der Gesamtwirbelsäule 
entsteht, dürfte die Rhachischisis indirekt die Ursache der Gesichtegeburt des Akranius 
sein. Lindemann (Halle). 

Sachs, E.: Zur Entwicklung des nachfolgenden Kopfes bei totem Kinde. (Aran- 
kenh. d. jüd. Gem., Berlin.) Zentralbl. f. Gynäkol. Jg. 45, Nr. 21, S. 742—743. 1921. 

Verf. glaubt den von Stöckel aufgestellten Satz, bei der Entwicklung des nach- 


Mehrlingsgeburten. 371 


folgenden Kopfes des toten Kindes den Rumpf vom Körper des Kindes zu trennen, 
durch einen eigenen Fall widerlegen zu können. Bei einer 26jährigen I-Para gelang 
aus hinterer Scheitelbeineinstellung die Wendung des Kindes, doch machte die Ent- 
wicklung des Kopfes Schwierigkeiten, so daß das Kind abstarb. Der Körper des großen 
Foetus wurde so hart an den Vulvaring gepreßt bei noch über dem Becken stehendem 
Kopf, daß eine manuelle Hilfe unmöglich wurde. Deshalb Perforation des nachfolgen- 
den Kopfes und Anlegen des Kranioklasten. Die Extraktion des Kindes gelingt nicht, 
trotz aller Drehversuche; deshalb wird der Rumpf abgetrennt und nun gelingt die Ent- 
wicklung des Kopfes durch den Martin-Wiegand-Winckelschen Handgriff leicht, 
weil der Rumpf nicht mehr gegen die Vulva drückt und die operierende Hand leicht 
in den Mund eingehen und das deflektierte Kinn herabziehen kann. Verf. glaubt, 
daß es unter Umständen doch angebracht sei, den Rumpf abzuschneiden und mit 
oder ohne Kranioklasten den Kopf zu entwickeln. Pfeiffer (Breslau). 


Eriksson, G.: Über Sterblichkeit der Frucht bei Steißgeburt. (Frauenklin., 
Lund.) Svenska läkaresällskapets handlingar Bd. 47, H. 2, S. 33—42. 1921. 
(Schwedisch.) 

Die Untersuchung umfaßt 356 Fälle von Beckenendlage, die in der Universitäts- 
Frauenklinik in Lund während der Zeit 1900—1920 vorgekommen sind. Die Häufig- 
keit der Beckenendlagen in der Klinik ist 2,29%. Die Sterblichkeitsziffer der Kinder 
der Erstgebärenden ist 6,3, die der Kinder der Mehrgebärenden 3,2, die reduzierte Total- 
mortalität der Kinder ist 4,7%. Die Mortalität der Mütter ist 0%. Als Resultat der 
Untersuchungen stellt der Verf. folgende drei Punkte auf: 1. Je länger die Geburt 
nach einem Blasensprung, der bei einer Weite des Muttermundes von höchstens drei 
Finger eingetreten ist, auf sich warten läßt, je mehr wird die Zahl der Extraktionen 
wie auch die Mortalität der Früchte in beunruhigendem Grade erhöht. 2. Bei einem 
frühen Blasensprung scheint das Gewicht der Früchte durchschnittlich größer zu sein 
als bei einem späten. 3. Bei einem frühen Blasensprung scheint auch das Alter der 
Mütter durchschnittlich höher zu sein als bei einem späten. Silas Lindqvist. 
Brüning, Heinrich, Die Extraktionen am Beckenende und die Ergebnisse für 


Mutter und Kind an der Universitäts-Frauenklinik zu Würzburg 1912—1920. 
(Dissertation: Würzburg 1921.) 


3. Mehrlingsgeburten. 


Kautsky, Karl: Eine neue Methode zur Sicherstellung von Zwillingsschwanger- 
schaften, Beckenend- und Querlagen. (Frauen-Hosp., Wien.) Zentralb!. f. Gynäkol. 
Jg. 45, Nr. 22, S. 777—780. 1921. 

Bei Zwillingsschwangerschaftsverdacht, mit unwesentlichen Frequenzunterschieden 
der fötalen Herztöne, ist auf die Interferenzerscheinung zwischen den beiden Herzschlag- 
rhythmen zu achten. Ferner läßt sich durch einfachen Druck auf den einen kindlichen 
Schädel nach Art eines Vagusdruckversuches eine Brachykardie bei dem einen Zwilling 
hervorrufen. Der Versuch ist harmlos. Auf gleiche Weise ıst man in der Lage, 
Beckenendlagen und Querlagen zu diagnostizieren, da ein positiver Ausfall uns 
beweist, daß wir tatsächlich in dem komprimierten Teil den Kopf vor uns haben. 

Leixl (München). 

Wimberger, Hans: Eineiige Zwillinge. (Univ.-Kinderklin., Wien.) Zeitschr. 
f. Kinderheilk. Bd. 31, H. 3/4, S. 216—225. 1921. 

Eineiige Zwillinge, die vom 7. Lebensmonat ab mehrere Monate ın klinischer 
Beobachtung standen; sie zeigten einen ganz gleichmäßigen Verlauf der körperlichen 
Entwicklung und ungefähr gleiches Verhalten bei Grippeinfektionen. Der eine Zwilling 
bekam eine Vitaminzulage (Lebertran und Wrukensaft) zur Nahrung, ohne daß durch 
diese Zufütterung seine Entwicklung dem anderen Zwilling gegenüber beeinflußt 
wurde. Psychisch dagegen waren beide Zwillinge vollkommen verschieden. Orgler., 


24* 


372 | Physiologie der Geburt. 


Stockard, Charles R., Developmental rate and structural expression: An experi- 
mental study of twins, „double monsters‘“ and single deformities, and the inter- 
action among ambryonie organs during their origin and development. (Entwick- 
lungstempo und strukturelle Ausprägung: Eine experimentelle Untersuchung über 
Zwillinge, „Doppelmißbildungen‘“ und einfache Mißbildungen, und über die 
Wechselwirkung zwischen den embryonalen Organen während ihres Ursprungs 
und ihrer Entwicklung.) (Americ. journ. of anat. Bd. 28, Nr. 2, S. 115—277.) 
Vgl. Referat S. 485. 
Benthin, W., Zwillingsschwangerschaft im atretischen rudimentären Horn bei Uterus 
duplex. (Univ.-Frauenklin., Königsberg i. Pr.) (Zentralbl. f. Gynäkol. Jg. 45, 
Nr. 6, S. 203—204.) 
Kliegel, Karl, Häufigkeit, Pathologie und Therapie der Zwillingsgeburten (in den 
letzten 10 Jahren d. Univ.-Frauenklin., Erlangen). (Dissertation: Erlangen 1921.) 


Stok, G. A. van der: Ein Fall von lebenden Drillingen. Nederlandsch maandschr. 
v. geneesk. N. F. Jg. 10, Nr. 4, S. 199—205. 1921. 

Zwei Mädchen — eineiige Zwillinge — und ein Knabe; die Plazenta des letzteren war 
und kam ganz gesondert. Die 32jährige II-para war wegen drohender Eklampsie mit hohem 
Eiweißgehalt im Urin aufgenommen worden; die Geburt trat spontan etwa 3 Wochen vor dem 
berechneten Ende ein. Das Eiweiß schwand bald. In der Familie sind keine anderen mehr- 
fachen Geburten bekannt. Die Kinder sind jetzt, nach einem’ Jahr, noch am Leben. Leichte 
Rachitis. | Lamers (Herzogenbusch). 

i Conijn, J. J.: Ein Fall von Elephantiasis congenita cystica bei echten Dril- 
lingen. (Univ.-Frauenklin., Amsterdam.) Nederlandsch maandschr. v. geneesk. Jg. 10, 
Nr. 7, S. 342—346. 1921. (Holländisch.) 

l 33 jährige III-Para. Hydramnion. Frühgeburt im 7. Monat. Die nach einigen Minuten 
gestorbenen normalen Kinder wogen 737 resp. 633 g; das ohne Lebenszeichen geborene Mon- 
strum 710g. Ein Chorion; drei Amnionhöhlen. Außerlich am meisten einem Hemiacardius 
ähnlich, zeigt sich im Röntgenbilde ein normaler Schädel. — 3 Photos. Lamers (Herzogenbusch). 


_ 


4. Wehenmittel. 


Sachs, E.: Über den Einfluß der neueren Wehenmittel auf die Leitung der 
Geburt. (Krankenh. d. jüd. Gem., Berlin.) Therap. d. Gesenw. Jg. 62, H. 1, S. 10 
bis 15 u. H. 2, S. 53—60. 1921. 

Verf. wandte bei 600 Fällen Pituglandol in Dosen von 1,0, vereinzelt auch 0,5 ccm 
subcutan und intravenös an. Letztere Anwendungsart hat den Vorteil augenblick- 
licher, wenn auch etwas kürzerer Wirkung, sie ist da kontraindiziert, wo auch bei 
subcutaner Injektion Gefahren zu befürchten wären und auch dann, wenn die sub- 
‚cutane Injektion genügt. Bei genügend langsamer Injektion in die Vene (35—45”) 
kam es nie zu Zwischenfällen wie Herzklopfen, Erblassen und Übelkeit. Die Hypo- 
'physenpräparate wirken nur dann sicher, wenn die Geburt bereits begonnen hat, der 
‚Erfolg steigt mit dem Fortschreiten der Geburt; ın der II. Periode ist er besser als in 
(der I., bei Mehrgebärenden besser als bei Erstgebärenden, bei letzteren in der III. Periode 
besser als bei Mehrgebärenden, besonders vor Austritt der Placenta. Bei primärer wie 
bei sekundärer Wehenschwäche sind die Hypophysenpräparate allen anderen Maß- 
nahmen wegen ihrer relativ sicheren Wirkung wie wegen ihrer Unschädlichkeit über- 
legen. Die dankbarste Anwendung ist die intravenöse Injektion bei Nachgeburts- 
blutungen in Verbindung mit Secalepräparaten und äußeren Handgriffen (manuelle 
‘Überwachung, evtl. Crede). Ist die manuelle Lösung einmal nötig, dann liegt aus- 
nahmslos bei richtiger Technik eine Placenta accreta vor. Bei sogenannter habitueller 
'Nachgeburtsblutung sah Verf. die besten Erfolge mit Pituglandol, Werner gleich 
günstige mit Chinin. Bei Fieber als Indikation zur Beendigung der Geburt haben die 
'Hypophysenextrakte vor den operativen Entbindungsmethoden den ungeheuren 
Vorteil, auf bereits infiziertem Boden keine unnötigen Wunden zu setzen. Gute Wehen 
sind ferner durch Hypophysenpräparate hervorzurufen, um reponierte Kindsteile in 
ihrer Lage zu erhalten, ebenso fixieren die Wehen (besonders bei intravenöser Injek- 
tion) nach Hamm den Kopf nach Umwandlung von Deflexionslagen. Beckenaus- 
gangszangen können durch Pituglandol besonders bei Mehrgebärenden fast stets 


ri 


Wehenmittel. i 373: 


vermieden werden, sofern die Wehenkraft fehlt, andere Zangenoperationen . werden. 
oft erleichtert. Bei rigidem Damm ist zur Rettung des Kindes manchmal eine Episio- 
tomie oder eine Zangenoperation nötig. Verf. empfiehlt die intravenöse Injektion von 
Pituglandol auch bei engem Becken an Stelle der hohen Zange, vor der er berechtigter- 
weise warnt; allerdings gehöre zu dieser Indikation geburtshilfliche Erfahrung, um die 
Möglichkeit des Durchtrittes des Kopfes durch das verengte Becken abzuschätzen. 
Ich glaube, diese Forderung nach geburtshilflicher Erfahrung ganz besonders betonen 
zu müssen, um Unheil zu vermeiden. Bei tiefem Querstand kann die übliche Seiten- 
lagerung mit Pituglandol zusammen die Zangenoperation unnötig machen. Der Grund- 
satz des Verf. bei Injektion von Pituglandol zur Vermeidung von Zangenoperationen 
lautet: Kein Zangenversuch ohne vorherige Injektion und keine Injektion bei rigiden, 
Weichteilen, ohne die Zange zur Hand zu haben. Bei Beckendurchtrennung verbindet 
die Pituglandolinjektion (intravenös) zumeist den Vorteil sofortiger mit dem der 
spontanen Entbindung. Bei Beckenausgangsschwierigkeiten warnt Verf. vor der intra- 
venösen Injektion von Pituglandol. Die Mortalität von Beckenendlagen kann dadurch 
gebessert werden, daß gute Wehen (durch Injektion von Pituglandol) das Hochschlagen 
der Arme erschweren. Bei Querlage ist Pituglandol meist kontraindiziert. Placenta 
praevia-Blutungen können häufig durch Blasensprung und Pituglandolinjektion gestillt 
und die Geburt so ohne größere Eingriffe beendigt werden. Bei mangelnder Bauch- 
presse vermag Pituglandol oft Gutes zu leisten. Bei sachgemäßer Anwendung von 
Pituglandol kann manches Kind gerettet werden, welches sonst an Asphyxie zugrunde 
gebt. An Kontraindikationen führt Verf. an: Überdehnung des Uterus, Rigidität der 
Weichteile, Kranıpfwehen, Querlage, drohende Uterusruptur, Nabelschnurvorfall in 
der Eröffnungsperiode ohne Reposition, Hypertonie (hier vorher Aderlaß!). Becken-. 
verengerung gibt Verf. nicht ausdrücklich als Kontraindikation an, er setzt wohl voraus, 
daß bei solchen die Chancen vorher genau erwogen sein müssen. Binz (München). 

Chidichimo, F.: Sull’uso razionale di alcuni farmaci sul travaglio del parto; 
e breve sintesi di ricerche sperimentali sulla fisiologia delle contrazioni uterine. 
(Über den rationellen Gebrauch einiger Medikamente während der Geburt; eine kurze, 
Zusammenstellung der experimentellen Untersuchungen über die Physiologie der 
Uteruskontraktionen.) Riv. d’ostetr. e ginecol. prat. Jg. 3, Nr. 7, S. 290—296. 1921. 

Replik auf eine Arbeit von Spintus über den Einfluß von Coffein und Coffein- 
infus auf die Uteruskontraktion. 1. Verf. stellt fest, daß C'offein in kleinen Dosen die 
Wehen erregt. 2. In mittleren Dosen: nach einer kurzen Wehenverstärkung werden 
die Wehen langsamer und weniger kräftig als physiologischerweise. 3. In starken Dosen: 
Die Wehen werden unregelmäßig und arhythmisch. — Kurze Besprechung der Wirkung 
von Secale cornutum, dessen Anwendung Chidichimo ablelınt, solange noch ein Teil 
des Eis im Uterus sich befindet. Die Hypophysenpräparate ersetzen häufig den Forceps 
und haben die ‚„Luxuszange‘“ sozusagen verdrängt. Der weitere Teil der Arbeit ist 
zu kurzem Referat nicht geeignet. Kolisch. 

Spiro, K. und A. Stoll: Über die wirksamen Substanzen des Mutterkorns. 
Schweiz. med. Wochenschr. Jg. 51, Nr. 23, S. 525—529. 1921. 

Infolge von Anregungen durch andere Autoren und eigene Überlegungen kam 
Stoll in anderer Richtung als seine Vorgänger in 2%/,jährigen Versuchen dazu, ein 
stark wirksames, sehr empfindliches, schwach basisches, hochmolekulares Alkaloid — 
Ergotamin — zu isolieren. Die Isolierung ist kurz beschrieben und auf die eigentümliche 
Bindungsfähigkeit gegenüber indifferenten organischen Lösungsmitteln hingewiesen, 
die wohl mit der langdauernden Wirkung auf den Uterus in Zusammenhang stehen 
dürfte. Die pharmakol.-klinische Prüfung nahm Spiro am Meerschweinchen- und 
Rattenuterus nach Kehrer- Magnus mit den Apparaten von Guggenheim- 
Löffler vor. Am Meerschweinchenuterus ist die Hervorrufung und Steigerung rhyth- 
mischer Pendelschwingungen nachweisbar, teils mit, teils ohne Tonussteigerung. Die 
Wirkung tritt langsam ein und dauert lange an, Antidote sind Papaverin oder ent- 


374 Physiologie der Geburt. 


sprechende Opiumbasengemische. Die Darmwirkung entspricht der Uteruswirkung, 
ferner trat manchmal eine leicht kompensierbare Blutdrucksenkung auf. Auf das 
isolierte Froschherz wirkt Ergotamin positiv chronotrop und manchmal bei großer 
Dosis negativ inotrop. Das periphere Gefäßsystem wird verengert. Die Dosis let. 
beträgt 5 mg pro kg Tier. Ergotamın ist ein Sympathicusgift, sein Antagonist ist das 
Calciumion. Läßt man nach Ergotamin Diuretin einwirken, so erhält man eine positive 
inotrope und positive tachotrope Wirkung. Die Digitalisvergiftung kann durch Ergot- 
amin gebessert werden, bei Sympathicuslähmung durch Ergotamin wird jedoch die 
Herztätigkeit durch Digitalis verschlechtert. Klinisch bewährte sich Ergotamin bei 
Metrorrhagien und Atonien, Berichte hierüber sollen folgen. Menschen zeigen sich 
empfindlicher gegen geringe Dosen (0,2—0,5 mg Ergotamin-Tartrat) als die Versuchs- 
tiere. Die wehenerregende Wirkung teilt Histamin mit vielen Stoffen, seine enorme 
Giftigkeit verbietet seinen Gebrauch. Das Ergotaminin hat weniger rhythmussteigernde 
und mehr tonussteigernde Wirkung als das Ergotamin. Uterusanregende und -hem- 
mende Wirkung kommt auch den Lösungen von Kalium- und Calciumsalzen zu, und 
Verf. glaubt diese Erfahrungen für die Theorie der Ergotaminwirkung heranziehen zu 
können. Binz (München). 

Rübsamen, W.: Klinisch -experimentelle Untersuchungen (externe Hystero- 
graphie) zur Frage des synthetischen Mutterkornersatzes. (Staatl. Frauenklin., 
Dresden.) Münch. med. Wochenschr. Jg. 68, Nr. 11, S. 328. 1921. 

Verf. hält es für nötig, die Wirkung von Wehenmitteln außer im Kehrerschen 
Tierexperiment auch an der Lebenden nachzuprüfen. Seine extern-hysterographische 
Methode ist im Archiv f. Gynäkol. 112 beschrieben. Das E. VII. (synth. komb.-Präp. 
der Cewega) ähnelt in seiner Wirkung in der Nachgeburtsperiode den Hypophysen- 
präparaten, nur setzt die Wirkung schneller ein und klingt rascher ab. Das z. Z. ge- 
lieferte Tenosin ähnelt dem E. VII., das 1912/13 gelieferte war wirkungslos. Die raschere 
Resorption der synthetischen Mittel verbietet die intravenöse Injektion. Die Mutter- 
kornpräparate wirken erst nach längerer Zeit, dafür aber stundenlang, weshalb sie für 
die Nachgeburtsperiode als geeigneter und durch synthetische Mittel — die mit dem 
Mutterkorn den Nachteil sich im Laufe der Jahre abschwächender Wirkung haben — 
noch nicht als ersetzt gelten müssen. Binz (München). 

Jaeger, Franz: Vergleichende tierexperimentelle und klinische Versuche mit 
Secaleersatz. (Pharmakol. Inst. d. tierärztl. Fakult., Univ. u. Mülterh. d. Ver. Mutter- 
schutz, München.) Arch. f. Gynäkol. Bd. 114, H. 3, S. 467—500. 1921. 

Kritik an den verschiedenen Methoden der Darstellung der Wirkung wehenerregen- 
der Mittel auf den Uterus, wobei für die klinische Prüfung besonders die Methode von 
Rübsamen, für tierexperimentelle Untersuchungen die von Kehrer empfohlen wird. 
Beschreibung der Magnus - Kehrerschen Methode und der Versuche. Die Resultate 
sind folgende: Secacornin wie Pituglandol bewirken entsprechend den klinischen Er- 
fahrungen erhebliche Tonussteigerung bis zum Tetanus uteri. Nicht ganz so kräftig 
wirkt Chinin; obwohl es kaum die beiden ersten Mittel wird ersetzen können, wird es 
empfohlen, besonders, solange diese knapp sind. Von den Hirtentäschelpräparaten 
Styptysat, Siccostypt, Styptural und Thlaspan ist das letzte das relativ beste. Klinisch 
sind die Hirtentäschelpräparate wohl ausreichend bei oraler Gabe in nicht dringenden 
Fällen, im übrigen sind sie nur bedingt zu empfehlen. Von den synthetischen Präparaten 
hat das -Imidazoläthylamin-Histamin eine viel stärkere Wirkung als das Paraoxy- 
phenyläthylamin-Tyramin. Durch Kombination beider Mittel entsteht das Tenosin, 
das sowohl im Tierexperiment wie klinisch seine volle Brauchbarkeit bewiesen hat und 
durch weitere Kombination mit Phenyläthylamin und Isoamylamin E VII, Ergin, 
das aber nicht im Handel erschienen ist. Binz (München). 

Spiro, K.: Über Ergotamin (Gynergen-Sandoz). Schweiz. med. Wochenschr. 
Jg. bl, Nr. 32, S. 737—739. 1921. 

Eine Tabelle der Bestandteile des Mutterkorns zeigt, daß dieses spezifische besitzt, 


 Wehenmittel. 375 


die unwirksam sind wie auch unspezifische, die bestimmte Wirkung haben. Die Wirkung 
ist bekanntlich eine solche auf den Uterus, eine allgemein toxische, die zu Krämpfen 
und eine, die zu Gangrän führt. Stoll hat die uterotonische spezifische Substanz 
isoliert dargestellt. Dieses Ergotamin kann neben einfacher Tonussteigerung auch 
echte Wehen hervorrufen, wie 3 Kurven zeigen. Klinisch prüfte der Verf. das weinsaure 
Ergotamin-Gynergen, wovon Ampullen zu !/, mg, Tropfflaschen mit 0,1 proz. Lösung 
und Tabletten mit 1 mg im Handel sind. Schäden wurden nie beobachtet, weder bei 
subcutaner noch intravenöser noch oraler Gabe. In der Eröffnungsperiode widerrät 
Verf. die Anwendung; die Kombination Chinin-Gynergen ist hier ebenfalls noch nicht 
genügend erprobt. Bei verstrichenem M. M. war die Wirkung ausgezeichnet, und 
zwar in geringen Dosen (1 ccm der !/,°%/,, Lösung); trat Erbrechen auf, so dauerte 
dies höchstens 2 Stunden. Die Ausstoßung der Placenta wird durch kleinste Gaben 
(ev. 0,2 ccm bis 0,4 cem direkt in den Uterus) sehr gefördert, durch Erregung typischer 
Wehen, die auch im Wochenbett erzeugt werden können, doch muß hierbei die Dosis 
gesteigert werden mit steigendem Abstand von der Geburt weg, wobei sich besonders 
die perorale Darreichung (3mal 15—30 Tropfen =3 mal 1—2 Tabletten täglich) 
bewährt hat. In der Gynäkologie schließt sich die Indikation des Gynergens dem der 
bekannten Ergotinpräparate an. Verf. hofft, daß das neue Mittel an einem recht großen 
Material nachgeprüft werden möge. Binz (München). 


Katz, Georg: Tenosin in der Frauenpraxis. (Frauenklin. Dr. Katz, Berlin.) 
Therap. d. Gegenw. Jg. 62, H. 5, S. 198—199. 1921. 


Garriga, Bonfilio: Spasmus des Uterushalses, hervorgerufen durch Mutterkorn, 
mit Retention der Placenta bei einer Erstgebärenden. Arch. de ginecopat., obstetr. 
y pediatr. Jg. 34, Nr. 3, S. 65—66. 1921. (Spanisch.) 


Trebing, J.: Über Ergopan. (Nollendorf-San., Berlin.) Zentralbl. f. Gynäkol. 
Jg. 45, Nr. 41, S. 1494—1495. 1921. 


Strakosch, Werner: Intravenöse oder perorale Chinindarreichung in der 
Geburtshilfe? (Univ.-Frauenklin., Rostock.) Zentralbl. f. Gynäkol. Jg. 45, Nr. 17, 
S. 612—614. 1921. 


Verf. sah einen Fall von bedrohlichem Kollaps bei intravenöser Darreichung von Chinin 
bimur. bei Vitium cordis. Wenn auch diese Darreichungsform den Vorteil hat, das Chinin 
schnell zur Wirkung zu bringen, auch dann, wenn der wehenbereite Uterus noch ruht, so emp- 
fiehlt Verf. doch, bei Herz- und Gefäßanomalien ganz von der intravenösen Injektion abzusehen 
und im übrigen die Injektion sehr langsam unter Vermeidung jeglichen Danebenspritzens 
vorzunehmen. Binz (München). 


Hüssy, Paul: Therapeutische Neuigkeiten aus dem Gebiete der Geburtshilfe 
und Gynäkologie. A. Geburtshilfe. 2. Chinindial. (Abt. f. Frauenkrankh. u. Geburtsh., 
Kantonal. Krankenanst., Aarau.) Schweiz. Rundschau f. Med. Bd. 21, Nr. 36, 
S. 422. 1921. 

Hemypnon wird an Stelle des Scopolamindämmerschlafes als gefahrlos für Mutter 
und Kind und wegen der fehlenden Beeinflussung der Wehen warm empfohlen, obwohl 
die Amnesie nicht so ausgesprochen ist. Dafür ist das Mittel in Tablettenform (2—4) 
angenehm zu nehmen und auch für die außerklinische Geburtshilfe geeignet. Morphium 
wird als geburtsschmerzlinderndes Mittel abgelehnt, Pantopon nur am Schluß der 
Austreibungsperiode als gelegentlich wirksam empfohlen. Chinindial: Chinin plus 
Dial-Ciba soll eine dem Chinin überlegene Wirkung bei primärer Wehenschwäche mit 
der sedativen Dialwirkung verbinden, die stärker ist als die des Veronals im Chineonal. 
Maximaldosis wegen des Dials 3 Tabletten. Bei sekundärer Wehenschwäche versagt 
das Mittel. Gynergen: Betont wird die bereits bekannte Gefährlichkeit von Secale- 
präparaten in der Eröffnung und Austreibungsperiode und ihre bewährte Brauchbarkeit 
in der Nachgeburtsperiode. Die Dosierung des besprochenen Präparates bedarf noch 
weiterer Klärung. | Binz (München). 


376 Physiologie der Geburt. 


. Franz, Th. und H. Katz: Die Wirkung des Chinins auf den kreißenden und 
ruhenden Uterus. Med. Klinik J g. 17, Nr. 23, S. 677—680. 1921. — . 

Da die Berichte über die Wirkung dee Chinins widersprechend lauten, Haben 
die Verff. dieselbe neuerdings nachgeprüft und dabei folgendes gefunden: Bei äußer- 
lich ruhendem Uterus und physiologischer Gravidität treten — abgesehen von schwachen 
Kontraktionen unmittelbar nach intravenöser Einverleibung — durch Gaben von 
gewöhnlichen Dosen Chinins keine Wehen auf, auch dann nicht, wenn der Uterus 
vorher durch Bariumchloridinjektion in die Portio erregt ist. Anscheinend vermag 
es aber dann Wehen hervorzurufen oder zu verstärken, wenn pathologische Zustände 
vorliegen, die an sich zur Ausstoßung der Frucht zu führen pflegen (z. B. abgestorbene 
Frucht). Während der Geburt am Ende der Gravidität wirkt Chinin im Sinne der Ver- 
stärkung bereits vorhandener Wehen, ebenso wirkt es bei fieberhaftem Abort, be- 
sonders höherer Monate. Bei Abortresten versagt es stets. Es vermag aber andere 
wehenfördernde Maßnahmen (Tamponade, Metreuryse) zu unterstützen. Bei sekun- 
därer Wehenschwäche wie bei Atonie in der Placentarperiode sind die Erfolge nicht 
entsprechend, auch nicht bei intravenöser Injektion. Überhaupt ist die Chininwirkung, 
wenn erreichbar, auch per os zu erzielen, wobei Steigerung der Einzeldosis über 0,5 
genau so nutzlos ist wie die der Gesamtdosis über 1,0. Nachprüfung der auch ım 
Tierexperiment weit auseinandergehenden Resultate früherer Autoren bestätigte den 
Verff., die Chinin im Magnus Kehrerschen Versuch auf den überlebenden mensch- 
lichen Uterus einwirken ließen, im großen und ganzen die klinischen Erfahrungen, 
wie sie obenstehend wiedergegeben sind. Vom forensischen Standpunkt aus ist Chinin 
im allgemeinen nicht als Abortivum anzusprechen, wenn es gelegentlich vielleicht — 
besonders bei fortgesetzter Darreichung — auch einmal zum Abortus führen kann. 

Binz (München). 

Spirito, Francesco: Azione dei sali di chinina sull’ utero umano sopravvivente. 
(Die Wirkung der Chininsalze auf den überlebenden menschlichen Uterus.) (Istit. 
ostetr.-ginecol., univ., Napoli.) Rass. internaz. di clin. e terap. Jg. 2, H. 11, S. 395 
bis 411. 1921. 

Verf. hat mit der Kehrerschen Methode den Einfluß von Chininsalzen auf den 
überlebenden menschlichen Uterus studiert und ist dabei zu folgenden Resultaten 
bekommen: Kleine Dosen von Chinin (1 : 40 000—50 000) rufen sowohl am ruhenden, 
&ls auch am graviden überlebenden Uterus konstant eine Erhöhung des Tonus 
hervor. Diese kann bisweilen von einer Beschleunigung der Kontraktionen gefolgt 
sein, doch sind die Ausschläge immer geringer als normalerweise. Bisweilen kann es 
aber auch direkt zur tetanischen Contractur kommen. Wird dann die Konzentration 
auf 1 : 5000—10 000 erhöht, so resultiert unmittelbar darnach eine Lähmung der 
Muskulatur. Diese beruht auf einer direkten Protoplasmawirkung des Chinins und 
kann durch Zusatz von Pilocarpın oder Bariumchlorid nicht aufgehoben werden. Diese 
Befunde stimmen ganz mit denen überein, die Kehrer und Sugimoto am tierischen 
Uterus erhoben haben. — Die tonuserhöhende Wirkung kleiner und die lähmende 
Wirkung großer Chiningaben läßt sich auch klinisch beobachten. Kleine therapeutische 
Dosen bewirken kräftigere Uteruskontraktionen, toxische Dosen führen zur Inertia 
uteri. Die Angaben von Zanda und Rübsamen, daß das Chinin nur auf den kreißen- 
den Uterus wirke, konnte Verf. nicht bestätigen. Auch der nichtgravide Uterus zeigt 
unter Chininwirkung eine ausgesprochene Tonuserhöhung. Verf. kommt ebenso wie 
Chidichimo zu dem Schlusse, daß das Chinin in gleicher Weise den ruhenden wie den 
graviden Uterus beeinflußt. Nürnberger (Hamburg). 

: Spirito, F.: Der Einfluß des Coffeins und des Coffeininfuses auf die Uterus- 
kontraktionen. Medizinsko Spissanie Nr. 4, S. 161. 1921. (Bulgarisch.) 

. Mit seinen Experimenten an schwangeren und nichtschwangeren Üterusstücken 
yon Tieren und Frauen in Ringer - Lockescher Lösung sowie auch an unberührten, 
bloß in die Lösung eingetauchtem Uterushorn bei Tieren stellte Verf. fest, daß das 


Wehenmittel. 377 


Coffeinum sowie auch das Coffeininfus keinen Abortus verursacht. Im Gegenteil tritt 
regelmäßig eine Abnahme des Tonus und der automatischen Kontraktionen ein. 
i Stoianoff (Sofia). 

Seggelke, K.: Chinin als Wehenmittel in der Abortbehandlung. (Gynäkol. Abt., 
Städt. Krankenh., Altona.) Therap. Halbmonatsh. Jg. 35, H. 1, S. 17—19. 1921. 

Fülöp, Albert: Mit Eihautstich kombinierte Chinindarreichung zur Einleitung 
der Geburt bzw. der Frühgeburt. Zentralbl. f. Gynäkol. Jg. 45, Nr. 31, S. 1103 
bis 1107. 1922. 

 Calmann, A.: Über die Art der Wehenanregung durch Hypophysenextrakte 
und über das neue Mittel Physormon. Zentralbl. f. Gynäkol. Jg. 45, Nr. 51, 
S. 1841—1842. 1921. 

Die von Stein empfohlene Methode, durch tropfenweise Gabe von Hypophysin 
die Geburt am Ende der Gravidität einzuleiten, hat sich dem Verf. nicht bewährt, 
trotzdem er sogar noch Chinin hinzufügte. Dagegen fand er eine Abkürzung der Aus- 
treibungs- und auch der Eröffnungszeit bei tropfenweiser Gabe von Hypophysin, 
wenn die Geburt bereits im Gang war, besonders wurde die Verschlechterung der Wehen 
und Bauchpresse, wie sie häufig bei den verschiedenen Dämmerschlafmethoden auf- 
tritt, paralysiert. Diese ‚Tropfenmethode‘“ dürfte vielleicht auch bei der konservativen 
Abortbehandlung Vorteile bieten. Physormon zählt Verf. zu den besten deutschen 
Hypophysenpräparaten, es zeigt deren bekannte Wirkungen, seine blutdrucksteigernde 
Kraft führt einerseits leider oft zu Angiospasmen, andererseits dürfte sie bei Kollapsen 
Erwachsener und Asphyxien Neugeborener zur Anregung der Herztätigkeit ausgenützt 
werden können. . Binz (München). 

Hellmuth, Karl: Unsere Erfahrungen mit dem Hypophysenextrakt Physormon 
als Wehenmittel. (Univ.-Frauenklin., Hamburg.) Zentralbl. f. Gynäkol. Jg. 45, 
Nr. 37. S. 1320—1324. 1921. 

Bei Beachtung der für die Hypophysenpräparate üblichen Indikationen und 
Kontraindikationen hat sich dem Verf. das Physormon bei Wehenschwäche unter der 
Geburt — intramuskulär, bei akuter Gefahr für das Kind auch intravenös zu Ende 
der Eröffnungs- und während der Austreibungsperiode gegeben — ım Wochenbett beı 
Verhaltung der Lochien und des Harnes und zur Bekämpfung postoperativer Darm- 
lähmungen bewährt. Bei Aborten war die wehenerregende Wirkung nicht so eklatant. 
Das Material zu dem Präparat entstammt dem Hinterlappen und intermediären 
Teil der Hypophysen gut genährter dänischer Rinder. Binz (München). 

Mahnert, Alfons: Über die Anwendung eines neuen Hypophysenpräparates 
„Pituin“ in der Geburtshilfe. (Univ.-Frauenklin., Graz.) Med. Klinik Jg. 17, Nr. 46, 
S. 1388—1390. 1921. 

Bei 111 Fällen wurde ein nach einem neuen Verfahren hergestelltes Hypophysenpräparat 
„Pituin‘‘ angewendet, dessen Wirkung durch Alkoholdesinfektion der Spritzen und Nadeln 
nicht leidet. 1 ccm enthält 0,2 Drüsensubstanz, diese Dosis genügte meist, die Wirkung klingt 
nach etwa 1 Stunde ab. Die Wirkung war stets eine ausgezeichnete, auch bei Ausdehnung der 
Indikation auf die Eröffnungsperiode, bei Abortus versagte das Mittel teilweise, bei Eklampsie 
löste es keine neuen Anfälle aus. Da Pituin nach Ansicht des Verf. in jedem Stadium der 
Geburt mit Nutzen angewandt wurde, nie Schaden stiftete, ja sogar die Herzaktion der Frucht 
günstig beeinflußte, spricht er ihm eine Überlegenheit über die älteren Hypophysenpräparate 
zu. Von Organextrakten aus Hoden, Ovarien, Corpus luteum und Vorderlappen der Hypo- 
physe sah er keinerlei Wirkung. Binz (München). 

Vermelin, Henri: La medication hypophysaire en obstétrique. (Die Anwendung 
des Hypophysenextraktes in der Geburtshilfe.) Rev. méd. de l’est Bd. 49, Nr. 18, 
S. 560—567. 1921. 

Verf. nahm nie höhere Dosen als 0,5 g Extrakt ‚‚Choay“ gelöst in 1 cem Flüssig- 
keit, möglichst nur einmal und nicht intravenös. Ein Abortivum ist Hypophysenextrakt 
nicht, es kann vielleicht bereits im Gang befindliche Aborte beschleunigen; bei Re- 
tention der Placenta ist kaum ein Erfolg zu erwarten. Die Einleitung der Geburt 
gelingt im allgemeinen nur bei gleichzeitiger Bougie- oder Metreurynteranwendung, 


378 Physiologie der Geburt. 


um so besser, je weiter die Schwangerschaft sich dem Ende nähert. Bei vorzeitigem 
Blasensprung, in dem der Verf. keinen Nachteil für Mutter und Kind sieht, ist die 
Wirkung des Hypophysins zweifelhaft. In der Eröffnungsperiode wirkt das Mittel 
bei Mehrgebärenden ausgezeichnet und kann die künstliche Geburtsbeendigung über- 
flüssig machen, während es bei Erstgebärenden oft im Stich läßt. In der Nachgeburts- 
periode will sich der Autor nicht auf Hypophysenextrakt verlassen, sondern empfiehlt 
Ergotin, doch wird der Versuch der Bekämpfung postpartaler Blutungen befürwortet. 
Allgemein toxische Wirkungen sind keine zu befürchten, doch ist Vorsicht geboten 
wegen Tetanus uteri mit Rupturgefahr, weshalb die Anwendung nur Ärzten erlaubt 
sein sollte. Eventuelle Postpartumblutungen scheinen nur bei sehr großen Dosen 
möglich zu sein. Die Wirkung auf die Frucht ist eine rein mechanische. Als Kontra- 
indikationen gelten: Herz-, Lungen- und Nierenleiden, Albuminurien gleich welcher 
Art und Hypertensionen. Bei Mehrlingsgeburten ist Vorsicht geboten, MiBbildungen 
des Uterus, ebenso Narben wie Beckenverengerungen geben eine strikte Kontra- 
indikation ab. Bei Verdacht auf Mißbildungen der Frucht, bei Falschlagen wird Hypo- 
physin widerraten, bei drohendem Absterben des Kindes dürfte die Wirkung zu spät 
kommen und sollte es durch operative Hilfe ersetzt werden. Binz (München). 

Heffernan, Roy J.: Pituitrin in the third stage of labor. (Pituitrin in der Nach- 
geburtsperiode.) Boston med. a. surg. journ. Bd. 185, Nr. 15, S. 443—445. 1921. 

Die Statistik der Vereinigten Staaten zeigt, daß von den mindestens 10 000 Todes- 
fällen unter der Geburt jährlich mehr Frauen in der Nachgeburtsperiode bleiben, als 
in den 2 vorhergegangenen zusammen. Pituitrin hat in der Nachgeburtsperiode kaum 
eine Kontraindikation entgegen der Austreibungs- und noch mehr der Eröffnungs- 
periode. Es befördert die Lösung und Ausstoßung der Placenta und mindert den 
Blutverlust, während das Cred&sche Verfahren und die Uterusmassage den Mechanis- 
mus häufig stören. Tetanus und Striktur des Muttermundes sind bei kleinen Dosen 
bis 1 ccm kaum zu befürchten, ebensowenig Blutungen und mangelhafte Rückbildung 
im Wochenbett. Bei adhärenter Placenta vermindert es die Blutung, wenn manuelle 
Lösung nötig ist, diese sollte aber erst nach 3 Injektionen von Pituitrin (1 ccm) in 
einstündigen Intervallen erfolgen. Binz (München). 

Ryder, Geo. H.: The administration of pituitrin at the beginning of the third 
stage of labor. With a report of one hundred cases. (Die Anwendung des Pituitrins 
zu Beginn der Nachgeburtsperiode. Bericht über 100 Fälle) Amer.c. journ. of 
obstetr. a. gynecol. Bd. 2, Nr. 1, S. 61—66. 1921. 

100 Frauen wurde unterschiedslos nach der Geburt des Kindes je 1 ccm Pituitrin 
subcutan verabfolgt, 100 andere Frauen wurden als Kontrolle ohne solche Einspritzung 
beobachtet. Es zeigte sich, daß die prophylaktische Pituitringabe niemals schadete, die 
Spontangeburt der Placenta beförderte und die Blutung minderte, das Halten des 
Uterus zur Überwachung wurde erleichtert, letztere aber keineswegs überflüssig ge- 
macht. Verf. meint, Pituitrin gehöre in den Koffer des modernen Geburtshelfers. Binz. 

Cron, Roland S.: Indications and contraindications for the use of pituitrin 
in obstetrics. (Indikationen und Kontraindikationen für die Anwendung des Pitui- 
trins in der Geburtshilfe.) (Dep. of obstetr. a. gynecol., univ. of Michigan, Ann Arbor.) 
Journ. of the Michigan state med. soc. Bd. 20, Nr. 9, S. 340—345. 1921. 

Das zumeist verwendete Pituitrin Parke-Davis erwies sich als identisch mit Pi- 
tuitol-Hollister, die Dosis beschränkt der Autor auf 3 ccm pro die, entgegen der 
Empfehlung großer Dosen durch Bandler. Orale Gaben von Oleum ricini, 2 Stunden 
später gefolgt von Chinin. sulfur. und nach weiteren 2 Stunden von Pituitrin vermochten 
nur gegen Ende der Gravidität, besonders in Verbindung mit Blasenstich und Metreuryse 
Wehen auszulösen. Bei vorzeitigem Blasensprung mit eingeschlafenen Wehen kann 
durch Pituitrin die Differentialdiagnose auf richtige oder falsche Wehen gestellt werden. 
In der Eröffnungsperiode soll das Mittel nur bei ausgesprochener primärer Wehen- 
schwäche — kenntlich am niedrigen Blutdruck und schlappen Uterus — vorsichtig 


Wehenmittel. 379 


versucht werden, wegen des ernsten Risikos für Mutter wie Kind. Auch in der Aus- 
treibungsperiode ist der Autor äußerst zurückhaltend mit Pituitrin, in Übereinstimmung 
mit den Diskussionsrednern. Narkose kann nötig werden zur Dämpfung zu starker 
Wehen infolge Pituitrins, ebenso Episiotomie zur Schonung des Dammes, wohingegen 
dessen Dehnung nach Potter nicht befürwortet wird. Tod des Kindes oder dauernde 
Schädigungen desselben können die Folge indikationsloser Pituitrinanwendung sein. 
In der Nachgeburtsperiode dagegen gibt das Pituitrin dem Geburtshelfer die Gewähr, 
bei Erhaltung des Lösungsmechanismus die Blutung zu verringern. Uhrglaskontrak- 
tionen beobachtete Verf. nicht dabei. Postpartale Blutungen treten dann nicht häu- 
figer als üblich auf, wenn man in der Eröffnungs- und Austreibungsperiode zurück- 
haltend war, schlimnistenfalls hilft die Injektion von Pituitrin evtl. auch Ergotin 
durch die Bauchdecken. Bei Sectio caes. erleichtert Infiltration der Uteruswunde mit 
Pituitrin deren Naht, befördert die Involution des Uterus, die Peristaltik des Darmes 
und die Entleerung der Blase post operationem. Strenge Kontraindikationen sieht der 
Autor in Unklarheit über den Stand der Geburt, in Narben des Uterus, und in Miß- 
verhältnissen zwischen Becken und Kopf und solchen pathologischen Einstellungen, 
die die Möglichkeit einer spontanen Geburt in Frage stellen. Im Verlaufe der Dis- 
kussion wird ein Fall von typischem anaphylaktischen Schock nach Injektion von 
nur 0,4 ccm Pituitrin mitgeteilt. Binz (München). 
Pouliot: Les extraits d’hypophyse en gynöcologie. (Die Hypophysenextrakte 
in der Gynäkologie.) Journ. de med. de Paris Jg. 40, Nr. 3, S. 43—45. 1921. 
Durch Hypophysenextrakt wird eine Art Selbstmassage des Uterus hervorgerufen, 
die die Heilung von Metritiden und Subinvol. uteri begünstigt, wodurch anch die 
begleitende Hydrorrhöe sich schnell bessert. Schlenck und Klein empfahlen Hypo- 
physenextrakt bei Dysmenorrhöe. Die besten Resultate bei Menorrhagien erzielte 
Verf. bei klinischen Blutungen, Sklerose des Uterus und Hypersekretion der Ovarien, 
doch ist auch ein Versuch bei ovarieller Insuffizienz angezeigt. Bei chronischen Adnex- 
erkrankungen kann die Injektion von Hypophysenextrakt Besserung bringen, bei 
essentiellem Pruritus vulvae sogar Heilung. Bei Asthenie ersetzt: Verf. oft die Strychnin- 
präparate durch Hypophysenextrakt mit bestem Erfolg. Zur Technik bemerkt Verf., 
daß er zur Verlängerung der Wirkung subcutaner Injektion und bei versuchsweiser 
Anwendung den oralen Weg bevorzugt, ın allen anderen Fällen die subcutane Injek- 
tion — nie die intravenöse anwendet. Die Zeit der Injektion ist nicht gleichgültig, 
man injiziert entweder früh nüchtern, am späten Vor- oder Nachmittag. Die Technik 
von Koch wird angeführt. Die Dosierung ist auf das Präparat ‚Choay‘ eingestellt, 
die normale Dosis entspricht Y/,,g frischer Drüse. Binz (München). 


Porak, Rene: Etude sur J’action thérapeutique des extraits hypophysaires 
hypotenseurs. (Studium über die therapeutische Wirkung der Hypophysenextrakte.) 
Gaz. des höp. civ. et milit. Jg. 4, Nr. 73, S. 1157—1162. 1921. 


Martin, Ed.: Placenta-Opton als Wehenmittel. Eine vorl. Mitt. Monatsschr. 
f. Geburtsh. u. Gynäkol. Bd. 54, H. 5, S. 288—291. 1921. 

Verf. wandte das Opton Merck, hergestellt aus menschlicher Placenta, an, ohne 
je eine schädliche Wirkung für Mutter oder Kind feststellen zu können. Es gelang ihm, 
wie 6 Krankengeschichten zeigen, durch das Placentaopton Wehen auszulösen in Fällen 
von vorzeitigem Blasensprung ohne Wehentätigkeit, dagegen versagte der Versuch bei 
4 Fällen von überfälliger Schwangerschaft 3 mal gänzlich, einmal traten nur kurze Zeit 
deutliche Wehen auf. Weitere Versuche, den Uterus durch Corpus luteum-Optone zu 
sensibilisieren, sind im Gang. Binz (München). 

Vogt, E.: Experimentelle und klinische Untersuchungen über die Einwirkung 
von Uzara auf den Uterus. Zentralbl. f. Gynäkol. Jg. 45, Nr. 3, S. 107—113. 1921. 

Verf. prüfte das von Hopfentdeckte und von Gürbereingehend pharmakolcgisch 
und experimentell studierte Uzara in seiner Wirkung auf den Uterus nach. Hierbei 


380 Physiologie der Geburt. 


zeigte sich, daß Uzara beim überlebenden nicht graviden Uterus einen Tonusabfall 
unter Herabsetzung der Pendelbewegungen herbeiführt, die Wirkung hält verschieden 
lange an und läßt sich steigern durch Wiederholung der Uzarazufuhr, dabei wird der 
Muskel nicht geschädigt und bleibt erregbar. Der künstlich in Tetanus versetzte Uterus 
wird durch Uzara erschlafft, ebenso wie auch der durch Wehenmittel gereizte gravide 
Uterus ohne vorherige künstliche Wehenerregung auf Uzara sich kontrahiert. Dys- 
menorrhöe, d. h. die funktionellen Zustände der spastischen Form, Tenesmen des Darnıs 
und der Blase und postoperative Dysurie sind günstig durch Uzara beeinflußt worden. 
Verf. nennt eine Reihe weiterer möglicher Indikationen, die jedoch noch nicht aus- 
reichend studiert wurden, was auch für die Wirkung des Mittels auf den normalen Ab- 
lauf der Wehen bei Fehl-, Früh- und rechtzeitiger Geburt gilt. Schaden sah Verf. nie 
von dem Mittel, das per os in Form von 30 Tropfen oder 3—4 Tabletten alle 2 Stunden 
gegeben wurde oder 3mal täglich als Suppositorium. Im ganzen stellt Uzara eine 
Bereicherung des gynäkologischen und geburtshilflichen Arzneischatzes dar. Binz. 

Gunn, J. W. C.: The action of the „emmenagogue oils‘‘ on the human uterus. 
(Die Wirkung der ‚emmenagogen Öle“ auf den menschlichen Uterus.) (Univ. of 
Cape Town.) Journ. of pharmacol. a. exp. therap. Bd. 16, Nr. 6, S. 485—489. 1921. 

Geprüft wurden die als Abortiva gebräuchlichen Öle von Wachholder, Polei, Raute, 
Sadebaum und Rainfarn hinsichtlich ihrer Wirkung auf den menschlichen Uterus und 
Stücke aus der Mitte der Tuben. Sofort nach Entnahme aus dem Körper (Operation) 
wurden Längsstreifen von etwa 3cm Länge aus gesunden Teilen der Muskulatur aus- 
geschnitten und in der üblichen Weise in einem mit Sauerstoff durchströmten Ringerbad 
aufgehängt. Zur Erhaltung gleichmäßiger Temperatur (37°) ist der das Präparat ent- 
haltende Glaszylinder von einem mit Wasser gefüllten Kupfermantel umgeben, durch 
dessen Wand in der Nähe des Bodens ein Kupferstab geht. Der innere Teil dieses Stabs 
läuft in einem Bogen zwischen Glas und Kupfermantel, der äußere, gestreckte wird 
durch einen, in passender Entfernung aufgestellten Bunsenbrenner erwärmt. Tube und 
Uterusstreifen von einem Fall zeigten deutliche rhythmische Bewegungen, die durch 
Adrenalin (1 : 100 000—200 000) verstärkt wurden; gleichzeitig nahm der Tonus zu. 
Die Wirkung der ätherischen Öle war durchaus gleichartig: Kleine Konzentrationen 
(abgemessene Mengen einer Emulsion dem Ringerbad zugefügt) waren wirkungslos, 
größere (1 : 1000—10 000) hoben den natürlichen oder durch Adrenalin hervorgerufenen 
Tonus auf und brachten die rhythmischen Bewegungen zum Verschwinden. Wenn diesen 
Ölen tatsächlich eine abortive Wirkung zukommen sollte, so ist dieselbe vermutlich eine 
Folge der Reizung und Entzündung von Nieren und Darm. Wieland (Freiburgi. B.).°° 

Spirito, Francesco: Ancora sull’influenza della coffeina e dell’infuso di caffè 
sulla contrazione uterina. (Istit. ostetr.-ginecol., univ., Napoli.) Riv. d’ostetr. e gine- 
col. prat. Jg. 3, Nr. 10, S. 444—446. 1921. 


Guggisberg, H., Zur medikamentösen Therapie der Wehenschwäche. (Univ., Frauen- 
klin., Bern.) (Schweiz. med. Wochenschr. Jg. 51, Nr. 5, S. 105—107.) 
Vgl. Referat S. 449. 


5. Narkose der Kreißenden, Dämmerschlat. 


Siegel, P. W.: Schematisierung und Dosierung des geburtshilflichen Dämmer- 
schlafs. (Univ.-Frauenklin., Gießen.) Zentralbl. f. Gynäkol. Jg. 45, Nr. 22, 
S. 780—787. 1921. 

Gegenüberstellung der Dosen beim schematischen Dämmerschlaf, wie sie nach den 
Schemata von Le mbc ke und Siegel sich ergeben. Es ist zu berechnen, daß als mittlere 
Dosis von Lembcke 0,00183 Scopolamin und 0,010 g Morphin äquivalent gegeben 
werden, von Siegel 0,00180 g Scopolamin und 0,015 g Morphin äquivalent. Pro Dämmer- 
schlafstunde wird von Lembcke gegeben 0,35 mg Scopolamin + 0,019 ctg Morphin, 
von Siegel 0,24 mg Scopolamin + 0,20 ctg Morphin. Lembcke gibt also wohl etwas 
weniger Morphin, dafür aber beträchtlich mehr Scopolamin, was sich in der Berechnung 


— em 


— 


Narkose der Kreißenden, Dämmerschlaf. 381 


pro Stunde scharf zum Ausdruck bringt. Kritik an verschiedenen Behauptungen 
und Berechnungen von Lembcke, soan der falschen Definition und Zusammensetzung 
des Amnesin, an dem Herabsinken der Frequenz der sog. oligopnoischen Kinder trotz 
der wesentlichen Erhöhung der Scopolamindosis bei Lembcke und an dem Fehlen 
über die Berichte von Scopolaminnebenerscheinungen (Excitation). Jedenfalls steht 
Verf. auf Grund seiner eigenen Erfahrungen und genauen Überlegung des Schemas von 
Lembcke auf dem Standpunkt, daß das Schema von Lembcke.keinen Schritt vor- 
wärts bedeutet, wenn andererseits auch der Entschluß von Lembcke - Gauss zum 
Schema einen Fortschritt insofern bedeutet, als sich die Bekenner der individualisie- 
renden Methode des Dämmerschlafs hiermit zur Schematisierung, freilich nach einem 
eigenen, von dem Schema des Verf. etwas abweichenden Schema erklären. Siegel. 

Horn, Gerhard: Neue Erfahrungen über den vereinfachten Dämmerschlaf in 
der Geburtshilfe. (Univ.-Frauenklin., Freiburg i. Br. Zentralbl. f. Gynäkol. Jg. 45, 
Nr. 8, S. 261—267. 1921. | 

Nach verschiedenen Versuchen kam Siegel zu folgendem vereinfachten Dämmer- 
schlaf, mit dem fortan in der Freiburger Frauenklinik gearbeitet wurde: 1. Injektion 
1'1/, cm Skopolamin und 1’/, cm Anınesin = 0,00 045 Skopolamin und 0,00 825 Mor- 
phium. Nach ®, Stunden zweite Injektion: 1!/, Skopolamin und 1/, cm Ammnesin. 
Weitere 3/, Stunden später dritte Injektion: !/, cm Skopolanıin und 1/ cm Amunesin. 
Nach dieser dritten Iniektion wird alle halbe Stunde !/,cm Skopolamin gegeben, jede 
dritte Injektion Skopolamin wird außerdem mit Y/, cm Amnesin kombiniert. Bei den 
meisten von 336 Fällen wurde durch diese schematische Technik der Dämmerschlaf 
erreicht, aber im Vergleich zu den Ergebnissen früherer Geburten machten sich gauz 
erheblich mehr unangenehme Nebenerscheinungen bemerkbar, deren Ursache in der 
durch die Scheniatisierung des Dämmerschlafs sehr leicht eintretenden Überdosis 
des Skopolaimins besonders auch des Morphiums zu suchen ist. Die für diese Fälle gefun- 
denen Durchschnittsmengen von 0,0184 g Morphium und von 1,62 mg Skopolanın 
für jede einzelne Kreißer.de übertreffen die entsprechenden Zahlen früherer Arbeiten 
ganz erheblich. Dasselbe gilt für die Zangenfrequenz, die Bauchpresse und den Zu- 
stand der Kinder direkt nach der Geburt. Die Schematisierung des Dämimerschlafs 
kann also als nicht geglückt angesehen werden. Leixl (München). 

Meyer, Carl: Über 100 Geburten im schematischen Scopolamin-Amnesin- 
dämmerschlaf. (Univ.-Frauenklin., Kiel.) Zentralbl. f. Gynäkol. Jg. 45, Nr. 35, 
- S. 1237—1243. 1921. 

An der Kieler Klinik wurden 100 Geburten im schematischen Scopolamin-Amnesin- 
Dämmerschlaf nach Siegel durchgeführt, wobei freilich das Schema von Siegel 
insofern geändert wurde, als das ursprünglich von Siegel angegebene Morphin- 
schema mit Narkophin (Mon. f. Geb. u. Gyn. Nr. 6. 1917) als Grundlage genommen 
wurde und nur an Stelle von Narkophin das Amnesin gegeben wurde. Mit diesem 
Schema sah Verf. in 69%, völlige Amnesie, 29%, unvollkommene Amnesie, keinen 
Versager. (In 2 Fällen = 2% wurde der Dämmerschlaf unterbrochen.) 58%, der 
Kinder kamen lebensfrisch, 38%, nicht lebensfrisch. Die Gesamtmortalität unter 
der Geburt betrug 5%, wovon nach Ansicht des Verf. vielleicht 2% dem Dämmer- 
schlaf zur Last zu legen sind. Wichtig ist die Untersuchung, die an dem einen der ge- 
storbenen Kinder, das 0,0285 g Morphin injiziert erhalten hatte, vom pharmakolo- 
gischen Institut in Kiel vorgenommen wurde. Die langwierige chemische Unter- 
suchung des kindlichen Körpers auf etwaige Morphinspeicherung verlief negativ. 
Das zweite, vielleicht dem Dämmerschlaf zur Last zu legende Kind ergab bei der 
Sektion beiderseits Tentoriumrisse, Verletzung der Falx cerebri und intrakranielle 
Blutungen. Diese beiden Todesfälle sind also nur wahrscheinlich, aber nicht sicher 
auf den Dämmerschlaf zurückführen. Die Operationsfrequenz betrug 11%, (alles 
Zangen). Bei den Erstgebärenden dauerte die Eröffnung im Mittel 20" 34’, die Aus- 
treibung 2? 20’, bei Mehrgebärenden die Eröffnung 16" 53°, die- Austreibung 45°. Es 


382 | Physi:logie der Geburt. 


wird besonders auf die Schwierigkeit der Feststellung der einzelnen Geburtsperioden 
hingewiesen und der individuelle Faktor in der Beurteilung dieser Perioden betont. 
Beeinträchtigung der Eröffnung schien in 15,3%, der Austreibung in 67,4% einge- 
treten zu sein. Auffallend sind die starken Erregungszustände, die in 29%, der Fälle 
eintraten. Der Dämmerschlaf wird auf Grund der geschilderten Resultate für die 
Praxis als ungeeignet, für die Klinik nur als bedingt geeignet angesehen (starke Inan- 
spıuchnahme der Ärzte und des Beobachtungspersonals). Die Kieler Klinik lehnt 
den Dämmerschlaf auch für die Klinik ab. Siegel (Gießen). 


Hermstein: 50 Geburten in vereinfachtem schematisierten Dämmerschlaf. 
Eine Nachprüfung des Siegelschen Verfahrens. (Prov.-Hebammenlehranst., Breslau.) 
Arıh, f. Gynäkol. Bd. 114, H. 2, S. 393—410. 1921. 

An Hand von 50 Fällen prüft Verf. den vereinfachten schematisierten Dämmer- 
schlaf mit Injektionen von Scopolamin-Amnesin nach den Angaben von Siegel nach. 
Auf Grund seiner Erfolge kommt er zu einer Ablehnung des Schemas, weil seines Er- 
achtens das Schema nicht die Anforderungen erfüllt, die an den Gebrauch von Narko- 
ticis unter der Geburt zu stellen sind. Er sah in 40%, der Fälle Beeinflussung der Gesamt- 
wehentätigkeit, 3mal plötzlichen Stillstand der Wehen. Die Operationsfrequenz 
betrug 18%. 24 Kinder wurden lebensfrisch, 20 oligopnoeisch und 6 asphyktisch 
geboren, 2 frischtot. Außerdem starb ein asphyktisch geborenes Kind nach erfolglosen 
Wiederbelebungsversuchen. Verf. legt dieses tote Kind, weil die Obduktion keinen 
Anhaltspunkt für eine Erkrankung gab, dem Dämmerschlaf zur Last. Es muß aber be- 
sonders betont werden, daß dieses tote Kind ein frühgeborenes Kind von 42 cm Länge 
und 1640 g Gewicht war, das also nach dem Maßstab von Gauss als frühgeborenes 
Kind unter 2000 g nicht in die Beobachtung einbezogen werden darf. Bei den 2 frisch- 
toten Kindern verschwanden die Herztöne nach kurzem Schwanken, wobei bei guten 
Wehen und normalem Geburtsfortschritt der Kopf im Beckeneingang stand. Weil eine 
Ursache für das Verschwinden der Herztöne nicht gefunden werden konnte und eine 
Autopsie nicht stattfand, ist Verf. geneigt, auch diese beiden Todesfälle dem Dämmer- 
schlaf zur Last zu legen. Nach Abzug der Frühgeburt wäre also die kindliche Mortalität 
unter der Geburt 1% (überschreitet also nicht den normalen Prozentsatz; Ref.). Völlig 
gelungen sieht Verf. den Dämmerschlaf nur an, wenn vollkommene Amnesie bei guter 
Wehentätigkeit und gutem Allgemeinbefinden eintrat. Er sah in 28%, vollkommene 
Amnesie. In weiteren 10%, sah er Tiefschlaf, die er als Versager bucht, obwohl hier 
natürlich auch vollkommene Amnesie bestand. Bei 31 Fällen = 62%, war eine Art 
„Dämmerschlaf‘‘ vorhanden, aber die erforderliche Tiefe der Bewußtseinstrübung 
nur teilweise erreicht und zeitweise behauptet. 12 von diesen 31 Frauen sprachen sich 
befriedigt über das Verfahren aus, 8 legten keinen Wert auf eine Wiederholung. 26%, 
Dammrissen im Dämmerschlaf standen 14%, ohne Dämmerschlaf gegenüber. Besonders 
wichtig ist, daß Verf. zum ersten Male auf den Kardinalpunkt des schematischen 
Dämmerschlafes hinweist, nämlich, daß er 10%, zu stark und 62%, zu schwach dosiert 
bewertet. Siegel ging bei der Vereinfachung des Scopolamindämmerschlafes von dem 
Dämmerschlaf als gegebenen: Faktor aus und versuchte, die Nachteile des individuali- 
sierenden Dämmerschlafs zu beseitigen. Mit dem Schema wird also nach dem Verf. 
in einer überwiegenden Anzahl der Fälle Unterdosierung gegenüber einer geringen 
Anzahl Überdosierung hervorgerufen. Wenn trotzdem der Methode Nachteile an- 
haften, die den Verf. veranlassen, den Dämmerschlaf wegen Nebenerscheinungen 
abzulebnen, so folgt daraus, daß tatsächlich bei richtiger Dosierung nach individuellen 
Gesichtspunkten 62%, stärker, 10%, geringer hätten dosiert werden müssen, als im Schema 
vorgeschen war. Diese Beobachtung zeigt, wie nötig es ist, beim schematisierenden 
Dämmerschlaf als Vergleich den individualisierenden heranzuziehen. Siegel (Gießen). 


Schmitt, Walther: Der Dämmerschlaf bei Entbindungen. (Univ.-Frauenklin., 
Würzburg.) Fortschr. d. Med. Jg. 38, Nr. 17, S. 630—632. 1921. 


Narkose der Kreißenden, Dämmerschlaf. 383 


Nassauer, Max: Die schmerzlose Geburt. Münch. med. Wochenschr. Jg. 68, 
Nr. 42, S. 1364—1366. 1921. 

Persönliche Stellungnahme zum heutigen Stand der Frage der schmerzlosen Geburt. 
Im ersten Teile der Arbeit wird, ohne auf eigenen Erfahrungen zu fußen, die Verwendung 
des Dämmerschlafes, besonders des schematischen, abgelehnt. In anschaulichen Bildern 
wird der ungünstigste Fall von Nebenerscheinungen — wohl zu Unrecht — als all- 
gemeines Durchschnittsbild des Dämmerschlafes geschildert. Trotz alledem steht Verf. 
aber auf dem Standpunkt, daß die Frauen nach Aufklärung über das Wesen der schmerz- 
losen Geburt und über die evtl. daraus sich ergebenden Gefahren für Mutter und Kind 
der schmerzlosen Geburt zugeführt werden dürfen. Jeder praktische Arzt soll in der 
Lage sein, schmerzlose oder schmerzgelinderte Geburten im Privathause nach fol- 
gender Methodik durchzuführen: Kombination von Injektionsmethode (0,0004 Scopol- 
amin und 0,004 Laudanon, Narkophin usw., in großen Intervallen von 4 Stunden 
ganz oder in halben Dosen wiederholt) und Inhalationsmethode (kleine Chloräthyl- 
gaben während jeder Preßwehe). Jedesmal müssen außerdem Hypophysenpräparate 
gegeben werden. Mit dieser Methode hat der Verf. Gutes gesehen und die von ihm 
abgelehnte vollkommene Amnesie über den Geburtsvorgang vermieden. Die Schmerzen 
seien auf ein erträgliches Maß herabgesetzt worden. Siegel (Gießen). 

Oettingen, Kj. v.: Zur Frage der schmerzlosen Geburt. (Univ.-Frauenklin., 
Heidelberg.) Münch. med. Wochenschr. Jg. 68, Nr. 51, S. 1654—1655. 1921. 

Verf. weist auf die schwachen Seiten der Polemik Nassauers (Münch. med. Wochenschr, 
1921, Nr. 42, s. vorst. Referat) gegen die schmerzlose Geburt — besonders gegen den Dämmer- 
schlaf — hin. Er hält den Dämmerschlaf unter gewissen Bedingungen für berechtigt und fordert 
vor allen Dingen eine scharfe Indikationsstellung zum Dämmerschlaf. Nach ihm ist er angezeigt: 
l. wenn die Schmerzempfindlichkeit der Kreißenden den Bereich des Normalen verläßt und in 
das Reich des Pathologischen gleitet, 2. bei nicht völlig normalen Frauen, die den physischen 
und psychischen Anforderungen einer vorausgegangenen Entbindung nicht gewachsen waren 
und nur mit einem gewissen Grauen an diese Geburt zurück und die nächste voraus denken. 
Er erkennt an, daß der Dämmerschlaf den Frauen ‚das Geburtserlebnis‘‘ nimmt, glaubt aber, 
daß für die eben skizzierten zwei Gruppen von Frauen das Geburtserlebnis nicht glückliche 
Erinnerung, sondern nur psychisches Trauma ist. Um die Nachteile des Scopolamin-Morphin- 
resp. Amnesin-Dämmerschlafes auszugleichen, hat er einen hypnotischen Dämmerschlaf 
eingeführt, der an der Heidelberger Klinik nach ihm von Raefler und Schultze - Rhonoff 
weiter ausgebaut worden ist. Nach seiner Ansicht verspricht er Gutes. Er ermöglicht wahr- 
scheinlich ein Aufwachen kurz nach der Geburt und damit ein ‚„Geburtserlebnis“. Die von 
Nassauer vorgeschlagene Methode hält er für unzweckmäßig. Siegel (Gießen). 

Flöel, 0.: Schmerzlose Entbindung in der Privatpraxis. Münch. med. Wochenschr. 
Jg. 68, Nr. 50, S. 1623. 1921. 

Der Scopolamindämmerschlaf ist höchstens in großen Kliniken, nie in der Privat- 
praxis durchführbar. Ebenso wird sich auch in der Praxis der hypnotische geburtshilf- 
liche Dämmerschlaf nicht einführen können. Verf. wendet deswegen zur Schmerz- 
linderung bei der Geburt eine Suggestionsmethode an, die er sich im Laufe von Jahr- 
zehnten schrittweise und eigentlich ohne viel wissenschaftliches Bewußtsein angeeignet 
hat. Das Ziel seiner Methode ist, durch Suggestion bei regelmäßigem Wechsel zwischen 
Wehe und Wehenpause das Empfinden der Wehe als einen erträglichen und durchaus 
erwünschten Vorgang, Ruhe oder Schlaf in der Pause und Vermeidung jeder unnützen 
Kraftverausgabung zu erreichen, damit die Wehen in der Austreibungsperiode nicht 
erlahmen. Bildlich ausgedrückt bezeichnet er den Vorgang als eine Art „sympathischen 
Magnetismus“. Die Technik selbst muß im Original nachgelesen werden. Siegel (Gießen). 

Jaegey, E.: Beitrag zur Schmerzlinderung der Geburt. Schweiz. med. Wochen- 
schr. Jg. 5l, Nr. 22, S. 515—516. 1921. 

Nach Ansicht des Verf. ist es unmöglich, im Privathause vollständige Schmerz- 
linderung unter der Geburt zu erzielen. Deswegen hat er partielle Betäubung angestrebt 
und bei 200 Fällen gute Erfolge gesehen. Er gibt in der Eröffnungsperiode, wenn sich 
das Bedürfnis nach Schmerzlinderung geltend macht, 0,01—0,02 Pantopon als Injektion 
mit 0,5 Chinin, per os oder intramuskulär, in 2-—3stündigen Intervallen und verkürzt 


384 - Physiologie der Geburt. 


gegen Ende der Eröffnungs- und in der Austreibungsperiode die Intervalle. Hier gibt 
er außerdem Pituglandol. Jede Pituglandolinjektion soll 15 Minuten vor der Pantopon: 
injektion gemacht werden, um die wehenverstärkende Wirkung des Pituglandols er- 
reicht zu haben, wenn die Pantoponwirkung eintritt. Die Injektionen werden individuell 
nach dem Charakter und der Empfindlichkeit der Gebärenden verabfolgt. Vorteile: 
Unschädlichkeit für Mutter und Kind, keine Nachblutung, gute Schmerzlinderung. 
Nebenbei weist Verf. daraufhin, daß Chinin kein Abortivum ist; es wirkt Uterus- 
kontraktionen anregend, besonders in der Eröffnungsperiode, nicht aber, wenn keine 
Wehen vorhanden sind. Diese Kenntnis ist wichtig bei der Behandlung von Malaria- 
kranken, die also in der Schwangerschaft und im Wochenbett gefahrlos Chinin, auch 
in großen Dosen, erhalten können, wie das Verf. in Tunis vielfach erprobt hat. Siegel. 

Schellekens, W. M. J.: Über Schmerzstillung bei der Geburt. (R. K. Ziekenhuis, 
o ’s-Gravenhage.) Nederlandsch tijdschr. v. geneesk. Jg. 65, 2. Hälfte, Nr. 17, 

. 2060—2073. 1921. (Holländisch.) 

Literaturübersicht (nur die deutsche wird beriichsichlist) der gebräuchlichen 
Methoden. Bezüglich des Dämmerschlafes spricht Verf. die Hoffnung aus, diese Methode 
möge seinem Lande noch lange fremd bleiben! Eigene Erfahrungen hat er nur mit der 
Sakralanästhesie, und zwar verfügt er über ganze 5 Fälle bei Erstgebärenden und 
3 bei Mehrgebärenden! Es wurden, mit der üblichen Technik, 20 ccm 2 proz. Novocain- 
Adrenalinlösung (2mal nach 21/, Stunden weitere 10 ccm) eingespritzt. Mit den Er- 
folgen ist Verf. sehr zufrieden, besonders in einem Falle von Vaginismus, bei dem jedoch 
das Kind asphvktisch zur Welt kam und eine halbe Stunde nach der Geburt: starb. 

Lamers (Herzogenbusch). 

_ Wederhake, K. J.: Zur Schmerzstillung in der Geburt. Vorl. Mitt. (Augusta- 
klin., Düsseldorf.) Zentralbl. f. Gynäkol. Jg. 45, Nr. 11, S. 412—414. 1921. 

Verf. lehnt sich in vorliegender Arbeit eng an die Veröffentlichung „Geburt im Amnesie- 
rausch“ an. Die Arbeit deckt sich inhaltlich im wesentlichen mit dieser. Es wird nochmals 
besonders hervorgehoben, daß die Vorzüge des Amnesierausches in vorzüglichen Amnesie- 
resultaten, lebensfrischen Kindern, Anregung der Wehen sowie der Bauchpresse durch Äther 
bestehen, und daß die Geburt infolge dieser Ätheranregung wesentlich verkürzt wird. Ab- 
bildung und Erklärung der vom Verf. angegebenen und gebrauchten Amnesiemaske. 

Siegel (Gießen). 

Wederhake, K. J.: Geburten im Amnesierausch. (II. Mitt.) (Augusta-Klinik, 

Düsseldorf.) Münch. med. Wochenschr. Jg 68, Nr. 21, S. 637. 1921. 
Die Inhalationsnarkose setzt sich der Reihe nach aus folgenden Stadien zusammen: 
Rauschstadiun, Schlafstadium, Amnesierauschstadium (d. h. tiefer Schlaf besteht 
nicht mehr, Reaktion auf Schmerz vorhanden, aber kein Erinnern daran). Dieses 
3. Stadium benutzte Verf. zur Schmerzlinderung unter der Geburt bei 250 Fällen mit 
gutem Erfolg. Technik: Eine Anınesiemaske (San.-Haus Arthur Wolff, Düssel- 
dorf) wird auf dem Gesicht der Gebärenden fixiert. Narkosenbeginn 3g Chloroform 
mit folgendem langsamen Nachschütten von Äther bis zur Tiefnarkose, dann Nach- 
lassen mit Äther bis zum Stadium amnesticum. Jetzt von Wehe zu Wehe nicht sche- 
matisch, sondern individuell nach dem Bedürfnis der Gebärenden 1 g Äther. Bei Preß- 
wehen und Durchschneiden des Kopfes wieder 2—3 g Chloroform + mehr Äther; 
Rausch bis zur vollendeten Nachgeburt. Vorteile: Vollkommene Amnesie über die 
Geburt, stundenlange gefahrlose Durchführung für Mutter und Kind, gute Wehen- 
tätigkeit (Wehenanregung durch Äther), Vermeidung von Dammrissen und Erlösungs- 
zangen, leichte Nachgeburtsperiode, geringer Blutverlust, Vermeidung von Excitationen, 
sofortiges Erwachen nach Abnehmen der Maske. Siegel (Gießen). 

Wederhake, K. J.: Der Amnesieschlaf. II. Mitt. (Augusta-Klin., Düsseldorf.) 
Münch. med. Wochenschr. Jg. 68, Nr. 38, S. 1224—1225. 1921. 

Empfehlung des Ammesieschlafes, der vom Verf. angegeben ist und in folgender Weise 
ausgeführt wird. Die vom Verf. angegebene Amnesiemaske wird aufgelegt und der Kranke 


gleichzeitig aufgefordert, langsam zu zählen und zwischen jeder Zahl Luft zu holen. 3 g Chloro- 
form werden in die Maske gegossen, während der Kranke bis 8 zählt, dann gießt man in einem 


Narkose der Kreißenden, Dämmerschlaf. 385 


Zuge weiter Äther auf, bis der Kranke bis 20 gezählt hat, so daß er etwa 15—20 g Äther erhält. 
Der Kranke zählt ruhig weiter bis etwa 30, manchmal auch bis 100. Sobald er aufhört zu zählen. 
beginnt der kurze Chloroformrausch, an den sich unmittelbar der Ätherrausch anschließt, 
dem nur ein geringes Erregungsstadium folgt: dann beginnt der eigentliche Schlaf. Die Dauer 
des Schlafes beträgt etwa 5 Minuten. Er ist geeignet für jede Art von Operation, welche nicht 
völlige Entspannung der Muskulatur erfordert und in 5 Minuten ausgeführt werden kann. 
Nach der einmaligen Füllung der Maske sind weitere Zugaben von Narkoticum nicht not- 
wendig. Eine Überdosierung kann daher nicht stattfinden. In jedem Stadium des Schlafes 
kann er durch weiteres Nachgießen von Äther in tiefe Narkose übergeführt werden. Morphin- 
derivate oder Scopolamin brauchen nicht als Einleitung zur Narkose gegeben zu werden. 
Scheele (Frankfurt a. M.)., 


Sellers, T. B.: The use of nitrous oxide, oxygen analgesia and anesthesia in 
obstetrics. (Schmerzlinderung unter der Geburt, im besonderen durch Anwendung 
von Stickoxydul [Lachgas].) New Orleans med. a. surg. journ. Bd. 74, Nr. 2, 
S. 109—116. 1921. 

In der Medizinischen Gesellschaft zu New Orleans vom 23. 5. 21 berichtet Verf. 
über seine Versuche, durch Stickoxydul (Lachgas)-Narkose, mit Sauerstoff kombiniert, 
Schmerzlinderung unter der Geburt zu erzielen. Er sieht Lachgas als idealstes Narkose- 
mittel unter der Geburt an. Stickoxydul ist spezifisch für Wehenschmerzlinderung 
und verkürzt die Geburtsdauer wesentlich. Auch für operative Eingriffe (Naht, For- 
ceps usw.) sowie bei Komplikationen (Herzaffektion) ist Lachgas wegen seiner Gefahr- 
losigkeit für Mutter und Kind vorzuziehen. Nebenerscheinungen (Exitation und 
Wehenschwäche) fehlen vollkommen. Besonders hervorzuheben ist die schnelle Aus- 
scheidung des Stickoxyduls, so daß das Mittel überhaupt nicht auf das Kind übergeht. 
Sollte aber wirklich einmal während der Austreibung eine größere Stickoxyduldosis 
nötig werden, so kann man am Schluß der Austreibung im Interesse des Kindes Sauer- 
stoff allein geben. Damit erfüllt die Lachgasnarkose die Forderungen, die man an eine 
gute Narkose unter der Geburt stellen muß: Gefahrlosigkeit für Mutter und Kind und 
Anwendbarkeit über eine längere Zeit ohne Einfluß auf die Wehentätigkeit. Die 
Applikation besteht in 2—4 tiefen Einatmungen des Gases vor jeder Wehe. Die Nar- 
kose kann sogar so vereinfacht werden, daß die Patientin sich bei jeder beginnenden 
Wehe die Narkosemaske selbst aufsetzt. Durch diese Selbstnarkotisierung wird jede 
Überdosierung sicher vermieden. Freilich muß zur zweckmäßigen Durchführung 
der Narkose folgendes berücksichtigt werden: 1. Die Kreißende muß überzeugt werden, 
daß die Schmerzhaftigkeit der Wehen vollkommen aufgehoben werden kann. 2. Zuerst 
müssen genügend große Stickoxyduldosen gegeben werden, um tiefe Analgesie hervor- 
zurufen, damit die Kreißende Vertrauen zu dem Mittel gewinnt. 3. Mit den einzelnen 
bei jeder Wehe zu erfolgenden Narkosegaben muß nach der Stärke der Wehe variiert 
werden. 4. Wenn eine Wehe im Anzug ist, muß sofort Stickoxydul-Sauerstoff gegeben 
werden. Verf. gibt nicht an, wieviel Fälle er damit behandelt hat, sondern sagt nur, 
daß Mc. Kessen über 2400 Fälle von Stickoxydul-Sauerstoff-Narkosen mit guten 
Resultaten berichtet. Als nächst bestes Narkosenmittel ist Äther zu betrachten. Chloro- 
form und Dämmerschlaf dagegen sind zu verwerfen. 


In der dem Vortrage folgenden Diskussion lehnen A. M. Caine, F. W. Parham, Halsey, 
E. A. Ficklen Chloroform unter der Geburt vollkommen ab. Es wird einheitlich darauf hin- 
gewiesen, daß schon ganz wenig Chloroform und besonders der Beginn der Chloroformnarkose 
gefahrvoll ist. Parham lehnt auch die Stickoxydulnarkose ab. Zum Dämmerschlaf wird in 
der Diskussion keine Stellung genommen. Siegel (Gießen). 


Vignes, Henri et G.-H. Moreau: Action de l’analgösie au protoxyde d’azote 
sur la contraction uterine. (Schmerzlinderung unter der Geburt durch Stickoxydul- 
(Lachgas) Narkose.) Bull. de la soc. d’obstetr. et de gynecol. de Paris Jg. 10, Nr. 3, 
S. 125—127. 1921. 

Verff. verwendeten zur Herabsetzung des Wehenschmerzes unter der Geburt bei 
9 Frauen (8 Primiparae und 1 Pluripara) mittels des Narkosenapparates von M. Des- 
marest eine Mischung von Stickoxydul und Sauerstoff derart, daß die Gebärende, 
sobald eine Wehe im Anzug war, dieses Gasgemisch einzuatmen bekam. Der Beginn 


Jahresbericht f. d. ges. Gynäkologie 1921. 25 


386 Physiologie der Geburt. 


der Wehe wurde durch die aufgelegte Hand kontrolliert. Die Frauen wurden ange- 
halten, möglichst schnell das Gasgemisch einzuatmen. 3—4 tiefe Züge genügten, um 
die Frau in einen gewissen Rauschzustand zu bringen, der ihr bei vollkommen erhal- 
tener, guter Wehentätigkeit die Schmerzen beseitigte.e 6 von diesen Frauen be- 
merkten die Geburt des Kopfes nicht und machten keine Schmerzäußerung. Bei einer 
Frau konnte eine Zange, bei einer anderen eine Dammnabt in dieser Stickoxydulnarkose 
gemacht werden. Daß eine sichtbare Wirkung dieser Hyponarkose besteht, konnten 
die Beobachter daraus sehen, daß sie in einigen Fällen ?/, Stunde bei jeder Wehe Stick- 
oxydul gaben, die nächste halbe Stunde nicht. Zu der Zeit, wo kein Stickoxydul appli- 
ziert wurde, bestanden ausgesprochene Schmerzen und verlangten die Frauen nach 
dem Stickoxydul, um sich von ihren Schmerzen zu befreien. Nur bei einer Frau, die 
freilich sehr nervös war, hat das Mittel nicht gewirkt. Vorteil der Methode ist: Ver- 
tiefung der Wehendauer. Ob eine Beeinflussung der Geburtsdauer im Sinne einer 
Verlängerung oder einer Verkürzung stattfindet, konnte nicht festgestellt werden, da 
bei allen 9 Frauen schon außerhalb der Anstalt Wehen bestanden hatten und somit 
der Wehenbeginn nicht einwandfrei kontrollierbar war. Von den 9 Geburten ver- 
liefen 7 spontan, 2 mußten durch Forceps beendigt werden, und zwar bei 2 Erst- 
gebärenden von 45 bzw. 35 Jahren. Bei der einen reichte die Stickoxydulgabe zur 
schmerzlosen Ausführung des Forceps aus, bei der anderen mußte Chloroform zu- 
gegeben werden. Eine Toxizität des Mittels bei Mutter und Kind wurde nicht ge- 
schen. Niemals traten Cyanosen oder Herzzustände bei der Mutter auf. Jedesmal 
schrie das Kind nach der Geburt. Siegel (Gießen). 
Pettazzi Paruzza, Mario: Sul? uso della spasmalgina in ostetricia e gineco- 
logia. (Über den Gebrauch von Spasmalgin in der Geburtshilfe und Gynäkologie.) 
(R. Maternità, Torino.) Clin. ostetr. Jg. 23, H. 8, S. 169—187. 1921. 
PettazziıParuzza berichtet über ein Kombinationspräparat der Firma Hoffmann 
La Roche, Basel, welches sich aus 0,02 Papaverin, 0,01 Pantopon und 0,001 Atrinal 
(Atropinschwefelsäure) zusammensetzt und welches von Prof. L. Rütimeyer in die 
Therapie eingeführt wurde (Klinisches Korrespondenzblatt für Schweizer Ärzte 1919, 
Nr. 24). Spasmalgin-Roche ist in Deutschland im Handel noch nicht erhältlich. Nach der 
Ankündigung der Firma soll es ein souveränes Mittel zur Bekämpfung von spastischen 
Zuständen jeder Art sein. P. versuchte dies Mittel in der Geburtshilfe und Gynäkologie. 
Seine Resultate sind ungefähr folgende: 1. Anwendung bei inertia uteri (primärer 
Wehenschwäche) mit spastischen Reizzuständen; 2. bei Krampfwehen. Kurz, bei allen 
Fällen von spastischen Krampfzuständen während der Geburt. Es wurde versucht 
bei 19 Erstgebärenden und 1 Mehrgebärenden in Form von Injektionen, subcutan. 
Dosen niemals weniger als 1 ccm, niemals mehr als 2ccm. 18 von diesen Frauen, welche 
die Injektion während der Eröffnungsperiode erhielten, reagierten auf Spasmalgin. 
Die Schmerzen verminderten sich auffallend. 15—30 Minuten nach der Injektion 
zeigte sich sichtbarer Erfolg. Die Wehen wurden regelmäßig und kräftig und die Geburt 
nahm ihren normalen Verlauf. Bei einigen Frauen, welche auf 1 ccm nicht reagierten, 
wurde nach 2 Stunden eine zweite Injektion gemacht und dann jedesmal ein Erfolg 
erzielt. Auffallend günstig wird auch der allgemeine nervöse Zustand bei unruhigen 
Frauen während der Geburt beeinflußt. Häufig schlafen die Frauen nach der Injektion 
1—2 Stunden, um dann die Geburt ohne Schmerzen und normal zu vollenden. Die 
Nachgeburtsperiode verläuft ebenfalls völlig normal. Schwere Blutungen in der Nach- 
geburtsperiode wurden nie beobachtet. 17 Kinder wurden normal geboren und zeigten 
keine Schädigung, 2 Kinder wurden mit Zange geboren aus besonderen Indikationen, 
1 Kind mußte wegen zu engem Becken abgetötet werden. Bei weiteren 14 Frauen, 
welche an schmerzhaften Nachwehen litten, wurde Spasmalgin in Tablettenform ge- 
geben, nie mehr als 2 Tabletten. Erst bei der 2. Tablette war die Wirkung vollständig. 
Man wartet im allgemeinen mit der 2. Tablette 6 Stunden, nur wenn auf die 1. Tablette 
überhaupt keine Reaktion eintritt, kann man schon nach einer halben Stunde die 


Narkose der Kreißenden, Dämmerschlaf. 387 


2. Tablette geben. 40 Minuten nach der 2. Tablette sind die Schmerzen fast immer 
verschwunden. Ob eine antiperistaltische Wirkung auf den Darm erfolgte, konnte von 
P. nicht angegeben werden, weil in allen Fällen 3 Tage nach der Geburt jede Frau ein 
Abführmittel erhielt. Die Milchmenge der stillenden Frau wurde durch Spasmalgin 
nicht beeinflußt. | 

Schließlich beobachtet der Verf. bei Dysmenorrhöe günstige Wirkung durch Spasmalgin, 
welches in Form von Tabletten gegeben wurde. Da der Verf. nicht auf die Form der Dysmenor- 
rhöe aufmerksam macht, möchte Referent infolgedessen auf einen Artikel yon Perrola hin- 
weisen (Revue suisse de Medicine 26. I. 1921): L’emploi de la spasmalgine dans les troubles 
dysmenorrheiques). Perrola weist ebenfalls auf die günstige Wirkung von Spasmalgin bei 
den verschiedenen Formen der Dysmenorrhöe hin und hebt die schmerzstillende Wirkung 
von Spasmalgin, wenn 3 mal täglich am ersten Tag des Schmerzes eine Tablette gegeben wurde, 
hervor. Noch präziser sind die Angaben von A. Brunnschweiler (Basel) (Schweizer med. 
Wochenschr. 1921, Nr. 14): „Schr gute Spasmalginwirkung bei der spastischen Form der 
Dysmenorrhöe, weniger gut, nur vorübergehende Wirkung bei der mit anderen funktionell 
neurotischen Symptomen verbundenen nervösen Form der essentiellen Dysmenorrhöe. “ 

Langer. 

Chidichimo, Francesco: Sull’uso dell’ eutocine in travaglio. (Über dea Ge- 
brauch des Eutokins bei der Geburt.) Riv. d’ostetr. e ginecol. prat. Jg. 3, Nr. 4, 
S. 133—135. 1921. 

„Eutokin‘“ besteht aus Morphium hydrochloric. 0,03, Strychninum nitric.’ 0,0005, Coffein 
0,05, Aq. dest. 1,0. — Das Eutokin macht komplette Analgesie, die 15—30 Minuten nach 
der Injektion (1 cem subcutan) auftritt und in den meisten Fällen 3 Stunden lang anhält. 
Die Wehen werden ausgiebiger und regelmäßiger, die Zwischenräume zwischen ihnen werden 
aber seltener. Nürnberger (Hamburg). 

Hüssy, Paul: Therapeutische Neuigkeiten aus dem Gebiete der Geburtshilfe 
und Gynäkologie. A. Geburtshilfe. 1. Hemypnon. (Abt. f. Frauenkrankh. u. Ge- 
burtsh., Kantonal. Krankenanst., Aarau.) Schweiz. Rundschau f. Med. Bd. 21, Nr. 36, 
S. 421—422. 1921. 

Hemy pnon ist ein Mittel, das Rossier (Lausanne) zur Erzielung einer Schmerz- 
linderung unter der Geburt gebraucht. Es hat sich aus dem Tachin Hüssys ent- 
wickelt (pharmakologische Zusammensetzung, Größe der Dosis und herstellende Fabrik 
werden nicht erwähnt). Mit diesem Hemypnon erzielt Rossier mit 2—3—4, evtl. 
6 Tabletten (zeitliche Abstände der einzelnen Applikationen sind nicht erwähnt) einen 
dem Dämmerschlaf unter der Geburt ähnlichen Zustand. Schmerzäußerung gibt die 
Frau nur noch beim Durchschneiden des Kopfes an. Vorteile dieser Applikation sind: 
Einfachheit der Anwendung, Ungefährlichkeit für Mutter und Kind, unbeeinflußte 
Wehentätigkeit. Wenn auch Amnesie wie beim geburtshilflichen Dämmerschlaf nicht 
erzielt wird, so schätzt H. diese Art der Schmerzlinderung unter der Geburt höher 
ein als den Dämmerschlaf, besonders deswegen, weil der Dämmerschlaf nur als indi- 
viduelle Methode Aussicht auf Erfolg habe, Schematisierung des Dämmerschlafs 
dagegen nach seiner persönlichen Rücksprache mit Opitz unzweckmäßig und nicht 
ungefährlich sei. (Die Einwände gegen den schematischen Dämmerschlaf sind, wie H. 
übersehen hat, ın der Zwischenzeit aus der Opitzschen Klinik widerlegt worden. 
Vgl. Lembcke, Münch. med. Wochenschr. 1921, Nr.9. Auch die Opitzsche Klinik ge- 
braucht heute einen schematischen Dämmerschlaf, der nur wenig von dem Siegel- 
schen Schema abweicht. (Vgl. Siegel, Zentr. f. Gyn. 1921, Nr. 22, dies. Jahresber. 
S. 380.) Siegel (Gießen). 

Henderson, G. E. W.: A case of painless labour in a primipara. (Ein Fall 
von schmerzloser Geburt bei einer Primiparen.) Edinburgh med. journ. Bd.26, Nr. 3, 
8. 186—187. 1921. 

Remmelts, R.: Alte Erstgebärende. (Univ.-Frauenklin., Amsterdam.) Neder- 
landsch maandschr. v. Genessk. N. F. Jg. 10, Nr. 1, S. 26—34. 1921. 

Statistiken über dem Material der Amsterdamer Universitätsfrauenklinik, bezüglich der 
Dauer der Geburt, der Zahl der Zangengeburten, des Vorkommens von Albuminurie und 


Eklampsie bei verschiedenaltrigen Erstgebärenden. Die Ergebnisse stimmen mit früher von 
Prof. Kouwer aus der Utrechter Universitätsklinik veröffentichten ziemlich überein. Alle 


25* 


388 Physiologie des Wochenbetts. — Allgemeines. 


Zahlen werden ungünstiger nach Überschreiten des 25. Lebensjahres. Bezüglich der Ursachen 
dieser Erscheinung schließt Verf. sich den Ansichten Leopold Meyers an. Material 5915 
Fälle. Lamers (Herzogenbusch). 


König, Konrad, Fieber während der Geburt. (Dissertation: Berlin 1921.) 


IH. Physiologie des Wochenbetts. 
1. Allgemeines. 


Abernetty, Carl: Die wichtigsten klinischen Erscheinungen in den ersten fünf 
Wochenbettstagen bei Erst- und Mehrgebärenden. (Univ.-Frauenklin., Königsbergi. Pr.) 
Monatsschr. f. Geburtsh. u. Gynäkol. Bd. 54, H. 4, S. 227—236. 1921. 
| In den ersten 5 Tagen des Wochenbetts spielen sich die größten Veränderungen im 
mütterlichen Körper ab. Für die Temperatursteigerung kommt zunächst der Wund- 
heilungsvorgang in Frage, dann der Eintritt der Lactation. Jung lehnt eine Tempera- 
tursteigerung im Wochenbett durch Lactation ab, Bumm ist dafür. Die Lactation 
trat ein 47 Stunden nach der Geburt in den 50 Fällen des Verf. Am Morgen des 3. Tages 
war die Temperatur 0,02° höher als am vorhergehenden, um abends den höchsten 
Stand von 37,88° zu erreichen. Erstgebärende erreichen höhere Temperaturen, und 
zwar erst am 4. Tag. Bei ihnen tritt die Lactation erst nach 50 Stunden auf. Über die 
Beschaffenheit des Pulses gehen die Ansichten der Autoren weit auseinander. Verf. 
beobachtete den höchsten Puls mit 74,9 am Abend des 3. Wochenbettstages. Von einer 
Pulsverlangsamung kann nicht gesprochen werden. Erstgebärende erreichen die höchste 
Pulszahl am 2. Wochenbettstag. Über die Leukocytose in Schwangerschaft, Geburt 
und Wochenbett gehen die Meinungen sehr auseinander. Verf. fand innerhalb von 
5 Tagen einen Abfall von 15 000 auf 9000 Leukocyten. Die Kurve fällt nicht regelmäßig 
ab, sondern am 3. und 4. Tage zeigen sich die Leukocyten vermehrt — Folge der 
Infektion. Verf. erklärt die Leukocytose bedingt durch den leukotaktischen Reiz, den 
kleine resorbierte Blutmengen während der Geburt ausüben. Der Einfluß, den die 
Lactation auf die klinischen Erscheinungen des Wochenbetts hat, ist also gleich Null. 
Im Vordergrunde stehen die subjektiven Symptome, die früher überschätzt wurden: 
Ziehen und Stechen in der Brust, Achselhöhle, im Kreuz usw. Theodor. 

Cummings, H. H.: Modern care of the obstetrical patient. (Moderne Fürsorge 
für Frauen während der Schwangerschaft, der Entbindung und im Puerperium.) Journ. 
of the Michigan state med. soc. Bd. 20, Nr. 3, S. 88—92. 1921. 

Bezugnehmend auf die in den Vereinigten Staaten aufgestellten Statistiken, nach 
denen als Todesursache bei Frauen zwischen dem 15. und 25. Jahre Entbindungen 
an zweiter Stelle stehen, betont Cummings die große Wichtigkeit der Beobachtung 
aller Vorschriften während der Schwangerschaft, der Entbindung und des Wochen- 
betts. Friedemann-Hirsch. 


Kritzler, Hans: Zur Hebung der Asepsis in der Neugeborenen- und Wöchnerin- 
nenpflege. (Univ.-Frauenklin., Gießen.) Dtsch. med. Wochenschr. Jg. 47, Nr. 15, 
S. 420 u. Nr. 42, S. 1263. 1921. - 


Dobberstein, Fritz, Wochenbettsverläufe in der privaten Entbindungsanstalt. 
(Privatklin., Prof. Fraenkel, Breslau.) (Dissertation: Breslau 1921.) 


2. Milchsekretion, Stillen. 


Lederer, Richard: Über Hypogalaktie. I. Mitt. Qualitative Hypogalakiie. 
Die Wirkung der Kriegsernährung auf die Zusammensetzung der Frauenmileh. 
(Inst. f. allg. u. exp. Pathol., Univ. u. Kinderambulat. IX d. Bezirkskrankenkasse, Wien ) 
Zeitschr. f. Kinderheilk. Bd. 31, H. 3/4, S. 141—149. 1921. 

Verf. unterscheidet eine konstitutionelle und konditionelle Hypogalaktie. Kon- 
stitutionelle Hypogalaktie seltener als letztere. Agalaktie äußerst selten. Der Einfluß 


Milchsekretion, Stillen. 389 


der Kriegsernährung auf die Lactation ist wiederholt untersucht worden. E. Berg- 
mann fand in Untersuchungen an ihren eigenen beiden Kindern ein erhebliches Defizit 
im Nährgehalt der Muttermilch. Diese Angaben wurden von andern Autoren bestätigt. 
Die Unter- und Fehlernährung der Kriegs- und Nachkriegszeit hat Veränderungen in 
der Menge und Zusammensetzung der Frauenmilch erzeugt, welche das Nichtgedeihen 
mancher Brustkinder bedingt. Die qualitativen Veränderungen betreffen in einschlä- 
gigen Fällen selten den N-Gehalt, regelmäßig und in erheblichem Grade den Zucker- 
gehalt, ebenso regelmäßig, aber in geringerem Maße, in einzelnen Fällen allerdings auch 
weitgehend den Fettgehalt der Frauenmilch. Die Therapie der Hypogalaktie besteht 
ın den ersten 2 Monaten unbedingt in Zuwarten, Regelung der Stilltechnik, evtl. Auf- 
nahme einer Amme mit deren Kind und wechselseitigem Anlegen, nach dem 2. Monat 
in Zuführung künstlicher Nahrung in der Form, daß bei jeder Mahlzeit angelegt und 
das fehlende Quantum durch künstliche Nahrung ergänzt wird (Cherny, Keller, 
Marfan, Finkelstein). In sämtlichen Fällen gelang es auf diese Weise, die Brust- 
ernährung durchschnittlich bis zum ersten Halbjahr neben der künstlichen Nahrung 
zu erhalten. Die Bedenken von Neumann und Oberwarth, daß mit der ersten 
Milchflasche die Entwöhnung besiegelt ist, sind also nicht ganz gerechtfertigt. 
Theodor (Hamburg-Eppendorf). 

Lederer, Richard: Über Hypogalaktie. II. Mitt. Die Wirkung der Hypoga- 
laktie auf den Säugling. (Kinderambulat. IX, Bezirkskrankenkasse, Wien.) Zeitschr. 
f. Kinderheilk. Bd. 31, H. 3/4, S. 150—157. 1921. 

Eine große Anzahl von Säuglingen, deren Mütter hypogalaktisch sind, zeigt die 
klassischen Symptome der Unterernährung bei Brust, Hungerstuhl oder Scheinobsti- 
pation, Atonie, verlängerten Schlaf usw., sie bieten die Zeichen akuter Ernährungsstö- 
rung mit Erbrechen und vermehrten Stuhlentleerungen, mitunter pylorospasmusartiges 
Erbrechen. Eine Erklärung für dieses Verhalten kann nicht in einer bestimmten Ver- 
änderung der mütterlichen Milch gesucht werden, da die Milchanalysen dieselben Ver- 
änderungen (hauptsächlich Herabsetzung des Zucker- und Fettgehalts) ergeben wie 
bei andern hypogalaktischen Frauen, deren Kinder die oben genannten Symptome 
boten. Die Erklärung liegt vielmehr in einer konstitutionellen Reizbarkeit des kind- 
lichen Magens und Darms, die auf Inanition mit Erbrechen und Durchfällen reagieren. 
Die Unterernährung ist bei diesen Kindern nach Finkelstein nicht als Ursache der 
dyspeptischen Erscheinungen (Varıot), vielmehr als Folge derselben zu erklären. 
Die sofortige Besserung nach Zufütterung erklärt sich einfach als direkte Folge derselben. 
Für die Diagnose der Inanition bei bestehenden Durchfällen und Erbrechen ist vor 
allem die Feststellung der ungenügenden Trinkmenge durch die Wage erforderlich. Da 
fast alle Kinder dieser Gruppe mehr oder minder starke Grade von Hypertonie aufweisen, 
kann die Feststellung derselben als diagnostisches Moment mit herangezogen werden. 
Für die Therapie gelten dieselben Grundsätze wie bei den andern Formen der Hypo- 
galaktie.. Gute Analysen der Muttermilch, deren Technik im Original nachgelesen 
werden muß. Theodor (Hamburg-Eppendorf). 

Pasch, Carl: Einwirkung der Unterernährung auf den Fettgehalt der Frauen- 
milch. (Univ.-Kinderklin., Leipzig.) Zentralbl. f. Gynäkol. Jg. 45, Nr. 21, S. 744 
bis 750. 1921. 

Verf. hat die Milch von stillenden Müttern der Klinik und Poliklinik in Leipzig 
untersucht, ohne Rücksicht auf den Ermährungszustand der Mütter. Der Fettgehalt 
nimmt, vom Beginn der Entleerung der Milch ab, zu. Verf.entnahm nach dem Vor- 
schlage Reyhers gleiche Milchmengen vor und nach dem Anlegen des Kindes und 
zwar wurde die Milch nur durch Absaugen gewonnen. Der Fettgehait wurde nach der 
Gerberschen Acidbutyrometrie bestimmt, bei geringen Milchmengen im Soxhlet- 
schen Ätherextraktionsapparat. Der Ernährungszustand der ambulant stillenden Mütter 
war leidlich, die Ernährung einseitiger und knapper als vor dem Kriege. Vergleicht 
man den Fettgehalt der Milch der linken Brust mit der der rechten, so ersieht man, 


390 l Physiologie des Wochenbetts. 


daß der Durchschnittswert beider Brüste größeren Schwankungen unterworfen ist. 
Der jeweilige Ernährungszustand der Frau läßt keinen Schluß auf den Fettgehalt der 
Milch zu. Der Durchschnittswert für den Fettgehalt der Milch beträgt nach Verf. 
4,8%. Verglichen mit den von arderen Autoren gefundenen Zahlen ergibt sich, daß 
der Durchschnittsfettgehalt der Frauenmilch derselbe geblieben ist 
wie vordem Kriege. Die knappe und fettarme Ernährung der letzten Jabre wöhrend 
des Krieges und der Revolutionszeit hat keinen wesentlichen Einfluß auf den Fettgehalt 
der Frauenmilch gehabt. Mäßige Unterernährung bei einigermaßen leidlichem Allge- 
meinzustand ruft keine Verminderung des Milchfettes hervor. Theodor (Hamburg). 

Cohn, Michael: Das Stillen der Mütter vor, in und nach dem Kriege. Berl. 
klin. Wochenschr. Jg. 58, Nr. 49, S. 1438—1441. 1921. 

Verf. teilt seine Erfahrungen aus der Kleinkinderfürsorgestelle I in Berlin-Neukölln 
mit. Sie umfassen 1. die Vorkriegszeit (1907/8—1913/14). 2. Die Kriegszeit (1914/15 
bis 1917/18) und 3. die Nachkriegszeit von 1918/19 bis jetzt. In der Vorkriegszeit war 
das Ergebnis mühseliger Fürsorgearbeit ziemlich bescheiden. Es wurden nur 78 Kinder 
über 1 Monat, 47 über das erste Vierteljahr, 20 über 6 Monate gestillt. Im Kriege stiegen 
diese Zahlen bedeutend an, am stärksten 1917/18. Hier sind die entsprechenden Zahlen: 
92,9, 37,9. Das Stillvermögen war durch den Krieg allmählich herabgesetzt. Die Für- 
sorgestellen wurden im Kriege häufiger aufgesucht wegen der Stillbescheinigungen 
und des Zuschusses an Lebensmitteln. In der Nachkriegszeit werden die Kinder fast 
so häufig gestillt wie im Kriege — aber nur ein Vierteljahr. Verf. macht dafür die staat- 
lichen Unterstützungen verantwortlich. Nach dem 1. Vierteljahr nimmt das Still- 
geschäft rapıde ab. Daher schlägt Verf. vor, den Stillgeldbezug auf 26 Wochen zu ver- 
längern. Der Rückgang wird außerdem erklärt durch eine relative Aufbesserung der 
gesamten Lebenshaltung und Lebensführung und durch gewisse störende von den Ehe- 
männern ausgehende Nebeneinflüsse. Verf. hält es für nötig, die Kenntnis von Wert 
und Bedeutung der natürlichen Ernährung noch weit mehr, als es bisher geschieht, 
in die breiten Massen des Volkes zu tragen. Der weibliche Teil ist durch eine früh- 
zeitige, schon am Ende der Schulzeit beginnende und bis in die Frauenjahre fortzu- 
setzende Erklärung und Belehrung zur Erfüllung seiner natürlichen Mutterpflichten 
zu erziehen und heranzubilden. Theodor (Hamburg-Eppendorf). 
Linke, Hermann, Über die Einflüsse des Krieges auf die Geschlechtsbildung, die 

Gewichte der Neugeborenen und die Stillfähigkeit der Mütter. (Frauenklin. d. 

Akad. f. prakt. Med., Düsseldorf [Pankow].) (Dissertation: Heidelberg 1921.) 

Moldenhauer, Änne: Beitrag zum Stillvermögen kranker Frauen. (Städt. 
Krankenanst. u. Säuglingsh., Dortmund.) Zeitschr. f. Kinderheilk. Bd. 29, H. 1/2, 
S. 1—14. 1921. 

Ob Mütter mit einer Mastitis stillen sollen, ist eine noch unentschiedene Streit- 
frage. Die meisten Autoren lassen heutzutage trotz der Incisionswunde anlegen. Die 
Sekretion der kranken Brust bleibt gewöhnlich wenig herabgesetzt. Ein Schaden für 
das Kind wurde nie beobachtet. Bei chirurgischen Erkrankungen aseptischer oder 
septischer Natur wurde immer angelegt. Wenn wegen der flüssigen Ernährung in den 
ersten Tagen nach der Operation die Milchmenge sank, so erreichte sıe bei guter Nahrung 
bald die alte Höhe. Bei Fieber ging die Sekretion etwas zurück, was dem schlechten 
Allgemeinzustand der Mutter zugeschrieben wird. Eine schädliche Wirkung der Narkose 
auf das Kind zeigte sich nie. Bei psychischen Erkrankungen muß man von Fall zu 
Fall entscheiden. Meistens wird sich das Stillgeschäft fortsetzen lassen. Bei Infektions- 
krankheiten läßt sich bei genügender Sorgfalt in der Klinik das Stillen weiter fortsetzen. 
Bei Erysipel der Mutter ist das Anlegen besser zu vermeiden. Bei offener Tuberkulose 
darf nicht gestillt werden. Nephritis hat keinen Einfluß auf die Stillfähigkeit der Frau; 
Schaden entsteht durch das Stillen nicht. Theodor (Hamburg-Eppendorf). 


Stuhl, Carl: Vom Stillen tuberkulöser Mütter und ihrer spezifischen Behandlung. 
Med. Klinik Jg. 17, Nr. 11, S. 315—318. 1921. 


Physiologie des Neugeborenen. — Allgemeine Physiologie und Diätetik des Neugeborenen. 391 


Le Roy Maeder M. A.: Clinical and experimental studies on lactation at the 
university of Minnesota. (Klinische und experimentelle Studien über das Stillgeschäft 
aus der Universität Minnesota.) Arch. of pediatr. Bd. 38, Nr. 9, S. 557—567. 1921. 

Hinweis auf die außerordentliche Bedeutung der Brustnahrung für die Säuglinge. 
Zahlreiche amerikanische Arbeiten, die sich experimentell mit dieser Frage beschäftigt 
haben, werden angeführt. Verf. hat Versuche mit weißen Ratten angestellt, um die 
Vorgänge während der Lactation genauer studieren zu können. Er schnitt den Ratten 
zu den verschiedensten Zeiten nach der Geburt die Mammae heraus und untersuchte 
sie histologisch. Er fand, daß der makroskopische und mikroskopische Aufbau der 
Brustdrüse bei der Ratte während der ganzen Stillzeit derselbe bleibt. 48 Stunden 
post partum werden die Drüsenläppchen durch die einströmende Milch stärker aus- 
einander gedrängt. Die Stillzeit schwankt bei den einzelnen Tieren. 8 Tage post partum 
hört die Milchsekretion auf, am 9. Tage nähert sich der Bau der Drüse dem normalen. 
Verf. kündigt neue Versuche an, die in noch ungeklärte Fragen Licht bringen sollen. 

Theodor (Hamburg-Eppendorf). 

Frank, Max: Menotoxine in derFrauenmilch. (Dtsch Univ.- Kinderklin. i. d. böhm. 
Landesfindelanst., Prag.) Monatsschr. f. Kinderheilk. Bd. 21, H. 5, S. 474—477. 1921. 

Schick stellte 1920 an menstruierenden Frauen fest, daß Blumen, die sie in Händen 
hielten, rascher verwelkten, als dies sonst der Fall war. An den beiden ersten Men- 
struationstagen war dieser Effekt am größten. Im Menstrualblut ließ sich dasselbe 
feststellen; er nahm an, daß das ‚‚Menotoxin‘‘ an das Blut gebunden sei. Die Aus- 
scheidung soll durch den Schweiß erfolgen. Verf. beobachtete bei Kindern menstruiere- 
der Ammen Störungen des Befindens der gestillten Kinder. Er nahm an, daß bestimmte 
zur Zeit der Menses im Organismus kreisende Stoffe mit der Milch ausgeschieden 
würden. Er nahm nun Milch menstruierender Ammen in Röhrchen und stellte Blumen 
hinein, daneben dienten zur Kontrolle Röhrchen mit Milch nicht menstruierender 
Ammen. Es stellte sich heraus, daß die Blumen in der Milch menstruierender Ammen 
viel rascher verwelkten als in den Kontrollröhrehen. Besonders intensiv wirkte Milch 
von Frauen, die bald post partum ihre Menses wiederbekamen; auch die Kinder solcher 
Ammen litten am stärksten zu dieser Zeit. Eine Übereinstimmung in dem Sinne, daß 
die Kinder solcher Frauen, in deren Milch Blumen besonders rasch zu welken begannen, 
auch in dieser Zeit starke Beeinträchtigung ihres Befindens zeigten, war nicht vor- 
handen, was auch im umgekehrten Sinnegilt. Der positive Ausfall des Versuches fiel meist 
auf den ersten und zweiten Tag, einmal auch auf den dritten, jedoch nie auf den vierten 
Tag. Typhusbacillen und Paramäcien wurden in ihren vitalen Eigenschaften durch 
Menstruationsmilch nicht beeinflußt. Verf. nimmt an, daß diese in der Milch vorhandene 
Substanz mit der von Schick im Menstrualblut gefundenen identisch sei. Theodor. 

Weil, A.: Die Wirkung der Ovarialoptone auf die Milchsekretion. Münch. 


med. Wochenschr. Jg. 68, Nr. 17, S. 520—521. 1921. 

Weil berichtet über einen Versuch, bei einer Frau mit Hypogalaktie durch Ovarialopton 
die Sekretion anzuregen. Nach den gegebenen Daten scheint eine geringe Beeinflussung im 
Sinne stärkerer Entwicklung der Brust und zunehmender Milchmenge nicht ganz ausgeschlossen 
zu sein. v. Oettingen (Heidelberg). 


Kermauner, F.: Eine Modifikation an der Milchpumpe von Jaschke-Scherbak. 
(Krankenanst. Rudolfstiftg., Wien.) Zentralbl. f. Gynäkol. Jg. 45, Nr. 29, S. 1041 
bis 1042. 1921. 


IV. Physiologie des Neugeborenen. 
1. Allgemeine Physiologie und Diätetik des Neugeborenen. 
Bossert, Otto: Die Wirkung der Kriegsernährung auf die Entwicklung der 
Brustkinder. (Univ.-Kinderklin., Breslau.) Dtsch. med. Wochenschr. Jg. 47, Nr. 23, 


S. 650—651. 1921. 
Bei einer Reihe von Brustkindern fiel das gehäufte Auftreten von rachitischen 
und Übererregbarkeitssvmptomen auf. Von 6 Brustkindern zeigten 5 solche Symptome. 


392 Physiologie des Neugeborenen. 


Verf. nimmt an, daß schon während der fötalen Entwicklung ein mangelhaftes Angebot 
an Depotstoffen bestanden habe, was auf die mangelhafte Ernährung der werdenden 
Mütter zurückzuführen sei. Solche Erscheinungen sind besonders in solchen Gegenden 
Deutschlands und Österreichs aufgetreten, wo die Ernährungsschwierigkeiten auffallend 
kraß hervortraten. Besonders der Kalkgehalt der Knochen bei Kindern von schlecht 
ernährten Müttern bleibt hinter der Norm zurück. Solche Kinder neigen natürlich 
sehr zu Knochenerkrankungen, ebenso zur Anämie. Theodor (Hamburg-Eppendorf). 
Hoppenrath, Hans-Georg, Gewichtsabnahme und transitorisches Fieber bei 

Neugeborenen. (Univ.-Frauenklin., Königsberg, Pr.) (Dissertation: Königsberg 

Pr.) (Dissertation: Königsberg 1921.) 

Kütting, Adolf: Über die Geburtsgewichte und Entwicklung der Kinder in 
den ersten Lebenstagen, sowie über die Stillfähigkeit während des Krieges. (Univ.- 
Frauenklin., Gießen.) Zentralbl. f. Gynäkol. Jg. 45, Nr. 5, S. 166—171. 1921. 

Der Verf. stellt auf Grund einer statistischen Zusammenstellung des Materials 
der Universitäts-Frauenklinik in Gießen folgendes fest: 1. Das Geburtsgewicht der im 
Kriege geborenen Kinder hat sich der Vorkriegszeit gegenüber nicht verändert. 2. Die 
Zahl der Neugeborenen, die über 10%, ihres Geburtsgewichtes verloren haben, ist wäh- 
rend des Krieges von Jahr zu Jahr größer geworden. 3. Die Zahl der Kinder, die am 
10. Tage ihr Geburtsgewicht wieder erreicht haben, ist kleiner geworden. 4. Die Still- 
fähligkeit der Mütter hat, vor allem in der zweiten Hälfte des Krieges, deutlich abge- 
nommen. Koch (Berlin). 


Frølich, Theodor: Untersuchungen über die Gewichtsverhältnisse des Säuglings. 
Norsk magaz. f. laegevidenskaben Jg. 82, Nr. 3, S. 182—194. 1921. (Norwegisch.) 

Verf. hat an normalen Brustkindern, bei Kindern, die mit Zwiemilch, bei solchen, 
die rationell künstlich ernährt worden sind, sowie bei Frühgeburten die Gewichts- 
zunahmen bis zur 36. Woche untersucht. So hat er ım Verlauf der Jahre 300 Kinder 
seiner Privatpraxis fortlaufend beobachtet und nach Ausscheidung der Erkrankten 
und zu unregelmäßig Gewogenen blieben 233 Fälle übrig. Auf 3 Tabellen und 3 Kurven 
sind seine Durchschnittszahlen mit der Berechnung der Standardabweichungen über- 
sichtlich angeführt. Die Erläuterungen dazu finden sich im Text. Saenger (München). 


Frank, Max: Beitrag zur Biologie der weißen Blutzellen in der Neugeburts- 
zeit und im Säuglingsalter. (Dtsch. Univ.-Kinderklin. i. d. böhm. Landesfindelanst., 
Prag.) Zeitschr. f. Kinderheilk. Bd. 31, H. 1/2, S. 16—34. 1921. 

Autor faßt die Neugeborenenleukocytose und die mit ihr verbundene qualitative 
Verschiebung des Blutbildes als Folge der symbiotischen Verbindung der Frucht mit 
der Mutter (Synkainogenese nach A. Kohn) auf, eine Hypothese, die an jene vom 
diaplacentaren Übertritt gewisser Stoffe von der Mutter auf den Foetus erinnert, und 
die zur Erklärung der Brustdrüsensekretion des Neugebornen herangezogen wurde. 
Im einzelnen stellt sich das Verhalten der Leukocyten in dieser Lebensperiode so dar, 
daß die absolute Zahl der Polynucleären vom Tage der Geburt an absinkt, bis ihr 
definitiver Wert erreicht ist, nur mit dem Eintritt des 2. Gipfels der Leukocytenkurve 
steigt ihre Anzahl wieder leicht an. Die stärkste Linksverschiebung im qualitativen 
Blutbild ist am 1. Lebenstag vorhanden. Die Kurve der Lymphocyten verläuft erst 
eben, um sich dann, gleichzeitig mit dem 2. Gipfel der Leukocytenkurve, steil zu erheben. 
Am 4. Lebenstag überwiegen die Iymphatischen Zellen in der Regel die myeloischen. 
Das Blutbild des Säuglings erreicht erst am 14. Tage seine definitive Gestalt. Die 
Monocytenzahl ist am 1. Lebenstage am höchsten, sie nimmt dann beträchtlich ab, 
bleibt, solange die myelogenen Elemente in der Mehrzahl vorhanden sind, auf gleicher 
Höhe, um mit der Vermehrung der Lymphocyten anzusteigen. Später tritt ein er- 
neutes Absinken ein, bis der für das spätere Säuglingsalter charakteristische Wert. 
erreicht ist. In den ersten Lebenstagen ist regelmäßig eine Rechtsverschiebung des 
Monocytenblutbildes vorhanden. Das lynıphatische Blutbild des Kindes ist gestalten- 


Allgemeine Physiologie und Diätetik des Neugeborenen. 393 


reicher als das des Erwachsenen. Fast stets finden sich beim Säugling jenseits der ersten 
14 Tage Plasmazellen. Erich Benjamin (Ebenhausen)., 


Utheim, Kirsten: Blutkonzentration, Gewichtsverlust und Fieber bei Neu- 
geborenen. Norsk magaz. f. laegevidenskaben Jg. 82, Nr. 2, S. 104—108. 1921. 
(Norwegisch.) 

Bei 21% der Neugeborenen wurden Temperatursteigerungen festgestellt. Je größer 
der Gewichtsverlust, um so häufiger das Fieber. Während der Gewichtsabnahme 
konnte bei der Mehrzahl der Kinder keine Konzentrationssteigerung im Blute refrakto- 
metrisch nachgewiesen werden. Auch das transitorische Fieber kann ohne Konzen- 
trationssteigerung auftreten. Ylppö (Helsingfors)., 
Dening, Hermann, Beitrag zu den Temperaturverhältnissen des Neugeborenen in 

den ersten 24 Lebensstunden. (Provinzialhebammen-Lehranst., Celle.) (Disser- 

tation: Göttingen 1921.) 

Krüger, W., Die Aufenthaltsdauer der Nahrung im Säuglingsmagen unter physio- 
logischen und pathologischen Verhältnissen. (Gem.-Säuglingskrankenh., Berlin- 
Weissensee.) (Monatsschr. f. Kinderheilk. Bd. 21, H. 3, S. 257—262. 1921.) 
Pollitzer, R.: La secrezione gastrica nel neonato ancora digiuno. (Die Magen- 

sekretion der Neugeborenen in völlig nüchternem Zustand.) (Rep. ostetr., osp. di 

S. Giovanni in Laterano e clin. pediatr., univ., Roma.) Pediatria Jg. 29, H. 6, S 253 

bis 259. 1921. 

Verf. konnte bei seinen Ausheberungsversuchen an 100 Neugeborenen gleich und 
in den ersten Stunden nach der Geburt nachweisen, daß die Labsekretion schon vor 
der Geburt beginnt, während freie Salzsäure erst 40—60 Minuten nach der Geburt 
nachweisbar ist, in den darauffolgenden Stunden zunimmt, um schließlich eine mittlere 
Konzentration von 1,20/,, zu erreichen. Er sieht in der während der Geburt geschluckten 
Amnionflüssigkeit einen die Magensekretion anregenden Faktor und führt zur Stütze 
dieser Ansicht an, daß bei 5 Fällen, in denen er gleich nach der Geburt eine Magen- 
spülung vornahm, der Magen bei der Kontrolle nach mehreren Stunden leer gefunden 
wurde. Bei Frühgeburten kommt es zu einer intensiven und vorzeitigen Magen- 
sekretion. Kolisch (Wien). 


Vogt, E.: Die Radiologie des Magendarmkanals beim Neugeborenen mit Cyto- 
barium. (Univ.-Frauenklin., Tübingen.) Zentralbl. f. Gynäkol. Jg. 45, Nr. 29, 
S. 1030—1032. 1921. 

Der Neugeborenenmagen hat die Riedersche Angelhakenform; noch während 
der Nahrungsaufnahme geht ein Teil des Mageninhalts in das Duodenum über; Ent- 
leerungszeit 11/,—3 Stunden, bei künstlicher Ernährung länger; der Dünndarm zeigt 
sehr lebhafte Peristaltik, er wird vom Speisebrei in 2—3 Stunden durchlaufen. Im Dick- 
darm verbleibt die Nahrung etwa 3 Stunden, so daß die Passage des Gesamtweges des 
Magen-Darmtraktus 6—8 Stunden in Anspruch nimmt. Dyroff (Erlangen). 


Auricchio, Luigi: La reazione leucoeitaria digestiva nel neonato. (Verdauungs- 
leukopenie beim Neugeborenen.) (Istit. di clin. pediatr. uniw., Napoli.) Pediatria Bd.29, 
Nr. 21, S. 977—985. 1921. 

Aus den Beobachtungen an 5 gesunden Neugeborenen innerhalb der 3 ersten 
Lebenstage bei Trockenmilchernährung resultiert, daß die Leukocytenzahl im Blute 
nach der ersten Nahrungsaufnahme plötzlich bis zur Hälfte sinkt, um nach 1 bis 
1?/, Stunden langsam wieder anzusteigen, ohne den ursprünglichen Wert zu erreichen. 
Ebenso am 2. Tage. Am 3. und 4. Tage verursacht die Nahrungsaufnahme nur leichte 
Schwankungen der Leukocytenwerte. Die leukocytischen Fähigkeiten des Blutserums 
während der Verdauung verhalten sich umgekehrt proportional der Leukocyten- 
zahl. Das Erreichen der ursprünglichen Leukocytenwerte nach einer so ausgesprochenen 
Leukopenie muß der Leukocytose, die bei Säuglingen auf die Leukopenie folgt, gleich- 
gesetzt werden. | Kolisch (Wien). 


394 Physiologie des Neugeborenen. 


Vogt, E.: Radiologische Studien über die inneren Organe des Neugeborenen. 
(Univ.-Frauenklin., Tübingen.) Berl. klin. Wochenschr. Jg. 58, Nr. 20, S. 513—514. 1921. 

An Hand röntgenologischer Aufnahmen stellt Verf. Untersuchungen über die 
Veränderungen, die im kindlichen Körper im Anschluß an die Geburt vor sich gehen, 
an. Der Thorax, der intrauterin eine Birnenform hat, wird beim aktiv atmenden 
Kind faßförmig. Die Entfaltung der Lungen läßt sich gut unterscheiden, sie erfolgt 
von unten nach oben, und zwar erfolgt die Entfaltung bei ausgetragenen Kindern 
schneller als bei Frühgeburten, wo die langsame Entfaltung die klinisch viel häufiger 
beobachtete Bronchopneumonie jetzt leicht verständlich macht. Die Lebensprobe 
ist so auch röntgenologisch nachzuprüfen. Bei Neugeborenen, die gar nicht gelebt 
haben, findet sich keine Luftaufhellung in den Lungen, bei Neugeborenen, die nur 
kurze Zeit geatmet haben, findet sich Luft nur im Dünndarm und Magen, erst längere 
aktive Atmung führt zur Entfaltung der Lungen, die dann, wie wir oben gesehen 
haben, von unten nach oben erfolgt. Finden sich marmorierte Lungen, so spricht dies 
für eine Bronchopneumonie, wenn man eine Pneumonia alba und Miliartuberkulose 
ausschließen kann. Der Thorax ändert nur bei aktiver Atmung seine Birnenform und 
wird faßförmig. Auffallend ist das große Herz des Neugeborenen, das ein großes kugel- 
förmiges Organ darstellt, da es quergestellt ist. Die Th ym us ist sehr groß, bildet sich 
aber bald zurück. — Im Laufe der Röntgenuntersuchungen zeigte es sich, daß die 
Röntgenbestrahlung eine therapeutische Wirkung auf die Thymushypertrophie 
hat, indem sie sie zur Rückbildung bringt. So konnte Verf. einen Fall von Stridor 
thymicus durch Bestrahlung heilen. Das Zwerchfell hat flache Kuppen, läßt sıch 
aber gut darstellen. Der Magen ist angelhakenförmig, siphonförmig, seine Achse 
steht parallel zur Körperachse. Natürliche Nahrung passiert in 2 Stunden den Magen, 
während künstliche Nahrung bedeutend länger braucht. Die Leber ist groß, verdeckt 
immer größere Teile des Magens, nach unten reicht sie bis zum Nabel, überragt also 
weit den Rippenbogen. Dünndarm ist mit Luft gefüllt. Das Kolon sehr lang, das 
Colon descendens überragt, vermöge seines langen Mesocolons die Mittellinie, die 
Haustren sind deutlich zu sehen. Weitere Studien an den injizierten arteriellen Gefäß- 
präparaten zeigen, entsprechend dem geringen Druck, nur 45 mm Hg, weite Gefäße. 
Es fehlt auch jede Längsspannung, da ja die Muskulatur noch nicht ausgebildet ist. 
Die Nabelarterie ist so stark wie die Art. iliaca communis. Der Umstand, daß die Art. 
pulmonalis stets mitinjiziert war, beweist, daß der Ductus Botalli (entgegen 
der Ansicht Frombergs) stets retrograd offen ist. Die Gefäße, die zum Gehirn 
führen, sind weit. Die Aorta ist enger als die Art. pulmonalis, woraus Verf. auf intra- 
uterine Atembewegungen schließen will. Die Nieren befinden sich, wie aus den 
Injektionspräparaten hervorgeht, in natürlicher Lage, und zwar liegt die rechte, trotz 
der großen Leber, nicht tiefer als die Linke. Die embryonale Lappung ist deutlich zu 
sehen. So kommt Verf. zu dem Schluß, daß die inneren Organsysteme unter und nach 
der Geburt ganz besondere Aufgaben haben, so daß ihr Aufbau ein diesen Aufgaben 
entsprechender ist. Albert Rosenburg (Berlin). 

Bylicki, Ladislas: Contributions à la biologie du fetus. (Ein Beitrag zur 
Biologie des Foetus.) Gynecol. et obstetr. Bd. 4, Nr. 6, S. 541—543. 1921. 

Autor nimmt Stellung zur herrschenden Auffassung, daß der Schluckakt beim 
Foetus in derselben Weise vor sich geht wie beim Erwachsenen. Das Cavum pharyngo- 
nasale, das von starren Wänden gebildet wird und durch den Nasengang mit der Am- 
nionhöhle kommuniziert, ist das ganze fötale Leben hindurch mit Fruchtwasser gefüllt, 
so daß die Frucht beim Schlucken nur die Schlundmuskulatur in Aktion zu setzen 
braucht, während die Mundhöhle durch Zurücksinken der Zungenbasis und Ansaugen 
der Zunge an den Gaumen nur einen virtuellen Hohlraum darstellt. Er vertritt auch 
die Ansicht, daß nicht die Aspiration von Fruchtwasser die Ursache der Asphyxie 
der Frucht ist, sondern die durch vorzeitige Füllung der Pulmonalarterie bedingte 
Senkung des Aortendruckes, die schließlich so bedeutend wird, daß das Blut nicht mehr 


Allgemeine Physiologie und Diätetik des Neugeborenen. 395 


durch die Umbilicalvene getrieben werden kann. Zur Stützung dieser Ansicht führt 
er an, daß nur in den seltensten Fällen von Asphyxie eine ein wirkliches Atemhindernis 
darstellende Menge von Fruchtwasser m den Luftwegen gefunden wird, daß die In- 
spiration immer von einer Exspiration gefolgt ist, die die aspirierte Flüssigkeit wieder 
heraustreibt und schließlich, daß bei den vorzeitigen Atembewegungen nur ausnahms- 
weise die Aspiration von Flüssigkeit möglich, während bei tief ins Becken eingetretenem, 
von den Vaginalwänden eng umschlossenem Kopf diese Möglichkeit nicht besteht. 
Kolisch (Wien). 


Adair, Fred L. and Richard E. Scammon: A study of the ossification centers 
of the wrist, knee and ankle at birth, with particular reference to the physical 
development and maturity of the new-born. (Studie über die Ossificationszentren 
des Handgelenks, des Knie- und Fußgelenks bei der Geburt, mit besonderer Wür- 
digung der natürlichen Entwicklung und Reife des Neugeborenen.) (Swedish hosp. 
Minneapolis a. dep. of obstetr. a. anat., univ. of Minnesota, Minneapolis.) Americ. 
journ. of obstetr. a. gynecol. Bd. 2, Nr. 1, S. 35—60. 1921. 

Das zugrunde liegende Material besteht aus 100 Neugeborenen aus der Privat- 
praxis (459, 55 g"). Die untere Femurepiphyse war in 98% der Fälle vorhanden, 
die obere Tibiaepiphyse in 81%, Talus und Calcaneus in 100%, Cuboid in 38%, Capi- 
tatum in 15%, Hamatum in 8%. Als bestes Zeichen für die Geburtsreife ist der Nach- 
weis der oberen Tibiaepiphyse anzusehen. Mit zunehmender Körperlänge und Gewicht 
werden die Ossificationszentren reichlicher und größer, die Beziehung zur Länge ist 
zuverlässiger als die zum Gewicht. Innerhalb eines Fötalalters von 270—300 Tagen 
besteht keine konstante Beziehung von Össification zu Alter. Die Ossification der 
Mädchen ist im allgemeinen mehr fortgeschritten als die der Knaben, trotz geringerer 
Geburtslänge und Geburtsgewicht. Eine Abhängigkeit von Erstgeburt und Mehr- 
geburt wurde im Gegensatz zu Pryor nicht gefunden. Reihenfolgestörungen und Un- 
regelmäßigkeiten waren am Fuß häufig, an der Hand selten, das Cuboid ossificierte 
von 1—7 Zentren aus, gelegentlich bestanden Asymmetrien. Die gewöhnliche Reihen- 
folge des Auftretens der Zentren ist: unt. Fem. Ep. — ob. Tib. Ep. — Cuboid — Ca- 
pitat. — Haemat. Stettiner (Erlangen). °° 


Lucas, William Palmer, Bradford French Dearing, Hal R. Hoobler, Anita 
Cox, Martha R. Jones and Francis Scott Smyth: Blood studies in the new-born. 
Morphological, chemical, coagulation, urobilin and bilirubin. (Morphologische, che- 
mische, Koagulations-, Urobilin- und Bilirubin-Blutstudien an Neugeborenen.) (Dep. 
of pediatr., univ. of California med. school, Berkeley.) Americ. journ. of dis. of childr. 
Bd. 22, Nr. 6, S. 525—559. 1921. 

Von 150 Kindern wurden während der ersten 2 Wochen aus dem Sinus durae matr. 
Blutproben entnommen und fortlaufend untersucht. Der Hämoglobingehalt — ge- ' 
messen an der O-Kapazität (Acidkämatin) — schwankt in den ersten Tagen zwischen 
140 und 85, am 12. Tage zwischen 115 und 55; in der Peripherie zwischen 140 und 110 
bzw. 100 und 95. Die roten Blutzellen schwanken zwischen 6 700 000 und 4 000 000 
am 1., zwischen 5 800 000 und 2 000 000 am 12. Tage. Weiße Blutzellen schwanken 
zwischen 30 000 und 6400; 22 200 und 7000 am 12. Tage. Die anfängliche polynucleäre 
Neutrophilie (70 gegen 20 Lymphocyten, 9 mononucleäre und Übergangsformen, 
1 Eosinophile) verschiebt sich am 7. Tage auf 42 : 42: 16:5; am 12. Tage auf 30 : 48 
:14 :2. Nichteiweiß-N am 1. Tage 32—40, am 12. 24,1—31; Harnstoff-N 20—16 
bzw. 15—12; Harnsäure 4,54—2,07 bzw. 2,06—1,45; Kreatinin 1,49—1,35 bzw. 1,29 
bis 1,00 mg auf 100 cem Zucker, 0,062—0,043 bzw. 0,097—0,072%, per 100 ccm; 
CO, 63,3—38,5 bzw. 63,3—50,7 Volumprozente auf 100 ccm. Der Ca-Gehalt ist bei 
Knaben etwas größer (O, 9,0 : 8,7), im Plasma in doppelter Menge als in den Blutzellen, 
sinkt von 51,1 auf 40,8. Die Koagulationszeit kann postnatal 16—29 Minuten, am 4. Tag 
10—33 Minuten, am 13. 6—15 Minuten betragen. Gallenpigmente werden vermißt: 


396 Physiologie des Neugeborenen. 


postnatal 1—6 +, darunter 2 Ikterus am 1. Tage 3 — : 25 + mit 6 Ikterus; am 2. Tage 
4 — : 30 + mit 20 Ikterus; am 3. 2 — : 42 + mit 35 Ikterus; am 4. 6 — : 39 mit 
33 Ikterus; am 5. 10 — : 30 + mit 25 Ikterus; am 6. 16 — : 28 + mit 23 Ikterus; 
am 7. Tage 18 — : 26 + mit 21 Ikterus. Sowohl die am Plasma wie die klinisch 
erkannten Ikterusfälle erreichen am 3.—5., selten am 10. Tage den Höhepunkt. 
Greil (Innsbruck). 


Bonar, B. E.: Indiecanuria in the new-born. (Indicanurie beim Neugeborenen.) 
Americ. journ. of dis. of childr. Bd. 21, Nr. 4, S. 406—409. 1921. 

Bei 50 Kindern wurde während der ersten 2 Lebenswochen der Harn täglich auf 
Indican untersucht und in’20 Fällen (8,2%, sämtlicher Harnuntersuchungen) eine posi- 
tive Reaktion gefunden, am häufigsten und intensivsten zwischen 3. und 5. Lebenstag. 
Die Indicanurie, welche wohl als physiologische Erscheinung aufzufassen ist, dürfte 
auf die beim Neugeborenen anderweitig festgestellte erhöhte Durchlässigkeit des Darmes 
für Indol zurückzuführen sein, welches während der Übergangsperiode vom Meconium 
zum Milchstuhl gebildet wird. Reuss (Wien).°° 


Seaglione, Salvatore: Osservazioni e ricerche sulla immunità naturale fetale. 
(Ein Beitrag zur natürlichen Immunität des Fvetus.) (Clin. ostetr.-ginecol., istit. di 
studi sup., Firenze.) Fol. gynaecol. Bd. 14, H. 4, S. 389—361. 1921. 

Untersuchungen des Serums von Foeten und Neugeborenen ergaben, daß die 
bactericiden Eigenschaften des Serums mit dem Fortschreiten der Schwangerschaft 
zunehmen und daß das mütterliche Serum gewöhnlich stärker bactericid wirkt als das 
der reifen Frucht. Als Komplement verwendet, wirkt das Serum der Focten der letzten 
Schwangerschaftsmonate nur um wenig schwächer als das der Mutter. Der opsonische 
Index des fötalen Serums ist bis zum 6 kleiner als der der Mutter, später kann er diesem 
gleich oder auch größer werden. Da Verf. im fötalen Serun oft größere Mengen von 
Antitoxinen nachweisen kounte als in dem der Mutter, glaubt er an eine antochthone 
Antitoxinbildung im fötalen Blute. H. S. 


Kirstein, Friedrich: Über die passive Immunisierung des Neugeborenen mit 
v. Behrings Diphtherie-Vacein ‚‚TA.“. (Univ.-Frauenklin., Marburg a. Lahn.) Arch. 
f. Gynäkol. Bd. 115, H. 2, S. 326—349. 1921. 

Kirstein teilt Untersuchungsergebnisse mit, die er mit dem Behringschen 
Diphtherievaccin ‚TA.‘ machte. Bei systematischen Abimpfungen der Kinder in der 
Marburger Frauenklinik fanden sich in einer hohen Prozentzahl der Fälle Diphtherie- 
bacillen. Da Schanz die Häufigkeit des Vorkommens der echten Diphtheriebacillen 
bestreitet, so sucht K. dieses zu widerlegen. K. wollte dem häufigen Auftreten von 
Diphtheriebacillen, das hin und wieder zur Erkrankung und sogar zum Tode führte, 
durch systematische Impfungen mit dem v. Behringschen Diphtherievaccin „TA.“ 
: wirksam begegnen. Bis zum 4. bis 5. Lebensmonat pflegen die Kinder keine Antitoxine 
zu bilden. Daher sollte bei einer größeren Anzahl von Neugeborenen die Antitoxin- 
bildung für Diphtherie erzwungen werden. In Anlehnung an Zangemeister wurde 
einer Serie Neugeborener 3 mal TA. VI, jedesmal sofort 0,1 intracutan mit Pausen von 
je 2 Tagen an der Vorderarmbeugeseite gegeben. Die erste Einspritzung wurde am 
Tage der Geburt oder dem nächstfolgenden ausgeführt. Zur Beurteilung des Impf- 
erfolges wurde die Hagemann - Kleinschmidt - Vierecksche Reaktionseinteilung 
gewählt und konnte festgestellt werden, daß alle Kinder ausnahmslos schon auf die 
zweite Injektion mit einer auffallend starken Reaktion II. Grades antworteten. Der 
Erfolg der dritten Injektion übertraf den der zweiten noch erheblich. Bei einer zweiten 
Impfserie, wo zunächst nur eine 2malige Einspritzung vorgenommen wurde, blieben 
die guten bei der ersten Serie beobachteten Reaktionen aus. Weitere Versuche wurden 
an Hausgraviden angestellt, um die Mutter ante partum zur Antitoxinbildung 
zu veranlassen. Da bekannt ist, daß Antikörper von der Placenta für den Foetus 
selektiv aufgenommen werden, so konnten dadurch die Kinder durch die Mutter passiv 


Allgemeine Physiologie und Diätetik des Neugeborenen. 397 


immunisiert werden. Da Erwachsene gegenüber dem in Rede stehenden Gemisch 
wesentlich stärker reagieren als Säuglinge, mußte für diese Einspritzungen der schwächere 
Impfstoff TA. VII benutzt werden und zwar nach der Impfmethode von Hahn. 
Bei 293 Graviden wurden 0,1 TA. in 48stündigen Pausen injiziert. Abgesehen 
von einer Frau erfuhren alle übrigen Schwangeren durch die Impfung keinerlei 
Belästigungen, wenn man von einem geringen Juckreiz absehen will, der hin und wieder 
an der gewählten Hautstelle eintrat. Fieber oder sonstige Störungen des Allgemein- 
befindens fehlten stets. — Ferner wurde das Nabelschnurblut von 33 Kindern, deren 
Mütter keiner Immunisierung unterzogen worden waren, auf Antitoxingehalt geprüft. 
Es zeigte sich, daß in drei Viertel der Fälle die Kinder mit Antitoxin im Blute bereits 
geboren wurden. Bei weiteren Untersuchungen zeigte sich, daß mit Hilfe der mütter- 
lichen Immunisierung eine ganz erhebliche Steigerung des kindlichen Antitoxingehaltes 
sich hat erzielen lassen, nämlich rund auf das 4fache. Andererseits war zu erkennen, 
daß das TA. nicht in allen Fällen dem Neugeborenen den erwünschten Nutzen bringt. 
(eeigneter Zeitpunkt für die Immunisierung des Kindes durch die Mutter ist die 5. 
bis 8. Woche ante terminum. Dadurch gelang es gut den Antitoxingehalt des 
Kindes auf dem Umwege über die Mutter zu steigern. Was die klinischen 
Erfolge anlangt, so konnte. rein zahlenmäßig festgestellt werden, daß ohne oder mit 
TA. Prophylaxe die Morbiditätshäufigkeit und Mortalitätsziffer sich nicht ändert. 
Trotz der Erhöhung des Antitoxintiters über den Weg Mutter-Placenta er- 
krankten Neugeborene ebenso häufig und in der gleichen Form an Diphtherie wie 
Kinder nicht mit TA. vorbehandelter Mütter. Daher scheint die aktive Immunisierung 
des Neugeborenen mittels des v. Behringschen Diphtherievaccin „TA.“ möglich, 
ist aber für die Bekämpfung der Neugeborenendiphtherie ungeeignet, denn das 
neugeborene Kind ist nicht imstande die in seinem Blute befindlichen Antitoxin- 
mengen zweckentsprechend zu verwerten. Daher müssen die bisherigen Anschauungen 
von immunsiatorischem Geschehen für die Neugeburtsperiode geändert werden. Es 
sind beim Neugeborenen die Unterschiede im Krankheitsverlauf der Diphtherie in 
erster Linie von der Virulenz der Bacillen und in zweiter Linie von den lokal begrenzten, 
im Gewebe gelegenen Abwehrkräften abhängig. Die bei einer Neugeborenendiphtherie 
etwa beobachteten Erfolge mit Heilserum sind vielleicht weniger auf den Antitoxin- 
gehalt als vielmehr auf eine Protoplasmaaktivierung zurückzuführen. Dagegen dürften 
die Abwehrkräfte des Körpers auch durch Injektion mit normalem unspezifischen 
Pferdeserum verstärkt werden. R. Salomon (Gießen). 

Kirstein, Friedrich: Über eine auffallende biologische Eigentümlichkeit des 
Neugeborenen. (Univ.-Frauenklin., Marburg.) Dtsch. med. Wochenschr. Jg. 47, 
Nr. 46, S. 1393—1395. 1921. 

Bei Neugeborenen findet man öfter Diphtheriebacillen, als man bisher annahm. 
Beobachtungen aus den Kliniken Marburg, Königsberg, Freiburg usw. Die aktive 
Immunisierung ergab kein gutes Resultat. Deshalb ging man zur passiven über, indem 
man den Müttern ante partum das neue Behringsche Diphtherievaccin einverleibte. 
Dadurch stieg der Antitoxintiter der Kinder dieser Mütter auf das Vierfache solcher 
von unbehandelten Müttern. Nun ergab sich aber, daß Kinder mit hohem und niederm 
Antitoxintiter in gleichem Maße an Diphtherie erkrankten. Die Erkrankungshäufigkeit, 
die Erkrankungsformen und die Mortalitätsziffer sind, ob mit oder ohne T.A.- 
Prophylaxe, in keiner Weise verändert. Der Krankheitsverlauf ist meistens ziemlich 
harmlos, selten bösartig. Die passive Immunisierung des noch gesunden oder schwer 
erkrankten Individuums ist zwecklos. Bleibt die Infektion auf einen lokalen Herd 
beschränkt, ist die Prognose günstig. Kommt es bei einem an Diphtherie erkrankten 
Säugling nach Diphtherieseruminjektion zu einer Besserung, so ist Verf. geneigt, die 
Wirkung auf das Serum allein zurückzuführen. Er denkt dabei an die Proteinkörper- 
therapie, an Protoplasmaaktivierung usw., trotzdem Kruse neuerdings wieder über- 
zeugend für das Heilserum eingetreten ist. Theodor (Hamburg-Eppendorf). 


398 Physiologie des Neugehorenen. 


Hüfner, Bruno, Die Bakterienflora des Mundes beim Neugeborenen und ihre Be- 

ziehung zur mütterlichen Vagina. (Dissertation: Kiel 1921.) 

Heß, R.: Über Isoagglutinine beim Neugeborenen. (Univ.-Kinderklin., Frank- 
jurt a. M.) Dtsch. med. Wochenschr. Jg. 47, Nr. 9, S. 241—242. 1921. 

Serum und Erythrocyten der Neugeborenen führen nur in 3,3%, zu Agglutination, 
während bei Verwendung von mütterlichem Serum oder Erythrocyten in ca. 26°, 
Agglutination beobachtet wird. Dyroff (Erlangen). 

Jones, Basil B.: Iso-agglutinins in the blood of the new-born, (Isoagglutinine 
im Blute von Neugeborenen.) (Med. serv., Mass. gen. hosp., Boston.) Americ. journ. 
of dis. of childr. Bd. 22, Nr. 6, S. 586—597. 1921. | 

Über das Vorkommen von Isoagglutininen und isoagglutinablen Substanzen im 
Blute von Neugeborenen gehen die Meinungen etwas auseinander. Verf. untersuchte 
197 Blutproben auf agglutinierende und agglutinable Eigenschaften (Nabelschnurblut). 
Mikroskopische Technik, Überschuß von Serum zum Nachweis auch geringer Mengen 
von Agglutininen. Nach agglutinabler Substanz beurteilt, ließen sich sämtliche Blut- 
proben eingruppieren in die bekannten vier Blutgruppen. Auch die Häufigkeit 
der einzelnen Gruppen entsprach dem Verhältnis beim Erwachsenen. Nach Agglutinin- 
gehalt bewertet, ließen sich nur 78,7%, einreihen. Auch bei den agglutinierenden Sera 
war die Menge der Agglutinine oft recht gering. Schwache Autoagglutination wurde 
in 14,2%, beobachtet. 13,7% der Sera enthielten Hämolysine. Auch bei einem 
Foetus von 7 Monaten ließen sich Isoagglutinine im Blute nachweisen. 

Seligmann (Berlin). 

Murschhauser, Hans: Welche Zuckerart wird vom Säugling im Harne aus- 
geschieden, wenn dio für ihn festgestellte Assimilationsgrenze für Rohrzucker in 
der Nahrung überschritten wird? Eine Methode und ein Berechnungsmodus zur 
quantitativen Bestimmung mehrerer Zuckerarten nebeneinander im Harn. (Akad. 
Kinderklin., Düsseldorf.) Biochem. Zeitschr. Bd. 119, S. 328—338. 1921. 

Die Größe, bis zu welcher die Aufnahme von Kohlenhydraten gesteigert werden 
muß, damit der Übertritt in den Harn erfolgt — die Assimilationsgrenze —, ist 
abhängig von der Art des Kohlenhydrats, der Tierart, der Individualität, dem Befinden 
des Individuums, und wie es scheint, auch vom Füllungszustand des Magens. Es handelt 
sich hier um Untersuchungen bei Kindern im 1. Lebensjahre, und zwar bei Verab- 
reichung von Rohrzucker. Es zeigte sich, daß nach Verabreichung größerer Mengen 
Rohrzucker nach einmaliger Tabe der Harn reduzierend auf Fehlingsche 
Lösung wirkte. Die Versuche waren so angestellt worden, daß die Säuglinge, die 
5 Uhr nachmittags ihre Milch zu sich genommen hatten, um 9 Uhr abends eine be- 
stimmte Menge, ca. 20 proz. Rohrzuckerlösung zu trinken bekamen. Die Fälle, in denen 
ein teilweises Erbrechen der aufgenommenen Flüssigkeit erfolgte, wurden von der wei- 
teren Verfolgung ausgeschaltet. Nach Verabreichung der Zuckerlösung wurde der Harn 
in 4stündigen Perioden getrennt gesammelt und jede Portion für sich auf ihr 
Verhalten gegen Fehlingsche Lösung geprüft. Überstieg die Menge des in einer Gabe 
gereichten Rohrzuckere 8—10 mg pro Kilogramm Körpergewicht, so zeigt der Harn 
reduzierende Eigenschaften. Die qualitative Analyse führt im allgemeinen 
zu keinen definitiven Ergebnissen. Deshalb sind alle bisherigen Befunde, die sich 
lediglich auf qualitative Proben aufbauen, unsicher. Eine Entscheidung war 
nurvonder quantitativen Analyse zuerwarten. Sie erfolgte durch die gleich- 
zeitige Bestimmung des Drehungs- und Reduktionsvermögens des Harns vor und nach 
der Inversion mit Salzsäure. Die in den Versuchen verwendeten SäuglInge schieden, 
wenn ihnen Rohrzucker in einer Menge gereicht wurde, die weit jenseits der für sie 
festgelegten Assimilationsgrenze lag, ein Gemenge von Rohrzucker, Lävulose und 
Dextrose aus. Ob nach großen Rohrzuckerdosen regelmäßig alle drei Kohlenhydrate 
ausgeschieden werden und ebenso über ihre Beziehungen zueinander, läßt sich nichts 
Bestimmtes sagen. Das Verhältnis der Assimilationsgrenze zur Lävulose liegt niedriger 


Allgemeine Physiologie und Diätetik des Neugeborenen. 399 


als das zur Dextrose. Neben den quantitativen Unterschieden in der Assimilationskraft 
von löslichen Kohlenhydraten nimmt der Säugling eine qualitative Besonderheit für 
sich in Anspruch, die darin besteht, daß seine Toleranz für Rohrzucker ungefähr ebenso 
groß oder selbst geringer ist als für Dextrose. Der Erwachsene reagiert schon auf 
über 100 g Dextrose, aber erst die dreifache Menge Rohrzucker mit Glykosurie, 
beim Säugling liegt die Assimilationsgrenze bei Rohrzucker bei 8—10 g pro 
Kilogramm Körpergewicht, für Dextrose zum Teil wesentlich höher. 
Rudolf Salomon (Gießen). 

Kritzler, Hans: Beobachtungen über das Vorkommen von Diphtheriebacillen 
und diphtheroiden Stäbchen beim Neugeborenen unter besonderer Berücksichtigung 
der klinischen Bedeutung dieses Befundes. (Univ.- Frauenklin., Gießen.) Zeitschr. 
f. Geburtsh. u. Gynäkol. Bd. 84, H. 1, S. 179—207. 1921. 

Kritzler hat eine beträchtliche Zahl bakteriologischer Untersuchungen zur Frage 
der Neugeborenendiphtherie gemacht und kommt zu dem Schluß, daß ihre Wertig- 
keit bedeutend überschätzt wird. Die den bekannten Diphtheriestäbchen bakterio- 
logisch gleichenden Bacillen sind meist atoxisch bzw. avirulent; sie scheinen reine 
 Epiphyten zu sein. Daneben kann es auch wirkliche Diphtherieerkrankungen der Neu- 

geborenen geben, wie K. auch selbst 2 Fälle beobachten konnte. Nach K. wird es nun 
die Aufgabe sein, festzustellen, ob etwa das Neugeborene bzw. der Säugling die Rolle 
eines Zwischenwirtes in dem Entwickelungsgang der Diphtheriebacillen spiele. Hier 
eröffnet sich ein weites Arbeitsfeld für Hygieniker, Kinder- und Schulärzte. Von 
Neugeborenendiphtherie darf man nur dann sprechen, wenn außer dem bakterio- 
logischen Befunde auch die klinischen Erscheinungen (Fieber, Beläge usw.) vor- 
handen sind. Hannes (Breslau). 

Clauß, E.: Zur Übertragung pathogener Keime zwischen der Kreißenden und 
Wöchnerin und dem Neugeborenen. (Univ.-Frauenklin., Marburg a. L.) Zeitschr. 
f. Geburtsb. u. Gynäkol. Bd. 84, H. 2, S. 385—403. 1921. 

Claus stellte experimentelle Untersuchungen an, welche zeigen sollten, in welcher 
Häufigkeit die Scheide der Kreißenden und Wöchnerinnen, der Mund und das Rectum 
des Neugeborenen als Ausgangspunkt für die Übertragung pathogener Keime auf die 
Brustwarzen von Stillenden anzusehen sind. Damit sollte die Ätiologie der Brust- 
drüsenentzündung im Wochenbett erklärt werden. Es wurden 65 Kreißende bzw. 
Wöchnerinnen und Neugeborene untersucht. Über die Versuchsanordnung ist im 
Original nachzulesen. Es zeigte sich, daß in allen Fällen am 5. Wochenbettstage an 
den Brustwarzen hämolytische Staphylokokken gefunden wurden, in der Milch in 
50% der Fälle. Die hämolytische Eigenschaft der Staphylokokken an den Brustwarzen 
ist Veränderungen unterworfen. Eine Beziehung zwischen dem Auftreten von Rhagaden 
und Schrunden und dem Hämolytischwerden der Staphylokokken hat sich in den 
vorliegenden Fällen nicht gezeigt. Bei über der Hälfte der Wöchnerinnen traten in 
der Zeit zwischen Entbindung und Entlassung bei den der Arbeit zugrunde liegenden 
Fällen aus der Marburger Frauenklinik Schrunden auf. Bei dreien von diesen fand sich 
die Hämolyse der Staphylokokken eher als die Schrunden, bei zweien gleichzeitig 
mit ihnen, während bei einer die Schrunden dem Auftreten der Hämolyse vorangingen. 
Bei weiteren Stillenden waren vom 4. Wochenbettstage ab hämolytische Staphylo- 
kokken vorhanden und trotzdem keine Schrunden aufgetreten. Die weiteren Ver- 
suchsreihen zeigten, daß die beste Behandlungsmethode zur Prophylaxe der 
Brüste das Betupfen von Brustwarzen und Warzenhof mit 60 proz. Alkohol vor und 
nach dem Anlegen ist. Rudolf Salomon (Gießen). 

Foseue, G. B.: Three large babies from one mother. (3 Riesenkinder von 
einer Mutter.) Med. rec. Bd. 100, Nr. 25, S. 1076. 1921. 

Als Kuriosum berichtet der Verf. von einer seiner Patientinnen, die innerhalb 
45 Monaten 3 Kinder mit einem Gesamtgewicht von 18,6 kg geboren hat (6,520, 5,955, 
6,125 kg). Die erste Entbindung war eine hohe Zange mit Dammriß 2. Grades, die 


400 Physiologie des Neugeborenen. 


anderen Geburten verliefen normal. Die Kinder leben und sind gesund. Die Mutter 
ist 167 cm groß und hat ein Gewicht von 60 kg, die Maße des Vaters sind 170 cm 
und 62 kg. Eitel (Berlin-Lichterfelde-Ost.), 


Hess, R.: Experimentelle Beiträge zum transitorischen Fieber des Neugeborenen. 
(Disch. Ges. f. Kinderheilk., Jena, Sitzg. v. 14. V. 1921.) Monatsschr. f. Kinderheilk. 
Bd. 22, H. 2, S. 336—388. 1921. 


Bremer, John Lewis: Recurrent branches of the abducens nerve in human 
embryos. (Rückläufige Aste des Nervus abducens bei menschlichen Embryonen.) 
(Harvard med. school, Boston, Massachusetts.) Americ. journ. of anat. Bd. 28, Nr. 2, 
S. 371—397. 1921. 

Verf. weist auf Beschreibung rückläufiger Abducensäste bei Embryonen verschiedener 
Tiere in der Literatur hin (Neal, Platt, Dohrn, Belogolow y). Gefunden wurden sie bei 
Acanthias, Heptanchus und beim Schwein; sie fehlen beim Huhn, bei der Eidechse, beim 
Schaf und Kaninchen. Sehr häufig finden sie sich beim Menschen, in 90%, bei Embryonen 
bis zu 18 mm Länge, weniger häufig bei solchen bis 3l mm Länge. Bei menschlichen Föten 
über 31 mnı Länge hat Verf. keine rückläufigen Abducensäste gefunden. Das Schicksal dieser 
rückläufigen Äste des N. abducens, die in caudaler, ventrocaudaler oder dorsocaudaler Richtung 
wachsen, ist Degeneration und völliges Verschwinden. Diese rückläufigen Fasern ziehen zu - 
den vorderen Rückenmuskeln, zur Branchialmuskulatur oder zu den dorsalen Muskeln des 
Kopfes. Sie fehlen bei Embryonen, deren Augenmuskeln über die occipitalen Muskeln über- 
wiegen. Auch die Lage der ersten Abducenswurzeln ist maßgebend: je weiter caudal diese 
entspringen, desto häufiger darf man rückläufige Äste erwarten. Sittig (Prag).°° 

Becker, Jos.: Über Haut und Schweißdrüsen bei Föten und Neugeborenen. 
(Kinderklin., Univ. Bonn.) Zeitschr. f. Kinderheilk. Bd. 30, H. 1/2, S. 3—20. 1921. 

Das verschiedene elektrische Leitungsvermögen, auch die verschiedene Wärme- 
regulation, wird durch individuelle, konstitutionelle Unterschiede der Entwicklung 
des Coriums wie der Hautdrüsen bedingt. Während die regionären Unterschiede 
der Dicke des Coriums 16—20% betragen, weisen gleiche Hautstellen bei gleichaltrigen 
Föten bis zu 42%, bei Neonaten bis zu 46%, auf. Postnatal entwickelt sich die Haut 
infolge der mechanischen Beanspruchung viel schneller. Die Schweinsdrüsen zeigen 
gegen das Ende der Schwangerschaft die meisten Mitosen, haben auch größeren Wider- 
stand zu überwinden. Daher die Knäuelung oder enge Korkzieherwindung. Die Aus- 
bildung zeigt sehr erhebliche Unterschiede. Stets sind die wachsenden Drüsenschläuche 
von jungem Fettgewebe umgeben. Bei manchem nichtatrophischen Säugling ist das 
Fett in Ausdehnung und Struktur vollkommen embryonal. Analoge individuelle, 
konstitutionelle Unterschiede bestehen auch bei der Entwicklung der Muskulatur. 

Greil (Innsbruck). 


2. Asphyxie. 


Hannes, Walther: Weiterer Beitrag zur Frage der Beziehungen zwischen 
asphyktischer und schwerer Geburt und nachhaltigen psychischen und nervösen 
Störungen. (Univ.-Frauenklin., Breslau.) Zentralbl. f. Gynäkol. Jg. 45, Nr. 29, 
S. 1037—1041. 1921. 

Die Arbeit bezieht sich auf gleichgerichtete Veröffentlichungen von Schott und Klotz. 
Hannes hat früher schon einmal die Auffassung vertreten, daß weder die schwere noch die 
asphyktische Geburt in irgendwie höherem Maße zu anormaler geistiger Entwicklung oder 
zur Idiotie disponiere als die regelrechte und spontane Geburt. Der Verf. teilt die aus einem 


neueren Beobachtungsmaterial gewonnenen Zahlen mit und benutzt sie als weiteren Beleg 
für die eben erwähnte Auffassung. Lindig (Freiburg i. Br.). 


Auer, Max, Ein Beitrag über das weitere Schicksal asphyktisch geborener Kinder. 

(Univ.-Frauenklin., Würzburg.) (Dissertation: Würzburg 1921.) 

Vogt. E.: Über die Grundlagen und die Leistungsfähigkeit der intrakardialen 
Injektion zur Wiederbelebung. (Univ.-Frauenklin., Tübingen) Münch. med. 
Wochenschr. Jg. 68, Nr. 24, S. 732—733. 1921. 

Die intrakardiale Injektion ist zur Zeit die einfachste und sicherste Methode, das 


Asphyxie. — Nabelversorgung. — Pathologie der Gravidität. 401 


stillstehende Herz — spätestens 10 Minuten nach Beginn des Stillstandes — wieder 
in Gang zu bringen. Bei vielen Fällen von Herzenstillen in der Narkose trat das deutlich 
in Augenschein. Als bestes Mittel gilt das Euprarenin in einer Dosis von 1 mg. Die 
Injektion hat langsam zu erfolgen, da man sonst eine Dauerkontraktion mit systolischem 
Herzstillstand riskiert. Hypophysin steht dem Adrenalin kaum nach, wenn auch die 
Wirkungsweise etwas schwächer ist, jedoch fehlen Intoxikations- und Kumulations- 
erscheinungen. Strophanthin hat große Vorzüge, jedoch kann es intramuskulös injiziert 
das Myokard schwer schädigen. Ein Kombinationspräparat Asthmolysin mit 0,0008 
Nebennieren- und 0,004 Hypophysenextrakt ist praktisch noch nicht ausprobiert. 
Technik: Einstich am oberen Rand der 5. oder 6. Rippe senkrecht zum Sternum. 
Tastend wird der Herzmuskel in Stärke von 4—5 mm durchstochen, bis der Muskel- 
widerstand nachläßt. Hat man die rechte Ventrikelhöhle punktiert, so tritt sofort ein 
Tropfen Blut zutage. Der Pleurasack darf nicht angestochen werden (Pneumothorax, 
Pneumoperikard!). Die typischen Wiederbelebungsmaßnahmen — künstliche Atmung 
und schonende direkte Herzmassage bei offener Bauchhöhle — sind nach der intra- 
kardialen Injektion weiterzuführen. Leixl (München). 


3. Nabelversorgung. 


Waren, Erkki: Über die Behandlung des Nabels in Entbindungsanstalten. 
Duodecim Jg. 87, Nr. 7/8, S. 193—201. 1921. 

Der Verf. empfiehlt folgendes Verfahren : Den Nabelstrang möglichst kurz (2—3 cm) 
abzuschneiden, dann Reinigungsbad und nachher bis zur Heilung des Nabels das Bad 
zu unterlassen. Ylppö (Helsingfors). 
Bönner, Rudolf, Über die Zeit des Nabelabfalls und seine Bedeutung für das Kind. 

(Dissertation: Marburg 1921.) 


Massn y, Adalbert, Über Kinderverluste vor, während und kurz nach der Geburt. 
(Prov.-Hebammenlehranst. u. Frauenklin., Oppeln.) (Dissertation: Breslau 1921.) 


V. Pathologie der Gravidität. 
1. Komplikation der Schwangerschaft. 


a) Mit Hydramnion. 
Krahula, Gerhard: Die Bedeutung des Hydramnion für die Lebenserwartung 


des Kindes. (Uniw.-Frauenklin., Bonn.) Monatsschr. f. Geburtsh. u. Gynäkol. 
Bd. 55, H. 4/5, S. 199—206. 1921. 

Die Frage nach der Prognose des Hydramnion für das Kind wird an Hand eines 
Materials von 291 Kindern dahin beantwortet, daß nur 3,78% „sicher am Leben“ und 
1,03%, „sicher am Leben und normal“ gefunden werden. Wegen dieser schlechten 
Prognose wird bei erheblichen Beschwerden der Mutter die Unterbrechung der Schwanger- 
schaft durch Eihautstich per vaginam empfohlen; aus dem gleichen Grunde wird die 
Punktion des schwangeren Uterus zwecks Erleichterung der mütterlichen Beschwerden 
und zwecks Verlängerung der Schwangerschaft abgelehnt. Schreiner (Marburg [Lahn)). 
Lau, H., Mißbildungen und Hydramnion. (Univ.-Frauenklin., Freiburg i. Br.) (Zen- 

tralbl. f. Gynökol. Jg. 45, Nr. 26, S. 923—928.) 

Vgl. Referat S. 486. 

Anderodias, J.: Hydramnios à marche rapide; ponction de l’®uf par la voie 
abdominale; accouchement prématuré. (Rapid zunehmendes Hydrammion. Punktion 
des Eies auf abdominalem Wege. Frühgeburt.) (Soc. d’obstetr. et de gynécol., Bordeaux, 
25. I. 1921.) Bull. de la soc. d’obstetr. et de gynécol. de Paris Jg. 10, Nr. 1, S. 26 
bis 30. 1921. ` 


Bourret: Symptômes, diagnostic et traitement de l’hydramnios. (Symptome, 
Diagnostik und Therapie des Hydramnion.) Gaz. des hôp. civ. et milit. Jg. 9, Nr. 78, 
S. 1242—1244. 1921. 


"Jahresbericht f. d. ges. Gynäkologie 1921. 26 


402 Pathologie der Gravidität. 


b) Mit Erkrankungen und Tumoren der Genitalorgane. 

Heimann, Fritz: Myom und Schwangerschaft. (Univ.-Frauenklin., Breslau.) 
Monatsschr. f. Geburtsh. u. Gynäkol. Bd. 54, H. 5, S. 292—297. 1921. 

Verf. berichtet über einige Fälle von Schwangerschaft und Geburt, die durch Myome 
kompliziert wurden, und erwähnt kurz einige wichtige Punkte aus diesem Gebiete. Myome 
können nicht die Ursache einer Sterilität sein. Myome können die Gravidität beeinflussen, 
ebenso kann die Gravidität ein Myom verändern. Die Gravidität wird häufig bei Fällen von 
Myom + Gravidität übersehen. Bei der Nachgeburtsperiode, bei Aborten, überhaupt bei 
allen Eingriffen am graviden myomatösen Uterus spielen Blutungen und Infektionen eine 
große Rolle. In der Schwangerschaft sind Eingriffe wegen des Myoms nur selten indiciert. 
Bildet ein Myom ein wirkliches Hindernis unter der Geburt, so wird der Kaiserschnitt, bei in- 
fektiösen Fällen mit anschließender Exstirpation des Uterus, gemacht. Schreiner (Marburg). 

Araya, Rafael: Myom und Schwangerschaft. Rev. med. del Rosario Jg. 11, 
Nr. 4, S. 219—246. 1921. (Spanisch.) 

Reeb, Maurice: Fibromes et gestation. (Myome und Schwangerschaft.) (Zcole- 
dep. d'accouchement, Bas-Rhin.) Gynecol. et obstetr. Bd. 3, Nr. 2/3, S. 129—169. 1921. 

Für die deutsche Schulmedizin nichts Neues. Schreiner (Marburg). 

Steiger, Max: Schwangerschaft und Geburt naeh Röntgenbestrahlung des 
myomatösen Uterus. (Kanional. Frauenspit., Bern.) Schweiz. med. Wochenschr. 
Jg. 5l, Nr. 47, S. 1084—1087.. 1921. 

Verf. beobachtete einen Fall von normaler Schwangerschaft und Geburt eines reifen Kindes 
2 Jahre nach Röntgenbestrahlung des myomatösen Uterus und berichtet über ähnliche Fälle 
aus der Literatur. In dem eigenen Falle, bei dem gleichzeitig eine Basedowsche Erkrankung vor- 
lag, war die Amenorrhöe infolge der damals noch ungenügenden Strahlenbehandlung keine voll- 
ständige gewesen. Nicht alle Follikel waren vernichtet. Das Myom war allerdings nur noch 
in stark verringertem Umfange nachweisbar. Das Kind, das bis jetzt 18 Monate beobachtet 
wurde, hat sich normal entwickelt. Durch Röntgenbestrahlung kann beim Weibe temporäre 
Sterilität von allerdings im voraus nicht zu bestimmender Dauer erzielt werden. Es kann aber 
auch vorkommen, daß aus der gewollten nur temporären Sterilität eine dauernde wird. Eine 
gewollte dauernde Sterilität läßt sich durch die Röntgenbestrahlung heute mit großer Sicher- 
heit erreichen. Bei niederen Tieren wurden die Früchte durch Röntgenbestrahlung der Mutter 
stets in ihrer Entwicklung gestört. Bei höher organisierten kommt es zuweilen zum Abort, 
stets aber zu einer Herabsetzung der Lebensdauer der Früchte. Beim Menschen sind bei Rönt- 
genbestrahlungen vor Eintritt, sowie gegen Ende der Schwangerschaft keine Störungen zu er- 
warten. Zur Zeit der Befruchtung kann eine intensive Strahlenwirkung den Abort, den Frucht- 
tod und Mißbildungen der Frucht verursachen. Schreiner (Marburg a. L.). 

Petit-Dutaillis, P.: Grossesses jeunes et fibromes. (Frische Schwangerschaft 

und Myome.) Gynécologie Jg. 29, Nr. 6, S. 334—340. 1921. 
Verf. bespricht die Schwierigkeiten der Diagnose von frischer Gravidität bei gleichzeitigem 
Vorhandensein eines Myoms, ferner die in diesen Fällen möglichen Störungen der Schwanger- 
schaft und die Indikationen zum operativen Eingriff im Verlauf der Gravidität. Zum Schluß 
preist er das Strahlen der „Methodique clart6‘‘ des französischen Geistes an der Straßburger 
medizinischen Fakultät. Schreiner (Marburg a. L.). 

Nacke: Seltener Schwangerschafts- und Geburtsverlauf bei im kleinen Becken 
festgewachsenem Uterus myomatosus. Med. Klinik Jg. 17, Nr. 52, S. 1574 
bis 1575. 1921. 

Verf. fand bei einer 36jährigen Nullipara 3 Monate nach der letzten Regel ein 
rechtsseitig liegendes, zweifaustgroßes, tief ins Becken hineinreichendes, unbeweglich 
fest verwachsenes, interstitielles Myom, dessen allseitige Verwachsungen er per laparo- 
tomiam löste und den Tumor aus dem Douglas emporhebelte. Wegen der dabei auf- 
tretenden starken Uteruskontraktion wurde von einer Auslösung der Geschwulst 
abgesehen. Der Heilverlauf war glatt, die Gravidität war nicht gestört. 3 Wochen vor 
dem Geburtstermin wurde die Frühgeburt eingeleitet, weil das Kind einen sehr großen 
Eindruck machte. Chinin versagte. Nach Metreuryse wurde Wendung vom Kopf 
auf Fuß gemacht und die Extraktion angeschlossen. Druck von oben auf den Kopf 
und gleichzeitiger Zug an den Füßen überwanden die Schwierigkeit, den Kopf an dem 
tiefsitzenden Myom vorüberzubringen. Die Myomkapsel wurde anscheinend nicht 
verletzt. Wochenbett o. B. Mutter und Kind befinden sich wohl. Der Tumor soll 
auf weiteres Anwachsen hin beobachtet werden. Schreiner (Marburg). 


Komplikation der Schwangerschaft. — Mit Erkrankungen u. Tumoren der Genitalorgane. 403 


Guggisberg, Hans: Die Nekrose der Myome in der Schwangerschaft. (Univ.- 
Frauenklin., Bern.) Schweiz. med. Wochenschr. Jg. 51, Nr. 17, S. 389—392. 1921. 

Ein Myom kann nekrotisch werden, auch im Verlaufe einer Schwangerschaft. 
Man unterscheidet eine partielle, meist zentrale, von einer totalen hämorrhagischen 
oder totalen anämischen Nekrose. Die Erklärung für diese degenerativen Prozesse 
wirdin mechanischen Störungen der Blutzufuhr gesucht. Man begegnet dieser Schwanger- 
schaftskomplikation am häufigsten bei alten Erstgebärenden. Die Erkrankung ver- 
läuft entweder stürmisch oder anfallsweise. Im Vordergrunde des klinischen Bildes 
stehen mehr oder minder heftige Schmerzen, die wohl auf der starken Spannung be- 
ruhen, unter dem die nekrotisch werdende Geschwulst steht. Weiter fallen die peri- 
tonitischen Erscheinungen auf: Bauchdeckenspannung, Darmblähung, Obstipation, 
Erbrechen, Exsudatbildung. Fieber und sonstige Störungen des Allgemeinbefindens 
treten auf. Die Schwangerschaft wird durch die Myomnekrose nur selten gestört, 
zuweilen werden anhaltende oder nur anfallsweise auftretende Blutungen beobachtet, 
die durch partielle Eihautablösung entstehen. Ist die Myomnekrose mit einer ge- 
wissen Wahrscheinlichkeit erkannt, so erscheint ein operativer Eingriff gerechtfertigt, 
doch ist in gewissen Fällen auch eine Verschiebung der Operation bis zur Reife des 
Kindes zulässig; die Entfernung des nekrotischen Tumors soll dann aber unmittelbar 
der Geburt folgen. Subseröse nekrotische Myome können enucleiert werden. In allen 
anderen Fällen wird zur supravaginalen Amputation geraten. Die Prognose der Myom- 
nekrose in der Schwangerschaft ist ernst. Die an der Klinik des Verf. operierten 7 Fälle 
sind alle genesen. Schreiner (Marburg.) 


König, E.: Verkalktes Myom im Douglas fixiert, als Geburtshindernis; Sectio 
eacsarea transperitonealis cervicalis; Myomeetomia vaginalis. Heilung. (Städt. 
Krankenh., Harburg a. E.) Berl. klin. Wochenschr. Jg. 58, Nr. 18, S. 451—452. 1921. 


Driscoll, Joseph A.: Report of a case of pedunculated fibroma of the uterus, 
complicating pregnancy at term; twisted pedicle, post-peritonitis, death. (Bericht 
über einen Fall von gestieltem Uterusfibrom als Komplikation einer ausgetragenen 
Schwangerschaft: Stieldrehung, später Peritonitis und Tod.) Long Island med. 
journ. Bd. 15, Nr. 9, S. 322—325. 1921. 


Totta, Mario: Interstitielles Fibrom des Uterus bei Schwangerschaft im zweiten 
Monat. Brazil-med. Bd. 2, Nr. 8, S. 97—98. 1921. (Portugiesisch.) 


Gaudino, Maria Teresa F. de: Eierstockgeschwülste als Komplikation von 
Schwangerschaft, Geburt und Wochenkett. Semana med. Jg. 28, Nr. 14, S. 389 
bis 403. 1921. (Spanisch.) 

Verf. berichtet eingehend über 10 Fälle von Ovarialtumoren bei Schwangerschaft, 
Geburt und Wochenbett und kommt dabei zu folgenden Schlüssen: 1. Ovarialtumoren, 
die in den ersten Schwangerschaftsmonaten festgestellt werden, sind zu entfernen, 
selbst wenn man die Gravide dadurch der Gefahr eines Abortus aussetzt. 2. In den 
letzten Schwangerschaftsmonaten diagnostizierte Ovarialtumoren sollen, wenn sie kein 
Geburtshindernis abgeben, erst nach Ablauf des Wochenbetts operiert werden. Sind 
die Tumoren im Becken eingekeilt und werden sie zum Geburtshindernis, dann wartet 
man wenn möglich die völlige Eröffnung des Muttermundes ab, macht die Ovariotomie 
und entwickelt das Kind dann mit der Zange auf natürlichem Wege. 3. Führt der Tumor 
erst im Wochenbett zu Komplikationen, dann muß er selbstverständlich entfernt 
werden. Nürnberger (Hamburg). 


Björkenheim, Edv. A.: Geburt, kompliziert durch einen Ovarialtumor. Zentralbl. 
f. Gynäkol. Jg. 45, Nr. 51, S. 1838—1841. 1921. 


Eymer, Heinrich: Über Schwangerschaft und Geburt nach Uterusresektion. 
(Univ.-Frauenklin., Heidelberg.) Zentralbl. f. Gynäkol. Jg. 45, Nr. 3, 8. 102—104. 1921. 


Bei einer 30jährigen Frau wurde nach längerer erfolgloser konservativer Behandlung 
ein großer linksseitiger entzündlicher Adnextumor exstirpiert, wobei fast die ganze linke Hälfte 


26* 


404 Pathologie der Gravidität. 


des Corpus uteri bis zur Gegend des inneren Muttermundes im Zusammenhang mit der Ge- 
schwulst entfernt wurde. Der Uterus wurde durch zwei Knopfnahtschichten wieder geschlossen. 
Die von der Pat. gewünschte Sterilisation wurde nicht vorgenommen. Bei der Operation leb- 
ten von ihren fünf Kindern noch zwei im Alter von 5 und 6 Jahren. Beide starben kurz nach- 
einander 2 Jahre nach der Operation. Nun wünschte Pat. sich sehnlichst wieder Kinder und 
erlebte noch zwei Schwangerschaften und Geburten, die ganz normal verliefen. Schreiner. 


Etchevery Boneo, F.: Geburtstörung durch einen doppelten Kottumor bei 
Verdrängung des Sigmoids durch den graviden Uterus. Semana med. Jg. 28, 
Nr. 40, S. 462—466. 1921. (Spanisch.) 


29 Jahre alte VII-Gravida wurde nach 20stündiger Geburtsarbeit und 13 Stunden nach 
dem Blasensprung in die Klinik eingeliefert. Bei der äußeren Untersuchung fand sich der Uterus 
nach links verdrängt durch einen großen, festweichen, unbeweglichen Tumor, der nach oben 
bis zum rechten Hypochondrium reichte. Ein weiterer Tumor von gleicher Konsistenz füllte 
die ganze hintere Hälfte des kleinen Beckens aus und hinderte den Kopf am Eintreten. Aus der 
Konsistenz der Tumoren und aus dem Umstande, daß Patientin seit 8 Tagen keinen Stuhl- 
gang mehr gehabt hatte, wurde die Diagnose auf Kottumoren gestellt. Das Rectum wurde 
digital ausgeräumt und 5 Minuten später wurde das reife, lebende Kind spontan geboren. Die 
darnach vorgenommene Röntgendurchleuchtung und eine weitere rectale Untersuchung ergaben, 
daß der im Abdomen befindliche Tumor der gefüllten Sigmaschlinge entsprach. Durch orale 
Verabreichung von Ricinusöl, Olivenöleinläufe und subcutane Hypophysininjektionen wurden 
in den nächsten Tagen 4000 g Kot zutage gefördert. w Nürnberger (Hamburg). 


Baumm, Hans: Beckenenchondrom als Geburtshindernis. (Prov.-Heb.- Lehr- 
anst. u. Frauenklin., Breslau.) Zentralbl. f. Gynäkol. Jg. 45, Nr. 40, S. 1444 
bis 1447. 1921. 

Ein seit etwa 6 Jahren bestehendes Fibro-Osteochondrom, das breitbasig auf dem oberen 
Rand und der hinteren Fläche der vorderen Beckenwand aufsitzt, bildete ein absolutes Ge- 
burtshindernis. Die Frau wurde durch transperitonealen Kaiserschnitt entbunden und nach 
Versorgung der Uteruswunde der Tumor abgetragen. In den ersten Tagen nach der Operation 
leichte peritonitische Reizung, starke Sekretion aus der Knochenwundfläche, Bauchdecken- 
citerung, Heilung. Eisenreich (München). 


Haim, E. und S. Roubal : Seltene Geburtshindernisse. Časopis l&karüv českých 
Jg. 60, Nr. 48, S. 789—790. 1921. (Tschechisch.) 

Im ersten Falle bildete ein großes Lymphangioma cysticum colli das Geburts- 
hindernis. Nach Abgang von ca. 6 l Fruchtwasser machte ein Arzt nach vergeblichem 
Zangenversuche Dekapitation, aber weder ihm noch den Ärzten der Anstalt, die in 
Narkose die Extraktion des Kindes versuchten, gelang dies; erst nach Punktion des 
Tumors und Entleerung von 11/, l serös-hämorrhagischer Flüssigkeit wurde die Geburt 
beendet. — 2. Frühgeburt im 7. Monat, nach Geburt des Köpfchens geriet die weitere 
Geburt ins Stocken, bei Zug am Kopf riß derselbe ab (faultote Frucht), die Entwicklung 
des Körpers mit Hakenzangen gelang unschwer, als Ursache der Störung fand sich 
ein kopfgroßes Teratom der Sakralgegend. — 3. 26 jährige Zweitgebärende. Nach Abgang 
kolossaler Mengen Fruchtwasser machte ein Arzt Zangenversuche, entwickelte den Kopf, 
vermochte aber den Rumpf nicht zu extrahieren. In der Anstalt gelang es (in Narkose), 
im Becken als Geburtshindernis einen zweiten Kopf im Becken zu tasten und durch 
Andrücken desselben an den Bauch der Frucht dieselbe zu entwickeln. Es war ein 
Dicephalus, der 1. Kopf war normal groß, der 2. kleiner, hinten am Kreuzbein hing 
ein kurzes 3. Bein und darunter war die Andeutung eines 2. rudimentären Geschlechts- 
teiles. . Gross (Prag). 


Haim, Emil: Ein eystisches Lymphangiom des Halses als schweres Geburts- 
hindernis. Zentralbl. f. Gynäkol. Jg. 45, Nr. 46, S. 1664—1665. 1921. 


Mectre, Rafael: Ein seltener Tumor als Geburtshindernis. Semana med. Jg. 28, 
Nr. 46, S. 680—681. 1921. (Spanisch.) 


Esmann, Viggo: Ein Fall von Quermembran in der Vagina als Geburtshindernis. 
(Ver. f. Gynäkol. u. Geburtsh., Kopenhagen, Sitzg. v. 19. XII. 1920.) Hospitalstidende 
Jg. 64, Nr. 35, 5. 23—24. 1921. (Dänisch.) 


Abnorm lange Dauer der Gravidität, Frühgeburt, abnorm lange Retention usw. 405 


Garland, G. M.: Prolapse of the uterus during pregnancy. (Uterusprolaps 
während der Schwangerschaft.) Boston med. a. surg. journ. Bd. 185, Nr. 1, S. 25 
bis 27. 1921. 


„ Bittmann: Spontane Tubentorsion in der Schwangerschaft. Časopis lékařův 
českých Jg. 60, Nr. 47, S. 764—766. 1921. (Tschechisch.) 


Hofmann, Artur Heinrich: Isolierte Stieldrehung der Tube im achten Schwanger- 
schaltsmonat. (Städt. Krankenh., Offenburg.) Zentralbl. f. Gynäkol. Jg. 45, Nr. 33, 
S. 1188—1191. 1921. 


Chattaway, Dorothy: A case of intraperitoneal rupture of the bladder due to 
retroversion of the gravid uterus. With a note by Levis Graham. (Ein Fall von 
intraperitonealer Blasenruptur infolge Retroversio uteri gravidi.) Lancet Bd. 201, 
Nr. 15, S. 754. 1921. 


Die 25jährige Patientin, eine Drittgebärende im 4. Monate, wurde in schwer kranken 
Zustande ins Spital gebracht. Sie war 30 Stunden vor der Aufnahme von heftigen Schmerzen 
im Unterleib befallen worden und hatte seit dieser Zeit nicht uriniert. Es fand sich freie Flüssig- 
keit im Abdomen. Mit Rücksicht hierauf und auf den Umstand, daß mit dem Katheter nur 
eine verhältnismäßig geringe Menge stinkenden Urins entleert werden konnte, wurde die Dia- 
gnose auf intraperitoneale Blasenruptur gestellt und die Laparotomie vorgenommen. Es 
fand sich ein ca. 5cm langer Riß am Fundus der Blase. Derselbe wurde mit Catgut vernäht, 
das Peritonealcavum drainiert. Die Patientin zeigte nach der Operation Kollapserscheinungen, 
erholte sich aber, nachdem am nächsten Morgen Abortus eingetreten war. von Hofmann., 


Hellendall, Hugo: Über Laparotomien in der Schwangerschaft. (Privatfrauen- 


klin. Dr. Hellendall, Düsseldorf.) Med. Klinik Jg. 17, Nr. 32, S. 962. 1921. 
Hellendall hat nach Laparotomie bei Schwangeren in 9 Fällen verschiedene operative 
Eingriffe vorgenommen, ohne daß Abortus resp. Frühgeburt eintrat. Er führt die günstigen 
Resultate auf die Anwendung von Pantopon bzw. Laudanon-Scopolamin-Äthernarkose zurück. 
Unmittelbar nach der Operation werden bei festgestellter Gravidität in den ersten Tagen 
4 Opiumsuppositorien pro die gegeben. Die Frucht verträgt diese Narkotica ohne Schaden. 
Egon Pribram (Gießen). 


2. Abnorm lange Dauer der Gravidität, Frühgeburt, abnorm lange Retention 
des abgestorbenen Eies. 


Nacke: Spätgeburten. Med. Klinik Jg. 17, Nr. 45, S. 1356—1357. 1921. 

Nacke stellt den Grundsatz auf, daß der Geburtshelfer berechtigt ist, die Geburt 
einzuleiten, wenn sie den berechneten Zeitpunkt überschreitet, und das Kind als ein aus- 
getragenes erscheint. Die Geburtsgefahren für die Mutter würden hierdurch verringert, 
ohne daß die Mortalität des Kindes nennenswert erhöht würde. Friedemann-Hirsch. 


Catz, B. F.: Superfoetation oder nicht erkannte Zwillings-Schwangerschalt. 


Nederlandsch maandschr. v. Geneesk. N. F. Jg. 10, Nr. 4, S. 181—184. 1921. 

Auf Grund des Menstruationsverlaufes, der subjektiven Wahrnehmungen der XI-Gravida, 
des objektiven Beobachtungsresultates und des in äußerstem Maße in Zersetzung befindlichen 
einen Mutterkuchens (das andere Kind lebte), schließt Verf. auf Superfötation. Die beiden 
Früchte, 45 resp. 50 cm lang, und’ die beiden Placenten wurden gleich nacheinander geboren. 
Prof. Kouwer hält den Fall jedoch für eine nichterkannte Zwillingsschwangerschaft, bei 
der die eine Frucht einige Tage vor dem normalen Ende der Gravidität abgestorben ist; die 
Frau soll sich in der Meinung, daß sie länger wie den üblichen Termin schwanger gewesen 
gei, geirrt haben. » Lamers (Herzogenbusch). 


Litzenberg, Jennings C.: Missed abortion. (Verhaltene Fehlgeburt.) Americ. 
journ. of obstetr. a. gynecol. Bd. 1, Nr. 5, S. 475—484. 1921. 


Verf. verbreitet sich an Hand von 12 Fällen aus der eigenen Praxis und zahlreichen aus 
der Literatur über Atiologie, Häufigkeit, Verlauf, Pathologie, Symptome, Diagnose, Prognose 
und Therapie bei verhaltener Fehlgeburt. Er betrachtete als Grenze zwischen normalem Abort 
und „missed abortion‘‘ das Ende des 2. Monats nach dem Fruchttod. Bei einem vom Verf. 
behandelten Fall erlebte die Patientin in 2 Jahren 2 mal eine verhaltene Fehlgeburt. Wieder- 
holt wurde ein Weiterwachsen der Placenta nach dem Fruchttod beobachtet; an der Größen- 
zunahme war hauptsächlich das Syncytium beteiligt. Bei Fällen, deren Symptome schlechter 
Allgemeinzustand, schwere Anämie und abendliche Temperatursteigerungen sind, ist die 


406 Pathologie der Gravidität. 


Prognose ernst, da der Ausgang mehrmals dauerndes Siechtum, sogar Tod war. Die Therapie 
soll unbedingt sofort eine aktive sein; bestehen Schwierigkeiten bei der Dilatation, so wird 
sofortiger vaginaler Kaiserschnitt empfohlen. Schreiner (Marburg). 


King, E. L.: Missed abortion. (Verhaltener Abort.) (Dep. of obstetr. a. chn. 
gynecol., coll. of med., Tulane univ. of Louisiana, New Orleans.) New Orleans med, a. 
surg. journ. Bd. 73, Nr. 12, S. 502—507. 1921. 

Greenhill, J. P.: A histological study of fetus and implantation site in a case 
of missed abortion. (Eine histologische Studie über Foetus und Implantationssitz in 
einem Fall von verhaltenem Abort.) (Carnegie laborat. of embryol., Baltimore.) Americ. 
journ. of obstetr. a. gynecol. Bd. 2, Nr. 2, S. 188—194. 1921. 

Schroeder, E.: Schwere atypische Entbindung. — Missed labour. — Syınphysen- 
ruptur intra partum. (Nordostdisch. Ges. f. Gynäkol., Königsberg i. Pr., Sitzg. v. 26. II. 
1921.) Monatsschr. f. Geburtsh. u. Gynäkol. Bd. 55, H. 2/3, S. 103—112. 1921. 

Williams, Norman H.: Post-maturity of the foetus. (Über die Überreife der 
Föten.) California state journ. of med. Bd. 19, Nr. 3, S. 111—113. 1921. 

Überreife Föten zeigen übertriebene Zeichen der Reife: übermäßige Länge, Gewicht, 
Verknöcherungen, abnorme Enge der Nähte, abnormen Schädelumfang. Mutter und 
Kind sind bei der Geburt gefährdet, daher Maßnahmen indiziert, um rechtzeitig die 
Geburt einzuleiten. Die Schwangerschaftsdauer schwankt zwischen 220—230 Tagen. 
Es wurden Normalkinder mit 11 Monaten, 31/, Pfund wiegende Kinder mit 3 wöchent- 
licher Überschreitung des Termines geboren. Erstgebärende neigen zur Verkürzung 
der Zeit, Knaben sollen länger ausgetragen werden als Mädchen. Die Diagnose des Zeit- 
punktes der Überschreitung der Normalreife stößt auf Schwierigkeiten. Die Röntgen- 
untersuchung hat nicht befriedigt. Durch das Ernährungsregime läßt sich Überreife 
nicht sicher beeinflussen. In 21 Fällen wurden nach Verabreichung von Ol. cast. und 
Pituitrin, zum Teil unter Narkose, die Entbindung provoziert. Greil (Innsbruck). 


3. Blasenmole, Chorionepitheliom. 


Hinselmann: Zur Theorie der Blasenmole. (Frauenklin., Univ. Bonn.) Arch. 
f. Gynäkol. Bd. 114, H. 1, S. 197—211. 1921. 

Verf. weist an Hand von Serienschnitten durch die Zotten der Blasenmolen nach, 
daß die Stiele der Zotten entweder gefäßlos oder daß die vorhandenen Gefäße oder 
ihre Anlagen sehr spärlich sind. Die im Stiel gefundenen Gefäße sind weder mit den 
Gefäßen in den zentralwärts gelegenen, nichtödematösen Geweben, noch in den Gefäßen 
in den peripheren ödematösen Geweben kontinuierlich verbunden. Der Entwicklungs- 
grad der Gefäßanlage ist ein ganz unregelmäßiger — oft sind periphere Gefäße weiter 
entwickelt als zentrale — und verzögert im Vergleich zum Entwicklungsgrad einer 
gleichalten normalen Zotte. Die Ödembildung beruht demnach auf einer Abflußbehin- 
derung infolge einer Störung im Gefäßwachstum. Eine Erklärung dieser Störung kann 
vorläufig nicht gegeben werden. Schreiner (Marburg). 

Hinselmann, Hans: Subepitheliale Verdichtungsherde im Bindegewebe der 
Blasenmolenzotten nebst einigen allgemeineren Bemerkungen zur Blasenmolen- 
forschung. (Frauenklin., Univ. Bonn.) Monatsschr. f. Geburtsh. u. Gynäkol. Bd. 55, 
H. 1,8. 1—5. 1921. 

In der Bla’enwand von Blasenmolen wurden Bezirke gerehen, die auf ein Ab- 
hängigkeitsverhältnis zwischen Chorionepithel und Chorionzotten hinweisen. Zellen, 
deren Kerne denen des Wandbindegewebes ähneln, und besonders zahlreich vorhandene 
verschieden große Plasmaschollen, die meist Chromatin in oft auffälliger Anordnung 
enthalten, bilden im Bindegewebe Verdichtungsherde und zeigen darin eine meist 
radiär zum Epithel gestellte Anordnung. Das Epithel über dem Verdichtungsherd ist 
ebenfalls transformiert. Verf. überweist die weitere Bearbeitung dieses Gebietes den 
Histologen und erhofft von ihnen die Aufdeckung des Entstehungsmechanismus der 
Blasenstiele und der Ursache ihrer Persistenz. Schreiner (Marburg). 


Blasenmole, Chorionepitheliom. 407 


Geist, Samuel H.: The diagnosis and treatment of chorio-epithelioma. (Die 
Diagnose und Behandlung des Chorionepithelioms.) Surg., gynecol. a. obstetr. Bd. 32, 
Nr. 5, S. 427—436. 1921. 

Geist hat 14 eigene Fälle von chorionepitheliomähnlichen Erkrankungen klinisch 
behandelt und mikroskopisch untersucht. Unter Berücksichtigung auch der deutschen 
Literatur (Marchand, Aschoff usw.) kommt er zu folgenden Schlüssen: Man unter- 
scheidet 2 Gruppen: das typische Chorionepitheliom, besser Chorioncarcinom 
genannt, und das atypische Chorionepitheliom, besser als Syncytiom zu bezeichnen. 
Zwischen beiden gibt es zahlreiche Übergangsformen. Nicht als Tumorbildung, viel- 
mehr als übermäßige Schwangerschaftsreaktion anzusprechen ist eine Form, die zu 
den atypischen Chorionepitheliomen gerechnet wurde, und die treffender als syncytiale 
Hyperplasie zu benennen wäre. Wenn es sich nicht um ganz klare histologische Bilder 
handelt, die typisch für eine der beiden Gruppen sind, kann die histologische Diagnose 
an ausgeschabtem oder spontan ausgestoßenem Material sehr schwierig sein. Auch die 
Prognosestellung aus atypischen histologischen Bildern ist ganz unsicher. Histologisch 
einwandfreie Chorioncarcinome sind zu operieren, einwandfreie Syncytiome unter 
Berücksichtigung des klinischen Verlaufes ebenfalls zu operieren, und zwar ebenso 
wie die Übergangsformen durch Hysterektomie. Der abdominale Weg ist die Methode 
der Wahl. Die abdominale Totalexstirpation gibt nicht ungünstige Ergebnisse beim 
Chorioncarcinom, wenn sie frühzeitig erfolgt; beim Syncytiom ergibt sie ausgezeichnete 
Aussichten auf Dauerheilung. Ohne die vorzüglichen Mikrophotogramme ist der 
histologische Teil der Arbeit weder verständlich noch beweisend. Stickel (Berlin). 


Sunde, Anton: Chorioepithelioma malignum. Clinieal and pathological studies. 
With a contribution towards illuminatingthe an trsition of hydatid mole to chorio- 
epithelioma. (Chorioepithelioma malignum. Klinische und pathologische Studien. 
Mit einem Beitrag über den Übergang der Blasenmole zum Chorionepitheliom.) Acta 
gynaecol. scandinav. Bd. 1, H. 1. S. 16—60. 1921. 

Verf. veröffentlicht 38 eigene Fälle von malignem Chorionepitheliom. In 43%, bestand 
früher eine Blasenmole. Verf. verlangt in verdächtigen Fällen die intrauterine Austastung. 
Die einzige richtige Behandlung ist nach ihm die vaginale Totalexstirpation des Uterus. Von 
allen in der Literatur angegebenen Spontanheilungen erkennt Verf. nur 2 Fälle an. In einem 
seiner Fälle war das Chorionepitheliom nachweisbar von einer Ovarialschwangerschaft aus- 
gegangen. 5% von 122 Frauen, die eine Blasenmole gehabt hatten und 5—11 Jahre beob- 
achtet waren, erkrankten in dieser Zeit an Chorionepitheliom. Schreiner (Marburg a. d. L.). 

Cottalorda, Jean: La mole hydatiforme, le chorio-&pithöliome et les kystes 
luteiniques de l’ovaire. Rapports etiologiques, cliniques et opératoires. (Die Blasen- 
mole, das Chorionepitheliom und die Luteincysten des Ovarıum. Ihre ätiologischen, 
klinischen und operativen Beziehungen.) Gynecol. et obstetr. Bd. 4, Nr. 2, S. 119 
bis 134. 1921. 

Im Anschluß an die Beobachtung eines Falles in dem Blasenmole, Chorion- 
epitheliom und Luteincyste zusammentrafen, kommt der Verf. nach Dumhsicht der 
Literatur zu folgenden Schlüssen : In 9% aller Fälle entstehen aus Blasenmolen Chorion- 
epitheliome. 50% der Chorionepitheliome entstehen aus Blasenmolen. In 59%, der 
Fälle treffen wir bei Blasenmole, in 9,4%, bei Chorionepitheliom doppeltseitige Lutein- 
cysten. Der Verf. nimmt mit Pouget und Guérin Valmale an, daß das Corpus 
luteum graviditatis ein innersekretorisches Gegengewicht gegen die Frucht bildet. 
Die Blasenmole zeigt nun eine außerordentlich starke innere Sekretion, so daß es im 
Ovarıum als Ausgleich zu einer übermäßigen Produktion des Corpus luteum kommt 
und dieses den Charakter einer Neubildung durch Bildung von Luteincysten annimmt. 
So wurde von namhaften Autoren nach Ausräumung der Blasenmole Rückbildung 
der Luteincysten beobachtet, andererseits blieben diese bestehen, wenn aus der Blasen- 
mole eine destruierende Mole oder ein Chorionepitheliom wurde. Hieraus folgert 
Cottalorda: Findet man gleichzeitig Blasenmole und Luteincysten zusammen, so 
muß, wenn sich die Cysten einen Monat nach Ausstoßung der Mole nicht erheblich 


408 Pathologie der Gravidität. 


zurückgebildet haben, der Uterus mit den Ovarien entfernt werden. Findet man eine 

Blasenmole ohne Luteincysten, so genügt die Curettage, jedoch im Falle des Auf- 

tretens von Blutungen oder Cysten auch Totalexstirpation. Krause (Würzburg). 
Walther, O.: Ein weiterer Fall von Blasenmole im präklimakterischen Alter. 


Med. Klinik Jg. 17, Nr. 19, S. 559—560. 1921. 

Verf. beobachtete bei einer 53jährigen IV-Para, deren letzte Geburt 10 Jahre zurück- 
lag, eine Blasenmole. Die bereits begonnene Fehlgeburt wurde durch Laminaria, Scheiden- 
tamponade, Chininpräparate und Hypophysin in Gang gehalten, so daß es schließlich zur 
spontanen Ausstoßung der gesamten Blasenmole kam. Für den Praktiker fügt Verf. noch 
einige Bemerkungen hinzu: Oberster Grundsatz ist, die Ausstoßung der Blasenmole in toto 
zu erreichen. Die weichen Geburtswege werden durch Quellmittel mit gleichzeitiger Dar- 
reichung wehenerregender Mittel vorbereitet. Straffe Scheidentamponade In der Aus- 
treibungszeit Hypophysin! Vor brüsker mechanischer Dilatation, digitaler oder instrumen- 
teller Ausräumung, Uterusspülung ist bei Blasenmole dringend zu warnen. Schreiner. 


Kott, Bruno, Über partielle Blasenmole. (Univ.-Frauenklin., Königsberg Pr.) 

(Dissertation: Königsberg 1921.) 

Duvergy: Mole hydatiforme à type anormal traitée par ’hystereetomie abdominale 
totale. (Blasenmole von anormalem Typ. Behandlung: Abdominale Totalexstir- 
pation des Uterus.) (Soc. d’obstetr. et de gyn£col., Bordeaux, 8. II. 1921.) Gynécologie 
Jg. 20, Maih., S. 289—291. 1921. 

Goff, Byron H.: Chorioepithelioma following hydatid mole, with report of a case. 
(Chorionepitheliom nach Blasenmole mit Bericht eines Falles.) Americ. journ. of obstetr. 
a. gynecol. Bd. 1, Nr. 6, S. 619—626. 1921. 

Potocki et Lelièvre: Chorio-&pitheliome consécutif à une mole hydatiforme 
avec mótastases vaginales et pulmonaires. (Chorionepitheliom nach Blasenmole mit 
Metastase in der Vagina und den Lungen.) Bull. de la soc. d’obstetr. et de gynécol. 
de Paris Jg. 10, Nr. 4, S. 200—208. 1921. 


4. Extrauterinschwangerschaft, Schwangerschaft im rudimentären Horn eines 
Uterus bicornis, Abdominalgravidität. 


Hellendall, Hugo: Ein neues Symptom der Extrauterinschwangerschalt. (Priv. 
Frauenklin. Dr. Hellendall, Düsseldorf.) Zentralbl. f. Gynäkol. Jg. 45, Nr. 25, 
S. 890—891. 1921. 

Hellendall hat in einem Falle von Tubenschwangerschaft mit Bluterguß in die 
Bauchhöhle bei einer Frau mit kirschgroßem Nabelbruch, der nur mit pergamentdünner 
Haut bedeckt war, beobachtet, daß das Blut mit blaugrünem Farbenton durch diese 
dünne Haut hindurchschimmerte, wie man es unmittelbar vor der Eröffnung des 
Peritoneums beobachtet. Die Patientin hatte selbst auf diese Verfärbung des Nabels 
aufmerksam gemacht. A. Heyn (Berlin). 

Grieser, Friedrich: Zur Ätiologie der Tubengravidiiäten. (Kreiskrankenh. 
Burg b. Magdeburg.) Zentralbl. f. Gynäkol. Jg. 45, Nr. 14, 8. 495—498. 1921. 

Grieser kommt an der Hand von 4 Fällen von mikroskopisch genau untersuchten 
Tubargraviditäten zu dem Schluß, daß Tubargraviditäten, soweit sie nicht auf Ent- 
zündung bzw. auf direktem mechanischen Verschluß der Tuben beruhen, auf zu geringer, 
auf Ernährungsstörungen zurückzuführender Peristaltik der Tubenmuskulatur beruhen. 
Die Ursache der Häufigkeit dieser besonderen Fälle nach dem Kriege wird von G. in 
der Unterernährung des Volkes gesehen. A. Heyn (Berlin). 


Hirsch, Max: Ätiologie und Diagnostik der Eileiterschwangerschaft. Fortschr. 
d. Med. Jg. 39, Nr. 21, S. 774—777. 1921. 

Metzger, Marcel: Ä propos du diagnostic de la grossesse extra-utérine. (Zur 
Diagnose der Extrauteringravidität.) Bull. de la soc. d’obstetr. et de gyne&col. de 
Paris Jg. 10, Nr. 5, S. 289—292. 1921. 

Metzger berichtet über 2 Fälle, welche die Schwierigkeiten der Diagnose Extra- 
uteringravidität dartun sollen. Im ersten Fall handelt es sich in der Anamnese 


Extrauterinschwangerschaft, Schwangerschaft im rudimentären Horn eines Uterus usw. 409 


um eine Gravidität mit Cession der Menses, Nausea, Spüren der Kindsbewegungen, 
die dann im 6. Monat wieder aufhörten. 9 Monate nach dem Aufhören der Regel treten 
wehenartige Schmerzen auf. Die innere Untersuchung ergab einen links und hinter dem 
wenig vergrößerten Uterus gelegenen fast bis zum Nabel reichenden unbeweglichen 
Tumor, der nach der Anamnese für eine abgestorbene Extrauteringravidität an- 
gesprochen wurde. Die Operation zeigte, daß eine riesige Hydrosalpinx vorlag. 
Eine grossesse nerveuse mußte für die subjektiven Symptome der Schwangerschaft ver- 
antwortlich gemacht werden.. Im zweiten Fall war ein orangengroßes intraligamen- 
täresM yom bei 2 Monate langen unregelmäßigen Blutungen für eine intakte Extra- 
uteringravidität gehalten worden. Auch hier klärte die Operation den Irrtum auf. 
A. Heyn (Berlin). 

Rosenstein: Zur Diagnose und Therapie der Extrauteringravidität. Monatsschr. 
f. Geburtsh. u. Gynäkol. Bd. 54, H. 3, S. 191—198. 1921. 

Rosenstein bespricht eingehend die Diagnose und Therapie der Extrauterin- 
gravidität. Für einen wertvollen Fingerzeig zur Diagnose hält er ein Symptom, das 
ihm bei einer erhaltenen Tubargravidität mit stecknadelkopfgroßem Foetus zuerst 
aufgefallen ist und das er später häufig beobachtet hat. Der Uterus ist am Ansatz 
der schwangeren Tube ausgesprochen druckschmerzhaft. Ferner können der 
Ikterus bei Tubaraborten und das Auftreten von Urobilin im Harn die Diagnose 
wahrscheinlich machen. Schließlich kommt die Punktion des Douglas von der 
Scheide aus als diagnostischer Eingriff hinzu. Bei der Operation sollen nur die wirklich 
erkrankten und chronisch entzündeten Tuben entfernt werden. Verschlossene Tuben 
sollen wegen der Gefahr einer neuen Tubargravidität nicht eröffnet werden. Die Bauch- 
höhle braucht nicht von den letzten Blutkoagulis befreit zu werden, das Blut wird schnell 
resorbiert. In den schwereren und schwersten Fällen erweist sich die Autotransfusion 
des in die Bauchhöhle ergossenen Blutes oft als lebensrettend. Die Behandlung des 
Blutes mit Natrium citricum und Schlagen mit dem Stäbchen ist unnötig, da das 
Blut sich in defibriniertem Zustand in der Bauchhöhle befindet. A. Heyn. 


Flatau, W. S.: Die Diagnose der Extrauterinschwangerschaft. Münch. med. 
Wochenschr. Jg. 68, Nr. 38, S. 1229—1230. 1921. 

Naumescu, D. und V. Georgescu: Beiträge zur Extrauteringravidität. Spitalul 
Jg. 41, Nr. 11, S. 353—354. 1921. (Rumänisch.) 


Rübsamen, W.: Zur Klinik und Therapie der Extrauteringravidität. (Eigen- 
blutinfusion.) (Staatl. Frauenklin., Dresden.) Münch. med. Wochenschr. Jg. 68, 
Nr. 3, S. 64-65. 1921. 

Verf. steht auf dem Standpunkt, daB bei erwiesener Extrauteringravidität sofort 
operativ vorgegangen werden müsse. Für die Narkose weist er auf die raschere Er- 
reichbarkeit des Toleranzstadiums þei den ausgebluteten Frauen hin. Für infizierte 
Fälle empfiehlt er als harmlos die Äthereingießung, nach der er keine Neigung zu 
Adhäsionsbildung fand. Weiterhin tritt Rübsamen für die Eigenblutinfusion ein. 
Er empfiehlt: Filtrieren des ausgeschöpften Blutes durch Gazelagen in physiologische 
Kochsalzlösung ohne Zusatz von Natrium citricum. Die Infusion erfolgt bei akut- 
bedrohlichem Zustand auf alle Fälle intravenös. Verf. sah dabei keinerlei Schädigungen 
und konnte einen eklatanten Unterschied gegenüber der Wirkung bloßer Kochsalz- 
infusion feststellen. Auch die Rekonvaleszenz erschien ihm beträchtlich abgekürzt. 

Dyroff (Erlangen). 

Wormser, E.: Über Graviditas interstitialis. (Israelit. Spit., Basel.) Schweiz. 


med. Wochenschr. Jg. 51, Nr. 15, S. 343—345. 1921. 

Kasuistische Mitteilung. Wormser beschreibt mit ausführlicher Wiedergabe der Kran- 
kengeschichte einen Fall von geplatzter interstitieller Gravidität bei einer 38jähr. 
Pat., bei der vor 4 Jahren eine kindskopfgroße stielgedrehte Ovarialeyste entfernt worden war. 
Die Adnexe der anderen Seite waren damals nicht verändert gewesen. Die Untersuchung 
ließ eine normale Gravidität vom 3. Monat vermuten, besondere Schmerzhaftigkeit aber 


410 Pathologie der Gravidität. 


und der Nachweis von freiem Blut in der Bauchhöhle deuteten auf eine Tubargravidität. Die 
Operation ergab eine geplatzte interstitielle Schwangerschaft, die durch mehrere Abbildungen 
des Uterus illustriert wird. Das Corpus uteri war verdickt in seiner Muskulatur und wies eine 
decidual umgewandelte Schleimhaut auf. Die von der Kritik geforderten Bedingungen konn- 
ten an dem Präparat alle nachgewiesen werden. A. Heyn (Berlin). 

Luker, Gordon: A short review of cases of extra-uterine pregnancy admitted 
to the gynaecological department, London hospital, 1913 to 1920. (Eine kurze 
Übersicht der Fälle von Extrauteringravidität, die von 1913 bis 1920 auf der gynä- 
kologischen Abteilung des ‚London hospital“ aufgenommen wurden.) Journ. of 
obstetr. a. gynaecol. of the Brit. empire Bd. 28, Nr. 2, S. 263—265. 1921. 

Luker bringt in der vorstehenden Arbeit eine kurze Übersicht über 253 Fälle von Ex- 
trauteringravidität, die von 1913—1920 im Londoner Hospital aufgenommen wurden. Ope 
riert wurden 240 Fälle, unter 148 Fällen mit genauer Diagnose waren 68 Tubenrupturen, 51 
Tubenmolen und 29 Tubenaborte. Von 6 Todesfällen waren 3 Frauen am Schock und am 
Blutverlust gestorben, eine davon vor der Operation, je ein Fall war an Lungenembolie, 
Bronchopneumonie und Peritonitis zugrunde gegangen. Die kurzen Bemerkungen über Sym- 
ptome und Differentialdiagnose der Extrauterinschwangerschaft enthalten nichts Neues. 

A. Heyn (Berlin). 

Olow, John: Zur Frage von der exspektativen Behandlung der fortgeschrittenen 
extrauterinen Schwangerschaft. Zentralbl. f. Gynäkol. Jg. 45, Nr. 14, S. 488 
bis 490. 1921. 

Olow nimmt Bezug auf die Untersuchungen Lichtensteins über die Placentation 
bei extrauteriner Schwangerschaft und den Satz, „daß bei vorgeschrittener Extra- 
uteringravidität der Gedanke nichts so Abschreckendes mehr hat, bei klinischer Be- 
obachtung bis zum Ende zu warten, wenn sich die Mutter wohl befindet, das Kind 
lebt, und ein lebendes Kind gewünscht wird“. Verf. betont unter Mitteilung eines 
jüngst operierten Falles von sekundärer Bauchhöhlenschwangerschaft mit lebender, 
mißgebildeter 20 cm langer Frucht die Häufigkeit solcher Mißbildungen bei extrauterin 
wachsenden Früchten, deren Erhaltung in niemandes Interesse liegen kann. A. Heyn. 


Gentili, Attilio: Sopra alcuni problemi riguardanti la gravidanza tubarica a 
termine in base ad una osservazione personale. (Über einige die Tubarschwanger- 
schaft am Ende betreffende Probleme auf Grund einer eigenen Beobachtung.) (Istu. 
ostetr.-ginecol., univ., Sassari.) Fol. gynaecol. Bd. 14, H. 1, S. 41—84. 1921. 

KEingehender klinischer, anatomischer und histologischer Bericht über einen Fall 
von ausgetragener Tubenschwangerschaft, aus welchen Untersuchungen Verf. folgert, 
daß das Ei in der Tube sich bis zur völligen Reife entwickeln kann, ohne daß die Kon- 
tinuität der Tubenwand in den verschiedenen Schichten unterbrochen wird. Die in 
der überwiegenden Zahl von Tubargraviditäten auffallend geringe Fruchtwassermenge 
erklärt er in Anlehnung an Sfamenis Ansaugungstheorie des Fruchtwassers ir der 
diastolischen Uterusphase durch die geringe aktive Diastole der Tubenwand (exzen- 
trische Hypertrophie nach Bumm). Die Möglichkeit der Austragung bis zu höheren 
Schwangerschaftsmonaten ist nicht, wie deutsche Statistiken behaupten, auf die 
Topographie der Insertion der Placenta zurückzuführen, sondern in erster Linie auf 
die der Tube innewohnende Fähigkeit bis zu einem gewissen Grade die Eigenschaften 
des graviden Uterus anzunehmen. Die am Ende der Gravidität auftretenden falschen 
Geburtswehen haben, wenn auch in abgeschwächtem Maße die Charaktere wirklicher 
Wehen, so daß für sie ursächlich eher allgemein biologische als lokale Faktoren anzu- 
sprechen sind. Die Frucht kann auch nach den Geburtswehen noch lebend getragen 
werden, solange es die Placenta erlaubt, die wegen degenerativer Veränderungen 
zur weiteren Ernährung nicht fähig ist. Kolisch (Wien). 

Dietrich, H. A.: Zur Therapie der Tubargravidität. (Soll bei Operation der 
Tubargravidität die andere Tube mitentfernt werden?) (Univ.-Frauenklin., Göttingen.) 
Zentralbl. f. Gynäkol. Jg. 45, Nr. 14, S. 481—488. 1921. 

Dietrich hat zur Beantwortung der Frage, ob bei der Operation einer Tubar- 
gravidität die andere Tube mitentfernt werden soll, außer einer Zusammenstellung der 


Extrauterinschwangerschaft, Schwangerschaft im rudimentären Horn eines Uterus usw. 411 


Fälle der Göttinger Frauenklinik eine Übersicht und Zusammenfassung einer ganzen 
Anzahl von Statistiken gebracht. Es kam ihm dabei darauf an, ob die Gefahr der wieder- 
holten Tubargravidität tatsächlich so groß ist, daß der Eingriff der Sterilisierung 
gerechtfertigt ist, ferner, wie oft eine intrauterine Gravidität nach überstandener Extra- 
uterinsch wangerschaft eintritt, wie oft überhaupt eine Gravidität danach eintritt, und 
ın welchem Verhältnis die intrauterinen Graviditäten nach überstandener ektopischer 
Schwangerschaft zu wiederholter Tubargravidität stehen. 

Unter 42 Fällen, über die ausreichende Nachrichten zu erlangen waren, waren 40,47%, 
wieder intrauterin und 2,38%, extrauterin schwanger geworden. In seiner Sammelstatistik 
kommt D. zu folgenden Ergebnissen: In einem Drittel der Fälle (35,19%) kommt es wieder zu 
Schwangerschaft, dabei 5,4mal öfter intrauterin als extrauterin. Unter 4526 Fällen 
trat in 4,68%, eine zweite Tubargravidität ein. Unter 615 Fällen operierter Tubargravidität 
trat in 28,62%, eine intrauterine Gravidität ein (bei vielen Frauen mehrmals). Auf Grund 
dieser Zahlen ist die „prophylaktische‘‘, „prinzipielle“ Entfernung der anderen Tube bei 
Operation einer Tubargravidität abzulehnen. A. Heyn (Berlin). 


Caratozzolo, A.: Della gravidanza estrauterina e d’uno speciale comportamento 
chirurgico nell’aborto tubarico. (Extrauteringravidität und über ein besonderes 
chirurgisches Verhalten beim Tubarabort.) Rass. d’ostetr. e ginecol. Jg. 30, Nr. 7/9, 
S. 191—200. 1921. 

Allgemeines über Sitz, Ausgang und Häufigkeit der Extrauteringraviditäten, 
deren Zunahmen in den letzten Jahren Verf. mit den gehäuften gonorrhoischen und 
puerperalen (Abortus) Adnexentzündungen in Zusammenhang bringt. Verf. berichtet 
sodann über 3 Fälle von ampullärem, inkompletem Tubararbort, dessen Therapie 
wegen seines Abweichens von den bisher geübten Verfahren bemerkenswert ist. Prof. 
Mangiagalli, der die Laparotomie ausführte, entfernte nicht wie üblich die schwangere 
Tube, sondern machte den inkompleten Tubararbort zu einem kompletten, indem er 
die Tube in ihrem unveränderten Anteil zwischen 2 Finger nahm und durch leichten 
Druck das aus dem Ostium abdominale hinausragende Ei ausstreifte. Nachdem er 
sich durch Palpation überzeugt hatte, daß in der Tube keinerlei Überreste der Frucht 
oder koagulierten Blutes seien und daß auch die Blutung aus der Tube völlig stehe, 
schloß er unter Belassung der ‚„ausgeräumten‘ Tube, das Abdomen. Der postoperative 
Verlauf war ein völlig ungestörter und normaler. Spätere Nachuntersuchungen ergaben 
normalen Genitalbefund. Santner (Graz). 

Hisgen, H.: Ausgetragene Extrauteringravidität. (Ev. Krankenh., Trier.) Zen- 
tralbl. f. Gynäkol. Jg. 45, Nr. 14, S. 490—493. 1921. 

Hisgen bringt in der kurzen Arbeit die ausführliche Krankengeschichte eines Falles von 
ausgetragener Extrauteringravidität mit abgestorbenem Kind, bei der sich die von Lichten- 
stein basiotrop genannte Placentation nachweisen ließ. Ob tatsächlich ein Abwarten bei vor- 
geschrittener Extrauterinschwangerschaft gerechtfertigt ist, dadurch, daß lebende Kinder ge- 
wonnen werden, ohne die Mutter stark zu gefährden, möchte H. nicht entscheiden. Natürlich 
dürfte dies nur bei klinischer Beobachtung geschehen. Die ganze Frage ist mehr von theoreti- 
schem als praktischem Interesse, da die Fälle nicht häufig sind. Außerdem sind die subjektiven 
Beschwerden oft derartig groß, daß man einzugreifen gezwungen ist. A. Heyn (Berlin). 

Joseph, S.: Ein Fall von dreimaliger Turbargravidität. (Städt. Krankenh. 


Moabit., Berlin.) Berl. klin. Wochenschr. Jg. 58, Nr. 18, S. 452—453. 1921. 
Kasuistik. Die Pat. war außerhalb zweimal wegen Tubenschwangerschaft der rechten 
Seite operiert worden, das erstemal war nur der isthmische Teil der Tube entfernt worden, 
das zweitemal saß das Ei im zurückgebliebenen ampullären Teil. Das drittemal handelte es 
sich um eine Gravidität der linken Tube. Salpingektomie. Heilung. A. Heyn (Berlin). 


Löhnberg, Ernst: Zur Klinik der Tubargravidität, insbesondere über das 
spätere Schicksal der operierten Fälle, nebst Bemerkungen über die Reinfusion bei 
Rupturen. (Gynäkol. Klin., Univ. Köln.) Zeitschr. f. Geburtsh. u. Gynäkol. Bd. 84, 
H. 2, S. 404—425. 1921. 

Löhnberg bringt in der vorliegenden Arbeit eine ausführliche Zusammenstellung 
von 152 operierten Fällen von Extrauteringravidität aus der Füthschen Klinik. Unter 
diesen befanden sich 67 Tubarrupturen mit 7 Todesfällen, 81 Tubaraborte, von denen 
59 ohne Todesfall operiert wurden, und 4 wachsende Tubargraviditäten. Von 41 nach- 


. 412 Pathologie der Cravidität. 


untersuchten Frauen waren 38,7%, wieder intrauterin schwanger geworden, wenn man 
10 Frauen abrechnet, bei denen nach Art der vorgenommenen Operation eine Schwanger- 
schaft ausgeschlossen war. Die Aussichten des Wiedereintritts einer normalen intra- 
uterinen Gravidität überwiegt die Gefahr einer wiederholten tubaren Eieinbettung um 
das Sechsfache. Ähnliche Angaben werden auch von anderen Autoren gemacht. Es 
ist daher unberechtigt, grundsätzlich die andere Tube wegen der Gefahr einer neuen 
Extrauteringravidität mitzuentfernen. Selbst eine verschlossene Tube unter Um- 
ständen durch Plastik zu eröffnen ist man berechtigt. Als Therapie kommt nur die 
Operation in Frage. Von der Eigenbluttransfusion werden günstige Erfolge berichtet, 
ohne daß Schädigungen beobachtet worden sind. A. Heyn (Berlin). 
Zimmermann, Robert, Über die Indikationsstellung zur Retransfusion in die 
Bauchhöhle ergossenen Blutes. (Experimentelle Untersuchungen.) (Univ.-Frauen- 


klin., Jena.) (Zeitschr. f. Geburtsh. u. Gynäkol. Bd. 84, H. 2, S. 335—355.) 
Vgl. Referat S. 465. 


Vercesi, Carlo: Osservazioni sulla gravidanza tubarica (con particolare riguardo 
alla reazione deeiduale). (Beitrag zur Tubergravidität [mit besonderer Berück- 
sichtigung der decidualen Reaktion].) (Istit. ostetr.-ginecol., univ., Genova.) Fol. 
gynaecol. Bd. 15, H. 1, S. 33—54. 1921. 

Ausführliche klinische und pathologisch-anatomische Beschreibung eines Falles von 
rechtsseitigem Tubarabort im Verlauf einer gonorrhoischen Adnexerkrankung mit einer links- 
seitigen Hämatosalpinx unter Betonung der Schwierigkeit einer frühzeitigen Diagnose. Ty- 
pischer Fall von Eiwanderung bei rechtsseitiger Tubengravidität, sklerosiertem rechten 
Ovar und typischem Corpus luteum gravid. im linken Ovar. Außer der decidualen Reaktion 
im Uterus, der graviden und nicht graviden Tube beschreibt Verf. in diesen Organen, insbe- 
sondere in der Umgebung von Gefäßen deciduaähnliche Zellen mit lipoiden Granula, die vor 
allem im Ovar zu größeren Verbänden angeordnet, die interstitielle Drüse darstellen und die 
er auf eine gemeinsame Stammrolle mit den Deciduazellen zurückführen zu können glaubt, 
um so mehr als im Ovar alle Übergänge von der Deciduazelle zur Luteinzelle zu finden sind. 
Anführung von Arbeiten Pampaninis, Gentilis und Brugnatellis zur Stützung dieser 
Ansicht. Verf. schlägt die Bezeichnung ‚‚interstitielle Reaktion“ anstatt decid. Reaktion vor 
und streift endlich die Frage, ob die ektopische deciduo-interstitielle Reaktion eine für die 
Schwangerschaft spezifische sei oder ob nicht auch entzündliche Prozesse ätiologische Be- 
deutung haben, deren Beantwortung er sich von weiteren experimentellen Untersuchungen 
erwartet. Kolisch (Wien). 

Lukins, J. B.: Synchronous extrauterine and intrauterine gestation. (Gleich- 
zeitige Extrauterin- und Intrauteringravidität.) Internat. journ. of surg. Bd. 34, 
Nr. 9, S. 306—308. 1921. 

Kasuistische Mitteilung. Bei einer 27jährigen Farbigen wurde anläßlich einer 
vaginalen Operation einer frühen Extrauteringravidität eine Intrauteringravidität von 
über 3 Monaten festgestellt. Sechs Monate später wurde ein ausgetragenes Kind 
geboren. In der Literatur sind insgesamt noch nicht 200 beglaubigte Fälle dieser Art 
beschrieben worden. Es wird eine Zusammenstellung von Neugebauer zitiert, der 
169 Fälle zusammengestellt hat. In 127 Fällen veranlaßte die Tubarruptur einen 
operativen Eingriff, ohne daß in den meisten Fällen die Intrauteringravidität erkannt 
worden war. Gewöhnlich kam es zum Abort im Anschluß an die Operation. In 40 Fällen 
trat der Abort der Intrauteringravidität ein, ohne daß an die gleichzeitig bestehende 
ektopische Schwangerschaft gedacht worden war. Nur in ganz seltenen Fällen war 
die Diagnose beider Graviditäten gleichzeitig gestellt worden. Heyn (Berlin). 

Stropeni, L.: Contributo allo studio delle gravidanze doppie uterine c tuba- 
riche contemporanee. (Ein Beitrag zum Studium der gleichzeitig extra- und intra- 
uterinen Gravidität.) (Clin. chirurg. gen., univ., Torino.) Ann. di ostetr. e ginecol. 
Jg. 43, Nr. 11, S. 887—848. 1921. 

Neugebauer hat 1913 alle Fälle von gleichzeitig extra- und intrauteriner Gravidität 
gesammelt und konnte von 243 Fällen der Literatur berichten. Seither fand Verf. 5 oder 
6 weitere Fälle in der Literatur, denen er einen selbst beobachteten und operierten hinzufügen 
kann. — Eine 37jährige Patientin wurde unter ausgesprochen peritonealen Erscheinungen 
pulslos auf die Klinik gebracht. In der Annahme, es handle sich um eine Perforation der Appen- 


Extrauterinschwangerschaft, Schwangerschaft im rudimentären Horn eines Uterus usw. 413 


dix, wurde eine streng konservative Therapie eingeleitet, unter welcher die akuten peritonealen 
Erscheinungen verschwanden und ini Verlaufe einiger Tage eine vaginale Untersuchung möglich 
wurde. Der nun erhobene Befund sprach für eine Tubarruptur. Nach Tagen eines verhältnis- 
mäßig guten Wohlbefindens traten plötzlich akute Ileuserscheinungen auf, die eine sofortige 
Operation indizierten. Es wurde ein mächtiges, starres Hämatom gefunden, das die letzten 
Dünndarmschlingen abschnürte und von der rupturierten rechten Tube ausgegangen war. 
Ausräumung der Blutmassen, Salpingectomia dextra; 2 Wochen darauf verließ Patientin ge- 
heilt die Klinik. — Einen Monat später erfuhr Verf. von seiten des Hausarztes, daß dieser eine 
Schwangerschaft im 5. Monat hätte diagnostizieren können. Der weitere Schwangerschafts- 
verlauf war normal; die Geburt setzte am Ende der normalen Gravidität ein und wurde wegen 
Hydrocephalus mittels Kranioklasie beendet. — Zusammenfassend handelte es sich um eine 
gleichzeitig extra- und intrauterine Schwangerschaft, wovon die erstere unterbrochen wurde 
und einen operativen Eingriff verlangte, die zweite jedoch, unbeeinflußt durch die Tubarruptur 
(Blutung, Tubenwehen) und die Operation, die im 3. Schwangerschaftsmonat erfolgte, bis an 
das normale Ende fortschritt. Saniner (Graz). 


Borell, H.: Gleichzeitige Schwangerschaft beider Tuben (mit spontaner 
Schwangerschaftsrückbildung der einen Seite.) (Akadem. Frauenklin., Düsseldorf. ) 
Zentralbl. f. Gynäkol. Jg. 45, Nr. 4, S. 142—151. 1922. 

Es wurden bis jetzt in der Literatur 26 sichere Fälle gleichzeitiger Schwanger- 
schaft beider Tuben beschrieben, bei denen aber häufig eine genauere Mitteilung 
des mikroskopischen Befundes fehlt. Borell teilt einen von ihm beobachteten Fall 
mit genauer Krankengeschichte, makroskopischem und mikroskopischem Befund mit. 
Die Patientin hatte noch keine Geburten durchgemacht, dagegen drei Fehlgeburten. 
Nach dreimonatiger Menstruationspause, Blutung mit heftigen Schmerzen in der 
linken Unterleibsseite. Palpatorisch findet sich nur eine Druckempfindlichkeit der 
rechten Adnexe. Diagnose: Tubargravidität rechts. Ruptur. Bei der Operation findet 
sich an der linken Tube, nahe dem Isthmus, eine haselnußgroße Auftreibung, die 
an ihrer Kuppe eine kleine Perforationsstelle zeigt, aus der einige Zotten herausragen. 
Das zugehörige Ovarıum ist mandelgroß, zeigt keine Besonderheiten. Die linke Tube 
wird keilförmig aus dem Uterus excidiert. Bei Revision der rechten Adnex sieht 
man ebenfalls am isthmischen Teil der Tube eine haselnußgroße Auftreibung, aber 
ohne Perforationsstelle. Da es sich auch hier scheinbar um eine ektopische Schwanger- 
schaft handelt, wird auch die rechte Tube exstirpiert. Das dazu gehörige Ovarıum 
ist pflaumengroß, zeigt einige erbsengroße Cysten und ein frisches Corpus luteum 
verum, was im linken Ovarium nicht wahrzunehmen ist. Die Ovarien werden nicht 
exstirpiertt. Die genau mitgeteilte mikroskopische Untersuchung ergab folgende 
Diagnose: Linke Tube: Tubenschwangerschaft. Umschriebener Durchbruch der 
Chorionzotten durch die Tubenwand. Blutung in die Tubenlichtung. Schleimige 
Entartung der Chorionzotten. Verschluß des Tubenlumens am uterinen Ende durch 
decidual umgewandelte Schleimhaut. Rechte Tube: Tubenschwangerschaft mit ent- 
arteten, in Verkalkung begriffenen Chorionzotten. Blutung ins Lumen mit zum Teil 
fortgeschrittenerer Organisation. Starke Anhäufung von intracellulärem, eisenhaltigem 
Pigment in der Tubenwand. Ein ätiologisches Moment, das den Eintritt der beiden 
Eier in den Uterus verhindert hatte, konnte weder durch die makroskopische noch 
mikroskopische Untersuchung festgestellt werden. Ob eine gleichzeitige oder zeitlich 
verschiedene Befruchtung der beiden Eier stattgefunden hat, läßt sich weder aus 
der Anamnese noch aus der Beschaffenheit der Eier selbst mit Sicherheit entscheiden. 
Hingegen ist zu bemerken, daß das rechte Ovarıum, das der Seite der abgestorbenen 
Frucht entsprach, pflaumengroß war und an seiner Oberfläche deutlich ein Corpus 
luteum verum sichtbar war, während das linke nur mandelgroß war und kein Corpus 
luteum vorhanden war. Danach stammen beide Eier aus dem rechten Ovarium, und 
es kann weiter daraus geschlossen werden, daß die Befruchtung beider Eier gleich- 
zeitig erfolgt ist. Der gewöhnliche Ausgang einer Tubensch wangerschaft ist der Tuben- 
abort und die Tubenruptur. Der Ablauf der rechtsseitigen Schwangerschaft im obigen 
Fall läßt einen dritten Ausgangsmodus erkennen, den einer spontanen Rückbildung. 
Dieser Modus ist deswegen interessant, weil er keine lokalen Veränderungen verursacht 


414 Pathologie der Gravidität. 


und deshalb der Patientin wohl kaum irgendwelche Beschwerden verursachen wird. 
Er wird daher auch wohl nie zur Beobachtung des Arztes gelangen bzw. von diesem 
erkannt werden. Resa Friedemann-Hirsch (Charlottenburg). 


Schiffmann, Josef: Zur Arbeit Borell’s: Gleichzeitige Schwangerschaft beider 
Tuben (mit spontaner Schwangerschaftsrückbildung der einen Seite) im Helft 4, 
1921, dieser Zeitschrift. Zentralbl. f. Gynäkol. Jg. 45, Nr. 14, S. 494—495. 1921. 

Verf. hatin seiner im Arch. f. Gynäkol. 113, H. 1 bereits vor Jahresfrist erschienenen 
Arbeit — also vor Borell — über symptomlose Resorption junger Tubargraviditäten 
berichtet. Borell stimmt überein mit der vom Verf. damals formulierten These: ‚‚Daß 
die Molenbildung des jungen Eies mit Resorption und Organisation desselben eine wenn 
auch nicht gerade häufige, so doch typische Form der Spontanheilung der Extrauterin- 
gravidität darstellt; daß ein extrauterin entwickeltes Ei — dies gilt jedenfalls nur für 
ganz junge Graviditäten — geradezu restlos verschwinden kann, ohne daß irgendwie 
subjektive Beschwerden oder klinische Symptome aufgetreten waren“. (Vgl. vorst. 
Referat.) Resa Friedemann-Hirsch. 

Ichenhäuser, Max: Sekundäre Bauchhöhlenschwangerschalt nach Ruptur der 
Kaiserschnittnarbe. (Johanniterkrankenh., Bonn.) Monatsschr. f. Geburtsh. u. Gynäkol. 
Bd. 56, H. 1/2, S. 47—50. 1921. 

Kasuistische Mitteilung. 

Der mitgeteilte Fall ist wegen seiner anatomischen Verhältnisse interessant. Es handelt 
sich um eine 31 jährige Frau, die vor 4 Jahren wegen Eklampsie mittels Kaiserschnitt (querer 
Fundalschnitt) mit prima intentio entbunden war. Bei anscheinend normaler ausgetragener 
Gravidität mit lebendem Kind wurde, da Pituglandol und Balloneinlegen keinen Wehenerfolg 
hatte, der vaginale Kaiserschnitt gemacht. Das Kind war tot. Bei der manuellen Placentar- 
lösung wurde eine Uterusruptur festgestellt. Die Laparotomie ergab, daß es sich um eine 
sekundäre Bauchhöhlenschwangerschaft handelte, die dadurch zustande gekommen war, 
daß der Uterus in der queren Kaiserschnittnarbe aufgeplatzt und das Ei in die Bauchhöhle 
ausgetreten war. Die Eihäute waren unverletzt geblieben; sie zeigten ausgedehnte Verwach- 
sungen mit den benachbarten Darmschlingen. Die Placenta saß auf der Hinterwand der Bauch- 
höhle auf der Mesenterialwurzel und reichte mit dem untersten Zipfel bis auf die hintere Wand 
des Uterus. Da die Schwangerschaft völlig normal verlaufen war, muß es sich um ein ganz 
allmähliches Auseinanderweichen der Narbe gehandelt haben. Das Ei war gewissermaßen aus 
dem Uterus herausgewachsen, so daß es zuletzt nur noch mit dem untersten Pol in dem Gebär- 
mutterkelch saß. Exitus am Tage nach der Operation. Heyn (Berlin). 

Thorek, Max: Unilateral twin tubal pregnancy. New York med. journ. Bd. 114, 
Nr. 7, S. 403—404. 1921. 

Beschreibung eines Falles von linksseitiger Tubenschwangerschaft, die im 4. Monat 
zur Tubenusur geführt hatte. In der freien Bauchhöhle wurden bei der Laparotomie Zwillinge 
gefunden. Eisenreich (München). 

Begouin: H&matocdle récente et rupture tubaire: nécessité de l’intervention 
systématique immédiate. (Frische Hämatocele und Tubarruptur: Über die Notwen- 
digkeit eines systematischen sofortigen Eingreifens.) Bull. de la soc. d’obstetr. et de 
gynecol. de Paris Jg. 11, Nr. 2, 8. 111—117. 1921. 

Begouin weist an der Hand einer Anzahl eigener und ihm bekaunter Fälle 
darauf hin, daß die erkannte Extrauteringravidität, die Tubenruptur und frische 
Hämatocele sofort in jedem Falle operiert werden sollen, da schon bei einem Aufschub 
des operativen Eingriffs von Stunden mitunter die tödliche Blutung eintreten kann. 
Die Schwierigkeit einer exakten Diagnosenstellung in manchen Fällen wird anerkannt, 
doch wird in solchen Fällen gefordert, daß unverzüglich und grundsätzlich die Auf- 
nahme in eine Anstalt oder Krankenhaus erfolgen soll, wo zu jeder Zeit die Möglichkeit 
eines sofortigen Eingriffs besteht, wenn eine Blutung eintritt. A. Heyn (Berlin). 


Broun, Leroy: Menstrual disturbance and pain in tubal pregnancy. (Menstruelle 
Störungen und Schmerz bei Tubarschwangerschaft.) Med. rec. Bd. 100, Nr. 20, S. 839 
bis 842. 1921. 

Unregelmäßige uterine Blutungen stellten sich in 55 Fällen von Tubenschwanger- 
schaft 17 mal zur Zeit der erwarteten Periode, 16 mal wenige Tage nach der Regel 


Extrauterinschwangerschaft, Schwangerschaft im rudimentären Horn eines Uterus usw. 415 


ein. Bei plötzlich auftretenden Schmerzen im Leibe findet sich meist freies Blut in 
der Bauchhöhle. Bei abgekapselten Blutungen ist der Schmerz nicht so plötzlich, 
sondern ist von verschiedener Art, mehr im Becken empfunden, bisweilen fehlt er 
auch ganz. Aschheim. 


Bacialli, Luigi: La febbre nella gravidanza estrauterina. (Das Fieber bei Extra- 
uteringravidität.) (Clin. ostetr.-ginecol., istit. di studi sup., Firenze.) Folia gynaecol. 
Bd. 14, H. 3, S. 195—203. 1921. 

Verf. beobachtete 141 Fälle von Extrauteringravidität, die alle zur Operation 
kamen. Das durch Punktion vom hinteren Scheidengewölbe aus oder bei der Laparo- 
tomie gewonnene Blut wurde bakteriologisch untersucht (kulturell und Tierversuch); 
niemals ließen sich Keime nachweisen, weshalb Bacialli die Hypothese ablehnt, daß 
das Fieber durch die Anwesenheit von Keimen bedingt ist. Auch die Menge des Blut- 
extravasats kann zur Erklärung des Fiebers nicht herangezogen werden, weil sich bei 
mächtigen Ergüssen ebensooft kein Fieber vorfand als Fieber bestand. Kolisch. 


Fraenkel, Manfred: X-Strahlen bei Extrauteringravidität. Zentralbl. f. Gynäkol. 
Jg. 45, Nr. 14, S. 493—494. 1921. 

Fraenkel berichtet über 2 Fälle von günstigem Ausgang einer Tubargravidität 
ohne Operation nach Röntgenbestrahlung. Der erste Fall betraf 1914 eine taubenei- 
große Schwellung der linken Adnexe, die auf zweimalige Bestrahlung mit 80 X ein 
deutliches Zurückgehen erkennen ließ. Im zweiten Fall handelte es sich um einen 
kleinapfelgroßen druckschmerzhaften Tumor, den ein hinzugezogener Gymäkologe 
gleichfalls für eine Tubargravidität ansprach. Hier ergab eine zweimalige Röntgen- 
bestrahlung mit Sechsfelderauswahl, im ganzen 18 ED. unter 4mm Aluminium, ein 
langsames Zurückgehen des Tumors bis auf Haselnußgröße. Die Röntgenbestrahlung 
bei Extrauteringravidität wird hiermit zur Diskussion gestellt. A. Heyn (Berlin). 


Moore, E. C.: Abdominal pregnancy with living child. (Abdominalschwanger- 
schaft mit lebendem Kind.) Surg., gynecol. a. obstetr. Bd. 33, Nr. 1, S. 65—67. 1921. 

Nach kurzer Aufzählung von 20 in der Literatur der letzten Jahrzehnte niedergelegten 
Fällen von Abdominalschwangerschaft, in denen die Mutter am Leben blieb und das Kind 
über 1 Jahr lebte, berichtet Moore über einen weiteren gleichen von ihm beobachteten und 
operierten Fall. Bei einer 29jährigen I-Para waren am Ende des 2. Schwangerschaftsmonates 
starke krampfartige Schmerzen in der rechten Unterbauchgegend aufgetreten, die ganz all- 
mählich an Stärke abnahmen. Später wurden die Kindsbewegungen sehr schmerzhaft verspürt. 
Die Operation ergab ein lebendes Kind von über 5 Pfund ohne Mißbildungen, das noch 5 Jahre 
später gesund war. Die Frucht lag frei in der Bauchhöhle, die Placenta saß an der Hinterseite 
des rechten Ligamentum latum und an der rechten Beckenwand. Der Uterus lag nach links; 
über die Adnexe ist nichts mitgeteilt worden. Heyn (Berlin). 


Ray, Henry M.: Primary ovarian and primary abdominal pregnancy — their 
morphological possibility. (Primäre Ovarial- und primäre Abdominalschwangerschaft — 
ihre morphologische Möglichkeit.) Surg., gynecol. a. obstetr. Bd. 32, Nr. 5. S. 437 
bis 442. 1921. 


Außer der Mitteilung je eines Falles von Ovarialschwangerschaft und primärer Abdominal- 
schwangerschaft enthält die Arbeit nichts Neues. Heyn (Berlin). 


Boss, William: Intraabdominale Blutung unter dem Bilde einer Appendieitis. 
(Israel. Krankenh., Berlin.) Berl. klin. Wochenschr. Jg. 58, Nr. 40, S. 1180—1181. 1921. 

Boss berichtet über 1 Fall von myeloischer Leukämie mit intraperitonealen Blu- 
tungen aus einem Corpus luteum bei einem jungen Mädchen, bei dem die Diagnose 
Appendicitis acuta gestellt war. Die Leukämie wurde zufällig bei der Leukocytenaus- 
zählung vor der Operation diagnostiziert. Der Exitus trat 7 Stunden post operationem 
ein. Es wird auf die Verwechslungen von Corpus luteum-Blutungen und Extrauterin- 
gravidität einerseits, Appendicitis andererseits hingewiesen. In dem angeführten Fall 
ist die Leukämie infolge ihrer Disposition zu Blutungen mit Wahrscheinlichkeit zu 
der Corpus luteum-Blutung in Beziehung zu setzen. A. Heyn (Berlin). 


416 Pathologie der Gravidität. 


Schweitzer, Bernhard: Erfahrungen mit der Eigenblutretranstusion bei Ex- 
trauteringravidität. (Todesfall an Hämoglobinurie.) (Frauenklin., Univ. Leipzig.) 
Münch. med. Wochenschr. Jg. 68, Nr. 23, S. 699—701. 1921. 

Schweitzer bespricht an der Hand von 34 weiteren Fällen aus der Leipziger Klinik 
von Extrauteringravidität mit 21 Reinfusionen des in die Bauchhöhle ergossenen Blutes 
die Vorteile und Gefahren dieser Methode. Von diesen 2lFällen ist einer trotzder 
Transfusion, ein anderer infolge der Transfusion an schwerster Hämo- 
globinurie gestorben. Im allgemeinen aber ist die Eigenbluttransfusion ein nütz- 
licher, in manchen Fällen lebensrettender Eingriff. Vorbedingungen für ihre Unge- 
fährlichkeit sind Keimfreiheit,Fehlen vonGerinnsel und Intaktheit der 
Blutzellen. Die erste Bedingung ist bei frischer Ruptur erfüllt, die zweite kann durch 
Seihen des Blutes erlangt werden, die dritte aber ist schwer kontrollierbar und haupt- 
sächlich abhängig von dem Fernhalten jeder der mannigfachen Schädigungen der 
Blutzellen. Sollte die Transfusionshämoglobinurie bei körpereigenem Blut trotz Be- 
rücksichtigung aller bekannten, die Blutzellen schädigenden Momente auch in Zukunft 
nicht ganz zu vermeiden sein, so wäre allerdings die Ungefährlichkeit dieses sonst 
heilsamen Eingriffs ganz in Frage gestellt. Da die Eigenbluttransfusion sich bisher 
nicht als indifferent erwiesen hat, wird man gut daran tun, sie einstweilen nur in streng 
indizierten Fällen anzuwenden. A. Heyn (Berlin). 


Gudden, Tilly: Über die Fälle wiederholter Extrauteringravidität an der 
Universitäts-Frauenklinik Kiel (vom 1. X. 1910 bis 1. I. 1921). (Univ.-Frauenklin., 
Kiel.) Zentralbl. f. Gynäkol. Jg. 45, Nr. 41, S. 1479—1483. 1921. 

Guddens Arbeit enthält in der Hauptsache rein statistische Angaben, die sich 
mit den aus anderen Kliniken mitgeteilten Zahlen decken. Unter 423 in der Kieler 
Frauenklinik wegen Extrauteringravidität behandelten Frauen wurden 22 Fälle wieder- 
holter Extrauteringravidität beobachtet = 5,1%. Die Länge des Intervalls zwischen 
den beiden Extrauteringraviditäten schwankt zwischen 10 Monaten und 12 Jahren 
7 Monaten. Während des Intervalls kamen 19 intrauterine Schwangerschaften auf 
10 Patienten verteilt vor. Aber nur 7 Schwangerschaften wurden ausgetragen, darunter 
4 von einer Frau. Aus einer Zusammenfassung verschiedener Autoren ergibt sich, daß 
25,8% aller extrauterin schwanger gewesenen Frauen nochmals intrauterin und nur 
5,7%, nochmals extrauterin schwanger werden. Diese Zahlen ergeben, daß eine 
Berechtigung zur prinzipiellen Entfernung beider Tuben nicht vorliegt. Ätiologisch 
ergab der Operationsbefund auch bei den Nulliparen keine Hypoplasie der Genitalien, 
die mikroskopische Untersuchung der Tuben jedoch kleinzellige Infiltration und Falten- 
verschmelzung als Zeichen chronischer Entzündung, die als das Hauptmoment bei der 
Entstehung einer Extrauteringravidität angesehen wird. 


Kasuistisch wird über einen Fall von doppelseitiger, gleichzeitiger Extrauteringravidität 
(der 28. sichere in der Literatur beschriebene Fall) berichtet. Rechts fand sich ein Tubarabort, 
links eine Hämatosalpinx. Die mikroskopische Untersuchung ergab in beiden Tuben einwandfrei 
Zotten. A. Heyn (Berlin). 


Hoffmann, Rudolph Frederic: Histoire d’un foetus, conçu dans la trompe 
droite de fallope, ou il séjourna pendant quinze mois, et treize jours, et dont il 
fut tiré par l'opération césarienne, ou proprement dit par l’ineision du ventre qui 
n’est encore jamais arrivé de la sorte. (Bericht über eine Frucht in der schwangeren 
rechten Tube, in der sie sich 15 Monate und 13 Tage befand, und aus der sie durch 
die Kaiserschnittoperation, oder richtiger gesagt durch Leibschnitt entfernt wurde, der 
in solchem Falle bisher nicht angewandt ist.) Sonderdruck aus: Janus Jg. 25. 1921. 


Die Arbeit ist ein Nachdruck eines Berichtes eines Militärchirurgen deutscher Abstam- 
mung in Charlemont aus dem Jahre 1813 und als Dokument der historischen Medizin inter- 
essant. Die Diagnose war vor der Operation gestellt worden. Die Operation ergab eine einein- 
halb Fuß lange und reichlich fünf Pfund schwere faultote ımißgebildete Frucht und wurde 
von der Pat. gut überstanden. A. Heyn (Berlin). 


Schwangerschaftstoxikose. — Aneklamptische. 417 


Beier, Ferdinand, Über Extrauteringraviditäten. Beobachtungen an der Berliner 
Univ.-Frauenkl. während der letzten 10 Jahre. (Dissertation: Berlin 1921.) 


Suwelack, Josef, Die Extrauteringravidäten in der Würzburger Universitäts- 
Frauenklinik vom 15. Mai 1914 bis 1. Januar 1921. (Dissertation: Würzburg 1921.) 
Kennard, K. Sellers and Emmet Walsh: Report of a case of interstitial pregnancy- 

(Bericht über einen Fall von interstitieller Schwangerschaft.) Americ. journ. of ob- 

stetr. a. gynecol. Bd. 2, Nr. 6, S. 642—644. 1921. 

Fallon, Michael F.: A case of ovarian pregnancy. (Ein Fall von Eierstock- 
schwangerschaft.) Boston med. a. surg. journ. Bd. 184, Nr. 6, S. 144—150. 1921. 

Condit, W. H.: Recurrent abdominal pregnancy. (Wiederholte Bauchhöhlen- 
schwangerschaft.) (Dep. of obstetr. a. gynecol., med. school., univ., Minnesota, Minnea- 
polis.) Americ. journ. of obstetr. a. gynecol. Bd. 2, Nr. 6, S. 645—648. 1921. 

Klein, C. U. v.: Tubenschwangerschaft nach „Alexander-Adams‘‘. Bemerkung 
zur Indikation und Technik dieser Operation. Zentralbl. f. Gynäkol. Jg. 45, Nr. 9, 
S. 303—308. 1921. 

Newell, Franklin S.: Abdominal abortion. (Abdominalabort.) Americ. journ. 
of obstetr. a. gynecol. Bd. 2, Nr. 6, S. 606—611. 1921. 

Palma, S. D.: Interstitial tubal pregnancy. A report of two cases. (Intersti- 
tielle Tubenschwangerschaft. Ein Bericht über 2 Fälle.) Surg., gynecol. a. obstetr. 
Bd. 33, Nr. 3, S. 285—287. 1921. 

Polak, John Osborn: Observations on ectopic pregnancies. (Bemerkungen zur 
extrauterinen Schwangerschaft.) Americ. journ. of obstetr. a. gynecol. Bd. 2, Nr. 3, 
S. 280—286. 1921. 

Bacialli, L.: La febbre nella gravidanza estrauterina. Ann. di ostetr. e ginecol. 
Jg. 43, Nr. 7, S. 539—543. 1921. 

Chaton, N.: Etat particulier de collapsus dans un cas de grossesse ectopique 
rompue. (Eigenartiger Zustand bei einem Kollaps nach geplatzter Extrauteringravidität.) 
Bull. de la soc. d’obstetr. et de gynecol. de Paris Jg. 10, Nr. 2, S. 57—60. 1921. 

Descarpentries: Grossesse extra-utérine ancienne suivie de grossesse ut6rine. 
(Alte extrauterine Schwangerschaft mit anschließender intrauteriner Gravidität.) Bull. 
de la soc. d’obstetr. et de gynecol. de Paris Jg. 10, Nr. 8, S. 615—617. 1921. 


Wolff, Günter, Tubenruptur nach Tubenabort. (Dissertation: Leipzig 1921.) 


Potocki: Rétention foetale à terme dans la corne uterine rudimentaire d’un 
utérus bicorne. Hystérectomie abdominale. (Retention eines Foetus am Ende der 
Schwangerschaft in einem rudimentären Uterushorn bei Uterus bicornis. Hysterectomia 
abdominalis.) Bull. de la soc. d’obstetr. et de gynecol. de Paris Jg. 10, Nr. 8, S. 565 
bis 567. 1921. 

Benthin, W.: Zwillingsschwangerschaft im atretischen rudimentären Horn 
bei Uterus duplex. (Univ.-Frauenklin., Königsberg i. Pr.) Zentralbl. f. Gynäkol. 
Jg. 45, Nr. 6, S. 203—204. 1921. 

Lehumam, Edward A.: Beobachtungen über Hämorrhagien von Ovar und 
Tube mit und ohne Extrauteringravidität. Siglo méd. Jg. 68, Nr. 3519, S. 1240. 
1921. (Spanisch.) 


5. Schwangerschaftstoxikose. 
a) Aneklamptische. 

| Schwab, Max: Die Ursache des unstillbaren Erbrechens in der Schwangerschaft. 

Zentralbl. f. Gynäkol. Jg. 45, Nr. 27, S. 956—958. 1921. 
Auf Grund der Kenntnis von Stekels ‚„Geschlechtskälte der Frau“ sieht Verf. 
im Erbrechen den Ausdruck der Unlust, des Widerwillens, der Abneigung, des Ekels 
und faßt es, entsprechend der Lehre der Psychanalytiker, nicht als Symptom einer 
Krankheit, sondern eines Unlustgefühls auf (Kind von einem nicht geliebten Manne; 


Jahresbericht f. d. ges. Gynäkologie 1921. 27 


418 Pathologie der Gravidität. 


Empfängnis zur Unzeit, wenn wirtschaftliche oder andere Sorgen bestehen; das Er- 
brechen als Strafe und Peinigung nicht nur für die Gravida selbst, sondern vor allem 
für ihre Umgebung). Wenn es auch zu weit geht, sogar den Tod durch das unstillbare 
Erbrechen als Selbstmord, als eine Art Hungerstreik (im Unterbewußtsein!) zu deuten, 
so verdient doch die Psychanalyse, wie Verf. mit Recht betont, mehr Beachtung von 
seiten der Geburtshelfer und Gynäkologen, die noch immer die überragende Größe 
der Sexualität der Frau nicht genügend würdigen. H. H. Schmid (Prag). 


Speidel, Edward: Hyperemesis gravidarum. Americ. journ. of obstetr. a. gyne- 
col. Bd. 1, Nr. 9, S. 906—909. 1921. 

Jeden Fall soll man als toxisch und neurotisch bedingt betrachten. Schwer zu 
beurteilen ist der Grad der Erkrankung bzw. der dadurch bedingten ‚„Toxämie‘“. 
Stickstoffbestimmung läßt oft im Stiche, Acidosis findet sich bei gewöhnlicher Schwan- 
gerschaft sowie beim Hungerzustande; Prüfung der Leberfunktion ergibt mitunter 
auch Störungen bei anscheinend normaler Schwangerschaft; Temperatur- und Puls- 
frequenzerhöhung können manchmal auch in sehr schweren Fällen fehlen; Ikterus ist 
als Zeichen einer ganz schweren, fast immer tödlichen Erkrankung aufzufassen. Be- 
handlung: Absolute Isolierung der Patientin, namentlich Fernhaltung des Gatten 
und der übrigen Verwandtschaft. Licht, Luft, Sonne. Durch 8 Tage rein rectale Er- 
nährung (nicht einmal Wasser per os!) mit einer Lösung von Glucose 50, Rindspeptonoid 
100 (vitaminhaltig mit Alkoholverminderung), Calciumchlorid 0,3, Natriumbicarbonat 3, 
Natriumchlorid 4, Aqua destillata 1000. Dazu kommt Natriumbromid 40 g und Chloral- 
hydrat 20 g auf je 1 l der erstgenannten Lösung für die während der Nacht zu gebenden 
Klysmen. Diese werden als Tropfklysmen (60 Tropfen in der Minute) verabreicht. 
1—2 Ampullen Corpus luteum-Extrakt täglıch, intramuskulär injiziert (mit Rücksicht 
auf die nicht völlig sichere Theorie von Hirst, nach der die sonst bei der Frau normaler- 
weise vorkommende Resorption von Corpus luteum-Substanz in den ersten drei Schwan- 
gerschaftsmonaten stillstehen soll, während das Corpus luteum an Größe zunimmt). 
Nach einer Woche Magenspülung mit Natriumbicarbonat und vorsichtige Flüssigkeits- 
und Nahrungszufuhr per os (gekochte Cerealien, Zwieback, geröstetes Weißbrot sind 
den meist üblichen Milchspeisen vorzuziehen); daneben zunächst noch weiter rektale 
Ernährung. Bei Erfolglosigkeit dieser Maßnahmen soll man mit der Unterbrechung 
der Schwangerschaft nicht lange zögern. H. H. Schmid (Prag). 


Harding, Victor John: Nausea and vomiting in pregnancy. (Übelkeit und Er- 
brechen in der Schwangerschaft.) Lancet Bd. 201, Nr. 7, S. 327—330. 1921. 

Auf Grund von Autopsiebefunden bei akuter gelber Leberatrophie, von experimen- 
tell durch Hunger erzeugten Fettinfiltrationen der Leber bei manchen Tieren, wie sie 
ähnlich auch bei schlechtgenährten und graviden Frauen beobachtet werden können, 
sowie auf Grund der Tatsachen, daß von allen Stoffwechselstörungen am raschesten 
eine Änderung im Kohlenhydratstoffwechsel auftritt, verficht Verf. die Ansicht, daB 
Übelkeit und Erbrechen leichter und schwerer Art in der Schwangerschaft zurück- 
zuführen sei auf Störungen des Kohlenhydratstoffwechsels. Besonders ist: dabei die 
Glykogenverminderung in der Leber von Bedeutung; sie findet sich schon während der 
kurzen Fastenzeit der Nacht, daher das stärkste Erbrechen morgens. Auch das Auf- 
treten des Erbrechenr gerade in den ersten drei Monaten der Schwangerschaft läßt sich 
nach Harding in ähnlicher Weise erklären; in dieser Zeit wird der mütterlichen Leber 
noch Glykogen zum Aufbau des Eies entzogen, während später, wenn die Placenta voll- 
ständig ausgebildet ist, ein gewisser Gleichgewichtszustand hergestellt wird, in dem die 
fötale Leber selbst imstande ist, eine eigene Kohlenhydratreserve anzulegen; dann wird 
die mütterliche Leber nicht mehr durch Glykogenentziehung geschädigt, die Fett- 
infiltration oder -degeneration schwindet, und Erbrechen und Übelkeit hören auf. 
Kommt es aber nicht zu einem derartigen Ausgleich zwischen Placenta und Leber- 
glykogen, ist also ersteres nicht genügend, um zwischen fötaler Nachfrage und mütter- 


Schwangerschaftstoxikose. — Aneklamptische. 419 


lichem Angebot vermitteln zu können, so bleibt eben der Zustand einer Insuffizienz 
des Leberglykogens bestehen, und Erbrechen und Übelkeit dauern auch bis über den 
vierten Monat hinaus an, unter Umständen bis zum Ende der Schwangerschaft. Die 
übrigen als Ursachen geltenden Faktoren haben nach Verf. nur sekundäre Bedeutung, 
so die Selbstvergiftung durch Stauung des Darminhaltes und die Neurose; bei letzterer 
soll ein in der Schwangerschaft gesteigerter Sympathicotonus die Blutzuckervermehrung 
auf Kosten des Leberglykogens verursachen und so indirekt das Leiden verschlimmern. 
Auch bei der eigentlichen Hyperemesis besteht eine Art Circulus vitiosus; durch den 
Hungerzustand wird die Leber bzw. ihr Glykogenbestand weiter geschädigt. Eine 
ähnliche ungünstige Beeinflussung kann man manchmal beobachten, wenn man bei 
Diabetes mit rascher und vollständiger Nahrungsentziehung vorgeht. Als praktische 
Schlußfolgerung ergibt sich, kohlenhydratreiche Kost zu geben; Eiweiß soll ein- 
geschränkt, Fett durch längere Zeit ganz entzogen werden. Viele, aber kleine Einzel- 
mahlzeiten in reichlich wechselnder Zubereitung werden empfohlen, Diätvorschriften 
mit ausführlichen Einzelheiten angeführt. Im Notfalle wird die Nahrung per rectum 
einverleibt, Flüssigkeit bei starkem Durst evtl. intravenös gegeben. Nach zwei bis 
drei Tagen derartiger Behandlung tritt in der Regel eine ausgiebige Besserung des 
Zustandes ein. H. H. Schmid (Prag). 


Björnberg, Ragnar: Einige Beobachtungen über Hyperemesis gravidarum. 
(Frauenklin., Lund.) Svenska läkartidningen Jg. 18, Nr. 29, S. 493—497. 1921. 
(Schwedisch.) 

48 Fälle während der Jahre 1904—1920 unter 14 175 Patienten. In 33 Fällen 
trat Hyperemesis nach 1—1!/, Monat auf nach der letzten Menstruation. Nur 11 
(22,91%) waren afebril. In den anderen Fällen wechselte die Temperatur zwischen 
37,5° und 38,5°. Eiweiß kam in 7 Fällen vor (14,37%). Nur in 3 Fällen waren neuro- 
tische Symptome notiert. 4 Fälle endeten tödlich. Temperaturerhöhung, Pulsbeschleu- 
nigung, Eiweiß und die tödlich verlaufenden Fälle scheinen die Annahme einer Intoxi- 
kation zu stützen. Hierfür spricht weiter die schnelle Einwirkung von dem Weg- 
schaffen des Eies in den Fällen, in welchen der Eingriff nicht zu lange aufgeschoben 
worden ist und die Patienten den Eingriff vertragen haben. Die Unterbrechung der 
Schwangerschaft mag spontan oder mit Kunst geschehen sein, immer wurden die 
Patienten in kurzer Zeit völlig symptomfrei. 

Die Behandlung: Bettruhe und völlige Enthaltung von jeder Nahrung in 2 Tagen, 
nur Flüssigkeitszufuhr per rectum. Nach 2 Tagen sind die Patienten in der Regel symptomfrei. 
Nur in 3 Fällen wurde ein Eingriff indiziert. Von diesen starb eine Patientin. Der Verf. 


hebt die großen Schwierigkeiten, den rechten Zeitpunkt für die Unterbrechung der Schwanger- 
schaft zu bestimmen, hervor. Silas Lindqvist. 


Verrucoli, C.: Considerazioni eziogenetiche e terrapeutiche sopra 17 casi di 
vomito incoercibile in gravidanza. (Ätiologische und therapeutische Studie an der 
Hand von 17 Fällen von Hyperemesis gravidarum.) (Istit. ostetr.-ginecol., uniw., Pisa.) 
Riv. d’ostetr. e ginecol. prat. Jg. 3, Nr. 10, S. 447—463. 1921. 


Verf. berichtet unter Angabe der Krankengeschichte über 17 Fälle von Hyperemesis 
gravid., die unter 10 000 Fällen während der letzten 26 Jahre zur Beobachtung kamen, vor 
allem Mehrgebärende betrafen, von denen zwei letal verliefen, vier spontan abortierten, während 
bei allen anderen unter Brom- und Suggestivtherapie die Schwangerschaft normal zu Ende 
ging. Als Todesursache macht er in beiden Fällen schwere organische Veränderungen, nämlich 
Myokarditis und eine Darmerkrankung verantwortlich. Verf. lehnt Veränderungen der Genital- 
sphäre, der Nebenniere, des Corpus luteum, ebenso wie Schwangerschaftstoxikosen als Ursache 
der Hyperemesis ab und weist auf die Heilung seiner Fälle ohne irgendeine spezifische Therapie 
hin. Er sieht die Hyperemesis als funktionelle Neurose bei belasteten Individuen an (in allen 
17 Fällen hysterische Stigmen), hält jeden Fall für heilbar und führt die in diesem Zusammen- 
hang publizierten Fälle auf anderweitige Erkrankungen zurück. Kolisch (Wien). 


Scheffelaar Klots, P.: Zwei Fälle von Hyperemesis gravidarum. Nederlandsch 
tijdschr. v. geneesk. Jg. 65, 2. Hälfte, Nr. 23, 8. 2791—2792. 1921. (Holländisch.) 


27* 


420 Pathologie der Gravidität. 


Iacobaeus, H.: Über Veronal bei Hyperemesis gravidarum. Ugeskrift f. laeger 


Jg. 83, Nr. 52, S. 1823—1829. 1921. (Dänisch.) 

Verf. berichtet über günstige Erfahrungen mit Veronal bei Hyperemesis gravidarum, 
die er bei zwei stationär behandelten Frauen gemacht hat. Er verordnete Veronal mit Phen- 
acetin aa allabendlich in einer Dosis von je 0,4—0,6 g. į Saenger (München). 


Péry et Favreau: Quelques réflexions au sujet de la sérothérapie dans les 
autointoxications gravidiques. Essai d’auto-serotherapie dans un cas de „Pty- 
alisme‘“. Gu6rison. (Einige Bemerkungen über die Serotherapie bei Autointoxi- 
cationen von Schwangeren. Versuch der Auto-Serotherapie in eineni Falle von Ptya- 
lismus.) Bull. de la soc. d’obstetr. et de gynecol. de Paris Jg. 10, Nr. 5, 5. 362 
bis 366. 1921. 

Einen schweren Fall von Ptyalismus haben Pery und Favreau mit Autoserotherapie 
behandelt. Die Patientin war im 4. Graviditätsmonat. Es wurden ihr 25 ccm Blut durch Venen- 
punktion entnommen, bei Zimmertemperatur 24 Stunden stehen gelassen. Dann wurden von 
dem Serum 8 ccm subcutan in den Oberschenkel eingespritzt. Am 3. Tag nach der Einspritzung 
beginnt Nachlassen des Speichelflusses, der sich dann täglich besserte, so daß Patientin nach 
3 Wochen geheilt entlassen werden kann. Friedemann-Hirsch. 


Navarro, Juan C. und Enrique Beretervide: Ein Fall von unstillbarem Erbrechen 
durch Quecksilber geheilt. Semana med. Jg. 28, Nr. 32, S. 188—189. 1921. (Spanisch.) 


Mündheim: Hyperemesis gravidarum durch Salvarsan geheilt. Berl. klin. 
Wochenschr. Jg. 58, Nr. 49, S. æ1437—1438. 1921. 


Jeanni, Cyrille et Pareux: Vomissements incoercibles et transfusion du sang. 
(Unstillbares Erbrechen und Bluttransfusion.) Bull. de la soc. d’obstetr. et de gynécol. 
de Paris Jg. 10, Nr. 8, S. 559—565. 1921. 

Killian, John A. and Carl P. Sherwin, Some chemical studies in normal and 
abnormal pregnancies. 1l. Significant chemical changes in the blood in the toxe- 
mias of pregnancy. (Einige chemische Untersuchungen bei normaler und patho- 
logischer Schwangerschaft.) (Laborat. of pathol. chem., New York postgraduate 
med. school a. hosp. a. Si of chem., Fordham univ., New York.) (Americ. journ. 
of obstetr. a. gynecol. Bd. 2, Nr. 1, S. 6—16.) 

Vgl. Referat S. 548. 

Vignes, H. et Stiassnie: Purpura récidivant au cours de trois gestations succes- 
sives. (Wiederholtes Auftreten von Purpura im Verlauf von 3 aufeinanderfolgenden 
Schwangerschaften.) Progr. med. Jg. 48, Nr. 16, S. 167—168. 1921. 

Genaue Beschreibung des Auftretens und Verlaufs von Purpura während dreier auf- 
einanderfolgender Schwangerschaften bei einer sonst gesunden Frau, die außerdem keine 
weiteren Beschwerden von der Purpura hat und die Purpura-Symptome bald nach der Geburt 
der Kinder verliert. Außer positiver WaR. im Blut während des dritten Wochenbettes 
findet sich kein objektiver pathologischer Befund. Verf. zieht aus der Literatur einschlägige 
Fälle heran und kommt zu dem Schluß, daß bei Schwangeren maligne oder benigne Purpura 


sowie sonstige Anzeichen von Hämorrhagien Manifestationen einer Graviditäts- Autointoxikation 
sind, die mit dem Ende der Schwangerschaft behoben ist. Lindig (Freiburg i. Br.). 


Fink, Karl: Ursachen und Bedeutung des Hydrops bei schwangeren Frauen. 
(Univ.- Frauenklın., Königsberg i. Pr.) Zeitschr. f. Geburtsh. u. Gynäkol. Bd. 84, 
H. 1, S. 1—33. 1921. 

Der Arbeit liegen Untersuchungen an 150 Schwangeren und 200 geburtshilflich- 
poliklinischen Fällen zugrunde. Nach den Erfahrungen des Verf. sind 95% aller 
Schwangeren hydropisch, wobei sich wegdrückbare Ödeme bei 80%, finden. Nach 
eingehender Berücksichtigung der Gesetze der Kolloidchemie und kritischer Würdigung 
der Ansichten anderer Autoren über die Entstehung der Ödeme bespricht Verf. die 
Verhältnisse der Capillarendothelien, die Nierentätigkeit, die Blutdrucksteigerung bei 
hydropischen Schwangeren, schließlich die Beziehungen zu Eklampsie und Nephro- 
pathie bzw. Hydrops gravidarum, wobei ihm die Annahme wahrscheinlich erscheint, 
daß die Eklampsie die Folge eines Gehirnödems ist und die toxischen Symptome nur 
nebenhergehen. H. H. Schmid (Prag). 


Schwangerschaftstoxikose. — Aneklamptische. 421 


Hinselmann, Hans: Über das Ödem der Schwangeren. (Frauenklin., Univ. Bonn.) 
Zentralbl. f. Gynäkol. Jg. 45, Nr. 38, S. 1361—1364. 1921. 

Beobachtung an den Zehennagelfalzkapillaren von Schwangeren zeigen das Be- 
stehen von Angiospasmen, die im Verein mit Stauung zur Ödembildung führen, am 
leichtesten in den Fällen, wo die Stauung auf einen krankhaft gesteigerten Angio- 
spasmus trifft (Nierenkranke, Eklamptische). H. H. Schmid (Prag). 


Hinselmann, Hans, Capillarbeobachtungen bei normalen und hydropischen Schwan- 
geren. (Frauenklin., Univ. Bonn.) (Zentralbl. f. Gynäkol. Jg. 45, Nr.1. 8.7 
bis 16.) 


Beckman, Max: Zur Genese des Hydrops gravidarum. (I. Univ.-Frauenklin., 
Wien.) Zentralbl. f. Gynäkol. Jg. 45, Nr. 28, S. 995—1000. 1921. 

Von 200 schwangeren Frauen zeigten 146 normale auskultatorische Verhältnisse 
am Herzen. Fünfmal bestand eine Akzentuation des 2. Aorten- und 38 mal eine 
solche des 2. Pulmonaltones; 19 von diesen 38 Frauen hatten Ödeme, die Verf. 
auf Grund genauer mitgeteilter Tatsachen als Zeichen kardialer Insuffizienz 


auffaßt. H. H. Schmid (Prag). 


Hüssy, Paul: Die Nierenerkrankungen in der Schwangerschaft. Schweiz. med. 
Wochenschr. Jg. 51, Nr. 37, S. 845—852, Nr. 38, S. 874—881 u. Nr. 39, S. 899 bis 
903. 1921. 

Die ‚„Nephropathie‘“ ist Teilerscheinung der Schwangerschaftstoxikose, bei der 
im Blute stets vasoconstrictorische Substanzen gefunden werden; wahrscheinlich ge- 
hören diese Substanzen zu den „biogenen Aminen“. Auch der Lipoidgehalt des Serums 
ist vermehrt. Die Blutdrucksteigerung und die Ödeme sind von der Nierenerkrankung 
unabhängig. Ab und zu findet man im Harn rote Blutkörperchen. Dauernd hohe 
Blutdruckwerte sprechen gegen Nephropathie. Am Augenhintergrund kommen Gefäß- 
veränderungen, Hämorrhagien und Ödem der Papille, nicht aber Retinitis albuminu- 
rica vor. Die Nephropathie wird als „ein Zwischending zwischen vasculärer Nephritis 
und Nephrose‘‘ aufgefaßt, wobei funktionelle Gefäßalterationen das Primäre sind. 
Übergang in chronische Nephritis ist nicht erwiesen. Zur Beurteilung der Funktion 
genügen der Wasser- und Konzentrationsversuch, wenn auch andere Bestimmungen 
(Rest-N, Jodkali, Milchzucker, Farbstoffe) nicht wertlos sind. — Die Eklampsie 
hängt mit der Nierenerkrankung nicht zusammen; sie ist ein Symptom der allgemeinen 
Schwangerschaftsvergiftung. — Die Pyelitis in der Schwangerschaft ist durch Infektion 
mit Colibacillen bedingt; die Schwangerschaft schafft nur Prädisposition durch Harn- 
leiterstauung. Ferner Bericht über Klinik, Diagnose und Prognose der chirurgischen 
Nierenerkrankungen. Siebeck (Heidelberg)., 


Heynemann, Th., Zur Diagnose und zum Wesen der Schwangerschaftsnierenerkran- 
kung. (Univ.-Frauenklin., Hamburg-Eppendorf.) (Zentralbl. f. Gynäkol. Jg. 45, 
Nr. 24, S. 838—847.) 

Vgl. Referat S. 552. 

Jaschke, Rud. Th. v., Beitrag zur Klärung des Begriffes und zur Differentialdiagnose 
verschiedener Nierenerkrankungen in der Schwangerschaft. (Univ.-Frauen- 
klin., Gießen.) (Arch. f. Gynäkol. Bd. 114, H. 2, S. 255—288.) 

Vgl. Referat S. 552. 

Kautsky, Karl, Die Benennung der Nierenerkrankungen in der Schwangerschaft. 
(Zentralbl. f. Gynäkol. Jg. 45, Nr. 49, S. 1765—1773.) 

Vgl. Referat S. 552. 

Hiess, V. und M. Beckman, Zur Pathologie und Klinik der Nierenerkrankungen 
in der Schwangerschaft. (I. Univ.-Frauenklin., Wien.) (Zentralbl. f. Gynäkol. 
Jg. 45, Nr. 49, S. 1773—1777.) 

Vgl. Referat S. 553. 

Werner, Paul, Weiterer Beitrag zur Kenntnis der Nierenfunktion bei gesunden 
und kranken Schwangeren und Entbundenen. (II. Univ.-Frauenklin., Wien.) 
(Arch. f. Gynäkol. Bd. 115, H. 1, S. 63—79.) 

Vgl. Referat S. 553. 


422 Pathologie der Gravidität. 


Hinselmann, Hans, Capillarinsuffizienz bei schwerer hypertonischer Schwanger- 
schaftsnierenerkrankung. (Frauenklin., Univ. Bonn.) (Münch. med. Wochenschr. 
Jg. 68, Nr. 27. S. 840—842.) 
Vgl. Referat S. 554. 


Hinselmann, Hans, Walther Haupt und Hans Nettokoven, Beobachtung und 
graphische Darstellung der Angiospasmen bei hypertonischen nierenkranken 
Schwangeren. (Frauenklin., Univ. Bonn.) (Zentralbl. f. Gynäkol. Jg. 45, Nr. 17. 
S. 603—609.) 

Vgl. Referat S. 554. 
Schmidtmann, M.: Eklampsie und chronische Nephritis. (Pathol. Inst., Univ. 

Berlin.) Monatsschr. f. Geburtsh. u. Gynäkol. Bd. 55, H. 2/3, S. 132—145. 1921. 


Mackenzie, R. L. Wallis: The toxaemias of pregnancy, with special reference 
to the value of certain renal function tests in diagnosis. (Die Schwangerschafts- 
toxämien mit besonderer Berücksichtigung des diagnostischen Wertes bestimmter 
Nierenfunktionsproben.) Journ. of obstetr. a. gynaecol. of the Brit. Empire Bd. 28, 
Nr. 1, S. 3—22. 1921. 

Unter den verschiedenen Untersuchungsmethoden hat Verf. einige besonders ein- 
gehend geprüft, die ihm geeignet erscheinen, nicht nur zur Bemessung der Nieren- 
schädigung im einzelnen Falle, sondern auch zur Unterscheidung der verschiedenen, in 
der Schwangerschaft auftretenden Albuminurietypen. Am zuverlässigsten erscheint 
ihm die von Wohlgemuth (Biochem. Zeitschr. 21, 432. 1909) angegebene Bestim- 
mung des Harndiastasewertes; dieser ist, im Gegensatze zu den verschiedenen 
Nephritiden, bei allen Fällen von Schwangerschaftstoxämie außerordentlich hoch, und 
zwar findet sich diese Erhöhung schon frühzeitig, ehe noch die gewöhnlichen Er- 
scheinungen der Toxämie aufgetreten sind, als Beweis dafür, daß das Toxin oder die 
Toxine einen tiefgreifenden, sehr bald einsetzenden Einfluß auf die Bildung und Aus- 
scheidung der Diastase im Körper haben. Ebenso hält diese Erhöhung des Diastase- 
wertes auch nach klinischer Heilung noch durch einige Zeit an. Von diagnostischer 
Bedeutung ist sodann das Verhältnis von Albumin zu Globulin im Harn bei 
bestehender Eiweißausscheidung. Der Harnstoffgehalt des Blutes ist von großen 
prognostischem Werte: normalerweise findet sich im Blute (und in der Cerebrospinal- 
flüssigkeit) 0,02—0,05% Harnstoff; mehr als 0,3%, ist in der Regel mit dem weiteren 
Leben nicht vereinbar nur einmal a bei 0, ‚48%, Harnstoff im Blute, dagegen 
Tod an Urämie in einem Falle bei 0,19%,). Die Harnstoffkonzentration im Harn 
in der zweiten Stunde nach innerlicher Darie ehune die normalerweise 29% und darüber 
ausmacht, beträgt bei mäßiger Nierenschädigung 1,5%, bei schwerer Erkrankung nur 
1% oder weniger. Dabei muß aber der Harnstoffgehalt des Blutes nicht erhöht sein. 
Überhaupt weist Verf. nachdrücklich darauf hin, daß man die Ergebnisse der genau 
ausgeführten Proben nicht einzeln, sondern nur im Zusammenhange miteinander und 
mit dem klinischen Bilde zur Beurteilung der Schwangerschaftsnierenerkrankungen 
heranziehen dürfe. Das Gift oder die Gifte, deren Natur noch unbekannt ist, kreist im 
mütterlichen Blute und wirkt primär auf die Blutgefäße und verursacht so in der Niere 
eine akute Glomerulitis oder Nephrosis. H. H. Schmid (Prag). 

Gibson, Harold K.: The sequelae and later aspect of the toxic albuminurias 
of pregnancy. (Die Folgeerscheinungen und das spätere Schicksal der toxischen 
Schwangerschaftsalbuminurien.) Surg., gynecol. a. obstetr. Bd. 32, Nr. 6, S. 513 
bis 518 u. S. 568—572. 1921. 

In einem vor der Chicagoer gynäkologischen Gesellschaft gehaltenen Vortrage 
erörtert Gibson unter Hinweis auf die bekannten einschlägigen Arbeiten der deutschen 
Forscher die Schwierigkeiten bei der Beurteilung des variablen Krankheitsbegriffes 
der Schwangerschaftsniere, sowohl hinsichtlich der frühzeitigen Erkennung und Ver- 
hinderung der drohenden Eklampsie als auch bei der Prognosestellung für spätere 
Schwangerschaften. Über die Bedeutung der Blutdrucksteigerung und des Augen- 
hintergrundsbefundes für diese Fragen gehen die Ansichten der verschiedenen Unter- 


Schwangerschaftstoxikose. — Aneklamptische. 423 
sucher stark auseinander, und es bedürfte großer, sich über Jahre erstreckender Be- 
obachtungsreihen, um die in der Literatur bisher nicht genügend gewürdigte Frage zu 
klären, inwieweit in der Schwangerschaft entstandene Nierenerkrankungen weiter- 
bestehen und bei späteren Schwangerschaften zu Komplikationen führen. Die früh- 
zeitige Erkennung der nahenden Eklampsie scheitert nach G.s Ansicht an der Un- 
möglichkeit, den Übergang der rein degenerativen Veränderungen im Parenchym 
der Niere in die entzündlichen klinisch festzustellen. Von den 30 Fällen des Verf. 
waren nach Ablauf eines Jahres 3 gestorben, davon 2 an Nieren- und Herazleiden; 
von 14 Eklamptischen hatten 5 eine ausgesprochene Nephritis mit Blutdrucksteigerung. 
Allerdings war in keinem dieser Fälle erwiesen, ob nicht schon vor Eintritt der Gravidi- 
tät eine Nierenerkrankung bestanden hatte. Zum Schluß weist der Vortr. auf die 
Häufigkeit der Frühgeburten bei Schwangerschaftsniere und auf die herabgesetzte 
Lebensfähigkeit dieser Kinder hin. — Danach interessante Diskussion, die die ange- 
schnittenen Fragen wenig klärt, sie vielmehr durch Aufwerfen neuer Probleme kom- 
pliziert. So betrachtet ein Redner die. Eklamıpsie als reine Infektionskrankheit; ein 
anderer unterscheidet einen Leber-, Nieren- und reflektorischen Typ der Eklampsie. 
Rückfälle von Nierenerkrankungen bei späteren Schwangerschaften wurden relativ 
selten beobachtet. Schulze (Halle). °° 

Phillips, John: Acute hepatic toxaemias complicating pregnancy and labour. 
(Akute Lebertoxämien als Schwangerschafts- und Geburtskomplikation.) Journ. of 
obstetr. a. gynaecol. of the Brit. Empire Bd. 28, Nr. 1, S. 124—134. 1921. 

Bericht über 5 eigenartige Fälle bei Primigraviden (mit 2 Todesfällen), bei denen 
nach Abwägung aller differentialdiagnostisch wichtigen Umstände akute gelbe Leber- 
atrophie, ‚maligne Gelbsucht‘‘ und Chloroformvergiftung ausgeschlossen werden; mit 
Wahrscheinlichkeit wird angenommen, daß es sich bei diesem durch Gelbsucht, Fieber 
und Bewußtseinstrübung ausgezeichneten Krankheitsbilde um eine akute, ascendierende 
Infektion der Gallenwege handelt. Die in dem einen Todesfalle vorgenommene Obduk- 
tion bringt allerdings auch keine restlose Erklärung; die hierbei gefundenen Leber- 
nekrosen könnten nach Verf. auch auf autolytischem Wege post mortem entstanden sein. 

H. H. Schmid (Prag). 

Killian, John A.: Significant chemical changes in the blood in the toxemias 
of pregnancy. (Hervorstechende chemische Veränderungen des Blutes bei Schwanger- 
schaftstoxämien.) (Laborat. of pathol. chem., New York post-graduate med. school a. 
hosp., a. dep. of chem., Fordham univ., New York.) Proc. of the New York pathol. 
soc. Bd. 21, Nr. 1/5, S. 29—-33. 1921. 

1. Nierenkranke einschließlich präexistenter Nephritiden. 3 Fälle zeigten ver- 
minderte Stickstoffausscheidung. Der Reststickstoff war vermehrt bis 106 mg. Die 
Harnstoffkomponente betrug 62—67%, Harnsäure bis 8,1 mg, Kreatinin leicht ver- 
mehrt. Der 4. Fall zeigte keine Stickstoffretention. Die Fälle hatten einen hohen 
Blutdruck und Retinitis albuminurica. Nach der Geburt klinisch leichte Besserung. 
Auch der Blutbefund wurde nicht normal. 2. Hepatische Toxämien oder wahre Eklampsien. 
12 Fälle (9 Primigr.). Die drei Mehrgebärenden hatten auch früher schon Toxämien 
gehabt. Der Reststickstoff war immer erhöht bis zu 56 mg. Die Harnstoffkomponente 
war herabgesetzt 15—34% des Nichteiweißstickstoffs. Die Harnsäure war vermehrt 
(3,5—11,0 mg). Die Harnsäurevermehrung führt Killian auf die Schädigung der 
Nierenfunktion zurück. Der chemische Befund entspricht der Schwere des Falles. 
3. Mischfälle von 1 und 2. Schwerste Form. Reststickstoff 56—64 mg. Die Harn- 
stoffkomponente 32—38%, des Reststickstoffs. Vier ganz normale Schwangere hatten 
einen niedrigen Reststickstoffgehalt. Die Harnstoffkomponente 45—50% des Rest- 
stickstoffs. Harnsäure, Kreatinin, Chloride und Zucker normal. Keine Hypertonie, 
aber zeitweise Spuren von Eiweiß. Hinselmann (Bonn). 

Vassallo, Amadeo: Sul comportamento della creatinina e della creatina nelle 
urine di donne affette da intossicazione gravidica. (Über das Verhalten des Kreatinins 


424 Pathologie der Gravidität. 
und des Kreatins im Harn bei Schwangerschaftstoxikosen.) Ann. di ostetr. e ginecol. 
Jg. 43, Nr. 7, S. 543—549. 1921. 

Der konstante Befund einer Vermehrung des Kreatinins und des Kreatins während 
der normalen Schwangerschaft und des Wochenbettes wurde in Beziehung gebracht mit 
der Ausschüttung von proteinartigen, ovulogenen Stoffen in den allgemeinen Kreislauf 
während der Gravidität und mit der Involution des Uterus im Puerperium. Verf. 
.prüfte nun das Verhalten des Kreatinins und Kreatins bei Schwangerschaftstoxikosen 
(Eklampsie, Hyperemesis) mittels colorimetrischer Methode und fand dabei: 1. Das 
Kreatinin war im Harn der untersuchten Schwangeren und Wöchnerinnen erheblich 
vermehrt. 2. Das Kreatin erschien in doppelter Quantität als bei normalen Graviden. 
Verf. sieht als wahrscheinliche Ursache für diese Erscheinungen die Störungen der 
Leberfunktion an, die bei Schwangerschaftstoxikosen vorhanden sind. sSantner. 

White, Clifford: Sodium bicarbonate tolerance in the toxaemias of pregnancy. 
(Natrium bicarbonicum-Toleranz bei Schwangerschaftstoxämien.) Proc. of the roy. 
soc. of med. Bd. 14, Nr. 5, sect. of obstetr. a. gynaecol. S. 234—240. 1921. 

Gestützt auf Sellards Arbeiten über Acidosis bespricht Verf., ohne die deutschen 
Arbeiten von Zweifel und anderen zu erwähnen, die theoretischen Grundlagen dieser 
Störung des Gesamtstoffwechsels, deren Bestehen durch Laboratoriumsversuche (CO,- 
Spannungsverminderung in der Alveolarluft, Blut- und Harnuntersuchungen) und durch 
klinische Erscheinungen nachgewiesen werden kann; zu letzteren gehören die „große“ 
Atmung ohne Cyanose, Acetongeruch in der Atemluft und besonders vermehrte Toleranz 
für NaHCO,, die früher auftritt ale die übrigen Zeichen. Somit kann durch einfache 
NaHCO,-Zufuhr das Bestehen einer Acidosis früher und sicherer festgestellt werden 
als durch die genauesten chemisch-physikalischen Laboratoriumsmethoden. Mit Rück- 
sicht auf die gewöhnlich vorkommende Verbindung von Schwangerschaftstoxämien 
mit Nierenerkrankungen wird betont, daß bei unkomplizierter „parenchymatöser“ 
Nephritis eine NaHCO,-Toleranz von weniger als 10 g besteht. Was darüber ist, kann 
also gegebenfalls auf Acidosis aus anderer Ursache bezogen werden. Die Methode ist 
denkbar einfach: Patientin bekommt abgemessene Mengen (meist 1 Drachme = 3,6 g) 
NaHCO, in bestimmten Zeitabständen (3—4 Stunden); Harnuntersuchung mit Lack- 
muspapier; Aussetzen weiterer Einnahme, bis der alkalisch gewordene Harn wieder 
sauer reagiert. Durchschnittlich vertragen Patientinnen mit Schwangerschaftstoxänie 
45,3 g, Wöchnerinnen ohne klinische Zeichen von ,Toxämie“ dagegen nur 6,8 g, bis 
der Harn alkalisch wird. Der einzig tödlich verlaufene Fall hatte sogar eine Toleranz 
von 120g. Bei drei Nephritisfällen (deren Albuminurie wahrscheinlich schon vor der 
Schwangerschaft bestand und durch die Geburt verschlimmert wurde) betrug die 
NaHCO,-Toleranz durchschnittlich 23 g. Differentialdiagnostisch bewährte sich die 
Methode bei einem Falle scheinbar schwerster Hyperemesis; auf Grund des Toleranz- 
wertes von nur 12 g wurde zugewartet, und es stellte sich nach wenigen Tagen heraus, 
daß das Erbrechen bedingt war durch akute alkoholische Gastritis und Nephritis bei 
Bulbärparalyse. Bei der Behandlung der Acidosis soll wegen der Wichtigkeit der 
Kohlenhydratzufuhr auf strenge Milchdiät verzichtet werden. Verf. empfiehlt 1 Unze 
(28 g) Traubenzucker täglich per os oder per rectum oder eine 2 proz. Lösung intravenös, 
Abführmittel, NaHCO, als Mixtur nach Langdon Brown dreimal täglich, per os, 
mit Orangensirup; bei schwereren Fällen je 1 Drachme NaHCO, alle drei Stunden, 
rectal statt NaCl gleichfalls NaHCO,; in dringlichen Fällen 6 Drachmen NaHCO, auf 
1/1 Wasser intravenös, alle 6 Stunden wiederholt, solange der Harn sauer reagiert 
(bei der Sterilisation für intravenöse Anwendung nicht länger als 10 Minuten zu 
kochen!). Falls Anästhesie erforderlich ist, meide man Chloroform. — In der Dis- 
kussion teilt Lapthorn Smith gute Erfolge mit kleineren NaHCO,-Dosen bei 
Acidosis mit; durch die großen Dosen dürfte es voraussichtlich gelingen, vielen 
Frauen mit schwerer Schwangerschaftstoxämie auf einfachste Weise das Leben zu 


retten. H. H. Schmid 


- Schwangerschaftstoxikose. — Eklampsie. 425 


b) Ekiampsie. 

Oettingen, Kj. v.: Beitrag zur Genese der Schwangerschaftstoxikosen, insbe- 
sondere der Eklampsie. (Univ.- Frauenklin., Heidelberg.) Zentralbl. f. Gynäkol. 
Jg. 45, Nr. 42, S. 1510—1517. 1921. 

In dem Gedanken, daß Übersäuerung der Gewebe zur Quellung und Funktions- 
schädigung der Zellen führe, hat M. H. Fischer (Das Ödem, Dresden, 1920 und Die 
Nephritis, Dresden, 1911) alkalische Lösungen eingeführt. In 2 Fällen, davon einer 
schweren Schwangerschaftsnierenerkrankung, hat v. Oettingen die Fischersche 
Salzlösung (Natriumchlorid : Natriumcarbonat in Aq. dest. 14 : 20 : 1000 bei rectaler, 
14 : 10 : 1000 bei intravenöser Verabreichung) angewandt. Die Besserung der Diurese, 
die danach eintrat, wird mit Kurven belegt. — Hüssy (Schweizer med. Wochenschr. 
1920, Nr. 12) hat proteinogene Amine im Schwangerschaftstoxikosenserum nach- 
gewiesen. Diese Amine wirken antagonistisch gegenüber dem Kalk. Sie entcarboni- 
sieren den Körper und dadurch kann es zur kolloidalen Quellung kommen. Daher 
günstige Wirkung der Kalkzufuhr. Außerdem kommt eine Übersäuerung der Gewebe 
infolge ungenügender Verbrennung in Frage. Hinzelmann (Bonn). 

Zangemeister, W.: Die puerperale Eklampsie. (Univ.-Frauenklin., Marburg a. L.) 
Dtsch. med. Wochenschr. Jg. 47, Nr. 20, S. 549—552. 1921. 

Zange meister entwickelt zusammenfassend seine Anschauung, daß sich der 
Krankheitskomplex des Hydrops gravidarum, der Nephropathie und der Eklampsie 
zurückführen lasse auf eine abnorme Undichtigkeit der Capillarwände. Der Druck im 
arteriellen System braucht noch nicht gesteigert zu sein, der perivasculäre Gewebs- 
druck ist nicht herabgesetzt, die Viscosität des Blutes braucht noch nicht vermindert 
zu sein und trotzdem schon Ödembildung, was nur möglich sei durch eine abnorme 
Durchlässigkeit der Capillarwände. Zuerst treten meist die Folgen in Erscheinung 
an den unteren Extremitäten: Hydrops I. Stadium. Dann folgt die Niere, evtl. mit 
Organschwellung. II. Stadium. Darauf kommt es zur Hirnschwellung, dem III. Sta- 
dium der einen Krankheit. Die Schwellung des Gehirns führt zu Druckerscheinungen 
und zu einer Anämie des Gehirns. Das Gehirn wird zu schlecht durchblutet (Oligämie, 
Dysdiämorrhyse). Kompensatorisch steigt der Blutdruck. Gelingt es der Blutdruck- 
erhöhung, das Gehirn, das durch die Kompression anämisch ist, besser zu durchbluten, 
dann wirkt dies als „postanämischer Reiz“. Dies kann zu Krämpfen führen. „Als das 
lange gesuchte Eklampsiegift ist somit unmittelbar das Wasser anzusehen.“ Die ab- 
norme Durchlässigkeit der Capillaren wird am sichersten durch regelmäßige Wägungen 
der Kranken nachgewiesen. In einer Woche soll eine Schwangere etwa 400 g zunehmen. 
Nimmt sie vielleicht täglich soviel und mehr zu, so ist die Wasserspeicherung klar. 
Damit kann auch eine frühzeitige Prophylaxe einsetzen, die in Fernhaltung aller 
Schädlichkeiten, vor allem in Bettruhe und in Einschränkung der Flüssigkeitszufuhr 
besteht. Im präeklamptischen Stadium evtl. gänzliche Abstinenz, Aderlaß, Lumbal- 
punktion und Veronalnatrium 0,5 g intravenös. Ist die Eklampsie ausgebrochen, 
Fernhaltung aller Reize, möglichst wehenlose Entbindung bei Geburtseklampsien, bei 
Schwangerschaftseklampsien Morphium, Aderlaß, Veronal, wiederholte Lumbalpunktion, 
evtl. Palliativtrepanation. Bei Eklampsien mit schlechtem Puls intravenöse Koch- 
salzadrenalininfusionen und Herzstimulationen und Trepanation. Hinselmann (Bonn). 

Moore, William: Puerperal eclampsia. (Puerperale Eklampsie.) Journ. of the 
Indiana state med. as:oc. Bd. 14, Nr. 9, S. 305—310. 1921. 

Moore glaubt nicht, daß eine spezifische Vergiftung der Eklampsie zugrunde liegt, 
auch nicht, daß die Funktionsstörung eines Organs die Ursache ist; vielmehr soll eine 
gestörte Funktion aller ausscheidenden Organe die Ursache sein. Genannt werden vor 
allem der Darm, die Niere und die Haut. Unsere Einsicht in das Wesen der Krankheit 
ist noch so ungenügend, daß die Behandlung in erster Linie auf der Erfahrung basieren 
muß. Auf die Prophylaxe wird großer Wert gelegt (Regelung der Darmtätigkeit, 
Harnkontrolle, Diät, d. h. Fleisch und Eier verboten). Die ausgebrochene Eklampsie 


426 Pathologie der Gravidität. 


wird am besten sofort entbunden, doch wird vorm accouchement force gewarnt. M. 
glaubt, daß es sich statistisch erweisen lasse, daß der abdominale und vaginale Kaiser- 
schnitt eine schlechtere Mortalität haben als die abwartende Methode. Von Morphium 
hält M. nichts, dagegen rühmt er Norwoods Tinctura Veratri virid. subceutan alle 
2 Stunden 15—25 Minims, d. i. 0,88—1,47 ccm. Es soll den Blutdruck herabsetzen 
und Schweiß treiben. Dieses Mittel sei von einem alten californischen Arzt vor 40 Jahren 
in die Therapie eingeführt. In der amerikanischen Eklampsiekasuistik wird es viel 
genannt (Ref.). Dem Blutdruck wird große Beachtung geschenkt. Zwei Diskussions- 
redner stimmen im wesentlichen bei. Hinselmann (Bonn). 

Moore, William: Puerperal eclampsia. (Wochenbettseklampsie.) Indiana State 
journ. of med. Bd. 14, Nr. 9, S. 305—310. 1921. 

Villanueva, D. Fernando: Ein Fall von puerperaler Eklampsie. Siglo med. 
Jg. 68, Nr. 3521, S. 528—530. 1921. (Spanisch.) 

Bourret: Diagnostie de P’&clampsie. Gaz. des höp. civ. et milit. Jg. 94, Nr. 53, 
S. 838—840. 1921. i 

Bourret: Etude clinique de Péclampsie. (Klinisches Studium der Eklampsie.) 
Gaz. des hôp. civ. et milit. Jg. 94, Nr. 45, S. 713—714. 1921. 

Essen-Möller, Elis: Fortgesetzte Erfahrungen über Eklampsismus und Eklamp- 
sie an der Frauenklinik in Lund. (Ver. f. Gynäkol. u. Geburtsh., Kopenhagen, Sitzg. 
v. 10. XII. 1920.) Hospitalstidende Jg. 64, Nr. 36, S. 36—43. 1921. (Dänisch.) 

Essen - Möller berichtet über die im Jahre 1920 bei Eklampsismus und Eklampsie 
gemachten Erfahrungen. 75 Fälle von Eklampsismus kamen vor. Davon verliefen 
11 Geburten spontan, 64 nach Blasensprengung. Keine Mutter starb, von 82 Früchten 
starben 19 = 23,1%, (darunter 1 Hydrocephalus und 1 Anencephalus). 105 Fälle von 
Eklampsie wurden beobachtet mit 20 Todesfällen = 19%. (In Lund betrug die Sterb- 
lichkeit 1908 9,78%, 1913 13,8%, 1920 19%.) Diese Steigerung beruht nicht auf 
Vermehrung der Wochenbetteklampsien. E.-M. hält es nicht für unmöglich, daß die 
großen chirurgischen Eingriffe (vaginaler Kaiserschnitt) zu eingreifend sind und die 
schlechteren Resultate verursacht haben könnten. Jedenfalls sprechen Bovins und 
Alıns gute Resultate in der südlichen Entbindungsanstalt in Stockholm mit einer 
Sterblichkeit von nur 6—7% , die sie ohne chirurgische Eingriffe erzielt haben, dafür. 
E.-M. sieht es aber nach wie vor für ein wünschenswertes Ziel an, die schwangeren, 
an Eklampsie erkrankten Frauen so schnell als möglich zu entbinden und bei Eklamp- 
sismus die Schwangerschaft zu unterbrechen. Saenger (München). 

..  Essen-Möller, Elis : Fortgesetzte Eklampsiestudien. Svenska läkartidningen 
Jg. 18, Nr. 49, S. 845—852. 1921. (Schwedisch.) 

75 Fälle von „Eklampsismus‘“ mit spontaner Geburt in 11 Fällen, künstlicher in 
64 Fällen. 82 Kinder mit 5,9% Mortalität. Von den Müttern bekamen 7 von den aktiv 
entbundenen, 2 von den spontan entbundenen Eklampsie. Die Unterbrechung der 
Schwangerschaft wurde nur in den drohendsten Fällen ausgeführt, weshalb der Verf. 
sich zu der Annahme berechtigt hält, daß auch die übrigen Fälle demselben Risiko aus- 
gesetzt waren, daß die Gefahr aber durch die Einleitung der Entbindung beseitigt wurde. 
Das Eklampsiematerial besteht aus 105 Fällen; die Mortalität beträgt 19%. Zu drei 
verschiedenen Zeitpunkten, 1908, 1913 und 1920 hat Verf. Zusammenstellungen publi- 
ziert, die Mortalität war 9,76%, bzw. 13,67%, bzw. 19%. Der Verf. hebt hervor, daß 
eine der Ursachen der hohen Mortalität die größere Sterblichkeit an Wochenbetteklam- 
psie (25%, bzw. 22,2%, bzw. 35°, der gesamten Mortalität) ist. Was den Einfluß der 
Behandlung auf die Resultate anbetrifft, so ist eine Untersuchung, ob aktive, ob exspek- 
tative Behandlung vorzuziehen ist, nicht leicht. Verf. hat immer so schnell wie möglich 
entbunden. Spontane Entbindungen: 1908: 28,1%, mit 0%, Mortalität (0 von 10); 
1913: 24,5%, mit 7,7%, (1 von 13); 1920: 22,8%, mit 7,7% (1 von 13). Operative 
Entbindungen: 1908: 71,9%, mit 13.6% Mortalität (3 von 22); 1913: 75,5°, mit 
15%% (6 von 40); 1920: 77,2°, mit 17,6°, (12 von 68). Eigentlich könnte man, wie der 


Schwangerschaftstoxikose. — Eklampsie. 427 


Verf. sagt, hieraus schließen, daß die aktive Therapie die Sterblichkeit steigert, doch 
wäre diese Schlußfolgerung übereilt, denn sie erklärt es nicht, warum unter den aktiv, 
also nach denselben Grundsätzen Entbundenen die Mortalität so verschieden ist, wie 
aus den Zahlen hervorgeht. Eine Analyse der Todesfälle zeigt, daß von 12 operativ 
entbundenen Fällen in 6 der Ausgang unvermeidlich war, daß in 3 Fällen zuerst exspek- 
tativ vorgegangen und dann die Operation ausgeführt wurde, die dann zu spät kam 
und daß schließlich nur in 3 Fällen der Eingriff für den Tod verantwortlich gemacht 
werden konnte. Zum Schluß sagt Verf., daß er künftig versuchen will, den abdominalen 
und den vaginalen Kaiserschnitt ganz aufzugeben. Er hält jedoch daran fest, daß es 
von Wichtigkeit ist, eine Eklampsiepatientin so früh wie möglich zu behandeln und 
die Schwangerschaft in schweren Fällen von ‚„Eklampsismus" vor dem Ausbruch der 
Eklampsie zu unterbrechen. Silas Lindqvist (Södertälje [Schweden)). 

Essen - Möller, Elis: Weitere Eklampsieerfahrungen. Monatsschr. f. Geburtsh. 
u. Gynäkol. Bd. 55, H. 2/3, S. 84—99. 1921. 

Auf Grund der günstigen Erfahrungen Alins und Bovins an dem Eklampsie- 
material der städtischen Entbindungsanstalt in Stockholm mit 6—7% mütterlicher 
Mortalität bei individualisierender, größere Eingriffe vermeidender Behandlung ist 
Essen - Möller geneigt, in Zukunft den abdominalen und vaginalen Kaiserschnitt 
bei Eklampsie einzuschränken oder ganz wegzulassen. Dies ist um so bedeutungsvoller, 
als E.-M. bisher besonders aktiv gewesen ist. Er ist sogar so weit gegangen, in schweren 
Fällen von „Eklampsismus‘ prophylaktisch aktiv zu entbinden, also vor Ausbruch 
der Anfälle. 75 Fälle von Eklampsismus sind behandelt. Elf sind spontan niederge- 
kommen. Bei 64 Fällen ist die Blase gesprengt worden. Keine Mutter ist gestorben. 
Von den 13 spontan geborenen Kindern ist 1 gestorben — 1,6%, von den 69 künst- 
lich geborenen Kindern sind 18 gestorben = 26,08%. Sieben von den aktiv Entbun- 
denen und 2 von den spontan Entbundenen bekamen Eklampsie. E.-M. glaubt, daß 
durch die aktive Prophylaxe die Eklampsie seltener wird. E.-M. berichtet dann 
weiterhin über 105 Eklampsien mit 19% Mortalität der Mütter, 1908 hatte er 9,7%, 
1913 13,6%. Also eine Verschlechterung trotz verschärften aktiven Verhaltens. Diese 
Steigerung der mütterlichen Mortalität kann jedoch nicht ohne weiteres der Therapie 
zur Last gelegt werden, da die Mortalität der Wochenbettseklampsien so gestiegen 
ist, daß hierdurch die Steigerung der Gesamtmortalität erklärt werden könnte. Eine 
kritische Durchsicht der 12 Todesfälle der operativ Entbundenen zeigt, daß ın 6 Fällen 
der ungünstige Ausgang unvermeidlich war, daß in 3 Fällen zu spät operiert wurde 
und daß in 3 Fällen möglicherweise der vaginale Kaiserschnitt die Todesursache war. 
(Erwiesen ist das nach dem, was E.-M. mitteilt, nicht. Ref.) Auf einige Einzelfragen, 
wie der Begriff des Eklampsismus, Aderlaß, Lumbalpunktion, ist in der Arbeit noch kurz 


eingegangen. Hinselmann (Bonn). 
Zangemeister, W.: Die Prophylaxe der Eklampsie. Zentralbl. f. Gynäkol. 
Jg. 133. 1921. 


Zange meister hat 1911—1915 unter 1142 Graviden, die über 8 Tage im Hause 
waren, 8 Eklampsien gehabt, 1916—1920 unter 950 nur eine. Er führt dies darauf 
zurück, daß seit 1915 bewußt Prophylaxe getrieben ist und glaubt die allgemeine Ab- 
nahme der Eklampsiefälle nicht dafür verantwortlich machen zu sollen. Von den Nieren- 
fällen bekamen 1911—-1916 43%, Eklampsie, 1917—1920 25%. Unter Prophylaxe ver- 
steht Z., daß man alle die Schwangeren, die stärker geschwollen sind oder bei der regel 
mäßigen wöchentlichen Gewichtskontrolle eine stärkere Gewichtszunahme haben, liegen 
läßt und in der Nahrungszufuhr, besonders der flüssigen, beschränkt. Wichtig ist auch 
die regelmäßige Blutdruckmessung. Werte über 135 mm Hg hält Z. für abnorm. Die 
Capillarundichtigkeit soll die Quelle des pathologischen Prozesses sein. Ob sie durch 
Toxine bedingt ist, läßt Z. unentschieden. Die Arbeit enthält eine ausführliche 
Darstellung seiner theoretischen Anschauungen, die im Original nachgelesen werden 
müssen. Hinselmann (Bonn). 


428 Pathologie der Gravidität. 


Young, James and Douglas A. Miller: Further observations on the etiology 
of eclampsia and the pre-eclamptie state. (Weitere Beobachtungen über die Ätio- 
logie der Eklampsie und den voreklamptischen Zustand.) Brit. med. journ. Nr. 3144, 
S. 486—490. 1921. 

Durch die Zottennekrobiose bei Entstehung der Placentainfarkte sollen toxisch 
wirkende Stoffe ins Blut kommen. Diese sollen vielleicht durch Schädigung der Zellen 
der Leber oder auch anderer Organe und dann durch deren Zerfallsprodukte zur 
Eklampsie führen. Zu der Annahme dieser indirekten Wirkung der Placentagifte 
greifen Verff. mit Rücksicht auf die Wochenbettseklampsie. Sie sind der Meinung, 
daß jetzt das Sekundärgift wirkt und jetzt der Anfall ist. Daß einmal gesetzte primäre 
Giftwirkungen und dadurch bedingte Funktionsänderungen noch längere Zeit nach- 
wirken können, wird nicht diskutiert. Sie glauben, daß das Placentagift die Leber- 
zellen töte und daß bei dem Zerfall dieser Zellen nach einer verschieden langen Zeit, 
auch post partum, die Eklampsie entstehen könne. So könne auch der wechselnde 
Einfluß der Entbindung verstanden werden. Auch wenn der Uterus leer sei, könne der 
Zerfall der zum Absterben gebrachten Parenchymzellen nachwirken. Deshalb wirke 
die an und für sich so ideale Therapie der sofortigen Entbindung eben so säufig nicht. 
Brüske Maßregeln sind zu unterlassen. Das Zustandekommen der Infarkte wird teils 
auf Lösungen der Placenta, teils auf Veränderungen der Gefäße der Decidua basalıs 
zurückgeführt. Hinselmann (Bonn). 

Liepmann, Wilhelm und Ernst Schulz: Neue Ergebnisse zur Placentar- und 
Eklampsieforschung. (Pathol. Inst., Univ. Berlin.) Dtsch. med. Wochenschr. Jg. 47, 
Nr. 47, S. 1417—1418. 1921. 

Mit dem Durchblutungsapparat von Wohlgemuth wurde die menschliche Placenta 
bei Körpertemperatur mit verschiedenen Lösungen durchspült. 1. 1%, Dextroselösung 
verlor 1/,—1/;, des Zuckers. 2. 1%, Caseinlösung mit 3,57—83,99 mg N (Kjeldahl) 
hatte nach der Durchströmung nur noch 2,73—3,01 mg N. 3. Kuhmilch 1 : 20 verlor 
1/, des Kjeldahl-N. Der Formolstickstoff (Aminosäure), nach Soerensen bestimmt, 
war um 282,5%, vermehrt. Bei Inaktivierung der Placenta (2 Stunden 75°) unterblieb 
diese Veränderung des Eiweiß. 1 Eklampsieplacenta und 2 Placenten von drohenden 
Eklampsien zeigten ein ganz anderes Ergebnis. Der Kjeldahl-N war nicht vermindert, 
sondern vermehrt bis zu 34,9%. Verff. schließen daraus auf einen abnorm starken 
Eiweißabbau. Sie glauben damit nachgewiesen zu haben, daß die Placenta die Ur- 
sprungsstelle des eklamptischen Giftes ist, wo es auf fermenthydrolytischem Wege 
gebildet werde. Sie fordern deshalb ‚bei jeder Ekamptischen oder Eklampsieverdäch- 
tigen‘ die Schnellentbindung. Hinselmann (Bonn). 

Liepmann, W.: Ätiologie und Behandlung der Eklampsie. Zentralbl. f. Gynäkol. 


Jg. 45, Nr. 50, S. 1810—1814. 1921. 

Liepmann gibt eine Übersicht über seine früheren Arbeiten, die bei den Eklampsie- 
bearbeitungen von Seitz und von Zweifel angeblich nicht gebührend verwertet seien. Er 
gibt dann die Ergebnisse seiner Placentadurchblutungen, über die er in der Dtsch. med. 
Wochenschr. 1921, Nr. 47 berichtet hat. Da diese Darstellung bereits referiert ist, verweise 
ich darauf. Hinselmann (Bonn). 


Hofbauer, J.: Zur Klärung der Eklampsiefrage. Zentralbl. f. Gynäkol. Jg. 45, 
Nr. 50, S. 1797—1810. 1921. 

„Der eklamptische Anfall bedeutet gemäß unserer Darstellung den Höhepunkt 
der Hypophysenwirkung auf bestimmte Gefäßbezirke (Gehirn, Leber, Niere, Haut). 
In diesem Satz ist die Tendenz der Arbeit in ihrem theoretischen Abschnitt enthalten. 
Hofbauer glaubt, daß Störungen der inneren Sekretion zu den Angiospasmen führen. 
Er schlägt deshalb therapeutisch das der Hypophyse antagonistisch wirkende Ovo- 
glandol vor. Jede Eklampsiebehandlung solle mit großen Dosen Ovoglandol oder 
Corpus luteum-Präparaten beginnen. Er ist wie Ref. für eine Kombination von aktiver 
und Stroganoffbehandlung. Die theoretischen Voraussetzungen der Frage der inneren 
Sekretion und die Störungen des Gefäßtonus werden sehr ausführlich besprochen. 


Schwangerschaftstoxikose. — Eklampsie. 429 


H. ist ebenso wie Ref. überzeugt von der großen Bedeutung des erhöhten Gefäßtonus. 
Es ist unmöglich, die ideenreiche Arbeit des außerordentlich belesenen Verf. im einzelnen 
zu referieren. Hinselmann (Bonn). 

Gessner, W.: Warum sind die placentaren Theorien der Eklampsie, speziell 
auch die Lehre Hofbauers von der placentaren Frermentintoxikation, unhaltbar ? 
Zentralbl. f. Gynäkol. Jg. 45, Nr. 13, S. 469—471. 1921. 

Verf. greift die Lehre von der placentaren Fermentintoxikation, die Hofbauer 
aufstellte, an, inden er darauf hinweist, daß es auch beim Tiere zur Eklampsie kommt, 
obgleich beim Homo sapiens allein, im Gegensatz zum Tier, die Chorionzotten allseitig 
in die maternen Blutbahnen tauchen und somit hier nur bei Loslösung der Zotten- 
trümmer deren Fermente direkt ins mütterliche Blut gelangen können, so spricht 
das gleichartige Auftreten der Eklampsie beim Tier schon gegen diese Theorie Hof- 
bauers. Ferner spricht die Tatsache, daß nierenkranke Frauen gerade höchst selten 
an Eklampsie erkranken, dagegen, daß es bei der plötzlichen Fermenteinschwemmung 
zu einer Schädigung der Leber und Nieren kommt, wie es Hofba uers Theorie verlangt. 
Hofbauer selbst wendet neben seinem spezifischen Heilmittel, dem Ovoglandol, 
noch den Aderlaß und die alterprobte Veitsche Eklampsiebehandlung an. Verf. 
glaubt so die Hofbauersche Eklampsietheorie verwerfen zu müssen, ohne jedoch 
eine andere Erklärung selbst zu suchen. Albert Rosenburg (Berlin). 

Zweifel, Erwin: Versuche zur Klärung der fötalen und placentaren Theorie 
der Eklampsie. (Univ.-Frauenklin., München.) Zeitschr. f. Immunitätsforsch. u. 
exp. Therap., Orig. Bd. 31, H. 1, S. 22—49. 1921. 

Zweifel weist in eingehenden Versuchen an Kaninchen und Meerschweinchen 
nach, daß kein Recht besteht, die Eklampsie als anaphylaktische Erscheinung zu 
deuten. Er kann die Beobachtungen von Loche manu und Thies und von Gräfen- 
berg und Thies nicht bestätigen. Auch das klinische Verhalten der Eklampie wird 
dahin charakterisiert, daß es nicht dem Verhalten der Anaphylaxie entspreche. Zw. 
kommt zu dem Schluß: „Die rein spekulativ aufgestellte Theorie der Eklampsie als 
anaphylaktische Reaktion gegen arteigenes, fötales oder placentares Eiweiß muß end- 
gültig fallen gelassen werden.“ Hinselmann (Bonn). 

Fraenkel, Manfred: Die Beziehung der Eklampsie zum endokrinen Drüsen- 
system des Kindes. Zentralbl. f. Gynäkol. Jg. 45, Nr. 26, S. 929—930. 1921. 

Fraenkel hat vor Jahren bei einer Eklampsie im 7. Monat beim Kind eine Vergrößerung 
der Schilddrüse und eine Verkümmerung der Thymus gefunden. Außerdem war der linke 


Arm nur ein Stummel. F. hält es für möglich, daß Störungen der inneren Sekretion verant- 
wortlich sind für die Mißbildung und für die Eklampsie der Mutter. Hinselmann (Bonn). 


Schönfeld, H.: Die Toxizität der Placentalipoide und ihre Rolle in der Ätiologie 
der Puerperaleklampsie. (Vorl. Mitt.) Dtsch. med. Wochenschr. Jg. 47, Nr. 10, 
S. 270—271. 1921. 

Vorläufige Mitteilung von Versuchsanordnung und Versuchsergebnissen, die ausführlich 
im Arch. f. Gynäkol. 115, H. 1, 1921 veröffentlicht sind. Siehe Referat dieser Arbeit S. 143. 

Hinselmann (Bonn). 
Schönfeld, H. E. H., Experimentelle Untersuchungen über die Toxizität von Pla- 

centalipoiden, mit Bezug auf die Ätiogenese der Puerperaleklampsie. (Arch. f. 

Gynäkol. Bd. 115, H. 1, S. 80—125.) 

Vgl. Referat S. 143. 

Greil, Alfred: Entstehung und Behandlung der Eklampsie. Münch. med. 
Wochenschr. Jg. 68, Nr. 30, S. 945—946. 1921. 

Greil geht aus von der Histologie der jungen Trophoblastschale des menschlichen 
Eies. Sobald das Ei mit dem mütterlichen Bindegewebe in Berührung kommt, setzt 
ein mächtiges Wachstum der Außenschicht ein. Die Intensität dieses Wachstums 
soll individuell verschieden sein. In den Epithelformationen treten „unzählige mit 
Eosin und Pikrinsäure färbbare, scharf begrenzte Vakuolen auf (Spongioblast), die 
sich ins mütterliche Blut entleeren...“ Dieses Trophoplasma wird für mannigfache 
pathologische Symptome verantwortlich gemacht unter Berücksichtigung kolloid- 


430 Pathologie der Gravidität. 


chemischer Gesichtspunkte. ‚Die große Häufigkeit des Ausbruches der Eklampsie 
während der Geburt ist wohl eine Folge der Massenentleerung von Vakuolen während 
der Preßwehen.“ Das Kind kann leiden durch placentaren Übertritt angehäufter 
intermediärer Eiweißspaltprodukte von Antigencharakter. G. glaubt auch Prophy- 
laxe treiben zu können. Er will schon frühzeitig die Störung einer Balance zwischen 
Epithel und Stroma, des artspezifischen Gleichgewichts der Elektrolyte, der Intensität 
der Gykoproteidsynthese durch die verschiedensten Untersuchungen erkennen und ein- 
dämmen können. Das Wie, möge aus der Arbeit ersehen werden. Hinselmann (Bonn). 

Zacherl, Hans: Ein Beitrag zur Klinik und Therapie der Eklampsie. (Umiv.- 
Frauenklin., Graz.) Arch. f. Gynäkol. Bd. 115, H. 2, S. 264—282. 1921. 

Zacherl glaubt, daß nur das Ergebnis der Sektion zu der Diagnose Eklampsie 
ohne Krämpfe berechtige, nicht aber die klinische Beobachtung. Den 38 derartigen 
Fällen Ranzels (Zeitschr. f. Geb. u. Gyn. 82, H. 2) fügt er 2 neue Fälle hinzu. 

1. 29jährige II-Para, Mens. X, Alb. 5, Vera 7 cm. Es soll der Kaiserschnitt in Lumbal- 
anästhesie gemacht werden. 0,07 g Tropacocain werden mit dem aspirierten Liquor gemischt 
und injiziert. Zwischen 3. und 4. Lendenwirbel. Horizontallagerung. 5 Minuten später Kollaps 
mit blitzartigen muskulären Zuckungen um den Mund. Trotz Campher und Coffein sofortiger 
Exitus. Kaiserschnitt an der Toten. Lebendes Kind von 3200 g und 48cm. Pathologisch- 
anatomischer Befund: Nekrosen und Hämorrhagien in der Leber und geringe parenchymatöse 
Nephritis. Eine Blutung ins Gehirn wurde nicht gefunden. Diagnose: Eklampsie. Zacherl 
meint, daß der Todesfall nicht der Lumbalanästhesie zur Last zu legen ist. 2. Hausschwangere, 
Mens. X. 28. II. Alb. + (schwach). 8. III in der Geburt: Die Frau .war vorübergehend recht 
blaß und leicht cyanotisch. Temperatur 38,9. Beckenausgangsforceps. 10 Minuten danach 
Kollaps. Trotz Campher 2 Stunden später Exitus. Autopsie: Eklamptische Veränderungen 
in Leber und Niere. Vom Gehirn ist nichts gesagt. Uterus o. B. Z. berichtet dann noch über 
einen weiteren Fall, wo die Angehörigen keine Krämpfe beobachtet haben. Die Frau war 
komatös und ist dann trotz Stroganoff und zweimaligem Aderlaß gestorben und zwar unent- 
bunden. Die Sektion ergab die für die Eklampsie charakteristischen Parenchymveränderungen. 
Z. berichtet anschließend über das Eklampsiematerial der Grazer Klinik von 1903 bis 1920. 
Es sind 188 Fälle auf 32 700 Geburten = 0,57%. 59 davon sind Hausschwangere. I-Parae 145, 
— -Parae 19, Multiparae 24. 15 Mehrlingsgeburten = 7,9%, Schwangerschaftseklampsien 23, 
Geburtseklampsien 128, Wochenbettseklampsien 37. Mortalität der Kinder 204 : 68 = 33,3325. 
Mortalität der Mütter = 20,7%. Schwangerschaftseklampsien 30,4%, Geburtseklampsien 
22,6%, Wochenbettseklampsie 8,1%. Gereinigte Gesamtmoratlitätsziffer 16%. Trennt man 
die Berichtzeit in zwei Hälften, so ergibt sich für 1903—1910: mütterliche Mortalität 21,7%, 
kindliche Mortalität 43,6%; 1911—1920: mütterliche Mortalität 12 7%, kindliche Mortalität 
27%. Also sowohl für die Kinder, als auch für die Mütter ist in der zweiten Hälfte eine Besserung 
eingetreten. Die Klinik ist in dieser Zeit weniger aktiv vorgegangen, etwa der Engelmann- 
schen mittleren Linie entsprechend. Hinselmann (Bonn). 

Hirst, Barton Cooke: The etiology and treatment of eclampsia. (Ätiologie 
und Behandlung der Eklampsie.) New York med. journ. Bd. 114, Nr. 7, S. 377 
bis 379. 1921. 

Die Quelle des Giftes ist hauptsächlich die Frucht, bis zu einem gewissen Grade 
auch die Placenta. Der Stoffwechsel all dieser Zellen überlastet die mütterlichen 
Organe, die genug mit dem Stoffwechsel des mütterlichen Organismus zu tun haben. 
Bei Eiweißkost, schlecht funktionierender Haut und Darmträgheit wird es um so leichter 
zu Störungen kommen. Deshalb ist bei Schwangeren durch eiweißarme Kost, Haut- 
pflege und Anregung von Darm und Leber Vorsorge zu treffen. Als erstes ist bei jeder 
Eklampsie der Magen auszuspülen und ein Purgativum zu instillieren (Ol. castor. mit 
2 gtt. Ol. Croton). Kann die Patientin schlucken, außerdem Abführmittel per os (Epsom- 
salz alle !/, Stunden bis zu 2 Unzen insgesamt). Bei reichlichem Ödem Jalappe. Dann 
Reinigungseinlauf. Nur bei heftigen und häufigen Anfällen Morphium. Hirst ist kein 
Freund von Narkoticis. Die Erfolge der Stroganofftherapie (8,9%, bei 829 Fällen) 
erscheinen ihm nicht zwingend. Er weist darauf hin, daß die Therapie manchmal doch 
auch wieder gänzlich im Stich lasse. Die Hypertonie ist zu bekämpfen durch Schwitzen, 
Veratrum viride und nachfolgend 1/10 g Nitroglycerin alle 4 Stunden. Bei einem Blut- 
druck von 180 (Apparatur?) Aderlaß. Blasensprengung hat in einem Fall den Blut- 
druck von 236 auf 136 herabgedrückt. Bei weichem Puls Vorsicht. Exeitantien. Auf 


Schwangerschaftstoxikose. — Eklampsie. 431 


Grund der Erwägung, daß die Schwangerschaft die Ursache der Störung ist und daß 
die Entbindung manchmal prompt wirkt, hat H. immer wieder von neuem versucht, 
durch die sofortige Entbindung bessere Ergebnisse zu bekommen. Aber das Gegenteil 
war der Fall. Jedesmal stieg die Mortalität. Ruben Peterson hat mehr als 1000 Fälle 
zusammengestellt, um die gute Wirkung der sofortigen Entbindung zu erweisen. Aber 
die Übersicht gab die hohe Mortalitätsziffer von über 25%. Deshalb geht H. jetzt so vor: 
Alle Fälle werden nach seiner Art behandelt. Macht die Geburt keine Fortschritte und 
verschlechtert sich der Zustand, dann Kaiserschnitt. ‚Obwohl für die schlechtesten 
Fälle reserviert, hat der Kaiserschnitt doch zusammen mit den präliminarischen Maß- 
nahmen überraschend gute Resultate ergeben.“ 89 Fälle hatten eine mütterliche 
Mortalität von 21,3%; post partum 19%; ante partum 22%. Kindliche Mortalität 36%. 
14 Kaiserschnitte mit 14%, mütterlicher Mortalität und 34% kindlicher Mortalität. 
3mal vaginaler Kaiserschnitt: 33%, mütterliche Mortalität, 66% kindliche Mortalität. 
Spontan- oder Forcepspartus 37 Fälle: 19%, mütterliche Mortalität, 35% kindliche 
Mortalität. 4 Fälle starben 1 Stunde nach der Aufnahme. Nach Abzug dieser Fälle 
bleibt eine Gesamtmortalität von 15%, besser als die anderer amerikanischer Autoren. 
So hatte das Sloane Maternity Hospital in New York bei 251 Fällen 28,3%, Mortalität. 
Die 14 Kaiserschnitte sind bis auf 2 geheilt entlassen. Ein Fall starb 2 Wochen post 
operationem an einer Staphylokokkämie, der andere an einer Aspirationspneumonie 
3 Wochen post operationem. Beide Todesfälle will der Autor dem Kaiserschnitt nicht 
zur Last legen. Er schließt vielmehr ausdrücklich, daß kein Fall dem Kaiserschnitt 
erlegen ist und daß in allen Fällen die Eklampsie abgeklungen sei, obwohl es sich um 
ausgesucht schwere Fälle gehandelt habe. Hinselmann (Bonn). 

Paramore, R. H.: Eclampsia and its incidence. (Die Eklampsie und ihre Ursachen.) 
Lancet Bd. 201, Nr. 1223, S. 1147—1150. 1921. 

Im Gegensatz zu der Youngschen Anschauung, daß Placentarnekrosen die Quelle 
des eklamptischen Giftes seien, glaubt Paramore, daß vielmehr die eklamptischen 
Veränderungen des mütterlichen Organismus das Toxin liefern. Die Organverände- 
rungen gingen der Eklampsie voraus und könnten so sehr wohl ursächlich herangezogen 
werden. Es frage sich jetzt, wie die Veränderungen des mütterlichen Organismus selbst 
zustande kommen. Die Nekrose der Organe sei durch Ischämie zu erklären. Diese 
Ischämie komme zustande durch einen Verschluß der Capillaren. Dieser sei auf einen 
erhöhten intraabdominalen Druck zurückzuführen. P. führt folgende Beobachtung an: 
Eine komatöse Eklamptica wurde auf die linke Seite gelegt. Der Rectaldruck war 
28 mm Hg (bei Nichtschwangeren 6 mm). Auf dem Rücken liegend, war der Druck 
35 mm Hg (bei Nichtschwangeren 10 mm). Es wurden die Bauchdecken zum Kaiser- 
schnitt eröffnet: Der Druck fiel auf 30 mm. Das Kind wurde entfernt: der Druck ging 
auf 10 mm herunter. In der Geburt steige der intraabdominale Druck periodisch sehr 
beträchtlich: Es sei deshalb verständlich, daß durch die Geburt die Prädisposition zur 
Eklampsie gegeben sei. Die Störungen der Capillarströmungen müßten sich besonders 
bemerkbar machen in der Leber und Niere mit der Hintereinanderschaltung von zwei 
Capillarsystemen. (Daß auch an Stellen, die dem intraabdominalen Druck entzogen 
sind, wie z. B. am Fingernagelfalz, die Capillarströmung verändert ist, ist P. offenbar 
unbekannt. Ref.) Hinselmann (Bonn). 

Schiller, Hans: Beiträge zur Frage der Eklampsiebehandlung. (Wöchnerinnen- 
heim, Nürnberg.) Med. Klinik Jg. 17, Nr. 12, S. 340—344. 1921. 

37 Fälle, davon 4 Wochenbettseklampsien mit 1 Todesfall. 12 forciert Entbundene 
(darunter einmal hohe Zange bei nicht erweitertem Muttermund) mit 3 Todesfällen. 7 Kinder 
tot. 19 schonend Entbundene mit 9 Spontangeburten und 10 Zangen mit 2 toten Müttern 
und 4 toten Kindern. Einmal Sectio in mortua. Ausführlich wird über eine Schwangerschafts- 
eklampsie berichtet, deren Eklampsie unter Stroganoffaderlaß abklang, nach einigen Tagen 
rezidivierte, um wieder auf die gleiche Behandlung zurückzugehen. Etwa 3 Wochen später 
spontane Geburt ohne Rückfall. Mutter und Kind gesund entlassen. Schiller weist darauf 


hin, daß zwischen Eklampsie und Geburt die Frau immer noch 1—3°/»œ Eiweiß hatte, daß 
somit „die Krankheit nicht beseitigt war“. Hinselmann (Bonn). 


432 Pathologie der Gravidität. 


Gessner, Wilhelm: Zur Prophylaxe und Therapie der Eklampsie und Urämie. 
Zentralbl. f. Gynäkol. Jg. 45, Nr. 37, S. 1324—1330. 1921. 

Gess ner betont die große Bedeutung der Blutdruckmessungen. Er weist darauf hin, 
daß eine Behinderung des Harnabflusses eine Steigerung des Blutdrucks hervorrufen 
kann und glaubt, daß dieses Moment bisher nicht genügend berücksichtigt sei. Die 
Behinderung des Abflusses liegt bei Eklamptischen nicht nur in den ableitenden Harn- 
wegen, sondern auch in der Niere selbst. Da ist sie bedingt durch einen Krampf im 
gesamten Capillargebiet der Nierenarterien. Nur schnellste Entbindung kann das 
Höchstmöglichste aus den Eklampsiefällen herausholen. Bleibt die Hypertonie im 
Wochenbett bestehen, muß rechtzeitig an eine Dekapsulation gedacht werden. Vor der 
Entbindung ist sie nicht angebracht. 4,5proz. Traubenzuckerklysmen Y/,stündlich 
200 ccm zuerst, dann 100 ccm evtl. mit 10 Tropfen Opiumtinktur werden empfohlen. 
Prophylaktische Digitalisierung ist erforderlich. Hinselmann (Bonn). 


Boije, ©. A.: Ein Beitrag zur Frage der Eklampsiebehandlung. Finska 
läkaresällskapets handlingar Bd. 63, März-Aprilh., S. 126—144. 1921. (Schwedisch.) 

Verf. tritt, wenigstens theoretisch, für aktive Therapie ein, da sie am besten begründet 
ist. Er betont, daß es mißlich sei, auf Grund der bisher vorliegenden Statistiken sich ein Urteil 
zu bilden über den Wert der verschiedenen Behandlungsmethoden. Heutzutage gebe es wohl 
kaum mehr ein Material, welches ausschließlich aktiv oder ausschließlich exspektativ behandelt 
worden wäre. Da ferner eine einheitliche Behandlung des Materials beansprucht werden 
müsse, biete es Schwierigkeiten dar, eine brauchbare Sammelstatistik zusammenzubringen, 
der einzelne Arzt aber verfüge nicht über eine hinreichend große Anzahl von Fällen. Hierzu 
komme schließlich noch, daß die einzelnen Fälle, nicht nur innerhalb der Statistiken verschie- 
dener Verfasser, sondern auch an verschiedenen Orten, so verschiedener Natur seien. Eine 
individualisierende, kombinierte, möglichst aktive Behandlung hält der Verf. für am besten 
geeignet, ein günstiges Resultat herbeizuführen. Der Verf. selbst verfügt über 67 nach diesem 
Grundsatze behandelte Fälle. Die Mortalität ist für die Mütter 8,9%, für die Kinder 15,4% 
(reduziert 11,19%). Der Prophylaxe sollte, nach der Meinung des Verf., die größte Sorgfalt 
zugewendet werden. Silas Li 

Hugel: Zur Behandlung der Eklampsie mit hochprozentiger Zuckerlösung. 
Münch. med. Wochenschr. Jg. 68, Nr. 29, S. 916—917. 1921. 

Intravenöse 10 proz. Rohrzuckerlösung, 500—1000 g, hat in 3 schweren Fällen guten 
Erfolg gehabt. Hinselmann (Bonn). 

Brindeau, A.: La decortication rénale dans l’6clampsie. (Nierendekapsulation 
bei der Eklampsie.) Gyn£col. et obstetr. Bd. 3, Nr. 4, S. 275—276. 1921. 

Auf Grund der günstigen Erfahrungen mit der "Nierendekapsulation bei internen Nephri- 
tiden sollte sie auch bei der Eklampsie erneut geprüft werden. Sie kommt aber nur nach der 
Geburt in Frage, wenn die Anurie 24 Stunden p. part. noch anhält. Die Dekapsulation muß auf 
beiden Seiten gemacht werden. Lubbert hat kürzlich 2 günstige Fälle gehabt. Hinselmann. 

Gessner, Wilhelm: Die badische Eklampsiestatistik für das Jahr 1919 im Lichte 
der Diätetik. Zentralbl. f. Gynäkol. Jg. 45, Nr. 50, S. 1814—1817. 1921. 

Daraus, daß 1919 in Baden wieder 1,5 Eklampsien auf 1000 Geburten entfallen, 
statt 0,6 1918 und 0,8 1917, daß somit wieder Vorkriegswerte erreicht sind, schließt 
Gessner, daß seine Ansicht bestätigt sei, daß außer der knappen Kost intensive Arbeit 
der Eklampsie vorbeuge. 1919 sei die Kost noch knapp gewesen. Nur Fett, das ge- 
fährlichste, habe es wieder reichlicher gegeben. Vor allem hätten die Frauen nicht mehr 
so zu arbeiten brauchen. Deshalb habe er für 1919 eine Zunahme der Eklampsie 
erwartet und das sei ja auch eingetreten. Hinselmann (Bonn). 


Zöllner, Erich Ludwig: Über das Auftreten von Stauungsblutungen bei 
Schwangerschaftsniere und Eklampsie.. (Univ.-Frauenklin., Hamburg.) Zentralbl. 


f. Gynräkol. Jg. 45, Nr. 31, S. 1097—1099. 1921. 

Zöllner hat mit der Manschette des Riva-Rocci am Oberarm 5—10 Minuten unter 
dem diastolischen Blutdruck gestaut. Bei 30 normalen Hochschwangeren traten dann zweimal 
Petechien in der Ellenbeuge auf, bei 24 gesunden oder gynäkologisch Nichtschwangeren vier- 
mal. Ganz anders war dies bei nierenkranken Schwangeren. In 50% der 15 Fälle war hier 
dieses Rumpel-Leedesche Phänomen positiv. Bei 12 Eklampsien wurde es ebenfalls ge- 
prüft. 9 Fälle = 75°, waren positiv. Dies zeigt deutlich die Gefäßschädigung bei diesen 
Kranken, Hinselmann (Bonn). 


Schwangerschaftstoxikose. — Eklampsie. 433 


Gessner, W.: Die Blutdrucksteigerungen bei Eklampsie. Zentralbl. f. Gynäkol. 
Jg. 45, Nr. 24, S. 847—852. 1921. 

Es muß zwischen einer idiopathischen und symptomatischen Hypertonie bei 
Schwangeren unterschieden werden. Die idiopathische Hypertonie ist bei nieren- 
gesunden oder leicht nierenkranken geschwollenen Schwangeren zu finden. Sie kommt 
durch Hypersekretion der Nebennieren zustande infolge des intraabdominalen Über- 
drucks. Unter symptomatischer Hypertonie ist die Blutdrucksteigerung bei Eklampsie 
zu verstehen. Die Dislokation des Blasenbodens soll zur Dehnung der betreffenden 
Teile führen und zu Sphincter urethrae-Krampf. Die Spannung pflanzt sich auf die 
Ureteren, ja auf die Nieren fort. ‚‚Können die beiden Nieren aber wegen stark ent- 
wickelter Fettkapsel ... dem in der beiderseitigen Uretermuskulatur herrschenden 
Spannungszustande nicht Folge leisten, so muß es bei der eigentümlichen Gefäßanord- 
nung in diesen Organen zu Zirkulationsstörungen, zu Gefäßkrampf und schließlich 
zu völliger Anurie kommen.“ Eine besondere Reizbarkeit des Vasomotorensystems 
wird für erforderlich gehalten. Bei nierenkranken und eklamptischen Schwangeren 
sind fortlaufende Blutdruckmessungen ebenso erforderlich wie Temperaturmessung 
bei Fiebernden — ein Satz, den man wohl unbedingt unterschreiben kann (Ref.). 

Hinselmann (Bonn). 

Pal, J.: Über renale Gefäßkrisen und den eklamptischen Anfall. (Allg. 
Krankenh., Wien.) Med. Klinik Jg. 17, Nr. 4, S. 93—97. 1921. 

Unter Gefäßkrisen versteht Pal plötzliche Tonusänderungen der Gefäße. Dieser 
Angiospasmus kann ein oder mehrere Organe synchron oder nacheinander befallen. 
P. unterscheidet pektorale, abdominale, cerebrale oder Extremitätenkrisen. Es kann 
aber auch der ganze Organismus befallen sein, allgemeine große Gefäßkrisen. Von be- 
sonderer Bedeutung ist der ausgedehnte Splanchnicusbezirk. Hier ist eine Zweiteilung 
erfolgt: 1. Das gastro-enterohepatische Gebiet, 2. Niere + Nebenniere. Ist der ganze 
Organismus befallen, so zeigt sich das an der Steigerung des Blutdrucks. Mit be- 
sonderem Nachdruck weist P. darauf hin, daß die Niere isoliert dem Angiospasmus 
unterliegen kann. Er belegt das mit sehr lehrreichen, der internen Medizin entnom- 
menen Krankenbeobachtungen. Für uns Geburtshelfer ist von besonderer Bedeutung, 
was P. über die allgemeinen Gefäßkrisen sagt. Er bespricht die akute eklamptische 
Urämie (Volhard) und die geburtshilfliche Eklampsie. Mit einer Schlackenretention 
haben diese Erscheinungen nichts zu tun. Das Gemeinsame ist der akute Anstieg 
des Blutdrucks. Infolgedessen kommt es zu einer passiven arteriellen Hyperämie 
des Gehirns. mit Steigerung des Hirn- und Liquordrucks mit Kopfschmerz, Erbrechen, 
Schwindel. Weiterhin kann es zur Amaurose und zum Krampfanfall kommen. Früher 
oder später kann sich ein Ödem des Gehirns entwickeln. Versagt der linke Ventrikel, 
kommt es zur Dyspnöe und zum Lungenödem und die cerebralen Zeichen können 
zurücktreten. Eben wegen des besseren Herzens Jüngerer kommt es bei ihnen leichter 
zur Eklampsie (? Ref.). P. spricht sich dagegen aus, daß etwa Hirnödem den Krampf- 
anfall hervorruft. Der akute Anstieg des Blutdrucks ruft in den cerebralen Arterien 
einen Krampf hervor (umgekehrt meines Erachtens. Ref.). Unter Hinweis auf die 
Bleieklampsie macht P. den Gefäßkrampf für die Ausfalls- und Krampferscheinungen 
verantwortlich. Bei Gebärenden kann durch die Wehen der Blutdruck steigen und so 
besonders zur Eklampsie disponieren (über den durch dies Wesen gesteigerten Angio- 
spasmus. Ref.). P. weist sehr instruktiv nach, daß sich die Niere zumeist nicht oder 
wenig an der Gefäßkrise beteiligt. Therapeutisch ist die Herabsetzung des Blutdrucks 
erste Parole (meines Erachtens des pathologisch erhöhten Widerstandes. Ref.). Der 
Aderlaß hat ebenso wie die Gefäßmittel nur beschränkte Wirkung. Über die Art, 
wie die Gefäßkrisen sich entwickeln, haben wir noch keine Kenntnis. (Hier liegt meines 
Erachtens ein zentrales Problem vor. Ref.) Hinselmann (Bonn). 

Hingston, C. A. F.: The necessity for the reduction of blood -pressure in 
eclampsia. (Der während der Eklampsie erhöhte Blutdruck muß herabgesetzt 


Jahresbericht f. d. ges. Gynäkologie 1921. 28 


434 Pathologie der Gravidität. 


werden.) Proc. of the roy. soc. of med. Bd. 14, Nr. 5, sect. of obstetr. a. gynaecol. 
S. 240—244. 1921. 

Hingston hat während der Leitung der großen Frauenklinik in Madras (Vorder- 
indien) (2500 Geburten jährlich) 30 Eklampsien im Jahr beobachtet und ist zu folgenden 
Feststellungen gekommen: 1. Die Hypertonie ist eine sehr ernste Komplikation und 
in den meisten Fällen nachzuweisen. 2. Der Blutdruck muß in all diesen Fällen — 
auch bei drohender Eklampsie — auf 120 mm herabgedrückt werden. 3. Zuweilen 
steigt der Blutdruck nach der Entbindung, auch bei Fällen, die vorher symptomlos 
waren. 4. Auch post partum muß der Blutdruck heruntergehalten werden. 5. Der 
Blutdruck ist durch den Aderlaß herunterzudrücken. 6. und 7. Sobald die Eröffnung 
vollständig ist, muß entbunden werden. Von 64 Eklampsien wurden 51 hypertonische 
Eklampsien mit Aderlaß behandelt. Mütterliche Mortalität ca. 12%, (besser als früher). 
Kindliche Mortalität 60%, (ohne Abzug). 7 hypertonische Eklampsien wurden sofort 
entbunden. 0% Mortalität der Mütter. 1 Kind tot. 3 Eklampsien wurden moribund 
eingeliefert. 3 Eklampsien hatten keinen erhöhten Blutdruck. Kein Aderlaß. Mutter 
und Kinder leben. Von den 64 Eklampsien waren 43 Primiparae, 24 Multiparae. Nach der 
Entbindung hörten die Anfälle auf oder wurden zum mindesten günstig beeinflußt. 
Der Blutdruck fiel in allen Fällen. In 17 Fällen aber setzte bald wieder ein Anstieg 
des Blutdrucks ein. Der Aderlaß ist hier erforderlich. Er wirkt günstig auf die An- 
fälle, das eklamptische Fieber und Lungenödem. Jede Stunde wird der Blutdruck 
gemessen. Steigt er nach einem Aderlaß von neuem, wird wieder Blut abgelassen, 
bis der Druck auf 100 mm heruntergeht. (Apparatur?) Einmal wurde er sogar auf 85 
(11/3 1 Blut) heruntergedrückt ohne einen nachteiligen Einfluß. Der höchste Blut- 
druck war 170 mm. H. ist kein Freund des Accouchement force, auch nicht des Kaiser- 
schnitts, obwohl er zugibt, daß wohl manche Frau dadurch gerettet werden kann. 
Er glaubt das gleiche durch den Aderlaß erreichen zu können. In der Diskussion 
ist Donaldson gegen das Regime von H. Er hält die Hypertonie für günstig. Er 
ist Anhänger der sofortigen Entbindung, auch mittels des Kaiserschnitts. 

Hinselmann (Bonn). 


Silvestrini, Luigi: Il salasso nella cura dell’eclampsia in puerperio. (Der Ader- 
laß in der Behandlung der Wochenbettseklampsie.) (Osp. civ., Mirandola.) Gazz. 
internaz. di med., chirurg., ig, ete. Jg. 26, Nr. 24, S. 227—230. 1921. 


Silvestrini berichtet über zwei schwere Wochenbettseklampsien, die nach Versagen 
der Hypnotica durch abundante Aderlässe geheilt worden sind. Dem einen Fall, I puerpera, 
wurden 21, dem anderen Fall, XIII puerpera, etwa 1200 g Blut entzogen. S. bespricht dann 
die verschiedenen Behandlungsmethoden. 1. Lumbalpunktion, evtl. mit anschließender In- 
jektion von 25%, Magnesiumsulfat nach Anzi Murray zur Beruhigung des Nervensystems. 
Günstige Einwirkung ist nicht zu bezweifeln. Jedoch ist diese Behandlung rein symptomatisch 
und einseitig. Es handelt sich um eine Toxämie. Deshalb muß aufs Gefäßsystem oder die 
Niere eingewirkt werden. Indirekt kann man so auch das Nervensystem beeinflussen. 2. Der 
Aderlaß wirkt durch Entlastung des venösen Systems. So können z. B. die Nieren abschwellen 
und ihre Funktion wieder aufnehmen. Anschließende subcutane oder intravenöse Infusionen 
können weiter entgiftend wirken. Die Hauptsache ist aber die „Dekongestionierung‘‘. Blair 
Bell (Brit. med. Journ. 5, 8. 1920) hat an den Aderlaß eine Bluttransfusion von 500 ccm 
(vom Mann) angeschlossen, um zu entgiften. (Um die Mitte des vorigen Jahrhunderts schon 
von einem deutschen Geburtshelfer gemacht [Ref.]). S. macht auf die Kautelen aufmerksam, 
die eine Transfusion erfordert und bezweifelt die Beweiskraft des Bellschen Falles. Es 
kann nach Aderlässen eine Spätwirkung einsetzen, die dann fälschlich der Transfusion 
zugute geschrieben wird. 3. Die Nierendekapsulation. Er hält sie für gefährlich bei den 
toxämischen Kranken und zuweilen für unnötig. Aber es gibt verzweifelte Fälle, wo auch 
dieses Mittel angewendet werden kann. aber nur bei vollster Beherrschung der Technik. 

Hinselmann (Bonn). 


Nevermann, Hans: Wie wirkt der Aderlaß bei Eklampsie. (Univ.-Frauenklin., 
Hamburg - Eppendorf.) Zentralbl. f. Gynäkol. Jg. 45, Nr. 17, S. 609—612. 1921. 


Während Nevermann anfangs keinen deutlichen Einfluß von Blutentziehungen 
auf die Capillarströmung feststellen konnte, ist es ihm späterhin möglich gewesen, 


Schwangerschaftstoxikose. — Eklampsie. 435 


Besserungen der Capillarströmung nach Aderlaß zu beobachten. Er beschreibt einen 
Fall von schwerer Nierenerkrankung, wo vorherige stundenlange Beobachtung völliges 
Stagnieren des Blutes ergab, wo auch Ovoglandol 1 ccm intravenös keine sichere Wirkung 
hatte. Schon nachdem 30 ccm Blut abgelassen waren, kam die Strömung in Gang. 
Nachdem 300 ccm entnommen waren, war die Strömung körnig mit kurzen vorüber- 
gehenden Stasen. Der Blutdruck blieb um 200. Erst nach der Geburt sank er auf 
120—150. Klinisch hatte der Aderlaß günstig gewirkt. Daß der Aderlaß durch Ent- 
giftung wirkt, wird abgelehnt. Hinselmann (Bonn). 


Rucker, M. Pierce: The behavior of the uterus in eclampsia: A case report. 
(Das Verhalten des Uterus während der Eklampsia. Bericht über einen Fall.) 
Americ. journ. of obstetr. a. gynecol. Bd. 2, Nr. 2, S. 179—183. 1921. 


Der Uterusbinnendruck stieg in einem Eklampsiefall während des Anfalles be- 
trächtlich an bis auf 162 mm Hg. Während eines Anfalles, der nur die Gesichtsmusku- 
latur betraf, war keine Druckerhöhung nachzuweisen. Daß die Erhöhung des Uterus- 
binnendruckes rein passiv durch die Aktion des Zwerchfelles und die Kontraktion 
der übrigen willkürlichen Muskeln erfolgt, weist Rucker dadurch nach, daß er bei 
einer anderen Kreißenden während des Brechens den Inhaltsdruck bestimmt. Auch . 
hier die gleiche Erhöhung. 


Der Fall bietet theoretisch wie therapeutisch bemerkenswerte Einzelheiten: 42jährige 
I-Gr. mens. VIII., mäßige Schwellung der Füße. Blutdruck 150/90. 2 Wochen später, 2. VIII., 
Blutdruck 120/80. Albumen —. 17. VIll. 6 Pfund Gewichtszunahme. Beine bis zum Knie 
geschwollen. Blutdruck 180,90. Albumen —. Wasser- und Brotdiät. 24. VIII. noch weitere 
8?/, Pfund Gewichtszunahme trotz strengster Diät. Blutdiuck 205/110. Schmerzen im Hinter- 
haupt. Sehstörungen. Albumen + (Spuren). Keine Zylinder. Aufnahme. Einleitung der 
Geburt. Blutdruck 210. 3b 10’ p. m. Morph. ?/ Grain, 4b 55’ p. m. 0,01 Hyoscin; einige Minuten 
später 1. leichter Anfall, unmittelbar danach !/, Grain Morph., unmittelbar danach 2. heftiger 
Anfall; nochmals !/; Grain Morph. + Ol. castor. 2 Unzen intrastomachal durch Magenschlauch. 
3. leichter Anfall; weitere 6 Anfälle bis zum Paıtus 7b 37’ p. m. 5h 47’ !/, Grain Morph.; 6h 20’ 
Blutdruck 160/110. Ein leichter Anfall in der Nachgeburtsperiode (10. Anfall. Kind aus- 
getragen. Asphyktisch. Wiederbelebt für 10 Stunden (subtentorielle Hämatome). 28. VIII., 
also 4. Tag p. part. Patientin ist klar. Blutdruck 185. Seit 27. VIII. abends Kopfschmerzen 
und Sehstörungen. 2h 10° a. m. schwerer Anfall. 4x !/, Grain Morphium 4b 15’ post 
partum Anfall. 5b 30’, 6b und 8b a. m. 9. Anfall 1 45‘. Kein Koma. Trotz 21/, Grains 
von Morphium in 24 Stunden noch ein Blutdruck von 210/110. Durch 4 Minims und 
ferner 5 Minims Veratrum viride stündlich wurde der Blutdruck auf 175/108 herunter- 
gedrückt. 7b p. m. 28. VIII. Harn: Albumen + Spuren, spez. Gewicht 1024. Einige 
hyaline und granulierte Zylinder. 29. VIIL p. m. Blutdruck 200/105; schwerer Anfall. 
50 Minuten später Blutdruck 205/100. 30. VIII. 12h 45° a. m. noch ein Anfall. Blut- 
druck 220/110. Auf Aderlaß von 450 ccm fiel der Blutdruck auf 185/100, stieg dann aber 
langsam wieder auf 205/100.. 4! 40’ a. m. neuer Anfall. Nochmals 250 cem Blüt entnommen. 
®/, Stunde später weitere 500 cem. Blutdruck darauf 175/85. 6b a. m. Blutdruck schon wieder 
200/100. 76 30° a.m. Lumbalpunktion: Beträchtlich erhöhter Druck. Der Blutdruck und 
Puls gingen von 195/95 und 100 auf 170/80 und 78 herunter, aber nur für einige Minuten. 
Deshalb wurde Nitroglycerin (0,01 Grain auf die Zunge) angewandt. Der Blutdiuck fiel in 
30 Minuten von 190 auf 120. Aber nur durch wiederholte derartige Gaben gelang es, den Blut- 
druck unter 180 zu halten. Vollkommene Heilung ohne neuen Anfall. Nur das Sehvermögen 
hatte gelitten. Ophthalmoskopisch: Ausgesprochene Aıteriosklerose. Mäßiges Ödem des 
Sehner venkopfes. Unscharfe Pupille. Hinselmann (Bonn). 


Haas, Alfred, Über Eklampsie unter Verwendung der an der Heidelberger Universi- 
täts-Frauenklinik in den Jahren 1908—1918 zur Beobachtung gelangten Fälle. 
(Dissertation: Heidelberg 1921.) 


Hanemann, Moritz, Die Behandlungsmethoden der Eklampsie und ihre Ergebnisse, 
(Univ.-Frauenklin., Königsberg i. P.) (Dissertation: Königsberg 1921.) 


Schiötz, Ingolf, Über Retinitis gravidarum et amaurosis eclamptica. (Univ.- 
Frauenklin. u. Univ.-Augenklin., Kristiania.) (Beilageh. d. klin. Monatsbl. f. 
Augenheilk. Bd. 67, S. 1—136.) 

Vgl. Referat S 557. 


28* 


436 Pathologie und Therapie der Geburt. — Anomalien der Weichteile. 


VI. Pathologie und Therapie der Geburt. 
1. Anomalien der Weichteile. 


Fuhrmann: Zur Behandlung der Unnachgiebigkeit des Muttermundes. Med. 
Klinik Jg. 17, Nr. 1, S. 18—19. 1921. 

Die digitale Dehnung des rigiden Muttermundes unter der Geburt, welcher Verf. 
das Wort redet, soll in vielen Fällen zum Ziele führen. Daß man während der Wehe 
den besonders unnachgiebigen Teil des Schnürringes fühlt, unterliegt keinem Zweifel. 
Desgleichen empfiehlt Verf. die Herabhebelung des Hinterhauptes mittels des in die 
Scheide eingeführten Fingers. Ungeeignet dürfte die Methode sein, wenn der Kopf 
bereits in hinterer Scheitelbeineinstellung fest im Beckeneingang steht. Muttermunds- 
incisionen glaubt Verf. nur bei Erstgebärenden empfehlen zu dürfen. Eine Naht des 
wenn auch weiter gerissenen Cervixteiles hält Verf. nicht für angebracht, sondern 
glaubt mit der mauerfesten Tamponade auszukommen. Pfeiffer (Breslau). 


Henrard, E.: Verletzung des kindlichen Schädels infolge Rigidität des Mutter- 
mundes. (Univ.-Frauenklin., Königsberg i. Pr.) Monatsschr. f. Geburtsh. u. Gynäkol. 
Bd. 56, H. 1/2, S. 54—58. 1921. 

Henrard konnte bei der Zwillingsgeburt einer II-Para, bei der zur Zeit eines 
kleinhandtellergroßen Muttermundes der innere Muttermund den vorliegenden Kopf 
des 1. Zwillings sehr straff und kaum nachgiebig umschloß, beobachten, daß dieses 
Kind bei seiner Geburt nach einigen Stunden am Kopf einen 1—2 cm breiten zirkulären 
Wundstreifen zeigte, dessen unterer Rand 1!/, cm über dem linken und 4 cm über dem 
rechten Ohre liegt. In diesem Gebiet besteht nicht nur Excoriation, sondern auch 
teilweise Substanzverlust bis auf den Knochen. Das Kind kam nach 8 Tagen zum 
Exitus. 7 St. p. p. Blasensprengung beim 2. Zwilling; hierbei zeigt sich, daß der innere 
Muttermund knapp kleinhandtellergroß und nur etwas dehnbar ist. FuBlage, Extrak- 
tion: Die am inneren Muttermund hochgeschlagenen Arme müssen gelöst werden. 
Zum Veit-Smellie gelangt der Finger nur mit Mühe zwischen kindlichem Hals und 
straff umschließendem Muttermund hindurch, auch nach Incision des äußeren Mutter- 
mundes gelingt die Extraktion nicht. Erst nach 12 Stunden kann das abgestorbene 
Kind relativ leicht mittels Veit-Smellie entwickelt werden. Nach weiteren 12 Stunden 
leichte manuelle Lösung der Placenta; hierbei zeigt sich der innere Muttermund eben 
für 3 Finger durchgängig, aber steinhart und absolut dehnungsunfähig. Um eine an- 
geborene Anomalie kann es sich nicht handeln, da bereits vor 4 Jahren eine Geburt 
ohne jede Störungen verlief. Wahrscheinlich kam es im Anschluß an diese Geburt 
zu Indurationen infolge Narbenbildung bzw. zu chronisch entzündlichen Prozessen 
am inneren und äußeren Muttermund. Walther Hannes (Breslau). 
Thömel, Bernhard, Beitrag zur sogenannten Conglutinatio orificii uteri externi 

intra partum. (Univ.-Frauenklinik, Triersches Institut, Leipzig.) (Dissertation: 

Leipzig 1921.) 

Fair, H. D.: The soft parts. A factor in obstetries. (Die Weichteile. Ein 
Faktor in der Geburtshilfe.) Journ. of the Indiana State med. assoc. Bd. 14, Nr. 8, 
S. 255—259. 1921. 


Weinzierl, Egon: Geburt durch den Damm. (Dtsch. geburtshilfl. Univ.-Klin., 
Prag.) Zentralbl. f. Gynäkol. Jg. 45, Nr. 25, 8. 891—895. 1921. 


Ebbinghaus, H.: Blasenstein als mechanisches Geburtshindernis. Zentralbl. 
f. Gynäcol. Jg. 45, Nr. 19, 676—678. 1921. 

Mitteilung eines Falles, in dem ein großer Blasenstein, der unter der Geburt durch 
den kindlichen Kopf in den Blasenhals vorgeschoben wurde, von der Vagina aus ent- 
fernt wurde, um dadurch den verhinderten Austritt des Kindes zu ermöglichen. 


Weber (Halle a. S.). 


Anomalien des Beckens. 4317 


2. Anomalien des Beckens. 


Jaschke, Rud. Th. v.: Das Ineinandergreifen mechanischer und biologischer 
Faktoren in dem Geburtsvorgang beim engen Becken. (Univ.-Frauenklin., Gießen.) 
Dtsch. med. Wochtnschr. Jg. 47, Nr. 3, S. 61—63. 1921. 

Verf. betont die Notwendigkeit einer komplexen Betrachtung aller wirksamen 
Faktoren bei dem Versuch der Beurteilung der Geburtsmöglichkeit bei engem Becken 
2. Grades. Grad und Art der Verengerung sind bei den einzelnen Beckenformen 
verschieden vordringlich zu bewerten; aber auch die jeweils beste Anpassung des 
Geburtsobjektes an die Beckenform mittels zielrichtiger Haltungs- und Stellungs- 
änderung tut es nicht allein; es sind für die Möglichkeit eines Spontanverlaufs der 
Geburt oft rein biologische Faktoren ausschlaggebend, die Verf. schon in der Kopfgröße, 
dann aber vor allem in der Verformbarkeit des kindlichen Schädels sieht. Hier wird 
oft subtilste Raumökonomie getrieben, deren praktischer Erfolg jedoch in gleicher Weise 
von einem weiteren biologischen Faktor mitbestimmt wird: der Wehenkraft. Dyroff. 

Mayer, A.: Die geburtshilfliche Bedeutung des durch zentrale Schenkel- 
luxation verengten Beckens. (Univ.-Frauenklin., Tübingen.) Monatsschr. f. Ge- 
burtsh. u. Gynäkol. Bd. 55, H. 6, S. 315—322. 1921. 

Das bei der zentralen Schenkelluxation asymmetrisch schrägverengte Becken 
besitzt einen großen schrägen und einen kleinen schrägen Durchniesser und eine normale 
und eine verengte Beckenseite. Die geburtsmechanisch günstigen Momente eines 
großen schrägen Durchmessers und einer geräumigen Beckenbucht werden jedoch nicht 
immer ausgenützt und Verf. konnte 3 verschiedene Geburtsmechanismen bei 2 Frauen 
mit asymmetrisch schräg verengtem Becken beobachten: 1. Einstellung der Pfeilnaht 
im großen schrägen Durchmesser mit Hinterhaupt vorn in der normalen Beckenseite, 
das schmälere Vorderhaupt hinten in der verengten Seite; 2. Einstellung der Pfeil- 
naht im kurzen schrägen Durchmesser, Hinterhaupt in der gesunden Beckenseite hinten, 
Vorderhaupt in der verengten Beckenhälfte vorn. In beiden Fällen senkte sich zunächst 
das Hinterhaupt maximal und das Vorderhaupt folgte durch Abrollen am Tumor; 
3. Einstellung der Pfeilnaht im kurzen schrägen Durchmesser, Hinterhaupt vorn in 
der verengten Beckenseite. Die vierte Möglichkeit (Einstellung im großen schrägen 
Durchmesser und Hinterhaupt hinten in der verengten Seite) hat nach Ansicht des 
Verf.s nur bei kleinem Kinde Aussicht auf Spontangeburt. EZisenreich (München). 

Oertel, Christian: Über zwei atypische Geburtsvorgänge bei einem engen 
Becken. (Univ.-Frauenklin., Würzburg) Monatsschr. f. Geburtsh. u. Gynäkol. 
Bd. 55, H. 4/5, S. 266—274. 1921. 

Das erste Kind einer Frau mit engem Becken (Vera 7,5—8) wurde nach mittel- 
schwerer, l5stündiger Geburtsarbeit spontan geboren; sein Schädel zeigte eine ganz 
eigenartige, nierenförmige Gestalt, so daß er von oben gesehen gleichsam den Ausguß 
der mütterlichen Beckenausgangsebene bildete. Verf. kommt auf Grund dieses Be- 
fundes und mit Rücksicht auf die Schädel- und Beckenmasse zu dem Schlusse, daß 
der kindliche Kopf bereits 6—8 Wochen vor dem Geburtstermin in den Beckeneingang 
eingetreten und im Beckeneingang gewachsen ist. Dabei mußte er notgedrungen die 
Form des stark verengten Beckeneinganges annehmen. Bei der gleichen Patientin 
konnte Verf. die 5. Geburt beobachten. Nach der außergewöhnlichen Konfiguration 
des Kopfes (sehr starke Abflachung des Vorder- und Hinterhauptes und Zusammen- 
drückung von vorne nach hinten, löffelförmige Impression am Stirnbein) hat es sich 
um einen hohen Geradstand gehandelt. Eine nicht in den Geburtsmechanismus des 
hohen Geradstandes passende Facialislähmung erklärt Verf. damit, daß die starke 
Beckenverengerung den Kopf zwang, nur mit einer Beckenhälfte sich zu begnügen 
und daß deshalb der Kopf seitlich so stark an Symphyse oder Beckenwand angepreßt 
wurde, daß es zur Facialisschädigung kam. Verf. schließt sich der Ansicht von Martius 
an, daß im Zusammentreffen von engem Becken und brachycephaler Form des Kopfes 
die Hauptursache für den hohen Geradstand zu suchen ist. Eisenreich (München). 


438 Pathologie und Therapie der Geburt. 


Reijs, J. H. 0.: Das „Skoliosebecken“. Zeitschr. f. orthop. Chirurg. Bd. 42, 
H. 2, S. 87—111. 1921. 

Verf. spricht über die Auffassung des Skoliosenbeckens und schließt sich der An- 
sicht Schulthess an, daß das Becken ebenso wie andere Wirbelsegmente die skolio- 
tischen Veränderungen mitmacht. Ist das Kreuzbein auch in die Skoliose einbezogen, 
so verhält sich das Becken zur Kreuzbeinwirbelsäule so, wie die Rippen sich zum 
entsprechenden Dorsalsegment verhalten. Die hervorragendsten Begleiterscheinungen 
sind dann die Torsion und die von dieser abhängige Asymmetrie. Er schließt des- 
halb, daß es besser wäre, von einer Beckenskoliose als von einem Skoliosenbecken 
zu sprechen. Hans Spitzy (Wien). 


Peritz, Leonhard, Beitrag zur Frage der schrägen Verschiebung des weiblichen 
Beckens nach tuberkulöser Coxitis. (Dissertation: Königsberg: 1921.) 


Plauchu: Bassin transversalement rétréci par ostéomyelite du sacrum et ankylose 
double des saero-iliaques. Bassin de Robert. Opération césarienne. (Quere Becken- 
verengerung durch Osteomyelitis des Kreuzbeines und Ankylose beider Sakro-Iliacal- 
Gelenke. ‚Robert‘‘sches Becken. Kaiserschnitt.) (Soc. d’obstetr. et de gynecol., Lyon, 
7. II. 1921.) Bull. de la soc. d’obstetr. et de gynecol. de Paris Jg. 10, Nr. 3, S. 191 
bis 195. 1921. 


3. Anomalien von seiten des Kindes. 


Haltungs- und Stellungsanomalle des Kindes. 

Zancla, Luigi: Presentazione di faccia in mento posteriore e rottura spontanea 
dell’utero. (Gesichtslage, Kinn hinten. Spontanruptur des Uterus.) Riv. d’ostetr. 
e ginecol. prat. Jg. 3, Nr. 8, S. 342—350. 1921. 


46 Jahre alte VII-Para; die vorausgegangenen Geburten und Wochenbetten stets normal. 
Letzte Regel am 4. VIII. 1919. Wehenbeginn am 9. V. 1920. Die Hebamme stellte eine Ge- 
sichtslage fest, das Gesicht im Beckeneingang; in Anbetracht der kräftigen Wehen und der 
normalen Beckenverhältnisse wurde aber kein Arzt herbeigerufen. Im weiteren Verlaufe 
der Geburt fiel der Hebamme zwar auf, daß das Corpus uteri ausgesprochen nach einer Seite 
abgewichen war, sie suchte diese Abweichung aber während der Wehen zu verbessern. Die 
Wehen nahmen an Intensität zu, die Wehenpausen wurden immer kürzer. Plötzlich, auf der 
Höhe einer Wehe, schrie die Kreißende auf und erklärte, daß in ihrem Leibe etwas zerrissen 
sei; es traten die Zeichen des Kollapses ein, aus den Genitalien floß aber nur wenig schwärzliches 
Blut ab. Verf. fand bei seiner Ankunft die typischen Zeichen der Uterusruptur; bei der inneren 
Untersuchung stand der Kopf beweglich im Beckeneingang, die Stirne vorne über der Sym- 
physe, das Kinn hinten neben dem Promontorium. Der Muttermundsrand war rechts deutlich 
zu fühlen, links gelangten die Finger in eine fetzige Gewebshöhle. Ein weiterer zugezogener 
Geburtshelfer hielt die Perforation des Kindes für zu gefährlich; er führte deshalb die Wendung 
aus und extrahierte ein ca. 4000 g schweres totes Kind. Da die Placenta in die Bauchhöhle 
ausgetreten war, so machte ihre Entwicklung zunächst Schwierigkeiten, durch Zug an der 
Nabelschnur gelang es aber schließlich doch, die Placenta nach außen zu befördern. Zugleich 
folgte ein Netzzipfel mit. Da die beiden Geburtshelfer der Ansicht waren, daB wegen des 
Shocks der Transport in eine Klinik zu gefährlich sei und daß die Kranke eine Laparotomie 
auch nicht aushalten würde, so brachten sie den vorgefallenen Netzzipfel in die Bauchhöhle 
zurück und tamponierten den Uterus. Nach 48 Stunden wurde die Tamponade erneuert; 
am 3. Tage erfolgte unter den Zeichen der Peritonitis der Exitus. — Die epikritischen Aus- 
führungen des Verf. bieten nichts Neues. Nürnberger (Hamburg). 


Tilles, Randall S.: Occipitoposterior presentations. (Hintere Hinterhauptslagen.) 
Americ. journ. of obstetr. a. gynecol. Bd. 2, Nr. 3, S. 334—339. 1921. 


Jardine, Robt.: Methods of altering the presentation and position before and 
during labour. (Methoden zur Veränderung der Stellung und Lage vor und während 
der Geburt.) Clin. journ. Bd. 50, Nr. 35, S. 545—550. 1921. 


Petersen, Ekkert: Fall von asynklitischer Stirnstellung mit Schädeldepression. 
Hospitalstidende Jg. 64, Nr. 37, S.55—60. 1921. (Dänisch.) 


Anomalien von seiten des Kindes. — Placentarveränderungen und Placenta praevia. 439 


Placentarveränderungen und Placenta praevia. 

Zangemeister, W.: Über die Retention von Placentarresten nach rechtzeitigen 
Geburten. Münch. med. Wochenschr. Jg. 68, Nr. 13, S. 388—389. 1921. 

Der Verf. weist darauf hın, daß es kein sicheres Zeichen für die Diagnose eines 
zurückgebliebenen Placentarrestes gibt. Weder die genaueste Besichtigung der Placenta 
auch durch geübte Ärzte, weder die Milchprobe, noch das Ausbleiben von Blutungen 
post partum bieten eine absolute Gewähr dafür, daß die Placenta vollständig ist. Er 
stellt daher die Forderung, daß auch in den Fällen, in denen die Vollständigkeit der 
Placenta nicht unbedingt gewährleistet werden kann, der Uterus ausgetastet werden 
muß; denn statistische Vergleiche an der Marburger Frauenklinik haben gezeigt, daß 
seitdem diese Forderung befolgt wird, kein Placentarrest mehr übersehen worden ist. 
Auch hat sich herausgestellt, daß die diagnostische Austastung des Uterus unmittelbar 
post partum in den Fällen, in denen keine Infektion des Uterus vorliegt, keine nennes- 
werte Gefahr bedingt. Was die Therapie von Placentarresten im Wochenbett anlangt, 
widerrät der Verf. dringend die bimanuelle Ausräumung des Uterus und empfiehlt 
statt dessen der sachkundigen Hand die Entfernung der Placentarpolypen mit der 
Winterschen Abortzange. Solange danach Blutungen bestehen, wird eine leichte 
Tamponade in den Uterus eingeführt. Koch (Berlin). 


Moltved, Georg: Behandlung der Placentarretention nach Gabaston. Ugeskrift 
f. laeger Jg. 83, Nr. 39, S. 1272. 1921. (Dänisch.) 

Auf Grund des günstigen Berichtes von Knud Borberg über die Behandlung 
der Placentarretention nach Gabaston mittels Einspritzung von Wasser in die Nabel- 
schnurvene in Fällen, in denen man sonst zur manuellen Lösung geschritten wäre, hatte 
Verf. beschlossen, die Methode in der Praxis auszuprobieren. Er berichtet über zwei 
gelungene Fälle: 

1. 32jährige III-Para mit Morb. Basedowii; während der Schwangerschaft fieberhafte 
Gallensteinkolik. Spontangeburt. Crede erfolglos. Nach 2 Stunden noch Retention der Pla- 
centa. Darauf Einspritzung von Wasser in die Nabelschnurvene mit Janetscher Spritze. 
Nach 400 ccm fühlt sich der Uterus voller an und durch leichten Druck kann die Placenta 
entfernt werden. 2. 20jährige I-Para.. Während der Schwangerschaft lange Zeit fieberhafte 
Pyelonephritis. Spontangeburt. Nach 1 Stunde vergeblicher Crede. Auch Pituitrin bleibt 
wirkungslos. 1?/, Stunde nach der Geburt Einspritzung von Wasser in die Nabelschnurvene, 
nach 1000 ccm Geburt der Placenta. 


Verf. will die Methode ın ausgedehntem Maße in der Praxis ausprobiert wissen, 
um entscheiden zu können, ob sie imstande ist, die manuelle Placentarlösung auf ein 
Minimum zu reduzieren. Die Anwendung ist einfach und gelingt rasch ohne Beihilfe. 

Saenger (München). 
Hesselberg, Trygve, Über Blutungen bei Placentarlösung. Eine klinische Studie. 

(Norsk magaz. f. laegevidenskaben Jg. 82, Nr. 10, Beilageh., S. 1—180.) (Nor- 

wegisch.) 

Vgl. Referat S. 455. 

Hoehne, Ottomar: Über Randsinusblutungen bei vorgerückter Gravidität. 
(Univ.-Frauenklin., Greifswald.) Zentralbl. f. Gynäkol. Jg. 54, Nr. 10, S. 322 
bis 329. 1921. 

Hoehne beschreibt 2 Fälle der sehr seltenen und in der deutschen Literatur nur 
in einer Arbeit beschriebenen Blutungen in der Schwangerschaft infolge von Ruptur 
des placentaren Randsınus. Im ersten Falle konnte Placenta praevia und vor- 
zeitige Lösung der normal sitzenden Nachgeburt von vornherein ausgeschlossen werden. 
An der Placenta fand sich ein mit Blutgerinnseln gefüllter und an einer Stelle ruptu- 
rierter Randsinus. Die Blutung intra partum war gering. Der 2. Fall lag weniger klar. 
Die Placenta saß tief, ein Vas aberrans war durch den Eihautriß durchtrennt und ein 
Randsinus war aufgerissen. Auch in diesem Falle war die Blutung nicht beträchtlich. 
Die Blutung kann aber, wie aus der Literatur hervorgeht, auch erheblich sein. Wenn 
sich die Diagnose auch nicht immer stellen lassen wird, so ist es doch wichtig, an diese, 


440 Pathologie und Therapie der Geburt. 


wenn auch seltene Komplikation zu denken, weil dabei im Gegensatz zur Praevia und 
zur vorzeitigen Lösung die Behandlung eine abwartende sein muß. Die Ursache ist meist 
eine Berstung der decidualen Wand, wobei manan eine Deciduaschädigung durch Schwan- 
gerschaftsgifte denken kann. Doch kann auch eine Zerreißung der chorialen Wand 
zu einer Blutung zwischen Amnion und Chorion führen. Stickel (Berlin). 


Haffner, Raymond: Les soi-disant infarctus placentaires et leur relation avee 
Palbuminurie de la grossesse. (Die sogenannten Placentarinfarkte und ihre Be- 
ziehung zur Schwangerschaftsalbuminurie.) (Clin. d'accouchement et de gynecol., 
Strasbourg.) Gynecol. et obstetr., Bd. 3, Nr. 2/3, S. 81—89. 1921. 

Haffner erblickt die Ursache für die Entstehung sog. Placentarinfarkte in einer 
Verlangsamung des Blutstromes. Die eine Art der Infarkte würde man besser überhaupt 
als Blutgerinnsel in den Placentarbluträumen bezeichnen, während bei der anderen 
Art eine hyaline Entartung der Chorionzotten sich findet. Hyalınes und hämatogenes 
Fibrin enthält diese Art (weißeInfarkte). Placentarinfarktesind bei Nierenerkrankungen, 
insbesondere bei Nephritis, nicht häufiger als sonst bei Schwangeren; es besteht 
also kein ursächlicher Zusammenhang. Unter 73 Fällen von Albuminurie war in 
34 Fällen die Placenta frei von Infarkten; einige kleine weiße Infarkte fanden sich ın 
24 Fällen; weiße und rote Infarkte wiesen nur 15 Fälle auf. Über die eigentliche Ursache 
aller verschiedenen Placentarinfarkte besteht bisher noch keine Klarheit. Stickel. 


Levy-Solal, Edmond: Contribution à V’ötude des rapports de la syphilis et 
de !’hypertrophie placentaire. (Beitrag zum Studium des Zusammenhanges der 
Syphilis und der placentaren Hypertrophie.) Gynécol. et obstétr. Bd. 4, Nr. 2, S. 94 
bis 118. 1921. 

Verf. legt die Frage vor, ob der auffallende Unterschied zwischen Gewicht des 
Foetus und der Placenta eine praktische Möglichkeit bietet, die hereditäre Syphilis 
aufzudecken. An Hand von Serienbeobachtungen, entnommen aus den Registern der 
Klinik Baudelocque, findet Verf., daß die Syphilis einen unterschiedlichen Einfluß 
auf die Wachstumszunahme der Placenta hat. Bei der während bzw. mit der Gravidität 
erworbenen Syphilis ist eine Hypertrophie der Placenta nur in !/, der Fälle zu beob- 
achten und zwar hauptsächlich in den Fällen, bei welchen die Syphilis zu Beginn der 
Gravidität erworben wurde. Bei unbehandelter, während der Schwangerschaft bestehen- 
der florider Lues ist das Gewicht der Placenta meist größer als normal. Bei alter unbe- 
handelter Syphilis ohne floride Schädigungen ergibt sich in mehr als der Hälfte der Fälle 
ein größeres Gewicht der Placenta gegenüber dem Normalen. Der verhindernde Einfluß 
der Behandlung der Syphilis auf die Hypertrophie der Placenta ist als erwiesen zu be- 
trachten und zeigt sich so bei den mit Quecksilber behandelten Frauen und noch unzwei- 
deutiger bei den einer Arsenbehandlung unterzogenen Frauen. Die Placentahyper- 
trophie ist mindestens in 55% aller Fälle durch Syphilis verursacht. Mahnert. 


Manou6lian, Y.: Placentas syphilitiques et phagocytose de tréponèmes. (Syphi- 
litische Placenten und Treponemaphagocytose.) Gyne&col. et obstetr. Bd. 3, Nr. 1, 
S. 1—6. 1921. 

Manouélian gelang es bei hereditärer Lues in der Placenta und in der Nabel- 
schnur das Treponema zu finden. Wenn es vorhanden ist, dann bestehen immer auch 
beim Foetus luetische Veränderungen. Daß man es so selten findet, liegt daran, daß 
ın der Placenta eine starke Phagocytose besteht durch Makrophagen, polynucleäre 
Neutrophile und Eosinophile und die Capillarendothelien. Sehr instruktive Abbildungen 
erhärten die mitgeteilten Beobachtungen. Stickel (Berlin). 


Williams, John T.: Angioma of the placenta. (Angiom der Placenta.) Surg., 
gynecol. a. obstetr. Bd. 32, H. 6, S. 523—526. 1921. 

Williams berichtet über einen Placentartumor in der Placenta einer 22jährigen Primi- 
para, die durch Forceps entbunden wurde. Die Placenta folgte auf Crede. Das Kind war 
ausgetragen. Die Placenta maß 20 zu 16 cm. Nahe dem Nabelschnuransatz enthält die Pla- 


Anomalien von seiten des Kindes. — Placentarveränderungen und Placenta praevia. 441 


centa einen Tumor, der durch eihautähnliche Membranen von der Placenta getrennt war 
und nach der Abbildung etwa ein Drittel der Placenta einnahm. — Der Tumor besteht aus 
dünnwandigen Capillaren in massenhaftem bindegewebigen Stroma. Zahlreiche Kernteilungs- 
figuren in den Gefäßendothelien beweisen das rasche Wachstum des Tumors, den Verf. als 
multiples capillares Endothelioblastom bezeichnet. Die Arbeit enthält eine makro- 
skopische Abbildung des Tumors und 3 Mikrophotogramme. Stickel (Berlin). 
Kothmann, Walter, Anomalien der menschlichen Placenta. (Dissertation: Er- 

langen 1921.) | 

Lacassagne, A. et H. Vignes: Tumeur bénigne du placenta. (Gutartiger 
Placentatumor.) Bull. de la soc. d’obstetr. et de gynécol. de Paris Jg. 10, Nr. 6, 
S. 208—210. 1921. 

Kapferer, R.: Ein Fall von Placenta diffusa. (Univ.-Frauenklin., Innsbruck.) 
Zentralbl. f. Gynäkol. Jg. 45, Nr. 19, S. 661—662. 1921. 

Schiffmann, Josef: Placenta bidiscoidalis annularis. (Beltina-Stiftungspav., Wien.) 
Zentralbl. f. Gynäkol. Jg. 45, Nr. 21, S. 754—760. 1921. 
Kratochvil, Josef: Placenta accreta, ruptura uteri spontanea in graviditate. 
Casopis lékařův českých Jg. 60, Nr. 47, S. 766—768. 1921. (Tschechisch.) 


Haller, August, Placenta accreta. (Dissertation: Würzburg 1921.) 


Graff, Erwin: Vasa praevia als Geburtskomplikation. (ZI. Univ.-Frauenklin., 
Wien.) Monatsschr. f. Geburtsh. u. Gynäkol. Bd. 56, H. 1/2, S. 28—33. 1921. 

Graff beobachtete bei einer 27 jährigen Erstgebärenden bei Schädellage und hand- 
tellergroßem Muttermund 2 über die Kuppe der stehenden Blase verlaufende, nicht 
pulsierende Stränge: Vasa praevia. Die Blase wird zwischen ihnen gesprengt; viel 
Fruchtwasser fließt ab; der Schädel tritt tiefer. Wegen Langsamerwerden der Herz- 
töne wird das Kind mit Forceps entwickelt. Manuelle Lösung der tief sitzenden Pla- 
centa. Die Nabelschnur inseriert exzentrisch, nicht velamentös; die beiden den Eihaut- 
riß umsäumenden Venen sind unverletzt geblieben. Da sich histologisch zwischen den 
Gefäßen und dem Placentarrand massenhaft Zottengewebe nachweisen ließ, nimmt 
G. an, daß das hier angelegt gewesene Placentargewebe sekundär aus unbekannter 
Ursache atrophisch wurde: also Vasa aberrantia. Wahrscheinlich haben die Schultern 
diese Gefäße komprimiert. Zur Insertio velamentosa muß noch der tiefe Sitz der Pla- 
centa hinzukommen, um Vasa praevia entstehen zu lassen. Durch Zerreißung der 
Gefäße geht häufig das Kind zugrunde (42% Mortalität in der Literatur); doch kann 
die Todesursache auch Kompression der Gefäße sein, ohne daß sie zerreißen, eine 
Komplikation, die schwieriger zu erkennen ist wegen der fehlenden Blutung. Stickel. 


Stoeckel, W.: Über Placenta praevia. (Univ.-Frauenklin., Kiel.) Zeitschr. f. 
ärztl. Fortbild. Jg. 18, Nr. 4, S. 90—95. 1921. 


Hiess, Viktor: Über die Grenzen der Leistungsfähigkeit unserer heutigen 
Praeviatherapie. (Z. Univ.-Frauenklin., Wien.) Monatsschr. f. Geburtsh. u. Gynäkol. 
Bd. 54, H. 3, S. 165—189. 1921. 

Hiess legt seinen Untersuchungen zugrunde außer den Arbeiten von Bürger und 
Richter aus der ersten Wiener Klinik das Material dieser Klinik der letzten 9 Jahre: 
257 Fälle von Placenta praevia unter 24 678 Geburten (1,4%). Darunter waren 9% 
Placenta praevia totalis, 78%, partialis und 13% lateralis. Unter den Ursachen für die 
tiefe Eiinsertion spielt eine nicht unbedeutende Rolle: fieberhaftes Wochenbett bei 
früheren Entbindungen sowie häufigere vorzeitige Schwangerschaftsunterbrechungen. 
Ältere Frauen und Vielgebärende überwiegen. Eine wirksame Prophylaxe kann es nicht 
geben. Die Therapie ist bestimmt durch die Stärke der Blutung und den Grad der 
Lebensfähigkeit des Kindes. In 33,5%, der Fälle kam es zur Frühgeburt, in 49%, der 
Fälle im Anschluß an die erste Blutung zur Geburt. Ist die erste Blutung gering, so 
soll, wenn irgend möglich, die Patientin in eine Klinik überführt und dort zunächst 
abgewartet werden, da so die Lebensaussichten des Kindes steigen. Sehr starke erste 
Blutung zwingt zur sofortigen Entbindung an Ort und Stelle. — Die Tamponade, 


442 Pathologie und Therapie der Geburt. 


deren blutstillende Wirkung H. nicht sehr hoch schätzt, und deren Infektionsgefahr 
er nicht verkennt, hält er für den Praktiker doch nicht für entbehrlich. In 27 Fällen 
von tiefem Sitz der Placenta kam es zur Spontangeburt mit nur einem toten Kinde. 
Etwa in einem Drittel der Fälle und zwar, wenn nur wenig Mutterkuchen vorliegt, 
bei Schädellage und guten Wehen, kommt man mit der Blasensprengung aus. — In 
41% der Fälle wurde die Wendung nach Braxton Hicks ausgeführt (bei für 2 Finger 
durchgängigem Muttermunde) und zwar stets in tiefer Narkose. 3,8%, der Mütter 
und 81% der lebensfähigen Kinder starben. Nach der Wendung wurde im allgemeinen 
die Spontangeburt abgewartet. — Bei der rechtzeitig ausgeführten Wendung war die 
kindliche Mortalität der Lebensfähigen nur 38%, die mütterliche dagegen bei den meist 
stark ausgebluteten Frauen 6,9%. — Die Metreuryse, und zwar intraamnial mit nach- 
folgender Belastung des Ballons ausgeführt, war nur in 20%, der Fälle vom Tiefertreten 
des Kopfes gefolgt; in 80% der Fälle war noch ein weiterer Eingriff, meist Wendung, 
erforderlich, ein Nachteil der Methode bezüglich des Blutverlustes und der Infektions- 
gefahr. 35 mal wurde die Metreuryse ausgeführt mit 56%, Mortalität der lebensfähigen 
Kinder, während keine der Mütter starb. Gestattet der Eröffnungszustand der Weich- 
teile noch nicht die Wendung nach Braxton Hicks, so ist die Metreuryse indiziert. 
Die Nachgeburtsperiode wurde im allgemeinen abwartend geleitet. In Dreiviertel der 
Fälle kann man auf Spontanausstoßung rechnen. In 162 Fällen kam die Nachgeburt 
spontan, 61 mal wurde sie exprimiert, 71 mal manuell gelöst, 25 mal wurde tamponiert. 
In Frage kommt ferner noch Aortenkompressorium und endlich Totalexstirpation des 
Uterus, am raschesten wohl auf vaginalem Wege, die aber oft zu spät kommt. Von 
5 derartigen Fällen blieb nur eine Frau am Leben. Die Bluttransfusion wird neuerdings 
wieder empfohlen. Gerade mit Rücksicht auch auf die Gefahren der Nachgeburtszeit ver- 
dient die Anstaltsbehandlung der Placenta praevia den Vorzug vor der häuslichen. —Über 
die Aussichten des Kaiserschnittes gehen die Ansichten noch sehr auseinander. Nur 
bei reinen Fällen und bei lebendem und lebensfähigem Kinde hält H. die Sectio caesarea 
für berechtigt, da ihre mütterliche Mortalität höher ist als die anderer Entbindungs- 
arten. Auch kommen nur wenige Fälle rein in klinische Bebandlung. Der vaginale 
Kaiserschnitt kommt nur in Betracht bei hinten sitzender Placenta. Alle 13 Frauen 
blieben am Leben, 4 von 7 lebensfähigen Kindern wurden lebend geboren. Bessere 
Ergebnisse der Behandlung werden sich nur erzielen lassen, wenn die Frauen früher in 
die Anstalt kommen, möglichst nach der ersten Blutung; dann werden nach H.s Über- 
zeugung auch die alten Behandlungsmethoder befriedigende Ergebnisse erzielen lassen, 
ohne daß man von den chirurgischen Methoden das Heil erwarten müsse, die höchstens 
bei geeigneten Fällen die kindliche Sterblichkeit zu mindern vermögen. Stickel. 

Baumm, Hans: Die Steißtherapie der Placenta praevia. Bemerkungen zu der 
Arbeit von Victor Hieß „Über die Grenzen der Leistungsfähigkeit unserer heutigen 
Praevia-Therapie“. (Prov.-Hebammenlehranst. u. Frauenklin., Breslau.) Monatsschr. 
f. Geburtsh. u. Gynäkol. Bd. 56, H. 1/2, S. 36—38. 1921. 

Hans Ba u m m bricht eine Lanze für die 1895 von P. Baum m angegebene Therapie 
der Placenta praevia: Äußere Wendung auf das Beckenende, Herunterholen des Fußes 
zur Stillung der Blutung mit dem Steiß. Nur selten mißlingt die äußere Wendung, 
weil die Kinder bei Placenta praevia meist beweglicher seien. Nur wenn sie nicht ge- 
lingt, tritt die kombinierte Wendung bzw. die Metreuryse in ihr Recht. Stickel. 

Brodhead, George L. and Edwin G. Langrock: Placenta praevia. An analysis 
of one hundred cases. (Placenta praevia. Besprechung von 100 Fällen.) Surg., 
gynecol. a. ob»tetr. Bd. 32, Nr. 1, S. 55—58. 1921. 

Unter den 100 Fällen waren 17 Erst- und 78 Mehrgebärende, 58 Fälle von Placenta 
praevia marginalis (10 Erst-, 47 Mehrgebärende), 25 Fälle von zentraler (6 Erst-, 
16 Mehrgebärende) und 12 Fälle von tiefem Sitz (1 Erst-, 11 Mehrgebärende); 33% 
waren ungefähr am Endtermin, 55% im letzten Schwangerschaftsmonat. 9 Mütter 
starben, davon 1 an Phthise, 1 an Sepsis, die anderen infolge des Blutverlustes. Bei 


Anomalien von seiten des Kindes. — Placentarveränderungen und Placenta praevia. 443 


5 der Todesfälle saß die Placenta zentral; neben 8 Melırgebärenden starb nur 1 Erst- 
gebärende. Die kindliche Sterblichkeit bei den Erstgebärenden betrug 23,5%, nach 
Abzug der Frauen vor dem 7. Monat und derer, die mit totem Kind in Behandlung 
kamen. Bei den Mehrgebärenden betrug die kindliche Mortalität 68%, nach Abzug 
der nicht lebensfähigen oder schon abgestorbenen Kinder immer noch 299,. Insgesamt 
starben 66%, der Kinder, nach Abzug der nicht lebensfähigen insgesamt 27%, der 
Kinder. Für die Behandlung wird am meisten empfohlen bei für eine Hand durch- 
gängigem Muttermund die Wendung, an die bei vollständigem oder nahezu voll- 
ständigem Muttermund (!) die Extraktion angeschlossen werden soll. Der Ballon soll 
ohne Blasensprengung bei wenig eröffnetem Muttermund eingelegt werden. Forceps 
kommt nur in Betracht bei vollständigem Muttermund und tiefstehendem Kopf bei 
tiefem Sitz der Placenta. Auch die Blasensprengung soll nur ausgeführt werden, 
wenn nur wenig Placenta vorliegt, bei geringer Blutung. Tamponade kommt nur 
vorübergehend zur Blutstillung in Frage. Bei Wehenschwäche wird Pituitrin 
empfohlen. Die manuelle Dilatation der Cervix ist im allgemeinen gefährlich. — 
Bei Erstgebärenden, lebendem und lebensfähigem Kinde und zentraler Placenta praevia 
gibt Kaiserschnitt die besten Resultate für Mutter und Kind. Aber auch bei Mehr- 
gebärenden, selbst bei nicht lebensfähigem Kinde, halten die Verf. den Kaiserschnitt 
bei starker Blutung für angebracht, wenn sie sich auch zu seiner Ausführung noch 
nicht entschließen konnten. Zum Schluß soll man Uterus und Scheide fest mit Jodo- 
formgaze tamponieren, um weiteren Blutverlust zu vermeiden, und zwar nach jeder 
Art der Entbindung. Stickel (Berlin). 


Thelin, Charles: Le traitement du placenta praevia. Méthodes obstetricales 
ou opération césarienne? (Die Behandlung der Placenta praevia. Geburtshilfliche 
Methoden oder Kaiserschnitt?) Rev. med. de la Suisse romande Jg. 41, Nr. 2, S. 65 
bis 101. 1921. 

Thelin gibt einen historischen Überblick über die verschiedenen Behandlungs- 
methoden der Placenta praevia, berichtet dann über die Erfahrungen der Klinik 
Rossier unter eingehender Würdigung von 6 besonders instruktiven Fällen. Er, 
kommt zu dem Schluß, daß die Frage nicht lauten muß: Kaiserschnitt oder die sonst 
üblichen Methoden, sondern Kaiserschnitt und die sonst üblichen Methoden. Es ist 
von Fall zu Fall zu entscheiden. Bei der Mutter hat man zu achten auf Allgemein- 
befinden: Temperatur und Grad der Anämie, Grad der Dehnung und Dehnbarkeit 
des unteren Uterinsegmentes, Sitz und Ausdehnung der Placenta; beim Kinde, das 
erst in zweiter Linie zu berücksichtigen ist, auf den Grad der Lebensfähigkeit; doch 
kann auch bei totem Kinde der Kaiserschnitt in Frage kommen, der die Möglich- 
keit bietet, die Frau sofort unter Vermeidung weiteren Blutverlustes zu entbinden. 

Stickel (Berlin). 

Whitehouse, Beckwith: Caesarean section in the treatment of placenta prae- 
via. (Kaiserschnitt bei der Behandlung der Placenta praevia.) Journ. of obstetr. 
a. gynaecol. of the Brit. Empire Bd. 28, Nr. 3/4, S. 469—474. 1921. 

Withehouse erörtert an dem Material der letzten 10 Jahre des allgemeinen 
Krankenhauses in Birmingham die Ergebnisse des Kaiserschnittes bei Placenta praevia 
im Vergleich mit den älteren Behandlungsarten. Er will diesen Eingriff vorbehalten 
wissen für Schwangerschaften, die älter sind als 8 Monate, und für Fälle, in denen die 
erste Blutung nicht so schwer war, daß durch sie das kindliche Leben schon gefährdet 
wurde. Von seinen 9 Fällen blieben alle Mütter am Leben, und 11 Kinder wurden 
lebend geboren, von denen 2 bald starben. Stickel (Berlin). 


Lönne, Friedrich: Ergänzungen zu meiner Arbeit: Über ältere und neuere 
Therapie der Placenta praevia unter besonderer Berücksichtigung der abdominellen 
Schnittentbindung. Monatsschr. f. Geburtsh. u. Gynäkol. Bd. 54, H. 3, S. 190 
bis 191. 1921. 


444 Pathologie und Therapie der Geburt. 


Kellogg, Foster S.: Mortality in placenta praevia for the last twenty-five years 
at the Boston lying- in hospital. (Sterblichkeit bei Placenta praevia in den letzten 
20 Jahren in der Entbindungsanstalt in Boston.) Boston med. a. surg. journ. Bd. 185, 
Nr. 15, S. 435—438. 1921. 

Kellog berichtet über eine mütterliche Mortalität an Placenta praevia in der 
Bostoner Entbindungsanstalt von etwa 20%, in den 20 Jahren von 1895—1915. In 
dieser Zeit wurde meist der Muttermund manuell dilatiert (!!) und das Kind forciert 
extrahiert. Die kindliche Mortalität war etwas geringer als in den letzten 5 Jahren 
von 1915—1920, in denen die Metreuryse oder die Wendung nach Braxton Hicks 
ausgeführt wurde, ohne daß die Extraktion angeschlossen wurde. Die mütterliche 
Mortalität sank in diesem Zeitraum auf etwa 6%. Die Wendung nach Braxton 
Hicks wird mehr für die allgemeine Praxis und bei nicht lebensfähigem Kind, die 
Metreuryse mehr für die Klinik bei lebensfähigem Kinde empfohlen. Stickel. 

Laurentie: Une nouvelle observation de placenta praevia central. (Eine neue 
Beobachtung von Placenta praevia totalis.) Bull. de la soc. d’obstetr. et de gynecol. 
de Paris Jg. 10, Nr. 2, S. 73—74. 1921. 

Laurentie berichtet über einen Fall von Placenta praevia totalis bei 5 cm großem 
Muttermund. Die hochgradig ausgeblutete Frau starb 1 Stunde nach der künstlichen 
Entbindung (manuelle Dilatation und Extraktion einer Frucht von 2500 g), obwohl sie 
bei der Entbindung keinen Tropfen Blut mehr verloren hatte. Durch keine Methode 
der Entbindung wäre nach L.s Ansicht die Frau zu retten gewesen, weil sie zu spät in 
klinische Behandlung kam. Stickel (Berlin). 

Alin, E.: Verblutungstod — Placenta praevia accreta. (Geburtshilfl.-gynäkol. 
Sekt.) Hygiea Bd. 83, H. 6, S. 193—196. 1921. (Schwedisch.) 

Blair, Alexander C.: A case of placenta praevia centralis, with spontaneous 
delivery of the child. (Ein Fall von Placenta praevia centralis mit Spontangeburt 
des Kindes.) Brit. med. journ. Nr. 3157, S. 10—11. 1921. 


Vorzeitige Lösung der normal sitzenden Piacenta. 
l Ley, Gordon : Accidental haemorrhage. (Die akzidentelle Blutung.) Clin. 
journ. Bd. 50, Nr. 44, S. 689—694. 1921. 

Verf. gibt eine Übersicht der Ätiologie, Symptome, Diagnose und Behandlung 
der sog. „akzidentellen Blutungen“ Schwangerer und der retroplacentaren Hämatome 
auf Grund seiner Erfahrungen in 50 Fällen. Von den in der angegebenen Fachliteratur 
angeschuldigten ursächlichen Faktoren, wie Trauma, Ruptur des Sinus circularis der 
Placenta, Herzfehler, Myome, Blutkrankheiten, kommt kein einziger bei seinen Fällen 
in Frage. Ursachen, wie Kürze der Nabelschnur, Endometritis, Syphilis werden ab- 
gelehnt. Dagegen ist die Albuminurie als fast pathognomonisches Symptom der Blu- 
tungen anzusehen: In 42 Fällen war Eiweiß vorhanden, von geringen Mengen bis zu 
15°/g0, gewöhnlich in beträchtlicher Menge, in 13 Fällen mit hyalinen und granulierten 
Zylindern. Nur 6%, waren klinisch als chronische Nephritis anzusprechen, die übrigen 
werden als Toxikosen aufgefaßt, zeigten zum Teil auch andere Formen von Schwanger- 
schaftstoxikosen und verloren die Erscheinung der Albuminurie durchschnittlich nach 
ca. 11 Tagen post partum. Verf. nimmt daher für diese Blutungen und die dabei fast 
konstant auftretende Eiweißausscheidung die gleiche Ursache an (Winter 1885 und 
andere). Auf Grund seiner Befunde am pathologischen Material lautet seine Theorie 
der Blutungsvorgänge: Herdförmige Nekrose mit Blutung in Muskulatur und Decıdua 
der Uteruswand mit folgender teilweiser Placentarlösung bis zum Zustandekommen 
ausgedehnter placentarer Hämorrhagien. Das Auftreten der Blutung erfolgt gewöhn- 
lich gegen Ende der Schwangerschaft, in 3 Fällen schon zwischen 23. und 28. Woche. 
Klinisch werden die Fälle in 3 Gruppen eingeteilt: 


1. Blutungen nach außen. Sie sind selten und betreffen die leichteren Fälle. Das 
einzige konstante Symptom ist die (nur einmalige) Blutung. Das Fehlen der kindlichen Heız- 


Anomalien von seiten des Kindes. — Vorzeitige Lösung der normal sitzenden Placenta. 445 


töne unterstützt die Diagnose gegenüber Placenta praevia bei noch nicht passierbarem Cervical- 
kanal. Die Gegenwart von Albumen im Urin festigt sie, wird aber in diesen Fällen noch am 
häufigsten vermißt. Gegenüber Placenta praevia lateralis ist die Diagnose oft erst nach 
der Ausstoßung der (unverletzten) Eihäute zu sichern. Bei den leichtesten Fällen kann durch 
Ruhe, Morphiuminjektionen, Diät, Ableitung des hypothetischen Giftes auf den Darm die 
Schwangerschaft bis zum Ende erhalten weıden. In schwereren Fällen, bei denen regelmäßig 
Wehen einsetzen, wird Blasensprengung, feste Bandagen, Pituitrin empfohlen, evtl. sogar 
Vaginatamponade. So wird die Blutung zum Stehen gebracht und die Spontangeburt kann 
abgewartet werden. 2. Blutungen nach innen. a) Klinische Fälle innerer Blutung. Sie 
sind selten. Die Blutung ist stets erheblich. Die Zurückhaltung des Blutes wird durch den 
plötzlichen Erguß erklärt, der die Wandung des „überraschten‘‘ Uterus zur Überdehnung 
bringt und seine Muskulatur paralytisch macht. Es kann zur Uterusruptur kommen. Die 
plötzlich einsetzende Blutung ist oft von starken Schmerzen im Abdomen begleitet, starker 
psychischer Alteration, Erbrechen, Blässe, Ohnmachtsanfällen. Es besteht gewöhnlich eıheb- 
liche Anämie. Der abdominale Befund ist charakteristisch. Großer (bisweilen übergroßer) 
empfindlicher Uterus (Empfindlichkeit bisweilen nur eircumscript). Fötalteile und Heıztöne 
sind nicht wahrnehmbar. Der Urin enthält konstant Albumen (in nur 4 Fällen weniger 
als 4°%/,, Essbach). Scharfe Beobachtung des Uterus und des Pulses, evtl. M-Injektionen sind 
die ersten Forderungen in der Behandlung. Meist erholt sich der Patient in wenigen Stunden 
von dem Schock, der Uterus überwindet seine Atonie und es treten Wehen unter gleichzeitiger 
Ausstoßung von (meist geronnenem) Blut auf. Dann setzt die Behandlung wie bei den schweren 
„äußeren“ Fällen ein. Wird der Zustand der Patientin dagegen schlechter, kommt nur der 
abdominale Kaiserschnitt in Frage, evtl. bei schlaffbleibender Muskulatur die Entfernung 
des Uterus. Auf evtl. vorliegende partielle Rupturen und subperitoneale Blutungen muß die 
Gebärmutter abgesucht werden. b) Retroplacentare Hämatome. Hier ist nur eine Vermutungs- 
diagnose möglich, wenn intrauteriner Fötaltod und toxische Albuminurie zusammentreffen. 
Von den 7 Fällen fand sich konstant Albuminurie, und auffallenderweise reihen sich die 
3 beobachteten chronischen Nephritiden in diese Kategorie ein. 3. Kombinierte Fälle. 
Sie sind die häufigsten. Von 25 Fällen zeigten 22 Albuminurie. a) Fälle von versteckter Blu- 
tung, bei denen die Erholung des Uterus schon völlig oder teilweise stattgefunden hat, so daß 
bei Übernahme der Behandlung bereits Blutung nach außen besteht! b) Fälle von osten- 
tativer Blutung, in denen es zur Paralyse des Uterus mit folgender Sistierung des Blutstroms 
nach außen gekommen ist. Mit mütterlicher Mortalität sind die inneren und die kombinierten 
Blutungen belastet, jene mit 18, diese mit 4%. Bokelmann. 


Frankl, Oskar und Viktor Hiess: Über die vorzeitige Placentalösung. (I. Univ.- 
Frauenklin., Wien.) Arch. f. Gynäkol. Bd. 114, H. 2, S. 225—254. 1921. 

Die Verff. veröffentlichen 34 Fälle von vorzeitiger Lösung der Placenta aus einer 
Zahl von 35 352 Geburten (0,09%). Sie fanden sich bei Erstgebärenden zu 32%, und 
bei Mehrgebärenden zu 68%. Das Alter zwischen 25 und 30 Jahren war am meisten 
betroffen. Nach rein klinischen Gesichtspunkten werden 16 leichte und 18 schwere 
Fälle unterschieden, von denen 9 letal ausliefen. Was die Blutungen anbelangt, traten 
sie in 5 Fällen vor Beginn der Geburt, alle übrigen im Beginn oder im Verlauf der Geburt 
auf. Meist waren innere und äußere Blutungen kombiniert. Innere Blutungen 
mit geringerer Blutung nach außen in 9 Fällen. Innere und äußere Blutungen von 
gleicher Intensität in 21 Fällen, vorwiegend äußere Blutungen in 2 Fällen, vorwiegend 
innere Blutungen in 2 Fällen. Letztere sind charakterisiert durch ausgesprochene Schock- 
erscheinungen. Unter den 34 Fällen sind 19 mit Albuminurie kombiniert, zum Teil 
typische Schwangerschaftsnephrosen, zum Teil (2 Fälle) chronische Schrumpfnieren. 
In einem Fall war ein schweres Trauma als Ursache festzustellen. In den übrigen 
14 Fällen handelte es sich um Hydramnion, verschleppte Querlagen mit und ohne 
Nabelschnurvorfall, Hydrocephalus usw. Es werden kurz die verschiedenen bisherigen 
Theorien über Ätiologie und Pathologie der vorzeitigen Placentalösung besprochen. 
Verff. selbst haben bei der Obduktion von 7 Fällen weder makroskopisch noch mikro- 
skopisch — im Gegensatz zu anderen Autoren — Veränderungen finden können, 
die über die Ätiologie der vorzeitigen Placentalösung hätten Aufschluß geben 
können. Verff. kommen schließlich zu der Ansicht, daß zum Zustandekommen einer 
vorzeitigen Placentalösung folgende Momente in Frage kommen: 1. rein mechanische 
Einwirkungen, kurze Nabelschnur, Eihautzug, langdauernde Geburten, 2. vorzeitige 
Dilatation der Spongiosagefäße, Zerreißung der Septen. Hierzu gehören Fälle von Hydr- 
amnion, Gemini, schwere Traumen; 3. anormale Durchlässigkeit und Zerreißbarkeit 


446 Pathologie und Therapie der Geburt. 


der Gefäße, wie sie bei Schwangerschaftstoxikosen nachgewiesen ist. Die Diagnose 
macht in den typischen Fällen keine Schwierigkeiten. Differential-diagnostisch könnte 
unter Umständen Uterusruptur, geborstene Extrauteringravidität in späteren Monaten 
und Ruptur einer stielgedrehten Cvste in Frage kommen. Die Therapie richtet sich 
nach dem jeweiligen Stande der Geburt. Unter den 16 leichten Fällen wurden 9 
ohne jeden Eingriff beendet. Wendung und Extraktion erfolgte in 4 Fällen; in einem 
Falle genügte die Blasensprengung bei vollkommen erweitertem Muttermund. Bei diesem 
Vorgehen wurden 13 lebende Kinder erzielt. Die Mütter blieben ın allen 16 Fällen am 
Leben. Bei den 18 schweren Fällen wurde die Blasensprengung 2 mal ausgeführt, 
davon einmal zur Vorbereitung weiterer Eingriffe. 4mal wurde die Wendung und 
Extraktion ausgeführt, hierbei 3 mal die Perforation des nachfolgenden Kopfes, 4mal 
Perforation des vorliegenden Kopfes. Der vaginale Kaiserschnitt wurde 7 mal aus- 
geführt, in 3 Fällen mußte dabei die Perforation des nachfolgenden Kopfes angeschlossen 
werden. Bei verschleppter Querlage wurde in einem Falle die Dekapitation ausgeführt. 
Ein Fall mit bereits infolge Blutung 2 Tage ante partum abgestorbenem Kind wurde 
den Naturkräften überlassen. Sämtliche 18 Kinder tot. Von den Müttern starben 9, 
in 3 Fällen infolge der Atonie, in 4 Fällen handelte es sich um eine Kombination mit 
Schwangerschaftstoxikose. Also besteht eine mütterliche Mortalität von 27%. Für den 
praktischen Arzt wird, falls die Überführung in ein Krankenhaus nicht ausführbar ist, 
die sonst abzulehnende Metreuryse als einleitende Operation für die Wendung und 
Extraktion empfohlen. Für die Klinik kommt bei nicht eröffnetem Muttermund der 
abdominale und der vaginale Kaiserschnitt in Frage. Einer Verabreichung von Hypo- 
physenpräparaten wird wegen der blutdrucksteigernden Wirkung widerraten. Koch. 

Ley, Gordon: Utero -placental (accidental) haemorrhage. (Utero-placentare 
[,akzidentelle“] Blutung.) Journ. of obstetr. a. gynaecol. of the Brit. Empire Bd. 28, 
Nr. 1, S. 69—108. 1921. 

Verf. teilt seine 38 Seiten lange Arbeit in einen klinischen und einen pathologisch- 
anatomischen Teil. Der klinische Teil ist bereits ziemlich ausführlich im Clin. Journ. 50, 
Nr. 44, S. 689—694, 1921 abgehandelt und darüber seinerzeit hier referiert worden. 
Im II. Teil, der Pathologie der Uterus-Placenta- (‚akzidentellen“) Blutung, wird 
zunächst eine ziemlich ausführliche Literaturübersicht gegeben. Bei seinen persön- 
lichen Beobachtungen stellt Verf. 2 Untersuchungsgruppen gegenüber. Die eine be- 
handelt das Material der 3 von ıhm beobachteten Todesfälle, die andere das von 4 Fällen 
von Uterusruptur, die zur Exstirpation führten, und von 1 Fall von Ruptur mit töd- 
lichem Ausgang. Bei den letalen Fällen wurden außer dem Uterus Niere, Leber, Myokard, 
Diaphragma und Milz untersucht. Es folgen die genauen pathologisch-anatomischen 
Befunde sämtlicher untersuchten Fälle mit Beigabe mikroskopischer Bilder. In der 
Zusammenfassung und Vergleichung dieser Befunde kommt Verf. zu folgenden Er- 
gebnissen. Es fanden sich in den 3 untersuchten Fällen der Gruppe 1 Infiltration der 
Decidua mit vorwiegend neutrophilen Zellen, geringe perivasculäre Infiltration des 
Myometriums, nach außen abnehmend, mit geringer Leukocytenbeteiligung. In dem 
einen Fall von Uterusruptur (A 1) beträchtliche leukocytäre Infiltration am Rande 
des Risses, Fettgranula in einigen interstitiellen und Endothelzellen, bei AI auch in 
degenerativen Muskelfasern. Beträchtliches Ödem in der äußeren Schicht des Myo- 
metriums. Ausgedehnte Degenerationsherde und herdförmige Nekrosen in der Musku- 
latur des oberen Uterinsegmentes und weitverbreitete Blutungszonen daselbst. Kein 
Zusammenhang von Blutung und Nekrose, der diese als Folgezustand der Blutung 
auffassen ließ. Der Vergleich mit den 5 Kontrollfällen zeigt, daß gewisse der beschrie- 
benen Veränderungen (Zellinfiltration der Decidua, perivasculäre Infiltration des 
Myometriums, Fettgranulation) bei allen Untersuchungen gefunden werden, diese 
also sicher nicht für die „akzidentellen‘ Blutungen charakteristisch sind. Im Gegen- 
satz jedoch zu den „akzidentellen Blutungen finden sich bei den Kontrollunter- 
suchungen keine Blutungen im oberen Uterinsegment, sondern nur (in 2 Fällen von 


Anomalien von seiten des Kindes. — Nabelschnur- und Eihautanomalien. 447 


Uterusruptur infolge Überdehnung) bei gleichzeitig bestehender starker Verdünnung 
und Ausziehung der Muskelfasern Hämorrhagien im unteren (überdehnten) Segment. 
Hier ist die Blutung infolge mechanischer Ursache eingetreten. Dieselbe Ursache für 
die „akzidentellen‘‘ Fälle anzunehmen, wäre verkehrt. Im mikroskopischen Bilde ist 
hier von einer Überdehnung nichts zu sehen. Auch das starke Ödem des Myometriums 
findet sich in den Kontrollfällen nur am Rande der Rupturstelle. Nekrose, Blutung 
und Ödem stehen bei den ‚„akzidentellen‘“ Blutungen also nicht in dem ursächlichen 
Zusammenhang, der die Blutung als Folge der Nekrose auffassen läßt, sondern diese 
Prozesse beziehen sich zusammen auf ein und dieselbe Ursache, nämlich eine Schwanger- 
schaftstoxikose, die klinisch ihren Ausdruck in der Albuminurie findet. In den 3 unter- 
suchten Fällen fanden sich auch schon albuminöse und leichtere fettige Degeneration 
der Niere, die Leber zeigte fettige Degeneration verschiedener Grade. Die Nekrose 
‘des Myometriums macht den Uterus zur Ruptur geneigt. O. Bockelmann. 


Dadaczynski, Georg, Über die vorzeitige Lösung der normal sitzenden Placenta. 
(Prov.-Hebammen-Lehranst. u. Frauenklin., Breslau.) (Dissertation: Breslau 1921.) 


Koppius, P. W.: Die Ätiologie und Therapie der frühzeitigen Lösung der 
normal gelegenen Placenta. Nederlandsch maandschr. v. geneesk. h. F. Jg. 10, 
Nr. 1, S. 1—25. 1921. 

Bourret: Symptômes et traitement du décollement prématuré du placenta 
normalement inséré. (Symptome und Behandlung der vorzeitigen Lösung der normal 
sitzenden Placenta.) Gaz. des höp. civ. et milit. Jg. 94, Nr. 1, S. 9—11. 1921. 


Baumm, Hans, Untersuchung über die Gefährlichkeit der manuellen Placentarlösung. 
(Prov.-Hebammenlehranst. u. Frauenkl., Breslau.) (Dissertation: Breslau 1921.) 


Heidenhain, L.: Supravaginale Amputation des geschlossenen Uterus bei vor- 
zeitiger Placentarlösung. (Städt. Krankenh., Worms.) Zentralbl. f. Gynäkol. Jg. 45, 
Nr. 25, S. 895—896. 1921. 

Der Verf. macht darauf aufmerksam, daß es keineswegs gleichgültig sein kann, 
ob man in schweren Fällen von vorzeitiger Lösung der Placenta eine Totalexstirpation 
oder eine supravaginale Amputation des Uterus vorninmt. Die Totalexstirpation 
eines hochgraviden Uterus ist stets mit nicht unerheblichen Blutungen aus den Scheiden- 
wundrändern verbunden; dies kann das Schicksal einer ausgehluteten Kranken be- 
siegeln. Dagegen kann die supravaginale Amputation fast ohne Blutverlust aus 
geführt werden. Sollte daher eine derartige Therapie der vorzeitigen Lösung der 
Placenta überhaupt anerkanut werden, so kommt nur die Methode der supravaginalen 
Amputation Jes Uterus in Betracht. Koch (Berlin). 


Hartle, Ludwig, Retroplacentare Blutungen differentialdiagnostisch zu Placenta 
praevia-Blutungen mit seitlichem Sitz. (Dissertation: Erlangen 1921.) 


Jonas, W.: Totalnekrose eines Myoms unter dem klinischen Bilde der vor- 
zeitigen Placentarlösung. (Krankenh. d. jüd. Gemeinde, Berlin.) Berl. klin. Wochenschr. 
Jg. 58, Nr. 13, S. 303—304. 1921. 


Nabeischnur- und Eihautanomalien (Umschlingung, Knoten, Zerreißung, Vorfall). 

Naujoks, Hans: Haben anatomische Veränderungen der kindlichen Eihäute 
einen Einfluß auf die Zeit des Blasensprunges ? (Univ.-Frauenklin., Königsberg i. Pr.) 
Zeitschr. f. Geburtsh. u. Gynäkol. Bd. 84, H. 2, S. 304—334. 1921. 

Für das frühzeitige oder verspätete Bersten der kindlichen Eiblase bei der Geburt 
ist in der Mehrzahl der Fälle eine mechanische Ursache verantwortlich zu machen. 
Bei einer großen Zahl von Fällen von vor- und frühzeitigem Blasensprung ist jedoch 
ein solcher Grund nicht zu finden. Die Ursache dafür liegt in dem anatomischen Bau der 
Eihäute — Degeneration, Entzündungen, geringen Ausbildung einzelner Schichten — 
und bedingt dadurch geringe Resistenz der Eiblase. Für verspäteten Blasensprung 
lassen sich in einer Anzahl von Fällen anatomische Veränderungen an den Eihäuten — 
Vermehrung der glatten Muskelzellen im Aminonbindegewebe — finden, die als Ursache 
dieser erhöhten Resistenz angesehen werden können. Leixl (München). 


448 Pathologie und Therapie der Geburt. 


Hochenbichler, Adolf: Über die Spaltrichtung der Eihäute und die Bedeutung 
der Fasernrichtung der letzteren für die Ausstoßung der Nachgeburt. (III. geburts- 
hiüfl. Klin. u. Hebammenlehranst., Wien.) Monatsschr. f. Geburtsh. u. Gynäkol. Bd. 54, 
H. 3, S. 143—151. 1921. 

Die Spaltrichtung des Eihautsackes ist nicht radiär, sondern weicht von der Rich- 
tung des Radius nach einer Seite hin ab, entsprechend den Windungen der Nabel- 
schnur. Ist die Nabelschnur links- bzw. rechtsläufig, dabei die Windungen zahlreich, 
steil zur Längsachse der Schnur und eng aneinanderliegend, dann überwiegt im Ei- 
hautsack die Rechts- bzw. die Linksspaltrichtung. Bei geringer Anzahl und lang- 
gezogenen Windungen ıst das Verhalten der Spaltrichtung umgekehrt. Sind beide 
Windungsarten vorhanden, so sind diese Fälle als Ausnahme zu betrachten. Als 
Ursache für die Spaltrichtung muß die von den Gefäßspiralen auf die Membran wirkende 
Drehungsspannung angesehen werden. Letztere kommt bei stark exzentrischer Inser- 
tion der Schnur besonders deutlich zum Ausdruck. Aus der Tatsache, daß die Spalt- 
richtung in der Regel nicht mit einem Radius der Placenta, sondern vielmehr mit 
einer Tangente zusammenfällt, wird geschlossen, daß auch der Zug von den Eihäuten 
auf die Ränder der gelösten Placenta ein tangentialer ist. Die im Nabelschnurplacentar- 
system vorhandene Drehspannung hört aber zugleich mit der Abhebung des Frucht- 
kuchens von seiner Unterlage auf. Trotzdem dreht sich die gelöste Placenta, wie 
aus den Bewegungen der vor den Schamteilen liegenden Nabelschnur ersichtlich ist, 
im Sinne dieser Drehspannung weiter. Seine Erklärung findet der Vorgang in einem 
Zuge des gedrehten Eihautsackes auf die Placenta. Leixl (München). 

Moulton, Allen T.: Premature rupture of the amniotic membranes. (Vor- 
zeitiger Sprung der Eihäute.) Boston med. a. surg. journ. Bd. 185, Nr. 17, S. 497 
bsi 500. 1921. 

Vorzeitiger Blasensprung kommt in rund 13,5% aller Schwangerschaften vor. 
Erstgebärende sind etwas mehr beteiligt. Komplikationen findet man verhältnismäßig 
wenig. Von seiten der Mutter können sie sehr verschiedenartig sein: Sepsis, Septi- 
cämie, Vaginal- und Cervicalzerreißungen, Tetanie uteri, Uterusruptur, vollständige 
Erschöpfung der Patienten. Demlin fand unter 513 Fällen 8% von Infektionen. 
Der Blasensprung erfolgte 12 Stunden vor der Geburt. Bei 11,26% war das Frucht- 
wasser schon 5 Tage abgeflossen. Dorman und Lyon konnten bei 270 Fällen keine 
erhöhte Infektion beobachten. In etwa 25%, aller Trockengeburten, die operativ 
beendet wurden, sahen sie eine Temperatursteigerung von 2—3°. Rund 339, aller 
Trockengeburten wurden operativ beendet. Bei Tetania uteri kann Spontanruptur 
oder Ruptur nach operativen Eingriffen erfolgen. Gefahren für das Kind sind Asphyxie 
und intrakranielle Blutungen. Die kindliche Mortalität beträgt etwa 3%. Die Diagnose 
des vorzeitigen Blasensprungs bietet im allgemeinen keine Schwierigkeiten. Differential- 
diagnostisch ist zu achten auf eine überfüllte Harnblase und Hydrorrhoea gravidarum. 
Für die Behandlung der trockenen Geburt läßt sich kein einheitlicher Plan aufstellen. 
Der Metreurynther (,Voorhee, Bag“) ist das geeignetste Hilfsmittel zur Dilatation 
der Cervix. Warm wird empfohlen die manuelle Dilatation in Narkose. Sobald der 
Muttermund erweitert, soll die Zange angewendet werden, einerseits, um der Mutter 
allzulange Geburtsarbeit zu ersparen, anderseits um eine möglichst hohe Zahl lebender 
Kinder zu bekommen. Da bei diesen Geburten der Kopf gewöhnlich in Vorderhaupts- 
lage steht, so sind drei verschiedene Wege zur Zangenoperation möglich. 1. Die manuelle 
Rotation des Kopfes oder 2. die Rotation des hochstehenden Kopfes mit der Zange 
und 3. die Methode nach Skanzonie. Dabei soll ein Assistent mit dem Zeigefinger und 
dem 2. Finger der rechten Hand hinter den mit der Zange gefaßten Kopf eingehen, 
mit der linken Hand soll er die Zangenlöffel zusammenhalten, während der Operateur 
die Zangenextraktion ausführt. Bei Beckendeformationen und übergroßem Kind soll, 
sofern noch keine Vaginaluntersuchung stattgefunden, die Sectio caesarea gemacht 
werden, da dabei die Prognose für das Kind besser ist. Dorman und Lyon führten bei 


Wehenanomalien. — Verletzungen der Geburtswege.. — Uterusruptur. 449 


270 Fällen 8mal Kaiserschnitt ohne einen Todesfall aus. Bei 29 Fällen, in denen mehr 
als 4mal vaginal untersucht worden war, fanden sie eine mütterliche Morbidität von 
52%, ım Gegensatz dazu stehen 25%, bei denen keine Vaginaluntersuchung statt- 
gefunden hat. Gegen atonische Nachblutung ist Pituitrin, Secacornin evtl. Uterus- 
tamponade für 15—20 Minuten anzuwenden. Blieb die Tamponade mehr als 12 Stun- 
den liegen, so ist eine Uterusspülung vorzunehmen. Kindliche Asphyxie wird mit 
Wechselbädern und Schultzschen Schwingungen behandelt. Zeizl (München). 

Wittneben: Zu kurze Nabelschnur als Geburtshiudernis. Med. Klinik Jg. 17, 
Nr. 36, S. 1091. 1921. 

In 3 Fällen von Wehenschwäche bei typischer Hinterhauptslage und tief im Becken 
stehendem Kopf glaubt Verf., daß durch die Zerrung von kurzer Nabelschnur (entweder abso- 
lute Kürze oder Verkürzung durch mehrfache Umschlingung) ein wehenhemmender Reflex 
ausgelöst wird. Erst Pituglandolinjektionen brachten eine geregelte Wehentätigkeit wieder 
in Gang. | Leixl (München). 

Lambrethsen: Zusammengeschlungene Nabelschnur in einer Zwillingsnach- 
geburt. (Jütländ. med. Ges., Kopenhagen.) Hospitalstidende Jg. 64, Nr. 29, S. 70. 1921. 
(Dänisch.) 

Kaboth, G.: Einschnürung eines Armes durch Nabelschnurumschlingung. 
(Hebammenlehranst., Elberfeld.) Zentralbl. f. Gynäkol. Jg. 45, Nr. 27, S. 958—959. 1921. 

Genschel, Johannes: Zur Kasuistik des Nabelschnurbruches. (Univ.-Frauen- 
klin., Göttingen.) Zentralbl. f. Gynäkol. Jg. 45, Nr. 48, S. 1750—1753. 1921. 


4. Wehenanomalien. 


Guggisberg, H.: Zur medikamentösen Therapie der Wehenschwäche. (Unw., 
Frauenklin., Bern.) Schweiz. med. Wochenschr. Jg. 5l, Nr. 5, S. 105—107. 1921. 

Die verschiedene Wirkung verschiedener Hypophysenpräparate bei verschiedenen 
Individuen machen es nötig, daß man mit kleinen Dosen sich vor Anwendung größerer 
ein Urteil über die Wirkung beim gegebenen Fall bildet, um Katastrophen zu vermeiden. 
In der Eröffnungs- und der Nachgeburtsperiode wirken Hypophysenpräparate schwä- 
cher, Secalepräparate bei letzterer am sichersten; besonders nach Ausstoßung der 
Placenta aber stellt Secale das souveräne Mittel dar. Im Gegensatz zu anderen Autoren 
wendet Guggisberg das Secale auch in der Austreibungsperiode an, wenn auch in 
entsprechend niedriger Dosis. Das Chinin hat — wenn es überhaupt wirkt — maximale 
Wirkung, eine Steigerung seiner untersten wirksamen Dosis ist überflüssig. Tetanus 
uterie wurde nie beobachtet, die Lähmung bei großen Dosen dürfte eine allgemeine 
Protoplasmagiftwirkung sein. Chinin verstärkt auch Eröffnungswehen, während 
Schwangerschaftswehen nicht beeinflußt werden, was zur Differentialdiagnostik ver- 
wendet wurde. Schäden für das Kind kommen durch die üblichen Chinindosen (1—2 mal 
0,25 Chin. sulf.) nicht vor. Zur Beendigung von septischen Aborten bei möglichst 
konservativer Leitung empfiehlt Verf. das Chinin ganz besonders, vor intravenöser 
Injektion und vor hohen Dosen warnt er wegen unangenehmer Nebenerscheinungen. 
Ob Chinin die geburtsverlangsamende Wirkung des Dämmerschlafes zu paralysieren 
vermag, erscheint G. fraglich. Die Kombination verschiedener Wehenmittel ist noch 
nicht genügend erprobt, am besten scheint Secale-Chinin zu sein. Zur Sensibilisierung 
träger Uteri empfiehlt Verf. den von ihm dargestellten Placentarextrakt, worauf Ver- 
sager der Pituitrinwirkung wesentlich seltener werden. Binz (München). 


5. Verletzungen der Geburtswege. 


a) Uterusruptur. | 
Keller, Raymond: Difficultés du diagnostic de la rupture utörine. (Schwierig- 
keiten in der Diagnostik der Uterusruptur.) (Clin. d’accouchement et de yynecol., 
Strasbourg.) Gynecol. et obstetr., Bd. 3, Nr. 2/3, S. 112—128. 1921. 
Ausführliche Beschreibung der Symptome der drohenden und perfekten Uterusruptur, 
die als gleichlautend in allen Lehrbüchern der Geburtshilfe und als klassisch bezeichnet werden. 


Jahresbericht f. d. ges. Gynäkologie 1921. 29 


450 Verletzungen der Geburtswege. 


An der Hand von einem selbst beobachteten Fall, der spontan und fast unbemerkt erfolgte. 
werden die Symptome im einzelnen besprochen und verwertet. Anführung von 11 weiteren 
Fällen aus dem klinischen Material der Straßburger Frauenklinik, bei denen die Stellung der 
Diagnose Schwierigkeiten machte, weil die klassischen Zeichen mehr oder weniger vollständig 
fehlten. Bei den unvollständigen Rupturen haben die typischen Zeichen nur eine relative 
Geltung, und weder das gute Aussehen der Gebärenden noch die Möglichkeit der glatten und 
schnellen Expression der Placenta lassen die Gegenwart einer Uterusruptur mit Sicherheit 
ausschließen. So kommt Verf. zu dem Schluß, daß der Sitz und die Eigenart der Ruptur außer- 
ordentliche Schwierigkeiten in der Diagnosestellung bedingen können, und daß es nicht immer 
möglich ist, trotz sachgemäßer Beurteilung der Lage, den günstigsten Zeitpunkt für die Ver- 
meidung des Eintretens der Ruptur mit Sicherheit zu erkennen. Linnert (Halle a. S.). 
Fleurent, H.: A propos de quelques cas de rupture de l’uterus. (Einige Fälle 
von Uterusruptur.) (Serv. de gynecol., höp., Colmar.) Gynécol. et obstetr. Bd. 4, 


Nr. 6, S. 544-552. 1921. 

Mitteilung von 5 Fällen von Uterusruptur in der Schwangerschaft und unter der Geburt. 
Eintritt der Ruptur beim ersten Fall, einer 3ljährigen V.-Para durch direkten Stoß gegen 
den Unterleib in der Höhe des inneren Muttermundes in querer Richtung. Austritt des Kindes 
mitsamt der Placenta und den Eihäuten in die Bauchhöhle. Laparotomie am dritten Tage 
nach Eintritt der Verletzung. Säuberung der Bauchhöhle. Naht der Uteruswunde, Schluß 
der Bauchhöhle. Schnelle Heilung, alsbaldige neue Schwangerschaft, die normal ausgetragen 
wurde. Abweichend war das Zustandekommen des Risses durch den plötzlichen Druck auf den 
Unterleib in querer Richtung, sowie der baldige Wiedereintritt einer neuen Schwangerschaft, 
die vollkommen normal verlief. Spontanruptur während der Wehentätigkeit beim zweiten 
Fall, einer IX.-Para von 38 Jahren. Nach plötzlichem Aufhören der Wehen Eintreten eines 
Kollapses. Sofortige Operation. Laparotomie. Austritt des Kindes im Eihautsack mit Aus- 
nahme des unteren Eipoles in die Bauchhöhle. Sitz des Risses an der linken Seite des Uterus. 
T-förmige Ruptur, deren horizontaler Schenkel um den Hals herumläuft, während der vertikale 
bis zum Fundus an der linken Seite aufsteigt. Supravaginale Herausnahme der Gebärmutter. 
Vollständige Genesung. Auffallend war der Eintritt der Ruptur vor dem Blasensprung. Vor- 
bedingung für das Zustandekommen der Ruptur ist in solchen Fällen eine pathologische Weich- 
heit der Uterusmuskulatur oder eine alte Operationsnarbe. In diesem Fall war eine Überdeh- 
nung durch Hydramnion bei der voraufgegangenen Gravidität erfolgt. — Unvollständige Rup- 
tur nach Wendung beim dritten Fall, einer 29jährigen II.-Para, nach Voraufgehen von zwei 
vergeblichen Wendungsversuchen. Nach Tomponade steht die Blutung, die Pat. erholt sich 
vorübergehend. Exitus an Infektion. — Versuch einer hohen Zange bei beweglichem Kopf und 
plattrachitischem Becken mißglückte bei einem vierten Fall, einer 33jährigen II.-Para. Nach 
Perforation mißlang die Extraktion. Dabei Eintritt der Ruptur und Vorfall von Darm in die 
Scheide. Ausführung der Wendung und Extraktion. Reposition der Därme und Tamponade 
der Scheide. Exitus nach 4 Stunden an innerer Verblutung. — Versuch der Zange bei einer 
37 jährigen IIL.-Para, als fünftem Fall, der ohne Erfolg wiederholt wird. Extraktion des toten 
Kindes nach dreimaligzm Anlegen der Zange. Bei der Ausführung der manuellen Placentarlösung 
Hervorziehen der Därme aus der Vulva. Laparotomie nach drei Stunden. Resektion eines 
großen Teiles des Querkolons und Anlegen eines Anus praeternaturalis. Verschluß der Uterus- 
wunde. Exitus der Pat. nach einer Stunde. Während in den ersten vier Fällen ein Verfehlen des 
Arztes abgelehnt wird, schreibt Verf. im fünften Fall dem behandelnden Arzt die Schuld an 
dem Zustandekommen der Uterusruptur zu. Nicht zu entschuldigen ist das Weiterarbeiten 
des Arztes im Uterus, das Ablösen des Darmes, ohne daß die bestehende Ruptur erkannt 
wurde. Die Gefahr der Infektion ist gering bei Eintreten der Ruptur bei intakter Fruchtblase. 
Die Behandlung ist im allgemeinen eine operative, bei Vorliegen von Kontraindikationen 
eine nicht chirurgische, konservative. Linnert (Halle a. d. S.). 


Paquet, André: Deux cas de rupture utérine. (Zwei Fälle von Üterusruptur.) 
(Soc. d’obstetr. et de gynecol., Lille, 23. II. 1921.) Bull. de la soc. d’obstetr. et de gyne- 
col., de Paris Jg. 10, Nr. 6, S. 226—229. 1921. 


Katz, Heinrich: Über unvollständige äußere Uterusruptur. (Inst. f. gerichtl. 
Med., Wien.) Monatsschr. f. Gebuitsh. u. Gynäkol. Bd. 54, H. 2, S. 95—102. 1921. 

Die sog. Ruptura incompleta externa uteri oder Fissura uteri peritonealis, die 
nur selten zur Beobachtung kommt, führte zum Exitus an Verblutung in die Bauch- 
höhle bei einer 42jährigen Kreißenden, X-gravida. Ausführliche Beschreibung des 
Krankheitsverlaufes und des Obduktionsbefundes. Zur Erklärung des Entstehungs- 
mechanismus ließen sich zufällige Nebenbefunde als prädisponierende Momente nicht 
auffinden. Als einziges Moment, das zum Auftreten der Fissur geführt haben könnte, 
ließ sich eine mangelhafte Elastizität der Serosa und eine abnorme Zerreißlichkeit 


Uterusruptur. 451 


der Muskulatur annehmen. Die mikroskopische Untersuchung ergab eine mäßig 
starke ödematöse Durchtränkung des Bindegewebes. Prädisponierend mag ferner 
das höhere Alter und die vielfache Beanspruchung des Uterus durch mehrfache Ge- 
burten, sowie evtl. eine durch längeres Stillen hervorgerufene stärkere Involution 
des Uterus gewesen sein. Linnert (Halle a. d. S.). 

Pena, Ismael: Zur Behandlung eines Falles von kompletter Uterusruptur. 
Schwerer Schock und Anämie, Foetus in der Bauchhöhle. Konservative Behand- 
lung und Heilung. Semana med. Jg. 28, Nr. 36, S. 325—328. 1921. (Spanisch.) 

38 Jahre alte VI-Gravida, am Ende der Schwangerschaft, wird nach 24stündiger Geburts- 
dauer und mehrfachen vergeblichen Zangenversuchen eines Arztes (Indikation nicht angegeben; 
Ref.) in die Klinik eingeliefert. Hier wurde eine Uterusruptur festgestellt — und zwar ein 
linksseitiger Cervixriß, der bis zum Kontraktionsring reichte. Das Kind befand sich in der 
Bauchhöhle, Herztöne waren nicht mehr zu hören. In leichter Athernarkose wurde das Kind 
vaginal extrahiert. Nach Entfernung der Placenta, die sich, zum größten Teil gelöst, noch im 
Uterus befand, traten kräftige Kontraktionen auf. Es wurde deshalb auf eine Tamponade ver- 
zichtet. Am 20. Tage post partum konnte die Kranke zum ersten Male das Bett verlassen. 
Da die Kranke 3 gesunde Kinder hatte, so wurde, um einer späteren Narbenruptur des Uterus 
vorzubeugen, die Sterilisierung beschlossen. Diese wurde am 51. Tage post partum mittels 
vorderer Kolpotomie und einfacher Seidenligatur jeder Tube ausgeführt. Ungestörter Heilungs- 
verlauf. Nürnberger (Hamburg). 

Kreisch, E.: Spontane Uterusruptur mit Austritt von Frucht und Placenta in 
die Bauchhöhle. Operation nach 12 Tagen. Monatsschr. f. Geburtsh. u. Gynäkol 
Bd. 56, H. 1/2, S. 34—35. 1921. 

Operation einer vor 12 Tagen entstandenen Ruptur der Gebärmutter, bei der es zu 
Austritt der Frucht und der Placenta in die Bauchhöhle und zu hochgradiger Verjauchung 
gekommen war, bei einer 45 jährigen Patientin gegen Ende der Schwangesschaft. Extirpation des 
Uterus durch Laparotomie. Drainage der Bauchhöhle nach den Bauchdecken und der Scheide. 
Entlassung der Pat. nach monatelangem Krankenlager in leidlich gutem Zustand. Infolge 
des Sitzes des Risses, der an der linken Kante des Uterus vom Tubenansatz bis in die Nähe 
der Insertion des linken Ligamentum sacro-uterinum reichte, war es nicht zu stärkerer Blutung 
in die Bauchhöhle gekommen. Da der Cervicalkanal vollständig geschlossen war, war eine 
Infektion von außen vermieden worden, und auf diese Weise der zu einem guten Ausgang 
führende langsame Verlauf zu erklären. Linnert (Hall a. S.) 


Müller, Max: Spontane Uterusruptur bei exzentrischer Insertion des Fics, ein 
Beitrag zur Divertikelschwangerschaft. Zentralbl. f. Gynäkol. Jg. 45, Nr. 18, S. 638 
bis 642. 1921. 

Lindquist, L.: Spontane Üterusruptur in der Gravidität. Hygiea Bd. 83, H. 16, 
S. 551. 1921. (Schwedisch.) 


Fleischmann, Jakob, Über spontane Uterusruptur sub partu. (Dissertation: Würz- 
burg 1921.) 


Anderson, J. Ford: Rupture of the uterus; treatment by gauze packing; re- 
covery. (Uterusruptur: Behandlung mit Gaze-Tamponade.) Clin. journ. Bd. 50, 
Nr. 7, S. 110—111. 1921. 

Eberle, D.: Spontaner Scheidenabriß während der Geburt nebst Bemerkungen 
zur Uterusruptur. (Stadikrankenh., Offenbach a. M.) Schweiz. med. Wochenschr. 
Jg. 51, Nr. 37, S. 852—854. 1921. 

Die Ursache für das Zustandekommen des Scheidenabrisses war ein riesiger Hänge- 
bauch, der die Oberschenkel im oberen Drittel bedeckte und dessen ungenügende 
Korrektur. Die Therapie der Kolpaporrhexis bestand in der abdominalen Totalexstir- 
pation des Uterus, nachdem vorher das Kind, das in Schädellage lag, auf den Fuß 


gewendet und extrahiert war. 
Der Verlauf der Operation bei der zwölft gebärenden, 42jährigen Frau war kompli- 
kationsfrei. Nach der Operation Bluttransfusion von 700 ccm. Linnert. 


Holland, Eardley: Rupture of the caesarean section scar in subsequent pre- 
gnancy or labour. (Ruptur der Kaiserschnittsnarbe bei folgender Schwangerschaft 
oder Geburt.) Journ. of obstetr. a. gynaecol. of the Brit. empire Bd. 28, Nr. 3/4, 
S. 488—522. 1921. 

Krankengeschichten 5 beobachteter Fälle. Besprechung von Ätiologie und patho- 


297 


452 Verletzungen der Geburtswege. 


logischer Anatomie unter Heranziehung weiterer Fälle mit kritischer Verwertung der 
internationalen Literatur, eingehender Erörterung und zahlenmäßiger Beleuchtung 
aller in Frage kommender Gesichtspunkte. Bei fieberhaften Wochenbetten weicht die 
Wunde besonders leicht auseinander. Das Netz verklebt mit den Wundrändern, und 
es bleiben dauernde Adhäsionen bestehen. Aber auch bei vollkommen fieberfreiem 
Verlauf kann die Uteruswunde durch die Nähe des bakterienreichen Scheidentrakts 
leicht eitern und ist dann zur Ruptur besonders disponiert. Uterus-Bauchhöhlenfisteln 
sind nicht selten. Der Fundalschnitt nach Fritsch neigt besonders leicht zur Ruptur. 
Der Cervicalschnitt wohl am wenigsten (einmal unter 85 Fällen). Jedenfalls ist hier 
auch die in anderen Ländern, besonders in Deutschland, erreichte niedrige Mortalität 
bemerkenswert. Der Einfluß der Placentarinsertion auf die Verursachung der Ruptur 
ist bisher überschätzt. Auffallend ist die große Zahl von Rupturen bei den mit Catgut 
genähten Uteruswunden. Da Seide und Leinenzwirn die Bakterien festhalten, ist 
Sileworm wohl das beste Nahtmaterial. In 6 Fällen fehlten alle Ruptursymptome, 
l4 mal waren sie nur unbedeutend. Zur Beurteilung der Häufigkeit der Uterusruptur 
nach Kaiserschnitt hat Verf. Nachuntersuchungen an allen 1912—1918 in 2 Londoner 
Krankenhäusern operierten Frauen angestellt. Er hat so eine Häufigkeitsziffer 
von 16%, gewonnen. Bei einer größeren Sammelforschung über 1605 Fälle aus 
25 Krankenhäusern fand sich aber nur in 4% der Fälle eine Uterusruptur. 


Uter (Heidelberg). 


Plauchu: Rupture spontanée de l’uterus au cours du travail. Opération de 
Porro. (Spontane Uterusruptur während der Wehentätigkeit. Kaiserschnitt nach 
Porro.) (Soc. d’obstetr. et de gynecol., Lyon, 7. II. 1921.) Bull. de la soc. d’obstetr. et de 
gynecol. de Paris, Jg. 10, Nr. 3, S. 186—189. 1921. 


Daniel, C.: Verletzungen des graviden Uterus. Gynecol. si obstetr. Jg. 1921, 
Nr. 1, S. 3—14. 1921. (Rumänisch.) 

Verf. bespricht 43 transperitoneale Verletzungen des schwangeren Uterus aus der 
Literatur und 2 selbstbeobachtete. Zunächst tadelt er die häufige Verwechslung der 
Ausdrücke „Uterusverletzung‘ und „Uterusruptur“ in dem bisherigen Schrift- 
tum; die Bezeichnung „Uterusperforation‘ gilt nur für Verletzungen, bei denen 
das verletzende Agens von innen nach außen wirkt. Der richtschwangere Uterus wird 
wegen seiner im Becken geschützten Lage viel seltener von Verletzungen getroffen als 
der schwangere. Die erste penetrierende Verletzung des graviden Uterus ist von 
Rousset (1581) beschrieben worden. — Die meisten Fälle (etwa ?/,) betreffen Frauen im 
mittleren Alter (20—40 Jahre). In nur 13 von 40 Fällen war die Schwangerschaft 
‘unter 6 Monaten alt, in 10 Fällen war das normale Ende nahe. — Die Verletzungen sind 
entweder versehentliche, kriminelle oder Operationsverletzungen; letztere kommen 
vor bei diagnostischen Irrtümern (Punktion mit Trokar usw.). Selbstverletzungen sind 
relativ häufig (11 mal); es sind 2 Fälle bekannt, bei denen die Frauen sich selbst einen 
richtigen Kaiserschnitt beigebracht haben. — Nach der Art des verletzenden Agens 
muß man unterscheiden Verletzungen durch schneidende und stechende Instrumente, 
durch Tierhörner und durch Schußwaffen. — Mitverletzungen des Darmes sind selten, 
da derselbe durch den schwangeren Uterus hochgedrängt wird; relativ am häufigsten 
kommen Darmverletzungen bei Schußwunden vor; dagegen kommt es häufig zu Darm- 
prolaps aus der Bauchwunde. 5mal kam es zu diffuser Peritonitis; 3 davon kamen 
ad exitum. — In 20 von 45 Fällen war der Foetus ebenfalls verletzt. Die Symptome 
sind meist eindeutig. Die Blutung nach außen ist nicht sehr stark. Abfließen von 
Amnionflüssigkeit stellt die Diagnose außer Zweifel. — Ist die Bauchwunde groß genug, 
so kann der Foetus entweder von selbst durch sie ausgestoßen oder vom Arzt (oder auch 
von der Verletzten selber) herausgezogen werden. Ist die Verletzung des Uterus klein, 
so kommt es meist zu Abort oder Frühgeburt; in seltenen Fälle geht die Schwanger- 
schaft bis zum normalen Ende weiter. K. Wohlgemuth (Berlin). 


Verletzungen der Geburtswege. — Andere Geburtsverletzungen. 453 


b u. c) Andere Geburtsverletzungen. 

Kahn, Isador W.: Lacerations of the eervix. (Cervixrisse.) Med. rec. Bd. 100, 
Nr. 12, S. 506—507. 1921. 

Die Symptome, Diagnose und die Bedeutung der Cervixrisse werden von den 
allgemein bekannten Gesichtspunkten aus besprochen. Bei der großen Wichtigkeit 
dieser Verletzung ist die Prophylaxe von entscheidender Bedeutung. Ebenso wie jeder 
Damm nach der Ausstoßung des Kindes auf Verletzungen geprüft wird, ist es anzu- 
raten, bald nach der Geburt der Placenta jede Cervix zu inspizieren und auf Geburts- 
verletzungen zu kontrollieren. Findet man Einrisse an ihr, so ist die sofortige Ver- 
sorgung nicht zu empfehlen, da der frisch puerperale Halsteil sich kaum physiologisch 
wiederherstellen läßt. Die Naht des Risses soll selbst bei starker Blutung unter- 
bleiben (!), da man der durch die Geburtsarbeit erschöpften Frau den Eingriff nicht 
zumuten kann, andererseits aber auch die Jodoformgazetamponade die Blutung be- 
herrscht (!). Zur Versorgung des Risses erscheint der 9. Tag des Wochenbettes am 
geeignetsten. Außerdem soll zur Vermeidung von krankhaften Folgezuständen im 
Becken jede Wöchnerin in der 2.—3. Woche genau untersucht, und falls Risse in der 
Cervix gefunden werden, die Sekundäroperation im 3. Monat ausgeführt werden. Zu 
diesem Zeitpunkt hat die Cervix ihre normale Form, soweit es die Verletzung zuläßt, 
wiedergewonnen. Die Naht ist in jedem Fall mit einer Ausschabung des Uterusinnern 
zu verbinden. Liegner (Breslau). 


Goffe, J. Riddle: Laceration of the cervix uteri: what does it mean to the pa- 
tient, to the obstetrician, and te the gynecologist? (Zerreißung der Cervix uteri, 
was bedeutet sie für die Patientin, für den Geburtshelfer und für den Gynäkologen.) 
New York state journ. of med. Bd. 21, Nr. 4, S. 129—131. 1921. 


Beckmann, Wilhelm: Über parametrane und subperitoneale Hämatome bei 
der Geburt. (Obuchow-Frauenhosp., St. Petersburg.) Zeitschr. f. Geburtsh. u. Gynäkol. 
Bd. 83, H. 3, S. 603—618. 1921. 

Die Blutergüsse im Ligamentum latum und im subperitonealen Zellgewebe zer- 
fallen ihrer Ätiologie nach in solche primärer und sekundärer Herkunft. Die D iffe- 
rentialdiagnose zwischen beiden Arten ist schwer. Um sie zu stellen, ist die Austastung 
des Cervicalkanals und des Cavum uteri unerläßlich. Die Behandlung soll eine operative 
sein. Die Geschwulst muß breit eröffnet und ıhr Inhalt entleert werden. Die blu- 
tenden Gefäße sind zu umstechen, die Höhle trocken zu legen und zu tamponieren. 
Während der Überführung der Kranken soll der Momburgsche Schlauch angelegt 
werden, um jeden weiteren Blutverlust zu vermeiden. Während im allgemeinen die 
Laparotomie zu wählen ist, bleibt für ausgeblutete Fälle und kleine Hämatome nur 
der vaginale Weg übrig. Linnert. 


Schultze, H[ans], Über violente: Uterusperforationen in der Gravidität. (Univ.- 
Frauenklin., Greifswald.) (Dissertation: Greifswald 1921.) 


Brünner, K. E.: Über Mutterhals-Seheidenfisteln nach Geburten und Fehlge- 
burten. (Landeskrankenh., Braunschweig.) Zentralbl. f. Gynäkol. Jg. 45, Nr. 3, 
S. 113—119. 1921. 


Zusammenstellung der bisher veröffentlichten Fälle von Cervico-Vaginalfisteln bzw. Riß- 
bildungen an der Cervix nach Fehlgeburt in einer Tabelle, unter Anführung von 27 Veröffent- 
lichungen. In einer zweiten Tabelle werden die Riß- bzw. Fistelbildungen bei ausgetragener 
Geburt in der gleichen Weise angeführt. Der Sitz der Verletzung, die meistens in einem Quer- 
riB besteht, ist in der Regel die hintere Cervixwand, falls es sich um das Schwangerschaftsende 
handelte, und zwar häufig an der Grenze des hinteren Scheidengewölbes. Als Ursache für das 
Zustandekommen des Risses bzw. der Fistel wird angegeben: 1. instrumentelle Perforation, 
2. Spontanruptur bei Rigidität der Cervix und des äußeren Muttermundes. — Als weiteres 
ursächliches Moment wird eine Minderwertigkeit der hinteren Cervixwand im Sinne eines 
Locus minoris resistentiae angenommen. Therapeutisch empfiehlt Verf. die Naht besonders 
in frischen Fällen. Anführung eines eigenen einschlägigen Falles mit Abreißung der Portio 


454 Pathologie und Therapie der Geburt. — Achsendrehung, Inversio uteri. 


im Gesantbereich des hinteren Scheidengewölbes bis zum Teil in das vordere reichend, ent- 
standen bei einer Spontangeburt. Therapie Naht. Heilung. Linnert (Halle). 

Kritzler, Hans: Zur Asepsis des Dammschutzes. (Univ.-Frauenklin., Gießen.) 
Zentralbl. f. Gynäkol. Jg. 45, Nr. 8, S. 278—279. 1921. l 


Verf. empfiehlt das Aufkleben eines Gummilappens (Handtellerteil alter Gummihand- 
schuhe) mittels Mastisol auf die gut entfettete Dammpartie zur Separierung des Afters vom 


Genitale. Dyrotf (Erlangen). 
Wiegels, W.: Über einen þesonderen Fall von totalem Dammriß. Zentralbl. 
f. Gynäkol. Jg. 45, Nr. 50, S. 1818—1820. 1921. 


Martin, Ed.: Die Behandlung des Dammrisses nach der Geburt. Zeitschr. 
f. ärztl. Fortbild. Jg. 18, Nr. 2, S. 33—39. 1921. 


6. Achsendrehung, Inversio uteri. 


Huntington, James L.: Acute inversion of the uterus. (Akute Uterusinversion.) 
Boston med. a. surg. journ. Bd. 184, Nr. 15, S. 376—380. 1921. 

Mitteilung von 2 einschlägigen Fällen von akuter Uterusinversion. Nach eirer Be- 
schreibung der Fälle weist Verf. darauf hin, daß die akute Uterusinversion im Anschluß an die 
Geburt spontan auftreten kann. Begünstigt wird sie durch die Insertion der Placenta in oder 
nahe dem Fundus. Die Einstülpung des Fundus geschieht mit Vorliebe an der Stelle, die durch 
die Insertion der Placenta verdünnt ist, besonders bei Druck von oben her. Bei jedem Schock 
im Anschluß an die Geburt ist die vaginale Untersuchung vonnöten; es sei denn, daß man 
die charakteristische Oberfläche des Uterus von außen mit Sicherheit gefühlt hat. Bei zu 
spät erfolgter Diagnosenstellung ist die Laparotomie für die Bewerkstelligung der Reposition 
das beste Verfahren. Linnert. 


Barris, J. and M. Donaldson: Aeute inversion of the uterus; treatment by 
blood transfusion and late replacement. (Reposition eines invertierten Uterus bei 
einer 34 jährigen Patientin.) Proc. of the roy. soc. of med. Bd. 14, Nr. 3, sect. of 


obstetr. a. gynaecol. S. 207—208. 1921. 

Zirka 7 Wochen nach der Entstehung unter Anwendung des Avelingschen Repositions- 
instrumentes und 3maliger Bluttransfusion wegen hochgradiger Anämie. Gegen die Infektion 
wurden Carrelsche Tuben in die Scheide eingeführt. Linnert (Halle a. S.). 


Verrucoli, C.: Sopra un caso d’inversione puerperale dell’utero. (Über einen 
Fall von Inversion des puerperalen Uterus.) (Istit. ostetr.-ginecol. univ., Pisa.) Rass. 
d’ostetr. et ginecol. Jg. 30, Nr. 7—9, S. 171—183. 1921. 


Pettazzi, M.: Un caso d’inversione completa dell’utero di origine ostetrica. 
(Maternità, Torino.) Rass. d’ostetr. e ginecol. Jg. 30, Nr. 1/3, S. 29—30. 1921. 


Alin, E.: Gebärmutierdrehung bei einer fast ausgetragenen Frucht. — Tod. 
(Geburtshilfl.-gynäkol. Sekt.) Hygiea Bd. 83, H. 6, S. 193—196. 1921. (Schwedisch.) 


Hannak, Fritz: Über Prolapsus uteri et vaginae intra partum. (Geburtshilfl. 
Klin., Dtsch. Univ., Prag.) Monatsschr. f. Geburtsh. u. Gynäkol. Bd. 55, H. 45, 
S. 233—238. 1921. 

Verf. berichtet über 5 eigene und zahlreiche in der Literatur gefundene Fälle von 
„Vorfall der mehr oder minder beträchtlich elongierten Cervix mit partieller oder 
kompletter Inversion der Vaginalwände“. Die hohe Morbidität und Mortalität ist ver- 
ursacht durch die Epidermisierung der Cervixschleimhaut, durch dort entstehende 
Epitheldefekte, hauptsächlich aber durch die lange Geburtsdauer infolge einer pri- 
mären Wehenschwäche in der Eröffnungsperiode. Die Wehenschwäche beruht auf 
der nur mangelhaften und zu langsamen Verkürzung der Cervix, besonders des äußeren 
Muttermundes, verursacht durch eine Starrheit und Rigidität des Gewebes, die durch 
den Vorfall erzeugt wird. Therapeutisch werden prophylaktische Maßnahmen emp- 
fohlen, bei bereits erfolgter Infektion Exstirpation des Uterus per laparotomiam (in 
gecigneten Fällen nach vorheriger Sectio caesarea). Schreiner (Marburg a. d. Lahn). 


Blutungen (Atonie) und deren Therapie (Kompression, Infusion und Transfusion). 455 


Kritzler, Hans: Ein Fall von Prolapsus vaginae et uteri ante et intra partum 
mit tödlichem Ausgang für Mutter und Kind. Zentralbl. f. Gynäkol. Jg. 45, Nr. 48, 
S. 1753—1755. 1921. 
Kasuistischer Beitrag. Hinweis auf die erschreckend hohe Lebensgefahr, in die Mutter 
und Kind durch diese Geburtskomplikation hauptsächlich infolge von Infektion geraten. 
Leixl (München). 


4. Blutungen (Atonie) und deren Therapie (Kompression, Infusion und 
Transfusion). 


Brock, James: Die Nachgeburtsblutungen und ihre Behandlung. Berl. klin. 
Wochenschr. Jg. 58, Nr. 2, S. 32—34. 1921. 

Verf. hält die Nachgeburtsblutungen hauptsächlich verursacht durch irrationelles 
Vorgehen, durch ungeduldiges Unterbrechen des natürlichen Geburtsverlaufes und 
schädliches aktives Eingreifen. Der zeitweilige Erschlaffungszustand des Uterus nach 
der Geburt des Kindes ist durchaus phvsiologisch. Es ist ein Erholungsstadium und 
dient zum Kräftesammeln zwecks Ausstoßung der Placenta, ebenso ist ein kurzes 
Erholungsstadium nach Entfernung dieser noch nicht pathologisch. Jetzt durch 
Reiben, Kneten, Massieren die Atonie bekämpfen zu wollen, heißt sie nur in Gang 
bringen. Anzustreben ist nur die Vermeidung des Blutverlustes, bis der Uterus von 
selbst Ruhe gewonnen hat, in dauernden Kontraktionszustand überzugehen. Das 
erreicht Verf. durch einen näher beschriebenen, einfach zu improvisierenden Fixations- 
verband mittels zweier Handbürsten, mit denen er von außen den Uterus einbindet, 
so ein Aufsteigen nach oben verhindert und die Blutung in das sich sonst weitende 
Cavum beschränkt. Die Erfolge sind angeblich gut. Hinrichs (Kiel). 

Jervell, Fredrik: Atonia uteri; Aufhören der Blutgerinnung während der 
Blutung. (Frauenklin., Christiania ) Norsk Magaz. f. Leegevidenskaben Jg. 82, Nr. 8, 
S. 568—574. 1921. (Norwegisch.) 

In 2 Fällen von Atonia uteri, die mit schwerer Blutung einhergingen, hörte das 
Blut aus dem Genitale während der Blutung auf zu koagulieren. Das Blut war zuerst 
hell und gerann schnell, floß aber allmählich dunkler und koagulierte nach Auffangen 
im Meßglas nicht. In dem einen Falle wurde das aufgesammelte Genitalblut bzw 
Plasma mit frischem Menschenserum, Calciumchlorid, Organextrakten, Decidua- 
extrakt usw. versetzt, ohne daß es nach 12 Stunden Stehen in Zimmertemperatur zur 
Gerinnung kam. Fibrinogen ließ sich im Plasma nicht nachweisen. Die Möglichkeit 
einer Defibrinierung des Blutes in den Genitalien war ausgeschlossen, da sich weder in 
dem aufgesammelten Genitalblut noch in Uterus oder Vagina Koagula fanden. In 
beiden Fällen wurden gleichzeitig Blutproben aus den Öhrläppchen und Cubitalvenen 
der Patienten untersucht. Das hiervon stammende Blut koagulierte normal, auch nach- 
dem das Genitalblut aufgehört hatte zu gerinnen. Eine generelle Herabsetzung oder 
Aufhebung der Gerinnungsfähigkeit des Blutes konnte dadurch ausgeschlossen werden. 
Das Blut mußte also in den Genitalien eine lokale Veränderung unbekannter Ursache 
durchgemacht haben. Die eine Patientin verblutete trotz energischer Versuche, die 
Blutung zum Stehen zu bringen, die andere wurde in extremis durch Bluttransfusion 
und Aortenkompression gerettet. Nach der Kompression kam weiterhin noch etwas 
dunkles, nicht koagulierendes Blut aus den Genitalien. Erst nach 4 Tagen zeigte das 
Genitalblut wieder normale Gerinnung. Eine gleiche Veränderung in der Blutgerinnung 
wurde bei zwei Fällen von Placentia praevia mit Uterusatonie beobachtet. Der eine 
dieser Fälle endete letal. Das Aufhören der Blutgerinnung bei Genitalblutungen bildet 
eine ernste Gefahr, es wird daher für ähnliche Fälle die frühzeitige Aortenkompression, 
eventuell mit Bluttransfusion, empfohlen. Autoreferat (durch Brandt). 

Hesselberg, Trygve: Über Blutungen bei Placentarlösung. Eine klinische Studie. 
Norsk magaz. f. laegevidenskaben Jg.82, Nr. 10, Beilageh.,S.'1—180. 1921. (Norwegisch.) 

Die Arbeit ist eingeteilt in zwei Hauptabschnitte: 1. Über Nachgeburtsblutung. 


456 Pathologie und Therapie der Geburt. 


2. Über die vorzeitige Lösung der an normaler Stelle inserierten Placenta. — 1. Verf. 
versucht an der Hand von 1000 fast ausschließlich normalen Spontangeburten die 
Kenntnisse über den 3. Geburtsabschnitt zu erweitern. Besonderes Gewicht wird auf 
die palpatorisch nachweisbaren Veränderungen, die der Uterus in der Nachgeburtszeit 
durchmacht, gelegt. Hesselberg stellt 4 Typen von Nachgeburtsblutung auf. Type I. 
Blutung gleich nach der Geburt des Kindes. Placenta noch im Corpus uteri. Blutung 
entlang der gelösten Eihäute. Type II. Die Placenta liegt gelöst im unteren Uterin- 
segment, das Blut sammelt sich hinter ihr. Zunächst keine Blutung nach außen. Empor- 
steigen des Uterus. Type III. Placenta noch im Corpus uteri. Blut im unteren Uterin- 
segment durch Festhaften der Häute um das Orificium internum zurückgehalten. 
Emporsteigen des Uterus. Zunächst keine Blutung nach außen. Type IV. Blut hinter 
der noch im Corpus uteri befindlichen Placenta. Corpus uteri ausgedehnt, nach unten 
aber direkt über dem Beckeneingang stehend. Type V nennt Verf. die Blutung nach 
Geburt der Placenta, was wir als Nachblutung bezeichnen. Eine Unterscheidung 
zwischen Blutung vor und bei Geburt der Placenta ist nicht nötig; das sich mit der 
Placenta ergießende Blut hat sich schon vorher auf eine der unter II—IV beschriebenen 
Arten angesammelt. Durch Betastung kann man in den meisten Fällen die eine oder 
andere Form schon bei Beginn der Blutung feststellen. Verf. glaubt, daß Ahlfeld 
mit seiner Mahnung: ‚Hand weg von der Gebärmutter‘ auch solche leichte Betastung 
verboten habe. Das ist nicht der Fall; Ahlfeld verbot nur jegliches vorzeitige Drücken 
und Kneten, wodurch sicher auch die einzelnen Typen des Verf. gestört werden würden. 
Was die Menge des in der Nachgeburtsperiode ergossenen Blutes betrifft, so fand Verf., 
daß die ganz geringfügigen Blutungen in der Überzahl sind. 0—100 ccm in 30,7%, 
100—200 ccm: in 22,6%, 200—300 ccm in 14,9%, 300—400 cem in 10,1%, 400—500 ccm 
in 4,9%. Blutungen über 1500 cem finden sich nur in 1,6%. Das Kapitel über die Ur- 
sachen stärkerer Nachgeburtsblutungen wird eingeteilt in solche, die im Uterusmuskel, 
und solche, die in der Placenta zu suchen sind. Das höhere Alter bei Erstgebärenden 
disponiert zu stärkerer Blutung. Die Zweitgebärenden stehen günstiger da als der 
Durchschnitt sämtlicher, während viele vorausgegangene Geburten eine verstärkte 
Neigung zu Blutung in der Nachgeburtsperiode mit sich bringen. Die Geburt bei 
eklamptischer Intoxikation verläuft rasch und unter geringerer Blutung als gewöhn- 
lich. Pituitrin gegen Schluß der Geburt angewandt führt geringere Nachgeburtsblutung 
mit sich. — Abnorme Lokalisation der Placenta, tiefer Sıtz und Tubeneckeninsertion 
sind von blutungsfördernder Wirkung, desgleichen große, dünne Placenta, Placenta 
succenturiata und Placenta accreta. Selbstverständlich bewirken zurückgebliebene 
Nachgeburtsteile Blutung, während Eihautreste keine Nachblutung verursachen. 
Verstärkte Nachgeburtsblutung erhöht die Fiebermorbidität im Wochenbett. Bei der 
Besprechung der Behandlung der Nachgeburtsblutung wird die Indikation zur Cred é- 
schen Expression, die bei noch im Corpus zurückgehaltener Placenta eine Kompression 
darzustellen hat, genauer präzisiert. Wenn dabei der Uterus die Neigung zeigt, ins kleine 
Becken auszuweichen, muß man die eine Hand über der Symphyse einsetzen und 
damit das Corpus uteri in der richtigen Höhe halten. Bei Nachblutung ist der Uterus 
ebenfalls auszudrücken und in gehörige Anteflexion zu bringen. Dann muß mit flacher, 
leichter Hand massiert werden. Wenn auch dieses nicht zum Ziel führt, muß man 
nach Brandt die Hand in den Uterus einführen und alle Koagula und Hautreste ent- 
fernen. Dadurch wird zugleich ein sehr kräftiger Kontraktionsreiz ausgeübt, den man 
durch bimanuelle Kompression noch verstärken kann. Der Momburgsche Schlauch 
und die Aortenkompression kommen als ultimum refugium in Anwendung. Die Uterus- 
tamponade wird nicht erwähnt. 2. Die vorzeitige Lösung der normal inserierten Pla- 
centa hat auf Grund der skandinavischen Literatur eine Häufigkeit von 0,16—0,949,, 
wenn man von einer Arbeit Hartmanns absieht, der stecknadelkopfgroße Hämatome 
in der Decidua mitrechnet und so 60%, herusbekommt. Verf. selbst: berechnet 0,5%. 
Er berichtet über 30 fortlaufend selbst beobachtete Fälle; 5 spätere, außer der Reihe 


Blutungen (Atonie) und deren Therapie (Kompression, Infusion und Transfusion). 457 


mit erlebte Fälle werden ebenfalls besprochen. 7 Placenten wiesen zugleich zentral und 
peripher gelegene Impressionen auf, 1 zeigte keine Veränderung, ö hatten nur zen- 
trale und 17 nur randständige Impressionen. Unter diesen 30 Fällen wurde nur 1 Todes- 
fall beobachtet, bei dem sich auch die von Couvelaire beschriebenen subserösen 
Blutungen fanden. Was die Ätiologie betrifft, so wurde 2 mal ein Trauma angenommen. 
Eine abnorm kurze Nabelschnur war nie gefunden worden. 1 mal führte die plötzliche 
Verkleinerung des Uterus durch rasche Entleerung eines Hydramnion zur vorzeitigen 
Lösung. Albuminurie wurde in 43% gefunden. Die skandinavische Literatur gibt sonst 
Zahlen zwischen 45 und 73%, an. Schwerere Albuminurie mit Ödemen und Fortdauer 
auch im Wochenbett kam in 20%, vor. Stets hat es sich dabei um akute Schwanger- 
schaftsniere, nie um chronische Nephritis gehandelt. 3 mal bestand Eklampsie und 
2 mal hatte bei einer früheren Schwangerschaft Eklampsie bestanden. Couvelaires 
Blutungen wurden bei 4 Kaiserschnitten und bei 1 Sektion gefunden. Je größer die 
Lösung war, desto ausgesprochener waren die Symptome von Intoxikation. Unter 
den 5 anhangsweise besprochenen Fällen fanden sich 3mal Eklampsie, 3 mal ausge- 
sprochene Couvelairesche Blutungen und 1 mal bei der Sektion ein sicher toxischer 
Organbefund. Bei 4 von diesen Fällen ist so gut wie die ganze Placenta gelöst und 
Imprimiert. Verf. sagt, daß er sich nach diesen Resultaten nicht von der Auffassung 
freimachen kann, daß vorzeitige Placentarlösung mit der Eklampsie und ihren Vor- 
stadien verwandt sein kann. Als ein weiteres ätiologisches Moment von Bedeutung 
führt er fehlerhafter Anlage der Placenta an. Und zwar fehlerhaften Sitz (1 Fall von 
Tubeneckenplacenta) und mangelhafte Entwicklung der Decidua, die eine ungeeignete 
Fixation zur Folge hat. Letzteres ist bei Mehrgebärenden am häufigsten beobachtet. 
Im ganzen wurde vorzeitige Placentarlösung in 63%, bei Mehrgebärenden gefunden.. 
Bei Erstgebärenden überwiegen die Fälle mit stärkerer Albuminurie. Was die Sym- 
ptome betrifft, so ıst das Material einzuteilen in Fälle mit Zeichen intrauteriner Blutung 
und solche ohne innere, mit nur äußerer Blutung. Der Schmerz ist oft ein Initialsym- 
ptom. Von geringerer Bedeutung ist die Volumszunahme des Uterus. Festere Kon- 
sistenz des Uterus deutet auf intrauterine Blutung hin. Ein weiteres Symptom ist 
Anämie. Verf. betrachtet weiter das Verhältnis der vorzeitigen Lösung zur Geburt 
und kommt zu folgenden Schlüssen: 1. Vorzeitige Lösung ist in der Mehrzahl der Fälle 
eine Schwangerschaftserkrankung. 2. Der Zustand verteilt sich ziemlich gleichmäßig 
auf die 2 letzten Schwangerschaftsmonate, kann aber auch in einem frühen Stadium 
der Schwangerschaft vorkommen. 3. Die Placentarlösung unterbricht die Wehentätig- 
keit nicht. 4. Placentarlösung mit Zeichen von intrauteriner Blutung löst Wehen aus. 
5. Auch Placentarlösung mit der vaginalen Blutungsform bringt in den meisten Fällen 
die Geburt in Gang. Die Prognose ist für die Mütter keine allzu schlechte. Verf. hatte 
eine mütterliche Mortalität von 3,3%, eine kindliche dagegen von 53%. Letztere hängt 
ganz besonders von dem Umfang der Ablösung ab. Es folgt nun die Besprechung der 
Behandlung. Für die Klinik lehnt H. die Tamponade ab. Der Blasenstich soll An- 
wendung finden bei Fällen, wo die Geburt in gutem Gange ist. Die Metreuryse ist 
empfehlenswert bei zögerndem Fortgang der Geburt, wenn keine unmittelbare Gefahr 
besteht. Wenn dieses der Fall ist, muß der Kaiserschnitt angewandt werden. Bei dem 
Material des Verf. wurde 4 mal der abdominale, 1 mal der vaginale Kaiserschnitt aus- 
geführt. Verf. empfiehlt für die schweren Fälle den abdominalen Kaiserschnitt. Den 
Schluß der interessanten Arbeit bilden die Krankengeschichten. Saenger (München). 
Leonhard, Heinrich, Der Einfluß der zu kurzen und zu langen Nabelschnur auf 
den Geburtsablauf. (Univ.-Frauenklin., Gießen.) (Dissertation: Gießen 1921.) 
Couinaud: H&morragie r&tro-placentaire avec lésions du muscle uterin. (Re- 
troplacentare Blutung mit Verletzung der Uterus-Muskulatur.) Bull. de la soc. 
d’obstetr. et de gyne&col. de Paris Jg. 10, Nr. 6, S. 212—215. 1921. 
Ribas,Guillermo:!Intrauterine Tamponade zurBehandlungderBlutungen bei tiefem 
Sitz der Placenta. Rev. españ. de med. y cirug. Jg.4, Nr. 38, S. 465—466. 1921. (Spanisch.) 


458 Pathologie und Therapie der Geburt. 


Kratochvil, Josef: Diaplessie bei atonischen Blutungen. Časopis lékařův českých 
Jg. 60, Nr. 42, S. 667—669. 1921. (Tschechisch.) 

Nachprüfung der von Lichtenstein als ‚„Diaplessie‘‘ bei Atonie post partum 
empfohlenen mechanischen Beklopfung der Vorderwand der (evtl. aus dem kleinen 
Becken emporgehobenen und nach vorne gehaltenen) Gebärmutter mit einem Holz- 
hammer oder den Fingerspitzen. In der Landpraxis erwies sich diese Methode in einigen 
recht schweren Fällen als sehr wirksam, wenn sie auch oft wiederholt angewendet 
werden muß. Der Praktiker, der oft unter primitiven Verhältnissen bei schwer aus- 
gebluteten Frauen eingreifen muß, kann mit diesem einfachen, unschädlichen, keine 
Vorbereitung und keine Apparate benötigenden Verfahren rasch gute Erfolge er- 
zielen, zumindest so lange, bis medikamentöse Mittel ihre Wirksamkeit entfalten 
können. Gross (Prag). 

Intorno ad alcuni casi di emorragia post-partum da atonia dell’utero trattati 
con la fasciatura compressiva dell’addome. (Über die Behandlung atonischer Nach- 
geburtsblutungen mittels einer Kompressionsbinde des Abdomens.) (Clin. ostetr.- 
ginecol., univ., Siena.) Rass. d’ostetr. e ginecol. Jg. 30, Nr. 4:6, S. 139—144. 1921. 

Verf. berichtet über 6 Fälle von atonischen Post-partum-Blutungen, die mittels 
einer elastischen Kompressionsbinde des Bauches erfolgreich bekämpft wurden. Diese 
Bauchbinde besteht aus einer gewöhnlichen Esmarchbinde, die 2mal um das Abdomen 
der Patientin geschlungen wird. Die Kompression soll nicht so stark sein, daß der 
Femoralpuls verschwindet, sondern sie soll nur einen bestimmten Druck auf die Bauch- 
aorta ausüben und den Uterus scheidenwärts drängen. Zwischen den Schenkeln der 
Frau wird eine zweite elastische Binde hindurchgeführt, die gegen das äußere Genitale 
einen großen Gazetampon drückt. Die Binden werden mittels Sicherheitsnadeln in 
ihrer Lage versorgt. Durch diese Anordnung der Binden wird der Uterus gleichsam 
zwischen den beiden Binden komprimiert und zur Kontraktion angeregt. 2 Abbildungen 
illustrieren die Technik des Anlegens der Kompressionsbinden. — Womöglich läßt man 
die Patientin bei der Applikation der Binden die Trendelenburgsche Hängelage 
einnehmen. Störende Zwischenfälle wurden nicht beobachtet. Die Einfachheit, die 
Erprobtheit und die Unschädlichkeit des Verfahrens machen dasselbe besonders für 
Landhebammen empfehlenswert, da sie dadurch einerseits die Patientin vor zu großen 
Blutverlusten bewahren können, andererseits Zeit gewinnen, ärztliche Hilfe zu holen. 

Santner (Graz). 

La Torre, F.: It laccio aortico ultimo modello del Prof. Cassio Cassioli. (Das 
letzte Modell einer Aortenkompressionsbinde nach Prof. Cassio Cassioli.) Clin. ostetr. 
Jg. 23, H. 10, S. 221—238. 1921. 

Prof. C. Cassioli berichtete in einer Sitzung der toskanischen Gesellschaft für 
Geburtshilfe und Gynäkologie in Livorno von seinem letzten Modell eines Aorten- 
kompressoriums, das, kurz beschrieben, aus zwei starken, leicht konkaven Metallplatten 
besteht, die an ihrer Vereinigungsstelle ein Pölsterchen tragen, das auf Messingspiralen 
elastisch aufruht. Linkerseits der Metallplatten geht ein starker Gurt ab, der rechter- 
seits in einer gezähnten Schließe arretiert werden kann. Die Applikation geschieht 
nun so, daß man die Bauchaorta aufsucht, den gefederten Polster dagegendrückt und 
ihn in seiner Lage durch Herumführen des Gurtes um das Abdomen der Frau und Fest- 
machen in der Schließe fixiert. Dieser Apparat wurde bereits mehrfach bei bedroh- 
lichen atonischen Nachgeburtsblutungen erfolgreich verwendet. In dieser erwähnten 
Sitzung brachte Cassioli auch die Nachteile der nichtisolierten Aortenkompression 
zur Sprache, wie sie La Torre (Leinenbinde) und Momburg (Kautschukschlauch) 
lehrten. Dies der Anlaß zu einer 17 Seiten langen Streitschrift, bei der an Stelle einer 
objektiven Kritik (Verf. hat nie den Apparat versucht!) eine weitgehende persönliche 
Angriffsweise vielfach die Oberhand hat. Ein Referat würde sich erübrigen, wenn 
La Torres Eifer nicht auch einem deutschen Gelehrten — Momburg — zu Leibe 
rückte. L. T.s. Binde und Momburgs Schlauch verfolgen den gleichen Zweck; L. T. 


Blutungen (Atonie) und deren Therapie (Kompression, Infusion und Transfusion). 459 


wahrt sich die Priorität und sagt wörtlich: „Vor allem will ich sagen, da8 Momburg 
seine Arbeit 1908, während ich meine 1889 veröffentlichte, also 19 Jahre früher. Und 
er bediente sich, wenn auch nicht meiner Worte, so doch meines Einfalles.‘“ Und ein 
wenig später heißt es: „Wenn man die beiden zitierten Stellen ruhig und unparteiisch 
vergleicht — L. T., Momburg —, so muß man zugestehen, daß Momburg fast 
meiner Worte selbst sich bediente und mit ıhnen den gleichen therapeutischen Begriff 
ausdrückte, den ich 19 Jahre früher ausgesprochen hatte.“ Der Grund, warum L. T. 
sich so heftig seine Priorität wahrt, liegt nicht darin, daß jemand sie angezweifelt 
hätte, sondern — doch ich will besser L. T. selbst sprechen lassen: ,... Diese Tat- 
sachen (die vergleichenden Zitate) müssen doch denjenigen (italienischen) Kollegen 
die innigste Genugtuung bereiten, die ununterbrochen darauf bestehen, dem Deutschen 
das Verdienst der Aortenkompression zuzuerkennen, zum Nachteil des italienischen 
Kollegen. Werden sie nun der geschichtlichen Ehre und Echtheit ihren Tribut erweisen ? 
Man weiß ja doch, daß in dieser niedrigen Welt gerade die Leute überwiegen, die die 
Wahrheit nicht sehen und sagen wollen und glauben, sie könnten damit geschicht- 
liche Tatsachen aus der Welt schaffen.“ Ein weiterer Kommentar erübrigt sich. 
Santner (Graz). 


Hoffmann, Klaus: Aortenkompressorium für die Praxis. (Städt. Frauenklin., 
Dortmund.) Zentralbl. f. Gynäkol. Jg. 45, Nr. 36, S. 1279—1280. 1921. 

Beschreibung und Empfehlung nebst Abbildung einer verbesserten Sehrtschen Aorten- 
klemme, die zu schwer und zu groß ist für das Besteck des praktischen Arztes. Vorzüge dieses 
neuen Kompressoriums, das eine Modifikation des von Rissmann und von Becker an- 
gegebenen darstellt, sind: 

Geringes Gewicht von knapp 1 kg, Flachheit, Fortfall der Polsterung des hinteren 
Bügels durch Abplattung dieses, Versehen der Pelotte mit einem längeren linken und 
kürzeren rechten Seitenzapfen, so daß die Vena cava in vielen Fällen nicht mitgefaßt 
wird, Aorten- und Femoralispuls in jedem Falle schwindet. Die Anlegung der Klemme 
gestaltet sich durch praktische Konstruktion des Schraubenkopfes sehr einfach. Die 
vielfache erfolgreiche Anwendung brachte die Erfahrung: 1. Die Beine in gleicher Höhe 
mit dem Oberkörper zu lagern wegen der dann geringeren venösen Nachblutung aus 
diesen; 2. die Klemme langsam zu lösen wegen sonst möglicher Gehirnanämie durch zu 
plötzliches Abströmen größerer Blutmengen aus der oberen in die untere Körperhältte. 

Hinrichs (Kiel). 

Hoffmann, Klaus: Selbsthaltendes Aortenkompressorium für den Praktiker. 
(Städt. Frauenklin., Dortmund.) Münch. med. Wochenschr. Jg. 68, Nr. 33, S. 1050 
bis 1051. 1921. 

Das beschriebene und im Text abgebildete Kompressorium ist nur eine Modifikation der 


bereits genug bewährten Sehrtschen Klemme und weist eine gewisse Vereinfachung im Bau 
der Pelotte, der Bügel und des Schlosses und ein geringeres Gewicht auf. Hinrichs (Kiel). 


Lörinez, B.: Über die Anwendung des Sehrtschen Aortenkompressors bei post- 
partalen Blutungen. (Wöchnerinnenheim, Ujpest.) Zentralbl. f. Gynäkol. Jg. 45, 


Nr. 27, S. 962—965. 1921. 

An Hand einiger Fälle teilt Lörincz die Ergebnisse bzi der Anwendung des Sehrtschen 
Kompressoriums mit. Die Dauer der Kompression betrug 35—47 Minuten. Nicht alle Fälle 
verliefen glatt. Einmal entstand bei Hochstand des Uterus bis über den Nabel durch Kom- 
primierung der Magengegend Brechreiz, Ohnmachtsgefühl und Schmerzen, so daß das Instru- 
ment abgenommen werden mußte. In einem anderen Falle, wo nach einer Zwillingsschwanger- 
schaft wegen atonischer Blutung die Klemme mit Erfolg angelegt war, trat am 5. Tage des 
Wochenbettes hohes Fieber und am 9. Tage eine starke Blutung auf, die eine intrauterine Aus- 
tastung erforderte, wobei eine Placenta succenturiata gefunden wurde. Diese Verschleierung 
der Blutung als Krankheitszeichen ist ein Nachteil der Klemme. Es können, da die Blutung 
steht, Placentarreste oder Nebenplacenten zurückbleiben, die zu Fieber oder Nachblutung 
im Wochenbett Anlaß geben. Ist daher die Nachgeburt verdächtig oder setzt die Blutung 
nach 30 Minuten dauernder Kompression wieder ein, dann ist die Blutungsursache ein zurück- 
gebliebener Nachgeburtsrest, der entfernt werden muß. Sonst ist der Kompressor ein ausge- 
zeichnetes, sicher wirkendes Instrument, lebensrettend gegen echte atonische Blutungen sowie 
gegen Blutungen aus einem Cervisriß. Hinrichs (Kiel). 


460 Pathologie und Therapie der Geburt. 


Gamper, Alfred: Erfahrungen mit der Sehrtschen Klemme. (Univ.-Frauen- 
klin., Innsbruck.) Zentralbl. f. Gynäkol. Jg. 45, Nr. 45, S. 1628—1630. 1921. 

Verf. teilt 3 Fälle seiner Klinik mit, wo entgegen den bisherigen, durchweg erfolg- 
reichen Anwendungen der Sehrtschen Klemme diese glatt versagte und es, aller- 
dings geringer, weiter blutete, obwohl der Aortenpuls distal erloschen war. Die Blu- 
tung stammte also aus den oberhalb der Kompressionsstelle abgehenden Aa. sperm. 
intern., die ın der Gravidität um mehr als das Doppelte erweitert sind und die dann 
den Druckabfall im Gefäßgebiet der Uterina ausgleichen. Daraus resultiert, daß wohl 
in Fällen leichterer Atonie die Aortenkompression blutsparend wirkt, da die Aa. 
spermat. trotz des vermehrten Zuflusses dem Uterus nicht so viel Blut zuführen, wie die 
Aa. uter. und Aa. spermat. zusammen; bei schwerer Atonie dagegen genügt das Offen- 
bleiben der Spermaticae, daß es in lebensbedrohender Weise weiter blutet. Hinrichs. 

Schulze, Erich: Erfahrungen mit dem Sehrtschen Aortenkompressorium bei 
Blutungen in der Nachgeburtsperiode. (Brandenburg. Hebammenlehranst. u. Frauen- 
klin., Berlin-Neuköln.) Zentralbl. f. Gynäkol. Jg. 45, Nr. 11, S. 415—417. 1921. 

Becker, Hubert: Eine Änderung der Sehrtschen Aortenklemme und die An- 
wendung dieses Instramentes bei Postpartum-Blutungen. (Univ.-Frauenklin., Kiel.) 
Zentralbl. f. Gynäkol. Jg. 45, Nr. 27, S. 965—971. 1921. 

Becker modifizierte die Sehrtsche Klemme durch wesentliche Umänderung der 
Pelotte und durch Polsterung des hinteren Bügels. Er ließ die seitlichen Zapfen der 
Pelotte divergieren, um für alle Fälle, für korpulente und für magere Patienten ein ge- 
eignetes Instrument zu haben, und polsterte gleichzeitig die Mitte mehr als die Seiten, 
wodurch eine zu brüske Abklemmung der Aortenwand und eine Schädigung des die 
Aorta umspannenden Sympathicusgeflechtes vermieden wird. Durch zu starke Kom- 
pression kann eine starke Sympathicusreizung und damit eine ungünstige Wirkung 
auf das Herz erzielt werden. Die Zahl der Fälle, in denen die Anwendung stattfand, 
ist noch klein, doch gab es keine Versager. Für das Besteck des praktischen Arztes 
bleibt die Klemme zu groß und zu schwer. Zwei Abbildungen erläutern die Modifika- 
tion. Hinrichs (Kiel). 

Rissmann, P.: Bedarf der praktische Arzt für die Geburtshilfe eines „‚selbst- 
haltenden“ Aortenkompressoriums? (Prov.-Hebammensch., Osnabrück.) Münch. 
mel. Wochenschr. Jg. 68, Nr. 42, S. 1364. 1921. 

Rissmann propagiert nach wie vor für sein einfaches, billiges Kompressorium, 
das in der Hand einer jeden Hebamme den gewünschten Erfolg zeitigt und ein ‚‚selbst- 
baltendes‘‘ erübrigt, beinahe verbietet, weil man zu lange komprimiert. Recht- 
zeitige Kompression ist die Hauptsache, nicht erst Anlegung durch den Arzt nach 
vorherigem, starkem Blutverlust; 5—10 Minuten genügen völlig und bieten Zeit genug 
für evtl. Eingriffe, die man unverzüglich vornimmt, wenn es noch weiterblutet 
(Cervixriß, Placentarrest). Dauerkompression verschleiert pathologische Zustände, die 
erst einige Tage post part. manifest werden können (Nachblutungen). Ob in der Klinik 
längere Kompression erwünscht sein kann, läßt Verf. dahingestellt. — Jedenfalls scheint 
das letzte Wort auch über das ‚‚selbsthaltende‘‘ Kompressorium noch nicht gesprochen, 
das in weiterer Vollendung und Vereinfachung mit eine der größten Segnungen der 
Geburtshilfe werden kann. Hinrichs (Kiel). 

Hoffmann, Klaus: Bedarf der praktische Arzt für die Geburtshilfe eines „‚selbst- 
haltenden‘‘ Aortenkompressoriums? (Städt. Frauenklin., Dortmund.) Münch. med. 
Wochenschr. Jg. 68, Nr. 50, S. 1625. 1921. 


Külz, Fritz, Zur Frage des Ersatzes von Blutverlusten durch Gummi-Kochsalz- 
lösungen. (Pharmakol. Inst., Univ. Leipzig.) (Dtsch. med. Wochenschr. Jg. 68, 
Nr. 48, S. 1493—1494.) 


Stephan, Siegfried: Zur Technik der Bluttransfusion. (Univ.-Frauenklin., 
Greifswald.) Zeitschr. f. Geburtsh. u. Gynäkol. Bd. 83, H. 3, S. 787—796. 1921. 
In der Greifswalder Klinik wird das indirekte Verfahren der Bluttransfusion geübt. 


Blutungen (Atonie) und deren Therapie (Kompression, Infusion und Transfusion). 461 


im Gegensatz zum direkten, das gewisse, kurz angeführte Nachteile in sich birgt. Es 
werden dauernd einwandfrei gesunde Hausschwangere als Spender körperfremden 
Blutes bereitgehalten, so daß stets das erforderliche Blutquantum disponibel ist. An- 
führung eines Falles von Plac. praev., wo post part. die Blutstillung durch Tamponade 
zunächst gelang, wo aber noch Infusion des mit Natr. citric. versetzten Blutes eine 
nochmalige fast blutig-seröse Nachblutung einsetzte, der die Patientin erlag, weil eine 
übermäßige Herabsetzung der Gerinnungsfähigkeit des stark verminderten Gesamt- 
blutes herbeigeführt war. Deshalb kein Natr. citric. anwenden in der Nachgeburts- 
periode und in Fällen, wo eine exakte Stillung der Blutungsquelle nicht möglich ist. — 
Sodann Besprechung der Reinfusion von Eigenblut, die besonders bei rupturierter 
Tubargravidität und bei sicher aseptischen Fällen von Uterusruptur angewandt werden 
soll: 1. Jeder Verlust von ungenützt aus der Bauchhöhle überfließendem Blut wird 
peinlichst vermieden. Zum Auffangen des Blutes haben sich nierenförmige Schalen 
als einfach und praktisch erwiesen. 2. In jedem Falle wird mit der Transfusion erst 
nach erfolgter primärer Blutstillung begonnen. 3. Einverleibung der gesamten zur 
Verfügung stehenden Blutmenge durch einen handlichen und bequem sterilisierbaren 
Gebläseapparat, der an Hand von 3 Abbildungen näher beschrieben wird. Hinrichs. 


Oehlecker, F.: Technische Einzelheiten meiner Methode der direkten Blut- 
transfusion von Vene zu Vene. Zugleich ein Beitrag über das Verhalten der Venen 
in der Ellenbeuge. Dtsch. Zeitschr. f. Chirurg. Bd. 165, H. 5/6, S. 397—418. 1921. 


Becart, Auguste: Transfusion du sang. (Bluttransfusion.) Journ. de med. de 
Paris Jg. 40, Nr. 17, S. 309—310. 1921. 

Die Bluttransfusion, die nur wegen mangelnder Beherrschung der Technik noch 
so wenig angewandt wird, sollte Gemeingut aller praktischen Ärzte werden. Die Technik 
ist verschieden, je nachdem es sich um eine akute hämorrhagische oder um eine chro- 
nische Anämie handelt. Bei ersterer muß man 400—700 cem mit 10% Natriumcitrat 
versetztes Blut injizieren, bei der chronischen Anämie sind wiederholte Injektionen 
von 100—150 cem ohne Natriumeitrat notwendig. Zunächst Prüfung auf Agglu- 
tination und Hämolyse. Verf. benutzt die Technik von Beth-Vincent: 3 bis 
4 ccm Blut aus einer Vene des Spenders entnehmen, Serum sich klar absetzen lassen, 
von diesem Serum 2 Tropfen auf eine Platte geben, 1 Tropfen Blut vom Empfänger 
hinzufügen und mischen. Reaktion nach 1 Stunde beendet. Bei Hämolyse wird das 
Blut lackfarben und durchsichtig, bei Agglutination erscheinen kleine Klümpchen, 
die beim Eintrocknen im Zentrum des Tropfens wie Ziegelmehl aussehen. Wenn keine 
Agglutination vorhanden, trocknet: der Tropfen auch von der Peripherie nach dem 
Zentrum zu ein, bleibt aber homogen. 


Technik einer kleinen (100-ccm-)Transfusion bei chronischer Anämie: Verf. 
benutzt die abgebildete Spritze von Laponte. Auskochen in Wasser, das mit Natriumcitrat 
versetzt ist. Gebogene Kanüle mit Mandrin in die Vene des Spenders einführen, Mandrin 
herausziehen, Spritze aufsetzen und langsam das Blut aspirieren. Darauf in gleicher Weise 
eine andere Kanüle in eine Vene des Empfängers einführen und langsam — in etwa 10 Minuten 
— 100 ccm Blut injizieren. Technik der großen Transfusion bei akuter Anämie: 
Man muß !/, | mit Citrat versetztes Blut injizieren. Beschreibung und Abbildung der Apparate 
wie graduierte Glasampulle, Gummischläuche, Mischer und Kanülen. Die nötige Menge wird 
aus der freigelegten Vene des Spenders in das Glasgefäß geleitet und von diesem in die Vene 
des Empfängers einlaufen gelassen. Man kann 500 ccm in !/, Stunde einlaufen lassen, selbst 
wenn der Empfänger etwas über Beklemmung und Dyspnöe klagt. Kohl (Berlin). 


Graef, Wilhelm: Bluttransfusion und ihre Verwendbarkeit in der Praxis. (Städt. 
Krankenh., Nürnberg.) Zeitschr. f. ärztl. Fortbild. Jg. 18, Nr. 19, S. 544—547. 1921. 

Balhorn, Friedrich: Über Bluttransfusion. (Chirurg. Univ.-Klin., Göttingen.) 
Therap. Halbmonatsh. Jg. 35, H. 10, S. 289—297. 1921. 

Moons, Em.: Die Bluttransfusion. (Vlaamsch natuur- en geneesk. congr., Gent, 
September 1920.) Vlaamsch geneesk. tijdschr. Jg. 2, Nr. 5, S. 105—118 u. 137—146. 
1921. (Vlämisch.) 


462 Pathologie und Therapie der Geburt. 

dervell, Fredrik: Über Agglutination und Hämolyse bei Bluttransfusion. (Med. 
Abt. A., Rıkshosp., Christiania.) Norsk magaz. f. laegevidenskaben Jg. 82, Nr. 4, 
S. 329—338. 1921. (Norwegisch.) 


Külz, Fritz: Zur Frage des Ersatzes von Blutverlusten durch Gummi-Kochsalz- 
lösungen. (Pharmakol. Inst., Univ. Leipzig.) Dtsch. med. Wochenschr. Jg. 68, Nr. 48. 
S. 1493—1494. 1921. 


Weck, W.: Zur Transfusionsbehandlung mit kleinen Mengen Citratblut. Dtsch. 
med. Wochenschr. Jg. 47, Nr. 42, S. 1260—1261. 1921. 

Verf. hält die Verwendung von dreibasischem Natriumcitrat in 3 proz. Lösung. 
ferner vor Transfusion Prüfung von Spender- und Empfängerblut auf Hämolyse und 
Hämagglutination (Isoagglutinine) für unbedingt notwendig, auch bei Verwendung 
von Blut eines Blutsverwandten. 

Vorversuche: 2—3 cem Blut defibriniert durch Schütteln mit Glasperlen, Zentri- 
fugieren, sodann 0,25 ccm Serum des Empfängers in Glasröhrchen von 0,7—1,0 cm Weite 
+ 0,1lccm einer 50proz. Aufschwemmung (Kochsalzlösung) der gewaschenen Erythrocyten 
oder 0,1 ccm defibrinierten Blutes eines Spenders. Ebenso Spenderserum gegen Empfänger- 
eythrocyten. 1’, Stunde in Brutschrank. Blutübertragung: in eine warme (40°) 10-ccm- 
Spritze 1 ccm 40° warme sterile Citratlösung, Wandung der Spritze gut benetzen, Entnahme von 
9ccm Spenderblut, Mischen, Aufsetzen einer neuen mit Citratlösung durchspülten Kanüle, 
Einspritzung in die Cubitalvene des halbaufgerichteten Empfängers. Erster Injektionszyklus 
14 Tage mit 5 Injektionen bei 2—3tägigen Pausen. Vor Fortsetzung der Transfusion erneute 
Prüfung auf Agglutinine. Kurt Ziegler (Freiburg i. B.).°° 

Flandin, Ch., A. Tzanck et Roberti: Un nouveau procédé de transfusion du 
sang par utilisation de propriétés anticoagulantes des arsenobenzenes. (Ein neues 
Verfahren der Bluttransfusion durch Verwendung der gerinnungshemmenden Eigen- 
schaften der Arsenobenzole.) Bull. et mém. de la soc. med. des höp. de Paris Jg. 37, 


Nr. 29, S. 1373—1374. 1921. 

150 ccm Blut werden in einem graduierten Glasgefäß, dessen Wände zur Verhütung 
der Gerinnung mit einer Lösung von 0,06 g Sulfarsenol in 3 ccm destilliertem Wasser befeuchtet 
sind, aufgefangen und mit Hilfe von 2 Glasspritzen, die vorher mit Sulfarsenollösung durch- 
spritzt sind, dem Empfänger in die Armvenen injiziert. Schädigungen wurden nicht beobachtet. 

R. Schmidt (Hamburg-Eppendorf)., 

Schlaepfer, Karl: Über eine vereinfachte Methode der indirekten Bluttrans- 
fusion (Brown-Percy). (Chirurg. Univ.-Klin., Zürich.) Arch. f. klin. Chirurg. 
Bd. 117, H. 3, S. 512—522. 1921. 

Verf. bespricht die vielfache Anwendung der indirekten Bluttransfusion bei ver- 
schiedenen Erkrankungen rein chirurgischer oder interner Art, wie er es in Amerika 
gelegentlich einer Studienreise sah. Die dort geübte vorherige Probe auf Agglutinine 
und Hämolysine nach Moss erübrigt sich. Zwei Methoden stehen sich gegenüber: 
1. die mit Citratzusatz, in gleicher Weise wie bei uns durchgeführt, 2. die nach 
Brown - Percy, die Verf. etwas modifizierte und deren Prinzip darauf beruht, daß 
das Blut des Spenders in einem am unteren Ende in einen Kanülenansatz auslaufenden 
Glaszylinder aufgezogen wird. Kapazität 6—700 ccm. Dieses Blut wird dem bereit- 
liegenden Empfänger sofort in die Armvenen eingepreßt. An Hand von Abbildungen 
folgt genaue Beschreibung der Apparatur, deren umständliche Vorbereitung, ebenso 
der nicht so leichten Technik der Transfusion, so daß die Methode im ganzen kaum 
allgemeine Verbreitung finden wird. Hinrichs (Kiel). 


Bürger, Max: Über Verwandtenbluttransfusion. (Med. Univ.-Klin., Kiel.) 
Therapeut. Halbmonatsh. Jg. 35, H. 13, S. 386—393, H. 14, S. 425—430 u. H. 15. 
S. 457—460. 1921. 

Nach den guten Erfahrungen bei Transplantationen, bei denen das Material nur 
von Blutsverwandten stammte, verwandte Verf. bei Bluttransfusionen auch systema- 
tisch nur das Blut von Blutsverwandten, da auch dieses ein Transplantat wie jedes 
andere Körpergewebe vorstellt. Die Technik des stets nur geübten indirekten Ver- 
fahrens weist nichts Neues auf. Es wurde stets nur Blut verwandt. dem gerinnungs- 


Blutungen (Atconie) und deren Therapie (Kompression, Infusion und Transfusion). 463 


hemmende Substanzen nicht zugesetzt waren in der Vorstellung, daß eine körperfremde 
Substanz jedes Gewebe mehr oder weniger alterieren müsse. Durch Rühren mit einem 
Glasstab, der mit einem nach Sterilisation rauhen Gummischlauch überzogen war. 
wurde defibriniert. Die sonstigen Erfahrungen und Erfolge in den klinischen Erschei- 
nungen, zumal als Paradıgma nur Patienten mit perniziöser Anämie angeführt werden. 
bieten für den Gynäkologen nichts Besonderliches, die exakten Stoffwechselunter- 
suchungen über Eiweißzerfall nach Transfusionen fallen mehr in das Gebiet der internen 
Medizin. Hinrichs (Kiel). 

Linser: Über Hautnekrosen nach Bluttransfusion. (Hautklin., Tübingen.) (Arch. 
f. Dermatol. u. Sypbilis, Orig., Bd. 131, S. 99—103. 1921. 

Bei einer Reihe von Bluttransfusionen von Mensch zu Mensch wurde in Erfahrung 
gebracht, daß es mit einer gewissen Regelmäßigkeit zum Auftreten von Agglutininen 
und nicht selten auch von Hämolysinen, sog. Isoagglutininen und Isohämolv- 
sinen im Blute des Empfängers kam, besonders bei schweren primären Anämien mit 
frischen Reaktionserscheinungen, weniger bei schweren sekundären. Ein Patient kam 
ad exit., da sich ausgedehnte Hautnekrosen an allen Druckstellen des Körpers (Hinter- 
fläche, Verband) ausgebildet hatten, die nach Verf. in ursächlichem Zusammenhang 
mit den mehrmalig ausgeführten Transfusionen zu stehen scheinen. Deshalb soll vor 
und nach jeder Transfusion, die dann wiederholt werden kann, eine Kontrolle des 
gegenseitigen Verhaltens beider Blutarten, sowohl des Spenders und des Empfängers 
auf Agglutination und Hämolyse ausgeführt werden. Hinrichs (Kiel). 

Lusena, Marcello: Studio sperimentale sulla trasfusione del sangue. (Experi- 
mentelle Studien über Bluttransfusion.) (Istit. di anat. patol., Firenze.) Sperimentale 
Jg. 75, H. 6, S. 461—484. 1921. 

Verf. hat unter Leitung von Banti bei Kaninchen durch mehrere Wochen hin- 
durch die Erythrocytenzahl, Hämoglobingehalt, Färbeindex und Leukocyten verfolgt 
nach Aderlaß, nach einmaliger Autotransfusion und Isotransfusion von defibriniertem 
Blut oder Citratblut (0,5 ccm 20% Natr. citr. auf 15 cem Blut) und nach Kochsalz- 
infusion ; dabei wurden die blutbildenden Organe, Milz und Leber, histologisch unter- 
sucht. Abgesehen von 2 Fällen, bei denen eine Polycythämie auftrat, fand er eine 
allmähliche Abnahme der Erythrocytenzahl und des Hämoglobins, die bei einigen 
Tieren bis zum Tode führte, bei anderen sich wieder reparierte. Bei den getöteten oder 
gestorbenen Tieren zeigte die histologische Untersuchung mit Sicherheit starke Hämo- 
lyse. Im Reagensglas ergab die Mischung von defibriniertem und nativem eigenen 
Blut bei dem Versuch der Zählung in Hayemscher Lösung Agglutination, die in 
physiologischer Kochsalzlösung ausblieb; auch bei der Zählung der Erythrocyten 
nach der Transfusion von defibriniertem körpereigenen Blut trat in Ha yemscher 
Lösung Agglutination auf. Bei den überlebenden Tieren war der Normalzustand erst 
nach mehreren Wochen (in einem Falle nach 5 Wochen) wieder erreicht. Die Be- 
funde des Verf. bestätigen die Erfahrungen Bulliards an Menschen und Hunden. 
Er hält es nach seinen Ergebnissen für bewiesen, daß transfundierte Blutkörperchen 
— auch körpereigene — nicht lebensfähig transplantiert werden können. 

H. Freund (Heidelberg). °° 

Clough, Paul W. and Mildred C. Clough: A study of the reactions following 
the transfusion of blood. (Untersuchungen über die Reaktionen nach Bluttransfusionen.) 
Southern med. journ. Bd. 14, Nr. 2, S. 104-109. 1921. 

Es sind 3 Arten zu unterscheiden. 1. Solche trotz Anwendung von geeignetem 
Blute. 2. Die sogenannten hämolytischen Reaktionen nach ungeeignetem Blute, wenn 
das Blut des Spenders durch das Serum des Empfängers agglutiniert oder hämolysiert 
wird. 3. Ernste Zwischenfälle bei wiederholten Injektionen von ursprünglich geeignetem 
Blute. Zur 1. Gruppe gehören Fiebersteigerungen; sie treten in 20—30% auf. Sie sind 
durch peinlichste Technik einzuschränken, aber nicht völlig zu vermeiden, sind manch- 
mal recht unangenehm, aber ungefährlich. Die Ursache ist noch strittig; eine wichtige 


464 Pathologie und Therapie der Geburt. 


Rolle spielen wahrscheinlich Veränderungen der Blutplättchen mit beginnenden 
Koagulationsprozessen. Die 2. Gruppe von Störungen kann durch sorgfältigste vor- 
herige Prüfungen zwischen Spenderblut und Empfängerblut vermieden werden. Diese 
Reaktionen setzen stets im Beginn der Transfusion ein. Es muß dann sofort abgebrochen 
werden. Manche ernste Reaktionen bei Kranken mit perniziöser Anämie, welche eine 
größere Zahl von Transfusionen bekommen haben, gehören keiner der beiden Gruppen 
an. Es handelt sich hier um hämolytische Eigenschaften, welche aber von denen der 
gewöhnlichen Isohämolysine gänzlich verschieden sind. Unsere bisherigen Methoden 
reichen zur Erkennung dieser Eigenschaften noch nicht aus. Aber alle diese Gefahren 
sind so geringfügig, daß man sich ihretwegen von einer sonst notwendigen Trans- 
fusion nicht abhalten lassen soll. Magnus- Alsleben (Würzburg). ° ° 

Ashby, Winifred: Study of transfused blood. I. The periodicity in eliminative 
activity shown by the organism. (Untersuchungen über transfundiertes Blut. 
I. Periodizität in der Ausscheidungstätigkeit des Körpers.) (Dep. of exp. bacteriol., 
Mayo found., Rochester. Minnesota.) Journ. of exp. med. Bd. 34, Nr. 2, S. 127 
bis 146. 1921. 

Der Frage nach der Lebensdauer normaler roter Blutkörperchen, über die die 
Angaben bisher zwischen 10 und 26 Tagen schwanken (Zoja, Ward- Muller, 
Quinck, von Ott, Hunter) suchte Verf. dadurch näher zu kommen, daß er die 
Ausscheidung transfundierter Blutkörperchen studierte, wobei er die Frage offen läßt, 
ob sich hierin eine Parallele zwischen körpereigenen und -fremden ziehen läßt. Die 
Versuchsanordnung ist kurz die, daß Ashby nach Bluttransfusion Blutproben in ver- 
schiedenen Zeitabschnitten entnimmt und diese mit Serum vom Spenderblut behandelt, 
so daß die körpereigenen Blutkörperchen des Empfängers agglutiniert werden, während 
die transfundierten Körperchen frei bleiben und ausgezählt werden können (ausführlich 
beschrieben in ‚The Journal of Experimental Medicine‘ 1919, a, und ‚Medical Clinics 
of North America“ 1919, b). Einzelne Fälle werden durch Kurven und Auszug aus 
Krankengeschichten angeführt. Auf Grund der bisherigen Literatur und eigener Ver- 
suche glaubt Verf., daß der normlae Vorgang der Zerstörung von körpereigenem Blut 
verursacht ist durch Bildung eines Antikörpers mit lytischen und opsonischen Eigen- 
schaften, der so Fragmentation und Phagocytose der Körperchen bewirkt. Für den 
Ausscheidungsmechanismus transfundierter Körperchen nimmt er auch eine aktive 
Tätigkeit des Organismus eher als einen Spontanzerfall an. Abgesehen von weiteren 
theoretischen Erörterungen mehr spekulativer Natur kommt A. zu folgenden Schlüssen: 
Die Ausscheidung körperfremden Blutes kann sich über längere Zeit erstrecken (über 
100 Tage beobachtet). Sie findet nicht konstant in gleicher Stärke statt, sondern es 
wechseln längere Perioden ohne Ausscheidung mit kürzeren Ausscheidungsperioden, 
wobei die letzteren meist koincidieren mit bemerkenswerter Tätigkeit des Knochen- 
marks, die am Ansteigen der körpereigenen Blutkörperchen festzustellen ist. Diese bei 
beiden Geschlechtern cyclischen Ausscheidungsperioden fallen beim Weibe mit der 
Menstruation zusammen. Bartram (Tübingen). 

Behne, Kurt und Karl Lieber: Die durch Isoagglutinine und Isolysine be- 
dingten Gefahren der Menschenbluttransfusion und die Möglichkeit ihrer Ver- 
meidung. (Frauenklin. u. Hyg. Inst., Univ. Freiburg i. Br.) Mitt. a. d. Grenzgeb. 
d. Med. u. Chirurg. Bd. 33, H. 3, S. 291—325. 1921. 

Auf Grund von 2 Fällen von: intravenöser Citratblutinfusion (Spenderblut), bei 
denen es zu schwerem Kotilaps und sonstigen Komplikationen kam, führen Verff. diese 
auf das Vorhandensein der hämolytischen bzw. agglutinierenden Immunkörper und 
ihr Inkrafttreten im Organismus zurück. In kritischer Würdigung der Literatur und 
nach eigenen Versuchen ist die Ursache dieser bisweilen tödlichen Transfusionsschädi- 
gungen in der Hauptsache durch das Eintreten von weitgehender Hämolyse bedingt, 
in zweiter Linie von Agglutination an Stellen, wo infolge starker Stromverlangsamung 
eine Agglutinationswirkung gefördert wird. Weitere Faktoren, im wesentlichen mecha- 


Blutungen (Atonie) und deren Therapie (Kompression, Infusion und Transfusion). 465 


nischer Art, wirken begünstigend: die Vernichtung der Sauerstoffträger des Organismus, 

die übermäßige Widerstandserhöhung im kleinen Kreislauf infolge Volumzunahme der 

Erythrocyten, infolge Verlegung der capillaren Venen durch Blutplättchen- und Blut- 

schattenthromben, durch Verlegung der Harnkanälchen durch Hämoglobincylinder. 

Eine weitere Folge der Hämolyse ist das akute parenterale Auftreten von Eiweiß- 

abbauprodukten, die stark toxisch, unter Umständen deletär wirken. Es ist daher die 

Prüfung auf Isokörper unbedingt nötig, und zwar kreuzweise gegeneinander. Es ist 

einerseits zu prüfen, wie das Empfängerserum auf das Spenderblut und andererseits 

wie das Spenderserum auf das Empfängerblut einwirkt. Angabe einer vereinfachten 
und trotzdem noch genug komplizierten makroskopischen Untersuchungsmethode, die 

im Texte nachzulesen ist. Bei schweren akuten Blutverlusten, wie sie besonders dem 

Geburtshelfer begegnen, bleibt nach wie vor die unverzügliche Transfusion irgendeines 

Spenderblutes, am besten Verwandtenblut, ohne Rücksicht auf irgendwelche theore- 

tische Bedenken die Ultimo ratio. | Hinrichs (Kiel). 

Jervell, Fredrik, Über Agglutination und Hämolyse bei Bluttransfusion. (Med. 
Abt. A. Rıkshosp., Christiania.) (Norsk magaz. f. laegevidenskaben Jg. 82, Nr. 4, 
S. 329—338.) (Norwegisch.) 

Ashby, Winifred, Study of transfused blood. I. The periodicity in eliminative 
activity shown by the organism. (Dep. of exp. bacteriol., Mayo found., Rochester, 
Minnesota.) (Journ. of exp. med. Bd. 84, Nr. 2, S. 127—146.) 

Vgl. Referat S. 464. 

Butsch, J. L. and Winifred Ashby: The effect of the digestive period and 
other factors in reactions after blood transfusions. (Die Wirkung der Verdauungs- 
periode und anderer Faktoren bei Reaktionen nach Bluttransfusionen.) New York 
med. journ. Bd. 113, Nr. 11, S. 513—517. 1921. 

Die Reaktionen, die häufig bei Bluttransfusionen auftreten und die denjenigen 
eines fremden Proteins ähneln, gaben zu einer kritischen Beobachtung derselben an 
Hand von 737 Fällen Anlaß. Es wurde die Natricum citricum-Methode benutzt, deren 
Technik an anderer Stelle genau beschrieben worden ist. Die Annahme, daß technische 
Faktoren bei den Reaktionen eine Rolle spielen, konnte auf Grund exakter Unter- 
suchung derselben nicht aufrechterhalten werden. Genaue Temperaturmessung und 
Bestimmung des Hämoglobingehaltes führten zu dem Schluß, daß Patienten mit 
normaler Temperatur und nahezu normalem Hämoglobingehalt keine Reaktion zeigten. 
Was nun die Verdauungsperiode angeht, so glaubte man in Anlehnung an die Er- 
scheinung der WaR., die im Blute von Patienten kurz nach dem Essen häufig eine 
Hemmung der hämolytischen Antikörper zeigt, irgendwelche Reaktionen zu finden 
Es zeigte sich jedoch, daß ein Einfluß nicht vorhanden war. Bantelmann (Altona). °° 
Schweitzer, Bernhard, Erfahrungen mit der Eigenblutretransfusion bei Extra- 

uteringravidität. (Todesfall an Hämoglobinurie.) (Frauenklin., Univ. Leipzig.) 

(Münch. med. Wochenschr. Jg. 68, Nr. 23, S. 699—701.) 

Vgl. Referat S. 416. 

Zimmermann, Robert: Über die Indikationsstellung zur Retransfusion in die 
Bauchhöhle ergossenen Blutes. (Experimentelle Untersuchungen.) (Univ.-Frauen- 
klin., Jena.) Zeitschr. f. Geburtsh. u. Gynäkol. Bd. 84, H. 2, S. 335—355. 1921. 

Zuerst Besprechung der gewöhnlichen Vorbedingungen für die intravenöse Rein- 
fusion nach Lichtenstein: 1. Sterilität des Blutes; 2. Frische, weil sonst Gerinnsel- 
bildung und Emboliegefahr; nach Verf. besser Funktionstüchtigkeit, d. h. die 
Erythrocyten sind noch zum Sauerstofftransport geeignet; 3. Toxinfreiheit, nach 
Verf. besser: Unzersetzheit, weil leichter feststellbar im Gegensatz zur Toxizität. 
Die Erfüllung dieser Vorbedingungen ist jedoch noch nicht die Indikation zur Vor- 
nahme der Reinfusion. Denn die klinischen Erfahrungen und die Ergebnisse zahlreicher, 
exakter und interessanter Tierversuche des Verf. verlangen bei nicht infizierten intra- 
peritonealen Blutergüssen bei Tubergravidität als das rationellste Verfahren: nach 
definitiver Stillung der Blutung Ausräumung der Koagula, aber Zurücklassung 


Jahresbericht f. d. ges. Gynäkologie 1921. 30 


466 Pathologie und Therapie der Geburt. 


des flüssigen Blutes. Dieses ist defibriniert durch die Bewegungen des Bauchinhaltes 
infolge der Zwerchfellkontraktion und der Darmperistaltik und daher nicht mehr 
gerinnbar. Es verfällt einer außerordentlich schnellen Resorption bei dem großen 
Aufsaugungsvermögen des Peritonealsackes, besonders des diaphragmalen Anteiles 
und kommt so dem Organismus restlos zugute. Die Resorption erfolgt so schnell und 
ausgiebig, daß der größte Teil der Erythrocyten in funktionstüchtigem Zustand in die 
Blutbahn zurückgelangt. — Für die Retransfusion bleiben nur Fälle mit erfüllten Vor- 
bedingungen, wo während der Operation der Zustand der Patientin sich verschlechtert 
und der Puls kaum mehr fühlbar bleibt. Das ist nur eine geringe Minderzahl, für die 
die Retransfusion als ultima ratio noch lebensrettend wirken kann. Hinrichs (Kiel). 


Behne, Kurt: Ist eine Auswahl unter den Spendern für die intravenöse 
Menschenbluttransfusion erforderlich, und nach welchen Gesichtspunkten hat sie 
zu geschehen? (Univ.-Frauenklin., Freiburg i. Br.) Zentralbl. f. Gynäkol. Jg. 45, 
Nr. 2, S. 55—66. 1921. 

Auf Grund von zwei Fällen von Bluttransfusion bei Wöchnerinnen, bei denen 
infolge akuten hämolvtischen Blutzerfalles schwerste Schädigungen eingetreten waren, 
glaubte Verf., daß gerade Schwangere und Wöchnerinnen besonders empfindlich für 
die Transfusion seien und einen ungewöhnlich hohen Agglutinationstitre in ihrem Blute 
zeigten. Experimentaluntersuchungen bestätigten nicht diese Annahme. Es bestehen 
hinsichtlich der Isoagglutinin- und Isolysinwirkung weder zwischen Schwangeren 
und Wöchnerinnen einerserts, noch normalen Frauen andererseits biologische Diffe- 
renzen. Dagegen fand sich in mehr als 60% der Nachweis von Isoagglutininen, die 
die Ursache der schweren Reaktionserscheinungen sind. Deshalb kann nicht wahllos 
jeder Spender für eine Menschenbluttransfusion in Frage kommen. Die Unverträglich- 
keiten von zwei Blutarten hält nun Behne nur an das Vorhandensein von Isoaggluti- 
ninen geknüpft, die sich, wie seine und anderer Autoren Versuche ergeben und schon 
erwähnt, relativ häufig ım Blute finden. Schädigungen treten aber nur auf, wenn die 
Isokörper in starker Konzentration vorhanden sind. Es trat eine Hämolyse ein, wenn 
Isoagglutinine von geringerer Stärke wie Titre 1:10 gefunden wurden. Deshalb 
sind Seren, die aktiv und passiv noch mindestens in einer Verdünnung von 1:10 
deutliche Agglutination zeigen, von der Verwendung zur Transfusion auszuschließen. 
Beschreibung einer makroskopischen Methode der gegenseitigen Prüfung auf Iso- 
körper, die unbedingt gefordert wird — abgesehen von den akuten und lebens- 
bedrohenden Blutungen. Als Transfusionsmethode wird von den indirekten Arten 
die Überleitung mit Hilfe paraffinierter Gefäße und Spritzen empfoblen, weil Citrat- 
blut auch bei richtiger Dosierung und Verdünnung wahrscheinlich nicht völlig un- 
schädlich ist. Hinrichs (Kıel). 
Zimmermann, R., Berichtigung zur Arbeit von K. Behne: ‚Ist eine Auswahl 

unter den Spendern für die intravenöse Menschenbluttransfusion erforderlich, 


und nach welchen Gesichtspunkten hat sie zu geschehen ? (Dieses Zentralblatt 1921, 
Nr. 2, S. 55.) (Zentralbl. f. Gynäkol. Jg. 45, Nr. 9, S. 315—316.) 


8. Tod der Mutter während und nach der Geburt. 


Howard, William Travis: The real risk-rate of death to mothers from causes 
connected with childbirth. (Über die zahlenmäßige Einschätzung der den Frauen 
in Zusammenhang mit dem Geburtsvorgange drohenden Gefahren.) Americ. journ. 
of hyg. Bd. 1, Nr. 2, S. 197—233. 1921. 

Für Bevölkerungspolitiker, Rassenhygieniker und Versicherungstechniker wichtige 
Arbeit. — Die tatsächliche, aus dem Geburtsvorgange für die Mütter resultierende 
Gefahrenquote soll für ein bestimmtes Gebiet mittels Division der Zahl der in Zu- 
sammenhang mit dem Geburtsvorgange eingetretenen mütterlichen Todesfälle durch 
die Summe der Lebend- und Totgeburten berechnet werden. Hinsichtlich des 
Arecales der Vereinigten Staaten gelangt man damit für das Jahr 1918 zu einer 


Tod der Mutter während und nach der Geburt. 467 


Zahl, die als ansehnlich hoch zu bezeichnen ist. Sie ist mehr als doppelt so hoch, 
als die für England und Wales berechnete Gefahrenquote, wobei für England 
und Wales ausschließlich die Lebendgeburten zur Berechnung der Quote heran- 
gezogen wurden. Die besondere Höhe der amerikanischen Quote erklärt sich aus der 
besonderen Häufigkeit der Schwangerschaftsnierenerkrankungen, der Eklampsie und 
der Puerperalfieberfällee Die Stadtgemeinden wiesen eine gegenüber den Landge- 
. meinden um 10% höhere Gefahrenquote auf. In vier Staaten mit weißer und farbiger 
Bevölkerung zeigten sich die Gefahrenanteile bei den Negern wesentlich höher als bei 
der weißen Bevölkerung. An der größeren Quote der Stadtgemeinden sind weiße und 
farbige Frauen in gleicher Weise beteiligt. — Auch in den Metropolen der Oststaaten 
ist die mütterliche Gefahrenquote viel größer als beispielsweise in Birmingham (Eng- 
land) oder Stockholm. Das Verhältnis der Totgeburten zur Gesamtgeburtigkeit 
schwankt nach Ort und Rasse beträchtlich. Keine wesentlichen Unterschiede ergeben 
sich jedoch zwischen Land- und Stadtgemeinden. Dagegen sind die Negerfrauen im 
allgemeinen doppelt so stark an den Totgeburten beteiligt wie die weißen Frauen. 
Der Städteneger verhält sich diesbezüglich ebenfalls ungünstiger als der Landneger. 
Alle Steigerungen der mütterlichen Gefahrenquote sind hauptsächlich durch größere 
Häufigkeit von Schwangerschaftsnierenerkrankungen, der Eklampsie und des Wochen- 
bettfiebers bedingt. Daneben hat auch das Durchschnittsalter der Mütter eine Be- 
ziehung zur mütterlichen Mortalität. H. Thaler (Wien). 


Katz, Heinrich: Über den plötzlichen natürlichen Tod in Schwangerschaft, 
Geburt und Wochenbett. Auf Grund von 95 behördlichen Obduktionen. (Inst. f. 
gerichtl. Med., Wien.) Arch. f. Gynäkol. Bd. 115, H. 2, S. 283—312. 1921. 

An Hand von 95 Fällen bespricht Verf. in ausführlicher, teils mehr statistischer 
Form nach den Ergebnissen des Sektionsmaterials die Ursachen eines plötzlichen Todes 
in Schwangerschaft, Geburt und Wochenbett, meistens nach kurzer Anführung der 
Vorgeschichte oder des klinischen Verlaufes. 1. Die pathologischen Befunde rein innerer 
Krankheiten (Herz, Aorta, Aneurysmen, Lungen-, Nierenkrankheiten [ausschl. der 
Eklampsie], Schilddrüse). 2. Die der Eklampsie, unter der er 2 Fälle von hämorrhagi- 
scher Infarzierung beider Nebennieren mitteilt. 3. Die infolge pathologischer Geburt 
(Verblutung, Atonie, Risse, Luftembolie, Retention von Eiresten). 4. Die durch Ver- 
änderungen am venösen Gefäßapparat (Thrombenembolie, septikämische Prozesse). 
Neues bringt die Arbeit im ganzen nicht. Hinrichs (Kiel). 


Natvig, Harald: Tödliche Lungenembolie während der Geburt. Ureter- und 
Nierenbeckenerweiterung in der Schwangerschaft. (Med. Ges., Christiania, Sitzg. v. 
23. II. 1921.) Norsk magaz. f. laegevidenskaben Jg. 82, Nr. 9, 8. 57—61. 1921. 
(Norwegisch.) É 

40jährige Primigravida mit faustgroßem Myom im unteren Uterinsegment. Normales 
Becken. Mitralstenose. Mit Salvarsan in der Schwangerschaft behandelt. Ausgetragene 
Schwangerschaft. Hinterhauptlage. Nach 20 Stunden Geburtsarbeit, wurde der 4 cm große 
Muttermund und Cervix aufgeschnitten und durch Zange wurde ohne Schwierigkeit ein lebendes 
3750 g schweres Kind entbunden. Spontane Nachgeburt. Einige Minuten nachher plötzlicher 
Tod. Sektion: Kein Luftembolus. Im rechten Herzventrikel einen großen Embolus in A. pul- 
monalis hineinragend; die Lungenarterien fast vollgepropft von frischen Embolien. Vena 
spermatoid. thrombosiert. Im Myom zentrale Nekrose. Kr. Brandt (Kristiania). 

Guéniot, Paul: Le shock post-partum. (Der Shock nach der Geburt.) Bull. 
med. Jg. 35, Nr. 45, 5. 883—884. 1921. 

Hinweis auf eine Art des Schocks nach der Geburt ohne nachweisbare pathologisch- 
anatomische Ursache. Der Schock dauerte 7 Stunden und glich durchaus denjenigen 
Arten, die sich anschließen an starken Blutverlust nach Gebärmutterzerreißung oder 
Einstülpung der Gebärmutter. Die Behandlung bestand in der Anwendung von Wärme 
und der intravenösen Injektion von künstlichem Serum mit Adrenalin. Der Uterus 
erwies sich bei der manuellen Austastung als myomatös, und Verf. glaubt, daß durch 
den Druck des nachfolgenden Kopfes bei der manuellen Extraktion eine Schädigung 


30* 


468 Pathologie des Wochenbetts. 


des mvomatösen Tumors, der submukös gelegen war, hervorgerufen wurde, die die 
Schockerscheinung auslöste. Linnert. 
Kroll, Fritz, Ursachen bei Verblutungen intra partum und Mitteilung der ein- 
schlägigen Fälle der Königsberger Frauenklinik aus den Jahren 1909—1919. 
(Univ.-Frauenklin., Königsberg Pr.) (Dissertation: Königsberg 1921.) 
Verning, V.: Ein Fall von plötzlichem Tod unter der Geburt aus unbekannter 
Ursache. (Ver. f. @ynäkol. u. Geburtsh.. Kopenhagen, Sitzg. v. 10. XII. 1921.) Hospitals- 
tidende Jg. 64, Nr. 35, S. 25—27. 1921. (Dänisch.) 
Focke, Werner, Geburten bei Uterus septus. (Dissertation: Heidelberg 1921.) 
Couvelaire et Aubertin: Mort rapide après P’accouchement par dégénérescence 
hépatique aiguë. (Plötzlicher Tod nach der Geburt infolge akuter gelber Leber- 
atrophie.) Bull. de la soc. d’obstetr. et de gynecol. de Paris Jg. 10, Nr. 5, S. 296 — 302. 1921. 


VII. Pathologie des Wochenbetts. 


1. Puerperale Wundinfektion. 
a) Ätiologie und Pathologie. | 

Friedman, L. V.: Puerperal sepsis and its prophylaxis. (Puerperalfieber und 
seine Prophylaxe.) Boston med. a. surg. journ. Bd. 185, Nr. 21, S. 617—621. 1921. 

Eingehende Besprechung aller dem Verf. hinsichtlich der Vorbeugung des Wochen- 
bettfiebers wichtig und notwendig erscheinenden Maßnahmen. Der Verf. bezieht sich 
dabei vielfach auf die Wochenbettmorbidität der Stadt Boston. So verweist er auf 
eine erhebliche Belastung, die die Wochenbettstatistik durch häufig ungünstigen post- 
operativen Verlauf der Sectio caesarea infolge Vornahme der Operation bei Frauen, 
die für die Sectio nicht geeignet sind, erfährt. Bei der Stellungnahme des Verf. zur Indi- 
kationsstellung bei der Sectio caesarea findet sich die Forderung, von der Sectio über- 
haupt abzusehen, wenn in einem Falle eine vaginale Untersuchung vorgenommen 
worden war. Aus den übrigen Ausführungen wären die Empfehlung der Rectalunter- 
suchung, des Gebrauches der Gummihandschuhe und der Alkoholwaschung der Vagina 
vor geburtshilflichen Operationen hervorzuheben. Besonders wichtig erscheint dem 
Verf. mit Recht die richtige Leitung der dritten Geburtsperiode, um möglichst der Not- 
wendigkeit manueller Plaenctalösung zu begegnen. Cervixrisse sollen nur ausnahms- 
weise genäht werden. Die Uterusscheidentamponade wird als gefährlich bezeichnet 
und nur für Ausnahmefälle in Betracht gezogen. Der Verf. hat angeblich während einer 
20jährigen geburtshilflichen Praxis keinen Fall gesehen, der die Tamponade erfordert 
hätte. — Nicht haltbar ist die von dem Verf. vorgenommene Aufstellung verschiedener 
klinischer Typen des Puerperalfiebers je nach der Art des jeweiligen Erregers. H. Thaler. 

Vignes, Henri: Phlegmatia alba dolens. Journ. des praticiens Jg. 35, Nr. 38, 
S. 609—612. 1921. 

Auf alle Einzelheiten eingehende, sehr übersichtliche Darstellung der Pathologie 
und Klinik dieser Erkrankung. — Der Phlegmatia alba dolens liegt eine von den Uterus- 
venen ausgehende, auf die übrigen Beckenvenen und die Venen der unteren Extremität 
fortschreitende Phlebitis zugrunde, die im Verlaufe meist weniger virulenter puerperaler 
Infektionen zur Entwicklung kommt. Innerhalb der Venen ist die Entzündung der 
Gefäßwand der primäre Vorgang, Thrombose und Zirkulationsstörung sind sekundäre 
Erscheinungen. Der Gefäßverschluß erfolgt zunächst durch Bildung eines weißen, 
aus Fibrin und Leukocyten bestehenden Thrombus, von dem aus die Entwicklung 
roter Thromben statthaben kann. Ungefähr vom 6. Tage ihres Bestehens ab sind die 
Thromben durch die von der entzündeten Venenwand einsprossenden Capillaren 
fixiert und weniger leicht verschleppbar geworden. Leicht verschleppbar sind insbeson- 
ders die frischeren roten Thromben. Gegenüber der Annahme, daß hauptsächlich 
Colibacillosen intestinalen Ursprunges die Phlegmatia alba dolens veranlassen, erscheint 
es dem Verf. wahrscheinlich, daß zumeist die Streptokokken die Infektion der Venen 


Puerperale Wundinfektion — Ätiologie und Pathologie. 469 


hervorrufen. Bei der Besprechung der Symptomatologie und Diagnostik wird auf die 
schon in den Anfangsstadien der Erkrankung auftretenden Temperaturerhöhungen 
im Bereiche der befallenen Extremität verwiesen. Bei der Differentialdiagnose wird 
auch der vom Autor studierten seltenen puerperalen Arteriitis der unteren Extremitäten 
gedacht. Heilung der Phlegmatia alba dolens kann angenommen werden, wenn durch 
mindestens 2 Wochen Puls und Temperatur sich völlig normal verhalten haben. Vor- 
sichtshalber wird man erst nach 3 Wochen normaler Puls- und Tenıperaturbewegung 
Mobilisierung der erkrankten Extremität erlauben. Als wichtigstes Prophylakticum 
der Erkrankung bezeichnet der Verf. die aseptische Geburtsleitung. In dieser Hinsicht 
erscheint dem Verf. die Untersuchung mit gummibehandschuhten Händen sehr wichtig. 
Zu Beginn der Erkrankung können die Blutgerinnung hemmende Maßnahmen (rectale 
Eingießung von Kalbsleberemulsion, Verabreichung von Natrium citricum-Lösung) 
zur Anwendung kommen. Eingehende Bee prgching der Therapie und Nachbehandlung 
ohne neue Gesichtspunkte. H. Thaler (Wien). 

Perazzi, P.: Note citologiche sui lochi. (Cytologische Bemerkungen über die 
Lochien.) (Clin. ostetr.- ginecol., univ., Siena.) Rass. d’ostetr. e ginecol. Jg. 30, 
Nr. 1/3, S. 15—29. 1921. 

Verf. hat die numerischen und morphologischen Leukocytenverhältnisse in nor- 
malen und pathologischen Lochien untersucht in der Absicht, diagnostische und 
prognostische Anhaltspunkte zu gewinnen. Zu diesem Zwecke wurden die Lochien 
mit einem sterilen Glasrohr, meist direkt aus der Uterushöhle, einige Male auch aus 
der Scheide entnommen und auf Objektträgern ausgestrichen. Fixierung im Thermo- 
staten, Bakterienfärbung mit Methylenblau und Fuchsin, Leukocytenfärbung mit 
Hämalaun-Eosin und Giemsalösung. — Im normalen Wochenbett überwiegen anfangs 
die Polynucleären mit gut erhaltenem Kern und deutlichen Protoplasmagranulationen. 
Sie sind weniger zahlreich, wenn große Deziduafetzen oder Placentareste in der Uterus- 
höhle zurückblieben. Am dritten bis vierten Wochenbettstag wird die Zahl der Poly- 
nucleären geringer, ihr Kern wird pyknotisch und zerfällt in 3—4 regelmäßige, rund- 
liche, homogene, sehr chromatinreiche Bruchstücke. In den folgenden Tagen zeigen 
sich auch am Protoplasmaleib Auflösungserscheinungen und schließlich sind nur noch 
kleine, stark gefärbte Kernbruchstücke vorhanden, die aber auch bald verschwinden. 
Die Mononucleären sind in den ersten Tagen spärlich, sie vermehren sich dann aber 
allmählich und erreichen ganz beträchtliche Werte. Lymphocyten sind wenig zahl- 
reich, Plasmazellen äußerst selten, dagegen sind in großer Zahl: 1. Zellen vorhanden, 
die an junge Endothelien erinnern und nach Verf. von den Uteruscapillaren her- 
stammen, und 2. große Wanderzellen mit breitem Protoplasmaleib und blassem, 
nierenförmigem Kern. Die Anwesenheit von reichlichen Leukocyten mit pyknotischen 
Kernen in den Lochien ist ein günstiges prognostisches Zeichen. — Bei fieberhaftem 
Verlauf des Wochenbettes bleibt der Anstieg der Mononucleären aus; er erfolgt erst 
dann, wenn die Infektion überwunden ist. Besonders deutlich tritt dies bei Strepto- 
kokkeninfektionen in Erscheinung. Bei neuen Nachschüben der Infektion kommt es 
zu einem akuten Absturz der bereits im Ansteigen begriffenen Mononucleärenkurve. 

| Nürnberger (Hamburg). 

Perazzi, Piero: Studio di aleune proprietä dei lochi nei puerperi normali e 
febbrili. (Studien über einige Besonderheiten der Lochien bei normalem und 
fieberhaftem Wochenbett.) (Istit. ostetr.-ginecol., univ., Siena.) Ann. di ostetr. e 
ginecol. Jg. 43, Nr. 8, S. 572—592. 1921. 

Verf. untersucht die Beziehungen zwischen Koagulation, Komplementbildung 
und Leukocytenreichtum bei normalen und pathologischen Lochien. 1. Die Koagula- 
tionsfähigkeit in vitro: Mittels eines 10 cm langen Capillarröhrchens werden die Lochien 
aus dem Uterus entnommen, bei Zimmertemperatur belassen, jede Minute bricht 
man ein etwa 3cm langes Stückchen des Capillarröhrehens ab und läßt es in eine 
Eprouvette fallen, welche 1 cem physiologische NaCl-Lösung enthält. Hierauf beob- 


470 Pathologie des Wochenbetts. 


achtet man, ob eine Koagulation eintritt oder nicht. 2. Die Komplementwirkung: 
Die Lochien werden mit der gleichen Menge physiologischer NaCl-Lösung verdünnt 
und zentrifugiert. Das Serum wird abgezogen und auf seinen Komplementgehalt gegen 
ein hämolytisches System untersucht. 3. Die Leukocytenzahl wird durch Zählen in 
der Thoma -Zeißschen Kammer bestimmt. Die Lochien normaler Wöchnerinnen 
unterscheiden sich gegenüber denen fieberhafter Wöchnerinnen 1. durch den geringeren 
Gehalt an Leukocyten, 2. durch die rasche Koagulationsfähigkeit, 3. durch den Reich- 
tum an Komplement. Im zweiten Teil seiner Arbeit prüft Verf. die komplement- 
hemmende Wirkung der Leukocyten. Die Lochien einer fieberhaften Wöchnerin werden 
zentrifugiert und hiebei die Leukocyten gewonnen. Durchs Zentrifugieren von Lochien 
einer normalen Wöchnerin erhält er das Plasma. Normales Plasma (1 ccm) und weiße 
Blutkörperchen (fieberhafte Lochien) werden miteinander vermischt und auf !/, Stunde 
in den 38°-Ofen gebracht und dann gegen ein hämolytisches System geprüft. Dabei 
zeigt sich, daß die Hämolvse ausbleibt, wenn größere Mengen von Leukocyten zugesetzt 
worden sind. Leukocyten, welche 10 Stunden im 38°-Ofen waren, besaßen eine erhöhte 
antikomplementäre Wirkung. Perazzi unterscheidet: 1. Seröse Lochien: arm an 
Leukocyten, gute Koagulationsfähigkeit, deutliche Komplementwirkung. 2. Serös- 
eitrige Lochien: reich an Leukocyten, Koagulationsfähigkeit, schwache Komplement- 
wirkung. 3. Eitrige Lochien: sehr reich an Leukocyten, keine Koagulationsfähigkeit. 
keine Komplementwirkung. Untersuchungen über die Wirkung des Globulins und 
Albumins ergaben, daß die antikomplementäre Wirkung der eitrigen Lochien dem 
Globulin zukommt. | Kolisch. 

Perazzi, Piero: Azione batteriolitica dei lochi nei puerperi normali e febbrili. 
(Bakteriolytische Wirkung der Lochien bei normalem und fieberhaftem Wochenbett.) 
(Istit. ostetr.-ginecol., univ., Siena.) Ann. di ostetr. e ginecol. Jg. 43, Nr. 8, S. 555 
bis 571. 1921. 

Gearbeitet wurde mit der bioskopischen Methode nach Neisser- Wechsberg. 
Kolikulturen (Bouillon) wurden mit Lochialsekret versetzt, 6 Stunden in den Brut- 
ofen gestellt, hierauf wurde eine Methylenblaulösung hinzugefügt und nach 24 Stunden 
abgelesen, ob eine Entfärbung des Methylenblaus eingetreten war. Bei stark ver- 
dünnten Koliaufschwemmungen, sowie bei Lochien mit bakteriolytischer Wirkung 
erfolgte keine Entfärbung. Verf. untersucht zunächst die Wirkung der Lochien bei 
normalem Wochenbett und zeigt, daß sie das Bakterienwachstum hemmen. Die Wir- 
kung von Lochien bei mangelhafter Involution des Uterus ist geringer. Verwendet 
man statt der Lochien eine Leukocytenaufschwemmung, welche durch Waschen und 
Zentrifugieren normaler Lochien gewonnen wurde, so ist eine schwächere Wirkung 
zu beobachten. Durch Erhitzen wird die bakteriolytische Wirkung der Lochien ver- 
mindert, evtl. zerstört (25 Minuten 75°). Die Untersuchungen der Lochien bei fieber- 
haftem Wochenbett wurden in der Weise ausgeführt, daß die Lochien in physiologischer 
NaCl-Lösung aufgeschwemmt und in 2 Eprouvetten gebracht wurden. Die eine Eprou- 
vette wurde sofort verarbeitet, während die andere zunächst auf 10 Stunden in den 
37°-Ofen kam. Dann wurde das Lochialsekret in analoger Weise auf seine bakterio- 
Iytische Wirkung untersucht. Kolisch. 

Bertoloni, Giovanni: Über die Immunitätsreaktionen beim Wochenbettlieber; 
mit Berücksichtigung der üblichen Therapie. (Abt. f. Vaccinetherapie, Tierärzl. 
Hochsch. u. Stadtkrankenh., Dresden-Friedrichstadt.) Zentralbl. f. Bakteriol., Para- 
sitenk. u. Infektionskrankh., 1. Abt.: Orig. Bd. 86, H. 4, S. 266—330. 1921. 

Eingehende Besprechung der gesamten, die Immunitätsreaktionen betreffenden 
Literatur. Eigene Untersuchungen des Verf. beschäftigten sich mit denı Studiun des 
opsonischen Index bei 24 Fällen von Puerperalfieber. Typisch zeigte sich kurz vor 
Eintritt des Todes ein beträchtliches Absinken des opsonischen Index. Injektionen 
von Kollargol haben nur wenig deutlichen Einfluß auf den opsonischen Index. Gleiches 
gilt für das Antistreptokokkenserum Tavel, während in 2 Fällen von Staphylokokken- 


Puerperale Wundinfektion. — Therapie. 471 


septicämie Injektionen von Staphvlokokkenvaccine zweifellos einen günstigen klini- 
schen, auch in den opsonischen Kurven deutlich erkennbaren Einfluß ausgeübt haben. 
Auch bei Kaninchen, die mit virulenten Staphylokokkenkulturen intravenös injiziert 
waren, wurden günstige opsonische Effekte bei der Injektion von Staphylokokken- 
vaccine festgestellt, während die Anwendung von Kollargol und Fixationsabscesse 
keinen sehr deutlichen Einfluß erkennen ließen. H. Thaler (Wien). 


b) Therapie. | 

Bell, W. Blair: An address on the prevention and treatment of puerperal in- 
fections. (Über Vorbeugung und Behandlung puerperaler Infektionen.) Brit. med. 
journ. Nr. 3150, S. 693—696. 1921. 

Aus dem Inhalt der Abhandlung sei hervorgehoben: Natürliche Schutzvorrich- 
tungen gegen puerperale Infektion sind einerseits eine mäßige Vermehrung der Leuko- 
cyten im zirkulierenden Blute am Ende der Schwangerschaft, andererseits die Milch- 
säureproduktion der Scheide. Eigeninfektionen sind möglich mit Pneumokokken, 
Gonokokken, Streptokokken, Coli-, Typhus- und Diphtheriebacillen. Eigeninfektionen 
mit Keimen, die aus der Analgegend stammen, kommen vor, sie werden aber haupt- 
sächlich durch die bei der Geburt intervenierenden Hände vermittelt. Präliminare 
Scheidendesinfektion mittels Spülungen wird wegen der dadurch bedingten Störung 
der natürlichen Schutzvorrichtungen verworfen, dagegen wird peinlichst genaue Des- 
infektion der Vulva und Analgegend empfohlen, wobei die Imprägnation der Haut mit 
Anilinfarbstoffen Erwähnung findet. In Frühstadien schwererer, durch anfänglich 
hohen Temperaturanstieg gekennzeichneter puerperaler Infektion soll eine vorsichtige 
Austastung der Uterushöhle mit gummibehandschuhten Fingern vorgenommen werden. 
Der Austastung hat eine Uterusspülung mit verdünnter (1:10—30) Miltonscher 
Flüssigkeit zu folgen. Wenn daraufhin die Temperatur hoch bleibt, die Infektion jedoch 
noch auf den Uterus beschränkt zu sein scheint, so wird Dauerdrainage der Uterus- 
höhle mit doppelläufigem Rohr empfohlen, durch das oftmals täglich Spülungen vor- 
zunehmen sind. Bei thrombophlebitischer Sepsis wurden vom Verf. in 8 Fällen Unter- 
bindungen und Excisionen an den erkrankten Venen vorgenommen, nur in 2 Fällen. 
mit ungünstigem Ausgang. Bei generalisierter Sepsis kommen Seruminjektionen, 
Vaccineinjektionen, intramuskuläre Injektionen von Infundibularextrakt, sowie In- 
fusionen von Kochsalzlösung und Bluttransfusion in Betracht. H. Thaler (Wien). 


Bumm, E.: Die Behandlung des Puerperalfiebers. Münch. med. Wochenschr. 
Jg. 68, Nr. 46, 8. 1494—1495. 1921. 

Kurze, dabei vollständige Besprechung der Behandlung des Puerperalfiebers von 
ausgezeichneter Übersichtlichkeit und Klarheit. An wichtigen Leitsätzen seien er- 
wähnt: Man soll die Genitalien fiebernder Wöchnerinnenin Ruhe lassen. 
Auch die Spülungen sind als gefährlich abzulehnen. In therapeutischer 
Hinsicht sind die ersten Tage der Erkrankung entscheidend. Da die Streptokokken- 
erkrankungen im allgemeinen die gefährlicheren sind, ist die bakteriologische 
Untersuchung des Lochialsekretes nicht unwichtig. Bei Streptomykosen früh- 
zeitige Injektion von Antistreptokokkenserum 2 mal je 50 ccm. Keine Fiebermittel. 
Mobilisation der Abwehrkräfte durch heiße Einpackungen des Abdonens und Alkohol- 
gaben. An chirurgischen Eingriffen finden Eröffnungen lokalisierter Abscedie- 
rungen, einfache Incisionen und Drainage mit Äthereinguß bei Peritonitis und unter 
Umständen die Venenunterbindung Empfehlung, während die Uterusexstirpation ent- 
schiedene Ablehnung erfährt. H. Thaler (Wien). 


Jaschke, Rud. Th. von: Der gegenwärtige Stand der Puerperalfieberfrage. 
Jahresk. f. ärztl. Fortbild. Jg. 12, H.7, S. 1—15. 1921. 


- Gonzalez, Tristan J.: Die Puerperalinfektion. Arch. de ginecopat., obstetr. y 
pediatr. Jg. 34, Nr. 12, S. 443—451. 1921. (Spanisch.) 


412 Pathologie des Wochenbetts 


Stark, A. Campbell: General practice and puerperal fever. (Allgemeine Praxis 
und Puerperalfieber.) Practitioner Bd. 107, Nr. 4, S. 295—297. 1921. 

Dietrich, H. A.: Die Therapie und Prophylaxe des Kindbettfiebers. (Unir.- 
Frauenklin., Göttingen.) Therap. Halbmonatsh. Jg. 35, H. 24, S. 772—777. 1921. 

Alerudo, Miguel J.: Die puerperalen Infektionen und ihre Behandlung. Arch. 
de ginecol., obstetr. y pediatr. Jg. 34, Nr. 9, S. 363—368. 1921. (Spanisch.) 

Roos, Theo: Zur Behandlung der puerperalen septischen Erkrankungen. (Hess. 
Hebamm.-Lehranst., Mainz.) Fortschr. d. Med. Jg. 39, Nr. 19, S. 708—713 u. Nr. 20, 
S. 741—744. 1921. 

Bourne, Aleck W.: The causation and prevention of puerperal sepsis. (Ur- 
sache und Vorbeugung der Puerperalsepsis.) Clin. journ. Bd.50, Nr. 29, S. 456—459. 1921. 
Soden, Silvretta Freiin von: Über die Bedeutung des Keimnachweises im Blut bei 

De (Rudolf Virchow-Krankenh., Berlin.) (Dissertation: Berlin 

Bartram, Gerhard: Über die Behandlung des Puerperalfiebers mit mensch- 
lichem Serum. (Frauenklin., Univ. Tübingen.) Zentralbl. f. Gynäkol. Jg. 45, Nr. 15, 
S. 529—535. 1921. 

Die Versuche, puerperalfieberkranke Wöchnerinnen mit Normal- bzw. Rekon- 
valeszentenserum zu behandeln, wurden vom Verf. neuerlich aufgenommen. Normal- 
serum wurde von schwangeren und nichtschwangeren gesunden Frauen, häufig von 
Wöchnerinnen mit fieberfreiem Wochenbettverlauf gewonnen, das Rekonvaleszenten- 
serum stammte von Wöchnerinnen, die von einer fieberhaften Puerperalerkrankung 
genesen waren. Das Serum wurde durch Zentrifugieren des frisch abgenommenen 
Blutes gewonnen und in einer Menge von 15—50 cem, immer intravenös, injiziert. 
Die Serumgaben wurden unbegrenzt wiederholt, meist täglich. Auch Eigenserum 
wurde versucht. Serum von Rekonvaleszenten und Schwangeren schien solchem von 
Nichtschwangeren und Eigenserum überlegen zu sein. Bei den therapeutischen Effekten 
derartiger Serumbehandlung scheint der Vorgang der passiven Immunisierung eine Rolle 
zu spielen. Auch bei der spezifischen Wirkung von Eigenserum, wobei angenommen 
‚wird, daß im Blute des Kranken massenhaft kreisende Antikörper erst durch den 
Austritt aus dem Gefäßsystem aktiviert werden (Königsfeld). Hauptsächlich dürfte 
aber nach des Verf. Meinung die Serumwirkung auf eine Art unspezifischer aktıver 
Immunisierung im Sinne einer Protoplasmaaktivierung zu beziehen sein. Ein Vorteil 
dieser Art Proteinkörpertherapie besteht darin, daß auch bei unbegrenzter Wieder- 
holung der Seruminjektionen niemals anaphylaktische Zustände beobachtet wurden. 

H. Thaler (Wien). 

Anderodias: Trois années de traitement des infections uterines puerperales 
par les injections discontinues avec le liquide de Dakin-Carrel. (Drei Jahre Behand- 
lung puerperaler Infektionen mit diskontinuierlichen Uterusspülungen mit Dakiın- 
Carrelscher Lösung.) Gynecol. et obstetr. Bd. 4, Nr. 5, S. 412—419. 1921. 

Angeregt durch die günstigen Ergebnisse bei der Behandlung septischer Kriegs- 
verletzungen mit Da kinscher Lösung, wurden von Verf. Puerperalfieberfälle in größerer 
Zahl mit diskontinuierlichen Dauerspülungen mit der genannten Lösung behandelt. 
Zur Anwendung kanıen halbsteife Urethralkatheter aus Gummi, nachdem vorher fest- 
gestellt wurde, daß das Material auch durch zweiwöchentliches Liegen in der Hypo- 
chloritlösung keine Veränderung erfahren hatte. Erwies sich bei der Besichtigung der 
Portio und der Vagina lediglich die Vagina erkrankt, so wurde nur vaginal gespült. Sonst 
wurde unter Kautelen der Katheter in die Uterushöhle eingeführt, liegen gelassen und 
mit Heftpflaster befestigt. Der Katheter wurde mit einem 1—2 l fassenden Rezipienten 
in Verbindung gebracht, der in einer Höhe von 0,75—1 m über der Erkrankten an- 
gebracht wurde. Die Spülung erfolgte bei Tag in zweistündlichen, bei Nacht in drei- 
stündlichen Zwischenpausen mit je 40—50 ccm frischer Dakinscher Lösung. Der 
Schutz gegen die ausfließende Spülflüssigkeit erfolgte mit vaselinierten Gazekompressen. 


Puerperale Wundinfektion. — Therapie. 473 


Die Spülungen wurden häufig mehrere Tage (bis zu 8 Tagen) fortgesetzt. Unter 152 so 
behandelten Fällen sah Verf. in 12 Fällen Mißerfolge (7,8%). In einer größeren Zahl 
von Fällen folgte der Behandlung überraschend schnell Schwinden der Krankheits- 
erscheinungen. Bakteriologische Kontrollen wurden nicht vorgenommen. H. Thaler. 


Hellendall, Hugo: Zur Behandlung der puerperalen Wundinfektion mit Dakin- 
lösung. Zentralbl. f. Gynäkol. Jg. 45, Nr. 24, S. 867—869. 1921. 


Trillat: Traitement de l’endomötrite puerperale par la methode de Garrel. 
(Die Behandlung der puerperalen Eudometritie nach Garrel.) (Reunion obstetr. et 
gynecol., Lyon, 3. XII. 1920.) Lyon med. Bd. 130, Nr. 17, S. 788. 1921. 

Trillat empfiehlt bei lokalisierten Puerperalfiebern Dauerdrainage des Uterus 
kombiniert mit Spülungen der Uterushöhle mit antiseptischen Lösungen (Sol. Dakin, 
Sol. Labarraque) in 2—3stündlichen Intervallen. In der Diskussion erwähnt Plauchu, 
daß er bereits im Jahre 1897 die Dauerdrainage des endometritischen puerperalen 
Uterus kombiniert mit Spülungen empfohlen hat. Commandeur bedient sich in 
geeigneten Fällen bloß der intrauterinen Spülungen und verweist auf die Gefahren, 
die durch das längere Liegen von Fremdkörpern im puerperalen Uterus ausgelöst 


werden können. H. Thaler (Wien). 


Hermstein, Alfred: Über die Terpentinbehandlung der puerperalen Sepsis. 
(Prov.-Hebammenlehranst., Breslau.) Zentralbl. f. Gynäkol. Jg. 45, Nr. 19, S. 683 
bis 686. 1921. 
. Die von Wederhake bei Staphylo- und Streptokokkenerkrankungen empfohlene 
Behandlung mit Terpentinöl und Campher wurde vom Verf. in 30 Fällen septischer 
Puerperalinfektion versucht. lccm einer 20 proz. Lösung Ol. thereb. rectificat. in 
Ol. oliv. mit Novocainzusatz wurde unter das Periost der Darmbeinschaufel deponiert. 
Mehr als drei Injektionen wurden nur in einem Falle gemacht. Als Adjuvans wurde 
Campher subcutan injiziert. Außerdem wurden Digipurat und Coffein gegeben. Von 
den 30 Frauen waren 24 an schwerer Puerperalsepsis erkrankt. 15 starben trotz der 
Behandlung. Eine frappante Wirkung auf das Allgemeinbefinden konnte in keinem 
Fall festgestellt werden. In den 9 geheilten Fällen bleibt es dahingestellt, ob die durch 
Campher, Coffein und Digipurat erzielte Leistungsfähigkeit des Herzens bei der Ab- 
wickelung des Prozesses nicht das Primäre vorstellt. Nur in 4 Fällen zeigten sich an 
der Injektionsstelle erhebliche Schmerzen, bei 2 Frauen mußten Infiltrate an der 
Injektionsstelle inzidiert werden. Eine Änderung des Blutbildes ergab sich nur im 
Sinne einer Steigerung um höchstens einige tausend Leukocyten. ZH. Thaler (Wien). 


Gow, A. E.: Certain effects of peptone injections in septicaemia. (Über 
einige Erscheinungen nach Peptoninjektionen bei Septikämie.) Quart. journ. of med. 
Bd. 14, Nr. 54, S. 187—204. 1921. 

Bericht über Beobachtungen bei 5 Fällen puerperaler Septikämie nach intravenöser 
Injektion von 10 proz. Witte-Pepton. 2 dieser in desolatem Zustande aufgenommenen 
Fälle starben. Keine Beeinflussung des Krankheitsbildes ergab sich bei der Pepton- 
behandlung der subakuten Endokarditis. Als Folge der Peptoninjektion zeigte sich 
unmittelbar nach der Injektion Ansteigen der Pulsfrequenz, Fallen des Blutdruckes, 
Leukopenie und Verkürzung der Gerinungszeit des Blutes. Dem rapiden Sturz der Zahl 
der polymorphkernigen Leukocyten folgt eine geringgradige Vermehrung der Polymorph- 
kernigen. Auch der Leukopenie folgt vorübergehend eine polynucleäre Leukocytose. 
Die Blutveränderungen nach Peptoninjektion sind im allgemeinen ähnlich denen nach 
Coli-Typhusvaccineinjektionen, doch hat das Pepton eine geringere Reizwirkung auf 
das Knochenmark. H. Thaler (Wien). 

Bauereisen, A.: Über unsere Erfahrungen mit der Behandlung puerperaler 
Allgemeininfektionen durch kolloidale Silberpräparate, Trypaflavin und Yatren. 
(Univ.-Frauenklin., Kiel.) Zentralbl. f. Gynäkol. Jg. 45, Nr. 34, S. 1205—1218. 1921. 

Silberpräparate: Dispargen, Elektrokollargol kamen in 146 Fällen puerperal- 


474 Pathologie des Wochenbetts. 


septischer Infektion zur Anwendung. 76 Fälle waren leichter, 32 mittelschwerer Art. 
Alle diese Fälle heilten. Von den 38 schweren Fällen sind 30 gestorben. Die Anwendung 
der Medikamente erfolgte intravenös. Unter 66 Pyämieerkrankungen waren 13 leichte, 
35 mittelschwere und 18 schwere Fälle. Alle leichten und mittelschweren Pyämien 
genasen unter der Sılberbehandlung, während keiner der schweren Fälle von Septico- 
pvänie zur Heilung gebracht werden konnte. Bei 16 Allgemeinperitonitiden ebenfalls 
negativer Erfolg, soweit er nicht durch chirurgische Behandlung erreicht werden konnte. 
In 83 Fällen von Pelviperitonitis wurde unter Sılberbehandlung mit oder ohne chirur- 
gische Beihilfe in 79 Fällen Heilung erzielt. Argochrom scheint besonders bei schweren 
Colipyelitiden wirksam zu sein. Der Dauereinfluß bei schweren pyogenen Infektionen 
scheint bei Argochrom geringer zu sein als bei Dispargen und Elektrokollargol. Die 
besten Resultate hatte die kombinierte Anwendung der bisher genannten Präparate. 
Trypaflavin und Primärflavin wurden in 0,5—-1 proz. Lösung in Anwendung gebracht 
und 10--15cem injiziert. Trotz der glänzenden bactericiden Wirkung dieser Stoffe 
in vitro wurde diese Wirkung im lebenden Organismus vermißt. Yatren wurde in 
34 Fällen von puerperaler Allgemeininfektion und in 14 Fällen von pelviperitonitischen 
Adnextumoren versucht. Die Dosis betrug je nach dem Falle 5—20 ccm einer 5 bis 
10 proz. Yatrenlösung intravenös. Sämtliche Fälle heilten. Das Yatren kann mit den 
S:lberpräparaten konkurrieren. Es kann auch subcutan angewendet werden. Die 
fehlende lokale Reaktion stellt einen großen Vorteil dar. Die Möglichkeit von Nieren- 
schädigungen muß bei Yatrengebrauch berücksichtigt werden. H. Thaler (Wien). 

Krongold-Vinaver, S.: Infection puerperale et le sérum antistreptococeique 
préparé d’après une méthode nouvelle. (Über ein nach einem neuen Verfahren 
sewonnenes Antistreptokokkenserum und seine Heilwirkung bei puerperalen Infek- 
tionen.) (Laborat. de prof. Borrel, inst. Pasteur et clin. obstetr. Baudelocque, Paris.) 
Ann. de !’ınst. Pasteur Bd. 35, Nr. 12, S. 834—bis 867. 1921. 

Das von der Verf. gebrauchte Antistreptokokkenserum wurde durch Verimpfen 
lebender Kulturen von Streptokokken auf Pferde gewonnen. Der Streptokokkus 
stammte von einer postgrippösen Pleuritis. &0 ccm einer 24stündigen Ascitesbouillon- 
kultur dieses Streptokokkus wurde einem Pferde intravenös injiziert. 14—15 Tage nach 
der Injektion wurde das Serum durch Aderlaß gewonnen. Wurde das Tier hierauf 
14 Tage in Ruhe gelassen, so konnte nach einer Reinjektion neuerlich wirksames Serum 
gewonnen werden. — Eine Maus war durch eine Subcutaninjektion von 0,1 ccm dieses 
Antistreptokokkenserum, vorgenommen 24 Stunden vor der Infektion, gegen die 
100fache tödliche Dosis Streptokokken geschützt. Bei 626 Wöchnerinnen konnten in 
241 Fällen Streptokokken aus der Cervix gezüchtet werden. Von diesen Stämmen 
waren nur 4 virulent für Mäuse, 2 dieser 4 Stämme kamen von letal verlaufenden 
Erkrankungen. Drei Wöchnerinnen starben an Puerperalfieber. Hämolytische Strepto- 
kokken fanden sich aber nur in einem der 3 Fälle. Relativ häufig waren trotz des posi- 
tiven Streptokokkenbefundes keinerlei Temperatursteigerungen im Wochenbette vor- 
handen. Vollständig fieberfrei war das Wochenbett in allen Fällen mit negativem 
Streptokokkenbefund. — Das Serum wurde intravenös bei generalisierter Sepsis, sub- 
cutan bei lokalisierten Prozessen gegeben. Zur ersten intravenösen Injektion wurden 
20 ccm Serum mit 180 ccm physikalischer NaCl-Lösung verdünnt und anfangs langsam, 
später rascher eingespritzt. Die Dauer der Injektion betrug 30—40 Minuten. Tags 
nachher wurden 30 ccm Serum mit 270 ccm Kochsalzlösung, am 3. Tage 40 ccm Serum 
mit 360 cem Kochsalzlösung verdünnt und unter gleichen Modalitäten injiziert. Sub- 
cutan wurde das Serum an drei aufeinanderfolgenden Tagen ın einer Menge von je 
60 ccm gegeben. Nach der intravenösen Injektion auftretender Frost oder Schweiß- 
ausbruch kann als prognostisch günstiges Zeichen angesehen werden. Von 241 Wöch- 
nerinnen mit positivem Streptokokkenbefund in der Cervix waren 41 puerperalkrank 
und mit dem Serum behandelt. 38 Fälle heilten. In 5 Fällen fand sich ein positiver 
Streptokokkenbefund im Blute. Drei dieser Fälle starben. H. Thaler (Wien). 


Puerperale Wundinfektion. — Therapie. 475 


Krongold-Vinaver, S.: Contribution à P’ötude du traitement des infections 
puerpérales streptococeiques par un sérum antistreptococcique préparé suivant une 
méthode nouvelle. (Beitrag zur Frage der Behandlung puerperaler Streptokokken- 
infektion mit einem nach einem neuen Verfahren hergestellten Antistreptokokken- 
serum.) (Laborat. de prof. Borrel, inst. Pasteur, et de la clin. obstetr. Baudelocque, Paris.) 
Bull. de la soc. d’obstetr. et de gynécol. de Paris Jg. 10, Nr. 2, S. 36—40. 1921. 

Das Serum wurde nach dem von Krongold-Vinaver in der C. R. Soc. Biologie 
82, 606; 1919 veröffentlichten Verfahren gewonnen (einmalige Impfung von Pferden 
mit einer hohen Dosis einer lebenden Kultur für Mäuse hochvirulenter, vom Menschen 
gezüchteter Streptokokken). Die Anwendung des Serums erfolgte bei 40 fiebernden 
Wöchnerinnen mit positivem Streptokokkenbefunde in der Cervix. In 16 Fällen hatte 
die Temperatur 40° und mehr erreicht, zudem bestanden Fröste, fötide Lochien und 
Schmerzhaftigkeit des Uterus. In 4 Fällen lag eine Streptokokkensepticämie vor. Mit 
den Injektionen wurde fast ausnahmslos möglichst bald nach Beginn der Erkrankung 
begonnen (täglich 60 ccm Serum während dreier Tage). Die Einspritzungen wurden 
zumeist subcutan vorgenommen. Nur in 2 Fällen schwerer Infektion kamen neben 
den subcutanen auch intravenöse Injektionen (20 ccm Serum auf 180 ccm physio- 
logische Kochsalzlösung) zur Anwendung. Resultate: Rasche Heilung in 36 Fällen. 
Von den 4 septicämischen Frauen wurde eine geheilt, 3 starben. Bei einer der Ver- 
storbenen war mit der Behandlung erst nach längerer Krankheitsdauer begonnen 
worden. — Über die Häufigkeit der Streptokokkenbefunde bei Wöchnerinnen finden 
sich in dem Berichte folgende Angaben: Unter 625 frisch entbundenen Wöchnerinnen 
fanden sich 240 (38%) mit positivem Streptokokkenbefunde in der Cervix. Die meisten 
dieser 240 Wöchnerinnen blieben fieberfrei, einige zeigten vorübergehende leichte 
Temperatursteigerungen, bloß in 40 Fällen stellten sich klinische Symptome lokali- 
sierter oder generalisierter Infektion ein. Die 385 streptokokkenfreien Wöchnerinnen 
blieben durchweg afebril. Thaler (Wien). 

Warnekros, K.: Zur Ligatur der großen Beckenvenen bei puerperaler Pyämie. 
(Ein Beitrag zur Prognose der puerperalen Infektionen.) (Univ.-Frauenklin., Berlin.) 
Münch. med. Wochenschr. Jg. 68, Nr. 48, S. 1545—1547. 1921. 

Die Venenunterbindung bei der thrombophlebitischen Sepsis der Wöchnerinnen 
erscheint angezeigt, wenn wiederholt die bakteriologische Blutuntersuchung positiv 
ausgefallen ist und von Probe zu Probe schnelles und reichliches Angehen 
der Blutbakterien als Beweis ihrer Anpassungsfähigkeit in dem neuen Medium, bzw. 
als Beweis der erschöpften Abwehrkräfte des Organismus festgestellt werden konnte. 
Gelingt es einen derartig bakteriologisch nachgewiesenen, schwerst infizierten Fall zur 
Genesung zu bringen, so kann der Ausgang in Heilung als voller Erfolg der Behandlungs- 
methode gebucht werden. Es wird über den letzten an der Bummschen Klinik beob- 
achteten Fall einer sehr schweren Streptokokkenpyämie nach Placenta praevia be- 
richtet, in dem es gelang, durch Unterbindung der Vv. spermaticae sin. + dextr. + 
Vena iliaca comm. sin. einen verblüffenden Heilerfolg zu erzielen. Bei akuten Pyämien 
mit ausschließlicher ‚Lokalisation des Prozesses im Venenlumen (vollständige. Ent- 
fieberung nach dem Frost und Bakterienreinheit des Blutes im Fieberintervall) sollte 
ebenfalls die Ausschaltung der Giftquelle durch Venenunterbindung häufiger und früh- 
zeitiger als bisher versucht werden. Dagegen wird die Venenunterbindung stets erfolglos 
bleiben, sobald die Bakterien die Tendenz haben, sich durch die Gefäßwand hindurch 
phlegmonös auszubreiten. H. Thaler (Wien). 

Birnbaum, R.: Zur Venenunterbindung bei puerperaler Pyämie. Ein durch 
Unterbindung der Vena cava inferior geheilter Fall. Arch. f. Gynäkol. Bd. 114, 
H. 3, S. 535—556. 1921. TE 

Bericht über einen durch Unterbindung der Vena cava inferior geheilten Fall 
von Pyämie nach Abortus. Negativer bakteriologischer Blutbefund, dabei schwerstes 
Krankheitsbild nach 21/,monatiger Dauer der Infektion und 1!/,monatiger Dauer 


476 Pathologie des Wochenbetts. 


der Pyämie. Unterbindung der Cava inf. etwa 5 cm oberhalb der Teilungsstelle, vorher 
Unterbindung der 1. Vena spermatica. Sofortiges Sistieren der Fröste. Heilung. Nach 
der Operation Tachykardie, sonst keine Zirkulationsstörungen. H. Thaler (Wien). 

Martens, M.: Über Venenunterbindungen bei thrombophlebitischer Pyämie. 
(Krankenh. Bethanien, Berlin.) (45. Kongr. d. Dtsch. Ges. f. Chirurg., Berlin, Sitze. 
v. 31. III. 1921.) Arch. f. klin. Chirurg. Bd. 116, H. 4, S. 720—730. 1921. 

Verf. hat die noch strittig erscheinende Frage der Venenunterbindungbei 
thrombophlebitischer Pyämie auf dem diesjährigen Chirurgenkongreß zur 
Sprache gebracht. Die praktisch wichtigsten Prädilektionsstellen für eitrige 
Thrombophlebitis sind: Sinus transversus bei Mittelohreiterung oder von V. jug. 
aus, Sinus cavernosus bei Lippenfurunkel, Erysipel, Oberkiefer- und Stirnhöhlen- 
empyem, Orbitaeiterung usw., V. jug. von Sinus cav. aus oder relativ selten bei Mandel- 
entzündung, V. Portae bei Cholecystitis, Appendicitis (V. ileo-colica!), Hämorrhoiden 
usw., V. cava, il. comm. und hypogastr. bei puerperaler Pyämie, oberflächliche 
oder tiefe Extremitätenvenen bei Extremitäteneiterungen. Häufigkeit der 
thrombophlebitischen Pyämie hat gegen früher bedeutend abgenommen, auch in der 
Kriegschirurgie, und zwar offenbar dank der A- bzw. Antisepsis und dank der früh- 
zeitigen Operation von Lippenfurunkeln, Appendicitis, Cholecystitis usw., sowie sach- 
gemäßen Behandlung akzidenteller Wunden. Prognose ist bei ausgebrochener Pyämie 
schlecht. Therapie mit Medikamenten (Antipyretica, Silberpräparate, Anti- 
streptokokkenserum usw.) ist völlig ergebnislos. Aussichtsreich ist dagegen die Venen- 
unterbindung. Es folgen Bemerkungen über die Geschichte der Venenunter- 
bindung. Spezielles: Bei Thrombose des Sinus transv. hat Zaufal 1880 zuerst 
operiert. Verf. hat hier 10 mal die V. jug. unterbunden, z. T. erst sekundär, wenn nach 
Antrumoperation und Sinuseröffnung das Fieber nicht abfiel; von den operierten Fällen 
sind 4 an schon vorher bestehender Meningitis, Lungenmetastasen oder Hirnabsceß 
gestorben. Heine berichtete über 36 Heilungen bei 90 Sinuskranken, wobei 6mal 
die Vene unterbunden wurde. Claus heilte von 53 Sinuserkrankten 30 durch Operation, 
von 26 mit Beteiligung des Bulbus und mit Unterbindung und Ausräumung der V. jug. 
12. Kissling schätzt die Zahl der Heilungen durch Venenunterbindung auf 75% 
und ohne sie auf 50%. Bei Thrombose des Sinus cav. nimmt Verf. von der Operation 
Abstand. Pyämie nach Cholecystitis ist wohl der Operation nicht zugänglich. 
Bei Appendicitis unterband Wilms 1909 die abführenden Venen und Braun 1913 
die V. ileo-colica mit Erfolg. Auch Weil brachte einen Fall durch. Dagegen operierten 
ohne Erfolg: Sprengel, Verf. und in 2 Fällen Brütt. Hämorrhoiden- und Nabel- 
pyämie sind bisher wohl noch nicht operiert worden. Bei puerperaler Pyämie 
hat Trendelenburg 1902 durch Unterbindung der V. hypogastr. und sperm. und 1911 
durch Unterbindung der V. cava und spermaticae je einen Fall geheilt. Die Operation 
ist seitdem oft ausgeführt worden. Venus hat 1911 115 Fälle mit 66%, Mortalität 
zusammengestellt. Veit brachte 6 von 20 durch, Latzko 10 von 28, Brumm 5. Verf., 
welcher extraperitoneal vorgeht, hat 11 Fälle operiert und 7 geheilt. 2mal wurde 
die V. cava, sonst eine oder beide V. sperm. und hypogastr. oder il. comm. unterbunden. 
Besonders wertvoll erscheint ein Fall, bei welchem im linken Parametrium Thromben 
zu fühlen waren und deshalb links die V. hypogastr. und sperm. unterbunden, dann 
wegen andauernder Schüttelfröste und Schmerzhaftigkeit des rechten Parametriums 
nach 3 Tagen auch rechts die V. il. comm. und sperm. unterbunden wurde, und bei 
welchem daraufhin die Schüttelfröste aufhörten und die Temperatur abfiel (Temperatur- 
kurve!). Notwendig ist frühzeitige Operation ; schon nach 4 Tagen hat Verf. in einem 
Fall das Ende des Thrombus in der V. cava nicht mehr erreichen können. Bei Unter- 
bindung der V. il. comm. empfiehlt sich die gleichzeitige Unterbindung der 
V. il. extr., um die rückläufige Fortsetzung der Thrombenbildung zu verhüten. Bei 
Extremitätenthrombophlebitis haben verschiedene Autoren mit Glück Venen- 
unterbindungen vorgenommen. Verf. hat in 4 Fällen sie vergeblich versucht. Nicht 


Puerperale Wundinfektion. — Therapie. 477 


nur bei ausgebrochener, sondern auch schon bei drohender Pyämie empfiehlt sich 
Unterbindung vereiterter Venen, z. B. der V. angularis bei Lippenfurunkel, V. saphena 
bei vereiterten Varicen usw. Hauptsache ist Prophylaxe, daher die rechtzeitige 
Entfernung eitrig erkrankter Organe (Gallenblase und Wurmfortsatz), Eröffnung des 
ə Warzenfortsatzes, Incision von Lippenfurunkeln, Phlegmone usw., zweckmäßige Be- 
handlung akzidenteller Wunden, Offenlassen der Amputationswunden bei infektiösen 
Prozessen, peinlichste Asepsis in Geburtshilfe und bei Operationen usw. Bei aus- 
gebrochener Pyämie erscheint die Venenunterbindung nicht nur be- 
rechtigt, sondern geboten, und zwar frühzeitig. Sonntag (Leipzig). 

Delmas, Paul: De la transfusion du sang dans l’infeetion puerp6rale. (Über 
Bluttransfusionen beim Puerperalfieber.) Gynécologie Jg. 20, Januarh., S. 16—20. 1921. 

Die Bluttransfusion kann bei Infektionserkrankungen einerseits dadurch günstig 
wirken, daß durch die Transfusion ein Reiz gegen Knochenmark und leukocytenprodu- 
zierende Organe gesetzt wird, andererseits dadurch, daß mit dem transfundierten 
Blut antibakterielle und antitoxische Stoffe zur Einverleibung gelangen können, 
besonders wenn Blut Rekonvaleszenter nach gleichartigen Infe ktionserkrankunen 
verwendet wird. Verf. berichtet über 4 schwere Puerperalfieberfälle, bei denen die Trans- 
fusion versuchsweise nach Versagen anderer Maßnahmen zur Anwendung kam. Zur 
Transfusion gelangten je 300 cem Citratblut, in einem Falle wiederholt. Über die Her- 
kunft des zur Transfusion verwendeten Blutes wird in einem Falle erwähnt, daß es 
von einer frisch entbundenen Wöchnerin stammte, ın den anderen Fällen findet sich 
darüber keine Angabe. Alle 4 Fälle heilten. Auffallend war die günstige Beeinflussung 
des Krankheitsverlaufes in 2 Fällen. H. Thaler (Wien). 

Potvin: De l’hystörectomie dans infection puerperale aiguë. (Über die 
Uterusexstirpation bei der akuten puerperalen Infektion.) Gynecol. et obstetr. 
Bd. 4, Nr. 3, S. 207—226. 1921. 

Ein überaus weitgehender Radikalisnus leitet den Verf. bei seiner Indikations- 
stellung zur Hysterektomie beim Puerperalfieber. Maßgebend erscheint ihm haupt- 
sächlich die Berücksichtigung des klinischen Bildes und der bakteriologische Blut- 
befund, weniger wichtig sind ihm die Art der Krankheitserreger und chemische Blut- 
befunde. Die Hysterektomie muß frühzeitig in Erwägung gezogen werden; ist es ein- 
mal zur Bacıllämie gekommen, so ist nichts mehr von der Operation zu erwarten. 
Da mit Sicherheit die Retention von Placentarresten niemals ausgeschlossen werden 
kann, andererseits nach des Verf.s Anschauung den meisten Puerperalfiebern die Re- 
tention von Placentarresten neben den infizierenden Mikroorganismen zugrunde liegt, 
so ist es nach Potvin bei Beginn eines Puerperalfiebers zunächst nötig, die Uterus- 
höhle von allfällig vorhandenen Placentarresten auf das sorgfältigste zu säubern. P. ver- 
wendet hierzu nicht die Curette, sondern ein als ‚pince a faux-germes‘ beschriebenes 
Instrument, mit dem er Verletzungen des Leukocytenwalles vollständig zu vermeiden 
glaubt. Die Desinfektion der Uterushöhle wird mit schwacher Jodtinkturlösung oder 
Terpentinölemulsion durchgeführt. Wenn sich nach der Säuberung und Desinfektion 
der Uterushöhle der Zustand der Patientin nicht bald bessert, erscheint die Indikation 
zur Hysterektomie gegeben. Die Hysterektomie mit Entfernung der Adnexe kommt 
in Betracht, wenn sich im Verlaufe eines Puerperalfiebers entzündliche Veränderungen 
an den Adnexen entwickeln und die übliche konservative Behandlung nicht bald eine 
Besserung im Befinden herbeiführt. Bei der puerperalen Peritonitis sind Incision und 
Drainage die Eingriffe der Wahl, doch muß sie frühzeitig, solange die Peritonitis noch 
lokalisiert ist, oder spätestens im Beginne der Generalisation vorgenommen werden. 
Bei der Thrombophlebitis der Beckenvenen muß die Venenligatur ausgeführt werden, 
ausnahmsweise auch die Ligatur kombiniert mit Totalexstirpation, „wenn man die 
Sicherheit hat, daß der Uterus nach der Ligatur eine Infektionsquelle bleibt‘. — Verf. 
bevorzugt im allgemeinen zur Hysterektomie beim Puerperalfieber den vaginalen Weg, 
wobei er auch die parametrane Infiltrationsanästhesie häufig verwendet. Der abdo- 


478 Pathologie des Wochenbetts. 


minelle Weg wird eingeschlagen, wenn Defekte am Collum vorliegen oder Verdacht 


auf Uterusläsion oder Mitbeteiligung der Beckenvenen begründet ist. — Über Resul- 
tate dieser außergewöhnlich radikalen Therapie des Puerperalfiebers wird in dem 
Artıkel nichts berichtet. Thaler (Wien). 


Delötrez, A.: L’hysterectomie dans l’infection puerperale aiguë. (Die Uterus-« 
exstirpation beim akuten Puerperalfieber.) Scalpel Jg. 74, Nr. 17, S. 407—412. 1921. 

Überblick über die Geschichte der Uterusexstirpation beim Puerperalfieber und 
ihrer Indikationsstellung. Der Verf. scheint den Ergebnissen der Blutuntersuchungen 
beim Puerperalfieber durch J. Potocki und R. Lacasu einigen Wert beizumessen. 
Als ein prognostisch schlimmes Symptom im Verlauf eines Puerperalfiebers wird die 
Zunahme der polvnucleären Leukocyten auf mehr als 95%, bei gleichzeitigem Schwinden 
der Eosinophilen betrachtet. Insbesondere scheint dem Verf., daß das Schwinden der 
Eosinophilen durch 2—3 Tage ein äußerst ungünstiges Symptom darstellt. Größte 
klinische Erfahrung ist jedenfalls notwendige Voraussetzung bei der so überaus ver- 
antwortungsvollen Indikationsstellung. Als Operationsweg bevorzugt der Verf., wenn 
der Uterus nicht zu groß ist, den vaginalen Weg. H. Thaler (Wien). 


L’hystöreetomie dans l’infeetion puerperale aiguë. (ÜUterusexstirpation bei 
akuter Puerperalinfe'.tion.) Journ. des praticiens Jg. 35, Nr. 47, S. 779. 1921. 


Couinaud, Paul et René Clogne: Examen chimique du sang chez quelques 
infectées puerp6rales. Sa valeur clinique dans l’etude du pronostic. (Der progno- 
stische Wert chemischer Blutuntersuchungen bei puerperalen Infektionen.) Gyn&col. et 
obstetr. Bd. 3, Nr. 4, S. 265—274. 1921. | 

Bei 13 Puerperalfieberfällen und 8 gesunden Wöchnerinnen wurde das Verhalten 
der Erythrocytensedimentation sowie das Verhalten des Blutes bzw. Blutserums hin- 
sichtlich des N-Stoffwechsels untersucht. Zur Bestimmung kamen: 1. der Blut- und 
Serumharnstoff, 2. der Reststickstoff und 3. der Stickstoffkoeffizient von Lantzen- 
berg. Die Erythrocytensedimentation zeigte bei fiebernden und nichtfiebernden 
Wöchnerinnen keine Unterschiede. Blut- und Serumharnstoffmessungen ergaben bei 
gesunden Wöchnerinnen normale Werte. Bei fiebernden Wöchnerinnen fand sich im 
allgemeinen eine Vermehrung des Blutharnstoffes entsprechend der Schwere des Krank- 
heitsbildes. Der Reststickstoff verhielt sich bei Nichtfiebernden normal, zeigte sich 
vermehrt bei Fiebernden und erreichte besonders bei sehr schweren Erkrankungen sehr 
hohe Werte. Der Lantzenbergsche Koeffizient war bei Fieberfällen oft erhöht. Der 
Ermittlung des N-Stoffwechsels beim Puerperalfieber kann demnach ein prognostischer 
Wert zugesprochen werden. Die Stickstoffretention beim Puerperalfieber ist auf 
Schädigung der Nieren- und Leberfunktion zu beziehen. H. Thaler (Wien). 


Balard, Paul: De la valeur pronostique des examens oscillomötriques dans 
les infections puerp6rales. (Über den prognostischen Wert oscillometrischer Blut- 
druckmessungen bei Puerperalfieber.) Bull. de la soc. d’obstetr, et de gynecol. de 
Parıs Jg. 10, Nr. 4, S. 261—265. 1921. 

Oscillometrische Blutdruckmessungen bei puerperalen Fiebern geben wichtige 
Anhaltspunkte für die Prognose. Handelt es sich um lokalisierte Erkrankungen, so 
ergibt die Oscillometrie selbst bei sehr hohen Fiebertemperaturen und scheinbar 
schweren Zustandsbildern normale oder fast normale Werte. Dagegen finden sich bei 
schweren septicämischen und toxämischen Zuständen sehr häufig Schwankungen im 
arteriellen Drucke, insbesondere häufig im Sinne eines Absinkens der Minimalwerte. 
Die oscillometrische Blutdruckmessung ist bei den puerperalen Fiebern wesentlich wert- 
voller für die Prognose als die Beachtung des Pulses. Die Blutdruckveränderungen 
bei schweren septischen Erkrankungen sind offenbar durch direkte toxische Beein- 
flussung der Vasomotoren bedingt. Auch hinsichtlich der Therapie erscheint dem Verf. 
die Oscillometrie nicht unwichtig, da die Anwendung von kolloiden Metallen, sobald 
einmal das Absinken des Blutdruckes eine Beeinträchtigung des Gefäßapparates an- 


Puerperale Wundinfektion. — Therapie. 479 


zeigt, kontraindiziert ist. Zur Technik der Oscillometrie wird auf V. Pachou, Journal 
Medical Francais 1919, verwiesen. Thaler (Wien). 


Oppenheimer, Kurt, Die Gewichtsverhältnisse der Neugeborenen bei fiebernden 
und nichtfiebernden Wöchnerinnen. (Dissertation: Heidelberg 1921.) 

Kleine, Hildegard, Die Prognose der Operation bei allgemeiner eitriger puerperaler 
Bauchfellentzündung. (Städt. Rudolf Virchow-Krankenh., Berlin.) (Dissertation: 
Berlin 1921.) 


Kirstein, F., Über die prognostische Bedeutung der Keimhämolyse bei Kreißenden 
und Wöchnerinnen. (Univ.-Frauenklin., Marburg a. Lahn.) (Arch. f. Gynäkol. 
Bd. 115, H. 2, S. 313—325.) 

Vgl. Referat S. 26. 


Albacht, Anton, Über die Bedeutung des Einflusses der verschiedenen vaginalen 
Untersuchungsmethoden unter der Geburt auf die Möglichkeit einer puerperalen 
Infektion. (Dissertation: Gießen 1921.) 


Lövy-Solal, Edmond: Septicömie puerp6rale et choc colloidoelasique. (Puer- 
perale Septicämie und kolloidoklasischer Schock.) Gynecol. et obstetr. Bd. 4, Nr. 1, 
S. 48—52. 1921. 

Bericht über einen Fall sehr schwerer puerperaler Streptomykose mit positivem Blut- 
befund und Ausgang in Heilung nach Provokation eines ,„kolloidoklasischen Schocks‘‘ (Widal, 
Abrami, Brissaud) durch intravenöse Injektion von 10 ccm einer 5 proz. Lösung von Witte- 
pepton. Wiederholung der Injektion nach mehreren Tagen. Temperaturabfall nach der 
ersten Injektion. Dauernde Apyrexie und normale Pulsfrequenz nach der zweiten Injektion. 
Da die Intensität der Schockwirkung nicht willkürlich abstufbar ist, soll das Verfahren nur 
ausnahmsweise, wenn alle anderen Maßnahmen versagt haben, zur Anwendung kommen. 

H. Thaler (Wien). 

Crömieu, R. et P. Gauthier: Le ramollissemeni cérébral par thrombose 

veineuse dans l'infection puerpérale. (Cerebrale Erweichungsherde infolge Venen- 


thrombose beim Puerperalfieber.) Progr. med. Jg. 48, Nr. 10, S. 101—103. 1921. 
Ausführlicher Bericht über 2 Fälle von Hemiplegie mit Ausgang in Heilung. In beiden 
Fällen wird Thrombose der cerebralen Venen auf septischer Basis als Ursache der Hemiplegie 
angenommen. Die Verff. besprechen ausführlich und übersichtlich alle bezüglich der Ent- 
wicklung einer Hemiplegie bei einer Wöchnerin gegebenen Möglichkeiten. Wichtig erscheint 
es, zwischen den Fällen mit wahrscheinlich infektiös-bakterieller Grundlage und solchen, 
die unabhängig von einer Infektion auftreten, zu unterscheiden. Wenn bei einer fiebernden 
hemiplegischen Wöchnerin eine Embolie auf Grund einer Endokarditis bei normalem Herz- 
befunde nicht angenommen werden kann, so ist Thrombose der cerebralen Venen wahrscheinlich 
Ursache der Hemiplegie. H. Thaler (Wien. 


Pery et Courbin: Abeès de I’hypophyse au cours d’une infection puerp6rale 
à staphylocoques. (Hypophyseabszeß im Verlaufe einer puerperalen Staphylokokken- 
infektion.) Bull. de la soc. d’obstetr. et de gyne&col. de Paris Jg. 10, Nr. 5, S. 345 
bis 347. 1921. 

44jährige IX-Para, 4 Tage nach Spontangeburt eines macerierten Kindes Einsetzen 
eines septischen Zustandsbildes unter cerebral-meningitischen Symptomen. Im Blute Staphylo- 
kokken. Exitus 14 Tage nach Beginn der Erkrankung. Bei der Obduktion fand sich ein die 
Sella turcica ausfüllender Absceß, der die Hypophyse zerstört hatte. Auf Grund der klinischen 
Erscheinungen mußte angenommen werden, daß der Absceß primär in der Hypophyse zur 
Entwicklung gekommen war. Die physiologische Hyperämie und Hyperfunktion der Hypo- 
physe während der Schwangerschaft dürfte die metastatische Infektion der Hypophyse be- 
günstigt haben. Thaler (Wien). 

Polak, John Osborn: Pathology of common puerperal lesions. Americ. journ. 
of obstetr. a. gynecol. Bd. 1, Nr. 6, S. 547—559. 1921. 

In den Vereinigten Staaten sterben jährlich ungefähr 20 000 Frauen im Wochenbette. 
Ungefähr 4326 dieser Todesfälle sind durch puerperale Infektion bedingt. Eine der Ursachen 
der hohen Mortalität ist die mangelhafte Kenntnis der Pathologie der einzelnen Lokalisationen 
des Puerperalfiebers seitens der behandelnden Arzte. Dieser Umstand veranlaßt den Autor 
zu seinen Ausführungen. Sie enthalten eine hinsichtlich Klarheit und Richtigkeit geradezu 
mustergültige Besprechung der Zusammenhänge zwischen Anatomie, Pathogenese und Klinik 
der wichtigen Lokalisationen des Puerperalfiebers. Die Therapie hat genau auf die pathologisch- 
anatomischen Eigentümlichkeiten der jeweiligen Lokalisation des Prozesses Rücksicht zu 
nehmen. An therapeutischen Maßnahmen kommen in Betracht: 1. Sicherung des Sekret- 
abflusses und Beförderung der Kontraktionsfähigkeit des Uterusmuskels bei der puerperalen 


480 Pathologie des Wochenbetts. 


Endomcetritis; 2. Unterstützung der Widerstandskraft des erkrankten Organismus, wobei auch 
die Transfusion Erwähnung findet; 3. spezifische Therapie bei Septicämie; 4. chirurgische Ein- 
griffe bei Abscedierungen, Thrombosen der Beckenvenen und Peritonitis. H. Thaler (Wien). 

Audebert et Claverie: Infection puerperale à forme cyclique et prolongée guérie 
par un abcès de fixation. (Cyclische, langdauernde Puerperalinfektion. Heilung 
durch Lokalisation.) Bull. de la soc. d’obstetr. et de gynecol. de Paris Jg. 10, Nr. 8, 
S. 759—762. 1921. 


2. Andere Erkrankungen im Wochenbett (Brust), akute Infektionskrank- 
heiten usw. 


Vital Aza: Nicht septische Störungen des Puerperiums. Arch. de ginecopat., 
obstetr. y pediatr. Jg. 34, Nr. 9, S. 355—362. 1921. (Spanisch.) 

Verf. spricht ausführlich über die Prophylaxe der puerperalen Infektion. Tritt trotz 
peinlichster Asepsis Fieber nach der Geburt auf, dann ist die Möglichkeit einer extragenitalen 
Erkrankung in Erwägung zu ziehen. Von diesen extragenitalen Injektionen bespricht Verf. 
nur die intestinalen Störungen und die Mastitis. Auch das ,Eintagsfieber“ rechnet Verf. 
zu den extragenitalen Erkrankungen, allerdings versteht er darunter die passageren Fieber- 
steigerungen, die beim ersten Aufstehen der Wöchnerinnen am 7. oder 8. Tage zuweilen auf- 
treten. Nürnberger (Hamburg). 

Pouliot, Leon: Les hyperthermies d’origine extra-utérine chez les accouchees. 
(Die Temperatursteigerungen extrauterinen Ursprungs bei Wöchnerinnen.) Journ. 
de med. de Paris Jg. 40, Nr. 20, S. 369—371. 1921. 

Bei geringen und kurzdauernden Temperatursteigerungen im Wochenbett liegt 
die Gefahr nahe, daß man ein leichtes Puerperalfieber übersieht oder fälschlicherweise 
die Diagnose auf Puerperalfieber stellt. Bevor man bei Temperatursteigerungen einen 
intrauterinen Eingriff (Curettage, digitale Reinigung, intrauterine Injektion) vornimmt, 
müssen alle extrauterinen Ursachen ausgeschaltet werden; denn nicht allein der Uterus 
und seine Adnexe, sondern auch die Vulva und die Vagina sind der Sitz häufiger Infek- 
tionen. Neben den größeren Verletzungen gibt es hier eine ganze Reihe kleinerer, die 
zu Temperatursteigerungen führen. Es genügt schon die mangelhafte Oberflächen- 
reinigung oder die ungenügende Blutstillung bei Dammnähten, um ein prognostisch 
unbedeutendes Fieber hervorzurufen. Bei schlecht vernähten Dammrissen entstehen 
Buchten, in denen Uterus- und Vaginalsekret stagniert und so durch Resorption zu 
Temperatursteigerung führen können. Verf. weist außerdem auf das Auftreten zweier 
symmetrischer, oberflächlicher Schleimhautverletzungen an der Innenseite der kleinen 
Labien hin, die man immer bei Erstgebärenden, häufig aber auch bei Mehrgebärenden 
noch beobachten kann. Sie verlaufen stets parallel zu den schrägen Durchmessern 
des Beckens vorne unterhalb der Schambeinäste. Meist sind sie ungleich groß und 
ungleich tief. Die größere Verletzung entspricht bei Schädellagen stets dem Hinterhaupt. 
Oft finden sich auch Verletzungen des vorderen Winkels des Vestibulums oder seitliche 
Vaginalwunden bei völlig intaktem Damm. Alle diese Schleimhautläsionen begünstigen 
die Infektion und führen dann zu leichteren Temperatursteigerungen nicht über 38° 
und zu einer relativen Pulsbeschleunigung. Was die Therapie betrifft, so muß bei 
genähten Dammrissen wegen der Gefahr der Septicämie sofort die Naht eröffnet 
werden; beiden erwähnten Vaginalwunden besteht die Gefahr des Hochwanderns der 
Keime in den Uterus. Alle Wunden sind deshalb sorgsam zu behandeln. Besser als 
die gewöhnliche Jodtinktur wird von den Kranken wegen ihrer schmerzlindernden 
Wirkung eine Zusammensetzung von frischbereiteter Jodtinktur und Chloroform 
(aa 5,0) ertragen. Die Lösung ist am 1. Tage 2 mal, am 2. und 3. Tage je einmal und 
dann jeden 2. Tag aufzutragen. Ist die Wunde trocken, empfiehlt sich Aufstreuen 
von Zinkoxyd. Bei hohen Vaginalwunden wird empfohlen, Dochte einzuführen, die 
mit einer flüssigen Kultur von Milchsäurebakterien ohne sonstige antiseptische Mittel 
getränkt sind. Zur Vermeidung der beschriebenen Verletzungen am Introitus empfiehlt 
es sich, den Kopf unter der Geburt möglichst langsam durchtreten zu lassen und mit 
Vaginalspülungen während der Geburt keinen Mißbrauch zu treiben, da sie die natür- 


Andere Erkrankungen im Wochenbett (Brust), akute Infektionskrankheiten usw. 481 


liche Schlüpfrigkeit der Schleimhaut beeinflussen. Eine weitere Ursache für geringe 
Temperatursteigerungen im Wochenbett bilden leichtere Formen von Brustentzün- 
dungen. Äußerlich ist meist nur eine leichte Rötung, geringer Druckschmerz und viel- 
leicht noch eine kleine Schrunde an der Warze festzustellen. Schwieriger ist die Fest- 
stellung einer zentralen Entzündung der Brustdrüse. Nach sorgfältiger Untersuchung 
der Brust entdeckt man meist nur eine schmerzhafte Schwellung eines Drüsenläppchens. 
Die Entzündung der Milchausführungsgänge wird durch Ausdrücken der Brust fest- 
gestellt, wobei sich ein Tropfen grünlichen Eiters ergießt. Brustabscesse und Intexi- 
kationen des Kindes, die sich in Durchfällen und Erbrechen äußern, sind die beiden 
Gefahren, die vermieden werden müssen. Das geschieht durch eine peinliche Behand- 
lung auch der kleinsten Verletzungen der Brustwarze. (Bedecken der Warze mit Gaze, 
die mit Tinct. benzoes, 60 proz. Alkohol und Glycerin aa 20,0 getränkt ist.) Schrunden 
sollen mit 5 proz. Aristolsalbe oder durch Betupfen mit Arg. nitric. behandelt werden. 
Größere Entzündungsherde werden besser mit feuchtwarmen Umschlägen oder mit 
Antiphlogirtin behandelt. Läßt sich bei einer fiebernden Wöchnerin durch genaue 
Untersuchung der Genitalorgane und der Brüste die Temperatursteigerung nicht ge- 
nügend ergründen, so muß eine genaue Untersuchung aller übrigen Körperorgane folgen. 
Besondere Aufmerksamkeit verlangt dabei der Darmkanal (Obstipation, partielle 
Koprostase mit Meteorismus). Ölige, salinische oder drastische Abführmittel vermeidet 
man zweckmäßig bei stillenden Müttern; besser sind mechanische Mittel, die durch 
Einläufe unterstützt werden können. Bei Darminfektionen verwende man Kalomel in 
kleinen Dosen oder besser Milchsäurebakterientherapie (bei leichteren Formen trockene 
Kultur, bei schwereren Formen flüssige Kulturen). Blasenentzündungen verursachen 
meist keine Temperatursteigerung; dagegen sind Nierenbeckenentzündungen nicht 
selten, die mit Temperaturerhöhung einhergehen. Druckempfindlichkeit des unteren 
Nierenpols läßt oft auf eine Nierenbeckenentzündung oder eine beginnende Pyelonephri- 
tis schließen. Die Urinuntersuchung ergibt dabei eine Polyurie, reichliche Leukocyten, 
zahlreiche Bakterien, häufig Colibacillen. Die Prophylaxe und die Behandlung hat 
sich dabei besonders auf die oben beschriebene Darmdesinfektion zu erstrecken. Die 
Diätvorschriften lauten: Milch, Gemüse, harntreibende Getränke (Kirschstiele, Quecke, 
Mauerkraut usw., ferner Mineralwässer von Evian und besonders La Roche-Posay, 
während die Wässer der Lithiumgruppe (Vittel, Contretteville, Martigny) oft für den 
Magen nicht bekömmlich sind. Ammenbier ist zu vermeiden. Von Medikamenten 
wird das französische Urotropin (3—4 mal täglich 0,3) in Tee empfohlen. Balsamische 
Mittel und Salol, die in die Milch übergehen oder ihr einen unangenehmen Geschmack 
bereiten, sind nicht zu empfehlen. Sollte die Temperatursteigerung durch die Unter- 
suchung noch nicht erklärt sein, so muß schließlich noch auf Drüsenschwellungen, 
frühere Krankheiten und Hautinfektionen (Furunkel, Folliculitis) gefahndet werden, 
die sich besonders in der Kreuzbein-Lendengegend infolge der leichten Maceration 
der Haut dort lokalisieren. Hier ist sorgfältigste Behandlung jedes einzelnen Furunkels 
mit rotem Kautschukpflaster (Vidal) am Platze. Zur Bekämpfung der Hautmaceration 
muß jede Gummiunterlage aus dem Bett der Wöchnerin verschwinden. Bei weiterer 
Ausbreitung der Furunkel werden Staphylokokkenimpfungen empfohlen. Borell. 

Feletti, C.: Sulla flora batterica nella mammella sana e nella mastite. (Über 
die Bakterienflora in der gesunden Mamma und bei Mastitis.) (Clin. ostetr.-ginecol., 
istit. di studi sup., Firenze.) Rass. d’ostetr. e ginecol. Jg. 30, Nr. 10/12, S. 241 
bis 266. 1921. 

Verf. hat bei 26 gesunden Frauen in den 2 letzten Schwangerschaftsmonaten 
im Wochenbett und auch in 4 Fällen von Mastitis das Colostrum bzw. die Milch und 
den Eiter nach eingehender Desinfektion mittels Applikation von Alkoholumschlägen 
durch 12, Waschungen mit Jodalkohol und Hydrogenium, mikroskopisch und kulturell 
untersucht und in allen Fällen ausnahmslos bei 2 maliger Untersuchung mit Intervall 
von 1/,®, Staphylokokken, und zwar vor allem den Staphylococcus pyog. albus nach- 


Jahresbericht f. d. ges. Gynäkologie 1921. 31 


482 Pathologie des Wochenbetts. 


gewiesen mit positivem Tierversuch in 25 Fällen. Streptokokken hat er nie gefunden. 
Verf. gibt die Möglichkeit des Vorhandenseins der Keime auch in früheren Schwanger- 
schaftsmonaten zu, konnte aber vorher kein Colostrum erhalten und weist darauf 
hin, daß die Keime trotz der üblichen Desinfektion in der Tiefe der Milchgänge persi- 
stieren, auch nach Ausspülung durch die erste Milchsekretion, und für sich eine Infek- 
tion bedingen können, wodurch aber die Möglichkeit der Einwanderung anderer patho- 
gener Keime nicht benommen ist. Kolisch (Wien). 
‘ Dorman, Franklin A. and James K. Mossman: Puerperal mastitis. (Mastitis 
im Wochenbett.) Journ. of the Americ. med. assoc. Bd. 77, Nr. 7, 8. 509—512. 1921. 
Unter 2000 Wochenbettsfällen waren 14%, Mastitiden, von denen 0,49, zur Eite- 
rung kamen. Je früher eine Mastitis erkannt und behandelt wird, desto aussichtsreicher 
ist die Heilung ohne Operation. Allgemein anerkannt ist sofortiges festes Hochbinden 
der Brust und Einschränken der Flüssigkeitszufuhr. Die meisten Autoren legen im 
Anfange Eisblase auf. Strittig ist das Entleeren der Brust durch Massage, Auspumpen 
oder Nähren. Ist die Abscedierung sicher, so wird breit incidiert und durchdrainiert 
mit Gummidrains. Nachher Durchspülen mit Dakinlösung. Samuel. 


Krecke, A.: Über die Behandlung der puerperalen Mastitis. Münch. med. 
Wochenschr. Jg. 68, Nr. 20, S. 617—618. 1921. 


Lang, Ernst: Zur Frage des ursächlichen Zusammenhanges zwischen Con- 
junctivitis neonatorum und Mastitis puerperarum. (Brandenburg. Hebammenlehranst. 
u. Frauenklin., Berlin-Neukölln.) Zentralbl. f. Gynäkol. Jg. 45, Nr. 21, S. 750 
bis 760. 1921. 

Lang kommt an der Hand seines Materials zu dem Schluß, daß eine erhebliche 
Zunahme der Conjunctivitis neonatorum, nicht aber der Mastitis bei Wöchnerinnen 
nachweisbar ist. Es besteht kein ätiologischer Zusammenhang zwischen beiden Er- 
krankungen. Infektion der säugenden Brust durch eitrigen Augenkatarrh des Säug- 
lings ist denkbar, aber nur in seltenen Fällen nachgewiesen. Diese seltenen Fälle 
lassen es nicht berechtigt erscheinen, von der Augeneiterung der Neugeborenen als 
der wichtigsten Ursache der Mastitis der Stillenden zu sprechen. Mithin sind auch 
die von Feilchenfeld zum Schutz der mütterlichen Brust verlangten Maßnahmen 
nicht erforderlich. Walther Hannes (Breslau). 

Mathes, P.: Eine typische Form der Brustentzündung im Wochenbett. (Unit.- 
Frauenklin., Innsbruck.) Münch. med. Wochenschr. Jg. 68, Nr. 1, S. 15. 1921. 

Eine „von Erysipel in Form und Verlauf ganz verschiedene“ Erkrankung der Brust in den 
ersten 14 Tagen des Wochenbettes, plötzlich auftretend, mit geringen Schmerzen, mit hohem 
Fieber, oft mit Schüttelfrost einsetzend. Die Haut in Form eines Sektors düster rot, an der 
Spitze eine mit Borken bedeckte Rhagade, in 2—3 Tagen ablaufend, nie eine echte Mastitis 
nach sich ziehend. v. Schubert (Berlin). 

Gutzeit, Richard: Eine typische Form der Brustentzündung im Wochenbett. 
(Zur Arbeit von P. Mathes in Nr. 1, 1921, dies. Wochenschr.) Münch. med. 
Wochenschr. Jg. 68, Nr. 5, S. 144. 1921. 

Rating, Johannes: Über zwei Fälle von puerperalem Mammaerysipel. (Univ.- 
Frauenklin., Marburg a. d. Lahn.) Monatsschr. f. Geburtsh. u. Gynäkol. Bd. 55, H. 2,3, 
S. 129—132. 1921. 

Smead, Lewis F.: Thrombophlebitis during the puerperium following influenza, 
with a report of cases. (Über Thrombophlebitis im Wochenbette nach Grippe, an 
Hand von 3 Fällen.) Americ. journ. of obstetr. a. gynecol. Bd. 1, Nr. 5, S. 447 
bis 453. 1921. 

Seitdem Trendelenburg im Jahre 1902 zum ersten Male über eine erfolgreiche 
Ligatur der Beckenvenen bei Thrombophlebitis berichtete, sind viele Arbeiten er- 
schienen, um die Diagnose zu sichern, die Indikation zur Operation abzugrenzen und 
durch Vergleich der operativen und nichtoperativen Erfolge die Frage einer eventuellen 
Operation zu begründen. Während der Schüttelfröste ist es ohne Bedeutung für die 


Andere Erkrankungen im Wochenbett (Brust), akute Infektionskrankheiten usw. 483 


Prognose, ob einmal Keime im Blute gefunden werden, das andere Mal nicht; indes 
ist der stete Nachweis von Keimen im Schüttelfrost ein prognostisch ungünstiges 
Zeichen. Indem er die Schwierigkeiten der Diagnosenstellung erörtert, kommt er zum 
Schluß, daß die Mehrheit der Fälle beim Nichtoperieren eine bessere Prognose geben, 
und führt zum Beweise 3 Fällean. Hiervon war seiner Ansicht nach 2 mal eine Thrombo- 
phlebitis der rechten Ovarialvene vorliegend und einmal eine Thrombophlebitis der 
linken Vena uterina. Samuel (Köln a. Rh). 


Piccaluga, Nino: A proposito di una grave complicanza di varici in puerperio. 
(Über eine schwere Komplikation der Varicen im Wochenbett.) (Istit. ostetr.-ginecol. 
di perlezion., Milano.) Arte ostetr. Jg. 35, Nr. 4, S. 33—46. 1921. 

IV.-Gebärende. Placenta praevia. Schon in den ersten Wochenbettagen zeigen sich im 
Verlauf der reichlich entwickelten Varicen der rechten unteren Extremität entzündliche, 
harte, schmerzhafte Knoten. Keine wesentliche Temperatursteigerung. Unter der üblichen 
Therapie gehen die Erscheinungen völlig zurück. Beim ersten Aufstehen Ohnmacht, 
Cyanose, Kurzatmigkeit. Lungeninfarkt im rechten Unterlappen. Die Erscheinungen der 
Embolie treten einige Tage später nach geringen Bewegungen im Bette neuerdings auf. 
Infarkt im rechten Mittellappen. Nach einem Monat Heilung. — Es werden kurz die derzeitigen 
Erklärungstheorien für die Entstehung der Varicen besprochen, die klinischen Erscheinungen 
der Phlebitis, Thrombose und Embolie, ohne Neues zu bringen. Embolie ist die schwerste 
und gefährlichste Komplikation. Die Therapie soll vor allem in einer zielbewußten Prophylaxe 
bestehen. Santner (Graz). 

Behne, Kurt: Über eine seltenere Form’ von Puerperalerkrankung. (Oberrhein. 
Ges. f. Geburtsh. u. (ynäkol., Freiburg %. Br., Süzg. v. 22. V. 1921 u. Bad Kreuznach, 
Sitzg. v. 26. VI. 1921.) Zentralbl. f. Gynäkol. Jg. 45, Nr. 36, S. 1297. 1921. 

Bericht über einen Fall von Extremitätengangrän im Anschluß an eine Spontangeburt. 
Plötzlicher Tod 17 Tage nach Amputation des rechten Oberschenkels. Als Ursache der Gangrän 
fand sich ein Embolus in der rechten A. tibialis, ausgehend von einer Thromboendocarditis 
recurrens. H. Thaler (Wien). 

Vignes, Henri: Le phlegmon juxta-utérin dans les suites de couches. (Para- 
metrane Phlegmone im Wochenbett.) Journ. des praticiens Jg. 35, Nr. 46, S. 761 
bis 764. 1921., 


Cummings, Howard H.: Bacillus coli infection during pregnancy and the 
puerperium. (Coliinfektion während der Schwangerschaft und während des Wochen- 
bettes.) Journ. of the Michigan state med. soc. Bd. 20, Nr. 12, S. 497—502. 1921. 

Mitteilung einiger Fälle von Colipyelitis während der Schwangerschaft und während 
des Wochenbettes. Klinik und Differentialdiagnose derselben; hervorzuheben besonders 
ihre leichte Verwechslungsmöglichkeit mit Appendicitis und Cholecystitis. Während 
in diesem Teil der Arbeit nichts Neues gebracht wird, verdient ein therapeutischer Vor- 
schlag, welcher sich in den mitgeteilten Fällen bewährt hat, Beachtung. Bei der Ent- 
stehung der Pyelitis wird der Kompression des Harnleiters, welche eine Harnstauung 
bewirkt und hierdurch einer Infektion Vorschub leistet, große Bedeutung beigemessen. 
Hierbei ist es die schwangere Gebärmutter, welche zur Kompression des Harnleiters 
Anlaß gibt. Um diese zu beheben, wird die Patientin auf einige Tage in Beckenhoch- 
lagerung gebracht, was sich durch Unterschieben einer Polsterrrolle unter das Gesäß 
leicht bewerkstelligen läßt. Die schwangere Gebärmutter gleitet hierdurch aus dem 
Lleinen Becken heraus, und es erfolgt eine Entlastung des komprimierten Harnleiters, 
wodurch die Abflußmöglichkeiten für den Harn gebessert werden. Das gleiche wird 
durch die Knieellbogenlage angestrebt, welche nach Besserung des Allgemeinbefindens 
zwei- bis mehrmals täglich durch 5 Minuten eingenommen werden soll. In den an- 
geführten Fällen (3) war der Erfolg ein überraschender. Hiess (Wien). 


Kayser, Konrad: Kohabitationsverletzung des hinteren Scheidengewölbes im 
Puerperium. (ZLandesfrauenklin., Magdeburg.) Monatsschr. f. Geburtsh. u Gynäkol. 


Bd. 54, H. 1, S. 13—19. 1921. 


Schilderung zweier gleichartiger Fälle von Verletzung des hinteren Scheidengewölbes 
mit stärkerer Blutung. Es handelte sich um reine Coitusverletzungen bei zwei Frauen, die 


31* 


484 Pathologie des Foetus und Neugeborenen. 


mehrere Monate vorher entbunden hatten, bei denen aber offenbar eine gewisse Gewebsauf- 
lockerung und Verletzbarkeit zurückgeblieben war. Bei beiden handelte es sich um einen 
Coitus nach längerer Abstinenz. Geppert (Hamburg). 

Petersen, L. Severin: Gefährliche Nachblutung aus der Scheide am 10. Tag 
des Wochenbetts. Med. review Jg. 38, Nr. 3, S. 109—112. 1921. (Norwegisch.) 


Keller, R.: Mötatases puerperales avec localisation dans le tissus sous-cutane. 
(Puerperalmetastasen im subcutanen Bindegewebe.) (Soc. d’obstetr. et de gynécol., Stras- 
bourg. 5. II. 1921.) Bull. de la soc. d’obstetr. et de gynecol. de Paris Jg. 10, Nr. 2, S. 53 
bis 55. 1921. 


Luttringer, P.: Un cas de metastase puerperale dans l’eil. (Ein Fall von 
Puerperalmetastase im Auge.) (Soc. d’obstetr. et de gynecol., Strasbourg, 5. II. 1921.) 
Bull. de la soc. d’obstetr. et de gynecol. de Paris Jg. 10, Nr. 2, S. 50—51. 1921. 


Clementsen, Hermann, Beitrag zur Klinik und Symptomatologie der Puerperal- 
psychosen. (Psychiatr. u. Nervenklin., Univ. Kiel.) (Dissertation: Kiel 1921.) 


VIII. Pathologie des Foetus und Neugeborenen. 
1. Mißbildungen. 


Gräper, Ludwig: Die anatomischen Veränderungen kurz nach der Geburt. 
IH. Ductus Botalli. Zeitschr. f. d. ges. Anat. Abt. I: Zeitschr. f. Anat. u. Ent- 
wicklungsgesch. Bd. 61, H. 3/4, S. 312—329. 1921. 

Als Varietäten des Ductus Botalli kommen unregelmäßige, schlitzförmige, von 
wulstigen Lippen umrahmte Öffnungen oder völliges Fehlen (weite Kommunikation 
zwischen Pulmonalis und Aorta) vor. Die Wandung ist dicker als jene der Pulmo- 
nalis und von flachen, längs gerichteten, polsterartigen, dicht stehenden Erhabenheiten 
besetzt, welche aus kollagenem und elastischem Gewebe bestehen. Locker und unregel- 
mäßig gebaute Media, deren Gehalt an elastischen Fasern sehr variiert. Die Adventitia 
reich an Vasa vasorum. Voll ausgetragene Kinder haben mächtigere Polster als 
früh geborene. Die Ventil- und Ansaugetheorie wird durch Irrigationsversuche wider- 
legt. Die Hebung und Verschiebung der Herzspitze, die Achsendrehung des Herzens 
bestätigt. Die Obliteration erfolgt nicht durch Bindegewebswucherungen, sondern 
analog den Nabelarterien durch Kontraktion und Zusammenschiebung der glatten 
Muskulatur infolge des postnatalen Kältehautreizes (Verblutung neugeborener Tiere 
im warmen Bad). Sehr häufig kommen Blutungen aus dem Vasao vasorum und durch 
Intimazerreißung vor. Die Verengung erfolgt nicht durch Bindegewebswucherung 
der Intima, sondern durch Kontraktion der Muskulatur. In der zweiten Woche setzt 
eine ischämische Degeneration der Muskulatur ein; die Elastika erhält sich länger. 
Die vollständige Obliteration erfolgt gegen die Mitte des ersten Lebensjahres. Greik 


Skála, J.: Ductus Botalli apertus. Časopis lékařův českých Jg. 60, Nr. 52, S. 866 
bis 780. 1921. (Tschechisch.) 


Falk, E.: Über die kausale Genese embryonaler Mißbildungen. (Ges. f. Ge- 
burtsh. u. Gynäkol., Berlin, Sitzg. v. 12. XI. 1920.) Zeitschr. f. Geburtsh. u. Gynäkol. 
Bd. 84, H. 2, S. 532—542. 1921. 

Den primären germinal durch Anomalien der Keimzellen bedingten Mißbildungen 
werden die sekundär angeborenen, aus normalen Keimzellen sich entwickelnden Mib- 
bildungen gegenübergestellt. Ein großer Teil der Mißbildungen, welche nach dem 
klinischen Befunde durch mechanische intrauterine Schädigung entstanden zu sein 
scheint, kommt durch Keimesschädigung oder Störung der ersten Entwicklung (Wachs- 
tumsenergie und -richtung) zustande. Röntgen- und Alkoholschädigungen werden als 
exogene Faktoren den erblich übertragenen endogenen Schädigungen (Minderwertig- 
keit des Keimplasmas, abnorme Chromosomenverteilung) gegenübergestellt. Che- 
mische und thermische Schädigungen normaler Keimzellen vor oder nach der Be- 
fruchtung, sowie Ernährungsanomalien durch ektopische (Tubar-)Schwangerschaft 


Mißbildungen. 485 


stören die erste Entwicklung. Eine andere Gruppe umfaßt die intrauterine Belastung 
und Amniosanomalien, Störungen durch exogene mechanische Beeinflussung. Diese 
Fälle zeigen entweder Stehenbleiben auf früherer Entwicklungsstufe (Störung der 
Wachstumsenergie) oder Störung der Wachstumsrichtung. Die Entwicklungsstörung 
durch grob mechanische Beeinflussung werden entschieden überschätzt. Ein großer 
Teil der Fälle sind auf früheste erste Entwicklungshemmungen zurückzuführen. Als 
Beispiel wird eine Phokomele, sowie eine Symphysenspalte mit schweren inneren Miß- 
bildungen bei einem 25jährigen Mädchen angeführt, bei welchem im bekleideten Zu- 
stande nichts wahrzunehmen war. Der Nabel fehlt an normaler Stelle, die Recti diver- 
gieren gegen das Becken, im Bereiche der Pubes zeigt ein von dünner Haut bedeckter 
Bauchbruch die Eintrittsstelle der Nabelgefäße an. Der Introitus vaginae ist ventral 
verlagert, Vagina und Rectum sind !/, cm entfernt, Uterus im Corpusgebiete doppelt. 
Das Kreuzbein rechts konkav skoliotisch. Greil (Innsbruck). 

Zschocke, 0.: Über die Scheinverkrümmung der unteren Gliedmaßen des Neu- 
geborenen. (Univ. - Kinderklin., Köln.) Jahrb. f. Kinderheilk. Bd. 96, 3. Folge: 
Bd. 46, H. 1/2, S. 32—36. 1921. 

Als Ursache hat man früher kongenitale Rachitis angenommen, neuerdings Druck 
wirkung der Uteruswand beschuldigt. Gegen diesen Erklärungsversuch sprechen zwei 
Tatsachen, einmal, daß die Verkrümmung sich auch bei jungen von reichlichem Frucht- 
wasser umgebenen Föten findet, zweitens daß die Verkrümmung der Tibia des über- 
geschlagenen Beines die gleiche ist wie bei der des untergeschlagenen, während hier die 
Druckwirkung in entgegengesetzter Richtung wirken müßte. In Wirklichkeit besteht 
gar keine Verkrümmung der Tibia mit der Konkavität nach einwärts, wie das von 
Haut und Muskulatur entkleidete Knochenpräparat zeigt. Daß die Tibia trotzdem in 
diesem Sinne verkrümmt erscheint, ist durch die im Verhältnis zur Schmalheit der 
Diaphyse bedeutende Dicke der Gelenkenden zu erklären, durch die Retroflexion des 
Tibiakopfes, durch die Auswärtskreiselung des Unterschenkels bei gleichzeitiger Ad- 
duction und durch den Einfluß der Gesamthaltung des Beines. Daß das Bein mit der 
Konkavität nach innen verkrümmt erscheint, beruht auf der Eigentümlichkeit der 
Haltung in den verschiedenen Gelenken. Diese eigentümliche Haltung ist die Wirkung 
der gleichen Kraft, welche dem Embryo seine starke Kopf- und Schwanzkrümmung 
verleiht, die gestaltgebende Kraft der Urform des Eis. Auch phylogenetisch weit zurück- 
liegende Kräfte spielen dabei eine Rolle. So betrachtet Klaatsch die Haltung des 
Neugeborenen mit der Gegeneinanderwendung der Fußsohlen als die eines Kletter- 
tieres. Stettiner (Berlin)., 

Stockard, Charles R.: Developmental rate and structural expression: An ex- 
perimental study of twins, „double monsters“ and single deformities, and the inter- 
action among embryonic organs during their origin and development. (Entwicklungs- 
tempo und strukturelle Ausprägung: Eine experimentelle Untersuchung über Zwillinge, 
‚„Doppelmißbildungen“ und einfache Mißbildungen, und über die Wechselwirkung 
zwischen den embryonalen Organen während ihres Ursprungs und ihrer Entwicklung.) 
Americ. journ. of anat. Bd. 28, Nr. 2, S. 115—277. 1921. 

Versuche an Fischeiern (namentlich Fundulus heteroclitus und Forelle) lehren, 
daß Mißbildungen überhaupt, speziell aber auch Doppelmißbildungen, sowie Zwillings- 
bildungen die Folge von vorübergehender Verzögerung oder Unterbrechung der embryo- 
nalen Entwicklung sind, sei es, daß diese durch Temperaturerniedrigung oder durch 
mangelhafte Sauerstoffzufuhr hervorgebracht werden. Aber die Art der entstehenden 
Mißbildung bzw. Doppelbildung ist dabei streng abhängig von dem Stadium der 
Embryonalentwicklung, in welchem die Unterbrechung gesetzt wird: dasjenige Organ 
wird mißbildet, das zur Zeit der Entwicklungsunterbrechung gerade im Stadium der 
mit lebhafter lokaler Zellproliferation einhergehenden ersten Anlage (Ausstülpung usw.) 
begriffen ist. Was speziell die Doppelbildungen anlangt, so entstehen sie durch vorüber- 
gehende Entwiceklungsunterbrechung des Embryos kurz vor der Gastrulation (Blasto- 


486 <- Pathologie des Foetus und Neugeborenen. 


porusbildung). Es wächst dadurch die Neigung des Blastoderms zur Bildung mehrerer 
benachbarter Knospen (Blastopori), und es wird die normale Fähigkeit einer einzelnen 
solchen Knospe, die Entwicklung benachbarter zu unterdrücken, herabgesetzt. Je 
nach dem Winkelabstand, der zwischen den zwei Nachbarknospen besteht, kommt es 
zur bloßen Verdopplung der Köpfe oder zur Doppeltheit auch von Rumpfanteilen, 
endlich (bei 180° Abstand) zur Bildung vollständiger (eineiiger) Zwillinge. Bei den 
Doppelmißbildungen ist oft der eine Partner unterentwickelt (die genannte Unter- 
drückungstendenz hat wenigstens teilweise sich durchgesetzt), dann oft auch stark 
mißbildet, und diese Unterentwicklung kann bis zur Reduktion zu einem unbedeutenden 
Anhang des Hauptpartners führen, bei eventueller späterer Aufnahme ın dessen Körper- 
inneres zur Teratombildung (ob diese Annahme auch zur Erklärung der Teratome der 
Zirbeldrüse in Frage kommt? Ref.). Ähnlich, wie zwischen den Komponenten einer 
Doppelmißbildung, besteht auch bei der Entwicklung des einzelnen Organs eine Art 
Wettbewerb zwischen den einzelnen ‚Anlagen‘, die, aus der ursprünglich einfachen 
Organanlage als „Knospen“ hervorsprossend, dessen Teile hervorgehen lassen. Daher 
können z. B. durch vorübergehende Entwicklungsunterbrechung in bestimmtem Sta- 
dium die einzelnen primitiven Hirnbläschen an ihrer Bildung gehindert werden, bei 
völliger Unterdrückung ihrer Bildung entsteht ein einfach tubuläres Hirnende. Hiermit 
dürften die für diese Zeitschrift wichtigsten Gesichtspunkte der außerordentlich inter- 
essanten Arbeit angedeutet sein. Lotmar (Bern). °° 

Lau, H.: Mißbildungen und Hydramnion. (Univ.-Frauenklin., Freiburg i. Br.) 
Zentralbl. f. Gynäkol. Jg. 45, Nr. 26, S. 923—928. 1921. 

Referent glaubt den fatalen Druckfehler, der bei der Erörterung der zirkulatorischen 
Hydramniongenese stehengeblieben ist, nicht überlesen zu dürfen. Dort wird eine 
Entstehungsmöglichkeit in der „Obliteration der Nabelvenen‘‘ gesehen. Im Zusammen- 
halt damit wird nämlich auch die Vorstellung von dem ‚verhinderten venösen Rück- 
fluß“ unklar. Wenn man auch bei den aufgezählten organischen Veränderungen, 
falls sie in entsprechender Stärke ausgebildet sind, eine Rückstauung in die Nabel- 
vene und damit eine Transsudation vor allem im Bereich der Nabelschnur wird an- 
nehmen müssen, so hat der fötale Organismus im Ductus venosus Ar. und im Foramen 
ovale zwei Ausweichmöglichkeiten für die Blutmasse, so daB der Durchfluß durch 
den fötalen Körper — wenn man also will, „der Rückfluß des venösen Blutes‘ durch 
die Nabelarterien — auf keinen Fall ganz verhindert, sondern höchstens behindert 
sein kann. Die anderen Möglichkeiten für die Entstehung eines Hydramnion werden 
nur kurz gestreift und sodann wird auf den Gedanken Cramers erneut hingewiesen, 
der auf die Bedeutung des Wegfalls einer Wasserrückresorption im Darmkanal bei 
bestimmten Mißbildungen aufmerksam machte. Eine aus diesem Grund vermehrte 
Fruchtwassermenge wäre also zu erwarten bei Atresie der Speisewege oder bei Nicht- 
funktionieren des Schluckaktes, sei es, daß der 'muskuläre Apparat: versagt, sei es, 
daß die nervöse Leitung defekt ist. Verf. bringt aus der Literatur und aus dem Material 
der Freiburger Klinik einschlägige Fälle. In der Literatur findet er mit einer Ausnahme 
bei den in Betracht kommenden Fällen tatsächlich regelmäßig Hydramnion ange- 
geben. Auch die Fälle der Klinik bestätigen das gleichzeitige Vorhandensein von 
Hydramnion bei Anencephalen (5 Fälle) und Akraniern (1 Fall); ein Hydrocephalus 
ist auch darunter, gegenüber 11 Hydrocephalen ohne Hydramnion. Der mitaufgezählte 
Thoracopagus fällt wohl aus diesem Ideenkreis heraus und gehört eher zur zirkulatori- 
schen Genese. Der eine Fall von Anencephalus, kombiniert mit Rachisschissis, ist 
wie der seinerzeitige Fall Cramers auf das Fehlen von Fruchtwasserbestandteilen 
im Mekonium kontrolliert. Diese exakte Kontrolle der Schlingfunktion erspart uns 
die mühsame und oft schwer zu interpretierende anatomische Untersuchung der in 
Betracht kommenden Zentralganglien, da aus der effektiven Leistung der Schluß 
auf das Intaktsein des Reflexbogens sowohl wie des motorischen Apparates zwingend 


ist. Dyroff (Erlangen). 


Mißbildungen. 487 


Rumpel, Alfred: Über identische Mißbildungen, besonders Hypospadie, bei 
eineiigen Zwillingen, über die Entstehung und morphologische Bedeutung des 
Frenulum praeputi, zugleich ein Beitrag zur Frage nach der ersten Entstehung 
und dem Wiederverschwinden erblicher Mißbildungen. (Chirurg. Univ.-Klin., 
Leipzig.) Frankf. Zeitschr. f. Patho!. Bd. 25, H. 1, S. 53—96. 1921. 

21/ Jahre alte Zwillingsbrüder, körperlich und geistig gesund, weisen überein- 
stimmende Mißbildung auf. Penis 1!/, cm lang, etwas leiotrop (45°) gedreht. Vorhaut 
zu kurz, kein Frenulum. Das normale Orificium führt in einen Blindsack. Die Urethra 
mündet im Sulcus coronarius schlitzförmig, so eng, daß die Miktion erschwert ist. 
Die Raphe verläuft bogenförmig, der untere Schluß des Eichelteiles fehlt. Gegenüber 
der Darstellung von Felix wird die volle Homologie des Frenulum und Praeputium 
bei beiden Geschlechtern betont; das Frenulum ist lediglich ein durch die an der Unter- 
seite der Glans bestehenden örtlichen Verhältnisse modifizierter Teil des gesamten 
Praeputiums. Familienanamnese negativ. Aus der Literatur ergibt sich (16 Fälle), daß 
Hoypospadie bei eineiigen Zwillingen stets beide Geschwister betrifft, bei Zweieiigkeit 
nicht immer. Die Erblichkeit spricht für Keimschädigung. Von einer mechanischen 
Beeinflussung (Amnios) kann nicht die Rede sein. Die Tatsache, daß in gesunden 
Familien gleich mehrere Kinder mißbildet werden, läßt sich durch abnorme Zustände 
der Gameten (mangelhafte Ernährung, Alter der Erzeuger, Unter- und Überreife, 
abnorme Amphimixis oder Reduktionsteilungen) nicht ausreichend erklären. Dagegen 
sollen erbungleiche Zellteilungen stärkeren Grades bei der Trennung der Keimzellen 
von den Somazellen oder bei der Vermehrung und Reifung der ersteren, welche nicht 
durch die Befruchtung ausgeglichen werden, zur Ursache der Mißbildung (Hemmung 
und Überschuß) werden. Wenn bei diesen erbungleichen Teilungen die Somazellen 
zugunsten der Geschlechtszellen geschädigt werden (durch Überzahl oder Unterwertig- 
keit der Anlagen), so kann die Fortpflanzung im nächsten Gliede normal sein. Als das 
Wesen der Befruchtung wird die Amphimixis, der Ausgleich fehlerhafter Abweichungen 
zweier Stammbäume im Sinne der Über- oder Unterwertigkeit erachtet. Bei zu großer 
Ähnlichkeit der Eltern können gleichsinnige Abweichungen von der Norm nicht aus- 
geglichen werden. Greil (Innsbruck). 

Franke, Felix: Erfolgreiche Trennung einer Doppelmißbildung (Epigastrius 
parasiticus). Arch. f. klin. Chirurg. Bd. 115, H. 3, S. 691—703. 1921. 

Holoacardius acephalus parasiticus sternopagus ohne Wirbelsäule und Nerven- 
system; vordere Extremitäten mangelhaft. Fehlen der Speichen und Daumen; untere 
Extremitäten besser entwickelt. Vagina eng, Atresia ani. Uterus septus, Ovarien, 
Nebennieren über dem Mastdarmbeginne; Doppelniere, Dickdarm mit Proc. vermi- 
formis. Dünndarm. Magen und Leber sowie sämtliche Brusteingeweide fehlen, so daß 
die Ablatio verhältnismäßig leicht gelingt. Die mikroskopische Untersuchung ergibt 
jn der Haut völliges Fehlen der Papillen und jeglicher Schichtung, viel Talgdrüsen. 
Keine Hautnerven, Muskulatur angelegt, aber infolge des Fehlens der Nerven voll- 
kommen degeneriert. Literatur über bisherige Trennungsversuche, deren Gelingen vor 
allem von dem Vorhandensein der Leber abhängt. Niemals haben Acardii eine Leber. 

Greil (Innsbruck). 

Sussini, Miguel und Florencio Bazan: Chronisches Ödem beider Füße durch 
angeborene Einschnürungen. Semana med. Jg. 28, Nr. 44, S. 577—579. 1921. 
(Spanisch.) 

Pekelsky, Ant.: Zur Pathologie der Anencephalie. Arb. a. d. neurol. Inst. d. 
Wiener Univ. Bd. 23, H. 2, S. 145—154. 1921. 

Nach vier normalen Geburten fünftes Kind Anencephalus, lebt eine Viertelstunde, 
trotzdem das gesamte Gehirn durch eine rote dünne pergamentartige Substantia cerebro- 
vasculosa repräsentiert wird, welche in ein von vielen Hämorrhagien und Gliazell- 
wucherungen durchsetztes Rückenmark mit weitem Zentralkanal übergeht. Lepto- 
meningen. um ein Vielfaches verdickt, mononucleäre Zellen. Das Kind hat ohne Vagus- 


488 Pathologie des Foetus und Neugeborenen. 


zentrum offenbar mit segmentalen Atmungszentren respiriert. In einem zweiten ähn- 
lichen Falle (Totgeburt aus dem 8. Monate), waren die Spinalganglien gut ausgebildet 
mit zweikernigen Zellen, Neurophagien durch Eindringen der Kapselzellen — Analogie 
mit dem Eindringen von Follikelzellen in degenerierende Oocyten. Fötale Encephalitis. 
Leptomeningitis. Greil (Innsbruck). 

Bökay, Jänos: Interessanter Fall eines kongenitalen Hydrocephalus internus. 
Orvosi hetilap Jg. 65, Nr. 37, S. 325—326. 1921. (Ungarisch.) 

Fall von Meningocele oceipit. inf. und Hydrocephalus internus bei einem 4 wöchentlichen 
Säugling. Rasches Wachstum der Geschwulst; der Umfang derselben vergrößerte sich in 
17 Tagen von 22,5 cm auf 46cm. Wegen allseitiger Schädeltransparenz (Strasburgersches 
Zeichen) wurde von einer Operation Abstand genommen. Nach 4 Wochen spontaner Durch- 
bruch; Körpergewicht fiel um 1090 g; der Kopf wurde beträchtlich kleiner. Tod einige Tage 
später an eitriger Meningitis und Pyocephalus internus. Die Autopsie bestätigte die Richtig- 
keit des Strasburgerschen Zeichens, daß nämlich die Transparenz auf eine unter l cm be- 
tragende Dicke der Gehirnsubstanz schließen läßt; diese betrug nämlich im gegebenen Falle 
bloß 3—5 mm. Temesvary. 

Gödel, Alfred: Ein Fall seltener Herzmißbildung. (Pathol.-anat. Inst., Univ. 
Graz.) Arch. f. Kinderheilk. Bd. 69, H. 5, S. 337—342. 1921. 

14 Tage altes Kind, nach heftigem Erbrechen und Durchfall Cyanose. Exitus. 
Pulmonalis doppelt so weit als Aorta, gibt die beiden Lungenäste ab und setzt sich in 
die Aorta thoracica fort, von welcher die linke Subclavia entspringt. Die Aorta teilt 
sich in drei Äste: Subelavia dextra und die beiden Carotiden. Es ist also der linke Aorten- 
bogen (IV) und das zwischen dem Ursprung der Subclavia und der dorsalen Aorta ge- 
legene dorsale Stück des rechten Aortenbogens obliteriert und verschwunden. Rechter 
Lungenlappen fünflappig — zwei Ober-, ein Mittel- und zwei Unterlappen. Das Kınd 
starb an der beginnenden Atresie des Pulmonalarterienbogens (VI), dessen blutgefäß- 
reiche Adventitia in eine dicke zellreiche, die Media vortretende Schichte feiner zirku- 
lärer, sich durchflechtender elastischer, von ganz spärlichen, glatten Muskelfasern durch- 
setzter Gewebszüge vertreten wird. Diese Intima legt sich in zahlreiche Ringwülste, 
welche das Lumen bis auf Nadelstärke einengen. Die bei Isthmusstenosen der Aorten 
auftretende Kollateralbahn — Art. mammaria-epigastrica — war noch nicht aus- 
geweitet, so daß ein interkurrenter Magendarmkatarrh zum Tode führen konnte. 

Greil (Innsbruck). 

Dry, David M.: Congenital aneurysmal dilatation of ductus botalli. (Ange- 
borenes Aneurysma des Ductus Botalli.) Americ. journ. of dis. of childr. Bd. 22, 
Nr. 2, S. 181—185. 1921. 

. Neugeborener Zwilling o', 2,5 kg, 46 cm lang, überaus schwach entwickelt, ohne 
äußerlich wahrnehmbare Defekte; nach 3 Tagen Exitus, der überlebende Ọ Zwilling 
normal. Das Herz bietet am Kammer- und Vorhofsteile keine Abnormitäten. Das 
Foramen ovale geschlossen. Ductus Botalli zu kirschgroßem (17 : 11 mm) Aneurysma 
erweitert, an der Einmündung in die Aorta 5 mm, in die Pulmonalis 3 mm weit. 
Endothel normal. Aorta und Pulmonalis messen 5 mm im Durchmesser. Arterielle 
Klappen, Thymus normal. Greil. 

Lambrethsen: Hemiacardiacus. (Jütländische med. Ges., Kopenhagen, Sitzg. v. 
19. IX. 1920.) Hospitalstidende Jg. 64, Nr. 29, S. 65—70. 1921. (Däni:ch.) 

Lambrethsen berichtet über einen Zwillingsabort im 5. Monat eines syphili- 
tischen, 19jährigen Mädchens, bei dem nach der Geburt des ersten normalen männlichen 
Zwillings der mißgebildete Fötus mit der Placenta abging. Die Nabelschnur der erst- 
geborenen Frucht zeigt über große Strecken velamentären Verlauf, die Gefäße ver- 
einigen sich mit der dünneren Nabelschnur des Monstrums am Übergang zu den Ei- 
häuten und dort sind ausgedehnte Anastomosen der Gefäße vorhanden. Die Nabel- 
schnur der Mißbildung enthält eine Vene, eine größere und daneben eine ganz rudi- 
mentäre Arterie. Die Frucht zeigt Birnenform, das Kopfende ist groß und plump, 
weiter unten verschmälert sie sich und läuft in einen spitz endenden, sirenenförmigen 
Unterteil aus. Am Kopfe, der ohne Grenze in die Thoraxpartie übergeht, sieht man 


Mißbildungen. 489 


rechts die Anlage der Augenspalte, die Nase ist deutlich erkenntlich und ebenso der 
rechte Mundwinkel. Linkerseits ist es nicht zu einer Herausdifferenzierung der I. Bran- 
chialfurche gekommen. Der Thorax ist wenig entwickelt, die Nabelschnur inseriert 
nahe unter der Kinnpartie. Eine äußere Andeutung der oberen Extremitäten ist nicht 
vorhanden. Das Abdomen ist verhältnismäßig gut entwickelt und in der Falte am Über- 
gang zu dem meerjungfrauenähnlichen Gebilde findet sich eine kleine Papille vor als 
äußere Anlage der Genitalien. Die untere Extremität ist in einem gemeinsamen Inte- 
gument vereint und läuft in einen kleinen Klumpfuß aus, an dem 3 Zehen kenntlich 
sind. Im Röntgenbilde sieht man Konturen von Schädelknochen und jederseits einen 
kleinen Sproß als Anlage zur oberen Extremität. Die Rippen enden frei ohne Bildung 
eines Sternum. Die Beckenknochen sind angedeutet und in dem schwanzähnlichen 
unteren Teil sieht man die Ober- und Unterschenkelknochen deutlich, dagegen am 
Knochensystem der Füße nur undifferenzierbare kleine Schatten. Im rudimentären 
Thoraxraum ist keine eigentliche Herzbildung vorhanden, abgesehen von einer kaum 
erbsengroßen mit Endothel ausgekleideten Höhle, zu der die Vena umbilicalis hinauf- 
führt. Wahrscheinlich hat sich bei der beschriebenen Mißbildung schon in einem sehr 
frühen Entwicklungsstadium eine kräftige Anastomose zwischen den 2 Kreisläufen 
ausgebildet, so daß die Blutversorgung von dem normalen Fötus aus erfolgte. Die früh- 
zeitig aufgetretenen Kreislaufstörungen verursachten dann weiter die übrigen MiB- 
bildungen im Körper dieses Hemiacardiacus. Saenger (München). 
Abrams, Samuel F.: Entwining of umbilical cords in single amnion twin 
pregnancy. (Verwicklung der Nabelschnüre in einem Amnion während der Schwanger- 
schaft.) Americ. journ. of obstetr. a. gyrecol. Bd. 1, Nr. 9, S. 955—958. 1921. 


Abrams beschreibt einen Fall von Zwillingen in einem Amnion mit Verwicklung ihrer 
Nabelschnüre. Das Präparat stammt von einer IV-Para, die ihre letzte Menstruation am 
26. VI. 1919 hatte und am 9. XII. 1919 abortierte. Der eine Foetus war regelrecht entwickelt, 
munmifiziert und 17,5 cm lang, der andere Foetus von 10,5 cm Länge stellte einen Acardiacus 
acephalus dar; die beiden Nabelschnüre waren ineinander geschlungen und zu einem echten 
Knoten geschürzt. Walther Hannes (Breslau). 


Thomson, M. S. and C. P. G. Wakeley: The harlequin foetus. (Der Harlekin- 
Foetus.) Journ. of obstetr. a. gynaecol. of the Brit. empire Bd. 28, Nr. 2, S. 190 
bis 203. 1921. 

Gesunde kräftige Eltern, nicht blutsverwandt, erstes Kind 0" gesund, Zeichen von 
Hyperthyreoidismus, zweites Kind 9 starb mit 3 Monaten, pergamentähnliche Haut, 
drittes Kind: 0'8 Monate, Foetus, Schwergeburt (12 Stunden), lebte 8 Stunden, Nabel- 
strang normal, Hände und Füße kontrahiert (Pes cavus), Kryptorchismus, Thymus 
erheblich vergrößert, sehr viel Hasallsche Körperchen, Thyreoidea auffallend klein, 
viele solide Zellballen. Viertes Kind: © normalzeitig geboren, lebte 8 Stunden, Mutter 
hat 12 Stunden nach der Geburt 65 Puls, 97,8° F, 14 Respiration, Kopf des Kindes 
behaart, Thymus groß, lebhafte Aktivität, Thyreoideastruktur gänzlich verwischt, 
Follikel unscharf begrenzt, sehr gefäß- und bindegewebsreich, zahlreiche Rundzellen, 
fast kein Kolloid. Epidermis in beiden Fällen enorm verdickt, Papillarkörper über- 
mäßig hoch entwickelt, Basalzellenschichte nicht palissadenförmig, sondern kubisch 
ovoid; Strat. gran. 4—5 Zellenschichten, wenig Tonofibrillen, Stratum corneum 14 mal 
so dick wie die übrigen Schichten, Hornzellen normal kernlos, Papillarkörper fast 
ohne elastische Fasern, diese im übrigen sehr zart und schlecht färbbar. Es wird eine 
Hyperthyreose der Mutter und des Kindes angenommen, der Unterschied gegen den 
Kretinismus soll in der Existenz zweier Isomere des Thyreojodins bestehen. Greil. 

Strakosch, W. und H. E. Anders: Beitrag zur Lehre von den Akardiern: 
Über einen Holoakardius eumorphus. (Univ.-Frauenklin. u. Pathol. Inst., Univ. 
Rostock.) Arch. f. Gynäkol. Bd. 115, H. 2, S. 408—434. 1921. 

VII-para. Anfang des neunten Monats. Bei der ersten Schwangerschaft aus- 
getragene Zwillinge, übrige Geburten normal. Letzte Schwangerschaft ohne Eiweiß 
und Odeme; 106 cm Leibesumfang, 3—4 1 Fruchtwasser; nach Geburt eines frühreifen 


490 Pathologie des Foetus und Neugeborenen. 


Mädchens bildet ein hochgradig ödematöser weiblicher Foetus ein völliges Geburts- 
hindernis, so daß Zerstückelung notwendig wird. Nabelstrang am Ansatze ganz dünn, 
nach 6 cm plötzlich dick und sulzreich. Unförmiger Kopf ohne Hals in sehr kurzen 
Thorax übergehend. Keine Spur von Haarwuchs, obere Extremitäten fischflossen- 
artig, untere plump, verbildete Finger und Zehen; rechts Radiusdefekt, Strahlen- 
defekte im Mittelfuß; völliges Fehlen der Brust- und Oberbauchorgane; Oesophagus 
endigt blind in ödematösen, sulzig gallertigem Bindegewebe des Thoraxraumes; Darm 
hängt am Mesenterium; Coecum endigt blind vor Promontorium; eine Nabelarterie 
von der Nabelvene begleitet. Cystenniere beiderseits mit Verlagerung der linken ins 
kleine Becken. Rechter Ureter endigt blind, linker mündet in rudimentären Sinus 
urogenitalis. Fehlen der Harnblase, beider Ovarien, sowie der distalen Teile der Müller- 
schen Gänge; gemeinsame hypoplastische Nebenniere, schwere Hemmungsmißbildung 
beider Großhirnhemisphären. Der normale Zwilling kommt ohne klinisch erkennbare 
Ursache am dritten Tage ad exitum, zeigt starke Hypertrophie des Herzens, Leber- 
vergrößerung, Hypertrophie der Nebenniere. Mit Rücksicht auf den äußerlich relatıv 
vollendeten guten Entwicklungszustand wird vorgeschlagen, die Hemi- bzw. Holo- 
akardii als eumorphi, acephali, acormi und amorphi einzuteilen. Greil. 

Klopstock, Alfred: Familiäres Vorkommen von Cyelopie und Arrhinencephalie. 
(Auguste Viktoria-Krankenh., Berlin-Schöneberg.) Monatsschr. f. Geburtsh. u. Gynäkol. 
Bd. 56, H. 1/2, S. 59—71. 1921. 

Eltern blutverwandt: Der Vater der Mutter und die Mutter des Vaters Geschwister. 
Beide Eltern haben 10 bzw. 5 gesunde Geschwister. — Das erste Kind lebensunfähige 
Mißgeburt, das zweite, ein Knabe, auffallend hohe Stirne, eingesunkener Nasenrücken, 
flache Nase, gesund; das dritte im 2. Monate abortiert; das vierte Kind reif geboren, 
Cyclopie mit Rhombenlidern, penisartiger Rüssel. Vorderhirn blasenförmig, gestielt 
ins Zwischenhirn übergehend, leiseste Andeutungen von Windungen. Stirnlappen 
unpaar, in paarige Hirnblasen übergehend; vollkommenes Fehlen des Riechhirns, des 
Opticus und Oculomotorius. Thalamus opticus walnußgroß, freiliegend geblieben. 
Hirnnerven V— XII dicht hintereinander entspringend; Kleinhirn auffallend steil, 
Wurm schmal. Fehlen der Nebennieren; Hufeisenniere, auffallende Herzhypertrophie, 
dunkles, dickflüssiges Blut. Das fünfte Kind zeigt die Mißbildung in geringerem Grade: 
Nase häutiger Schlauch, Opticus vorhanden, gegabelt, kein Tractus, kein Bulbus 
olfactorius; Nebenniere und Thymus hyperplastisch, Hufeisenniere, Hypospadie. Alle 
Kinder waren Hydramnioten. Lues besteht nicht. Die Entscheidung, ob ein angebo- 
renes oder erworbenes Vitium primae formationis vorliegt, wird offen gelassen. Greil. 

Langer, E.: Über Sirenenbildung. (Auguste Viktorie-Krankenh., Berlin-Schöne- 
berg.) Zeitschr. f. Geburtsh. u. Gynäkol. Bd. 84, H. 1, 8. 131—158. 1921. 

Ausgetragenes Kind ohne äußere Geschlechtsteille, Darwinsches Höckerohr, 
Rumpf, Brust normal, in der Nabelschnur. eine Arterie und eine Vene. Solides erbsen- 
großes, knopfförmiges Penisrudiment ohne kavernöse Gewebe in der Leistenbeuge der 
bis ins Mittelfußgebiet verwachsenen hinteren Extremitäten. Femora doppelt, Pa- 
tellae außenständig, Fibulae medial nebeneinander gelagert. Große Zehen außen- 
ständig, kleine Zehen auffallend groß, einander zugewendet. Aftergrübchen. Enorm 
große Thymus reicht bis ans Zwerchiell, verdrängt das Herz nach hinten und rechts. 
Die atelektatischen Lungen der Wirbelsäule angeschmiegt. Oberbauchorgane ohne 
Besonderheiten. Colon mobile, lange Appendix. Mesosigmoideum frei, sackartig er- 
weiterter blindendigendes Sigmoideum. Nebenniere normal, Nieren hochgradig hypo- 
plastisch, einem cystischen Aggregat walnußgroßer, prall elastischer Säcke angelagert, 
mit unspezifischem Zwischengewebe, welches keinen Organbau erkennen läßt; ver- 
einzelte Drüsenschläuche unbestimmbarer Bauart und Organzugehörigkeit (Teratom ?), 
Hodenrudimente. Arteria umbilicalis nur rechterseits vorhanden, bildet die Fort- 
setzung der Aorta, Abgang der Iliaca comm. sinistra in der Höhe des ersten Lenden- 
wirbels. Sacrum (Röntgenbild) normal, Ossa ilia stark aufgeklappt, Tubera ischiatica 


Mißbildungen. 491 


verschmolzen. Nach zusammenfassender Erörterung der verschiedenen Theorien über 
die Genese der Sirenenbildung wird eine Verhinderung des normalen Auswachsens der 
Segmentreihe und des terminalen Körperendes angenommen, welche im Bereiche des 
Urogenitalsystemes einsetzt und zur Schädigung des Wachstums der Beckenorgane 
führte. Greil (Innsbruck). 

Holst, Johan: Ein sogenannter äußerer Pseudohermaphrodit mit einer eigen- 
tümlichen Geschwulst an Stelle der inneren Genitalien. (Pathol.-anat. Inst., 
Rikshosp., Christiania.) Norsk Magaz. f. Laegevidenskaben Jg. 82, Nr. 3, S. 177 
bis 181. 1921. (Norwegisch.) 

Bei einem 21jährigen Individuum wurde das Bild eines äußeren Pseudohermaphro- 
ditismus, aber keine Spuren von Genitalia interna gefunden. Der Patient wurde wegen 
eines großen Abdominaltumors operiert. Histologisch stand der Tumor an der Grenze 
zwischen alveolärem Sarkom und Carcinom, und wurde als eine einseitig entwickelte 
maligne degenerierte Nierengeschwulst aufgefaßt. Der Patient war geistig gut entwickelt. 
Die sekundären Geschlechtscharaktere waren indifferent. Der Verf. nımmt an, daß 
sowohl der Pseudohermaphroditismus als der Tumor in fötalen Bildungsanomalien 
bedingt sind. Autoreferat (Brandt). 

Vaudescal: Presentation d’un cas de malformation rare des organes génitaux 
externes (Diphallus). (Vorstellung eines Falles von seltener Mißbildung der äußeren 
Geschlechtsorgane [Diphallus].) Bull. de la soc. d’obstetr. et de gynecol. de Paris 
Jg. 10, Nr. 5, S. 271—273. 1921. 


4 Monate alter Knabe, von gesunden Eltern stammend, dessen einzige Mißbildung darin 
besteht, daß zwei Geschlechtsglieder vorhanden sind. Der eine Penis befindet sich an normaler 
Stelle in der Medianlinie und ist normal entwickelt. Nur besteht eine Hypospadie. Die Miktion 
erfolgt hier. Der zweite Penis befindet sich 2 cm weiter rechts und ist ebenfalls normal. Keine 
Hypospadie. Harnröhre endigt blind einige Millimeter vom Orificium externum entfernt. 
Jeder Penis besitzt ein Scrotum, das bei dem medialen Penis, obwohl eine Raphe vorhanden ist, 
nur aus einer linken Hälfte besteht, in die ein Testis eingelagert ist. Der rechte Penis besitzt 
nur die schlecht entwickelte Anlage eines Scrotums, in welcher kein Testikel zu finden ist. Das 
zwischen den beiden Hodensäcken gelegene Gewebe ist sehr fettreich und bildet ein Lipom, 
hinter dem eine Art von kleinem Molluscum pendulum liegt. Aus dem Studium der Literatur 
ergibt sich, daß der Fall zu den größten Seltenheiten gehört. Die Erklärung für das Zustande- 
kommen der Mißbildung ist wohl die, daß es sich hier um die Verschmelzung zweier Keime han- 
delt, wovon der eine fast vollkommen bis auf den peniscrotalen Überrest verschwunden ist. 
Der dem Molluscum pendulum ähnelnde Körper ist vielleicht der Rest des Unterkörpers des 
früheren zweiten Foetus, der dem Körper des Kindes normalerweise als typisches Pygomelus 
aufsitzen würde. Zil (München). 


Edington, G. H.: Two unusual malformations of the hind end of the body. 
(Zwei seltene Mißbildungen des unteren Körperendes.) Glasgow med. journ. Bd. 96, 
Nr. 4, S. 212—232. 1921. 

I. Neonat œ ausgetragen. Atresia ani. Mastdarm kommuniziert (1 mm enge 
Öffnung) mit der Blase, die zwerchsackförmig gestaltet, ein oberes Divertikel (11 : 5 cm) 
von einer unteren Ausweitung (9 : 7,7 cm) unterscheiden läßt. Ureteren normal, Pro- 
stata fehlt. Urethra stellenweise (fast) vollständig obliteriert. Hufeisenniere, deren 
linksseitiger Anteil mit knotigen Ausladungen auf die rechte Seite übergreift. Keine 
Hydronephrose. Kryptorchismus, das linke Vas deferens mündet ins Endstück des 
Ureters, das rechte neben dem Ureter dieser Seite, medial und hinten in die Harnblase. 
Oesophagotrachealfistel, Mißbildung der Extremitäten. — Die Mißbildung wird als 
Amphibientypus der Kloake, sowie als Beweis der fötalen Nierenfunktion gewertet. — 
Il. Foetus Ọ, 17 cm Steißscheitellänge. Bauchspalte, Ektopia vesicae, sakrale Spina 
bifida, Mangel des Enddarmes. Perineovesicale (proktodaeale) Blasenöffnung (1,5 mm) 
ohne Beziehung zum Enddarm. Der linke Müllergang vollkommen hypoplastisch. 
Der rechte mündet in die Blase, knapp vor der Mündungsstelle beginnt eine von Epi- 
dermis mit Attributen (Haare, Talgdrüsen) ausgekleidete Fortsetzung des Kanales, 
welche im vorderen Abschnitt des Perineums mündet. Es war keine Verbindung des 
Darmes mit der Harnblase zu sehen, nur medial im oberen Abschnitt der Harnblasen- 


492 Pathologie des Foetus und Neugeborenen. 


wand ein mit Darmschleimhaut ausgekleidetes Anhängsel. (Es unterblieb also offenbar 
die Bildung des hinteren Abschnittes der Kloakenmembran, und die normale Sonderung 
[Septum recto-vesicale], wodurch dem Vorwachsen der Müllerschen Gänge neue 
Wege offenstanden. Die Kombination mit Spina bifida erscheint sehr bemerkenswert.) 
Greil (Innsbruck). 

Bogi, P.: Su di una rara anomalia di sviluppo dell’ apparato cloacale in un feto 
maschile settimestre. (Über eine seltene Entwicklungsanomalie der Ausscheidungs- 
apparate bei einem 7 Monate alten Foetus.) (Istit. ostetr.-ginecol., univ., Pisa.) Rass. 
d’ostetr. e ginecol. Jg. 30, Nr. 10/12, S. 267—275. 1921. 

Männliche Frühgeburt im 7. Monat. Penis gut ausgebildet, Scrotum leer. Analöffnung 
fehlt. Exitus kurz p. part. Die Obduktion ergibt: blindsackartige Endigung des Rectunis 
ohne Andeutung einer Anusbildung, Kryptorchismus bilateralis; Vergrößerung der linken 
Niere umfaßt das doppelte des Normalen mit verschieden großen cystischen Hohlräumen. 
Atrophie der rechten Niere mit enorm dilatiertem Ureter. Die Blase ist von annähernd nor- 
maler Größe, dickwandig (mikroskopisch: Hyperplasie und Hypertrophie der Muskelbündel 
und reichliche Entwicklung von elastischen Fasern); die Urethra läßt sich von der Blase her 
nur auf eine sehr kurze Strecke verfolgen. Mikroskopisch (Serienschnitte) findet sich die Urethra 
normal geformt, in der Nähe des Blasenhalses jedoch läßt sich der Urethralkanal nicht mehr 
nachweisen. Der rechte Ureter ist weit offen, der linke verschlossen. — Der Fall bietet dadurch 
besonderes Interesse, als hier trotz Obliteration des Urethralkanales entgegen anderen Be- 
obachtungen keine Dilatation der Blase bestand. Saniner (Graz). 

Calderini, Giulio: Ernia ombellicale congenita con diverticolo di Meekel fisto- 
loso. (Angeborene Nabelhernie mit fistelndem Meckelschen Divertikel.) (Istit. ostetr.- 
ginecol., uniw., Torino.) Ann. di ostetr. e ginecol. Jg. 43, Nr. 11, 8. 801—836. 1921. 

Bei einem 8-Monatkind bestand bei der Geburt ein Nabelbruch mit durchgängigem 
Meckelschem Divertikel, der an der Spitze mit einer Kotfistel endigte. Außerdem bestand 
eine Gaumenspalte, angeborene Cystenniere. Das Kind war für einen operativen Eingriff 
zu schwach und starb am 6. Tag unter den Erscheinungen der Einklemmung und des Darm- 
verschlusses. Zieglwallner (München). 

Hofer, Carl: Zur Kenntnis der Hernia diaphragmatica congenita. (Krankenh. 
Wieden, Wien.) Arch. f. Gynäkol. Bd. 114, H. 3, S. 620—632. 1921. 

2900 g 9. Kind ohne Zeichen der Frühreife, Bruchpforte links, umfaßt den emporge- 
schlagenen linken Leberlappen, Dünndarmschlingen, den Magen, welcher um den caudalen 
Teil des Oesophagus und Pylorus um 180° nach rückwärts rotiert ist, so daß dessen dorsale 
Fläche ventralwärts sieht; Milz im hinteren Teil des Bruchsackes, Darm hat vollkommen freies 
Mesenterium mit vollzogener Achsendrehung ; Mesokolon ungemein kurz. — 3600 g c, ganz 
enorm große Leber, deren rechter Lappen nebst einigen Darmschlingen im rechten Bruchsacke 
liegt. Herzspitze gegen die linke Axillarlinie verdrängt; vollkommen freies Gekröse, Dickdarm 
bildet Impression an der Dorsalseite des rechten Leberlappens. Jejunumschlingen drängen das 
Mediastinum buckelartig vor; Magen um 180° mit großer Kurvatur nach rückwärts gedreht, 
ragt schlingenförmig ins enorm große Foramen Winslowii vor; ursprünglich vordere Magen- 
fläche sieht rückwärts, Pankreas im Ligamentum hepatoduodenale nach rechts und aufwärts 
geschlagen. Die Mißbildung wird als Bildungsfehler der Muskulatur (Mangel des Centrum 
tendineum) betrachtet, für das Fehlen der Pars lumbalis eine Aplasie der Uskowschen Pfeiler 
angenommen. Die Leber kann entweder sehr groß oder klein sein, ihr Zustand wird als koordi- 
nierte Mißbildung betrachtet. Greil (Innsbruck). 


Cohn, R.: Ein Fall von Hernia diaphragmatica congenita. (Priv.-Frauenklin., 
Berlin.) Zentralbl. f. Gynäkol. Jg. 45, Nr. 41, S. 1490—1491. 1921. 

Mayer, A.: Über Nabelschnurbrüche. (Univ.-Frauenklin., Tübingen.) Fortschr. 
d. Med. Jg. 38, Nr. 9, S. 297—304. 1921. 

Im Anschluß an die Beobachtung von 5 eigenen Fällen von Nabelschnurbruch, 
die sich unter etwa 5000 Geburten fanden, bespricht Ma ver die ganze Pathologie dieser 
Hemmungsbildung. Er erörtert die verschiedenen Auffassungen, welche noch jetzt 
über die Ätiologie auseinandergehen, dann pathologische Anatomie und den klinischen 
Verlauf. Die Möglichkeit mit antiseptischen, trocknenden Verbänden nach Graser 
und Ahlfeld, die Überhäutung des Defektes ohne Entwicklung einer Peritonitis zu 
erzielen, ist eine zu geringe, die Mortalität dabei 65—70°%. Nur die möglichst früh- 
zeitige Operation kann die Resultate bessern. Am besten ist die echte radikale Hernio- 
tomie mit Eröffnung des Bauchfelles in Narkose. M. erzielte bei seinen 5 Fällen damit. 


Mißbildungen. 493 


in 4 Fällen i. e. in 75%, Heilung. Auch das weitere Schicksal der mit der Operation 
seretteten Neugeborenen ist als durchaus günstig anzusehen. Walther Hannes. 


Frangenheim, P.: Angeborene Ostitis fibrosa als Ursache einer intrauterinen 
Unterschenkelfraktur. (Chirurg. Klin., Univ. Köln.) (45. Tag. d. Dtsch. Ges. f. Chirurg., 
Berlin, Sitzg. v. 2. IV. 1921.) Arch. f. klin. Chiruig. Bd. 117, H. 1, S. 22—29. 1921. 

Stierlin und v. Beust haben an Fällen von angeborenen Unterschenkel- 
frakturen zum ersten Male histologisch eine typische Ostitis fibrosa als Ursache fest- 
gestellt. Einen analogen Fall beobachtete Frangenheim. Operativ wurde (beim 
8 Monate alten Kinde) der ca. 7 cm lange Tibiadefekt am rechten Bein durch Ein- 
bolzung eines analogen resezierten Stückes linker Fibula in die Markhöhle ersetzt. 
Die verpflanzte Fibula war nach 2—3 Monaten auffälligerweise resorbiert, während 
sich auf der gesunden Seite inzwischen vom zurückgelassenen Periost aus die Fibula 
regenerierte. Kongenital ist die Ostitis fibrosa bisher nur am Unterschenkel beob- 
achtet worden. Die operative Korrektur ist frühzeitig zu machen, da späterhin oft 
hochgradige Contractur der Wadenmuskulatur, ferner Spitzfußstellung und Fersen- 
hochstand erschwerend wirken. Walther Hannes (Breslau). 

Baumm, Hans: Osteogenesis imperfecta. (Prov.-Hebammenlehranst. u. Frauen- 
klin., Breslau.) Arch. f. Gynäkol. Bd. 115, H. 2, S. 385—393. 1921. 

Baum m berichtet über eine lebende männliche Frühgeburt von 2240 g und 44 cm Länge 
einer alten Erstgebärenden; das Kind zeigte weiche, teils fluktuierende und teils pergament- 
artig knisternde Schädelknochen, Säbelbeine, Pseudomikromelie der Extremitäten und Frak- 
turen am rechten Oberarm und beiden Oberschenkeln. Im Röntgenbilde erweisen sich auch 
rechte Fibula und rechte Ulna, letztere als bereits mit Callusbildung geheilt, frakturiert. Die 
Frakturen heilten schnell und das Kind gedieh sehr gut an der Mutterbrust. Dem klinischen 
Bilde und dem Röntgenbefunde nach kann es sich nur um einen Fall so überaus seltener kon- 
genitaler Knochenerkrankung von Osteogenesis imperfecta (Dysplasie periostale) handeln. 
Die Ätiologie ist noch dunkel; gegen Übertragung von elterlicher Seite spricht die Beobachtung 
von Kusnetzhoff und S. Müller an Zwillingen, von denen der eine normal war, während der 
andere die Merkmale der Osteogenesis imperfecta aufwies. Zurhelle allerdings beschreibt 
einen Fall von gleicher Erkrankung bei Mutter und Kind. Manche sehen in der Osteogenesis 
imperfecta und Osteopsathyrosis idiopathica die nämliche Erkrankung; hierfür spricht die Tat- 
sache guter körperlicher und geistiger Entwicklung dieser Kinder. Walther Hannes (Breslau). 

Burnell, Max: A case of intra-uterine fractures. (Osteogenesis imperfecta.) 
(Ein Fall von intrauterinen Frakturen.) Journ. of the Michigan state med. soc. Bd. 20, 
Nr. 6, S. 243—245. 1921. 

Mädchen, keine Heredität. Da Callusbildung vorhanden, erschien der größte Teil 
der Frakturen intrauterin entstanden. Der Schädel war verdünnt, doch nicht ganz 
knochenfrei. Huldschinsky (Charlottenburg). °° 

Raffele, Francesco de: L’acondroplasia nel feto. Considerazioni cliniche e 
anatomo patologiche. (Die Achondroplasie beim Foetus.) (Istit. ortop. Rizzoli, clin. 
ortop., univ., Bologna.) Chirurg. d. org. di movim. Bd. 5, H. 5, S. 467—502. 1921. 

Ausführliche Beschreibung eines im Anschluß an die Geburt gestorbenen Chondrodystro- 
phikers, ohne besondere neue Gesichtspunkte. Die Hypophyse, die in diesem Falle verkleinert 
und in die Sella eingepreßt gefunden wurde, wird als mutmaßliche Ursache des Leidens an- 
genommen. Huldschinsky (Charlottenburg). , 

Viana, 0.: Di un feto acondroplaseio e di uno con male conformazioni multiple. 
(Brefotrof. e mat., prov., Verona.) Folia gynaecol. Bd. 14, H. 3, S. 187—194. 1921. 


Porter, William B. and R. A. Vonderlehr: Congenital goiter. Report of four 
cases. (Angeborener Kropf; 4 Fälle) Americ. journ. of dis. of childr. Bd. 22, Nr. 5, 
S. 477—480. 1921. 

Einleitend wird die Literatur — es sınd bisher an 100 Fälle von angeborener 
Struma publiziert —- kurz gestreift und die kontroversen Ansichten über die Ursache 
der Krankheit, Stoffwechselstörung oder Infektion zur Sprache gebracht. Die mit- 
geteilten Fälle betreffen 4 Brüder einer Familie, 2 andere Geschwister sind strumafrei. 
Die Mutter leidet an Struma. Thyreotoxische Symptome und andere endokrino- 
pathologische Symptome fehlen. Alle Kinder litten an Ascariden. Neurath (Wien)., 


494 Pathologie des Foetus und Neugeborenen. 


Stenzler, Wilh.: Zur Kasuistik des Schiefhalses. (Städt. Krankenh. f. Geburtsh., 
Berlin-Charlottenburg.) Zentralbl. f. Gynäkol. Jg. 45, Nr. 45, S. 1635—1636. 1921. 


Stenzler teilt einen Fall mit, wo bei einer III-Para mit Steißlage und Placenta praevia 
mittels Kaiserschnitt ein Kind von 54 cm Länge und 3700 g Gewicht entwickelt wurde, welches 
einen ausgesprochenen Schiefhals hatte. Normale Fruchtwassermenge; deutliche Asymmetrie 
der beiden Gesichtshälften; der rechte (verkürzte) M. sternocleido mast. als fingerdicker Strang 
zu tasten; an der rechten Seite des Halses eine deutliche Grube, in welche die rechte Schulter 
hineinpaßt. Bedeutsam ist, daß dieser Fall, welche die Anschauungen Sippels, daß raum- 
beengende Momente diese Haltungsanomalie bedinge, um so mehr stützt, da mittels Kaiser- 
schnitt entbunden ein Geburtstrauma mit Sicherheit auszuschließen ist. Walther Hannes. 

Schlossmann, Erna: Über einen Fall von angeborener allgemeiner Sarko- 
matose. (Pathol. Inst., Akad. f. prakt. Med., Düsseldorf.) Frankf. Zeitschr. f. 
Pathol. Bd. 25, H. 3, S. 486—496. 1921. 

Nach 3 Stunden gestorbenes Neugeborenes mit vielen hirsekorn- bis markstückgroßen, 
weißlichen, derben Knoten an Haut und in fast allen inneren Organen. Es kann sich um eine 
Leukämie oder Tumor handeln. Verf. neigt zur Annahme einer Sarkomatose, die wohl ihren 
Ausgang vom besonders weitgebend zerstörten Kopfteil des Pankreas nahm. Auch fanden 
sich Tumorzellen in den Gefäßlichtungen, so daß die Hautmetastasen und die Metastasen in 
abgelegeneren Organen unschwer als hämatogen aufzufassen sind. Walther Hannes (Breslau). 


Holst, Stein F.: Akute Ventrikeldilatation mit arteriomesenterialem Verschluß. 
Norsk Magaz. f. Laegevidenskaben Jg. 82, Nr. 12, S. 859—868. 1921. (Norwegisch.) 

Einige Fälle mit typischem Sektionsbefund werden referiert und die Ursachen 
besprochen. Ein Fall war ein neugeborenes Kind, daß zu rechter Zeit und ohne Kom- 
plikationen geboren war. Die Krankheitserscheinungen fingen 5 Tage nach der Geburt an. 
Das Kind starb 2 Tage nachher. Bei der Sektion war das Ileum in dem kleinen Becken 
incarceriert. Das Mesenterium war straff gestreckt und komprimierte das Duodenum bei 
dem Übergang. Ventrikel und Duodenum waren dilatiert. K. Brandt (Kristiania). 

Herfarth, H.: Kongenitale Hypertrophie der Portio vaginalis bei einem neu- 
geborenen Kinde. (Pathol. Inst., Univ. Breslau.) Monatsschr. f. Geburtsh. u. Gynä- 
kol. Bd. 55, H. 2/3, S. 125—129. 1921. 


Herfarth beschreibt einen eigenärtigen anatomischen Befund bei einem reifen weiblichen 
totgeborenen Kinde. Es handelte sich um eine kongenitale Hypertrophie der Portio mit einer 
bedeutenden Verlängerung des ganzen Uterus auf 5cm. Mikroskopisch ist die Submucoss 
auffallend ödematös durchtränkt; in der Muscularis beginnt sich eine diffuse Myomatose vor- 
zubereiten. H. sieht in dem Gesamtbefunde eine Disposition zum virginellen Prolaps und hält 
es für möglich, daß diese Folgen der angeborenen Anomalie erst mit dem Beginn der Pubertät 
in die Erscheinung getreten wären. Walther Hannes (Breslau). 


Gailami, Paolo: Sulla esistenza di una retroflessione uterina fetale e sulla 
antifessione congenita. (Über das Vorkommen von fötaler Retroflexio und über an- 
geborene [pathologische] Autoreflexe.) (Istit. ostetr.-ginecol., univ., Roma.) Fol. gynae- 
col. Bd. 14, H. 1, S. 19—27. 1921. 

Lineback, P. E.: A case of unilateral polydactyly in a 22-mm-embryo. (Ein 
Fall von einseitiger Polydaktylie bei einem 22 mm langen Embryo.) Anat. rec. 
Bd. 20, Nr. 3, S. 313—319. 1921. 

Rieländer, A.: Kongenitales Fehlen des linken Beines und Hüftbeins. Zen- 
tralbl. f. Gynäkol. Jg. 45, Nr. 10, S. 330—332. 1921. 

Laureati, Francesco: Ritenzione di urina in neonato prematuro. Osservazione 
clinica. (Harnretention bei einer neugeborenen Frühgeburt.) Pediatria Jg. 29, 
H. 10, S. 457—459. 1921. 

Als Beispiel für die Tatsache, daß beim Frühgeborenen eine-unvollkommene Funk- 
tionsfähigkeit einzelner Systeme und Apparate besteht, berichtet Verf. über folgende sel- 
tene, klinische Beobachtung: Bei einer männlichen Frühgeburt im 8. Lunarmonat bestand 
seit der Geburt komplette Harnretention. Weder ım Bereich des Genitales, noch an den 
übrigen Organen abnorme pathologische Veränderungen. Die Blase ist über der Symph yse 
als citronengroßer, praller Tumor zu tasten. Nach Einführen eines dünnen Gummi- 
katheters entleerten sich etwa 300 g Urin. Die Entleerung der Harnblase ging auch 
mühelos vor sich, wenn man den Katheter durch eine dünne Metallsonde ersetzte. 


Intrauteriner Fruchttod. — Geburtsverletzungen des Neugeborenen. 495 


Trotz warmer Bäder und heißer Klistiere keine Besserung. Das Kind starb, wenige 
Wochen alt, an Marasmus. — Nach dem klinischen Bilde (Obduktion wurde verweigert) 
schließt Verf., daß es sich hier um eine unvollkommene Entwicklung des Rückenmark- 
nervensystems gehandelt habe; der sonst normalerweise bestehende Antagonismus 
zwischen Detrusor und Sphincter vesicae dürfte insofern gestört gewesen sein, als das 
Sphincterzentrum auf den Anreiz des Detrusors nicht reagierte und so eine Entleerung 
der Blase nicht stattfinden konnte. Santner (Graz). 


2. Intrauteriner Fruchttod. 


Halban, Josef: Zur Behandlung der Fehlgeburten. (Krankenh. Wieden, Wien.) 


Zentralbl. f. Gynäkol. Jg. 45, Nr. 12, S. 439—446. 1921. 

Bei 4630 curettierten Aborten bis höchstens 38° wurde eine Mortalität von 0,06 erreicht: 
eine Morbidität von 12°, 7 Perforationen. — Bei 1595 aktiv mit Cuiettage behandelten Fällen 
über 38° war die Mortalität 3,13°%,, die Morbidität 24,2%. Bei diesem guten Resultat hat 
Verf. keine Veranlassung vom aktiven Verfahren bei fieberhaftem Abortus abzugeben. In der 
Statistik sind die komplizierten Aborte abgesondert. Dietrich (Göttingen). 


Epstein, Berthold: Die Proteinkörpertherapie bei Pädatrophien und Früh- 
geburten. (Dtsch. Univ.-Kinderklin. îi. d. Landesfindelanst., Prag) Med. Klinik 


Jg. 17, Nr. 28, S. 842—845. 1921. 

Frühgeburten, die höchst mangelhaft gedeihen wollten, deren Gewicht nicht zunahm 
oder gar abnahm, wurden mit täglichen subcutanen Seruminjektionen (Normal-Pferdeserum 
oder Hammelserum) von 0,5—2,0 ccm in längeren Serien steigend behandelt. Schon während _ 
der Behandlung stieg das Gewicht an. Der Gewichtsanstieg hielt auch danach weiter an. Inter- 
kurrente Erkrankungen verliefen bei mit Serum behandelten Frühgeburten günstiger. Die 
wiederholten täglichen Injektionen kleinerer Mengen von Serum brachten auch die jüngsten 
Frühgeburten nicht in Gefahr. Schreiner (Marburg a.d.L.). 


Huber, Othmar: Ein nunmehr 8 Jahre altes mit einem Geburtsgewicht von 
790 g lrühgeborenes Mädchen. (Univ.-Kinderklin., Wien.) Zeitschr. f. Kinderheilk. 
Bd. 30, H. 5/6, S. 281—290. 1921. 

Das Kind wurde am 19. VI. 1913 im 6. Schwangerschaftsmonat mit unbekannten 
Geburtsgewicht als drittes Kind gesunder Eltern geboren. Im Alter von 7 Tagen bei 
der Aufnahme an der Universitäts-Kinderklinik, Wien, betrug das Gewicht 790 g, die 
Länge 31 cm, Kopfumfang 24 cm, Brustumfang 20 cm, Bauchumfang 21 cm. Wurde 
ın der Wärmewanne mit Frauenmilch gepflegt und entwickelte sich leidlich in der 
Kinderklinik. Bei der Entlassung im Alter von 1 Jahre betrug das Gewicht ca. 5000 g. 
Im Alter von 7 Jahren 4 Monaten am 14. II. 1921 bot der Status praesens folgendes 
Bild dar: Blasses, mageres Kind, Muskulatur sowie Knochenbau schwächlich, am Skelett 
verschiedene Merkmale einer ausgeheilten Rachitis; leicht vorspringende Stirn, deutlich 
fühlbarer Rosenkranz, eingezogene Flanken am Thorax und ziemlich stark vorge- 
wölbter Bauch. Sonst Organe normal. Gewicht 16 300 g, Länge 115 cm, Kopfunifang 
47 cm, Brustumfang 53,5 cm. Die Intelligenz scheinbar vollkommen normal. Seit 
September 1920 besucht es die Schule und hat gut gelernt. Außer Lungenentzündung 
und wiederholten Grippen keine schwereren Erkrankungen durchgemacht. Verglichen 
mit den von Pirquet-Camerer angegebenen Normalnıaßen hatte dieses Kind eine 
normale, seinem Alter entsprechende Körperlänge. Das Körpergewicht dagegen 
war 5500 g weniger als bei normal entwickelten gleichaltrigen Kindern. 

Die Überschrift der Arbeit ist irreführend. Das Geburtsgewicht des Kindes war nicht 
790 g, diese Zahl gibt nur das Gewicht am 8. Lebenstage an. Aller Wahrscheinlichkeit nacb 
ist das Geburtsgewicht bedeutend größer gewesen, denn das Kind hatte in den ersten Tagen 


zu wenig Nahrung zu sich genommen, was auch der Verf. selbst zugibt, und worauf auch der 
immernoch am 8. Tage ausgeschiedene meconiumähnliche Stuhl deutet. Ylppö (Helsingfors)., 


3. Geburtsverletzungen des Neugeborenen. 


Gabriel, G.: Beobachtungen über Geburtsschädigungen des Kopfes aus dem 
Pathol. Institut der Universität Halle. Virchows Arch. f. pathol. Anat. u. Physiol. 
Bd. 234, H. 1, S. 179—188. 1921. 

Gabriel kommt an der Hand seiner Sektionsbeobachtungen zu dem Schluß, 


496 Pathologie des Foetus und Neugeborenen. 1 


daß bei pathologischen Geburten und, falls die Schädelteile nicht von normalem Aufbau 
und normaler Festigkeit sind, jegliche Teile des kindlichen Schädels geschädigt werden 
können. Durch mechanısche Hindernisse oder durch zu starke Einwirkungen auf den 
Schädel kann es zu einer Überschreitung der Konfigurationsmöglichkeit des Schädels 
kommen; auch zu großer Kopf und andererseits leichte Zerreißlichkeit der Gewebe 
bei Frühgeburt können die Ursache der Schädigungen sein. Am häufigsten sind Zer- 
reißungen des Bindegewebsapparates und seiner Gefäße, daneben werden oft Zerreißun- 
gen der von der Falxspannung abhängigen Tentoriumblätter gefunden. Sie sind fast 
immer vorhanden, wenn die Falx cerebri jäh und über die Norm angespannt wurde 
(Zange, Wendung und Extraktion, ja selbst bei normalen Geburten). Die Schädigungen 
des Gehirns selbst sind viel seltener. Walther Hannes (Breslau). 
Schwartz, Ph.: Die Geburtsschädigungen des Gehirns und die Virchowsche 
Encephalitis interstitialis neonatorum. (Senckenberg. Pathol. Inst., Univ. Frank- 
jurt a. M.) Zentralbl. f. allg. Pathol. u. pathol. Anat. Bd. 32, Nr. 3, S. 57—60. 1921. 
Seinen Schlußfolgerungen liegen anatomische, makroskopische und mikrosko- 
pische Erhebungen an 65 Gehirnen zugrunde; gefunden wurden ausgedehnte Pia- 
Blutungen, Gehirnsubstanzblutungen, Erweichungsherde, in einem Teil nur mikro- 
skopisch feststellbare Erkrankungen. Er folgert, daß jedes Kind bei der Geburt in 
Gefahr sei, eine Gehirnschädigung zu erleiden, deren Folgen die oben erwähnten Affek- 
tionen sein könnten. Maßgeblich sind vor allem Länge der Austreibungszeit, Größe 
der Druckdifferenzen und vor allem die Konstitution der Frucht (an dem beobachteten 
Material haben Frühgeburten den Hauptanteil). Die anatomischen Folgen sind re- 
gressive Veränderungen in der Gehirnsubstanz. Die Befunde und Tatsachen beweisen, 
daß die von Virchow benannte Encephalitis interstitialis nicht die Folge eines bak- 
teriell-toxisch entzündlichen Prozesses, sondern das Resultat der erörterten Geburts- 
schädigung ist. Walther Hannes (Breslau). 
Weinzierl, Egon: Seltene Ätiologie eines Cephalhämatoms. (Geburtshilfl. Klin., 
dtsch. Univ., Prag.) Zentralbl. f. Gynäkol. Jg. 45, Nr. 40, S. 1441—1444. 1921. 
Weinzierl beobachtete ein — durch die Sektion erhärtetes — Cephalhaematoma 
externum bei einem Kaiserschnittkinde. Der Kopf hatte das Becken gar nicht passiert, 
die Sectio caesarea war bei stehender Fruchtblase ausgeführt und der Kopf mit der 
Hand herausgehoben worden. Ursache kann — auch auf Grund der anatomischen 
Untersuchung — allein die schwere an sich gänzlich ungeklärte intrauterine Asphyxie 
sein, deren Folgen das Kind 50 Stunden nach der Geburt zum Opfer fiel. Mit Spiegel- 
berg nimmt W. an, daß die Ursache zu suchen sei in der Störung des fötalen Gasaus- 
tausches und den vorzeitigen Atembewegungen und der so bedingten allgemeinen 
Hyperämie und Stauung, so daß wohl der erhöhte Blutzufluß zum Schädel zur Zer- 
reißung eines periostalen Gefäßes geführt habe. Das auf dem linken Scheitelbein 
sitzende Hämatom war sogleich nach der Geburt als Vorwölbung deutlich kenntlich. 
Walther Hannes (Breslau). 
Schwartz, Ph.: Die Ansaugungsblutungen im Gehirn Neugeborener. (Sencken- 
berg. Pathol. Inst, Uniw. Frankfurt a. M.) Zeitschr. f. Kinderheilk. Bd. 29, 
H. 1/2, S. 102—110. 1921. | 
Schwartz führt aus, daß bei Sektionen von Kindern der ersten Lebenswochen 
spezifische Geburtsschädigungen des Kopfes und namentlich des Gehirnes zu finden 
sind. Es sind dies miliare Blutungen in Dura, Pia und in der Gehirnsubstanz. Ihre 
Ursache ist die Druckdifferenz zwischen Uterusinhalt und Atmosphäre beim Geburtsakt. 
Somit ist die Möglichkeit einer schweren oder tödlichen Verletzung infolge Stauung 
und Überfüllung und Reißens von Gefäßen im Ansaugungsgebiet durch die Lagerung 
der Frucht, durch die Ausdehnung der Austreibungsperiode und vor allem durch die 
Konstitution des Neugeborenen gegeben. Sch. verfügt über 20 Beobachtungen an 
Frühgeburten und reifen Kindern. Die Erforschung der Folgen der Ansaugungs- 
blutungen im Gehirn Neugeborener wird vielleicht manche Fälle von späteren Er- 


Geburtsverletzungen des Neugeborenen. 497 


krankungen wie Idiotie, Taubstummheit, Blindheit, Lähmungen, Krämpfe unserem 
Verständnis näherbringen können. Aus den erwähnten Blutungen können sich typische 
Erweichungsherde bilden. Walther Hannes (Breslau). 

Zangemeister, W.: Über Tentoriumrisse. Zentralbl. f. Gynäkol. Jg. 45, Nr. 13, 
S. 457—458. 1921. 

Unter 27 intrakraniellen Blutungen waren 17 durch Tentoriumriß bedingt; 4 Fälle 
hatten keinen Riß; ın 6 Fällen muß die Frage offen bleiben, weil die Kinder weiter- 
lebten. Weiterhin bestand unter 24 autoptisch erwiesenen Tentoriumrissen in 6 Fällen 
keine nennenswerte intrakranielle Blutung. Ursachen sind: Weiche Knochen, breite 
Nähte, Frühgeburt, enges Becken, Extremitätenvorfall, Vorderhauptslage, abnorm 
starke Wehen, operative Geburt, namentlich fronto-occipital fassende Zange und 
Martin- Wigand - Winckelscher Handgriff; die häufig vorangehende intrauterine 
Asphyxie begünstigt die Zerreißung. Für die Autopsie ist am geeignetsten die Fenster- 
methode, welche sehr gute Demonstrationsobjekte liefert. Walther Hannes (Breslau). 


Ehrenfest, Hugo: Intracranial birth trauma of the new-born. From the stand- 
point of the obstetrieian. (Über intrakranielles Geburtstrauma des Neugeborenen vom 
Standpunkt des Geburtshelfers aus.) Journ. of the Americ. med. assoc. Bd. 77, Nr. 2, 
S. 103—107. 1921. 

Die Begriffe intrakranielle Geburtsverletzung und intrakranielle Geburtsblutung 
werden meist unterschiedslos gebraucht; für die klinische Erfahrung macht dies nichts, 
weil durch die Blutung meist das Trauma erst klinische Bedeutung gewinnt. Zur 
Blutung kommt es durch Traumen, welche die Dura mater und die Sinus treffen; dies 
kann geschehen infolge zu ausgiebiger Übereinanderschiebung der Schädelknochen bei 
der Konfiguration oder bei direkter energischer Kompression des Kopfes sowohl in 
longitudinaler als auch transversaler Richtung; plötzliche Kompression z. B. bei Zange 
und gewissem Mißverhältnis zwischen Kopf und Becken ist besonders gefährlich ; 
allerdings waren von der Blutung in 20—25% Fälle betroffen, wo die Geburt ganz 
regelrecht und spontan abgelaufen war. Frühgeburt und somit auch Lues spielen 
eine gewisse prädisponierende bzw. verschlimmernde Rolle, weiter sind in dieser Hin- 
sicht bedeutsam hämorrhagische Diathese des Neugeborenen und gewisse Manipula- 
tionen der Wiederbelebung asphyktischer Neugeborener (Schultze sche Schwingungen 
und Herabhängenlassen des Kopfes). Bei der Zange ist namentlich schnelle und brüske 
Extraktion gefährlich; Analoges gilt für die Extraktion am Beckenende, hier soll 
namentlich nicht die Hinterhauptsschuppe zu energisch gegen die Symphyse gepreßt 
werden, um den Damm möglichst zu schonen, in analoger Weise kann auch beim 
vorangehenden Kopf bei Ausübung des Ritgen-Olshausenschen Handgriffes 
gefehlt werden. Handelt es sich um Frühgeburt, so kann Pituitrinwirkung zu starke 
Kompression des Kopfes zur Folge haben, auch kann in solchen Fällen der Druck 
eines unvollkommen erweiterten Muttermundes ebenso wie ein rigider Vulvarıng das 
verhängnisvolle Kopftrauma darstellen. Besteht Verdacht auf ıintrakranielle Blutung 
beim lebenden Neugeborenen, so ist sogleich seine Blutgerinnungszeit festzustellen, 
ist sie verlangsamt, dann soll eventuell menschliches oder Pferdeserum injiziert werden. 
Dann ist unbedingt weiterhin eine Lumbalpunktion zu machen, findet sich Blut, so 
kann die Frage entstehen, ob es zweckmäßig ist, dasselbe zu aspirieren. Hannes. 


Irving, Frederick C.: Cerebral hemorrhage of the new-born. (Cerebrale 
Blutung beim Neugeborenen.) Boston med. a. surg. journ. Bd. 184, Nr. 21, S. 539 
bis 542. 1921. 

Vaglio, R.: Trattamento delle emorragie intracraniche del neonato. (Behand- 
lung der intrakraniellen Blutungen beim Neugeborenen.) (Istit. di clın. pediatr., 
univ., Napoli.) Pediatria Jg. 29, H. 1, S. 12—18. 1921. 

Genaue Untersuchungen ergaben, daß intrakranielle Blutungen eine der häufigsten 
Todesursachen des Neugeborenen sind. Entweder tritt der Tod wenige Stunden nach 


Jahresbericht f. d. ges. Gynäkologie 1921. 32 


498 Pathologie des Foetus und Neugeborenen. 


der Geburt ein (das Kind kommt trotz herbeigeführter Atmung nicht zum Schreien), 
oder aber die Erscheinungen der intrakraniellen Blutung treten erst im Verlauf einiger 
Tage auf. Das Kind geht unter den Zeichen der Asphyxie zugrunde. Im ersten Fall ist die 
Blutung reichlich und ausgedehnt, im zweiten mehr begrenzt und begleitet von Ödemen 
der Pia. Die Ansicht, daß i ın diesem letzteren Falle wahrscheinlich auch eine abnorme 
Zerreißlichkeit der Gefäßwände und ein abnormes Verhalten der Blutgerinnung (Ver- 
zögerung) eine Rolle spielen, haben den Anstoß zur Serumtherapie gegeben. Bei evi- 
denten, zunehmenden Erscheinungen von Hirndruck soll eine Entlastung desselben 
angestrebt werden. Dies erreicht man oft in überraschender Weise durch eine Lumbal- 
punktion (10 cem Liquor durch eine gewöhnliche Injektionsnadel abfließen lassen!), 
wie sie Devraigne vorgeschlagen und Delmas systematisch durchgeführt hat. Verf. 
führt nun einen eigenen Fall an, bei dem das schon moribunde Kind durch die Lumbal- 
punktion gerettet wurde. Das Verfahren verdient nachgeprüft zu werden. Santner. 

Abt, Isaac A.: Meningeal hemorrhage of newborn and young infants. (Meningeal- 
blutung beim Neugeborenen und bei jungen Kindern.) (Michael Reese hosp., Chicago.‘ 
Med. clin. of North America (Chicago-Nr.) Bd. 5, Nr. 1. S. 215—228. 1921. 

Den Ausgang der Erörterung bildet ein 10 Tage alter Säugling mittels Becken- 
ausgangszange von einer Erstgebärenden geboren. Lebensfrisch geboren, stellten sich 
sehr bald Symptome cerebraler Blutung ein (enge, langsam reagierende Pupillen, 
Nystagmus, gespannte Fontanelle, oberflächliche Atmung usw.). Die gesamte hierzu 
vorliegende Literatur wird kurz gestreift, dabei betont, daß zwar 30—40%, solcher 
Kinder mit cerebraler Blutung Zangenkinder seien, daß aber auch einwandfreie Fälle 
bekannt sind, wo solche Blutungen bei im Beginn der Wehentätigkeit ausgeführtem 
Kaiserschnitt beobachtet werden konnten. Ein sehr wichtiger ätiologischer Faktor 
für diese Blutungen ist die Asphyxie. Hierauf werden die Anatomie und Symptomato- 
logie und die Folgen dieser Blutungen besprochen. Zur Diagnosenklärung kann die 
Lumbalpunktion Bedeutsames beitragen. Therapeutisch kommt bei den schweren 
Fällen nicht nur Lumbal- bzw. Fontanellenpunktion, sondern vor allem auch die 
korrekt ausgeführte Trepanation in Betracht. Vor allem soll sich der Geburtshelfer 
bewußt bleiben, daß jede Zangenentbindung eine bedeutsame und folgenschwere Sache 
ist. Walther Hannes (Breslau). 

Schwartz, Ph.: Die traumatische Gehirnerweichung des Neugeborenen. 
(Senckenbergisches pathol. Inst., Univ. Frankfurta. M.) Zeitschr. f. Kinderheilk. Bd. 31, 
H. 1/2, S. 51—79. 1921. 

Schwartz hat bei einer Serie von 110 Fällen unausgesuchter Leichen Neuge- 
borener eine genaue systematische Untersuchung des Gehirns vorgenommen. Es 
handelte sich teils um frühgeborene, teils um reife Kinder, die während oder kurz 
nach der Geburt gestorben waren, teils auch um Kinder von mehrmonatigem Lebens- 
alter. In 105 Fällen wurden piale und intracerebrale Blutungen und auch Erweichungen 
der Gehirnsubstanz gefunden; bei Frühgeburten fanden sich namentlich Blutungsherde 
im Bereich der Vena terminalis und Vena chorioidea; bei reifen Kindern sind mikro- 
skopische Blutungen, Stauungshyperämie und auch thrombotische Prozesse charak- 
teristisch. Die Ursache liegt meist in den Druckdifferenzen, denen der Fruchtkörper 
während der Geburt ausgesetzt ist. Die ersten regressiven Veränderungen in den be- 
troffenen Partien finden sich 6—8 Stunden nach der Geburtsschädigung; beim Tode 
in den ersten Lebenstagen finden sich nur aus Fettkörnchenzellen bestehende Er- 
weichungsherde, bei längerem Leben werden die Zellen reichlicher, welche kein Fett 
enthalten, die Herde umgrenzen und durchspinnen; Endeffekt ist eine derbe Narbe. 
Leben die Kinder länger als ca. 3 Tage, dann sind in der Mehrzahl der Fälle der erwähn- 
ten pialen und cerebralen Blutungen makroskopisch sichtbare herdförmige Erweichun- 
gen anzutreffen. Die sog. Encephalitis interstitialis neonatorum Virchows ist ein 
durch das Geburtstrauma hervorgerufener Erweichungsprozeß im Gehirn Neuge- 
borener. Totgeburt, Asphıyxie, Lebensschwäche sind in vielen Fällen durch die trau- 


Geburtsverletzungen des Neugeborenen. 499 


matische Gehirnschädigung bei der Geburt bedingt. Die Tentoriunrisse sind nur eine 

Begleiterscheinung der sehr häufigen allgemeinen Gehirnschädigung bei der Geburt. 
Walther Hannes (Breslau). 

Behne, Kurt: Zur Frage der Oberarmfrakturbehandlung bei Neugeborenen. 

(Oberrhein. Ges. f. Geburtsh. u. Gynäkol., Freiburg v. Br., Sitzg. v. 22. V. 1921 u. Bad 

Kreuznach, Sitzg. v. 26. VI. 1921.) Zentralbl. f. Gynäkol. Jg. 45, Nr. 36, S. 1296 


bis 1297. 1921. 

Behne hat in 3 Fällen die von Spitz y empfohlene Oberarmschienung (Handb. f. Kinder- 
heilkunde) mit ausgezeichnetem Erfolge angewandt. Leicht ist dabei auch die Anbringung einer 
Extension durch Anlagerung eines Wattepolsters an das Ellenbogengelenk unter die Binden- 
züge möglich. Walther Hannes (Breslau). 


Weil,S.: Untersuchungen über die Entstehung der Armlähmung der Neugeborenen. 
(Chirurg. Univ.-Klin., Breslau.) Zentralbl. f. Chirurg. Jg. 48, Nr. 36, S. 1312—1314. 1921. 

Um sich über die Entstehung der Plexuslähmungen bei Neugeborenen zu unter- 
richten, hat Verf. eine Reihe von Leichenversuchen angestellt, über deren Ergebnis 
er berichtet. Durch Zug am Arm wird eine schädliche Überdehnung des Plexus nie 
erreicht, ebensowenig kann durch Elevation eine Schädigung des Nerven eintreten. 
Durch starkes Hochschieben der Schulter gegen den Hals und auch wohl durch stärkste 
Seitwärtsneigung des Kopfes kann der Plexus am leichtesten geschädigt werden. 
Beide Stellungen können schon vor der Geburt dem Foetus aufgezwungen werden 
oder im Geburtsverlauf eintreten bzw. sich verstärken. Die Annahme, daß die Plexus- 
schädigung bereits durch ungewöhnliche intrauterine Zwangsstellungen entstehen kann, 
findet in diesen Experimenten eine Stütze. Auch durch das Eingreifen des Geburts- 
helfers kann u. U. durch Fingerdruck auf den Erbschen Punkt eine Plexusschädigung 
bewirkt werden. | Bode (Homburg v. d. H.)., 

Froelich: Les paralysies obstetricales du bras. (Die Geburtsläimungen des 
Armes.) Rev. de chirurg. Jg. 40, Nr. 7/8, S. 419—450. 1921. 

Auf Grund eigener Erfahrung und Mitteilung eigener einschlägiger Fälle von 
geburtshilflichen Armlähmungen kommt Froelich zu dem Schluß, daß die meisten 
dieser Lähmungen Plexusverletzungen zur Ursache haben und kaum 25% als Folge 
einer Lösung der oberen Oberarmepiphyse anzusehen sind. Viele Fälle der Nerven- 
lähmungen heilen spontan ohne orthopädische Behandlung; keinesfalls soll man früh- 
zeitig irgendwelche chirurgische Eingriffe am Plexus brachialis vornehmen. Bei 
Bildung eines Schlottergelenkes gibt die scapulo-humerale Arthrodese die besten 
Chancen; wenig Erfolg ist mit Muskelverpflanzungen zu erzielen. In bestimmten 
Fällen von Contractur und eventueller Subluxation der Schulter ist Mobilisation in 
Narkose und temporäre Fixierung in Abduction und Supination mit entsprechender 
Nachbehandlung recht aussichtsvoll. Osteostomie am Humerus kommt nur ausnahms- 
weise in Betracht. Die Prognose ist im ganzen günstig zu stellen. Walter Hannes. 

Neck, van: Résultats éloignés du traitement de la lésion dite „decalage“‘ 
obstétrical de l’épaule. (Endresultate der Behandlung der sog. Geburtslähmung 
der Schulter.) Scalpel Jg. 74, Nr. 21, S. 523—525. 1921. 

Nach Destot heilt die durch ein Geburtstrauma abgelöste Epiphyse bei Innen- 
rotation des Armes an, was die nachfolgende Funktionsstörung ohne Vorhandensein 
einer Lähmung vollkommen erklären würde. Der charakteristische Befund ist folgender: 
Arm verkürzt, in Abduktion und Innenrotation, Schulterwölbung abgeflacht, Schulter- 
kopí hinten unter dem Coracoid tastbar. Das Röntgenbild zeigt eine allgemeine Atro- 
phie des Knochens, die Humerusepiphyse abgeflacht und nach außen verlagert. Die 
Behandlung soll die störende Innenrotation beseitigen. Das geschieht entweder durch 
eine Osteotomie des Humerus mit nachfolgender Fixation im Gipsverband in Außen- 
rotation oder durch eine Reposition, besser gesagt Transposition in Narkose, wobei 
der Arm in eine Elevationsstellung von 140° und eine Abduktionsstellung von 90—100° 
gebracht wird. Die Reposition ist deshalb der Osteotomie vorzuziehen, weil diese eine 
für die Funktion der Hand ungünstige dauernde Supination schafft. Glaessner.°° 

32* 


500 Pathologie des Foetus und Neugeborenen. — Ikterus. 


Kofferath, Walter: Über einen Fall von rechtsseitiger Erbscher Lähmung und 
Phrenicuslähmung nach Zangenextraktion. (Univ.-Frauenklin., Hamburg.) Monats- 
schr. f. Geburtsh. u. Gynäkol. Bd. 55, H. 1, S. 33—38. 1921. 

Rossenbeck, H.: Anatomisches über die Facialislähmung beim Neugeborenen. 
(Anat. Inst., Heidelberg.) Zentralbl. f. Gynäkel. Jg. 45, Nr. 28, S. 981—984. 1921. 

Auf Grund seiner Untersuchungen vertritt Rossenbeck die Ansicht, daß die 
Lähmung nicht zustande kommt durch Druck auf den Stamm am Foramen stylo- 
mastoideum, sondern auf die innerhalb der Parotis über den Unterkiefer verlaufenden 
Äste, wobei wahrscheinlich der direkt vor dem äußeren Gehörgang relativ geschützt 
liegende Stirnast nicht regelmäßig mitbetroffen wird. Da die beteiligten Äste allseitig 
in Drüsensubstanz eingebettet sind und somit nie zwischen Haut und Knochen un- 
mittelbar gequetscht werden, so klingen die Lähmungserscheinungen meist schnell ab. 

Walter Hannes (Breslau). 


Dürr, Hermann, Ein Fall von doppelseitiger Entbindungslähmung in Verbindung 
mit beiderseitiger Subluxatio infraspinata. (Dissertation: Leipzig 1921.) 


4. Ikterus. 


Knoepfelmacher, Wilhelm u. Clara Kohn: Untersuchungen über den Gallen- 
farbstoff beim Icterus neonatorum. (Karolinen-Kinderspit., Wien.) Monatsschr. f. 
Kinderheilk. Bd. 22, H. 1, S. 1—4. 1921. 

Kurze Mitteilung, aus welcher hervorgeht, daß die Verff. im Nabelschnurblut von 
50 Fällen die indirekte Diazoreaktion nach Hijmans van den Bergh angestellt 
und sie ausnahmslos positiv gefunden haben. Auch bei 5 ikterischen Neugeborenen 
ergaben die Sera gleichfalls nur die indirekte Reaktion, ebenso das Meconium (bei 
10 Neugeborenen). Auf Grund ihrer Befunde nehmen die Verff. an, daß der Gallen- 
farbstoff sowohl des Blutes wie auch des Meconiums (!) „anhepatisch“, das heißt 
außerhalb der Leber gebildet worden sei. Das Material für den Gallenfarbstoff im 
Nabelschnurblut und im Blute des Neugeborenen könne, wie Schick dies auch bereits 
angenommen hat, dem mütterlichen Blute entstammen. Für die Annahme eines 
Stauungsikterus besteht kein Anhaltspunkt. Ylppö (Helsingfors)., 

Hellmuth, Karl: Untersuchungen über Bilirubinämie beim Neugeborenen, zu- 
gleich ein Beitrag zur Genese des Icterus neonatorum. (Univ.-Frauenklin., Ham- 
burg-Eppendorf.) Monatsschr. f. Geburtsh. u. Gynäkol. Bd. 54, H. 6, S. 341—351. 1921. 

Hellmuth kommt auf Grund eigener eingehenden Untersuchungen zu dem Schluß, 
daß in der Schwangerschaft es keineswegs regelmäßig zu einer Bilirubinämie komme, 
denn im Serum Kreißender findet sich kein höherer Bilirubingehalt als bei anderen 
gesunden Frauen. Auch komnit bei der normalen Schwangerschaft eine wesentliche 
Schädigung der Leber im Sinne einer erhöhten Gallenfarbstoffproduktion nicht. zu- 
stande. Normaliter geht per placentam Gallenfarbstoff nicht über. Hingegen ist der Bili- 
rubingehalt im Blutserum des Neugeborenen gegenüber dem des Erwachsenen beträcht- 
lich erhöht. Zahlreiche Kinder, bei denen es nicht zum Ikterus kam, zeigten die Bili- 
rubinerhöhung wie die, welche ikterisch wurden. Neben der Leberinsuffizienz spielt 
der lebhafte Blutumsatz kurz ante und post partum eine wichtige Rolle bei der Bildung 
des Gallenfarbstoffes im Sinne einer hämato-hepatogenen Genese des Icterus neo- 
natorum. Walther Hannes (Breslau). 

Deluca, Francisco A.: Zum physiopathogenetischen Studium des Icterus neo- 
natorum. Semana méd. Jg. 28, Nr. 45, S. 635—637. 1921. (Spanisch.) 

Gelston, €. F.: On the etiology of hemorrhagic disease of the new-born. 
(Über die Ursache einer Blutung beim Neugeborenen.) (Dep. of pediatr., univ. of 
California a. univ. of California hosp., Berkeley.) Americ. journ. of dis. of childr. 
Bd. 22, Nr. 4, S. 351—357. 1921. 


Gelston berichtet ceinen Fall von schwerer Nabelblutung am 3. Lebenstage; beim Vater 
positive, bei der Mutter negative WaR. Die Heilung gelang durch die Infusion gesunden 


Ophthalmoblennorrhöe. — Lues. 501 


zitrierten Blutes von 10,8 und 35 cem in Abständen von einer halben Stunde. Im Anschluß 
an den Fall wird ziemlich erschöpfend die zu dieser Frage vorliegende Weltliteratur erörtert. 
Walther Hannes (Breslau). 


5. Ophthalmoblennorrhöe. 


Hirsch, Rudolf: Über den Einfluß der obligatorischen Prophylaxe und Anzeige- 
pllicht der Ophthalmoblennorrhoea neonatorum. (Univ.-Frauenklin., München.) 
Münch. med. Wochenschr. Jg. 68, Nr. 38, S. 1223—1224. 1921. 

In Bayern wurde 1910 die von der Hebamme auszuführende prophylaktische 
Einträufelung von 1,2proz. essigsaurem Silber in beide Augen jedes Neugeborenen 
und 1911 auch die Anzeigepflicht für jede Erkrankung an Ophthalmoblennorrhöe 
gesetzlich eingeführt. Diese Maßregeln haben sich als sehr segensreich erwiesen, wie 
Verf. auf Grund des Materiales des statistischen Landesamtes einwandfrei nachweist. 
Während nämlich in den Jahren 1893—1908 die Morbidität an Ophthalmoblennorrhöe 
durchschnittlich 3,5 pro Mille, stellenweise 4 und 5 pro Mille betrug, sank sie 1912, 
also im ersten Jahr nach Einführung obiger Maßregeln auf 1 pro Mille und von da an 
weiter bis heute auf 0,7 pro Mille. Diese Wirkung wurde durch die gleichzeitige Durch- 
führung beider Maßregeln erzielt. Die prophylaktische Einträufelung beschränkt den 
Ausbruch der Erkrankung auf ein Mindestmaß, während die Anzeigepflicht die Sorg- 
falt der Hebamme bei der Einträufelung erhöht und die Weiterverbreitung der trotzdem 
entstandenen Erkrankungen verhütet. Da außer Bayern nur noch Preußen die Prophy- 
laxe gesetzlich eingeführt hat, fordert Verf. Prophylaxe und Anzeigepflicht für das 
gesamte Deutsche Reich. Brons (Dortmund)., 

Lindner, K.: Über die Blennorrhöe des Neugeborenen. (II. Univ.- Augenklin , 
Wien.) Wien. med. Wochenschr. Jg. 71, Nr. 24, S. 1068—1070. 1921. 

Auf Grund zahlreicher Überimpfungen kann es nach Lind ner als erwiesen gelten, 
daß die nicht gonorrhoische Neugeborenenblennorrhöe, die sog. Einschlußblennorrhöe, 
durch ein Virus hervorgerufen wird, das vom Genitale der Mutter stammt und während 
der Geburt auf die Bindehaut des Neugeborenen übertragen wird. Auch in der männ- 
lichen Harnröhre kommt dieses Virus vor. Einschlußvirus auf die Bindehaut des Er- 
wachsenen übertragen ruft Krankheitsbilder hervor, die vom Trachom im engeren 
Sinne nicht unterschieden werden können. Alle nach dem 5. Tage einsetzenden Blen- 
norrhöen sind nach L.s Beobachtungen ausnahmslos Einschlußblennorrhöen; diese 
setzen meist subakut ein. Das Credeverfahren schützt nicht gegen die Einschluß- 
blennorrhöe, bei ihnen kommt es selbst in vernachlässigten Fällen so gut wie nie zum 
. Ulcus corneae. Walther Hannes (Breslau). 


Vitanza, Carlo: Oftalmoblenorrea dei neonati. Riv. d’ostetr. e ginecol. prat. 
Jg. 3, Nr. 7, S. 288—289. 1921. 


6. Lues. 


Fischl, Rudolf und Ernst Steinert: Kongenitale Luesfragen. (Disch. Univ.- 
Kinderklin. i. d. böhm. Landesfindelanst., Prag.) Arch. f. Kinderheilk. Bd. 69, H. 6, 
S. 399—419. 1921. 

Fischl und Steinert kommen auf Grund ihrer an großem Material gemachten 
Untersuchungen und Beobachtungen zu folgenden Schlüssen. Das Collessche Gesetz 
ıst abzulehnen, es erfolgt immer zunächst eine Infektion der Mutter und dann per 
placentam die der Frucht. Hiergegen sprechen auch nicht die Fälle zweieiiger Zwillinge, 
von denen einer luetisch und der andere nicht luetisch geboren wird. Die Autoren 
konnten selbst einen Fall beobachten, wo solche Zwillinge von einer sicher luetischen 
Mutter stammten. Die Kinder waren verschieden kräftig entwickelt und das schwächere 
war luetisch; man muß annehmen, daß die placentare Infektion den einen Foetus 
unberührt ließ. Nach den Beobachtungen der beiden Autoren darf die Profet &’ sche 
Immunität keineswegs regelmäßig mit latenter Lues identifiziert werden. Für die 


502 Pathologie des Foetus und Neugeborenen. 


Mehrzalıl der Fälle ist nach ihren Erfahrungen eine placentare Immunitätsübertragung 
anzunehmen, die bisweilen auf dem Wege der Säugung noch durch längere Zeit er- 
halten bleibt. Bei allen diesbezüglichen Untersuchungen an Säuglingen ist zu bedenken, 
daß es hier immer Fälle gibt, die trotz schwerster eindeutiger Erscheinungen selbst 
bei positivem Spirochätenbefunde konstant negative WaR. zeigen. Jeder chronische 
Ikterus der ersten Lebensmonate ist luesverdächtig. 47,4%, der Säuglinge mit bis 
dahin nauveı WaR. zeigten beim Auftreten manifester Symptome positive WaR.. 
in 23,5% der Fälle blieb auch jetzt noch die WaR. negativ. Die Gesamtsterblichkeit 
der kongenital luetischen Säuglinge war 24,40%; die Kinder mit negativer WaR. bei 
manifest luetischen Erscheinungen hatten eine Mortalität von 33,3%. W. Hannes. 

Browne, Franeis J.: Syphilis in the new born. An investigation into the 
pathology of 21 cases. (Syphilis beim Neugeborenen. Studie über die Pathologie 
von 21 Fällen.) Journ. of obstetr. a. gynaecol. of the Brit. empire Bd. 28, Nr. 2, 
S. 153—189. 1921. 

Unter 200 Fällen von Totgeburten und Todesfällen Neugeborener war 35 mal 
i. e. in 17,5% Syphilis, die Todesursache. So beweisend bei den Müttern die positive 
WaR. ist, so hat namentlich bei alten Infektionen die negative WaR. wenig Bedeutung. 
Keiner der Fälle hatte sich einer ausreichenden Behandlung während der Schwanger- 
schaft unterzogen. Mit bloßBem Auge waren bei der pathologisch-anatomischen Unter- 
suchung nur sehr wenig sichere Zeichen für Lues feststellbar, meist bestanden die 
Zeichen der Frühgeburt. In einem Falle waren makroskopisch schon Lungenveränderun- 
gen deutlich. Histologisch fanden sich 4 mal fibröse Veränderungen in der Thyreoidea 
und Proliferation der Drüsenepithelien bei gleichzeitigem Kolloidmangel. In manchen 
Fällen fanden sich mikroskopisch deutliche Strukturveränderungen in der Thymus, 
darunter eine deutliche Vermehrung und Veränderung der Hassalschen Körperchen. 
Mehrfach fand sich Milzvergrößerung bei gleichzeitiger Lebercirrhose. Die Osteo- 
chondritis syphilitica fand sich deutlich nur einmal und in 2 weiteren Fällen nur an- 
gedeutet. Spirochaeta pallida wurde 9mal gefunden, darunter 8mal bei macerierten 
Föten. Bei Zwillingen, von denen einer maceriert, der andere frischtot war, fanden 
sich Spirochäten nur bei dem macerierten. Walther Hannes (Breslau). 

Jeans, P. C. and J. V. Cooke: A study of the ineidence of hereditary syphilis. 
(Untersuchung über das Vorkommen der Lues hereditaria.) (Dep. of pediatr., Washington 
univ. school of med. a. St. Louis childr. hosp., St. Louis.) Americ. journ. of dis. of childr. 
Bd. 22, Nr. 4, S. 402—411. 1921. 

Bei 2030 unausgewählten Neugeborenen wurde Placentar- und Nabelschnurblut 
nach Wassermann untersucht; bei 389 dieser Kinder wurde außerdem noch nach 
weiteren 2 Monaten das Blut wiederum untersucht. Mit der Placentauntersuchung 
konnten 279% der hereditär syphilitischen Kinder, mit der Nabelschnurblutprobe 63,69, 
festgestellt werden. Die Anwendung beider Methoden in der ganzen Serie führte zur 
Feststellung der Gesanitziffer hereditär syphilitischer Früchte, und zwar fanden sich 
15% bei der farbigen Rasse, 1,8%, bei den armen Schichten der weißen Rasse und 125 
bei der gut situierten Bevölkerung. Man kann schließen, daß bei der Gesanıtbevölkerung 
von St. Louis Lues hereditaria in 39, bei ihrer farbigen Bevölkerung in 9% vorkommt. 

Walther Hannes (Breslau). 

Tezner, Otto: Über Liquorbkefunde bei kongenital syphilitischen Kindern. 
(Karolinen -Kinderspit., Wien.) Monatsschr. f. Kinderheilk. Bd. 22, H. 1, S. 4—14. 
1921. 

Tezner fand bei kongenitaler Lues verhältnismäßig häufig Liquorveränderungen; 
von den Säuglingen zeigten 62,5%, irgendwelche positive Reaktion, besonders oft 
positiven Wassermann. Die Veränderungen waren therapeutisch auffallend gut be- 
einflußbar. Von den älteren Kindern boten die ohne Nerv enerscheinungen nur in 159% 
absolut positiven Befund, die mit Nervenerscheinungen dagegen in 70,1% positiven 
Wassermann im Liquor, 20%, Lymphocytose. G. Ewald (Erlangen). a 


Lues. | 503 


Thoenes, Fritz: Über Muskeluntersuchungen an Neugeborenen, mit besonderer 
Berücksichtigung der kongenitalen Lues. (Städt. Krankenh., Dresden-Friedrichstadt.) 
Jahrb. f. Kinderheilk. Bd. 96, 3. Folge: Bd. 46, H. 1/2, S. 37—48. 1921. 

Bei der Parrotschen Pseudoparalyse hat vor allem Hochsinger in der Musku- 
latur syphilitischer Säuglinge Degenerations- und Entzündungserscheinungen gefunden, 
welch letztere mit denen des Periosts innig zusammenhingen. Hochsinger kam 
daher zu dem Schluß, daß die syphilitischen Extremitätenlähmungen myopathischer 
Natur seien. Verf. untersuchte zur Nachprüfung die Muskulatur von 9 totgeborenen 
syphilitischen Früchten und einem 8 Wochen alten syphilitischen Säugling. Die von 
Hochsinger beschriebenen Lymphocyteninfiltrate fand er nicht, wobei allerdings zu 
betonen ist, daß über das funktionelle Verhalten der Muskeln naturgemäß in den 
ersten 9 Fällen nichts ausgesagt werden kann. Dagegen fanden sich die von ihm 
beobachteten Degenerationserscheinungen und die vorwiegend fibroblastischen Wuche- 
rungen auch bei nicht svphilitischen Fäller, so daß Verf. daraus schließt, daß diese Ver- 
änderungen auf toxische Wirkungen zu beziehen sind. Spirochitäten waren nie in der 
Muskulatur nachzuweisen. Außerdem fand er kleine Infiltrate in und um die Muskel- 
nervenenden. Ein abschließendes Urteil gibt der Verf. nicht, da die Zahl und Wahl 
seiner Fälle ungenügend ist. Verse (Charlottenburg.), 

Flamini, Mario: Sindrome di Oppenheim in un neonato eredoluetico. (Das 
Oppenheimsche Syndrom bei einem heredoluetischen Neugeborenen.) (Brefotr. prov., 
Roma.) Pediatria Bd. 29, Nr. 23, S. 1081—1095. 1921. 

Ein neugeborenes, erstgeborenes Kind mit positiver WaR. des Blutes und des 
Liquors bot das typische klinische Bild der Myatonia congenita (Oppenheim), bei 
fehlender faradischer und erhaltener galvanischer Muskelerregbarkeit. Auch die Mutter 
bot positive WaR. Tod nach wenigen Tagen an Pneumonie. Das Nervensystem wurde 
histologisch untersucht. Es fand sich hauptsächlich eine Verminderung an Zahl und 
Größe der Ganglienzellen in den Rückenmarksvorderhörnern, der Hirnrinde und 
besonders der-Purkinjeschen Zellen des Kleinhirns. In Hirn und Kleinhirn bestand 
eine abundante Gliaproduktion, weniger ausgesprochen im Rückenmark. Die ana- 
tomischen und klinischen Befunde standen evident mit der kongenitalen Syphilis in 
Beziehung. Unter Heranziehung der bisherigen Erfahrungen bezüglich der Pathogenese 
der Myatonie, der Werdnig - Hoffmannschen Muskelatrophie und der Littleschen 
Krankheit meint Autor, daß die erstgenannten zwei Krankheitsbilder pathogenetisch 
zusammengehören und daß der Intensitätsgrad der Veränderungen und die Zeit des 
Beginnes der Erkrankung die klinischen Differenzen erklären kann. Die verschiedenen 
Gruppen der Littleschen Krankheit stünden ätiologisch und pathogenetisch mög- 
licherweise diesen Krankheiten nahe. Neurath (Wien)., 

Hutinel, V. et Pr. Merklen: Méningite tuberculeuse et syphilis héréditaire. 
(Tuberkulöse Meningitis und hereditäre Syphilis.) Arch. de med. des enfants Bd. 24, 
Nr. 9, S. 521—536. 1921. 

Die Verff. haben in den Jahren 1914—1920 unter 206 Kindern mit tuberkulöser: 
Meningitis 23 gefunden, die mit hereditärer Lues behaftet waren. Sie legen auf dieses 
Zusammentreffen Wert, besonders weil die Prognose günstiger sein soll. Aus ihren 
Mitteilungen ist das allerdings nicht zu ersehen, da alle Fälle nur unwesentliche Ab- 
weichungen von dem üblichen Krankheitsbilde der tuberkulösen Meningitis zeigten 
und tödlich endeten. Die Verff. leiteten in jedem Falle eine spezifische Kur (Schmierkur 
und Jod) ein. Sie warnen davor, Meningismus bei hereditär luetischen Kın- 
dern mit dertuberkulösen Meningitis zu verwechseln. Tachau (Braunschweig). °° 

Hughes, Edmund: Craniotabes of the foetus and infant. (Kraniotabes beim 
Foetus und beim Kinde.) Lancet Bd. 201, Nr. 21, S. 1045—1049. 1921. 

Der Arbeit liegt ein Material von 154 Fällen zugrunde. Es besteht ein durch- 
greifender Unterschied zwischen den Veränderungen bei Kraniotabes am Schädel und 
denen bei Frühgeburt; im ersten Falle handelt es sich um eine Atrophie während des 


504 Pathologie des Foetus und Neugeborenen. 


Verknöcherungsprozesses, im zweiten Falle um einen unvollständigen Verknöcherungs- 
prozeß. Mit dem Begriff infantile Kraniotabes bezeichnet man eine Schädelatrophie, 
welche erst einige Zeit nach der Geburt in die Erscheinung tritt. Es werden eingehend 
die physikalischen und makroskopisch-anatomischen Einzelheiten bei der fötalen 
Kraniotabes besprochen, sowie ihre mechanischen Ursachen und ihr klinischer Verlauf; 
diesen Erörterungen liegen 45 Fälle zugrunde. In den übrigen 109 Fällen handelt es 
sich um infantile Kraniotabes; hier ist nach Hughes Meinung die Lues in mehr als 50% 
die Ursache der Kraniotabes. Es scheint ein gewisser Einfluß der Jahreszeit vorhanden 
zu sein, indem 51%, der fötalen und 60%, der infantilen Kraniotabesfälle in den letzten 
Monaten des Jahres geboren wurden. Walther Hannes (Breslau). 

Marfan, A.-B.: Le cranie-tabes des nourrissons et ses rapports avec le rachi- 
tisme syphilitique. (Die Kraniotabes der Säuglinge und ihre Beziehungen zur lue- 
tischen Rachitis.) Paris med. Jg. 11, Nr. 52, S. 493—500. 1921. 

Marfan bespricht ausgehend von einem besonders typischen Fall die ganze 
Pathologie, Diagnose, Differentialdiagnose und Klinik des Kraniotabes und ihre 
Ätiologie. Es ist zu unterscheiden zwischen kongenitaler und acquirierter Kraniotabes 
Echte Kraniotabes ist rachitischen Ursprungs. Die häufigste Ursache der Rachitis ist 
Lues, dann Tuberkulose und Affektionen des Darmtraktus. Die luetische Rachitis ıst 
charakterisiert durch die Frühzeitigkeit ihres Auftretens, ferner durch das Vorherrschen 
der Erscheinungen am Schädel und durch Auftreten einer auffälligen Anämie im ersten 
Vierteljahr bei gleichzeitiger chronisch-hypertrophischer Milz. Walther Hannes. 

Eliassow, Alfred: Meningitis gummosa bei einem Neugeborenen. (Sencken- 
bergisches pathol. Inst., Univ. Frankfurt a. M.) Zentralbl. f. allg. Pathol. u. pathol. 
Anat. Bd. 32, Nr. 5, S. 114—118. 1921. 

Bei einem !/, Tag alten neugeborenen Mädchen fand sich autoptisch außer den gewöhnlichen 
Veränderungen der kongenitalen Syphilis eine circumscripte, pfennigstückgroße, gelbliche 
Verdickung der Pia über dem linken Frontallappen. Mikroskopisch bestand sie aus einer typisch 
gummösen Infiltration mit massenhaften Spirochäten in dem ganzen Gewebe der Pia, nament- 
lich aber im Lumen und in den Wänden der Gefäße. Nach Angabe des Verf. haben außer ihm 
nur noch Ranke sowie Ravaut und Ponselle syphilitische Veränderungen der Pia bei 
Neugeborenen mit positivem Spirochätenbefund beschrieben. Verse (Charlottenburg). 

Manouelian, Y.: Trepon&me pâle et phlebite syphilitique. Etude clinique 
et histo-microbiologique de la phlebite syphilitique primitive de la veine ombilicale. 
(Treponema pallidum und syphilitische Phlebitis; klinische und histo-mikrobiologische 
Studie der ursprünglichen luetischen Phlebitis der Nabelvene.) Gynecol. et obstetr. 
Bd. 3, Nr. 6, S. 407—411. 1921. 

Die anatomische Untersuchung der Nabelschnur einer luetischen Frühgeburt ließ eine 
deutliche Endo- und Periphlebitis der Nabelvene erkennen, und während weder Placenta noch 
die inneren Organe der Frucht Spirochäten enthielten, fanden sie sich massenhaft im Nabel- 
strang. Walther Hannes (Breslau). 

Mengert, Emil: Silbersalvarsan bei Säuglingen mit kongenitaler Lues. (Städt. 
Säuglingsh., Dresden.) Münch. med. Wochenschr. Jg. 68, Nr. 1, S. 13—14. 1921. 

Mengert kann an seinem Material die Ansicht Galewskys bestätigen, daß bei Kindern 
mit kleinen Dosen sehr viel erreicht werden kann. Die Dosierung besteht in 0,006 Silbersal- 
varsan pro Kilogramm K. G.; die Einzelkur besteht in ca. 10 Injektionen in 5tägigem Ab- 
stand; die Gesamtkur besteht aus drei aufeinanderfolgenden Einzelkuren, wobei die WaR. 
stets negativ sein muß. Die WaR. war nach der 5. Einspritzung stets noch positiv und schlug 
mit Ausnahme eines Falles stets am Schluß der ersten Einzelkur um. Walther Hannes. 

Colmegna, Hector: Behandlung der Lues congenita durch Sulfoarsenol. 
Semana med. Jg. 28, Nr. 45, S. 640—641. 1921. (Spanisch.) 

Husten, Carl: Das Schicksal kongenital-syphilitischer Kinder. (Univ.-Kinder- 
klin., Freiburg i. Br.) Arch. f. Kinderheilk. Bd. 69, H. 5, S. 319—336. 1921. 

Von 34 Kindern mit kongenitaler Lues, über deren weiteres Schicksal Feststellungen 
erhoben werden konnten, sind 18 gestorben. Sie haben sich namentlich als widerstands- 
unfähig gegen Infekte gezeigt. Von 14 Überlebenden sind 7 als geistig minderwertig 
und unfähig, je als normale Menschen gelten zu können, zu bezeichnen. Die Mehrzahl 


Tuberkulose. — Melaena 505 


der Kinder war schon schwer geschädigt, also zu spät in Behandlung gekommen, und 
konnte infolge der im Kriege begründeten Verhältnisse nicht ausreichend behandelt 
werden. Bei keinem der in die Ambulanz entlassenen Kinder konnte die Behandlung 
zu Ende geführt werden. Unbedingt anzustreben ist ein gesetzlicher Behandlungszwang 
für kongenital luetische Kinder. Walther Hannes (Breslau). 


Ríos, Jose Rómulo und Leonar Martinez Bisso: Heredosyphilitisches Mon- 
strum. Semana med. Jg. 28, Nr. 32, S. 175—183. 1921. (Spanisch.) 

Die Verff. demonstrieren ein Monstrum pseudohermaphroditum femininum; 
Gewicht 2050 g, 41 cm lang; Mikrocephalus, Encephalocele fronto-parietalis und 
parieto-occipitalis; linkes Auge atrophiert, ein einziges Nasenloch, keine Hoden. 
Doppelt „Labium leporinum‘“, komplizierter Bauchbruch. Spina bifida. Füße: 
Rechts Varo-equinus und links Valgo-planus. Tod 2 Stunden nach der Geburt. 
Durch die Röntgenaufnahme konnte man allgemeine Entkalkung der Knochen, Kno- 
chenhautentzündung und schlechte Konfiguration der Epiphysen feststellen. Aus 
diesem Befunde wurde Lues diagnostiziert, trotzdem die Wassermannreaktion der 
Mutter negativ war. Die Mutter hatte bereits ein gesundes Kind gehabt, außerdem 
eine Fehlgeburt. Die Syphilis wird als die Ursache der Anomalien angenommen. 

Guilera (Barcelona). 


György, P.: Über die Senkungsgeschwindigkeit der roten Blutkörperchen im 
Säuglingsalter, im besonderen bei Lues congenita. (Ainderklin., Heidelberg.) Münch. 
med. Wochenschr. Jg. 68, Nr. 26, S. 808. 1921. 

György fand, daß die roten Blutkörperchen im Citratblut bei Säuglingen nach 
dem 1. Monat eine physiologisch erhöhte Senkungsgeschwindigkeit aufweisen, dagegen 
Säuglinge unter einem Monat eine beträchtliche Verlangsamung. Fieberhafte Ent- 
zündungen, Tuberkulose, namentlich aber Lues congenita führen zu einer weiteren 
starken Erhöhung der Senkungswerte. Sonstige Beschleunigungsmomente ausgeschlos- 
sen, kann die Senkungsgeschwindigkeit bei Fällen von angeborener Lues praktisch 
diagnostische Dienste leisten. Walther Hannes (Breslau). 


1. Melaena. 


Bernheim-Karrer: Über Melaena neonatorum. (Kantonal. Säuylinysh., Zürich.) 
Zeitschr. f. Kinderheilk. Bd. 28, H. 5/6, S. 335—347. 1921. 

Bernheim -Karrer berichtet über eine kleine Melaena-Hausepidemie in der 
Züricher Frauenklinik, wo innerhalb 6 Tagen 6 Erkrankungen an Melaena vorkamen. 
Bei 3 Kindern wurde das Blut, und zwar mit negativem Erfolge bakteriologisch unter- 
sucht. Untersuchungen über die Dauer der Gerinnungszeit erwiesen, daß sich hierdurch 
keine Entscheidung über leichte und schwere Fälle von Melaena treffen lasse; sie 
kann bei leichten Fällen verlängert und bei schweren normal sein. Die Blutplättchen 
fanden sich bei Melaena häufiger leicht vermindert, seltener vermehrt oder normal. 
Die Mütter von 3 Kindern neigten entschieden zu profusen Blutungen und ein 6jähriger 
Bruder des einen Falles hatte sich nach einer Zahnextraktion verblutet. W. Hannes. 


Müller, Heinrich: Zur Frage der Melaena neonatorum. (Inst. f. allg. Pathol. 
u. pathol. Anat., Akad. f. prakt. Med., Düsseldorf.) Zeitschr. f. Kinderheilk. Bd. 30, 
H. 3/4, S. 234—264. 1921. 


Nach eingehender Kritik an dem ja eigentlich nur ein Symptom darstellenden Namen 
Melaena und Erörterung der verschiedenen Theorien dieser Erkrankung werden 5 eigene, 
anatomisch genau untersuchte Fälle klinisch und anatomisch besprochen. In einem Falle han- 
delt es sich um ein peptisches, wahrscheinlich mechanisch entstandenes Geschwür der Speise- 
röhre gleich oberhalb der Kardia mit Blutung aus arrodierter Vene. Im zweiten Falle war die 
Blutungsquelle das Mittelohr, infolge Überfüllung der Mittelohrvenen zustande gekommen 
durch primäre nun abflußhindernd wirkende Blutungen in die weichen Hirnhäute. In den 
3 weiteren Fällen war die Quelle der Blutung die Nasenschleimhaut; solche Blutungen sind bei 
Säuglingen viel ernster als bei älteren Kindern und Erwachsenen. In einem Fall bestand eine 
eitrige vielleicht diphtherische Rhinitis, eine eitrige Basilarmeningitis und eine Bronchopneu- 


506 Pathologie des Foetus und Neugeborenen. 


monie, also lokale und allgemeine Stauung. In den beiden anderen Fällen handelte es sich um 
Frühgeburten, die immer zu Blutungen disponiert sind; zudem war in dem einen Fall 
Ductus Botalli und Foramen ovale offen und im anderen bestanden asphyktische Anfälle. 
Walther Hannes (Breslau). 
Napjus, J. W.: Melaena vera. Nederlandsch tijdschr. v. geneesk. Jg. 65, 1, Hälfte, 
Nr. 26, S. 3487—3488. 1921. (Holländisch.) 


Losee, J. R.: The hemorrhages in the new-born. (Die Blutungen beim Neu- 
geborenen.) Med. rec. Bd. 100, Nr. 13, S. 541—544. 1921. 


Losee berichtet über 16 Fälle schwerer Blutungen bei Neugeborenen, die mit Trans- 
fusion behandelt wurden. Es handelt sich um Fälle von ausgedehnten subcutanen Blutungen 
und Cephalhämatomen, um schwere Nabelnachblutungen, um eine schwere Nachblutung 
nach ritueller Circumeision und um Fälle sog. Melaena; nur ein Kind konnte nicht am Leben 
erhalten werden. L. meint, der Grund für die relativ häufigen spontanen Blutungen Neu- 
geborener liege darin, daß ihr Blut noch nicht völlig fertig sei; das transfundierte Erwachsenen- 
blut führe dann die zur regelrechten Gerinnung nötigen und noch fehlenden Substanzen ein. 
Das Blut des Kindes und des Spenders muß vor der Transfusion auf Isoagglutination geprüft 
werden. Walther Hannes (Breslau). 


Rodda, F. C.: Hemorrhagic disease of the new-born. (Bluterkrankheit beim 
Neugeborenen.) Illinois med. journ. Bd. 39, Nr. 5, S. 427—430. 1921. 

Die Bluterkrankheit beim Neugeborenen ist recht häufig. Ihre Ursache sind Ver- 
änderungen im Blute, welche eine verzögerte Gerinnungszeit im Gefolge haben. Die Blu- 
tungen können auch okkulte sein. Untersuchung des Blutes kann eher zur Sicherung 
der Diagnose führen als andere Symptome. Eine einfache und zielvolle Behandlung 
ist bei zeitiger Anwendung die subcutane Injektion von Blut. Die Blutungs- und die 
Gerinnungszeit sollte bei allen Neugeborenen, ohne daß irgendwelche Symptome 
vorhanden sind, bestimmt werden. Walther Hannes (Breslau). 

Jørgensen, Stefan: Haematemesis und Melaena neonatorum. (Kommunehosp., 
2. Abt., Kopenhagen.) Hospitalstidende Jg. 64, Nr. 21, S. 321—329. 1921. (Dänisch.) 

Verf. nimmt an, daß die Häufigkeit des Melaenasymptoms mit 1: 1000 ver- 
anschlagt werden kann. Er berichtet über einen selbst beobachteten Fall, der mit 
Haematemesis einherging. Das Kind, ein Mädchen von 3750g Gewicht, war das 
2. Kind völlig gesunder Eltern und nach 6stündiger Wehentätigkeit, 1%/, Stunde nach 
Blasensprung in I. Hinterhauptslage geboren worden. Es war nicht asphyktisch und 
schrie schon vor der Abnabelung. Nach 16 Stunden wurde es zum ersten Male angelegt. 
es trank dann alle 3 Stunden. In der Nacht vom 2.—3. Tag bekam es plötzlich eine 
starke Haematemesis und mit den Stuhl erschien Blut. Dieses wiederholte sich 3 mal. 
Es wurde schwer anämisch mit starker Untertemperatur eingeliefert und starb nach 
5 Stunden. Die Sektion ergab im Pylorus mehrere ganz kleine punktförmige Ecchy- 
mosen und im Duodenum 1 cm distal vom Pylorus eine ganz oberflächliche 7,5 mm lange 
und 2 mm breite Schleimhautulceration. Ein eröffnetes Gefäßlumen ist nicht auffind- 
bar. Zum Schlusse bespricht Verf. die verschiedenen Theorien über die Entstehung 
der Geschwüre im Magendarmtraktus. Er teilt die Theorien ein in 1. solche, die an- 
nehmen, daß die Ulcerationen als Folge einer Infektion der Schleimhaut entstehen: 
2. solche, die behaupten, daß die Geschwüre durch embolische und thrombotische 
Prozesse hervorgerufen werden; 3. und endlich in solche, die die Ursache in einer 
angeborenen oder erworbenen Dysfunktion der Schleimhaut erblicken. Saenger. 

Vergnory, M.: Hématémèse et melaena du nouveau-né. (Haematemesis und 
Melaena des Neugeborenen.) Gaz. des höp. civ et milit. Jg. 94, Nr. 5, S. 69—72 
u. Nr. 7, S. 101—104. 1921. 

Vergnory bespricht eingehend die Hämatemesis und Melaena neonatorum, und 
zwar ihre Geschichte, Ätiologie, pathologische Anatomie, Klinik, Diagnostik und 
Therapie. Nach V. ist diese Affektion selten, aber nicht außergewöhnlich selten, 
anatomisch finden sich vielfach Gefäßdilatationen und Ulcerationen im gastro-intesti- 
nalen Traktus; ätiologisch kommen auch oft infektiöse Prozesse in Betracht. Die 
Prognose ist weniger schlecht als oft angegeben wird. Therapeutisch kommen neben 


Tuberkulose. — Melaena. 507 


Sorge für völlige Ruhe des Kindes Pferdeserum, Gelatine, Adrenalin, Calciumchlorat, 
Ergotin in Betracht. Große Aufmerksamkeit ist der Erhaltung der Körperkräfte zu 
widmen. Walther Hannes (Breslau). 

Carstens, J. H. G.: Über die Therapie der Melaena neonatorum vera. 
Nederlandsch maandschr. v. geneesk. N. F. Jg. 10, Nr. 8, S. 428—434. 1921. 
(Holländisch.) 

Obschon Verf. bisher in seiner Praxis 8 Fälle vorkamen und er keinen einzigen verlor, 
ist er sich über die beste Therapie nicht sicher und bittet Kollegen, sich mit ihm in Verbindung 
zu setzen; jeder möge in Zukunft die wenigen Fälle, die in seine Beobachtung kommen, 
nach einem der verschiedenen empfohlenen therapeutischen Verfahren behandeln. Später 
müßte man dann die Resultate austauschen. Die bisher empfohlenen Behandlungsweisen 
werden ausführlich besprochen. Lamers (Herzogenbusch). 

Jervell, Fredrik: Ein Fall von Melaena neonatorum, mit Bluttransfusion be- 
handelt. (Frauenklin., Christiania.) Norsk magaz. f. laegevidenskaben Jg. 82, Nr. 11, 
S. 778—783. 1921. (Norwegisch.) 

Bei einem anscheinend gesunden Neugeborenen traten 2!/, Tage nach der Geburt schwere 
Darmblutungen auf, die nach Seruminjektion nicht standen. Da allem Anschein nach das Kind 
am Verbluten war, wurden 100 cem Citratblut von der Mutter nebst 50 ccm Salzwasser in eine 
bloßgelegte Halsvene transfundiert. — Dies war von fast augenblicklicher Wirkung. Das Kind 
kam schnell zu Kräften und die Blutung kam zum Stehen. Färbekraft und Blutkörperchenzahl 
stiegen von 40 und 2 600 000 auf 60 und 4 300 000. Im Laufe der folgenden 3 Tage kam es zu 
einer weiteren Steigerung von Färbekraft und Zahl der Blutkörperchen als Ausdruck einer 
vermehrten Blutkonzentration, indem das Blut sich von der überschüssigen Flüssigkeit befreit 
hatte. — Eine entsprechende Steigerung zeigte der Titer des von dem mütterlichen Blute 
stammenden Agglutinins. Auf dieser Grundlage wurde der Versuch gemacht, die Blutmenge 
des Kindes (vgl. Behrings Methode) zu berechnen sowie die Variationen derselben nach der 
Transfusion. Kurz nach der Transfusion fand sich eine Blutmenge von 400 ccm, die dann auf 
etwas unter 300 sank. — Das Verhalten der kindlichen und der transfundierten mütterlichen 
Blutkörperchen wird in zwei Kurven gezeigt, indem die Blutkörperchen durch eine „Differen- 
tialagglutination‘ unterschieden werden konnten. In den ersten 10 Tagen machten die eigenen 
Blutkörperchen des Kindes nur die Hälfte der Gesamtzahl aus. Danach begann die Gesamt- 
zahl zu sinken, während die Zahl der kindlichen Blutkörperchen selbst ungefähr unverändert 
blieb, d. h. die transfundierten Blutkörperchen hatten begonnen, zugrunde zu gehen, bevor 
es zu einer merkbaren Neubildung der Blutkörperchen des Kindes selbst gekommen war. — 
Das Kind wurde 14 Tage nach der Transfusion entlassen, etwas anämisch, aber sonst in gutem 
Zustand. Ungefähr 6 Wochen nach der Geburt wurde das Kind wieder untersucht. Es war 
nunmehr im Verhältnis der Blutkörperchen eine Verschiebung eingetreten, indem die Zahl 
der eigenen Blutkörperchen des Kindes bedeutend zugenommen hatte, die der transfundierten 
dagegen abgenommen. — Der Fall zeigt die hämostatische Wirkung von Citratbluttransfusionen 
und zeigt, wie wichtig es ist, daß die transfundierten Blutkörperchen im Blut des Rezipienten 
am Leben bleiben. Dadurch wird das Eintreten einer schweren Anämie in den Fällen ver- 
hindert, in denen die Blutregeneration spät in Gang kommt. Autorcferat., 

Tofte, Axel: Fall von Melaena neonatorum vera idiopathica mit Bluttrans- 
fusion behandelt. (Ver. f. Gynäkol. u.@eburtsh., Kopenhagen, Sitzg. v. 10. XII. 1920.) 
Hospitalstidende Jg. 64, Nr. 35, S. 27—29. 1921. (Dänisch.) 

Vortr. berichtet über ein 2650 g schweres, 49 cm langes neugeborenes Mädchen einer 
32 jährigen gesunden I.-Para, bei dem es am 3. Tage nach der Geburt zu einer starken Intestinal- 
blutung kam. Da die Behandlung mit Kochsalzinfusion, Campher und Adrenalin olıne Erfolg 
blieb, wurden der Mutter 50 cem Blut entnommen, mit Natriumcitrat versetzt und 25 ccm 
Citratblut in die linke Vena femoralis des Kindes injiziert. Das Kind erholte sich sofort und 
konnte 10 Tage danach gesund entlassen werden. Außer in die Vena femoralis könnte die 
Injektion auch in den Sinus longitudinalis vorgenommen werden. Saenger (München). 

Laurie, R. Douglas: Melaena neonatorum treated by blood transfusion. (Be- 
handlung der Melaena neonatorum mit Bluttransfusion.) Brit. med. journ. Nr. 3145, 
S. 527. 1921. 

Halbertsma, Tj.: Ein Fall von Anämie hei Zwillingen, wobei das eine Kind 
mit Bluttransfusion, das andere mit Arzneien behandelt wurde. (A/d. Kindergeneesk., 
Acad. ziekenhuis, Leiden.) Nederlandsch tijdschr. v. geneesk. Jg. 65, 2. Hälfte, 
Nr. 15, S. 1837—1841. 1921. (Holländisch.) 

Dem einen der 8 Monate alten Zwillinge mit Anaemia pseudoleucaemica infantum, 


wurde 130 cem Citratblut des Vaters in die Armvene eingespritzt. Beide bekamen 


508 Pathologie des Foetus und Neugeborenen. — Tetanus. — Hautveränderungen. 


weiter dieselbe Diätvorschrift und Phosphorlebertran; das nichteingespritzte Kind 
außerdem Eisen und später Arsen. Nach 4 Monaten war der Allgemeinzustand des 
mit Blutinfusion behandelten Kindes bedeutend günstiger geworden, die rachitischen 
Erscheinungen waren im Begriff zu verschwinden, das Blutbild hatte sich in jeder 
Beziehung gebessert und die Milz war kleiner geworden. Dagegen hatten bei dem 
anderen Kinde sämtliche Krankheitserscheinungen zugenommen. 2 Tabellen. Lamers. 


8. Tetanus. 


Zeissler, J. und R. Käckell: Die ätiologische Diagnose des Nabeltetanus beim 
Neugeborenen. (Kinderklin., Univ. Hamburg u. städt. bakteriol. Untersuchungsamt, 
Altona.) Jahrb. f. Kinderheilk. Bd. 96, 3. Folge: Bd. 46, H. 3/4, 5. 176—180. 1921. 

Zeissler und Käckell berichten einen Fall von Tetanus beim 5 Tage alten Kinde, 
wo der Tetanusbacillus aus dem vorhandenen Ulcus umbilici isoliert und dann in Reinkultur 
gezüchtet und biologisch auch im Tierversuch geprüft werden konnte. Walther Hannes. 


Bakay, Emma: Kypho-seoliosis im Anschluß an Tetanus neonatorum (,Te- 
tanus-Buckel“). Orvosi hetilap Jg. 65, Nr. 45, S. 396—397. 1921. (Ungarisch.) 

Bei einem 17tägigem Säugling, der seit 8 Tagen an akutem Tetanus litt, entstand 
erst ein Gibbus, dann eine Kypho-Skoliose, welche Erscheinungen mit dem Aufhören 
des Krampfstadiums zurückgingen. Der Fall endete letal. Erwähnung noch eines 
ähnlichen, jedoch günstig verlaufenen Falles bei einem 8jährigen Kinde. Temesvary. 


9. Hautveränderungen. 


Scholtz, Moses: Dermatoses of the new-born and infants. (Dermatosen der 
Neugeborenen und der Kinder.) Arch. of pediatr. Bd. 38, Nr. 2, S. 65—72. 1921. 

Scholtz handelt kurz alle bei Neugeborenen und Kindern vorkommenden Dermatosen: 
Sklerem und Ödem, Ichtyosis, Lues congenita, Streptodermie, Ekzem und sekundäres Ekzem, 
Urticaria, Arzneiexantheme, postvaccinale Affektionen ab, um zu zeigen, daß alle diese Derma- 
tosen im Kindesalter gegenüber dem Erwachsenen besondere Einzelheiten hinsichtlich Dia- 
gnose, Verlauf und Therapie zeigen. Somit ist die kindliche Dermatologie ein besonders wich- 
tiger Zweig der Pädiatrie und Geburtshilfe. Walther Hannes (Breslau). 


Bierende: Pemphigus neonatorum. (Prov. Hebammenlehranst., Elberfeld.) Arch. 
f. Gynäkol. Bd. 114, H. 2, S. 411—427. 1921. 

Der Pemphigus neonatorum ist nach Bierende ein einheitliches, charakteristisches 
Krankheitsbild und wohl abgegrenzt gegen andere bullöse Hauterkrankungen. Es ist 
eine Kokkeninfektion mit Staphylococcus aureus auf dem Boden lokaler und allgemeiner 
Schädigungen. Kontagiös aber nicht endemisch ım üblichen Sinne ist der Pemphigus, 
weswegen auch ohne Gefährdung der anderen Kinder die erkrankten mit gutem Erfolge 
ohne eigentliche Isolierung behandelt wurden. Bei der Behandlung ist die Selbstinfek- 
tion durch Verreiben des Blaseninhaltes mittels der Leibwäsche zu vermeiden; auf- 
getretene Blasen müssen bald entfernt, ihr Grund und die umgebende Haut mit Alkohol 
und Sublimatlösung abgetupft und der Blasengrund mit Protargolsalbe bestrichen 
werden. Der Verlauf ist bei dieser Behandlung ım allgemeinen gutartig. 

Walther Hannes (Breslau). 

Lönne, Friedrich: Über Aplasia eutis congenita. (Univ.-Frauenklin., Göttingen.) 
Zentralbl. f. Gynäkol. Jg. 45, Nr. 46, S. 1654—1657. 1921. 

Kongenitale, durch amniotische Verwachsungen entstandene Substanzdefekte am 
Schädeldache betreffen zumeist Haut- und Unterhautzellgewebe und reichen bis auf 
die Galea oder das Epicranium; nur ausnahmsweise liegt das Gehirn frei. Meist ist 
der Defekt in der Scheitelgegend, der kleinen und großen Fontanelle, sehr selten retro- 
auricular in der Gegend der Hinterhauptschuppe oder am Stirnbein. Auch an anderen 
Stellen (Anectodermia maculosa, Dermatitis atrophicans) können enorm dünne atro- 
phische Felder vorkommen. Der Defekt kann auch am Rücken mit bandartiger Aus- 
strahlung gegen die Bauchseite liegen (9:6 cm): Zwilling neben dreimonatigem 
Foetus. Es werden 2 Fälle von reifen Neu- (Erst-)Geborenen beschrieben; der eine 


Hautveränderungen. 509 
mit pfenniggroßem, subumbilicalem, der andere mit größerem (5 : 6 cm) in der Nates- 
gegend. Ein dritter Fall zeigt Defekte an den Mittel- und Endphalangen des Zeige- 
fingers und des Daumens. Greil. 

Liebe: Hautschädigung beim Neugeborenen durch Gonokokken. ( Prov.- Hebammen- 
lehranst., Elberfeld.) Dtsch. med. Wochenschr. Jg. 47, Nr. 52, S. 1590. 1921. 

Liebe berichtet einen Fall, wo bei einem von einer gonorrhoischen Mutter stam- 
menden Neugeborenen eine eigenartige bläschenförmig pustulöse Hautaffektion — 
ausgehend von einer Scheuerwunde an Wange und Daumen — über Kopf und Hand 
sich ausbreitete.. Im Bläscheninhalt waren stets nur unzweifelhafte Gonokokken 
nachweisbar. Schließlich Heilung durch Betupfung mit konzentrierter Höllenstein- 
lösung; täglich prophylaktische Argentum nitr.-Einträufelungen in den Augenbinde- 
hautsack. Walther Hannes (Breslau). 

Hallez, G. L.: Etude critique sur certaines dermatoses desquamatives du 
nourrisson, (Kritische Studien über gewisse desquamative Dermatosen des Säug- 
lings.) Nourisson Jg. 10, Nr. 1, S. 6—28. 1921. 

Verf. unterscheidet drei verschiedene Gruppen von Erythrodermien mit nach- 
folgender Desquamation beim Säugling. 1. Die physiologische Abschuppung 
des Neugeborenen mit ihren verschiedensten Abarten. Hierbei ist die Rötung der Haut 
nur geringfügig und flüchtig, es besteht keine Seborrhöe, keine Bläschenbildung, sie 
dauert höchstens 3—4 Wochen, selten bis gegen Ende des 2. Lebensmonats, sie erreicht 
ihren Höhepunkt am 3. bis 5. Tage. Eine Behandlung ist nicht erforderlich. 2. Die 
Dermatitis exfoliativa Ritter. Es erscheint Verf. nicht bewiesen, daß es sich um 
eine eigene Erkrankung handelt, er hält sie vielmehr für eine besonders schwer auf- 
tretende Folgeerkrankung der gewöhnlichen mit Bläschenbildung einhergehenden, 
impetiginösen Hauterkrankungen des Säuglings, wie Pemphigus, Impetigo usw. Die 
Erkrankung, in Frankreich wenig bekannt, beginnt mit einer Erythrodermie und 
Rhagadenbildung um die Mundpartie, greift dann unter Bläschenbildung über auf die 
anderen Teile des Körpers. Das Erythem ist purpurrot, die Abschuppung geschieht in 
großen Lamellen. Ödeme werden häufig beobachtet. Mortalität ca. 50%. Die Heilung 
beginnt mit Nachlassen der Ödeme, Abblassen der Haut und Nachlassen der Desqua- 
mation. Pathologisch-anatomisch findet man starke Veränderungen der Hornhaut, 
hinabreichend bis in das Stratum granulosum und lucidum, ferner eine Infiltration des 
lymphatischen Gewebes in den Malpigischen Körperchen. 3. Die Erythroder mia 
desquamativa de Moussous- Leiner. Die Erkrankung ist nicht übertragbar. 
Verf. hält sie für eine Komplikation eines gewöhnlichen Erythems auf einer zur Sebor- 
rhöe neigenden Haut. Hier breitet sich die Erythrodermie schnell aus, wenn sie ihren 
Höhepunkt erreicht hat, tritt Desquamation auf. Ödeme im Unterhautzellgewebe 
bestehen nicht, dagegen sind die Hautgefäße stark erweitert. Heilung tritt meist in 
3—4 Wochen ein. Die häufig bei der Erkrankung vorkommenden Ernährungsstörungen 
verschlechtern aber die Prognose. Verf. rechnet die Erkrankung zu den ekzematösen 
Hauterkrankungen, die durch irgendwelche Toxine verursacht werden. Die Behand- 
lungalldieser Erkrankungen ist mehr hygienischer, denn medikamentöser Natur. 
Peinlichste Sauberkeit, aber Vermeiden des Badens evtl. Waschungen mit ganz schwa- 
cher Jodlösung (3%). Puderbehandlung und Fernhalten jeden Reizes von der Haut. 
Ferner Regelung der Diät, am besten Brusternährung. In den Fällen, in denen eine 
scheinbare Intoleranz gegen Frauenmilch besteht, injiziert Verf. dieselbe Milch sub- 
cutan. Für die stillenden Mütter gibt er strenge Diätvorschriften. Medikamentös 
käme Adrenalin in kleinen Dosen oder Thyreoidin in Frage, letzteres besonders, wenn 
die Erythrodermie mit einer starken Seborrhöe verbunden ist. A. Reiche.” 

Tate, Magnus A.: Dermatitis gangrenosa (bullous) in a newborn infant. (Derma- 
titis gangraenosa [bullöse] beim Neugeborenen.) Americ. journ. of obstetr. a. gynecol. 
Bd. 1, Nr. 7, S. 724—725. 1921. 

Ein kräftiges Kind zeigt bei der Geburt zahlreiche Blasen im Gesicht und am 


510 Pathologie des Foetus und Neugeborenen. 


Körper; an beiden Füßen gangränöse Flecke, welche Veränderung auf die Unter- 
schenkel sich ausbreitetee Auch am Daumen und Zeigefinger der rechten Hand 
waren gangränöse Flecke zu sehen. Am siebenten Lebenstage starb das Kind. 
Es wird der Verdacht ausgesprochen, daß Lues die Ursache der Hautgangrän 
sein könnte, doch war die Wassermannreaktion bei Mutter und Kind negativ. 
Leiner (Wien). °° 

Thibierge, Georges et Pierre Legrain: Sur l’ichtyose fatale. (Ein Beitrag zur 
fötalen Ichthyosis.) Ann. de dermatol. et de syphiligr. Bd. 2, Nr. 7, S. 289—304 
u. Nr. 8/9, S. 337—345. 1921. 

An der Hand von 2 neubeobachteten Krankheitsfällen und unter Heranziehung 
von 2 weiteren, schon 1898 veröffentlichten Fällen ergreift Thibierge in Gemein- 
schaft mit Legrain erneut zu der Frage der „Ichthyosis foetalis°‘ das Wort. — Im 
Gegensatz zu der sonst üblichen Nomenklatur, bei der Ichthyosis foetalis gleich- 
bedeutend ist mit kongenitalem, malignem, diffusem Keratom, gebraucht 
Th. die Bezeichnung Ichthyosis foetalıs für ein Krankheitsbild, das sonst allgemein 
nach dem Vorschlage Brogs mit Erythrodermie ichthyosiforme congenitale 
usw. benannt wird. 

Bei den 4 ausführlich besprochenen Fällen handelt es sich um (3 männliche und 1 weib- 
liches) Individuen, deren Lebensalter zwischen 14 und 27 Jahren gelegen ist. Nirgends wies 
die Krankheit einen hereditären oder familiären Charakter auf. Hervorzuheben ist, daß in einem 
Falle die Eltern mit Bestimmtheit, in einem anderen Falle der Vater wahrscheinlich syphilitisch 
erkrankt waren. Die Erkrankung war in allen Fällen bei der Geburt vorhanden oder kurz 
danach beobachtet worden und ist stets in den folgenden Monaten akzentuierter geworden. 
In 2 Fällen bestand bei der Geburt ein Ectropium der Augenlider. Sonstige Mißbildungen 
sind nicht hervorzuheben. Die Hyperkeratose, die in 3 Fällen ausgesprochen und in einem Falle 
sehr abgeschwächt vorhanden war, war generalisiert und hatte in jeder Körperregion einen be- 
stimmten Typus. Bald war sie mehr verrukös, bald bot sie mehr einen krokodilhautähnlichen 
Anblick dar. Die Hände und Füße wiesen eine diffuse Keratodermie auf; daneben bestand 
an Händen und Füßen eine starke Hyperhidrosis. Die Nägel waren rissig, trocken und glänzend. 
Erythrodermie war in einem Falle deutlich sichtbar, während sie in einem 2. Falle nur an- 
gedeutet schien. Bullöse Efflorescenzen fehlten im klinischen Bilde. 

Die beschriebenen Krankheitsbilder sind demnach in die Erythrodermie 
ichtyosiforme Brogqs einzureihen. Die generalisierte Ausbreitung, vor allem das 
Maximalbefallensein der Beugeseiten der großen Gelenke, die Art der Hyperkeratose, 
die Hyperhidrosis, der Beginn der Erkrankung bei der Geburt, die Abwesenheit der 
Heredität bedingen eine Abtrennung des Krankbheitsbildes Brogs von der Ichthyosıs 
vulgaris. Die Frage, ob es sich bei der „Ichthyosis foetalis‘ Th.s um eine abgesch wächte 
Form des kongenitalen, diffusen, malignen Keratoms handelt, wollen die Autoren 
nicht bejahen und als ungelöst ansehen. Auch Beziehungen bzw. Übergänge zu der 
lamellösen Desquamation der Neugeborenen werden abgelehnt, da diese Erkrankung 
nicht die gleichen Prädilektionsstellen wie die Ichthyosis Th.s hat und da weiterhin nicht 
beobachtet ist, daß sich aus einer lamellösen Exfoliation der Neugeborenen das charak- 
teristische Krankheitsbild von Th.s „Ichthyosis foetalis“ entwickelt hat, vielmehr be- 
obachtet ist, daß bei den Fällen der lamellösen Desquamation die Haut allmählich 
normal wurde. — Von dem beschriebenen Krankheitsbild der „Ichthyosis foetalis“ 
(Th.s) wollte Langlet ein äußerst seltenes, bisher in 2 Fällen bekanntes (Th. und 
Giovanni) Bild abtrennen, das charakterisiert war durch vorspringende, scharf be- 
grenzte Herde aus basaltähnlichen Hornwucherungen, die auf der ganzen Haut ver- 
breitet waren. Th. will diese Fälle vorerst aber als Raritäten beiseite gelegt haben. 
Verwandtschaftliche Beziehungen zwischen den lokalisierten, kongenitalen Hyper- 
keratosen und der ichthyosiformen Erythrodermie lehnt Th. ab. Wegen des morpho- 
logisch ähnlichen Aussehens darf man verschiedene Krankheitsbilder nicht nähern 
wollen. Die Fälle der generalisierten Hyperkeratosen bedürfen neuer Untersuchungen 
und einer Sammlung genau beobachteter Fälle. Eine Zusammenfassung und Klassı- 
fikation dieser Fälle ist zurzeit verfrüht. Gottron (Berlin). °° 


Hautveränderungen. 511 


Thibierge, Georges et Pierre Legrain: Sur l’ichtyose foetale. (Über fötale 
Ichthyosis.) Ann. de dermatol. et de syphiligr. Bd. 2, Nr. 7, S. 289—304 u. Nr. 8/9, 
S. 337—345. 1921. 


Golay, J.: Sur l hyperkératose diffuse congénitale. (Beitrag zur diffusen kon- 
genitalen Hyperkeratose.) Ann. de dermatol. et de syphiligr. Bd. 2, Nr. 3, S. 97 
bis 120. 1911. 

Beobachtung eines Säuglings, 7. Kind, mit einer Erkrankung von diffuser Hyperkeratose 
in der Form der abgeschwächten fötalen Ichthyosis. Elternanamnese ohne Belang. Von den 
älteren Geschwistern des kranken Säuglings litten: das 1. und 2. Kind (Fall Humbert) und 
das 5. Kind (Fall Hübschmann) an malignem, diffusem, kongenitalem Keratom. — Nach 
den klinischen Symptomen ist die Erkrankung des Säuglings, der im Alter von 7 Wochen 
einer interkurrenten Krankheit erlag, den Fällen von Caspary, Behrend u. a. vergleichbar, 
die der Autor der Erythrodermie congénitale ichthyosiforme Broqs zuzählt. Die Mutter des 
Kindes gibt nun mit aller Bestimmtheit an, daß die Ursache der Hautdystrophie bei dem Säug- 
ling ihr Abusus von Kochsalz während der Schwangerschaft ist. Die Mutter begründet dies 
damit, daß sie während der Schwangerschaft stets von einer Sucht nach Kochsalz befallen 
wurde, und daß sie, wenn sie diesem Verlangen nachgab, ein ichthyotisches Kind zur Welt 
brachte. Hatte sie dagegen genügend Willenskraft, dem Drang nach Kochsalz zu wider 
stehen, so gebar sie ein gesundes Kind. 

Der Autor wirft die Frage auf, ob Kochsalz oder irgendeine andere Substanz, 
die die Mutter während der Schwangerschaft in großer Menge aufnehme, die Ursache 
der fötalen Ichthyosis sein kann oder allgemeiner, ob die diffuse, fötale Hyperkeratose 
nicht eine zufällige Hauterkrankung sei, die in der fötalen Periode erworben werde 
ım Gegensatz zu der Ichthyosis vulgaris, die er als eine familiäre, hereditäre Dystrophie 
ansieht. Die fötale Ichthyosis glaubt Golay von der Ichthyosis vulgaris trennen zu 
müssen auf Grund der Symptome (Lokalisation), der Evolution (ausgesprochenes Krank- 
heitsbild bei Geburt mit schwerer Beeinträchtigung des Gesamtorganismus bei der 
fötalen Ichthyosis, allmähliche Entwicklung längere Zeit nach der Geburt ohne Störung 
der allgemeinen Gesundheit bei Ichthyosis vulgaris), und auf Grund der Ätiologie (intra- 
uterin erworbene Krankheit bei der Ichthyosis foetalis, hereditär-familiäre Krankheit 
bei der Ichthyosis vulgaris). Die Pathogenese beider Erkrankungen ist noch ungeklärt 
und trennende Gesichtspunkte können nicht angeführt werden. Die diffuse, kongenitale 
Hyperkeratose, von der G. drei klinische Formen kennt, das maligne, diffuse, kon- 
genitale Keratom, die Erythrodermie congénitale de Broq und die Jamellöse Exfoliation 
der Neugeborenen von Grass-Török, ist eine Krankheit, deren Beginn ım intra- 
uterinen Leben liegt, und die bedingt wird durch Affektionen und Intoxikationen der 
Mutter während der Schwangerschaft. Diese Intoxikationen können zufällig toxisch, 
ınfektiös-toxisch, autotoxisch oder alimentär-toxisch sein. So besteht denn auch die 
Möglichkeit, daß in dem Falle der Beobachtung durch den mütterlichen Abusus von 
Kochsalz während der Schwangerschaft die Hyperkeratose des Säuglings entstanden 
sein kann. Der Autor ist sich des Skeptizismusses bewußt, den diese Annahme auslösen 
wird, bittet aber, diesen Fragenkomplex nachzuprüfen. Gotiron (Berlin). °° 


Castroverde, Jose: Cervico-faciale Aktinomykose bei einem Brustkind. Arch. 
de ginecopat., obstetr. y pediatr. Jg. 14, Nr. 6, S. 263—267. 1921. (Spanisch.) 

Die Aktinomykose ist in Spanien selten: Castroverde hat in 1l5jähriger Landpraxis 
nur 5 Fälle gesehen. In dem beschriebenen handelte es sich um ein 13 Monate altes Kind. 
Einfache Incision, Behandlung der Wunde mit Wasserstoffsuperoxyd und Jodtinktur und 
Jodkalium innerlich führten in 6 Wochen zur Heilung. C. warnt nicht nur vor Excision des 
Infiltrats, sondern auch vor dem Gebrauch des scharfen Löffels, der zur Propagation der In- 
fektion Anlaß geben kann. Pflaumer (Erlangen). 

Petönyi, Géza: Über die Ödeme der Frühgeburten. (Kinderklin. Preßburger 
ungar. Univ., derz. in Budapest i. „Weißen Kreuz‘‘- Kinderspi.) Monatsschr. f. 
Kinderheilk. Bd. 19, Nr. 6, S. 461—467. 1921. 

Petényi berichtet über einen Fall von idiopathischem Ödem, beobachtet an 
einer Frühgeburt. Ein Faktor für das Zustandekommen solcher Ödeme ist ohne Zweifel 
die Verminderung der Herzkraft, ein weiterer eventuell die Abkühlung des Kindes, 


512 Pathologie des Foetus und Neugeborenen. — Allgemeines. 


dessen wärmeregulierendes Zentrum noch nicht regelrecht funktioniert. Ferner hat 
Ylppö darauf hingewiesen, daß bei Frühgeburten nicht nur eine leichte Durchlässig- 
keit der Blutcapillaren, sondern auch der Lymphgefäße charakteristisch ist. In P.s 
Fall handelte es sich um eine 2400 g schwere und 41 cm lange Frühgeburt, die 7 Tage 
alt war. Die Ödeme gingen während eines Monats spontan zurück; mit 3 Monaten 
starb das Kind an einer Bronchopneumonie. Es handelte sich um ein Kind von mongo 
loidem Typ mit sicherer Hypothyreose, die autoptisch bestätigt wurde. P. ist 
geneigt, die Hypothyreose ätiologisch mit dem Ödem in Zusammenhang zu bringen; 
schließlich kommt nach ihm in solchen Fällen auch vasomotorische Labilität ätio- 
logisch in Betracht. Walther Hannes (Breslau). 


Péry: Un cas d’oedeme generalise du foetus. (Ein Fall von allgemeinem Ödem 
bei einem Foetus.) (Soc. d’obstetr. et de gyn£ecol., Bordeaux, 24. V. 1921.) Bull. de la soc. 
d’obstetr. et de gynccol. de Paris Jg. 10, Nr. 5, S. 366—368. 1921. 


Cook, Paul: A clinical study of the premature infant. (Zur Klinik der Früh- 
geburten.) Arch. of pediatr. Bd. 38, Nr. 4, S. 201—216. 1921. 

Das Material umfaßt insgesamt 77 Frühgeburten. 60 von diesen wurden in ge- 
wöhnlichen Krankensälen, 17 ın besonderen Couveusen gepflegt. Unter den ersteren 
betrug die Mortalität 46,6%, unter den letzteren nur 29%. Die Gesamtmortalität 
war 43%. Von den Todesfällen fielen 57% auf den 1. Lebenstag. Unter Ausschluß der 
3 ersten Lebenstage sank die Sterblichkeit bis 15%, herab. Unter den Kindern der 
an Nephritis erkrankten Mütter war die Prognose auffallend schlecht, von 6 Kindern 
starben 5. Das kleinste Kind, das am Leben blieb, wog 1250 g bei der Geburt. Y1ppö.““ 


10. Allgemeines. 


Gombos, Dénes: Prozentzahl der Knaben. Orvosi hetilap Jg. 65, Nr. 38, 
S. 337—339. 1921. (Ungarisch.) | 

Zusammenstellung von 22 599 Geburten. Junge Primiparen haben einen größeren 
Knabenüberschuß aufzuweisen als ältere, ebenso sinkt der Prozentsatz des Knaben- 
überschusses mit der größeren Zahl der vorangegangenen Geburten. Für die Krieg- 
jahre konnte ein größerer Knabenüberschuß ausgewiesen werden als für die Friedens- 
jahre, und zwar war dieser Überschuß bei Multiparen größer als bei Primiparen. Verf. 
ist auf Grund seiner statistischen Daten für die v. Lenhosseksche Hypothese und die 
Progamtheorie, sowie für die Annahme, daß reichlichere Ernährung und bessere äußere 
Verhältnisse die Produktion weiblicher Nachkommen begünstigen. Temesvary. 

Peiper, Albrecht: Die Minderwertigkeit der Kinder alter Eltern. (Univ.-Kın- 
derklin., Berlin.) Jahrb. f. Kinderheilk. Bd. 96, 3. Folge: Bd. 46, H. 1/2, S. 8l 
bis 94. 1921. 

Von 75 Kindern hatten 71 eine Mutter von über 37 Jahre bei der Geburt, nur bei 4 
war die Mutter jünger, der Vater aber über 58. Von 71 dieser Kinder waren ,,25 geistig 
oder körperlich minderwertig, und zwar handelte es sich um 6 Mongolenkinder, 1 Myx- 
ödem, 11 cerebrale Anomalien verschiedenen Grades, 2 Spasmophilien, in 2 Fällen be- 
stand mongoloide Augenstellung ohne Intelligenzmangel, 2 mal Strabismus convergens, 
und 1 mal hatte sich die Entwicklung stark verzögert“. Verf. schließt seine reich mit 
Literaturangaben versehenen Ausführungen mit dem Bemerken, daß es ihm verfrüht 
erscheine, ‚auf Grund der vorliegenden Tatsachen rassehygienische Forderungen auf- 
zustellen“. Dollinger (Friedenau)., 

Grämiger: Geburtenhäufigkeit und Säuglingsmortalität in zwei Nachbar- 
gemeinden. Schweiz. med. Wochenschr. Jg. 51, Nr. 42, S. 977—978. 1921. 

Grämiger zeigt, wie in dem protestantischen Bezirk Wartau viel weniger Kinder 
geboren wurden als im benachbarten katholischen Balzers. Auf 1000 Einwohner wurden pro 
Jahr ledende Kinder geboren (in den Jahren 1906—1916) in Wartau 21,2 und in Balzers 29,4. 


Hingegen starben (1915—1920) von 100 lebendgeborenen Kindern unter einem Jahre jähr- 
lich in Wartau 1,9 und in Balzers 6.8. Hierzu ist vor allem zu bemerken, daß in Wartau fast 


Allgemeines. 513 


ausnahmslos alle Mütter 15 Wochen stillen; so starben (1915—1920) jährlich von 100 lebend- 
geborenen Kindern Säuglinge an Brechdurchfall in Wartau null, in Balzers 2,2. Es ist also 
nichts damit getan, nur die Geburtenbeschränkung zu bekämpfen, es muß eine nie erlahmende 
Stillpropaganda getrieben werden. Walther Hannes (Breslau). 

Vietor, Martin: Über plötzliche Todesfälle im Säuglingsalter als Folge von 
akuter Nebenniereninsuffizienz. (Kaiserin Auguste Vriktoria-Haus, Charlottenburg.) 
Zeitschr. £. Kinderheilk. Bd. 30, H. 1/2, S. 44—54. 1921. 

Viktor berichtet über zwei Fälle von Nebennierenblutungen mit akuter Neben- 
niereninsuffizienz bei älteren Kindern. In einem Falle handelt es sich um ein 14 mo- 
natiges Kind, das, in Steißlage geboren, nur schwer hatte wiederbelebt werden können. 
Bei der Obduktion fand sich eine ausgedehnte Nebennierenatrophie und -verkalkung 
auf Grund ausgedehnter alter Blutung; es fand sich ausgedehnte Ablagerung von 
Hämosiderin bei völligem Fehlen roter Blutkörperchen. Geburtstrauma und Wieder- 
belebung kommen als ätiologische Faktoren vor allem in Betracht. Die akute Neben- 
niereninsuffizienz trat erst ein, als mit Alterwerden des Kindes der Bedarf nach Neben- 
nierensekret wuchs. Im zweiten Falle, bei einem 7monatigen Kinde, handelte es 
sich um eine ganz frische Blutung, die unmittelbar zum Versagen der Adrenalin- 
produktion und damit zum Tode führte, wohl am ehesten als Folge foudroyanter 
Sepsis. Walther Hannes (Breslau). 

Tronconi, Sandro: Delle emorragie surrenali nel neonato. (Über Nebennieren- 
blutungen beim Neugeborenen.) (Clin. pediatr., istit. clin. di perfezion., Milano.) 
Pediatria Jg. 29, H. 6, S. 266—274. 1921. 

Placenta praevia. Wendung und Extraktion einer asphyktischen weiblichen Frucht, 
das durch Schulzesche Schwingungen wiederbelebt wird. Nachgeburtsblutung, die jeder 
Therapie trotzt und zum Exitus der Mutter führt. Das Kind starb einige Stunden p. partum 
unter dem klinischen Bilde eines schweren Ikterus und einer rechtsseitigen Lungenentzündung. 
Obduktion: Bronchopneumonie rechts. Die rechte Nebenniere ist zu einem hühnereigroßen, 
die linke zu einem taubeneigroßen Hämatom umgewandelt. — Verf. ist der Ansicht, daß Neben- 
nierenblutungen des Neugeborenen außer auf Grund einer infektiös-toxischen oder mechani- 
schen (Wendung, Forceps, Wiederbelebungsversuche) Schädigung der Nebennieren auch durch 
Störungen der Innensekretion bedingt sein können, wenn man die innersekretorischen Wechsel- 
wirkungen zwischen Mutter und Kind in Betracht zieht. (Frauen mit einer Dystrophie der 
Schilddrüse gebären Kinder mit einer Struma, die gewöhnlich, wenn der kindliche Organismus 
nicht mehr den mütterlichen Hormonreizen ausgesetzt ist, verschwindet.) Verf. glaubt, es 
könne sich in seinem Fall um ein Analogon dazu gehandelt haben, als bei der Mutter wahr- 
scheinlich eine „latente Hämophilie‘‘ vorhanden war (Verblutungstod'!), durch die das Kind 
intrauterin gleichsinnig beeinflußt worden sei. Dafür gaben auch die histologischen Befunde 
Anhaltspunkte, als alte, schon in Organisation begriffene Blutungen in den Nebennieren nach- 
gewiesen werden konnten. Sanliner (Graz). 


Göppert, F.: Vorübergehende schwere Mischungseyanose beim Neugeborenen, ein 
typisches Krankheitsbild. Münch. med. Wochenschr. Jg. 68, Nr. 52, S. 1673—1674. 1921. 

Göppert berichtet 2 Fälle von Cyanose in der ersten Lebenszeit; das eine Kind 
ist inzwischen 4!/, Jahre alt geworden und völlig gesund. Störungen der Lungen- 
ventilation und des Herzens bestanden klinisch nicht; nach wenigen Tagen verschwindet 
der Zustand, der zeitweise unter Unruhe recht bedrohlich werden kann. Ursächlich 
entsteht solche Mischungscyanose durch ein zeitweises Überwiegen des Druckes im 
rechten Vorhof, falls der an und für sich schwächere linke Vorhof aus irgendeinem 
Grunde schwächer arbeitet und so venöses Blut noch durch das Foramen orale über- 
strömen läßt. So ein Grund für schlechtere Funktion des linken Herzens lag in dem 
einen Falle in einem Status eclampticus des Kindes in den ersten Lebenstagen vor. 
Schreien vermehrt den Überdruck im rechten Vorhof und damit die Gefahr des Über- 
strömens. Analog ist auch die Cyanose in den ersten Lebenstagen bei leichten Klappen- 
fehlern zu erklären. Walther Hannes (Breslau). 

Finck, Julius v.: Ein Beitrag zur pathologischen Anatomie und Klinik der 
Spina bifida occulta auf Grund von Sektionsbefunden an Leichen Neugeborener. 
Zeitschr. f. orthop. Chirurg. Bd. 42, H. 2, S. 65—86. 1921. 

Die Untersuchungen sind am Material der Charkower Säuglingsanstalt ausgeführt ; 


Jahresbericht f. d. ges. Gynäkologie 1921. 33 


514 Pathologie des Foetus und Neugeborenen. 


infolge der Revolution konnte das Material nicht mikroskopisch verwertet werden. 
Entgegen den verbreiteten Anschauungen, daß die Wirbelhögen der Kreuzbeinwirbel 
erst mit dem 8. Jahre und noch später verknöchern, ergibt das Material, daß diese 
Verknöcherung normalerweise schon mit 8 Wochen aufzutreten pflegt. Die bis- 
herigen anatomischen Befunde scheinen also an mit Spina bifida occulta behafteten 
Individuen erhoben worden zu sein. Normalerweise finden sich am Kreuzbein 3—4 Dorn- 
fortsätze, der 4. ist rudimentär oder fehlt. Nur der Schlußteil des 4. Bogens darf offen 
sein, der des 5. ist es immer. Der Endteil der Dura, vom Verf. als syndurale Cauda 
bezeichnet, ist symmetrischen Baues, enthält nur selten spärliche Fettein- oder -auf- 
lagerung. Die pathologischen Befunde stufen sich von dem einfachen Feblen der 
4. und 3. Dornfortsätze bis zur Dehiscenz der Schlußbögen der 2. und 1. Sakralwirbel 
ab. Sobald sich ein Knochendefekt findet, lagert sich im Epiduralraum Fettgewebe 
ab, das je nachdem dünne Stränge bis lipomatöse Knollen bildet. Diese Stränge und Mas- 
sen durchwuchern die Recklinghausensche Ersatzmembran (Membrana reuniens 
posterior) und ziehen sich bisweilen an die äußere Haut, wo sie in der Fovea coccyrea 
(der narbigen Einziehung im hypertrichotischen Feld) enden. Letzteres ist immer 
vorhanden und pathognomonisch für die Spina bifida occulta. Als Entstehung wird 
immer ein Offenbleiben des ganzen Sakralrohres angenommen, die erhobenen Befunde 
sind bereits von Reparationsvorgängen beeinflußt, die schon nach der 3. Fötalwoche 
einsetzen. Diese reichen aber nicht immer aus, um eine völlige Reparation zu erreichen. 
Verf. fand an seinem Material 24%, pathologische Fälle, andere noch mehr. Klinisch 
muß das Augenmerk auf die Abtastung der Dornfortsätze gerichtet werden. Progno- 
stisch wichtig ist, ob ein Defekt sich an den Hauptwirbeln (1. und 2. Sakralwirbel) oder 
an den Endwirbeln (3. und 4.) findet. Letztere geben eine gute, erstere eine zweifelhafte 
Prognose; bei Narbe im hypertrichotischen Feld ist sie immer schlecht. Huldschinsky., 

Wohlwill, Friedrich: Zur Frage der sogenannten Encephalitis congenita 
(Virchow). 1. Ti. Über normale und pathologische Fettkörnchenzellbefunde bei 
Neugeborenen und Säuglingen. (Pathol. Inst., Univ. Hamburg.) Zeitschr. f. d. ges. 
Neurol. u. Psychiatrie Bd. 68, S. 384—415. 1921. 

Der Arbeit liegen die Untersuchungen von 77 Kindergehirnen zugrunde, die 
makroskopisch im allgemeinen als normal imponierten, 43 waren Frühgeburten, 34 
reife Kinder. Lipoide Substanzen beherbergende Elemente waren immer vorhanden. 
Bei einem 35 cm langen Foetus waren spärliche Fettkörnchenzellen, bei zwei 36 cm 
langen reichliche solche Zellen nachweisbar. Im extrauterinen Leben liegt die Grenze 
zwischen dem 5. bis 6. Monat, unter den 5 Monate alten Kindern war nur bei einem das 
Gehirn völlig frei von Fettkörnchenzellen, unter den Halbjährigen konnten sie nur 
noch bei einem gefunden werden. Bei zwei in der Entwicklung gleich weit fortge- 
schrittenen Kindern kann dieselbe Hirnprovinz bald sehr reichliche, bald nur ganz ver- 
einzelte Fettkörnchenzellen aufweisen. Die pathologischen Fälle gehören jedoch meist 
zu denen mit reichlichen Fettkörnchenzellen. In dem größeren Gehalt an Fettkörnchen- 
zellen bei den Gehirnen von Kindern, die bereits einige Tage lebten, ist ein Symptom 
der beschleunigten Markbildung zu erblicken. Eine ungewöhnlich große Menge von 
Fettkörnchenzellen ebenso wie ihr Vorkommen in Gebieten und zu Zeiten, in denen 
die Markreifung schon ihrer Vollendung entgegengeht, wird an pathologische Vor- 
gänge denken lassen, aber nur in Verbindung mit anderen Kriterien als beweisend 
gelten können. Ausgedehntere Verfettung der Rindengliazellen kommt nur bei patho- 
logischen Abbauprozessen vor. Finden sich im Bereich eines von gliogenen Fettkörnchen- 
zellen durchsetzten Hirnbezirkes freie Fettkörnchenzellen in den Lymphscheiden, so 
spricht das ceteris paribus mehr für pathologische Verhältnisse. Einen weiteren Weg, 
normale und krankhafte Fettkörnchenzellbefunde zu unterscheiden, stellt wohl die 
chemische Untersuchung dar. Während sich die normalen Aufbauzellen im allgemeinen 
bei der Spielme yerschen Markscheidenfärbung nicht darstellen lassen, treten die dem 
Abbautypus angehörenden Zellen sehr oft als grauschwarze Elemente deutlich hervor. 


Allgemeines. 515 


Auch in ıhrer Morphologie ist die Körnchenzelle des Abbaus deutlich gekennzeichnet 
und somit gegen die physiologische Aufbauzelle abgrenzbar. Für die histologisch nach- 
weisbaren herdförmigen Veränderungen in den vom Verf. untersuchten Fällen dürften 
traumatische Einwirkungen kaum ursächlich in Betracht kommen, da derartiges sich 
ın so kurzer Zeit nicht entwickeln kann. Verf. zieht aus seinen Untersuchungen den 
Schluß, daß bei äußerst verschiedenen äußeren Einwirkungen ganz gleichartige Prozesse 
am kindlichen Gehirn auftreten können. Nicht die Art der Schädlichkeit, sondern die 
Reaktion des noch in der Entwicklung begriffenen Nervengewebes ist eine besondere. 
In allen Fällen ergab die Sektion auch außerdem als Todesursache ausreichende Be- 
funde, so daß der Tod nicht, wie Virchow annahm, auf die Gehirnveränderung zurück- 
geführt werden mußte, auch zwischen klinischem Bild und Hirnbefund besteht kein 
bestimmter Parallelismus. Walther Hannes (Breslau). 

Harbitz, Francis: „Encephalitis‘“ neonatorum. (Pathol.-anat. Inst., Rikshosp., 
Christiania.) Norsk mag. f. laegevidenskaben Jg. 82, Nr. 1, S. 25—30. 1921. (Nor- 
wegisch.) 

Frühgeburt, etwa 30 Wochen alt, lebte nach der Geburt 14 Stunden lang. Keine 
sichere Zeichen angeborener Lues, Ikterus und Ascites waren vorhanden, dazu kamen 
eine geschrumpfte Leber, eine mutmaßliche Nephritis, Hautblutungen, Blutungen der 
Nieren und des Peritoneums, sowie erhebliche Blutungen der Hirnhäute, von einem 
Aste der Arteria fossae Sylvii ausgehend an einer Stelle, wo wahrscheinlich ein zerrissenes 
Aneurysma seinen Platz hatte. Außerdem Hydrocephalus internus und als dessen 
Ursache grau- und gelbweise feste flächenartige Stellen beider Zentralganglien und der 
Corticalis cerebri: diese nekrotischen Flecken waren teilweise verkalkt. Mikroskopisch 
sah man um die Gefäße herum Fettkörnchenzellen. Verf. hält die Krankheit für eine 
vielleicht mit Abnormitäten der Blutgefäße zusammenhängende Degeneration und 
Nekrose. Unzweifelhafte Zeichen einer Entzündung waren nicht vorhanden. Eine 
luetische Genese ist nicht ganz ausgeschlossen. Im Anschluß an diesen Fall wird noch 
kurz eine andere Beobachtung einer syphilitischen ‚‚Encephalitis‘‘ bei einem 7 Wochen 
alten Kinde mitgeteilt. Luetische Endarteriitis der Blutgefäße an der Basis Cerebri mit 
zahlreichen erweichten Herden und Hydrocephalus internus und externus. Wernstedi.”° 

Cavengt, Santiago: Drei weitere Fälle von Meningokokkenmeningitis beim 
Säugling. Pediatr. españ. Jg. 10, Nr. 103, S. 104—109. 1921. (Spanisch.) 

Seaglione, S.: Ricerche bacteriologiche sui feti di gravide affette da grippe. 
(Bakteriologische Studien bei Föten von an Grippe erkrankten Graviden.) (Clin. 
ostetr.-ginecol., ist. di studi sup., Firenze.) Fol. gynaecol. Bd. 14, H. 1, S. 85 
bis 96. 1921. 

Verf. hat bei 6 Früchten von an Grippe Erkrankten, die einige Stunden nach der 
Geburt starben, Blut aus der Placenta, der Nabelschnur und dem Herzen nach der 
Methode von Wilson auf filtrierbares Virus untersucht, aber in allen Fällen negative 
Resultate erhalten. Auch Pfeiffersche Bacillen und Pneumokokken konnte er nicht 
nachweisen, dagegen konnte er in 5 Fällen aus dem Herzblut, 2 mal aus der Placenta 
und 2 mal aus der Leber Streptokokken züchten, die am besten in Bouillon + Rinder- 
serum + 1% Glucose wachsen; sie sind grampositiv, kapsellos, fakultativ anaerob, 
trüben Bouillon in 24 Stunden, Gelatine wird nicht verflüssigt, Milch nur langsam 
koaguliert, sie sind stark hämolytisch. Bei Kaninchen bewirkten sie Tod in 48—60 Stun- 
den und sind aus dem Herzblut wieder zu züchten. Die Placenta war in diesen Fällen 
gelblich, zeigte punktförmige Blutungen und während die normale Placenta ein Bak- 
terienfilter darzustellen scheint, wird die durch Toxine geschädigte Placenta für Keime 
durchgängig und es kommt auf diese Weise zur Erkrankung der Frucht. Kolisch. 

Leroux, Robert: L’otite du nourrisson et du nouveau-né. Pathogénie, pro- 
phylaxie. (Otitis beim Säugling und beim Neugeborenen. Pathogenese — Prophy- 
laxe.) Presse med. Jg. 29, Nr. 101, S. 999—1001. 1921. 

Jedes Neugeborene hat eine latente Otitis; das Ohr kann infiziert werden während der 


33* 


516 Pathologie des Foetus und Neugeborenen. 


Entbindung oder auch beim ersten Atemzug. Wie die Augen muß auch das Ohr beim Neuge- 
borenen nach der Geburt geschützt werden, indem die Nasenhöhlen nach der Geburt und in 
den folgenden Tagen energisch desinfiziert werden. Das Ohr muß sorgfältig überwacht wer- 
den und jedes suspekte Trommelfell ist zu durchstechen. So wird man schwere Komplikationen 
und vor allem Taubstummheit vermeiden. Walther Hannes (Breslau). 


Hornung, R.: Über Pyelocystitis beim Neugeborenen. (Univ.-Frauenklin., Kiel.) 
Zentralbl. f. Gynäkol. Jg. 45, Nr. 30, S. 1067—1069. 1921. 

Hornung berichtet über eine hoch fieberhafte Staphylokokkenpyelocystitis, die 
sich bei einem mit Forceps entwickelten Mädchen am 3. Lebenstage einstellte; kritische 
Entfieberung nach 4 x 0,25 Urotropin pro die; am 10. Tage noch reichlich Staphylo- 
kokken im Urin, am 18. Tage reichlich Coli im Urin. H. nimmt an, da bei der Mutter 
im Eiter der Episiotomienaht Staphylokokken nachzuweisen waren, daß es sich um 
eine Infektion von der Mutter aus handele, die hämatogen oder Iymphogen vom Darm 
des Neugeborenen aus auf das Nierenbecken übergegriffen habe. Walther Hannes. 

Nobel, E. und N. Dahowsky: Beitrag zur Diagnose der asthenischen Pneu- 
monie der frühgeborenen und lebensschwachen Säuglinge. (Univ. - Kinderklin.. 
Wien.) Zeitschr. f. Kinderheilk. Bd. 31, H. 3/4, S. 188—207. 1921. 

Auf Grund von 20 genau beobachteten und ausführlich mitgeteilten einschlägigen 
Fällen kommen die Verff. zu dem Schluß, daß bei solchen Kindern und gelegentlich 
auch bei älteren Säuglingen die Pneumonien häufig atypisch verlaufen, weswegen auch 
die klassischen Symptome selten gefunden werden. Röntgenbefund und klinische 
Merkmale sind oft nicht konform und die Obduktion zeigt gelegentlich viel schwerere 
Veränderungen, als man auf Grund der erhobenen Befunde erwartete. Recht bedeutsam 
sind indirekte allgemeine Symptome wie Appetitlosigkeit, Gewichtsabnahme, graue 
Verfärbung der Haut, galliges, blutiges Erbrechen, meningeale Erscheinungen, Cyanose, 
Dyspnöe. Zum Zwecke der Vermeidung von Infektionsübertragungen, insbesondere 
zur Verhütung der Übertragung von Schnupfeninfektionen ist zu empfehlen, nicht 
große Krankensäle als Wohnzimmer zu wählen, sondern Einzelzimmer für Mutter und 
Kind. Walther Hannes (Breslau). 

Foth, Käthe: Zur Nabeldiphtherie. (Säuglingsfürsorgest. II. d. Stadt Berlin.) 
Dtsch. med. Wochenschr. Jg. 47, Nr. 42, S. 1261—1262. 1921. 

In einer Untersuchungsreihe wurden bei allen (5) ernsteren entzündlichen Pro- 
zessen am Nabel Diphtheriebacillen gefunden, deren Virulenz durch den Tierversuch 
nachgewiesen wurde. Die Heilung wurde durch Heilserum beschleunigt. Die Häufig- 
keit der Nabeldiphtherie bei eitrigen Prozessen zwingt zu regelmäßiger bakteriologischer 
Untersuchung. Der nässende Nabel kommt als Bacillenträger nıcht in Betracht. 

Langer (Charlottenburg). °° 

Schoedel, Johannes: Diphtheriebacillen in der Nase des Neugeborenen und 
älteren Säuglings. (Staall. Frauenklin., Chemnitz.) Jahrb. f. Kinderheilk. Bd. 96, 
3. Folge: Bd. 46, H. 5, S. 273—278. 1921. 

Es wurden in 25—28% der Säuglinge Di-Bacillen in der Nase gefunden. Daß 
ernährungsgestörte Säuglinge (Conradi) oder solche mit akuten und chronischen 
Reizzuständen der Schleimhäute besonders zur Infektion neigen, konnte keineswegs 
festgestellt werden. Erkrankungen an Di sind äußerst selten. Eckert (Berlin)., 

Chatin, P.: Coryza des nourrissons. Traitement par les voieslaerymales. (Coryza 
der Säuglinge; Behandlung durch die Tränengänge.) Lyon med. Bd. 130, Nr. 19, 
S. 850—854. 1921. 

Instillation von l0proz. Argyrol durch den Tränennasenkanal; sie gibt gute Erfolge und 


kann als eine direkte Prophylaxe gegen Bronchitis und Bronchopneumonie bei diesen Säuglingen 
angesehen werden. Walter Hannes (Breslau). 


Kästner, Hermann: Nierensarkom bei einem siebenmonatlichen Foetus. (Stadt- 
krankenh., Dresden-Johannstadt.) Frankf. Zeitschr. f. Pathol. Bd. 25, H. 1, S. 1 
bis 15. 1921. 


Kästner beschreibt eine weibliche Frühgeburt von 1740 g, die tot zur Welt kam und 
bei welcher sich an Stelle der linken Niere (r. Niere normal) ein solider Tumor von der Form 


Der Abort. — Allgemeines. 517 


einer vergrößerten Niere befand; er ist von derberer Konsistenz als eine normale Niere. Der 
Tumor ist ein reines Spindelzellensarkom, das die normal entwickelte Niere in ausgedehntester 
Weise durchwachsen hat. Walther Hannes (Breslau). 


Corten, M. H.: Über ein Haemangioma sarcomatodes des Gehirns bei einem 
Neugeborenen. (Städt. Katharinenhosp., Stuttgart.) Frankf. Zeitschr. f. Pathol. 
Bd. 24, Ergänzungsh., S. 693—705. 1921. 

21/, Tage altes Kind; normale Schwangerschaft und Geburt; halbmannsfaustgroße, 
mit der Dura breit verwachsene, in den rechten Occipital- und Schläfelappen infiltrierend ein- 
gewachsene Geschwulst, enorm blutreich, voll Extravasate. Randpartien zeigen ein enges 
Capillarnetz mit indifferentem Mesenchym. Der Exitus erfolgte infolge der akuten Hirnblutung, 
nicht wegen der Größe und Anordnung des Tumors. Greil (Innsbruck). 

Vitanza, Carlo: Vulvo-vaginite delle neonate. (Vulvovaginitis der Neugeborenen.) 
Riv. d’ostetr. e ginecol. prat. Jg. 3, Nr. 8, S. 353—354. 1921. 

Godard, Henri: La stönose du pylore par hypertrophie musculaire chez le 
nourrisson. (Pylorusstenose durch Muskelhypertrophie beim Säugling.) Gaz. des höp. 
civ. et milit. Jg. 94, Nr. 77, S. 1221—1225 u. Nr. 79, S. 1253—1257. 1921. 

Rietschel, Hans: Zur Entstehung des Harnsäureinfarktes beim Neugeborenen. 
(Dtsch. Ges. f. Kinderheilk., Jena, Sitzg. v. 12. II. 1921.) Monatsschr. f. Kinderheilk. 
Bd. 22, H. 2, S. 241—242. 1921. 

Bamberger, Arrie: Blood transfusion in the new born. (Blutttransfusion beim 
Neugeborenen.) Illinois med. journ. Bd. 39, Nr. 1, S. 27—28. 1921. 

Dencker, Hans, Das Schicksal der Kaiserschnittkinder. (Univ.-Frauenklin., Breslau.) 

(Monatsschr. f. Geburtsh. u. Gynäkol. Bd. 55, H. 4/5, S. 207—217.) 

Vgl. Referat S. 589. 

Ingraham, Harold C.: A statistical study of fetal deaths occurring in the service 
of the Woman’s hospital of New York. (Eine statistische Studie über die fötalen 
Todesfälle im Frauenhospital von New York.) Americ. journ. of obstetr. a. gynecol. 
Bd. 1, Nr. 8, S. 821—862. 1921. 

Wiegels, W.: Über Frühgeburten. (Krankenanst., Bremen.) Zentralbl. f. Gynäkol. 
Jg. 45, Nr. 9, S. 308—315. 1921. 


IX. Der Abort. 
1. Allgemeines (Ätiologie, Prophylaxe, Statistik). 


Abernetty, Carl: Neuere Forschungen über die Ursachen des Aborts und der 
Frühgeburt. (Univ.-Frauenklin., Königsberg +. Pr.) Med. Klinik Jg. 17, Nr. 49, 
S. 1475—1476. 1921. 


An der Winterschen Klinik wurden 125 Fälle von Abortus genau anamnestisch durch- 
forscht. Dabei ergaben sich sicher kriminell 11,2%, unsicher kriminell 5,6%. Will man die 
unsicher traumatischen Fälle, die Fälle ohne erkennbare Ursache und die kriminellen Fälle 
unter einer Gruppe „vielleicht kriminell‘ zusammenstellen, so erhielte man 65,6%, was wohl 
der Wirklichkeit einigermaßen nahekommen würde. Haller (Berlin). 


Seio, Antonio: Etiologia dell’aborto. (Ätiologie des Abortus.) (Istit. clin. di 
perfez., Milano.) Ann. di ostetr. & ginecol. Jg. 43, Nr. 12, S. 853—868. 1921. 

Im Jahre 1920 überstieg die Anzahl der Fehlgeburten in der Mailänder Frauenklinik 
um mehr als !/, die der vorhergegangenen 4 Jahre, in den Pariser Kliniken haben sie sich, 
wie Boissard statistisch feststellen konnte, im Vergleich zu früheren Jahren verdrei- 
facht. Diese erschreckende Zunahme des Abortus soll die Aufmerksamkeit vor allem auf 
die Ursache desselben lenken. Neben dem überaus häufigen kriminellen Eingriff bleibt 
ein Großteil der Fälle übrig, bei denen krankhafte Veränderungen zum vorzeitigen Frucht- 
tod führen. Eine genaue Eruierung der Ätiologie des einzelnen Falles und eine konsequent 
das ätiologische Moment bekämpfende Therapie werden in vielen Fällen die vorzeitige 
Unterbrechung der Schwangerschaft verhindern können. Die Ursache des Abortus kann 
am Vater (Sperma) oder an der Mutter gelegen sein. Allgemeinerkrankungen des Vaters, 
namentlich Intoxikationen (Alkohol, Blei, Tabak) dürften auf das Sperma einen ähnlich 


518 Der Abort. — Ahortbehandlung. 


ungünstigen Einfluß haben wie Geschlechtskrankheiten, besonders chronische Gonor- 
rhöe, bei welcher unvollkommene Entwicklung, geringe Lebhaftigkeit und verminderte 
Beweglichkeit der Spermien festgestellt worden ist. Es läßt sich annehmen, daß so 
geschädigte Befruchtungszellen auch dem zu befruchtenden Ovulum Veränderungen 
einprägen, die die Eizelle hinfällig machen. — Bei der Mutter lassen sich unterscheiden: 
l. Ursachen, gebunden an Lokalerkrankungen (Bauchorgane, Uterus und seine An- 
hänge), 2. Ursachen, gebunden an Allgemeinerkrankungen (Lues, Infektions- und 
Intoxikationserkrankungen), 3. traumatische Ursachen (physisch und psychisch). 
Santner (Graz). 

Greil, Alfred: Ätiologie und Prophylaxe des habituellen Abortus. Zentralbl. 
f. Gynäkol. Jg. 45, Nr. 32, S. 1136—1142. 1921. 

Theoretisch-spekulative Ausführungen über die Ätiologie des Abortus. Bestätigung der 
empirisch gefundenen Therapie bzw. Prophylaxe: Diät auf Eiweiß- und Lipoidminimum ein- 
schränken; reichliche Zufuhr von Gemüse und Obst; saure Speisen; 59%, CaCl,; diuretische Be- 
handlung; Schilddrüsenmedikation, Jodeisenpräparate; Schwangerenserum. Dietrich. 


Nebel, Ludwig: Über das Verhältnis von Aborten zu Geburten in Mainz in 
dem letzten Dezennium. (Hess. Hebammenlehranst., Mainz.) Zentralbl. f. Gynäkol. 
Jg. 45, Nr. 46, S. 1657—1662. 1921. 

Auch die mitgeteilten Zahlen aus der Stadt Mainz und der Hebammenlehıanstalt zeigen 
eine erschreckende Zunahme der Aborte. H. A. Dietrich (Göttingen). 

Schottelius, Alfred: Aborte und Gebkurtenziffer in Hamburg. Zentralbl. f. 
Gynäkol. Jg. 45, Nr. 2, S. 70—72. 1922. 


Meyer, Arthur William: The frequency and cause of abortion. (Die Häufig- 
keit und Ursache des Abortes.) (Carnegie laborat. of embryol. a. dep. of anatom., 
Stanford med. school, Stanford univ.) Americ. journ. of obstetr. a. gynecol. Bd. 2, 
Nr. 2, S. 138—152. 1921. 

Die Zahl der Aborte in den Vereinigten Staaten wird auf 1 000 000 geschätzt, bei einer 
Geburtenzahl von 2 400 000 also ein Verhältnis von ca. 1:2!/,. Auf Grund einer Statistik 
von 700 Fällen nimmt Verf. 5096 kriminelle Aborte an. Zusammenstellungen über die Häufig- 
keit des Abortes bei der einzelnen Frau, Alter, Prozentzahlen in den einzelnen Monaten der 
Gravidität usw. bringen nichts Neues. Beteiligung der Verheirateten und Unverheirateten, 
der Weißen und Neger usw. leiden offenbar an der Einseitigkeit des Materials oder an zu kleinen 
Zahlen (z. B. 21 Ledige), so kommt bei seinen Fällen auf 1 Kind 1,3 Aborte! Als Ursache des 
Abortes sind die üblichen angegeben. H. 4. Dietrich (Göttingen). 

La Muela, Juan José de: Abort, Ätiologie, Zwischenfälle. Arch. de ginecopat., 
obstetr. v pediatr. Jg. 34, Nr. 12, S. 456—462. 1921. (Spanisch.) 


2. Abortbehandlung. 


Hammerschlag: Über Abortbehandlung. Berl. klin. Wochenschr. Jg. 58, Nr. 51, 
S. 1497—1500. 1921. 

Verf. tritt für die konservative Behandlung des fieberhaften Abortes ein. Bei wegen Blu- 
tung aktiv behandelten fieberhaften Aborten hatte er 3,6%, Mortalität, bei exspektativ be- 
handelten 0,9%. Exspektative Behandlung heißt Abwarten unter Wehenanregung durch 
Chinin bis 4 Tage Fieberfreiheit, dann — wenn nicht schon spontan erfolgt — digitale Aus- 
räumung. Dietrich (Göttingen). 

Kulenkampff, D.: Zur Frage der Behandlung des Abortes. (Krankensitift, 
Zwickau.) Zentralbl. f. Gynäkol. Jg. 45, Nr. 32, S. 1142—1145. 1921. 

Verf. tritt für konservative Behandlung ein auf Grund allgemein chirurgischer Prinzipien. 
Ausräumung erst 2—5 Tage nach Entfieberung. Beobachtung der Pulskurve wichtig. Als 
Ausräumungsart wird Kürette und Abortuszange empfohlen, da das Kneten des Uterus bei 
manueller Ausräumung eine Propagation des Entzündungsprozesses bedeutet. Dietrich. 

Siefart, G.: Kritische Bemerkungen über Abortbehandlung. Berl. klin. Wochen- 
schr. Jg. 58, Nr. 46, S. 1362—1364. 1921. 

Verf. tritt für die aktive Therapie, auch des fieberhaften Abortes ein. Ausräumung 
instrumentell, desinfizierende Spülung (Optiform) und lockere Jodoformgazetamponade. 
Ein angeführter fieberhafter Fall, der aktiv behandelt wurde und ad exitum kam, 
spricht nicht für die Methode. H. A. Dietrich (Göttingen). 


Infizierter Abort. 519 


Gordon jr., Onslow A.: Management of abortion from a study of 530 consecutive 
cases. (Die Behandlung des Abortes auf Grund von Beobachtungen an 530 Fällen.) 
Americ. journ. of obstetr. a. gvnecol. Bd. 2, Nr. 5, S. 521—524. 1921. 

Verf. tritt für die konservative Behandlung der Aborte ein, besonders der septischen 
(rectal 38°). In der Mehrzahl der Fälle gelingt es durch kunstgerecht ausgeführte Tamponade 
der Vagina von 12—24 Stunden und Darreichung von Pituitrin 0,5 zweistündlich 4 mal den 
Abort zu beendigen; eine Curettage war nur 18 mal notwendig. Die Mortalität und Morbidität 
der Aborte steigt in direktem Verhältnis zu intrauterinen Eingriffen. Dietrich (Göttingen). 

Joseph, S.: Abortbehandlung. (Krankenh. Moabit, Berlin.) Therap. d. Gegenw. 
Je. 62, H. 8, S. 299—303. 1921. 


Trier, Hjalmar: Über den Verlauf von Aborten in späteren Schwangerschafts- 
monaten. (Gebärabt. A., Rıgshosp., Kopenhagen.) Hospitalstidende Jg. 64, Nr. 13, 
S. 201—206 u. Nr. 14, S. 209—214. 1921. (Dänisch.) 

Verf. berichtet über den Verlauf von 207 Aborten des IV.—VII. Monats. 28 hatten 
schon einmal abortiert, 101 waren Erstgeschwängerte. Die Ursache des Aborts war 
in 99 Fällen nicht zu eruieren. In 108 Fällen gab es Anhaltspunkte. Diese waren in 
47 Fällen Syphilis (221/,%), 18 mal Nephritis, Trauma und Überanstrengung 19 mal, 
Placenta praevia 8 mal, vorzeitige Lösung 3 mal, Herzfehler 2 mal, Hydramnion 2 mal, 
Tuberkulose 2 mal, Graviditas extramembranacea 2 mal, Ventrofixatıo uteri 2 mal, 
bedeutende Degeneration der Placenta 2 mal und endlich je 1 mal stielgedrehtes Ovarial- 
cvstom, Enteritis, Bronchopneumonie, Pvelitis, Kaiserschnittsfolge, hämolytischer 
Ikterus und Endometritis. Unter den möglichen Ursachen kann auch die Zwillings- 
schwangerschaft genannt werden, diese bestand 13mal (6,3%). Was den Verlauf 
betrifft, so mußte 40 mal (19,3%) vor der Geburt der Frucht operativ eingegriffen 
werden. 28mal wegen Blutung, darunter 8 mal Placenta praevia und 3 mal vorzeitige 
Lösung, 2mal wegen Fieber, 5mal bei Zwillingen. In der Nachgeburtszeit mußte 
38 mal (18,4%) eingegriffen werden. Die Ausräumung wurde meist manuell gemacht, 
nur 4mal wurde curettiert. Bei den gleichzeitig beobachteten 11 511 Geburten mußte 
vor der Geburt des Kindes in 15,6%, in der Nachgeburtsperiode nur in 2,3%, operativ 
eingegriffen werden. Die puerperale Morbidität der Aborte betrug 28,9%, die nach 
Geburt 19%. 8 Frauen (3,8%) starben, aber nur eine davon an einer puerperalen 
Infektion. 136 mal verlief der Abort völlig spontan. Verf. rät bei fieberlosem Verlauf 
der Aborte in späteren Monaten zu möglichst konservativer Behandlung. Er glaubt 
nicht, daß Deciduareste schädlich auf den Involutionsprozeß einwirken. Alle infizierten 
Fälle jedoch müßten ausgeräumt werden. Saenger (München). 

Eberhart, F.: Über Entfernung der Secundinae post abortum et post partum. 
Zentralbl. f. Gynäkol. Jg. 45, Nr. 32, S. 1146—1150. 1921. 

Verf. tritt für aktive Behandlung des fieberhaften Abortes ein. — Bei Retention von 


Eihautresten wartet er ab, wie allgemein üblich. — Placentarreste werden sofort entfernt. 
Verf. ist Anhänger intrauteriner Spülungen. Dietrich (Göttingen). 


3. Infizierter Abort. 


Schottmüller, H.: Das Problem der Behandlung infizierter Aborte. (Krankenh., 
Hamburg-Eppendorf.) Münch. med. Wochenschr. Jg. 68, Nr. 22, S. 662—664. 1921. 

Schottmüller bespricht sein großes Material von 3200 Aborten, die mit Curettage 
behandelt wurden. Leider ist nur allgemein angegeben, daß eine Infektion bestand, 
wie oft dies der Fall war, wie oft Fieber vorgelegen hat, ist nicht ersichtlich. Dieser 
Curettagebehandlung unterzieht Sch. jetzt auch Aborte, bei denen Streptokokken 
nachgewiesen sind. Trotzdem kam er zu dem glänzenden Resultat von 0,35% Morta- 
lität. Die manuelle Ausräumung wird verworfen, die konservative Wintersche Be- 
handlung als wohlberechtigt anerkannt. Er gibt sogar zu, daß er bei Anwendung der 
konservativen Behandlung vielleicht noch bessere Resultate gehabt hätte. Zur aktiven 
Curettagebehandlung veranlaßt ihn nur die Blutungsgefahr und der Nachteil der 
längeren Krankenhausbehandlung bei konservativer Behandlung. Die instrumentelle 


520 Der Abort. 


Behandlung wird nur vorgenommen, wenn der Abort im Gange ist. Ist der äußere 
Muttermund geschlossen, so wird abgewartet, auch wenn hohes Fieber besteht. Die 
Infektion des geschlossenen Uterus ist keine Indikation zum aktiven Eingreifen, seit 
Jahren wurde keine Cervixerweiterung mehr vorgenommen. Dietrich (Göttingen). 

Heyn, Albrecht: Der fieberhafte Abort. (Univ.-Frauenklin., Charite, Berlin.) 
Zeitschr. f. Geburtsh. u. Gynäkol. Bd. 83, H. 3, S. 692—706. 1921. 

Wenn die aktive Therapie des febrilen Abortes streng auf Fälle beschränkt wird, bei 
denen die Infektion das Cavum uteri nicht überschritten hat, bietet sie die besten Heilungs- 
aussichten. H. A. Dietrich (Göttingen). 

Hellendall, Hugo: Zur Behandlung des fieberhaften Abortes. Zentralbl. f. 
Gynäkol. Jg. 45, Nr. 40, S. 1448—1454. 1921. 

Unter Hinweis auf den noch nicht entschiedenen Streit zwischen aktiver und 
konservativer Behandlung des fieberhaften Abortes fordert Verf. neue umfangreiche 
Statistiken, die getrennt behandeln nichtkriminell bedingte fieberhafte Aborte, krimi- 
nell fieberhafte und verdächtig kriminelle Fälle. Ferner sind zu trennen zeitig behan- 
delte, verspätet und verschleppt behandelte. Außerdem müßte getrennt werden 
zwischen dem Material großer Kliniken und Krankenhäuser und dem der praktischen 
Gynäkologen. H. A. Dietrich (Göttingen). 

Heberer, H.: Zur Behandlung des fieberhaften Abortus. (Staatl. Frauenklin., 
Dresden.) Zentralbl. f. Gynäkol. Jg. 45, Nr. 24, S. 859—867. 1921. 

Die Dresdener Frauenklinik hat die streng konservative Behandlung der fieberbaften 


Aborte aufgegeben und ist zur möglichst frühzeitigen digitalen Entleerung des Uterus ohne 
Rücksicht auf den bakteriologischen Befund zurückgekehrt. Dietrich (Göttingen). 

Latzko, W.: Die Behandlung des fieberhaften Abortus. (Bettina- Pav., Wien.) 
Zentralbl. f. Gynäkol. Jg. 45, Nr. 12, S. 425—439. 1921. 

Verf. hat an großem Material festgestellt, daß bei aktiver Behandlung die Mortalität um 
die Hälfte größer ist als bei exspektativer Therapie. Bei 680 Aborten über 38,5° bei aktiver 
Behandlung 14,8%, Mortalität, bei 785 exspektativ behandelten 10%, bei 912 aktiv Behandelten 
über 38° 11%, Mortalität, bei 1023 exspektativ Behandelten 7,8%. Nachteile des exspek- 
tativen Verfahrens sind längere Behandlungsdauer und die überschätzte Gefahr der Blutung. 

l Dietrich (Göttingen). 

Latzko, W.: Die Behandlung des ficberhaften Aborts. Semana med. Jg. 28, 
Nr. 24, S. 709—714. 1921. (Spanisch.) 

Offermann, Walter: Beitrag zur Behandlung des fieberhaften Abortes und 
einiges über die kriminellen Aborte überhaupt. (Univ.-Frauenklin., Königsberg i. Pr.) 
Zeitschr. f. Geburtsh. u. Gynäkol. Bd. 84, H. 2, S. 356—384. 1921. 

Verf. tritt für abwartende Therapie ein, d. h. warten bis Streptokokken und Fieber ver- 
schwunden sind, dann erst ausräumen. Besonders bei kriminellen, fieberhaften Aborten ist vor 
der aktiven Behandlung zu warnen, ebenso bei Streptokokkennachweis. H. A. Dietrich. 

Jaschke, Rud. Th. v.: Die Behandlung des fieberhaften Abortus. (Univ.- 
Frauenklin., Gießen.) Zentralbl. f. Gynäkol. Jg. 45, Nr. 44, S. 1589—1592. 1921. 

Verf. vertritt den konservativen Standpunkt bei der Behandlung fieberhafter Aborte. 
Die Entfieberung eines vorher fiebernden Falles von Abortus erlaubt die Ausräumung ohne 
Rücksicht auf den bakteriologischen Befund. H. A. Dietrich (Göttingen). 

Peck, George A.: The treatment of abortion complicated by sepsis. (Die Be- 
handlung des fieberhaften Aborts.) Americ. journ. of obstetr. a. gynecol. Bd. 1, Nr. 7, 
S. 679—684. 1921. 

Auf Grund der pathologischen Befunde und der klinischen Resultate tritt Verf. für die 
konservative Behandlung des fieberhaften Aborts ein. Die Anzahl der beobachteten Fälle 
ist nicht mitgeteilt. Nur eine Blutung verlangt sofortige Ausräumung. H. A. Dietrich. 

Prinzing, Oskar: Darf man den fieberhaften Abort ausräumen? (Katharınen- 
hosp., Stuttgart.) Zentralbl. f. Gynäkol. Jg. 45, Nr. 11, S. 401—409. 1921. 

An der Klinik Baisch wurde früher aktiv, dann konservativ verfahren in der Behand- 
lung des fieberhaften Abortes. Die Erfahrungen über Fieber- und Behandlungsdauer (bei 
konservativer Behandlung kürzer!), über Morbidität und Mortalität (aktiv über 38° 4,825, 
konservativ 2,40.) zwingen zu dem Schluß, daß das beste Verfahren für die Behandlung des 
fieberhaften Abortes in Zukunft nicht mehr die aktive Therapie sein kann, sondern die ex- 
spektative Therapie sein muß. Dietrich (Göttingen). 


Schwangerschaftsunterbrechung. 521 


Offermann, Walter: Neues Material zur Behandlung septischer Aborte. (Univ.- 
Frauenklin., Königsberg i. Pr.) Monatsschr. f. Geburtsh. u. Gynäkol. Bd. 55, H. 2/3, 


S. 99—103. 1921. 

Offermann berichtet über 74 Fälle, die nach Winter abwartend behandelt wurden 
und deren Resultate weit günstiger waren als bei aktiver Behandlung. Bei fieberhaftem Abort, 
der nicht mehr aufzuhalten, Anstreben spontaner Erledigung durch Chinin + Pituglandol. 
Ausräumung erst, wenn das Fieber 5 Tage abgeklungen und evtl. vorhanden gewesene Strepto- 
kokken aus dem Vaginalsekret verschwunden sind. Schwere Schädigungen oder ein Exitus 
durch Blutverlust wurde nicht beobachtet. Dietrich (Göttingen). 


Neu, Hans: Über die konservative Behandlung von Streptokokkenaborten. 
(Univ.-Frauenklin., Frankfurt a. M.) Münch. med. Wochenschr. Jg. 68, Nr. 21, 


S. 634—635. 1921. 

Die Frankfurter Klinik behandelt weiterhin Streptokokkenaborte rein konservativ. 
Bei 963 Fällen besteht eine Mortalität von 2,3%,. 44,2°, aller Aborte erwiesen sich als mit 
Streptokokken infiziert. Die Klinik läßt sich nur von dem Ausfall der bakteriologischen Un- 
tersuchung leiten, ob Fieber besteht oder nicht, ist eine untergeordnete Frage. Dietrich. 


Umfrage über die Behandlung des septischen Abortes. Med. Klin. Jg. 17, 
Nr. 48, S. 1450—1452, Nr. 49, S. 1483—1485, Nr. 50, S. 1515—1516 u. Nr. 51, S. 1548 
bis 1549. 1921. 

Esau, Paul: Tetanus nach Abort und Douglaseiterung. (Kreiskrankenh. Oschers- 
leben-Bode.) Zentralbl. f. Gynäkol. Jg. 45, Nr. 47, S. 1695—1697. 1921. 


4. Schwangerschaftsunterbrechung. 


Indikationen, krimineller Abort. 

Benthin: Die Grundlagen der künstlichen Schwangerschaftsunterbrechung. 
(Univ. - Frauenklin., Königsberg i. Pr.) Therap. d. Gegenw. Jg. 62, H. 9, S. 324 
bis 329. 1921. 


Kurze Zusammenstellung der Indikationen zur künstlichen Schwangerschaftsunter- 
brechung. Weitgehende Zurückhaltung mit dem Eingriff, da die Gefahren des Eingriffs meist 
unterschätzt werden. Ablehnung der sozialen und eugenischen Indikation. H. A. Dietrich. 


Wiegels, W.: Über die Indikationen zum künstlichen Abort bei Herz- und 
Nierenkrankheiten. Übersichtsreferat. Berl. klin. Wochenschr. Jg. 58, Nr. 40, 
S. 1188—1190. 1921. 

Schultze, Eugen: Zur Indikationsstellung für die Einleitung des Aborts und zur 
Frage der Schwangerschaftsverhütung. (Diakonissenkrankh., Marienburg, Westpr.) 
Zentralbl. f. Gynäkol. Jg. 45, Nr. 11, S. 409—412. 1922. 

Wiegels, W.: Über die soziale, eugenetische und Notzuchtsindikation zur 
Einleitung des künstlichen Abortus. Therap. d. Gegenw. Jg. 62, H. 12, S. 461 


bis 467. 1921. 

Ohne Neues zu bringen, stellt Verf. die Äußerungen autoritativer Gynäkologen und 
Juristen zusammen. Er selbst lehnt mit scharfen Worten gegen Andersdenkende soziale und 
eugenetische Indikationen ab. Dietrich (Göttingen). 


Wassermanna, M.: Soziale und eugenische Indikation des artif. Abortus. 
Časopis lekafüv českých Jg. 60, Nr. 52, S. 874—879. 1921. (Tschechisch.) 

Hirsch, Max: Über die Fruchtabtreibung. Ihre volkshygienische Bedeutung 
und die Mittel zu ihrer Bekämpfung. Berl. klin. Wochenschr. Jg. 58, Nr. 15, 
S. 357—362. 1921. 

Die inhaltsreichen Ausführungen, selbst ein Referat eines umfassenden Themas, 
lassen sich kaum weiter komprimieren, sondern müssen auch im Original eingesehen 
werden. Es sind die Statistik, die volkshygienische Bedeutung, die Beweggründe 
und die Ausführung der Fruchtabtreibung berücksichtigt, als Grundlagen für die 
Mittel im Kampfe gegen die Abtreibung. Das Strafgesetz hat mehr oder weniger 
versagt, die medizinischen Indikationen dürfen nicht eingeschränkt werden. Die 
soziale und eugenische Indikation nıüssen gesetzlich anerkannt werden, die generative 
Prophylaxe ist Aufgabe des Arztes. Sozialpolitische Maßnahmen sind Pfiücht des 


522 Der Abort — Abortverletzungen. 


Staates. Aufzucht der Geborenen auf Staatskosten, wenn verlangt, und andere Stellung 
der unehelichen Mutter und des unehelichen Kindes werden diesen Teil der Abtreibung 
vermindern. Dietrich (Göttingen). 


Kisch: Das Problem der Fruchtabtreibung vom ärztlichen und legislativen 
Standpunkt. Berlin, Urban und Schwarzenberg. 110 S. M. 15.—. 

Nachdem Begriff, Motive, Mittel, Gefahren und Häufigkeit der Fruchtabtreibung 
besprochen sind, betont Verf., daß durch die Fruchtabtreibung ein Rechtsgut weder 
gefährdet noch verletzt wird. Demgemäß tritt er für eine Neufassung der Abtreibungs- 
paragraphen ein. Das Recht des Arztes zur Einleitung einer Fehlgeburt soll gegen- 
über den Winterschen Forderungen weitgehend erweitert werden. Der Arzt soll 
z. B. berechtigt sein zur Abortuseinleitung, falls die Gravide die Schwangerschafts- 
beendigung verlangt, wenn unter anderem eine chronische Appendicitis, Hernien, 
Unterleibsgeschwülste, umfangreiche Varicen der Beine oder Vulva vorliegen. Auch 
sozialer Notstand, rassenhygienische Erwägungen, Notzucht und Blutschande sollen 
zum Eingriff berechtigen. Der Verf. steht also auf dem linken Flügel derer, die eine 
Änderung der bestehenden Gesetze für notwendig halten. H. A. Dietrich (Göttingen). 


Schaeffer, R.: Das Abtreibungsverbot. Das geltende Recht und die sozial- 
demokratischen Abänderungsanträge. Fortschr. d. Med. Jg. 38, Nr. 17, S. 623 
bis 624. 1921. 

Die sozialdemokratischen Abänderungsanträge der $$ 218—220 des Strafgesetzbuches 
betreffend Abtreibung, die auf eine mehr oder weniger vollständige Straffreierklärung der 
Abtreibung hinauslaufen, werden aus gesundheitlichen (Gefahren der Schwangerschafts- 
unterbrechung, Zunahme der Geschlechtskrankheiten usw.) und ethischen Gründen abgelchnt. 

H. A. Dietrich (Göttingen). 

Gloel, Werner: Unter welchen Umständen rechtfertigt sich ärztlicherseits die 
Einleitung eines Abortes und wie stellt sich die Rechtspflege zu derselben. 
Vierteljahrsschr. f. gerichtl. Med. u. öff. Sanitätsw. Bd. 62, H. 1, S. 49—75 u. H. 2, 
S. 306—337. 1921. 


Wemner, Friedrich Br.: Kurzer Beitrag zur Frage des kriminellen Abortes. (Ally. 
Krankenh., Hamburg-Barmbek.) Zentralbl. f. Gynäkol. Jg. 45, Nr. 10, S.615—617. 1921. 


Bathe, 0.: Eine seltene Indikation zur künstlichen UnterbrechungderSchwanger- 
schaft. (Brandenb. Hebammenlehranst. u. Frauenklin., Berlin-Neukölln.) Zentralbl. 
f. Gynäkol. Jg. 45, Nr. 6, S. 204—207. 1921. 

Bei einer V.-Para wurde wegen excessiver Myopie mit Netzhautblutungen und Chorioiditis 
die Schwangerschaft unterbrochen. Die Veränderungen bildeten sich zurück, die Myopie 
wurde nicht gebessert. Dietrich (Göttingen). 

Hornung, R.: Ein Fall von kriminellem Abort mit bemerkenswerten Kom- 
plikationen. (Univ.-Frauenklin., Kiel.) Zentralbl. f. Gynäkol. Jg. 45, Nr. 15, 
N. 535—539. 1921. 

Perforation der vorderen Cervixwand mit Blasencervixfistel, Hautblutungen und Netz- 
hautblutungen infolge Luftembolie. Dietrich (Göttingen). 


Ludwig, Martin, Die akuten Todesursachen nach Abortus artificialis criminalis. 
(Inst. f. gerichtl. Med., Univ. Kiel.) (Dissertation: Kiel 1921.) 
Campbell, John: The position of the medical practitioner called in to attend a 
case of procured abortion. (Die Stellungnahme des praktischen Arztes zur Einleitung 
des Aborts.) Brit. med. journ. Nr. 3180, S. 985—986. 1921. 


ö. Abortverletzungen. 


Pribram, Egon Ewald: Über einen Fall von Verblutungstod bei Abort. (Unit.- 
Frauenklin., Gießen.) Zentralbl. f. Gynäkol. Jg. 45, Nr. 41, S. 1483—1485. 1921. 

Mitteilung eines Falles, bei dem eine Frau fraglos infolge Verblutung bei einem Abortus 
mens. V. ad exitum kam. Der Fall ist prinzipiell wichtig, weil man lange Zeit annahm, daß beı 
Abortus Verblutungen nicht vorkommen könnten. H. A. Dietrich (Göttingen). 


Geschlechtskrankheiten, Gravidität und Wochenbett. 523 


Werner: Plötzlicher Tod infolge eines Abtreibungsversuches mit einer Alaun- 
Gerbsäuremischung. Beitr. z. pathol. Anat. u. z. allg. Pathol. Bd. 69, S. 558—562. 1921. 

Der Tod trat infolge Luftembolie ein. Das Luftflüssigkeitsgemisch war durch eine Per- 
forationsstelle im hinteren Scheidengewölbe mit einer 62cm langen Aluminiumspritze ein- 
gespritzt worden. H. A. Dietrich (Göttingen). 

Vercesi, Carlo: Avvelenamento da sublimato. (Sublimatvergiftung auf vagi- 
nalem Wege.) (Istit. ostetr.-ginecol., uniw., Genova.) Riv. d’ostetr. e ginecol. prat. 
Jg. 3, Nr. 5, S. 184—191. 1921. 


Nach dem ersten Schwangerschaftsmonat versuchte eine Frau auf den Rat einer Freundin 
zur Abtreibung folgendes Mittel. Sie tauchte Tampons in eine Lösung von 50 ccm heißem 
Wasser und 3g Sublimat. Den Tampon führte sie hoch in die Scheide ein. Nach 3 Stunden 
wechselte sie denselben und ersetzte ihn durch einen frischen. Am nächsten Morgen führte 
sie einen dritten Tampon ein. Am Tage darauf traten schwerste Zeichen typischer Sublimat- 
vergiftung ein. Keine Anzeichen von Abort. Portio fest geschlossen. — Behandlung: 
Schwitzkur, Einläufe, Vaginalspülung mit heißer Milch, Katheterismus, Heilung. — Kind 
wurde später ohne Schwierigkeit lebend geboren. Am Kinde selbst wurde keine Schädigung 
beobachtet. Stillfähigkeit der Mutter war vorhanden. Langer (Erlangen). 


Fraenkel, L.: Über Verletzungen des Spatium vesico-uterinum bei der Auf- 
stöpslung und deren Behandlung. Monatsschr. f. Geburtsh. u. Gynäkol. Bd. 55, 
H. 6, S. 340—346 u. S. 362—363. 1921. 

Nach Mitteilung von 3 kasuistischen Fällen beschreibt Verf. die Anatomie und 
die Art des Zustandekommens der anteuterinen Risse. Im Gegensatz zu den Rissen 
ın der hinteren Wand, die in der Regel sofort bis in die Bauchhöhle hineinreichen, 
geschieht dies vorn prinzipiell nicht. Als Ursache für die geringe Perforationsgefahr 
wird die leichte Verschieblichkeit der Blase gegen den Uterus und die relative Derb- 
heit der Plika vesicouterina angesehen. Die Prognose ist im allgemeinen gut, solange 
es nicht zur Infektion kommt. Die Therapie besteht in allen Fällen, bei denen der 
Üterus leer ist, in bloßem Abwarten. Befinden sich dagegen Abortreste innerhalb der 
Uterushöhle, so ist die Uterusexstirpation angezeigt. Im allgemeinen empfiehlt Verf. 
vorsichtiges Vorgehen bei der Eröffnung des Uterus. Am klarsten und einfachsten 
liegen die Verhältnisse bei der Hysterotomia anterior. Linnert. 


Uthmöller, A.: Abortbehandlung und Uterusperforationen. Zentralbl. f. Gynäkol. 
Jg. 45, Nr. 32, S. 1150—1153. 1921. 


Schmid, Hans Hermann: Uterusperforation und Darmverletzung beim Frucht- 
abtreibungsversuche an der nicht schwangeren Gebärmutter. (Disch. Univ.-Frauen- 
klin., Prag.) Münch. med. Wochenschr. Jg. 68, Nr. 28, S. 883—884. 1921. 

Ecke, Alfred, Violente Perforation des Uterus bei Abortausräumung. (Dissertation: 

Leipzig 1921.) 

Weiss, Th. et A. Hamant: Phlegmon du ligament large, suite de manoeuvres 
abortives. (Phlegmone des Ligamentum latum im Anschluß an Abtreibungsversuche.) 
(Soc. d’obstetr. et de yynecol., Nancy 16. III. 1921.) Bull. de la soc. d’obstetr. et de 
gynecol. de Paris Jg. 10, Nr. 3, S. 173—175. 1921.) ' 


X. Geschlechtskrankheiten, Gravidität und Wochenbett. 


Hendry, R. A.: Pregnancy and latent syphilis. (Schwangerschaft und latente 
Syphilis.) Proc. of the roy. soc. of med. Bd. 14, Nr. 3, sect. of obstetr. a. gynaecol. 
S. 209—216. 1921. 

Auf Grund einer Reihe von Fällen, die auf der Gebärklinik in Liverpool in den 
Jahren 1916—1920 gesammelt wurden, kommt Verf. zu folgenden Schlüssen: Die kli- 
nische Diagnose der latenten Lues ist nicht sicher zu stellen. Dieselbe muß gegenwärtig 
meistens auf Grund der Wassermannschen Reaktion gestellt werden, doch ist dabei 
zu bedenken, daß eine negative oder schwach positive Reaktion latente Lues während 
der Gravidität nicht ausschließt und daß eine positive Reaktion auch bei luetischen 
nicht infizierten Individuen vorkommen kann. Eine Quecksilberkur vor Bestehen der 


524 Geschlechtskrankheiten, Gravidität und Wochenbett, 


Schwangerschaft gibt eine für das Kind günstige Prognose. Wird die Kur jedoch erst 
nach dem Eintreten einer Schwangerschaft vorgenommen, so ist die Prognose bezüglich 
des Kindes abhängig von der nicht zu entscheidenden Tatsache, ob der Foetus bereits 
bei Beginn der Kur luetisch infiziert ist oder nicht. H. Zacherl (Graz). 

Schumann, Edward A. and Charles S. Barnes: Syphilis and childbirth; obser- 
vations on 661 cases occurring at the Philadelphia General Hospital. (Syphilis und 
Geburt; Beobachtungen an 661 Fällen im Allgemeinen Krankenhaus Philadelphia.) 
Americ. journ. of obstetr. a. gynecol. Bd. 2, Nr. 6, S. 612—616 u. S. 655—658. 1921. 

Schumann und Barnes fanden im Allgemeinen Krankenhaus in Philadelphia 
mittels WaR. 27,8% luetische Mütter. Während von 192 luetischen Müttern 19 tote 
Kinder zur Welt brachten, waren von 469 nichtluetischen Frauen nur 8 Totgeburten 
zu verzeichnen. Nur bei 26 Kindern der 192 luetischen Mütter war die WaR. negativ 
und fanden sich keinerlei klinische Zeichen für Lues. 6 Frauen mit negativer WaR. 
und keinerlei Anamnese usw. für Lues brachten Kinder zur Welt, die eine positive WaR. 
zeigten. In der Diskussion zum Vortrage von Schumann und Barnes berichten 
Williams, Stricker, Coles, Schumann, Stewart -Cogill, Me Glinn und Bar- 
nes im wesentlichen über einzelne Beobachtungen, wo Unstimmigkeiten zwischen 
WaR. im mütterlichen und Nabelschnurblut und dem klinischen Befunde bei Mutter 
und Kind sich erwiesen. Es werden sowohl Fälle berichtet, wo bei negativem Wasser- 
mann kranke Kinder zur Welt kamen wie umgekehrt liegende Fälle. Weitere ein- 
gehende klinisch-serologische Untersuchungen, sowie auch eingehende systematische 
Untersuchungen der Placenta sind dringend geboten. Walther Hannes (Breslau). 

Gellhorn, George: The influence of syphilis upon the pregnant woman. (Der 
Einfluß der Syphilis auf die schwangere Frau.) Surg., gynecol. a. obstetr. Bd. 32, 
Nr. 6, S. 535—542. 1921. 

Während meistens nur, wenn von Syphilis in der Gravidität gesprochen wird, 
die Gefahren für das zu erwartende Kind ins Auge gefaßt werden, bemüht sich Verf. 
an der Hand von einzelnen Fällen, die auch aus der Literatur zusammengetragen werden, 
auf die Gefahren hinzuweisen, die die luetische Erkrankung für die Mutter bedeutet. 
Diese Gefahren betreffen nicht nur die Schwangerschaft, sondern auch Geburt und 
Wochenbett. In der Schwangerschaft, in der ja an alle Organe des weiblichen Körpers 
erhöhte Ansprüche gestellt werden, können durch luetische Erkrankung geschädigte 
Organe leicht versagen und zu schweren pathologischen Zuständen Anlaß geben. 
Auch während der Geburt kann es durch primäre Wehenschwäche, narbige Strikturen 
an den weiblichen Genitalorganen, breite Kondylome, Hydramnion usw. zu Komplika- 
tionen kommen. Auch das Wochenbett ist durch Infektion von Seite luetischer Ge- 
schwüre und durch mangelhafte Resistenz eines luetisch infizierten Organismus oft 
gestört. Auf Grund dieser Erfahrungen besteht nicht nur theoretisch die Veranlassung, 
auch bezüglich der Mutter eine luetische Erkrankung als ernste Komplikation aufzu- 
fassen, sondern auch die praktische Schlußfolgerung, eine energische systematische 
Behandlung der Syphilis während der Schwangerschaft vorzunehmen. Zacherl (Graz). 

Betrachtungen über die Lues in der Geburtshilfe. Arch. de ginecopat., obstetr. 
y pediatr. Jg. 34, Nr. 1, S. 11—18. 1921. (Spanisch.) 

Stühmer, A. und K. Dreyer: Die Unzuverlässigkeit der Serumuntersuchungen 
auf Syphilis bei Schwangeren und Gebärenden. (Univ.-Frauenklin. u. Unw.-Hautklin., 
Freiburg i. Br.) Zeitschr. f. Geburtsh. u. Gynäkol. Bd. 84, H. 2, S. 289—303. 1921. 

Auf Grund einer Reihe von Versuchsergebnissen kommen Verff. zu den Schluß- 
folgerungen, daß die Serumreaktion auf Lues während der Gravidität und der Geburt 
unzuverlässig ist. Die unzuverlässigsten Resultate ergibt die Modifikation nach Stern: 
auch die Originalmethode nach Wassermann weist in 10%, unspezifische Reaktion 
auf; am brauchbarsten ist die Flockungsreaktion nach Sachs - Georgi, doch ergibt 
auch diese Versager bei sicher luetischen Seren. Als Ursache dieser unspezifischen 
Reaktionen sind vielleicht Stoffwechselstörungen im Bereich der Leber oder der Placenta 


Schwangerschaft und endokrines System. 525 


anzunehmen. Bezüglich des Blutes ist zu sagen, daß Retroplacentarblut die unsichersten 
Reaktionen gibt, Armvenenblut gibt bessere Ergebnisse, doch tritt nicht selten eine 
Neigung zu Hemmungen auf. Nabelvenenblut reagiert zwar seltener unspezifisch, 
doch ist es deshalb nicht brauchbar, da auch bei sicherer Lues das Serum negativ 
reagieren kann. Angesichts dieser Tatsachen erscheint es nicht zweckmäßig, Gebär- 
anstalten mit der Einrichtung serologischer Untersuchungsanstalten zu belasten. Zacherl. 

Lorenzen, H.: Über einen Fall von Salvarsanvergiftung in der Schwangerschaft 
mit tödlichem Ausgang im Wochenbett. (Univ. - Frauenklin., Jena.) Zentralbl. f. 
Gynäkol. Jg. 45, Nr. 39, S. 1407—1412. 1921. 


Verf. berichtet über einen Fall von tödlich verlaufender septischer Allgemeininfektion 
im Wochenbett. Ihren Ausgang nahm die Erkrankung von den geschwürigen Hautverände- 
rungen im Bereich der äußeren Genitalien, die unter der begünstigenden Einwirkung des 
Geburtstraumas als Folge der Salvarsanvergiftung entstanden waren. Letztere sei daher indirekt 
für den letalen Ausgang verantwortlich zu machen. Im allgemeinen kann jedoch gesagt werden, 
daß Schwangere ebensowenig durch Salvarsanbehandlung geschädigt werden wie Nicht- 
schwangere, vorausgesetzt, daß die heute feststehenden Kontraindikationen gegen die An- 
wendung des Salvarsans (Status thymico-lymphaticus, vasculäre Nephritis, Herzfehler und 
Störungen der Kreislauforgane, schwere Tuberkulosen, Leberinsuffizienzen) beobachtet werden. 

. H. Zacherl (Graz). 

Hobbs, Remington: Treatment of gonorrhoea in women. With special reference 
to cases complicating pregnancy. (Behandlung der weiblichen Gonorrhöe mit be- 
sonderer Berücksichtigung der Komplikationen in der Schwangerschaft.) Practitioner 
Bd. 106, Nr. 1, S. 31—42. 1921. 


Graf, Eugen, Gonorrhöe und Schwangerschaft. (Dissertation: Erlangen 1921.) 


XI. Schwangerschaft und endokrines System. 


Tomor, Ernst: Innere Sekretion und Schwangerschaft. (Haupist. [III. Bez. ] 
Fürsorgeanst. f. Lungenkr., Budapest.) Arch. f. Frauenk. u. Eugenet. Bd. 7, H. 2, 
S. 111—121. 1921. 

Der Verf. wendet sich gegen die Ansicht jener Autoren, die alle Schwangerschafts- 
reaktionen und -toxikosen durch Einwirkung von inneren Sekreten der Placenta auf 
die Mutter zustande kommen lassen wollen. Gestützt auf die Experimente Starlings, 
der Extrakte ganzer Embryonen seinen Tieren injizierte, vertritt er den Standpunkt, 
die Schwangerschaftsreaktionen seien auf die Tätigkeit der innersekretorischen Drüsen 
der Frucht zurückzuführen. Besonders nach dem Verschluß von in den ersten Zeiten 
des intrauterinen Daseins vorhandenen Ausführungsgängen (Thyreoidea, Hypophyse) 
sei Gelegenheit zu einem schnellen Übertritt der Sekrete ins Blut des Foetus und auf 
dem Wege über die Placenta in das Blut der Mutter gegeben. Die Placenta könne dabei 
gewisse Veränderungen der sie passierenden Sekrete vornehmen. Paul Werner (Wien) 

Gabastou, Juan A.: Schwangerschaft und Störungen der inneren Sekretion. 
Semana med. Jg. 28, Nr. 52, S. 902—911. 1921. (Spanisch.) 


Kurzes Übersichtsreferat über die bisher bekannten Beziehungen zwischen der Schwanger- 
schaft und Schilddrüse, Hypophyse, Nebenniere, Epithelkörperchen. Keine neuen Tatsachen 
und Gesichtspunkte. Nürnberger (Hamburg). 


Puppel, Ernst: Über die innere Sekretion der Placenta. Dtsch. med. Wochenschr. 
Jg. 47, Nr. 43, S. 1294—1295. 1921. 

Ausgehend von der theoretischen Anschauung, daß die innersekretorische Aufgabe 
der Placenta darin bestände, erregend, hyperämisierend und wachstumsfördernd auf 
den Uterus zu wirken, verwandte Verf. nach Abderhaldens Vorschrift hergestelltes 
Placenta-Opton therapeutisch bei primärer Wehenschwäche nach dem vor- oder früh- 
zeitig erfolgten Blasensprung, zur Wehenanregung bei Abort, bei Dysmenorrhöe, bei 
A- und Oligomenorrhöe, bei Sterilität und bei Ausfallserscheinungen des klimakterischen 
und präklimakterischen Alters und nach Radikaloperation an. Der Erfolg war überall 
befriedigend, während eine Einwirkung auf die Funktion der Brustdrüse nicht ersicht- 
lich war. Sertz (Gießen). 


526 Schwangerschaft und endokrines System. 


Bar, Paul: Einige geburtshilfliche Fragen: Die Placenta als Urheberin der 
physiologischen Veränderungen der Schwangerschaft. Arch. de ginecopat., obstetr. 
y pediatr. Jg. 34, Nr. 9, S. 339—350. 1921. (Spanisch.) 

Vortrag, gehalten auf Einladung der Königlichen Akademie der Medizin in Madrid. 
— Das klinische Bild der Schwangerschaftstoxikosen ist heute — in seinen großen 
Linien wenigstens — scharf herausgearbeitet. Leider läßt sich das gleiche aber nicht 
von der Pathogenese dieser Erkrankungen behaupten. An Theorien fehlt es zwar 
nicht. Diese haben sıch aber leider nur allzu häufig in unkritischer und wenig frucht- 
barer Weise auf die herrschenden Lehrmeinungen in der Physiologie und allgemeinen 
Pathologie aufgebaut. So war dies der Fall mit der Lehre von der Schwangerschafts- 
leber. Auf Grund neuerer Erkenntnisse muß aber die Ansicht, daß jede Gravide an einer 
leichten oder schweren, nach weisbaren oder latenten Insuffizienz der Leber leide, zurück- 
gewiesen werden. Bars Schüler Didier und Philippe haben eine Reihe von normalen 
Graviden auf ihr Verhalten bei der ‚„hämoklastischen Krise“ (Widal) untersucht. 
Dabei haben sie während der ersten 5 Monate durchweg ein negatives Resultat erzielt, 
und in den letzten Monaten war der Ausfall der Probe nur in einem Drittel aller Fälle 
positiv. — Auch die, lange Zeit herrschende, Ansicht von der „Filterwirkung‘“ der Pla- 
centa ist gefallen; an ihre Stelle ist die Lehre von der ‚„Placentardrüse‘ getreten. Aus- 
gegangen ist diese Lehre von der Erkenntnis, daß dem Syncytium aktive sekretorische 
Fähigkeiten zukommen. Histochemische Untersuchungen (Kervily) ergaben wert- 
volle Aufschlüsse über den Befund von Mitochondrien, Eisen, Kalk und Fettkörpern 
in den Zotten. Aber alle diese histochemischen Befunde ließen sich nur an jungen 
Placenten — bis zum 3. Monat — erheben. — Auch über den Durchtritt von Antigenen 
und Antikörpern durch die Placenta haben B. und seine Schule Untersuchungen an- 
gestellt. Dabei zeigte sich, daß Gravidenserum in allen Fällen Placenta abbaute, freilich 
konnte man auch mit Nichtgravidenserum in einer recht beträchtlichen Zahl von 
Fällen (33%) positive Resultate erhalten. B. nimmt auf Grund dieser Tatsachen einen 
ablehnenden Standpunkt gegenüber der Abderhaldenschen Schwangerschaftsreaktion 
ein. — Weiter bespricht B. ausführlich die bekannten Sch wangerschaftsveränderungen 
der Drüsen mit innerer Sekretion. — Nubiola hat darauf hingewiesen, daß man bei 
frischen Infarkten und in Eklampsieplacenten regelmäßig Zottenzerreißungen mit einem 
Austritt von fötalem Blut in die ıntervillösen Räume nachweisen kann. Auf diese 
Tatsache hat Nubiola die kausale Genese der Eklampsie zurückführen wollen. — Auch 
Brindeau hat auf diese Zottenzerreißungen hingewiesen. B. selbst hat sie ebenfalls 
ın zahlreichen Präparaten beobachtet, gleichzeitig aber auch gefunden, daß sie stets 
vergesellschaftet waren mit profusen Blutungen in fötalen Organen (Nieren, Leber u. a.), 
kurz mit allen Zeichen der Asphyxie. — Dagegen hat B. wiederholt bei Eklampsıe 
Wucherungen des Syncytiums gesehen und glaubt, daß diese Erscheinungen bei der 
ätiologischen Wertung der Krankheit ın Rechnung gesetzt werden müssen. Die Eklamp- 
sie, die ja bekanntlich erst am Ende der Schwangerschaft zur Beobachtung kommt, 
fällt also in die Zeit der herabgesetzten Vitalität des Syncytiums. Nürnberger. 

Fujimura, Gencho: Cytological studies on the internal secretory functions in 
the human placenta and decidua. (Cytologische Studien über die Vorgänge der 
inneren Sekretion in der menschlichen Placenta und Decidua.) (Osaka med. coll., 
Osaka, Japan.) Journ. of morphol. Bd. 35, Nr. 3, S. 485—578. 1921. 

Ausgehend von der Tatsache, daß alle bisherigen, meist auf experimentellem oder 
biologisch-chemischem Wege angestellten Studien über das Wesen der inneren Se- 
kretion in der Placenta und Decidua zu keinem befriedigenden Resultat geführt haben, 
beschreitet Fujimura in der vorliegenden Arbeit den Weg, die in Frage stehenden Organe 
einer genauen histologisch-cytologischen Untersuchung zu unterziehen. Er legt dabei 
besonderen Wert auf die Feststellung, daß der Hauptgrund, weshalb alle früheren 
Forscher bisher nicht an eine innere Sekretion von Placenta und Decidua glaubten, 
darin zu suchen sei, daß sie ungeeignetes Material zu ihren Arbeiten verwandten; 


Schwangerschaft und endokrines System. 527 


nur die erst in ihrer Entstehung befindlichen Gewebe können als brauchbare Grundlage 
dienen, nicht die schon fertigen ausgereiften Organe, in denen eine Sekretion allerdings 
nicht nachweisbar ıst. Das Material, dessen sich Verf. bedient, stammt von 43 aus 
verschiedenen Krankheitsursachen unterbrochenen Schwangerschaften der verschie- 
densten Stadien. Die bis ins kleinste gehenden Darlegungen werden von 96 auf Tafeln 
angebrachten Figuren unterstützt. Gegenstand der Forschung bilden genaueste 
histologische Untersuchungen des Syncytiums, der Langhansschen Zellen und der 
Stromazellen in den Chorionzotten, außerdem der Deciduazellen und des Epithels der 
Uterusdrüsen als Hauptbestandteile der Decidua serotina und der Decidua vera. 
Epithel und Stromazellen der Zotten, Deciduazellen und Uterusdrüsenzellen enthalten 
alle als beständige Bestandteile ihres Protoplasmas sog. Plastosome, Lipoidkörperchen 
und Vakuolen; diese Bestandteile stehen miteinander in innigem Zusammenhang. 
Die Plastosome, größtenteils stäbchenförmig, sind entweder lang oder kurz, gelegent- 
lich körnig, kettenförmig oder fadenförmig angeordnet. Ihre Menge nimmt mit Fort- 
schreiten des Sekretionsvorganges ab. Die Lipoidkörperchen sind sehr verschieden an 
Gestalt und Menge, je nach der Zellgruppe, zu der die Zelle gehört, oder dem Grad ihrer 
Funktion. Im ersten Stadium ihres Auftretens sind sie körnig, sehr klein, manchmal 
kaum zu unterscheiden von den körnigen Plastosomen (Plastochondrien), so daß man 
zu dem Schluß berechtigt ist, die Plastosome als Mutterboden für die Lipoid-Granula 
anzusehen. Diese Beziehung besteht in den Langhansschen Zellen, den Stroma- 
zellen der Zotten und den Deciduazellen. Die Vakuolen sind wahrscheinlich nichts 
anderes als verflüssigte Lipoid-Granula; mit Zunahme des Sekretionsvorganges nehmen 
sie an Zahl und schließlich auch an Umfang zu, sie ballen sich zum Teil zusammen, 
und der Zellkörper stellt schließlich ein schaumiges Gebilde dar. Die in Frage stehenden 
Zellgruppen ähneln den gewöhnlichen ‚klassischen‘ Drüsenzellen (Pankreas, Speichel- 
drüsen, Tränendrüsen) und den wichtigsten Drüsen mit innerer Sekretion. (Corpus 
luteum- und Interstitium-Zellen des Ovarıums, Rindenzellen der Nebennieren), so 
daß kaum ein wesentlicher Unterschied besteht. Wenn man die Lipoid-Granula für 
Sekretionskörnchen und die Vakuolen für Sekretionsprodukte hält, fallen die Zell- 
gruppen der Placenta und Decidua unter dieselbe Kategorie, wie echte Drüsenzellen, 
besitzen also auch Sekretion. Die Sekretionserscheinungen der Placenta- und Decidua- 
zellen (die Deciduazellen großen Typs ausgenommen) stellen sich im Allgemeinen dar 
wie bei den gewöhnlichen Drüsenzellen mit denselben Veränderungen, die in der Struk- 
tur der Zellkörper erscheinen, und fast unter derselben Form. Vom histologischen 
Standpunkt aus beginnt die Sekretion bei den Plastochondrien, diese machen dann das 
Stadium der kleineren Körnchen (Heidenhains Primargranula) durch und wachsen 
sich allmählich zu den gewöhnlichen Lipoidkörnchen aus, die direkt zu Vakuolen 
(Sekretionsprodukt) werden. Der Sekretionsvorgang in der Syncytiumschicht geht 
so vor sich, daß die Vakuolen in verschiedenen Teilen aufspringen, und sich ihr Inhalt 
in die intervillösen Räume ergießt; in den anderen Zellgruppen werden die Sekretions- 
produkte auf dem Wege der Osmose entfernt. Die Sekretionsprodukte aus der Syn- 
cytiumschicht, den Deciduazellen, den Uterusdrüsenzellen (teilweise) und wahrscheinlich 
auch von den Langhansschen Inseln werden von der Mutter aufgenommen, während 
die Produkte der gewöhnlichen Langhansschen Zellen und den Stromazellen der 
Zotten vom Foetus absorbiert werden. ' Was den Zusammenhang zwischen Stadium 
der Sekretion und Zeit der Schwangerschaft anbetrifft, so scheidet die Syneytium- 
schicht aus vom Anfang der Schwangerschaft bis Ende des 4. Monats, am lebhaftesten 
im 2. und 3. Monat; das Gleiche gilt von den Langhansschen Zellen, während die 
Tätigkeit in den Langhansschen Inseln etwas länger anhält. Die Sekretion in den 
Stromazellen der Zotten reicht vom Ende des 1. Monats bis ca. 7. Monat; der Höhe- 
punkt liegt im 2. bis 6. Monat. Im 8. Monat verkleinern sich die Zellen und sterben ab. 
Was die Deciduazellen anbetrifft, bei denen man bekanntlich große und kleine unter- 
scheidet, so stimmt die Sekretion der kleinen so ziemlich mit der der anderen Zellen 


528 Schwangerschaft und endokrines System. 


überein. Schon am 17. bis 18. Tage nach der Konzeption macht sich eine lebhafte 
Tätigkeit bemerkbar, Wachstum und Funktion erreichen ihren Höhepunkt am Ende 
des ersten Monats. Wenn dann die großen Zellen erscheinen, verringert sich die Zahl 
der kleinen, und dementsprechend nimmt auch ihre Tätigkeit ab, hält aber immerhin 
noch bis zum 7. Monat an. In den großen Deciduazellen liegt ebenfalls jene Struktur 
vor, die zur Sekretionsbildung nötig ist, jedoch bildet sich in ihrer stark entwickelten 
Zellmembran eine gewisse Substanz, wahrscheinlich durch eine in der Zelle selbst 
liegende Tätigkeit; auf diese Weise kommt eine Stoffbildung zustande, die als ein vom 
Zellkörper ausgestossenes Sekretionsprodukt angesehen werden kann. Der große 
Typus der Deciduazellen kommt vor am Ende des ersten Monats, erreicht seinen Höhe- 
punkt im 2. Monat. und nimmt im 3. bis 4. Monat ab. Die oben erwähnte besondere 
Sekretion der Zellen beginnt im 2. Monat und erreicht ihren Höhepunkt im 3. Monat, 
kann aber bis zum 6. Monat nachgewiesen werden. Im Allgemeinen stirbt der große 
Typus in der 2. Hälfte der Schwangerschaft ab, immerhin kann man ihn auch noch am 
Ende der Gravidität finden. Die Funktion des Drüsenepithels tritt am lebhaftesten 
Ende des ersten Monats in die Erscheinung, läßt im Anfang des 3., mehr noch im 4. Mo- 
nat nach und kommt im 5. Monat zum Stillstand. Dabei erscheinen im allgemeinen die 
Funktionen in der Decidua serotina etwas früher als in der Decidua vera, hören aller- 
dings auch dementsprechend in der ersteren früher auf. Die Sekretionsprodukte werden 
wohl nur in frühester Schwangerschaft in die Uterushöhle ausgeschieden; später, wenn 
die Öffnungen der Drüsenlumina durch Placentarbildung und durch Adhäsion der 
Decidua vera und reflexa verschlossen sind, werden die Sekretionsprodukte zusammen 
mit den Resten der degenerierten Drüsenzellen von der Mutter absorbiert. Da es mög- 
lich ist, daß die Sekretionsprodukte der verschiedenen oben aufgeführten Zellgruppen 
entweder von der Mutter oder vom Foetus wie bei der inneren Sekretion direkt absor- 
biert werden, wird jedermann der Vermutung beistimmen, daß sie auch wie die Sekre- 
. tionsprodukte vieler innerer Drüsen ein gewisses Hormon enthalten. Ist das der Fall, 
so kann man sagen, daß jedes der beiden in Frage kommenden Organe (Placenta und 
Decidua) ein Hervorbringer und ein Behälter von Hormonen verschiedener Art ist. 
Die Arten der Hormone und das Verhältnis ihrer Mischung als Inhalt dieser Organe 
müßten wichtige Beziehungen zu dem Zeitpunkt der Schwangerschaft und den Teilen 
der in Frage stehenden Organe haben. In der ersten Hälfte der Schwangerschaft 
findet man eine große Mannigfaltigkeit von Hormonen, während in der reifen Placenta 
es faßt unmöglich ist, ihre Existenz nachzuweisen. Verschiedene Autoren haben an- 
genommen, daß das Epithel der Zotten wohl als Organ der Ernährung des Embryos 
anzusehen sei; histologisch kann diese Annahme nicht gestützt werden. Die verschie- 
denen oben beschriebenen Zellen nehmen mit fortschreitender Sekretion an Größe 
zu, eine Tatsache, die besonders für die Deciduazellen zutrifft. Bei ihnen ist der große 
Typ nur der ausgewachsene kleine Typ. Jedoch muß auf den funktionellen Unterschied 
beider Typen geachtet werden; die Deciduazelle verändert ihre Funktion bei zu- 
nehmendem Wachstum. Die histologischen Veränderungen, die in den Interstitium- 
zellen der Uterusschleimhaut und den Drüsenzellen vor Eintritt der Menstruation 
auftreten, ähneln im Allgemeinen denen bei Beginn der Schwangerschaft, obgleich sie 
viel schwächer sind. Daher haben selbst in diesem Falle diese beiden Zellarten vom 
Standpunkt des Histologen aus Sekretionsvorgänge gemeinsam. Die Sekretionsprodukte 
in den Interstitiumzellen werden innerlich absorbiert (vgl. den kleinen Typ der Decidua- 
zellen bei Schwangerschaft) und verursachen dadurch die verschiedenen klinischen 
Symptome, die man während der Menstruation beobachtet. Die Drüsenzellen weichen 
von den Interstitiunizellen ab; ihre Sekretionsprodukte sind nicht endokriner Natur, 
sondern werden unmittelbar nach außen, nämlich in die Uterushöhle ausgeschieden, 
so daß man ihnen keine wichtige physiologische Bedeutung wie Hormontätigkeit zu- 
schreiben kann. Eher könnte man die Veränderungen dieser Zellen als Vorläufer der 
Schwangerschaft auslegen. Die Interstitiumzellen des Uterus vor Eintritt der Menstrua- 


Schwangerschaft und endokrines System. 529 


tion werden in die sog. Menstrual-Deciduazellen verwandelt, die, was die Struktur 
anbetrifft, deutlich an die Deciduazellen der Schwangerschaft erinnern; aus diesem 
Grunde muß man den Ursprung der ersteren wie der letzteren auf die Interstitiumzellen 
des Uterus zurückführen. v. Lippmann (Halle a. S.). 


Romano, Giuseppe: Trapianti placentari. Ricerche sperimentali. (Placentatrans- 
plantationen. Experimentelle Untersuchungen.) (Istit. di clin. chirurg., univ., Napoli.) 
Fol. gynaecol. Bd. 14, H. 4, S. 237—274. 1921. 

Mit Hinweis auf die Seltenheit der versuchten Überimpfungen von embryonalem 
Gewebe im allgemeinen und Placentargewebe im besonderen und auf deren Bedeutung 
für die Tumorengenese veröffentlicht Verf. unter Benutzung der gesamten Literatur 
die Ergebnisse seiner Placentarüberimpfungen an florentinischen Ratten. Er gibt 
eine ausführliche Darstellung der Histiogenese und Histologie der Rattenplacenta 
und hebt vor allem den entodermalen Ursprung des Zottenepithels und die Resorp- 
tion der Decidua basalis nach dem 18. Schwangerschaftstage hervor, weshalb er zu 
seinen Versuchen Placenten aus dem 17. bis 18. Tage verwendete. Während er bei 
der ersten 8 Fälle umfassenden Versuchsreihe, wo er ganze Placenten in die Peritoneal- 
höhle versenkte, nur in der ersten Zeit eine Zunahme des Transplantates beobachten 
konnte, das nach 4—5 Monaten in allen Fällen völlig resorbiert war, fand er unter 
10 Fällen der zweiten Versuchsreihe, bei denen er die Placenta fein zerrieben mit phy- 
siologischer Kochsalzlösung in die Peritonealhöhle brachte und die zum Teil unter Krank- 
heitserscheinungen starben, zum Teil getötet wurden, in 8 Fällen die Lungen von 
derben, verschieden großen, die Pleura vorwölbenden Knoten durchsetzt, die sich 
histologisch als Verbände von großen einkernigen Zellen mit schäumigem Proto- 
plasma darstellten, mit starker entzündlicher Reaktion in der Peripherie. Auch im 
9. Falle konnten diese Zellen, die als Decidualzellen deutlich zu erkennen war, mikro- 
skopisch in den Lungenalveolen nachgewiesen werden. Ein Fall, der vor der Über- 
impfung hysterektomiert worden war und schon am 27. Tag der Transplantation 
an ausgedehnten Lungenmetastasen starb, scheint die Annahme Ficheras, daß 
experimentelle Tumoren bei Hysterektomierten schneller wachsen, zu bestätigen. 
Verf. kann die Fragen, auf welchem Wege die Zellen in die Lungen gelangten und 
warum die Peritonealhöhle frei blieb, nicht beantworten und übergibt seine Unter- 
suchungsergebnisse zur Überprüfung der Öffentlichkeit, ohne vorzeitig daraus Schlüsse 
ziehen zu wollen. Kolisch (Wien). 
Bandler, Samuel W., The placental gland and placental extract. (Placentardrüse 


und Placentarextrakt.) (Chicago med. rec. Bd. 2i Nr. 9, S. Aa. 
Vgl. Referat S. 140. 


Pup Ernst, Die therapeutische Verwertung dea Placenta. (Monatsschr. f. 
RR u. Gynäkol. Bd. 54, H. 5, S. 280—288.) - 
Vgl. Referat S. 143. 


Schönfeld, H., Die Toxizität der Placentalipoide und ihre Rolle in der Ätiologie 
der Puerperaleklampsie. (Vorl. Mitt.) (Dtsch. med. Wochenschr. Jg. 47, Nr. 10, 
S. 270—271.) 
Vgl. Referat S. 143. 


Schönfeld, H. E. H., Experimentelle Untersuchungen über die Toxizität von Pla- 
centalipoiden, mit Bezug auf die Ätiogenese der Puerperaleklampsie. (Arch. f. 
Gynäkol. Bd. 115, H. 1, S. 80—125.) 

Val. Referat S. 143. 


Herrmann, Edmund, Der Einfluß eines Corpus luteum- resp. Placentar-Lipoids 
: auf Blutungen, menstruellen Cyklus und Ausfallserscheinungen. (II. Univ.-Frauen- 
klin., Wien.) (Monatsschr. f. Geburtsh. u. Gyman Bd. 54, H. 3, S. 152—164.) 

. Vgl. Referat S. 136. l i 


Guggisberg, Hans, Die Wehensubstanzen in der Placenta. (Erwiderung auf den 
"Artikel: Organextrakte als Wehenmittel.) (Univ.-Frauenklin., Bern.) (Monats- 
schr. f. Geburtsh. u. ie Bd. 54, H. 5, S. BAR) 
Vgl. Referat S. 144. _ 


Jahresbericht f. d. ges. Gynäkologie 1921. 34 


530 Schwangerschaft und endokrines System. 


Fellner, Otfried ©.: Über die Tätigkeit des Ovariums in der Schwangerschaft 
(interstitielle Zellen). (Inst. f. exp. Pathol., Univ. Wien.) Monatsschr. f. Geburteh. 
u. Gynäkol. Bd. 54, H. 2, S. 88-95. 1921. 

Aus der Placenta, den Eihäuten und den Corpus luteum-haltigen Ovarien läßt sich 
ein Lipoid (feminines Sexuallipoid) extrahieren, welches nach Injektion bei Tieren 
Vergrößerung des Uterus und sonstige Graviditätserscheinungen hervorruft. Außer 
dem Corpus luteum enthält das Ovarıum noch neben Follikeln interstitielle Zellen, 
welchen letzteren von vielen Autoren ebenfalls innersekretorische Funktion zugewiesen 
wird. Um zu prüfen, ob diese interstitiellen Zellen wirklich das feminine Sexuallipoid 
enthalten, stellt Verf. zur Injektion zwei Extrakte dar: den Extrakt aus dem Corpus 
luteum allein und außerdem einen anderen aus dem ganzen Corpus luteum-haltigen 
Ovarıum (der Kuh). Ein nach der Injektion auftretender eventueller Unterschied in 
der Wirkung kann dann nur auf die interstitiellen Zellen zurückgeführt werden. In der 
Tat kann Fellner bei seinen diesbezüglichen an Kaninchen ausgeführten Unter- 
suchungen den Nachweis erbringen, daß 1. das feminine Sexuallipoid nicht allein im 
Corpus luteum, in der Placenta, in den Eihäuten und in den interstitiellen Zellen des 
Hodens enthalten ist, sondern auch in den interstitiellen Zellen des Ovarıums; 2. daß 
die sekretorische Funktion der interstitiellen Zellen des Ovarıums außerhalb der Schwan- 
gerschaft sehr gering ist, in der Schwangerschaft aber bedeutend zunimmt, so zwar, 
daß die sekretorische Kraft der interstitiellen Zellen eines Ovarıums im trächtigen 
Zustand mindestens ebenso groß ist wie die eines Corpus luteum; 3. daß das Corpus 
luteum in der Schwangerschaft dieselbe sekretorische Kraft hat wie außerhalb derselben. 
Diese Ergebnisse führen zu dem Schlusse, daß von einem sekretorischen Stillstand 
des Ovarıums in der Schwangerschaft nicht die Rede sein kann, auch nicht von einer 
verminderten Sekretion, sondern daß im Gegenteil die sekretorische Funktion des 
Ovariums in der Schwangerschaft größer ist als außerhalb derselben. Denn es bleibt 
nicht allein die sekretorische Funktion des Corpus luteum vollständig erhalten, sondern 
es kommt noch die mindestens ebenso große sekretorische Kraft der interstitiellen 
Zellen hinzu und noch weiter die noch viel größere gleichartige sekretorische Funktion 
der Placenta und der Eihäute. Es werden also das feminine Sexuallipoid ebenso wie 
die sekretorischen Stoffe aller anderen Drüsen mit innerer Sekretion in der Schwanger- 
schaft in weitaus erhöhtem Maße produziert. Bernhard v. Lippmann (Halle a. S.) 


Morley, W. H.: The corpus luteum of menstruation and pregnancy. A review 
of a monograph by John C. Dalton, jr. (Das Corpus luteum der Menstruation 
und Schwangerschaft. Rückblick auf eine Monographie von John Dalton.) New York 
med. journ. Bd. 113, Nr. 6, S. 230—232. 1921. 


Inhaltsangabe der im Jahre 1851 erschienenen Monographie Daltons, die manche erst 
in der Neuzeit bestätigten Befunde enthält. Aschheim. 


Wesselink, D. G.: Über das Corpus luteum der Schwangerschaft. Nederl. 
tijdschr. v. verlosk. en gynaecol. Jg. 28, Nr. 3, S. 174—186. 1921. (Holländisch.) 

Verf. weist aus der Literatur nach, daß in der ganzen Säugetierreihe ein Zusammenhang 
nachzuweisen ist zwischen der Art der Ernährung des Eies und der Bildung des Corpus luteum. 
Darin sieht er eine große Stütze für die Annahme, daß auch beim Menschen das Corpus luteum 
der Schwangerschaft in ursächlichem Zusammenhange steht mit der Implantation des Eies 
sowie dessen Ernährung, so lange bis die Placentarzirkulation sich gebildet hat. Keine eigenen 
Untersuchungen. Literatur im Text. Lamers (Herzogenbusch). 

Gross, A.: Le corps jaune de la grossesse est-il un organe cholesterinigönique? 
(Ist das Corpus luteum graviditatis ein Cholesterin produzierendes Organ?) (Clin. 
d'accouchement et de gyn£col., Strasbourg.) Gynecol. et obstetr. Bd. 3, Nr. 2/3, 
S. 73—80. 1921. 

Das Cholesterin, ein linksdrehender, krystallisierbarer Alkohol gehört chemisch 
zu den Sterinen, die ihrerseits mit den Lecithinen zur Gruppe der Lipoide gerechnet 
werden. Es fehlt in keinem Organ und keiner Flüssigkeit des Körpers, findet sich 
in jeder Zelle; wird es — mit der Nahrung oder auch subcutan — in den Körper ein- 


Schwangerschaft und endokrines System. 531 


gehracht, so erhöht sich der Gehalt des Blutserums an Cholesterin. Die im Blute vor- 
handene Menge nimmt nach den übereinstimmenden Untersuchungen verschiedener 
Autoren (Hermannund Neumann, Lindemann, Chauffard u. a.) auch während 
der Schwangerschaft zu, um nach der Entbindung wieder auf die Norm abzufallen. 
Wie ist nun diese Hypercholesterinämie zu erklären ? Genügt das von außen eingebrachte 
Cholesterin den Bedürfnissen von Mutter und Kind, oder muß die eine oder andere 
Drüse mit innerer Sekretion zur Erhöhung der Cholesterinproduktion beitragen ? 
Chauffard, an den sich Verf. hauptsächlich anlehnt, will die Hypercholesterinämie 
mit dem Corpus luteum in Zusammenhang bringen. Gross hält es jedoch für höchst 
unwahrscheinlich, daß der Körper imstande ist, Cholesterin selbst synthetisch dar- 
zustellen. Das Corpus luteum graviditatis gibt während der ganzen Dauer der Schwanger- 
schaft nur eine schwache Fettreaktion. Zu der Zeit, wo die Cholesterinzunahme im Blute 
erscheint, ist das Corpus luteum schon lange im regressiven Stadium und enthält 
viel weniger Lipoide als das Corpus luteum menstruationis. Der Gehalt des Corpus 
luteum an Cholesterin ist in den verschiedenen Stadien der Schwangerschaft noch nie- 
mals quantitativ bestimmt worden; solange das nicht geschehen, ist die Theorie, daß 
das Corpus luteum graviditatis ein Cholesterin produzierendes Organ sei, unhaltbar! 
Nach Ansicht des Verf. ist die Mutter imstande, mit dem durch die Nahrung dem Körper 
zugeführten Cholesterin reichlich auszukommen; es bleibt sogar noch ein Überschuß, 
der mit den Faeces eliminiert wird. Die Schwangere hat demnach also sehr wohl 
die Möglichkeit, bei den erhöhten Bedürfnissen von seiten des Kindes größere Mengen 
Cholesterin in ihrem Kreislauf zu mobilisieren, ein Vorgang, der sich mit den sonstigen 
Umwälzungen in der Schwangerschaft durchaus in Einklang bringen läßt. 
Bernhard v. Lippmann (Halle a.d.S.). 

Näslund, John, Études expérimentales sur la fonction du corps jaune surtout sur 

son influence sur la gestation et le dévéloppement du foetus. (Upsala läkare- 

förenings förhandlingar N. F. Bd. 26, H. 1/2, S. 157—166.) 

Vgl. Referat S. 123. 

Lévy-Solal, Lelièvre et H. Vignes: Kystes lutöiniques des deux ovaires coexistant 
avec une gestation normale. (Luteincysten beider Ovarien bei normaler Schwanger- 
schaft.) (Clin. obstétr. Baudelocque, Paris.) Gynécol. et obstétr. Bd. 5, Nr. 1, S. 70 
bis 80. 1922. 

Beschreibung doppelseitiger Luteincysten von beträchtlicher Größe bei normaler 
Schwangerschaft. Nebenbefund: zwei freie Körper in der Bauchhöhle, wahrscheinlich 
abgeschnürte Appendices epiploicae mit eigentümlichen (decidualen? Ref.) Zellen. 

Aschheim (Berlin). 
Fornero, A., Sulla natura di alcune gravi sindromi cliniche promosse da disfunzioni 
genitali. (Nota prima.) (Über die Natur von einigen schweren Symptomkomplexen, 
herrührend von einer Dysfunktion des Genitales.) (Istit. ostetr.-ginecol., univ., 

Modera.) (Fol. gynaecol. Bd. 15, H. 1, S. 55—80.) 

Vgl. Referat S. 124. i 

Ballerini, @.: Sulla genesi di alcune forme di acroparestesia. (Über die Ge- 
nese einiger Formen von Akroparästhesie.) (Scuola ostetr., untv., Perugia.) Fol. 
gynecol. Bd. 14, H. 1, S. 1—18. 1921. 

Diese Krankheit tritt vorzugsweise bei Frauen, und zwar in der Gravidität und im 
Puerperium auf, sowie in der physiologischen oder künstlich herbeigeführten Menopause. 
Es werden drei typische Fälle kurz beschrieben, bei denen zum Teil neben den Par- 
ästhesien vasomotorische Störungen beteiligt waren. Durch diese unterscheiden sich 
die beiden ersten Fälle prinzipiell von der üblichen Form. Der Einfluß einer neuen 
Gravidität ist ohne Bedeutung für die besondere Form der Erkrankung. Die eine Frau 
hatte einmal in der vergangenen Zeit eigentümliche Anfälle gehabt, die vielleicht 
hysterischer Natur waren, bei den beiden anderen fand sich nicht das geringste Zeichen 
einer Neurose. Verf. neigt der Anschauung zu, daß die Akroparästhesie wohl eine eigene 
Krankheit darstelle, aber auf Grund einer besonderen nervösen Konstitution. Pharmo- 


. 34* 


532 Schwangerschaft und endokrines System. 


kologische Untersuchungen haben keinen Anhalt geboten für eine Erkrankung des 
vegetativen Nervensystems. Der gemeinsame Faktor ın allen Fällen ist die zeitweilig 
oder dauernd aufgehobene Funktion der Ovarien. Es wird angenommen, daß nur die 
vasomotorischen und die sensiblen Nervenendigungen Sitz des Krankheitsprozesses 
seien. Jedoch glaubt Verf., daß das Ovarium seinen Einfluß nur indirekt geltend macht, 
um so mehr, als auch in dem einen eigenen Falle Erscheinungen bestanden, die im 
ganzen wohl als pluriglandulärer Natur angesprochen werden müssen. Er stellt sich 
demgemäß vor, daß der Ausfall der Ovarienfunktion indirekt im endokrinen Apparat 
und im Gleichgewichtszustand des Nervensystems, speziell des vegetativen, ent- 
sprechende Veränderungen bei solchen Individuen hervorruft, die im Sinne einer Neurose 
dafür prädisponiert sind. Ref. scheinen diese Schlußfolgerungen mit den Einzelaus- 
führungen der Arbeit nicht immer scharf übereinzustimmen. F. H. Lewy.°° 

Cantoni, Vittorio: Della secrezione esterna del pancreas in gravidanza e in 
puerperio. (Über die äußere Sekretion des Pankreas in Schwangerschaft und 
Wochenbett.) (Clin.ostetr.-ginecol., istit. di studi sup., Firenze.) Folia gynaecol. Bd. 14, 
H. 3, S. 205—224. 1921. 

Das zur Untersuchung benutzte Duodenalsekret wurde nach den Angaben von 
Gross und Einhorn mittels einer eigens zu diesem Zwecke hergestellten Sonde ge- 
wonnen. 15 von den untersuchten Frauen waren völlig Gesunde, Schwangere oder 
Entbundene, bei 6 bestand Albuminurie. Die proteolytische Kraft des Pankreassekrets 
wurde nach den Methoden von Volhard und von Cole geprüft, die lipolytische nach 
Volhard-Stade und die amylolytische nach Wohlgemuth und Wynhausen. 
Die Eiweiß- und besonders die fettlösende Kraft des Pankreassaftes sind während der 
Schwangerschaft vermindert und zwar um so mehr, je weiter die Schwangerschaft 
fortschreitet. Schon in den ersten Tagen des Wochenbettes vermehren sich diese 
Kräfte wieder und erreichen bald normale Werte. Das Kohlenhydratlösungsvermögen 
ist weder in der Schwangerschaft noch im Wochenbett verändert. — Wenn diese 
Resultate auch nur aus dem Gesamtduodenalsaft gewonnen sind und sich wegen der 
Beimengung von Galle und Magensaft an Exaktheit nicht mit den experimentell 
gewonnenen (Pankreasfistel) vergleichen lassen, kommt ihnen doch wegen der Gleich- 
mäßigkeit der Untersuchungen Bedeutung zu. Werner (Wien). 
| Fruhinsholz, A. et J. Parisot: Des anomalies de la fonction thyroidienne dans 
leurs rapports avec la gestation. (Anomalien der Schilddrüsenfunktion in ihren Be- 
ziehungen zur Schwangerschaft.) (2. congr. de l’assoc. de gynecol. de langue franç., 
Paris 29. IX. bis 1. X. 1921.) Progr. med. Jg. 48, Nr. 40, S. 465. 1921. 

` Allem Anscheine nach besteht in der Schwangerschaft eine kompensatorische 
Überfunktion der Schilddrüse, die sich besonders in der zweiten Hälfte der Gravidität 
manifestiert und in einzelnen Fällen das physiologische Maß überschreiten kann. 
Dieser pathologische Hyperthyreoidismus kann sich in allen Stadien der Schwanger- 
schaft bemerkbar machen, tritt aber manchmal erst im Wochenbett auf, als ob er durch 
die Gravidität verdeckt worden wäre. Vorher bestehender Hyperthyreoidisnus ersch wert 
die Befruchtung; eine eintretende Schwängerung bessert ihn oft. Ausnahmsweise kommt 
es zur Verschlechterung, besonders wenn gleichzeitig mechanische Störungen durch 
den Kropf oder Herzaffektionen bestehen. Auch bei Hypothyreoidismus tritt Schwanger- 
schaft nur selten ein. Wenn ja, so wird der erstere entweder gebessert (in leichten Fällen, 
wo die Schilddrüse auf den Anreiz der Schwangerschaft noch genügend reagieren kann) 
oder verschlechtert, wenn die Schilddrüse einer gesteigerten Arbeitsleistung nicht mehr 
fähig ist. Manchmal ist keine Veränderung bemerkbar. Es bestehen Beziehungen zwi 
schen Schwangerschaft, Tetanie und Unterfunktion der Epithelkörperchen. Eine 
latente Unterfunktion kann durch die Schwangerschaft als Tetanie manifest werden. 
Sowohl bei Hyper- als auch bei Hypothyreoidismus verläuft die Schwangerschaft 
gewöhnlich ungestört. Tritt doch eine Störung ein, so handelt es sich um autotoxische 
Erscheinungen. Hypothvreoidismus während der Schwangerschaft kann in Athyreoidis- 


Schwangerschaft und endokrines System. 533 


mus im Wochenbett übergehen. Manche Kinder von Müttern mit schwerer Störung 
der Schilddrüsenfunktion neigen zu Störungen der Funktion der innersekretorischen 
Drüsen, die nicht immer denen ihrer Mutter entsprechen müssen. Die Resultate der 
klinischen Forschung übertreffen die der experimentellen auf dem Gebiete der Schild- 
drüsenfunktionsstörungen. Der Einfluß dieser Störungen beim Menschen auf das Kind 
ist weniger deutlich als im Tierexperiment. Die experimentelle Forschung hat bisher 
nur wenig Licht in die Verhältnisse zwischen Hyperthyreoidismus und Gestation 
gebracht. Paul Werner (Wien). 


Vermelin, H.: Syndrome de Basedow apparu dans les suites de couches. 
(Auftreten des Basedow im Wochenbett.) (Soc. d’obstetr. et de gynecol., Nancy, 16. II. 
1921.) Bull. de la soc. d’obstetr. et de gynecol. de Paris Jg. 10, Nr. 3, S. 159—161. 1921. 


Audebert et Claverie : Grossesse chez une myxoed&mateuse. (Schwangerschaft 
bei einer Myxödemkranken.) Bull. de la soc. d’obstetr. et de gyn£col. de Paris Jg. 10, 
Nr. 2, S. 79—80. 1921. 


Bericht über einen Fall, bei dem sich die myxödematösen Erscheinungen während de 
Schwangerschaft besserten, um nach der Geburt wieder ihren früheren Grad zu erreichen. 
Bei der 26jährigen II-Gravida war eine deutliche Hypertrophie der Schilddrüse feststellbar, 
die p. p. wieder verschwand. Die überaus fette und pastöse Frau gebiert schnell und leicht 
eine 3930 g schwere Frucht (Placenta 870 g) von anscheinend normaler Beschaffenheit. Die 
Besserung sämtlicher Erscheinungen während der Gravidität wird auf die Schwangerschafts- 
hypertrophie der Schilddrüse und die damit verbundene Funktionssteigerung zurückgeführt. 

Paul Werner (Wien). 


Noback, Gustave J.: A contribution to the topographie anatomy of the thymus 
gland, with particular reference to its changes at birth and in the period of the 
new-born. (Ein Beitrag zur topographischen Anatomie der Thymusdrüse mit 
besonderer Berücksichtigung ihrer Veränderungen während der Geburt und in der Neu- 
geborenenperiode.) Americ. journ. of dis. of childr. Bd. 22, Nr. 2, S. 120—144. 1921. 

Das untersuchte Material bestand aus 65 Foeten und rechtzeitig geborenen 
Kindern, die Länge der Früchte betrug 10—55 cm. 25 Kinder waren totgeboren, 
20 hatten partiell geatmet. Unter anatomischer Schonung der ganzen Gegend wurde 
die Thymusregion freigelegt, die Thymus gemessen, ihre Lagebeziehung zur Umgebung 
und die Beschaffenheit dieser beurteilt. Es erwies sich, daß die Lappung der Drüse im 
frühen Fötalleben festgelegt und durch die beginnende Atmung nicht beeinflußt ist. 
Im späteren Fötalleben und beim Neugeborenen besteht ein cervicothorakischer 
Typus, der die Mitte hält zwischen der embryonalen Thymusanlage im Hals- und der 
späteren im Thoraxraum. Beim älteren Foetus und beim totgeborenen Kind sind die 
lateralen Oberflächen der Thymusdrüse konvex und gegen die medianen Lungenober- 
flächen vorgebaucht, selten vorne von Lungengewebe überdeckt, selten über die Vorder- 
fläche des rechten Ventrikels greifend. Bei lebendgeborenen und bei jungen Kindern 
ist die Drüse elongiert und derart gestaltet, daß ihre Begrenzungsflächen die Eindrücke 
aller benachbarten Organe zeigen, sie reicht über den rechten Ventrikel. Diese Änderung 
ist durch die Respiration, durch die Ausdehnung der Lungen bedingt, die einen Druck 
auf das Organ ausüben. In einigen Fällen kann die Thymusmasse so groß sein, daß 
sie auf die Nachbarorgane drückt: dies kann auch eintreten bei enger oberer Thorax- 
apertur und Verhinderung einer Ausdehnung der Drüse nach oben, in den Cervical- 
raum. Die bisherigen Untersuchungen konfundierten die beschriebenen fötalen und 
infantilen Typen der Drüse. Neurath (Wien).°° 

Ballerini, G.: Per la genesi del diabete insipido e delle poliurie gravidiche. 
(Über die Genese des Diabetes insipidus und der Schwangerschaftspolyurie.) (Scuola 
ostetr., unw., Perugia.) Fol. gynaecol. Bd. 14, H. 1, S. 97—119. 1921. 

32 jährige Multipara, die schon seit ihrem 5. Lebensjahre an Diabetes insipidus 
leidet. Bei jeder eintretenden Schwangerschaft zunehmendes Durstgefühl und steigende 
Harnabsonderung (12—14 l täglich). Im 3. bis 4. Lunarmonat verliert Pat. jedesmal 
die Fähigkeit, spontan zu urinieren, so daß sie katheterisiert werden muß. Objektiver 


534 Schwangerschaft und endokrines System. 


Organbefund negativ. Die Blasenparalyse dauert nur wenige Tage. Weiterer Schwanger- 
schaftsverlauf und Geburt normal. Einschränkung der Flüssigkeitsaufnahme verur- 
sacht urämische Prodromalerscheinungen. Wiederholte Pituitrininjektion von 1 ccm 
ohne Erfolg. Kleinere Dosen von !/,, 1/4 und !/, ccm Pituitrin am 20. Wochenbettag 
erzielen eine Verminderung der Harnmenge durch 4 Stunden. Das Röntgenbild der 
Schädelbasis zeigt nur eine leichte Vergrößerung des Fassungsraumes der Sella turcica. 
Es gibt einen präexistierenden Diabetes insipidus, der mehr oder weniger durch Gravi- 
dität verändert wird und eine transitorische Polyurie in graviditate, die mit der Gec- 
burt zessiert und bei erneuter Schwangerschaft evtl. wieder rezidiviert. Die Genese 
des Diabetes insipidus ist noch nicht geklärt. Die (sich widersprechenden) Theorien 
einer endokrinen Dysfunktion der einzelnen Hypophysenanteile sind weder experimen- 
tell noch klinisch bewiesen. Das gleiche gilt für die Polyurie. Am wahrscheinlichsten 
ließe sich für diese Zustände noch annehmen, daß die Änderungen in der Gravidität 
nichts anderes sind als vorübergehende Erscheinungen einer Reizwirkung, ausgeübt 
durch den in der Schwangerschaft mehr oder weniger vergrößerten Hypophysenvorder- 
lappen auf die umgebenden Partien des Zwischenhirnes i. e. auf die Iregulatorischen 
Zentren des Wasserhaushaltes.. Die individuellen Schwankungen der polyurischen 
Erscheinungen stehen in Beziehung mit der individuell wechselnd großen Hypo- 
physe und sind gebunden an die wiederholte Schwangerschaft. Diese abnormen Ände- 
rungen in der Wasserausscheidung ließen sich mit dieser Hypothese auf einen einfachen 
mechanischen Vorgang zurückführen, ohne daß anatomische Veränderungen für die 
temporäre funktionelle Störung der Wasserregulierung verantwortlich gemacht würden, 
eine Störung, die mit dem Aufhören der Schwangerschaft ihr Ende findet. Mit dieser 
Hypothese lassen sich nicht nur die rein diuretischen Veränderungen während der Gravi- 
dität verstehen, sondern auch die Tatsachen, daß sich eine Schwangerschaftspolyurie 
nie in einen Diabetes insipidus umwandelt, sich aber auch während der Gravidität 
wohl verschlechtern, nie aber bessern kann. Mit einer hypothetischen hormonischen 
Dysfunktion des Hypophysenmittellappens sind diese Erscheinungen viel weniger 
leicht zu erklären. Santner (Graz). 

Schmidt, Martha, Über einen Fall von Schwangerschaftstetanie. (Dissertation: 

Heidelberg 1921.) 

Loeb, Leo and Choizu Kuramitsu: The influence of lactation on the sexual 
cycle in the rat and guinea pig. (Der Einfluß der Lactation auf den Geschlechtszyklus 
bei der Ratte und beim Meerschweinchen.) (Dep. of comp. pathol., Washington unir. 
school of med., St. Louis.) Americ. journ. of physiol. Bd. 55, Nr. 3, S. 443—449. 1921. 

Im Anschluß an die im vorhergehenden Referat berichteten Untersuchungen über 
die Rückbildung des Uterus nach dem Gebären war es notwendig, die direkten Wir- 
kungen der Lactation auf den cyclischen Wechsel im Verhalten des Ovarıums und 
die indirekten Wirkungen auf den cyclischen Ablauf der Geschlechtsfunktion in den 
anderen Organen zu vergleichen. Es ergab sich ein Unterschied bei Ratte und Meer- 
schweinchen bezüglich des Einflusses der Lactation auf die Ovulation und den Sexual- 
zyklus. Bei der ersteren wird die Ovulation während des Säugens gehemmt, bei dem 
letzteren nicht. Beim Meerschweinchen, das seine Jungen nährt, folgt auf die Ovu- 
lation ebenso wie bei einem Individuum, das am Säugen verhindert wird, der gleiche 
Umbildungszyklus des Ovarıums, was bei der Ratte nicht der Fall ist, vielleicht weil 
bei letzterer das Corpus luteum länger funktioniert. B. Dürken (Göttingen).°° 

Kuramitsu, Choizu and Leo Loeb: The involution of the uterus following 
labor and the influence of castration and suckling on the process of involution. 
(Die der Geburt folgende Involution des Uterus und der Einfluß der Kastration und 
Laktation auf die Involution.) (Dep. of comp. pathol., Washington uniw. school of 
med., St. Louis.) Americ. journ. of physiol. Bd. 55, Nr. 3, S. 422—442. 1921. 

Experimentelle Untersuchungen: Verff. kommen zu folgenden Schlüssen: Pflege 
beschleunigt die Involution, mangelnde Pflege verzögert sie, wie Verff. bei Meer- 


Beziehungen zwischen Gravidität, Partus, Puerperium und dem Gesamtorganismus. 535 


schweinchen und Ratten sehen konnten. Die Kastration verstärkt die Involution. 
Der Involutionsverlauf ist bei Meerschweinchen und Ratten der gleiche; auch Kastra- 
tion und Pflege verstärkt die Involution, ohne jedoch auf die Zeit einzuwirken. Ka- 
stration und Mangel an Pflege hat die entgegengesetzte Wirkung. Bei kastrierten 
Tieren wird die Wirkung des Mangels an Pflege herabgesetzt, bei manchen Geweben 
ganz aufgehoben. Bei schwangeren Meerschweinchen wird nicht nur die Ovarial- 
tätigkeit, sondern unabhängig davon auch die Uterineutätigkeit vermindert; Lac- 
tation hebt weder das eine noch das andere auf. Bei gepflegten Ratten wird beides auf- 
gehoben. Der Effekt der Pflege oder Nichtpflege wird wahrscheinlich am Uterusgewebe 
direkt hervorgerufen und nicht indirekt über die Ovarien. Heimann (Breslau). 


XU. Beziehungen zwischen Gravidität, Partus, Puerperium und dem 
Gesamtorganismus. 
1. Zirkulationssystem. 


a) Physiologie (Elektrokardiogramm, Capillarmikroskopie, Blutdruck). 

Mahnert, Alfons: Über das Blutvolumen in der Schwangerschaft. (Univ.- 
Frauenklin., Graz.) Arch. f. Gynäkol. Bd. 114, H. 1, S. 168—196. 1921. 

Mittels der von de Crinis angegebenen indirekten Methode (Zeitschr. f. physiol. 
Chemie 99) untersucht Mah nert die Gesamtblutmenge Schwangerer und anschließend 
daran das Verhalten des Gesamtblutserums und dessen Beziehungen zum Verhalten 
des Körpergewichtes. Dabei fand er eine Vermehrung des Blutvolumens in der 2. Hälfte 
der Gravidität, eine durchschnittliche Erniedrigung des Serumeiweißprozentgehaltes 
gegenüber der Norm, eine, wenn auch nur leichte Erhöhung der Gesamteiweißmenge. 
Die Zunahme der Gesamteiweißmenge spricht für eine echte Gewichtszunahme in der 
2. Hälfte der Schwangerschaft. Endlich läßt die Tatsache, daß trotz vermehrten Blut- 
volumens die Zahl der roten Blutkörperchen im Kubikzentimeter keinen wesentlichen 
Schwankungen gegenüber der Norm unterworfen sind, auf eine Vermehrung der Ery- 
throcyten im graviden Organismus schließen. Santner (Graz). 

Mahnert, A. und K. Lundwall: Ein Beitrag zur Frage der Gefäßdurchlässig- 
keit in der Schwangerschaft. Vorl. Mitt. (Univ.-Frauenklin., Graz.) Münch. med. 
Wochenschr. Jg. 68, Nr. 42, 8. 1350. 1921. 

Bei Untersuchungen der Blutkonzentrationsänderung in der Anordnung von 
Morawitz und Denecke zeigten Schwangere eine abnorme Serumverdünnung. 
Beziehungen zu Hydrops gravidarum und Eklampsie werden noch verfolgt. Oehme., 

Lennartz, Ernst: Die Reaktion der Capillaren auf mechanische Reize bei 
Niehtschwangern, Schwangern und Wöchnerinnen. Pflügers Arch. f. d. ges. Physiol. 
Bd. 191, S. 302—311. 1921. 

Lennartz beobachtet die Nagelfalzcapillaren, bei denen er an schwangeren 
Frauen vor der Geburt häufig Stasen, Verlängerung und Erweiterung der Schlingen 
sieht, und untersucht die Wirkung mechanischer Reize, wobei er die Angaben von 
Ebbecke bestätigt. Nach dem Reiz sind die Capillaren deutlicher, unter Umständen 
verlängert und geschlängelt, rascher durchströmt und eine Menge vorher nicht sicht- 
barer Capillaren bemerkbar. Bestand eine Stase, so verschwindet sie durch die Reizung 
für einige Zeit. Zeigt eine Capillare Neigung zu wiederholten, vorübergehenden Stasen, 
so bleiben nach Reiz die Stasen eine Weile aus. Während am Nagelfalz die Aus- 
tauschfläche ziemlich konstant ist, ist die Zahl der Capillaren an andern Stellen der 
Haut sehr wechselnd. Daß die Stasen die Haut so wenig, die inneren Organe dagegen 
erheblich schädigen, bringt L. mit einer Sauerstoffversorgung der Haut von außen her 
in Zusammenhang. Ebbecke (Göttingen)., 
Hinselmann, Hans und Walther Haupt: Über die Capillarbeobachtung bei 
Schwangeren. (Frauenklin., Univ. Bonn.) Med. Klinik Jg. 17, Nr. 13, S. 370-371. 1921. 

Bringt man Cedernöl auf die Haut, so wird sie so durchsichtig, daß man bei Be- 


536 Beziehungen zwischen Gravidität, Partus, Puerperium und dem Gesanıtorganismus. 


trachtung im auffallenden Licht mit dem Mikroskop die Capillaren sehen und die Strö- 
mung des Blutes beobachten kann. Die Verff. haben auf diese Art die Gefäße am 
Unterschenkel und am Nagelfalz von normalen, hydropischen und eklamptischen 
Schwangeren beobachtet: Die Ergebnisse der Beobachtung am Nagelfalz waren folgende: 
Die Strömung ist nicht immer gleichmäßig schnell, sie kann so verlangsamt sein, daß 
die roten Blutkörperchen sich in Häufchen zusammenballen, es kann aber auch zu 
einer Stase, ja sogar zu einem Zurückströmen aus dem venösen in den arteriellen 
Schenkel kommen. Diese Beobachtungen sind aber auch an Nichtschwangeren festge- 
stellt worden, darum müssen die Stasen in ihrer Dauer und Häufigkeit genau registriert 
werden. Die Verff. werden später über die Ergebnisse ihrer Kurvenuntersuchungen 
eingehend berichten. Resa Friedemann-Hirsch (Charlottenburg). 


Hinselmann, Hans: Kapillarbeobachtungen bei normalen und hydropischen 
Schwangeren. (Frauenklin., Univ. Bonn.) Zentralbl. f. Gynäkol. Jg. 45, Nr. 1, 
S. 7—16. 1921. 

Untersuchungen an 60 Schwangeren, darunter 4 Nephropathien; 50 hatten Öden:e 
der Unterschenkel. Beobachtet wurden die Capillaren am Nagelfalz und am Unter- 
schenkel; ein prinzipieller Unterschied in der Strömung der Capillaren am Nagel- 
falz ließ sich nicht nachweisen, ob Ödeme an den Beinen vorhanden waren oder nicht; 
am mäßig oder stark ödematösen Unterschenkel fand sich vorübergehend Verlang- 
samung oder Stillstand der Strömung. Verf. teilt genaue Einzelheiten seiner Unter- 
suchungen niit. H. H. Schmid (Prag). 
Hinselmann, Hans, Walther Haupt und Hans Nettekoven, Beobachtung und 

graphische Darstellung der Angiospasmen bei hypertonischen nierenkranken 

Schwangeren. (Frauenklin., Univ. Bonn.) (Zentralbl. f. Gynäkol. Jg. 45, Nr. 17, 

S. 603—609.) . 

' Vgl. Referat S. 554. 

Hinselmann, Hans: Capillarbeobachtung der Striae e graviditate. (Frauenklin., 
Uniw. Bonn.) Zentralbl. f. Gynäkol. Jg. 45, Nr. 6, S. 198—200. 1921. 

‚Verf. beobachtete die Striae mit, dem Hautcapillarmikroskop von Leitz. 
Während man in der normalen Haut nur senkrecht aufsteigende Hautcapillaren 
mit kurzem venösem und arteriellem Schenkel sieht, findet man im Gebiet der 
Striae oft gar keine senkrechten Hautcapillaren oder nur plumpe Capillaren mit 
längerem venösem Schenkel, den man bis in das darunter liegende Gefäßnetz, den 
venösen Plexus subpapillaris, verfolgen kann. Dieser ist sehr deutlich zu erkennen. 
Im mikroskopischen Hautquerschnitt sieht man eine Verdünnung der über dem Plexus 
subpapillaris gelegenen Hautpartie mit einem Verstreichen der Papillen. Es ist nun 
leicht zu verstehen, daß die neuen Striae rot aussehen, da der Plexus subpapillaris 
stärker als bei der normalen Haut durchscheint. Die Frage, warum die alten Striae 
weißlich erscheinen, konnte Verf. nicht erklären. Eine Verschiedenheit in der 
Zahl der Capillaren besteht nicht, auch geht die Überdehnung der Hautzone 
nie wieder zurück, so daß auch hierdurch der Unterschied nicht zu erklären ist. 
Zum Schluß weist Verf. darauf bin, daß die Striae ein günstigeres Feld zum Studium 
der Capillarströmung darstellen als der Nagelfalz. Albert Rosenburg (Berlin). 


Hinselmann und Haupt: Die Registrierung der Angiospasmen. (Frauenklin., 
Univ. Bonn.) Dtsch. med. Wochenschr. Jg. 47, Nr. 21, S. 590—591.. 1921. 

Bei der Blutcapillaruntersuchung fiel es den Verff. auf, daß die Capillarströmung 
sehr häufig unterbrochen wurde und zwar infolge Stockung der arteriellen Blutzufuhr. 
Da die Unterbrechung des arteriellen Zustromes nicht in den sichtbaren Capillarschen- 
keln erfolgt, sondern weiter zentral, so wäre durch diese Erscheinung Gelegenheit 
geboten, bei gewissen Erkrankungen, bei denen die Annahme von Gefäßkrämpfen 
eine Rolle spielt (Nephritis, Eklampsie), durch systematische Registrierung der Stasen 
(Dauer, Häufigkeit) Einblick in die Funktionszustände des nicht sichtbaren, arteriellen 
Gefäßgebietes zu gewinnen. Beschreibung der Technik. Santner (Graz). 


Zirkulationssystem — Pathologie. — Varicen, Thrombose, Embolie. 537 


Hinselmann, Hans: Der Einfluß der Wehen auf die Angiospasmen. (Frauenklin., 
Univ. Bonn.) Zentralbl. f. Gynäkol. Jg. 45, Nr. 31, S. 1096—1097. 1921. 

Auf einer Kurve von einer Schwangerschaftsnierenerkrankung aus der Eröffnungsperiode 
sind die Wehen und die Angiospasmen gleichzeitig registriert. Bei jeder Wehe treten zahl- 
reiche Angiospasmen auf, während in der Wehenpause auffallend weniger Angiospasmen 
registriert sind. Hierdurch wird die Annahme, daß die Wehen auf die Angiospasmen steigernd 
wirken können, erwiesen. Resa Friedemann- Hirsch. 


b) Pathologie. 
&) Varicen, Thrombose, Embolie. 

Stübel, Ada: Varicen und Schwangerschaft. (Chirurg. Univ.-Klin., Jena.) Med. 
Klinik Jg. 17, Nr. 44, S. 1325—1326. 1921. 

Der Annahme, daß die Varicenbildung während der Gravidität eine Folge von 
Stauung sei, stehen jene Autoren gegenüber, die in der Gefäßwand die Ursache der 
Gefäßveränderung sehen. Verf. kommt an Hand von 260 an Frauen gemachten Unter- 
suchungen zur Ansicht, daß die Befunde nicht für eine Stauung als Ursache der Varicen- 
bildung sprechen. Die meisten Frauen wollen das Auftreten der Krampfadern im Ver- 
laufe einer Schwangerschaft, und zwar schon in den ersten Monaten, beobachtet haben, 
also zu einer Zeit, wo durch die erst mäßige Vergrößerung des Uterus der Abfluß des 
Blutes aus den Beinvenen noch nicht erschwert sein kann. Wenn die Blutüberfüllung, 
wie sie in der Gravidität gewiß vorkommt, auch zur Stauung führen kann, so doch 
nicht zu Krampfadern, da diese sonst an beiden Beinen gleichmäßig sich finden müßten. 
Das Trendelenburgsche Phänomen, das in allen daraufhin untersuchten Fällen 
positiv war, der verkehrte Kreislauf (V. femoralis — V. saphena — Vv. crurales), wie 
ihn Magnus gezeigt hat, setzt Schädigungen in der Gefäßwand (schließunfähige 
Klappen) voraus, die entweder angeboren oder erworben sein können. — Die Beobachtung, 
daß es vorzugsweise während der Gravidität zur Varicenbildung kommt, ferner die 
temporäre Verschlimmerung der Beschwerden (Anschwellen, Schmerzen und Jucken 
der Beine) während der Menstruation, lassen an das Auftreten von Hormonen während 
der Schwangerschaft und der Menses denken, die entweder die Venenwand direkt 
schädigen und so eine abnorme Dehnung der Venenwand begünstigen oder auf nervösem 
Wege (Sympathicuslähmung) den Tonus der Media herabsetzen. Der Ausgangspunkt 
der Varicenbildung ist jedenfalls die Dilatation der Vene; die Ursache dazu ist noch 
zu entscheiden. Die histologischen Veränderungen in der Venenwand sind jedoch 
lediglich als Folge- bzw. Ausgleichserscheinungen anzusehen. Santner (Graz). 


L’inondation péritonéale par rupture de varices pörifibromateuses. (Intra- 
peritonealer Bluterguß durch geplatzte perifibromatöse Varicen.) Journ. des prati- 
ciens Jg. 35, Nr. 39, S. 637—638. 1921. 


Silberstein, Paul: Raynaudsche Krankheit und Schwangerschaft. (Univ.-Frauen- 
klin., Hamburg-Eppendorf.) Zeitschr. f. Geburtsh. u. Gynäkol. Bd. 84, H. 1, S. 208 
bis 222. 1921. | 


Eine 22jährige Pat., in der 26. Woche schwanger, kommt mit typischen Erscheinungen 
der Raynaudschen Krankheit zur Beobachtung: symmetrische, beginnende Gangrän an bei- 
den Händen (kleine Finger), Schwellung der unteren Extremitäten, Asphyxie der Zehen. 
Außerdem besteht eine Glomerulonephritis und Hämoglobinurie. Therapie: Nierendiät, Bier- 
sche Stauung. Wegen Verschlechterung der Glomerulonephritis Einleitung der Frühgeburt. 
Am 9. Tage p. part. stellen sich beim Kinde asphyktische Anfälle ein, die am folgenden Tag 
zum Exitus führen. Der Zustand der Pat. bessert sich nach der Geburt; 3 Monate p. part. 
stoßen sich die gangränösen Endphalangen ab. Verf. glaubt, daß Schwangerschaft für sich 
allein und besonders im Zusammenhang mit Infektionskrankheiten und Glomerulonephritis 
ein begünstigendes Moment für die Entstehung und Verschlimmerung der Raynaudschen 
Krankheit sei. Bei Auftreten von Synkope- und Asphyxieanfällen ist die Unterbrechung der 
Schwangerschaft indiziert, um so eventuell die Möglichkeit von Gangränanfällen auszuschalten. 
Ist es bereits zu Gangrän gekommen, so ist die Unterbrechung der Gravidität nicht mehr not- 
wendig, da in der Regel keine weiteren Gangränanfälle zu befürchten sind und die Gangrän 
sich bald demarkiert. Santner (Graz). 


538 Beziehungen zwischen Gravidität, Partus, Puerperium und dem Gesamtorganismus. 


Fink, Karl: Über Luftembolie, ausgehend von den Venen des graviden Uterus; 
nebst Mitteilung und Kritik von vier neuen Fällen. (Univ.-Frauenklin., Königs- 
berg i. Pr.) Zeitschr. f. Geburtsh. u. Gynäkol. Bd. 83, H. 3, S. 632—667. 1921. 

Die Diagnose Luftembolie läßt sich exakt nur durch eine besondere Sektionstechnik 
stellen. Auch müssen postmortale Gasentwicklung, Exantheme, Typhus, Konvulsionen, 
Chloroformvergiftung ausgeschlossen und ein bisher ungeschädigtes Herz nachgewiesen 
sein. Äußerst selten verliefen die Fälle nicht tödlich, doch wurden sie dann erst später 
zufällig als Luftembolien erkannt. Das für Menschen tödliche Luftquantum ließ sich 
nicht feststellen, die vorgefundenen Luftmengen waren sehr verschieden. Von außen 
kann Luft bei Untersuchungen, Operation usw. in die Uterushöhle gelangen, wenn 
dort ein negativer Druck vorhanden ist; der intrauterine Druck ist nämlich bei Seiten- 
lage geringer als bei normaler Rückenlage, noch geringer bei Rückenlage mit Becken- 
hochlagerung, noch geringer bei Kniehand-, Knieellenbogen-, Knieschulterlage. Soll 
die bereits in den Genitalschlauch eingedrungene Luft in die Blutbahn gelangen, so 
müssen erstens großkalibrige, nicht thrombosierte Venen vorhanden sein — bei Ge- 
fäßen mit engem Lumen reichen die positiven oder negativen Drucke nicht zum Ein- 
pressen oder Ansaugen des Gases aus — und zweitens muß die Luft unter einen noch 
höheren Druck versetzt werden; dies geschieht z. B. durch die einführende Hand, 
durch sehr rasch erfolgende Geburt, durch zu schnelles Abfließen eines Hydramnion, 
durch Einleiten eines Flüssigkeitsstrahls.. Beim Erschlaffen der Uterusmuskulatur 
nach der Wehe wird dann die im Uteruscavum befindliche Luft in die infolge der Wehe 
fast blutleeren Venen durch die nun weit klaffenden Öffnungen hindurch auch noch 
angesaugt. Krampfhafte Atemzüge bei schlechter Narkose, starker Blutverlust be- 
fördern durch Herabsetzen des Druckes in der Vena cava inferior die Ansaugung der 
in den Venen der Placentarstelle befindlichen Luft bis ins Herz. An Hand dieser Er- 
örterungen werden zahlreiche Fälle von Luftembolie auf geburtshilflich-gynäkologischem 
Gebiet untersucht. Dabei werden die ganz plötzlich eintretenden, akuten Todesfälle 
und die Todesfälle mit protrahiertem Verlauf unterschieden. Eine deutliche Trennung 
zwischen beiden Todesarten zeigt sich unter den Luftemboliefällen bei Placenta praevia 
nach Anwendung der kombinierten Wendung. Zum Schluß wird noch ein Fall nach 
einer Sectio caesarea geschildert, bei dem als Ursache der Embolie eine der Uterushöhle 
zugewendete, infolge schlecht liegender Naht zurückgebliebene, tiefe Wunde mit einem 
darin mündenden, weit klaffenden Gefäß durch Autopsie festgestellt wurde. Schreiner. 


Skibba, Max, Über Wochenbettsthrombosen der Jahre 1911—1920. (Frauenklin. 
© v. Prof. Strassmann, Berlin.) (Dissertation: Berlin 1921.) 


P Herzbran bien; Frage der Bossangerachalisüinerirechung, 


Werner, Paul und Rud. Stiglbauer: Beitrag zur Frage: Herzfehler und 
Schwangerschaft. (II. Univ.-Frauenklin., Wien.) Arch. f. Gynäkol. Bd. 115, H. 1, 
S. 41—62. 1921. 

Nach kurzem Überblick der Anschauungen, welche obiger Gegenstand in den 
letzten Jahren erfahren hat, berichten die Verff. über systematisch an 7626 Schwangeren 
der Wiener Frauenklinik (weil. Prof. Wertheim) vorgenommenen Herzuntersuchungen. 
Es wurden 67 Fälle von Herzfehlern festgestellt, welche sich ihrer Lokalisation nach 
auf 31 reine Mitralinsuffizienzen, 12 Mitralstenosen, 19 Mitralinsuffizienzen kombiniert 
mit Mitralstenose und auf 5 extrakardiale Erkrankungen verteilen. Ausführlicher 
Bericht über alle Fälle, von denen nur 12 einer Nachuntersuchung unterzogen werden 
konnten. 3 Todesfälle verteilen sich auf eine Mitralstenose und auf 2 Fälle von Er- 
krankungen des aufsteigenden Aortenrohres. Verff. betonen die Bedeutung der Lokali- 
sation des Herzfehlers, welche für ihr therapeutisches Handeln maßgebend ist. Mitral- 
insuffizienz -nötigte niemals, die Schwangerschaft in früheren Stadien zu unterbrechen 
und es mußte nur in einem Falle intra part. die operative Entbindung vorgenommen 
werden. Bei Mitralstenosen wird jede kardiotonische Behandlung abgelehnt, da diese 


| Zirkulationssystem. — Pathologie. — Herzkrankheiten, Schwangerschaftsunterbrechung. 539 


das Krankheitsbild verwischt und das Fortbestehen der Gravidität, selbst in noch 
früher Zeit, zu irreparablen Herzschädigungen führt. Bei den ersten Anzeichen von 
Dekompensation erachten die Verff. die Indikation zur Schwangerschaftsunterbrechung 
gegeben und glauben die geringe Zahl ihrer Todesfälle auf ihr mehr aktives Vorgehen 
bei Feststellung einer Stenosenerkrankung zurückführen zu können. Besondere Auf- 
merksamkeit wird bei der Beurteilung von Erkrankungen der aufsteigenden Aorta 
gefordert und über je 1 Todesfall bei Enge des Aortenrohres und bei Aorteninsuffizienz 
berichtet. Bei Bestehen einer Aortenerkrankung beurteilen die Verff. das Hinzukommen 
einer Gravidität als eine schwere Mehrbelastung des Herzens und glauben diese Fälle 
in ihrer Gefährlichkeit neben der Mitralstenose einreihen zu müssen. Lundwall. 


Jaschke, Rud. Th. von: Beitrag zur Frage: Herztehler und Schwangerschaft. 
Bemerkungen zu der gleichnamigen Arbeit von Paul Werner und Rud. Stigl- 
bauer im Arch. f. Gyn. Bd. 115, H. 1. (Univ.-Frauenklin., Gießen.) Zentralbl. f. 
Gynäkol. Jg. 45, Nr. 51, S. 1837—1838. 1921. 

Jaschke bestreitet die von Werner und Stiglbauer gefundene Mortalität 
von 4,5%, bei Herzfehler und Schwangerschaft. Zwei von den von ihnen berichteten 
3 Todesfällen betreffen keine Herzklappenfehler. Einmal handelt es sich um einen in 
seiner Deutung unklar gebliebenen Fall von Enge des Aortensystems, das zweite Mal 
um schwere Aorten und Coronarveränderungen auf luetischer Basis. Nach Abzug dieser 
Fälle ist die Mortalität nur 1,58%. Auch für diesen letzten Todesfall erscheint dem Verf. 
ein Kausalnexus zwischen Gravidität und Exitus zweifelhaft. Lundwall. 


Rowlette, Robert J.: A note on the heart in pregnancy and labour. (Eine 
Studie über die Einwirkung von Schwangerschaft und Geburt auf das Herz.) Dublin 
journ. of med. science Ser. 4, Nr. 16, S. 260—266. 1921. 

Durch vermehrte Arbeit und Verlagerung des Herzens während der Schwanger- 
schaft finden sich auch bei gesunden Frauen Veränderungen leichter Art. So in den 
Grenzen der Herzdämpfung, in der Schnelligkeit und im Rhythmus des Pulses, in der Er- 
weiterung der rechten Herzhälfte, der Neigung zu Ödemen und Varicen und einer 
Pulsation der Halsvenen. Nach Mackenzie sind diese Symptome so häufig, daß sie 
fast für die Gravidität normal angesehen werden können und Funktionsstörungen 
oftmals vortäuschen. Besonders die Verlagerung des Spitzenstoßes führt irrtümlich 
zu der Annahme einer Herzhypertrophie. Diese ist aber zumindest fraglich, bei Sek- 
tionsbefunden an trächtigen Ratten fand Herring Leber und Nebennieren wesentlich 
schwerer, das Herz jedoch 4,7%, leichter als bei den Vergleichstieren. Bei bestehenden 
organischen Herzfehlern können die vermehrten Anforderungen in der Gravidität das 
Herz stärker beeinträchtigen und auch lebensbedrohlich werden. Seit Mac Donald 
1877 die Sterblichkeit herzkranker Frauen während der Schwangerschaft und in der 
Geburt mit 60,7% bezifferte — jedenfalls nur die ernstesten Fälle einbeziehend — 
hegte man in dieser Beziehung starken Pessimismus. Nun aber liegen niedrige, wenn 
auch erstaunlich verschiedene Zahlen vor, von 60% (Lublinsky) bis 0,1% (Fellner), 
woraus u.a. Verf. mit Mackenzie schließt, daß man bei der Prognosestellung besser 
individualisiere als auf Statistiken fuße. Verf. fand in 11 Jahren bei 46204 Ent- 
bindungen 168 Todesfälle, von denen bei 11 Herzerkrankungen beteiligt waren. Zweifel- 
los kommen auf 4200 Frauen viel mehr als 1 Herzkranke, die aber alle Schwanger- 
schaft und Geburt gut überstanden haben müssen. Deshalb kommt Verf. mit Macken- 
zie zu der Meinung, daß vor allem die Kompensationsfähigkeit des Herzens und weniger 
die Art des Herzfehlers das Ausschlaggebende sei. Unter diesen wird die Mitralstenose 
als die ernsteste Komplikation beurteilt. Wenn eine auftretende Inkompensation 
die um so schwerer anzusehen ist, je früher sie eintritt, durch entsprechende Behand- 
lung nicht behoben werden kann, so ist die Schwangerschaft zu unterbrechen. Aller- 
dings bleibt zu bedenken, daß die Einleitung der Frühgeburt an sich eine schwere Be- 
lastung für das Herz darstellt. Lundwall (Graz). 


540 . Beziehungen zwischen Gravidität, Partus, Puerperium und dem Gesamtorganismus. 


Ruibal Salaberry, Manuel: Verlauf und Prognose der Schwangerschaft bei 
Herzkranken. Semana med. Jg. 28, Nr. 45, 8. 637—640. 1921. (Spanisch.) 

Bericht über 37 Frauen mit Herzfehlern in der Gravidität. Kein Todesfall. Am häufig- 
sten fanden sich Mitralfehler, weniger häufig Myokarditiden und am seltensten Aortenvitien. 
Von Komplikationen standen im Vordergrund Albuminurie und Placenta praevia. Das Alter 
der Patienten schwankte zwischen 17 und 47 Jahren. Nürnberger (Hamburg). 

Frølich, E.: Fall von akuter Herzdehnung am Schluß der Schwangerschaft. 
(Ver. f. Gynäkol. u. (leburtsh., Kopenhagen, Sitzg. v. 8. IV. 1921.) Hospitalstidende 
Jg. 64, Nr. 37, S. 64—65. 1921. (Dänisch.) 

Frohlich berichtet über einen Fall, eine 36jährige IV.-Para, die im Beginn des letzten 
Schwangerschaftsmonats plötzlich mit starker Dyspnöe, Cyanose, Oppressions- und Angst- 
gefühl erkrankte, nachdem kurze Zeit zuvor nur leichte Ödeme an den Füßen bestanden. Die 
Patientin saß bei einer Respiration von 30 und Puls 132, der klein und weich war, im Bette auf. 
Die Auskultation der Lungen ergab überall feine feuchte Rasselgeräusche, die des Herzens 
eine Verbreiterung nach rechts und besonders nach links. Leichtes systolisches Blasen, akzen- 
tuierter zweiter Pulmonalton. Im Urin reichlich Eiweiß. Da Stimulantien ohne Wirkung 
blieben, wurde der Kaiserschnitt ohne Narkose, nur mit ein paar Tropfen Ather bei Incision 
der Bauchwand, ausgeführt. Mutter und Kind überstanden den Eingriff gut. Die Herz- 
dilatation ging in den Wochen nach der Operation rasch zurück, und am 17. Tage war jede 
Spur von Eiweiß im Urin verschwunden. Saenger (München). 
Reck, Karl, Herziehler und Schwangerschaft. (11 Fälle aus d. Charite-Frauenkl. 
l zu Berlin.) (Dissertation: Berlin 1921.) 


2. Respirationsorgane (insbesondere Tuberkulose). 


Franz, K.: Lungentubereulose und Schwangerschaft. (Univ.-Frauenklin.- 
Charité, Berlin.) Zeitschr. f. ärztl. Fortbild. Jg. 18, Nr. 10, S. 286—288. 1921. 

Franz berichtet über 101 Frauen, bei denen vom Oktober 1910 bis Dezember 
1918 wegen Lungentuberkulose die künstliche Schwangerschaftsunterbrechung gemacht 
worden ist. In allen Fällen handelte es sich um manifeste und aktive Prozesse. Alle 
mit Ausnahme eines einzigen wurden vor dem Ende des 4. Monats unterbrochen. Von 
den 100 Fällen konnten bei 48 Nachuntersuchungen vorgenommen werden. 19 Frauen 
sind gestorben in einem Zeitraum von 2 Monaten bis 7 Jahren, gebessert oder gleich- 
geblieben sind 21 Fälle, verschlechtert haben sich 8 Fälle. F. geht näher auf die nach 
Turban -Gehrhardt eingeteilten Fälle ein und kommt zu dem Schluß, daß die 
Unterbrechung der Gravidität nur in einem ganz geringen Maße günstig wirken kann, 
da die Tuberkulose mit und ohne Schwangerschaft verläuft wie sie verlaufen muß. 
Trotzdem hält F. den artifiziellen Abort bei Lungentuberkulose für berechtigt. Er 
sieht in ihm aber nur eines von den vielen therapeutischen Mitteln und nicht einmal 
ein sehr wichtiges. Bei therapeutisch aussichtslosen Fällen hält er die Schwanger- 
schaftsunterbrechung nicht für berechtigt. Mit der Sterilisierung ist F. sehr zurück- 
haltend. Er wendet sie nur dann bei heilbaren Fällen an, wenn trotz Ermahnung 
und Belehrung der Eheleute die Schwangerschaften rasch aufeinander folgen. 

Behne (Erlangen). 
Kehrer, E.: Tuberkulose und Schwangerschaft. (Dtsch. Tuberkul.-Kongr., Bad 


Elster, Sitzg. v. 19.—21. V.1921.) Zeitschr. f. Tuberkul. Bd. 34, H.7, S.693—696. 1921. 
Kehrer geht kurz auf folgende zwei Fragen ein: 1. Wann ist man berechtigt oder ver- 
pflichtet, die Schwangerschaft bei einer Tuberkulösen zu unterbrechen ? Bei einer erst in der 
Schwangerschaft manifest gewordenen Tuberkulose führt im Stadium Turban I und H die 
Unterbrechung in 80—90% der Fälle zur Besserung. Bei Turban II grundsätzlich Unterbrechung 
aus vitaler Indikation. 2. Wie soll man die Schwangerschaft unterbrechen? Bei Turban I 
Entleerung des Uterus auf vaginaleın Wege. Sterilisation wohl meist nicht möglich. Bei Tur- 
ban II beste Methode abdominale Totalexstirpation von Uterus und Adnexen in Sakralanästhe- 
sie. Behne (Erlangen). 


Kehrer, E.: Über Tuberkulose und Schwangerschaft. (Staatl. Frauenklin., 
Dresden.) Münch. med. Wochenschr. Jg. 68, Nr. 37, S. 1171—1172. 1921. 

Bei ausgeheilten Tuberkulosen erfolgt eine Aktivierung in der Schwangerschaft 
in etwa 10%, in Gravidität und Puerperium zusammengenommen in etwa 20%. Bei 


Respirationsorgane (insbesondere Tuberkulose). 541 


Turban I kann der Lungenprozeß stationär bleiben, es besteht aber stets die Gefahr 
einer Wendung zum Schlimmeren, fortlaufende Beobachtung, Heilstättenbehandlung. 
Bei Turban Il, Verschlimmerung in 80% der Fälle, ist grundsätzlich die Schwanger- 
schaftsunterbrechung aus absoluter Indikation erforderlich, und zwar mit Total- 
exstirpation des Uterus und der Adnexe in Lokalanästhesie. Im Stadium I Entleerung 
des Uterus auf vaginalem Wege nach vorheriger Erweiterung mit Laminariastift in 
den ersten Monaten, nach vorheriger Einlegung eines kleinen Gummiballons im 4. bis 
6. Monat. Im III. Stadium ist die Totalexstirpation ziemlich wertlos, höchstens kann 
dadurch vielleicht eine Lebensverlängerung erreicht werden. Harms (Mannheim)., 


Kehrer, E.: Leitsätze über die Beeinflussung der Lungen und Kehlkopftuber- 
kulose durch Schwangerschaft, Geburt und Wochenbett. Münch. med. Wochenschr. 
Jg. 68, Nr. 48, S. 1561—1562. 1921. 


Nubiola, Pedro: Tuberkulose in der Schwangerschaft. Arch. de ginecop., ob- 
stetr. y pediatr. Jg. 34, Nr. 2, S. 27—38. 1921. (Spanisch.) 

Auf Grund von 29 klinischen Fällen von Tuberkulose und Schwangerschaft kommt 
Verf. zu folgenden Schlußfolgerungen: 1. Die Schwangerschaft beeinflußt im allgemeinen 
nicht den Verlauf einer Tuberkulose. In der Mehrzahl der Fälle verschlimmert sich die 
Krankheit nicht. 2. Es gibt kein einziges klinisches Zeichen, das auch nur mit einiger 
Wahrscheinlichkeit auf die Verschlimmerung der Tuberkulose durch die Gravidität 
hindeutet. 3. Die Einleitung des künstlichen Abortus ist vollkommen unlogisch und 
entbehrt jeder wissenschaftlichen Grundlage. Dagegen beobachtet man nicht selten 
spontanen Abort oder Frühgeburt in den schweren Fällen. 4. Verschlimmerungen 
stellen sich meist erst in den letzten Monaten der Schwangerschaft ein. In diesen Fällen 
empfiehlt es sich, die Geburt möglichst zu beschleunigen, um Gefahren für Mutter und 
Kind zu vermeiden. 5. Es ist unumgänglich notwendig, die tuberkulösen Graviden in 
Sanatorien unterzubringen, um ihnen vollständige Behandlung zu teil werden zu 
lassen. 6. Die Gravidität ist keine Kontraindikation gegen die modernen Methoden der 
Tuberkulosebekämpfung (Tuberkulin, Pneumothorax, Plombierung, Thorakoplastik 
uaw.). 7. Die Neugeborenen müssen isoliert werden. Selbst wenn die Mutter sie einige 
Zeit stillen kann, dann darf dies nur unter den größten Vorsichtsmaßregeln geschehen 
und nach dem Stillen müssen die Kinder wieder von der Mutter entfernt werden. 


Nürnberger (Hamburg). 


Rist, E.: Tuberculose pulmonaire et gravidit6. (Lungentuberkulose und 
Schwangerschaft.) Rev. de la tubercul. Bd. 2, Nr. 4, S. 244—269. 1921. 

Nach allen Irrtümern früherer Zeiten — 1770 hielt man es noch für günstig, wenn 
eine Tuberkulöse eine Schwangerschaft durchmachte — ist man sich jetzt über den 
Einfluß von Schwangerschaft, Entbindung und Wochenbett auf die Lungentuberkulose 
in folgenden Punkten einig: 1. Die Schwangerschaft ist bei sicher bestehender Lungen- 
tuberkulose eine schwere, oft tödliche Komplikation. 2. Während der Schwangerschaft 
kommt oft eine bis dahin latente Tuberkulose zum Ausbruch. 3. Solche Tuberkulosen 
haben meist einen schweren Verlauf. Alle Literaturangaben, die es mit einer Komplika- 
tion der Tuberkulose durch eine Gravidität nicht so ernst nehmen, erklärt Verf. damit, 
daß es sich dann sicher um keine Tuberkulosen gehandelt hat. Es werde in jetziger 
Zeit nichts so leichtfertig diagnostiziert als eine Lungentuberkulose. Jede Diagnose, 
die nicht röntgenologisch nachgeprüft ist, hält er für wertlos. Röntgenologische Unter- 
suchung ist dringend erforderlich, da sie bei Vorhandensein einer Tuberkulose dem 
physikalischen Befund weit vorausgeht. Manche Diagnosen von Tuberkulose bei 
Schwangerschaft enthüllen sich als einfache Schwangerschaftserscheinungen, so die 
häufigen Katarrhe der oberen Luftwege (Tracheobronchitis!). Über die Art, wie und 
wann die Verschlimmerung der Tuberkulose oder ihr Manifestwerden eintritt, hat 
Verf. an seinem Krankenhausmaterial Erhebungen angestellt. Er verfügt über 27 Fälle. 
Es geht daraus hervor, daß beides zu den verschiedensten Zeitpunkten eintreten kann, 


542 Beziehungen zwischen Gravidität, Partus, Puerperium und dem Gesamtorganismus. 


ganz im Beginn der Schwangerschaft, in ihrem weiteren Verlauf, kurz vor oder nach 
der Entbindung und noch bis 5 Monate post partum. Immer handelt es sich um schwere 
Verlaufsarten (die klassische galoppierende Schwindsucht). Verf. hat gefunden, daß 
in der Schwangerschaft und im Puerperium, ebenso wie auch bei anderen Gelegenheiten 
des weiblichen Geschlechtslebens (Menopause, Menses), die Tuberkulinhautreaktivität 
herabgesetzt oder aufgehoben ist, während gleichzeitig eine Hyperfunktion der Thyreoi- 
dea vorhanden ist. Er bringt beides in Zusammenhang mit dem Auftreten der Tuber- 
kulose und glaubt, daß die Hyperfunktion der Thyreoidea eine verminderte Wider- 
standsfähigkeit gegen die Tuberkulose bedingt. Der Ausdruck dafür liegt in der 
schwächeren Hauttuberkulinreaktion. Der Gefahr der Komplikation der Tuberkulose 
und Schwangerschaft im Sinne von Maragliano dadurch zu begegnen, daß man 
prinzipiell den Abort einleitet, lehnt Verf. schon deswegen ab, weil seiner Meinung nach 
der künstliche Abort eine ähnliche Belastung für die Schwangere wie die natürliche 
Entbindung bedeutet. Er folgt der Anleitung von Pinard, der empfahl: ‚Die Tuber- 
kulose sorgfältig behandeln und die Schwangerschaft überwachen.“ Zum Schluß 
empfiehlt er unter Literaturhinweisen und auch auf Grund eigener Erfahrungen in 
geeigneten Fällen den künstlichen Pneumothorax während der Schwangerschaft. Er 
hält ihn für die einzige Methode, mit der man sch nell genügende Hilfe bringen kann. 
Jedenfalls sei sicher, daß der Pneumothorax kein Hindernis für den normalen Ablauf 
von Schwangerschaft und Entbindung ist. Deist (Stuttgart)., 

Baldassari, Vittore: La tubercolosi in gravidanza, osservata nella clinica oste- 
trico-ginecologica di Genova. (Beobachtungen über Tuberkulose während der 
Gravidität auf der geburtshilflich-gynäkologischen Klinik in Genua.) Fol. gynaecol. 
Bd. 15, H. 1, S. S. 1—31. 1921. | 

In den Jahren 1902 bis Juni 1913 wurden auf der geburtshilflichen Klinik in 
Genua 88 Fälle von Tuberkulose während der Schwangerschaft beobachtet. Ausführ- 
licher detaillierter Bericht über die hereditären Verhältnisse, die bereits überstandenen 
Krankheiten, über die Lokalisation der Tuberkulose, die Quantiparität, das Alter der 
gegenwärtigen Schwangerschaft, die eingeleitete Therapie und schließlich über den 
erzielten Ausgang. In 67 Fällen wurde die Gravidität künstlich unterbrochen, und 
zwar in der größten Anzahl mittels der Methode nach Krause, in den übrigen durch 
Dilatation nach Bossi; 5 Fälle davon endeten nach rascher Verschlechterung der Er- 
krankung letal, die anderen besserten sich oder blieben stationär. Bei 21 Fällen wurde 
von einem Eingriff Abstand genommen, weil entweder der tuberkulöse Prozeß zu weit 
vorgeschritten war oder das normale Graviditätsende schon zu nahe bevorstand. Die 
berichteten Beobachtungen führten zu folgenden Schlüssen: Die Befruchtung setzt 
die Widerstandskraft des Organismus gegen die tuberkulöse Infektion herab und be- 
deutet somit stets ein aktive Gefahr. Je weiter die Gravidität fortschreitet, desto un- 
günstiger beeinflußt sie den tuberkulösen Prozeß. Auch wenn die Tuberkulose während 
der Schwangerschaft keinen offenen Verlauf nimmt, so wird sie oft im Wochenbett 
wieder akut und führt rasch zum Tode. Die Spontangeburt am normalen Schwanger- 
schaftsende bei einer tuberkulösen Frau bedeutet für das Puerperium eine ungünstige 
Prognose; letztere wird noch infauster, wenn es infolge des Zustandes der Frau zu einer 
spontanen Unterbrechung der Gravidität kommt. Die künstliche Unterbrechung der 
Gravidität ist bei Tuberkulose (Lungen!) indiziert, außer bei völlig ausgeheilten Fällen 
oder bei Patienten in guten körperlichen und äußeren Verhältnissen. Die Unterbrechung 
soll so zeitig als möglich vorgenommen werden und zwar mit Mitteln, die möglichst 
rasch wirken und die geringsten Verletzungen verursachen (Krause, Bossi). Die 
Unterbrechung soll stets versucht werden, da das abwartende Verhalten bei schweren 
Affektionen (besonders Lungen) bezüglich des Ausganges immer infaust ist. Die opera- 
tive Sterilisation ist bei florider Tuberkulose gerechtfertigt. — Tuberkulöse Mädchen 
sollen sich vor der Ehe völlig ausheilen, Verheirateten ist die Schwangerschaft abzu- 
raten, gegebenenfalls zu verhindern. Jedes lebensfähige Kind soll sofort von der kranken 


Respirationsorgane (insbesondere Tuberkulose). 543 


Mutter entfernt werden. Jeder Fall von Tuberkulose während der Gravidität ist vom 
Arzt als eines der schwersten und heikelsten Vorkommnisse anzusehen, da in letzter 
Linie ausschließlich vom Wissen und Gewissen des Arztes zwei Leben und evtl. schwerste 
Gefahr für die Gesellschaft abhängen. Santner (Graz). 

Decio, Cesare: L’influenza dello stato di puerperalitä sulla diffusione dei pro- 
cessi tubercolari. (Der Einfluß des Wochenbettes auf die Ausbreitung tuberkulöser 
Prozesse.) (Clin. ostetr.-ginecol., istit. di studi sup., Firenze.) Fol. gynaecol. Bd. 15, 
H. 1, S. 81—103. 1921. 

Bericht über 5 Fälle von Tuberkulose, bei denen sich die tuberkulöse Affektion 
in den letzten Tagen der Schwangerschaft oder unmittelbar nach der Geburt so 
rasch verschlechterte und ausbreitete, daß sämtliche letal endeten. Im 1. Fall erwies 
die Obduktion eine tuberkulöse Meningitis, im 2. eine miliare Tuberkulose der Lungen, 
in den 3 übrigen Fällen eine allgemeine Miliartuberkulose. Das rasche und heftige 
Aufflammen der tuberkulösen Erkrankung steht in inniger kausaler Beziehung mit 
mechanischen und biologischen Faktoren, die während der Geburt und im Puerperium 
sich geltend machen. Die brüsken, wiederholten Druckschwankungen im Thorax, 
verursacht durch die Uteruskontraktionen, durch das Schreien während der Wehen, 
durch die aktive Bauchpressebeteiligung, können eine Schädigung an der Bindegewebs- 
kapsel circumscripter tuberkulöser Herde herbeiführen; das nunmehr freigewordene 
infektiöse Material kann entweder direkt ins Lungenparenchym eindringen oder auf 
dem Wege kleiner, eröffneter Blutgefäße in den Gesamtorganismus ausgestreut werden. 
Die Entleerung des Uterus mit dem darauffolgenden raschen Tiefertreten des Zwerch- 
felles wirkt in ähnlich ungünstigem Sinne. Eine große Bedeutung für die Generalisation 
ist dem evtl. Vorhandensein tuberkulöser Herde im Bereiche des Genitales und be- 
sonders an der Decidua (Placenta) zuzuschreiben. Die ursächlichen Momente, die die 
Defensionskräfte der Wöchnerinnen gegen die Infektion schwächt, sind: die ständige 
Abnahme der antitoxinbildenden Fähigkeit während des Wochenbettes, die über- 
standene Gebärarbeit, der physiologische Blutverlust bei Abgang der Nachgeburt, 
der Verlust von Körpersäften durch den Lochialfluß, die blande Kost in den ersten 
Tagen. — Die Diagnose kann manchmal auf außerordentliche Schwierigkeiten stoßen 
(Septicopyämie); die Blutuntersuchung wird ab und zu differentialdiagnostisch Auf- 
klärung bringen können. Die Prognose ist infaust. Die Therapie soll vor allem eine 
prophylaktische sein. Die Schwangerschaftsunterbrechung soll nur in der ersten Hälfte 
der Gravidität erfolgen, und zwar nur nach vorsichtigster Abwägung, was schwer- 
wiegender sein könnte: die Folgen des Eingriffes an und für sich oder das Fortbestehen 
der Schwangerschaft. Nach Überschreiten der Graviditätsmitte soll nur intern be- 
handelt werden. Die vaginale Amputation zwecks Entfernung der Insertionsstelle 
der Placenta (Bardeleben) oder die Totalexstirpation des Uterus (Bumm) haben in 
Italien keine Anhänger gefunden. Diese Verstümmelung der Frau erscheint ungerecht- 
fertigt, da die Tuberkulose heilbar ist. — Ob eine ausgedehnte Anwendung des künst- 
lichen Pneumothorax bei der Therapie der Tuberkulose in graviditate erfolgreich ist, 
wird die spätere Erfahrung lehren. Nach Ansicht des Verf. läge darin ein wesentlicher 
Vorteil des Verfahrens, als dadurch ein Großteil jener mechanischen Momente ausge- 
schaltet werden würde, die während der Gravidität und vor allem während der Ge- 
burt den Krankheitsprozeß verschlechtern und die Ausbreitung begünstigen. Freilich 
wird es auch Fälle geben (doppelseitige Erkrankung, pleuritische Adhäsionen), bei 
denen die Anwendung des Pneumothorax nicht indiziert wäre. Santner (Graz). 

Hamburger, Georg: Über das Befinden von lungentuberkulösen Frauen, bei 
denen eine Unterbrechung der Schwangerschaft abgelehnt wurde. (Priv. - Frauen- 
klin., Prof. Strassmann, Berlin.) Zentralbl. f. Gynäkol. Jg. 45, Nr. 47, S. 1686 
bis 1695. 1921. 

Hamburger teilt die Krankengeschichten von 24 Fällen mit, bei denen von 1914 
bis 1920 in der Strassmannschen Frauenklinik die Unterbrechung der Schwanger- 


544 Beziehungen zwischen Gravidität, Partus, Puerperium und dem Gesamtorganismus. 


schaft wegen Tuberkulose abgelehnt wurde. Fünf von diesen Frauen abortierten 
noch außerhalb der Klinik. Bei vier von ihnen schien die Schwangerschaftsunter- 
brechung einen günstigen Einfluß auf die Lungentuberkulose gehabt zu haben. Die 
Ablehnung erfolgte 7 mal wegen zu weit vorgeschrittener Schwangerschaft, 14 mal 
wegen Stillstandes des Lungenprozesses und 3mal aus äußeren Gründen. Näheres 
ergeben die Krankengeschichten. Behne (Erlangen). 


Barchetti, Karl: Über Säuglinge tuberkulöser Mütter. (Reichsanst. f. Mutter- 
u. Säuglingsfürs., Wien.) Monatsschr. f. Kinderheilk. Bd. 21, H. 6, S. 563—566 1921. 

Barchetti hat die Entwicklung und den Gesundheitszustand von 57 Säuglingen 
tuberkulöser Mütter längere Zeit z. T. bis über das 1. Lebensjahr hinaus beobachtet. 
Zur Tuberkulosediagnose wurde die percutane Reaktion nach Pirquet, in unklaren 
Fällen die intercutane Injektion nach Mantoux benutzt. Zunächst scheint im Säug- 
lingsalter eine allerdings nur zeitlich begrenzte Immunität gegen Tuberkuloseinfektion 
bei solchen Kindern zu bestehen. Im ganzen blieben 27% der gesund geborenen Säug- 
linge trotz Pflege und Säugung während eines längeren Zeitraums seitens ihrer tuber- 
kulösen Mütter frei von Tuberkulose. Nach B.s Erfahrungen ist fernerhin die Prognose 
tuberkulös infizierter Säuglinge sehr ernst, aber keineswegs „absolut“ letal; von 37 
tuberkulös infizierten Säuglingen konnten 11 geheilt werden. Calorienreiche Ernährung 
und Freiluftbehandlung sind dringend zu empfehlen. Walther Hannes (Breslau). 


Decio, Cesare: Asma e gravidanza. (Asthma und Gravidität.) (Clin. ostetr.- 
ginecol., istit. di studi sup., Firenze.) Folia gynaecol. Bd. 14, H. 3, S. 175—186. 1921. 

Zwei Fälle von Asthma bei Gravidität. Fall 1, im 5. Lunarmonat, litt schon seit Jahren 
an asthmat. Anfällen, die angeblich während dieser Schwangerschaft an Intensität und Häufig- 
keit zunahmen. Gleich nach Eintritt in die Klinik schwerer, typischer asthmat. Anfall, der auf 
Adrenalininjektion abklingt. Einleitung des Abortus. Fünf Tage nach der Ausräumung 
Bronchopneumonie. — 2. Fall: II.-para, im 3. Monat schwanger. Erste Gravidität o. B. Seit 
dem 2. Monat angeblich heftige Asthmaanfälle.e Nach Beobachtung zweier schwerer Anfälle 
auf der Klinik wird der Abortus eingeleitet. Nach 6 Tagen wird Pat. entlassen, ohne daß noch 
ein Anfall aufgetreten wäre. 

Bezüglich der Pathogenese war Bronchiolitis asthmatica leicht auszuschließen 
und wenig wahrscheinlich die rein nervöse Form. Ob einer der beiden Fälle zur 
Gruppe: Asthmaanfall = anaphylaktischer Schock gehörte, konnte aus äußeren 
Gründen nicht geprüft werden. Daß durch die Gravidität selbst, ausschließlich und direkt, 
die Asthmaanfälle auf dem Wege der Anaphylaxie ausgelöst werden, wobei die im mütter- 
lichen Blute kreisenden Abbauprodukte der Placenta das sensibilisierende Material 
wären, dieser Ansicht kann Verf. nicht beipflichten, da einerseits rein klinische Erfah- 
rungen (die Seltenheit der Erkrankung), anderseits auch experimentelle Untersuchungen 
dagegen sprechen. Der innige Zusammenhang zwischen Asthma und Gravidität läßt 
sich für viele Fälle erklären, wenn man bedenkt, daß die schon normalerweise vor- 
handenen, für das Asthma prädisponierenden Momente in der Gravidität eine gewaltige 
Steigerung erfahren. Die rein mechanischen Veränderungen (Einengung der Lungen- 
kapazität durch die Volumszunahme des Uterus und die dadurch bedingte Dyspnoe) 
kommen für die ersten Graviditätsmonate nicht in Betracht, wohl aber die biologischen. 
Die durch die Gravidität bedingten biologischen Veränderungen sind vor allem als 
auslösende Ursache anzusehen. Die Schwangerschaftsveränderungen des Larynx und 
der Nasenschleimhaut können besonders bei prädisponierten Individuen die Reflex- 
erregbarkeit so steigern, daß Reize, die sonst wirkungslos waren, den asthmatischen 
Anfall „von der Nase aus‘ hervorrufen können. Fast regelmäßig ist in der Gravidität 
Vagotonie zu finden (Bronchialasthma bedingt durch Vagotonie). Besonders zu berück- 
sichtigen sind die Veränderungen im endokrinen System, speziell die der Thyreoidea 
und des Ovariums. Auffällig ist das häufige Zusammentreffen zwischen Asthma und 
Basedow, was für eine Dysfunktion (Hyperfunktion) der Schilddrüse spricht. — Daß 
auch das Ovar Beziehungen zum Asthma hat, geht aus den zahlreichen Beobachtungen 
hervor, nach welchen manche Frauen während jeder Menstruation asthmatische An- 


Hämatopoetisches System. — Blutveränderungen in der Schwangerschaft. 545 


fälle bekommen. Auch die Dysfunktion der Hypophyse soll von Einfluß auf das Bron- 
chialasthma sein. — Die Veränderungen der Drüsen mit innerer Sekretion begünstigen 
die Auslösung des asthmatischen Anfalles wahrscheinlich auf dem Wege des vegetativen 
Nervensvstemes, das während der Gestation im Zustande einer Hypertonie sich be- 
findet, die vorwiegend durch das endokrine Sekret des Ovarıums bedingt sein soll. 
Damit wäre auch die konstante Hypertonie der Constrictoren der Bronchien und die 
dadurch bedingte Neigung zur Dyspnoe bei Graviden infolge biologischer Funktions- 
steigerung erklärt, wie sie auch Seitz bestätigt hat, der asthmatische Beschwerden 
besonders bei Graviden mit leicht tetanischen oder subtetanischen Zuständen auftreten 
sah. Gravidität verschlechtert das Bronchialasthma, doch scheinen auch heftige und 
häufige Anfälle das Fortbestehen der Schwangerschaft nicht zu gefährden. Bei ernst- 
licher Gefährdung der Gesundheit der Graviden ist Unterbrechung indiziert. — Un- 
wesentliche Bemerkungen über die Art des operativen Vorgehens bei der Unterbrechung 
sowie über Prognose von Mutter und Frucht. Saniner (Graz). 
Deuceher, Walter G.: Beitrag zur Kasuistik der Lungenembolie in graviditate. 
(Univ.-Frauenkl.. Zürich.) Zentralbl. f. Gynäkol. Jg. 45, Nr. 48, S. 1743—1747. 1921. 
Zwei in der französischen Literatur niedergelegten Fällen fügt Verf. einen selbstbeobach- 
teten hinzu. Eine gesunde IV-Para wird im 7. Lebensmonat wegen geringfügiger Genitalblu- 
tung mit Verdacht auf Placenta praevia der Klinikbehandlung zugeführt. Subjektiv ohne 
Herzbefund, ergibt die Untersuchung ein weiches systolisches Geräusch über der Spitze. Im 
Anschluß an starkes Pressen auf der Schüssel tritt heftiges Herzklopfen auf, 5 Stunden später 
Kollaps mit starker Dyspnöe. 10 Stunden nach Beginn des Anfalles kommt Patientin, trotz 
der inzwischen vorgenommenen Sectio, zur Entlastung des Herzens, zum Exitus. Die Diagnose 
Lungenembolie war intra vitam nicht gestellt worden, weshalb auch die Trendelenburgsche 
Operation unterblieb. Die Autopsie ergab Thromben im Bereich der Beckenvenen, welche sich 
mutmaßlich, nach anfänglicher Thrombosierung der geöffneten Placentargefäße bei tiefsitzender 
Placenta per continuitatem ausgebildet hatten. Eine infektiöse Genese ist auszuschließen. 
Verf. empfiehlt bei bettlägrigen Hochschwangeren prophylaktisch gymnastische Übungen. 
Lundwall (Graz). 


3. Hämatopoetisches System. 
a) Blutveränderungen in der Schwangerschaft (morphologische und chemische). 


Vignes, Henri: Le sang et l’appareil cireulatoire pendant la gestation. (Blut- 
und Zirkulationsapparat während des Gestationsperiode.) Progr. med. Jg. 48, Nr. 44, 
S. 507—509. 1921. 

Vignes bringt eine Zusammenstellung der im Blute, am Gefäßsystem und an 
den hämatopoetischen Organen während der Schwangerschaft, Geburt und Wochen- 
bett nachweislichen Veränderungen. Es werden angeführt: Eine Zunahme des Blut- 
volumens in der Schwangerschaft. (V. zitiert Mahnert, Miller- Keith und Rown- 
tree, Stander und Tyler.) Der Wassergehalt des Blutes ist in der Schwangerschaft 
ein größerer, die Zunahme der Blutmenge teilweise durch die Wasservermehrung ver- 
ursacht. Die Tendenz zur Vermehrung des Blutvolumens ist bis zum 7. Monat vor- 
handen, dann hält sich derselbe konstant oder zeigt eine leichte Abnahme. Die nor- 
malerweise alkalische Reaktion des Blutes ist im Sinne einer leichten Acidose ver- 
ändert (Hasselbach und Gammeltoff). In den Fällen von Acidosis trägt die Ver- 
bindung von Alkali mit schwachen Säuren zur Neutralisation toxischer Säuren bei, 
dabei wird CO, frei und durch die Lungen ausgeschieden. Die Zahl der roten Blut- 
körperchen ist nach der Mehrzahl der Autoren vermindert, desgleichen der Hämo- 
globin- und Eisengehalt des Blutes. Die roten Blutkörperchen sedimentieren rascher 
als außerhalb der Gravidität. (V. zitiert die Arbeiten von Fahreus, bezüglich der 
Technik der Prüfung der Sedimentierungszeit die Linzenmeiers.) Die hämato- 
poetischen Organe sind in lebhafter Funktion. Die Milz ist vergrößert (Charrin und 
Cuillemont). Der Eisengehalt der Milz ist zugunsten des Foetus vermindert. Die 
Zunahme des Milzvolumens besteht von den ersten Monaten an (Bianchi und A. Leri). 
Im Momente der Geburt kommt es zu einer Abnahme des Milzvolumens unter die 


Jahresbericht f. d. ges. Gynäkologie 1921. 35 


546 Beziehungen zwischen Gravidität, Partus, Puerperium und dem Gesamtorganismus. 


Norm. Bei Zwillingen ist die Milz ganz bedeutend vergrößert. Die Entfernung der 
Milz führt nicht zu Abortus. Das Knochenmark ist sehr blutreich. Eine leichte Leuko- 
cytose besteht hauptsächlich bei Erstgebärenden. Es sind vor allem die polynucleären 
Leukocyten vermehrt. Im Puerperium nimmt die Leukocytenzahl wieder ab. Der 
Serumeiweißgehalt ist relativ vermindert, absolut erhöht (zitiert nach Mahnert). Der 
Fibringehalt des Blutes ist in den ersten Monaten der Schwangerschaft verringert, 
vom 6. Monat an erhöht und überschreitet die Norm um 50%. Harnstoff und Gesamt- 
stickstoff ist im Blut vermindert und dies bildet eine günstige Kondition für das Wachs- 
tum des Foetus (Benedict). Der Gehalt des Blutes an Aminosäure ist leicht erhöht, 
doch nicht als pathologisch anzusehen. Der Zuckergehalt des Blutes ist normal oder 
kaum erhöht. Es besteht eine Hyperlipämie und im besonderen eine Hyperlipoidämie 
in der Schwangerschaft. An Fermenten sind in der Gravidität im Blute solche nach- 
weislich, die spezifisch und gegen Placentareiweiß gerichtet sind. Diese haben gegen 
die ın die Gefäßbahnen verschleppten syncytialen Elemente zu kämpfen. Weiters sind 
im Blute vorhanden: tryptische Fermente und proteolytische Fermente. Der anti- 
tryptische Serumtiter ist erhöht. In der Gestationsperiode enthält das Serum Stoffe, 
welche in vitro die Autolyse des Gewebes deutlich erhöhen. Die immunisierenden 
Eigenschaften des Serums äußern sich im folgenden: Die Intracutanreaktion bei Tuber- 
kulösen ist negativ, woraus zu schließen ist, daß die Bildung von Antikörpern ver- 
mindert ist (Bar, Taunay, Tevraigne und Chirie). Die lokale oder Allgemein- 
reaktion auf Typhusvaccination ist gering oder fehlend, die Immunität ist jedoch eine 
tatsächliche, die Agglutinine erscheinen im Serum annähernd normal vertreten (Guerin- 
Valmale und Vayssiere). Trächtige Tiere verhalten sich gegen provokatorische 
Anaphylaxie ablehnend (Lumière). Die aktivierende Tätigkeit des Serums beim 
Versuch der Kobrahämolyse ist erhöht, eine Erscheinung, die mit der Lecithinämie 
in Beziehung zu bringen ist. Der Blutdruck ist normal während der Gestationsperiode. 
Der Puls ist meist normal, hie und da erhöht. Die sphygmographische Linie ist weniger 
scharf in der Amplitude (Louge). Das Herz ist gewöhnlich etwas erweitert (Vaquez), 
die Spitze nach links verschoben, der erste Ton verstärkt, der Pulmonalton akzentuiert. 
Diese Phänomene sind zumeist wenig ausgesprochen (Heynemann). Mahnert (Graz). 
Erede, Ugo: Piastrinosi e gravidanza. (Blutplättchen und Gravidität.) (Istit. 
di patol. gen., univ., Genova.) Haematologica Bd. 2, H. 3, S. 579—591. 1921. 
Ausgehend von der vielfach gemachten Beobachtung, daß die Anzahl der Blut- 
plättchen während der Gravidität zunimmt, will Verf. die Ansichten jener Autoren 
einer näheren Prüfung unterziehen, die die Abstammung der Blutplättchen zum 
größten Teil von den granulierten, basophilen Megakariocyten herleiten. Er untersucht 
die hämatopoetischen Organe und das Blut während der Schwangerschaft darauf, ob 
der festgestellten Blutplättchenzunahme auch eine erhöhte Aktivität der Megakario- 
cyten entspricht. Verf. untersucht mittels Ausstrichmethode das Blut, das Knochen- 
mark, die Milz und die Leber gravider Meerschweinchen und weißer Mäuse und ver- 
wendet zur Färbung May-Grünwald-Giemsa. Im allgemeinen decken sich seine Er- 
gebnisse mit denen anderer Untersucher: Zunahme der Monocyten und der eosino- 
philen Leukocyten; Auftreten von polichromatophilen Erythrocyten; mehr oder weniger 
ausgesprochene Anisocytose und Poikilocytose; Hyperleukocytose; Vermehrung der 
Blutplättchen, die untereinander in Form und Größe Verschiedenheiten aufweisen; 
Vermehrung von gekörnten, basophilen Plasmaschollen; Hyperfunktion der hämato- 
poetischen Organe mit vermehrter phagocytärer Tätigkeit der Megakariocyten und 
Vermehrung der granulierten, basophilen Megakariocyten. Diese Vermehrung ist aber 
so gering, daB damit die numerische Zunahme der Blutplättchen während der Gravidität 
nicht in direktem Zusammenhang stehen kann, sondern der Ursprung der Blutplättchen 
muß außer in den Megakariocyten wohl in anderen Elementen des Körpers gesucht 
werden, die in Bezug auf die POSNER der Blutplättchen eine größere Bedeutung 
haben müssen. Santner (Graz). 


Hämatopoetisches System. — Blutveränderungen in der Schwangerschaft. 547 


Caldwell, William E. and Wm. 6. Lyle: The blood chemistry in normal and . 
abnormal pregnancy. (Blutchemie bei normaler und pathologischer Schwangerschaft.) 
(Dep. of obstetr., Columbia untv. a. Harriman research laborat., New York.) Americ. 
journ. of obstetr. a. gynecol. Bd. 2, Nr. 1, S. 17—34. 1921. 

Mikrochemische Untersuchungen zur Bestimmung des nicht proteinogenen Stick- 
stoffs im Blute wurden nach der Methode von Greenwald (Journ. Biol. Chem. 21, 
61. 1915) ausgeführt, ferner Bestimmung von Harnstoff nach van Slyke und Cullen 
(Journ. Biol. Chem, 19, 211. 1914), von Kreatinin und Zucker nach Myers und Bailey 
(Journ. Biol. Chem. 29, 147. 1916) und von Harnsäure nach Benedict (Journ. Biol. 
Chem. 20, 629. 1915). Auf Grund von mehr als 5000 chemischen Untersuchungen stellt 
sich das normale Blutbild einer gesunden, nichtschwangeren Frau in bezug auf Stick- 
stoffverteilung (in Milligrammen auf 100 cem Blut) folgendermaßen dar: 

Verhältnis von 


RD E OECDS Harnstoffstickstoff Kreatinin Harnsäure Harnstoffstickstoff 
zu Reststickstoff 
35 mg 18 mg 2 mg 3 mg 50% 
oder weniger oder weniger oder weniger oder weniger Q 


Bei 150 klinisch gesunden Schwangeren (WaR. negativ, systolischer Blutdruck 
unter 130 mm Quecksilber, Harn eiweißfrei), deren Geburten und Wochenbetten so-- 
dann normal verliefen, fanden sich im Durchschnitte folgende Werte für dieselben 
Gruppen wie oben: 

29,69 11,51 1,05 1,73 390, 

In bezug auf den Schwangerschaftsmonat wurden keine nennenswerten Unter- 
schiede festgestellt; nur fand sich bei 12 Fällen aus dem 9. Monate ein etwas höherer 
Durchschnitt für Reststickstoff, Harnstoff und Harnsäure. Ferner besteht kein be- 
trächtlicher Unterschied zwischen den Werten des letzten Schwangerschaftsmonates 
und den am Ende einer normalen Entbindung gefundenen, ebensowenig zwischen 
Erst- und Mehrgebärenden. Vermehrung des Harnsäurewertes im Blute findet sich 
nur in abnormen Fällen. Die einzelnen stickstoffhaltigen Bestandteile sind im mütter- 
lichen und im kindlichen Blute am Ende der Geburt so gut wie vollkommen gleich groß. 
Bei 26 typischen Eklampsien und 8 weiteren Fällen von „Schwangerschaftstoxämie‘ 
(Koma ohne Krämpfe, klinisch als Urämien aufgefaßt in 3 Fällen, 4 Fällen mit prä- 
eklamptischen Erscheinungen und 1 Falle von Epilepsie mit aufgepfropfter „Tox- 
ämie‘“), also zusammen in 34 Fällen konnten folgende Werte festgestellt werden: 

49,7 26 2,17 6,19 52% 

Der höchste Wert der letztgenannten Verhältniszahl war 76, der niedrigste 33%; 
in ersterem bestand deutliche Niereninsuffizienz mit vollständiger Anurie; bei der 
Autopsie fanden sich außer der Nierenstörung die für Eklampsie typischen Leber- 
veränderungen. Unter 9 Fällen mit einem Kreatiningehalt von mehr als 3 mg starben 5; 
bei 2 anderen entwickelte sich später chronische Nephritis. Von den übrigen 4 Todes- 
fällen (unter allen 34) fehlt einmal die Kreatininbestimmung, doch besteht erhöhte 
Harnstoffretention; zweimal bestanden normale Kreatininwerte, allerdings 3—7 Tage 
vor dem Tode; bei dem letzten Falle handelte es sich um eine Kombination von schwerer 
Grippe mit Eklampsie. Man kann also bei Kreatininretention ebenso wie bei Nieren- 
ınsuffizienz, die durch starke Retention von Stickstoffzerfallsprodukten angezeigt 
wird, die Prognose ernst stellen. Wenn keine Rückkehr der Werte zur Norm erfolgt, 
so ist eine zweifelhafte Prognose auch für spätere Schwangerschaften gerechtfertigt. 
Die chemische Blutuntersuchung ist also gerade für diese spätere Prognose, in Er- 
gänzung der klinischen Befunde, von großem Werte. Von den 34 Fällen starb, außer 
den 9 genannten, noch einer kurz nach der Entlassung an puerperaler Infektion. Von 
den übrigen 24 konnten 22 etwa 30 Monate nach ihrer eklamptischen Erkrankung 
nachuntersucht werden. Darunter gab es 2 deutliche Nephritisfälle; insbesondere der 
Harnstoffstickstoffwert, aber auch dıe übrigen Werte waren während der Geburt und 
des Wochenbetts hoch geblieben, Kreatinin beide Male mehr als 3mg. 10 Frauen 


35* 


548 Beziehungen zwischen Gravidität, Partus, Puerperium und dem Gesamtorganisnmus. 


hatten normale Schwangerschaften und Geburten durchgemacht; bei all diesen hatten 
nur leichte Steigerungen der Retentionswerte vorgelegen, die entsprechend einer nur 
leichten Niereninsuffizienz bald zur Norm zurückgegangen waren. In solchen Fällen 
kann man also für spätere Schwangerschaft und Geburt eine günstige Prognose stellen. 
Ferner geht aus den Untersuchungen die große Bedeutung der Eklampsieprophylaxe 
hervor; in der Mehrzahl der Fälle gab es Tage bis Wochen vor dem Auftreten der An- 
fälle schon prämonitorische Symptome. Gerade bei diesen präeklamptischen Zuständen 
ist also die Blutuntersuchung wieder von Wert für die Beurteilung des Grades der 
Niereninsuffizienz und für die davon abhängige Prognose und Behandlung. 
H. H. Schmid (Prag). 

Killian, John A. and Carl P. Sherwin: Some chemical studies in normal and 
abnormal pregnancies. 1. Significant chemical changes in the blood in the toxemias 
of pregnancy. (Einige chemische Untersuchungen bei normaler und pathologischer 
Schwangerschaft. 1. Bedeutsame chemische Blutveränderungen bei den Schwanger- 
schaftstoxaemien.) (Laborat. of pathol. chem., New York postgraduate med. school a. 
hosp. a. dep. of chem., Fordham univ., New York.) Americ. journ. of obstetr. a. 
gynecol. Bd. 2, Nr. 1, S. 6—16. 1921. 

Nach Besprechung einschlägiger Forschungen anderer Autoren, beginnend mit 
Zweifels Fleischmilchsäurenachweis, bis zu den neuesten amerikanischen Arbeiten 
teilen die Verff. ihre eigenen Untersuchungsergebnisse mit, die sich auf 5 normale 
Schwangere, 4 „nephritische‘“ und 22 „hepatische Toxämien‘“ beziehen. Untersucht 
wurde das Blut nach den von Myers angegebenen Methoden (Practical chemical 
analysis of blood, St. Louis, 1921, C. V. Mosby Co.), und zwar wurden bestimmt nicht 
proteinogener Stickstoff (Reststickstoff), Harnstoffstickstoff, Harnsäure, Kreatinin, 
Zucker, Chloride und das CO,-Bindungsvermögen; ferner wurde der Harn auf Eiweiß 
und Zylinder untersucht und der systolischen und diastolische Blutdruck gemessen. 
Bei normaler Schwangerschaft finden sich niedrige Werte für nicht proteinogenen 
und für Harnstoffstickstoff; der Harnstoffstickstoff macht durchschnittlich 44%, des 
‚Reststickstoffes aus. Die Werte für Harnsäure, Kreatinin, Chloride und Zucker- 
konzentration normaler Schwangerer unterscheiden sich im allgemeinen nicht von denen 
nichtgravider Frauen. Eine geringe Abnahme des CO,-Bindungsvermögens des Blut- 
plasmas findet sich regelmäßig in den letzten Monaten der Schwangerschaft (geringster 
Wert 39%); damit vergesellschaftet ist leichte Dyspnöe bei körperlicher Anstrengung; 
dabei besteht keine Ketonurie. Es scheint also auf Grund dieser Untersuchungen, der 
von Hasselbalch und Gammeltoft und anderen eine leichte Acidosis in den letzten 
Monaten der Schwangerschaft gewöhnlich vorzukommen. Gelegentlich gibt es Spuren 
von Eiweiß im Harne von gesunden Schwangeren, jedoch keine Zylinder. Bei „nephri- 
tischer Toxä mie“ finden sich die für Herabsetzung der Nierenfunktion im allge- 
meinen typischen chemischen Veränderungen des Blutes. Hier sind akute Nieren- 
prozesse und Exacerbationen chronischer Zustände zusammengefaßt, wobei es sich 
nicht um Niereninsuffizienz als Folge von Schwangerschaftstoxämie handelt, sondern 
wo im Gegenteile erstere das Zustandekommen der Toxämie begünstigt. Reststickstoff 
und Harnstickstoff sind vermehrt (auf 45—106 mg), und der Harnstoffstickstoff macht 
mehr als 50%, des Reststickstoffs aus (51—67%). Auch einige klinische Symptome 
(Blutdrucksteigerung, Neuroretinitis) entsprechen einer mehr oder minder schweren 
Nephritis; bei 3 von den 4 Fällen traten schwere Krämpfe auf; nur eine geringe Besse- 
rung folgte gewöhnlich der Entleerung des Uterus (in allen Fällen operative Entbindung. 
davon zweimal Sectio caesarea). Harnsäure- und Kreatininwerte zeigen kein eindeutiges 
Verhalten. Das CO,-Bindungsvermögen des Blutplasmas ist zwar herabgesetzt, doch 
ist die Acidosis nicht größer als bei normaler Schwangerschaft. Die letzten 22 Fälle 
werden als „hepatische Toxämien‘ oder echte Eklampsien aufgefaßt mit ganz 
bestimmten Blutveränderungen. In dieser Gruppe sind auch 2 Fälle von Hyperemesis 
im 3. Monate ohne Krämpfe mitgezählt. Der Reststickstoff ist bei dieser Gruppe 


Hämatopoetisches System. — Blutkrankheiten. 549 


beträchtlich erhöht (bis 90 mg); dabei ist der Harnstoffstickstoff absolut und relativ 
vermindert, beträgt nur 15—38% des Reststickstoffs. Wenn auch dies Phänomen 
derzeit nicht erklärt werden kann, so scheint der hohe Reststickstoffwert bei 
geringem Harnstoffstickstoffgehalt charakteristisch für Schwanger- 
schaftstoxämien vom hepatischen Typus zu sein. Auch die Vermehrung der 
Harnsäure (auf 3—11 mg) ist bedeutsam und offenbar pathognomonisch, zurück- 
zuführen auf ein Nachlassen der Nierenfunktion. Bei diesen Fällen ist die Nieren- 
affektion aufzufassen als Folge der Toxämie. Kreatinin ist mit Ausnahme eines Falles 
nicht vermehrt. Die in vielen Fällen beobachtete Vermehrung der Chloride im Blute 
ist vergesellschaftet mit Ödemen. Der Zuckergehalt ist meist ein wenig erhöht. Die 
oft beträchtliche Verminderung des CO,-Bindungsvermögens ist ein Zeichen meist 
schwerer Acidosis; in dieser Hinsicht unterscheiden sich die Fälle dieser Gruppe auf- 
fallend von den ‚„nephritischen Toxämien“. Die Wichtigkeit der Alkalitherapie bei 
diesen Fällen wird besonders betont.. Eine rasche Besserung folgt in der Regel der 
Entleerung des Uterus, sowohl vom klinischen als vom blut-chemischen Standpunkte 
aus betrachtet. H. H. Schmid (Prag). 

Rucker, M. Pierce: A study of the hemoglobin after childbirth with special 
reference to the resumption of menstruation. (Hämoglobinbestimmungen nach der 
Geburt mit besonderer Berücksichtigung des Wiedereintritts der Menstruation.) 
Americ. journ. of obstetr. a. gynecol. Bd. 1, Nr. 9, S. 964—972. 1921. 

Das Material des Verf. erlaubt keinen definitiven Schluß. Es hat den Anschein, als ob 
für den Zeitpunkt des Wiederbeginns der Menstruation nach einem Partus die Zunahme bzw. 
Rückkehr zur Norm des Hämoglobingehaltes, der ja unmittelbar nach der Geburt mehr oder 
weniger stark abfällt, von Bedeutung ist. Im Durchschnitt zeigt sich der Wiederbeginn der 


Menses bei Zunahme auf 75%, Hämoglobin. Fälle, die bei niedrigerem Hämoglobingehalt 
wieder menstruierten, hatten schon längere Zeit hindurch an Anämie gelitten. Geppert. 


b) Blutkrankheiten. 

Kosmak, Geo.W.: Splenic leucemia associated with pregnancy. (Lienale Leukämie 
bei Schwangerschaft.) Americ. journ. of obstetr. a. gynecol. Bd. 1, Nr. 5, S. 485 
bis 492. 1921. 

Fall I: Drittgebärende Italienerin, die zuletzt vor 3 Monaten menstruiert hatte, mit 
mäßiger Dyspnöe und Ödemen der Unterextremitäten aufgenommen wurde und am nächsten 
Tage starb. Blutbefund: Weiße 472 000, Rote 1,09 Millionen, Hämoglobin 20%, Polynucleäre 
5%, Kleine Iymphoide Formen 88%, große 9%. Keine Autopsie. Diagnose, ob Iymphatische 
oder myeloische Form, zweifelhaft. Fall II: Viertgebärende Russin von 35 Jahren. Letzte 
Entbindung vor 3!/, Jahren. Seither Herzbeschwerden. Menses zuletzt vor 5 Monaten. 4 Tage 
nach Aufnahme künstliche Frühgeburt eines lebenden Foetus von 5 Monaten. Tod der Patientin 
14 Tage später. Letzter Blutbefund: Weiße 120 000, Rote 2,82 Millionen, Hämoglobin 55%, 
Polynucleäre 5%, keine Iymphoide Formen 10%, große 85%. 

Kosmak faßt mit Literaturbeobachtungen 12 Fälle zusammen. Leukämie hindert 
die Konzeption nicht. Die Schwangerschaft gestaltet die Prognose für die Mutter sehr 
schlecht. Werner Schultz (Charlottenburg ; Westend). °° 

Bovi, A.: Anemia a tipo pernicioso in gravidanza. (Ein Fall von perniziöser 
Anämie während der Schwangerschaft.) (Matern. di provinc., Verona.) Rass. d’ostetr. 
e ginecol. Jg. 30, Nr. 4/6, S. 91—97. 1921. 

Es handelt sich um eine III-Gebärende, die im 8. Schwangerschaftsmonat unter dem 
klinischen Bilde einer perniziösen Anämie zur Behandlung kommt. 5 Tage nach der Aufnahme 
Einleitung der Frühgeburt, die jedoch nur vorübergehend die schwere Dyspnöe mildert. Am 
8. Wochenbettage Exitus. Die Obduktion bestätigte die klinische Diagnose. Saniner (Graz). 

Beckman, Max: Zur perniziösen und perniciosaartigen Graviditätsanämie. 
(I. Univ.-Frauenklin., Wien.) Monatsschr. f. Geburtsh. u. Gynäkol. Bd. 56, H. 3/4, 
S. 119—128. 1921. 

Bericht über 6 Fälle von Graviditätsanämie, die von 1902 —1920 an der I. Universitäts- 
Frauenklinik in Wien zur Beobachtung kamen. Der Blutbefund entsprach teils der typischen 
perniziösen Anämie, teils wich er in größerem oder geringerem Ausmaße davon ab. Der 
Verlauf der Erkrankung endete in der Hälfte der Fälle letal. Therapeutisch kommt die 
Schwangerschaftsunterbrechung in Betracht, der Erfolg ist jedoch kein sicherer. Arsenkuren, 


550 Beziehungen zwischen Gravidität, Partus, Puerperium und dem Gesamtorganismus. 


intramuskuläre oder intravenöse Injektionen defibrinierten Blutes sind anzuempfehlen, nament- 
lich bei Fortbestehen der Gravidität. In diesem Falle wäre schließlich auch die von Eppinger 
und Ranzi vorgeschlagene Splenektomie zu erwägen. Saniner (Graz). 


Esch, P.: Über Dauerheilungen und über die Ätiologie der perniciosaartigen 
Graviditätsanämie. (Unw.-Frauenklin., Marburg.) Zentralbl. f. Gynäkol. Jg. 45, 
Nr. 10, S. 341—345. 1921. 

Bericht über drei Dauerheilungen von perniciosaartiger Graviditätsanämie. Zwei 
Frauen sind schon 9 Jahre, die dritte ist über 6 Jahre rezidivfrei. Die Beobachtung, 
daß bis jetzt kein einziger Rezidivfall beschrieben worden ist, zwingt zum Schluß, 
daß alle Fälle, die im Wochenbett geheilt entlassen worden sind, als Dauerheilungen 
anzusehen sınd. Dieser Umstand bietet einen weiteren Beweis dafür, daß die Gravidität 
von ursächlicher Bedeutung für das Auftreten dieser Erkrankung ist, und zwar macht 
sich der Einfluß auf hämolytischem Wege geltend. Santner (Graz). 

Cleisz: Syndrome hömorrhagique (apoplexie utero-placentaire et h&matömöses) 
au cours de la gestation. Opération césarienne et hystérectomie. Mort. (Hämor- 
rhagisches Krankheitsbild während der Schwangerschaft [Apoplexia utero-placentaris 
und Hacmatemesis], Kaiserschnitt und Uterusexstirpation. Exitus.) Bull. de la soc. 
d’ohstetr. et de gynécol. de Paris Jg. 10, Nr. 6, S. 210—212. 1921. 


4. Leberveränderungen. 


Vignes, Henri: Le foie et la gestation. (Leber und Schwangerschaft.) Rev. 
internat. de méd. et de chirurg. Jg. 32, Nr. 11, S. 135—140. 1921. 

Die Arbeit ist ein Sammelbericht und als solcher für ein Referat nicht geeignet. Sie 
ist gleichwohl sehr lesenswert, weil die ganze einschlägige französische Literatur darin Berück- 
sichtigung findet und auch die während des Krieges erschienenen Arbeiten zitiert werden, 
die aus äußeren Gründen sich unserer Kenntnis sonst leicht entzogen hätten. V. Hiess (Wien). 


Kjelland Mørdre, S.: Beitrag zur Frage des Vorkommens und der Bedeutung 
der Urobilinurie in der Schwangerschaft. (Frauenklin., Christiania.) Norsk magaz. 
f. laegevidenskaben Jg. 82, Nr. 3, S. 202—215. 1921. (Norwegisch.) 

Unter 139 graviden Frauen hatten 48,2%, eine vermehrte Urobilinausscheidung 
gezeigt und eine Schwangerschaftsmorbidität, die mehr als doppelt so groß war als bei 
anderen graviden Frauen mit normaler Urobilinausscheidung. Die Graviditätsurobilin- 
urie als eventuelles klinisches ‚„Schwangerschaftsleber‘‘-Symptom auf toxischer Basis 
wird diskutiert. Doch wird der praktisch diagnostische Wert des Symptoms in Frage 
gestellt wegen des häufigen Vorkomniens auch bei normalen Graviden und des Ein- 
flusses anderer Momente wie z. B. Kreislaufstörung und vielleicht Obstipation. 

Autoreferat. 

Hellmuth, Karl: Untersuchungen über Bilirubinämie in der Gravidität und 
bei Eklampsie mit allgemein kritischen Bemerkungen über die Genauigkeit von 
Bilirubinbestimmungen mit dem Autenriethschen Colorimeter. (Univ.-Frauenklin., 
Hamburg-Eppendorf.) Berl. klin. Wochenschr. Jg. 58, Nr. 25, S. 670—675. 1921. 

Hellmuth hat bei einigen Eklampsien erhöhten Bilirubingehalt nachgewiesen. 
Diese Fälle sind prognostisch ungünstig. Außer Bilirubin muß auch Hämatin bestimmt 
werden. Die Ehrlichsche Diazoreaktion ın der Modifikation von Feigl-Quenser 
erlaubt zu differenzieren zwischen Schwangerschaftsikterus und Stauungsikterus. Der 
hämolvtische Ikterus gibt einen verzögerten Ausfall. Die Ursache der Hämolyse ist 
nicht klar. Verminderte Resistenz der Erythrocyten und erhöhte hämolytische Kraft 
des Serums konnte H. nicht nachweisen. Die Arbeit enthält noch manch methodisch 
und klinisch Wertvolles. | Hinselmann (Bonn). 

Marabotto, Fabio: L’emoclasia digestiva nella gravida. (Die Verdauungs- 
hämoklasie bei der Schwangeren.) (Istit. ostetr.-ginecol., univ., Genova.) Fol. zynaecol. 
Bd. 14, H. 4, S. 307—313. 1921. 

Den zahlreichen Leberfunktionsprüfungen haben jüngst Abrami, Widal und 
Jancovesco eine neue Methode angereiht, die darauf beruht, daß unter normalen 


Leberveränderungen. 551 


Verhältnissen bei Verdauung einer eiweißhaltigen Nahrung die unvollkommen ab- 
gebauten Substanzen (Peptone usw.) die Intestinalwand passieren und in den Kreis- 
lauf der Vena porta gelangen. Auf experimentellem Wege konnte gezeigt werden, daß 
bei Verdauung einer stickstoffhaltigen Nahrung im Leberkreislauf ein ähnliches Bild 
entsteht wie nach Einbringen von Pepton in den allgemeinen Kreislauf: Leukopenie, 
Blutdrucksenkung, Beschleunigung der Blutgerinnung, Verminderung des refrakto- 
metrischen Index des Blutserums. Die Leber hält jedoch diese unabgebauten Stoffe 
fest, indem sie sie teilweise bindet, teilweise umändert oder zerstört. Bei Insuffizienz 
der Leber geht aber diese ‚„proteopexische‘‘ Funktion ganz oder teilweise verloren, 
die Eiweißstoffe gelangen in den großen Kreislauf und geben den Anlaß zur biologischen 
Reaktion der Peptone: der hämoklasischen Krise. — Nach dieser Richtung unter- 
suchte Verf. an 52 Schwangeren das Verhalten des Blutes nach Darreichung von 200 g 
Milch, gegeben auf nüchternen Magen, um zur Lösung der bis jetzt noch unentschiedenen 
Frage beizutragen, ob während der Gravidität eine Leberinsuffizienz besteht oder nicht. 
Die Zählung der Leukocyten und die Blutdruckmessung erfolgte alle 20 Minuten. 
In den positiven Fällen (als solche wurden die gerechnet, bei denen eine Verminderung 
von wenigstens 1/, der Ausgangszahl der Leukocyten verzeichnet werden konnte) trat 
die Verminderung nach 40—60 Minuten auf, erreichte im Mittel nach 1!/, Stunden ihr 
Maximum, um dann wieder auf die Norm anzusteigen, in einigen Fällen darüber. 
Von den 52 untersuchten Fällen waren 46 vollkommen gesund, 4 hatten im Harn 
reichlich Eiweiß, 2 Wöchnerinnen hatten eklamptische Anfälle gehabt. Unter den 
46 normalen Graviden zeigten 8 einen positiven Ausfall des Versuches (50% davon 
hatten im Harn Spuren von Eiweiß), die 4 Nieren- und die 2 Eklampsiekranken waren 
konstant positiv. Eine Blutdrucksenkung konnte nur ın 2 Fällen beobachtet werden. 
Verf. folgert daraus, daß in der überwiegenden Mehrzahl von normal Graviden keine 
Insuffizienz der Leber besteht. — Die eingangs erwähnten Autoren hatten ferner die 
Beobachtung gemacht, daß es gleichfalls zu einer hämoklasischen Krise kommt, wenn 
man einem Diabetiker auf nüchternen Magen eine bestimmte Menge Zucker verab- 
reicht. Der Mechanismus dieser Hämoklasie wäre aber nicht auf ein direktes Über- 
treten des Zuckers in das Blut zu beziehen, sondern (wenn man Diabetes als eine Stoff- 
wechselanomalie ansieht, bei der die Regulierung des diastatischen Prozesses alteriert 
ist) auf eine Mobilisierung der Fermente, die, anstatt an ihrem normalen Bestimmungs- 
ort sich zu betätigen, in die Blutbahn ausgeschüttet werden und die hämoklasische 
Krise erzeugen. In dieser Richtung untersuchte Verf. 20 Fälle, davon waren 10 in 
den ersten Graviditätsmonaten, 10 in den letzten Monaten der Schwangerschaft. 
Sämtliche Frauen waren gesund, Spuren von Zucker fanden sich im Harn in 25%. 
Es wurden 100g Zucker auf nüchternen Magen verabreicht, die Blut- und Harn- 
untersuchung erfolgte von 20 zu 20 Minuten. Von den Frauen der ersten Gruppe 
zeigten 7 Verdauungshämoklasie, von denen der zweiten Gruppe nur 2. In der ersten 
Gruppe war l Stunde nach der Mahlzeit in sämtlichen Fällen Glykosurie nachzuweisen, 
in der zweiten nur 4. Damit konnte Verf. auch die Befunde von Frank und Noth 
bestätigen, die die alimentäre Glykosurie zur Frühdiagnose der Gravidität vorgeschlagen 
haben. — Verf. bringt die Umsteuerung des Kohlenhydratstoffwechsels in Beziehung 
mit den Veränderungen des endokrinen Systems, die vor allem in den ersten Schwanger- 
schaftsmonaten sich auffällig zeigen, um erst im späteren Verlauf der Gravidität 
` abzuklingen. Santner (Graz). 
Phillips, John, Acute hepatic toxaemias complicating pregnancy and labour. (Akute 
Lebertoxämien als Schwangerschafts- und Geburtskomplikation.) (Journ. of 


obstetr. a. gynaecol. of the Brit. Empire Bd. 28, Nr. 1, S. 124—134.) 
Vgl Referat S. 423. 


Couvelaire et Aubertin, Mort rapide après l'accouchement par dégénérescence 
hépatique aigue. (Plötzlicher Tod nach der Geburt infolge akuter gelber Leber- 
atrophie.) (Bull. de la soc. d’obstetr. et de gynécol. de Paris Jg. 1, Nr. 5, S. 296 
bis 302.) 


552 Beziehungen zwischen Gravidität,. Partus, Puerperium und dem Gesamtorganismus. 


5. Darmveränderungen. 


Pilsky, Richard: Darmnekrose im neunten Schwangerschaftsmonat. (Städt. 
Entbindungsanst. Altona.) Zentralbl. f. Gynäkol. Jg. 45, Nr. 46, S. 1662—1664. 1921. 


Bei einer Erstgebärenden entstand im IX. Schwangerschaftsmonat ohne nachweisbare 
Ursache ein Volvulus mit ausgedehnter Nekrose des Dünndarms. Es erfolgte eine Frühgeburt. 
Auffallend waren die relativ geringfügigen Symptome. Peritoneale Symptome gaben die An- 
zeige zur Operation. Es fand sich neben einer ausgedehnten Dünndarmnekrose eine Peritonitis, 
welcher auch die Frau erlag. Der Volvulus wird mit der Schwangerschaft in ursächliche Be- 
zichung gebracht. V. Hiess (Wien). 


6. Nierenkrankheiten (inkl. Pyelitis gravidarum und Tuberkulose). 


Heynemann, Th.: Zur Diagnose und zum Wesen der Schwangerschaltsnieren- 
erkrankung. (Univ.-Frauenklin., Hamburg-Eppendorf.) Zentralbl. f. Gynäkol. Jg. 45, 
Nr. 24, S. 838—847. 1921. 

Die meisten Schwangerschaftsnierenerkrankungen sind, wenn man das Einteilungs- 
prinzip von Volhard zugrunde legt, Nephrosen. Schwierigkeiten in der Abgrenzung 
der einzelnen Krankheitsbilder bereiten nur die gelegentlich zu beobachtenden Blut- 
drucksteigerungen. Da die klinischen Symptome nach Ablauf der Geburt meist rasch 
zur Norm zurückkehren und sich auch histologisch trotz der vorhandenen Blutdruck- 
steigerung nur degenerative Veränderungen am Epithel und in den Glomerulis nach- 
weisen lassen, wird für diese Fälle die charakterisierende Bezeichnung Glomerulo- 
nephrose vorgeschlagen, womit gesagt werden soll, daß die Veränderungen rein degene- 
rativ sich aber nicht nur an den Tubulis, sondern auch an den Glomerulis abspielen. 
Da aber nicht nur an den Capillaren der Niere, sondern auch in den Capillaren anderer 
Organsysteme (Haut) ähnliche Zeichen einer Capillarschädigung nachweisbar sind, 
so sind insbesondere jene Fälle, die mit hochgradigen Ödemen ohne klinisch nach- 
weisbare Veränderungen von seiten der Nieren einhergehen, unter dem Begriff der 
Capillaropathia gravidarum zusammenzufassen. Hiess (Wien). 

Kautsky, Karl: Die Benennung der Nierenerkrankungen in der Schwanger- 
schaft. Zentralbl. f. Gynäkol. Jg. 45, Nr. 49, S. 1765—1773. 1921. 

Eine Auseinandersetzung mit den in den letzten Jahren von der internen Medizin auch 
für die Nierenveränderungen in der Schwangerschaft übernommenen Krankheitsbildern, 
Nephritis, Nephrose, Glomerulonephrose, Hypertonie usw. Es wird vorgeschlagen für die 
Trias Albuminurie, Hydrops und Hypertonie den Namen Schwangerschaftsniere beizubehalten, 
„allerdings in dem klaren Bewußtsein, daß die Niere nicht mehr als Spiritus rector aller krank- 
haften Erscheinungen anzusehen, daß sie aber doch in weitaus den meisten Fällen in Mitleiden- 
schaft gezogen ist‘. Treten einzelne der genannten Symptome in der Schwangerschaft isoliert 
auf, so sollen sie nach den dominierenden Symptomen, wie Albuminurie, Hypertonie, Hydrops 
klassifiziert werden. V. Hiess (Wien). 

Jaschke, Rud. Th. v.: Beitrag zur Klärung des Begriffes und zur Differential- 
diagnose verschiedener Nierenerkrankungen in der Schwangerschaft. (Univ.- 
Frauenklin., Gießen.) Arch. f. Gynäkol. Bd. 114, H. 2, S. 255—288. 1921. 

Die Arbeit, welche schon im Mai 1920 abgeschlossen wurde, ist eine Auseinander- 
setzung auf Grund der Volhardschen Forschungen mit allen jenen Erkrankungen, 
welche unter dem Sammelnamen Schwangerschaftsniere oder Nephropathia gravidarum 
laufen. Nach den Erfahrungen von Jasch ke erscheint es berechtigt daran festzuhalten, 
daß „die Leydensche Schwangerschaftsniere in ihrer typischen Form ein degenerativer 
Prozeß ist, der nach seinem klinischen Bilde, wie den Ergebnissen der Nierenfunktions- 
prüfung, am besten als Schwangerschaftsnephrose zu bezeichnen wäre“. Neben diesen 
typischen Fällen gibt es eine große Anzahl von solchen, welche sich in das Volhardsche 
Schema nicht einfügen und deren Ätiologie keine einheitliche ist. In der überwiegenden 
Mehrzahl werden solche Fälle beobachtet, die als Kombinationsformen von Schwanger- 
schaftsnephrose und diffuser meist subakuter Glomerulonephritis aufzufassen sind 
(Albuminurie, Blutdrucksteigerung, Ödeme, Hämaturie). Manche der zu Eklampsie 
führenden Fälle, sowie die seltenen, die im Wochenbett nicht ganz zur Ausheilung 


Nierenkrankheiten (inkl. Pyelitis gravidarum und Tuberkulose). 553 


kommen, dürften diesen Kombinationsformen angehören. Keinesfalls handelt es sich 
hier um feststehende Tatsachen, vielmehr bedarf hier vieles noch der Klärung, was aus 
den zahlreichen Einschränkungen und Eventualitäten, welche der Verf. selbst aufwirft, 
am besten zu entnehmen ist. Ausgang einer Schwangerschaftsnephrose in eine nephro- 
tische Schrumpfniere wurde bislang nicht beobachtet. Kombination von (benigner) 
Nierensklerose und Schwangerschaftsnephrose ist außerordentlich selten. Verf. verfügt 
diesbezüglich über eine einzige Beobachtung. Hiess (Wien). 

Hiess, V. und M. Beckman: Zur Pathologie und Klinik der Nierenerkran- 
kungen in der Schwangerschaft. (Z. Univ.-Frauenklin., Wien.) Zentralbl. f. Gynä- 
kol. Jg. 45, Nr. 49, S. 1773—1777. 1921. 

Erweiterte Diskussionsbemerkung zum Vortrag H. Eppingers. Der derzeitige 
Stand der Nephritis und Nephrosefrage (Geburtshilflich-gynäkologische Gesellschaft 
vom 10. und 24. Mai 1921). Es wird unter Anführung von Krankengeschichten auf die 
diagnostischen Schwierigkeiten der Nierenerkrankungen in der Schwangerschaft hin- 
gewiesen. Den klinischen Symptomen nach verläuft Schwangerschaftsniere mitunter 
unter dem Bilde der akuten Nephritis oder einer Nephritis mit nephrotischem Ein- 
schlag, selten unter dem Bilde der reinen Nephrose im Sinne Volhards. Unstimmig- 

keiten in den klinischen Symptomen, im Verlauf und in dem pathologisch-anatomischen 

Verhalten zwingen vorläufig dazu, an dem Begriff der Schwangerschaftsniere festzu- 
halten, wiewohl sich auch dieser Begriff für manche Fälle als zu enge erwiesen hat. 
Man kann den Nierenerkrankungen in der Schwangerschaft ihre wahre Natur nicht 
immer ansehen, die Entscheidung bringt meist erst der Verlauf post partum. Die 
chronischen Nierenerkrankungen und ilır Verhalten bei Gravidität finden in der Arbeit 
keine Berücksichtigung. V. Hiess. 

Werner, Paul: Weiterer Beitrag zur Kenntnis der Nierenfunktion bei gesunden 
und kranken Schwangeren und Entbundenen. (ZI. Univ.-Frauenklin., Wien.) Arch. 
f. Gynäkol. Bd. 115, H. 1, S. 63—79. 1921. 

Funktionsprüfung der Nieren auf ihre Wasser-Kochsalz-Stickstoffausscheidung. 
Die Resultate sind summarisch wiedergegeben. Angaben über die Anzahl der unter- 
suchten Fälle fehlen. Von chronischer Nephritis wurde nur ein Fall untersucht. Das 
Ergebnis der Arbeit läßt sich folgendermaßen zusammenfassen. Die Funktions- 
störungen der Nieren bei schwereren Albuminurien, Glykosurien, Nephritis und Ek- 
lampsien sind ihrem Wesen nach gleichartig. Ein Unterschied besteht nur hinsichtlich 
der Intensität und Schnelligkeit mit der nach erfolgter Geburt die Wiederherstellung 
erfolgt. Die N-Ausscheidung ist eine ungestörte. Verändert ist nur die Kochsalz- und 
Wasserausscheidung. Bei dekompensierten Vitien ist auch die Stickstoffausscheidung 
in Mitleidenschaft gezogen. Während sich die Nierenarbeit der gesunden Schwangeren 
und Wöchnerin durch große Schwankungen der Konzentration und Quantität der 
ausgeschiedenen Stoffe zu verschiedenen Tageszeiten als akkommodationsfähig erweist, 
war die Nierenfunktion bei den untersuchten pathologischen Fällen in dem Sinne ver- 
ändert, daß die Schwankungen oft beträchtlich, oft bis zur völligen Konstanz ein- 
geschränkt waren, was auf einen Verlust der Elastizität der Niere schließen läßt. 

V. Hiess (Wien). 

Chassot: Pronostic et traitement des maladies rénales pendant la grossesse. 
(Prognose und Behandlung der Nierenerkrankungen in der Schwangerschaft.) Schweiz. 
med. Wochenschr. Jg. 51, Nr. 40, S. 913—922. 1921. 

Ein Fortbildungsvortrag, umfaßt in Form eines Referates Prognose und Behandlung aller 
Nierenerkrankungen in der Schwangerschaft. Der Aufsatz erscheint insofern beachtenswert, 
als die Nierenpathologie der Franzosen und daher auch die Behandlung in verschiedenen 
Punkten von der der Deutschen abweicht. V. Hiess. 

Becker, Hubert: Hämaturie und Hämoglobinurie in der Schwangerschaft. 
(Univ.-Frauenklin., Kiel.) Zentralbl. f. Gynäkol. Jg. 45, Nr. 10, S. 376—381. 1921. 


Bericht über je einen Fall von Hämaturie und Hämoglobinurie in der Schwangerschaft 
ohne bedrohliche Erscheinungen. Therapie: Bettruhe, Diät. Saniner (Graz). 


554 Beziehungen zwischen Gravidität, Partus, Puerperium und dem Gesamtorganismus. 


Ballerini, Q., Per la genesi del diabete insipido e delle poliurie gravidiche. (Über die 
Genese des Diabetes insipidus und der Schwangerschaftspolyurie.) (Scuola ostetr., 
univ., Perugia.) (Fol. gynaecol. Bd. 14, H. 1, S. 97—119.) 

Vgl. Referat S. 533. 


Hüssy, Paul, Die Nierenerkrankungen in der Schwangerschaft. (Schweiz. med. 

Wochenschr. Jg. 5l, Nr. 38, S. 845—852, Nr. 58, S. 874—881 u. Nr. 39, S. 899 

bis 903.) 

Vgl. Referat S. 421. 

Hinselmann, Hans: Kapillarinsuffizienz bei schwerer hypertonischer 
Schwangerschaftsnierenerkrankung. (Frauenklin., Univ. Bonn.) Münch. med. 
Wochenschr. Jg. 68, Nr. 27, S. 840—842. 1921. 

Untersuchungen mit dem Kapillarmikroskop bei Eklampsien und Schwangerschaftsnieren- 
erkrankungen, die mit Blutdrucksteigerung einhergehen. Versuch einer Messung der Kapillaren. 
Die Untersuchungen haben eine Bestätigung der von den Verff. erhobenen Erfahrungen er- 
geben. V. Hiess (Wien). 

Hinselmann, Hans, Walther Haupt und Hans Nettekoven: Beobachtung und 
graphische Darstellung der Angiospasmen bei hypertonischen nierenkranken 
Schwangeren. (Frauenklin., Univ. Bonn.) Zentralbl. f. Gynäkol. Jg. 45, Nr. 17, 
S. 603—609. 1921. 

An der Hand einiger Kurven werden die Veränderungen der Blutströmungen ın 
den Capillaren von nierenkranken Schwangeren nachgewiesen. Aus der Häufigkeit 
und Dauer der Strömungsunterbrechungen, welche auf einen Krampfzustand des 
zuführenden arteriellen capillaren Astes zu beziehen sind, läßt sich ein Überblick 
über die Funktion der Capillaren gewinnen. Während sich die kompletten Angio- 
spasmen gegen das Ende der Gravidität bei nierenkranken Schwangeren häufen, 
werden sie post partum ungleich seltener, um endlich restlos zu verschwinden. Diese 
Verhältnisse werden zahlenmäßig belegt. Für die Angiospasmen ist eine allmähliche 
Rückbildung im Wochenbett eigentümlich und fehlt der initiale Absturz wie beim 
Blutdruck. Aus den Befunden an den Hautcapillaren wird auf die Möglichkeit ähn- 
licher Vorgänge in den inneren Organen geschlossen. Die Richtigkeit dieses Schlusses 
bedarf aber noch weiterer Beweise (Ref.). Diese vorausgesetzt, ergibt sich für die 
Behandlung die Möglichkeit einer kausalen Therapie. Aus der Stasenbeobachtung 
und Messung des Blutdruckes gewinnen wir eine Kontrolle über die Wirksamkeit 
therapeutischer Maßnahmen. Hiess (Wien). 

Brindeau, A. et J. Röglade: Traitement de la py&lonöphrite puerperale par 
Pentero-vacein. (Behandlung der puerperalen Pvelonephritis mit einem , Entero- 
vaccin“.) Bull. de la soc. d’obstetr. et de gynecol. de Paris Jg. 10, Nr. 3, S. 120 
bis 122. 1921. 

Ein aus dem Harn hergestelltes Autovaccin läßt man zweimal einige Stunden 
nach der Mahlzeit in einer Menge von je 25 ccm trinken. Behandelt wurden auf diese 
Weise 11 Fälle. Die Erfolge erscheinen ermutigend. Bei 8 fiebernden Frauen trat 
6mal Entfieberung ein, 2 mal blieben die Temperaturen unbeeinflußt. Gleichzeitig 
wurde auch der Harn klar, doch hält die Aufhellung des Harnes nicht immer gleichen 
Schritt mit dem Rückgang der anderen Symptome. Die Wirkung ist nicht immer an- 
haltend, es reagieren aber auch die Rezidiven wieder auf eine neuerliche Verabreichung 
des Vaccins. V. Hiess (Wien). 

Colombino, Carlo: Nuove osservazioni e ricerche sulla cistopielonefrite della 
gravidanza. (Neue Beobachtungen und Untersuchungen über die Cystopyelonephritis 
in der Schwangerschaft.) (Istit. ostetr. ginecol. di perfezionamento, Milano ed scuola 
di ostetr., Milano.) Ann. di ostetr. e ginecol. Jg. 43, Nr. 9, S. 627—660. 1921. 

Weitere 38 kurze Krankengeschichten und Befunde bei Cystopyelonephritis in 
graviditate. Die Untersuchungen zeigten, daß die Erkrankung auf bakteriellem Wege 
(besonders B. coli) zustande kommt; die Blase nimmt fast konstant in mehr oder weniger 
ausgedehntem Maße am Entzündungsprozesse teil, sehr häufig und frühzeitig auch die 
Niere (ein- und doppelseitig), mit Vorliebe unter dem Bilde einer infiltrierenden und 


Nierenkrankheiten (inkl. Pyelitis gravidarum und Tuberkulose). 555 


sklerosierenden interstitiellen Nephritis, die gewöhnlich eine dauernde Funktions- 
schädigung des betroffenen Organes bedingt. Alle febrilen Erkrankungen der Harn- 
wege sind so frühzeitig als möglich zu behandeln, und zwar am besten mittels der 
intravenösen Colivaccintherapie. Die inaktivierten Bakterien (50 Millionen) werden 
in l ccm physiologischer Kochsalzlösung aufgeschwemmt und nach Hinzufügen von 
0,12%, Formalin ın Glasphiolen eingeschmolzen. Die intravenöse Verabreichung dieses 
Vaccins verursacht eine heftige Allgemeinreaktion (Schüttelfrost, Temperaturanstieg), 
ohne jedoch bedrohlich zu werden und führt zu einem sehr raschen und anhaltenden 
Heilerfolg, besonders im Puerperium und im nichtgraviden Zustand. In der Gravidität 
ist der Erfolg manchmal nur vorübergehend. Die Vaccination soll mit der sonst ge- 
bräuchlichen internen Medikation vergesellschaftet werden. Saniner (Graz). 

Bertino, A.: Pielite in gravidanza. (Die Schwangerschaftspyelitis.) (XXI. congr. 
d. soc. ital. di ostetr. e ginecol., Trieste, 9—11. X. 1921.) Riv. di ostetr. e ginecol. 
prat. Jg. 3, Nr. 12, Nr. 517—532. 1921. 

Die Schwangerschaftspyelitis stellt den Prototyp einer Erkrankung dar, bei der 
das rein mechanische Moment größere ursächliche Bedeutung hat als das biologische. 
Die Pyelitis tritt in der Schwangerschaft häufig (4,3%) auf und zwar vorwiegend im 
5.—8. Lunarmonat, ohne daß jedoch ein Unterschied in der Frequenz bei Primi- oder 
Multiparen beobachtet werden könnte. Sie kann doppelseitig sein, ist jedoch häufiger 
einseitig und zwar hauptsächlich rechts. Die Schwellung der Ureterenschleimhaut in 
der Gravidität, die Kompression und teilweise Torsion des einen oder anderen Ureters 
durch den voluminösen (rechts gedrehten) Uterus führen zur Harnstauung. Die In- 
fektion des stagnierten Harns erfolgt meist durch das bact. coli. — Pathologisch-ana- 
tomisch ergeben sich keine besonderen Unterschiede gegenüber den Pyelitiden im 
nichtgraviden Zustand. Die Symptome und der klinische Verlauf der Erkrankung decken 
sich bei Graviden und Nichtgraviden. Die Diagnose ist leicht. Das Leben der Mutter 
ist selten in Gefahr (Septicopyämie), häufiger das des Foetus (Abort, Frühgeburt). Die 
Therapie kann eine prophylaktische, interne, chirurgische und geburtshilfliche sein. 
Ureterenkatheterismus bei dauernder Harnstauung (evtl. Verweilkatheter). Nur in 
schwersten Fällen, bei Versagen aller anderen Mittel, ist die Nephrotomie indiziert. 
Die Nephrektomie ıst nur von einseitiger Pyelonephritis auf tuberkulöser Grundlage 
gerechtfertigt. — Die Schwangerschaft kann unterbrochen werden, wenn die Erkran- 
kung schwer und der normale Geburtstermin schon nahe ist oder wenn der schwangere 
Uterus die Nephrotomie zu sehr hindert. . Santner (Graz). 

Baughman, Greer: A preliminary report on pyelitis in pregnancy with report 
of cases. (Vorläufige Mitteilung über Graviditätspyelitis mit Krankengeschichten.) 
(Vorgetragen in der 33. Jahresverssammlung der „American Association of Obstetricians 
etc.“ 20.—22. September 1920.) Americ. journ. of otstetr. a. gynecol. Bd. 1, Nr. 5, 
S. 436—446 u. S. 526—528. 1921. 

Das Krankheitsbild der Graviditätspyelitis ist oft durch den Mangel deutlicher 
Lokalsymptome und das Vorherrschen allgemeiner Erscheinungen, wie Erbrechen 
und Kopfschmerzen, verschleiert. Die genaue Diagnose ist mit Rücksicht auf die Häufig- 
keit von Fehlgeburten und die Gefahr schwerer Funktionsschädigung, der bei uner- 
kannter Pyelitis die Niere auch nach dem Ablauf der akuten Symptome ausgesetzt 
ist, wichtig. Die prädisponierende Ursache zur Erkrankung muß in direktem Druck 
des vergrößerten Uterus auf den Ureter, mit der daraus folgenden Harnstauung, zu 
suchen sein. In der Behandlung spielt die Drainage der infizierten Niere in verschiedenen 
Formen die Hauptrolle. Manchmal genügt die Verabreichung großer Mengen Uro- 
tropin in Wasser, um einen Verschluß zu beheben, oft auch veränderte Lagerung 
der Kranken. Im Vordergrund steht die Behandlung mit Nierenbeckenspülungen, 
selten ist eine Nephrostomie und Einleitung der Frühgeburt notwendig. In den drei 
folgenden, lange und genau beobachteten Fällen konnten in den verschiedensten 
Stadien des Krankheitsprozesses wiederholte Pyelogramme beider Nieren angefertigt 


556 Beziehungen zwischen Gravidität, Partus, Puerperium und dem Gesamtorganismus. 


werden, deren gelungene Kopien der Originalarbeit beigefügt sind. Jede Kranken- 
geschichte enthält ferner eine Tabelle, die in Kurvenform den Eiter und Bakterien- 
gehalt des Blasenharnes an den Behandlungstagen, die Erweiterung des rechten bzw. 
des linken Nierenbeckens nach der Menge des Residualharnes, endlich die Funktion 
beider Nieren graphisch darzustellen versucht. 


Falll. 25jährige Patientin erkrankt gegen Ende der 2. Gravidität mit Übelkeiten und 
starkem Erbrechen, Druckempfindlichkeit der rechten Nierengegend, kein Fieber. Das sub- 
jektive Befinden bessert sich unter örtlicher Behandlung rasch, die Nierenbeckendilatation ist 
ist aber schwerer beeinflußbar. Die nach der 5. Nierenbeckenspülung ausgeführte doppelseitige 
Pyelographie zeigt rechts eine mächtige, links eine mäßige Erweiterung des Nierenbeckens. 
beide Ureteren sind geschlängelt, der rechte mit scharfer Schleifenbildung im lumbalen Anteil 
abgeknickt. Ein Monat vor Schwangerschaftsende wird Frühgeburt eingeleitet und ein gesundes 
Kind entbunden. Nach der Geburt noch 5 Nierenbeckenspülungen, die erste 14 Tage post 
partum. Vier Monate später vollständige Heilung. — Fall 2. 26 Jahre alte Primipara, erkrankt 
im 5. Monat der Gravidität mit starken Rückenschmerzen, Fieber, später wiederholtem Schüttel- 
frost. Nach Besserung der Symptome durch Nierenbeckenspülungen konnte 1 Monat nach Be- 
ginn der Erkrankung die erste Pyelographie durchgeführt werden, die 4 Wochen später wieder- 
holt wird. In der Zwischenzeit 12 Nierenbeckenspülungen. 20. I. Totgeburt. 11 Tage nach 
der Entbindung Beginn der Nierenbeckenspülungen. 23. II. dritte Pyelographie. Die Gegen- 
überstellung der Pyelogramme vom 13. I. und 23. II., unmittelbar vor und nach der Entbindung, 
veranschaulicht die Rückbildungsfähigkeit auch starker Nierenbeckenerweiterungen in gewissen 
Grenzen. Im ersten sind beide Nierenbecken besonders der rechte, in seinem intra- und extra- 
renalen Anteil mächtig dilatiert, im zweiten erscheint das linke Nierenbecken annähernd nor- 
mal, das rechte ist nur sehr unvollständig gefüllt. Der Nierenschatten scheint rechts schmäler 
als normal. Die Verschmälerung der rechten Niere soll die herabgesetzte Funktionsfähigkeit 
dieser Seite erklären. Am ersten Bild sind beide Ureteren erweitert und geschlängelt, am zweiten 
verlaufen sie gerade gestreckt und sind normal weit. Ausgang in Heilung. — Fall 3. 24 Jahre 
alte Pluripara, im 7. Schwangerschaftsmonate Übelkeiten, Erbrechen, Schmerzen im Bauche, 
starkes Druckgefühl in beiden Nierengegenden, besonders rechte. Nach 4 Nierenbecken- 
spülungen werden vor der am 17. XI. eingeleiteten Geburt drei Pyelogramme ausgeführt, die 
eine enorme Erweiterung des rechten Nierenbeckens und Ureters und ein fast normales linkes 
Nierenbecken zeigen. 

Der Arbeit sind die nach der Entbindung 1. XII., 9. XII., 18. XII, 2. II. 
und 26. IV. ausgeführten, doppelseitigen Pyelogramme beigefügt. Die erste dieser 
Abbildungen (Abb. 7) zeigt eine spitzwinklige Schleifenbildung des mächtig erweiterten 
rechten Ureters und eine ebenso bedeutende Dilatation des Nierenbeckens und der 
Kelche, dieselben Veränderungen aber, wenn auch im geringeren Grade, links. Die 
nächsten Bilder lassen zwar eine gewisse Rückbildung erkennen, doch kann Ref. 
weder Abb. 10 als ‚fast normal‘ noch Abb. 11 als ‚vollständig normal“ ansprechen, 
muß vielmehr das letztere Bild als noch beträchtliche intra- und extrarenale Pvelektasıe 
bezeichnen, während bei Abb. 10 nur die geringere Füllung eine geringere Dehnung 
vortäuscht. Klinisch erfolgte auch hier Heilung. In allen mitgeteilten Fällen ist die 
rechte Niere überwiegend betroffen; in den ersten beiden wurde Bacterium coli, im 
dritten Staphylokokken nachgewiesen. In allen Fällen ist die Kurve, welche graphisch 
die Größenverhältnisse des Nierenbeckens darzustellen versucht, gleich. Die klinischen 
Symptome bessern sich nach Nierenbeckenspülungen, am schnellsten tritt diese Besse- 
rung ein nach der Druckentlastung des Ureters durch die Entbindung 2 Wochen 
post partum können die Nierenbeckenspülungen wieder aufgenommen werden, selbst 
bei enormen Erweiterungen, wie bei Fall 3, mit 100 qem Kapazität, ist Heilung möglich. 

Diskussion: Dr. John Pollak (Neuyork): Die primäre Stauung und dadurch be- 
dingte Herabsetzung der Widerstandsfähigkeit für die Einwanderung der Bakterien aus dem 
Kolon (vornehmlich Bact. coli, seltener Staphylokokken) spielt bei der Graviditätspyelitis die 
Hauptrolle. Er empfiehlt neben Nierenbeckenspülungen Dauerdrainage mittels eines dünnen 
Ureterenkatheters bis zu 12 Stunden. — Die Pyelographie ist stets auszuführen und unterrichtet 
durch Aufnahmen in verschiedenen Ebenen, bei welcher Lagerung der Patientinnen der beste 
Harnabfluß zu erwarten ist. Auch nach vollständiger klinischer Heilung und Schwinden der 
Pyurie bleibt eine Bakteriurie bestehen. — H. Furniss (Neuyork): Der sehr häufige Befund 
von Residualharn in der Blase scheint mehr als der Druck des Uterus auf den Ureter die ver- 


mittelnde Ursache für die Infektion der Harnwege zu sein. Die Schlängelung des Ureters und 
die Erweiterung des Nierenbeckens ist nicht eine Folge der Stauung, sondern der Infektion, 


| 


Sehstörungen. 957 


die das primäre Moment darstellt. Schwangerschaftsunterbrechung ist höchst selten indiziert, 
die örtliche Behandlung von Nierenbeckenspülungen mit Argent. nitricum, das seiner adstringie- 
renden Wirkung wegen sehr empfehlenswert ist, sehr energisch; sie kann schon 5 Tage post 
partum wieder aufgenommen werden. Einmal beobachtete er nach forcierter Entbindung eine 
schwere Infektion, die zur Nephrektomie führte. Ausschlaggebend ist das Allgemeinbefinden, 
weniger der Rückgang der objektiven Symptome. — J. James (Pittsbourg) frägt, ob Dila- 
tation von Nierenbecken und Ureteren nicht schon vor der Gravidität bestand. Es scheint 
oft eine alte Pyelitis durch die Gravidität kompliziert zu sein, aber nicht umgekehrt. — Schluß- 
wort: Baughman bestätigt, daß Bakteriurie monatelang nach klinischer Heilung noch beob- 
achtet werden kann. Auch er hält Silbernitrat für das beste Spülungsmittel. Ob die Schlingen- 
bildungen der Ureteren schon vorher bestanden oder erst in der Schwangerschaft in Ausbildung 
kamen, kann er nicht sagen. Necker (Wien). °° 


Graebke, Heinrich: Kasuistischer Beitrag zur Diagnose der Nierentuberkulose 
in der Schwangerschaft und zur Frage der Durchlässigkeit der Nieren für Tuberkel- 
haeillen. (Univ.-Frauenklin., Jena.) Monatsschr. f. Geburtsh. u. Gynäkol. Bd. 55, H.1, 
S. 25—33. 1921. | 
Schmidtmann, M., Eklampsie und chronische Nephritis. (Pathol. Inst., Univ. 

Berlin.) (Monatsschr. f. Geburtsh. u. Gynäkol. Bd.55, H. 2/3, S. 132—145.) 

Theodor, Paul: Über Nephrektomie und Schwangerschaft. (Chirurg. Univ.- 
Klin., Hamburg-Eppendor/.) Zeitschr. f. urol. Chirurg. Bd. 7, H. 6, S. 187—195. 1921. 

Auf Grund seiner Untersuchungen kommt Verf. zu dem von der bisherigen Mei- 
nung abweichenden Schluß, daß einnierige Frauen in den meisten Fällen eine Schwan- 
gerschaft genau so gut überstehen wie zweinierige. Der Umstand, daß eine Frau wegen 
Tuberkulose nephrektomiert wurde, berechtigt nicht ohne vorherige exakte Prüfung 
zur Unterbrechung jeder folgenden Schwangerschaft. Sorgfältige Beobachtung während 
der Gravidität erscheint jedoch dringend geboten. V. Hiess (Wien). 
Meyer, Georg, Über Schwangerschaftspyelitis. (Dissertation: Rostock 1921.) 


7. Sehstörungen. 


Schiötz, Ingolf: Über Retinitis gravidarum et amaurosis eclamptica. (Univ.- 
Frauenklin. u. Univ.- Augenklin., Kristiania.) Beilageh. d. klin. Monatsbl. f. Augen- 
heilk. Bd. 67, S. 1—136. 1921. 

Der Geburtshelfer wird eine Arbeit begrüßen, welche ihn mit den neuesten For- 
schungsergebnissen über die Retinitis albuminurica bekannt macht; denn dieses Thema 
ist gerade im Hinblick auf die Nierenforschungen der jüngsten Zeit aktuell. Nicht 
richtig gewählt ist der Titel, denn es handelt sich nicht um eine „Retinitis gravidarum 
usw.‘‘, sondern um die Retinitis albuminurica in graviditate, ebenso unrichtig ist die 
Bezeichnung Schwangerschaftsretinitis, da man unter dieser Bezeichnung eine Retinitis 
versteht, welche durch die Schwangerschaft hervorgerufen wird, während es in Wahrheit 
die konkomittierende Nierenerkrankung ist, welche die Netzhautveränderung mit sich 
bringt. Wichtig für die Prognose und Therapie, aber auch für die Klinik und Differen- 
tialdiagnose wäre es, wenn endgültig festgestellt wäre, welche Art der Nierenerkrankung 
zur Retinitis führt. Hier steht Meinung noch gegen Meinung; während von den einen 
behauptet wird, daß man Retinitis nur bei chronischen Nierenprozessen findet, wollen 
andere auch bei akuter Nephritis dieselbe beobachtet haben, ja sogar bei der gewöhn- 
lichen Schwangerschaftsniere soll gelegentlich Retinitis vorkommen, aber gerade hierin 
ist der Kernpunkt der ganzen Frage zu suchen, da bislang die Retinitis immer als 
Zeichen einer Nephritis gegolten hat und auch in diesem Sinne differentialdiagnostisch 
verwertet wurde. — Verf. hat von 8400 Wöchnerinnen der Frauenklinik Prof. Brandt 
680 Frauen ophthalmoskopiert. Außerdem noch 158 Fälle von Eklampsie und drohender 
Eklampsie. Den eigenen Untersuchungen wird ein lesenswerter historischer Überblick 
vorausgeschickt. Das Kapitel Albuminurie während der Schwangerschaft ist für den 
Ophthalmologen bestimmt und enthält einige Bemerkungen, denen man nicht un- 
bedingt wird zustimmen können, so z. B. die Zweiteilung der Schwangerschaftsniere 
in eine mehr akut einsetzende, die häufig, und in eine mehr chronische Form, die 


558 Beziehungen zwischen Gravidität, Partus, Puerperium und dem Gesamtorganismus. 


seltener zum Ausbruch einer Eklampsie führen soll. — Unter Berücksichtigung der 
ganzen Literatur wird Klinik, Diagnose, Prognose und Therapie der Retinitis be- 
sprochen. Ref. möchte von den Resultaten nur kurz hervorheben, daß die Retinitis 
am häufigsten bei Patienten mit Eklampsie, zwar meist bei Erstgebärenden, aber gar 
nicht so selten auch bei Vielgebärenden nachgewiesen wurde. Häufig sieht man beı 
der Retinitis auch Netzhautblutungen und Netzhautabhebungen, die aber hinsichtlich 
ihrer Prognose nicht so ungünstig sind als vielfach behauptet wurde. Stets geht die 
Retinitis mit Blutdrucksteigerungen einher. Rückfälle, Wiederholungen der Retinitis 
bei neuerlicher Schwangerschaft gelangten nicht zur Beobachtung. Die Prognose 
quoad visum ist bei den einfachen Fällen von Retinitis nicht ungünstig, nur dort, wo 
sie durch Netzhautablösung oder Veränderung am Sehnerven kompliziert war, ist die 
Voraussage weniger günstig. Die Prognose quoad vitam ist zweifelhaft, da die Retinitis 
meist bei schweren chronischen Prozessen vorkommt. Unter 40 Fällen wurde ‚‚eine 
Retinitis auch bei unwiderlegbar sicheren Fällen von Schwangerschaftsniere‘“‘ be- 
obachtet. Die mitgeteilten Fälle (Nr. 28—33) besitzen nach der Meinung des Ref. 
nicht die ihnen beigemessene unwiderlegbare Beweiskraft; so ist die Möglichkeit, daß 
es sich um akute Nephritiden gehandelt hat, nicht von der Hand zu weisen, ja es kann 
nicht einmal ganz ausgeschlossen werden, ob nicht doch chronische Prozesse leichterer 
Natur in den genannten Fällen vorliegen, da Funktionsprüfungen der Nieren fehlen. 
Ein Blutdruck 135 ist für nichtschwangeren Zustand immerhin etwas über der Norm. 
Ein Beweis, daß auch eine Schwangerschaftsniere zur Retinitis führen kann, läßt sich 
nur dadurch erbringen, wenn man gelegentlich einer Obduktion die Nieren eines klinisch 
als Schwangerschaftsniere imponierenden Falles mit Retinitis albuminurica genau 
mikroskopisch zu untersuchen in der Lage wäre. Da aber einfache Schwangerschafts- 
nieren (höchstens wenn sie zur Eklampsie führen) selten tödlich verlaufen, so wird der 
Beweis nicht leicht zu erbringen sein. Steht die Diagnose Retinitis albuminurica fest, 
so soll die Schwangerschaft unterbrochen werden. Die Tubensterilisation ist angezeigt. 
Ref. würde es aber für zweckmäßig erachten, hier doch mehr zu individualisieren und 
erst nach gründlicher Beobachtung in diesem Sinne einzugreifen. Ob eine Sectio 
caesarea in der 32. Woche mit gleichzeitiger Sterilisation (Fall 38) als Methode allent- 
halben Zustimmung findet, bleibe dahingestellt. — Im zweiten Abschnitt werden die 
Augenbefunde bei Eklampsie besprochen. Retinitis, Papilloretinitis, Netzhautab- 
lösung usw. Aus der Bearbeitung geht hervor, daß Eklampsie in 33°5 mit Augen- 
symptomen einhergeht. Hier wird auch über Nachuntersuchungen berichtet. Der 
dritte Abschnitt handelt von der eklamptischen Amaurose. Geschichte und ausführ- 
liche Literatur derselben wird besprochen. Neue Tatsachen werden nicht mitgeteilt. 
Der Sitz der eklamptischen Amaurose wird zentral von den primären Sehzentren ın 
die gratioletsche Strahlung oder in das corticale Sehzentrum verlegt. Auf gewisse 
Ähnlichkeiten mit dem Flimmerskotom wird hingewiesen. Die eklamptische Amaurose 
ist wahrscheinlich ein cerebrales Ausfallssymptom, das häufig mit anderen Gehirn- 
symptomen auftritt und auf intrakranielle Drucksteigerung zurückzuführen ist. Druck- 
entlastung des Gehirns durch Lumbalpunktion wird empfohlen, ein einschlägiger Fall 
mitgeteilt. Differentialdiagnostisch kommt hysterische, urämische Amaurose in Be- 
tracht, auch nach schweren Geburtsblutungen wird Amblyopie und Amaurose be- 
obachtet. Schließlich können auch dieselben cerebral bedingt auf Gehirnblutungen 
und encephalitischen Prozessen beruhen. Viktor Hiess (Wien). 


Sir, Bernard: Retinalblutungen in der Schwangerschaft. Časopis lekarür 
českých Jg. 60, Nr. 51, S. 852—853. 1921. (Tschechisch.) 

Die große Seltenheit rechtfertigt die Mitteilung des Falles, der im Verlauf den 
meisten in der Literatur bekannten gleicht. 

30jährige Frau erblindet plötzlich am 15. I. 1921 im 7. Monat der Schwangerschaft anı 


rechten Auge. Innere Organe, Harn, Blutdruck normal. Das Auge äußerlich ohne Besonder- 
heiten, Pupillen direkt träge, konsensuell gut reagierend. Spiegelbefund: im Macularbereich 


Stoffwechsel. — Physiologie. 559 


große, sackartige, bis zur Papille reichende Blutung. Exspektatives Verhalten, es trat keine 
ncue Blutung auf. Die Geburt am 11. März wird durch Forceps beendet, um Pressen und da- 
durch evtl. neue Retinablutung zu verhüten. Wenige Tage p. partum subjektive Besserung. 
7 Wochen p. p. Abgang eines faustgroßen Myoms unter Schmerzen und Bluten aus der Scheide. 
3 Monate p. p. Visus !/,,, perim. relat. Skotom, am Ort der Hämorrhagie Pigmentation. 
5 Monate p. p. Visus und Gesichtsfeld normal, in der Maculargegend nur geringe punktförmige 
Pigmentation. Retinalblutungen in der Schwangerschaft können also spontan zurückgehen, 
bilden nur dann Indikation zur Unterbrechung, wenn sie durch Zunahme oder entzündliche 
Veränderung das Auge gefährden (Fall Augstein, Klin. Monatsbl. f. Augenheilk. 1917). 
Die Ursache liegt bei sonst normalen Frauen wohl in Ernährungsstörungen der besonders 
empfindlichen Retina, Erhöhung des Blutdrucks, chemisch-toxischen Einflüssen. Groß. 


a) Physiologie. 8. Stoffwechsel. 

Baer, Joseph L.: Basal metabolism in pregnancy and the puerperium. (Stoff- 
wechsel in der Schwangerschaft und im Wochenbett.) Americ. journ. of obstetr. a. 
gynecol. Bd. 2, Nr. 3, S. 249—256. 1921. | 

Magnus- Levy fand bei Schwangeren im 3. Monat einen Sauerstoffverbrauch 
von 2,8 cem pro kg und Minute, dagegen bei Graviden im 8. Monat 3,3 ccm. Verf. 
machte seinen eigenen Stuffwechselversuch mit dem Apparat nach Jones. Die Pat. 
bekamen eine leichte Abendmahlzeit, später nur etwas Wasser. Morgens wurde bei 
absoluter Bettruhe der Versuch ausgeführt. Der O-Verbrauch war in der 34. Schwanger- 
schaftswoche 26, in der 40. stieg er auf 33, fiel 3 Tage post partum auf 15 und am 
7. auf 5. kei Graviden mit Struma waren diese Zahlen etwas erhöht. Auch die übrigen 
gefundenen Werte bestätigen nur schon lange bekannte Tatsachen. Theodor. 

Baer, Joseph L.: Basal metabolism in pregnancy and the puerperium. (Stoff- 
wechsel in der Gravidität und im Wochenbett.) (46. ann. meet., Swampscott, Mass., 
2. bis 4. VI. 1921.) Transact. of the Americ. gynecol. soc. Bd. 46, S. 46—54. 1921. 

Der Stoffwechsel bei einer Frau in der letzten Zeit der Schwangerschaft ist gegen- 
über dem der nicht schwangeren Frau um 33—35% erhöht. 3 Tage nach der Entbin- 
dung sinkt diese Zahl auf 15% herab, um am 7. bis 10. Tage annähernd normal zu sein. 
Verf. erklärt dies aus dem Wachstum des Foetus und seinen steigenden Bedürfnissen. 
Die unvollständige oder verzögerte Rückkehr zum normalen Stoffwechselbedarf hängt 
mit der allmählichen Involution des Uterus und dem Einsetzen der Lactation zusammen. 
Schilddrüsenvergrößerung in der Schwangerschaft führt nach den Beobachtungen 
des Verf. nicht zu weiterer Erhöhung des Stoffwechsels.. Lindig (Freiburg i. Br.). 

Blanco Soler: Normale und Adrenalinglykosurie bei Schwangeren. Anal. de 
la acad. me&d.-quirurg. españ. Jg. 8, Nr. 9, S. 396—402. 1921. (Spanisch.) 

Verf. hat bei 51 Graviden der verschiedensten Monate nur 4mal Glykosurie ge- 
funden. Der Blutzucker war bei allen untersuchten Graviden geringer als normal. 
Adrenalininjektionen bewirkten teils eine Erhöhung des Blutzuckergehaltes (um etwas 
mehr als 1°/,), teils trat aber auch ein Absinken ein. Dabei zeigte sich, daß Hypo- 
thyreoidismus zu einer Verminderung, Hyperthyreoidismus zu einer Vermehrung der 
Adrenalinglykämie führte. — Im Urin wurden nach subcutanen Adrenalininjektionen 
folgende Resultate erhoben: Nach Injektion von !/, mg (4 Frauen) und t/, mg (17 Frauen) 
wurde nie Glykosurie beobachtet; erst bei Injektion von 1 mg (4 Frauen) trat Zucker 
im Urin auf. Eine physiologische Glykosurie in der Gravidität gibt es nicht. Das 
Auftreten von Zucker im Urin bei Graviden deutet entweder auf einen latenten Diabetes 
oder auf eine endokrine Störung. Insbesondere findet sich bei Graviden in der Regel 
eine Hyperfunktion der Hypophyse und eine Hypofunktion des Adrenalsystems und 
der Thyreoidea. Der Hypothyreoidismus ist allerdings nicht sehr stark und zeigt 
häufig Neigung in einen Hypertliyreoidismus umzuschlagen. Nürnberger (Hamburg). 

‚Altmann, J.: Glykämie in der Schwangerschaft und im Wochenbett. Roz- 
hledy v chirurgii a gynaekologii Jg. 1, H. 3, S. 24—32. 1921. (Tschechisch.) 

Bei der Untersuchung der Glykämie der Schwangeren nach der Methode Bang- 


560 Beziehungen zwischen Gravidität, Partus, Puerperium und dem Gesamtorganismws. 


Frejka kam Altmann zu Ergebnissen, die von denen anderer Autoren abwichen. 
Er fand die Konzentration der Glykose im Blut bei einigen Frauen in der Gravidität 
erhöht. Niemals fand er (wie Bentlin) am Ende der Gravidität niedrigere Werte als 
bei Normalen. Unter der Geburt ist am Beginn der Eröffnungsperiode die Glykämie 
erhöht, geht dann im Laufe der Geburt in Hyperglykämie über, die höchste Konzen- 
tration ist etwa eine Stunde nach der Geburt. Im Wochenbett nimmt die Glykämie 
ab, aber nie fand A. unternormale Werte wie Neubauer und Nowak. Kleine Dosen 
Adrenalin erhöhen die Glykämie der Schwangeren merklich. Es scheint, daß die 
Graviden gegenüber Nichtgraviden erhöhte Empfindlichkeit gegen Adrenalin haben. 
Pituitrin (Pituglandol) hat keinen erkennbaren Einfluß. Bei Schwangerschaftswehen 
ist der Glykosegehalt nicht erhöht, was differentialdiagnostisch gegenüber Geburts- 
wehen (dolores praeparantes) verwertbar ist. Der glvkämische Koeffizient (bei Dar- 
reichung von 200 g Krystallzucker) ist annähernd 2 (2,08, 2,04, 1,9), also höher als 
andere Autoren angeben. Gross. 

Salomon, H.: Die Difterentialdiagnose der Schwangerschaftsglykosurie und des 
Diabetes bei Schwangerschaft. Münch. med. Wochenschr. Jg. 68, Nr. 13, S. 386 bis 
388. 1921. 

Salomon unterscheidet 3 Formen von Graviditätsglykosurie. Er ist der Auffas- 
sung, daß es in der weitaus größten Zahl der Fälle gelingt, den echten Diabetes von der 
Schwangerschaftsglykosurie zu unterscheiden. Als wesentliches Mittel hierzu sieht er 
die Untersuchung des Blutzuckers an, der bei echtem Diabetes und Glykosurie meist 
schon in nüchternem Zustand erhöht ist. Der Verf. geht dann auf methodische Einzel- 
heiten ein und zeigt die verschiedene Reaktion des Blutzuckerspiegels auf Kohle- 
hydratbelastung, je nachdem es sich um harmlose Glykosurie oder um echten Diabetes 
handelt. Schließlich betont S., daß Sicheres über die Ursachen der Graviditätsglyko- 
surie nicht bekannt ist. Lindig. 


9. Knochenerkrankungen, insbes. Osteomalacie, Chondrodystrophie, Rachitis. 


Dreyfuss, Eduard: Beiträge zur Frage der Osteophytenbildung in der Schwanger- 
schaft. (Univ.- Frauenklin., Erlangen.) Arch. f. Gynmäkol. Bd. 115, H. 1, S. 126 
bis 144. 1921. 

Der Verf. geht von den Untersuchungen Rokitanskys über puerperale Osteo- 
phyten aus, der diese bei Frauen, die in hochschwangerem Zustande ad exitum und 
zur Obduktion kamen, in der Hälfte aller Fälle fand. Das, was bisher ın der Literatur 
über Auftreten und Ursache dieser puerperalen Knochenneubildung niedergelegt ist, 
wird kritisch erörtert und leitet zu den eigenen röntgenologischen Untersuchungen von 
Dreyfuss über. Er wählte dazu das stereoskopische Aufnahmeverfahren und konnte 
damit nach einigen Vorversuchen an 30 Schwangeren feststellen, daß in den ersten 
4 Monaten der Gravidität niemals (4 Fälle), in den 3 letzten Monaten bei 10 von 
26 Schwangeren Osteophyten auftraten. Die Theorien über die Ätiologie erfahren eine 
kurze Würdigung. Lindig. 

Gentili, Attilio: Alcune ricerche sull’osteomalacia puerperale con particolare 
riguardo alla spiegazione dei migliori effetti curativi della asportazione utero-ova- 
rica in confronto della semplice ovariectomia. (Beitrag zur Schwangerschaftsosteo- 
malacie mit Berücksichtigung der besseren Erfolge nach Totalexstirpation als nach 
einfacher Ovariektomie.) (Istit. ostetr.-ginecol., univ., Sassari.) Ann. di ostetr. e 
ginecol. Jg. 43, Nr. 2, S. 65—133. 1921. 

Eingehender klinischer und histologischer Bericht über 4 Fälle von weit vorgeschrit- 
tener Schwangerschaftsosteomalacie, von denen nur einer zur Zeit der Operation gravid 
war, die alle durch die vorgenommene Totalexstirpation dauernd geheilt wurden. Verf. 
glaubt nicht, wie einige Autoren, an eine Heilwirkung der Chloroformnarkose und führt 
den vorübergehenden günstigen Einfluß des Chloroforms auf eine Steigerung des Adre- 


Knochenerkrankungen, insbes. Osteomalacie, Chondrodystrophie, Rachitis. 561 


nalıns im Blute zurück. Aus den verschiedensten Operationsstatistiken resultiert, daß 
bei langer Beobachtungszeit die Totalexstirpation 86,7%, Dauererfolge aufweist im 
Gegensatz zur Kastration mit 74,1%. Verf. weist auf die verschiedenen histologischen 
Befunde ın der Literatur und ihre verschiedene Deutung hin, insbesondere auf die 
von einigen Autoren bei Osteomalacie beobachtete Zunahme und epitheloide Um- 
wandlung der Theca-Luteinzellen, auch bei nicht Graviden. In den eigenen Fällen 
konnte er auch bei den 3 nicht Graviden eine starke Zunahme der innersekretorischen 
Elemente des Ovars beobachten, deciduale Reaktion in den Zellen der Rindenschicht, 
interstitielle Drüsenzellen um die Granulosazellen der atretischen Follikel und Lutein- 
zellen, so daß ın diesen Fällen das Bild des Schwangerschaftsovari gegeben war, während 
bei der Graviden eine Zunahme weit über die Norm zu konstatieren war. Dasselbe gilt 
vom Endometrium, wo er auch bei nicht Graviden und völlig ruhender Mucosa deutliche 
Zunahme der Lipoide nachweisen konnte. In allen Fällen war galvanische und fara- 
dische Untererregbarkeit vorhanden, nach der Operation blieb der Stickstoffgehalt 
des Blutes unverändert, der Kalk- und Magnesiumgehalt nahm progredient ab, der 
Phosphorgehalt dagegen beträchtlich zu. Unter Hinweis auf den regulierenden Einfluß 
der Keimdrüsen auf das Knochenwachstum, Osteophytenbildung in der Schwanger- 
schaft, Biedls Nachweis von erhöhtem Kalkstoffwechsel bei erhöhter Ovarialtätigkeit, 
nimmt Verf. einen Zusammenhang des osteomalacischen Prozesses mit der erhöhten 
Funktion des Ovars und zwar insbesondere der interstitiellen Drüse. Ebenso erklärt 
er die öfters erhobene Hypertrophie der Hypophyse. Bezüglich der besseren Erfolge 
bei Totalexstirpation sieht er die Ursache in der Eliminierung der Mucosa bzw. der 
Decidua, die innersekretorisch einen üblen Einfluß auf den weiteren Krankheitsverlauf 
nehmen kann. Ausführliche Literaturzusammenstellung. H. §. 

Savulescu: Ein Fall von Osteomalaeie in der Gravidät. Spitalul Jg. 41, Nr. 8, 
S. 267. 1921. (Rumänisch.) 

Bei einer 38jährigen Frau, Decimipara, entwickelte sich Osteomalacie und Fraktur 
des rechten Femurs. Nach einem Jahr, 12. Schwangerschaft, neue spontane Fraktur 
des Femurs, die auch nach der bald eingetretenen 13. Schwangerschaft sich wiederholte. 
Schwäche der Extremitäten, Schilddrüse vergrößert. Sie zeigt auch eine sehr seltene 
Deformation des Beckens: Rami pubis und Ischii so genähert, daß man kaum einen 
Finger zwischen diesen einführen kann. Stoianoff (Sofia.) 

Hutchison, H. S. and P. T. Patel: A preliminary study of the etiology of 
osteomalacia in the city of Bombay. (Eine vorläufige Studie über die Ursachen 
von Osteomalacie in der Stadt Bombay.) Glasgow med. journ. Bd. 95, Nr. 4, S. 241 
bis 255. 1921. 

Das Überwiegen der Osteomalacie bei den mohammedanischen Frauen in Bombay 
beweist nach Ansicht der Verff. endgültig, daß Mangel an frischer Luft und körperlicher 
Bewegung — das Ergebnis des mohammedanischen Verschleierungssystems — in 
erster Linie als Ursache des Leidens in Betracht zu ziehen ist. Mangel an gewissen 
Nahrungsstoffen durch unzweckmäßige Zusammensetzung der Nahrung hat augen- 
scheinlich mit der Krankheit nichts zu tun, wie Verff. an Hand ihrer Studien unter 
den verschiedensten Bevölkerungsschichten nachweisen, ebenso ist die Kinderheirat 
und stark verlängerte Lactation nicht dafür verantwortlich zu machen. Dagegen 
spricht in vielen Fällen der mehr oder weniger plötzliche Beginn mit Fieber und die 
rasch einsetzende Knochenerweichung für die Möglichkeit einer Infektion. Lindig. 

Fruhinsholz, A.: Ein Fall von puerperaler Osteomalaeie. Bull. de la soc. d’obstötr. 


et de gynecol. de Paris Jg. 10, Nr. 2, S. 60—65. 1921. 

Puerperale Osteomalacie ist in Frankreich sehr selten. Verf. beschreibt einen derartigen 
Fall, der während der 10. Schwangerschaft bei einer 35jährigen Frau zur Beobachtung kam. 
Die Erkrankung setzte nach 8 normalen Schwangerschaften und Geburten in der 9. Schwanger- 
schaft ein und nahm im Verlauf einer erneut auftretenden Gravidität rapid zu. Außer den 
äußerlich sichtbaren Zeichen der Osteomalacie bestand ein auffallend hoher Kalkgehalt des 
Blutes. Trotz vegetabiler Kost und Injektionen von Adrenalin verschlimmert sich der Zustand 


Jahresbericht f. d. ges. Gynäkologie 1921. 36 


562 Beziehungen zwischen Gravidität, Partus, Puerperiun und dem Gesamtorganismus. 


unter Erscheinungen von Herzinsuffizienz. Von der weiteren Therapie mit Phytine, Mam- 
extrakt und Kakodyl sah man keinen Erfolg. Der Zustand bleibt stationär. Entbindung durch 
Kaiserschnitt. Kind ist normal entwickelt. Im Anschluß an die Operation Exstirpation 
beider Ovarien, die keine histologischen Besonderheiten zeigen. Allmähliche Heilung im Laufe 
der nächsten 2 Jahre. Lindig. 


10. Nervenkrankheiten. 


Royston, Grandison D.: Chorea gravidarum. Americ. journ. of obstetr. a 
gynecol. Bd. 1, Nr. 9, S. 941—955. 1921. 

Bericht über 6 Fälle von Chorea gravidarum. Verf. betrachtet akute Chorea in 
der Schwangerschaft stets als ernste Erkrankung. Etwas weniger gefährlich ist sie, 
wenn die betreffenden Frauen schon vor der Schwangerschaft daran erkrankt waren. 
Lebensgefahr besteht bei Fieber, Puls über 100, Delirien, verminderter Nahrungs- 
aufnahme und Schlaflosigkeit. Empfohlen wird Prophylaxe. Die Schwangerschaft ist, 
sobald die Diagnose feststeht, zu unterbrechen. Verf. spricht sich für toxikämischen 
Ursprung der Erkrankung aus. Landig. 


Nevermann, Hans: Über Narkolepsie in der Schwangerschaft. (Univ.-Frauen- 
klin., Hamburg.) Dtsch. med. Wochenschr. Jg. 47, Nr. 39, S. 1164. 1921. 

Der Verf. definiert zunächst den Begriff der Narkolepsie als unüberwindliches 
Müdigkeitsgefühl und Schlafsucht. Er erwähnt kurz die Erklärungsversuche, die dieser 
Zustand durch verschiedene Autoren erfahren hat. Ein derartiger Fall, der in der 
25. Schwangerschaftswoche auftrat und nach einer Reihe von Wochen in Heilung 
überging, ohne merklich durch irgendeine Therapie beeinflußt zu sein, konnte durch 
die Hamburger Frauenklinik 5 Monate lang beobachtet werden. Nevermann führt 
als ätiologisches Moment eine Störung der endokrinen Drüsenfunktion an, allerdings 
ohne diese Auffassung durch irgendwelche Tatsachen belegen zu können. Lindig. 


Decio, Cesare: Tre casi di ansia melanconica durante la gravidanza. (Scuola 
ostetr., unw. libera, Perugia.) Riv. d’ostetr. e ginecol. prat. Jg. 3, Nr.7, S. 279—287. 1921. 


Odescalchi, Innocenzo: Gravidanza e tabe dorsale. (Caso clinico.) (Gravidität 
und Tabes dorsalis.) Arte ostetr. Jg. 35, Nr. 8, S. 79—84 u. Nr. 9, S. 89—92. 1921. 

Verf. hatte Gelegenheit, bei einer 24jährigen, erstgeschwängerten Tabetikerin 
den Verlauf der Schwangerschaft, der Geburt und des Wochenbettes klinisch zu be- 
obachten. — Früher angeblich immer gesund, traten in den ersten Monaten der Gravidi- 
tät plötzlich Bewegungsstörungen allgemeiner Natur auf (Mattigkeit, Schmerzen in 
den Beinen), und als nach kurzer Zeit Attaxie auftrat, suchte Patient einen Nervenarzt 
auf, der sie antiluetisch behandelte und, da jeder Erfolg ausblieb, im 7. Schwanger- 
schaftsmonat zur Einleitung der Frühgeburt an die Klinik wies. Hier wurde neuerdings 
eine antiluetische Kur (Hg-Injektionen) durchgeführt, verbunden mit roborierender 
Therapie. Da der Zustand sich jedoch ständig verschlechterte (Patientin war unfähig, 
zu gehen oder zu stehen, ihr Körpergewicht nahm ständig ab) wurde nach einem Monat 
Klinikaufenthalt die Frühgeburt eingeleitet. Die rasch und kräftig auftretenden Wehen 
verursachten der Patientin keinerlei störende oder unangenehme Empfindung, sodaß 
man erst durch Zufall bemerkte, daß der kindliche Kopf schon am Durchschneiden sei. 
Die Austreibungsperiode verlief, wie es bei Tabes typisch ist, auch hier völlig schmerzlos,. 
Die weibliche Frucht war 2500 g schwer und wies keinerlei hereditär-luetische Er- 
scheinungen auf. Nachgeburt und Wochenbett o. B. 10 Tage p. part. verläßt Patientin 
die Anstalt; die Erscheinungen der Tabes waren stationär geblieben. Die Frau ließ 
sich sofort von einem Neurologen behandeln (Schmierkur — Salvarsan). Bei der Nach- 
untersuchung 3 Monate p. part. konnte folgendes erhoben werden: Die Frau fühlt sich 
subjektiv wohl, hat an Gewicht bedeutend zugenommen, sie kann ohne Stock gehen 
und verrichtet ohne besondere Schwierigkeit die häuslichen Arbeiten. Ihr Gang ist 
noch ataktisch. Das Geschlechtsempfinden, das vor der Schwangerschaft und während 
derselben bis kurz vor Eintritt in die Klinik bestanden hat, ist völlig erloschen. — 


Verschiedenes (Infektionskrankheiten, maligne Tumoren) 563 


In Anbetracht dessen, daß die Erscheinungen der Tabes dorsalis durch Gravidität 
sich verschlechtern, tritt Verf. für die frühzeitige Unterbrechung der Schwangerschaft 
ein und wirft vom sozial-eugenetischen Standpunkt aus die Frage auf, welche vorbeu- 
gende Maßnahmen bei einer jugendlichen Tabetikerin zu treffen sind, die verheiratet ist 
und mit ihrem Manne lebt. Santner (Graz). 


11. Verschiedenes (Infektionskrankheiten, maligne Tumoren). 


Koerting, Walther: Die Behandlung der Grippe bei Schwangeren. (Disch. Univ.- 
Frauenklin., Prag.) Therapeut. Halbmonatsh. Jg. 35, H. 21, S. 655—657. 1921. 

Bericht über günstige Erfahrungen mit Adrenalinbehandlung bei Grippepneumonie 
gravider Frauen. In Frage kommen nur Fälle, bei denen das Leben durch hochgradige 
Exsudation seröser Flüssigkeit in die Alveolen und Bronchiolen gefährdet ist. 

Rudolf Weber (Halle a. S.). 
Heintze, Wilhelm, Grippe und Gravidität. (Dissertation: Greifswald 1921.) 
Lipka,JohannJosef, Die Grippe und ihre Beziehungen zur Gynäkologie, Schwanger- 
schaft und zum Wochenbett nach d. Material d. Universitätsfrauenkl. Breslau. 

(Dissertation: Breslau 1921.) 

Hofer, Carl: Encephalitis lethargica und Gravidität. (Krankenh. Wieden, Wien.) 
Zentralbl. f. Gynäkol. Jg. 45, Nr. 44, S. 1604—1607. 1921. 

Verf. tritt dafür ein und sucht seine Ansicht auch aus der Literatur zu belegen, 
daß die Encephalitis lethargica unter dem Einfluß einer gleichzeitig bestehenden 
Gravidität einen besonders schweren Verlauf nähme. Schwangere seien auch anfälliger 
für diese Erkrankung. Er berichtet im Zusammenhang damit über eine eigene Be- 
obachtung, die sich auf eine im 8. Schwangerschaftsmonate befindliche Patientin bezog. 
Trotz schwerer Krankheitserscheinungen trat nach klassischer in Lokalanästhesie aus- 
geführter Sectio baldige Heilung ein. Die für solche Fälle in Frage kommenden Methoden 
der Schwangerschaftsunterbrechung erfahren noch eine kurze Würdigung. Lindig. 


Bacialli, L. e S. Scaglione: Osservazioni e ricerche sulla encefalite letargica 
in gravidanza. (Beobachtungen und Untersuchungen über die Encephalitis lethargica 
während der Schwangerschaft.) (Clin. ostetr.-ginecol., istit. di perfez., Firenze.) 
Rass. d’ostetr. e ginecol. Jg. 30, Nr. 4/6, S. 81—90. 1921. 

Bericht über 5 Fälle von Encephalitis lethargica während der Schwangerschaft, 
von denen es in 2 Fällen zur spontanen Frühgeburt und einige Tage später zum Tode 
von Mutter und Kind kam. In den übrigen 3 Fällen Spontangeburt von ausgetragenen 
gesunden Früchten. Eine Frau stirbt am 7. Wochenbettstage. Tierversuche, kul- 
turelle und mikroskopische Untersuchungen des Blutes, des Liquor cerebrospinale, 
der Placenten und der Gehirne der verstorbenen Früchte waren völlig negativ. Der 
Verlauf der Encephalitis war derselbe wie außerhalb der Gravidität, die Somnolenz 
bildete auch hier das Hauptsymptom. Die Erkrankung der Mütter scheint das Kind 
nicht zu schädigen, was sich Verf. dadurch erklärt, daß die Encephalitis keine All- 
gemeinerkrankung, sondern einen auf das Mesencephalon beschränkten. Prozeß dar- 
stellt. Kolisch (Wien). 


Bompiani, R.: Encefalite epidemica e gravidanza. (Encephalitis epidemica und 
Gravidität.) (Clin. ostetr.-ginecol., univ., Roma.) Rass. d’ostetr. e ginecol. Jg. 30, 
Nr. 4/6, S. 988—113. 1921. 

Die von Bompiani beobachteten 15 Fälle von Encephalitis epidemica während 
der Gravidität ließen sich einteilen in: soporöse, choreiforme und gemischte Formen. 
Die Erscheinungen der Übererregbarkeit, der Paresen, Parästhesien, Schmerzen und 
psychischen Störungen wurden in ausgedehnterem und intensiverem Grade gesehen 
als bei Nichtgraviden. Differential-diagnostisch kann in manchen Fällen Chorea und 
Tetania gravidarum Schwierigkeiten bereiten. — Nulli- und Pluripare waren annähernd 
in gleicher Anzahl vorhanden, die Gesamtmortalität betrug 46,6%, (gegenüber 21%, 


36* 


564 Geburtshilfliche Operation. — Instrumente. 


bei Nichtgraviden), davon entfiel der größere Anteil auf Mehrgebärende. Die Sterblich- 
keit war in der ersten und zweiten Schwangerschaftahälfte ungefähr gleich groß. Nur 
in wenigen Fällen hat die erfolgte Geburt eine bemerkenswerte Besserung der Erkran- 
kung gebracht, in den anderen nahm die Encephalitis ihren weiteren Verlauf und wieder 
in andern trat Heilung vor der Geburt ein. Die Gravidität war fast gar nicht durch 
die Krankheit beeinflußt. Abortus wurde nie beobachtet, wohl aber 4 Frühgeburten. 
Die Geburt verlief völlig schmerzlos, von der Patientin unbeachtet, ohne Beteiligung 
der Bauchpresse. Die von encephalitischen Frauen geborenen Kinder waren durchwegs 
lebensfrisch, nur eines starb in den nächsten Tagen unter Symptomen der Encephalitis 
lethargica. Das Stillen erwies sich weder für die Mutter noch für das Kind schädlich. 
Therapie: Beeinflussung der Lungen- und Herztätigkeit, sonst abwartendes Verhalten. 
Die künstliche Unterbrechung der Schwangerschaft bringt höchstens bei ausgesprochen 
choreiformen Erscheinungen Erfolg. — 15 kurzgefaßte Krankengeschichten. Santner. 

Seaglione, Salvatore: Un caso di meningite cerehro-spinale epidemica in gravi- 
danza. (Clin. ostetr., istit. di studi sup. Firenze.) Riv. d’ostetr. e ginecol. prat. Jg. 3, 
Nr. 7, S. 275—278. 1921. | 

Wolff, Gerhard: Mammacareinom während Gravidität und Lactation. (Israel. 
Krankenh., Breslau.) Arch. f. klin. Chirurg. Bd. 117, H. 3, S. 505—511. 1921. 

Die Arbeit enthält die bemerkenswerte Beobachtung, daß Mammacarcinome, die 
im Zusammenhang mit der Gravidität auftraten, in relativer Häufigkeit bei polnischen 
Jüdinnen vorkamen. Die darin zum Ausdruck kommenden Rassenunterschiede be- 
deuten einen wertvollen konstitutions-pathologischen Beitrag. Es konnte die Auf- 
fassung früherer Autoren bestätigt werden, daß Gravidität und Lactation einen außer- 
ordentlich ungünstigen Einfluß auf das Wachstum und die Ausbreitung des Mamma- 
carcinoms ausüben. Lindig (Freiburg i. Br.). 

Buscemi, A.: Carcinoma primitivo del fegato in gravidanza. (Primäres Leber- 
carcinom in Verbindung mit Schwangerschaft.) (Clin. ostetr.-gynecol., istit. di studii 
sup., Firenze.) Riv. d’ostetr. e ginecol. prat. Jg. 3, Nr. 9, S. 383—388. 1921. 

Mit Hinweis auf die besondere Seltenheit berichtet Verf. über 2 Fälle von primärem 
Leberkrebs während der Schwangerschaft. Der erste Fall, durch einen Herzklappenfehler und 
Ankylostomennachweis kompliziert, kam im 6. Monat der Gravidität bei schlechtem Allgemein- 
zustand und Vorwiegen der kardialen Symptome, die schließlich die Unterbrechung der 
Schwangerschaft indizierten, zur Beobachtung. Im zweiten Fall, der im 5. Monat der Schwanger- 
schaft mit weiter fortgeschrittenen Leberveränderungen und Ikterus zur Untersuchung kam, 
Spontanabortus; einige Stunden später Exitus letalis und Bestätigung der Diagnose durch die 
Obduktion. Verf. betont in beiden Fällen den unheilvollen Einfluß der Schwangerschaft 
auf das Wachstum der Lebertumoren, wahrscheinlich durch erhöhte Belastung, umgekehrt 
aber auch den des ausgebildeten Tumors auf die Gravidität, die infolge der Allgemeinstörungen 


zur Unterbrechung kommt. Ein geburtshilflicher Eingriff kommt nur in den ganz seltenen 
Fällen einer lebensfähigen Frucht im Interesse des Kindes in Betracht. Kolisch (Wien). 

Jacobi: Hirntumor und Schwangerschaft. Psychiatr.-neurol. Wochenschr. Jg. 23, 
Nr. 39/40, S. 237—239. 1921. 

Eine junge Frau erkrankt im 3. Monat der Schwangerschaft unter plötzlich auftretenden 
epileptiformen Anfällen, die sich immer mehr häufen und schließlich zum Exitus führen. Erst 
durch die Obduktion ließ sich die Diagnose stellen: Ein cystisch entartetes zellarmes, kastanien- 
großes Gliom im linken Temporallappen, Frucht und Anhänge waren noch kurz vor dem Tode 
spontan abgegangen. Der Verf. ist der Auffassung, daß die Neubildung schon länger bestanden 
batte und erst dadurch, daß unter dem Einfluß der Gravidität eine erhöhte Reizbarkeit der 
motorischen Zentren eintrat, zu den beschriebenen Symptomen führte. Lindig. 


XIH. Geburtshilfliche Operationen. 
1. Instrumente. 
Liepmann, W.: Beitrag zur Benutzung von Schlingen und Gurten in der prakti- 
schen Geburtshilfe. (Nebst einer Beschreibung der Lampendochtschlinge und des 


Cephalokataspastor.) Münch. med. Wochenschr. Jg. 68, Nr. 49, S. 1586—1588. 1921. 
Anstatt des bisher in Verwendung gestandenen ungeeigneten Schlingenmateriales 


Zange, Wendung, Kraniotomie, Embryotomie usw. 565 


‘wird die gute Verwendbarkeit einer leicht auskochbaren und dauerhaften, 11/, cm 
dicken Lampendochtschlinge beschrieben, an deren Spitze sich ein der Fingerkuppe 
ähnlicher runder glatter Nickelkopf befindet, an den im Inneren der Schlinge ein dicker, 
etwa 17 cm langer Kupferdraht angelötet ist. Dadurch ist es möglich, die Schlinge in ein 
Instrument zu verwandeln, das den Vorteil des Hakens (leichtes Anlegen) mit dem der 
Schlinge (weicher Zug) vereinigt. Bei schweren Extraktionen am Steiß kann eine zweite 
derartige Schlinge auch in die hintere Hüftbeuge eingeführt werden und so durch den 
doppelten Zug der Druck auf die einzelne Hüftbeuge um die Hälfte vermindert werden. 
Die Schlinge bewährte sich auch als Wendungsschlinge und als Zug- und Belastungs- 
schlinge am Fuß. — Gleichzeitig wird auf die Möglichkeit der Umwandlung einer ein- 
fachen Zange in eine Achsenzugzange verwiesen. Zu diesem Zwecke wird ein leicht 
auskochbares Hanfseil durch jedes Zangenfenster gezogen, die Enden mit einer Nickel- 
hülse zusammengefaßt, die Zangengriffe mit einer Schraubenzwinge verschlossen und 
um den Zug an der hinteren Kommissur zu mildern, ein hinteres Blatt eingeführt. 
Verf. nennt das Instrument Kephalokataspastor (Kephalo = Kopf, kataspan = herab- 
ziehen). Walter Koerting (Prag). _ 

Baumm, Hans: Zur Verwendung tierischer Blasen in der Geburtshilfe. (Prov.- 
Hebammenlehranst. u. Frauenklin., Breslau.) Zentralbl. f. Gynäkol. Jg. 45, Nr. 46, 
S. 1667—1668. 1921. 

Sparsamkeit ist das Gebot der Stunde! Tierische Blasen, welche vom Verf. zur 
Metreuryse ihrer Billigkeit im Verbrauch wegen ausschließlich benutzt werden, können 
nach seinen Angaben erneut gebrauchsfähig gemacht werden. Nach gründlicher 
Waschung mit Wasser und Seife und nach erfolgter Dichtigkeitsprüfung werden die 
Blasen in 1 proz. Sublimat-Alkohol gelegt und darin 3—4 Wochen aufbewahrt. Dieses 
Verfahren gewährleistet die Gebrauchsfähigkeit für mehrere Male. Blasen, die nicht 
ganz geschmeidig sind, werden in Lysolwasser aufgeweicht. Die Vorteile der tierischen 
Blasen bei der Verwendung zur Metreuryse sind unter anderem ganz besonders ihre 
erhebliche Billigkeit. Pfeiffer (Breslau). 


2. Zange, Wendung, Kraniotomie, Embryotomie usw. 


Calderini, Giulio: L’ineisione colpoperineale come primo tempo dell’ applicazione 
del forcipe. (Der Scheiden-Dammschnitt als erster Abschnitt der Zangenoperation.) (Clin. 
ostetr.-ginecol., univ., Bologna.) Ann. di ostetr. e ginecol. Jg. 43, Nr. 2, 8.134—147. 1921. 

Kurze Übersicht über die Entwicklung, Technik und Indikationsstellung der Episiotomie, 
des Scheiden-Dammschnittes nach R uggi (Incision der linken Scheidenwand, seitliches Weiter- 
führen des Schnittes in derselben Höhe über die Vulva hinaus) und des Scheiden-Dammschnittes 
nach Schuchhardt. Verf. empfiehlt als erstes Tempo bei jeder Zangenoperation folgende 
Scheiden-Dammincision: Spreizen des Introitus durch Einführen zweier Finger in die Vagina. 
Hernach schneidet man in der Medianlinie ca. 1 cm tief den Damm an der hinteren Commissur 
ein, dreht die Schneide des Messers nach links und setzt die Incision zunächst auf eine kurze 
Strecke in horizontaler Richtung fort, um dann mittels eines Bogenschnittes wieder in die 
Vertikale überzugehen. Der Schnitt endet in der Höhe der Analöffnung und vermeidet bei 
dieser Führung jede Verletzung des Sphinkters. Die Blutung ist gering. Nach Abgang der 
Placenta wird die Incisionswunde von der Vagina aus mittels Naht geschlossen. Dieser Schnitt 
bringt 1. Vorteile für die Mutter: die unberechenbaren und unregelmäßigen Verletzungen der 
weichen Geburtswege, wie sie gewöhnlich beim Forceps entstehen, werden vermieden. 2. Vor- 
teile für das Kind: die Nachteile der Zangenoperation für das Kind stehen in direktem Ver- 
hältnis zur Dauer der Operation. Durch die Incision wird der Widerstand von seiten der Vagina 
und des Dammes vermindert, die Operationszeit somit abgekürzt. 3. Wird durch die Incision 
eine Erleichterung der Technik der Zangenanlegung erreicht, indem durch die Erweiterung des 
Introitus die leitende Hand leichter eingeführt und der Zangengriff bei der Nachgiebigkeit 
des Dammes besser und tiefer gesenkt werden kann. Santner (Graz). 


Lange - Nielsen, Chr.: Ein neues Verfahren für das Anlegen des vorderen 
Zangenlöffels bei „Querstand“. (Univ.-Frauenklin., Kristiania.) Acta gynaecol. 
scandinav. Bd. 1, H. 1, S. 10—15. 1921. 

Verf., der die Zange ohne Rücksicht auf den Stand der Pfeilnaht stets biparietal 


566 Geburtshilfliche Operation. 


anlegt, glaubt, daß das bisher übliche Verfahren des Wandernlassens des vorderen 
Löffels bei Querstand weniger geübten Ärzten Schwierigkeiten machen könne, da die 
beim Einführen nach vorne gerichtete Spitze des Zangenlöffels gegen die Schläfenkante 
oder eine andere Stelle des Kopfes stoßen und hier festgehalten werden kann. Dadurch 
trete eine Behinderung des Wanderns des Löffels ein und dieser bleibe im schrägen 
Durchmesser liegen. — Verf. schlägt deshalb vor, den vorderen Zangenlöffel statt über 
dem Vorderhaupt mit dem konkaven Rand nach vorne über dem Hinterhaupt mit dem 
konvexen Rand nach vorne einzuführen, da der Löffel durch eine ,Spiralentour“ so 
leichter über das runde Hinterhaupt als über die Stirn an die Vorderseite des Kopfes 
gebracht werden kann. Im allgemeinen ist der vordere Löffel zuerst einzuführen, doch 
kann bei II. Stellung auch der hintere Löffel zuerst eingeführt werden. (Auf das Kiel- 
landsche Verfahren geht Verf. nicht ein.) — Wird der Löffel gelegentlich am Kopfe 
festgehalten, weil er nicht weit genug in die Beckenseite eingeführt wurde, so ist er 
wieder herauszuziehen und neuerdings, aber tiefer, vor dem Wandernlassen wieder 
einzuführen. Liegt der Löffel hinter dem Ohr des Kindes, so ist er zuerst etwas heraus- 
zuziehen, der Griff zu senken und dann der Löffel weiterzuführen. W. Koerting. 
Mayer, A.: Über die Kiellandsche Zange. (Univ.-Frauenklin., Tübingen.) Zen- 
tralbl. f. Gynäkol. Jg. 45, Nr. 43, S. 1557—1565. 1921. 

Nach Besprechung der Vorteile der Kiellandschen Zange und der von einzelnen 
Autoren gegen ihre Einführung geltend gemachten Gründe Bericht über die eigenen 
Erfahrungen bei 7 Erst- und 6 Mehrgebärenden. In allen Fällen stand der Kopf 
(Hinterhauptslage) im Querstand oder fast quer über der Interspinalebene. Die Kinder 
wurden ausgetragen und lebend geboren. In 2 Fällen von Trichterbecken bei Erst- 
gebärenden gelang die Extraktion leicht, in allen übrigen Fällen war das Becken normal. 
Verf. faßt seine Erfahrungen unter Heranziehung der Literatur dahin zusammen, daß 
die Kiellandsche Zange eine wertvolle Ergänzung der klassischen Zange darstellt 
und hauptsächlich beim normalen Becken, besonders bei hochstehendem Kopfe (hoch- 
stehenden Gesichts- und Stirnlagen) Verwendung finden soll, während sie zur gewalt- 
samen Überwindung von räunlichen Schwierigkeiten nicht gebaut ist. Das Indi- 
kationsgebiet der beckenerweiternden Operationen und des Kaiserschnittes wird durch 
die Kiellandsche Zange nicht eingeengt. Hingegen dürfte sie bei engen Becken, 
bei denen keine wesentlichen mechanischen Schwierigkeiten zu überwinden sind, ver- 
wendbarer sein als die klassische Zange. Die Überwachung der Herztöne empfiehlt 
sich nach Anlegen der Zange wegen der Möglichkeit der Gefährdung einer um den Hals 
geschlungenen oder sonst benachbarten Nabelschnur. Das Einführen und Umdrehen 
des vorderen Blattes gelang stets, das Hinaufschieben des hinteren Blattes vor dem 
Promontorium stieß gelegentlich auf geringe Schwierigkeiten. Die Gefahr beim in- 
trauterinen Umdrehen der Zange bei Überdehnung des unteren Uterinsegmentes wird 
zugegeben und für diese Fälle das typische Wandernlassen des Blattes empfohlen. 
Das Herabziehen des hochstehenden Kopfes auf den Beckenboden gelang einmal nicht, 
da die Zange im Begriffe war, abzugleiten, während die Extraktion mit der klassischen 
Zange leicht erfolgte. Die Umdrehung des Kopfes aus dem Querstand in den Gerad- 
stand gelang immer leicht mit Ausnahme eines Falles zu Beginn der Versuche, wo 
sich die Operation mit der klassischen Zange leicht durchführen ließ. Bei der Rotation 
des Kopfes können Scheidenverletzungen auch bei der Kiellandschen Zange ent- 
stehen, doch mag die Gefahr kleiner sein als bei der Normalzange. Walther Koerting. 

Hoffmann, Klaus: Die neue Geburtszange nach Kielland. (Städt. Frauenklin., 
Dortmund.) Fortschr. d. Med. Jg. 38, Nr. 18, S. 669—671. 1921. 

Zusammenfassende Darstellung der Anwendungsweise der Kiellandschen Zange. 
Bei 3 Fällen Erprobung der Kiellandschen Anlegungsmethode (Einführung des vor- 
deren Löffels hinter der Symphyse und Drehung um 180° im Uterus). In einem dieser 
Fälle („Kopf hoch im BE“), schlechte Herztöne, folgt der Kopf bei querstehender Pfeil- 
naht trotz sehr starken Zuges nicht. Zweimaliges Abgleiten der Zange, was vom Verf. 


Zange, Wendung, Kraniotomie, Embryotomie usw. 567 


als „Beweis für die Vorzüglichkeit des Materiales‘‘ seiner Kiellandschen Zange an- 
gesehen wird. Anschließend wegen Absterben des Kindes Perforation. Conj. diag. 
13 cm. Gewicht des Kindes ohne Hirn 3600 g. In den beiden anderen Fällen (Kopf 
im BE, 2500 g, bzw. 4050 g schwere lebende Kinder) Extraktion sehr leicht. In einem 
vierten Fall (35jährige I-Para): Tokostase infolge sehr rigiden Muttermundes. Mmd 
5 cm im Durchmesser. Becken normal. Harter unkonfigurierter Schädel fest im BE. 
Pfeilnaht schräg. Kopf folgt trotz stärksten Zuges der im schrägen DM angelegten 
Zange nicht. Subcutane Symphysiotomie. Extraktion jetzt leicht. Vorderhauptslage. 
Kind lebt (3230 g). Bei Fall 5 (28jährige I-Para, hintere HHL, Kopf am Becken- 
boden) Rotation des Kopfes um 135° in normale HHL, sehr leicht, Kind 3600 g; bei 
Fall 6 (dem Autor von der Dresdener Frauenklinik mitgeteilt): 32jährige I-Para, 
Gesichtslage im BE, Anlegung und Extraktion sehr leicht. Kind 3800 g. Bei beiden 
Fällen keine Geburtsverletzung. Verf. verweist auf die wesentlich geringere Kraft- 
anwendung bei Verwendung der Kiellandschen Zange und glaubt, daß mit diesem 
Instrument die Indikation für die „hohe Zange“ weitergestellt werden könne. 
W. Koerting (Prag). 

Riediger, K.: Neue Erfahrungen mit der Kiellandschen Zange. (Univ.-Frauen- 
klin., Königsberg i. Pr.) Monatsschr. f. Geburtsh. u. Gynäkol. Bd. 55, H. 2/3, 
8. 113—116. 1921. | 

Auf Grund von Erfahrungen an 29 Fällen (davon stand der Kopf 6mal beweglich 
oder hoch im BE, 4mal im BE) Empfehlung der Kiellandschen Zange. Vorzüge 
gegenüber der klassischen Zange: die nur einmalige Anlegung für Extraktion und Ro- ° 
tation bei Operationen am hochstehenden Kopf, die biparietale Erfassung des kind- 
lichen Kopfes auch bei Querstand in BM oder im Beckenausgang, die Dehnung des 
noch nicht völlig verstrichenen Muttermundes bei langsamen Zug spontan oder unter 
Anlegung kleinster Incisionen und bei tiefem Geradstand die Vereinigung der Zangen- 
löffel nahe dem Kopfe, wodurch bei engem Introitus dieser nicht schon durch die Zange 
unnötig gedehnt wird. W. Koerting (Prag). 

Lönne, Friedrich und Franz Sunkel: Wie beeinflußt die Zange die Kinder- 
sterblichkeit unter der Geburt? (Univ.-Frauenklin., Göttingen.) Monatsschr. f. Geburtsh. 
u. Gynäkol. Bd. 56, H. 1/2, S. 38—46. 1921. 

Dem Vorschlage von Ma yer - Heidelberg folgend, Zangenfrequenz und kindliche 
Gesamtmortalität zu vergleichen, um einheitliche Vergleiche ermöglichende Statistiken 
zu erhalten, haben die Verff. das Material der Göttinger Frauenklinik verarbeitet und 
kommen zu dem Ergebnis, daß in vielen Fällen die Zange die Kindersterblichkeit günstig 
beeinflußt hat. Während die „hohe Zange“ mit Rücksicht auf die große kindliche 
Mortalität und Gefährdung der Mutter nur als ein letzter Versuch zur Erhaltung eines 
lebenden Kindes betrachtet werden soll, überwiegen die Vorteile der Zangenoperation 
bei Erfüllung der Vorbedingungen sicher die eventuellen Nachteile, so daß der Forceps 
auch dann zu rechtfertigen ist, wenn das Kind lebensfrisch geboren wird und die ver- 
minderte Herztätigkeit nicht durch Asphyxie bedingt ist. Hierbei verweisen die Verff. 
auf die Tatsache, daß ein längeres Schwanken und Sinken der Herztöne auch ohne 
Asphyxie und sichtbare Schädigung des Kindes einhergehen kann, während in anderen 
Fällen die Asphyxie so plötzlich einsetzen kann, daß auch rascheste Entbindung das 
Kind nicht mehr retten kann. — An der Göttinger Klinik wurde in geeigneten Fällen 
von der Episiotomie in Verbindung mit Pituitrin Gebrauch gemacht. Der Kristeller- 
sche Handgriff wurde jedoch nur dann gemacht, wenn man den Eindruck hatte, daß 
das Kind mit wenigen Wehen geboren würde. Der Kristellersche Handgriff erscheint 
wegen der Gefahr der vorzeitigen Lösung der Placenta, Störungen der Nachgeburts- 
periode und der Gefahr einer eventuellen Uterusruptur als eine keineswegs indifferente 
Maßnahme. — Bei einer Zahl von 5038 Geburten wurde eine Zangenfrequenz von 2,90%, 
und eine Gesamtmortalität von 4,90%, (bei Einrechnung aller zu Tode gekommenen 
Früchte von 35 cm Länge und 1500 g Gewicht) berechnet. Ernstliche Schädigungen 


568 Geburtshilfliche Operationen. 


der Kinder durch die Zangenentbindung wurden nicht beobachtet, die kindliche Mor- 
talität innerhalb der ersten 24 Stunden post partum betrug 0,36%. Walther Koerting. 


Sunkel, Franz, Wie beeinflußt die Zangenentbindung die Kindersterblichkeit unter 
der Geburt? (Universitätsfrauenkl. Göttingen.) (Dissertation: Göttingen 1921.) 


Randel, Eva, Über die Zange bei tiefem Querstand. (Dissertation: Leipzig 1921.) 


Klaar, Paul: Zur Nomenklatur der geburtshilflichen Wendung. Wien. klin. 


Wochenschr. Jg. 34, Nr. 17, S. 201—202. 1921. 

Verf. wendet sich gegen den Vorschlag Zange meisters, statt „kombinierte Wendung“ 
(„Wendung nach Braxton-Hicks‘“) die Bezeichnung „vorzeitige innere Wendung“ und statt 
„innere Wendung‘‘ die Bezeichnung „rechtzeitige innere Wendung‘ einzuführen, und schlägt 
vor, die „innere Wendung‘ einzuteilen in eine „innere digitale Wendung‘ und eine „innere 
manuelle Wendung‘. W. Koerting (Prag). 

Klaar, Paul: Zur Nomenklatur der geburtshilflichen Wendung. Wien. klin. 


Wochenschr. Jg. 34, Nr. 37, S. 452—453. 1921. 

Wegen des Fehlens einer einheitlichen Einteilung und Bezeichnung der einzelnen Arten 
der Wendung begründeter Vorschlag einer Änderung der Nomenklatur: 1. Außere (bimanuelle) 
Wendung (Wendung durch äußere Handgriffe allein). 2. Kombinierte digital-manuelle Wendung 
(Wendung durch äußere Hand- und innere Fingergriffe). 3. Kombinierte bimanuelle Wendung 
(Wendung durch äußere und innere Handgriffe). Walther Koerting (Prag). 


Potter, Irving W.: Version. (Wendung.) Americ. journ. of obstetr. a. gynecol. 
Bd. 1, Nr. 6, S. 560—573. 1921. 

Ausführliche Beschreibung der Technik, nach welcher Potter 920 Frauen, bei 
1113 von ihm geleiteten Geburten im letzten Jahre entband. Sobald die Portio ver- 
` strichen und der Muttermund dehnbar geworden ist, geht die mit einem Gummihand- 
schuh bekleidete linke Hand ein und dehnt die durch Einführen von flüssiger Seife 
schlüpfriger gemachte Vagina durch Spreizen der Finger, bis alle Falten ‚ausgebügelt‘ 
sind, hierauf wird in gleicher Weise die Cervix erweitert. Bei weiterem Einführen der 
Finger über den inneren Muttermund werden bei Schonung der Placentarinsertion die 
Eihäute im unteren Uterinsegment von der Uteruswand gelöst und möglichst hoch 
gesprengt, die Hand sodann bis zum Fundus vorgeführt und nach genauer Orientierung 
über die Kindeslage und Verlauf der Nabelschnur beide Füße ergriffen und bis vor die 
Vulva herabgeleitet. Nach kurzer Pause wird die Extraktion angeschlossen. Sobald 
beide Scapulae erscheinen, wird die vordere Schulter herabgezogen, die hintere Schulter 
durch Griff über die kindliche Brust nach vorne rotiert und als solche entbunden; der 
hintere Arm fällt meist von selbst heraus. Die Finger der linken Hand werden in den 
Mund gebracht und jetzt durch leichten Druck von außen die Flexion des Kopfes 
unterstützt, was vor Lösung der Arme wegen evtl. Hochschlagens derselben unter- 
lassen werden muß. Sobald der Mund geboren, wird der Schleim aus Trachea und Mund 
ausgestreift und der Kopf in ausgesprochener Beugehaltung, evtl. durch Heben des 
Körpers unterstützt, langsam entwickelt. Wichtige Momente bei Ausführung der 
Wendung, auf die hinzuweisen P. sich durch immer wiederkehrende Einwürfe ver- 
anlaßt sieht: Grundsätzliches Herabholen beider Füße, wegen gleichmäßigerer Ver- 
teilung des Zuges; die Arme werden stets als vordere gelöst, wodurch eine Entlastung 
des Dammes erzielt wird; keine Beschleunigung der Geburt bei Sichtbarwerden des 
Nabels; der kindlichen Atmung wird, sobald das Herz kräftig schlägt, keine besondere 
Aufmerksamkeit geschenkt, Schlagen des Kindes bei verzögertem Einsetzen derselben 
abgelehnt, höchstens ein Trachealkatheter eingeführt. Allzugroße Gewalt bei Ent- 
wicklung des Kopfes besonders durch Druck von außen muß wegen der Gefahr von 
Verletzungen der Blase und des unteren Uterusabschnittes vermieden werden. An- 
legen der Zange bei Schwierigkeiten der Entwicklung. Die Ausstoßung der Placenta 
wird durch eine Pituitrininjektion beschleunigt, evtl. dieselbe manuell gelöst. Verf. 
hebt als besondere Vorteile seiner Methode hervor: Schmerzlosigkeit der Austreibungs- 
periode, dadurch erhöhte Gebärfreudigkeit der Frauen; Abkürzung der Austreibungs- 
periode; Schonung des Beckenbodens; Fehlen von Temperaturen im Wochenbett, 
die nach Ansicht P. vielfach von aufsteigenden Gonokokkeninfektionen herrühren und 


Zange, Wendung, Kraniotomie, Embryotomie usw. 569 


bei Spontangeburten durch den langdauernden Druck des Kopfes auf die Uteruswand 
begünstigt werden; größere Schonung des kindlichen Kopfes besonders im Gegengatz 
zu Zangengeburten, geringere Blutung, bessere Involution des Uterus, schwächerer 
Lochialfluß. Lundwall (Graz). 

Rucker, M. Pierce: Potter version. The elimination of the second stage of 
labor. A report of 200 cases. (Wendung nach Potter. Ausschaltung der Austreibungs- 
periode. Bericht über 200 Fälle). Americ. journ. of obstetr. a. gynecol. Bd. 1, Nr. 6, 
S. 574—585. 1921. 

Bericht über 200 nach Potters Angaben geleitete Entbindungen. Willkürliche 
Einleitung der Geburt nach möglichst genauer Bestimmung des Geburtstermines durch 
klinischen Befund und Angaben der Patientin, wodurch die Frau möglichst aseptisch 
und besser vorbereitet in die Geburt kommt. Ausführliche Beschreibung der Technik 
Potters. Grundsätzlich wird nach ungefährer Beendigung der Eröffnungsperiode die 
Gebärende in tiefer Narkose ins Querbett gebracht, die weichen Geburtswege durch 
Einführen von baktericider flüssiger Seife schlüpfriger gemacht und sofern sie noch 
nicht verstrichen sind, durch manuelle Dehnung erweitert. Nach Blasensprengung 
Wendung auf beide Füße, worauf die Extraktion angeschlossen wird. Hervorheben 
der Vorteile dieser Methode, insbesondere für die Mutter, durch Ausschaltung der Aus- 
treibungsperiode und Schonung der mütterlichen Weichteile durch die nur kurze und 
dosierte Beanspruchung des völlig erschlafften Beckenbodens. Die Infektionsgefahr 
wird bei nur einmaligem Einführen der mit einem Gummihandschuh bekleideten Hand, 
durch das nach Sprengen der Blase abfließende Fruchtwasser möglichst herabgesetzt. 
Sache der Übung ist es, die Extraktion „richtig“ auszuführen, dann ist auch die Gefahr 
von Cervixrissen und Muttermundslazerationen der bei Spontangeburten gleichzu- 
setzen. Aber auch für das Kind besitzt diese Entbindungsart Vorteile und ist einer 
Zangengeburt vorzuziehen; besonders fallen die vielfachen Traumen, welchen der 
kindliche Schädel bei Normalgeburten ausgesetzt ist, wie intrakraniellen Blutungen 
usw., weg. Die kindliche Mortalität schwankt in den Händen verschiedener Operateure 
zwischen 12,1 und 18,2%. Statistik über die kindliche Mortalität bei Becken- und 
Lageanomalien und sonstigen Geburtskomplikationen; genauere Beschreibung dreier 
mütterlicher Todesfälle — Wochenbettseklampsie, Narkosetod, Influenza — welche 
dem Verfahren nicht zur Last gelegt werden können. Lundwall (Graz). 


Wagner, Georg, Über geburtshilfliche Operationen bei Querlagen. (Aus dem Ma- 
terial von 10 Jahrgängen [1910—1920 inkl.] der Univ.-Frauenklinik Erlangen.) 
(Dissertation: Erlangen 1921.) 


Mueller: Die Extraktion der Schultern. Zentralbl. f. Gynäkol. Jg. 45, Nr. 16, 


S. 550 bis 556. 1921. Ä 

Müller legt seinen Standpunkt gegenüber Deventer klar und verteidigt seine Methode 
der Extraktion des Schultergürtels ohne Armlösung durch bloßen Zug. Mißerfolge sind auf 
unrichtige Anwendung und besonders falsche Zugrichtung zurückzuführen. Ein vor der 
Extraktion lebendes Kind darf nach Müller an der Extraktion von Arm und Schulter nicht 
mehr absterben, wenn der Müllersche Handgriff ruhig und energisch ausgeführt wird. Nur 
die Extraktion des Kopfes kann unüberwindliche Schwierigkeiten machen, die den Tod des 
Kindes zuweilen unvermeidlich erscheinen lassen. Der Handgriff nach Veit Smellie ist bei 
großem Mißverhältnis zwischen Kopf und Becken ungeeignet. Zu empfehlen ist der Wigand- 
Martinsche Handgriff. Lindemann (Halle a. S). 

Sachs, E.: Zur Entwicklung des nachfolgenden Kopfes bei totem Kinde. 


Zentralbl. f. Gynäkol. Jg. 45, Nr. 43, S. 1578—1580. 1921. 

Polemik mit Sigwart (vgl. dies. Zentrlibl. 1921, Nr. 29), der sich gegen den Vorschlag 
von Sachs wandte, unter Umständen den aus der Scheide herausragenden Rumpf abzuschnei- 
den, falls bei abgestorbenem Kinde Schwierigkeiten bei der Entwicklung des nachfolgenden 
Kopfes entstehen. Sachs hält diese Art der Decapitation für leicht und ungefährlich, da sie 
unter Leitung des Auges geschehen kann. Der Kranioklast läßt sich nach vorangegangener 
Fixation des Schädels durch Gegendruck von außen oder durch Fassen mit Krallenzangen 
am Halsrest auch am isolierten Kopf anlegen, wodurch ein gutes Zugmittel geschaffen ist. 
Die Asepsis scheint hierbei besser gewahrt als beim Eingehen des operierenden Armes zwischen 
Vulvaring und kindlichem Rumpfe. Walther Koerting (Prag). 


570 Geburtshilfliche Operationen. — Dilatation, Metreuryse, Hebosteotomie usw. 


3. Dilatation, Metreuryse, Hebosteotomie usw. 


Rauscher, Hans, Der Metreurynter in seiner verschiedenen Verwendung in der 
Erlanger Frauenklinik seit dem Jahre 1910. (Dissertation: Erlangen 1921.) 
Quante, J.: Unsere Erfahrungen mit der Symphyseotomie bei Erst- und Mehr- 

gebärenden. (Städt. Frauenklin., Dortmund.) Zentralbl. f. Gynäkol. Jg. 45, Nr. 15, 

S. 513—521. 1921. 

Die Erfahrungen von 28 Fällen von Symphyseotomie legt Verf. fest. Die Technik 
ist einfach. Durchschneidung des Schamfugenknorpels mit gebogenem, geknöpftem 
Messer nach Trennung der Haut über der Symphyse durch 71/ cm langen Querschnitt. 
Das Lig. arcuatum wird mit durchschnitten. Die Beine liegen während der Operation 
adduziert und nach innen rotiert. Nach Durchschneidung wird die Hautwunde sofort 
mit tiefgreifender Naht geschlossen. Die Beckenhälften werden nur durch Heft- 
pflasterstreifen gehalten. Nebenverletzungen der Blase und Harnröhre kamen nicht 
vor, dagegen bildeten sich 2mal Hämatome in den Labien. Bleibende Schädigung 
der Ieosakralgelenke wurden nicht beobachtet. Der Geburtsverlauf war möglichst 
spontan. Bei einer Erstgebärenden kam es bei hoher Zange zum Abriß der Harn- 
röhre. Der Ausgang war gut. Auch bei Mehrgebärenden soll der Geburtsverlauf mög- 
lichst spontan sein. Von den 20 Mehrgebärenden kamen 12 spontan nieder. Bei 8 mußte 
die Geburt beendet werden. Vier mit der Vorschrift von Frank behandelte Fälle 
konnten nicht schneller operiert werden. In einem Falle erfolgte Exitus an Peritonitis. 
Zwei Kinder starben ab bei der Geburt. Der Wochenbettverlauf war 13 mal einwand- 
frei, bei 3 Fällen trat „Eintagsfieber‘‘ auf. Bei 2 Fällen kam es zur Vereiterung der 
Hautwunde, bei 3 Fällen zur Thrombose. Gehstörungen kamen nicht vor. Die nach 
Frank operierten Fälle verliefen nicht so günstig. Ein Fall ohne Komplikationen, 
1 Fall bekam ein großes Hämatom der linken Labie. Eine Kreißende bekam nach 
starker Blutung eine Urinfistel, welche ausheilte. Der 4. Fall hatte verknöcherte 
Schoßfuge, so daß auch da Schwierigkeiten auftraten. Die Erfahrungen des Verf. 
sprechen sehr zugunsten des Kaiserschnittes. Pfeiffer (Breslau). 


Loschi, Angelo: La terapia delle viziature pelviche in modo permanente me- 
diante l’ asportazione della porzione superiore della ‚sinfisi pubica‘“‘ (sinfisiectomia 
parziale ‚‚Costa“). (Die Beseitigung des engen Beckens durch die Resektion des 
oberen Teiles der Symphyse [unvollkommene „Symphysiektomie‘“ nach Costa].) (R. 
scuola ostetr. e matern., Novara.) Gaz. d. osp. e d. clin. Jg. 42, Nr. 66, S. 779. 1921. 

Der Verf. hat diese Methode in 2 Fällen mit Erfolg angewandt. Beim ersten 
handelte es sich um ein allgemein verengtes Becken mit 7,5 cm C. v.; im zweiten 
um eine C. v. von 7,8 cm. Auch Costa hat sich der Methode mit gutem Erfolg in 
4 Fällen bedient. Die Operation ist sehr einfach: „Schnitt nach Pfannenstiel, 
Durchschneiden der Recti“ und Pyramidales, Excision eines 1 cm hohen Stückes 
vom oberen Teil der Symphyse einschließlich der Knochenhaut. Endlich Ausgleichung 
der Winkel der Knochenschnittfläche. Die Schlußfolgerungen des Verf. sind: Die 
Symphysiektomie hat eine dauernde Wirkung und ist von guter Prognose. Die Ope- 
ration ist einfach, kurzdauernd und kann deshalb auch bei Albuminurie, Infektion 
und anderen Komplikationen ausgeführt werden. Erfolg verspricht sie nur bei einer 
C.-V. bis zu 7,5 cm. Guilera (Barcelona). 


Loschi, Angelus: Die Therapie zur Behebung der Beckenfehler mit bleibender 
Wirkung durch Excision des oberen Teils der Schoßfuge. (Partialsymphysiek- 
tomie „Costa“.) (Königl. Schule d. Geburtsh. u. Gebärhosp., Novara.) Zentralbl. f. 
Gynäkol. Jg. 45, Nr. 42, S. 1523—1526. 1921. 

Verf. empfiehlt auf Grund von zwei günstigen Fällen das von Costa angegebene 
Verfahren. Die Technik ist folgende: Pfannenstielscher Querschnitt, Schnitt an der 
Basis der Musculi recti, Ausschneiden des oberen Teiles der Symphyse von einem 
Tuberculum pubicum zum anderen in einer Höhe von ungefähr 1 cm. Hierauf Glättung 


Dilatation, Metreuryse, Hebosteotomie usw. 571 


der Wundränder. Die Differenz zwischen Becken- und Kopfdurchmesser soll nicht mehr 
als 8—9 mm betragen. Abwarten der Spontangeburt. Eisenreich (München). 


Loschi, Angelo: Intorno alla sinfisiectomia parziale (due nuovi casi operati). 
(Über die partielle Symphysiektomie [2 neue operierte Fälle].) (Scuola d’ostetr. e 
maternit., Novara.) Ann. di ostetr. e ginecol. Jg. 43, Nr. 9, S. 593—609. 1921. 

Operationsberichte über 2 neue Fälle von Symphysiectomia partialis. In beiden 
Fällen wurde eine genügende Erweiterung des Beckeneinganges erzielt, so daß eine 
Entbindung (im 1. Fall hohe Zange, im 2. Beckenausgangszange) ermöglicht wurde. 
Operationstechnik: Querschnitt über der Symphyse, Durchtrennung der Mm. recti, 
Freilegen der hinteren und oberen Fläche der Symphyse. Abtragen eines medianen 
Symphysenteiles samt Periost in einer Länge von etwa 3 cm und einer Tiefe von 13 bzw. 
16 mm. Glätten der Knochenränder mittels scharfen Löffel; Muskel-, Fascien- und 
Hautnaht. Die Operation führt zu einer dauernden Erweiterung des Beckeneinganges, 
die Operationszeit ist kurz, die Blutung minimal, der Eingriff ist ausschließlich extra- 
peritoneal und kann daher auch bei infizierten Fällen Verwendung finden. Die Sym- 
physiectomia part. ist jedoch nur bei Verengerungen des Beckeneinganges indiziert 
Am günstigsten sind die Fälle, bei denen man heute die Einleitung der Frühgeburt 
vorschlägt, da eine Geburt am normalen Schwangerschaftsende unmöglich erscheint 
Die Operation kann jederzeit — in der Schwangerschaft und in der Geburt — ausgeführt 
werden; am vorteilbaftesten jedoch dann, wenn der Muttermund völlig verstrichen ist. 
Die Operation bezweckt jedoch in erster Linie, günstige (vorbereitende) Bedingungen 
für die Geburt zu schaffen, nicht um dieselbe zu beenden. Die Geburt soll nach aus- 
geführter Operation tunlichst den Naturkräften überlassen werden. Die Zeit des 
Wochenbettes ist nicht länger als die bei einer normalen Wöchnerin. Gehstörungen sind 
nicht beobachtet worden. Empfehlung, die Operation auch im Auslande auszuführen, 
um rascher zu einem klinisch-kritischen Endergebnis zu kommen. sSantner (Graz). 


Costa, Romulus: Partialsymphysiektomie. (Excision des oberen Teiles der 
Schoßfuge.) Eine neue Operation für die Therapie der engen Becken mit bleibender 
Wirkung. (Königl. Schule d. Geburtsh. u. Gebärhosp., Novara.) Zentralbl. f. Gynäkol. 
Jg. 45, Nr. 6, 8. 200—202. 1921. 

Durch extraperitoneales Wegschneiden des Tuberculum retropubicum nach Pfannen- 
stielschem Fascienquerschnitte vergrößert Verf. die Conjugata um 2!1/,—-3cm. Die Aus- 
schneidung ist leicht, gibt keine Gelegenheit zu Nebenverletzung und macht die nach Sym- 
physiotomie beobachteten Gehstörungen unmöglich. Die Technik ist leicht und die Resultate 
der 4 operierten Fälle gut. Pfeiffer (Breslau). 


Costa, Romolo: La symphysiectomie partiale comme thérapeutique definitive 
des bassins rötr&cis. (Die Behandlung des engen Beckens mit der partiellen Symphy- 
siektomie.) Gynécologie Jg. 20, Aprilh., S. 208—214. 1921. 

Der Verf. berichtet über 7 Fälle von plattem Becken, bei welchen er mit Erfolg die partielle 
Symphysiektomie ausführte. Die Mortalität der Mütter war null; auch wurden die Kinder alle 
lebend geboren, zum Teil spontan, zum Teil mit der Zange, nachdem der größte Umfang des 
Kopfes den Beckeneingang passiert hatte. Die Technik ist folgende: Pfannenstielscher 
Querschnitt. Einführung einer Kompresse in das Cavum Retzii zum Schutze der Blase und 
des Peritoneums, Resektion der Symphyse und des Os pubis, und zwar in einer Ausdehnung, 
welche von dem Tuberculum pubicum der einen Seite bis zu dem der anderen Seite reicht. 
Sorgfältige Entfernung des Periosts zur Verminderung der Knochenregeneration. — Diese 
Operation ist geeignet bei plattem Becken mit einer Conjugata nicht unter 7,5 cm. Sie kann 
während der Schwangerschaft, aber auch während der Geburt ausgeführt werden. Koch. 


Costa, Romolo: Intorno ad alcune obbiezioni sulla sinfisieetomia parziale. 
(Scuola d. ostetr. e matern., Novara.) Riv. d’ostetr. e ginecol. prat. Jg. 3, Nr. 9, S. 365 
bis 368. 1921. 


Costa, R.: La sinfisiectomia superiore per la terapia dei vizii pelvici con effetti 
permanenti. (Scuola dostetr. e matern., Novara.) Rif. med. Jg. 37, Nr. 32, 
S. 746—748. 1921. . 


572 Geburtshilfliche Operationen. — Sectio caesarea abdominalis. 


Agusti Planell, Domingo, Wann soll man die Pubiotomie, wann den Kaiser- 
schnitt ausführen ? (Arch. de ginecop., obstetr. y pediatr. Jg. 84, Nr. 5, S. 115 
bis 117.) (Spanisch.) 

Vgl. Referat S. 589. 

Schwarz, Botho, Symphysiotomie oder Sectio caesarea ? zugleich eine Erwiderung 
auf die Arbeit von Martius. (Zeitschr. f. Geb. u. Syn. Bd. 88, H. 1.) (Hess. Hebammen- 
lehranst., Mainz.) (Zentralbl. f. Gynäkol. Jg. 45, Nr. 15, S. 521—527.) 


4. Sectio caesarea abdominalis. 


Schiffmann, Josef: Die prophylaktische Indikation zur Sectio caesarea, sowie 
Bemerkungen über die Indikation zur Sectio caesarea überhaupt. (Beitina-Stift.- 
Pav., Wien.) Zentralbl. f. Gynäkol. Jg. 45, Nr. 42, S. 1527—1535. 1921. 

Nach kurzem Überblick über die Geschichte der Sectio caesarea geht Verf. auf 
die Indikationsfrage ein. Er verwirft die alte Einteilung in absolute und relative 
Indikation und schlägt vor, in Zukunft die Indikationen nach folgenden Gesichts- 
punkten zu ordnen: l. Absolute Gebärunmöglichkeit bei engem Becken mit 6 cm 
C. v. und darunter (nur im Interesse der Mutter); 2. Wunsch nach Ausschaltung 
des Geburtsaktes im Interesse teils der Mutter, teils des Kindes, bei engem Becken, 
Tumoren, Herzfehler, Zirkulationsstörungen, Placenta praevia, Gravidität im inter- 
ponierten Uterus, Varicen, Fisteln, Hängebauch und anderem); 3. Wunsch nach 
raschester Ausschaltung der Schwangerschaft (fast nur im Interesse der 
Mutter, bei Eklampsie, Nephritis, vorzeitiger Placentalösung, Ileus, Encephalitis epi- 
demica, Fieber und anderem); 3. Wunsch nach Ausschaltung voraussichtlicher 
Gefahren für das Kind (nur im Interesse des Kindes, prophvlaktische Indi- 
kation). — Sodann geht Verf. weiter auf die Frage der prophylaktischen Operation 
ein. Sie bedeutet eine größere Rücksichtnahme auf das Kind. Nicht nur dann, wenn 
die Geburt eines lebenden Kindes auf natürlichem Wege „unmöglich“, sondern auch, 
wenn sie „unwahrscheinlich“ ist, sollte die Sectio in Frage kommen. Von den Becken- 
maßen ist sie nur wenig abhängig, da zur Zeit der Indikationsstellung weder die Größe 
des kindlichen Kopfes bekannt ist, noch die Wehenstärke vorausgesehen werden kann. 
Für diese prophylaktischen Operationen schlägt Leopold vor, die Patientin schon 
längere Zeit vor der Entbindung in der Klinik aufzunehmen, um so eine sicherere 
Asepsis zu garantieren. — Nach Darstellung dreier eigener Fälle bespricht Verf. 
die Indikationsfrage, die schon Martius eingehend bearbeitet hat. Eine Operation 
ist natürlich nur indiziert, wenn ihre Gefahr kleiner ist als die des abzuwendenden 
Zustandes (Küstner). Es ist stets zu bedenken, daß die leichte Technik und die 
Lebenssicherheit der Operation die Operationsfreudigkeit der Operateure erhöhen, und 
die Indikationsstellung weniger gewissenhaft wird (Stoeckel). Deshalb möchte Verf. 
die Thesen von Martius noch einschränken: Bei Erstgebärenden wird eine prophy- 
laktische Indikation wohl nur ausnahmsweise zutreffen, da man hier immer erst 
den Geburtsverlauf abwarten muß. Bei Mehrgebärenden schlägt Verf., falls es sich 
bei dringendem Wunsche der Mutter nach lebendem Kind um alte Frauen handelt, die 
erfahrungsgemäß schwer konzipieren und bei sachgemäß geleiteter Geburt schon 
mehrfach tote Kinder zur Welt gebracht haben, wenn klinische Geburtsleitung und 
Noninfektion garantiert ist, die prophylaktische Sectio vor. — Schwarz will aus Grün- 
den der größeren mütterlichen Mortalität, der Rupturgefahr der Uterusnarbe und 
beobachteter Sterilität nach Sectio im Gegensatz zu Martius die Symphyseotomie 
ausführen. Verf. verwirft dies, denn eben die kindliche Mortalität ist beim Kaiser- 
schnitt geringer, und das ist bei der Tendenz eines prophylaktischen Eingriffes wesent- 
lich. Als Konkurrenzmethoden kommen noch außerdem die Frühgeburt, die prophy- 
laktische Wendung und die hohe Zange in Frage. Wenn auch die prophylaktische 
Wendung unter Umständen in der häuslichen Geburtshilfe in Frage kommen kann, 
so zeigt sie, wie auch die Einleitung der künstlichen Frühgeburt, doch eine hohe kind- 
liche Mortalität. Die hohe Zange ist bedenklich für das Leben der Mutter; ob hier 


Sectio caesarea abdominalis. 573 


durch die Kiellandsche Zange Besseres erreicht wird, muß erst die Zukunft lehren. 
— So empfiehlt Verf. nach den oben angedeuteten Gesichtspunkten den prophylaktischen 
Kaiserschnitt. Uter (Heidelberg). 


Martius, Heinrich: Der prophylaktische Kaiserschnitt. (Univ. - Frauenklin., 
` Bonn.) Zentralbl. f. Gynäkol. Jg. 45, Nr. 5, S. 161—166. 1921. 

Durch die Möglichkeit, den Kaiserschnitt auch auf infizierte Fälle auszudehnen, 
sind prophylaktische Wendung und prophylaktische Frühgeburt aus der Geburtshilfe 
verschwunden; der tiefe intraperitoneale Kaiserschnitt sollte aber dafür prophylaktisch 
angewandt werden. Das früher bei nicht einwandfreien Fällen geübte extraperitoneale 
Vorgehen wurde wegen Gefahr der Blasenverletzung ganz verlassen, nachdem Walt- 
hard die große Widerstandsfähigkeit des Peritoneums gegen Infektionserreger nach- 
gewiesen hatte. Martius führt einen hierher gehörigen Fall an, in dem bei transperi- 
tonealem tiefen Kaiserschnitt nach 39stündiger Wehendauer und lange zurückliegen- 
dem Blasensprung Mutter und Kind 20 Tage p. o. gesund entlassen wurden. Verf. 
stellt folgende Indikationen auf: Bei totem Kind Sectio, falls c. v. 6 cm und darunter, 
sonst Perforation. Bei lebendem Kind Sectio, wenn c. v. 7,5cm und weniger. Bei 
Erstgebärenden mit höheren Beckenmaßen abwarten, falls es sich nicht um schwer 
infizierte handelt. Bei Mehrgebärenden dagegen, bei denen frühere Geburten ein 
Mißverhältnis von Kopf und Becken erwiesen haben, so bald wie möglich Kaiserschnitt 
{prophylaktische Indikation). Auch bei Erstgebärenden nicht zu lange warten, sondern 
eingreifen, wenn 2—3 Stunden kräftiger Wehentätigkeit kein Fortschreiten der Geburt 
gezeigt haben. Dann ist die Operation aber nicht mehr als prophylaktisch, sondern 
als indiziert anzusehen. Bei schwersten Infektionen und septischem Allgemeinzustand 
darf man die Gefahr der Peritonitis nicht zu gering einschätzen und soll die Total- 
exstirpation der Sectio anschließen. Handelt es sich hier um junge Frauen, wird man 
die Mutter aber nicht um eines, noch dazu unsicheren, kindlichen Lebens willen ver- 
stümmeln und muß zur Perforation schreiten. Als prophylaktischer Kaiserschnitt 
soll nur der von vornherein aus kindlicher Indikation bei kinderlosen Mehrgebärenden 
in Aussicht genommene Kaiserschnitt bezeichnet werden. Uter (Heidelberg). 


Kerr, J. M. Munro: Indications for caesarean seetion. (Über Indikationen 
zum Kaiserschnitt.) Brit. med. journ. Nr. 3170, S. 516—519. 1921. 

Vortr. hat gemeinsam mit Holland eine Umfrage unter den größeren Kranken- 
häusern Englands nach den Resultaten und Indikationen der Sectio während der 
letzten 10 Jahre gehalten und aus den gewonnenen Zahlen eine Sammelstatistik an- 
gelegt. — Nachdem er dıe Entwicklung der Indikationen im Laufe der Zeit beleuchtet 
hat, stellt er fest, daß es heutzutage kaum eine schwere Geburtskomplikation gibt, bei 
der nicht schon die Sectio ausgeführt wurde. Die Ausdehnung der Indikationen ist 
aber in der Hauptsache von der Verbesserung der Technik, über die Holland im 
folgenden Vortrag sprechen wird, abhängig. Die Indikationsstellung erfordert, falls 
es sich nicht um ein enges Becken oder um vorliegende Tumoren handelt, Zurückhal- 
tung, und ihre richtige Ausübung ist ein großer Reiz für den praktischen Geburtshelfer. 
Aber erst wenn man sich fest: darauf verlassen kann, daß die Uterusnarbe auch zuverlässig 
ist, können die Indikationen ın wünschenswertem Maße erweitert werden. Heute besteht 
aber die Rupturgefahr immer noch. Würden mehr Entbindungen in Kliniken usw. 
vorgenommen werden, was Vortr. für sehr wünschenswert hält, würde ebenfalls eine 
Erweiterung der Indikation möglich sein. 


Beim engen Becken Kaiserschnitt, wenn die C. v. 3%/, in (8,1 cm) und darunter ist, 
falls das Kind nicht sehr klein ist. Die Pubotomie ist selten indiziert; nur wenn der Geburts- 
helfer nach vorsichtiger Abschätzung von Kopf- und Beckenmaßen eine spontane Geburt 
für möglich hält, und auch ein vorsichtiger Zangenversnch vergeblich ist, gibt die Pubo- 
tomie gute Resultate. Ebenfalls ist bei Verengerung des Beckenausgangs (kyphotisches, 
viriles usw. Becken) und Einklemmung des Kopfes die Pubotomie anzuwenden, denn mit der 
Aufschließung des Schambeins rücken auch die Tuber. isch. auseinander. Die Einleitung der 
Frühgeburt kommt kaum in Frage gegenüber der Sectio, denn sie gibt bei C. v. unter 81/, 


574 Geburtshilfliche Operationen. 


nur unbefriedigende Resultate. Falls aber bei der ersten Geburt der Kopf nur durch eine 
schwierige Zange entwickelt werden konnte, wird bei der nächsten Geburt die Einleitung 
der Frühgeburt nützlich sein. Von der Regel: Kaiserschnitt bei lebendem, Kraniotomie bei 
totem Kind gibt es Ausnahmen. Bei hochgradiger Beckenenge ist nämlich auch die Entwick- 
lung eines kraniotomierten Kindes unmöglich, und nach zahlreichen vorausgegangenen Unter- 
suchungen soll man auch bei lebendem Kind keine Sectio machen. Über das Verhalten in in- 
fizierten Fällen besteht noch keine Einigkeit. Vortr. hat in 9 derartigen Fällen immer pyogene 
Keime, davon 7 mal Streptokokken kulturell nachgewiesen; nur eine Frau starb. Er führt diese 
Erfolge auf gründliche Desinfektion von Scheide und Cervix und Entwicklung von Nabel- 
schnur und Placenta auf vaginalem Wege zurück. Tumoren als Geburtsbindernisse sind 
meistens Fibromyome oder Ovarialeystome, seltener trifft man Lymphadenome, Enchondrome 
und Osteome. Bei Myomen ist zu bedenken, daß manchmal doch noch ein spontanes Aufsteigen 
aus dem kleinen Becken erfolgt. In der Sammelstatistik finden sich 88 Fälle mit 8%, mütter- 
licher und 19% kindlicher Mortalität. Vielleicht hätten doch einzelne Fälle mit vaginaler Ent- 
bindung nach Myomektomie behandelt werden können. Bei Ovarialcystomen ist ein Kaiser- 
schnitt selten nötig, in Trendelenburglage gelingt am besten das Zurückschieben des Tumors, 
und dann folgt meist eine spontane Geburt. Nur selten ist die Reposition unmöglich, dann 
natürlich Sectio. Vortr. ist überrascht, 39 Fälle dieser Art in der Statistik zu finden (10,6 
mütterliche, 8,0 % kindliche Mortalität). An anderen Tumoren gaben 2 mal Cysten des Ligamen- 
tum latum, 4 mal maligne Ovarialtumoren, 1 Blasentumor, 10 Beckentumoren, 9 Dickdarm- 
tumoren und 25 Fälle von Cervixcarcinom Veranlassung zur Sectio (mütterliche 17,6, kindliche 
Mortalität 332%). Die Saınmelstatistik weist 236 Fälle von Eklampsie auf mit 30%, mütter- 
licher Mortalität, diese würde bei frühzeitigerer Operation geringer sein. Die Entscheidung zur 
Operation ist schwer. Man muß immer bedenken, daß meist auch das Kind in Mitleidenschaft 
gezogen ist (44°, Mortalität), deshalb nur operieren: am Ende der Gravidität, bei uneröffnetem 
Muttermund und Fehlen von Wehen, wenn nach 6stündiger Behandlung mit Aderlaß, intra- 
venöser Kochsalzinfusion und Morphium keine Besserung des Zustandes eintritt. Vor der 
32. bis 33. Woche vaginale Sectio. Bei Placenta praevia bietet die Schnittentbindung 
große Vorteile. Theoretisch ist in unkomplizierten Fällen die mütterliche Mortalität nicht höher 
als 3—4, die kindliche als 2—4°%,. Es finden sich 131 Fälle mit 10% mütterlicher und 15% 
kindlicher Mortalität. Die Anwendung der übrigen geburtshilflichen Methoden gibt über 4 bis 
10% mütterliche und über 40—50% kindliche Mortalität. Bei zentralem und marginalem Sitz 
der Placenta sollte deshalb die Sectio zur Regel werden, bei lateralem dagegen bringt die Blasen- 
sprengung genügend gute Erfolge. Die hohe Mortalitätsziffer in der Statistik rührt wohl von 
zu spätem Eingreifen in manchen Fällen her, die Sectio ist frühzeitig anzuwenden. Vortr. selbst 
hat 6 Fälle operiert; Mütter und Kinder blieben sämtlich am Leben. Bei den akzidentellen 
Blutungen kann das Kind fast nie gerettet werden, deshalb kein Kaiserschnitt. Ley hat 
gute Erfolge mit Ruhigstellung der Patientin, Einwickeln in heiße Tücher, Morphium und 
l cem Pituitrin, sobald die Wehen beginnen. Bei den vereinzelten Fällen, die hierauf nicht 
reagieren, Sectio. Ob konservative Operation oder Hysterektomie, will Verf. nicht entscheiden. 
Die Ventrofixation (14 Fälle) O Mütter, 2 Kinder tot, und Interposition (3 Fälle ohne 
Todesfall) machen öfter eine Schnittentbindung notwendig. Man sollte beide Operationen 
bei Frauen vor der Menopause nicht mehr anwenden. Einmal sah Vortr. Spontangeburt nach 
Laparotomie und Lösung der durch die Ventrofixation entstandenen Verwachsungen. Bei 
Nabelschnurvorfall (4 Fälle, davon 3 Kinder tot) wegen hoher kindlicher Mortalität kein 
Kaiserschnitt (Ausnahme: alte Erstgebärende mit rigidem Muttermund), sondern Reposition, 
am besten mit großer Gazerolle. Eine eingekeilte Schulterlage (4 Fälle, 2 Mütter, 2 Kinder 
tot), wird gelegentlich, wenn unter starken Wehen die Einkeilung früh erfolgt, mit Sectio 
behandelt werden können, im allgemeinen wird man sich aber auf Wendung in tiefer Narkose 
bzw. Dekapitation beschränken. Bei kindlichen Abnormitäten liegt nur unter besonderen 
Umständen eine Indikation zum Kaiserschnitt vor, in der Statistik finden sich 22 Fälle mit 
9% kindlicher und 0% mütterlicher Mortalität. Ob die Sectio in den 4 Fällen von Hydroce- 
phalus und den 4 Fällen von Hydramnion zu recht bestand, bezweifelt Vortr. Der Bandl- 
sche Ring hat in letzter Zeit mehr Beachtung gefunden; er kann unter Umständen Kopf 
oder Steiß des Kindes einklemmen oder auch überhaupt ein Eintreten des Kopfes ins Becken 
verhindern; für diese Fälle käme Schnittentbindung in Frage. Bei Rigität der Weichteile 
soll man ausnahmsweise in Fällen von alten Narben in der Cervix eine Sectioanwenden. Droht 
außerdem bei einer alten Erstgebärenden ein sehr langer Geburtsverlauf, soll man die Kreißende 
in ein Krankenhaus schaffen und dort mit Kaiserschnitt entbinden. Auch bei lebensbedrob- 
lichen Erkrankungen der Mutter wurde häufig die Sectio gemacht: 42 Fälle von Herz- 
fehlern mit 209%, mütterlicher und kindlicher Mortalität, 2 Fälle von vorgeschrittener Lungen- 
tuberkulose — kein Todesfall —, 4 Fälle von Deus — 2 Todesfälle — und je ein Fall von Diabetes. 
Sepsis und Chorea, die alle tödlich verliefen. 


Der Geburtshelfer kann keine festen Indikationen für die Praxis aufstellen, sondern 
muß, je nach Sachlage, auf Grund seiner Erfahrung handeln und sich schnell ent- 


Sectio caesarea abdominalis. | 575 


scheiden, ohne zu zögern. Mit Fortschreiten der Technik werden auch die Indikationen 
noch weiter ausgebaut werden. Uter (Heidelberg). 

Kerr, J. M. Munro: Indications for caesarean section. (Indikationen zur Sectio 
caesarea.) Journ. of obstetr. a. gynaecol. of the Brit. empire Bd. 28, Nr. 3/4, S. 338 
bis 348. 1921. 

Es gibt heutzutage keine Geburtskomplikation, die nicht schon die Indikation 
zum Kaiserschnitt abgegeben hätte. Die Indikationsstellung erfordert aber Zurück- 
haltung, zumal die Uterusnarbe leicht rupturiert. Erst, wenn die Rupturgefahr völlig 
ausgeschaltet jst, wird eine weitere Ausdehnung der Indikationen möglich sein. Verf. 
beleuchtet sodann die einzelnen Indikationen und die dabei erzielten Resultate ein- 
gehend. — Folgende Einzelheiten seien hervorgehoben: Bei engem Becken mit einer 
Conjugata vera von 8,1 und darunter Sectio. Pubotomie kommt selten in Frage. 
Die künstliche Einleitung der Frühgeburt gibt in solchen Fällen schlechte Resul- 
tate. Bei vorliegenden Tumoren ist zu bedenken, daß sich Ovarialcystome in 
Trendelenburglage oft sehr leicht aus dem Becken zurückschieben lassen, und daß 
auch Myome manchmal spontan aufsteigen. Sonst natürlich Kaiserschnitt. Bei 
Eklampsie nur Sectio am Ende der Gravidität bei fehlenden Wehen und uneröff- 
netem Muttermund, da die kindliche Mortalität sehr hoch ist. Die Placenta praevia 
gibt bei zentralem und marginalem Sitz gute Resultate. Besonders werden gegenüber 
der Metreuryse und der Wendung mehr Kinder erhalten, bei lateralem Sitz genügt die 
Blasensprengung. Ventrofixation und Interposition können öfter zum Kaiser- 
schnitt führen. Bei Rigidität und Anomalien der Weichteile soll man zurück- 
haltend mit der Indikationsstellung sein. Im allgemeinen hält Verf. hier nur bei alten 
Cervixnarben einen Kaiserschnitt für indiziert. Uter (Heidelberg). 

Holland, Eardley: Methods of performing caesarean section. (Über Sectio 
caesarea-Methoden.) Brit. med. journ. Nr. 3170, S. 519—524. 1921. 

Die von Sänger 1882 veröffentlichte Methode, die „klassische Sectio caesa- 
rea“, wird auch heute noch von der weitaus größten Mehrzahl der Geburtshelfer an- 
gewandt. Durch die Fortschritte der Technik ist sie bedeutend einfacher und gefahr- 
loser geworden, und damit sind ihre Indikationen erheblich erweitert. Während 
Spiegelberg in seinem Lehrbuch noch eine Mortalität von 50%, verzeichnet, hat 
Routh (Journ. of obs. and gyn. 1911) für die Zeit von 1891—1910 nur eine Mortalität 
von 2,9%, bei nicht gesprungener Blase und von 17,3%, in den übrigen Fällen aufzu- 
weisen. Vortr. hat gemeinsam mit Munro Kerr eine Sammelstatistik über die Fälle 
seit 1911 angelegt. Von den 4000 Fällen wurde 3374 mal die klassische Sectio wegen 
engen Beckens gemacht. Es ergab sich eine Mortalität von 1,6%, wenn vor Wehen- 
beginn, von 1,8%, wenn innerhalb der ersten 6 Stunden, von 10,7%, wenn später die 
Sectio gemacht wurde. Dagegen beträgt die Mortalität nach vorausgegangenen Zangen- 
versuchen 27%. Von 124 Fällen war 50mal allgemeine Peritonitis Todesursache, 
27 mal Septikämie, 15 mal Pneumonie, 9mal Embolie, 5mal Ileus. Die Mortalität 
ist also halb so gering wie die von Routh, falls die Fälle frühzeitig operiert werden. 
Es ist zu beachten, daß da, wo die Operation fast immer aus kindlichen Indikationen 
nach Zangenversuchen unternommen wurde, die kindliche Mortalität hoch ist. Die 
klassische Operation hat jedoch gewisse Nachteile, die sich erst spät gezeigt haben. 
Es sind dies die Gefahr der Sepsis bei infizierten oder verdächtigen Fällen, die Gefahr 
der Narbenruptur bei folgender Schwangerschaft (in letzter Zeit häufig — 4%), die 
Gefahr des Adhäsionsileus, die Schwierigkeit neuer Operationen durch Adhäsionen an 
der Bauchwand. Außerdem stehen der Heilung der Incisionswunde am Uterus der 
Bau der Uteruswandmuskulatur am Ort des Einschnittes, die Lage der Wunde am 
Uterus und die Nähe des Vaginaltraktes mit seiner Infektionsmöglichkeit entgegen. 
Die dicken Muskelschichten, die sich noch im Wochenbett in steter Kontraktion be- 
finden, liegen nicht gut aneinander, platzen leicht auf und geben zu Blutungen Ver- 
anlassung. Bei sekundärer Heilung entstehen schlechte Narben mit Rupturgefahr. 


576 Geburtshilfliche Operationen. 


Diese Zufälle sind einzuschränken durch saubere, durchgreifende Nähte mit gut ge- 
bogener Nadel, durch einen völligen Schluß des Uterusperitoneums, den man am 
besten durch Abtrennen des Peritoneums beim Einschnitt erreicht, und durch gutes 
Nahtmaterial (Silkworm; Seide hält Vortr. für weniger, Catgut für völlig ungeeignet). 
Um diese Nachteile zu vermeiden, ist ein anderes Verfahren ersonnen, dessen Vor- 
läufer die von Gaillard Thomas 1870 verbreitete Gastro-Elythrotomie war. Damals 
wurde diese wegen zu großer Sterblichkeit aufgegeben. Mit den Fortschritten der 
Technik ist sie in etwas veränderter Form aber zurückgekehrt und in England durch 
Munro Kerr eingeführt. Die Eröffnung descervicalen Uterusteiles kann man 
extra- und transperitoneal durchführen. Von der extraperitonealen Methode will 
Vortr. nicht reden. Die Technik der transperitonealen Methode wird beschrieben. 
Vortr. betont die Notwendigkeit der sorgfältigen Peritonisierung. Er wendet die Sectio 
cervicalis transperitonealis seit 9 Jahren an und ist sehr mit ihr zufrieden. Ihre Vor- 
teile bestehen in der besseren Ruhigstellung der Uteruswunde, die eine bessere und 
schnellere Heilung herbeiführt. Man operiert außerdem in weniger gefäßreichem Ge- 
biet, die Wundränder sind dünner, daher ist die Naht leichter und schneller. Adhä- 
sionen werden durch die Lage der Wunde vermieden; durch die Bedeckung der Wunde 
mit dem Blasenbindegewebe und der Blase wird ein Fortschreiten der intrauterinen 
Infektion in der Peritonealraum hinaus vermieden. Falls diese doch eintritt, ist sie 
in dem unteren, widerstandsfähigeren Bauchhöhlenabschnitt lokalisiert. Zudem liegt 
die Narbe für den Eintritt einer neuen Schwangerschaft viel günstiger. Die Technik 
ist ebenso leicht wie bei der klassischen Operation. Je weiter die Geburt fortgeschritten 
und je mehr der Uterus kontrahiert ist, um so tiefer kann man den Uterusschnitt legen. 
Die Därme kommen während der Operation nicht zu Gesicht. Vortr. hat bisher nur 
1 Fall von Ruptur, der noch dazu durch die Lage der einen Ecke der Operationswunde 
im Uterusfundus nicht einwandfrei war, gesehen. Er will in Zukunft außer bei Fällen, 
wo das untere Uterinsegment schwer zu erreichen ist, immer die cervicale, transperi- 
toneale Methode anwenden. — Eine gemäßigtere Ansicht will zu ihr nur bei langer 
Geburtsdauer oder Gefahr von Infektionen der uterinen Wunde übergehen.. Uter. 


Holland, Eardley: The results of a collective investigation into caesarean 
sections performed in Great Britain and Ireland from the year 1911 to 1920 inelu- 
sive. (Die Resultate einer Sammelforschung über in den Jahren 1911 bis einschlieB- 
lich 1920 in England und Irland ausgeführte Kaiserschnitte.) Journ. of obstetr. 
a. gynaecol. of the Brit. empire Bd. 28, Nr. 3/4, S. 358—446. 1921. 


Gemeinsam mit Kerr hat Verf. im Hinblick auf die Veränderungen, die in den letzten 
Jahren im Problem der Sectio caesarea aufgetaucht sind, eine Sammelforschung veranstaltet. Er 
versandte Fragebogen mit verschiedenen vorgedruckten Rubriken und Fragen. Es wurden 
einzeln die 1. bei engem Becken, 2. bei Eklampsie und anderen Toxikosen, 3. bei Placenta 
praevia und anderen Schwangerschaftsblutungen und 4. die aus den übrigen Indikationen 
ausgeführten Kaiserschnitte aufgeführt. Die zu diesen Indikationen vorgedruckten Fragen 
werden aufgezählt. Über 4197 Fälle aus 37 Krankenhäusern hat Verf. Nachricht erhalten. 
Die besonders interessanten Fälle — enges Becken, nach Zangenversuch oder Kraniotomie, 
nach Einleitung der Frühgeburt, cervicale Operation, Fälle mit Hysterektomie und alle Todes- 
fälle; 2. alle Fälle von Eklampsie und Schwangerschaftstoxikosen und 3. alle Fälle von 


Placenta praevia, — sind in einer genauen, über 60 Seiten langen Tabelle, die der 
Arbeit angeschlossen ist, einzeln aufgeführt. Verf. zerlegt die einzelnen Gruppen und 
beleuchtet sie nach allen Gesichtspunkten sehr eingehend. — Einzelheiten sind im 


Original nachzulesen. Aus den gewonnenen Resultaten sei nur folgendes erwähnt: Bei 
engem Becken beträgt die Mortalität für alle Fälle zusammen 4,196; für die vor 
Wehenbeginn operierten Fälle 1,6%, für die kurz nach Wehenbeginn 1,8°%,, für die länger 
Kreißenden 10%, nach künstlicher Einleitung der Frühgeburt 14%% und nach vorausgegangener 
Kraniotomie oder Zangenversuch 27°% bei 1953 Fällen. Verf. folgert daraus: Die Mortalität 
der Sectio an sich ist gering, die Mortalität bei langer Geburtsdauer und vorausgegangenen 
Entbindungsversuchen erschreckend hoch. Man muß noch dazu bedenken, daß auch die 
Zahl der totgeborenen Kinder bei später Operation groß (11,495), bei vorausgegangenen 
Zangenversuchen sogar sehr hoch (27°,) ist, und daß von diesen letzten Kindern vor Verlassen 
des Hospitals noch 10,9% starben. Die Ursache des mütterlichen Todes war von 122 Fällen 


Sectio caesarca abdominalis. 577 


79 mal ein septischer, 17 mal ein pneumonischer Prozeß und 8mal eine Embolie. Verf. be- 
spricht weiter die Fälle, bei denen ein cervicaler Kaiserschnitt oder eine Hysterektomie ge- 
macht wurde. Sodann beleuchtet er die kindliche Mortalität, sowie die Todesursache näher. 
— 261 Fälle von Eklampsie und Schwangerschaftstoxikosen weist die Sammel- 
statistik auf. Verf. berechnet für die Eklampsiefälle eine mütterliche Mortalität von 32°, 
nach Abzug der vaginalen Kaiserschnitte und einer post mortem ausgeführten Sectio. Viel- 
leicht hängt diese hohe Zahl davon ab, daß nur bei ernstem Zustand durch Sectio entbunden 
wurde. Wenn man die leichten Fälle von den schweren (solche, die sechs oder mehr Anfälle 
bis zur Operation hatten, oder bei denen sich die Anfälle öfter als einstündlich wiederholten) 
trennt, so zeigt sich, daß bei diesen die Prozentzahl der Todesfälle 2!/,mal so groß ist. — 
Weiter folgt eine Übersicht über Wehendauer zur Zeit der Operation, Rückkehr der Anfälle 
nach der Operation, Todesursache, Zwischenraum zwischen Operation und Tod u.a, — 
75°, der wegen Eklampsie mit Sectio entbundenen Frauen waren Erstgebärende, 26 von 196 
hatten 1—4 Geburten hinter sich, 9 fünf und mehr Geburten. Die kindliche Mortalität beträgt 
50%, dabei ist aber die große Zahl der nicht ausgetragenen Kinder zu berücksichtigen. Von 
26 Zwillingen wurden 9 totgeboren und 9 starben später. — Im nächsten Abschnitt beleuchtet 
Verf. die Schwangerschaftstoxikosen: Von 29 wegen Graviditätsalbuminurie durch Kaiser- 
schnitt entbundenen Frauen starben 6, von 32 (4 Zwillings-) Kindern wurden 4 totgeboren 
und 4 starben später. — Kaiserschnitt wegen Placenta praevia und angeren Schwanger- 
schaftsblutungen wurde 208 mal, davon 139 mal bei Placenta praevia mit einer mütter- 
lichen Mortalität von 11,5%, (14°, bei zentralem, 9,3%, bei marginalem Sitz) ausgeführt. 
Totgeboren wurden nur 7% der Kinder. Es starben aber 22,30, bald nach der Geburt. Als 
Ursache ist wohl ihre Unreife anzusehen. Immerhin ist die geringe Zahl der totgeborenen 
Kinder ein Vorteil gegen andere Entbindungsmethoden. — Es folgen sodann die Fälle von 
anderen Schwangerschaftsblutungen (86% totgeborene Kinder). Es fanden sich 3 Fälle von 
intraperitonealer Blutung. Zweimal handelte es sich um eine geplatzte Varix, einmal wurde 
die Blutungsquelle nicht gefunden. — Aus anderen als den bisher erwähnten Indikationen 
wurde 366 mal mit Sectio entbunden. Verf. führt die Fälle einzeln und ausführlich mit Todes- 
ursachen, mütterlicher und kindlicher Mortalität, Indikation zur Operation usw. auf. 16(!) mal 
mußte wegen früherer Ventrofixationsoperation ein Kaiserschnitt gemacht werden, 9 mal war 
Uterusruptur (2 Mütter, 7 Kinder starben) die Veranlassung. Von 5 wegen Querlage mit 
Sectio Entbundenen starben 2 Mütter und 3 Kinder. Wegen wiederholter früherer Totgeburten 
kam 10 mal der Kaiserschnitt zur Anwendung (1 Mutter, 2 Kinder starben). Einmal wurde 
eine bis ans Ende der Gravidität ausgetragene und dann abgestorbene Frucht 2 Monate später 
mit Sectio entfernt, einmal bildete ein 4'/, Monate alter Tubarabort das zum Kaiserschnitt 
führende Hindernis. Uter (Heidelberg). 


Couvelaire, A.: Indications de P opération césarienne conservatrice par voie 
abdominale en dehors des rétrécissements du bassin. (Über Indikationen, abgesehen 
vom engen Becken, zum abdominellen Kaiserschnitt.) Gynécol. et obstétr. Bd. 4, 
Nr. 4, 8. 358—370. 1921. 

Durch bessere Operationstechnik usw. kann heutzutage die Erhaltung des Uterus 
beim Kaiserschnitt besser durchgeführt werden, die Indikationen können also maß- 
voll erweitert werden. Im Gegensatz zu Bar, der eine ausgedehnte Anwendung der 
Sectio vor Wehenbeginn und eine fast völlige Ausschließung aller Operationen nach 
Eintritt der Wehen fordert, ıst Verf. der Ansicht, daß man auch bei Frauen, die von 
vornherein im Hinblick auf eine evtl. Operation mit allen Vorsichtsmaßregeln unter- 
sucht sind, normalen Puls und Temperatur zeigen, bei strenger Indikation einen Kaiser- 
schnitt ausführen kann, wenn die Blase noch intakt oder eben erst gesprungen ist. — 
Außer dem engen Becken kommen in der Hauptsache folgende Indikationen in 
Frage: Vorliegende Geburtshindernisse, zu denen vor allem die Fibromyome 
des Uterus und die soliden und cystischen Ovarialtumoren zu rechnen sind, und im 
Laufe der Schwangerschaft oder des Geburtsverlaufes eintretende pathologische Ereig- 
nisse (eklamptischer Symptomenkomplex, fehlerhafte Placentarinser- 
tionen und Anomalien des Geburtsverlaufes selbst). Bei vorliegenden Ge- 
burtshindernissen ist ein zu langes Aufschieben der Operation verhängnisvoll für 
Mutter und Kind, da später dann keine konservative Operation mehr möglich ist, 
und von seiten des Tumors außerdem Komplikationen eintreten können. Bei der 
Eklampsie soll man nur in den seltenen Fällen, in denen der Muttermund geschlossen 
und rigide ist, eine vaginale oder abdominelle Sectio ausführen. Verf. zieht die abdo- 
minelle wegen der Möglichkeit, evtl. anschließend den Uterus zu exstirpieren, vor. 


Jahresbericht f. d. ges. Gynäkologie 1921. 37 


578 Geburtshilfliche Operationen. 


Bei pathologischem Sitz der Placenta soll nur ein Kaiserschnitt gemacht werden, 
wenn noch weitere Komplikationen (enges Becken, Tumoren usw.) vorliegen, der Uterus 
physiologisch unterwertig ist, oder am Ende der Schwangerschaft ein dringendes Ein- 
greifen notwendig wird. Unter den Komplikationen des Geburtsverlaufes wird 
der Nabelschnurvorfall, namentlich im Verein mit einer Beckenanomalie, unter Um- 
ständen auch eine Querlage, eine Indikation zur Sectio abgeben, doch ist hierbei zu 
bedenken, daß man nicht ohne gewichtige Gründe auf erprobte geburtshilfliche Maß- 
nahmen anderer Art verzichten soll, die, wenn sie auch weniger glänzend sind, dafür 
aber besser die Interessen der Gebär enden berücksichtigen. Auf diese Art eingeschrän kt, 
ist die Sectio auch bei anderen Schwierigkeiten und Komplikationen des Geburts- 
verlaufes -—— immer mit Berücksichtigung der funktionellen Geburtskraft der Kreißen- 
den — wohl berechtigt. Im ganzen wird in Frankreich aus anderen Indikationen 
als der des engen Beckens der konservative Kaiserschnitt selten ausgeführt (von 
1120 Fällen der letzten Zeit nur 80 mal). Wenn in Zukunft die Patientinnen sich früher 
zur Operation einfinden, und die Operateure sich schneller zur Schnittentbindung 
entscheiden, wird bei den oben besprochenen Indikationen wohl die Zahl der Hyster- 
ektomien gegenüber den konservativen Hysterotomien abnehmen. — Ob bei zweifelhaft 
aseptischen oder sicher infizierten Fällen die Grenzen der Indikation durch den su pra- 
symphysären Kaiserschnitt noch erweitert werden können, kann Verf. aus 
Mangel an Erfahrung mit dieser Operationsmethode nicht entscheiden, Vorläufig 
leuchtet ihm nicht recht ein, warum bei einem Schnitt ım unteren Uterinsegment. 
wenn Uterusinhalt oder -wandung erst infiziert sind, weniger leicht eine Infektion 
des Beckenzellgewebes oder des Peritoneums eintreten soll. Uter (Heidelberg). 

Henrotay, J.: Des indications des hyst6rotomies abdominales pendant le 
travail en dehors des angusties pelviennes. (Über Indikationen, abgesehen vom 
engen Becken, zum konservativen abdominellen Kaiserschnitt unter der Geburt.) 
Gynecol. et obstetr. Bd. 4, Nr. 4, S. 336—357. 1921. 

Verf. bringt in einer ausführlichen Arbeit unter eingehender Benützung der inter- 
nationalen, vor allem der deutschen, Literatur sämtliche Indikationen zum konserva- 
tiven abdominellen Kaiserschnitt. Er geht nicht nur auf die geschichtliche Entwick- 
lung der einzelnen Indikationen ein, sondern vergleicht auch die in den einzelnen 
Ländern von den verschiedenen Autoren erreichten Resultate unter Anführung der in 
Frage kommenden statistischen Zahlen. — Verf. gibt sodann eine Samnaelstatistik der 
von 6 belgischen Geburtshelfern in letzter Zeit ausgeführten Kaiserschnitte aus anderen 
Indikationen, als der des engen Beckens (55 Fälle; es starben davon 8 Mütter und 
4 Kinder). — In folgendem seien wegen des Raunmangels von den aufgeführten 
Indikationen nur die erwähnt, bei denen der Verf. einen neuen oder irgendwie bemerkens- 
werten Standpunkt einnimmt. -—— Was Stenosen und Atresien der Scheide an- 
betrifft, sah Verf. kürzlich hintereinander 2 Fälle mit ringförmigem Scheidenseptunı, 
die beide spontan niederkamen (eine 4ljährige Ipara). Bei einem Fall gleicher Art 
erfolgte kürzlich eine spontane Geburt, nachdem die Frau 1917 anderenorts mit Sectio 
entbunden war. Dagegen sind die erworbenen Scheidenverengerungen vom geburts- 
hilflichen Standpunkt aus weit ernster zu beurteilen, und der Kaiserschnitt wird hier 
oft der einzig mögliche Weg sein. Die Ventrofixation des Uterus bekämpft Verf. 
nach wie vor, denn sie führt, ebenso wie die verlassene Vagino- und Vesicofixation, zu 
nachteiligen Geburtskomplikationen und evtl. zur Sectio. Hoffentlich wird mit besserer 
Kenntnis der Statik der Gebärmutter diese unplıysiologische Operationsmethode und 
damit auch die Sectio aus diesem Grunde verschwinden, Betreffs der vorliegenden 
Fibrome erwähnt Verf. einen Fall aus der belgischen Literatur, wo mit dem Wachsen 
des Tumors die Frau nach der ersten Spontangeburt das zweitemal mit der Zange 
entbunden und das drittemal nach 30stündiger Wehenarbeit eine Sectio nötig wurde. 
Bei Nabelschnurumschlingung machte Briggs einmal eine Sectio, da der Ein- 
tritt des Kopfes ins Becken durch dreifache Umschlingung von Hals und Schulter ver- 


Sectio caesarea abdominalis. 579 


hindert wurde; auch Zange und Wendung waren erfolglos versucht. Bei Placenta 
praevia kann sich Verf. wegen der dem Uterus dauernd verbleibenden Unterwertig- 
keit, die trotz der besseren Technik der Naht immer noch besteht, nur schwer zum 
Kaiserschnitt entschließen. Nur in den Fällen, wo es sich um nicht infizierte Schwangere 
handelt, die mindestens im 8. Monat der Gravidität sind, und eine schwere Blutung 
nicht mit den gewöhnlichen geburtshilflichen Maßnahmen gestillt werden kann, schreitet 
Verf. zur Schnittentbindung. Falls sich die Indikation in infizierten Fällen ergibt, 
muß die Totalexstirpation des Uterus der Hysterotomie folgen oder besser noch voran- 
gehen. — Im 2. Teil der Arbeit behandelt Verf. die Frage, ob und unter welchen Ge- 
sichtspunkten man die Indikationen zur konservativen Sectio oder den Zeitpunkt des 
Eingreifens erweitern soll, wozu zweifellos die Tendenz besteht. Die prophylak- 
tische Sectio lehnt er ab. Ergibt sich eine wirklich indizierte Sectio nach längerer 
Wehentätigkeit, kann man sie ruhig ausführen, falls die Geburt überwacht, die 
Bedingungen der Asepsis erfüllt sind, und keine Temperatur besteht, wenn auch die 
Blase schon längere Zeit gesprungen ist. Für wegen nicht einwandsfreier. Untersuchung 
verdächtige Fälle ist die extraperitoneale Sectio vorgeschlagen, hat sich aber nicht 
eingebürgert. Eine Hysterektomie wird nur von einzelnen Geburtshelfern bei dieser 
Kategorie ausgeführt. Man kann auch bei konservativem Vorgehen durch verschiedene 
Maßnahmen (Handschuhwechsel, vaginale Entwicklung der Placenta usw.) die Infek- 
tionsgefahr herabsetzen, falls aber der suprasymphysäre transperitoneale 
Kaiserschnitt wirklich sichere Garantien gegen eine Infektion des Peritoneums 

bietet, sollte man ihn hier anwenden. Sobald eine manifeste Infektion vorliegt, 
kommt nur eine Totalexstirpation des uneröffneten Uterus in Frage. Uter (Heidelberg). 

Holland, Eardley: Methods of performing caesarean section. (Kaiserschnitt- 
methoden.) Journ. of obstetr. a. gynaecol. of the Brit. empire Bd. 28, Nr. 3/4, 
S. 349—357. 1921. 

Die Entwicklung der Technik des klassischen Kaiserschnittes, die Verf. 
eingangs kurz beleuchtet, hat eine Erweiterung der Indikation ergeben. Man muß 
andererseits aber auch bedenken, daß bei infektionsverdächtigen oder infizierten 
Fällen, bei langer Geburtsdauer, lange Zeit gesprungener Blase, vorausgegangenen 
Vaginaluntersuchungen oder Zangenversuchen die Gefahr der Sepsis besteht. Außerdem 
ist die Ruptur der Uterusnarbe bei folgender Schwangerschaft oder Geburt nicht selten. 
Das Verhältnis der Zahl der Rupturen zur Zahl der auf einen Kaiserschnitt folgenden 
Spontangeburten ist 1:4. Die Lage der Uteruswunde gibt nicht nur zum Adhäsions- 
ileus Veranlassung, sondern ist auch insofern ungünstig, als sie in einer dicken, sich 
ın steter Bewegung befindlichen Muskelschicht liegt. Zudem führt die Nähe der Scheide 
auch bei reinen Fällen häufig zu Wundstörungen, die ihrerseits wieder schlechte, ruptur- 
bereite Narben und Adhäsionen mit Bauchwand und Netz zur Folge haben. Die Technik 
der klassischen Sectio ist zwar leicht, um die eben erwähnten Nachteile zu vermeiden, 
bedarf es aber sauberer, durchgreifender Nähte mit stark gebogener Nadel und einer 
sorgfältigen Peritonisierung. Außerdem ist gutes Nahtmaterial, am besten Silewoım 
oder Seide, nicht Catgut, zu verwenden und vor Anlegen der Nähte die völlige Retrak- 
tion des Uterus abzuwarten. — Der cervicale Kaiserschnitt, den Verf. bis jetzt 
9 mal ausgeführt hat, vermeidet viele Nachteile der klassischen Methode. Die Uterus- 
wunde heilt besser, da sie in einem Gebiet liegt, das bei den Nachwehen sich nur wenig 
kontrahiert. Einschnitt und Naht werden durch die Gefäßarmut des unteren Üterinseg- 
ments erleichtert, Adhäsionen durch die Möglichkeit einer völligen Peritonisierung 
vermieden, das Fortschreiten einer intrauterinen Infektion durch die dazwischen liegende 
Blase erschwert. Für einen mit gynäkologischen Operationen vertrauten Operateur 
ist die Technik des cervicalen Kaiserschnitts nicht schwerer als die des klassischen. 
Verf. wird ihn in Zukunft immer anwenden, wenn nicht, z. B. bei ky photischem Becken 
oder bei Myom usw., das untere Uterinsegment schwer zu erreichen ist. Über die An- 
wendung bei Placenta praevia hat er noch keine Erfahrung. Uter (Heidelberg). 


37* 


580 Geburtshilfliche Operationen. 


Ciaudo : Vingt cas d’operation césarienne conservatrice. (20 Fälle von 
klassischem Kaiserschnitt.) Bull. med. Jg. 35, Nr. 42, S. 819-821. 1921. 


Der Verf. veröffentlicht 20 Fälle von klassischem Kaiserschnitt. Die Indikation war in 
allen Fällen enges Becken; und zwar handelte es sich in 15 Fällen um allgemein gleichmäßig 
verengte, in 2 um rachitisch platte, in 2 Fällen um Zwergbecken und in 1 Falle um ein schräg 
verengtes Becken. Die Conjugata vera schwankte zwischen 4—8,5 cm, 19 Kinder lebten; 1 Kind 
starb während der Operation; 1 Kind erkrankte 8 Tage nach der Operation an Pemphigus 
syphiliticus und starb. Das Wochenbett verlief bei 16 Frauen komplikationslos. 2 Todes- 
fälle: in dem einen Falle handelte es sich um Catguteiterung mit anschließender Peritonitis; 
in dem anderen um Schwangerschaftsnephrose Ein Bauchdeckenabsceß, ein parametranes 
Exsudat. 


In der Abhandlung geht der Verf. auf die Technik, die Indikation und den Zeit- 
punkt des Eingriffes ein. Er empfiehlt in den Fällen, bei denen man nach Eröffnung des 
Uterus auf Placenta stößt, dieselbe nicht zu perforieren, sondern sie an einer Stelle 
bis zum Rande vom Uterus abzuschälen, die Eihäute zu eröffnen und das Kind zu 
extrahieren. Große Vorteile sieht er in einer Jodoformgazetamponade des Uterus, 
die durch den Muttermund in die Scheide geleitet, und nach 24 Stunden wieder ent- 
fernt wird. Durch die wehenanregende Wirkung der Tamponade glaubt er die Gefahr 
einer atonischen Blutung und einer Infektion vermindert; er hat nie beobachtet, daß 
der Abfluß der Lochien, die Rückbildung des Uterus und die Wundheilung in ungün- 
stigem Sinne dadurch beeinflußt wird. Was die relative Indikation zum Kaiserschnitt 
anlangt, so kann man — gute Technik vorausgesetzt — die Grenzen heutzutage ziem- 
lich weit ziehen: narbige Veränderungen der Vagina, drohende Uterusruptur, rigider 
Muttermund, großes Kind, Gesichts- und Stirnlage, tiefer Sitz der Placenta und vor- 
zeitige Lösung der Placenta. Nach seiner Meinung sollte, wenn bei einem Mißverhältnis 
zwischen Kopf und Becken eine Stunde nach völliger Eröffnung des Muttermundes 
der Kopf keine Neigung hat, einzutreten, der Kaiserschnitt der hohen Zange und der 
Wendung vorgezogen werden. Wichtig ist es, die Wahl des Zeitpunktes zum Eingriff 
zu treffen. Die günstigsten Bedingungen sind zweifellos bei einer Frau gegeben, bei 
der man bereits während der Schwangerschaft die Beckenverengerung diagnostiziert 
und den Beginn der Geburt abwartet. Ein normaler Wochenbettsverlauf ist damit so 
gut wie sichergestellt, man gewinnt ein völlig entwickeltes Kind und die Eröffnung des 
Muttermundes ermöglicht die postoperative Uterustamponade. Anders verhält es 
sich in den Fällen, wo Frauen nach langer Wehentätigkeit und häufigen innerlichen 
Untersuchungen in die Klinik eingeliefert werden. Der Verf. verwirft den Kaiserschnitt 
in allen Fällen, wo eine uterine Infektion nachgewiesen werden kann, ein vergeblicher 
Zangen- oder Wendungsversuch vorgenommen wurde, bei dem die Asepsis vermutlich 
nicht strengstens gewahrt wurde, und in den Fällen, wo die Wassermannsche Re- 
aktion positiv ausfällt. Koch (Berlin). 

Kerr, J. M. Munro: The lower uterine segment ineision in conservative 
caesarean section. (Die Schnittführung im unteren Uterinsegment beim konser- 
vativen Kaiserschnitt.) Journ. of obstetr. a. gynaecol. of the Brit. empire Bd. 28, 
Nr. 3/4, S. 475—487. 1921. 

Wenn irgend möglich, ist statt der verstümmelnden Hysterektomie die konservative 
Sectio anzuwenden. Die Narbe des klassischen Kaiserschnittes ist, wie Holland 
in seiner Arbeit gezeigt hat, aber oft unbefriedigend; auch Couvelaire fand in 1495 
eine schlechte Narbe. Die Gründe hierfür sind nicht so sehr auf die ungenügende Tech- 
nik, als auf die mangelhafte Asepsis (Nähe der Scheide), Nachwehen im Wochenbett 
und autolytischen Regenerationsprozeß der Muskulatur im Wochenbett zurückzu- 
führen. Nachteilig ist außerdem die Naht der dieken Muskulatur, namentlich wenn 
sie im Kontraktionszustand erfolgt. Auch die Insertion der Placenta an der Vorder- 
wand (40%, der Fälle) führt oft zu schlechter Heilung. Die Nachteile des klassischen 
Kaiserschnitts lassen sich vermindern, wenn mehr Frauen im Krankenhaus nach sorg- 
fültiger Vorbereitung entbunden würden, wenn bei genügend weitem Muttermund 
die Placenta durch die Scheide entwickelt wird (— bei engem Becken soll man auf 


Sectio caesarea abdominalis 581 


Erweiterung des Muttermundes warten, bei vorliegenden Tumoren, wo doch wahr- 
scheinlich Hysterektomie nötig, vor Wehenbeginn operieren —), wenn man keine 
durchgreifenden, sondern schichtweise Nähte legt, als Nahtmaterial nicht Catgut, 
sondern Leinenzwirn oder Seide anwendet und zur Naht die Retraktionsphase ab- 
wartet (yorher kein Pituitrin oder ähnliches anwenden, sondern Blutstillung durch Gefäß- 
kompression). — Weitaus günstiger ist aber der Einschnitt im unteren Uterinsegment, 
der in Deutschland und Frankreich schon viel ausgeübt wird. In England ist er weniger 
verbreitet, es wird hier meist die Döderlein-Latzko-Modifikation der extraperitonealen 
Schnittführung angewandt. Diese Operation ist bei wahrscheinlich infizierten Fällen 
jedenfalls sicherer. Verf. will den tiefen Uterusschnitt aber hauptsächlich der besseren 
Narbe wegen empfehlen. Er hat ihn in den letzten 3 Jahren 23 mal angewandt und 
dabei folgende Technik, die er mit anschaulichen Bildern erläutert, benützt: Nach 
Eröffnung der Bauchhöhle Querschnitt über dem unteren Uterinsegment, Zurück- 
schieben der Blase, Haltenähte in beide Wundwinkel, Eröffnung des Uterus, Expres- 
sion des Kindes durch eine hinter den Uterus geführte Hand evtl. mit Hilfe eines 
Zangenblattes zum Heraushebeln; Entwicklung der Placenta, wenn möglich durch 
den Cervicalkanal; fortlaufende Naht der Mucosa mit Catgut; Muskelnaht mit Leinen- 
zwirn (einzeln), fortlaufende Catgutperitonealnaht, die die Blase wieder reponiert. — 
In 2 Fällen, wo eine erneute Laparotomie gemacht wurde, war die Narbe nicht zu finden. 
Besonders geeignet ist die Operation bei schon etwas ausgezogenem unteren Uterin- 
segment, vor Wehenbeginn ist es schwerer zu erreichen, aber dieser Schnitt immerhin 
dem Längsschnitt vorzuziehen, bei dem die Gefahr stärkerer Blutung durch Antreffen 
der Placentarstelle auch nicht geringer ist. Einmal mußte der Querschnitt durch den 
von Holland eingeführten Längsschnitt vergrößert werden, da die Extraktion des Kin- 
des sonst nicht möglich war. Im allgemeinen zieht Verf. aber wegen des Muskelver- 
laufs im Uterus den Querschnitt vor. Der tiefe Kaiserschnitt ist technisch zwar schwerer 
als der klassische und eignet sich nicht zur Ausführung im Privathaus. Es resultiert 
aber auch eine feste, wenig zur Ruptur neigende Narbe dort, wo die Dehnung bei der 
nächsten Geburt erst verhältnismäßig spät sich auswirkt. Die Naht in dem gefäß- 
armen Gewebe ist leichter, die Adaption der dünnen Wundränder besser möglich 
und durch Ruhigstellung dieses Teils der Gebärmutter eine bessere Wundheilung im 
Wochenbett gewährleistet. Uter (Heidelberg). 


Katz, A. G.: Die Vorzüge des Schnitts am Fundus Uteri beim Kaiserschnitt. 
(Geburtshilfl. Anstalt, Gouvern. Orloff.) Iswestija Orlowskowo Gubsdrawotdjela (Nach- 
richten des Gesundheitsamtes in Orloff) Nr. 1—2, S. 40—45. 1921. (Russisch.) 

Statt der allgemeinüblichen Methode des Kaiserschnitts mit vorderem Schnitt 
am Uterus bevorzugt Verf. den queren Schnitt am Fundus, wie er von Fritsch schon 
vor 20 Jahren vorgeschlagen. Dieser Schnitt gestattet es leichter die Bauchhöhle vor 
Verunreinigung zu schützen, außerdem wird bei diesem Schnitt viel seltener die Pla- 
centa getroffen, die meist an der vorderen Wand liegt, daher ist die Blutung geringer. 
Die nachbleibende Muskelwunde am Uterus ist kleiner und bequemer zum Nähen. 
Trotz aller dieser Vorzüge hat sich dieser Schnitt noch wenig eingebürgert und doch 
ist er warm zu empfehlen. Zum Schluß werden 2 Krankengeschichten angeführt von 
Fällen, denen mit Erfolg der Kaiserschnitt ausgeführt wurde mit Schnitt am Fundus. 
In beiden Fällen reaktionsloser Verlauf, lebende Kinder. Schaack (Petersburg). 


Heimann, Fritz: Zur Kaiserschnittfrage. (Uniw.- Frauenklin., Breslau.) Zen- 
tralbl. f. Gynäkol. Jg. 45, Nr. 47, S. 1700—1702. 1921. 


Verf. beschreibt 2 Fälle von Kaiserschnitt. Einmal handelte es sich um eine transperi- 
toneale Sectio, die wegen engen Beckens bei nicht gesprungener Blase nach längerenı 
Kreißen gemacht wurde. Am ersten Abend Fieber bis 39°, am 6. Tage Tod infolge Peritonitis, 
die nach dem Obduktionsbefund von einem großen Bauchdeckenabsceß ausging. — Im 2. Falle 
wurde bei verschleppter Querlage nach einem Wendungsversuch ein extraperitoncaler 
Kaiserschnitt gemacht (der 4. wohlgelungene aus dieser Indikation). Trotz gestörter Rekon- 
valeszenz (Urinfistel u. a.) wurden Mutter und Kind schließlich gesund entlassen. — Verf. will 


582 Geburtshilfliche Operationen. 


in diesen beiden Fällen eine erneute Stütze dafür schen, daß die estmipentoneale Methode 
mehr Berücksichtigung verdient als die intraperitoneale, zumal sie bei Übung leicht ohne 
Verletzung des Peritoneums durchzuführen ist (in letzter Zeit hat Verf. kaum eine Verletzung 
des Peritoneums gesehen). Die Küstnersche Klinik, die vorübergehend bei reinen Fällen 
den transperitonealen Kaiserschnitt häufiger angewandt hatte, wird jetzt wieder der extra- 
peritonealen Methode den Vorzug geben. Uter (Heidelberg). 


Fuhrmann: Extraperitonealer Kaiserschnitt und Bogrosscher Raum. Eine 
anatomisch-geburtshilfliche Studie. Prakt. Ergebn. d. Geburtsh. u. Gynäkol. Jg. 9. 
H. 1, S. 54—64. 1922. 

Verf. geht zunächst kurz auf die Geschichte des extraperitonealen Kaiserschnittes 
und die möglichen Zugangswege zum schwangeren Uterus ein. Frank, Döderlein 
und Latzko benutzen als erste den Bogrosschen Raum (Spatium retroinguinale). 
Fuhrmann gibt sodann eine genaue Beschreibung der Anatomie des Inguinalschnittes 
und der Eröffnung des Bogrosschen Raums auf diesem Wege. Weiter beschreibt er 
Anatomie und Topographie dieses Raumes, der schon von den alten Chirurgen als Ort 
der Wahl für die Unterbindung der Arter. il. ext. benutzt wurde. Die Vasa epigastrica 
dienen als Richtschnur in diesem dreieckigen Spatium, das dadurch entsteht, daß das 
Peritoneuni nicht wie die Fascie sich überall eng an das knöcherne Becken anschmiegt, 
sondern schon früher zur hinteren Beckenwand abbiegt. Bei seitlicher Eröffnung des 
Uterus vom Spatium retroinguinale aus ist eine Verletzung des Ureters ın der Regel 
nicht zu fürchten, da dieser mehr in der Tiefe des kleinen Beckens liegt. Nur bei abnorm 
weit rückwärts liegendem oder weit ins kleine Becken hinunter geführtem Uterus- 
schnitt trifft man auf ihn. Auch dann ist eine Verletzung durch Heraufziehen des 
unteren Uterusabschnittes zu vermeiden, da der Ureter diesem Zuge nicht folgt. Uter. 

Beck, Alfred C.: The advantages and disadvantages of the two-flap low in- 
cision cesarean section, with a report of eighty-three cases done by fifteen opera- 
tors. (Die Vor- und Nachteile des suprasymphysären Kaiserschnittes mit (peritone- 
aler) Doppellappendeckung mit einem Bericht über 83 Fälle von 15 Operateuren.) 
Americ. journ. of obstetr. a. gynecol. Bd. 1, Nr. 6, S. 586—594. 1921. 

Verf. berichtet über 83 mit obiger Technik, die sich zuerst im Am. Journ. of 
obst. Febr. 1919 beschrieben findet, ausgeführte Fälle; bei 74 von diesen sind die 
Angaben vollständig und daher eine statistische Verwertbarkeit vorhanden. Außer 
12 reinen Fällen handelte es sich, wie auch aus der der Arbeit angeschlossenen Tabelle 
ersichtlich wird, immer um solche Frauen, die schon lange kreißten, bei denen schon 
länger der Blasensprung erfolgt war oder vaginale Untersuchungen vorausgegangen 
waren. (öl der mit dieser Methode entbundenen Frauen kreißten schon 15 Stunden 
oder länger, bei 53 war die Blase schon mehr als 10 Stunden gesprungen, und nur 
25 von 74 waren vorher nicht vaginal untersucht worden.) Es starben 3 Mütter (3,60%), 
davon eine infolge atonischer Blutung 3 Stunden nach der Entbindung; zieht man 
diesen sowie die reinen Fälle ab, so resultiert eine mütterliche Mortalität von 2,89% 
für die „wahrscheinlich infizierten“ Fälle. In einem anderen Fall war Septicämie 
(im Blut bämolytische Streptokokken), im dritten Fall Peritonitis die Todesursache. 
Verf. zeigt an diesem letzten Fall mit Hilfe von 2 ıinstruktiven Abbildungen, wie trotz 
des völligen Klaffens der Uterusmuskelnaht der Peritonealdoppellappen die Uterus- 
höhle völlig gegen den Bauchraum abschloß, und wie auch an dieser Stelle keinerlei 
Verwachsungen bestanden, während das Netz an der Narbe eines früher gemachten, 
klassischen Kaiserschnittes breit adhärent war. Die Ausbreitung der Infektion erfolgte 
auf dem Lymphwege durch das Ligamentum latum. Auf Grund seiner beträchtlichen 
Erfahrungen mit den anderen Kaiserschnittsmethuden faßt alsdann der Verf. die 
Vor- und Nachteile der neuen Methode gegenüber dem klassischen Kaiserschnitt wie 
folgt zusammen: Während die klassische Sectio in kürzerer Zeit unter geringeren 
technischen Schwierigkeiten auszuführen ist, sowie eine leichtere Freilegung des Opera- 
tionsfeldes ermöglicht, und auch das Kind leichter bei dieser Methode zu extrahieren 
ist, bietet der suprasymphysäre Kaiserschnitt mit peritonealer Doppel- 


Sectio caesarea abdominalis. 583 


lappendeckung besseren Schutz gegen Blutungen (Führung des Schnittes in 
weniger gefäßreicher Muskulatur, Placentarhaftstelle wird seltener getroffen, erforder- 
liche Hysterektomie ist leichter möglich), Peritonitis (Wunde liegt im kleinen Becken, 
ist durch schnell verklebendes gedoppeltes Peritoneum gut abgeschlossen, die Über- 
tragung virulenten Materials aus dem infizierten puerperalen Uterus wird verhindert; 
wenn die Muskelnaht undicht wird, kann sich die Infektion nur im subperitonealen 
Zellgewebe ausbreiten und dort durch Drainage von der Cervix oder vom unteren 
Wundwinkel aus leicht erreicht werden), Adhäsionen (erneute Laparotomie eines so 
operierten Falles hat Verf. zwar noch nicht gemacht, jedoch bei Nachuntersuchungen 
den Uterus stets in ausgezeichneter Stellung und frei beweglich gefunden) und Ruptur- 
gefahr (Lage der Narbe im Durchtrittsschlauch); außerdem ist die Rekonvaleszenz 
bei dieser Operation leichter, da die Därme weniger angerührt werden. Was die 
Nachteile anbetrifft, so kann man sich die Zugänglichmachung des ÖOperationsfeldes 
durch Trendelenburglage erleichtern, die vergrößerten technischen Schwierigkeiten 
spielen für einen in der Hysterektomie erfahrenen Operateur keine Rolle, und naclı 
Übung kann man auch diese Operation in 30 Minuten — klassische Sectio in 15—20 Mi- 
nuten — ausführen. Uter (Heidelberg). 

Welton, Thurston Scott: Double flap low cesarean section results. (Resultate 
des suprasymphysären Kaiserschnittes mit [peritonealer] Doppellappendeckung.) 
Americ. journ. of obstetr. a. gynecol. Bd. 1, Nr. 4, S. 350—356. 1921. 

Verf. hat von November 1919 bis August 1920 11 mal die Sectio nach dieser 
Methode ausgeführt. 6 dieser Fälle, von denen er Krankengeschichtenauszüge beifügt, 
waren sicher, ein siebenter wahrscheinlich infiziert. In keinem Fall trat eine Peritonitis 
auf. Die mütterliche Mortalität war gleich Null. Die Methode wurde seit Januar 1919 
auch schon von Pollack und Beck geübt. Diese Autoren operierten 42 Fälle, von 
denen manche draußen von Ärzten und Hebammen untersucht waren. Auch sie erlebten 
niemals eine Peritonitis und keinen Todesfall. Nachdem Verf. mit Hilfe sehr anschau- 
licher Abbildungen die Technik beschrieben hat (Querschnitt in den Peritonealüberzug 
des Uterus, Abschieben desselben nach oben und unten, Längsschnitt durch die Musku- 
latur. Nach Entwicklung des Kindes usw. und Muskelnaht wird der obere Peritoneal- 
lappen halbkreisförmig nach unten verzogen und auf die Muskulatur aufgenäht, über 
diesen wird dann der untere Peritoneallappen herübergenäht), gibt er eine Übersicht 
über Wehendauer, Blasensprung und vaginale Untersuchung seiner Fälle. 6 mal kreißte 
die Patientin schon länger als 24 Stunden, in 7 Fällen war die Blase schon mehr als 
10 Stunden gesprungen, und 10 Fälle waren zwei- oder mehrmals vaginal untersucht 
worden. — Verf. folgert aus seinen Resultaten, daß die obige Technik großen Schutz 
gegen die Ausbreitung einer Infektion vom Uterus auf das Peritoneum bietet und 
deswegen in allen ‚möglicherweise infizierten“ Fällen Methode der Wahl sein sollte. 
Die Peritonisierung mit Doppellappen vermindert die Gefahr späterer Adhäsionen 
und postoperativer Störungen außerordentlich und sollte deswegen selbst in den 
„reinen“ Fällen künftig zur Anwendung kommen. Uter (Heidelberg), 

Beck, Alfred C.: The two-flap low incision caesarean section. An operation 
applicable alter an efficient test of labor. (Tiefer Kaiserschnitt mit der 2-Lappen- 
methode. Anwendbar auch bei längerer Geburtsdauer.) Surg., gynecol. a. obstetr. 
Bd. 33, Nr. 3, S. 290—295. 1921. 

Bei längerdauernder Geburt, besonders nach dem Blasensprung und nach viel- 
fachen vaginalen Untersuchungen ist der klassische Kaiserschnitt wegen der Peritonitis- 
gefahr unangenehm. Verf. beschreibt eine neue Methode. Er macht nach Eröffnung 
des Abdomens einen Querschnitt durch den Peritonealüberzug des Uterus dicht ober- 
halb der Blase. Dann schiebt er das Peritoneum nach oben und nach unten ab, indem 
er es unterminiert. Dann Längsschnitt durch das untere Uterinsegment, Entwicklung 
des Kindes. Er legt einen Faden durch den oberen und unteren Wundwinkel und 
zieht damit die Uteruswunde möglichst weit vor, um auf diese Weise das Einfließen 


584 Geburtshilfliche Operationen. 


von infektiösem Material in die freie Bauchhöhle möglichst zu vermeiden. Naht der 
Uteruswunde in 2 Etagen. Dann näht er den oberen Peritoneallappen an den Uterus, 
den unteren zieht er 1 cm über den unteren Rand des oberen hinaus und näht ihn dort 
an, verdoppelt also an dieser Stelle den Peritonealüberzug. Falls die Uterusnaht nicht 
halten sollte, ist die freie Bauchhöhle durch den Peritonealüberzug vor Infektion ge- 
schützt. Bericht über 29 Fälle ohne einen Exitus. Theodor (Hamburg-Eppendorf)., 

Gailami, P.: Il taglio cesareo transperitoneale sul segmento inferiore dell’ 
utero. (Der transperitoneale cervicale Kaiserschnitt.) (Clin. ostetr.-ginecol., univ., 
Roma.) Riv. d’ostetr. e ginecol. prat. Jg. 3, Nr. 3, S. 89—96. 1921. 

Die Erfahrungen an 7 mittels transperitonealen cervicalen Kaiserschnittes operierten Fällen 
lassen dieses Operationsverfahren der klassischen Sectio caesarea überlegen erscheinen. Bei 

leicher Dauer der Operation und bei gleich guter Prognose für das Kind liegt eine entschiedene 
Überlegenheit in der raschen und leichten Wiederherstellung der Laparotomiewunde, in der 
geringen Blutung bei Eröffnung des Uterus. Die Gefahr einer postoperativen Adhäsionsbildung 
zwischen Darm und Peritoneum ist ausgeschaltet. Saniner (Graz). 

Calcaterra, Carlo: Contributo casistico al taglio cesareo-transperitoneale so- 
prasinfisario. (Clin. ostetr.-ginecol., univ., Pavia.) Riv. d’ostetr. e ginecol. prat. Jg. 3, 
Nr. 9, S. 369—382. 1921. 

Couvelaire, A.: Indications des hystérotomies transpéritonéales en dehors des 
rétrécissemments du bassin. (Indikationen zum transperitonealen Kaiserschnitt außer- 
halb der Beckenverengerung.) (2. congr. de l’assoc. des gynécol. de langue franç., 
Paris, 29. IX.—1. X. 1921.) Progr. méd. Jg. 48, Nr. 40, S. 467—469. 1921. 

Oetiker, Anna: Vier Fälle von Sectio caesarea cervicalis in kleinsten klinischen 
Verhältnissen. Schweiz. med. Wochenschr. Jg. 51, Nr. 22, S. 513—515. 1921. 


Sträuli, Aug.: Sectio caesarea transperitonealis bei akutem Lungenödem. 
Zwillingsschwangerschaft bei schwerem Vitium cordis. (Cantonsspit. Munsterlingen.) 
Schweiz. med. Wochenschr. Jg. 51, Nr. 11, S. 252—261. 1921. 


Jones, Arnold: A plea for more frequent use of caesarean section. With a 
description of a new operation. (Eine Anregung zur häufigeren Anwendung des 
Kaiserschnittes mit Beschreibung einer neuen Operationsmethode.) Brit. med. journ. 
Nr. 3159, S. 75—76. 1921. 

Die Sectio caesarea ist dazu berufen, manche komplizierte und gefährliche geburts- 
hilfliche Operation zu ersetzen. Verf. fordert ihre ausgedehntere und möglichst früh- 
zeitige Anwendung. Um die in der Unzuverlässigkeit der uterinen Narbe liegenden 
Nachteile zu beseitigen, schlägt er eine neue Operationsmethode vor, die auf der Drei- 
schichtung der Uterusmuskulatur beruht. (Querschnitt in die äußerste Muscularıs 
und Abschieben derselben nach oben. Dann Eröffnung mit Längsschnitt an der am 
wenigsten gefäßreichen Stelle [meist die Mittellinie]. Nach Entwicklung von Kind 
und Placenta und Besichtigung der Uterusinnenfläche fortlaufende Naht des Längs- 
und Querschnittes.) Verf. hat diese Operation 8mal ausgeführt. Er hat zwar noch 
keine erneute Gravidität danach gesehen, glaubt aber trotzdem, daß bei der ent- 
stehenden T-förmigen Narbe die Rupturgefahr vermindert sei. Uter (Heidelberg). 

Blacker, G.: The limitations of caesarean section. (Die Beschränkung des 
Kaiserschnittes.) Journ. of obstetr. a. gynaecol. of the Brit. Empire Bd. 28, Nr. 3/4, 
Nr. 447—462. 1921. 

In geeigneter Umgebung von guten Operateuren ausgeführt, ist der Kaiserschnitt 
heute eine ziemlich sichere Operation. Die mütterliche Mortalität beträgt in reinen 
Fällen, die vor oder bald nach Beginn der Wehen operiert werden, 1,5—2%. Bar ope- 
rierte zwar 97 Fälle ohne mütterlichen und kindlichen Todesfall und Schauta 128 Fälle 
ohne mütterlichen Todesfall, man muß aber bedenken, daß diese Zahlen unter ganz 
besonderen Verhältnissen erreicht wurden. Infektion und Embolie vor allem lassen sich 
in einzelnen Fällen doch nicht vermeiden; außerdem ist die Morbidität der mit Sectio 
entbundenen Frauen hoch — nach Holland machten 55% ein fieberhaftes Wochenbett 


Sectio cacsarea abdominalis. 585 


durch —, und später besteht immer die Gefahr der Narbenruptur. Ferner sind die 
Adhäsionen von Darm und Netz an der Uterusnarbe, die das zweitemal zu einem mehr 
oder weniger extraperitonealen Vorgehen zwingen, zu erwähnen. Aus allen diesen 
Gründen fordert Verf. nachdrücklich Beschränkung des Kaiserschnittes auf die wirklich 
indizierten Fälle. Er bespricht weiterhin ausführlich die Abgrenzung des Kaiserschnittes 
gegen die anderen geburtshilflichen Operationen bei den einzelnen Indikationen. — Beim 
engen Becken kann man für die Indikationsstellung drei Grade unterscheiden: Die 
Fälle, wo nach sorgfältiger Abschätzung eine Spontangeburt abgewartet werden kann, 
die Fälle, wo mit künstlicher Frühgeburt wahrscheinlich ein lebendes Kind erzielt Wird, 
und schließlich die, wo ein Kaiserschnitt unbedingt anzuwenden ist. Die Spontangeburt 
gibt die besten Resultate. Schauta verzeichnet bei über 4000 Fällen von engem Becken 
nur eine mütterliche Mortalität von 0,09%. Diese niedrige Zahl stimmt mit den Erfah- 
rungen anderer Geburtshelfer überein und ist äußerst beachtenswert. Wenn die Ge- 
burtshelfer es nur soweit kommen ließen, würde noch manche Frau mit geringgradiger 
Beckenveränderung spontan entbinden. Falls Spontangeburt nicht erwartet werden 
kann, kommen künstliche Frühgeburt, Zange, prophylaktische Wendung, Pubotomie, 
Sectio und Kraniotomie des lebenden oder toten Kindes in Frage. Die prophylaktische 
Wendung wird allerdings selbst in unkomplizierten Fällen kaum noch angewandt. Die 
hohe Zange sollte durch künstliche Frühgeburt oder Kaiserschnitt ersetzt werden, nach- 
dem die Zahlen von Schauta und Kerr eine hohe kindliche Mortalität erwiesen haben. 
Nur wenn infolge Härte des kindlichen Kopfes oder Wehenschwäche die erwartete 
Spontangeburt nicht eintrifft, wird man sie evtl. ausführen können. In einem solchen 
Fall ist aber das nächstemal eine künstliche Frühgeburt oder Sectio anzuwenden. 
Beim Fehlschlagen der Zange käme auch noch eine Pubotomie, die fraglos in einzelnen 
Fällen die Vermeidung einer Perforation möglich macht und weniger gefährlich als die 
Sectio ist, in Frage. Trotz der geringen kindlichen und mütterlichen Mortalität erfreut 
sie sich aber bei den englischen Geburtshelfern wegen der technischen Schwierigkeiten 
und der Gefahr mütterlicher Weichteilverletzung keiner großen Beliebtheit. Eine Sectio 
ist hier nach den hohen Mortalitätszahlen besonders in der Statistik von Kerr und Hol- 
land nicht gerechtfertigt, eher soll man sich zur Kraniotomie des lebenden Kindes 
entschließen, die namentlich bei durch Zangenversuchen nicht geschädigten Müttern 
nicht so gefährlich ist. Schauta berechnet bei kraniotomiertem toten Kind die mütter- 
liche Mortalität auf 6%, bei lebendem Kind auf 1,3%. — Soll nun bei den infektions- 
verdächtigen Fällen eine Hysterektomie oder ein tiefer, trans- oder extraperitonealer 
Kaiserschnitt ausgefüht werden? Zweifellos ist die Hysterektomie am sichersten, sie 
ist aber eine verstümmelnde Operation. Dem tiefen Kaiserschnitt wird eine leichtere 
Vermeidung der Infektion des Peritoneums, eine geringere mütterliche Mortalität 
und eine verminderte Rupturgefahr zugeschrieben. Diese Annahmen sind aber noch 
nicht bewiesen, dafür ist aber seine Technik schwieriger und bei der extraperitonealen 
Sectio kommt es leicht zu Verletzungen der Blase. Auch drei Fälle von Ruptur bei tiefem 
Kaiserschnitt sind schon beobachtet. Verf. erwartet, daß mit dem Ansteigen der Zahl 
der tiefen Kaiserschnitte auch die mütterliche Mortalitätsziffer wachsen wird. — Bei 
der Placenta praevia haben Metreuryse und Wendung zwar eine geringe mütterliche, 
aber eine große kindliche Mortalität. Nach den Zahlen von Hitschmanın ist Verf. 
aber der Überzeugung, daß der Geburtshelfer nicht berechtigt ist, den an ihrer Stelle 
der geringeren kindlichen Mortalität halber vorgeschlagenen Kaiserschnitt auszuführen, 
da hier weit mehr Mütter sterben, und es nicht erlaubt ist, das Leben der Mutter, 
die vielleicht schon mehrere Kinder hat, um einer noch dazu in !/, der Fälle unreifen 
Frucht willen aufs Spiel zu setzen. Nur wenn es sich um ein lebendes Kind am Ende 
der Schwangerschaft bei einer Erst- (unter Umständen auch bei einer Mehr-) Gebärenden 
mit rigiden Weichteilen handelt, sei der Kaiserschnitt erlaubt. — Die Statistik von Kerr 
und Holland hat für Eklampsiefälle, die mit Kaiserschnitt entbunden wurden, 
eine mütterliche Mortalität von 31,8 und eine kindliche von 32%, aufzuweisen. Neben 


586 Geburtshilfliche Operationen. 


der wichtigen prophvlaktischen Behandlung der Eklampsie (Überwachung der Schwan- 
geren, Schwangerschaftsdiät usw.) ist aber die konservative Methode anzuwenden, 
da diese viel bessere Resultate gibt als der Kaiserschnitt. Verf. führt die Zahlen des 
Rotundahospitals, von Stroganoff und Lichtenstein an, die bei konservativer 
Behandlung nur eine mütterliche Mortalität von 5—9% aufweisen. Beachtenswert 
ist noch dazu, daß in 34 Fällen von Lichtenstein, wo die Anfälle vor der Geburt 
schon sistierten, 21 lebende Kinder geboren wurden. Von 60 Fällen Lichtensteins, 
die nach dem ersten bis fünften Anfall zur Behandlung kamen, starben nur 1,7%, Mütter, 
gegüber einer mütterlichen Mortalität Frommes von 8,7% unter gleichen Bedin- 
gungen, aber bei Behandlung mit Kaiserschnitt. — Bei vorliegenden Tumoren 
sind die Resultate der Sectio gut, falls die Diagnose gestellt ist, und die Operation bald 
nach Wehenbeginn erfolgt. In der Statistik von Holland findet sich eine große Anzahl 
von Kaiserschnitten bei vorliegenden Ovarialeysten. Hier ist die beste Methode nicht 
Sectio, sondern Laparotomie und Abwarten der Spontangeburt nach Reposition des 
Tumors. — Wenn bei akzidentellen Schwangerschaftsblutungen nach chirur- 
gischen Grundsätzen ein Kaiserschnitt nötig ist, wird es sich meist um Hysterektonie 
handeln müssen. — Als Mißbrauch der Sectio bezeichnet Verf. u.a. die 4 Fälle in der 
Hollandschen Statistik, wo wegen eingekeilter Schulterlage ein Kaiserschnitt gemacht 
wurde (50% Mortalität bei Mutter und Kind); wenn schon eine Einkeilung erfolgt ist: 
Wendung und Dekapitation. Ebenso ist eine Sectio bei Wehenschwäche, Epilepsie, 
Hvdramnion, Hydrocephalus, Varicen usw. völlig ungerechtfertigt. Uter (Heidelberg). 


Bride, J. Webster: Caesarean section in Manchester. (Kaiserschnitt in Man- 
chester.) Journ. of obstetr. a. gynaecol. of the Brit. empire Bd. 28, Nr. 3/4, S. 463 
bis 468. 1921. l 

Verf. gibt zunächst einen Überblick über 648 von 1911—1920 in Manchester ausge- 
führte Kaiserschnitte. Die Gesamtmortalität betrug 7% (enges Becken: 4%, Eklampsie: 
66%, Schwangerschaftsblutungen: 28%, andere Indikationen: 19%). Nach Abzug der infi- 
zierten Fälle bleiben beim engen Becken 11 Todesfälle (2%) nach. Da unter diesen auch vor- 
her untersuchte sind, meint Verf., daß in „reinen Fällen‘ die Mortalität unter 2°, bleibt. Bei 
der Gesamtbetrachtung des vorliegenden Materials kommt er zu folgenden Schlüssen: Bei 
engem Becken ist die Sectio caesarea mit sehr kleinem Risiko für die Mutter verbunden, selbst 
wenn Untersuchungen oder Entbindungsversuche vorhergegangen sind. Die Anwendung 
von Kaiserschnitt bei Eklampsie hat enttäuscht, bei Schwangerschaftsblutungen, besonders 
bei I-Graviden mit zentralem Placentarsitz, ist sie dagegen zu empfehlen. Bei vorliegenden 
Tumoren ist für Mutter und Kind die Schnittentbindung die beste Behandlungsmethode. 
Die große Zahl der wegen engem Becken Operierten ist durch die große Verbreitung der Rachitis 
(10% aller im Kinderhospital zugegangenen Pat. waren rachitisch) zu erklären. Im 2. Teil der 
Arbeit bringt Verf. die Resultate einer Katamnese von 190 Kaiserschnitten der Jahre 1912 
bis 1918. 50% blieben steril, 94, d. s. 49°, wurden wieder gravide, 3 davon wurden auf na- 
türlichem Wege, 68 durch eine wiederholte Sectio entbunden, 13 abortierten, einmal kam es 
zur Ruptur der alten Kaiserschnittsnarbe, 21 sind jetzt noch gravide. Weiter gibt Verf. eine 
Erklärung der einzelnen Fälle. Bei 59 Frauen wurde der Kaiserschnitt zweimal, bei 7 dreimal 
und bei 2 viermal ausgeführt. Nach Auseinandersetzung über die Ursachen der Sterilität 
bei den nicht wieder schwanger gewordenen Frauen, kommt Bride zu dem Schluß, daß in 34°, 
der nachuntersuchten Fälle ohne offenbaren Grund Sterilität vorlag; 55°, hiervon hatten 
allerdings im Wochenbett Fieber, das als wahrscheinliche Sterilitätenursache angesehen werden 
kann. Uter (Heidelberg). 


Lang, Karl H., Über wiederholten Kaiserschnitt, mit besonderer Berücksichtigung 
der an der Univ.-Frauenklinik zu Heidelberg in den Jahren 1909—1919 zur Aus- 
führung gelangten Fälle [!]. (Dissertation: Heidelberg 1921.) 

Titus, Paul: Repeated cesarean section. (Wiederholter Kaiserschnitt.) Americ. 

journ. of obstetr. a. gynecol. Bd. 1, Nr. 8, 5. 835—848. 1921. 

Fournier, C.: Operation césarienne avec &nuel6ation de Paeuf. (Kaiserschnitt 

mit Enucleation des Eies.) Bull. de la soc. d’obstetr. et de gynecol. de Paris Jg. 10. 

Nr. 5, S. 307—309. 1921. 

Hans, Hans: Decapitatio obliqua, Kaiserschnitt und temporäre Tubensterili- 

sation. Med. Klinik Jg. 17, Nr. 43, S. 1298—1299. 1921. 


Sectio caesarea abdominalis. 587 


Bell, W. Blair: Method of suture of the uterine wound in caesarean sec- 
tion. (Naht der Uteruswunde beim Kaiserschnitt.) Journ. of obstetr. a. gynaecol. 
of the Brit. Empire Bd. 28, Nr. 3/4, S. 530—532. 1921. 

Verf. verwirft fortlaufende Nähte in mehreren Lagen. Auch Knopfnähte ver- 
hindern nicht, daß die Wundränder zwischen den einzelnen Stichen klaffen. Eine 
Kombination von fortlaufenden und Knopfnähten würde sicher sein, ist aber zu um- 
ständlich. Bell empfiehlt folgende Methode: Reverdinscher Nadelhalter mit breit 
gebogener Nadel, Matratzennähte mit Catgut, nicht Seide, durch die ganze Dicke der 
Muskulatur. Nachdem sämtliche Nähte gelegt sind, werden die Fäden geknüpft. 
Damit ist eine gute Adaption der tiefen Muskelschicht erreicht. Sodann werden durch 
die oberflächliche Schicht unter Benutzung der lang gebliebenen Fäden der Matratzen- 
naht Knopfnähte gelegt. Schließlich fortlaufende Naht des Peritonealüberzuges 
zwischen den Knopfnähten. Das Verfahren, das durch anschauliche Abbildungen er- 
läutert wird, hat Verf. in 30—40 Fällen angewandt. Bei Wiederholung der Sectio war 
es schwierig oder unmöglich, die Narbe in der Uterusmuskulatur aufzufinden. Uter. 

Ichenhäuser, Max: Uterushernie in einer rupturierten Kaiserschnittnarbe. 
(Johanniter-Krankenh., Bonn.) Dtsch. med. Wochenschr. Jg. 47, Nr. 36, S. 1060. 1921. 


Bei einer Frau, die vor 5 Jahren durch Sectio (querer Fundalschnitt) entbunden war, trat 
am Ende einer neuen Schwangerschaft nach einer Bronchitis mit starkem Husten oberhalb des 
Nabels eine weiche, flachkugelige Vorwölbung auf, die dem Uterus anzugehören schien. Wegen 
Verdacht auf Uterusruptur wiederum Sectio. Nach Entbindung des lebenden Kindes supra- 
vaginale Amputation des Uterus mit der noch festsitzenden Placenta. Primäre Heilung. Nach 
4 Wochen Entlassung mit lebendem Kind. Der Uterus zeigte in der alten Kaiserschnittsnarbe 
im Fundus eine 4:7 cm große Dehiszenz, durch die sich eine apfelgroße Eihauthernie mit 
Teilen der Nabelschnur darin hervorwölbte. Es ist anzunehmen, daß die Muskularis an dieser 
Stelle nicht verheilt, sondern auseinandergewichen war, und die Narbe hier nur von Serosa 
und Mucosa gebildet wurde. Bei den starken Hustenstößen ist dann diese Stelle allmählich, 
ohne jede Blutung, auseinandergewichen, ohne daß die Patientin subjektive Beschwerden ver- 
spürte. Die Diagnose konnte in diesem Falle durch die Palpation gestellt werden, trotzdem die 
klassischen Symptome der Uterusruptur — innere Blutung, Schock und peritoneale Reizung — 
sämtlich fehlten. Uter (Heidelberg). 


Holland, Eardley, Rupture of the caesarean section scar in subsequent pregnancy 
or labour. (Ruptur der Kaiserschnittsnarbe bei folgender Schwangerschaft oder 
Geburt.) (Journ. of obstetr. a. gynaecol. of the Brit. empire Bd. 28, Nr. 3/4, 
S. 488—522.) 

Vgl. Ref. S. 451. 

Ichenhäuser, Max, Sekundäre Bauchhöhlenschwangerschaft nach Ruptur der 
Kaiserschnittnarbe. (Johanniterkrankenh., Bonn.) (Monatsschr. f. Geburtsh. u. 
Gynäkol. Bd. 56, H. 1/2, S. 47—50.) 

Vgl. Ref. S. 414. 


Pestalozza, Ernesto: Il taglio cesareo nell’utero doppio (didelfo). (Kaiser- 
schnitt am Uterus duplex [didelpho].) (Istit. ostetr. ginecol., Roma.) Riv. d’ostetr. 
e ginecol. prat. Jg. 3, Nr. 1, S. 1—-12. 1921. 


An einer I-Para wird ein eingekeiltes Uterusmyom als Geburtshindernis festgestellt. 
Da es sich auch in Narkose nicht emporschieben läßt, wird die Sectio in Aussicht genommen. 
Während der ersten Wehen Blasensprung. Sectio caesarea. Nach Eröffnung des Abdonmiens 
konnte festgestellt werden, daß es sich um einen Uterus duplex handelte, wovon der linke Teil 
gravid, der rechte normal groß und retroflektiert war und an einem Uterushorn ein Myom 
trug. Eröffnung des schwangeren Uterus, Extraktion eines 3600 g schweren, lebensfrischen 
Kindes, Exstirpation des entbundenen Uterus (infektionsverdächtig). Abtragung des sub- 
serösen Myoms. Der restierende Uterus erscheint völlig normal und gestationsfähig. Glatte 
Heilung. Suniner (Graz). 
König, E., Verkalktes Myom im Douglas fixiert ; als Geburtshindernis, Sectio caesarca 

transperitonealis cervicalis; Myomectomia vaginalis. Heilung. (Städt. Krankenlı., 

Harburg a. E.) (Berl. klin. Wochenschr. Jg. 58, Nr. 18, S. 451—452.) 


Koerting, Walther: Kaiserschnitt wegen Fiebers. (Geburtsh.-Klin., dtsch. Uniw. 
Prag.) Zentralbl. f. Gynäkol. Jg. 45, Nr. 20, S. 697—701. 1921. 

Während Stoeckel bei bestehendem Fieber den intraperitonealen Kaiserschnitt 
absolut ablehnt, stehen Franz, Hofbauer u. a., wie auch Verf. auf dem Stand- 


D88 Geburtshilfliche Operationen. 


punkt, daß das Peritoneum viel leichter mit einer Infektion fertig wird, wie das pari- 
metrische Bindegewebe oder die Muskulatur, und sind deshalb schon nicht so ängst- 
lich mit der Indikation des intraperitonealen Kaiserschnittes. Verf. berichtet über 
2 Fälle aus der Prager Klinik, bei denen trotz bestehendem Fiebers, 38 resp. 39,5°, 
bei intraperitonealen, cervicalem Kaiserschnitt die Frau zur Ausheilung kam. Im 
zweiten Falle bestand sogar schon vor der Operation eine Peritonitis serofibrinosa 
(in der Peritonealtlüssigkeit grampositive, nicht hämolysierende Streptokokken von 
rundlicher Form). Die gleichen Bakterien länglicher Form wurden in der Uterusflüssig- 
keit und im Venenblut gefunden. Verf. legt Wert darauf, daß über der Naht des cervi- 
calen Kaiserschnittes das Peritoneum wieder vernäht wurde, so daß die Uterusnaht 
extraperitoneal zu liegen kommt. Bauchnaht ohne Drainage. Zuerst bestanden noch 
Zeichen einer Peritonitis: Singultus, aufgetriebener Leib, Stuhl und Winde verhalten, 
Temperatur 39,6°; Puls 130, dikrot, Zunge stark belegt; doch gingen diese Er- 
scheinungen bald zurück und Pat. genas bis auf einen kleinen Bauchdeckenabsceß. 
Die Laparotomie hat die Peritonitis sogar günstig beeinflußt. Albert Rosenburg. 


Banister, J. Bright: Caesarean section in infected cases of obstructed la- 
bour. (Kaiserschnitt bei infizierten schweren Geburten.) Journ. of obstetr. a. gynaecol. 
of the Brit. empire Bd. 28, Nr. 3/4, S.523—527. 1921. 

Routh hat eine Statistik mit einer mütterlichen Mortalität von 34,7%, ver- 
öffentlicht. Diese hohe Zahl läßt manchem die Sectio in solchen Fällen kontraindiziert 
erscheinen oder wenigstens die Anwendung einer Hysterektomie verlangen. Verf. 
hält diese Ansichten auf Grund seiner allerdings kleinen Erfahrungen für zu pessi- 
mistisch. Er will auch bei lange Zeit gesprungener Blase, vorausgegangenen Unter- 
suchungen, fehlgeschlagenen Entbindungsversuchen usw., falls das Kind noch lebt, 
den klassischen Kaiserschnitt ausführen. Er beschreibt 9 Fälle dieser Art. Die an- 
gewandte Technik war folgende: Nach gründlicher Desinfektion von Vulva und Vagina 
mit sog. „Blaufarbe‘‘ — auf alle anderen Desinfektionsmittel kann man sich nicht ver- 
lassen —, die im Laboratorium des Middlesex-Hospitals zuerst hergestellt wurde, 
Anstreichen der Bauchdecken mit demselben Farbstoff. Nach Eröffnung der Bauch- 
höhle Eventration des Uterus, gründliches Abdecken mit Handtuch. Nach Entbindung 
von Kind und Placenta Ausspülen des Uteruscavum und der Wundwinkel mit Blau- 
farbe. Uterusnaht nach klassischer Weise. Abspülen des Uterus mit Kochsalzlösung, 
Entfernen des Handtuches, Reposition des Uterus. Mehrschichtige Bauchdeckennaht 
ohne Drainage. Als Nahtmaterial wird Leinenzwirn oder Seide verwandt, Silcworm 
ist aber wohl ebenso sicher. Auf die Unresorbierbarkeit des Nahtmaterials kommt 
es jedenfalls an. — Manche Fälle zeigten zwar Zeichen von Sepsis, das Endresultat 
war aber immer gut; alle Mütter blieben am Leben und nur ein Kind, das bei der Ent- 
bindung schon ein allgemeines Ödem zeigte, starb nach 10 Tagen. Uter (Heidelberg). 


Walthard: Beitrag zur Sectio intraperitonealis cervicalis bei Febris sub partu 
und Physometra. (Oberrhein. Ges. f. Geburtsh. u. Gynäkol., Freiburg i. Br., Sitzg. v. 
22. V. 1921.) Zentralbl. f. Gynäkol. Jg. 45, Nr. 36, S. 1291—1293. 1921. 

Unter 205 Fällen von Sectio cerv. intraper. zeigten 26 Patientinnen im Zeitpunkt 
der Operation Fieber über 38°. Bei 5 dieser Frauen trat im Puerperium eine Entzün- 
dung, die über die Grenzen des Uterus hinausging, auf, — in 1 Fall ging die Patientin 
an einer diffusen eitrigen Peritonitis nach 4 Tagen zugrunde, in den übrigen Fällen 
handelte es sich um eitrige parametrane Exsudate (1 Exsudat nach Physometra ver- 
jauchte) —. Bei sämtlichen anderen Patientinnen war die Heilung der Bauchdecken 
gestört. Aber auch in den 179 Fällen, in denen die Temperatur während der Operation 
38° nicht überstieg, trat 4 mal eine Entzündung außerhalb des Uterus auf — eine Frau 
starb ebenfalls nach 4 Tagen an diffuser, eitriger Peritontis, in 3 Fällen lag eine Para- 
metritis vor —. Auch in anderen Fällen wurden aus dem Fruchtwasser nicht fiebernder 
Patientinnen, bei denen sich später Bauchdeckeneiterungen einstellten, Streptokokken 


Sectio caesarea abdominalis. 589 


gezüchtet, auch im Bauchdeckeneiter fanden sich Streptokokken. Vortr. sieht nach 
diesen Ergebnissen die Temperatursteigerung unter der Geburt als nicht entscheidend 
für die Prognose des postoperativen Verlaufes an. Uter (Heidelberg). 

Bell, W. Blair: The sterilisation of infection incurred before caesarean section 
is performed. (Über eine im Verlauf der Sectio ausgeführte Prozedur zur Be- 
kämpfung der Infektion.) Journ. of obstetr. a. gynaecol. of the Brit. empire Bd. 28, 
Nr. 3/4, S. 528—529. 1921. 

Das Unterlassen des Kaiserschnittes in verdächtigen und infizierten Fällen kostet 
das Leben vieler Kinder. Die Hysterektomie bringt, ganz abgesehen von mehr gefühls- 
mäßigen Erwägungen, auch oft Gefahren mit sich. Gelegentlich eines im Februar 
1920 beobachteten Falles ist Verf. zur Anwendung einer mit „Miltonscher Flüssig- 
keit“ getränkten Gazekompresse gekommen. Diese wird zunächst für 1 oder 2 Minuten 
auf die Wundwinkel gelegt, sodann in die Uterushöhle hineingebracht und das eine 
Ende der Gaze zur Scheide hinausgeleitet. Dann wird die Uterusnaht ausgeführt. 
Nach Beendigung der Operation wird im Bett die Gaze durch die Scheide entfernt. 
Verf. hat diese Methode bis jetzt in 10 Fällen angewandt. Der erste Fall, bei dem es 
sich um eine mehrfach untersuchte, durch Blutverlust geschwächte Frau mit Pla- 
centa praevia handelte, die außerdem einige Tage lang wiederholt außerhalb der Klinik 
ohne Handschuhe untersucht worden war, machte ein völlig fieberfreies Wochen- 
bett durch. Uter (Heidelberg). 

Dencker, Hans: Das Schicksal der Kaiserschnittkinder. (Univ.-Frauenklin., 
Breslau.) Monatsschr. f. Geburtsh. u. Gynäkol. Bd. 55, H. 4/5, S. 207—217. 1921. 

Von 236 lebend geborenen Kaiserschnittskindern starben in der ersten Lebens- 
woche 8 (Melaena, Sklerem, Pneumonie, Asphyxie, Frühgeburt). Über 130 Kinder 
konnte weitere verwertbare Auskunft erhalten werden, 45 Kinder konnte Dencker 
selbst nachuntersuchen. Die Kaiserschnittskinder sind in ihrem späteren Leben in 
keiner Weise gegenüber den anderen Kindern benachteiligt. Im ersten Lebensmonat 
gingen 4,6%, zugrunde (allgemeine Säuglingssterblichkeit im ersten Monat 6%). 95,4% 
der lebend geborenen Kaiserschnittskinder verließen gesund die Klinik. Die Lebens- 
fähigkeit über das 1. Lebensjahr war 81,5%, (allgemeine Lebensfähigkeit über das 
1. Lebensjahr bei ehelichen Kindern 73,5%, bei unehelichen 51,5%). Nur 7,3%, waren 
körperlich nicht einwandfrei entwickelt; ein Kind war geistig zurückgeblieben, ein 
Kind hatte epileptiforme Krämpfe. Walther Hannes (Breslau). 


Küstner, Heinz: Zur Frage der Apnöe und Asphyxie der Kaiserschnittkinder. 
(Univ.-Frauenklin., Breslau.) Zentralbl. f. Gynäkol. Jg. 45, Nr. 39, S. 1414. 1921. 

Vorläufige Mitteilung über zwei an Kaninchen und einem an einem Meerschweinchen aus- 
geführten Kaiserschnitt. Die Narkose wurde erst begonnen, nachdem einzelne Junge schon 
entwickelt waren. Während die vor der Narkose geborenen Tiere sofort sich lebhaft beweg- 
ten und regelmäßig atmeten, wurde jedes später entwickelte Junge immer schlaffer und bläu- 
licher geboren. Die zuletzt geborenen Tiere reagierten auf Hautreizungen nur mit schnappen- 
den Atembewegungen. In Übereinstimmung mit zahlreichen Beobachtungen am Menschen 
führt Verf. nach diesen Versuchen einen nicht ganz geringen Teil der Asphyxie und der Apnöe 
der Kaiserschnittkinder auf die Narkose zurück. Uter (Heidelberg). 

Agusti Planell, Domingo: Wann soll man die Pubiotomie, wann den Kaiser- 
schnitt ausführen? Arch. de ginecop., obstetr. y pediatr. Jg. 34. Nr. 5, S. 115 
bis 117. 1921. (Spanisch.) 

Die Pubiotomie ist dann indiziert, wenn die Conjugata vera um 3 cm kleiner 
ist als der kindliche Kopf, dessen Durchmesser man vorher feststellen muß. An die 
Pubiotomie wird sofort die Entwicklung des Foetus durch Zange oder Wendung an- 
geschlossen. Wenn irgend möglich ist die Pubiotomie dem Kaiserschnitt vorzuziehen, 
da dieser auch in seiner extraperitonealen Modifikation zu schweren fortgeleiteten 
Infektionen des Peritoneums führen kann. Bei der Pubiotomie hat man weiterhin 
auch immer die Chance, daß es zu einer dauernden Beckenerweiterung komnit, die 
später die Spontangeburt ermöglicht. Der Kaiserschnitt ist indiziert, wenn die Durch- 


590 Geburtshilfliche Operationen. 


messer des Beckeneingangs um mehr als 3--3,5 eni verringert sind, terner bei größeren 
Weichteilschwierigkeiten (Tumoren, Narben usw.). In allen Fällen, in denen der Kaiser- 
schnitt ausgeführt wird, ist die extraperitoneale Methode den intraperitonealen Ver- 
fahren bei weitem vorzuziehen. Nürnberger (Hamburg). 


Gandy, Eric: The administration of anaesthetics in caesarean section. (Die 
Anwendung von betäubenden Mitteln beim Kaiserschnitt.) Journ. of obstetr. a. 
oynaecol. of the Brit. Empire Bd. 28, Nr. 3/4, S. 534—537. 1921. 

Verf. beschreibt ausführlich die Indikationen zur Anwendung der zur Verfügung 
stehenden Mittel (Chloroform, Äther, Äthanesol, Lachgas und Stovain) bei den ver- 
schiedenen, zum Kaiserschnitt: führenden Geburtskomplikationen. Bei engem Becken 
können sich Thoraxverbildungen, verminderte Lungenkapazität, Herzstörungen, 
Lungentuberkulose, Pleuraadhäsionen finden, so daß man am besten Lachgas in Ver- 
bindung mit Lokalanästhesie anwenden wird. Bei starkem Blutverlust und Erschöpfung 
ist: alles außer Lachgas und Sauerstoff, unterstützt durch Lokalanästhesie, kontra- 
indiziert. Was die Eklampsie anbetrifft, so ist zwar Chloroform erfolgreich zur Unter- 
drückung der Anfälle angewandt, man muß aber bedenken, daß das Chloroform die 
bestehende Acidose vermehrt, und sollte aus diesem Grunde die Anwendung unterlassen. 
Äther oder Gas und Sauerstoff sind für Mutter und Kind in diesen Fällen viel sicherer. 
Weiterhin bespricht Gandy die Vorbereitung zur Operation: Darmentleerung mit 
Ricinusöl. Bei Eklampsie rectal Traubenzucker oder Natr. bic. intravenös, falls Zeit 
dazu ist, und 45 Minuten vor der Operation 0,01 Atrop. sulf., aber kein Scopolamin 
oder Morphium wegen Schädigung des kindlichen Atemzentrums. Der Narkotiseur 
soll nicht am Kopfende, sondern zur Seite der in Trendelenburg-Lage liegenden Pa- 
tientin stehen. Nach Entbindung Bedecken der Patientin mit heißen Tüchern zum 
Ausgleich des Wärmeverlustes. Die Narkose ist erst zu beginnen, wenn der Operateur 
bereit ist, um eine Schädigung des Kindes durch eine zu lange Narkose zu vermeiden. 
Bei spinaler Agresie ist die Lagerung mit gekrümmtem Rücken für die Schwangere 
oft sehr schwierig, muß aber erreicht werden, da sonst das Entrieren des Duralkanals 
nicht gelingt. Eine mit Chloroforn begonnene Narkose ist nach Entbindung des Kindes 
zweckmäßig mit Äther fortzusetzen wegen der wehenanregenden Wirkung dieses 
Narkoticums. Weiter empfiehlt der Verf. einen Apparat zur Mischung von Lachgas, 
Sauerstoff und Äther, den er mit Unterstützung einer beigefügten Abbildung genau 
beschreibt. Nach Beendigung der Operation zur Beruhigung der Mutter Morphium. 
Die mit spinaler Analgesie operierten Patienten sind zur Vermeidung von Kopfschmerzen 
recht vorsichtig zu betten. Der bei Äther beobachtete Brechreiz fehlt bei Äthaneral. 
Immer muß der Narkotiseur sorgfältig und vorsichtig vorgehen, da es sich beim Kaiser- 
schnitt oft um erschöpfte und ausgeblutete Frauen handelt. Uter (Heidelberg). 


Frey, E.: Der abdominale Kaiserschnitt in Lokalanästhesie. (Unw.-Frauenklin., 
Zürich.) Münch. med. Wochenschr. Jg. 68, Nr. 48, S. 1548—1550. 1921. 

Die Allgemeinnarkose hat beim Kaiserschnitt nicht nur Komplikationen, sondern 
auch Todesfälle von Müttern und Kindern zur Folge. Da auch die Lumbalanästhesie, 
die zur Umgehung der Allgemeinnarkose angewandt wurde, nicht ungefährlich ist, 
hat Verf. das zuerst an der Frankfurter Klinik unter Walthard angewandte Lokal- 
anästhesieverfahren weiter ausgebaut. Es wurden seit Oktober 1920 an der Züricher 
Univ.-Frauenklinik alle Fälle von Sectio, mit Ausnahme der Eklampsie, ın Lokal- 
anästhesie durchgeführt, 27 mal ohne Zugabe von Allgemeinnarkose. Verf. beschreibt 
sodann die Technik. Weiter empfiehlt er die Kombination von Novocain und Morphium 
zu vermeiden, und anstatt des Morphiums Somnifen zur Vorbereitung. Die Anwendung 
der Lokalanästhesie beim Kaiserschnitt ermöglicht eine Durchführung der Operation 
ohne Hast (spontane Placentarlösung, sorgfältige Uterusnaht, gute Blutstillung) und 
wird die Operationsgefahr durch Wegfall der Narkosetodesfälle weiter verringern. 


Uter (Heidelberg). 


Manuelle Placentarlösung. — Verschiedenes. 591 


Tofte, Axel: Sectio caesarea in Lokalanästhesie. (Ver. f. Gynäkol. u. Geburtsh., 
Kopenhagen, Sitzg. v. 8. IV. 1921.) Hospitalstidende Jg. 64, Nr. 37, S. 60—63. 
1921. (Dänisch.) 

Axel Tofte berichtet über einen Fall, eine 35jährige VI-Para, die nach vor 4 Jahren 
überstandener Endocarditis rheumatica 6 Wochen vor Schwangerschaftsende mit Erscheinungen 
von Gehirnembolie erkrankt war (Schwindel, unsicherer Gang, Schwäche im linken Arm, moto- 
rische Aphaxie) und deren Zustand sich plötzlich so verschlechterte, daß Cyanose, rascher 
Puls und oberflächliche Atmung einsetzte und man aus vitaler Indikation entbinden mußte. 
Da die Frau in sitzender Stellung operiert werden mußte und eine Inhalationsnarkose höchst 
unangebracht erschien, wurde Sectio caesarea beschlossen. Die Haut und Bauchfascie wurden 
mit 1/, proz. Novocain-Adrenalinlösung vom Nabel bis zur Symphyse eingespritzt. Nur der 
Schnitt durch Fascie und parietales Bauchfell wurde als leichter wehenartiger Schmerz emp- 
funden, Aufschneiden und Naht des Uterus wurde kaum verspürt. Vor Schluß der Bauchhöhle 
wurden die Tuben unterbunden. Das Kind, 2400 g schwer und 47 cm lang, starb kurze Zeit 
nach der Operation, die Mutter genas. T. will ähnliche Fälle mit unkompensierten Herzfehlern 
und Lungenkomplikationen wie Lungenödem, Infarkt oder Hypostase so behandelt wissen. 
In der europäischen Literatur sei sein Fall im Gegensatz zur amerikanischen, in der Webster, 
Trout und Stemons - Johnsson zusammen über 32 Fälle berichten, der einzige. Saenger. 


Rauch, Hans, Ileus nach Kaiserschnitt. (Univ.-Frauenklin., Breslau.) (Dissertation: 
Breslau 1921.) 


5. Manuelle Placentarlösung. 


Baumm, Hans: Untersuchung über die Gefährlichkeit der manuellen Placen- 
tarlösung. (Prov.-Hebammenlehranst. u. Frauenklin., Breslau.) Monatsschr. f. Ge- 
burtsh. u. Gynäkol. Bd. 55, H. 6, S. 322—330. 1921. 

Die Beobachtung vieler Autoren, welche die manuelle Placentarlösung als einen 
höchst gefährlichen Eingriff erwies, wird durch Verf. als nicht zu Recht bestehend 
ausgelegt. Nach seinen Berechnungen sind nicht alle Störungen des Wochenbettes 
der manuellen Austastung zur Last zu legen. Bei günstigen Bedingungen ist der Ein- 
griff kein wesentlich gefahrvoller. Als ungünstige Bedingungen gelten Fieber intra 
partum, vorausgegangene geburtshilfliche Operationen und starker Blutverlust. Be- 
achtet man diesen Hinweis, dann bietet die manuelle Lösung der Placenta stets gute 
Erfolge. Adolf Pfeiffer (Breslau). 


6. Verschiedenes. 


Villanueva, D. Fernando: Geburtshilfliche Schwierigkeiten bei totem Kind. 
Siglo med. Jg. 68, Nr. 3546, S. 1143—1145. 1921. (Spanisch.) 


Bei einer 22jährigen Zweitgebärenden starb die Frucht im 9. Schwangerschaftsmonate ab. 
Nach spontanem vorzeitigen Blasensprung ging dauernd etwas Blut ab. Da von der Placenta 
nichts zu fühlen war, so nimmt Verf. als Ursache der Blutung entweder geplatzte Varicen 
oder eine vorzeitige Lösung der normal sitzenden Placenta an. Wegen der nicht starken, aber 
kontinuierlichen Blutung wurde die Beendigung der Geburt beschlossen. Das Kind befand 
sich in linker dorsoposteriorer Querlage. Schwierige Wendung, bei der zuerst ein Bein, dann 
der Kopf abriß. Der Kopf wurde schließlich nach Pituitrininjektion spontan in die Scheide ge- 
boren und wurde von hier aus vollends entwickelt. Wochenbett normal. Nürnberger. 


Holmes, Rudolph W.: The fads and fancies of obstetrics. A comment on the 
pseudoseientifie trend of modern obstetrics. (Die Liebhabereien und Grillen der Ge- 
burtshelfer. (Eine Bemerkung zu der schein-wissenschaftlichen Richtung moderner 
Geburtshelfer.) Americ. journ. of obststr. a. gynecol. Bd. 2, Nr. 3, S. 225—237. 1922. 


Dolöris, J.-A.: Protection médicale et sociale de la femme enceinte. (Ärzt- 
liche und soziale Schwangerenfürsorge.) Gynécologie Jg. 20, Nr. 12, S. 705—736. 1921. 

Die Ausführungen lassen deutlich den Mangel der Krankenkasseneinrichtung in 
Frankreich erkennen, so daß es gerade für Schwangere, die eine ärztliche Behandlung 
nötig haben, an geeigneter Unterkunft und Unterstützung fehlt, die nach Ansicht des 
Verf. aus öffentlichen und privaten Mitteln beschafft werden müssen. Geldunter- 
stützung, Einführung von Schwangerenärzten, Schaffung geeigneter, besonders hygie- 


592 Allgemeines, Lehrbücher, Lehrmittel. 


nischer Anstalten zur Unterbringung unmündiger Kinder, falls die Mutter zur Ent- 
bindung ein Hospital aufsuchen muß. Die Tendenz der Arbeit ist offenbar, dem Ge- 
burtenrückgang zu steuern. Geppert (Hamburg). 


Fruhinsholz, A.: Le travail des femmes enceintes dans les usines et ateliers. 
(Die Beschäftigung schwangerer Frauen in Fabriken und Werkstätten.) Rev. med. 
de lest Bd. 49, Nr. 16, S. 479—488. 1921. 


Der Verf. verlangt 1. daß jede Schwangere von ihrer Arbeit befreit werden soll, sobald sie 
irgendwelche mit der Schwangerschaft zusammenhängende Beschwerden äußert, gleichgültig, 
in welchem Monat der Gravidität sie sich befindet. 2. Jede Frau, welche sich in einem vor- 
geschrittenen Stadium der Schwangerschaft befindet, soll, da sie in einem solchen Zustande 
leicht Verletzungen ausgesetzt ist, ebenfalls von der Arbeit dispensiert werden. — Die dafür 
eintretende Entschädigung muß so hoch sein, daß die Frauen den Arbeitsausfall nicht bedauern 
und die ersehnte Schwangerschaft nicht verwünschen. Koch (Berlin). 


XIV. Allgemeines, Lehrbücher, Lehrmittel. 


e Handbuch der Geburtshilfe. Hrsg. v. A. Döderlein. III. Bd. — Weber, F.: 
Die operative Behandlung des Puerperalliebers. — Eisenreich, 0.: Hygiene 
und Diätetik der Fortpflanzungstätigkeit.e. — Eisenreich, 0.: Behandlung des 
Neugeborenen. München und Wiesbaden: J. F. Bergmann 1921. VI, 161 S. 
M. 30.—. 

Im letzten Teile des 3. Bandes von Döderleins Handbuch der Geburtshilfe hat 
F. Weber die operative Behandlung des Puerperalfiebers dargestellt, und zwar im ein- 
zelnen die Ausschabung und Ausbürstung des Uterus, die Atmokausis, die Uterus- 
exstirpation, die Peritonitisbehandlung und das parametrane Exsudat. Im nächsten 
Abschnitt behandelt O. Eisenreich die Hygiene und Diätetik der Fortpflanzungs- 
tätigkeit, gegliedert nach Schwangerschaft, Geburt und Wochenbett, wobei die Ge- 
burtsvorbereitung in Klinik und Privathaus, die verschiedenen Arten der geburts- 
hilflichen Untersuchung, die Vorbereitung der Kreißenden, die Leitung der Geburt, 
die Dammrisse, ihre Verhütung und Behandlung, Nachgeburtsleitung und endlich 
Pflege und Ernährung der Wöchnerin ausführliche Berücksichtigung gefunden haben. 
Die Behandlung des Neugeborenen, ebenfalls aus der Feder Eisenreichs, und ein 
Autoren- und Sachregister bilden den Abschluß des Werkes, das wohl den Grundstock 
der Bücherei jedes modernen Geburtshelfers bildet. Die Ausstattung auch dieses 
Schlußbandes ist friedensmäßig, also mustergültig. Stickel (Berlin). 


Fehling: Diagnostische und therapeutische Irrtümer und ihre Verhütung in 
der Geburt. (Diagnost. u. therap. Irrtümer u. deren Verhütung. Frauenheilk. Abt. 
Geburtsh. H. 1.) Leipzig: Georg Thieme 1921. 101 S. M. 16.50. 


Im Rahmen des Buches von J. Schwalbe: „Diagnostische und therapeutische 
Irrtümer und deren Verhütung“ hat Fehling das Kapitel „Geburt“ übernommen. 
In einer Einleitung und 27 Kapiteln bespricht er bei aller Kürze erschöpfend und auch 
für den in Geburtshilfe weniger erfahrenen Arzt klar und verständlich alle Irrtümer 
der Erkennung geburtshilflicher Komplikationen und die daraus erwachsenden, in 
der Geburtshilfe oft besonders unheilvollen therapeutischen Mißgriffe. Im einzelnen 
werden behandelt, immer mit besonderer Rücksicht auf den Praktiker, die Antiseptik, 
die Lagebestimmung der Frucht, ob lebend oder tot, Geburtsbeginn, Wehentätigkeit, 
Sturz — und heimliche Geburt, die Nachgeburtszeit, die Risse, Zwillinge, Zange, Wendung, 
Perforation, Embryotomie, Mißbildungen der Frucht, Blasenverletzungen, Komplika- 
tionen seitens der weichen und harten Geburtswege, Beckenendlagen, intrauterine Ein- 
griffe, Beckenzerreißungen, Nabelschnurblutungen, Placenta praevia, Eklampsie, 
Uterusruptur und -inversion, Todesfälle und Fieber in der Geburt und Scheintod des 
Neugeborenen. Das Buch ist ein Vademecum der Geburtshilfe für den Praktiker im 
besten Wortsinne., Stickel. 


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Allgemeines, Lehrbücher, Lehrmittel. 593 


Zangemeister: Diagnostische und therapeutische Irrtümer und ihre Verhütung 
im Wochenbett. (Dragnost. u. therap. Irrtümer u. deren Verhütung. Frauenheilk. 
Abt. Geburtsh. H. 2.) Leipzig: Georg Thieme 1921. 39 S. M. 7.50. 

In dem oben erwähnten Schwalbeschen Buche hat Zangemeister die diagno- 
stischen und therapeutischen Irrtümer und ihre Verhütung im Wochenbett bearbeitet, 
indem er für den Praktiker das normale Wochenbett, das Puerperalfieber, die Lochio- 
metra, die Retention von Placentarresten, die Uterusinversion, die Thrombosen, die 
funktionellen und organischen Blasenstörungen, die Pyelitis, die Eklampsie, Paresen, 
Neuralgien, Psychosen und endlich die Mastitis bespricht. Das Buch ist dem Praktiker 
ein zuverlässiger Berater und regt auch den Facharzt zum Nachdenken (hin und wieder 
auch zum Widerspruch) an, durch in fast jedem Kapitel hervortretende eigene An- 
schauungen des Verf. Stickel. 

@ Liepmann, W.: Das geburtshilfliche Seminar. Praktische Geburtshilfe in 
zwanzig Vorlesungen für Ärzte und Studierende. 3. verb. u. verm. Aufl. Berlin: 
August Hir-chwald 1921. XVI, 387 S. 126 M. 

Das geburtshilfliche Seminar von Liepmann ist in 3. Auflage erschienen in 
gleich guter Ausstattung wie früher. Ein neues Kapitel ist der Schmerzstillung unter 
der Geburt eingeräumt unter Berücksichtigung der Narkolıypnose, der Inhalations-, 
Leitungs- und Infiltrationsanästliesie sowie des Dämmerschlafes. Neben einigen 
Technizismen ist neu noch die Bluttransfusion aufgenommen. Die Wichtigkeit der 
seminaristischen Übungen für die geburtshilfliche Ausbildung der Studierenden hebt L. 
einleitend hervor. Stickel (Berlin). 


Jahresbericht f. d. ges. Gynäkologie 1921. 38 


Abadie, J. et L. Garoby 316. 

Abderhalden, Emil 32. 

Abel 164. 

— Georg 299. 

Abernetty, Carl 388, 517. 

Abraham, Karl 128. 

Abrams, Samuel F. 489. 

Abt, Isaac A. 498. 

Adair, Fred L. 363, 364. 

— — — and Richard E. 
Scammon 395. 

Adler, L. 201, 218, 310. 


Autorenregister. 


! Bacier, Pe. de 218. 

| Backer, de 307. 

| P. de 307. 

| Backmann, E. Louis 144. 

| Baensch, W. und H. Boe- 
minghaus 226. 

Baer, Joseph L. 559. 

'— Ludwig 187. 

nn 84. 

Bagg, Halsey J. s. Bailey, 
Harold 326, 327. 

Bailey, Harold 124. 


Beck, Alfred C. 582, 583. 
Becker, Hubert 41, 460, 553. 
I — Jos. 400. 

| Beckman, M. s. Hiess, V. 553. 
— Max 421, 549. 

' Beckmann, Wilhelm 453. 

ı Beclere 90, 300, 302. 

'— et Siredey 58. 

'— A. 303, 304. 

' Beeler, Raymond C. 249. 
Beer, Edwin 255. 

' Beetz, Alois 109. 


Agustí Planell, Domingo589. — — and Halsey J. Bagg Begouin 225, 414. 


Akagi, Yasokichi 208. 

Albacht, Anton 479. 

Albert, Walter 340. 

Albrecht, Hans 146. - 

Alcrudo, Miguel J. 472. 

Alin, E. 444. 

Altmann, J. 559. 

Alverdes, Friedrich 38. 

Amantea, G. e K. Krzysz- 
kowsky 37. 

Amreich 370. 

-— J. s. Frankl, O. 100. 

- = — 8, Richter, J. 215. 

—- Isidor 320. 

Andérodias 472. 

— J. 401. 

Anders, H. E. s. Strakosch, 
W. 489. 

Anderson, J. Ford 451. 

Andrews, H. Russell 196. 

Araya, Rafael 402. 

Arlotta, Michele 337. 

Armangué, Manuel s. Gon- 
zales, Pedro 35. 

Artom di S. Agnese, Valerio 
102. 

Aschenbach, Rudolf 222. 

Aschner, Bernhard 210. 

Ashby, Winifred 464. 

— — s. Butsch, J. L. 465. 

Athias, M. 124. 

Atzrott, E. H. G. 159. 

Aubertin s. Couvelaire 468. 

Audebert et Claverie 480; 
533. 

Auer, Max 400. 

Auerbach, Siegmund 185. 

Auricchio, Luigi 393. 

Aza s. Vital Aza 480. 


Bab, Hans 61. 

Bachem, Albert 84. 
Bacialli, L. 150, 417. 
— — e N. Scaglione 563. 
— Luigi 415. 


326, 327. 

Bakay, Emma 508. 

Baker, T. Thorne s. Levy, 
Leonard 91. 

Balard, Paul 478. 

Baldassarı, Vittore 542. 

i Baldwin, J. F. 58. 

Balhorn, Friedrich 461. 

' Balkhausen 7. 

‚ Ballerini, G. 531, 533. 

; Balli e Fornero 129. 

— R. e A. Fornero 129. 

Bamberger, Arrie 517. 

Bandler, Samuel W. 140. 

Banister, J. Bright 588. 

| Bar, Paul 358, 526. 

Barbieri s. Tommasi 
275. 

Barchetti, Karl 544. 

Bardon, G. 192. 

Barnes, Charles S. s. Schu- 
mann, Edward A. 524. 

Barringer, Emily Dunning 
269. 

Barris, J. and M. Donaldson 
454. 

Bartram, Gerhard 361, 472. 

Bastos, Henrique 243. 

Bathe, O. 522. 

Bauer, Guenter 121. 

— Julius 44. 

Bauereisen 295. 

— A. 473. 

Baughman, Greer 555. 

Baumm, Hans 365, 404, 442, 
447, 493, 565, 591. 

Baur, Hanns 115. 

Bayer, Carl 71. 

Bayet, A. 325. 

Bazan, Florencio s. Sussini, 
Miguel 487. 

Bazgan, Jon 13. 

| Bazy 209. 

Bécart, Auguste 461. 

Becher, Hellmut 355, 357. 


159, 


' Behan, Richard J. 285. 

: Behne, Kurt 466, 483, 499. 

|—-- —- und Karl Lieber 464. 

' Behrendt, Arno 197. 

' Beier, Ferdinand 417. 

' Bell, J. Warren 363. 

—- John N. 338. 

—- W. Blair 471, 587, 589. 

Benckert, H. 214. 

Benda, Robert 352. 

' Benthin 292, 314, 521. 

+ W. 80, 167, 315, 345, 417. 

Berard, Leon et Ch. Dunet 
58, 162. 

. Bercovitch, Abram 174. 

' Beresford-Jones, A. 247. 

Beretervide, Enrique s. Na- 
varro, Juan C. 420. 

' Berliner, Max 42. 

Bernheim-Karrer 505. 

Berreiter, Anton 196. 

Bertino, A. 555. 

Bertkau, F. 354. 

Bertolini, G. 180. 

Bertoloni, Giovannı 470. 

Beruti, Josué A. 369. 

Betrix, A. 320. 

Beyer, Ch. et J. de Nobele 
228. 

Biedl, A., H. Peters und R. 
Hofstätter 115. 

Bier, August 39. 

Bierende 508. 

ı Bierens de Haan, J. A. 207. 

Bierich, R. 66. 

— — und E. Moeller 73. 

Billroth, Hans Gottlieb s. 
Meyer, Kurt H. 1. 

Bingel 152. 

Björkenheim, Edv. A. 403. 

Björnberg, Ragnar 419. 

Birnbaum, R. 294, 475. 

Bischoff, Elfriede 64. 

Bisso, Leonar Martinez s. 
Rios, José Rómulo 505. 


Autorenregister. 


Bittmann 405. 

-— Otakar 340. 

Blacker, G. 584. 

Blair, Alexander C. 444. 

-— Bell s. Bell, W. Blair 471, 


Brodhead, Georg, L. and 
Edwin G. Langrock 442. 

Bröse, P. 261. 

' Brossmann, Hans 345. 

Broun s. Leroy Broun 414. 


587, 589. Brousse s. Plisson 15. 
Blanc Fortacin, José 280. Browne, Francis J. 502. 
Blanco Soler 559. — — — s. Johnstone, R. 


Blaschko, A. und B. G. Groß 
264. 

Bloch, Rene et Hertz 14. 

Blot s. Lorrain 181, 220. 

Blume, Wilhelm 205. 

Blumenthal, Ferdinand 65. 

Boeminghaus, H. 227. 

s. Baensch, W. 226. 

—- Hans 225. 

Bönner, Rudolf 401. 

Boese, Karl 298. | 

Boettger, Max 216. 

Boggs, Russell H. 311. 

Bogi, Dino 151l. 

—- P. 492. 

Boije, O. A. 432. 


Bruck, Walter 277. 
Brüning, Fritz 282. 
— Heinrich 
Brünner, E. K. 453. 
Brugnatelli, Ernesto 112. | 
Brunnschweiler, A. 186. | 
Bucura 222. 
Büben, Ivan v. 276. 

| Bürger, Max 462. 

Bumke, Oswald 14. 


PEN — 


Bumm, E. 471. 
Bunnemann 165. 
‚ Burckas, Rudolf 272. | 
"Boraneck Bohus 293. | 
: Burke, Victor 262. 


Bökay, Jänos 488. ' Burnell, Max 493. 
Bolognesi, Guiseppe 60. | Burrows, Arthur 327. 
Bompiani, R. 563. -— Harold 232. 


Bonar, B. E. 396. 
Boneo, F. Etchevery s. Et- 
chevery Boneo, F. 404. | 
Bonifield, Charles L. 149. 
Bonney, Victor 335. ' 
Borell, H. 413. 
Boss, William 415. 
Bosse, Hugo 108. 
Bossert, Otto 391.. 
Bouchacourt, L. 82, 312. 
Bouché, G. et A. Hustin 36. Cadenat, F.-M. 162. 
Bourgeois, F. s. Curtois-Suf- Calcaterra, Cardo 584. 
fit 3. Calderini, Giulio 492, 565. 
Bourne, Aleck W. 146, 472., Caldwell, Wiliam E. and 
Bourret 401, 426, 447. Wm. G. Lyte 547. 


Buscemi, A. 197, 564. 

Buschke, A. und E. Langer 
3l. ! 

Butler, Wiliam J. s. Smith, 
Richard R. 224. 

Butsch, J. L. and Winifred 

= Ashby 465. 

' Byford, Henry T. 182. 

' Bylicki, Ladislas 394. 


Boussin, M. s. Brindeau, A. | Calmann, A. 377. 

355. | Cameron, Sam. J. 342. 
Bovi, A. 549. Senne: Lotte 122. 
Brachet, A. 350. Campbell, John 522. 
Bracht 342. | Candea, A. 15. 
Branden, Fernand van den ; 'antoni, Vittorio 532. 

s. Hermans, Paul 271. Cappellani, S. 214. 


Caratozzolo, A. 411. 
Carstens, J. H. G. 507. 
Cary, Wiliam H. 173. | 
| Castaña, Carlos Alberto 149. 

' Castroverde, José 511. 


Brattstroem, Erik 242. 
Bredthauer, Alfred 134. 
Breide, H. 162. 
Bremer, John Lewis 400. 
Brenner, M. 345. 


Brewer, George Emerson | Cattani, Paul 92. 

192. Catz, B. F. 405. 
Brezosa Tablares, Pio 64. Caulk, John R. 236. 
Briault, F. 4. Cervenka, Jan und Klement 


Bride, J. Webster 586. 

Bright, Elizabeth M. s. Red- 
field, Alfred C. 97. 

Brindeau, A. 432. 

--- — et M. Boussin 355. 

—- — et J. Réglade 554. 

Broca, Andre 330. 

Brock, James 455. 


| Weber 46. 
Champel 170. 
| Chambers, Helen s. Russ, 8. 
68, 69, 99, 100. 
Chaoul, H. 8%. 
Charbonnel et Favreau 346. 
' Chassot 553. 
ı Chatillon, Fernand 367. 


371. — 
| Ciaudo 580. 


595 


Chatin, P. 516. 

Chaton, N. 417. 

Chattaway, Dorothy 405. 

Chauvin et Moya 16. 

— E. 19. 

Cherry, Thomas H. und Šal- 
vatore di Palma 263. 

Chidichimo, F. 373. 

—- Francesco 387. 

Chueco, Alberto 331. 

Chute, A. L. 258. 

Arthur L. 248. 


Clark, Edmund D. and Wil- 
liam E. Gabe 215. 

— L. H. s. Russ, Sidney 
85. 

— Oscar 310. 

Clarkson, E. R. Townley 
267. 


i Clauß, E. 399. 


Claverie s. 
533. 

| Cleisz 550. 

. Clementsen, Hermann 484. 

Clogne, René s. Couinaud, 
Paul 478. 

Clough, Mildred C. s. Clough, 
Paul W. 463. 

— Paul W. and Mildred 
C. Clough 463. 

Coffey, Robert C. 254. 

Cohn, Michael 390. 

-— Moritz 261. 

— R. 492. 

Cole, Percival P. 336. 

Coliez, Robert 80. 


Audebert 480, 


| Collins, Asa W. 338. 


Colmegna, Hector 504. 
Colombino, Carlo 554. 
Condamin, R. 322. 

Condit, W. H. 417. 

Conijn, J. J. 372. 

Conill, V. 174. 

Cook, M. W. and D. D. Staf- 
ford 30. 

-- Marjorie W., Virginia 
Mix and Ethel O. Culvy- 
house 27. 

— Paul 512. 

Cooke, J. V. s. Jeans, P. C. 
502. 

- Corbus, B. C. 239. - . 

Corner, George W. 61, 207. 


Corten, M. H. 517. -j 


Costa, Romulus 571. 

 Cottalorda, Jean 407. 

Cottenot, Paul s. Courtade 
Denis 251. 

Couinaud 457. 

— Paul et René Clogne 478. 

Courbin s. Pery 479. 

Courmelles s. Fouveau de 
Courmelles 183. 

— s. Foveau de Courmelles 
330. 


38* 


596 Autorenregister. 


Coutard, H. s. Regaud, Cl. | D’Erchia, Florenzo 1, 355. | Erdmann, John F. and Harry 


313. Descarpentries 1, 417. V. Spaulding 211. 

Couvelaire 171. Dessauer, F. 94. Erede, Ugo 546. 
— et Aubertin 468. — — und F. Vierheller 90. | Erkes, Fritz 292. 
-— A. 577, 584. | Deucher, Walter G. 545. | Eriksson, G. 371. 

Covisa, Isidro S. 239. | Dietlen, Hans 85. Esau, Paul 521. 
Cox, Anna s. Lucas, William ; Dietrich, H. A. 42, 410, 472. | Esch, P. 550. 

Palmer 395. | Dillon, James R. 262. Esmann, Viggo 404. 
Cremieu, R. et P. Gauthier | Di Palma, Salvatore s. Cher- | Espinola, Rafael 327. 

479. ry, Thomas H. 263. Essen-Möller, Elis 426, 427. 
Cresbon, H. s. Regaud, Cl. | Di S. Agnese s. Artom di S. | Etchevery Boneo, F. 404. 

313. Agnese, Valerio 102. Eymer, Heinrich 11, 370, 
Cron, Roland S. 378. Dobberstein, Fritz 388. 403. 

Crowell, A. J. 243. Doederlein, A. s. Handbuch | 
Cruikshank, H. C. s. Lailey, 592. Failla, Gioacchino 101. 
W. W. 263. — Theodore J. 254. Fair, H. D. 436. 
Culbertson, Carey 223. Döhler, H. 277. Falco, A. 154. 
Cullen, Ernest K. 163. Doenicke, Alfred 57. Falk, E. 484. 
— Thomas S. 203. ı Doléris, J.-A. 591. Fallon, Michael F. 417. 
Culver, Harry 243. Doms, Herbert 49. Farr, Robert Enımett 10. 
Culvyhouse, Ethel O. s.. Donaldson, M. s. Barris, J. | Farrar, Lilian, K. P. 19, 33, 
Cook, Marjorie W. 27. ' 454. 331. 
Cummings, H. H. 388. ı Doren, van s. Young 184. Faure, J.-L. 315, 316. 
— Howard H. 483. Dorman, Franklin A. and | Favreau s. Charbonnel 346. 
Curtis, Arthur H. 220. ı James K. Mossman 482. | — s. Péry 420. 
Curtois-Suffit et F. Bour-' Dossena, Gaetano und Nino: — M. s. Labat, A. 354. 
geois 3. ‚  Piccaluga 43. | Fehling 592. 
Cusmano, Ferdinando 181. Douay, E. 181. Feis, Oswald 268. 
ı Doussain (fils) 72. Feletti, C. 481. 
Dabowsky, N. s. Nobel, E. Dreyer, K. s. Stühımer, A. Fellner, Otfried O. 135, 530. 

516. ' 33, 524. '— Ottfried O. 142. 
Dadaczynski, Georg 447. Dreyfoos, Max s. Ransonoff, Fey, Hellmuth 29. 

Daels, Frans 204, 326, 333. Louis 195. Figar, Jan 164. 

D’Agata, Guiseppe 250. ı Dreyfuss, Eduard 560. Finck, Julius v. 513. 
Dalché 118. ' Driscoll, Joseph A. 403. | Fink, Karl 420, 538. 

— M. 148. ı Drüner, L. 363. I— Walter 105. 

— Paul 148. ‚Dry, David M. 488. Fino, C. 55. 

Daniel, C. 333, 452. : Dürr, Hermann 500. Finsterer, Hans 9. 
Dannreuther, Walter T. 280. Duhot 222. Fischer, Max 183. 
Dartigues, M. 333. Duncan, Rex 321. Fischl, Rudolf und Ernst 
David, Oskar 97. Dunet, Ch. s. Berard, Leon Steinert 501. 

— Vernon C. and Peter M. ' 58, 162. Flamini, Mario 503. 

Mattill 233. Duran, Francisco s. Gon- |Flandin, Ch., A. Tzanck et 
Davis, David M. s. Swartz, zales, Pedro 35. ; Roberti 462. 

Ernest O. 274. Duvergy 408. . |Flatau, W. S. 175, 409. 
—- Edwin G. 257. ; Fleischmann, Jakob 451. 
—— James E. 267. Ebbinghaus, H. 436. Fleurent, H. 450. 

Day, Robt. V. 255. ' Eberhart, F. 519. Flöel, O. 383. 

Dearing, Bradford French | Eberle, D. 451. Flörcken, H. 254, 261. 
s. Lucas, William Palmer | Ecke, Alfred 523. Förster, Walter 96. 
395. Edelstein, F. und A. Ylppö | Fohr, Oswald 344. 

Deaver, John B. 287. 360. Foix, E. 205. 

— — — and Stanley P. Ederer, Paul 358. ı Fornero s. Balli 129. 

Reimann 200. Edington, G. H. 491. — A. 83, 124, 364. 

Decio, Cesare 117, 543, 544, | Egger, Oscar 238. — — s. Balli, R. 129. 

562. Ehrenfest, Hugo 497. Forssner, Hj. 186. 
Deelman, H. T. 73, 201. Eiken, Hjalmar 94. Fortacin s. Blanc Fortacin 
Delch6 216. Eisenhardt, W. und R. 280. 

Delétrez, A. 478. Schaefer 122. Foscue, G. B. 399. 

Delmar, M. F. 224. Eisenreich, O. s. Handbuch | Foth, Käthe 516. 

Delmas, Paul 13, 477. 592. Fothergill, W. E. 343. 

Deluca, Francisco 500. , Eisenstädter, David 216. Fournier, C. 586. 

Demel, Rudolf 252. Eliassow, Alfred 504. Fouveau de Courmelles 183, 

Demonchy, A. 271. Eliot jr., Ellsworth and Otto | Foveau de Courmelles 330. 


Dencker, Hans 589. Carl Pickhardt 285. Fox, Eduardo A. 341. 
Dening, Hermann 393. ı Epstein, Berthold 495. Fraenkel, L. 523. 


Autorenregister. 


Fraenkel, L. und Fr. Chr. !IGauthier, P. s. Cr&emieu, R. 
Geller 126. 479. 
— Manfred 49, 50, 94, 415, :Gnyet, G. 238. 
429. Geipel, P. 359. 
Fränkel, W. K. 1. Geist, Samuel H. 407. 
Frangenheim, P. 49:. Geldern, Chas. E. von 8. 
Frank, M. 60. Hale, Nathan G. 242. 
— Max 391, 392. Geller, Fr. Chr. 213. 
Franke, Felix 487. — — — s. Fraenkel, L.126. 
Frankl, O. 202. Gellhorn, George 524. 
—- O. and J. Amreich 100. | Gelli, Gino 317, 327. 
—- Oskar 107, 195, 199, 312. | Gelpi, Maurice J. 293. 
— — und Viktor Hiess 445. | Gelston, C. F. 500. 
Franz 256, 298. Genova, Antonino 359. 
— K. 265, 540. Genschel, Johannes 449. 
-— Th. und H. Katz 376. Gentili, Attilio 410, 560. 
Frenzel, Hermann 8. Georgescu, Gr. und Marius 
Freund, H. 180, 193, 294. Georgescu 225. 
Frey, E. 590. — Marius s. Georgescu, Gr. 
Friedlaender, Kurt F. 54. 225. 
Friedman, L. V. 468. — V. s. Naumescu, D. 409. 
Friedrich, Hans 222. Geppert, F. 34. 
Fritz, O. s. March, A. 89. Gessner, W. 429, 433. 
Froelich 499. — Wilhelm 429, 432. 
Frølich, E. 540. Gibson, Harold K. 422. 
— Theodor 392. — Thomas E. s. Hinman, 
Frontz, W. A. 236. Frank 237. 
Fruhinsholz, A. 561, 592. Giese, W. 244. 
-— — et J. Parisot 532. Giesecke, August 155. 
Fuchs, Dora 184. Giles, Arthur E. 172. 
—- H. 119, 261, 294, 365. Glasser, Otto 102. 
Fülöp, Albert 377. Glocker, R. 86, 363. 
Fürth, Otto 146. Gloel, Werner 522. 
Füth, H. 164, 344. Gobeaux, Z. s. Yernaux, 
Fuhrmann 176, 436, 582. 229. 
— Ludwig und Bruno Kisch i Godard, Henri 517. 


N. 


353. Gödel, Alfred 488. 
Fujii, Tamotsu s. Kon, Yu-| Göppert, F. 513. 
taka 77. Goerbig, F. s. Schröder, R. 


134. 
Goetze, Otto 82, 281. 
Goff, Bryon H. 408. 
Goffe, J. Riddle 453. 
Golay, J. 511. 
Goldberg, B. 264. 
Goldspohn, A. 343. 
Goldstein, Albert E. 228. 
Goldstine, Mark T. 333. 
Gombos, Dénes 512. 
Gonzales, Pedro, Francisco 
Duran und Manuel Ar- 
mangue 35. 
Gonzalez, Tristan J. 471. 
Gordon jr., Onslow A. 519. 
Gow, A. E. 473. 
Grad, Hermann 338. 
Graebke, H. 306. 
—- Heinrich 557. 
Graef, Wilhelm 23, 461. 
Grämiger 512. 
Gräper, Ludwig 484. 
Graf, Eugen 525. 
— Paul 234. 


Fujimura, Gencho 526. 
Fullerton, Andrew 245. 


Gabastou, Juan A. 525. 

Gabe, Wiliam E. s. Clark, 
Edmund W. 215. 

Gabriel, G. 495. 

Gänssle, Hermann 88. 

Gänßle, Hermann 52. 

Gaertner, H. 277. 

Gaifami, P. 584. 

— Paolo 494. 

Gal, Felix 305. 

Galatti, Guiseppe 250. 

Gamper, Alfred 460. 

Gandy, Eric 590. 

Garcia de la Serrana, M.-J. 
338. 

Garland, G. M. 403. 

Garling, Karl 122. 

Garoby, L. s. Abadie, J. 316. 

Garretson, William V. P. 185. 

Garriga, Bonfilio 375. 

Gaudino, Maria Teresa F. de 
403. — Raoul 340. 

Gaudy, Jules et Fernand Graff, Erwin 441. 
Stobbaerts 228. ı Greenberg, J. P. 223. 


597 


Greenhill, J. P. 406. 
Greenough, James s. Gwath- 
: mey, James T. 5. 

‘Greil, Alfred 429, 518. 
Gresset, Paul et André 
Réau 220. 

Grieser, Friedrich 408. 
= Guy P. 215. 


Gross, A. 149, 530. 

Groß, B. G. s. Blaschko, A. 
264. 

Grunow, W. 186. 

Gruss, J. 57, 331. 

Gudden, Tilly 416. 

Guedel, Arthur E. 2. 

Guéniot, Paul 467. 

Guerrero, Mariano A. 48. 

Guggisberg, H. 449. 

— Hans 144, 351, 403. 

Gunn, J. W. C. 380. 

Gunsett, A. 102. 

Guthmann, Heinrich 85, 276. 

Gutman, Jacob 127. 

Gutzeit, Richard 482. 

Gwathmey, James T. and 
James Greenough 5. 

György, P. 505. 


Haan s. Bierens de Haan 
207. 

‘Haas, Alfred 435. 
Haberlandt, Konrad 370. 
— L. 128. 

| Hackradt, Adolpho 104. 

. Häggström, Paul 205. 

| Haende, Fritz 275. 

Haendly, P. 95, 309. 

Haffner, Raymond 440. 

Hahn, Gustav 190. 

'— Marie 235. 

Haim, E. und S. Roubal 404. 

— Emil 404. 

Halban, J. 190, 339. 

— Jos. 121. 

— Josef 54, 343, 495. 
Halberstaedter, L. 67. 

— — und F. J. Tugend- 

reich 86. 
Halbertsma, Tj. 507. 
Hale, Nathan G. and Chas. 
E. von Geldern 242. 

Haller, August 441. 

Hallez, G. L. 509. 
Haınant, A. 4. 

— — s. Weiss, Th. 240, 523. 
Hamburger, Georg 543. 
Haıner, H. G. 249. 
Hammerschlag 518. 

|Handtınann, G. s. Theodor, 

P. 368. 

| Hanemann, Moritz 435. 
Hannak, Fritz 454. 
Hannes, Walther 400. 
Hans, Hans 586. 

Hansen 223. 
Hanser, Robert 18. 


598 


Hantke, Hans 166. 

Harbitz, Francis 515. 

Harding, Victor John 418. 

Hart, C. 121. 

Hartle, Ludwig 447. 

Hartleib, Heinrich 3. 

Hartmann 158. 

-—- D. 345. 

-— Henri 189, 323, 333. 

- - Henry 323. 

— I. P. 196. 

Hartog, Carl 222. 

Hasdrup, R. 339. 

Hauenstein, J. 104. 

Haupt s. Hinselmann 536. 

Haupt und Pinoff 89, 91. 

— Walther 272. 

-— — s. Hinselmann, Hans 
535, 5ö4. 

Hausser, K. Wilhelm und 
Wilhelm Vahle 96. 

Heberer, H. 520. 

Heffernan, Roy J. 378. 

Heidenhain, L. 447. 

Heidrich, Leopold 279. 

Heil, Karl 224. 

Heilmann, Pankraz 370. 

Heimann, Fritz 95, 402, 581. 

Heintze, Wilhelm 563. 

Heiter, Josef 368. 


Hellendall, Hugo 174, 175, | Hofmann, 


221, 405, 408, 473, 520. 
Hellmuth, Karl 23, 377, 500, 
550. 
Henderson, G. E. W. 387. 
Hendry, R. A. 523. 
Henkel, Max 348. 
Henrard, E. 436. 
Henrotay, J. 578. 
Heppner, Ernst 231. 
Herbich, Wilhelm 184. 
Herfarth, H. 494. 
Hermanies, John 31. 
Hermans, Paul et Fernand 
van den Branden 271. 
Hermstein 382. 
— Alfred 473. 
Herrmann, Edmund 136. 
Hertwig, Günther 54. 
Hertz s, Bloch, René 14. 
Herxheimer, Karl 28. 
Herzberg, E. 226. 
Hess, R. 400. 
— R. s. Heß, R. 400. 
Hesse, Erich 21. 
Hesselberg, Trygve 455. 
Heß, R. 398. 
Heuser, Carlos 69. 
Heymans, C. 128. 
Heyn, Albrecht 520. 
Heynemann, Th. 366, 552. 
Hiess, V. 
553. 
— Viktor 44l. 
— — s. Frankl, Oskar 445. 
Hill, Leonhard 4. _ 


Autorenregister. 


Hill, T. Chittenden 297. 


ı Himmelfahrt, G. J. 194. 


Hingston, C. A. F. 433. 

i Hinman, Frank and Thornas 

| E. Gibson 237. 

| Hinselmann 406. 

|-— und Haupt 536. 

--- Hans 406, 421, 536, 537, 
554. 

— — und Walther Haupt 535. 
— —, Walther Haupt und 
Hans Nettekoven 554. 

| Hirsch, Max 55, 408, 521. 
--- Rudolf 346, 501. 

— S. 47. 

Hirschenhauser, Felix 211. 
ı Hirschfeld, Theodor 222. 
Hirst, Barton Cooke 430. 
'— John Cooke 138. 

ı Hisgen, H. 262, 411. 

! Hoak, Warren H. 264. 

| Hobbs, Remington 525. 
Hochenbichler, Adolf 448. 
i Höchheimer, Alice 370. 

! Hoehne, Ottomar 439. 
Hofbauer, J. 428. 

Hofer, Carl 492, 563. 
Hoffmann 207. 


'—- Klaus 11, 459, 460, 566. | 


l-— Rudolph Frederic 416. 

Artur Heinrich 
405. 

— Edmund und O. Mergels- 
berg 273. 

Hofstätter, R. s. Biedl, A. 
115. 

Hogge 271. 

Holden, Frederick C. 222. 

Holland, Eardley 451, 575, 
576, 579. 

Holman, Jerome Earl 185. 

Holmes, Harriet F. s. Slye, 
Maud 75. 

— Rudolph W. 591. 

Holst, Johan 49l. 

— Stein F. 494. 

Holzapfel, Karl 350. 

Holzknecht, G. 94. 

Hoobler, Hal R. s. Lucas, 
Wiliam Palmer 395. 

Hook, Weller van 342. 

Hoppenrath, Hans-Georg 
392. 

Horn, Gerhard 381. 

Hornung, R. 516, 522. 

— Richard 331. 

Horväth, Boldizsär 196. 

Howard, Willam Travis 466. 

Hubbard. L. D. 184. 

Huber, Othmar 495. 


| Hübschmann, K. 72. 
und M. Beckman | Hütner, Bruno 398. 
ji Hürzeler, O. 126, 274, 354. 
i Hüssy, Paul 298, 375, 387, --- Eugen 229. 


421. 
Hütten, Fritz von der 96. 


| Hussey, 


Hugel 432. 

Hughes, Edmund 503. 

Huhner, Max 173. 

Huntington, James L. 454. 

Raymond G. s. 
Murphy, James B. 77. 

Husten, Carl 504. 

Hustin, A. s. Bouché, G. 36. 

Hutchison, H. S. and P. T. 
Patel 561. 

Hutinel, V. et Pr. Merklen 
503. 

Hyman, Abraham and Lewis 
T. Mann 25l. 


Jacob, G. 343. 
Iacobaeus, H. 420. 
Jacobi 564. 
Jacoby, Adolph 
Jacquin, P. 203. 
Jaeger, Franz 374. 
-— Hans 3. 

Jägerroos, B. H. 219. 
Jaeggy, E. 383. 


127, 266. 


i Jagić, N. und G. Spengler 


116. 


| Jaisson, C. 284. 
:Janecek, V. 174. 


Jardine, Robt. 438. 

Jaschke, Rud. Th. v. 22, 40, 
187, 193, 348, 437, 471, 
520, 539, 552. 

Ichenhäuser, Max 414, 587. 

Jeanni, Cyrille et Pareux 
420. 

Jeans, P. C. and J. V. Cooke 
502. 

Jenkins, C. E. 30. 

Jerie, Josef 339. 

Jerlov, Emil 284. 

Jervell, Fredrik 455, 
507. 

Jesionek, A. 27. 

Jiann, Ion 209, 210. 

Iljin, F. 184. 

Ingraham, Clarence B. 160. 

— Harold C. 517. 

Joachimoglu, G. 245. 

Jørgensen, Stefan 506. 

Jötten, K. W. 28, 272. 

Johnstone, R. W. and Fran- 
cis J. Browne 246. 

Jolly, J. s. Regaud, Cl. 313. 

Jonas, W. 447. 

Jones, Arnold 584. 

—- Basil B. 398. 

-- Harold O. 317. 

- - Martha R. s. Lucas, Wil- 
liam Palmer 395. 

Joseph s. Kamnitzer 36l, 
362. 

— Edward G. s. Stacy, Leda 
J. 185. 


462, 


-— und Nicolai Kleiber 


227: 


Joseph, S. 411, 519. 
Irving, Frederick C. 497. 
Isola, Domenico 121. 


Autorenregister. 


'Kliegel, 


Klopstock, Alfred 490. 


Judd, Edward S. and John  Klotss. Scheffelaar Klots 419. 


E. Struthers 242. 
Jüngling, Otto 308. 
Izar, Guido 35. 


Kaboth, Q. 449. 


| Knocpfelmacher, 


Knauer, E. und H. Zacher] 24. 
Wilhelm 

und Clara Kohn 500. 
Knörr, Bertold 187. 


| Knoop, C. 339. 


Käckell, R. s. Zeissler, J. 508. | Knox, Robert 327. 


Kästner, Hermann 516. 

Kafka, Viktor 214. 

Kahn, Isador W. 453. 

Kaiser, Franz Josef 14. 

Kamnitzer und Joseph 361, 
362. 

Kapferer, R. 441. 

Karewski, Walter 222. 

Katz, A. G. 581. 

-— Georg 375. 

—- H. s. Franz, Th. 376. 

-— Heinrich 450, 467. 

Kaufmann, E. 294. 

Kautsky, Karl 371, 552. 

Kawan, Fritz 336. 

Kayser, Konrad 483. 

Kaznelson, Paul und J. St. 
Lorant 93. 

Kehrer, E. 366, 540, 541. 

Keiffer, M. 191. 

Keith, D. Y. 183. 

Keller, Philipp 105. 

— R. 216, 484. 

—- Raymond 449. 

Kellerman Slotemaker, 
P. 34. 

Kellert, Ellis 79. 

Kellogg, Foster S. 444. 

Kennard, K. Sellers and 
Emmet Walsh 417. 

Kennedy, William T. 299. 

Kermauner, F. 391. 

Kerr, J. M. Munro 573, 575, 
580. 

Keyes jr., Edward L. 242. 

Keysser, Fr. 70, 74, 100. 

Kjelland Mørdre, S. 550. 

Killian, John A. 423. 

— — — and Carl P. 
win 548. 

King, E. L. 406. 

— James E. 125. 

Kirchner, Walter C. G. 171. 

Kirstein, F. 26, 33, 88, 353. 

— Friedrich 362, 396, 397. 

Kisch 522. 

— Brunos. Fuhrmann, Lud- 
wig 353. 

Kiss, Franz 114. 

Klaar, Paul 331, 568. 

Kleiber, Nicolai s. Joseph, 
Eugen 227. 

Klein, C. U. v. 417. 

— W. 30. 

Kleine, Hildegard 479. 

Kleinschmidt 159. 


J. 


Sher- 


| 


Koblanck 347. 

Koenig 317. 

König, E. 403. 

-— Konrad, 388. 

Koenig, M. 316. 

Koenigsfeld, Harry 104. 

Koerting, Walther 563, 587. 

Kofferath, Walter 500. 

Kogutowa, Anna 164. 

Kohl, Fritz 105. 

Kohlmann, William and 
Ernest C. Samuel 315. 

Kohn, Clara s. Knoepfel- 
macher, Wilhelm 500. 

Kolischer, Gustav 106. 

Kon, Yutaka and Tamotsu | 
Fujii 77. 

RKoopmann, Hans 164. 

Koppius, P. W. 447. 

Kosmak, Geo. W. 549. 

Kosminski, E. 170. 

Kossmann, Ferdinand 296. 

Kothmann, Walter 441. 

Kott, Bruno 408. 

Kouwer, B. J. 364. 

Kowarschik, Josef 105. 

Kraft, Siegfried 238. 

Krahula, Gerhard 401. 

Krasemann, Erich 108. 

Kratochvil, Josef 441, 458. 

Kratzeisen 142. 

Krecke, A. 482. 

Krediet, G. 62. 

Kreisch, E. 451. 

Kretschmer, Ernst 53. 

Kritzler, Hans 369, 388, 399, 
454, 455. 

Krivsky, L. A. 293. 

Kroll, Fritz 468. 

— K. 215. 

Kronenberg, Walter 221. 

Kronfeld, Arthur 45. 

Krongold-Vinaver, S. 474. 
475. 

Kross, Isidor 73, 74, 79. 

Krüger, W. 393. 

Krzyszkowsky, K. s. Aman- 
tea, G. 37. 

Kuehner, H. G. 191. 

Külz, Fritz 462. 

Küstner, Heinz 589. 

Kütting, Adolf 392. 

Kuhlmann, Ernst August s. 
Schröder, R. 152. | 

Kulenkampff, D. 3, 518. 

Kundrat, R. 177.. 


Karl 372. 
'Klieneberger, Otto 56. 
| 
| 
| 


599 


Kupferberg, Heinz 201. 

Kuramitsu, Choizu s. Loeb, 
Leo 534. 

— — and Leo Loeb 534. 

Kurtzahn, Hans 85, 324. 


Labat, A.etM. Favreau 354. 

Lacassagne, A. s. Regaud, 
Cl. 313. 

— — et H. Vignes 441. 

Lacey, F. H. 343. 

Läwen. A. 291. 

Lahey, Frank 1. 

Lahm. W. 50, 219. 

Lahmeyer, Friedrich 105. 

Lailey, W. W. and H. C. 
Cruikshank 263. 

Lambrethsen 449, 488. 

La Muela, Juan José de 518. 

Lang, Ernst 482. 

— Karl H. 586. 

Lange-Nielsen, Chr. 565. 

Langer, E. 490. 

— — s. Buschke, A. 31. 

Langes, Erwin 222. 

Langhans, Konstantin 160. 

Langrock, Edwin G. s. Brod- 
head, George L. 442. 

Langstroth, jr., Francis 

aa Ward 148.. 

La Serrana, M.-J. Garcia de 
s. Garcia de la Serrana, 
M.-J. 338. 

La Torre, F. 458. 

— — Felice 346. 

Latzko, W. 289, 520. 

Lau, H. 486. 

Laureati, Francesco 494. 

Laurentie 444. 

Laurie, R. Douglas 507. 

Lay, Enrico Bussa 332. 

Lederer, Richard 388, 389. 

Le Fur, René 272. 

Legrain, Pierre s. Thibierge. 
Georges 510, 511. 

Lehmann, F. 165. 

Lehumam, Edward A. 417. 

Leighton, Adam P. 137. 

Leitch, Archibald 98. 

Lelievre s. Levy-Solal 531. 

— s. Potocki 408. 

Lennartz, Ernst 535. 

Leonhard, Heinrich 457. 

Leroux, Robert 515. 

Le Roy, Maeder M. A. 391. 

Leroy, Broun 414. 

Levy, Leonard and T. 
Thorne Baker 9l. 

Lévy-Solal, Lelièvre et H. 
Vignes 531. 

— Edmond 440, 479. 


| Ley, Alfred 2. 


— Gordon 444, 446. 
Lichtenberg, A. v. 229. 
Lichtenstein, F. 169. 


l Liebe 509. 


600 


Lieber, Karl s. Behne, Kurt ' 
464. 

Liegner, Benno 210, 277, 367. 

Liek, E. 330. 

Lienhardt, Bruno 292. 

Liepmann, W. 428, 564, 593. 

— Wilhelm 50, 364. 

— — und Ernst Schulz 428. 

Lindberg, J. G. 359. 

Linde, Fritz 255. 

Lindig, Paul 217, 298. 

Lindner, K. 501. 

Lindquist, L. 451. 

Lineback, P. E. 494. 

Lingen, Leo v. 184. 

Linke, Hermann 390. 

Linkenbach, Max 261. 

Linser 463. 

Linzenmeier, Georg 35. 

— G. 226. 

— Georg 237. 

Lipka, Johann Josef 563. 

Lippert, H. 158. 

Lipschütz, B. 74, 155, 157. 

Litzenberg, Jennings C. 405. | 

Lloyd Noland s. Warthin, | 
Aldred Scott 197, 277. | 

Lob 225. 

Lochrane, Charles D. 175. 

Loeb, Heinrich 267. 


Autorenregister. 


Lyle, Wm. G. s. Caldwell, 
William E. 547. 
Lynch, Ruth Stocking 43. 


McClellan, Benjamin 215. 

McEachern, J. D. 256. 

McGlannan, Alexius 280. 

Macht, David J. 230. 

Mac Kenzie, David W. 60, 257. 

Mackenzie, R. L. Wallis 422. 

Mc Khann, C. F. s. Rockwell, 
G. E. 31. 

McMechan, F. H. 8. 

Macomber, Donald s. Rey- 
nolds, Edward 172, 173. 

Maeda, Y. 237. 

Magian, A. C. 281, 337. 

Magos, H. 7. 

Mahnert, A. und K. Lund- 
wall 535. 

— Alfons 377, 535. 

Maixner, Ivan 291. 

Mallet, Lucien 80. 

Malmio, H. R. 119. 

Mann, Lewis, T. s. Hyman, 
Abraham 251. 

Manna, Arturo 149. 

Manó s. Szantö 219. 

Manoue&lian, Y. 440, 504. 

Marabotto, Fabio 550. 


— Leo 75. March, A. 83. 
— — s. Kuramitsu, Choizu I— — K. Staunig und O. 
534. Fritz 89. 
— — and Choizu Kura- Marcus, H. 37. 
mitsu 534. Marfan, A.-B. 504. 
Löhnberg, Ernst 411. Marique 58. 


Löhner, L. 33. 
Lönne, Friedrich 86, 443, 
508. 


Markovits, Imre 94. 
Marshall, Matthew 369. 
Martens, M. 476. 


— — und Franz Sunkel567. | Martin, Ed. 379, 454. 


Lörincz, B. 459. 


Martius, Heinrich 89, 101,573. 


Lorant, J. St. s. Kaznelson, | Marx, Anton Maria 26. 


Paul 93. 

Lorenzen, H. 351, 525. 

Lorrain et Blot 181, 220. 

Loschi, Angelo 570, 571. 

Losee, J. R. 506. 

Lotheissen, G. 3. 

Loubat 196. 

Lucas, William Palmer, 
Bradford French Dearing, 
Hal R. Hoobler, Anita 
Cox, Martha R. Jones and 
Francis Scott Smyth 395. 

Ludwig, Martin 522. 

Lübke, Franz 369. 

Luithlen, Friedrich 120. 

Luker, Gordon 410. 

Lukins, J. B. 412. 

Lundquist, Birger 9. 

Lundwall, K. s. Mahnert, 
A. 535. 

Lusena, Marcello 463. 

Luttringer, P. 484. 

Luys, Georges 270. 

Lydston, G, Frank 210. 


Masieri, N. 97. 
Massny, Adalbert 401. 


| Matagne 328. 
| Mathes, P. 187, 369, 482. 


Matsuyama, Rokuro 130. 

Matt, Franz 158. 

Mattill, Peter M. s. David, 
Vernon C. 233. 

Maurer, A. et L. Portes 189. 

Mauthner, E. 213. 

— Ernst 108. 

Mayer und Uhlmann 283. 

— A. 12, 201, 254, 295, 315, 
437, 492, 566. 

— Aug. 201. 

Mectre, Rafacl 404. 

Melchior, Eduard 1. 

Melletti, Mario 258. 

Mengert, Emil 504. 

Mergelsberg, O. s. Hofmann. 
Edmund 273. 

Merklen, Pr.s. Hutinel, V.503. 

Merletti, Cesare 256. 

Metzger, Marcel 408. 


Meyer, Arthur William 518. 

— Carl 291, 381. 

— Georg 557. 

— K. 183. 

— Kurt H. und Hans Gott- 
lieb Billroth 1. 

— Robert 113, 195, 203, 242. 

Michael, Hans 345. 

Michelsen, Konrad 360. 

Mikulicz-Radecki, Felix v. 
115. 

Miller, Albert H. 9. 

— Douglas A. s. 
James 428. 

— Richard H. and Louis E. 
Viko 215. 

Minervini, Raffaele 103. 

Mix, Virginia s. Cook, Mar- 
jorie W. 27. 

Möllendorff, 
114, 115. 

Moeller, E. s. Bierich, R. 73. 

Möller, Gustav 370. 

Mordres.KjellandMerdre550. 

Moldenhauer, Änne 390. 

Moltved, Georg 439. 

Momburg, Fritz 6. 

Monod, O. s. Regaud, Cl. 313. 

Montuoro, Fortunato 129. 

Moon, Virgil H. 248. 

Moons, Em. 461. 

Moore, E. C. 415. 

— William 425, 426. 

Moreau, G.-H. s. Vignes, 
Henri 385. 

Morlet 90. 


Young, 


Wilhelm von 


|Morley, W. H. 208, 530. 
'Morse, Arthur 246. 
i Moss& et Moulonguet 224. 


Mossman, James K. s. Dor- 
man, Franklin A. 482. 

Moszkowicz, L. 345. 

Mott, Frederiek 46. 

Mottram, J. C. 103. 

— — — and S. Russ 99. 

Moulonguet s. Mossé 224. 

Moulton, Allen T. 448. 

Moya s. Chauvin 16. 

Mülberger, Arthur 174. 

Müller, 220. 

Mueller 569. 

Müller, Heinrich 505. 

— Max 45l. 

Mündheim 420. 

Muller, M. L. 204. 

Munter, F. s. Schnitzer, R. 26. 

Murphy, James B., s. Na- 
kahara, Waro 78. 

— — — Raymond G.Hussey, 
Ernest Sturm and Waro 
Nakahara 77. 

Murschhauser, Hans 398. 

Myers, Frank J. s. Myers, J. 
A. 133. 

— J. A. and Frank J. Myers 
133. 


Nacke 402, 405. 

— W. 171. 

Naegeli, Th. 282. 

Näslund, John 123. 

Nakagawa, Koshiro 5. 

Nakahara, Waro s. Murphy, 
James B. 77. 

— — and James B. Murphy 
78. 

Nakajima, A. 240. 

Napjus, J. W. 506. 

Nassauer, Max 383. 

Nassetti, F. 154, 253. 

Natali, Giulio 4l. 

Natvig, Harald 216, 467. 

Naujoks, Hans 169, 447. 

Naumescu, D. und V. Geor- 
gescu 409. 

Navarro, Juan C. und Enri- 
que Beretervide 420. 

Nebel, Ludwig 518. 

Neck, van 499. 

Necker, Friedrich 247. 

Nemes, A. 345. 

Nettekoven, Hans s. Hinsel- 
mann, Hans 554. 

Neu, Hans 521. 

Neudörfer, Arthur 292. 

Neuendorff-Viek, Frieda s. 
Schröder, R. 223. 

Nevermann, Hans 264, 434, 
562. 

Newell, Franklin S. 417. 

Nicolieff, F. 258. 

Noback, Gustave J. 533. 

Nobel, E. und N. Dabowsky 
516. 

Nobele, J. des. Beyer, Ch. 228. 

Nogier, Th. 101, 329. 

Noland, Lloyd s. Warthin, 
Aldred Scott 197, 277. 

Nordentoft, S. 93. 

— Severin 320. 

Norris, Charles C. 207, 267. 

— — — and Norman NS. 
Rothschild 319. 

— F. A. 20. 

Nothmann, Martin 362. 

Novak, J. 109. 

— Josef 149. 

Nubiola, Pedro 360, 541. 

Nürnberger 12, 95. 

— Ludwig 362. 

Nuzum, John W. 76. 

Nyulasy, Arthur J. 339. 


Odescalchi, Innocenzo 562. 
Oehlecker, F. 461. 

Oertel, Christian 437. 
Oetiker, Anna 584. 
Oettingen, Kj. v. 383, 425. 
Offermann, Walter 520, 521. 
Okabayaski, H. 334. 
Olow, John 410. 

Opitz, E. 1, 331. 
Oppenheimer, Kurt 479. 


Autorenregister. 


Oppenheimer W. 236. 
— Walter 182. 

Otsubo, Torasaburo 27. 
Otto, Gustav Ernst 284. 
Ottow, B. 233, 202. 
Oxmann, Gersch 216. 


Pachner, František 341. 

Pal, J. 433. 

Palazzo, Giuseppe 6. 

Palma, S. D. 417. 

Paquet, André 450. 

Paramore, R. H. 431. 

Parcelier, A. s. Venot, A. 233. 

Pareux s. Jeanni, Cyrille 420. 

Parisot, J. s. Fruhinsholz, A. 
532. 

Paruzza s. Pettazzi Paruzza 
386. 

Pasini, A. 293. 

Pauly, Norbert 293. 

Patel, Maurice 294. 

Paus, Nikolai 196, 215. 

Pasch, Carl 389. 

Patel, P. T. s. Hutchison, H. 
S. 561. 

Pasini, A. 277. 

Patzschke, W. 275. 

Pauchet, Victor 331. 

Peck, George A. 520. 

Peffer, Josef 341. 

Peiper, Albrecht 512. 

Pekelsky, Ant. 487. 

Pellecchia, Ettore 252. 

Peña, Ismael 451. 

Pendl, Fritz 232. 

Penris, P. W. L. 201. 

Péraire 196. 

Perazzi, P. 469. 

— Piero 469, 470. 

Peritz, Leonhard 438. 

Perthes 313. 

Perussia, Felice 90. 

Péry 512. 

— et Courbin 479. 

— et Favreau 420. 

Pestalozza, E. 177. 

— Ernesto 587. 

Petenyi, Géza 5ll. 

Peterfi, Tiberius 51. 

Peters, H. s. Biedl, A. 115. 

— Paul 263. 

Petersen, Ekkert 327, 438. 

— L. Severin 484. 

— Reuben 81. 

— — s. Zwaluwenburg, Ja- 
mes G. van 80. 

Petit-Dutaillis, P. 304, 402. 

Petridis, P. A. 216. 

Petry, Eugen 91. 

Pettazzi, M. 454. 

— Paruzza. Mario 386. 

Peyron, Albert 65. 

Pfeiffer, Damon B. 240. 

Pfister, E. 236. 

— Hugo 225. 


601 


Pflaumer 227. 

Phillips, James 218. 

— John 423. 

Piccagnoni, Gaspare i3. 

Piccaluga, Nino 483. 

— — s. Dossena, Gaetano 43. 

Pickhardt, Otto Carl s. Eliot 
jr., Ellsworth 285. 

Pignatti Augusto 57. 

Pilsky, Richard 552. 

Pinch. A. E. Hayward 323. 

Pinoff s. Haupt 89, 91. 

Pirkner, E. H. F. 174. 

Pizzetti, Dino 241. 

Plás.Terra des, Franciscol8$, 

Planell s. Agusti Planell, 
Domingo 589. 

Plauchu 438, 452. 

Pleschner, Hans Gallus 243. 

Plimmer, R. H. A. 39. 

Plisson et Brousse 15. 

Polak, John Osborn 202, 417, 
479. 

Polland, R. 187. 

Pollitzer, R. 393. 

Pölya, E. 254. 

Porak, René 379. 

Porter, William B. and R. A. 
493. 

Portes, L. s. Maurer, A. 189. 

Posner, C. 32. 

Potocki 417. 

— et Lelievre 408. 

Potter, Irving W. 568. 

Potvin 477. 

Pouey, Henri 316. 

Pouliot 379. 

— Leon 480. 

Praetorius, G. 229. 

Prenger, August Klemens108, 

Pribram, Egon Ewald 215, 
522. 

Prime, Frederick 79. 

— jr., Frederick s. Wood, 
Francis Carter 103. 

Prinzing, Oskar 520. 

Propping, Karl 9, 278. 

Puppel, Ernst 143, 242, 346, 
525. 

Pust, W. 182. 


Quante, J. 570. 
Quensel, U. 70. 


Raefler, Joh. und 
Schultze-Rhonhof 17. 
Johannes 16. 
Raffele, Francesco de 493. 
Randall, H. E. 285. 
Randel, Eva 568. 
Randenborgh, Amalie van 
102. 
Ransonoff, Louis and Max 
Dreyfoos 195. 
Rapp. H. 90. 
Rathbun, N. P. 267. 


Fr. 


602 


Rating, Johannes 482, 

Rau, W. 64. 

Rauch, Hans 591. 

Rauscher, Hans 570. 

Ray, Henry M. 415. 

— L. A. s. Robertson, T. 
Brailsford 75. 

Réau. Andre s. Gresset, Paul 
220. 

Reck, Karl 540. 

Reder, Francis 160, 169. 

Redfield. Alfred C. and Eli- 
zabeth M. Bright 97. 

Reeb, Maurice 402. 

Reel, Philip J. 213. 

Regaud, Cl. 324. 

— — J. Jolly, A. Lacas- 
same, J. L. Roux-Berger, 
H. Cresbon, H. Coutard, 
O.Monodet G.Richard313. 

KRéglade, J. s. Brindeau, A. 
554. 

Reichert, Fr. 23. 

Reichold, Albert 78. 

Reifferscheid, K. 261. 

— Karl 348. 

Reijs, J. H. O. 438. 

Reimann, Stanley P. s. Dea- 
ver, John B. 200. 

Remmelts, R. 387. 

René-Weill 304. 

Retterer, Ed. et S. Voronoff 
355. 

Reynolds, Edward and Do- 
nald Macomber 172, 173. 

Ribas, Guillermo 457. 

Richard, G. s. Regaud, C1.313. 

Richter, J. und J. Amreich 
215. 

Riedinger, K. 567. 

Riehl, G. 72. 

Rieländer, A. 494. 

Rietschel. Hans 517. 

Rios, José Rómulo und Leo- 

-© nar Martinez Bisso 505. 

Rissmann, P. 460. 

Rist, E. 541. 

Roberti s. Flandin, Ch. 462. 

Robertson, T. Brailsford and 
L. A. Ray 75. 

— W. Ford 72. 

Robin, Albert 71. 

Robinson, A. Leyland 241. 

Rochet 254. 

Rockwell, G. E. and C. F. 
McKhann 3l. 

Rodda, F. C. 506. 

Röder, Philipp 333. 

Röver, Fritz 106. 

Romano, Giuseppe 529. 

Roos, Theo 472. 

Rosen, H. von 4l. 

Rosenberger. Max 220. 

Rosenstein 409. 

— Paul 230. 

Rossenbeck, H. 500. 


Autorenregister. 


Rosser, Curtice 122. 

Rother, Wilhelm 166. 

Rothlin, E. 138. 

Rothschild, Norman S. s. 
Norris, Charles C. 319. 

Rotter, H. 66. 

Roubat, S. s. Haim, E. 404. 

Rouville, G. de et Paul Sap- 
pey 106. 

Roux-Berger, J. L. s. Re- 
gaud, Cl. 313. 

Rowlette, Robert J. 539. 

Royston, Grandison D. 562. 

Rubin, I. C. 176. 

Rubritius, H. 229. 

Rucker, M. Pierce 435, 549, 
569. 

Rudeloff, Max 181. 

Rübsamen 257, 281. 

— W. 259, 295, 343, 374, 409. 

Ruge lI, Carl 352. 

Ruibal Salaberry, 
540. 

Rumpel, Alfred 487. 

Rundle, G. W. 182. 

Runeberg, Birger 247. 

Runge, Ernst 349. 

Rupp, Adolf 19. 

Russ, S. 99. 

— — s. Mottram, J. S. 99. 

— — Helen Chambers and 
Gladwys M. Scott 68, 69, 99. 

— Sidney and L. H. Clark 85. 

Ryder, Geo. H. 378. 


Manuel 


Sachs, E. 257, 370, 372, 569 

— Otto 231. 

Sackur 108. 

Salaberry s. Ruibal Salaber- 
ry 540. 

Salomon, H. 560. 

— R. und J. Voehl 39. 

— Rudolf 24. 

Saltzstein, Harry C. 67. 

Sampson, John A. 212. 

Samuel, Ernest C. s. Kohl- 
mann, William 315. 

— Max 369. 

S. Agnese s. Artom di S. 
Agnese, Valerio 102. 

Sand, Knud 206. 

Sante, L. R. 82, 229. 

Santy, P. 14. 

Sappey, Paul s. 
G. de 106. 

Savill, Agnes 183. 

Savulescu 56l. 

Scaglione, S. 515. 

— — s8. Bacialli, L. 563. 

— Salvatore 396, 564. 

Scammon. Richard E. s. 
Adair, Fred L. 395. 

Schaanning, Gustav 74, 

Schäfer, Arthur 332. 

Schaefer, R. s. Eisenhardt, 
W. 122. 


Rouville, 


Schaeffer, R. 522. 

Scheffelaar Klots, P. 419. 

Schellekens, W. M. J. 384. 

Scherer, A. 134. ; 

Schickele, G. 108. 

Schiffmann, Josef 175, 414, 
441, 572. 

Schilder, Paul 16. 

Schiller, Hans 431. 

Schilling, Fritz 170. 

Schiötz, Ingolf 557. 

Schlaepfer, Karl 462. 

Schlein, Otto 159. 

Schlesinger, Otto 120. 

Schlossmann, Erna 494. 

Schlüter, Richard 287. 

Schmid, Hans Hermann 523. 

— Roman 306. 

Schmidt, Ernst Albert 94. 

Schnudt, Hans R. 160, 258, 
302. 

— Martha 534. 

Schmidtmann, M. 422. 

Schmitt, Walther 382. 

Schmitz, Henry 101, 322. 

Schnitzer, R. und F. Munter 
26. 

Schoedel, Johannes 516. 

Schöner, Otto 52. 

Schönfeld, H. 429. 

— — H. E. H. 143. 

— W. 274. 

Schönleber, Walther 330. 

Scholl, Albert J. 238. 

Scholtz, Moses 508. 

Schottelius, Alfred 518. 

Schottmüller, H. 519. 

Schreus, Hans Th. 88. 

Schroeder, E. 406. 

Schröder, R. 166, 179. 

— — und F. Goerbig 134. 

— — und Ernst August 
Kuhlmann 152. 

— — und Frieda Neuen- 
dorff-Viek 223. 

— Walter 237. 

Schubert, G. 345. 

— Gotthard 279. 

Schücke, Karl 336. 

Schugt, Paul 42. 
Schumann, Edward A. and 
Charles S. Barnes 524. 

Schultze, Eugen 521. 

— Hans 453. 

— -Rhonhof, Fr. s. Raefler, 
Joh. 17. 

Schulze, Erich 460. 

— Werner 139. 

Schwab, Max 417. 

Schwartz, Anselme 325. 

— Ph. 496, 498. 

Schwarz, Botho 196, 572. 

— Gottwald 102. 

— L. 346. 

— Otto Henry 191. 

— Walther 222, 


Schweitzer, Bernhard 324, 
336, +16. 

Scio. Antonio 517. 

Scott, Gladwys M. s. Russ, 
S. 68, 69, 99. 

— W. A. 184. 

Scrimger, F. A. C. 20. 

Seelmann, Fr. 221. 

Seggelke, K. 377. 

Sejournet, P. 151. 

Seiss, Gerhard 170. 

Seitz, A. 204, 218, 338, 370. 

— — und E. Vey 328. 

— Ernst 283. 

— L. 107. 

— Ludwig 68, 346. 

Sellers, T. B. 385. 

Senge 306. 

Serés, Manuel 256. 

Serrana s. Garcia de la Ser- 
rana 338. 

Shaw, Fletcher 334. 

— Henry N. 332. 

Sherwin, Carl P. s. Killian, 
John A. 548. 

Shewman, E. B. 154. 

Shirai, Y. 77. 

Siebert, H. 109. 

Siedentopf 308. 

— F. 327. 

Siefart, G. 518. 

Siegel, P. W. 205, 224, 273, 
306, 380. 

Siegmund, H. 49. 

Sievert, Rolf M. 101. 

Sighinolfi, Giuseppe 310. 

Silberstein, Paul 537. 

Silvestrini, Luigi 434. 

Simon, Karl 235. 

Sippel s. Taeckel 86. 

— Albert 108. 

si, Bernard 558. 

Sıredey s. Beclere 58. 

Skala, J. 484. 

Skibba, Max 538. 

Slotemaker s. Kellerman 
Slotemaker 34. 

Siye, Maud 76. 

— — Harriet F. Holmes 
and H. Gideon Wells 75. 

Smead, Lewis F. 482. 

Smiley, Irving 199. 

Smith, Richard R. and Wil- 
lam J. Butler 224. 


Smyth, Francis Scott s. 
Lucas, William Palmer 
395. 


Soden, Silvretta Freiin von 
472. 

Söderlund. Gustaf 247. 

Sohn, Adolf 290. 

Soler, s. Blanco Soler 559. 

Solms, E. 189. 

Solomon 89. 

Solomons, Bethel 108. 

Sommerfeld, Hans 134. 


Autorenregister. 


Somnenfeld, Julius 221. 

Noubeyran 342. 

Southam, A. H. 12. 

Spaulding, Harry V. s. Erd- 
mann, John F. 211. 

Spehl, Georges 15. 

Spengler, G. s. Jajic 116. 

Npielmann, Josef 108. 

Spinelli, Mameli 322, 323. 

Spirito, F. 376. 

— Francesco 376, 380. 

Spiro, K. 374. 

— — und A. Stoll 373. 

Spiethoff, B. 278. 

Stacy, Leda J. and Edward 
G. Joseph 185. 

Stanca, Constantin 160. 

Stark, A. Campbell 472. 

— J. Nigel 188. 

Starobinsky, A. 125. 

Staunig, K. s. March, A. 89. 

— Konrad 88. 

Steiger, Max 402. 

Stein, R. O. 158. 

Steinert, Ernst s. Fischl, Ru- 
dolf 501. 

Stenzler, Wilh. 494. 


Stephan, Siegfried 166, 460. | 


Sternberg, Adolf 25. 

Stettner, Ernst 329. 

— Kurt 88. 

Stiassnie s. Vignes, H. 420. 

Stieve, H. 48, 110. 

Stiglbauer, Rud. s. Werner, 
Paul 538. 

Stobbaerts, Fernand s. Gau- 
dy, Jules 228. 

Stockard, Charles R. 485. 

Stockfleth, Viggo und Hans 
Waagø 91. 

Stockings. Lynch, Ruth 43. 

Stoeber, Christian 277. 

Stoeckel, W. 237, 258, 44l. 

Stok, G. A. van der 372. 

Stoll, A. s. Spiro, K. 373. 

Stoltzenberg, H. und M. 
Stoltzenberg-Bergius 71. 

— -Berpus, M. s. Stoltzen- 
berg, H. 71. 

Stone, Wiliam S. 317. 

Sträuli, Aug. 584. 

Strakosch, W. und H. E. 
Anders 489. 

— Werner 375. 

Strauss, Otto 105. 

Strauß, M. 290. 

— Otto 95. 

Striepecke, G. 121. 

Strong, L. W. 161, 195. 

Stropeni, L. 412. 

Struthers, John E. s. Judd, 
Edward S. 243. 

Stübel, Ada 537. 

Stühmer, A. und K. Dreyer 
524. 

Stuhl, Carl 390. 


603 


Sturm, Ernest s. Murphy, 
James B. 77. 


, Stuurman, F. J. 121. 
'Sserdjukoff, M. 126. 


Suermondt, W. F. 286. 

Sunde, Anton 407. 

Sunkel, Franz 568. 

— s. Lönne, Friedrich 567. 

Sussini, Miguel und Floren- 
cio Bazan 487. 

Suwelack, Josef 417. 

Swartz, Ernest O. and David 
M. Davis 274. 

Swayne, Walter C. 277. 

Syms, Parker 11. 

Szántó, Manó 138. 

Szappanyos, Bela 170. 


Tablaress. Brezosa Tablares, 
Pio 64. 

Taeckel und Sippel 86. 

Talmey, B. S. 172. 

Tate, Magnus A. 509. 

Taussig, Fred J. 149, 194. 

Tedenat 149. 

Tédenat et Constantin Tzé- 
lepoglou 196. 

Temesváry, Nikolaus 205. 

Terrades, Francisco und Plá 
189. 

Tezner, Otto 502. 

Thaler, Georg 206. 

Thedering, F. 104. 

Thélin, Charles 443. 

Theodor, P. und G. Handt- 
mann 368. 

— Paul 557. 

Thibierge, Georges et Pierre 
Legrain 510. 

Thömel, Bernhard 436. 

Thoenes, Fritz 503. 

Thompson, William M. 126. 

Thomson, H. Torrance 17. 

— M. S5. and C. P. G. Wa- 
keley 489. 

Thorek, Max 414. 

Thorning, W. Burton 341. 

Tideström, Hj. 121. 

Tilles, Randall S. 438. 

Titus, E. W. 317. 

— Paul 586. 

Tjwan Kiat Li 200. 

Tobler, Th. P. 154. 

Toenniessen, E. 44. 

Tofte. Axel 507, 591. 

Tommasi e Barbieri 275. 

Tomor, Ernst 525. 

Toplak, France 343. 

Totta, Mario 403. 

Townsend, Wm. Warren 271. 

Trabacchi, Giulio Cesare 87. 

Tramontano-Guerritore,Gio- 
vannı 35. 

Trancu-Rainer, Martha 196, 
215. 

Treber, Hans 313. 


604 


Trebing, J. 375. 

Treuherz, Walter 164. 

Trier, Hjalmar 519. 

Trıllat 473. 

Tronconi, Sandro 513. 

Tsoumaras, Marcus A. 275. 

Tugendreich, F. J. s. Halber- 
staedter, L. 86. 

Tutschek, Ludwig 328. 

Tzanck, A. s. Flandin, Ch. 
462. 

Tzelepoglou, Constantin s. 
Tedenat 196. 


Uddgren, Gerda 41. 
Uhlmann s. Mayer 283. 
Ulrich 97. 

— H. 240. 
Unterberger, F. 359. 
Uramoto, Seizaburo 38. 
Utheim, Kirsten 393. 
Uthmöller, A. 523. 


Vaglio, R. 497. 

Vahle, Wilhelm s. Hausser, 
K. Wilhelm 96. 

Valentin, Erwin 243. 

— Irmgard Edith 275. 

Vassallo, Amadeo 423. 

Vaudescal 491. 

Vautrin 215. 

Velde, Th. H. van de 171. 

Venot, A. et A. Parcelier 233. 

Venzmer, G. 251. 

Vercesi, Carlo 353, 412, 523. 

Vergnory, M. 506. 

Vermelin, H. 533. 

— Henri 377. 

Verning, V. 468. 

Verrucoli, C. 419, 454. 

Vey, E. s. Seitz, A. 328. 

Viana, O. 493. 

— Odorico 181. 

Victor, Martin 513. 

Vierheller, F. 87. 

— — s. Dessauer, F. 90. 

Vignes, H. s. Lacassagne, A. 
44l. 

— — s. Levy-Solal 531. 

— — et Stiassnie 420. 

— Henri 354, 468, 483, 545, 
550. 

— — et G.-H. Moreau 385. 

Viko, Louis E. s. Miller, Ri- 
chard H. 215. 

Villanueva. D. 
426, 591. 

Vineberg. Hiram N. 314, 342. 

Viner, A. K. 240. 

Vital Aza 480. 

Vitanza. Carlo 122. 501, 517. 

Voehl, J. s. Salomon, R. 39. 

— Julius 40. 

Vogt, E. 96, 245, 314. 355, 
379. 393. 394, 401. | 

Vollhardt. Walter 295. 


Fernando 


Autorenregister. 


Vonderlehr, R. A. s. Porter, 
William B. 493. 

Voronoff, S. s. Retterer, Éd. 
355. 

— Sergio 208. 


Waagø, Hans s. Stockfleth, 
Viggo 91. 

Wachsner, Kurt 109. 

Wagner, Georg 569. 

— Richard 272. 

Wakeley, C. P. G. s. Thom- 
son. M. S. 489. 

Wallerstein 345. 

Walsh, Emmet s. Kennard, 
K. Sellers 417. 

Walter, O. 224. 

Walthard 588. 

Walther 298. 

— O. 408. 

Waren, Erkki 401. 

Warnekros, K. 475. 

Warthin, Aldred Scott and 
Lloyd Noland 197. 

Wasbergen, G. H. van 351. 

Wassermanna, M. 521. 

Watkins, Thomas J. 33l, 
343. 

Webb, J. Curtis 297. 

Weber, F. s. Handbuch 592. 

— Klements. Červenka, Jan 
46. 

Weck, W. 462. 

Wederhake, K. J. 7, 384. 

Weed, Walter A. 327. 

Weibel, W. 301. 

Weil, A. 391. 

— Arthur 38, 46, 53. 

— S. 499. 

Weinberg 125. 

Weinstein, Siegfried 313. 

Weinzierl, Egon 41, 436, 496. 

— — R. v. 269. 

Weiss, Edward A. 319. 

— Th. et A. Hamant 240, 523. 

Weller s. Hook, Weller van 
342. 

Wells, H. Gideon s. Slye, 
Maud 75. 

Wels, P 89. 

Welton, Thurston Scott 583. 

Weınmer, Friedrich Br. 522. 

Werner 523. 

— Paul 96, 160, 553. 

— — und Rud. Stiglbauer 
538. 

Wertheimer, Selma 311. 

Wessel, Otto 174. 

Wesselink, D. G. 530. 

Westermark. Frans 171. 

Wetterer. Josef 275. 


| Wetzel, Ernst 69. 


Wharton. Lawrence R. 195. 

White. Clifford 424. 

Whitehouse, Beckwith 219, 
443. 


Wideroe, Sofus 215. 
Wiegels, W. 454. 517, 521. 
Wieloch, J. 53. 
Wienecke, P. 293. 
Wiener, Solomon 193. 
Wiesinger, Frigyes 215. 
Wiliams, J. Whitridge 175. 
— John T. 440. 
— Norman H. 406. 
Willis, A. Murat 289. 
Wilsey, R. B. 87. 
Wiltshire, Marion O. P. 114. 
Wimberper, Hans 371. 
Winge, Ö. 47. 
Winkler, Ferdinand 65. 
Winter, Friedrich 301. 
— G. 171, 202. 
Wislocki, George B. 360. 
Witschi, Emil 63. 
Wittneben 449. 
Wohlwill, Friedrich 514. 
Wolf, Charles G. L. 38. 
Wolff, Gerhard 564. 
— Günter 417. 
— P. 215. 
Wolfring, Otto 168, 220. 
Wood, Francis Carter und 
Frederick Prime jr. 103. 
— James C. 145. 
Wormeser, E. 409. 
Wossidlo, E. 247. 
Würker, Walter 232, 


Yatsu, Naohide 133. 

Yernaux, N. et Z. Gobeaux 
229. 

Ylppö, A. s. Edelstein, F. 360. 

Young, James 79. 

— — and Douglas A. Miller 
428. 

— John van Doren 184. 


Zacherl, H.s. Knauer, E. 42. 

— Hans 430. 

Zancla, Luigi 438. 

Zander, Rudolf 102. 

Zangemeister 593. 

— W. 12, 425, 427, 439, 497. 

Zeissler, J. und R. Käckell 
508. 

Ziemer, Friedrich 215. 

Zietzschmann, Otto 109,110. 

Zikmund, Emil 340. 

Zill, Ludwig 221. 

Zimmermann, B. F. 9. 

— R. 466. 

— Robert 370, 465. 

Zinner, Alfred 234. . 

Zöllner, Erich Ludwig 432. 

Zondek, Bernhard 106. 

Zschocke, O. 485. | 

Zubrzycki. .January 218. 

Zumpe, Rudolf 98. 

Zwaluwenburg, James G.van 
and Reuben Peterson 80. 

Zweifel, Erwin 300, 309, 429. 

P. 198. 


_Verlag von Julius Springeri in ı Berlin Má 9 


Lehrbücher der Geburtshilfe und Gynäkologie. Von R. Th. v. Jaschke und O. Pankow. 


Lehrbuch der Geburtshilfe. Von Professor Dr. Rud. Th. v. Jaschke, Direktor 


der Universitäts-Frauenklinik in Gießen, und Professor Dr. 0. Pankow, Direktor 
der Frauenklinik an der Akademie für praktische Medizin in Düsseldorf. Zweite 
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der Geburtshilfe.) Mit 501, darunter zahlreichen mehrfarbigen Teextabbildungen. 1923. 
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der Universitäts-Frauenklinik ın Gießen, und Professor Dr. O. Pankow, Direktor 
der Frauenklinik an der Akademie für praktische Medizin in Düsseldorf. Dritte 
und vierte Auflage. (Zugleich 7. und 8. Auflage des Rungeschen Lehrbuches 
der Gynäkologie) Mit 317, darunter zahlreichen mehrfarbigen Textabbildungen. 
1923. Gebunden GZ. 24 


Kurzes Lehrbuch der Frauenkrankheiten. Für Ärzte und Studierende. Von 
Dr. med. Hans Meyer-Rüegg, Professor der Geburtshilfe und Gynäkologie an der Uni- 
versität Zürich. Fünfte, vermehrte und verbesserte Auflage. Mit 182 zum Teil 
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Einführung in die gynäkologische Diagnostik. Von Professor Dr. Wil- 
helm Weibel in Wien. Dritte, verbesserte Auflage. Mit etwa 150 Textabbildungen. 
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Die operative Behandlung des Prolapses mittelst Interposition und 


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versitäts-Frauenklinik in Wien. Mit 62 Textabbildungen. 1919. GZ.9 


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‘Dr. L. Langstein, Direktor des Kaiserin Auguste Victoria-Hauses zur Bekämpfung der 
Säuglingssterblichkeit im Deutschen Reiche in Berlin-Charlottenburg. Mit 37 Text- 
abbildungen. 1920. GZ. 13.5; gebunden GZ. 15 


_Verlag von J. F. B ergmann in München 


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Grundriß ; zum Studium der Geburtshilfe, in 28 Vorlesungen und 631 bild- 
lichen Darstellungen im Text und auf 3 Tafeln. Von Professor Dr. Ernst Bumm, 
Direktor der Universitäts-Frauenklinik in Berlin. Vierzehnte und fünfzehnte, 
verbesserte Auflage. 1922. Gebunden GZ. 32 


Einführung in Geburtshilfe und Gynäkologie. Von Privatdozent Dr. 
H. A. Dietrich, Oberarzt an der Universitäts-Frauenklinik Göttingen. Erste und 
zweite Auflage. Mit 99 teils farbigen Abbildungen. 1920. GZ. 8; gebunden GZ. 10 


Grundlagen der gynäkologischen Ausbildung. Kurzgefaßtes Lehrbuch für 
Studierende. Von Privatdozent Dr. Walter Lindemann, ehem. Oberarzt der Universi- 
täts-Frauenklinik zu Hallea.S. Mit 186 zum Teil farbigen Abbildungen im Text. 
1922. GZ. 4; gebunden GZ. 5 


Die geburtshilflich-gynäkologische Untersuchung. Ein Leitfaden für 
Studierende und praktische Ärzte. Von Dr. Hugo Sellheim, o. ö. Professor und Direktor 


der Universitäts-Frauenklinik in Halle a.S. Vierte, vermehrte und umgearbeitete 
Auflage. Mit 94 Abbildungen. 1923. Gebunden GZ. 9 


Handbuch der Frauenheilkunde für Ärzte und Studierende. Unter Mitwirkung 
von Fachgenossen herausgegeben von Professor Dr. C. Menge, Direktor der Universitäts- 
Frauenklinik Heidelberg, und Professor Dr. E. Opitz, Direktor der Universitäts-Frauen- 
klinik Freiburg. Mit 426 zum Teil farbigen Abbildungen. Vierte, unveränderte 
Bas 1922. Gebunden GZ. 27.5 


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Die PTPR li GZ.) entsprechen den EV Vorkriegspreisen und ergeben mit dem jeweiligen Entwertungs- 
jaktor i ) vervieifacht den Verkaufspreis. Über den zur Zeit geltenden Umrechnungsschlüssel 
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